COLUMBIA LIBRARIES OFFSITE HEALTH SCIENCES STANDARD HX00025313 THE LIBRARY OF THE ASSOCIATION OF THE ALUMNI fc OF THE COLLEGE OF PHYSICIANS AND SURGEONS IN THE CITY OF NEW YORK SCHOOL OF MEDICINE OF COLUMBIA UNIVERSITY ^— 1 DIE GEWEBE DES MENSCHLICHEN KORPERS UND IHRE MIKROSKOPISCHE UNTERSUCHUNG VON W. BEHRENS, A. KOSSEL UND P. SCHIEFFERDECKER ZWEITER BAND: Gewebelehre mit besonderer Berücksichtigung des menschlichen Körpers Erste Abtheilung BRAUNSCHWEIG HARALD BRÜHN Verlagsbuchhandlung für Naturwissenschaft und Medicin 1891 GEWEBELEHRE MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DES MENSCHLICHEN KÖRPERS VON P. SCHIEFFERDECKER und A. KOSSEL ERSTE ABTHEILÜM MIT 214 TEXT-ABBILDUNGEN BRAUNSCHWEIG HARALD BRUHN Verlagsbuchhandlung für Naturwissenschaft und Medicin 1891 Alle Rechte vorbehalten. Druck von Fischer & Wittig in Leipzig. Holzschnitte von Albert Probst in Braunschweia Inhaltsverzeichniss. Seite Einleitung. Von P. Schiefferdecker 1 Erstes Capitel. Morphologie der Zelle. Von P. . Schiefferdecker ; 4 Allgemeines und Historisches — Einlagerungen in die Zelle 7 Zellleib: diplasmatisclie Zellen — Parasoma, Centrosoma 8 Zellkern: Nucleplus, Nucleolulus 9 Structur der Zelle — Zellkern 10 Zellleib 12 Zellmembran 14 Micellen, Tagmen, Granula etc 15 Form, Grösse, Consistenz und Verhalten der Zellen zu einander 16 Lebenserscheinungen der Zelle 18 Stoffwechsel, Zellvermehrung — Amitotische Kerntheilung 19 Mitotische „ 20 Abweichende Formen, Zahl, Dauer 29 Centrosoma, Attractionssphäre 30 Achromatische Kernspindel 32 Kräfte bei der Theilung, äussere Form der Theilung 33 Unvollständige Theilung 34 Fähigkeit der Bewegung 35 Zellleib: amöboide Bewegung — Protoplasmaströmung 3G Contractilität 37 Bewegungserscheinungen bei der Theilung . . 38 — VI — Seite Zellkern 38 Kernkörper chen 39 Chemische und Drüsenthätigkeit — Das Alter und der Tod der Zelle 40 Die Bedeutung des Zellkerns und seine Entstehung 41 Technische Bemerkungen 44 Zweites Capitel. Ueber die chemische Zusammen- setzung der Zelle. Von A. Kossel 47 Verhältniss der Histochemie zur Morphologie — Die Ursachen der gleichmässigen quantitativen Zusammensetzung der Gewebe 48 Begriffsbestimmung der „primären" und „secundären" Bestand- teile der Zelle 49 Wahl des Materials für chemische Untersuchungen über die Zelle 50 Die primären Bestandtheile der Zelle 51 Eiweissstoffe, Nuclei'ne 51 Verhältniss derselben zu den morphotischen Bestandtheilen . 54 Lecithin 55 Cholesterin 56 Physiologische Bedeutung dieser Stoffe — Chemische Veränderungen in der Zelle bei der morphologi- schen Differenzirung 58 Verbrauchsstoffe, Dauerstoffe — Die secundären Bestandtheile der Zelle 59 Quantitative Zusammensetzung der Zelle 61 Veränderungen beim Tode der Zelle — Drittes Capitel. Das Epithelgewebe. Von P. SCHIEFFERDECKER 62 Allgemeines — Eintheilung der Epithelien. Form, Schichtung, Differenzirungen 64 Zellen ohne eine sichtbare, charakteristische Differenzirung (nach der Form geordnet) 67 Einschichtiges plattes Pflasterepithel Ein- bis zweireihiges kubisches bis cylindrisches Epithel — Einschichtiges Pflasterepithel bis Cylinderepithel ... 68 Das gemischte oder Uebergangsepithel — Zellen mit sichtbarer, charakteristischer Differenzirung ... 70 Differenzirung des ganzen Zellleibes — — VII — Seite Charakteristische Formänderung 70 Linsenepithel — Stützsubstanz des Centralnervensystems 71 Einlagerungen, dauernd oder periodisch (Pigmentepithel, Drüsenepithel) — Die ganze Zelle wird so verändert, dass sie den Werth einer Zelle verliert 72 Die Zellen werden zu kernlosen, hellen Platten (respi- ratorisches Epithel) . . . — Die Zellen verhornen 73 Die Zellen verfetten (Drüsenzellen) 74 Die Zellen verkalken (Schmelzepithel) — Differenzirung des proximalen Endes der Zelle — Stäbchenepithel — Differenzirung des distalen Endes der Zelle 75 Protoplasmatische Fortsätze (Pigmentepithel der Retina) — Cilienbesatz (Flimmerepithel) 7*5 Stäbchensaum (Darmepithel etc.) 83 Bürstenbesatz (Bürstenepithel) 87 Mehr oder weniger differenzirte Cuticula (Schweiss- drüsen etc.) — Zwei Zellarten gemischt: eine mit Cuticula, die andere mit cuticularem Aufsatz (Sinnesepithel) 88 Die Zelle ist am distalen Ende offen (Becherzellen) . . 89 Aus Epithelzellen gebildete Organe 94 Die Drüsen — Die Haare und Nägel 100 Die Keimstöcke — Technische Bemerkungen — Viertes Capitel. Morphologie des Muskelgewebes; Bau der Muskeln. Von P. Schiefferdecker . . 104 Allgemeines — Die glatten Muskelzellen (glatte Muskelfasern) 105 Form, Beschaffenheit und Grösse — Zusammenlagerung und Organbildung 107 Entwicklung, Hypertrophie, Regeneration 110 Wirkungsweise 111 Vorkommen — Die quergestreiften Muskelzellen (Muskelfasern) 113 Allgemeine Form und Beschaffenheit — Grösse und Verzweigungen 115 Feinerer Bau 117 Fibrillenbündel, Sarkoplasiua, Kerne — Die quergestreifte Substanz 124 VIII — Seite Allgemeines 124 Die Schichtung im Kuhezustande 125 Die Schichtung im Contractionszustande 128 Die Schichtung im Zwischenstadium 130 Säurewirkung, Scheibenzerfall durch Säure ev. Fib- rillenzerfall, Alkalien 131 Scheibenzerfall nach Alkohol 132 Sarcous elements 133 Muskelkästchen (W. Krause), Muskelelemente (Merkel) — Eventuelle Muskelelemente 134 Kittsubstanzen 135 Die Bedeutung der Fibrillen und des Sarkoplasmas und der Vorgang der Muskelcontraction . . . 135 Charakteristik und Synonyme der einzelnen Schichten 137 Entwickelung und Werthigkeit der Muskelzelle und des Sarkolemms 139 Vermehrung und Wachsthum (Kernreihenfasern, Mus- kelknospen, Muskelspindeln, Sarkoplasten, Sar- kolyten) . . 140 Verheilung von Muskelwunden ........ 141 Vereinigung der Muskelzellen zu einem Organ: Muskel . . 142 Der aus vielkernigen Zellen bestehende Muskel ... — Vorkommen — Allgemeine Structur und Sehnenansatz — Die Blutgefässe 143 Die Lymphgefässe 147 Die Nerven — Die motorischen Nerven — Die sensiblen Nerven 152 Die Gefässnerven 154 Der aus ein- höchstens zweikernigen Zellen bestehende Muskel: Herzmuskel — Technische Bemerkungen — Fünftes Capitel. Ueber die chemische Zusammen- setzung der Muskeln. Von A. Kossel 162 Bestandtheile der Muskeln — Todtenstarre 163 Reaction — Eiweisskörper der Muskeln — Die übrigen stickstoffhaltigen Bestandtheile 167 Die stickstofffreien organischen Bestandtheile 169 Die anorganischen Bestandtheile 170 Seite Sechstes Capitel. Morphologie des Nervengewebes. Von P. SCHIEFFERUECKER 172 Allgemeines — Die Nervenzelle — Allgemeine Beschaffenheit (grössere Nervenzellen und Körner) — Die Fortsätze der Zelle (Nervenfortsatz, Protoplasmafortsätze) 175 Entwicklung der Zelle und ihrer Fortsätze 179 Bedeutung der Zelle und ihrer Fortsätze — Accessorische Hüllen der Nervenzelle 181 Die Schwann'sche Scheide, das Neurilemma — Die Markscheide — Die Nervenfaser 182 Als nackter Axencylinder — Als Axencylinder mit Schwann'scher Scheide 183 Einfacher Axencylinder, umgeben von einer vollständigen Schwann'schen Scheide : Marklose, graue Nervenfaser 184 Bündel von feinen Axencylindern , umgeben von einer mehr oder weniger vollständigen Schwann'schen Scheide: Marklose, graue, Remak'sche, sympathische Nervenfaser 185 Als markhaltige doppeltconturirte , weisse, centrale Nerven- faser und als entsprechende periphere Nervenfaser mit Schwann'scher Scheide 187 Die Markscheide (Ranvier'sche Schnürringe, Zwischen- scheiben, Zwischentrichter, Frommann'sche Linien) . — Marksubstanz (Myelinfiguren, Myelingerinnsel) . . . 192 Die Schwann'sche Scheide 196 Der Axencylinder 197 Ansichten über den Bau desselben 198 Axoplasma 200 Fibrillen 202 Axencylinderrinde 207 Bedeutung der Elemente des Axencylinders . . . 208 Ernährung des Axencylinders — Bedeutung der Markscheide, Verhalten des Axen- cylinders an den Stellen der Ranvier'schen Ein- schnürungen — Durchmesser, Aeste und Theilungen der markhaltigen Nervenfaser 209 Entwicklung, physiologische Degeneration und Regene- ration 211 Verheilung von Nervenwunden 212 Hauptformen von Nervenzellen und deren Nervenfortsätze ... — Zellen, deren Nervenfortsätze direct zu peripheren Organen in Beziehung: treten — Seite Die Zellen der centralen motorischen Kerne 212 Die Zellen der sensiblen Ganglien — Die Zellen der sympathischen Ganglien 215 Centrale Zellen, deren Nervenfortsätze in den Centralorganen endigen 21<5 Die Zellen nähern sich dem Typus der motorischen Zellen — Die sensorischen Zellen 217 Die Nervenendigungen — Der Axencylinder endigt frei — Die centrale Endigung 218 Die periphere Endigung im Bindegewebe — Endkolben, Genitalnervenkörperchen, Vater'sche Kör- perchen, Key-Eetzius'sche und Herbsfsche Körperchen — Tastkörperchen (Meissner'sche Tastkörperchen) . . 221 Specifische sensible Endigungen in der Sehne (End- büsche, Golgi'sche Körperchen) 222 Sensible Endigung im Muskel — Die periphere Endigung im Epithel (Endbüsche, Tast- zellen, Tastplatten, Tastscheiben) — Der Axencylinder endigt in einer Zelle 223 In einer Sinneszelle — In einer contra etilen Zelle 224 In einer Drüsenzelle — Das Stützgewebe des centralen Nervensystems — Das Höhlenepithel 225 Die in der Substanz hegenden Stützzellen (Deiters'sche Zellen, Spinnen- und Pinselzellen) — Technische Bemerkungen 227 Siebentes Capitel. Ueber die chemische Zusammen- setzung des Nervengewebes. Von A. Kossel . . 230 Abweichung der Nervenzellen und Nervenfasern vom ursprüng- lichen chemischen Typus der Zelle — Eeaction der Nervenelemente 231 Die Ehveisskörper und das Nuclein — Neurokeratin 232 Der Inhalt der Markscheide 233 Lecithin, Kephalin, Protagon 235 Die Cerebrine 236 Weniger bekannte Stoffe des Nervenmarks 238 Cholesterin — Die übrigen Bestandteile des Nervengewebes — Die anorganischen Stoffe 239 Seite Achtes Capitel. Morphologie der Bindegewebsgruppe und einiger zu ihr gehörender Organe. Von P. SCHIEFFERDECKEK 240 Allgemeines (Verbreitung, Eintheilung, Saftströmungen , Wander- zellen 240 Bindegewebe 242 Das embryonale Bindegewebe (Gallert-, Schleimgewebe) . . — Das retikuläre Bindegewebe (adenoides, cytogenes, conglo- birtes Bindegewebe) 244 Das fibrilläre Bindegewebe 245 Intercellularsubstanz (Fibrillenbündel, Elastische Fasern, Grundsubstanz) — Zellen: Bindegewebszellen (fixe Bindegewebszellen) . . 248 Endothelzellen 250 Pigmentzellen 251 Fettzellen 252 Plasmazellen — Mastzellen — Wanderzellen 254 Erscheinungsformen — Formloses Bindegewebe — Geformtes Bindegewebe 255 Ungeordnetes geformtes Bindegewebe .... — Geordnetes geformtes Bindegewebe — Das Sehnengewebe und die Sehne . . . 256 Blutgefässe 261 Lyinphgelasse — Nerven (Gefässnerven, sensible Nerven: Endbüsche, Golgi'sche Körperchen, Vater'sche Körperchen, Endkolben) 262 Die Bänder, Labra glenoidea, Menisken . . 270 Die Fascien und die Cornea — Das chondroide Bindegewebe — Das elastische Gewebe 271 Das Fettgewebe 277 Das Knorpelgewebe 282 Der hyaline Knorpel 283 Die Zellen — Die Intercellularsubstanz 285 Knorpelkapseln und Knorpelschalen — Knorpelfibrillen 286 Saftbahnen 287 Altersveränderungen 29] Faserbildung und Zerklüftung, Asbestveränderung . — — • XII — Seite Verkalkung . . . . 292 Verknöcherung — Wackstkum und Regeneration, Bildung der Grundsubstanz 294 Ernäkrung des Knorpels 295 Vorkommen 296 Der elastiscke Knorpel, Netzknorpel — Der Bindegewebsknorpel . 298 Die Chorda dorsalis 299 Das Knockengewebe und der Knocken, sowie das Zaknbein oder Dentingewebe 300 Allgemeiner Bau — Weicktkeile des Knockens 304 Die Zellen — Die Knockenzellen 305 Die Osteoblasten — Die Osteoklasten 306 Die fibrilläre Grundsubstanz — Fibrillen und Lamellen — Skarpey'scke Fasern (bindegewebige und elastiscke) 309 Weicktkeile, welcke der äusseren oder inneren Oberfläcke des Knockens anliegen 311 Das Periosteum (Knockenkaut, Beinkaut) .... — Das Knockenmark — Regeneration 314 Knockenbildung vom Mark aus — Blutgefässe ' — Lympkbabnen 316 Nerven 317 Entwickelung der Knocken 318 Knockenentwickelung bei knorpelig vorgebildeten Knocken Enckondrale Knockenbildung 321 Periostale Knockenbildung — Knockenentwickelung bei nickt knorpelig vorgebildeten Knocken 325 Wackstkum des Knockens 326 Regeneration des Knockens — Das Zaknbein 327 Technische Bemerkungen 328 Neuntes Capitel. Chemie der Bindegewebsgruppe. Von A. Kb'SSEL 336 Die primären und die secundären Stoffe dieser Gewebsarten . . — Chemische Eigentümlichkeiten der secundären Stoffe des Binde- gewebes 337 Seite Elastin 337 Albumoid 338 Murine — Chondroitsäure (Chondroitinschwefelsäure) und ihre Zer- setzungsproducte 341 Chondromucoid 348 Künstliche Verknorpelung 344 Collagen — Fette 34(5 Pigmente 347 Chemische Zusammensetzung der Gewebsarten dieser Gruppe . 348 Embryonales Bindegewebe, Bindegewebsfasern, elastische Fasern — Chorda dorsalis — Knorpelgewebe 349 Knochengewebe 351 Zehntes Capitel. Morphologie des Blutes, der Lymphe und des Chylus. Von P. Schtefferdecker . . . 356 Das Blut — Die rothen Blutkörperchen 357 Allgemeines, Form — Farbe, Grösse 358 Nähere Beschaffenheit 359 Blutkörperchen der Säugethiere ausser dem Menschen . 362 „ „ übrigen Wirbelthiere 363 Feinerer Bau, Structur 364 Kern, Theilungs- und Entwickelungsformen 367 Die weissen Blutkörperchen 368 Allgemeines — Grösse und Beschaffenheit 369 Leukoblasten, Erythroblasten 372 Acido-, neutro-, basophile Zellen — Vermehrung 373 Die Blutplättchen, Blutscheibchen — Fetttröpfchen 375 Körnchen 37fi Das Blutplasma — Menge der geformten Elemente 37S Menge des Hämoglobins 380 Volumen der rothen Blutkörperchen 381 Oberfläche der rothen Blutkörperchen — Tabelle über einige wichtigere Daten 382 — xiv — Seite Die Lymphe und der Chylus 385 Wanderzellen, Speichelkörperchen — Die Leukocyten im Allgemeinen 386 Technische' Bemerkungen 388 Elftes Capitel. Die ehemische Zusammensetzung von Blut, Chylus, Lymphe. Von A. Kossel . . 391 Die weissen Blutkörperchen (Leukocyten) . ; 392 Die rothen Blutkörperchen. Ihre Gewinnung und ihr Wassergehalt 395 Nuclei'n in den rothen Blutkörperchen 396 Histon, Lecithin, Cholesterin 397 Die Blutfarbstoffe 397 Gehalt der Blutkörperchen an Farbstoff 398 Eigenschaften und Zusammensetzung der Oxyhämoglobine . — Sauerstoffbindung durch Hämoglobin (Pseudohämoglobin) . 399 Lichtabsorption des Oxyhämoglobins und des Hämoglobins . 400 Bindung von Kohlenoxyd, Stickoxyd u. s. w. durch Hämoglobin — Methämoglobin — Hämochromogen 401 Humatin 402 Hämin 403 Hämatoporphyrin — Hämatoidin 404 Arterin und Phlebin 405 Stroma (Oekoid) — Anorganische Bestandtheile der rothen Blutkörperchen und quantitative Zusammensetzung derselben 406 Das Blutplasma — Serumalbumin, Serumglobulin ' 407 Fibrinogen 408 Fibrin, Fibringlobulin, Fibrinferment — Blutgerinnung 409 Mengenverhältnisse der Eiweisskörper des Blutplasmas . . 410 Kohlehydrate und sonstige organische Bestandtheile des Blutplasmas 411 Quantitative Zusammensetzung des Blutserums 412 Unterschiede zwischen Blutplasma und Blutserum .... 413 Gehalt des Blutes an Plasma — Zusammensetzung des Blutes in den verschiedenen Lebens- altern . " . . — Lymphe und Chylus — ">«:•■■■*■;;!' 'Vl/r Einleitung. Das geformte G rund dement eines organisirten, lebenden Wesens ist ein lebendes Gebilde, welches mau „Zelle" nennt. Dasselbe muss als ein lebendiges Individuum aufgefasst werden, welches ent- weder befähigt ist, allein zu leben und in diesem Falle ein ein- zelliges Wesen darstellt, oder mit anderen ähnlichen Gebilden in engster Lebensgemeinschaft verbunden ist, imd so ein mehr- zelliges Wesen bildet. Wie der allein lebende Mensch gezwungen ist, sich eine grössere Anzahl von Fertigkeiten anzueignen, um seinen verschiedenartigen Bedürfnissen zu genügen, während in einer Ge- meinschaft von Menschen diese sich , je nach ihren Fähigkeiten, einzelne specielle Fertigkeiten erwerben: „Arbeitsteilung", so muss auch das einzellige Wesen sehr verschiedener Leistungen fähig sein, während bei einem mehrzelligen dieselben auf verschiedene Zellen vertheilt werden. Wie bei jeder Arbeitsteilung wird auch hier die einzelne Leistung vollkommener und intensiver, das Indi- viduum einseitiger. Gerade wie in den menschlichen Verhältnissen, bedeutet die Arbeitsteilung einen Fortschritt. Die höchststehenden Lebewesen bestehen daher alle aus einer sehr grossen Anzahl von Zellen, bei denen die Arbeitsteilung eine so streng durch- geführte ist, dass keine Zelle die Thätigkeit einer andersartigen zu übernehmen vermag. Alle solche ein Lebewesen bildenden Zellen stammen von einer einzigen Zelle, der befruchteten Eizelle, ab, welche ein männliches und ein weibliches Element in sich ent- hält. Alle jene Zellen bilden demgemäss eine grosse Familie von bestimmtem Familiencharakter, welcher uns als die bestimmte Eigen- thümlichkeit jenes grossen Lebewesens erscheint, das unseren Sinnes- organen gegenüber zunächst ein Individuum darstellt und doch nichts weiter ist als eine Zellenfamilie von so grosser Ausdehnung, d;iss man sie als Zellenstaat bezeichnen muss. Bei der oft in das Un- geheure, nicht mehr Vorstellbare, gehenden Menge von Zellindividuen in einem solchen Lebewesen werden die einzelnen Arbeiten von Schief ferdeck er-Kossel. 1 grösseren Gruppen derselben ausgeführt werden, und diese bilden dann die Gewebe und Organe. Zwischen diesen beiden besteht kein principieller Unterschied. Unter einem einfachen Gewebe versteht man im allgemeinen die hauptsächlich für die betreifende Gruppe charakteristischen Formelemente , also für ein Epithel die Epithelzellen, für das Muskelgewebe die glatten und die quer- gestreiften Muskelfasern, während bei einem Organe verschiedene derartige Gewebselemente zu einem complicirteren Ganzen vereinigt sind. Das letztere würde also eine höhere Einheit darstellen, und dem einfachen als zusammengesetztes Gewebe gegenübergestellt werden können. Aus diesem Grunde kann der Name „Histio- 1 o g i e " = „Gewebelehre" sowohl für die Beschreibung der sogenannten einfachen Gewebe gebraucht werden, wie für die der Organe, wenngleich bisher vielfach ein Unterschied in der Weise gemacht wurde, dass die „Gewebelehre" sich nur auf die ein- fachen Gewebe bezog, während die „mikroskopische Anatomie" die Organe umfasste. Ich werde das Wort „Gewebelehre" in dem weiteren Sinne gebrauchen. Ist nun auch die Zelle der Elementorganismus , so finden sich doch im erwachsenen Körper noch andere geformte und nicht ge- formte Elemente , welche aber in ihrer Entstehung sämmtlich auf jene zurückzuführen sind. Es sind dieses die „Intercellular- substanzen", so genannt, weil sie zwischen den Zellen sich be- finden. Treten dieselben als grössere unge formte Massen auf, so bezeichnet man sie auch als „ Grund Substanz en" , in denen die Zellen dann eingebettet erscheinen. Wo Formgebilde vorhanden sind (meist Fasern), liegen dieselben ebenfalls in der noch übrigen ungeformten Grundsubstanz. Ein Gewebe durchzieht die sämmtlichen Organe des Kör- pers , das Bindegewebe, welches als Stütz- , Ausfüllungs- und Ernährungsmaterial überall verwendet wird und mit dem zusammen daher auch die Aeste zweier Hohlraum-Systeme überall hin vordringen: des Blutgefäss- und des Lymphgefässsystems, welche zur Zufuhr des nothwendigen und zur Rückleitung des über- flüssigen Ernährungsmaterials sowie mancher Stoffwechselproducte dienen. Als ein Telegraphensystem, welches alle Theile des Körpers mit bestimmten Knotenpunkten, den „Centralorganen", in Ver- bindung setzt, dient endlich das Nervensystem, dessen letzte Ausläufer als zahllose, sehr feine Fasern in theils schon bekannter, theils noch durchaus dunkler Weise endigen. 3 — Die sämmtlichen übrigen Gewebe und Organe dienen be- stimmten mehr localisirten Functionen, welche indessen selbstverständlich dein ganzen Körper zu gute kommen. Bei vergleichend histologischen Untersuchungen möge man nicht ausser Acht lassen , dass jede Zelle , jeder Elementartheil mit allen übrigen desselben Körpers solidarisch ist, dass daher auch jede Aenderun»- der Form oder chemischen Beschaffenheit der Elemente eines Organs nur dadurch möglich geworden ist , dass sämmtliche übrige auch anders geworden sind. So werden die Zellen zweier Individuen derselben Art immer verschieden sein, noch mehr die von Individuen verschiedener Arten, Gattungen, Classen. Hierbei muss indessen wohl in Rücksicht gezogen werden, dass einzelne Organe in folge besonderer fimctioneller Anpassung weit grössere Verände- rungen zeigen können als andere, so dass der Grad der Umände- rung durchaus nicht bei allen Th eilen derselbe zu sein braucht. Es wird nun unsere Aufgabe sein, in den folgenden Capiteln die Gewebe zu beschreiben, wie sie in- dem Körper des Menschen gefunden werden. Wir werden aber gezwungen sein, bei dieser Beschreibung vielfach auf die Zellen der Pflanzen und Thiere zurück- zugreifen, da es unmöglich ist, alle in Betracht kommenden Verhält- nisse an den menschlichen Geweben zu studiren und demgemäss zu beschreiben. Es liegt dieses daran, dass einmal die Grösse und sonstige Beschaffenheit der Objecte bei gewissen Thieren und Pflanzen der Erforschung günstiger sind als bei den entsprechenden Elementen des Menschen , und dann daran , dass wir uns die Gewebe jener Organismen weit leichter jeden Augenblick in frischem Zustande ver- schaffen können als die des Menschen. Es ist uns daher viel eher möglich, jene in frischem Zustande zu untersuchen, sie auf die rich- tige Weise abzutödten, kurz sie in jene Verfassung zu versetzen, die von uns als die geeignetste zum Studium von Form, Structur etc. durch die Erfahrung- erkannt worden ist. 1* ERSTES CAPITEL. Morphologie der Zelle. Allgemeines und Historisches. „Zelle" (Cell ula) nennt man den lebenden Elementarorga- nismns des Körpers. Das Wort an sich bezeichnet ein Gebilde, welches dadurch entstanden ist , dass ein beliebig geformter Theil des Raumes durch eine Wand von dem übrigen abgetrennt ist. Der Grund dafür, dass man dieses Wort überhaupt als Bezeichnung für den vorliegenden Gegenstand angewandt hat, ist der, dass man zu- erst die ausgebildeten Pflanzenzellen kennen lernte , da dieselben grösser und leichter sichtbar zu machen sind als die jungen Zellen der Pflanzen und als die thierischen. Th. Schwann, welcher im Jahre 1838 und 1839 zuerst feststellte, dass auch der thierische Körper aus derartigen Elementartheilen sich aufbaue, übertrug die von den Botanikern (unter denen namentlich Schleiden zu erwähnen ist) an Pflanzen gewonnene Anschauung von der Beschaffenheit der- selben auch auf jenen. Die Zelle war danach ein kleines, von einer Membran, der Zellmembran, umgebenes Bläschen, welches einen mehr oder weniger hellen, flüssigen Inhalt besass, den Zellinhalt, in diesem eingelagert ein etwa kugeliges, ebenfalls bläschenförmiges Gebilde, den Zellkern (Nucleus), und in diesem eventuell noch ein kleineres kugelförmiges Gebilde, das Kern körperchen (Nu - cleolus). In derselben Weise beschrieb auch Henle 1841 in seiner „Allgemeinen Anatomie" die Zelle. Ebenso Kölliker in seinem „Handbuch der Gewebelehre" 1852. Spätere Forschungen machten es indessen immer wahrscheinlicher, dass die wesentlichen Be- standteile der Zelle nur die Substanz des Zellleibes (der Inhalt des Bläschens) und der Kern seien. So sagt lHf>7 Leydig (Lehrbuch der Bistiologie p. 9): „Zum morphologischen Begriff einer Zelle gehört eine mehr oder minder weiche Snbstanz, ursprünglich der Kugelgestalt sieh nähernd, die einen centralen Körper einschliesst, welcher Kern (Nucleus) heisst. Die Zellsubstanz erhärtet häufig zu einer mehr oder weniger selbständigen Grenzschicht «»der Membran und alsdann gliedert sieb die Zelle nach den Bezeichnungen der Schule in Membran, Inhalt und Kern". Vier Jahre später sprach sich Max Schultze (15. 1861) in ähnlicher Weise aus, indem er sagte (p. 11 1. c): „Eine Zelle ist ein Klümpchen Protoplasma, in dessen Innerem ein Kern liegt". Das Protoplasma ist nach ihm (p. 16 1. c): „Eine contractile Substanz, welche nicht mehr in Zellen zerlegt werden kann, auch andere contractile Formelemente, als Fasern u. dergl. nicht mehr enthält". Dieses Protoplasma war vor- zugsweise der Träger des in sich abgeschlossenen Lebens, welches die Zelle führte, wenngleich auch dem Kern jedenfalls eine bedeutende, jedoch nicht näher zu bezeichnende Rolle zufiel. M. Schultze setzte dieses Protoplasma an die Stelle der S a r k o d e Dujardin's auch bei den Protozoen. Das Wort „Protoplasma" rührt von dem Bota- niker Hugo v. Mohl her. Diese mit allen Lebenseigenschaften der Zelle ausgerüstete Substanz erschien dem Auge als eine homogene Masse, in welche eine verschieden grosse Menge von Körnchen ein- gelagert war. Haeckel zeigte später, dass auch kernlose Lebe- wesen existirten , welche er „ C y t o d e n " nannte. Es ging daraus hervor, dass das Protoplasma auch ohne Kern die zum Leben nöthige Thätigkeit entfalten konnte. Hat sich nun auch in Folge der ge- naueren Untersuchungsmethoden der neueren Zeit die Zahl der kern- losen Lebewesen mehr und mehr verringert , so dass es vielleicht sogar zweifelhaft erscheinen könnte, ob es solche giebt, so ist doch unsere Anschauung von der Bedeutung des Protoplasmas im Wesent- lichen dieselbe geblieben (s. unten: Die Bedeutung des Kerns für die Zelle etc.). Die Zelle besteht somit aus Zell leib und Zellkern. Der letztere kann in der Einzahl, Zweizald oder einer beliebigen Mehr- zahl vorhanden sein (vielkernige Zellen). Die Substanz des ersteren wird als Protoplasma oder Cytoplasma {zb xvrog = Haut. Hülle, aber auch bläschenförmiger Körper) bezeichnet; letzteres Wort drückt besonders den Gegensatz ZU der Substanz des Kerns, dein Karyoplasma (xccqvov = Kern) aus. Die Zellmembran) ist eine locale Anpassungserscheinung. Figur 1 möge ein Beispiel für die — 6 — Pflanzenzellen mit Membran sein, und zugleich zeigen, wie sich aus den einzelnen Elementen das Gewebe aufbaut. Die Zellmembranen legen sich aneinander, sie umschliessen das körnig aussehende Proto- plasma des Zellleibes, und in diesem befindet sich, meist excentrisch gelegen, der mehr kugelförmige oder mehr ovale Kern (K. K.), der auch wieder gekörnt erscheint, und im Inneren ein oder mehrere grössere Körnchen oder Bläschen, die Kernkörperchen {Kk) erkennen lässt. Man bemerkt leicht, dass das Protoplasma mehr oder weniger deutliche Streifen zeigt, in welchen die Körnchen in Reihen liegen. Kk Pflanzenzellen mit Membran im Zusammenhange. Zwiebelhäutchen , frisch. Vergr. 240. K = Kern von der Fläche, K" = Kern von der Seite gesehen; Kk = Kernkörperchen; M = Zellmembran; V = Vacuole. Die Substanz zwischen den Körnchen ist oft so hell, dass sie sich dem Auge entzieht. Eine dichtere Schicht liegt der Zellmembran an. Sehr häufig bewegt sich das Protoplasma in Pflanzenzellen (Protoplasmaströmung), eine Bewegung, die man an der Verschiebung der Körnchen erkennt. In der ganz hellen körnchenfreien Grund- substanz des Zellleibes treten mitunter , namentlich auch beim Ab- sterben des Präparats, kugelige Bläschen auf, Vacuolen (V). Als Beispiel einer membranlosen Zelle möge Figur 2 dienen, welche ein einzelliges Lebewesen, eine Amöbe, darstellt. Dieselbe verändert leicht ihre Gestalt und ist daher in zwei Formen A und B gezeichnet. Ausser dem Kern (K) und einer sogenannten contractilen Vacuole ( V) beiludet sich noch eine als Nahrung aufgenommene Diatomee (N) in dem Zellleibe. Dieser letztere ist Ä B unregehnässig begrenzt, zeigt Fort- sätze und Buchten und lässt wieder- um eine mehr gleichartige, hellere und eine mehr körnige dunklere Substanz unterscheiden, von denen die erstere speciell am Rande her- vortritt. Der Nahrungskörper (N) 2 ist VOn (1er Amöbe in der Weise in Amöbe in zwei verschiedenen Formzuständen nach Leunis-Ludwig. K = Kern, N = Nah- ihren Leib aufgenommen Worden, rungskörper (Diatomee), V = contractile ' Vacuole. dass sie ihn zunächst mit ihren Fortsätzen umgab, gewissermassen nmfloss. Einlagerungen in die Zelle. Sind die Hauptbestandteile auch der protoplasmatische Zellleib und der Kern, so finden sich doch vielfach noch andere Formelemente oder nicht geformte Substanzen in beide eingelagert. 1) Zellleib. Die in diesem befindlichen Gebilde kann man eintheilen in solche, welche als Nahrnngsstoffe oder Produete der Zelle zu betrachten sind und in solche , die als Organe derselben anzusehen sind. a) Nahrungsstoffe und Produete. Die hier zuzurechnenden Substanzen können mehr fest oder mehr flüssig sein, eine bestimmte Form besitzen oder nicht, in jedem Falle sind sie von dem Proto- plasma scharf zu trennen. Man kann sie unter dem Namen Meta- plasia a (v. HansteinJ zusammenfassen, die Zellen, welche der- artige Einlagerungen enthalten, als diplasmatisch e im Gegensatze zu- den von ihnen freien in onopla sm atis c h en (Köllikeri be- zeichnen. Die Stoffe finden sich in der Zelle in Form von Körnchen, Schollen, Krystallen, Tröpfchen oder unregelmässig begrenzten Fliissig- keitsmengen etc. Erscheinen sie in Form von scharf begrenzten Bläschen, so werden sie wohl auch als Vacuole n bezeichnet. Wohl zu unterscheiden von diesen Vacuolen sind jene, welche bei der absterbenden oder todten Zelle auftreten, namentlich auch nach Einwirkung von Reagentien. Dieselben verdanken ihre Entstehung wahrscheinlich einem Entniischungsvorgange (Frank Schwarz), bei welchem homogen gemengte Substanzen sich derartig scheiden, dass die löslichere sich in Tropfenform in der unlöslichen ansammelt. Diese letztere muss dabei noch die Eigenschaften be- sitzen, begrenzt quellungsfähig und undurchlässig in Bezug auf die gelöste Substanz zu sein. Diese Vacuolen wachsen durch Osmose. Bei absterbenden Zellen kann, eben durch den Vorgang des Abster- bens, eine derartige Entmischung eintreten. b) Organe des Zellleibes. Als solche, deren Entstehung wohl auf eine besondere Differenzirung des Protoplasmas zurückzuführen ist, sind anzusehen : das Parasoma und das C e n t r o s o m a. lJParasoma, Nebenlwrper, Nebenkern (v. la Valette St. George). Dieses zuerst 1867 von v. la Valette St. George bei Samenbildungs- zellen beschriebene Gebilde ist seitdem von einer Reihe von Beobach- tern bei verschiedenen Zellen: Sexualzellen, Drüsenzellen, aufgefunden worden. Es scheint mir indessen zweifellos , dass die bisher mit diesem Namen bezeichneten Dinge von sehr verschiedener Beschaffen- heit und Bedeutung sind. Es spricht hierfür sowohl die Verschieden- heit der Form wie die des Verhaltens bei den Lebenserscheinungen der Zelle (Drüsenthätigkeit , Zelltheilung, Umbildung der Sexualzelle in das Spermatosom). Die nähern Angaben über dieses Gebilde werde ich aus diesem Grunde auch erst bei den betreffenden Ca- piteln machen. Hier möchte ich nur kurz bemerken, dass das Para- soma, in manchen Fällen wenigstens, sicher ein wichtiges, constant der Zelle zukommendes Gebilde ist. 2) Centrosoma (Boveri), Polkörperchen (E.y. Beneden;, Central- körperchen. Ein sehr kleines, rundliches bläschen- oder körnchen- artiges Gebilde, vielleicht auch nur „eine durch ihr starkes Licht- brechungsvermögen und ihre homogene Beschaffenheit ausgezeichnete" Stelle des Zellleibes (Rabl), welches bis jetzt von einer Reihe von Beobachtern in Sexualzellen und mitunter auch in anderen Zellen (von Triton, Rabl) gesehen worden ist. Dasselbe ist vielleicht immer von einer umhüllenden Substanz eingeschlossen, der Attractions Sphäre (Strasburger), sphere attractive (E. v. Beneden), Archoplasma (Boveri) und steht in einem ganz bestimmten, sehr wichtigen Ver- hältnisse zu Karyo- und Cytoplasma, auf welches ich aus practischen Gründen erst bei der Beschreibung der Zelltheilung eingehen werde. 2) Zellkern. In diesem liegt das Kernkörperchen (Kern- kern, Nucleolus, bei Eizellen Keim fleck genannt) eingelagert, 9 welches auch in beliebiger Mehrzahl vorkommen kann, und vielleicht keinem Kern fehlt. D;is Kernkörperchen ist rundlich oder leicht oval, stark lichtbrechend. Es liegt im Kern meist excentrisch, mit- unter (namentlich auch, wenn viele vorhanden sind) peripher. Es ist in seiner Substanz verschieden von dem Kerngerüst, hängt mit diesem nicht zusammen, und ist leicht sichtbar zu machen, wenn man frische Zellen mit Wasser behandelt (Fuemmbstg: Zellsubstanz etc. p. 140), wodurch das Kerngerüst undeutlich wird. Sonst tritt es hei vielen Färbungen deutlich hervor, wobei zu bemerken ist, d;iss nach den Resultaten dieser zu schliessen, es wahrscheinlich verschiedene Arten von Kernkörperchen giebt, oder dass sich dieselben auch in ihrer Beschaffenheit ändern können. Die Bedeutimg des Kernkörper- chens ist unbekannt, vielleicht ist es als ein Organ des Kerns auf- zufassen, vielleicht stellt es indessen auch nur einen besondern Stoff dar. der bei bestimmten Gelegenheiten wieder verwandt wird. Gerade bei einer der wichtigsten Lebensthätigkeiten des Kerns, der mito- tischen Theilung, versehwindet es vor Beginn derselben und bildet sich in den neuentstandenen Kernen wieder. In dem Kernkörperchen ist bei Eizellen häufig noch ein kleineres Gebilde wahrzunehmen, der Nucleolulus, welcher von Schrön als ein Korn gedeutet wurde, indessen wohl als Vacuole aufzufassen ist (v. la Valette 8t. George, Flemming). Structur der Zelle. Durch die neueren Untersuchungen ist es sehr wahrscheinlich geworden, dass Zellleib wie Zellkern eine besondere ev. ziemlich complicirte Structur besitzen. Im Karyo- wie im Cytoplasma ver- mag man unter Umständen je eine festere Substanz zu unterscheiden, die eine mehr fädige Structur zeigt, das Karyomitoplasma (6 /lUtoc = Faden) und das Cy tomitopla sm a , in welche mehr oder weniger Körnchen oder Körpereben von mitunter ganz bestimmten Formen eingelagert sind, die Ka ry omikrosomen und die Cyto- mikrosomen. Das gesammte Fadenwerk würde das Karyo- resp. Cytomitom bilden, die einzelnen Fäden würden alsKaryo- resp. Cytomiten zu benennen sein. Hilden die Fäden durch Verbindungen unter einander ein Netz- res]), ein Schwamm werk, so hat man wohl auch von einem Spongioplasma gesprochen. 10 — eh Km doch scheint mir das Wort „Mitom" als das umfassendere auch das passendere zu sein. Die Zwischenräume zwischen den Fäden nimmt eine flüssigere, heller und homogen aussehende Substanz ein, das Karyohyaloplasma und Cy tohyaloplasma, Die Structur- elemente des Kerns und des Leibes sind ihrer chemischen Be- schaffenheit nach durchaus verschieden von einander und hängen mit einander in keiner Weise zusammen. Im Specielleren ist über die Structuren das Folgende zu sagen. 1) Die Structur des Zellkerns (Figur 3 und 4). Das Karyo- mitom erscheint bei einem Kerne gewöhnlich zunächst gleich einer Körnung, bei stärkeren Vergrösserungen als ein Netz- oder Schwamm- werk, ein Kerngerüst, dessen Knoten vorher als Körner erschienen, während die feinen Verbindungsfäden unsichtbar blieben (Figur 3). An manchen Stellen dieses Netzwerks finden sich stär- ker verdickte Netzknoten (Nkri), die man nicht mit Kernkörperchen (Kk) ver- wechseln darf, welche letz- tere immer ohne Verbindung mit dem Kernnetze sind und auch aus einer anderen Sub- stanz bestehen als dieses. Das Kernnetz erstreckt sich bis zum Rande und bildet hier eine Art von dürch- brochener Membran, welche, da das Netzwerk durch Farbstoffe deutlich gemacht werden kann, auch als chromatische Membran ich Km) bezeichnet wird. Um diese herum befindet sich gewöhnlich noch eine Hülle , die sich weniger gut färbt , die achromatische Ker n - membran (Figur 4 ach Km), welche von manchen Autoren indessen schon dem Cytoplasma zugerechnet wird. Zwischen den Karyomiten liegt als helle Grundsubstanz (Zwischensubstanz, Flemming), welche sich wenig oder garnicht färbt, das Karyohyaloplasma, das indessen keineswegs als eine einfache wässerige Flüssigkeit anzu- sehen ist, sondern einen wichtigen Formbestandtheil des Kerns aus- macht. Ich ziehe daher auch das Wort „ Gl r u n d s u b s t a n z " dem „Kernsaft" von R. Hertwig vor. — Rabl hat es wahrscheinlich gemacht, dass in jedem gut ausgebildeten Karyomitom dickere, pri- Nkn Kernschema. Theilweise nach RABL (5. X. Kern aus dem Blasenepithel von Proteus). 11 hKm ach Kiu ch Km chKm märe, Fäden von dünneren, secundären, zu unterscheiden Bind (Figur 4), welche letztere von jenen ;ils Aeste abgehen und durch ihre Verbindungen (Anastomosen; mit benachbarten dien das Netzwerk ent- stehen lassen. Die p r i m ä r e n Fä d en zeigen eine ganz bestimmte Anordnung, sie bilden Schleifen, deren geschlossene Enden sämmt- lich auf einer Seite des Kerns um ein helles Feld, das Polfeld (P), herumliegen, deren offene Enden auf der Gegenpolseite frei und ohne besondere Anordnung endigen , ev. sich hier mit den Schenkeln benachbarter Schleifen zu einem ununterbrochenen Faden vereinigen können. (Man vergleiche auch Figur 5 und 6.) Verdünnten Säuren gegen- über (Essigsäure, Ameisensäure, Pikrinsäure , OsmiuillSäUre etC.) Kernnetzschema im Wesentlichen nach EABL . (5. X). a. Kern von der Seite dargestellt, verhält Sich der Kern SO, daSS das Polfeld oben; b. Kern von der oberen Fläche ,j. .. c ■ , • t tt aus dargestellt, a ch K m = achromatische KaryOmitOlll ÜXirt Wird Ulld deilt- Kernmembran; ch Km = chromatische Kern- ,.11 , ... t tt i i membran; Kk = Kernkörperchen ; P = Polfeld. lieh hervortritt, das Hyaloplasma bleibt ganz durchsichtig. Nach Behandlung mit sauren chrom- sauren Salzen (2procentige Lösung, MüLLER'sche Flüssigkeit) wird das Karyomitom weniger gut erhalten, dagegen tritt das Hyalo- plasma gut hervor. Kalilauge in starker Verdünnung zerstört den Kern unter Quellung. Bei Anwendung von vielen Farbstoffen (Methylgrün, Methylviolett, Safranin, Carmin, Hämatoxylin etc.) färbt sich das Mitom mehr oder weniger intensiv, je nach dem Zustande der Zelle resp. des Kerns, das Hyaloplasma kaum oder garnicht. In jenem haftet der Farbstoff aber wahrscheinlich n i c h t an dem Mitoplasma, sondern an einer diesem eingelagerten Substanz, die sich häufig, wiederum je nach dem Zustande der Zelle, in Form von mehr oder weniger bestimmt gestalteten Körperchen darstellt, den oben schon erwähnten Mikrosomen, aber auch, wie es scheint, mehr diffus in dem Mitoplasma verbreitet sein kann, vielleicht auch wieder in Form nur sehr feiner Körnchen. Der Botaniker Fi:a*k Schwakz hat demgemäss im Kern die folgenden durch ihr besonderes chemisches Verhalten charakterisirten Stoffe unterschieden: — 12 — das Linin == Karyoniitoplasnia = Paraehromatin (Pfitzxer das C h r o m a t i 11 = Substanz der Mikrosomen = Chrornatin (Pfitznek) das Paralinin = Karyohyaloplasnia = Achromatin | Pfitzxer ferner die Substanz des Kernkörperehens als: P y r e n i n = Prochromatin ( Pfitzxer und die der Kernmembran als Amphipy renin, da sie in ihren Eigenschaften der Substanz des Kernkörperehens nahe stehen soll. Betrachtet man unter dem Mikroskope den Kern einer frischen, lebenden Zelle, so vermag- man mitunter Theile des Mitoms mehr oder weniger gut zu erkennen, häufig erscheint der Kern indessen fast homogen, nur das oder die Kernkörpereken und einige Körn- chen sind vielleicht sichtbar. Trotzdem muss das Mitom auch hier vorhanden sein, denn einmal tritt es. Trenn auch in verschiedener Ausbildung, bei Ffxirung des Kerns hervor und dann zeigt es sich stets in gleicher, für jede Zelle feststehender Form bei der mitoti- schen Theilung. Dieser letztere ist der beweisendem der beiden Gründe, denn während das bei der Fixirung entstehende Mitom- immer- hin ein künstliches G-erinnungsproduet sein kann, ist es bei der Mitose direct au der lebenden Zelle sichtbar. Man muss annehmen, dass bei dem lebenden Zellkern Modificationen der die Structuren bilden- den Substanzen eintreten können, welche durch Veränderung der Lichtbrechung sie dem Auge unsichtbar zu machen vermögen; das alte Wort nuvxu qsi kommt hier, zur vollen Geltung, die lebende Zelle und ihr Kern verändern sich fortdauernd. Das Mitom bildet übrigens nicht bei allen Zellen die oben be- schriebenen Schleifen, mitunter sind nur kleine Stäbchen oder Körn- chen wahrzunehmen. Auch die Mikrosomen sind durchaus nicht immer als solche zu erkennen, auch sie treten am schärfsten bei der mitotischen Theilung. bei welcher allerdings auch eine Veränderung derselben, eine Vergrösserung statt hat (siehe Mitose; hervor. Beim ruhenden Kern kann das Chromatin. wie oben schon erwähnt, sich oft ziemlich regellos vertheilt zeigen, in grösseren imd kleineren Klümpchen etc.. auch ist die Intensität der Farbeaufnahme des Chro- niatins bei demselben Kerne jedenfalls wechselnd. 2 | Die Structur des Zellleibes. Dieselbe tritt weit weniger deut- lich hervor als die des Kerns und es ist daher weit schwerer, sicheres über sie anzugeben. Bei der frischen lebenden Zelle ist oft so wenig von ihr wahrzunehmen, Belbst bei Pflanzenzellen, dass der Botaniker Frank Schwarz zu dem Schlüsse kommt, das Cytoplasma sei eine Mischung, in welcher unter Umständen «-in«- Trennung von festerer, zäher and von flüssiger, gelöster Substanz eintreten könne Vacuolen- bildnng . Er nimmt in dieser Mischung dreierlei Substanzen resp. Substanzgruppen an: erstens eine zähdehnbare Substanz, das Cyto- plastin, zweitens die in den Vacuolen vorkommenden gelösten Stoffe, drittens die Mikrosomen, die auch ganz fehlen können, [ch bin nun mit dieser Anschauung insoweit ganz einverstanden, als auch ich annehme, dass die Yaeunlenhildung mit der Zellstructur nichts zu thun hat, und einem Zerstörungsprocess ihren Ursprung verdankt, ferner, dass die Structur vielfach in der frischen Zell»- nicht er- kennbar ist Dagegen Tritt sie in manchen frischen Zellen sicher auch hervor, so z. B. in jenen Drüsenzellen mit Stäbchenstructur, in den Wimperzellen, wenn auch die liier sichtbaren Gebilde schon be- sondere Differenzirunjren des Mitoms darstellen. Der Hauptgrund für ihr regelmässige* und allgemeines Vorkommen scheint mir indessen wieder durch die bei der mitotischen Thedung zu be- obachtenden Bilder geliefert zu werden siehe unten . die nur durch die Annahme einer bestimmten, von vorn herein vorhandenen Structur des Zellleibes zu erklären sind. Auch die Thatsache, dass zwei membranlose . neben einander liegende und einander berührende Zellen nicht miteinander verschmelzen, ist eigentlich nur bei Annahme -dner festen Zellstructur verständlich. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Cytomitoplasma ein ähnliche* Gerüst bilden wie es im Kern geschieht, natürlich mit. unter Umständen sehr bedeutenden. Modificationen der Form. Die Cytomikrosomen werden diesem Gerüst wieder eingelagert sein und in den Maschen liegt dann als Grundsubstanz das Cytohyaloplasma. Bei membranlosen Zellen wird ein wirklicher Abschluss nach aussen nur insofern vorhanden sein, als das in den Haschen liegende Hyaloplasma, welches relativ fest gedacht werden muss . mit einer -(harten Oontour ab- schneidet. Viele v«>n jenen Bildern, welche man von der Netz- Btructur de* frischen Zellleibes gegeben hat, und so auch vi.de an der hxirten Zelle zu beobachtenden Structurformen werden aber auf Vacuolenbildung , d. h. auf Entmischung, Zersetzung des ab- sterbenden Zellleibes oder auch auf metaplasmatische Ausscheidungen zurückzuführen sein, und man wird bei der Beschreibung und Deu- tung derartiger Bilder auf das Aeusserste vorsichtig und kritisch verfahren müssen. — 14 — Für die Elemente, aus denen die Structur des Zellleibes sich aufbaut, existiren noch folgende Bezeichnungen: Für das Cytomitoplasma Für das Cy tohy aloplasma. Kupffer: Protoplasma (im en- Paraplasma. geren Sinne). j Filarmasse. J Interfilarinasse. \ Mitom. \ Paramitom. ) Substantia opaca. f Substantia hyalina. Leydic; \ c . , » rr i i I Spongioplasma. l Hyaloplasma. Strasburger: Cyto-Hyaloplasma. Cytochylema (dieses letztere zerfällt wieder in das dickflüssigere, eiweiss- reichere „Plasmochym" und das in den Vacuolen der Pflanzenzellen sich fin- dende, mehr wässerige „Cytochym"). Die Zellmembran. Die Zelle kann sich unter Umständen mit einer Membran umgeben. Dieselbe niuss jedenfalls als ein Product der Zelle aufgefasst werden, sei es nun als eine Umänderung, eine Erhärtung der äussersten Schicht des Zellleibes oder als eine Art von Secret, eine Abscheid ung. Vielleicht kommt beides vor. — Dieser äusseren Zellmembran wird nun von manchen Autoren eine innere gegenüber gestellt, welche den Zellleib gegen den Kern abschliessen und so eventuell die achromatische Kernmembran bilden soll. Dass ein scharf begrenzter Abschluss des Zellleibes auch nach innen hin existirt, folgt schon aus der angenommenen Structur desselben, doch erscheint eine besondere Membran dazu nicht nothwendig. — Ob sich eine äussere Zellmembran bildet, hängt von der Function ab, welche die Zelle zu erfüllen hat und von der eventuellen Umbildung derselben, die durch das Altern bedingt wird. — In jedem Falle hat man sich den Abschluss des Zellleibes nach Aussen hin, und ebenso den Abschluss desselben gegen den Kern in der Weise zu denken, dass osmotische Strömungen un- gehindert vor sich gehen können, die zur Ernährung der Zelle noth- wendig sind. Die bisher genannten und beschriebenen feinsten mit dem Mikro- skope sichtbaren Structurelemente der Zelle würden sich ihrerseits vielleicht wieder noch aufbauen aus zur Zeit für uns unsichtbaren, die wir nur aus physikalisch-chemischen Vorgängen zu erschliessen vermögen. Die aus den Atomen sich zusammensetzenden Moleküle würden sich, so ist die Annahme, zu wieder neuen grösseren Gruppen 15 in der lebenden Zelle vereinigt finden, die man alsMicellen oder Tagmen bezeichnet hat. Diese würden dann die eigentlichen Bau- steine darstellen, ans denen die Zelle kunstvoll aufgeführt ist. Es würde indessen ein Irrthum sein, daraus schliessen zu wollen, dass diese Micellen nun auch die eigentlichen lebenden kleinsten Theilchen wären, so dass sie und nicht die Zelle als Elementarorganismen auf- gefasst werden müssten denn organisirt sind sie in ihrer Art ja auch . Nicht die einzelne Micelle würde ein lebender Elementar- organismus sein, sondern erst jene Wechselwirkung zwischen vielen derselben, die zn einem Gebilde (Zelle. Cytode) vereinigt sind, ist Leben, und die Summe dieser Wechselwirkungen aller jener Millionen Micellen, die in einer Zelle vielleicht vorhanden sind, würden das Leben und die Thätigkeit dieser Zelle darstellen. Es wäre aber gänzlich verkehrt, die Eigenschaften der Zelle auch als Eigenschaften der sie zusammensetzenden Micellen betrachten zu wollen. Durchaus abweichend von der hier mitgetheilten Anschauung über die Structur der Zelle und des Kerns ist die von Altmanx vertretene Ansicht. Nach ihm ist jede Zelle nicht an sieh ein Elernen- tarorganismus, sondern eine Colonie von solchen, sehr kleinen Körn- chen (Granula) oder Fädchen. Diese ,,Bioblastenu sind entweder „Autoblasten'S d.h. selbständige Mikroorganismen, oder ..Cytoblasten". wenn sie eine Zelle aufbauen. Ihrer Gestalt nach sind sie entweder mehr kugelig („Mönoblasten"j oder ladig i„Xeniatoblasten'"). Je nachdem sie im Kern liegen oder im Zellleibe, würden sie ..Karyo- blasten" und „Somatoblastenu genannt werden können. Die ..Zellen- genannten Colonieen dieser Elementarorganismen sind nicht jetzt, sondern vor Zeiten entstanden zu denken und würden jetzt nur noch als solche in Erscheinung treten, und die Bioblasten. die einer solchen angehören, würden nicht mehr als Autoblasten existiren können. (Vergl. Altmann: Die Elementarorganismen und ihre Be- ziehungen zu den Zellen. Leipzig 1890.) Eine noch andere Ansicht vertritt Bütschli. Er nimmt mit ausgehend von den künstlichen Zellstructuren (s. unten) an. dass das Protoplasma einen „schaumigen", ..wabigen" Bau besitze, bei dem also kugelige Tröpfchen von sehr grosser Feinheit von einer anders- artigen Substanz umgeben und durch sie völlig von einander getrennt sein würden. Wie aus dem Vorhergehenden hervorgeht, würde ich diesen beiden Anschauungen nicht beipflichten können. 16 — Form, Grösse, Consistenz und Verhalten der Zellen zu einander. Die Form der Zelle und des Kerns. Die Gestalt der Zelle kann ausserordentlich verschieden sein. Die Grundform der frei- liegenden, jungen Zelle ist die Kugel; gehen von dieser Fortsätze nach verschiedenen Seiten aus, so entsteht eine mehr oder weniger vollkommene Sternform. Drücken sich nebeneinander liegende kugelige Zellen, so werden sie polygonal, fünf- oder sechseckig. Ist die Höhe , Breite und Dicke einer polygonalen Zelle ziemlich gleich, so nennen wir sie : kubisch, ist die Höhe überwiegend : cylindrisch, spitzt sie sich dabei nach unten zu: konisch oder cylindrokonisch, wird die Höhe dagegen sehr gering , so er- halten wir die platte Zelle. Erscheint eine Zelle, ähnlich einem Doppelkegel, in der Mitte dick, an beiden Enden sich zuspitzend, so ist sie spindelförmig, unter Umständen cyli ndrisch - spindelförmig oder platt-spindelförmig und in beiden Fällen, wenn der Längendurchmesser stark überwiegt, faserförmig. Der Kern ist meist kugel- oder ovoid förmig, doch kann er in beiden Fällen durch Abplattungen mehr oder weniger von dieser Grundform abweichen. In sehr schmalen langgestreckten Zellen wird auch er länger, lang oval ev. fast stabförmig (glatte Muskel- fasern). Stark verändert in seiner Form wird der Kern häufig in Zellen, in denen sich Secret anhäuft, dieses drückt ihn zusammen, plattet ihn ab. Noch stärkere und gleichzeitig sehr charakteristische Formveränderungen treten bei der Umwandlung des Kerns der Sper- matide zum Köpfchen des Spermatosoms ein (s. männliche Geschlechts- organe). Sehr eigenthümlich ist die öfter zu beobachtende Lappung des Kerns (Maulbeer form). Die Ursache und die Bedeutung dieser Kernform ist noch nicht genügend aufgeklärt und wahrschein- lich auch in verschiedenen Fällen verschieden. Mitunter ist die Lappung nur gering, mitunter aber auch so tiefgehend, dass die einzelnen Theile nur noch durch schmale Verbindungsbrücken in Zu- sammenhang stehen und man leicht glauben kann, mehrere Kerne vor sich zu haben. Solche Kernformen finden sich z. B. vielfach bei den weissen Blutkörperchen, bei welchen indessen auch ein wirk- licher Kernzerfall eintritt, hier ist es also möglich, dass die Lappung nur ein Vorstadium des Zerfalles darstellt. Sehr wahrscheinlich ist 17 »•s, ihiss diese eigentümlichen Kernformen auf active Gestaltsver- änderungen des Kerns zurüekzuführen sind (s. unten). Die Grösse der Zelle. Dieselbe kann, auch wenn wir nur den menschlichen Körper betrachten, ungemein verschieden sein. So hat ein Lymphkörperchen des Menschen einen Durchmesser von etwa 4 bis 14 ,u, während eine Linsenfaser eine Länge von mehreren Millimetern besitzt. Die grossen Nervenzellen der Vorderhörner des Kückenmarks weisen Durchmesser von über 100 ^ auf, sodass sie mit blossem Auge isolirt sichtbar sind, von ihren Fortsätzen erreicht der Axencylinderfortsatz eine. Länge von mehreren Füssen. Die allerdings vielkernigen, quergestreiften Muskelfasern erreichen beim Menschen eine Länge von 13 cm und mehr. Was das Wachsthum der Zellen anlangt, so erreichen die einzelnen Zellarten sehr verschieden schnell ihre Maximalgrösse. Das Darmepithel besitzt bei einem 13 Wochen alten menschlichen Embryo schon dieselbe Grösse wie beim Erwachsenen, während das Tracheal- epithel weiter wächst, bis die definitive Grösse erreicht ist. Die Endothelzelle der DESCEMET'schen Haut der Cornea wächst weiter, bis die Letztere ihre definitive Grösse erreicht hat, während die des Mesenteriums bei einem 7 cm langen Rindsembryo schon ebenso uit iss wie beim erwachsenen Thiere ist. Die Grösse der ausgewachsenen Zelle richtet sich einiger- massen nach der Grösse des Thieres, doch gilt dieses nur für näher verwandte Thiere, und auch so kommen mannigfache Aus- nahmen vor. ConsisteilZ (1er Zelle. Die Zelle scheint im jugendlichen proto- plasmatischen Zustande etwa teigig weich zu sein, besitzt indessen gleichzeitig eine gewisse Elasticität und einen festeren inneren in der Structur begründeten Zusammenhang. Durch Differenzirung entstehen bei der weiteren Entwickelung die mannigfachsten Modifikationen. Das Yerhältniss der Zellen zu einander. Die Zellen liegen theils dicht nebeneinander, nur durch schmale Streifen einer intereellular- oder Kittsubstanz getrennt, theils weiter von einander entfernt, während die Zwischenräume durch geformte oder angeformte Intercellularsubstanz ausgefüllt werden. In beiden Fällen können sie entweder durch Sub- stanzbrücken mit einander verbunden oder völlig getrennt sein. Das Letztere ist im ganzen häufiger der Fall. Schiefferdecker-Kossel — 18 — Die Lebenserscheinungen der Zelle. I. Der Stoffwechsel. Da jede Zelle ein lebendes Wesen dar- stellt, so muss sie ernährt werden und die erhaltene Nahrung in bestimmter Weise verändern, umsetzen. Die Nahrung wird ihr auf verschiedene Art zugeführt, je nach dem Bau des Wesens, dem sie angehört, beim Menschen und den höheren Thieren durch das Blut vermittelst des Lymphstromes. Dieser geht, so muss man annehmen, von den feinsten Blutgefässen aus, durchzieht die Gewebe auf be- stimmten Strassen, gelangt so zu den einzelnen Zellen, die er um- spült und führt überflüssige Nahrung, bestimmte geformte Bestand- teile (Lymphkörperchen) sowie Ausscheidungsproducte der Zelle in das Blut zurück. II. Die Zellbildung und Zellyermehrung. Schwann und seine Zeitgenossen nahmen zunächst an, dass aus einem Keim- mutterboden, einem Blastem, Zellen direct entstehen könnten, sie sollten darin gewissermaassen auskrystallisiren. Durch weitere Forschungen (von Virchow, Kölliker u. A.) ergab sich mehr und mehr die Unhaltbarkeit dieser Anschauung. „Omnis cellula e cellula", dieser Ausspruch Virhow's giebt am prägnantesten den Standpunkt an, der allmählich gewonnen wurde, und den wir jetzt einnehmen. Nur aus einer schon vorhandenen Zelle vermag eine neue sich zu bilden, wo die erste Zelle ihrer Zeit hergekommen ist, das wissen wir nicht, jetzt findet eine Bildung von Zellen aus den Urstoffen, eine generatio aequivoca, soweit unsere Kenntnisse reichen, nicht mehr statt. Die erste, die Mutterzelle, eines jetzt sich bildenden Körpers ist die befruchtete Eizelle. Die erste Anlage der Körpers ist also eine geschlechtliche. Auch wo Parthenogenese stattfindet, wird dieselbe immer wieder durch geschlechtliche Zeugung unter- brochen. Die aus der Eizelle sich ableitenden Zellen theilen sich aber ohne eine neue Befruchtung, ungeschlechtlich. Die Zellver- mehrung ist der deutlichste Ausdruck des rüstigen Lebens der Zelle. Sie kann mit Recht als ein Wachsthum über das Maass des Indivi- duums hinaus betrachtet werden. Ist sie doch ein Act, der über das individuelle Bedürfniss, für welches die Zelle, wie jeder Organis- mus, zunächst zu sorgen hat, weit hinaus geht, und der nur der Art, im zusammengesetzten Organismus also diesem, resp. zunächst der engeren Zellgruppe zu gute kommt, nicht der Mutterzelle selbst. — 19 — Die Zellvermehrung gehl immer in der Art vor Bich, dass eine Zelle, die an einer für sie bestimmten Maximalgrenze ihres Wachs- thums angelangt ist, sieh theilt und so zu zwei neuen Zellen, den Tochterzellen, wird. Bei (\cr Entstehung dieser verschwindet ;ilso die Mutterzelle. Im speciellen lassen sieh zwei Arten des Vorgangs unterscheiden: a) die amitotische (directe) Theilung. b) die mitotische (indirecte) Theilung. Wie schon aus der Namengebung hervorgeht, unterscheiden sich die beiden durch das Verhalten des Mitoms und zwar des Karyo- mitoms. Während nemlich das Karyokyaloplasma in beiden Fällen in zwei ungefähr gleiche Theile zerlegt wird , theilt sich das Karyomitom nur bei der mitotischen Zellvermehrung, der Mitose, genau in gleiche Theile, bei dem amitoti- schen Pro c esse tritt es in den Hintergrund und scheint durchaus nicht immer in gleichen Mengen in die Toch- terzellen überzugehen. Die Kernkörperchen scheinen bei der Theilung keine wesentliche Rolle zu spielen, da sie, wenig- stens bei der Mitose, regelmässig zuerst verschwinden, und erst in den neuen Tochterkernen von neuem sich bilden. a) Die amitotische (directe) Kerntheilung. Dieselbe war nach älteren Anschauungen die einzige. Als in neuerer Zeit die mito- tische bekannt und in allen Geweben nachgewiesen wurde (Flemming, Strasburger u. A.), schien es eine Zeit lang, dass letztere als die allein zu Recht bestehende angesehen werden müsste, schliesslich aber wurde durch weiter fortgesetzte Untersuchungen bewiesen, dass auch jene sicher vorkomme, allerdings, wie es scheint, bei weitem nicht in der Ausdehnung wie die mitotische. Bei der . amitotischen Theilung theilt sich der Kern, dessen Membran erhalten bleibt, in Folge einfacher Durchschnürung in zwei, und darauf ebenso die Zelle. Die letztere kann indessen auch ein- fach bleiben und dann entsteht eine zweikernige Zelle, die eventuell bei weiter fortgesetzter Kerntheilung vielkernig werden kann (s. unten). Die Theilungsebene der Zelle entspricht der des Kerns. Es entstehen so zwei neue der Mutterzelle ähnliche Zellen, von denen jede zunächst natürlich kleiner ist als jene. In wie weit bei dieser Theilungsart bestimmte Umlagerungen des Karyomitoms vorkommen können, ist noch nicht genauer fest- gestellt. Nach den Beobachtungen von Löwit lassen sich solche nachweisen bei der Theilung bestimmter Lymphzellen (Leuko- 2* — 20 — blasten) und zieht dieser Forscher daraus den Schluss, dass es sich in Folge dessen hier um einen Vorgang- handle, der als eine un- vollkommene mitotische Theilung aufzufassen sei. Ich möchte dieser Auffassung nicht beistimmen, da der Grundtypus durchaus der amito- tischen Theilung entspricht ; immerhin ist die Beobachtung von Löwit deshalb von Bedeutung, weil sie die beiden Arten der Theilung ein- ander nähert und so die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass dieselben nur Modificationen eines und desselben Processes darstellen. Die amitotische Kerntheilung ist sowohl bei pflanzlichen wie bei thierischen Geweben constatirt worden, von letzteren z. B. bei Leuko- cyten (Ranvier, Löwit). b) Die mitotische (indireete) Kerntheilung, Karyokinese (Schleicher), Mitose (Flemming), Cytodierese (Heistneguy, Carnoy). Das erste Zeichen einer beginnenden Theilung ist auch hier gewöhn- lich eine Vergrösserung des Kerns , sodann treten bestimmte , sehr tiefgreifende Veränderungen an dem Karyomitom auf, welche sich im Wesentlichen dahin zusammenfassen lassen, dass 1) eine Concentration des gesammten Mitoms zu einer in jedem Falle constanten Zahl von bestimmt geformten Karyomiten (Chro- mosomen, Waldeyer) : Schleifen, Stäben, Fäden, körnerähnlichen Gebilden etc. statt hat. Dabei tritt eine Vermehrung des Chromatins ein, die Mikrosomen nehmen entweder einfach an Substanz zu, viel- leicht auf Kosten des Mitoplasmas , oder legen sich auch vielleicht an einander , um eventuell zu verschmelzen , jedenfalls entstehen grössere chromatische Körner, welche den Karyomiten eine rosen- kranzähnliche Form verleihen können : die Chrom atinkörper, Chromatin kugeln (Balbiani , Pfitzner) , die eventuell auch als kurz-tonnenförmige Gebilde oder Scheiben sich präsentiren: Chro- matinscheiben, Mikrosomen Scheiben (Strasburger). Die- selben liegen hinter einander eingebettet in das Mitoplasma, welches die zwischen ihnen befindlichen Zwischenräume ausfüllt ; 2) eine genaue Längstheilung dieser so entstandenen Karyomiten stattfindet, derart, dass jedes Mikrosom in zwei gleiche Theile zer- legt wird; 3) während dieser Vorgänge und weiterhin eine Verschiebung der Karyomiten sichtbar wird, welche eine Vertheilung der neu ent- standenen halbirten Karyomiten, der Tochterschleifen etc., auf die beiden neuen Kerne ermöglicht. Dass gleichzeitig auch chemische (oder vielleicht auch nur phy- sikalische) Veränderungen in dem Kern vor sich gehen, lässt sich 21 •ni- der verschiedenen Färbbarkeil des Mitoms und des Karyohyalo- plasmas schliessen. Es sind bei diesem Vorgang von den Autoren mehrfach von ein- ander abweichende Stadien oder Phasen anterschieden worden: ich werde denselben wie folgt eintheilen ftheilweise im Anschlnss an die von Waldkvki; vorgeschlagenen Bezeichnungen), indem ich die oben angegebenen drei Hauptriehtungen der Veränderung des Karyomitoms berücksichtige. Auf das Stadium des ruhenden Mutterkerns folgen: 1 Der Mutterknäuel (Spirem, Flemming), ai der dichte Knäuel. l)i der lockere Knäuel. 2) Die Schleifentheilung und -Richtung 5 Theilung und Rich- tung der Kanoniken (Chromosomen). 3) Der Mutterstern Aster, Monaster, Aequatorialplatte [Flem- ming], Kernplatte [Strasburger]). 4) Die Schleifentrennung und -Polwanderung; Trennung und Polwänderung der Karyomiten (Chromosomen); (Meta- kinesis. Flemming I. ."> ! Die Tochtersterne (Doppelstern, Dyaster, Flemming). 6) Die Tochterknäuel (Dispirem, Flemming), a I die lockeren Knäuel, b) die dichten Knäuel. 7 1 Die ruhenden Tochterkerne. Nach Strasburges würden die Stadien 1 bis 3 als Prophasen, 4 als Metaphase, ."> l>is 7 als Anaphasen zu bezeichnen sein. In der nachfolgenden näheren Beschreibung der einzelnen Sta- dien werden ausser dem Karyomitom auch die anderen Theile des Kerns und der Zelle bis zu einem gewissen Grade berücksichtigt werden, das Centrosoma und einiges andere wird weiter unten be- handelt werden. 1) Der Mutter Jmäuel. Allgemeiner Vorgang : Concentration der Substanz des Karyomitoms auf eine bestimmte Ansah! von Karyomiten, eventuell Abtrennung von Karyomiten durch Segmentirung eines ein- zigen Fadens. Die Entwicklung des Knäuels ist eine allmähliche und erlaubt zwei Stadien zu unterscheiden. ai Der dichte Knäuel (Figur 5). Die seeundären Fäden und Netzknoten verschwinden dadurch, dass sieh ihre Substanz auf die primären Fäden zurückzieht. Diese verlaufen noch stark wellen- förmig, sie bilden meist Schleifen. Das Färbungsvermögen derselben. 22 ach Km achKiri b : i das anfangs relativ schwach ist , nimmt zu. Die Rosenkranzform wird durch die vortretenden Mikrosomen bewirkt. Figur 5 a zeigt die vom Polfelde herabsteigenden schleifenförmigen Karyomiten, Figur 5 b lässt die Anordnung derselben um das Polfeld herum erkennen, in dessen Mitte noch zwei mehr central gelegene Schleifen auftreten. In Figur 5 c sieht man die freien Enden der Schleifen an der Gegenpolseite. — Das Kernkörperchen verschwindet ; ebenso die chromatische Kernbegren- zung; die achromatische (ach Km) ist noch erkennbar. b) Der lockere Knäuel (Fi- gur 6). Die Substanz der Karyomiten concentrirt sich weiter : der wellen- förmige Verlauf verschwindet mehr und mehr, schliesslich ganz, die Fäden werden kürzer und dicker. Die Seg- mentirung, sei es einzelner längerer Schleifen, sei es des zusammenhän- genden Fadens, geht so weit, dass die für die betreffende Zelle charak- teristische Zahl von Karyomiten sich bildet. Ihre Form ist, wie oben schon erwähnt, bei den einzelnen Wesen sehr wechselnd : Fäden , Stäbchen fev. so dick und kurz, dass sie fast die Form eines Kornes bekommen), Schleifen. Da diese letzteren bei den thierischen Zellen sehr häufig sind , habe ich sie auf den Figuren beibehalten und werde diesen Ausdruck in der folgenden Beschreibung als gleichbedeutend mit Karyomiten gebrauchen. Die Länge der einzelnen Schleifen und ebenso die ihrer beiden Schleifenschenkel kann verschieden sein. Das Karyomitom färbt sich jetzt sehr intensiv, die Mikrosomen haben an Grösse zugenommen. — In dieser Zeit oder etwas später tritt nun zuerst im Kerne , in der Gegend des Polfeldes, ein neues Gebilde auf, dessen Ursprung noch dunkel ist (s. unten), die achromatische Kernspindel. Die beiden Pole derselben bedeuten die Pole der ach Km ^/.. Dichter Knäuel. Schema, teilw. n. RABL (5 X) a von der Seite, b vom Polfelde aus, c von der Gegenpolseite aus gesehen, a ch K m = achromatische Kernmembran ; P = Polfeld; GP = Gegenpolseite. 23 neu zu bildenden Kerne, die dieselben verbindende Axe demgemäsa die Theilungsaxe, durch deren Mitte festen inneren Zusammenhang, dass seine Abgrenzung auch ohne eine besondere Kernmembran hinreichend gewahrt bleibt. I > i < ■ .nach IViTZNioKselien Abbildungen copirten Figuren 8a und I» (welche übrigens späteren Theilungsstadien angehören) zeigen in a nur das Karyohyaloplasma, in b nur das Karyomitom zweier in Theilung be- griffener Zellen von Salamandra. Man müsste sieh also die Figur 8b eigentlich in 8 a hineinge- zeichnet denken, um ein vollständiges Bild der Kerne zu erhalten. Bei den Bewegungen der Ka- ryomiten verändert even- tuell auch «Ins Karyohyalo- plasma seine Form , ob passiv oder activ, ist un- bekannt, und so würde die Form des ganzen Kerns fortdauernd wechseln und 1 Jewegungen zeigen, welche den amöboiden (s. unten) ziemlich ähnlich sind. Die Kernspindel liegt wahr- scheinlich völlig in dem Karyohyaloplasma, so dass ihre Pole gerade auf die Randeontour zu liegen kom- men. 8 Zellen von Salamandra. Mitose mit Erhaltung der Ge- sammtform des Kerns, nach PPITZNER (5, XI). a. Dar- stellung des Karyohyaloplasma, welches die Gesammt- Voil diesen Polen form ^es Kerns giebt, b. Darstellung des Mitoms der- selben Kerne. geht noch eine neue Strah- lung in den Zellleib hinein (Figur 7 c I' S), welche der Substanz des letzteren angehört und als „Polstrahlung" (»der „Cytaster" be- zeichnet wird. In dem Mittelpunkte des so entstehenden Strahlenkreises kann ein kleines rundliches Körperchen liegen: das „Polkörperchen oder „(J entr osoma " (siehe p. 8 und weiter unten.) 3) Der Mutterstern (Figur 9). Allgemeines: Kiese Form stellt das Endresultat der Wanderung und Theilung der Karyomiten und damit den Abschluss derjenigen Vorgänge dar. welche die Bildung des Tochterkerns vorbereiten. (Abschluss dev Prophase, Strasburöer.) — 26 9 Mutterstern. Schema, theilw. n. RABL (5, X). Die achromatische Kern- membran ist , da sie bei der gewöhnlichen Dar- stellungsweise des Mitoms nicht sichtbar ist , fort- gelassen. Die in dem vorigen Stadium beschriebene Umlagerimg der Schleifen führt schliesslich dazu, dass dieselben sämmtlich in Form eines Sterns in der Theilungsebene derart gelagert sind, dass die Theilungsebenen der Schleifen derjenigen der Zelle parallel liegen oder mit ihr zusammenfallen. Die Schleifen- theilung ist vollendet. Die Concentration geht noch weiter. — Die Kernspindel hat ihre Drehung vollendet. 4) Die Schlei fentrennimg und -Polwanderung (Figur 10). Allgemeines : Die Schwesterfäden fangen an sich von einander zu entfernen in der Richtung nach den Polen zu. (M e t a p h a s e , Strasburger). Es beginnt jetzt eine neue Bewegungsphase: die durch die Theilung entstandenen Schwester- fäden trennen sich von einander. Die Trennung beginnt am centralen Ende, also bei Schleifen am Schleifenwinkel , und setzt sich allmählich nach Aussen fort. Es ist, als ob die Schleifenwinkel durch Fäden nach den beiden Polen hin langsam auseinander gezogen würden (Figur 10a), bis schliesslich nur noch die letzten Enden der beiden Sclnvesterschleifen in Berührung mit- einander sind (Figur 10 b). a b Bei weiterem Auseinander- .; , weichen trennen sich diese Enden auch und nun wan- dern die Schleifen mehr und mehr den Polen zu, mit den geschlossenen Enden voran, in der Richtung der Spindel- fasem, so dass sie auf diesen hinzugleiten scheinen. Zwi- schen den getrennten Enden bleiben feine, achromatische Fäden, die „ V e r b i n d u n g s - f ä d e n" (filaments reunis- sants, E. v. Beneden), übrig, welche wahrscheinlich aus 'vergl. Figur 11). — Das •>■ , i :/& Wmvffl 10 Schleifen - Trennung und Polwanderung. Schema, theilw. n. RAUL (5, X). a. früheres, b. späteres Stadium. dem Mitoplasma (Linin) hervorgehen Karyohyaloplasina schnürt sich jetzt ringförmig ein (vergl. Figur Sab, 27 Mi :-\ ymU i! -VF 11 Tochtersterne. Schema, theilw. n. EABL (5, X). VF = Verhindungsfäden. die linke Zelle i. die Fäden <\ev achromatischen Kernspindelhälften verkürzen sich. 5) Die Tochtersterne (Figur 1 1 i. Allgemeines: Endstadium der im Vorigen geschilderten Wan- derung. Die Schwester- oder Tochterschleifen haben sich an den Ort der neuen Kerne begeben, zwi- schen ihren freien Enden liegt ein bedeutender Zwischenraum, der durchzogen wird von den Ver- bind ungsfä den (VF). Die Schleifenwinkel stehen dicht zusammen, ihre verlängerten Axen würden sich nicht im Pole der Kernspindel, sondern etwas darüber hinaus schneiden. Das zwischen ihnen liegende Polfeld erscheint daher etwas ein- gedrückt, wie eine Delle, was noch mehr auf den folgenden Stadien (Figuren 13, 14, 15) hervor- tritt. Die Concentration geht noch fort: die ein- zelnen Schleifen werden dicker und kürzer. — Die Fäden der Kernspindelhälften sind sehr kurz geworden. Das Karyohyaloplasma ist durch die weitergegangene ringförmige Ein- schnürung in zwei völlig ge- trennte Massen zerfallen (Fi- gur 12). 6) Die Tochterknäuel (Fi- guren 13 und 14). Allgemeines : Vertheilung der Substanz des Karyomitoms, Uebergang in den ruhenden Kern. Der Tochterkern jeder Seite bildet sich allmählich in den ruhenden Kern um , ein Pro- cess, der nach dem vorher Ge- sagten und den Abbildungen leicht verständlich ist. Zunächst erscheint der lockere Knäuel (Figur 13), welcher durch einfache Beugung der Schleifenschenkel zur Gegenpolseite hin aus dem Stern hervorgeht, dann der dichte Knäuel, der durch eine Auflockerung der Substanz des Mitoms aus dem Vorigen sich bildet. Die Delle, welche dem Polfelde entspricht, tritt mehr und mehr hervor, ihr gegenüber liegt die Gregenpolseite. Bei einer Anzahl von Zellen scheint 12 Zelle von Salamaudra mit Tochtersternen. Copie nach PFITZNTiR (5, XI). a. Hyaloplasma. b.Mitom der Tochterkerne. 28 — Toehterknäuel. Schema, theilw. n. Kabl (5, X). Nur der eine Toehterknäuel gezeichnet. P = Polfeld, GP = Gegenpolseite. ach Km GP 14 dichten Toch- terknäuels zum ruhenden Kern. Schema, theilw. n.RABL (5, X). ach Km = achro- matischeKern- membran. eine Verschmelzung der einzelnen freien Schleifenschenkel zu einem oder mehreren längeren Fäden einzutreten. Die Mikrosomen nehmen wieder an Grösse ab, sei es nun, dass sie in mehrere kleinere Mi- krosomen zerfallen, sei es, dass die Menge ihrer Substanz abnimmt, ev. sich in eine andere Substanz (Mitoplasma ?) umsetzt. Daher nimmt auch die Färbung des Mi- toms an Intensität ab. Die Nucleoli bilden sich von neuem. — Die Kernspindel wird undeutlicher, ebenso die P o 1 s t r a h 1 u n g und das eventuelle Polkörperchen. — Eine neue chromatische und achromatische Kernmem- bran (Figur 14) bildet sich an dem Tochterkern zunächst an der p uebergang des Gregehpolseite, und schreitet von hier aus allmählich nach allen Seiten vor; das Pol- feld würde demzufolge zuletzt von einer solchen begrenzt werden. — In diesem Stadium, in manchen Fällen schon bei den Tochtersternen, beginnt nun zuerst die Theilung des Zellleibes in der Verlängerung der Theilungsebene des Kerns. Es zeigt sich zunächst an einer Seite des Zellleibes eine Einkerbung, aus der eine ringförmige Einschnürung hervorgeht , welche dann allmählich tiefer und tiefer , bis zum schliesslichen Durchschneiden vordringt (Figur 15). Ob hierbei die Verbindungs- fase r n noch eine Rolle spielen oder ob dieselben schon vorher sich auf die Kerne, denen sie angehören, zurückgezogen haben, ist noch zweifelhaft. Bei vielen Zellen, namentlich Pflanzenzellen, sieht man deut- lich in der Mitte von Fäden (ob diese die Verbindungsfäden sind, ist indessen auch noch nicht sicher) Verdickungen auftreten, die sich zu einer Membran oder Kern- platte (Kölliker) zusammenlegen. Die Einschnürung der Zelle geht zunächst bis zu dieser hin , worauf schliesslich auch hier ein Zerfall stattfindet. Epidermiszelle der Larve von Sala- mendra maculata. Copie n. BABL (5, X). Tochterknäuel, Theilung des Zellleibes. — 29 — 7) Die ruhenden Tochterkerne (vergl. Figur M und Figur 4!) Allgemeines: Abschluss der in dem vorigen Stadium begonnenen Ver- keilung der Substanz des Karyomitoms. Die primären Fäden haben wieder sekundäre ausgesendet, die miteinander anastomosirend Netze bilden; Netzknoten sind aufgetreten; die Nucleoli sind vorbanden; die Kernmembran ist vollendet; die Kern- spindel (s. unten), die Polstrahlung verschwinden. Der Zellleib ist völlig getheilt. So ist der Theilungsvorgang beendigt, aus einer Mutterzelle sind zwei neue Tochterzellen entstanden. Nacb einer längeren oder kür- zeren Zeit der Ruhe und des Wacbstbums (bei den Sexualzellen kann dieselbe gleich Null werden) ist jede von diesen Zellen im Stande, durch denselben Process zu zwei neuen Zellen zu werden. Dabei ist zu bemerken, dass die Tbeilungsaxe bei jeder folgenden Theilung immer rechtwinklig zu der der früheren steht. • Ich habe im Vorigen den Vorgang der Karyomitose so zu schil- dern versucht, wie er durchschnittlich vorkommt, resp. das Wesent- liche desselben zu geben. Ich habe nun noch einige Nachträge an- zuknüpfen. 1) Abweichende Formen. Flemmlng hat von den Hoden- zellen von Salamandra macul. zwei Formen der Mitose: die homoeo- typische und die h e t e r o t y p i s c h e , beschrieben , die allerdings manche zunächst überraschende Modifikationen darbieten, indessen im Princip mit der gewöhnlichen Mitose doch übereinstimmen. Ferner sind von verschiedenen Autoren Mitosen mit drei bis sechs Polen statt der gewöhnlichen zwei beschrieben worden. Die- selben sind immer recht selten, nach Schottländer bei der Cornea- ätzung etwa 6 °/0. 2) Die Anzahl der Karyomiten wechselt bei der normalen Mitose sehr je nach den Zellen und Thieren, so von 2 bis 4 bei den Blastomeren von Ascaris megaloeephala über 6, 8, 12, 20, 24 bis zu 30 und vielleicht noch mehr. 3) D i e Dauer der Mitose ist sehr wechselnd je nach den Thieren : Epidermiszeilen der Larve von Triton cristatus 1 lj.2 Stunden (Peremeschko), Salamandra 2 bis 5 Stunden, Mensch vielleicht '^Stunde (Flemmtng), jedenfalls bei Warmblütern kürzer als bei Kaltblütern. Bei dem Tode des Thieres laufen die Mitosen durchaus nicht alle ab, viele Zellen sterben in dem Zustande der Mitose ab, man findet daher 30 solche noch längere Zeit (24 Stunden) nach dem Tode, doch sind dieselben dann mehr oder weniger undeutlich, wohl in Folge der ein- tretenden Zersetzung. 4) Centrosoma und Attractionssphäre. Ich habe diese Gebilde schon oben (p. 8) erwähnt und muss hier noch auf ihre Beziehung zu der Mitose eingehen. Genauer studirt ist das Verhalten beider bisher nur an relativ grossen und wenig differenzirten Zellen (Samenbildungszellen, sich theilenden Eizellen und in grösseren Fur- chungskugeln dieser), und zwar ist auch in diesen Fällen mitunter nur die Attractionssphäre nicht das Polkörperchen gesehen worden. Es würde dieser Umstand nicht dagegen sprechen, dass nicht beide Gebilde allen Zellen zukämen, da sie wegen der Schwierigkeit der Beobachtung für uns nur an besonders günstigen Objecten sichtbar werden könnten. In der That hat Rabl (16, IV p. 24) an Epithel- zellen von Triton bei dem ruhenden Kerne in unmittelbarer Nähe desselben im Zellleibe, meist im Grunde der polaren Delle, eine durch ihr starkes Lichtbrechungsvermögen und ihre homogene Be- schaffenheit ausgezeichnete, gewöhnlich gegen den Zellleib nicht scharf begrenzte Stelle gesehen, welche vielleicht das erhalten gebliebene Centrosoma oder die Attractionssphäre sein konnte. Er nimmt nun im Einklänge mit E. v. Beneden an, dass das Centrosoma ein bleibendes Organ der Zelle darstelle und dass dasselbe (Figur 16 a, der kleine Punkt in der Kerndelle) eine centrirende Wirkung auf die Structurelemente des Kerns wie der Zelle ausübe. Einerseits würden die Fäden der achromatischen Kernspindel von ihm als Pol (Pol- körperchen) ausgehen (die punktirten Linien der Figur), andererseits würde das Cytomitom ebenfalls nach diesem Pol sich anordnen (die verzweigten Linien der Figur, die natürlich in Wirklichkeit be- liebig anders im Einzelnen aussehen können). Eine dieser Auffassung entsprechende Beobachtung ist seitdem in der That von Solger gemacht worden, der an grossen zweikernigen Pigmentzellen vom Hecht und Hering einen zwischen den beiden Kernen liegenden hellen Fleck fand, von dem radiär nach allen Seiten die Pigmentkörnchen ausstrahlten. Nach Platner kann das Centrosoma auch weiter entfernt von dem Kern in dem Zellleibe liegen, und würde 16 Kern und Zellschema n. RABL (16, IV). a. das Gesammtschema, b. ein Schleifentheil der achromatisch. Spindel. — .'Jl — dann als eine Form des Parasoma erscheinen, von dem ich obeD (p. 8) schon angab, dass es verschiedene Bedeutung besitzen könne. In Figur 17 a liegt das Centrosoma (Cs) deutlich im Zellleibe, umgeben von einem hellen Hofe, das Cytomitoplasma ist sichtlich centrirt. Es scheint nun. d;iss das Centrosoma insofern für die .Mitose von der jrrössten Bedeutung ist, als es die ganze Theilungsbewegung einleitet. Es zieht sich in die Länge und zerfallt in zwei neue Centrosomen (Figur 17li Cs' und Cs"). Oh zu dieser Zeit ein breiterer dunklerer mm ■ - ■> %^,-r\ Verhalten des Centrosomas bei der Mitsose. a. b. c. Sperniatocyten von Pygaera bucephala, n. PLATNER (1, XXXIII). d. Ei von Aulostomum gulo , Copie n. PLATNER (1 , XXXIII). Cs = Centrosonia ; Cs' und Cs" die durch die Theilung von Cs neu enstandenen Centrosomen. Hof, die Attraetionssphäre, das Centrosoma umgiebt oder ob er erst später bei dem deutlichen Auftreten der Polstrahlung- entsteht, ob er überhaupt eine constante Bildung- ist, erscheint noch zweifelhaft. Im weitereu Verlaufe rücken die beiden Tochtercentrosomen an deu Kern heran, indem sie sich dabei allmählich weiter von einander entfernen, bis sie der Kernmembran anliegen und nun an dieser hin auseinander gleiten (Figur 17 c). Liegt das Centrosoma der Kernmembran von vorn- herein an, so tritt natürlich nach der Theilung sogleich das Ausein- anderweichen ein. Figur 17 d zeigt die Centrosomen schon weit ge- trennt mit sehr deutlicher Polstrahlung. Es würden dieselben dann mehr und mehr auseinander rücken, bis sie sieb gegenüber stehen. Die von — 32 — beiden ausgehenden, die Centrirung des Cytomitoplasmas andeutenden Polstrahlungen würden sich in der Mitte des Zellleibes treffen, an jener Stelle, wo schliesslich die Theilung desselben durch Einschnürung statt hat, und diese beiderseitige Centrirung würde die Theilung auch mecha- nisch einigermassen verständlich machen. Nach vollendeter Theilung würde sich das Centrosoma als Organ des Zellleibes erhalten (s. auch Nr. 5) und auch während der Ruhe den Centralpunkt für die Structur desselben abgeben. Auffallend ist es nun immerhin, dass man bei den grossen und alle Verhältnisse so deutlich zeigenden Pflanzenzellen bis jetzt wenigstens kein Centrosoma gefunden hat. Ob dasselbe unter Umständen vielleicht ungemein klein ist, oder ob es, was doch auch in Betracht zu ziehen wäre, vielleicht nur der mehr zufällige Ausdruck einer auch ohne Körperchen bestehenden Structur ist, muss zunächst noch unentschieden bleiben. 5) Die achromatische Kernspindel. Die Fäden der- selben convergiren von Anfang an nach den Centrosomen resp., wo diese selbst nicht nachweisbar sind, nach dem Centrum der Polstrah- lung. Nach den eben mitgetheilten Beobachtungen Platner's würde sich auf diese Weise das ganze Verhalten der Spindel, ihre zuerst oberflächlich excentrische Lage, ihre spätere Ausbreitung durch den ganzen Kern, leicht erklären. — Die Herkunft der achromatischen Kernspindel ist noch nicht sicher erwiesen, nach einigen Autoren soll sie im Kern allein entstehen, nach anderen aus dem Zellleibe einwan- dern (eventuell mit den Centrosomen aus dem Nebenkern entstehend), nach anderen soll sie aus beiden .sich bilden. Ueberblickt man die vorliegenden Beobachtungen, so scheint mir, namentlich auch in Hin- sicht darauf, dass die scharfe Kernabgrenzung in allen Stadien der Theilung, wie oben erwähnt, nachgewiesen ist, die Entstehung der Kernspindel aus dem Karyohyaloplasma als die wahrscheinlichste. Dass sich diese Substanz auch unter dem Einflüsse des Centrosoma befindet, ist nicht wunderbarer als das Uebrige. — Nun hat Rabl die sehr interessante Beobachtung mitgetheilt, dass die Fäden der Kernspindel sich mit den grossen Mikrosomen oder PFiTZNER'scken Körnern der Karyomiten verbinden, und zwar soll zu jedem Korn ein Faden ver- laufen, so auch nach der Längstheilung an jedes Korn der Schwester- fäden. Die Anzahl der Fasern würde danach eine sehr grosse sein und wird auch von Rabl für die Zellen von Salamandra mit 24 Schleifen auf 400 bis 500 für jede Spindelhälfte, also auf 800 bis 1000 im Ganzen angenommen. Selbstverständlich vermag man diese nicht alle wirklich zu zählen. Während des Knäuelstadiums sollen diese Fäden. — 33 wie 111:111 das j;i auch n priori annehmen müsste, vielfach gebogen ver- laufen, später aber sich völlig strecken. Die Angaben Rabl's über die grosse Anzahl von Fäden entsprechen den am Ei von Ascaris me- galocephala gemachten Beobachtungen. Rabl hält es danach für möglich, dass mich die achromatische Kernspindelhälfte des Tochter- kerns in ihrer Lage zum Polkörperchen sich bei dem Ruhezustande des Kerns dauernd erhalte und so würde denn bei dem Beginne der Theilung nur ein erhöhtes Leben in alle diese vorgebildeten Elemente hineinkommen, wie bei einer Mobilmachung in die ebenfalls bis daliin theilweise unsichtbaren und scheinbar neu entstehenden Truppenkörper. Sind die eben mitgetheilten Dinge wirklich thatsächlich, so ist es selbst- verständlich, dass die Kernspindelhälften von Anfang an getrennt sind (zunächst nur verbunden durch die Pfitzner' sehen Körner) und dass in dem Zwischenraum zwischen den Tochtersternen keine ihnen zuge- hörigen Fasern sich befinden können. 6) Welcher Art die Kräfte sind, die bei der Mitose in Wir- kung treten, das entzieht sieh zunächst noch gänzlich unserer wirk- lichen Kenntnis«. Ob die Bewegungen der Karyomiten durch Zug der sich contrahirenden Spindelfäden bewirkt werden, ob das Protoplasma des Zellleibes, welches bewegungsfähig ist, zuerst auf die Centrosomen wirkt, oder umgekehrt der Anstoss zur Bewegung von diesen ausgeht, lässt sich bis jetzt durchaus nicht sagen. 7 ) A e ussere F 0 r m d e r- Th e i 1 u n g. Mag nun die Theilung eine mitotische oder amitotische sein, so kann man drei Arten der äusseren Form derselben unterscheiden: a) die gewöhnliche Theilung in zwei gleiche von ein- ander sich trennende Hälften. b) die Knospung, welche dadurch charakterisirt ist. dass die eine neue Zelle beträchtlich kleiner ist als die andere, so dass die letztere scheinbar die Mutterzelle, die erstere die Tochterzelle dar- stellt. Fs kann dann ausserdem noch die letztere Zelle in Folge langsamer Abschnürung durch einen sich ausziehenden Faden längere Zeit mit der Mutterzelle in Verbindung bleiben, so dass in der That ein knospenähnliches Bild entsteht. Derartige Vorgänge finden sich bei den Metazoen vielfach hei der Entstehung der Samenbildungs- zellen, ferner bei der Bildung der Richtungskörperchen im Fi. c) die endogene Zellbildung. Man versteht darunter. dass eine von einer Membran umgebene Zelle sich theilt, ohne dass jene zugleich mit getheilt wird. Fs wird daraus naturgeniäss resul- tiren, dass dieselbe Membran zwei oder falls die Theilung noch weiter S chieff«r deck er-Kos sei. ;: — 34 — i^elit, eine beliebige Anzahl von kleinen neugebildeten Zellen in sieb schliesst. Bedingung für diesen Vorgang wird eine widerstandsfähige Membran und eine Reihe schnell auf einander folgender Theilungen der Zelle sein, ohne ein in Ruhe stattfindendes Auswachsen der neu- gebildeten Zellen, denn sonst würde der Raum schnell zu eng werden. »Schliesslich Avird natürlich stets die Zellmembran zerstört, indem sie entweder an einer, eventuell dazu präformirten, Stelle ein Loch be- kommt und durch dieses die neugebildeten Zellen heraustreten lässt, während sie selbst als eine leere todte Hülse zurückbleibt, oder indem sie im Ganzen dünner, vielleicht auch ausgedehnt wird, und schliess- lich verschwindet. Derartige Vorgänge kommen wieder hauptsächlich bei den Sexualzellen vor. Mir scheint die endogene Zellbildung eine noch weit unwesentlichere Modifikation der gewöhnlichen Theilung darzustellen als die Knospenbildung. Bei dieser liegt der Unterschied doch wenigstens in wesentlichen Theilen, hier aber geht die Theilung selbst ganz wie gewöhnlich vor sich und nur der zufällige Umstand, dass ein Hinderniss für das Auseinandertreten der Zellen vorhanden ist, bedingt den Unterschied. Dieser Vorgang be.Aveist aber auch wieder recht schlagend, dass die Zellmembran nur eine von der Zelle unter Umständen, zur Erfüllung bestimmter Functionen, ab- geschiedenes Gebilde ist, welches demzufolge auch keinen wesent- lichen Theil der Zelle darstellt. 8) Unvollständige Theilung, vielkernige Zellen. Der Theilung (sowohl der directen wie der indirecten) des Kerns braucht nicht immer auch eine Theilung des Zellleibes zu folgen. Theilt sich der Kern allein, so erhalten wir zunächst jene zwei- kernigen Zellen, die wir vielfach in Geweben finden, so z. B. in der Leber, in den oberflächlichen Lagen des Blasenepithels; dieselben überragen die anderen Zellen gewöhnlich an Grösse. Theilen sich die neuen Kerne wieder und wieder, ohne dass eine Theilung des Zellleibes eintritt, so entstehen jene vielkernigen, grossen Zellen, wie die Riesenzellen, Osteoklasten, quer gestreiften Muskel- fjisern etc. Die Bedeutung dieses Vorganges ist durchaus unbekannt, nicht unwahrscheinlich ist es, dass er mit der Function der Zellen zusammenhängt (s. quer gestreifte Muskelfasern), jedenfalls sind die so entstandenen Zellen durchaus lebenskräftig. Jene scheinbar vielkernigen Zellen mit gelapptem Kern habe ich bereits p. 16 be- sprochen. Wohl zu unterscheiden von diesen lebenskräftigen, so zu sagen activ viel kern igen Zellen sind jene, bei denen ein Kern- zerfall eintritt in Folge abnehmender Lebensthätigkeit, Zellen, die man dem gegenüber auch als passiv vielkernig bezeichnen könnte (s. unten). Kürzlich hat Flemming nachgewiesen, dass unter Umständen die Theilnng des Zellleibes erst einige Zeit nach völligem Abschluss der Kerntheilung eintritt (grosse Pigmentzellen von Salamandra und Endothelzellen der Capillaren). Solche Zellen würden also vorübergehend zweikernig sein. Nach Zimmermann ist dieser Vorgang bei den Pigmentzellen auf eine individuell vorhandene Y'erlangsamung des Theilungsprocesses zurückzuführen. III. Die Fähigkeit der Bewegung. /; Zellleib. a) amöboide Bewegung. Ich halte schon oben hei der als Beispiel für die membranlose, freie Zelle gezeichneten Amöbe bemerkt, dass diese ihre Form verändere, und zwei Stadien solcher Bewegung wiedergegeben (Figur 2 a, b): Der Charakter derselben ist ein eigenthümlicher : Vom Rande her schieben sich feinere oder dickere Fortsätze vor, die in jedem Augenblick selbst wieder ihre Form verändern können, sie füessen gewissermaassen langsam vor. Während diese noch weiter sieh entwickeln oder ruhen, gehen andere aus, oder jene ersten ziehen sich auch zurück. »So ändert sich die Form dauernd und eventuell nach allen Seiten hin. Wird die Be- wegung für eine Zeit nach der einen Seite hin lebhafter, so kann na (di dieser Richtung eine Fortbewegung der ganzen Zelle eintreten, aus der Formveränderung entsteht eine Ortsveränderung. Auch viele Zellen der höheren Thiere besitzen eine derartige ..amö- boide" Bewegung, so die weissen Blutzellen und Lymphzellen ( Leu- kozyten, s. diese), Eizellen, Samenbildungszellen (Figur L8), event. Rpithelzellen. Wie man an Figur '2 und IS bemerkt, ist die Randpartie der Zelle, aus welcher sich die Fortsätze hervorschieben, heller und gleichmässiger als die übrige Substanz. Erst wenn die Fortsätze eine gewisse Grösse erreicht haben, und namentlich, wenn die übrige Zellenmasse ihnen nachrückt, bewegt sich auch die dunklere körnige Su I »stanz in sie hinein. Die Ortsveränderung ist oft sehr bedeutend; so durchziehen sogenannte „Wanderzellen" (Leukocyten) unseren Körper nach allen Richtungen. Sie folgen höchstwahrscheinlich den feinsten Fvniph- bahnen und nehmen .u'emäss der Enge der Spalten, in denen sie sich fortbewegen, und in Folge ihrer amöboiden Bewegungsart oft die wunderlichsten Formen dabei an. Jene Amöbe umfloss ihre — 36 nur mechanisch, Nahrung und nahm selbige so in sich auf. Das gleiche vermögen die Leukocyten zu thun und diese Eigenschaft scheint für den Ge- sammtkörper eine nicht unwichtige zu sein. Es ist einigermaassen wahrscheinlich, dass auf diese Weise bestimmte dem Körper schäd- liche Organismen (Bacterien etc.), sowie sonst störende Theile (ab- gestorbene Zellen und deren Eeste, Blutextravasate) von derartigen Zellen, P h a g o c y t e n (Metschnikoff), aufgenommen und fortgeführt werden können. Es wirkt die Zelle auf die Elemente indessen nicht sondern auch chemisch ein, denn dieselben werden in ihrem Leibe verändert, event. getödtet. b Es würde sich also nach Metschnikoff bei einer Bacterieninfection des Körpers zunächst immer um einen Kampf zwischen diesen Or- ganismen und den Phagocyten handeln. b) Protoplasmaströmung. Wäh- rend bei der amöboiden Bewegung die äussere Form der Zelle sich änderte, geht die Proto- plasmaströmung nur im Inneren der Zelle vor sich. Bestimmte Theile des Protoplasmas bewegen sich stromartig, indem sie dabei in ihnen befindliche Körperchen mit fortführen. Die Strombahnen können sich unter Umstän- den auch mehr oder weniger schnell ändern. Mitunter handelt es sich um einen richtigen Kreislauf, öfters gehen die Strömungen nach sehr verschiedenen Richtungen auseinander und durcheinander. Man beobachtet diese Erscheinung am häufigsten bei Pnanzenzellen und Protozoen. Wahrscheinlich sind hierherzurechnen auch jene Verschie- bungen der Pigmentkörnchen in vielen Pigmentzellen, so in den Zellen des Pigmentepithels der Netzhaut, in welchen bei Lichtreiz die Körn- chen sich auch in die feinsten Zellfortsätze hin vertheilen, während sie im Dunkeln alle nach einem Centrum hin zusammenrücken. Ich darf hier nicht unerwähnt lassen, dass Quincke (Ueber periodische Ausbreitung an Flüssigkeits-Oberflächen und dadurch her- vorgerufene Bewegungserscheinungen [Sitz.-Ber. d. Akad. d. Wiss. z. Berlin. XXXIV p. 791 ff.]) sowohl die amöboide Bewegung wie die Protoplasmaströmung auf rein mechanischem Wege zu erklären sucht, indem er annimmt, dass das Eiweiss des betreffenden Wesens von einer aus flüssigem Fette bestehenden Haut umgeben sei, die eine so grosse Feinheit besitze, dass sie mikroskopisch nicht wahrnehmbar 18 Spermatogonie von Astacus flu- viatilis, Zerzupfungspräparat. Le- bend in Dahlia-Jodseruni , amö- boide Bewegung im Verlaufe einer Stunde (a. b. c. d.). Vergr. 388. 37 sei. Es soll sich nun ;in einzelnen Stellen des Thieres Eiweissseife bilden, die sicli auf der Grenzfläche an flüssigem Fett und Wasser ansammele. Eine derartige Seifenbildung und Ansammlung bewirke aber nach Versuchen an Oelkugeln Bewegungen derselben, welche der amöboiden sehr ähnlich seien. Diese seien, wie das diese Art der Erklärung fordert, nicht gleichmässige sondern stossweise, je nachdem immer wieder eine neue Seifenbildung statthabe. In ähn- lich mechanischer Weise wird die Bildung der Vacuolen und die Be- wegung der sogenannten pulsirenden Vacuolen bei Infusorien erklärt. Auch Bütschli hat in dieser Richtung Versuche angestellt und nicht nur die Bewegung-, sondern auch die netzförmige Protoplasmastructur ähnlich mechanisch zu erklären versucht (vergl. p. 15). So interessant sicher auch solche Versuche sind, so scheint mir doch die Beweis- kraft derselben zunächst nicht ausreichend, um aus ä hnli c h e n Be- wegungserscheinungen an unbelebten Oelblasen einer- und an lebenden Thieren andererseits auf eine Identität der beiden sich abspielen- den Processe sehliessen zu dürfen. Ebensowenig wie die Zellen, welche man aus unbelebten »Stoffen künstlich erzeugen kann, trotz mancher ähnlicher Eigenschaften, mit der lebenden Zelle identisch sind. c) C ontra ctili tat. Diese Art der Bewegung ist von der amöboiden in vielen Fällen scharf und leicht zu unterscheiden, in manchen ist es aber schwer zu sagen, welche Form vorliegt. Als Hauptunterschied muss festgehalten werden, dass die contractile Zelle eine, wenigstens einigermaassen, bestimmte Form besitzt sowohl im ausgedehnten wie im contrahirten Zustande, und dass die durch die Contraction bedingte Veränderung also darin besteht, dass statt der einen die andere Form angenommen wird: Kühe form und Con- t r a c t i o n s f o r m. I) i e C o n t r ac t i on erfolgt stets a u f e i n e n von Aussen h e r ein w irkenden Reiz, sei es, dass derselbe der Zelle durch einen Nerven zugeführt wird, sei es, dass er direct auf die Zelle wirkt (Licht, Electricität). Die Contractionsbewegung selbst kann verschieden schnell vor sich gehen, ebenso kann die In- tensität der Wirkung und die Dauer des Verharrens im con- trahirten Zustande verschieden sein. Das typische contractile Gewebe des Körpers ist das Muskelgewebe, dessen Elemente in Folge dessen auch einen speeiüscheu Bau besitzen. Es können aber auch Zellen contractu sein, welche ihrem äusseren Ansehen nach sich in nichts von anderen unterscheiden, so z. B. manche endotheliale Zellen des Gefässsystems, namentlich auch beim Embryo. Eine besondere Art der Contractilität findet man bei den Flimmerzellen (s. Epithelien) — 38 — und bei vielen Formen der Spermatosomen (s. männliche Geschlechts- organe). Contractu ist vielleicht auch das Protoplasma mancher Drüsenzellen, das die sezernirten Stoffe heraustreibt. Nach Ballowitz soll die Eigenschaft der Contractilität stets an feine Fädchen, Fibrillen, geknüpft sein, welche sich aus dem Protoplasma differenziren. Es scheint mir, dass dieser Anschauung doch gewichtige Bedenken entgegenstehen. Ich würde die Contracti- lität als eine Eigenschaft des Protoplasmas (vergl. auch Nussbaum, Flimmerzellen, Capitel III) an sich auffassen, wobei natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass in bestimmten Fällen diese Eigenschaft auch auf bestimmte aus dem Protoplasma differenzirte Gebilde, z. B. Fibrillen übergehen kann. d) Ganz eigenartig sind die bei der Z e 1 1 1 h e i 1 u n g auftreten- den B e w e g u n g s e r s c h e i n u n g e n. Wie wir oben gesehen haben, ergreifen dieselben die ganze Zelle. Im Inneren treten Einlagerungen ein, starke Verschiebungen, äusserlich bildet sich eine Einschnürung aus, schliesslich kommt es zu einer Trennung der beiden Protoplasma- hälften. Es ist hier also das gesammte Protoplasma in lebhaftester nach bestimmten Punkten hin sich conzentrir ender Thätigkeit, welche der einschneidenden Bedeutung des Theilungsvorganges für die Zelle entspricht. Es kommt hierbei jedenfalls zum unzweideutigsten Aus- druck, dass die Eigenschaft der Bewegung eine dem thätigen Proto- plasma an sich innewohnende ist. 2) Zellkern. Bei der Theilung wurden schon Bewegungen im Zellkerne wie Formänderungen des Gesammtkerns beschrieben, aber auch im sogenannten Ruhezustände des Kerns, d. h. in jenem, in welchem derselbe nur seine gewöhnlichen Func- tionen in Bezug auf die Zelle zu erfüllen hat, kommen sicher mit- unter Formänderungen des Gesammtkerns vor, das beweisen die g e - läppten und maulb e er förmig en Kerne, sowie wahrscheinlich auch Bewegungen im Kern. Diese letzteren sind wohl auf Ström- ungen zurückzuführen, die den Protoplasmaströmungen entsprechen dürften. In wieweit die bei der Theilung im Kerne auftretenden inneren Bewegungen auf solchen beruhen, in wieweit hier eine Contraction der Spindelfasern eine Rolle spielt, ist, wie oben schon erwähnt, noch nicht zu entscheiden. Die Art der Bewegung des Gesammtkerns entspricht am meisten der amöboiden, aber sie ist nicht gleich der Bewegung einer freien amöboiden Zelle, sondern ähnelt mehr der einer solchen, welche von einer zarten dehnbaren aber festen Membran umgeben ist d. h. wie man sich eine solche 39 vorstellen könnte, denn zu beobachten ist sie in Natur nicht. In wieweit diese Eigentümlichkeit auf die Beschaffenheit der Kernstruc- tur, in wieweit sie auf den umgebenden Zellleib zurückzuführen ist, oder ob es sieh endlich nur um eine scheinbare Aehnliehkeit handelt, ist nicht zu sagen. il) Kernkörperchen. Auch dieses zeigl unter Umständen Form- änderungen, die sich der amöboiden Bewegung nähern. Dieselben bestehen in einem Auftreten von hyalinen, buckeiförmigen Fortsätzen, die auch wieder zurückgezogen werden können, wodurch die Form des ganzen Körperchens erheblich verändert wird. Derartige Be- obachtungen sind bisher immer an Eizellen gemacht worden, bei denen die betreffenden Gebilde wegen ihrer bedeutenden Grösse leicht <\rv Beobachtung zugänglich sind. (Balbiani 1864, von i.a Valette St. George 1866 etc.) Die Nerventhätigkeit, die Fähigkeit Electricität und Licht zu erzeugen, sind wohl an besonders differenzirte Zellen ge- knüpft, ihre nähere Betrachtung gehört aber mehr in ein Lehrbuch der Physiologie. [V. Die chemische und Drüsenthätigkeit. Eine gross« An- zahl von Zellen sind in der Weise thätig, dass sie ans der ihnen zugeführten Nahrung bestimmte Stoffe erzeugen, die in sehr ver- schiedener Weise weiter im Körper verwendet werden und morpho- logisch zum Theil von der grössten Bedeutung sind. 1) Ablagerung und Aufspeicherung. a) Einmal werden solche Stoffe in den Zellen abgelagert oder aufgespeichert: entweder um dieselben zu bestimmten Func- tionen tauglich zu machen, z. B. Pigmentzellen, verhornte Ober- hautzellen oder um sie ;ils Nahrungsvorrath zunächst aufzuhellen, bis eine eintretende stärkere Kraftleistung des Körpers ihrer bedarf, z. 1>. amylonhaltige Zellen, Fettzellen etc., noch andere erfüllen nur vorübergehend die Zellen, um bald ausgestossen zu werden, die Drüsensecrete, welche in den Zellen der eigentlichen Drüsen producirt werden. In Andere Producte werden ausserhalb der Zellen abgelagert, es sind das die [nter c ellularsub stanzen, die entsprechend der Verschiedenheit der Zellen, von denen sie abgeschieden werden, eine »rosse Mannigfaltigkeit zeigen. In ihnen entstehen häufig neue — 40 — geformte Gebilde (Fasern), deren Bildung jedenfalls auch auf den Einfluss der Zellen zurückzuführen ist. 2) Eine ganz besondere Art der chemischen Thätigkeit besteht darin, dass die Zellen Stoffe produciren, durch welche Intercellular- substanzen des Körpers zerstört werden (Osteoklasten, s. Knochen), Organismen, welche in den Körper eindringen, getö dt et werden (Phagoeyten). So würde einer bildenden chemischen Thätigkeit der Zellen eine zerstörende gegenüberstehen, beide würden zu- sammenwirken zur Erhaltung des Gesammtorganismus. Das Alter und der Tod der Zelle. Das Leben der Zelle ist nicht identisch mit dem Leben des Orga- nismus, dem sie angehört. Die Zelle altert durchschnittlich schneller und stirbt früher ab. als jener. Die Zellen aber, welche bei dem Tode des Gesamintorganismus in demselben sich befinden, setzen ihr Leben zu einem grossen Theile noch einige Zeit weiter fort, ver- schieden lange, je nach ihrer Beschaffenheit. Auch vom Körper ge- trennt kann man manche Zellen noch lange lebend erhalten, mitunter Tage lang (bei Kaltblütern). - Von einigen Geweben weiss man bestimmt, dass ihre Zellen fortdauernd zu Grunde gehen und durch neue ersetzt werden, und es ist durchaus wahrscheinlich, dass bei allen ähnliches vorgeht. Die Zellen der Oberhaut werden immerfort abgestossen, Mitosen in den tieferen Schichten sorgen für den Nach- schub; die Haare fallen aus und werden durch neue ersetzt, die Nägel nutzen sich ab und wachsen dauernd vor. Die Zellen vieler Drüsen gehen fortwährend zu Grunde, indem sie das Secret erzeugen, die anderer haben vielleicht eine etwas längere Lebensdauer. Ebenso findet man Degenerations- und Regenerations-Processe bei Nerven- fasern, Muskeln, Blutgefässen, Knorpel, Knochen, Blut und Binde- gewebszellen. - - Im Allgemeinen schwindet beim Altern der Zelle das Protoplasma, auch der Kern wird kleiner, platter. Häufig findet sich bei degenerirenden Zellen eine Kernvermehrung, die aber nicht als eine erhöhte Thätigkeit, eine Zellerneuerung herbeiführend, aufzufassen ist, sondern einen Zerfall, eine Degenerationserscheinung darstellt. — Bei den degenerirenden Zellen des Follikelepithels solcher Follikel des Eierstocks, die zu Grunde gehen, hat Flemmixg (bei Kaninchen) den Vorgang so gefunden, dass das Chromatin des Kerns 11 sich zu compacten Massen ballt, und dass der Kern darauf als ab- gegrenzter Theil überhaupl untergeht. An einer stelle finden sich dann Chromatinbrocken, die sich in dem Zellleibe zerstreuen. In dem letzteren treten dabei und eventuell Bcbon vor der Kernveränderung eine Menge von feinen Tröpfchen auf, die wahrscheinlich Fett sind. Schliesslich zerfällt der Zellleib und auch die Kernbrocken werden in dem Liquor folliculi aufgelöst: Chromat olyse. Bei den Pflanzenzellen sind die Verhältnisse, wie es scheint, ähnliche. Auch hier wird der in der Jugend kugel- oder ovoidförmige Kern mit dem Alter platter, verliert also an Masse, und schrumpft eventuell bis zum Zackigwerden. In sehr alten Zellen, namentlich in Geweben, deren Plasma dem Absterben geweiht ist, werden die Kerne voll- ständig structurlos und bilden eine, meist dunkel gefärbte, homogene oder undeutlich körnige Masse. Von der Masse der Zelle schwindet der Kern zuletzt, er schrumpft eventuell zu einem kleinen, glänzen- den Gebilde ein, nimmt hin und wieder gelappte Formen an, und zerfällt schliesslich in einzelne Körnchen. (»Strasburger, Frank .Schwarz.) Die Bedeutung des Kerns für die Zelle und seine Entstehung. Die Zelle besteht aus Zellleib und Zellkern, beide gehören un- trennbar zusammen und bilden einen Organismus. Fs kann dauernd weder der Zellleib ohne den Kern noch dieser ohne jenen existiren. Fs scheint, dass der Zellleib von beiden Theilen der wichtigere und selbständigere ist, denn einmal sind immerhin noch nicht bei allen Organismen Kerne nachgewiesen, zweitens wird die ganze Formbildung, werden die verschiedensten Thätigkeiten der Zelle von dem Leibe aus- geübt, und drittens scheint auch der Vorgang der Theilung durch das im Leibe liegende Centrosoma res}), eine dem Leibe zugehörige Proto- plasmaorganisation eingeleitet zu werden. Was man bisher von der Bedeutung des Kerns für die Zelle erfahren hat, spricht dafür, dass derselbe einen anregenden, leitenden Fintiuss auf den Zellleih ausübt. In diesen Grenzen wird dem Kerne sicher auch ein vielleicht nicht unbedeutender Antheil an der Vererbung von Eigenschaften bei der Befruchtung (0. Hertwig) zukommen, wobei aber doch wohl zu be- achten ist, dass, hei den Thieren wenigstens, das Spermatosom einer ganzen Zelle entspricht, welche sich hei der Befruchtung mit der Fi- — 42 — zelle verbindet, so dass also die Eigenschaften des Zellleibes ebenso- gut direet übertragen werden können. Versuche, welche von ver- schiedenen Forschern (Nussbaum, Gruber, Brandt, A'erworn, Balbiani) hauptsächlich an Infusorien ausgeführt wurden, haben ergeben : erstens, dass, wenn man ein Infusorium ( Gastrostyla vorax, Nussbaum) beliebig zertheilt, diejenigen Bruchstücke, in denen ein »Stück Kernsubstanz vorhanden ist, sich zu einem vollständigen Thier mit Wimpern, An- hängen etc. regeneriren können, während die kernlosen dagegen regel- mässig nach einiger Zeit absterben. Diese kernlosen Stücke können während dieser Zeit noch Bewegungen zeigen und 'Wimpern sowie Anhänge, die vorher, als der Kern noch wirkte, schon an- gelegt waren, entwickeln, aber sie können nichts Neues mehr hervorbringen. Nussbaum stellte daher die beiden folgenden Sätze auf: 1) Kern und Protoplasma sind nur vereint lebensfähig; beide sterben isolirt nach kürzerer oder längerer Zeit ab. 2) Zur Erhaltung der formgestaltenden Energie einer Zelle ist der Kern unentbehrlich. Zweitens ist die Secretionsfähigkeit der Zelle vom Kern ab- hängig (Schmitz, Klebs, Verworn, Balbiani, Haberlandt), da nur die kernhaltigen Bruchstücke eine Membran etc. abscheiden. Haberlakdt fand, dass bei den Zellen der Haare von Bryonia dioica Zellwandver- dickungen vorkommen, welche dieselben in einen kernhaltigen und einen oder mehrere kernlose Abtheilungen zerlegen: weitere Zellhautanbil- dungen treten hier nur an den kernhaltigen Theilen auf. Derselbe wies ferner nach , dass bei den Bastzellen verschiedener Pflanzen (Linum usitatissimum, Neriuni Oleander etc.) jede eingekapselte Portion des Plasmas einen Kern besitzt, woraus folgt, dass bei diesen Zellen nur kernhaltige Plasmaportionen sich einzukapseln, d. h. mit neuer Zellhaut zu umkleiden vermögen. Drittens ist nach Hofer der Kerne ein regulatorisches Cen- trum für die Bewegung des Zellleibes : diesem letzteren wohnt die Fähigkeit der Bewegung an sich inne, durch den Einfluss des Kerns wird aber erst die Gesammtheit der die normale Zelle charakterisiren- den Formen der Bewegung ermöglicht. Viertens besitzt er nach demselben eine directe Einwirkung auf die Verdauung, insofern als nur unter seinem Einfluss eine Seeretion verdauender Säfte möglich ist. Keinen directen Einfluss soll der Kern nach Hofer auf die Respiration des Protoplasmas und auf die Function der contrac- tilen Vacuole ausüben. l:; Der Zellleib andererseits muss, da der Kern in seinem [nnereii von der Aussenwelt abgeschlossen liegt, denselben jedenfalls ernähren, ein Vorgang, der durch eine eventuelle Kernmembran in keiner Weise gehindert wird. Leidet die Ernährung des Zellleibes, so wird der Kern gleichfalls in Mitleidenschaft gezogen werden können, und so entsteht vielleicht ein Theil jener oben erwähnten Kernveränderungen an untergehenden Zellen. In anderen Füllen wird (\w Kern vielleicht auch primär einer Degeneration anheimfallen und so den Untergang des Zellleibes veranlassen können. Ist umgekehrt der Zellleib in rüstiger Lebenskraft bei guter Ernährung, so wird der Kern in den Zustand versetzt, bei der Theilung entsprechend mitwirken zu können. lieber die erste Entstehung des Kerns weiss man noch gar nichts. Wie für uns nur eine Zelle aus einer Zelle sich entwickeln kann, so auch nur ein Kern aus einem Kern, denn selbst, wenn es bei manchen Insecteneiern (Henking) vorkommen sollte, dass ein Kern seine Abgrenzung verliert, dem Auge entschwandet, und erst später ein neuer Kern auftaucht, so ist doch die Substanz des Kerns immer vorhanden, wenn auch in einem vorübergehend modificirten Zustande. Als das nächstliegende erscheint es ja immer noch, sich den Kern durch eine Differenzirung des Zellleibes entstanden zu denken, als ein Organ desselben. Zu einer hiervon durchaus abweichenden An- sicht ist Bütschli durch die Untersuchung von Protozoen (Bacterien etc.) gekommen. Er vermochte nachzuweisen, dass bei diesen sehr kleinen Lebewesen ein relativ sehr grosser „Centralkörper" existirt, der nur bei den grössten Wesen von einer sehr zarten andersartigen Schicht umgeben ist, während bei den kleineren und kleinsten nur an den beiden oder auch nur an einem Ende des Centralkörpers sich etwas von dieser Substanz nachweisen Hess. Bütschli fasst den Cen- tralkörper als den Kern auf. Da nun gerade die kleinsten und nie- drigst stehenden Wesen fast ganz aus diesem Kern bestehen, da ferner durch die Untersuchung der höheren Wesen dem Kern so wichtige Eigenschaften, wie Vererbung, Beherrschung des Zellkörpers etc. zu- erkannt werden, so hält er es nicht für unmöglich, dass nicht der protoplasmatische Zellleib, sondern der Kern das zuerst Entstandene sei, der Kern, welcher sich seinen Zellleib erst gebildet habe. u Technische Bemerkungen. 