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Bernafd Ashmole

1 HE J. PAUL GEITY MUSEUM UBRARY

GRIECHISCHE IKONOGRAPHIE

GRIECHISCHE

IKONOGRAPHIE

MIT AUSSCHLUSS ALEXANDERS UND DER DIADOCHEN

VON

J.J. BERNOULLI

ZWEITER TEIL

MÜNCHEN

VERLAGSANSTALT F. BRUCKMANN A.-G. 1901

N 7S6G

Alle Rechte vorbehalten

Jttfe J. PAUL GE. lY CZNiM

LIBRARY

DIE BILDNISSE BERÜHMTER GRIECHEN

VOM IV. JAHRHUNDERT v. CHR.

BIS IN DIE RÖMISCHE ZEIT

INHALT

Lysias 1

Antisthenes 4

Euklid von Megara 7

Der Geschichtschreiber Xenophon 8

Aristippos 8

Chabrias. Timotheos 13

Isokrates 14

Archytas 16

Plato 18

Quellendenkmäler 20

Geschichtlicher Überblick 24

Die Repliken und ihr gegenseitiges Verhältnis 27

Das Philosophenmosaik von Pompeji 34

Über einige fälschlich auf Plato bezogene Relief- und Gemmendarstel- lungen 38

A. Reliefs 38

B, Geschnittene Steine 39

Maussolos 41

Diogenes 46

Phiyne 52

Moschion 55

Daochos 56

Speusippos. Xenokrates 57

Phokion 57

Die Redner Hyperides und Lykurg 59

Aeschines 60

Demosthenes 66

Die erhaltenen Bildnisse 69

A. Rundwerke 69

B. Reliefs 74

C. Münzen und geschnittene Steine 76

Beurteilung der Bildnisse 77

Leodamas 84

Aristoteles 85

Die früheren Aristotelesbestimmungen 88

Der Studniczka'sche Aristoteles 94

VIII INHALT

Anaxarch 98

Thcophrast 99

Krates . . 101

Philemon 102

Menander 103

Ikonographischc Qiicllendenkmäler 104

Der viscontische Menander 108

Der Studniczka 'sehe Menander 111

Der Mathematiker Euklid 121

Epikur 122

Erhaltene Darstellungen 123

Beurteilung der Bildnisse 127

Metrodor 130

Zeno der Stoiker 135

Hermarch 139

Posidippos 141

Philisküs 143

Theokrit 144

Arteniidor von Perge 144

Aratos 145

Chr>sippos . . 154

Pseudo-Seneai 160

Die erhaltenen Exemplare 161

Beurteilung derselben 167

Die Deutungsversuche 170

Archimetles 178

Der Faustkämpfer Kleitomachos 179

Aristarch 180

Kameades 180

Polybios 184

Hipparch 186

Zeno von Sidon (Epikureer) 187

Posidonios der Rhodier 188

Aristomachos 190

Asklepiades 191

Theophanes von Mytilene 193

Lesbonax und Potamon 194

Modios Asiatikos 194

Xenophon von Kos. Klaudios Agathemeros 197

Apollonios von Tyana 198

Epaphroditos 200

Theon von Smyrna 202

Plutarch 203

Apollodoros 206

Herodes Attikos 207

Aelius Aristides 210

Angebl. Sextos Empirikos 213

INHALT IX

Die Ärzte und Botaniker der Dioskurideshandschrift 214

Beschreibung der Miniaturen 214

A. Dioskurides 214

B. Die Chirongruppe 215

C. Die Galengruppe 217

Über ihren Bildnischarakter 219

Nachträge und Berichtigungen 224

Register zu beiden Teilen 227

I. Namen- und Sachregister 227

II. Ortsregister 231

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

A. Textillustrationen

1. Statue im Pal. Spada zu Rom (Aristipp?) . 11

2. Inschriftbüstchen des sog. Plato in Florenz 21

3. Philosophenmosaik von Pompeji 36

4. Philosophen mosaik von Sarsina 37

5. Diogenes, Mittelstück des Kölner Mosaiks 48

6. Statue des Demosthenes im Braccio nuovo 80

7. Statue des Demosthenes in Knole 81

8. Clipeus des Menander in Marbury Hall 106

9. Kopf des sog. Menander im Vatican 109

10. Sog. Menander der Bonner Doppelherme 114

11. Herme im Musensaal des Vaticans (sog. Zeno) 136

12 Kopf des Posidippos im Vatican 142

13. Aratos auf dem Mosaik des Monnus in Trier 147

14. Sog. Aratos in Neapel 150

15. Profil desselben 151

16. Sog. Chrysippos in Villa Albani 156

17. Profil desselben 157

18. Statue des sog. Posidonios im Louvre 159

19. Doppelherme in Villa Albani (sog. Seneca u. Posidonios) 162

20. Kopf des Plutarch (?) in Delphi 204

21. Büste des Apoll od oros in München 205

22. Profil desselben 206

B. Lichtdrucktafeln

I. Kopf des Lysias in Neapel. II. Herme des Antisthenes im Vatican. in. Büste des Isokrates in Villa Albani. IV. Herme des Plato in Berlin. V. Herme des Plato im Musensaal des Vaticans. VI. Platoköpfe in Aix und im Louvre. VII. Kopf des Maussolos im brit. Museum.

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN XI

VIII. Diogenes, Oberteil der Statuette in Villa Albani. IX. Herme des Aeschines im Vatican. X. Statue des Aeschines in Neapel. XI. Demosthenes, Oberteil der vaticanischen Statue.

XII. Bronzebüstchen des Demosthenes in Neapel. Marmorherme in Kopenhagen . Xlla. Kopf des Aristoteles (?) in Wien.

XIII. Herme des Theophrast in Villa Albani.

XIV. Herme in Boston (Menander?).

XV. Relief im lateranischen Museum (Menander?). XVI. Doppelherme des Epikur und Metrodor im Capitol. XVII. Dieselben Köpfe in Vorderansicht. XVIII. Marmorherme des Zeno in Neapel. XIX. Bronzebüstchen des Hermarch und des Epikur in Neapel. XX. Herme im Musensaal des Vaticans (Hermarch?) XXI. Statue des Posidippos im Vatican. XXll. Herme des Pseudo-Seneca in Florenz.

XXIII. Pseudo-Seneca: Bronzekopf in Neapel, Marmorkopf im Thermenmus.

zu Rom.

XXIV. Büste des Karneades, nach einem Gipsabg. in Kopenhagen. XXV. Büste des Posidonlos in Neapel.

XXVI. Herme des Asklepiades im Capitol.

XXVII. Büste des Modios Asiatikos im Cab. des medailles zu Paris. XXVI 11. Statue des Epaphroditos im Pal. Altieri zu Rom. XXIX. Büste des Theon im Capitol. XXX. Statue des Aelius Aristides im Vatican.

Miniaturen der Dioskurideshandschrift : XXXI. Dioskurides von Anazarba.

XXXII. Chiron, Machaon, Pamphilos, Xenokrates, Niger, Herakleides, Mantias. XXXIII. Galen, Kratevas, Apollonios, Andreas, Dioskurides, Nikandros, Rufos.

Dazu Münztafel II (im ersten Teil): No. 9-23.

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Lysias

[Taf. I]

Lysias, der berühmte attische Sachwalter und Redner am Ende des 5. und Anfang des 4. Jahrhunderts, war von wohlhabenden Eltern wahrscheinlich inSyrakus geboren (ungewiss wann, c.450?). Er ver- brachte seine jüngeren Jahre inThurii, kam aber nach der sicilischen Expedition nach Athen, wo er eine Rednerschule gründete. Nach dem Sturz der Dreissig, deren Gegner er gewesen, lebte er zurück- gezogen bis ins Alter, mit Abfassung gerichtlicher Reden beschäftigt. Er scheint bald nach 380 gestorben zu sein.

Statuarische Denkmäler des Lysias werden bei den Alten keine erwähnt. Und da er, abgesehen von seiner Verfolgung durch die Dreissig, wenig in der Öffentlichkeit hervortrat, so brauchte man sich nicht zu wundern, wenn sich seine Verehrer mit der Aufstellung von Hermen oder Büsten begnügten. Immerhin war er neben Isaios der gesuchteste Rechtsanwalt seiner Zeit. Die jugendlichen Darstellungen, aufweiche der Sophist Aristides^ hinzudeuten scheint, und die vor die Zeit seiner Berühmtheit fallen, werden, wie Vis- conti wohl richtig annimmt, athletischer Art gewesen sein^

Ein Bildnis des Lysias mit anscheinend antiker Namensaufschrift ist uns in einer farnesischen Büste zu Neapel, welche schon Fulv. Ursinus kannte, erhalten, Gerhard-Panofka No. 353, Inv. 6130 [ab- geb. Taf. I.] ^: Ein ältlicher Kopf mit kahlem Scheitel, breiter Stirn und

^ Aristides Serm. sacr. IV. p. 335 ed. Jebb, III. p. 520 rec. Dindorf : "Exapivov yäp

xptxaiii) oft)) ßapiixaTO) xot öptZ Auaiav xöv pi^'topa vsaviorxov oüx ayaptv.

* Vgl. die jugendliche Reiterstatue des Isokrates (unten p. 15).

^ Urs. Imag. 75. 1; Faber Imag. No. 85; Bellori Imag. 84; Gronov Thes. II. 69

(welch letztere beide sich besser an die Zeichnung des Gallaeus bei Faber statt an

die des Ursinus gehalten hätten); Visc. Icon. gr. I. 28; Christ Gr. Lit. 13; Baumeister

II, p. 838; Amdt-Bruckraann 131, 132.

Bemoulli, Oriech. Ikonographie. II. Teil 1

2 LYSIAS

spitzem Wirbel, ziemlich senkrechtem Profil und rundem, massigem Bart. Die Augen klein (ohne Angabe der Pupillen) mit stark betonten Thränensäcken und mit Schläfenfältchen. Nase, Oberlippe, Schnurr- bart u.And. neu. Der kleine Brustausschnitt mit Gewand zu beiden Seiten ist wie zum Einsetzen auf eine Statue gemacht. Am untern Rand desselben die, soviel ich sehe, bis jetzt nicht angefochtene Auf- schrift ATZIAZ (Kaibel n. 1170), die freilich spät und, wenn der Kopf zu einer Statue gehört, erst nachträglich aufgesetzt ist. Das Ori- ginal nach Winter eine Schöpfung des 4. Jahrhunderts, die später ins Realistische umgebildet wurde. ^

Eine geringere Wiederholung dieses Typus befindet sich im Ca- pitol, Philosophenzimmer No. 96 (abgeb. Arndt-Bruckmann Portr. No. 133, 134)*, auf moderner Herme mit der Aufschrift Lysias. Der Kopf muss schon früh als Wiederholung erkannt und dann mit dem betreffenden Namen versehen worden sein. Allein Bottari, dem die offenbare Unechtheit der Aufschrift ein genügender Grund zur Ab- lehnung des Namens schien, und der eine andere Inschriftherme der capitolinischen Sammlung No. 15 (abgeb. Bottari 1.63) für besser beglaubigt hielt, stellte jene wieder zu den Unbekannten, und darin folgt ihm auch noch der neue Museumskatalog. Dass es indes eine Replik des farnesischen Lysias, kann nicht bezweifelt werden. Die Gleichheit zeigt sich namentlich in der Profilansicht: dieselbe un- schöne aber charakteristische Schädelform, die hinten weit hinab- gehende Kahlheit, dieselbe Anlage der Schläfenhaare. Nur der Stil ist verschieden, auf ein Vorbild von Bronze weisend, mit gleich- massiger Angabe der Haare und ohne das malerische Detail wie beim anderen Kopf. Die noch zu zwei Dritteilen erhaltene Nase kann als Remedur für die Ergänzung der etwas zu stark gebogenen am farnesischen Exemplar benützt werden.

Als fernere Wiederholung fassen Conze und Michaelis einen Kopf im Billardzimmer von Holkham Hall (Michaelis Anc.M.p. 31 7 No. 48), ebenfalls mit Namensaufschrift auf dem modernen Hermen- schaft. Ob der in einzelne Stränge geteilte Bart sich mit der Identi- fication verträgt, lasse ich dahingestellt.

Dagegen kann in der schon erwähnten zweiten Inschriftherme

* »In der breiten Anlage des vollwangigen Gesichts, in dem lang herabwallenden, dichten Bart, in den zusammengezogenen Brauen sieht eine Vorlage durch, welche dicht an die Werke des Silanion heranstreift." Jahrb. des Instit. V. (1890) p. 162.

Bottari I. 31.

FALSCH BENANNTE BILDNISSE

desCapitols No.l5 (abgeb. Bottari 1, 63)S die einen etwas jüngeren vollhaarigen Mann darstellt, nicht die gleiche Person wie in der Ne- apler gemeint sein. Beide sind physiognomisch unvereinbar mit ein- ander. Wenn die von einem Rand eingefasste Aufschrift AYCIAC (sie) echt wäre, was sehr unwahrscheinlich (Kaibel n. 223*), so müsste da- für die auf der Brust des Neapler Kopfes und damit auch die Lysias- bedeutung desselben preisgegeben werden.- Auch aus der keines- weg frappanten und (wenn vorhandenen) gewiss nur zufälligen Ähnlichkeit einer Philosophenfigur auf dem pompejanischen sog. Platomosaik [s. unten p. 36], der zweiten links, kann nicht, wie Sogliano meint^, auf Gleichheit der Person geschlossen werden.

Sicher keine Lysiasse sind die ebenfalls im Philosophenzimmer des Capitols aufgestellten Hermen No. 13 und 14 (abgeb. Arn dt- Bruckmann No. 163 166)*, die zwar unter sich wohl identisch, im Übrigen aber vielmehr mit dem sog. Lykurg des Caval. Vivenzio in Neapel (s. I. Teil, p. 33) zusammen zu stellen sind.

Die Herme im Museo Torion ia No.30 hat nicht nur nichts mit dem Neapler Lysias zu thun, sondern ist noch dazu von verdächtigem Altertum.

Über den Verbleib, resp. den jetzigen Aufbewahrungsort des zweiten bei Fulv. Ursinus p. 75' abgebildeten Lysiasbildnisses (Kopf auf Hermenschaft mit Inschrift) ist mir nichts Weiteres be- kannt. — Die kopflose Inschriftherme ebenda bezeichnet Kaibel n. 224* als modern.

1 Righetti I. IIL Vgl. Visc. Icon. gr. I. p. 318.

^ Die Herme No. 15 scheint identisch zu sein mit der schon bei Ach. Statins (Illustr. vir. vultus VII) als im Besitz des Giam. Batt. Vettori befindlich abgebildeten, ob- gleich man hier meinen könnte, es handle sich um eine Doppelherme. Kaibel No. 1180 identifiziert die letztere fälschlich mit dem Holkhamer Kopf.

* In den Mon. ant. public, per cura d. R. Academia dei Lincei VIII. 1898. p. 411 f.

* No. 14 auch bei Bottari I. 64.

* Und danach bei Bellori u. Gronov. Vgl. Visc. Icon. gr. I. p. 317.

ANTISTHENES

Antisthenes

[Taf. II]

Antisthenes, einer der treuesten Anhänger des Sokrates, der Be- gründer der kynischen Schule, muss schon um die Mitte des S.Jahr- hunderts geboren sein, der Sohn eines athenischen Bürgers und einer thrakischen Sklavin. Er lebte in dürftigen Verhältnissen, und scheint über achtzig Jahre alt geworden zu sein. Nach einem bei Diogenes erhaltenen Epigramm starb er an der Schwindsucht.* Er trug seine philosophischen Grundsätze bekanntlich auch äusserlich zur Schau durch die Einfachheit seiner Lebensweise, die oft bis zur Vernach- lässigung des Anstandes gieng (ungepflegtes Haupt- und Barthaar, Verschmähung eines Unterkleides).- Etwaige Standbilder werden ihn daher jedenfalls bloss im Mantel dargestellt haben, was freilich in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts noch das allgemein Üb- liche war.

Mit Beziehung auf die Notiz, dass er an der Schwindsucht ge- storben sei, hatten die früheren Ikonographen das Oemmenbildnis eines mageren, mit der Hand ans Kinn greifenden Greises (abgeb. Faber 20)* für Antisthenes erklärt, ohne an der Bartlosigkeit desselben grösseren Anstoss zu nehmen.* Das richtige Bildnis gieng damals unter dem Namen Karneades, weil ein Exemplar desselben im Besitz des Cardinais von Medici auf eine Herme mit dem Namen Karneades gesetzt worden war (abgeb. bei Ach. Statius Illustr. vir. vult. Tf. XIV). Doch erkannte schon Ursinus das Irrtümliche dieser Benennung."^

Durch den Hermenfund bei Tivoli 1774 kam dann ein durch Aufschrift beglaubigtes Bildnis des Antisthenes zu Tage, mit dessen

^ Diog. Laert. VI. 19:

Tov ßiov ra^a xu'wv, 'AvTiaO-evej, wSs rsspoxn.»?

tiXTZt 8ax£iv xpoS(r,v ^'(jLaatv, ou (rro[Jiaa[v aXX' £9-av£; «pO-iTtxo;, Tay Ipü xt? Tat»; -[ St toGto ;

Tza'vTwj £?; 'AfSrjv Bil xtv' öSjjyov eyetv.

* Diog. Laert. VI. 1. 13: üptilTO? iSiizXio'jt tÖv Tptßojv«, xav>a ^r^ii AtoxXf;, xal [xo'vo) aüxti) r/pfxo' ßa'xxpov x' aveXaßs xa\ rrjpav.

* Bellori 1 ; als Aristoteles bei Visconti Taf. 20. c. No. 6.

* Sie meinten , es werde gemacht sein , bevor sich Antisthenes den Bart hätte wachsen lassen (!).

* S. die praef. zu den Imagines desselben.

AUFZÄHLUNO DER EXEMPLARE

Hilfe die weiteren noch vorhandenen Exemplare bestimmt werden konnten. Der Bestand ist jetzt mit Voranstellung der genannten In- schriftherme folgender:

1. Herme in Vatican, Musensaal No. 507 [abgeb. Taf. 11]^ mit der Aufschrift ANTIC06NHC (Kaibel No. 1135) am unteren Rand, letztere wenig sorgfältig geschrieben, mit eingebogenen Häkchen am C und 6. Kopf und Herme ungebrochen, der Kopf etwas nach links gewandt. Auf beiden Schultern ein Gewandstück.

2. Kopf in der Gall. geografica des Vaticans No.QOO (abgeb. Arndt-Bruckmann 443, 444) '^, auf nackter moderner Herme. Der Kopf von ungemein sorgfältiger Arbeit und guter Erhaltung; bloss die Nasenspitze neu. Gefunden in der Villa Hadrians.

3. Kopf im Capitol, Philosophenzimmer No. 70 (abgeb. Bot- tari I, 79)-^; ebenfalls auf nackter modemer Herme. Der Kopf sehr geflickt und von flüchtiger Arbeit, 1741 in der Nähe des Lateran ge- funden.

4. Kopf in Villa Albani, Kaffeehaus No. 607. Meinen Notizen nach mittelmässig, nach Visconti assai bella}

5. Nach Duhn ein schlechter Antisthenes die vermeintliche Pansbüste in Villa Pamfili, Matz-Duhn Ant. Bildw. I, No. 1758.

6. Kopf in Neapel, Gruppe der Griechenköpfe, Gerh.-Panofka No. 331. Inv. 61 5Q. Die Nase und die nackte Herme neu.

7. Kopf im brit. Museum, Rom. Gall. n. 61 (phot. aufgenommen vom arch. Institut), 1873 von Castellani in Rom gekauft. Die Nase verstümmelt. Mittelmässige Arbeit.

8. Kopf in Ny Carlsberg zu Kopenhagen, No. 339, mir nur aus dem Katalog bekannt. Nase und Herme neu.

Was aus dem mediceischen Kopf bei Statins (s. oben) ge- worden, kann ich nicht sagen.^

Es ist ein Typus von charaktervollem, aber plebejischem Aus- sehen, mit ungepflegtem Haar und langem, ziemlich spitz zulaufendem

' In Vorderansicht Pio Clem. VL 35. 1 ; Pistolesi V. 9L 2; Schuster Die Portr. der gr. Philosophen Taf. L 6; Fa^e und Profil Arndt-Bruckmann 441, 442.

2 Visconti Icon. gr. I. tav. 22. 1, 2; im Profil Pio Clem. VI. 35. 2; in Vorderansicht Penna Viaggio pitt. d. Villa Adr. III. tav. 80. 1; Pistolesi VI. 100. 1; Baumeister I. p. 85.

3 Righetti II. 205.

* Pio Clem. VI. p. 172. Anm. 1.

^ Fälschlich Antisthenes genannt die im Typus verwandte Herme aus Samml. Cam- pana im Louvre, Karyatidensaal No. 67 (nicht bei D'Escamps abgebildet).

ANTISTHENES

Bart. Die Stirn durchfurcht, die Brauen ähnlich wie manchmal bei Sokrates wulstig zusammengezogen, doch ohne Fettpolster über den Lidern, der Mund zahnlos, die Oberlippe vom Schnurrbart bedeckt. Ein »sauertöpfischer und verbissener", auf sich selbst zurückgezogener Alter, der mit Verachtung auf seine Gegner herabschaut. Die An- lage der Haare, namentlich eine über der Mitte der Stirn sich krüm- mende Locke und ein paar Schläfenbüschel, sowie zwei kleine Bart- büschel unterhalb des Mundes kehren gleichmässig bei den meisten Exemplaren wieder (1. 2. 3. 6) und deuten auf ein einheitliches Ori- ginal, dem die Herme in der Gall. geografica (2) als das best- gearbeitete am nächsten stehen dürfte. An ihr lässt sich auch er- kennen, dass die Nase unmerklich eingebogen war, da die ganze obere Hälfte derselben hier antik. Die Haltung des Kopfes dagegen ist nur an der vaticanischen des Musensaals (1) die ursprüngliche, und hier etwas nach links gerichtet.

Das Bildnis geht seiner breiten Behandlung nach noch auf die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts zurück, wird aber wohl erst im zweiten Viertel und nach dem Tode des Philosophen entstanden sein. Da es zu den glücklicheren Schöpfungen der charakterisierenden Porträt- kunst gehört, so glaubt man den Urheber unter den bedeutenderen Meistern jener Zeit suchen zu müssen. Brunn ^ dachte an Silanion, der, wie im Apollodor die Zornsucht, so hier den philosophischen Kynismus verkörpert habe; Arndt- an Demetrios von Alopeke, den Fanatiker der Wahrheit im Porträt, der mit Vorliebe hässliche Per- sonen zum Gegenstand wählte. Zeitlich passt Silanion besser; denn es ist sehr fraglich, ob die Thätigkeit des Demetrios noch ins zweite Viertel des Jahrhunderts hinüberreicht. Aber wenn man sich den Stil des Silanion aus den Platohermen construiert, so will auch dieser Künstler nicht stimmen. Wir müssen einstweilen die Frage nach dem Urheber auf sich beruhen lassen.

Einigermassen auffällig ist die verhältnismässig grosse Zahl der Wiederholungen (mindestens 8), in denen das Bildnis auf uns ge- kommen, während doch Antisthenes nicht zu den geistig besonders bedeutenden Männern gehört. Indes richtete sich die Vervielfältigung durchaus nicht bloss nach der geistigen Bedeutung, sondern häufig mehr nach der Wertschätzung, in welcher der Charakter und die Lebensanschauung des Betreffenden bei der Nachwelt stand. Und

^ Münchener Sitzungsberichte 1892 p. 675. * Zu den gr. und röm. Porträts No. 161 ff.

EUKLID VON MEOARA

da ausser den Kynikem namentlich auch die Anhänger der Stoa den Antisthenes als ihr hohes Vorbild verehrten, so erklärt sich die Häufigkeit seiner Bildnisse auf ziemlich natürliche Weise. * Dass Manche den Kopf schon wegen seines grandiosen und ausdrucks- vollen Typus aufstellten -, mag ebenfalls richtig sein.

Euklid von Megara

Als Bildnis des Eukleides von Megara, zu dem die Schüler des Sokrates nach dem Tode des Meisters sich geflüchtet haben sollen^, publizierte Spon in den Miscellanea erudltae ant'iqultatis sect IV (1683) p. 140, ohne übrigens den Philosophen von dem um ein Jahr- hundert später lebenden Mathematiker Euklid zu unterscheiden, den bärtigen bekränzten Kopf mit der Umschrift 6YKAeiAHC auf einer jetzt verschollenen Münze des Hadrian*; ohne Zweifel irrtüm- lich, da der Kranz nicht zu einem Philosophen passt und die Münze wahrscheinlich apokryph.

Mit besserem Grund hatte schon vorher (1669) Canini in seiner Iconogmfia T. 8Q einen anderen Münztypus als Eukleides gegeben, nämlich den durch keine Umschrift bezeichneten, ebenfalls bärtigen, verschleierten Kopf einer megarischen Münze, den dann auch Bellori (Imag. 16) und Gronov (Thes. II. 82) wieder abbildeten und Visconti und Mionnet als Euklid acceptierten.'^ Den Schleier erklärte Visconti als Anspielung auf die Verkleidung, in der sich Euklid nach Athen zu Sokrates gestohlen haben soll^; eine Deutung, die auch noch bei Imhoof-Gardner A numismatic commentary on Pausanias 1885, p. 4 und im Catalogue ofgr. coins in the brit Mus., Attica etc. 1888, p. 121, wo beide mal die Münze in Lichtdruck abgebildet ist, gegeben wird. Gegenwärtig gilt der Kopf als Person ification des Senats wie der ähnliche auf kretischen Münzen.'

^ Visc. Icon. gr. I. p. 251. Anm. 3. ^ pjo dem. VI. p. 173.

ä Diog. II. 106.

* Wiedergegeben bei Schuster Portr. d. gr. Philos. Tf. I. 5.

"> Vgl. Visc. Icon. gr. I. p. 279, Taf. 16, 3; Mionnet Suppl. III. p. 587. No. 370.

* Caput rica velatus e domo sua Megaris Athenas ad Socratem commeabat. Aul. Gell. N. A. VI. 10.

' Vgl. Bürchner in der Zeitschr. f. Num. IX. 1882. p. 126.

8 XENOPHON. ARISTIPPOS

Der Geschichtschreiber Xenophon

Xenophon, des Gryllos Sohn von Athen (c. 434— c. 355), in seiner Jugend ein Lieblingsschüler des Sokrates, zur Zeit von dessen Prozess in Asien, Leiter des Rückzugs der Zehntausend, und von da an wegen seiner spartafreundlichen Ten- denzen seiner Heimat entfremdet, verlebte seine späteren Jahre in Skillos bei Olym- pia und in Korinth. An letzterem Orte starb er, angeblich neunzigjährig. Doch wurde sein Grab mit einem Bildnis aus pentelischem Marmor in Skillos gezeigt.^

Ohne speziellen Grund haftete früher der Name Xenophon an einem vor- alexandrinischen Porträttypus, von dem noch 3 oder 4 Exemplare vorhanden, das beste in Berlin No. 317 (abgeb.Arndt-Bruckmann 361,362), ein geringeres in München, Glypt. No. 161, jetzt 303 (abgeb. Arndt-Bruckmann 363, 364); ein drittes befand sich 1892 im römischen Kunsthandel (Arndt a. a. O. zu 363), als ein viertes bezeich- net Furtwängler einen Kopf in Ny Carlsberg zu Kopenhagen No. 320^: Ein Mann in mittlerem Alter, von mildem, wohlwollendem Ausdruck, im Wuchs und Schnitt der Haare einigermassen an Euripides erinnernd, der Bart halblang und ungeteilt; wie es scheint, kein Philosophentypus. Physiognomie und Stil (Anfang des 4. Jahrh.) würden zu Xenophon passen; aber das ist auch Alles, was zu Gunsten der Namengebung angeführt werden kann.

Die Herme mit dem Olivenkranz und den vittae im Löuvre, S. du heros comb., Descr. No. 560, jetzt No. 538 (abgeb. Winckelm. Mon. ined. IL 171)^, für welche Winckelmann den Namen Xenophon vorschlug mit Bezug auf dessen Opfer nach der Schlacht bei Mantinea, stellt vielmehr den Herakles als Archetyp der olym- pischen Sieger dar. *

Aristippos

Aristippos von Kyrene, der Schüler des Sokrates, der Vater des Hedonismus und als solcher der philosophische Vorläufer des Epikur war nicht viel später als 435 geboren, und trat noch bei Lebzeiten des Sokrates als Sophist auf. Nach dessen Tode 399 begab er sich ins Ausland (Aegina, Korinth, Asien, Syrakus, wo er mit Plato zusammen- kam), verbrachte aber die letzten Jahre wieder in Athen und Kyrene (t c. 360). Sein Wandel war seiner Lehre conform, in beiden das

1 Paus. V. 6. 6.

2 Ob die letzteren beiden, welche allerdings eine überaus schlechte Erhaltung gemein haben, identisch sind, weiss ich nicht. Indes ist im Katalog von Ny Carls- berg von 1898 unter No. 320 ein euripidesartiger Kopf (s. 1. Teil. p. 153. 20) verzeichnet, der mir in der Photographie keineswegs den Eindruck einer Replik des vorliegenden Typus gemacht hat. Sollte Furtwängler wirklich diesen meinen? Auch der im Berliner Katalog genannte Kopf des brit. Museums No. 54 wird wohl mit Unrecht als Replik bezeichnet.

3 Bouillon I; Clarac. pl. 1084; Mus. Nap. IL pl. 33.

* Visc. Icon. gr. I. p. 189 und 311 ; vgl. Pio Clem. VI. p. 93.

GEMMENTYPUS DES ARISTIPP

höchste Ziel der Lebensgenuss. Doch ist es einseitig, wenn Athenaeus sagt: Er lebte in Weichlichkeit und in allem Luxus der Wohlgerüche, der Kleider und der Weiber. * Denn ebenso hoch stellte er die edleren Genüsse.

Bei Faber- und Bellori'^ ist ein Karneol desUrsinus mit einer männlichen Porträtbüste abgebildet, welch letztere wegen angeb- licher Ähnlichkeit mit einer (in Zeichnung vorhandenen) Inschrift- herme des Pirro Ligorio auf den kyrenäischen Philosophen gedeutet wurde:* Ein Mann von noch blühendem Alter, mit lockig das Ge- sicht umkränzendem Haar, eingebogener spitzer Nase, und wieder in Locken gegliedertem nicht sehr langem Bart. Der Stein ist jetzt verschollen und die Identification seiner Darstellung beruhte aus- schliesslich auf dem Zeugnis des Ligorius; denn weder Faber noch Ursinus scheinen die Inschriftherme gesehen zu haben. Visconti glaubte daher dem Bildnis keine nennenswerte Bedeutung zuschreiben zu dürfen und führte es in seiner Ikonographie nicht auf.*^

Nun kehrt dasselbe aber noch einmal, und zwar mit dem Namen des Aristippos versehen, auf einer allgemein für echt angesehenen Glaspaste wieder, die aus dem Nachlass des Barons Schellersheim in die Blacas'sche Sammlung und von da ins britische Museum ge- kommen ist [abgeb. Münztaf. II. 9].* Nur dass hier der Kopf von vier kleinen Götterbildern umgeben ist, oben von einer Büste des jugendlichen Dionysos, der eine Schale an den Mund setzt, und von einer nackten Aphrodite, die ihm einen Kranz aufsetzt, unten von den Köpfen des Apollo und des Pallas; in den Zwischenräumen links und rechts vom Porträt die Umschrift APiZT_innOZ."

' Athen. XII. p. 544. 2 pab. Imag. 32.

^ Bell. Imag. phil. 5.

* Caput Aristippi in gemma corniola prorsus iüi assimile est, quod Pyrrhus Ligo- rius ex marmore, ut aiebat, designatum ac descriptum habuit, cum ejusdem nomine. Faber.

^ Vgl. Visc Icon. gr. I. p. 288. ® Catal. of engrav. gems in the brit. Mus. pl. J. No. 1518; Guattani Memor. enciclop.

II. Tf. 4; King Ant. gems pl. 46. 10; Rossbach Neue Jahrbb. für d. klass. Altertum

III. 1899. p. 61. Vgl. Trivier in der Gaz. archeol. 1878. p. 48ff.: Uauthenticitä est incontestable.

' Ob der Karneol des Ursinus wirklich dieser Beigaben ermangelte , oder ob die Abbildung bei Faber nur auf unvollständiger Zeichnung beruht, kann ich nicht sagen. Analogieen für Letzteres wären schon vorhanden (vgl. Faber 42, 71, 92). Aber der Name muss doch gefehlt haben, sonst würde man die Deutung zu Fabers Zeit nicht auf eine Inschriftherme des Ligorius zurückgeführt haben.

10 ARISTIPPOS

Die Beigaben sind oline Zweifel sinnbildliche Hindeutungen auf seinen persönlichen und litterarischen Charakter. Dionysos und Aphrodite sollen ihn als Verehrer des Weins und der Liebe, Apollo als Freund der Dichtkunst und des edleren Lebensgenusses, Pallas als Weisen und Philosophen bezeichnen. Auch in der gesuchten und zierlichen Anordnung von Haar und Bart und in der rasierten Ober- lippe will man eine Charakterisierung der weichlichen Lebensweise des Aristipp erkennen. Indes macht das Bildnis keinen typischen Eindruck. Es weicht in seiner ganzen Auffassung von den sonstigen Oriechenbildnissen, zumal von denen der Philosophen, wesentlich ab, wie denn auch unter unseren plastischen Denkmälern kein halb- wegs entsprechender Kopf nachzuweisen ist.

Ich bin daher noch nicht vollkommen überzeugt, dass es sich um das echte aus dem Altertum überlieferte Bildnis des Aristippos, resp. um die massgebende ikonographische Grundlage dafür handelt. Wenn Anderes für anderweitige Vermutungen spricht, so werden auch diese einstweilen noch Beachtung verdienen. Die blosse Incom- patibilität mit jenem Denkmal ist noch kein Grund zu ihrer Ver- werfung. ^

Neuerdings will man nämlich, wie übrigens schon im 16. Jahr- hundert und sonst verschiedentlich geschah^, die Statue des sog. Aristoteles Spada [Abb. I] ohne den aufgesetzten Kopf natürlich auf Aristipp beziehen, als auf den einzigen standbildfähigen Griechen, zu dem die Inschrift der Plinthe, das Darstellungsmotiv und der Stil passen. •''

Die halbzerstörte Inschrift auf der rechten Seite der Plinthe lässt, wie Studniczka und Duhn behaupten, ausser den fünf Anfangsbuch- staben des Namens APIZT nach einer kleinen Lücke noch die Spur (den oberen Querstrich) des abschliessenden Z erkennen, zwischen welcher und dem T nur noch vier (ähnlich geschriebene) Buchstaben Raum haben. Unmittelbar hinter dem T ist noch der Teil einer senk- rechten Hasta sichtbar, welcher, da es sich um einen Vokal handelt, nur

^ Wie O. Rossbach Gr. und röm. Bildnisse in den neuen Jahrbb. a. a. O. p. 52 ff.

meint.

2 Vgl. die Notiz des Cassiano del Pozzo bei Matz-Duhn Ant. Bildw. in Rom I. zu

No. 1174.

* Studniczka in den Röm. Mitth. V. 1890 p. 12 ff.; Heibig Führer U\ No. 998.

STATUE IM PAL. SPADA

11

Abb. 1

Statue im Pal. Spada zu Rom

12 ARISTIPPOS

von einem I oder E oder von einem D herrühren kann.^ Indes scheint das quadrate ü zu dem vorchristlichen Charal<ter der anderen Buch- staben nicht gut zu passen. Auch werden die meisten Namen auf 0 durch die Beschränkung der ausgefallenen Buchstaben auf vier schon von selbst ausgeschlossen, weil um einen Buchstaben zu lang. So namentlich Aristoteles und Aristophanes, um von Aristomenes, Aristodemos, Aristoxenos, Aristobulos zu schweigen. Es bleibt höch- stens noch Aristokles; aber jedenfalls kommen statt dessen viel eher die Namen Aristeides und Aristippos in Frage. ^

Berühmte Träger des Namens Aristokles, d. h. solche, denen man möglicherweise Statuen errichtete, giebt es kaum. Solche des Namens Aristeides allerdings zunächst zwei: der athenische Staats- mann des 5. Jahrh. v. Chr. und der Sophist oder Rhetor des 2. Jahrh. n. Chr. Aber keiner von beiden lässt sich ohne Zwang mit der Spadastatue vereinigen. Stil und Inschrift der letzteren weisen mit Wahrscheinlichkeit auf das letzte Jahrhundert v. Chr., also weder hoch genug hinauf, noch tief genug herab, um an einen von jenen denken zu können. Der Staatsmann wäre auch schwerlich in dieser nachdenklichen Gelehrtenstellung ^ und der Sophist nicht ohne Tunica dargestellt worden. Eine dritte Berühmtheit des Namens aber, der thebanische Maler des 4. Jahrh. v. Chr., scheint seines Berufes wegen nicht in Betracht zu fallen. Wenigstens kennen wir keine Künstler, von denen Ehrenstatuen überliefert wären.

So bleibt dann in der That nicht mehr viel Anderes übrig als Aristippos, ein Name, der auf einer lebensgrossen Statue natürlich nur den kyrenäischen Philosophen bezeichnen kann. Die neueren Erklärer scheinen jetzt ihrer Mehrzahl nach die Umtaufe der Statue in letzterem Sinne zu billigen. Doch darf man sich nicht verhehlen, dass damit noch einige sachliche Schwierigkeiten ver- bunden sind.

Aristippos lebte am Anfang des 4. Jahrhunderts und trug sich ohne Zweifel wie alle seine Zeitgenossen bärtig. An der Brust der Spadastatue sind aber keine Bartspuren zu bemerken und auch zur Zeit des Restaurators dürften keine vorhanden gewesen sein; obwohl

^ Vgl. das Facsimile bei Studniczka a. a. O.

^ Eine Besprechung all dieser Möglichkeiten findet sich bereits bei Guattani Mo- num. ant. 1805. p. 153 ff., der sich zu Gunsten des Aristides, Zeitgenossen des The- mistokles entscheidet, trotz der Bartlosigkeit des, wie er noch voraussetzt, zugehöri- gen Kopfes. * Oder Sepulcraldarstellung?

CH ABRIAS. TIMOTHEOS 13

die Wahl eines bartlosen Kopfes vielleicht nicht bloss auf diesem negativen Grunde, sondern noch mehr auf dem vorbildlichen Ein- flussder 15Q2 gefundenen Statuen des Menander und Posidipp be- ruhte. Denn damals ungefähr wird die Ergänzung des Aristoteles Spada stattgefunden haben. Bei Aldroandi (1562) ist die Statue noch kopflos S bei Cassiano del Pozzo (f 1667) ist sie ergänzt- Was aber auch abgesehen von der mutmasslichen Bartlosigkeit des Kopfes nicht ganz mit Aristippos stimmt, sind die realistisch gebildeten mageren Formen von Brust und Hals, die eher auf eine spätere Ent- stehungszeit und auf eine in dürftigerer Sphäre lebende Persönlich- keit hinweisen. Eine sichere und befriedigende Lösung ist also mit dieser Deutung, wenn sie auch unter den bisherigen die wahrschein- lichste, noch nicht gefunden.

Chabrias. Timotheos

Keine Porträts, nur Überreste oder Spuren von solchen, haben sich noch von zwei berühmten attischen Feldherrn der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts, Chabrias und Timotheos, erhalten.

Von Chabrias, dem Sohn des Ktesippos (f 357), eine kopflose Inschrift- herme in Rom, erwähnt bei Visconti Pio Clem. I. p. 51. Anm.**

Bekanntlich wird von ihm berichtet, dass er im Kampf gegen Agesilaos, nachdem seine Mietstruppen bereits geschlagen , seinen übrigen Soldaten befohlen habe, knieend mit aufgestelltem Schild und vorgehaltener Lanze den Angriff der Feinde zu erwarten, was ihm zum Siege verholfen. Diese Schlachtordnung sei dann so berühmt geworden, dass ihm die Athener eine Statue in jener Stellung auf dem Markte errichtet hätten.* Mit Bezug hierauf hat man einen öfter vorkommen- den Gemmen typus (Cades 33. 158, 162), welcher einen nackten behelmten Krieger in Kniestellung den Schild umfassend zeigt, auf Chabrias gedeutet. Doch scheint es keineswegs die von den Schriftstellern überlieferte Stellung zu sein, son- dern eher die eines Sinkenden, wie sie sich auch noch in verwandten Motiven (Cades ib. 159—161) auf Gemmen findet. Daher nach Andern Chabrias, der bei der Belagerung von Eion tödlich verwundet seinen grossen Schild umarmt. Aber warum überhaupt Chabrias?

^ Aristide assiso senza testa. Aldr. Stat. di Roma p. 256.

^ Un filosofo a sedere coperto del solo pallio, del resto nudo e raso il viso. Vgl.

den Abschnitt Aristoteles.

3 Vgl. C. I. G. 6123.

* Nepos Chabr. I : Reliquam phalangem loco vetuit cedere, obnixoque genu scuto,

projeda (- que) hasta impetum excipere hostium docult .... Hoc usque eo tota

Graecia fama celebratum est, ut illo statu Chabrias sibi statuam fieri voluerit,

quae publice ei ab Atheniensibus inforo constituta est. Vgl. Diodor XV. 33, der

sogar von mehreren derartigen Statuen spricht.

14 ISOKRATES

Ein ebenbürtiger Feldherr war sein Zeitgenosse Timotheos, der Sohn des Konon, der Schüler und Freund des Isokrates (f 354). Von einem Bildnis des- selben rührt die Aufschrift TIMO0EOZ A0HN .... nOAYK her, welche

Spon (Miscell. IV. p. 135) zuerst bekannt gemacht hat.^ Sie befand sich mit fünf anderen Bildnisinschriften auf einem bei der Porta latina zu Rom gefundenen Fries, zu Spons Zeit in Villa Mattei.^ Welches die Form des Bildnisses gewesen, lässt sich aus dem oblongen Inschriftstein nicht mehr entnehmen.

Isokrates

[Taf. III] .

Isokrates (436 338) wurde wie Lysias in Wohlhabenheit auf- erzogen und zum Redner ausgebildet. Eine Zeit lang Schreiber im Dienste des Feldherrn Timotheos, wandte er sich nach Beendigung des peloponnesischen Krieges dem Unterricht in der Rhetorik zu, und erwarb sich neuen Reichtum an Stelle des im Kriege verlorenen. Seine Schüchternheit und die Schwäche seiner Stimme erlaubten ihm nicht, öffentlich aufzutreten, weshalb er sich neben dem Unterricht auf das Abfassen von Reden für Andere beschränkte. Er starb acht- undneunzigjährig, bald nach der Schlacht bei Chaeronea.

Sein Freund und Bewunderer Timotheos hatte ihm noch zu Lebzeiten durch den Künstler Leochares eine Bronzestatue im Tempel zu Eleusis aufstellen lassen, deren Weihinschrift ihrem Texte nach erhalten ist.^ Da Leochares seine Laufbahn etwa um 370 begann, und Timotheos 354 starb, so muss die Aufstellung zwischen diesen beiden Zeitpunkten stattgefunden haben, im sechsundsechzigsten bis zweiundachtzigsten Altersjahr des Isokrates.

Nach seinem Tode errichtete ihm sein Adoptivsohn Aphareus eine zweite Statue von Erz im Olympieion zu Athen.* Pausanias sah sie noch an Ort und Stelle auf einer Säule und es ist sehr wohl möglich, dass es, wie Visconti vermutet, dieselbe Bronzestatue, die

^ S. Visconti Icon. gr. I. p. 191. Über den Künstler Polykrates s. Brunn Gesch. d.

gr. Künstl. I. p. 398; Löwy Inschr. gr. Bildh. 482.

- KaibelNo. 1149.

^ Vgl. Pseudo-Plut. Vita X or. Isoer.; Visc. Icon. gr. I. p. 522, Anm. 3; Michaelis

Zur Zeitbestimmung des Silanion p. 9.

^ Paus. I. 18. 7 und Pseudo-Plut. a. a. O.

DIE ALBANISCHE INSCHRIFTBÜSTE 15

später Christodor im Zeuxippos zu Constantinopel vorfand und be- schrieb. ^

Die Vita des Pseudo-Plutarch erwähnt ausserdem noch eine eherne Reiterstatue in Athen, welche ihn in jugendHchem Alter, wenn die Stelle richtig gelesen wird, als wettrennenden Knaben dar- stellte, und ein gemaltes Porträt im Pompejon ebenda.

Trotz allen Ehren jedoch und aller Berühmtheit, deren sich Iso- krates im Altertum erfreute, und die eine grosse Zahl von Bildnissen von ihm voraussetzen lassen, scheint nur ein einziges, künstlerisch unbedeutendes davon auf die Nachwelt gekommen zu sein, nämlich die kleine Inschriftbüste im Casino der Villa Albani No. Q51 mit dem Namen 6IC0KPATH(;) [abgeb. Taf. III]'-, um 1767 gefunden, aber erst 1785 in der Villa aufgestellt und von Winckelmann (f 1768) noch nicht gekannt'^; jetzt ungeschickter Weise in einen Hermen- schaft eingelassen, um sie zu einem Gegenstück des Hortensius No. 953 zu machen; Kopf und Inschrift aus Einem Stück, doch hat die linke Seite der Büste ziemlich gelitten. Ein Mann in mittleren Jahren, mit hoher glatter Stirn, schlichtem, nach vorn gekämmtem Haar und ähnlich behandeltem, ungeteiltem Bart, von mildem Aus- druck. Die griesgrämige Miene eines dem frischen Pulse des Lebens entfremdeten Schulmeisters (Christ) kann ich nicht darin erkennen. Nach den eingegrabenen Pupillen und der Schreibweise des Namens aus der Kaiserzeit; von neuerer Hand übergangen. Der Kopf muss auf ein frühes Bildnis von ihm zurückgehen, auf ein früheres als das des Leochares denn er erscheint nur fünfunddreissig bis vierzig Jahre alt und jedenfalls auf eines nach dem Leben. Nach dem Tode konnte man den als fast hundertjährigen Greis Gestorbenen unmög- lich so jugendlich mehr darstellen, wenn man sich nicht an die bereits vorhandenen hielt und diese kopierte. Oder sollte in dieser grossen Jugendlichkeit etwa ein Verdachtsgrund gegen die Echtheit der Auf- schrift liegen?

Als Wiederholung wird der Berliner Kopf No. 301 (wahr- scheinlich der bei Cavaceppi Racc. IL 47 im Besitz S. M. des Königs von Preussen) gefasst, der allerdings die hohe steile Stirn und die Form des Bartes mit dem albanischen Köpfchen gemein hat. Die

* Christod. Ecphr. v. 255.

* Visc. Icon. gr. I. Tf. 28a. 3, 4; Baumeister I. p. 762; in Lichtdruck bei Christ gr. Litteraturgeschichte 14; Arndt-Bruckmann Portr. 135. Die Aufschrift Kaibel 1169. 3 Vgl. Jordan Annal. d. Inst. 1882. p. 61ff.

16 ISOKRATES

Kopfform aber ist flacher und länger und die Anlage des Haares, namentlich des Schläfenhaars, ganz verschieden; die Identität der Person höchst zweifelhaft.

Alles was sonst den Namen Isokrates trägt, ist unbegründet.

Die Herme im Mus. Torlonia No. 33 und die noch ganz er- haltene Büste auf runder Plinthe imConservatorenpalast No. 94 sind nur von entfernter Ähnlichkeit, erstere nach Winter eine Replik des Thukydides (s. I. Teil p. 181), letztere ein bärtiger Glatzkopf mit breiter Stirn und mit der Eigentümlichkeit, dass der Schnurrbart an die Nasenflügel ansetzt und den grössten Teil der Nasenlippe frei- lässt (Stil des 4. Jahrhunderts).

An der bei Statius Tai X abgebildeten Inschriftherme mit dem Namen des Isokrates in hortis Cardinalis de Medicis war der Kopf (Aeschines?) willkürlich aufgesetzt, wie schon Ursinus in der praefatio von 1570 bemerkt. Doch haben die älteren Ikonographen ^ keine Rücksicht auf die Berichtigung genommen und ihn weiter als Isokrates abgebildet.^

An dem Madrider Kahlkopf mit dem düsteren Blick (Hübn. No. 165) ist die Aufschrift IZOKPA (tt;;) modern.^ Er hätte dem Formentypus nach eher Ähnlichkeit mit Lysias, dem Ausdruck nach mit den sogg. Herakliten im Capitol (I. Teil p. 85).

Ganz willkürlich endlich wurde früher Isokrates genannt der alte hagere Kopf mit den eingesunkenen Augen im capit. Museum, Philos.-Zimmer No. 18 (Bott. I. 65)*, unter dem sich wahrscheinlich ein verfehlter Epikur verbirgt.

Archytas

Der Pythagoreer Archytas aus Tarent war ein Zeitgenosse des Plato, mit dem er während dessen Aufenthalt in Unteritalien ver- kehrte. Er beschäftigte sich hauptsächlich mit Mathematik, Physik und Mechanik. Und von diesen Wissenschaften handeln auch die Fragmente, die noch von ihm erhalten sind. Er genoss bei seinen

^ Fab. Imag. 76; Bellori 82; Gronov. Thes. IL 81.

'^ Dütschke (im Nachtrag zu d. A. B. in Oberit. III. p. 259) bringt ihn ganz grund- los mit der Herme in Florenz Uff. No. 422 (sog. Alkibiades) in Verbindung. Über die Inschrift vgl. Kaibel No. 1168. 8 Kaibel 211*. * Righetti I. 111.

TURBAN ARTIGE KOPFBEDECKUNG 17

Mitbürgern des grössten Ansehens, wofür ein Beweis, dass er sieben- mal zum Strategen gewählt wurde.

Bei Faber (Imag. 27) ' ist der Kopf einer tarentinischen Bronze- münze abgebildet, der nach dem beigesetzten, angeblich ARKI zu lesendem Monogramm auf Archytas gedeutet wurde"-: ein dem bärtigen Dionysos verwandter Typus mit langem von einer Binde umwundenem Haar, das um Stirn und Nacken einen ausladenden turbanartigen Wulst bildet.

Diese Münze, die jetzt als moderne Fälschung erkannt ist, scheint Anlass gegeben zu haben, ein paar Bildnisse mit turbanartiger Kopf- bedeckung wie die Marmorherme im Capitol, Philosophenzimmer No. 80 (abgeb. Bottari I. 88)-^, und den herculanischen Bronzekopf in Neapel, Inv. 5607 (abgeb. Arndt- Bruckmann 153, 154)*, eben- falls auf den Namen Archytas zu taufen, obgleich in Wirklichkeit nicht die entfernteste Ähnlichkeit weder zwischen ihnen und der Münze noch zwischen dem einen und dem anderen jener Köpfe besteht. Die herculanischen Akademiker glaubten ausserdem eine Stelle desSuidas, wo eine vermeintlich ähnliche Kopfbedeckung rapavTivi^iov genannt wird'^ zu Gunsten ihrer Deutung anführen zu dürfen. Allein unter dieser Bezeichnung ist vielmehr eine zum weiblichen Kostüm ge- hörige Binde (^taSyjaa) verstanden**, während die genannten Köpfe ein den ganzen Scheitel bedeckendes, rings in einem Wulst endigendes Kopftuch (^EpidTpiov ?) tragen.'

Eine von einem Bildnis des pythagoreischen Philosophen her- rührende Hermenbasis, auf deren oberer Fläche noch der vordere Teil zweier Füsse erhalten, ist zugleich mit denen der sieben Weisen und anderer berühmter Griechen unterhalb Tivoli gefunden worden. Sie trägt die Aufschrift APXYTAC. ^

1 Bellori Im. phil. 4. ^ ygj yisc. Icon. gr. I. p. 287. « Righetti I. 188.

* Br.d'Erc. 1.29,30; Comparetti edePetra tav.VIII.2; Mus.ital.di ant.class.III.Tf.5.

* S. Suid. ed. Bernhardy unter diesem Wort.

* S. Sogliano im Mus. ital. a. a. O. p. 551.

' Sogliano vindiziert dem »Turban « athletischen Charakter mit Berufung auf ein pompejanisches Gemälde (abgeb. a. a. O. Taf. VI), wo eine damit geschmückte nackte Figur, die durch den Palmzweig in der Rechten als Sieger gekennzeichnet ist, von einer Nike vorgeführt wird. Ihr Kopfschmuck hat allerdings einige Ähn- lichkeit mit dem des herculanischen Bronzekopfs. Doch wird durch das eine Bei- spiel noch nicht viel bewiesen, jedenfalls nichts für die capitolinische Herme, unter der man sich unmöglich einen Athleten vorstellen kann. 8 Pio Clem. I. p. 51; Kaibel No. 1141.

Bemoulli, Griech. Ikonographie. II. Teil

18 PLATO

Plato '

[ Taf. IV. V. VI ]

Plato, der Sohn desAriston (427—347), stammte aus altattischer vornehmer Familie. Seine zwanziger Jahre verbrachte er in Athen als Schüler des Sokrates (407— 3QQ). Nach dessen Tode begab er sich nach Megara zu Euklid und später auf Reisen (Kyrene, Ägypten, Sicilien), die ihn aber jeweilen wieder nach seiner Vaterstadt zurück- führten. In Sicilien schloss er innige Freundschaft mit Dion, dem Schwager des älteren Dionysios; in Unteritalien knüpfte er Ver- bindungen mit den Pythagoreern an. Dazwischen war er lehrend und schriftstellerisch thätig als Haupt der von ihm (um 386) gegründeten Schule in der Akademie. Er erreichte das hohe Alter von einund- achtzig Jahren.

Die wenigen bei den Schriftstellern vorkommenden Notizen, welche seine äussere Erscheinung betreffen, sind den monumen- talen Quellen gegenüber ziemlich belanglos. Doch führen wir sie auf, da vielfach Bezug darauf genommen wird.

Er soll zuerst nach seinem Grossvater Aristokles geheissen und den Namen Piaton erst später wegen seiner breiten Brust von seinem Lehrer in der Gymnastik erhalten haben. Andere wollten denselben von seiner breiten Stirn oder gar von der Breite und Fülle seiner Rede ableiten.^ Am bestimmtesten und mit unmittelbarer Beziehung auf die bildlichen Darstellungen drückt sich Olympiodor in der Vita Piatonis aus: »Er wurde so genannt, weil zwei Teile seines Körpers von ungewöhnlicher Breite waren, die Brust und die Stirn, wie man aus seinen überall aufgestellten Bildnissen sehen kann." Christ"^ meint, das Alles sei wahrscheinlich eitel Faselei. Indes nach der letzteren Stelle und nach den erhaltenen Denkmälern lag den Deu- tungen jedenfalls etwas Thatsächliches zu Grunde.

Daneben wird bei Plutarch zweimal auf die gebeugte Haltung seines Rückens angespielt: ''i^cTrep ol ttjv ID^arcovo? d7:op.i[y-ou;j.£voi

* Litteratur. E. Braun Ritratto dl Piatone, in den Annal. d. Inst. 1839 p. 207 ff.; Schuster Porträts griechischer Philosophen p. 11 ff.; Heydemann Jenaer Litt.-Zeitung III. 1876. p. 477; Heibig Über die Bildnisse des Piaton, im Jahrb. des Inst. I. 1886. p. 71 ff.; Winter Silanion, ibid. V. 1890. p. 151 ff.; Benndorf Porträt- kopf des Piaton, in den Jahresheften des österr. arch. Instit. II. 1899. p. 250. - Diog. Laert. III. 4; und ähnlich Seneca Epist. 58; Apulejus De Plat. et ejus dogm. princ. 3 Gesch. d. gr. Lit. p. 423. Anm. 3.

SEIN ÄUSSERES. EHMALIOE BILDNISSE IQ

)cupT(/r>]Ta^, und >cal flXartiivoi; aTzo^i^Xc^xi «paat tou; (tuvti^si? tci ^Tui/CupTov.-

Auf eine verdriessliche oder gar finstere Miene deutet eine Stelle des Komikers Amphis bei Diog. III. 28:

^Q. n>.aTü)v,

cb; oöSev oin^x TrAYjv ajcu&poTua^eiv j/.ovov, coarep 3co/Xia; <j£u.vü); ^Tryjpv«); tÖ? i(pp5?.'* Und es scheint überhaupt zu den Gepflogenheiten der Akademiker gehört zu haben, sich möglichst ernst und gesetzt zu benehmen. Nach Aelian* gieng eine Sage, dass früher in der Akademie das Lachen verboten gewesen sei. Und Plato selbst soll, wenigstens in seiner Jugend, niemals laut gelacht haben. ^

Ebenfalls den Adepten dieser Schule wurde von einem anderen Komiker, Ephippos, die allzu grosse Eleganz in der Haar- und Bart- tracht vorgeworfen : *

EJ [AEv [Aajraipa ^uar iyjbi'v Tpi/cujjLaTa,

worauf indes nicht viel zu geben, da kein Grund vorhanden, dies auch auf Plato zu beziehen. Aelian ' berichtet im Gegenteil, Plato habe den Aristoteles seiner Eitelkeit wegen getadelt, weil er sich mit übertriebener Sorgfalt kleidete und Haare und Bart beschnitt.

Von ehemaligen Bildnissen des Plato ist uns ein sehrfrühes bekannt, von der Hand des Atheners Silanion, der den alternden Philosophen ohne Zweifel noch persönlich gekannt hatte, da seine Wirksamkeit bis in die erste Hälfte des 4. Jahrh. hinaufreicht.^ Ein Perser Mithradates weihte dasselbe (zwischen 387 und 363. Michaelis) den Musen in der Akademie.®

Mit einer Statue des Plato war auch die tusculanische Villa des Cicero geschmückt: Tum in pratulo propter Piatonis statuam con- sedimus}^

* Plut. Quomodo adol. poetas aud. debeat. 8.

* Id. De discern. amic. ab adul. 9.

^ Heibig hält die Stelle für verdorben, weil die Schnecke keine Augenbrauen habe; wogegen S. Reinach bemerkt, dass der Vergleich nicht zwischen Plato und der Schnecke, sondern zwischen den zusammengezogenen Brauen und der Spirale eines Schneckenhauses gemacht werde.

* Ael. Var. hist. III. 35. "> Diog. III. 26.

« Bei Athen. X. 509. c. ' Ael. Var. hist. III. 19.

® Michaelis Hist. u. phil. Aufsätze E. Curtius gewidmet, p. 107-114. » Diog. III. 25 = Overb. Schriftqu. 1358. Cic. Brut. VI. 24.

20 PLATO

Ein drittes Bildnis erwälint Christodor^ in seiner Beschreibung der Bronzestatuen des Zeuxippos in Constantinopel. Schon Visconti sprach die Vermutung aus, sie möchten alle drei auf das Original des Silanion zurück gehen; das letztere sei vielleicht noch in der Zeuxipposstatue erhalten gewesen. -

Die Ikonographie des Plato hat an der Hand einer Reihe schein- bar beglaubigter und dann wieder verworfener In Schriftdenkmäler verschiedene Wandlungen durchgemacht, bevor sie an dem jetzt all- gemein für sicher angesehenen, in der Hauptsache nicht mehr ver- rückbaren Endpunkte angelangt ist. Wir schicken eine Übersicht des betreffenden Materials voraus, um uns bei der historischen Betrachtung darauf beziehen zu können.

Quellendenkmäler

a. Büstchen in den Uffizien zu Florenz, Inschriftsaal No. 282, Dütschke III. 393 [Abb. 2],^ mit der Aufschrift PAATQN^ Nach Bellori aus der Sammlung des Fulvius Ursinus, was Visconti mit Recht bezweifelt, da es sonst unerklärlich, warum jener in den Imagines nicht eher dieses Büstchen statt der Gemme publicierte;'^ aber andrerseits auch schwerlich identisch mit der bei Athen gefundenen Platobüste, welche Girolamo Rossi von Pistoja dem Lorenzo Magni- fico verkaufte.*' Es ist nur etwa ein Drittel lebensgross, jetzt in die Mauer eingelassen, so dass der Kopf clipeusartig vorspringt. Alles samt der Inschriftbasis, so viel ich sehen konnte, aus Einem Stück. ' Die Nase neu, Oberlippe und Augenbrauen geflickt. Die Stirn ist hoch, kahl und ziemlich zuürckliegend, die Brauen gewölbt, das Haar von einem Reif umgeben. Der Typus in manchen Be-

1 Christod. Ecphr. 97. ^ yjsc. icon. gr. I. p. 220. Anm.

3 Bellori Imag. 27; Gronov Thes. ant. gr. II. Tf. 83; Visconti Pio Clem. I. Tf. A IV. 8 und Icon. gr. I. Tf. 18a; Horner Bilder des gr. Altertums; Schuster Philo- sophenporträts II. 1 ; Phot. Brogi 9667. * Kaibel No. 1198.

^ Schon Gronov a. a. O. hatte sich darüber gewundert.

« Visc. Icon. gr. I. p. 219. 1 ; vgl. E. Braun Annal. 1839. p. 211. 2; Dütschke a. a. O. ■^ So auch Heibig Jahrb. a. a. O. p. 75. Anders urteilten früher Schuster a. a. O. p. 12. Anm. ***; Heydemann Jen. Litt.-Zeitg. 1876. p. 477; Kaibel No. 1198. Wenn aber Alles aus Einem Stück, so fällt die Behauptung Schusters, der Kopf sei keine Büste, sondern von einer Statue abgebrochen, von selber dahin.

FLORENTINER BÜSTCHEN. VERSCHOLLENE STATUETTE 21

Ziehungen mit dem des Ho- mer verwandt. Von römi- scher Arbeit. Was die Na- mensaufschrift betrifft, so liegt in dem Charai<ter der Schriftzüge kein bestimmter Grund gegen ihre Echtheit vor. Heydemann übertreibt, wenn er die Buchstaben als schief, kritziich und unsicher geführt bezeichnet. Sie sind sorgfältiger und gleichmässi- ger geführt als die des kleinen Sophoklesbüstchens im Musensaal (1. Teil p. 125). Anstoss erregt nur etwa das r mit kurzer rechter Hasta, das nicht an den Anfang der Kaiserzeit passt, wohin der Stil weist. ^ Der eigentliche Grund, warum die Aufschrift zu verwerfen, liegt ausserhalb derselben, nämlich darin, dass sich das Bildnis nicht mehr mit der Berliner Herme (c) verträgt.— Eine moderne Bronzekopie befindet sich in Oxford (Michaelis Anc. Marb. p. 5Q2. 233; abgeb. Chandler Marm. Oxon. Tab. 45. No. 102) mit lateinischer Namensaufschrift.

b. Statuette eines sitzenden Philosophen, jetzt verschollen und bloss noch in Abgüssen vorhanden (abgeb. Monum. des Inst III. 7)-; links oben am Sitz die Aufschrift AATßN, die E. Braun zuerst ent- deckte.'^ Die Statuette ist c. 50 cm hoch und zeigt eine breitschultrige Figur, etwas gebückt, bloss mit einem dicken Mantel bekleidet, mit Lederschuhen, welche die Zehen frei lassen. Beide Hände auf die Schenkel gelegt, in der Linken eine offene Rolle. Der Kopf von hoher, schmaler Form, etwas zur Seite geneigt, von mildem, nicht mürrischem

Abb. 2

Inschriftbüstchen in Florenz

^ Heibig a. a. O. p. 75.

^ Weisser Bilderatlas I. 29; Baumeister III. p. 1334; Schuster Portr. der gr. Philo- sophen Tf. II. 2; Titelvignette zu Plato's Sympos. ed. Jahn. 1875; Gipsabgüsse in Bonn, Dresden, Strassburg, Leipzig, Karlsruhe, Rom. 3 Vgl. Annal. 1839. p. 207; Kaibel No. 1200.

22 PLATO

Ausdruck. Das lange, wie gescheitelte Haar an den Seiten um eine (nicht sichtbare) Binde gewunden. Der Bart bildet eine runde, schlichte Masse, die Enden des Schnurrbarts sind altertümlich empor- gedreht. An den Seiten gewahrt man Epheublätter, welche darauf hindeuten, dass auch die beschädigten und verwaschenen Stellen über der Stirn einst bekränzt waren. Nach der Untersuchung des Abgusses durch den Bildhauer Wagner^ wären Kopf und Rumpf nie getrennt gewesen und das Material Marmor. Arndt und Treu'^ stellen wohl mit Recht die Zugehörigkeit des Kopfes in Abrede, Benndorf und Andere halten ihn für modern. Das Original soll nach England gewandert sein.

c. Herme Castellani im Berliner Museum No. 300 [abgeb. Tf. IV]. ^ Dieselbe wurde bei der Versteigerung der Sammlung Alessandro Castellani in Rom 1884 von dem Grafen Tyszkiewicz erworben und dem Berliner Museum geschenkt. Ein Kopf von breitem, flachem Schädel mit noch ungelichtetem schlichtem Haar, eckig begrenzter, nur leicht durchfurchter Stirn und in parallele Locken oder Strähne gegliedertem, auf die Brust fallendem Bart. In den Augen sind die Pupillen angegeben. Der Kopf sitzt ungebrochen auf einem nach unten verjüngten Hermenschaft (Skizze im Berliner Katalog), auf welchem in grossen, gegen das Ende kleiner werdenden Lettern der Name riAATQN angebracht (Kaibel 1199; nach Robert 2. oder 3. Jahrh. n. Chr.). Im Ganzen wohlerhalten , nur etwas Ver- stössen, namentlich die Nase, aber von ziemlich geringer Arbeit.

d. Untere Hälfte einer stehenden überlebensgrossen Marmor- figur, auf deren Plinthe zwischen den Füssen der Name riAATQ ., 1851 bei den Ausgrabungen des Serapeums von Memphis gefunden (Skizze bei Mariette Le Serapeum de Memphis public par Maspero, 1882. pl. I. d) als Teil einer grösseren Bildnisgruppe, zu der auch ein Pindar, ein Protagoras und ein Homer (?) gehörten. Die Be- kleidung besteht aus Chiton und Mantel, der letztere war über den linken Arm geschlagen.*

1 Bei Braun a. a. O. p. 207. ^ j^hrb. d. Inst. VI. Anz. p. 12.

" Heibig Jahrb. d. Instit. I. 1886. Taf. 6. 1; Arndt-Bruckmann Portr. 5; Christ Griech. Lit. 19; Collignon Hist. d. la sculpt. gr. II. p. 346; Overb. Plastik II*. p. 11. * Dass bei all diesen mit dem blossen Personennamen beschriebenen Denkmälern der Schüler des Sokrates, und nicht der gleichzeitige nur um Weniges ältere Ko- miker Plato oder irgend ein unberühmter Philosoph dieses Namens gemeint sei, scheint mir ausser Frage zu stehen. In der späten Zeit, in welche die betreffenden Bildnisse gehören, war der Komiker bereits eine ziemlich vergessene Grösse, der

QUELLENDENKMÄLER 23

e. Eine kopflose Platoherme, auf deren Schaft nicht bloss der Name des Philosophen, sondern ausserdem noch zwei platonische Sentenzen, ^eo; avaiTioi; und ^"^yjt ^^ Traoa a^avaTo;, angebracht waren, wurde 1846 bei Tivoli gefunden. Sie kam aber nicht in den Vatican, wie Gerhard meinte,^ sondern befindet sich noch am Fund- ort im Museo municipale (Mitteilung Arndts). Der Kopf scheint eine Binde getragen zu haben, wie man aus den noch erhaltenen Enden derselben schliessen muss.-

Modeme, resp. gefälschte Platoaufschriften finden sich nament- lich an einigen Hermen des bärtigen Dionysos im Capitol, darunter die schon bei Ach. Statins 18 (und Bellori 28) abgebildete, damals in aedibus Ociavlani Zeno, jetzt im Cortile des Museums, nuova descr. No. 16.-*

Ferner an einem Kopf des sogenannten Apollonios von Tyana in Madrid, Hübn. No. 170,* und bei einer Porträtbüste in Stock- holm.*

Nicht durch Aufschrift beglaubigt, aber durch Zusammen- stellung mit einem Sokrates als Plato praejudiziert ist

f. der Kopf einer kleinen Doppelherme in Berlin No. 29Q (mit Skizze), in den siebziger Jahren zu Chiusi gefunden,® von einer gewissen allgemeinen Verwandtschaft mit der castellanischen Herme ebenda, aber der Scheitel völlig kahl. Vielfach verletzt und von unbedeutender Arbeit. 18 cm hoch.

Aus demselben Grunde auf Plato gedeutet

g. der mit einem Sokrates (?) gruppierte Kopf auf einem Granat der Marlborough gems, jetzt in der Sammlung Bromilow zu Battlesden (abgeb. Reinach Pierres grav. pl. 113. 3), der noch in ver- schiedenen Wiederholungen vorkommt: Ein dionysischer Typus mit langem Haar, das auf dem Scheitel glatt gekämmt ist, unterhalb der

jedenfalls nicht kurzweg mit einem Namen bezeichnet werden konnte, den jeder- mann bei dieser Fassung auf den Philosophen beziehen musste. Vollends unwahr- scheinlich wäre diese Kürze bei einem der sonst gelegentlich erwähnten Piatone, Vgl. Minervini bei E. Braun Annal. a. a. O. p. 211. Anm. 2.

1 Arch. Ztg. 1846. p. 341.

2 Vgl. Jenaer Litt.-Zeitung a. a. O. p. 479; Kaibel No. 1196.

3 Kaibel No. 243*.

* Kaibel 244*. Vgl. Gr. Ikonogr. 1. Teil p. 26. Anm. 4 No. 7.

» Journ. of hell. stud. IX. 1888. p. 37.

« Vgl. Heibig im Bullet. 1879. p. 232 und einlässlicher im Jahrb. d. Inst. 1886.

p. 75 f.

24 PLATO

Binde wulstartig von der Stirn um den Nacken läuft; hinten ein paar herabhängende Locken. Dass der ihm gegenübergestellte Glatzkopf Sokrates, ist nicht sicher. Er hat weder die Nase noch den Bart desselben. Immerhin erinnert er an ihn, und ähnliche Köpfe gelten auch sonst für Sokrates, z. B. der früher sogenannte Piaton auf dem Karneol in Berlin (Furtwängler Geschn. Steine 6976).^

Geschichtlicher Überblick

Als im 15. und 16. Jahrhundert das Interesse für die Litteratur und Kunst des Altertums und damit für den berühmten Lehrer der Akademie wieder erwachte, nahm man, ungewiss aus welchem Grunde, die Darstellungen oder wenigstens einzelne Darstellungen des bärtigen Dionysos resp. Hermes (namentlich solche, die von seinem gewöhnlichen Typus abwichen) für Bildnisse des Plato. Fulvius Ursinus (Imagines 53) gab eine Gemme mit derartigem Kopf, der allerdings auf der Abbildung zugleich durch die Namensbeischrift des Philosophen beglaubigt erscheint, als Plato. Es ist dieselbe, die ohne Beischrift in einer neuen Zeichnung des Gallaeus (bei Faber No. 112) wiederkehrt, mit der Angabe, sie sei vom Cardinal Cesarini c. 1450 aus Griechenland herübergebracht worden: Ein bärtiger Kopf mit breiter (bei Faber mehrfach umgewundener) Binde und mit herabhängendem Nackenhaar.

Dieser Tradition verdanken auch eine Anzahl Hermen ihre entsprechenden modernen Aufschriften^ und verdankte u. A. die

^ Über die Wiederholungen des Steins s. 1. Teil. p. 192. k.

- In der capitolinischen Sammlung allein giebt es deren mindestens vier (obere Gall. No. 19, abgeb. Bottari I. 22; ebenda No. 13; Taubenzimmer No. 107; Hof des Marforio No. 16). Andere z. B. in Wilton House (Michaelis p. 674. No. 4) und in Lowther Castle (Mich. p. 491. No. 18). Es sind nicht lauter überein- stimmende Typen. Die Herme in der oberen Gall. des Capitols, die noch in ver- schiedenen Repliken vorkommt, trägt eine kleine Stirnkrone (Hades?). Sie gieng schon im Inventar des Boccapaduli von 1566 unter dem Namen Plato (s. Michaelis im Jahrb. d. Inst. V. p. 1890. p. 61. No. 28). Die in Lowther Castle hat Bildnis- charakter und archaisch um den Hinterkopf gelegte Flechten (Krobylos). Ich nahm den Kopf für alt, die Inschrift für neu. Möglicher Weise gehörte dazu auch »das wahre Bildnis des Plato mit dem alten Namen auf der Brust, welches zu Ende des vorigen (17.) Jahrhunderts aus Rom nach Spanien eingeschifft worden und im Schiff- bruch untergegangen ist." (Winckelm. W. V. p. 152. Die einzige mir bekannte Stelle, wo von diesem Denkmal gesprochen wird).

SEIN BILDNIS NACH VISCONTI, NACH E BRAUN 25

schöne herculanische Bronzebüste in Neapel (Wolters No. 1285) ihre noch bis über die Mitte unseres Jahrhunderts hinaus dauernde Be- zeichnung \

Daneben figurierte seit Bellori, ohne dass uns etwas Sicheres über Herkunft und Vorgeschichte bekannt ist, das mit dem Namen beschriebene im Typus ganz verschiedene Florentiner Büstchen (a) als Plato: Ein Greis mit ziemlich kahler Stirn, in die nur wie bei Homer in der Mitte ein Büschel hereinragt, mit massig langem Haar und Bart, der Kopf von einem schräg zum Scheitel emporlaufen- den Haarreif umgeben.

So lange die Bildniskunde noch mehr oder weniger naiv be- handelt wurde, setzte man sich über die Ungleichheit der beiden Typen hinweg und nahm beide für Plato. Aber auf die Dauer gieng das nicht an. Man musste sich für den einen oder für den anderen erklären und Visconti trat entschieden für das Florentiner Büstchen ein, wie dies unter den damaligen Umständen jeder Unbefangene gethan hätte. Für dieses allein war ein triftiger Grund vorhan- den und der Bildnischarakter stand wenigstens nicht im Widers- pruch dazu.

Indes wurde die frühere Tradition noch einmal zu Ehren ge- zogen, als E. Braun 1839 im Atelier des Bildhauers I. M. Wagner die mit dem Namen beschriebene Gipsstatuette (b) entdeckte, deren Kopf mit dem langen, um eine Binde gesteckten Haar am Typus des bärtigen Bacchus seine nächste Analogie zu haben schien. Wenn es auch nicht möglich sei, meinte Braun, die Köpfe des letzteren von den Bildnissen des Plato im Einzelnen aus einander zu lesen, so sei doch jedenfalls eine enge Verwandtschaft zwischen beiden constatiert, was zum Überfluss noch durch eine Bronzemünze des Augustus bestätigt werde, auf deren Revers ein Kopf von ähnlichem Typus, das lange Haar wulstartig um Stirn und Nacken geordnet, mit der

' Vgl. Burckhardt Cic. 1855. p. 512. b; Schuster a. a. O. (1876) p. 12. Eine ver- wandte Büste, ebenfalls in Neapel, Inv. 6306 (Typus der chiaramontischen bei Furtwängler Meisterw. p 95) ist noch bei Jäger Weltgeschichte (1887) I. p. 204 als Plato abgebildet. Auch die angeblich aus Griechenland stammende Bronzebüste des „Plato" im Besitz des Herzogs von Devonshire (Winckelmann a. a. O.) ist oder war nach Michaelis (Anc. Marb p. 277. 4) wahrscheinlich ein bärtiger Bacchus. Das Gleiche gilt von manchen Gemmenköpfen, z. B. dem in Florenz (abgeb. Gori I. 42. 2. = Reinach P. grav. pl. 20); dem des Marchese Tassi (bei Canini Icono- grafia 48). Der im Gab. des medailles, Chab. 2456 (abgeb. Mariette II. No. 101 = Reinach pl. 106) hat wieder die altertümlichen Nackenflechten.