1) Frische Pflanzenzellen: Eine Fadenalge aus einem Teiche, Graben, Beobachtung in demselben Wasser. 2) Einfaches Pflanzengewebe: Die feinen weissen Häutchen, welche zwischen den Zwiebelschaalen sitzqn (vergl. Figur 1). Beobachtung in Brunnenwasser , Jodserum, sehr gut Dahlia- Jodserum (Kernfärbung). Beim Absterben Vacuolenbildung im Protoplasma. 3) Frische thierische Zellen, a) Kiemenblättchen, Stücke der Oberhaut, der Mundbodenplatte, Knorpel etc. von Salamanderlarven in Jodserum. Beim Absterben Vacuolenbildung, in Folge dessen mitunter Auftreten künstlicher Netze im Protoplasma, b) Sehr grosse thierische Zellen: Darmepithel der Mauerassel und anderer Arthropoden, Jodserum. c) Amöboide Bewegung : weisse Blutkörperchen des Krebses, einer Muschel, Schnecke, eines Salamanders, Triton, Frosches in der Körper- resp. Blut- flüssigkeit, letztere ev. mit Zusatz von Jodserum oder physiologischer Koch- salzlösung, d) Amöben aus Pfützen, Gräben, aus dem Enddarm von Kana esculenta, Darm der Küchenschabe. 4) P r o t o p 1 a s m a s t r ö m u n g : Staubfäden von Tradescantia virginica, Blätter von Elodea canadensis, Brennnesselhaare in Wasser. 5) Kern: Lebende Präparate in einer ziemlich starken wässerigen Lö- sung von Methylgrün, der man noch 1 °/0 Eisessig oder ausserdem noch 0,1 bis 1 °/o Ueberosmiumsäure zusetzt. Färbung augenblicklich, gleichzeitig Fixi- rung und scharfes Hervortreten der nucl einhaltigen Theile des Kerns. Auswaschen in Wasser. Aufheben in angesäuertem Glycerin mit einem Tropfen der Färbeflüssigkeit, Oder Einschluss in Balsam nach Entwässern in leicht mit Essigsäure versetztem Alkohol, in welchem eine hinreichende Menge von Methylgrün gelöst ist. 6) T y p i s c h e Z e 1 1 f o r m e n, theilweise viele Kernkörperchen im Kern, liefern die wenig Dotter enthaltenden daher am besten jungen Eier: Frosch oder Triton, der eben die reifen Eier abgelegt hat, stärkeres Beiben des betreffenden Stücks des Ovariums zwischen den Fingern in Jodserum oder physiologischer Kochsalzlösung , um die stärkeren , dottereicheren Eier zu zerstören. Untersuchung in denselben Flüssigkeiten. 7) Mitosen, a) Man setze eine gewöhnliche Zwiebel (Allium Cepa) auf ein mit Wasser gefülltes Hyacinthenglas und lasse sie Wurzeln treiben, schneide die Spitzen dieser etwa in der Länge von 3 mm ab und lasse sie in FLEMMiNG'sche Flüssigkeit fallen. Schneiden nach Paraffineinbettung, Färben mit ganz schwachem Methylviolett oder Safranin in starker Lösung. b) Larven von Salamandra maculosa oder Triton, sonst auch Theile von erwachsenen Thieren, von Säugern ganz junge stark wachsende Thiere (junge Kätzchen, Hunde); sehr günstig sind die Hodenzellen, dieselben zeigen bei Krebsen und Arthropoden überhaupt sehr grosse und schöne Mitosen. Alle Thiere müssen frisch gefangen oder in sehr gutem Ernäh- rungszustande sein. Behandlung wie in a, Färbung auch nach Celloidin- einbettung mit Delafield's Hämatoxylin. Oder nach Babl: 1) Fixirung 45 — in Chrom-Ameisensäure oder Platinchlorid ('/, °/0) und Färbung in Häma- toxylin (Delafield), dann Safranin. 2) Speciell für die achromatische Kernspindel: Fixirung von Salamanderlarven in Plantinchlorid (1/10 Ins ' 8°/0) nach 24 Stunden Auswaschen in Wasser, Eärtung in steigendem Alkohol. Kiemenblättchen oder Mundbodenplatte, Färbung in Bämatoxylin (Dela- field) oder in Cochenillealaun (Czokor). untersuchen in dein sehr schwach Licht brechenden Methylalkohol. Präparate nur wenige Tage haltbar. ci Ceritrosomen and Polstrahlung. 1) Eodenzellen der Lepidopteren : z. B. die in den Puppen des Mondvogels (Pygaera bucephala) an der Rückennache gelegenen , als helle kugelige Körper erscheinenden Hoden, während des .Monats .Mai bis zum Beginn des Juni. Fixirung in Flemmng's Chrom- Osmium -Essigsäure (1/2 Stunde), Celloidin, Safranin oder Häma- toxylin (Platner 2, 111. p. 344). 2) Eizellen zweier Nematoden: Leptodera nigrovenosa Sehn. (Ascaris nigrovenosa) aus der Lunge von Rana tempo- raria und Ascaris megaloeephala, des grossen Spulwurms des Pferdes. Die erstere besonders geeignet, um den Ablauf der Processe am leitenden Ei zu studiren, die zweite zum Studium der fixirten Eier. Man vergleiche hierzu die Arbeiten von E. v. Beneden (Archives de Biologie IV.), E. v. Beneden et A. Neyt (Bulletin de l'Acad. royale de Belgique III serie, XIV. 1887) Nussbaum (1. XXIII), Boveri (3. XXI. XXII). d) Küllikkk empfiehlt Serienschnitte von Eiern des Siredon aus den ersten Furchungs- Btadien, die in ( 'hromessigsäure fixirt, mit Boraxcarmin prachtvolle Bilder ergäben, auch der achromatischen Theile. Ferner Muskelfasern von Sire- donlarven auf Längsschnitten, welche die chromatischen Figuren schön zeigen, e) Zur Erkennung sowohl der chromatischen Elemente als auch der Form des Gesammtkerns (Pfitzxer, 5. XI): Lebende Salamanderlarven für 1 bis 2 Tage in Osmiumsäure (0,1 °/0), Auswaschen in Wasser, MüLLER'sche Flüssigkeit. Oder aus Wasser in Alkohol, aus diesem nach beliebiger Zeit wieder in Wasser, dann MüLLER'sche Flüssigkeit. In leterer in beiden Fällen wenigstens 3 bis 8 Tage, beste Zeit der Unter- suchung innerhalb der ersten 8 bis 14 Tage. Die Präparate zeigen nun die Form des Gesammtkerns (vergl. Figur 8 und 12) : nach Färbung mit Hämatoxylin (Delafield) verschwindet diese und die chromatische Figur tritt deutlich hervor (vergl. die obigen Figuren). Zur Untersuchung nehme man die Kiemenplatten nach Alttrennung der Kiemenbüsche] und der Knorpelleiste. Untersuchung in Glycerin oder besser Wasser. Dieselbe Methode dient zum Studium der gelappten Kerne: Das Bindegewebe des inneren Ueberzuges jener Hautfalte, die die Kiemenplatten von der Bauch- seite her bedeckt. In diesem zahlreiche Leukocyten mit mannigfachen Stumpfen Ausläufern und anscheinend einer grösseren Anzahl von Kernen. Zum genauen Studium der Mitosen, lege man die Präparate zwischen zwei Deckgläser, die in dem Ausschnitt eines Holzrahmens (aus Cigarren- kisten) befestigt sind. Mann kann so durch beliebiges Umdrehen jede Mitose von zwei Seiten betrachten. 8) Eingelagerte Zellproducte. a) Pigmentablagerung: Pigmentepithel der Retina und Pigmentzellen der Chorioidea oder der Suprachorioidea irgend eines Säugethierauges , frisch oder necb Härtung in Drittelalkohol oder MüLLER'scher Flüssigkeit. Untersuchung im ersten 46 Falle in Jodserum oder physiologischer Kochsalzlösung, im zAveiten in Wasser, Glycerin. Oder lebende Froschlarven,^oder dieselben im Dunkeln in absolutem Alkohol fixirt, Schwimmhaut eines Fro- sches etc. b) Aufge- speicherte Nahrungs- stoffe: 1) Schnitte von einer frischen Kartoffel, Wasser , Amylonkörnchen (Figur 19), ev. Zusatz schwacher Jod-Jodkalium- lösung: Bläuung der Amy- lonkörnchen = Stärke- reaction. 2) Fettzellen : Netz eines neugeborenen Thieres in Wasser, oder Zerzupfen des Fettkörpers eines abgemagerten Fro- sches in Wasser, c) Drü- senzellen: Ein Stück Darm oder ein Stück einer Gl. submaxillaris des Hun- des oder der Gl. subun- gualis des Menschen in MÜLLER'sche Flüssigkeit für mehrere Tage, Zerzupfen in Wasser oder Glycerin: Becherzellen, mit Schleim gefüllte Drüsenzellen. Stärkekörnchen : I. Eine Pareiichymzelle aus der Knolle der Kartoffel (Solanum tuberosum), dicht mit Stärkekörn- chen erfüllt; Vergr. 150. II. Einzelne Körnchen aus der- selben, die Schichtung zeigend (bei a ein Sprung) ; Vergr. 600. III. Stärkekörnchen aus dem Endosperm des "Weizen- kornes (Triticum vulgare) ; Vergr. 600. ZWEITES CAPITEL. TJeber die chemische Zusammensetzung der Zelle. Alle lebenden Gewebe sind ans einer grösseren Zahl von orga- nischen und unorganischen Verbindungen zusammengesetzt. Niemals Hndet man einen lebensfähigen Theil, der nur aus einer einheitlichen chemischen Verbindung, z. B. nur aus Ei weiss, besteht. Es ist bisher nur in einzelnen Fällen möglich gewesen , die durch chemische Analyse entdeckten Stoffe in dem lebenden Elementar- organismus zu localisiren, sie als Bestandteile des einen oder des andern Tbeils der Zelle unter dem Mikroskop wiederzuerkennen. In dem vorhergehenden Abschnitt ist eine gewisse Zahl von Namen für die Bestandteile der Zelle genannt, welche die Chemie nicht kennt. Andererseits hat man durch chemische Untersuchungen eine bedeu- tende Menge organischer und anorganischer Bestandteile der Zellen aufgefunden, von denen man nicht weiss, ob sie durch die ganze Zelle verbreitet oder in bestimmten Theilen derselben angehäuft sind. Dieser Mangel an Uebereinstimmung zwischen der anatomischen und der chemi- schen Beschreibung der Gewebe wird bedingt durch die ünvollkommen- heit der Methoden. Die Histologen haben in vielen Füllen nur das Verhalten der Objecte gegen Färbungsmitte] untersucht und daraus Schlüsse auf die Bestandteile gezogen. Indes« kann die Färbung, die der Histologie ausserordentlich wichtige Dienste geleistet hat, nichl dazu dienen, chemische Individuen zu charakterisiren, sie darf viel- mehr nur als Vorprüfung betrachtet werden, der eine weitere, auf chemische Reactionen gegründete, Erforschung folgen muss. — 48 — Die chemische Beschreibung eines Organs ist mit der Aufsuchung seiner Bestandteile nicht beendet, wir fragen auch nach der Menge derselben. Es ergeben sich nun bei der quantitativen Analyse in vielen Fällen gesetzmässige Zahlenverhältnisse zwischen den einzelnen Bestandteilen der thierischen Gewebe. Untersucht man zum Bei- spiel die Knochen verschiedener Thierarten, so findet man ungefähr das gleiche Verhältnis zwischen den organischen und den unorganischen Stoffen. Ehe wir die chemische Beschaffenheit der Gewebselemente be- sprechen, müssen wir uns Klarheit darüber verschaffen, wie diese Constanz der Zusammensetzung aufzufassen ist. Wenn die Analyse chemischer Producte oder die Untersuchung von Mineralien eine stetige Gleichheit in der quantitativen Zu- sammensetzung offenbart, so pflegen wir diese Constanz auf stöchio- metrische Verhältnisse , auf chemische Verbindungen der einzelnen Bestandteile unter einander zu beziehen. In der Histochemie ist ein solcher Schluss nicht gestattet , weil die untersuchten Gewebe nicht eine in sich gleichartige Masse bilden, sondern aus chemisch ver- schiedenartigen Formbestandtheilen zusammengesetzt sind. Das Mi- kroskop lehrt uns nun , dass diese Formeleinente oft mit grosser Kegelmässigkeit , wie etwa die Felder eines Schachbretts , vertheilt sind und dieses stets wiederkehrende Ebenmass der kleinsten Form- bestandtbeile muss auch in den Resultaten der chemischen Analyse seinen Ausdruck finden. Wenn wir also von der quantitativen che- mischen Zusammensetzung eines Gewebes als von einer feststehenden wissenschaftlichen Errungenschaft sprechen, so müssen wir stets be- denken, dass das quantitative Verhältniss der chemischen Bestand- theile nicht nur durch chemische Ursachen, sondern auch durch morphologische Verhältnisse bedingt ist. Ein Beispiel hiefür bieten die Analysen der Spermatozoon des Lachses, deren Gesammtresultat später angeführt wird. Miescher (17) isolirte die Spermatozoon aus verschiedenen Individuen dieser Species und führte Bestimmungen des Phosphors in denselben aus. Es ergab sich eine so genaue Uebereinstimmung in dem Phosphorgehalt ver- schiedener Spermatozoen-Massen, dass die Zahlen kaum um 1/l0 Pr0" cent von einander abwichen. Und doch bestanden die untersuchten Substanzen nicht aus einer einheitlichen chemischen Verbindung, son- dern jede analysirte Portion war aus unzähligen Spermatozoon zu- sammengesetzt. Jedes Spermatozoon enthält verschiedene Organe und es lässt sich nachweisen, dass diese Organe eine verschiedene che- mische Zusammensetzung besitzen, dass das eine vorwiegend aus phos- — 49 — phorreichem Nuclein, das andere aus Eiweiss besteht. Hs ist in diesem Falle die gleichmässige Grösse und die regelmässige Lagerung der Tlicili\ welche in den übereinstimmenden Resultaten der Analyse ihren Ausdruck gefunden hat. Natürlich könnte ein solches Resultat nicht zu Stande kommen, wenn nicht ausserdem noch Verbindungen nach festen Verhältnissen in den Organen vorhanden wären. In der That können wir eine grosse Zahl const.nnter chemischer Verbindungen aus den thierischen Geweben isoliren. Wir können in vielen Fidlen nachweisen und noch häufiger vermuthen, dass die chemischen Producte, die wir aus den Geweben darstellen, in den lebenden Organen noch in Form höherer Verbindungen enthalten sind, dass mehrere derselben eine Einheit bilden, die durch die Wirkung der chemischen Werkzeuge, mit denen wir die Gewebe angreifen, schon zerstört wird, oder die nach dem Tode der Zelle von selbst der Zersetzung anheimfällt. Wir wenden uns jetzt zur Hauptfrage dieses Abschnitts: Welches sind die chemischen B e s t a n d t h e i 1 e der entwicklungs- fähigen Zelle? Es könnte zweifelhaft erscheinen, ob diese Frage richtig gestellt sei. Die Zelle lässt während ihrer Thätigkeit einen Austausch von Stoffen mit ihrer Umgebung erkennen, die von aussen aufgenommenen und die im Innern producirten Substanzen können in ihr aufgespeichert werden und wir finden Ablagerungen von Producten im Protoplasma, deren Bedeutung für die Organe wir gar nicht kennen. Es ist also unrichtig, alle Stoffe, die man in der Zelle vorfindet, als „Bestandteile" derselben zu bezeichnen. Wir können in diesem Falle nur dadurch zu einem festen Boden für unsere Untersuchun- gen gelangen, dass wir die wesentlichen, nie fehlenden Stoffe in der jugendlichen, entwicklungsfähigen Zelle von den nicht wesentlichen zu unterscheiden versuchen. Wir wollen in der folgenden Darstellung diese wesentlichen Bestandteile als primäre bezeichnen, hingegen diejenigen Stoffe, welche nicht in jeder entwick- lungsfähigen Zelle vorhanden sind, welche als Nähr- oder Baustoffe von aussen aufgenommen sind, oder welche erst dann auftreten, wenn die Zelle ihren ursprünglichen Charakter verliert und die ihrem Gewebe entsprechende Eigenart annimmt, als seeundäre. In dem entwickelten Gewebselement bleiben die primären Bestandteile be- stehen, solange die Zelle fortpflanzungsfähig ist, wenn sie auch hinsicht- lich ihrer Menge sehr gegen die seeundären Stoffe zurücktreten können. Erst wenn die Zelle die Fälligkeit zur Erzeugung neuer Zellen ver- liert oder wenn sie gar als abgestorbenes Glied dem Organismus S ch ief f er decke r-Ko ssel. 4. — 50 — angehört, wie es bei den verhornten Zellen der Hantoberfläche der Fall ist, können die primären Bestandteile völlig verschwinden. Von der grössten Bedeutung für alle Untersuchungen über die primären Stoffe ist die Wahl des geeigneten Zellenmaterials. Am besten sind für die Beurtheilung dieser Verhältnisse die Analysen solcher Gewebe zu verwenden, die nur aus nackten, jeder Membran oder Intercellularsubstanz und jeder Einlagerung baaren Zellen bestehen. Hiezu eignen sich z. B. schnell wachsende Geschwülste. Auch die Spermatozoon gewisser Thiere stellen Gebilde dar, in denen die lebens- fähige Substanz auf einen engen Raum zusammengedrängt und gewisser- maassen allen Beiwerks entkleidet ist. Die Betrachtung der letzteren Gebilde wird uns in diesem Abschnitt noch mehrfach beschäftigen, sie ist von Wichtigkeit für unsere Fragen, weil die Spermatozoon uns die besten Aufschlüsse über die Zusammensetzung der Kernsubstanz geben können. Eine grosse Bedeutung ist der Analyse eines Productes beige- messen worden, welches aus membranlosem Protoplasma besteht, näm- lich dem Plasmodium der Myxom yceten. Das Plasmodium ist ein Entwicklungsstadium dieser niederen Pflanzen, welches man sich pfundweise verschaffen kann und an dem man daher die Eigen- schaften des Protoplasmas im Grossen zu studiren im Stande ist. Freilich darf man nicht annehmen, dass alle Eigenschaften des Plas- modiums auch wesentliche Eigenschaften des Protoplasmas seien oder dass die Zusammensetzung eines Plasmodiums ohne Weiteres als Para- digma zu betrachten sei für die Zusammensetzung des Protoplasmas. Es ist selbstverständlich, dass wir in dem Plasmodium nicht nur Sub- stanzen finden, die der Species eigenthümlich -sind und die nur in dieser Art von Protoplasma vorkommen , sondern auch Stoffe , die aus der Umgebung aufgenommen sind, ferner Producte seiner physio- logischen Thätigkeit, die anderen Protoplasmen fehlen. Reinke und Rodewald (18) haben einige Eigenschaften dieses Pro- toplasmas festgestellt und gefunden, dass das Plasmodium des Aetha- lium septicum („Lohblüthe") stets alkalische Reaction besass, sie ver- gleichen dasselbe seiner Consistenz nach mit einem Schwamm, welcher mit wässeriger Flüssigkeit vollgesaugt ist. Aus frischem Plasmodium Hess sich mit der Hand ^3 des Gewichts an wässeriger Flüssigkeit auspressen, durch stärkeres Pressen wurde soviel gewonnen, dass die Gewichtsmenge der ausgepressten Flüssigkeit 66,7 Procent vom Ge- wicht der ganzen Masse ausmachte. Das specifische Gewicht der ausgepressten Flüssigkeit betrug 1,209, sie enthielt 7 — 8 Procent lös- 51 — liehe Eiweissstoffe. Dies mag als Beispiel für ein wasserreiches Proto- plasma gelten, nicht immer findet man einen so hohen Feuchtigkeits- gehalt, im ruhenden Zustand wird es wasserarm und in ruhenden Pflanzentheilen kann es sogar steif und brüchig werden, ohne seine Lebensfälligkeit einznbüssen. Die 'primären Bestandtheile der Zelle. Man kann die primären Bestandtheile der Zelle - des Cyto- plasmas und des Karyoplasmas — in folgende Gruppen eintheilen. 1) Die Eiweisskörper, einschliesslich der Nucleme (Nuclei'nsäuren). 2) Die Lecithine. 3) Die Cholesterine. 4) Die anorganischen Stoffe (unter ihnen auch das Wasser). Aus der Gruppe der Eiweissstoffe sind folgende vier Körper- klassen wahrscheinlich stets vertreten : a) Globuline , b) Vitelline, c) Plastin, d) Nucleme oder Nuclei'nsäure. Die in allen vier Gruppen enthaltenen Elemente sind : Kohlen- stoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Schwefel, Phosphor, Kalium, Natrium (?), Calcium, Magnesium, vielleicht auch Eisen. Höchstwahrscheinlich werden die fortgesetzten Untersuchungen über die primären Bestandtheile der Zelle die eben angeführte Reihe noch erweitern. Wir wollen jetzt einen Blick werfen auf die chemische Natur der einzelnen Stoffe und auf ihre Beziehung zu den im vorhergehen- den Abschnitt geschilderten Formelementen. Die vier oben genannten Eiweissstoffe können sich, wie es scheint, gegenseitig nicht ersetzen, da man bisher alle vier neben einander gefunden hat; indess reichen die bisherigen Untersuchungen für die Klärung dieser Verhältnisse noch nicht aus. Vitellin und Globulin sind nach Hoppe-Seyler(19, S. 76/77) in allen Protoplasmen vorhanden. Das Vitellin ist durch gesättigte Chlornatriumlösung nicht fällbar, während das Globulin des Protoplasmas durch dieses Reagens gefällt wird und sich somit dem Myosin ähnlich verhält. Das Plastin ist noch sehr wenig bekannt und man weiss sogar noch nicht einmal, ob dieser Körper Phosphor enthält oder nicht. Diese Unsicherheit ist besonders dadurch hervorgerufen, dass der vierte Körper, das Nu- clei'n, in einer unlöslichen Modifikation existirt, welche einige auffallende Eigenschaften mit dem Plastin gemein hat. Dieser Körper wird also häufig mit dem Plastin verwechselt und hat der makroskopischen Unter- suchung dieser Substanz bedeutende Schwierigkeiten bereitet. 4* — 52 — Die Eigenschaften der genannten Eiweisssubstanzen sind, soweit sie für den mikrochemischen Nachweis, von Interesse sein können, schon im ersten Theile dieses Buches beschrieben. Es sei daran erinnert, dass die beiden erstgenannten sehr leicht veränderliche und lösliche Substanzen darstellen, welche durch verdünnte Säuren und Alkalien, selbst durch verdünnte neutrale Salzlösungen gelöst werden können. Das Plastin hingegen ist eine schwer lösliche und schwer veränderliche Substanz, unlöslich in verdünnten Säuren, selbst in con- centrirter kalter Salzsäure, unlöslich auch in verdünnten Alkalien. Das Nudeln ist in seiner löslichen Modifikation in Alkalien, auch iu den Lösungen kohlensaurer Salze und in stärkerer Salzsäure löslich, es wird durch verdünnte Säuren gefällt und in Form stark licht- brechender Massen abgeschieden. Bemerkenswerth ist auch sein Ver- halten gegen Farbstoffe, vor allen übrigen Bestandteilen der Zelle hat es eine starke Neigung voraus, sich mit Farbstoff zu beladen, es färbt sich zuerst und giebt den Farbstoff zuletzt wieder ab '. Die chemischen Verhältnisse des Nuclei'ns sind complicirter, als die der übrigen eiweissartigen Stoffe und' müssen an dieser Stelle kurz noch erörtert werden. Mit dem Namen Nucleme sind dreierlei Art Substanzen be- zeichnet worden: 1) Ein Spaltungsprocluct des Vitellins (aus Eidotter) und des Caseins (aus der Milch), ferner einige weit verbreitete Bestandtheile thierischer Gewebe, welche auch als „Nucleoalbumine" bezeichnet wer- den. Diese Körper sind phosphorsäure-haltige Eiweisskörper, die von den eigentlichen Nuclei'nen, den gleichbenannten Bestandtheilen des Zell- kerns, in chemischer Hinsicht durchaus verschieden sind (20, X S. 248). Diese Substanzen verrathen keine besonderen Beziehungen zum Zellkern und ich halte es nicht für zweckmässig, die Bezeichnung „Nuclein" noch ferner auf sie anzuwenden. 2) Gewisse Bestandtheile des Zellkerns, welche die Vereinigung eines eiweissartigen Körpers mit einem organischen, Phosphorsäure ent- haltenden, Atomcomplex darstellen (21). Bei der Spaltung entstehen die später zu besprechenden Basen. In der folgenden Darstel- lung sind nur diese Körper allein als Nuclei'ne be- zeichnet. 3) Körper, welche sich in vieler Hinsicht ebenso, wie die eben erwähnten echten Nuclei'ne verhalten, aber keine eiweissartigen Be- *) Weiteres s. Bd. I, S. 267. — 53 — standtheile enthalten. Der am besten bekannte Etepräsentanl dieser Gruppe ist das „Nuclein" der Lachsspermatozoen. Wir wollen diese Körper, einem neuerdings gemachten Vorschlage entsprechend, als Nu dein säuren bezeichnen (Altmann 15 A. 1889 ]>. 524;. Die Nucleine sind höchstwahrscheinlich zu betrachten als Ver- bindungen von Nuclei'nsäuren mit Eiweiss. Die Nucleinsäureu können aber auch frei oder in Verbindung mit anderen Stoffen in der Zelle erseheinen, letzteres ist im Lachssperma der Fall. Die aus verschiedenen Zellen gewonnenen Nucleme zeigen Ver- schiedenheiten untereinander. Ob es auch verschiedene Nuclei'nsäuren giebt, ist noch nicht zu entscheiden. Miescher (17) hat für die Nucleinsäure („Nuclein des Lachs- spermas") die Formel Ci9 Ü49 iVg P3 0.n berechnet1. Bei der längeren Einwirkung von verdünnten Säuren oder Alkalien, selbst schon beim Aufbewahren im feuchten Zustand werden die Nucleme zerlegt unter Bildung von Eiweiss und stickstoffreichen Basen, daneben spaltet sich Phosphorsäure ab. Die beiden letzteren Spaltungsproducte bilden sich auch aus den Nuclei'nsäuren. Die Basen sind folgende: Adenin (C5 Hb iV5), Hypoxanthin (O, iJ4 JV4 0), Guanin (C5 Hb Nh 0), Xanthin (O, H^NA 02) (20, III S. 284; IV S. 290; V S. 152 u. 267; VII S. 7 ; X S. 250). Diese Zerlegung kann schon im lebenden Organismus vor sich gehen, sobald einzelne Zellen dem Tode und einer langsamen, bei Abschluss der Fäulniss verlaufenden, Zersetzung (Nekrobiose) anheimfallen. Die genannten vier Basen zerfallen in zwei Gruppen, deren erste das Adenin und Hypoxanthin und deren zweite das Guanin und Xanthin umfasst. Adenin geht durch gewisse chemische Eingriffe, auch durch Fäulniss, in Hypoxanthin über, ebenso Guanin in Xanthin. Die beiden erstereii Substanzen gehören ihren Eigen- *) Die procentische Zusammensetzung dieser Körper ergiebt sieh aus folgenden Zahlen: Nucleinsäure Nuclein aus Hefe („Nuclein" des Lachsspennas) C 40,81 30,11 H 5,38 5,15 A 15,98 13,09 0 31,26 36,06 P 6,19 9,59 S 0,38 Schwefel nicht vorhanden. Der Schwefelgehalt ist bei den Nucleinen verschiedenen Ursprungs grossen Schwankungen unterworfen. Die schwefelreichen Nucleine sind als Sulfo- nucleine bezeichnet. — 54 — Schäften nach zu den Cyanverbindungen (20, VI S. 422; XII S. 241), letztere sind als substituirte Harnstoffe aufzufassen. In welcher Weise sind nun diese Eiweisskörper in der Zelle vertheilt und an die früher beschriebenen morphotischen Bestandtheile gebunden? Diese Frage ist bisher vorwiegend an der Pflanzenzelle studirt worden und wir müssen uns in manchen wichtigen Punkten mit den Resultaten botanischer Forschungen begnügen, ohne zu wissen, ob wir sie auf die thierische Zelle übertragen dürfen. Die Untersuchungen von E. Zacharias (22) haben zu dem Resultat geführt, dass die löslichen Eiweisskörper, welche die im ersten Bande beschriebenen Blutlaugensalz-Eisenchlorid-Reaction geben, in dem Cyto- plasma der Pflanzenzelle gegen das Plastin, welches diese Reaction nicht giebt, an Menge sehr zurücktreten. Nur einige der Einschlüsse des Protoplasmas, die Träger des Chlorophyllfarbstoffs und die Stärke- bildner, ferner einzelne jener verschiedenartigen kleinen Gebilde, die man unter dem Namen der Mikrosomen zusammengefasst hat, geben die erwähnte Reaction. Auch der Zellkern und der Nucleolus färbt sich blau. Thierische Zellen sind viel reicher an reactionsfähigem Eiweiss. Das Nuclein ist dem Zellkern eigenthümlich. Diese Thatsache wurde von Miesoher (23, S. 441 u. 502) entdeckt, welcher die Kerne der Eiterkörperchen durch verschiedene chemische Eingriffe, insbeson- dere durch die Wirkung der Pepsinsalzsäure, isolirte und aus ihnen das Nuclein zuerst darstellte. Man fand, dass fast alle zelligen Gebilde, in denen Kerne erkennbar sind, auch Nuclein oder Nucleinsäure ent- halten, während diese Körper kernfreien Zellen fehlen. Man kann dies durch chemische Reactionen unter dem Mikroskop und ohne Mikroskop beweisen; folgende Beispiele mögen genügen. — Die rothen Blutkörper- chen der Säugethiere geben bei der chemischen Untersuchung im Grossen kein Nuclein, hingegen kann man diesen Körper in reichlicher Menge darstellen aus den rothen Blutkörperchen des Vogelbluts. Die mikro- skopische Untersuchung zeigt, dass erstere kernfrei sind, letztere einen Zellkern enthalten. Wenn man die rothen Blutkörperchen des Vogelbluts mit Wasser versetzt, so löst sich die Hauptmasse des Blut- körperchens auf. Bei mikroskopischer Betrachtung erkennt man, dass nur der Kern und ein zartes Gebilde, das „Stroma" übrig bleibt. Den- selben Vorgang kann man auch im Grossen ausführen. Man erhält bei der Einwirkung des Wassers auf die rothen Blutkörperchen des Vogel- bluts, die man in grösseren Mengen isolirt hat, eine Lösung, welche Blutfarbstoff enthält und daneben reichliche Mengen einer gequollenen Masse, welche hauptsächlich ans den Kernen bestellt. Mit dieser Masse kann man dieselben Reactionen ausführen, die man unter dem Mikro- skop am Zellkern anzustellen pflegt, man kann z. B. die Schrumpfung durch Säuren, das Verhalten zu Alkalien studiren und findet eine l'cber- einstimmung mit den Reactionen des Zellkerns (23, S. 461; 20, V 15:» Jl'.. VII S. 16). Die chemische Analyse ergiebt, dass diese Substanz haupt- sächlich aus Nucle'm besteht. --Es ist möglieh, quantitative Bestim- mungen des Nucleins in den Geweben auszuführen und es hat sieh gezeigt, dass die Menge des Nucleins, welche durch die Gewichtsana- lyse ermittelt ist, annähernd dem im mikroskopischen Bilde erkennbaren Kerngehalt der Organe entspricht. Sehr reich an Nucle'm sind die Spermatozoon, ferner die drüsigen Organe, sehr arm die Muskeln. — Die botanischen Untersuchungen von E. Zacharias (22) haben den Zusammenhang von Zellkern und Nucle'm noch des Weiteren dar- gethan. Die früher beschriebenen Lösliehkeitsverhältnisse dieses Kör- pers machen es möglich, diese Substanz sowohl vom löslichen Eiweiss als auch vom Plastin zu unterscheiden. Es hat sich gezeigt, dass in den Kernen von Pflanzenzellen das Nuclei'n in Form zahlreicher grösserer und kleinerer annähernd homogener Körnchen angehäuft ist. Diese Nuclei'nkörperchen treten auf Zusatz von O,lprocent. Salzsäure, ferner nach Einwirkung von Pepsinsalzsäure deutlich hervor, sie lösen sich in Alkalien, in stärkerer Salzsäure, quellen in Kochsalzlösung auf, zeigen somit alle Eigenthümlichkeiten des Nucleins. Wenn man diese Nuclemkörper durch ein Lösungsmittel weggeschafft hat, so bleibt ein Rest des Kerns zurück, welcher ein Netzwerk bildet und dieses zeigt das Verhalten des Plastins. Da bei der Einwirkung der Pepsinsalzsäure das Volum des Kerns bedeutend abnimmt, so hat man vermuthet, dass im Kern auch verdauliche Eiweisskörper ent- halten seien. Die Richtigkeit dieser Vermuthung ist durch die Unter- suchung der Kerne von rothen Blutkörperchen des Vogelbluts sowie der Spermatazoen des Karpfens mit Sicherheit erwiesen. Hier findet sich das Nuclei'n in chemischer Vereinigung mit einer Substanz von der Eigenschaft der Albumosen, dem Histon. Dieser Körper wird dem Kern durch Zusatz von Säuren entzogen (20, VIII S. 511). Im Allgemeinen darf man wohl behaupten, dass das Nuclei'n mit dem Chromatin identisch sei, indess sind in manchen Fällen auch andere, insbesondere plastinartige Körper, als „Chromatin" bezeichnet worden. Ebenso wie die Eiweissstoffe finden sich auch die L e cith in e in allen zelligen Gebilden (Hoppe-Seyler, 19, S. 79). Die Lecithine — 56 — halben sowohl in ihrer chemischen Constitution, als auch in ihren Eigen- schaften viele Aehnlichkeit mit den Fetten. Die Fette zerfallen bekannt- lich bei der Spaltung durch Alkalien und bei der Einwirkung von Mikro- organismen oder von Fermenten in ein Molekül Grlycerin und drei Mole- küle Fettsäure (Palmitinsäure, Stearinsäure, Oelsäure etc.). Die Lecithine liefern unter den gleichen Verhältnissen ein Molekül Grlycerin, da- neben zwei Moleküle Fettsäure, ein Molekül Phosphorsäure und ein Molekül Cholin. Die Lecithine unterscheiden sich von einander durch die in ihnen enthaltenen Fettsäuren. Man findet in diesen Körpern die Phosphorsäure in lockerer Verbindung mit organischen Stoffen, wie beim Nuclein. In der Abspaltung dieser Phosphorsäure ist bei beiden Stoffen ein Mittel zu kräftiger Säurebildung innerhalb der Zelle gegeben. Wie bei den Eiweissstoffen macht sich auch bei den Leci- thinen eine Neigung zur Anlagerung an andere Atomcomplexe be- merkbar, eine lockere Verbindung zwischen beiden Stoffen ist in vielen Fällen vorhanden. Die Cholesterine (Hoppe-Seyler, 19, S. 81) sind Alkohole, welche wahrscheinlich zu der Gruppe der Terpene gehören. Der spe- ciell als Cholesterin bezeichnete Körper hat wahrscheinlich die Formel C-i- Hi(i 0. Von ihren Beziehungen zu den Formelementen der Zelle wissen wir ebensowenig, wie von denjenigen der Lecithine. Aron den anorganischen Stoffen ist das Eisen der einzige, dessen Beziehung zu den Elementarorganen der Zelle verfolgt werden kann. Dieses Element findet sich sowohl im Cytoplasma als auch im Kern, in manchen Fällen ist es in letzterem in grossen Mengen aufgespeichert (Schneider, 15 A. S. 173). Sehr gering sind unsere Kenntnisse über die physiologische Bedeutung aller dieser Substanzen. Man muss annehmen, dass die Eiweisskörper bei dem Processe der Ernährung und Fortpflanzung, die uns ihrem chemischen Wesen nach noch unbekannt sind, betheiligt werden. Pflüger (6, XS. 300) hat es versucht, Vorstellungen über den Zustand des Eiweissmoleküls in der lebenden Zelle zu gewinnen ; nach der Ansicht dieses Forschers ist das Eiweissmolekül allein der Träger der Lebensthätigkeit und der Unterschied zwischen Leben und Tod soll auf einer verschiedenartigen Anordnung der Atome im Eiweiss- molekül beruhen. Da das Nuclein der einzige bisher bekannte Stoff ist, der den Zellkern chemisch vom Cytoplasma unterscheidet, so müssen wir die physiologische Bedeutung dieser Substanz mit der des Kerns in engen Zusammenhang bringen. Wie im ersten Capitel dieses Bandes — 57 — bereits hervorgehoben wurde, muss man annehmen, dass die Vorgänge der Regeneration und die Bildung neuen organisirten Materials von dem Zellkern abhängig sind, denn in einer Zelle, der man den Kern amputirt hat, gehen sie nicht mehr vor sich, wenn auch das Cyto- plasma selbst noch am Leben bleibt. Besonders auffallend ist es, dass die männlichen Geschlechtszellen eine Aufspeicherung von Nuclei'n (»der Nucleinsäure enthalten, während der Kern der Eizellen in vielen Fällen — wenn auch nicht in allen — sehr wenig Nuclei'n besitzt, und man kann sich der Vorstellung kaum verschliessen, dass das Eindringen dieses Stoffes für die Bildung neuen organisirten Mate- rials durch die weibliche Zelle nöthig sei. Wie bedeutend die An- häufung von Nucleinsäure in den männlichen Sexualzellen sein kann, geht aus folgender Analyse Miescher's (17) hervor: In 100 Theilen Spermatozoon des Lachses Nucleinsäure . . . ■. . . 48,68 Protamin 26,76 Eiweissstoffe 10,32 Lecithin 7,47 Cholesterin 2,24 Fett 4,53 100,00 Die Verbindung der Nucleinsäure mit dem Protamin beträgt mehr als 75 Procent der Gesammtmenge der Spermatozoon. Die in dem Nuclei'n enthaltene Atomgruppe des Adenins zeigt gewisse Eigenthümlichkeiten , welche mit der eben besprochenen physiologischen Bedeutung des Nucleins in Zusammenhang gebracht werden können. Das Adenin, ein Polymeres der Blausäure, wird unter gewissen Bedingungen, die hi der lebenden Zelle auch vor- handen sein können, in eine Substanz übergeführt, welche die Neigung hat, sich in complicirte Verbindungen zu verwandeln. Es bildet sich in diesem Falle aus einer einfachen sauerstofffreien Substanz eine höhere sauerstoffhaltige Verbindung und man kann diese Reaction leicht im Reagensglase vollziehen. Ich habe die Vermuthung aus- gesprochen (20, XII S. 251), dass ein ähnlicher Vorgang auch in der lebenden Zelle verlaufe und zum Aufbau complicirter organischer Ver- bindungen, besonders der Eiweisskörper, führe. Nachdem wir die primären Bestandteile der Zelle kurz be- trachtet haben, wollen wir die Frage aufwerfen: Welche chemischen Veränderungen gehen in der Zelle vor, wenn dieselbe ihren ursprüng- lichen Charakter verliert und die besonderen Eigenthümlichkeiten an- "— 58 — nimmt, welche ihrer physiologischen Function und ihrem Gewebs- system entsprechen, wenn sie sich z. B. zur Muskel- oder Drüsen- zelle ausbildet? Die chemische Veränderung der Zelle, welche hiebei erfolgt, kann dreierlei Art sein: Erstens können gewisse primäre Bestandtheile an Menge beträchtlich zunehmen, dies ist z.B. bei den markhaltigen Nervenfasern zu beobachten. Die Umwandlung der ursprünglichen Zellen in diese nervösen Organe geht mit einer beträchtlichen Ver- mehrung von Lecithin und Cholesterin Hand in Hand und die Nerven- fasern erhalten durch das quantitative Vorwalten dieser und ähnlicher Stoffe ihren eigenthümlichen chemischen Charakter. Zweitens können im Laufe der Entwicklung chemische Veränderungen der primären Bestandtheile eintreten. In den Zellen des embryonalen Muskels sind z. B. Eiweiss, Phosphor- säure und stickstoffreiche Basen zu einem chemischen Individuum, dem Nucle'm, vereinigt; in den fertigen Muskelelementen, die, wie wir später sehen werden, durch eine Umwandlung der ursprünglichen Zellen enstehen, finden wir dieselben Bestandtheile wieder, aber nicht mehr in chemischer Vereinigung mit einander, sondern jedes für sich1. Drittens können neue d. h. secuncläre Bestandtheile zu den primären hinzutreten und dadurch den chemischen Charakter der ursprünglichen Zelle verändern. Als Beispiel seien genannt: der Blutfarbstoff, das Kreatin, das Fett. Häufig finden sich alle drei Vorgänge neben einander. Für die Beurtheilung der chemischen Veränderungen, welche die Zelle im Laufe ihrer Entwicklung erfährt, ist es durchaus erforderlich, dass man folgende von Vikchow zuerst angedeutete Eintheilung der Ge- websstoffe im Auge behält. Man kann alle Substanzen, welche die Zelle bilden, nach ihrer Bedeutung für die Ernährung in zwei Gruppen theilen, die freilich nur in ihren Extremen scharf zu sondern sind. Zur ersten Gruppe gehören Stoffe, welche in ihrem Auftreten oder in ihrer Menge von der Ernährung und den physiologischen Leistungen der Zelle abhängig sind, die sich vermehren, vermindern oder verschwinden können, ohne eine bleibende Veränderung derselben zu hinterlassen: „Verbrauch- stoffe". Andere hingegen bilden als „Dauerstoffe" einen festen 1) Daneben bleibt eine geringe Menge Nucle'm in den Muskeln un- verändert erhalten. — 59 — und unabänderlichen Bestand in den Geweben, dessen Menge nicht von dem jeweiligen Ernährungszustand abhängig ist. Sowohl primäre ;ds secundäre Bestandteile können Dauerstoffe oder Verbrauchsstoffe sein, indes« verschwinden die primären Bestand- teile niemals völlig, solange das G-ewebselement fortpflanzungsfähig bleibt. Wir können oft bei primären Bestandtheilen der Zelle die Be- obachtung machen, dass zwar die Menge dieser Stoffe beträchtlichen Schwankungen unterworfen ist, dass aber ein gewisser Tbeil derselben der Zelle nie (Mitrissen werden kann. Dies ist z. B. bei den Eiweiss- stoffen zu beobachten, und man hat den leichter zersetzlichen Theil der Eiweisskorper der Zellen als „circulirendes" Eiweiss von dem resistenten „Organeiweiss" unterscheiden (Voit). Die Unterscheidung dieser physiologisch verschiedenen Eiweissarten beruht auf sicheren Beobachtungen, aber die Annahme, dass das Verbrauchs -Eiweiss „circulire", lässt sich nicht vertheidigen ; man inuss das Letztere vielmehr ebenso wie das „Organeiweiss" als Bestandteil der Zelle betrachten. Als typische Verbrauchsstoffe treten z. B. die Kohlehydrate auf, insbesondere das Glykogen, während das in den markhaltigen Nerven- fasern abgelagerte Cholesterin, Lecithin und Cerebrin hinsichtlich seiner Quantität keinen Schwankungen unterworfen ist, also für das Nervengewebe als Dauerstoff bezeichnet werden muss. Auch .die Menge des Nucleins seheint sich beim Wechsel des Ernährungs- zustandes nicht zu verändern. Die securidären Bestandtheile der Zelle. Einzelne dieser Stoffe sind wie das Fett einer grossen Zahl ver- schiedenartiger Zellen gemeinsam, andere finden sich nur in einzelnen Gewebsarten vor, wie z. B. der Blutfarbstoff, das Chondromucoid, Collagen. Wir werden diese letzteren Stoffe bei den betreffenden Geweben zu besprechen haben. Die Fette1 werden nicht allein von aussen in die thierischen Zellen aufgenommen, sondern auch im Innern derselben gebildet. Sie finden sich in Form grösserer oder kleinerer Tröpfchen in der Zelle vor. Gewisse Zellen sind — wie in einem späteren Abschnitt aus- einandergesetzt wird — für die Anhäufung des Fettes besonders ge- x) Näheres über die Fette siehe in dem Capitel über die Chemie der Bindegewebsgruppe. — 60 — eignet, in ihnen tritt die ganze Zellsubstanz an Masse sehr zurück gegenüber dem grossen Fetttropfen, der sie erfüllt. Die Anhäufung des Fettes in den Zellen ist nicht nur ein physiologischer Vorgang, der für die Ernährung des Thierkörpers von der grössten Wichtig- keit ist, sondern in manchen Fällen auch ein Zeichen krankhafter Processe, welche die Zellen ergreifen. Die Menge des Fettes ist je nach dem Ernährungszustand bedeutenden Schwankungen unterworfen. Die verschiedenen Repräsentanten der Kohlehydrat gruppe können einander, wie es scheint, in den Zellen vertreten. Besonders häufig findet man das Glykogen (C%Hlü 05), welches sich in jungen Zellen in der allgemeinsten Verbreitung nachweisen lässt. "Wie bereits früher erwähnt, gehört es dem Cytoplasma, nicht dem Kern, an und ist zuweilen durch die ganze Masse desselben vertheilt, zuweilen auch als glänzende hyaline Masse von zähflüssiger Beschaffenheit erkenn- bar. Das Glykogen kann im Innern der Zelle aus anderen Xahrungs- stoffen, besonders aus Kohlehydraten und aus Eiweiss gebildet werden. Gewisse Zellen, zum Beispiel die der Leber, haben eine Neigung zur Aufspeicherung dieser Substanz in ihrem Innern. In manchen Zellen, z. B. in den Spermatozoon, fehlen freie Kohlehydrate, indess konnte ich nachweisen, dass hier ein Stoff vorhanden ist, der als eine Ver- bindung von Kohlehydrat (und zwar von Milchzucker; mit einem an- dern Atomcomplex aufgefasst werden niuss — nämlich das Cerebral. Wir werden bei der Betrachtung des Gehirns auf diesen Körper zurückkommen. In weiter Verbreitung in den thierischen Geweben finden sich im Uebrigen noch : der Inosit, das Taurin, die Milchsäure, Bernstein- säure, Ameisensäure, Essigsäure und gewisse anorganische Stoffe, ins- besondere das Kochsalz. Der Inosit gehört der aromatischen Gruppe an, er besitzt die Zusammensetzung C6 Hv2 06 und ist als ein secundärer, sechsatomiger Alkohol zu betrachten. Er erscheint in Krystallen, welche leicht in Wasser, nicht in Alkohol und Aether löslich sind. Das Taurin, dessen Eigenschaften und Krystalle im ersten Bande S. 287 angeführt sind, hat die Formel CH2XH,-CH, S0.2 OH Auch bezüglich der Milchsäuren, deren Formel CH2> CHOH- CO OH ist, muss auf den ersten Band S. 294 verwiesen werden. Die Bernsteinsäur e CO OH CH2 ■ CH, ■ CO OH, bildet Kry- stalle, welche in Wasser ziemlich leicht löslich sind, die Ameisen- säure CH 0 OH und die Essigsäure CHS • CO OH sind im ersten Band besprochen (S. 291 u. 292). — (31 — Die Beziehung dieser Stoffe zu den morphologischen Bestand- tlieilen der Gewebe und ihre quantitativen Verhältnisse sind noch fast völlig unbekannt. Quantitative Zusammensetzung der Zelle. Als Beispiel für die quantitative Zusammensetzung einer Zelle. die aus Cytoplasma und Kern besteht, sei eine Analyse der Eiter- körperchen von Hoppe-Seyler angeführt (23, S. 490). Derselbe fand in 100 Gewichtstheilen organischer Substanz der Eiterkörperchen : Eiweissstoffe . . . 13,762 Nuclei'n 34,257 Unlösliche Stoffe . . 20,566 Lecithin 1 I 14383 Fette { Cholesterin .... 7,400 Cerebrin 5,199 Extractstoffe . . . 4,433 In der Asche fand sich Kalium, Natrium, Eisen, Magnesium, Calcium, Phosphorsäure und Chlor. Veränderungen beim Tode der Zelle. Sobald der Tod der Zelle eingetreten ist, erfolgen chemische Veränderungen in derselben, welche zur Zersetzung einzelner Bestand- teile führen, selbst ohne Mitwirkung der Fäulniss. Es treten Fer- mente auf, welche das Grlyeogen und andere Kohlehydrate umwandeln, ferner beginnt eine spontane Zersetzung des Nuclerns, die sich durch chemische Analyse leicht nachweisen und quantitativ verfolgen l.:i>>t (20, VII S. 7 u. f.). Wenn die abgestorbenen Zellen der Einwirkung von alkalischen Körpertlüssigkeiten einige Zeit ausgesetzt bleiben, so tritt zuweilen die eigenthümliche Quellung des Nuclei'ns ein, welche man auch künstlich durch Kochsalzlösungen hervorrufen kann. Man erhält auf ex- perimentellem Wege aus dem Nuclei'n einen Schleim, so zähe, dass man ihn mit der Scheere zerschneiden muss, um ihn zu zertheilen. Ganz die- selbe Veränderung der Kernsubstmiz kann auch in dem Eiter eintreten, der einige Zeit innerhalb des Körpers, z. B. in der Brusthöhle an- gesammelt war, man hat diese Quellung des Eiternucle'ins fälschlich als schleimige Degeneration bezeichnet. Nach einiger Zeit sieht man auch wohl in der abgestorbenen Zelle oder in ihrer Umgebung Krystalle auftauchen, die meist aus Cholesterin und Fettsäuren bestehen, in Folge tiefer greifender Zer- setzungsprocesse bildet sieh zuweilen eine Ausscheidung von Leuein und Tyrosin. — DRITTES CAPITEL. Das Epithelgewebe. Allgemeines. 1) Das Epithelgewebe besteht ans mehr oder weniger stark dif- ferenzirten Zellen, die durch eine geringe Menge von Intercellular- snbstanz (Kittsubstanz) verbunden werden. 2) Das Epithelgewebe findet sich erstens als Oberflächenbeklei- dung. Es liegt daher an der äusseren Oberfläche des Körpers (Oberhautepithel , Epidermis) und an der inneren Oberfläche (Verdauungstractus , Respirationstractus , Canäle der Harn- und Ge- schlechtswege). Von diesen Flachem aus senkt sich das Epithel zweitens vielfach in die Tiefe oder tritt nach aussen hin vor, es bildet Fortsätze (innere und äussere) , die als Anhänge erscheinen wür- den, wenn es möglich wäre, die betreffende Oberflächenplatte mit ihnen von allem übrigem Gewebe zu befreien. Dieselben können von der Oberhaut als festere Horngebilcle abgehen: Haare, Federn, Stacheln, Borsten, Schuppen, Hörner etc., ferner Nägel, Klauen, Krallen, Hufe etc., oder als weichere haarähn- liche Bildungen, z. B. die Epithelfortsätze auf den Papulae filiformes der Zunge. Sie erscheinen ferner als sehr verschieden grosse und verschieden gestaltete mehr oder weniger massive Körper: Drüsen, welche durch hohle Gänge, die Ausführungsgänge, mit der Oberflächenschicht verbunden sind. — In einem nur ent- wicklungsgeschichtlich nachzuweisenden Zusammenhange steht das Sinnesepithel des Auges und Ohrs, sowie die Linse des Auges und das Epithel der H ö h 1 e n des Centrain er vensystem-s mit — 63 — dem die äussere Oberhaut bedeckenden. Auch diese Gebilde sind durch Einstülpungen und Faltungen entstanden. 3) Das Epithel sitzt stets auf einer bindegewebigen Grundlage auf, und wird von dieser aus ernährt. Dem- gemäss ist es immer gefässlos; doch können unter Umständen Blutgefässe von nur sehr wenig Bindegewebe begleitet weit in das- selbe vordringen, so in der Stria vascularis des Ohres und in der Stäbchen- und Zapfenschicht der Retina des Aals. Lymphströ- ni u n g e n linden sich indessen sicher in der Kittsubstanz zwischen den Zellen, welche letzteren auf diese Weise ihrem Stoffwechsel ge- nügen können. 4) Ein Zusammenhang der Epithelzellen mit Nerven- fasern ist zwar schon oft behauptet, indessen nur bei den Sinnes- epithelien bis jetzt in wenigen Fällen constatirt worden. Es ist daher auch noch durchaus nicht eine Hypothese als zu Recht be- stehend anzusehen , welche einen d i r e c t e n Einfluss des Nerven- systems auf den Stoffwechsel der Epithelzellen behauptet. 5) Sehr häufig ist die dem Bindegewebe zugewandte Seite der Epithelzellen anders beschaffen als die ihr abgewandte , beide zeichnen sich dann auch vor den seitlichen Theilen aus. Verschieden- heiten, die bedingt werden durch die jedesmaligen localen Verhältnisse, namentlich auch durch den vom Bindegewebe ausgehenden Ernährungs- strom. Daraufhin eine besondere Polarität der Epithelzelle anzu- nehmen (Hatschek), scheint mir überflüssig. 6) Das dem Bindegewebe zugewendete Ende der Zelle ist von diesem sehr häufig durch eine mehr oder weniger deutlich hervor- tretende homogene Schicht getrennt, welche sich auch in man- chen Fällen als eine besondere, mitunter recht feste, Haut darstellen lässt : die Basalmembran, B a s e m e n t m e m b r a n e , Mem- brana propria. Ob diese als Cuticularausscheidung von dem Epithel aus entsteht, oder ob sie als eine äusserste Schicht des Bindegewebes aufzufassen ist, darüber gehen die Ansichten noch vielfach auseinander, vielleicht ist bald dieses, bald jenes anzunehmen. — Dieselbe kann von Lymphgefässen und Nerven durchbrochen werden und bietet für die Ernährung kein Hinderniss. 7) In den Häuten, welche die Epithelzellen durch ihre Anein- anderlagerung bilden, den Epithelien, können sich noch folgende nicht epitheliale Formelemente finden: a) Elemente, die bleibend vorhanden sind, falls sie überhaupt an der betreffenden Stelle vorkommen : — 64 — Nervenendigungen: marklose Axencylinder , die zwischen den Zellen hinziehen nnd schliesslich frei endigen. Binde gewebszellen, zuerst eingewandert , dann fest- liegend, gewöhnlich von stark verästelter, sternförmiger Gestalt, häufig ihre Form verändernd bis zur einfachen Kugel. Dieselben enthalten sehr gewöhnlich Pigmente, welche sie eventuell auch an die Epithel- zellen abgeben, und so diese pigmentiren. b) Elemente, welche an den Stellen, an denen sie vorkommen, bald vorhanden sind, bald wieder fehlen: Lymphkörperchen, welche sehr verschiedene Formen zeigend theils zwischen, theils in den Epithelzellen liegen. Eventuell würden dieselben als Phagocyten zu betrachten sein. Nie htz ellige Bestan dt heile, welche von der freien Oberfläche her zwischen die Zellen treten, wie Fett, Quecksilber etc. Eintlieilung der Epithelien. Als unterscheidende Merkmale werden benutzt: die Form der Epithelzelle, die Art der Zusammenlagerung resp. Schichtung der Zellen, besondere Eigenthümlichkeiten der Zellen, sei es des Inhaltes, sei es einer Fläche. Die Form der Zelle. Die Form der jungen Epithelzelle ist wie die jeder jungen Zelle , die Kugel. Die localen Verhältnisse (Function, Lagerung) bedingen die aus dieser Grundform hervorgehen- den verschiedenen Formen der erwachsenen Zellen. Man unterscheidet von solchen hauptsächlich zwei Arten : die mehr platten bis kubischen Zellen, Pflasterepithel- zellen (die ganz platten auch Plattenepithel genannt); die mehr cylindrischen Zellen vom Kubus aufwärts, Cylin- derepithelzellen. Modificirt werden diese Formen nicht unwesentlich durch verschiedene Einflüsse : 1) Gegenseitiger Druck. Die Zellen sind weich, liegen eng an einander, eine jede wächst, neue Zellen schieben sich ein, so entsteht ein Kampf um den Platz: die Zellen drängen sich, platten sich gegen- seitig ab, wachsen in andere hinein; so bilden sich ausserordentlich verschiedene, mitunter sehr bizarre Formen. 65 — 2) Aufspeicherung von Klaffen. Zellen, welche bestimmte Stoffe produciren, können eine gewisse Menge derselben in ihrem Inneren anhäufen und in Folge der hiermit verbundenen Ausdehnung eine (;<■- staltsveränderung erleiden. 3) Spannungsverschiedenheiten. Zellen, welche hohle Organe (z. 15. Blase, Darm) als Oberflächenbekleidung überziehen, werden ganz verschiedenen Spannungsgraden ausgesetzt sein, je nachdem das Organ ausgedehnt oder zusammengezogen ist. Diese Veränderungen können so bedeutende werden, dass eine Cylinderzelle zu einer platten Zelle sieh umwandelt. 4i Grösse der Organe. Bei Zellen, welche zur Auskleidung von sich verästelnden und verfeinernden Röhren dienen, findet man häufig mit einer Abnahme des Durchmessers derselben eine Verrin- gerung der Höhe der Zellen verbunden, die so weit gehen kann, dass Cylinderzellen zu platten werden. So in Ausführungsgängen von Drüsen, in der Trachea und den Bronchien. Beweist das eben Mitgetheilte, dass die Form der Zelle für ihre locale Function häufig ziemlich gleichgültig ist, so zeigen andere Bei- spiele wieder, dass sie eine gewisse Bedeutung haben muss. So findet man, dass an manchen Stellen zwei Epithelarten mit ganz verschie- denen Formen in scharfer Grenze aneinander stossen (Oesophagus- Magen, Mastdarm- After etc.). Oder es liegt eine scharf begrenzte Epithelinsel von anders geformtem Epithel eingeschlossen (z. B. Stimm- bänder), oder es verdrängt mitunter beim Wachsthum des Individuums ein Epithel das andere (Pflasterepithel im Schlundkopf das cylindrische Flimmer epithel). Die Schichtung der Zellen. Bei dünnen Epithelüberzügen liegen die Zellen häufig in einer einzigen Schicht nebeneinander, das einschichtige Epithel, höchstens, dass junge Ersatzzellen in wechselnder Menge sich zwischen die unteren Enden der ausgewach- senen Epithelzellen einschieben. Finden sich solche junge Zellen in so grosser Menge , dass sie als eine eigene Schicht erscheinen , so können zwei Fälle eintreten : entweder die jungen Zellen liegen zwi- schen den verschmälerten Fussenden der ausgewachsenen eingeschaltet, das zweireihige Epithel, oder sie drängen die älteren Zellen von der Bindegewebsgrenze ab, so dass dieselben den Zusammen- hang mit dem Bindegewebe verlieren, das zweischichtige Epithel. Finden sich von jüngeren Zellen verschiedene Entwicklungsstadien in so grosser Menge vor, dass sie deutlich hervortreten, so entstehen, dem Vorigen entsprechend, das mehrreihige und das mehrschichtige 8 chieff erde ck er-Kos sei. \ — 66 — Epithel. Es ist natürlich, dass die zwei- und mehrreihigen Epi- thelien sich nur aus Cylinderzellen aufbauen werden, während bei den mehrschichtigen sowohl Pflasterepithelzellen wie Cylinderepithel- zellen zur Verwendung kommen können. Ein aus beiden Formen zusammengesetztes Epithel ist das gemischte oder Uebergangs- epithel. Ich habe noch zu bemerken, dass die mehrreihigen Epithelien bisher gewöhnlich auch als mehrschichtige bezeichnet worden sind. Besondere Eigenthimilichkeiten, Differenzirungen. Solche können sowohl das proximale und distale Ende der Zelle wie der Zellkörper zeigen. Das proximale Ende kann eine Stäbchenstructur besitzen, das distale kann offen sein, während die übrige Zelle von einer Membran umhüllt ist, es kann einen Cuticularsaum tragen, der eventuell wieder eine feinere Differenzirung besitzt, es kann ausserdem Protoplasma- fortsätze oder Härchen tragen etc. Der Zellleib kann bestimmte in ihm producirte Stoffe beherbergen oder er kann im Ganzen eine chemische Umwandlung erleiden, welche ihn selbst zerstört, für den Gesamnitorganismus aber von Nutzen ist (Drüsenzellen verschiedener Art, verhornte, verschleimte Zellen). Da, wie wir eben gesehen haben, die Form der Epithelzelle von mannigfachen mehr zufälligen Momenten beeinflusst wird, so werde ich sie nicht als Haupteintheilungsprincip benutzen, ebensowenig wie die Art der Schichtung, sondern als solches das Auftreten, die be- sondere Art und das Fehlen charakteristischer, sichtbarer Differen- ziriingen wählen. Es wird dabei unvermeidlich sein , dass manche Zellen mehrfach erwähnt werden, falls sie eben nach verschiedenen Richtungen differenzirt sind , ebenso , wie es natürlich nicht ausge- schlossen ist, dass bei weiterer Untersuchung sichtbare Differen- ziriingen auch an solchen Zellen gefunden werden können, welche hier als nicht differenzirt aufgeführt werden. Trotz dieser durch die Natur des Gegenstandes bedingten Schwierigkeiten und Mängel, er- scheint mir die gewählte Eintheilung rationeller und daher auch prak- tischer als die bisher gewöhnlich angenommene, welche im wesent- lichen auf der Form und Schichtung beruhte. (57 A. Hellere oder dunklere mehr oder weniger körnige Zellen ohne eine sichtbare charakteristische Differenzirung. 1) Einschichtiges plattes Pflasterepithel findet sich an den folgenden Stellen: BowMAN'sche Kapseln und enge Schleifenschenke] der Niere, Rete testis, Schaltstücke des Pankreas, feinste interlobnläre Gallengänge. Als Beispiel möge das den Grlomerulus überziehende Epithel der BowMAN'schen Kapsel dienen. Wie man sieht (Figur 20; liegen flache polygonale kernhaltige Zellen durch geringe Mengen einer Kitt- substanz verbunden nebeneinander. 2) Ein- Ms zweireihiges kuhisches Ms cylindrisches Epithel. Findet sich an folgen- den Stellen: in den Drüsengängen der Prostata (kubisches bis cylin- Bo-WMAN'sche Kapsel aus einer Kaninchenniere, versilbert und mit Carmin gefärbt. Die Epithel- zellen der Kapselwand (a) zeigen theilweise Kerne (a'). Copie n. LUDWIG. (STRICKERS Handbuch). Durchschnitt durch Kapsel und Glo- merulus aus der Niere eines Neuge- borenen, a = Epithel auf dem Grlo- merulus, b = Epithel auf der Kapsel- wand. Copie n. SENG (14, Bd. 64 H). drisches), Drüsen der Ampulle des Vas deferens, Samenblasen, Ductus ejaculatorii (einreihig (zylindrisch) , Sammelröhrchen der Niere (ein- reihiges, helles, kubisches bis cylindrisches Epithel I Schaltstücke der Niere (einreihig, kubisch, massig granulirK Tubuli recti (\r* Hodens (einreihig cylindrisch) , Schaltstücke der Ol. submaxillaris (kubisch, — 68 — starkgranulirt), grosse Ausführungsgänge der Speicheldrüsen incl. Pan- kreas (einreihig cylindrisch), mittlere und grössere interlobuläre Gallen- gänge (kubisch bis cylindrisch), Milchgänge der Mamma (einreihig cylin- drisch). Als Beispiel für den Bau eines zweireihigen Cylinderepithels möge das des Vas deferens dienen (Figur 21 und 22). Wie man erkennt, gehen die ausgewachsenen Zellen (bei a) vom Lumen bis zur Bindegewebs- grenze durch, während zwischen ihren verschmälerten Fussenden die Er- Vas deferens vom Menschen, Querschnitt, Epithel. Vergr. 388. a = ausgewachsene Zellen ; b = Ersatzzellen ; c = Bindegewebe der Mucosa. Vas deferens vom Menschen, Epithelzellen isolirt nach Behandlung mit MÜLLER' scher Flüssigkeit. Vergr. 525. Buchstaben wie in Eigur 21. satzzellen (bei b) sich befinden. Figur 22 zeigt die einzelnen Zellformen isolirt, man bemerkt, wie mannigfaltig die Grundform durch den gegen- seitigen Druck modificirt worden ist. 3) Einschichtiges Pflasterepithel his Cylinderepithel findet sich im inneren Ohr. 4) Das gemischte oder Uehergangsepithel. Ein ganz eigen- artiges Epithel , bei welchem die dem Bindegewebe zunächst auf- sitzende Hauptmasse aus einem Cylinderepithel mit sehr verschieden langen Zellen bestellt, zwischen denen kleinere mit mehr abgerundeten Köpfen sich in die Höhe schieben, um schliesslich ein oder zwei Lagen von kurzen, mehr breiten, oben abgerundeten Zellen zu bilden, die gleich einer Decke auf dem Cylinderepithel aufsitzen. Aus dem eben Gesagten geht schon hervor, dass die Mannigfaltigkeit der Zellformen bei dieser Epithelart eine sehr grosse sein wird. Ein Querschnitt (Figur 23) giebt von den Formen der Zellen keine Anschauung, lässt nur erkennen, wie sich dieselben im Wachsfhunisdrange durch einander schieben, namentlich, wenn man die Formen der isolirten Epithelzellen (Figur 24) dagegen hält. Bei a sieht man Zellen der tiefsten Schicht, zu denen vielleicht auch noch die bei b und c gehören, p, o, n, m, l, k stellen Cylinderzellen verschiedener Grösse dar, die theilweise keulenförmig erscheinen, i und f sind relativ lange Elemente der 69 Muc Epithel der menschlichen Harnblase, Querschnittsbild aus der contrahirten Blase. MÜXLER'sche Flüssigkeit, Alkohol, Celloidin, Alauncarmin. Vergr. 388. Big = Blutgefäss; Ep = Epithelschicht; Muc = Mucosa. Epithelzellen aus der Harnblase des Menschen, isolirt nach Behandlung mit MÜLLER'scher Flüssigkeit, in Wasser. Vergr. 525. a = kleine Basalzellen; b, c = kleine Zellen aus der Cylinderscliicht ; d, e = Zellen ebendaher, welche den grossen Deckzellen ähneln und viel- leicht zu solchen werden ; f , i = Deckzellen von der Seite ; g, h = Deckzellen von der Ober- fläche; k, 1. m, n, o, p = verschieden lange und verschieden geformte Zellen aus der Cylinderscliicht. — 70 — äussersten, resp. vorletzten Schicht, h und g mehr platte derartige, die sich dem entsprechend von ihrer oberen Seite her präsentiren; d imd e sind wahrscheinlich Zellen, welche noch zwischen den Cylinder- zellen gelegen, im Durchtritt nach oben begriffen sind. Bei dem starken Durcheinanderwachsen dieser verschiedenen Elemente findet man gerade in diesem Epithel Gelegenheit, die Wirkung des gegen- seitigen Drucks auf die Zellform zu studiren: scharfe Kanten, welche gleich Linien über die Zellen hinlaufen (c und *'), mannigfache Zacken und Ausläufer, stark verdünnte Partien der Zellen, welche Nischen oder Höhlungen in denselben umgeben (/, «', f). — Die Zellen der obersten Schichten lösen sich leicht ab, namentlich auch bald nach dem Tode, so dass dann an vielen Stellen die Cylinderschicht frei liegt. — Bei der ev. Ausdehnung des von diesem Epithel aus- gekleideten Organs verändern sich die Formen der einzelnen Zellen bis zur Unkenntlichkeit, indem dieselben zu relativ platten Gebilden werden (vergl. Harnblase). — Dieses Epithel, das beim Menschen und den höheren Säugethieren niemals Becherzellen aufweist (wohl aber bei Amphibien, Fischen), kommt beim Menschen vor in den ab- leitenden Harnwegen: Nierenkelehen, Nierenbecken, Ureteren, Blase, Anfang der männlichen Harnröhre (etwa bis zum Caput gallinaginis), mitunter auch im Anfange der weiblichen. B. Die Zellen zeigen eine Differenzirung. I. Differenzirung des ganzen Zellleibes. 1) Der Zellleifo zeigt eine charakteristische Formänderung. a) Das Linsenepithel. Dieses geht ursprünglich aus dem ge- schichteten Pflasterepithel der Oberhaut hervor, nimmt aber bei weiterer Ausbildung eine ganz eigenthümliche und charakteristische Form an, indem die in der hinteren Hälfte der Linse in einfacher Pteihe neben einander liegenden cylindrischen Zellen zu langen, faser- artigen, bandartig platten Gebilden auswachseii mit mehr, oder weniger stark gezähnelten Rändern, deren Zacken in einander greifen oder sich gegenüber stehen ohne sich jedoch zu berühren, da sie durch eine Schicht von Kittsubstanz getrennt sind. Figur 25 zeigt diese Anordnung auf einem meridional gelegten Schnitte, Figur 26 isolirte Zellen mit deutlichen Zacken. Die in der vorderen Linsenhälfte liegenden Zellen (vLJEp) sind kubisch, werden am Aequator (Aequ) cylindrisch und gehen so allmählich in die eben beschriebenen Fasern 71 über (Figur 25). Das gesammte Epithel ist von einer homogenen Basalmembran, der Linsenkapsel (Xe), umgeben (vergl. „Linse" unter „Sehorgan"). b) Die Stützsubstanz des Centralnervensystems , zu welcher auch die d;is Ilülileiisystem desselben auskleidenden Zellen (Epithel des Centralkanals , das Ependymaepithel der Grehirnventrikel und Epithel der Plexus chorioidei) geboren, geht ur- sprünglich aus einem einfachen Cy- linderepithel hervor (Spongiohlasten, His), dessen Zellen bei der weiteren t , gas KhLEp -Aequ ? €$<•-; -> V- Stück eines Meridionalschnittes durch d. Linse d. erwachsenen Men- schen. Vergr. 224. Aequ = Aequator ; h L Ep = hinteres Linsenepithel ; K h L Ep = Kerne des hinteren Linsenepithels ;Lc = Linsenkapsel ; vLEp = vorderes Linsenepithel. 26 Isolirte Fasern der Eischlinse (Cyprinus Carpio), bei a sieht man infolge einer plötz- lichen Unibiegung bei (*) die auf einander liegenden platten Zellen von der Kante. Vergr. 388. Entwicklung ganz speeifische und complicirte Formen annehmen (vergl. auch „Sinnesepithel" und wegen des Näheren „Nervengewebe"). 2) Das Protoplasma der Zelle zeigt Einlagerungen, (lauernd oder periodisch. a) Die Einlagerungen sind dauernd In einer Anzahl von Zellen findet sieh ein gefärbtes Pigment in Form von mehr rundlichen oder mehr länglich crystallähnlichen Körnchen eingelagert (Pigment- 72 epithel der Retina), in anderen ist das Pigment mehr diffus (pigmentirte Zellen der Oberhaut und der Haare). b) Die Einlagerungen sind periodisch. Hierzu gehören die meisten Drüsenzellen. Dieselben produciren aus der durch das Blut ihnen zugeführten Nahrung bestimmte Stoffe , welche , nachdem sie mehr oder weniger lange Zeit sich in der Zelle angehäuft haben, aus derselben austreten. Die Form dieser Zellen ist kubisch bis cylin- drisch, die Erscheinungsweise des in ihnen angehäuften Secrets ist sehr verschieden (Körnchen, mehr oder weniger grosse Bläschen), das Nähere wird bei der Beschreibung der einzelnen Drüsen ange- geben werden (vergl. auch weiter unten „Becherzellen"). Sind die Stoffe entfernt, so erscheint die Zelle wieder mehr oder weniger rein protoplasmatisch, es werden von Neuem Stoffe gebildet, und so fort. Ist es in manchen Fällen z. B. in manchen Schleimdrüsen auch wahr- scheinlich, dass die Zelle jedesmal bei der Secretion zu Grunde geht, so ist dies doch noch nicht sicher nachgewiesen und in den meisten Fällen bleibt die Zelle wohl erhalten, ohne dass man freilich über die Dauer ihres Lebens Bestimmteres aussagen könnte. 3) Die ganze Zelle wird so verändert, dass sie den Werth einer Zelle verliert. a) Die Zellen werden zu kernlosen hellen Platten. Eine solche Differenzirung zeigt sich in dem respiratorischen Epithel (Kölliker) der Lunge. Dasselbe ist ein einfaches Pflasterepithel (Figur 27 und 28), in welchem kleine protoplasmatische kernhal- tige Zellen eingestreut zwischen grossen hellen kernlosen Platten liegen, welche häufig noch durch 3£tr 27 Eungenalveolen mit respiratorischem Epithel von einem Hingerichteten , versilbert. Vergr. 200. Nach KÖLLIKER (36, N. E. XVI). Epithel der Begrenzungsränder von Lun- genalveolen mit Silber und Essigsäure. Von einem Hingerichteten. Vergr. 200. Nach KÖLLIKER (36, N. E. XV.T). — 73 — kürzere oder längere von der Grenze hereinziehende Linien Leicht zertheilt erscheinen. Den Uebergang zwischen diesen beiden Elementen bilden kleine helle kernlose Platten. Man nimmt an (Elenz, Fr. E. Schulze, Köllikee), dass die kernhaltigen Zellen sich zunächst in die kleinen kernlosen Plättchen umwandeln und dass diese dann zu grösseren Platten verschmelzen. b) Die Zellen verhornen. Dieser Fall findet sich in dem mehr- schichtigen Pflasterepithel, welches die Oberhaut (als Epidermis) und einige Schleimhäute überzieht. Die tiefste Schicht besteht aus mehr cylindrischen Elementen, dann folgen rundlich polygonale Zellen und auf diese plattere, im Querschnitt spindelförmige, welche noch weiter nach aussen in immer plattere Zellen übergehen, deren Kern rudimentär wird, resp. verschwindet. Hand in Hand mit dieser Umwandlung der Str com Str inuc Schnitt durch die Fersenhaut eines menschlichen Embryo von 5 Monaten, Alkohol, Celloidineinbettung, Hämatoxylin. Vergr. 388. C = Bindegewebe der Cutis; Str com = Stratum corneum; Str muc = Stratum mucosum. Form geht eine solche der chemischen Beschaffenheit, indem die Zellen verhornen, in Keratin umgewandelt werden. Das Nähere über diesen Process wird bei der Haut mitgetheilt werden, hier möge zur ersten Örientirung ein Schnitt durch embryonale Epidermis dienen, bei der die Schichtenzahl noch weit geringer ist wie später (Figur 29). Das Stratum mucosum (Str muc) umfasst die jüngeren Zellen, das Stratum corneum (Str com) die älteren verhornenden. Die feine Strichelung zwistdien den jugendlichen Zellen deutet feine protoplasmatische Fortsätze an, welche von den Zellen ausgehen, um sich mit denen benachbarter zu verbinden (Stachel- und Riffzellen, Näheres bei Haut). Die verhornten Zellen der äussersten Lage werden fortdauernd abgestossen und durch neue ersetzt. Die verhornten Schichten bilden eine für den Körper wichtige sehr widerstandsfähige Schicht. Dieses Epithel findet sieb : auf der gesammten Oberhaut (hier Epidermis genannt), woselbst aus ihm die Haare und Nägel hervorgehen, auf der Conjunctiva, Cornea, in den — 74 — Tliränenkanälclien, im äusseren Gehörgange, im knorpeligen Tlieile der Nase und dem unteren Ende des Thränennasenganges, in der Mund- höhle, dem grössten Theil des Pharynx, der Speiseröhre his zum Magen hin, auf den wahren Stimmbändern und sonst im Kehlkopf zerstreut (s. „Kehlkopf"), auf den äusseren weiblichen Genitalien, in der Scheide herauf bis zum Ende des Cervix uteri (die Grenze liegt hier verschie- den hoch), in der Fossa navicularis der männlichen Urethra, in der weiblichen Urethra, am After und im Rectum, soweit als die Columnae recti s. Morgagni gehen. In der Vaginalschleimhaut einiger Nager (Mus musculus L., Mus ratus L., Mus decumanus Pallas, Meriones Schavii Duvernoy, Cavia porcellus L., Lepus cuniculus) ist von Morau zusammenhängend mit den periodischen Veränderungen der inneren Genitalien eine Verschleimung nachgewiesen worden, welche darin besteht, dass nach Abstossung der äusseren Schichten die Zellen der tiefsten Schicht zu .Schleimzellen umgewandelt werden, worauf sich später das Epithel wieder vollständig regenerirt. Wahrscheinlich wird dieser Vorgang eine weitere Verbreitung haben (s. „Vagina"). c) Die Zellen verfetten. Diese Umwandlung findet sich in be- stimmten mehr oder weniger direct von dem Epithel der Oberhaut sich ableitenden Drüsen: den Talgdrüsen (Haarbalgdrüsen), Meibom- schen Drüsen, Milchdrüsen. Der ganze Zellleib wird, während der Kern zu Grunde geht, in eine Menge von feineren und gröberen Fett- tröpfchen umgewandelt. Entweder werden die so veränderten Zellen als solche aus der Drüse entleert oder sie zerfallen bereits in der- selben in die einzelnen Tröpfchen, welche dann mit einer Flüssigkeit gemischt das Drüsensecret bilden. d) Die Zellen verkalken. Dieser Vorgang findet sich bei dem S c h m e 1 z e p i t h e 1 (s. „Zähne"). Cylindrische Zellen werden durch Einlagerung bestimmter Kalksalze zu festen prismatischen Gebilden, welche einen zusammenhängenden Ueberzug über das Zahnbein bilden. IL Difterenzirung des proximalen Endes der Zelle. Der proximale Tlieil zeigt eine Stäbclienstructur: Stäb- chenepithel. In dem Protoplasma des proximalen Zellendes finden sich eine grössere Anzahl von stäbchenförmigen Gebilden, welche an der proximalen Grenze beginnend mehr oder weniger weit in das Protoplasma hineinragen. Je nach der Länge der Stäbchen bleibt ein grösserer oder geringerer Theil körnigen Protoplasmas an der 75 distalen Seite übrig, welcher auch den Kern einschliesst. Die Stäb- chen, die sieli in manchen Fällen Isolireu lassen, sind als durch eine Differenzirung des Protoplasmas entstanden anzusehen. Solche Zellen 30 31 Querschnitt durch Zellen aus dem Tubulus contortus Stäbchenepithel aus einem den Tubulus contor- der Eattenniere nach Isolirung mit mittelgrossen Ausführungs- tus einer Rattenniere, chromsaurem Ammoniak. Vergr. 440. gang der Gl. submaxillaris Vergr. 320. Die Protoplasmamassen sind hervor- des Hundes. Alkoholhärtung, gequollen, die Stäbchen theilweiseiso- Lithioncarmin , Pikrinsäure. lirt. Copie n. HEIDENHAIN (1, X). Vergr. 525. linden sieh in den gewundenen Harnkanälchen, in den breiten Schenkeln der HENLE'sehen Schleifen, sowie in den Drüsengängen mittleren Calibers (Speichelröhren, Pflüger) der Speicheldrüsen. Als Beispiel mögen Zellen aus beiderlei Organen dienen (Figur 30 und 31)'. III. Differenzirung des distalen Endes der Zelle. l) Die Zelle trägt an ihrem distalen Ende eine grössere Anzahl von feinen protoplasmatischen Fortsätzen. Ein der- artiges Epithel ist das Pigmentepithel der Retina, soweit dasselbe auf der Stäbchen- und Zapfenschicht aufruht. Die Zellen, welche, wie oben (p. 71) schon /^ilt^- erwähnt, ein geformtes Pigment enthalten, er- scheinen in der Flächenansicht polygonal, ge- wohnlich fünf- bis sechseckig (Figur :-!-?), von ,j'if;Ä .' ' '.-§■ der Seite gesehen (Figur 33) unterscheidet mlßm man deutlich einen proximalen helleren Theil, WsBÄ in welchem sich der Kern befindet, und einen distalen durch das Pigment dunkel erscheinen- den, aus welchem eine grössere Anzahl feiner und langer protoplasmatischer Fortsätze her- _. x x Pigmentepithel der Retina des Vorgeht, Welche Sich Zwischen die Stäbchen Menschen, versilbert. Ver- . . gr- 130. und Zapfen einschieben. Das Protoplasma der- selben hat, wie hier gleich bemerkt werden mag, die Fähigkeit, die Pigmentkörnchen fortzubewegen, so dass dieselben bald sämmtlich nur am Anfange der Fortsätze sich zusammengehäuft linden . bald •• 32 — 76 durch die ganzen Fortsätze bis an ihr äusserstes Ende hin vertheilt erscheinen. Der diese Bewegung auslösende Reiz ist das Licht (vergl. Figur 33 D und Z/, s. auch p. 36). 2) Die Zelle trägt an ihrem distalen Ende einen Besatz von feineren oder gröberen sich bewe- genden Härchen: Cilien; Geissein (eine oder wenige dickere), Wimpern, Flimmern: Flimmerepithel. Das bekannteste Beispiel einer Geissel- zelle beim Menschen und den höheren Thieren ist das Spermatosoin (s. „männ- dem Centrum der liehe Geschlechtsorgane"), bei Amphi- 33 Pigmentepithel aus ?rcci%d7eSpFhSeAbS!e %£#*£- feie«, Plagiostomen, Cyclostomen finden gur4aund3)L belichtet,/) im Dunkien. ih lh Zellen in manchen Ab- Hartnack IX Immers. schnitten der Niere. Als Beispiel einer Flimmer zelle mögen solche dienen , welche dem Darm von Anodonta entnommen sind (Figur 34). Wie man bemerkt, sitzen die feinen, langen, dicht zusammen- stehenden Härchen {Fl) auf dem oberen freien Ende der Zelle auf an einer Stelle, an der man eine Reihe von nebeneinander liegenden kleinen dunklen Pünktchen bemerkt, von denen jedes einem Härchen entspricht, die Knötchenzone(ii7;&v); oberhalb dieser durchbohren die Cilien einen etwas dunkler erscheinenden Saum ($), unterhalb derselben zieht sich eine feine Streifung mehr oder weniger weit in das Protoplasma des Zellleibes hin- ein, wie es scheint, als unmittelbare Fortsetzung der Cilien, die Streifen- zone {Stx). Nussbaum (1, XIV) ist es gelungen, bei den in Rede stehenden Zellen aus dieser Zone feine Stäbchen zu isoliren, welche die intracellulären Fortsetzungen der Cilien darstellen und bis zu den Knötchen hingehen. Nach den eingehenden Untersuchungen von Engelmann (6, XXIII, p. 505 ff.) lassen sich an dem Flimmerapparat die folgenden Ab- Flimmerepithelzellen aus dem Darm von Anodonta. Augenblickshärtung in Ueberosmiumsäure 0,5 %, in Wasser zerzupft. Vergr. 525. Fl = Flimmer- härchen; K = Kern; Knz = Knöt- chenzone (Fussstücke) ; S = Saum ; Stz = Streifenzone (Fadenapparat). 77 theilungen unterscheiden (Figur 35 j. Der Wimp erschaff (Wsch), »In- hier an seinem äussersten Ende ein kleines Knötchen trägt, das aber nur durch die Präparationsmethode entstanden ist. zeigt etwas über seinem unteren Ende eine längliche Anschwellung, den Bulbus (Figur 35 A B). Auf diesen folgt als ein sehr zartes kurzes Fäd- chen das Zwischenglied (Zg), welches in einem Knötchen, dem Fussstücke (Fst) endigt. Dieses ruht der Oberfläche des Zell- körpers unmittelbar auf und in diesen hinein geht von ihm ein Fäd- chen aus, die Wimperwurzel A B Wsch ( Ww), welche mehr oder weniger weit in den Zellleib eindringt und in Gemeinschaft mit den anderen den Fadenapparat darstellt. Diese einzelnen Abtheilungen unter- scheiden sich von einander durch ihre physikalischen Eigenschaften, indem sie theils stärker lichtbre- chend und dabei positiv doppel- brechend sind: Wimperschaft und Bulbus, theils schwach lichtbre- chend und einfach brechend: Zwi- schenglied, theils stark lichtbre- chend und einfach brechend : Fuss- stück, während die Wimperwurzel wieder deutlieh doppelbrechend ist (positiv einaxig, optische Axe zu- sammenfallend mit der Längsaxe, die Kraft der Doppelbrechung meist schwächer als die gleich dicker Muskelfibrillen, mitunter kaum geringer). Reagentien gegenüber, ' welche die Wimpern angreifen, sind die Fussstücke weit resistenter als jene, ohne jedoch die Widerstandsfähigkeit der echten Cuticulae zu er- reichen. — Die Zwischenglieder werden am leichtesten zerstört, und in ihnen reissen die Wimpern daher auch gewöhnlich ab. Auch Farbstoffen gegenüber verhalten sich die verschiedenen Abtheilungen verschieden. — Diese complicirte Structur lässt sich übrigens nach Engelmann nicht bei .-dien Zellen nachweisen, es scheint auch solche zu gehen. bei denen die Cilien unmittelbar dem Protoplasma aufsitzen. — Bei einer Anzahl von Zellen, namentlich wieder von Anodonta, gelang es Engelmann, zu sehen, dass, wie Figur 35 B es zeigt, der intracelluläre 35 Flimnierhärchen undFaden- apparat, Copie n. Engel- MA*TJ (6, XXTTI). Vergr. 1000. A. Stück einer Flim- merzelle aus der Nasenhöhle von Rana temporaria , 24, Stunden in MÜLLER'scher Flüssigkeit. B. Fadenappa- rat einer Flimmerzelle aus dem Darm von Anodonta, Kaliumbichromat4°/0, ziem- lich vollständig isolirt. B = Bulbus; Fst = Fussstück ; W seh = Wimperschaft ; Ww = Wimperwurzel ; Zg = Zwischenglied. — 78 — Fadenapparat sich konisch zuspitzt und in einen dünnen faserartigen Fortsatz ausgeht, der an dem Kerne vorbeiziehen und weiter unten in dem Zellkörper endigen kann. Mit bestimmten Reagentien (Kalium- bichromat 4°/0, Kochsalzlösung 10°/0) liess sich der ganze Faden- apparat aus der Zelle isoliren; Figur 35 B stellt ein so gewonnenes Präparat dar, bei dem noch der Kern und etwas Zellprotoplasma an dem Faserkegel haftet. Bei anderen Zellen liess sich ein solcher Konus nicht nachweisen und die Fäserchen endigten, wie das in Figur 35 A dargestellte Zellstück es zeigt und ebenso Figur 34, ober- halb des Kerns frei im Protoplasma. Was Säugethiere anlangt, so zeigten einige Flimmerzellen aus dem Trachealepithel des Kaninchens (24 Stunden in Drittelalkohol) eine zarte, parallele Längsstreifung im oberen Drittel der Zellen. Den Saum fasst Engelmann auf als entstanden durch die eng zusammenliegenden Bulbi. — Es ist ja nun möglich, dass diese oder auch vielleicht die Fussstücke resp. Knötchen einen zusammenhängenden Saum vortäuschen können, in- dessen scheint es mir, dass in vielen Fällen, vielleicht immer, wirk- lich noch eine homogene Masse, ein wirklicher Saum, zwischen den unteren Enden der Cilien existirt. Es sprechen hierfür auch jene Bilder, welche (vergl. Figur 40 d) den obersten, Cilien und Saum umfassenden Theil («") von der übrigen Zelle (ccr) gleich einem Deckel abgehoben zeigen; es muss hier doch eine zwischen den Cilien befindliche Masse vorhanden sein, welche dieselben fest zusammenhält und welche so starr ist, dass sie, wie die Figur erkennen lässt, an dem Saum der Nachbarzelle anhaftend, in der Lage bleibt. Die den Fadenapparat andeutende Streifenzone erkennt man an beiden Zellen der Figur. Der Saum muss durchsichtig sein, denn bei der Ansicht schräg von Epitheizeiien aus d. Pars oben kann er völlig unsichtbar werden (Figur 36 a'), wie die beistehende Figur zeigt. Allerdings ist hier der Saum nur sehr schmal (a). Der intracelluläre Fadenapparat würde als ein besonders differenzirter Theil des Protoplasmas (Cytomitoplasmas) aufzufassen sein, der sich natür- lich auch Reagentien gegenüber anders verhalten wird als das Uebrige, und eventuell sich von diesem isoliren kann. Aehnliche Difterenzirungen finden sich auch bei anderen, so bei den stäbchentragenden Darmepithelien (s. unten). In allen Fällen, welche respiratoria d. Nase vom Menschen. Vergr. 525. a = Mimmerzelle mit Saum und Andeutung des Eadenapparats ; a' = eb ensolche Zelle von oben gesehen , Eadenapparat und Saum nicht sichtbar ; b = Becherzelle ; c, d = Ersatzellen. — 79 ich bis jetzt gesehen habe, endigte die Streifimg oberhalb des Kerns (vergl. Figg. 34, .">(>a, 40d), doch ist es ja möglich, I> . Der Fadenapparat scheint sieh unter Umständen auch im Leben von dem übrigen Zell- körper trennen und sammt dem Wimperapparate selbständig werden zu können in Gestalt von kleinen rundlichen oder ovalen zellähnlichen Gebil- den, die mit lebhafter Wimperbewegung in dem auf der Epithelschicht befindlichen Schleime gefunden werden 's. die nächste Abtheilung). Die Cilien stehen auf der Oberfläche der Zelle mitunter in deut- lich erkennbaren Liniensystemen, für die meisten Zellen ist eine be- stimmte Anordnung- indessen noch nicht bekannt. Während des Lehens sind sie bei manchen Zellen periodisch, bei den meisten stetig in Bewegung und es bietet diese Erscheinung unter dem Mikroskope ein ebenso hübsches wie interessantes Bild dar. Die Art der Be- wegung ist für eine bestimmte Zelle eine constante, variirt aber bei den verschiedenen Zellen. 80 kann die Cilie in einer zur Oberfläche der Zelle senkrechten Ebene gleich einem starren Gebilde von einer bestimmten Gleichgewichtslage aus nach beiden Seiten hin und her schlagen, oder sie kann sich bei dieser Bewegung auch hakenförmig krümmen gleich einem Finger. Die Gleichgewichtslage weicht ge- wöhnlich von einer auf der Oberfläche der Zelle Senkrechten um einen bestimmten Winkel (20° und mehrj ab; nach der Richtung dieser Abweichung hin findet auch ein stärkerer Ausschlag der Cilie statt, so class, da alle auf der Zelle befindlichen Cilien gemeinsam wirken, die Zelle eine forttreibende Wirkung auf eine Flüssigkeit ausüben wird, die mit ihrer Oberfläche in Berührung kommt resp. auf Körperchen, die in dieser Flüssigkeit suspendirt sind. Kleiden solche Flimmerzellen ein Rohr aus, so wirken die Cilien gewöhnlich in der Richtung der Längsaxe desselben und befördern so Schleim, Staub, Zellen in demselben weiter. Es geschieht das um so leichter als die auf einander folgenden Zellen auch nach einander in die Be- wegung eintreten, so dass dieselbe sich fortsetzt gleich den Wiud- wellen in einem Kornfelde. Legt man ein Stückchen flimmernder Gaumenschleimhaut des Frosches lebend in Kochsalzlösung oder Jodserum auf einen Objectträger und auf die flimmernde Seite ein Deckglas, so wandert dieses oft über das Präparat hin und dreht man die Schleimhaut um, so marschirt dieselbe auf den Flimmer- füsschen unter dem Deckglase leicht hervor. Es ist die Bewegung der Cilien also eine recht kräftige. - - Die Wimpern mancher Zellen — 80 — zeigen eine andere Bewegungsform: die wellen- oder peitschenförmige. So bei den höheren Thieren die langen einfachen Fäden der Sper- matosomen. Durch ihre Bewegung fahren die letzteren gleich Fischen durch die Flüssigkeit hin, nur dass das vordere Ende dabei nicht in einer Linie sich bewegt, sondern, von geringem Gewichte im Ver- hältnisse zu dem langen Schwanzende, durch die Bewegungen dieses mit zu seitlichem Ausweichen veranlasst wird. Bei den Spermato- somen können auch längere Ruhepausen die Bewegung unterbrechen. — Aus dem Körper entnommen sterben die Zellen allmählich ab , und damit lässt auch zunächst die Geschwindigkeit der Flimmerbewegung nach, bis sie schliesslich aufhört. Wo das Auge zuerst nur einen flimmernden Saum sah (daher auch Flimmerbewegung), an dem über- haupt der Grund der Erscheinung des Flimmerns noch nicht erkenn- bar war, da unterscheidet man später allmählich eine feingestrichelte schwingende Masse, dann sieht man die einzelnen Cilien, bis die- selben schliesslich mehr starr werden, nur ab und zu noch zuckende Bewegungen ausführend, und endlich ganz still stehen. Die lang- samere Bewegung muss man benutzen, um die Bewegungsart zu studiren. — Leichte Temperatursteigerungen, Verdünnung des um- gebenden Mediums, geringe Einwirkung von Alkalien und Säuren wirken bis zu bestimmten Graden beschleunigend auf die Bewegung, in höheren Graden lähmend. — In welcher Beziehung der intra- celluläre Fadenapparat zu den Cilien steht, ist noch durchaus unklar; jedenfalls kann er nicht einfach die Rolle eines Motors für an sich starre Cilien bilden. Jeder Cilie muss also eine gewisse Bewegungs- fähigkeit innewohnen. Es würde diese Anschauung auch der von Nussbaum vertretenen Ansicht entsprechen. Derselbe fand, dass die grossen Cilien bei Infusorien und auch die in der Niere von Frosch, Petromyzon marinus, verschiedenen Rochen und Haien befindlichen sich aus einzelnen starreren Fädchen zusammensetzen, die durch eine , nach ihm protoplasmatische , Kittsubstanz zusammengehalten werden. Dieser letzteren sollte nun die Fähigkeit sich zu bewegen innewohnen , wie allgemein dem Protoplasma , und durch sie sollten dann wieder die mehr starren , elastischen Härchen bewegt werden. Für die Flimmerzellen höherer Thiere ist eine derartige Zusammen- setzung der Cilien bisher nicht nachgewiesen, aber möglich. Ballo- witz andererseits, der überall da, wo Fibrillen und Contractilität vorhanden sind, die letztere an die ersteren gebunden glaubt, würde die Stäbchen oder Fäserchen für das bewegende Moment halten müssen (vergl. p. 38). 81 37 Nebenhoden vom Menschen, Querschnitt, Epithel. Vergr. 388. a = ausgewachsene Zellen ; h = Ersatzzellen ; c = Mucosa. Das Flimmerepithel findet sich im menschlichen Körper unter sehr verschiedenen Zellformen, vom einfachen Pflasterepithel bis zum mehrreihigen Cylinderepithel. In Form von platten Zellen zeigt es sich auf dem Trommelfell (zusammen mit nicht flimmernden Zellen, wie es scheint) ; von platten bis kubischen Zellen in den kleineren und kleinsten Bronchien; ku- bisch bis cylindrisch in der Paukenhöhle; als ein- bis zweireihiges Cylinderepithel in den Tuben von den Fimbrien an, im Uterus (bis zum Cervix hin); deutlich zweireihig im Neben- hoden (von den Vasa efferentia an bis in die Cauda oder noch mehr oder weniger weit in das Vas deferens hinein). Das Epithel des letzteren (Figg. 37 und 38) ähnelt sehr dem des Vas deferens, in welches es ja auch über- geht (vergl. Figg. 21 und 22). Wie dort sind deutlieh zwei Reihen von Zellen zu unter- scheiden, von denen die kleinen, jungen (bei b) zwischen den Fuss- enden der ausgewachsenen (a) liegen. Als mehrreihiges Cylinderepithel findet es sich in der Pars respiratoria der Nase, in den Nebenhöhlen dieser, dem Thränennasen- gange, dem Thränensacke, dem der Nase benachbarten Theile des Pharynx, der Tuba Eustachii (Ohrtrompete), dem La- rynx (mit Ausnahme der wahren Stimm- bänder und sonst noch einiger Abschnitte und Inseln, s. „Kehlkopf"), der Trachea, den grösseren Bronchien (allmählicher Uebergang zu dem oben erwähnten Pflasterepithel der kleinsten Bronchien). Als Beispiel für das mehrreihige Cy- linder- resp. Flimmerepithel möge hier ^ das der Trachea dienen (Figg. 39 38 und 40, vergl. auch Fig. 36j. Wie man leicht erkennt, besteht dasselbe einmal ;ius ausgewachsenen grossen vom Lumen bis zur Bindegewebsgrenze durchgehenden Zellen, die theils an ihrem freien Ende Wimpern tragen («'), theils zu schleimhaltigen Drüsen- zellen (Becherzellen, s. unten) umgewandelt und oben offen sind (bj b'). Zwischen diesen liegen dann verschieden lange protoplas- Schieff erdecker-Kossel. (> Nebenhoden von Menschen, Epithel- zellen isolirt nach Behandlung mit MÜLLKK'scher Flüssigkeit. Vergr. 525. Buchstaben wie in Figur 37. — 82 — matiscke Zellen ohne Wimperbesatz, welche mehr oder weniger weit zwischen jene grossen sich hineinschieben (a1 und a3). Während diese umgekehrt kegelförmig sind und an ihrem spitzen Fussende häufig^sich theilen, sind die kürzeren Zellen («2) mehr Spindel- oder keulenförmig, und die ganz kleinen tiefst liegenden (a3) mehr rund- lich oder aufrecht konisch. In der Flächenansicht (Figur 40 Fl) em^ fes 1 Ep ElFx E1R 39 Theil eines Querschnitts einer menschlichen Trachea. MÜLLER'sche Flüssigkeit, Alkohol. Celloidineinbettung, Lithioncarmin, Pikrinsäure. Vergr. 388, A = Arterie ; B 1 = Capillaren ; Bm = Basalmembran; Bz = Becherzelle; El = elastische Haut der Arterie; Eli1 = elas- tische Easern ; E n d = Endothel der Arterie ; E p = Epithel ; M = Muskelhaut der Arterie ; V = Vene. erscheinen die oberen Enden der ausgewachsenen Flimmerzellen poly- gonal, ein Mosaik bildend, und dunkel gegenüber den hellen Aus- mündungen der Becherzellen (b), welche letzteren sich in sehr ver- schieden grosser Anzahl vorfinden. Endlich findet sich ein Flimmerbesatz noch auf jenen Stützzellen des Centralnervensystems, welche mit ihren distalen Enden das Höhlen- system (Centralkanal, Ventrikel) auskleiden, dem sogenannten Flimmer- 83 epithel des Centralkanals und dem Ependymaepithel. Der Flimmer- besatz entstellt liier im Laufe der Entwicklung, and verschwinde! theilweise wieder mit zunehmendem Alter, so in den (iehirnventrikeln. Als Beispiel möge ein Querschnitt durch das Ventrikelepithel der Fl b J W Traehealepithel des Menschen isolirt nach Behandlung mit MÜllp;r' scher Flüssigkeit. Vergr. 525. a1 = ausgewachsene Flimmerzellen ; a2 = mittellange junge Zellen ; a3 = kurze junge Zellen; b = Becherzellen mit kurzer Theka ; b1 = Becherzelle mit langer Theka, aus- geprägtem Netz und deutlicher Oeffnungscontur ; d = die oberen Enden zweier ausgewach- sener Flimmerzellen mit Streifenzone, bei «' der Zellkörper von «", dem Saum mit Flimmer- härchen, abgehoben; Fl = Flächenansicht des Epithels; darin b = Mündung von Becherzelleu. Katze dienen (Figur 41). Wie man sieht , liegt hier am Anfange der Wimpern wieder eine Knötchenzone, von dem Fadenapparate war nichts zu erkennen. Die proximalen Enden der Zellen verdünnen sich zu langen Fäden, welche weit in die Nervensubstanz hinein ziehen (s. „Nerven- gewebe"). 3) Das distale Ende der Zelle trägt einen Stäbchensaum. Derartiges Epithel findet sich im Darm von dem Pylorus an bis herab zu dem vom Anus her ein- dringenden verhornten Pflasterepithel, sowie SÄ53!LÄi221ÄrÄ in den vom Darme sich ableitenden Leber- gängen , dem Ductus choledochus , hepaticus , cysticus und in der Gallenblase. Der feinere Bau dieser /(dien gehört wieder wie der der Flimmer- zellen zu den schwierigsten LFntersuchungsobjecten und ist daher 6* 41 auch noch nicht sicher erkannt. Ich werde mich im Folgenden der Haupt- sache nach an Heidenhain (6 XLIII. Supplement) anschliessen. Wie die Figuren 42 und 43 es zeigen, sind die Epithelzellen , zwischen denen schleimerfüllte Zellen (Becherzellen, s. unten) liegen, von einem Saume über- zogen, der eine sehr feine, senkrecht zur Oberfläche der Zelle stehende, Streifung erkennen lässt. Derselbe scheint sich zusammenzusetzen aus zwei verschiedenen Elementen: einer homogenen Masse und fingerförmigen Fortsätzen des Zellprotoplasmas, die in diese Masse hineindringen können. Beide stammen von dem Zellproto- plasma ab, beide können verschwinden. Es folgen hieraus verschiedene Er- scheinungsweisen des Saumes : 1) Er kann ganz fehlen. 2) Er kann durchaus homogen erscheinen. 3) Er kann in einer homogenen Masse eine feine Streifung er- kennen lassen. 4) Er kann als eine Reihe feiner Stäbchen erscheinen, zwischen denen freie Spalträume liegen. A. Epithel mit Becherzellen aus dem dem Dünndarm des Hundes , Quer- schnittspräparat. Vergr. 525. a = Darmepithelzelle ; b = Becherzelle ; s = Stäbchensaum; Bgw = Binde- gewebsgrenze. B. Stähchensaum der Zellen des Dünndarmepithels vom Ka- ninchen nach Einführung von schwefel- saurer Magnesia in den Darm. ZEISS homog. Immers. lj^s. Oopie n. Heiden- HAIN (6. Bd. 43. Suppl.). Epithel von der Oberfläche des menschlichen Dickdarms , isolirt, MÜLLER'sche Flüssigkeit, Wasser. Vergr. 525. a, b, c = verschiedene Formen von Becher- zellen ; d, e, f = Epithelzellen mit Stäbchensaum. 85 A S? ' fl& am 44 A. Darmepithel des Hundes. Al- kohol, Hämatoxylin-Kali chronii- cum. Copie n. HEIDEXHAIX (6. Bd. 43. Suppl.). li. Oberes Ende und Saum einer Darmepithelzelle von Salamandra mac. nach Einwirkung 2procentiger Kochsalzlösung und Eixirung durch Osmiumsäure. Wie A. Figur 44 B stellt eine Epithelzelle dar, deren Saum homogene Substanz und darinliegende Stäbchen erkennen lässt, ein Bild wie es sehr häutig vorkommt. Figur 44 A giebt drei Zellen wieder, an denen man nicht nur sein* deutlich die freistehenden Stäbchen, sondern auch an jedem derselben unten eine Verdickung und ausserdem eine feine Längsstreifung des distalen Endes des Zell- leibes erkennt. Figur 42 B zeigt den Saum einer Reihe von Zellen: man erkennt sehr klar die frei hervorragenden Stäbchen und bemerkt, dass dieselben auf einer, der in der Mitte liegenden, Zelle weit niedriger sind als auf den anderen. Es ist diese Erscheinung oft zu beobachten, und kaum anders zu deuten, als dass die Stäbchen Fortsätze des Zellleibes sind und von diesem hervorgetrieben und wieder eingezogen wer- den können. Ist eine homogene Masse in dem Saume vorhanden, so scheint diese mit der der Nachbarzelle verkleben zu können, ganz ähnlich wie es bei den Flimmerzellen der Fall war. Es ist überhaupt unverkenn- bar, dass manche Aehnlichkeit zwischen den Darmepithelien und den Flimmerzellen besteht. Bei beiden findet sich eine homogene Saum- masse, bei beiden treten durch diese Fädchen resp. Stäbchen hindurch, welche eventuell unten Knötchen zeigen. Beide Zellarten lassen unter Umständen eine feine Streifung im äusseren Theile des Zellkörpers er- kennen. Andererseits treten die Stäbchen der Darmepithelien nie über den Saum hinaus, und zeigen, auch wenn sie freistehen, niemals Be- wegung , wenigstens jedenfalls keine flimmerartige , ferner sind die Knötchen bei denselben nur selten deutlich und jedenfalls wohl nicht so feste Gebilde wie bei den Wimpern , was schon deshalb nicht möglich ist, da sich die Stäbchen ja in die Zelle zurückziehen können, eine Eigentümlichkeit, die zugleich den dritten Unterschiedspunkt darstellt. Auch die Streifung im Aussentheile der Zelle erscheint nie so scharf und klar, wie bei den Flimmerzellen, woraus man wohl schliessen kann, dass die Differenzirung hier nicht so weit gegangen ist wie bei jenen. Immerhin niiiss dieselbe indessen stark genug sein, um sich gegen den übrigen Zellkörper scharf abzusetzen, denn es zeigt sich, dass der obere den Saum tragende und eventuell die Streifung aufweisende Zellabschnitt sich von dem übrigen Theile der 86 — 45 Abgeschnürte resp. sich abschnürende äussere Theile von : A. "Wimperzellen , Copie n. Schmidt , B. Darrn- epithelien, Copie n. HEIDENHAIN. Zelle völlig abschnüren kann, wie ich das schon als bei den Flimnier- zellen vorkommend oben (p. 79) erwähnte. Figur 45 stellt bei A derartige Härchenzellen aus Flimmerepithel dar. Dieselben finden sich in grösserer Menge , wenn die Epithelien gereizt sind , so bei Katarrhen, Aufträufelung von Osmiumsäure oder bei subcutaner In- jection von Pilocarpin, doch fehlen sie auch normalen Epithelien keines- wegs (E. Neumann, C. Schmidt -Heidenhain). Die Härchen zeigen lebhafte Bewegung. Die A B eine Zelle ist von oben ge- sehen, hat daher allseitig Härchen, die nebenstehende im Profil, und die anderen beiden zeigen Abschnü- rungserscheinungen an ab- gestossenen Flimmerzellen, die mehr oval geworden sind. Figur 45 B stellt ent- sprechende Zellen vom Darmepithel des Kanin- chens dar, nach Injection von schwefelsaurer Magnesia in den Darm (Heidenhain). Die Härchen dieser Zellen bewegen sich nicht, geradesowenig wie die Stäbchen des Darmepithels, aus dem sie hervorgegangen sind. Es behalten also diese merkwürdigen kleinen Gebilde die Haupteigenschaften der Zellen, aus denen sie hervorgehen. Beide jiellarten sind nur im Leben fähig, solche Haarzellen zu erzeugen, nach dem Tode kann man durch Ein- wirkung von Reagentien dieselben nicht erhalten, es sind also sicher keine durch solche erzeugte Kunstproducte. Die Stäbchenzellen sind wahrscheinlich membranlos ebenso wie auch sicher die sich abschnürenden Haarzellen. Im Momente der Berührung mit Reagentien, z. B. schon mit Wasser, kann sich indessen eine Mederschlagsmembrau bilden und ev. bei Quellung sich blasen- förmig abheben. Eine solche Erscheinung tritt namentlich leicht an dem distalen Ende ein. Das Epithel in den oben genannten Organen ist einreihig (vergl. Figur 42 und 43). Die Form der Fussenden wechselt, häufig finden sich dieselben spitz zulaufend unter die benachbarten Zellen herunter- geschoben, so dass eine Art dachziegelförmiger Deckung zu Stande kommt (Figur 43 f). — 87 — 4) Das distale Ende zeigt einen bei der Secretion auf- tretenden Saum kurzer Härchen : Bürstenbesatz, Bürstenepi- thel (Tornier). In den Lieberkühn' sehen Drüsen des Darms, in den Fundusdrüsen des Magens (Belegzellen) und in den Tubulis con- tortis der Niere (im letzteren Fall«' sind die Zellen zugleich Stäbchen- epithel, auf den Stäbchenepithelien der dicken BENLE'schen Schleifen- sclienkel fehlen die Bürstenbesätze) finden sieh während der Secretion mehr oder weniger deutliehe Besätze von feinen Härchen oder Stäbchen, die während der Ruhe verschwinden. Die Härchen zeigen niemals Bewegung. Figur 46 lässt in a sehr deut- liche Härchen, in b nur mehr das Bild eines a gestrichelten Saumes erkennen, vielleicht ist k..^— - : '0^. ■^ff\^; die Deutlichkeit proportional der Lebhaftig- V ■ '; - :^jj___ keit der »Secretion '. 5) Das distale Ende der Zelle trägt eine mehr oder weniger dicke vielleicht noch weiter differenzirte Cuticula. Ein b , derartiges Epithel mit einer wahrscheinlich v^jt ' einfachen Lage von platten Pflasterzellen bis ^-itiJi.'---- Cylinderzellen findet sich in den Schweiss- ™* Bürsteuepitliel aus der Kanin- drüsen, Axeldriisen, Ohrenschmalzdrüsen und chenmere während der Secre- .. j-iiT-ii i tion. a. Bürstenbesatz gross. (Jircumanaldrusen. Das distale Ende der t>. Bürstenbesatz ähnlich einem „ ., ... rt . , /TT , gestrichelten Saum. Vergr. 550. Zelle zeigt eine Cuticula (Heynoldj, an wel- copie n. tornier (i, xxvii). eher Kölliker eine deutliche Längsstrichelung oder Kerbung, wie wenn sie von Porenkanälchen durchzogen wäre, erkannt hat. Der Zellleib enthält ausserdem wie die meisten Drüsen- zellen mehr oder weniger deutlich hervortretende Abscheidungsproducte. Die Cuticula findet sich stark ausgeprägt (Heynold) auch auf der inneren Lage der Zellen der Ausführungsgänge. ') Gesehen und abgebildet ist der Bürstenbesatz zuerst von A'ersox (1871 , Stricker's Handbuch p. 406) aus den LrEBERKÜHN'schen Drüsen, doch hielt Versox den Besatz für identisch mit dem Saum der Darmepi- thclien; in der Niere des Frosches hat NUSSBAUM (6. 1878 p. 587 Amn.i das Bürstenepithel zuerst beschrieben und als dem secermrenden Theüe zukom- mend erkannt, sowie von dem Flimmerepithel getrennt. In der Mäuseniere hat es dann Klein (Quarterly journ. microsc. science 1881 p. 231) gesehen, später Marchand mit Lebedeef (8, Bd. 91, p. 2(57; in der Hunde- und Menschenniere, weiter Corxil und Braui/t und Langhans (8, Bd. 99, p. 227 . An Magendrüsen sah es Heidenhain, worauf Tornier die genannten Drüsen weiter untersuchte und feststellte, dass der Bürstenbesatz nur während der Secretion vorhanden ist (1, XXVII, 1886, p. 181 ff.). — 88 Sz- Stz'' Schema eines Sinn esepith eis. L = Limitans ; N = Nerv ; S E = Sinnes- epithel; Stz = Stützzellen; Sz = Sinneszellen. 6) Es sind zwei Zellarten gemischt: das distale Ende der einen trägt eine Cuticula, das der anderen einen cuticularen Aufsatz in Form von Härchen, Stift- L chen, Stäbchen, Zapfen. Ein derartiges Epithel findet sich den letzten Enden der Nerven aufsitzend in dem Gesichts-, Ge- hör-, Geruchs- und Geschmacksorgan und wird daher als Sinnesepithel bezeich- net. Diejenigen Zellen, welche die einfache Cuticula abscheiden, werden Stützzellen genannt (Stz Figur 47), die anderen Sinneszellen (Sz), da man annimmt, dass sie mit den Nerven in Zusammenhang stehen und den Sinneseindruck vermitteln. Die von den Stützzellen ausgeschiedene Cuticula hängt mit der der benachbarten Zellen zusammen, so dass eine dünne, aber ziemlich feste, zusammenhängende Membran entsteht, die Mem- brana limitans oder einfach Limitans (X), welche von den Sinnes- _ zellen durchbohrt wird, da- B Rz her netzförmig resp. siebartig ist und deshalb auch mit- unter Membrana reticu- laris genannt wird. Das einzige Sinnesorgan, bei dem dieselbe noch zweifelhaft ist, ist das Geschmacksorgan. Neben dem in Figur 47 ge- gebenen Schema mögen die Zellen der Geruchsschleim- haut (Figur 48) als Beispiel dienen. Der allgemeine Ty- pus der Sinneszellen (hier Rz = Riechzellen), welcher hier auch hervortritt, ist der einer sehr zarten, mehr lang- gestreckt spindelförmigen Zelle , deren Anschwellung bedingt ist durch den relativ grossen Kern. Das distale Ende ist dabei gewöhnlich dicker als das proximale , welches häufig faden- Aus dem Geruchsepithel des Menschen , Isolations" Präparat (fec. V. BRUNN). A. einige mehr zusammen- hängende Zellen. B. zwei Kiechzellen und eine Basal- zelle isolirt. Vergr. 525. L = Limitans ; Bz = Ba- salzelle; B.z = Biechzelle ; Stz = Stützzelle; a = Zelle mit verklebten, b = solche mit freien Härchen. 89 förmig erscheint. Die Stützzellen sind dagegen relativ starke Gebilde (in der Retina allerdings auch recht zart). Mitunter linden sich noch, dicht an der Bindegewebsgrenze anliegend, kleinere Zellen, Basal- zellen (B %) , deren Bedeutung- noch unbekannt ist. Mitunter, so bei dem Riechepithel, tragen auch die Stützzellen Cuticularaufsätze, welche über die Limitans hervorragen (s. Figur). Die Retina, welche im principiellen Bau durchaus mit dem Obigen übereinstimmt, unterscheidet sich doch insofern, als sie einen modifi- cirten Theil des Centralnervensystems darstellt, ihr Sinnesepithel da- her dem Ventrikelepithel entspricht. 7) Die Zelle ist sin dem distalen Ende offen. Derartige Zellen sind stets Drüsenzellen und enthalten ein Secret, welches ver- möge seiner eigenthümlichen Beschaffenheit mehr plötzlich in grösserer Menge entleert wird und durch die Zellmembran, welche die übrige Zelle einhüllt , nicht hindurchzutreten vermag. Das Secret enthält meistens oder immer Schleim, die betreffenden Zellen befinden sich daher entweder in den Schleimdrüsen oder sie liegen allein zwischen anderen Epithelzellen, heissen dann ihrer Form entsprechend Becherzellen und stellen einzellige Drüsen dar. Die- selben finden sich in den verschieden- sten Epithelien: Pflasterepithel, Cylin- derepithel , Uebergangsepithel , beim Menschen allerdings nur im Cylinder- epithel. Figur 49 A zeigt drei im Darm- epithel des Hundes liegende Becher- zellen (ö), Figur 50 isolirte aus dem Darm des Menschen. An jeder Becher- zelle sind zu unterscheiden: ein unterer protoplasmatischer Theil, in welchem der Kern liegt , der F u s s , und ein oberer , welcher das aufgespeicherte Secret enthält, die Thekä. Die Zelle ist von einer Membran umgeben, welche an dem distalen Ende eine mehr oder weniger grosse Oeflnung besitzt. der dift'erenzirte Theil der Zelle wird durch das aufgespeicherte Secret bauchig ausgedehnt und bewirkt so die Aehnlichkeit mit einem Becher oder Weinglase. Das Verhältniss der Grösse und die Form des B \\\ik~'- 49 ^•l. Epithel mit Becherzellen aus dem Dünndarm des Hundes , Querschnitts- präparat Vergr. 525. a = Darniepithel- zelle ; b = Becherzelle ; s = Stäbchen- saum; Bgw = Bindegewebsgrenze. B. Stäbchensaum der Zellen des Dünn- darmepithels vom Kaninchen nach Ein- führung von schwefelsaurer Magnesia in den Darm. ZEISS liomog. Immers. 1\1S. Copie n. HEIDKNHAlX (G. Bd. 43. Suppl.). — 90 — Fusses und der Theka sind sehr verschieden (vergl. die Figuren 36, 39, 40, 49, 50, 51). So leicht das bisher Mitgetheilte zu sehen ist, so schwierig ist es doch, die Fragen zu entscheiden, in welcher Weise das Secret EpithelzeUen von der Oberfläche des menschlichen Dickdarms , MÜLLER'sche Flüssigkeit, Wasser. Vergr. 525. a, b, c = Becherzellen ; d, e. f = Epithel- zellen mit Stäbchensaum. in der Zelle entsteht, was aus der Zelle nach Ausstossung des Secrets wird, ob die Zelle eine spezifische Drüsenzelle ist, oder sich aus einer gewöhnlichen Epithelzelle hervor- und eventuell wieder in eine solche zurückbildet. Endlich ist es auch noch durchaus nicht sicher, ob alle Zellen dieser Art an den sehr verschiedenen Orten ihres Vorkommens einander gleichwerthig sind; vielleicht existiren da ganz scharfe principielle Unterschiede, durch welche dann auch die „oft diametral entgegenstehenden An- sichten der Forscher erklärt werden, denn die ungemein grosse Anzahl von Arbeiten, die über diese Gebilde ver- öffentlicht sind, haben bis jetzt nur das Resultat gehabt, die Frage sehr ver- wickelt erscheinen zu lassen. Was nun zunächst die Bildung des Secrets anlangt, so scheint das- selbe in dem dazu bestimmten äusseren Becherzellen aus dem Gaumenepithel einer erwachsenen Salamandra mac. Zellabschnitte in Form VOn kleinen KÖril- a. nach 24 stündigem Aufenthalt in Os- ., •_ .. „ . . . miumdampf (Ueberosmiumsäurelösung dien Oder 1 rOplcheil 111 dem Protoplasma 2%), Wasser, b. Augenblickshärtung . . . ,. in ueberosmiumsäure v2 °'0 , Wasser, zu entstehen, resp. in diesem ausge- schieden und abgelagert zu werden. Figur 51 stellt zwei Becherzellen aus der Graumenschleimhaut einer erwachsenen Salamandra maculosa dar. Die Zelle bei a ist durch Zerzupfung eines Stackes dieser Schleimhaut gewonnen, das 24 Stun- — 91 — den in dem Dampfe einer 2procentigen Osmiumsäure (nach Langley) gehärtet und dann in Wasser gebracht war. Man sieht deutlich, dass der Zellkörper in zwei Theile zerfällt: einen feinkörnig protoplasma- tischen, der den grossen Kern (nebst deutlichem Kernkörperchen and Theilen des Karyomitoms) umhüllt, und einen andern äusseren, der ganz von kleinen Bläschen durchsetzt ist. Am obersten Ende bemerkt man eine leichte Zuspitzung der Zelle, deren äusserster Tlieil sich ziemlich scharf absetzt: das Ende, welches die Ausmündung der Theka trägt und zwischen den übrigen Epithelialzellen resp. deren Saum an die Oberfläche des Epithels vorragt. Zwischen den Secretbläschen liegt Substanz des Zellleibes, die indessen nicht mehr mit dem ur- sprünglichen Protoplasma identisch zu sein braucht, sondern durch den Secretionsvorgang ebenfalls umgeändert sein kann. — Die Zelle bei b entspricht durchaus der vorigen, nur ist sie von einem Stücke Schleimhaut gewonnen, das nur ganz kurze Zeit in Osmiumlösung von '/., ö/0 und dann in Wasser gelegen hat. Wie man bemerkt, ist diese Zelle weit grösser als die vorige, sieht weit heller aus, zeigt ein feines Netzwerk und dazwischen helle breite Maschen. Oben findet sich dasselbe abgesetzte Mündungsende, unten ein etwas platt aussehender Kern wiederum von feinkörnigem Protoplasma umgeben. Die Ver- schiedenheit im Aussehen dieser beiden Zellen lässt sich ohne Schwierig- keit durch die Annahme erklären, dass die Secrettröpfchen aus einer wasserhaltigen quellungsfähigen Substanz bestehen. Bei der Anwen- dung des Osmiumdampfes ist der Schleimhaut, wofür auch ihr makro- skopisches Aussehen spricht, etwas Wasser entzogen worden, es ist eine leichte Schrumpfung eingetreten, bei der zweiten Methode ist im Gegentheile Wasser aufgenommen worden, es ist eine Quellung ent- standen. Vielleicht ist auch die Abplattung des Kerns in b auf den Druck der quellenden Masse zurückzuführen. Das Netz in b stellt wieder den Rest des veränderten Protoplasmas dar. Sehr häutig sind die Netzbalken in der Mitte des Grundes stärker als sonst (s. Figur). Aus dem Mitgetheilten folgt erstens, dass die Becherzellen sehr leicht veränderliche Gebilde sind, die bei Anwendung verschiedener Reagentien ein ganz verschiedenes Aussehen zeigen können, ein Moment, das für die Deutung der Resultate verschiedener Untersucher sehr wichtig ist, zweitens, dass man je nach dem Grade der Umwandlung des Zell- protoplasmas in das Secret sehr verschiedene Bilder erhalten kann : 1) ein Netzwerk mit verschieden dicken Balken ; 2) eine Anzahl von Körnchen, wenn das Netz durch weitere Ver- dünnung schliesslich zerfällt ; — 92 — 3) eine homogene Masse, wenn Netz und Körnchen nicht mehr vorhanden sind, sondern alles in die nun zusammenfliessenden Secret- bläschen umgewandelt worden ist. In der That kommen alle diese Formen zur Beobachtung. Von mir, List und Anderen sind sehr deutliche Netze beschrieben worden, welche man mehr oder weniger gut auch auf den Figuren 36, 40, 50, 51b erkennt, von Paneth noch ganz neuerdings Körnchen, die noch weiter Neigung zum Zerfliessen zeigen, um so ganz in die homo- gene Masse aufzugehen (Figur 49 A, die beiden rechtsgelegenen Zellen) und endlich ist vielfach ein homogener Thekainhalt gesehen worden und jeden Augenblick leicht zu sehen, wie ihn die Figur 49 A, Zelle links, und Figur 39 darstellen. (Man vergleiche dieserhalb auch das Capitel über die Speicheldrüsen.) — Es ist sehr wahrscheinlich, und die verschiedenen Befunde sprechen durchaus dafür, dass das Secret der Becherzellen an verschiedenen Stellen des Körpers und bei ver- schiedenen Thieren verschieden ist. Auch ist es natürlich nicht noth- wendig, dass es immer mucinhaltig ist, obwohl es das meist zu sein scheint. — Bei einem bestimmten Grade der Umwandlung, vielleicht bei der Anhäufung einer bestimmten Menge, vielleicht auch bei be- stimmten Einwirkungen von Aussen her, tritt das Secret aus der Oeffnung der Theka heraus. Behandelt man Darmepithel des Men- schen, Hundes etc. mit Wasser oder dünnen Salzlösungen, so quellen Schleimpfröpfe hervor. Was die zweite Frage anlangt , ob die Becherzelle eine speci fische Drüse nzelle sei oder ob sie aus den Epithel- zellen, zwischen denen sie liegt, sich einfach umbilde, so ist es zunächst sicher, dass der letztere Fall vorkommt: Das Epithel der Magenschleimhaut (Fi- gur 52), ein einreihiges Cylinderepithel, wandelt sich zweifellos direct in Becher- zellen um, und von den Zellen im Darm- Oberflächenepithel des Magens vom H , . Schwein, vergr. 525. a = proto- und 1 rachealepithel ist eine solche L m- plasmatische Cylinderzellen ; b = ... , , , , Becherzeilen. Wandlung zum mindesten auch sehr wahr- scheinlich. Sie würde in diesen Fällen viel- leicht als eine Altersmetamorphose aufzufassen sein, der distale Theil des Zellleibes würde Secret produciren, resp. sich in den später als Secret entleerten Stoff umwandeln, der Flimmersaum oder der Stäbchen- saum würden abgestossen werden, während sich die Zelle mit einer Membran uingiebt und so würde die Becherzelle fertig- sein. Die in den — 93 — Schleimdrüsen liegenden derartigen Zellen (als Beispiel diene Figur 53) sind dagegen sicher speeitische Drüsenzellen und es ist mir wahrschein- lich, dass auch die in der Froscli- und Krötenblase vorkommenden solche sind. Die dritte Frage, was wird aus der B e c h e r z e 1 1 e nach Ausstossung des Secretes, hängt mit der vorigen zu- sammen. Entwickelt sich die Drüsenzelle aus der gewöhnlichen Epi- thelzelle, so kann sie sich entweder wieder in eine solche znriickbilden, (»der sie wird ausgestossen und geht zu Grunde. Beides ist behauptet Schleinihaltige Drüsenzellen aus einer Gl. lingualis des Hundes. Isolirt in MÜLLER'scker Flüssigkeit. Vergr. 480. K = Kern; 0 = Oeffnung der Zelle. Copie n. SCHIEFFERDECKER (1, XXIII). worden, und ich möchte mich für das Letztere entscheiden. Ist die Drüsenzelle speeifischer Natur, so können ebenfalls die beiden ge- nannten Fälle eintreten, doch spricht das Verhalten der Zellen in den Schleimdrüsen im Ganzen mehr dafür, dass die Zellen im Stande sind wieder protoplasmatisch zu werden und von Neuem Secret zu bilden. Wie oft dieser Process sich wiederholen kann, ist freilich unbekannt, und es ist auch wahrscheinlich, dass darin Unterschiede zwischen den einzelnen Drüsen existiren. Becherzellen kommen im menschlichen Körper vor : im Epithel des Respirationstractus (Pars respiratoria der Nase nebst Nebenhöhlen, Kehlkopf [soweit Cylinderepithel] , Trachea, Bronchien bis herab zu den kleinsten echten Bronchien von 0,4 bis 0,5 mm [Kölliker] ), im Epithel des Magens, des Dünn- und Dickdarms, der LiEBERKÜH>f sehen Drüsen, des Ductus choledochus, cysticus, hepaticus, der Gallenblase, in der Tuba Eustachii und in der Paukenhöhle. Ganz entsprechende Zellen, die aber nicht als Becherzellen bezeichnet werden, bilden das die Schleimdrüsen und schleimbereitenden Speicheldrüsen zusammen- setzende Epithel. — 94 Aus Epithelzellen gebildete Organe. Ausser den im Vorstehenden beschriebenen meist mehr häutigen und die Oberflächen deckenden Bildungen entstehen, gewöhnlich durch eigenartige Zusammenlagerung der Epithelzellen, aus diesen noch die folgenden Organe : 1) Die Drüsen. 2) Die Haare und Nägel. welche wir ihrer allgemeinen Beschaffenheit nach hier an- schliessend zu besprechen haben. I. Die Drüsen. Eine Drüse besteht aus einer oder mehreren Epithelzellen, welche in sich bestimmte Stoffe produciren. Bei diesem Process wird ent- weder der ganze Zellleib aufgebraucht, so dass die Zelle zu Grunde geht, oder es wird nur ein Theil desselben verändert, so dass nach Ausscheidung der Producte dieselbe Zelle von Neuem ihre Thätigkeit beginnen kann. Die Abscheidung der Stoffe erfolgt in den Drüsenraum, das Drüsenlumen. Das zu der Bildung der Stoffe nöthige Material wird der Drüsenzelle von den Blutgefässen geliefert: die Drüse n- zelle ist daher stets ganz oder zu einem Theil einge- schaltet zwischen Blutgefäss und Drüsenraum. Je nach der Anzahl der die Drüse zusammensetzenden Zellen unterscheidet man: die einzelligen und die mehrzelligen Drüsen. A) Die einzelligen Drüsen, sie bestehen aus einer Drüsen- zelle, die beim Menschen immer zwischen anderen Epithelzellen liegt. Wir haben dieselben schon oben (p.89ff.) als „Becherzellen" besprochen. B) Die mehrzelligen Drüsen. Bei diesen schliesst eine aus den Drüsenzellen bestehende Schicht als Drüsenwand einen Hohl- raum , den Drüsenraum, das Drüsenlumen, ein ; das Ganze bildet den Drüsenkörper, welcher im Bindegewebe eingebettet liegt. Zwischen der äusseren Fläche der Drüsenwand und dem Binde- gewebe liegt sehr häufig eine mehr oder weniger structurlose Haut, Membrana propria, deren Abstammung — ob vom Epithel oder Bindegewebe — noch zweifelhaft und vielleicht in verschiedenen Fällen verschieden ist. Nach Innen von derselben können sich glatte Muskelfasern finden (Schweissdrüsen). — 95 — Das Bindegewebe umgiebt die Drüse und tritt bei verästelten Drüsen zwischen die einzelnen Abtheilungen derselben, dasselbe führt die Blutgefässe, Lymphgefässe und Nerven, eventuell linden Bich darin auch Muskeln, die eine bestimmte Wirkung auf die Drüse auszuüben vermögen. Die in dem Drüsenraum angesammelten Secretstoffe werden meistens durch einen besonderen Ausführungsgang, der sich durch ein andersartiges Epithel auszeichnet, auf eine Epitheloberfläche hingeleitet. Die Kraft, durch welche das Drüsensecret herausgetrieben wird, ist zunächst eine Vis a tergo, bewirkt durch das neu producirte Secret. Bei dem Austreiben derselben aus der Zelle wirkt vielleicht das Zellprotoplasma activ mit. Hierzu kommen dann noch unter Umständen besondere Vorrichtungen, welche von aussen auf die Drüsenwand wirken. 1) Der Drüsenkörper ist in ein festes Gewebe eingebettet, wel- ches nur eine bestimmte Ausdehnung des Drüsenkörpers gestattet (Lage der MEiBOii'schen Drüsen in der festen Tarsalplatte). 2) Die Zellen des Ausführungsganges tragen theilweise Flimmern (kleine Schleimdrüsen des Respirationstractus). 3) Die Drüsenwand ist direct von Muskeln umgeben fSchweiss- drüsen), oder es liegen Muskeln in dem umgebenden Bindegewebe eingebettet (Drüsen des Magens und Darms, Talgdrüsen — Arrec- tores pilorum). Für die Formunterschiede der Drüsen bestimmend ist die Gestalt, des Drüsenraumes1. Wir finden zwei Grundformen desselben: •den unten abgerundet endigenden Cylinder und die Kugel, resp. das Ovoid. Demgemäss wird die Drüse erscheinen: 1) als ein annähernd cy lind ris eher Blind schlauch, Tubulus (= cylindrischer »Schlauch): schlauchförmige oder tubulöse Drüse, 2) als eine mehr kugelige oder o v a 1 e Blase, A 1 v e u s (== bauchiger Schlauch): b 1 ä s c h e nf ör mige oder alveoläre Drüse. Beide werden durch einen Ausführungsgang, der unter Umständen sehr kurz sein, bei den tubulösen Drüsen mitunter auch ganz fehlen kann, mit der Epitheloberfläche verbunden. 1) Ich schliesse mich im Folgenden zum T heile der von Flkmminc, gegebenen Drüseneintheilung an. — 96 — Ob die Form der Drüse in einem bestimmten Verhältniss zu der Bedeutung derselben steht, ist noch nicht sicher zu sagen. Es scheint, dass Drüsen, welche ein relativ flüssiges Secret besitzen, das sich nicht in grossen Mengen im Drüsenlumen anzuhäufen braucht, die tubulöse Form besitzen, während solche, bei denen das Secret eine dickere schwerer bewegliche Masse bildet (Talgdrüsen, MEiBOM'sche Drüsen) mehr die alveoläre Form haben, und dass diese wieder um so mehr der tubulösen sich nähert, je flüssiger das Secret wird (Milchdrüse) 5 endlich scheint eine ausgeprägte Bläschenform bei solchen Drüsen vorzukommen, bei denen das Secret im Lumen sich bis zum Moment des Gebrauchs in grösserer Menge anhäufen soll (Hautdrüsen der Amphibien). Es würde demnach die Form der Drüse als eine functionelle Anpassung zu betrachten sein. Soll sich die einfache Drüse vergrössern, um mehr Secret zu liefern, so verlängert sich entweder der Tubulus, um sich schliess- lich, falls es im Bindegewebe an Raum mangelt, aufzurollen: Knäueldrüsen, der Alveus vergrössert sich, oder es tritt eine Verästelung des Tubulus resp. Alveus ein : aus der einfachen u 11 verästelten entsteht die einfache verästelte Drüse. G e- nügt auch dieses noch nicht, so vereinigen sich mehrere einfach ver- ästelte Drüsen durch gemeinsame Einmündung ihrer Ausführungsgänge in einen Hauptausführungsgang zu einer zusammengesetzten Drüse. Nennen wir in einer solchen jede Abtheilung, welche einer ein- fachen, verästelten Drüse entspricht, eine Endgruppe, so wird sich die Gesammtmasse der Drüse zusammensetzen aus den Endgruppen, den eventuell aus diesen wiederum gebildeten Gruppen erster Ord- nung (Läppchen, Lobuli), eventuell noch weiter aus solchen sich wieder zusammensetzenden Gruppen zweiter Ordnung (Lappen, Lobi) und den den verschiedenen Gruppen entsprechenden Ausführungs- gängen verschiedener Ordnung, welche das von den einzelnen Ab- theilungen gelieferte Secret dem Hauptausführungsgange zuführen. — Ueberall wird nun zwischen die Drüsentheile Bindegewebe eindringen und dieselben zu einem Ganzen, der makroskopischen Drüse, verbinden. Je grösser die Abtheilungen sind, um so dicker sind durchschnittlich auch die eingeschobenen Bindegewebssepta, wodurch die Uebersicht über die Zusammensetzung der Drüse erleichtert wird, indem ein mehr oder weniger stark ausgeprägter lappiger Bau entsteht. Sehr zart wird demgemäss das intertubuläre oder interalveo- läre Bindegewebe sein, massiger das zwischen den Läppchen, Lobuli, befindliche interlobuläre Bindegewebe, noch stärker das zwischen -.17 den Lappen, Lobi, liegende Lnterlobäre. Dem entsprechend ver- halten sich auch die in diesen Bindegewebssepten verlaufenden Blut- gefässe, Lymphgefässe, Nerven. Nach dem eben Gesagten können wir für die Drüsen des mensch- lichen Körpers das auf nächster Seite stellende Uebersichtsschema aufstellen. Wie man sieht, überwiegen die tubulösen Drüsen die alveolären bedeutend an Zahl. Einige Abbildungen mögen die Drüsenformen versinnbildlichen. A. Tubulöse Drüsen. Einfache unverästelte tubulöse Drüse (A. la). Beispiel: eine LiEi5EiiKÜHN'sclie Drüse aus dem Darme des Menschen (Figur 54). ad Schema einer tubulösen Endgruppe. Copie nach FLEMJI1NG (7, 1888). LlEüEHKÜHN'sche Drüse aus dem Darm des Men- schen. Beispiel einer ein- lachen tubulösen Drüse. C. n. Flemming (7, 1888). c 56 Unterer Theil einer Pylorus- drüse des Menschen , schw. Vergr. Endgruppe aus einer Parotis des Pferdes, der Drüsenraum mit einer erstarrenden Masse injicirt. a = Injectionsmasse aus dem Ausführungsgang des Läppchens , dieselbe theilt sich gleich dem Aus- führungsgange in zwei neue den Endgruppen zugehörige Theile. Bei b die eine End- gruppe ausgezeichnet. Copie n. FLEMMING (7, 1888). Einfache verästelte tubulöse Drüse (A. 1 ß). Schema in Figur 55. Beispiel: 1) Selbständige Drüse: eine Pylorusdrüse des Menschen (Figur 56) : ein einfacher Drüsenschlauch theilt sich in mehrere Aeste. 2) Endgruppe einer zusammengesetzten Drüse: aus der Parotis des Pferdes (Figur 57). Zusammengesetzte tubulöse Drüse (A. IT). Als Beispiel sei das Schema eines Läppchens gegeben, zusammengesetzt aus einer S chief f erdecker-Kossel. 7 98 ÖN Ö: co CO £3 CD a <— ' CO CO crq j: O (0 so (fq CD h-j *Ö CD CD o CD c+- a 93 ^öa"^9393BB H M £stg- 3 ® B: P CO B st &o K B _ co q c+ B g H CD 2 ct> co QP5 C ■ a £: g a a m b- s CD SS 53 CO [j. OK? CD Pj CD i-j B:B CO CD tei P22 CT1 CD EL1"* ä cn? co jr a ir1 <-+. CD C CD et- CD co öa 2 s^ sr p -• ^ CD >-i a ?? Hg cn? cd o^ I. II 5 £.b cv co 2 CD B- 7 ss y na B B a cd SS gj; B > 8S O S £«*a a^ M co ST* £s CD 2. ä: a i cd a ^ f s a cj" CD 9= a a a 1 co a B" P3- CO E3- CT4 CD so - a ~ £ 2.o *.Z.'tä a:a§ "> DO &S« SS B: S" g as CD ^ tdtr1 o B cd ^ a- CD 5=3 g. t-i ~ Jy 93 CD a: e^o" » M. P* CD CO CD ss j+ a 2- CD a W CB os" öS- a:a S ü s.B • sf c! B < CD O et « B as CD sr 93: Li co 5^ rt" . XLIII. Supplement, p. 1"> ff.), wenn man in eine isolirte Darmschlinge des lebenden Hundes, Kaninchens, .Meer- schweinchens eine 10 bis 20 procentige Lösung' von schwefelsaurer .Mau nesia injicirt, nach einer Einwirkung von 15 Minuten die Flüssigkeit ent- leert und untersucht. Fixirt man ein derartig behandeltes Darmstück in Sublimat, so kann man die Zellen auch auf »Schnitten sehen. Injicirt man mittels einer PiiAVAz'schen Spritze 2 bis 3 Tropfen einer 2 procen- tigen Osmiumsäurelösung in eine leere Schlinge eines Kaninchen- oder Meerschweinchendarmes, so erhält man die Zellen auf der Schleimhaut in der Umgebung der Aetzstellen. 11) Stäbchenepithel. Man fixire lebend frische Stückchen der Rinden- substanz einer Niere und untersuche sehr feine ev. gefärbte Schnitte in schwächer lichtbrechenden Flüssigkeiten, doch treten die Stäbchen auch in Balsam schon ziemlich deutlich hervor. An isolirten Zellen sieht man die- selben nach Maceration in öprocentiger Lösung von neutralem chromsaurem Ammoniak. — Man fixire Stückchen einer frischen Gl. submaxillaris oder des Pankreas und untersuche an feinen ev. gefärbten Schnitten, die Quer- und Längsansichten der mittleren Ausführungsgänge. 12) Bürsten epithel. Man fixire Stückchen von ganz frischem Darm, Magen, von frischer Niere (besonders günstig die des Huhnes n. Heidenhain) in Kochsalz-Sublimat oder Alkohol-Sublimat oder Alkohol und untersuche sehr feine Schnitte, ev. gefärbt (z. B. mit Hämatoxylin-Kalium chromicum n. Heidenhain). VIERTES CAPITEL. Morphologie des Muskelgewebes; Bau der Muskeln. Allgemeines. Die Definition des Muskelgewebes ist zunächst eine physiologische: die Muskelzellen besitzen die Fähigkeit, sich auf einen gegebenen Reiz nach einer bestimmten Richtimg hin zu verkürzen, sich zu contrahiren. Die Folge der Contraction der Zellen ist die Contraction des aus ihnen sich aufbauenden Organs: des Muskels. In Folge dieser spe- cifischen Function sind indessen die Muskelzellen auch morphologisch so weit differenzirt worden, dass man sie in sehr vielen Fällen wenig- stens direct unter dem Mikroskop als solche erkennen kann. Besonders charakteristisch ist eine Differenzirung von Fibrillen in dem Proto- plasma, welche allerdings noch nicht für alle Muskelzellen nachgewiesen worden ist. Diese Fibrillen sind entweder ihrer ganzen Länge nach gleichartig, oder selbst wieder so differenzirt, dass sie in regel- mässig aufeinander folgende optisch verschiedene Abtheilungen zer- fallen, wodurch bei ihrer normalen Lagerung in der Muskelzelle der Anschein einer Querstreifung dieser letzteren bewirkt wird. Da dieses Aussehen ganz charakteristisch ist, und da auch die physiologische Wirkungsweise der quergestreiften Zellen eine wesentlich andere ist, so theilen wir die Zellen des Muskelgewebes in zwei Haupt- gruppen ein, in die der glatten und die der quergestreiften Muskelzellen. Eine weitere Verschiedenheit wird noch bedingt durch die Anzahl der in einer Muskelzelle enthaltenen Kerne: die 10.-) glatten sind heim Menschen einkernig, während die quer- gestreiften ein-, zwei- und vielkernig sind. Ihrem Werthe nach stehen die glatten, welche keine Fibrillen erkennen lassen, am tiefsten, dann folgen die glatten lilirillenfiili- renden, dann die quergestreiften einkernigen, endlich die vielkernigen, welche nun wiederum noch je nach <\fv Menge und Anordnung der in ihnen enthaltenen Fibrillen verschieden hochstehend erscheinen. Ihrer Wirkungs- weise entsprechend ist die Tonn der Muskelzellen im Allgemeinen eine mehr langgestreckte f'aserförmige, daher: Muskelfasern, kurz und stumpf erscheinen die Zellen unter Umständen dann, wenn sie sich zu einem Muskel- netz verbinden (Herzmuskel). I. Die glatten Muskelzellen (glatte Muskelfasern, contractile oder muskulöse Faserzellen [Kölliker]). A) Form, Beschaffenheit, Grösse. Die glatte Muskelzelle ist gewöhnlich spindelförmig, bei grösserer Länge faserähnlich (Figur 62), sie besitzt keine Membran und hat glatte Conturen (betreffs der Kannelirung der äusseren Oberfläche siehe unten), welche nur in Folge von Behandlung mit wasserentziehenden Reagentien eine durch Schrumpfung entstandene Zähnelung zeigen (Figur 62 b). Die spitz auslaufenden Enden der Fasern theilen sich mitunter gabelförmig (Figur 63). In ihrer Mitte liegt ein lang ovaler, häu- fig direct „stäbchenför- miger" Kern (Figur 64, vergl. auch die Figuren 65 und 70 a), welcher ein, zwei oder mehrere Kernkörperchen und ein mehr oder weniger gut Zwei glatte Muskelzellen aus dem Froschinagen durch 33proceutige Kalilauge isolirt. Vergr. 500. a) mit glatten Conturen , b) in Folge von Schrumpfung leicht gezackt, einmal umgeschlagen, nur die halbe Zelle gezeichnet. Gegabeltes Ende einer glatten Muskelzelle aus dem Froschma- gen durch Salpe- tersäure isolirt. Vergr. 500. 64 Die mittleren kernhal- tigen Theile zweier glatter Muskelzellen. Aus einem Querschnitt des Froschdarmes. Alkuhnl, Alauncariuin. Vergr. 525. — 106 — 1 | il iiiii II "! I1'] i ,> ,j!;'j';:| 't'i 1 1 •■<> M ; ,141,1 Pf 1 il 1 ' !f !:i! i lll li 1 >f 1 1 li i ! | ;i| 111111 65 Stück eines Längsschnittes durch die Muscularis externa des Katzendarms. Chrom- OSl cai ra niui •mir v. ] Ke nessi . N 3ARF rne. ac U "1 äure , I h einem ] aTH. Eib fergr. 10( Ol \ri dl] )0. ax- pa- en, m 66 Stück eines Querschnittes der Muscularis externa des Katzendarms. Chromos- miumessigsäure , Boraxcar- min. Nach einem Präparat von BARFURTH. Kerne, Fi- brillen im Querschnitt, Brücken zwischen den Quer- schnitten der Muskelzellen als Ausdruck der Kanne- lirung der Oberfläche der- selben. Bei a eine Lücke. Vergr. 1000. ausgebildetes Kernnetz erkennen lässt. Bei Anwendung von wasserentziehenden Reagentien liegt häufig der geschrumpfte Kern in einer Höhle des Protoplasmas (Figur 62). Auf dem Querschnitt erscheint der Zellleib durch die gegenseitige Abplattung der eng aneinander liegenden Zellen polygonal und häufig nach einer Richtung hin verlängert , so dass die Muskelzelle dann im Ganzen mehr abgeplattet, bandförmig sein würde (vergl. die Figuren 66 und 67). Das Zellprotoplasma sieht entweder mehr homogen, resp. feinkörnig aus oder lässt eine grosse Anzahl feiner, der Länge nach die Zelle durchsetzender cylindrischer Fäserchen, Fibrillen, erkennen, welche durch eine mehr homogen erscheinende Masse, Sarkoplasma, mit einander verbunden werden (Figuren 65 und 66). Wie der Querschnitt zeigt, liegen dieselben regelmässig durch die Zellen zerstreut. Solche fibrillenführenden Muskelzellen sind bis jetzt schon an recht verschiedenen Stellen nach- gewiesen worden (im Vas deferens des Men- schen, an manchen Zügen von Gefässmuskulatur aus der Nähe desselben, am Darm von Säuge- thieren und vom Frosch, an Blutgefässen ver- schiedener Art, ferner bei Wirbellosen), so dass es wohl wahrscheinlich ist , dass alle glatten Muskelzellen Fibrillen enthalten werden. Nach den spitzen Enden der Zelle zu nehmen die Fi- brillen an Menge ab, indem sie der Reihe nach am Rande aufhören (Engelmann). Ihr Licht- brechungsvermögen ist so stark, dass die Grenzen der Zellen kaum zwischen ihnen zu bemerken sind (Engelmann), wie das auch Figur 65 zeigt. Im polarisirten Licht erweist sich die Muskel- zelle als positiv einaxig doppelbrechend, die Axe parallel der Längsaxe der Zelle (vergl. Bd. I p. 246 und 248). Was die Grösse der glatten Muskelzellen beim Menschen anlangt, so haben dieselben nach — 107 — Kölliker im Durchschnitt eine Länge von 100 bis 200 fa <-i n«- Breite von 4 bis 6 fi. Als Extreme führt derselbe auf: < 1 i »* kürzesten Muskel- zellen der Aortenwand mit 22 bis 45 fi Länge und !» bis 13 fi Breite, die dabei ganz platt sind, und Fasern des Uterus gravidus, des Vas deferens und der Darmwand, die 500 bis 560 ;i in der Länge und an den beiden erstgenannten Organen bis zu 22 fi in der Breite messen und mehr spindelförmig- sind. Gang. B) Zusammenlagerung und Organbildung. Kommen glatte Muskelzellen mitunter auch mehr vereinzelt im Bindegewebe eingelagert vor, so sind dieselben doch mei- stens mit einander zu Bündeln, Häuten etc. verbunden. Es liegt dann zwischen den Fasern eine heller erscheinende , weniger stark lichtbrechende Kitts üb- st anz (Figur 67), welche in- dessen nur auf dem Querschnitt deutlich hervortritt, auf dem Längsschnitt sieht man die Gren- zen der einzelnen Muskelfasern nur schwach angedeutet. Bei sehr schonender Fixirung des Gewebes (Kultschizky , Biol. Centralbl. VII. p. 572; Chrom- osmiumessigsäure, Barfurth) er- kennt man bei starker Vergrösse- rung deutlich (vergl. Figur 66), dass eine grössere Anzahl von sehr feinen Brücken vorhan- den ist , welche , ähnlich wie bei den Stachel- und Riffzellen der Epidermis, die benachbarten Muskelzellen mit einander in Verbindung setzen. Da dieselben aber nur auf dem Querschnitt sichtbar sind (vergl. auch Figur 65), so muss man annehmen, dass die Oberfläche der Zellen feinkannelirt ist. Die vorspringenden Kanten entsprechen einander bei den benachbarten Zellen genau an Zahl und müssen durch eine ausserordentlich geringe Menge einer Kittsubstanz, die bis jetzt noch nicht gesehen worden ist, mit einander verbunden sein, da die Zellen fest aneinander haften und in Folge der Einwirkung bestimmter Reagentien (Kali- und Natronlauge, Salpetersäure), von denen man 67 Stück eines Längsschnitts durch die Muscularis externa des Katzendarms : Längs* und Ring- muskelschicht , in der letzteren ein zwei Bündel trennender Zug von Bindegewehe mit einem Blut- gefäss, welcher aus der intermuskulären Binde- gewebsschicht aufsteigt, in der hei Gang ein Stück eines zum AUERBACH'schen Plexus gehö- renden GangUons liegt. K = Kern. MÜLLER'sche Flüssigkeit, Alkohol, Alauncarmin. Vergr. 500. — 108 — auch sonst weiss, dass sie Kittsubstanzen auflösen, leicht von einander zu isoliren sind. Ein sehr klares Bild der betreffenden Verhältnisse gewähren namentlich auch solche Stellen der Präparate, an denen in Folge einer Schrumpfung eine Lücke zwischen benachbarten Zellen entstanden ist (vergl. Figur 66 bei a). Diese Bilder lehren zugleich, dass bei einem Präparat, wie es Figur 67 darstellt, eine stärkere Veränderung und Schrumpfung eingetreten ist. Was für eine Sub- stanz in den durch die Kannelirimg gebildeten feinen Röhrchen sich befindet, ob hier Lymphströme hinziehen oder ob sie von einer festeren Kittsubstanz ausgefüllt werden, ist noch unbekannt, wenngleich für die erstere Annahme eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht. Der ziemlich feste Zusammenhang, welchen die Muskelfasern unter ein- ander besitzen, würde durch die über ihre ganze Länge hinlaufenden Verbindungen genügend erklärt werden. Ob zusammenliegende Muskel- zellen stets in der eben beschriebenen Weise mit einander verbunden sind, ist noch nicht nachgewiesen, aber wohl als wahrscheinlich an- zunehmen. Durch ihre Zusammenlagerung bilden die glatten Muskelzellen theils Muskelbündel, welche sich eventuell durch Aeste mit be- nachbarten verbinden und so ein Muskelnetz entstehen lassen können, theils Muskelplatten und Muskelhäute, in denen häufig wieder eine Zusammensetzung aus Bündeln unverkennbar ist, so dass sie eventuell auch als ein sehr enges Muskelnetz oder als ein von Muskelbündeln gebildeter Muskelfilz aufgefasst werden können. Ein Beispiel eines sehr schönen relativ weitläufigen Muskelnetzes finden wir in der Harnblase des Frosches. Figur 68 stellt ein Stück daraus dar ohne die übrigen Gewebe, welche sonst noch die Wand der Blase zusammensetzen, zu berücksichtigen. Man erkennt deutlich die fein- streifigen, mit stäbchenförmigen Kernen versehenen Bündel, deren zahl- reiche Abzweigungen mit benachbarten anastomosiren. Als Beispiel des Baues einer Muskelhaut möge Figur 69 dienen, welche einen Schnitt durch die Darmmuskulatur der Katze darstellt. Wie es sehr häufig bei Muskelplatten der Fall ist, welche Hohlorgane umgeben, so stehen auch hier die Axen der Muskelzellen in den auf- einander liegenden Häuten senkrecht zu einander. Beide sind getrennt durch Bindegewebe, welches die Gefässe und Nerven führt und Fortsätze in das Innere der Häute hineinsendet, die eine Zusammen- setzung derselben aus Muskelbündeln andeuten. In diesen selbst liegen reiche Capillarnetze, welche mit langen, der Axe der Zellen parallelen Maschen dieselben umgeben und von den im Bindegewebe befindlichen L09 Netzförmig angeordnete Bündel glatter Muskelzellen aus der ausgedehnten Froschblase. Alkohol, Eosin-Dahlia. Nur die Muskelbündel gezeichnet. Schwache "V ergrösserung. Blutgefässen ausgehen. Ganz ähn- lich verhalten sich die L y m p h - ge fasse. Was die Nerven anlangt, so bilden die markhaltigen Fa- sern mehrfache Plexus, vermeh- ren sich durch Theilungen und werden marklos. Die marklosen Fasern bilden häufig weitere Ple- xus, bis sie als feinste Fäserehen zu den Muskelzellen hinziehen und sich mit diesen in der Nähe des Kerns ( Löwit) verbinden. Aller- dings ist diese Art der Endigung noch nicht als sicher zu betrach- ten, immerhin aber wahrschein- licher als die von Frankenhäuser und Arnold angenommenen Be- ziehungen der Nervenfasern zu ( -^m. Gang. Iv 69 Stück eines Längsschnitts durch die Muscularis externa des Katzendarms : Längs- und Ring ruuskelschicht. in der letzteren ein zwei Bündel trennender Zug vmi Lindegew ehe mit einem Blut- gefäss, welcher aus der interniuskulären Binde- gewebsschicht aufsteigt, in der bei Gang ein Stück eines zum AUERBACH'schen Plexus gehö- renden Ganglions liegt. K=Kern. M l jXLER'sohe Flüssigkeit, Alkohol, Alaunearmin. Vergr. f><>n lein Kern, resp. dem Kernkürperrlieii. — 110 — C) Entwickelung, Regeneration, Hypertrophie. Bei der ersten Entwickelung entstehen die Muskelfasern durch Auswachsen rundlicher Zellen. Ihrer Abstammung nach lassen sich unterscheiden: mesodermale Muskelzellen — die meisten, ektodermale Muskelzellen — in den Knäueldrüsen (Kölliker), entodermale Muskelzellen in den Lungen von Säugethierembryonen an den primitiven Bronchien (Stieda, Kölliker). Sie vermehren sich durch Karyokinese, wobei die Theilungsebene senkrecht zur Axe der Faser steht und in der Mitte durchschneidet. Auf diese Weise werden auch Defecte ersetzt, die durch Verwundungen entstanden sind (Stelling und Pfitzner, Experimente am Magen von Triton 1, XXVIII und Busachi, Med. Centralbl. 1887 Nr. 7 an der Muskulatur des Darms, der Prostata, Blase, des Uterus von Säugern). Figur 70 a bis f stellt die am häufigsten zur Beobachtung kommenden 70 Glatte Muskelzelle in mitotischer Theilung; die am häufigsten sichtbaren Stadien. Aus der Magenwand von Triton taeniatus. Copie nach Stilljng nnd PFITZNEK (1, XXVIII). a) ruhender Kern mit Kernnetz und mehreren Kernkörperchen, b) dichter Knäuel, c) lockerer Knäuel, d) Mutterstern, e> Tochtersterne, fj Tochterkerne , Ein- schnürung des Zellleibes. Stadien der Mitosen dar, wie sie bei jugendlichen Thieren (z. B. in der Darmmuskulatur) oder bei Verheilung von Wunden leicht zu sehen sind. — 111 — Bei «lein starken Waclisthum des schwangeren Uterus findet eine starke Vergrösserung der einzelnen Muskelzellen statt, welcher eine sehr schnelle Verkleinerung nach der Geburt entspricht, so dass die- selben schon drei WocImii nach der letzteren wieder dieselbe Länge zeigen wie im jungfräulichen Uterus (Kölliker, Handb. ."). Aufl.). D) Wirkungsweise. Die glatten Muskelfasern ziehen sich lang- sam aber andauernd und kräftig zusammen. Ihre Anordnung zn Netzen und in Häuten mit auf einander senkrecht stehender Contractionsrich- tung macht sie besonders geeignet, eine allseitige und gleichmässige Druckwirkung auszuüben. So werden sie sehr vielfach zur Umgebung von Hohlräumen verwendet, in denen mehr oder weniger flüssige Massen fortbewegt werden sollen, wobei häufig in Folge der Nervenanordnung die Contraction gleich einer Welle in der gewünschten Richtung fort- schreitet (Peristaltik). Die glatte Muskulatur ist der Einwirkung des Willens entzogen. E) Vorkommen. Es findet sich beim Menschen: a. Glatte Muskulatur an grösseren Hohlorganen : 1) Dann. Zur Bewegung des ganzen Organs dienen im wesent- lichen die Ring- und Längsmuskelschicht, welche nach aussen von der Submucosa den Darm umgeben. Sie finden sich von dem Eintritte des Oesophagus in die Brusthöhle an bis zu einer unten am Rectum gelegenen mächtigen Ringschicht, dem Sphincter ani internus, mit wel- chem sie dicht oberhalb des Sphincter ani externus abschliessen. 2) Respi ratio nstractus. In der Trachea liegt glatte Muskulatur im hinteren häutigen Theile, weiter unte numgiebt sie die Bronchien bis zu den feinsten Theilungen. 3) Harnorgane. Von den Nierenkelchen und dem Nierenbecken durch Ureteren und Blase liegen überall glatte Muskelzellen in der Wandung in verschiedener bald mehr häutiger, bald mehr bündei- förmig-netzbildender Anordnung bis zu der mächtigen Ansammlung in der Prostata hin. 4) Männliche Geschlechtsorgane. Im Nebenhoden, Vas deferens und den Samenblasen. 5) Weibliche Geschlechtsorgane. Als häutige Schichten in den Eileitern, als mächtige Wandmasse in der Gebärmutter, als Bündel in der Scheide. 6) Gefässsystem. Als mächtiger Wandbestandtheil in vielen Blutgefässen, theils als Haut, theils in Bündeln; ferner in der Wand — 112 — vieler Lymphgefässe, in den Lymphgefässe führenden Darnizotten, in Hülle und Balken von Lymphdrüsen und Milz, ferner in dem cavernösen Gewehe der männlichen und weiblichen Ge- schlechtsorgane. b. An Drüsen: um den Inhalt derselben auszupressen oder in Ausführungsgängen weiterzubewegen. 1) In der Wand der Knäueldrüsen: Schweissdrüsen , Achsel- drüsen, Ohrenschmalzdrüsen. 2) In der Mucosa des Magens und. Darms: unterhalb der Drüsen als Muskularis mucosae, von der aus Bündel zwischen die Drüsen heraufgehen, so ein Muskelnetz bildend. 3) Auf die Talgdrüsen der Haut wirkt der Druck der Haarbalg- muskeln, Arrectores pilorum, ein. 4) Der Ausführungsgang der Gl. submaxillaris besitzt glatte Muskeln in unvollkommener Lage. 5) Leber: In Gallenblase und Duct. choledochus. 6) Um die Gl. prostatica und die Cowper' 'sehen Drüsen. c. Zur Ausübung von länger andauernder Zug Wirkung: 1) Im Auge: Ciliarmuskel, Sphincter und Dilatator pupillae. In und an der Orbita: M. orbitalis und M. palpebralis sup. und inf. (H. Müller). 2) In der Haut: Haarbalgmuskeln (als selbstständige Bündel), Tunica dartos (als Haut), ferner in der Haut von Penis, Perineum, Brustwarze und Warzenhof, Kopfhaut. 3) Männliche Geschlechtsorgane: M. trans versus perinei profun- dus, Cremaster internus. 4) Mehr oder weniger selbstständige Eingeweide?nuskeln theil- weise in Beziehung zu Pleura und Peritoneum : M. broncho-oesophageus (Hyrtl) , M. pleuro-oesophageus (Hyrtl) , M. suspensorius duodeni (Treitz), Mm. rectococcygei (Treitz), Mm. pubo-vesicales (Henle), Muskelzüge in den Ligg. lata, in den Ligg. rotunda uteri. Wie man aus dieser Uebersicht ersieht, finden sich glatte Muskel- fasern nur an Eingeweiden, man nennt dieselben daher auch orga- nische Muskelfasern im Gegensatze zu den animalischen, welche die Skeletmuskeln darstellen (siehe unten). Wo die glatten Muskelzellen im Bindegewebe als Bündel endigen, geschieht dieses vermittelst sogenannter elastischer Sehnen, d. h. elastische Fasernetze umspinnen die Bündel und endigen selbst wieder in dem elastischen Gewebe des betreffenden Bindegewebes. 1 1 3 IL Die quergestreiften Muskelzellen (Muskelfasern). A) Allgemeine Forin und Beschaffenheit. Die; quergestreifte Muskelzelle hat eine zwiefache Be- st- h a ff enheit : 1) sie ist ein- oder höchstens zweikernig, ziemlich kurz, mehr cylindrisch oder abgeplattet und bildet durch Abgabe kurzer Aeste, welche sich mit denen benachbarter zusammenfügen , Netze. Solche Zellen bilden die Herzmuskulatur (Figur 71); ^^t^flSWüS-^ HerzinuskelzeUen isolirt. Vergr. 224. A) Vom Menschen, isolirt in 33procentiger Natron- lauge, a Zelle mit einem in directer Theilung befindlichen Kern, b Zelle mit zwei Kernen, c zwei Zellen, deren Fortsätze aneinander liegen, P = Pigmentanhäufung in dem den Kern umgebenden Sarkoplasma. P1 = Pigmentanhäufung in einem kernfreien SavkoplasniastreitVn. B) Von Rana temporaria, isolirt durch 33procentige Kalilauge, a Zelle mit einem in directer Theilung begriffenen Kern. b Zelle mit zwei Kernen. c Zelle mit zwei Kernen oder auch vielleicht zwei durch eine sehr breite Brücke mit einander verbundene Zellen. 2 1 sie ist vielkernig und dann ein langes cylindrisch prismati- sches Gebilde mit mein- konisch zulaufenden oder auch mehr abge- stumpften Enden. Sie kann ungetheilt sein (meistens) (Figur 72) oder sich auch melir oder weniger stark verästeln (vergl. Figur 7 1 . Solche Zellen bilden die übrige quergestreifte Körpermuskulatur. Da diese beiden Arten der quergestreiften Muskelzelle im Prin- zipe denselben Bau besitzen, so können wir sie gemeinsam besprechen. S cb ieff erdecker-Kossel. S — 114 Das, was der quergestreiften Muskelzelle ihr charakteristisches Aussehen verleiht, an welchem schon kleine Stückchen derselben unter dem Mikroskope sofort erkannt werden, ist die Querstreifung. Wie man auf Figur 71 und 72 erkennt, wechseln helle und dunkle Streifen (schwächer und stärker lichtbrechende) mit einander ab. Es wurde oben schon erwähnt, dass diese Querstreifung hervorgerufen wird durch eine besondere Be- schaffenheit der Fibrillen , auf welche wir weiter unten noch genauer einzugehen haben wer- den. Dass die Fibrillen keine Kunstprodukte sind, wie man früher mitunter annahm, sondern auch der frischen Faser zu- kommen, ist schon vor längerer Zeit bewiesen worden (Sachs Arch. f. Anat. u. Phys. 1872, Wagner 1, IX, X; 7, 1880). Wie bei der glatten Muskelfaser liegen die aus dem Protoplasma differenzirten Fibrillen eingebet- tet in dem Ueberreste desselben, dem Sarkoplasma (Rollett, „Sarkoglia", Kühne), in welchem natürlich auch die Kerne sich befinden. Diese sind gewöhnlich von einer grösseren Menge des Sarkoplasma umgeben, das unter Umständen noch Pigment aufge- nommen haben kann (vergl. Fi- gur 71A), mitunter bemerkt man auch nur feine körnige Streifen in der Fortsetzung des Kerns (vergl. Figur 72). Ist das Sarkoplasma in grösserer Menge vorhanden, so erscheint die Zelle mehr oder weniger deutlich längs gestreift (vergl. Figur 7 1 A) und unter Umständen finden sich in diesen Streifen noch besondere durch ihre Lichtbrechung hervortretende in Reihen liegende Körnchen, die interstitiellen Körner (Kölliker). Die Muskelzelle ist entweder nackt, so in der Herzmuskulatur, oder von einer dünnen durchsichtigen Membran umgeben, die sich dem Inhalte unmittelbar anschmiegt, dem Sarkolemma. Dasselbe Ein Endstück und ein Mittelstück zweier Mus- kelfasern des Menschen. Nach Behandlung mit verdünntem Holzessig isolirt. Vergr. 224. Big = Blutcapillaren, neben der linken Kerne des Perimysium , die auf der Faser liegen. K = Muskelkern, der auf der vorderen Fläche liegt ; K' = Muskelkern, der auf der hinteren Fläche liegt und durchschimmert ; K" = Muskelkern im Profil; K Pmi = Kern des Perimysium; Pmi = Perimysium. 115 zeigt keine Structur und keine Kerne, es ist nur zu erkennen, wenn sieli der Inhalt zurückzieht, dann erscheint es in Form eines hellen Schlauchs oder einer hellen Blase. In Figur 73 B ist die eigentliche Muskelzelle hei der Präparation zerrissen; zwischen den beiden Enden bleibt ein heller Raum und hier tritt nun das Sarkolemma deutlich hervor. Auch weiterhin erscheint es noch theilweise abgelöst. In Figur 73 A ist es in Folge eines Eintritts von Flüssigkeit an mehreren Stellen blasig abgehoben. Derartige Bilder sind sehr leicht zu erhalten. Am Ende der in Figur 73 A dargestell- ten Faser tritt der Inhalt aus dem durchschnittenen Sarko- lemmaschlauche hervor (hei Sir) in Folge einer leichten Quellung , noch drastischer wird das Bild , wenn man durch Zusatz von schwacher Essigsäure die Quellung ver- stärkt : das nicht oder jeden- falls viel weniger quellende Sarkolemma bildet dann eine tiefe Einschnürung hinter der vorgetretenen Inhaltsmasse. A si- B) Grösse und Verzwei- 73 gUllgeil dei* MllSkelzellen. Quergestreifte Muskelfasern des Frosches, frisch zer- zupft in physiologischer Kochsalzlösung. Vergr. 224. Die vielkernigen Muskelfasern A) Das Sarkolemma an manchen Stellen blasenartig . _ . . abgehoben, am Ende tritt der leicht gequollene Faser- Sllld bei Weitem die grÖSSteil inhalt aus dem Sarkolemmaschlauche hervor. B) Der „ ,. ,. . . Muskelinhalt ist zerrissen. K = Kern; Sl = Sarko- Zellen, die Wir HU Korper lemma; Slr = offenes Ende des Sarkolemmschlauches. besitzen. Nach den Unter- suchungen von Felix finden sich solche, die sicher länger sind, als 12,3 cm, da dieses Maass direct gefunden wurde, obgleich die Faser nicht in ihrer ganzen Länge erhalten war. Die geringste Länge ent- spricht wohl der des kleinsten Muskels, würde also wenige Millimeter betragen (z. B. M. stapedius auris). Die Dicke ist im Verhältniss hierzu sehr gering. Bei einer Faser von 5,3 cm Länge betrug sie 48,2 |it, bei der von 12,3 cm nur 41,6 (i. Multiplicirt man. um sieh ein Bild von diesem Grössenverhältniss zu verschaffen, die genannten Maasse mit 100, so erhält man ein cylindrisches Gebilde, das ungefähr 8* — 116 die Dicke eines Taschenbuchbleistiftes besitzt, dabei aber wenigstens 5 bis 12 m lang ist. Die Dicke schwankt bei menschlichen Fasern etwa zwischen 30,6 fi und 65,7 /*; die längsten Fasern sind nicht immer die dicksten und in einem und demselben Muskel liegen sehr verschieden dicke Fasern durch einander. Die Länge der Muskelfasern steht in keinem regelmässigen Verhältnisse zu der Länge der Muskeln, in denen sie sich befinden. Lange Muskeln können aus relativ kurzen Fasern zusammen- gesetzt sein, die an verschiedenen Stellen in ihnen endigen (s. unten). Bei verschieden grossen Thieren (Säugern) sind gewöhnlich auch die Muskelfasern verschieden dick. So sind diejenigen der Maus etwa halb so dick wie die des Eindes. Eine erwachsene Maus hat aber doppelt so dicke Fasern, eine neugeborene Maus da- gegen wieder nur halb so dicke als ein neugeborenes Kalb. Die Fasern nehmen also mit dem Wachsthum des Thieres selbst an Grösse zu und man darf bei verschiedenen Thieren nur die entsprechenden Ent- wicklungsstadien mit ein- ander vergleichen (Riedel). Verzweigungen der Muskelzellen sind nicht selten. In den Skeletmus- keln finden sich gewöhnlich nur einfache Zweitheilun- gen, so dass die Muskel- faser eine Y-artige Gestalt, mitunter auch eine compli- cirtere Form bekommt. Be- sonders schöne und reich- haltige Verästelungen zei- gen die Fasern der Zunge. Quergestreifte Muskelzelle aus der Eroschzunge, an einem Figlir 74B Stellt eine Solche Ende verästelt. Isolirt durch 33procentige Kalilauge. . , , A) Ein Theü der Verästelung ; Kerne, welche in Höhlen Jb aser dar, WelCÜe an Clem des Protoplasmas liegen in Folge der durch das Reagens . t-i j • -P 1 1 1 verursachten Schrumpfung; Querstreifung. Vergr. 300. einen JlmCte eintaCU KOU1SCÜ B) Die beiden Enden der Zelle. Vergr. 125. Querstrei- fung fortgelassen. ausläuft , während das 117 andere der Schleimhaut zugewendete in eine grössere Anzahl von Aesten zerfällt , die jeder für sich konisch zugespitzt endigen. Die Kerne und die Querstreifung erstrecken sich (Figur 7 1 A) bis in die feinsten Verästelungen. — Ein ganz kurzer Zerfall, resp. eine tiefe Einkerbung an dem Ende der Faser kommt sein* häufig auch bei den Skeletmuskeln vor, das Sarkolemma folgt dann wie bei den Veräste- lungen stets genau der Muskelcontur (vergl. Figur 93 A i. Die kurzen Herzmuskelzellen (vergl. Figur 71) zeigen, wie oben schon erwähnt, meist kurze Aeste, die unter spitzen Winkern seit- wärts abgehen und sich mit denen benachbarter Zellen vermittelst einer Kittsubstanz zusammenfügen (Figur 75). Ebenso verbinden sich die Zellkörper selbst mit anderen an ihrem oberen und unteren Ende. Die Verbindungsflächen schneiden die Seitencontur dabei ungefähr unter rechtem Winkel. Es ent- stellt so ein Muskelnetz mit sehr spitzwinkeligen Maschen, die an einem Schnitte nur als feine Spal- ten erscheinen. Die Kittsubstanz färbt sich mit Silber und löst sich gleich der der glatten Muskelzellen in Kali- und Natronlauge und Sal- petersäure. Nachdem wir so im Allgemei- nen das Aussehen und die Be- schaffenheit der quergestreiften Muskelzellen kennen gelernt haben, wollen wir jetzt den Bau derselben genauer studiren. Frischer Herzmuskel des Menschen zerzupft in Jodseruni. Vergr. 224. K = Kern : K 1 = Kitt- linie ; P = Piginentanhäufung C) Feinerer Bau der quergestreiften Muskelzellen. 1) Fibrilhiiliüiiild, Sarkoplasma und Kerne. Die Fibrillen liegen bei den quergestreiften Muskelzellen nicht s<> gleichmässig durch die Zelle zerstreut, wie das die Querschnittsfigur der glatten zeigte (vergl. Figur 66). Sie sind vielmehr zu Fibrillen- - 118 bündeln zusammengeordnet („Muskelsäulchen", Kölliker), welche durch Scheiden, in der Längsansicht Streifen , von Sarkoplasma von einander getrennt sind. Zerzupft man Muskelstückchen, so isoliren sich unter Umständen die Fibrillenbündel (Figur 76) ziemlich weit in einer durch die Nadeln zerrissenen Faser. Man erkennt dann deutlich die Zusammensetzung der G-e- sammtfaser aus einzelnen langen querge- streiften Elementen, die weit dicker sind als Fibrillen und beigeeigneter Behand- lung in solche zerlegt werden können. Die Fibrillenbündel zeigen im Wesentlichen zwei Hauptformen: sie sind entweder mehr platt bandförmig, nur aus einer oder wenigen Eeihen von Fibrillen zusammen- gesetzt, oder mehr cylindrisch, resp. pris- matisch, auf dem Querschnitt polygonal, entsprechend dem gegenseitigen Druck. Diese letztere Form scheint auch hohl, auf dem Querschnitte ringförmig, sein zu können, wobei dann das Sarkoplasma in das Innere dringt. Die Länge der Fi- brillenbündel ist durch die Länge der Faser bestimmt, da diese von einem Ende bis zum anderen von denselben durch- zogen wird , ihre Dicke ist sehr ver- schieden bei den verschiedenen Thieren und Muskeln. Sie sind vollständig in das Sarkoplasma eingebettet, das auf der Ober- fläche der Muskelfaser dicht unter dem Sarkolemma einen verschieden dicken (häufig allerdings verschwindend dünnen) Ueberzug bildet, und alle Zwischenräume zwischen den Fi- brillenbündeln ausfüllt. Ob dasselbe auch in die Bündel als Kittsub- stanz zwischen die Fibrillen eindringt oder ob hier eine andersartige Substanz sich befindet, ist noch zweifelhaft. Das erstere ist zunächst wahrscheinlicher, doch scheinen die Beobachtungen von Rollett da- gegen zu sprechen. Das Mengenverhältniss zwischen der Gesammt- masse der Fibrillen, der Rhabdia (Kühne), und dem Sarkoplasma wechselt ausserordentlich, je nach Thier und Muskel, ebenso die Lage der Kerne, wie das einige Beispiele deutlich machen werden. Figur 77 zeigt drei Querschnitte durch Muskelfasern der Fliege. Wie man sieht, /:;:::::::::; 76 Stück einer Muskelfaser vom Kalbe frisch in Eiweiss zerzupft. Es haben sich einige Fibrillenbündel mehr oder weniger weit isolirt. Die Kerne sind nicht eingezeichnet. Vergr. 224. 119 sind die Fibrillenbündel hier bandförmig, auf dem Querschnitte also mehr strichförmig, durchschnittlich wohl aus einer Lage Fibrillen be- stehend. Dabei liegen dieselben derartig in Reihen zusammengeordnet, dass gewissermassen zwei, mitunter auch drei, Röhren entstellen, welche in einander stecken (Ms\ Ms1) und durch Schichten des Sarkoplasmas aussen umgeben, von einander getrennt und innen erfüllt werden (Sps, Sp2, Sp1). In der innersten centralen Masse liegt i\rr '»\^ sen bemerkbar. Beim Frosch (Figur 81 ) linden sieh noch Kerne im Innern t\fv Faser, welche von relativ grossen Sarkoplasma- mengen umgeben sind, während bei den Säugern (vergl. Figur 85 I und beim Menschen die' Kerne, welche von einer sehr geringen Menge des Sarkoplasmas einge- 81 Querschnitt einer Muskelfaser aus dem M. sar- torius des Frosches. Der Muskel war gespannt getrocknet, der Schnitt ist in Wasser gezeichnet. Die auf demselben nicht deutlich sichtbaren Kerne sind nach einem Schnitte durch den mit HERMANN' scher -Flüssigkeit fixirten, in Paraffin eingebetteten , entsprechenden Muskel einge- zeichnet. Vergr. 700. K = Muskelkern ; Sl = Sarkolemma. Die Querschnitte der Fibrillen, welche sehr deutlich hervortraten, sind in einem Theile des Muskels in die OOHNHEIM'schen Felder (Querschnitte der Fibrillenbündel) ein- gezeichnet. Die zwischen diesen Feldern hin- ziehenden Linien sind die Sarkoplasmäsepten, die kleinen Kreise in diesen interstitielle Körner. Querschnitt einer Muskelfaser des Kanin- chens aus einem gefrornen Muskel mit Kochsalzlösung 1/2°/0- CoilNHEIM'sche Fel- der. Vergr. 400. Copie n. Kölliker (Hand- buch, 6. Aufl.). Die Fibrillenbündel er- scheinen dunkel, das Sarkoplasma hell. hüllt sind, nur dicht unter dem Sarkolemma liegen. Es bleibt also, wie das auch Figur 82 erkennen lässt, die ganze Mus- kelfaser frei von grösseren An- häufungen des »Sarkoplasmas, dasselbe liegt nur in Form von zarten Septen zwischen den Fibrillenbündeln und tritt im Ganzen an Menge gegenüber der Rhabdia ausserordentlich zurück. Die Herzmuskelzellen besitzen relativ viel Sarkoplasma und zeigen daher eine recht deutliche Längsstreifung (Septa zwischen den Fibrillenbündeln). Um den einzigen in der Mitte liegenden Kern findet sich eine spindelförmige grössere Ansammlung des Sarkoplasmas, in — 122 — welcher vom zehnten Lebensjahre ab ein körniges, gelbbraunes Pig- ment auftritt (Figur 83 A). Dieses nimmt mit steigendem Alter an Menge, Grösse der Körner, Intensität der Färbung zu und ist als eine physiologische Abscheidung des Sarkoplasmas aufzufassen, die viel- leicht aus Fett ihren Ursprung nimmt (Maass 1, XXXIV, pag. 452 ff.). Auch an anderen Stellen der Muskelzellen finden sich häufig derartige Herzruuskelzellen isolirt. Vergr. 224. A) Vom Menschen, isolirt in 33procentiger Natron- lauge, a Zelle mit einem in directer Theilung befindlichen Kern, b Zelle mit zwei Kernen, c zwei Zellen, deren Fortsätze aneinander liegen. P = Pigmentanhäufung in dem den Kern umgebenden Sarkoplasma. P1 = Pigmentanhäufung in einem kernfreien Sarkoplasmastreifen. ß) Von Rana temporaria, isolirt durch 33procentige Kalilauge, a Zelle mit einem in directer Theilung begriffenen Kern. b Zelle mit zwei Kernen. c Zelle mit zwei Kernen oder auch vielleicht zwei durch eine sehr breite Brücke mit einander verbundene Zellen. pigmentirte Sarkoplasmaanhäufungen (s. Figur). — Die Fibrillenbündel haben bei verschiedenen Thieren verschiedene Formen und Anord- nungen. Sie sind nach Rollett's Angaben prismatisch, auf dem Quer- schnitt polygonal (Schwein) oder bandförmig, auf dem Querschnitt also mehr streifenförmig oder lang oval als radiär gestellte Blätter erschei- nend (Hund), oder theils bandförmig, theils prismatisch, dann bilden die ersteren oft einen äusseren Ring, in dessen Mitte die polygonalen sich befinden (Pferd, Mensch, s. Figur 84). Man sieht dieses Ver- 123 hältniss am klarsten in Figur 8 I c, in ;i lind b ist dir Kirn nah durch den Schnitt getroffen, in ;t liegt neben demselben ein Pigmenthänfehen. Diese Muskelzellen würden der Form und Anord- nung der Fibrillenbündel nach ähnlich den Seiten- rumpfmuskeln des Karpfens ('s. oben) sein, nur dass diese ihre Kerne in einer ziemlich dicken peripheren Sarkoplasmaschicht besitzen. Es mögen diese Beispiele für eine allgemeine Anschauung von dem Bau der Muskelfaser genügen, im Einzelnen sind der Abweichungen noch sehr viele. 84 Querschnitte von Herz- muskelzellen des Men- schen, Alkohol, Paraf- fin , Haematoxylin. Vergr. 700. a zeigt Kern mit einigen Fäden und ein Pigmenthäuf- chen , h einen Kern, c keinen Kern , dafür aher sehr deutlich die inneren Fibrülen- biuidel. Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass im Allgemeinen die Muskeln tiefer ste- hender T h i e r e mehr Sarkoplasma im Verhältniss zu denFibrillen enthalt e n als die der höher stehenden, ein Ver- halten, welches auch der Entwickelung der querge- streiften Muskelzelle entspricht. Damit hängt es dann auch wohl zusammen, dass bei den höher stehenden die Kerne peripher liegen, so dass das Innere frei von S a r k o p 1 a s m aanhäu f u n g e n b 1 e i b t. Die Herzmuskelzellen der höheren Thiere würden hiernach eine tiefere Stufe einnehmen als die der Skeletmuskeln. Doch auch bei diesen finden sich Verschieden- heiten, welche constant sind. Vom Karpfen habe ich oben bereits zwei Muskelarten erwähnt, auch die Flossenmuskeln des Seepferdchens (s. oben) besitzen einen anderen Bau als die übrigen Körpermuskeln. Bei manchen Säugern, besonders ausgebildet beim Kaninchen, finden sich nun zwei verschiedene Arten von Muskeln : weisse und rothe i Krause, Eanvler). Die weissen Muskeln zeigen eine sehr klare Querstreifung, relativ wenig Kerne, die alle dicht am Bande liegen (Figur 85 B). Sie sind leicht erregbar, contrahiren sich sehr schnell, ermüden aber auch schnell. Die rothen Muskeln (z. B. M. semitendi- nosus) lassen neben der Querstreifung eine deutlichere Längsstreifung erkennen , ferner mehr Kerne , die theilweise auch im Innern der Fasern liegen (Figur 85 C), sie besitzen also mehr Sarkoplasma. Sie contrahiren sieh langsamer aber dauernder, ermüden nicht so schnell. Beim Menschen und vielen anderen Wirbelthieren finden sieh aller- dings nur rothe Muskeln, aber nach Grützner (Recueil zoolog. suisse t. I, 1884, p. 665ff.) kommen in den einzelnen Muskeln gemischt — 124 — Fasern vor, die bald den Typus der weissen, bald den der rotlien Muskeln zeigen. So zusammengesetzte Muskeln würden gemischte Eigenschaften besitzen und sieb je nacb dem Mengenverhältnisse der Fasern bald dem einen, bald dem andern Typus mehr nähern. Be- züglich der Kernlagerung ist hier übrigens noch hervorzuheben, dass Rollett (11, Bd. LI, Math.-Naturw. Gl. p. 36) bei Arthropoden gerade umgekehrt Muskeln rasch zuckend fand, welche Kerne im Innern zeigten, \ j V \>? 85 Lage der Kerne auf dem Querschnitt der quergestreiften Muskelfaser. Querschnitte der getrockneten Fasern. Pikrocarmin, Glycerin mit Zusatz von Ameisensäure. A) aus dem M. sartorius des Frosches, B) aus dem M. adduetor magnus des Kaninchens (weisser Muskel), C) aus dem M. semitendinosus desselben Thiers (rother Muskel). Vergr. 100. k = Kern; s = Sarkolemma. Copie n. EAJMVIEE (Traite technique). und bei solchen, - deren Kerne auf der Oberfläche, sich befanden, eine gedehnte Zuckungskurve beobachtete. So sehr wahrscheinlich es nach Allem auch ist, dass der verschiedene Bau der Fasern einer verschie- denen physiologischen Wirkung entspricht, so wenig ist doch dieser Zusammenhang aufgehellt. Selbst die so nahe liegende Annahme, dass Muskeln, welche relativ viel Sarkoplasma enthalten, sich lang- samer contrahiren, aber auch später ermüden werden, ist noch nicht sicher bewiesen. 2) Die quergestreifte Substanz. a) Allgemeines. Ein jedes der feinsten Fäserchen, der Fibrillen, welche die quergestreifte Substanz bilden, baut sich auf aus kleineren und grösseren Abtheilungen, welche sich optisch verschieden verhalten und auch in ihrem Färbungsvermögen constante Unterschiede zeigen. Eine jede Fibrille verhält sich also ähnlich einer Säule, die aus ver- schiedenen aufeinandergelegten Steinen erbaut ist: sie ist geschichtet. Sie ist ferner cylindrisch und membranlos. Die aufeinander folgen- den Schichten wiederholen sich periodisch, so dass die Fibrille sich in einzelne gleich grosse Abtheilungen, Glieder, zerlegen lässt, die ILT. alle dieselben Schichten zeigen. Es lag nahe, diese Glieder als die morphologischen Einheiten anzusehen, aus welchen sich die querge- streifte Substanz aufbaute, doch ist diese Anschauung nicht haltbar, da die Glieder sich nicht natürlich von einander I rennen lassen: die Grundeinheit bildet die Fibrille (s. auch weiter unten). In wie engem Zusammenhange die Schichtung der Fibrille mit der Funktion der Muskelfaser stellt, ist am leichtesten daraus zu er- kennen, dass die Schichten sich durchaus verschieden zeigen, je nach- dem die Faser sich im Zustande der Ruhe oder in dein der Contraktion befindet, wozu drittens noch ein zwischen beide sieh einschiebendes Zwischenstadium (Merkel) kommt. Wir wer- den demgemäss auch bei der Beschreibung diese drei Zustände zu trennen haben. b) Die Schichtung im Ruhezustande. Betrachtet man eine ruhende Muskelfaser (Figuren 86 R und 87 iü), so erkennt man an derselben zunächst leicht breite dunkle Querstreifen, zwischen |S5=d Q Qh Q z C a CS -^ M CS tfi{g W CS Al- GS M liiintunEUinunmumuirr ii!i!!]i;i:im!';i!:i:n;ii!i,! ;:5lil!ii!i!!,f,ii:iil!iiii;ii!II! l-iiniiuwiuiiiiiiicnKii iwmiuniniiiiiiiiiiuniffl 'iflHiiiniiniiioKiiuiii iinimiiiiMiiiniiiMuui llllODlIlIMnuiim «ifliiiüiiiiiiiniiiiMimni tnillU:lllII'l:ii!l!i!i:mi!ll 86 Theile von Muskelfasern zur Demonstrirung der Querstreifung, im Zustünde der Ruhe CR) und der Contraction (C). Vergr. 1000. a Mensch, b Frosch, c Astacus fluvia(ili<. d Dy- tiscus. e Musca domestica. a nach Behandlung mit Salieylsäure, die anderen nach Behand- lung mit Alkohol 93°'0 zerzupft in Glycerin (2 Th. : 1 Tu. Wasser). Betreffs der Erklärung der Buchstaben vergleiche man den Text. 126 Ä c- M — CS— IL'LU'U-'ULI N- 17 es ■■«■■ denen schmalere helle liegen. Den dunklen Querstreifen ent- sprechend sieht man auf der einzelnen Fibrille, gemäss der Form der selben, ein dunkles Stäbchen. Bei genauerer Untersuchung zeigen sich die dunklen wie die hellen Streifen durch je einen in der Mitte befindlichen sehr schmalen Streifen in zwei Abtheilungen zerlegt. Zu beiden Seiten der Mittelschicht (Mittels cheibe) : M liegt je eine dunkle Qu er schiebt (Querscheibe) : Q. Zu beiden Seiten der Zwischenschicht C R (Zwischen scheibe): fliegt je ein heller Streifen , die Schicht der isotropen Substanz: J (Figur 8QÜ. e, e). Q kann sich noch wieder differenziren in einen helleren (Qh) und einen dunkleren Theil (Qd), von denen der erstere immer neben M liegt (a, c, e). Zu diesen Schichten tritt häufig noch die Nebenschicht (Nebenscheibe): _A^ welche zwischen Z und Q liegt, von jeder Schicht durch einen hellen Streifen getrennt (d). Es zeigt sich dann zwischen N und Z der neue helle Streifen : Ü7 = Schicht der einfach brechenden Substanz. ,Wie man sieht, sind die Bezeich- fibrillen im Zustande der Ruhe (R) und 111lno,pll flPr SphinhtPTl 7/7 und 7"pio-piit- dem der Contraction (C). Betreffs der Er- UUUgen Uer ÖCUlCnteil Jli Ullll d eigeill klärung der Buchstaben vergleiche man jj^ dieselben, eS sind nur verschie- dene Buchstaben zur leichteren Ver- ständigung gewählt. Eine Periode, ein Glied, würde dem- gemäss die nachstehende Schichtenfolge zeigen : Z, JE, N, J, Q, M, Q, J, N, E; sodann würde mit Z wieder ein neues Glied beginnen. Es geht schon hieraus hervor, dass es unmöglich ist die Fibrille in Elemente zu zerlegen, welche mit derselben Schicht beginnen und schliessen, was nothwendig wäre, um einen solchen Theil als eine morphologische Grundeinheit aufzufassen, die mit der benachbarten durch eine Kittsubstanz verbunden sein müsste. Die einzige Mög- lichkeit dieses zu erreichen wäre die, dass man Z als Kittsubstanz auffasste , wofür allerdings der Umstand sprechen würde , dass Z fester mit dem umgebenden Sarkoplasma in Verbindung zu stehen scheint als die übrigen Schichten. Das Muskelelement würde von JE :»■>: 87 Schema der Querstreifung der Muskel- 127 bis E gehen und in der Mitte durch M in zwei symmetrische Theile zerlegt werden, so dass auch M dann mehr als Kittsubstanz er- scheinen würde (s. auch weiter unten). Was die optischen Eigenschaften der genannten Schich- ten anlangt, so kann man sich zunächst merken, dass alle mit Con- sonanten bezeichneten stärker lichtbrechend und doppel- brechend (anisotrop) sind (wenn auch in sehr verschiedenem Grade). Sie sind positiv einaxig, die Axe parallel der Faser. Da sie stärker lichtbrechend sind, so erscheinen sie dunkel, wenn das Mikroskop, wie gewöhnlich, so eingestellt ist, dass man die Seiten- contur der Fibrille scharf sieht, bei h öh e r e r Einstellung sind sie im Gregentheil hell; da sie doppelbrechend sind, so treten sie unter dem Polarisationsmikroskop bei gekreuzten Nicoi/schen Prismen hell, glän- zend auf dem dunklen Grunde hervor. Die mit Vocalen E und J bezeichneten Schichten sind schwächer lichtbreche n d und e i n - fachbrechend (isotrop), sie erscheinen daher im gewöhnlichen Lichte hell (bei hoher Einstellung dunkel), im polarisirten Lichte bei gekreuzten Nicols d unke 1. Da das Sarkoplasma auch schwach lichtbrechend ist und häufig gleichmässig hell erscheint, so ist es mitunter, wenn gerade die Brechbarkeit bei beiden dieselbe ist, nicht möglich die Grenze zwischen den hellen Schichten der Fibrillen- bündel und dem angrenzenden Septum des Sarkoplasmas wahrzunehmen, während dieselbe an den dunklen natürlich leicht zu erkennen ist. Die Fibrille endigt stets mit J oder, falls N vorhanden ist, mit E, also mit einer isotropen Schicht (Engelmaxx 6, XXVI.). Die genannten Schichten sind nun nicht immer alle bei jeder Faser sichtbar. Dieselben können zum Theil so nahe an einander liegen, dass sie auch bei starken Yergrösserungen zu einer verschmel- zen. Dieses scheint häufig der Grund dafür zu sein, dass man die beiden N von Z nicht trennen kann, sondern ein sehr deutliches Z zu sehen glaubt ohne N} ferner, dass man M nicht zwischen den beiden Q erkennt. In beiden Fällen werden die Schichten oft sicht- bar an gedehnten Fasern. Auch kann eine schmale Schicht von dicht anliegenden breiten nur schwer unterschieden werden, wenn die Ver- schiedenheit der Lichtbrechung nur unbedeutend ist. Audi dieser Fall trifft für M zu, und daher kommt es. dass M bei der ruhen- den Faser die am schwersten sichtbare Schicht ist. Endlich ist aber hervorzuheben, dass N wahrscheinlich keine constante Schicht ist, sondern in der That mitunter, vielleicht häutig, fehlt. Die übrigen Schichten scheinen dagegen constant zu sein. — 128 — Behandelt man eine Muskelfaser mit Häniatoxylin, so färben sieh Q, N und Z stark blau und treten . dadurch weit schärfer hervor, M färbt sich nur schwach (so weit dies bei der dünnen Schicht zu constatiren ist), J und JE bleiben ungefärbt. Was die Consistenz der Schichten anlangt, so scheint Z die festeste und widerstandsfähigste zu sein, etwas schwächer M. Die anderen dunklen Schichten Q und N sind dichter als die hellen E und J, ohne dass die letzteren indessen als aus einer Flüssigkeit bestehend aufzufassen wären. Z scheint mit dem Sarkoplasma und durch Vermittelung des- selben mit dem Sarkolemma in festerer Verbindung zu stehen. In Folge dessen zeigt die Contur dieses mitunter eine festonartige Be- schaffenheit (vergl. Figur 78). c) Die Schichtung im Contractionszustande. Die contrahirte Faser zeigt auf den ersten Blick ein ganz ähnliches Aussehen wie die ruhende : dunkle und helle Querstreifen, aber man bemerkt leicht, dass die ersteren sehr viel schmäler sind als früher und eigenthüm- lich scharf hervortreten. Es lässt sich sodann nachweisen (Merkel), dass die dunklen Streifen jetzt an Stelle von Z liegen oder besser gesagt, dass sie die Stelle von J, N, E, Z, E, N, J einnehmen, denn sie sind weit breiter als Z und die oben genannten anderen Schichten sind nicht mehr sichtbar. Der bei der Contraction auf- tretende dunkle Streifen ist also etwas ganz Neues, der Contrac- tionsstr eif en, die Contractionsscheibe (Nasse): CS. In der Mitte desselben würde Z liegen r was Merkel mitunter bei Astacus fluviatilis direct beobachtet hat. Da somit Z unverändert erhalten bleibt, so werden nur die Schichten J, N, E durch einen neuen Streifen ersetzt, den ich 'als Contractionsschicht: C bezeichnen will. Derselbe würde von der Contractionsscheibe Nasse's (CS) ver- schieden sein, da diese C-\-Z-\- C entsprechen würde (Figur 89 C). Z erschien Merkel bei Astacus heller als C. Die früher dunkle Schicht Q ist hell geworden (Figuren 88 C und 89 C), M tritt deut- lich als eine feine dunkle Linie hervor, und ist jetzt immer sichtbar. Der Bau der contrahirten Faser ist also weit einfacher wie der der ruhenden. Figur 90 zeigt deutlich den Uebergang von der ruhenden zur contrahirten Faser und lässt erkennen, an welcher Stelle der Con- tractionsstreifen sich befindet. Mit Hämatoxylin färbt sich jetzt CS sehr intensiv, M wenig, Q gar nicht. e z Q M •1 Qh Z M Qh M Z Q X c gl :■■,■, '"•:■!.-':. d es M- cs- ■vi- pinraniniinrammi!] BllilifflliilHiiraiimiiDii iniiiiiDniaDmnnnnnnni! nmminHininnnHrniiirm] ifiiniiiiigimiiiraiuii; !J!!i::M'!': innnnciiinmuii 88 Theile von Muskelfasern zur Demonstrirung der Querstreifung, irn Zustande der Ruhe (R) und der Contraction (C). Vergr. 1000. a Mensch, h Frosch, c Astacus fluviatilis. d Dytiscus. e Musca domestica. a nach Behandlung mit Salicylsäure, die anderen nach Behandlung mit Alkohol 93 °/0 zerzupft in Glycerin (2 Th. : 1 Th. Wasser). Betreffs der Erklärung der Buch- staben vergleiche man den Text. Das Polarisationsmikroskop zeigt, dass Q doppelbrechend geblieben ist, ebenso ist M unverändert; CS ist meistens einfacb brechend, lässt Z sieb noch erkennen, so ist es unverändert doppelbrechend. In- dessen hat Merkel (1. XIX p. 687 u. 688) bei Astacus fluviatilis nach- weisen können, dass CS auch ani- sotrop sein kann, so dass dann die ganze Faser fast gleichmässig dop- pelbrechend erscheint. Ja er fand bei diesem Thier mitunter auch CS stärker anisotrop als die an- deren Streifen, ohne dass dabei in- dessen eine andere Stelle der Fi- brille isotrop wurde. Bei der _. . , , ... Schema der Querstreifung der Muskt'lrilirilli-ii ContraetlOll tritt also tili' im Zustande der Ruhe (R) und dem der Con- ..,,., t • i j i tractioniO. Betreffs der Erklärung der Bueh- gewöhnliches LlCllt lind staben vergleiche man den Text. Schieffer deckcr-Ko ssel. 9 130 Häniatoxylinfärbung eine Umkehrung der Querstrei- fung ein (zugleich mit Vereinfachung derselben), für polari- sirtes Licht bleiben meist die alten Verhältnisse be- stehen, mitunter tritt eine fast gleich massige Ani- sotropie auf, bisweilen sogar Cw eine annähernde Umkehrung, es verhalten sich also die Muskeln in dieser Beziehung verschieden, sogar die desselben Thiers , wofür der Grund vielleicht in der Ver- S3-Z — R -CS HR Muskelfaser aus dein Kopfe einer Fliege. Contraction mit Zwi- schenstadium. Copie n. Merket. (1, XIX). Vergr.521. Z = Stelle der Zwischenschicht ; CS = Contractions- streifen. C S hat die- selbe Lage wie Z. schiedenheit der Intensität der Con- traction zu suchen ist. Die einzigen Schichten, welche unverändert bleiben, sind Z und M, was für eine we- sentlich andere Bedeutung i—Qw dieser gegenüber den anderen spricht. Zu bemerken ist noch, dass die Fibrillen des contrahirten Muskels fester aneinander haften als die des ruhenden (Nasse), eine Eigentüm- lichkeit, die vielleicht auf eine Ver- änderung der zwischen den Fibrillen - vorhandenen Substanz zurückzu- führen ist. An Muskeln, die man lebend unter dem Mikroskop beobachtet, oder an solchen, welche von Thieren Fibrillenbündel aus einer quergestreif- ten Muskelfaser der Krebsscheere. Alko- hol 93°|0, Glycerin (2 Th. :lTh. Wasser). Contractionswellen (0 w). Dazwischen herrühren , die lebend in die Fixi- Euhezustand (E). „...,.. , . , . , Vergr. 700. rungsnussigkeit gekommen sind, sieht man oft einzelne Theile von Fasern in Contraction , Contraction swelle, während die benachbarten im Ruhezustande sich befinden, ein Verhältniss, welches einen guten Vergleich der Querstreifung in beiden Zuständen erlaubt und die Lage von CS erkennen lässt (Figur 91). d) Die Schichtung im Zwischenstadium. Das zwischen Ruhe und Contraction liegende Zwischenstadium (Merkel) zeichnet sich dadurch aus, dass für gewöhnliches Licht und Hämatoxylin- färbung die Querstreifung undeutlicher wird oder völlig ver- 131 schwindet, so dass die Paser homogen erscheint. Z bleibt am läng- sten sichtbar. Im polarisirten Lichte treten isotrope und anisotrope streifen in den meisten Fällen deutlich, wenn auch mitunter etwas verwaschen (Merkel bei Dytiscus) hervor, ah und zu ist die Faser alter auch gleichmässig leuchtend (Merkel bei Musca, Astacus). Es sind also auch in diesem Stadium Verschiedenheiten sowohl bei den Muskeln verschiedener Thiere wie bei denen desselben zu constatiren. Geht die Faser aus dem Contractionszustande in den der Ruhe über, so macht sie ein gleiches Zwischenstadium durch. e) Säurewirkung, Scheibenzerfall durch Säure, ev. Fibrülen- zerfall, Alkalien. Lässt man stark verdünnte Essigsäure. Ameisensäure, Milchsäure oder Salzsäure auf frische oder nicht zu lange (1 bis 2 Tage, die Säurewirkung tritt langsamer ein) mit Alkohol behandelte Muskelfasern einwirken, so erfährt die quergestreifte Substanz wesentliche Veränderungen: Q quillt stark, wird höher, breiter und zugleich heller (nach Merkel ist bei M zu- nächst noch eine leichte Einschnürung zu erkennen), JV quillt weniger, Z zeigt sich am widerstandsfähigsten, die Fibrille, resp. das Fibrillen- bündel, nimmt in Folge dessen eine rosenkranz- förmige Gestalt an (Figur 92). Die Doppel- brechung verschwindet allmählich in allen Schichten. Lässt man die Säure etwas concen- t r i r t e r (Essigsäure , Ameisensäure 1 °/0 , Salz- säure 0,1 °/0, Pikrinsäure 1 %) einwirken, so tritt zunächst eine starke Quellung von Q ein, durch dessen Ausdehnung, auch in der Längsaxe der Faser, die Streifen N und Z, die zunächst in tiefen Einschnürungen liegen, nebst den dazwischen befindlichen Streifen J und E aufeinander gedrängt werden, dann aber quellen auch diese und folgen der Breitenausdehnung von Q. Dabei wird das L i c h t b r e c h u n g s v e r m ö g e n von Q und N stark verändert: sie erscheinen s c h w a c h lichtbrechend und hell, so dass das zwi- schen den Bündeln befindliche Sarkoplas m a jetzt im Gegensatze zu früher dunkel hervortritt. Z bleibt immer noch als ein dunkler Streifen sichtbar. Dann kann schliesslich ein Zerfall in Scheiben eintreten, indem die beiden Q sich von einander Stück einer Muskel- faser im Ruhezustände von den Chitinplatten des Geschlechtsappa- rates von Dytiscus. A frisch; ß mit Essig- säure. Copien. Merkel (1. XIX). Vergr. 521. z Stelle der Zwischen- schicht. . — 132 — trennen (was aus M wird, ist nicht zu sagen). Diese Scheiben würden demnach Z in der Mitte haben und jederseits mit dem hellgewordenen und in Zerstörung begriffenen Q endigen. Auch zwischen anderen Scheiben können so Trennungen stattfinden. Die Zerstörung kann weiter greifen und unter Umständen Z fast allein übrig bleiben. Bei denselben Muskeln tritt bei gleicher Behandlungsweise dieser Zer- fall mitunter ein, mitunter nicht (Rollett). Da in Folge der verschieden starken Quellung der einzelnen Schichten die Fibrillenbündel knotig werden, so müssen auch die zwischen den Bündeln befindlichen Septa des Sarkolemms ungleich- massig erscheinen. Färbt man nun Säuremuskeln mit Goldchlorid, so wird das gesammte Sarkoplasma roth gefärbt, die Muskelsäulchen bleiben hell, und es tritt ein Bild zu Tage, das oft täuschend so aussieht, als ob ein Netzwerk mit Bälkehen, die in verschiedenen Höhen der Faser verschieden dick sind, in der Muskelfaser vorhanden wäre: der Ausdruck der durch die gequollenen Fibrillen- bündel in bestimmte gleichmässige Formen gepressten Sarkolemma-Septa (Rollett,). Eine Quellung tritt auch ein nach Einwirkung verdünnter Alkalien, die gleichfalls die Doppelbrechung aufheben. Andere Säuren, wie: Benzoesäure, Salicylsäure, Chrobm säure bewirken keine Quellung und erhalten die Doppel- brechung. Benzoesäure lässt den Fibrilleninhalt auch nicht coaguliren, was Salicylsäure und Chromsäure thun (Nasse). Bei An- wendung dieser Säuren tritt daher auch kein Scheiben- sondern ein Fibril lenzerfall ein. f) Seheibenzerfall nach Alkohol. Alkohol lässt die Faser ge- wöhnlich in Fibrillen zerfallen, doch tritt mitunter auch ein Scheiben- zerfall ein. Dieser ist d u r c h a u s verschieden von dem durch Säure bewirkten. Skey (1837) und Bowman (Philosophie. Trans- act. of the Royal Society of London, Parti, 1840, p. 457 ff.) haben denselben zuerst beschrieben. Bowman sah ihn bei Muskeln des Menschen, des Schweins, einer Boa, einer Eidechse und einer Sprotte. Es zerfällt die Faser auch in diesem Falle in scharf getrennte Scheiben, „dises" (BowMAN'sche dises, BowMAN'sche Scheiben), die aber stets 2 Q -f- M unversehrt in ihrer Mitte haben. Rollett gelang die Darstellung dieses Scheibenzerfalls bei den Muskeln einer grossen Anzahl von Arthropoden (s. d. Verzeichniss derselben in 11, XLIX p. 89 ff.), nachdem dieselben 24 bis 48 Stunden in einem Alkohol von 93°/0 gelegen hatten. Derselbe war indessen auch bei den da- i:;;; für günstig befundenen nicht constant, ohne dass eine Ursache des Misslingens aufzufinden gewesen wäre. Nach Rollett bleibl Z er- halten und bildet mit dem ihm fester anhaftenden Sarkoplasma Fächer, in denen die frei gewordenen Scheiben liegen, bis sie- durch Zer Störung derselben frei werden. Mir sind die Muskeln, bei welchen ich diesen Seheibenzerfall sah (von verschiedenen Insectenj, immer sehr weich erschienen, als wenn sie in besonderer Weise macerirt wären. Eine Fächerbildung habe ich nicht beobachtet, die Scheiben waren stets am Rande frei und ein festeres Z lag nicht zwischen ihnen, im Gegentheile schien dieses gerade zerstört zu werden. g) Sarcous elements. Bowman kannte seinerzeit die Zerspal- tnng der Muskelfaser der Länge nach in „Fibrillen" und den eben beschriebenen Zerfall in Querscheiben. Den Abbildungen und der Beschreibung nach in seiner klassischen Arbeit sind seine „Fibrillen" indessen ziemlich sicher identisch mit den Fibrillenbündeln oder jeden- falls grösseren Theilen derselben. Aus den beiden Arten des Zerfalls schloss er, dass jede Fibrille und jede Scheibe aus einzelnen kleinen Elementen, den „sarcous elements" („primitive component par- ticles"), sich zusammensetze, welche zusammengehalten durch eine verbindende Substanz die Muskelfaser aufbauten. Diese sarcous Cle- ments bestanden also aus 2 Q -f- M, . Wohl zu beachten ist es in- dessen, dass Bowman die stark doppelbrechende Substanz von 2 Q als hell beschreibt, sie also bei hoher Einstellung betrachtet hat. So spricht er von hellen und dunklen Streifen gerade in dem umgekehrten Sinne als es seitdem durchschnittlich geschehen ist, und als ich es gethan habe. — .ZV und Z hat Bowman gleichfalls gesehen und abgebildet, aber nicht beschrieben, da er sie für zufällige Un- regelmässigkeiten hielt. h) Muskelkästchen von W. Krause, Muskelelemente von Mer- kel. Der eben mitgetheilten Auffassung von Bowman folgend, hat W. Krause jene zwischen je zwei Z gelegenen Abtheilungen der Muskel- säulchen oder Fibrillenbündel als „Muskelkästchen" bezeichnet. die als Grrundmembr an auf einer Seite Z haben, auf der anderen offen sein würden. Die Grundmembranen Z der in Reihen nebenein- ander liegenden Kästchen würden untereinander zusammenhängen, und so „Muskelfächer" bilden, ähnlich „den Fächern eines Bücher- schrankes" oder noch besser „den Waben eines Bienenstockes". Das wesentliche Element eines jeden Muskelkästchens wäre das „Muskel- prisma", welches 2 Q -f- M entspricht. Jedes Muskelkästchen hat ausser der Grundmembran auch eine Seitenmembran, die — 134 — allerdings nicht nachgewiesen werden kann, aber als Postulat ange- nommen wird, da sonst die „flüssige" Substanz der orotropen Scheiben ausfliessen und sich mit der zwischen den Muskelkästchen befindlichen „interstitiellen Flüssigkeit" vermischen würde. Das „Muskelprisma" wäre wieder aus „Muskelstäbchen" zusammengesetzt , deren Längsaxe parallel der Längsaxe der Faser sein würde, d. h. den den einzelnen Fibrillen entsprechenden Theilen von 2 Q -+- M, wirkliche Fibrillen wären indessen Kunstproducte. Diese Annahmen sind nach dem, was ich bisher mitgetheilt habe, unhaltbar, denn einmal ist die Zerlegung der Muskelsäulchen resp. der Faser an sehr verschiedenen Stellen, d. h. durch sehr verschiedene Querstreifen hin möglich, sehr häufig gerade durch die Mitte von 2 Q, also durch die Mitte des sup- ponirten Muskelkästchens, zweitens zeigen sich die Fibrillen sicher als präfbrmirte auch der lebenden Faser eigenthümliche Bildungen, drittens ist nach Allem die Substanz der isotropen Scheiben garnicht eine wäs- serige Flüssigkeit und hält in sich selbst zusammen, gerade wie das auch eine membranlose Zelle thut, viertens giebt es keine interstitielle Flüssigkeit mit darin vorhandenen Quermembranen, sondern nur ein Sarkoplasma, welches sich an den Stellen Z der Fibrillen vielleicht etwas fester an diese anheftet, endlich schliesst die Fibrille nicht mit Z, sondern mit einer isotropen Schicht ab. Das, was ich ebenäiber die KRAUSE'sehen Seitenmembranen gesagt habe, gilt auch für die von Merkel angenommenen Seitenmembranen der Fibrillen. Die MERKEL'schen Muskelelemente gehen von Z bis Z und werden durch dieses abgeschlossen (daher „Endscheibe"). Um diesen Aufbau zu ermöglichen, war es nothwendig, dass, wie Merkel es auch annahm, Z aus zwei getrennten Schichten bestand. Dieses hat sich als ein Irrthum erwiesen und damit ist die Annahme derartiger Muskel- elemente unhaltbar geworden. i) Eventuelle Muskelelemente. Will man Muskelelemente in der quergestreiften Substanz unterscheiden, so scheint mir, dass man dies mehr im physiologischen als im anatomischen Sinne thun muss. Wie aus dem bisher Gesagten hervorgeht, sind die Schichten Z und M von allen anderen wesentlich verschieden : sie verhalten sich be- sonders gegen Säuren und Alkohol, sie sind ctie einzigen, welche in Contraction und Ruhe unverändert ihre Eigenschaften bewahren, Z scheint ausserdem inniger mit dem Sarkoplasma zusammen zu hängen. Es geht daraus hervor, dass man als physiologische Einheit, und zwar wohlgemerkt, in der Fib'rille, Q -f- J resp. Q -\- J -\- N -\- E aufzufassen hätte. Es müssen indessen bestimmte Beziehungen exi- 135 stiren zwischen je zwei solcher durch M getrennter Einheiten. Dafür spricht ihre symmetrische Anordnung, das wird dadurch bewiesen, dass die Fibrille stets mit einer isotropen Schicht endigt. Es folgt daraus, dass die zwischen je zwei Z befindlichen Schichten als eine Einheit zweiten Grades aufzufassen sind. Wenn man einen natürlich hinken- den Vergleich erlauben will, so würde jene physiologische Einheit ersten Grades, jenes physiologisch morphologische Element, einem Atom, jene Einheit zweiten Grades einem Molekül vergleichbar sein. Welche Be- deutung den, unter sich jedenfalls durchaus verschiedenen. Schichten Z und 21 zuzuschreiben ist, bleibt noch durchaus unklar. k) Kittsubstanzen. So lange man sich die Muskelfaser aus lauter kleinsten morphologischen Elementen einfach wie aus Bausteinen auf- gebaut dachte, nahm man zwei Kittsubstanzen an, durch welche die- selben verbunden wurden. Die eine sollte in Alkohol gelöst werden, sie verband die Elemente der Quere nach, die andere wurde durch Säure gelöst, sie stellte den Verband der Länge nach her. Es schien ganz einfach den Zerfall einmal in Fibrillen , das andere Mal in Scheiben auf diese Weise zu erklären, wobei man die durch Alkohol entstandenen Scheiben irrthümlicher Weise mit denen durch Säure entstandenen identificirte , und da jene ersteren sehr schwer zu er- halten waren , nur mit den letzteren rechnete und dieselben direct als „BowMAx'sche discs" bezeichnete. Rollett hat nachgewiesen, dass eine derartige Annahme zweier Kittsubstanzen für den Aufbau des Muskels aus kleinsten Elementen nicht nur constructiv überhaupt kaum möglich ist, sondern auch dem Bau des Muskels direct wider- spricht, indem er gleichzeitig auf die Verwechselung der Säure- und Alkoholscheiben aufmerksam machte. Ich möchte mich hierin Rollett durchaus anschliessen. 1) Die Bedeutung der Fibrillen und des Sarkoplasmas und der Vorgang der Muskelcontraetion. Nach dem. was bisher über den Bau der Muskelfaser mitgetheilt worden ist. wird es kaum zweifel- haft sein, dass die Fibrillen als die für die Contraction wesentlich- sten Elemente anzusehen sind. Der Aufbau der Fibrillen aus den oben beschriebenen so scharf differenzirten Schichten, die Möglichkeit, diesen Aufbau bei so sehr verschiedenen Thieren nachzuweisen (vergl. Figur 86 . die constanten Veränderungen, welche diese Schichten unter Vermin« - hing durch das Zwischenstadium bei der Contraction erleiden, alles dieses scheint mir nur den Schluss zu gestatten, dass die Schichten- bildung ein sehr wesentliches und wichtiges Moment f ü r d i e F u n c ti on der Fib rill e n d a r st e 11t. Fragen wir uns, — 136 — welch ein Zweck durch solch eine Schichtung erreicht werden kann, da doch auch die nicht geschichteten Fibrillen der glatten Muskel- zellen contractu sind, so scheint mir, dass eine solche weitere Diffe- renzirung der Fibrille nur eine Erhöhung der Schnelligkeit, vielleicht auch der Kraft der Contra ction, also eine Er- höhung der Intensität der Function bewirken kann. Es ist auch die Meinung geäussert worden, dass die Höhe der einzelnen Schichten bei den verschiedenen Thieren mit der Schnelligkeit der Contraction zusammenhinge , so dass mit abnehmender Höhe die Schnelligkeit stiege , doch liegen in dieser Hinsicht auch widerspre- chende Befunde vor. Dem Sarkoplasma kommen die sonstigen Functionen des Zell- leibes zu : die Ernährung, das Wachsthum, die Vermehrung, Neubil- dung nach Verletzungen (s. unten). In dem Sarkoplasma endigt auch die Nervenfaser (s. unten) an einer bestimmten Stelle der Muskelfaser. Eine directe Verbindung der Nerven mit den Fibrillen, resp. deren Abtheilungen, ist wohl gesucht, aber nicht erwiesen worden. Es liegt daher sehr nahe, wie das auch mehrfach geschehen ist, das Sarko- plasma als Leiter des Nervenreizes anzusehen. Da es überall die Fibrilleiibündel umgiebt, wahrscheinlich auch zwischen die Fibrillen selbst eindringt, so giebt es ja eigentlich kein besseres Medium, um den Eeiz gleichmässig nach allen Theilen der in der Faser vorhan- denen Fibrillen hinzuführen. Sehr schwer ist es nun zu sagen, in welcher Weise man sich den Vorgang der Veränderung der Schichten bei dem Uebergang zur Contraction denken soll. Es liegen da zwei Möglichkeiten vor : ein- mal ist es denkbar, dass in Folge der Einwirkung des durch das Sarko- plasma zugeführten Reizes auf die einzelnen Schichten direct eine Ver- änderung dieser erfolgt, zweitens ist es aber auch möglich, dass die Schichten einen Einfluss auf einander ausüben, dass der Reiz in jeder Abtheilung, in jedem Gliede der Fibrille, nur einer Schicht zugeführt wird und dass diese dann durch Einwirkung auf die benachbarten Schichten die weiteren Veränderungen herbeiführt. In diesem Falle liegt es am nächsten an Q als reizempfangende Schicht zu denken, da in Folge der Lage der beiden Q in der Mitte einer jeden Abthei- lung so am schnellsten eine A^erbreitung der Veränderung und damit der Eintritt der Contraction stattfinden würde. Da, wie wir oben sahen, M immer gerade zwischen zwei nach ihm symmetrisch sich anordnende Einheiten eingeschoben ist , so liegt es theoretisch nahe daran, zu denken, dass M den Reiz empfange und nach beiden Seiten 137 weiter gebe, eine Annahme, die bis jetzt aber noch durch keine ana- tomische Thatsache gestützt wird. Von beiden Gesichtspunkten ;uis sind Theorien aufgestellt worden, ohne d;iss indessen durch eine derselben eine wirklich wahrscheinliche Erklärung des Vorganges gegeben worden wäre. m) Charakteristik und Synonyme der einzelnen Schichten. Ich will hier noch kurz eine Zusammenstellung der Haupteigenschaften der einzelnen Schichten geben, sowie die hauptsächlichsten synonymen Bezeichnungen anführen, um es dem Leser zu erleichtern, sich in der nicht unbedeutenden Menge von Namen, die in den einzelnen Arbeiten torkommen, zurecht zu finden. li Die Zwischenschicht, Z. Zuerst von Amici beschrieben (8. XVI. 1850 1. al»er auch schon von Bowman (1840) und von Brücke (11. XV. 1858) gesehen und abgebildet-, Querlinie, W. Krause (1868 zuerst von diesem Autor als eine constante und wesentliche Schicht beschrieben), ferner Grundmembran seines Muskelkästchens, sowie der Muskelfächer, Krause' sehe Linie in Bezug- auf die ganze Faser; End Scheibe (Z aus zwei nebeneinanderliegenden Scheiben bestehend), Merkel; Zwischenscheibe, Engelmann; Querwand. Flögel ; D i s q u e i n t e r m e d i a i r e , Fredericq ; D i s q u e m i n c e , Ranviee. Eine schmale, aber sehr bestimmt conturirte, stark licht- brechende Schicht, anisotrop ; ' quillt in Säuren später als alle anderen, bleibt hierbei schliesslich eventuell allein noch übrig, hängt mit dem Sarkoplasma enger zusammen als alle anderen, durch dasselbe dann auch wieder fester an den benachbarten Fibrillenbündeln sowie am Sarkolemm; ändert sich bei der Contraction nicht, und dient daher als sicheres Merkzeichen des Ortes. Färbt sich mit Hämatoxylin. Erscheint im negativen Goldbilde beträchtlich dunkler als (J. neutral grau oder mit einem violetten oder rothen Ton (Rollett). 2) Die Nebenschicht, X. Nach den Abbildungen zu schliessen wohl zuerst von Bowman (1840), dann von Brücke (11. XV. 1858 gesehen, benannt von Flögel als Körner sc hi cht (1871 >: Neben- scheibe, Engelmann ; D i s q u e s e c o n d a i r e oder a c c es s oi r e . Fredericq; Disque accessoire, Ranvier, stark lichtbrechende, schmalere oder breitere Schicht, anisotrop, quillt in Säuren früher als Z, verschwindet bei der Contraction als selbständiger streifen. Färbt sich mit Hämatoxylin; erscheint im negativen Goldbilde ähnlich gefärbt wie Z. nur etwas heller (Rollett). Sehr inconstant. 3) Die Querschicht, Q. Hauptsubstanz der BowMAN'schen Discs; doppelbrechende Substanz, Brücke: Hauptsubstanz, — 138 — Rollett; dunkles Querband, Merkel; Quers cheib e, Engel- mann. Eine breite, sehr deutlich hervortretende, stark lichtbrechende Schicht, anisotrop ; quillt in Säuren am schnellsten und stärksten, kann event. durch Säureeinwirkung- von dem benachbarten Q wahrscheinlich in Folge von Zerstörung von M getrennt werden (Säurezerfall) ; ändert sich bei der Contraction sehr wesentlich, bleibt aber immer doppel- brechend. Färbt sich mit Hämatoxylin nur im Ruhezustände; in diesem Zustande verleiht ihm Goldfärbung ein schön rothes Aussehen (Rollett). Constant. — Ein inconstanter aber häufiger Zustand von Q ist der, dass es aus einer schwächer lichtbrechenden {Qh) und einer stärker lichtbrechenden {Qd) Partie besteht. Qh ist dann auch schwächer anisotrop als Qd und entspricht dem Disque mediare, Fredericq; der Strie intermediaire, Ranvier, sowie dem, was Engelmann (zum Theil) und Rollett als HENSEN'sche „Mittelscheibe" ansehen. 4) Die Mittelschicht, M. Mittelscheibe (Hensen, Merkel, Nasse), HENSEN'sche Linie in Bezug auf die ganze Faser. Schon gezeichnet in der Figur 80 B (Froschmuskelfaser im Contractionszustande) der „Mikroskopischen Anatomie" von Kölliker (1850). Zuerst genauer studirt und benannt von Hensen (1868). Dieselbe ist eine sehr feine Schicht zwischen den beiden Q, resp. Qh, isotrop nach Merkel, schwä- cher anisotrop als Q nach Nasse. Sie ist von Engelmann, Ranvier, Rollett mit Qh zusammen geworfen worden. Bei Behandlung der Muskelfaser mit sehr schwacher Essigsäure bildet sie, da sie schwerer quillt als Q zunächst eine Einschnürung in der Mitte zwi- schen diesen, bei stärkerer Essigsäure verschwindet sie (Merkel). Sie ändert sich bei der Contraction nicht und tritt in der contrahirten Faser am klarsten hervor, da Q dann hell geworden ist. Sie färbt sich in geringem Grade mit Hämatoxylin (Merkel). Sicher immer vorhanden, aber wegen Zartheit und Lage zwischen den beiden Q nicht immer wahrzunehmen. Die in diesen verschiedenen Schichten auftretende Doppelbrechung würde nach der Hypothese von Brücke ev. durch kleine (nicht sicht- bare, nur gedachte) feste, stärker lichtbrechende und doppelbrechende Körperchen: Disdiaklasten verursacht werden, die in den Schichten in bestimmter Weise angeordnet lägen, und eine unveränderliche Grösse und Gestalt besässen. Durch die Einwirkung von Säuren und Alkalien würden sie eine Molekularveränderung erfahren und ihre doppelbrechen- den Eigenschaften einbüssen. Dieselben würden auch die Doppel- brechung der glatten Muskelzellen bewirken. 5) Die Schicht E (einfach brechende Substanz) und 139 6) Die Schicht J (isotrope Substanz) sind von Rollett und früher schon von EDELMANN in derjenigen Substanz unterschieden wurden, die sonst auch bezeichnet wurde als: einfach brechende Sub- stanz, Brücke; Z Avi s c h ens übst a n z , Rollett; M u s k e 1 k ii s t - c li e n f 1 ii s s i g k e i t , W. Krause ; i s o tr o p e Substanz, Merkel ; Substance claire isotrope, Fredericq; Bande claire, Ranvier. Wie man sieht, bezeichnen die oben zur Erklärung der Buchstaben- bezeichnung angeführten, in Klammern gesetzten, Namen dasselbe, nämlich die Haupteigenschaft dieser Substanz im Gegensatze zu den anderen Schichten. Es kam nur darauf an, die beiden Schichten mit Buchstaben zu fixiren, da sie bei Anwesenheit von N an verschiedenen Stellen liegen, und da sie sich in diesem Falle auch möglicherweise etwas verschieden verhalten. Fehlt N, so ist nur eine solche Schicht (J) vorhanden. Beide, J und Ü7, sind schwach lichtbrechend, isotrop, quellen bei Säureeinwirkung, erscheinen aber doch mehr passiv gegen- über dem Verhalten der anderen Schichten in diesem Falle ; färben sich nicht mit Hämatoxylin und Gold. 7) Hier würde sich dann endlich noch der Contractionsstreifen ( 'S anschliessen, jene Schicht, die sich bei der Contraction neu um Z herum bildet. Dieselbe besteht aus C-\-Z-\- C\ welches letztere die neu entstandene Contractionsschicht darstellt. Da Z meistens nicht mehr für sich zu erkennen ist, so erscheint es praktisch für die Kürze der Beschreibung noch CS als Bezeichnung einzuführen. C ist stark lichtbrechend, gewöhnlich einfachbrechend, mitunter mehr oder weniger stark doppelbrechend, färbt sich mit Hämatoxylin sehr intensiv. Die von Rollett (11, XLIX) vorgeschlagene Buchstabenbezeich- nung der einzelnen Schichten habe ich hier aeeeptirt, allerdings aber Q getheilt, M eingefügt und die Contractionsschicht noch besonders durch C bezeichnet. in Entwickelung und Werthigkeit der Muskelzelle und des Sarkolemms. Die Muskelfasern entwickeln sich aus einkernigen spin- delförmigen Zellen (Kölliker), die Kerne vermehren sich (durch Mi- tose) bei zunehmendem Wachsthum der Zelle schnell. In dem Proto- plasma, welches inzwischen an Menge ebenfalls zugenommen hat, ditferenziren sich die Fibrillen, die zunächst mehr peripherisch liegen, so dass, wie es bei niederen Thieren sich auch im erwachsenen Zu- stande oft findet, im Innern des Fibrillenmantels noch wieder ein Kern von Protoplasma liegt (vergl. auch oben das über den Bau der Muskel- fasern bei höher und tiefer stehenden Thieren Gesagte). Mit weiter- — 140 — gehender Entwickelung vermehren sich die Fibrillen weiter auf Kosten des Protoplasmas. Es ist darnach kein Zweifel, dass die vielkernige • Muskelfaser wirklich den Werth einer vielkernigen Zelle hat. Phy- siologisch würde dieselbe allerdings einer der Kernzahl entsprechen- den Menge von Zellen gleich zn achten sein. Der nicht getrennte vielkernige Zellleib ist aber physiologisch wieder vorteilhafter , da eine Nervenendigung ausreicht, um den ganzen Complex in Thätig- keit zu setzen und da die Gesammtcontraction der langen vielkernigen Zelle eine viel ausgiebigere sein kann, als die einer entsprechenden Anzahl kleiner. Es handelt sich hier also wieder um eine durch die Arbeitsteilung herbeigeführte Differenzirung, welche ihren Grund in der zweckentsprechenden Thätigkeit findet. Bei den Wirbelthieren sind die quergestreiften Muskelzellen meso- dermalen Ursprungs (wobei dann freilich die Ableitung des Mesoderms eventuell verschieden sein kann) , bei einer Anzahl niederer Thiere finden wir aber auch eine Entstehung direct aus Zellen des Ektoderms oder Entoderms. Das Sarkolemma ist seiner Abstammung nach noch zweifel- haft. Es wird sowohl als eine Zellmembran aufgefasst wie auch als ein Pro du et des die Muskelzelle einhüllenden Bindegewebes angesehen. Ich möchte die Frage noch als eine offene betrachten, mich aber mehr der zweiten Annahme zuneigen. Es veranlasst mich dazu der Umstand, dass bei der Endigung der Nervenfaser in der Mus- kelzelle das Sarkolemma, wahrscheinlich wenigstens, in die zweifellos bindegewebige ScHWANN'sche Scheide übergeht. — Seinem chemischen Verhalten nach unterscheidet sich das Sarkolemma sowohl von dem fibrillären Bindegewebe wie von dem elastischen Gewebe wesentlich; es steht dagegen den Membranae propriae der Drüsen sehr nahe (Chit- tenden 66, III; Ewald 10, XXVI). Da, wie wir oben (pp. 63 und 94) gesehen haben, es von diesen noch zweifelhaft ist, ob sie bindege- webigen oder epithelialen Ursprungs sind, so dürfte es auch für das Sarkolemma noch zweifelhaft bleiben, ob es von der Muskelzelle oder dem Bindegewebe abstammt. o) Vermehrung und Waehsthum. Die einmal angelegten Fasern vermehren sich nur durch Läng st h eilung, Neubildung nach embryonaler Art kommt nicht vor. Eine sich zur Längstheilung an- schickende Faser zeigt mehrere Kernreihen in ihrer Mantelschicht, Weismann 's che Kernreihenfasern. Die aus ihr hervorgehenden Tochterfasern sind zunächst sehr fein. Um die sich theilende Faser, später um die ganze Fasergruppe liegt eine bindegewebige, gefäss- 141 und kernreiche Scheide eins dem Perimysium gebildet . I>ie zu der Faser, res]», zu der Gruppe gehörige, sehr starke markhaltige Nerven- faser tritt durch die bindegewebige Bulle, mit welcher sich ihre Fi- brillenscheide (HENi,E'sche Scheide) verlandet, hindurch und lässt durch Theilung die Endigungen für die neuen Muskelfasern hervorgehen. Die so entstellenden dureli ilirc bindegewebige Bulle gegen die übrigen Fasern abgetrennten Bildungen haben verschiedene Namen erhalten: Muskelknospen (Kölliker), Muskelspindeln (Kühne), sie haben auch zu falschen Deutungen Veranlassung gegeben: „umschnürte Bündel" (Fraenkel), „neuromuskuläre Stämmchen" (Roth, 42, 1887, Nr. 8). Bei der weiteren Entwickelung der neugebildeten Muskel- fasern schwindet die dicke Scheide mehr und mehr, bis die gewöhn- liche Umhüllung des Perimysium aus ihr hervorgeht. Diese Art der Vermehrung findet sieh beim Embryo, beim Neu- geborenen und in späteren Lebensjahren. Das L ä n g e n w a c h s t h u m d e r Muskelzelle scheint nament- lich an den Enden derselben statt zu finden und zeigen diese zahl- reiche Kerne. Dass die Fasern der Dicke nach zunehmen, habe ich oben schon erwähnt (p. 116). Die Grössenzunahme der Muskeln nach der Geburt (bei Fröschen nach Aliwerfen des Schwanzes) scheint nur auf einem Wachs- thuin der einzelnen Muskelzellen, nicht auf einer Vermehrung derselben zu beruhen, da Zählungen der Fasern die gleiche Anzahl ergeben. Da nun aber, wie wir eben gesehen haben, auch später noch Thei- lungen der Muskelfasern vorkommen, so muss eine entsprechende An- zahl der letzteren constant physiologisch zu Grunde gehen. Die Margo- PAKETH'schen „Sarkoplasten", von denen die Autoren annahmen, dass sie einer Neubildung von Muskelfasern dienen sollten, sind wahrschein- lich solche Degenerationsprodukte. S. Mayer nennt dieselben Gebilde „Sarkolyten" (wegen des Näheren vergl. man S.Mayer: 43, 1887, VIII; 16, I, p. 231ff.; 44, IV, p. 129ff.; Barpurth 1, XXIX) und weist ein regelmässiges Zugrundegehen von Muskelfasern nach. (Betreffs der hier erwähnten Thatsachen vergl. auch: Felix 12. XLV1II: Riedel, 4."»; Kölliker, Bandb.). pj Verheilung von Muskelwunden. Nachdem zunächst eine direct durch die Verwundung bedingte Degeneration eingetreten ist, zeigt sich eine lebhafte Kernvermehrung an den der Wumle benach- barten Enden der Muskelfasern und ein Auswachsen derselben in Ge- stalt von kolbenförmigen oder spitzeren protoplasmatischen Fortsätzen. Es tritt also zunächst das Sarkoplasma in neubildende Thätigkeit, ver- — 142 — jungt sich gewissermaassen, wird wieder zu Protoplasma. Später tritt in den so auswaclisenden Muskelfasern von neuem Querstreifung' auf, d. h. Differenzirung von Fibrillen, indem zugleich die Kerne ausein- ander weichen. So wachsen die Fortsätze von beiden Enden der Wunde zwischen einander hin, dieselbe schliessend. Ist der Substanzverlust grösser als 1 cm, so bildet sich eine bindegewebige Narbe, in wel- cher dann auf beiden Seiten die ausgewachsenen Muskelfasern endigen. (Sokolow, 46, X p. 74, an Hunden und Katzen.) Dj Vereinigung der Muskelzellen zu Organen: Muskeln. Sowohl die einkernigen wie die vielkernigen Zellen lagern sich zu grösseren oft sehr umfangreichen Complexen zusammen, den Mus- keln. Die ersteren bilden den Herzmuskel, die letzteren die übrige Muskulatur. Beide Muskelarten sehen mehr oder weniger intensiv rotli aus, eine Farbe, die zum Theil allerdings von dem in den zahlreichen Blutgefässen der Muskeln enthaltene Blute, zum bei Weitem grössten Theile aber von der rothen Farbe herrührt, die der einzelnen Muskel- zelle eigenthümlich ist. 1) Die aus vielkernigen Zellen bestehenden Muskeln. a) Vorkommen. Solche Muskeln finden sich zunächst in der gesammten Skeletmuskulatur, dann in der Umgebung des Augapfels, an der Ohrmuschel und in der Paukenhöhle, am Anfange und Ende des Digestionstraetus, am Anfange des Eespirationstractus (Kehlkopf), an den Geschlechtsorganen und der Harnröhre. b) Allgemeine Struetur und Sehnenansatz. Wie schon früher angegeben, ist es das Bindegewebe, welches allen anderen Gewebs- elementen die Gefässe zuführt und daher überall zwischen dieselben eindringt. So ist auch in diesem Falle der ganze Muskel von einer aus fibrillärein Bindegewebe mit elastischen Fasern (s. „Bindesub- stanzen") gebildeten Hülle umgeben, dem Perimysium externum. Von diesem geht eine Anzahl von Zügen in das Innere des Muskels hinein, welche grössere Abtheilungen desselben umgeben; diese wer- den durch weitere Septa in kleinere Abtheilungen zerlegt, bis schliess- lich eine jede Muskelfaser von ihrer eigenen sehr zarten bindegewe- bigen Hülle bekleidet ist, die sich dem Sarkolemm enge anfügt. Dieses in dem Muskel befindliche Bindegewebe wird als Perimysium in- ternum bezeichnet. So zerfällt der ganze Muskel in eine grosse An- zahl von primären, secundären, tertiären Bündeln, in welchen die Muskel- — 143 zcllc die morphologische Einheit bildet. Je nachdem die Bindegewebs- septa mehr öder weniger mächtig sind, erscheint der Muskel mehrgrob- oder mehr feinfaserig. Die Nervenfasern benutzen gleich den Gefässen dieses Bindegewebe, um zu den einzelnen Fasern hinzugelangen. An den beiden Enden «les Muskels setzt sieh das Perimysium in rein bindegewebige Organe fort: die Sehnen. Ein jeder Muskel also. auch ein solcher, der scheinbar ganz unmittelbar von einem Skelet- theil entspringt, hat an jedem Ende eine »Seime, die allerdings anter Umstanden nur mikroskopisch sichtbar sein kann. Nur durch Ver- mittelung des Perimysium steht eine jede Muskel- faser mit diesen Sehnen in Verbindung. Bei der Con- ti- a c t i o n wird d i e F o r m v e r ä n cl e r u n g einer jeden Faser z u n ä c h s t auf ihrePerimysiumhülle übertragen, d u r c h diese auf die Sehne, so ist die Wirkung des Muskels die Resultante der auf das Perimysium ausgeübten Einwirkung aller seiner Fasern. Ueberlegt man dieses, so bietet für das Verständniss der Muskelwirkung auch die oben (p. HGj erwähnte Thatsache, dass eine mitunter recht grosse Anzahl von Muskel- fasern zu kurz sind, um den ganzen Muskel zu durchsetzen, keine Schwierigkeit : sie brauchen ja eben nur auf der Stelle, wo sie liegen, auf das Perimysium einzuwirken. Die nachstehende Figur 93 giebt einige Beispiele von der Art der Verbindung zwischen Muskelfaser und Sehne. Die Muskelfasern endigen theils stumpf, theils konisch auslaufend, theils mehr oder weniger tief gezackt, das Sarkolemm schmiegt sich in jedem Falle dem Inhalte unmittelbar an, das zu beiden Seiten der Muskelfaser befindliche Peri- mysium, das theilweise Blutgefässe führt, geht direct in die Sehne über. Um einen Begriff von der Menge der in einem Muskel ent- haltenen Fasern zu geben, führe ich einige Querschnittszählungen von Riedel an: M. cleidomastoideus bei einer Maus 1210 Fasern, bei einem Kaninchen 6324 Fasern. M. omohyoideus eines kräftigen neu- geborenen Kindes 20 808 Fasern. Derselbe Muskel bei einem Manne mit schwächerer Muskulatur 14 251 Fasern. c i Die Blutgefässe. Jeder Muskel wird durch einige (je nach Grösse und Lage wechselt die Zahl) grössere (»der kleinere Arterien versorgt, welche gewöhnlich von je zwei Venen begleitet werden. Diese Gefässe bilden, indem sie sich verästeln und mit benachbarten anasto- mosiren, zunächst ein gröberes Netzwerk, durch welches sie sämmt- lich unter einander in Verbindung treten. In den Maschen dieses wird durch neue kleinere Aestchen ein zweites feineres Netzwerk er- 144 Enden von quergestreiften Muskelfasern in Verbindung mit der Sehne. Aus dem M. gastro- enemius des Frosches nach Maceration in verdünntem Holzessig (1 Th. : 3 Th. "Wasser). M = Muskel; S = Sehne; Bl = Blutcapillare. A) Das Muskelende ist stark gezackt; B) das Muskelende ist konisch; C) die Muskelenden sind mehr stumpf. In Muskel und Sehne deut- lich vortretende Kerne , die Sehne setzt sich direct in das Perimysium neben und zwischen. den Muskelfasern fort. zeugt, dessen Maschen Räume ungefähr gleichen Inhalts einschliessen. Aus den Gefässen dieses entspringen, meist rechtwinkelig zur Faser- richtung des Muskels, feinste Arterien und Venen (Figur 94), aus denen endlich die Capillaren, resp. die vorcapillären Aestchen ihren Ursprung nehmen. In den beiden Netzen liegen stets je eine Arterie und eine Vene dicht neben einander (vergl. Figur), die letzten End- arterien und Endvenen verlaufen dagegen, wie Figur zeigt, durch Zwischenräume getrennt, mit einander abwechselnd, so dass stets eine Arterie zwischen zwei Venen, eine Vene zwischen zwei Arterien sich befindet (Spalteholz, 47, XIV, 1888). Bis hierhin liegen die G-e- fässe in den Septen des Perimysium, welche die einzelnen primären etc. Bündel von einander trennen. Die vorcapillären Aestchen der Arterien und die Capillaren selbst verlaufen im Wesentlichen parallel der Faserrichtung und zwar in dem Perimysium , das innerhalb der 1 15 primären Bündel die einzelnen Muskelfasern umgiebt. Die vorcapil- lären Aestchen der Venen sind relativ kurz und weit und bilden häufig mehr oder weniger deutliche Büschel. Die Venen selbst sind bis in die feinsten Aestchen mit gut schliessenden und sehr widerstandsfähigen Kluppen versehen (SpalteholzJ. Die Capillaren Blutgefässe des Muskels, die Arterien schwarz, die Venen schrafflrt. Die beiden grossen Stämme gehören einer Masche des feinen Netzes an , aus ihnen entspringen die Endarterien und Endvenen, aus diesen die Capillaren resp. die vorcapillären Arterien und Venen, welche entsprechend schwarz oder punktirt sind. Die kleine Endarterie links oben ist durch ein Versehen des Holzschneiders nach ihrer Spitze zu schraffirt worden. Aus dem M. adductor niagnus des Kaninchens. Copie n. SpALTEHOLZ (47, XIV, verlaufen der Länge nach an den Muskelfasern hin, dem Sarkolemm ziemlieh fest angeheftet. Jede Muskelfaser wird gleichzeitig von mehreren Capillaren an verschiedenen Stellen ihres Umfanges be- gleitet, welche aber immer nur eine relativ kurze Strecke an ihr herablaufen, dann anderen Platz machen. Es liegt das daran, dass die Capillaren entweder rechtwinkelig umbiegend auf eine benach- barte Faser übergehen oder nach der Vene abbiegen. Auch reeht- Schieff erd ecker-Kossel. J() — 146 — winkelige Anastomosen sind häufig. Durch beides wird es bewirkt, dass die Capillarmaschen die Form von Rechtecken erhalten, in deren Lumen die Muskelfaser liegt. Im ruhenden Muskel ist der Verlauf der Capillaren gestreckt, im contrahirten geschlängelt, oft so stark, dass die Breite der Schlängelungen der der Muskelfaser fast gleich ist. Dem entsprechend sieht man auf den beiden nebenstehenden Figuren 95 A und B, welche Querschnitte aus einem Muskel im er- A B lliÖ —=*-"*.—"" "- ^—, f f - KK?;"™' "'*' r ffilÄ&kS"" ™f ~~~ "*'* ; ■•*> , * *" • * H 9 % s* \ VV L' J - -! , ' '- * <"*», j1- ,.^:. - ; / r* v* \ t34 ■ ^Hr/ri- ■ yff -eV i- ! « d * * " .- ^ i < i"-f^< att?* >.-, - . v. • - f ^J >^ > /^ , M 95 Querschnitte aus dem M. seniitendinosus d. Hundes. Blutgefässe injicirt mit Berliner Blau. A) aus dem ruhenden Muskel, B) aus dem contrahirten Muskel. Copie n. Spalteholz (47, XIV, " schlafften und contrahirten Zustande darstellen, in jenem mehr Quer- schnitte, in diesem mehr Längsansichten von Capillaren in der Um- gebung der Muskelfasern. Aus dem eben Gesagten geht hervor, dass in dem Muskel einmal eine möglichst gleichmässige Versorgung mit Blut erreicht ist (Netze und gleichmässige Vertheilung der Endäste), dass zweitens der Stoff- umsatz zwischen Blut und Muskelfaser möglichst erleichtert ist (Menge der Capillaren und inniges Anliegen derselben an der Muskelfaser), dass drittens die Abführung des verbrauchten Blutes eine sehr aus- giebige ist (relative Weite der Endvenen und Menge der Klappen), alles Einrichtungen, wie sie für ein so plötzlich in lebhafteste Thätig- keit eintretendes Organ nothwendig sind. Andererseits ist aber ein jeder Muskel in Bezug auf den Blutstrom ein für sich abgeschlossenes Ganzes (Spalteholz), die vorhandenen Anastomosen mit den Gefässeu der Umgebung sind zu fein, um bei plötzlichem Verschluss eines Astes die Blutzufuhr herzustellen. Ein ähnliches Verhältniss soll stattfinden — 117 in Bezug auf die einen Muskel versorgenden Hauptstämme und die von ihnen abgehenden Aeste, auch hier sollen die Anastomosen dieser wegen ihrer Feinheit nicht genügen, den Verschluss eines Hauptstammes auszugleichen. d) Die Lymphgefässe des .Muskels sind noch oichl hinreichend genau bekannt. Die spärlichen Angaben der Autoren lauten sehr verschieden. Die Anfänge sind ganz unbekannt, von dem weiteren Verlaufe wird angegeben, dass er sieh dem der kleineren Blutgefässe anschliesse. Nach Ludwig und Schweigger-Seidel (49) ist es möglich, dass in den Fascien und .Sehnen der Muskeln die eigentlich abführen- den Wege sind. (Vergl. auch „Lymphgefässe der Sehne"). e) Die Nerven. Die zu den Muskeln verlaufenden Nerven sind theils markhaltig, theils marklos. Die ersteren zerfallen in motorische und sensible. et) Die motorischen Nerven und ihre Endigimg (Doyere's „Hü- gel" [1840], „motorische Endplatten", W. Krause [1863 und 1869]; I V V i 96 Nervenplexus und Endigungen aus einem Eidecbseumuskel nach Behandlung mit verdünnter Essigsäure. Vergr. 100. Links Plexus, daraus hervorgehend einzelne sich verästelnde Fasern, die zu den durch die Kerne ausgezeichneten motorischen Eudigungen hinziehen. Die Kerne der Muskelfasern und die der ScilWANN'schen Scheide sind nicht gezeichnet, das Bindegewebe ist ganz fortgelassen 10* -— * — 148 — „Plaques terminales", Rouget [1862], Kühne1 s „Nervenhügel", „moto- risches Geweih" l). Die dickeren Nervenstämnichen verästeln sich in dem Perimysium, ihre Aeste, namentlich die feineren, nur aus wenigen Fasern bestehenden, bilden Plexus in demselben (Figur 96). Die aus diesen hervortretenden einzelnen Nervenfasern theilen sich ein- bis zwei- bis dreimal, indem sie jedes Mal in zwei bis fünf Aeste zer- fallen (s. Figur). Hierdurch wird die Zahl der Nervenfasern beträcht- lich vermehrt und so schliesslich diejenige erreicht, welche nothwendig ist, um jede Muskelfaser mit einer oder mehreren Nervenendigungen zu versehen. Mitunter tritt die Plexus- bildung nicht so deutlich hervor, von dem Nervenstämmchen gehen nur re- lativ kurze Aeste ab, die bald endigen. Ein Beispiel dafür giebt Figur 97. In Bezug auf die Anzahl der Endi- gungen verhalten sich die Muskel- fasern verschieden. So erhalten nach Sandmann (15, 1885, phys. Abthlg., vergl. auch Mays 10, XX, XXII) die Fasern des M. gastrocnemius und des M. triceps des Frosches je eine Ner- venendigung etwa in der Mitte. Die des M. sartorius dagegen 2 bis 6 Ner- venendigungen und ebenso die des M. cutaneus ; bei dem durch Inscriptionen vollständig in Abschnitte zerlegten M. rectus abdominis besitzen die Fasern eines jeden Muskelsegments ihre eigene Nervenendigung. Die Muskel- fasern der Säugethiere scheinen da- gegen trotz ihrer grossen Länge nur je eine Nervenendigung zu benöthigen. Hierbei sind nicht als doppelte Ner- venendigungen gerechnet jene , in denen zwei kurze markhaltige Theil- fasern dicht neben einander auf derselben Muskelfaser endigen, so dass die beiden Endigungen gewissermaassen zu einer verschmelzen. Nervenverzweigung und -Endigung aus dem Zwerchfell eines 10 Tage alten Kanin- chens. Vergoldung. Schwache Vergrösse- rung. M = Muskel ; N = Nerv. ') Betreffs der älteren Litteratur sehe man Arndt (1, IX, 1873). 