26 PLATO

Umschrift riAATßN (abgeb. nach einem Exemplar der Sammlung Campana in den Mon. d. Inst. III. Tf. VII No. 4)\ dargestellt sei.

Seitdem standen sich das Florentiner Büstchen und die Philo- sophenstatuette ungefähr mit dem gleichen Anspruch auf den Plato- namen gegenüber und es war dem subjektiven Dafürhalten anheim- gegeben, ob man diesem oder jenem den Vorzug geben wollte, falls man nicht schon damals die Zweifel auf Beide übertrug. Obgleich es an sich höchst unwahrscheinlich erscheinen musste, dass von einem Manne wie Plato, der als Schulhaupt und Denker im Altertum und das ganze Mittelalter hindurch das grösste Ansehen genoss, keine Darstellungen mehr sollten vorhanden sein und man daher eher ge- neigt sein musste, einen der beiden positiven Vorschläge zu accep- tieren, erweckten doch dieselben im Ganzen kein rechtes Vertrauen : das Florentiner Büstchen nicht, weil keine Repliken vorhanden waren und es seltsam vorkommen musste, dass das Bildnis des grössten Philo- sophen des Altertums bloss in einem einzigen so unbedeutenden Denkmal erhalten sein sollte^ und die Statuette nicht, weil das Ori- ginal verschollen und die Zugehörigkeit des Kopfes zweifelhaft. Die 1879 von Heibig signalisierte Doppelherme aber (jetzt in Berlin f.), die einen mit Sokrates verbundenen Philosophenkopf zeigte, be- fand sich an einem zu wenig besuchten Orte (Chiusi) und war zu schlecht erhalten und nach Massstab und Arbeit zu unbedeutend, um einen grösseren Einfluss auf die Frage ausüben oder sie gar ent- scheiden zu können.

Da wurde in den achtziger Jahren die castellanische Inschrift- herme (c) bekannt und machte dem Schwanken in der Hauptsache ein Ende. Mochten Fernerstehende anfangs denken, es sei nur eine neue Complikation eingetreten und statt mit zwei hätten wir es jetzt mit drei gleichberechtigten Denkmälern zu thun; man musste sich doch bald überzeugen, dass der Grad der Beglaubigung hier ein wesentlich verschiedener und stärkerer sei, und dass die beiden an- dern unmöglich mehr mit ihr konkurrieren konnten.

Auch die neue Herme ist ja nur eine späte und geringe Kopie. Aber ihr Altertum und das ihrer Aufschrift und die Zugehörigkeit der letzteren keinem Zweifel unterworfen; der Kopf ein entschiedenes Porträt, was von dem der Statuette nicht gesagt werden kann, und das eines Philosophen, was bei dem täniengeschmückten Florentiner

1 Vgl. Annal. 1839. p. 208.

'^ Vgl. Minervini bei E. Braun in den Annalen a. a. O. p. 211. Anm. 2.

DIE CASTELLANISCHE HERME UND IHRE REPLIKEN. 27

Büstchen wenigstens nicht sicher. Dazu ein Typus von notorischer Berühmtheit, wie aus der Zahl der gleich zu nennenden Repliken hervorgeht, und dessen Entstehungszeit bei der Abwesenheit aller naturalistischen Züge eben in die Periode fällt, in welche die ersten und massgebenden Platobildnisse gesetzt werden müssen (2. Viertel des 4. Jahrhunderts).

Dieser fast absoluten Beglaubigung der Berliner Herme gegen- über können die früheren Annahmen nicht mehr aufrecht erhalten werden. Die Aufschrift des Florentiner Büstchens wird also wohl, wie dies schon immer als Möglichkeit betrachtet wurde, modern, und an der Statuette entweder der Kopf aufgesetzt oder die Aufschrift eben- falls modern sein. Auch die angebliche Bestätigung des Bacchus- typus durch die Augustusmünze hat sich als hinfällig erwiesen. Die Münze ist nach Bürchner (und Imhoof) retouchiert und die Umschrift lautete ursprünglich nicht PIAA-TßN. sondern MYAA-ZEQN.^

Die Repliken und ihr gegenseitiges Verhältnis

Es war zu erwarten, dass, sobald einmal Ein authentisches Plato- bildnis entdeckt war, sich unter der Masse der bisher Unbekannten bald noch andere würden nachweisen lassen. Diese Erwartung hat sich in ausgiebiger Weise erfüllt, indem gleich in dem obenerwähnten Aufsatz Helbigs zunächst 6 römische Wiederholungen konnten auf- gezählt werden , zu denen sich unterdessen noch 3 oder 4 weitere hinzugefunden haben. Es sind nunmehr (die castellanische Herme als No. 1 gerechnet) folgende:

2. Der fälschlich sog. Herodot im Philosophenzimmer des Ca- pitols No. 58 (abgeb. Bottari I. 67).

3. Kopf in den Magazinen der Villa Borg hese. Nach Kroker Bullet. 1884, p. 176) eine mittelmässige Replik.

4. Kopf im Casino des Pirro Ligorio, ehemals mit einem Sokrates zur Doppelherme verbunden (abgeb. Jahrb. d. Inst. I. Taf. 7) -. Nach den ausgemeisselten Pupillen aus autoninischer Zeit.

5. Kopf imMus. Torion iaNo. 160 (abgeb. Mon. Tori. Tav.40), gefunden an der Via Appia.

1 Zeitschr. f. Numism. IX. p. 130. Schon Winckelmann Descr. d. pierres grav. de Stosch p. 419. 69 hatte sie für e'quivoque, Friedländer (bei Heydemann Jen. Litt.- Ztg. a. a. O. p. 478) für bedenklich erklärt. '^ Und danach Baumeister III. p. 1335. 1.

28 PLATO

6. Kopf in der Galleria geografica des Vaticans No. 140, Beschreibung der Stadt Rom II. 2. p. 282. 63 (abgeb. Pistolesi VI. Q4. 3), mit dem aufgemalten modernen Namen Aristoteles.

7. Kopf im Musensaal des Vaticans No. 51Q, mit der, wie jetzt angenommen werden muss, modernen Aufschrift ZHNQN [abgeb. Taf. V.]^; von etwas mürrischem Ausdruck, mit starker Querfalte zwischen Stirn und Nase und mit herabgezogenen Mundwinkeln. Nach Winter um die Mitte des I.Jahrhunderts v. Chr. gearbeitet, und zwar die Kopie eines Bronzewerks.

Nachträglich hinzugekommen sind:

8. Ein Kopf von Smyrna, den Sal. Reinach 1881 für den Louvre erwarb, jetzt im Karyatidensaal aufgestellt No. 70 [abgeb. Taf. VI]-, mit auffallend breiter Stirn und flachem Scheitel. Aus der stark be- schädigten Rückseite schliesst Reinach, dass es der Teil einer Doppel- herme, deren anderer Kopf wahrscheinlich Sokrates darstellte. Von später Arbeit, aber doch von besserer als die castellanische in Berlin. Nachbildung eines Marmororiginals (Winter).

9. Kopf im Museum von Aix [abgeb. Taf. VI], dem vorigen ähnlich, doch der Scheitel nicht ganz so flach. Im Ausdruck dem vaticanischen Zeno (7) am nächsten stehend, mit Querfalte über der Nase und mit herabgezogenen Mundwinkeln.

10. Der sog. Hermarch im Fitz -William -Museum zu Cam- bridge (Michaelis A. M. p. 25Q No. 54; abgeb. Jahrb. d. Inst. V. 1890 p. 169)='; von Wernicke als Plato erkannt.

Zweifelhaft:

11. Kopf in Wien (publiziert von Benndorf in den Jahresheften d. österr. arch. Instit 1899. Taf. IV und Fig. 137), neuerdings aus Athen erworben, von sorgfältiger noch griechischer Arbeit, aber mannig- fach verletzt und befleckt, etwa halblebensgross. Trotz der allge- meinen Ähnlichkeit ist der Eindruck nicht der der Identität. Nament- lich fehlt die charakteristische Haaranlage über der Stirn; das Haar ist hier dünn und tritt in zwei Winkeln zurück. Benndorf glaubt die Abweichungen durch das höhere Lebensalter erklären zu können.

' Pio Clem. VI. 33; Pistolesi V. 95; Schuster Tf. IV. No. 7; Jahrb. d. Inst. I. Tf.

VI. 2; Baumeister III. p. 1335; Christ Gesch. d. gr. Litt. 19; Springer-Michaelis

Handbuch d. Kunstgesch. I. p. 251. - Die Aufschrift bei Kaibel No. 1158, wo

aber unrichtiger Weise von einem hermae fragmenturn gesprochen wird.

2 American Journ. of archeology IV. 1888. pl. I. p. Iff. Vgl. Reinach in der Rev.

archeol. 1888. p. 101.

^ Mus. Disnej. pl. 17.

VERSCHIEDENHEITEN DER EINZELNEN EXEMPLARE 29

12. Auch der dem Wiener sehr ähnliche Kopf einer kleinen roh gearbeiteten Doppelherme im Polytechnikon zu Athen (abgeb. ebenda Fig. 138 links), auf die schon Heibig aufmerksam machte \ unterscheidet sich durch eine schmalere, höhere Stirn, durch einen kürzeren Bart, durch anders angelegtes Haar und eine andere Bildung der Nasenwurzel. Heibig vermutet Plato und Pythagoras.

13. Ein weiteres Exemplar soll im Turm der Winde zu Athen aufgestellt sein (Benndorf a. a. O. p. 254).

Dass wir es, abgesehen etwa von den 3 zuletzt genannten Denk- mälern, bei diesen Köpfen überall mit Wiederholungen des Berliner Platobildnisses zu thun haben, braucht nicht näher ausgeführt zu werden. Die Gleichheit gewisser Einzelheiten in der Haaranlage, gewisser Stirn- und Wangenfalten sowie des Schnurrbarts sprechen deutlich dafür. Eine andere Frage ist, ob auch alle, wie gewöhnlich behauptet wird, einen und denselben Typus repräsentieren, d. h. auf dasselbe Original zurückgehen. Dies scheint auf den ersten Anblick keineswegs ausgemacht. Es bestehen denn doch zwischen der Ber- liner Herme und den von Heibig aufgeführten römischen Exemplaren (2 7) und wieder zwischen diesen und den später enteckten (8—10) erhebliche Verschiedenheiten, Die am meisten in die Augen fallende betrifft den Bart, der bei der Berliner Herme in geteilten parallelen Strähnen breit und anschliessend auf die Brust herabfällt, beim frühe- ren Zeno (7) aber eine wenig gegliederte, leicht gewellte, keilförmige Masse bildet. Wären von den Köpfen der beiden zufällig bloss die unteren Hälften erhalten, man würde schwerlich auf den Gedanken kommen, sie einer und derselben Person zuzuteilen. Aber auch die oberen Hälften, die Schädelform und der Gesichtsausdruck zeigen Abweichungen von einander. Der Berliner Plato hat einen flacheren Schädel, dessen grösste Breite in der Höhe der Stirn. Bei den rö- mischen Köpfen ist der Schädel gewölbter; die grösste Breite bei den Ohren. Das Exemplar von Paris (8) und mehr oder weniger auch das von Cambridge (10) und das von Aix (9), schliessen sich in dieser Beziehung der Berliner Herme an, während sie mit der rö- mischen Gruppe die massige, spitz zulaufende Bartanlage teilen. Was endlich den Ausdruck betrifft, so steht auch hier die Berliner Herme in einem gewissen Gegensatz zu den übrigen. Auf ihrem Gesicht ist völlige Gemütsruhe ausgeprägt; den andern geben die

1 Jahrb. a. a. O. p. 72.

30 PLATO

zusammengezogenen Brauen und die vorgeschobenen Lippen einen Zug der Verdrossenheit und des Unmuts.

Was ist aus alledem für die obige Frage zu entnehmen? Sind diese Abweichungen wirklich nur auf Rechnung der Kopisten zu setzen (Heibig, Winter, Wernicke) oder liegen verschiedene Originale zu Grunde? Ich habe mich anfangs der letzteren Ansicht zugeneigt, gestehe aber, mehr und mehr wieder davon zurückgekommen zu sein, weil ich sehe, dass es unmöglich ist, zwei eventuelle Originale aus unserem Replikenbestand klar herauszuschälen. Die verschie- denen Nuancen der Schädelbildung sind im Durchschnitt nicht grösser, als auch sonst bei Wiederholungen desselben Urbilds, und geben sich nur als graduelle Modifikationen: denn sie sind stets mit der gleichen Haaranlage, den nach links (vom Beschauer) gekrümm- ten Stirnbüscheln und dem rechts sie schneidenden Schläfenhaar verbunden. Wenn man sämtliche Köpfe, die Berliner Herme ein- geschlossen, in eine fortlaufende Reihe mit jeweilen flacher und breiter werdendem Schädel ordnet, wobei der Pariser (8) ans Ende zu stehen kommt, so ist der Unterschied zwischen den unmittelbar auf einander folgenden kaum merkbar. In Bezug auf den Ausdruck sind die Abweichungen noch geringer. Einzig der in Strähne ge- gliederte Bart der Berliner Herme verrät eine künstlerische Absicht- lichkeit, welche über die gewöhnliche Kopistenlicenz hinauszugehen scheint. Aber da der obere Teil des Kopfes doch sicher wieder von einer gemeinsamen Vorlage abhängig und die Bartsträhne latent auch bei einzelnen der anderen Exemplare (Capitol, Vatican, Call, geogra- fica) vorkommen, so reicht dies nicht aus, um die Annahme eines zweiten Originals zu begründen.

Wenn aber nur eines, welche von den unter sich abweichenden Zügen sind demselben zuzuteilen? Man pflegt sich bei solchen Fragen entweder an das älteste Exemplar oder an den am zahlreichsten ver- tretenen Typus zu halten. Beide Requisite treffen in unserem Fall beim vatican ischen Zeno (7) zusammen, dessen Merkmale eine massige Stirnbreite, ein keilförmiger Bart, ein moroser Ausdruck. Die Berliner Herme, welche in allen diesen Beziehungen abweicht, erschiene danach, obgleich gerade auf ihr der Nachweis des Plato- bildnisses beruht, als die am wenigsten treue Kopie. Indess in Einem Punkte dürfte sie trotzdem dem Original näher kommen als der Zeno. Die Breite der Stirn wird so ausdrücklich als Charak- teristikum des Plato überliefert, dass man erwarten muss, sie auch in seinem Bildnis stark betont zu sehen. Bei den römischen Repliken

OB EIN ODER MEHRERE ORIGINALE 31

wird man in dieser Bezieliung eher enttäuscht. Erst bei der Berliner kommt die Breite entschieden zur Erscheinung und dann allerdings in noch höherem Masse bei der Pariser (8), weshalb Reinach eben diese für das echteste Abbild erklärt. Allein hier machen die ge- drückten Proportionen bereits den Eindruck des Übertriebenen, und es wäre, wenn sie original, nicht mehr recht verständlich, warum die Kopisten eine so prägnante Schädelbildung wieder aufgaben. Von der Berliner Herme dagegen ist der Schritt einerseits zu den rö- mischen, andrerseits zu den französischen Exemplaren ein ganz un- bedeutender. Es lässt sich denken, dass eine besonders bekannte und zugängliche Modifikation des Originals das Vorbild der rö- mischen geworden ist.

Wenn wir also geneigt sind, die Schädelbildung der Berliner Herme für ikonisch authentischer zu halten als die sog. Zeno, so muss man es fast bedauern, dass nicht auch noch ihre anderen Abwei- chungen als Züge des Originals betrachtet werden können. Nament- lich der ruhige, von keinem Unmut oder Schmerz getrübte Ausdruck derselben stimmt so viel besser zu unserer Vorstellung von dem „göttlichen Plato", dass wir ihm gerne den Vorzug gäben vor dem mürrischen, unzufriedenen des Zeno. Aber es scheint, dass an dieser Morosität nicht gerüttelt werden kann, da schon die Komiker darauf anspielen, und die neu entdeckten Wiederholungen sie jeweilen bestätigt haben. Auch die majestätische Breite des Bartes und seine Gliederung in Strähne, obschon sie an und für sich mindestens ebenso platonisch anmuten , wie der Keilbart der anderen Hermen, stehen zu allein, um für das Ursprüngliche angesehen werden zu können. Was den Verfertiger des Berliner Kopfs zu der Umgestal- tung bewogen, lassen wir dahin gestellt. Jedenfalls liegt darin schwerlich eine Andeutung jener allzugrossen Eleganz, welche Ephippos den Akademikern vorwarf.^ Die Herme macht trotz dem gelockten Barte einen durchaus ehrwürdigen Eindruck. Falls der Wiener Kopf (11), den wir bei dieser Vergleichung aus dem Spiel gelassen, ebenfalls Plato darstellt, so würde er zwar seiner Arbeit nach ziemlich die erste Stelle unter den besprochenen Exemplaren einnehmen, das Gesagte aber nur insofern modifizieren, als er dann allerdings auf ein besonderes Original zurückgeführt werden müsste, vielleicht noch auf eines aus der Zeit seines Lebens, während der stärker vertretene Typus wohl erst in der zweiten Hälfte des

^ Heibig Jahrb. a. a. O. p. 74.

32 PLATO

4. Jahrhunderts geschaffen wurde. Aber er ist wegen seiner schiechten Erhaltung nicht geeignet, uns ein viel besseres Bildnis des Philo- sophen zu vermitteln.

Durch das Auffinden von Wiederholungen ist die Platobedeu- tung der Berliner Herme, man könnte sagen, in zwiefacher Weise bestätigt worden. Einmal, weil dadurch, wie schon bemerkt, die Be- rühmtheit der dargestellten Person erwiesen wurde, was namentlich den früheren Aufstellungen gegenüber von Gewicht war. Und dann, weil eine der Wiederholungen, das Exemplar im Casino des Pirro Ligorio (4), nach Heibig ehmals mit einem Sokrates zur Doppel- herme vereinigt gewesen war. Denn bei einem Gegenstück des So- krates denkt man doch in erster Linie an Piaton: Der Meister und der Lieblingsschüler in Einem Bilde vereinigt, wie Epikur mit seinem Freund und Schüler Metrodor.

Indes ist es allerdings bei einer zweiten Doppelherme, der kleinen chiusiner in Berlin (f), noch keineswegs erwiesen, dass der mit Sokrates gepaarte Kopf, der einen völlig kahlen Scheitel hat und nur sehr notdürftig mit unseren Büsten stimmt, Plato sei. ,,Plato als Greis," wie Heibig meint, »von einem späteren naturalistischen Künstler." Was die Umsetzung in ein höheres Alter grade bei der Zusammenstellung mit Sokrates, der doch eher als der ältere er- scheinen sollte, bezweckte, ist nicht klar. Man ist heutzutage gar zu schnell bei der Hand, typische Verschiedenheiten, die man gern unter Einen Hut brächte, durch die Verschiedenheit des Alters zu er- klären. Aber wir haben bis jetzt keine sicheren Beispiele von früheren und späteren Darstellungen der gleichen Person, die aus diesem Grunde merklich und wesentlich von einander abwichen. Der ein- mal erfundene Typus scheint auch beim Porträt möglichst festgehalten worden zu sein und wurde nicht leicht nach subjectiven oder mo- mentanen Eingebungen variiert. Es ist daher sehr zweifelhaft, dass der chiusiner Glatzkopf mit unserem Plato in der Person identisch. Und wenn es nicht der Fall, so liegt der Beweis vor, dass verschie- dene Personen im Altertum mit Sokrates zu Doppelhermen vereinigt wurden, und dann hat man überhaupt nicht mehr das Recht von So- krates eo ipso auf Plato zu schliessen. Ebenso würde die athe- nische Doppelherme (12), wenn mit Recht hierhergezogen, beweisen,, dass auch Plato mit anderen Personen als nur mit Sokrates zusammen- gestellt wurde.

Wir wollen übrigens nicht mit Stillschweigen übergehen, dass die Repliken neben den Bestätigungen zugleich ein scheinbares De-

ZEITBESTIMMUNG. PHYSIOGNOMISCHER CHARAKTER 33

menti gebracht haben, indem auf einer derselben, der vat i ca n i s ch e n (7), der Name Zeno geschrieben steht. Derselbe ist aber schon vor der Entdeckung der Berliner Herme als höchst verdächtig bezeichnet worden.^ Er ist flüchtig und nachlässig auf eine wahrscheinlich viel früher verfertigte Herme eingeritzt, und muss im Konflikt mit der Berliner Platoaufschrift, welche zwar ebenfalls roh, aber keck ge- meisselt ist und zeitlich mit der Arbeit ihrer Herme übereinstimmt, notwendig den Kürzeren ziehen.

Keines der erhaltenen Exemplare, wiederum das Wiener (11) abgerechnet, wird seiner Ausführung nach über das I.Jahrhundert vor Christo hinaufgesetzt werden dürfen, die meisten sind sogar erst in nachhadrianischer Zeit verfertigt (eingeritzte Augsterne). Doch sind sie alle ideal behandelt und gehen auf ein Original aus der Mitte des 4. Jahrhunderts zurück, aus der Zeit, in welche der Ueberlieferung und der Natur der Sache nach die Entstehung des Platobildnisses überhaupt zu setzen ist. Die meisten Archäologen und in besonders bestimmter Weise Winter sehen Silanion als den Schöpfer an.

Wenn man dieses Resultat (zehn relativ sichere Platobildnisse) mit dem bis noch vor wenigen Jahren bestehenden nur allzu be- gründeten Schwanken und mit den klaffenden ikonographischen Lücken in nächster Nähe vergleicht, so muss man einen überaus erfreulichen Fortschritt unserer Erkenntnis darin erblicken, Dass er auch diejenigen befriedige, welche eine Charakterdarstellung des Mannes, ein in der Physiognomie sich offenbarendes Bild seines Wesens und seiner geistigen Bedeutung erwarteten, wird man nicht sagen können.^ Die Zeit des Silanion war eben noch nicht die Zeit des Charakterbildes. Oder es haben Züge des Lebens, auf welche Rücksicht genommen werden musste, den Künstler verhindert, dem Wesensausdruck des Philosophen gerecht zu werden. Der Physio- gnomiker hätte es lieber gesehen, wenn ein Bildnis wie das des Ne- apler sog. Anakreon (vgl. I. Teil, p. 83) oder wie der sog. ApoUonios von Tyana sich als Plato entpuppt hätte.

Ganze Statuen stellten ihn ohne Zweifel meist sitzend dar, wie er z. B. in der Braun'schen Statuette (b) erscheint, deren Plato- bedeutung und Altertum, was den Torso betrifft, trotz der Ver-

^ Visconti Icon. gr. I. p. 207. Anm. Nur Heydemann äusserte noch: An der Echt- heit derlnschrift zu zweifeln, finde ich keinen Anhalt (Jen. Litt.-Ztg. 1876. p. 477). * Bevor die Berliner Platoherme bekannt war, urteilte Heydemann (in der Jenaer Litt.-Zeitung a. a. O.) über die vaticanische Zenobüste: „Nicht gerade intelligente, philisterhafte Physiognomie, welche gegen einen Philosophen zu sprechen scheint".

Bemoulli, Griech. Ikonographie. II. Teil 3

34 PLATO

schollenheit des Originals kaum anzufecliten sein wird. Auch in dem neuerdings für Wien erworbenen Kopf (11), der freilich die Probe der Platotaufe noch zu bestehen hat, will Benndorf nach den Nacken- falten den Überrest einer vorgebeugten, also wohl einer sitzenden Figur erkennen. Ob es sich bei der Statue im Zeuxippos anders verhielt, geht aus dem ziaTr^y.zi des Christodor nicht sicher hervor.

Das Philosophenmosaik von Pompeji

1896 ist c. 100 Meter vor dem Herculanerthor von Pompeji ein jetzt in Neapel befindliches Mosaik gefunden worden, 85 cm ins Ge- viert [Abb. 3] ^: Sieben ältere bärtige Männer teils stehend, teils sitzend um eine Exedra gruppiert, in gegenseitiger Unterhaltung oder Dis- kussion begriffen; die Lokalität durch zwei Säulen mit Epistil, einen Baum und eine Sonnenuhr auf einer Säule charakterisiert; im Hinter- grunde rechts etwas wie ein Hügel oder Fels von Mauern umgeben. Sogliano glaubt in dem Hügel die Andeutung der athenischen Akro- polis zu erkennen und deutet danach die Lokalität mit den Philo- sophen als die Akademie: in der Mitte das Haupt derselben, Plato, mit einem Stäbchen auf einen am Boden stehenden Globus weisend (?) und seinen Schülern einen Vortrag haltend. Eine modifizierte Dar- stellung desselben Gegenstandes findet sich auf einem Mosaik in der Villa Albani, stanza del CanopoNo. 663 [Abb. 4]^, das zu Sarsina in Umbrien gefunden wurde: Ebenfalls sieben Männer um einen Globus gruppiert, mit ungefähr derselben Scenerie. Der Vortragende ist hier die stehende Figur rechts.^

Der Deutung als Schule Plato's schlössen sich zunächst EPetersen* und Diels^ an, während Chiappelli und Stein* vielmehr die Haupt- vertreter der griechischen Philosophie erkennen wollten (von links an Zeno, Aristoteles, Pythagoras, Epikur, Plato, Sokrates, Theophrast). Das

^ Zuerst publ. in den Notizie degli scavi 1897 (Sogliano) und danach in den Rom.

Mitth. Xll. 1897. p. 328 und im Jahrb. XIII. Anz. p. 121; neuerdings noch einmal

von Sogliano in den Mon. ant. d. R. Acad. dei Lincei VIII. 1898. Tav. XII; Heibig

Führer II'- zu No. 901.

^ Winckelm. Mon. ined. II. p. 242; Rom. Mitth. a. a. O. 329; Acad. dei Lincei a. a.

O. p. 389.

^ Inwieweit die Abweichungen ursprünglich sind oder auf moderner Ergänzung

beruhen, ist noch streitig. Vgl. Jahrb. XIII. 1898. Anz. p. 175; Heibig Führer

112. p. 84.

* In den Mitth. a. a. O. » j^hrb. XIII. Anz. p. 120ff.

* Im Archiv für Gesch. d. Philosoph. XI. p. 171.

DAS MOSAIK VON POMPEJI. 35

Letztere, zumal in seiner Spezialisierung, eine ziemlich willkürliche und weder sachlich noch ikonographisch zu begründende Erklärung, Wenn man eine solche Vereinigung zeitlich und örtlich getrennter Persönlichkeiten für möglich hält, so liegt die Beziehung auf die sieben Weisen jedenfalls noch näher. Aber auch das Erstere entbehrt einst- weilen einer sicheren Begründung. Der Ausgangspunkt ist die ver- meintliche Ansicht von Athen mit der Akropolis im Hintergrund. Aber woran erkennt man dieselbe? Es ist ja möglich, sich in dem untern Mauerzug eine Stadt und in dem obern eine Burg zu denken. Aber speziell an Athen und seine Akropolis erinnert nichts, und die von der Burg abwärts laufende Mauer- oder Häuserreihe lässt sich nicht damit vereinigen. Ein Künstler wie der unseres Gemäldes, der, wie Petersen u.A. meinen, sogar die Porträtzüge seiner Philosophen wiedergab, hätte doch gewiss die Akropolis kenntlicher darstellen können. Und für die Unkenntlichkeit wird man nicht den kopierenden Verfertiger des Mosaiks verantwortlich machen dürfen, da er ja alles Übrige vollkommen deutlich reproduziert hat. Bei dem Mosaik Al- bani ist dann selbst die Möglichkeit verschwunden, an die Akropolis zu denken.^ Wenn daher die Annahme, dass der Garten die Aka- demie bedeute, an dem Hintergrund des Gemäldes keinen Halt hat, woran dann sonst? An nichts Positivem. Denn die Anwesenheit Plato's ist selber nur durch jene Annahme begründet. An und für sich spricht bei der Figur mit dem Stäbchen nichts für Plato. Dass sie auf die Himmels- oder Erdkugel weise und für ihre Demonstration die Aufmerksamkeit des Zuhörerkreises in Anspruch nehme, ist keines- wegs ausgemacht. Die Kugel ist eher vor dem daneben sitzenden Glatzkopf aufgestellt, und von den angeblichen Schülern könnten höchstens die zwei oder drei im Hintergrunde als Zuhörer betrachtet werden. Übrigens wäre der Globus nicht grade das Attribut, das man bei Plato in erster Linie erwartet, und die Erklärung Sogliano's, dass Plato deswegen als Mathematiker charakterisiert sei, weil die Cha- rakterisierung als Philosoph mit den Mitteln der Mosaiktechnik nicht gut möglich gewesen sei, ganz unbefriedigend. Vorher müsste doch erwiesen sein, dass das Bild ein Original und von Anfang für diese Technik berechnet war. Am wenigsten endlich kann ich physiogno- mische Gründe anerkennen. Ich bin überzeugt, dass, wenn die Figur für sich allein erhalten wäre, Niemand bei ihr an Plato gedacht hätte.

^ Auch Heibig (Führer II*. p. 85) und Furtwängler (Berl. philol. Wochenschrift 1900. p. 274) erkennen die vermeintliche Akropolis nicht an.

36

PLATO

Abb. 3

Mosaik von Pompeji in Neapel (zu p. 34)

Die Figur mit dem Stäbclien ist ja allerdings mehr oder weniger der lokale Mittelpunkt der Composition, aber ob auch der ideelle, ist eine andere Frage. Nach der Richtung der Blicke sollte man viel- mehr meinen, dass der Hauptvorgang sich zwischen den beiden End- figuren abspiele, dem von links in die Versammlung Tretenden, der die Arme oder wenigstens den einen Arm demonstrierend vorge- streckt hat und zu reden scheint, und dem auf der rechten Seite des Bildes, der im Weggang begriffen auf jenen zurückschaut: etwa Sieg und Niederlage nach einer eben beendigten Disputation. Wenn indes der Berichterstatter in den römischen Mittheilungen (a.a.O. p.333) an jenen Streit der Lehrhäupter erinnert, von dem Aelian erzählt, Plato habe den Aristoteles aus Missfallen an seiner Lebensweise nicht in

DEUTUNGEN DES POMPEJAN. MOSAIKS

37

Abb. 4

Mosaik von Sarsina in Villa Albani (zu p. 34)

seine Gesellschaft aufgenommen, wofür ihn jener auf einem öffent- lichen Spaziergang angegriffen und ihm heftige Vorwürfe gemacht habe, infolge deren der achtzigjährige Greis sich auf sein Haus zu- rückzog \ so dürfte damit doch kaum das Richtige getroffen sein. Denn dann musste Plato mitten unter seinen Schülern, nicht von links herantretend dargestellt und die ganze Situation deutlicher als Streit charakterisiert sein. Anderswo- wird mit Bezug auf das Diadem der letzteren Figur, die auf der albanischen Replik etwas wie einen (Wander-)Stab trägt, die Vermutung geäussert, es handle sich vielleicht um den Besuch des Syrakusaners Dio bei Plato in Athen.

^ Vgl. Ael. Var. bist. III. 19.

» Jahrbuch des Inst. a. a. O. p. 122.

38 PLATO

Lauter Deutungen, die von selber dahinfallen, sobald man sich den Vorgang im Einzelnen zurecht zu legen sucht.

An die Stelle von Plato und seiner Akademie hat man endlich auch Sokrates und seine Schüler setzen wollen, was sachlich mit Be- zug auf die platonischen Gespräche eigentlich noch näher läge. Aber dem Sokrates könnte entschieden nicht mehr die sitzende Mittelfigur mit dem Stäbchen und mit dem vollen Kraushaar zugewiesen werden; sondern er wäre dann etwa in der zweiten mit der Glatze und dem nach vorn gerichteten Gesicht zu erkennen, seiner Haltung nach die Disputation der zwei stehenden Endfiguren leitend. Was freilich da- bei der Globus zu thun hat, wäre schwer zu sagen.

Seinem Kunstcharakter nach gehört das Original des pompeja- nischen Exemplars der guten Zeit des Hellenismus, wahrscheinlich noch dem S.Jahrhundert v. Chr. an. Die albanische Wiederholung ist sowohl was die Composition im Allgemeinen, als was die der ein- zelnen Figuren betrifft, bedeutend schwächer: jede Änderung sozu- sagen eine Verschlechterung; und man begreift nur nicht, was den Kopisten zu den Abweichungen veranlasst hat.^ Offenbar ist auch die Grundidee dadurch eine andere geworden. Die Vertreter der Platohypothese meinen, der Urheber des albanischen habe aus Miss- verständnis die Akademie des Plato in eine allgemeine Gelehrten- schule umgestaltet.

Über einige fälschlich auf Plato bezogene Relief- und Gemmendarstellungen

A. Reliefs Wegen angeblich typischer Verwandtschaft wollte Heibig "^ die Figur eines vaticanischen Reliefs, das in das Postament der matteischen Amazone eingelassen ist (Gall. d. Stat. No. 265), auf Plato deuten: Ein sitzender ältlicher Mann im Philosophenkostüm, die Linke mit einer Schriftrolle ergänzt. Der Verwandtschaftsgrad ist aber so minim, dass er unmöglich etwas beweisen kann: Eine hohe

^ Ein Mosaikarbeiter bei Heibig (Führer IP. p. 84) möchte dieselben durchweg oder wenigstens zum grössten Teil dem modernen Restaurator zuschreiben. Allein dann wäre der Restaurator so ziemlich der Verfertiger des Bildes. Denn mit Aus- nahme etwa der zweiten Figur rechts ist jede Person verschieden componiert. * Jahrb I. (1886) p. 77.

FÄLSCHLICH AUF PLATO BEZOGENE DARSTELLUNGEN 39

kahle Stirn, langes, im Nacken gleichmässig abgeschnittenes Haar, geschwungener Schnurrbart. Warum sollte das Plato sein?'

Als Platodarstellung, aber zugleich als eine moderne Fälschung bezeichnete Robert sodann das 1892 ins Berliner Museum ge- kommene Prokesch'sche Relief (abgeb. Jahrb. d. Inst. VIII, 1893. Anz. p. 78) "^ das in den dreissiger Jahren vom Vater des Grafen Prokesch im Olivenwald bei Athen gefunden worden war: Fünf Figuren mit Porträtzügen in kunstloser Nebeneinanderstellung, die Hauptperson sitzend etwa vom Motiv der sogenannten Menander- statue im Vatican. Robert deutet den Gegenstand auf einen Lehrer im Kreise seiner sinnenden Schüler und glaubt im Kopfe der Haupt- person den Typus des Florentiner Platobüstchens (a), in dem der hinter ihm stehenden Figur den Typus des Aristoteles Spada zu er- kennen. Diesverrate den durch die viscontischen Porträtbestimmungen irregeführten Fälscher.'^ Allein in Wahrheit handelt es sich weder um eine Versammlung von Philosophenschülern denn von den fünf Figuren scheint eine ein Mädchen und eine ein Knabe zu sein noch sind die namhaft gemachten Ähnlichkeiten der Art, dass Identificationen daraus abgeleitet werden könnten.* Fundbericht und Stil und nach Furtwängler auch die Beschaffenheit des Marmors sprechen gleichermassen für Echtheit.^

B. Geschnittene Steine Ausser dem oben (p. 23 g) angeführten, einem Sokrates (?) gegenübergestellten Kopf der Marlborough gems wurden seit Winckelmann noch eine Anzahl von Köpfen und Figuren wegen der Beigabe von Schmetterlingen oder Schmetterlingsflügeln (als An- spielung auf die von Plato gelehrte Seelenwanderung) vermutungs- weise für Darstellungen des Philosophen genommen.*

^ Im Führer durch die öffentl. Sammlungen in Rom I. No. 194i = No. 200^ wird

denn auch nur noch von einem Gelehrten gesprochen.

^ Jahrb. d. preuss. Kunstsammlungen 15. Tf. I. 1.

« S. Robert im Hermes 29 (1894) p. 417 und 30 (1895) p. 135.

* Vgl. die gründliche Widerlegung der Robert'schen Ansicht von Schöne im Jahrb. der preuss. Kunstsammlungen 15. IV. p. 64 mit 2 Tafeln, wo die verglichenen Köpfe neben einander abgebildet sind, - Über den Fundort Kekule im Jahrb. d. Inst. X. Anz. p. 107.

■* Vgl. Kekule a. a. O.; Furtwängler Neuere Fälschungen von Antiken, p. 4. Anm. 1.

* Unter And. von E. Braun Annal. 1839. p. 208 ff., wogegen schon Heydemann Jen. Litt.-Ztg. a. a. O. p. 478.

40 PLATO

So von blossen Köpfen der vielfach vorkommende, jetzt auf Hypnos bezogene Hermentypus mit den Schmetterlingsflügeln hinter den Ohren, wovon ein Exemplar abgebildet bei Winckelmann (Mon. ined. No. 169), ein anderes bei Furtwängler (Beschr. d. geschnitt Steine in Berlin No. 4741), ein besonders schöner schwarzer Jaspis aus der Blacas'schen Sammlung im brit. Museum No. 1512 (abgeb. im Catal. of engrav. gems pl. J).^ Ausser den Schmetterlingsflügeln scheint auch die Ähnlichkeit mit dem bärtigen Dionysos, d. h. mit den an- geblichen Platohermen dieses Typus (oben p. 24) die Deutung be- günstigt zu haben.

Ohne Schmetterlingsflügel, dafür mit einem Schmetterling vor dem Mund, der Kopf auf dem roten Jaspis bei Cades IV, 76 (abgeb. bei E. Braun Mon. d. Inst. III. 7. 2), im übrigen vom gleichen Typus.

Von ganzen Figuren, welche durch die Beigabe dieses Symbols als Plato charakterisiert seien, bezeichnete Winckelmann die Darstellung einer blauen Stosch'schen Paste, jetzt in Berlin (abgeb. Furtwängler Beschreib. No. 4507)^: Ein bärtiger Philosoph, nach rechts sitzend und lesend; vor ihm ein Schmetterling auf einem Totenschädel. E. Braun fügte die ähnliche Figur auf einem Sar- donyx bei Cades IV, No. 81 (abgeb. Monum. d. Inst. a. a. O. No. 1) hinzu, wo der Schmetterling über dem Schädel in der Luft schwebt; und dann natürlich auch die weitere Variation bei Cades IV, 82 (abgeb. Monum. a. a. O. No. 3), wo an der Stelle des Schädels eine Maske. Aber schon der kurzgeschorene Bart der letzteren Figur hätte Bedenken gegen Plato erwecken müssen. Vollends unverträglich mit dieser Deutung sind Figuren wie die des Serapis (?) mit dem Schmetterling auf der Petersburger Gemme bei Cades Impr. gemm. cl. i. A. 73.«

1 Vgl. Furtwängler Gesch. d. geschn. Steine Taf. 26. 41 , Taf. 30. 26.

^ Winckelm. Monum. ined. No. 170.

3 Vgl. Michaelis im Journal of hell. stud. 1885. p. 304.

STATUE DES MAUSSOLOS 41

Maussolos

[Taf. VII]

Zu den Funden des Maussoleums von Halikarnass gehören bekanntlich zwei colossale Statuen, eine männUche und eine weib- liche, die man gewohnt ist, oder früher gewohnt war, auf das Herrscherpaar zu beziehen, dem der Bau geweiht ist, auf Maussolos, den persischen Unterkönig von Karlen und seine Gemahlin Artemisia. Maussolos starb c. 353; Artemisia errichtete ihm das Grabmal, das später zu den Weltwundern gerechnet wurde, starb aber ebenfalls noch vor der Vollendung (351), worauf die Künstler dasselbe von sich aus zu Ende führten. ^

Die Statuen, obwohl ganz zertrümmert aufgefunden, Hessen sich aus den Fragmenten so weit wieder herstellen, dass, abgesehen von dem Gesicht der weiblichen Figur, von wesentlichen Körper- teilen bei beiden nur die Vorderarme fehlen.

Die männliche (abgeb. Brunn -Bruckmann Denkm. 241, der Kopf bei uns Taf. VII) ^, der man etwa 35 bis 40 Jahre geben mag, zeigt edle, wenn auch breite Gesichtsformen und sogar ein dem griechischen nahe kommendes Profil mit leicht vorgewölbter Unter- stirn und kurzer Nasenlippe. Unhellenisch ist nur die eigentümliche Haartracht in Verbindung mit dem kurz geschorenen Bart. Das lange Haar ist über den Kopf zurückgestrichen und fällt in reicher Fülle, die Ohren vollständig bedeckend, auf Nacken und Schultern herab, hinten schlicht, ums Gesicht in malerische Strähne gegliedert. Der Ausdruck ist milde und wohlwollend, doch nicht ohne Hoheit, der ganze Kopf einigermassen an den Christustypus erinnernd. Der Körper ist gedrungen und untersetzt, mit Chiton, Mantel und Leder- schuhen bekleidet; der Mantel mit bauschigem Umschlag um den Leib geworfen, und vom linken Ellenbogen gehalten: seiner Anlage nach ein nicht gerade mustergiltiges aber originelles, nur hier vor- kommendes Schema, trotz dem Realismus der Liegefalten von gross-

1 Plin. 36. 30; die Zeitangaben nach Clinton Fast. hell. II. 286. * Die ganze Figur ferner bei Newton Trav. and. discov. II. pl.8 und 9; Baumeister II. p. 896; Sybel Weltgesch. d. Kunst, p. 252; Overbeck Gesch. d. Plast. U\ p. 101; Collignon Hist. de la sculpt. gr. II. 339 Der Kopf bei Newton A hist. of discov. at Hai. Text I. pl. 1 und Trav. and discov. II. pl. 6; im Profil Rom. Mitth. XIV. 1899. p. 83 (Six).

42 MAUSSOLOS

artiger Wirkung. Auffallend und beinahe Zweifel an der Zugehörig- keit des Torso erregend, ist die weibliche Bildung der Brust. ^

Die Gewähr, dass es Maussolos, liegt teils im Fundort und im Charakter, teils darin, dass dies die einzig mögliche Deutung. Es könnten zwar in der für einen Fürsten von vierundzwanzig Re- gierungsjahren (377 353) auffallenden Jugendlichkeit, wie auch in der Weichheit des Ausdrucks und der Stimmung Momente gefunden werden, welche nicht zu Maussolos passen, aber keine, die positiv unvereinbar wären. Im Ganzen entspricht der halb barbarische und dabei doch edle, gewissermassen schon auf Alexander hindeutende Typus dem historischen Charakterbild des philhellenischen Dynasten von Halikarnass nicht übel, und von den in der kurzen Selbst- schilderung bei Lucian - hervorgehobenen Eigenschaften treffen die beiden ersteren, Schönheit und Grösse, vollkommen zu; das -/ipaTspo; £v -oli[j.oic, brauchte nicht notwendig in der Miene hervorzutreten. Hauptsächlich aber, wer sollte sonst in dieser Porträtstatue darge- stellt sein? In der einzigen männlichen, die in relativer Vollständig- keit aus den Trümmern gerettet wurde, einem Colossalbild von königlichem Ansehen, dem man, auch wenn es unbekannt, am ehesten ein Scepter oder einen Feldherrnstab in die Hand geben würde? Was für ein merkwürdiger Zufall, wenn es nicht Maussolos wäre ! ^

^ Die Zusammengehörigkeit von Kopf und Torso wird in erster Linie damit be- gründet, dass beide nur wenige Fuss von einander entfernt gefunden wurden ; materiell dadurch, dass ein Stück des Halses nach oben an das Kinn anschloss, nach unten in einem Stück der Brust seine Fortsetzung fand (Hawkins bei Newton A hist. of disc. p. 214. Anm. b). Indes wurde die ursprüngliche Restauration, wie sie auf den früheren Abbildungen erscheint (z. B. noch bei Baumeister und Sybel) später wieder geändert (vgl. den Guide to the Mausol. room 1886. p. 39), woraus zu schliessen, dass die Stücke doch nicht so notwendig auf einander passten, wie der Hawkins'sche Bericht behauptet. Ob es bei der gegenwärtigen Restauration, die allerdings den Abbildungen nach entschieden besser ist, in allen Punkten der Fall, lässt sich nur auf Grund einer genauen Untersuchung des Originals sagen. Ich gestehe, nicht so leicht über die weibliche Brust hinwegzukommen. ^ Luc. Dial. mort. 24 : /.aXo; ^v /.a"t [Asya; y.oi\ £v 7i:oXe'u.ots xpaTspo;. ^ Six in den Rom. Mittheilungen des arch. Instit XIV. 1899. p. 81 führt ausserdem zur Stütze der Benennung an, dass der Herakleskopf einer Münze von Kos aus dem 4. Jahrh. v. Chr. (abgeb. a. a. O. p. 43) eine unverkennbare Ähnlichkeit mit den Zügen des damaligen Beherrschers der- Insel (Maussolos) zeige. Ich kann dies weder für thatsächlich begründet, noch, wenn es dies wäre, für beweiskräftig halten. Vgl. die zum Teil sehr unähnlichen Heraklesköpfe dieser Münzen im Catal. of greec coins in the brit. Museum, Caria. pl. XXX. No. 6 ff.

ARTEMISIA. OB DIE STATUEN ZUR QUADRIGA GEHÖRIG? 43

Die auf Artemisia gedeutete Figur (abgeb. Brunn-Bruckmann Denkm. 242)^ trägt einen feingefälteiten Cliiton und einen weiten, übers Hinterhaupt gezogenen, vorn um den Leib und über den linken Arm geschlagenen Mantel. Das Gesicht ist völlig zerstört, erhalten nur die künstliche Haartracht, welche ähnlich wie bei manchen Fi- guren des altertümlichen Stils in einer dreifachen Reihe regelmässig geordneter Löckchen die Stirn umgab. Diese Tracht, welche sich in der Mitte des 4. Jahrhunderts eher bei dem Porträt einer Fürstin als bei einer Gottheit erklärt, sowie die zum Maussolos passenden (etwas kleineren) Proportionen sind die Gründe, welche für die Deutung auf Artemisia geltend gemacht werden können. Denn Gewandung und Haltung und die nackten, nur mit Sandalen be- kleideten Füsse kämen ebensogut einer Gottheit zu.

Die Annahme Newtons und der meisten Gelehrten, die sich früher mit der Restauration des Grabmals beschäftigt haben, wonach die beiden Colossalstatuen auf der Quadriga standen, welche den Gipfel der Pyramide bekrönte, gilt heute keineswegs mehr für sicher. Schon Stark- und Wolters'^ hatten Bedenken dagegen geäussert und neuerdings meint Gardner*, ihre Unhaltbarkeit mit entscheiden- den Gründen nachweisen zu können.

Plinius selbst spricht nur von einer Quadriga, dem Werk des Architekten Pythis (oder Pythios), woraus allerdings noch nicht ge- schlossen werden kann, dass dieselbe leer war, was aber, wenn wirk- lich Maussolos und seine Gemahlin darauf standen, immerhin als eine sonderbare, nur eben bei Plinius erklärliche Abbreviatur er- scheint. Jedenfalls wird man dem Herrscherpaar oder auch nur der weiblichen Figur nicht, wie es zum Teil noch geschieht, die Funktion des Wagenlenkens unterschieben dürfen. Damit lässt sich das Motiv der Statuen unmöglich vereinigen. Schon die doppelte Gewandung, die Art der Verhüllung, der Schleier der Frau stehen damit in Wider- spruch. Das Lenken setzt eine Beziehung zwischen dem Lenker und den Pferden, und zugleich eine Bewegung, ein Schreiten der letztern voraus. Von Beidem ist an den Statuen keine Spur zu erblicken, weder die dem Wagenlenker eigene vorgebeugte Haltung, noch die Wirkung der bewegten Luft auf die Gewandung. Wie sollte Maussolos,

1 Newton Trav. and. disc. II. pl. 10; Overbeck Plast. II*. p. 101; Collignon II.

p. 340.

« Philol. XXI. p. 464. => Gipsabgüsse p. 427.

* The chariot group of the Maussol. im Journal of hell. stud. XIII. 1892. p. 188.

44 MAUSSOLOS

der mit dem linken Ellenbogen den schweren Mantel an den Leib drückt, die Zügel gehalten haben? Der Mantel würde beim ersten Ruck der Pferde zu Boden sinken. Die weibliche Figur aber steht womöglich noch würdevoller da und gleicht in ihrer majestätischen Ruhe eher einem Götterbild als der Lenkerin eines Viergespanns.

Beide Statuen können ihrem Motiv nach als Wagenfiguren nur gedacht werden, wenn ihnen, wie den römischen Triumphatoren, ein besonderer Lenker oder eine führende Nike beigegeben war, und wenn ausserdem die Pferde mit der Quadriga stille standen, so dass kein Luftzug die Wirkung der Gravitationsgesetze störte. Der ersteren Annahme stände nichts Wesentliches entgegen. Es sind neben und zusammen mit den Fragmenten der Quadriga und der zwei Statuen noch so viele Reste völlig zerstörter Figuren gefunden worden, dass sich darunter leicht auch ein Wagenlenker verbergen kann. Weniger plausibel möchte eine ruhig stehende Quadriga er- scheinen, bei der ein Lenker im Grunde überflüssig, und die gleich- sam keinen anderen Zweck gehabt hätte, als der Statuengruppe zur Basis zu dienen. Ich zweifle, dass sich aus dem Jahrhundert des Skopas Analogieen hierfür aufstellen Hessen. Bei schreitenden oder galoppierenden Pferden aber musste, auch wenn Maussolos und Artemisia nichts mit der Lenkung zu thun hatten, die Wirkung der Bewegung auf ihre Gewandung fast in dem gleichen Grade zu Tage treten, wie bei dem Lenker selbst, während thatsächlich, wie schon bemerkt, nicht die leiseste Spur eines Luftdrucks angedeutet ist.^

Den Hauptgrund endlich gegen die Zuteilung der Figuren zur Quadriga sieht Gardner in ihrem allzu kleinem Massstab und in dem völligen Mangel an Rücksichtsnahme auf eine so hohe Auf- stellung. Der Maussolos misst 9' 10", die Artemisia 8' 8", was zu der Pferdehöhe von 11' 9" und zu dem Durchmesser des Rades von T 7" nicht stimme. Bei der Höhe der Pyramide wären die Figuren von unten kaum recht sichtbar gewesen. Auch in der Ausführung deute nichts auf einen derartigen Standort. Die unteren Gewandpartien und Körperteile, incl. die zierlichen Schuhe des Maussolos, welche natürlich vom Wagen verdeckt gewesen wären, seien gerade so aus- gearbeitet wie die oberen, und Alles viel besser und sorgfältiger als

^ Die Bewegungslosigkeit des Gewandes beim Wagenlenker von Delphi (abgeb. Fondation Piot. IV. 1897. pl. 15, 16) beweist natürlich nichts gegen die Richtigkeit des aufgestellten Postulats. Zwischen jenem Werk und dem Bau des Maussoleums liegt die ganze Entwicklung der griechischen Kunstblüte.

GRÜNDE GEGEN IHRE ZUGEHÖRIGKEIT 45

die Bestandteile der Quadriga. Über die Richtigkeit der Orössen- verhältnisse ist nach blossen Zahlen schwer zu urteilen. Es lässt sich denken, dass zwei aufrecht auf dem Wagen stehende Figuren dem Gesamtumriss der Gruppe zu lieb wirklich etwas kleiner gehalten wurden. Ich möchte daher auf diesen Punkt kein so grosses Gewicht legen wie Gardner. Dagegen dürfte das über die Ausführung Ge- sagte in Verbindung mit der relevierten Bewegungslosigkeit der Ge- wandung in der That genügen, um uns zu bestimmen, die Zugehörig- keit der beiden Gestalten zur Quadriga entgiltig aufzugeben.

Wenn sich daher die Newton -Pullan'sche Aufstellungshypo- these, die auch Urlichs ^ acceptierte, als unzulässig erweist, und ein anderer Standort vorausgesetzt werden muss, so fragt es sich, ob die Statuen gleichwohl eine zusammengehörige Gruppe bildeten und wirklich Maussolos und Artemisia darstellten.

Es ist nicht zu verkennen, dass durch das Aufgeben der ge- nannten Hypothese die Sicherheit ihrer Deutung merklich erschüttert wird. Zwei Porträtfiguren, Mann und Frau, auf der Spitze eines Grabmals, müssen, selbst wenn diese oder jene Kleinigkeit nicht ganz stimmt, fast notwendig auf die Personen bezogen werden, denen der Bau geweiht ist. Bei zwei aus dem allgemeinen Trümmerhaufen hervorgezogenen, ungewiss ob zusammengehörigen und wo auf- gestellten Statuen ist dies keineswegs der Fall, und es gilt schon genauer abzuwägen, ob jene scheinbaren Kleinigkeiten am Ende nicht doch Bedeutung haben. So ist es z. B. befremdlich, dass Maussolos mit zierlichen Lederschuhen bekleidet ist, seine angebliche Gemahlin in mehr idealer Weise mit blossen Sandalen. Ich glaube auch, so weit auf Grund von Photographien ein Urteil gestattet ist, bei beiden deutlich einen verschiedenen Stil zu erkennen. Die feine Fältelung des Chiton der Artemisia, die brüchigen, vielfach in sog. Augen aus- laufenden Falten des Gewandbausches unter ihrer Brust, die ganze einfach-grosse Anlage ihrer unteren Mantelpartie, deuten auf einen anderen Geschmack und eine andere Hand als die Statue des Maus- solos. Nur in dem leider nicht beweisbaren Fall, dass die weibliche Figur ebenfalls ein Porträt, wäre es allerdings das Natürlichste an der Zusammengehörigkeit der Statuen und der darauf begründeten Deutung fest zu halten. Die Verschiedenheit des Stils könnte darauf zurückgeführt werden, dass die Statue des Maussolos im Auftrag der Artemisia von einem der Künstler übernommen worden war, ihre

1 Urlichs Skopas p. 189 f.

46 MAUSSOLOS. DIOGENES

eigene erst nach ihrem Tode von anderer Hand hinzugefügt wurde. Der Aufstellungsort aber war vermutlich das Innere der Tempelcella. Dem Maussolos war das Grabmal geweiht, seinem Bilde gebührte der vornehmste Platz in demselben, so gut wie den Statuen der Par- thenos und des Zeus der Platz im Allerheiligsten ihrer Tempel. Eben- dahin wurde dann nachträglich auch seine Gemahlin gestellt, ohne Zweifel an seine linke Seite.' Der Schleier dürfte Artemisia als eine Verstorbene bezeichnen, oder wenn die Statue schon zu ihren Leb- zeiten in Angriff genommen war, die zur Witwe gewordene Ge- mahlin. Welches das Motiv ihrer Hände war, bleibt dunkel.

Alle diese Annahmen und Vermutungen haben zur Voraus- setzung, dass die Statuen im Allgemeinen richtig und aus den ur- sprünglichen Bestandteilen zusammengesetzt sind. Nochmalige Unter- suchungen über die Zugehörigkeit des Kopfes des Maussolos und über den geschlechtlichen Charakter seiner Brust scheinen mir, wie schon gesagt, nicht überflüssig.

Diogenes

[Taf. VIII]

Diogenes von Sinope (c. 414 323), der Schüler des Antisthenes, der bizarre Verächter aller Güter und Bequemlichkeiten des Lebens, dessen Ideal die absolute Bedürfnislosigkeit, kam schon in jungen Jahren nach Athen und lebte dann hauptsächlich hier, später in Korinth. Er erreichte trotz seiner harten und entbehrungsvollen Lebensweise ein hohes Alter." Die Korinthier schmückten sein Grab mit einer Säule, die einen Hund aus parischem Marmor trug. Auch seine Vaterstadt errichtete ihm später eherne Statuen, obgleich er dort als Knabe mit seinem Vater Falschmünzerei getrieben hatte. ^

Aus seinen Sitten kann man schliessen, dass er nicht viel Sorg- falt auf die Pflege von Haar und Bart verwandte, den letzteren trug

Warum ihr Overbeck die rechte zuteilt, ist mir nicht verständlich. Nach Diogenes Laertius ein solches von fast 90 Jahren. Diog. VI. 78, vgl. 20.

DIE DENKMÄLER MIT INSCHRIFTEN OHNE BELANG 47

er ohne Zweifel unbeschnitten. Die besondere Fülle desselben hebt Sidonius Apollinaris als Merkmal seiner Bildnisse hervor'.

Die mit dem Namen Diogenes beschriebenen ikonographischen Denkmäler erweisen sich bei näherer Untersuchung alle als un- authentisch oder unbrauchbar.

So zunächst die Herme im Musensaal des Vaticans No. 490 (abgeb. Pistolesi V. 22. 2) mit der Aufschrift AlOreNOC (sie.).- Alt ist bloss die obere Hälfte des Kopfes von den Nasenflügeln an, und diese ihrem Stil nach auf eine vordiogenische Zeit weisend, spä- testens auf die Mitte des 4. Jahrhunderts.

Dannein bärtiges Porträtköpfchen aus Herculaneum in Neapel, Invent. 6515 (Guide gen. v. 18Q7 p. 76). Dasselbe ist erst in neuerer Zeit mit dem Namen AIOFENHZ versehen worden. Ich finde es weder bei Comparetti e de Petra noch bei Kaibel erwähnt. Ein Abguss da- von kam 1885 nach Berlin.^

Die Namensaufschriften der zwei bei Statins (Illustr. viror. vult. 1569 XI und XII) und darnach bei Gronov (Thes. II. 88) publizierten Bildnisse hat schon Ursinus (praef. p. 6) als gefälscht bezeichnet. Das eine davon (Stat. XII), eine Marmorherme mit sokratischer Kugelstirn, damals in amphiteatro Vatkano, befindet sich jetzt im Conser- vatorenpalast zu Rom (Beschr. der Stadt Rom III. 1. p. 122); die Aufschrift lautet AlOrENHZ IKEZIOT ZINORAIOZ (Kaibel 182*). Wo das andere (Stat. XI) hingekommen, eine Maffei'sche Büste mit der von oben nach unten laufenden Aufschrift AlorENHZ auf dem Hals (Kaibel 180*), ist mir unbekannt*

Das Brustbild des Diogenes auf dem Mosaik der Weisen in Köln [Abb. 5]^, das Mittelstück von sechs ähnlichen Brustbildern, die alle durch beigeschriebene Namen bezeichnet sind, scheint, nach den mit dargestellten Büsten des Sokrates und Sophokles zu schliessen, willkürlich erfunden zu sein. Es zeigt ihn, so viel man sehen kann, im Rahmen einer Fassöffnung, nur mit dem Oberleib sichtbar, nackt mit Mantel auf der linken Schulter. Das Haar voll und lang, aber

^ Diogenes barba comante. Sid. Epist. XI. 9. 14.

2 Kaibel No. 1148, der sie als Genitiv für AlOfENCYC fasst.

3 Jahrb. d. Inst. I. p. 130. 20.

* Visconti spricht auch von einem auf dem Esquilin gefundenen schwarzen Intag- lio mit dem Kopf des Diogenes und den Anfangsbuchstaben seines Namens (AlOr ....). Aber er weiss nichts über seinen Verbleib anzugeben (Icon. gr. I. p. 256. Anm. 2). ^ Lersch Bonner Winckelmannsprogramm 1845; vgl. Urlichs Rhein. Mus. IV. p.611.

48

DIOGENES

gleich dem Barte weiss; die Stirn horizontal durchfurcht, die Nase länglicht und gebogen.'

Endlich giebt es in der Villa Albani No. 161 ein bekanntes Relief (abgeb. Schreiber Hell. Reliefbilder Taf.94)^, das zwar nicht be-

Abb. 5

Mittelstück des Kölner Mosaiks (zu S. 47)

schrieben ist, wo aber die Personen aus der Darstellung selber kennt- lich: Diogenes im Fass vor Alexander. Ersterer nackt, mit einem Mantel über der linken Schulter und einem Stock in der Hand; auf dem Fass der für ihn bezeichnende Hund. Indes ist leider gerade das, was für uns die Hauptsache, der Kopf des Philosophen, ergänzt. Eine gefälschte Nachbildung des Reliefs befindet sich in Mann- heim.^

* Vgl. den Katalog von Düntzer p. 12. No. 30.

•^ Winckelmann Mon. ined. 174; Zoega Bassir. I. 30. Vgl. Heibig Führer II «. 853. ^ Vgl. Wolters Gipsabg. 1974. Der gleiche Gegenstand (Diogenes im Fass), ohne Alexander, ist dargestellt auf zwei Reliefs bei Spon und Boissard (abgeb. Gronov.

STATUETTE DER VILLA ALBANI 49

Obgleich nun aber die positiven Kriterien alle versagen und wir somit einzig auf die schriftliche Überiieferung von dem Wesen und Charakter des Mannes angewiesen sind, erfreut sich doch, und zwar gerade auf Grund dieses sonst so prekären Hilfsmittels, die Diogenesbenennung einer kleinen Statuette der Vi llaAlbani,Casino No. 942 [abgeb. Taf. VIII] ^ seit ihrem ersten Auftauchen der all- gemeinsten Zustimmung. Die Statuette stellt eine nackte vom Alter gebeugte Figur dar, die sich mit der rechten auf einen Stab stützt und in der gesenkten Linken eine Schale (Scherbe) hält; zu ihren Füssen ein Hund. Die Arme mit den Attributen samt dem Hund sind allerdings neu^; aber der Stab wenigstens mit Rücksicht auf die gebückte Haltung sehr passend ergänzt. Und bei einer jetzt ver- schollenen Replik, die sich ebenfalls in der VillaAlbani befand, soll auch der hintere Teil des Hundes noch erhalten gewesen sein.* Die Nacktheit als der künstlerische Ausdruck der kynischen Bedürfnis- losigkeit statt der im Leben üblichen Lumpenverhüllung [nudus Cynicus. Juven. XVI. v. 308; albanisches Relief), der lange ungepflegte Bart (barba comans), der physiognomische Ausdruck („Resignation, mürrisches Wesen, Verkümmerung der unbenutzten Kraft". Bau- meister), endlich, wenn man an die Echtheit der verschollenen Replik glauben darf, der Hund und der mutmasslich richtig ergänzte Stab

Thes. II. p. 88), und verschiedentlich auf Gemmen z. B. bei Gravelle II. 79 = Reinach P. grav. pl. 80; mit vor ihm sitzendem Schüler (?) auf einer Gemme der Samml. Thonxaldsen (abgeb. Furtwängler Gesch. der Steinschneidekunst. Tf. 43. 1 1), auf ein paar Pasten in Berlin (abgeb. Furtwängler Beschr. der geschn. Steine Taf. 33. 4525 und 4526). Dagegen wird die bis zu den Schenkeln in einem Fasse stehende und mit einer andern sich unterredende Figur auf dem Florentiner Karneol (abgeb. Bellori Imag. phil. 15; Gori IL 43. 2 = Reinach Pierres grav. pl. 58) fälschlich auf Diogenes bezogen.

^ Visc. Icon. gr. I. Tf. 22a. 3-5; Clarac. pl. 842. 2115; Schuster Portr. d. gr. Philos. I. 7; Baumeister I. p. 428; Arndt-Bruckmann Porträts. 321, 322. « Vgl. Ravaisson Rev. arch. 32. 1876. p. 154. Anm.

* Von dieser Replik wäre nach Winckelmann Mon. ined. p. 228 die dort gegebene Abbildung No. 172 genommen. Die in grösserem Massstab gegebene etwas auf- wärts gerichtete Büste ebenda No. 173 schreibt der Text der andern zu. Indes ist es doch fraglich, ob nicht ein Irrtum mit unterläuft. Einesteils scheint die Abbildung No. 173, auch wenn der Kopf in eine andere Axe gerückt wird, schwer mit der jetzigen albanischen Statuette zu vereinigen. Anderenteils ist die Notiz, dass zwei ganz ähnliche kleine Diogenesfiguren in der gleichen Sammlung sollen existiert haben und dass beide antik gewesen seien, nicht eben Vertrauen erweckend. Die Winckelmann'sche Statuette No. 172 könnte trotz der höher greifenden Linken doch wohl identisch mit der jetzt noch vorhandenen sein.

Bemoulli, Qriech. Ikonographie. II. Teil 4

50 DIOGENES

(albanisches Relief) bilden zusammen eine, wenn nicht sichere, doch wohl zu beachtende Basis für die herkömmliche Namengebung. Nur dürfte es sich weniger um eine eigentliche Bildnisstatue, d. h. um die verkleinerte Kopie einer solchen handeln, als um eine genreartige Darstellung des schon zu Lebzeiten und noch mehr in der litte- rarischen Tradition zum Zerrbild gewordenen Philosophen; wie denn die Statuette nach dem weitgehenden Naturalismus, mit der ihre Körperformen behandelt sind, wahrscheinlich erst in der späteren Zeit des Hellenismus (etwa gleichzeitig mit dem Aesop) entstanden ist.^ Die Bildnisähnlichkeit des Kopfes konnte dabei immerhin im Wesentlichen gewahrt bleiben.

Ein im Formentypus nahe verwandtes Köpfchen, das man bei- nahe als Wiederholung fassen könnte, obgleich es von freundlicherem Ausdruck, befindet sich im Museum von Aix. Die Proportionen sind etwas niedriger und länger, und auch die Haltung, die man ihm ge- mäss der aufwärts blickenden Augen (Pupillen) gegeben hat, ist eine andere. Aber die eigentümliche Form des Schädels und der Cha- rakter der Glatze, des Haares und Bartes weisen auf Abhängigkeit von dem gleichen Original. Die Nase und ein Teil der Stirn sind leider verstümmelt.

Dagegen hat das Köpfchen mit der gefälschten Diogenes- inschrift in Neapel (oben p. 47) mit diesem Typus nichts zu thun. Es stimmt nur im Massstab und in der allgemeinen Form des Bartes mit der albanischen Statuette überein. Kopfform, Stirnbildung, alle Einzelheiten der Gesichtszüge und die Haarbehandlung, femer der Ansatz des Kopfes auf dem Nacken sind grundverschieden (Winnefeld).

Was ausser der albanischen Statuette oder im Anschluss an sie noch hierhergezogen wird, ist meines Erachtens alles hinfällig und beruht im besten Falle auf sehr oberflächlicher Ähnlichkeit, bei der das wirklich für Diogenes Bezeichnende meist schon in Wegfall ge- kommen.^

Hervorzuheben ist nur etwa die interessante und charaktervolle Büste im capitolinischen Museum, Philosophenzimmer No. 21

^ Arndt zu den gr. Porträts 321 hält eine frühere Zeit (Lysistratos , Bruder des Lysipp) für wahrscheinlicher.

^ Wenn Visconti sagt: La veritä di questo ritratto (Albani) e certificata anche da vari altri monumenti che non sono statt peranco publicati (Icon. gr. I. p. 256), so weiss ich nicht, welche Monumente er darunter versteht. Er selbst nennt bloss die verschollene Gemme mit der Aufschrift AlOr, die er einmal flüchtig gesehen hatte.

FÄLSCHLICH AUF DIOGENES BEZOGENE BILDNISSE 51

(abgeb. Amdt-Bruckm. Portr. 325, 326) \ deren Diogenesbenennung schon im Inventar des Boccapaduli von 1566 und auch jetzt^ immer wieder auf jene Statuette begründet wird: Ein Greisenkopf mit kahlem Scheitel, tief unterhöhlten fast überhängenden Brauen und langem, in zwei Flammenspitzen ausgehendem Bart. Aus dem leicht nach oben gerichteten Blick und dem ganzen Ausdruck mag man Bettelstolz und Menschenverachtung herauslesen. Aber die Person mit der albanischen Statuette zu identifizieren ist weder Grund noch Berechtigung da. Schon die bei gleichem Alter stramme Haltung des Kopfes und der den Rücken bedeckende Mantel sprechen da- gegen.^ Six nimmt die Büste wegen der eigentümlichen Augen- bildung für die Darstellung eines Blinden.* Von ähnlichem Charakter der Kopf der sitzenden Philosophenstatuette in Blundell Hall (Michaelis p. 352 No. 44; abgeb. Clarac pl. 846), welche das Motiv des Aristoteles Spada wiedergiebt.

Nichts Kynisches oder speziell Diogenisches mehr haben

die Herme inVillaAlbani, Kaffeehaus No. 626 : Ein Griechen- kopf von edlen Formen mit zweigeteiltem Bart; nach einem Bronze- original, das wiederum früher als die Zeit des Diogenes;

die Herme im Louvre, Karyatidensaal, Descr. No. 530; Cat. somm. 49 (abgeb. Clarac pl. 1079): Ein Kopf mit hoher Stirn, in noch frischem Lebensalter, wahrscheinlich ein Römer aus dem Anfang des 3. Jahrhunderts n. Chr.

Als veraltetes Curiosum erwähnen wir endlich noch die Faber'- sche Deutung einer Herme des Ursinus (abgeb. Fab. No. 56), die das Stirnhaar verhüllt und ein zusammengefaltetes Tuch schleierartig über den Kopf gelegt hat. Das Tuch, meint Faber, sei das duplex pannum der Kyniker^, was dann auch Bellori und Gronov adop- tierten. Ob die Herme noch existiert, weiss ich nicht.^ Nach Wie- selers Beschreibung" ganz damit übereinstimmend der sog. Diogenes in Stockholm: bärtig, mit einem Tuch verhüllt, welches durch eine

1 Bottaril. 27; Righetti I. 55. \.

* Nuova descrizione del Mus. Cap. ; Heibig Führer I ^. 478.

' Eher als der albanischen Statuette gleicht sie der apokryphen Inschriftherme im Conservatorenpalast (oben p. 47) oder wenigstens ihrer Abbildung bei Statins XII, welche denn auch mit zu ihrer Benennung beigetragen haben mag. Nach C. Robert wäre es vielmehr Hesiod (s. am Schluss des Abschn.).

* In den Rom. Mittheil. XIII. 1898. p. 64.

^ Horaz Epist. I. 17. 25. « Vgl. Visc. Icon. gr. I. p. 256. 2.

' Wieseler Philol. 27. 1868. p. 230.

4*

52 DIOGENES. PHRYNE

Binde zusammengehalten wird; der Mund geöffnet, die Ohren durch die Haare verdeckt. Nach Wieseler Priapus.

Auf den Reliefs ist Diogenes durch das Fass, aus dem er mit halbem Leibe hervorragt, charakterisiert und eben daran sicher kennt- lich (s. oben). Andere Darstellungen kommen meines Wissens nicht von ihm vor oder wenigstens nur ganz zweifelhafte. So die Figur auf der Schmalseite eines Neap 1er Sarkophags, Gerh.No.502 (abgeb. Arndt-Amelung Einzelaufn. 530), welche vor einer ausgespannten Draperie sitzt: Ein Greis mit kahler Stirn und in Flammenspitzen aus- gehendem Bart, der Oberleib nackt, die Rechte docierend halb er- hoben, in der Linken ein Knotenstock; zu seinen Füssen ein Scri- nium und ein undeutlich gebildetes Tier (Schaf oder Hund, aber eher das erstere). Für Diogenes könnten der Stock und eventuell der Hund geltend gemacht werden. Der Typus aber ist von dem der albanischen Statuette total verschieden. Wenn Hauser (Einzelaufn. a. a. O.) die Züge des Diogenes darin zu erkennen glaubt, so hat er wohl die will- kürlich sogenannte Büste des Capitols (oben p. 50) im Sinne, an wel- cher namentlich der Bart ähnlich gebildet ist. Aber das ist kein gil- tiges Kriterium. Und wie passen die Bücherrollen zu dem Verächter der zünftigen Wissenschaft, und das Parapetasma, der faltenreiche Mantel, die mächtigen vollen Körperformen zu dem kümmerlich sich nährenden Strassenphilosophen? Ich kann nicht glauben, dass Dio- genes so unglücklich charakterisiert worden wäre.^

Phryne

Die Lebenszeit der berühmten Hetäre von Thespiae, der Ge- liebten des Praxiteles und des Hyperides, deren Schönheit den Apelles zu der Schöpfung der Anadyomene begeistert haben soll, fällt ins zweite und dritte Viertel des 4. Jahrh. Sie muss noch 335 gelebt haben, da sie sich anerbot, die Mauern Thebens wieder aufzubauen.

^ C. Robert im Hermes 35. (1900) p. 650 setzt voraus, es sei die Schmalseite eines Musensarkophags und deutet die Figur auf Hesibd. Felssitz, Schaf und Stab, meint er, erinnern an das Proömium der Theogonie, wo die Musen auf dem Helikon den Dichter finden und ihm einen Ölzweig als Szepter verleihen. Danach sei auch die capitolinische Büste zu benennen. Die Vertauschung einer Unwahrscheinlich- keit gegen eine andere.

DAS WAHRSCHEINLICHE MOTIV DER PHRYNESTATUEN 53

Wenn man die Inschrift darauf setzte: Alexander hat sie zerstört, die Hetäre Phryne hat sie wieder hergestellt.

Es gab von ihr zwei Statuen von der Hand ihres Verehrers Praxiteles, die eine aus Marmor in ihrer Heimat Thespiae, neben einer Aphodrite desselben Künstlers,^ und eine andere aus vergoldetem Erz in Delphi, wohin Phryne selber sie geweiht hatte mit der üb- lichen Dedikation.^ Die in Delphi scheint nach ihrer vielfachen Er- wähnung bei den Schriftstellern und nach ihrem vornehmen Auf- stellungsort die berühmtere gewesen zu sein. Ausserdem erwähnt Tatian ^ zwei Bildnisse der Phryne und der Olykera von einem Künstler Herodotos aus Olynth; der letztere Name vielleicht verschrieben für Herodoros, der nach zwei vorhandenen Inschriften in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. lebte,*

Für unsere Vorstellung von den Phrynedarstellungen ist viel- leicht zu berücksichtigen, dass der Kyniker Krates beim Anblick des delphischen Bildes ausgerufen haben soll : Siehe, ein Weihgeschenk der hellenischen Zügellosigkeit.^ Indes geht aus der Stelle nicht deut- lich hervor, ob dieser Ausspruch dem Bilde als solchem oder nur der Person galt. Im ersteren Falle läge es nahe, an völlige Nacktheit zu denken, eine Darstellungsweise, die gleichsam als der künstlerische Reflex jener von Athenaeus überlieferten Enthüllungen vor der Heiiaea und am Fest des Poseidon in Eleusis betrachtet werden müsste.* Diese Ansicht vertritt namentlich W. Klein ', indem er die Nacktheit der He- tären mit der der palästrischen Sieger in Parallele setzt. Wenn Phryne, meint er, ihr Standbild weihte, so habe sie damit der Gottheit für ihre körperliche Begabung, d. h. für ihre siegreiche Schönheit danken wollen, und es sei nur folgerichtig gewesen, wenn sie ihr das Abbild derselben unverhüllt darbrachte. Allein bei der Nacktheit der Sieger- statuen handelt es sich um eine aus dem Altertum herstammende längst eingebürgerte Sitte, die ihr ständiges Vorbild im öffentlichen Leben hatte. Der Schritt zur Darstellung der weiblichen Nacktheit dagegen war eben erst in der Kunst gethan worden, zunächst nur bei einer Gottheit, und es ist nicht gar wahrscheinlich, dass die Über- tragung auf menschliches Gebiet, zumal bei Bildern, die in Tempel

' Paus. IX. 27. 5.

2 Paus. X. 15. 1; Athen. XIII. p. 591. B; vgl. Overb. Schriftquellen 1269ff.

3 Tatian Or. ad Gr. 53. p. 115; 54. p. 117.

* Vgl. Löwy Inschr gr. Bildh. No. 103 und 541.

" Athen, a. a. O. « Athen. XIII. p. 590. F = Overb. Schriftqu. 1241.

' Klein Praxiteles p. 292.

54 PHRYNE

geweiht wurden, gleich nachfolgte. Wäre es bei den Phrynestatuen geschehen, so fände sich doch wohl in den vielen Schriftstellen, wo ihre Bildnisse erwähnt werden \ irgendwo eine leise Andeutung davon.