14!» Mitunter kommt es vor, dass ;ins einer schon marklos gewordenen Faser (s. weiter unten) sich ein Ast abzweigt, der wieder eine Mark- hülle erhält und in einer nicht weit abliegenden Faser endigl (Kühne). Häufiger ist es ferner zu beobachten, dass eine markhaltige Faser über eine Anzahl von Muskelfasern hinzieht und hin und wieder von den Stellen der BANViEit'schen Einschnürungen aus (s. „Nervengewebe") kurze Aestchen abgiebt, welche zu Endigungen in Muskelfasern hinziehen. Was die Art der Nervenendigung anlangt, so ist dieselbe durchaus charakteristisch (man vergleiche des besseren Verständnisses wegen das Capitel über das Nervengewebe). Die markhaltige Nerven- faser tritt als solche dicht an die Muskelfaser heran, ihre ScHWANN'sche Scheide verschmilzt mit dem Sarkolemm, der Axeneylinder allein tritt in die Muskelfaser ein, während das Mark unter Umständen schon ein kleines Ende vor der Muskelfaser zugespitzt aufhört. Der Axeneylinder verästelt sich dann in mannigfacher, sehr verschiedene Formen dar- bietender Weise, indem seine Aeste eine geweihartige Figur bilden (Kühne), welche in dem Innervationsfelde die Muskelfaser bedeckt. Der Umfang dieses Feldes, dessen Form meist eine Ellipse oder ein Parallelogramm darstellt , ist verschieden gross , beträgt gewöhnlich etwa ein Drittel des Umfanges der Muskelfaser, kann dieselbe unter Umständen aber auch fast ganz umgreifen (Kühne). Je nachdem die Aeste des Endgeweihes mehr schmale, gerade verlaufende Fasern dar- stellen oder je nachdem sie mehr breite platte bogen- oder hakenförmig verlaufende Bildungen sind, hat Kühne Stangenge weihe und Plattengeweihe unterschieden. Die Grundform der ersteren bildet ein H, die der letzteren ein kurzer Doppelhaken (7. Ob diese Ver- schiedenheit der Form eine bestimmte physiologische Bedeutung hat, ist noch nicht zu erweisen gewesen, jedenfalls erlaubt sie eine kurze Angabe der Form. S t a ngenge w e ih e linden sich hauptsächlich bei den Amphibien und Plattengeweihe bei den Reptilien. Vögeln und Säugern, doch kommen bei beiden Abtheilungen Ueber- gänge zu der andern Geweihform vor, die atypischen Geweihe (Kühne). An der Stelle des Innervationsfeldes ist der Inhalt der querge- streiften Muskelfaser meistens bedeckt von einer feinkörnigen Masse, in welche die Aeste des Axencylinders eingelagert sind: die Granu- losa oder Substanz der Sohle (Kühne). Dieselbe ist wohl ziem- lich sicher als eine Ansammlung des Sarkoplasmas zu betrachten, welche demgemäss mit dem sonstigen die Muskelfaser durchziehenden Sarko- plasmanetz in unmittelbarer Verbindung steht. Die in der Sohle vielfach 150 vorkommenden Kerne („Sohlenkerne", Kühne, „Noyaux fondanientaux", Ranvier) würden demgemäss Muskelkerne sein. Je nach der Mächtig- keit der Granulosa begleitet dieselbe die einzelnen Axencylinderäste neben, resp. unter ihnen liegend in verschwindend geringer Menge (so bei den Stangengeweihen, wo sie unter Umständen unsichtbar werden kann), oder in grösserer Menge deutlich zwischen und unter den Aesten sichtbar (so bei den Plattengeweihen) und vermag dann mitunter eine solche Mächtigkeit zu erreichen, dass sie als eine dicke Auflagerung erscheint, welche auf dem Querschnitt zusammen mit den eventuell über einander liegenden Greweihästen bis ijb des Durchmessers der Muskelsubstanz betragen kann (Kühne). Es wird unter diesen Um- ständen nicht Wunder nehmen, dass die motorische Nervenendigung häutig wie ein kleiner Hügel vorspringt („Doyere's Hügel", zuerst gesehen bei Insecten : Milnesium tardigradum) und dass ein solcher sich namentlich bei den Reptilien und Säugern, welche Plattengeweihe besitzen, häufig erkennen lässt, wobei der Nerv vielfach an der Basis des Hügels eintritt (Figur 98). Ob auch die mitunter an Stangengeweihen vorkommen- den, von Kühne als End- knospen bezeichneten, den schmalen Aesten dicht anlie- genden Kerne zu den Sohlen- kernen zu rechnen sein dürf- ten, ist wahrscheinlich, aber noch zweifelhaft. Hervorzu- heben habe ich hier , dass Kölliker, Krause und Andere die Ansicht vertreten , dass die Verästelung des Axency- linders, das Endgeweih, nicht zwischen Sarkolemm und Muskelinhalt, sondern auf dem Sarkolemm ' gelegen sei, dass die ScHWANN'sche Scheide die Verästelungen bis zu Ende begleite und die HENLE'sche resp. die Perineuralscheide sich mit dem Sarkolemm verbinde. In diesem Falle würde natürlich die Granulosa nicht mit dem Sarkoplasma iden- tisch sein können, sondern von der ScHWANN'schen und der HENLE'schen Scheide abzuleiten sein. Ich möchte mich, wie aus dem Obigen hervor- geht, der entgegengesetzten, von Kühne und wohl der Mehrzahl der Forscher vertretenen Ansicht anschliessen. Das Genauere der Kühne- schen Auffassung anlangend, so will ich hier nur kurz erwähnen, dass 98 Nervenendigung (Plattengeweih) von der Maus. Ver- goldung, Nervenhügel, Profil. Der Nerv tritt an der Basis ein. Querstreifung des Muskels und Sohlen- kerne nicht gezeichnet. Copie n. KÜHNE (10, XXIII). — i 5 l derselbe an der stelle des Nerveneintritts und im Bereiche des bis 20 .Minuten. Dann zerzupfe man ein solches Stückchen in derselben Kalilauge auf dem Object- träger, und sehe es darin an. Bei Wasserzusatz tritt die Wirkung der verdünnten Kalilauge: Zerstörung der Muskelzellen durch Auflösung ein. Man wird hier eine Menge Zellen isolirt, andere noch theüweise im Zusammenhange linden. I>ie Zellen werden theüweise geschrumpft sein, ebenso die Kerne. — Will man derartige Zellen färben und aufbewahren, so muss man die in dem Stück enthaltene Kalilauge sehr schnell und gründlich neutralisiren. Zu diesem Zwecke bringe man ein kleines Stück- chen des macerirten Gewebes in eine reichliche Menge von öOprocentiger (oder etwas schwächerer) Essigsäure und bewege dasselbe in dieser mit einer Nadel hin und her. Nach kurzer Zeit nehme man es heraus, wasche es in mehrfach gewechseltem destillirten Wasser aus, bringe es in Alaun- carmin, wasche wieder ab, dann zerzupfe und conservire man in Glycerin oder FARRANT'scher Flüssigkeit. Oft werden derartige Präparate sehr schön, mitunter misslingen sie, da die Neutralisirung nicht schnell genug erfolgt ist. — b) Man lege ebensolche Stückchen in Salpetersäure von 20°/0 für etwa o Tage, dann zerschüttele man im Reagensglase mit Wasser. Die Zellen sind hierbei meist stärker geschrumpft als bei der vorigen Methode, la) Glatte Muskelzellen mit deutlicher fibrillärer Strei- fung erhält man (vergl. auch 5 b) a) wenn man Stückchen des Frosch- magens 24 Stunden in Drittelalkohol macerirt (Engelmann G, XXV), b) wenn man Schnitte durch die Muskulatur des frischen Froschmagens (ev. mit Doppelmesser) in 8 bis lOprocentige Lösungen von Chlornatrium, Chlorkalium, Kalisalpeter, schwefelsaurem Natron legt. Die Bilder bleiben etwa Va Stunde und länger scharf (Engelmann G, XXV), c) wenn man kleine Stückchen aus der Muskelschicht der Vena cava eines Rindes für 24 Stunden in 8 bis lOprocentige Kochsalzlösung legt, dann in Glycerin zerzupft (Orth, Histologie). 2) Um die Anordnungder g 1 a 1 1 e n Muske 1 z e 11 e n zuBündeln zu sehen, nehme man einen Frosch, der schon mehrere Tage gefangen ist, decapitire denselben. Nach Aufschneiden des Bauches findet man die Harn- blase gewöhnlich stark gefüllt. Man lege vorsichtig eine Fadenschlinge um und binde ab. Man hänge dann die gefüllte Blase an dem Faden in ein Glas mit Alkohol 96°/0. Nach kurzer Zeit schneide man die gehärtete Blase auf, lasse die Flüssigkeit herausfliessen und bringe sie dann wieder in Alkohol. Stücke davon färbe man dann mit. Lithioncarmin — Pikrinsäure, oder noch besser Eosin -Methylviolett (Dahlia), oder Eosin -Hämatoxylin. Aufheben in Balsam. 3) Durchflechtung von Bündeln glatter Zellen nach den verschiedensten Richtungen hin zeigen Schnitte vom gehärteten Uterus und gehärteter Säugethierblase. Färbung wie oben. 4) Einzelne distinete Muskelchen aus glatter Muskula- tur findet man sehr schön an Schnitten durch behaarte Haut: arrectores pilorum. Ihre sogenannten „elastischen Sehnen" erhält man nach Färbung der elastischen Fasern der betreuenden Schnitte. Eni diese Muskeln gut zu sehen, muss man natürlich die Ilaare nicht nur im Längsschnitte treuen. sondern auch so, dnss man in der Neigungsebene des Ilaares sich befindet. — 156 — 5) Schichten glatter Muskulatur in rechtwinklig aufein- ander stehenden Lagen erhält man : a) wenn man ein Stück Darm härtet (Alkohol, MÜLLEit'sche Fl. oder sonst beliebig) und dann genau entweder parallel zur Längsaxe oder senkrecht zu derselben Schnitte durch die Dicke der Darmwand anfertigt. Man kann, um leichter gute Schnitte zu erhalten, auch in der Submucosa trennen und so nur die Muskelschichten für sich schneiden. Man erhält immer die Fasern einer Schicht im Querschnitte, die der anderen im Längsschnitte, sieht auch hier Anordnung in grössere Bündel und Bindegewebssepta. Färbung ziem- lich beliebig, am besten eine Doppelfärbung (Carmin - Pikrinsäure , Häma- toxylin-Pikrinsäure, Eosin-Hämatoxylin etc.) • b) um zugleich Fibrillen im Längs- und Querschnitte sowie die Kan- nelirung der Muskelzellen zu sehen, fixire man ein Stück Darmwand ganz frisch in Chromosmiumessigsäure und fertige nach Paraffineinbettung ev. mit vorheriger Färbung durch Boraxcarmin, sehr feine Schnitte an (Bakfurth). 6) Kerntheilung. Den Darm neugeborener Katzen kann man nach Behandlung mit einer Fixirungsflüssigkeit (Chromosmiumessigsäure, Sublimat, Alkohol absol., Pikrinsäure) sehr schön verwenden, um Kerntheilungen in den glatten Muskelzellen zu sehen. Färbung mit Safranin, Gentianaviolett, BiONDi'scher Flüssigkeit, Carmin, Delafield's Hämatoxylin. Schnitte am besten nach Einbettung (Celloidin, Paraffin). 7) B e a c t i o n e n m i t E s s i g s ä u r e u n d K a 1 i kann man an Schnitten machen, die man mit dem Skalpelle von getrockneter Darmmuskulatur (auf Kork aufgespannt getrocknet) gewonnen hat. Dieselben kommen zunächst in Wasser. 8) Glattes Muskelgewebe mit injicirten Gefässen studirt man an den betreffenden injicirten Organen (Darm, Blase, Uterus etc.). 9) Zum Studium der Nerven hat man bisher meist Goldchlorid an- gewendet, doch würde auch Methylenblau zu versuchen sein. II. Quergestreifte Mnskelzellen. 10) Um sich zunächst ein Bild von quergestreiften Muskel- zellen zu verschaffen, zerzupfe man einen frischen Muskel in indifferenter Flüssigkeit oder ein Stückchen Rauchfleisch in Wasser. Um die Fasern der ganzen Länge nach zu sehen, muss man Macerations- methoden anwenden : a) Kalilauge. Man lege einen Gastrocnemius des Frosches in 33pro- centige Kalilauge für 20 Minuten und auch noch länger, zerzupfe vorsichtig in der Lauge. Man erhält so leicht die ganzen Zellen isolirt, erkennt die Menge der Kerne und die Form der Enden. — Unter Umständen gelingt es auch, diese Präparate zu neutralisiren, zu härten und aufzuheben (siehe deshalb Nr. 1). b) Holzessig. Man lege einen Gastrocnemius vom Frosch in Holz- essig (1 zu 2 bis 3 Wasser) für Wochen und Monate. Das Bindegewebe quillt glasig auf und man kann die braunen, gehärteten Fasern gut isoliren. Schöne Querstreifung, deutliche Kerne, Verhältniss des Perimysiums zur Sehne. Ansehen und Aufbewahren ohne Färbung in Glycerin. 157 o) Salpetersäure — Chlorsaures Kali nach v. Wittich. Man koche einen Eroschrauskel (Gastrocnemius) ganz kurze Zeit (wenige Minuten) in einer Mischung von: Aq. dest. . . 200 cc Salpetersäure . 1 cc Chlorsaur. Kali 0,06 g Abwaschen in Wasser, Ansehen in Glycerin. Die Methode geht schnell und giebt ziemlich gut erhaltene Fasern. d) Salicylsäure nach Froriep. Der Muskel wird einige Tage in 2,5procentiger alkoholischer SaUcylsäurelösung ausgespannt aufbewahrt, dann wird er 2 Stunden in einprocentiger wässeriger SaUcylsäurelösung gekocht, und bleibt endlich noch mehrere Tage in einer kaltgesättigten wässerigen »SaUcylsäurelösung. Die Methode ist sehr gut. Die Fasern werden dabei ausserordentlich fest und widerstandsfällig. Man kann natürlich auch jeden anderen Muskel auf diese Arten ma- ceriren, der Gastrocnemius des Frosches ist nur sehr bequem. 11) Verästelte Muskelzellen erhält man bei den oben angegebe- nen Macerirmethoden theils aus den langen Extremitätenmuskeln, theils, und zwar am leichtesten und besten aus der Zunge. Sehr bequem ist da wieder die Froschzunge, die man entweder in kleine Stücke schneidet und mit Kalilauge behandelt (wie oben), oder die man ganz oder halbirt mit der FRORiEP'schen Salicylsäuremethode macerirt, wobei sie auch ganz aus- gezeichnete Bilder giebt. 12) Um ein schönes Bild der frischen Faser zu erhalten, zer- zupfe man ein Stückchen des noch lebenden Muskels eines Thiers in Ei weiss. Man nehme hierzu entweder ein Stück Muskel von einem schnell getödteten Säugethiere, oder bequemer von einem eben decapitirten Frosche, oder von einem Arthropoden. Man reisse z. B. einer lebenden Fliege ein Bein aus, ziehe schnell den Muskel aus der Schiene heraus und untersuche. Oder man wähle einen Käfer, einen Krebs (Scheerenmuskel). Auch in seinem eigenen Safte ohne jede Zusatzflüssigkeit studire man den Muskel. Man sieht hierbei gut das Querstreifungsbild des frischen Muskels und Contractionen, Contractionswellen desselben. 13) Quellung. Fügt man der indifferenten Flüssigkeit, in welcher frische Muskelfasern sich befinden, Aq. dest. zu, so beginnt eine Quellung einzutreten, die mit der Menge desselben zunimmt. Das Sarkolemma hebt sich hin und wieder ab, die bis dahin kaum sichtbaren Kerne werden deut- licher. Alles tritt stärker ein, wenn man frischen Muskel direct in Aq. dest. zerzupft. — Setzt man dem vorigen Präparate noch ein wenig Essigsäure zu, so wird die Quellung weit stärker, die Kerne und interstitiellen Körner- reihen treten scharf hervor. An den Hissenden quillt der Zellinhalt stark über das Sarkolemma hervor. In ihm sieht man die Kerne liegen. 14) Um Querschnitte der Muskelfasern zu erhalten, auf denen man dann, oft sehr schön, die CoHNHEm'schcn Felder und eventuell auch deren Zusammensetzung aus Fibrillen sieht, kann man auf folgende Weise verfahren : a) Man nehme einen Muskel mit parallel der Axe verlaufenden Fasern. z. B. den M. sartorius des Frosches, stecke ihn an den beiden Sehnenenden auf einer Korkplatte fest und trockne ihn. Man mache dann irgendwo — 158 — einen genauen Querschnitt und schneide nun ganz dünne Scheibchen des Muskels (den man am besten auf einem Stücke der Korkplatte kleben bleiben lässt), die man in Wasser legt, in' diesem ansieht, oder färbt und weiter behandelt. b) Man bringe ein noch lebendes passendes Muskelstückchen in Ei- weiss auf ein Gefriermikrotom, schneide mit gut gekühltem Messer, so dass das Scheibchen mit dem anhaftenden Eiweiss noch hart auf den Object- träger gelangt und erst auf diesem aufthaut. Es liegt dann das Scheibchen, das sich von selbst in dem aufthauenden Eiweiss ausbreitet, gleich in der gewünschten Lage und Flüssigkeit auf dem Objectträger bereit. Schliess- lich kann man unter dem Deckglase das Eiweiss allmählich durch Glycerin (2 Th. auf 1 Th. Wasser) ersetzen, ohne dass eine Schrumpfung des Schnittes eintritt, und diesen so dauernd konserviren (Eollett). c) Man härte das Muskelstückchen in Alkohol, bette es dann in Cel- loidin ein. Bei Käfern, bei denen die Weichheit des Chitinpanzers das er- laubt, kann man den Kopf, den Prothorax, die Flügelbrust, ganze Beine so einlegen. Man schneide mit einem Mikrotom und färbe mit Häinatoxylin- Glycerin nach Kenaut ' : man nehme einen Tropfen und bereite mit sehr viel Aq. dest. die ganz schwach violett gefärbte Färbeflüssigkeit. In dieser lasse man die Schnitte etwa 12 Stunden, dann Einlegen und Aufheben in verdünntem Glycerin oder in Xylol-Damar nach Origanumöl (Eollett 11, LI p. 24, 25 und 11, XLIX p. 97). Die Muskelsäulchen und die Kerne sind dann violett gefärbt. d) Man spanne einen noch lebenden, frei präparirten M. sartorius des Frosches auf einem Korkrahmen auf oder entnehme dem eben getödteten Thier die enthäuteten Schenkel und lege das Präparat in ÜERMANN'sche Lösung2 für eine oder mehrere Stunden. Dann Auswässern, Alkohol, Ein- bettung eines Stückes des Sartorius oder sonst eines parallelfaserigen Mus- kels in Paraffin. Die ungefärbten oder mit DELArrELD'schem Hämatoxylin gefärbten, sehr dünnen Schnitte zeigen prächtig die Fibrillen, wogegen die Felderung zurücktritt. Am besten vergleicht man daher ein solches Präparat mit einem von einem getrockneten Muskel etc. erhaltenen. 15) Bei der Goldfärbung erhält man am Muskel das positive Bild (Sarkoplasma dunkel, Muskelsäulchen hell) auf folgende Weise : man lege ganz frische Muskelstückchen in eine 0,5 procentige Lösung von Goldchlorid, lasse sie darin 5 bis 10 bis 15 Minuten, während man sie mittels Platinnadeln (feinen Holzstäbchen, Glasstäbchen) etwas auseinanderzieht. Dann hebe man sie heraus, sauge das überflüssige Goldchlorid mit Fliesspapier möglichst vollständig ab und bringe sie in einprocentige Ameisensäure oder Bastian- *) Hämatoxylin-Glycerin nach RENAUT. Man mache eine gesättigte Lösung von Kalialaun in starkem Glycerin, setze hierzu tropfenweise etwa ein Viertel des Volumens einer concentrirten Lösung von Hämatoxylin in Alkohol. Setzt man zuviel zu, so trübt sich die Flüssigkeit, und man muss wieder Alaun-Glycerin zufügen. Man filtrire und setze die Lösung für einige Wochen dem Lichte und der Luft aus , so lange bis Alkohol durch den Geruch nicht mehr nachweisbar ist. Dann filtrire man wieder ; die Lösung ist fertig. (Arch. d. Physiol. norm, et pathol. 1881, p. 640.) 2) Von HEKMANN modificirte ELEMMING'sche Flüssigkeit: für Säuger: einprocentige Lösung von Platinchlorid 15 Maassth. , 2 procentige Lösung von Osmiumsäure 4 Maassth., Eisessig 1 Maassth., für Salamandra: statt 4 nur 2 Maassth. Osmiumsäurelösung. — 1 59 — PKiTCHARD'sche Reductionsflüssigkeit '. Ist die Reduction eingetreten, so bringe man ein Stückchen in verdünntem Glycerin (Glycerin 2 Th., Aq. dost, 1 Th.) auf den Objectträger. Zerhackt man nun das MuskelBtückchen quer zu seinem Faserverlauf fein mit einem scharfen Scalpell, s<> erhall man immer eine Anzahl brauchbarer (Querschnitte. Durch einfaches Zer- zupfen des Muskelstückchens erhält man die dazu gehörigen Längsbilder (Roulett 1, XXXIII. p. 237). Negative Goldbilder (Sarkoplasma hell, Muskelsäulchen dunkelj stellt man auf folgende Weise dar: man lege das Muskelstückchen resp. bei Arthropoden das ganze Thier für 24 bis 48 Stunden in Alkohol 93°/0, d. 1). W3°/0 des käuflichen absoluten Alkohols, darauf für 24 Stunden in Gly- cerin, dann kleine Muskelstückchen in die Goldlösung und behandele auch weiter wie oben. Haben die Muskeln längere Zeit in Alkohol oder nach kurzer Alkoholzeit lange Zeit in Glycerin gelegen, so färben sie sich mit Gold intensiver (aber nicht mehr so distinet) und man muss daher das Gold- bad abkürzen (5 Minuten). Ueberträgt man von Alkohol direct in Gold, ohne Glycerin, so erhält man Niederschläge (Rollett 11, LI p. 65). 16) Querstreifung. Um die Querstreifung zu studiren, untersuche man zunächst den lebenden Muskel in Eiweiss (s. 12). Sodann behandele man Muskeln resp. ganze Arthropoden mit Alkohol 96%. Nach einigen Tagen zerfallen die Muskeln beim Zerzupfen in Fibrillen. Man kann diese in ver- dünntem oder reinem Glycerin untersuchen, oder auch sie erst färben (mit Delafield's Hämatoxylin oder Renaut's Häniatoxylin-Glyeerin, von beiden sehr verdünnte Lösungen, 12 bis 24 Stunden), dann untersuchen in Gly- cerin, FARRANT'seher Flüssigkeit, Oel, Balsam. — Bei den im Alkohol ab- gestorbenen Muskeln wird man vielfach die verschiedensten Stadien von äusserster Ruhe bis äusserste Contraction finden. — Weitere gute Mittel, um Fibrillen zu erhalten sind: concentrirte wässerige Lösungen von Benzoe- säure, Salicylsäure und eine O,lprocentige Lösung von Chromsäure. 17) Untersuchung im polarisirten Lichte. Ganz stark aufge- hellte, ungefärbte, in Balsam liegende Fibrillen eignen sich für die Unter- suchung mit dem Polarisationsmikroskope. Um die bekannten Farben- erscheinungen zu bekommen, welche zur Erkennung der feineren Details sehr nützlich sind, kann man gleichzeitig ein Glimmerplättchen als U/nter- lage für die Muskeln mit einschliessen. Man mache das so, dass man von einer Glhnmerplatte Stückchen abschneidet, die der Form der Deckgläser entsprechend, doch kleiner sind als diese. Diese Stückchen koche man in Terpentinöl aus, um die Luft zu verdrängen, tauche sie nach dem Erkalten in Damarlack, bringe sie mit diesem auf den Objectträger. Sodann breite man auf ihnen die gleichfalls durch Terpentinöl aufgehellten Muskelfasern aus, setze Damarlack zu und lege ein Deckglas auf. LTm die Fasern vor Druck zu bewahren , kann man auch noch an den Seiten des Glimmer- plättchens einige Stücke eines zerbrochenen Deckglases mit einschliessen, damit das Deckglas auf ihnen eine Stütze findet (Brücke 11, XV. p. 71). J) Reductionsflüssigkeit nach PRITCHARD ist : Alkoh. amylic. 1 g Acid. formicuni 1 g Aq. dest. 98 g 160 — 18) Scheibenzerfall durch Alkohol. Rollett hat (11. XLIX. p. 89 bis 92) eine grosse Menge von Käferarten angeführt, die er unter- sucht hat, und aus diesen diejenigen hervorgehoben, die nach 24 bis 48 stün- digem Einlegen in einen Alkohol von 93 °/0 (Volumprocente eines Alkohols von 0,7951 spec. Gew. bei 12° R. nach dem in Oesterreich eingeführten Alkoholometer. Man nehme einfach Alkohol absol. und setze auf 93 Vol.- 7 Th. Aq. dest. zu), einen Scheibenzerfall erkennen Hessen. Ich nenne hier von diesen folgende häufig vorkommende Arten: Aphodius (Dungkäfer) fimetarius L., fossor L., granarius L., iniquatus F., prodromus Brahm., Sphaeridium scarabaeoides L., bipustulatum F., Opatrum (Staubkäfer) sabulosum L., Ontophagus taurus Schreber., fracticornis Preyssl., ovatus L., Cercyon flavipes F., Hister quadrinotatus Scriba, Silp ha (Aaskäfer) obscura L., Blaps mortisaga L. Doch findet man natürlich auch bei an- deren Arten Scheibenzerfall, ich habe denselben z. B. sehr schön bei Dy- tiscus gesehen. Diese Muskeln untersuche man nach 24 bis 48 Stunden oder auch noch während der ersten 12 bis 14 Tage. Will man nur die ungefärbte Faser in verdünntem Glycerin (2:1) ansehen, so untersucht man schon nach 24 bis 48 Stunden, will man mit Renaut's Hämatoxylin-Glycerin (s. p. 158) färben, so nach 10 bis 12 Tagen (Rollett). 19) Säure Wirkung. Um die Einwirkung von Säuren auf die quer- gestreifte Substanz zu untersuchen, verfahre man folgendermaassen : a) Ganz schwache Säurewirkung. Man nehme zuerst die unter 18 angegebenen Muskeln nach 24 stündigem Verweilen in Alkohol, und bringe sie in verdünntem Alkohol unter das Deckglas. Dann setze man an den Rand des Deckgläschens einen Tropfen Glycerin, welchem eine Spur von einprocentiger Ameisensäure zugesetzt ist, lege an die Mitte des gegenüber befindlichen Randes des Deckgläschens ein zungenförmiges Stückchen Fliesspapier und sauge so das saure Glycerin unter das Deck- glas. Man muss dabei sehr vorsichtig verfahren, da die Säurewirkung leicht zu stark wird. Geschieht dieses doch, so nehme man Muskeln, die 2 bis 4 Tage in Alkohol und dann in verdünntem Glycerin (2:1) gelegen haben. Die längere Einwirkung des Alkohols hindert die schnelle Einwirkung der Säure, das Glycerin hindert wieder eine zu starke Alkoholwirkung. — Später kann man dann die Säure auch auf frische Muskeln einwirken lassen. b) Stärkere Säurewirkung: Man nehme wieder die obigen Muskeln nach 24 bis 48 Stunden und ersetze jetzt durch rasches Ansaugen das Glycerin durch einprocentige Ameisensäure. — Später untersuche man auch frische Muskeln. — Ein rascher explosionsartiger Säurezerfall in Scheiben ist namentlich bei kleineren Carabiden zu beobachten: Platynus angusti- collis und albipes, Agonum prasinum, Pterostichus transversalis, Brachinus crepitans, Nebria picicornis (Rollett). 20) Um den Bau eines ganzen Muskels zu studiren, nehme man am besten einen, der mit Carminleim injicirt ist (Injection von einer ge- nügend grossen Extremitätenarterie oder von der Aorta aus), härte in Al- kohol, bette in Celloidin ein, färbe mit Hämatoxylin, hebe in Balsam auf. Man mache Längsschnitte , event. auch mit durch die Sehne , und Quer- schnitte. i <; i 21) Herz m uskel. a) Um die Zellen zu isoliren, wende man wieder Kalilauge an, wie in I (Frosch, Säugethier). b) Frischen Herzmuskel zerzupfe man in Eiweiss, Jodserum, physio- logischer Kochsalzlösung. Setze auch wieder Essigsäure zu. c) Man lege kleine Stückchen frischen Herzmuskels in eine etwa 0,25 procentige Lösung von Argent. nitric, um die Kittlinien zu versilbern. (1) Man härte ein Herz in Alkohol und mache dann Schnitte, einmal parallel der Faserung, einmal quer zu derselben. Färbung mit Lithion- carmin- Pikrinsäure, Renaut's Hämatoxylin - Glycerin (namentlich für die Querschnittbilder), Delafield's Hämatoxylin. Um gute Querschnitt- bilder zu erhalten, ist es vorteilhaft, in Celloidin einzubetten. Die Längs- schnitte macht man besser ohne Einbettung, da es ganz praktisch ist, sie nachher etwas auseinanderzuziehen, um die spitzwinkligen Maschen besser zu sehen. 22) Die Nervenausbreitung. a) Um ein Bild der Nervenausbreitung rasch zu gewinnen, behandle man einen kleinen frischen Muskel, Brusthautmuskel des Frosches, Retractor bulbi einer Katze, Stück des mittleren Drittels der Oberschenkelmuskeln einer Eidechse mit der von Kölliker angegebenen sehr verdünnten Essig- säure (auf 100 cc Aq. dest. 8 bis 16 Tropfen Acid. acetic. conc. von 1,045 spec. Gew.). Die Muskeln werden schon nach wenigen Stunden sehr durch- sichtig und halten sich tagelang in gutem Zustande (vergl. Figur 96). Man erkennt die Plexus, Theilungen und Nervenendigungen. b) Man untersuche die erwähnten Muskeln frisch in Jodserum oder Kochsalzlösung, indem man sie darin zerzupft: frische Nervenendigungen. c) Man versilbere oder vergolde die Muskeln, zu welchem Zwecke die verschiedensten Methoden angegeben sind, die alle mehr oder weniger un- sicher sind und unter Umständen ausgezeichnete Bilder liefern. d) Recht schöne Bilder für Nervenverbreitung und Endigung liefert bisweilen das Methylenblau, welches man dem lebenden Frosch injicirt. Fixirung der gefärbten Theile unter Zutritt der Luft in einer Mischung von einer concentrirten Lösung des pikrinsauren Ammoniaks und Glycerin zu gleichen Theilen oder in Hoyer's Pikrocarmin. e) Uni die sich theilenden WEiSMAira'schen Kernreihenfasern (Muskel- knospen) zu sehen, empfiehlt Kölliker sie in dem Brusthautmuskel des Frosches nach Essigsäure aufzusuchen, ferner Vergoldung. Um die Muskel- knospen zu finden, folgt man den Ausbreitungen der Nerven. Zur weiteren Erforschung Querschnitte von beliebig erhärteten und gefärbten Muskeln, ;im besten von solchen, die mit verdünnter Osmiumsäure injicirt worden sind. Schieffei docker-Kossel. ]_]_ FÜNFTES CAPITEL. Ueber die chemische Zusammensetzung der Muskeln. Unter den chemischen Produkten, aus denen die Muskelfasern bestehen, finden sich zunächst alle diejenigen Stoffe, welche im zweiten Capitel als primäre Bestandtheile der Zelle bezeichnet sind. Die Mus- keln enthalten demnach Eiweiss und Nucle'm, ersteres in grosser, letz- teres in verschwindend geringer Menge, daneben auch Hypoxanthin und Xanthin, Lecithin, Cholesterin und anorganische Stoffe : Kalium, Mag- nesium, Calcium, Eisen und Phosphorsäure. Als secundäre Bestand- theile treten hinzu: Blutfarbstoff, eine keratinähnliche Substanz, welche das Sarkolemm bildet, lösliche Fermente, Kreatin, Kreatinin, Carnin, Gruanin, Harnsäure, Harnstoff; Taurin und Glycocoll; Inosinsäure, Protsäure, Glykogen, Dextrin, Zucker, Scyllit, Inosit, Milchsäure und Chlornatrium. Die Eiweisskörper sind in der lebenden Muskelfaser in einem Zustande vorhanden, welcher der Untersuchung bisher nur wenig zu- gänglich gewesen ist. Nach dem Tode erfolgen chemische Verände- rungen der Eiweisssubstanz , welche mit einer Erstarrung verbunden sind; der hiedurch hervorgerufene Zustand der Muskelfaser heisst „Todtenstarr e". Die Todtenstarre tritt sowohl bei quergestreiften, als auch bei glatten Muskeln ein; sie kann sich auch in einzelnen Muskelbündeln des lebenden Warmblüters einstellen, sobald die Blutzufuhr zu ihnen abgeschnitten ist. Ihr Eintritt nach dem Tode hängt von gewissen Bedingungen ab ; die Starre erfolgt schneller, wenn die Muskeln un- mittelbar vor dem Tode thätig waren, oder wenn sie sich im Zustande — 163 — der Dehnung oder Belastung- befinden, oder wenn die Temperatur erhöht ist. Von dieser spontan eintretenden Starre ist die künstlich hervorgerufene zu unterscheiden. Alle Verhältnisse, welche eine Coa- gulation oder Ausscheidung von unlöslichem Eiweiss hervorrufen, be- dingen auch ein Starrwerden der Muskeln. In dieser Weise wirkt z. B. eine Erwärmung auf 45 — 47°, Injection von Wasser in die Gefässe (durch das Wasser werden Grlobulinsubstanzen gefällt), oder andere chemische Agenden. Andererseits kann die Starre auch wie- der gelöst werden, wenn solche Bedingungen vorhanden sind, welche eine Auflösung oder Zersetzung der ausgeschiedenen Eiweisssubstanz vermitteln. Die Todtenstarre hört deshalb auf, sobald die Fäulniss beginnt, ebenso kann man durch lOprocentige Kochsalzlösung den erstarrten Muskel weich machen, oder den Eintritt der Starre ganz verhindern. Seitdem Berzelius im Jahre 1808 die erste werth volle Analyse des Ochsenfleisches publicirt hatte, galt die Reaction des Muskels für unbedingt sauer und Berzelius sowie Liebig bemühten sich, die Ur- sache dieser Acidität aufzuklären, bis E. du Bois-Reymond im Jahre 1859 zeigte, dass die Reaction der lebenden geruhten quergestreiften oder glatten Muskeln neutral oder schwach alkalisch ist. Wenn die Todtenstarre beim quergestreiften Muskel spontan eintritt oder durch Erwärmen auf 40 — 50° oder durch die Einwirkung von Wasser hervor- gerufen resp. beschleunigt wird, so nimmt der Inhalt der Sarkolemm- schläuche eine saure Reaction an. Wird der Muskel hingegen durch Eintauchen in siedendes Wasser oder durch Alkohol zur Erstarrung gebracht oder wird er in gesättigte Lösungen von Chlornatrium, sal- petersaurem Kali, schwefelsaurem Natron und schwefelsaurer Magnesia gelegt, so lange er noch frisch ist, so tritt keine Säurebildung ein. Eine im Muskel durch Todtenstarre erzeugte Säure wird weder durch Siedehitze noch durch Alkohol zum Verschwinden gebracht. Glatte Muskelfasern zeigen diese Säuerung bei der Starre nicht. Sowohl glatte wie quergestreifte Muskeln nehmen in Folge der Thätigkeit saure Reaction an (E. du Bois-Reymond 24). Die Eiiveisskürper der Muskeln. Die Eiweisskörper bilden die Hauptbestandteile der Muskelfasern. Es ist gelungen, gewisse Eiweissstofte den Muskeln zu entziehen, bevor sie die Veränderung erlitten haben, welche beim Eintritt der Todtenstarre vor sich geht. Wenn ein vor Beginn der Starre ge- frorener Froschmuskel zerschnitten und sodann zerrieben wird , so 11* — 164 — erhält man eine schneeartige Masse, welche bei — 3 ° zu einer syru- pösen, trüben Flüssigkeit, dem „Muskelplasma" aufthaut. Diese Flüssigkeit gerinnt bei Zimmertemperatur sofort unter Abscheidung eines Eiweisskörpers, welcher Myosin heisst. Neben demselben ist eine Flüssigkeit vorhanden („Muskelserum") , letztere enthält einen zweiten Eiweissstoff in gelöstem Zustand. Noch leichter lässt sich dies von Kühne (25, S. 2 u. f.) angegebene Experiment ausführen, wenn man die gefrorenen und zerschnittenen Muskeln mit einer Mi- schung von Schnee und Salz innig verreibt und die beim vorsichtigen Aufthauen gewonnene Masse filtrirt. Auch dies Filtrat zeigt die be- schriebenen Gerinnungserscheimingen. Die Reaction des unverdünnten Muskelplasmas ist anfangs nach erfolgter Myosinaüsscheidung alkalisch und wird später sauer. Aehnliche Experimente hat man neuerdings auch bei warmblütigen Thieren ausgeführt und verschiedene Forscher sind zu dem Schluss gekommen , dass der Process der Todtenstarre eine Aehnlichkeit besitze mit dem Gerinmmgsvorgang , welcher im absterbenden Blute verläuft, insofern beide durch die Wirkung eines Enzyms hervorgerufen werden sollen. Derjenige Bestandtheil des Muskelplasmas, aus welchem bei der Starre das Myosin hervorgeht, wird von Halliburton (26) als Myo- sinogen bezeichnet. Das Myosin, welches durch ein Ferment aus Myosinogen gebildet werden soll, kann nach demselben Autor durch die Einwirkung von neutralen Salzen in diesen Körper zurückverwandelt werden. In todtenstarren quergestreiften Muskeln befinden sich ausser dem Hämoglobin, dem Nuclei'n und der Substanz des Sarkolemms nach Kühne (25, S. 8 u. f.) noch vier Eiweisskörper : 1) Das Myosin (Coagp. 55 2) Eine Eiweisssubstanz, deren Gerinnungspunkt mit zunehmen- der Acidität sinkt und das Verhalten des Alkalialb uminats zeigt. 3) Ein bei 45 — 47° gerinnender Eiweisskörper, Muskelalbu- m i n , M u s c u 1 i n auch Para myosinogen genannt. 4) Das bei 75° gerinnende Serumalbumin. Nach Halliburton würde als fünfter Eiweissstoff die Myoal- b um ose hinzukommen, ein Körper, welcher zur Gruppe der Albu- mosen gehört. Derselbe Forscher leugnet das Vorhandensein von Alkalialbuminat im Muskel und nimmt statt dessen die Existenz eines „Myoglobulins" (Coagp. 63 °) an. Das Myosin wird den Muskeln unverändert entzogen durch Lösungen neutraler Alkalisalze, insbesondere durch lOprocentige Koch- — ic,r> — Salzlösung oder 10 — löprocentige Salmiaklösung. In concentrirter Steinsalzlösung, sowie in einer Lösung von schwefelsaurer Magnesia, welche 94°/0 des krystallwasserhaltigen Salzes enthält, ebenso in Wasser ist Myosin nicht oder nur spurenweise löslich. Durch ver- dünnte Säuren wird es unter Bildung von Acidalbumin, durch Alkalien oder kohlensaure Salze der Alkalien unter Bildung von Alkalialbuminat aufgelöst. Im Uebrigen zeigt es die im ersten Bande beschriebenen allgemeinen Eiweissreactionen. Die Menge des Myosins wurde von A. Danilewskv (20, VII, S. 124) in den Muskeln vieler verschiedener Thiere festgestellt und es zeigte sich, dass dieselbe bedeutenden Schwankungen unterliegt, nicht nur bei verschiedenen Thierspecies, sondern auch bei verschie- denen Muskeln desselben Individuums, sie betrug 3 bis 11 Procent des feuchten Gewebes. Auch die glatten Muskelfasern enthalten Myosin. Das Muskelalbumin ist in Wasser löslich und zeigt die all- gemeinen Eigenschaften der Albumine (vgl. Bd. I, S. 261). Es wird durch Erhitzen auf 47 ° coagulirt und wird gefällt dadurch, dass man seine Lösung mit Kochsalz oder mit Magnesiumsulfat sättigt, bis die- selbe 50 Procent des krystallwasserhaltigen Salzes enthält. Aus den Versuchen von Demant (20, III, S. 241) ergiebt sich, dass die Menge des Muskelalbumins nicht viel über xj.2 Procent der frischen Muskeln hinausgeht. Am reichlichsten ist es in denjenigen Muskeln enthalten, welche am meisten arbeiten, es findet sich reichlicher in alten als in jungen Thieren. Es fehlt im Herzen, in den glatten Muskelfasern und in den Muskeln verhungerter Thiere. Die Menge des Serumalbumins, eines in Wasser löslichen, ebenfalls den Albuminen zugehörigen Eiweissstoffes, wurde von Demant (20, IV, S. 384) in den Schenkelmuskeln von Kaninchen und Hunden zu 1,45 und 1,8 Procent bestimmt. Wenn man die genannten Eiweissstoffe und das Alkalialbuminat aus den Muskeln ausgezogen hat, so bleibt ausser den Gelassen, Nerven, dem Bindegewebe und dem Sarkolemm noch eine eiweissartige Sub- stanz zurück. Den gesammten Rückstand bezeichnet A. Danilewskv mit dem Namen „Bündelgerüst". Danilewsky glaubt in dem Ver- hältniss zwischen der Menge des Myosins und der des Bündelgerüste> eine Beziehung zu der Funktion der Muskeln gefunden zu haben, in- sofern solche Muskeln, die eine grössere innere Beweglichkeit besitzen, d. h. deren Contractionen und Erschlaffungen schneller auf einander folgen, reicher an Bündelgerüst im Verhältniss zu Myosin sind. — 166 — Es ist bisher noch nicht möglich gewesen, die Betheiligung der verschiedenen Eiweisskörper an der Bildung der im vorigen Capitel beschriebenen Schichten zu erkennen. Die typische Doppelbrechung bleibt nach Behandlung der Muskelfasern mit Wasser und dann mit einer Lösung von Kochsalz oder Natriumsulfat noch kurze Zeit be- stehen und verschwindet darauf langsam. Da Myosin durch Koch- salzlösung schnell gequellt und gelöst wird, so ergiebt sich, dass das Myosin nicht der Träger der typischen Doppelbrechung sein kann. Man kann auch das Myosin durch fünfprocentige Salmiaklösungen ausziehen, ohne dass die Querstreifung verschwände. Die Einwirkung anderer chemischer Agentien ist schon im vorigen Capitel angeführt. Die Doppelbrechung der Muskelfasern verschwindet nach Zusatz von Säure und Alkali, hingegen nicht durch Einwirkung des Alkohols. Letztere Thatsache kann nicht befremdlich erscheinen, wenn man er- wägt, dass auch die doppelbrechenden Eiweisskrystalle, welche sich in Pflanzen vorfinden, zum Theil sehr widerstandsfähig gegen Alko- hol sind. Das Nuclei'n, dessen Menge im Muskel des erwachsenen Thieres eine äusserst geringe ist, befindet sich wahrscheinlich in den Muskel- kernen. Der embryonale Muskel, dessen Zusammensetzung der einer jungen Zelle näher steht, ist reicher an Nuclein. Die Substanz der Sarkolemmschläuche verhält sich im Allgemeinen wie die Kör- per der Keratingruppe, wird aber von Pepsin und Trypsin gelöst. Die Farbe der Muskeln wird hervorgerufen durch Blutfarb- stoff, welcher in den Fasern abgelagert ist. Bei Fischen und nie- deren Thieren kommen auch andere Farbstoffe vor, zum Theil neben dem Hämoglobin. In die Gruppe der eiweissähnlichen Stoffe gehören auch die Fer- mente , deren man mehrere in den Muskeln angenommen hat : das Pepsin; ein diastatisches Ferment ; ein Milchsäure bildendes Ferment; ein Ferment, welches die Bildung von Myosin aus Myosinogen, d. h. die Todtenstarre, bewirken soll. Letzteres ist auch von einigen For- schern für identisch mit dem Fibrinferment angesehen worden. Die Existenz des Pepsins hat man aus der Auflösung der- Ei- weisskörper bei Gegenwart von Salzsäure geschlossen und es ist das Vorkommen dieses Stoffs in den Muskeln ein Beispiel für die mehr- fach beobachtete Erscheinung, dass das Pepsin auch in solchen Or- ganen auftreten kann, in denen es durchaus wirkungslos bleiben muss. — Das diastatische Ferment ist im Stande, Stärke und Glykogen in Dextrin und Maltose überzuführen, seine Wirkung beginnt im glykogen- 167 haltigen Muskel gleich nach dein Tode. Während die Existenz dieser Diastase völlig sichergestelH ist, muss das Milchsäure bildende Ferment noch als fragwürdig bezeichnet worden, mich über das Fibrinfermenl sind die Ansichten der Forscher getheilt. Eine eiweissähnliche Sub- stanz ist auch die von Limpriciit in den Muskeln von Fischen gefun- dene „Protsäure". Entsprechend dem Gehalt der Muskeln an Bindegewebe, Ge- fässen und Nerven finden sich in ihnen noch andere eiweissähnliche Körper, insbesondere das Collagen. Dieser letztere »Stoff ist nicht als Bestandteil der Muskelfasern zu betrachten. Die übrigen stickstoffhaltigen Bestandtheile. Bei der Betrachtung dieser Stoffe drängt sich die Wahrnehmung auf, dass die meisten nur gewissen, mehr oder minder umfangreichen Thierclassen eigentümlich sind. Als Körper von allgemeiner Ver- breitung sind nur zu nennen: das Lecithin, sowie das Hypoxanthin und Xanthin, welche zugleich in chemischer Bindung im Nuclei'n der Muskelkerne vorhanden sind. Die Menge des Nuclei'ns ist aber so gering, dass seine Zersetzungsproducte bei der chemischen Analyse des Fleisches zum Theil gar nicht aufgefunden werden. Ein grosser Theil der stickstoffhaltigen Bestandtheile des Muskels gehört zu denjenigen Stoffen, die hinsichtlich ihrer Constitution vom Harnstoff abgeleitet werden müssen. Diese sind: 1) das Kreatin und Kreatinin, 2) das Xanthin und Guanin, 3) die Harnsäure, wahrschein- lich sind auch das Hypoxanthin und das Carnin in ihrer chemischen Constitution den eben erwähnten nahe verwandt. Die Constitution dieser Körper wird durch folgende Formeln veranschaulicht. wh 'NH2 -NH- -, C0'.Th\ co.n-™* C0.n-™A -CH^COOH -CHrCO Harnstoff. Kreatin Kreatinin •XH-CH -NH-CO CO C'.NH- i CO C -XH- •NH-C-.X -C0 >NH-C -XH- Xanthin Harnsäure Vom Xanthin leitet sich das Guanin ab, indem ein Sauerstoffatom durch die Gruppe XH ersetzt wird. Die Constitution des Hypoxanthins und des Carnins ist noch nicht bekannt. Der Harnstoff COX2Hi selbst findet sich in den Muskeln, wie in den übrigen Geweben der Selachier in grosser Menge. Wie — 168 — schon früher erwähnt, ist ausser der geringen Menge des im Nuclei'n gebundenen Xanthins CbH^N^O-2 und Hypoxanthins CbHiNiO, noch eine grössere Quantität dieser Stoffe im freien Zustand in den Muskeln vorhanden, durch Wasser direct extrahirbar. In den Mus- keln von Hühnern und Tauben fand ich die Gesamnitmenge des Xan- thins zu 0,011 bis 0,107 Procent, die des Hypoxanthins zu 0,073 bis 0,129 Procent, in den Muskeln des Menschen 0,048 Procent Hypo- xanthin. Das C a r n i n C7 Hs JV4 Od , das G u a n i n C-0 Hb Nb 0 und die Harnsäure CbH4N403 finden sich anscheinend nur in einzelnen Thierspecies, letztere in reichlicher Menge im Fleische der Alligatoren und Krokodile. Das Carnin geht unter der Einwirkung oxydirender Stoffe in Hypoxanthin über , das Guanin zersetzt sich leicht unter Bildung von Xanthin1. Das Kreatin ist in den quergestreiften Muskehi sämmtücher Wirbelthiere vorhanden, sein Vorkommen in den glatten Muskeln ist noch zweifelhaft ; es fehlt allen Muskeln der Wir- bellosen (Krukenberg, 27). Die Menge dieses Stoffes schwankt nicht nur bei verschiedenen Thierspecies, sondern auch individuell zwischen 0,2 und 0,3 Procent der frischen Muskulatur. Das Kreatinin ist in den Muskeln der Säuger und Vögel noch nicht mit Sicherheit nach- gewiesen worden, in reichlicher Menge findet es sich bei einigen Fischen (Krukenberg, 27). Neben den Derivaten des Harnstoffs kommen noch zwei Amido- säuren in den Muskeln vor, nämlich das Taurin (Amidoäthylsulfosäure) (1 TT WTT nTT an2 tt un(^ das Glycocoll (Amidoessigsäure) CH.2NH<±- COOH. L-ti2 o C/3 ri Das Taurin ist vereinzelt in den Muskeln der Wirbelthiere gefunden worden, anscheinend in geringen Mengen, bedeutend ist seine Quantität in den Muskeln der Cephalopoden. Das Glycocoll ist bisher nur in dem Schliessmuskel von Pecten nachgewiesen. Ein Körper von unbekannter Constitution ist die Inosinsäure C^H-jN^, On, die m geringer Menge im Fleisch der verschiedensten Wirbelthiere vorkommt. Der Umstand, dass die genannten Substanzen nur in gewissen Thierklassen vorhanden sind, während sie anderen oft nahe verwandten Species fehlen, zeigt uns, dass die fundamentalen Gestaltverhältnisse des Muskelelements nicht durch sie bedingt werden und dass ihre d) Es ist bisher nicht gelungen, Harnsäure in Xanthin oder Hypo- xanthin überzuführen, oder Xanthin aus Hypoxanthin zu bilden oder um- gekehrt. 169 Gegenwart keine nothwendige Voraussetzung für den Aet der Zu- sammenziehung des Muskels ist. In dieser Hinsieht unterscheidet sich diese Gruppe schärf von dem Myosin und einigen anderen Muskel- stoffen, auch von den jetzt zu besprechenden stickstofffreien Bestand- theilen, die durch alle Thierclassen hindurch eine grössere Constanz zeigen. Wir würden aber fehlgehen, wenn wir die physiologische Bedeutung auch dieser letzteren Bestandteile ausschliesslich in einer Beziehung zur Muskelcontraction suchen würden, vielmehr haben viele Erfahrungen und besonders die Untersuchungen Miescher's (28) gelehrt, den Muskel als ein Organ zu betrachten, welches auch für die Ernährung des ganzen Körpers thätig ist, dessen Bestandtheile ein- geschmolzen und mobil gemacht werden, wenn der Gesammt-Orga- nismus dessen bedarf. Die stickstofffreien organischen Bestandtheile. Während das Cholesterin, ein primärer Bestandteil, keine Betheiligung an den im Muskel sich abspielenden physiologischen oder postmortalen Processen hat erkennen lassen, ist dies bei den Reprä- sentanten der Kohlehydratgruppe, dem Glykogen, Dextrin und Muskel- zucker (wahrscheinlich Maltose und Traubenzucker) leicht nachzuweisen. Das Glykogen C^HX()Ob ist durch die Untersuchungen von 0. Nasse als constanter Bestandtheil der Muskeln erwiesen, es ist nach seinem physiologischen Verhalten als ein Reservestoff oder Ver- brauchsstoff aufzufassen. Seine Menge ist von der Ernährung und der Thätigkeit der Muskeln abhängig, es vermindert sich bei der Muskelarbeit und soll nach dem Tode durch ein oben erwähntes Fer- ment unter Bildung von Dextrin und Zucker umgewandelt werden. Durch andauernden Hunger kann das Glykogen der Muskeln völlig zum Verschwinden gebracht werden. Im embryonalen Muskel findet es sich in Form von Körnchen in dichter Anhäufung (Claude Bernard); sobald die Fasern eine deut- liche Querstreifung angenommen haben , sind diese Körnchen nicht mehr nachzuweisen, sondern das Glykogen ist nur noch im gelösten Zustande da. Es ist nach den Untersuchungen von Ehrlich (29) nicht in den Fibrillen, sondern in der „interrlbrillären Kittsubstanz" enthalten. Ferner sind die zwischen den Muskelfasern liegenden Bindegewebs- zellen fähig, das Glykogen aufzuspeichern. Nur glykogenreiche Mus- keln zeigen auch in den Fibrillen selber Glykogen (Barfurth 1. XXV. S. 292). In manchen Muskelfasern kann man einige Fibrillen frei von Glykogen rinden, andere glykogenhaltig. — — 170 — Die in den Muskeln enthaltene Milchsäure ist die Fleischniilch- säure, deren Constitution CH3 • CH0H- CO OH ist und die in ihren Eigenschaften der durch Gährung des Milchzuckers entstehenden Milch- säure (Gährungsmilchsäure) ausserordentlich ähnlich ist. Die Menge derselben schwankt um 0,1 Procent des feuchten Gewebes, sie ist erhöht, wenn die Muskeln thätig gewesen sind, die durch die Muskel- thätigkeit gebildete Milchsäure wird durch den Blutstrom rasch fort- geführt. Der I n 0 s i t ist in den Muskeln der Wirbelthiere weit verbreitet. Es wird ferner das Fett als Bestandtheil der Muskeln angeführt, indess ist es noch zweifelhaft, ob dasselbe ein Bestandtheil der Mus- kelfasern oder der zwischen den Fasern liegenden Elemente zu be- trachten ist, da der mikrochemische Nachweis von Fett neben den Lecithinen und den verwandten noch wenig untersuchten Fettsäure- verbindungen ausserordentlich grosse Schwierigkeiten hat. Die anorganischen Bestandtlieile. Unter den anorganischen Bestandteilen des ruhenden Muskels herrscht das Salz iT2 H PO$ (neutrales phosphorsaures Kali) vor. Dieses Salz reagirt alkalisch ; wird im Muskel durch die Entstehung von Milchsäure eine saure Reaction vorwaltend } so erfolgt die Um- wandlung von K2 HPOi in das stark sauer reagirende Salz KH2 PO± (saures phosphorsaures Kali) unter gleichzeitiger Bildung von milch- saurem Kali. Die saure Reaction der Muskeln ist daher abhängig von der Gegenwart von milchsaurem Alkali (CäHbK03) und saurem phosphorsaurem Kali, vielleicht neben überschüssiger freier Säure i. Die genannten Salze sind in Wasser löslich, in Alkohol unlöslich, dem entsprechend geht die saure Reaction der Muskeln wohl in Wasser, nicht aber in Alkohol über. Die folgende, an Rindsmuskeln angestellte Analyse Bunge's (20, IX, S. 60) giebt eine Vorstellung von den Mengenverhältnissen der anorganischen Bestandtheile dieses Gewebes. In 1000 Gewichtstheilen fettfreien Rindfleisches K2 0 4,654 Thle. Na.2 0 0,770 „ Ca 0 0,086 „ *) Vgl. Liebig, Chemische Untersuchungen über das Fleisch. Heidel- berg 1847. Es ist in einer Lösung, die mehrere Basen und Säuren enthält, nicht möglich, die Bindungsverhältnisse zwischen Basen und Säuren genau zu präcisiren. 171 MgO o,412 Thle Fe2 0, 0,057 ,, P*Ob 4,674 „ Ol 0,672 „ Schwefelsaure Salze fehlen in den Muskeln. Der Wassergehalt der Muskeln beträgt beim Mensehen 72 bis 74 Procent, bei den übrigen Säugethieren und den Vögeln 75 bis 78, bei den Fischen ungefähr 80, bei embryonalen Muskeln zum Tbeil in Folge des Reichthums an Lymphe 90 bis 95 Procent. - SECHSTES CAPITEL. Morphologie des Nervengewebes. Allgemeines. Das Nervengewebe bestellt aus zwei Arten von Gebilden: den Nervenzellen und den Nervenfasern, beide steben mit ein- ander in unmittelbarstem Zusammenhang , denn die letzteren sind Fortsätze der ersteren. Ausser diesen Elementen werden wir noch zu erwähnen haben: die Endigungen der Nervenfasern und endlich das Stützgewebe des Centralnervensystems. Die Nervenzelle ist dadurch charakterisirt, dass von ihr Avenigstens ein faserartiger,' auf eine weitere Strecke verfolgbarer Fortsatz abgeht , eben die Nervenfaser , welche selbst wieder am sichersten als solche daran zu erkennen ist , dass man sie zu einer Zelle hin verfolgen kann. Doch haben die Nerven- zellen und Nervenfasern in vielen Fällen, wie wir sehen werden, auch an sich ein charakteristisches Aussehen. A) Die Nervenzelle. 1) Allgemeine Beschaffenheit. Die Nervenzellen, auch Gang- lienzellen genannt, da sie vielfach in knotigen Gebilden, den Ganglien, zusammen liegen, sind sehr verschieden an Grösse und Aussehen. Man kann zwei Haupttypen unterscheiden, die in den häufiger zu beobachtenden Formen leicht zu trennen sind, indessen, wie das ja bei Modificationen natürlich ist, ohne scharfe Grenze in einander übersehen. Es sind dieses : 17:; — die grösseren, protoplasmareichen, gewöhnlich als „Ganglienzellen" xcct 'l'£o%i\v bezeichneten Zellen und die protoplasmaarmen „Körner". a) Die protoplasmareichen, einen grösseren Zell- leib besitz e n d e n X e r v e n z eil e n. Dieselben sind häufig recht gross und massig, doch kommen auch kleine und zarte Formen vor, in den verschiedensten Abstufungen. Die grössten sind, wenn isolirt, mit blossem Auge deutlich erkennbar (100 fi und darüber) , die kleinsten nähern sich den unten zu be- schreibenden „Körnern". Sie sind membranlos und enthalten einen schönen, deutlichen, bläschenförmigen, relativ grossen Kern, sowie ein ebenfalls sehr grosses, glänzendes, deutlich hervortretendes Kernkörper- clien (Figuren 104 und 105). Der Zellleib sendet einen oder mehrere 104 Nervenzelle aus dem Vorderhorn des Rückenmarks des Kalbes , isolirt nach Methylmixtur. A ein stärker vergrößer- tes Anfangsstück eines Protoplasmafort- satzes der Zelle B. 105 XervenzeUe aus dem Vorderhorn des Rücken- marks des Menschen, mit geringer Veränderung nach Obersteiner. Vergr. 150. ax = Axeucylin- derfortsatz, P = Pigmentanhäufung. Die nicht- bezeichneten Fortsätze sind Protoplasmafortsätze. Fortsätze aus. Derselbe erscheint im ganz frischen Zustande fast homogen, matt glänzend. An der fixirten Zelle ist der Leih je nach dem Reagens bald mehr homogen, bald mehr körnig und lässt mitunter eine — 174 — ziemlich deutlich hervortretende Streifung erkennen, welche ev. auch auf die Fortsätze übergeht (s. auch unten „Fortsätze"). In Figur 104A ist ein Fortsatz mit seinem Ursprünge aus dem Zellleib gezeichnet, an welchem man dieses streifige Gefüge erkennt, wie es nach Ein- wirkung von Müller' scher Flüssigkeit, Drittelalkohol, Methylmixtur erscheint. Nach Fixirung durch Osmiumsäure ist die Streifung ge- wöhnlich zarter und dichter. Der Typus des Verlaufes der feinen Streifen im Zellleibe ist je nach der Art der Zelle auch wechselnd, gewöhnlich nach den Fortsätzen hinziehend doch auch oft concentrische Kreise in der Zelle beschreibend. Der Zellleib färbt sich mit man- chen Farbstoften (Ammoniak-Carmin, Nigrosin) sehr intensiv, ähnlich, wenn auch natürlich wegen der geringeren Masse schwächer, die von ihm abgehenden Fortsätze. Das Protoplasma muss reich an Wasser sein, denn es tritt sehr leicht eine bedeutende Schrumpfung ein, wenn man Reagentien einwirken lässt, welche coagulirend und wasser- entziehend wirken. In Folge dessen entstehen bei solchen Zellen, die in einem festeren umgebenden Gewebe liegen, oder die von einer Hülle umgeben werden, welche sich bei der Einwirkung des Reagens nur wenig verändert, grössere mit einer Flüssigkeit erfüllte Räume zwischen Zelle und Hülle , welche unter Umständen noch von feinen aus dem Zellprotoplasma hervorgehenden, spitz zulaufenden Fortsätzen durch- zogen werden, die sich an die Hülle anlegen; so erhalten die Zellen mitunter ein stacheliges , sternförmiges Aussehen (Figur 106). Es macht den Eindruck, als wenn einzelne kleine SclvwS Theile der,Zellperipherie, 'welche im frischen Zustande ja der Hülle unmittelbar anlag, an dieser bei Beginn der Schrumpfung haften ge- blieben sind, worauf der sich mehr und mehr zusammenziehende Zellkörper sich an diesen Stellen in dünne Fäden ausgezogen hat. Wir werden weiter unten bei Besprechung des Baues 5SSS"SL5SÄ.BS- des Axencylinders der Nervenfaser ein ähn- SSzSÄeSÄffiK: liches Verhalten zu erwähnen haben. Die SÄS. VeS™: Schrumpfung wird nur in dem Falle ganz oder ?r?1er^d2rSosH^NN'sSlien fast ganz vermieden, wenn das Reagens sofort Scheide (SchwS), KG- = Kern ° ° der Gangiienzeiie, p = pig- uncj momentan die Zelle fixirt , sodass vor- mentanhaufung in der Zelle. herige Ditfusionsvorgänge auf das geringste Maass zurückgeführt werden. — Bei Nervenzellen, welche von nicht mehr ganz jugendlichen Individuen herstammen, findet man fast regel- mässig in dem Zellleibe ein mehr oder weniger deutlich körniges gelb- — 175 — bräunliches Pigment in einem verschieden grossen Häufchen abg lagert (vergl. P in den Figuren 105, 10(3, 107, 111). Der Kern erscheint hell, körnig oder auch von einem mehr oder weniger deutlichen Netzwerk durchsetzt, besitzt eine sehr scharfe Begrenzung und färbt sich mit den gebräuchlichen Kernfärbemitteln nur sehr schwach oder garnicht, er enthält also nur wenig oder gar keine Chromatinsuhstanzen (vergl. Capitel VII). Bei den sympathischen Ganglienzellen des Kaninchens ist der Kern häufig in der Zweizahl vorhanden. Das Kernkör perchen färbt sich sehr intensiv. b) Die protoplasmaarmen Nervenzellen: die ner- vösen „Körner". Es sind dieses sehr kleine Zellen, deren Leu) oft nur als ein feiner Saum den relativ grossen Kern umgiebt. Der Nervenfortsatz ist sehr fein, ebenso sind die Protoplasmafortsätze sein- zart , soweit solche überhaupt vorkommen. Derartige Zellen finden sich in verschiedenen Theilen des Centralnervensystems , meist oder immer gemischt mit Zellen, welche ihnen im Aussehen sehr ähnlich sind, auch als „Körner" bezeichnet werden, aber der Stützsubstanz angehören. Da auch diese oft sehr lange Fortsätze besitzen, so ist es häufig äusserst schwierig, in dem einzelnen Falle zu entscheiden, ob man eine nervöse oder Stützzelle vor sich hat (s. unten „Stütz- zellen"). In grösserer Menge liegen solche Körner zusammen in der „Körnerschicht" der Kleinhirnrinde. 2) Die Fortsätze der Zelle. Eine jede Nervenzelle dient als Ursprungsort für eine, mitunter aber auch zwei oder mehrere, Nerven- fasern, welche als Fortsätze direct aus ihrem Zellleibe hervorgehen. Nervenfortsätze (Deiters), Axencylinderfortsätze. Die- selben entspringen häufig mit einem ziemlich breiten, konisch sich ver- schmälernden Arifangstheil, welcher in eine sehr dünne , stark licht- brechende Faser übergeht : Hals des Nervenfortsatzes, die indessen sehr bald wieder etwas an Dicke zunimmt , um dann in gleichbleibender Stärke weiter zu verlaufen (Figur 107 A sc, vergl. auch Figur 105 ax). In anderen Fällen entspringt der Nervenfort- satz indessen auch mehr unvermittelt aus der Zelle und lässt einen dünneren Halstheil kaum unterscheiden (Figur 108, vergl. auch die Figuren 109, 134, 135). Seiner Beschaffenheit nach erscheint er ziemlich stark lichtbrechend, mehr homogen oder auch sehr fein längs- streifig. Wir werden hierauf bei der Besprechung der feineren Structur des Axencvlinders noch näher einzugehen haben. Bald nach seinem Ursprung aus der Zelle giebt der Nervenfortsatz häufig einige sehr feine Aestchen ab, welche unter mehr oder weniger spitzem oft — 176 — 107 Nervenzelle aus der Grosshirnrinde des Mensehen, halhschematiseh. Vergr. 200. Theüweise nach OBERSTEINER, die Verästelung des Axencylinders, eingezeichnet nach Flechsig. Ax = Axencylin- der , F = Fortsatz desselben , der hei * mark- haltig wird, P = Pignientanhäufung. Die nicht- hezeichneten Fortsätze sind Protoplasmafortsätze. einem rechten sich nähernden Winkel abtreten (s. Figur 105a« und 107 F). Ausser dem Nervenfortsatz be- sitzen eine Anzahl von Nerven- zellen, nämlich diejenigen, welche sich im Gehirn und Rückenmark, also in den Organen des Central- nervensystems , befinden , Fort- sätze , die von dem eben be- schriebenen total verschieden sind, die Protoplasmafort- sätze (Deiters). Diese Fort- sätze treten in sehr verschiedener Anzahl und Stärke aus dem Zell- leibe hervor, besitzen dieselbe Structur und dasselbe Aussehen, wie die Substanz dieses (vergl. Figur 104.4) und verästeln sich 108 Stück einer PURKINJE' sehen Zelle aus dem Kleinhirn des Kaninchens , isolirt nach Methylmixtur. ax = Axencylinder- fortsatz, dem gegenüber der Protoplasma- fortsatz abgeht, der sich bald theilt ; von ihm und seinen Aesten treten eine Menge feiner Nebenästchen ab, deren Ursprünge angedeutet sind. 177 dichotomisch mehr oder weniger reichlich, bo dass mitunter eine über- raschende Menge von feinen Verzweigungen aus ihnen hervorgeht, die sich ev. über grosse Strecken hin ausbreiten und auch zwischen die Fasern der weissen Substanz des Centralnervensystems hineinragen können. (Figur 109 A, B, vergl. auch die Figuren L04, 105, 107). Es ist noch eine offene Frage, was aus den fein- -™~ sten Aesten dieser Fort- sätze wird. Man nahm früher an (Geelach), dass dieselben mit denen be- nachbarter Zellen anasto- mosirten und so ein fein- stes Nervennetz bildeten, welches dazu diente, Reize von einer Zelle auf die andere zu übertragen und aus welchem auch Nerven- fasern ihren Ursprung neh- men sollten. Wirklich ge- sehen sind diese Dinge indessen niemals. Nach den neuesten, mit ver- besserten Methoden ange- stellten Untersuchungen 109 A) Der grössere Theil einer PURKINJE' sehen Zelle aus einem Schnitte senkrecht zur Oberfläche und zur Verlaufs- richtung einer Kleinhirnwindung. B) Eine solche Zelle aus einem Schnitte senkrecht zur Oberfläche und parallel mit der Verlaufsrichtung einer Kleinhirnwindung. Subli- (GOLGI, RaMÖN Y CAJAL, matpräparat Copie nach Obersteixer. Vergr. 120. ' Na.f.h unten tritt der NeTvenfortsatz ab. von dem iu A ein Nach unten tritt der Nervenfortsatz ab, von dem in A ein KÖLLIKER U. A.) erscheint Aestchen abgeht, nach oben liegt die reiche Verästelung der Protoplasmafortsätze. es wohl als sicher, dass Nervenfasern aus den Protoplasmafortsätzen nicht entspringen, ebenso wird von den genannten Forschern in Abrede gestellt, dass irgend welche Anastomosen, sei es zwischen den Fortsätzen benachbarter Zellen, sei es zwischen denen derselben vorkommen, die Aestchen sollen sämmtlich frei endigen. Auch ich habe bei erneuten Unter- suchungen Anastomosen zwischen verschiedenen Zellen bis jetzt nie- mals gesehen, habe mich dagegen an guten Silberpräparaten und ebenso an Hämatoxylinpräparaten davon überzeugt, dass solche zwi- schen den Fortsätzen derselben Zelle ziemlich häutig vorkommen. Cm ein Bild davon zu erhalten, wie reich die Verästelungen der Proto- plasmafortsätze oft sind und wie schwer es daher häutig ist. zu ent- scheiden, ob die benachbarten Zellen zusammenhängen oder nicht. S chieffer decker-Ko ssel. \2 — 178 — betrachte man das in Figur 110 naturgetreu dargestellte Bild der Verästelungen der PuRKmjE'schen Zellen in der Rinde des Klein- hirns (gr RS). Entsprechend der Anzahl der von einer Nervenzelle abtretenden Fortsätze unterschied man an derselben eine bestimmte Anzahl von MM ^ wM )■*** Theil eines Schnittes durch die Rinde des Kleinhirns vom Kalbe. Haematoxylinfärbung. Vergr. 100. äu K = äussere Körner ; CF = Commissurfasern ; gr R S = granulirte Rinden- schicht ; K S = Körnerschicht ; N z = Nervenzellen der Körnerschicht (nervöse Körner) ; Pm = Pia mater; P z = PURKINJE' sehe Zellen; RK = Rindenkörner; Stz = Stützzellen (Körner). In gr RS die reiche Verästelung der Protoplasruafortsätze der PuRKINJE'schen Zellen, welche zum grössten Theile sich durchflechten, theilweise , bei derselben Zelle , auch anastomosiren. Polen und nannte die Zellen daher unipolare, bipolare, tri- polare etc. bis multipolare. Diese Namen hatten indessen nur so lange Werth, als aus den verschiedenen Fortsätzen neue Nerven- fasern hervorgehen, resp. durch sie Verbindungen nach verschiedenen Richtungen bedingt sein konnten. Da es nach unseren jetzigen Kennt- nissen nicht nur zweifelhaft, sondern direct unwahrscheinlich ist, dass den Protoplasmafortsätzen eine solche Bedeutung zukommt, so würden — 179 — jetzt eigentlich nur . Muskeln, oder umgekehrt Reize, die auf die Endorgane, z. 15. Sinnes- organe, eingewirkt haben, zu den Nervenzellen. Besitzt die Nervenzelle nur einen oder mehrere nach derselben Richtung laufende Fortsätze, so leiten dieselben einen ihnen von der Zelle mitgetheilten Reiz von dieser fort: cellulifugal (z. 15. moto- rische Zellen) oder zu ihr hin: cellulipetal (z. B. sensorische Zellen besitzt sie zwei nach entgegengesetzten Richtungen verlaufende Fort- L2* — 180 — sätze, so leitet der eine cellulipetal, der andere celluli- fugal (z. B. Zellen der Spinalganglien). In jedem Falle aber ist der Nervenfortsatz in seiner Ernährung und damit in seinem ganzen Bestellen von der Zelle, d. h. wahrscheinlich von dem Kerne derselben (s. auch unten „Structur des Axencylinders"), abhängig, die ihm den Ur- sprung giebt, wird er von ihr in irgend einer Weise getrennt, so degenerirt er, und die Regeneration findet stets von dem mit der Zelle noch verbundenen Ende aus statt. Die Nervenzelle ist also das trophische Centrum für die Nervenfaser. Ob es Nervenzellen giebt, die nur die Bedeutung eines solchen haben, wie das z. B. für die der Spinalganglien angenommen worden ist, bei denen der zugeleitete Reiz einfach in der entgegengesetzt ver- laufenden Faser weiter geleitet werden soll, ist durchaus zweifelhaft, und scheint mir nicht sehr wahrscheinlich. Die eingeschobene Zelle dürfte wohl stets einen Einfluss auf die zugeleiteten Reize ausüben. Welche Bedeutung man den Protoplasmafortsätzen zu- schreiben soll, ist noch durchaus unklar. Sie sind, wie schon erwähnt, in ihrer Structur dem Zellleibe durchaus gleich, setzen also diesen einfach fort, vergrössern ihn, sind selbst Zellleib. Daraus er- klärt es sich leicht, dass unter Umständen der Nervenfortsatz nicht von dem Zellleibe, sondern von einem grösseren Protoplasmafortsatze ausgehen kann. Warum vertheilt sich nun aber die Masse des Zell- leibes in feine Fortsätze? Es sind da zwei Gründe denkbar. Ein- mal ist es sicher , dass ein grosser Zellleib , welcher ev. zu sehr starken, plötzlichen und rasch auf einander folgenden Leistungen be- stimmt ist, nur schwer von der Umgebung aus genügend ernährt wer- den kann, wenn er eine Kugelgestalt oder eine ähnliche besitzt. Wird er dagegen in ein Netz feinerer Fortsätze aufgelöst, so nimmt die Oberfläche im Verhältnisse zum Inhalt bedeutend zu und damit auch die Möglichkeit eines sehr intensiven Stoffwechsels. Wie sehr dieser wünschenswerth ist, zeigen die Beobachtungen von Fritsch an den grossen Ganglienzellen von Lophius piscatorius (1, XXVII), deren kolossaler und solider Zellleib direct von Blutgefässen durchwachsen wird. Eine ernährende Function der Protoplasmafortsätze, welche gewissermassen den Wurzeln eines Baumes entsprächen, hat besonders Golgi betont, welcher auch einen Ansatz der letzten Enden an Gefässe beschrieb. — Ich halte es wenigstens für sehr wahrscheinlich, dass in der eben auseinandergesetzten Weise eine Erleichterung des Stoff- wechsels eintritt. Ein zweiter Grund könnte der sein, dass bei der Thätigkeit der Zelle der ganze Zellleib eine andere chemische — 181 — oder physikalische Beschaffenheil erhäH , welche auf nicht zu weit entfernte Nervcnelemente einzuwirken vermöchte, wodurch eine Er- regung derselben herbeigeführt würde. Zu einen solchen Zwecke wären weite Verästelungen, die sich mit denen benachbarter Zellen, wenn auch nicht verbinden, so doch durchflechten würden, durchaus praktisch. Die Fähigkeit der Fortleitung eines Reizes brauchten die Protoplasmafortsätze dabei nicht zu besitzen, denn sie sind ja direct Zellleib. Ob eine solche Annahme begründet ist oder nicht, lässt sich indessen zur Zeit durchaus nicht sagen. Im ganzen scheint mir mehr dagegen zu sprechen als dafür. Sicher scheint zu sein, dass Nervenfasern aus den Protoplasmafortsätzen nicht hervorgehen, son- dern dass diese frei endigen , und es scheint auch , dass sie mit den Endverästelungen von Axencylindern (s. unten „Nervenendigungen" nichts zu thun haben, sondern dass diese sich direct an den dicken Zellleib oder an die Endverästelung eines anderen Axeneylinders anlegen. 5) Accessorische Hüllen der Nervenzelle. a) Die ScHWAim'sche Scheide, das Neurilemma1. Die im Centralnervensystem befindlichen Nervenzellen liegen in der Stütz- substanz desselben eingebettet, wahrscheinlich umgeben von einer schalenförmigen Lymphspalte. Alle peripheren Zellen dagegen sind von einer besonderen bindegewebigen Hülle umgeben, der „Schwaxx- schen Scheide", welche sich auch auf die Nervenfasern fortsetzt (s. diese). Dieselbe stellt eine dünne durchsichtige Haut dar (Figur 111. vergl. auch die Figuren 106, 135, 137), an deren innerer Seite eine oft ziemlich Iv grosse Anzahl von Kernen anliegt, welche SchwS aussen mehr platt sind, nach innen mehr oder weniger stark gewölbt vorspringen. Es geht daraus hervor, dass diese Scheide •>-''. sich aus einzelnen platten Zellen zusammen m?' setzt, deren Grenzen man in der That / durch Imprägnation mit Silber nachzu- 111 wpitspn vprnwlit hat Nervenzelle aus dem Sympathicus weisen VermOCni lUU. deg Menschen, Osmium 1%. Vergr. h') T)ip M -l r k <* o h e i d p Wifi wir 388- K = Keru der SCHWANN'schen ü) Jjie marKstneiue. n ie w u Scheide (Sclnv S)i p = Pigment. unten sehen werden, besitzen die Nerven- anhäufung in der zeue. l) Ich werde „Neurilemma" gleichbedeutend mit ScHWAim'scher Scheide für die nächstanliegende bindegewebige Scheide der nervösen Elemente ge- brauchen, entsprechend dem „Sarkolemma", mit welchem das Neurilemma ja voraussichtlich auch zusammenhängt. — 182 — fasern in vielen Fällen eine specifische Scheide , die Markscheide. In manchen Fällen setzt sich diese auch auf die Nervenzelle fort. Es sind das stets solche periphere Nervenzellen, von denen zwei Axencylinder, welche sich mit Mark umhüllen, ausgehen, so dass die Zelle gewissermassen in eine markhaltige Nervenfaser eingeschaltet liegt. Man hat solche Fälle mehrfach hei Fischen beobachtet. Um die Markscheide liegt dann noch die ScHWANN'sche Scheide. B) Die Nervenfaser. Die Nerven- oder Axencylinderfortsätze der Zellen werden zu Nervenfasern, die je nach der jedesmaligen Entfernung zwischen Ur- sprung und Endigung eine sehr verschiedene und oft sehr bedeutende Länge besitzen, z. B. bei den Nerven der unteren Extremität unter Umständen von dem unteren Theile der Brust- resp. von der Lenden- wirbelsäule bis zu den Zehen. Hierbei wird der Nervenfortsatz häufig von einer oder auch zwei Hüllen umgeben und heisst mit diesen zusammen Nervenfaser, während er selbst zu dem Axencylinder (Purkinje) derselben, (der Axenfaser von Kölliker, dem Primitivbande von Remak) wird. Die der Nervenfaser eigenthümliche specifische Scheide ist die Markscheide (das Nervenmark) , die Schwann- sche Scheide, das Neurilemma, ist eine Bindegewebshülle, welche allen peripheren Nervenelementen zukommt. Wir können demgemäss unterscheiden: den nackten Axencylinder,- den Axencylinder umgeben von der ScHWANN'schen Scheide, den Axencylinder umgeben von der Markscheide, den Axencylinder umgeben von der Markscheide und der ScHWANN'schen Scheide. 1) Der nackte Axencylinder. In der ersten Zeit der Ent- wickelung sind sämmtliche im centralen Nervensystem vorhandene Nervenfasern nackte Axencylinder. Erst allmählich werden bei weitem die meisten derselben, vielleicht alle, von einer Markscheide umgeben. Im ausgebildeten Zustande bleiben von der letzteren nur der Anfang und das Ende der Fasern frei. Was den Anfang anlangt, so beginnt die Markscheide verschieden weit von dem Ursprung aus der Zelle, gewöhnlich indessen in grosser Nähe derselben, bald hinter dem Halse. Betreffs der Endigungen der Fasern im centralen Nervensystem sind unsere Kenntnisse noch unvollkommen, doch scheinen dieselben mark- — 183 los zu werden and als nackte Ä.xeneylinder sich zu verästeln (s. auch unten „Nervenendigungen"). Die peripheren Fasern besitzen, wenn sie auch im Beginn der Entwicklung nicht von einer Markscheide umgeben sind, doch schon sehr früh eine bindegewebige Hülle, später werden sie zu einem grossen Theile auch markhaltig, doch bleiben auch dann der Anfang der Faser und das Ende markfrei, das letztere auch frei von einer bindegewebigen Hülle soweit die Endigung nicht im Bindegewebe selbst statt hat. Wir würden hier also nackte, sich verästelnde Axen- cylinder bei den Endigungen im Epithel (Haut, Sinnesorgane etc.) und in den Muskeln vorfinden. Häufig zeigen feine nackte Axencylinder eine varicöse Form („varicöse Axencylinder"), ähnlich einem Rosenkranz. Die- selbe ist wahrscheinlich durch Veränderungen des Axojilasmas, sei es durch postmortale Zersetzung, sei es durch Reagentienwirkung zu erklären (vergl. auch weiter unten „Axencylinder"). Bei den niedersten Wirbelthieren, dem Amphioxus, den Cyclostomen, finden sich auch im ausgebildeten Zustande nur marklose Nervenfasern, also im Centralnervensystem nackte Axencylinder, bei den peripher enNer- ven umhüllt von der Schw Ansehen Scheide. Es entspricht diese That- sache dem entwickelungsgeschichtlichen Befunde bei den höheren Thieren. Bei den wirbellosen Thieren finden sich nur marklose Fasern, doch scheinen an manchen Fasern von Arthropoden und Würmern auch Spuren einer Markscheide bereits vorhanden zu sein. (Fried- länder 38, IX; Retzius 39, 1888/89). 2) Der Axencylinder mit ScHWA»'scher Scheide (Neuri- lenima). Wie oben (p. 181) schon erwähnt wurde, ist die Schwaxx- sche Scheide eine' glashelle zarte Membran, an deren innerer Seite Kerne anliegen. Eine Zusammensetzung aus einzelnen Zellen lässt sich bei derjenigen der Nervenfasern nicht mehr nachweisen, doch ist das Vorhandensein der Kerne der sichere Beweis für Entstehung aus Zellen und die Anzahl jener lässt die Menge dieser erkennen. Bei dem starken Wachsthum des Axencylinders muss nothwendig jede einzelne Zelle ungemein stark ausgedehnt worden sein. Die Menge der Kerne ist übrigens stets wechselnd, je nach den Thieren und je nach der Art der Nervenfasern. Am dichtesten liegen, wie oben schon bemerkt wurde (p. 181), naturgemäss die Kerne an der Scheide der Zellen. Häufig besitzen die Kerne des Neurilemms eine sehr langgestreckte Form, und unterscheiden sich durch diese leicht von denen der „HENLE'schen" oder „Fibrillenscheide", welche sie nach 184 — aussen umgiebt, resp. von denen der Endo- oder Perineuratscheiden (näheres bei „nervösen Organen"). Die hierher gehörigen Nervenfasern zerfallen in zwei Abtheilungen: einfache Axencylinder , welche von einer voll- ständigen ScHWANN'schen Scheide umhüllt werden und : Bündel von feinen Axeneylindern , welche von einer mehr oder weniger vollständigen Scheide umhüllt werden. a) Einfache Axencylinder, umgeben von einer vollständigen Schwann* sehen Scheide. Maridose, graue Nervenfasern. Der Typus dieser Gruppe ist die periphere Nervenfaser des Neun- auges (Figur 112, vergi. auch Figur 129 Cund-D). Es gehören dazu die peripheren Nerven des Am- phioxus und der Cyclostomen. Bei höheren Thieren sind die peripheren Nervenfasern während der Entwickelung vorübergehend von dieser Beschaffen- heit, so lange als die Markscheide derselben noch nicht angelegt ist. Beim erwachsenen Thiere resp. Menschen gehören jene kurze Strecken der peri- pheren Nervenfasern am Anfange und Ende Me- lier, an denen dieselben die Markscheide noch nicht besitzen oder dieselbe bereits verloren haben (vergl. motorische und sensible Nervenendigungen der Muskeln, sensible der Sehnen), ferner ein Theil der sympathischen Nervenfasern'. Auch mitten im Verlaufe verlieren manchmal die markhaltigen peri- pheren Nervenfasern ihr Mark auf längere oder kür- zere Strecken, wovon man sich an den markhaltigen Fasern im Mesenterium von Frosch, Maus etc. leicht überzeugen kann. Hierher würden ferner jene Fälle gehören, in denen eine motorische Faser kurz vor der Endigimg marklos geworden einen solchen Ast ScHWANN'schen Scheide. ° ° ° Copie nach schieffer- abgiebt, der sich wieder mit einer Markscheide um- DECKEK (1, XXX). , -, //\ , . , i . hüllt (s. „Muskelnerven") und vielleicht auch jene, in denen eine sensible Faser durch ein PACiNi'sches Körperchen mark- los hindurchtritt, wieder eine Markscheide annimmt und dann in einem PACiNi'schen Körperchen endigt. mmmm ScliwK 112 Nervenfaser aus dem N. trigeminus von Petromy- zon fluviatilis nach Be- handlung mit MÜLLER- scher Flüssigkeit zer- zupft. Vergr. 388. Ax = Axencylinder ; FK==Kern der Fibrillenscheide ; ~F Seh = Fibrillenscheide ; Schw = SCHWANN'sche Schw K = Kern der L85 Die aus solchen Fasern bestehenden Nerven erscheinen grau, da sämmtliche G-ewebstheile das Licht ziemlich gul durchlassen. b) Bündel von feinen Axencylindern umgeben von einer mehr oder weniger vollständigen Schwann/ sehen Scheidt : Maridose, graue, ÜEMAK'sche, sympathische Nervenfasern. Solche Fasern kommen hauptsächlich und in grösseren Mengen dem sympathischen System zu. vielleicht aber auch vereinzelt den Spinalnerven beigemischt. Hier- her gehören ferner die Olfactoriusfasern. Charakteristisch ist, dass innerhalb der Scheide nicht ein nackter Ax c n c yl ind er vor- handen ist, sondern eine mehr oder weniger grosse Anzahl von solchen zu einem Bündel vereinigt sind. Dieselben sind sehr fein, messen z. Flüssigkeit fixirten Milz- nerven des Kalbes nur 1 /Li im Durchmesser und werden daher wahrscheinlich nur eine Nervenfibrille mit der zugehörigen Axoplasma- schicht enthalten. Sie lassen sich leicht isoliren, da sie durch kein Bindemittel zu- sammengehalten werden, sind aber in keinem Falle mit einem fibrillenhaltigen Axencylinder zu verwech- seln, und werden auch, we- nigstens in den Milznerven des Kalbes sowie im Grenz- strange des Kaninchens sicher von keiner vollständi- gen Schwann' sehen Scheide umhüllt. Figur 113-4 zeigt ein Bündel solcher Fasern, zwischen denen noch zwei markhaltige sich befinden. Die zahlreichen Kerne, welche den Remak' sehen Fa- sern anliegen, gehören den Zellen der unvollständigen ScHWANN'schen Scheide an. B. an den durch Hermann 'sein A mlF A) Stück aus dem Grenzstrang des N. sympathiens des Menschen, fixirt in Osmiumsäure. In einem Bündel REMAK' scher Fasern liegen zwei markhaltige Fasern, aussen Epineuralscheide. Vergr. 388. Bz = Binde- gewebszellen; Epn = Epi- resp. Perineurium: K = Neurilemmkerne der REMAK'schen Fasern. K' = Neurilemmkern der markhaltigen Faser; mF = mark- haltige Nervenfasern mit je einer llANVIEK'schen Ein- schnürung ; mlF = marklose, REMAic'sche Fasern, aufweichen die Neurilemmkerne theilweise aufliegen, dann breit oval erscheinend oder seitlich anliegen, dann ganz schmal erscheinend — 186 — Figur 113 B zeigt isolirte derartige Fasern. Bei b sieht man die Axen- cylinder in normalem parallelem Verlauf, anliegend eine ScHWANN'sche Zelle , Neurilemmzelle , mit grossem Kern und spitz auslaufendem B B) Aus den in HKKMASN'scher Lösung fixirten Milznerven des Kalbes, a, b, c Stücke von isolirten EEMAK'schen Fasern mit mehr oder weniger deutlich von einander ge- trennten Axencylindern, auf welchen Neurilemmzellen mit grossen Kernen (K) auf- liegen. Bei d eine markhaltige Nervenfaser mit KANVIER'scher Einschnürung und Neurilemmkern. Bei e ein Stück der Endothelscheide. Vergr. 388. kleinem Körper, der indessen auf dem Holzschnitte nicht gut hervor- tritt. Bei c sind die Axencylinder ziemlich stark von einander gezerrt, etwas weniger bei a, in beiden Fällen hat man den Eindruck, als ob die Zellen einen zusammenhaltenden Einfluss auf das Axencylinder- bündel ausüben , ähnlich einer kurzen Scheide. In d ist zum Ver- gleiche der Faserdicke und der Form und Grösse der Kerne eine markhaltige zwischen den BjEMAK'schen befindliche Faser abgebildet. Die Beschaffenheit und Grösse des Kerns stimmt durchaus mit der der anderen überein. Die Bündel feiner Axencylinder entstehen wahr- scheinlich durch schnellen Zerfall der von den sympathischen Zellen ausgehenden dicken Fortsätze, die unvollständige ScHWANN'sche Scheide muss aus der die Zellen umhüllenden vollständigen hervorgehen (vergl. die Figuren 136 und 137). Wahrscheinlich wird die Scheide bei ver- schiedenen Thieren verschieden vollständig sein, und ebenso an ver- schiedenen Stellen bei denselben Thieren. Ranvier behauptet , dass die REMAK'schen Fasern des Hundes ein Flechtwerk bilden, indem von den einzelnen Fasern Abzweigungen 1S7 — abgehen, die sich mit benachbarten Fasern verbinden. Bei den Milz- nerven des Kalbes und im Grenzstrange des Kaninchens lässl sich ein solches Verhalten nicht nachweisen. Die Fasern, oder besser die Axencylinderbündel isoliren sich sehr leicht auf weite Strecken von einander und es sind übertretende Fasern nicht zu bemerken. Bei der mangelhaften Scheidenbildung wäre es natürlich leicht möglich, dass ein Austausch von Axencylindern zwischen den benachbarten Bündeln statthätte. 3) Die markhaltige doppeltconturirte , weisse, centrale Nervenfaser (ohne ScHWANN'sche Scheide). 4) Die entsprechende periphere Nervenfaser mit Schwahh- scher Scheide. Der Axencylinder wird von einer speeifischen Scheide, der Mark- scheide, umhüllt. Solche Nervenfasern erscheinen weissglänzend, da das Mark das Lieht stark reflectirt und stellen Doppelcylinder dar : der Markmantel bildet ein Rohr, dessen Inneres der Axencylinder einnimmt. Aus diesem Lageverhältniss erklären sich auch die Namen : „Axencylinder" und „ Axeneylinderfortsatz" . Markscheide und Axencylinder sind ihrer Substanz nach durch- aus verschieden und liegen einander nur an ohne irgendwie fester verbunden zu sein. Es folgt daraus, dass sich zwischen beide leicht eine dünne Flüssigkeitsschieht, Lymphe, wird einschieben können, ja sogar wird einschieben müssen, gerade so, wie zwischen die beiden eng aneinander liegenden Blätter einer serösen Membran. Es wird hier also ein äusserst feiner für gewöhnlich nicht sichtbarer Spalt- raum existiren, der periaxiale Spaltraum (Scklefferdeckki:', in welchem Lymphe circuliren kann und der in Folge dessen für die Ernährung des Axencylinders von grosser Bedeutung sein wird. a) Die Markseheide. Die Substanz der Markscheide erscheint an der frischen Faser durchaus homogen und stark lichtbrechend. Die Dicke der Scheide ist bei verschiedenen Fasern sehr verschieden und nimmt während der Entwiekelung zu. Das Rohr ist nicht in der ganzen Länge der Faser einheitlich, sondern wird in regelmässiger Weise unterbrochen. Man unterscheidet zwei Arten der Unterbrechung: einmal die R AimEit'schen Sehn ü r r i n g e oder Einschnü r u n g e n („Etranglements annulaires") und zweitens die LANTERMANN'schen Ein- kerbungen. In Figur 114 erkennt man deutlich die doppelte Contur, welche die Dicke der Markscheide angiebt (A, M). Innerhalb der- selben liegt der völlig homogen und durchsichtig erscheinende Axen- 188 — A) Stück einer markhaltigen Nervenfaser aus dem N. isokiadicus des Frosches, frisch. B) Dasselbe nach längerer Einwirkung von physiologischer Kochsalz- lösung. Vergr. 388. ax = Axency linder ; K = Kern der SCHWANN' sehen Scheide; L = LANTERMANN'sche Ein- kerbung ; M = Markscheide ; R = KANVIER'sche Ein- schnürung. cylinder. Der RANViER'sche Schnürring (R) bil- det eine breitere Unterbrechung des Marks als die LANTERMANN'schen Einkerbungen (X), beide geben dureb die ganze Dicke bindureb, über beide zieht aussen die als eine feine Linie sicht- bare ScHWANN'sche Scheide hin, welche bei K einen Kern besitzt und der Markscheide sonst so dicht anliegt, dass sie nicht von ihr unter- schieden werden kann. Die LANTERMANN'schen Einkerbungen durchbrechen das Mark stets in schräger Richtung , bilden also , je nach der Dicke desselben , mehr oder weniger kurze Trichter. In den Lücken des Markrohrs, welche durch diese beiden Arten der Unterbrechung entstehen, liegt, wie ich nachgewiesen habe, eine Substanz, die ihrer Beschaffenheit nach in beiden Fällen so ähnlich ist, dass man sie mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als dieselbe an- sehen kann. Diese wird bei den Schnürringen in Form von kreisförmigen, ungefähr plan- parallelen, in der Mitte durchbohrten Scheiben oder kurzen hohlen Cylinderh auftreten, Zwi- schen Scheiben, bei den Einkerbungen in Form von zarten Trichtern, Zwischen trich- tern. Beide kann man klar hervortreten lassen, wenn man eine Nervenfaser mit einer Mischung von Salpeter saurem Silber und Os- miumsäure behandelt (Figur 115). In A sieht man deutlich zwei solche Trichter (X) und bei R eine Zwischenscheibe. In C bemerkt man eine Zwischenscheibe im optischen Durchschnitt, in der Mitte durchbrochen von dem Axen- cylinder. In B ist in Folge von Kaliwirkung die Substanz der Zwischentrichter theils stark gequollen, theils gelöst worden, man erkennt deutlich die durch die Einkerbungen getrennten Segmente der Markscheide mit ihren trichter- förmigen Enden und bemerkt, dass die Einker- bungen mitunter in entgegengesetzter Richtung ' verlaufen können. 189 Man vermag die Zwischentrichter auch auf andere Weise deut- lich zu machen. Bei Fasern, welche in MüLLER'scher Flüssigkeit gehärtet worden sind und in derenMark- scheide jene weiter unten näher zu be- sprechende „Aufblätterung" des .Marks ä m FSch A) markhaltige Nervenfaser aus dem N. ischiadicus einer 3 Wochen alten Hatte. Behandlung mit Silber-Osmium B) markhaltige Nervenfaser aus dem N. ischiadicus des Frosches. Behand- lung mit Osmium-Kalilauge. C) Stück einer markhaltigen Nervenfaser aus dem N. ischiadicus des Frosches nach Behandlung mit Silber-Osmium-Kali- lauge. RANVIER'sche Einschnürung, Zwischenscheibe im optischen Durch- schnitt. D) Querschnitt einer mark- haltigen Nervenfaser aus dem Rücken- mark des Frosches nach Fixirung in Osmium. Punktirung d. h. Quer- schnitte der Fibrillen des Axeneylin- ders, leichte Schrumpfung desselben. Vergr. 388. F Seh = Fibrillenscheide ; L = LANTEEMANN'sche Einkerbung, resp. Zwischentrichter; M = Mark- scheide; B = BANVIER'sche Ein- schnürung, resp. Zwischenscheibe; Schw = SCHWANN'sche Scheide. 116 Markhaltige Nervenfaser aus einem Längsschnitte vom Bückenmark des Bindes nach Härtung in MüLLER'scher Flüssig- keit, Alkohol. Aufblät- terung des Marks , Zwi- schentrichter. Vergr. 388. ax = Axency linder ; M = Markscheide. Markhaltige Nervenfaser aus dem Nerv, ischiadicus des Hundes. Weigert's Hämatoxylin-Blutlaugen- salz-Färbung , fast ganz ausgezogen. Zwischen- trichter. Vergr. 388. ax = Axencylinder ; Schw S = ScHWANN'sche Scheide ; Z T = Zwischentrichter. Copie nach Schieffer- DECKER (1, XXX). stattgefunden hat, findet man (Figur 116) eigenthümliche, durch dickere und stär- ker lichtbrechende Linien ausgezeichnete trichterförmige Figuren, die Zwischeu- trichter. Noch deutlicher treten diesel- ben bei solchen Präparaten hervor, die mit WEiGERT'seher Bämatoxylinfärbung behandelt und stark ausgezogen sind (Figur 117). Diesen Bildern ent- sprechend zeigt der Querschnitt derartiger Fasern eine oder mehrere durch eine dickere und stärker lichtbrechende Linie vor den durch die Aufblätterung entstände neu sehr feinen concentrischen Linien ausg;ezeich 190 ZtA A A) Querschnitt einer rnark- haltigen Nervenfaser aus dem Vorderstrange des Kalbs- rückenmarks nach Härtung in MÜLLER' scher Flüssigkeit, Alkohol. Der Schnitt unge- färbt, in Glycerin liegend, gezeichnet. Aufblätterung der Markscheide, Zwischen- trichter. B) drei Querschnitte von markhaltigen Nerven- fasern aus dein Vorderstrange des Kalbsrückenmarks nach Härtung in MÜLLER'scher Flüssigkeit , Alkohol , Fär- bung mit Nigrosin, der Schnitt ist in Balsam liegend gezeich- net. Zwischentrichter, die Aufblätterung war nur ganz schwach sichtbar und ist hier fortgelassen. Vergr. 700 Ax == Axencylinder ; U g = TTm- fangscontur der Nervenfaser ; Zt = Zwischentrichter. uete kreisförmige Figuren, welche in verschieden grosser Entfernung, je nach der Stelle der Faser, die der Schnitt zufällig getroffen hat, den Axencylinder umgehen (Figur 118 Zt). Behandelt man frische markhaltige Fasern mit einer Lösung von salpetersaurem Silber, so zeigt sich, dass diese sowohl durch die Zwischenscheiben wie durch die Zwischentrichter bis zu dem Axencylinder hin durch- tritt. Da die Zwischenschei- ben dicker sind und die Ent- fernung von ihrer Peripherie bis zum Axencylinder weit kürzer ist als bei den Zwi- schentrichtern , so werden sie am schnellsten und leichtesten von der Silber- lösung durchtränkt und später durch das reducirte Silber deutlich werden. Dass das Silber auch die Zwischentrichter durchtränkt und in ihnen sich niederschlägt, haben wir schon in Figur 11'5 A ge- sehen. Erreicht die Silberlösung durch die Zwi- schenscheibe den Axencylinder, so breitet sie sich nach beiden Seiten in dem periaxialen Spaltraum verschieden weit aus. Bei der späteren Reduction wird daher sowohl die Zwischenscheibe wie der angrenzende Theil des Axencylinders mehr oder weniger dunkel bräunlich erscheinen. Es resul- tiren daraus verschieden vollkommene Kreuzfiguren, welche nach ihrem Entdecker als „RANViER'sche Kreuze" bezeichnet werden (Figur 119). Bald nachdem Ranvier diese Bilder bei peripheren Ner- venfasern gefunden hatte, beschrieben Tourneux und Le Goff bei centralen Fasern wenigstens das Hervortreten eines ungefähr einer Scheibe entspre- Markhaitige Fasern aus chenden Silberniederschlages. Ich habe dann später Frosches nach Behand- (1, XXX) nachgewiesen, dass die Markscheide der iXung^on^ipetersau- centralen Fasern genau dieselbe Structur besitzt, ^Kreuze*. ' v^rg™ 130. e wie die der peripheren. In Figur 120 5 sieht man 191 an einem Silberpräparat aus dein Rückenmark des Frosches deutlich die dunklen Zwischenscheiben und die mehr oder weniger weit nach einer oder beiden Seiten hin dunkel gefärbten Axencylinder. In Figur 1 20 A sind Präparate aus dem Rückenmark des Ochsen dargestellt, welche so er- halten wurden, dass die versilberten Rückenmarksstückchen erst mit Chloro- form behandelt und dann zerzupft wurden. Durch das Chloroform wird die Markscheide so weit gelöst, dass sie leicht von dem Axencylinder ab- bröckelt, zumal sie durch keine ScHWANN'sche Scheide zusammen ge- halten wird. Es bleiben daher übrig der Axencylinder und die Zwischen- scheibe, während die feinen Zwischen- trichter mit der Markscheide abbröckeln. Figur 120.4 b zeigt eine Zwischen- scheibe, schräg von oben, nach beiden Seiten setzt sich eine körnig aussehende Scheide, welche den Axencylinder um- giebt, eine kurze Strecke weit auf diesen fort. In Aa ist eine SOlclie Scheibe A) Stücke von Axencylindern aus dem ... -^ . , ... . . . Rückenmark des Ochsen nach Behand- im optischen Durchschnitt gezeichnet, iung mit i;4procentiger Lösung von sai- i xi-iii t -i a petersaurem Silber, Zerstörung des Marks man erkennt leicht, dass die den Axen- durch Chloroform, zerzupfung. Baisam- cylinder umgebende körnige, durch den süKedew Silberniedersehl'io- o-philflptp KellPldp Zwischenscheibe im optischen Durch- OllueiUieueiSClliag geoiioeie DCnciae sohriitt, Anhäufung von Gerinnseln an auch durch die kurz Cylindrisclie Oeff- de5 ^ren Seite der Scheite ;b Zwischen- J Scheibe schräg von oben gesehen, in der 111111g der Zwischensclieibe hindurch- Mitte der durchbohrende Axencylinder ° umgeben von einem kurzen Stuck der Zieht, dieselbe liesrt ill dem periaxialen Gerinnselscheide mit körnigem Silber- niederschlag , eutsprechend einem RAN- SpaltraUlll, welcher Sich auch durch die VIER' sehen Kreuz; c Axencylinder mit verschieden breiten FROMM AXX' sehen Sil- ZwisclieilScheibe fortsetzt, Und ist VOn berlinien in der Gerinnselscheide ; d Axen- cylinder, in der Gerinnselscheide theils mir als Gerinnselscheide beschrie- breite FBOMMANN'sche Linien theiis zu . /»/-(■ beiden Seiten der im Profil gesehenen bell WOl'deil, da Sie ailt Gerinnung der Zwischenscheibe gleichmässiger körniger , 0 ., i r> tt i T i Niederschlag. Zs = Zwischenscheibe. 111 dem Spaltraum befindlichen Lymphe B) Aus einem Längsschnitte des Rücken- / • -it i • t -j_ m rv ii marks des Frosches nach Behandlung (eV. 111 V erbllldUllg Ullt Stoffen, Welche mit i|4procentiger Lösung von salpeter- 1 • -i n • t * t ^ saurem Silber. Balsampräparat. Vergr.388. bei der Gerinnung des Axencylmders aus diesem ausgetreten sind) mit darin liegenden Silberniederschlägen zurückzuführen ist. In Ad sieht man die Zwischensclieibe von der — 192 — Kante und bemerkt, class nach einem kurzen zusammenhängenden Stück die Gerinnselscheide in Form von Ringen von ziemlich gleich- massiger Breite sich auf den Axencylinder fortsetzt, welcher in den Unterbrechungen zwischen den Ringen in natürlicher Breite hervor- tritt. Es entstellt so eine Querstreifimg, gebildet durch die „From- MANN'schen Silberlinien", welche, wie Figur 120 Ac erkennen lässt, in ihrer Breite sehr wechseln können. Bei Vergleichung der Figur 119 wird man auch auf dieser an zwei Stellen die Frommann- schen Linien in der Verlängerung der Silberkreuze zu erkennen ver- mögen. Die Art der Entstehung dieser Linien ist noch nicht sicher bekannt. Man findet sie nur an Stellen, wo die Silberlösung durch Unterbrechungen der Markscheide zum Axencylinder hingetreten ist, niemals an dem abgerissenen oder abgeschnittenen Ende der Fasern oder an Axencylindern , die ,frei aus der Markscheide hervorragen. Soweit in diesen Fällen überhaupt von einer Gerinnselschelde die Rede ist, erscheint dieselbe nicht unterbrochen und unregelmässig gekörnt. Mitunter liegt auf einer oder auf beiden Seiten der Zwi- schenscheiben noch eine gewöhnlich sich konisch zuspitzende An- häufung von Gerinnseln auf (Figur 120 5 und Act). Ist dieselbe auf beiden Seiten vorhanden, so entsteht eine Form, die an das von Ranvier beschriebene „Renflement biconique" erinnert. Die Marksubstanz. Die Substanz, welche das Nervenmark bildet, besteht aus einer Mischung von meh- reren Stoffen (vergl. d. nächste Capitel) und wird auch als Myelin bezeichnet. Dieselbe ist ungemein leicht veränderlich , eine Eigen- schaft, die vielleicht darauf zurückzuführen ist, dass leicht eine Trennung der die Mischung bildenden Substanzen eintritt. Während die Markscheide der lebenden Faser durchaus ho- mogen erscheint, treten sehr bald nach dem Tode, namentlich, wenn die Faser dem Körper entnommen ist, eigenthümliche Formveränder- ungen auf (Figur 121), welche man auf eine Gerinnung des Myelins zurückgeführt hat, daher 121 der Name „Gerinnungsformen", „Gerinnungs- Markhaltige Nervenfaser aus , , dem n. iscMad. des Frosches, erschemungen . Die Contur der Faser wird Frisch, abgestorben. Myelin- . gerinnung. vergr. 388. Schw unregelmassig buchtig , und es treten eigen- = SCHWANN'sche Scheide: ., .. ,. , , .. . „, .n t^ 1 r = RANviEE'sche Ein- tliumliclie unregelmassige Streiten, Keulen, Netze, Klumpen hervor. Die Einschnürungen Schv 193 \ /; bleiben hierbei noch erkennbar, während man von den Einkerbungen sehr bald nichts mehr sehen kann. Bringt man frische Fasern in physiologische Kochsalzlösung, so tritt zunächst eine nur unbedeutende Quellung der Markscheide ein, zugleich mit einer deutlicheren Quellung der Zwischentrichter (vergl. 114 B). Dann werden die Gerinnungsformen deutlich. .Man studirt alle diese Verhältnisse am besten an peripheren Fasern, da bei diesen die Markscheide durch die ScHWANN'sche Scheide zusammengehalten wird und daher bei den stärker auftretenden Veränderungen nichl von dem Axeneylinder sich ablösen kann. Verdünnt man die Koch- salzlösung mit Wasser, so wird die Quellung sofort stärker, die Zwischentrichter schwellen ebenfalls noch mehr an und auch die ScHWAxx'sche .Scheide hebt sich ab , wo- durch sie jetzt deutlich erkennbar wird (Figur 122. A). Eine ganz andere Art der Quellung zeigt Figur 122 B nach Chloroform ein Wirkung. Hier ist die Markscheide stark gequollen, wäh- rend die Zwischentrichter und Zwischenscheiben durchaus keine Quellung erkennen lassen und daher in Folge der durch die Quellung des Marks erlittenen passiven Ausdehnung äusserst zart erscheinen. Geht die Quellung in der ver- dünnten Kochsalzlösung weiter , so tritt jene eigentümliche Erscheinung ein , die man als Aufblätterung des Marks bezeichnet (Pertik 1, XIX). Zuerst wird dieselbe sichtbar, wo die besten Angriffspunkte für die Flüssigkeit vorhanden sind, also an dem freien Ende der Faser und an den Markunterbrechungen. Wie man in Figur 123 sieht, ist das freie Ende der Faser zu einem unförmlichen zwiebelartigen MarkhaitigeXervenfasernaus dem N. ischiadic. des Fro- sches. Vergr. 388. A) in verdünnter physiologischer Kochsalzlösung. Anfang der Gebilde umgewandelt worden, während an den Einkerbungen (L) eine Anzahl feiner Spitzchen aus den sich zuschärfenden Enden der Segmente Q»eiiung. ° roform. ax = Axeneylinder ; hervorgeht, welche, da sie nur der Ausdruck K = ^er" CV s< 'Il^vAXN"src'h'" p Scheide (Schw); M = Mark- der im optischen Querschnitt gesehenen rings scheide; r = RANviEa'sche Einschnürung. um die Faser herumlaufenden Blätter sind. sich in feine circuläre Linien fortsetzen. Auch jene so vielfach zum Härten von Geweben verwandte Salzlösung, die MüLLER'sche Flüssigkeit, bewirkt diese Aufblätterung im ganzen Verlauf der Faser. Schi eff erdecker-Kossel. 13 — 194 Figur 124 zeigt eine derartig veränderte centrale Faser. Man erkennt in der Markscheide eine Menge von feinen schräg verlau- fenden Linien, den Ausdruck der Blätter , zwischen denen durch dickere , stärker lichtbrechende Linien abgezeichnete trichter- förmige Figuren sich finden, die Zwischentrichter. Vergleicht man hiermit das in Figur 125-4 dar- gestellte Querschnittsbild einer solchen Faser, auf welchem die feinen concentrisch verlaufenden Linien die Blätter, die dickere, ungefähr kreisförmig verlaufende Linie (Zt) die Contur des Zwi- 123 124 schentrichters angiebt, so wird Markhaltige Nerven- Markhaltige Nervenfaser man sich eÜl Bild VOll dem Zll- faser aus dem N. ischi- aus einem Längsschnitte adicus des Frosches, vom Rückenmark des stände der Markscheide machen . Vergr. 388. Verdünnte Rindes nach Härtung in physiologische Koch- MüLLEE'scher Flüssig- können. Ich habe diese Ver- salzlösung , fortschrei- keit, Alkohol. Auf blat- tende Queiiung des terung des Marks, Zwi- änderung genauer besprochen, Marks. L = L ANTER- schentrichter. Vergr .388. .... -.r MANN'sche Einkerbung, ax = Axencylinder ; M Weil Sie ZU einer grOSSdl Menge = Markscheide. p i i a • i i ••! t von tatschen Ansichten über die -L A A) Querschnitt einer„niark- StrilCtur der Markscheide haltigen Nervenfaser aus dem Vorderstrange des Veranlassung gegeben hat Kalbsrückenmarks nach Härtung in MÜLLER'scher Ulld llOCll giebt. Es gehört Flüssigkeit, Alkohol. Der Schnitt ungefärbt in Gly- llierZU auch die „KüHNT- cerin liegend gezeichnet. . . .. -, , . _ u Aufblätterung der Mark- sehe Axencylmderscheide , scheide , Zwischentrichter. ^ , -. P .. -, b) drei Querschnitte von welche darauf zuruckzu- aus dem Vorderstrange des führen ist , daSS nach Be- Kalbsrückenmarks nach hinrllnno- mit aphwäpliPrAv Härtung in MÜLLER'scher nanamng mit scnwacuerei Flüssigkeit, Alkohol, Fär- Osmiumsäure (unter 0,5%) bung mit Nigrosm , der V ^iJ /U/ schnitt ist in Baisam He- ebenfalls leicht Aufblätterung gend gezeichnet. Zwischen- ° trichter, die Aufblätterung auftritt Ulld daSS all Solchen war nur ganz schwach sichtbar und ist hier fort- s0 veränderten Fasern bei gelassen. Vergr. 700. Ax =Axencyiinder;ug=Um- der Zerzupfung das Mark fangscontur d. Nervenfaser ; zt = Zwischentrichter. unter Umständen zum gröss- ten Theile abbröckelt und nur eine innerste sehr dünne Lage noch als Umhüllung des Axencylinders übrig bleibt. Die Aufblätterung nach L9ö — MüiiLER'sclier Flüssigkeit ist dadurch für uns werthvoU geworden, dass bei der bekannten, schönen WEiGERT'schen Färbung mit Hämatoxylin der Farbstoff bei der Ditferenzirung wahrscheinlich hauptsächlich in den feinen Spalten zwischen den Blättern in Folge der Capillarwirkung haften bleibt, entsprechend den bei der „Absorptionsanalyse" auf- tretenden Erscheinungen (Nasse, Referat in 40, VII I. Gleichzeitig mit dieser Veränderung tritt an der in verdünnter physiologischer Kochsalzlösung befindlichen Faser eine neue Erscheinung ein : das Mark fiiesst an dem freien Ende aus und bildet hier eigenthümliche mäandrische Figuren, die Myelinfiguren, My elinger innse I (Figur 12G Mg). Mitunter kommt es hierbei vor, dass der ganze Markabschnitt von dem freien Ende bis zur nächsten Zwischenscheibe sich in Bewegung setzt und langsam herausgleitet. Es braucht dabei keine Aufblätterung eingetreten zu sein, gewöhnlich ist nur eine massige Quellung sicht- bar, die Zwischentrichter bleiben in ihrer Lage und gleiten mit der ganzen Markmasse vorwärts. Ist dieser Abschnitt entleert, so dauert es eine kleine Weile bis mit einem ziemlich plötzlichen Beginn die Zwischenscheibe durchbrochen wird und der nächste Markabschnitt herausgleitet. Ist das Mark eine durch Quellung leicht zu verändernde Masse , so zeigt es ebenso t -ir ■• i i-i » i l Freies Ende einer markhaltiseii starke Veränderungen verschiedener Art bei Nervenfaser aus dem w. isewa- der Einwirkung von Reagentien. Das beste %Til5*S^*EE& Mittel, um seine homogene Beschaffenheit und JafftailÄ; natürliche Form zu bewahren, ist eine ziem- l\elinüf^(^s?\ Ve£gf-?f • Schw = SCHWANN sehe Scheide. lieh starke Lösung (0,5 bis 1 °/0) der Ueber- osmiumsäure, falls dieselbe direct auf die Fasern wirken und so eine augenblickliche Abtödtung herbeiführen kann. Durch dieses Reagens werden zugleich zwei in dem Mark befindliche Stoffe, das Kephalin und Lecithin (s. nächstes Capitel) schwarz gefärbt in Folge von Reduction der Osmiumsäure und so erscheint der ganze Markmantel mehr oder weniger intensiv schwarz. Behandelt man zuerst mit Osmiumsäure von 0,5 °/0 oder weniger und dann mit verdünntem Ammoniak (20 bis 30 Tropfen auf 10 cc Wasser) für einen Tag oder länger, zerzupft dann in Wasser oder Glycerin, so findet man die Markscheide und den Axen- cylinder in verschieden grosser Ausdehnung zerstört und erkennt deut- lich die Schwann 'sehe Scheide (vergl. Figur 127). -- Während eine L3* — 196 — 2 procentige Lösimg des doppelt chromsauren Kali, wie oben erwähnt, die Erscheinung der Aufblätterimg hervorrief, bewirkt eine solche des doppelt chromsauren Ammoniak eine mehr körnignetzförmige Structur. In einer sehr stark verdünnten Lösung dieses Salzes (1 : 1000 bis 5000) wird das Mark allmählich völlig aufgelöst, und es bleiben nur die geronnenen Axencylinder und die ScHWANN'sche Scheide übrig. Alkohol und Aether lassen ein deutliches aus einer hornartigen Sub- stanz bestellendes Netzwerk hervortreten, das Neurokeratingerüst von Ewald und Kühne (s. nächstes Capitel). So ergiebt eigentlich jedes Reagens ein anderes Kunstproduct. Aufhören der Markscheide. Die Markscheide hört nicht plötzlich auf, sondern schärft sich allmählich konisch zu. An den RANViER'schen Einschnürungen ist der Kegel gewöhnlich ziemlich kurz, länger zeigt er sich durchschnittlich am Anfange und Ende der Nervenfasern (vergl. die Figuren 135 und 137 A). Mitunter werden markhaltige Nervenfasern auch mitten in ihrem Verlaufe auf mehr oder weniger lange Strecken marklos (vergl. p. 184). Der Axen- cylinder zeigt dann an der marklosen Strecke eine durchaus normale Beschaffenheit. Sehr günstig zur Beobachtung dieses Verhaltens sind die Nerven des Mesenteriums (Frosch, Maus etc.) nach Fixirung durch Osmiumsäure. Hierher gehört auch der nicht so selten vor- kommende Fall, dass eine markhaltige Nervenfaser in ein VATER'sches Körperchen (s. unten) übergeht, bei dem Eintritt in dasselbe ihr Mark verliert, an dem anderen Ende des Körperchens wieder austritt, sich mit Mark umhüllt, um dann, gewöhnlich nach kurzem Verlaufe, definitiv in einem zweiten Körperchen zu endigen (z. B. Mesenterium der Katze). b) Die ScHWATsTN'sche Scheide der markhaltigen Nervenfaser legt sich dem Markrohr tricotartig eng an, so dass sie gewöhnlich nur an den Stellen der Markimterbrechimgen als eine feine Linie erkennbar ist (vergl. Figur 114). Sie besitzt in ihrem ganzen Verlauf dieselbe Dicke und ihre auf der inneren Fläche befindlichen sich vorwölbenden Kerne liegen in entsprechenden Vertiefungen der Mark- scheide, wobei es gleichgültig ist, ob sich an der betreffenden Stelle eine LANTERMANN'sche Einkerbung befindet oder nicht. Bei den Fasern junger Thiere, bei welchen die Markhülle noch wenig entwickelt ist, zeigt die ScHWAXN'sche Scheide auch an den Stellen der Ranvier- schen Schnürringe kaum eine Verengerung. Bei zunehmender Dicke der Markscheide wird der Cylhider der ScHWANN'schen Scheide mehr und mehr ausgedehnt und bleibt nur an denjenigen Stellen dünner, wo kein 107 FSch Mark liegt, d. li. an den stellen der Zwischenscheiben, welche weniger stark zu wachsen scheinen als die Markhülle. So entstellt im Laufe der Entwickelung ein immer grösserer Unterschied im Durchmesser zwischen diesen Stellen und den übrigen Theilen ; dieselben werden daher mehr und mehr den Eindruck einer wirk- lichen Einschnürung machen, obgleich von einer solchen eigentlich nicht die Rede ist. Zerstört man an einer mit Osmium rixirten Nervenfaser das dem freien Ende zunächst liegende Mark- stück durch Einwirkung verdünnten Ammoniaks (s. p. 195), so erhält man Bilder wie Figur 127 eins darstellt. Die ScHWAxx'sche Scheide ist his zu der Einschnürung hin nur noch von einigen körnigen Ueberresten der Markscheide erfüllt und erscheint als ein leicht gefalteter Schlauch. An der Stelle der Einschnürung tritt eine plötz- liche Verschmälerung ein, welche sich ebenso plötzlich wieder erweitert, um das noch erhalten gebliebene Markstück zu überziehen, von dem sie tlieilweise etwas abgehoben ist. Stück einer markkaltigeri „t. ,. , , , n ..,, , . , , Nervenfaser mit BANVTER- VVie an die Marknulle, SO legt SICll auch an scher Einschnürung aus -,. r, . i im t o i • t ',, ii dem KT. ischiadicus des die Zwischenscheibe die Scheide unmittelbar an Frosches, vergr.388. Nach (vergl. Figur 115 C) ohne indessen augenschein- lich näher mit derselben verbunden zu sein. Bei den Zwischentrichtern findet dasselbe Verhält- niss statt. Zahl der Kerne. Sehr häufig1 findet man Behandlung mit O.öprocen- tiger Lösung der Ueber- osrniunisäure und verdünn- tem Ammoniak. In dem von dem freien (unteren) Ende der Faser bis zu der RANVlER'schen Einschnü- rung liegenden Abschnitte ist das Xerveuinark völlig zerstört, ebenso der Axen- zwischen ie zwei RAxviER'schen Einschnürungen cyitnder, feine Körnchen restiren allein. FSch = Fibrillen- (HEXLE'sche) Scheide : M = Markscheide : R = RAXVlER'sche Ein- schnürung ; Sclrw = SCHWÄNN'sche Scheide (tlieilweise der Länge nach gi faltet). nur einen, dann gewöhnlich ungefähr in der Mitte befindlichen Kern der ScHWAxx'schen Scheide. Bei Fischen indessen sind mehrere vorhanden (Key und Retzius 5 bis IG beim Hecht), so dass dieses Verhalten nicht wesentlich sein kann. Irgend welcher anatomischer Zusammenhang zwischen Markscheide und ScHWAxx'scher Scheide existirt nicht. c) Der Axencylinder. Dieser wichtigste Bestandtheil der mark- haltigen Nervenfaser zeichnet sich, wie wir oben schon gesehen haben (p. 175), vor den Protoplasmafortsätzen dadurch aus. dass er stärker lichtbrechend, mehr homogen und event. mehr oder weniger deutlich längsstreifig erscheint. Seine feinere Beschaffenheit ist der Gegen- — 198 — stand zahlreicher Untersuchungen gewesen und die Meinungen der verschiedenen Autoren sind weit auseinandergegangen und thun das auch noch, da der Gegenstand eben ein sehr schwieriger ist. Man vermag der Hauptsache nach vier Auffasssungen zu unter- scheiden : 1) Der Axencylinder ist structurlos: a) er ist eine einfache Flüssigkeitssäule (Fleischl), b) er ist ein mit Flüssigkeit erfüllter Schlauch (Boll). 2) Der Axencylinder besitzt eine Structur: a) in einer mehr körnigen oder mehr homogenen Grundmasse liegt eine Anzahl sehr feiner Fäden, die Fibrillen: Axencylin- derfibrillen, Primitiv fibrillen, welche die wesentliche sub- stanzielle Grundlage für die Nervenleitung darstellen. In ihnen ge- schieht die Leitung, bei den Theilungen der Nerven würden sie in den Zweigbahnen sich vertheilen. In den Nervenzellen würden sie, untermischt mit einer grösseren Menge der körnigen interfibrillären Substanz, von einem Fortsatze zum anderen hindurchziehen (von Man- chen nicht angenommen und unwahrscheinlich), so dass die Zellen gewissermaassen nur Verdickungen der Nervenbahn sein würden, die für die Ernährung von besonderer Bedeutung sind. Der Urheber dieser Anschauung ist M. Schultze (32), wenn auch Remak schon vor ihm auf die feine Parallelstreifung des Axencylinders, den er für hohl hielt, daher „Axenschlauch", aufmerksam machte (31). Ueber die Beschaffenheit der interfibrillären Substanz sind seit- dem verschiedene Ansichten geäussert worden. H. Schultze (7, 1878 und 1, XVI) nimmt für dieselbe eine zähflüssige Consistenz in An- spruch, die interfibrillären Körner seien der Ausdruck einer Gerinnung in Folge von Einwirkung der Reagentien. Kupffer (33, XIII. 1883) fasst sie als eine Flüssigkeit auf und nennt sie „Nervenserum", in der die „Nervenfibrillen" flottiren. Kölliker (Handb. 6. Aufl.) lässt die „Axenfibrillen" durch eine weiche, in geringer Menge vorhandene Zwischensubstanz, das „Neuroplasma", getrennt sein, in welchem nach Reagentien, z. B. Osmium, feine Körnchen auftreten können. b) auch im Axencylinder findet sich wie in der Zelle Spongio- plasma und Hyaloplasma. Im Axencylinder ordnen sich diese beiden Substanzen so an, dass das Spongioplasma lange der Axe parallele Röhrchen von grosser Feinheit bildet, welche mit Hyaloplasma erfüllt sind. Die Röhrchen sind nicht isolirbar wie die Fibrillen, da das Spongioplasma ja ein zusammenhängendes Schwammwerk bildet, welches als Stützsubstanz aufzufassen ist gegenüber dem den Röhreninhalt — 199 — bildenden Hyaloplasma, welches das eigentlich Wesentliche darstellt, dem die Nervenleitung obliegt. In der Mitte vieler Axencylinder namentlich von Evertebraten, findet sich ein festerer Strang, da die Spongioplasmahüllen hier dicker sind. Die Pünktchen auf dem Quer- schnitt des Axencylindcrs (nach der vorigen Theorie der Ausdruck der Fibrillen) sind der Ausdruck der Knotenpunkte des Spongioplasma- netzes, die Längsstreifung auf dem Längsschnitte entsteht durch die der Länge nach getroffenen Scheidewände der Spongioplasmaröhren. Diese Theorie ist am besten ausgeführt von Nansen (34). Aehnlich ist die von Leydig (35), welcher die sonst als Fibrillen angesprochenen Bildungen dem aus dem Spongioplasma entstandenen Gerüst zurechnet. während die interiibrilläre Substanz die eigentliche Nervenmaterie und die Fortsetzimg des Hyaloplasmas der Zelle sei. Wie man sieht. sind hier die Hyaloplasmazüge in den Spongioplasmaröhrchen resp. dem Schwammwerk functionell die Fibrillen der vorigen Theorie, nur dass sie aus der weicheren Substanz bestehen und sich nicht isoliren lassen. Diese Theorieen sind hauptsächlich nach Untersuchungen an Evertebraten und an Wirbelthieren mit marklosen Nerven aufgestellt worden. Nach Kölliker (Handb. 6. Aufl.) würde der Inhalt der Nansen- schen Röhrchen direct den Fibrillen der höheren Thiere entsprechen und die dieselben umgebende Substanz , die nur durch Reagentien deutlicher hervortritt, seinem Neuroplasma. Um einigermaassen die weiche Beschaffenheit öle's NANSEN'schen Röhreninhalts auszudrücken, nennt er diesen Bestandteil „Axenfäden", „die man sich wie Fäden, die Honig zieht, denken mag", und seine Röhrchenwände „Neuro- plasma". Wie ich weiter unten auseinandersetzen werde , kann ich mit dieser Auffassung nicht einverstanden sein. Was meine Ansicht von dem Bau des Axencylinders anlangt, so schliesse ich mich im Wesentlichen der Fibrillentheorie an. Vor wenigen Jahren kam ich (1, XXX) zu dem Schlüsse, dass der Axen- cylinder aus einem sehr weichen, wohl tropfbarflüssigen, sehr wasser- reichen Protoplasma bestände mit einer sehr zarten, festeren Rinden- schicht , die sich nicht als isolirte Hülle darstellen Hesse. Fibrillen konnte ich mit Sicherheit nicht nachweisen und hielt die Existenz derselben daher für unwahrscheinlich. Jetzt habe ich mich bei neuen Untersuchungen von der Existenz der Fibrillen überzeugt, und habe weiter gesehen, dass die sonst noch vorhandene Substanz ganz meinen früheren Anschauungen entsprach, dass sie aber nicht tropfbarflüssig ist. Der Axencylinder scheint mir also jetzt folgendermaassen be- — 200 — schaffen zu sein: Eine Anzahl sehr feiner Fäserchen, die „Nervenfibrillen", sind eingelagert in eine hell- durchsichtige, völlig homogen erscheinende, sehr weiche und wasserreiche Grundsubstanz, das „ A x o - plasnia", welches nach Aussen begrenzt wird durch eine sehr dünne, festere Schicht, die „Rinde" des Axen- cylinders. Wie man sieht, entspricht dieser Aufbau , wenigstens , was Fi- brillen und Grundsubstanz anlangt, einigermaassen dem der glatten Muskelzellen mit ihren Fibrillen und ihrem Sarkoplasma. Die Eigenschaften der einzelnen Theile sind folgende : Axoplasma1. Man studirt dasselbe am besten beim Neunauge (ev. auch bei Evertebraten z. B. Krebs), doch sind auch Fasern von Frosch und Ochse zu verwenden. Dasselbe ist (Neunauge) im frischen überlebenden Zustande durchaus homogen, farblos und so durchsichtig, dass man die feinen Fibrillen leicht erkennt. Sein Lichtbrechungs- vermögen ist ziemlich stark, je nach den Thieren dem der Fibrillen mehr oder weniger nahestehend, aber schwächer als dasjenige dieser. Von seiner Consistenz ist es nicht leicht , eine klare Vorstellung zu gewinnen : es ist so weich, dass die sonst grade verlaufenden zarten Fibrillen bei Entspannung einen leicht- oder event. auch steilwelligen Verlauf anzunehmen vermögen und dass man durch Druck auf das Deckglas im günstigen Falle diese Wellen abwechselnd mehr strecken und beim Nachlassen des Drucks wieder steiler werden sehen kann, es macht hierbei den Eindruck einer Flüssigkeit. Untersucht man beim Neunauge die durch Schnitt entstandenen freien Enden des Prä- parats, so findet man am lebend frischen Nerven stets eine durchaus ebene Fläche (vergl. Figur 129 F) ; das Axoplasma hat also in sich Halt genug, um seine Form zu bewahren, entspricht daher hierin durchaus dem Plasma der Zelle. Erst wenn die Nervenfaser abzu- sterben beginnt, was an dem Schnittende immer zuerst eintritt, wird die Substanz zähflüssig und tritt langsam aus (vergl. Figur 122 E). Das Axoplasma ist also weder eine Flüssigkeit, ein „Nervenserum" x) Ich wähle diesen Nainen lieber als „Neuroplasma", da das Axo- plasma entsprechend der Differenzirung der Fibrillen doch wahrscheinlich etwas verschieden sein wird von dem Protoplasma der Nervenzellen, wel- ches durch „Neuroplasma" doch mitbezeichnet werden würde. Ich will hier auch gleich hervorheben, dass ich das Axoplasma nicht ohne Weiteres dem Hyaloplasma der Ganglienzelle gleichwerthig erachten möchte, sondern zu- nächst es als Fortsetzung des Protoplasmas derselben auffasse. — 201 — (Kupfper), noch eine zähflüssige Substanz (Hans Schultze), lässt sich überhaupt in seiner Consistenz wahrscheinlich keiner todten Substanz direct vergleichen (am meisten würde noch eine Gallerte ähneln), sondern ist nur als lebende, dem Zellplasma entsprechende Substanz zu verstehen. Ob es eine, im frischen Zustande uns unsichtbare, Structur besitzt, ist schwer zu sagen, wenn auch a priori wahrschein- lich wegen seiner Beziehung zu dem Zellplasma. Es spricht dafür die sehr merkwürdige Beobachtung, welche ich gemacht habe, dass in frischen Neunaugennerven bei Einwirkung von Essigsäure einer ganz bestimmten (recht schwachen) Concentration plötzlich im ganzen Axoplasma , soweit dieses nicht durch die veränderten Fibrillen in Mitleidenschaft gezogen ist, eine äusserst scharf hervortretende, der Axe parallele feine Streifimg erscheint. Würde man die Nervenfaser in diesem Zustande zu Gesicht bekommen, ohne sie vorher zu keimen, so würde man zweifellos erstaunt sein über die so schön hervortreten- den Fibrillen. Doch haben diese Streifen, wie man an den dicken Neunaugenfasern leicht nachweisen kann, mit den Fibrillen durchaus nichts zu thim (sie sind übrigens etwas dicker als diese) und das ganze Bild verschwindet wie durch Zauber , wenn man die Concen- tration der Essigsäure nur ein wenig steigert : das Axoplasma wird dann momentan wieder völlig homogen. Es wäre nicht undenkbar, dass die bei Froschnerven nach Eisessig beobachtete so sehr deut- liche Fibrillenstreifung auf diesen Vorgang zurückzuführen wäre. Irgendwelchen Reagentien gegenüber ist das Axoplasma äusserst empfindlich, am besten wird es fixirt, wenn es im lebenden Zustande in unmittelbare Berührung mit Osmiumsäure von 0,5 °/0 oder Hek- MANN'scher Flüssigkeit gebracht wird, doch treten auch hierbei schon leichte Veränderungen (Trübungen, Andeutungen von Netzbildung) auf. Die nach Pikrinsäurehärtung beobachteten Netze Nansen's sind wahr- scheinlich auf solche Veränderungen zurückzuführen. Bei Zusatz von Wasser tritt Vacuolenbildung ein (Neunauge, Frosch), bei Zusatz von schwacher Essigsäure wird diese stärker, bis schliesslich eine Auf- lösung und Zerstörung bewirkt wird. In physiologischer Kochsalz- lösung zeigt sich bei markhaltigen Nerven eine durch Wasseraustritt bedingte Schrumpfung, es entsteht die „Federseelenform" (Boll 15, 1877, anat. Abthlg.), wie Figur 128 B sie darstellt. Bei dieser treten von dem schmäler gewordenen Axencylinder feine , sich zuspitzende Fortsätze ab, welche nach der Markseheide herüberziehen, ganz ähn- lich jenen feinen Fortsätzen, die geschrumpfte sympathische Ganglien- zellen erkennen Hessen (vergl. Figur 106 . Es spricht diese lieber- — 202 Ä B 1 L- A) Stück einer rnarkhaltigen Nervenfaser aus dem N. ischiadicus des Frosches, frisch B) Dasselbe nach längerer Einwirkung von physiologischer Kochsalz- lösung. Vergr. 388. ax = Axencylinder ; K = Kern der SCHWANN'schen Scheide ; L = LANTERMANN'sche Ein- kerbung ; M = Markscheide ; R = RAN VIER' sehe Ein- schnürung. einstimmung dafür , dass das Axoplasma und das Protoplasma der Ganglienzelle einander sehr ähnlieh sind, und beweist zweitens wieder, dass diese Plasmen ausserordentlich reich an Wasser sein müssen. Dafür spricht auch das Verhalten gegen chromsaure Salze, welche auch in ganz schwachen Lösungen stets eine starke Schrumpfung des Axoplasmas (und ähnlich der Ganglienzellen) bewirken. Als Resultat dieser entsteht jener bekannte solide Axencylinder, der den Raum der Markscheide lange nicht ausfüllt und ein ganz unregelmässig geformtes, bald bandförmigplattes, bald mehr cylindrisches, bald mehr cannelirtes, bald mehr rinnenförmig ausgehöhltes Gebilde darstellt je nachdem an den betreffenden Stellen das Reagens durch die Markscheide hindurch auf das Axoplasma einzuwirken vermochte. Auf diese so entstan- dene unregelmässige Gestalt ist auch die mit- unter zu beobachtende , scheinbar spiralige Drehung des Axencylinders in der Markscheide zurückzuführen. Interstitielle Körnchen, die nach Kölliker bei Osmiumsäurebehandlung in dem Axoplasma zwischen den- Fibrillen auftreten sollen , habe ich an überhaupt guten Präparaten nicht ge- sehen, das Plasma erschien mehr homogen. Fibrillen. Zur Untersuchung der in dem Axoplasma eingelagerten feinen Fädchen, der Nerven fibrillen oder Axenfib rillen, kann ich am meisten die lebendfrischen Fasern der Neunaugen empfehlen, an welchen ich mich zuerst von der Existenz der Fibrillen im Leben überzeugt habe, ev. die von Evertebraten, z. B. Krebs. Die Fibrillen, welche eine Dicke von ungefähr 0,4 f-i besitzen, liegen hier bei den dicken Fasern zu einem Bündel vereinigt, dem Axenstra n g (Axstr), wie ich es nennen will (Figur 129 A, B, C, D, F). Umgeben ist dieser von einer Schicht des Axoplasmas, dem Axo- 203 Axplm AxslrAxplui SclroS Xervenfasern von Petromyzon fluviatilis. Vergr. 700. A) und B) lebend frische Fasern aus einem motorischen Augennerven. Die SCHWANN'sche Scheide ist fortgelassen. In A) verlaufen die Fibrillen melir wellig, theilweise so stark gebogen, dass sie im Querschnitt als feine Pünktchen erscheinen. In B) verlaufen die Fibrillen nicht so genau parallel, am Kande ziehen einige isolirt auf kürzere Strecken durch das Axoplasma. C) und In sind Fasern aus dem durch HKKMAXN'sche Flüssigkeit fixirten X. trigeminus mit SCHWANN'scher Scheide (Schw S) und deren Kernen (K mehr im Profil, K' von der Fläche gesehen). In der sehr dicken Contui der Scheide ist wohl noch ein Theil der Fibrillenscheide mit enthalten, es ist diese Contur nicht genauer ausgezeichnet worden (vergl. auch Figur 112). In D) ist die Mantelschicht des Axoplasma sehr dünn. E) Ende einer Paser aus dem frisch untersuchten NT. trigeminus. Die Fibrillen sind körnig zerfallen, der etwas verflüssigte Inhalt tritt in Gestalt eines bixnförmigen Körpers hervor. Die körnig zerfallene Strecke war in Natur länger als hier dar- gestellt. /■') freies Querschnittsende einer lebendfrischen Trigeminusfaser. auch hier zeigt das Ende Bchon einen kurzen körnigen Zerfall, es ist aber noch keine Verflüssigung eingetreten, die Scheide i-t fortgelast 204 — plasmainantel (Axplm) , in welchem indessen auch noch einige Fibrillen mehr isolirt verlaufen, die sich von dem Strange abzweigen und wieder zutreten, vielleicht auch auf weite Strecken isolirt hin- ziehen. Je dünner die Fasern sind, um so geringer ist der Axoplasma- mantel, bis schliesslich die Mantelschicht kaum noch sichtbar bleibt (Figur 129 D). Dem entsprechen die Querschnittbilder (Figur 130). Hier sieht man bei den dicken Fasern in der Mitte die Zusammen- lagerung der Querschnitte im Axen- strang, in der Mantelschicht die mehr einzeln verlaufenden Fibrillen, je dünner die Fasern werden , um so mehr über- wiegt der Axenstrang, wenngleich auch hier Verschiedenheiten vorkommen (Fi- gur 130 B). Es nimmt also mit ab- nehmendem Axencylinderdurchmesser bei Petromyzon die Menge des Axoplasmas schneller ab, als die Anzahl der Fibrillen. Da diese letzteren aller Wahrscheinlich- keit nach die eigentlich wichtige, leitende Substanz darstellen, so würde man bei Petromyzon aus dem Durchmesser des Axencylinders nicht ohne Weiteres auf die Menge der leitenden Substanz schliessen dürfen. Die Entfernung zwischen zwei Fibrillen ist stets grösser als der Durchmesser der Fibrillen, es sind dieselben also durch relativ grosse Mengen des Axoplasmas von einander getrennt. Die Fibrillen von Petromyzon sind äusserst hinfällige Gebilde, welche augenscheinlich nur lebendfrisch über- haupt sichtbar sind, sobald sie absterben, zerfallen sie, auch bei Untersuchung im Blutserum desselben Thieres , in feine Körnchen von sehr starkem Lichtbrechungsvermögen, welche zunächst noch in Reihen liegen bleiben , entsprechend den Fibrillen , durch deren Zerfall sie entstanden sind (Figur 129 F). Bei weiterem Absterben tritt dann augenscheinlich eine Verflüssigung des Axenstranges ein, derselbe fliesst als eine zähe Masse hervor, begleitet von der wohl noch festeren Substanz des Axoplasmamantels (Figur 129 JE). Wir haben oben gesehen, dass das Axoplasma eine sehr leicht ver- 130 Querschnitte von Axencylindern aus dem inHERMANX'scherliösung fixirten und in Paraffin eingebetteten N. tri- geminus von Petromyzon fiuviatilis. Vergr. 700. Nur die Axencylinder sind gezeichnet. 205 änderliche Substanz darstellt, doch ist es augenscheinlich noch wider- standsfähiger als die Fibrillen. Bald nach dem Tode ist daher von den Fibrillen überhaupt nichts mehr zu sehen; st;itt ihrer bemerkt man einen körnigen Strang, wie er schon vielfaeh abgebildet worden ist (vergl. auch Figur 112). Die Fibrillen conserviren sieb am besten bei schneller Einwirkung von HERMANN'scher Flüssigkeit auf die lebend- frische Faser. Auch Osmiumsäure 0,5 °/0 conservirt sie zunächst gut, macht sie aber nicht so baltbar. Beobachtet man Neunaugenfaseni in Serum bei allmählichem Wasserzusatz, so siebt man zunächst die Fibrillen körnig- zerfallen, bei weiterer Verdünnung werden die Körnchen ganz plötzlieb zu relativ grossen Indien Feldern oder bellen Bläsehen, deren dünne Scheidewände aneinander stossen und so den Eindruck eines zarten Netzes in einer hellen Grundsubstanz machen. Bei weiterem Wasserzusatze ev. bei Zusatz von verdünnter Essigsäure ändert sieb dieses Bild nicht mehr viel, ev. zeigen sieb noch Vaeuolen, bis schliess- lich Auflösung eintritt. Bei der Einwirkung von chromsauren Salzen sieht man nur noch Körnchenstreifen in dem geschrumpften Axoplasma (vergl. Figur 112J, doch tritt auf dem Querschnitt der Axenstrang mitunter noch ziemlich deutlich als ein dunkler körniger centraler Bezirk hervor 1. Besser sieht man ihn nach Alkoholhärtung. Beim Stör und manchen Knochenfischen sind bei den dicken Fasern ähn- liche Bilder zu beobachten und hier hat Mauthxer sie von inaneben — nicht von allen — Fasern des Hechts und der Forelle beschrieben (11, XXI, h). Spätere Forscher haben aus dieser Beobachtung die ..MAUTHNER'sche Scheide" gemacht. Die meisten Axeneylinder der Fische und auch die aller höher stehenden Thiere entsprechen nun jenen dünnen Axencylindern von Petromyzon , an denen die Mantel- schicht so zart geworden ist, dass sie nicht mehr deutlich als be- sondere Schicht wahrzunehmen ist. Man erkennt das leicht an dem in Figur 131^. dargestellten Längsdurchschnitte durch eine mark- haltige Faser des Frosches. Wie man sieht, ziehen die Fibrillen auch durch eine BanvierscIic Einschnürung unverändert hindurch, nur dass sie ein wenig zusammenrücken, da das Bohr hier um ein geringes enger wird. Die Querschnitte in Figur 131 B zeigen dem entsprechend eine ganz gleichmässige Vertheilung (vergl. auch Figur WhD) und so würde man bei den höheren Thieren ans einer Ab- nahme des Durchmessers des Axencylinders auch auf eine entspre- 1) Es ist diese Sonderung auch schon früher von Reissnek (15, 1860) gesehen und beschrieben worden. — 206 — chende Verminderung der Fibrillen schliessen können. Ganz ähnlich ist das Bild, welches ein Axencylinder aus dem Rückenmarke des Ochsen darbietet (Figur 132). Da dieses Rückenmark nicht so frisch B 131 W-zs Aus dem N. ischiadicus des Frosches. Osmiumsäure 0,5 °i0 — Säurefuchsin. Vergr. 700. A) Längsschnitt einer Faser mit RANVIER' scher Einschnü- rung, ax = Axencylinder, in welchem die Fibrillen deutlich hervortreten ; Ii = LANTERMANN'sche Einker- bung ; M = Markscheide ; R = KANvTER'sche Einschnü- rung ; Z S = Zwischenscheibe im Querschnitt. DieSCHWANN- sche Scheide war nicht sicht- bar. B) Querschnitte von verschieden dicken Fasern. Die in der Markscheide sicht- baren Conturen der Zwischen- trichter sind nicht einge- zeichnet. ; 132 Axencylinder aus dem Kücken- mark des Ochsen , welches un- gefähr eine Stunde nach dem Tode in Osmiumsäure 0,5 °l0 fixirt worden war, Zerzupfungs- präparat in Wasser. Die Fi- brillen sind in Körnchenreihen zerfallen. Vergr. 700. eingelegt werden konnte als der Froschnerv, so sind die Fibrillen schon in Körnchen zerfallen, die aber noch genau in Reihen und so dicht aneinander liegen, dass sie bei schwächerer Vergrösserung oder bei nicht ganz scharfer Einstellung des stärkeren Objectivs den Ein- druck von Linien machen. Da die Fibrillen, bei herausgenommenen Fasern wenigstens , niemals absolut gestreckt sind , sondern leicht wellig verlaufen, so sieht man als Fibrillenbild bald eine Linie, bald eine Reihe von kleinen Körnchen , und häufig eine Linie zwischen zwei Körnchenreihen. Dass es sich hier nicht um interstitielle , im Axoplasma liegende, Körnchen handelt, geht einmal aus dem genauen Verfolg der Reihen und dann daraus hervor, dass die Körnchen von den Linien stets um so viel abstehen als einem Axoplasmaseptum entspricht, während Axoplasmakörner unmittelbar anliegen müssten, da sie ja gerade das Septum bilden würden. — 207 — Den Durchmesser der Fibrillen fand ich bei Petromyzon, Frosch und Ochse (hier allerdings die Körnerreihe) gleichmässig zu ca. 0,4 /u, es ist darnach wahrscheinlich, dass die Fibrillendicke bei allen Wirbel- thieren wenigstens eine annähernd gleiche sein wird. Bei der Theilung der Axencylinder wird voraussichtlich eine gewisse Anzahl von Fibrillen in jeden Theilast übergehen, bei sehr feinen abtretenden Aesten vielleicht nur eine mit dem zu ihr gehörigen Axoplasmamantel. Diesem würde dann die eventuelle Bildung der Varicositäten an den feinsten Fäserchen zuzuschreiben sein. Wie ich oben(p. 185) schon mittheilte, beträgt der Durchmesser der in den sympathischen Fasern der Milznerven des Kalbes vereinigten feinen Axencylinder ca. 1 /i, es ist daher bei Zurechnung des Axoplasnia- mantels wahrscheinlich, dass jeder derselben nur eine Fibrille enthält. Wirklich isolirte Fibrillen, d. h. solche ohne Axoplasma, kommen wohl nicht vor. Man darf daher auch die feinsten, aus Theilungen des Axencylinders hervorgegangenen Fäserchen nicht als „Fibrillen" bezeichnen, sondern nur als feine Axencylinder. Was die Entstehung der Fibrillen in der Nervenzelle beim Ab- gange des Nervenfortsatzes anlangt, so wird mehrfach angegeben (z. B. His), dass schon bei ganz jungen embryonalen Zellen eine in die Zelle ausstrahlende feine, fibrilläre Streifung zu sehen ist. Ge- naueres kann ich darüber auch nicht beibringen. Der von Feist (7, 1890, Anatom. Abthlg.j von Froschnerven beschriebene „Centralfaden" scheint mir etwas ganz anderes zu sein als mein Axenstrang und dürfte in der That wohl nur den ganzen, geschrumpften Axencylinder darstellen. Identisch mit meinem Axenstrang ist dagegen sicher das „cen- trale Faserbündel", welches Remak (15, 1843) aus den dicksten Ner- venfasern des Krebses beschrieben hat. Axencylinderrinde (Schiefferdecker 1, XXX). Die äusserste Schicht des Axoplasmas scheint von etwas anderer Beschaffenheit zu sein als das übrige. Sie bewirkt die eigenthümlich scharfe Contur des Axencylinders und erlaubt einen Austritt des flüssig gewordenen Inneren zunächst nur am freien Ende. Diese Schicht ist von sehr grosser Feinheit, lässt sich als eigene Membran nicht darstellen und hängt mit dem Inneren unmittelbar zusammen, zeigt daher keine doppelte Contur. Hei Behandlung des frischen Axencylinders mit verdünntem Serum und schwacher Essigsäure ist sie zunächst resistenter als das innere Axoplasma, wird aber schliesslich zerstört, sie ist also mich relativ wenig widerstandsfähig. — 208 — Bedeutung der Elemente des Axeney linders. Der ganze Axen- cylinder ist ein stärker differenzirter Theil des Zellkörpers, ein Fort- satz desselben. Die stärkere Differenzirung besteht darin, dass sieb ein specifiseh der Function angepasstes Element, die Fibrillen, gebildet bat, diese werden also voraussichtlich speciell der Nervenleitung dienen. Das Axoplasma entspricht demgemäss dem Protoplasma weniger dem specitischen Tbeil, es wird also voraussichtlich den vegetativen Pro- cessen vorstehen. Das ' ganze Verhältniss erinnert, wie man bemerkt, sehr an das Sarkoplasma und die Fibrillen bei den Muskelzellen. Es ist daher auch möglich, dass jene Nerven, welche relativ viel Axoplasma besitzen , geeigneter dazu sind , längere Zeit hintereinander in Er- regung zu verharren als die mit wenig Axoplasma versehenen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Sarkoplasma und dem Axo- plasma besteht aber darin, dass in jenem überall Kerne liegen, wäh- rend dieses abhängig ist von dem Kern der Nervenzelle. Darauf beruht es voraussichtlich, dass der von der Zelle gewaltsam getrennte Tbeil des Axeneylinders zu Grunde geht, während der andere lebens- kräftig bleibt und jenen wieder zu ersetzen im Stande ist. Es ist dieses daher ein sehr interessantes Beispiel für die Fernwirkung eines Zellkernes. Dieses kleine Gebilde würde unter Umständen auf meh- rere Fuss Entfernung das ihm unterstehende Protoplasma beherrschen oder beeinflussen. Die directe Ernährung des Axeneylinders würde durch Lymphe besorgt werden, die bei den marklosen Nervenfasern an allen Stellen leicht an denselben herantreten kann, bei den markhaltigen durch dieZwi- sebenscheiben und Zwischentrichter in den periaxialen Spaltraum gelangt. Die Bedeutung der Markscheide für den Axencylinder dürfte wohl kaum in der isolirten Leitung zu suchen sein, wie mitunter an- genommen worden ist , diese Eigenschaft kommt sicher auch jeder marklosen Nervenfaser und wahrscheinlich sogar jeder Nervenfibrille zu. Viel näher scheint es mir zu liegen, anzunehmen, dass die Mark- scheide eine Schutzhülle darstellt , welche die Nervenfaser weniger empfindlich gegen äussere Einflüsse und damit unabhängiger von sol- chen macht. Die nicht unterbrochene Markscheide bildet direct einen Schutz und an den Unterbrechungen liegen bestimmte Siibstanzen, die vielleicht auch noch die Fähigkeit besitzen, aus dem zugeführten Ma- teriale eine Auswahl zu treffen, indem sie nur bestimmte Stoffe hin- durchlassen. Ob der Axencylinder sich an den Stellen der RANviER'schen Ein- schnürungen verdünnt, wie sehr vielfach behauptet worden ist, lässt 209 — sich sehr schwer entscheiden. Wie uns dem Mitgetheilteii hervorgeht, ist der Axencylinder auch trotz der schützenden Markhülle ungemein empfindlich gegen jeden Eingriff, dazu kommt , dass jedes Reagens an der Stelle der Zwischenscheibe anders auf den Axencylinder wirkt als in seinem übrigen Verlauf, so sind Fehlerquellen genug vorhanden. Auch ich habe an frischen wie an fixirten Präparaten häufig den Ein- druck gehabt, dass eine Verengerung des Markscheidenlumens und damit auch eine Verschmälerung des Axencylinders stattlinde (vergl. die Figuren 128 und 131), habe dieselbe aber immer nur sehr gering gefunden , so dass die vorhandenen Fehlerquellen durchaus zur Er- klärung derselben genügten. Naturgemäss könnte eine Verschmälerung des Axencylinders i vergl. auch Figur 131) nur auf einer Verminderung des Axoplasmas an dieser Stelle beruhen, die Fibrillen ziehen unver- ändert hindurch. Ob einer solchen event. vorhandenen Verschmälerung eine Bedeutung zukommt, und welche, scheint mir vorläufig noch nicht entscheidbar. d) Durchmesser, Aeste und Theilungen der markhaltigen Nervenfaser. Der Durchmesser der markhaltigen Nervenfasern ist bei einem und demselben Wesen sehr verschieden. Einmal nehmen die Fasern im Laufe der Entwickelung an Dicke bedeutend zu, so dass z. B. im N. oculomotorius der Katze die Fasern des erwachsenen Thieres den 6- bis 8 fachen Durchmesser haben gegenüber denen des neu- geborenen (Schiller 41, 1889;. Zweitens aber liegen auch in den Nerven des vollständig entwickelten Körpers sehr verschieden dicke Fasern neben einander, so dass Schwankungen von 1,8 fi bis 23,4 /.t heim Menschen beobachtet werden. Beziehen sich diese Maasse auch auf die Markscheide , so ist doch auch der Durchmesser des Axen- cylinders ähnlich verschieden. Sowohl motorische wie sensible Wurzeln enthalten sehr verschieden dicke Fasern, doch linden sich die grössten Maxima in den motorischen. Dieselben besitzen überhaupt eine grössere Anzahl dickerer Fasern als die gleichnamigen sensiblen, so dass die Mittelwerthe für sie durchweg höher liegen als für die sensiblen (Schwalbe 83). Zwischen der Grösse des erwachsenen Thieres und der Dicke der Nervenfasern scheint kein bestimmtes Verhältniss zu bestehen. Dagegen zeigt es sich, dass die längsten Nervenfasern auch zugleich die dicksten sind, ohne dass indessen ein mathematisch genaues Ver- hältniss zwischen Länge und Dicke sich bisher herausgestellt hat (Schwalbe). Am regelmässigsten verhalten sich in dieser Beziehung die sensiblen Nerven, doch kommen auch hier hei denen des Gehirns Schieff erdecker-Kos sei. 14 — 210 — Abweichungen vor (Schwalbe). Alle diese Angaben beziehen sich auf den Durchmesser der Markscheide, genaue Messungen des Axen- cylinders sind noch nicht ausführbar gewesen, da derselbe, wie oben schon hervorgehoben wurde, bei Anwendung von Reagentien, zu leicht und zu unregelmässig schrumpft. Sehr wesentlich für die Beantwortung der Frage, wie sich der Durchmesser einer Nervenleitungsbahn nach der Peripherie hin stellt, ist das Verhalten der Nervenfasern in Bezug auf Abgabe von Aesten und deren Dicke. Sowohl die motorischen wie die sensiblen Fasern zeigen mehr oder weniger zahlreiche Theilungen resp. Abgabe von feinen Aestchen an den Stellen der Ranvier' sehen Einschnürungen. Dieselben finden sich im Centralnervensystem sowohl gleich nach dem Abgange des Nervenfortsatzes wie während des Verlaufes der Nervenfaser in der weissen Substanz hier vielfach in Form der gewöhnlich unter ungefähr rechtem Winkel abgehenden „Collateralen" (Ramön y cajal 16, V). In den peripheren Nerven kommen sie weniger in den Nervenstämmen als kurz vor der Endigung der Nerven fasern vor (vergl. auch in Cap. IV das dort über die motorischen und sensiblen Muskelnerven Gesagte). Die Theilungen finden auch hier stets an den Stellen der RANviEit'schen Einschnürungen statt, da ja die Theilung vom Axencylinder ausgeht, der an diesen Stellen frei von der speeifischen Scheide ist (vergl. die Figuren 135 und 137) und können zweierlei Art sein : Einmal findet ein mehr oder weniger gleichmässiger Zerfall in zwei bis fünf neue markhaltige Nervenfasern statt, auf welche sich die ScHWANN-'sche Scheide gleichmässig fort- setzt, zweitens geht ein relativ feiner markloser Ast ab (z. B. sensible Muskelnerven). Am Ende der Nervenfaser, resp. am Ende einer der aus ihr durch Theilung hervorgegangenen Nervenfasern, (so auch bei den Collateralen im Centralnervensystem) kommt es häufig zu einer ziemlich schnellen und reichen Verästelung des Axen- cylinders , welche einen mehr oder weniger büschel- oder geweih- artigen Typus hat. In Bezug auf das Kaliber der Nervenbahn er- giebt sich nun , dass die periphere ung et heilte motorische Nervenfaser ein gleichmässiges Kaliber beibehält, während ihre Theil- äste eine Abnahme desselben zeigen. Addirt man indessen die Durch- messer der sämmtlichen aus einer Faser hervorgegangenen Aeste (im Brusthautmuskel des Frosches etwa 30) , so erhält man eine be- deutende Zunahme des Gesammtkalibers , und zwar nicht nur mit Hinzurechnung der Markscheide , sondern auch zweifellos für den Axencylinder allein (Schwalbe). — Sehr eigenartig ist das Verhalten — 211 — der peripheren sensiblen Fasern. Diese zeigen nach Schwalbe während des Verlaufes nach der Peripherie eine Dickenabnahme der ungetheilten Faser. Die sehr zahlreichen Theiläste, in welche die Fasern in vielen Füllen schliesslich zerfallen, werden allerdings wahr- scheinlich wieder eine Zunahme des Kalibers der Nervenbahn be- wirken, die das Maass des Anfangskalibers weit übersteigt (vergl. auch p. 153). Weiter findet man aber auch eine Abnahme des Durch- messers nach dem Centrum, d. h. der Nervenzelle, zu, so in den Spinalganglien (vergl. Figur 135). Hierher im Prinzipe zu rechnen wäre auch wohl die Thatsache, dass in der Retina die distalen Fort- sätze der inneren Körner dicker sind als die proximalen und dass auf eine aus einer Retinaganglienzelle hervorgehende Opticusfaser eine ganze Anzahl von proximalen Körnerfasern entfällt. Die in diesem Falle zweifellos vorhandene Kaliberabnahme nach dem Centrum zu, wird also vermittelt durch eingeschobene Nervenzellen. Ueber die Kaliberverhältnisse der centralen Fasern bei ihren Theilungen , weiss man noch nichts sicheres , da Messungen fehlen, doch scheint es mir dem ganzen Verhalten nach zweifellos, dass auch liier, ganz wie bei den peripheren Fasern, eine Kaliberzunahme, und zwar des Axencylinders, vorhanden ist. e) Entwickelung, physiologische Degeneration und Regene- ration. Wie ich oben schon angegeben habe entwickeln sich die Axencylinder als Fortsätze der Nervenzellen. — Auf welche Weise das Mark entsteht, ist noch nicht genauer bekannt. Wie schon er- wähnt wurde , bildet es sich weit später als die Axencylinder und nimmt im Laufe der Entwickelung an Mächtigkeit zu. Die von Ran- vier und Boveri für die Entwickelung der markhaltigen Fasern auf- gestellten Theorieen halte ich für durchaus irrig. — Die ScnwAxx'sche Scheide entsteht aus Zellen, die zu dem Bindegewebe gehören, in welches der Axencylinder beim Verlassen des Centralnervensystems hineinwächst. Dieselben würden als ev. chemisch modificirte Endothel- zellen zu bezeichnen sein. Ihrer chemischen Beschaffenheit nach ver- hält sieh die ScHWAxx'sche Scheide ganz ähnlieh dem Sarkolemma (vergl. p. 140), mit welchem sie ja bei der Endigung des Nerven im Muskel sieh wahrscheinlich auch verbindet. Nach den eingehenden Untersuchungen von S. Mayeb (4:!, II) finden sich in den peripheren Nervenstämmen fortwährend Fasern, welche durch Degeneration zu Grunde gehen, sowie entsprechend solche, welche sich regeneriren. Die Veränderungen treten am deut- lichsten hervor an der Markscheide , doch soll schliesslich auch der 14* — 212 — Axencylinder zerstört werden. Es scheint mir, dass diese Vorgänge dringend einer Neuuntersuchung bedürfen,, nachdem wir jetzt wissen, dass der Axencylinder als ein Zellfortsatz zu betrachten ist und nur von der Zelle her auszuwachsen vermag. f) Verheilung von Nervenwunden. Wird ein Nerv durch- trennt, so degeneriren diejenigen Theile der Fasern, welche nicht mehr mit den Zellen, von denen sie herstammen, in Verbindung stehen, also die des distalen Stumpfes (vergl. auch p. 208). Die Axencylinder des proximalen Endes wachsen dann in die degenerirte alte Bahn hinein und langsam weiter, bis sie dieselbe ganz durchwachsen haben. Die Zeitdauer dieses Processes und auch, wie es scheint, die Möglich- keit der vollständigen Regeneration richtet sich nach der Länge des degenerirten Theils und beträgt erstere beim Menschen Monate und Jahre. Eine ausgedehnte Bindegewebsnarbe hindert die Regeneration (Etzold 84, XXIX). Bei Rückenmarksdurchschneidungen findet eine Regeneration der Fasern vielleicht bei ganz jungen Thieren statt (Eichhorst), bei älteren oder erwachsenen Thieren ist sie nicht mehr nachzuweisen (Schiefferdecker), ebensowenig beim Menschen. C) Hauptformen von Nervenzellen und deren Nervenfortsätze. Die Form und Grösse der Nervenzellen, sowie das Verhalten des Nervenfortsatzes sind je nach der Function der Zelle verschieden. Als Beispiel mögen hier einige Haupttypen folgen. 1) Zellen, deren Nerven fortsätze dir e et zu peri- pheren Organen in Beziehung treten. a) Die Zellen der centralen motorischen Kerne. Die im Central- nervensystem gelegenen centrifugalwirkenden Zellen sind gross, meist mit vielen Protoplasmafortsätzen versehen und senden einen Axencylin- derfortsatz (vielleicht auch zwei) aus, der zunächst bald nach seinem Ursprünge einige feine Aestchen abgeben kann und sich im weiteren peripheren Verlaufe, namentlich in der Nähe seines Endes, gewöhn- lich vielfach verästelt. Charakteristisch für diese Gattung sind die grossen Zellen im vordersten Theil der Vorderhörner des Rücken- marks (Figur 133), denen diejenigen der motorischen Kerne der Hirn- nerven entsprechen. b) Die Zellen der sensiblen Ganglien. Die peripheren, sen- siblen, centripetal leitenden Nervenfasern entspringen nach den Unter- 2 1 3 suchungen von His sämmtlicl] von den sensiblen Ganglien, welche andererseits centralwärts verlau- fende Nervenfortsätze abgeben, die in den Centralorganen endi- gen. Es gehören hierzu die Spi- nalganglien, Gangl. Gasseri, Gangl. geniculi, Ganglien des Acusticus, Glossopharyngeus, Va- gus. Die Zellen dieser Ganglien sind demgemäss bipolar. Dieses Verhalten tritt bei embryonalen Zellen sehr deutlich hervor, beim menschlichen Embryo in der vierten bis fünften Woche (His). Figur 134 stellt eine solcbe Zelle dar. Ganz ähnlich verhalten sich die entsprechenden Zellen nie- derer Wirbelthiere, so der Fische, bei welchen es sehr leicht ist, die beiden gewöhnlich oppositopolar abgehenden Fortsätze, zu sehen. Bei Petromyzon vermochte Freud (14, Bd. 78, III) nachzuweissen , dass 133 Nervenzelle aus dem Vorderhorn des Rücken- marks des Menschen, mit geringer Veränderung nach OBERSTEINER. Vergr. 150. as = Axencylin- derfortsatz , P = Pigmentanhäufuug. Die nicht- bezeichneten Fortsätze sind Protoplasmafortsätze. 134 Nervenzelle aus einem Spinalganglion eines 41 .> wöchentlichen menschlichen Embryo. Vergr. 1100. Copie n. HIS (7, 1887, p. 373). ausser dieser extremen .Stellung noch eine Menge von anderen vor- kommen, welche dadurch charakterisirt sind, dass die Fortsätze zu- nächst auf derselben Seite der Zelle entspringen (wie in Figur 134), so dass der Zellkörper seitlich ansitzt, dass sie dann mehr und mehr zusammenrücken, bis sie dicht neben einander entspringen, ja, dass schliesslich nur ein Fortsatz vorhanden ist. der sich nach einer gewissen strecke seines Verlaufs theilt. Eine diesen verschiedenen Modifikationen entsprechende Umänderung muss bei den höheren Thieren allmählich während der Entwicklung stattlinden, denn während die Spinalganglien- 214 zellen zuerst deutlich bipolar sind (Figur 134), wenn auch schon von Anfang an die beiden Fortsätze mehr von einer Seite der Zelle abgehen, erscheinen sie im erwachsenen Zustande stets unipolar, wobei der Fort- satz sich indessen nach kurzem Verlauf in zwei Fasern theilt (Figur 135). . Diese sogenannte T- förmige Theilung (Ranvier) ist sehr cha- rakteristisch für den Nervenfortsatz dieser Zellen. Sie findet sich gewöhnlich an der zweiten oder dritten Einschnürung und es lässt sich nachweisen, dass der eine Fortsatz zu der Peripherie, der andere zum Rückenmark hin- läuft (Lenhossek 1, XXVI). Die Summe der Durchmesser der beiden Axencylinder soll der des einfachen entsprechen , was auch schon dadurch wahrscheinlich gemacht wird, dass unter Umständen der Axencylinder schon vor der letzten RANViER'schen Einschnürung ge- theilt zu erkennen ist. Die Markscheide kann dagegen so verschieden dick sein, dass die periphere Faser einen grösseren Durchmesser besitzt, als die ungetheilte Faser (Lenhossek). — Wie Figur 135 erkennen lässt, tritt der Nervenfortsatz zunächst nackt aus der Zelle hervor (ax), nur eingehüllt von der auch die Zelle umgebenden Schwann 'sehen Scheide (Schw S). Nach einer kurzen Strecke beginnt eine allmählich stärker werdende Markhülle. An der zweiten Einschnürung liegt die Thei- lungsstelle. Die entsprechenden Zellen des Frosches zeigen, nach den Autoren, die Eigenthümlichkeit, dass an jene. Seite der Zelle, an welcher der Axencylinderfortsatz abtritt, eine bis drei Zellen (gewöhnlich zwei) sich an- legen und den Ursprung des Fortsatzes ver- decken, die Polarzellen, welche die Polar- platte bilden (Lenhossek). Die deutlichen Kerne derselben sind schon von Courvoisier (1868) als Polarkerne beschrieben worden. Die Bedeutung der Zellen ist unbekannt. Nach den Bildern, welche ich erhalten habe, möchte ich diese Zellen einfach als zur ScHWANN'schen Nervenzelle aus einem Spinal- ganglion des Kaninchens, fixirt durch TTeberosmiumsäure , iso- lirt nach Maceration in Salz- säure-Glycerin. Vergr.388. ax = Axencylinder ; K = Kerne der ScHWANN'schen Scheide ; R = RANVIER'sche Einschnü- rung, hei der zweiten Einschnü- rung von der Zelle aus gerech- net theilt sich die Nervenfaser ; Schw S = ScHWANN'sche Scheide. — ' 217 midenzellen in der Rinde der vorderen Theile des Grosshirns, nament- licli in der Umgebung des Sulcus centralis. Ihr Axencylinderfortsatz (Figur 138) zeigt einen deutlichen Hals, giebl nur wenige sieh mit Mark umkleidende Aestchen ab und wird selbst zu einer markhaltigen Faser. Die Protoplasmafortsätze sind zahlreich und sehr lang. Ferner würden die Purkinje 'sehen Zellen der Kleinhirnrinde hierher zu zählen sein (vergl. Figuren 109 und 110). Dieselben besitzen einen peripheren sehr starken Protoplasmafortsatz, der sich kandelaberförmig verzweigt. I>;is ganze sehr reiche Astwerk desselben stellt nur eine relativ dünne Platte dar, die quer zu dem Verlaufe der Randwülste steht. Aus dein centralen Ende entspringt der Axencylinderfortsatz, der zunächst wenige feine Aestchen abgiebt, welche theilweise nach der Rinde zu umbiegen, und der selbst zu einer markhaltigen Faser wird. b) Die sensarischen Zellen. Der Axencylinderfortsatz dieser theilt sieh bald in eine grössere Anzahl von Aesten, von denen ein- mal angegeben wird, dass sie marklos bleiben und sieh mit entspre- chenden Endverzweigungen sensibler Fasern durchflechten (so im Klein- hirn, den Hinterhörnern des Rückenmarks , Golgi, Ramön v Cajal) und die zweitens auch als markhaltig beschrieben werden und sieh in den Filz markhaltiger Fasern verlieren (Pyramidenzellen aus dem Occipitaltheil der Grosshirnrinde, Flechsig). Genauer wird auf diese verschiedenen Zellenarten bei Beschrei- bung' der Centralorgane einzugehen sein. D) Die Nervenendigungen. Nach unseren jetzigen Kenntnissen scheint es . dass man zwei Hauptarten der Nervenendigung zu unterscheiden hat : die freie Nervenendigung und die Endigung in einer Zelle. In beiden Fällen finden sich verschiedene Modificationen, welche ich liier übersichtlich anführen will, das Nähere wird dagegen aus praktischen Gründen bei dm- Beschreibung derjenigen Organe mitge- theilt werden, in welchen sich die betreffenden Endigungen befinden. Man kann darnach die folgenden Abtheilungen unterscheiden : I; Der Axeiicylinder endigt frei , ind e m er sich m e h r oder weniger stark verästelt. — 218 ■ — A) Die centrede Endigung. In den Centralorganen des Nerven- systems sollten nach früheren Annahmen die Nervenfasern so endigen, dass sie entweder direct oder durch Vermittelung eines feinen Nerven- netzes, welches durch die Protoplasmafortsätze gebildet wurde , mit Nervenzellen in Verbindung traten (vergl. auch p. 177), was indessen niemals sicher gesehen worden ist. Nach den neuesten hierauf be- züglichen Forschungen ist es dagegen wahrscheinlich, dass die Axen- cylinder der Fasern, eine Art von Endbusch bildend, sich durch viel- fache Verzweigungen in eine grosse Anzahl sehr feiner Fä serchen auflösen, die sich um den Körper einer anderen Nervenzelle herum- legen oder mit den Endbüschen anderer Axencylinder durchflechten, so einen „Nervenfilz", ein „Neuropilem" (His), bildend. Dass sie mit denselben anastomosiren, scheint weniger annehmbar. Es würde hier- aus eine Verbindung durch Contiguität folgen im Gegensatze zu der früher angenommenen durch Continuität. In welcher Weise man sich die Einwirkung solcher zellenumspinnender oder mit anderen sich durchflechtender Verästelungen vorzustellen hat , ob durch die Erregung der Nervenfaser eine elektrische Wirkung erzielt wird, durch welche die Zelle oder die benachbarten Fäserchen erregt wer- den, oder ob eine Veränderung der chemischen Reaction eintritt, welche auf die Umgebung wirkt, ist noch durchaus unklar. Vielleicht gehört hierher auch jenes Netz der Spiralfaser an den sympathischen Nervenzellen des Frosches. Es müsste in diesem Falle die Spiralfaser der Zelle einen Reiz zuleiten, die Centralfaser würde dann den Nervenfortsatz der Zelle 'darstellen (vergl. p. 215). B) Die periphere Endigung im Bindegewebe. 1) Der Axencylinder endigt in besonderen mehr kugeligen oder mehr ovalen aus einscheidenden Häu- ten gebildeten Endorganen, er bleibt dabei einfach oder verästelt sich mehr oder weniger stark. Derartige Endorgane sind: die Endkolben (Krause'' sehe Endkolben), die Genitalnervenkörperchen, die VATER'schen oder PACiNi'schen Körperchen. Bei allen diesen gehen aus der bindegewebigen Scheide der Nervenfaser eine geringere (Endkolben, G-enitalnervenkörpercken) oder eine mehr oder weniger grosse (Vater'scIic Körperchen) Anzahl von Membranen hervor, die gleich in einander liegenden Kapseln, das Ende der Nervenfaser umhüllen. Der Axencylinder wird dabei von der eigenartigen Substanz des „Innenkolbens" umgeben. Als Beispiel 2 1 5 Scheide gehörig betrachten und annehmen, dass innerhalb derselben gelegene besondere Polarzellen überhaupt nicht vorkommen. Die s< iiwAw'selie Scheide, welche die Nervenzellen beim Frosche umhüllt, besitzt nur wenig Kerne, und gerade wie bei den anderen Thieren ist der Theil, welcher die austretende Faser umhüllt, sein- kernreich. Die hier eng zusammenliegenden _! bis 3 Kerne täuschen nun, wie mir scheint, die Polarzellen vor. Protoplasmafortsätze zeigen diese Zellen niemals. c) Die Zellen der si/ii/pathischm Ganglien. Dieselben, welche, wie oben (p. 179j schon angegeben wurde, von den Zellen der Spinal- ganglien abstammen, sind relativ klein und geben zwei oder mehrere SchwS 136 Nervenzelle aus dem Syrnpathicus des Menschen, Osmium 1%. Vergr. 388. K = Kern der SCHWANN'schen Seheide (Schw S) , P = Pigment- anhäufung in der Zelle. Fortsätze ab, die wohl als Nervenfortsätze zu deuten sind. Figur 136 zeigt eine Zelle vorn Menschen, welche drei Fortsätze ausschickt und gleich diesen von der kernreichen Schwann- schen Scheide umhüllt ist. Sehr eigenthümlich ist das Verhalten der sym- pathischen Zellen des F r o s c h e s (Figur 1 37). Dieselben zeigen stets zwei Fortsätze, von welchen der eine , die Spiralfaser, den anderen, die gerade verlaufende Central- A B SchwS SpF A) NervenzeUe aus einem sympathischen Ganglion des Frosches, fixirt durch Ueberosmiumsäure , isolirt nach Maceration in Salzsäure-Glycerin. Die Theiluug des geraden Fortsatzes, der Centralfaser, welche an dem Präparat nicht zu sehen war, eingezeichnet nach den Angaben von SCHWALBE (FEIST 7, 1S90, anat. Th.). Vergr. 388. ß) Nervenzelle aus einem sympathischen Ganglion des Frosches nach Injectiou von Methylen- blau, Endnetz der Spiralfaser, welche allein gezeichnet ist. Copie nach EETZlüS (39, II). Starke Versj rung. Cf= Centralfaser (gerader Fortsatz) ; SchwS = Sc nwAXN'sche Scheide; SpF = Spiralfaser; Th = Theilung der Spiralfaser an einer BANVIER'scheri Ein- schnürung. 216 Nervenzelle aus der Grosshirnrinde des Men- schen, halbschematisch. Vergr. 200. Theilweise nach OBEKSTEINEE , die "Verästelung des Axen- cylinders eingezeichnet nach Flechsig. Ax = Axencylinder, F = Fortsatz desselben , der bei * markhaltig wird, P = Pignientanh auftrug. Die nichtbezeichneten Fortsätze sind Protö: plasmafortsätze. f a s e r , in spiraligen Windungen umgiebt. Die Spiralfaser erhält bald eine Markhülle, welclie sehr zart beginnt und sehr allmählich an Dicke zunimmt und theilt sich nach kürzerem oder längerem Verlauf in zwei markhaltige Fa- sern. Sie entspricht also zweifel- los einem Nervenfortsatz. Die Centralf aser theilt sich nach Schwalbe ebenfalls mehrfach und zwar mehr in der Art der Protoplasma fortsätze, eine Mark- scheide ist bis jetzt an ihr nicht beobachtet. Das Merkwürdigste ist nun aber der Ursprung der Spiralfaser. Sie geht nicht wie die Centralfaser direct aus der Zelle hervor , sondern entsteht aus einem feinen, knotige An- schwellungen zeigenden Netze (Figur 137 B), welches den Zell- körper umspinnt(ARNOLD, Retzius 39, II), ohne indessen, wie es scheint, mit der Zelle in directe Verbindung zu treten. In welcher Weise diese eigenthümliche Art des Ursprungs zu erklären ist, ob es sich hier vielleicht um eine die Zelle umspinnende netzför- mige Endigung eines Axencylin- ders handelt (s. unten „centrale Endigung"), ist noch durchaus unbekannt. 2) Centrale Zellen, deren Nervenfortsätze in den Centralorganen e n d i g e n. a) Die Zellen nähern sichele»/ Typus der motorischen Zellen. Dahin gehören die grossen Pyra- 21!) mögen die Figuren 139 und 140 dienen (vergl. auch Figur L69, welche Ideine VATER'sche Körperchen darstellt). Während der Axen- cylinder in den Endkolben und Vater'scIioii Körperchen meist nur wenige Verästelungen zeigt (doch kommen auch hiervon Ausnahmen vor, so wahrscheinlich in den Endkolben der menschlichen Conjunc- tivae weisen die Genitalnervenkörperchen eine reiche endbuschartige Verästelung auf (Retzius 2, VII). Die KEY-RETzius'schen und die HERBST'schen Körper- ehen der Vögel gehören eben- falls hierher. Es finden sich derartige Endorgane in der Thierreihe : in der Haut von den Reptilien an (Merkel), an den Seimen auch schon bei den Amphibien (Sachs : beim Frosch). Alles Nähere über die betreffenden Organe wird bei „Haut" und „Genitalorganen" mitgetheilt werden. Vorkommen Menschen: 139 Zwei Endkolben aus der Conjunctiva sclerae des Kalbes. Osmiumsäure 0,5°,'0, Glycerin. Vergr. 388. Der hell erscheinende Axencylinder liegt in dem beim dunkleren Innenkolben, der aussen von den kern- haltigen Kapseln umgeben ist , von denen hier zwei zu unterscheiden waren. Ax= das etwas verdickte Ende des Axencylinders ; Hsch = HEXLE'sche ev. Elldkolbeil finden Sich Perineuralscheide ; Kps = Kapsel; KSchwS = Kern der SCHWANN'schen Scheide ; N = Nerv. nach Merkel überall in der Haut , am zahlreichsten an den Stellen des feinsten Gefühls. Die beim Menschen und Affen in der Conjunctiva sclerae vorkommenden „rundlichen Endkolben" fasst Merkel als „Tastkörperchen" auf (s. unten) und lässt die Nerven in den Zellen dieser endigen. Bei anderen Säugern finden sich dagegen nach ihm an dieser Stelle cylindrische Endkolben. Genital nerven körperchen finden sich an den Stellen der Wollustempfindung , in der Gl ans penis , clitoridis, in den kleinen Schamlippen und in der Vaginalschleimhaut (hier wenigstens beim Kaninchen, Retzius 2, VII). VATER'sche Körperchen: Wo diese an der Haut vor- kommen, liegen sie stets im subcutanen Bindegewebe, also tiefer als die Endkolben. Sie finden sieh beim Menschen: a) an Hautnerven: Am zahlreichsten an denen des Hand- tellers, der Fusssohle und der Finger, dann auf dem Dorsum von 220 140 VATER'sches oder PAClNl'sches Körperchen aus dem Mesenterium der erwachsenen Katze, frisch, ohne Zusatz. Schwache Vergrössemng. ax = Axencylinder ; Jk = Innenkolben ; K = Kern der Endothelschicht ; Kps = Kapsel ; N = Nervenfaser mit Perineuralscheide (Seh), aus der sich die Kapseln entwickeln; Thp = Theilungspunkt des Axencylinders , an dem eine grössere Anzahl von Aesten abgehen. Copie nach RANVIER (9). Hand und Fuss, ferner am Unter-, Oberarm, Halse, am N. cruralis, an der Brustwarze, im Praeputium, am N. dorsalis penis, in den La- bia majora. — 221 b) an den Nerven des Periosts und t\ev Knochen, so auch in den Ligg. interossea des Unterarms und Unterschenkels. c) an den Nerven der (Je lenke besonders zahlreich, häufig an den Beugeseiten der Gelenke. di an verschiedenen Stellen im Bindegewebe des Körpers. Intercostalnerven, Fascia penis, in den Corpora cavernosa penis, an der Prostata, in der Adventitia, an der Abgangsstelle der Art. profunda femoris von der Art. cruraüs, unter der Dura mater am Hiatus canalis facialis. e i an den G e f ä s s - u n d E ingeweidenerven des Unter- leibes: Plexus aorticus (vor und neben der Aorta abdominalis), be- sonders in der Nähe des Pankreas, auch im Mesenterium. (Vergl. auch Kölliker, Handbuch 6. Aufl. und namentlich W. Krause, All- gemeine und mikroskop. Anatomie 1876). 2) Z w i s c h e n d e n V erästelungen d e s A x e n c y lind e r s und nach aussen von ihnen liegen eigenartige b i n d e - gewebige Zellen, so entsteht ein mehr od e r w e n i g e r deutlich ovales, aussen von einer mit dem Perineu- rium zusammenhängenden Hülle umgebenes Körper- ehen: das Tastkörperchen (Meiss- ner' s c h e s T a s t k ö r p e r c h e n). Derartige ®^^^^S^1^P?i Körperehen liegen in Papillen dicht unter der M^^^^^^M^-I Epidermis. Sie zeigen eine eigentümlich quer ?■■," /. °~ gestreiftes Aussehen (Figur 141). Es treten zu ihnen eine bis drei markhaltige Nerven- fasern, welche marklos werdend in ziemlich viele Aestchen zerfallen , die wahrscheinlich mit Endknöpfehen zwischen den Zellen endigen. Wegen des Näheren siehe „Haut". Nach Merkel (37) besteht das Körperchen aus einer Anzahl von Nervenzellen („Tastzellen", s. unten), mit welchen die Aeste der Nerven- fasern sich verbinden. tt i T~wm.fi" i l- Tastkörperchen \ orkommen: Die 1 astkorperchen liegen Querschnitt durch die Zehen i_.-i.ri -,. t , , ~. ,, haut des Menschen. Fürirung beim Menschen am dichtesten an den Stellen aurchUeberosminmsänre. Ve£ des feinsten Tastgefühls. Sie sind nachge- g= ma^hait-Je Ne^nfaser^ wiesen an Fingern, Zehen (am dichtesten auf der Volar- resp. Plantarseite und abnehmend von der dritten zur ersten Phalanx), Hohlhand und Fusssohle , Hand- und Fussrücken, o. - - -. ! ;,-.ei?--' 141 von einem — 222 — Volarfläche des Vorderarms (W. Krause), Unterschenkel (Merkel), Brustwarze, Lippenrand (W. Krause, Henle), der Zungenspitze (Geber 42, 1879), im Tarsaltlieil der Conjunctiva (W. Krause), und im harten Gaumen (Merkel). 3) Der Axencyliuder zerfällt in einen reichen End- busch, dessen Aeste in bestimmte Beziehung zu Binde- gewebsfib rillenbündeln treten. Derartige Endigungen fin- den sich in den Sehnen , woselbst sie verschieden benannt worden sind: „Nervenschollen", Rollett; „Endbüsche", Sachs; „Organi ner- vosi terminali musculo-tendinei", Golgi; „sensible Endplatten" und „GoLGi'sche Sehnenspindeln", Kölliker; „piastre tendinee con termi- nazione cespugliata de nervi ad anella o a spirale", ev. (bei Anuren) „cespo nervoso finale", Ciaccio. Wegen des Näheren sehe man „Sehne". 4) Die feinsten Fasere hen der sehr reichen End- verästelung liegen über eine grössere Fläche hin aus- gebreitet. So beschaffen ist die Endigung der sensiblen Muskel- nerven. Die einzelnen Fäserchen endigen frei im Bindegewebe. Wegen des Näheren sehe man „Muskel". C) Die periphere Endigung im Epithel. Die markhaltige Ner- venfaser verliert an der Epithelgrenze angelangt ihre Markscheide, der Axencyliuder verästelt sich mehr, oder weniger reichlich zwischen den Epithelzellen, in deren Intercellularräumen die Fäserchen hin- laufen, bis sie schliesslich in zweierlei Weise endigen. 1) Die Aestchen des sich schwach oder massig reichlich in einem langgestreckten Endbusch verästelnden Axencylinders endigen spitz oder knöpfchenförmig verdickt im Stratum mueosum bis in dessen oberste Schichten hinein. Als Beispiel diene Figur 142 A. 2) Die Aestchen des sich reichlich in einem mehr flach ausge- breiteten Endbusch verästelnden Axencylinders endigen mit flachen ausgezackten Endscheiben („disques tactiles", „menisques tactiles", Ran- vier: „Tastplatten", „Tastscheiben", Hesse 7, 1878 p. 288 ff.) an der proximalen Fläche von eigenthümlichen in den tiefsten Schichten des Stratum mueosum gelegenen Zellen (Figur 142 B). Ranvier be- zeichnet diese Art der Nervenendigung auch als „terminaison hederi- forme". Nach Merkel (37) endigen die Nervenäste in den Zellen, daher „Tastzellen", welche dann als Nervenzellen aufzufassen wären. i'i':; Ekn LzLi Str com ffran ^Jlj^^1^ lmic Wegen des Näheren sehe man „Haut" (vergl. ni.cn „Tastkörper- chen" und das Folgende). II) Der Axency linder endigt iii einer Zelle. A) In einer Sinneszelle. Nach unseren jetzigen Anschauungen darf man eigentlich nicht sagen : „die Nervenfaser endigt in der Sinneszelle" , sondern man muss annehmen, dass dieselbe in der Sinne sz eile beginnt. Gerade so wie in der Medullarplatte sich Neuroblasten von den Spongio- blasten sondern, so geschieht dieses auch in dem .Sinnesepithel. Wir finden hier später die Neuroblasten in den „Sinneszellen", die Spongio- blasten in den „Stützzellen" wieder (Figur 143). Die hier entstandenen Nervenfasern würden mit End- büschen im Centrum endi- . /' gen. Als solches braucht ,. L' nicht das Gehirn selbst Ep-. Tz! Tsch_".. % ?ch N 142 A) Senkrechter Schnitt durch die Haut der Fingerbeere «f7 eines Kindes von 50 Tagen. Goldchlorid. Freie Endigung mit Knöpfchen. CC = bindegewebiger Theil der Haut; Ekn = Endknöpfchen derNervenfäserchen ; Lz = LANGER- HANS'sche Zelle ; N = zutretender Nerv ; Str com, Str gran, Str muc = Stratum corneum , granulosum , mueosum der Epidermis. Die dunkelgefärbten Nervenfäserchen ver- laufen zwischen den Epithelzellen. Mit der LANGERHANS- schen Zelle (Leukocyt) haben sie nichts zu thun und laufen nur an ihr, die ebenfalls sehr dunkel erscheint, vorbei. Copie n. RANVIER (9). ß) Schnitt durch die Haut des Schweinerüssels senkrecht zur Oberfläche. Goldchlorid. Tastscheiben. Ep = Zelle des Stratum mueosum: X = aus der Lederhaut zur Epidermis tretender Nerv ; Tsch = Tastscheibe; Tz = Tastzelle. Copie n. RANVIER (9). 143 Schema eines Sinnesepithels. L = Limitans ; N = zutretende Nerven- fasern ; SE = Sinnesepithel ; S t z Stützzelle ; Sz = Sinneszelle. Die Anschwellung in der Mitte der- selben wird durch den Kern bedingt. — 224 — zu dienen, sondern es kann auch ein mehr peripher gelegenes Gan- glion eingeschoben sein. Sollte die Merkel 'sehe Anschauung, dass die „Tastzellen" Ner- venzellen seien, sich als die richtige erweisen, so würden dieselben ebenfalls von Neuroblasten abstammen und die Endbüsche der aus ihnen hervorgehenden Axencylinder würden in den Spinalganglien oder in den Hinterhörnern gefunden werden müssen. Das Nähere wird bei den einzelnen Sinnesorganen mitgetheilt werden. B) In einer contractüen Zelle. 1) Die feinen Endäste, welche durch Theilung aus dem Axen- cylinder hervorgegangen sind, endigen jeder für sich in einer Zelle. So bei den glatten Muskeln und den quergestreiften einkernigen (s. „Muskel"). Diese Art der Endigung würde einen ziemlich reichen und weitläufigen Endbusch voraussetzen. 2) Die ganze End Verästelung bleibt auf einem kleinen Räume zusammen, es entsteht ein „Endgeweih". So finden wir die Endigung bei den quergestreiften vielkernigen Muskelzellen (siehe diese), welche physiologisch einer grossen Anzahl von Zellen entsprechen. Das bei ihnen vorkommende „Endgeweih" entspricht demgemäss physiologisch ebenfalls einer grösseren Anzahl von Endigungen und einem verschie- den reichlich verästelten Endbusch. C) In einer Drüsenzelle. Die directe Verbindung vou Drüsen- zellen mit Nervenfasern ist mehrfach behauptet worden (Pfeüger, Kupffer u. A.), muss aber, wie mir -scheint, als noch nicht sicher er- wiesen angesehen werden. In letzter Zeit haben Fusari und Panasci (13, XIV) nach Anwendung der GoLGi'schen Methode auf die Zungen- drüsen gefunden, dass die feinsten Nervenfaser chen zwischen den Drüsenzellen hinlaufen , diese umgebend. Darnach würde es sich auch hier um eine freie Nervenendigung handeln, um eine Art von Endbusch mit Einwirkung auf die in Contiguität befindlichen Drüsen- zellen. Eine Bestätigung dieses Befundes muss abgewartet werden. E) Das Stützgewebe des centralen Nervensystems. Zwischen den nervösen Elementen des centralen Nervensystems liegt eine grosse Anzahl von Stützzellen, welche lange feine faser- artige Fortsätze aussenden, die sich durchflechten und so ev. ein sehr dichtes Fasernetz hervorgehen lassen. Dieselben Elemente finden sich auch in der Retina, welche ja einen Gehirntheil darstellt. Diese Stützzellen stammen gleich den Nervenzellen von ektodermalen Epithel- zellen ab, sind daher von dem Bindegewebe durchaus verschieden. Ans diesem (i runde erscheint es richtig, sie an dieser Stelle zu er- wähnen, wenn auch vieles Nähere erst bei der Besprechung der Centralorgane mitzutheilen sein wird. Die Stützzellen (Zellen der Neuroglia [Virchow], Gliazellen) zer- fallen ihrer Lage und Form nach in zwei Abtheilungen : diejenigen, welche die Höhlen des Centralnervensystems auskleiden und die zwi- schen die nervösen Elemente eingeschobenen. 1) Das Höhlenepithel. Die Zellen dieses haben noch am meisten den epithelialen Typus bewahrt, erscheinen ähnlich einem einreihigen cylindrischen Flimmerepithel (Figur 144) und senden lange, feine Fortsätze in die Substanz des Organs, welche sich ev. bis zur äusseren Peripherie verfolgen lassen (vergl. p. 83). Sie gehen Z7/] ! j\\'V; - nach His gleich den Nervenzellen (Neuro- c_rr: >- - 7^ / blasten) aus dem Epithel der Medullarplatte "vv- hervor als S p o n g i o b 1 a s t e n. His unter- scheidet an diesen bei Embryonen eine 144 innere Randzone , die Säulenschicht, Epithel aus dem Ventricuius ia- i i « • -pj. i i c* ij. teralis der Katze. Schnitt. Ver- welche aus faserig gestreiften, durch Spalten grösserung 525. von einander getrennten Pfeilern besteht, die nach einwärts sich verbreitern und zu einer dünnen Grenz- schicht verbinden. Die äussere Randschicht oder der Rand- schleier bildet nach ihm anfangs ein äusserst dichtes, später weitmaschiges Astwerk, das von radiären, an der Peripherie ver- breitert auslaufenden Strahlen durchsetzt erscheint. Bei erwachsenen Thieren habe ich bis jetzt nur glatte , die Substanz durchsetzende, mehrfach sich theilende Fasern gesehen, nicht solch ein dichtes aus seitlich abtretenden Aesten gebildetes Netzwerk (Myelo- oder Neu- ro spongium), ebenso in der Retina. Ich werde bei der Bespre- chung des Centralnervensystems noch näher auf diesen Punkt einzu- gehen haben. Nach His entsprechen diesen Zellen auch die Stützzellen im Ge- hör-, Geruchs- und Geschmacksorgan. 2) Die in der Substanz des Organs z w i s c h e n d e n nervösen Elementen liegenden Stützzellen („Deiters- sche Zellen", „Spinnen- und Pins elzellen" [Boll]). Diese hauptsächlich werden als Gliazellen bezeichnet. Sie besitzen durch- schnittlich einen relativ kleinen Zellleib mit grossem Kern und eine Schieff erdecker-Kossel. 15 — 226 mitunter sehr grosse Menge von feinen und langen Fortsätzen, welche sich mehr oder weniger oft theilen können. Die kleinsten derartigen Zellen werden auch Körner genannt (solche der Stützsubstanz im Gegensatz zu den oben, p. 175, beschriebenen „nervösen Körnern"). Die Form und die Anordnung der Fortsätze sind sehr verschieden (Figuren 145, 146, 147). Werden die Zellen älter, so können, wie 145 StützzeUen (DEITERS'sche Zellen). Aus dem Kleinhirn des Kaninchens , isolirt nach Behandlung mit Methylmixtur. Vergr. 430. 146 Stützzellen aus dem Kleinhirne des Kalbes. Bichromat-Osmium- Silber. Vergr. 100. es scheint, die Fortsätze sich mehr und mehr von dem Zellleibe dif- ferenziren und so scheinbar zu wirklichen Fasern werden, welche dem Zellleibe, der natürlich ebenfalls verändert und vielleicht kleiner wird, nur anliegen. Ob diese scheinbaren Fasern bei völligem Schwunde des Zellleibes und des Kernes zu wirklichen getrennten Fasern wer- den können, erscheint noch zweifelhaft. Ranvier hat zuerst auf eine solche Ditferenzirung hingewiesen, Weigert (16, V p. 543) sie durch eine Färbungsmethode noch deutlicher erwiesen. Der Anschauung von Ranvier, dass die Zellen im erwachsenen Zustande keine Fortsätze besitzen, sondern dass diese nur durch Fasern, die an ihnen hin und über sie hin verlaufen, vorgetäuscht werden, kann ich mich nicht anschliessen. Sowohl aus dem Gehirn wie aus der Retina (1, XXVIII) habe ich zahlreiche Zellen isolirt, welche zweifellos sehr schöne sich verästelnde Fortsätze besassen. Dagegen ist es mir mich Beobach- tung an der Retina wahrscheinlich, dass der protoplasmatische Zell- leib und der Kern in manchen, bestimmten Fällen zu Grunde gehen und dass dann die differenzirten Fortsätze als ein (vielleicht auch mehrere) faserartiges ev. verästeltes Gebilde übrig bleiben können (vergl. dieserhalb „Retina"). — Nach His sollen diese Zellen nicht epithelialer, sondern bindegewebiger Abstammung sein. 227 Technische Bemerkungen. 1) Frische Nervenzellen. Sorgfältiges Zerzupfen eines sympathi- schen Ganglion von einem frisch getödteten Thiere in .Jodserum. Ebcn-o Stückchen des Centralnervensystems (hierin dann auch viele markhaltige Nervenfasern mit theilweise gut isolirten Axencylindern). 2) Gehärtete Nervenzellen isolirt (sowohl für Nerven- wie Stützzellen), Gehirn- und Rückenmark. a) nach Schtefferdecker : man macerire Stückchen in Methylmixtur oder Drittelalkohol für einige Tage, dann Schütteln eines kleinen Stück- chens in wenig Aq. dest. im Reagensglase, Ausschütten in ein Uhrgläschen, Zusatz von einigen Tropfen einer concentrirten Lösung von pikrocarmin- saurem Natron und von Glycerin zu dem Uhrgläschen, Schwefelsäure- Trockenapparat, b) nach Deiters : Maceration zuerst für 2 Tage in Chrom- säurelösung von 1:15000 bis 1:5000, dann für 2 bis 3 Tage in steigenden Lösungen von doppeltchromsaurem Kali 1:1000, 1:500, 1:250. Bei sehr widerstandsfähigen Theilen (Rückenmark vom Ochsen) schiebe man zwischen beides noch eine einstündige Einwirkung von Kali causticum ein (1 Tropfen des officinellen auf 30 cc. Wasser) mit nachheriger gründlicher Neutrali- sirung durch Oxalsäure oder sehr verdünnte Chromsäure. Sorgfältiges Zerzupfen. 2) Isolirte Zellen der Spinalganglien und sympathischen Ganglien. Die Spinalganglien der Lumbalnerven des Frosches präparire man frei (am besten, nachdem man die Wirbelkörper der Länge der Wirbel- säule nach mit der Scheere gespalten hat [Lexhossek]), von den sympathi- schen Ganglien nehme man die drei obersten , lege dieselben für etwa 3 4 Stunden in einprocentige Osmiumsäure , macerire dann im Brütofen ent- weder in Glycerin und Eisessig zu gleichen Theilen 3 bis 4 Tage (Len- hossek 1, XXVI), oder in Glycerin-Salzsäure (l°/0 starker Salzsäure), 24 Stunden (Schwaebe). Die grösseren Ganglien der Säuger lasse man länger in der Osmiumlösung und inacerire dann in Glycerin-Salzsäure (3 bis 4°/0) (Schwalbe) mehrere Tage. Dann sehr vorsichtiges Zerzupfen in Gly- cerin oder vorsichtiges Schütteln, eventuell genügt schon das Auflegen des Deckglases, wenigstens wenn ein Zerzupfen in Stückchen schon erfolgt ist. 3) Ausgezeichnete Bilder von Nerven- und Stützzellen in situ ergeben Schnitte von Stücken des Centralnervensystems, die nach der GoLGi'schen Silber- oder Sublimatmethode , resp. nach der Silbermethode von RamöN y Cajal behandelt sind. Alle nicht markhaltigen Fortsätze treten sehr scharf hervor. Es ist dabei sehr schwer, Nerven- und Stütz- gewebe auseinanderzuhalten. 4) Das Netz der Spiralfaser an den sympathischen Zellen des Frosches tritt am besten nach Methylenblaninjection des lebenden Frosches hervor, dann sehr vorsichtige und allmähliche Fixirung durch pikrinsaures Ammoniak-* dycerin zu gleichen Theilen (Retzius). * 5) Lebende Nervenfasern, markhaltig a) in der Lunge des Frosches mittels des HoLMGREN'schen Apparates, b) in der Zunge des Frosches nach Ausspannung dieser über einen Korkring. 15* — 228 — 6) Frische Nervenfasern nach dem Tode, a) Ischiadicus des frisch getödteten Frosches, den man in Jodserum oder noch besser in dem Blutserum des betreffenden Thieres zerzupft: gut erhaltene doppelt- conturirte Fasern und solche mit Gerinnungserscheinungen. — Bei Zusatz von Wasser Quellungserscheinungen, Fliessen des Marks etc. — Bei Zer- zupfen in physiologischer Kochsalzlösung nach einiger Zeit: Federseelen- form des Axencylinders, bei Zusatz von Wasser wieder Quellung, b) Tri- geminus des frisch getödteten Neunauges : mächtige Axencylinder ohne Markhülle : Axenstrang , Fibrillen. Nur im Blutserum des betreffenden Thieres, c) in situ: in der Palpebra tertia des Frosches frisch unter das Mikroskop gebracht. 7) Silberbilder, a) Einlegen von frischem Bückenmark (kleine Stückchen oder Scheiben) oder von einem peripheren Nerven (mit Igel- stacheln auf einer Korkscheibe ausgespannt) in 0,25procentige Lösung von Argentuni nitricum für 24 Stunden, Abwaschen, Zerzupfen des Nerven in Glycerin. Das Rückenmark wird in Alkohol gehärtet, in Celloidin eingebettet, dann geschnitten, in Glycerin oder Balsam aufgehoben: bei beiden R.ANviER'sche Kreuze event. FüOMMANN'sche Linien. — Zerzupft man das Rückenmark und behandelt es mit Chloroform (dann Einlegen in Balsam), so erhält man die Zwischenscheiben für sich und oft wunderschöne Frommann- sche Linien. (Am besten Rückenmark vom Ochsen.) b) Silber-Osmium nach Boveri (Arg. nitr. 1 °/0 und Osmiumsäure 1 °/0 zu gleichen Theilen) hier hinein ein ausgespannter Nerv für 24 Stunden, dann Auswaschen, Zer- zupfen in Glycerin. Markscheide sowie Zwischenscheibe und Zwischen- trichter gefärbt, die erstere mit Osmium, die anderen mit Silber. Am besten für Nerven mit zarter Markscheide, daher sehr gut für ganz junge Thiere. 8) Osmiumbehandlung, a) Stückchen von frischem Rückenmark oder ausgespannter Nerv (Ischiadicus vom Frosch) in eine 0,5 bis lpro- centige Lösung für 24 Stunden. Zerzupfen in Glycerin. Die Fasern sind nicht alle gleich gut conservirt, die guten zeigen eine glatte Markscheide mit schönen Einkerbungen und Schnürringen. Die Rückenmarksfasern brechen an den Schnürringen sehr leicht durch, zeigen aber oft sehr schöne Einkerbungen. — Behandelt man solche Präparate mit verdünnter Kalilauge , so quellen die Zwischenscheiben und Zwischentrichter zuerst, werden dann aufgelöst, und die unversehrten Segmente werden frei, bei der peripheren Faser noch zusammengehalten von dem Neurilemm. b) Der frische N. Ischiadicus des Frosches wird ausgespannt in 0,5procen- tiger Lösung der Ueberosmiumsäure fixirt (4 Stunden) , dann in Wasser ausgewaschen (4 Stunden), dann kleine Stückchen desselben in 90procen- tigem Alkohol gehärtet (24 Stunden), dann in eine concentrirte wässerige Lösung von Säurefuchsin gelegt (24 Stunden), dann in Alkohol absol. aus- gezogen (24 Stunden), darauf in Paraffin eingebettet und gut orientirt der Länge und der Quere nach geschnitten (Kupffer) : Fibrillen erscheinen rothgefärbt. 9) Aufblätterung der Markscheide fixirt erhält man an peri- pheren oder noch besser centralen Fasern nach dem gewöhnlichen Ver- fahren der Härtung in MÜLLER'scher Flüssigkeit. Darin dann auch die Zwischentrichter. 229 - 10) Die Sc ii w a \ x ' sehe Scheide tritt an frischen etwas quellen- den Nerven vor, man kann ihre Keine noch durch Zusatz, von Anilinfarben klarer machen. — Für sieh stellt man sie dar, wenn man einen peripheren Osmiumnerven für einen oder mehrere Tage in verdünntes Ammoniak (20 bis 30 Tropfen auf 10 cc. Wasser) legt, dann in Wasser oder Grlycerin zerzupft iKiiint). Die Markscheide und der Axencylinder zerfallen dann in feine Körnchen, die leere Scheide bleibt übrig. — Noch besser scheint es mir zu sein, einen peripheren Nerven mit Ammonium chromicum oder bichromicum 1:1000 bis 5000 einen oder mehrere Tage zu behandeln. Die .Markscheide wird aufgelöst, Axencylinder und Scheide bleiben erhalten (Schtefferdecker). 11) Den Axencylinder kann man schnell sichtbar machen, wenn man einen peripheren Nerven in Chloroform zerzupft oder auf den halb- trocken zerzupften Nerven einen Tropfen Collodium und dann ein Deck- glas legt. — Sehr schöne Axencylinder erhält man auch aus dem Central- nervensystem nach Behandlung mit Methylmixtur oder Drittelalkohol (s. Nr. 21a) und nach Fixirung in einprocentiger Osmiumsäurelösung mit dar- auf folgender Maceration in Grlycerin- Salzsäure (s. Nr. 22). — Auch nach Härtung von Rückenmark in MÜLLER'scher Flüssigkeit mit darauf folgen- dem Zerzupfen, erhält man leicht Bilder, auf denen man den Axencylinder mehr oder weniger weit frei hervorragen sieht, doch ist die Conservirung desselben nicht sehr schön. — Einigermassen in situ sieht man den Axen- cylinder auch sehr klar nach Behandlung mit Ammonium chromicum (s. Nr. 10). 12) Eine speeifische Axencylinderfärbung giebt das Me- thylenblau dem lebenden Thiere injicirt. Durch diese Methode gelingt es auch am besten die umspinnenden Netze der Spiralfasern bei den Sym- pathicuszellen des Frosches deutlich zu machen (vergl. Nr. 4). 13) Nervenfibrillen im Axencylinder sieht man am besten bei lebendfrischen Neunaugenfasern (Trigeminus, vergl. Nr. 6) ev. auch bei den dicken Fasern^von Krebs. Man fixirt die Neunaugenfasern am besten in Hermakn's Platinchlorid-Osmium-Essigsäure, doch geht auch Osmiumsäure 0,5%. Vergl. auch Nr. 8 b. SIEBENTES CAPITEL. TTeher die chemische Zusammensetzung des Nervengewehes. Aus dem vorigen Capitel ergiebt sich, dass man die dem Nerven- system zugehörigen Formelemente in Nervenfasern und Nervenzellen einzutheilen hat und dass die Nervenfasern in markhaltige und mark- lose zerfallen. Die chemischen Untersuchungen haben gezeigt, dass die Nervenzellen im Allgemeinen die Zusammensetzung entwick- lungsfähiger Zellen besitzen, dass sie aber in zwei Punkten von dem allgemeinen Typus abweichen: erstens giebt es Nervenzellen, in denen das Nuclei'n nicht mehr nachweisbar ist, zweitens sind die Nerven- zellen reicher an Lecithin und Cholesterin als andere zellige Elemente. Die markhaltigen Nervenfasern weichen in chemischer Hin- sicht viel mehr von den ursprünglichen Zellen ab. Die Verschiebung der quantitativen Verhältnisse ist bei ihnen noch grösser, sie ent- halten noch mehr Cholesterin und Lecithin oder dem Lecithin ähn- liche Substanzen. Das Nervenmark weist ausser den genannten primären Bestandteilen noch zwei secundäre Stoffe auf, die für diese Gebilde charakteristisch sind, nämlich das Neurokeratin und das Pro- tagon. Ueber die Zusammensetzung der marklosen Fasern ist wenig bekannt, auch wissen wir nichts Genaueres über die chemische Be- schaffenheit des Axencylinders, als dass er eiweisshaltig ist. Die secundären Bestandteile der nervösen Organe sind folgende: Neurokeratin, Kephalin, Protagon, Kreatin, Taurin, Glykogen, Milch- säure, Inosit, Natriumverbindungen. Das Vorkommen von Harnsäure und Leu ein ist zweifelhaft. — 231 Die Reaction der frischen marklosen «»der markarmen nervösen Gewebstheile (graue Substanz des Gehirns und Rückenmarks) wurde von dcu Forschern als mehr oder weniger deutlich Bauer befunden; nach dem Absterben ist die saure Reaction eine nnverkenubare, wer- den diese TlieHe mit verdünnter Kochsalzlösung durchspült , bo ist ihre Reaction eine neutrale. Nach Gscheidlen soll die saure Reac- tion durch die Gegenwart der Milchsäure bedingt sein. Die niark- reicben Theile reagiren neutral oder schwach alkalisch . und ihre Reaction lindert sich beim Absterben nicht. Wenn man markfreie oder markhaitige Substanz einige Zeit auf 45 — 50° erhitzt , so tritt saure Reaction ein, eine Thatsache, welche durch die Abspaltung von Phosphorsäure ans Nuclei'n oder anderen organischen Verbindungen dieser Säure leicht erklärt werden kann. Die Ausbildung des Nervenmarks erfolgt grösstenteils erst nach der Geburt, das embryonale Gehirn entspricht, wie die Untersuchungen von Baske (20, Bd. X S. 336) gezeigt haben, auch in seiner che- mischen Zusammensetzung der grauen Substanz des entwickelten Centralorgans. Die Enveisskörper. Ueber die löslichen Eiweisssubstanzen des Nervengewebes ist nur wenig bekannt. Petrowsky fand im Gehirn einen dem Myosin ähnlichen, in Kochsalzlösungen mittlerer Concentration löslichen, durch concentrirte Kochsalzlösung fällbaren Körper; ein anderer in der Koch- salzlösung enthaltener Eiweissstoff soll in Wasser löslich sein , bei 75° gerinnen und der weissen Substanz fehlen. Aus den Analysen von Petrowsky (6, Bd. VII S. 367) und Baumstark (20, Bd. IX S. 209) rnuss man schliessen, dass die Nervenzellen sehr viel mehr Eiweiss enthalten, als die markhaltigen Fasern. Die «Taue Substanz des Gehirns z. B. ergab nach Baumstark 30,89 °/0 Eiweiss (berech- net auf die wasserfreie Gehirnsubstanz) und in dieser Menge ist das Nuclei'n nicht einbegriffen. Hiervon waren 4,46 °/0 in Wasser lös- liches und 26,43 °/0 unlösliches Eiweiss. Die weisse Substanz ent- hält nach demselben Analytiker 19,33 °/0 Eiweiss lohne Neurokeratin und Nuclei'n J davon 2,91 °/0 in Wasser löslich und 16,42 °/0 unlöslich. Auch Nuclei'n ist im Nervengewebe enthalten, quantitative Be- stimmungen dieser Substanz sind hier aber noch -rossen Fehlern ausge- setzt. Entsprechend der Menge des Nuclei'ns wird bei der Einwir- kung siedender verdünnter Säuren oder bei der spontanen Zersetzung der Nervensubstanz Xanthin, Guanin, Hypoxanthin und wahrscheinlich — 232 — auch Adeniu gewonnen. Ich fand als Summe des Hypoxanthins, Guanins und Adenins ungefähr 0,027 °/0 der feuchten Substanz des Gehirns (20, Bd. VII S. 7). Nach den mikrochemischen Untersuchungen von Witkowski (67, Bd. XIII, Heft 3) geben die „Körner" alle oder zum grössten Theil deutliche Nuclei'nreaction. Von den grossen Ganglienzellen dagegen zeigt beim erwachsenen Individuum nur ein kleiner Theil Nuclei'n- gehalt des Kerns, die Mehrzahl der Kerne dieser Zellen sind nuclei'n- frei. Diese Thatsache bietet eine Erklärung für die mangelnde Tinc- tionsfähigkeit dieser Zellkerne , welche im vorigen Capitel erwähnt wurde (p. 175). Auch stimmt damit die von mehreren Forschern (Hoppe-Seyler 19, S. 676) mitgetheilte Beobachtung überein, nach welcher die Asche der Ganglienzelle nach vorheriger Entfernung des Lecithins alkalisch reagirt, bei erheblichem Nuclemgehalt müsste man eine saure Reaction erwarten. In der embryonalen Periode sind diese Zellen alle sehr reich an Nuclei'n und dieser Nucleinreichthum lässt sich nach Witkowski bis weit über die Zeit deutlicher Differenzirung der nervösen von den bindegewebigen Anlagen hinaus verfolgen. Solange mithin eine leb- hafte Vermehrung der Zellen stattfindet, ist der Nuclei'ngehalt ein reicher, wenn die Ganglienzelle für ihre eigentliche Function ausge- bildet ist und Neubildungsprocesse an ihr nicht mehr nachzuweisen sind , verschwindet das Nuclei'n allmählig aus dem Zellkern. Dies Verhältniss ist eine Stütze für die von mir ausgesprochene Ansicht, nach welcher die physiologische Function des Nuclei'ns in einer Pro- duction neuer organischer Substanz zu suchen sei (vergl. Cap. IE). Die gleiche Beobachtung habe ich beim Muskel gemacht, im embryo- nalen Zustand ist der Nucleingehalt desselben ein beträchtlicher, der Muskel des ausgewachsenen Thiers enthält nur geringe Mengen davon. Als Neurokeratin ist von Ewald und Kühne (68) eine in mark- haltigen nervösen Organen vorhandene Substanz bezeichnet worden, welche sich durch Unlöslichkeit in verdünnter Aetzalkalilösung und durch Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung von Pepsin und Trypsin von den meisten gewebsbildenden Eiweisskörpern unterschei- det. Die Eigenschaften dieser Substanz sind schon im ersten Bande (S. 264) angegeben, daselbst ist auch auf die Aehnlichkeit des Neuro- keratins mit ändern unlöslichen Eiweissstoffen hingewiesen. Seine Zusammensetzung unterscheidet sich, wie die Analysen von Kühne und Chittenden (10, XXVI, S. 291) lehren, von der der übrigen Ei- weisskörper durch einen hohen Gehalt an Kohlenstoff (56 — 58 °/0 C) — 233 — und Wasserstoff (7,3 — 8 °/0 H) und einen niedrigen Stickstoffgehall (11,5— 14°/0 iV), es enthält 1,8— 2,2 °/0 Schwefel. Die Darstellung dieser Substanz beruht darauf, dass man die übrigen Bestandteile der Nerven durch Pepsin, Trypsin, Alkohol, Aetlier, Benzol, Natron- lauge fortschafft. Es bleibt das Neurokeratin an Stelle des Nerven- marks zurück. Die zurückbleibende Masse bildet zwei Scheiden, deren äussere unter der ScHWANN'schen Scheide gelegen ist, während die innere den Axeneylinder umgiebt, beide sind durch ein knorriges Gerüst von Neurokeratinmassen verbunden. Dies ist das Bild, wel- ches sich nach der beschriebenen Präparation darbietet, ob die An- ordnung des Neurokeratins im Mark des lebenden Nerven die gleiche ist, das ist noch nicht festgestellt und wird von vielen Autoren be- zweifelt. — Das Neurokeratin scheint andern Geweben des thierischen Or- ganismus zu fehlen, nur die verhornten Theile der Oberhaut hinter- lassen bei gleicher Behandlung eine ähnliche unlösliche Masse (Keratin). Das embryonale Gehirn giebt nach Witkowski (67, Bd. XIV, Heft 1) kein Neurokeratin. Die Menge des in den peripherischen Nervenfasern enthaltenen Neurokeratins beträgt nach den Analysen von J. Chevalier (20, Bd. X S. 97) 0,30 °/0 des feuchten, Fett und Bindegewebe enthaltenden, Nerven. Berechnet man diese Analyse auf den festen Rückstand der von Bindegewebe und Fett befreiten Nervensubstanz, so ergiebt sich 3,07 °/0. Kühne und Chittenden fanden in Uebereinstimmung damit 0,3 °/0 Neurokeratin in den feuchten peripherischen Nerven, hingegen 2,902 °/0 dieses Körpers in der feuchten weissen Substanz des Ge- hirns, letztere enthält demnach fast zehnmal mehr Neurokeratin, als die Körpernerven; Baumstark fand etwas weniger Neurokeratin in der weissen Substanz des Gehirns (wahrscheinlich in Folge unvoll- ständiger Abtrennung der grauen Substanz). Lecithin, Kephalin, Protagon, Cholesterin. Der Reichthum des Gehirns an diesen Stoffen verleiht dem Ner- vengewebe einen eigentümlichen Charakter. Die Markscheide ist von ihnen erfüllt ; die Ganglienzellen enthalten Lecithin und Cholesterin in grosser Menge, aber kein Protagon. Der Inhalt der Markscheide wird gewöhnlich als „Nerven- mark " oder „Myelin" bezeichnet. Ob das Myelin ein chemisches Individuum oder eine Mischung verschiedener Stoffe ist, wissen wir noch nicht; wäre ersteres der Fall, so dürfte die Verbindung zwischen — 234 — Lecithin, Protagon, Cholesterin n. s. w. mir eine sehr lockere sein, da sie schon durch indifferente Eeagentien, wie Alkohol und Aether, gelöst wird. Die Untersuchungen von Baumstark machen es wahr- scheinlich, dass das Cholesterin sich hier in einer leicht zerstörbaren chemischen Verbindung befindet. Wir haben zunächst einige Eigenschaften des gesammten Nerven- marks zu erwähnen. 1) Die Löslichkeit des Nervenmarks. Man kann das Nervenmark durch successive Einwirkung von siedendem Alkohol, Aether, Benzol, auch Eisessig und Chloroform , völlig auflösen. Da ein Theil der aus dem Nervenmark hervorgehenden Substanzen die Neigung hat, in unlösliche Modificationen überzugehen, so bedarf es einer sehr lange fortgesetzten und energischen Einwirkung der Lösungs- mittel. Aus den Analysen von Petrowsky ergiebt sich, dass unge- fähr 70 Procent der festen Bestandtheile von der weissen Substanz des Gehirns in dieser Weise aufgelöst werden können l. 2) Die Myelinformen. Wenn Wasser oder eine wässerige Lösung von Säuren oder Salzen auf das seiner Hülle theilweise be- raubte Nervenmark einwirken, so zeigen sich Quellungserscheinungen, welche mehrfach beschrieben und abgebildet sind (vergl. voriges Ca- pitel). Man sieht keulen- und schlauchförmige Gestalten, welche sich an ihrer Peripherie in concentrische, die mittleren Theile mantelartig einhüllende, lamellöse Schichten spalten. Man beobachtet diese Quel- lungsformen fast stets an Alkohol-Extracten der Gewebe ; im Nerven- mark sind sie hauptsächlich durch die Gegenwart von Kephalin und Lecithin bedingt, welche beide diese „Myelinformen" zeigen, wenn sie mit Wasser in Berührung gebracht werden. 3) Die Einwirkung der Osmiumsäure. Das Nerven- mark wird durch Osmiumsäure geschwärzt und zugleich gehärtet. Auch diese Eigenschaft ist hauptsächlich auf Kephalin und Lecithin zu beziehen. 4) Die Einwirkung concentrirter Schwefelsäure führt zur Zersetzung des Nervenmarks , gleichzeitig tritt eine gelbe Färbung auf, die in orange, rosen- oder mahagoniroth und röthlich- x) Da die Einwirkung starken Alkohols in der Siedehitze die Bildung unlöslicher Substanzen aus Protagon begünstigt, so wende man zur Ex- traction des Nervenmarks zunächst, um das Protagon zu entfernen, 80— 85procentigen Alkohol bei 50° an. Die am schwersten löslichen Stoffe aus dem Nervenmark werden durch Benzol oder Eisessig bei Siedetempe- ratur entfernt. 235 — violett übergeht. Diese Rothfärbung ist der PETTENKOFER'schen Re- action auf Gallensäuren ähnlich., sie Lässl sieh auch durch die Ein- wirkung concentrirter .Schwefelsäure und Furfurol auf Lecithin und die daraus entstehende Ölsäure (Mylius 20, Bd. XJ S. 495), ebenso durch die Einwirkung von Schwefelsäure allein auf Cerebrin und Kerasin hervorrufen (s. unten). Das Lecithin wurde zuerst von Gobley als Bestandtheil des (iehirns bezeichnet; Thudichum (69, S. :-3G u. f.) giebt an, es als weissen, in dünnen Blättchen krystallisirenden Körper aus dem Gehirn gewonnen zu haben. Neben dem Cholin und der Glycerinphosphor- säure lieferte diese aus dem Gehirn dargestellte Substanz bei der Zer- setzung Palmitinsäure, Stearinsäure und Oelsäure. Unter dem Namen Kep haiin hat Thudichum (69, S. 120) eine Substanz beschrieben, welche in ihren Eigenschaften und in ihrer Zusammensetzung dem Lecithin nahe steht und wahrscheinlich oft mit ihm verwechselt ist; ich kann die Existenz dieses Körpers bestätigen. Das Kephalin ist im Gehirn der höheren Thiere in grösserer Menge vorhanden, als das Lecithin. Es ist in Aether löslich, in Alkohol schwer löslich, durch Alkohol aus ätherischer Lösung fällbar (Unter- schied vom Lecithin) , in Wasser quillt es zu einer trüben unvoll- ständigen Lösung, aus welcher es durch Säuren compact ausgeschie- den wird. Das Kephalin bildet wie das Lecithin Doppelverbindungen mit den Salzen schwerer Metalle. Beim Kochen mit Alkalien zersetzt es sich nach Thudichum unter Bildung von Glycerin, Phosphorsäure, Stearinsäure, organischen Basen, darunter Neurin und einer sehr zer- setzlichen stickstofffreien Säure : „Kephalinsäure". Durch Osmium- säure wird das Kephalin sofort schwarz gefärbt. Thudichum hat noch eine grosse Anzahl ähnlicher, Phosphor und Stickstoff enthaltender, Bestandtheile des Gehirns angeführt, z. B. die „Myeline", „Paramyelineu, welche noch eingehender Untersuchungen bedürfen. — Als Protagon bezeichnete Liebreich (70) eine von ihm im Gehirn entdeckte Substanz, deren Constitution noch unbekannt ist. obwohl ihre Zersetzungsproducte zum grössten Theil schon von Lieb- reich bekannt gemacht wurden. Das Protagon ist in 8. ">proe entigem Alkohol bei gewöhnlicher Temperatur schwer löslich, bei 0° fast un- löslich, bei 40 — 50° leichter löslich, in absolutem Alkohol löst es sieh auch in der Siedehitze nur in geringem Maasse. In Aether ist es im frisch krystallisirtem Zustande oder in der ursprünglichen Form, ehe es dem Gewebe entzogen war, bei gewöhnlicher Temperatur — 236 — ziemlich leicht , in der Siedehitze sehr leicht löslich, bei 0° wird es fast völlig aus dieser Lösung abgeschieden. Es löst sich in Benzol, Eisessig und Aceton und quillt mit Wasser auf unter Bildung einer dünnen, Stärkekleister ähnlichen, Flüssigkeit. Beim Trocknen oder beim Erhitzen mit starkem Alkohol geht es leicht in eine unlösliche Modifikation über. Das Protagon scheidet sich aus Alkohol und Aether in mikro- skopischen Krystallen aus, die oft aus rosettenförmig gruppirten, manch- mal aus isolirten Blättchen bestehen. Im ersteren Fall haben die Kry- stallgruppen häufig das Ansehen von scharf conturirten, radial gestreiften Knollen mit höckerigen oder gezackten Rändern. Durch Osmiumsäure wird es nicht geschwärzt (Gadund Heymans 70A). Nach den überein- stimmenden Analysen von Gamgee und Blankenhorn (20, Bd. III S. 260), sowie von Baumstark (20, Bd. IX S. 145) enthält das Pro- tagon ungefähr 66,5 °/o &■> 10,8 °/o #5 2,3°/o'iV; 1,07 °/0 P. Aehn- liche , wenn auch nicht genau die gleiche Werthe hatte bereits Liebreich bei der ersten Untersuchung gefunden. Die von mir dar- gestellten Präparate enthielten 0,5 — 0,8 °/0 Schwefel und die Resul- tate meiner Analysen nähern sich am meisten den von Liebreich ge- fundenen Zahlen. Liebreich berechnete die Formel Cll6H2nPNi 0-n aus den Resultaten seiner Analysen. Jedenfalls liegt in dem Protagon ein Körj)er vor, dessen Remdarstellung von mehreren schwer zu be- herrschenden Bedingungen abhängt, vielleicht giebt es auch mehrere Protagone. Das Protagon ist leicht zersetzlich, nach Liebreich wird es schon umgewandelt, wenn es mit Alkohol auf dessen Siedetemperatur erhitzt wird. Auch längere Einwirkung von siedendem Aether bewirkt Zer- setzung. Bei der Spaltung des Protagons durch Baryt bilden sich nach Liebreich höhere Fettsäuren, Glycerinphosphorsäure, Neurin und Zucker, bei gelinderer Einwirkung entstehen, wie ich feststellen konnte, Cerebrin und Kerasin in beträchtlichen Mengen. Die Cerebrine (Cerebroside Thudichum's) werden von manchen Autoren für präformirte Bestandtheile des Gehirns angesehen l. Wie P arcus (71) zuerst dargethan hat, muss man mehrere ein- ander ähnliche Körper unterscheiden, von denen bisher nur zwei ge- nauer untersucht sind 1) das Cerebrin, 2) das Kerasin oder *) Cerebrine finden sich auch in anderen Organen des Thierkörpers, unabhängig vom Nervensystem. Hoppe-Seyler fand Cerebrin im Eiter und in der Milz. Ich konnte es in den Spermatozoen nachweisen. — 237 — Homocerebrin. Weniger gut bekannt ist <'etz übrig, dessen Zusammen- setzung aus Zellen nicht mehr zu erkennen ist. Wie weit in diese netzförmigen Structuren feine Fibrillen- bündel, die von kernhal- tigen Zellen eingeselieidet sind (s. „fibrilläres Binde- gewebe") eintreten, ist oft sehr schwer zu entscheiden. Vorkommen. Dasre- ticuläre Gewebe findet sich in den zur Blut- und Lymphbereitung in Beziehung- stehenden Organen: den Lymphknoten, der Thymus, der Milz, sowie eingestreut in fibrilläres Bindegewebe (Verdauungs- und Respi- rationsorgane, Drüsen). '"v^-^r^fß 149 Retikuläres Bindegewebe , Schnitt aus der Tonsille des Schweins, MÜLl^ER'sche Flüssigkeit, Schüttelpräparat. Hämatoxylin. Vergr. 224. B = Balken, Bet =Beticulum. III) Das fibriiläre Bindegewebe. Das entwickelte fibriiläre Bindegewebe besitzt eine bedeutende Menge von stark differenzirter Intercellularsubstanz , welche collagen ist, und Zellen verschiedener Form. Die erste Anlage desselben haben wir bei dem embryonalen Bindegewebe kennen gelernt. Intercellularsubstanz. In dieser Grundsubstanz sind von geformten Elementen zu unterscheiden die B ind e gewebsf 'ibrillenbündel und die elasti- schen Fasern, zwischen ihnen bleibt mehr oder weniger von der homogenen Grundsubstanz selbst übrig. a) Die Fibrillenbündel. Die Fibrillen sind durch eine geringe Menge einer homogenen, natürlich auch aus der Intercellularsubstanz stammenden i nt r a f a s c i c u lärenKittsubst a n z mit einander zu Bündeln verbunden. Dieselbe wird zerstört durch Kalkwasser, Baryt- — 246 — wasser, concentrirte Lösimg von Pikrinsäure, übermangansaures Kali etc. Die Fibrillen werden dann frei und können isolirt als feine cy- lindriscbe Fädclien betrachtet werden. Sie besteben aus Collagen, d. b. sie geben beim Kochen Leim. Im frischen Zustande quellen sie bei Behandlung mit Essigsäure und werden zugleich durchsichtig, bei Behandlung mit stark verdünnter Kali- oder Natronlauge quellen sie gleichfalls und werden noch durchsichtiger. Neutralisirt man mit dem einen oder anderen Keagens, so treten die Fibrillen wieder hervor, bis sie im Ueberschusse wieder aufquellen. Durch Trypsinverdauung wird das Bindegewebe nicht angegriffen, während die elastischen Fasern zerstört werden. Auch nach Behandlung mit Alkohol, Osmiumsäure, Chromsäure l/3o °/o? Müller' seh er Flüssigkeit und Pikrinsäure bleibt es für Trypsin unverdaulich. Es kann aber durch Kochen in einen verdaulichen Zustand übergeführt werden und zwar nach Reagentien- einwirkung noch überall da, wo beim Kochen die eigenthümliche Quellung unter Zusammenschnurren zu beobachten ist, so bei allen eben angeführten Beagentien mit Ausnahme der Chromsäure l/äQ °/0 bei gleichzeitiger Lichteinwirkung (5 Wochen bis 6 Monate). In diesem letzteren Falle ist das Bindegewebe nicht nur auch nach dem Kochen für Trypsin, sondern sogar für Pepsin unverdaulich geworden. Auch in Essigsäure quellen die Fibrillen dann nicht mehr, und werden auch in verdünnter Natronlauge nicht merklich durchsichtiger. Bei Müller' scher Flüssigkeit ist ein Unterschied in Bezug auf Lichtein- wirkung nicht wahrzunehmen. Uebrigens verhält sich das Binde- gewebe der verschiedenen Thiere chemisch nicht ganz übereinstimmend (Ewald 10, XXVI). Die Fibrillenbündel sind von sehr verschiedener Mächtigkeit, sie können sich verästeln und ihre Aeste können sich an benachbarte Bündel anlegen. Gespannt verlaufen sie geradlinig, erschlafft erscheinen sie wellig, oft ähnlich lockigem Haare (vergl. die Figuren löOBdgf, 157, 164). b) Die elastischen Fasern. Dieselben sind stark lichtbrechend, von sehr verschiedener Mächtigkeit, doch immer einheitlich, niemals aus feineren als Bündel zusammengesetzt. Sie anastomosiren mit einander (Figur 1 50 El f ) und bilden so Netze. Gespannt verlaufen sie gerade, erschlafft in starken Schlängelungen, oft spiralig. Sie sind in hohem Maasse elastisch, wie Gummi. (Vergl. auch „Elasti- sches Gewebe".) Durch Essigsäure und verdünnte Kalilauge werden sie nicht angegriffen, sie treten infolgedessen, da die Fibrillenbündel quellen und hell, glasig werden, bei Anwendung dieser Reagentien — 247 — scharf and deutlich hervor, sie ziehen auf oder zwischen den I-'i- brillenbündeln durch die Grundsubstanz liin , liegen aber niemals in den Bündeln. Je grösser die Menge der Fibrillen ist, um so fester wird das Gewebe und seine Elasticität und Widerstandsfähigkeil wächst noch mit der Menge der elastischen Substanz. E1F Bdgz E1F Bä£f Bdgf 150 Ungefornites fibrilläres Bindegewebe. Intermusculäres Bindegewebe aus den Bauchmuskeln des Kalbes. Frisch in Jodserum. Vergr. 224. Bdgf=Binde- gewebsfibrillenbündel ; Bdgz = Bindegewebszelle; E1F = Elastische Faser; Lc = Leukocyten (Wanderzellen). c) Die Grundsubstanz selbst, welche neben den Fasern noch vorhanden ist, erscheint homogen. Ihre Masse ist umgekehrt propor- tional der Menge der Fasern, die sich aus ihr differenzirt haben und mitunter sehr gering. Durch die Grundsubstanz läuft, wie oben p. 241 schon angegeben, der Strom der Lymphe, der von den feinsten Blutgefässen nach den feinsten Lymphgefässen hingeht und je nach der Festigkeit der Grund- substanz in breitem Zuge im Ganzen dahinzieht oder sieh in Bahnen bewegt, die durch Zellen und ihre Fortsätze vorgeschrieben werden, also Höhlen und Kanälchen darstellen: die Saftlücken und Saft- kanälchen (v. Reckling hausen). — Wo fibrilläres Bindegewebe an — 248 — Epithel stösst, zeichnet sich oft die äusserste Lage desselben dadurch ans, dass sie homogen erscheint, sie bildet dann eine Basalmembran (s. p. 63) bindegewebigen Ursprungs. Es treten hierbei die Fibrillen zurück und die homogene Grundsubstanz in den Vordergrund. Zellen. Von solchen sind zu unterscheiden: a) Die Bindegewebszellen (f i x e Bindegewebszellen). Wir haben dieselben schon bei dem embryonalen und reticulären Bindegewebe als mehr oder weniger sternförmige oder spindelförmige anastomosirende Zellen kennen gelernt. So verhalten sie sich auch hier. Ihre Grundform ist dabei sehr verschieden, häufig sind es äusserst zarte, platte Gebilde (vergl. Figur 150Bdgz). Wie wir schon beim embryonalen Bindegewebe sahen, begleiten sie in grösseren Mengen die Fibrillenbündel und scheiden dieselben ein (vergl. Figur 148). Sie platten sich dabei mehr ab und bilden so die endo- thelioiden Zellen. Mit zunehmendem Alter schwindet das Proto- plasma mehr bis auf weniges in der Umgebung des Kerns und so werden die Bündel von Scheiden sehr heller, zarter, plättchenartiger Gebilde umgeben. Behandelt man ein solches Bündel mit Essigsäure, so quellen die Fibrillen weit stärker als die um- spinnenden Zellen, ihre Substanz tritt daher zwischen den Aesten dieser hervor ev. wird auch die Scheide an manchen Stellen durchbrochen, und wir erhalten ein Bild, als wenn ein Fibrillenbündel von tief einschneidenden, ringförmig oder spiralig herumziehenden Fasern umgeben wäre (Figur 151). Treten in der Grundsubstanz so viele Fibrillen- bündel auf, dass die freie Grundsubstanz minimal wird , so werden die Zellen leicht an mehrere Bündel zu gleicher Zeit anstossen, resp. ihnen an- liegen. Dem so auf sie geübten Einflüsse ent- sprechend ändert sich ihre Form dann oft in die der sogenannten Flügelzellen um (Figur 152). Die ursprünglich rein protoplasmatische Zelle hat Fibrillenbündel mit um- . 1 spinnenden Zellen, nach sich jetzt in ihren Seitentheilen mehr in hellere Zusatz schwacher Essig- _ .. ... _ -.. , säure, in Wasser, a) aus Platten umgewandelt , wahrend die protoplasma- der Opticusscheide des . „.. .. . , , ... -. Kalbes, b) aus fibriiiärem tische Körnung um den Kern herum noch deutlich Bindegewebe der Orbita -, . , des Kalbes. Vergr. 224. ZU ernennen ISt. Je nach der Anzahl der angren- 249 zenden Bündel sind verschieden viele Eindrücke resp. Platten entstanden; diejenigen, auf deren Kante 111:111 heraufblickt, erscheinen als scharf ausgeprägte Linien , die über die Zelle hinziehen (vergl. auch Sehnen, Pascien). — Die Bindegewebszellen, mögen aie eine Form oder Beschaffenheit haben, wie sie wollen, liegen sammt ihren Ausläufern in Höhlen der Grrundsubstanz, falls diese fest genug ist, solche zu 152 Sehnenzellen isolirt nach MÜLLER'scher Flüssigkeit in Wasser. A) vorn Kalbe. Vergr. 525. B) von demselben Vergr. 224 (gleich den sonstigen Abbildgn. des Bindegewebes). C) von einer erwach- senen Eatte, Schwanz- sehne. Vergr. 525. Saftkanälchensystem aus der Hornhaut eines ca. 30jährigen Mannes. Silberpräparat, HARTNACK VIII, Zeichenprisma, Tubus eingeschoben. In 5 Saftlücken der linken unteren Ecke sind die Hornhautzellen, sowie sie an diesem Präparate überall ohne weitere Behandlung erschienen, hineingezeichnet. Copie n. WALDEYER (30, Bd. I, Th. I p. 175). bilden (s. p. 241), und so entstehen, da die Aus- läufer anastomosiren , Kanalnetze (Saftkanäle), welche Erweiterungen (Saftlücken) besitzen, in denen die Zellkörper liegen (Figur 153). In dem hier wiedergegebenen Präparate aus der Cornea sind die Zellen bedeutend geschrumpft in Folge der Einwirkung desKeagens, ebenso erscheinen die Kanälchen nicht mehr von den Zellfortsätzen erfüllt (vergl. auch die Figuren 162 und 163). Wie gross der Kaum zwischen dem Zellleibe und der Grundsubstanz im natürlichen Zustande ist, lässt sich direct nicht sehen, wahrscheinlich ist er, bei jugendlichen Zellen wenigstens, minimal, jedenfalls aber ge- nügend um einen Lymphstrom von Zelle zu Zelle circuliren zu lassen. Wie weit bei älteren Zellen der Leib und die Fortsätze derselben die ursprünglich von ihnen eingenommenen Lücken ausfüllen, das ist nicht sicher zu ergründen und es ist möglich, dass die Zellen dabei mitunter recht platt und die Lücken also relativ gross werden, doch scheint mir, dass man in der Annahme von platten, endothelartigen Zellen dabei etwas zu weit gegangen ist, und dass die Zellen meist noch ziemlich umi'amrreicli sind. Sie sind nur ungemein leicht ver- 250 — änderliche Gebilde Reagentien gegenüber. Durch Iinprägnirung der Grundsubstanz mit Silbernitrat, Berliner Blau, Methylenblau vermag man diese Kanalsysteme darzustellen, wobei natürlich in dem zarten Gewebe Schrumpfungen, wie auch in Figur 153, nicht zu vermeiden sind. An besonders günstigen Stellen (Cornea) gelingt auch eine Injection des Netzes. — Es ist selbstverständlich, dass von den Ka- nälen und Lücken aus ein Flüssigkeitsaustausch mit der Grundsubstanz stattfindet, ähnlich wie bei den Zellkörpern. Das von v. Reckling- hausen herrührende hierauf bezügliche Bild einer Grundwasser- Strömung erleichtert die Vorstellung. b) Endothelzellen. Während der Entwickelung treten im Binde- gewebe eigenthümli che Lücken- und Spaltbildungen auf, die von Lymphe, Blut, Synovia erfüllt sind , so entstehen die Lymph- und Bluträume : die Lymph- und Blutgefässe, die Lymphsinus, die serösen Höhlen, die Gelenkhöhlen , die Schleimbeutel. An der Oberfläche des diese be- grenzenden fibrillären Bindegewebes findet sich ein zusammenhängender mehr oder weniger vollständiger Leberzug von ganz platten hellen Zellen, den Endothelzellen, die nur durch eine geringe Menge von Kittsubstanz (Intercellularsubstanz), welche wieder durch Impräg- nation deutlich gemacht werden kann, zusammenhängen. Aehnlich wie die endothelioiden Zellen sich an der Oberfläche der Fibrillenbündel aus- breiteten, so überziehen diese die freien Flächen. Die Zellen sind gewöhnlich so- stark abgeplattet , dass ihr Kern eine Vorbuckelung bewirkt. In Figur 154 sieht man dieses Verhältniss an den Endothelzellen, welche die Fibril- lenbündel des Netzes einscheiden. Die- selben erscheinen theils von der Fläche, theils von der Kante gesehen, im letz- teren Falle nur als Linien mit einer mittleren Kernanschwellung. Die Grenzen erkennt man nicht, doch sind bei E' und E" Zellen halb abgelöst, an denen man Form und Grösse be- 154 Stück aus dem grossen Netze des Hundes. MÜLLER'sche Flüssigkeit, Glycerin. Die Endothelzellen liegen den Fibrillenbün- • i l dein theilweise fest an, theilweise sind Urtheileil kailll. Die Zellen SlUCl DalO. sie mehr oder weniger abgelöst. E= . ji,i1t i 1 i Endotheizeiie , resp. deren Kern; b' = mehr gestreckt, bald mehr polygonal, Halbabgelöste Endotheizeiie, von der ., .-, . , , -. -, -iv • Kante gesehen; E" = Haibabgeiöste En- ihre Contur ist bald mehr geradlinig, dothelzelle^schräg^von de^Eläche ge- bald mehr welligj mitunter Stark buchtig — 251 (Figur 155 a b). Zwischen den Zellen finden sich hin und wieder auch Lücken, Stomata 8. „Lymphbahnen"). Es müssen diese Zellen indessen nicht immer platt sein. An solchen Organen, deren Endothelüberzug je nach der Füllung lies Organs eine sehr verschieden grosse* >bernäche zu iiber- kleiden hat, können sie entsprechend dem Grade der Zusammenziehung alle Stadien zwischen der 155 lllattcn Ulld der CVlin- Endothel des Peritoneums einer weissen Maus, versilbert. ' a vom Zwerchfell, die Kerne an dem ungefärbten Präpa- drischen Zelle aufwei" ra*e nicht sichtbar, b vom Mesenterium, die Kerne mit Blauholz gefärbt. Vergr. 130. sen ' Blase, Blutgefässe). Unter Umständen vermögen platte derartige Zellen in besonderen Lebens- perioden der Tliiere sich sogar in flimmernde Cylinderzellen umzuwan- deln, so beim weiblichen Frosche Zellen einer bestimmten Region des Peritoneums. — Die Endothelien der serösen Höhlen werden von vielen Forschem auch zu den Epithelien gerechnet und von a r du- bia stis eben Zellen abgeleitet. Sie würden hiernach den sonst vor- handenen Endothelzellen ihrer Abstammung nach nicht gleich- werthig sein, histologisch sind sie es indessen, wie es scheint. c) Pigmentzellen. An manchen pigmentirten Stellen, so beim weissen Menschen im Auge und an stärker pigmentirten Stellen der Bindegewebige Pigmentzellen. Vergr. 224. A) aus der Membrana suprachorioidea des menschlichen Auges, Fixirung in FLEMMING'scher Lösung. B) aus der Cutis einer Frosch- hirve, Fixirung in Alkohol — 252 — Haut, finden sich mehr oder weniger reichlich verästelte Zellen mit einem braunen körnigen Pigment angefüllt, das nur den Kern freilässt (Figur 156 A). Dieselben können entweder fixe Zellen sein und ent- sprechen dann ev. den Bindegewebszellen des nicht pigmentirten Ge- webes oder sie vermögen in manchen Fällen weiter zu wandern, so auch in Epithel hinein (s. „Haut"). Bei Thieren sind sie oft in grosser Menge vorhanden , weit durch den Körper verbreitet (z. B. Frosch, Figur 156 B) und sind häufig contractu. d) Fettzellen. Mehr oder weniger mit Fett gefüllte Bindegewebs- zellen finden sich in verschiedener Menge mehr einzeln oder mehr zu Häufchen zusammengelagert, je nach dem Ernährungszustande, durch Jr Bl Bz w 157 Eibrilläres Bindegewebe niit Eettzellen aus der Nähe der Trachea des Kalbes, frisch in Jod- serurn. Die Bindegewebszellen und Kerne etwas deutlicher als in Natur. Vergr. 224. Bl = Blutgefäss mit einigen Blutkörperchen, Bz = Bindegewebszellen, Pz = Fettzelle, K = Kern einer solchen, El = elastische Paser, W = Wanderzelle. das fibrilläre Bindegewebe zerstreut vor (Figur 157 Fz, vergl. auch „Fettgewebe"). e) Plasmazellen (Waldeyer 1, XI). Bald mehr rundliche, bald mehr ovale oder spindelförmige Zellen mit deutlich körnigem Proto- plasmaleibe. Hauptsächlich in der Umgebung der Blutgefässe. Ab- stammung und Bedeutung noch unklar. Sie haben Aehnlichkeit mit den specifischen Zellen des Fettgewebes, scheinen aber doch von diesen verschieden zu sein (s. auch „Fettgewebe"). Betreffs der ähnlichen in den Hoden vorkommenden Zellen siehe „männliche Geschlechtsorgane". f) Mastzellen (Ehrlich) l. Bald mehr rundliche, bald mehr läng- liche event. strahliere Zellen ausgezeichnet durch das Vorhandensein ') Betreffs der Literatur sehe man Ballowitz 16, VI, p. 135 ff. 253 — von zahlreichen rundlichen Körnern in ihrem Zellleibe resp. dessen Portsätzen. Die Körner hahcn wieder «li<- Besonderheit, dass sie mit basischen Anilinfarben besondere Farbenreactionen geben, so dass sie häufig den Eindruck von Mikrokokkencolonien hervorrufen. So z. B. l)ci der GRAM'schen Methode. Von manchen Autoren wird dabei an- _(•-•«'! » « ■ 1 1 . dass der Kern sich färbe, von anderen, dass er ungefärbt bleibe, üebrigens scheinen Verschiedenheiten zwischen den Mastzellen verschiedener Thierspecies und vielleicht zwischen denen desselben In- dividuums vorhanden zu sein. Die Mastzellen rinden sich hauptsächlich in der Nähe von Blut- gefässen und Epithel. Unter pathologischen Verhältnissen kommen sie zahlreich vor in der Umgebung von Entzündungen und in frisch gebildetem lockerem Bindegewebe. Auch im Gehirn hat sie J. Neu- maxx (8, CXXIIj neuerdings bei pathologischen Processen aufge- funden. Sie sind beim Menschen ziemlich zahlreich an mehreren Stellen, so in der Haut, in der Darmwand, im Herzmuskel etc., ihre Abstammung und Bedeutung sind unbekannt. Browicz (82, Juli 1890) wirft die Plasmazellen von Waldeyer und die EHRLiCH'schen Mastzellen zusammen und findet, dass sie im Herzen des Neugeborenen und des einige Monate alten Kindes ganz fehlen, bei älteren Kindern in sehr geringer Zahl auftreten, bei jungen und erwachsenen Personen bis in's Greisenalter immer vorhanden sind,. wenn auch in sehr wechselnder Menge. Sie liegen dabei bald einzeln bald mehr in Gruppen. Browicz nimmt dabei weder eine Beziehung zu den Blutgefässen noch zu dem Fett an und findet die Zellen sowohl im gesunden wie im erkrankten Gewebe. Er kommt zu dem Schlüsse, dass diese Zellen für das Bindegewebe nicht nothwendig sind, da man sie weder jemals beim Embryo noch in allen Organen des Erwachsenen noch bei allen Thieren findet und hält sie für degenerirende Formen. Die Untersuchungen von Baleowitz (16, VI) haben erwiesen. dass die „Mastzellen" bei Fledermäusen vor Beginn des Winterschlafes und nach Beendigung desselben ungefähr gleich zahlreich vorhanden waren und auch sonst keine Unterschiede zeigten. Sie können daher von dem allgemeinen Ernährungszustande des Thieres nur wenig ab- hängig sein. Ob der Name „Mastzellen", den Ehreich ihnen gegeben hatte, da er annahm, dass diese Zellen bei local gesteigertem Ernäh- rungszustände aufträten, gerechtfertigt ist, erscheint nach allem mehr als zweifelhaft, doch habe ich ihn hier beibehalten, da die Zellen unter ihm allgemein bekannt sein, und man ihnen kaum einen neuen Namen gehen kann, ehe man etwas sicheres Über sie weiss. — 254 — g) Wanderzellen (v. Kecklinghausen). Auch die schon oben (p. 242 und 244) erwähnten Wanderzellen finden sich in mehr oder weniger grosser Anzahl. Sie sind der Grundsubstanz direct eingelagert oder liegen in dem Netz der Saftkanälchen je nach Beschaffenheit der Grundsubstanz. Sie befinden sich also im Bindegewebe, sind aber wahrscheinlich garnicht bindegewebiger Abstammung und daher eigentlich nicht zu den Bindegewebszellen zu rechnen (s. auch Cap. X). Von allen diesen eben genannten Zellen sind constant nur die Bindegewebszellen vorhanden, welche als die specifischen Zellen des Gewebes anzusehen sind, das Vorkommen der übrigen hängt von be- stimmten Bedingungen ab, Localität, Ernährungszustand etc. Erscheinungsformen. Das fibrilläre Bindegewebe tritt in folgenden Erscheinungs- formen auf. a) Formloses Bindegewebe (Henle) , lockeres oder areo- läres Bindegewebe (Köllikee). Das Gewebe ist lockerer, bildet Bclg-z Ungeformtes fibrilläres Bindegewebe. Interniusculäres Bindegewebe aus den Bauchmuskeln des Kalbes. Frisch in Jodseruin. Vergr. 224. Bdgf=Binde- gewebsfibrillenbündel ; Bdgz = Bindegewebszelle ; E1F = Elastische Faser ; Lc = Leukocyten (Wanderzellen). — 255 — keine bestimmt geformten Theile. Von bald mein-, bald weniger Fett- zellen erfüllt, breitel es sich im ganzen Körper aus, überall als Füll- material, Hülle and Verbindungsmitte] .benutzt. Häufig ist die homo- gene Grundsubstanz relativ reichlich (Figur L58), die Fibrillenbündel kreuzen sich unter verschiedenen Winkeln und bilden so einen lockeren Filz: die elastischen Fasern stellen ein weitmaschiges Netz dar. Da- zwischen liegen dann die verschiedenen Zellen. Oder die Fibrillen- bündel liegen auch enger aneinander, dazwischen kleine Reste homo- gener Grundsubstanz und Bindegewebszellen, Wanderzellen etc. Ela- stische Netze begleiten verschiedentlich die Bündel. Mit Fett erüllte, grosse, glänzende Zellen liegen in kleineren oder grösseren Gruppen darin eingebettet (vergl. Figur 157). b) Geformtes Bindegewebe iHexle), festes Bindegewebe (Köllikee). Das Gewebe ist fester, bildet mehr oder weniger scharf begrenzte Theile, welche in der Form von Häuten oder Strängen auftreten. Je nach der Anordnung der Fibrillenbündel kann man unter- scheiden : a) ungeordnetes geformtes Bindegewebe. Die Fibrillenbündel verflechten sieh unter verschiedenen Winkeln nach allen Richtungen des Raumes und bilden so einen dichten Filz. Hierher gehören: die Lederhaut, der bindegewebige Theil der Schleimhäute , die Mucosa propria und die Submucosae mit eingestreuten reticulären Partieen, die serösen Häute, das Periost und Perichondrium , die Albugineae und die festen Kapseln vieler Organe : die Kapseln von Milz und Niere, Albuginea des Hodens, des Penis und der Clitoris ; die Gehirnhäute und entsprechend: die Opticusscheiden und die Augenhäute (mit Aus- nahme der Cornea), die bindegewebigen Theile der Gefässwandungen etc. Ein .besonders festes Gebilde ist der Tarsus des Augenlids, der sogenannte Lidknorpel ; ß) geordnetes geformtes Bindegewebe. Die Fibrillenbündel sind nur in bestimmten Richtungen angeordnet: nur nach einer Richtung: Sehnen. Bänder. Diesen schliessen sich mehr oder weniger modificirt an: Bandscheiben, Labra gleno- idea. Randtheil der Ligg. intervertebraüa (vergl. auch „chondroides Bindegewebe" und „Faserknorpel") ; nach zwei einander mehr oder weniger genau unter rechten Winkeln kreuzenden Richtungen, wobei indessen die einer Richtung angehörenden Bündel immer in einer Schicht zusammen- liegen: Fascien und, zum grossen Theile wenigstens, die Cornea. — 256 — 1) Das Sellliengewehe und die Seime. Macht man Durch- schnitte durch Sehnen, so erkennt man leicht, dass auf denselben sich grössere und kleinere Unterabtheilungen unterscheiden lassen: die Querschnitte von Bündeln. Die feinsten derartigen, welche keine Ab- theilungen mehr aufweisen , sind die primären Sehnenbündel (Figur 159). Sie entsprechen Bindegewebsfibrillenbündeln mit durch- Sept - Theil eines Querschnittes einer menschlichen Sehne (Tibialis anticus). Der äussere Umfang mit dem Peritenonium externum getroffen. Alkohol, Celloidin , Carniinfärbung. Vergr. 