Eine von der Klein'schen verschiedene, aber in ihrer Speziali- sierung kaum viel plausiblere Ansicht hat Furtwängler in den Meister- werken p. 54Q geäussert. Er denkt sich die Hetäre nicht völlig nackt sondern halb bekleidet, und glaubt in der sog. Venus von Ostia im brit. Museum (abgeb. a.a.O. p. 550), die ihrem Kopf nach echt praxitelisch, im Vergleich zu den Aphroditebildern des Meisters (Venus d'Arles) aber der göttlichen Ruhe und Würde entbehre, also ihrem Gegenstand nach wohl der menschlichen Sphäre entnommen sei, eineNachbildung des delphischen Standbildes vermuten zu dürfen. Praxitelischen Geist wird man jenem Werke nicht absprechen wollen, aber dasselbe ist meines Erachtens kein Bildnis, und viel zu wenig von Aphrodite unter- schieden und zu gross gedacht, um für etwas Anderes als für sie oder für ein nahe verwandtes göttliches Wesen gelten zu können. Die römi- schen Kaiserinnen mochten sich später unter dem Bild der Venus in Tempeln abbilden lassen. Eine Hetäre des 4. Jahrhunderts vor Chr. dürfte eine solche Bestellung kaum gewagt und ein Künstler die Aus- führung kaum übernommen haben.

Es ist einstweilen verlorene Liebesmühe, Genaueres über das Motiv der Phrynestatuen feststellen zu wollen. Wenn man indessen den allgemeinen Kreis bezeichnen will, in welchem mit Wahrschein- lichkeit ihre nächsten Verwandten zu suchen sind, so möchte ich nicht in erster Linie die Aphroditetypen des Praxiteles , sondern lieber die um eine Stufe niedriger stehenden, ebenfalls an ihn anknüpfenden Figuren von Tanagra nennen. Ein reizendes freies Gewandmotiv, das Schultern und Brust oder auch den ganzen Oberkörper dem Beschauer preis giebt, eine anmutvolle, nicht grossartig-göttliche, sondern mensch- lich-begehrende Haltung und ein entsprechender Ausdruck, beim Kopftypus etwa die bei jenen Figuren besonders häufige und für sie charakteristische Melonenfrisur, das dürften einige der Züge sein, an die sich unsere Phantasie bei der Reconstruktion am ehesten zu halten hat. An den schönen Münchener Kopf freilich mit dem Melonen- haar (Furtw. Beschr. d.Glypt. 210)- kann nicht wohl gedacht werden.

"■ Vgl. Overb. Schriftqu. 1268ff.

* Vorschlag Helbigs Führer I '. p. 285, in der zweiten Aufl. p. 243 wieder zurück- genommen.

STATUETTE DES MOSCHION IN NEAPEL 55

Es wäre eine gar zu herbe Ironie, wenn die berühmteste Vertreterin der sittlichen Zügellosigl<eit unter diesem Bild der zartesten Keusch- heit auf uns gekommen wäre (S. Nachtrag).

Mosch ion

Der Name MOZXIQN figuriert in der Ikonographie als Aufschrift auf der Basis einer sitzenden ca. 75 cm hohen Marmorstatuette, die aus dem Besitz des Hieron. Garimbertus in die farnesische Sammlung und mit dieser nach Neapel kam, jetzt im Längscorridor bei den Doppelhermen aufgestellt, Gerh. No. 452, Invent.6238 (abgeb. Urs. Imag. 30).^ Ohne Zweifel ist darunter der platonische Philosoph und Tragiker Moschion verstanden, von dem uns Clemens Alexandrinus und Joh. Stobaeus eine Anzahl Sentenzen und Verse überliefert haben, der Verfasser der politischen Dramen „Themistokles" und „die Phe- räer." Da derselbe schon bei den Dichtern der mittleren Komödie als genusssüchtiger Schlemmer verspottet wird, so kann er der Zeit nach nicht später als in die Mitte des 4. Jahrhunderts gesetzt werden, andrerseits aber, wenn sich „die Pheräer", wie wahrscheinlich, auf den Untergang des Alexander von Pherä (359 v. Chr.) beziehen, auch nicht viel früher. Ausser ihm wird noch ein Arzt Moschion von Pli- nius erwähnt, der am Ende der Republik oder am Anfang der Kaiser- zeit gelebt haben muss, dessen Schrift über den Rettich - ihm aber schwerlich die Ehre einer Bildsäule eintrug.

Die genannte Statuette scheint übrigens als Bildnis keine Be- deutung beanspruchen zu dürfen. Sie hat mehrere Male Kopf und Hände gewechselt, woraus wohl hervorgeht, dass sie köpf- und hand- los aufgefunden und nur versuchsweise bald so, bald anders ergänzt worden ist. Der in den Abbildungen bei Ursinus und Faber mit ihr verbundene Kopf gleicht etwa dem des Euripides, die rechte Hand und der linke Unterarm fehlen. Bei Visconti und in der Beschreibung bei Gerhard hat der Kopf einen bacchischen Charakter: Er trägt einen Epheukranz mit herabhängenden Binden, hat Satyrohren und einen

^ Mit verkehrten Seiten Faber 96; richtig Bellori Imag. 56; Gronov Thes. II. 73;

Visc. Tav. VII. 1 -3; Clarac. pl. 840 D. Die Aufschrift Kaibel No. 1187.

* Scripsit et Moschion Graecus unum de raphano volutnen. Plin. Hist. nat. XIX. 87.

56 MOSCHION. DAOCHOS

schematisch zugeschnittenen zweigeteilten Bart; in den ergänzten Händen Rolle und Schale.^ Der gegenwärtig aufgesetzte Kopf ist wieder kranzlos und dabei kahl, aus anderem Marmor als der Torso, möglicherweise modern. Und doch handelt es sich stets um die gleiche Statuette, wie sowohl die Aufschrift (bei Faber und Visconti) als die mit den einst fehlenden Teilen übereinstimmenden Ergänzungen zeigen.

Das Gewand- und vielleicht auch das Körpermotiv kehrt wie- der bei der fälschlich sog. Marcellusstatue im Philosophenzimmer des Capitols, bei der Porträtstatue mit der Künstlerinschrift des Zenon im Museo Boncompagni (Schreiber p. 16) und bei einer Statuette in denUffizien zu Florenz, Inschriftensaal No.289(DütschkeIII, 344), aber immer mit dem Zusatz eines Chitons.

Auf dem Totentanz des Silberbechers von Boscoreale im Louvre ist Moschion dem Sophokles gegenüber gestellt, was zwar nur eine willkürliche Anordnung des erfindenden Künstlers, vielleicht aber doch im Verein mit der Neapler Statuette Zeugnis dafür ablegt, dass dieser Dichter im Altertum nicht so ganz unbekannt und ungeschätzt war. Aus der Beischrift erfahren wir, dass Moschion ein Athener.

Daochos

Bei den französischen Ausgrabungen in Delphi sind 1896 die Überreste eines grossen Weihgeschenks aufgefunden worden, welches Daochos von Pharsalos, einer der Tetrarchen Thessaliens unter PhiHpp von Makedonien, bald nach der Schlacht bei Chaeronea 338 in das pythische Heiligtum gestiftet hatte. Auf einer Basis von der Form einer rechtwinkligen Exedra standen neun Marmorstatuen, den noch er- haltenen Inschriften nach lauter Familienangehörige des Daochos.^ Es war nach Preuner die Replik eines schon in Pharsalos errichteten Bronzedenkmals, an welchem Lysippos die eine Statue (des Agias) gemacht hatte.*

* Die ähnliche kleine Figur ebenda im Saal des Correggio mit Epheukranz,

Traube und Becher hat damit nichts zu thun.

- Vgl. Homolle im Bull. d. corr. hell. XXI. 1897. p. 592ff.: Statues du Thessalien

Daochos et de safamille.

^ S. Preuner Ein delphisches Weihgeschenk. 1900.

SPEUSIPPOS. XENOKRATES. PHOKION 57

Speusippos. Xenokrates

Von den Nachfolgern des Plato auf dem Lehrstuhl der Akademie waren die zwei ersten, Speusippos(347— 339) und Xenokrates (339—314), die bedeutend- sten. Von beiden gab es im 16. Jahrh. noch kopflose Inschrifthermen, die bei den älteren Ikonographen nach verschiedenen Schablonen abgebildet sind, anders bei Ursinus p. 54 und 55 und anders bei Qallaeus-Faber No. 137 und 149, was nicht ge- rade für die Genauigkeit der Wiedergabe spricht. Kaibel führt die Inschriften unter den falsae vel suspedae auf (No. 260* und 233*).

Speusippos stand bei Plato's Tod schon in vorgerücktem Lebensalter und war von schwächlicher Gesundheit.^ An Xenokrates wird der würdevolle pedantische Ernst hervorgehoben («jejjlvos xa\ oxu9-pw-o? a£t), dem die Anmut mangelte.^ Das Eine wie das Andere müsste bei etu'anigen Hypothesen einigermassen als Prüfstein be- rücksichtigt werden. Aber auf diese Züge allein lassen sich keine Hypothesen bauen. Wenn Studniczka^ bei dem capitolinischen sog. Aeschylos (abgeb. 1. Teil p. 103) des anmutlosen Ausdrucks wegen an Xenokrates denkt und dies kostümlich unterstützt findet durch den langen akademischen Bart, und phrenologisch durch die wulstige linke Stimecke als Hinweis auf mathematische Begabung, so sind das lauter ganz ungenügende zum Teil trügerische Gründe, denen ich schon deswegen kein Gewicht zuschreiben kann , weil mir der auf eine frühere Zeit weisende Stil damit im Widerspruch zu stehen scheint.

An dem Münchener Kopf, der die Aufschrift EevozpaTr,; XaXxrjSo'vto? trägt, Glypt. Furtw. 297 (abgeb. Bellori Imag. 39)*, ist das Hermenstück modern, der Kopf selbst eine Replik des sog. Hippokrates (abgeb. I. Teil. p. 166, 167).*

Phokion

Phokion, Feldherr und Staatsmann der Athener zur Zeit Philipps von Makedonien und Alexanders des Grossen; hochgebildet, tüchtig und sittenstreng, aber ohne ideale Ziele, daher Gegner des De- mosthenes. In den Wirren nach Alexanders Tode wurde er seiner anti- demokratischen Gesinnung wegen der Verräterei angeklagt und zum Giftbecher verurteilt 318, über 80 Jahre alt. Bald nach seinem Tode errichteten ihm die reumütigen Athener eine eherne Bildsäule.®

1 Diog. IV. 3. 2 Diog. IV. 6.

8 Neuejahrbl. f. d. klass. Altert. III. 1900. p. 176.

* Gronov Thes. II. 91 ; Mus. Nap.. II. 79; die Aufschrift Kaibel 232*.

^ So schon Visconti Icon gr. I. p. 360. Anm. 2, wo nur dem Bottari statt dem Bellori

die Einführung der falschen Bezeichnung in die Ikonographie zugeschrieben wird.

Oder ist in erster Instanz Spon dafür verantwortlich, der die Herme im gleichen Jahre

wie Bellori publizierte (Miscell. erud. antiqua. IV. p. 136)?

« Plut. Phok. 38.

58 PHOKION

Der Ausdruck seines Gesichts wird als streng und finster geschildert; in seiner Bekleidung war er von spartanischer Einfachheit. Als eine besondere Eigentümlichkeit erwähnt Plutarch, dass er die Hand nicht ausserdem Mantel trug, wenn er überhaupt einen solchen umgeworfen. ^

Obgleich Phokions Thätigkeit sich keineswegs auf das Mili- tärische beschränkte, indem er ebensowohl diplomatische Aufgaben übernahm oder sich rednerisch an den Staatshändeln bethätigte, dürfte man sich doch nicht wundern, wenn die Künstler bei seiner Darstellung hauptsächlich auf seine Feldherrnschaft Rücksicht ge- nommen und ihn behelmt gebildet hätten. In dieser Voraussetzung und weil der auffallend schlichte Charakter des Kostüms so vor- trefflich zu der strengen Einfachheit des Mannes zu passen schien, hatte Visconti die schöne Statue der Sala della biga im Vatican No. 61 6 (abgeb. Brunn-Bruckmann Denkm. Nr. 1 66) - früher auf Phokion beziehen wollen. Allein der Vorschlag musste fallen gelassen werden, sobald man die Thatsache beachtete, dass Kopf und Torso gar nicht zusammen gehörten und dass beide ihrem Sül nach vor Lysippos zu setzen sind, der Torso vielleicht noch ans Ende des 5. Jahrh. (letzterer sehr wahrscheinlich einem Hermes angehörig) ^. Damit war dann auch die vermeintliche Darstellung des gleichen Bildnisses im Mus. Chiaramonti No. 531 (abgeb. Arndt-Bruckmann 283, 284) wieder zu den Unbekannten verwiesen. Der ähnliche Kopf in Neapel, Gerh. 390, Invent. 6157 (Phot. Alinari No. 11144), geht unter dem Namen Themistokles, was natürlich eine viel zu frühe Datierung. Wenn man hier Namen aufstellen wollte, müsste man vielmehr an Männer wie Epaminondas, Iphikrates, Timotheos, Chabrias denken, welche alle noch der ersten Hälfte des Jahrhunderts angehören.

Feldherrnköpfe aus der zweiten (Entstehungszeit des Phokions- bildnisses) sind nicht viele erhalten: etwa der kurzbärtige Berliner No. 323 (abgeb. Arndt-Bruckmann 289, 290), oder der im römischen Kunsthandel befindliche bei Arndt-Bruckmann 285, 286. Beide zeigen aber nichts von dem finstern Ernst des Phokion. Und da uns im Übrigen jede Wegleitung für sein Bildnis fehlt, so haben auch die diesbezüglichen Vermutungen keinen Wert.

Von einer kopflosen Inschriftherme, die bei Ursinus p. 16 mit einem Gewandstück auf der linken Schulter, bei Gallaeus-Faber

1 Plut. Phok. 4, 5.

ä Der Kopf bei Arndt-Bruckmann 281, 282; vgl. Wolters No. 479.

« Vgl. Wolters Athen. Mitth. XV. 1890. p. 359 u. 362; Heibig Führer l\ 339.

ANG. PHOKIONKÖPFE AUF CAMEEN 5Q

No. lOQ ohne Gewand abgebildet ist, scheint weder der Name noch die Gestalt authentisch überliefert zu sein.^

Zwei Cameen mit angeblichen Phokionköpfen sind zwar beides ausgezeichnete Arbeiten, aber beide modern. Der eine, zu Winckelmann's Zeit im Besitz des Cardinais AI. Albani (abgeb. Stosch Gemm. cael. tav. 56 = Reinach Pierres grav. pl. 136), zeigt das Brust- bild eines bartlosen Alten mit der Umschrift ^w>t(wvo; und wird am untern Rand als Werk des Pyrgoteles bezeichnet, rührt aber in Wirk- lichkeit von dem Steinschneider AI. Cesari oder Cesati (Mitte des 16. Jahrh.) her.- Der Kopf hat Ähnlichkeit mit der Büste des sog. Orators im Vatican (abgeb. Pio Clem. VII. 22, vergl. p. 118), in welcher Visconti ein Bildnis des Asinius Pollio vermuten wollte. Indes ist damit noch nicht gesagt, dass Cesari sie als Vorbild benützte.

Der andere Stein stammt aus der Sammlung Marlborough (abgeb. Marlborough gems. I. 28 = Reinach Pierres gr. pl. 110), ein ebenfalls bartloser, etwas jüngerer Kopf, ohne charakteristische Ähn- lichkeit mit dem vorigen, nach dem er gleichwohl genannt scheint. Auch dieser wird dem Cesari zugeschrieben.

Die Redner Hyperides und Lykurg

Wie von den Feldherrn Chabrias und Timotheos, so sind auch von den attischen Staatsrednern Hyperides und Lykurg, den Zeit- und Parteigenossen des Demosthenes, noch Bildnisspuren erhalten.

Von Hyperides (f 322) wieder eine von Spon (Miscell. IV. p. 137) bekannt gemachtelnschriftausVillaMattei: YREPIAHZ PHTQP (Z)EY(Z)IA(A)HZ EnoiE|3, welche unter einem Bildnis des Redners stand. Der Künstler Zeuxiades wird bei Plinius* als Schüler des Silanion genannt.*

Auf Lykurg, den Sohn des Lykophron, den Leiter der athenischen Finan- zen von 338-326, deutet Cecil Torr in der Revue archeologique 70 (1895) p. 160 ff. die Figur einer panathenäischen Amphora im Louvre (Skizze a. a. O.), welche auf einer der beiden Säulen steht, die sich links und rechts neben Athena erheben: ein Mann im Himation ohne Chiton , den rechten Arm erhoben , auf der Linken eine Nike. Die Amphora datiert von 313. Zwölf Jahre vorher hatte Lykurg das

^ Vgl. Kaibel No. 271*. - Vgl. Visc. Icon. gr. I. p. 189.

3 Vgl. Visconti Icon. gr. I. p. 354 und oben bei Timotheos p. 14.

* PUn. 34. 51.

^ Vgl. Löwy Inschr. gr. Bildh. 483, wo die betreffende Litteratur.

60 HYPERYDES UND LYKURG. AESCHINES

panathenäische Stadion vollendet. Ein Redner im Gewand des Demosthenes oder des Aeschines mit einer Nike auf der Hand, meint Torr, werde am natürlichsten auf denjenigen bezogen, der den Siegern im Stadion die Wege gebahnt habe.

Gewiss hat Lykurg, der sich bei jeder Gelegenheit so splendid und freigebig gegen seine Vaterstadt erwies, Ehrenbezeugungen und Statuen nicht bloss für Andere beantragt, sondern ist auch selber mit solchen belohnt worden. In der Vita des Pseudo-Plutarch wird eine Erzstatue von ihm im Kerameikos und werden Holz- bilder von ihm und seinen Söhnen im Erechtheion genannt. Auch ist sein Name so eng mit dem panathenäischen Stadion verbunden, dass eine Darstellung seiner Person auf den Preisvasen keineswegs als etwas Unerhörtes betrachtet werden müsste. Ob es aber dann auf diese diskrete, auch den Athenern kaum recht ver- ständliche und daher ihren Zweck verfehlende Weise geschehen wäre, ist doch sehr die Frage.

Eine kopflose, wahrscheinlich in Tivoli gefundene Inschriftherme, wo auch der Vatername und der Geburtsort beigefügt ist, befindet sich im Vatican (KaibelNo. 1178).

Andokides. - Bei dieser Gelegenheit mag nachgeholt werden, dass sich in den Scheden des Ursinus die Zeichnung einer kopflosen Herme mit der Auf- schrift ANAQKIAHZ AEQrOPDY AQHNAIDZ befand. Dieselbe soll 1503 am Wege zwischen Tibur und der Villa Hadrians, also wahrscheinlich am gleichen Ort wie die später gefundenen Inschrifthermen (s. I. Teil p. 40) zu Tage gekommen sein.^

Andokides, des Leogoras Sohn, war Redner und Feldherr der Optimaten- partei zur Zeit des peloponnesischen Krieges, geb. nicht viel vor 440, gest. nach 394. Bei der Hermenverstümmelung war seine Säule fast unverletzt geblieben, weshalb er der Mitschuld verdächtigt wurde. Übrigens «der geringste der in den Kanon aufgenommenen Redner" (Christ).

Aeschines

[ Taf. IX. X ]

Aeschines, der Sohn des Atrometos von Athen (389 314), aus altbürgerlicher aber heruntergekommener Familie, war zuerst nach- einander Schreiber, Schauspieler und Soldat, dann Staatsredner und eifriger Parteigänger Philipps von Makedonien, als welcher er den Demosthenes wie seinen Todfeind bekämpfte. Eine hervorragende politische Rolle spielte er namentlich in dem Jahrzehnt zwischen 348 (Fall von Olynth, Gesandtschaft an Philipp) und 338 (Schlacht bei Chaeronea). Nach seiner Niederlage in dem Prozess gegen Ktesi- phon (330) der Atimie verfallen, verliess er Athen und gründete eine

^ Ursinus Imag. p. 73; Faber No. 13; Visc. Icon. gr. I. p. 354; Kaibel No. 1134.

LEBEN. INSCHRIFTHERME IM VATICAN 61

vielbesuchte Rednerschule auf Rhodos. In seinem Alter siedelte er nach Samos, wo er 75 jährig starb.

Obgleich kein hochstehender Charakter, scheint Aeschines doch als glänzender Redner und mehr noch in seiner historischen Bedeu- tung als Gegner des Demosthenes eine ziemliche Beachtung bei der Nachwelt gefunden zu haben.

Christodor beschreibt eine Erzstatue des Aeschines in Con- stantinopel, von der er mit mehr Schwulst als Verständlichkeit sagt: „Er zog das Rund der dichtbehaarten Wangen zusammen (öffnete den Mund?), als ob er den Kampf in der vielbewegten Volks- versammlung aufnehmen wollte",^ wodurch wenigstens seine Bärtig- keit bezeugt wird, die wir freilich auch aus anderen Gründen an- nehmen müssten.

Bei Ursinus (Imag. p. 7Q), Faber (No. 2) und den von ihnen ab- hängigen Ikonographen figuriert als Aeschines ein bartloser Kopf unbestimmten Alters mit gelocktem Haar, der willkürlich und un- passender Weise auf einen mit dessen Namen (AIg/ivt]; 'ATpoarjTou 'A^v)vato;) beschriebenen Hermenschaft aufgesetzt war. Er soll sich im Besitz des Grossherzogs von Toskana befunden haben, war aber schon zu Visconti's Zeit verschollen.^

1. Das authentische Bildnis, diesmal auf ungebrochener Herme mit Namensaufschrift (AIZXINHZ, Kaibel No. 1129) kam erst 1780 in der sog. Villa des Cassius bei Tivoli zu Tage, jetzt im Musensaal des Vaticans No. 502 [abg. Taf. IX] ^: Eine behäbige selbstzufriedene, nicht gerade sympathische Physiognomie, von gesunder Fülle, mit noch strammer fast runzelloser Haut, in mittlerem Lebensalter. Das Haar leicht gelockt, zumal an den Seiten und um den Nacken, die Stirn nur noch von dünnen Büscheln bedeckt. Der Bart kurz und in Stufen geschnitten, von rundem Contour. Der ganze Kopf in Form und Ausdruck der direkte Gegensatz zu dem mageren, verbitterten Demosthenes. Auf der linken Schulter ein Mantel. Die Nase und die linke Schläfenpartie mit den umgebenden Haaren neu.

2. Eine ebenfalls mit dem Namen beschriebene Herme kam dann am Anfang des 19. Jahrhunderts in Griechenland zum Vor-

^ Christ. Ecphr. V. 13 ff.: ... Aa^r^? Sk ajvsipus zJ/cXa -apsir?,

ota —oX'jTpoyaXo'.d'.v (xeS-XcUwv äyopyjatv.

2 Visc. Icon. gr. I. p. 340. 4; Kaibe! No^ 1128.

3 Visc. Pio Clem. VI. 36; Icon. gr. I. Tf. 29b.; Atti dell' academia pontif. VI. 1835; Pistolesi V. 90.

62 AESCHINES

schein und wurde durch Oberst Leake dem brit. Museum geschenkt, jetzt im Phigal. Saloon aufgestellt (abgeb. Anc. Marbl. of the br. Mus. XI pl. 18)^; der genauere Fundort soll Bitolia in Makedonien sein. Der Kopf ist hier etwas höher und schmaler, sonst dem vorigen durchaus ähnlich, so dass er auch ohne die Aufschrift sofort als Aeschines erkannt würde. Er ist vollkommen erhalten, scheint aber von einem modernen Meissel übergangen zu sein.

Unbeschriebene Wiederholungen des gleichen Bildnisses sind:

3. Kopf auf moderner Herme im Capitol, Phil. Zimm. No. 61 (abgeb. Arndt- Bruckmann 119, 120)^; schon von Visconti als Aeschines erkannt^, aber sehr verwaschen.

4. Marmorstatue aus dem Theater von Herculaneum in Neapel, Corr. d. Meisterwerke, Gerh. No. 363, Invent. 6018 [abgeb. Tai X]*; früher ohne Grund Aristides genannt, ungewiss ob damit der Staats- mann das 5. Jahrh. v. Chr. oder der Rhetor des 2. n. Chr. gemeint war; erst 1834 durch Lud. Visconti richtig gedeutet,^ obgleich schon Gerhard (1828) einen berühmten Redner vermutet hatte. Sie war in mehrere Stücke zerbrochen und ist jetzt vielfach ergänzt; doch ge- hört der Kopf ohne Zweifel dazu. In der Haltung der Arme resp. im Motiv des Oberkörpers gleicht sie dem lateranischen Sophokles nur ist die linke Hand nicht sowohl in die Seite gestützt als auf den Rücken gelegt , in der Stellung der Beine oder im Motiv des Unterkörpers dem vaticanischen Demosthenes bei allerdings etwas belebterem und eleganterem Faltenwurf. Der untere Saum des Mantels zeigt eine breite Sahlkante, falls man nicht lieber die durch den Ausschritt bewirkte Spannung des Gewandes darin erkennen will. Hinter dem linken Fuss steht ein halb abgeschnittenes Scrinium.

5. Herme im Louvre aus Sammlung Campana, Karyatidensaal No. 73. Der Kopf ungebrochen und von verdächtig guter Erhaltung, nur die Nasenspitze neu. Der Ausdruck etwas erregter als gewöhn- lich, der Bart flockiger, nicht so anliegend, das Nackenhaar nicht gelockt.

^ Millingen Uned. mon. II. Tf. 9, 10; Phot. beim arch. Inst. '^ Als unbekannt Bottari I. 69; als Thukydides Righetti I. 127. 8 Pio Clem. VI. p. 175. 4.

* Mus. borb. I. 50; Clarac. pl. 843; Compar. e de Petra La Villa Ercol. Tf. 18. 2; Baumeister Denkm. I. p. 33; Christ. Gr. Lit. 15; Brunn-Bruckmann Denkm. 428; Arndt-Bruckmann Portr. 116—118.

* Vgl. Bullet, d. Inst. 1835. p. 47.

ERHALTENE BILDNISSE 63

6. Herme in Ny Carlsberg zu Kopenhagen (Phot. Arndt), eines der besten Exemplare, nur leider die Nase ergänzt. Die Brauen scharf gezogen und etwas ungleich, ohne die schrägen Stirnfältchen am Ansatz an die Nase. Der Hals etwas schlanker und das Unterkinn weniger fett als bei der Herme des Musensaals (1).

7. Lebensgrosses Marmormedaillon in der Ermitage zu Peters- burg, jetzt No. 257 (mit kleiner autotypischer Abbildung in dem russischen Skulpturenkatalog von Kieseritzky, 1901), nach Lyde Browne 1756 im Meerbusen von Bajae gefunden: Profilkopf nach rechts, ohne Gewand; Stirn- und Scheitellinie in fast rechtem Winkel auf einander stossend.

Zweifelhaft:

8. Herme im Pal. Colonna zu Rom, über einem Fenster des Eintrittsaals. Bei Matz-Duhn, wie es scheint, nicht verzeichnet, und wegen der hohen Aufstellung nicht genauer zu beurteilen.

9. Herme im Pal.Barberini, nach Visconti ^ dasselbe Bildnis wie das vaticanische und zugleich Gegenstück eines Demosthenes. Jetzt verschollen.

10. Marmorclipeus in Villa Pamfili, Matz-Duhn Ant. Bildw. in Rom III. 3610 (abgeb. Visc. Icon. gr. I. Tav. 30. 1): Lebensgrosse Büste mit Mantel auf der linken Schulter, der Kopf etwas über die Einfassung hinausragend.

Ob auch der früher fälschlich auf eine Herme mit dem Namen Isokrates gesetzte Kopf im Besitz des Grossherzogs von Toskana (abgeb. Faber Nr. 76), den ich unter den Bildnissen der Uffizien nicht identifizieren konnte, ein Aeschines war, wie man der Abbildung nach vermuten könnte, lasse ich dahingestellt.

Bei den 2 Inschrifthermen (1 u. 2), auf denen die Deutung des Bildnisses beruht, ist beidemal dem Namen Aeschines keine nähere Bezeichnung beigegeben. Gleichwohl oder gerade darum kann nur an den Redner gedacht werden. Er ist der Einzige des Namens, der es zu einer seine Lebenszeit überdauernden Berühmtheit gebracht hat. Bei jedem Andern wäre das Weglassen eines Unterscheidungs- beisatzes, da die Bildnisse doch aus römischer Zeit stammen, un- begreiflich. Auch werden keinem von ihnen eigentliche Statuen er- richtet worden sein, wie es überlieferter Massen bei dem Redner (s. oben p. 61) und thatsächlich bei dem in unsem Hermen

1 Pio Clem. VI. p. 175 und Icon. gr. I. p. 342.

64 AESCHINES

dargestellten (s. No. 4) der Fall war und werden endlich ihre etwanigen Denkmäler nicht gerade in Makedonien (s. No. 2) gesucht werden dürfen. Die Thatsache, dass im Pal. Barberini (9) eine Replik des Typus als Gegenstück eines Demosthenes aufgestellt war, zu einer Zeit, wo man die Bildnisse der Beiden noch nicht kannte, können wir nicht mehr nachprüfen, da die betreffenden Hermen ver- schollen; sonst wäre dies ein weiterer, sehr positiver Grund, dass nur der Redner gemeint sei.

Am besten erhalten, abgesehen von der übergangenen Epider- mis, ist die Herme des brit. Museums (2), doch sind ihr andere, z. B. die in Kopenhagen (6), an der die Nase verstümmelt, in Beziehung auf Güte der Arbeit vorzuziehen. Die letztere stimmt in der Anlage der Haare ganz mit dem Kopf der Neap 1er Statue (4) überein, woraus man sieht, dass die davon abweichende linke Seitenpartie des vati- canischen Kopfes (1) willkürlich ergänzt ist. Ebenso ergeben sich die breiteren Proportionen der Kopenhagen er Herme, da dieselben bei der Mehrzahl der Wiederholungen wiederkehren, den schmale- ren des Londoner Kopfs (2) gegenüber als die richtigen. Auf die verdächtige im Louvre (5) und die zweifelhaften oder verschollenen in Palazzo Colonna (8) und Barberini (9) kann bei der Bestim- mung des Formen Charakters keine Rücksicht genommen werden.

Das Bildnis scheint früh entstanden zu sein, früher jedenfalls als das des Demosthenes. In der Bildung von Stirn und Augen, in der Anlage des Haares bemerkt man noch nichts von lysippischem Einfluss. In dem Gewand will man sogar noch spezifisch praxiteli- schen Geschmack, Anklänge an den Hermes von Olympia und an die Columna caelata von Ephesos erkennen. ^ Das Mantelmotiv mit seinen schillernden Augen und Fältchen ist dasselbe wie bei dem Jüngling von Eretria in Athen (Kavv. No. 244; abgeb. Arndt a. unten a. O.), der auch seinem Kopftypus nach nicht später als Alexander gesetzt werden darf. Und damit stimmt ferner das Lebensalter, in welchem der Dargestellte aufgefasst ist, das wir kaum über fünfzig Jahre schätzen werden. Das Porträt des Aeschines wird, wie Arndt ganz richtig sagt, nicht in seinen letzten Lebensjahren, wo er ver- achtet in der Verbannung lebte, oder nach seinem Tod entstanden sein, sondern in den Zeiten seines politischen Ansehens, etwa um 340.

Ob das Körper- und Gewandschema der Aeschinesstatue bei ihr, d. h. bei ihrem Original zum erstenmal zur Verwendung kam,

^ Arndt Einzelaufn. Ser. III. zu 624.

DAS STATUENMOTIV. CLIPEUS PAMFILI 65

also für den Redner bezeichnend ist, oder ob der Künstler dasselbe von anderswoher entlehnte, ist schwer zu entscheiden. Jedenfalls ist der Jüngling von Eretria der Ausführung nach älter als der Neapler Aeschines. Aber das Original des letzteren, das vermutlich eine Bronze- statue war, könnte deswegen doch vorangegangen und ihr Schema erst nachträglich auf jenen Jüngling übertragen worden sein; wie es ja später noch hie und da weiter verwendet wurde, z. B. bei einer Statue im Hof des Dogenpalastes zu Venedig, Valentinelli No. 305.^ Aeschines erklärte bekanntlich selbst die ältere Rednersitte, den Arm im Mantel zu halten, wie sie Perikles und Themistokles und Aristides übten, für die massvollere und würdigere,- und tadelte das lebhafte und allzu freie Benehmen des Timarchos.^ Daher könnte die ent- sprechende Haltung bei seiner Statue leicht als bedeutungsvoll und charakteristisch genommen werden. Indes ist zweierlei dagegen zu bemerken, zunächst, dass Aeschines hier gar nicht als Redner, d. h. im Moment der Rede, dargestellt ist, und sodann, dass, wenn er auch einmal, wie Demosthenes spottend sagt, den Solon in dieser Beziehung nachahmte {i<^.v^.r^GXTo), er sich doch nach seinen eigenen Worten im Allgemeinen ebenfalls an die freiere Sitte seiner Zeit- genossen hielt (6 vuvl 7:avT£; rpaTTO[X£v).

Ein sehr zweifelhafter Aeschines ist der Clipeuskopf des pamfilischen Medaillons (10), den Visconti als solchen publi- zierte und dessen Deutung er damit begründete, dass das Me- daillon das Gegenstück eines ähnlichen des Demosthenes sei (s. unten p. 75 No. 37), beide von c. 50 cm Durchmesser. Zwar musste es, wenn es Gegenstücke waren, auffallen, dass das eine (Demosthenes) mit einer Namensbeischrift versehen war, das andere nicht, und ferner, dass die Köpfe von verschiedenen Proportionen, indem der vermeintliche Aeschines weiter über den Rand des Medaillons herausragte, als der Demosthenes. Indes da die Medaillons doch wieder in manchen Punkten, wie im allgemeinen Massstab, in der (antiken?) hölzernen Einfassung übereinstimmten, und da nach der Abbildung Visconti's

1 Vgl. Gerhard Neap. ant. Bildw. p. 105; Burckhardt Cic'. p. 509. Anm. 1.

^ Aeschines I. 25 (52) contra Timarchum : Kai outw? ^aav «jwopove? ol ap/alot Ixavoi

pr^Tope;, 6 ÜEpr/cXT;; , wote, o vuv\ -a'vTs; £v eO-£'. -parrofAEv, to rr^'v /Etpa i^to e/ovre;

Xe^siv, tote touto d-ptxiü Ti sSoxEt Etvai y.oa EuXaßoGvTO auTo rparrEtv.

^ Demosth. De fals. legat. 251, p. 420: "Ecpri yap Aiayivri?) xov SoXiova avamaö-at ■cffi Tiüv TOTE Sr][xr)YopouvTwv afocpoau'vrjs -apaSstyfia, Him ttJv ystpa E/ovra ävaߣßXr;[iE'vov, EraTzXriTTwv Tt ::at XotSopoufxEvo? ttj töu TtpLa'pyou r.poizzzdut .... ToÜto piv (to ay7;p.a)

EfAlfXTjaaTO.

Bernoulli, Oriech. Ikonographie. II. Teil 5

66 DEMOSTHENES

in dem zweiten Kopf wirklich Aeschines gemeint sein l<onnte, eine Kontrolle der Originale aber kaum je stattfand, so blieb die Aufstellung im Ganzen ziemlich unangefochten. Nur aus der Art, wie Matz und Duhn (a. a. O.) das Medaillon besprechen, ohne auf einen Namen einzugehen, könnte man eine Missbilligung der Deutung ent- nehmen. Nachdem nun aber auf Veranlassung Studniczka's photo- graphische Aufnahmen der beiden Denkmäler gemacht worden sind, stellt sich deutlich heraus, dass die Abbildung bei Vis- conti ungenau, und wie man fast glauben muss, absichtlich dem Aeschinestypus assimiliert ist. In Wahrheit ist der Medaillonkopf auf dem Scheitel viel kahler, sind die Brauen bei ihm gewölbter und gleichmässiger gerundet, treten die Haare nur an den Schläfen, unten nicht mehr, in einer dichteren Masse hervor. Er hat im Gegensatz zu den oben aufgezählten Köpfen einen freundlich anmutenden Aus- druck und eine hohe lysippisch gebildete Stirn. Er möchte daher wohl mit Unrecht unter die Aeschinesdarstellungen geraten sein.

Ohne Zweifel nur zufällig dem Aeschines ähnlich die Figur mit nacktem Oberleib auf einem Hochrelief in Catania (abgeb. Arndt- Amelung Einzelaufn. Ser. III. 764), welche ihre rechte Hand an eine bärtige Herme legt.

Demosthenes'

[Taf. XI. XII]

Demosthenes (384 322), der grösste Redner und Staatsmann und der beste Patriot des untergehenden Griechenlands, schien von der Natur nicht zu seinem Beruf prädestiniert. Er hatte eine schwer- fällige Zunge, eine seh wache, für die Volksversammlung unzureichende Stimme und linkische Geberden. Durch Beharrlichkeit und eisernen Fleiss wusste er alle Schwierigkeiten zu überwinden. Zuerst Sach- walter für Andere, dann für sich selber, seit 354 politischer Volks- redner, setzte er seine Lebensaufgabe in die Bekämpfung Philipps von Makedonien, musste aber schliesslich unterliegen, weil die er-

^ Hauptschriften: Schröder Über die Abbildungen des Demosthenes mit Bezug auf eine antike Bronzebüste zu Braunschweig. Gymn. Programm von Braunschweig 1842. A. Michaelis Die Bildnisse des Demosthenes, in Schäfers Demosthenes und seine Zeit 2. Ausg. 1887, 3. Band p. 401 ff., wo auch gleich anfangs die übrige Litteratur angegeben.

BIOGRAPHISCHES. STATUE DES POLYEUKTOS 67

schlafften Athener seine Bestrebungen und Anstrengungen nicht hin- längUch unterstützten. Als er die Leichenrede für die Gefallenen bei Chaeronea hielt (338), war er 46, als er in Kalauria Gift nahm (322), 62 Jahre alt.

lieber sein Äusseres sagt Plutarch^: Finsterer Ernst lag stets auf seinem Gesichte, und nicht leicht wich der Ausdruck der Sorge und des Nachdenkens von seiner Stirn. Deshalb nannten ihn auch seine Feinde, wie er selbst sagt, einen mürrischen, starrsinnigen Menschen.

An dem Orte seines Todes, im Bezirk des Poseidontempels, wurde ihm später ein Denkmal errichtet^, welcher Art, wird nicht gesagt; möglicherweise war es bloss eine Inschrifttafel. Eine Bildnis- statue dagegen errichteten ihm seine Mitbürger auf Antrag seines Neffen Demochares, 42 Jahre nach seinem Tode (280), auf dem Markt vonAthen, nichtweitvon dem Altar der zwölf Götter. Dieselbe war von Bronze, ein Werk des Polyeuktos.** Nach Plutarch* war der Redner mit durcheinander geschlungenen Fingern (toi? SaxTuXou; cuvsytov hl aXkrp^iöv) dargestellt, was einen Soldaten, als er, wahrschein- lich wegen Diebstahl, vor Gericht gefordert wurde, veranlasst haben soll, seine Baarschaft in den Händen der Statue zu verstecken. Ob die Hände mit der Fläche abwärts gekehrt ineinander geschoben waren, oder ob in dieser oder jener Weise gefaltet, wie z. B. beim sog. Aristo- teles Chiaramonti (abgeb. Visconti Icon. gr. I. Taf. 20 d), oder bei der pompejanischen Medea (abg. Overbeck-Mau Pomp. p. 594), ist nicht sicher zu entscheiden. Immer wird es als die Geberde des in sich versunkenen finsteren Brütens oder gar der Verzweiflung gefasst werden müssen.^ Auf der Basis der Polyeuktosstatue stand das bekannte Epigramm:

EiTTcp i'<77]v pttjUL^/jv yvcüjAT], ATjao'cO^svs;, tiysi;, O'jttot' av 'E».fjvwv vjpEsv ^Apr^c Ma/tsStöv.*

^ Plut. Comp. Dem. cum. Cic. 1. - Paus. II. 33. 3.

8 Vit. X. orat. Demosth. 44; Paus. I. 8. 2. Vgl. Overb. Schriftqu. 1365 ff.; Micha- elis a. a. O. p. 424.

* Plut. Dem. 31.

^ Kpuipirj? xr^puz-a; avirj?, das Zeichen heimlicher Pein, wie Christodor anderswo das Motiv der verschlungenen Hände deutet (Ecphrasis v. 355). Doch muss zugegeben werden, dass es unter Umständen auch blosses Versunkensein in Gedanken aus- drücken konnte. Bei der Aristotelesstatue, die in dem gleichen Gymnasion stand (Ecphras. 16), wäre die Beimischung des Schmerzes schwer zu erklären.

* Aus den Stellen der Vita decem oratorum p. 847 A und D und ihrer missver- standenen Wiedergabe bei Photius (Bibl. 259 p. 494 f. Bek.) schloss man früher

5'

68 DEMOSTHENES

Eine ähnliche Bronzestatue stand im 5. Jahrhundert nach Chr. im Zeuxippos zu Constantinopel, wovon Christodor eine kurze, wie gewöhnhch phrasenhafte, das eigenthche Motiv derselben nicht klar legende Beschreibung giebt^ Manche wollen sie mit der vorigen identifizieren. Aber wenn sie die Hände verschlungen hatte, würde Christodor wohl ein Wort davon gesagt haben. Es muss schon überhaupt dahingestellt bleiben, ob er die Statue mit Recht auf De- mosthenes bezogen, da nicht alle seine Namengebungen stich- haltig sind.^

Von später vorhandenen Bildnissen erwähnt Cicero ^ eine Bronze- büste in der tusculanischen Villa des M. Brutus: Demosthenes quidem, cujus nuper inter imagines tuas, cum ad te in Tusculanum venissem, imaglnem ex aere vidi.

Ein ehernes Bildnis weihte der smyrnäische Sophist Polemon (Zeit des Hadrian) im Asklepieion zu Pergamon.*

Aus der Spärlichkeit dieser Notizen scheint hervorzugehen, dass es im Altertum nicht sehr viele öffentliche Standbilder des Demos- thenes gab; wie denn die Diadochenfürsten allerdings kein Interesse hatten, den patriotischen Bekämpfer Philipps und Alexanders be- sonders zu verherrlichen. Dagegen beweist die grosse Zahl der noch vorhandenen Denkmäler, dass er bald durch massenhafte Privatbild- nisse, und später durch Aufstellung von Kopieen in den Bibliotheken und Villen der römischen Grossen entschädigt wurde. ^ In dieser Be- ziehung steht er auf Einer Linie mit den berühmtesten und populärsten Männern des Altertums.

fälschlich auf zwei verschiedene Statuen des Demosthenes in Athen (s. Visconti Icon.

gr. I. p. 332. Anm. 2; Schröder p. 6ff.)

^ Christ. Ecphr. 23: 'AJ^X* oux rjpsfAj'wv Sisoaivsto, jruxva ös ßouXrv

iorptucja, Tcu/ttvriv yap seiosto [xr;-rtv IXiaasiv

oia xax euo'tiXwv T£\)-oto[j.svo; 'Hja-aO-ti^wv.

ü.za.ja. XEV xoTstov xpoy^aX^^v Eipd-s'yyETO cptovrv,

a'jivoov äuSrj'svTa xt^-si; tutiov aXXa £ "ziyyi]

■2 Vgl. Michaelis p. 428. ^ q^. Or. 110.

* Phrynichos p. 421. Lob.; vgl. Michaelis p. 414. Anm.

^ So war er jedenfalls auch unter den Rednerbüsten im Hause des Herodes Atticus,

resp. seines Vaters, vertreten (Philostr. Vitae sophist. I. 21. 7).

VERZEICHNIS DER ERHALTENEN BILDNISSE 69

Die erhaltenen Bildnisse'

A. Rundwerke

1. Kopf im Capitol, Philosophenzimmer 31 (als Terenz abgeb. Bottari L 36) -, massig ausgeführt und schlecht erhalten, auf moderner Herme. Michaelis u.

2. Statue im Braccio nuovo des Vatican s No. 62 [Abb. 6, unten p. 80].^ Nach Nibby 1687 von Morosini aus Athen nach Venedig gebracht, was Michaelis bezweifelt, da sie schon 1709 im Inventar der Villa Aldobrandini bei Frascati als eine der statue del teatro figuriert. Dass sie aber auch in der Nähe gefunden sei oder gar zum Schmuck der ciceronianischen Villa in Tusculum gehört habe, ist nicht verbürgt. Beim Verkauf der aldobrandinischen Antiken (An- fang des 19. Jahrhunderts) kam die Statue in den Vatican. Demos- thenes ist stehend dargestellt, nur mit einem Mantel bekleidet, der die Arme und die rechte Brust bloss lässt, mit beiden Händen eine halbgeöffnete Rolle vor sich haltend; an den Füssen-Riemenschuhe. Die Statue war mehrfach gebrochen, doch sind von wesentlichen Teilen nur die Unterarme mit der Rolle und die Plinthe ergänzt Michaelis B.

3. Büste im Vatican, Mus. Chiaram. No.422 (abgeb. Pistolesi IV. 44), mit Gewand auf der linken Schulter; auf rundem antiken Büstenfuss, Alles ungebrochen. Aus der Samml. Barberini. *. Mich. w.

4. Kopf ebenda, Musensaal No. 506 (abgeb. PioClem.VI. 37)** auf moderner Herme, von guter Arbeit, aber verwaschen. Mich. x.

5. Kopf im Museo Boncompagni, Schreiber Villa Ludov. No. 5, in eine nicht zugehörige Hamischbüste eingelassen. Der Ober- teil des Gesichts missraten, aber der Mund und auch die Augen un- verkennbar demosthenisch. Michaelis v.

^ Wir führen die Denkmäler wie gewöhnlich in topographischer Reihenfolge auf, indem wir die zweifelhaften und die u. Er. falsch benannten ans Ende stellen. Hinter jeder Nummer wird auf Michaelis verwiesen, wo sie alphabetisch geordnet und mit Buchstaben bezeichnet sind.

2 Righetti I. 39 ; Schröder II 6.

3 Fea-Winckelmann II. Tf. 6; Nibby Mus. Chiar. II. 24; Pistolesi IV. 19; Clarac pl. 842. 2122; Baumeister Denkm. I. p. 425; Brunn-Bruckmann Denkm. 429; Christ Gr. Litt.-Gesch. 15; Collignon Hist. de la sculpt. gr. II. p. 458. Vgl. Friederichs- Wolters 1312.

* Ob die von Visconti erwähnte (Icon. I. p. 342), Gegenstück zu Aeschines? ^ Schröder II. 7; Pistolesi V. 90.

70 DEMOSTHENES

6. Kopf in der Sammlung Barracco zu Rom (abgeb. Coli. Barr, pl. 62 bis), mit verzogenem Mund; Nase neu und Brauen geflickt. Noch nicht bei Michaelis.

7. Kleines Bronzebüstchen mit Namensaufschrift in Neapel, Inv.5467 [abgeb. Taf.XIiy 1753 in der herculanischen Villa gefunden. Vollkommen erhalten, mit Gewand über der linken Schulter, auf der Brust die Inschrift AHMOC06NHC (Kaibel 707). Ohne die Basis 20 cm hoch. Michaelis m.

8. Bronzebüstchen ebenda, Inv. 546Q (abgeb. Ant. d'Erc. Bronzi I. 13, 14)-, schon ein Jahr früher als das vorige am gleichen Ort gefunden, grösser und besser ausgeführt als jenes. Die Brauen stark zusammengezogen, die Ohrmuscheln auswärts gebogen. 28 cm hoch. Mich. n.

9. Marmorbüste von Pompeji in Neapel, 1842 gefunden (Bull, arch. Napolet. I. Q5). Nicht üble Arbeit. Mich. o.

10. Kleine Hermenbüste ebenda (abgeb. Comp, e de Petra Tf. 3. 2), 1878 in Pompeji gefunden, hinten abgeflacht, um an die Wand gestellt zu werden. Sehr gering, aber ein sicherer Demosthenes, so dass sich Comparetti p. 34 nicht so reserviert auszusprechen brauchte. Mich. p.

11. Büste von Canosa, bis 1837 im Besitz des Erzbischofs Rossi. Mit Gewand links, auf der Brust eine metrische Weihinschrift an Athene.^ Mich. f.

12. Kopf in den Uffizien zu Florenz, Saal der Inschriften No. 300 (Dütschke III. 306), von strengem Ausdruck und stark zurück- tretender Unterlippe. Die vorstehenden Teile des Gesichts ergänzt. Mich. g.

13. Kopffragment in den Uff. zu Florenz, ebenda eingemauert bei No. 282 (Dütschke III. 394): rechte Seite des Gesichts nebst Hals. Das Erhaltene gut, aber geflickt. Mich. h.

14. Büste in Turin, Mus. di antich. (Dütschke IV. No. 157), durch die ergänzte Nase entstellt. Die Augen in tiefen Höhlen, mit erhöhten Augäpfeln, das Haar über der Stirn leicht zurücktretend.— Mich. z.

1 Winckelm. Sendschr. p. 96; Antich. di Ercol. Bronzi I. Tf. 11, 12; Piroli Antiqu. d'Hercul. IV. Tf. 13; Roux und Barre Hercul. et Pomp. VII. Tf. 6. 2; Schröder Tf. II. 1 ; Visc. Icon. gr. I. Tf. 29a. 3; Comparetti e de Petra La Villa Ercol. Tf. 12. 4.

2 Piroli IV. 14; Schröder II. 2 (Profil); Comp, e de Petra Tf. 12. 1 (Face); Jahrb. d. Inst. 1888 p. 242 (Profil).

^ Vgl. Avellino Not. di un busto di Demost. Neap. 1841; Kaibel Addenda 1146a.

DIE ERHALTENEN BILDNISSE 71

15. Sitzende Statue im Louvre, Karyatidensaal, Descr. No. 92, jetzt 79 (abgeb. Bouillon 11. Tf. 20)^, der ein fremder Demosthenes- kopf aufgesetzt ist. Früher in Villa Montalto, wo sie noch kopflos war, später ergänzt und für den Vatican erworben, in der napoleo- nischen Zeit nach Paris entführt und nicht mehr zurückgegeben. Mich. F. u. q.

16. Büste ebenda, Descr. No. 201, jetzt No. 237 (abgeb. Vis- conti Icon. gr. I. Tf. 29. 1, 2)-, aus Villa Albani mit nacktem Brust- stück. Von guter Arbeit und Erhaltung; am Kopf nur die Nasen- spitze neu. Mich. r.

17. Kopf ebenda, Salle du sarc. d'Adonis, Cat. somm. 349, auf moderner Büste mit Gewand links; das Profil stark restauriert. Aus Villa Borgh. (Nicht bei Michaelis).

18. Kopf ebenda, Corr. du Pan, Descr. No. 690, jetzt 244 (abgeb. Clar. pl. 1078. 2930 A.)^, auf moderner Herme, gering, mit hässlich gebildeten Lidern. Aus Villa Borgh. Mich. s.

Thonstatuette der ehemaligen Sammlung Campana, 1860 von Michaelis in Rom gesehen, jetzt vielleicht in Paris, obwohl im Louvre nicht nachweisbar. Vom Motiv der Braccionuovo-Statue, aber mit gefalteten Händen. Höchst wahrscheinlich modern. Mich. E.

19. Kopf in Madrid, Hübn. No. 153, auf moderner Herme. Von grauem Marmor. Mich. k.

20. Kopf in Aranjuez, Casa del labrador. Hübner No. 152 (abgeb. in Azäras Übers, von Middleton Vida de Cic. II. Tf. 1), auf modernem Bruststück mit Namensaufschrift. Aus Azäras Besitz. Die Arbeit gering und das Altertum des Kopfes nicht sicher. Mich. a'.

21. Von zwei Büsten im brit. Museum ist nur die eine, No. 56 (im Guide fälschlich mit No. 55 bezeichnet, Photogr. beim arch. Instit), sicher benannt. Die Nase, ein Teil der linken Wange und die Herme ergänzt. Mich. i.

22. Statue in Knole (Kent), Mich. Anc. Marbl. p. 417. 1 [Abb. 7, unten p. 81]*, im vorigen Jahrhundert in Campanien gefunden, von

1 Guattani Mon. ant. IV. 1787. Tf. 1; Visc. Pio Clem. III. 14; Schröder Tf. 1. 8; Mus. Nap. II. 77; Clarac pl. 283 und 1079. 2099A; Magaz. pittor. 1875. p. 281. Vgl. Wolters 1315.

2 Schröder Tf. II. 9; Schäfer Demosthenes P Titelkupfer; Mus. Nap. II. 76; Bouillon II. Tf. 71. 2; Clarac VI. pl. 1078. 2930; Phot. Giraudon 1227.

8 Phot. Giraudon 1228.

* Fea Storia II. 6; Schröder Tf. II. 10; Schäfer Demosth. IP; Scharf On the anc.

portr. of Men. and Dem. in den Transact. of the Roy. Soc. of Lit. 2. Ser. IV. 1853.

72 DEMOSTHENES

Thom. Jenkins erworben und 1770 nach England verkauft. Wieder- holung der Statue im Braccio nuovo (2) und besser erhalten; der Kopf war nie vom Rumpfe getrennt, die Hände mit der Rolle ge- brochen, aber alt. Mich. A.

Statuette in Blundell Hall (der obere Teil abgeb. bei Furt- wängler Über Statuenkopieen I. Tf, 1), verkleinerte Kopie der Statue im Braccio nuovo oder der in Knole. Wahrscheinlich modern, daher bei Michaelis Anc. Marb. übergangen.

23. Sitzende Statue in Petworth, Michaelis Anc. Marb. p. 607, No. 19 (abgeb. Spec. of anc. sculpt. II. 7, 8)*, aus Palazzo Barberini in Rom, wo sie noch kopflos war. Der jetzt aufgesetzte Kopf machte mir bei zweimaligem Besuch den zweifellosen Eindruck eines Demos- thenes, der nur durch die moderne Nase etwas entstellt ist. In den Abbildungen der Specimens vermisst man allerdings den demos- thenischen Charakter des Mundes. Mich. H.

24. Kopf in Brocklesby (Mich. Anc. Marbl. p. 230, No. 18) aus der Sammlung Worsley. Mich. e.

25. Kopf in Berlin, No. 302 (abgeb. Arndt-Bruckm. 138)^ aus Rom stammend. Schlechtes Bildnis mit verfehlten Proportionen, auf moderner Herme; Hinterkopf neu. Mich. c.

26. Kopf ebenda, No. 303 (mit Skizze), von übertrieben finsterem, fast grimmigem Ausdruck. Nase, Kinn und Anderes neu. Geringe Arbeit. Mich. d.

27. Kopf in Arolsen (Gädechens p. 23. 5), angeblich aus Pompeji. Auf moderner Büste. Mich. a.

28. Herme in München, Glypt. Brunn No. 14Q; Furtw. 2Q2 (abgeb. Arndt-Bruckm. Portr. No. 136, 137)^ 1825 im Circus des Maxentius gefunden. Von guter Arbeit und Erhaltung. Kopf und Hermenschaft gebrochen, aber zusammengehörig. Mich. 1.

29. Kopf in Ny Carlsberg zu Kopenhagen, Kat. v. 1898 No. 341 [abgeb. Taf. XII] *, auf moderner Büste. Das Scheitelstück und der äussere Teil des Hinterkopfs, sowie die Nasenspitze sind neu. Da aber im Übrigen das ganze Gesicht mit den umgebenden Haaren

Fig. 5; ein verunglückter Lichtdruck in den Melanges Weil 1898 mit Text von I. E. Sandys p. 423.

1 Clarac pl. 840C. 2143.

2 Krüger Antiqu. du roi de Prasse I. Tf. 5.

3 Baumeister I. 426. Vgl. Wolters 1313.

* Nach einer mir freundlichst von Herrn Jakobsen zugesandten Aufnahme.

DIE ERHALTENEN BILDNISSE 73

und die Seitenpartien bis über die Ohren hinaus sozusagen intakt und von vorzügHcher Arbeit, so wird der Kopf trotzdem als eines der besten Paradigmen des Demosthenesbildnisses betrachtet werden müssen. Die Behandlung scheint auf ein Bronzeoriginal zu weisen. Über die Herkunft wird nichts angegeben.

30. Sitzende Statue in Petersburg, GuedeonowNo. 197 (abgeb- d'Escamps Musee Campana pl. 4Q),' in ziemlich rücksichtsloser Weise mit einem nicht zugehörigen (Büsten-?) Kopf des Demosthenes ver- bunden. Der Fundort Tusculum (Villa Cicero's), ohne Zweifel von Campana erdichtet. Der Kopf von leidlich römischer Arbeit— Mich. G und t (nicht s).

31. Kopf im Nationalmuseum zu Athen, No. 327 (abgeb. L. Mitchell Hist. of anc. sc. p. 548)^, 184Q im Schlossgarten gefunden. Im Gesicht verstümmelt (Nase, linke Wange), mit stark betonten Runzeln. Gehört zu den bessern, obwohl die Arbeit an den Haaren wenig durchgeführt. Mich. b.

32. Basisfragment einer Statuette ebenda im Invalidenhäuschen am Eingang der Akropolis, Sybel No. 4752, mit der Aufschrift AHMOC0ENHC. Den Spuren der Füsse nach möglicherweise eine Replik der vaticanischen Statue. Mich. D.

Zweifelhaft:

33. Herme in der Galleria geografica des Vaticans, mit No. 115 bezeichnet. Wie es scheint, ein ältlicher Demosthenes, ob- wohl das vorgeschrittene Alter sich nicht in grösserer Kahlheit denn das Stirnhaar ist hier im Gegenteil noch voll , sondern in der runzligen Bildung der Augenpartie und dem grämlichen Aus- druck zeigt. Das Bruststück ist ungebrochen, nicht von Gips wie bei dem von Michaelis y erwähnten (abgeb. Pistolesi VI. Taf. 104. 1, mit verwechseltem Namen), wo entweder ein anderer Kopf gemeint ist oder die Beschreibung unrichtig.

34. Kopf in den Uffizien zu Florenz, Treppenhaus (Dütschke III. Nr, 20); vielleicht ein verfehlter Demosthenes. Mich. f.

35. Büste im brit. Museum, Rom. Gall. No. 55, im Guide No. 56 (abgeb. Anc. Marbles XI. pl. 20.)^, von ähnlich realistischem Stil wie die Demosthenesbildnisse, aber ohne den spezifischen Cha-

^ Katal. V. Kieseritzky 1901, No. 197 mit Autotypie. ' Pappadöpulos Ao'yo; r.spi xoü Ar][i.oo9-. 1853, mit Tafel. 8 Wolters No. 1314.

74 DEMOSTHENES

rakter ihres Blicks und ihres Mundes. Haar und Bart krauser und ersteres im Nacken viel weiter herabgehend. SchwerHch Demo- sthenes. Mich, h'.^

Früher und zum Teil jetzt noch ohne hinlänglichen Grund Demosthenes genannt:

Kopf im Ca pi toi, Philos.-Zimmer No.32 (abgeb. Bottari 1.37)-, auf moderner Herme. Die Bezeichnung beruhte auf vermeintlicher Ähnlichkeit mit dem daneben stehenden Demosthenes (oben No. 1).^ Mich, u .

Herme in Villa Albani, Kaffeehaus No. 739, jetzt wohl mit Recht als unbekannt bezeichnet. Sehr geflickt. Mich. t".

Kopf imMuseoTorlonia No. 29 (abgeb. Monum. Tori. Tav. 7. 29) auf moderner Herme, Nach Benndorf ein verfehlter Demos- thenes, könnte aber ebensogut Thukydides sein. Mich. v.

Marmorherme von Herculaneum in Neapel, Gerh. No. 345, Inv. 6153 (abgeb. Compar. e de Petra La Villa Erc. 22. 2), der Kopf scharf nach rechts gewandt; schon von Fea (bei Winckelm. II. 254) in ihrer Demosthenesbedeutung angezweifelt, während de Petra (p. 275 No. 70) noch daran festzuhalten scheint. Stirn- und Augen bildung, Mund, Bart und Ausdruck sind ganz verschieden. Mich. n'.

Sitzende Statue in Mantua No. 77, Dütschke IV. 637 (abgeb. Labus III. 49. 1).* Wie man bei dem Kopf an Demosthenes denken konnte, ist unerfindlich.

Kopf aus Sammlung Campana im Louvre, Cat. somm. No. 72 (abgeb. Arndt -Bruckmann No. 139, 140 und hier fragweise auf De- mosthenes bezogen, was bei einem Vergleich des Profils mit dem der sicheren Bildnisse doch nicht wohl möglich). Die Herme mit der Aufschrift Karneades ist modern.

Kopf in Stockholm No. 189, auf Herme mit der modernen Aufschrift AHMOCOeNHC (Journ. of hell. stud. IX. 1888. p. 37). - Mich. p. 430. y .

B. Reliefs 36. Kleines Marmor- (nicht Thon-) Relief im Trinity College zu Dublin (nach einem Gipsabguss in Lichtdruck publiziert von

^ Über eine verschollene Statue ehmals bei Hrn. de Noel in Köln und über an- gebliche Büsten in der Farnesina zu Rom und in Rockeby Hall s. Michaelis K, t', u".

* Righetti I. 71. 3 Visconti Pio Clem. VI. p. 176. Anm.

* Claracpl. 840A.

RELIEFDARSTELLUNOEN 75

Michaelis im Jahrb. d. Instit. III. 1888. p. 237)^: Ein kurzbärtiger Mann mit nacktem Oberleib, gebeugten Hauptes und zusammengesunken auf einem altarähnlichen Sitze ruhend, auf dem die Inschrift AHMß- Z0ENHZ (sie.) EniBßMIOZ.2 1737angeblich in der Villa des Hadrian gefunden und früher im Besitz des Antiquars Franc. Palazzi zu Rom, dann an Dr. Mead in London verkauft und seit der Versteigerung von dessen Sammlungen 1755 verschollen, bis es kürzlich wieder in Dublin zum Vorschein kam. 28 cm hoch, 20 cm breit. Von Michaelis aufgeführt unter a, nachträglich auf Grund der Autopsie des Abgusses für modern erklärt.^

37. Marmormedaillon in Villa Pamfili (abgeb. Visconti Icon. gr. I. Taf. 29a. 2)^ mit der imago dlpeata des Demosthenes, lebens- gross, von geringer römischer Arbeit (Zeit der Autonine): Hohe, nach oben allzubreite Stirn mit tiefer Horizontalfurche, durch einen scharfen Einschnitt von der Nase getrennt; abwärts gerichteter düsterer Blick (mit Angabe der Pupillen), eingezogene Unterlippe, kurz geschorener Bart; auf der linken Schulter ein Gewand. Neben dem Kopf auf einem Täfelchen, auf vier Zeilen verteilt, der leicht verschriebene Name AH MO C0E NHC.'^ Die erste Erwähnung findet sich im Inventar Pamfili-Aldobrandini vom Jahr 170Q. Mich. ß.

38. Marmormedaillon in oblonger Umrahmung, gefunden in Tarragona (abgeb. Faber Imag. 55 nach einer an Fulv. Ursinus geschickten Zeichnung des Erzbischofs Ant. Agustin)®, mit ähnlich behandeltem Brustbild, dessen bartloser Kopf hier beträchtlich über den Rand des Clipeus hinausragt. Im Felde auf der einen Seite die Beischrift AHMO CGG NHC, auf drei Zeilen verteilt, auf der anderen eine Schriftrolle. Der Mantel auf der rechten Schulter beweist, dass die Zeichnung in den Seiten verkehrt." Nach der Bartlosigkeit offen-

' Frühere Abbildungen in der Barton'schen Ausg. von Plutarchs Dem. und Cic.

Oxf. 1744; Fea Storia II. 256; Schröder Taf. I. 3; Schäfer Demost. IIP. Vgl.

Winckelm. W. VI. 1. 119.

- Kaibel 1146 nebst Add. ' Jahrb. a. a. O.

* Schröder Taf. II. 5; Phot. Studniczka. Vgl. Matz-Duhn Ant. Bildw. 3610.

5 Kaibel 1147.

« Wiederholt bei Gronov Thes. II. 93; Bellori Imag. 79; Schröder I. a.

' Eine abweichende, voraussetzlich schlechtere und ungenauere Abbildung hatte

schon zwei Jahre vor Faber Hier. Wolf seiner Ausgabe der Werke des Demosthenes

und Aeschines (Frankf. 1604) beigefügt: Das Medaillon oval, der Kopf nicht über

den Rand vorstehend, der Name lateinisch unter dem Brustbild. Wie Wolf in den

Besitz der Zeichnung kam, vermag ich nicht zu sagen.

76 DEMOSTHENES

bar ein willkürlich erfundenes oder willkürlich mit diesem Namen bezeichnetes Bildnis. Jetzt verschollen. Mich. y.

C. Münzen und geschnittene Steine

a. Contorniat im Cabinet des medailles zu Paris (abgeb. Sabatier Med. contorn. pl. VI. 6): Bärtiger Kopf nach rechts, mit glatter Stirn; Umschrift AHMOC0ENHC. Von keiner auffälligen Ähn- lichkeit mit dem Hermentypus, aber da Bart und Proportionen stimmen, doch wohl kein blosses Phantasieporträt (Michaelis), sondern von dem echten Bildnis influenziert. Stark von der Feuchtigkeit zer- fressen.

b. Amethyst der Sammlung Piombino in Rom (abgeb. Furt- wängler Gesch. der Steinschneidekunst Tai 4Q. 7)^: Tiefgeschnittenes Brustbild en face mit schmalen Schultern, auf der linken ein Mantel. Nach Furtwängler offenbar eine Kopie des Statuentypus von Knole (22) und trotz Köhlers Bedenken unzweifelhaft echt. Im Felde rechts die Künstlerinschrift AIOCKOYPIAOY. 20 auf 14 Mill. - Mich, l

c. Karneol in Petersburg aus der Samml. Crozat, von vor- trefflicher Arbeit. Mich. s.

d. Glaspaste in Berlin (abgeb. Furtw. Gesch. der Steinschneide- kunst Taf. 43. 2), Kopf nach rechts.

Von verdächtigem Altertum:

e. Cameo in Köln, Samml. Leven. Schön geschnittener Karneol mit Demostheneskopf, nach Urlichs modern. Mich. ^.

f. Sardonyx im brit.Museum,Cat.No. 1515, aus der Sammlung Castellani. Kopf nach rechts, als Porträt nicht besonders.

Fälschlich auf Demosthenes bezogen:

g. Karneol des Bellori (abgeb. Canini Iconogr. No. 53, p. 85; Schröder Taf. I. b), Brustbild mit bartlosem Kopf, nach dem Medaillon von Tarragona (38) benannt.

h. Gesprenkelter Jaspis in Athen (Privatbesitz) mit der Künstter- inschrift Dexamenos (abgeb. Furtw. Jahrb. d. Inst. III. Taf. 8. 8, p.201)^: Kopf nach rechts mit unschöner hängender Nase, jugendlicher als die Demosthenesbildnisse und ihnen wenig ähnlich. Den Künstler Dexamenos setzt Furtwängler ins letzte Viertel des 5. Jahrhunderts.

^ Winckelmann Mon. ined. I. p. 108; Bracci Mem. degli ant. incis. II. 69; Visc. Icon. gr. I. Tav. 29a; Schröder Taf. II. 4; Furtw. Jahrb. des Inst. III. Taf. 8. 24, p. 222, nach Cades IV. B. 32. '- Stephani C. R. 1868. Taf. I. 12. Vgl. Michaelis Nachtr. zu Dem. p. 430.

SEIT WANN WIR DAS BILDNIS KENNEN 77

Beurteilung der Bildnisse

Die richtige Bezeichnung der früher als unbekannt geltenden oder unter willkürlichen Namen (Terenz, Pythagoras) * gehenden Bild- nisse beginnt 1753mitder Entdeckung der kleinen herculanischen Bronzebüste (7), auf deren Brust der Name des Redners geschrieben steht. Worauf Aldroandi (Statue p. 123) die Benennung Demosthenes bei einer Herme der Villa Cesi basiert hatte, weiss ich nicht. Doch spricht er von keiner Aufschrift, und aus dem Stillschweigen der nachfolgenden Ikonographen muss man schliessen, dass die Be- nennung ganz unbegründet war. Man stellte sich damals den Demosthenes etwa in der Art des lateranischen Sophokles vor, wie dies die dem letzteren ähnliche Herme mit gelocktem Haar und Bart auf einer Zeichnung des Rubens beweist (abgeb. Rooses l'oeuvre de Rub. V. pl. 349). 15Q8 publizierte dann Gallaeus (und noch einmal Faber in der Ausgabe von 1606) ein nicht lange zuvor in Tarragona gefundenes Marmormedaillon (38) mit bartloser Porträtbüste, welche durch die Beischrift im Felde als Demosthe- nes bezeichnet war. Indess, obwohl verschiedentlich nachgestochen, genoss dieses Bildnis doch keines rechten Vertrauens und scheint nicht als Ausgangspunkt für weitere Taufen benützt worden zu sein^; ebensowenig das später auftauchende Medaillon Pamfili (37) oder das Relief des Demosthenes Epibomios (36). Jenes blieb über- haupt ziemlich unbeachtet, dieses bot seiner Kleinheit wegen kein sicheres Kriterium dar und war allzu kurz zugänglich, um ikono- graphisch verwertet zu werden. Hinterdrein, d. h. nachdem das her- culanische Bronzebüstchen aufgefunden, konnten die beiden letzt- genannten, vorausgesetzt, dass sie echt, als eine zwar nicht mehr nötige aber immerhin erwünschte Bestätigung angesehen werden. Ebenso die in Canosa zum Vorschein gekommene Inschriftbüste (11).

Dem oben gegebenen Verzeichnis nach sind noch über 30 sichere Bildnisse des Demosthenes, sei's von Statuen, Hermen oder Büsten, auf uns gekommen; die meisten aus Italien stammend, namentlich aus Rom und Neapel. Dem ersteren oder seiner Um- gebung gehören ausser den in den römischen Sammlungen befind- lichen (1-6, 33), die Köpfe in Berlin (25), in München (28), in Paris (16, 17, 18) und, wenn echt, vermutlich der in Aranjuez (20)

1 Visc. Pio Clem. III. p. 62. Anm. 2; Icon. gr. I. p. 334.

* Ausser etwa (ganz grundloser Weise) bei dem Karneol des Bellori (g).

78 DEMOSTHENES

an; dazu der clipeus Pamfili (37) und event. das Relief des Epi- bomios (36). Neapel und seiner Umgebung die Köpfe des Museo Nazionale daselbst (7— 10), die Statue in Knole(22) und vielleicht der Kopf in Arolsen (27). Weitere Denkmäler lieferten Canosa (11) und Athen (31, 32).

Alle sind von grosser Uebereinstimmung, so dass man geneigt sein muss, sie auf ein einziges Original zurückzuführen, besonders da auch der Ausdruck meist der gleiche ist: Ein Mann etwa in den fünfziger Jahren, von magerer Complexion, ovaler, nach unten etwas zugespitzter Kopf- oder Gesichtsform; die Haare leicht gelockt und noch kaum gelichtet; die Stirn hoch, von drei geschwungenen Horizontalfalten durchzogen; die Brauen herabgedrückt, ein paar starke Runzeln über der Nasenwurzel bildend, die Augen tief be- schattet, mit beginnendem Hahnentritt an den Schläfen, die Nase länglicht, unmerklich gebogen, durch einen Einschnitt von der Stirn getrennt, die Unterlippe zurückgezogen und etwas verschoben, der Bart kurz geschnitten und die Formen kaum verdeckend. Kopf und Blick meist etwas gesenkt, der Ausdruck fest und entschlossen, aber zugleich herb, düster und vergrämt und in dieser Herbigkeit weit über das bei Bildnissen gewöhnliche Mass hinausgehend. Wo der Zug ausnahmsweise gemildert ist, wie bei dem kleineren Bronze- büstchen von Herculaneum (7) und dem Kopf Barracco (6), scheint es nicht sowohl auf einer Verschiedenheit des Vorbilds als auf dem Gutdünken des Kopisten zu beruhen.

Dass auch sonst noch mancherlei kleine Abweichungen vor- kommen, ein scheinbar höheres Alter (Gall. geogr. 33), eine breitere Stirn (Berlin 25, Med. Pamfili 37), eine stärker (Chiar. 3, Florenz 12) oder weniger stark (Bronzeb. v. Hercul. 8) zurücktretende Unter- lippe und Anderes, versteht sich bei so vielen Exemplaren von selbst. Aber deutliche Spuren eines anderen Originals liegen nirgends vor. Nur wenn der zweite Kopf des britischen Museums (35), was ich nicht glaube, den Demosthenes darstellt, müsste für ihn ein solches angenommen werden. Es giebt aber keine Wiederholungen davon. Im Allgemeinen wird man die besten Exemplare, wie die in Paris, München, Ny Carlsberg, Athen, auch für die treusten halten müssen.

Von Darstellungen in ganzer Figur finden sich unter den Rundwerken zwei übereinstimmende stehende im Braccio nuovo und in Knole, und je eine sitzende in Paris, Petworth und Peters- burg. Da indes bei den letzteren die Köpfe entweder sicher (Paris,

IN GANZER FIGUR 7Q

Petworth) oder wahrscheinlich (Petersburg) nicht zugehörig sind, jedenfalls nicht als zugehörig erwiesen werden können und die sitzende Stellung überhaupt für einen Redner nicht passend er- scheint*, so ist es überflüssig, auf das Körpermotiv der drei dazu verwendeten Torsi näher einzutreten.

Die beiden anderen Statuen, [Abb. 6 und 7], wo der Kopf un- gebrochen (Knole 22) oder sicher zugehörig (Braccio nuovo 2)-, zeigen Demosthenes fest auf beiden Sohlen stehend, in den ge- senkten Händen eine halbgeöffnete Rolle vor sich haltend, nur mit einem Mantel bekleidet, von dem ein Zipfel ziemlich weit über die linke Schulter herabfällt, ohne den Arm zu bedecken, während das andere Ende unter dem rechten Arme durch über den Leib geschlagen ist. Der rechte Fuss ist wie beim Neapler Aeschines etwas vorgesetzt, wodurch ein nach der linken Hüfte hinauf- gehender, etwas monotoner Faltenzug entsteht, wie überhaupt die ganze Composition von höchster Einfachheit und Nüchternheit, ohne irgend einen Versuch, diesen Eindruck durch künstlerische Mittel zu mildern. Dazu stimmt auch die ältliche Bildung der Brust und der nackten mageren Arme und stimmt vor Allem die gesenkte Haltung des Kopfes und der gramvolle Ausdruck des Gesichts. Wenn irgendwo, so haben wir hier nicht bloss ein Bildnis, sondern ein Charakter-, ja man kann sagen, ein Historien- bild vor Augen. ^ Nach der Rolle in den Händen muss man an eine rednerische Situation denken, doch ist es offenbar nicht der Moment des Redens selber (Fea) und auch wohl nicht der »für einen Mann der That wie Demosthenes zu unbedeutende"* des Meditierens (Viconti, Friederichs, Heibig), obwohl derselbe in gewisser Beziehung ganz bezeichnend für ihn wäre, sondern eher der einer Redepause oder der Moment der Sammlung unmittelbar vor Beginn der Rede, vom Künstler deswegen gewählt, weil ein solcher sich am besten für die Fixierung durch die Plastik eignete. Auch Aeschines ist ja in einem ähnlichen Moment, nicht unmittelbar redend, dargestellt. Aller- dings liegt es ausserordentlich nahe, mit dem Bildhauer Wagner^ anzunehmen, dass die Rolle ursprünglich gar nicht vorhanden ge-

^ Vgl. Wolters Gipsabg. zu No. 1315.

2 Die verkleinerte Kopie inBIundellHall und die Thonstatuette der ehem. Samm- lung C a m p a n a sind ohne Zweifel modern. - Was [nvframmenti o tronconi ähnlicher Statuen Wagner im Sinne hatte (Annal. d. Inst.- 1836. p. 159. Anm. 1), weiss ich nicht. 8 Vgl. die schöne Schilderung von Michaelis p. 421. * Mich. p. 422. ^ Annal. d. Inst. 1836. p. 161.

80

DEMOSTHENES

wesen sondern durch falsche Ergänzung an Stelle eines an- deren Motivs getreten sei, näm- lich des von der Statue des Polyeuktos überlieferten mit den verschlungenen Händen, wovon unsere beiden Denk- mäler Nachbildungen wären. Indes sind die Hände mit der Rolle nur an der Statue des Braccio nuovo ergänzt, an der später gefundenen in Knolesind sie nach der ausdrücklichen Versicherung von Michaelis zwar angesetzt, aber alt, wo- durch die Richtigkeit der Er- gänzung der Braccio nuovo- Statue bestätigt wird. Auch das Attribut der Bücherkapsel, das bei der letzteren erhalten ist, würde zu den verschlungenen Händen nicht recht passen. Immerhin ist es merkwürdig, dass die zwei einzigen erhalte- nen Darstellungen des Demos- thenes in ganzer Figur, die man ihrer Übereinstimmung wegen geneigt sein muss auf ein im Altertum bekanntes Original zurückzuführen, sich anschei- nend so enge an das Motiv des Polyeuktos anschliessen, um dann doch in einem die Idee des Kunstwerkes wesentlich modifizierenden Punkte abzuweichen. Michaelis erklärt sich die Sache so, dass man im Jahre 280 v. Chr. nicht sowohl dem grossen Redner als dem standhaft ausharrenden Patrioten Demosthenes ein Standbild errichten wollte, warauf ja auch das Distichon der Basis hinweise, während später in den gelehrten und rednerichen Kreisen Roms diese politische Bedeutung hinter der litterarischen zurück-

Abb. 6 (zu S. 79) Statue des Demosthenes im Braccio nuovo

VERGLEICHUNG DER BEIDEN STATUEN

81

getreten sei, so dass man das Bedürfnis gefühlt habe, das Motiv zu ändern: dort Demos- thenes in Schmerz versunken über den Untergang der grie- chischen Freiheit, mit der Ge- berde hoffnungsloser Resig- nation, hier der Meister der Beredsamkeit mit den Attri- buten der Rolle und der Bücherkapsel.

Dass bei der Statue von Knole diese Änderung des Mo- tivs, die also hier von einem antiken Künstler herrührt, besser und ungezwungener gegeben sei, als bei der des Braccio nuovo (Wagner, Michaelis), scheint mir nicht ohne Weiteres ausgemacht. Ein leises Zurück- biegen der einen Hand beim Halten der Rolle war so wie so notwendig. In Knole ist es die rechte, im Braccio nuovo die linke. Wenn ein nennenswerter Unterschied in Bezug auf Natür- lichkeit vorhanden ist, so fällt der Vergleich m. E. nicht zu Gunsten der englischen, son- dern der vaticanischen Statue aus. Jedenfalls dürfte der vorn herabhängende Mantelzipfel bei der vaticanischen dem Original treuer nachgebildet sein, als

der unschön in einem horizontalen Abschnitt endigende in Knole. 1

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Abb. 7 Statue des Demosthenes in Knole

^ Das gleiche Statuenmotiv mit (wohl richtig) ergänzter Rolle findet sich bei der unterlebensgrossen Figur in Newby Hall (Mich. p. 525. No. 7; abgeb. Clar. pl. 844. 2128), deren Kopf nach Michaelis zugehörig, doch sicher nicht Demosthenes.

Bernoulli, Griech. Ikonographie. II. Teil 6

82 DEMOSTHENES

Wir kennen den Polyeuktos nur aus diesem einen Werke. Aber es muss, wenn anders die Beziehungen zu unserem Typus begründet sind, ein Künstler gewesen sein, der für das Porträt auf der Höhe seiner Zeit stand, einer Zeit allerdings, die sich bereits entschieden einem weitgehenden, fast kleinlichen Naturalismus zugewandt hatte, die aber auf diesem neuen Wege noch energischer als die Idealisten des 4. Jahrhunderts das Ziel verfolgte, den Charakter des Dargestellten voll und ganz zur Anschauung zu bringen. Wie sehr dies im vor- liegenden Fall gelungen, beweist der Anklang, den der Typus im Altertum gefunden und der dazu geführt hat, dass die späteren Ko- pisten sich fast ausschliesslich an diesen einen gehalten haben, ob- gleich er mit seinem starken Affect eigentlich nur für die bestimmte statuarische Situation, nicht für Hermen und Büsten berechnet war. Polyeuktos selbst hat natürlich das Bildnis nicht aus der Phantasie geschaffen, sondern hat die Züge des Lebens vorgefunden. Aber er dürfte der erste gewesen sein, der es künstlerisch gestaltete und dürfte eben damit den für die Zukunft beliebten Typus geschaffen haben. Bestimmte Nachbildungen früherer Bildnisse scheinen nicht mehr vorhanden zu sein. Aus dem Fehlen des Mantels auf der linken Schulter wird man, wenn der Kopftypus im Wesentlichen der gleiche, nicht auf ein anderes Original schliessen dürfen. Wer schon die Bildnisform änderte, konnte auch den Mantel weglassen. Übrigens geschah dies mehr nur bei Hermen (Gall. geogr. 33, Neapel 10, München 28), wo das etwa zu Grunde liegende Körpermotiv natur- gemäss keine Berücksichtigung mehr findet. An den Büsten wurde der Mantel im Durchschnitt beibehalten (Chiar. 3, Neapel 7, 8; Ausnahme Louvre 16). Dass auch der Amethyst des Dioskurides (b) auf die Statue des Polyeuktos zurückgeht, ist nach der Gleichheit des Büstenmotivs nicht unwahrscheinlich. Doch hat der Gemmen- schneider den Kopf mehr nach der rechten Schulter gedreht.

Leider sind die auf uns gekommenen Wiederholungen meist von mittelmässiger Arbeit und in wichtigen Teilen ergänzt und auch die paar besseren nicht im Stande, uns das mutmassliche Original auch nur annähernd zu ersetzen. Das muss bei der Beurteilung mit erwogen werden.

Eine besondere Erwähnung verdient noch das kleine Relief des Demosthenes Epibomios (36), das nach längerer Verschollenheit neuerdings in Dublin wieder zum Vorschein gekommen ist Es ist nicht die Wiedergabe eines statuarischen Typus, sondern die Dar- stellung einer Scene aus seinem Leben, nämlich die der letzten Augen-

DAS RELIEF DES DEMOSTHENES EPIBOMIOS 83

blicke vor seinem Tode. Demosthenes war nach der Niederlage der Athener bei Krannon auf Antipaters Antrieb zum Tode verurteilt worden und hatte sich in den Tempel des Poseidon auf Kalauria geflüchtet. Als ihm die Schergen des Antipater nahten, entzog er sich der Gefangennahme durch Oift, das er in einem Siegelring oder Schreibrohr bei sich trug. Man kann schwanken ob der Moment vor oder nach der Vergiftung, ob die Verzweiflung des Patrioten oder sein Zusammensinken im Tode dargestellt sei. An sich musste die Wahl des letzteren Moments als des prägnanteren und historisch bedeutenderen einem Künstler und zumal einem blossen Illustrator näher liegen und die ermattet wie mit aufgelösten Gliedern dasitzende Figur steht wenigstens nicht im Widerspruch damit. Indes dann würde doch eher der Giftbehälter (statt der Rolle) in den Händen an- gedeutet und statt des Epithetons s-ißa)y.i,o; ein den Vorgang be- zeichnenderes gewählt worden sein. Es scheint sich also doch um die der Vergiftung vorangehende Situation zu handeln.

Aber nun die andere Frage: Ist das Relief wirklich antik? Michaelis hat, nachdem er durch einen zugesandten Gipsabguss zu einer genaueren Kenntnis des Originals gelangt ist, auf gewisse ana- tomische Unrichtigkeiten , auf die verständnisslose Bildung des Ge- wandes, auf die unorthographische Schreibung des Namens De- mosthenes aufmerksam gemacht und meint, dass man daraus ohne Weiteres auf Unechtheit schliessen müsste, wenn man sich nur er- klären könnte, wie der Verfertiger schon damals ein annähernd rich- tiges Bild des Demosthenes geben konnte. Die Sache ist allerdings sehr rätselhaft. Denn vor der Auffindung des herculanischen Bronzebüstchens (1753) war man auf falscher Fährte. Als einzig beglaubigtes Bildnis galt damals das Marmorrelief von Tarragona mit dem unbärtigen Kopf (38) oder man stellte sich den Redner, ich weiss nicht aus welchem Grunde, in der Art eines älteren Dichters mit sophokleischem Barte vor (Zeichnung des Rubens). Das pam- filische Medaillon (37) war noch so viel als vergraben; selbst Winckelmann hatte noch keine Kenntnis davon.^ Trotzdem stimmt das 1737 gefundene Relief des Epibomios in allen wesentlichen Be- ziehungen mit dem echten Bildnis überein. Wie lässt sich das mit der Annahme modernen Ursprungs vereinigen? Man hat nur die Wahl, entweder sich über die verdächtigen Momente hinweg- zusetzen und das Relief für echt zu nehmen, oder zu glauben, dass

1 Vgl. Winck. W. VI. p. 118ff.

84 LEODAMAS

ein moderner Fälscher unwissentlich und aus purem Zufall auf den richtigen Typus verfallen sei. Michaelis entscheidet sich für Letz- teres und kann für seine Meinung anführen, dass bei aller Ähn- lichkeit mit dem Demosthenestypus wenigstens keine greifbare Abhängigkeit vorhanden ist. Immerhin fragt es sich, ob die Ver- dachtsgründe absolut zwingend und ob nicht analoge Verzeich- nungen und Fehler doch wohl auch auf sicher antiken Denkmälern vorkommen.^

Leodamas

Im 16. Jahrhundert befand sich beim Herzog von Aqua Sparta in Villa Cesi zu Rom eine Doppelherme, von welcher der eine Kopf die verstümmelte Aufschrift . . . AAMAZ trug (abgeb. Statius XV; Ursinus Imag. p. 76; Gallaeus-Faber 84: jedesmal ziemlich ver- schieden). Da der vor dem Namen abgesplitterte Teil den Wegfall von drei Buchstaben vermuten Hess, so schloss Ursinus, dass am ehesten der Name Leodamas ergänzt werden müsse, unter welchem dann nur der zur Zeit des Demosthenes und Aeschines lebende attische Staatsredner, der sich u. A. an dem Prozess des Leptines und an den Intriguen gegen Chabrias beteiligte, gemeint sein könne. In der Abbildung bei Gallaeus-Faber sind freilich die Buchstaben der Aufschrift so gesetzt, als ob sie den ganzen Namen ausmachten oder höchstens noch ein Buchstabe vorgesetzt werden könnte, was bei den späteren Erklärern (Gronov etc.) zu allerlei thörichten Conjekturen Anlass gegeben hat. Aber es ist dies offenbar nur eine Ungenauig- keit des Zeichners; denn im Text wird die gleiche Lücke wie bei Ursinus vorausgesetzt. Faber glaubt sogar, die Deutung Leodamas noch weiter begründen zu können durch Herbeiziehung eines ge- schnittenen Steines (grüner Jaspis), auf welchem dasselbe Bildnis,

^ Für unverstandene Körper- und Gewandbehandlung könnte etwa der rechte Arm des Mädchens in Woburn Abbey (Michaelis Anc. Marb. p. 731.No. 100, mit Abb.) oder der Mantelzipfel des trunkenen Silen auf dem vaticanischen Relief (Pio Clem. IV. 28) angeführt werden; für orthographische Fehler Hermenaufschriften wie AiOreNOC (Kaibel 1148), nPHNEYZ (Kaibel 1145), HPOAOTOC (Kaibel 1162), AnOAAOAOPOC (Büste in der Glypt.), um von APIZTIAHZ (Stat. im Vat.) u. And. zu schweigen.

DIE VERSCHOLLENE INSCHRIFTHERME 85

einem zweiten jugendlichen gegenübergestellt, mit dem vollen Namen bezeichnet sei. Auf diese Begründung ist nun nicht viel zu geben, da Fabers Identifizierungen oft wenig stichhaltig sind und die Zusammenstellung des Leodamas mit einem Jüngling höchst apokryph aussieht. Dazu sind Herme und Stein längst verschollen und vom Stein nicht einmal mehr eine Abbildung vorhanden. Gleichwohl betrachtete Visconti das Hermenbildnis auf die Autorität des Ursinus hin für hinlänglich beglaubigt, und nahm keinen An- stand, den lafrerischen Stich desselben in seine Ikonographie aufzu- nehmen.^ Einen grossen Wert kann man ihm natürlich nicht zu- schreiben, weil selbst unter der Voraussetzung, dass es mit der Aufschrift und ihrer Deutung seine Richtigkeit habe, es sich immer nur um eine der bei Ursinus üblichen höchst ungenauen Repro- duktionen handelt Ob die des Gallaeus viel besser, ist schwer zu sagen. Man glaubt zwei verschiedene Personen dargestellt zu sehen.

Wenn statt drei noch vier Buchstaben Raum hatten, was nach dem Text des Ursinus nicht absolut unmöglich, so müsste der Name als Alkidamas ergänzt werden , worunter auch wieder ein Redner des 4. Jahrhunderts, der Schüler des Gorgias und Mitschüler des Isokrates, verstanden wäre.

Die lateinische Inschrift LEODEMAS auf einer Herme im Capi- tol, Philos.-Zimm. p. 56 (abgeb. Arndt-Bruckmann No. 367, 368),- ist wie das ganze Bruststück modern, und der betreffende Kopf mit dem kurz geschnittenem Haar, der Wirbelglatze und dem fetten Unterkinn hat nichts mit dem vorigen zu thun. Eine Replik befand sich 1892 im römischen Kunsthandel (abgeb. Arndt-Bruckm. 369, 370).

Aristoteles

[Taf. Xlla]

Aristoteles, der Sohn des Nikomachos, des Leibarztes Amyn- tas' II. von Makedonien, wurde 384 in Stagiros auf Chalkidike geboren. Er lebte von seinem 17. bis 37. Jahre in Athen, teils als Schüler, teils als Genosse des alternden Plato; dann bei seinem

* Visc. Icon. gr. I. Taf. 30. 2.

' Bottari I. 61; Righetti I. 95; Abguss in der Ec. des beaux-arts zu Paris No. 2689.

86 ARISTOTELES

Freunde Hermias, dem Tyrannen von Atarneus in Mysien. 342 übernahm er auf Einladung König Philipps die Erziehung von dessen Sohne Alexander (bis 339), siedelte 335 wieder nach Athen und gründete daselbst die Schule der Peripatetiker im Lykeion. Nach Alexanders Tod 323 der Gottlosigkeit angeklagt, floh er nach Chalkis, wo er 62jährig starb (322).

Das litterarische Material über seine äussere Erscheinung beschränkt sich fast ganz auf die wenigen Notizen, die schon von Visconti benützt worden sind.

Nach Timotheos bei Diogenes^ war er von schwächlichem Wuchs (iGjyoay.zkrii;) und hatte er kleine Augen, dazu einen Fehler in der Aussprache {r^xuloT-qi;).- Sein Gesicht hatte nach Aelian^ einen gewissen spöttischen Zug (p.w5cia). Auf seine Kleidung und die Pflege seines Körpers soll er viel Sorgfalt verwandt und Haar und Bart kurz beschnitten haben.* Ob er sich völlig rasierte, wie am makedonischen Hof seit Alexander üblich wurde, oder ob er den Bart nur kürzer trug als sonst die Philosophen, geht aus den betreffenden Stellen nicht klar hervor. Nach dem Bildnis seines Schülers Theophrast zu schliessen, möchte man Letz- teres annehmen.^ Ein griechisches Epigramm in der anonymen Vita Aristotelis nennt ihn, nach Art dieser Dichtungsweise offenbar übertreibend, klein, kahlköpfig, stammelnd und durch einen Hänge- bauch entstellt.''

Schon zu seinen Lebzeiten hat ihm Alexander eine Porträt- herme in Athen aufstellen lassen, deren Schaft mit der Inschrift wieder gefunden ist. Die letztere lautet:

[Yl]6v Nixo'xaj^^ou cofpiT]; sxiiGTopa Traar^;

Dann scheint Aristoteles selbst einen Künstler Gryllion mit seinem Porträt beauftragt zu haben. Wenigstens hinterliess er in

1 Diog. Laert. V. I.

2 Vgl. Plut. De audiendis poetis 8. ^ ^el. Var. bist. III. 19.

* Koupa 5(^pa'[X£V0?. Diog. ; ixstpsTO xoupav arjöv] üXaTwvt. Aelian.

" Vgl. Qercke in d. Rom. Mitth. V. 1890. p. 16.

** Anthol. ed. Jakobs III. Adespot. 552; ed. Dübner-Cougny III. Cap. 5. 11 :

SjjLtxpo? ©aXa/poi; xpauXo; 6 STaYSLpixrj;,

Xa'yvo?, TTpo^a'^fop, TraXXazat? auvr][i.[i.£'vo;. ' C. I. Gr. 136; Heydemann Die ant. Marmorbildw. in Athen No. 240. Wogegen die Nachricht eines von Philipp gestifteten und in Delphi neben der Königsfamilie aufgestellten Bildnisses (vgl. die lateinische Übersetzung der Vita des Aristoteles von Ammonius p. 56 und Aelian Var. bist. XIV. 1) schwerlich Glauben verdient.

EINSTIGE STATUEN UND BÜSTEN 87

seinem Testament, man möge dafür sorgen, dass die bei jenem Künstler bestellten Familienbilder (eixo'vec) vollendet und geweiht würden. *

Auch sein Nachfolger Theophrast ordnete testamentarisch die Aufstellung eines Bildnisses von ihm in dem Heiligtum der Schule an.^

Als Aristoteles wurde ferner eine Statue in 0 1 y m p i a bezeichnet, von der Pausanias sagt, sie sei entweder von einem seiner Schüler oder von einem Kriegsmann aufgestellt, da er bei Antipater wie früher bei Alexander sehr viel gegolten hatte."

Dass bei den Römern Büsten des Aristoteles sehr beliebt waren, sehen wir u. A. aus Juvenal Sat. II v. 6: Nam perfectissimus horum est, si quis Aristotelem similem vel Plttacon emit. Eine solche schmückte z. B. das Haus des Atticus in Rom.* Später werden namentlich die Anhänger des Gnostikers Karpokrates als Liebhaber von Aristotelesbildern genannt.^

Eine Bronzestatue des Zeuxippos in Constantinopel endlich beschreibt Christodor folgendermassen : Nahe bei jenem (Aeschines) war Aristoteles, der König der Philosophen. Er war stehend gebil- det, die Hände in einander verschlungen; und obgleich von stummem Erz, schienen seine Gedanken doch nicht unthätig, sondern er glich einem Rat Suchenden (oder Erteilenden?). Die gefurchten Wangen Hessen ahnen, was für Zweifel ihn drückten, und die beweglichen Augen zeugten von durchdringendem Verstand."

Als spezielles Motiv der Aristotelesstatuen bezeichnet Sidonius Apollinaris ** den entblössten (rechten) Arm, das brachium exsertum. Allein dasselbe ist sehr wahrscheinlich nur einem einzelnen vielleicht besonders bekannten Standbild entnommen und darf nicht als not-

^ Diog. La. V. 5. 15; vgl. Brunn Gesch. d. gr. Künstl. I. p. 423.

* Diog. La. V. 51. ' Paus. VI. 4. 8.

* Cic. ad. Att. IV. 10: Malo sedere in lila tua sedecula quam habes sab imagine Aristotelis.

» Vgl. Visc. Icon. gr. I. p. 237.

* Christ. Ecphr. v. 16 ff.: ^-^T/}- ^' ^''-^i^ou

rev 'Api?0Ts7.r^? aooir,? zpdfxo;- t?a'ij.£vo; ok yetps Jzept-Xs'YSrjv auvsspyaö-Ev, oü5' £v\ ya)jcü^ ao^-ü'yyoi cppsva; dy^y aspY^a?, aXX' ext ßouXrjv (TX£7rro(JL£vo} tj.£v fiV.TO auvt?a|jL£va'. oe ::ap£tat avEpo; äjjiiptsXtajav EfxavxsuovTo [i.£votvr,v, ■/.ixi zpQy(xkix\ ar'[jLatvov ioXkioi [xf,Tiv o-wrai. ' Sid. Epist. IX. 9.

88 ARISTOTELES

wendiges Merkmal betrachtet werden. Denn im Grunde war dieses Motiv bei den griechischen Porträtstatuen, den sitzenden wie den stehenden, ein ganz allgemeines.

Die früheren Aristotelesbestimmungen

Fulvius Ursin US gab neben zwei kopflosen Inschrifthermen, von denen die eine gefälscht,^ als Bildnis des Aristoteles einen Profilkopf auf ovalem Felde (abgeb. Imag. 57)^, mit langem Haar und Bart, bedeckt mit einer mittelalterlichen Doktormütze, um die Schultern ein Mantel mit Kragen, darunter APIZTOTEAOTZ; nach dem beigefügten Text ein Marmorrelief, das von Neapel nach Rom und dann nach Frankreich kam. Da man indes die Abbildung eher für die vergrösserte Darstellung einer Gemme nehmen würde, wie z. B. die ähnliche moderne in Florenz (Gab. delle gemme XII. 265), und da bei dem Kopf unmöglich an ein antikes Porträt gedacht werden kann, so vermutet Visconti^ wohl mit Recht, dass eine Ver- wechslung stattgefunden habe, indem von Lafreri statt des Marmor- reliefs, auf das sich der Text bezieht, die Zeichnung einer Gemme publiziert wurde. ^

Schon Faber verwarf diesen Doktor Aristoteles und ersetzte ihn durch eben jenen Reliefkopf des Ursinus (abgeb. Faber No. 35)'^,

^ Sie trägt die Aufschrift 'AptTroT£7.ri; 6 aptT:o; -rwv «ptXoao'owv STaye'.piTr]; (Kaibel No. 159*). Die andere unterhalb TivoH gefundene befindet sich wahrscheinHch im Vati can (Kaibel No. 1138).

'^ Und danach Bellori Imag. philos. 8; Gronov Thes. II. 90. ä Icon. gr. I. p. 242. Anm. 3.

* Im 16. Jahrhundert scheint die Vorstellung eines Aristoteles mit der Mütze, wenn nicht eine allgemeine, doch keine ungewöhnliche gewesen zu sein. So war er z. B. dargestellt auf einem Gemälde des Melozzo da Forli, welches Raphael in seiner Jugend kopierte (s. Herm. Grimm 15 Essais 1882 p. 114). Courajod in der Gazette d. beaux-arts 1886 p. 191 ff. kennt Bronzereliefs der Renaissance, wo Aristoteles ähn- lich aufgefasst ist, im Museum von Braunschweig, von Modena, im Museum Correr zu Venedig, im Bargello zu Florenz. Und noch im Inventar der Sammlung Mazarin von 1653 wird No. 82 folgendermassen beschrieben: LJnetete iVAristote ayant une gründe barbe et un bannet avec son buste sans espauUes, couvert (Vune robe et (Tun capuchon, de marbre d'Egypte, sur son pied de mesme marbre, tout d^une piece. Vgl. Michaelis Anc. Marbl. in Great Britain p. 674 zu No. 7. Entsprechende Gemmendarstellungen bei Cades 34, Lett. No. 66 (Sokrates und Aristoteles), No. 69 (Aristoteles allein). ^ Danach Bellori Imag. phil. 7; Visconti Icon. gr. I. Tf. 20. 1.

RELIEFKOPF DES URSINUS. QUIRINALBÜSTE 89

ohne sich freilich näher über dessen Beglaubigung auszusprechen. Denn derselbe ist durch keine Namensbeischrift bezeichnet und gegen alle Philosophenart unbärtig: Eine unterhalb des Halses quadratisch abgeschnittene Büste, die sich in malerischer Perspektive, der Kopf in scharfem Profil, von einer zerbrochenen Marmorscheibe abhebt. Die wesentlichen Züge sind volles, leicht gelocktes, das Ohr frei lassendes Haar, eine gerade in der gleichen Flucht mit der Stirn liegende Nase, magere Wangen, ein etwas vorspringendes Kinn. Um beide Schultern ein Pallium.

Neben diesem im Text nur kurz und beiläufig erwähnten Relief- kopf {tabella marmorea) beschreibt Faber als hauptsächlichstes Aristotelesbildnis eine 15Q2 am Fuss des Quirinal ausgegrabene unterleben sgrosse Imago, von der er vermutet, es möchte die des Atticus sein, der auf dem Quirinal seine Wohnung hatte. ^ Sie stellte einen Vierziger oder Fünfziger dar, war ebenfalls mit dem Pallium bekleidet, hatte eine Adlernase und kurzes Haar und Bart wie Theophrast; auf der Basis der Name APIZTOTEAHZ. Ob es eine Statue oder eine Büste, geht aus dem Text nicht deutlich hervor. Der Ausdruck paulo minor media statuarum magnitudine könnte für Ersteres geltend gemacht werden'-; da aber nirgends vom Körper- motiv die Rede und das Bildnis als wahrscheinlicher Bibliothek- schmuck bezeichnet wird, so ist doch wohl eher an eine Herme oder Büste zu denken. Gallaeus scheint leider keine Zeichnung davon genommen oder besessen zu haben, sonst wäre es unbegreiflich, dass er statt dessen den jedenfalls viel weniger beglaubigten Reliefkopf als Paradigma gab, mit dem sich dann auch Faber be- gnügen musste.

Von beiden Denkmälern waren die Originale sehr bald ver- schollen. Das eine bärtige lebte nur in der Faber'schen Beschreibung, das andere unbärtige in der Galle'schen Abbildung weiter. Zudem war der Faber'sche Text so undeutlich abgefasst, dass er schon bei den nächstfolgenden Ikonographen zu allerlei Missverständnissen und zur Vermengung der beiden Denkmäler Anlass gab^, so dass

^ Nepos. Att. cap. 13; Cicero De leg. I. princ. * Und so fasst es Kaibel p. 1137.

8 Bellori (Imag. phil. p. 4), und danach auch Bottari (Mus. Cap. I. p. 12) nehmen die Quirinalbüste und den Reliefkopf für ein und dasselbe Denkmal. Gronov, der den Bellori deswegen tadelt, begeht den noch schlimmeren Irrtum, dass er die Be- schreibung der Quirinalbüste auf den Ursinus'schen Aristoteles mit der Doktor- mütze bezieht.

90 ARISTOTELES

man sich bei weiteren Bestimmungen zuletzt nur noch an die Ab- bildung des Reliefkopfes hielt.^

Nach diesem ohne Zweifel ist die capitolinische Herme, Phi- losophenzimmer No. 53 (abgeb. Bottari 1. 8) - benannt, welche ja aller- dings sowohl in der Bartlosigkeit als im Alter, in der Magerkeit der Formen und im Charakter des Haares mit ihm übereinstimmt. Nach der Anlage der Haare könnte man den Kopf für eine Replik des Studniczka'schen Menanders nehmen, was indes die Gesichtsformen und der Ausdruck nicht zu gestatten scheinen.

Wahrscheinlich ebenfalls unter dem Einfluss des Faber'schen Reliefkopfs ist die Madrider Herme, Hübner No. 149 (abgeb. Azära vida de Cic. 2. Tal 7)^, durch Aufsetzen des Namens Aristoteles zu einem Bildnis dieses Philosophen gestempelt worden, diese nicht nur eine zweifelhafte, sondern eine sichere und unverkennbare Menander- replik. Ob ihr der Name Aristoteles direkt auf Grund des Relief- kopfs oder vielleicht nur wegen Ähnlichkeit mit der vorigen Herme gegeben war, kann ich freilich nicht sagen. Es wäre schon möglich, dass der Urheber der Aufschrift, Azära, in dessen Sammlung zu Rom sie sich anfangs befand, sich bloss von der capitolinischen Herme hätte leiten lassen, ohne auf die Quelle zurückzugehen.

Dieselbe Frage wiederholt sich bei den bartlosen sog. Aristoteles- köpfen im Mus. Chiaramonti No.563 und im Museo Torlonia No.49 (abgeb. Monum. Tori. XIII. 49), wo auch wieder sekundäre Vorbilder für die Namengebung massgebend gewesen sein können. Mit dem Menandertypus haben sie nichts mehr zu thun; sie stellen jedenfalls andere Personen dar als die beiden vorigen.

So begreiflich es nun aber ist, dass unter den erwähnten Um- ständen die Abbildung des Reliefkopfs zum Ausgangspunkt ge- nommen wurde, weil ja überhaupt nichts Anderes vorhanden war, so hätte man sich doch schon damals sagen können, dass von irgend einer Sicherheit bei dieser Grundlage keine Rede sei. Worauf be- ruhte denn die angebliche Beglaubigung? Vermutlich auf der Ähn-

^ Der jetzt ebenfalls verschollene Diasper des Mikon, den Faber ausserdem nennt (Aristotelis in diaspro simulacrum a Mycone factum, praef. p. 4, vgl. comment. p. 21) scheint daneben kaum in Betracht gekommen zu sein. Er ist abgebildet bei Spon Miscell. IV. p. 122 und Stosch Gemmae cael. tav. 42 = Reinach Pierres gr. pl. 135: unbärtig und mit noch vollem Haar wie der Reliefkopf; warum Aristoteles, wird nicht gesagt. Vgl. über ihn Furtwängler im Jahrb. d. Inst. III. 1888. p. 317. * Righetti I. 47. » Vgl. Wolters Gipsabg. 1637.

BEGLAUBIGUNO DES RELIEFKOPFS. ARISTOTELES SPADA 91

lichkeit mit der Inschriftbüste des Quirinal. Aber faktisch konnte gar keine nennenswerte Ähnlichkeit vorhanden sein, da diese sich durch eine Adlernase und einen kurzen Bart handgreiflich von ihm unter- schied. Visconti hätte nicht das Gegenteil behaupten^ und den Reliefkopf auf die blosse Autorität des Faber, resp. des Ursinus hin für authentisch nehmen sollen. Aber er passte ihm eben zu der aus anderen Gründen auf Aristoteles bezogenen Spadastatue.

Im Palazzo Spada zu Rom befindet sich nämlich die Statue eines bartlosen sitzenden Griechen, auf deren Plinthe noch die fünf Anfangsbuchstaben des Namens Aristoteles erhalten sind [Abb. oben p.ll]^

Obgleich die Aufschrift schon im 16. Jahrhundert bekannt war, wo man die Statue deshalb bald auf Aristides,^ bald auf Aristippos deutete*, scheint man sie doch später nicht mehr beachtet oder nur als Künstlerinschrift betrachtet zu haben (was auch Guattani für mög- lich hielt), während man aus der Magerkeit der Formen auf Seneca schliessen zu dürfen glaubte (Rossi-Maffei, Magnan). Erst Visconti brachte die fragmentarische Inschrift wieder zu Ehren, und ergänzte sie als Aristoteles, indem er zugleich die Übereinstimmung des Bild- nisses mit dem Ursinus'schen Reliefkopf bei Faber und mit den litterarisch überlieferten Merkmalen zur Bestätigung geltend machte. Diese Deutung ist dann allgemein anerkannt und bis in die neuere Zeit ziemlich unangefochten geblieben.^

Genauere oder weitere Untersuchungen der Inschrift und des Marmors haben nun aber teils mit Sicherheit, teils mit grosser Wahr- scheinlichkeit zu Ergebnissen geführt, welche die viscontischeNamens-

^ // bassorilievo della raccolta di Fulvio Orsini non ha Vappoggio di veruna iscri- zione; sipub tuttavia reputare autentico, perche affatto simile al volto d'un piccolo busto sul cui peduccio era scolpito il suo nome. Visc. Icon. gr. I. p. 237. ^ Rossi-Maffei Raccolta 128; Montfaucon Ant. expl. III. pl. 8. 3; Magnan Elegant, stat. 40; Guattani Mon. ant. 1805. Tf. 35; Visconti Icon. gr. I. pl. 20, 2—4; Clarac pl. 843 und 848 A; Baumeister Denkm. I. 129; Schuster Portr. d. Phil. Taf. III; Christ Gr. Litt. 20; Arndt Gr. und röm. Portr. 378-380. Vgl. Matz-Duhn No. 1174 und Heibig Führer 11'^ 998.

2 Aldrovandi Le stat. 1558 p. 256: Un Aristide assiso senza testa. Vgl. Röm. Mitth. 1890 p. 14 Anm. 2.

* Vgl. die Notiz des Cassiano del Rozzo bei Matz-Duhn I. p. 343. Anm. "^ Schüchterne Zweifel an ihrer unbedingten Sicherheit in meinem Gymnasialpro- gramm: Die erhaltenen Bildwerke berühmter Griechen 1877 p. 14f. Vervt'erfung des Kopfes als nicht zugehörig von E. Curtius Arch. Ztg. 1880. p. 107.

92 ARISTOTELES

ergänzung nicht nur stark erschüttern , sondern sie völlig illusorisch machen.

Einmal glauben v. Duhn^ und Studniczka- ausser den fünf Anfangsbuchstaben APIZT und der darauf folgenden senkrechten Hasta (von einem I, E oder ü) noch eine Spur des den Namen ab- schliessenden Z zu erkennen, und zwar, wie Studniczka versichert und wie das von ihm gegebene Facsimile zu bestätigen scheint, in einem solchen Abstand, dass in der zwischenliegenden Lücke nur noch vier Buchstaben (inclus. des durch die Hasta repräsentierten), nicht fünf, wie für Aristoteles nötig wären, Platz haben. Und das zweite Ergebnis ist, dass, wie bereits Curtius gesehen, der Kopf der Statue fremd, weil aus verschiedenem Marmor und ohne Ansatzspur der anliegenden rechten Hand und weil hinten nicht zur Bruchfläche des Halses passend. Wenn man ihn aber für sich allein betrachtet, ohne durch die Inschrift an eine Deutung gebunden zu sein, so wird man ihn nach dem Schnitt der Haare, nach der Bartlosigkeit und dem individuellen Typus viel eher für einen Römer der ausgehenden Republik oder des Anfangs der Kaiserzeit als für einen Griechen des 4. Jahrhunderts nehmen.^ Zu Aristoteles will auch das volle Haar nicht stimmen, da der anonyme Epigrammendichter, der unter den körperlichen Mängeln des Philosophen die Kahlköpfigkeit mit auf- zählt, zwar möglicherweise übertreibt, aber wahrscheinlich nicht erfindet.

Als Bildnis des Aristoteles ist daher die Statue unter allen Um- ständen zu cassieren, und damit fallen jene physiognomischen und kunstkritischen Analysen, die von der Einheit von Kopf und Rumpf ausgehen, und grade in dieser Einheit, resp. in dem Gegensatz eines scharfen Geistes und eines hinfälligen Körpers das Charakteristische er- blicken*, in sich selbst zusammen. Als Torso einer sitzenden Dar- stellung desselben könnte sie eventuell noch in Betracht kommen, falls das über die Existenz des Schlusssigmas Gesagte auf Irrtum be- ruhen sollte. Denn bei der weitgehenden Beschädigung des Steines lässt sich ja allerdings nicht mit vollkommener Sicherheit entscheiden, ob der betreffende Strich von einem Sigma herrührt oder nicht.'^

1 Matz-Duhn Ant. Bildw. I. No. 1147.

- Rom. Mitth. V. 1890. p. 12 ff.

^ Studniczka a. a. O.; Heibig Führer IP. p. 161.

"■ E. Braun Mus. p. 769; Wachsmuth Arch. Ztg. 1861, p. 210.

* Daher die verschiedenen Lesungen von Wachsmuth, Duhn, Studniczka (s. Rom.

Mitth. a. a. O.), Wachsmuth und Kaibel hatten nicht den oberen, sondern den

SPADASTATUE. GEMMENTYPUS 93

Doch würde auch dann die Schwierigkeit bestehen, dass die senk- rechte Hasta des sechsten Buchstabens als Rest eines quadraten Omi- kron gefasst werden muss, was auf die Kaiserzeit deutet, während der Charakter der anderen Buchstaben vorchristhch. Indes, wahr- scheinlich ist die Sigmaspur doch richtig beobachtet und muss statt Aristoteles ein um einen Buchstaben kürzerer Name gelesen werden (vgl. den Abschnitt Aristippos).

Eine Andeutung des gleichen statuarischen Motivs und das gleiche Profil des Kopfes wollte Visconti auch in einem häufig vor- kommenden Gemmen typus erkennen, von dem er zwei Beispiele abbildete: Einen Karneol der früheren Sammlung Dolce (Icon. gr. I Taf. XX a. 5) und einen Amethyst, der im 16. Jahrhundert im Besitz des Lelio Pasqualini in Rom war (ibid. Taf. XX c. 6)^: Büste eines bartlosen Mannes, der mit der Hand nachdenklich das Kinn stützt; der Mantel ist etwas über die rechte Schulter herabgeglitten; das eine Mal ist nur die Stirn, das andre Mal der ganze Scheitel kahl. Ein Karneol und neun Glaspasten mit demselben Gegenstand be- finden sich in Berlin (abgeb. Furtwängler Beschr. d. geschn. Steine. n.6980 und 5043- -5051). Die Gesichtszüge dürften bei dieser Deu- tung kaum eine massgebende Rolle gespielt haben. Das Motiv aber ist im Vergleich zur Statue nach Kopf- und Handhaltung ein wesent- lich verschiedenes (auch ein Mal in den Seiten verkehrt); die Be- ziehung auf Aristoteles auf dieser Basis unhaltbar.

Sonst hat die viscontische Deutung der Spadastatue keine weiteren Aufstellungen nach sich gezogen, wie denn allerdings keine Wiederholungen ihres Kopftypus vorhanden zu sein scheinen. - Jedenfalls hat sie weder bei der Benennung der capitolinischen noch bei der Madrider Herme (oben p. 90) mitgewirkt, wie man nach den bezüglichen Katalogangaben meinen könnte.'^ Denn beide hatten ihre Namen schon vor Visconti bekommen.

unteren Querstrich des Schlusssigma noch erkennen wollen (Arch. Zeitg. 1861. p.

210; Kaibel 1139).

* Als Antisthenes abgeb. Faber Imag. 20. Beide Gemmen auch bei Schuster Portr.

d. gr. Philosophen. Taf. III. 2, 3. Vgl. Cades 34, Lett. 70ff.

^ Auch die Büste im Museo Torlonia No. 143 (als Cicero abgeb. Monum. Tori.

Tav. 36) darf schwerlich als solche bezeichnet werden {corrispondente alla testa della

statua di Aristotele. Benndorf Rom. Mitth. I. 1886. p. 115).

' Von der capitolinischen heisst es: „Cui fu dato il nome di Aristotele per una

pretesa somiglianza con i ritratti genuini del gründe filosofo, massime con la celebre

statua del palazzo Spada." Von der Madrider: „Die Bezeichnung ist sicher, die

94 ARISTOTELES

Dagegen erklärte derselbe Gelehrte ausserdem noch eine mat- teische Statuette im Museo Chiaramonti No. 286 (abgeb. Iconogr. gr. I, Tf. 20 d)^ für Aristoteles wegen der vor dem Leib gefalteten Hände, dem Motiv der von Christodor beschriebenen Zeuxipposstatue. Aber abgesehen davon, dass die Hände ergänzt sind, und dass die gleiche Haltung auch sonst vorkam (Demosthenesstatue des Polyeuktos), also nicht für speziell aristotelisch gelten kann, ist auch hier der unbärtige Kopf aus anderem Marmor und willkürlich aufgesetzt (neu?). Übrigens spräche im Fall der Zugehörigkeit die togaartige Gewandung wieder eher für einen Römer.

Der bärtige Kopf der Gall. geografica des Vaticans (Beschr. d. Stadt Rom II. 2. p. 282. No. 63; abgeb. Pistolesi VI. 96), mit dem auf- gemalten Namen Aristoteles, ist eine Replik des Plato (s. d.). Und der in Wilton House (Mich. Anc. Marb. p. 674. 7) mit ähnlich moderner Aufschrift und mit breiter Kopfbinde ist am nächsten mit gewissen bärtigen Bacchusköpfen oder mit dem Numa der römi- schen Denare verwandt.

Dass es sich bei dem Relief in Mantua No. 276 (DütschkelV. 767; abgeb. Labus III. 16) nicht um Aristoteles und seinen königlichen Zögling, wie Labus meinte, sondern einfach um eine griechische Sepulcraldarstellung handelt, braucht heute nicht mehr gesagt zu werden.

Der Studniczka'sche Aristoteles

So weit wäre also das Resultat der bisherigen Untersuchungen ein rein negatives und man müsste den Zusammenbruch des vis- contischen Aufbaus beinahe bedauern, wenn nicht das Nichtswissen dem falschen Glauben wenigstens auf dem Gebiet der Wissenschaft doch vorzuziehen wäre. Glücklicherweise hat sich in letzter Stunde, d. h. kurz vor dem Abschluss dieses Buches das ikonographische Quellenhaus noch einmal geöffnet und ist an Stelle des im 17. Jahr- hundert versiegten Brunnens ein neuer Strahl emporgestiegen, der uns vollgiltigen Ersatz in Aussicht stellt.

Ähnlichkeit mit dem Kopf der Statue im Palast Spada unverkennbar." Das Letztere wäre richtig, wenn unter der Spadastatue der sog. Pompejus (Rom. Ikonogr. L Tf. 7) verstanden wäre. 1 Mon. Matth. l 72.

VATICANISCHE ZEICHNUNG. ARISTOTELESREQUISITE 95

Bei der Durchmusterung der vaticanischen Handschriften des 16. Jahrhunderts ist Studniczka auf die Zeichnung einer kleinen Marmorbüste des Ursinus gestossen, welche auf der runden Basis den Namen APICT0T6AHC trägt (abg. auf dem zum Winckelmanns- fest des arch. Seminars der Universität Leipzig 1900 dargebrachten Lichtdruckblatt): Das Bildnis eines noch nicht alten Mannes mit kurzem Bart und anscheinend etwas gelichtetem Haar, mit hoher in der Mitte durchfurchter Stirn, hoch gewölbtem Schädel, gebogener Nase, senkrechtem Profil. In den Augen sind die Pupillen angegeben, über der linken Schulter liegt ein Gewand. Falls nicht etwa ein beigegebener Text etwas Anderes aussagt, wird man kaum zweifeln können, dass es die von Faber beschriebene, verschollene Quirinal- büste sei, deren Züge und Merkmale alle ohne Ausnahme hier zur Erscheinung kommen: der kleine Massstab, der kurze Bart, die Adler- nase, das Alter eines Vierzig- oder Fünfzigjährigen, die Namens- aufschrift auf der Basis.

Aber Studniczka hat sich nicht damit begnügt, die neue Quelle jedermann zugänglich zu machen. Er glaubt zugleich, mit Hilfe der- selben das bisher vergebens gesuchte Bildnis unter unseren Denk- mälern nachweisen zu können, nämlich in dem längst auf seine Deutung harrenden Wiener Philosophenkopf (unten No. 5) und seinen Repliken.

Es war allerdings ohne Weiteres anzunehmen, dass unter den erhaltenen Porträtköpfen auch irgendwo das Bildnis des Aristoteles verborgen sei, am ehesten unter denen, die mehrfach vorkommen, ja die nicht nur zwei oder dreimal, sondern in ganzen Serien verti eten sind. Denn Aristotelesbüsten gehörten ohne Zweifel zu dem belieb- testen Bibliothekschmuck der Römer (s. oben p. 87 die Stelle des Juv.). Dabei muss es ein Typus sein, dessen Entstehungszeit nicht früher als in das letzte Drittel des 4. Jahrhunderts und wo möglich auch nicht viel später fällt. Der Pseudo-Seneca (Taf. XXII) und der Pseudo- Hippokrates (I.Teil p. 166 und 167), an die man ihrer vielen Repliken wegen denken könnte, gehören entschieden erst dem 3. Jahrhundert und frühestens der Mitte desselben an. Auch sind sie für Aristoteles zu alt und der eine (Pseudo-Seneca) physiognomisch unmöglich. Sicher aus dem Ende des 4. oder aus dem Anfang des 3. Jahr- hunderts sind ausser Aeschines und Demosthenes sonst wenig Porträttypen erhalten, die sich als solche von Berühmtheiten doku- mentieren, unter den Wenigen aber eben der des Wiener Philo- sophenkopfs.

Q6 ARISTOTELES

Welches die genaue Zahl seiner Repliken jetzt ist, weiss ich nicht Ich kenne nur die sechs schon von R. v. Schneider im Wiener Album p. 6 und von Arndt zu den gr. u. röm. Porträts No. 365 ff. auf- geführten, nämlich folgende:

1. Kopf der sog. Posidoniosstatue im Louvre, Descr. No. 8Q, jetzt No. 80 [Abb. 18]\ früher ganz ohne Grund auf den rhodi- schen Philosophen dieses Namens gedeutet, und nicht zur Statue gehörig.

2. Kopf im Museo Boncompagni-Ludovisi zu Rom, Sehr. No. 93 (abgeb. Arndt-Bruckmann No. 365, 366) ^ auf buntfarbiger Panzerbüste. Von guter Arbeit und Erhaltung; nur die Hälfte der Nase neu.

3. Kopf in Vi IIa Matt ei (abgeb. Arndt Einzelaufn.No. 126,127), nachhadrianische Arbeit. Nase und Schnurrbart neu.

4. Kopf im Museum von Palermo (Phot. bei Arndt), mir nicht bekannt.

5. Kopf im Hofmuseum von Wien [abgeb. Taf. Xlla]^, hinten senkrecht abgeflacht, wie von einer Doppelherme herrührend. Ge- hört zu den besseren; die Nase neu.

6. Doppelherme in Ath en , in jüngster Zeit bei den Enneakrunos- grabungen gefunden, merkwürdigerweise beidemal das gleiche Por- trät (Phot. beim athen. Institut).*

Es ist der Typus eines älteren, etwa sechzigjährigen, kurzbärtigen Mannes mit plattem, seitwärts ausladendem Schädel und vorgewölbter Oberstirn, über welche das dünne Haar in geschlängelten Strähnen herabfällt. Über den Ohren und hinten ist das Haar noch voll. Charakteristisch die senkrechte Linie des Profils, aus welchem nur die gerade, fast etwas eingebogene Nase (am ludovisischen Exemplar

1 Bouillon II. Taf. 28; Visc. Mon. sc. Borgh. Taf. 5. 1 ; Clarac pl. 327, 2119. - Studniczka Blatt zum Winckelmannsfest in Leipzig 1900. ^ Nach R. von Schneider Album Taf. XII., ausserdem bei Studniczka a. a. O. * Für Doppelhermen mit zwei gleichen Köpfen verweist Arndt (zu den griech. und röm. Portr. No. 365) auf die Barracco'sche Doppelherme des sog. Phaon (abgeb. Collect. Barr. pl. 35 u. 35 A), der aber wohl ein zweifelhaftes Porträt. Auf letzterem Gebiet sind mir sonst keine Beispiele bekannt, wenn nicht etwa die zwei Sappho- hermen in Villa Albani p. 332 und 333 ursprünglich zusammengehörten (vgl. I.Teil, p.67). Die Köpfe der sogg. Sappho und Korinna ebenda No.71 sind meiner Erinnerung nach einander ähnlich, aber nicht gleich. Auf mythischem Gebiet wären Doppelhermen wie die der sog. Artemis-Hekate in Madrid (Hübn. No. 95), des Zeus-Ammon im Mus. Despuig auf Mayorka (Hüb. No. 764) sowie manche Zu- sammenstellungen des bärtigen Dionysos zu vergleichen.

WAS SPRICHT BEIM WIENER TYPUS FÜR ARISTOTELES? 97

zur Hälfte erhalten) heraustritt, die breite Kinnlade und der fest- geschlossene, wenig unterkehlte Mund. Der Ausdruck ist von grosser Feinheit und deutet auf Scharfsinn und Beobachtungsgabe.

Dass dieses Bildnis zeitlich und physiognomisch vortrefflich zu Aristoteles passe, scheint keine Frage zu sein, und auch die Zahl der Wiederholungen, obgleich hinter der des Plato, Epikur und Anderer zurückstehend, kann nicht wohl zu Bedenken Anlass geben. Sie ist im Gegenteil gross genug, um ihrerseits die Deutung zu unter- stützen. Kommtnun ausserdem dieÄhnlichkeit oder Übereinstimmung mit einem Denkmal wie das der vaticanischen Handzeichnung, das in unverdächtiger Weise als Aristoteles bezeichnet ist, hinzu, so sollte man wirklich meinen, nicht mehr vor einer vagen physiognomischen Hypothese, sondern vor einer Thatsache zu stehen. Mit der Ähnlich- keit ist es freilich eine zweifelhafte Sache. Das Büstchen der Hand- zeichnung stimmt in einer Hauptsache, nämlich in dem kurzen Bart, und daneben etwa noch in der vorgebauten Oberstirn und dem senkrechten Charakter des Profils. Dagegen ist der Schädelbau ver- schieden, dort gerundet, bei unserm Typus abgeflacht; dort das Haar in grössere Partieen geteilt, hier in einzelne Strähne aufgelöst; dort die Nase von der Wurzel an gebogen, hier gerade, um nicht zu sagen leicht eingesenkt; der Mund endlich dort unterkehlt, hier durch ein gerade abfallendes Profil mit dem Kinn verbunden. Wenn es sich um eine durch keine Rücksichten bedingte Vergleichung und Ab- schätzung handelte, so müsste man sagen, dasjenige Mass von Ähn- lichkeit, das man zur Identifizierung zweier Bildnisse verlangen darf, ist nicht vorhanden. Allein es ist klar, dass bei einem Typus, der schon an sich einigermassen als Aristoteles präjudiziert ist, auch ein geringerer Grad genügt. Der Kopf stellt eine berühmte Persönlich- keit dar, allem Anschein nach eine des ausgehenden 4. Jahrhunderts, einen Mann, der noch nicht ins Greisenalter getreten (Aristoteles starb zweiundsechzigjährig), mit unverkennbar feiner Gelehrtenphysiog- nomie, an der selbst der Zug der y.to/.ta deutlich erkennbar. Braucht es da bei einer im 16. Jahrhundert abgebildeten Aristotelesbüste mehr als nur des kurzen Bartes und der gleichen allgemeinen Pro- portionen, um Beide als ein und dieselbe Person erscheinen zu lassen?

Nichtsdestoweniger bleibt eine schwer zu beseitigende Schwie- rigkeit. Das Marmorbüstchen der vaticanischen Handschrift zeigt eine gebogene Nase und ist, wie wir oben gesehen, höchst wahr- scheinlich identisch mit dem Quirinalbüstchen des Faber, von dem ausdrücklich gesagt wird: nasum habet quasi aquilinum ut et allae

Bemoulli, Oriech. Ikonographie. II. Teil 7

98 ARISTOTELES. ANAXARCH

ejusdem imagines. Danach dürfen wir dieses Merkmal nicht zu den aStacpopoi rechnen, sondern es wäre ein für Aristoteles bezeichnendes. Unser Typus ermangelt aber desselben. Am ludovisischen Exem- plar (2) und nach der Photographie zu urteilen, auch am Wiener (5), weist das Erhaltene deutlich auf einen geraden Nasenrücken. Am Kopf der Louvrestatue (1) und an dem in Villa Mattei (3) ist die Nase ergänzt (ebenfalls gerade). Wie sichs an den Exemplaren in Palermo und Athen verhält, weiss ich nicht aus eigener Anschau- ung. An dem einen Kopf der athenischen Doppelherme soll der Ansatz, wie mir Studniczka schreibt, auf eine gebogene Nase hin- weisen. Aber der Typus überhaupt ist wohl eher auf eine gerade angelegt. Eine Identifizierung scheint also nur statthaft unter der Annahme, dass die Adlernase des Ursinus'schen Büstchens auf falscher Ergänzung oder Abbildung beruht. Wenn das nicht der Fall, ist man trotz allen Empfehlungsgründen gezwungen, die Be- ziehung unseres Typus auf Aristoteles aufzugeben. Wir verdanken dann zwar dem Forschungseifer Studniczka's eine neue ikonogra- phische Basis, aber das dazu gehörige greifbare und sichtbare plastische Bildnis bleibt noch zu entdecken. Die Aufschrift des Ursinus'schen Büstchens anzuzweifeln, um dafür am Typus des Wiener Kopfs festhalten zu können, das würde doch gar zu nahe an Willkür grenzen.

Über die 1881 in Rom aufgetauchte angebliche Herme des Aristoteles mit Namensaufschrift und leichtbärtigem Kopf (Matz- Duhn Ant. Bildw. Nachtrag zu No. 1174) ist in den dortigen archäo- logischen Kreisen, so viel mir mitgeteilt wird, nichts Näheres be- kannt geworden.

Anaxarch

[Münztaf. II. 101

Anaxarchos aus Abdera, ein Anhänger der demokriteischen Philosophie, war ein Zeitgenosse Alexander des Grossen, an dessen Hof er lebte und den er auf seinen Feldzügen in Asien (Studien halber?) begleitete. Nach Alexanders Tod (323) soll er von Niko- kreon, dem Tyrannen von Cypern, den er durch freimütige Reden

THEOPHRAST QQ

beleidigt hatte, ergriffen und unter qualvollen Martern hingerichtet worden sein.^

Auf einem Contorniaten des Cabinet des medailles in Paris [abgeb. Münztaf. IL 10]^ sind die Köpfe des Anaxarch und Niko- kreon mit den entsprechenden Umschriften einander gegenüber- gestellt: Anaxarch entfernt an Sokrates erinnernd, vollbärtig, mit kahlem Scheitel, stumpfer, doch nicht aufgestülpter Nase, das Haar im Nacken etwas gelockt. Nikokreon unbärtig, mit langem apol- linisch angeordnetem Haar. Was zu der gegenständlich und kostümlich sonderbaren Darstellung veranlasste, ist dunkel. Porträt- haftigkeit ist der Natur der Sache nach ausgeschlossen.

Theophrast

[Taf. XIII]

Theophrast von Eresos auf Lesbos (c. 372 287), der Lieblings- schüler des Aristoteles und sein Nachfolger als Vorsteher der peri- patetischen Schule in Athen (von 322 an), die er zu hoher Blüte brachte, Verfasser der Charaktere und anderer Schriften, wurde nach Diogenes fünfundachtzig^ Jahre alt. Er war der Lehrer und Freund des um dreissig Jahre jüngeren Menander, den er überlebte.

Es giebt von ihm noch eine Inschriftherme im Casino der Villa Albani No. 1034 [abg. Taf. XIII]. ^ Dieselbe war schon dem Ursinus bekannt, damals im Pal. des Marchese Massimi. Sie kam später nach England in den Besitz des Dr. Mead, nach dessen Tode sie Cardinal Albani erwarb: Kopf und Herme ungebrochen^ und der Kopf so

1 Diog. Laert. IX. 58 ff. - Sabatier Med. contorn. pl. XV. 2.

* Nach dem Proömium der yapa/.T^pc; neunundneunzig.

* Unglaublich schlecht bei Statins XIII; und doch noch unkenntlicher in den Imagines des Ursinus p. 59, welch letztere Abbildung dann auch Bellori und Gronov aufgenommen haben; etwas besser bei Faber 143; ordentlich kenntlich erst bei Visconti Icon. gr. I. Tf. 21. 1, 2; Baumeister III. p. 1764; photographisch bei Schuster Philosophenporträts Tf. 3. 4; Christ Gr. Litt. 22; Arndt-Bruckmann 231, 232, und als Titelbild von Theophrasts Charakteren , Ausgabe der philosophischen Gesellschaft Leipzigs 1897. Vgl. Heibig Führer IL-». No. 831.

* Die gegenteilige Behauptung Visconti 's ist meinen Notizen nach nicht richtig. Auch Arndt nennt die Herme intakt.

7*

100 THEOPHRAST

viel als unverletzt. Die Inschrift lautet: QEDOPAZTDZ MEAANTA EPEZIDZ, in Lettern wie die der Tivolihermen im Vatican.^ Das Bildnis macht einen nicht eben bedeutenden, doch immerhin würdevollen Eindruck, trotz der Kürze des Bartes und der rasierten Nasenlippe.- Die Unterstirn ist gerunzelt und bildet zwei ge- schwungene Verticalf alten über der Nasenwurzel, auf intensives Denken hindeutend, während der geschlossene Mund Sicherheit und Selbstbewusstsein zu offenbaren scheint. Nach Ausführung und In- schrift eine Kopie aus der Kaiserzeit; aber wahrscheinlich auf ein zeit- genössisches Bildnis zurückgehend, da Theophrast, wenn auch in reifen Jahren, doch keineswegs als Greis dargestellt ist, etwa aus der ersten Zeit seiner Vorsteherschaft. Die Auffassung und Behandlung ist der des Demosthenesbildnisses verwandt, doch von weniger vor- geschrittenem Naturalismus.^

Eine Replik nach dem gleichen Original ist die Herme im Capitol, Philosophenzimmer No. 97 (abgeb. Arndt-Bruckm. 233, 234)^, mit hässlich ergänzter, allzu schmaler und vorstehender Nase. Dass die Barthaare auf dem Kinn hier nicht ausgearbeitet, scheint nur eine kleine Nachlässigkeit des betreffenden Kopisten zu sein. Die Anlage der Stirn- und Schläfenhaare und des in der Mitte rasierten Schnurrbarts ist beide Mal dieselbe. Die Lippen sind etwas schmaler; die Arbeit weniger sorgfältig.

Dagegen hat der sog. Theophrast No. 19 ebenda (abgeb. Bott. 1. 24)^ mit der kahlen Stirn und den tiefliegenden Augen keine zu dieser Bezeichnung berechtigende Ähnlichkeit.

Eine zweite Inschriftherme mit dem Namen des Theophrast, die mir bloss aus den photographischen Aufnahmen im römischen In- stitut bekannt ist**, befindet sich im Besitz des Dean of Worcester in England. Dieselbe zeigt einen von der albanischen verschiedenen Typus, den man unmöglich für eine Darstellung der gleichen Person nehmen kann. Er unterscheidet sich namentlich durch einen tiefen Einschnitt des Profils an der Nasenwurzel und eine vorstehende, von

1 KaibelNo. 1165.

^ Für Letzteres vgl. den sog. Isokrates im Conservatorenpalast, Gall. rettang.

No. 94.

3 Vgl. Arndt zu d. griech. Portr. No. 233.

* Bottari I. 75. '" Righetti I. 63.

* Vielleicht zu haben bei T. Bennett and Son, Worcester and Malvern (wie unter der Photographie gedruckt ist).

KRATES 101

der Stirnlinie stark abweichende Nase, einen kräftigen Schnurrbart und einen hart an die Unterlippe ansetzenden, die Kinnkehle mit convexem Profil bedeckenden Bart. Die Inschrift 06O(DPACTOC steht auf dem unten abgemeisselten Rand der Herme. Aber der Kopf ist aufgesetzt und dem Hermenstück ursprünglich fremd, da beide Teile durch glatt abgemeisselte Flächen mit einander verbunden sind. Da- her wird das Hermenstück mit der Inschrift wohl modern sein, was vielleicht schon aus der senkrechten Furche in der Mitte der Brust und aus der Form des O (ohne über den Kreis hinaustretende Hasta) hervorgeht. Man glaubte wahrscheinlich im vorigen Jahrhundert, eine Ähnlichkeit mit der damals in England befindlichen Herme Al- bani zu entdecken, und gab dieser Meinung durch die Inschrift einen bleibenden Ausdruck.

An der Azärabüste von Tivoli in Aranjuez, Hübn. No. 162 (Abguss in der Ecole des beaux-arts zu Paris No. 81), ist jedenfalls das Bruststück mit der Namensaufschrift neu, wahrscheinlich aber auch der Kopf. Letzterer mit vollem, ausladendem Haar, das gerade Gegenteil des flach anliegenden Haares der albanischen Herme.

Der Turiner Kopf (Dütschke IV. 161), der im Rücken die moderne Aufschrift TEOFRASTO trägt, scheint vielmehr einen Dia- dochenfürsten darzustellen.

Krates

Krates aus Theben (c. 320), neben seinem Meister Diogenes der geistreichste Vertreter der Kyniker, war ein Zeitgenosse des Theophrast, und lebte noch bis c. 270. Er soll hässlich und missgestaltet gewesen sein und im Alter gebeugt.^

Dümmler- wollte eine kleine Bronzefigur von Aquileja in Wien (abgeb. in Lichtdruck bei R. v. Schneider Auserles. Gegenstände der Wiener Ant. Samml. Taf. 25. 4)^, die schon vorher von Studniczka mit Bezug auf ihr Kostüm als die eines Kynikers gedeutet worden war, speziell für Krates erklären : Ein kahlköpfiger Alter mit langem Bart, in Exomis und Mantel, etwas gebeugt, mit beiden Händen auf einen (jetzt nicht mehr vorhandenen) Stock gestützt, den Brotsack an der Seite; hinten abgeflacht, l^j.^ cm hoch. Da von den Kynikern nur die älteren einen litterarischen Ruf genossen, Antisthenes und Diogenes aber offenbar nicht gemeint seien, so käme, meint Dümmler, am ehesten Krates in Frage , wofür auch die Gebeugtheit des Alters spreche, auf die Krates selber in den Fragmenten seiner Gedichte anspiele.

1 Diog. La. VL 91, 92.

- Academica, Beitr. zur Litt, der sokrat. Schulen, 1895. p. 268 f.

^ Zinkographisch Face und Prof. bei Dümmler a. a. O. p. V.

102 PHILEMON

Indes ist weder der Kynikercharakter sicher erwiesen, noch dass es sich überhaupt um eine bestimmte Persönlichkeit handelt. Auf den Bechern von Boscoreale treffen wir Brotsack und Stock, wie Michaelis hervorhebt, auch bei Zeno und Epikur. Und dann ist die Wiener Bronze mit ihrem flachen Rücken offenbar keine selbstständige Figur, sondern sie diente zum Schmuck eines Gerätes, und hatte wohl eher genre- artigen Charakter. Ohne Beischrift konnte man auch im Altertum nicht Krates darin erkennen. Vgl. die analogen Philosophenfiguren an dem Bronzegefäss von Herstal \ die ich allerdings nicht aus eigener Anschauung kenne.

Philemon

[Münztaf. II. 13]

Der Komödiendichter Philemon (361—263), der ältere Zeit- genosse und Rivale des Menander, wird gewöhnlich als Syrakusaner, bei Strabo (XIV. p. 671) aber als Solenser und neben Aratos und Chrysippos als die dritte Berühmtheit von Soli bezeichnet. Unter der Voraussetzung, dass Strabo Recht hat, könnte vielleicht, wie Im- hoof vermutet, der magere Oreisenkopf auf einer Münze von Pom- pejopolis, dem früheren Soloi [abgeb. Münztaf. IL 13] -, auf Philemon gedeutet werden. Von den zwei Porträts der anderen Soloi-Münze [Münztaf. II. 11. 12], die wahrscheinlich Arat undChrysipp darstellen, unterscheidet er sich sowohl in den Formen überhaupt, als nament- lich durch die Bartlosigkeit, so dass er mit keinem von diesen beiden identifiziert werden kann. Sonst aber kommt von Solenser Berühmt- heiten höchstens noch der Akademiker Krantor (c. 320) in Betracht, für den das hohe Lebensalter nicht passen will.

Sollte wirklich Philemon gemeint sein, so bekäme die von Stundniczka aufgestellte Vermutung, dass der Pseudo-Seneca (s. d.) ein Bildnis dieses Komödiendichters sei, einen gewissen äusseren Halt, indem, wenn nicht eine unmittelbare Formenähnlichkeit, doch eine unleugbare Charakterverwandtschaft zwischen jenem Typus und dem Münzbild besteht.

Gleichwohl erweckt die bezügliche Deutung der Münze kein grosses Zutrauen, einmal weil die solensische Herkunft des Dichters problematisch, und dann, weil die Sitte des Rasierens in der damaligen

^ Jahrb. des Inst. 16. 1901. Anz. p. 16.

- Journ of hell. stud. 18. 1898 pl. XII. 19, und dazu Imhoof p. 168.

MENANDER 103

Zeit eben erst im Aufkommen begriffen und noch wesentlich auf die Hofl<reise beschräni<t war. Bartlose Münzbildnisse stellen sonst durch- gängig erst spätere Griechen oder dann Römer dar. ^ Die Soloi-Münze ist unter Gordian III. geschlagen. Warum sollte nicht ein reicher Bürger oder ein hoher Beamter, der sich in den vorhergehenden Jahrzehnten ein besonderes Verdienst um die Stadt erworben, der Ehre gewürdigt worden sein, sein Bildnis auf die Münze zu setzen? Steht etwa das Fehlen einer Namensbeischrift dieser Annahme ent- gegen? Dasselbe wäre allerdings auffallend, aber nicht auffallender als auch bei einem Griechen.

Den Pseudo-Seneca damit in Verbindung zu bringen und als Philemon zu erklären, wird man wohl aus litterarhistorischen Grün- den aufgeben müssen. Eine so hervorragende Stellung im Leben des Altertums, wie man sie jenem zuschreiben muss, hat Philemon nicht eingenommen (vgl. unten p. 174 und 176).

Ligorius will eine Inschriftherme des Philemon in der Bibliothek des Cardinais Ro d o 1 p h i gesehen haben (Ursinus Imag. 34), und Faber (zu No. 104) spricht von einer zweiten zu Tibur gefundenen mit der Aufschrift: ^^iXrju.wv Aaaovo; H-jpa/.ocio?: beide jetzt verschollen, aber wie es scheint zu unterscheiden von den zwei gefälschten bei Kaibel No. 269*.

Menander'

Menander aus Athen (342 291), der bedeutendste Vertreter der neueren Komödie, lebte von Jugend auf in glücklichem Wohlstand, im Verkehr mit Männern wie Theophrast und Epikur, hochgeschätzt von Demetrios Poliorketes und Ptolemaeos Soter, die den unab- hängigkeitsliebenden Dichter vergebens an ihre Höfe zu ziehen suchten. Er war von schwächlicher Gesundheit, wie er selber in einem Briefe bei Alkiphron klagt, und starb verhältnismässig jung schon im 51. Lebensjahr.

' Das früheste noch zweifelhafte das des Hipparch (blosser Kopf), 2. Jahrhundert V. Chr.; sicher erst Theophanes (I.Jahrhundert v. Chr.), Xenophon von Kos (I.Jahr- hundert n. Chr.)

■^ Mit Benützung des mir von Studniczka freundlichst zur Disposition gestellten Ma- nuscripts seines Vortrags über Menander an der Philologenversammlung zu Dres- den 1897.

104 MENANDER

Phaedrus^ schildert ihn als einen Weichling und cinaedus: Unguento delibutus vestitu adfluens veniebat gressu delicato et languldo. Und Athenaeus- nennt ihn zwei mal 6 x.a'Xd?, womit wahrscheinlich ebenfalls mehr seine äussere Eleganz als eine besondere Formen- schönheit bezeichnet ist. Nach Suidas soll er schielend gewesen sein: STpaßo; rä; 6(j/£i?, d^uc Ss tov vouv. Eine Statue von ihm war im Theater von Athen aufgestellt unter einer Anzahl anderer von weniger berühmten Komikern'^ (s. unten). Eine stehende Erzstatue im Zeuxippos zu Constan- tinopel erwähnt Christodor.^

Ikonographische Quellendenkmäler

Inschriftlich sind als Menanderbildnisse oder als von solchen herrührend folgende Denkmäler beglaubigt:

a. Kleines Marmormedaillon einst im Besitz des U r s i n u s (abgeb. Urs. Imag. pag, 33),^ Gegenstück eines ähnlichen des Sophokles**: beide ursprünglich der Schmuck eines bei Rom gefundenen Dichter- grabes; zu Visconti's Zeit anfangs noch in der Farnesina, dann verschollen. Es zeigt die Imago cllpeata eines in ein Pallium ge- hüllten, bartlosen Mannes; auf dem breiten flachen Rande die Auf- schrift MENANAPOC. Auch hier weichen die Abbildungen bei Ursinus und bei Gallaeus-Faber in Bezug auf Alter und Formen stark von einander ab, sodass nur eine von ihnen nicht beide zugleich als Ausgangspunkt genommen werden kann. Man wird sich wieder für die des Gallaeus entscheiden, obgleich es auf- fällt, dass hier nicht, wie bei Sophokles, die Pupillen in den Augen angegeben sind; die beiden Medaillons werden doch in diesem Punkte kaum verschieden behandelt gewesen sein. Noch besser, sollte man meinen, wäre die Abbildung bei Visconti, welcher be- hauptet, seine Zeichnungen seien tolti da schizzl esaitisslml che wi tempo aveafatto eseguire sotto l miel occhi. "' Allein der viscontische Stich giebt offenbar, wie schon Studniczka gesehen, eine blosse Um-

1 Fab. V. 1. 12. 2 Athen. 248 d und 364 d.

■^ Paus. 1.21. 1. -t Ecphr. 361ff.

^ Und danach Bellori 55; Gronov II. 98; im Gegensinn Faber No. 90; Visc. Icon.

gr. I. Tf. 6.

« S. I. Teil p. 124. ' Icon. gr. I. p. 108. Anm. 1.

DIE MARMORMEDAILLONS. DAS MOSAIK VON TRIER 105

Zeichnung des Galle'schen, vielleicht mit einiger Assimilation an die gleich zu nennende vaticanische Statue (Nasenwurzel, Mundwinkel, Kiefer). Die Abhängigkeit zeigt sich schon darin, dass der Kopf vom Beschauer nach rechts gewandt, also wie bei Gallaeus im Gegensinn gegeben ist, was bei einer neuen Aufnahme gewiss nicht der Fall gewesen wäre; auch die Schatten sind beidemal ganz dieselben. Danach erscheint der Dargestellte als ein schon älterer Mann, glatt rasiert, mit schlichtem, längs den Schläfen etwas gewelltem Haar, durchfurchter Stirn, im Winkel ansetzenden Brauen, leicht gebogener Nase, schlaffen, aber nicht mageren Wangen, geteiltem Kinn. Am Hals tritt der Knorpel vor, doch ist der Hals kurz und weist auf eine untersetzte Gestalt. Der Ausdruck nicht gerade der eines Komikers; er hat im Gegenteil etwas Unfreundliches, was namentlich auf den zwei Vertikalfalten über der Nasenwurzel beruht.

b. Imago clipeata mit der Aufschrift MENANAPOC in Mar- bury Hall, Cheshire, Mich. Anc. M. p. 514 No.40 [Abb. 8],^ lebens- gross: Ein bartloser Mann in mittlerem Alter von ziemlich unbedeu- tendem Ausdruck, mit weichprofilierten Brauen, an denen die Haare angegeben, eingegrabenen Augsternen, vollem, etwas geöffnetem Mund, das Haar über der Stirn in einer geschwungenen Welle nach vorn laufend. Er trägt Chiton und Mantel. Im Feld über der rechten Schulter eine offene unbeschriebene Rolle. Von später, lebloser Arbeit, mit detaillierter Ausführung der Haare. Die Aufschrift unten auf der schrägen Randleiste jetzt sehr verscheuert, nach Stud- niczka von sicherem Altertum. Doch scheint der für eine Inschrift nicht ursprünglich zurecht gemachte Ort und der unsymmetrische Satz sie steht mehr auf der rechten Seite darauf hinzuweisen, dass sie erst nachträglich, etwa bei Versetzung des Medaillons hier angebracht wurde.

c. Auf dem Mosaik des Monnus in Trier ist auf einem der Dichterquadrate auch das lorbeerbekränzte Brustbild des MENanDer von vorn dargestellt (abgeb. Ant. Denkm. I. Taf. 48 No. 4). Das Gesicht ist allerdings zerstört, doch erkennt man noch deutlich, dass er unbärtig, was im Grunde die Hauptsache; denn den Gesichtszügen würde man doch keinen typischen Wert zuschreiben dürfen. Dass der Name als Menander zu ergänzen, ist wohl nicht zu bezweifeln. Links vom Kopfe steht noch wohlerhalten MEN, rechts am Rande nur noch D, vor welchem aber dem Räume nach AN aus-

^ Ungenügend bei Scharf Trans, of the roy. soc. of Lit. IV.; Gipsform in Dresden.

106

MENANDER

Abb. 8

Clipeus des Menander in Marbury Hall (zu S. 105 b)

gefallen sein kann. Ob die zwei letzten Buchstaben weggelassen oder unter dem AND angebracht waren, lässt sich nicht mehr sagen, da die Stelle zerstört ist.

d. Theatermarke von Pergamon mit der jugendlichen Büste des Menander (der Name steht auf der Rückseite), ^ nach Studniczka mit Epheukranz.

1 S. Athen. Mitth. 1889. p. 130.

INSCHRIFTDENKMÄLER 107

e. Menander als Skelett auf einem Silberbecher von Boscoreale im Louvre (abgeb. Jahrb. d. Inst. XI. 18Q6. Anz. p.82)\ mit weiblicher Maske in der Linken.

f. Kopflose Herme in Turin mit dem Namen des Menander und drei auf ihn bezüglichen griechischen Epigrammen (abgeb. Statius XVI) ^, gefunden vor der Porta trigemina zu Rom (S. Paul), zuerst ins Mausoleum Augusti, später nach Turin gebracht, wo sie jetzt in der Hofhalle der Universität aufgestellt ist.^ Was es für eine Bewandtnis hat mit dem in den Marmora Taurinensia der Herme auf- gesetzten Kopf, kann ich nicht sagen.* Er gleicht dem von Ursinus separat abgebildeten Kopf (s. am Schluss dieses Abschnitts) und ist vielleicht von den Herausgebern irrtümlich als zugehörig betrachtet und in der Abbildung mitgegeben worden. Der ursprüngliche Hermenkopf scheint aber nach dem einen Epigramm bekränzt ge- wesen zu sein (t6v Ss Msvav^pov dsl /-para -'jx.a^oy.£vov).

g. Endlich ist im Jahr 1862 im Theater von Athen, ohne Zweifel von der bei Pausanias erwähnten Statue herrührend, eine Basis aufgefunden worden mit der Inschrift MsvavSpo;, K-/j9i(j(>Soto; Ttfxapxo; s-o'/j^av. '^ Dieselbe ist über ein Meter hoch und scheint nach ihren Länge- und Breitedimensionen (0,56 m. auf 1,14 m.) ein lebensgrosses Sitzbild getragen zu haben. Aus der Inschrift lernen wir die Söhne des Praxiteles als Verfertiger der Statue kennen, und dürfen, da die Zeiten der Künstler und des Dichters teilweise zu- sammenfallen, * auf ein Bildnis nach dem Leben schliessen.

Da das Mosaikbild (c), die Theatermarke (d) und die Skelett- darstellung (e) ikonisch nicht in Betracht kommen, von der Turiner Herme (f) und der athenischen Statue (g) bloss die Aufschriften er-

^ = Mich. Der Silberschatz von Bosc. p. 43. No. 21 ; Fondation Piot. V. pl. 7. 1. - Ursinus Imag. p. 33; Gronov Thes. II. p. 98; Bellori Imag. tab. 55; und mit einem unbärtigen Kopf verbunden in den Marm. Taurin. I. Tf. 13. p. 169. Vgl. Visc. Icon. gr. I. p. 104. Anm. 2. Die Epigramme in der Anthol. Palatina ed. Dübner- Cougny Appendix cap. III. 114.

* Conze Arch. Ztg. 1867. p. 74*. Von Dütschke Ant. Bildw. in Oberitalien IV über- gangen.

* Die Abbildung stammt, wie mir Studniczka mitteilt, aus den ligorianischen Papieren.

* Hirschfeld Tit. Stat. p. 82. No. 35; Löwy Inschr. gr. Bildh. Nr. 108; Corp. I. A. II. 1370.

" Über die Chronologie der Bildhauer vgl. jetzt Meister im Commentar zum 4. Mimiambus des Herodas (Studniczka).