224. A = Arterienquerschnitte im Peritenonium externum ; A' = Querschnitt einer kleinen Arterie in einem der von dem Peritenonium gebildeten Septen zwischen den tertiären Bündeln ; N = Querschnitt eines Nervenbündels im Peritenonium externum ; Sept = Septum des Peritenonium zwischen tertiären Bündeln ; die Septa zwischen den secundären Bündeln werden durch die weit feineren innerhalb der tertiären Bündel verlaufenden Linien dargestellt, welche indessen noch dicker sind als die Grenzlinien zwischen den primären , sich auf der Abbildung aber vielleicht nicht genügend stark abheben (vergl. auch Figur 165); SZ = Kern der Sehnen- zellen, die in den Knotenpunkten zwischen den primären Bündeln liegen, diese als Flügel- zellen mehr oder weniger weit umgreifend ; V = Venenquerschnitte im Peritenonium externum. aus parallel verlaufenden Fibrillen , welche bei der gewöhnlichen Spannung gestreckt, entspannt leicht wellenförmig dahinziehen. Auf dieser letzteren Verlaufsart beruht die eigenthümliche Querstreifimg, welche entspannte Sehnen erkennen lassen. Die Fibrillen dieser Bündel werden durch eine interfibrilläre Kittsubstanz zusammen- gehalten. Zwischen den Bündeln selbst, welche wiederum im grossen und ganzen einander parallel verlaufen, wenn auch spitzwinkelige Ana- LT) 7 Btomosen vorkommen, befindet sieh die interfasciculäre Kitt- substanz. In dieser eingebettet liefen die K c h nenz eilen. Es sind Flügelzellen (Figur ICO), welche ihre < Jcstnlt ihrer Lage ver- danken: der Einklemmung zwischen verschiedene Fibrillenbündel. So besitzen sie auf dem Querschnitte eine mehr sternförmige Gestalt, in n m 1 i 160 Seimenzeilen isolirt nach MÜLLER- scher Flüssigkeit in Wasser. A) vom Kalbe Vergr. 525. B) von demselben Vergr. 224 (gleich den sonstigen Ab- bildungen des Bindegewebes). C) von einer erwachsenen Ratte , Schwanz- sehne. Vergr. 525. I'i'll r/t; 161 Theil eines Längsschnittes einer menschlichen Sehne (Tibialis anticus). Alkohol, Celloidin, Carminfärbung. S Z = Sehnenzellen resp. deren Kerne ; nach der linken Seite zu der Schrägschnitt eines Septums zwischen zwei tertiären Bündeln. Vergr. 224. der Mitte der Kern mit mehr oder weniger Protoplasma, nach den Seiten hin ausgehend dünne Platten , die sich zwischen die Bündel einschieben, indem sie diese zugleich einscheiden (vergl. Figur 159). Die jungen Sehnenzellen senden auch längere Fortsätze aus, die mit denen benachbarter anastomosiren (Figur 160 A), bei den älteren sind solche nicht immer mehr nachzuweisen. Die Zellen sind dabei lang- gestreckt, der Kern ist langoval. Schmale, stark glänzend hervor- tretende Linien, die über den Zellleib der Länge nach hinziehen, sind der Ausdruck der von der Kante ans gesehenen Flügelplatten. Die Zellen liegen in Reihen unter einander und erscheinen auf gefärbten Längsschnitten wie in Figur 161, als Reihen gefärbter länglicher Kerne, S chie ff erdeck e r-Kossr 1. 17 258 i die nicht ganz vollständig zu sein brauchen, da einmal der Schnitt leicht ein wenig von der Richtung der Kernreihe abweichen kann, zweitens die Bündel anastomosiren können. jjll Die Zellen befinden sich, wie alle Bindege- webszellen, in Lücken der homogenen inter- fasciculären Grundsubstanz, welche man durch Imprägnirung darzustellen vermag (Figuren 162 und 163). An der Form dieser Lücken erkennt man die ursprüng- -- ■ ' ' liehe Gestalt der in ihnen befindlichen Zellen und sieht leicht, dass diese ana- - ■ Aus einer Kalbssehne nach Behandlung mit Silbernitrat. Längsansicht durch Auseinanderziehen der Bündel ge- wonnen. Man sieht die hell gebliebenen Saftlücken, welche unter einander durch die Saftkanälchen verbunden sind. Zellen nicht eingezeichnet, da geschrumpft. Vergr. 224. B J 163 Iiängsansichten aus einer Battenschwanzsehne nach Behandlung mit Silbernitrat. A) Saftlücken der Sehnenzellenreihen mit ihren Saftkanälchen zu denen benachbarter Beihen. Die Zellen derselben Keihe sind meist durch sehr kurze Kanälchen, die sich einfach als Durchbrechungen der schmalen Grundsübstanzsepta zwischen den eng aneinanderstossenden Saftlücken derselben Beihe zeigen, mit einander in ausgiebigster Verbindung. Vergr. 224. B) Von der Oberfläche eines seeundären Bündels. Man sieht grössere Endothelflächen, welche voraussichtlich die Decke der flachen hier vorhandenen Lymphsinus bilden. Dazwischen treten wieder Inseln interfasciculärer Grundsubstanz an die Oberfläche, in denen Saftlücken der Sehnenzellen, theil- weise noch in Beihen, sich befinden, die hin und wieder sich in die Lymphsinus öffnen (auf der Figur eine Stelle mehr nach links und oben). Vergr. 100. 259 Btomosiren konnten, ev. dieses auch thaten, da die Lücken, sowohl die derselben Reihe wie die benachbarter, mit einander zusammen- hängen. Es entsprechen diese Lücken im Prinzipe durchaus den oben (Figur 153) aus der Cornea dargestellten. --So legen sich eine Anzahl primärer Bündel zusammen zu einem secundären. Auf der Oberfläche dieses findet sich ein mehr oder weniger vollstän- diger Endothelüberzug, in dessen Lücken die Grundsubstanz ev. mit Sehnenzellen zn Tage tritt. Das Ganze wird umgeben von einer Hülle aus ungeordnetem fibrillärem Bindegewebe, dem P er i te- il o n i u m inte r n u m l. Das Endothel deckt resp. bildet wohl aller Wahrscheinlichkeit nach Lymphräume , in welche sich vielleicht die oberflächlichsten Saftlücken öffnen, die in den Grundsubstanzinseln liegen, durch welche der Endothelüberzug unterbrochen wird ('Figur 163 B). - Das Peritenonium internum enthält ziemlich viel Zellen, deren gefärbte Kerne auf dem in dem Längsschnittbilde, Figur 161, dargestellten Septum leicht zu er- kennen sind. Wie das fibrilläre Bindegewebe überhaupt, so enthält auch dieses Netze von elastischen Fasern. Behandelt man eine Sehne mit einem Reagens , welches die Isolirung der Fibrillen erlaubt (Pi- krinsäure, MüLLER'sche Flüssigkeit etc.), so erhält man nach dem Zer- zupfen leicht Fibrillen und Zellen isolirt (Figur 164). Man sieht dann deutlich, wie die parallelen, wellig verlaufenden Faserzüge der Bündel sich in eine lockigem Haare ähn- liche Masse von sehr feinen Fäser- chen auflösen. Lässt man auf Sehnengewebe Essigsäure oder noch besser ver- dünnte Kalilauge einwirken, so findet man auch sehr feine :^; m 164 Aus einer Kalbsseime , nach Behandlung mit MÜLLEK'seher Flüssigkeit und Zerzupfuug in Wasser. Vergr. 100. *) Peritenonium aus mqi und 6 zevcdv, die Flechse, Sehne, scheint mir besser als „Peritendineum", welches eine vox hybrida ist, und auch richtiger als „Periteniunr. 17* 260 elastische Fasern, welche die primären Bündel , weitmaschige Netze bildend, umziehen. Niemals liegen dieselben in den Bündeln. Die secundären Bündel legen sich nun wieder zu tertiären zusammen, welche von etwas dickeren Zügen des Peritenoniums um- geben werden (Figur 165) und diese bilden durch Aneinanderlagerung die Sehne, welche auf ihrer Oberfläche wiederum von der stärkeren Hülle des Peritenonium externum umschlossen wird (Figuren 165 und 159). Stück eines Querschnittes durch eine menschliche Sehne (M. tibialis anticus). Alkoholhärtung, Celloidineinbettung , Alauncarmin. Ganz schwache Vergrösserung. Man sieht aussen das Peritenonium externum, von dem aus die stärkeren Septa der tertiären Bündel in das Innere eindringen. Von diesen gehen dann wieder die feineren, die secundären Bündel trennenden ab. Die primären Bündel sind bei dieser Vergrösserung noch nicht erkennbar. An manchen Stellen waren auch die Septa der secundären Bündel noch zu fein, um sich einzeichnen zu lassen, daher die Lücken (vergl. auch Figur 159). Wie man bemerkt, entspricht dieser Aufbau der Sehne sehr genau dem eines Skeletmuskels. Die secundären Bündel würden einer An- zahl von Muskelfasern zum Ansätze dienen, d. h. das Perimysium in- ternum würde sich direct in das Sehnengewebe (nicht in das Peri- tenonium) fortsetzen, zu diesem werden, wie ich das schon p. 143 des Näheren angegeben habe. Andererseits würden die Sehnen an anderen festeren bindegewe- bigen Theilen endigen : an fibrösen Membranen, Fascien, an Knorpeln und Knochen. An den fibrösen Häuten (z. B. Sclera) und an den — 261 — Fascien (z. B. M. tensor fasciae) gehen die Sehnenbünde] direct in das Gewebe der Ansatztheile über. Bei den Knorpeln und einem Theile der Knochenansätze dienen das Perichondrium und das Periost als Vcrmittelung, mitunter setzt sich die Sehne aber auch direct an den Knochen an. Die Sehne wird ernährt und enthält Nerven. Die Blutgefässe sind nur in geringer Menge vorhanden, sie ver- laufen in dem Peritenonium externum (vergl. Figur 159) und dringen mit den von diesem ausgehenden Septen in das Innere ein, um sich bis zu den seeundären Bündeln hin auszubreiten. Diejenigen Seimen, welche auf weitere Strecken in Schleimscheiden verlaufen, sind mit der Wand dieser durch zarte Bindegewebsbrücken verbunden, welche Gefässe enthalten: Vincula tendinum. Die Lymphgefässe der Sehnen und Fascien sind von Ludwig und Schweigger-Seidel (49) genauer beschrieben worden. Wie ich nach eigenen Untersuchungen bestätigen kann, liegen in dem Perite- nonium zwischen den seeundären Bündeln Lymphgefässe, die nur aus einem Endothelrohr bestehen, im Wesentlichen parallel den Bündeln verlaufen , aber vielfach durch Aeste , die mehr rechtwinkelig ab- gehen, unter einander anastomosiren. Sie gehen über in ein auf der Oberfläche der Sehne oder Fascie gelegenes reichliches Netz von ähnlich beschaffenen Lymphgefässen, die sich zum grössten Theile an die Blutgefässe änschliessen, indem sie diese zu je zweien auf beiden Seiten begleiten, zum Theil aber auch als selbständige Gefässe jene anderen unter einander verbinden. Diese Gefässe sind sämmtlich klappenlos. Mit den grösseren abtretenden Blutgefässen begeben sich 'dann auch grössere Lymphgefässe zur Umgebung. Die Anfänge dieser Lymphbalmen sind noch nicht sicher bekannt (vergl. auch Mays 8, Bd. LXXVi. Es erscheint mir sehr wahrscheinlich, dass sie mit breiten flachen Lymphräumen, Lymphsinus, zusammenhängen, welche unter dem die seeundären Bündel theilweise überziehenden Endothel liegen (vergl. Figur 163 B). Mit diesen hängen die äussersten Saftlücken wieder zusammen, wie man an Silberpräparaten wahrnehmen kann, mit diesen die übrigen. Der aus den Blutcapillaren in Folge von Druck ev. auch Diffusion austretende Ernährungssaft, würde nach Durchtränkung der Kittsubstanz in dem Saftlückennetz seinen natür- lichen Abfluss rinden, da hier der geringste Widerstand herrscht. Nach- dem er aus diesem, falls der angenommene Zusammenhang besteht, in die Lymphgefässe eingetreten ist. würden Abflussbahnen genug vor- handen sein, wie jede [njeetion lehrt. (Vergl. auch „Lymphgefässe"). — 262 — Ob auch die Lymphe des Muskels durch die Lymphbahneu der Sehne resp. der den Muskel umgebenden Fascie theilweise mit abge- führt wird, wie Ludwig und Schweigger-Seidel es für möglich hielten, ist noch nicht zu entscheiden. Es spricht die von Genersich (81, 1870) gemachte Beobachtung dafür, dass die innere, dem Muskel zugewandte Seite der Fascie sich anders der Injectionsmasse gegenüber verhält als die äussere. Von der inneren tritt die Masse rasch in die capil- laren Lymphwege, auch dann, wenn die Flüssigkeit u n t e r der Fascie liegt und diese nur abwechselnd gespannt und erschlafft wird. Für die Medicin ist dieses Verhalten deshalb wichtig, weil es die Wirkung der Massage verständlicher erscheinen lassen würde. Die Nerven der Sehnen zerfallen gleich denen der Muskeln in: Gefäss nerven und sensible Nerven. Die Oefässnerven sind als marklose Fasern zuerst von Engel (1847), dann (1850) von Kölliker (Mikrosk. Anat.) gesehen worden, ohne dass man Genaueres über sie wusste. In jüngster Zeit hat Ciaccio (13, XIV) eigenthümliche , aus nackten Axencylindern gebil- dete Geflechte beschrieben, welche theils ganz unregelmässige Formen darbieten, theils mehr länglich sind und durch die Verzweigungen des Axencylinders einer oder zweier markhaltiger Fasern gebildet werden, die zugleich mit den sensiblen zur Sehne hinziehen. Diese Geflechte befinden sich in dem Bindegewebe, welches die zwischen den Sehnen- bündeln hinlaufenden Arterien umgiebt und fand Ciaccio dieselben in der Nähe der Oberfläche der Sehne des M. pronator teres und des M. adductor pollicis beim Menschen. Ja noch mehr. In einem Falle hat Ciaccio sogar, in der Sehnenausbreitung des M. rectus superior oculi des Menschen, zwischen der Tunica media und iiitima einer' Arterie eine Nervenendigung gefunden, welche den sensiblen End- büschen der Sehnen, die wir gleich zu beschreiben haben werden, durchaus ähnlich war. Es ist dieses die erste Nervenendigung an einem Gefässe, die bisher aufgefunden worden ist, und würde dieser Befund, falls er weiter bestätigt wird, unsere Anschauungen über Ge- fässinnervation wesentlich klären. Die sensiblen Nerven sind markhaltig, die Fasern th eilen sich mehrfach vor der Endigung und sind, ausser von der ScHWANN'schen noch von der perineuralen HENLE'schcn Scheide (Fibrillenscheide) um- hüllt. Die Endigung ist eine freie und zweifacher Art: eine auf engem Kaume begrenzte feine und dichte Endver- ä s t e 1 u n g , ein E n d b u s c h ; oder : ein kleineres VATER'sches Körperchen resp. ein Endkolben. — 263 — ,ii Die Endbüsche. Diese Art der Endigung ist zuerst ge- sehen und beschrieben worden von Sachs1 (15, L875), dessen Be- schreibung noch am meisten mit den heutigen Befunden übereinstimmt, and von Rollett, der sie Nervenschollen nannte und speciell in der Sehne des M. sternoradialis des Frosches untersuchte (14, 1876, LXXIII, Abthlg. QI), später von Maechi (50, XXVIII. L881), Tk Gempt (1887 Diss. Kiel) und Kjebschnee (16, 1888). Die genauesten und umfangreichsten Untersuchungen verdanken wir Golgi ! 18, Ser.II, t. XXXII, 1880), Cattaneo (48, Ser. II, t. XXXVIII, 1887 und 13, X), Eaxnixi (51, Ser. I, Vol. II, 1888), Köllikee (52, 1889 und Handb. 6. Aufl.) und endlich Ciaccio (53, Ser. IV, t. X und 13, XIV, 1890). Aus diesen Arbeiten geht hervor, dass in der gesammten Wirbelthier- reihe die sensiblen Seimennerven in der Weise endigen können, dass nach mehrfachen Theilungen und nach Verlust der Markscheide der Axencylinder sieh in einen feinen und dichten Endbusch auflöst, der sich in die seeundären Sehnenbündel einsenkt und sich zwischen den diese zusammensetzenden primären Bündeln mit seinen Zweigen ausbreitet. Diese letzteren schlingen sich hierbei mehr ringförmig oder mehr spiralförmig um die primären Sehnenbündel herum, indem sie dabei eine abgeplattete, bandförmige Gestalt annehmen (Ciaccio). Eine Ausnahme machen nur die anuren Amphibien, bei denen die Endbüsche mit geraden langgestreckten Aesten verlaufen. Es würde diese Art der Endigung eine gewisse prinzipielle Aehnlichkeit mit der haben, die Sachs für die Endigung der sensiblen Muskelnerven in den Muskeln beschrieben hat (s. p. 153), insofern auch diese die Muskelfasern ringförmig oder spiralig umgreifen sollten , wenngleich die äussere Gesammtform wesentlich verschieden ist. Bis zu den Reptilien incl. findet sich nur diese einfache Grundform. Bei den Vögeln, den Säugethieren und dem Menschen tritt dagegen eine be- sondere Modification der Grundform mehr in den Vordergrund, welche man wohl als eine höhere Differenzirung aufzufassen hat: das „Or- ga no nervo so terminale musculo-t end i neo", welches zuerst von Golgi aufgefunden wurde, und das auch als „ Corpus culo di Golgi", „GoLGi'sches Körperchen", und „GoLGi'sche Sehnen- spindel" (Kölliki:i!) bezeichnet wird. Dasselbe hat den folgenden Hau. Es ist ein längliches, mehr cylindrisches oder mehr spindelför- 1) Derselbe beschreibt die Verästelung des Nerven ähnlich den Ki'nxr.- echen Endbüschen in den Muskeln: plattenartige Endigung, bei der sich die markhaltigen Endzweige in ein wirres Gestrüpp markloser Fasern auflösen, die sich myceliumartiff verfilzen. 264 — 166 Zwei GOLGl'sche Körperchen mit deutlicher Endothel- hülle vom Kaninchen. Behandlung mit salpetersaurem Silber und Osmiumsäure. "Vergr. 100. Die von links oben kommende Nerven- faser theilt sich bei d, die beiden Aeste treten bei h in die Körperchen ein, indem ihre HENLE'sche Scheide an dieser Stelle in die Endothel- hülle (e) übergeht. m = Muskelbündel; t = Sehnenbündel. Die Nervenfaser ist nur so weit gezeichnet als sie markhaltig ist, es fehlen also die Endverästelungen des Axencylinders. Copie nach CaTTANEO (48, Serie II, T. XXXVIII). miges Gebilde, welches ein secun- däres Sehnenbün- clel oder auch zwei, drei derselben uin- fasst. Es liegt ge- wöhnlich so nahe dem Muskelansatz, dass häufig an das eine Ende des Kör- perchens sich direct Muskelfasern an- setzen, doch ist das nicht nothwendig. Die betreffenden Sehnenbündel und das letzte Ende der zutretenden mark- haltigen Nerven- faser sind umhüllt von einer zarten aus Endothelzellen zu- sammengesetzten Haut , welche die dir ecte Fortsetzung der Perineural- scheide (Henle- sche Scheide) ist (Cattaneo). Figur 166 zeigt diese Verhältnisse sehr klar und giebt zu- gleich auch eine Vorstellung von der Grösse der Körperchen. Auf dem durch die En- dothelhülle abge- grenzten Räume verästelt sich nun — 265 der Axencylinder der zutretenden Nervenfaser (häufig sind es auch zwei oder drei) mit einem Endbusche oder einer entsprechenden Anzahl solcher, die den sonst noch vorkommenden hüllenlosen durchaus gleich sind und nur :uit' einem relativ kleinen Räume zusammengedrängt liegen (Figur 167 A.Ui. In Figur 107 A sehen wir ein grosses GtOlgi- sches Körperchen vom Menschen, welches ziemlich viele Sehnenbündel umfasst, die Hülle ist fortgelassen, es treten zwei Nervenfasern zu, von denen sieh die eine noch wieder kurz vor der Endigung in drei Aeste theilt. In Figur 10715 ist das Körperchen schmaler, es setzt sieh nur eine Muskelfaser an; man erkennt die Hülle noch zum Theil an den Kernen ; der eine aus der Endtheilung der einzigen zutretenden Nervenfaser hervorgegangene Ast des Axencylinders , welcher nach unten hinzieht, verläuft längere Zeit ungetheilt. — Die GoLGi'schen Körperchen und die zu ihnen tretenden Nervenfasern werden nach den Untersuchungen von Cattaneo in der Weise ernährt, dass die Nervenfaser gewöhnlich von zwei kleinen Blutgefässen begleitet wird, welche durch quere kurze Aeste mit einander anastomosiren. Die Körperchen selbst erhalten ihr Blut von kleinen benachbarten Gefäss- stämmen (1 bis 4), die ausserdem auch die Muskelfasern und die Sehnenbündel mit Gefässen versorgen. Der Gefässeintritt erfolgt ge- wöhnlich in der Nähe des einen Endes und die Gefässverästelung bleibt im Ganzen mehr oberflächlich. — Was die Verbreitung und die Menge dieser Körperchen anlangt, so scheinen sie in allen Sehnen vorhanden zu sein, doch ist dies noch nicht ganz sicher. Ihre Zahl ist im Ganzen nicht gross und scheint je nach den Sehnen ziemlich verschieden zu sein. So giebt Cattaneo an in einer platten Sehne von ungefähr 2 cm Breite 25 und mehr Körperchen gesehen zu hal»en , während er in anderen nur einige wenige aufzufinden ver- mochte. Kölliker berichtet, dass selbst in grösseren Extremitäten- muskeln kaum mehr als fünf bis zehn bis zwanzig solcher Körperchen vorhanden seien. — Was ihre Grösse anlangt, so flndet Küllikek bei einem siebenzigjährigen Menschen die Länge zu 1,28 bis 1.42 mm, die Breite am Muskelende zu 0,17 bis 0,25 mm, beim Kaninchen die Länge zu 240 fi bis 790 /«, die Breite zu 20 fi bis 110 fi. Catta- neo, der bei Meerschweinchen , Kaninchen, Hunden, Katzen, dem Menschen die GoLGi'schen Körperchen studirt bat. giebt ganz im All- gemeinen die Länge zu 80 f.i bis 800 /t, die Breite zu 50 ,« bis 400 /t an. — Wie weit neben den GoLGi'schen Körperchen heim Menschen und den Säugern noch die einfachen Endbüsche verbreitet sind, lässt sich zur Zeit noch nicht sagen. Ciaccio fand beide Endigungen in den 266 — 167 GoLGl'sche Kör- perchen. A) Aus der Achilles- sehne des Men- schen. G-oldchlo- l'idkalium nach Fischer, an säuertes Grlyce- rin. Vergr. 210. ß) Aus der Sehne eines Augen- muskels vom Schwein. Gold- chlorid , etwas modificirt nach LÖWIT, angesäu- ertes G-lycerin. Vergr. 320. A = Axencylinder- B Pb Mi. Pi ausbreitung (an dieser Stelle ge- rade eine der vie- len Anschwell- ungen, die in den Verzweigungen des Axency- linders vorkom- men) ; Ev = End- verästelung des Axency linders ; Fb = Sehnen- bündel ; Fs = Perineural- scheide ; K = Kerne der Endo- thelhülle ; M F = Muskelfaser ; N = Nerv ; P i = Perimysium in- ternum ; R = RANVIEK'sche Einschnürung Oopie n. OlACCIO (53, Ser. IV, T. X). — 267 — Sehnen der menschlichen Augenmuskeln and besonders in der des M. rectus superior, während er in denselben Sehnen von Säugethieren nur GoLGi'sche Körperchen aufzufinden vermochte. Beiden Fledermäusen sah er «las folgende bemerkenswerthe Verhalten: in den feinen und langen Sehnen der vorderen Extremität zeigten sich, wie bei den Rep- tilien, nur freie Endbüsche, in den Sehnen der hinteren Extremität da- gegen und speciell in der Sehne, welche der Achillessehne des Menschen entspricht, nur sehr lange und schmale GoLGi'sche Körperchen. Ciai cio meint aus diesem Befunde schliessen zu können, dass beide Artin der Endigung den gleichen Werth hätten, dass also die GoLGi'schen Körper- chen nicht, wie ihr Entdecker annahm, als eine höhere Differenzirung zu betrachten seien. b) Vater" sehe Körperchen und Endkolben. Zuerst beschrieb Sachs flö, 1875; solche von der Sehne des M. sterno- radialis des Frosches („Sehnenendkolben", Länge 147 ,«., grösste Breite 32 II . Später hat sie Rauber (54, 3. Jahrg., 1876; 55, 1880 p. 635 bis 636: 56 p. 43 bis 51) in den Sehnenscheiden, in den Muskel- scheiden der Vögel und Säugethiere, im Peritenonium der Sehnen, z. B. der des menschlichen Unterarms , nachgewiesen. Ferner fand sie Golgi beim Menschen in den Sehnen der Mm. palmares longus und brevis, flexores digit. common, superfic. und prüf., ulnaris intern., adduc- tor pollicis, plantaris, gastrocnemius , tibialis post. Sie liegen nach ihm meistens auf der Oberfläche der Sehnen gegen ihren Ansatz zu oder auch in der Mitte der Muskelfascien, jedoch auch ziemlich häutig mitten im Selmengewebe und hin und wieder in der Nähe des Muskel- ansatzes. Ihre Grösse schwankt von 40 bis 50 (i in der Breite und 70 bis 80 fi in der Länge bis zu 100 bis 130 /i in der Breite und 300 bis 350 fi in der Länge. Die kleineren und mittleren Formen sind die häutigsten. Bei Säugern sind diese Körperchen nach den übereinstimmenden Angaben Külliker's und Cattaneo's seltener als beim Menschen und mehr den Endkolben ähnlich. Wie Cattaneo es bestätigt hat, liegen sie mitunter dicht neben den UoLGi'schen Körperchen und die Nervenfasern beider stammen aus demselben Bündel. Die Figuren 16s und 160 lassen die eben beschriebenen Verhältnisse deutlich erkennen. Zu bemerken ist noch, dass in diesen VATER*seken Körperchen der Nerv nicht immer einfach gerade ver- läuft, sondern häufig sehr deutliche Knäuelbildung erkennen lässt. Da>s diese eben beschriebenen Nervenendigungen sensibler Natur sind, ist zweifellos, dass sie dem Muskelsinn oder Muskelgefühl dien< n. sehr wahrscheinlich, Näheres ist darüber aber nicht bekannt. 1 ).-]>- — 268 168 Ein Stückchen von der Oberfläche der Sehne des M. pronator teres des Menschen gerade von der Kandzone, wo die Muskelfasern sich ansetzen. Es ziehen vom Muskel her drei Nervenfasern herab, welche nach mehrfachen Theilungen theüweise in einer Anzahl von kleinen Vater- schen Körperchen endigen, die zum Theil noch auf dem Muskel, zum grössten Theü aber auf der Sehne liegen M = Muskel; S = Sehne. Ganz schwache Vergrösserung. Copie nach GOLGI (48, Serie IT, T. XXXII). 269 169 Ein Nervenbündel aus den inneren Theilen der Sehne des M. Pronator teres des Menschen. Endigung der Fasern in vier kleineren VATER'schen Körperchen und in zwei GoLGl'scheu Körperchen (OK). IK = Innenkolben, in dessen Mitte der hell aussehende Axencylinder verläuft; in = Muskelende; s = Sohnenende der GOLGl'schen Körperchen. Vergr. etwa 30. Copie nach GOLGI (48, Serie II, T. XXXII). der Mensch ganz besonders viele und grössere VATEit'sche Körperchen besitzt, scheint für die Wichtigkeit dieser und zwar der grösseren Formen für den betreuenden Sinn zu sprechen. — 270 — 2) Die Bänder, die Laora glenoidea und die Menisken sind im Wesentlichen der Sehne gleichgebaut, doch findet sich in den beiden letzteren einmal noch mehr oder weniger ausgedehnt „chondroides Bindegewebe" (s. unten) und zweitens ist die Verlaufsrichtung der Fibrillenbündel entsprechend der Form und Function abweichend von der in der Sehne. 3) Die Fascien zeichnen sich, wie oben schon angegeben wurde, dadurch aus, dass bei ihnen mehr oder weniger viele Schichten über- einander liegen, deren jede aus einer grossen Menge einander parallel verlaufender und mit einander unter sehr spitzen Winkeln auastoino- sirender Fibrillenbündel zusammengesetzt ist. Die Richtung dieser ist in den aufeinander folgenden Schichten verschieden, so dass sich die Axen unter mehr oder weniger grossen, gewöhnlich einem rechten sich nähernden, Winkeln kreuzen. Auf diese Weise erhalten die Fascien die für ihre Function so nöthige Eigenschaft wenigstens nach zwei auf einander senkrecht stehenden Richtungen gleich oder annähernd gleich widerstandsfähig zu sein. Zwischen den Bündeln und den Schichten findet sich interfasciculäre und interlamelläre Kittsubstanz, in welcher sich wie bei der Sehne Flügelzellen befinden, die wiederum in Saftlücken liegen. Da diese Häute nur eine geringe Dicke besitzen, so sind besondere Züge von Bindegewebe, welche Blutgefässe etc. in das Innere leiten, nicht nothwendig. Von Nervenendigungen finden sich auf ihnen VATEn'sche Körperchen und vielleicht auch Endbüsche. Einen ganz ähnlichen Bau besitzt die Cornea, welche indessen die Eigenthümlichkeit zeigt, dass, die Kittsubstanz das gleiche Licht- brechungsvermögen besitzt wie die Fibrillen, woraus die grosse Durch- sichtigkeit dieser Haut resultirt. Dieser physikalischen Abweichung entspricht auch eine chemische Verschiedenheit. Wegen des Näheren wird auf die Beschreibung- der Aug-enhäute verwiesen. IV) Das cliondroide Bindegewebe (Apolant, 57). Dieses unterscheidet sich von dem gewöhnlichen fibrillären Binde- gewebe durch eine eigenthümliche Form und Beschaffenheit der Zellen. Während die Grundsubstanz gewöhnlich der der Sehne gleich oder ähnlich ist, haben die Zellen eine mehr kugelige oder ovale Gestalt, hin und wieder mit Fortsätzen, und ein bläschenförmiges Aussehen, ähneln also den Knorpelzellen, wie man sie meistens findet, und sind oft von solchen nicht zu unterscheiden. Dabei bleibt die Grundsub- — 27 1 — stanz niicr durchaus collagen und unterscheidet sich dadurch scharf von jedem Knorpelgebilde (vergl. auch „Faserknorpel"). Das chondroide Bindegewebe vermittelt einmal den Uebergang zwischen Faserknorpel und Sehnengewebe, findel sieh dann aber auch selbständig nur mit ersterem 'an den meisten Stellen der faserig zer- fallenen Gelenkflächen) oder letzterem (Menisken) verbunden. Vorkommen: Chondroides Bindegewebe ist vorhanden: in den .Menisken, in den Labra glenoidea s. cartilaginea 'sehr wenig ) , in den manchen Sehnen eingelagerten S e s a m k n o r p e 1 n i Seimen des M. peroneus longus und des M. tibialis posticus), ferner an der Mitte der Innenseite der Qua drieeps- Sehne und am Ansatz der Achillessehne. Y) Das elastische Gewebe. Vollzieht sich die Differenzirung der Grundsubstanz derartig, dass die elastischen Elemente dabei besonders stark zunehmen , während die Entwickelung der Fibrillenbündel im Gegentheil mehr zurückbleibt, so erhalten wir das elastische Gewebe. Dasselbe kann einmal selbst- ständige Organe bilden, und findet sich zweitens vielfach in mehr oder weniger scharf abgesonderten Massen in anderen Organen vor. Organe, welche von elastischem Gewebe gebildet werden, besitzen eine weissgelbliche Farbe und sind elastisch wie Kautschuk. Sie sind am besten geeignet , um den Bau des Gewebes zu studiren. Beim Menschen gehören hierzu die Ligg. intercruralia oder flava, bei den grossen Haussäugethieren auch das Lig. nuchae, welches beim Menschen im wesentlichen Bindegewebe enthält. Nehmen wir ein Lig. nuchae des jungen Rindes als Beispiel (Figur 170). Sehr starke elastische Fasern (El), auf dem Querschnitte mehr kreisförmig oder mehr polygonal , verlaufen bald parallel , bald sieh unter spitzen Winkern kreuzend, geben unter spitzem Winkel abtretende Aeste ab. die sich wieder mit benachbarten Fasern verbinden, und bilden so ein Netzwerk mit langen spaltförmigen Maschen. Zwistdien den Fasern in den Maschen hegt eine homogene Grundsubstanz mit relativ spär- lich eingelagerten Fibrillenbündeln (beide sind collagen), darin Binde- gewebszellen, deren Kerne durch Färbung deutlich hervortreten (Figur 170). Solche Zellen linden sich in grosser Menge auch in dem Lig. nuchae des erwachsenen Thieres. Die elastischen Fasern zeigen sich an Zerzupfungspräparaten häufig abgerissen, die Rissenden sind glatt und ihre Begrenzungscontur steht ungefähr Benkrecht zu der Seiten- 272 contur. Aeste sind oft dicht an ihrer Abtrittsstelle abgerissen und erscheinen dann wie eonsolenartige Verbreiterungen der Stammfaser (Figur 170 links in der Mitte und rechts unten). Die freien Faser- enden sind häufig hirtenstabförmig umgebogen. Die Bindegewebszellen sind platte Gebilde , welche öfters den elastischen Fasern dicht anliegen ohne jedoch zu denselben sonst in irgend einer Beziehung zu stehen. Das bisher erwähnte Bindege- webe ist die directe Muttersubstanz der elastischen Fasern. In den Or- ganen und so auch im Lig. nuchae findet sich aber ausserdem eine Hülle von ungeordnetem fibrillärem G-ewebe auf der Oberfläche, von dem aus scheidewandartige Züge in das Innere hineindringen, welche Bündel des elastischen Gewebes unihüllen und abgrenzen. Wie man sieht, äh- nelt dieser Bau durchaus dem der Sehne; die interstitiellen Bindege- webszüge des Lig. nuchae entsprechen dem Peritenonium internum etc. Doch sind die Septa beim Lig. nuchae nicht so vollständig und unregelmässiger (Schwalbe). Jedenfalls dienen sie aber demselben Zwecke , der Ernährung , denn in ihnen verlaufen die spärlichen Blutgefässe. Im oberen Theile der Figur 170 ist ein Stück eines solchen interstitiellen Gewebszuges dargestellt. Man sieht die reichliche Menge der Fibrillenbündel (B) , darin ein Blut- gefäss (Bl). Auch in diesem Bindegewebe verlaufen eigene zu ihm gehörende elastische Fasern, welche sich (s. Figur) schon durch ihre Feinheit , dann aber auch durch die abweichende Verlauf srichtimg sofort von denen des Lig. nuchae selbst unterscheiden lassen. — Auch Lymphgefässe , aus einem einfachen Endothelrohre bestehend, ziehen zwischen den Bündeln eingebettet in das Bindegewebe der Septa dahin. Von den grösseren, welche der Axe der Bündel parallel laufen , gehen kleinere unter mehr rechten Winkeln ab , die theils wieder in longitudinale umbiegen, theils die Bündel umgreifend Ana- 170 Aus dem Nackenbande eines Kindes, nach Behandlung mit Alkohol zerzupft und mit Blauholz gefärbt. B = Bindegewebe ; Bl = Blutgefäss mit Blutkörperchen; El = Elastische Fasern. Vergr. 224. 273 stomosen mit benachbarten herstellen (Schwalbe 7, II;. — Saftlücken haben sich in der Grundsubstanz nicht nachweisen hissen; letztere scheint äusserst quellungsfähig und wasserreich zu sein, und so ist es möglich, dass bestimmte Lücken für Saftströmnngen in ihr nicht nöthig und nicht vorhanden sind. Die Erscheinungsweise des elastischen Gewebes, soweit es in anderen Organen eingebettet liegt, ist äusserst verschiedenartig': die Pasern können sehr verschieden dick sein, die Netze können sehr verschieden grosse Maschen besitzen , die Fasern können sich band- artig abplatten, sie können dann mit einander verschmelzen und ho- mogene Membranen bilden (M. Schultze 58) , an denen statt der sonst vorhandenen Maschen kleinere oder grössere rundliche oder ovale Fenster vorhanden sind : gefensterte Membranen (Henle). Ein Organ, in dem man eine ganze Anzahl verschiedener Formen ein- gelagert findet, ist die Aorta. Ferner liegen Membranen überhaupt in der Intima kleiner und mittlerer Blutgefässe, mächtige dichte Netze in der Trachealschleimhaut, feinere in 'der Chorioidea und Supracho- rioidea etc. Figur 171 stellt ein sehr dichtes, aus sehr feinen Fasern bestehendes Netz aus der Intima der menschlichen Aorta dar, bei welchem eine grössere Anzahl von 171 Stück aus einem sehr feineu elastischen Netze .-., aus der Intima der menschlichen Aorta. Iso- ■"'" lirt durch Zerzupfen nach Einwirkung von Massig starke elastische Fasern, die ein gross- Kalilauge. Im oheren Theile liegt eine einfache maschiges Netz bilden. Aus der Adventitia Schicht vor, unten sieht man mehrere Schichten der menschlichen Aosta. Kalilauge-Wasser, übereinander. Vergr. 388. Vrrgr. 388. Schief ferdecker-Kossel. Jg 274 Schichten sich übereinander lagert , die natürlich sämmtlich durch zahlreiche Anastomosen mit einander verbunden sind. Im Gegensatze dazu zeigt Figur 172 elastische Netze mit langen etwas dickeren Fasern und weiten Maschen aus den äusseren, an die Ad- ventitia stossenden ev. dieser schon angehörenden Theilen der Aorta. Figur 173 stellt ein sehr eigenthümliches Bild dar: 174 Mehr platte elastische Fasern mit zahl- Stück einer elastischen gefensterten Menihran mit reichen feinen Verbindungen und An- grossen Oeffnungen (F) , von welcher eine Anzahl deutung von Plattenbüdung. Aus den von elastischen Fasern mit sehr feinen Wurzeln äussersten Schichten der Media der entspringen (U). Bei TJ' liegt der Ursprung auf menschlichen Aorta. Kalilauge-Wasser, der Rückseite der Membran und die Faser tritt Vergr. 388. durch ein Fenster auf die Vorderseite. Bei hF ein breiter häutiger Fortsatz, der von der Vorderfläche i • i c- • i i 1+4- der Membran entspringt. Auf der Membran liegen Ziemiicn leilie Ulla meiir platte dann noch elastische, ein gröberes Netz bildende Fasern, zwischen welche die Membran eingelagert ist. Aus den äusseren Schichten der Media einer menschlichen Aorta. Zerzupfen nach Kalilauge in Wasser. Vergr. 388. an elastische Fasern geben mehreren Stellen eine grössere Anzahl sehr feiner, mehr pa- rallel laufender Aestchen ab , und verbreitern sich an einer Stelle membranartig. Nur mit wenigen grösseren Fenstern versehen ist die in Figur 174 dargestellte gefensterte Membran, von deren Flächen eine Anzahl von elastischen Fasern mit sehr feinen Wurzeln ihren Ursprung nimmt. So ist eine innige Beziehung zwischen den elastischen Fasern und elastischen Membranen nicht zu verkennen. 275 Stück einer feingefensterten ela- stischen Membran aus einer Gehirn- Figur 17."> giebt ein Bild einer feingestreif- ten, mit sehr kleinen Penstern versehenen elastischen Membran , wie sie namentlich für die Intiina kleiner Arterien charak- teristisch ist. Feinerer Bau und Reactionen. Ol» die elastischen Fasern überhaupt eine feinere Structur besitzen und welcher Art diese ist, lässt sich noch nicht bestimmt angeben. Dass sie sich nicht ans Fibrillen zusammen- setzen, wie man früher Avokl glaubte, er- scheint sicher. Ranvier (9) nimmt an, dass sie sich aus kleinen bei starken Vergröße- rungen indessen doch deutlich sichtbaren kugeligen oder mehr linsenförmigen Kör- perchen aufbauen und lässt sie bei ihrer ersten Entstehung auch aus Reihen solcher hervorgehen. Für diese Ansicht spricht in- dessen kaum etwas , Was SOnst Über die arterie des Kalbes , zerzupft in "Wasser nach Behandlung mit einer elastischen Fasern bekannt ist, Und Wie Mischung von concentrirter Zucker- lösung und 3 procentiger Essigsäure EWALD (10, XXVI) "VVOhl mit Recht her- zu gleichen Theilen. Vergr. 388. El = elastische Membran. In den VOl'hellt, machen die RANVIER Schell JBllder hier als Fenster eingezeichneten -. ttt n i t -, -i rr mehr spindelförmigen Räumen, die den Eindruck, als Ob Sie durch Zersetzung unmittelbar von den Fasern, die , . -n. -, ... » l in der Membran hervortreten, be- entstanden seien. Eine dritte Anschauung grenzt werden, lagen mehrfach iv i • > t t • ... n i noch kleinere mehr kreisförmige endlich ISt die , daSS eine ailSSere festere, Öffnungen, die von einem homogen eine innere weniger feste und weniger wider- gSF^^SEÄ standsfähige Substanz umsehliesse, und dass JSÄnKS£Ä2£Ä beide von einer sehr zarten Scheide um- latur der Media- hüllt seien , die nach ihrem Entdecker auch als die ScHWALBE'sche Scheide bezeichnet wird. Danach würde dann jede Faser aus drei verschiedenen Theilen, Substanzen, sich aufbauen. Dass es sich dabei nicht um einfach röhrenförmige Gebilde handelt . ist schon seit längerer Zeit nachgewiesen. Nach den Untersuchungen von Schwalbe (7, LI) und von Pfeuffer (1, XVI), die in neuester Zeit von Ewald (10, XXVI i im Wesentlichen bestätigt und noch erweitert sind, erscheint es als sicher, dass an jeder Faser eine massig -dicke, dichtere Randschicht und eine weniger dichte Mittel- partie sowie wahrscheinlich auch immer die oben erwähnte Hülle zu unterscheiden sind. Vielleicht ist der Aufbau sogar noch com- plicirter, da Ewald nach Einwirkung von starker Osmiumsäure -%) 18* — 276 — und von Kalilauge sogar eine concentrische mehrfache Schichtung nachzuweisen vermochte. Ob diese verschieden widerstandsfähigen Substanzen chemisch different sind oder sich nur physikalisch durch einen verschiedenen Grad der Dichte unterscheiden, ist noch nicht sicher zu sagen. Die charakteristische Substanz der elastischen Faser ist das Elastin. Nach Schwalbe sollen zwischen den klein- sten Theilchen dieses sich mehr oder weniger Wassertheilchen ein- schieben und so sich die verschiedene Dichte erklären. Pfeuffer hält es nicht für unwahrscheinlich, dass eine von ihm sogenannte ,,collagene" Substanz sich mit dem Elastin mische. Die Schwalbe- sche Scheide weicht am meisten von der übrigen Substanz ab. Auch Ewald nimmt zwei Substanzen an , die in den elastischen Fasern gemischt seien. Die Verschiedenheit der Rand- und Mittelsubstanz ist schon auf dem einfachen Querschnitte zu erkennen, die beiden sind optisch verschieden, weitere Einblicke gewähren chemische Reac- tionen. Ich kann auf diese hier nicht in extenso eingehen und ver- weise dieserhalb auf die oben citirten Arbeiten, doch will ich Einiges kurz erwähnen. Wie ich oben, p. 246, schon angeführt habe, sind die elastischen Fasern gegen die Einwirkung von verdünnten Säuren und Alkalien, welche die Fibrillenbündel so stark verändern, durch- aus unempfindlich. Starke Essigsäure erzeugt nur eine leichte Quel- lung , wogegen durch Aetzbaryt , sowie durch concentrirte Schwefel- säure eine starke Quellung eintritt. 35procentige Kalilauge lässt schon nach 24 Stunden leichte Veränderungen an den Fasern er- kennen, so ist z. B. die Elasticität-derselben zerstört (ebenso wie durch absoluten Alkohol). Nach 2 Tagen tritt eine Querstreifung auf, später eine Vacuolisirung und Lösung, die in der Axe der Faser beginnt. Nach längerer Einwirkung der 35procentigen Kalilauge lässt sich bei völligem Auswaschen mit Wasser eine helle Hülle isolirt dar- stellen (Schwalbe, Ewald). Sehr eigentümlich und charakteristisch ist ein Querzerfall der Faser, mit dem zugleich eine Canal- resp. Spaltbildung in der Axe verbunden zu sein pflegt. Schwalbe erhielt denselben sehr schön nach einer mindestens 3 bis 4wöchentlichen Einwirkung von ^o bis ^oprocentiger Chromsäurelösung, wobei derselbe indessen weniger von der Einwirkung dieser Säure als von der eintretenden Fäulniss abhängig zu sein schien, da er auch bei längerer Einwirkung von Wasser am besten in Verbindung mit zeit- weiligem Trocknen (H. Müller 36 , 1860) eintritt. Ewald konnte nachweisen, dass diese Fäulnisszerklüftung nur bei Anwesenheit von Fäulniss erregenden Bacterien zu Stande kommt. Aehnliche nur weit — 277 — intensivere Zerklüftung mit centraler Canalbildung tritt nach Trypsin- iukI Pepsinverdauung ein. Sehr eigentümlich ist die Beobachtung \i.ii Ewald, dass Osmiumsäure in mittlerer Stärke (0,5 °/0) die ela- stischeu Fasern leichter verdaulich macht und in stärkerer Lösung (2°/0) sie zuerst stark quellen lässt, wobei die oben erwähnte coii- centrische Schichtung auftritt, und zuletzt völlig zerstört (vielleicht mit Ausnahme einer durchsichtigen Scheide), während das Bindegewebe durchaus erhalten bleibt. Diese Wirkung tritt aber nur ein, wenn sieh eine alkalische Osmiumverbindung bilden kann , ein Zusatz von irgend einer Säure verhindert sie. Werden mit 0,5procentiger Os- miumsäure behandelte Fasern erst einige Zeit der Pepsineinwirkung ausgesetzt, dann aber einer alkalischen Trypsinlösung , so tritt die ScnwALBE'sche Scheide ausserordentlich klar hervor bei rascher Zer- störung ihres stark lichtbrechenden Inhalts (Ewald). Sehr schön vermag man dieselbe auch darzustellen, wenn man nach kürzerem Einlegen in Kalilauge , so dass darauf folgende Wasserwirkung nur eine geringe Quellung bewirkt, eine alkalische Trypsinlösung ein- wirken lässt (Ewald). Als sehr geeignet, um die elastischen Fasern deutlich hervortreten zu lassen, ebenso ihre Trümmer nach Ver- dauung, erweist sich eine Färbung mit Indulin (Ewald), welche auch für Balsampräparate ausreicht. Wachsthum. Während der Entwicklung treten die elastischen Fasern durchschnittlich erst spät auf und nehmen weiterhin an Dicke und an Anzahl der Aeste zu. So ist der Durchmesser der Fasern des Lig. nuchae vom Kalbe nach Pfeuffer 2,7 bis 3,6 /t , vom einjährigen Rinde circa 7,2 f.i, vom 3 bis 5jährigen Ochsen 0 bis 10 ,". VI) Das Fettgewebe. Wie Kölliker (36, VII und 16, 1886) und Toldt (14, LXII, Abthlg. II) nachgewiesen haben, besitzen die im Bindegewebe befind- lichen mit Fett erfüllten Zellen, die Fettzellen, «'inen zweifachen Ur- sprung. Einmal sind es gewöhnliche Bindegewebszellen, welche Fett in sich erzeugt haben (vergl. p. 252), zweitens sind es Zellen binde- gewebiger Natur, die in besonderer Weise differenzirt speciell für die Fetterzeugung bestimmt sind. Diese bilden das specifische Fett- gewebe, gleichgültig ob sie fetthaltig oder fettfrei sind. Das Fett- gewebe wird bei der Entwickelung an bestimmten Stellen des Körpers zuerst angelegt und liegt daher bei Embryonen und neugeborenen Wesen an diesen Stellen, von ihnen sich weiter ausbreitend, in grosse- — 278 — rer Masse zusammen, so die Primitivorgane der Fettläpp chen (Kölliker), ein Fettkeimlager (Tolpt) bildend. Von diesen Stellen aus wächst es allmählich überall dort hin , wo später ein typisches Fettgewebe vorkommt. Das Fettgewebe findet sich zunächst an den Beugeseiten der Hüft- und Schultergelenke, später auch an Hals und Nacken; in der Bauchhöhle zuerst in der Umgebung der Nieren, von hier sich ausbreitend nach der Leistengegend , bei älteren Em- bryonen (Katzen) auch im Mesenterium. Bei eben* geworfenen Katzen ferner (nach Metzner 7, 1890) in zwei paarigen Lappen neben der Blase und in einem Läppchen im Mesorectum. Das Fettgewebe tritt zuerst in Form von grau - röthlichen Läppchen auf, die von einer zarten Bindegewebshülle umgeben sind. Sie bestehen aus rundlich- polygonalen, starkkörnigen, membranlosen Zellen mit schönem, deut- lichem Kern. Die Körnchen fasst Altmann als entsprechend seinen „Granula" auf. Die Zellen ähneln den Plasmazellen (Waldeyer), scheinen aber nicht mit ihnen identisch zu sein. Zwischen den Zellen liegt ein sehr dichtes Capillarnetz (jede Zelle gewöhnlich von einer Capillarsehlinge umgeben), das von der zu jedem Läppchen tretenden Arterie ausgeht, die von der entsprechenden Vene begleitet wird, so dass jedes Läppchen ein abgeschlossenes Gefässsysteni besitzt. Bei neugeborenen Hunden und Katzen sind die Zelleir*noch völlig fettfrei. Wird den Thieren die geeignete Nahrung (z. B. Milch) zu- geführt, so tritt das Fett in den Zellen zuerst in Form von kleinen Tröpfchen auf. Dasselbe ist zu erkennen: einmal an seinem starken Glänze , ev. an einer von einem gelösten Farbstoffe herrührenden Gelb- oder Orangefärbimg (beim Menschen, Hunden und Katzen relativ schwach, doch individuell verschieden), und drittens daran, dass ge- wisse Reagentien es färben, so Ueberosmiumsäure braun bis schwarz, alkoholischer Alkannaextract hellgelbroth, Cyanin blau. Später treten die kleinen Fetttröpfchen zu immer grösseren Tropfen zusammen. Figur 176 zeigt in A die Anordnung von Fettträubchen oder Fett- läppchen in dem Mesenterium eines älteren Rindsembryo nach Osmium- behandlung. Man erkennt die Beziehung zu den Blutgefässen. In Figur 176 B sind von demselben Präparate einige Zellen bei stärkerer Vergrösserung gezeichnet, welche die allmähliche Fettfüllung derselben erkennen lassen, die allerersten Stadien mit ganz feinen Tröpfchen sind nicht gezeichnet. In a sieht man ein Tröpfchen , das zufällig vor dem Kerne liegt, in b drei Tröpfchen, in c sind die kleinen schon zu einem grösseren Tropfen zusammengeflossen , in d und e hat dieser noch mehr an Masse zuffenomnien, der Kern wird von ihm 270 mit dem Reste des Proto- plasmas mehr und mehr zur Seite gedrängt und abgeplattet resp. gegen eine Zellmembran ange- drückt, die sich während der zunehmenden Fettum- wandlnng allmählich ge- bildet hat, sei es nun als Abscheidnng der protoplas- matischen Randschicht, sei es durch Umwandlung der- selben. So entsteht die so- genannte „Siegelringform" der Fettzelle (e). Die Zelle nimmt dabei an Umfang zu, sieht isolirt mehr kugelig aus, im Haufen polygonal. In Figur 177 sieht man prallgefüllte Fettzellen, er- kennt bei zweien den Kern, zu dem hinlaufend auch die Membran deutlich hervor- tritt. Löst man an iso- lirten Fettzellen das Inhalts- 2 '" ** - '* Fettentwickelung in dem grossen Netze eines Rinds- embryo. Fixirung in Ueberosrniuinsäure. A) Fett- läppchen im Zusammenhange mit den Blutgefässen Vergr. 55. B) a bis e. Einzelne Zellen in verschiedenen Stadien der Fettfüllung. Vergr. 350. Fibrilläres Bindegewebe mit Fettzellen aus der Nah.' der Trachea des Kalbes, frisch in Jod- serum. Die Bindegewebszellen und Kerne etwas deutlicher als in Natur. Vergr 224. Bl = Blutgefäss mit einigen Blutkörperchen ; Bz = Binde^ewcbszeUen : Fz= Fi-ttzeUe ; K = Kern einer solchen; El = elastische Faser, \V = Wanderzelle. — 280 — fett, so bleibt ein zartes, helles, gefaltetes Häutchen übrig: die Mem- bran. Nach dem Tode zeigen sieb bäufig, mitunter sehr schnell, kugelige Haufen von nadeiförmigen Krystallen, sogenannte Margarin- krystalle (Palmitin- und Stearinsäure), in den Zellen. Füttert man neugeborene Hunde und Katzen mit fettfreien Sub- stanzen (Fleischsaft, Stärkeauf kochung mit Zucker, Peptonlösung mit Zusatz von Fleischbouillon), so bildet sich das Fettorgan ebenfalls weiter aus , aber die Zellen bleiben körnig und fettfrei (B. Metz- ner 7, 1890 p. 82 ff.). Nach demselben Autor geht die Fett- bildung in den Zellen durch Umbildung der einzelnen ALTMANN'schen Granula in Fetttröpfchen vor sich. Markhaltige Nervenfasern dringen mit den Blutgefässen in die Fettläppchen ein. Endigung unbekannt (Toldt). — Lymph- gefässe hat Toldt in dem subcutanen Fettgewebe der Menschen in Form von breitmaschigen Capillarnetzen nachzuweisen vermocht ; jedoch gelang ihm die Injection nicht so vollständig, dass die Gesainmt- anordnung derselben in einem Läppchen zu erkennen gewesen wäre. Von diesem typischen Fettgewebe sind, wie oben schon erwähnt, zu unterscheiden jene fetterfüllten Zellen, welche im fibrillären Bindegewebe häufig mehr einzeln oder auch in Gruppen vorkommen (vergl. Figur 177), und die sonst durchaus den fettgefüllten Zellen des ersteren gleichen. Toldt hat die Hauptunterscheidungspunkte dahin zusammengefasst, dass einmal die Constanz der Oertlichkeit und die typische Anordnung zu Läppchen fehle, dass zweitens die Zellen eigentlich einem anderen Gewebe zugehören und nach Schwund des Fettes ihren früheren Charakter resp. ihre frühere Function wieder erhalten, dass drittens ein selbständiges Blutgefässsystem fehle: die in der Umgebung der Fettanhäufung event. vorkommenden Ge- fässe gehören zu dem Grundgewebe. Ausser den bisher genannten der Bindegewebsgruppe angehören- den Zellen findet man Fett in geringen Mengen auch in Knorpelzellen. Es giebt aber auch noch andere , zwar nicht direct bindege- webige , aber doch diesen nahe verwandte Zellen , welche zu Fett- zellen werden können: die Leukocyten (Markzellen) des Knochenmarks, welche sich je nachdem als gut ausgeprägte Fettzellen zeigen oder der Blutbildung dienen können (vergl. auch „ Knochenmark " und „Blutbildung"). Ferner besitzen auch epitheliale Zellen die Fähigkeit, Fett zu produciren, so die Drüsenzellen der Leber. Es ist also diese Fähigkeit weder an das speeifische Fettgewebe , noch überhaupt an — 281 — das Bindegewebe gebunden. In pathologischen Fällen finden sich Fetttröpfchen auch in vielen anderen Zellen, ■/.. \\. Muskelfasern. Die fetterfüllten Zellen des fibrillären Bindegewebes, wie nament- lich die des Fettgewebes, haben die wichtige Function zur Zeil einer reichlichen Ernährung Nahrungsmaterial als Vorratb in sich aufzu- speichern, das bei Eintritt einer nicht ganz zureichenden Ernährung dann wieder aus den Z(dlen in den Kreislauf zurückgeht und zur Ernährung des Organismus verbraucht wird. Geschieht dieses. so wird das Fettgewebe atrophisch. Bei noch ganz jungen Kätzchen fand Metzner, dass beim Schwinden des Fetts die Granula wieder auftraten, so dass die alten körnigen Zellen wieder da waren, wie vor der Fettaufnahme. Bei älteren Thieren und ebenso beim Menschen treten indessen bei der Atrophie andere bestimmte Formen auf. Nach Flemmtng vermag man drei Arten der Atrophie zu unterscheiden: 1) Die einfache Atrophie. Die ganze Zelle nimmt bei Abnahme des Fetts an Grösse ab. Die Zellen erscheinen wie kleine Fettzellen. Dass es sich um Atrophie handelt, sieht man am besten daraus, dass Zellen, welche das folgende Stadium zeigen, dazwischen liegen. Diese Atrophie tritt ein bei langsamem Fettschwund. 2) Die seröse Atrophie. Der Fettschwund geht schneller vor sich. In der Zelle bleiben anscheinend leere helle Räume zurück, die mit einer schleimigen Flüssigkeit erfüllt sind. Das Protoplasma, in dessen Mitte nun wieder der Kern liegt, befindet sich in der Mitte des durch die Membran begrenzten Zellraumes und besitzt häufig eine strahlige Form. 3) Die Wucheratrophie. Diese kommt oft an einigen Zellen zusammen mit der vorigen vor. Sie zeichnet sich dadurch aus. dass der Kern der Zelle sich theilt , und dass häufig auch neue kleine Zellen gebildet werden , die in der Höhle der alten liegen. Fs ist dieses also ein Kern- mit eventuell nachfolgendem Zellzerfall, wie er bei degenerirenden Zellen häufiger zu beobachten ist. Die nach der Atrophie übrig bleibenden Zellen besitzen vielfach direct die Form der fixen Bindegewebszellen, sei es nun, dass sie ursprünglich solche oder specifische Fettzellen waren. Bei der Atrophie verändert sich auch makroskopisch schon die Farbe des Fettgewebes, dieselbe wird dunkler und intensiver, da der Farbstoff des Fetts nun gewissermassen eingedickt wird. So sieht menschliches Fett dunkler gelb resp. orangeroth aus. Doch wirkt hierbei auch mit, dass bei der Atrophie des Fetts die Blutgefässe mehr hindurchschimmern und so mehr Roth der Farbe *\r> Fettge- — 282 — webes beigemischt wird. Uebrigens ist, worauf Flemming (1, XII) speciell aufmerksam gemacht hat, die Farbe des Fetts beim Menschen an sich verschieden, so dass man aus der Intensität der Färbung keinen sicheren Schluss auf den Grad der Atropbie zu ziehen vermag. Bei höheren Graden der Atrophie wird , wie Flemming gezeigt hat, auch das Blutgefässnetz atrophisch. Uebrigens bleibt auch bei starker Abmagerung und nach langem Kranksein noch immer Fett übrig , namentlich beim Menschen , bei welchem nach Flemming das Schwinden des Fetts sehr viel langsamer vor sich geht als bei anderen Wesen. Es werden bei ihm wohl zuerst andere Gewebe, so namentlich das Muskelgewebe, zum Ersatz herangezogen. Ausser der Function die Ernährung des Körpers zu reguliren hat das Fettgewebe noch andere ISTebenfunctionen, so die , als F ü 1 1 m a t e r i a 1 für Lücken und Höhlen zu dienen , als wärmende Hülle des Körpers, als Schutzpolster gegen Druck und Stoss. Es wird also sehr vielseitig verwendet. Es folgen die anderen drei Bindesubstanzen, das Knorpel-, Knochen- und Dentin gewebe. Alle drei kann man als Differenzirungen des Bindegewebes auflassen und zwar eines fibril- lären, alle drei haben daher auch die Eigenthümlichkeit, dass sie von einem solchen Bindegewebe aus ernährt werden und wachsen, sei es nun, dass dasselbe die äussere Oberfläche der betreffenden Theile überzieht: Perichondriuni, Periost, sei es, dass es als ein innerer Zapfen erscheint: Zahnpapille, sei es, dass es mehr oder weniger ausgedehnte Wucherungen von Aussen her in das Innere hin- einsendet : Knorpelmark und Knochenmar k. B. Das Knorpelgewehe. Dasselbe ist dadurch charakterisirt, dass die Grundsubstanz chon- drigen ist. In den meisten Fällen ist auch die Form und An- ordnung der Zellen charakteristisch, doch können diese ebenso wie die Menge der glasigen Grundsubstanz sehr wechseln. Soweit der Knorpel selbständige Theile bildet, ist seine Oberfläche überzogen von einer ziemlich derben Haut verfilzten fibrillären Binde- gewebes, dem Perichondriuni, welches Blutgefässe führt, und so- — 283 — wohl die Ernährung wie das äussere Wachsthum, ev. die Neubildung des Knorpels besorgt. Wir unterscheiden, wieder nach Chb , 179 Hyaliner Knorpel : Perichondrium und Chondrinballen. Schnitt aus dem Thyreoidknorpel eines etwa 30jährigen Mannes. Alkoholhärtung. Tropaeolin-Methylviolett. Vergr. 100 Chb = Chondrinballen (Knorpelkapseln); P eh = Perichondrium ; x = Faserige Zerklüftung. Die dunklen Höfe um die Zellen waren auf dem Präparat blau. Das Perichondrium und die hellgelassene G-rundsubstanz erschienen gelb, wenn auch in verschiedenen Nuancen. Die Fasern bei x waren violett. drium nähert, um so mehr tritt auch eine Anordnung der Zellen in Reihen, parallel der Oberfläche, resp. in Schalen hervor. Die Ober- fläche der Gelenkknorpel verhält sich ähnlich. Die Zellen besitzen mitunter auch Fortsätze und bekommen dann häufig eine sehr zierliche, sternförmige Form. Solche verästelte Zellen sind gefunden: bei Cephalopoden, Selachiern, Ganoiden, im Gelenk- knorpel der Fussknochen des Kalbes , an der freien Oberfläche von Gelenkknorpeln bei Säugern, im Kehlkopfe des Ochsen an weicheren Stellen, im Patellarknorpel des Neugeborenen *. *) Kölliker, Handb. 6. Aufl. ; Colommiatti 96 ; Waldeyer 97 ; Omer van der Stricht 99, VII ; beim Stör habe ich sie oft sehr schön gesehen. — 285 — b) Die Intercellularsiibstanz. Die /.wischen den Zellen befind- liche [ntercellular- oder Grundsubstanz erscheint bei •lern frischen hya- linen Knorpel durchaus homogen. Die Zellen liegen in Sohlen derselben, die sie in frischem Znstande so völlig ausfüllen (Figur 178 . dass man eine von der Contur der Zelle getrennte Höhlencontur nicht wahrzu- nehmen vermag. Der pericelluläre Spaltraum, der hier an- genommen werden muss, da jedenfalls ernährende Lymphe zu den Zellen gelangt, muss also sehr schmal sein. Sehr deutlieh wird eine Höhlen- contur aber sichtbar, wenn die zarten Zellen eine Schrumpfung erleiden (Knz') oder ausfallen (Kuh), oder, durch den Schnitt getroffen, zer- stört werden (Höhle in der Mitte des Präparats), was alles sehr leicht bei frischen Schnitten zu beobachten ist. Bei Härtung des Knorpels tritt gleichfalls leicht Schrumpfung der Zellen ein. Die Grundsubstanz ist übrigens nur scheinbar homogen, da sie sich in Wirklichkeit aus Fibrillen und einer homogenen Zwischensubtanz zusammen- setzt und ausserdem vielleicht noch Saft bahnen enthält. Häutig vermag man ferner auch am frischen Knorpelschnitte schon um die Knorpelzellen resp. Zellgruppen eigentümliche Höfe zu erkennen, die auch als K n o rpelkapseln bezeichnet werden. 1) Knorpelkapseln, Knorpelschalen. Von Differenzirungen in der homogenen Grundsubstanz der Art, dass sich bestimmte Abthei- lungen unterscheiden lassen , die zu Zellen und Zellgruppen in Be- ziehung treten, lassen sich zunächst zweierlei beobachten: einmal er- scheint die ganze Grundsubstanz zusammengesetzt aus einzelnen solchen Territorien, den eigentlichen Knorpelkapseln ( 's. auch unten : „Bildung der Grundsubstanz"), zweitens bemerkt man einen verschieden breiten Hof um die Zelle resp. Zellgruppe, der also körperlich als Schale oder Kapsel erscheinen würde , und sich durch Lichtbrechung oder Verwandtschaft zu bestimmten Farbstoffen vor der übrigen Grund- substanz auszeichnet. Auch diese Höfe werden oft als Kapseln be- zeichnet, sind dann aber jenen primären als secundäre gegenüber- zustellen, da sie auf späterer Differenzirung beruhen. Mit bestimmten Farbstoffen vermag man, wie Mörner (59,1, 1889) -•e/.eigt hat, in manchen Fällen im Knorpel schalen- oder kapselartige Massen um die Zellen und eine dazwischen befindliche, ein Netz dar- stellende Balkensubstanz sehr scharf darzustellen. Nach einer Doppel- färbung mit Tropäoün-Methylviolett treten an den Tracheal-, Kehlkopf- und Rippenknorpeln des Ochsen sowie des Menschen über 13 Jahren (Wolters 1, XXXVII) am die Zellen resp. Zellgruppen blaue Massen auf (Figur 179), die Chondrinb allen, zwischen denen eine gelb — 286 — gefärbte Netzsubstauz übrig bleibt. Durch Maceration in Chroinsäure oder Salzsäure gelingt es, die Chondrinballen aus den Maschen des Netzes zu isoliren. Diese Differenzirung beginnt im Inneren des Knorpels und nininit nach dem Perichondrium zu an Intensität ab. Dieses selbst erscheint auch gelb , aber in anderer Nuance als die Netzsubstanz. Bei ganz jungen Wesen (junges Kind, Kalb) fehlt diese Differenzirung durchaus, die gesammte Grundsubstanz erscheint mehr bläulich, und auch bei den Gelenkknorpeln des erwachsenen Wesens (Mensch, Ochse) fehlt sie entweder ganz oder ist doch nur in Andeutungen wahrzunehmen. Mörner nimmt an, dass die Chondrinballen im Wesentlichen aus Chondro-mucoid und Chondroitsäure bestehen, das Balken netz aus Albumoid, beiden mische sich Collagen zu. Das Albumoicl würde den jungen Wesen und vielen Knorpeln der erwachsenen fehlen, wäre also durch Altersdifferenzirung entstanden. Ein Grund da- für, warum die Gelenkknorpel sich anders verhalten, gewissermassen in einem jugendlicheren Zustande beharren, ist zunächst nicht anzu- geben. In wie weit diese Chondrinballen identisch sind mit dem, was man sonst auch als Knorpelkapsel (secundäre) zu bezeichnen pflegt, muss noch dahingestellt bleiben. 2) Die Knorpelfibrillen. Unter Anwendung bestimmter Rea- gentien zerfällt die gesammte , scheinbar homogene , Knorpelgrund- substanz in feine Fibrillen, die den Bindegewebsfibrillen in Aus- sehen und Art des Verlaufes sehr ähnlich sind. Tillmanns (1, X, p. 434 und 7, 1877, p. 9) hat solche durch Kali hypermanganicum, Kochsalzlösung 10 °/0 , Trypsinverdauung (neutral oder alkalisch), Baber (60, X) durch Baryt- und Kalkwasser deutlich gemacht. Gleich den Bindegewebsfibrillen verlaufen auch die des Knorpels iü Bündeln , die bald mehr einander parallel gerichtet sind , bald in verschiedenen Lagen einander kreuzen, bald sich durchflechten. Die Zellen liegen zwischen den Fibrillenbündeln und haben keine directen Beziehungen zu ihnen. Gerade auch bei ganz jungem Gelenkknorpel sind die Fibrillen sehr schön darstellbar. Zwischen den Fibrillen liegt eine homogene interfibrilläre und interfasciculäre Kittsubstanz , welche unter normalen Verhältnissen dasselbe Licht- brechungsvermögen besitzt, wie die Fibrillen. Daher kommt es, dass die gesammte Grundsubstanz homogen erscheint. Die Fibrillen scheinen sowohl die secundären Knorpelkapseln, wie die intercapsuläre Sub- stanz zu durchziehen. 287 — 3) Die Saftbahnen1. Der von den Blutgefässen des Perichon- driums res)», von den in den Knorpel eindringenden G-efässen aus- gehende Saftstrom muss durch die Knorpelgrundsubstanz zu den Zellen gelangen können. Da der Knorpel eine Bindesubstanz ist. lag es nahe, jenes von dein fibrillären Bindegewebe her (Cornea, Sehnen etc.) bekannte Saftkanalsystem auch hier vorauszusetzen, und es hat eine grössere Zahl von Forschern sich bemüht, ein solches im Knorpel nachzuweisen2. Mit völliger Sicherheit ist das bisher noch nicht ge- lungen, da die erlangten Resultate sich auf verschiedene Weise deuten hissen; doch steht soviel wenigstens fest, dass man durch verschiedene 1 'räparationsmethoden ganz bestimmte, eigentümliche Differenzirungen in der Grundsubstanz zeigende Bilder zu erhalten vermag. Diesen Bildern muss eine thatsächliche Differenzirung der Grundsubstanz zu Grunde liegen und es fragt sich nur, welcher Art dieselbe ist und ob es ge- rechtfertigt erscheint, sie als von Saftbahnen herrührend ev. der Saft- leitung dienend aufzufassen. Injicirte (direct oder in die Blutbahn des Thieres) oder infundirte Farbstoffe scheinen zu den Zellen, d. h. in den pericellulären Raum zwischen Zelle und Kapsel , hingelangen zu können, doch sind irgendwelche sichere Resultate auf diesem Wege der Untersuchung noch nicht erreicht worden. Die von Arxold auf diese AYeise erhaltenen Bilder (8, LXXIII) weichen von dem sonst bekannten ziemlich stark ab. Von Reagentien wirken am besten wasser- entziehende, so Alkohol (Spina 11, LXXX), ferner halbes Trocknen in verdunstendem Aether, dann Collodiumeinschluss (Budge 1, XVI). Diese Reactionen sprechen dafür, dass es sich bei den erhaltenen Bildern um Ditferenzirungen der Grundsubstanz handelt , die von einem ver- schiedenen Wassergehalte derselben abhängen. Wirkliche, eine eigene Wandung besitzende Kanälchen sind nur von Budge (1, XVI) nach Chromsäurebildern angenommen worden, aber sonst nicht bestätigt. Spina ist der Meinung, dass feine Zellfortsätze in mehr oder weniger 1) Die Literatur findet man im wesentlichen in den Arbeiten von Spronck (in, li i und von Wolters (1, XXXVII). -i .Alan vermag der Hauptsache nach vier Annahmen der Autoren zu unterscheiden: 1) Die Knorpelzellen sind durch feine, mit einander anastomosirende Fort- sätze verbunden, so entsteht ein Lückenwerk im Knorpel (ähnlich dem in der Cornea etc.), dieses dient der Saftleitung. 2) Eigene, mit besonderer Wandung versehene Kanälchen verbinden die Knorpelhöhlen. 3) Der Saftstrom folgt den Fibrillenbündeln. li Der Saftstrom durchdringt die homogene Grundsubstanz diffus. — 288 — grosser Menge in die umgebende Grundsubstanz eintreten und hier ev. dichte Netze bilden (98, 1886), Angaben, die unwahrscheinlich sind und jedenfalls noch der Bestätigung bedürfen. Diese Ausläufer- netze würden nach ihm auch für den Saftstrom wesentlich sein. Was man nach jenen wasserentziehenden Reagentien sieht, sind mehr oder weniger feine, oft faserig erscheinende Streifen, die von der Knorpel- höhle aus nach zwei oder mehr Richtungen abgehen und oft zwei Zellen resp. deren Knorpelhöhlen miteinander verbinden. Solger (1, XXXI) deutet diese resp. diesen ähnliche Figuren als Schrumpfungs- erscheinungen : es entstehen wellige Faltungen der Knorpelfibrillenbündel und diese sind dann die „Alkoholfasern". Diese Erklärung würde für die gleich zu gebenden Bilder unmöglich sein. In Figur 180 A,B, habe ich Abbildungen gegeben von solchen Differenzirimgen, wie sie in dieser Schönheit und Vollständigkeit jedenfalls sehr selten sind. Die Alkoholmethode von Spina ev. verbunden mit der BuDGE'schen Aether-Collodium-Methode und die Hämatoxylin- Pikrinsäure -Färbung von Wolters ergeben hier durchaus übereinstimmende Bilder, so dass es zweifellos ist, dass man hier auch sonst schon gesehene Ditferen- zirungen vor sich hat. Spina (98, 1886) hat augenscheinlich im Ary- taenoidknorpel des Pferdes ähnliches vor Augen gehabt und deutet das Bild so , dass er zwei verschiedene Arten der Knorpelgrund- substanz annimmt : den weissen Knorpel (hier in A dunkel, in B hell) und den gelben (in A hell, in B dunkel). Der gelbe sei der primäre, der weisse der secundäre, später gebildete. Mir scheint diese Theorie höchst gezwungen und unwahrscheinlich. Aehnliche Bilder hat, der Beschreibung nach und nach dem zu nrtheilen, was ich nach seiner Methode beobachtet habe, wahrscheinlich auch Spronck (16, II) beim Gelenkknorpel des Frosches gesehen, und ist er geneigt, Saftbahnen in denselben zu erkennen. Wie man bemerkt , beginnt die Diffe- renzirung unmittelbar am Perichondrium, wo die feinen Streifen senk- recht zur Faserrichtung desselben stehen, und setzt sich mit ver- schiedenen Modifikationen bis gegen die Mitte des Knorpels hin fort, um da allmählich unscheinbar zu werden. Sie ist also am stärksten in den jüngsten und daher auch saftreichsten Knorpelpartien, und ich kann auch die Angabe von Spina bestätigen, dass die Sache sich ganz ähnlich in der Nähe von Gefässen verhält. Alles dieses spricht, ebenso wie der Verlauf dafür, dass man es hier mit einer Differenzirung der Grundsubstanz zu thun hat, die zu dem Saftstrom in Beziehung steht. Kanälchen sind die Streifen nicht, denn man sieht niemals eine Lücke oder Höhle , Zellfortsätze sind auch nicht darin zu bemerken. So L'S'.I l'cll B 180 Aus dem Tkyreoidknorpel eines etwa 30jährigen Mannes. Querschnitte Vergr. 100. A) nach Härtung in Alkohol eingelegt in Collodium; B) nach Härtung in Alkohol gefärht mit Hämatoxylin (DELAFEEUD) , ausgezogen in einer alkoholischen Pikrinsäure- lösung. Copie nach WOLTERS (1, XXXVII). Bl = Blutgefäss; P ch = Perichondrium ; 1 — 5 die verschiedenen unterscheidbaren Zonen; die letzte Zone liegt noch nicht ganz in der Mitte des Knorpels. Sc h i eff erdecker-Ko ssel. 19 — 290 — •spricht das Bild dafür, dass man es mit Saftbalmen zu tliun hat, bei denen die Lymphe einfach durch die Grundsubstanz selbst hindurch- zieht an Stellen geringeren Widerstandes. Aendert sich die Grund- substanz, so ändert sich auch der Verlauf dieser Saftbahnen, daher die abweichende Erscheinungsweise in den verschieden weit vom Peri- chondrium entfernten Schichten. Auch brauchen nicht immer alle diese Schichten vorhanden zu sein. Die Reichlichkeit der Differen- zirung auf diesem Bilde könnte nur durch einen besonders starken Saftstrom erklärt werden, der wahrscheinlich eingreifenderen Um- änderungen der Knorpelsubstanz (Verknöcherung?) voraufgeht. Nach oben und unten hin nahm die Differenzirung in dem untersuchten Knorpel allmählich ab, indem die Streifen immer seltener wurden und schliesslich aufhörten nachweisbar zu sein. Auch Spronck hat dieselbe nur an einer bestimmten Zone nachzuweisen vermocht : wo aussen schon Perichondrium und im Inneren schon Knochen lag. Es ist in- dessen bei diesen Bildern doch noch manches schwer zu verstehende vorhanden. So sieht man niemals irgendwelche Querschnitte der Streifen. Schnitte , welche aus dem betreffenden Knorpelstück nach den drei Richtungen des Raumes gemacht wurden, zeigten stets ähn- liche Netze. Stellt man mit der Mikrometerschraube vorsichtig tiefer ein, so sieht man die Streifen sich in die Tiefe fortsetzen, mitunter mit Aenderung der Krümmung. Es müssen also die Streifen der Ausdruck eines aus Platten gebildeten Geflechtes sein. Dafür spricht auch, dass man dieselben mitunter plötzlich recht breit werden sieht: die Fläche der Platte im Schrägschnitt. Ein solcher Bau würde ja gerade nicht für Saftbalmen sprechen, aber doch noch immer am ersten durch solche zu erklären sein. Ferner ist sehr zu beachten, dass die SpRONCK'sche ausgezeichnete Fixirungs-Methode (16, II) die oben abgebildeten Höfe nicht hervortreten Hess, obwohl die Streifen- systeme sehr scharf sichtbar waren. Die Streifen endigten entweder direct am Höhlenrande oder an der Peripherie der durch Kalkein- lagerungen gebildeten Höfe. Obwohl also die Collodium-Einbettung nach Alkohol resp. Aether und die Doppelfärbungsmethode eine Identität der Streifen und Höfe darzuthun scheinen , kann eine solche doch nicht vorhanden sein. Es ist endlich noch wahrscheinlich, dass nicht alle jene Faser- oder Streifensysteme , welche bei der Einwirkung von Alkohol resp. der SpRONCK'schen Fixirungsflüssigkeit hervortreten, die- selbe Bedeutung haben werden. Wenigstens ist das Aussehen der- selben ungemein verschieden und die Hämatoxylin-Pikrinsäure-Färbung lässt einen Theil dieser Bildungen nicht hervortreten. Ist es somit — 29] — auch möglich, dass die hier abgebildeten Streifensysteme Saftbahnen darstellen - wenn auch noch lange nicht sicher - so ist es doch noch durchaus zweifelhaft, ob alle diese durch Alkohol etc. darstell- baren Bildungen Bolche sein können. Sollte es sich in dem beschrie- benen Falle und in ähnlichen um Saftbahnen handeln, so hätte man sich diese so vorzustellen (p. 242), d;iss Lymphströmungen die Grund- Bubstanz an Stellen geringeren Widerstandes durchziehen, dass an diesen stellen also die I < rundsubstanz von mehr Lymphtheilchen durch- setzt ist. Ist der Saftstrom nicht so stark und die Grundsubstanz ganz homogen, so werden keine Streifenbildungen auftreten, da der Saftstrom diffus sein wird. Die Annahme, dass die Saftströmungen dem Verlaufe der den Knorpel zusammensetzenden Fibrillenbündel folgen, wäre auch noch in Betracht zu ziehen, namentlich, da nach K.OLSTER (1, XXIX) dieselben, wenigstens an den von ihm untersuchten Knorpeln, im allgemeinen senkrecht zum Perichondrium verlaufen und erst am Rande in dieses umbogen. Abgesehen nun davon, dass ein soh hes Umbiegen hier nicht zu beobachten war, scheint mir auch die Aenderung des Verlaufes in den einzelnen Schichten, sowie theil- weise die Art dieses Verlaufes dagegen zu sprechen. Auch war nie- mals eine fibrilläre Streifung zu erkennen. Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass dieser Theil der Knorpel- structur noch dringend einer weiteren umfassenden Untersuchung bedarf. c) Altersveränderuiigeii. 1) Faserbildung und Zerklüftung, Asbestveränderung. Mit zunehmendem Alter zeigt sich bei manchen Knorpeln (Rippen-, Kehl- kopfsknorpeln) das Auftreten einer eigentümlichen Faserbildung, die bei den Kehlkopfsknorpeln schon in den zwanziger Jahren beginnt. Zuerst im Inneren, dann weiter nach Aussen fortschreitend bis dicht unter das Perichondrium hin linden sich zuerst kleine, weiterhin sich immer mehr ausbreitende Stellen (auch makroskopisch durch ihr asbestartiges Aussehen erkennbar), an denen straffe, mitunter aller- dings auch leicht wenig verlaufende Fasern, von hartem Aussehen auftreten, die alle in derselben Richtung hinziehen und zunächst nur die l'artieen (\c> Ualkeiiuetzes. also die ältesten und dem Einflüsse der Zellen am meisten entzogenen Gebiete, einnehmen (vergl. Figur 17'.» im unteren Theile). Später werden aber auch die Chondrinballen in Mitleidenschaft gezogen und die Zellen erleiden Veränderungen ihrer Gruppirung und Beschaffenheit (Figur lsi in dem Theile '»ei kf) in Folge einer Wucherung. Schliesslich kann eine Zerklüftung und Höhlenbildung eintreten. — Diese Fasern sind von den gewöhnlichen 19* 292 Knorpelfibrillen jedenfalls durchaus verschieden und haben auch mit Bindegewebsfibrillen oder elasti- schem Gewebe nichts zu thuu. Sie quellen nicht in Essigsäure, werden aber in verdünnter Natronlauge nach Quellung gelöst und lösen sich auch beim Kochen. 2) Die Verkalkung. Umge- kehrt wie die Faserbildung tritt diese immer zuerst in den den Zellen zunächst liegenden Theilen der Grund Substanz , also in den Höfen oder Kapseln, auf. Es lagert sich kohlensaurer Kalk in Form sehr kleiner, bei auffallendem Lichte weiss , bei durchfallendem dunkel aussehender Körnchen ab, die Häuf- chen bilden, welche mehr und mehr an Grösse zunehmen und schliesslich Auch weiter in die Grundsubstanz verkalkte Knorpel", der Hyaliner Knorpel mit faseriger Zerklüftung. Rippenknorpel eines älteren Mannes. Un- gefärbt in Glycerin. Vergr. 115. kf = zer- faserter Knorpel ; k n = noch normaler Knorpel. die ganze Zelle umgeben können dringt der Kalk vor, so entsteht der „ wohl zu unterscheiden ist von dem „Knochen". Am frühesten tritt die Kalkablagerung in den Kehlkopfsknorpeln auf (in den zwanziger Jahren), später in den Tracheal- und Eippenknorpeln. Bei den erstgenannten liegt sie weder ganz oberflächlich noch ganz central und bildet feste, zusammenhängende Schichten (s. auch „Verknöcherung"). Der Knorpel wird dadurch hart, brüchig. Durch Salzsäure kann man den Kalk unter Entstehung von Kohlensäurebläschen extrahiren. Knorpel mit verkalkter Grundsubstanz findet sich beim Menschen und bei Säugern unter dem Gelenkknorpel an den Enden der Röhren- knochen. 3) Die Verknöcherung. Eine wahre Knochenbildung (s. auch „Knochengewebe") tritt in den Kehlkopfs- und Trachealknorpeln auf und zwar mit grosser Regelmässigkeit. Nach Chievitz, dem wir die genauesten Untersuchungen hierüber verdanken (7, 1882, Anat. Abthlg.), hatte die Verknöcherung in der grossen Anzahl (270) der von ihm untersuchten Fälle bei allen männlichen Indivi- duen über 20 Jahren und bei allen weiblichen über 22 Jahren schon ihren Anfang genommen. Er fasst daher die — 293 — Verknöcherung beim Kehlkopfe auch als einen normalen Vorgang auf, welcher um die Zeit, da die übrigen Skelettheile ihr Wachsthum ab- Bchliessen, seinen Anfang nimmt. Fs ist diese Thatsache sehr inter- essant, da sie eines der leichtesl erkennbaren Beispiele liefert von den vielen Veränderungen, die in unserem Körper nach Abschluss Ac> \Y;ielistlmnis vor sieh gehen. Die Verknöcherung ist von t\<-r schon vorher auftretenden Verkalkung durchaus verschieden und die ver- kalkten Theile schmelzen ebenso wie die normalen Knorpelpartien ein, wenn die Knochenbildung sie berührt. Diese geht stets im An- schlüsse an Blutgefässe vor sich, die von dem Perichondrium in das Innere hinehiwuehern. begleitet von Fortsetzungen des Bindegewebes des Perichondriums , aus denen Knorpel-, später Knochenmark ent- steht. Die Verknöcherung tritt der Reihenfolge nach ein an der Cart. thyreoidea ," erieoidea , triticea, arytaenoidea (beim Manne in den zwanziger, beim Weilte näher den dreissiger Jahren), in den Trachealknorpeln (beim Manne mit ca. 40, beim Weibe mit ca. 60 Jahren). Die Stellen der Cart. arytaenoidea, an denen sich elastischer Knorpel ausbildet, scheinen von der Verknöcherung im Ganzen frei zu bleiben, wenn dieselbe auch bis in den Anfang dieser Theile hinein geht. Bevor die Verknöcherung auftritt, sind in dem Knorpel schon Veränderungen bemerkbar. Einmal die schon erwähnte Verkalkung, dann Asbestveränderung-. Es lassen sich ausserdem nach Rheines (61 I und Ciiievitz von Aussen nach Innen drei Schichten unterscheiden : die periphere, intermediäre und centrale. Die Kennzeichen sind für die periphere: einzeln liegende noch jugendliche Knorpelzellen, wie gewöhnlich mehr platt gedrückt; für die intermediäre: zu mehreren zusammenliegende, mehr rundliche, oft schon etwas ver- änderte Knorpelzellen; für die centrale: Zunahme an Zahl und stärkere Veränderung der zusammenliegenden Zellen. Während die Schnittfläche peripher mehr durchsichtig graulich ist. wird sie in der Mitte mehr gelblich opak: es sind also wesentliche Ver- änderungen der Grundsubstanz eingetreten, wohl im Zusammen- hange mit der Veränderung der Zellen. Ich verweise dieserhalb auch auf die schon oben von mir gegebenen Abbildungen und Mit- theilungen, betreffs der Sonderung der ( 'hondrinballen und des Albu- moids (p. 285 und Figur L79), sowie der verschiedenen Formen des Saftbahnennetzes (p. 288 und Figur 180), welche Kehlkopfs- knorpel betreffen und die Schichtenbildung erkennen lassen nament- lich Figur L80). — 294 — Auch bei den Kehlkopfsknorpeln zeigen die Gelenk flächen sich wieder verschieden von dem übrigen Knorpel, da sie stets intakt bleiben, ganz entsprechend dem sonstigen schon oben (p. 286) hervor- gehobenen Verhalten des Gelenkknorpels. Das P e r i c h o n d r i u m wird , nach Chievitz , niemals zu einem Periost. Bei Chromsäurepräparaten tritt die Grenze des verkalkten Knorpels gegen den Knochen : die Verkalkungsgrenze deutlich hervor, sie besteht aus feinen , stärker lichtbrechenden Körnern , welche in der Knorpelgrundsubstanz oft bis dicht an die Zellkapseln eingelagert sind. Die Körner halten sich unverändert unter Zusatz von Salzsäure zu dem Chromsäurepräparat (Chievitz). Die Verkalkung und Verknöcherung scheinen bei den Kehlkopfs- knorpeln übrigens zwei von einander durchaus unabhängige Processe zu sein, von denen der erstere auf ein besonderes Verhalten der Knorpelzellen zurückzuführen ist , während der letztere sich auf die wuchernden Blutgefässe stützt und daher der mächtigere ist, welcher die von dem ersteren gelieferten Producte wieder zerstört , wo ein Zusammentreffen stattfindet. d) Wachsthum und Regeneration, Bildung der Grund- substanz. Vor der Geburt wächst der Knorpel sowohl in Folge einer Vermehrung der Zellen in seinem Inneren durch Mitose (Schleicher 1, XVI p. 248) und durch Neubildung von Grundsubstanz von den Zellen aus: interstitielles Wachsthum (vergl. die folg. Seite), als auch durch Umwandlung der Zellen und Fibrillen des Perichon- driums in Knorpelzellen und Knorpelnbrillen : appositionelles Wachsthum. Später scheint das Wachsthum nur auf diese letzte Art zu erfolgen (Peyraud 41, t. 84; Schwalbe 62, Juni 1878), und es ist daher nöthig, das Perichondrium zu erhalten, wenn man einen Knorpelersatz durch Regeneration erzielen will. In Betreff der ersten Entstehung der Grund Substanz sind die Meinungen von jeher getheilt gewesen und gehen zum Theile auch jetzt noch weit auseinander. Es handelt sich einmal darum, ob die gesammte Intercellularsubstanz von den Zellen gebildet wird, ferner ob sie gleichmässig von denselben gebildet wird oder ob sich eine der Zelle zunächst anliegende Schicht als eine Art Zellmembran von der übrigen Grundsubstanz unterscheiden lässt, weiter ob die ev. von den Zellen gebildete Grundsubstanz als eine Ausscheidung anzu- sehen ist, oder als durch Umwandlung des Protoplasmas entstanden. Eine besondere auf dieser Umwandlung basirende Theorie hat Strassek aufgestellt (5, V) l. Es würde den Raum dieses Buches überschreiten, wenn ich auf diese Theorien genauer eingehen wollte. Heidenhain (76, lieft 2, 1863) hat seinerzeit schon dargethan, d.-iss man durch Maceration in Wasser von .*>"> bis 40° K. oder durch eine Mischung von Salpetersäure und chlorsaurem Kali die gesammte Knorpelgrund- substanz in einzelne Zellterritorien zu zerlegen vermag, wie es vor ihm bereits Fürstenberg (15, 1857, p. 5) durch Anwendung von ver- dünnter Schwefelsäure oder Chromsäure gelungen war. Auch durch Anilinfarben: Anilinroth, Fuchsin (Landois, 12, XVI) konnte man ähn- liche Territorien darstellen. Meiner Anschauung nach würden diese Abtheilungen der Grundsubstauz als durch Ausscheidung von Seiten der Zellen gebildet anzusehen sein, wie es auch Gegenbaur annimmt, sie würden die ursprünglichen Knorpelkapseln darstellen, und aus ihrer Verschmelzung würde die Grundsubstanz hervorgehen. Diese Kapseln können mitunter ziemlich oder sogar recht dünn sein, imponiren dann schon weit mehr als Zellabscheidungen und ähneln den dicken Zellmembranen von Pflanzenzellen. So sieht man sie z. B. beim Neunauge. Die den Zellen zunächst anliegenden Theile dieser Territorien oder Kapseln sind natürlich die jüngsten und am meisten den Einflüssen derselben ausgesetzt. Bei Zelltheilungen müssen Theile dieser innersten Schichten resorbirt werden, um Platz zu schaffen. Die jungen Zellen bilden wieder neue Ausscheidungen etc. So ist die Grundsubstanz des Knorpels, wenigstens so lange derselbe noch jung ist und Zellvermehrungen in ihm vorkommen , vielen Verände- rungen unterworfen. Auch im älteren Knorpel aber sind die den Zellen zunächst anliegenden Theile der Knorpelkapseln der Einwir- kung der Zellen mit ihrem Stoffwechsel weit mehr ausgesetzt als die weiter entfernt befindlichen. Es kann daher nicht überraschen, wenn beide optisch oder Farbstoffen gegenüber sich verschieden verhalten, namentlich wenn die Grundsubstanz eine bedeutende Mächtigkeit be- sitzt. So entstehen Höfe, Kapseln, Schalen um die Zellen : die secun- dären Knorpelkapseln, ev. die Chondrinballen und das Balkennetz von MÖRNEB is. p. 285). e) Ernährung des Knorpels. Der embryonale Knorpel ist zunächst gefässlos und wird von Aussen her ernährt. Mit zunehmender Mächtigkeit genügt diese Zufuhr aber nicht mehr und von dem Peri- ') Vergl. auch HASSE: Das natürliche System der Elasmobranchier. Besonderer Theil. Lieferun"- I. .Jena. <;. Fischer. — 296 — chondrium aus wachsen Blutgefässe in das Innere mehr oder weniger weit hinein, die dann in Kanälen der Grundsiibstanz liegen (vergl. die HAVERs'schen Kanäle beim Knochen). Um die Gefässe (eine Arterie, zwei Venen) herum, liegt spärliches begleitendes Bindegewebe mit Bindegewebs- und Wanderzellen, das sogenannte „Knorpelmark". Beim erwachsenen Knorpel findet man gewöhnlich keine Gefässe mehr in der Substanz, sondern nur im Perichondrium, doch giebt es auch hiervon Ausnahmen bei verschiedenen Thieren, namentlich solchen, die mächtigere Knorpel besitzen. Es geht aus dieser geringen Blutver- sorgung schon hervor, dass der Stoffumsatz im Knorpel nur ein geringer sein kann. Wird derselbe bedeutender, wie bei der Verknöcherung, so wachsen auch neue Blutgefässe vom Perichondrium aus in den Knorpel hinein (vergl. p. 293). Die Gelenkknorpel besitzen, soweit sie im Gelenk liegen, kein Perichondrium. f ) Yorkommeu. Die verbreiteteste Art des Knorpels : Die knor- peligen Anlagen der Knochen beim Embryo, die Epiphysen- und Ge- lenkknorpel, die Knorpelüberzüge mancher Knochenstellen (Incisura ischiadica minor, Hamulus ossis pterygoidei etc.), Traeheal, Bronchial- knorpel, die meisten Knorpel des Kehlkopfs (s. auch „elastischen Knorpel"), die der Nase, der Rippen, die dem Knochen anliegende Schicht der Synchondrosen und der Wirbelbandscheibeii (Figur 184). II) Der elastische Knorpel, Netzknorpel (mitunter auch als „Faserknorpel" bezeichnet, s. Bindegewebsknorpel). Derselbe erscheint makroskopisch undurchsichtiger als der hyaline, weisslich oder weisslich-gelblich. Er unterscheidet sich von dem hya- linen Knorpel hauptsächlich dadurch, dass in seine Grundsubstanz ela- stische Fasern eingelagert sind, deren Dicke und Menge sehr wechseln kann. Wie beim fibrillären Bindegewebe so sind dieselben auch hier Ge- bilde der Intercellularsubstanz allein und berühren die Zellen nie. Wie dort sind sie verästelt und bilden Netze. Sie sind von der Grundsub- stanz leicht durch ihr stärkeres Lichtbrechungsvermögen zu unterschei- den und lassen sich aus derselben direct in das Perichondrium verfolgen. Ein Knorpel, der relativ feine Fasern besitzt, an denen man den Ver- lauf leicht verfolgen kann, da ihre Menge an verschiedenen Stellen graduell verschieden ist von dem ersten Auftreten einzelner Fäser- chen im hyalinen Knorpel an, ist der Arytaenoidknorpel des Kalbes. Figur 182 giebt ein Uebersichtsbild von einer Stelle mit mittlerer Fasermenge. Die Zellen sind fortgelassen, um die Faserung allein vor- — 297 treten zu lassen: statt ihrer sind nur die Knorpelhöhlen angedeutet. Figur L 83 zeigt starke elastische Fasern in dem Ohrknorpel des Pferdes. Man sieht dieselben theils der Länge nach, theils im Schräg- oder Knz 182 Elastischer Knorpel bei schwacher Ver- grösserung. Schnitt durch die Cart. arytae- noidea des Kalbes aus der Gegend der Spitze, nach Alkoholhärtung, Färbung mit Eosin- Dahlia. Anfang des Auftretens der elastischen Fasern. Um diese deutlicher hervortreten zu lassen, sind nur die Knorpelhöhlen an- gedeutet, die Zellen fortgelassen. Vergr. 100. Elastischer Knorpel bei stärkerer Vergrößerung. Schnitt durch den Ohrknorpel des Pferdes nacli Al- koholhärtung. Ungefärbt in G-lycerin. Vergr. 350. El = Elastische Fasern auf dem Längs- Quer- und Schrägschnitt: K = Kern einer Knorpel- zelle; Knh = Contur der Knorpelhöhle: Knh' = Leere Knorpelhöhle (Zelle beim Schneiden aus- gefallen) ; Knz = Knorpelzelle Querschnitt. Die Zellen erscheinen mehr rund (nur in der Nähe des Perichondriums sind sie mehr abgeplattet), und liegen nicht so häufig in Gruppen als beim hyalinen Knorpel. Die Kuorpelkapseln lassen sich im elastischen Knorpel durch Färbung nicht so deutlich darstellen, als bei jenem. Entstehung. Die Entstehung ist ganz entsprechend der des hyalinen Knorpels. Die elastischen Fasern bilden sich erst später (etwa Mitte der Embryonalzeit), gerade wie beim Bindegewebe, und nehmen weiterhin mehr und mehr an Mächtigkeit zu. Altersveränderungen. Es kann auch heim elastischen Knorpel Auffaserung und Zerklüftung eintreten, so an umschriebenen Stellen des Ohrknorpels bei Personen mittleren und höheren Alters. An diesen Stellen verschwinden dann die elastischen Fasern und sie fallen daher durch ihre grössere Durchsichtigkeit schon auf (Toldt). — Verkalkung ist bisher nur von II. Mülles heim Hundeohr gesehen word< n. — 298 — Vorkommen: Knorpel des Ohrs, des äusseren Gehörganges, der Tuba Eustachii, von Kehlkopfsknorpeln: Epiglottis, Spitze und Proc. vocal. der Cartt. arytaenoideae, Cartt. corniculatae s. Santorinianae, Cartt. cuneiformes s. Wrisbergii, Cartt. sesanioideae. III) Der Bindegewebslmorpel, Faserknorpel. Wie der Netzknorpel dadurch eharakterisirt war , dass in die chondrogene Grundsubstanz elastische Fasern eingebettet sind, so ist es dieser dadurch, dass in der chondrogenen Grundsubstanz collagene Fibrillen, die bereits am frischen Präparate erkennbar, also von den collagenen Fibrillen des hyalinen Knorpels verschieden sind, sich ein- gelagert finden (Apolant, 57). Das mikroskopische Bild erinnert ungemein an das „chondroide Bindegewebe" und die Entscheidung, welches von beiden Geweben vorliegt , lässt sich in der That nur durch Nachweis oder Wahr- scheinlichmachung der chondrigenen Grundsubstanz treffen, wozu man Färbung mit Hämatoxylin und Essigsäurereaction (Apolant) ver- wandt hat, welch letztere bei Vorhandensein von chondrigener Grund- substanz an den Fibrillen langsamer auftritt , als beim chondroiden Bindegewebe. Figur 184 zeigt Faserknorpel an einem senkrechten Schnitt durch eine Wirbelbandscheibe des Kalbes. Auf den Knochen des Wirbels folgt erst eine dünne Schicht hyalinen Knorpels, welche dann direct übergeht in den Faserknorpel, 'ein Gewebe, das zunächst gerade ver- laufende Fibrillenzüge aufweist, die nur undeutlich durch die zwischen- liegenden Zellreihen in Bündel abgetheilt sind, weiter nach dem Inneren der Bandscheibe zu aber wellig werden und absolut keine Bündeleinthei- hmg mehr erkennen lassen, da die Zellen jetzt ebenfalls mehr unregel- mässig liegen. Noch weiter nach der Mitte zu (Figur 184B) hört auch die regelmässige parallele Faserung mehr auf, Fibrillenbündel lassen grössere Zwischenräume und anastomosiren mit einander. In den Zwischenräumen liegt eine helle homogene Grundsubstanz und in dieser befinden sich die grösser gewordenen Zellen. Die Zellen sind mehr rundlich bläschenförmig, ähneln den Knorpelzellen, liegen aber nicht in Gruppen, wenigstens nur ausnahms- weise , und besitzen häufig kürzere oder längere feine Fortsätze (s. Figur). Wie die Abbildung erkennen lässt, nehmen sie an Grösse nach der Mitte hin beträchtlich zu und zeigen hier auch mächtigere Fortsätze. Ein Hof ist häufig nachweisbar. - . • -y y " • ■ et ■ ; » ' -7, l".i:i Kach iv . ' • ' ' hKa % 184 )FKn. Senkrechter Schnitt durch eine Wirbelband- scheibe des Kalbes. Vergr. 100. A) Kand- partie : Knch = Knochen des Wirbelkörpers mit Marklücken; hkn = hyaline Knorpel- schicht; Fkn = Faserknorpel. B) Partie aus der Mitte. Die Zellen sind hier weit grösser. Zwischen A und £ fehlt ein Stück, da die Zeichnung sonst zu umfangreich ge- worden sein würde. Die welligen Faserzüge im unteren Theile von A gehen direct in die' Faserbündel von Ji über. Vorkommen. Nach den Unter- suchungen von Apolant ist diese Knorpelart im Körper nur wenig- verbreitet. Es sind dazu zu rech- nen: der Kern (Nucleus gelatino- sus) der Ligg. intervertebralia, die inneren Theile der Symphysis oss. pub., endlieh bei den aufgefaserten Grelenkknorpeln des Kieler- und Sternoclaviculargelenks die Ueber- angszone des hyalinen Knorpels in das Fasergewebe. Die Chorda dorsalis. Die Chorda dorsalis oder Rückensaite ist die erste Anlage des Axenskelets beim Embryo, um welche herum sich allmählich die spä- tere Wirbelsäule anlegt, während die Chorda zu Grunde geht. Bei den — 300 — niedersten Wirbelthieren bleibt sie zeitlebens das einzige Axenskelet. In der aufsteigenden Reihe erhält sie sich dann zunächst das ganze Leben hindurch noch in deutlichen Resten, um bei den höchststehen- den Thieren ganz zu verschwinden. Man nimmt an, dass bei den Säugern und dem Menschen noch der Kern der Wirbelbandscheiben aus der Chorda seinen Ursprung nehme. Da dieses Gebilde nur entwickelungsgeschichtlich resp. für die niederen Wirbelthiere von Bedeutung ist, will ich hier nicht weiter darauf eiiig-ehen. C) Das Knochengewebe und der Knochen, sowie das Zahnbein, s. Dentingewebe. Das Dentingewebe kann gemäss der bei niederen Wirbelthieren vorkommenden Uebergangsformen als eine besondere Art des Knochen- gewebes aufgefasst werden; ich werde nach der Besprechung des gewöhnlichen Knochengewebes noch kurz darauf eingehen. Allgemeiner Bau. Das ausgebildete Knochengewebe besteht aus Zellen, den Knochen- zellen, welche ähnlich -den fixen Bindegewebszellen mit mehr oder weniger vielen Fortsätzen versehen sind, und aus einer collagenen In- tercellularsubstanz, dem Knochenknorp el, Ossein, in welcher sich einmal leimgebende Fibrillen bilden und welche zweitens sich mit einer Anzahl von Salzen, der sogenannten Knochen er de, impräg- nirt, und so eine harte Substanz darstellt (nach v. Ebner imprägnirt sich nur die homogene Kittsubstanz, nach Kölliker diese und die Fibrillen). Daraus resultirt eine grosse Härte und Widerstandsfähig- keit der Knochen, wodurch sie befähigt werden, ihre Hauptfunktionen des Stutzens, Tragens und Schützens der Weichtheile zu erfüllen. Entzieht man dem Knochen durch Säuren die Kalksalze, so erhält man die organische Grundsubstanz, den Knochenknorpel, für sich, die ein genaues Abbild des Gesammtknochens liefert und biegsam ist; zerstört man umgekehrt durch vorsichtiges Glühen („calciniren") die organische Grundsubstanz, so bleibt das Kalkskelet übrig, das wiederum alle Einzelheiten des Knochens wiedergiebt, aber sehr brüchig ist. Durchschneidet man einen Knochen, so findet man nach Aussen gelegen eine festere Rindenschicht, die compacte K n o c h e n s u b - :;oi s t ;i n z, im Inneren entweder ein Netz von Knochenbalken, die spon- giöse Knochensubstanz, oder einen grösseren Hohlraum, die Markhöhle, in den nur wenige Bälkchen hineinragen. In den Röhrenknochen findet sich die Markhöhle in der .Mitte der Diaphyse, die spongiöse Substanz oder Spongiosa an den Enden der Diaphyse und in den Epiphysen; in den platten und kurzen Knochen ist nur Spongiosa vorhanden, die an manchen sehr dünnen stellen auch schwinden kann (Schulterblatt, Hüftbein, Schläfenbein), sodass dann die beiden compacten Schichten zusammenstossen. Der Knochen wird ernährt von einer gefässhaltigen fibrösen Haut aus, welche aussen auf- liegt, dem Periost cum, der Knochenhaut, Beinhaut, und von einer weichen bindegewebigen, gefässführenden Masse im Inneren, dem Knochenmark, das in den Lücken der Spongiosa und in der Markhöhle sich befindet. Von beiden aus treten Gefässe in das Innere der Knochensubstanz ein, die in Kanälen verlaufen, VoLKMANN'sche Kanäle Und HAVERs'sche Kanäle. Von Mark und Periost aus w ä c li s t auch der Knochen , und dabei werden von dem letzteren eine Anzahl von Bindegewebs- b ü n d e 1 n und elastischen Fa- sern mit in die Knochensubstanz aufgenommen, die SHAiiPEY'schen Fasern, von denen die ersteren zum Theil verkalken. Nach dieser kurzen Uebersicht will ich nun auf die genauere Be- schreibung des Knochenaufbaues eingehen. Betrachtet man den trockenen Längsschliff eines macerirten Kno- chens bei schwacher Vergrösserung, so sieht man in der bei durchfallen- dem Lichte hell erscheinenden Grund- substanz zwei Arten von Lücken, welche mit Luft erfüllt und in Folge totaler Reflexion dunkel bei durch- Knocheniängsschüff. stuck eines tängs- ,. ii i 1 11 1-- 11" r Schutts aus dem macerirten Humerus des lallendem, Hellglänzend Uei aill- Menschen. Zwei senkrecht verlaufende falloTirlom f w.l.t/. viiwl 1>i\. „;„,„, HAVERs'sche Kanälchen mit Nebenästen, lauuuum iJicnie Sina. im einen Diege 80WOni wie die kleinen Knochenhöhlen stellen 1-ino-c iin<-(>f:ilir fvlindrisrhe von Luft erfüllt. Vergr. 50. H=Havii;s' bleuen idiige, imgeiam cyununsene, gches Kanaichen. hl = HAVERs'sche vielfach verästelte lind mit einander LameUen. — 302 — anastomosireude Röhren dar, die der Hauptsache nach ungefähr pa- rallel der Längsaxe des Knochens verlaufen: die HAVERs'schen Kanäle (Figur 185 H); die anderen sind kleine längliche Lücken: die Knochenhöhlen (Knochenkörper clien, Virchow), zur Aufnahme der Zellen bestimmt, welche durch die Maceration zer- stört sind. Diese letzteren liegen in Reihen (HL) parallel dem Verlaufe i.G.L J »\H äuGL 186 Knochenquerschliff. J Stück von dem inneren Umfange , A Stück von dem äusseren Um- fange eines Querschliffs durch den macerirten menschlichen Humerus. Vergr. 50. äuGL = Aeussere G-enerallamellen ; H = HAVEKS'sche Kanälchen; HI = HAVEES'sche Lamellen; iGL = Innere Generallamellen ; JL = Interstitielle Lamellen; M = Gegend der Markhöhle. jedes HAVERs'schen Kanälchens, entsprechend den HAVERs'schen La- mellen (s. unten). Betrachtet man andererseits den Querschliff eines macerirten Knochens (Figuren 186 J und A), so findet man die Havers- schen Kanäle bald mehr quer bald mehr schräg getroffen (H), und um sie herum die Knochenhöhlen in concentrischen Reihen an- geordnet, welchen eine gleiche Anordnung der Grundsubstanz in Schichten oder Blättern entspricht, die HAVERs'schen Lamellen (HL), welche zu den entsprechenden Systemen zusammengeordnet liegen. — 308 — Wo Lücken zwischen den einzelnen 1 1 .\ v i; i: s ' s c li e n Lamellen- Systemen bleiben, schieben sich mein- oder weniger regelmässige anders gelagerte Schichtencomplexe ein, die interstitiellen La- mellen („ächte" und „unächte", s. unten [JL]), und endlich umfassen zwei Lamellensysteme aussen und innen alle übrigen, die äusseren und inneren Generallamellen (äuGL und iGL). Die ächten interstitiellen und die Generallamellen werden auch als Grundlamellen bezeichnet. Die inneren Generallamellen umgrenzen gleich- zeitig den Markraum (M). Sie werden an manchen Stellen durch- brochen von HAVERs'schen Kanälen, die in denselben einmünden (Figur 186. T in der Mitte nach links). Die äusseren Generallamellen werden in gleicher "Weise von Gefässkanälen durchsetzt, die mit den HAVERs'schen in Verbindung stehen, aber nicht so genannt werden. da ihnen die Lamellensyteme fehlen, den Volkm Ann' sc h en Ka- nälen (Kölliker). Beide Arten von Kanälen können übrigens ob- literiren und stellen dann eigenthümlich glänzende kreisförmige Bil- dungen dar. Nicht immer öffnen sich indessen die Kanäle nach aussen, sie können auch blind endigen, so unter dem Gelenkknorpel, an den Ansatzstellen von Bändern, Seimen, Muskeln, also überall da. wo nicht das gewöhnliche Verhalten des Periosts gegeben ist. Betrachtet man einen Querschliff trocken bei stärkerer Vergrösse- rung (Figur 187), so sieht man, dassvon den Knochenhöhlen eine Menge feiner, sich verästelnder Röhrchen oder Kanälchen, die Knochen- kanälchen, abgehen, welche mit denen benachbarter Höhlen anasto- mosiren, und sowohl in die HAVERs'schen Kanäle wie in die Mark- höhlen und auf die Oberfläche des Knochens ausmünden. Sie stellen also ein sehr feines und dichtes Netz dar. welches alle ge- fässhaltigen Theile (Mark, Havers' sehe Kanäle, Periost) unter e i n a n d e r v erbindet und so d u r c h a u s g e eignet ist, eine n a lies e r n ä h r e n d e n S a f t s t r o m z u 1 e i t e n , der in den Höhlen überall die Zellen umspülen wird. D ü n n e K n o c h e n p 1 ä 1 1 c h e n . wie die Balken der Spongiosa, die dünnen Lamellen des Siebbeins etc. besitzen keine HAVERs'schen Kanäle, sondern nur dieses Netz- werk. Bei Zerstörung des Knochens durch concentrirtere Salz- oder Salpetersäure oder durch Kali causticum bleibt schliesslich eine dünne Haut übrig, welche die Form sämmtlicher Hohlgebilde des Knochens genau wiedergiebt, die also als eine zarte, aber feste und gegen Re- agentien sehr widerstandsfähige Lage sämmtliche Höhlen (Knochen- höhlen, Knochenkanälchen, HAVERs'sche Kanäle. Räume der spongiösen Substanz, Zahnröhrchen heim Dentin) in continuo auskleiden muss. sie 304 ä.u.G.L KH HL — Stück uns der äusseren Partie eines Querschlifi's des menschlichen Hnraerus. Vergr. 130. äuG-L = Aeussere Generallamellen; H = HAVERS'sche Kanälchen ; HL = HAVERS'sche Lamellen; 3~L — Interstitielle Lamelle; EH = Knochenhöhlen. ist wohl als eine besonders differenzirte Schicht der Grundsubstanz aufzufassen und ähnelt einigermaassen den Membranae propriae binde- gewebiger Abstammung. Brösike fasst sie als aus Keratin be- stehend auf, was Kölliker bestreitet, da sie sieh schliesslich beim Kochen in Wasser auch löse. Die auf diese Weise mit ihrer Wand isolirten Knochenhöhlen sind die Knochenkörperchen Virchow's dar. In Figur 188 B sind solche, noch mit Luft erfüllt, aus einem macerirten Knochen dargestellt. Man sieht in a ein isolirtes, in b und c solche, die noch theilweise in der kaum sichtbaren, ganz weichen Grundsubstanz liegen, in welcher auch kleine Stücke von Kanälchen hervortreten, die ev. am Rande frei hervorragen. Weichtheile des Knochens. l) Die Zellen. Von diesen sind drei Formen zu unterscheiden : die Knochenzellen, die Osteoblasten, die Osteoklasten. 305 ,ii I)i«' Knochenzellen. Dieselben liegen in den Knochenhöhlen und haben wohl meistens ähnlich wie diese eine biconvexe, kürbis- kernähnliche Form sowie eine Anzahl feiner Fortsätze, die sich in die Knochenkanälchen hineinerstrecken. Ob diese Fortsätze im aus- gebildeten Knochen mit denen benachbarter Zellen anastomosiren, i-i nicht sicher nachzuweisen, doch ist es sehr wahrscheinlich, dass solche Anastomosen zur Zeit der Knochenentwickelung wenigstens vorhanden sind, da die Entstehung der Knochenkanälchen und ihrer Verbindungen nur so verständlich ist. Die Zellen sind protoplasmatisch, membranlos, und besitzen einen deutlichen Kern. In Figur 188 A sind drei solcher Zellen mehr oder weni- ger isolirt dargestellt. Man a A b sieht deutlieh Fortsätze nach den Kanälchen hingehen, doch war es nicht möglich die Fort- setzungen derselben in den Ka- nälchen selbst deutlich nachzu- weisen. Dass die Zellen endo- thelartig platt seien, wie be- hauptet worden ist , habe ich nicht beobachtet. Der Kaum zwischen dem Zellleib und der A)} Wand der Knochenhöhle kann naehi?™ng in hebmajw'scIict Massigst, zer- zupft in Wasser. Vergr. 388. ß) Hautige Knochen- meinei* Meinung1 nach nur ein körperchen aus einem macerirten Femur des Menschen nach mehrtägiger Maceration in Salpeter- Sehr Schmaler Spalt sein. Es säure mit etwas Glycerin. Die Körperchen wie die _ Kanälchen theilweise noch mit Luft gefüllt, a ganz Wäre indessen möglich, daSS als isolirtes Körperchen, b und c Körperchen zum Theil oder noch ganz von der sehr hell erscheinen- AlterSVerändei'Ullg eine Solche den Knoclu-nsubstauz umgeben, in der einzelne . Stücke der Kanälchen hervortreten; in c ragen Abplattung der Zelle eintritt solche zum Theil am unteren Rande frei hervor. . ,. -, i , , tt Vergr. 388. bedingt durch .Schwund des Protoplasmas. Die Knochenzellen stellen die eigentüch lebenden Ele- mente in der Substanz der Knochen dar. b) Die Osteoblasten (Gegenbaur, Figur 189 Obl. membranlose, kernhaltige, protoplasmatische Zellen von rundlich polygonaler Gestalt, die nach Art eines Epithels in einer Schicht der Knochenoberfläche anliegen, sei es unter dem Periost, sei es in den Markräumen oder grösseren BAVERs'schen Kanälen, sie scheiden die Gatercellularsub- stanz ab. werden von dieser schliesslich umschlossen und so zu Kno- chenzellen. Sie bauen also den Knochen auf. Dieselben linden sich natürlich in grösster Menge heim jugendlichen wachsenden Knochen, Schief ferdecker-Kossel. 20 — 306 — üi :"-'■ '-•■';'■ '■■'•'■' chow), Myeloplaxes (Ro- / v ;V' :;.-.\. ..,,:/'•,::•■.;:':'.' -V ' ( bin), Figur 189 Okl. Proto- Kz " I , 'v-'-V '^;\ •''!.','. • ; plasmatische, membranlose, sehr M /n* ' "••'^^ — r'<: grosse Zellen mit vielen Kernen. l^--^" :: •;:'''..'.' " l\ Dieselben sind nach Kölliker * " = ' A * ;- ;- beim Menschen 43 bis 91 ju 189 lang, 30 bis 40 fi breit und Grösseres HAvERS'sches Kanälclien mit Weich- Iß bis 17 (tt dick Und enthalten theilen. Aus dem Femur eines noch wachsenden _ Hundes. MÜLLEK'sche Flüssigkeit, Entkalkung, je nach der GrÖSSe blS ZU 50 Alkohol, Celloidin, Lithioncarmin , Pikrinsäure. . Vergr. 130. A = Arterie ; Kz = Knochenzellen; oder 60 Kernen, Welche 6 D1S M = Markgewehe : O b 1 = Osteoblasten ; O k 1 = _ 1 .. - -. Osteoklasten, in kleinen Vertiefungen des Knochens 10 fl DurClMieSSer haben U11U gelegen (HowsmP'sche Lakunen) ; V = Vene. ± ^ ^ -^^ besitzeu> Siß liegen in mehr oder weniger deutlichen Vertiefungen der Grundsubstanz, den HowsHip'schen Lacunen, und haben im geraden Gegensatze zu den Osteoblasten wahrscheinlich die Bedeutung den Knochen durch eine chemische Einwirkung zu zerstören, daher auch die Lacunen, in denen sie liegen. 2) Die flbrilläre Grundsubstanz. a) Fibrillen und Lamellen. Untersucht man einen Knochen- schliff in Wasser oder einen Schnitt von einem entkalkten Knochen, so treten in der Grundsubstanz feine Streifen auf von verschiedenem Lichtbrechungsvermögen, welche der Ausdruck von einer Zusammen- setzung der Grundsubstanz aus Schichten, Lamellen, sind. Auf Knochenschliffen, deren lufthaltige Lücken durch dickes Terpentinöl, Dammarlack, oder noch besser durch ganz dickflüssigen Canadabalsam (v. Ebner 14, LXXII, III. Abthlg.) ausgefüllt sind, treten die Unter- schiede der Lichtbrechung dieser Lamellen noch deutlicher hervor. In einer Anzahl der Lamellen bemerkt man schon beim trockenen Querschliff eine feine blasse Punktirung, bei einem Querschnitte von entkalktem Knochen mit Erhaltung der Knochenstructur (nach v. Ebner s. „Technische Bemerkungen") sieht man häufig fein punktirte und fein streifige Lamellen mit einander abwechseln. Die Punktirung wie die feine Streifung werden bewirkt durch eine Zusammensetzung der Lamellen aus Fibrillen, die in feinen Bündeln vereinigt sind, welche einen Durchmesser von 2 bis 3 fJh besitzen. Die Fibrillen sind in diesen verbunden durch eine interfibrilläre Kittsubstanz, zwischen den — 307 — Bündeln würde eine solche interfasciculäre liegen etc. Nach v. Ebner il I, LXXII, III. Abthlg. und 1, XXIXi würden die Fibrillen nicht ver- kalken, sondern mir Hie zwischen ihnen befindliche Kittsubstanz, während Kölliker die Kalkimprägnirung hauptsächlich in die Fibrillen verlegt und die Kittsubstanz als irgendwie wesentlich nicht anerkennt, wenn auch wohl als in minimaler Menge vorhanden. Man vermag die Fi- brillenbündel zu isoliren, wenn man einen entkalkten Knochen mit .") bis tOprocentiger Kochsalzlösung behandelt (v. Ebner) oder auch lange Zeit in schwachem Alkohol oder dünner Chromsäure macerirt (Kölliker). Auf diese Weise oder auch schon durch einfaches Schaben mit einem Skalpel über die Längsschnittfläche eines entkalkten Knochens erhält man auch die Lamellen mehr oder weniger isolirt. Als Re- sultat der Untersuchung ergiebt sich, dass die FibriUenbündel, meist in einfacher Lage durch zahlreiche spitzwinkelige Anastomosen unter einander verbunden, Platten, die primären Lamellen, bilden, folgen mehrere solcher mit gleicher Faserrichtung auf einander, so entstehen seeundäre Lamellen. Die Lamellen, seien es nun primäre oder seeundäre, sind vielfach unter einander durch Bündel verbunden, die unter spitzen Winkeln übertreten und folgen im Knochen so auf einander, dass die Richtung ihrer Fibrillen einen mehr oder we- niger grossen Winkel bildet, das Verhalten ist also ein ganz ähnliches wie das der Lamellen in den Fascien (p. 270) und in der Horn- haut. Nach Kölliker ist die Verlaufsrichtung der Fibrillen am häu- figsten so, dass sie sich unter einem rechten Winkel kreuzen, dabei aber in jeder Lamelle einen Winkel von etwa 45 ° mit der Axe des HAVERs'schen Kanals bilden, häufig- komme es auch vor, dass die einen Fasern quer oder nahezu quer und die anderen sehr steil ansteigend unter Winkeln von 20 liis 30° zur Axe der Kanäle verlaufen, am selten- sten, dass die einen Fasern longitudinalen und die anderen transversalen Verlaufzeigen. Unter dem Polarisationsmikroskope erkennt man. dass nur die streifig aussehenden Lamellen, deren Fibrillen also horizontal ver- laufen, doppelbrechend sind, während die punktirten einfach brechend erscheinen. Je nachdem die Fibrillen unter mehr oder weniger spitzen Winkeln getroffen sind, ändern sich die Polarisationserscheinungen. Die Dicke der Lamellen schwankt zwischen 3 und 12 u. je nach der Menge der primären Lamellen, welche sie zusammensetzen, die häu- tigst«' Dicke ist :> bis 5 /< (v. Ebner). An manchen Stellen des Knochens kann eine lamelh'ise Schichtung scheinbar fehlen, nämlich dann, wenn die Fibrillen einander unter sehr spitzen Winkeln kreuzen, und heim Schnitt ziemlich gleichmässig getroffen sind. Die Fibrillen 20* 308 jOiOH1' \Kl rflaÄPj in den einzelnen Bündeln, diese unter sich in den primären Lamellen und ebenso die Lamellen unter einander sind verbunden durch den Rest der homogenen Grundsubstanz, welche als Kittsubstanz dient In dieser finden sich die Knochenhöhlen und Knochenkanälchen aus- gespart. Die Knochenhöhlen liegen mit ihrem Längsdurchmesser parallel der Richtung der Fibrillen an den primären Lamellen an, resp. zwischen auf einander folgenden, , - . nun!',: OntDm sie werden naturgemäss in den punk- tirten Lamellen im Querschnitt, in den gestreiften im Längschnitt erscheinen. Die Knochenkanälchen verlaufen zwi- schen den die Lamellen zusammen- setzenden Bündeln. Weder die Lücken noch die Kanälchen werden direct von den Fibrillen begrenzt, sondern stets von der Kittsubstanz , deren innerste Lage zu jener oben schon erwähnten sehr widerstandsfähigen Schicht umge- wandelt ist. In Figur 190 sieht man drei isolirte sich unter rechtem Winkel kreuzende Lamellen, an deren freien Enden auch die Bündel deutlich her- vortreten. Die kleinen ovalen Lücken sind die Durchtrittsstellen der Knochen- kanälchen; dass dieselben oval erschei- nen, hängt nach v. Ebner mit dem wel- ligen Verlauf der Kanälchen zusammen. Die einander gleich verlaufenden La- mellen bilden Systeme, so um jedes HAVERs'sche Kanälchen ein Havers- sches Lamellensystem etc. Ueberall in den Knochen stossen die Grenzen der einzelnen Systeme an einander, wodurch es bewirkt wird, dass der Knochens chlitf oder -Schnitt wie aus einzelnen Feldern von sehr verschiedener Form zusammengesetzt erscheint. Die scharf hervortretenden Grenzen dieser sind von v. Ebner als Kittlinien bezeichnet worden, da die Grenzflächen der Systeme nur durch eine Kittsubstanz zusammenhängen. Figur 191 lässt dieselben als scharfe dunkle Linien erkennen. Genauer werde ich auf dieses Bild weiter unten bei der Besprechung der Appositions- und Resorptionsvorgänge 190 Drei Lamellen von den äusseren Gene- rallaraellen eines entkalkten Hurnerus des Menschen, Starke Vergrösserung. Die Fibrillenbündel in den auf einan- der folgenden Lamellen kreuzen sich, unter rechten Winkeln. Die ovalen Lücken in den Lamellen sind Quer- schnitte von Knochenkanälchen. Copie n. Kölliker (12, Bd. XLIV). 