108 MENANDER

halten sind, so beschränken sich unsere Quellen für das Menander- bildnis auf die beiden zuerst genannten Medaillonbüsten (a und b), von denen die eine (a) leider nur noch in Abbildungen, am treuesten in der bei Gallaeus-Faber vorhanden ist.

Der Viscontische Menander

Auf Grund angeblicher Ähnlichkeit mit dem jetzt verschollenen Medaillon des Ursinus (a) und nebenbei wegen künstlerischer Be- ziehung zu der mitgefundenen Statue eines andern Komödiendichters, des Posidippos, wurde die sitzende Statue des Vati cans, Statuen- galerie No. 390 [abgeb. Brunn-Bruckmann Denkm. 495; der Kopf bei uns Fig. 9] \ von Visconti als Menander gedeutet. Sie wurde zu- sammen mit dem Posidipp unter Sixtus V. in einem antiken Rundbau bei der Kirche S. Lorenzo in Panisperna zu Rom gefunden und vom Papste in der Villa Montalto aufgestellt. Nach zeitweiliger Erwerbung durch Th. Jenkins kam sie unter Pius VI. in den Vatican. Schon Visconti meinte, es dürfte dieselbe Statue sein, welche Pausanias im Dionysostheater zu Athen gesehen, was dann nach Auffindung der Basis mit der Künstlerinschrift der Praxitelessöhne (g) noch bestimmter ausgesprochen wurde.- Allein eine genauere Vergleichung der Maasse hat herausgestellt, dass die Plinthe der vaticanischen Statue zu breit wäre, um in jene Basis hinein zu passen. -"^ Die Figur sitzt bequem auf einem Polsterstuhl, den linken Arm auf die Rücklehne gelegt, mit kurzärmeligem Chiton und Mantel bekleidet. Dem Kopf- typus nach ein c. 50 jähriger Mann, mit noch vollem, aber kurz ge- schnittenem in zwei Winkeln über der Stirn zurücktretendem Haar und stark durchfurchter Stirn. Der Ausdruck der eines klaren, ironisch angelegten Geistes,* der Blick beobachtend in die Weite gerichtet. Die Haltung edel und natürlich, gleichsam die eines Zu- schauers im Theater.

Soweit die Deutung auf das Medaillon, oder jetzt, wenn

' Visconti Pio Clem. III. 15; Mus. Nap. II. Tf. 69; Pistolesi V. 45. 1; Bouillon II; Clarac pl. 841; Baumeister Denkm. II. p. 923; Sybel Weltg. d. Kst. p. 295; Christ Gr. Lit. 10; der blosse Kopf Visc. Icon. gr. I. Tf. 6.

2 Von Pervanoglu im Bullet, d. Inst. 1862. p. 164.

3 S. R. Förster in der Arch. Ztg. 1874. p. 100; Julius Ztschr. f. bild. Kunst 1878. p. 241; Overb. Plast. II 3. p. 81.

■*• Nach Burckhardt Cic.^ p. 510d „fein philiströs, ernst und gemütlich", was auch Studniczka acceptiert.

DIE VATICANISCHE STATUE

109

Abb. 9 Kopf des sog. Menander im Vatican

man will, auf beide Medaillons (a und b) begründet ist, steht sie auf schwachen Füssen, da die Ähnlichkeit des Statuenkopfes mit ihnen keineswegs der Art ist, dass man notwendig auf die gleiche Person schliessen müsste. Im Gegenteil wird je- der Unbefangene die Verschie- denheit des Haarwuchses und der Haarlänge, sowie des Halses und der Schulterbildung zu- gestehen. In der gallaeus-vis- contischen Abbildung gleicht der kurzhalsige, eingesteckte Medaillonkopf eigentlich viel- mehr dem Posidipp als dem sogen. Menander, ein deutlicher Beweis, wie wenig solchen auf

blosse Ähnlichkeiten basierten Identificationen zu trauen. Die Über- einstimmung der vaticanischen Statue mit den Medaillons ist höchstens eine solche, dass die Möglichkeit der Personengleichheit nicht absolut geleugnet werden kann für den Fall, dass etwa aus anderen Gründen bei ihr an Menander gedacht werden müsste.

Dies wird oder wurde nun allerdings früher behauptet, weil sie, wie man meinte, das Gegenstück des mitgefundenen Posidipp. Als Gegenstück schien sie sich durch die Verwandtschaft des Motivs, die Gleichheit des Materials und der Arbeit zu erweisen. Beide sind sitzend dargestellt, auf Lehnstühlen mit geschweiften canellierten Beinen und halbkreisförmigen Rücklehnen, mit Polsterkissen, die über den Sitz gebreitet sind. Beide, was in der mutmasslichen Ent- stehungszeit der Statuen nicht selbstverständlich, mit glatt rasiertem Gesicht, bekleidet mit Chiton und Mantel, an den Füssen hohe stiefelartige Riemenschuhe; gearbeitet aus dem für plastische Denk- mäler dieser Art sonst selten verwendeten pentelischen Marmor. Auch die Behandlung der Formen und des Materials ist eine so eigenartige und in mancher Hinsicht so übereinstimmende, dass die Erklärer beide dem gleichen Künstler zuzuschreiben geneigt sind.^

1 Vgl. Friederichs-Wolters No. 1622; Heibig Führer I.* 204.

110 MENANDER

Eine andere Frage ist, ob bei einem Gegenstück des Posidipp so ohne Weiteres an Menander gedacht werden muss. In der Ge- schichte der Litteratur erscheinen Posidipp und Menander l<eineswegs als ebenbürtige Repräsentanten der neueren Komödie, sondern Me- nander gilt entschieden als der erste und grösste;^ Posidipp mit einer Anzahl Anderer folgt erst in zweiter oder dritter Linie, wie denn auch Menander wohl neben Homer aufgestellt (vgl. das dritte Epi- gramm der kopflosen Turiner Herme, oben f.) oder mit Aristophanes verglichen (Epitome des Plutarch), niemals aber, soviel wir sehen, mit Posidipp zusammengestellt wurde. Von Dichtern der neueren Komödie hätte höchstens noch Philemon, der Begründer derselben, einen einigermassen motivierten Platz neben Menander einnehmen können.^ Es ist daher wahrscheinlicher, dass in dem Gegenstück des Posidipp ebenfalls ein Dichter zweiten Ranges gemeint ist, einer der vielen a9av£GTepot, die Pausanias im Theater von Athen auf- gestellt sah.*^ Oder aber es darf nachträglich darauf hingewiesen werden, dass auch die Annahme, man habe es mit plastischen Gegen- stücken zu thun, so Manches sich dafür sagen lässt, doch nicht ganz einwandfrei. Bei Gegenstücken würde man in erster Linie eine sich entsprechende Richtung der Körperaxe erwartet haben, während dieselbe bei Posidipp direkt nach vorn, beim sogen. Menander merklich nach links hingeht. Ferner offenbart sich eine deutliche Verschiedenheit des Geschmacks in der Gewandbehandlung der beiden Statuen: Schlichtheit und Natürlichkeit beim Posidipp, eine gesuchte, fast an Effekthascherei streifende Eleganz beim sogen. Menander. Endlich ist es sonderbar, dass nur die eine der Statuen ' mit der Namensaufschrift versehen, während doch die Plinthen beide- mal alt sind. Ich kann mich daher der Meinung, dass die Statuen von der gleichen Hand herrühren (Heibig), und dass sie von Anfang an als Gegenstücke gearbeitet seien, nicht anschliessen, sondern möchte glauben, dass die Zusammenstellung erst in römischer Zeit erfolgte, indem man zu dem bereits vorhandenen Posidipp ein plastisches Gegenstück suchte und bei dieser Gelegenheit zwei Figuren vereinigte, die ursprünglich getrennt aufgestellt waren und vielleicht nicht einmal eine nähere gegenständliche Beziehung zu einander hatten. Damit fiele natürlich der präjudizierliche Charakter der Posidipposaufschrift dahin, und es wäre kein Grund mehr, bei

1 Ot'. [ir, yap Ms'vavSpo;, ouSsl; rjv -otrjTr,; -/.w|xwS(a; TtTv I? So^av fjXo'vTtov. Paus. I. 21. 1. - Apulejus Florida 16. ^ Paus. a. a. O.

DER STUDNICZKA'SCHE TYPUS 1 1 1

der Vergleichung der anderen Statue mit den oben erwähnten Me- daillons schon zum voraus an Menander zu denken.^ Es scheint ja überhaupt sehr fraglich, ob man in der Zeit des Menander schon den Ärmelchiton trug oder ihn plastisch verwendete.'^ Das Medaillon in Marbury Hall (b) wird nicht als Beweis dafür angeführt werden dürfen.

Der Studniczka'sche Menander

Wenn somit der Versuch Visconti's, das mangelhaft über- lieferte Bildnis des Menander in einem unseren Wünschen und An- forderungen entsprechenden Denkmal nachzuweisen, als gescheitert betrachtet werden muss, so ist der Ausfall, den die Ikonographie da- durch erlitten, neuerdings, wie es scheint, wieder ersetzt worden durch die Idenüfizierung des echten Menanderbildnisses auf Grund von andern bisher noch nicht oder zu wenig gewürdigten Kriterien. Der glückliche, oder sagen wir einstweilen der scharfsichtige Finder desselben ist Studniczka, das Bildnis aber jener vielfach vorkom- mende Typus, von dem der Verfasser ein Exemplar in der Rom. Ikonographie I. bei Anlass des Pompejus publiciert hat. Bevor wir die Deutung selber ins Auge fassen, zählen wir die uns bekannten, teilweise schon a. a. O. p. 1 23 namhaft gemachten Wiederholungen auf.

1. Kopf im Museo Chiaramonti No. 508 (abgeb. Bernoulli Rom. Ikonogr. I. Taf. 8),^ etwas aufwärts gerichtet und nach rechts geneigt, wodurch am Hals auf dieser Seite leichte Falten entstehen. Auf nackter Büste, das Profil stark ergänzt.

2. Kopf in der Loggia scoperta des Vaticans No. 448, jetzt auf eine Kaiserbüste gesetzt. Vollkommen erhalten, aber verwittert. Ob antik?

3. Kopf in der Galleria geografica des Vaticans No. 1100. Rechts aufwärts gerichtet, mit ziemlich langem ungebrochenem Hals.

4. Kopf des sogen. Posidonios in der Doppelherme der Villa Albani No. 67 [im Profil abgeb. unten p. 162 rechts]*, mit einem

^ Ohne diese vorgefasste Meinung wird auch die angebliche Ungleichheit der Augen, die mit dem übedieferten Schielen des Menander in Verbindung gebracht wurde (Heibig Camp. Wandmalerei p. 208), etwas absichtsloser und zufälliger erscheinen.

* Vgl. Furtwängler Meisterw. p. 532. 2.

^ Ohne Zweifel der sog. Sulla aus Villa Mattei , abgeb. Monum. Matth. II. Tf. 8. 1 ; ob auch der sog. Qalba der Gall. Giustiniani II. 9. 1 ?

* Visconti Icon. rom. Tf. 14. 3, 4 ; Comp, e de Petra La V. Erc. IV. 3, 4.

112 MENANDER

Pseudo-Seneca verbunden, beide aus Einem Stücl<, Nase und rechter Stirnknochen des Posidonios-Menander neu.

5. Kopf einer Togastatue in Villa Borghese, Salone No. 12, Seneca genannt. Er ist aufgesetzt, der Blick leicht abwärts gerichtet.

6. Kopf des sogen. Nerva im Museo Boncompagni-Ludo- visi. Schreib. No. 98, mit schweren Augenlidern, etwas abwärts blickend, und mit mageren Wangen. Ziemlich geflickt.

7. Kopf ebenda, Schreib. No. 109, auf moderner Panzerbüste. Etwas jünger als gewöhnlich und die Augen weniger eingefallen; die Brauen rund zur Nasenwurzel gewölbt, der Halsknorpel vor- tretend. ^

8. Kopf in den Uffizien zu Florenz, Treppenhaus (Dütschke III. No. 15). Ohne Neigung; Nase, Kinn ergänzt.

9. Kopf in Co meto, etwas rechts aufwärts gerichtet. Soll das besterhaltene Exemplar sein, auch die Nase alt; letztere sanft gebogen. Von guter Arbeit.

10. Kopf in Casa Alessandri zu Verona, auf moderner Ge- wandbüste, bis ins Einzelne mit dem im Mus. Chiaramonti (1) über- einstimmend.

11. Kopf im Gymnasium zu Corfu (abgeb. Arndt-Amelung, Einzelaufn. No.610, 611) mit breit aufliegenden Lidern wie beim Kopf Chiaramonti (1), aber die Schädelform im Profil runder.

12. Kopf des sogen. Aristoteles in Madri d, Hübn.No. 149 (abgeb. in Azära's Übersetzung von Middleton Leben Cicero's)-; von un- verkennbarer Identität namentlich mit den Exemplaren in V. Albani (4) und Blundell Hall (13). Hübner hätte ihn nicht mit dem Aristo- teles Spada, sondern mit dem PompejusSpada zusammenstellen sollen.

13. Kopf in Blundell Hall, Pompejus genannt (Michaelis A. M. p. 369, No. 176), aus Villa Borioni. Jetzt auf nackter Büste, ab- wärts gerichtet, jugendlicher als der Kopf Chiaramonti (1).

14. Kopf in Oxford, University Gall. (Michaelis p. 557, No. 66; abgeb. Chandler Marm. Oxon. 58), mit Epheukranz ums Haar, das Gesicht sehr verstümmelt, sodass die Vergleichung etwas erschwert ist. Aber nach Proportionen, Anlage der Stirnhaare, Halsknorpel als Replik nicht zu verkennen.

15. Kopf in englischem Privatbesitz, Lewis House, (Phot. Warren), von guter Arbeit und abgesehen von leichten Schürfungen vollkommen erhalten. Die Brauenmuskeln herabgedrückt, sodass

1 Vgl. Rom. Ikon. I. p. 121. ^ Vgl. Wolters No. 1637.

DIE EXEMPLARE DES STUDN.'SCHEN TYPUS 113

die oberen Augenlider fast darunter verschwinden, in dieser Be- ziehung von den anderen Exemplaren, wo die Lider breit aufliegen, abweichend. Die Nase sanft gebogen, der Kopf fast unmerklich nach rechts geneigt.

16. Kopf in Schloss Erbach mit der in neuerer Zeit aufge- malten Inschrift 'Ex rr^ cTc^a;, daher dort der Stoiker genannt. Schönes, aber in Profil stark restauriertes Exemplar.

17. Kopf in Ny Carlsberg zu Kopenhagen, Kat. No. 331, nach rechts geneigt und etwas aufwärts gerichtet, der Mund leicht geöffnet.

18. Herme im Museum von Boston [abgeb. Taf. XIV], jugendlich mager, mit besonders schlankem Hals, an dem der Knorpel vortritt; die Brauenlinie sehr weich. Ebenfalls von guter Arbeit und Erhaltung, mit fast gerader Nase, an der nur die Spitze etwas beschädigt.

Zweifelhaft:

19. Herme des sogen. Aristoteles im Capitol, Philos.-Zimm. No. 53 (abgeb. Bottari I, 8) ^. Der Kopf hat namentlich in der Anlage der Haare grosse Ähnlichkeit, während allerdings die glotzigen Augen mit den hochgezogenen Brauen und das grosse vorstehende Kinn nicht stimmen. Gleichwohl möglicherweise eine verpfuschte Replik.

20. Kopf im Mus. Chiaramonti No. 431, etwas aufwärts ge- richtet, mit Horizontalfalten an der rechten Seite des Halses. Jetzt ohne Unterkehlung des Mundes, aber vielleicht nur, weil der hervor- stehende Teil des Kinns abgeschlagen.

21. Kopf des Pomp ejus Spada (abgeb. Bernoulli Rom. Ikonogr. I. Taf. 7, p. 112),- im Allgemeinen den sicheren Repliken sehr ähnlich, aber von runderem, mächtigerem Schädelbau, tieferen Furchen in Stirn und Wangen und von verschiedener Anlage des Haares am Hinterkopf. Stark überlebensgross.

22. Kopf des sogen. Seneca inBlundellHall, Michaelis A. M. p. 361 No. 110 (abgeb. Engrav. 61, 2); in Formen und Anlage ganz übereinstimmend, aber c. 20 Jahre älter als der Durchschnitt der anderen Exemplare.

23. Sogen. Menander der Bonner Doppelherme [Abb. 10, das Profil s. I. Teil p. 174], von eher breiten Proportionen, ganz anderer Augenbildung, spiessbürgerlichem Ausdruck. Auch die Anlage der

1 Righetti I. 47. ^ vgl. Heibig Führer II *. No. 997.

Bemoulli, Qriech. Ikonographie. II. Teil 8

114

MENANDER

Stirnhaare verschieden. Rephk in Wilton House.i

Einen grossen Terracottakopf, der eben diesen Typus zeigt, an- gebHch aus Tarent stammend, er- wähnt Arndt als im Museo civico zu Tri est befindhch (Einzelaufn. III. Serie p. 13). Er hält ihn aber für eine moderne Fälschung.

Zu den zweifelhaften sind end- lich auch noch zwei Reliefdar- stellungen zu rechnen:

24. Der sogen. Aristoteles auf der zerbrochenen Marmortafel des Ursinus bei Faber No. 35, nach welchem vermutlich der Azärakopf in Madrid (12) und die capitolinische Herme (19) benannt worden sind. Das Zusammentreffen einer ähn- lichen Haaranlage, Stirn- und Halsbildung (Knorpel) lassen den Ge- danken an Identität als keineswegs unmöglich erscheinen. Doch ist die Sache nicht definitiv zu entscheiden, weil wir es bloss mit einer vielleicht ungenauen Zeichnung zu thun haben.

25. Die Dichter- oder Schauspielerfigur des lateranischen Reliefs, Bennd. und Seh. No. 245 [abgeb. Taf. XV]. ^ Ein auf einem Lehnstuhl sitzender bartloser Mann mit Porträtzügen und nacktem Oberleib, eine Maske emporhaltend, die er von einem Tisch ge- nommen, worauf noch zwei andere Masken liegen. Ihm gegenüber eine mit Chiton und Mantel bekleidete Frau (Muse?), welche in der auf- gebogenen Rechten einen jetzt abgebrochenen Gegenstand hielt (nach den älteren Abbildungen eine Rolle), während sie die Linke in die Hüfte stützt. Die drei Masken werden als die Hauptrollen der neueren Komödie juvenis^ meretrix und senex erklärt (Garrucci, Studniczka), wonach wir in dem sitzenden Manne einen Vertreter dieser Komödie,

Abb. 10 Sog. Menander der Bonner Doppelherme

1 Vgl. I. Teil a. a. O.

« Bellori Imag. 69; Gronov Thes. II. p. 20; Winckelm. Mon. ined. II. No. 192; Garrucci Monum. Lateran, pl. 42. 4; Wieseler Denkm. d. Bühnenw. IV. 9; Zeitschr. f. bild. Kunst. 1885. p. 246; Schreiber Hellenist. Reliefbilder Tf. 84; dessen Bilder- atlas I. Tf. V. 4; E. Petersen Vom alten Rom 1898. p. 130; vgl. Heibig Führer I*. No. 684, wo noch weitere Litteratur.

HAUPTZÜGE DES TYPUS 115

am ehesten Menander zu erkennen hätten. Der Kopftypus desselben stimmt in der allgemeinen Gesichtsbildung und in der Lage des Stirnhaars mit dem der aufgezählten Rundwerke überein, ohne doch bestimmt den Eindruck der gleichen Person zu machen. Nach Benn- dorf und Studniczka Menander mit der Revision der Rollen eines Schauspiels beschäftigt, wobei seine Geliebte Glykera ihm Hand- langerdienste leistet (mit Bezug auf die Schilderung Alkiphrons). Für eine Muse, meint Studniczka, sei die weibliche Figur zu individuell und zu untersetzt.^

Typus. Wenn wir von den vielen nicht ganz unbedeutenden Variationen absehen, und nur die allen Exemplaren oder wenigstens der Mehrzahl von ihnen eigenen Züge zu erfassen suchen, so haben wir es mit einem Manne von mittlerem Lebensalter mit noch vollem Haar, edlen Formen und glattrasiertem Gesichte zu thun. Das Haar ist länger als beim viscontischen Menander, in Büschel gegliedert mit einer für die Identificierung der Exemplare besonders wichtigen Partie über der Stirn, wo dasselbe S-förmig nach rechts gestrichen ist.^ Auch von den Schläfen gehen solche geschwungene Büschel herab, um vor den Ohren zu enden, in dieser Beziehung an gewisse Julierköpfe erinnernd; die Ohren selbst bleiben frei. Die Stirn ist in ihrem untern Teil vorgewölbt mit zwei Vertikalfalten in der Mitte, die Augen liegen tief unter weich profilierten Brauen, die Nase in der gleichen Flucht mit der Stirne, in der Mitte leicht geschwellt (Boston 18), bisweilen sogar gebogen (Corneto Q, Lewis H. 15). Der Mund unmerklich geöffnet und vom Kinn abgekehlt, beide zusammen durch je eine an den Nasenflügeln ansetzende, ge- schwungene Falte von den mageren Wangen getrennt Der Hals schlank mit vortretendem Knorpel.

Die beschatteten Augen mit den schweren Lidern und den von der Nasenwurzel aufsteigenden Stirnfalten geben dem Typus im Durchschnitt einen, um nicht zu sagen verdrossenen, doch der Heiter- keit entbehrenden Ausdruck, der zuweilen durch die aufwärts ge- richtete und zur Seite geneigte Haltung des Kopfes bis zur Trauer gesteigert wird. Letzteres z. B. bei den Exemplaren im Museo Chiaramonti (1), in Ny Carlsberg (17), in Corfu (11) und wahr- scheinlich auch bei dem in Verona (10). Anderswo, doch selten,

^ Eine moderne Kopie' des Reliefs befindet sich in Lansdowne House (Michaelis Anc. Marb. p. 457 No. 72), eine Replik der männlichen Figur oder wenigstens eine ihr ganz ähnliche Darstellung in Berlin, Beschr. der Skulpt. No. 951 (mit Skizze). * Aehnlich bei Aeschines (Tf. IX).

8*

116 MENANDER

sind die Lider völlig aufgeschlagen und deutet die Contraktion der Brauen mehr nur auf intensives Schauen (Lewis H. 15). Auch in Bezug auf das Alter und den Grad der Magerkeit, die Stirnbreite, das rundere oder eckigere Profil und And. kommen Verschieden- heiten vor. Wie weit dieselben auf der Willkür der Kopisten be- ruhen, oder auf eine Mehrheit von Originalen zurückzuführen sind, lasse ich dahingestellt. So starke und bewusste Abweichungen wie die Augenbildung des Exemplars in Lewis H. (15) oder, wenn es eine Replik, wie die der Bonner Doppelherme (23), dürften kaum einem Kopisten zuzuschreiben sein. Dagegen weist die Verschieden- heit der Haltung nicht notwendig auf verschiedene Originale. Die- selbe kann das eine Mal vom statuarischen Vorbild beibehalten, das andere Mal der Hermenform zu lieb geändert worden sein. Für die besten Exemplare gelten die in Ny Carlsberg (17), Corfu (11) und Boston (18), für das vollständigst erhaltene das in Corneto (9), welche mir alle bloss aus der Photographie bekannt sind.

Den Beweis, dass hier Menander dargestellt sei, gründet Stud- niczka auf Folgendes:

Zunächst werde durch den Epheukranz des Oxforder Kopfes (14) und durch die Zusammenstellung mit dem sogen. Seneca in der albanischen Doppelherme (4) der Dargestellte als Dichter be- zeichnet, den vielen Repliken nach als berühmter, namentlich auch bei den Römern beliebter Dichter. Und zwar könne es sich trotz der Bartlosigkeit nur um einen Griechen handeln, da ein so stimmungs- volles Charakterporträt deutlich auf eine erlauchte Urheberschaft (Söhne des Praxiteles, oben g) und eine Entstehung bald nach Ly- sippos hinweise. Die eigenartige Haarbehandlung und die Ver- bindung geistiger Bedeutung und physischen (?) Leidens habe ihre nächste Analogie an dem Bildnis des Epikur. Wenn sich nun heraus- stelle, dass dieser Dichter eine unverkennbare Ähnlichkeit habe mit dem beglaubigten Menander in Marbury Hall (6) und mit der als Menander zu erklärenden Figur auf dem lateranischen Relief (25), so hätten angesichts der sich gegenseitig stützenden und bestätigen- den Gründe die kleinen Zweifel, die etwa im Einzelnen noch walten könnten, keine Bedeutung mehr.

Diese Beweisführung hat in der That viel Bestechendes und ihr Ergebnis wird schon jetzt meist als Thatsache betrachtet, noch ehe die in Aussicht gestellte einlässliche Monographie darüber, welche ohne Zweifel noch weitere Verstärkung bringen wird, erschienen ist. Gleichwohl erlauben wir uns einige Bedenken zu äussern, die uns

KRITIK DER STUDN.'SCHEN HYPOTHESE 117

den Sicherheitsgrad der Aufstellung vorerst noch als discutierbar er- scheinen lassen.

In erster Linie halten wir dafür, dass die beiden Hauptargu- mente und die einzig wirklich entscheidenden, die Ähnlichkeit des Typus einerseits mit dem Medaillonkopf, andererseits mit der Relief- figur, an sich keine absolute Beweiskraft haben. Machen sich doch neben dem Gemeinsamen (Bartlosigkeit, geschwungene Stirnbüschel) auch nicht zu leugnende Verschiedenheiten geltend: Beim Medaillon die volleren Formen, die höhere durch eine Querfalte von der Nase getrennte Stirn, das kurze tiefsitzende Kinn; bei der Lateranfigur die anders gebildeten Augen, der höher hinausgewölbte Wirbel. Ver- gleicht man vollends das Medaillon mit der Relieffigur, so darf man kaum mehr von Ähnlichkeit sprechen: aus blos physiognomischen Gründen hätten diese zwei niemals auf die gleiche Person gedeutet werden können. Wenn Benndorf und Schöne der Figur Ähnlichkeit mit Menander zuschreiben, so hatten sie nicht das Medaillon, sondern die damals für Menander geltende vaticanische Statue im Sinne.

Aber das Lateranrelief darf zum Voraus nur sehr bedingter Weise mit in die Frage hineingezogen werden, weil es selber keine sichere Grundlage bietet. Nach dem ganzen Motiv und nach Ana- logie der gleichartigen Darstellungen liegt es ebenso nahe, an einen Schauspieler als an einen Dichter zu denken.^ Speziell als Dichter ist die Figur durch nichts gekennzeichnet, weder durch einen Kranz, noch durch eine Rolle (in ihrer R.) noch durch ein Scrinium. Ihr einziges Attribut ist die emporgehobene Maske, und diese eignet dem Schauspieler wie dem Dichter, falls man nicht gar zu der älteren Deutung eines Maskenverkäufers zurückkehren will. Nach dem (jetzt abgebrochenen) Zopf der Maske scheint es übrigens keine männ- liche (juvenls), sondern eine zweite weibliche zu sein, in welchem Fall die unmittelbare Hindeutung der drei Masken auf die neuere Komödie wegfiele. Am wenigsten kann ich mich mit der Beziehung der weiblichen Figur auf die Hetäre Glykera befreunden, zu der eine so feierliche Haltung und Kostümierung nicht passen. Dass bei dieser Sachlage die schwache Ähnlichkeit des Maskenhalters mit dem Hermentypus einen sehr prekären Charakter trägt und nur mit äusserster Vorsicht zu weiteren Schlüssen benutzt werden darf, ist klar. Jedenfalls kann die Figur nicht als ein Reflex des mutmasslichen statuarischen Vorbilds angesehen, und kann nicht die emporgerichtete

^ Vgl. Reisch Griechische Weihgeschenke p. 54.

118 MENANDER

Kopfhaltung, die wir bei einigen Exemplaren getroffen haben, daraus erklärt werden. Denn jene Haltung setzt die Beziehung zu der gegenüberstehenden Frau voraus, die nur dem Relief angehört.

Eine verhältnismässig sicherere Basis ist das durch Namensauf- schrift beglaubigte Medaillon in Marbury Hall, bei dem höchstens gegen die Ursprünglichkeit der Aufschrift Zweifel erhoben werden können. Indes zu einem überzeugenden Beweis reicht auch dieses Kriterium nicht aus. Wenn man bedenkt, dass wir ein geringes spät- römisches Skulpturwerk vor uns haben, das zwar eine allgemeine Ähn- lichkeit mit dem besprochenen Typus aufweist, aber keinen einzigen Zug, der mit Notwendigkeit auf jenes Vorbild zurückgeführt werden muss, und bei dem man gerade die besonders charakteristischen Merk- male der tiefliegenden Augen, der mageren Wangen und des schlanken Halses vermisst, so bleibt wieder, wie leider so oft, nur die Möglichkeit der Identität übrig, eine Möglichkeit, die allerdings dadurch verstärkt wird, dass Replikenzahl, Epheukranz und Bartlosigkeit zu der daran abgeleiteten Namengebung stimmen.

Inwiefern der Hermentypus physiognomisch der Deutung ent- spricht, lasse ich dahingestellt. Man ist wohl nicht berechtigt, zu verlangen oder vorauszusetzen, dass, weil Menander ein Komödien- dichter war, ein besonders heiterer Ausdruck in seinem Gesicht zur Geltung kommen musste. Immerhin dürfte constatiert werden, dass bei der Mehrzahl der Exemplare das gerade Gegenteil der Fall ist.

Das bisher Gesagte ist nicht gegen die neue Taufe als solche, sondern nur gegen ihre verfrühte Dogmatisierung gerichtet. Es muss jetzt aber noch ein Umstand berührt werden, den Studniczka, soviel ich sehe, nicht releviert hat, der bei näherer Erwägung doch eine reelle Schwierigkeit bilden könnte, ich meine das Vorkommen einer fast colossalen Wiederholung wie die des Pompejus Spada (21). Ich habe den Kopf dieser Statue bei der obigen Aufzählung zu den zweifelhaften Repliken gesetzt, weniger, weil ich selbst Zweifel habe, als weil Andere sie zu haben scheinen. Er mag sich im Profil, namentlich Exemplaren wie dem chiaramontischen (1) gegenüber, durch einen runderen völligeren Contour, sowohl was den Übergang der Stirn zum Scheitel, als was den des Kinns zum Hals betrifft, unterscheiden; ferner dadurch, dass das Haar in decidierterer Weise vom Hinterkopf nach vorn läuft; er mag auch etwas älter erscheinen als die Mehrzahl der Repliken und in dem gemacht imponierenden Ausdruck von ihnen abweichen. Es bleibt aber immer noch ein so beträchtliches Mass von Ähnlichkeit bestehen, dass man den Kopf

DER POMPEJUS SPADA NICHT MENANDER IIQ

fast unmöglich für das Bildnis einer anderen Person nehmen kann, wie ich denselben denn schon vor Jahren \ und damals gewiss nicht in vorgefasster Weise, an den in Rede stehenden Typus angeschlossen habe. Obgleich mir das Replikenmaterial niemals vollständig in Ab- bildungen vorlag, und jetzt sogar nur noch sehr unvollständig zu Ge- bote steht, glaube ich doch behaupten zu dürfen, dass die Ähnlichkeit des Pompejus Spada mit einzelnen Exemplaren grösser und zwingen- der ist, als die des englischen Medaillons mit irgend einem von ihnen.

Nun ist die genannte Statue reichlich drei Meter hoch, ihr Kopf also, der in den Verhältnissen dazu passt, zwischen anderthalbmaliger und doppelter Lebensgrösse. Bildnisse griechischer Dichter oder Philosophen von diesem Massstab sind mir keine bekannt. Erst in römischer Zeit und hier meines Wissens nur bei politischen und dem Hof nahe stehenden Grössen kam jener Massstab zur Verwendung, immer natürlich als Ausdruck höherer Ehrung. Sollte wirklich bei Menander eine Ausnahme gemacht worden sein, eine Ausnahme, die man sich weder bei Homer noch bei Sophokles^, weder bei Plato noch bei Demosthenes gestattete? Oder aber ist trotz alledem und trotz dem Epheukranz des verstümmelten Oxforder Exemplars eine andere Person gemeint, die etwa wie früher auf einen Staatsmann oder Feldherrn zu deuten wäre?

Fassen wir das Für und das Wider noch einmal kurz zusam- men, so haben wir zunächst 18 bis 20 Exemplare, welche die Be- rühmtheit verbürgen. Ihr teilweise vortrefflicher Stil spricht mit Wahrscheinlichkeit für einen Griechen, der Epheukranz des Oxforder Exemplar für einen Dichter, die Bartlosigkeit für einen solchen der nachlysippischen Zeit. Diese Bartlosigkeit, welche bei einem Griechen der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts auffällt, wird durch die beiden Medaillons (a und b) gerade für Menander ausdrücklich be- zeugt. Sie stimmt auch zu der Notiz von seinem weichlichen Lebens- wandel, wie die Magerkeit der Formen und die eingesunkenen Augen zu der von seiner Kränklichkeit und wie die verhältnismässige Jugend zu seinem frühzeitigen Tod. Endlich wird man sagen müssen, dass der Vergleich mit dem Clipeus in Marbury Hall ganz dazu angethan ist, der Deutung Vorschub zu leisten, während der mit dem laterani-

^ Rom. Ikonogr. I. p. 122 ff.

2 Die Colossalität des auf Sophokles gedeuteten Kopfes in Madrid (I. Teil. p. 130. 14) scheint, wie ich nachträglich aus den von Hübner angegebenen Massen (Höhe 58 cm) sehe, auf Irrtum zu beruhen. Es darf wohl nur von „etwas über Lebens- grösse" gesprochen werden.

120 MEN ANDER

sehen Maskenträger ihr wenigstens nicht entgegensteht. Positiv ungünstig ist ihr nur der colossale Massstab des Spada'schen Statuen- kopfes und dessen anscheinend höheres Alter. Das Physiognomische mag als neutral betrachtet werden.

Bei diesem starken Überwiegen des Für kann es beinahe skep- tisch erscheinen noch zu zweifeln. Allein da die betreffenden Gründe alle nur empfehlender, nicht eigentlich beweisender Art sind, so ist ein einziger Gegengrund im Stande, sie zu entkräften und aufzuheben. Wenn die Schwierigkeit des colossalen Maassstabs durch stichhaltige Analogieen beseitigt werden kann, ist der Schreiber dieses gerne be- reit, von seinen Zweifeln zurückzutreten.

Zum Schluss noch ein Wort über ein paar Doppelhermen, in denen der Typus wirklich oder vermeintlich mit vertreten ist, und die etwa ein Licht auf die Deutung desselben werfen könnten : Die Doppelhermen in Villa Albani, in Bonn und in Neapel.

Die in Villa Albani (4) zeigt als Gegenstück in ursprünglicher Zusammenstellung ein Exemplar des sogen. Seneca. Es wären also nach der herkömmlichen Auffassung, da bei beiden einmal der Kranz vorkommt, zwei alexandrinische, resp. nachlysippische Dichter miteinander vereinigt. Wenn der eine Menander, wer kann der andere sein? Unter den Alexandrinern hat Menander kein passendes Gegenbild. Einem besonderen Verehrer kann es eingefallen sein, den Philemon ihm an die Seite zu stellen. Aber ist es glaublich, dass von Philemon mehr Bildnisse als von Menander, ja mehr als von irgend einem anderen Dichter auf uns sollten gekommen sein?

Ein zweites Doppelbildnis ist der sogen. Aristophanes und Me- nander in Bonn (23); der Menander als Replik unseres Typus sehr schwach empfohlen, obgleich man sagen könnte, dass die Welcker- sche Deutung durch das seitdem bekannt gewordene englische Me- daillon eher gewonnen als verloren hat. Ja das Letztere ist im Grund die einzige Basis, auf der die Deutung zur Not noch aufrecht er- halten werden kann. Aber auch hier erhält man keine Antwort auf die Frage, wen denn der mit ihm verbundene Kopf darstelle. Da derselbe durch den Haarreif vor jenem ausgezeichnet ist, kann es kein unter ihm stehender Berufsgenosse sein. Über ihm aber stand bloss Aristophanes, und Aristophanes war kahl. So führt das Festhalten an der Menanderbedeutung nur in ein auswegloses Dilemma.

Ein drittes Denkmal dieser Art liegt wohl dem bei Ursinus (Imag. p. 33) unterhalb des Medaillons abgebildeten Menanderkopf

DOPPELHERMEN. EUKLID 121

ZU Grunde, der mit dem Sophokles (ibid. p. 25) zusammen jene Doppelherme gebildet zu haben scheint, von der Faber zu No. 90 als im Besitz der Ursinus befindlich spricht: Alla effigies cul juncta visltur SophocUs imago; welche Doppelherme, worauf mich Stud- niczka aufmerksam macht, wahrscheinlich identisch mit der farnesi- schen in Neapel, Gerh. No. 36Q, Inv. 6236 (abgeb. Arndt-Bruck- mann 125 127).^ DerUrsinus'scheMenanderkopf war ohne Zweifel nach dem Medaillon (a) benannt, welches damals die einzige Quelle für das Porträt des Dichters war. Wenn die beiden Köpfe (Ursinus Imag. 33 und 25) wirklich mit der Doppelherme in Neapel identisch, so ist es merkwürdig, dass man zu verschiedenen Zeiten und auf verschiedenem Wege zweimal zu dem gleichen falschen Resultat kam, einmal 'auf Grund des Medaillons (Ursinus) und einmal auf Grund der Bonner Doppelherme (E. Braun in den Annal. 1854 p.48). Eine Stütze für die neue Menanderhypothese oder überhaupt eine Förderung für die Menanderfrage kann also aus dieser Denk- mälergattung nicht entnommen werden.

Der Mathematiker Euklid

Der Mathematiker Eukleides aus Gela blühte unter dem ersten Ptolemaeer in Alexandria am Anfang des dritten Jahrhunderts.

Auf ihn glaubt Friedr. Marx- die Zeichnung einer sitzenden Figur in der berühmten Handschrift der römischen Feldmesser, dem sogen, codex Arcerianus der Wolfenbüttler Bibliothek No. 2403, be- ziehen zu dürfen. Dieselbe ist daraus verkleinert abgebildet in den Jahrbüchern a. a. O. p. 196: Ein bärtiger Mann reiferen Alters mit vollem lockigem Haar, das von einer Binde umwunden ist, sitzt in einer aedicula mit fächerartigem Dach auf einer von geflügelten Sphinxen getragenen Steinbank. Er hat die Beine übereinander- geschlagen, mit einem Mantel drapiert, während der Oberkörper nackt ist. In der vorgestreckten Linken hält er eine entfaltete Buch-

^ Die bei Gronov Thes. II. p. 98 gegebene Abbildung ist ein reines Phantasiestück, ebenso wie die Umwandlung der Ursinus'schen Menanderherme zu einem Relief Tf. 98 ebenda. - Digitis computans, in Fleckeisens Jahrbb. 1900. p. 195 ff.

122 DER MATHEMATIKER EUKLID. EPIKUR

rolle, und macht mit den Fingern der zum Kinn erhobenen Rechten eine Geberde, Nx^elche man als die des dlgltis computare fassen kann.

Dass unter einer solchen Figur ein Fingerrechner, dem Bart nach ein Grieche, und weil es die Illustration einer Handschrift der römischen Feldmesser, ein berühmter Geometer verstanden sei, am ehesten der berühmteste von allen, Euklid, ist nicht ganz unwahr- scheinlich. Auch die bekannte Stelle des Sidonius Apollinaris (Epist. IX. 9), wo die Darstellungsformen einer Anzahl von Philosophenbild- nissen aufgeführt werden, darunter Euklid mit dlgitis propter men- surarum spatla laxatis (gespreizten Fingern zur Bezeichnung der Abstände der Linienmaasse?), kann einigermassen zur Unterstützung der Vermutung dienen, obwohl sich der lateinische Ausdruck viel- leicht nicht ganz mit dem gestus deckt oder dieser auch anders ge- deutet werden kann.^

Ikonographisch wird man ihr keinen Wert beimessen und daher keine Ähnlichkeitsschlüsse darauf gründen dürfen. Es wäre auch schwer, ein zutreffendes Beispiel in der Rundplastik namhaft zu machen; dem allgemeinen Charakter nach etwa den Kopf bei Cava- ceppi Racc. III. 23.

Epikur

I Taf. XVI. XVII 1

Epikur (342—270), der Gründer der nach ihm genannten Philo- sophenschule und neben Chrysipp einer der fruchtbarsten Schrift- steller des Altertums, war von attischen Eltern in Samos geboren, wo er seine erste Jugend verlebte. Nach verschiedenen Ortsverände- rungen siedelte er sich 306 in Athen an und verbrachte daselbst die zweite Hälfte seines Lebens, lehrend und schreibend oder in heiterer Zurückgezogenheit, bis er 72 jährig starb, zuletzt allerdings von man- nigfachen körperlichen Leiden geplagt. Er war eitel und selbst- gefällig, aber liebenswürdig im Umgang. Sein Wahlspruch war 'ki^z ßicicac, der Kern seiner Philosophie t6 teXo? r^ t^Sovtj, welchen

^ Der letztere oder ein ähnlicher nahe verwandter kommt auf Miniaturen häufig vor, wo sicher nicht an das Fingerrechnen zu denken ist. Vgl. z. B. die Figuren des Apollonios, des Rufos u. And. in der Dioskurideshandschrift (abgeb. bei uns Taf. XXXIII).

SEINE PERSON. ERHALTENE DARSTELLUNGEN 123

Begriff er genauer als Freiheit von Schmerz und Ruhe des Gemüts definierte.

Seine Vaterstadt ehrte sein Andenken durch Errichtung von ehernen Statuen^; ob schon zu seinen Lebzeiten, wird nicht gesagt. In der Kaiserzeit waren die Bildnisse Epikurs ungemein verbreitet-, noch mehr ohne Zweifel als die des Chrysipp, wie der Epikureismus in der vornehmen Welt mehr Anhänger zählte als die Stoa. Selbst auf Becher und Ringe pflegte man sein Bild zu setzen.^

Von seinen Zügen bemerkt Atticus bei Cicero, dass sie, einmal gesehen. Einem nicht leicht aus dem Gedächtnis kämen (nee tarnen Epicuri licet oblivisci, si cupiam)*, was durch die Büsten bestätigt wird. Dagegen steht das pingitur cute dlstenta des Sidonius Apol- linaris'*, wenn eine glatte Haut darunter verstanden ist, mit den Denkmälern eher in Widerspruch,

Erhaltene Darstellungen

1. Doppelherme des Epikur und Metrodor im Capitol, Philo- sophenzimmer No. 63 [abgeb. Taf. XVI und XVII] ^ mit den Na- mensaufschriften: eniKOYPOC .HTPOAUUPOC Gefunden 1742 beim Bau der Vorhalle von S. Maria Maggiore in Rom und sogleich zum Papst (Benedikt XIV.) gebracht, wo die Inschriften in Gegenwart der ersten Kenner verificiert wurden.^ Etwa zweites Jahrhundert n. Chr. Die Köpfe ungebrochen und fast vollkommen erhalten; am Epikur bloss der linke Augenknochen ergänzt.

2. Büste im Capitol, ebenda No. 64 (abgeb. Bottari I. 30), mit Gewand über Rücken, linke Schulter und Brust, man könnte meinen, der Teil einer Statue. Von guter Erhaltung und Arbeit, deren Alter- tum im neuen Museumskatalog, ich weiss nicht, ob mit Recht, ver- dächtigt wird. Früher nach einer Ursinus'schen Gemme ^ für den karthagischen Schriftsteller Mago erklärt. ^^

1 Diog. Laert. X. 5.

* Plin. 35. 5: Epicurios vultus per cubicma gesinnt ac circumferunt secum.

^ Cicero De fin. V. L * Cic. a. a. O.

"> Sidon. IX. 9. 14. « Bottari I. 5; Righetti I. 127.

' Kaibel 1150.

® Vgl. Buonaccorsi Lettera sopra la vera imagine (V Epicuro. Roma 1744.

9 Faber Imag. 86; Bellori 22.

^0 Die ehemalige Aufschrift EniKOYPOZ auf der Herme No. 88 ebenda (abgeb.

Bott. I. 11) erkannte schon Bottari als unecht. Der betreffende Kopf ist jetzt auf

eine inschriftlose Herme gesetzt.

124 EPIKUR

3. Herme im Vatican, Musensaal No. 4Q8 (abgeb. Pio Clem. VI. 34)^; 1789 bei Roma veccliia gefunden. Stark und schlecht er- gänzt.

4. Herme in Villa Albani No. 29. Oberteil des Kopfes und Bart neu.

5. Kopf in der Sammlung Barracco zu Rom (abgeb. Barr, u. Heibig Taf. 63 a); in den Formen nicht so prägnant wie meist und ohne den gewöhnlichen leidenden Zug. Heibig nennt ihn mit Un- recht le plus beau portralt que nous ayons de ce philosophe.

6. Bronzebüstchen aus Herculaneum in N e a p e 1 , Inv. 5465 [abgeb. Taf. XIX] -^ 1753 gefunden, mit dem Namen eniKOYPOC auf der runden antiken Basis (Kaibel 708). Von ältlichen Zügen; über Rücken und linke Schulter ein Gewand. Mit der Basis c. 20 cm hoch.

7. Bronzebüstchen gleichen Fundorts ebenda, Inv. 5470 (ab- geb. Comp, e de Petra XII. 6)", ohne Aufschrift, mit Gewand links. Von massiger Treue. Ohne die moderne Basis 14 cm hoch.

8. Bronzekopf von fast natürlicher Grösse, 1752 in Resina ge- funden, aber jetzt, wie es scheint, verschollen (abgeb. Comp, e de Petra XII. 5, vgl. p. 263, 14)*, mit Gewand auf der linken Schulter. '^

9. Doppelherme des Epikur und Metrodor in Louvre, Kaiy- atidensaal, Descr. No. 139, jetzt 88 (abgeb. Visc. Icon. gr. I. Taf. 25. 2, 3)^; aus der Sammlung des Herzogs von Penthievre in Chäteau- neuf, also nicht aus V. Borghese, wie St. Victor bei Bouillon angiebt. Die Köpfe waren voneinander getrennt (doch nicht an der Scheide- linie) und der des Epikur in der Mitte und anderwärts gebrochen; aber alle wesentlichen Bestandteile sind antik. Die Kopfhaltung, wenigstens bei Epikur, gerader als bei der capitolischen Doppelherme (1), der Scheitel gewölbter.

10. Herme in Louvre, Corrid. d. Ven. v. Milo, Descr. No. 657, Cat. somm. No. 363 (abgeb. en face Bouillon II)"; aus V. Borghese.

1 Pistolesi V. 88.

•^ Br. d'Ercol. I. 19, 20; Visconti Icon. gr. I. Tf. 25. 1; Baumeister I. p. 483 (hier

fälschlich als capitolinisch bezeichnet); Comp, e de Petra La Villa Erc. Tf. 12. No. 7,

vgl. p. 262. 13; Usener Epicurea Titelvign.

3 Br. d'Ercol. I. 23, 24. ^ Bronzi d'Erc. I. 21, 22.

'" Der unterlebensgrosse Bronzekopf in der Collezione Cumana zu Neapel ist ohne

Zweifel modern.

« Mus. Nap. II. 75; Bouillon IL; Clarac pl. 1026 und 1081; PhoL Giraudon 1235.

' Clarac pl. 1081.2931 B.

ERHALTENE DARSTELLUNGEN 125

Trotz kleinen Abweichungen (der Bart nicht zweigeteilt) ohne Zweifel Epikur. Die Herme neu.

11. Herme im brit. Museum, Rom. Gall. No. 57 (abgeb. Anc. Marbl. 11. 34)', 1775 in der Villa Casali bei S. Maria Maggiore in Rom gefunden. Mit Gewand auf der linken Schulter.

12. Kopf ebenda No. 58 (Phot. beim arch. Inst.), sehr schmal, und nicht nach dem gleichen Vorbild wie der vorige. Wohlerhalten samt der Nase, die hier nur unmerklich gebogen. 1873 von Castel- lani in Rom gekauft.

12a. Doppelherme des Epikur und Metrodor in Ramsgate (Kent), Michaelis Anc. Marb. p. 618. Vollkommen erhalten, mit dem Namen auf dem Schaft (nicht unmittelbar unter der Brust wie sonst); angeblich ebenfalls beim Bau der Vorhalle von S. Maria Maggiore in Rom 1742 gefunden. Aus der auffallend guten Erhaltung, der Rosette statt des Phallus u. And. schliesst Michaelis, dass die Herme modern und der Fundort erdichtet.

13. Herme in derCasa del labrador zu Aranjuez, Hübn. 154, mit Namensaufschrift auf dem modernen Bruststück. Der Kopf rich- tig benannt und echt.

14. Kleine Büste in Berlin No. 306 (abgeb. Arndt- Bruckm. Portr. Taf. 40), mit ausladendem Hinterkopf. Das Bruststück alt, mit Mantel auf der linken Schulter. 25 cm hoch.

15. 16. Zwei geringe und schlecht ergänzte Köpfe in der Münchener Residenz (der eine abgeb. Arndt-Amelung, Einzel- aufn. 974).

17. Kopf mit Gewandrand in Ny Carlsberg zu Kopenhagen, Kai 335 (abgeb. Arndt-Bruckm. 38, 39), die Nase schlecht ergänzt.

18. Kopf ebenda No. 336. Der untere Teil neu.

19. Büste in Stockholm (nach Wieseler im Philol. 27. 1868. p. 209).

Zweifelhaft:

20. Herme im Capitol, Philosophenzimmer No. 18 (abgeb. als Isokrates bei Bottari 1.65.)- Nach Bottari gleich der Doppelherme (1) unter Benedikt XIV. bei S. Maria Maggiore gefunden. Die Schmal- heit und Magerkeit des Kopfes sind echt epikurisch, weniger die aufwärts gerichtete Haltung und der lange (antike) Hals. Da indes auch das Stirnhaar und der Zug der Brauen für Epikur spricht, so

1 Phot. beim arch. Inst. Vgl. Wolters 1624. * Schlecht bei Righetti I. 111.

126 EPIKUR

wird wohl ein schlechtes Bildnis von ihm anzunehmen sein. Er stimmt am meisten mit dem Epikur Barracco (5) überein.

21. Auch bei der schönen Herme des Museo Chiaramonti No. 734 mit der Aufschrift COAUUN ist man stark versucht, an Epikur zu denken, trotz dem für ihn etwas flachen Scheitel und dem schlich- ten Bart. Kopfform, Stirnhaar und Brauen sind ganz die seinen.

22. Marmorkopf in Neapel (abgeb. Comp, e de Petra La Villa Erc. III. 8, vgl. p. 34. 1), 1875 in Pompeji gefunden, zusammen mit einem in Grösse und Bildnisform übereinstimmenden Pseudo-Seneca. Die Deutung schwankt zwischen Epikur (Mau) und Metrodor (Com- paretti), wenn anders überhaupt einer von beiden gemeint ist.

23. Unterlebensgrosse Marmorherme in N e a p e 1 , Invent. 111 392 (abgeb. Comp, e de Petra III. 4, vgl. p. 34. 1), 1878 in Pompeji ge- funden, an der Hinterseite glatt. Nicht so selbstverständlich Epikur, wie Comparetti meint (p. 35). Es fehlt sowohl der charakteristische Zug der Brauen als die Krümmung der Nase. Auch er scheint sein Gegenstück an einem Pseudo-Seneca zu haben.

24. Büste im Louvre, Saal der Pall. v. Velletri, Descr. No. 316, jetzt No. 490 (abgeb. Bouillon III. bustes, pl.5)^, sehr geflickt, mit Ge- wand über der linken Schulter. Die Stirn weniger schmal als sonst, der Ausdruck schmerzlich. Aus V. Borghese.

25. Herme mit der modernen Aufschrift Metrodor in Madrid, Hübn. No. 167. Von hohen Proportionen, ohne Ausladung des Hinterkopfs.

Schwerlich noch hierher gehörig:

26. Die Doppelherme in Madrid, Hübn. No. 147 (sogen. Epi- kur und Metrodor). Beide Köpfe sind sich ausserordentlich ähnlich, entbehren aber der für Epikur und Metrodor charakteristischen Züge.

Sicher zu streichen:

Die unterlebensgrosse Statue in Newby-Hall, Michaelis Anc. Marb. p. 525. No. 7 (abgeb. Clarac pl. 844. 2116, im Text 2128), \om Motiv des Demosthenes im Braccio nuovo, mit zugehörigem Kopf; daher wahrscheinlich ein Redner.

Die Büste im Wallraff-Museum zu Köln, Kat. v. Düntzer No. 4. Der Kopf hat nicht die schmalen hohen Proportionen des Epikur; die Haare fallen kurz und schlicht auf die Stirn und begrenzen sie im Bogen. Von schlechter Arbeit.

1 Clarac pl. 1081. 2931 A; Mus. Nap. II. 74.

BEGLAUBIGUNG DES BILDNISSES. FUNDORTE 127

Der Kopf in Dresden, Kat. von Hettn. 1875. No. 19 (abgeb. Augusteum. Tf. 70. 2), der noch dazu modern.

Die sogen. Epikurbildnisse in der Galleria geografica des Vaticans und in Erbach sind vielmehr Metrodore (S. d. No. 3 und 9).

Beurteilung der Bildnisse

Während bis gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts das Bildnis Epikurs völlig unbekannt und keinerlei Anhaltspunkte für bezügliche Vermutungen vorhanden waren/ ist es jetzt eines von denen, die am besten beglaubigt und in den zahlreichsten Exemplaren erhalten sind.

Die Grundlage unserer Kenntnis bilden die damals bald nach- einander (1742 und 1753) ans Licht gekommenen Denkmäler im Capitol (1) und in Neapel (6), diebeide mit dem Namen beschrieben sind und sich typisch gegenseitig bestätigen: jenes eine Doppel- herme in Lebensgrösse von Marmor, dieses ein Produkt der Klein- kunst von Bronze. Nach ihnen lassen sich, um nur das mir Bekannte zu rechnen, mit zweifelloser Sicherheit noch c. 19, mit Wahr- scheinlichkeit noch 3 oder 4 weitere Hermen und Köpfe auf ihn beziehen.

Die Fundorte sind uns bei der Mehrzahl derselben nicht be- kannt. Wo es der Fall, handelt es sich stets um Rom oder Neapel mit ihrer Umgebung. In Rom hat sich namentlich der Bezirk von S. Maria Maggiore fruchtbar erwiesen, indem hier nicht nur die capitolinische Doppelherme (1), die uns das Bildnis zuerst seinem Namen nach kennen lehrte, sondern auch eine jetzt nach London gekommene Herme (11) gefunden wurde, jene beim Bau der Vor- halle 1742, diese in der nahegelegenen Villa Casali 1775; ja, wenn der sogen. Isokrates im Capitol (20) für Epikur genommen werden darf, sogar noch eine dritte, fast zu gleicher Zeit und am gleichen Ort wie die erste.- Daneben figuriert Roma vecchia mit der Herme im Vatican (3), Herculaneum mit zwei Bronzebüstchen in Neapel (6, 7), Pompeji mit zwei nicht ganz sicheren Marmorbildnissen ebenda (22, 23), Resina mit einem jetzt verschollenen Bronze- kopf (8). Auch die borghesische Herme im Louvre (10) und der

^ Was freilich willkürliche Namengebungen nicht verhinderte; vgl. die bei Gronov Thes. II. 96 und Bottari Mus. Cap. I. p. 14 angeführten Statuen und Gemmen. * Die Doppelherme von Ramsgate (12a) lassen wir ausser Betracht.

128 EPIKUR

früher castellanische im brit. Museum (12) werden italischen (rö- mischen) Ursprungs sein.

Die charakteristischen Merl<male des Bildnisses sind vor Allem die hohe, auffallend schmale Kopfform und das scharf geschnittene Profil mit der Höckernase (letztere erhalten z. B. an der Doppelherme im Capitol (1) und im Louvre (9), im Wesentlichen auch an der Herme No. 64 im Capitol (2) und an der kleinen Berliner (14). Die Brauen sind zur Nasenwurzel herabgezogen und bilden hier einen überhängenden Wulst, der die Innern Augenwinkel tief be- schattet, was dem Gesicht einen strengen, auf Gedankenarbeit hin- deutenden Ausdruck giebt. ^ Die Wangen sind mager und einge- fallen, das Haar schlicht und noch voll, der Bart zweigeteilt und etwas gelockt.

Das Bildnis, ein energischer Charakterkopf, beruht offenbar nicht auf blosser Erfindung, sondern enthält individuelle, dem lebendigen Urbild entnommene Züge. Wie hätte es auch die porträtfreudige Kunst des 3. Jahrh. v. Chr. versäumen dürfen, das echte Bild des be- rühmten Mannes der Nachwelt zu überliefern. Doch bilden die er- haltenen Exemplare keinen so geschlossenen und einheitlichen Typus, dass man sie auf ein einziges Original zurückführen könnte. Es sind Alters- und Stimmungsverschiedenheiten vorhanden, die auf eine Mehrzahl von solchen deuten, wenn diese auch jetzt kaum mehr klar voneinander zu scheiden sind. Der Kopf der Pariser Doppelherme (Q), der in der Sammlung Barracco (5) und das Neapler Bronze- büstchen, das der Aufschrift ermangelt (7), werden einer verhältnis- mässig jüngeren Gruppe mit heitererem Ausdruck, die beiden ca p i t o - linischen Bildnisse (1 und 2), das im Vatican (3), das eine im brit. Museum (11) und das Neapler Inschriftbüstchen (6) einer älteren mit in tiefe Gedanken versunkenem Ausdruck zuzuteilen sein. Bei manchen scheint eklektisch verfahren worden zu sein, so dass die Eigentümlichkeiten der Originale sich verwischten. Daraus erklären sich dann auch jene schwankenden Typen (No. 20ff.) bei denen man ungewiss bleibt, ob sie wirklich Epikur darstellen.

^ Heibig und Andere fassen ihn als Ausdruck des Leidens, da ihm die letzte Zeit seines Lebens durch eine schmerzhafte Blasenkrankheit verbittert wurde. Aber wenn die Porträtkünstler auf die Krankheit des Epikur Rücksicht nahmen, dann doch gewiss in erster Linie darauf, dass er seine Schmerzen mit der grössten Standhaftig- keit und mit philosophischer Ruhe ertrug. Rühmt er doch selber in einem Schreiben an Hermarch : Compensabatur tarnen cum his omnibus (dolon'bus) animi laetitia. Cic. de fin. II. 30.

GANZE STATUEN. OLYPTISCHE DENKMÄLER 129

Ganze Statuen befinden sich unter den erhaltenen Bild- nissen keine. Da aber die blossen Köpfe (S. Barracco 5, brit. Museum 12), sowie alle Hermen und Büsten, an denen das Bruch- stück modern (Vat. 3, Louvre 10, Aranjuez 13, München 15, 16), ebensogut von Statuen herrühren können, und da wir wissen, dass ihm wirklich solche von seiner Vaterstadt errichtet wurden, so scheint es richtiger, den Typus auf ein öffentliches, jedermann zugängliches Statuenoriginal zurückzuführen, auf eines, das ihn wahrscheinlich in sitzender Stellung darstellte, wie es dem Philosophen angemessen war, und ohne Chiton, wie es die damalige Kunst noch verlangte. Als Entstehungszeit ist aus äusseren und inneren Gründen (Bildnis nach dem Leben, realistischer Stil) der Anfang des 3. Jahrhunderts gegeben.

Mit Bezug auf die oben erwähnte Bemerkung Cicero's, dass das Bildnis des Epikur vielfach auch auf Ringen getragen wurde, wäre endlich eine genauere Betrachtung der glyptischen Denkmäler hier ganz besonders am Platze. Da mir aber die meisten der auf ihn gedeuteten geschnittenen Steine nur durch schriftliche Erwähnung oder aus ungenügenden Abbildungen bekannt sind, so muss ich mich mit einer kurzen Aufzählung derselben begnügen, und die Sichtung denen überlassen, welchen bessere Hilfsmittel zu Gebote stehen.

Das schönste und sicherste mir bekannte Bildnis ist der rote Jaspis aus der Blacas'schen Sammlung im brit. Museum No. 1517 (abgeb. Catal. of engrav. gems pl. I.) ^: Büste nach rechts.

Ein wahrscheinlich auf Epikur zu deutender Kopf befindet sich in der Florentiner Sammlung, Gab. d. cam. X. 28, oben und hinten nicht ganz vollendet.

Ein ähnlicher auf einem Sardonyx in Neapel No. 25, mit ge- bogener Nase. Auf dem Gewand der Name OMHPOC welcher mit dem Typus nicht vereinbar.^

Einen schönen Profilkopf sah Visconti auf einem Nicolo im Besitz des Ritters von Azära (Visc. Pio Clem. VI. p. 168. Anm. 1).

Einen Karneol der Sammlung Depoletti in Rom mit Bildnis des Epikur, unter dem ein Blitz, erwähnt Heibig (Bullet, d. Inst. 1866

^ Ohne Zweifel identisch mit dem sog. Kleobulos bei Cades 34, Lett. No. 45. ■^ Vgl. Griech. Ikonogr. I. p. 7n. Indes dürfte die Deutung auf Epikur auch noch näher zu prüfen sein. Die Bildung von Stirn und Wirbel sind doch nicht ganz die des Philosophen.

Bernoulli, Oriech. Ikonographie. II. Teil 9

130 EPIKUR. METRODOR

p. 67). Der Blitz, meint er, solle andeuten, dass Epikur die Himmels- erscheinungen auf die Naturkräfte zurückführte.

Ohne Grund als Epikur bezeichnet:

Der Kopf auf dem Smaragd-Plasma in Berlin, Tölken V. 5Q (abgeb. als griechischer Philosoph bei Furtwängler Beschr. d. geschn. Steine No. 2512).

Der Kopf mit dem kahlen Scheitel bei King (Ant. gems II. pl. 46. 11); wahrscheinlich derselbe, den schon Gronov abgebildet hatte (Thes. II. Tai 96), von einer Gemme des Ericius Puteanus in Löwen, also zu einer Zeit bestimmt, da man das Bildnis des Epikur noch gar nicht kannte.

Ähnlich verhält es sich mit dem Karneol des Grafen Halifax bei Bottari Mus. Gap. I. p. 14 (vgl. Agostini Gemme fig. I. 56).

Ikonisch natürlich ohne Bedeutung ist die Darstellung des Epikur als Skelett (mit Beischrift) auf einem Silberbecher von Bosco- reale im Louvre (abgeb. Jahrb. d. Inst. XI. 1895, Anz. p. 81.)^ Er ist mit dem Stoiker Zeno gruppiert, nach der späteren vulgären Auffassung als Fresser oder Feinschmecker mit der Rechten in eine volle Schüssel greifend; übrigens gleich Zeno durch Sack und Stock als Philosoph charakterisiert.

Metrodor

[Taf. XVI. XVII.]

Metrodoros aus Lampsakos (330—277), der Schüler, Freund und unzertrennliche Genosse des Epikur,- war zwölf Jahre jünger als dieser und starb sieben Jahre früher, 53 Jahre alt. Diogenes rühmt seine edle Gesinnung (dya^o; TravTa) und die Ruhe seines Charakters {o.xv.'za.Tz'kf^y.Toc, iz^bq rot? 6ylr^Gziq). Doch stand er seinem Meister an Energie des Denkens nach.^ Von seinen Schriften hat sich nichts er- halten.

Für Metrodor haben wir an der inschriftlich beglaubigten capitolinischen und an der zwar nicht beschriebenen, aber un- verkennbar die gleiche Person darstellenden Doppelherme im

^ Michaelis Preuss. Jahrb. 85. 1895. No. 22; Fondation Piot. V. pl. VIII. 1. * Alter Epicurus Cic. de fin. II, 28. " Seneca Epist. 52. 3.

ERHALTENE DENKMÄLER 131

Louvre, wo er beidemal mit seinem Lehrer Epikur zusammen- gestellt ist, eine so sichere und breite ikonische Grundlage, dass es scheint, man sollte über die weiteren Zuteilungen nicht gross im Zweifel sein können. Gleichwohl ist nicht nur durch falsche Identi- ficationen zum Teil von sonst kompetenter Seite gesündigt worden, sondern es sind auch mit dieser Frage eigentümliche Schwierigkeiten verbunden, weil man bei einer Anzahl von Bildnissen, zumal bei einem mehrfach vorkommenden Typus nur schwer zu der Entschei- dung kommt, ob es sich um Gleichheit der Person oder um blosse Verwandtschaft handle. Wir zählen zunächst die sicher oder mit grösster Wahrscheinlichkeit auf Metrodor bezüglichen Hermen und Büsten auf:

1. Doppelherme des Epikur und Metrodor im Capitol, Philo- sophenzimmer No. 63 [abgeb. Taf. XVI]. ^ Am Metrodor nur die Nasenspitze und ein Stück der Herme ergänzt.

2. Büste ebenda No. 62 (abgeb. Bottari I. 25)-, mit Mantel über der linken Schulter, sonst genau dem Kopf der Doppelherme entsprechend. Wohl erhalten und von sorgfältiger Arbeit; nur wieder die Nasenspitze ergänzt, der Nasenrücken gerade mit leicht accen- tuiertem Knorpel. Der Verfasser der nuova descrizione v. 1888 glaubt, es könnte eine moderne Kopie nach No. 1 sein.

3. Vortrefflicher Kopf in der Gall. geografica des Vaticans, Beschr. d. St. Rom II. 2. p. 283 (abgeb. Pistolesi VI. 95. 1), auf nicht zugehöriger Herme mit der Aufschrift Epikur; in Wahrheit vielmehr Metrodor, mit Querlocke an der linken Wange und regelmässig ge- wölbten Brauen. Allerdings eine freie Replik, und vom gewöhn- lichen Typus durch den geöffneten Mund unterschieden.

4. Herme im Mus. Torlonia No. 66 (abgeb. Mon. Tori. XVII. 66), sehr schöner Kopf mit lockigem Haar und Bart. Die Nase schlecht restauriert.

5. Bronzebüstchen von Herculaneum in Neapel mit nackter Brust (abgeb. Comp, e de Petra XII. 2)-\ schon von den hercula- nischen Akademikern als Metrodor erkannt. Mit geradem Nasen- rücken, tiefer Stirnfurche und vorquellender, in der Mitte geteilter Unterstirn. Trotz dem etwas bewölkteren Ausdruck nach Anlage des Stirnhaars und des Bartes ziemlich sicher benannt. Ohne die Basis 13 cm hoch.

1 Bottari L 5. Vgl. oben p. 123 No. L ^ Righetti IL 205. 3 Br. d'Erc. L 25, 26.

132 METRODOR

6. Doppelherme im Louvre, Karyatidensaal, Descr. 139, Cat. somm, No. 88 (abgeb. Visc. Icon. gr. I. Taf. 25, 4),^ unverkennbar dieselben Bildnisse wie die der capitolinischen Doppelherme, ob- wohl keine genauen Kopieen.

7. Kopf im brit. Museum No. 60 (Phot. beim arch. Inst.), in Rom gefunden. Die Nase schmal, aus einem besonderen Stück angesetzt.

8. Büste inWiltonHouse (Mich. Anc. Marb. p. 677. No. 20), mit der Aufschrift Aristophanes auf dem modernen Bruststück.

Über die Doppelherme des Epikur und Metrodor in Rams- gate s. oben p. 125 No. 12a.

9. Büste in Berlin No. 307, hier wegen der falschen Benennung der athenischen Büste (12) als Hermarch bezeichnet. Allein die An- lage der Haare zeigt deutlich, dass es eine Replik der capitolinischen Metrodore (1, 2).

10. Büste in Erbach, Epikur genannt, aber wahrscheinlich Metrodor. Die Nase, der untere Teil des Bartes bis zur Mundspalte neu. Anderes geflickt, sonst ein guter Kopf.

11. Kopf im Antiquarium der k. Residenz in München (abgeb. Arndt-Amelung Einzelaufn. Ser. IV. 961), von Arndt mit dem sogen. Sophokles in Neapel (I. Teil, p. 145) zusammengestellt, mit dem er allerdings die jTänie gemein hat. Aber auch hier spricht die An- lage der Haare und des Bartes, zumal die Querlocke an der linken Wange, deutlich für Metrodor.

12. Büste des sogen. Hermarch in Athen, Nationalmus. No. 368 (abgeb. Arch. Zeitg. 1884 p. 153);- beim königl. Marstall daselbst gefunden, bis auf eine geringe Verletzung am linken Ohr vollkommen erhalten. Über Rücken und linke Schulter ein Gewand. Die Büste noch nicht von dem unbearbeiteten Marmorblock getrennt.

13. Comparetti sieht auch in dem 1875 in Pompeji gefundenen Marmorkopf des Neapler Museums (abgeb. La Villa Ercolan. Tav. III, 8), der vielleicht das Pendant zu dem mitgefundenen Pseudo- Seneca bildete (vergl. a. a. O. p. 34), einen sicheren Metrodor, was indes zu viel gesagt ist. Die zur Nasenwurzel herabgezogenen Stirn- muske'ln und die stufenförmige Anlage des Bartes kommen sonst bei Metrodor nicht vor. Ersteres ist dagegen ein Charakteristicum des Epikur (s. d. No. 22).

^ Vgl. bei Epikur 9.

* Gipsabg. mit der Bezeichnung Epikur in Berlin.

TYPUS. PARALLELVERHÄLTNIS ZU EPIKUR 133

Alle diese Köpfe mit Ausnahme des zuletzt genannten und etwa des herculanischen Bronzebüstchens (5) und der Marmorbüste in Erbach (10), über welche ich nicht hinlänglich unterrichtet bin, zeigen jene Übereinstimmung in der Anlage des Haares und der Bartlocken, aus der man notwendig auf die Vorlage eines gemein- samen Originals schliessen muss. Man beachte namentlich die ganz gleich wiederkehrende Büschelung der Stirnhaare, die Querlocke neben dem Schnurrbart an der linken Wange und die zwei strammen Locken über dem Kinn. Der Typus ist dem des Epikur im All- gemeinen ähnlich, unterscheidet sich aber von ihm durch vollere, rundere, jugendlichere Formen. Der Kopf ist auch hier eher schmal und hoch, doch nicht in so ungewöhnlichem Masse wie dort. Die Stirn ist runzellos und klar, nur der untere etwas vorgewölbte Teil leicht gegen den oberen abgegrenzt, am auffälligsten bei dem hercu- lanischen Bronzebüstchen (5), wo überhaupt die Formen stärker als meist modelliert sind. Der Hauptunterschied von Epikur besteht in dem regelmässigen Zug der Brauen und in der geraden Nase, was Beides dem ganzen Typus den Anschein grösserer Idealität ver- leiht. Das Haupthaar ist massig gelockt, die Einkehlung des Kinns bartlos. Der Ausdruck milde und wohlwollend, gewissermassen der Gegensatz zu dem energischen des Epikur.

Der Umstand, dass Metrodor mindestens zweimal (Capitol 1 und Louvreö) in Doppelhermen mit Epikur vereinigt vorkommt eine dritte Doppelherme in Madrid (s. unten) ist ihrer Deutung nach unsicher wird zunächst durch das intime Freundschaftsverhältnis er- klärt, in dem beide zu einander standen und dann noch ferner durch die testamentarische Verfügung Epikurs, sein und des Metrodor Ge- dächtnis am 20 ten jedes Monats gemeinsam zu feiern.^ Indes wird die plastische Zusammenstellung wohl erst eine nachträgliche gewesen sein. Das prius, resp. das Original, war gewiss, wie überall bei dieser Denkmälerform, ein Einzelbildnis, hier vielleicht eine blosse Herme, da nirgends von einer Statue die Rede ist, und sich Metrodors Ruhm doch hauptsächlich auf den Kreis der Epikureer beschränkte. Immer- hin ist es nicht unmöglich, dass die Parallelisierung mit Epikur auch seinem Freunde gleich von Anfang die Ehre einer Statue verschafft hat. Die ungebrochene athenische Büste (12) mit dem den Rücken und die linke Schulter bedeckenden Gewände, auf roh gearbeiteter Mar- morplatte statt des Büstenfusses, könnte schon einer sitzenden Statue

1 Diog. Laert. X. 18.

134 METRODOR

nachgebildet sein. Jedenfalls wird man die Beigabe des Mantels als einen Zug des Originals betrachten dürfen. Sie kehrt auch bei der Berliner Büste (Q) wieder, dem einzigen Marmorexemplar ausser dem athenischen, wo das Bruststück sicher anük. Das nackte Bronze- büstchen von Herculaneum, das seinem ganzen Typus nach eine ziemlich flüchtige Replik, dürfte auch in diesem Punkte weniger massgebend sein. Bei den Doppelhermen musste der Mantel der Natur der Sache nach wegfallen, weil er sonst bei dem einen Kopf auf eine linke, bei dem anderen auf eine rechte Schulter zu liegen gekommen wäre.

Auffällig und schwer zu erklären ist die Tänie an dem Exemplar der Münchener Residenz (11). Metrodor ist seiner litterarischen Be- deutung nach keine Persönlichkeit, bei der man diesen auszeichnen- den Schmuck erwarten würde; und so trägt er ihn denn auch sonst nirgends. Epikur gegenüber müsste es geradezu als ein Widersinn erscheinen. Man wird fast zu der Vermutung gedrängt, die Beigabe sei dem Kopf erst nachträglich aus Missverständnis oder zu einem besümmten Deutungszweck aufgemeisselt worden. ^

Zweifelhaft oder auszuscheiden :

Eine Herme in Palermo (abgeb. Arndt- Amelung Einzelaufn. No. 559), an der nur die rechte Kopfhälfte alt. Die moderne Aufschrift Metrodoros verträgt sich, soviel ich sehe, nicht mit dem Typus.

Eine Doppelherme in Madrid Hübn. No. 147 (vergl. oben pag. 126 No. 26), mit zwei wenig von einander verschiedenen Köpfen. An dem angeblichen Metrodor ist das Stirnhaar in der Mitte et- was geteilt.

Die Herme ebenda No. 167 mit der Aufschrift Metrodor fassen wir als Epikur (s. d. No. 25).

Nahe verwandt und in den Katalogen gewöhnlich Metrodor genannt, aber schwerlich die gleiche Person, sondern wahrscheinlich eher Hermarch, der noch in vier (oder mehr?) Exemplaren vor- kommende Kopf mit nach links gestrichenem Stirnhaar [abgeb. Taf. XX]. Es wäre schon kaum anzunehmen, dass von Metrodor zwei verschiedene Auffassungen neben einander herliefen.

^ Eine Analogie bildet der fälschlich sog. Sophokles in Neapel (abgeb. 1. Teil p. 145), dessen Repliken ebenfalls der Tänie ermangeln.

ZENO DER STOIKER 135

Zeno der Stoiker

Zenon von Kition auf Cypern (c. 331—264) siedelte schon als junger Mann nach Athen über, wo er namentlich den Kyniker Krates hörte. Später trat er selbst als Schulhaupt auf und lehrte unter grossem Zulauf in der Stoa Poikile, weshalb seine Philosophie die stoische genannt wurde. Die Angaben über seine Lebensdauer schwanken zwischen 67 und 90 Jahren.^

Von seinem Äusseren giebt Diogenes keine sehr vorteilhafte Schilderung: Er hatte eine faltige Stirn, einen bitteren, finsteren Aus- druck, entsprechend dem armseligen Leben, das er führte; denn er war über die Massen sparsam und frugal. Dabei waren seine Kör- performen hässlich, sein Hals war nach der einen Seite geneigt, seine Figur war lang und mager, sodass ihn ein Spötter »die ägyptische Ranke« nannte; seine Beine plump und schlottrig. -

Mit Bezug auf die Notiz von seinem schiefen Hals hat Vis- conti^ einevaticanische Herme des Musensaals No. 500 [Abb. 11]*, deren Kopf etwas aufwärts gebogen und nach der rechten Seite ge- neigt ist, als ein Bildnis des Stoikers Zeno gedeutet, während er die drei mit dem Namen Zenon beschriebenen Hermen ebenda (No.519) und in Neapel teils dem weniger berühmten Epikureer, teils dem Eleaten zuwies. Allein abgesehen davon, dass jenes Bildnis auch ohne die Neigung des Kopfes vorzukommen scheint^, und dass dasselbe der Beschreibung des Stoikers bei Diogenes, wenn diese denn soll zu Grunde gelegt werden, eigentlich sonst wenig entspricht, ist es sehr fraglich, ob griechische Künstler überhaupt auf dergleichen anormale Bildungen Rücksicht nahmen. Mit der Blindheit des Ho- mer, der Verkrüppelung des Aesop, und selbst mit dem verzogenen

^ Vgl. Rohde im Rhein. Mus. 1878. p. 622; Susemihl Geschichte d. alexandr. Litt. I. 48 und 53. Über ihm errichtete Statuen s. unten.

^ IIt'jvvo'v Tc. ctvat /.a\ T-ixp&v x.aVTo po'ato— ov auvscr—aatxavov. y,v eutcAt,; ts aiioopa /.a\ ßapßap'./.^; r/o{ASvo; aat/.poAüyiac. Diog. VII. 16. Tov Tpa/r,Aov Ita Q-dztoa. vcveuxws 7;v. /.at 'AroXXtovto; Oc' or,a'.v 6 Tu'p'.o; oTt i^ryvo; r;V, -j-oar/.T;;, ij.£Aay/_piac, oO-cV Tt? auTOv Ei-cv AiYu:rriav /.Xr,ij.aT{oa, . . . -a/J/'.vri|j.oc ~t zai ä-ayr,; /.ai ä^O-svTj?. Diog. VII. 1. Vgl. Sidon. Apoll. Ep. IX. 9: Zenon fronte contractu. ^ Und ihm folgend E. Braun Ruinen und Mus. p. 400.

* Pio Clem. VI. 32; Icon. gr. I. 23; Pistolesi V. 88. 1.

* Im Louvre, Descr. No. 623, Cat. som. 254 (abgeb. Clarac. pl. 1106; Bouillon III. bustes pl. 4); ob auch im Mus. Torlonia No. 65 (abgeb. Mon. Tori. XVII. 651 und No. 160 (abgeb. Mon. Tori. XL)?

136

ZENO DER STOIKER

Munde des Demosthenes lässt sich nicht argumen- tieren, weil diese Züge alle eine charakteristische Be- deutung für die dargestellte Person haben. Der schiefe Hals aber ist für den Cha- rakter völlig bedeutungslos. Er scheint auch bei den Bildnissen Alexanders des Grossen nicht berücksichtigt worden zu sein.

Indes mag dem sein wie es will, so haben doch jedenfalls die mit dem Namen Zenon beschriebenen Büsten noch vorher ein Recht auf ihre Hieherge- hörigkeit angesehen zu werden. Die vaticanische Herme im Musensaal No. 519 [abgeb. Taf. V] fällt allerdings weg, da ihre Aufschrift nicht nur verdächtig, was Visconti später selber einsah \ sondern ohne Zweifel modern, das Bildnis ein Plato. Bei den Neapler Köpfen dagegen, sowohl

1. der farnesischen Marmorherme, Gr. d. Griechenköpfe, Gerh. No. 350, Inv. 6128 [abgeb. Taf. XVIII]-, als

2. dem in der Person identischen Bronzebüstchen von Herculaneum, Inv. 5468 (abgeb. Comp, e de Petra XII. 9)^, ist kein Grund an der Echtheit ihrer Aufschriften zu zweifeln,* Die kurze Fassung des Namens lässt, wie wir gesehen (Teil I. p. 119), zunächst nur an den Eleaten oder an den Stoiker denken. Zwischen diesen beiden scheint das, was von ihrem Äusseren über- liefert wird, die gerühmte Schönheit des Einen, die Hässlichkeit, die finstere Miene des Anderen, für den Stoiker zu entscheiden.

Abb. 11

Herme im Musensaal des Vaticans No. 500 (zu S. 135)

^ Icon. gr. I. p. 207.

^ Faber Imag. 151; Visc. Icon. gr. I. Tf. 17. 5, 6; Schuster Portr. der gr. Philos.

Tf. IV. 1; Baumeister III. p. 2122 rechts; Arndt-Bruckm. 235, 236.

3 Br. d'Erc. I. 15, 16. * Kaibel 1156, 710.

DIE DREI VERSCHIEDENEN ZENO 137

Dazu erinnert Schuster^ an die semitische Herkunft des Stoikers- und an gewisse Charakterzüge, die ihm beigeschrieben werden (Sparsamkeit, kynische Einfachheit), und stellt damit die ausge- sprochen jüdische Physiognomie namentlich des Neapler Marmor- kopfs mit dem vom Hals abstehenden Kinnbart in Parallele. Endlich aber ist zu beachten, dass mit der herculanischen Bronze zusammen noch ein Epikur, ein Hermarch und ein Demosthenes, wahrschein- lich auch ein Metrodor gefunden wurden, lauter Männer des begin- nenden hellenistischen Zeitalters, unter denen sich der Stoiker wie ein Verwandter, der Eleate wie ein Fremder ausnimmt.

Der Einwurf von Brunn'', dass die farnesische Herme ihrem Stil nach besser ins 5. als ins 4. Jahrhundert passe, scheint mir der Begründung zu entbehren. Ein positiv aufs 5. Jahrhundert weisendes Merkmal ist nicht vorhanden. Wohl aber giebt sich das Bildnis als ein nach dem Leben gemachtes zu erkennen, wie deren verschiedene vom Stoiker Zeno überliefert sind, z. B. ein ehernes in Athen, andere in seiner Vaterstadt Kition und in Sidon*, während vom Eleaten zu seinen Lebzeiten wohl überhaupt keine Bildnisse aufgestellt wur- den, und aus späterer Zeit wenigstens keine erwähnt werden.

Wenn aber die aufgestellte Alternative mit Wahrscheinlichkeit zu Gunsten des Stoikers entschieden werden muss, so verdient frei- lich auch noch eine dritte Meinung^ erwogen zu werden, dass näm- lich weder der Eine noch der Andere, sondern vielmehr der Epikureer Zeno aus dem Anfang des letzten Jahrhunderts der Republik gemeint sei. Dafür sprächen, meint man, sowohl die mit der herculanischen Bronze zusammen gefundenen Büstchen worunter drei Epikureer— , als der ganze epikureische Charakter der herculanischen Bibliothek, welche sie zierten. In dieser Umgebung habe die nähere Bezeich- nung der Schule bei der Namensaufschrift als selbstverständlich weg- gelassen werden können. Und wenn Cicero" diesen Philosophen, dessen Vorträge er in Athen hörte, als knurrigen Alten (senex ille acriculus) bezeichnet, so stimme dies in seiner Weise ebensogut

^ Bildn. der gr. Philosophen p. 20. ^ «Potvr/.io-.ov. Diog. VII. 3.

3 Bei Baumeister III. p. 2122.

* Diog. VII. 6. Die Statue von Kition nahm der jüngere Cato bekanntlich bei der

Versteigerung der cyprischen Beute für sich (Plin. 34. 92\

^ Vertreten von De Petra La Villa Ercol. p. 263. 17 und Gercke im Jahrb. d. Inst. V.

Anz. p. 55.

« Tuscul. III. 17. 38.

138 ZENO DER STOIKER

wie die Besclireibung des Stoilcers bei Diogenes zu der farnesischen Herme. Wir können diesen Argumenten eine gewisse Bedeutung nicht absprechen. Doch ist die Annahme, dass ein Verehrer Epikurs deswegen auch lauter Büsten von Epikureern in seiner Bibliothek aufgestellt habe, keineswegs zwingend und im vorliegenden Fall sogar thatsächlich unrichtig, da ja auch ein Demosthenes mitgefunden wurde. Und wie will man die kurze Namensfassung bei der farne- sischen Herme erklären, die doch schwerlich ebenfalls aus einer epi- kureischen Bibliothek stammt? Bei der ohne Frage grösseren Be- rühmtheit des Stoikers ist es eben doch das Natürlichste, die Aufschrift auf diesen zu beziehen.^ Und dass es sich um einen wirklich be- rühmten Mann handelt, beweist, falls nicht schon die Doppelzahl ge- nügt, das Vorkommen von noch weiteren unbeschriebenen Repliken :

3. Kopf im Museum von Aix (Phot. Arndt), trotz dem schmale- ren Mund, den weniger scharf gezogenen Brauen und dem in senk- rechte Stränge gegliederten Bart sicher die gleiche Person.

4. Herme in Ny Carlsberg zu Kopenhagen, Kat No. 337 (abgeb. Arndt-Bruckmann Portr. 237, 238), gewandlos, weshalb der Hals auffallend schlank erscheint. -

Im Kopftypus, dessen bemerkenswerteste Charakterzüge die scharfkantigen Augenknochen, die zurückweichende Stirn und der vorstehende ebenfalls kantig gebildete Bart, stimmen alle vier ziem- lich genau überein; wogegen das Bruststück bei den dreien, wo es erhalten, jeweilen verschieden : an der Neapler Marmorherme (1) beide Schultern, am Bronzebüstchen (2) bloss die linke vom Gewand be- deckt, an dem in Kopenhagen (4) die Herme nackt. Für das Original lässt sich daher in dieser Beziehung nichts bestimmen. Doch scheint mir die Neapler Marmorherme mit ihrer Gewandumhüllung den ein- heitlichsten Charakter zu haben.

Die bekannte Statue des capitolinischen Museums, Zimmer des sterbenden Fechters (abgeb. Arndt-Bruckmann Gr. u. röm. Portr. 327 29)*^, die den Namen des Stoikers Zeno trägt, wurde ihres

^ So auch Arndt zu den gr. und röm. Portr. No. 237.

^ In Neapel geht auch eine Herme aus der Villa der Pisonen, Inv. 6152, Gerh.

342 (abgeb. Comparetti e de Petra La Villa Ercol. Tf. XXII. 4), unter dem Namen

Zeno, welche mit diesem Typus nichts zu thun hat. Sie ist eher mit Karneades

verwandt.

3 Bottari I. 90; Clarac pl. 843. 2123; Brunn-Bruckm. Denkm. 430; vgl. Heibig

Führer P. No. 541.

ANO. STATUE IM CAPITOL. HERMARCH 13Q

strengen, finstern Gesichtsausdrucks wegen mit ihm in Verbindung gebracht. Ein äusserer Orund zu der Benennung ist nicht vorhanden. Denn dass sie in einer Villa des Antoninus Pius gefunden wurde, die, wie man annimmt, nach seinem Tode auf den Stoiker Marc Aurel übergieng, kann nicht als ein solcher angesehen werden. Es ist aber mehr als nur stoischer Oleichmut, was uns hier entgegentritt. Das Gesicht hat etwas Rohes, der Ausdruck etwas Verbissenes, Böses, mit Welt und Menschen Zerfallenes, die ganze Gestalt etwas Brutales, man glaubt es beinahe mit einer catilinarischen Existenz zu thun zu haben. Die Bezeichnung wäre also nicht einmal physiognomisch gerechtfertigt.

Auf einem Silberbecher von Boscoreale im Louvre ist Zeno als Skelett mit beigeschriebenem Namen (ZY-vwv'AO^vjvaio;) mit seinem philosophischen Kollegen Epikur (s. d.) zusammengestellt. Athener wird er genannt, weil Athen seine zweite Heimat und der hauptsäch- lichste Ort seiner Wirksamkeit war.

Hermarch

[Taf. XIX, XXI

Hermarchos von Mytilene (c. 270 v. Chr.), von armer Herkunft, Schüler und Anhänger des Epikur und Nachfolger desselben im Lehr- amt an seiner Schule in Athen. Seine Schriften kennen wir nur aus den Titeln, welche Diogenes Laertius überliefert hat.

Obgleich er kein Philosoph ersten Ranges ^), braucht man sich doch nicht zu wundern, dass der unbekannte Besitzer der herculani- schen Villa bei seiner ausgesprochenen Vorliebe für epikureische Weisheit neben den Bildnissen des Meisters und seines Genossen auch das des Schülers und Nachfolgers in seiner Bibliothek vertreten haben wollte. Es ist dies die kleine daselbst gefundene Bronzebüste, jetzt in Neapel [Taf. XIX]-: Ein dem Metrodor ähnlicher Kopf in

^ Epikur selber bei Seneca epist. 52. 3. zählt ihn zu denjenigen, die nicht aus innerm

Drang und eigener Initiative nach Wahrheit streben, sed qiii cogi ad reäum com-

pellique possunt, quibus non duce tantum opus sit, sed adjutore et, ut ita dicam,

coadore.

"- Bronzi d'Ercol. 1. 17, 18; Visc. Icon. gr. I. Tav. 26. 1,2; Comparetti e de Petra La

Villa Ercol. Tf. 12. 8.

140 HERMARCH

der Blüte des Mannesalters mit schlichtem über der Stirn nach links gestrichenem Haar und gross gelocktem Bart, geradem Profil und hoher schmaler Nase, von sinnendem Ausdruck, etwas links abwärts gerichtet; über Rücken und linke Schulter ein Gewand. Auf dem runden Sockel die Aufschrift ePMAPXOC.i

Dagegen würde man allerdings kaum erwarten, von dieser ver- hältnismässig unberühmten Persönlichkeit noch viele andere Dar- stellungen vorzufinden.^ Wolters glaubte eine schöne und wohl- erhaltene Marmorbüste in Athen (abgeb. Arch. Ztg. 1884, p. 153), und den ganz damit übereinstimmenden Kopf in Berlin No. 307 als Exemplare des gleichen Porträts bezeichnen zu dürfen, wozu dann jedenfalls noch weitere kämen, so dass schon die grosse Anzahl stutzig machen müsste. Allein es sind dies vielmehr Bildnisse des Metrodor (s. d.).

Wenn man bei Hermarch wirklich an einen mehrfach vertrete- nen Typus denken darf, so möchte vor Allem der mit Metrodor ver- wandte und daher oft auf ihn bezogene mit dem nach links laufenden Stirnhaar hier zu nennen sein, von dem mir folgende Exemplare be- kannt sind:

1. Kopf auf moderner Herme im Vatican, Musen saalNo. 509 [Taf. XX]. ^ Die Augsterne ehmals eingesetzt, der Bart in lockere Büschel zerklüftet und leicht zweigeteilt. Die Nase neu.

2. Kopf in der Galleria geografica des Vaticans (wahr- scheinlich Beschr. d. Stadt Rom II. 2. p. 282. 61). Die Stirn in zwei Hügeln vorgewölbt, der Nasenrücken sehr schmal (allerdings er- gänzt), über dem Rücken ein Gewand.

3. Herme im Gap i toi, Philos.-Zimmer 87 (abgeb. Bottari 1.6).

4. Herme in Villa Albani, Kaffeehaus No. 736, ziemlich ver- waschen.

Ähnlich, aber schwerlich mehr identisch die Köpfe im Lateran, Bennd. u. Schöne No. 221 (abgeb. ebenda Taf. IV. 2) und im briti- schen Museum, Rom. Gall. No. 60.

Die Übereinstimmung dieses Typus mit dem herculanischen Bronzebüstchen erstreckt sich auf fast alle wesentlichen Punkte, auf das Alter (nicht über 40 Jahre), die Kopfform, das Profil, die Anlage

1 Kaibel No. 709.

- Ein Hermenschaft mit seinem Namen (€PMAPXOY) soll sich im Vatican be- finden (Pio Clem. I. p. 51; Bennd. und Schöne Lateran, p. 85; Kaibel 1151). ^ Pio Clem. VI. 34. 2; Pistolesi V. 91.

EIN MÖGLICHER HERMARCHTYPUS 141

der Haare. In letzterer Beziehung sind namentlich die beiderseits ganz ähnlichen Partieen um die Stirn bis zu den Ohren herab zu beachten; im Gesicht die eckig ansetzenden Brauen, die länglichte Nase, der schmale Mund. Am vaticanischen Exemplar (1) ist der Bart etwas zerklüfteter gebildet, aber am capitolinischen (3), das doch sicher die gleiche Person wie No. 1 darstellt, stimmt die Anlage wieder ganz überein: über dem Kinn schlicht gekämmte Büschel, unterhalb desselben stramme Locken.

Fünf erhaltene Wiederholungen des Hermarchbildnisses (das herculanische Bronzebüstchen und die 4 zuletzt aufgezählten) sind wie gesagt eine grosse und im Verhältnis zum Ruhm des Dargestellten fast auffällige Zahl. Doch liegt darin noch kein stichhaltiger Grund, ihre Identität zu verwerfen. Auch Stil und Zeitcharakter sprächen zu Gunsten der Annahme, wie schon die bisherige Bezeichnung der zwei vaticanischen Hermen (Metrodor) beweist. Jedenfalls düi'fte der Name Hermarch vor dem des Metrodor, der ohnehin schon reich- lich in Denkmälern vertreten ist, den Vorzug verdienen.

Die Büste im Fitz-William-Museum zu Cambridge, Michaelis p. 259, No. 54 (abgeb. Jahrb. d. Inst. V. 1890. p. 169), die früher auf Hermarch gedeutet wurde, unterscheidet sich sowohl durch Anderes, als namentlich durch die Form des völlig schlichten, spitzzulaufenden und anliegenden Bartes. Es ist, wie Wernicke zuerst gesehen, ein Plato (s. oben p. 28. No. 10).

An dem Hermenköpfchen in Brocklesby Park, Michaelis p. 236. No. 70, ist die Aufschrift ERMACVS modern. Der Typus er- innert an den vaticanischen Lykurg (I. Teil p. 32).

Posidippos

[ Taf. XXI ]

Posidippos aus Kassandreia (Potidaea) in Makedonien trat bald nach Menanders Tod (290) als Komödiendichter auf und beherrschte eine Zeit lang die attische Bühne, ohne doch die Beliebtheit seines Vorgängers zu erreichen.

Sein Name (noZEIAinnOZ) steht auf der Plinthe einer sitzen- den Statue des Vaticans, Stat. Gall. No. 271 [abgeb. Taf. XXI; der

142

POSIDIPPOS

A

^

'teM/

Kopf Fig. 12]\ welche zugleich mit der ähnlichen des sogen. Me- nander unter Sixtus V. ( 1 585 - 1 590) auf dem Viminal bei San Lorenzo in Panisperna gefunden wurde. Da kein i-oizi beigefügt ist und die Lettern von eher anspruchs- voller Grösse sind, so kann nicht der Künstler, sondern nur die dar- gestellte Person darunter verstan- den sein. Ausser dem Komiker kennen wir aber Niemand dieses Namens, dem die Ehre einer Statue mit Wahrscheinlichkeit hätte zu teil werden können.

Der Dichter, in Chiton und Mantel, sitzt etwas zusammen- gesunken auf einem polsterbeleg- ten Lehnstuhl, die Rechte mit einer Rolle auf dem Schoss, die Linke vom Ellenbogen an wie sinnend oder gestikulierend zur Brust emporgehoben. Der Kopf unbärtig, für die gebückte Haltung noch jung (c. 50 jährig), von regelmässigen Zügen; am Ansatz der Brauen je eine starke Verticalfalte, was ihm einen ernsten, fast traurigen , der Dichtungsart, die er vertritt, nicht grade angemessenen Ausdruck giebt.

An diesem Letzteren sich zu stossen, ist freilich kein Grund, da der persönliche Ausdruck eines Dichters, wie im Leben so auch in der nach dem Leben arbeitenden Kunst, von dem Charakter seiner Dichtungen ganz verschieden sein kann. Eher möchte es auffallen, dass Posidipp sowohl als sein mitgefundener Kollege bartlos darge- stellt sind. Denn wenn auch damals bei den Fürsten und Königen die Sitte des Rasierens aufkam, so scheint dieselbe doch zunächst auf die höfischen Kreise beschränkt geblieben zu sein. Alle sicher auf das 3. und 2. Jahrhundert zurückgehenden litterarischen Bildnisse

Abb. 12 Kopf des Posidippos im Vatican

^ Bellori Imag. poet. 61 ; Gron. Thes. II. 100; Visc. Pio Clem. III. 16; Mus. Nap. II. Tf. 70; Pistolesi V. 45; Bouillon II; Clarac pl. 841; Baumeister Denkm. II. p. 923; Brunn-Bruckm. Denkm. 494; Christ. Gr. Litt. 9. Der blosse Kopf Visc. Icon. gr. I. Tf. 6a. Die Aufschrift Kaibel 1203.

V'ATICANISCHE STATUE. PHILISKOS 143

(Theophrast, Epikur, Metrodor, Hermarch, Zeno, Arat, Chrysipp) sind noch bärtig. Auch Aristoteles (s. d.) dürfte i<eine Ausnahme ge- macht haben. Allein das Genauere über den Entwicklungsgang der Mode, ob das Rasieren schon im 3. Jahrhundert oder erst im 2. all- gemeiner wurde, und in welchen Klassen der Gesellschaft es sich zunächst einbürgerte, entzieht sich unserer Kenntnis; und da man sich ausserdem auf das glatte Gesicht des Menander in Marbury Hall (oben p. 106) berufen kann, so wird die Unbärtigkeit der vaticanischen Statue nicht als ein Hindernis ihrer Beziehung auf Posidipp, resp. als Verdachtsgrund gegen die Aufschrift angesehen werden dürfen , so wenig wie die doppelte Bekleidung (mit Chiton und Mantel), für welche sie neben dem Neapler Aeschines ebenfalls das nachweislich früheste Beispiel ist.^

Gar viel später als das Zeitalter des Posidipp dürfte man die Statue übrigens auch des Stiles wegen nicht setzen. Die ungesuchte Natürlichkeit der Haltung und des Faltenwurfs und die technisch virtuose Ausführung tragen noch entschieden vorrömischen, helle- nistischen Charakter. Und zwar wird der Ausführungsort, da der Marmor pentelisch, wahrscheinlich Athen gewesen sein, das im 3. Jahrhundert noch leidlich blute, im 2. kaum mehr im Falle war, viel für den plastischen Schmuck seiner Plätze und Gebäude und für den Ruhm seiner Dichter zu thun. So wird man auch von diesem Gesichtspunkte aus auf die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts als Ent- stehungszeit geführt.

Wiederholungen sind mir nicht bekannt.

Phih'skos

Philiskos aus Kerkyra, tragischer Dichter unter Ptolemaeos Philadelphos (285 247), war nach Ph'nius von Protogenes gemalt worden, wie er über eine Tragödie nachsann*. Gestützt auf diese Notiz wollte Th. Schreiber das bekannte lateranische Relief mit der eine Maske emporhaltenden sitzenden Figur, Bennd. u. Seh. No. 245 [abgeb. Tf. XV; s. oben p. 114. 25} auf ihn beziehen: »Ein in seinen Meditationen durch die eintretende Muse überraschter Dichter." Mit Unrecht, da der Gegenstand dem Wortlaut des Plinius nicht entspricht und wenigstens eine der Masken der Komödie angehörte Studniczka erkennt in der Figur den Me- nander (s. d.).

^ Vgl. Heibig Camp. Wandmal. p. 209.

* Plin. 35. 106: Fecit et Philiscum tragoediarum scriptorem meditantem.

' S. Reisch Griechische Weihgeschenke p. 54.

144 THEOKRIT. ARTEMIDOROS VON PERGE

Theokrit

Theokrit, der Hauptvertreter der bukolisciieu Poesie bei den Griechen und als solcher das Vorbild des Vergil, lebte und dichtete in der 1. Hälfte des 3. Jahr- hunderts V. Chr. (c. 310 245), hauptsächlich an den Höfen des Ptolemaeos Phila- delphos in Alexandria und des Hieron in Syrakus. Sein Leben und seine Person sind in Dunkel gehüllt.

Da keinerlei Wegleitung für die Bestimmung seines Bildnisses vorhanden, so sind alle diesbezüglichen Benennungen haltlos.

Noch am ehesten begründet der fichtenbekränzte Profilkopf auf einem Marmordiskus des F. Ursin us (abgeb. bei Faber Imag. 142) \ cum pinus arbor Pani velut bucolici poematis praesidi Deo dicata esset. Aber derselbe ist ver- schollen, und ob es ein Porträt, kann nach der Abbildung nicht mehr sicher beurteilt werden. Auch ist die von Faber gegebene Deutung des Fichtenkranzes durch keine Analogieen bei Dichtern zu belegen.

Unter den mit modernen Bruststücken und Namensaufschriften versehenen Köpfen der Casa del labrador in Aranjuez befindet sich auch ein Theokrit, Hübn. Bildw. V. Madrid No. 161 '^, ein Griechenbildnis mit noch vollem schlichtem Haar, ungefähr vom Contour des Ursinus'schen Profilkopfs, aber mit gebogener Nase ergänzt. Die Namengebung wie bei all diesen Köpfen willkürlich.

Ohne Aufschrift und ebenso grundlos als Theokrit bezeichnet eine Herme aus der Samml. Campana im Louvre, im Hemicycle des Karyatidensaals No. 227 (Phot. Giraudon 1229), allerdings eher ein Dichter als ein Philosoph, aber dem Stil nach voralexandrinisch.

Wenn man ausserdem beim Pseudo-Senecatypus an Theokrit gedacht hat, so hat dies insofern eine gewisse Berechtigung, als es sich dort um eine Berühmtheit des hellenistischen Zeitalters handelt, undTheokritwenigstens unter den litterarischen Grössen eine der ersten Stellen einnimmt. Aber es wäre wieder eine starke phy- siognomische Zumutung, wenn man sich die liebenswürdige Persönlichkeit des alexandrinischen Idyllendichters unter diesem trübseligen Typus vorstellen müsste.

Artemidoros von Perge

Bei den Ausgrabungen von Thera unter der Leitung Hillers von Gärtringen wurde 1899 das in den Fels gehauene Medaillon - p orträt des Artemidoros, Sohnes des Apollonios aus Perge, gefunden, rings von einem aus zwei Versen bestehenden Epigramm umgeben, das in hochtrabenden Worten die Unsterblichkeit seines Namens be- zeugt.^ Artemidor lebte in der ersten Hälfte und um die Mitte des

^ Bellori 66; Gronov Thes. III. Tf. e.

^ Abguss in der Ec. des beaux-arts. zu Paris No. 35 und in der Villa Medici zu Rom.

3 Vgl. Jahrb. d. Inst. XIV. 1899. Anz. p. 187 ff.

ARATOS 145

S.Jahrhunderts, ein Günstling der Ptolemaeer, um deren Kultus er sich besondere Verdienste erwarb. Er stammte aus der pamphiiischen Landstadt Perge, zog früh nach Ägypten und scheint dann durch die Ptolemaeer, wahrscheinlich den zweiten, Philadelphos (284 246), zum Statthalter oder Tyrannen von Thera gesetzt worden zu sein. Als solcher errichtete er die zum Teil noch erhaltenen Denkmäler, aus deren Inschriften wir ihn allein kennen. Nach einer derselben er- reichte er ein Alter von 90 Jahren. ^

Das Felsrelief mit seinem Bildnis (abgeb. Jahrb. d. Inst. a. unten a. O.)"^, zeigt nur Kopf und Hals, ähnlich wie die damals aufkom- menden Münzporträts der Diadochen, der Kopf mit einem Lorbeer- kranz geschmückt. Er hat langes horizontal gewelltes oder gelocktes Haar, eine zurückliegende Stirn, ein vorstehendes Kinn. Das Auge ist wie in der Vorderansicht gegeben. Die rings umlaufende In- schrift lautet:

Mvvj|xo(7'jvov ©Tjpai* /cal zon; tto'Xou acTp' i—iziXkzi, yrfi zhx(f6q TS |y.£v£i, ovo[x ou Xirev 'ApTepi^wpov. '^

Aratos

[Münztaf. II. 111

Aratos aus Soloi in Cilicien, der sternkundige Dichter des noch erhaltenen Epos Phaenomena, war geboren im letzten oder im zweit- letzten Decennium des 4. Jahrhunderts. Er verbrachte einen Teil seiner Jugend in Athen und lebte dann hauptsächlich an den Höfen von Makedonien und Syrien, wo er als Astronom in grossem An- sehen stand. Er starb in Makedonien c. 240. Doch errichtete ihm auch seine Vaterstadt ein Grabmal. * Sein Ruhm dauerte nach seinem Tode ungeschmälert fort. Man schrieb Commentare zu seinem Lehr- gedicht; Cicero, Germanicus und Andere verfassten metrische Para- phrasen desselben.

Beglaubigte bildliche Darstellungen des Aratos sind uns noch in zwei oder drei ihrem Kunstwert nach allerdings ziemlich unter-

^ Jahrb. d. Inst. a. a. O. p. 191. 2. ^ Qipsabguss in Berlin.

* Jahrb. a. a. O. p. 192. 17. * Pompon. Mela I. 71.

Bemoulli, Griech. Ikonographie. II. Teil 10

146 ARATOS

geordneten Denkmälern erhalten, in einem Mosaik, dem sich noch eine mittelalterliche Miniatur anschliesst, und in einer Münze.

a. Das 1884 in Trier gefundene Mosaik des Monnus [Abb. 13]^ stellt ihn in ganzer Figur dar im Profil nach rechts, vor der Muse Urania sitzend, in einen weiten Mantel gehüllt, eine geöffnete Perga- mentrolle in den Händen; zwischen beiden Figuren ein Globus auf einem Viergestell. Der Dichter hat volles graues Haar, das anscheinend von einer Schnur umbunden ist, und einen mit der Spitze nach vorn gekrümmten Bart; die leicht gebogene Nase tritt wenig aus dem Profil hervor. Hinter dem Kopf steht der Name ARATOS. Das Bild hat durch Brand gelitten und ist jetzt muldenartig eingesunken.^

b. Eine ähnliche Darstellung zeigt die Titelminiatur einer Ger- manicushandschrift des 12. Jahrh. in Madrid (publ. von Bethe im Rhein. Mus. N. F. 48 p. 91): Ebenfalls Aratos sitzend einer stehenden Muse gegenüber, ersterer mit Körper und Kopf im Dreiviertelsprofil nach rechts, die Linke mit einer Rolle übers Knie gelegt, während die Rechte mit einem Zirkel auf den Globus deutet. Im Hintergrund ein rundbogiger Peristyl. Der Vergleich mit dem Monnusmosaik, meint Bethe, ergebe einen augenfälligen Beweis für die Treue und Zähigkeit, mit denen sich die antiken Illustratoren von Kopie zu Kopie ein Jahrtausend hindurch an ihr Vorbild gehalten hätten. In Betreff des Gegenstandes und der Composition ist dies richtig, aber von Treue im Einzelnen kann nicht wohl gesprochen werden.

c. Ikonographisch wichtiger als diese Darstellungen in ganzer Figur ist eine Bronzemünze von Soloi aus dem Jahr 162 nach Chr. (0KC), welche auf Avers und Revers verteilt zwei nicht näher be- zeichnete griechische Bildnisköpfe zeigt, beide bärtig und bejahrt [abgeb. Münztaf. IL 11, 12].^ Es sind offenbar zwei Berühmtheiten des Prägeorts und eine davon höchst wahrscheinlich Aratos. Denn ausser ihm kann es sich bloss noch um den Stoiker Chrysippos (2. Hälfte des 3. Jahrh. v. Chr.), um den Akademiker Krantor (c. 344 bis 28Q) und vielleicht um den Komödiendichter Philemon (361 bis 263) handeln. Denn dem BienenzüchterAristomachos* wurde die Ehre der Münzprägung jedenfalls nicht zu teil. Krantor steht an Berühmtheit

' Ant. Denkm. d. Inst. I. Tf. 48. 3.

2 Vgl. F. Hettner Westd. Zeitschrift X. 1891. p. 254.

" Visconti Icon. gr. I. Tf. VII. 4 und 5, wovon indes No. 4 ganz ungenau sein

dürfte; Bürchner Zeitschr. f. Num. IX. Tf. 4. 12, 13; Imhoof Hellen. Porträtköpfe

VIII. 31, 32; Heibig Führer I«. p. 322.

* Plin. XI. 19.

MOSAIK V. TRIER. BRONZEMÜNZE VON SOLOI

147

Abb. 13

Mosaik des Monnus in Trier

entschieden hinter Chrysippos und Philemon zurück, scheint später i<eine Beziehungen mehr zu seiner Vaterstadt unterhalten zu haben und schon in jüngeren Jahren, wenigstens vor dem Greisenalter, gestorben zu sein.^ Bei Philemon aber ist die Herkunft unsicher. Er wird nur von Strabo als Solenser bezeichnet und gilt sonst überall als Syrakusaner. So bleiben als die weitaus wahrscheinlichsten Aratos und Chrysippos, was auch durch eine Bemerkung Galens, des un- gefähren Zeitgenossen der betreffenden Münzprägungen, bestätigt zu werden scheint, der Bemerkung nämlich, dass man bloss um dieser beiden willen noch von Soloi spreche. -

^ Theaetet bei Diog. Laert IV. 5. 25 : Frlpw; rJXud-sv out-, rpo'aw.

- Tt; o' au ZdXwv, d [/.r St' "Aparov te xa\ Xpuai--ov. Gal. Protrept. 7. S. 14.

10*

148 ARATOS

Das eine dieser Münzbildnisse [abgeb. nach einem Exemplar des brit. Museums Münztaf. II. No. 11]^ stellt einen vorgebeugten und aufwärts gerichteten Kahlkopf dar, mit rundlicher Schädelform, zurückweichender Stirn, beschatteten Augen und mit in zerstreuten Büscheln herabfallendem Bart. Die Büste ist bekleidet, aber der Hals frei.

Das andere [Münztaf. IL 12], obwohl auch ein Greis, scheint nicht kahlköpfig zu sein, hat einen quadrateren Schädelbau, ein senk- rechteres Profil und einen langen, schlichten, gerade abfallenden Bart. Er ist in ein den Hals bedeckendes Pallium gehüllt und greift mit der linken Hand, die noch mitgegeben ist, ans Kinn. Ohne Zweifel das gleiche Bildnis, hier mit längerer Schädelform und gelichtetem Stirnhaar, kehrt auf dem Revers einer unter Philippus geschlagenen Münze wieder [abgeb. Münztaf. II. 14].^

Wie diese beiden Bildnisse an Arat und Chrysipp zu verteilen, darüber herrscht bis jetzt keine Einstimmigkeit. Bloss mit Hilfe der Aratfiguren des Mosaiks (a) und der Miniatur (b) ist die Sache jeden- falls nicht zu entscheiden. Bethe'*^ meint, der kurzgeschnittene Bart dieser Aratfiguren finde sich nur bei dem Kahlkopf des Averses (Münztaf. No. 11), der deshalb als der Dichter zu bezeichnen sei. Aber ebensogut könnten Andere sagen, dass das volle Haar desselben nur bei der Reversbüste mit der Hand (Münztaf. No. 12) wiederkehre, dass folglich diese Arat. Je nachdem man das eine oder das andere Merkmal herausgreift, kommt man zu entgegengesetzten Resultaten. Das Wahre ist, dass wir gar nicht berechtigt sind, den einzelnen Zügen des Mosaiks oder des Miniaturbildes typische Bedeutung zu- zuschreiben, da es sich offenbar beidemal, was den Kopf betrifft, um eine ziemlich willkürliche und zufällige Formgebung handelt, wozu noch kommt, dass man sowohl über die Kurzbärtigkeit des einen Münzkopfs wie über die Vollhaarigkeit des anderen verschiedener Meinung sein kann.

^ Vergrössert bei Christ Or. Litt. 26.

■^ Journal of hell. Stud. 18. 1898. pl. XII. 20. Von den bei Visconti Icon. I. pl. VII. abgebildeten Münzexemplaren zeigt das eine No. 4 (Huntersche Sammlung, jetzt in Glasgow) beide Köpfe mit vollem Haar; das andere No. 5 (Cabinet des medailles in Paris) beide kahl. Indes dürfte die Abbildung des ersteren nicht zuverlässig sein. Man wird die phototypische Publikation bei Macdonald, The greec coins in the Hunterian coli., abwarten müssen. Auch die bei Faber Imag. 26 abgebildete Münze des Ursinus, die Bellori und Gronov wieder aufgenommen, giebt dem Reverskopf einen kahlen Scheitel, aber die M. des Philippus spricht eher fürs Gegenteil. ^ A. a. O. p. 98.

VERTEILUNG DER MÜNZKÖPFE AN AR. UND CHRYS. 14Q

Wenn aber aus diesem Vergleich nichts zu gewinnen, so ist man mit der Deutung übel dran. Man ist auf die Physiognomik und das Darstellungsmotiv angewiesen (bei Münzköpfen ein fatales Kri- terium), eventuell auf Rückschlüsse aus den damit identifizierten Hermen.

Visconti adoptierte die schon von Ursinus^ und Faber^ auf- gestellte Ansicht, dass in der aufwärts gerichteten Haltung des erst- genannten Kopfes eine Charakterisierung des Astronomen Aratos zu erkennen sei, wozu auch die Stelle desSidonius ApoUinaris^ stimme: Quod per gymnasla plngantur Areopagitica vel prytanea curva cervice Speusippus, Aratus panda etc.; während die ans Kinn gelegte Hand des Anderen auf die bei den Stoikern übliche Dialektik, in welcher Chrysippos Meister war, hindeute."*

Gercke'^ und mit ihm Heibig, " Milchhöfer,' Studniczka^ sind für die umgekehrte Zuteilung, aus Gründen, die nicht sowohl in den Münzbildern selbst, als in den damit identifizierten Hermen liegen. **

Mit dem aufwärts gerichteten Kopf nämlich pflegte man schon zu Bottari's Zeit

1. ein Marmorbildnis im Capitol, Philosophenzimmer No. 38 (abgeb. Bott. 1. 42)^", das sowohl die gleiche Haltung als den gleichen Formen Charakter zeigt, in Verbindung zu bringen: Ein Greisenkopf mit vorgestrecktem Hals, etwas aufwärts blickend, mit durchfurchtem Gesicht, tief eingesunkenen Augen und unterhöhlten Brauen; das Untergesicht mit der convexen Unterlippe und dem kurzen Bart hässlich vorstehend. Das Hermenstück mit der unteren Hälfte des Halses ist neu, aber die vorgestreckte Haltung des Kopfes verbürgt.

2. Ein besseres und besser erhaltenes Exemplar dieses Typus befindet sich in Neapel, Gerh. No. 392, Inv. 6127 [Abb. 14 und 15] mit ungebrochenem Bruststück, auf scheibenartiger Plinthe; über

1 Urs. Imag. 35. « pab. Imag. 26. " ^pist. IX. 9. 14.

* Im Kreis des Ursinus hatte man den zweiten Kopf Philemon genannt (s. Faber

Imag. 104); erst Andr.Morelli(Spec. rei num. 16Q5p. 240 ff.) deutete ihn auf Chrysipp.

Im viscontischen Sinn spricht sich neuerdings auch Imhoof aus im Journ. of hell.

Stud. XVIII. (1898) p. 161 ff.: In antiquity as now every unbiassed person must

have recognised the meditative philosopher in the design of the obverse, and in

that of the reverse the poet and astronomer with his eyes raised to heaven.

^ Im Jahrb. d. Inst. V. Anz. p. 57. « Führer P. 486.

' In den archäol. Studien zu Brunns Jubiläum 1893. p. 41.

» Neuejahrbb. f. d. klass. Alt. III. p. 176. Anm. 7.

® Auch Babelon schliesst sich ihnen an, ob aus denselben Gründen, weiss ich nicht.

10 Righetti I. 87.

150

ARATOS

Abb. 14 Sog. Aratos in Neapel (zu S. 149. 2)

beiden Schultern ein Ge- wand. Die Formen und der Ausdruck sind edler als beim capitolinischen. Am Kopf nur der Nasen- rücken neu.

3. Ein drittes ist die fragweise als Diogenes oder

Karneades bezeichnete Büste im brit. Museum, Rom. Oall. No. 65 (abgeb. Anc. Marbl. XI. 19) i; der Kopf leicht nach rechts (nicht links, Guide) ge- wandt. Nase, Oberlippe und ein Stück des Kinns neu.

Man wird zwar nicht sagen dürfen, dass alle drei genau miteinander übereinstimmen, denn das capitolinische hat ent- schieden gröbere, gemeinere Formen und einen stumpfsinnigeren Aus- druck. Es rührt von einem Kopisten her, der das Original merkwürdig roh wiedergab und namentlich das Untergesicht hässlicher gestaltete. Gemeinsam sind allen die Kopfform, die Kahlheit, die Augenbildung, der Charakter von Haar und Bart, die vorgestreckte, gebeugte Hal- tung und, was den Stil anbelangt, ein schon sehr fortgeschrittener Realismus. Das unmittelbare Vorbild ist ohne Zweifel eine Büste mit Gewand auf beiden Schultern gewesen, wie es die noch erhaltenen Bruststücke des Neapler und des Londoner Exemplars zeigen. Doch scheint die gebückte Haltung in letzter Instanz auf ein statuarisches Original zurückzuweisen, am ehesten auf eine sitzende Statue. Ob der Restaurator des capitolinischen Kopfes durch Zufall auf die gleiche Büstenform geraten ist, oder ob ihn vielleicht das damals in Rom befindliche farnesische Exemplar (2) leitete, kann ich nicht sagen. Gercke nimmt, wie schon früher (I. Teil p. 169) bemerkt worden, noch eine ziemliche Anzahl anderer Köpfe als Darstellungen der gleichen Person, darunter alle diejenigen, die wir zum Typus des sogen. Hippokrates (abgeb. I. Teil p. 166 und 167) gerechnet haben, welcher der vorgestreckten und aufwärts gerichteten Haltung er-

' Als Chrysippos bei Christ Gr. Litt. 25.

DIE DEN MÜNZBILDNISSEN ENTSPRECHENDEN HERMEN 151

Abb. 15

Profil des vorigen

mangelt. Es ist ausser- ordentlich schwer, sich für oder gegen diese Zuteilung auszuspre- chen, und ich will die Möglichkeit, beide Ty- pen zu vereinigen, nicht absolutbestreiten. Aber ich habe bei wieder- holter Vergleichung je- weilen den Eindruck erhalten, dass zwischen dem sogen. Aratos und dem sogen. Hippokra- tes typisch zu unter- scheiden sei, und dass vollends die sogen. Kar- neadesse in Florenz

No. 267 (Dütschke III. 497) und in Neapel (Invent. 6131) sicher andere Personen darstellen.

Auch für den Reverskopf der Soloimünze mit der Hand am Kinn glaubt man ein entsprechendes plastisches Bildnis gefunden zu haben, nämlich die seit Visconti allgemein damit identifizierte Herme derVilla Albani, Kaffeehaus No. 610 [Abb. unten S. 156 u. 157] \ ein Bildnis, das wegen der hochgezogenen Schultern und wegen des langen Bartes ebenfalls den Eindruck der Greisenhaftigkeit macht, dessen Stirn aber noch nicht so kahl und verhältnismässig wenig ge- runzelt ist. Die mit dem Münztypus übereinstimmende eigentüm- liche Einhüllung ins Pallium, die gewiss auf richtiger Ergänzung be- ruht, und der in demselben verschwindende wellige Bart lassen die Identifizierung als eine beachtenswerte Hypothese erscheinen, die auch ohne die willkürliche und ganz unbegründete Annahme einer ehemals vorhandenen am Kinnbart liegenden Hand (Gercke) ihre volle Berechtigung hat. Die Behandlung der Formen ist im Gegen- satz zu der des vorigen mehr lysippisch charakterisierend als rea- listisch und deutet auf eine frührere Entstehungszeit.

Aus diesen Marmordenkmälern nun, welche nach den Münz- typen benannt, resp. als die Vorbilder derselben gefasst sind, will

^ Visc. Icon. gr. I. Tf. 23 a. 4, 5; danach Baumeister I. p. 395.

152 ARATOS

man entnehmen, dass die Namen Aratos und Chrysippos nicht nach der früher übHchen Weise, sondern umgel<ehrt auf die zwei Köpfe der Soloimünze zu verteilen seien. Von den beiden Männern sei Chrysippos der berühmtere; auf ihn sei daher das noch vielfach vor- kommende Bildnis des aufwärts blickenden Kahlkopfs, auf Aratos der allein stehende Kopf der Villa Albani zurückzuführen. Und eben dies werde durch stilistische Erwägungen unterstützt, indem die albanische Herme noch auf eine frühere, der capitolinische Kopf und seine Repliken auf eine spätere Kunstrichtung weise, was wieder der zeitlichen Aufeinanderfolge des Arat und des Chrysipp entspreche.

Ich kann mich dieser Vertauschung, wenigstens was die Er- klärung der Münzbildnisse betrifft, nicht anschliessen. Zunächst ist der von den Repliken hergenommene Grund nur dann von grösserem Belang, wenn ihre Zahl wirklich so bedeutend wie Gercke annimmt. In den drei von uns statuierten Exemplaren konnte auch das Bildnis des unberühmteren Aratos auf die Nachwelt kommen. Der angebliche Stilbeweis aber will deswegen nicht viel sagen, weil er ein anderes Resultat liefert als welches die Datierungszeit der beiden Männer erwarten lässt. Arat blühte c. ein Menschenalter früher als Chrysippos; der Höhepunkt des Lebens fällt bei jenem etwa um 260, bei diesem um 230, und ihre Bildnisse werden wenig Unterschiede in der Behandlung gezeigt haben. Die albanische Herme aber ist ihrer Entstehungszeit nach von dem aufwärts blicken- den Büstentypus leicht durch ein Jahrhundert getrennt. Der richtige Schluss, der aus dem Stil der beiden Bildnisse gezogen werden musste, war vielmehr der, dass wir es nicht mit zeitlich einander so nahe stehenden Personen, vielleicht nicht einmal mit Personen des gleichen Jahrhunderts zu thun haben, und dass daher entweder der eine oder der andere Name aufzugeben ist.

In der That, wenn wir erwägen, wie unsicher alle auf die Münzen basierten Identificationen , also auch die der beiden be- sprochenen Typen sind, so scheint es sehr gewagt, aus ihnen, ent- gegen der natürlichen Symbolik, eine Umdeutung der beiden Münz- bilder ableiten und begründen zu wollen. Oder sollte der oben besprochene Typus [Abb. 14, 15] wirklich der einzige sein, der mit einigem Recht auf den Averskopf der Münze bezogen werden kann? Könnte nicht auch z. B. der aufwärts gewandte Kopf in Woburn Abbey (publ. von Furtwängler Über Statuenkopieen I. Taf. 8, Kar- nedas?) oder der sogen. Arat mit den emporgezogenen Brauen in Florenz No. 301 (Dütschke III. 303), die beide sicher andere Per-

DAS MOTIV DES EMPORBLICKENS 153

sonen darstellen, oder noch dieser und jener in Frage kommen? Und würde dann nicht den Gründen, welche Gercke für seine Benennung der Münzköpfe anführt, da es sich hier überall nur um vereinzelt vor- kommende Exemplare handelt, ziemlich aller Boden entzogen?

So bleibt es schliesslich das Natürlichste, die Deutung der Münztypen auf das zu begründen, was sie selbst an die Hand geben, auf das Emporblicken des einen, die reflektierende oder demon- strierende Handbewegung des andern: Züge, welche denn doch nicht ganz willkürlich, jener mit Aratos, dieser mit Chrysippos in Beziehung gebracht werden, welche aber willkürlich erschienen, wenn die Namen umgekehrt verteilt würden.

Das Motiv des Emporblickens als Charakterisierung des Astro- nomen setzt allerdings eine gewisse Naivetät des Künstlers voraus, ist aber gleichwohl etwas so Naheliegendes, dass man sich nicht zu wundern braucht, auch sonst noch bei dergleichen Darstellungen dem Namen Arat zu begegnen, resp. den Arat in dieser Weise dar- gestellt zu sehen. ^ Selbst Heibig, der die Gercke'sche Umdeutung der Soloimünze billigt, sieht diese Haltung beim sogen. Zeno im Musensaal des Vati cans No.500 [abgeb.oben p. 136] als einen Grund an, eventuell an Aratos zu denken.^

Ein blosser Zufall dagegen ist es, dass auch der früher Arat genannte schöne Feldherrnkopf mit dem Wehrgehenk in Neapel, Gerh. No. 379, Invent. 6141 (abgeb. Arndt- Bruckmann Portr. 109, 110), die aufwärts gerichtete Haltung hat. Denn hier war natürlich nicht der Astronom von Soli, sondern der Strateg des achäischen Bundes gemeint.

Das Facit für die Ikonographie des Aratos wäre also, dass wir noch zwei typisch irrelevante Darstellungen desselben in einem Mosaik (a), und einer Miniatur (b), und daneben einen vielleicht auf das echte Bildnis zurückgehenden Münzkopf (Münztaf. II. 11) be- sässen, welch letztere Grundlage aber nicht genügt, um plastische Denkmäler halbwegs sicher darnach zu bestimmen.

^ Vgl. z. B. den Holzschnitt aus dem Rudimentum Noviciorum, Lübeck 1475 bei Reicke Der Gelehrte, Leipzig 1900 p. 9: Aratos sitzend vor einem Buch mit der Feder in der Rechten, zu den Sternen emporschauend, indem er sich mit der Linken die Augen beschattet. Auch der Astronom im Totentanz Holbeins blickt wenigstens zu einem aufgehängten Himmelsglobus empor. S. ibid. p. 109. 2 Wofür übrigens die Darstellung desselben auf dem Mosaik des Monnus [oben p. 147] in keinem Fall als Bestätigung angeführt werden kann.

154 CHRYSIPPOS

Warum die bei Albano gefundene Büste des brit. Museums No. 67 (abgeb. Anc. Marb. XI. 21) dem Aratos zugeschrieben wird, wissen selbst die Herausgeber der Ancient Marbles nicht zu sagen: Ein hoher weder kalller noch aufwärts gerichteter Kopf mit schlichtem Haar und zusammengezogenen Brauen, der etwa dem sogen. Hippo- krates in Madrid (Hübn. No. 164) gleicht.

Chrysippos'

[Münztaf. II. 12, 14]

Chrysippos von Tarsos oder von Soloi (Pompejopolis) in Cili- cien (c. 280— c. 206), gewöhnlich der Solenser genannt-, Lehrer und vorzüglichster Vertreter der stoischen Philosophie in Athen und fruchtbarer Schriftsteller, aber mehr ein spitzfindig- kritischer als ein schaffender Geist. *^

Im Kerameikos zu Athen war eine Statue, welche ihn sitzend darstellte, mit vorgestreckter Hand, als ob er im Begriff wäre, eine philosophische Frage zu erörtern.* Man erinnert sich dabei unwill- kürlich der Stelle des Sidonius Apollinaris'^, wo gesagt wird, dass die digltl propter numeromm indicia constricti (die zum Behuf der Zahlenangaben eingebogenen Finger?) für die Chrysipposdarstel- lungen typisch gewesen seien. Diogenes Laertius knüpft an die Er- wähnung jener Statue die Bemerkung, dass man daran sehen konnte, wie unansehnlich Chrysippos an Gestalt war.^ Auch Pausanias"

^ Litteratur. Gercke im Jahrb. des Instit. V. (1890) Anz. p. 56f.; Milchhöfer

Zu griechischen Künstlern, in den archäologischen Studien H. Brunn dargebracht.

1893. p. 43 ff.

- '0 SoXsu'?. Strab. XIII. 610. Das spätere Schwanken zwischen Tarsos und Soloi

erklärt sich durch die weitere Angabe Strabo's (XIV. 671), dass sein Vater von Tarsos

war, aber nach Soloi übersiedelte.

ä Susemihl Gesch. der alex. Litt. I. p. 77.

* Cic. de fin. I. c. 11. 39: Athenis statua est in Ceramico Chrysippi sedentis,

porreda manu.

" Sid. Epist. IX. 9. 14.

® Hv Oi 7.oa To (joiaaTtov svjtsXt;, oj? ofjXov ir. -oü avopta'vTo; Toü ev KspafjLS'./.oli, o; aysSov

T'. uTTOKExpuTTuai TW Xrjaiov tTTTzft' oö^sv auT&v KapvsaSrj? Kpul/i'-ov eTwE^cv. Diog. La.

VII. 7. 4. '

' Paus. I. 17. 2.

DER MÜNZTYPUS MIT DER HAND U. DIE H. DER V. ALB. 155

erwähnt eine Statue von ihm in Athen. Aber er setzt sie ins Gym- nasien des Ptolemaeos, daher wahrscheinlich nicht dieselbe. Eine von beiden oder eine dritte (jugendliche) hatte Aristokreon, ein Schüler und Neffe des Chiysippos, aufgestellt. ^ Später waren seine Bildnisse, wenn auch zum Teil nur in wohlfeilem Gips, ausserordent- lich verbreitet. - Man gab sich, wie Juvenal sagt, gerne den Anschein, ein Verehrer der Stoa zu sein, um mit diesem Mantel die epikureischen Sünden zu decken.

Als Bildnis des Chrysipp muss, wie schon bei Anlass des Arat (oben p. 147) auseinandergesetzt wurde, einer der beiden Köpfe be- trachtet werden, die auf der Bronzemünze seiner Vaterstadt Soloi vom Jahre 162 n. Chr. dargestellt sind. Und zwar nehmen wir mit den früheren Ikonographen (Visconti etc.) den ins Pallium gehüllten, die Hand ans Kinn legenden Greis (Münztaf. 11. 12) für Chrysipp, den aufwärts gerichteten Kahlkopf (Münztafel II. 1 1) für den sternkundigen Arat. Zumal der demonstrierende oder sinnende Gestus des ersteren passt entschieden besser für den Philosophen. Auch die Gemmen- köpfe mit diesem Motiv, die bärtigen (Neapel No. 126) wie die un- bärtigen (sogen. Aristoteles), wurden und werden meist als Philo- sophen gedeutet.

Was Gercke^ für die umgekehrte Namensverteilung anführt, beruht auf der wohl nicht stichhaltigen Deutung verschiedener plastischer Typen auf eine und dieselbe Person und ihrer Identifi- zierung mit dem aufwärts gerichteten Münzkopf, worüber oben das Nötige gesagt ist.

Wegen Ähnlichkeit mit diesem Münz-Chrysipp wurde von Vis- conti, wie es scheint mit etwelchem Recht, eine Herme der Villa Albani, Kaffeehaus No. 610 (Abb. 16 u. 17)* auf den stoischen Philo- sophen bezogen. Er durfte sich dabei sowohl auf den allgemeinen Um- riss des Schädels, als auch auf einige ziemlich individuelle Züge wie die eigentümliche Einhüllung ins Pallium und den wellig herabfallenden, an die Brust anschliessenden Spitzbart berufen. Und wenn Chrysip- pos, wie man aus seiner Schreibseligkeit und aus der Stelle des Dioge- nes schliessen zu dürfen glaubt, wirklich der Typus eines körperlich herabgekommenen Stubengelehrten war, so passte die albanische

Plut. De stoic. repugn. c. 2. Vgl. MilcHhöfer Archäolog. Studien a. a. O. p. 43. 2 Pleno omnia gypso Chrysippi invenies. Juv. II. 4.

^ Jahrb. d. Inst. a. a. O. p. 57.

* Visc. Icon. gr. I. Tf. 23 a. 4, 5; Baumeister I. p. 395.

156

CHRYSIPPOS

Herme mit ihrer Schmächtigkeit und ihren hochgezoge- nen Schultern gar nicht übel dazu, während es kaum begreiflich, wie man die Einhüllung in den Mantel, die bei

dem physisch Herabgekommenen so gut am Platze, lieber dem Aratos zuschreiben mag, „der in der Kühle der Nacht über ein astronomisches Problem nach- denkt."^ Die auf der Münze mitgegebene Hand musste natür- lich bei der Herme wegfallen.^ Sie er- scheint schon dort recht ungewöhnlich, erklärt sich aber wohl einfach dadurch, dass das Münzbild auf eine Statue zurückgeht, wo die Hand eine gewisse charakteristische Rolle spielte, weshalb der Stempelschneider die- selbe mit in seine Darstellung aufnahm. Vielleicht war dies eben jene Statue im Kerameikos mit der vorgestreckten Hand (porrecta manu). In der numismatischen Abbreviatur wurde die vorgestreckte zu einer aufwärts ans Kinn gelegten, weil sie nur so noch Raum hatte. Bei dieser Auffassung liegt es nahe, noch einen Schritt weiter zu gehen und, wie zuerst Fea gethan*^, Gercke"* und Milchhöfer^ näher begründet haben, auch in der borghesischen Statue des sogen.

Abb. 16 Sog. Chrysippos in Villa Albani (zu S. 155)

^ Heibig 112. No. gyy^

2 Und war nicht etwa früher auch hier vorhanden, wie Gercke behauptet.

Heibig Führer a. a. O.

* Winckelm. Kunstgesch. ed. Fea III. zu Tav. 23.

^ Gercke Jahrb. a. a. O. p. 57. ^ Arch. Stud. a. a. O. p. 41.

Vgl.

STATUE DES SOG. POSIDONIOS IM LOUVRE

157

Posidonios im Louvre, Descr. No. 89, jetzt No. 80 [Abb. 1 8] \ den Chrysipp zu er- kennen, d, h. eine Kopie des Rum- pfes der atheni- schen Statue mit dem demonstrie- renden Gestus

der Rechten; denn der Kopf allerdings ist auf- gesetzt und der Statue fremd. Es ist eine des Unter- kleids entbehren- de, in einen

massig langen Mantel gehüllte Figur von alten mageren Formen, etwas eingesun- ken, auf einem

würfelartigen Sitze ruhend, der an der rechten Seite als Polsterstuhl charakterisiert ist. Der rechte Arm ist mit der Handfläche nach oben aufs Knie gelegt (die Hand alt, nur die Finger zum Teil ergänzt)-, der linke in den Mantel eingeschlagen; an den Füssen Schuhe, welche die Zehen frei lassen. Da die Körperformen, wie gesagt, auf einen Greis deuten, so kann die Statue, wenn es sich um Chrysippos han- delt, nicht vor seinen letzten Lebensjahren erstarb c. 74jährig ent- standen sein und diese Zeitbestimmung (Ende des S.Jahrhunderts) ist auch aus Stilgründen wahrscheinlich, weil die naturalistische Behand-

Abb. 17

Profil des vorigen

^ Bouillon II. 28; Visc. Mon. sc. Borgh. V. 1; Clarac pl. 327. Vgl. Friederichs- Wolters No. 1322.

- Milchhöfer a. a. O. p. 41 meint, dass die drei ersten Finger mehr gestreckt, die beiden letzten mehr eingeschlagen waren: also etwa die Schwurgeberde, hier ohne Emporhalten des Armes, im Sinne der Demonstration.

158 CHRYSIPPOS

lung, die sich an dem Werl<e kund giebt, erst in der vorgeschrittenen hellenistischen Periode üblich wurde. ^ Gerade um diese Zeit lebte aber der ältere Eubulides, von dem Plinius- sagt, er habe die rühm- lich bekannte Statue eines dlgltis computans gemacht. Nun hat man schon immer unter diesem Rechner ein Porträt und zwar ein Philo- sophenporträt vermutet und Milchhöfer glaubt nur eine letzte Con- sequenz zu ziehen, wenn er denselben speziell in der borghesischen Statue wieder erkennt. Der sogen. Posidonios wäre also die Kopie einer Chrysipposstatue von der Hand des Eubulides, nur mit einem falschen Kopf (Aristoteles?) ergänzt. Für den richtigen hält Milch- höfer mit Gercke den Typus des sogen. Arat (den sie von dem des sogen. Hippokrates nicht unterscheiden), und mit diesem (dem Lon- doner Exemplar) verbunden, ist die Statue auf Seite 42 seiner Schrift abgebildet, der Kopf etwas aufwärts blickend, „wie es jenes fingierte Gespräch bei Cicero verlangte".^ In der That kann von den beiden Marmorbildnissen, welche man mit der Soloimünze in Verbindung bringt (Abb. 14 und 16), nur der aufwärts gerichtete Kahlkopf dem borghesischen Torso aufgesetzt werden. Die albanische Herme mit dem vorn geschlossenen Gewand und dem anliegenden Spitzbart passt nicht dazu. Wenn man daher bei der Ergänzung des Kopfes auf diese beiden beschränkt wäre, so müsste man den Rückschluss machen, dass die Namen Arat und Chrysipp wirklich nach dem Gercke'schen Vorschlag an die Münztypen zu verteilen, und dass bei der albanischen Herme von Chrysipp abzusehen sei.

Wir wollen nicht in Abrede stellen, dass die Combination Milch- höfers viel Ansprechendes und Verführerisches und auf der Basis der beiden bisherigen Identificationen sogar etwas Zwingendes hat, wie sie denn bis jetzt allgemein Anklang gefunden.* Aber wir müssen doch dreierlei im Auge behalten: 1. dass diese Basis, d. h. das Wieder- erkennen der Münzköpfe in dem Arat-Hippokratestypus und in der Herme Albani nicht unanfechtbar, 2. dass jene Combination aus lauter Wahrscheinlichkeiten zusammengesetzt und daher auch selber nur eine solche, keineswegs schon ein abgeschlossener »Nachweis« ist,

^ Daher nicht an Anaxagoras zu denken , welcher Name dem Abguss in der Villa

Medici zu Rom gegeben wird.

2 Plin. 34. 88.

^ Mit einem sog. Hippokrateskopf ist schon eine andere sitzende Statue im Mus.

Torlonia No. 82 ergänzt worden (s. Gr. Ikon. I. Teil p. 168).

* Siehe z. B. Klein Praxiteles p. 99 ; Furtwängler Über Statuenkopieen I. p. 46. und

Beschr. der Glypt. in München No. 297.

DER SOG. POSIDONIOS EIN DIOITIS COMPUTANS 159

Abb. 18 Sog. Posidonios im Louvre (zu S. 157)

160 CHRYSIPPOS. PSEUDO-SENECA

und 3. dass die daran geknüpfte Umdeutung der Münztypen, weil mit der natürlichen Symbolik im Widerspruch, eine ganz erkleckliche Schwierigkeit bildet. Es ist nur wahrscheinlich, nicht sicher, dass unter dem dlgitis computare (Statue des Eubulides) das Gleiche ver- standen ist wie unter dem digitos propter numerorum Indlcla con- strlngere, das als Merkmal der Chrysipposdarstellungen angegeben wird (Sidonius Apollinaris); nur wahrscheinlich, dass unter dem Qestus der Rechten am borghesischen Torso das Gleiche wie unter der porrecta manus der Kerameikosstatue. Und es ist nur von massiger Wahrscheinlichkeit, dass der jetzige Kopf grade durch den des fälschlich so genannten Arat zu ersetzen sei; denn das zu dem Torso stimmende, beide Schultern bedeckende Gewand ist ein ziemlich häufig vorkommendes, also nicht speziell für Chrysipp be- weisendes Hermenmotiv. Immerhin sind auch wir geneigt, in dem sogen. Posidonios des Louvre eine Kopie der athenischen Chry- sipposstatue zu erkennen. Aber über das Porträt des Philosophen, d. h. über den zu dieser Statue gehörigen Kopf sind die Akten noch nicht geschlossen. Es geht nicht an, zuerst zwei Hermentypen wesent- lich auf Grund der Symbolik (Kopfhaltung und Handgeberde) mit den Köpfen der Soloimünze zu identifizieren, und dann aus Gründen, die in den so gefundenen Denkmälern liegen, jene Symbolik wieder für ungiltig zu erklären ; bei der Deutung der Statue Alles auf den Gestus der Hand abzustellen und dann grade dasjenige Münzbild, wo auffälligerweise eine Hand mit dargestellt ist, ins gegenteilige Lager zu verweisen. Entweder sind die Identificationen falsch oder wir müssen bei der Deutung der Münzköpfe von aller Symbolik ab- strahieren.

Pseudo-Seneca'

[Taf. XXII. XXIII]

Eine leider immer noch unbekannte Persönlichkeit, die aber zu den allerberühmtesten des hellenistischen Zeitalters gehört haben muss, und die ebendeshalb in einer griechischen Ikonographie nicht

^ Litteratur. - Brizio in den Annal. d. Inst. 1873. p. 98 ff; Comparetti La Villa de' Pisoni e la sua biblioteca, in der Festschrift Pompei nell' anno LXXIX. Napoli 1879. p. 159 ff.; Mommsen und Robert in der arch. Zeitg. 1880. p. 33 ff.; Comparetti e de Petra U Villa Erc. 1883. p. 15 und 33ff.; Mau im Bullet. 1883. p. 89ff.;

DIE ERHALTENEN EXEMPLARE DES PS.-SENECA 161

ganz übergangen werden darf, ist die des früher sogen. Seneca, von dessen Bildnis nocii melir Exemplare auf uns gekommen sind als von dem des Homer und ebensoviele als von dem des Sophokles. Wir geben zunächst ein Verzeichnis derselben, soweit sie uns be- kannt sind.

Die erhaltenen Exemplare^

1. Bronzekopf von Herculaneum in Neapel, Invent. 5616 [abgeb. Taf. XXIII]-; 1754 gefunden. Mit kleinem rundem Brust- ansatz, nach rechts gewandt, weshalb der Hals auf dieser Seite stark gerunzelt. Im Nacken stehen die struppigen Haarbüschel zum Teil frei heraus. Der kurze Bart ist ungleich, doch überall die Wangen bedeckend, nur den Vorderteil des Kinns bloss lassend. Die Nase höckerig und der Anfang des Höckers sicher alt. Der Lippenrand ist nicht angegeben, wohl aber die Pupillen in den Augen, wenn sie anders antik.

2—4. Drei farnesische Marmorbüsten ebenda, Gruppe der Römerbüsten, Inv. No. 6185-6187, Gerh. No. 374, 383 und 341, alle von mittelmässiger Arbeit; am besten die kleinste, Inv. 6187, mit erhaltenem Bruststück und leicht aufwärts gerichtetem Kopf (abgeb. Faber Imag. No. 131). Sie allein hat noch einigermassen die in ab- stehende Büschel gegliederte Haarbildung des herculanischen Exem- plars (1) bewahrt. Bei den zwei andern sind die Haare im Nacken massiger gehalten und mehr anliegend.

5. Kopf ebenda, 1875 in Pompeji gefunden (abgeb. Comp, e de Petra Taf. III. 7, vgl. p. 34. 1), nach rechts aufwärts gerichtet, zum Einsetzen auf eine Statue. Die Augen wie blind, die Nase verstümmelt. Wahrscheinlich Gegenstück des mitgefundenen Epikur (abgeb. Comp. III. 8)=*.

Collignon bei Rayet Mon. de l'art ant. IL zu pl. 59; Schreiber in den Athen. Mitth. X. 1885. p. 396; Schaaffhausen in den Bonner Jahrbb. Hft. 85. 1888. p. 55 ff.; Heibig Führer I-. No. 476; Jahrb. d. Instit. X. 1895, Anz. p. 217; Furtwängler Samml. Somzee 1897. No. 49; Vysoky Archäolog. Miscellen, in den Österreich. Jahresheften I. 1898. Beibl. zu p. 140.

1 Vgl. die Aufzählung bei Comparetti e de Petra La villa Erc. p. 44 ff., der wir nur Weniges beifügen können. Ein vollständiges Verzeichnis muss einer mono- graphischen Behandlung aufbehalten bleiben.

■2 Bronzi d'Ercol. I. 35, 36; Mus. borb. I. 46; Visconti Icon. rom. Tf. 14. 1, 2; Compar. e de Petra Tav. 5; Rayet Monum. de l'art ant. IL 59; Baumeister Denkm. p. 1647; Sybel Weltgesch. d. Kst. p. 331. * S. oben p. 126. No. 22.

Bemoulli, Griech. Ikonographie. II. Teil 11

162

PSEUDO-SENECA

Abb. 19

Doppelherme in Villa Albani (zu No. 9)

6. Unterlebensgrosse Herme ebenda, 1878 in einem andern Hause von Pompeji gefunden (abgeb. Comp, e de Petra. Taf. III. 3, vgl. p. 34. 2), mit auffallend tief sitzenden Ohren; hinten abgeflacht wie die Hälfte einer Doppelherme, aber, wie es scheint, zu keiner der mitgefundenen ähnlichen Hermen (Demosthenes, sogen. Epikur, abgeb. Comp. 111. 2, 4) passend.^

7. Kopf im Capitol, Philosophenzimmer No. 10 (abgeb. Bottari I. 20)-; etwas aufwärts gerichtet, mit zwei schlaffen Hautfalten am Unterkinn. Die Augen klein, ohne Pupillen. Auf moderner Herme.

8. Kopf auf nicht zugehöriger Togastatue im Vatican, Stat. Gall. No. 402 (abgeb. Pio Clem. III. 17)^, vollkommen erhalten, aber unbedeutend. Der Torso stand früher im Palazzo baronale von Palo.

Q. Doppelherme in Villa Albani, Casino No. 67 [Abb. 19],* früher Seneca und Posidonios genannt. Aus Einem Stück, aber sehr

' Vgl. Mau Bullet. 1879. p. 95.

'' Righetti I. 63. 1. Vgl. Heibig Führer W 476.

^ Clarac pl. 905.

* Comparetti e de Petra Taf. IV. 3.

DIE ERHALTENEN EXEMPLARE 163

geflickt; ein Bruch geht von den Augen des Seneca bis unters Kinn des Posidonios. Die Nase und das Stirnhaar des Seneca sind neu. Letzterer nicht so mager und hinfällig wie meist. Visconti publi- zierte eine ganz ähnliche Doppelherme in der Sonographie rom. pl. 14. 3, 4 und gab als Aufbewahrungsort derselben das vaticanische Museum an. Aber hier befindet sich keine dergleichen, auch nicht in der Oalleria geografica. Obgleich nun zwischen den Abbildungen der angeblich vaticanischen bei Visconti und der photographisch auf- genommenen albanischen bei uns kleine Unterschiede bestehen zu den greifbarsten gehören die viereckigen Armlöcher an den Seiten der albanischen Herme, die geknickte Linie beim Zusammenschluss der Köpfe und die gebogene beim Brustabschluss ebenda, während bei Visconti die Köpfe durch eine gerade Linie voneinander ge- trennt sind und der Brustabschluss des sogen. Posidonios ebenfalls eine Gerade bildet , so könnte doch die Ortsangabe Visconti's auf einem Irrtum beruhen und beidemal das gleiche Denkmal gemeint sein.^ Danach wären auch Brizio (Bullet. 1872. p. 36), Matz-Duhn (zu No. 1770) und Mau (Bullet 1883. p. 94. 3) zu berichtigen.

10. Herme ebenda, Kaffeehaus No. 618, von verwaschener Ar- beit, das Profil geflickt.

11. Büste in Villa Borghese, Zimm. des Fauns No. 230, sehr verschmiert und ergänzt.

12. Kopf im Pal Corsini (Matz-Duhn No. 1771), rechts auf- wärts gerichtet, mit eingeschrumpften Augenwinkeln. Die Nase ge- bogen, bloss der untere Teil neu. Von guter Arbeit.

13. Kopf im Museo delle Terme, Guida 1896. p. 56 [abgeb. Tai XXIII].- In Rom oder dessen Umgebung gefunden, früher im Museum des Palatin. Er unterscheidet sich von allen übrigen durch die Beigabe eines Epheukranzes. Die Bildung der Augen erinnert an die des Homer, mit Vertiefung über den Thränenwinkeln, der Ausdruck sehr düster und leidend, die Nackenhaare bilden eine zopf- artige Masse. Die Nase neu.

14. Vorderteil eines Kopfes ebenda, Guida p. 10. No. 14, aber nicht von einer Doppelherme. 1878 in einer Mauer der Casa di Rienzi gefunden.^ Die Nase gebogen, nur die Spitze ergänzt.

^ Wie ungenau die viscontischen Abbildungen manchmal sind, sieht man z. B. an dem auf der gleichen Tafel gegebenen Bronzekopf des Pseudo-Seneca , verglichen mit dem Lichtdruck bei Comparetti Tav. V.

2 Annal. d. Inst. 1873, tav. L; Comp, e de Petra Tav. IV. 1, 2. Vgl. Matz-Duhn No. 1770. ** Vgl. Comparetti p. 43.

164 PSEUDO-SENECA

15. Eine schöne Bronzereplik soll sich nach Matz-Duhn Ant. Bildw. I. No. 1772 im Pal. Teoduli in Rom befinden.

16. Herme in den Uffizien zu Florenz, Zimmer des Herma- phrod. 322, Dütschke III. 530 [abgeb. Taf. XXIIJ, mit kleinen, wie blinden Augen, über welche der Schläfenmuskel tief herabfällt, und mit eigentümlich dicken Lippen, zwischen denen die obere Zahn- reihe sichtbar. Eine abgezehrte und magere Physiognomie, obgleich die Stirn nicht besonders durchfurcht ist. Die Nase neu, sonst von vortrefflicher Erhaltung wie auch von ausgezeichneter Arbeit; nament- lich ist die Art, wie die einzelnen Haarsträhne auf- und durcheinander liegen, sehr flott und breit gegeben. Amelung (Führer durch Florenz No. 165) meint, es könnte das Original sein.

17. Kopf ebenda, im Inschriftensaal bei No. 282 eingemauert (Dütschke III. No. 396), bloss die vordere Hälfte erhalten mit einem Stück Hals.

18. Kopf ebenda, Vorhalle No. 27 (Dütschke III.No.58; Ame- lung Führer No. 15), nicht so fein ausgeführt wie die Herme im Zim- mer des Hermaphr. Nase, Lippen, Büsten neu.

19. Nach Vysoky (Österr. Jahresh. I. 1898. Beibl. No. 142. Anm. 13) befindet sich auch ein Exemplar in der Casa Buonarotti zu Flo- renz, in der Hausflur über der Eingangsthür. Von mittelmässiger Arbeit (nicht bei Dütschke verzeichnet).

20. Kopf in Bologna, Archiginnasio, auf nicht zugehöriger Büste. Die Nase abgeschlagen, sonst gut erhalten und von guter Arbeit.

21. Büste in Turin, Dütschke IV. No. 160, nicht ganz vom ge- wöhnlichen Typus, mit übertrieben schlaffer und faltiger Halshaut, die Nasenlippe hoch, die Mundspalte geöffnet mit herabgehenden Winkeln. Ganz erhalten ausser dem Nasenrücken. Ob antik?

22. Togastatue im Louvre, Rotonde, Cat. somm. No. 920, aus Samml. Campana (abgeb. D'Escamps pl. 73) \ mit eingeschlagenem rechtem Arm, die Toga ohne Sinus, unten ein Scrinium. Angeblich von Tusculum. Der Kopf wahrscheinlich nicht zugehörig.

23. Kopf ebenda, Cat. somm. No. 921 (Phot. Giraudon 1320), 1860 bei Auch (Gers) gefunden. Ganz erhalten mit etwas dickem Hals. 2

1 Phot. Giraudon 1383.

■•^ Nach Schreiber Athen. Mitth. X. 1885. p. 397 könnte man meinen, dass eine

weitere Replik im Louvre als Fischer ergänzt sei. Allein es verhält sich vielmehr

DIE ERHALTENEN EXEMPLARE 165

24. Kopf im Cabinet des medailles zu Paris, Chab. No. 32Q5. Ohne Büste, etwas nach rechts gewandt.

25. Kopf in Oxford, im Museum neben der Bibiiotheca Bod- lejana (nach Comparetti La villa Ercol. p. 44). Bei MichaeHs Anc. Marbles nicht verzeichnet.

26. Kopf in Berlin, Beschr. No. 324 (mit Skizze).

27. Kopf ebenda, No. 325 (abgeb. bei Krüger Antiqu. du roi de Prusse ä Sanssouci I. 11), auf moderner Herme mit Namensauf- schrift. Aus Rom. Besser als der vorige.