309 einzugehen haben. Köllikbr bezeichnet diese Linien als „Grenzlinien", da eine Kitt- substanz hier in Wirklich- keit nicht nachgewiesen sei. Ks geht aus «lein eben Gesagten hervor, dass man e i q j e (1 e s L a m e 1 1 e n - syst e m i n e ine A n z a li I v im Röhren mit fa se- r ige r W a n d u n g zerlegen kann, die in einander stecken. In dem Innenraum der Ha- VERs'schen Systeme steckt ein Blutgefäss, in dem der Generallamellen der ge- sammte Knochen resp. das Knochenmark. R Öhr en mit harter, fester Wandung ^J ) s—i f 191 Sind, Wie die Technik lehrt, Lamellen und Kittlinien. Stück eines Quersehliffs vom dritten Mittelhandknochen eines Erwachsenen. Nach ausgezeichnet geeignet, Uni einem mit hartem durch Erhitzen flüssig gemachtem _ -,„ . -. Canadabalsam infiltrirtem Präparate. Vergr. 280. Copie eine bedeutende \\ ldei'- nach v. EBNER (14, Bd. LXXII.). Wegen der Bueh- ,„..,. , . , , . staben s. Text auf p. 324. standst ahigkeit bei geringer Masse zu erzielen. Diese Art des Aufbaues ist also beim Knochen angewandt, zugleich mit der dem Lebenden eigen thümlichen Modification der fort- dauernden Ausbesser u n g und E r g ä n z u n g d e s M a t e r i a ls durch die Zellen und Blutgefässe. b) Sharpey'sche Fasern („perforating fibres", Shakpey 1856). Es sind dieses Bindegewebsfibrillenbündel, welche vom Periost aus mehr oder weniger weit in den Knochen eindringen, indem sie die äusseren Generallamellen und die ächten interstitiellen Lamellen, d. h. diejenigen, die von den Grundlamellen und nicht von ELvvERs'schen herstammen, dabei durchbohren. Sie sind von sehr verschiedener Dicke und entweder unverkalkt geblieben (die meisten feineren Fasern oder theilweise verkalkt. Die ersteren werden auf dem Schliffe des mace- rirten Knochens als lufthaltige Röhrchen erscheinen, bei den letzteren ist die Verkalkung vielleicht, wie bei den Knochenfibrillen auf die Kittsubstanz beschränkt. Am erweichten Knochen vermag man diese Fasern durch Zerzupfung zu isoliren. (Figur 192). Wie schon oben be- 310 '*m-: W ^fe gl- ■-.'< ■-M jV -»iL; , "O MI? ~b; M c> 192 Durch Zerzupfen isolirte Si-lARPEY'sche Fasern aus einem äg erweichten Os parietale des Erwachsenen. Copie n. KÖLLIKER — (12, Bd. XLIV). v merkt, nehmen die Si-iARPEY'schen Fasern || ihren Ursprung aus dem Perioste, sie wer- |f den daher in solchen Theilen des Knochens ! zu finden sein, die von diesem abstammen m (samten „Verknöcherung"). Es sind das die S äusseren G-enerallamellen und die M ächten interstitiellen Lamellen. Die Fasern fehlen den HAVERs'schen m Lamellensystemen, den von ihnen abstam- fg menden unächten interstitiellen und den 3 inneren G-enerallamellen. Figur 193 lässt g dieses Verhalten zum Theile erkennen. Mit- a unter sind die SnARPEY'schen Fasern so dick und ihre Zahl ist so bedeutend, dass in interstitiellen Theilen die Anordnung in Lamellen ganz aufhört und ein Bild resul- tirt , dass an einen Sehnenquerschnitt erinnert. Auch elastische Fasern treten in den Knochen ein, entweder für sich oder in Verbindung mit den Fibrillenbündeln. Sie kommen an denselben Orten vor, wie die Fibrillenbündel und verkalken nicht. 193 SHARPEY'scheEasern auf dem Quer- schliff. Aeusserer Theil eines ge- glühten Querschliffs aus dem Eernur des erwachsenen Menschen von der Mitte der Diaphyse. gr = Aeussere Grundlamellen mit besonderen hellen Zonen, die Ansatzlinien be- zeichnen ; i = ächte interstitielle Lamellen, beide mit SllARPEY'schen Fasern. Copie n. KÖELIKER (12, Bd. XLIV). — 311 — 3 1 Weichtheile, welche der äusseren oder inneren Ober- fläche des Knochens anliegen. ,i) Das Periosteum, Knochenhaut, Beinhaut. Dasselbe i-t eine fibröse Membran, die den Knochen umgiebt mit Ausnahme der stellen, an welchem derselbe von Gelenkknorpel bedeckt ist. Sie i-t bald dicker, sehnig glänzend, bald zart und durchscheinend, unter Um- ständen mit darüber befindlicher Schleimhaut verbunden. Man unter- scheidet an ihr gewöhnlich zwei Lagen: eine äussere sehnigere, aus verfilzten Bindegewebsbündeln mit elastischen Fasern bestehende, die eigentliche fibröse Schicht, und eine innere zartere, in der das elastische Gewebe mehr hervortritt, während die Fibrillenbünd« 1 feiner werden. Als innerste Schicht dieser finden sich, dem Knochen dicht anliegend, stellenweise auch beim Erwachsenen, Osteoblasten und Osteoklasten, welche eine Keimschicht bilden (Ollier, 64, II, 1859: „blasteme" [osteogene] sous-periostal"). Diese Schicht ist, wie Ollier nachwies, für die Regeneration des Knochens nothwendig und daher, falls eine solche erstrebt wird, unter allen Umständen zu erhalten. Die äussere Abtheilung des Periosts enthält hauptsächlich die Netze der Nerven und Gefässe, von denen eine grössere oder ge- ringere Anzahl von Aesten durch die innere Schicht hindurch in die VoLKMAJsnsr'schen Kanäle des Knochens eintritt. Diese sowie die binde- gewebigen und die elastischen SHARPEY'scheu Fasern, die in den Kno- chen eindringen, stellen die Yerbindungselemente dar zwischen Periost und Knochen. Die Festigkeit und Innigkeit dieser Verbindung ist sehr wechselnd. Die Dura mater auf der inneren Seite der Schädelknochen ent- spricht in ihren Eigenschaften dem Perioste. b) Das Knochenmark. Grössere Gefässstämme, die theilweise auch besonders als ,,Vasa nutritia" in der Anatomie benannt werden, treten durch grössere Kanäle von Aussen nach Innen in den Knochen ein, um sich in den Markräumen desselben reichlich zu verästeln. Die Gefässe werden begleitet von librillärem Bindegewebe und dieses breitet sich in den Markräumen bedeutend aus. indem es ein sehr zartes Gerüstwerk bildet, das theilweise noch librillär ist. so besonders in der Nähe der Gefässe und der Oberfläche der Markmasse, theil- weise in reticuläres Gewebe übergeht und so dem Gerüst der Lymph- drüsen gleicht. I>as librilläre Gewebe an der Oberfläche der Mark masse bildet zwar nicht eine auf weite Strecken für sich darstellbare Membran lein sogenanntes „Endosteum" im Gegensatze /.um Periost . / Kz" — 312 — stellt indessen doch einen festeren Abschlnss nach Aussen her. Es enthält eine grössere Menge von feinen elastischen Netzen und trägt auf der dem Knochen zugewandten Seite ein Endothel, so dass es im Ganzen einer serösen Membran ähnelt (vergl. „ Lymphbahnen des Knochens"). Die aus dem Mark in den Knochen übertretenden Ge- fässe werden von Markgewebe in die HAVERs'schen Kanäle hinein be- gleitet (Figur 194), doch nimmt dasselbe mit der abnehmenden Weite der Kanäle an Masse ab. Die OM Osteoklasten .und Osteoblasten, 01 \ -*^T" "'"■=•" " * " - - " : » welche der inneren Fläche des /?r.\, - !- -r0 :-.— * ' ., Knochens unmittelbar anliegen, \\'\ ■! ^■■'■^■:~::'{'\.:--. _;::,;,;,,■■■■:.■[■' ■]■■. 0 sei es in der grossen Mark- > ' " ^;/^V"^'A^'-"^"''^rcv'V.','.,>,1',l^ , höhle, sei es iii der Spongiosa >^§ ;-;^; .:Z';f^;';;;\:.'. .' » < oder den HAVEus'schen Kanä- v V, . i,;;:?^-;1- •:.':•■] »! , len, gehören ursprünglich zum / T , ''■■.;.;■ ". :• \ . ^ • i /-( i ± ■ 4. t i ± j. u • li nähern: L -' = Leukocyten Bei der Gehurt ist dieses letztere noch in allen mit mattglänzendem Zeii- .„ 1 , , T ,, -. . leibe, deren Kern nicht sicht- Knochen vorhanden, im Laute des weiteren bar -war; Br = rothe Biut- . -■ . -. -f-, , ..... körperchen als Grössenmass- wird es in den Extremitäten- 8tab; Hz = Kiesenzelle mit ii stark lappigem Kern, der jClDe er- durch den matttflänzenden setzt und zwar dringt dieses von der Spitze der ÄEfSSSI^Ä Br Br : 195 Wachsthums knochen mehr und mehr durch das Extremitäten aus proximalwärts vor bis schliess lieber gezeichnet als in Natur. wiewohl er auch da bei ver- lieh bei dem sich unter normalen Verhältnissen schieden« EinsteUung sehr scharf erkennbar war. der Ernährung befindenden Erwachsenen nur noch in den Capita humeri und femoris rothes Mark zurückbleibt. iXf.imaxx 42, 1882, X. 18.) Je stärker fetthaltig das -Mark ist. um so weniger blutbildende Zellen sind vorhanden und bei wieder eintretender — 314 — stärkerer Blutbildung schwindet das Fett, und zwar umgekehrt wie es sich vorher gebildet hat, d. h. distalwärts, und die Zellen treten wieder in ihre ursprüngliche Function. Die F e 1 1 z e 1 1 e n sind daher wahr- scheinlich auch nicht Zellen des Gerüstes, sondern Leuko- cyten, wenigstens der Hauptsache nach, und werden bei den Selachiern durch eigentümliche fetthaltige Körnchenzellen, die den Leukocyten zu- gehören, ersetzt (Sanfelice). Bei alten und heruntergekommenen Indi- viduen nimmt der Fettgehalt des Markes ab, ohne dass deshalb eine erhöhte Blutbildung eintritt, und wie bei atrophischem Fettgewebe (p. 281), tritt auch hier ein schleimiger Inhalt in den Fettzellen auf, es entstellt so das gelatinöse oder Gallertmark. Regeneration. Wird das Knochenmark der Diaphyse bei Thieren zerstört, z. B. experimentell entfernt, so vermag es sich von den in den HAVERs'sehen Kanälchen und in den Epiphysen vorhandenen Resten aus sehr bald zu regeneriren. Es wird vollständig wieder ersetzt, nimmt auch die Function der Blutbildung auf und ist nach 112 Tagen ev. nach neun Monaten nicht mehr von dem erhalten gebliebenen zu unterscheiden (Bajardi 74, XIII, 1882). Die Ernährung des Knochens leidet dabei nicht erheblich. Knochenbildung vom Mark aus. Die Frage, ob sieh vom Mark aus Knochen neu bilden kann , ist verschieden beantwortet worden. Bei Transplantationen erhielt Bruns (75, XXVI) beim Hunde positive Resultate (falls auf dasselbe Thier transplantirt Avurde), Bonome (8, C) negative. Am Knochen selbst fand Bajardi (74 , XIII, 1882) übereinstimmend mit Bidder (75, XXII), dass bei sehr jungen Thieren eine sehr rege Knochenbildung in den Epiphysen und in der Markhöhle eintritt, bei kaum erwachsenen Thieren nur innerhalb der Epiphysen. Bei alten Thieren vermochte Bidder eine Knochenbildimg weder in der Markhöhle, noch in der Epiphyse aufzufinden. 4) Blutgefässe. Dieselben sind in ihrer Vertheilung mit am genauesten studirt worden von Langer (11, XXXVI). Periost. Die äussere, fibröse Lage dieses ist ziemlich reich an Ge fassen, kleinen Arterien und Venen, die zusammen verlaufen (eine Ar- terie mit zwei Venen) und mit den Netzen grösserer Gefässe zusammen- hängen, die aus der makroskopischen Anatomie her bekannt sind. Capil- laren kommen in dem fibrösen Gewebe nur selten vor, häufiger an Nerven, Fett. Wo sich Muskelfasern ansetzen, anastomosiren die Gefässe dieser mit denen des Periosts. Die in der inneren Lage befindlichen Gefässe liegen dem Knochen unmittelbar an, oft in Rinnen desselben, von ihnen treten Aeste direct in die compacte Knochensubstanz ein. — 315 — Compacte Knochensubstanz. In den VoLKMANN'schen und IIavkks'scIh'ii Kanälen dieser ziehen kleine Arterien hin, die von einer oder zwei Venen begleitet sind (vergl. Figur 194) und mit anderen kleinen Arterien direet anastomosiren, die :111s dem Marke (d.h. ans den V;is;i nutritia) herstammen. Wirkliche Capillaren finden sich nur in grösseren Kanälen und gehören dann /.n dem in diesen befindlichen .Mark. Der eigentliche Knochen bedarf zu seiner Ernährung keiner Capülarausbreitung und verhält sieh also auch in dieser Beziehung den fibrösen Membranen gleich, denen er sich seinem sonstigen Bau nach ja unmittelbar anschliesst. Die kleinen in den HAVERs'schen Kanälen liegenden Arterien entsprechen in ihrem Verlaute durchaus der Arteria nutritia, können daher dieselbe auch event. ersetzen. Ausserdem treten, so an den Knochenenden der Röhrenknochen, ge- wöhnlich mehr oder weniger viele etwas grössere Arterien resp. Venen durch die Compacta hindurch, welche zwischen der Art. nutritia und den kleinen die Mitte halten. Alle diese Gefässe stehen in dem reichen Netze der HAVERs'sehen Kanäle mit einander in Ver- bindung. Mark. Die Art. nutritia giebt schon im (refässkanale eine An- zahl feinerer Aestchen ab, welche, sich wieder verästelnd, sowohl die mit den Gelassen zusammenliegenden Nerven versorgen wie in HAVERs'sche Kanäle eindringen, welche in den Canalis nutritius ausmünden. Auch von dem Markrohr aus treten zahlreiche Aeste in die compacte Knochensubstanz ein. Die Venen folgen diesen arteriellen Verzwei- gungen, bilden aber ausserdem noch eigene Netze, welche keinen Ar- terien direet entsprechen. Im Mark selbst bilden die Arterien ein grösseres Netz, aus welchem die feineren Aeste abgehen. Auch hier sind weit mehr Venenverästelungen da als entsprechende der Ar- terien. Die letzteren besitzen zunächst eine muskulöse Wand, wie auch sonst, werden dann feiner und ,<;ehen schliesslich in papilläre A r t e r i e n oder arterielle C a p i 1 1 a r e n über, welche dann in ein Netz von venösen Capillaren einmünden. Diese letzteren sind z w ei- bis d r e i m a 1 s 1 1 d i c k a 1 s j e 11 e und die E iiitit ü n - düng geschieht mit plötzlicher trichterförmiger Er- weiterung (Neumann). Die ganze Anordnung erinnert so an die Milz, doch besitzen die venösen Capillaren des Knochens eigene überall geschlossene Wandungen. Abgrenzungen der Gefässe gegen andere Theile und Ver- bindungen mit solchen. Die Gefässe des Periosts grenzen sich gegen den Gelenkknorpel mit capillaren Netzen und zottenartig an- — 316 — ordneten Schlingen ab. — Die inneren Gefässe endigen unter dem Gelenkknorpel in einer grossen Anzahl von feinen, neben einander- liegenden Papillen (ahnlich den Papillen der Haut), in welchen sich kein Mark mehr befindet, sondern nur einfache Capillarschlingen, die von fibrilläreni Bindegewebe begleitet sind. Diese Papillen werden von wenigen Lagen compacter Knochensubstanz überzogen. Ganz ähnlich ist das Verhalten an den Stellen, wo Bänder sich an den Knochen ansetzen. Hier finden sich im Knochen wie im Bande End- schlingen, doch gehen auch einige der in dem Bande der Länge nach verlaufenden Gefässe in die des Knochens über, so dass eine directe Gefässverbindung statt hat. Blutbewegung. Die Venen besitzen, sobald sie den Knochen selbst verlassen, Klappen. Die Bewegungen der Gelenke scheinen wesentlich auf die Fortbewegung in den Venen einzuwirken, direct zu pumpen. Die im Knochen liegenden Venen sind äusserst dünnwandig. Der Blutdruck in ihnen und in dem Capillarsystem muss sehr gering, die Fortbewegung des Blutes in den Capillaren eine sehr verlang- samte sein. 5) Die Lymphlbahnen 1. Periost. In der fibrösen Schicht des Periosts finden sich Lymph- gefässe, welche zu zweien die entsprechenden Blutgefässe begleiten und weiterhin in selbständige supraperiostale Lymph gefässe über- gehen. Diese Lymphbahnen stehen in Verbindung mit denen der Sehnen, welche an dem Periost sich ansetzen. Zwischen Periost und Knochen- oberfläche liegen mehr oder weniger ausgedehnte Spalträume, sub- periostale Lymphräume, welche von Endothel ausgekleidet sind, das häufig direct die Oberfläche des Knochens überzieht. Zwischen der fibrösen und der inneren Schicht existiren Spalträume, die nach aussen mit Lymphgefässen in Verbindung stehen, mit den subperio- stalen Räumen vielleicht durch feine, spaltenförmige neben den Bündeln hinziehende Saftkauälchen communiciren. Knochen. Die subperiostalen Piäume stehen mit perivasculären Lymphgefässen in den Volkmann 'sehen resp. HAVERs'schen Kanälen in Verbindung. Bei diesen umgiebt ein äusseres Endothelrohr das Blutgefäss. Dieses äussere Endothel liegt unter Umständen auch wieder der Knochenwand des Kanals streckenweise an. In weiten Kanälen, so auch im Canalis nutritius, finden sich auch selbständige Lymphgefässe. Die auf der Oberfläche des Knochens sowie in den Eauber 65; Budge 1, XIII; Schwalbe 7, II. — 317 — IIa\i:i:s'sc1icii Kanälen ausmündenden Knochenkanälchen stehen mit den betreffenden Lymphräumen in Verbindung und können von ihnen ;uis injicirt werden. Mark. Die die Markhöhle der Röhrenknochen ausfüllende Mark- masse ist auf ihrer Oberfläche von einer zarten .-ms fibrillärem Binde- gewebe mit elastischen Fasern bestehenden Schicht überzogen, die auf der dem Kmxdien zugewandten Seite ein Endothel trägt, also ähnlich einer serösen Haut gebaut ist (s. oben ]). 312). Ihr gegenüber ist die Oberfläche des Knochens ebenfalls von Endothel bedeckt, soweit nicht Osteoklasten oder Osteoblasten vorhanden sind. Zwischen <\cn beiden Endothelschichten befindet sich ein Lymphraum. Dieser peri- m y e 1 ä r e L y m p h r a u m l steht wieder in Verbindung mit den dahin ausmündenden Knochenkanälchen und den perivasculären Lymph- scheiden der ihn durchsetzenden und in den Knochen eintretenden Blutgefässe. — In dem Mark selbst sind Lymphgefässe noch nicht sicher nachgewiesen. So hindert also nichts den von den Gelassen ausgehenden Saft- strom den ganzen Knochen nach allen Richtungen zu durchziehen und die in den Knochenhöhlen liegenden Zellen zu umspülen. Die En- dothelüberzüge des Knochens selbst finden sich wohl nur an Stellen, an denen Osteoblasten und Osteoklasten nicht mehr vorhanden sind. Ob sie eventuell aus Osteoblasten hervorgehen können, ist unbekannt. 6) Die Nerven. Das Periost besitzt im Ganzen wenig Nerven, die theils den Gefässen folgen, theils für sich verlaufen. An den Gelenkenden man- cher Knochen (Ellenbogen, Knie, Knöcheln) sah Kölliker die Nerven reichlicher als sonst in dem gefässreichen Bindegewebe über dem eigentlichen Periost. Die Endigungsweise der Nerven ist unbekannt — sie seheinen frei zu endigen — mitunter, namentlich an den Ge- lenken, finden sich VATEit'sche Körperchen. Der Knochen besitzt ziemlich viel Nerven, welche mit den Vasa nutritia als kleine Stämmchen eintreten und sieh im Marke weithin verästeln. Sie dringen in die spongiöse Substanz der Epiphysen und sogar bis in die Substantia compaeta der Diaphyse (Kölliker) zu- sammen mit den eintretenden Arterien. Sehr reich an Nerven sind die Wirbelkörper sowie Schulterblatt und Büftbeine; auch im Brustbeine und den platten S chäd elknoch en sind sie ') Neuerdings auch von Sanfblice bestätigt (13, XIII . — 318 — nachgewiesen, doch in den letzteren spärlich (Kölliker). Es sind im wesentlichen Fasern von geringem Durchmesser; zum grössten Theile von Rückenmarksnerven, jedoch auch vom Sympathicus stammend. Endigung ist unbekannt. Entwickelung der Knochen. Schon die bisher mitgetheilten Thatsachen über den Aufbau des ausgebildeten Knochens haben erkennen lassen, dass das Knochen- gewebe die höchst differenzirte der Bindesubstanzen ist, noch mehr tritt dieses aber bei der Entwickelung des Knochens hervor. Nicht von vorne herein bildet sich Knochen, sondern erst, nachdem statt seiner Bindegewebe oder Knorpel sich ausgebildet hat, entsteht er auf dieser Basis, welche th eilweise oder ganz untergeht. Ja, auch diese Vorstufe genügt noch nicht, denn auch der zuerst gebildete Knochen geht wieder zu Grunde, und wird durch eine vollkommenere Knochensubstanz ersetzt. Man muss dabei nach Strelzoff (42, 1873. und 100, 1873) zwei Arten der Knochenentwickelung unterscheiden : Die neoplasti- sche, bei der von der osteogenen Schicht des Perichondriums resp. Periosts aus sich Knochen auf Kosten des vorhandenen Grundgewebes bildet, und die metaplastis che, bei der einfach Knorpel mit Er- haltung seiner Zellen in Knochen umgewandelt wird. a) Knochenentwickelung bei knorpelig vorgebildeten Knochen. Bei weitem der grösste Theil des Skelets ist knorpelig angelegt, nur ein Theil der Schädelknochen (Schädeldach und Seiten- theile, Gesichtsknochen) entwickelt sich auf andere Weise. Der Knor- pel ist hyalin und von seinem Perichondrium umkleidet. Mehr oder weniger lange vor der Verknöcherung wachsen vom Perichondrium, später auch von den Knochenkernen aus, Gefässe in den Knorpel hinein, als ein Zeichen einer nun beginnenden erhöhten Thätigkeit (vergl. auch p. 293 Verknöcherung des Kehlkopf knorpels). In einer bestimmten Zeit treten an bestimmten Stellen des Knorpels Wucherungs- prozesse der Zellen auf, deren Resultat eine Anhäufung von grossen blasigen Zellen mit nur wenig Intercellularsubstanz ist. Die so aus- gezeichneten Stellen sind damit zu den 0 s s i f i c a t i o n s p u n k t e n geworden. In der Grundsubstanz derselben lagern sich Kalkkrümel ab, so dass eine Art von Verkalkung des Knorpels entsteht (V e r - kalkung spun kt e). In den verschiedenen Knochen treten sehr verschieden viele derartige Punkte auf, in den langen Röhrenknochen — 319 — gewöhnlich zuerst einer in der Mitte <\<-v Diaphyse, Bpäter je einer in den beiden Epiphysen. Während dieser Vorgänge ba1 in der Mitte der Diaphyse, also ganz benachbarl dem eisten Ossificationspunkte eine innerste zellenreiche Schicht des Perichondrium (die osteogene Schicht i angefangen, Knochen zu bilden, indem ihre Zellen zu Knochen- zellenwerden, während die dazwischen gelegene faserige Grundsubstanz verkalkt. F.s entsteht so ein Knochengewebe, das von dem späteren verschieden ist, das ge f 1 e c htarti ge K noc h engew e h e i v. Ebneb (die „grobfaserige Knochensubstanz" Kölliker, der „Wurzelstock", Gegenbaük). So wird das Perichondrium zum Periost. Gleichzeitig wuchern von diesem aus blutgefässhaltige Fortsätze, die periostalen Zapfen, in den Knorpel hinein nach dem Ossificationspunkte hin und in diesen hinein. Die Knorpelgrund- substanz schmilzt vor den andrängenden Zapfen und ebenso löst sich bei ihrer Berührung die kalkhaltige Grundsubstanz des Ossifications- punktes. Die Knorpelhöhlen werden eröffnet, die in ihnen befindlichen Zellen, welche vorher schon sich in einem Degenerationszustande zu befinden scheinen, gehen wahrscheinlich zu Grunde, und so entstehen die von den periostalen Zapfen erfüllten ersten Markräume (pri- mordialer Markraum, Strelzoff). Mit den periostalen Zapfen ist auch osteogenes Gewebe in den Knorpel eingedrungen und dieses bildet in jedem neuen Markraume sofort eine Knochenschicht, so dass unregelmässig geformte Balken zwischen den einzelnen Zapfen ent- stehen, die aussen einen Knochenüberzug besitzen, während im Inneren noch Knorpelgrundsubstanz vorhanden sein kann. Während dieser Vorgänge wächst natürlich der unveränderte Knorpel immer weiter, und da die Diaphyse weit länger als breit ist. so wird sehr bald an dem Ossificationspunkte derselben nur noch eine Längenausdehnung eintreten, während in den Epiphysen (und ebenso in den kurzen Knochen) ein allseitiges Wachsthum statthat. So bilden sich in der Diaphyse die beiden Ossifikationszonen aus. welche ziemlich geradlinig den Knochen quer durchsetzen. An Schnitten durch eine solche erkennt man nun leicht die Veränderungen des Knorpels (Figur L96). Zunächst nehmen in Folge von Zellvermehrung die kleineu Häuf chen der Kuoipelzellen an Umfang zu und bilden grössere Zell- gruppen (Zgr). Bei weiter fortschreitende]' Zellvermehrung gehen aus diesen Gruppen wahrscheinlich in Folge des Zusammenwirkens von zwei Factoren: dem Ueberwiegen des Saftstromes in der Längsrichtung (event. von drv Ossificationszone her und dem gegenseitigen Drucke der wachsenden Gruppen, längere Zellsäulen Z> liervor, deren 320 Zsi ': Alf i Zellen nur clurcli ganz dünne Septa von Grundsubstanz geschieden sind. Zwischen den Säulen liegen eben- falls nur schmale Septa, deren Substanz eine faserige Structur zeigt, deren Bedeutung und Her- kunft noch nicht genauer bekannt sind. Noch weiter nach dem Kno- chen hin verändern die Knorpel- zellen sich selbst, indem sie grösser und blasig werden, und zwischen den letzten Reihen dieser Zellen treten dann Kalkkrümel in der Grunclsubstanz auf, es findet also auch hier zunächst eine Verkalkung statt. Ist bis hierher der Knorpel nur Veränderungen unterworfen gewesen, die sich in seiner eigenen Substanz abspielten, so treten jetzt neue Elemente auf, die ihn zer- stören: die von dem Knochenkerne her vorwachsenden Blutgefässe mit ihrer Begleitschaft von Markge- webe , Osteoblasten und Osteo- klasten. Bei ihrem Andringen löst die Knorpelgrundsubstanz mit den Kalkkrümeln sich auf, die Knorpel- hohlen öffnen sich, die Zellen der- selben scheinen zu zerfallen und so wachsen die Markräume (Mr) mehr und mehr in den Knorpel hinein. An ihrer Seitenwand bil- Ossifioationszone. Senkrechter Schnitt durch die Ossificationszone an der Diaphysengrenze eines Kalbsknochens. Doppelfärbung mit Blauholz-Pikrinsäure. Die dunklen Stellen waren im Präparat blau. Vergr. 250. Zgr = Hyaliner Knorpel mit vergrösserten Zell- gruppen und blau gefärbten Knorpelkapselu ; Z s = Zone der Zellsäulen, zwischen welchen in der Grundsubstanz Pasern auftreten ; dar- unter die Zone der blasig gewordenen Knor- pelzellen mit allmählich verkalkender Grund- substanz; Mr = Markraum; Kr = Blauge- färbte Knorpelreste in dem gelb erscheinenden Knochen; Kz = Knochenzellen. — 321 — den die Osteoblasten eine zunächst dünne Schicht von Knochen (der helle durch eine scharfe Contur vom Markraum (Mr) abgetheilte Streifen), die rasch wächst, daher schnell dicker wird, je weiter man in die früher gebildeten Knochentheile eindringt, so dass man bald rings von Knochen umschlossene Osteoblasten als Knochenzellen findet (Kz). Innerhalb der so entstandenen Knochenbalken liegen noch lange immer schmaler werdende Knorpelreste (Kr), so dass die Knochenbälkchen zunächst als hold zu denken sind. Bei denjenigen Knorpeln, in welchen der Knochenkern nicht mit einer solchen Intensität nach zwei Richtungen, sondern langsamer nach allen Richtungen hin zunimmt, wie in den Anlagen der kurzen Knochen und der diesen entsprechenden Epiphysen, kommt es nicht zu der Ausbildung der Zellsäulen, sondern nur zur Bildung von grösseren Zellgruppen, im Uebrigen ist der Vorgang derselbe. Je mehr die In- tensität des Wachsthums zunimmt, um so mehr nähern sich die Zell- gruppen der Säulenform. Zu bemerken ist auch noch, dass nicht alle Autoren annehmen, dass die Knorpelzellen durch Degeneration zu Grunde gehen, sondern zum Theil sogar die Osteoblasten direct aus denselben ableiten (Kasso- witz u. A.). Kassowitz ist ferner der Meinung, dass der zuerst auf- tretende Knochen als eine directe Verknöcherung der Knorpelgrund- substanz aufzufassen sei (metaplastische Knochenbildung), bei der event. auch Knorpelzellen, direct mit eingeschlossen, zu Knochen- zellen werden könnten. Erst später träte die regelmässige neoplastische Knochenbildung ein. Diese so im Knorpel ablaufenden Vorgänge benennt man als enchondrale oder endochondrale Knochenbildung, ihre Reihenfolge, die sich als Schichtung zu erkennen giebt, würde also kurz diese sein (vergl. Figur 196) : 1) Vermehrung der Knorpelzellen, Schicht der grösseren Zellgruppen, event. bei sehr starker Vermehrung noch sich anschliessend: Schicht der Zellsäulen, dabei event. Veränderung der Grundsubstanz: Auftreten von Fasern. 2) Degenerative Vergrösserung der Zellen: Schicht der blasigen Zellen, dabei in der Grundsubstanz früher oder später: Ablage- rung von Kalk. 3) Zerstörung des Knorpels durch Gebilde, die den periostalen Zapfen entsprechen: Schicht der primären Mark- räume. Hiermit Knochenbildung und allmählicher Uebergang in den älteren Knochen. In einem gewissen Gegensatze zu dieser enchondralen Knochen- bildung steht die periostale, welche ich schon oben (p. 319) in ihren Schieff erdecker-Kossel. 21 — 322 — Anfängen erwähnt habe und die ich jetzt des genaueren schildern will. Die innere, mehr feinfaserige und sehr zellenreiche osteogene Schicht des Periosts erzeugt durch directe Verkalkung bestimmter Theile der Grundsubstanz und Umwandlung der in diesen Theilen befind- lichen Zellen in Knochenzellen (Virchow) eine Knochenformation, die sich durch zwei Dinge auszeichnet : einmal zeigt sie lauter einzelne Knochenbalken, welche grössere Lücken umschliessen, und zweitens bestehen dieselben aus geflechtartigem Knochengewebe (v. Eb- ner), (grobfaseriger Knochensubstanz, Kölliker) Figur 197. In jenen Lücken liegen Blutgefässe, die, von denen des Periosts 197 Querschnitt durch die Mitte der Tiba des Neugeborenen, nach Entkalkung mit salzsäure- haltiger Kochsalzlösung. Vergr. 260. Copie nach v. EBNER (14, Bd. LXXII). abstammend, mit solchen des enchondralen Knochens in Verbindung treten, und umgeben sind von einem Gewebe, das zunächst dem un- verknöchert gebliebenen Gewebe der osteogenen Schicht entstammt und entspricht, sehr bald aber den Charakter des Marks annimmt. Das geflechtartige Knochengewebe (Figur 197) entspricht durchaus der Art seiner Entstehung durch eine schnell vor sich gehende directe Verkalkung eines faserigen, zellenreichen Gewebes, es ist (v. Ebner, Kölliker) aus- gezeichnet: 1) durch den Mangel gut ausgeprägter Lamellen, 2) durch — 323 — das Vorkommen grosser unregelniässiger Kno< henkörperchen, 3) durch die sein- zahlreichen und zum Theil sein- starken SHARPEY'schen Pasern, die theils verkalkt, theils unverkalkt sind. Die Lücken, die primi- tiven 11 .v v i; rs'sc h en Kanäle, sind demgemäss von getlecht- artigem Knochengewel hne deutliche Lamellen umgehen (Figur 197 . liei der weiteren Entwickelung werden die Knochenbalken allmählich wieder resorbirt und es entstehen event. grössere Räume, Haversian s p a e e s. Durch die Thätigkeit der um die Gefässe resp. deren Mark- hülle vorhandenen Osteoblasten bilden sich in diesen Räumen richtige HAVERs'sche Lamellen und so entsteht ein dem späteren Knochen entsprechender Bau. AVeder das geflechtartige Knochengewebe also, noch der zunächst bei der enchondralen Ossification gebildete Knochen bleiben bestehen, sie werden resorbirt und es bildet sich durch die Thätigkeit regelmässig angeordneter Osteoblasten jene Art des Knochengewebes aus, die wir auch bei dem erwachsenen Knochen finden: das laniellöse Knochen- gewebe (v. Ebxer), der reinlamellöse Knochen (Kölliker), der an den Stellen, an welchen sich SHARPEY'sche Fasern finden (p. 310) zum lamellösen Faserknochen (Kölliker) wird. Auch die so gebildeten Formationen werden freilich noch lange Zeit resorbirt, so lange, bis die definitive Form und Grösse des Knochens erreicht ist, doch ändert sich die Art der Knochensubstanz nicht mehr1. Der fertige Knochen vertheilt sich in Bezug auf seine Abstammung in folgender Weise: aus dem Periost entsteht im "Wesentlichen die Substantia compacta mit den HAVERs'schen resp. Yolkmaxx" sehen Kanälen, ans dem Knorpel die Spongiosa ohne solche. Sämmtliche HAVERs'sche Lamellensysteme entstehen durch die die Gefässe um- gebenden Osteoblasten in den oben angegebenen Lücken jener Periost- ablagerungen. Weiter bilden sich aus dem Periost die ächten inter- stitiellen Gr und lam eilen und die äusseren Grund- oder Generallamellen. Den HAVERs'schen Lamellen entsprechend ent- ') Die eben besprochene „grobfaserige Knochensubstanz" findet sich nach Kölliker in den Periostbildungen des Fötus und des Neugeborenen. Im Laufe des ersten Lebensjahres hört jedoch die Ausbildung derselben auf und bildet von nun an das Periost aus einer jetzt zuerst auftretenden epithelähnlichen Osteoblastenlage , die mit einer grösseren oder geringeren Zahl von Bindegewebsbündeln untermengt ist. lamellösen Knochen mit SHARPEY'schen Fasern: lamellösen Faserknochen (Kölliker Handbuch, VI. Aufl. p. 333). Hierbei bleiben dann später die VoLXMANN'schen Kanäle als Blutgefässe enthaltende Räume übrig. 21 * — 324 b stehen die inneren Generallaniellen von der das Mark um- gebenden Osteoblastenschicht aus. Ausser jenen ächten interstitiellen Grundlamellen kommen, wie schon öfter erwähnt, auch falsche vor: dieKestevon t heilweise resorbirten HAVERs'schenLa- m eilen. Zur Unterscheidung zwischen beiden dient, dass die ächten SHARPEv'sche Fasern enthalten, die falschen von diesen frei sind. Alle auch noch so bedeutenden Resorptionen der Knochen werden voraussichtlich bewirkt durch die Osteoklasten (Kölliker), welche Chievitz (7, 1882, anat. Abthlg.) bei der Verknöcherung der Kehl- kopfsknorpel allerdings nicht aufzufinden vermochte. Wie eingreifend diese Resorptions- und Appositionsvorgänge wir- ken, erkennt man an vielen Stellen des ausgebildeten Knochens. Die Knochensubstanz erscheint da häufig wie ein Mosaik sehr unregel- mässig begrenzter kleiner Stücke , welche durch die oben (p. 308) erwähnten Kittlinien mit einander verbunden sind. Jede von diesen ist, wie v. Ebner hervorhebt, gleichzeitig Resorptionslinie für ein Feld und Appositionslinie für das angrenzende. Figur 198 liefert hierfür ein Beispiel : das älteste Feld ist c, da es rings von Resorptionslinien einge- schlossen ist, das nächst- jüngere ist e, welches gegen c eine Appositions- , sonst Resorptionslinien zeigt, dann p folgt f mit Appositionslinie gegen e, mit Resorptions- g linien gegen d und g, als jüngste Felder erscheinen a, b, d, g, deren relatives Alter nicht bestimmt werden kann, da ihre in die Zeichnung fallenden Grenzen sämmtlich Appositionslinien sind. Dass es sich wirklich um Appo- sitions- und Resorptionslinien handelt, geht, wie v. Ebner gezeigt hat, am klarsten aus dem Verhalten der Knochen- hohlen hervor : an der Appo- sitionsseite der Kittlinie sind '£ 198 Lamellen und Kittlinien. Stück eines Querschliffs vom dritten Mittelhandknochen eines Erwachsenen. Nach einem mit hartem durch Erhitzen flüssig gemachtem Canadabalsam infiltrirtem Präparate. Vergr. 280. Copie nach v. Ebner (14, Bd. LXX1I). Wegen der Buch- staben s. Text — 325 — die Knochenhöhlen mit ihren Ausläufern stets völlig entwickelt, an der Resorptionsseite dagegen erscheinen sie häufig wie abgeschnitten, bo d;iss verschieden grosse stücke von ihnen einfach fehlen. Während bei den bisher beschriebenen Vorgängen der Knorpel bei der Knochenbildung völlig unterging und ersetzt wurde durch ein von der osteogenen Schicht des Periosts stammendes Gewebe, es sich also um neoplastische Knochenentwickelung handelte (vergl. p. 318), findet man an manchen Skelettheilen, heim Menschen z. B. an manchen Theilen des Unterkiefers, auch den Fall, dass die Knorpelgrundsub- stanz direct durch Verkalkung zu Knochengrundsubstanz und die Knorpelzellen zu sternförmigen Knochenzellen umgewandelt werden. ein einfacherer Process, der als nie tap las tische Knochenentwicke- lung bezeichnet wird. b) Knochenentwickelung bei nicht knorpelig- vorgebil- deten Knocken. Es gieht eine Anzahl Knochen, welche, ohne knorpelig irgendwie vorgebildet zu sein, aus einem weichen, bindegewebigen, osteogenen Gewebe mit Zellen und Fasern, ähnlich der osteogenen Schicht des Periosts, sich entwickeln. Dieses Gewebe liegt als eine mit fortschrei- tender Knochenbildung mehr und mehr sich entwickelnde Schicht häu- tigen oder knorpeligen Bildungen, Theilen des Primordialcraniums, aussen auf und ebenso demgemäss auch der in ihm sich bildende Knochen. Von diesem eigentümlichen Verhalten her stammen die Namen: Deck- knochen, Belegknochen, seeundäre Knochen. Auf diese Weise bilden sich : die Knochen des Schädeldaches und der Seiten- theile desselben und die Gesichtsknochen. Der Vorgang der Knochenbildung entspricht wie das Gewebe durchaus der periostalen Ossifikation. Es tritt eine directe Verkalkung der faserigen Grundsubstanz in Gestalt von netzförmig verbundenen Knochenbalken ein, die Zellen werden sternförmig und zu Knochenzellen. In den Maschen des Netzwerks liegen wieder Blutgefässe mit Mark. Osteoblasten, Osteoklasten, die sich aus dem Grundgewebe hervorbilden. Von dem zuerst entstandenen Verknöeherungspunkte, dem Knochen- kerne (z. B. Tuber parietale, Tuber frontale) aus wächst der Knochen. radiär sich ausbreitend, nach allen Seiten, dem wachsenden osteogenen Ge- webe folgend. Sehr bald sondern sich auf beiden Flächen je eine periostale Schicht, die das Dickenwachsthum veranlassen. Auch hier spielt die Resorption der grobfaserig angelegten Knochen eine Rolle. Es bilden sich weiterhin durch die Thätigkeit der Osteoblasten Lamellensysteme — 326 — und HAVERs'sche Kanäle, ferner grössere spongiöse Räume. Da, ab- gesehen von der Grösse, die ganze Form und Krümmung der Knochen im Laufe der Entwicklung eine andere wird, so ist hieraus schon die umfassende resorbirende Thätigkeit der Osteoklasten zu erschliessen. An manchen Stellen kann sich aus dem Gewebe, in welchem die Deckknochen entstehen, auch Knorpel bilden (z. B. Unterkieferkopf). c) Wachsthum des Knochens. Wie schon aus der Beschreibung der Knochenentwickelung her- vorgeht, ist dasselbe zunächst ein appositioneil es, d. h. bedingt durch immer neue Auflagerung und Anbildung von Seiten der Osteo- blasten, verbunden mit der nöthigen Resorption durch die Osteo- klastem Ausserdem findet aber, wenigstens zeitweise, auch noch ein interstitielles Wachsthum statt, d.h. eine Vermehrung der zwi- schen den Knochenzellen vorhandenen Grundsubstanz ohne Vermehrung der Knochenzellen selbst. d) Regeneration des Knochens. Es ist oben davon die Rede gewesen, dass die Regeneration des Knochens abhängig sei von der Erhaltung des Periosts resp. dessen osteogener Schicht (p. 311) und auch von der Fähigkeit des Marks Knochen zu bilden (p. 314). Wie Bonome (8, C) nachgewiesen hat, sind nach gründlicher Entfernung des Periosts und des Marks auch die Knochenzellen selbst im Stande, sich wieder nach Auflösung ihrer Grundsubstanz in Osteoblasten umzuwandeln und neuen Knochen zu erzeugen. Während das entfernte Periost sich nicht wieder neu bildet, erlangen die Knochenzellen die eben erwähnte Eigenschaft an solchen Stellen, an denen sich aus der Umgebung schnell g^efässhaltiges Bindegewebe mit der Knochenoberfläche in Verbindung setzt und so die Ernährung wieder herstellt. An den anderen Stellen gehen die Knochenzellen und mit ihnen die Knochen zu Grunde. Wenn also auch die Knochenneubildung von dem besonders dafür eingerichteten und mit den Ernährungsquellcn versehenen Periost aus immer die wichtigste und mächtigste bleiben wird, kommen doch die Knochenzellen mit in Rechnung, so auch an den Bruchstellen der Knochen, bei denen übrigens nach Bonome die nächst angrenzenden Schichten untergehen. Die Betheiligung des Marks an der Knochenneubildung bei Brüchen, (der Callusbildung), ist noch nicht ganz klar: Soweit in der Markhöhle noch Osteoblasten vorhanden sind, werden diese natürlich mitwirken, ev. werden sich Osteoblasten aus den innersten Knochenlamellen neu zu bilden vermögen. Ob das sonst vorhandene Mark in der Lage ist, Osteoblasten neu zu bilden, ist noch nicht sicher nachgewiesen. — 327 Das Zahnbein. Als eine besondere ünterabtheilung des Knochengewebes habe ich schon mehrfach das Zahnbein erwähnt, dessen Bau ich hier in seinen Haupttheilen kurz skizziren will, während das Nähere darüber bei den „Zähnen" (Verdauungsorgane) nachzusehen ist. Die Grund- lage des Zahnes bildet ein gefässreiches, feinfaseriges, zellenreiches Bindegewebe, das sich in Form einer Papille erhebt. An der Ober- fläche derselben Hegt eine Schicht von ungefähr cylindrischen, eng an einander gelagerten bindegewebigen Zellen, den 0 dontob lasten i \Yai.di:yer) (Figuren 199 und 200, Od.), welche die Membrana eboris bilden. Diese 2k Zellen entsprechen den Osteoblasten und schei- den, in diesem Falle ein- seitig, nach aussen hin eine Intercellularsubstanz ab, den Zahnknorpel, in der sich einander kreu- zende Fibrillenbündel bil- den und Kalksalze in et- was anderer Zusammen- setzung wie beim gewöhn- lichen Knochen ablagern. So entsteht das Zahn- bein, Elfenbein, Dentin (vergl. die Fi- guren : D resp. d), welches die allmählich weiter vor- wachsende Papille umkleidet, die dann als Zahnpulpa (P) be- zeichnet wird. Bei der Dentinbildung wird nun, und das ist ab- weichend von der Knochenbildung, der Odontoblast nicht allmählich ringsum von der Grundsubstanz umschlossen, sondern er bleibt in seinem Pulpatheile und soweit er den Kern trägt . frei und ver- längert sich nur an seinem distalen Ende in einen langen, feinen Fortsatz, die Zahnfaser, welche vielfach sich verästelt und mit denen benachbarter Zellen Verbindungen eingeht. Nur im Bereiche der Zahnfaser findet also bis zu der liasis derselben hin Abscheidung von der speeifischen Intercellularsubstanz, die das Dentin bildet, statt. Odf " ßU 199 Stück eines Querschnitts durch Aus dem Querschnitte einen entkalkten Kalbszahn, eines Kalbszahns, Odon- Vergr. 75. Bl g = Blutgefässe ; toblasten und Zahnkauäl- D = Dentin mit Zahnkanälchen ; chen. d, d = Dentin P = Pulpa mit der Reihe der mit Zahnfasern , die in Odontoblasten (Od). den Zahnkanälchen (Zk) liegen. Vergr. 460. S/W Od 200 — 328 — und ebenso wie dieselbe allmählich an Länge zunimmt, verdickt sich die Dentinschicht. Die Zahnfasern biegen naturgemäss in Kanälchen des Dentins, den Zahn kanälchen oder Dentinkanälchen (Figur 200). Dieselben sind zu innerst wieder (wie die Knochenhöhlen) ausgekleidet von einer sehr widerstandsfähigen durch Säuren isolir- baren Haut, den NEUMANN'schen Zahn scheiden. Bei der Ke- sorption der Milchzähne hat Kölliker auch Osteoklasten an Cement wie Dentin nachgewiesen. Die Aehnlichkeit aller dieser Bildungen mit den entsprechenden des Knochens tritt ohne weiteres hervor, der prinzipielle Aufbau ist derselbe, nur handelt es sich um die Modifi- cation einer einseitigen Absonderung im Gegensätze zu der allseitigen des Knochens. Gemäss dieser principiellen Gleichheit finden sich denn auch bei niederen Wirbelthieren mannigfache Ueber- gänge und Mischformen. Technische Bemerkungen. I. Bindegewebe. 1) Embryonales Bindegewebe, a) Nabelstrang eines jungen Fötus, Müller'sche Flüssigkeit, Auswässern, Zerzupfen, ungefärbt in Wasser oder Färbung mit Hämatoxylin oder Alauncarmin, in Wasser oder Glycerin. b) Froschlarvenschwanz, Fixirung in Osmium 1% oder Chromosmiumessig- säure, Auswaschen, Zerzupfen oder Schneiden, ungefärbt oder mit Hämat- oxylin (Delafieed), in Wasser oder Glycerin. 2) R e t i c u 1 ä r e s Bindegewebe. Lymphdrüse von Kalb oder sonst einem jungen Thier, Härtung in Müller'scher Flüssigkeit, Auswaschen, stei- gender Alkohol. Die Schnitte auf dem Objectträger auspinseln oder im Reagensglase mit wenig Wasser ausschütteln. Färbung mit Alauncarmin oder Hämatoxylin; Wasser, Glycerin oder Balsam. 3) Fibrilläres Bindegewebe, a) Kleines Stückchen intermuscu- lären Bindegewebes (sehr gut von Kalb) oder aus der Orbita (ebenfalls Kalb), frisch, gut ausgebreitet (halb trocken ausbreiten) in Jodserum, oder in Dahha-Jodserum (Färbung der Kerne), b) Dasselbe in Dahlia-Jodserum mit nachträglichem Zusatz von schwacher Essigsäure : deutliches Vortreten der gefärbten Kerne und der elastischen Fasern, c) Dasselbe in Wasser, Zusatz von ganz schwacher Essigsäure: Quellung der Bindegewebsfi- brillenbündel, umspinnende Zellen, Kerne, elastische Fasern, d) Speciell für die umspinnenden Zellen sehr günstig ist die Opticusscheide eines grösseren Thieres. Man schneide dieselbe auf und betrachte die innere Fläche, ev. nach leichtem Zerzupfen in Wasser, dann Zusatz von ganz schwacher Essigsäure an den Rand des* Deckglases, e) Intermusculäres Bindegewebe in Wasser, Zusatz ganz verdünnter Kalilauge: Glasigwerden — 329 — der Bindegewebsbündel, Zerstörung der /eilen und Kerne, Vortreten der elastischen Käsern. 4) Endothel, a) Netz eines Hundes oder einer Katze (erwachsen), Mi'-LLKu'selie Flüssigkeit, Auswaschen, Alkohol 7<)°/0. Ein Stückchen davon färben mit Alauncarmin oder Litbioncarmin oder Hämatoxylin, sorgfältig ausbreiten in Wasser oder Glycerin (vergl. Figur 154): Endothelzellen von der Kante gesehen, mitunter mehr oder weniger weit abgehoben, aufsitzend den Balken fibriUären Bindegewebes, b) Mesenterium von Frosch oder einem andern kleinen Thier (Maus, Ratte). Ein Stückchen desselben auf dem Objectträger frisch mit Höllensteinlösung (0,1 bis 0,25 °/0) übergössen, so- bald es weisslich wird (nach 1 Min. oder weniger) mit Wasser abspülen, Ansehen und Aufheben in Grlycerin oder Balsam, c) Dasselbe kann man auch über einen Kork oder Korkring ausspannen und dann mit der Höllen- steinlösung behandeln oder noch besser in die Silber-Osmiummischung von Boveei bringen (Silbernitrat und Ueberosmiumsäure in einprocentigen Lö- sungen zu gleichen Theilen gemischt), aufheben wie in b. 5) Mast zellen. Netz einer Ratte, am besten nach Orth: in eine Lösung von Gentiana in Anilinwasser bringe man ein Stückchen des Netzes, erwärme vorsichtig über einer Flamme bis Dämpfe aufzusteigen beginnen und lasse dann noch einige Zeit (bis ein Paar Stunden) ruhig stehen, oder auch nicht erwärmen, aber 24 Stunden stehen lassen. Abspülen in Wasser, aus- waschen in salzsaurem Alkohol bis die Präparate sich fast ganz entfärbt haben, abspülen in Wasser: nur die Mastzellenkörner sind dunkelblau ge- färbt, alles Andere farblos. Dann bringe man das Präparat in Lithion- carmin (wenige Minuten) oder Pikrolithioncarmin (10 Min.) und wasche es direct in salzsaurem Alkohol aus, dann durch absoluten Alkohol, Oel, in Balsam: alle Kerne roth, Mastzellenkörner dunkel oder heller blau. Ein anderes günstiges Object ist die Hundezunge: Schleimhaut, Submucosa, intermusculäres Gewebe (Orth). G) Pigmentzellen, a) Kleines Stückchen der Chorioidea oder der Suprachorioidea eines frischen oder in MüLLER'scher Flüssigkeit oder schwa- chem Alkohol gehärteten Auges ausbreiten in physiologischer Kochsalz- lösung, Wasser oder Glycerin. b) Schwimmhaut eines lebenden curarisirten Frosches oder Schwanz einer lebenden Froschlarve: ausgedehnte und con- trahirte Pigmentzellen, c) Lebende Froschlarven werden kurze Zeit im Dunkeln gehalten und im Dunkeln in absoluten Alkohol geworfen: die Pigmentzellen sind im ausgebreiteten Zustande abgestorben, aufheben von kleinen Stückchen des Schwanzes in Balsam, ev. vorher Färbung mit einem Kernfarbemittel. 7) Geformtes Bindegewebe, a) Man spanne auf einer Korkplatte ein Stückchen menschlicher Haut zum Trocknen auf, mache mit dem Scalpel Querschnitte, bringe diese in Wasser unter das Mikroskop, dann Zusatz von verdünnter Essigsäure oder verdünnter Kalilauge, ev. beides abwech- selnd, um zu zeigen, das die Bindegewebsbündel durch die Kalilauge zu- nächst nicht zerstört werden, sondern nur quellen, und um die elastischen Fasern zu sehen, b) Schnitt durch in MtJliLER'scher Flüssigkeit oder Al- kohol gehärtete menschliche Haut, Färbung mit Hämatoxylin oder Alaun- carmin oder noch besser mit Carinii! - Iniliü'carmin nach NORRIS und Suak- — 330 — speare. c) Schnitt durch eine in MüLLER'scher Flüssigkeit oder Alkohol gehärtete Cornea, Färbung wie in b. Oder auch Vergoldung einer frischen Cornea (Kaninchen), dann Schnitte, d) Ein Stück frischer Sehne wird in MÜLLER'scher Flüssigkeit, Alkohol gehärtet, dann Längs- und Querschnitte, Färbung mit einem Kernfärbemittel, e) Ein Stück frischer Sehne wird in MÜLLER'scher Flüssigkeit wenige Tage gelassen, dann in Wasser zerzupft : Fibrillen, Zellen. Ev. vorher Färbung. Sehr günstig hierfür sind Kalbs- sehnen und die Schwanzsehnen von Ratten und Mäusen, welche man nach Abziehen der Haut so gewinnt, dass man den jedesmal letzten Wirbel ab- bricht und mit den Sehnen abzieht, f) Einlegen von Schwanzsehnen von Ratte oder Maus in G-renacher's Alauncarmin für beliebige Zeit (Dogiel). Die Fibrillen werden hell, glasig, die Zellen treten beim Zerzupfen oder Ausbreiten schön hervor, g) Die sehr feinen elastischen Fasern der Sehnen sieht man an frischen Zerzupfungspräparaten nach Zusatz von verdünnter Kalilauge. 8) Saftbahnen, a) Man lege kleine Stückchen von frischer Kalbs- sehne oder Ratten- resp. Mäuseschwanzsehne, Centrum tendinum einer Ratte, Maus, eines Kaninchens in eine '/iP1"00611*^0 Lösung von Arg. nitricum, dann Abspülen mit Wasser, Ansehen in Glycerin oder Balsam, b) Cornea : Man enucleire ein Froschauge, halte die Cornea über ein mit kochendem Wasser gefülltes Reagensglas ; das Epithel trübt sich sofort, dann Abpinseln dieses mittels eines in Jodserum oder physiologische Kochsalzlösung ge- tauchten Pinsels, Einlegen des Auges in '^pj-c-cerrtige Lösung von Arg. nitricum, nach ganz kurzer Zeit Abwaschen in Aq. dest., Abschneiden der Cornea. Dieselbe wird radiär eingeschnitten, um sie ausbreiten zu können, Ansehen in Glycerin oder Balsam, c) Solche Silberpräparate kann man auch noch mit Hämatoxylin färben, um die Zellen resp. deren Kern dar- zustellen. 9) Blutgefässe der Sehnen studirt man an. Längs- und Quer- schnitten von Sehnen injicirter Extremitäten. 10) Lymphbahnen der Sehnen untersucht man nach Einstichin- jectionen mit Berlinerblau oder Arg. nitricum, im letzteren Falle tritt das Endothel der Lymphgefässe sehr deutlich hervor. 11) Nerven der Sehnen, a) Nach verdünnter Essigsäure, b) nach Goldbehandlung. Nach letzterer Methode treten die feinsten Endigungen gut hervor, c) ev. nach Methylenblauinjection des lebenden Thiers (Frosch) oder Einlegen der überlebenden Gewebe im Methylenblau (Warmblüter). Hierüber habe ich keine eigenen Erfahrungen. 12) Chondroides Bindegewebe wie Sehne an den im Text an- gegebenen Orten. 13) Elastisches Gewebe. Netze feinerer oder gröberer elastischer Fasern sind schon bei den bisher angeführten Bindegewebspräparaten nach Behandlung mit Essigsäure oder Kalilauge überall sichtbar gewesen. Sehr starke elastische Fasern mit nur sehr geringer Beimengung von Bindege- webe giebt das Lig. nuchae des Rindes : a) Zerzupfen eines frischen Stück- chens in Kochsalzlösung, Jodserum, Dahlia - Jodserum , ev. in Wasser mit Zusatz von Essigsäure oder verdünnter Kalilauge : elastische Fasern unver- ändert, b) Ein in Alkohol gehärtetes Stück dient zu Quer- und Längs- — 33 1 — schnitten und zu Zerzupfungspräparaten, Färbung mit Alauncannin, auf- heben in Glycerin. Ein getrocknetes Stück erlaubt an den Schnitten ßeac- tionen mit Essigsäure und Kalilauge vorzunehmen, c) Färbung der elasti- schen Fasern eines Schnittes ans einem Organ vermittelst der in Bd.] an- gegebenen Färbungsmittel, d) Aus der menschlichen Aorta vermag man ausserordentlich verschiedene Bilder von elastischen Fasern zu erhalten (vergl. die Figuren 171, 172, lT.'i). Man lege dazu ein Stückchen Aorta in verdünnte Kalilauge und zerzupfe, sehe an in Wasser. Oder lege auch kleine Stückchen in 33procentige Kalilauge für kurze Zeit (1;, bis eine Stunde), zerlege dann die Stückchen in einzelne Schichten und lasse diese bis zum anderen Tage in Wasser liegen. Dann Zerzupfen und Ansehen in Wasser. Aufhellen in Wasser oder verdünntem Glycerin. 14) Elastische Membranen (gefensterte Membranen), a) Die Arteria basilaris und ihre grösseren Aeste (z. B. vom Kalbe) werden in eine Mischung von gleichen Theilen concentrirter wässeriger Zuckerlösung und 3 procentiger Essigsäure eingelegt für mehrere Tage, dann Zerzupfen in Wasser oder Glycerin (vergl. Figur 175). b) Kleine Stückchen der Aorta werden wie in ]Sr. 13 angegeben behandelt (vergl. Figur. 17 4). 15) Fettgewebe, a) Frisches Fettgewebe aus dem Fettkörper eines Frosches oder ein Stückchen fetthaltigen Bindegewebes des Menschen oder eines Säugethiers zerzupfen in Kochsalzlösung oder Jodserum, b) Fett- entwickelung, Fettt raub eben. Ein Stückchen von dem Netz eines Hundes oder einer Katze in den ersten Tagen nach der Geburt, oder eines sonstigen Embryo, frisch wie oben, oder nach Fixirung in 0,5 procentiger Ueberosmiumsäurelösung und Färbung mit Alauncannin in Glycerin oder Xylol-Dammar. Primitiv-Organe der Fettläppchen von denselben Thieren gleich nach der Geburt. Eventuell Injection der Blutgefässe, um die Ver- theilung hier zu sehen, c) Stückchen von atrophischem Fettgewebe aus dem Panniculus adiposus einer stark abgemagerten menschlichen Leiche oder aus dem Knochenmark einer solchen, oder aus dem Fettkörper eines stark abgemagerten Frosches in Kochsalzlösung, in Jodserum oder Wasser frisch zerzupfen, d) Lagerung der Fettzellen und Verhältniss zu den Blutgefässen auf einem Querschnitt der injicirten und gehär- teten menschlichen Haut mit Panniculus adiposus, Kernfärbung, aufheben in Balsam. Man sieht hierbei zugleich die Membranen der Fettzellen, da das Fett durch die Behandlung gelöst wird, e) Um leere Membranen von Fettzellen zu sehen, koche man ein Stückchen Fettgewebe erst etwa 5 bis 10 Minuten in absol. Alkohol, dann etwa ebenso lange in Aether, wobei man die aufsteigenden Dämpfe wegblasen muss, damit sie sich nicht entzünden. Untersuchung in Wasser (Oktti). Weniger gefährlich ist es, wenn man das Kochen in vorher heiss gemachtem Wasser vornimmt. II. Knorpelgewebe. 1) Hyaliner Knorpel, a) Frisches Knorpelgewebe. Schnitte von dem frisch exarticulirten Oberschenkelkopf eines Frosches in Jodserum, oder ein Stückchen der Kiemen einer Frosch- oder Salamanderlarve in Wasser. Schnitte von dem frischen Rippenknorpel oder Kehlkopfsknorpel eines Kindes oder eines jungen Säugethiers; wie oben. Zu den Schnitten — 332 — ev. Zusatz einer schwachen Jodjodkaliumlösung: Braunfärbung der Knorpel- zellen: Glykogenreaction. b) Schnitte von gehärtetem Knorpel (Gelenk- oder Kehlkopfsknorpel) nach Härtung in Alkohol, Färbung mit Hämatoxylin, Kernfärbung und mehr oder weniger Färbung der Grund- substanz, c) Zur Darstellung der C h o n d r i n b a 1 1 e n nehme man in Alkohol gehärtete Stücke von Kehlkopfsknorpeln des Erwachsenen und färbe die Schnitte mit Tropäolin-Methylviolett nach Mörner (man sehe deshalb auch Wolters 1, XXXVII) : man bringe die Knorpelschnitte in eine concentrirte wässerige Lösung von Tropäolin 000 Nr. 2 von Schuchardt, nach einer halben bis einer Stunde wasche man in Wasser aus bis das Balkennetz allein in orangegelber Farbe hervortritt, dann übertrage man die Schnitte für einige Secunden in eine Methylviolettlösung von 0,15 °/0 und dann für einige Minuten in lOprocentige Essigsäure, dann Alkohol, Oel, Balsam. d) Fibrillen der Grundsubstanz. Man lege frischen, hyalinen Ge- lenkknorpel für 3 bis 7 Tage in eine mitteldunkelviolett gefärbte Lösung von Kali hypermanganicum, die täglich 4 bis 6 Mal gewechselt wird, dann in Wasser ordentlich auswaschen. Eine lOprocentige Kochsalzlösung wirkt weniger gut (Tillmanns 1, X p. 434 ff.); oder in Barytwasser (V4 Stunde und länger) oder Kalkwasser (Baber 60, X p. 113 bis 126). Noch besser wirkt eine Verdauung in neutraler oder alkalischer Trypsinlösung, welche die collagenen Fibrillen nicht löst (vergl. Bd. I p. 260) für 20 Stunden bis 3 oder 4 Tage, je nach der Stärke der Lösung, dann Abwaschen und An- sehen in Aq. dest. , ev. leichter Druck auf das Deckglas. Sehr gut wirkt nach der Verdauung noch ein Einlegen in lOprocentige Kochsalzlösung für 1 bis 6 Tage. Eine mit Carmin, Hämatoxylin, Pikrocarmin mögliche Färbung ist nicht sehr zu empfehlen (Tillmanns 7, 1877, p. 13 ff.). e) Saftbahnen. Die eigenthümlichen Differenzirungeh, welche am Knorpel vielleicht als Saftbahnen gedeutet werden können , werden am leichtesten durch wasserentziehende Substanzen sichtbar gemacht : 1) Man lege Stücke von Gelenkknorpel für 3 bis 4 Tage in Alkohol, schneide und untersuche in Alkohol (Spina 14, LXXX). 2) Dünne Schnitte von frischem Gelenk- knorpel kommen in ein Schälchen mit Aether, sind die Schnitte nach Ab- dunsten dieses eben noch feucht, so übertrage man sie auf einen trocknen Objectträger, wobei der Aether völlig verdunstet, und schliesse mit Collo- dium ein (Budge 1, XVI). Solche Präparate sind natürlich nur so lange brauchbar, bis das Collodium eingetrocknet ist. 3) Man lasse zu dem fri- schen auf dem Objectträger unter dem Mikroskop befindlichen Schnitte (am besten solche, in denen die Zellen nicht zu dicht stehen) eine Mischung von 2 Th. concentrirter Chromsäurelösung und 1 Th. Wasser zufliessen. Es treten die Saftbahnen hervor, dann tritt Zerstörung des Knorpels ein. Wünscht man die Bilder zu erhalten, so bringe man das Präparat, bevor die Zerstörung die Mitte erreicht hat, in eine Schale mit Wasser, hebe das Deckglas ab, pinsele die Schnitte noch in einer anderen Schale mit Wasser ab, um die zerstörten Schichten völlig zu entfernen, untersuche in Lösung von Kali aceticum (Budge 1, XVI). 4) Sehr zu empfehlen ist die Fixirungs- methode von Spronck (16, H, p. 263), welche die durch Alkohol hervor- tretenden Bilder dauernd, auch in Wasser oder Glycerin, sichtbar macht: Man lege die Schnitte aus Alkohol in die folgende Flüssigkeit: Wässerige — 333 — Chromsäurelösung (2°/0) 5 cc, Glycerin 5 cc, Alkoh. absol. 30 cc, und lasse sie in derselben einen oder mehrere Tage. Die Flüssigkeit muss jedesmal frisch zubereitet werden. Der eintretende grüne Niederschlag schadet dem Präparate nichts, da er sich abspülen lässt. Sitzen die Knorpel am Knochen fest oder sind sie selbst verkalkt, so fixire und entkalke man zuerst in Alkohol absol., der bis ö°/0 reiner Salpetersäure enthält und wasche dann die Säure in Alkohol absol. wieder aus. 5) Eine sehr schöne Färbung der Alkoholbilder erhält man unter Umständen ('s. oben Text i, wenn mau, nach Wolters (1, XXXVII), die Alkoholschnitte für Ü4 Stunden oder mehrere Tage in Wasser bringt, dem ganz wenig Hämotoxylin (Delaiteld) zuge- setzt ist (ganz hellviolette Färbung), dann für einige Minuten in eine eon- centrirte Lösung von Pikrinsäure in absolutem Alkohol, dann Origanumöl, Balsam (vergl. Figur 180). Auch nach Spronck entkalkte Präparate lassen sich so färben, f) Auffaserung des Knorpels. Schnitte von einem frischen oder kurz in Alkohol gehärteten Rippenknorpel eines Menschen in mittlerem Alter, oder von einem Kehlkopfsknorpels eines Erwachsenen ange- färbt oder mit Kernfärbung in Glycerin. Mit Tropäolin-Methylviolett (s. c) in Balsam. Ev. finden sich auch Kalkeinlagerungen, namentlich in höherem Alter (in Kehlkopfsknorpel schon früh). 2) Elastischer Knorpel. Sehr starke elastische Netze zeigt der Ohrknorpel des Pferdes, ferner die Epiglottis. Ein sehr günstiges Object, um den Uebergang von hyalinem in elastischen Knorpel zu sehen, ist die Cart. arytaenoidea des Kalbes, wenn man den Schnitt der Länge nach durch ihre Spitze führt. Schnitte von diesen in Alkohol gehärteten Objecten werden mit Alaüncarmin oder einer der Methoden zur Darstellung der elastischen Fasern gefärbt (s. Bd. I). Hämatoxylin ist nicht praktisch an- zuwenden, da dasselbe die hyaline Grundsubstanz intensiv färbt, während die elastischen Fasern hell bleiben, so entsteht gewissermaassen ein negatives Bild. Hat man die elastischen Fasern nicht speeifisch gefärbt, so hebe man in Glycerin auf. 3) Bindegewebsknorp el. Schnitte aus der Mitte eines gehärteten Lig. intervertebrale eines jungen Menschen oder Thiers. III. Knochengewehe, 1) Ueb er sichtsbilder. Quer- und Längsschliffe von macerirten Knochen (zu ersten Uebersichtsbildern sind Röhrenknochen sehr geeignet) trocken aufbewahrt oder in hartem Balsam. 2) Schnitte durch entkalkten Knochen: Lamellen etc. Um Schnitte von einem macerirten Knochen anzufertigen, entkalke1 man denselben entweder einfach in öprocentiger Salz- oder Salpetersäure, wasche gründlich aus, härte in Alkohol, oder, wenn man die bei dieser Behandlung auftretende Quellung der h'brillären Grundsubstanz vermeiden will, wende man die v. EBNER'sche Methode an (14, Bd. 72111, p. 58 ff.): man lege den Knochen in eine 10- bis löprocentige Kochsalzlösung, die 1 bis 3°/0 Salz- säure enthält. Um nach dem Entkalken ein neutrales Präparat zu be- kommen, wird einige stunden in fliessendem Wasser ausgewaschen, dann kommt der Knochen in zur Hälfte verdünnte kalt gesättigte Kochsalzlösung. Dieselbe nimmt bald saure Reaction an, die durch Zusatz von sehr ver- — 334 — dünntem Ammoniak neutralisirt wird. Man lasse den Knochen längere Zeit in der Salzlösung, indem man täglich die Reaction der gut umge- schüttelten Flüssigkeit prüft und so lange es nöthig ist, von Neuem mit Ammoniak neutralisirt. Zur mikroskopischen Untersuchung kann man ausser zu mikro - chemischen Reactionen auch entkalkte Knochen benutzen, die nicht ganz neutral sind, wenn man lOprocentige Kochsalzlösung als Zusatz- flüssigkeit benutzt. Die v. EßNER'sche Methode liefert sehr schöne Präparate (Lamellen, fibrilläre Structur). 3) Knochen mit Weicht heilen. Ein Röhrenknochen eines frisch getödteten noch jungen Thiers (Hund, Kaninchen, Katze) wird der Quere nach ein oder mehrmals durchsägt und in MÜLLER'scher Flüssigkeit, dann Alkohol gehärtet, dann in öprocentiger Salzsäure entkalkt, gründlich aus- gewaschen, in Alkohol gehärtet, in Celloidin eingebettet, die Schnitte, welche sämmtliche Weichtheile enthalten, werden mit Lithioncarmin - Pikrinsäure oder Hämatoxylin-Pikrinsäure gefärbt: Periost, Mark, Osteoblasten, Osteo- klasten. Ev. noch zuerst Gefässinjection des Thieres. 4) Häutige Knochenkörper chen, Auskleidung der HA- VERS'schen Kanäle etc. Man lege kleine Stückchen oder Plättchen eines trockenen macerirten Knochens in concentrirte oder nur wenig ver- dünnte Salpetersäure, der man etwas Glycerin zugesetzt hat. Nach meh- reren bis 24 Stunden oder, wenn man mehr Glycerin genommen hat, nach wenigen Tagen, sind die häutigen Knochenkörperchen und die Membran der HAVERS'schen Kanälchen isolirt. Ansehen in Wasser oder verdünntem Glycerin. 5) IsolirteLamellen, Fibrillen. Langes Erweichen des Knochen- knorpels in Wasser: die Lamellensysteme der HAVERS'schen Kanälchen trennen sich mehr oder minder vollständig und kommen in Gestalt grober kurzer Fasern zwischen den grösseren Lamellen zum Vorschein: Gagli- ardi's Claviculi (Kölliker). Um isolirte Lamellen und Fibrillen zu sehen, entkalke man einen macerirten Knochen nach v. Ebner (s. oben Nr. 2) und schabe über eine frische parallel zur Oberfläche angebrachte Schnitt- fläche mit einem bauchigen Skalpel, untersuche in Wasser nach Vertheilung mit Nadeln (v. Ebner). 6) SHARPEY'sche Fasern, a) Ein fertiger trockener Querschliff von der Diaphyse eines Röhrenknochens wird auf 2 bis 5 Min. in Terpen- tinöl gelegt, dann in Dammarlack aufgehoben. Die Fasern treten hier schon bei schwachen Vergrösserungen deutlich hervor (Stöhr). b) Feine Knochen- schliffe glühe man in einem Platintiegel, die Fasern erscheinen dann als dunkle, lufthaltige Röhrchen. 7) Knochenbildung, a) Man säge von einem frischen Knochen eines Embryo (z. B. Rind) oder eines jungen wachsenden Thieres (Kalb, junger Hund etc.) das die Epiphysengrenze enthaltende Ende ab, härte in MÜLLER'scher Flüssigkeit, entkalke mit Salzsäure, dann Härtung in Alkohol, Celloidineinbettung. Die durch die Ossificationszone senkrecht zu derselben gelegten feinen Schnitte färbe man mit Hämatoxylin-Pikrinsäure: schöne Farbendifferenzirung der Ossificationszone und der Knorpelreste im Knochen. Aufheben in Balsam, b) Die Diaphyse eines solchen Knochens behandle man ebenso, um die periostale Knochenbildung an einem der Mitte des — 335 — Knochens entnommenen Querschnitte kennen zu lernen, c) Zum Studium de* Bindegewebsknochens härte und entkalke man Seheitel- oder Stirnbeine, Sonst ebenso, FHichenschnitte. 8) Junge Knochensubstanz unterscheidet sich an einem ans macerirtem Knochen angefertigten Schliffe dadurch von der älteren, dass sie sich mit bestimmten Anilinfarben intensiver färbt als diese. 80 wandte v. Ebner eine sehr verdünnte Fuchsinlösung an, Matschixsky (16, A7, p. 325 ff.; em- pfiehlt zu diesem Zweck gesättigte wässerige Lösungen von Eosin und Saffranin. Man lege die noch nicht ganz dünnen Schliffe für 48 Stunden ein, trockne und schleife weiter, hebe in Luft oder schnell trocknendem Canadabalsam auf. 9) Knochenmark, a) Frisch. Man untersuche kleine Mengen rothen Markes in der aus demselben oder einem anderen frischen Knochen desselben Thiers durch Pressen mit dem Schraubstock gewonnenen Flüssig- keit, ev. in Jodserum oder Kochsalzlösung, in letzteren beiden auch das Fettmark. Auch die durch das Pressen eines solchen Knochens, z. B. Wirbel, gewonnene Flüssigkeit enthält schon eine Menge der Markbestandtheile : Riesenzellen, Markzellen, rothe Blutkörperchen, kernhaltige rothe Blut- körperchen. Zu dieser Flüssigkeit setzt man am besten nichts hinzu. b) Um die vorhandenen Mitosen zu sehen, fixire man das in kleinen Stückchen eines zersägten ganz frischen Knochens (Kaninchen) enthaltene oder aixs demselben nach Zertrümmern in einem Schraubstocke entnommene oder mittels einer gut schneidenden Zange von dem Knochen befreite Mark in Chromosmiumessigsäure, färbe in Carbolfuchsin von Ziel-Neelsex : Fuchsin .... lg Alkohol .... 10 „ Acid. carbol. conc. 5 „ Aq. dest 100 „ dann Ausziehen in Alkohol, Oel, Lack. Man erkennt so die vorhandenen Mitosen sehr leicht, wenn auch die Färbung der Chromosomen etwas dick ist; oder man färbe in Vesuvin, dann Alkohol, Oel, Balsam. NEUNTES CAPITEL. Chemie der Bindegewebsgruppe. Die Gewebe dieser Gruppe enthalten, wie das vorige Capitel lehrt, nicht nur im embryonalen, sondern auch im entwickelten Zu- stand lebende und der Fortpflanzung fähige Zellen. Demgemäss sind auch die primären Bestandtheile der Zellen in den Organen, welche der Bindegewebsgruppe zugehören, stets vorhanden ; ihre Menge frei- lich ist meist eine geringe , weil die zelligen Elemente hinter der Masse der intercellulären Bestandtheile sehr zurücktreten. Wie in allen übrigen Geweben, so sind auch in dieser Gruppe neben den primären noch secundäre Bestandtheile da und letztere ziehen besonders die Aufmerksamkeit auf sich, weil sie die Eigenart des Gewebes bedingen. Solche sind z. B. das Collagen, das Elastin, die Mucine und andere. In dem Auftreten dieser secundären Stoffe ist aber ein Unterschied gegenüber dem Muskel- und Nervengewebe erkennbar. In dem erwachsenen Muskel- und Nervenelement erscheinen die secundären Stoffe der Form nach als Theile der ganzen umge- wandelten Zelle, in der Bindegewebsgruppe bleibt fast stets die Zelle in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten und die secundären Bestand- theile treten als gesonderte, mit der Zelle nicht organisch , sondern nur räumlich verbundene Ablagerungen auf, entweder in der Um- gebung derselben (z. B. Collagen, Chondromucoid) oder in ihrem Innern (z. B. Fett, Pigment). Nur ausnahmsweise finden wir im thierischen Organismus che- mische Produkte in reinem Zustande abgelagert; in den meisten Fällen, und so auch hier, sind verschiedene einander ähnliche Körper mit — 337 — einander gemischt. Diese Mischungen zeigen zuweilen quantitative Ver- hältnisse, die unter den verschiedensten Bedingungen mit überraschen- der Regelmässigkeit wiederkehren. Von den secundären Bestandteilen der Bindegewebsgruppe ge- hören die meisten und die häufigsten zu den Eiweisskörpern oder zu den Albuminoiden. Aus der Reihe der einfachen Eiweisskörper ' sind zu nennen das Elastin, das im Trachealknorpel vorhandene A 1 b u - moid und die Eiweisssubstanz der Chorda dorsalis, von den Proteiden walten diejenigen vor, welche bei der Zersetzung neben Eiweiss ein Kohlehydrat liefern: die . Mucine und die Chondromucoi de (Ver- bindungen der Chondroitinschwefelsäure mit Eiweissstoffenj , von den Albuminoiden findet sich in weiter Verbreitung das Collagen. Die genannten Stoffe sind, soweit ersichtlich, ausserhalb der Zelle abge- lagert, ebenso finden sich anorganische Stoffe, insbesondere ungeheure Mengen von Calci umphosphatcarbonat im intercellulären Ge- biete angehäuft, Fett und Pigmente sind aber innerhalb des Zell- leibes nachzuweisen. I. Ehe wir auf die chemische Zusammensetzung der im vorigen Capitel erwähnten morphologischen Gebilde eingehen , müssen wir einiges über die Eigenschaften der erwähnten secundären Bestand- teile vorausschicken. Elastin. Das E 1 a s t i n ist in Wasser, verdünnten Säuren und verdünnten Alkalien in der Kälte unlöslich, in concentrirter Kalilauge und beim Erhitzen mit verdünnten Säuren löst es sich unter Zersetzung. Durch 2procentige Osmiumsäure-Lösung wird das Elastin in Lösung gebracht, verdünntere Lösungen machen es in Alkali löslich (A. Ewald 101). Durch Pepsinsäure wird es langsam gelöst unter Bildung von Pro- ducten, welche den Albumosen und Peptonen ähnlich sind. Die Pepsin- verdauung findet auch dann statt, wenn das Elastin vorher mit Alkohol, Chromsäure, MüLLER'scher Flüssigkeit, Pikrinsäure behandelt war, aber nicht nach vorheriger Einwirkung von Osmiumsäure. Auch durch schwach alkalisches Trypsin wird das Elastin gelöst; diese Löslich- keit wird durch vorhergehendes Kochen des Elastins, sowie durch *) cf. Theil I, S. 261. S chief ferd ecke r-Kosse-l. oo — 338 — Einwirkung' von Alkohol, von verdünnter Salzsäure, von Osmiumsäure, Pikrinsäure erhöht, durch vorherige Behandlung des Elastins mit Chrom- säure oder MüLLER'scher Flüssigkeit erniedrigt oder aufgehoben (A. Ewald). Das Elastin unterscheidet sich von den übrigen Eiweisskörpern dadurch, dass es keinen Schwefel enthält, seine Zusammensetzung ist nach Horbaczewski(20, Bd. 6, S. 330) folgende: 54,32 o/0 tf; 6,99 % H- 16,75 % N, 21,43 °/0 0. Es liefert bei der Zersetzung viel Leucin und wenig Tyrosin, seine Stellung unter den Eiweisskörpern ist eine zweifelhafte, da das Tyrosin vielleicht nur einer Beimengung seinen Ursprung verdankt. Älbwmoid. Das Albumoid, welches sich im Balkennetz der Grundsubstanz des Trachealknorpels vorfindet, ist wahrscheinlich nur ein Glied einer verbreiteten Reihe von wenig untersuchten, schwerer löslichen Eiweiss- stoffen. Das Albumoid bleibt ungelöst, wenn man den Trachealknorpel mit Wasser auf 110 — 120° erhitzt, es wird bei Zimmertemperatur von Säuren und Alkalien nicht gelöst, in der Hitze in Acidalbumin und Alkalialbuminat übergeführt , von Pepsinsalzsäure sehr langsam verdaut (C. Th. Mörner, 102). Ein einfacher Eiweisskörper ist es auch, welcher das Zellgewebe der Chorda dorsalis bildet. Ich konnte dies an dem Chordastrang des Störs nachweisen (20, Bd. XV, S. 331) und eine genügende Menge dieser Substanz isoliren, um zu erkennen, dass er dem eben beschriebenen Albumoid des Knorpels sehr ähnlich ist. Die Analyse ergab 51,8 % C; 7,7°/0i7; 15,8% .ZV; 1,4% S. Durch den Schwefelgehalt unter- scheidet sich diese Substanz vom Elastin. Die Murine. Mit der Betrachtung der Mu eine betreten wir das Gebiet jener Proteide, die durch ihre Beziehungen zu den Kohlehydraten in neuerer Zeit das Interesse der Forscher gefesselt haben. Stickstoffhaltige Verbindungen, welche bei der Zersetzung Kohlehydrate (oder die nächste Derivate derselben) liefern, finden sich durch alle Klassen des Thierreichs verbreitet. Die einfachste dieser Verbindungen, das Chitin , enthält nur die A m i n g r u p p e in Vereinigung mit dem Kohlehydrat, während es in den complicirtesten , nämlich den oben genannten Proteiden, das Eiweissmolekül ist, welches eine — 339 — chemische Verbindung mit der zuckerbildenden Substanz eingeht '. Zwischen diesen beiden Extremen stellen gerüstbildende stickstoffhaltige Substanzen von weniger complicirter Constitution; solche sind das Onuphin (Schmiedeberg) , . das Spirographidin (Krukenberg) und die Chondroitsäure. In den Proteiden scheint die Kohlehydratgruppe in zweierlei Art -■einluden zu sein. Die Mucine zerfallen unter der Einwirkung von Natronlauge direct in Ei weiss (resp. Pepton) und ein stickstofffreies Kohlehydrat, die Chondromucoide hingegen liefern bei gleicher Behand- lung neben dem Eiweiss einen Stickstoff und Schwefel enthaltenden Körper: die Chondroitsäure, welche erst hei weiterer Zersetzung stick- stofffreie Kohlehydrate ergiebt. Das Chitin, das Onuphin, das Spirographidin und andere hier nicht genannte Körper aus dieser Gruppe finden sieh bei wirbellosen Thieren, unsere Beschreibung hat nur die Mucine, die Chontboniucoide und die Chondroitsäure zu berücksichtigen. Die Mucine finden sich nicht allein als intercelluläre Producte im Bereich der Bindegewebsgruppe, sondern auch in Secreten ge- wisser Drüsen (z. B. der giandula submaxillaris) ; die Existenz meh- rerer verschiedener Mucine ist durch die neueren Untersuchungen sichergestellt. Die allgemeinen Eigenschaften dieser Körpergruppe sind folgende : Sie sind unlöslich oder wenig löslich in destillirtem Wasser, unlöslich in Alkohol, löslich in kohlensauren Alkalien, ver- dünnten Lösungen der Aetzalkalien und in Kalkwasser und werden durch diese Lösungsmittel aus den Geweben ausgezogen. Wird das Mucin durch wenig Alkali in Lösung gebracht, so hat diese Lösung eine fadenziehende, schleimige Consistenz 2. Die Lösung wird durch Essig- säure gefällt, diese Fällung wird durch die Gegenwart von neutralen Salzen, insbesondere von Kochsalz beeinträchtigt oder verhindert. Auch durch wenig Salzsäure wird die Lösung gefallt, einige Mucine werden 1i Ausserdem ist, wie ich während des Druckes dieses Buches finde, auch in der Nuclei'nsäure eine zuckerbüdende Gruppe enthalten. - .Man hat früher mit dem Namen ..Mucin" alle diejenigen eiweissähn- lichcn Substanzen bezeichnet, welche ihrer Lösung eine fadenziehende Be- schaffenheit ertheilen und durch Essigsäure fällbar sind. Unter diesen sind aher auch Körper, welche hei der Einwirkung siedender verdünnter Sauren keine Zuckerarten abspalten, welche also nach der hier angenommenen Be- zeichnung nicht zu den Mucinen zählen. Solche „mueoide Substanzen" finden sich in der Galle, in der Synoviaflüssigkeit (Hammarsten . ich be- obachtete einen derartigen Stoff auch in einem serösen l'leiua-Kxsndat. — 340 — durch geringen Uebersehnss, andere mir durch concentrirte Salzsäure wieder gelöst. Ferrocyankalium giebt mit der essigsauren (Kochsalz enthaltenden) oder mit der salzsauren Lösung des Mucins keinen Nieder- schlag. Die Lösungen der schweren Metalle, welche die meisten Ei- weisskörper fällen (z. B. Kupfer, Quecksilber, Blei), geben auch in Mueinlösungen Niederschläge. Die Murine enthalten weniger Kohlen- stoff, Wasserstoff und Stickstoff und mehr Sauerstoff, als die einfachen Eiweissstoffe , in ihnen ist Schwefel, aber kein Phosphor und kein Eisen enthalten. Unter der Einwirkung verschiedener Agentien ver- ändern sich die Eigenschaften der Murine und zwar haben die ver- schiedenen Murine eine sehr verschiedene Widerstandsfähigkeit. Nach Hammarsten (6, Bd. XXXVI, S. 373) und Loebisch (20, Bd. X, S. 70) ist das Murin in den Geweben und in einigen Secreten nicht als solches enthalten, sondern es entsteht aus einem „Mucinogen". Das Mucin der Sehnen bleibt in Salzsäure von 5 °/0 ungelöst, stärkere löst es allmählig, von Alkalien wird es schwieriger verändert, als die übrigen Murine. Weder durch Trocknen, noch durch Ein- wirkung von Alkohol, noch durch Erhitzen mit Wasser verliert es seine Löslichkeit in Kalkwasser. Das Sehnenmucin ist eine schwache Säure, es röthet Lakmus und neutralisirt Alkalien. Seine Zusammen- setzung ist nach Loebisch folgende: C 48,30; iJ6,44; iV 11,75; $0,81; 0 32,70. Diese Zahlen weichen nur wenig von denen ab, welche Hammarsten (20, Bd. XII, S. 163) für das Mucin des Sub- maxillarsecrets fand. Das Mucin des Nabelstrangs hat ähnliche Eigenschaften, steht aber, wie die Untersuchungen von Hammarsten und Jernström (103) zeigen, hinsichtlich seiner Zusammensetzung den einfachen Ei- weissstoffen näher. Die Analysen ergaben ein Mittel (7 51,3; H 6,6; ^14,1; 8 1,0; Asche 1,8; 0 25,2. Dies Mucin ist bezüglich seiner Zusammensetzung denjenigen Murinen ähnlich, welche Hammarsten aus Helix pomatia gewann. Alle Murine liefern bei der Zersetzung durch Alkalien oder Säuren Eiweiss oder Pepton und ausserdem eine Substanz aus der Gruppe der Kohlehydrate. Wenn man das Mucin aus Helix pomatia mit einer Lösung von Kalihydrat in Berührung lässt, so erhält man aus dem- selben neben Alkalialbuminat und Pepton eine gummiartige Substanz („thierisches Gummi" Landwehr 20, Bd. VIH, S. 122), welche beim Erhitzen mit Säuren in einen reducirenden Körper übergeht. Eine ähnliche Substanz gewinnt man auch aus dem Sehnenmucin, wenn man dasselbe der Einwirkung von Wasser bei höherer Temperatur — :; l i — aussetzt. Dies aus «lein Sehnenmuciu dargestellte Kohlehydrat hat nach Loebisch die Formel ( \-> Jfltl Olü -\- 2JL, 0, ist in Wasser mit schwacher Opalescenz löslich, durch Alkohol fällbar und wird durch Einwirkung von Säuren in einen reducirenden Zucker I C6 Ilvl 0^) über- geführt. Die angegebene Formel stimmt mit der des thierischen Gummis völlig überein, und die Eigenschaften weichen nur in wenigen Puncten ab. Wenn diese Substanz auch durch Jod nicht gefärbt und durch Speichelferment nicht verzuckert wird, so ist ihre Ärm- lichkeit mit dem Glykogen doch nicht zu bezweifeln. Die Thatsache, dass aus dem Mucin ein dem Glykogen nahestehendes Kohlehydrat ent- stehen kann, ist von grosser allgemeiner Wichtigkeit und verdient insbesondere Beachtung für die Beurtheilung des Mucingehalts embryo- naler Gewebe. Die descriptive Thiercheniie lehrt uns in dem Mucin einen Stoff kennen , welcher dem im Bau begriffenen Organismus eiweisshaltiges Material zu liefern im Stande ist, und welcher zugleich Kohlehydrate hervorbringen kann. — Die Chondro itsäure oder Chondroitinschwefelsäure und ihre Verbindungen. Bei der Einwirkung siedenden Wassers auf fein zertheiltes Knorpelgewebe gewinnt man eine gelatinirende Flüssigkeit , welche Johannes Müller (101 A) als die Lösimg einer besonderen von Leim verschiedenen Substanz erkannte, er gab ihr den Namen „Chondrin". Nach den späteren Untersuchungen von Morochowetz (101 B), 0. Th. Mörner (102) und Schmtedeberg (102 A) ist das Chondrin zu be- trachten als eine Vereinigung von Leim und Eiweiss mit dem Alkali- salz einer organischen Säure, der „Ohondroitsäure". Boedecker (102 B) machte zuerst die Beobachtung, dass im Chondrin eine zur Gruppe der Kohlehydrate gehörige Substanz vor- handen sei und gab ihr den Namen Ohondroitsäure. C. Th. Mörner (102) erkannte später diese Säure als eine Aetherschwefelsäure, Schmiedeberg (102 A) stellte sie zuerst rein dar, erkannte ihre Spal- tungsproducte und beschrieb ihre wichtigsten Eigenschaften; den Untersuchungen des letztgenannten Forschers verdanken •wir die in der folgenden Darstellung zusammengefassten Resultate. Die Ohondroitsäure oder Chondroitinschwefels ä u r e wird nach Schmiedeberg am bequemsten aus dem Knorpel der Nasen- scheidewand des Schweins gewonnen, welcher in fein zertheiltem Zu- stand der Pepsinverdauung unterworfen wird, durch Alkoholfällung — 342 — der alkalischen oder Kalium und Kupfer enthaltenden Lösung des bei der Verdauung gewonnenen Niederschlage« kann die Säure von den Resten eiweissartiger Beimengungen befreit werden. Die Säure ist leicht zersetzlich und nicht krystallisirbar , sie hat wegen dieser Eigenschaften der Untersuchung früher bedeutende Schwierigkeiten entgegengesetzt. Sie ist in Wasser und in wässerigen Säuren löslich und wird durch Alkohol nur bei Gegenwart von etwas Mineralsalz gefällt, in Aether ist sie unlöslich. Sie giebt keine Biuretreaction. Die Chondroitsäure bildet saure, basische und neutrale Salze, welche amorph sind und Hydratwasser enthalten, letzteres entweicht auch nicht beim anhaltenden Trocknen. Das neutrale Kupfer- und Barium- salz und die Kaliumsalze sind in Wasser löslich, das Eisensalz und das basische Kupfersalz sind unlöslich. Aus den Analysen der Salze ergiebt sich für die Chondroitsäure die Formel C1SH21 jV#017. Bei der Zersetzung der Chondroitsäure bildet sich zunächst unter Abspaltung von Schwefelsäure Chondroitin nach folgender Gleichung Ci8 Rri NSOri+H2 0 = C[S H21 NOu + H2 £04. Chondroitsäure Chondroitin Das Chondroitin ist in seinen Eigenschaften dem arabischen Gummi ähnlich und wie die in diesem Gummi enthaltene Arabinsäure ist auch das Chondroitin eine Säure und zwar eine einbasische. Es unterscheidet sich aber durch seinen Stickstoffgehalt von den ver- schiedenen Gummisäuren, die bekanntlich aus einer Metamorphose der pflanzlichen Zellwaud hervorgehen. Bei der weiteren Zerlegung des Chondroitins durch verdünnte Säuren tritt eine Spaltung ein, indem sich einerseits Essigsäure bildet, andererseits ein neues stickstoffhaltiges Product, das Chondro sin. G18 H27 NOLi + 3H.20=CV1 Hn NOn + 3C,H, 0.2 Chondroitin Chondrosin Essigsäure Das Chondrosin ist eine Amidosäure, wie das Leucin und ver- bindet sich, wie die Amidosäuren überhaupt, sowohl mit Basen wie mit Säuren. Das freie Chondrosin ist eine gummiartige Masse, welche sich in Wasser löst und lösliche Verbindungen bildet. Diese Säure reducirt Kupferoxyd in alkalischer Lösung und dreht die Ebene des polarisirten Lichtes nach rechts. Die weitere Spaltung des Chondrosins kann durch Barythydrat bewirkt werden und verläuft nach Schmiedeberg in folgender Weise Cn Hn NOn +^0=Q, HlQ 07 + q, Hn NOlb Chondrosin (Glykuronsäure) (Clykosamin) — 343 — Die Formel (\-II[()0- ist die der Glykuronsäure und Q //,., \( A die N: CH- (CHOH), - COOH " (CHOH), CH2-0-SOzH Eine sehr bemerkenswerthe Eigenschaft der Chondroitsäure ist ihre Fähigkeit, sich mit Eiweisskörpern und Albuminoiden, z. B. Leim, zu verbinden. Sie ruft in den angesäuerten Lösungen von diesen Stoffen Niederschläge hervor, ähnlich wie die Nucleinsäure, die eben- falls Kohlehydratgruppen enthält und wie die Gerbsäure. Die Verbin- dung von Eiweiss und Chondroitsäure heisst Chondromucoid und ist im Knorpel enthalte». Das „Chondrin" von Jon. Müller ist. Avie schon oben erwähnt, eine Vereinigung von Leim-Chondroitsäure Gluten- chondrini mit Alkali. — 344 — Das Chondr omucoid wurde von C. Th. Mörner beschrieben und wenn auch die chemische Individualität des untersuchten Products nicht bewiesen ist, so giebt diese Beschreibung doch eine Vorstellung von den Eigenschaften der ursprünglich im Knorpel vorhandenen Verbindungen. Es ist den Murinen in seinen Eigenschaften und in seiner Zusammen- setzung sehr ähnlich. Wie das Murin ist es ein Körper von sauren Eigenschaften. Es ist in destillirtem Wasser unlöslich und wird durch vorsichtigen Zusatz von wenig Alkali gelöst. Hierbei wird das Alkali neutralisirt, die Lösung ist bei einiger Concentration dicklich. Durch Digestion von knorpeligen Organen mit Wasser von 40° oder auch bei höherer Temperatur wird es dem Knorpel entzogen und in Lösung übergeführt. Durch Aufkochen wird die Lösung nicht coagulirt, Säuren erzeugen einen Niederschlag. Die Fällung mit Essigsäure ist im Ueberschuss des Fällungsmittels unlöslich, Fällungen mit Mineral- säuren lösen sich im Ueberschuss, zum Theil schwer, wieder auf. Neutralsalze der Alkalien, z. B. Kochsalz, verhindern die Bildung des Niederschlages. Essigsäure und Ferrocyankalium bewirken keine Fällung. Ebensowenig wird die Lösung des Chondromucoids von Gerbsäure gefällt, ja diese Lösung besitzt sogar die Fähig- keit, eine Fällung beigemischter Eiweiss- oder Leimlösungen durch Gerbsäure zu verhindern. Die Analyse des Chondromucoids ergab 47",30°/0 C; 6,42% H; 12,58°/o JVj 2,42 % £; 31,28% 0 (C. Th. Mörner, 102). Durch Pepsinsalzsäure uud durch Trypsin wird der Körper ge- löst; bei der Einwirkung von Alkalilauge bei Zimmertemperatur zer- fällt er in Alkalialbuminat , Pepton, Chondroitsäure und schwefel- saures Salz. Man kann mit Hülfe der Chondroitsäure eine künstliche Ver- knorpelung collagenhaltiger Theile hervorrufen. Dieser Process ist in gewisser Beziehung der Einwirkung des Tannins beim Gerben ähnlich. Legt man entkalkten Knochen in eine Lösung von chon- droi'tsaurem Kali, so findet bei 40 ü eine Fixirung der Chondroitsäure statt und man erhält ein Product, welches die charakteristischen Be- standtheile des „Chondrins" der früheren Autoren enthält. Das Collagen. Das Collagen findet sich in den Bindegewebsfasern, in den Knorpeln und Knochen. Diese Substanz wird durch die anhaltende Einwirkung siedenden Wassers in Leim oder Glutin übergeführt, — 345 — und der Lein) wird wiederum im trockenen Zustand durch Erhitzen auf 130° in Collagen oder eine dem Collagen sein- ähnliche Substanz zurückverwandelt. Es giebt mehrere Collagene, welche sich durch ihre grössere oder geringere Widerstandsfähigkeit gegen die Einwir- kung siedenden Wassers und gegen Verdauungsfermente unterscheiden. Auch die aus denselben hervorgehenden Leimarten sind verschieden, wie die Elementaranalyse beweist. Der aus Trachealknorpel gewon- nene Leim zeichnet sich z. B. durch seinen niedrigen Stickstoffgehalt aus. Immerhin sind diese Unterschiede bisher so wenig definirt, dass es noch gestattet sein mag, von „dem Collagen" zu sprechen. Das Collagen ist in Wasser und Alkohol unlöslich, quillt in der Kälte in Aetzalkalien und in Säuren, besonders in Essigsäure und löst sich in heissen Alkalien. Die Quellung des Collagens iu Säuren wird durch Kochsalzgehalt der Lösung verhindert, wenn dieser Ge- halt mindestens 3,75 Procent beträgt '. Das Collagen wird sowohl in frischem Zustand als auch nach der Behandlung mit Alkohol, Müller' scher Flüssigkeit oder Pikrin- säure durch Pepsinsalzsäure verdaut; es verliert diese Verdaulichkeit auch nicht, wenn es vorher mit Chromsäure im Dunkeln in Berührung gewesen war 5 es wird aber unverdaulich, wenn die Chromsäure unter dem Einfluss der Belichtung eingewirkt hatte. Trypsin löst das Col- lagen nur dann, wenn das letztere vorher gekocht war; die Lösung, findet auch statt, wenn es vor dem Kochen der Eimvirkung von Al- kohol, Osmiumsäure, Chromsäure im Dunkeln, MüLLEu'scher Flüssig- keit oder Pikrinsäurelösung ausgesetzt war , Chromsäure im Hellen hebt die Verdaulichkeit auf (A. Ewald 10, Bd. VILT, S. 1). Die Lösung des Leims erstarrt bekanntlich beim Abkühlen zu einer Gallerte. Leim ist in Alkohol unlöslich, in verdünnten Säuren löslich, aus essigsaurer Lösung durch Ferrocyankalium nicht fällbar, wohl aber durch Quecksilberchlorid, Metapliosphorsäure und Gerbsäure. Da der Leim bei der Spaltung kein Tyrosin liefert, so giebt er auch nicht die für Eiweissstoffe charakteristische Rothfärbung mit Milloxs Reagens. Mit Natronlauge und Kupfersulfat giebt der Leim schon in der Kälte die Biuretreaction. Durch längeres Kochen mit Wasser. oder durch die Einwirkung verdünnter Säuren (»der Alkalien oder durch Pepsinsalzsäure oder Trypsin verliert seine Lösung die Fähig- keit zu erstarren. Bei dieser Zersetzung entstehen zunächst die Leim- *) Man bedient sich einer lOprocentigen Kochsalzlösung, um gequollenes Collagen wieder zum Schrumpfen zu bringen. — 346 — peptone, bei weiterer Spaltung Leucin, Asparaginsäure, Glutaminsäure, aber kein Tyrosin. Die Zahlen, welche man für die procentische Zu- sammensetzung des Collagens gefunden hat, zeigen keine genügende Uebereinstimmung; als Beispiel sei die Analyse der Sehnen (Scheerer) angeführt : C 50,77 % ; H .7,15 °/0 ] N 18,32 °/0 ; 0 + 8 23,75 »/0. Man nimmt an, dass die Umwandlung des Collagens in Leim unter Aufnahme der Elemente des Wassers stattfindet. Die Fette. Als Fette bezeichnet man bekanntlich die Ester des Glycerins, C3 Hb (OH)3 mit Fettsäuren CaH2a 02 und CnH2n_2 02. In den Fetten des Thierkörpers sind mit einem Molekül Glycerin drei Moleküle der Fettsäure in Verbindung. Am häufigsten finden sich in dem Fett- gewebe die Verbindungen der Palmitinsäure (CltiHZ2 02), der Stearin- säure (C18 HAii 02) und der Oelsäure (C18 Häi 02) ; seltener oder in geringen Mengen die der Buttersäure (C4 Hs 0.2) , Valeriansäure (CbHl(i 02), Capronsäure {QsHn 02), Caprylsäure (CsH[ti 02). Die Formel des Palmitins ist folgende: CsHb(OClfiHn 0),, die des Stea- rins CäH.0(OCuH,bO).äJ die des Oleins CsHb(OCiSRs3 0)3. Palmitin und Stearin sind bei gewöhnlicher Temperatur fest, Olein ist flüssig. Die im Thierreiche vorkommenden Fette sind stets Mischungen dieser drei Fettarten, in denen auch Lecithin und Cho- lesterin niemals fehlt; ihre Consistenz hängt somit von dem quantita- tiven Verhältniss der Bestandtheile ab, je mehr Ole'm in ihnen ent- halten ist, um so weicher ist das Fett und um so niedriger liegt der Schmelzpunkt. Das Fett aus dem Paimiculus adiposus des Menschen wird bei 15 — 22° flüssig und erstarrt bei 6 — 15°, das der Meren- gegend verflüssigt sich bei 25°, um bei 17° wieder zu erstarren. Eine andere Zusammensetzung zeigt, das Fett anderer Wirbelthiere, das des Hammels z. B. schmilzt erst bei ungefähr 50°. Oft beob- achtet man in Fettzellen oder auch im ausgelassenen Fett, dass ein Theil krystallinisch erstarrt ist, während der Rest noch im flüssigen Zustand verharrt. Die Fette sind unlöslich in Wasser , leicht löslich in Aether, Chloroform, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Anilin und flüchtigen Oelen, wenig löslich in kaltem, leicht in heissem Alkohol. Ein flüssiges Fett, z. B. Olein, ist auch im Stande, ein festes, z. B. Palmitin, ferner Fettsäure, Cholesterin, Lecithin und gewisse Farbstoffe aufzulösen. Die Fette lösen sich in geringem Maasse in Seifenlösung und in der Lösung gallensaurer Salze. Wenn ein Fett, welches Fettsäuren ge- — 347 löst enthält, mit einer alkalischen Lösung (z. I>. mit Sodalösung) ge- schüttelt wird, so findet eine bleibende feine Vertheilung („Emulsion") des Fettes statt, eine ähnliche Vertheilung kann auch durch Schütteln mit schleimigen Lösungen hervorgerufen werden. Die Fette werden durch Lösung von Osmiumsäure geschwärzt. Durch die Einwirkung von Wasserdampf bei Loher Temperatur, oder von siedender Alkali lösung , oder durch Fäulniss- und andere fermentative Einwirkungen werden die Fette zerlegt in Grlycerin und Fettsäuren l (Verseifung der Fette). Die Pigmente. Die Pigmente sind Substanzen, welche lediglich nach Mass- gabe einer physikalischen Eigenschaft, der Lichtabsorption, in einer Gruppe vereinigt werden, deshalb ist ein chemischer oder physio- logischer Zusammenhang aller dieser Stoffe von vornherein nicht zu erwarten. Blut- und Gallenfarbstoffe, welche unter besonderen Ver- hältnissen in bindegewebigen Theilen auftreten können, werden später behandelt, über die anderen Pigmente ist wenig bekannt. Das Fett ist fast stets mit rothen oder gelben Farbstoffen durchtränkt, welche Absorptionen in der blauen oder violetten Region des Spektrums er- kennen lassen , welche sich in Aether , Alkohol , Benzol , Schwefel- kohlenstoff, Chloroform lösen, in Wasser unlöslich sind, aber in die Seifenlösungen übergehen. Durch concentrirte Schwefelsäure oder Salpetersäure wird ihre Farbe in eine blaue verwandelt. Eine Rein- darstellung eines Repräsentanten dieser Gruppe, welche eine Auf- klärung über die chemische Natur derselben hätte geben können, ist bisher noch nicht gelungen. Zu diesen Substanzen, die unter dem Namen Lipochrome zusammengefasst sind, gehört auch das Lutein, welches in grösserer Menge in den Corpora lutea angehäuft ist. Gewisse Zellen bindegewebigen Ursprungs , welche sich in der Cutis, der Arachnoidea, der Choroidea, der Iris vorfinden, enthalten braune oder schwarze Pigmente , von denen nur der Farbstoff der Choroidea chemisch untersucht ist. Der letztere erwies sich in Wasser, Alkohol, Aether, Benzol, Eisessig unlöslich, in Alkalien löslich, durch Säuren fällbar. Die Substanz ist stickstoffhaltig, frei von Schwefel und Eisen. Sie wird durch Chlor entfärbt, bewahrt aber gegen die Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd ihre Farbe. Die Zusammen- setzung der aus Rindsaugen dargestellten Substanz nach einmaligem *) Vergl. auch Bd. I, S. 292. — 348 — Lösen in Alkali und Ausfällung- durch Säure ist folgende: C 59,9 bis 60,34%; #5,02— 4,61 °/0; iV 10,81 0/0 5 Asche 2,15 °/0 (Sieber 104). Aehnliche Substanzen treten besonders unter pathologischen Verhält- nissen im Thierkörper auf. II. Die eben beschriebenen secundären Stoffe sind es hauptsächlich, welche den einzelnen Gewebsarten aus dieser Gruppe ihre Eigenart verleihen. Wir unterscheiden diese Gewebsarten von einander im Grunde nicht nach den erkennbaren Verschiedenheiten der Zellen, sondern nach der chemischen Beschaffenheit und der Ablagerungsart der genannten Bestandtheile. Das embryonale Bindegewebe, die Bindegewebsfasern und elastischen Fasern. Drei Punkte sind in chemischer Hinsicht bezüglich des embryo- nalen Bindegewebes beachtenswerth, erstens der hohe Wasser- gehalt, zweitens das Vorkommen einer mucinähnlichen Substanz oder des Mucins selbst, drittens das Fehlen des Collagens (Schwann, Schloss- berger 105). Diese Eigenthümlichkeiten sind auch im Schleim- gewebe aus dem Nabelstrang zu finden, hier ist Mucin mit Sicher- heit nachgewiesen, wie aus den Untersuchungen von Obolensky (6, IV S. 349) und Jernström (103) hervorgeht, von Scherer wurde auch constatirt, dass der Nabelstrang anfangs kein Collagen enthält. In höherem Masse weicht das Gewebe des Glaskörpers von dem embryonalen Gewebe ab, da hier eine mucinähnliche Substanz nur in ein- zelnen Thierklassen erhalten ist, während es anderen fehlt (Schwalbe 106), dagegen treten hier andere Eiweisskörper auf, nämlich Serum- albumin und Globulin (Cahn). Ueber die Bindegewebsfasern, die elastischen Fasern und das Fettgewebe ist dem Inhalt des vorigen Capitels Nichts hinzuzufügen; wir wissen, dass die ersteren aus Collagen bestehen, während die elastischen Fasern neben dem Elastin eine noch nicht defmirte Eiweisssubstanz enthalten, deren Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung siedender Säuren und Alkalien geringer ist als die des Elastins. Die Chorda dorsalis. Das Zellgewebe der Chorda dorsalis nimmt in chemischer Hinsicht innerhalb der Bindegewebsgruppe eine besondere Stellung ein — 349 — iiml darf deshalb hier nicht unerwähnt bleiben. Zunächst ist. der hohe Wassergehalt auffallend, ich fand im Chordastrang des Störs ungefähr 96 Procent Wasser, wahrend der umgebende Knorpel der Wirbel- säule bei demselben Thiere 81,5% Wasser enthielt. In diesem Ver- halten gleicht die Chorda dem embryonalen Gewebe, welches wie er- wähnt, sehr wasserreich ist. Auch der Glykogenreichthum embryonaler Gebilde ist der Chorda eigentümlich, nach meinen Analysen betrug der Glykogengehalt 13 Procent des trocknen Rückstandes (Chorda- strang des Störs). Collagen und Chondromucoid fehlen im Chorda- strang, auch Elastin ist bisher nicht nachgewiesen. Der feste Rück- stand wird hauptsächlich von dem früher erwähnten fibrinähnlichen Eiweisskörper gebildet. Fette, Cholesterin und Lecithin können nur in sehr geringer Menge vorhanden sein (20, Bd. XV, S. 331). Das Knorpelgewebe. Das Knorpelgew eb e enthält im normalen Zustande Chondro- mueoide neben Collagen und Chondroitsäure , es können ausserdem noch Albumoid, Elastin, sowie anorganische Stoffe in der Intercellular- substanz des Knorpels vorhanden sein. Wie Schmiedeberg (1. c.) ge- zeigt hat, steht das Vorkommen der Chondroitsäure im Knorpel in keinem Zusammenhang mit der morphologischen Structur desselben, da in Enchondromen Knorpelgewebe ohne Chondroitsäure gefunden wird. Durch siedendes Wasser werden dem Knorpel die Bestand- teile der „Chondrinballen" , nämlich das Chondromucoid, die Chon- droitsäure und der Leim entzogen. Die Lösung gelatmirt wegen der Gegenwart des Leims beim Erkalten, sie wird durch Gerbsäure aber nicht gefällt, da das Chondromucoid das Eintreten dieser Reac- tion verhindert. Das Albumoid findet sich im Tracheal-, Thyreoideae-, Cricoideal- und Arythenoideal-Knorpel des Rindes nur im erwachsenen Zustand. Das Albumoid dieser Knorpelarten wird ebenso wie das im Netz- knorpel vorhandene Elastin als ungelöster Rückstand gewonnen, wenn man die Knorpelsubstanz im geschlossenen Rohr längere Zeit auf 120° erhitzt, hierbei gehen die das „Chondrin" bildenden Stoffe in Lösung. Wenn man z. B. den Knorpel der Ohrmuschel auf diese Weise behandelt, so bleibt die Elastinmasse „dehnbar wie ein Stück frische Aorta" zurück (Hoppe-Seyler 107). Bei der Exträction mit verdünnter Kochsalzlösung liefert der Knorpel etwas Globulinsubstanz (Hoppe-Seyioeb). In den Knorpel- zellen findet sich nach den Untersuchungen von Ranvier, Neumann — 350 — und Barfurth (1, Bd. XXV, S. 300) Glykogen, welches durch längeres Hungern zum Verschwinden gebracht werden kann. Seine Gewinnung ist sehr- schwierig , da das Gewebe das Eindringen von Extractionsmitteln nicht gestattet und die Menge des Glykogens nur sehr gering ist. Auch Fett wird als Bestandtheil des Knorpels an- geführt und zwar soll der Fettgehalt 2 — 5 Procent der trockenen Substanz betragen. Der Wassergehalt beträgt 54 bis 70 Procent des Gewebes. Eine sehr auffallende Eigenthünilichkeit des Knorpels ist die Neigung zur Aufspeicherung anorganischer Stoffe in der inter- cellulären Substanz. Das Verhältniss zwischen organischen und an- organischen Bestandteilen ist aber kein feststehendes, wie im Knochen, sondern es schwankt innerhalb weiter Grenzen. Im Knorpel aus dem menschlichen Organismus fand v. Bibra 2 bis 6V Procent Asche; aus dem Rippenknorpel alter Thiere (wohl in hohem Grade verkalkt) er- hielt derselbe Analytiker 41,9 °/0 (Pferd) und 45,1 °/0 (Katze) Asche. Wenn diese Verkalkung auch vorwiegend im höheren Alter beobachtet wird, so darf man doch nicht annehmen, dass der Aschegehalt des Knorpels regelmässig mit zunehmendem Alter ansteige ; nach C. Th. Mörner's (102) Analysen erweist sich sogar der Knorpel junger Kälber aschereicher als der erwachsener Rinder, der Aschegehalt der ersteren betrug im Mittel 7,29 Procent, der der letzteren 5,92 °/0. Die Zusammensetzung der beim Verbrennen des Knorpels zurück- bleibenden Asche weicht, wie die nachfolgenden von v. Bibra aus- geführten Analysen des Rippenknorpels eines 40jährigen Mannes lehren, von der Asche anderer Gewebe des Thierkörpers sehr be- trächtlich ab (107 A). In 100 Theilen Asche Calciumphosphat 13,09 Calchunsulfat ...... 79,03 Magnesiumphosphat .... 3,78 Natriuinsulfat 1,22 Natriumphosphat 0,93 Natriumcarbonat ..... Spur Chlor natrium ...... 1,95 Man ersieht aus diesen Zahlen, dass der Knorpel sehr viel Calcium neben wenig Magnesium .und Natrium enthält. Bemerkenswerth ist der Mangel oder die Armuth an Kalisalzen und der hohe Gehalt an Sulfaten. Die Schwefelsäure der Sulfate entsteht hauptsächlich aus den schwefelreichen Intercellularsubstanzen, dem Chondromucoid und 351 — der Chondroitsäure 5 der Schwefelgehall des Knorpels beträgt nach Mörner etwa 2 Procenl (bezogen auf trockne aschefreie Substanz)^ Während es bei den höheren Thieren vorwiegend Calcium ist, welches -- anscheinend in organischer Verbindung - im Knorpel aufgespeichert wird, findet man bei den Knorpelfischen grosse Mengen von Kochsalz in der intercellulären Masse. Petersen und Soxhleti 108 I, berechnen aus ihren Analysen, die sie am Knorpel eines Haifisches anstellten, dass in 100 Theilen des frischen Knorpels 74,20 Theile Wasser, 8,03 Theile organischer Substanz und 17,77 Theile anorga- nischer Stoffe vorhanden sind, in letzteren sind 10,09 Theile Koch- salz enthalten. Wäre das Kochsalz gelöst, so müsste eine Lösung den Knorpel durchtränken, welche 22 Procent Kochsalz enthält. Die Existenz einer solchen Lösung ist innerhalb eines thierischen Gewebes nicht denkbar, wir werden also zu der Annahme gezwungen, dass das Kochsalz in einer ungelösten Verbindimg in der Knorpelsubstanz enthalten sei. Das Knochengewebe. Die anorganischen Einlagerungen, die im Knorpel in geringer Menge auftreten, die nur in Folge einer pathologischen oder Alters- veränderimg eine beträchtliche Höhe erreichen können, bilden im Knochengewebe den Hauptbestandteil der intercellulären Masse. Wir haben die Intercellular Substanz des Knorpels als eine Ablagerung von Collagen kennen gelernt, welche mit anderen organischen Stoffen, dem Chondromucoid und der Chondroitsäure imprägnirt oder chemisch verbunden ist. Ganz ebenso bildet auch im Knochen das Collagen eine Grundsubstanz, hier ist es aber nicht eine organische Substanz, sondern ein anorganisches Kalksalz, welches mit dieser Grundmasse vereinigt ist. Wie im Knorpelgewebe , so sind auch im Knochen die Zellen von einer widerstandsfähigeren organischen Hülle umgeben, in die übrige Intercellursubstanz eingelagert. Die chemische Natur dieser Hülle, welche sämmtliche Hohlgebilde des Knochens resp. des Zahn- beins, also auch die Knochenkanälchen und die HAVERs'schen Kanäle auskleidet, ist noch nicht ergründet. Virchow isolirte sie durch Salz- säure, welche bei anhaltender Einwirkung die Grundsubstanz früher löst als diese Hüllen, in der den Knochenkörperchen eigenthümlichen Gestali und Hoppe-Seyler konnte sie gewinnen, indem er die Kalk- salze durch Salzsäure entfernte und dann nach sorgfältigem Aus- waschen den Leim durch siedendes Wasser in Lösung brachte, Broe- — 352 — sike benutzte unter Anderem ein siedendes Gemisch von Glycerin und Essigsäure für denselben Zweck. Die diese Hüllen bildende Substanz löst sich leicht in Kalilauge, leichter als die collagene Substanz des Knochens (Broesike 1, XXI S. 720). Aus Keratin kann der fragliche Körper nicht bestehen, denn er wird durch anhaltende Einwirkung des siedenden Wassers gelöst (Kölliker 109) und durch Pepsinsalzsäure bis auf einen kleinen Rest verdaut, welchen man bei der Einwirkung einprocentiger Kalilauge in Lösung gehn sieht. Die durch Kochen mit Grlycerin-Essigsäure isolirten Hüllen werden durch Trypsinsodalösung, und ebenso durch zehnprocentige Kalilösimg zum Verschwinden ge- bracht (Smith 10, Bd. XIX, S. 469). Besondere chemische Eigen- tümlichkeiten, welche etwa die von dieser Hülle eingeschlossenen Knochenzellen vor anderen Zellen auszeichnen , sind nicht bekannt, ebensowenig ist das die Knochenfibrillen bildende Collagen durch be- sondere Eigenschaften von dem Collagen des lockeren Bindegewebes unterschieden. Der in den Knochen enthaltene Kalk befindet sich in einer Ver- bindung mit Phosphorsäure und Kohlensäure, welche von verschiedenen Forschern eine verschiedene Deutung erfahren hat ; Hoppe-Seyler's Auffassung (19, S. 104) erklärte die Thatsachen in der einfachsten Weise. Aus den zahlreichen Analysen der Knochen ergiebt sich — wie Hoppe-Seyler zuerst darlegte — dass annähernd auf 10 Atome Calcium 6 Moleküle Phosphorsäure gefunden werden; es stehen also 18 Valenzen der Phosphorsäure 20 Valenzen des Calciums gegenüber. Derjenige Theil des Calciums-, welcher durch Phosphorsäure nicht gesättigt wird, ist zum grösseren Theil mit Kohlensäure, zum gerin- geren Theil mit Chlor und Fluor in Verbindung. Hoppe-Seyler hat die Anordnung der Atome in dieser Verbindung durch folgende Formel veranschaulicht, welche auf die sehr geringen Mengen des Chlors und Fluors keine Rücksicht nimmt. Caf Ca CO% GT ^Ca PO, Ca^ ' >Ca po^ , ^pa ^Ca COo Ca PO^ Ca o , 1 Ca .Cor ^POA" Dieses Calciumphosphatcarbonat ist nicht etwa dem Knochen oder der Bindegewebsgruppe eigentümlich , sondern es findet sich nach Hoppe-Seyler auch in einem Gebilde epithelialen Ursprungs, 353 dem Zahnschmelz. Die Aehnlichkeit dieser Verbindung mit dem Apatit^ welcher dasselbe Verhältniss zwischen Calcium und Phosphor- säure zeigt (welcher aber keine Kohlensäure enthüll , sondern -i.itt dessen Fluor und Chlor) ist nicht zu verkennen und dehnt sieh, wie später bei der Betrachtung des Zahnschmelzes gezeigt werden soll, auch auf physikalische Eigenschaften aus. Viel complicirtere Verhältnisse hat Aeby (109A) in den Knochen angenommen. Nach seiner Auffassung- soll in den Knochen ein eigen- thümliches basisches Phosphat neben kohlensaurem Kalk (Kreide) ent- halten sein. Das basische Phosphat kann seiner Zusammensetzung nach aufgefasst werden als eine Vereinigung von Orthophosphat (C(i?l P-, 08) mit Kalk, Kohlensäure und Wasser, und wird durch folgende Formel anschaulich gemacht : [6 Ca, P.x Os + 2 Äj 0 -f- 2 CaO + CO,} + 3 aq Der in diesem basischen Phosphat enthaltene überschüssige Kalk (CaO) soll mit der Kohlensäure in einer lockeren Verbindung, welche nicht der Kreide entspricht, vorhanden sein. Wir haben also im Knochen locker gebundene und fester gebundene Kohlensäure , erstere ist im basischen Phosphat, letztere in der „Kreide" enthalten. Aehnliche Verhältnisse sollen auch im Elfenbein vorhanden sein. Der Zahn- schmelz hingegen enthält nach Aeby neben der „Kreide" nur das Orthophosphat, unterscheidet sich also in der chemischen Constitution der anorganischen Theile vom Knochen. Dieser Unterschied findet auch seinen Ausdruck in den verschiedenartigen Umwandlungen, welche Knochen und Zahnschmelz nach langem Liegen in der Erde oder im Seidamm erleiden. Die unter Pfahlbauresten gefundenen Zähne lassen zum Theil eine auffallende Abgrenzung des Schmelzes erkennen, wel- cher sich mit schwarzblauer Farbe vom Zahnbein abhebt. Dieses Verhalten ist bedingt durch Veränderung, die der Schmelz unter dem Einfluss des kohlensauren Eisenoxyduls der Gewässer erleidet, er wird in Vivianit (phosphorsaures Eisenoxydul) verwandelt; das Zahnbein und der Knochen zeigen diese Metamorphose nicht. An- derseits nimmt die Knochensubstanz aus dem Wasser Fluor auf, der Schmelz aber nicht. Aus diesen und anderen Thatsachen zieht Aeby den Schluss auf die verschiedene chemische Natur der beiden Gebilde. Ausser den bisher genannten Bestandteilen rindet sich noch Magnesium, nach COSSA (110) auch Spuren von ('er, Lanthan und Didym in den Knochen. Folgende durch Zalesky's Untersuchungen iL':! s. r.i i gewonnene Zahlen ergeben die .Mengen der anorganischen S c h i c ff e rdecker-Kossel. •_>;; — 354 — Bestandtheile des menschlichen Knochens in Procenten der Gesammt- asche ausgedrückt: CaO MgO P2 05 C02 Gl F 52,83 0,48 38,73 5,73 0,18 0,47. Die Kohlensäure ist in dem getrockneten Knochenpulver bestimmt, da die Bestimmung derselben in der Knochenasche zu geringe Werthe giebt. l Um die Gleichmässigkeit der Zusammensetzung der Knochen verschiedener Species zu beweisen, möge eine ebenfalls von Zalesky ausgeführte Analyse der Bindsknochen hier Platz finden: CaO MgO P2 06 C0.2 Cl F 52,89 0,47 39,89 6,20 0,20 0,62. Eine besondere Aufmerksamkeit hat man seit längerer Zeit dem quantitativen Verhältniss zwischen den anorganischen und organischen Bestandteilen des Knochens zugewandt, da Manche geneigt waren, aus dem gleichmässig wiederkehrenden Zahlenverhältniss dieser beiden Theile auf eine constante chemische Verbindung beider zu schliessen. Um eine Vorstellung von der Gleichmässigkeit zu geben, welche zwi- schen dem verbrennlichen und dem feuerbeständigen2 Theil der Knochen herrschen kann, führen wir hier die Besultate der Bestimmungen an, welche Fremy an der compakten Substanz des Femurs weiblicher In- dividuen von verschiedenem Lebensalter ausführte. Lebensalter : Foetus Organ. Subst. in Proc. : 37,0 Neugeboren I 22 ■80 35,4 81 35,5 35,7 97 Jahre 35,1 35,2 1 35,4 Die Besultate verschiedener anderer Analytiker und die bei verschie- denen Knochen desselben Thiefes gewonnenen Zahlen zeigen zwar Ab- weichungen , diese sind aber wohl verständlich , wenn man die ver- schiedenartigen Beimengungen in Betracht zieht, welche der Bau des Knochens mit sich führen muss. Hoppe-Seyler schliesst aus den Analysen, dass die zwischen den Knochenzellen vorhandene Masse 25 — 26 Procent Collagen enthalten möge. Weder unter pathologischen Bedingungen noch durch abnorme Ernährung erleidet das Verhältniss *) Vergl. die Anmerkung auf folgender Seite. 