28. Terracottabüste in Köln (abgeb. in den Bonner Jahrbb. Heft 85. 1888. Taf. 3), vor dem Hahnenthor daselbst gefunden. In einer Gussform gemacht, wie man an den Spuren der Nähte auf dem Scheitel und am Hinterkopf erkennt. Lebensgross, mit hässHch grossem Mund und eingedrückter Hakennase. Nach Kekule echt.

29. Kopf in der Samml. Somzee in Brüssel (abgeb. Furtw. Samml. Somzee pl. 26), sehr genau und fein ausgearbeitet, mit fast übertrieben realistischen Zügen. Abgesehen von kleinen Verletzungen vollständig erhalten, auch die Nase. Der Hinterkopf senkrecht ab- geflacht (Hälfte einer Doppelherme). Er soll 1640 in Griechenland erworben sein.

30. Doppelherme in Ny Carlsberg zu Kopenhagen, Kat. No. 338 (Phot. Jakobsen): Pseudo-Seneca und bartloser Römer, stark restauriert. Der obere Teil beider Köpfe neu, die unteren Teile zu- sammengefügt und ursprünglich einander fremd. Aber allerdings war der Seneca nach Jakobsen früher mit einem zweiten Kopf ver- bunden.

Ausserdem erwähnt Winckelmann:

31 33. Einen Kopf im Besitz des englischen Consuls John Dyck in Livorno, aus dem Haus Doni zu Florenz stammend; ferner das Fragment eines solchen aus der V^illa Hadrians beim Bildhauer Cavaceppi, und eine Gussmann'sche Herme, die auf der Fahrt von Rom nach Spanien nebst anderen Altertümern untergegangen.^ Die letztere war kurz vorher noch von Bellori (Imag. 48) '-, publiziert worden.

Modem oder von verdächtigem Altertum :

umgekehrt: Eine Replik des Fischers ist vom Restaurator willkürlich zu einem Seneca im Bade gemacht worden, Descr. No. 595, Cat. somm. 1354 (abgeb. Clarac. pl. 325. 2247). Mit unserem Typus hat derselbe nichts zu thun. Winckelm. W. VI. p. 252 und 253. '^ = Gronov Thes. III. )7y.

166 PSEUDO-SENECA

Bronzekopf im Pal. Rospigliosi zu Rom, Matz-Duhn I. No. 1772, hinten abgeplattet (Hälfte einer Doppelherme?). Sehr mani- riert, mit karikierten Zügen, übertriebenen Halsfalten. Ohne Zweifel modern.

Sitzende Statuette mit modernem Senecakopf im Pal. Sciarra, Matz-Duhn I. No. 1178.

Ähnliche kleine Figur in Madrid, Hübn. No. 84 (abgeb. Clarac pl. 848A. 2143B). Der Torso mit der schlaffen faltigen Brust weist allerdings auf einen Greis.

Bronzekopf im Gartenhaus von Blundell Hall, Michaelis Anc. Marb. p. 373, No. 21 7 e, wahrscheinlich modern.

Büste in Holkham Hall, Mich. p. 305, No. 17, eine hässliche Karikatur des gewöhnlichen Typus, mit höckerig abgeplatteter Nase. Modern.

Kopf in Richmond, Mich. p. 629, No. 30, mir nicht bekannt, nach Michaelis verdächtig.

Ein anderer Typus, unter dem aber möglicherweise die gleiche Person gemeint ist:

Der Marmorkopf inVillaAlbani, untere Gall. rechts No. 1 1 8 (abgeb. Comp, e de Petra Tav. IV. 5, 6, vgl. p. 40). Es scheint eine stilisierte Modifikation des Bildnisses zu sein. Das Haar ist von einer diademartigen Binde umwunden, voller als beim Pseudo-Seneca und symmetrisch angeordnet, was namentlich in den zwei ins Gesicht hängenden Stirnbüscheln auffällt; seitwärts bedeckt es die Ohren, hinten fällt es zopfartig auf den Nacken. Die Stirn ist von drei oder vier bogenförmigen Furchen durchzogen. Statt des Schnurrbarts sind die Nasenflügelfalten bis zu den Augenwinkeln mit Haaren be- wachsen. Die rechte Schulter ist angesetzt und ein Stück der Haare an der rechten Seite ergänzt, sonst ist der Kopf vollkommen erhalten. Gewiss modern.

Fälschlich als Pseudo-Seneca bezeichnet:

Der Kopf im Inschriftsaal der Uffizien zu Florenz, beim Ein- tritt links auf einem quer gestellten Porphyrsockel (nicht bei Dütschke verzeichnet). Er hat vom Seneca nur die in die Stirn hängenden Haarbüschel, den geöffneten Mund, den schlecht sprossenden kurzen Bart und einen ebenfalls faltigen Hals. Aber er ist jünger und stellt sicher eine andere Person dar.

Der Bronzekopf im Museo arqueolog. in Madrid (abgeb. Mus. Espan. de antiguet. VII), ein haar- und bartloser Alter in rückwärts gebeugter Haltung. Übrigens modern (17. Jahrh.).

FORMENCHARAKTER UND AUSDRUCK 167

Beurteilung der Bildnisse

Wenn man diejenigen Exemplare, deren Altertum nicht voll- ständig gesichert ist, ausser Betracht lässt, so hat man es hier mit einem sehr bestimmt charakterisierten, keinen wesentlichen Schwan- kungen unterworfenen Bildnis zu thun.

Es ist das eines greisen, wie es scheint, von den Mühseligkeiten des Lebens bedrückten, gebrechlichen und trübsinnigen Mannes von verwahrlostem Aussehen. Der Kopf aufwärts gerichtet mit vorge- strecktem Hals, und etwas nach rechts gewandt. Die Haare hängen lang und ungeordnet in einzelnen Strähnen oder Büscheln ins Ge- sicht. Die Augen liegen in tiefen Höhlen, sind klein oder wenig geöffnet und erinnern manchmal an die der Sehkraft beraubten des Homer; die Brauen sind zur Nasenwurzel emporgezogen, die Nase ist oberhalb gebogen und durch einen gerundeten Einschnitt von der Stirn getrennt, der Mund geöffnet; der Bart kurz und ungleich, am vorderen Teil des Kinnes nicht mehr keimend, wohl aber in einer besonderen Büschelreihe längs der Unterlippe, was dieser ein herab- hängendes, wie geschwollenes Profil giebt. Charakteristisch endlich die schlaffen Hautfalten, welche unterhalb des Kinns zur Halsgrube hinablaufen.

Der Ausdruck wird verschieden beurteilt und ist auch wirklich teilweise verschieden. Doch darf man sich bei seiner Bestimmung nicht von vorausgesetzten Deutungen influenzieren lassen. Ich halte es für Täuschung, wenn man eine besondere Fülle von Geist in den Zügen erkennen will. Man braucht den Ausdruck nicht gerade geistlos oder unbedeutend zu nennen, aber er ist so dominiert von dem des Elends und des Leidens, dass keine intellektuellen oder moralischen Eigenschaften darunter klar zur Geltung kommen. ^

Über die gegenseitigen Beziehungen der einzelnen Repliken zu einander, d. h. über die Frage, ob ein oder mehrere Originale zu Grunde liegen, wage ich noch nicht endgiltig abzusprechen.

Amelung- unterscheidet einen magern und einen fetten Typus (Flor. 16 und 18), Mau^ einen gradaus blickenden und einen empor- gerichteten (Neap. 1 und Flor. 16), und es ist nicht zu leugnen, dass

^ Sehr diplomatisch drückt sich Schreiber aus: Der eigentümliche Reiz dieses unbekannten Gesichtes liegt allein darin, dass es uns hinter der körperlichen Ruine den ungebrochen lebendigen Geist eines bedeutenden Menschen ahnen lässt (Ath. Mitth. X. p. 396). 2 Führer durch norenz No. 15. » Bull. 1883. p. 92.

168 PSEUDO-SENECA

diese Variationen dem Bildnis jeweilen ein verschiedenes Gepräge geben, zumal die letzteren. Die Seelenstimmung der Florentiner Marmorherme (16) mit ihrem schwermütigen Aufblick ist eine ganz andere als die des herculanischen Bronzekopfes (1) mit seinen leicht abwärts gerichteten, man weiss nicht, ob fixierenden oder ins Leere blickenden Augen. Aber ob die Unterschiede auf besondere Typen zurückgehen oder bloss den Kopieen angehören, bleibt noch zu untersuchen. Von einem fetten Typus kann doch nur insofern gesprochen werden, als der Hals bisweilen eine krankhafte Dicke zeigt (Pompeji 5, 6; Florenz 17; Louvre 22), wirklich fette Gesichtsformen finden sich nirgends. Und was die Hebung oder Richtung des Kopfes anbetrifft, so giebt es so vielerlei Nuancen der- selben, dass man die Exemplare von diesem Gesichtspunkt aus kaum in zwei bestimmte Klassen teilen kann. Vorherrschend ist ganz ent- schieden die Richtung nach oben. Wenn das herculanische Exemplar (1) abwärts zu blicken scheint, so beruht dies mehr auf den (nachträglich?) eingeritzten Pupillen als auf der Kopfhaltung. Ausserdem sind die genannten Variationen keineswegs die einzigen. Es kommen auch recht merkbare Unterschiede im Alter, in der Augenbildung und in der Anlage des Haares, namentlich der Nacken- haare vor, und diese Unterschiede laufen nicht etwa parallel mit den obigen, sondern kreuzen sie mannigfaltig, wodurch ein Scheiden in grössere Gruppen fast zur Unmöglichkeit wird.

Die Altersstufe schwankt zwischen c. 60 und 80 Jahren, doch lässt sich darin keine typische Absicht erkennen. Die flüchtigeren Kopieen erscheinen im Durchschnitt etwas jünger, weil die Merk- male des Alters weniger detailliert angegeben sind. Die an Homer erinnernde Verkümmerung der Augen findet sich beson- ders ausgeprägt an dem schönen Kopf im Hermaphroditensaal zu Florenz (16) und an dem bekränzten im Thermenmuseum zu Rom (13), wird aber, wo sie vorkommt, nicht im gleichen Sinne gedeutet werden dürfen wie dort. Bei manchen Exemplaren und so auch beim herculanischen Bronzekopf (1), der an Schönheit mit dem Florentiner wetteifert und ihn an guter Erhaltung noch über- trifft, sind die Augen durchaus normal. Die Nase ist bald ent- schiedener, bald sanfter gebogen, an dem eben genannten hercu- lanischen, wo sie vollkommen erhalten, fast höckerig. Ob von den geraden Nasen eine antik, kann ich nicht sagen. Ziemliche Unter- schiede sind sodann in der Anlage des Nackenhaares zu bemerken, das bald in einzelne wirr durcheinander liegende und abstehende

ABWEICHUNGEN VOM GEWÖHNLICHEN TYPUS 169

Büschel aufgelöst ist (herculan. Bronze 1), bald mehr im Sinn der Marmortechnik eine einfach gegliederte Masse bildet (Museo delle Ter me 1 3). Im Allgemeinen aberzeigt doch gerade das Haar, namentlich die Disposition der einzelnen vom Wirbel auslaufenden Strähne, überall eine mehr als zufällige Übereinstimmung und scheint somit für die Abhängigkeit von einem gemeinsamen Original zu sprechen. Auch der durch die Beigabe eines Kranzes von allen übrigen ab- weichende Kopf im Thermenmuseum macht in dieser Beziehung keine Ausnahme.

Ein wirklich verschiedener Typus, nämlich eine karikierte Verzerrung ins Hässliche, mit senkrechtem Profil, abgeplatteter Haken- nase, breitem Mund, hohem Untergesicht, läge allerdings in dem Bronzekopf des Pal. Rospigliosi (p. 166) und den mit ihm nahe verwandten Büsten in Holkham (ibid.) und Turin (21), sowie in der Kölner Terracotta (28) vor, wenn wir es hier mit antiken Denk- mälern zu thun hätten. Aber den Bronzekopf nennt schon Matz »wahrscheinlich modern", die Holkhamer Büste ist es ohne allen Zweifel (s. Michaelis); auch bei der Turiner habe ich mich eines Ver- dachtes nicht erwehren können. Unangefochten, soviel ich sehe, und sogar durch Autoritäten verbürgt, ist nur das Altertum der Terra- cotta in Köln (28). Indes handelt es sich bei ihr um einen blossen Nachguss und es ist auffällig, dass ein römischer //!]^w/«s gerade dieses hässliche Modell zur Vervielfältigung des Bildnisses gewählt haben soll. Wenn daher auch die Fundberichte die Annahme einer Fälschung auszuschliessen scheinen, so werden doch die auf dieses Denkmal basierten Schlüsse mit äusserster Vorsicht zu verwenden sein. Analoge Thonrepliken, d. h. thönerne Abgüsse nach Porträts berühmter Männer sind meines Wissens sonst keine erhalten. Die des sogen. Menander in Triest (oben p. 114) ist nach Arndt eine Fäl- schung. — Eventuell würde die Kölner Terracotta neben dem ur- sprünglichen Typus eine mehr oder weniger karikierte Modifikation desselben repräsentieren, auf welche auch die drei modernen Wiederholungen zurückgehen.

Aus der gegebenen Formenanalyse geht zur Genüge hervor, dass wir es nicht mit einem Bildnis der früheren Zeit zu thun haben, sondern mit einem solchen des bereits vorgeschrittenen Realismus, ja es darf als eines der prägnantesten Beispiele dieser nach Alexander aufkommenden und während der ganzen Periode des Hellenismus blühenden Stilrichtung angesehen werden. Es wurden damals auch Bildnisse längst verstorbener Männer, von deren Zügen keine Er-

170 PSEUDO-SENECA

innerung und keine Überlieferung, mehr vorhanden war, neu aus der Phantasie geschaffen. Aber das vorHegende macht durchaus den Eindruck, dass es unmittelbar nach dem Leben gemacht sei, weshalb auch das Urbild aller Wahrscheinlichkeit nach in dieser Zeit zu suchen ist. Und zwar führt der Vergleich mit den datierbaren Denk- mälern am ehesten ins 3., spätestens ins 2. Jahrhundert v. Chr. Zwischen diesen beiden kann man schwanken, weil der Stil sich während dieser Zeit nicht wesentlich geändert hat. Die aus dem Bildnis sprechende Originalität traut man lieber dem 3. Jahrhundert zu, wo sich auch allein Beispiele eines ähnlichen Formen Charakters finden.^ Wenn man früher anders urteilte und sogar römischen Ur- sprung für möglich hielt, so geschah es unter dem Druck der her- kömmlichen Beziehung auf Seneca. Aber Auffassung und Behand- lung haben in der römischen Zeit keine Analogieen mehr. Der hellenistische Charakter offenbart sich auch in der unrömischen Bärtigkeit, in der mehrfach vorkommenden Hermenform (Pompeji 6, Villa Albani 9, 10, Florenz 16), in den mit dem herculanischen Exemplar zugleich gefundenen Büsten (sogen. Heraklit, Demokrit, Archytas), welche doch jedenfalls Griechen darstellen, wie in dem ganzen ausschliesslich griechischen Inhalt der herculanischen Villa. Wenn somit Person und Bildnis dem pergamenisch-alexan- drinischen Zeitalter zuzuschreiben sind, so scheint allerdings die grosse Verbreitung des letzteren hauptsächlich erst unter den Römern stattgefunden zu haben, nicht nur, weil Rom und Italien fast der aus- schliessliche Fundort, sondern auch, weil die meisten Köpfe ziemlich mittelmässige und voraussetzlich späte Kopieen sind. An unmittelbar griechischen Ursprung wird man nur bei dem herculanischen Bronzekopf und bei dem Florentiner im Hermaphroditensaal denken dürfen. Das corsinische Exemplar (12) dürfte schon rö- misch sein.

Die Deutungsversuche

Wer ist nun in diesem später so unzählige mal vervielfachten, also ganz ungewöhnlich beliebten Bildnis dargestellt? -

^ Dies hat neuerdings Schrader in einem noch ungedruckten Vortrag (Jahrb. d. Inst. XV. 1900, Anz. p. 200) nachzuweisen gesucht, indem er die Schöpfung des Bildnisses mit Bezug auf die Verwandtschaft mit dem Messerschleifer in der Tribuna zu Flo- renz der ersten pergamenischen Schule, also der zweiten Hälfte des S.Jahrhunderts zuschreibt. Der Vortrag soll demnächst in ausführlicherer Fassung erscheinen. ^ Ein einlässhches Referat über die verschiedenen Aufstellungen s. bei Schaaff- hausen in den Bonner Jahrbb. 85 (1888) p. 56ff.

OB SENECA, PISO, PHILETAS? 171

Die im Kreis des Ursinus aufgei<ommene*, zuerst von Winckel- mann"'' angefochtene, aber immer wieder (anfangs auch von Visconti)'^ zu Ehren gezogene Deutung auf Seneca (2 65 nach Chr.) lässt sich mit der oben festgestellten Datierung nicht mehr vereinigen. Sie stützte sich auf einen jetzt verloren gegangenen Contorniaten des Cardinais Maffei, der einen ähnlichen Kopf mit der Beischrift Seneca zeigte*, und schien durch die Überlieferung von der Magerkeit und Kränklichkeit des alten Philosophen^ bestätigt zu werden. Con- torniaten sind aber gleich den Mosaikbildnissen schon an sich eine sehr prekäre ikonographische Basis und darauf begründete Ähnlich- keitsschlüsse haben wenig Wert, zumal wenn sie nicht mehr nach- geprüft werden können. im Jahr 1813 kam ausserdem in der Villa Mattei die mit den Namensaufschriften versehene Doppelherme des Sokrates und Seneca (jetzt in Berlin No. 391) zu Tage, die einen total verschiedenen Typus des letzteren aufwies, so dass jetzt, auch ab- gesehen von der Datierung, der angebliche Beweis des Ursinus durch einen mindestens ebenso starken Gegenbeweis aufgewogen und auf- gehoben war.

Nachdem dann allmählich die Überzeugung sich Bahn ge- brochen, dass ein griechisches Bildnis vorliege*, machte Brizio" auf das dichterische Abzeichen des Epheukranzes bei dem einen jetzt im Thermenmuseum befindlichen Exemplar (13) aufmerksam und stellte als notwendige Bedingung jeder Erklärung den Satz auf, dass der Dargestellte dem griechischen Parnass angehören müsse, ein Satz, an dem denn auch bis heute fast durchweg festgehalten wird. Nur Comparetti versteifte sich auf die absonderliche Idee, das Bildnis sei das des Besitzers der herculanischen Villa, L. Calpurnius Piso Cae- soninus (geb. 101 v. Chr.), des bekannten Gegners Cicero's, und sei später für das des Seneca genommen und entsprechend verviel- fältigt worden. ^

Brizio hatte geglaubt, das Bildnis auf den Lyriker Philetas von Kos (letztes Viertel des 4. Jahrhunderts), den Zeitgenossen des Me-

» Comp. La Villa Erc. p. 41. - Winck. W. VI. p. 251 ff.

3 PioCl. III. p. 81.

* Vgl. Faber zu No. 131 ; Comparetti p. 41 ff.

^ Ad summam maciem deductus, Seneca Epist. 78, der anderswo auch von Atemnot

und Katarrhen spricht. Epist. 54, 1%. Corpus parco vidu tenuatum, Tacit. Annal.

XV. 63; aegrotus, ibid. 60. Vgl. Dio Cassius 59. 19.

•* Vgl. Em. Braun Ruinen und Museen Roms (1853) p. 620.

' Annal. 1873. p. 98.

® Siehe die gründliche Widerlegung von Mau im Bullet. 1883. a. a. O.

172 PSEUDO-SENECA

nander und Lehrer des zweiten Ptolemaeos, beziehen zu dürfen, der körperlich gerade so hinfällig geschildert werde, wie der in unsern Büsten Dargestellte erscheine.^ Aber nach Allem, was wir von Philetas wissen, und nach der Stellung, die er in der Litteratur ein- nimmt, ist es nicht glaublich, dass ihm ein so exceptioneller Bildnis- kultus gewidmet worden sei. Es kann sich, wenn nicht ausser- gewöhnliche Umstände zu der Vervielfältigung veranlasst haben, nur um einen der ersten und berühmtesten Dichter handeln, ja es fragt sich, ob unter den Alexandrinern überhaupt einer denjenigen Grad von Berühmtheit erlangt hat, der die Menge der erhaltenen Bildnisse erklärlich macht. Der gefeiertste unter ihnen war der Ele- giker Kai li machos von Kyrene (310 bis c. 240), der Hofpoet der Ptolemäer in Alexandria; der dichterisch bedeutendste der Buko- liker Theokrit (310 bis c. 245) ebenda und bei Hiero von Syrakus. Ihr Zeitgenosse Aratos von Soli und der nur um Weniges jüngere Apollonios von Rhodos (c. 295 bis c. 215), die zunächst nach ihnen genannt zu werden verdienen, stehen schon entschieden auf einer etwas niedrigeren und, wie wir glauben, in diesem Fall allzu niedrigen Stufe des Ruhmes. Von den beiden ersteren hat namentlich der von Dilthey '^ vorgeschlagene Kallimachos, der princeps eleglae^, eine An- zahl Anhänger oder Befürworter gefunden, meist freilich nicht voll- kommen überzeugte, wie es bei dieser Sachlage natürlich ist. Aber wenn auch in dem relativen Ruhm des Kallimachos wie des Theokrit die Möglichkeit gegeben ist, dass einer von ihnen gemeint sein könnte, so wird dies doch dadurch wieder sehr unwahrscheinlich, dass der physiognomische Charakter des Bildnisses, weit entfernt, eine solche Deutung zu unterstützen oder ihr entgegenzukommen, vielmehr mit ihr im Widerspruch steht. Unser Dichter erscheint, wie Furtwängler mit Recht bemerkt, zu struppig und verwahrlost für den alexandrinischen Hofpoeten. Für den liebenswürdigen Theokrit ist er zu moros und wohl auch zu alt. Der Pseudo-Seneca wäre nicht mehr das Charakterbild, als dass er sich giebt, sondern die naturalistische

^ Plutarch An seni sit ger. resp. cap. 15 führt ihn als Beispiel an für Einen, der schon in seiner Jugend schmächtig und kränklich und aus Schwäche meistens bett- lägerig war. Dazu wurden seine Kräfte durch die nächtliche Gedankenarbeit auf- gerieben. Vgl. die Grabschrift bei Athen. XII. 77. p. 552 B: Zetve, <l>tX7]Ta? e?{jli' Xo'ywv 6 'isuSd[j.Evd; [as toXsas /.ol vuxxtov cppovTtSs; 'tini^io'.. 2 Bei Brizio Annal. a. a. O. p. 98. ^ Quintil. X. 58.

OB KALLIMACHOS, THEOKRIT, ARCHILOCHOS, HIPPONAX? 173

Wiedergabe einer ganz trügerischen Physiognomie. Wie hätte eine solche zu der Beliebtheit gelangen können, deren sich das Bildnis erfreute?

Die Schwierigkeit, um nicht zu sagen die Unmöglichkeit, eine passende Lösung im alexandrinischen Zeitalter zu finden, hat neuere Gelehrte dazu geführt, sich über das Requisit der Gleichzeitigkeit hin- wegzusetzen und anzunehmen, dass wir es mit dem frei erfundenen Bildnis eines älteren Dichters zu thun hätten. .Arndt dachte an den Jambographen des siebenten Jahrh., Archilochos, Furtwängler (Sammlung Somzee) sehr ernsthaft an den des sechsten, Hipponax. Die Stil Verwandtschaft mit dem Bildnis des Homer, das ja auch eine Schöpfung der Phantasie, konnte eine solche Annahme einigermassen rechtfertigen, obgleich die grosse Naturwahrheit des Typus ihr nicht eben günstig ist. Dann müsste aber der betreffende Dichter seinem inneren Wesen nach zutreffend charakterisiert sein, was bei den ge- nannten Vorschlägen nicht der Fall wäre. Was für ein sonderbares Charakterbild wäre der Pseudo-Seneca für den leidenschaftlichen Lanzknecht Archilochos oder für das giftige Lästermaul Hipponax! Nur das Äussere würde bei Hipponax etwa stimmen. Denn er soll mager und hässlich gewesen sein,^ weshalb die Bildhauer Bupalos und Athenis seine Gestalt spottweise zum Gegenstand einer Dar- stellung machten. Aber ein hellenistischer Porträtkünstler durfte nicht wie die Zeitgenossen von dergleichen Äusserlichkeiten aus- gehen, sondern er musste den Geist und das Wesen der betreffenden Persönlichkeit wiedergeben. Hinter dieser trübseligen Physiognomie vermutet kein Mensch den Spötter Hipponax. Furtwängler meint, wenn ich mich recht erinnere,- es werde eben das Bupalos'sche Bild sein, nur von einem Künstler der Diadochenzeit reproduziert. Aber was kann für diese Meinung angeführt werden? Der Stil doch sicherlich nicht. Zudem wird Hipponax nicht bloss als hässlich geschildert, sondern zugleich als heissblütig und sehnig. ^ Wie stimmt dies zu dem Bild der Hinfälligkeit und des Elends, das unsere Köpfe gewähren? Dass auch die Berühmtheit der Person nicht an die mutmassliche des Pseudo-Seneca hinanreicht, ist klar. Bei diesem haben wir es ohne Zweifel mit einem volkstümlichen Dichter zu

1 M'./.poc To Twtia zai (xIt/ooc zai Xsttto';, Aelian Var. hist. X. 6; Hipponacti notabilis foeditas voltus erat, Plin. 36. 12.

■^ Die Beschreibung der Sammlung Somzee steht mir nicht mehr zur Verfügung. * Metrodor v. Skepsis bei Athen. XII. p. 552. c.

174 PSEUDO-SENECA

thun. Das war Hipponax weder in alexandrinischer noch in rö- mischer Zeit.^

Die jüngste (und nicht die unwahrscheinlichste) Hypothese ist die von Studniczka, der wieder zur Gleichzeitigkeit zurückkehrt, in- dem er in dem Bildnis eine Darstellung des fast 100 jährig gewor- denen Komödiendichters Philemon (361—263) vermutet, dem bekanntlich unter den Vertretern der neueren Komödie der Platz gleich nach Menander zugewiesen wurde. Danach wären, wenn Studniczka auch mit Menander recht hätte, die beiden Komiker diejenigen Dichter, die neben Sophokles und Euripides unter allen litterarischen Berühmtheiten sich der grössten Gunst bei der helle- nistischen und römischen Nachwelt erfreuten, ja Philemon gienge Menander sogar noch voran. Der Charakter eines Komikers ist aller- dings so wenig wie der eines Jambographen in dem Bildnis verkör- pert. Doch könnte hier die äussere Erscheinung für den Künstler massgebend gewesen sein, was eventuell durch die Münze von Soli (vgl. oben p. 102) bestätigt würde. Das hohe Alter und die damit verbundene Gebrechlichkeit, der magere Typus, die Zahl der Re- pliken, das Alles wäre hier zur Not begründet; positive Hindernisse keine vorhanden. Immerhin liegt meines Erachtens ein ernstlicher Haken in dem Verhältnis zu dem supponierten Menanderbildnis, nicht sowohl weil Philemon danach gewissermassen als der berühm- tere erscheint, als weil es sonderbar, dass zwei gleichzeitige und vor- aussetzlich am gleichen Ort (Athen) entstandene Bildnisse stilistisch so verschieden sollten ausgefallen sein. Analoge Zusammenstellungen von Philemon und Menander finden sich auf künstlerischem Gebiet sonst keine. Auch ist die grosse Replikenzahl bei Philemon nur im Hinblick auf die ähnliche bei Menander einigermassen acceptabel. Wenn es mit Menander nichts ist, so ist sie bei ihm grade so un- wahrscheinlich wie bei Kallimachos oder Theokrit.

Also eine halbwegs befriedigende Deutung ist auf Grund der Dichterhypothese bis jetzt nicht gefunden worden. Sollte am Ende doch die Aufgabe falsch gestellt und die Beschränkung auf einen Dichter gar nicht notwendig sein? Der Epheu hat bekanntlich wesent- lich dionysischen Charakter, und da die dramatische Dichtkunst sich an

^ S. die Widerlegung der Furtwängler'schen Aufstellung von Vysoky in den öster- reichischen Jahresheften a. oben a. O. Wegen seiner HässHchkeit wird als Hipponax gedeutet ein Kopf mit verzerrten Zügen in Dreiviertelsprofil auf einem grossen Karneol in Neapel (Cades. 34. 11).

PHILEMON? OB NOTWENDIG EIN DICHTER? 175

den Kult des Dionysos anlehnte, so kommt er allerdings dem tragischen und dem komischen Dichter zu ^; dem Lyriker, sollte man meinen, nur dann, wenn er wie z. B. Anakreon vorwiegend die Freuden des Weines besang. Als allgemein dichterisches Abzeichen erscheint er erst bei den Römern. Ausserdem konnte er den Schauspieler be- zeichnen, den dionysischen Priester, und schliesslich jeden Teilnehmer eines grösseren Festmahls. - Aber der Epheukranz scheint überhaupt kein bedeutungsvolles Merkmal unseres Typus zu sein. Er kommt ein einziges Mal bei dem Exemplar das Thermenmuseums vor. Alle übrigen, und darunter die notorisch besten, ermangeln desselben. Er gehört also offenbar nicht dem Original an, sondern ist der Zu- satz eines späteren Kopisten, ein Zusatz, dem wir nicht so ohne Wei- teres die Bedeutung zuerkennen können, als Ausgangspunkt für die Deutung des Bildnisses zu dienen, sondern dessen Richtigkeit erst durch andere Kriterien bestätigt werden muss. Was lässt sich in dieser Beziehung etwa noch feststellen?

Comparetti hat betont, dassdas Bildnis dreimal in epikureischer Gesellschaft gefunden worden sei, einmal in der Villa Ercolanese (1), deren Besitzer ein ausgesprochener Epukureer war, und zweimal in Pompeji (5, 6) als Gegenstück eines Epikur und eines Metrodor (viel- mehr ebenfalls Epikur). Im Allgemeinen spricht dies eher für einen Philosophen als für einen Dichter. Doch schliesst das Eine das Andere nicht aus: es könnte ein epikureischer Dichter sein. Aber ein be- rühmter Dichter dieser Art findet sich erst bei den Römern.

Wichtiger erscheint der Umstand, dass eines der Exemplare in der albanischen Doppelherme (9) mit einem unbärtigen Kopf in ur- sprünglicher Zusammengehörigkeit verbunden ist. Denn hier wal- tete sicher die Absicht, zwei in irgend einer Weise venx'andte oder in einem Gegensatz zu einander stehende Persönlichkeiten, am ehesten Berufsgenossen, zusammenzustellen. Auch ist dieser Kopf nicht unl- camente nota in quesferma, wie Comparetti p. 39 behauptet. Er kommt im Gegenteil ebenfalls recht häufig vor und muss trotz seiner verhältnismässigen Jugendlichkeit eine Berühmtheit ersten Ranges gewesen sein: es ist nach Studniczka Menander (s. d.). Diese Deu-

1 Vgl. I. Teil p. 154.

2 Vgl. Comparetti La Villa Ercol. p. 36 ff., der ganz richtig sagt: // culto di Diony- sos era troppo esteso, troppe erano le sue applicazioni e troppi i suoi rapporti con la poesia e con Parte, ma anche con certi lati della vita commune, perche una Corona di edera potesse bastare a qualificare an poeta, sia pur dramatico.

176 PSEUDO-SENECA

tung würde, wenn richtig, allerdings zunächst das bestätigen, was aus dem Epheukranz des Kopfes im Thermenmuseum geschlossen worden ist, dass es sich um einen Dichter handelt, und von den er- wähnten Vorschlägen passte dann am ehesten der Zeit- und Ruhmes- genosse des Menander Philemon, für den ja auch, wie schon be- merkt, das hohe Alter und der magere Typus als Empfehlungsgründe angeführt werden können. Aber im Ganzen gewinnt die Deutung Philemon durch die Menanderhypothese nicht gerade viel, da auf der einen Seite zwar wohl der Dichtercharakter des sogen. Seneca eine weitere Stütze erhält, auf der anderen aber die Gleichzeitigkeit beider Köpfe aus stilistischen und kostümlichen Gründen (bärtig und un- bärtig) kaum mehr aufrecht erhalten werden kann. Die beiden Bild- nisse scheinen aus verschiedenen Zeiten zu stammen und erst später miteinander verbunden worden zu sein, etwa wie Sokrates und Se- neca. — Aus denjenigen ehemaligen Doppelhermen, bei denen der zweite Kopf jetzt fehlt oder durch einen fremden ersetzt ist (Pompeji 6, Somzee 29, Kopenhagen 30, Pal. Rospigliosi p. 166), lässt sich na- türlich für die Deutung nichts entnehmen.

Endlich wird es am Platze sein, noch einmal auf den physiog- nomischen Charakter selber zurückzukommen und zu sehen, wie dieser sich zu der Frage verhalte. Lässt sich irgend ein Zug in dem Typus erkennen, der auf einen Dichter weist, auf geistige Schwung- kraft, auf Flug der Phantasie, auf Erhebung der Seele? Oder deutet der Ausdruck nicht vielmehr auf das Gegenteil, auf einen depri- mierten, grübelnden Geist, auf kleinliche, am Nächsten haftende Ge- danken, auf Alles eher als auf Begeisterung und Freude an der Kunst? Wir wollen nicht sagen, dass der Charakter des Dargestellten demgemäss zu beurteilen sei; denn das Bildnis kann nach dem Leben gemacht sein und sein Ausdruck über das Innere täuschen. Aber an der Physiognomie hat die Dichterhypothese entschieden keine Stütze. Sie steht mit derselben sozusagen in diametralem Widerspruch.

Wenn nun ausser dem Kranz gar nichts für einen Dichter spricht, die Beigabe des Kranzes aber bei dem einen Exemplar möglicher- weise auf Willkür oder Irrtum beruhen kann, so glauben wir, hat die von Brizio aufgestellte Beschränkung des Darstellungskreises keine so unbedingte Geltung, wie gewöhnlich angenommen wird, sondern es kann eventuell auch noch jemand anders als nur ein Dichter gemeint sein. Ein Staatmann oder Feldherr allerdings nicht; so weit darf man der Physiognomik oder Charakteristik wohl trauen. Und auch ein Redner scheint ausgeschlossen. Es müsste ein Philo-

NOCH EINMAL DER PHYSIOGNOMISCHE CHARAKTER 177

soph oder Schriftsteller sein, am ehesten ein Gelehrter oder Kritiker, wie deren der Hellenismus so viele und zum Teil so bedeutende her- vorgebracht hat. ich würde es nicht wagen, einen Vorschlag aus dieser Sphäre zu bringen, träte uns hier nicht ungesucht eine Persön- lichkeit entgegen, wie die des Eratosthenes von Kyrene (um 275 bis 1Q5), des Nachfolgers des Kallimachos in der Vorstandschaft der alexandrinischen Bibliothek, eines jener Alles beherrschenden und Alles umfassenden Gelehrten, die gleichsam die wissenschaftlichen Fürsten ihres Zeitalters sind. Derselbe starb bekanntlich 82jährig durch Enthaltung von Nahrung, weil ihm völlige Erblindung drohte. Sollte vielleichtdie homerische Augenbildung mancher unserer Büsten auf das Gebrechen hinweisen, das zu seinem Tode Anlass gab? Es ist freilich nur ein Vorschlag wie alle anderen, und physiognomisch im Grunde nicht viel besser empfohlen, obgleich man sagen kann, dass der Pseudo-Seneca in der That an einen ähnlichen Gelehrten der Neuzeit erinnert, zu dessen Füssen in der ersten Hälfte des IQ. Jahrhunderts die philologische Jugend sass. Aber warum sollte Eratosthenes hinfälliger ausgesehen haben als ein Dichter? Nicht die Gelehrsamkeit als solche, sondern das oft mit der Stubengelehrsamkeit verbundene körperliche Siechtum scheint sich in der Physiognomie zu reflektieren. Alles Geistige tritt hinter dem Ausdruck des kümmer- lichen Alters zurück. Man wird beinahe an Typen wie an den Fischer der Candelabergallerie (Pio Clem. Hl. 32) erinnert, und fragt sich, ob am Ende eine blosse Genrefigur dargestellt sei, deren Berühmtheit und entsprechende Vervielfältigung dann ausschliesslich auf der Vor- trefflichkeit des Kunstwerks beruhte. Indes diese Annahme vermag vor dem deutlich ausgeprägten Porträtcharakter nicht stand zu halten, und würde auch die grosse Verbreitung nur ungenügend erklären ; namentlich aber ist sie unmöglich wegen der Zusammenstellung mit einem andern Porträt in der albanischen Doppelherme. Wir kommen nicht um die Thatsache herum: Es ist eine historische Persönlichkeit, die geleibt und gelebt hat. Und wenn auch durch die Erweiterung der Möglichkeiten auf das gesamte Gebiet der Litteratur kein besseres Resultat erzielt wird, und man keiner der Berühmtheiten des helle- nistischen Zeitalters diese hinfällige Erscheinung und keinem der Bettelphilosophen oder Grammatiker die notwendige Beliebtheit zu- trauen kann, so bleibt nur übrig, einstweilen die Waffen zu strecken und die Lösung des Rätsels von einem glücklichen Zufall oder von einer glücklichen Divination zu erwarten.

Bernoulli, Griech. Ikonographie. II. Teil 12

178 ARCHIMEDES

Archimedes

Auf Grund einer aufgemalten und nur teilweise noch sichtbaren Aufschrift^ wurde früher eine Panzerherme in Neapel [abgeb. I.Teil Taf. XII, p. 121 u. 215] Archimedes genannt: ein bärtiger Griechen- kopf mit ziemlich langem, von einer Tänie umwundenem, seitwärts in Locken auslaufendem Haar, ungefähr auf die Zeit des Euripides zurückgehend; schon dieser Zeitbestimmung nach und wegen der Tänie nicht mit Archimedes zu vereinigen. Jetzt wird die Aufschrift nach Wolters Vorschlag zu Archidamos (s. d.) ergänzt und auf einen der spartanischen Könige dieses Namens, entweder auf den Verwüster von Attica (431 ff.) oder auf den Sohn des Agesilaos (Mitte des 4. Jahr- hunderts), bezogen.

Die Beischrift APXIMHA sodann auf dem ovalen Medaillon mit Griechenkopf im Capitol, Philosophenzimmer No. 22 (abgeb. Bott. I. 89)-, rührt von dem Steinschneider Nicol. Corona her, welcher den Marmor dadurch kostbarer machen wollte." Der Kopf ist eben- falls mit einer Tänie umwunden und hat grosse Ähnlichkeit mit dem farnesischen Sophokles; doch ist es zweifelhaft, ob wirklich die gleiche Person gemeint sei.*

Wegen eines in der Linken ergänzten Winkelmaasses wurde thörichter Weise eine Jünglingsstatue in Oxford (Mich. Anc. Marb. p. 552, No. 43; abgeb. Clarac pl. 848 A. 2143 C) früher Archimedes genannt.

Dass die auf ihn bezogenen Münzen und Gemmen gefälscht sind, braucht kaum gesagt zu werden. So die zwei Münzköpfe bei Paruta (La Sicilia tav. 119): ein behelmter unbärtiger und ein un- behelmter bärtiger, wovon den ersteren auch Gronov in den The- saurus in. m aufgenommen. Von Gemmen u. a. die bei Maffei (Montfaucon l'Ant. expl. Suppl. III) :^ ein Kahlkopf auf nackter Büste mit einem Zirkel in der Linken und der Beischrift ' k^y}[j:'r^r^c.

Endlich mag erwähnt werden, dass P. J. Möbius aus phreno- logischen Gründen die sog. Aeschylosherme im Capitol, Philos.- Zimmer 82 [abgeb. Gr. Ikonographie I. Teil, Abb. 20] auf Archimedes deuten wollte. Die wulstartige Bildung der linken Stirnecke, die an

^ Siehe das Facsimile bei Wolters Rom. Mitth. 1888. p. 115.

•^ Righetti I. 55. ^ Vgl. Bottari I. p. 47.

* S. I. Teil p. 131. 21. » Weisser Bilderatlas 33, 21.

DER FAUSTKÄMPFER KLEITOMACHOS 17Q

ihr zu bemerken, komme hauptsächlich nur bei grossen Mathema- tikern und Mechanikern vor.' Wenn diese Beobachtung richtig, d. h. wenn sie wirkHch durch eine Reihe unzweideutiger Fälle be- glaubigt ist, ohne dass ihr eine ebenso grosse Reihe von Aus- nahmen entgegen steht, so könnte doch Archimedes nicht in Frage kommen, weil der Stil der Herme entschieden auf eine frühere Zeit weist (Archimedes st. 212).

Der Faustkämpfer Kleitomachos

Mit gänzlicher Verkennung des dargestellten Motivs hat C. Wunderer- die 1884 an der Via nazionale in Rom gefundene Bronzestatue eines sitzenden Faust- i<ämpfers, jetzt im Thermenmuseum (abgeb. Ant. Denl<m. I. 1886. Tf. 4)^, auf Kleitomachos von Theben, der um 200 v. Chr. zu Olympia den Ägypter Aristonikos im Faustkampf besiegte, zu deuten gesucht. Es sei der von Polybios (27. 9) er- wähnte Moment, wo Kleitomachos an das Nationalgefühl der Hellenen appellierte und sie aufforderte, keine Partei für den Fremden zu nehmen; eine Erklärung, zu welcher die ruhig sitzende, müde Haltung und der stumpfsinnige Ausdruck des Dargestellten in direktem Widerspruch stehen.*

Auch die nachträgliche Modification der Deutung^, wonach nicht sowohl die vom Historiker hervorgehobene Anrede an das Publikum als vielmehr der künst- lerisch fruchtbare Moment vor der Rede gemeint sei , wo Kleitomachos den Kopf nach oben richtet, um den Zuschauern seine Entrüstung zu zeigen, macht dieselbe nicht wahrscheinlicher. Der Stil würde sich ja allerdings mit der Zeit des Ereig- nisses wohl vertragen. Für früher scheint die ganze Auffassung zu roh und brutal, für die eigentlich römische Zeit die Arbeit zu gut.® Allein die mögliche Gleich- zeitigkeit wäre noch kein Beweis, auch wenn das Motiv besser stimmte.

Rossbach ' will die Statue aus dem Mythos erklären : Es sei Amykos, der im Faustkampf von Polydeukes erschlagen wurde. Er stützt sich dabei auf eine spartanische Münze, zwei etruskische Spiegel und eine Stelle des Theokrit. Aber lässt sich eine solche Deutung mit dem Realismus der Arbeit vereinigen?

^ Neue Jahrbb. für das klassische Alterth. und für Pädagogik. III. 1900. p. 161 ff. - Im Philologus LVII. (1898) p. 1 ff.

^ Brunn-Bruckmann Denkm. 248; Collignon Hist. de la sculpt. gr. II. p. 492. Vgl. Heibig Führer 112. m^.

* Vergleiche die Zurückweisungen von E. Petersen in den Rom. Mitth. XIII. p. 93 und von Heibig a. a. O.

^ Wunderer a. a. O. p. 649.

* Was Winter veranlasst, sie an den Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr. zu setzen, verstehe ich nicht.

' In einem an der 44. Philologenversammlung zu Dresden (1897) gehaltenen Vor- trag, der nächstens in einer Festschrift erscheinen soll. S. Verhandlungen p. 87.

12*

180 ARISTARCH. KARNEADES

Aristarch

Aristarch von Samothrake, der gefeierte Philologe und Kritiker, dem wir hauptsächlich die Wiederherstellung der homerischen Gedichte verdanken, lebte zu Alexandria am Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. (c. 216— 144). Er soll 72jährig in Cypern gestorben sein.

Im Etymologicum magnum findet sich die Notiz von einem Bildnis des- selben von der Hand des Grammatikers Dionysios Thrax (Anfang des letzten Jahr- hunderts der Republik), das ihn mit der Tragödie auf der Brust darstellte, angeblich weil er alle Tragödien auswendig vortragen konnte.^ Gestützt hierauf wollte Fr. Marx'^ die vor der porta Capena gefundene Büste des früher sog. Terenz im Capitol, Philosophenzimmer No. 76 (abgeb. Rom. Ikonogr. I. p. 68), auf Aristarch beziehen, indem er annahm, dass unter der aufgemalten Tragödie in jener Stelle des Etymologicums eine tragische Maske verstanden sei.

Gegen die letztere Annahme lässt sich nicht viel sagen, da die blosse Be- zeichnung Tragödie in der That ein schwankender Begriff ist, für den es verschie- dene Auslegungen geben kann. Eher scheint die Notiz selber apokryph, weil doch Aristarch nicht einseitig und nicht einmal hauptsächlich die Tragödie behandelte, die tragische Maske also kein sehr bezeichnendes Emblem für ihn war. Und nun gar sollte ein so curioses Gemälde des als Künstler ganz unberühmten Dionysios für die Folgezeit und zwar auch für die Plastik typisch geworden sein, und sollte man sich noch 21/3 oder 3 Jahrhunderte später - denn die Büste wird nicht vor Hadrian gesetzt werden dürfen an den barocken Einfall eines Dilettanten für gebunden erachtet haben! Das widerspricht aller Wahrscheinlichkeit. Es wird sich bei der capitolinischen Büste, wie schon Gercke bemerkt ^ und wie auch Heibig annimmt*, um einen tragischenSchauspieler des 2. oder 3. Jahrhunderts n.Chr. handeln. Die bei einem derartigen Porträt auffallende Nacktheit der Brust aber ist vielleicht damit zu erklären, dass man einen ruhigen Hintergrund für die Maske haben wollte.

Um für den Pseudo-Seneca in Vorschlag gebracht werden zu dürfen , wird Aristarch trotz seinem Ansehen nicht allgemein genug berühmt gewesen sein.

Karneades

[ Taf. XXIV ]

Karneades aus Kyrene (geb. um 214, gest. 129 v. Chr.), Stifter und Haupt der neueren Akademie und Teilnehmer an jener berühmt gewordenen Gesandtschaft der Athener (155 v. Chr.), welche den

^ Etymol. p. 277. 53: 'Exstvo; [jlev [xa^j-rr? ^v 'Api^ap/ou o; /.a\ tov iauxoü SiSa'dxaXov

^(oypaor'aa; iv to) gr^d-v. auToO Trjv ToaywSiav ei^toypaor)a£ S'.a to aT:o?r,0"!^Etv «Otov raaav ttjv xpaywoiav.

■^ Im Rostocker Lectionskatalog von 1888/89, Interpretationum hexas No. 4. ••» Jahrb. V. 1890. Anz. p. 56. * Führer P. No. 502.

FRÜHER AUF KARNEADES BEZOGENE BILDNISSE 181

ersten Anstoss zur Beschäftigung der Römer mit Philosophie gab, wird von Cicero als einer der glänzendsten Dialektiker gerühmt. Dazu hatte ihn die Natur mit einer gewaltigen Stimme begabt.^ Als Schriftsteller bethätigte er sich nicht; doch lag er eifrig den Studien ob. Nach Diogenes soll er darüber sogar sein Äusseres vernachlässigt und weder Haar noch Nägel beschnitten haben.'

In der Stoa des Attalos zu Athen stand eine Bildnisstatue von ihm, deren Basis mit der Widmungsinschrift wieder aufgefunden worden ist'^, eine StiftungAttalos' 11. von Pergamon und Ariarathes' II. von Kappadokien, welche beide früher seine Zuhörer gewesen waren; vielleicht dieselbe, die dem Cicero vorschwebte, wo er von seiner Reise nach Athen spricht und meint, den grossen Redner leibhaftig vor sich zu sehen.*

Ein Bildnis, das zur Zeit des Fulv. Ursinus als Karneades gieng, weil es ungehörigerWeise auf eine Herme mit dessen Namensaufschrift (KAPNEAAHZ (DIADKßMDY KTPHNAIDZ) gesetzt worden war, damals im Besitz des Cardinais Ferd. von Medici (abgeb. Statins Illustr. vir. vultus XIV), hat sich später als das des Antisthenes erwiesen. Schon Ursinus erkannte, dass Kopf und Herme einander fremd und gab daher nur die letztere (Imag. p. 66).' Ebenso ist eine zweite Herme, welche Faber bei Ursinus sah, wo Karneades im höchsten Alter (decrepltus jam et aetatis senescentis) dargestellt sein sollte", durch- aus apokryph.

Dagegen gab es bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts in einem der farnesischen Paläste zu Rom ' eine mit dem Namen Kar- neades beschriebene Büste, wo Kopf und Bruststück, wie es scheint, wirklich zusammengehörten^, die Aufschrift quer über die Falten des Gewandes hinlaufend.* Sie ist mit verkehrten Seiten und mit

^ Diog. IV. 9. 3 : llv ok xat [Ac-j-aXostüvoTato;.

'^ Diog. a. a. O.: "OO-sv xat iy.6\xa. xat ETpc^Ev ovo/a; aT/oÄta ttj :zcp\ -ou; Xoyo'j;, was

Faber zu den Imag. 42 ins Gegenteil verkehrt.

3 C. I. Att. II \ No. 1406, vgl. Köhler Athen. Mitth. V. 1880. p. 284.

* Cicero De fin. V. 2: Eum videre videor, estenim nota imago; a sedeque ipsa, tanta ingenü magnitudine orbata, desiderari illam vocem puto.

5 Vgl. Kaibel No. 1170. « Fab. Imag. zu No. 42.

'• Nel piccolo Farnese (Visc. Pio Clem. VI. p. 172. Anm. 1). Ob darunter die Far- nesina in Trastevere oder der spätere Pal. Linotta bei der Cancelleria, der auch piccola Farnesina genannt wurde, verstanden ist, kann ich nicht sagen.

* Quanto al busto presente mi sono sali' originale convinto, che si fatto scambia- mento non ebbe luogo. Visc. Icon. gr. I. p. 226.

» C. I. Gr. III. No. 6070.

182 KARNEADES

Weglassung der Aufschrift abgebildet bei Faber Imag. 42. Bei der Überführung der farnesischen Sachen nach Neapel und in den paar nächsten Jahren war sie noch vorhanden, wie aus ihrer Erwähnung in den Inventaren von 17Q6 und 1805 hervorgeht.^ Dann aber ver- liert sich ihre Spur, und schon Visconti, obgleich er das Original noch gesehen, musste sich, als er sie in der Iconographie (1808—181 1) publizierte, mit einem Gipsabguss des Albaccini behelfen. Und da bald auch dieser Gipsabguss abhanden kam, so war man lange Zeit auf die beiden Abbildungen bei Faber und Visconti angewiesen, bis erst kürzlich Arndt einen anderen Abguss in Kopenhagen ent- deckte, nach welchem endlich eine genaue Aufnahme gemacht werden konnte (s. unsere Taf. XXIV).^

Das Bildnis stellt einen älteren Mann dar mit stark durch- furchter Stirn, an die sogen. Aratköpfe in Neapel und im brit. Museum (oben p. 150) erinnernd; ebenfalls etwas gebückt, aber nicht so stark wie jene, und der Scheitel noch von dünnem Haar bedeckt. Unter den Augen sind die Thränensäcke angegeben, Stirn und Nase durch einen Einschnitt voneinander getrennt; die Unterlippe gradabfallend, nicht convex. Von der Aufschrift ist ziemlich deutlich noch KAPNE zu lesen, worauf nach einer Lücke von ca. zwei Buchstaben noch ein H folgt. Bottari las KAPNEAA, Visconti giebt den vollständigen Namen.

Nun befindet sich allerdings auch heute noch ein auf Karneades bezogener Kopf von ähnlichem Charakter in Neapel, Gerh.No. 358, Invent. 6131, und Gercke'^ hat vermutet, es möchte der verloren ge- glaubte sein, nur auf ein anderes Bruchstück gesetzt. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Der Neapler ist greisenhafter, hat einen kahlen Scheitel, eine niedrigere, zurückweichende Stirn, einen zahnlosen Mund mit convex bis zur Kinnkehle gewölbter Unterlippe. Er geht offenbar nicht bloss auf ein anderes Vorbild zurück, sondern auch auf eine andere Person, auf dieselbe, welche in der Florentiner Herme No. 267 (Dütschke III. 4Q7) und wahrscheinlich auch in dem

^ Vgl. Studniczka bei Arndt-Bruckm. Gr. u. röm. Portr. zu No. 505 und 506. ^ Die vorhandenen Abbildungen sind also: Die schon genannte des Gallaeus in der Ausg. von 1598 und bei Faber, mit berichtigter Orientierung wiederholt bei Sandrart IV. pl. 3. No. 2; Bellori Imag. philos. 10; Gronov Thes. III. lit. v.; dann die bei Visconti Icon. gr. I. Taf. 19. 1, 2, wiederholt bei Weisser Bilderatl. Taf. 33. 13, Baumeister II. p. 775; endlich die bei Arndt-Bruckm. gr. u. röm. Portr. 505, 596, wonach die unsrige. ä Jahrb. d. Inst.V. Anz. p. 56. Anm.2.

GIPSABGUSS DER FARNES. BÜSTE IN KOPENHAGEN 183

etwas aufwärts gerichteten Kopf des Mus. Chiaramonti No. 5Q8 (Phot. Arndt) dargestellt ist, welche beide ebenfalls den Namen Karneades tragen.

Das Aufsetzen des Namens auf das Gewandstück bei der far- nesischen Büste wird kaum als ursprünglich gelten dürfen. Doch scheint es nach dem Grad der Verwitterung der Schriftzeichen schon im Altertum stattgefunden zu haben, so dass an keine Fälschung zu denken ist. Auch vom physiognomischen Standpunkt aus liegt kein Grund zu Verdacht vor. Der lebhafte Ausdruck ist im Gegenteil sehr wohl geeignet, uns die divina quadam celerltas ingenU et dicendi copla, von der Cicero spricht', in Erinnerung zu rufen. Auf die be- züglichen Angaben des Diogenes aber über sein verwahrlostes Aus- sehen ist nicht viel zu geben. Es wird ja nur gesagt, dass er infolge eifrigen Studiums sein Äusseres vernachlässigt habe, nicht dass diese Vernachlässigung ein allgemeiner Charakterzug von ihm gewesen sei. Die Büste wird daher einstweilen als das relativ sicherste Kar- neadesbildnis fortfigurieren.

Eine freie Wiederholung ist der mit der gleichen Namens- aufschrift versehene Kopf in der Casa del labrador zu Aranjuez (Hübner Bildw. No. 166).- Jedenfalls ist die Bezeichnung nicht will- kürlich, wie Hübner sagt, sondern beruht auf ausgesprochener Ähn- lichkeit.

Furtwängler glaubt auch den schönen Philosophenkopf in Woburn Abbey (abgeb. Statuenkopieen I. Tai 8, p. 47), bei dem schon Michaelis-^ an Karneades gedacht hatte, als Replik fassen zu dürfen. Mit Unrecht; obgleich derselbe, wie die wahrscheinliche Wiederholung in der Gall. geografica 478 (abgeb. Pistol.VI. 104)^ beweist, ebenfalls eine Berühmtheit darstellt. Die Augen sind rund- licher und tiefer gebettet, die Lippen voller, die Stirnfurchen anders gezogen, auch die in die Stirn fallenden Haarbüschel von ganz an- derer Anlage.

Fernere Bildnisse, bei denen Karneades vermutet wird, von denen aber keines mit der farnesischen Büste identifiziert werden kann und die also ausgeschieden werden müssen, sind:

1 Cic. Deorat. III. 18.

'^ Gipsabgüsse in der Ec. des beaux-arts zu Paris No. 5057 und in der Villa Medici

zu Rom.

» Anc. Marbl. p. 752. No. 257.

* Abguss in der Ec. des beaux-arts unter dem Namen Leodamas.

184 KARNEADES. POLYBIOS

Ein Kopf im Mus. Chiaramonti No. 719: kahle Stirn, voller, die Oberlippe ganz bedeckender Schnurrbart und seltsam unter dem rechten Ohr hervorquellender Bart.

Büste in der Candelabergallerie des Vati cansNo.l39(abgeb. Biondi Mon. Amaranz. 33)\ Replik eines Kopfes der Münchener Residenz (abgeb. Arndt-Amelung Einzelaufn. IV. 970): Steile Stirn und noch volles Haar.

Büste im Capitol, Philosophenzimmer No. 8 (abgeb. Bottari I. 17).- Die Stirn kahl und steil, die Schläfenhaare bogenförmig hinter die Ohren zurückgenommen. Auf ungebrochenem massiv ge- arbeitetem nacktem Bruststück mit Armansätzen. Identifizierung mit dem farnesischen Karneades^ ist ganz unmöglich.

Hermeim Mus. Tori oniaNo.63 (abgeb. Mon. Torl.pl. XVI. 63), allerdings an die Kopenhagener Gipsbüste erinnernd, aber jugend- licher; ein sonst nicht vorkommendes Bildnis.

Der Kopf im Louvre aus der Sammlung Campana, Karya- tidensaal, jetzt No. 72 (abgeb. Arndt-Bruckmann 139), mit der Aufschrift KapvsaS-/;; auf der modernen Herme, ist nach dem kurzgeschnittenen Bart schwerlich ein Philosoph; die jetzt beliebte Beziehung auf Demosthenes ganz verkehrt.

Kopf imbritischenMuseum (Phot. beim arch. Inst.) ebenfalls mit Namensaufschrift auf der modernen Herme. Die Nase und linke Seite des Kofpes neu. Scheint die Replik eines der vier bei Livorno gefundenen Bronzeköpfe im Museo archeologico zu Florenz (Ame- lung Führer p. 276, No. 271) zu sein.

Polybios

Der Oeschichtschreiber Polybios von Megalopolis (c. 205 bis c. 123) war der Sohn des achäischen Strategen Lykortas. Als hervor- ragende Persönlichkeit wurde er unter die tausend Geiseln gewählt, welche 167 nach Rom geführt und dort 16 Jahre zurückbehalten wurden. Während dieser Zeit studierte er das römische Staatswesen und knüpfte freundschaftliche Verbindungen mit den römischen

1 Cavaceppi Racc. II. 5. " Righ. I. 23.

^ HelbigFührer I-. 474.

RELIEFSTELE VON KLEITOR 185

Grossen an. Nach aufgehobenem Exil (150) machte er ausgedehnte Reisen, vollendete das begonnene Geschichtswerk und wirkte ver- mittelnd für seine besiegten Landsieute. Er starb 82 jährig infolge eines Sturzes vom Pferde.

Von dem Ansehen und der Verehrung, die Polybios trotz seiner römerfreundlichen Gesinnung fortwährend in seinem Vaterlande genoss, zeugen die zahlreichen Ehrendenkmäler, von denen zum Teil noch Reste auf uns gekommen sind, wie die neuerdings entdeckte Basis von Olympia mit der Aufschrift: 'H ttoXi? r^ 'HXsiwv noXußtov Au/topToc MzyxkoTzolirr^v (Dittenberger Syll. 243).

Nicht weniger als fünf Bildnisse, alle in Arkadien, werden von Pausanias erwähnt, vier davon in erhabener Arbeit auf Reliefstelen: eine in einem Tempel zu Mantinea, ' eine ähnliche auf dem Markte von Megalopolis-, eine dritte mit besonders ehrender Inschrift im Peribolosder Despoina bei Akakesion**und eine vierte in Tegea.* Dazu eine Statue beim Tempel der Kora in Pallantion. ^

Die auffallende Gleichheit der für Porträts nicht eben häufigen Darstellungsform wird vermutungsweise einem einheitlichen Anlass zugeschrieben, wobei sich verschiedene Städte zur Ehrung des so hoch um sie verdienten Mannes geeinigt hätten, was vielleicht durch die eigenen Worte des Polybios angedeutet ist: Tai; [jx^i^xi^ Tiy.ai;

Im Anschluss hieran glaubte Milchhöfer ein bei Klei tor, also ebenfalls in Arkadien, gefundenes und dort aufbewahrtes Kriegerrelief (publ. vonLGurlittin den Athen. Mitth. VI. 1881 Taf.V.)'auf Polybios deuten zu dürfen.^ Dasselbe stellt in Überlebensgrossem Massstab einen Jüngling in Exomis und Mantel dar, die Rechte wie betend erhoben, in der Linken einen Speer, zu seinen Füssen Schild und Helm. An der oberen Leiste des Reliefs ein Distichon, wovon der Pentameter noch teilweise lesbar:

'AvtI x,aXüiv ipytiiv siaaTO

Milchhöfer ergänzt den fehlenden Namen in ITo'jXt^ico, mit Beziehung auf angeblich noch erkennbare Spuren (1., 2. und 4. Buchstabe), und weil der gleiche Name, hier einen späteren Polybios bezeichnend, mit dieser metrischen Wendung auf einer Widmungsinschrift der

1 Paus. VIII. 9. L

2 Paus. VIII. 30. 8. » Paus. VIII. 37. L * Paus. VIII. 48. 8. » Paus. VIII. 44. 5.

« Polyb. 40. 10. ' Gipsabg. in Berlin, Wolters No. 1854.

8 Arch. Ztg. 1881. p. 153 ff.

186 POLYBIOS. HIPPARCHOS

Kaiserzeit wiederkehrt. Nun fallen aber die Ehrendenkmäler des Geschichtschreibers, wie Wolters richtig bemerkt, aller Wahrschein- lichkeit nach in seine spätere Zeit, am ehesten in die auf die Zerstörung Korinths (146) folgenden Jahre, wo Polybios sich durch seine Ver- mittlung den besonderen Dank der griechischen Städte erwarb. Damals aber war er schon ein hoher Sechziger, während er hier als bartloser Jüngling erscheint.^ Und da die Ergänzung des Pentameters schliess- lich denn doch keineswegs über alle Zweifel erhaben, so wird die Entscheidung in dieser Frage, wenn man anders die Deutung nicht bestimmt ablehnen will, jedenfalls noch ausgestellt bleiben müssen. Die Einwendungen von Wolters scheinen mir auch nach den weiteren Bemerkungen von Milchhöfer^ immer noch zu Recht zu bestehen. Übrigens wäre es schwer, sich auf Grund dieses Reliefs einen Begriff von der Physiognomie des Polybios zu machen. Es war im besten Fall nur ein gegenständlich als Polybios gemeintes Bild, bei dem das Ikonische gar nicht in Betracht kam.

Hipparchos

IMünztaf. II. 15, 16]

Der Astronom Hipparchos aus Nikaea in Bithynien (um 160—125), der Begründer der Trigonometrie, Verfasser eines Sternkatalogs und andrer zahlreicher Schriften, lebte hauptsächlich in Rhodos und Alexandria. Als selbständiger exakter Forscher stand er im Altertum in hoher Achtung.

Zur Zeit des Antoninus Pius fiengen die Nikaeer an, seine Figur auf ihre Münzen zu setzen, in sitzender Stellung, bald ganz, bald halbbekleidet, neben einerSäule, auf der ein Globus ruht [Münzt. 11.15], bisweilen wie Pythagoras die Rechte an den Globus legend, oder ohne Säule den Globus auf der Rechten tragend. Daneben giebt es auch Münzen mit dem blossen Kopf, von denen aber nur wenige er- halten [ein Exemplar abgeb. Münztaf. IL 16].

^ Milchhöfer sagt: „Nicht unter Mitte der vierziger Jahre". Aber dann würde die Darstellung gerade in die Zeit fallen, wo Polybios in Rom war. Nach der Abbildung muss man ihn bedeutend jünger schätzen. Die Bartlosigkeit wird bei dem im Feld stehenden Krieger nicht Folge des Rasierens, sondern das Merkmal der Jugendlich- keit sein. 2 In der Festschrift zu Ehren Brunn's 1893. p. 39. Anm. 1.

HIPP. AUF MÜNZEN UND GEMMEN. ZENO 187

Hipparch war berühmt genug, um mit Wahrscheinlichkeit noch in Büsten vertreten zu sein, aber an einen Nachweis derselben auf Grund dieser Münzen ist nicht zu denken. Die Darstellung des blossen Kopfes, die allein dazu verwendet werden könnte, giebt sich schon durch den anscheinenden Mangel des Bartes, der bei der ganzen Figur noch vorhanden, als wenig zuverlässig zu erkennen.

Aus sachlichen Gründen mag Hipparch gemeint sein in der als Astronom charakterisierten, wenn auch typisch von den Münz- darstellungen verschiedenen Figur auf einer Gemme von Lapis Lazuli in Bonn (abgeb. bei Urlichs: Dreizehn Gemmen der Frau Mertens-Schaaffhausen, Bonner Winckelmannsprogr. 1846 No. VIII). Dieselbe sitzt unter einem Baume auf der Erde und hat einen Globus vor sich, an dem sie mit dem Zirkel etwas misst. Über ihr Sonne, Mond und Sterne, zu denen sie emporblickt. Der Typus ist der eines langbärtigen Mannes mit hoher kahler Stirn, der Oberleib nackt. Der allzu grosse Kopf ist dem Ungeschick des Gemmenschneiders zuzuschreiben.

Von Tölken vermutungsweise, aber mit Unrecht, auf Hipparch bezogen die sitzende nackte Figur mit mathematischen Instrumenten auf dem Stosch'schen Karneol in Berlin, Tölken Verz. V. 63 (abgeb. Furtw. Geschn. Steine 7697).^ Nach Winckelmann und Anderen Atlas.

Zeno von Sidon

Zeno von Sidon, ein epikureischer Philosoph um die Wende des 2. und I.Jahrhunderts v. Chr. Als Cicero und Atticus ihn im Jahr 7Q in Athen hörten, stand er schon in vorgerücktem Alter. Er soll von lebhaftem, streitsüchtigem Charakter gewesen sein {acrtculus. Cic).

Wir haben uns oben (p. 137 f.) zu der Ansicht bekannt, dass die mit dem Namen Zeno beschriebenen Bildnisse in Neapel aller Wahrscheinlichkeit nach den Stoiker von Kition darstellen. Einige Archäologen (die herculan. Akademiker, de Petra, Gercke) wollen an dessen Stelle vielmehr den Epikureer von Sidon setzen, weil das herculanische Bronzebüstchen aus einer fast ausschliesslich epikure-

1 Müller-Wieseler II. 829.

188 POSIDONIOS DER RHODIER

ischen Umgebung stamme. Allein die Zahl der erhaltenen Repliken scheint auf eine grössere Berühmtheit zu deuten als die des genannten Philosophen, der mehr nur bei seinen Zeitgenossen glänzte.

Die Deutung der Platoherme im Vatican, Musensaal No. 519 (abgeb. Taf. V.) auf diesen Zeno ^ hat Visconti später selbst wieder aufgegeben.^

Posidonios der Rhodier

[Taf. XXV]

Posidonios aus Apamea in Syrien (c. 135 45 v. Chr.) lebte hauptsächlich auf Rhodos, wo er als Philosoph (Stoiker) und Rhetor eine Schule gründete. Cicero hörte ihn und Pompejus beehrte ihn mit seinen Besuchen. Später gab er sich auch mit naturwissenschaft- lichen und historischen Studien ab und schrieb eine Fortsetzung des Polybios in 52 Büchern (die Zeit von 144 bis 86 umfassend). Trotz schweren Gichtleidens erreichte er ein ungewöhnlich hohes Alter.

Seine Namensaufschrift trägt eine farnesische Büste zu Neapel, Gerh. No. 360, Inv. 6112 (abgeb. Taf. XXV) ^: etwa ein Fünfziger von mageren Formen, mit flachem Scheitel und hinausgewölbtem Wirbel, anliegendem über der Stirn schon dünn gewordenem Haar und kurz- geschnittenem Bart. Auge und Mund voll Energie und von stoischer Strenge. Er ist mit Chiton und Mantel bekleidet, auf dem ersteren der Name POZIAQNIOZ (sie).* Der Kopf ungebrochen, etwas nach links gewandt, die Büste massiv, möglicher Weise das Bruchstück einer Statue.

Da der Rhodier der einzige dieses Namens, der zu wirklicher Berühmtheit gelangte,'^ so wird man trotz dem Mangel einer näheren Bezeichnung oder grade wegen dieses Mangels nur an ihn denken können.

1 Pio Clem. VI. p. 165ff. ^ icon. gr. I. p. 206. Anm. 2.

^ Zuerst bei Faber No. 117, und danach wiederholt bei Bellori phil. 29 und Gronov

Thes. III. ss; dann neu, aber auch nicht genügend bei Visconti Icon. gr. I. Tf. 24.

1, 2; die Vorderansicht wiederholt bei Baumeister III. p. 1396. Dass schon F. Ur-

sinus sie bekannt gemacht habe, wie Visconti sagt, kann ich nicht finden.

* Kaibel No. 1204.

^ Es gab daneben noch einen Schüler des Aristarch und einen Historiker von Olbia,

welche Posidonios hiessen, beide im 2. Jahrhundert v. Chr.

HERME IN NEAPEL MIT AUFSCHR. AUF DEM GEWÄNDE 189

Visconti ^ macht darauf aufmerksam, dass die Namensaufschrift ähnlich bei zwei weiteren farnesischen Büsten auf das Gewand oder die Brust gesetzt sei [bei Karneades, abgeb. Taf. XXIV, und bei Lysias, abgeb. Taf. I], und zieht daraus und aus der Verwandtschaft des Stils und der Gleichheit der Dimensionen den Schluss, dass alle drei wahrscheinlich ursprünglich zusammen gehörten; vielleicht ein paar von den 18 Philosophenköpfen {diecidotto teste dl ßlosofi riposte), welche nach dem Bericht des Flam. Vacca (1538—1600) hinter den Diocletiansthermen zum Vorschein gekommen waren- und später vom Cardinal Farnese erworben wurden. Diese Vermutung scheint durch das Zeugnis des Ligorius, das Visconti unbekannt war, und wonach der Fundort der Posidoniosbüste wirklich der Esquilin, bestätigt zu werden. Indes beschränkt sich das Gemeinsame , was die drei Büsten von anderen Bildnissen unterscheidet, doch wesent- lich darauf, dass der Name auf einen Teil des Körpers oder des Ge- wandes statt auf die Basis geschrieben ist, was übrigens auch bei Bildnissen des Euripides und Demosthenes vorkommt Die ungefähre Gleichheit der Dimensionen will wenig beweisen, da dies eine Eigen- schaft, welche die Büsten mit der grossen Mehrzahl der Marmor- bildnisse teilen. Der Stil aber ist bei allen dreien eher verschieden als verwandt.

Dagegen könnte es leicht der Fall sein, dass sämtliche Namens- aufschriften posthum wären. Der Lysiaskopf ist ganz wie zum Auf- setzen auf eine Statue gemacht, bei welcher natürlich der Name nicht auf dem Halse geschrieben sein konnte. Und auch der Posidonios scheint nicht ursprünglich als Büste gearbeitet, sondern aus einem Statuenfragment zurecht gemacht worden zu sein. Beidemal liegt es nahe, anzunehmen, dass der Name erst aufgesetzt wurde, nachdem der Torso verstümmelt oder zu Grunde gegangen war. Ob dies schon im Altertum geschah oder erst im 16. Jahrhundert, das zu entscheiden, ist Sache der Epigraphiker. Wenn erst im 16. Jahrhundert, so wäre die Authenticität der Benennungen vielleicht einigen Zweifeln unterworfen.

Denkmäler, welche auf die gleiche Person wie die Posio- doniosbüste bezogen werden dürfen, sind mir keine bekannt, wenn nicht etwa ein paar Gemmen köpfe wie der des Aquamarin bei Cades 35. 101: Dreiviertelsprofil nach links, oder wie der eines Kar-

^ Icon. p. 267. Anm. 3. - Flam. V^acca bei Fea Mise. XCVI.

190 POSIDONIOS. ARISTOMACHOS

n eols der Sammlung de la Turbie, den Visconti (Icon. gr. I. Taf. 24. 3.) als Posidonios mit abgebildet hat, der sich indes durch volleres Stirn- haar und durch die Bartlosigkeit am vorderen Teil des Kinns unter- scheidet.

Jedenfalls nicht identisch der nach der farnesischen Büste be- nannte jugendliche Kopf im Capitol, Philosophenzimmer No. 29 (abgeb. Bottari 1. 10).^ Und auch nicht, wie Visconti meinte,- der des sitzenden Philosophen aus Villa Borghese im Louvre, Descr. 89, Cat. somm. No. 80 [abg. oben p. 159], von dem noch eine Anzahl weiterer Repliken vorhanden, nach der Zahl derselben eine grössere Berühmtheit als Posidonios. (s. Aristoteles.)

Der sogen. Posidonios der Doppelherme in Villa Albani No.67 [abgeb. oben p. 162, rechts] ist ein Exemplar des Studniczka'schen Menandertypus.

Aristomachos

Als eine Darstellung des aus Plinius"^ bekannten Bienenzüchters und Bienenschriftstellers Aristomachos von Soli, dessen Lebenszeit nicht näher zu bestimmen^, deuteten Leon. Agostini, Maffei, Bellori und nach ihnen Visconti die sitzende, halbnackte Figur auf einem Dolce'schen Karneol, jetzt in Florenz (Cades 35, No. 110)^, welche nachdenklich, mit aufs Haupt gelegter Rechten, auf einige Alveare herabblickt. Die Alveare, zwei länglichte mit Bienenzellen ver- sehene Octogone, scheinen am obern Rand des altarähnlichen Sitzes zu hängen und als solche durch je ein hineinfliegendes Insekt be- zeichnet zu sein. Daneben ein paar blätterlose Bäume mit Blüten als Material für die Honigsucher. Wenn es mit den Alvearen seine Richtigkeit hat, so lässt sich die Möglichkeit, ja sogar die Wahr- scheinlichkeit der Deutung nicht in Abrede stellen. Von einem Porträt ist natürlich keine Rede. Nur der Grieche ist durch den Bart und, wenn man will, durch den nackten Oberkörper charakterisiert.

1 Righetti I. 71. 2 icon. gr. I. p. 268. Anm. 2.

« Plin. h. nat. I. 11; XI. 19; XIII. 131.

* Zwischen Aristoteles (Hist. animal. IX.) und Hygin (lib. de apibus). Wellmann

bei Pauly-Wissowa.

^ Abgeb. Bellori 6; Gronov. Thes. II. 75; Visc. Icon. gr. I. Tav. 21. a.

HERME DES ASKLEPIADES. OB DES ARZTES? 191

Nach* dieser Gemme wurde wegen angeblicher, aber schwer zu entdeckender Ähnlichkeit der langbärtige Philosophenkopf im Capitol No.50 (abgeb. Bottari I. 5Q)* früher Aristomachos genannt.

Asklepiades

[ Taf. XXVI 1

Anfangs des 18. Jahrhunderts wurde in einem Grabe an der Via Appia noch innerhalb der aurelianischen Mauer eine Inschrift- herme gefunden mit dem Namen ACKAHniAAHC, jetzt im capito- linischen Museum, Philosophenzimmer No. 24 [abgeb. Tf. XXVI]-, vollständig erhalten und ungebrochen, nur die Nasenspitze etwas zerstossen: Bildnis eines noch nicht alten Mannes mit kahlem Scheitel, dünnem krausem Haar und kurz rasiertem, nur durch Punkte an- gegebenem Bart. Charakteristisch die breite, nach oben vorgewölbte Stirn, die glotzig grossen Augen und das hohe Untergesicht mit den eckigen Kinnbacken, namentlich das hässliche Profil des Kinns. Über dem Rücken und beiden Schultern liegt ein Gewand. Dem Stil nach aus dem 3. Jahrhundert n. Chr.

Da sich verschiedene Gelehrte oder Schriftsteller des Namens Asklepiades im Altertum hervorgethan, von denen indes keiner über sein Zeitalter hinaus zu dominierendem Ruhme gelangte, so ist es befremdlich, kurzweg dem Personennamen auf der Herme zu be- gegnen. Es gab Dichter, Geschichtsschreiber, Philosophen, Gram- matiker, Ärzte, welche so hiessen und sie verteilen sich vom 4. Jahr- hundert V. Chr. abwärts über das ganze Altertum.'^ Zu den nennens- wertesten gehören: In der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. Asklepiades von Tragilos, ein Schüler des Isokrates, der die von den Tragikern benützten Mythen zusammenstellte; in der zweiten ein eretrischer Philosoph aus Phlius; am Anfang des 3. Jahrhunderts Asklepiades von Samos, ein erotischer Epigrammendichter, Lehrer und Meister des Theokrit; um 200 ein Grammatiker Asklepiades am

1 Righetti I. 103.

2 Bottari I. 3; Righetti I. 47; Visc. Icon. gr. I. tav. 32b. 4. 5; die Aufschrift Kaibel No. 1142.

* Vgl. Pauly-Wissowa Realencykl. s. v. Asklepiades, wo deren 50 aufgezählt werden.