2) Die Bestimmungen des Gehalts an organischer Substanz, sind ge- wöhnlich durch Glühen des Knochens ausgeführt und man hat die zurück- bleibende Asche als anorganische Substanz (Knochenerde), den Glühverlust als organischen Theil in Rechnung gezogen. Diese Berechnung ist nicht genau richtig, da beim Glühen einer Mischung von Calciumphosphat und Carbonat ein Verlust von Kohlensäure stattfindet, der sich nachträglich auch durch Behandlung mit kohlensaurem Ammoniak nicht ersetzen lässt. Vgl. Webel, Journ. f. pract. Chemie [2] Bd. 9, S. 113. — 355 zwischen organischen und anorganischen Stoffen eine bemerkenswerthe Aenderung; entstellt der Knochen, so werden beide zugleich gebildet, wird er resorbirt, so verschwinden beide gleichmässig. Die Arorstellung, dass eine chemische Verbindung zwischen Col- lagen und Knochenerde die Ursache der erwähnten analytischen Er- gebnisse sei, konnte nur so lange bestehen, als man eine homogene Beschaffenheit der intercellularen Masse annahm. Seitdem ist aber durch die Untersuchungen v. Ebner's erwiesen, dass diese Masse aus einem Gewebe feiner unverkaufter Fibrillen besteht, die zwischen der die Knochenerde enthaltenden Kittsubstanz gelagert sind. Beim Glühen des Knochens verschwinden diese Fibrillen und lassen den Raum, den sie einnahmen, als Höhlung zurück — ein Beweis, dass sie vorwiegend oder rein organischer Natur sind. Diese Thatsachen schliessen zwar die Möglichkeit nicht aus , dass in der Kittsubstanz eine chemische Verbindung zwischen Knochenerde und Collagen vorliege , aber sie machen die Annahme unmöglich , dass diese Verbindung durch die Ergebnisse der Analysen zum Ausdruck gebracht werde. Das constante Verhältniss zwischen Collagen und Knochenerde muss als Folge einer gleichmässigen Vertheilung der Fibrillen in der Kittsubstanz betrachtet werden. Ich habe früher darauf hingewiesen *, dass die Analysen zelliger Gebilde in manchen Fällen eine Ueberein- stimmung zeigen , welche durch die stets gleiche Gestalt und Grösse der morphologischen Elementartheile bedingt ist und habe dies durch die Analyse der Spermatozoon illustrirt. Hier sehen wir dasselbe in der intercellularen Masse eintreten. Die Frage nach der Ursache dieser Uebereinstimmung der analytischen Ergebnisse ist in beiden Fällen nicht durch chemische Affinitäten zu erklären ^ sondern sie fällt zusammen mit der noch ungelösten Frage nach den Ursachen des Ebenmasses, welches zwischen den Theilen eines Organismus obwaltet. Das rothe Knochenmark enthält ausser den primären Be- standteilen der Zellen Blutfarbstoff und eigentümliche noch nicht näher bekannte eisenhaltige Substanzen , welche wahrscheinlich zur Bildung des Blutfarbstoffs in Beziehung stehen (H. Nasse). Das Fett des gelben Markes besteht, wie die meisten thierischen Fette aus den Verbindungen der Oelsäure, Palmitinsäure und Stearinsäure. ') Dieser Band, Cap. II. 23* ZEHNTES CAPITEL. Morphologie des Blutes, der Lymphe und des Chylus. Blut, Lymphe und Chylus haben das Gemeinsame, dass sie eine Flüssigkeit darstellen mit darin suspendirten morphologischen Elementen. Der Chylus ergiesst sich in den Lymphstrom, dieser in das Blut, so dass in diesem die Bestandteile jener mit enthalten sind, A) Das Blut. Das Blut lässt an geformten Elementen erkennen : Die rothen Blutkörperchen, Die weissen Blutkörperchen, Die Blutplättchen. n Ferner : kleinste Fetttröpfchen, Körnchen (?). Die beiden ersten sind Zellen oder Modifikationen solcher, die morpho- logische Stellung der Blutplättchen ist noch unbekannt. Die Fett tröpfchen und Körnchen sind mehr zufällige Beimengungen. Die Flüssigkeit , in welcher diese Formelemente sich befinden, das „Blutplasma", ist der Intercellularsubstanz der anderen Ge- webe nur zum Theil homolog , da sie von aussen her , von den in den Körper aufgenommenen Nahrungsmitteln, theils direct, theils in- direct durch Vermittelung des Chylus und der Lymphe, Stoffe in sich aufnimmt, sowie die sonst von den Geweben gelieferten Stoffwechsel- 357 producte, soweit solche in die Gewebslymphe gelangen. Dasa diese Flüssigkeit indessen zu einein wesentlichen Theile wirklich :ils eine [ntercellularsubstanz aufzufassen ist, dafür spricht einmal der Um- stand, dass sie sieh bei der ersten Blutbildung in der Entwickelung als solche anlegt und zweitens ihre spezifische , charakteristische Be- schaffenheit. Die Function des Blutes ist die, allen übrigen Elementen des Körpers die zum Leben nothwendigen Stoffe zuzuführen, sie zu er- nähren. Es theilen sich in diese Function einerseits die weissen Blut- körperchen und das Plasma, andererseits die rothen Blutkörperchen, welche letzteren speciell den Gasaustausch vermitteln, also „respira- torische Elemente" sind. Da das Blut theils direct, theils iudirect durch Vermittelung der aus den Körpertheilen ihm zuströmenden Lymphe, auch wieder alle nicht mehr für das Leben brauchbaren, aus dem Stoffwechsel der Zellen herrührenden Stoffe aufnimmt , so muss es von diesen befreit werden, und dazu dienen die Lunge und einige Drüsen (Leber, Niere, Schweissdrüsen etc.). Betrachten wir zunächst die morphologischen Elemente des Blutes. Die rothen Blutkörperchen. Dieselben sind gemäss ihrer spe- cifischen Function als respiratorische Elemente mehr oder weniger stark differenzirte Zellen. Bei den Evertebraten kommen ihnen ent- sprechende Elemente mehrfach vor (Cuenot 93, 1889). Sie sind bei den niedriger stehenden Vertebraten kernhaltige Zellen mit differen- zirtem Zellleibe, bei den höchsten Vertebraten, den Säugern, kernlose Gebilde, die also nicht mehr den Werth einer Zelle besitzen. Der Kern ist der Function zum Opfer gefallen, die Blutzelle hat an eigenem Lebenswerth verloren, um dem Ganzen besser dienen zu können l. Die Form der menschlichen rothen Blutkörperchen ist die einer kreisförmigen Scheibe mit abgerundetem Rande und einer beider- seitigen centralen Delle (Figur 201). Demgemäss wird ein solches ') Nach Minot (IG, V) sollen allerdings die kernlosen rothen Blut- körperchen der Säugethiere niemals den Werth einer Zelle besessen haben, sondern wie er in Uebereinstiummng mit den von Ranvter (9) Schäfer (89, 1874 und 78), II.vykm (77) LeboüCQ (90), Küborn (16, V) gemachten Beobachtungen (vergl, auch Rollett 91), angiebt, intracellulär in den ge- fässbüdenden Zellen* („cellules vasoformatives") entstehen. Minot nennt sie daher: Blutpia stiden, im Gegensätze zu den Zellen darstellenden rothen mit Kernen versehenen Blutkörperchen der übrigen Wirbelthiere , und das Säugethierblut : Piastidenblut, (s. wegen des Näheren das Capitel über „Blutbüdung"). — 358 — Körperchen von der Fläche gesellen je nach der Einstellung bald eine dunkle Mitte und einen hellen Band (Figur 201 d) bald umge- kehrt eine helle Mitte und einen dunklen Eand erkennen lassen. Auf dem optischen Durchschnitte wird es biscuitförmig sein (Figur 201 c), und in schrägen Stellungen verschiedene , leicht ableitbare Formen 201 Körperchen aus frischem menschlichem Blute, ohne Zusatz. Vergr. 600. a = rothes Blut- körperchen leicht nach einer Seite durchgehogen ; h = ein grosses und ein kleines rothes Blutkörperchen ; c = ein rothes Blutkörperchen von der Kante gesehen, im optischen Durch- schnitte durch seine Mitte: Biscuitform; d = mittelgrosses rothes Blutkörperchen; e = Stechapfelformen ; f = kleine weisse Blutkörperchen , Kern nicht sichtbar ; g = Geldrollen- anordnung der rothen Blutkörperchen ; h = rothes Blutkörperchen von der Kante gesehen, leicht gebogen; i = rothe Blutkörperchen, kugelig gequollen; k = grössere Formen von weissen Blutkörperchen, Kern nicht sichtbar. aufweisen, wobei noch zu berücksichtigen ist, dass die Scheibe bieg- sam ist. (Figur 201 a, h.) Die Farbe des Blutes ist, wie bekannt, mehr dunkelroth (Venen- blut) oder mehr hellroth (Arterienblut). Dieselbe wird bedingt durch die Färbung der rothen Blutkörperchen. Einzeln unter dem Mikro- skope bei durchfallendem Lichte erscheinen diese indessen keineswegs roth, sondern mehr gelbgrünlich, nur wenn mehrere übereinander ge- lagert sind , tritt ein rother Farbenton auf. Diese Färbung wird durch einen besonderen, chemisch darstellbaren Körper, den Blut- farbstoff, das Haemoglobin resp. Oxyhaemoglobin („Phle- bin" und „Art er in") bewirkt (vergl. Capitel XI). Die Grösse der Körperchen (vergl. auch Figur 201) ist beim Menschen die folgende: Der Durchmesser der Scheibe beträgt nach den ausgedehnten Untersuchungen von Hayem (77) im Durchschnitte — 359 7,5 fi (7,2 bis 7,8/0 -- Welckee (63, XX, 1863) hatte seinerzeit 7,7 1 jti (bei 1,9 fi Dicke) angenommen — indessen stimmt dieses Maass nur für die Majorität, die mittelgrossen (75°/o); die l2jö°/0 betragenden »'rossen Blutkörperchen messen von 7,8 /i bis 9 /t, die ebenfalls 12,5 °/q betragenden kleinen von 7,2 /.i bis 6 fi. Ausser- dem findet sieh noch eine geringe Anzahl von ausnahmsweise grossen Blutkörperehen, Riesenformen (globules geants, Hayem), die bis 10 [i und vielleicht noch mehr (in pathologischen Verhältnissen bis 12 fi) steigen können, und von ausnahmsweise kleinen, Zwergformen (glo- bules nains, Hayem), deren Durchmesser bis zu etwa 2,5 fx gefunden wird. Diese Zwergformen lassen gewöhnlich keine Delle erkennen und sind dunkler gefärbt als die mittleren Formen. Die Dicke der Körperchen beträgt für die mittleren Formen am dicken Rande 2,5 [i, in der Mitte 1,8 fu bis 2 (i (Hayem). Was die nähere Beschaffenheit der Körperchen anlangt , so sind dieselben ziemlich stark durchsichtig, auf der Oberfläche völlig glatt und gleichmässig und im Inneren durchaus homogen. Sie sind biegsam und weich, so dass sie beim Anstossen an einander oder an andere Gegenstände ihre Form leicht verändern, dabei aber wieder sehr elastisch, denn sobald der Druck aufhört, wird die alte Form sofort wieder angenommen. Dass sie auf ihrer Oberfläche klebrig seien, wie mehrfach behauptet wird (so auch Hayeji), erscheint mir nicht wahrscheinlich. Man sieht bei der Beobachtung des Blutstroms in den Gefässen und auch in einem lebendfrischen Blutpräparate sehr häufig Blutkörperchen zusammenstossen , sich eindrücken und wieder ohne jede Schwierigkeit sich trennen, was bei einer klebrigen Oberfläche nicht möglich wäre. Die Blutkörperchen haben allerdings eine hervorragende Neigung sich in Form von langen Reihen mit ihren platten Seiten auf einander zu legen und so Bildungen entstehen zu lassen, welche mit Cleldrollen grosse Aehnlichkeit besitzen (Figur 201 g), aber einmal lassen sich die Rollen bei einem Druck auf das Deck- glas ohne Schwierigkeit wieder auflösen und zweitens würde eine kleb- rige Oberfläche gerade der Bildung solcher regelmässiger Rollen hinder- lich sein, da die Körperchen an den verschiedensten Berührungspunkten miteinander verkleben würden. Andere Bilder scheinen allerdings auf den ersten Blick kaum anders als durch eine ziemlich hochgradige Klebrigkeit erklärt werden zu können : man sieht mitunter in dem Blutpräparate Körperchen, welche sich an einem Ende zu einem langen, feinen Stiel verschmälern , mit diesem auf dem Glase des Object- träffers festhaften und durch den Strom des Blutes zu einer lansr- — 360 Bw2 ovalen Form ausgezogen sind (Figur 202 Br2); lässt die Geschwindig- keit des Blutstromes nach, so nehmen die Körperchen wieder eine mehr kreisförmige Gestalt an, von dem Bande geht an einer Stelle der feine Fortsatz senkrecht nach dem Glase herunter und ist so nur schwer wahrnehmbar. Werden solche Körperchen durch einen starken Strom losgerissen, so nehmen sie sofort wieder die Gestalt Aus frischem menschlichem Blute, ohne Zusatz. Vergr. 700. Br = Conturen von normalen rothen Blutkörper- einer gewöhnlicheil Blllt- chen mittlerer Grösse; Br1 = rothes Blutkörperchen ° (Contur) an einem auf dem Glase des Objectträgers Scheibe an Und beweisen da- festhaftenden Blutplättchen angeklebt und durch eine Strömung im Präparate gedehnt und in einen Fortsatz durch klärlicll ihre aUSSei'- ausgezogen; Br- = rothes Blutkörperchen, ebenso, T . ... scheinbar direct am Glase haftend; Br* = ein rothes OrdeutllCll gl'OSSe FlaStlCltat. Blutkörperchen, ebenso, scheinbar direct am Glase ,-,. „ , , ., , haftend, ausgezogen, an ihm ein anderes rothes Blut- ÜjOenSO nnClet mall mitunter körperchen haftend, auch ausgezogen; Bw1 = kleine . . -p, , .. , weisse Blutkörperchen der ersten Gruppe , eines zeigt Hl einem JDlUtpr aparate ZWd einen deutlichen, einfachen Kern; Bw- = weisses Blut- 1Z"XT.T^0™«'110T, rlnvnln onao-a körperchen der zweiten Gruppe; Bw3 = eines der iVOrpeiUlCll ÜUlCn auböe- dritten Gruppe; Bp = Blutplättchen, noch ganz oder 7no,pl1p l.lno-P fpinp Fnrt- fast ganz normal; Bp1 = Blutplättchen , schon mehr /jU&cliü i«*iige , lerne j. ui i verändert, mit feinen Fortsätzen ;BpS = mehrere .Blut- g:itze mit einander VerblUl- plattchen zusammengeflossen mit feinen Fortsätzen. den ; dieselben befinden sich in einem Blutstrome, der eine Dehnung des Körperchens bewirkt, da das eine derselben wiederum am Glase des Objectträgers fest- haftet (Figur 202 Br3). Sieht man genau zu , so findet man stets, dass die beiden Fortsätze sich nicht wirklich berühren, sondern dass zwischen ihnen ein sehr feiner, ganz heller Spalt bleibt (s. Figur). Es muss in diesem sich eine ganz helle, homogene Substanz befinden, welche als Klebemittel die beiden Körperchen zusammenhält. Wird der Strom so stark, dass die Kraft dieses Klebemittels überwunden wird, so reissen die Körperchen ganz plötzlich von einander los, nehmen momentan Scheibenform an und füessen mit den übrigen weiter. Nun findet man aber weiter auch Körperchen, welche an kleinen, unschein- baren, ganz hellen, leicht körnigen Gebilden ansitzen, die ihrerseits wieder auf dem Glase aufruhen, und an demselben festgeklebt sind; es sind das die sogenannten „Blutplättchen", auf welche wir weiter unten noch einzugehen haben werden. Dieselben bestehen in der That aus einer sehr klebrigen Substanz. Wie Figur 202 Br1 es zeigt, haftet ein in einen Stiel ausgezogenes Körperchen unmittel- bar an der Oberfläche eines solchen Blutplättchens, von dem. übrigens — 361 — . auch oft feine Fortsätze ausgehen. Durch einen stärkeren Strom wird nun das rothe Körperchen leicht Losgerissen, und es i->t wohl nicht unwahrscheinlich, dass dabei eine kleine Menge der kleb- rigen Substanz des Blutplättchens an ihm haften bleibt. Dann ist dieser Theil der Blutscheibe mit einem kräftigen Klebemittel ver- sehen und vermag natürlich auch an anderen Körperchen oder an dem Glase zu haften; so können dann jene in Br2 und Br 3 darge- stellten Verbindungen zu .Stande kommen. Auch wäre es denkbar, dass diese Verbindungen direct durch ein Blutplättchen hergestellt worden wären, das später zerfallen ist — wie wir sehen werden. zerfallen diese Gebilde sehr leicht und schnell — doch ist mir dies deshalb nicht ganz wahrscheinlich, weil man bei diesem Zerfalle zu- nächst noch längere Zeit eine feinkörnige Masse findet, die in den beschriebenen Verbindungen durchaus fehlt. In dem innerhalb der Gefässe strömenden Blute sind die eben beschriebenen Anklebebilder nicht zn beobachten. Auch dieser Umstand spricht für die Mitwirkung der Blutplättchen, denn diese werden erst ausserhalb des Gefässes so eigenthümlich klebrig. Die rothen Blutkörperchen sind ungemein leicht veränderliche Gebilde, die auf die geringste physikalische oder chemische Ver- änderung der umgebenden Flüssigkeit mit Veränderungen ihrer Form oder Beschaffenheit reagiren. Die Form zeigt als erste Veränderungen Schrumpfungs- und Quellungserscheinungen, die Beschaffenheit ändert sich zunächst durch Austreten des Blutfarbstoffs. Bei einem Präparate von frischem Blute findet man sehr schnell eine Veränderung der- jenigen rothen Körperchen, welche an den Randpartieen sich befinden. Sie zeigen die sogenannte Stechapfelform (Figur 203 e), d. h. sie sind im Durchmesser etwas kleiner, dabei mehr kugelig geworden und auf der ganzen Oberfläche bedeckt mit einer grösseren Anzahl von stachelähnlichen Hervorragungen. Die Färbung ist intensiver als bei den normalen Körperchen. Die Form ist unverkennbar ent- standen durch eine Wasserentziehung , wie sie an den Randtheilen der Präparate ja zunächst zum Ausdruck kommen muss : die Form- veränderung ist eine einfache Schrumpfung. Diesem Zustande ent- spricht die Kugelform des Körperchens (Figur 203 i), welche bei leichter Quellung in Folge einer geringen Verdünnung des Plasmas eintritt. Die Kugel ist derjenige Körper, welcher den grössten In- halt im Verhältnisse zur Oberfläche besitzt, in sie wandelt sich daher die Scheibe zunächst um. Bei zunehmender Verdünnung des Plasmas und damit steigendem Wassereintritt in das Körperchen beginnt aber — 362 — eine Lösung des Blutfarbstoffs, derselbe tritt aus dem Körperchen in das Plasma aus, dieses wird diffus gelb-grünlich gefärbt, jenes wird hell, das Blut wird „lackfarbig". Die Körperchen werden da- bei so hell, dass man sie nur noch bei sehr aufmerksamer Betrach- tung als zartconturirte Gebilde zu erkennen vermag. Bei den kern- 203 Körperchen aus frischem menschlichem Blute , ohne Zusatz. Vergr. 600. a = rothes Blut- körperchen leicht nach einer Seite durehgehogen ; h = ein grosses und ein kleines rothes Blutkörperchen ; c = ein rothes Blutkörperchen von der Kante gesehen, im optischen Durch- schnitte durch seine Mitte: Biscuitform; d = mittelgrosses rothes Blutkörperchen; e = Stechapfelformen; f = kleine weisse Blutkörperchen, Kern nicht sichtbar; g = Geldrollen- anordnung der rothen Blutkörperchen ; h = rothes Blutkörperchen von der Kante gesehen, leicht gebogen ; i = rothe Blutkörperchen , kugelig gequollen ; k = grössere Formen von weissen Blutkörperchen, Kern nicht sichtbar. haltigen Blutkörperchen der niederen Thiere sieht man einen unge- mein zarten, hellen Hof um den deutlich hervortretenden Kern. Ein solcher Austritt des Blutfarbstoffs kann durch sehr verschiedene Mittel herbeigeführt werden, durch Zusatz von Wasser, von verdünnten Säuren, durch wiederholtes Frieren und Wiederaufbauen, durch Zu- leitung von elektrischen Schlägen. Verdünnte Kalilauge lässt ebenfalls den Farbstoff austreten, zerstört aber dabei zugleich die Körperchen. Die rothen Blutkörperchen der Säugethiere ausser dem Menschen sind ganz ähnlich beschaffen, weichen aber in der Grösse mehr oder weniger ab, diejenigen der kameelartigen Thiere (Kameel, Lama) sind dagegen elliptisch. Der Mensch hat relativ sehr grosse Körperchen, grösser sind nur die des Elephanten, des Walrosses und der Edentaten. Nähere Angaben enthält die weiter unten stehende Tabelle. — 363 — Die rotlien Blutkörperchen der übrigen Wirbel- thiere sind elliptisch und kernhaltig, nur die von Petromyzon sind kreisförmige Scheiben ähnlich denen der Säuger, aber kernhaltig. Als Beispiel mögen die Körperchen des Froschblutes dienen. Wie Figur 204 es darstellt, sind dieselben elliptische, sein- zarte, hoino- Ans frischem Froschblute, ohne Zusatz. Vergr. 600. a = normale rothe Blutkörperchen, der Kern (k) tritt schon deutlicher hervor als ganz dem normalen Zustande entspricht (d ebenso nur grösser); %b = rothes Blutkörperchen schräg von der Fläche gesehen, leicht durchgebogen, "b = von der Kante gesehen, in beiden tritt die durch den Kern hervorgebrachte Verdickung deutlich hervor ; c = rothes Blutkörperchen mit Vacuole (v) ; e = rothe Blutkörperchen ver- schiedener Grösse mit Eintrocknungserscheinungen ; f = Zusammenlagerung rother Blut- körperchen (Contur) ; g = Lagerung rother Blutkörperchen um einen Haufen von veränderten Blutplättchen; h = reihenweise Zusammenlagerung; i, k = kleine weisse Blutkörperchen, von denen eines den Kern erkennen lässt ; 1 = weisses amöboides Blutkörperchen mit deut- lichem Kern ; m = solches ohne sichtbaren Kern mit wenigen Körnchen ; n = ein amöboides weisses Blutkörperchen mit scheinbar vier Kernen (wahrscheinlich ein tiefgelappter Kern); o = ein solches mit vielen glänzenden Körnchen. gene, durchsichtige Scheiben, welche, wie die Kantenansichten lehren. in der Mitte eine Verdickung besitzen, in welcher der Kern liegt, der ebenfalls elliptisch ist. In ganz frischem Blute ist von dem Kern kaum etwas zu sehen, nur hin und wieder bemerkt man ganz zarte Andeutungen desselben. Er erscheint angefärbt, weiss, im Gegen- satze zu dem gelb-grünlich gefärbten Zellleibe und dabei äusserst — 364 — zart. Später tritt der Kern allmählich deutlicher' hervor (d), doch ist die Contur noch immer sehr zart. Sehr leicht kommt es zum Auftreten von kleinen Vacuolen im Zellleihe (c mit v) und hei solchen Körperchen, die mehr am Rande liegen, zu Eiutrocknungs- erscheinungen , die sich in diesem Falle durch eine leichte radiäre Streifung (Faltung) kundgehen (e), niemals in der -hei den Säuge- thierkörperchen so leicht sichtbaren Stechapfelform. Auch die Kör- perchen des Froschblutes sind sehr elastisch und ebensowenig kleb- rig als die der Säuger. Ein solches Zusammenkleben resp. Ankleben am Glase wie bei den letzteren sieht man nicht, da die Blutplättchen, falls wirklich derartige diesen homologe Gebilde existiren, hier von anderer Beschaffenheit sind. Sehr häufig beobachtet man Zusammen- lagerungen in mehr oder minder deutlichen Reihen (h, f) oder kreis- förmige Anordnungen um eine eigenthümlich körnige, weisse Masse (g), auf die wir noch weiter unten einzugehen haben werden. In Bezug auf Reactionen verhalten sich diese Körperchen ganz ähnlich wie die der. Säuger, nur dass hier natürlich der Kern durch Reagentienwirkung und Färbung eventuell deutlich hervortritt. Die Körperchen des Frosches sind, wie schon die Abbildung lehrt, erheblich grösser als die des Menschen. Nach Hayem beträgt für Rana viridis die mittlere Länge 21,70 fi bis 27,20 fi, die mitt- lere Breite 16,30 fa — so waren sie für die Beobachtung weit gün- stiger, zumal das Blut als das eines Kaltblüters, nicht auf einem er- wärmten Objectträger untersucht zu werden brauchte, und so haben sie denn auch hauptsächlich zu Studien über den feineren Bau gedient. Der feinere Bau, die Structur der rothen Blutkörperchen ist trotz vieler darauf gerichteter Untersuchungen noch nicht so genau be- kannt , dass man irgendwie sicheres darüber auszusagen vermöchte. Unsere neueren Anschauungen über den Bau einer Zelle führen dazu anzunehmen , dass eine , wenn auch modificirte Protoplasmastructur in dem Körperchen enthalten sein wird, zu dieser kommt dann jeden- falls noch, als ein besonderes Differenzirungsproduct , der Blutfarb- stoff. Die beobachteten Thatsachen sprechen nun im wesentlichen auch für einen derartigen Aufhau, ohne aber viel näheres zu ergeben. Rollett gelangte 1862 (11, XL VI, II. Abthlg. und 1863, 74, IX) zu der Anschauung,. dass die rothen Blutkörperchen membraulos seien, der Hauptmasse nach aus einer weichen, elastisch- dehnbaren Substanz beständen, und dass man ein festeres „Stroma" und den krystalli- sirenden Farbstoff zu unterscheiden hätte. Noch weiter ging Brücke (1867, 11, LVI, II. Abthlg.), der nach Untersuchungen an Tritonblut 365 ebenfalls eine Bulle verwarf und als festere, formerhaltende Grundlage eine farblose, sein- weiche, glashelle, nach aussen von glatter Oberfläche begrenzte Scheibe annahm, das „Oekoid", welches sehr porös war. und in dessen Lücken eine andere den Farbstoff enthaltende Substanz, das „Zooid" sich eingelagert befand, die «las eigentlich fchätige Zellelement darstellte und in der sich natürlich auch der Kern befand. Demgegenüber hielten Neumann (15, 18(55, 1867) und Kölliker (Handb. 5. Aufl. 1867) an der Membran fest. Eensen (12, XI) und Kollmaxx ( iL', XXIII und 33, 1873) kamen zur Annahme von Proto- plasma und Membran und Ehrlich (79, X, 1885) nimmt als Grundlage ein lebendiges Protoplasma, das „Diskoplasma" an, welches die Ursache der Erhaltung und Leistungsfähigkeit des Hämoglobins sei. Nach FoÄ (80, V) ist der Bau ein recht complicirter und ebenfalls Proto- plasma vorhanden. Mir will indessen scheinen, dass der Nachweis dieses keinem der Beobachter bis jetzt gelungen ist. Auch Auerbach (16, V) nimmt zwei verschiedene Substanzen in den Amphibien-Blut- körperchen an, und ausserdem eine sehr elastische, feste Umhüllungs- membran. Die eine dieser Substanzen enthält speziell das Hämo- globin. Die. Lagerung derselben und ihre Beziehungen zu einander bleiben indessen auch ihm dunkel. Wenn ich die Meinungen der Autoren und das, was ich selbst gesehen habe, zusammenfasse, so scheint mir sicher zu sein, dass man in dem rothen Blutkörperchen einmal ein festeres Ge- füge annehmen muss, das die Form erhält. Man kann dieses sehr wohl mit Rollett als „Stroma1' bezeichnen, ohne gerade die Deutung als Oekoid (Brücke) anzunehmen. Dieses Stroma muss eine gewisse Festigkeit besitzen, dabei eine grosse Dehnungsfähigkeit und Elasticität, es muss in allen Blutkörperchen desselben Thiers einen sehr übereinstimmenden Bau haften, sonst ist die ausserordentlich grosse Aehnlichkeit der Formen resp. die Gleichheit derselben nicht zu verstehen. Wie dieses Stroma im Näheren gestaltet ist. ob es netzförmig, schwammartig etc. gebaut ist, darüber vermag man ge- naueres nicht auszusagen. Aus den Angaben der Chemiker (vergl. Capitel XL, dass bei den menschlichen Blutkörperchen der Blutfarb- stoff 95,5°/0 aller organischen Bestandtheile ausmacht, geht hervor. dass die Masse des Stromas nur sehr gering sein kann. Die Wir- kung der Wasserentziehung lässt auf einen radiären Bau schliessen, wenn man die Stechapfelform bei den Säugethierkörperchen und die eigentümlichen radiären Faltungen bei dem Amphibienblut in Betracht zieht. Ausser diesem Stroma muss noch eine mehr Wasser ent- — 366 — haltende Substanz vorhanden sein; das lehren wieder die Ein- trocknungserscheinungen. Auch diese Substanz kann indessen nicht sehr reich an Wasser sein, denn die rothen Blutkörperchen enthalten weniger Wasser als die meisten Organe des menschlichen Körpers, müssen also im Ganzen relativ fest sein. Dagegen scheint dieselbe eine grosse Neigung zu besitzen, Wasser aufzunehmen und zu quellen, wie das bei jeder Verdünnung des Plasmas hervortritt. Bei der Quellung zeigt sich die formerhaltende Kraft des Stromas nicht stark genug, um die Form aufrecht zu erhalten. Wie sich zu diesen bei- den Substanzen das Hämoglobin verhält, scheint mir noch nicht genauer ergründbar , doch dürfte es mit der Substanz des Stromas nicht verbunden sein. Jedenfalls kann Wasser entzogen werden, ohne dass das Hämoglobin mit herausgeht, im Gegentheile erweist sich die Quellung als schädlicher, wobei freilich nicht ausser Acht zu lassen ist, dass bei derselben wohl sicher ein Absterben eintritt und so alle Verhältnisse wesentlich andere werden, namentlich auch die Beschaffenheit der Ob er fläche. Was diese anlangt, so scheint es mir nicht denkbar, dass hier nicht eine festere Aussenschicht vorhanden sei. Ich gebrauche ausdrücklich dieses Wort und nicht „Membran", denn eine solche ist nicht sicher nachzuweisen. Nach Reagentien beobachtet man ja sehr häufig eine Membran, aber diese kann nicht nur sehr leicht Kunstproduct sein, sondern i s t es wahr- scheinlich. Wenn man sieht, wie leicht sonst an Zellen nach ein- fachem Wasserzusatze Membranen auftreten, z. B. beim Blute selbst an den Leukocyten, so ist es ganz wohl denkbar, dass auch relativ indifferente Flüssigkeiten bei so leicht veränderlichen Elementen solche erzeugen. Was im ganz frischen Blute entschieden für eine festere Aussenschicht spricht, ist die absolute Glätte der Oberflächen- contur. Sieht man andererseits , wie leicht sich aus rothen Blut- körperchen ganz lange feine Fortsätze ausziehen, die mit der Elasti- cität eines Gummifadens zurückschnellen, so muss man sagen, dass diese Aussenschicht nur sehr zart sein kann, dass sie mit dem formerhaltenden Stroma unmittelbar verbunden sein und dass sie gleich diesem eine sehr bedeutende Elasticität besitzen muss. Iden- tisch mit ihm kann sie nicht sein, denn sonst wäre es nicht zu ver- stehen, wie dasselbe Reagens eine Auflösung oder wenigstens starke Dehnung resp. Zerreissung des Stromas im Inneren bei Bildung einer deutlichen Membran bewirken kann, was öfters vorkommt. Ob diese Aussenschicht nun auf den Durchtritt des Hämoglobins von Einfluss ist, was ja wohl denkbar wäre, ob sie als eine Art von Rinde auf- — 367 zufassen ist, ähnlich der von mir angenommene]] „Axencylinderrinde", das lässt sich vorläufig nicht sagen. Ob ein Blutkörperchen im ausgebildeten Zustande wirklich noch Protoplasma enthält, d*. h. einen Zellleibüberrest, der ev. wieder die Thätigkeit einer jungen Zelle auszuüben vermag- oder doch wenigstens ähnlich dem Sarkoplasma für die differenzirten Theile sorgt, das scheint mir auch noch nicht entscheidbar, für die kernhaltigen Kör- perchen aber wahrscheinlicher als für die kernlosen, die den Werth einer Zelle ja doch verloren haben. Der Kern der rothen Blutkörperchen, Theilungs- / sind also die niederen Thiere hierin ungünstiger gestellt als die höheren, ähnlich wie es schon bei dem Hämoglobingehalt der Fall war. Oberfläche der rothen Blutkörperchen. Die Grösse der in einem bestimmten Quantum Blutes vorhandenen freien Oberfläche wird vou grosser Wichtigkeit für die Schnelligkeit und Intensität der Sauerstoffaufnahrne bei der Athmung sein. Die Grösse der Ober- fläche steigt mit der Anzahl der Stückchen, in welche eine bestimmte Masse zerlegt wird, d. h. in diesem Falle mit der Kleinheit der Blut- körperchen. Es werden also auch in dieser Hinsieht die sehr grosse Blutkörperchen bei schon relativ geringer Gesammtmasse besitzenden Amphibien ungünstig gestellt sein , etwas günstiger die kleinere Blutkörperchen besitzenden Fische. Indessen kommt hierbei auch noch, worauf Welcker ebenfalls aufmerksam macht, nicht unwesent- lich die Einrichtung der Athmungs Werkzeuge in Betracht. Die nachstehende Tabelle giebt eine Uebersicht über einige wichtigere Zahlenwerthe für Thiere aus allen Classen. Die Menge des Hämoglobins ist dabei gemäss Hayem ausgedrückt durch die ent- sprechende Menge von menschlichen Blutkörperchen: — 382 ^ n -g rt 'S (0 " 'S i§ /-n 01 S ft H 11 n :° 1 & 5 T-H CO CO~©~CO Ol O CO CO ^H ■>* CO CD 3.5. 5. 5. 3. 5. 5. S_ 5. 3.3- S-.Z" 3_3_ ~CM ^"O t)< iQ O 00 O t- i>"5o~eo'^ri>r5©"i>rCTri>ri>reo' o -^ c~ ^ c^^oi cm CO ^ « -g w r fl s N -ö » . 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Noch um ein Drittel grösser sollen die von Amphiuma tridactylum sein (nach Riddel 86, citirt nach 64, II, 1859), es linden sich die Maxima also jedenfalls hei den Amphibien. B) Die Lymphe und der Chylus. Die Lymphe, wie sie in den grösseren Lymphgefässen enthalten ist, ist eine farblose oder milchige Flüssigkeit. Die letztere Eigen- thümlichkeit besitzt sie dort, wo sie von den Verdauungsorganen her- kommt, falls gerade Fett resorbirt wird. Die milchige Trübung rührt von unzähligen kleinsten Fetttröpfchen her, welche vielleicht noch von einer Eiweisshülle umgeben sind. Diese milchige Lymphe wird auch „Chylus" genannt. Von zelligen Elementen finden sich in Lymphe und Chylus nur weisse, farblose, kernhaltige Zellen: Leukocyten (Lymphzellen, Lymphkörperchen, Chyluskörperchen), die denen des Blutes entsprechen. Nach Löwit soll man auch in der Lymphe wie im Blute (s. p. 372) Leukoblasten und Ery throblasten (Vor- stufe der rothen Blutkörperchen) unterscheiden können. Der Haupt- unterschied der beiden ist nach ihm der, dass die Erythroblasten ein typisches Chromatingerüst im Kern erkennen lassen, und sich durch Mitose vermehren, während die Leukoblasten das Chro- matin mehr in unregelmässigen, kleinen Klümpchen zeigen und sich durch eine, wenn auch leicht modificirte (s. p. 19) amitotische Thei- lung vermehren. Diese Annahme steht indessen noch auf unsicheren Füssen, da zwischen den extremen Kernformen sich mannigfache Uebergänge finden und in jüngster Zeit von Flemming auch bei den „Wanderzellen", die im Sinne Löwit's sicher keine Erythroblasten, sondern aus den Grefässen ausgewanderte Leukoblasten sind, nicht nur Mitosen nachgewiesen wurden, sondern auch dauernd vorhandene Centrosomen (Flemming 1, XXXVII). Die Flüssigkeit, in der diese Zellen sich befinden, das Pias m a der Lymphe, zeigt ebenfalls Fibringerinnung (vergl. Capitel XI), ob- wohl die Blutplättchen hier fehlen (s. p. 377). Wanderzellen. Die schon so oft erwähnten „Wanderzellen" sind Leukocyten, welche ans den Gefässen in das Bindegewebe resp. die Saftbahnen dieses ausgewandert sind (vergl. p. 242) und den Schieff erdecker-Ko ssel. 25 — 386 — Körper durchziehen. Wie oben erwähnt wurde (Flemmixg) vermögen sie sich durch Mitose zu vermehren, ausserdem wahrscheinlich auch amitotisch. Diese Zellen haben auch die Fähigkeit, zwischen die Zellen der Epithelien einzudringen und treten häufig, wie namentlich Stöhr ge- zeigt hat, bis zur Oberfläche dieser hin durch und so aus dem Kör- per aus. So bilden sich die „Sp eich elkörp er eben", welche im Speichel vorkommen. Dieselben (Figur 212) sind wesentlich verändert: sie sind kugelig, besitzen eine Mem- bran, einen leicht flüssigen Inhalt mit kleinen, scharf hervortretenden Körnchen, die bei genügen- dem Wassergehalt des Speichels sich lebhaft be- wegen, und sind meist mehrkernig. Wie ich oben (p. 372) schon hervorhob , vermag man durch genügenden Wasserzusatz die Leukocyten im Blute Speicheikorperchen vom in ganz entsprechende Körperchen umzuwandeln. Menschen. Vergr. 750. . . Körperchen verschiede- In wie weit Wanderzellen resp. Zellen, welche ner Grösse mit verschie- ' den vielen Kernen, deut- ähnlich diesen in mehr oder weniger grosser Menge licher Membran und . , Körnchen, die eine leb- in das Bindegewebe sich einlagern, so namentlich hafte Bewegung zeigten. , . ,, , . , bei pathologischen Processen, von den Bmde- gewebszellen (fixen Bindegewebszellen) herstammen können, ist noch eine offene Frage. Jedenfalls neigt man in neuerer Zeit wieder mehr dazu für eine Anzahl von Fällen eine derartige Abstammung anzu- nehmen (vergl. auch Ribbert 158, I, 1890). Die Leukocyten im Allgemeinen. Ich habe mehrfach Ver- schiedenheiten der Leukocyten anzuführen gehabt in Bezug auf Grösse, Körnung, verschieden stark glänzende und sich färbende Körnchen, Beschaffenheit des Kerns, Fähigkeit der amöboiden Bewegung. Ob diese Verschiedenheiten so wesentlich sind, dass man wirklich deut- lich getrennte Arten von Leukocyten anzunehmen hätte, ist bis jetzt noch durchaus nicht zu sagen. Auch die Bedeutung dieser so weit im Körper verbreiteten Elemente ist noch keineswegs klar. Dieselben- finden sich, wie wir gesehen haben, in der Lymphe (Chylus), im Blute, sowie im Bindegewebe und den Epithelien als Wanderzellen, in grösseren Mengen liegen sie im Knochenmark, in der Milz, der Thymus, den Lymphdrüsen und Lymphanhäufungen in Einsprengungen reticulären Gewebes (s. auch das Capitel über „Blutbildung", „Lymph- knoten" etc.), schliesslich wandern sie eventuell auf die Oberfläche der Schleimhäute aus. Was man in Bezug auf ihre Bedeutung zu schliessen vermag, dürfte das Folgende sein: — 387 — 1) Es ist möglich, dass die rothen Blutkörperchen sich aus ihnen bilden: a) aus denen des Knochenmarks (E. Neumann), b) aus einer bestimmten Leukoeytenform, den Ervthroblasten, die aus den verschiedenen, Leukocyten erzeugenden Organen stammen (Löwit). 2) Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Leukocyten. wo sie sich auch linden, gegebenen Falls als Phagocyten (Metschnikoff) wirken können: Krankheitskeime zu zerstören, verbrauchte Elemente des Organismus, Zelltrümmer etc. fortzuschaffen etc. vermögen. 3) Ob sich aus den aus Lymphe oder Blut stammenden Wander- zellen Bindegewebe neu bilden könne, wie vielfach behauptet worden, ist noch nicht sicher zu entscheiden, aber eher unwahrscheinlich. 4) Die Leukocyten scheinen die Träger für das vom Darm aus in das Blut gelangende Pepton zu sein (Hofmeister, 156, IV, VIj, und scheinen dasselbe während des Capillarkreislaufs an die Gewebe abzugeben, denn in den Venen ist das Pepton nicht mehr nach- weisbar (Hofmeister 157, XIX). Sie treten hiernach -also direct als ernährende Zellen auf, als solche, die bestimmte Nahrungsstoffe den übrigen Geweben hinbringen. 5) Wir haben oben das Plasma der Lymphe und das des Blutes zum Theil als eine Intercellularsubstanz aufgefasst. In der Lymphe sind die Leukocyten die einzigen Zellen, in dem Blute die einzigen neben den stark specifisch veränderten rothen Blutkörperchen, es scheint mir daher nicht unwahrscheinlich, dass diese Intercellular- substanz von den Leukocyten geliefert wird. Dass sie für das Blut sein' wichtige Elemente' sind, geht schon daraus hervor, dass sie, wie Spronck (s. p. 373) gezeigt hat, sich in demselben zahlreich mitotisch theilen. In wie weit auch die rothen Blutkörperchen auf die Inter- cellularsubstanz von Einfluss sind, rnuss man dahingestellt sein lassen. Was aus den Leukocyten schliesslich wird, ob sie endlich alle zu Wanderzellen werden und auf der Oberfläche der Schleimhäute zu Grunde gehen, ob sie in der Blutbahn ihr Ende finden, abgesehen von denen, die eventuell zu rothen Blutkörperchen werden, auch das ist noch durchaus unklar. Jedenfalls werden Massen von Leukocyten jeden Tag neu erzeugt (vergl. das Capitel über „Blutbildung" etc.) und müssen daher auch wieder ebensolche Mengen als Leukocyten zu exi- stiren aufhören, denn ihre Zahl bleibt im ganzen die gleiche. 25* 388 Technische Bemerkungen. 1) Präparate von eben dem Körper entnommenem Blute. Man nehme einen Objectträger mit einem feinen Lackringe, damit das Deckglas nicht auf die Körperchen drückt. Man umgebe den Deckglas- rand mit einem Oel- oder Wachsrahmen, um die Verdunstung auszuschliessen, wenn man längere Zeit beobachten will ohne Reagentienzusatz, sonst natür- lich ohne Rahmen, a) Menschliches Blut. Man glühe einen Augen- blick eine Nähnadel, um sie zu desinficiren, und steche sich in eine Finger- spitze, drücke die Fingerbeere oberhalb zusammen, tupfe den vorquellenden Blutstropfen mit dem Objectträger ab und lege sehr schnell das schon vorher gereinigte Deckglas auf. In den ersten Sekunden sieht man noch ziemlich normale Blutplättchen, die anderen Körperchen halten sich länger. — Weiter setze man zu frischem Blute Jodserum, physiologische Kochsalz- lösung, um die Einwirkung zu beobachten ; ferner Wasser, verdünnte Essig- säure, starke Kalilauge, die man später durch Wasserzusatz verdünnt; etc. Zur Conservirung fixire man einen Tropfen Blut durch Osmiumdampf oder auch durch Mischen mit einer lprocentigen Lösung der Ueberosmiumsäure. Ferner mische man einen Tropfen Blutes mit HERMANN'scher Lösung, bei der die Leukocyten mit ihren Kernen und die Blutplättchen gut hervor- treten. Um die Kerne der Leukocyten gut isolirt zu sehen, mische man auf dem Objectträger ein Tröpfchen Blut mit Eisesssig. Auch Mischungen mit anderen Reagentien: Sublimat (einprocentige wässerige Lösung und schwächer) , Pikrinsäure (wässerige concentrirte Lösung) , MÜLLER'scher Flüssigkeit etc. geben interessante Bilder. — Wünscht man die amöboiden Bewegungen der Leukocyten zusehen, so verwendet man am besten einen heizbaren Objecttisch bei Körpertemperatur. — Fibringerinnung tritt verschieden schnell ein, man muss sehr aufmerksam beobachten, um die ersten feinen Fädchen zu sehen. — - b) Frisches, d i r e c t dem T h i e r e entnommenes Säugethierblut. Mit solchem kann man die oben an- gegebenen Conservirungsmethoden und Einwirkungen von Reagentien der verschiedensten Art in Schälchen vornehmen. Man lässt die Blutstropfen direct in das Reagens fallen und rührt sofort um. — An den Flügeln von Fledermäusen vermag man den Blutstrom direct im Körper zu beobachten (Laker 8, CXVI p. 28). — c) Kernhaltige Blutkörperchen (Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische). Am bequemsten nimmt man Blut von Frosch, Triton, Salamandra, Proteus, da dieses ausgezeichnet ist durch die Grösse der Körperchen und der Kerne in denselben. Man verdünne das Blut mittels einer 0,55 bis 0,60procentigen Kochsalzlösung (Bizzozero), der man, um Kernfärbung zu erhalten, Methylviolett etwa im Verhältnis von 1:10000 zusetzt (1 bis 2 bis 3 Tropfen einer concentrirten, lprocen- tigen, wässerigen Lösung von Methylviolett zu einigen Gramm Kochsalz- lösung, immer frisch bereiten, den Färbungsgrad der Flüssigkeit am besten erst ausprobiren: die rothen Blutkörperchen müssen sich nicht verändern, namentlich sich auch nicht entfärben [Bizzozero 8, XCV p. 4]). — Amöboide Bewegungen der Leukocyten bei Stubentemperatur. — Man lasse wieder die verschiedensten Reagentien einwirken. — Man beobachte 389 — den Blutstrom im Schwänze der lebenden Froschlarve oder in der Schwimm- haut und dem Mesenterium des erwachsenen Tliieres. Sehr schöne Objecte sind auch ganz junge Tischchen. — Zur Cönservirung sämmtlicher Elemente lasse man wieder irisches Blut in lprocentige Osmiumsäure tröpfeln bei stetem Umrühren, dann allmähliches Auswaschen, Kernfärbung mit Alaun- carmin oder Delapeeld's Hämatoxyhn, Balsam- oder Grlycerinpräparate. 2) Fixirtes Blut bette man in Celloidin ein und schneide es: Durch- schnitte durch rothe Blutkörperchen, Mitosen in Leukocyten. 3) Fibringerinnsel zerzupfe man in Wasser; Aufquellen bei ver- dünnter Essigsäure, bei Neutralisirung mit verdünnter Kalilauge : erst Wieder- auftreten dann Verschwinden (bei Ueberschuss) der Fibrinfäden. 4) Jugendformen der rothen Blutkörperchen. a) Kernhaltige rothe Blutkörperchen der Sänger findet man in dem durch Druck mittels eines Schraubstockes ausgepressten ev. mit einem Capülarröhrchen aufgefangenen Safte aus dem rothen Knochenmarke (Rippen, Wirbel, Epiphysen der Röhrenknochen). Man untersucht am besten ohne Zusatz , indem man das Präparat durch einen Rahmen vor Verdunstung schützt. Besonders reichlich treten diese Jugendformen nach ergiebigen Blutentziehungen auf. b) Die Jugendformen bei denjenigen Thieren, die kernhaltige Blut- körperchen besitzen, findet man bei Vögeln, Reptilien, ungeschwänzten Amphibien im Knochenmark, bei geschwänzten Amphibien in der Milz, bei Fischen in der Milz und in dem reticulären Gewebe der Niere. Bei den drei niederen Classen, namentlich den Amphibien, findet man Jugendformen auch sonst im Blut. Die Thiere müssen stets im besten Ernährungszustände sein, ev. frisch gefangen. Sehr nützlich ist bei diesen Untersuchungen die Methylviolett-Kochsalz- lösung (s. Nr. 1 c). 5) Mitosen der rothen Blutkörperchen. Solche findet man bei Embryonen aller Thiere. Sehr bequem zur Untersuchung sind die Frosch- und Salamanderlarven. Bei erwachsenen Thieren findet man sie an den in der vorigen Nummer angegebenen Stellen. Die Kerne treten wieder am besten hervor nach der Methylviolett-Kochsalzlösung. Bei sol- chen Thieren, die sehr grosse Körperchen haben, genügt indessen die ein- fache Färbung nicht, da die Kerne durch die mächtige Substanz des Zell- leibes verdeckt werden. In diesem Falle färbe man zuerst mit Methyl- violett-Kochsalzlösung und setze dann an den Rand des Deckglases einen Tropfen von 0,5procentiger Essigsäure. Man beobachte dann unter dem Mikroskope das Vordringen der Essigsäurewirkung. Am schönsten er- scheinen die Kerne dabei im ersten Moment der Aufhellung, später werden sie durch die Essigsäure verändert (Bizzozeko 8, XCV p. 5). (3) Betreffs der Blutkry stalle sehe man das nächste Capitel. 7) Lymphe mit Zellen aus dem Bauche des Frosches mittels Auf- saugens in ein Capülarröhrchen, das man dann auf den Objectträger aus- bläst. Kein Zusatz! Um Zumischung von Blut zu verhindern, durch- trenne man zuerst die Haut, dann die Muskeln der Bauchwand mit einem heissen Messer. Oder aus den grösseren Lymphgefässen ev. dem Ductus — 390 — thoracicus eines grösseren Thieres (Hund), das nicht in der Verdauung befindlich ist. 8) Chylus aus dem Ductus thoracicus oder den Lyrnphgefässen des Mesenteriums bei einem in der Verdauung (sehr gut nach Milchfütterung) begriffenen grösseren Hundes etc. Kein Zusatz! Ev. etwas 0,5procentige Osmiumsäurelösung, durch welche die kleinen Fetttröpfchen dunkel ge- färbt werden. 9) Wanderzellen überall im Bindegewebe. 10) Speichelkörperchen in einem Tröpfchen Speichel aus dem Munde. 11) Durch das Epithel hindurch wandernde Leukocyten sieht man leicht an Querschnitten der Schleimhaut des hinteren Theils der Zunge an den Stellen, Wo Balgdrüsen liegen. ELFTES CAPITEL. Die chemische Zusammensetzung von Blut, Chylus, Lymphe. Das Blut besteht, wie das vorige Capitel lehrt, aus zelligen Ele- menten, welche in einer flüssigen Intercellularsubstanz, dem Blutplasma, vertheilt sind. Die geformten Körper sind dreierlei Art. Ein Tbeil derselben lässt bei der chemischen Untersuchung alle Bestandteile fortpflanzungsfähiger Zellen erkennen, es sind dieses die Leukocyten oder weissen Blutkörperchen. Die Hauptmenge aller geformten Ele- mente des Wirbelthierblutes bilden die rothen Blutkörperchen. Diese stellen umgewandelte Zellen dar l, denen die primären Zellstoffe zum Theil verloren gegangen sind und die durch den reichen Gehalt an Blutfarbstoff gekennzeichnet werden. Als drittes Formelement sind die Blutplättchen genannt, ihre Natur ist noch in Dunkel gehüllt, sie werden sogar von einigen Autoren für Eiweissniederschläge gehalten. Wenn das Blut die Gefässe verlässt, so gerinnt es in den meisten Fällen, indem sich aus ön-u Plasma ein Eiweisskörper, das „Fibrin", ausscheidet, welcher die geformten Elemente einschliesst. Die ge- ronnene Masse zieht sich allmählich zusammen und presst den flüssig gebliebenen Theil des Plasmas, „das Blutserum6', aus. Dei« ab- geschiedene Theil, bestellend aus den geformten Elementen und dem Fibrin, heisst Blutkuchen. Wird das Blut vor seiner Gerinnung mit einem Stabe gerührt oder geschlagen, so scheidet sich das Fibrin ') Die abweichende Ansicht v. Minot siehe im vorigen Capitel. — 392 — als faserige Masse ab , welche nur einen sehr geringen Theil der rothen Blutkörperchen einschliesst. Die Hauptmenge derselben bleibt im Serum suspendirt und diese Flüssigkeit bezeichnet man als de- fibrinirtes Blut. Man kann das defibrinirte Blut leicht vom Fibrin trennen, indem man es durch ein Tuch giesst. Die weissen Blutkörperchen oder Leukocyten. Es ist möglich, grössere Mengen dieser Gebilde aus dem Pferde- blut zu gewinnen. Diese Blutart zeichnet sich dadurch aus, dass sie langsam gerinnt und dass die rothen Blutkörperchen sich beim ruhigen Stehn des Blutes ziemlich schnell zu Boden senken. Das von den gesenkten rothen Blutkörperchen abgehobene , noch nicht geronnene Plasma enthält die Leukocyten und man kann die letzteren isoliren, indem man das Plasma mit eiskaltem Wasser auf das SOfacke ver- dünnt und 24 Stunden bei 0° stehn lässt. Die Leukocyten haben sich dann am Boden des Gefässes angesammelt, man kann das ver- dünnte Plasma abgiessen und den Bodensatz noch mehrere Male durch Decantation mit neuen Mengen destillirten Wassers auswaschen (v. Samson-Himmelstierna, 111). Eine eingehende chemische Untersuchung der so gewonnenen Zellen ist, wie es scheint, bisher noch nicht angestellt, vielmehr sind unsere Kenntnisse über ihre Zusammensetzung, soweit sie nicht auf mikrochemischen Beobachtungen beruhen, auf indirektem Wege ge- wonnen, wie aus den folgenden Erörterungen hervorgeht. Zunächst kann man schon aus der Morphologie und Physiologie dieser Gebilde gewisse Schlüsse auf die chemische Zusammensetzung ziehen. Man muss voraussetzen, dass die aus Cytoplasma und Kern bestehenden Gebilde, welche oft im Zustande der Mitose beobachtet sind, die also fortpflanzungsfähig sein müssen, alle diejenigen Stoffe enthalten, welche wir früher als primäre Bestandtheile der Zelle be- zeichnet haben. Diese Voraussetzung stimmt mit allen bisher gewon- nenen Beobachtungen überein. t Aus der Analyse der Lymphdrüsen lassen sich Analogieschlüsse auf die Zusammensetzung der weissen Blutkörperchen ziehen. Die Lymphkörperchen, welche den Inhalt dieser Drüsen bilden, sind den Leukocyten sehr ähnlich, theilweise wohl mit ihnen identisch. Ebenso ist auch die Untersuchung der Eiterkörperchen , welche durch Um- wandlung der Leukocyten entstehen, für unsere Zwecke zu benutzen. 393 — Endlich darf auch die Zusammensetzung des Leukämischen Blutes für Schlussfolgeriingen in dieser Frage venverthet werden. Das leu- kämische Blut unterscheidet sieh bekanntlich vom normalen dadurch, dass in ihm die weissen Blutkörperchen bedeutend vermehrt, die rothen hingegen vermindert sind. Man findet auch bei <\ev chemischen Ana- lyse beider Blutarten beträchtliche Unterschiede, welche man natürlich auf die eben erwähnten mikroskopisch sichtbaren Verschiedenheiten zurückführen muss. Es ist gewissermassen eine Subtraction der Be- standtheile des normalen von denen des leukämischen Blutes, durch die wir uns in diesem Falle eine Vorstellung von der Zusammen- setzung der Leukocyten machen können. Heber die Eiweisskörper , welche sich in den Leukocyten vor- finden, haben alle diese UnteTSuchungsweisen nur wenig Aufschluss ver- schaffen können. Halliburton (112) fand in den Lymphzellen zwei Ei- weisssubstanzen von den Eigenschaften der Globuline, deren eine bei 48-50° coagulirte, die andere bei 75°, letztere war- in grösserer Menge vorhanden, ausserdem fand sich Serumalbumin oder wenigstens ein ähnlicher Stoff vor. Alexander Schmidt wies Serumglobulin in den Leukocyten des Pferdeblutes nach. In den Eiterkörperchen fand Miescher (113) eine grössere Zahl von Erweisssubstanzen. Das Nuclein ist mit grösserer Sicherheit, wie die bisher ge- nannten Eiweissstoffe, in den Leukocyten nachgewiesen. Miescher (1. c.) entdeckte diesen primären Bestandteil der Zellen im Jahre 1869 in den Eiterkörperchen, deren Kerne durch Pepsinverdauung von der Hauptmenge des Cytoplasmas befreit waren. Nach den Analysen von Miescher und Hoppe-Sevler ist dieses Nudeln schwefelhaltig , und der Schwefel wird, wie ich fand (114), beim längeren Kochen mit Wasser zum Theil als Schwefelwasserstoff abgespalten. Reich an Nuclein sind die Lymphdrüsen und das leukämische Blut, besonders das Verhalten des letzteren ist für den Nuelei'ngehalt der Leukocyten völlig beweisend. Untersucht man das normale Blut der Säuger, so lindet man entweder nur sehr wenig Nuclein , oder der Nachweis misslingt überhaupt, im leukämischen Blut hingegen erweist sich die Menge des Nuclems als eine sehr bedeutende. Die Aufsuchung des Nucleins im Blute beruht auf dem Nachweis seiner Zersetzungsproducte und zwar der an Eiweiss gebundenen Phosphorsäure und der stick- stoffreichen Nudeln-Basen (Adenin, Guanin u. s. w.). Im normalen menschlichen Blute konnte ich nur Spuren der an Eiweiss gebundenen Phosphorsäure und keine Nucleinbasen nachweisen, im leukämischen Blute hingegen zeigte sich 51,6 Procent der gesammten Phosphor- — 394 — säure in Eiweissbindung enthalten, das Vorkommen der Basen wurde schon vor langer Zeit von Scheerer beobachtet und später von mir bestätigt. Dem Nuclei'ngehalt der Leukocyten entspricht das Verhalten ihres Kerns zu Essigsäure und anderen Reagentien, ebenso die Quellung, welche diese Gebilde erleiden können, wenn sie mit Alkali- oder stärkerer Kochsalzlösung in Berührung gebracht werden. Bezüglich des letzteren Verhaltens zeigen sich indess Verschiedenheiten. Alexander Schmidt (115) und seine Schüler unterscheiden zweierlei Leukocyten, die einen werden durch Carmin leichter gefärbt wie die anderen und bleiben nach der Gerinnung des Blutes bestehen, während die zweite Art hierbei zu Grunde gehen soll. Auch bezüglich des Verhaltens gegen Neutralsalze sollen Unterschiede obwalten , insofern einige hier- bei schleimig gequellt werden, andere nicht. Sowohl die Tinktions- fähigkeit wie die Quellung durch Neutralsalze sind von dem Nuclei'n- gehalt der Leukocyten abhängig und man muss umsomehr geneigt sein, diese Unterschiede auf den grösseren oder geringeren Nuclei'n- gehalt zurückzuführen , als auch die im vorigen Capitel erwähnten Untersuchungen von Max Schultze und Löwit Verschiedenheiten be- züglich des Kerns der Leukocyten festgestellt haben. Nach den obigen Erörterungen muss man einen reichen Gehalt der Leukocyten an Lecithin und Cholesterin annehmen, was durch die Analyse des leukämischen Blutes bestätigt wird. Freund und Ober- maier (20, XV, 317) fanden auf 100 gr feste Stoffe im leukä- mischen Blut 2,74 gr Lecithin, und 2,01 gr Cholesterin, während Hoppe-Seyler (20, XV, 179) in dem Blute eines an melanotischem Sarkom leidenden Individuums 0,99 gr Lecithin und 1,09 gr Chole- sterin feststellte, das letztere Blut kann als normales betrachtet wer- den. Es ergiebt sich also mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass die weissen Blutkörperchen reicher an Lecithin und Cholesterin sind als die rothen. Ueber den Fettgehalt der Blutleukocyten liegen keine sicheren Erfahrungen vor, unter pathologischen Verhältnissen, z. B. bei der Leukämie kann derselbe wahrscheinlich eine beträchtliche Grösse er- reichen. Bernerkenswerth ist die Auffindung einer cerebrinähn- lichen Substanz in den Eiterkörperchen (Hoppe-Seyler, 116), es ist demnach wahrscheinlich, dass auch in den Leukocyten Cerebrin oder die Muttersubstanz des Cerebrins, das Protagon, vorhanden ist. Die Leukocyten sind im Stande, Glykogen in sich aufzuspei- chern. Hoppe-Seyler (116) beobachtete eine Ansammlung von Leuko- — 395 — eyten in Rindslinsen, welche in die Bauchhöhle eines Hundes einge- führt waren und fand zugleich, dass «las mit eingewanderten Zellen durchsetzte Linsengewebe sehr reich an Glykogen geworden war. (r. Salomon gelang es sodann, das Glykogen aus der Schicht von weissen Blutkörperchen darzustellen, welche sieh beim Stehen des Blutes absetzt (117). Auch bei mikroskopischer Untersuchung lässt sich ab und zu eine geringe Reactiori auf Glykogen erkennen (Ehr- lich 118), daneben zeigten sich im Blute kleine, bald rundliche, bald oblonge Glykogentröpfchen. Mit dem Uebergang der Leukocyten in Eiterzellen scheint der Glykogengehalt nicht immer zu schwinden, Salomox konnte dieses Kohlehydrat noch aus Abscess-Eiter darstellen, während es in manchen anderen Eiterarten vermisst wird. Im leukämischen Blut sind flüchtige Fettsäuren und Milchsäure, ausserdem ein peptonartiger Körper aufgefunden worden, es ist aber zweifelhaft, ob diese Stoffe als Bestandteile der normalen Leuko- cyten gelten dürfen. Wie wir weiter unten berichten werden , hat man den weissen Blutkörperchen eine wichtige Rolle bei der Fibrin- gerinnung zugeschrieben und zwar soll ihre Einwirkung auf diesen Process bedingt sein durch ein in ihnen enthaltenes Ferment, das ..Fibrinf erment". — Die rothen Blutkörperchen. Diese Gebilde können nach einer von Hoppe-Seyler angegebenen Methode leicht und in vollkommener Reinheit aus dem Blute isolirt werden , indem man das denbrinirte Blut mit verdünnter Kochsalz- lösung mischt 1 und diese Mischung bis zur Senkung der rothen Blut- körperchen in einem flachen Gefäss sich selbst überlässt, beziehungs- weise durch die Centrifuge zur Senkung bringt. Bei solchen Blut- arten, deren rothe Blutkörperchen Kerne besitzen, nimmt man statt der Kochsalzlösung eine Lösung von schwefelsaurem Natron 2, da das Nuclei'n durch die Kochsalzlösung gequellt wird. Zur völligen Ent- fernung des Serums werden die gesenkten und durch Abgiessen der Flüssigkeit isolirten Blutkörperchen noch einmal mit der betreffenden Salzlösung angerührt und nachdem sie sich abgesetzt haben, durch Decantation von der Waschflüssigkeit getrennt. l) Auf 1 Vol. Blut 9 Volumina einer Kochsalzlösung, welche im Liter IUI) ('c. concentrirte Kochsalzlösung enthält. -i 100 Cc. kalt gesättigte Lösung von schwefelsaurem Natron bis zum Liter aufgefüllt. 396 — Die Möglichkeit der Reingewinnimg dieser Forinbestandtheile ist für die Histocliemie sehr werthvoll, da mau bis jetzt nur in wenigen Fällen im Stande ist, eine histologisch gleichartige Masse als Unter- suchungsobject zu gewinnen. Aus diesem Grunde sind die chemischen Kenntnisse dieser Gebilde — vorwiegend durch Hoppe - Seyler's Untersuchungen — weiter entwickelt, als die der meisten Gewebs- elemente. Das Gewicht der rothen Blutkörperchen beträgt ungefähr ein Drittel vom Gewicht des ganzes Blutes (Hoppe-Seyler 20, XV, S. 185). Diese Gebilde enthalten weniger Wasser als die meisten Organe des menschlichen Körpers, der Wassergehalt beträgt beim Mensch 57,7 Procent Pferd 60,9 „ Hund 56,9 „ Rind 60,0 Nuclein, Histon, Lecithin, Cholesterin in den rothen Blutkörperchen. Die rothen Blutkörperchen besitzen im jugendlichen Zustand Kerne und dieser Kerngehalt bleibt den Vögeln, Reptilien und Amphibien erhalten, während er bei den Säugethieren im Laufe der Entwicke- lung schwindet. Dementsprechend ist auch die chemische Zusammen- setzung eine verschiedene; in den rothen Blutkörperchen der erst- erwähnten Thiere sind — soweit bis jetzt bekannt — sämmtliche primäre Bestaudtheile vorhanden., den Blutkörpern der Säuger hin- gegen fehlt das Nuclein. Wie schon früher erwähnt, giebt sich dieser Unterschied in der chemischen Zusammensetzung sehr deutlich zu er- kennen, wenn man die Einwirkung des Wassers auf die rothen Blut- körperchen beobachtet 5 die der Säugethiere lösen sich in Wasser bis auf einen zarten Rest, das „Stroma" („Oekoid"), während die kern- haltigen Blutkörperchen der Vögel u. s. w. eine reichliche Menge ge- quollener Massen zurücklassen, die vorwiegend aus Nuclein bestehen und neben den Bestandtheilen des Kerns noch das Stroma enthalten. Diese Masse kann durch Waschen mit Wasser völlig vom Blutfarb- stoif befreit werden, sie schrumpft nach Zusatz von Säuren, quillt in neutralen, sowie alkalisch reagirenden Salzlösungen und wird durch Natronlauge in der Kälte langsam zu einer schleimigen Masse um- gewandelt. Unterwirft man diese Kernsubstanz der Pepsin-Verdauung, so bleibt das Nuclein (wahrscheinlich noch nicht im reinen Zustand) zurück, dasselbe enthält ungefähr 7 Procent Phosphor und liefert bei 397 — der Einwirkung siedenden Wassers Eiweiss, Phosphorsäure sowie ein Gemenge der Nuclei'nbasen. Neben dein Nudem und wahrscheinlich in chemischer Verbindung mit ihm befindet sieh im Kern der rothen Blutkörperchen des Vogel- blutes eine Substanz ven den Eigenschaften der Albumosen, für welche ich den Namen „Histon" vorgeschlagen habe (20, VII, S. 511). Das Histon kann der Kernmasse durch verdünnte Salzsäure entzogen werden, die salzsaure Lösung wird durch Ammoniak gefällt. Hierbei erleidet es eine Umwandlung, welche der Coagulation eines Eiweiss- körpers durch die Hitze ähnlich ist und welche mit einer Veränderung der procentischen Zusammensetzung Hand in Hand geht. Der ursprüng- liche Körper enthält 50,67% C; 6,99 °/0 H- 17,93% N] 0,50% 8] 23,91% 0; nach der Umwandlung durch Ammoniak: 52,31% C: 7,09 % ü; 18,46 %Ä75 22,14% O+Ä Die Menge des Histons entspricht etwa 36 Procent der beim Auflösen des Blutkörperchens zurückbleibenden Masse. Diese Albumose scheint zum festen Bestand der Zellkerne zu gehören, da sie nach meinen Versuchen auch nach längerer Hungerperiode nicht schwindet. Das Vorkommen einer Al- bumose in der Kernsubstanz steht nicht isolirt da ; in den Sperma- tozoon gewisser Fische findet sich, wie schon früher erwähnt (dieser Bd. S. 55), ein ähnlicher von Miescher als „basisches Pepton" be- zeichneter Körper in Vereinigung mit dem Nuclein. Als primäre, durch die rothen Blutkörperchen aller Thierarten verbreitete Stoffe sind das Lecithin und das Cholesterin zu nennen. Die Menge dieser Stoffe wurde von Hoppe-Seyler in mensch- lichem Blut bestimmt, welches während des Lebens aufgefangen war. das Lecithin betrug 1,62 gr, das Cholesterin 5,70 gr in 1000 gr der feuchten rothen Blutkörperchen (20, XV, S. 179j l. Die Blutfarbstoffe. Die Hauptmenge der festen Bestandteile der rothen Blutkörper- chen wird von dem Blutfarbstoff gebildet. Wie im ersten Bande dieses Lehrbuchs S. 269 erwähnt ist, kann dieser Farbstoff in kry- stallisirtem Zustand dargestellt werden, diese Krystalle wurden von Reiciieut zuerst gesehen und von Funke künstlich dargestellt, aber als gefärbte Fiweisskrystalle gedeutet; Hoppe-Seyler erwies zuerst ihre Identität mit dem Blutfarbstoff und schuf durch seine Unter- suchungen die Grundlage für unsere heutigen Kenntnisse aber dieses \\ Die abweichenden Zahlen von Ma nasse siehe 20, XIV 437. — 398 — Gebiet. Der Blutfarbstoff findet sicli sowohl in Verbindung mit Sauer- stoff als Oxyhänioglobin, als auch im sauerstofffreien Zustand als Hämoglobin. Ersteres ist vorwiegend im arteriellen, letzteres im venösen Blute enthalten. Die Menge des Farbstoffs in den menschlichen rothen Blutkörper- chen beträgt nach einer Analyse von Hoppe-Seyler (20, XV, S. 181) 40,4 °/0 vom Gewicht des feuchten Blutkörperchens und 95,5% aller organischen Bestandteile desselben , dieses Mengenverhältniss kann sich aber unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen etwas verändern. In den kernhaltigen Blutkörperchen ist der Gehalt an Hämoglobin entsprechend dem Gewicht des Kerns geringer, z. B. in denen der Gans 62,65, in denen der Ringelnatter 46,7 °/0 der orga- nischen Stoffe. Wir betrachten zunächst die Eigenschaften des Blutfarbstoffs, wie er aus der Zersetzung der rothen Blutkörperchen hervorgeht. Die Blutfarbstoffe gehören in die Gruppe der Proteide (s. Bd. I, S. 261), da sie neben einer „Eiweissgruppe" einen zweiten Atomcomplex enthalten, welcher die eigenthümliche Lichtabsorption bedingt („Farbstoff- gruppe"). Die Untersuchung der Blutfarbstoffe verschiedener Thiere hat zu dem Ergebniss geführt, dass es verschiedene Oxyhämoglobine giebt, welche sich durch ihre Krystallformen, ihre Löslichkeitsverhältnisse und ihre Zusammensetzung von einander unterscheiden. Die Krystalle sind früher (Bd. I, S. 270) beschrieben, daselbst ist auch ihre Darstellungs- weise, ihre Löslichkeit u. s. w. angegeben. Einige Analysen der Oxy- hämoelobine sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Thierspecies C H N 0 S Fe P Analytiker Pferd 54,87 6,97 17,31 19,73 0,65 0,47 Kossel (20, II, S. 149). 54,76 7,03 17,28 19,81 0,67 0,45 — Otto (6, XXXI, 240). n 54,40 7,20 17,61 19,67 0,65 0,47 — Bücheler (20, VIII, 362). v. Xencki u. Sieber „ (s. U.) 54,80 7,00 17,06 19,86 0,68 0,47 (109). )! 51,15 6,76 17,94 23,42 0,3899 0,3351 — ZlNOFFSKY(20,X,S.16). Hund 53,85 7,32 16,17 21,84 0,39 0,43 — Hoppe-Seyler(119A). n 54,57 7,22 16,38 20,93 0,568 0,336 — Jaquet (20, XIV, 289). Schwein 54,71 7,38 17,43 19,60 0,479 0,399 — HÜFNER) ,190v HÜFXER S {-12°)- Rind 54,66 7,25 17,70 19,54 0,447 0,40 — Gans 54,26 7,10jl6,21 20,69 0,59 0,43 0,34 Hoppe-Seyler (119 A). Huhn 52,47 7,19 16,45 22,50 0,859 0,335 0,197 Jaquet (20, XIV, 289). Es ist noch nicht möglich, nach diesen Zahlen eine Formel für das Oxyhämoglobin aufzustellen. Sogar das Verhältniss zwischen Eisen 399 und Schwefel scheint bei verschiedenen Thierspecies zu wechseln. Beim Hunde kommen nach Jaquet auf 1 Atom Eisen .') Atome Schwefel, beim Pferde 2 Atome Schwefel (Zfxoffskyj. Ob die von Hoppe-Setler gefundene and später von Jaquet bestätigte Phosphorsäure dem Mole- kül des Vogelblut-Hämoglobins angehört, oder ob Nucleinsäure in den analysirten Krystallen enthalten war, ist noch nicht zu entscheiden. Wie die meisten Proteide wird auch das Oxyhämoglobin durch ge- wisse Einflüsse in einen unlöslichen, coagulirten Zustand übergeführt. Werden die Krystalle des Oxyhämoglobins mit absolutem Alkohol bei gewöhnlicher Temperatur in Berührung gelassen , so bildet sich aus ihnen allmählig ein unlösliches Product, von Nencki „Parahämoglobin" genannt, dasselbe stimmt in seiner chemischen Zusammensetzung völlig mit dem Oxyhämoglobin überein (119); nach Hoppe-Seyler ist in diesem Product die Verbindung zwischen der Eiweissgruppe und der Farbstoffgruppe bereits gelöst (20, X, 333). Die Oxyhämoglobine lösen sich in sehr verdünnten Lösungen von Alkalien und kohlensaurem Alkali leichter als in Wasser. Stärkere Concentration des Alkalis führt zur Zersetzung; Sättigung der Lösung mit kohlensaurem Kali bei 0U hat völlige Abscheidung des Blutfarb- stoffs ohne Zersetzung zur Folge. Oxalsäure, Phosphorsäure, AVein- säure bewirken Zersetzung ohne gleichzeitige Fällung, Essigsäure fällt nur in coucentrirtem Zustande. Die meisten Salze schwerer Metalle rufen in Blutfarbstofflösungen Fällung und gleichzeitige Zersetzung hervor, neutrales oder basisches Bleiacetat fällen nicht. Die im Oxyhämoglobin vorhandene Vereinigung des Sauerstoff- moleküls mit dem Blutfarbstoff kann durch das Vaeuuin , durch einen Strom indifferenten Gases und durch Reductionsmittel (z. B. Schwefelammon) gelöst werden, hierbei entsteht Hämoglobin. Letz- teres vereinigt sich mit dem atmosphärischen Sauerstoff wiederum zu der Molekülverbindung: dem Oxyhämoglobin. Nach den Versuchen von Hüfner (20, I, S. 389) ist in 1 g Oxyhämoglobin des Hundes 1,592 Cc Sauerstoff (bei 0° und 760 mm Barometerstand) enthalten. Die Lösung dieser molekularen Verbindung erfolgt nach Siegfried's Versuchen (121) in zwei Phasen, da ein Theil des Sauerstoffs fester gebunden ist als der andere. Durch gewisse Reductionsmittel z. B. hydroschweflige Säure) wird nur der locker gebundene Sauerstoff entfernt, durch das Vacuum hingegen der ganze Sauerstoff. Siegfried nennt die bei dieser Sauerstoffentziehung sich bildende Zwischenstufe. welche nur den fester gebundenen Sauerstoff enthält. Pseudo- h ä in oa;l ob in. 400 In dem Oxyhämoglobin ist eine Atomgruppe enthalten, welche die in nebenstehender Figur 213, 1 dargestellte Lichtabsorption bewirkt, dieselbe Lichtabsorption zeigt die in den rothen Blutkörperchen ent- haltene Verbindung des Oxyhämoglobins. Die Absorptionsstreifen liegen Roth Orange Gelb Grün Blau Violett 213 zwischen den Linien D und E. Wird dem Oxyhämoglobin der locker gebundene oder der gesammte Sauerstoff entzogen, so zeigt sich das Figur 213, II dargestellte Absorptionsspectrum, welches dem Hämo- globin und dem „Pseudohämoglobin" zugehört. Die Hämo g lobine können wie die Oxyhämoglobine in krystal- lisirtem Zustand erhalten werden, sie sind leichter in Wasser löslich als diese (cf. Bd. I, S. 272). Sie werden durch Fäulniss bei Sauerstoff- Abschluss nicht verändert, man stellt sie auch durch Fäulniss aus Oxyhämoglobin dar. Sie vereinigen sich leicht mit dem molekularen Sauerstoff, mit Kohlenoxyd, Stickoxyd, Kohlensäure und anderen Stoffen. Eine Beschreibung dieser Verbindungen entspricht nicht unserm Plane, es sei nur hervorgehoben, dass die Bindung des Kohlenoxyds durch dieselbe Atomgruppe bewirkt wird, welche auch die Bindung des Sauerstoffs bedingt, dass die Vereinigung des Kohlen- oxyds mit dem Hämoglobin fester ist, als die des Sauerstoffs und dass ein Molekül Kohlenoxyd sich mit derselben Hämoglobin-Menge vereinigt, welche ein Molekül Sauerstoff zu binden vermag. An den Blutfarbstoffen können sich noch weitere Umwandlungen vollziehen, ohne dass die zwischen dem Eiweiss und der Farbstoff- gruppe bestehende Verbindung gelöst wird. In dieser Weise wird das Methämoglobin gebildet (Hoppe-Seyler. 122). Dieser Farb- stoff findet sich unter pathologischen Verhältnissen im Organismus vor und entsteht nach dem Einathmen von Untersalpetersäure und bei ähnlichen Vergiftungen in dem lebenden Thiere. Er bildet sich aus Oxyhämoglobin und Hämoglobin reichlich bei der Einwirkung von activem Sauerstoff, Ozon, übermangansaurem Kali, Ferricyankalium, chlorsaurem Kali und bei vielen Zersetzungsprocessen des Blutfarb- stoffs in geringen Mengen. Man stellt die Krystalle des Methämo- globins dar, indem man eine concentrirte Lösung von Oxyhämoglobin — 401 — mit einer concentrirten Lösung von Ferricyankalium versetzt, 6i> die hellrothe Lösung eine rothbraune Farbe annimmt. Die abgekühlte Flüssigkeit wird mit '/4 Volumen Alkohol versetzt , uach einigem Stehen scheiden sicli die Krystalle ab (Hüfnee und Otto 20, VII. 65 . .Dieselben sind doppelbrechend und bestehen zum Theil ;ms Nadeln, zum Theil aus granatrothen Prismen und sechsseitigen Tafeln von 1 mm Durchmesser (Hammarsten 123). Das Methämoglobin ist in Alkohol und Aether unlöslich, in etwa 17 Theilen Wasser löslich zu einer '»raunen, durch Alkalien roth gefärbten Flüssigkeit, welche nicht durch neutrales Bleiacetat gefällt wird, wohl aber durch Quecksilber- chlorid, ferner durch Bleiessig und Ammoniak. Die alkalische Lösung zeigt :i Alisorptionsstreifen, deren zwei den Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins sehr ähnlich sind, während der dritte, schwächere streifen zwischen C und D im Roth nahe an D liegt (Hoppe-SeylerJ. Die Zusammensetzung des Methämoglobins ist der des Oxyhämoglobins, aus dem es entstanden ist, sehr ähnlich (Hoppe-Seyler 20, U, S. 150, Hüfxer und Otto 20, VII, 65). Nach Hoppe-Seyler (20, II, 152) wird das Methämoglobin durch ßeductionsmittel, insbesondere auch durch Fäulniss bei Sauerstoff- Absehluss in Hämoglobin zurückver- wandelt. Ueber das Verhältniss des Methämoglobins zum Oxyhäruo- globin sind die Ansichten getheilt, da einige Forscher annehmen, dass das Methämoglobin mehr Sauerstoff enthalte, als das Oxyhänioglobm, andere, dass es weniger enthalte, noch andere, dass die Zusammen- setzung beider die gleiche sei. Durch Elementaranalyse kann eine Entscheidung nicht getroffen werden, da die Unterschiede im Sauer- stoffgehalt wegen der Grösse des Moleküls nicht zu erkennen sind. Zersetxungsproducte der Blutfarbstoffe (Hämochromogen, Humatin, Hamm, Hämatoporphyrin, Hämatoidin) . Wenn die Verbindung zwischen dem Eiweiss und der Farbstoff- gruppe bei Abwesenheit von Sauerstoff gelöst wird, so entsteht neben der Eiweisssubstanz ein Körper, welcher von Hoppe-Seyler als Hämo- chromogen bezeichnet worden ist. Findet hingegen die Zersetzung bei Gegenwart von Sauerstoff statt, so bildet sich das Humatin, ein Oxydationsproduct des Hämochromogens. Das Hä moehromogen enthält noch das gesammte Eisen des Hämoglobins, es kann in krystallisirtem Zustande dargestellt werden, indem man Natronlauge in einer Wasserstoffatmosphäre bei 100° auf Hämoglobin einwirken lässt (Hoppe-Seyler 20, XIII. 477). Dieser Körper findet sich zwar in den Geweben nicht vor, aber seine Kennt- niss ist unerlässlich für das Verständniss der Eigenschaften des Blut- S Chief f er decker-Kos sei. 26 — 402 — farbstoffs. Iu ihm findet sich diejenige Atonigruppe, welche die Ver- bindung von Sauerstoff und von Kohlenoxyd mit dem Hämoglobin er- möglicht, noch erhalten und es hat sich in Hoppe-Seyler's Versuchen gezeigt, dass in der Kohlenoxydverbindimg auf ein Atom Eisen des Hämochromogens 1 Molekül Kohlenoxyd vorhanden ist. Die alkalische Lösung des Hämochromogens hat eine schön rothe Farbe, die charakte- ristische Lichtabsorption des Hämoglobins zwischen D und E ist auch dem Hämochromogen eigenthümlich, letzteres besitzt noch einen schwächeren Absorptionsstreif zwischen E und b (Stokes, Hoppe- Seyler). Durch die Ablösung des Hämochromogens vom Eiweiss, mit dem es im Hämoglobin wahrscheinlich in einer esterartigen Ver- bindung steht, hat die eigenthümliche Atomgruppe ihre Widerstands- fähigkeit verloren, denn das Hämochromogen verwandelt sieh schon an der Luft bei gewöhnlicher Temperatur unter Sauerstoff-Aufnahme in das Hämatin und dieses enthält die Atomgrupiie, welche Sauer- stoff, Kohlenoxyd u. s. w. bindet, nicht mehr. Zugleich wird bei dieser Umwandlung die Lichtabsorption eine andere. Das Bämatin kann aber durch Reduktionsmittel wieder in Bämochromogen übergeführt werden und deshalb hat das letztere auch von Stokes den Namen „reducirtes Hämatin" erhalten. Das Hämatin entsteht, wie aus dem Vorhergehenden folgt, aus dem Hämoglobin durch Spaltung und gleichzeitige Oxydation. AVährend die Hämoglobine der verschiedenen Thierarten verschiedene sind, giebt es nur ein Hämatin. Dieser Körper bildet sich hei der Einwirkung von saurem Alkohol auf Blutfarbstoff'. Man stellt ihn am reinsten aus den Krystallen seiner salzsauren Verbindung dar, welche unter dem Namen ..lläminkrv.-talle" bekannt sind. Die Ilämin- krystalle werden gewonnen, indem man die getrockneten Blutkörperchen in der Wärme mit Eisessig hei Anwesenheil von etwas Kochsalz extra- hirt. Die ausgeschiedenen Bäminkrystalle lösen sich leicht in verdünnten Alkalilösungen, eine solche Lösung giebi auf Zusatz einer verdünnten Säure einen Niederschlag von Hämatin. Das Hämatin entsteht durch die mannichfachsten Zersetzungsprocesse aus dem Hämoglobin bei Gegen- wart von Sauerstoff, auch durch Einwirkung von Pepsin auf Blut. Das Hämatin ist amorph, in dünnen Schichten braun durch- sichtig, im auffallenden Licht blauschwarz, es ist anlöslich in Wasser, Alkohol, Aether und verdünnten wässerigen Säuren, wenig löslich in ') Hämatin bildet sich häufig in anatomischen Präparaten, welche unter Alkohol aufbewahrt werden, solche Präparate sind am Boden oft rosa bis p'urpur gefärbt, da hier in Folge der Fäulniss Bämochromogen entsteh« (Hoppe-Seyler 20, X, 335). — 403 — Eisessig und iu coucentrirter Salzsäure, leicht löslich in den Lösungen von Alkalien und in angesäuertem Alkohol. Die alkalischen Lösungen werden durch Kalk- oder Barytlösung gefällt. Sie erscheinen im durchfallenden Licht in dicken Schichten schön roth, in dünnen Schichten grünlich; die sauren Lösungen sind hraun. Sowohl die alkalischen wie die sauren alkoholischen Lösungen des Hämatins zeigen einen Absorptionsstreifen zwischen C und D, in alkalischen Lösungen liegt dieser Streifen näher an D oder überschreitet diese Linie und ist ziemlich schlecht begrenzt, in sauren alkoholischen Lösungen ist er schärfer begrenzt und näher an C gerückt. Ausser- dem zeigt eine saure Lösung eine zwischen D und F gelegene Ab- sorption mit verwaschenen Grenzen, die sich bei passender Verdünnung in zwei Streifen auflöst. Das salzsaure Salz des Hämatins wird als Hämin1 bezeichnet. Wie Teichmann im Jahre 1853 fand, ist es leicht, aus kleinen Blut- mengen die Krystalle dieser Verbindung (siehe Figur 214) darzustellen und sie unter dem Mikroskop zu identificiren 2. Man benutzt die Häminkry stalle allgemein zum gerichtlichen Nachweis von Blut. Zur Darstellung von grösseren Mengen kann man sich auch des siedenden Amylalkohols bedienen, dem man etwas concentrirte Salzsäure zufügt (Nencki und Sieber 124). 214 Hoppe-Seyler stellte für das Hämatin die Formel C(iSH-l0NsFe2 Oi0 auf, welche eine Verdoppelung der Formel ^34 #35 ^4 Fe Ob ist. Nencki und Sieber (1. c.) geben der Formel C3.2 i73.2 N4 Fe 0, den Vorzug, weil diese die Beziehungen des Hämatins zum Bilirubin leichter erklärt. Nach Hoppe-Seyler' s Ansicht ist das Hämatin wahrscheinlich eine Fernverbindung, während das Hämochro- mogen nachweisbar das Eisen als Ferro- Atom enthält. Durch die Ein- wirkung von coucentrirter Schwefelsäure auf Hämatin oder von ver- dünnterer Säure auf Hämochromogen entsteht neben einem nicht genauer charakterisirten Product unter Abspaltung des Eisens ein weiteres Zer- setzungsproduct, welches von Hoppe-Seyeer als Hämato porphyrin ') Nencki und Sieber wenden die Bezeichnung Hämin für eine hypo- thetische Substanz an, welche in Verbindung mit Salzsäure die Teichmann- schen Krystalle bilden soll (124). 2) Für die Darstellung der Häminkrystalle wird eine kleine Menge des frischen oder eingetrockneten Blutes auf dem Objectträger unter Zusatz einer Spur Kochsalz mit Eisessig versetzt und unter dem Deckglas bei Wasserbad-Temperatur eindünsten lassen (siehe Bd. I, S. 273). 26* — 404 — bezeichnet worden ist (Mulder's „eisenfreies Hämatin"). Dieselbe Substanz kann auch durch brornwasserstotf haltigen Eisessi-- aus Hämin- krystallen dargestellt werden (Nencki und Sieber 125). Das Häma- toporphyrin scheint bei niederen Thieren (Mac Mun 12G), unter Um- ständen auch in den Geweben der Säugethiere (Tappeiner 127) prä- formirt vorzukommen. Dasselbe ist amorph, bildet alter ein krystalli- sirendes Anhydrid (Nencki und Rotschy 128) und krystallisirende Ver- bindungen mit Natron und Salzsäure (Nencki und Sieber 125). Es besitzt im trocknen Zustande violetten Glanz und ist in dünnen Schichten grünlich durchsichtig. In Wasser und in verdünnter Essigsäure ist es fast unlöslich, in Aether, Amylalkohol und Chloroform etwas löslich, in verdünnten Mineralsäuren, in den Lösungen freier und kohlensaurer Al- kalien und in Alkohol leicht löslich. Die Lösungen zeigen eine rothe Farbe. Saure Lösungen lassen einen schwächeren Absorptionsstreif bei D beginnend nach dem rothen Theil des Spectrums hin und einen stärkeren zwischen D und E erkennen; alkalische Lösungen halten vier Absorptionsstreifen, zwei stärkere auf den Linien 1) und b, beide mehr nach dem violetten Theil des Spectrums hin ausgedehnt, und zwei schwächere, deren einer zwischen (' und 1> und deren anderer zwischen D und E gelegen ist (Hoppe-Seyler 129). Hoppe-Seyler hat nach seinen Analysen die Zusammensetzung: CfäH78N%0- berechnet, während Nencki und Sieber die Formel Clti Hi8 JYo 03 für das freie Hämatoporphyrin und ( \,. //ls X., (K :If Gl für die krystallisirende salzsaure Verbindung angeben <1 :.'.">. L28). Durch Reduction des Hämatöporphyrins mit Zinn und Salzsäure wird ein Farbstoff gebildet, welcher dem aus Gallonfarlistnii' entstehenden Urobilin mindestens sehr ähnlich ist. Hat in das lebende Gewebe hinein ein Bluterguss stattgefunden, so erfolgt allmählich eine Resorption der meisten Bestandteile des Blutes, Reste des Blutfarbstoffs bleiben aber in Form von BLrystallen oft erhalten und diese sind unter dem Namen „Hämatoidin- krystalle" (VirchowJ bekannt. Diese Krystalle haben sich als identisch mit Bilirubinkrystallen erwiesen (s. Bd. I, S. 288, Fig. 175). Man muss aus dieser Thatsache schliessen, dass Blutfarbstoff durch die Wirkung der lebenden Gewebselemente in Gallenfarbstoff ver- wandelt werden kann; ausserhalb des Organismus konnte man diese Umwandlung noch nicht vollziehen. — Arterin und Phlebin, Stroma. Wie wir früher (S. 49j hervorhoben, linden sich viele Bestand- teile der Gewebe in den lebenden Organen nicht als chemische — 405 — Individuen vor, sondern in Form von Verbindungen mit anderen Stoffen; diese Verbindungen werden zerlegt, wenn man die Bestand- teile der Gewebe isolirt. In einem derartigen Zustande ist auch der Blutfarbstoff in den rothen Blutkörpereben enthalten, deshalb besitzt das Hämoglobin an seinem Ursprungsorte andere Eigenschaften, als man sie nach obiger Beschreibung erwarten sollte. Der Chemiker lernt den Blutfarbstoff kennen als eine in Salzlösungen, auch im Blut- plasma lösliche, leicht krystallisirende Verbindung; der Physiologe aber weiss, dass die Blutkörperchen ihren Farbstoff nicht an das Plasma abgeben, dass sie mit Salzlösungen gewaschen werden können, ohne Hämoglobin zu verlieren, dass die Farbstoffe in dem Blutkörper- chen keine Neigung zur Kristallisation verrathen. Das Oxyhämo- globin giebt den locker gebundenen Sauerstoff schwierig und kaum vollständig an das Vacuum ab, die in den rothen Blutkörperchen ent- haltene Farbstoff- Verbindung hingegen mit grosser Leichtigkeit. Diese und andere Unterschiede in dem Verhalten des isolirten und des ursprünglichen Farbstoffs haben Hoppe-Seyler veranlasst, für die in den rothen Blutkörperchen vorhandenen Verbindungen die Namen „Art er in" und „P hie bin" zu wählen, ersterer bezeichnet den sauerstoffhaltigen, letzterer den sauerstofffreien Körper. Wenn man die rothen Blutkörperchen durch Wasser zerstört, so wird das Arterin oder das Phlebin zerlegt, das Oxyhämoglobin oder Hämoglobin in Freiheit gesetzt und in Lösung übergeführt. Diese Zerlegung wird durch Zusatz von Aether, Chloroform, Alkohol und durch gallensaure Salze beschleunigt. Da neben dem Oxyhämoglobin resp. Hämoglobin Lecithin entsteht, da ein Theil dieses Lecithins selbst nach Zerstörung des Blutkörperchens durch Aether nicht völlig extrahirbar ist, also in einer Verbindung enthalten sein muss, da ferner das Lecithin auch im Uebrigen die Neigung zeigt, Verbindungen mit Eiweissstoffen einzugehen, so nimmt Hoppe-Seyler eine Vereinigung von Hämoglobin mit Lecithin in den Blutkörperchen an. Die Lichtabsorption in den rothen Blutkörperchen ist dieselbe, wie die des freien Farbstoffs — ein Beweis, dass die Atomgruppe, von welcher zugleich die Licht- absorption und die Bindung der Gase abhängt, bei der Umwandlung der ursprünglichen Farbstoffe zu Oxyhämoglobin resp. Hämoglobin nicht verändert wird (Hoppe-Seyler 20, XIII, 477). Wenn man die rothen Blutkörperchen auflöst, so bleibt ein Ptest übrig, welcher neben Lecithin und Cholesterin eine gecpiollene Glo- bulinsubstanz enthält. Dieselbe coagulirt bei 75° und bildet das so- genannte Strom a (Oekoid). Diese Globulinsubstanz kann durch Sättigen mit Kochsalz gefällt werden. Nach Halliburtox und Wool- — 406 — dridge kann man zu ihrer Ausfällung den vorsichtigen Zusatz ein- procentiger Lösung von saurem schwefelsaurem Kali benutzen. Die anorganischen Bestandtheile der rothen Blutkörperchen. Quantitative Zusammensefa ung derselben. In den rothen Blutkörperchen sind an anorganischen Stoffen stets vorhanden: Kalium, Magnesium, Chlor, Phosphorsäure. Das Natrium fehlt in den rothen Blutkörperchen des Pferdes und des Schweins, findet sich aber in denen des Menschen, des Hundes und des Kindes. Die Alkalien sind wahrscheinlich zum Theil an Kohlensäure gebunden. Die Mengenverhältnisse dieser anorganischen Stoffe ergeben sieh aus folgenden Analysen Bunge's. In 1000 Gewichtstheilen der rothen Blutkörperchen sind enthalten: Schwein Kind Wasser 632,1 599,9 Feste Stoffe 367,9 400,1 Anorgan. Stoffe 8,9 4,8 £20 5,543 0,747 Not 0 0 2,093 Mg 0 ( », 1 58 0,017 Cl 1,504 L,635 P* 0B 2,067 0,703 Wir führen endlich noch eine Analyse Boppe-Seyler's an, welche die organischen Bestandtheile der menschlichen Blutkörperchen be- trifft (20, XV, S. 181). In 1000 Gewichtstheilen rother Blutkörperchen: Oxyhämoglobin 404,06 Gewichtstheile Albuminstoffe 0.81 Lecithin 1 62 Cholesterin 5?70 Alkoholauszug 1,59 Wasserauszug 7 72 Jbeste organische Stoffe 423,41 Wasser und anorganische Stoffe 576,59 Das Blutplasma. Man kann das Plasma nur aus solchen Blutarten gewinnen, welche, wie das Pferdeblut, sehr langsam gerinnen, oder denen die Gerinnungsfähigkeit künstlich genommen ist. Wenn man Pferdeblut in einem stark abgekühlten Glasgefäss direel aus der Ader auffängt und bei 0 0 stehen lässt, so kann die Gerinnung mehrere Tage ver- zögert werden. Die Blutkörperchen senken sich und zwar die rothen schneller als die weissen. Man sieht daher bei diesem Versuch drei — 407 — Schichten entstehen, deren untere die rothen Blutkörperchen bilden die mittlere Zone enthält die Leukocyten, während oben das Plasma frei von körperlichen Elementen, als gelbe Flüssigkeit erscheint. Wenn man vor der Blutentziehung die Unterleibsorgane eines Thiers aus dem Kreislauf ausschaltet oder wenn man das Blut zwingt nur durch Herz und Lungen zu circuliren, wenn man dem lebenden Thier gewisse organische Stoffe (Pepton und Albumose, Blutegel- Infus) in die Blutbahn injicirt, wenn man zu dem Blute unmittelbar nach dem Aderlass oxalsaures Kali hinzufügt, so dass dasselbe un- gefähr 0,1 Procent des Blutes beträgt, oder wenn man das Blut direct in eine concentrirte Salzlösung (z. B. Magnesiumsulfat1) fliessen lässt, so findet eine Gerinnung des aus der Ader gelassenen Blutes nicht statt. Das Plasma, welches man nach den letztgenannten Methoden gewinnt, ist natürlich mit den injicirten Stoffen oder mit dem Salz gemischt („Peptonplasma", „Salzplasma"). Das Blutplasma besitzt alkalische Eeaction und enthält folgende Stoffe in gelöstem Zustand: Eiweisskörper, und zwar Serumalbumin, Serumglobulin und Fibrinogen, Seifen, Cholesterin, Lecithin, Zucker, Kreatin, Harnsäure (?), Harnstoff, Hippursäure, Carbaminsäure, Milch- säure, Bernsteinsäure, Farbstoff des Serums, anorganische Salze. In Suspension befindet sich Fett und nach Ehrlich's Angabe (118) auch Tröpfchen von Glykogen. Diese Stoffe gehen mit Ausnahme des Fi- brinogens auch in das Blutserum über, das Fibrinogen und ein Theil des Serumglobulins werden beim Gerinnungsprocess der Lösung entzogen. Die Eiweisskörper des Blutplasmas und die Blutgerinnung. Das Serumalbumiii gehört zu der Bd. I S. 261 beschriebe- nen Gruppe der Albumine. Seine Gerinnungstemperatur schwankt in weiten Grenzen und dieser Umstand hat sogar zur Annahme meh- rerer Serumalbumine Veranlassung gegeben. In salzarmer Lösung wird es weder durch Hitze noch durch Alkohol gefällt, durch Zusatz einer geringen Menge Kochsalz wird die Fällbarkeit wiederhergestellt. Die Zusammensetzung des Serumalbumins vom Menschen ist nach Hammarsten folgende 52,25 % C; 6,65 % H; 15,88 % Nj 2,25 % 8; 22,95 °/0 0. Das Serumglobulin (Coagp. 72-75°) wird auch Serumcasei'n, fibrinoplastische Substanz, Paraglobulin genannt und ge- hört zu den Globulinen (Bd. I S. 262). Es wird vollständig gefällt, wenn man in seine Lösung Magnesiiunsulfat bis zur Sättigung ein- trägt (Hammarsten 6, XVII S. 413, XVIII S. 38) oder wenn man ') 3 Volumina der conc. Lösung auf 1 Vol. Blut. — 408 — seine schwach alkalische Lösung mit dem gleichen Volumen gesättigter Ammoniumsulfat-Lösung versetzt (Hofmeister, Kauder 130), bei diesem Verfahren bleibt das Serumalbumin in Lösung. Es wird ferner aus dem Blutserum niedergeschlagen , indem man dasselbe mit Essigsäure neutralisirt oder schwach ansäuert und mit dem 10 bis 20fachen Volumen Wasser fällt. Seine Zusammensetzung ist nach Hammarsten folgende 52,71 °/„ C; 7,01 °/0 H; 15,85 o/0 N- 1,11 % S- 23,24% 0. Das Fibrinogen ist wie der vorige Eiweisskörper eine Globulin- substanz und coagulirt bei 52-56 °. Es wird durch Sättigung seiner Lösung mit Kochsalz vollständig niedergeschlagen, während Serum- globulin dadurch nur unvollständig gefällt wird. Bei Zusatz des' gleichen Volumens gesättigter Kochsalzlösung zu Fibrinogenlösung ent- steht ein Niederschlag, Serumglobulin wird unter diesen Umständen nicht gefällt. Die Zusammensetzung des Fibrinogens ist nach Ham- marsten: 52,93 % C; 6,90 u/0 H; 16,66 % N- 1,25 °/o $, 22,26 °/0 0. Die wichtigste Eigenschaft des Fibrinogens ist die Umwandlung in einen unlöslichen Eiweisskörper, das Fibrin, dessen procentische Zusammensetzung von der des Fibrinogens nicht in erheblichem Maasse abweicht. Die Löslichkeitsverhältnisse des unter verschiedenen Be- dingungen entstandenen Fibrins sind nicht immer die gleichen. Die Löslichkeit in Kochsalzlösung wird durch die Art der Gerinnung, durch die Alkalesenz der gerinnenden Lösung, durch die Menge der im Gerinnsel eingeschlossenen Leukocyten und durch andere noch nicht genau festzustellende Umstände beeinflusst. Man kann aus venösem Blut Fibrin gewinnen, welches in Kochsalzlösung völlig lös- lich ist, aus arteriellem hingegen solche Gerinnsel, die sich als un- löslich erweisen (Denis 131, Hammarsten 132). Die Menge des ent- stehenden Fibrins ist stets kleiner als die Menge der Muttersubstanz, des Fibrinogens, und es ist wahrscheinlich, dass die Bildung von Fibrin auf einer Spaltung des Fibrinogens beruht, wobei neben dem Fibrin in geringer Menge eine Globulinsubstanz: das „Fib ringlob ulin" ent- steht (Hammarsten 132, 133). Diese Umwandlung des Fibrinogens wird nach den Untersuchungen von Alexander Schmidt hervorge- rufen durch ein Ferment, das „Fibrinferment", dessen Rein- darstellung noch nicht geglückt ist. Das Fibrinferment ist im de- fibrinirten Blute und in Blutserum enthalten, setzt man einige Tropfen Blut zu einer Lösung, welche Fibrinogen enthält, so wird der Ge- rinnungsvorgang eingeleitet. Dieser Versuch wurde zuerst von Alex. Schmidt angestellt und begründete die von den meisten Forschern getheilte Ansicht über das Wesen der Blutgerinnung. Wenn man Blutserum mit dem 20fachen Volumen Alkohol fällt und es einige — 40!) — Monate unter Alkohol stellen lässt, so werden die Eiweisskörper un- löslich mid ni'ui kann ans dem getrockneten Niederschlag mit Wasser eine Lösung gewinnen, welche reichlich Ferment enthält. Diese Lösung wirkt schon in den geringsten Mengen auf Fibrinogenlösung ein, durch Kochen wird sie unwirksam (Alexander Schmidt 1 3 1 . Bei Abwesenheit von Neutralsalzen kann das Ferment die Umwand- lung des Fibrinogens nicht vollziehen (Alexander Schmidt). Nach den Untersuchungen von Arthus (135) ist die Gegenwart eines Cal- cium- oder Strontiumsalzes eine nothwendige Bedingung für die fer- mentative Bildung von Fibrin aus Fibrinogen. Oxalsäure fällt das Calcium als unlösliches Oxalat und hebt deswegen — wie bereits oben erwähnt — die Gerinnungsfähigkeit des Blutes auf. Die Blutgerinnung beruht im Wesentlichen auf dieser Um- wandlung des Fibrinogens durch das Fibrinferment. Wenn das Ferment im Blute in grösserer Menge entsteht, so tritt die Gerin- nung ein. Dieselbe beginnt wenige Minuten, nachdem das Blut die Ader verlassen hat, und ist nach 7-8 Minuten vollendet. Nach einigem Stehen zieht sich der Blutkuchen mehr und mehr zusammen, während das Serum ausgepresst wird. Wenn die Gerinnung langsam erfolgt und das Blut reich an Leukocyten ist, so ist der Blutkuchen von einer helleren Schicht bedeckt, welche aus Leukocyten gebildet ist und Crusta phlogistica genannt wird. Ist das Blut sehr fettreich. so kann sich über dem Blutkuchen in dem ausgepressten Serum noch eine Fettschicht zeigen, welche der Rahmschicht der Milch ähnlich ist. Unter welchen Bedingungen und aus welchen Bestandteilen des Blutes bildet sich das Ferment? Welche Bedingungen verhindern die Fibrinbildung in den Gefässen des normalen lebenden Organis- mus? Auf diese für die Physiologie und Pathologie sehr wichtigen Fragen lauten die Antworten der Forscher noch verschieden. Es liegt nicht im Plane dieses der descriptiven Wissenschaft gewidmeten Lehr- buchs, die Versuche, welche man zur Erklärung der Blutgerinnung angestellt hat und die daraus entwickelten Ansichten ausführlich wiederzugeben; nur das Wichtigste sei erwähnt. Brücke's Versuche '8, XII S. 92) erwiesen, dass die lebende Ge- fässwand sieh dem Blute gegenüber anders verhält, als die meisten festen Körper. Man kann das Blut in dem Herzen oder in den Blut- gefässen mehrere Stunden aufbewahren, ohne dass es gerinnt, bringt man aber kleine (ilastheilehen in diese Gefässe, so bleibt die Ge- rinnung nicht aus. Aus den Experimenten Freund's (136) muss man — 410 — den Schluss ziehen, dass die Adhäsion der Flüssigkeit oder der in der Flüssigkeit suspendirten Formelemente an einer fremden Oberfläche bei der Gerinnung eine Rolle spielt. Wenn man die Adhäsion dadurch verhindert, dass man die Gefässe, mit welchen das Blut in Berührung kommt, einfettet, so wird die Gerinnung verzögert. Nach Alexander Schmidt gehen bei der Gerinnung des Blutes Leukocyten in grosser Menge zu Grunde und bei ihrem Zerfall wird das Fibrinferment gebildet. Das Blutplasma übt eine zerstörende Wirkung auf diese zelligen Elemente aus, auch während des Lebens soll stetig eine gewisse Zahl von Leukocyten zersetzt werden, aber der Organismus soll die Fähigkeit haben, sich in gewissem Umfang gegen das dabei entstehende Ferment zu schützen. Auch andere Zellen z. B. Spermatozoon, Lymphzellen, feinzellige Organismen, Pilz- arten sind nach den Untersuchungen von Alexander Schmidt und seinen Schülern im Stande Fibrinferment zu bilden und sie rufen daher ebenfalls eine Fibringerinnung im Blutplasma hervor. Nach einer anderen hauptsächlich von Bizzozero (8, XC S. 261) vertretenen Ansicht sollen nicht die Leukocyten, sondern die Blut- plättchen das Fibrinferment liefern. Nach Wooldridge (137) sind alle Bedingungen für die Fibringerinnung im Plasma vorhanden und die geformten Elemente sollen überhaupt keine Rolle bei der Blut- gerinnung spielen. Freund (136) nimmt an, dass in Folge des Ueber- gangs von Alkaliphosphat aus den körperlichen Elementen in das calciumreichere Plasma phosphorsaurer Kalk gebildet werde, dessen Ausscheidung die Fibrinbildung hervorrufe. Wie Alexander Schmidt gezeigt hat, ensteht das Fibrin bei der Blutgerinnung nicht ausschliesslich aus dem Fibrinogen, sondern auch das Serumglobulin (die „fibrinoplastische Substanz") nimmt an seiner Bildung theil. Diese Betheiligung ist nach Hammarsten in der Weise aufzufassen, dass das Serumglobulin von dem entstehenden Fibrin mechanisch eingeschlossen wird. Die Mengenverhältnisse der drei Eiweisskörper des Blutplasmas ergeben sich aus folgenden Zahlen , welche die Mittelwerthe dreier von Hammarsten ausgeführter Analysen des Pferdeblutplasmas angeben. In 1000 Theilen Blutplasma Wasser 917,6 Feste Stoffe 82,4 Fibrin 6,5 Globulin 38,4 Serumalbumin 24,6 Gesaiuint-Eiweiss 69,5 — 411 — Die ühriijcit organischen Stoffe eles Blutplasmas. Zucker arten finden sich im Blutplasma beziehungsweise im Serum nicht nur nach Fütterung mit Stärkemehl (Teedemamm und Gtmelin 138), sondern auch im nüchternen Zustand und in jedem Blute vor (Cl. Bernard 139, C. Schmidt 140). Die im Blute vorhandene Zuckerart reducirt Kupferoxyd und lenkt die Ebene des polarisirten Lichtes nach rechts ab, kann also Traubenzucker sein. (Ewald 141, Abeles 142, Külz 143). Daneben finden sich aber auch noch andere Kohlehydrate; Otto beobachtete neben der Glucose eine andere nicht gährungsfähige , reducirende Zuckerart und v. Merlno (144) sah nach reichlicher Fütterung mit Dextrin und Stärke im Pfort- aderblut einen Körper auftreten, welcher zu den zusammengesetzten Kohlehydraten gehören muss. Berechnet man den Zucker des nor- malen Hundebluts als Traubenzucker, so ergiebt sich die Menge des- selben zu 1 bis 1,5 Tiden, in 1000 Thlen. Blut (v. Merino). Nach Chauveau und Kaufmann (145) wird der Zucker dem Blute durch die Gewebe entzogen, Barral (146) zeigte vor Kurzem, dass auch im Blute beim Stehen eine Zerstörung des Zuckers zu beobachten ist, besonders bei Brutwärme, diese Zersetzung wird nach L£pines Ansicht durch ein Ferment bewirkt, dessen Ursprung in der Pankreas- drüse zu suchen ist; beim Diabetes soll dasselbe fehlen (147). Nach Cl. Bernard und Chauveau soll die Leber dem Blute Zucker zuführen, es herrscht aber heute noch keine Uebereinstimmung darüber, ob das Blut der Pfortader oder das der Lebervene reicher an Zucker sei. Hingegen ist durch die Untersuchungen von Cl. Bernard, Chauveau und Barral sicher gestellt, dass das arterielle Blut reicher an Zucker ist, als das venöse, oder dass der Zucker aus dem venösen Blut leichter verschwindet. Die Menge des H a r n s t o f f s wurde im Hundeblut von W. v. Schröder zu 0,04-0,05 Procent gefunden, im Blute des Haitisches, dessen Nierenthätigkeit eine sehr träge ist, beträgt sie das ÖOfache. Voit (148) bestimmte die Menge des Kreatins im Blute und fand 0,03-0,1 °/0 (10, IV S. 93). Nach Drechsel finden sich im Blutserum des Hundes Salze der Carbaminsäure CO^tt, welche eine Vorstufe des Harn- stoffs darstellen (149). Die Menge des Lecithins, Cholesterins, der Seifen und der Fette ist im gewöhnlichen Zustand gering, nur bei abnormer Ernährung, z. B. bei gemästeten Gänsen, bei Diabetikern, oder bei jungen Thieren können sie zur Bildung der oben erwähnten Fett- schicht Veranlassung geben. Auch Bernsteinsäure, Milch- — 412 — säure und Hippursäure sind als Bestandteile des Serums an- gegeben, der Farbstoff, welcher dieser Flüssigkeit die gelbe Fär- bung verleiht, ist nach Hoppe -Seyeer vielleicht mit dem Lutei'n, dem Farbstoff der Corpora lutea und des Eidotters identisch. Der Gehalt des Blutserums an einigen der genannten Stoffe er- giebt sich aus folgender von Hoppe -Seyler an menschlichem Blut an- gestellter Analyse (20, XV, S. 181). In 1000 Theilen Blutserum Albuininstoffe 67,68 Lecithin 2,323 Cholesterin 0,654 Fette 3,473 Alkoholauszug 1,63 Wasserauszug 2,18 Anorgan. Salze 7,53 Feste Stoffe 85,47 Wasser 914,53 1000,00 Die anorganischen Bestandtheile des Blutplasmas. Die anorganischen Bestandtheile des Blutplasmas sind folgende : Natrium, Calcium, Magnesium, Chlor, Schwefelsäure, Phos- phorsäure, ferner sind zuweilen Spuren von Kieselsäure und Fluor nachgewiesen. Der Eisengehalt des Plasmas muss noch als zweifel- haft betrachtet werden, da schon geringe Verunreinigungen mit Blut- farbstoff genügen, um die Eisenreaction erscheinen zu"* lassen. Die in der folgenden Tabelle mitgetheilten Analysen von C. Schmidt (140) und Bunge (150) lassen die quantitativen Verhältnisse erkennen. In 1000 Theilen Blutserum I II von Menschenblut von Schweineblut (Carl Schmidt) (Bunge) Iüß 0,387 0,273 Na20 4,290 4,272 S03 0,130 — Cl 3,565 3,611 CaO 0,155 0,136 MgO 0,101 0,038 Fe203 — 0,011 In dieser Zusammenstellung ist die Phosphorsäure nicht mit an- geführt, weil sich aus den Analysen nicht ersehen lässt, ein wie grosser Bruchtheil derselben dem Lecithin angehört. Die Menge des Phos- phats als Na.2HP04 wird zu 0,05-0,09 angegeben (Mroczkowski 151). Durch Dialyse lassen sich die Salze entfernen, ich erhielt durch Dia- — 413 — lyse aus 100 Cc Hundeblutserum Boviel Kohlensäure, wie 0,361 pro Mille Na.2 C03 entspricht. Diese Zahlen geben nicht zugleich den Gehalt des Plasmas an anorganischen Stoffen an, da ein Theil der- selben mit dem Fibrin ausgeschieden wird. Am Schluss dieser Betrachtungen über das Blutplasma sei Doch erwähnt, dass ausser dem Fibrinogengehalt noch andere Lntersehiede zwischen Blutplasma und Blutserum existiren. Das Blutserum besitzt stärker alkalische Reaction als das Blutplasma , das Blutserum ent- hält weniger Mineralstoffe und mehr Globulinsubstanz als das Plasma. Das Mengenverhältniss zwischen Serumglobulin und »Serumalbumin ist im Blutserum des Menschen ungefähr 1 : 1,5. Der Gehalt des menschlichen Blutes an Plasma beträgt nach Hoppe -Seyler 67,90 °/0, darin sind 7,07 feste Bestandteile und 60,83 Tide. Wasser enthalten (20, XV S. 181); die Menge der rothen Blutkörperchen beträgt 32,10 °/0. Die chemische Zusammensetzung des foetalen Blutes lässt er- kennen, dass dasselbe sich wie eine Mischung von Blut und Lymphe verhält. Die Menge der Blutkörperchen und demgemäss auch die des Hämoglobins ist geringer als beim Erwachsenen, hingegen sind die Mineralstoffe und besonders das Natrium vermehrt (Schekrenziss 152). Nach der Geburt steigt zunächst der Hämoglobingehalt schnell an, um dann wieder zu sinken, so dass das Blut im Säuglings- alter wässeriger ist als das der Erwachsenen. Der Blutfarbstoffgehalt erreicht im Alter von 25 bis 45 Jahren ein Maximum um dann mit zunehmendem Alter wieder zu sinken. Das Blut der Frauen ist wässeriger und ärmer an Blutkörperchen als das der Männer , in der späteren Zeit der Schwangerschaft ist eine Zunahme des Wasser- gehalts zu beobachten. Lymphe und Chyhts. Die Lymphe und der Chylus haben dieselbe qualitative Zu- sammensetzung wie das Blutplasma, weichen aber in ihrer quantitativen Zusammensetzung von demselben ab. Sie enthalten dieselbe Menge anorganischer Substanzen, aber weniger Eiweissstoffe. Der Chylus ist reicher an Fett als die Lymphe. Analysirt man Lymphe verschie- dener Herkunft, so rindet man beträchtliche quantitative Abweichungen und man muss sogar annehmen, dass bei demselben Individuum die Lymphe zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Gefäss-Bezirken eine verschiedene ist. Die Lymphe enthält wie das Blutplasma Fibri- — 414 — nogen und vermag auch Fibrinfernient zu bilden, aber die Menge dieser Stoffe ist meist eine geringe und aus diesem Grunde tritt nur eine langsame und oft geringe Fibrinbildung ein. Die folgende Ana- lyse wurde von Densen und Dähnhardt an der aus einer Lymph- fistel des Oberschenkels ergossenen Flüssigkeit angestellt (8, XXXVII S. 55 und 68). In 1000 Gewichtstheilen Wasser 987,7 Feste Stoffe 12,3 Eiweissstoffe 2,6 Fette, Cholesterin, Lecithin 0,03 Extractstoffe 1,28 Salze 8,38 In einer andern Portion Lymphe desselben Ursprungs wurden die Eiweisskörper einzeln bestimmt und es ergaben sich in 1000 Theilen : Fibrin 1,070 Serumglobulin 0,894 Serumalbumin 1,408 Wenn man einem Individuum zugleich Blut und Lymphe oder Chylus entnimmt, so ist das Verhältniss zwischen Globulin und Albumin in den Flüssigkeiten stets das gleiche, mag auch die Gesammtmenge des Eiweisses verschieden sein (Salvioli, Hoffmann 153). Die anorganischen Salze bieten keine bemerkenswerthe Abwei- chung von denen des Blutplasmas. Als Beispiel für die Zusammensetzung des Chylus führen wir die Ergebnisse einer Analyse von Hoppe-Seyler an. Dieselbe wurde an einer Flüssigkeit ausgeführt, welche sich nach Zerreissung des Ductus thoracicus in der Peritonealhöhle angesammelt hatte (154). In 1000 Theilen des Chylus wurden nach Abscheidung des Fibrin- gerinnsels gefunden. Wasser 940,724 Feste Stoffe 59,276 Darin Albuminstoffe 36,665 Cholesterin 1,321 Lecithin 0,829 Fette 7,226 Seifen 2,353 Alkoholextract 3,630 Wasserextract 0,578 Löslich anorg. Stoffe 6,804 Unlöslich anorg. Stoffe 0,350 Verzeichniss der Literatur, soweit sie im Texte durch Zahlen citirt ist. 1) Archiv für mikroskopische Anatomie. Bonn, Cohen. 2) Internationale Monatsschrift für Anatomie und Physiologie. Leip- zig, Thieme. 3) Jenaisehe Zeitschrift, für Naturwissenschaft. Jena, Fischer. 4) Bolles Leb, A., et F. 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Bonn 1885, Strauss. 36) Verhandlungen der phys.-mecl. Gesellschaft zu Würzburg. 37) Merkel, Fr., Ueber die Endigungen der sensiblen Nerven in der Haut der Wirbelthiere. Rostock 1880, Schmidt. 38) Mittheilungen aus der zoologischen Station zu Neapel. Berlin, Friedländer & Sohn. 39) Biologiska föreningens förhandlingar (Verhandlungen des biolo- gischen Vereins zu Stockholm). Aftonbladets Aktiebolags Tryckeri. 40) Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie. Braunschweig, Bruhn. 41) Comptes rendus hebdomadaires des seances de l'Academie des Sciences. Paris, Gauthier- Villars & fils. 42) Centralblatt für die medicinischen Wissenschaften. Berlin, Hirschwald. 43) Zeitschrift für Heilkunde. Prag, Tempsky. 44) Biologisches Centralblatt.' Erlangen, Besohl. 45) Untersuchungen aus dem anatomischen Institut zu Rostock. 1874. 46) Jahresberichte über die Fortschritte der Anatomie u. Physiologie von Hopmann und Schwalbe. Leipzig, Vogel. 47) Abhandlungen der sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, math.-phys. Classe. Leipzig, Hirzel. 48) Memorie della Reale Accademia delle Scienze di Torino. Torino, Stamperia reale. 49) Ludwig, C, und F. Schweigger-Seidel, Die Lymphgefässe der Fascien und Sehnen. Leipzig 1872, Hirzel. 50) Graefe's Archiv für Ophthalmologie. Leipzig, Engelmann. 51) Bollettino della Societä di Naturalisti in Napoli. 52) Sitzungsberichte der phys.-med. Gesellschaft zu Würzburg. Würz- burg, Stahel. 53) Memorie della Reale Accademia delle Scienze dell' Istituto di Bologna, 54) Sitzungsberichte der naturforschenden Gesellschaft in Leipzig. Leipzig, Engelmann. 55) Zoologischer Anzeiger. Leipzig, Engelmann. 56) Beiträge zur Biologie als Festgabe für Bischofp. Stuttgart 1.882,4 lotta. 57) Apolant, Ueber Faserknorpel. Dissertation. Berlin L890, Walther & Apolant. 58) Schultze, M., De arteriarum notione, structura, constitutione che- mica et vita. Dissertation. 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Leipzig, Veit & Comp. 71) Journal für praktische Chemie (2) 24, p. 310. Leipzig, Barth. 72) Archiv für Anatomie und Physiologie. Physiologische Abtheilung. Suppl.-Band, 1887, p. 100. Leipzig, Veit & Comp. 73) Annalen der Chemie und Pharmacie. Bd. CHI p. 131. Heidel- berg, Winter. 74) Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Thiere, herausg. von Jacob Moije.schott. Giessen, Roth. 75) Archiv für klinische Chirurgie. Berlin, Hirschwald. 76) Studien des physiologischen Instituts zu Breslau. 77) Havem, Du sang et de ses alterations anatomiques. Paris 1889, Masson. 78) Quain's Anatomy. 9th Ed. London 1890, Longmans & Co. 79) Charite-Annalen. Berlin, Hirschwald. 80) Ziegler, Beiträge zur pathologischen Anatomie und zur allge- meinen Pathologie. Jena, Fischer. 81) Arbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig. 82) Extrait du Bulletin de l'Academie des sciences de Cracovie. 83) Schwalbe, Gr., Ueber die Kaliberverhältnisse der Nervenfasern. 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Leipzig 1887, Vogel. 121) Archiv für Anatomie und Physiologie; Physiol. Abth. 1890, p. 385. 122) Hoppe-Seyeer. Med.-chem. Untersuchungen p. 378. Berlin 1871, Hirschwald. 123) Zeitschrift für Biologie Bd. XX p. 419. München 1884, Oldenbourg. 124) Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft Bd. XVIII p. 2267. Berlin 1884, Friedländer & Sohn. 125) Monatshefte für Chemie Bd. IX p. 115. Wien 1886, Tempsky: Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie Bd. XXIV p. 430. Leipzig, Vogel. 126) Journal of Physiology vol. VII p. 210. Cambridge Engravin.i;- Co. 127) Fortschritte der Medicin Bd. IV p. 21. Berlin 1888, Fischer. 128) Monatshefte für Chemie Bd. X p. 568. Wien 1887, Tempsky. 129) Hoppe-Sevler, Med.-chem. Untersuchungen p. 530. Berlin 1871, Hirschwald. 130) Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie Bd. XX p. 411. Leipzig, Vogel. 131) Denis, Xouvelles etudes chimiques, physiologiques er m6dicales sur les substances albuminoides. Paris 1850. 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