1Q2 ASKLEPIADES

Hofe von Pergamon; dann der jüngere Grammatiker Asklepiades von Myrlea, ein fruciitbarer Schriftsteller zur Zeit des Pompejus, und eben damals der erste und berühmteste Arzt dieses Namens, Asklepiades von Prusa, dem noch mindestens ein Dutzend anderer, weniger be- rühmter Ärzte bis in die spätere Kaiserzeit folgten. ^ Auch der Arzt und Freund des Augustus, M. Artorius, führte den Beinamen Askle- piades (C. I. Gr. No. 3285), mit welch letzterem allein er freilich auf Monumenten unmöglich bezeichnet werden konnte.

Da man nach dem ganzen Charakter des Bildnisses den Dar- gestellten nicht wohl unter den Griechen der vorrömischen Zeit suchen darf, so können von namhaften Trägern des Namens höchstens noch die von Pompejus abwärts in Betracht kommen. Zwischen dem Grammatiker von Myrlea und dem Arzte von Prusa würde der Fundort der Herme und die grössere Berühmtheit zu Gunsten des Arztes entscheiden. Derselbe war von Bithynien nach Rom gekommen (c. 100 V. Chr.) und hatte sich hier durch Schönrednerei und impo- nierendes Auftreten eine grosse Praxis, besonders in den höheren Ständen, die ihn mit Gold überschütteten, zu erwerben gewusst.- Da er ohne Zweifel auch zu Rom starb, würde eine daselbst gefundene Grabherme mit seinem Namen und mit rasierten Bart, wie es die Sitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. verlangte, nicht übel zu dieser Per- sönlichkeit stimmen. Auch der Mangel einer näheren Bezeichnung Hesse sich bei ihm einigermassen erklären, weil der Bithynier der erste seines Berufes war, der den Namen Asklepiades zu Ruhm und Ansehen brachte und daher bei seinem Tode nicht von Andern unter- schieden zu werden brauchte. Jeder spätere hatte an ihm einen Rivalen, von dem er, um nicht verwechselt zu werden, durch irgend eine Angabe (Vatername oder Vaterland) unterschieden werden musste. Indessen ist es allerdings schwer, den Stil der Herme mit dieser Deutung zu vereinigen. Und um die blosse Kopie eines Bildnisses aus jener Zeit, welche den Charakter des Originals verwischt hätte, kann es sich bei einem Grabfund nicht wohl handeln. So dürfte es schliesslich doch richtiger sein, von dem Bithynier Asklepiades zu abstrahieren und das Bildnis für das einer historisch nicht näher be-

^ Vgl. Friedländer Sittengeschichte Roms IP. p. 573.

^ Näheres über ihn bei Sprengel Vers, einer praginat. Gesch. der Arzneikunde I. p. 434 ff.; Susemihl Gesch. d. gr. Litt, in der alexandrinischen Zeit II. p. 428ff. Licin. Crassus bei Cicero De or. I. 62 urteilt über ihn: Neque vero Asclepiades is, quo nos medico amicoque usi sumus, qui tum eloquentia vincebat ceteros medicos, in eo ipso quod Ornate dicebat, medicinae facultate utebatur, non eloquentiae.

THEOPHANES VON MYTILENE. KRATIPPOS 1Q3

kannten Persönlichkeit, am ehesten eines Arztes aus dem 3. Jahr- hundert n.Chr. zu nehmen. Die kurze Namensaufschrift müsstedann durch die private Aufstellung erklärt werden.

Theophanes von Mytilene

[Münztaf. II. 17, 18]

Theophanes von Mytilene war der Vertraute des Pompejus und dessen Begleiter auf seinen Feldzügen. Er schrieb eine Geschichte des dritten mithridatischen Krieges, nicht ohne Schönfärberei im Sinne seines Gönners. Seinem Einfluss bei Pompejus verdankte Mytilene die Autonomie, was ihm seine Mitbürger dadurch lohnten, dass sie ihm göttliche Ehren zuerkannten und sein Bild auf ihre Münzen prägten [Abb. Münztaf. II. 17, 18]^: ein unbärtiger Kopf mit schlichtem nach Römerart geschnittenem Haar, Umschrift 0£o9avr^; ^ed;. Auf dem Revers ein verschleierter weiblicher Kopf mit der Umschrift 'ApyeSxp-i; ö^ea (abgeb. Bürchner a. unten a. O. 17), wahr- scheinlich seine Gemahlin.

Nach den scharf ausgeprägten Zügen des Theophaneskopfes auf der einen Münze (17) sollte man meinen, es wäre, wenn überhaupt noch Büsten vorhanden, ein Leichtes, dieselben zu identifizieren. Aber schon die Vergleichung mit No. 18 zeigt, dass man sich auf diese Züge durchaus nicht verlassen kann. Weitere Exemplare sind bei Visconti (Taf. 27 a. 4, 7, 8) und im Catalogue of gr. coins in the brit. Museum (Lesbos pl. 39. 1) abgebildet, jedes sozusagen wieder ein verschiedenes Bildnis, sodass man sieht, dass die Stempel- schneider im Einzelnen ganz willkürlich verfuhren.

Kratippos. Bei Ursinus p. 67 und Gallaeus- Faber I. ist eine kopflose Herme abgebildet mit der Aufschrift KPATinRDZ AZKIDNADY MYTIAHNAIDZ, die letztere nach Fabers ausdrücklicher Angabe in quadraten Lettern, also wohl aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. * Kratippos war Landsmann und Zeitgenosse des Theo- phanes, Peripatetiker in Athen, wo er den Sohn des Cicero zu seinen Schülern zählte. ^

1 Bürchner Zeitschr. f. Num. IX. Tf. IV. 16.

2 Nicht bei Kaibel. 3 pj^t. cic. 24.

Beraoulli, Oriech. Ikonographie. II. Teil

194 LESBON AX UND POTAMON

Lesbonax und Potamon

[Münztaf. II. 19]

Der Rhetor LESBONAX von Mytilene lebte nach Suidas zur Zeit des Augustus, nach unlängst gefundenen Inschriften aber mindestens ein Menschenalter früher. Er erfreute sich solchen Ansehens bei seinen Mitbürgern, dass sie sein Bildnis auf ihre Münzen setzten mit der Beischrift Ascßwvax-Ta 9^^(70907 : Ein bärtiger Kopf mit vollem, gelocktem Haar, senkrechtem Profil, ein Pallium auf der Schulter [abgeb. Münztaf. II. 19].^ Ebenderselbe scheint auch in dem un- bärtigen, als Bacchus dargestellten Kopf einer anderen Münze von Mytilene, mit der Beischrift Ascßtova^ rpw; vsoc (abgeb. Bürchner a. unten a. O. p. 129)^, gemeint zu sein, obwohl es sich beidemal um ganz verschiedene Typen handelt. Visconti, der nur die letztere Münze kannte, und zwar aus einer Publikation des Gary von 1744, hielt es für unmöglich, den bacchusartigen Kopf mit einem Philosophen zu vereinigen und erklärte ihn für Antinous als neuen Herrscher von Lesbos (Ascrßou vvxE,).^

Die stehende Figur auf dem Revers dieser Münzen nimmt man für den Sohn des Philosophen, POTAMON, der in die Fussstapfen seines Vaters trat und unter Augustus und Tiberius blute, magnus declamator, nach Seneca Suas. p. 18. Auch hier freilich herrscht keine Übereinstimmung der Typen, sodass vielleicht nur die halb- nackte Figur mit der Rolle in der vorgestreckten Rechten auf dem Revers des bärtigen Kopfes so gedeutet werden darf.

Modios Asiatikos

[Taf. XXVII]

M. Modios Asiatikos war Arzt der sog. methodischen Schule in Rom. Wir kennen denselben bloss aus einer Marmorbüste des Cabinet des medailles zu Paris, Cat. von Chabouillet No. 3304

1 Bürchner Zeitschr. f. Num. IX. Tf. IV. 27, vgl. p. 128. ^ Cat. of greec coins in the brit. Mus., Lesbos pl. 39. 5. 3 Vgl. Icon. gr. I. p. 289.

ASIATIKOS. DIE BÜSTE DES CABINET DES M^DAILLES 195

[abgeb. Taf. XXVn]\ welche mit zwei verschiedenen Inschriften beschrieben ist. Auf der dicken scheibenförmigen PHnthe ist Name und Beruf des Dargestellten angegeben: M- MOAIOC ACIATIKOC lATPOC ME0OA1KOC; auf dem massiv gearbeiteten Bruststück mit den Armansätzen steht die metrische Widmung eines seiner An- gehörigen oder Verehrer:

IHTHP ME0OAOT AZIATIKE nPOZTATA XAIPE,

nOAAA MEN EZ0AA nA0ßN (DPEZI HOAAA AE ATfPA. Arzt Asiatikos, Vorsteher der methodischen Schule (oder

Arzt der methodischen Schule, mein Beschützer Asiatikos), lebe

wohl! Der du viel Gutes in deinem Herzen erfahren und viel

Trauriges.^

Da der zweite unfertige und halb der Odyssee entlehnte Vers'^ auf ein abgeschlossenes Leben hindeutet, so ist das yatpe wohl in dem gewöhnlichen Sinn der Grabschriften als Abschiedsgruss, und die Büste überhaupt, wie schon Visconti vermutete, als Grabdenkmal zu fassen.

Die medizinische Schule der Methodiker wurde in der Mitte des I.Jahrhunderts v. Chr. im Gegensatz zu den Schulen der sog. Dogmatiker und Empiriker durch Themison aus Laodikea gestiftet. Früher kann also Asiatikos nicht gesetzt werden, und nach dem Stil der Büste nicht später als die Flavier. Vielleicht dürften einige Prinzenbüsten des augusteischen Hauses ihr zeitlich am nächsten stehen. Ob das rpoi^aTa der Aufschrift mit p.sO^oSou zu verbinden (Böckh, wie schon Montfaucon und Caylus), oder ob es ein Aus- druck für sich in der Bedeutung von patronus (Visconti) oder Lehrer (Vischer)*, lasse ich dahingestellt. Für jenes scheint die sprachliche Diction, für dieses die Aufschrift der Plinthe zu sprechen. Die erstere Erklärung schliesst in sich, dass Asiatikos kein ganz gewöhnlicher Arzt gewesen ist, weshalb wir uns dem Vorgang Visconti 's ange- schlossen und den sonst unbekannten Mann in die Ikonographie mit aufgenommen haben.

Die Büste wurde am Ende des 17. Jahrhunderts aus Smyma an den späteren Kanzler de Pontchartrain geschickt und kam durch

^ Nach Babelon Le cab. des Ant. ä la biblioth. nationale pl. 28. Frühere Abbil-

-dungen bei Caylus Rec. d'Ant. VI. pl. 42; Visc. Icon. gr. I. pl. 33. No. 2, 3; Bouillon

II. pl. 72; Du Mersan Not. des Ant. du cab. d. med. 1822. pl. 9.

^ Vgl. darüber Böckh C. I. Gr. 3283; W. Vischer Über einige Gegenstände der

Altertumssamml. im Mus. zu Basel, Kleine Schriften II. p. 416.

3 Vgl. Odyss. IV. 230. * Kleine Schriften a. a. O. p. 418.

13*

196 MODIOS ASI ATIKOS

zweite Hand ins Cabinet des medailles.^ Das Bildnis stellt einen jungen Mann dar, von magerer Complexion, mit vollem in gleich- massige Büschel gegliedertem Haar und wenig ins Gesicht tretendem, auf der Oberlippe und am Kinn rasiertem oder hier noch nicht keimendem Flaumbart; der Kopf stark nach links gewandt. Die Arbeit vortrefflich und die Erhaltung einerseits des Kopfes, anderer- seits der Büste eine nahezu vollständige, was um so merkwürdiger, als Kopf und Büste getrennt gewesen zu sein scheinen. Auch der parische Marmor fast ohne Flecken; man glaubt ein eben erst aus der Werkstatt entlassenes Porträt vor sich zu haben. Indes lässt sich am Altertum desselben nicht zweifeln. Wer sollte im 17. Jahrhundert ein solches Werk in diesem ausgesprochen julisch-claudischen oder flavischen Stil mit der dazu stimmenden Büstenform und der durch- aus das Gepräge der Originalität tragenden Aufschrift geschaffen haben, ohne in irgend einem Punkte die Wahrzeichen der Echtheit zu verletzen? Die Belassung des Marmormaterials an der Büste und das Nebeneinander des Z (in der Weihinschrift) und des C (auf der Plinthe) kommen vielfach auch bei sicher antiken Denkmälern vor, letzteres namentlich auf Münzen.

Modern sind dagegen die Wiederholungen dieses Bildnisses in Wilton House (Michaelis Anc. Marb. p. 688. No. 78) und im historischen Museum von Basel (W. Vischer a. a. O.), beide mit den gleichen Aufschriften, die Basler von verkleinertem Maassstab, mit der Basis c. 24 cm hoch. Ausserdem Hess de Pontchartrain durch Girardon einige Bronzeabgüsse machen, von denen einer jetzt in Stafford House in London (Michaelis p. 485. 3), ein anderer in Christ Church College zu Oxford (Mich. p. 593. No. 238), ein dritter ehmals im Besitz des Marschalls d'Estrees(abgeb. bei Montfaucon Ant expl. Suppl. t. III. pl. 8)}

Dürfte man bei Asiatikos an Gemmendarstellungen denken, so wäre der schöne Kopf eines Berliner Bergkrystalls (abgeb. Furt- wängler Die geschn. Steine Taf. 13. No. 1104) hieherzuziehen, der eine viel grössere Ähnlichkeit mit der Pariser Büste, als mit dem capitolin. Bronzekopf des Jun. Brutus, nach dem er früher benannt wurde, aufweist. Allein bei der geringen Wahrscheinlichkeit, dass das Bildnis unseres Arztes auf Gemmen geschnitten wurde und dass

1 S. Du Mersan Hist. du Gab. des med. Paris. 1838. p. 9f.

^ Vischer a. a. O. p. 416 rechnet fälschHch auch die Büste in Wilton House

dazu.

ASIATIKOS. XENOPHON. AOATHEMEROS 197

noch solche erhalten sind, wird man der blossen Ähnlichkeit nicht trauen dürfen.

Ganz ohne Grund wird eineMantuanerBüsteNo. 6(Dütschke IV. 706; bei Labus nicht abgeb.) als M. Modio medico bezeichnet: ein unbekanntes Porträt aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., ebenfalls jugendlich mit kurzem Wangenbart, aber mit lockigem in der Mitte auseinandergehendem Haar, eher an den sog. Arminius im Capitol, Philosophenzimmer No. 59, erinnernd.

Xenophon von Kos. Klaudios Agathemeros

[Münztaf. II. 20, 21]

Auf ein paar koischen Münzen findet sich das Bildnis eines bartlosen Mannes mit der Umschrift Ssvo(pu)v [abgeb. Münztaf. IL 20, 21] \ bald mit, bald ohne Lorbeerkranz. Dasselbe wird allgemein auf den diesen Namen führenden und von Kos stammenden Leib- arzt des Kaisers Claudius bezogen, auf dessen Fürbitte den Koern alle Abgaben erlassen worden waren.^ Die dankbaren Inselbewohner verewigten dafür ihren Mitbürger auf den Münzen, während Xenophon, weniger dankbar gegenüber seinem Gönner, an der Ver- giftung des Claudius mitgeholfen haben soll.^ Das Bildnis hat nichts Charakteristisches als etwa die bei einem Griechen ungewohnte Bartlosigkeit.

Büsten sind meines Wissens keine danach benannt. Denn unter dem sogen. Xenophon in München und in Berlin war der Geschichtschreiber gemeint (s. oben p. 8).

Ein plastisches Denkmal dagegen ist noch, wie es scheint, von einem andern damals lebenden und in grösserem Ansehen stehenden griechischen Arzte erhalten, wenn nämlich der bei Sueton in der vita Persii erwähnte Lakedaemonier Claudius Agathernus identisch (bloss der Name verschrieben) mit dem Klaudios Agathemeros, der zusammen mit seiner Frau Myrtale auf einem jetzt in Oxford be-

^ Bürchner Zeitschr. f. Num. IX. Tf. IV. 25.

2 Tac. Annal. XII. 61. Tac. Annal. XII. 67.

1Q8 KL. AGATHEMEROS. APOLLONIOS VON TYANA

f indlichen Grabstein (Michaelis Anc. Marb. p. 580. No. 1 55 ; abgeb. Visc. Icon. gr. I. tav. 23b) dargestellt ist: zwei Brustbilder in Hochrelief en face, von der Art des schönen chiaramontischen Reliefs (sog. Cato und Porcia). Der Mann mit glattrasiertem Gesicht und schlicht in die Stirn gekämmtem, in einer gleichmässigen Bogenlinie ab- schliessendem Haar; die Frau mit flavischer Frisur, das Gewand schleierartig übers Haupt gezogen. Unter beiden hinlaufend die In- schrift:

^UVOV TOUTO fT £[7.ol Xal MupTaAv^ ZICX GUVSUVtp

[AV^fz-a [j,£T eucsßswv S* d(j[/.£v SV 'HXucrio). ••■ Der stein soll nach Visconti aus dem Orient stammen, was wohl ein Irrtum, da "nirgends ein Beleg dafür vorhanden; nach dem C. I. Gr. No. 6197 ist er römischen Ursprungs. Über die dargestellte Persönlichkeit wissen wir nichts, als was Sueton a. a. O. angiebt: Usus est (Perslus) apud Cornutum duorum convlda doctissimorum et sandisslmomm virorutn, acrlter tum phllosophantlum, Claudii Agathemeri medici Lacedaemonä et Petronl Arlstocratis Magnetis, quos unke mlratus est et aemulatus, cum aequales essent, Cornuti minores et IpsL Die Korrektur des Namens rührt von Reinesius her und wird, so viel ich sehe, einstimmig geb illigt.

Apollonios von Tyana

[ Münztaf. II. 22 ]

Apollonios von Tyana in Kappadokien lebte unter Nero und Domitian in Rom als Neupythagoreer, Wunderthäter und Totenbe- schwörer, seiner Erscheinung nach von würdevoller Majestät.^ Er soll den Orient und das römische Reich bereist haben und mehr als 90 Jahre alt geworden sein. Im Auftrag der Julia Domna schrieb der Sophist Philostratos sein Leben, worin er ihn gegen den Vorwurf der Magie zu verteidigen sucht, und Alexander Severus stellte in seinem Lararium sein Bildnis neben denen von Christus, Abraham und Orpheus auf.^ Doch waren ihm auch sonst wie einem Gott

^ Kaibel Epigr. gr. No. 554.

' Vopisc. Aurel. Cap. 24. ^ Lampr. AI. Sev. Cap. 29.

ANGEBLICHE BILDNISSE DESSELBEN 199

Tempel und Statuen errichtet* Von einem Denkmal, das ihm seine Schüler in Delphi gesetzt, hat sich noch die Inschrift erhalten: 'AroXXcuviov Ol [/.at>yjTai.-

Sein Bildnis mit der Namensumschrift APOLLONIVS Teanevs wurde in der späteren Kaiserzeit auf Contorniaten gesetzt, von denen ein Exemplar des Cabinet des medailles auf unserer Münztafel II. 22 abgebildet ist^: Ein lorbeerbekränzter bärtiger Kopf auf Büste mit Tunica und Mantel; im Bausch des letzteren ist noch die Hand mitgegeben. Da kaum von Bildnisähnlichkeit gesprochen werden kann, so ist eine nähere Beschreibung des Gesichtstypus überflüssig.

Die herkömmlicher Weise den Namen des ApoUonios führenden Hermen im Capitol, Philosophenzimmer No. 77—79, und ihre Wiederholungen* sind schon deshalb falsch bezeichnet, weil ihr Typus offenbar auf eine viel frühere Zeit als die seinige zurückgeht. Über ihre wahre Bedeutung lassen sich nur ganz vage Vermutungen aufstellen (s. Homer, Hesiod, Pythagoras).

Auf eine Büste in Wilton House (Michaelis Anc. Marb. p. 689 No. 94; abgeb. Kennedy pl. 14) mit ins Gewand geschlagenem rechtem Arm ist in neuerer Zeit der Name AnOAAONIOZ TTAN. ge- schrieben worden, wohl nur eben des Büstenmotivs wegen, das auch das der Contorniaten ist. Denn der Typus des stark nach rechts ge- wandten Kopfes mit dem langen gescheitelten Haar hat nichts mit dem Münzbildnis gemein.

Auch der mit Aufwand grosser Gelehrsamkeit gemachte Versuch Ch. Lenormants, eine Bronzebüste im Louvre, Descr. No. 23 (abgeb. Mem. de l'Acad. a. a. O.)*^, als ApoUonios zu deuten, muss als verfehlt betrachtet werden: Ein Kopf in der Blüte des Mannesalters, kraus- bärtig, mit vollem Unterkinn, von einer eigentümlich breiten, aus drei Lagen bestehenden Krone umgeben. Die unterste Lage ist als Haarstrang charakterisiert, dann folgt ein verzierter Reif, und dann ein Lorbeerkranz mit Schleife. Dieser Kopfschmuck, meint Lenormant, bezeichne einerseits den weitgereisten Indienfahrer, andrerseits den

^ Dio Cass. 77. 18; Vopisc. a. a. O.

^ Publiciert in einem der Berichte von Homolle im Bull. d. corr. hell., den ich

nicht mehr genauer citieren kann.

^ Faber Imag. 24; Bellori 2; GronovThes. III. cccc (bei diesen beiden vergrössert) ;

Visconti Icon. gr. I. Taf. 17, 4; Ch. Lenormant Mem. de l'Acad. 1851. pl. I; Sabatier

Med. contom. 1860. pl. IV. I.

* Aufgezählt im Abschnitt Hesiod, I. Teil p. 26. Anm. 4.

* Als Demi-Dieu bacchique bei Bouillon III. bustes. pl. 2; Clarac pl. 1078.

200 APOLLONIOS VON TYANA. EPAPHRODITOS

mit Aeskulap verwandten heilkräftigen Wunderthäter. Und da die Büste mit den Contorniaten und mit der gerühmten Schönheit des Apollonios stimme, so könne man nicht zweifein, dass dieser gemeint sei. Es handle sich wahrscheinlich um ein unter Julia Domna ver- fertigtes Bildnis. Aber von Übereinstimmung mit den Contorniaten ist gar keine Rede und die Erklärung des Kopfschmucks ist im höchsten Grad gezwungen. Lenormant scheint sich die äussere Erscheinung des Apollonios als die eines herumziehenden Wunder- thäters vorgestellt, und deshalb das absonderliche Kostüm für einen genügenden Grund angesehen zu haben, in der Pariser Büste den kappadokischen Sophisten zu vermuten. Eine moderne Marmor- replik befindet sich in der Gall. Mollien des Louvre No. 2303. Vielleicht aber dürfte schon das Altertum der Bronzebüste nicht über alle Zweifel erhaben sein.

Epaphroditos

[Taf. XXVIII]

Im Palazzo Altieri zu Rom, fast zu oberst auf einem Absatz der Prachttreppe, steht die halblebensgrosse sitzende Porträtstatue eines bärtigen Mannes, auf deren Fussgestell die Inschrift :

M. METTIVS

EPAPHRODITVS

GRAMMATICVS GRAECVS

MMETTIVS GERMANVS L. EEG.

Die Statuette [abgeb. Taf. XXVIII] ^ stellt einen Mann dar in mittleren Jahren mit dichtem, krausem Haar und Bart, bekleidet mit Ärmeltunica, Mantel und Schuhen, von ziemlich kurzen Proportionen, in der auf dem Schoss ruhenden Linken eine zusammengefaltete

1 Ursin. Imag. p. 92; Cavalleriis (1594) 57; Faber 91; Bellori Imag. 80; der Kopf und die Aufschrift Visc. Icon. gr. I. 31. 1—3. Vgl. Matz-Duhn Ant. Bildw. in Rom No. 1320. - Sie befand sich zur Zeit des Faber (1606) apud Balthasarem Bertonium, kam dann aber bald (schon vor 1623, Marchucci Ant. stat. I. 57) in den Pal. Paluzzi beim Capitol, wo sie Winckelmann noch sah. Die Angabe, dass sie zur Zeit des Ursinus in aedibus Capranicomm gestanden (v. Duhn a. a. O.) scheint auf Ver- wechslung der Statue mit einer Inschrift des Epaphroditus (bei Fulv. Urs. 101. 2) zu beruhen.

WELCHER EP. IN DER STATUE ALTIERI GEMEINT SEI 201

Rolle. Vollkommen erhalten bis auf die Nase, die ehemals (und noch zu Visconti's Zeit) angesetzt war. Die Aufschrift ist in grossen Lettern an der Vorderseite der nach links und rechts abgestuften Basis des thronartigen Sitzes angebracht. Die Arbeit gering und frühestens aus dem Ende des 2. Jahrhunderts nach Chr.

Man hat die Bezeichnung Epaphroditus grammatlcus graecus gleich von Anfang an (Ursinus noch schwankend) auf den Gramma- tiker Epaphroditos von Chaeronea bezogen, der etwa in der Mitte des l.Jahrh. nach Rom kam, und hauptsächlich unter den Flaviern lebte, ein intimer Freund des Oeschichtschreibers Josephus und Besitzer einer grossen und ausgewählten Bibliothek, mit deren Hilfe er seine zahlreichen litterarischen Commentare schrieb. Er war früher Sklave des^ ägyptischen Präfecten Modestus gewesen, der ihn für seine Dienste mit der Freiheit beschenkte (Suidas). Wenn die Identification unserer Statue mit dem Grammatiker von Chaeronea richtig, so müsste Modestus den Vor- und Familiennamen M. Mettius gehabt haben, der dann nach römischem Brauch auf den Freigelassenen übergieng. In der That kommen alle drei Namen vereinigt vor: M. Mettius Modestus (Inschrift der Villa Pamfili), was Visconti als Beweis ansieht, dass in unserer Statue wirklich der Freige- lassene des Modestus und also der genannte Grammatiker verstanden sei. Dass die Bärtigkeit im Widerspruch zu der damaligen Mode steht, brauchte man allerdings nicht als schwerwiegendes Hindernis anzusehen, da sich die Griechen und zumal die griechischen Litteraten in dieser Beziehung ohne Zweifel ihre Freiheiten vorbehielten. Auch auf die Personalbeschreibung des Suidas, nach welchem der Chäroneer Epaphroditos von schlanker Gestalt war, während der unsrige eher kurz, war kein grosses Gewicht zu legen, da entweder Suidas aus einer unlautern Quelle schöpfen oder der stümperhafte Bildhauer sich in den Proportionen versehen konnte. Dagegen scheint mir eine erhebliche Schwierigkeit darin zu liegen, dass die Statue von einem Freigelassenen des Epaphroditos geweiht ist, ihre Entstehungs- zeit also bald nach seinem Tode gesetzt werden muss, während der Stil ganz entschieden erst auf antoninische Zeit hinweist. Da die Zunft der Grammatiker im 2. und 3. Jahrhundert der Kaiserzeit eine sehr ausgedehnte und auch der Name Epaphroditos ein ziemlich häufiger war, so kann Beides, die litterarische Thätigkeit und der spezielle Name, noch öfter zusammengetroffen und ein uns sonst unbekannter späterer Vertreter dieses Berufes in unserem Denkmal gemeint sein.

202 THEON VON SMYRNA

Wenn eine Herme und eine Büste des capitol. Museums, jene im Philosophenzimmer No. 57 (abgeb. Bottari I. 66) \ diese in der oberen Gallerie No. 57 (abgeb. Bottari 1. 80), herkömmlicher Weise ebenfalls den Namen Epaphroditos tragen, so kann es nur sein, weil man sie fälschlich als Darstellungen der gleichen Person fasste, wozu absolut kein Grund vorhanden. Von krausem Haar ist bei keinem von beiden auch nur entfernt die Rede. Die Büste hat ausserdem eine ganz verschiedene Kopfform.

Theon von Smyrna

[ Taf. XXIX ]

Theon von Smyrna, einer der Commentatoren Plato's in der römi- schen Kaiserzeit, lebte unter Trajan und schrieb unter Anderem ein Buch, welches den Lesern Plato's die nötigen mathematischen Vorkenntnisse beibringen sollte. Dergleichen genügte damals, um sich den stolzen Namen eines platonischen Philosophen beilegen zu dürfen.

Von diesem Theon hat sich im capitolinischen Museum noch ein beglaubigtes Bildnis erhalten, Philosophenzimmer No. 25 [abgeb. Taf. XXIX] ^, eine Büste auf runder Basis, an deren abge- flachter Vorderseite eine Tafel mit der auf 4 Zeilen verteilten Inschrift: ©EnNA nAATQNI [ TON OIAOZOOON [ O lEPEYZ 0EßN | TON PATEPA ; Alles ungebrochen, ergänzt nur die Nase. Dargestellt ist ein Mann mit kurzgeschnittenem vollem Haar, dessen Grenzlinie über den Schläfen zwei einwärts gehende Winkel bildet; die Sttrn von drei Horizontalfurchen durchzogen, der Bart kraus, der Ausdruck scharf beobachtend. Schultern und linke Brust von einem Gewand bedeckt; der Kopf etwas nach rechts gewandt. Ein verhältnis- mässig gutes Bildnis aus antoninischer Zeit.

Die Büste war von Fouquier in Smyrna gekauft und nach Marseille gebracht worden, zusammen mit einer andern aus Ephesos stammenden des Pythodoris. Beide wurden dann vom Cardinal

"■ Righetti I. 141.

2 Schlecht bei Spon Miscell. erud. ant. sect. IV. p. 135; Gronov, Thes. III. ffff;

Bottari I. 29; Visconti Icon. gr. I. pl. 19a. 3, 4.

PLUTARCH 203

AI. Albani erworben, der sie später mit seiner übrigen Sammlung an Clemens XII., den Begründer des capitolinischen Museums, abtrat.*

Der Titel, der dem Theon in der Inschrift gegeben wird, und der wahrscheinliche Fundort Smyrna lassen keinen Zweifel, welcher von den verschiedenen Theonen, die alle in der Kaiserzeit lebten, und sich mit gelehrten Commentaren abgaben, gemeint sei. Es kann nur der Verfasser des oben genannten platonischen Hilfsbuchs sein. Zu diesem passt auch die Entstehung in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts sehr gut, da die Büste ja vom Sohne des Dargestellten, dem Priester Theon, geweiht isi

Plutarch '

Plutarch von Chaeronea (c. 50—120 n. Chr.) studierte in Athen und machte dann ausgedehnte Reisen, die ihn für längere Zeit auch nach Rom führten, wo er mit den Gelehrten der damaligen Zeit in vielfache Berührung kam. Hochgeehrt von Trajan, unter den seine eigentliche Blüte fällt, starb er in den ersten Jahren der Regierung des Hadrian als Procurator von Griechenland.

Durch Überlieferung und noch erhaltene Inschriften haben wir bis jetzt von drei einstigen Bildnissen des Plutarch Kunde: von einer Statue in Chaeronea, die ihm seine Mitbürger setzten^ und von zwei ikonischen Denkmälern (Herme und Statue?), die leider kopflos aufgefunden wurden, das eine ebenfalls in Chaeronea, das andere in Delphi.

Die Herme von Chaeronea trug die Aufschrift: <I>tlstvo?n>.ouTap- /ov Tov euspysTTjv ö^soi? dv£9^7j/.£v, war also ein Weihebild seines Freundes Philinus.''

^ Die des Pythodoris führt im Capitol die Nummer 65 (abgeb. Spon a. a. O. p. 137; Bottari I. 73; Arndt-Bruckmann 155, 156): Ein junger Mann mit keimendem Lippen- und Halsbart, der Kopf von einem ausladenden Lorbeerkranz umgeben. Über die Persönlichkeit, die diesen sonst weiblichen Namen trägt, wissen wir nichts. Videtur sane orator, poeta vel dux aliquis Ephesius fuisse (Spon). Stil und Büsten- form weisen auf das 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr. ^ Vgl. Pomptow Beiträge zur Topographie von Delphi. 1889. ^ Pomptow. Die unmittelbare Quelle ist mir nicht bekannt. * S. Annal. d. Inst. Bd. 33. 1861. p. 77.

204

PLUTARCH

Abb. 20 Kopf des Plutarch?

Das andere Bildnis war ihm, wie die 1877 gefundene metrische Aufschrift der Basis besagt, bald nach seinem Tode auf Geheiss der Am- phiktyonen von der Stadt Delphi errichtet worden :

AsX^poi XaipwvsuGiv 6(/.o5 ÜXou-

TapyOV £t9^7]X.£V 7r£tt)-0[7.£V0l. ^

Plutarch war fungierender Priester des Apollo und unter Hadrian Epimelet der Amphiktyonen, Mit- begründer der neuen Pylaea. Es war daher, wie Pomptow mit Recht bemerkt, nur die schuldige Dankbarkeit, dass man ihm innerhalb der Pylaea ein Denkmal setzte.

1887, zehn Jahre später, wurde bei den französischen Aus- grabungen ein Porträtkopf von pentelischem Marmor, seinem Stil nach aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., gefunden [Abb. 20] ^, den man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit glaubt als zu jener Basis ge- hörig betrachten und demgemäss auf Plutarch deuten zu dürfen. Allerdings lässt sich bis jetzt wenig mehr als die Gleichheit des Materials zu Gunsten der Hypothese anführen. Da indes im 2. Jahr- hundert in Delphi sonst selten pentelischer Marmor für Bildwerke verwendet wurde, so darf dieser Gleichheit diesmal wohl eine etwas grössere Beweiskraft beigelegt werden. Das einstige Vorhandensein eines Plutarchbildnisses in Delphi ist ja durch die Inschrift verbürgt und im Stil und in der Physiognomie liegt nichts, was der Beziehung auf ihn widerspräche. Pomptow (p. 110) nennt es das schönste Skulptur- werk von Delphi. Der Dargestellte ist seinem Alter nach etwa ein Fünfziger oder Sechziger. Die Kopfform ist hoch, das Haar ganz schlicht, hinten glatt in den Nacken, über den Ohren nach vorn gekämmt. Der Bart ebenfalls schlicht, seine Länge nicht mehr be- stimmbar, weil der Kopf beim Ansatz des Halses abgebrochen. Charakteristisch die eckig an die Nasenwurzel ansetzenden, hier zwei Vertikalfalten bildenden Brauen, die hohen Proportionen von

1 Pomptow a. a. O. Taf. XIV. 50; vgl. p. 77.

^ Nach Pomptow a. a. O. Taf. XIII, wo vier verschiedene Aufnahmen desselben.

PLUTARCH. BÜSTE DES APOLLODOR 205

Nase und Nasenlippe, erstere oberwärts gebogen, an der Spitze ver- stümmelt. In den Augen sind die Pupillen angegeben. Ein nicht eben formenschöner, aber interessanter und ausdrucksvoller Kopf.

Es ist zu hoffen, dass mit der Zeit noch Bestimmteres über seine Bedeutung ermittelt werden kann.

Apollodoros

Ein Bildnis in München, Brunn No. 203, Furtw. 324 [Abb. 21 und 22] \ trägt auf dem ungebrochenen Schildchen des Büstenfusses den Namen AFIOAAOAOPOZ (sie) ohne weitere Beifügung: Ein noch junger Mann mit dichtem, vollem Haar, das in gekrümmten Büscheln in die breite, niedrige Stirn fällt, und mit leicht ge- kraustem vom Hals abstehendem Bart. Der Kopf etwas nach links gewandt auf nackter Büste mit Armansätzen. Die rechte Schulter und Brust ergänzt.

Da der Kopf aus Rom stammt er wurde 1820 von Vescovali daselbst erworben , der Stil unverkennbar auf das 2. Jahrhundert n. Chr., Haar und Bart am ehesten auf hadrianische Zeit weisen, so hat man das Bildnis auf den jenen Namen führenden Baumeister des Trajan gedeutet, den Hadrian seines Freimutes wegen später hin- richten Hess.- Es ist in der That der einzige der vielen Apollo- dore, die wir kennen'', der mit Sicherheit in diese Zeit fällt. Doch muss es bei einem Architekten noch mehr als bei einem Litteraten auffallen, dass er kurzweg mit diesem häufig vorkommen- den Namen bezeichnet ist, ohne Angabe seiner Herkunft (Damaskus) oder seines beruflichen Charakters. Und da der Name ausserdem fehlerhaft geschrieben (Sopo? statt ^wpo?), so dürfte die Ursprünglich- keit der Aufschrift nicht über jeden Zweifel erhaben sein.

Bekanntlich hat Niebuhr auf einem der grossen Reliefs am Constantinsbogen (Fortführung der Via Appia von Benevent bis Brundusium) aus sachlichen Gründen die Person eben dieses Bau- meisters erkennen wollen, nämlich in der bärtigen Togafigur mit der Schriftrolle links. Soweit man nach der Abbildung bei Bartoli Admirandatav. 21 urteilen kann, wird die Deutung kostümlich nicht

^ Nach Arndt-Bruckmann Portr. 46 und 47.

* Dio Cassius 69. 4; vgl. Brunn Gesch. d. gr. Künstl. II. p. 340.

^ Vgl. Pauly-Wissowa Realencycl. s. v. Apollodoros.

206

APOLLODOROS

Abb. 21

Büste des Apollodoros in München (zu S. 205)

besonders empfohlen; denn die betreffende Figur trägt langes, von einer Binde umwundenes Haar. Mit der Münchener Büste hat sie typisch gar keine Berührungspunkte.

Eine andere Person (bartlos, mit hohem Untergesicht), aber keine historisch bekannte, ist der junge Athener Apollodoros, dessen Brustbild, auf Södermalm in Stockholm gefunden, sich im Mu- seum daselbst befindet (Katal. von 1876, No. 66). Die Aufschrift auf

HERODES ATTIKOS

207

der hohen runden Plinthe bezeichnet ihn als AflOAAO- AUUPOZ EYOHMOY MEAl- TEYZ und trägt den Beisatz Eni ETZEBEIA. Nach Wie- seler* die merkwürdigste aller Büsten der Sammlung, unzweifelhaft echt, den Buchstaben der Inschrift nach etwa aus der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr.

Herodes Attikos

Herodes Attikos (100 Abb. 22 Proni des vorigen

bis 175), der gefeierte

Rhetor des 2. Jahrhunderts n. Chr. und als solcher eine Zeit lang Lehrer des Marc Aurel und des L Verus, von denen ihn der erstere zu den höchsten Ehren erhob, war in Marathon geboren, und kehrte auch, nachdem er den römischen Staatsdienst ver- lassen, wieder in sein Vaterland zurück, wo er seine ungeheuren Reichtümer, teils zur Anlage von öffentlichen Bauten in Athen, Olympia, Delphi und andern Orten, teils zu wohlthätigen und gemeinnützigen Zwecken verwendete. Sein Landsitz in Ke- phisia wurde der Sammelplatz der damaligen Sophisten und Litteraten.^ Er starb zu Marathon an der Schwindsucht, nach- dem er sich in seinen letzten Jahren noch mit den Athenern ver- feindet hatte.

Zahllos waren die Ehrenstatuen, die ihm zum Dank für seine Liberalität errichtet worden waren. Nur schon von Athen kennen wir deren 17, wovon die Basen zum Teil noch erhalten,^ Statuen, welche ihm von den einzelnen Phylen, vom Areopag und

1 Im Philologus 1868. p. 230.

2 Vgl. Diptmar Herodes Atticus als Kunstmaecen , in den Blättern für bayr. Gym- nasialwesen. 1897. p. 657.

3 C. I. Gr. 382 ff.

208 HERODES ATTIKOS

vom Volk oder von auswärts gesetzt worden waren. ^ Dass auch unter dem Schmuck seiner eigenen Bauten sich überall Bildnisse von ihm befanden, versteht sich bei dem ruhmsüchtigen Manne von selbst.

Herodes hatte testamentarisch verordnet, dass man ihn auf seiner Villa bei Marathon begrabe. Aber die Athener wollten dies nicht zugeben und holten seine Leiche in das von ihm hergestellte panathenäische Stadion, wo sie ihm ein Denkmal setzten. Wenn daher für Marathon selber nichts Bildliches von ihm überliefert ist, so hat die Erwägung, dass er hier geboren und gestorben ist, doch Ver- anlassung gegeben, eine von Fauvel in einem Grab zu Probalinthos bei Marathon zusammen mit einem Marc Aurel und L. Verus ge- fundene Büste für das Bildnis des Herodes zu nehmen. Dieselbe war von Choiseul-Gouffier erworben worden und kam nach dessen Tod in die Gallerie Pourtales und von da in den Louvre, wo sie in der Salle des Antonius aufgestellt ist, Cat. somm. No. 1164 (abgeb. Vis- conti-Mongez Icon. rom. fol. additions pl. 64. 5, 6, vgl. IV. p. 163):^ Ein Mann etwa in den Fünfzigen, mit noch vollem, lockig in die Stirn fallendem Haar und etwas ungepflegtem, nicht sehr langem Bart, ziemlich steiler Stirn, zurücktretender Unterlippe und auffallend kurzem Kinn, von intelligentem Ausdruck. Der Kopf rechts abwärts gerichtet auf Büste mit griechischer Gewandung (Unter- und Ober- kleid), die Nase neu.

Aus dem Fundort allein dürfte vielleicht nicht allzu viel für die Bedeutung geschlossen werden. Wenn aber wirklich die Bildnisse des Marc Aurel und des L. Verus, und nur grade diese, sich mit in dem Grabe befanden*, so ist die dritte Büste, die von gleichem Marmor und gleicher Arbeit sein soll, allerdings stark als Herodes präjudiziert. Denn alsdann muss eine gewisse Beziehung zwischen den dreien angenommen werden, und eine solche ergiebt sich ganz ungesucht in dem Verhältnis des Lehrers zu den erlauchten Schülern, sei's dass Herodes selbst aus Dankbarkeit für die bewiesene Gunst die Aufstellung verfügt hatte, sei's dass die Hinterlassenen den Ver- storbenen dadurch ehren wollten. Ja man wird förmlich zu der

* Vgl. Stenersen De bist. stat. icon. apud Ath. p. 44.

^ Genaueres bei Hertzberg Gesch. Griechenl. unter den Rom. II. p. 387.

^ Panofka Le cabinet Pourtales pl. 37. In demselben Saal des Louvre befindet sich

auch die Büste des Marc Aurel, Cat. somm. No. 1161. Der L. Verus dagegen scheint

verschollen.

* Ein zuverlässiger schriftlicher Bericht darüber scheint nicht zu existieren.

BÜSTE VON PROBALINTHOS. TORSO IN ATHEN 20Q

Deutung auf Herodes gedrängt, da es sonst als ein unerklärtes Rätsel erschiene, wie die beiden Kaiserköpfe zusammen mit einem dritten nicht kaiserlichen (von gleichem Marmor und dem Stil nach ebenfalls der antoninischen Zeit angehörigen) in das Grab des ab- gelegenen Probalinthos gekommen. Wie sich freilich die Annahme mit der Nachricht verträgt, dass Herodes thatsächlich nicht bei Ma- rathon, sondern in Athen begraben sei, weiss ich nicht. Vielleicht war das Grab in Marathon schon bei seinen Lebzeiten hergestellt wor- den, oder die testamentarische Verfügung wurde trotz der Wegnahme der Leiche wenigstens zum Scheine ausgeführt und mit den schon vorhandenen Bildnissen geziert, oder es handelt sich überhaupt nicht um ein Grab, wie Fauvel angab und, auf ihn gestützt, Choiseul- Gouffier für sicher annahm, sondern nur um ein Denkmal. Ein mögliches Anrecht auf den Herodesnamen wird man der Büste einst- weilen nicht absprechen können,

Wiederholungen sind mir keine bekannt. Die ähnliche Büste des sogen. Pertinax oder Aelius Caesar im brit. Museum No. 35 (abgeb. Anc. Marbl. XI. 24) hat weder die steile Stirn noch die vor- springende Oberlippe und unterscheidet sich durch ein höheres Kinn und einen längeren Bart.^ Auch der sogen. Herodes auf einem Sardonyx des Cabinet des medailles zu Paris (Chab. No. 167) stellt eine andere Person dar.

Die im Odeon zu Athen, in der Nische des westlichen Zu- gangs zur Orchestra ausgegrabene Figur, die von Pittakis- auf unsern Marathonier bezogen wird, ist leider kopflos, »in langem Chiton (?), der die Brust frei lässt, aber mit einem bequasteten Zipfel über die linke Schulter tief nach vorn herabfällt. Links ein vier- eckiger Kasten mit Ringen, wohl ein Scrinium".^ Ganz in der Luft steht der Einfall (von Lolling?), es könnte in dem interessanten »Christuskopf" aus dem Dionysostheater daselbst, Kavvad. No. 41Q (abgeb. Arndt-Bruckmann Portr. 301, 302), Herodes gemeint sein.

Die Familie des Herodes. Die Gemahlin des Herodes und seine Tochter hiessen Annia und Elpinike Regula. Erstere starb c. 160 und ihrem Andenken widmete Herodes einen überschwäng- lichen Kultus. In Athen baute er ihr zu Ehren das Odeon am Fuss

^ Vgl. m. Rom. Ikonographie II. 3. p. 7. - In der archäolog. Ztg. 1858, Anz. p. 199.

^ Schillbach Über das Theater des Herodes Attikos p. 24; Hertzberg Gesch. Grie- chenlands unter den Römern II. p. 395.

BemoulH, Griech. Ikonographie. II. Teil 14

210 FAMILIE DES HERODES. AELIUS ARISTIDES

der Akropolis, das jedenfalls mit ihrer Statue geschmückt war. Man nimmt an, dass diese als Pendant zu der des Herodes in der Nische des östlichen Zugangs zur Orchestra gestanden habe. Auf Statuen zu Kephisia und Marathon weisen einige daselbst gefundene In- schriften.^ In Italien weihte ihr Herodes auf ihrem Landgut Triopion an der Via Appia einen Tempel, in dem neben den Statuen der Demeter und der j. Faustina auch die ihrige aufgestellt war.^

Alles Ikonische ist untergegangen, wenn nicht etwa ein im Odeon gefundener weiblicher Porträtkopf '"^ auf sie bezogen werden darf. Doch ist mir der Kopf unbekannt und aus der Beschreibung lässt sich nicht erkennen, inwiefern er ihrer Zeit entspricht. ;;Das Haar fällt in zusammengedrehten Wülsten bis tief unter die Ohren in Bogen zu beiden Seiten hinab und ist in gleicher Anordnung am Hinterkopf in eine grosse Rundung gelegt. Das Gesicht voll, mit ziemlich be- merklichem Unterkinn." Eine Knabenbüste ebenda wird ohne viel Wahrscheinlichkeit auf Attikos, das misratene Söhnchen des Herodes, gedeutet.^ Auf eine Statue (?) der Tochter Elpinike Regula weist eine beim Tempel des Apollon Ptoios in Boeotien aufgefundene Basis, deren Inschrift im Bulletin de corr. hell. 16. 1892 p. 464 publiziert ist.

Aelius Aristides

[Taf. XXX]

Der Rhetor Aelius Aristides (c. 129 c. 189) war zu Hadrianoi in Mysien geboren, als Sohn wohlhabender Eltern. Er bildete sich auf den Schulen von Pergamon, Smyrna, Athen zum Redner aus und bethätigte seine Kunst auf mannigfachen Reisen durch Aegypten, Kleinasien, Griechenland, Rom. Dabei war er lange Jahre (von 156 bis 172) von einer schweren Krankheit heimgesucht, die er endlich in seinem 43. Lebensjahr glücklich überwand. Ohne von höheren Ideen beseelt zu sein und ohne praktische Ziele, glänzte er durch

^ Die Belege bei Hertzberg a. a. O. II. p. 394.

* Vgl. die beiden 1607 und 1617 entdeckten metrischen Inschriften, die in den Be- sitz des Cardinais Scipio Borghese und später nach Paris kamen. Böckh C. I. Gr. 6280 A und B; Kaibel No. 1389 I. und II. » Schillbach a. a. O. * Schillbach a. a. O.

DIE STATUE DES VATICANS UND IHRE AUFSCHRIFT 211

formale Redegewandtheit, mit welcher er sich selbst und seine Gönner beräucherte. Er erreichte ein Alter von mindestens 60 Jahren.

Als Marc Aurel auf seine Fürsprache hin das 178 durch ein Erdbeben zerstörte Smyrna wieder herstellen Hess, ehrten die Bürger der Stadt den Aristides durch eine eherne Statue auf dem Markte.^ Drei andere Denkmäler, eine Büste, eine Halbfigur und eine Statue erwähnt der Sophist Libanios.- Von einem fünften, das ihm eine Anzahl Städte Aegyptens in Alexandria setzten, hat sich noch die Basis im Museum von Verona erhalten.^

Auf uns scheint sein Bildnis gekommen zu sein in einer unter Pius IV. (1559—1565) in Rom gefundenen sitzenden Marmorstatue, welche auf der rechten Seite der Plinthe die Aufschrift APIZTIAHZ ZMYPNEOZ trägt, aufgestellt in der vaticanischen Bibliothek am Eingang zum christlichen Museum [abgeb. Taf. XXX].* Die Auf- schrift giebt allerdings in doppelter Hinsicht zu Bedenken Anlass, ein- mal der ungriechischen Schreibweise wegen ('AptcTiSv]; statt' ApicteiStj: und 2(j.iipv£o? statt Su.upvaio?) und dann weil der Beiname, streng ge- nommen, gar nicht richtig.^ Man hätte eher einen Ausdruck wie /.Ticrryj; SfxtipvTj; oder etwas Ähnliches erwartet. Doch ist es keineswegs undenkbar, dass Aristides seiner Verdienste wegen in dieser Form gleichsam zum Bürger von Smyrna gestempelt wurde. In einem Epigramm der Anthologie wird er sogar ein Smyrnäer von Geburt genannt:

.... 2[J!.UpV>] TSXS •8-SlOV "OjJLVJpOV

r^ x,xi 'Apt(7T£u^r^v ÖYjTopa yeivaf/.svvj.'' Als Analogie für'Api«7Ti<^>j!; führt Visconti Uocihüi^ioc auf derNeapler Büste, als solche für 2[;.upv£o; die Schreibweise 'Pwtxswv auf einer Wiener Münze an.' Ich muss es den Epigraphikern überlassen, ein endgiltiges Urteil darüber abzugeben.^

Der Rhetor ist nur mit dem Mantel bekleidet, der, über Rücken und rechten Arm gelegt, den Oberleib vorn bloss lässt. Die Linke

1 Philostr. Vit. Sophist. 87. 8.

* Liban. Epist. 1561 ; s. Visc. Icon. gr. I. p. 353. 2. 3 Maffei Mus. Veron. p. XLI; C. I. Gr. No. 679.

* Bellori Imag. 72; Gronov Thes. III. iiii; der Kopf Visc. Icon. gr. I. pl. 31. 4, 5; Christ Geschichte d. gr. Litt. 27. Vgl. Heibig Führer II 2. 999.

* Vgl. Masson Collectanea histor. ad Aristidis vitam, abgedr. im 3. Bd. der Ausg. von Dindorf.

« Anthol. gr. ed. Jakobs XII. 580; Anth. Palat. ed. Dübn. II. Cap. XVI. No. 320. ' Visc. a. a. O. p. 352. Anm. 1.

* Bei Kaibel steht die Aufschrift unter den Inscript. falsae No. 156*.

14*

212 AEL ARISTIDES. ANQEBL. SEXTOS EMPIRIKOS

ist auf den Rand des Sitzes gestützt, die Rechte hält den Gewand- saum über dem Knie (beide Hände alt). An den Füssen Sandalen, die über den Knöcheln geschnürt sind. Wenn Aristides, ist er in den letzten Jahren seines Lebens dargestellt: ein breites' Gesicht mit kahler, niedriger, oben zurückweichender Stirn und mit vollem, kräftigem Bartwuchs, die Augen von buschigen Brauen beschattet. Die Er- haltung ist vortrefflich, der Kopf ungebrochen, nur die Nase ergänzt. Aber die Arbeit gering, etwa Zeit des Septimius Severus. Eine moderne Kopie des Kopfes geht in Lowther Castle (Michaelis Anc. Marb. p. 499 No. 99) unter dem Namen Epaminondas.

Verwandte, aber doch wohl nicht die gleiche Person darstellende Köpfe (mit schmalerem Gesicht) befinden sich imMadriderMuseum, Vasensaal No. 179, und in Villa Albani, Casino No. 1039, dieser mit gebogener antiker Nase. Auch der schöne Griechenkopf im Kaffeehaus ebenda No. 755 erinnert noch einigermaassen an den Typus der vaticanischen Statue (kurzer Vollbart, höheres Alter und Glatze).^

Dagegen stellt die Herme des sogen. Aristides im Capitol, Philosophenzimmer No. 9 (abgeb. Bottari 1. 18)"^, eine total verschie- dene jüngere Person dar, die höchstens den kahlen Scheitel und den selbstgefälligen Ausdruck mit jenem gemein hat.

Angebl. Sextos Empirikos

[ Münztaf. II. 23 ]

Eine mytilenische Bronzemünze der Kaiserzeit [abgeb. Münz- taf. II. 23] ^ zeigt auf dem Avers einen schönen bärtigen Porträtkopf mit der Umschrift HPQA CEZCTON, auf dem Revers einen weiblichen Kopf mit Haartracht der jüngeren Faustina, als OAA (uta) N6IK0MAXIC bezeichnet, vielleicht die Gattin des Sextos.

^ Auf eine dem Statuenkopf ähnliche Büste im Pal. Farnese er meint wohl

den Neapler sog. Karneades (oben p. 182) - verweist Bottari (I. p. 18); auf zwei im

Museo Bevilacqua in Verona Winckelmann (W. VI. 1. p. 319).

2 Righetti 11.211.

2 Visc. Icon. gr. I. Tf. 37. 1 ; Bürchner Ztschr. f. Num. IX. Tf. IV. 29. p. 131; ver-

grössert bei Gronov Thes. III. hhhh; Pio Clem. III. Tf. a. 1.

DER HEROS SEXTOS KEINE HISTORISCH BEK. PERSON 213

Spon^ und anfangs auch Visconti- bezogen den männlichen Kopf auf den Stoiker Sextos von Chaeronea (c. 140 n. Chr.), den Neffen des Plutarch und Lehrer des M. Aurel. Da man indes nicht sieht, wie das Bildnis dieses aus Boeotien stammenden und gewöhn- lich nach seinem boeotischen Heimatsort benannten Sextos auf eine mytilenische Münze sollte gekommen sein, so gab Visconti die Be- ziehung später wieder auf und dachte dafür an Sextos Empirikos, den Skeptiker und Arzt aus dem Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr., welcher Annahme wenigstens keine positive Schwierigkeit entgegen- stand und mit der auch die Datierung der Münze besser stimmte. Aber das Vaterland des Empirikos ist völlig unbekannt und könnte nur durch eine ziemlich kühne und wenig wahrscheinliche Conjectur auf den Prägeort der Münze ausgespielt werden.*^ Wir müssen daher darauf verzichten, die dargestellte Person der Geschichte einzureihen.

Auch die Meinung, dass der gleiche Typus in einer Porträt- statue der Sala della biga im Vatican No. 620 (als Sextos von Chae- ronea abgeb. Pio Clem. III. 18)* wiederkehre, entbehrt jeder Be- gründung, wie dies Visconti, nachdem er das Original der Münze zu Gesichte bekommen, selber erkannte.'^ Der aufgesetzte bärtige Kopf mag einen Römer des 2. Jahrhunderts darstellen, aber ebenso- gut jeden andern als den Heros Sextos der Münze. Der Torso zeigt ein griechisches Gewandmotiv.®

Die farnesische Herme des sogen. Sextos Empirikos in Neapel, Gerh. 361, Inv. 6165, mit dem dünn sprossenden Bart und den durchbohrten Augsternen, hat weder mit dieser Statue noch mit der Münze eine nennenswerte Verwandtschaft und trägt ihren Namen ohne allen Grund.

^ Mise. erud. ant. sect. IV. p. 140. ^ Pio Clem. III. p. 86.

' Visconti meinte, die Angabe desSuidas, Sextos sei ein Libyer (Aißug) gewesen, was sich mit der Stelle bei Sextos Empirikos Pyrrhon. Hypotyp. III. 213 nicht ver- trägt, werde eine Corruption für Ae'aßto; sein.

* Bouillon II; Clarac pl. 844; vgl. Heibig P. 342. ^ Pio Clem. a. a. O. p. 91.

* Ahnlich, doch keine genaue Replik, eine neuerdings in Neapel gefundene kopf- lose Statue, jetzt im Hof des Museums (abgeb. Arndt-Amelung Einzelaufn. III. 766).

214 ÄRZTE UND BOTANIKER

Die Ärzte und Botaniker

der Dioskurideshandschrift

[ Taf. XXXI— XXXIII ]

In der Wiener Handschrift des Dioskurides -spl {!>.•/)? laTpix^; oder de materla medica, welche für JuHana Anicia, die Tochter des Kaisers Olybrios hergestellt wurde (Ende des 5. Jahrhunderts nach Chr.), befinden sich einige Miniaturen mit Darstellungen von Ärzten und Botanikern in ganzer Figur, bei denen man, wie bei den ähnlichen Münzbildern, fragen kann, ob ihnen ikonographische Bedeutung beizumessen oder nicht. Es sind dies das Titelbild mit der Figur des Autors, und zwei Miniaturen mit je sieben sitzenden, durch Namensbeischriften bezeichneten Ärzten oder Botanikern [abgeb. auf unsern Tafeln XXXI XXXIII].^ Die Namen sind in griechischen Majuskeln auf den Rand ausserhalb der Bilder geschrieben, zum Teil etwas verwischt, namentlich auf dem Blatt mit Chiron [Taf. XXXII], wo sich später jemand bemüssigt gefunden hat, dieselben noch einmal in mittelalterlicher Cursivschrift daneben zu setzen. Die Figuren sind auf Goldgrund gemalt; jedes Bild hat eine breite, mit Arabesken verzierte Einfassung.

Beschreibung der Miniaturen

A. Dioskurides

Auf dem Titelbild [T.XXXI]^ ist Dioskurides (AIOCKOYPIAHC) dargestellt, auf einem Stuhle sitzend nach links, ein offenes Buch, in welches er schreibt, auf dem Schosse haltend. Er ist in ein mantel- artiges mit Ärmeln versehenes Gewand gekleidet, bärtig, mit leicht- gelocktem Haar. Auf der linken Seite des Bildes sitzt ein Maler in kurzem gegürtetem Chiton, mit einer Palette in der Linken, damit

^ Frühere Abbildungen, wo überall viel mit der Phantasie nachgeholfen wurde, bei Lambecius Comment. de biblioth. Vindob. II. cap. 7. p. 519ff.; Nessel Katalog der Manuscripte der KaiserbibUothek. part. III. No. 1. p. 3; Bellori Imag. fin; Qronov Thes. III. IUI und mmmm, ebenda die meisten auch vergrössert auf be- sondern Tafeln; Visconti Icon. gr. I. tav. 34—36.

* Auch bei Jahn Abhandl. der sächs. Ges. d.Wiss. XII. 5, und danach bei Schreiber Bilderati. Altert. Taf. 8. 3.

DIOSKURIDES. ERSTE FIGURENGRUPPE 215

beschäftigt, die Wurzel des Alraun (des [y-avSpaycJpr;) abzubilden, welche die in der Mitte stehende Frauengestalt (6YP6CIC)^ in den Händen hält. Im Hintergrund ein korinthischer Porticus mit Nische.— Unter Dioskurides ist natürlich Pedanius Dioskurides von Anazarba in Cilicien verstanden, der Verfasser des in der Handschrift enthaltenen Werkes -epl uV/j; iarpucr^?, ein Zeitgenosse des älteren Plinius, der sich hauptsächlich durch die Untersuchung der medizinischen Wir- kungen der Pflanzen einen Namen machte und in dieser Beziehung während des ganzen Mittelalters als erste Autorität galt.^

Derselbe Gegenstand etwas modifiziert, ohne den Maler, findet sich dann noch auf einem zweiten Blatt (abgeb. bei Lambecius a. unten a.O.zup.566): Dioskurides links auf einem Lehnstuhl sitzend, mit der vorgestreckten Rechten auf den Mandragoras in den Händen der vor ihm stehenden Heuresis weisend. Dazwischen ein auf den Hinterbeinen stehender verendender Hund: Ktiwv a^ac7;tov töv jxav- Spayopav, srsiT axoOvTjaxwv.^

B. Die Chirongruppe

Von den beiden Gruppenbildern enthält das erste die Figur des arzneikundigen Kentauren Chiron, umgeben von sechs Zunft- oder Berufsgenossen: Machaon, Nigros, Pamphilos, Herakleides, Xenokrates und Mantias: Chiron oben in der Mitte, die Anderen je drei und drei übereinander auf den Seiten, alle in sitzender Stellung die Sitze meist nur ein Steinblock oder die blosse Erde.

Chiron (Xsipwv 6 IxTToxsvTaupo;) *, der Pflanzenkenner und Chirurg der Sage, sitzt auf den Hinterbeinen und hält in der Rechten einen keulenartigen Stab vor sich; das Motiv der Linken ist nicht ganz klar. Visconti giebt ihm in die Linke einen Mörser, in die Rechte den Stösser, mit dem er im Begriff sei, den Saft einer heilkräftigen Pflanze auszupressen; was beides auch bei den zwei weiblichen Repräsentanten der Heilkunde auf dem Kasten des Kypselos vor- komme.^ Um seine Schultern ist ein flatterndes Tierfell geknüpft.

^ Was der spätere Nachschreiber als f, ao^ta gelesen zu haben scheint. ^ Vgl. Sprengel Vers, einer pragm. Gesch. der Arzneikunde. II. p. 47ff. ^ Ob ein verdorbener Hexameter?

* Die ursprüngliche Majuskelschrift scheint hier untergegangen zu sein, wie teil- weise auch bei den drei folgenden Figuren.

^ Paus. V. 18. 2: Au'o yuvatxa? s; oX[xou; xa9-txvou(ji£va; ürspot; (zwei Weiber, die mit Keulen in einen Mörser stossen).

216 ÄRZTE UND BOTANIKER

Links oben Machaon (Ma;)^awv), der Sohn des Asklepios, der die Griechen nach Troja begleitete^ und dort starb. Er sitzt in nachdenklicher Stellung, die auf ein Buch gestützte Linke ans Kinn gelegt. Dass nur er und nicht auch sein Bruder Podalirios im Bilde aufgeführt wird, mag sich daraus erklären, dass er allein von den Brüdern bei Homer thätig auftritt.

Unter ihm Pamphilos (nat7,(DIAoc), ohne Zweifel der Arzt und Botaniker, den Galen verschiedentlich erwähnt, u. A. als Ver- fasser einer alphabetischen Pflanzenbeschreibung-, die übrigens ziemlich wertlos war. Er ist zu unterscheiden von dem gleichnamigen Grammatiker aus Alexandria, den Lambecius mit ihm zusammen- wirft.^ Der Arzt scheint ein Zeitgenosse des Galen gewesen zu sein. Er ist dargestellt kurzbärtig, mit nacktem Oberleib, mit beiden Händen ein Buch vor sich haltend.

Der dritte istXenokratesdsvoKPATHC) von Aphrodisias, der Verfasser eines Werkes Trepl t^; aTro täv Z,iöoiv t^po?%, ungefähr zwei Generationen vor Galen.* Er sitzt auf der Erde und blickt aufwärts zu seinen Genossen; bärtig, den Kopf von einem Tuch umwunden (&£pi(;piov), das freilich mit der; Binde des Asklepios keine Ähnlichkeit hat. Auch er ohne Chiton, die Rechte auf ein Buch oder eine Rolle gestützt.

Oben rechts Sextius Niger (NirPOC), Schüler des Asklepiades von Prusa, am Ende der Republik in Griechenland thätig.^ Seine Werke wurden von Dioskurides und Galen benützt und gerühmt. Ob- gleich römischer Bürger, trägt er (in seiner Eigenschaft als Neu- pythagoreer?) einen Bart. Seine Linke ist in den Mantel gehüllt, mit der Rechten hält er eine Rolle vor der Brust.

Unter ihm Herakleides (HPAKAIAHC) aus Tarent, zuerst Schüler des Mantias, später das Haupt der Empiriker (um 100 v. Chr.), wahrscheinlich in Alexandria.^ Er ist neben Apollonios auf dem andern Miniaturbild der einzige, der bartlos dargestellt ist, was Visconti auf seine italische Herkunft zurückführt.

Endlich Mantias (MANTIAC); der Schüler des berühmten alexandrinischen Arztes Herophilos, welch letzerer unter Ptolemaeosl. und II. blühte. Er gehörte wie sein Meister der dogmatischen Schule

^ Hom. II. II. 723. « S. Sprengel a. a. O. II. 42.

« Visc. Icon. gr. I. p. 386f. * Sprengel a. a. O. II. p. 46.

* Susemihl Gesch. d. alex. Litt. II. p. 440. Anm. 132.

« Sprengel a. a. O. I. p. 419 ff.

ZWEITE FIGURENGRUPPE 217

an, welche Herakleides dann verliess. Mitte des 2. Jahrhunderts vor Chr.

C Die Galengruppe

Ganz ähnlich ist das zweite Miniaturbild angeordnet, welches uns die Figuren des Galen, Kratevas, Apollonios, Andreas, Dioskurides, Nikandros und Rufos zeigt.

Die mittlere und Hauptstelle, der des Chiron entsprechend, nimmt hier Galen (rAAHNOC) ein, der gelehrteste und fruchtbarste Mediziner des Altertums (130—201 nach Chr.). Galen übte seine Kunst zuerst in seiner Heimatstadt Pergamon als Gladiatorenarzt, siedelte aber 163 nach Rom über, wo er die meisten seiner zahl- reichen Werke schrieb und wo er unter Septimius Severus starb. Er ist dargestellt in einem Lehnstuhl sitzend, von ehrwürdigem Ansehen, wie vom Alter gebückt, in ein Himation eingehüllt, aus dessen Bausch bloss die rechte Hand hervorragt, mit langem, gescheiteltem Haar und vollem, leicht geteiltem Bart; der Kopf etwas nach links dem demonstrierenden Dioskurides zugewandt. Er unterscheidet sich von allen Übrigen dadurch, dass er kein Buch oder sonstiges Attribut in den Händen hält, und dass seine Füsse auf einem langen Schemel ruhen.

Links oben Kratevas ( . . . . 6YAC), ein Zeitgenosse des Mithradates, welchem zu Ehren er eine Pflanze Mitradatica benannte; nicht sowohl Arzt als Naturforscher. Sein Hauptwerk, dasTt^oToai/.ov, war mit den Abbildungen der beschriebenen Pflanzen versehen,^ Er sitzt im Philosophenmantel, mit der entblössten Rechten seine Rede begleitend.

Unter ihm Apollonios (AnOAAlUNiOC), unbärtig, daher nach Visconti der von Galen ^ erwähnte Arzt von Memphis aus der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. Indes werden wir die ägyptische Sitte des Rasierens nicht ohne Weiteres auf die daselbst lebenden Griechen ausdehnen dürfen, wie umgekehrt in römischer Zeit sich auch andere Griechen rasierten (Asklepiades, Theophanes, Agathemeros). Es können noch verschiedene Ärzte dieses Namens für unsere Figur in Betracht kommen, z. B. der Herophileer Apollonios Mys, der am Ende des letzten Jahrhunderts v. Chr. in Alexandria wirkte, oder Apollonios von Pergamon, dessen Lebenszeit etwa an den Anfang

1 Susemihl Alex. Litt. II. 426. ^ q^i xiy. 700.

218 ÄRZTE UND BOTANIKER

des 2. Jahrhunderts nach Chr. zu setzen.^ Er sitzt mit übereinander geschlagenen Beinen, wie Galen in ein Himation eingehüllt, und macht ebenfalls mit der Rechten eine rednerische Geberde.

Der dritte links ist Andreas (ANAP6AC), ohne Zweifel der diesen Namen führende Leibarzt Ptolemaeos' IV Philopator von Ägypten (222 204). Er begleitete bekanntlich seinen Herrn in den Krieg gegen Antiochos III., wo er von dem Aetoler Theodoros bei Raphia statt des Königs ermordet wurde (217). Die ärztliche Kunst scheint von ihm nicht ohne eine gewisse Charlatanerie geübt worden zu sein.

Rechts oben treffen wir noch einmal den Autor der materia medica, Dioskurides (AIOCKOTPIAHC), ähnlich kostümiert wie auf dem Titelbild, aber mit lang auf den Nacken fallendem Haar, hier in eifriger Unterhaltung mit Galen.

Unter ihm der alexandrinische Dichter Nikandros (NIKAN- APOC) aus Kolophon, der vom Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. bis unter Attalos III. (138 133 v.Chr.) lebte. Er erscheint in der Gesell- schaft der Mediziner mit Bezug auf seine noch erhaltenen ©Tjpiaxa (958 Hexameter) und 'A^s^t^apy.axa, in welchen er die Mittel gegen den Biss giftiger Tiere und gegen die Vergiftung durch Pflanzen etc. behandelt. Daher das Darstellungsmotiv, wie er mit einem Stäbchen (?) nach einer Schlange sticht.

Der letzte ist der Arzt Rufos (POYOOC) von Ephesos unter Trajan, der Verfasser zahlreicher, zum Teil noch erhaltener medizi- nischer Schriften. Er übte namentlich die Zergliederungskunst an Tieren.^ Seinem Namen nach ein römischer Bürger, trägt er gleich- wohl wie Niger einen Bart. Er blickt aufwärts, indem er die Rechte sinnend ans Kinn legt, worin jedoch kaum eine besondere Charakteri- sierung zu erkennen, sondern, wie auch bei Andreas, nur eine Andeutung seiner Teilnahme an der oben stattfindenden Unter- haltung.

Chronologisch würden sich die dargestellten Persönlichkeiten, mit Weglassung der beiden mythischen, Chiron und Machaon, folgendermaassen ordnen:

(A p 0 1 1 0 n i o s von Memphis, 2, Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr.)

Andreas, starb 217 v. Chr.

Nikander und Mantias Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr.

Vgl. Pauly-Wissowa Realencycl. II. p. 147. No. 49 ff. Sprengel a. a. O. II. p. 35 ff.

IHRE CHRONOLOGIE. IHR BILDNISCHARAKTER 21Q

Herakleides, Schüler des Mantias, Ende des 2. Jahrhunderts

V. Chr. Kratevas, erste Hälfte des letzten Jahrhunderts der Republik. Sextius Niger, Ende der Republik.

Dioskurides von Anazarba, Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Xenokrates, Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. Apollonios von Pergamon (?), Anfang des 2. Jahrhunderts

n. Chr. Ruf OS, unter Trajan. Pamphilos, kurz vor Oalen.^ Galen, 130 - c. 201.

Über ihren Bildnischarakter

Da von keinem der in diesen Miniaturen abgebildeten Gelehrten weitere Darstellungen nachzuweisen sind und es also vollständig an Vergleichungspunkten fehlt, so ist die Frage, ob wir es mit typisch überlieferten oder mit willkürlich erfundenen Figuren zu thun haben, nur auf Grund der Miniaturmalerei überhaupt und speziell der vor- liegenden Bilder zu entscheiden.

Es ist nicht zu bezweifeln, dass ähnliche Illustrationen aus dem Anfang der Kaiserzeit authentische Porträts gaben oder geben wollten.^ Und so weit es sich um die Griechen der vorchristlichen Jahrhunderte handelte, war auch die Mühe nicht allzu gross, sich richtige Vorlagen zu verschaffen. Die in zahlreichen Kopieen ver- breiteten Hebdomades des Varro - waren eine ebenso zuverlässige als leicht zugängliche und gewiss selten versagende Fundgrube. Aber sie reichten nur grade bis ans Ende der Republik. Dass für die späteren Griechen ähnliche Sammlungen existierten, hören wir nicht, und dürfen es kaum voraussetzen. Jedenfalls war es für sie mit der Einheitlichkeit der Bezugsquelle vorbei, und die fortwährende Ver- mehrung des gegenständlichen Materials machte die Beschaffung der Bildnisse, zumal von weniger berühmten Persönlichkeiten, wie es unsere Mediziner sind, auch nicht eben leichter. Es war daher eher eine umständliche und schwierige Aufgabe, die Porträts von einem

^ Descripta sacrorum opera ingeniorum cum imaginibus suis. Seneca De tranquill.

animi. c. 9.

« S. I.Teil Bibliogr.p. XII.

220 ÄRZTE UND BOTANIKER

Dutzend Gelehrter aus ganz verschiedenen Zeiten beizubringen, um sie ihren echten Zügen nach auf den Miniaturen abzubilden: für einen Illustrator des 5. Jahrhunderts n. Chr. eine fast unmögliche Aufgabe. Aber allerdings weist die Thatsache, dass keiner der Dar- gestellten später als Galen (Zeit der Antonine und des Severus), darauf hin, dass die Zusammenstellung schon in einer früheren Zeit, vielleicht schon am Anfang des 3. Jahrhunderts gemacht worden, und dass Juliana sie bereits fertigaus einer anderen Abschrift herübergenommen, eine Annahme, die auch durch den Widerspruch nahe gelegt wird, in welchem die anmutige und keineswegs verdienstlose Composition zu der geringen und unkorrekten Ausführung steht. Nur diese wird dem 5. Jahrhundert angehören, die Composition dem Anfang oder der Mitte des 3. Und dass es damals mit einiger Mühwaltung noch möglich war, auf echte oder wenigstens überlieferte Porträts zurück- zugreifen, wird man nicht leugnen können.

Aber woran erkennen wir, ob dies hier wirklich der Fall? Vis- conti glaubt es aus folgenden Umständen oder Anzeichen schliessen zu müssen: Aus der Übereinstimmung des Galensbildnisses der Miniatur mit der vermeintlich ihn darstellenden Figur einer Com- modusmünze von Pergamon (abgeb. Icon. gr. I. tav. 35 a), aus der auf eine bestimmte Typik weisenden Ähnlichkeit der beiden Dios- kuridesfiguren (Taf. 31 und 33), aus der ebenfalls typisch gebildeten Figur des Chiron, endlich daraus, dass das Kostüm der Dargestellten ihrer jeweiligen Lebenszeit entspreche. Sehen wir, wie es mit dem Gewicht dieser Gründe beschaffen ist.

Das Medaillon des Commodus zeigt auf dem Revers zwei sich gegenüberstehende männliche Figuren, die eine im Pallium, die andere nackt, jene eine Statuette des Asklepios, diese eine solche der Diana von Ephesos tragend. Frühere Erklärer, auf die sich Visconti beruft, deuteten die erstere auf den Pergamener Galen, den Leibarzt des Commodus. Es ist aber ohne Zweifel eine Idealfigur, nach den Herausgebern des brit. Katalogs wahrscheinlich der Heros Per- gamos.^ Die Übereinstimmung der beiden Dioskuridesfiguren geht nicht über dasjenige Maass hinaus, das auch frei erfindende Illustratoren innezuhalten pflegen, wenn sie dieselbe Person in anderer Situation wiederholen (ungefähre Gleichheit von Bart und Gewand). Die Typik des Chiron beschränkt sich, da die Kentauren- gestalt gegeben war, ausschliesslich auf das Motiv der Stellung, und

^ S. die genaue Abb. im Cat. brit. Museum, Mysia pl. 33. 5.

DER DIOSKURIDES-HANDSCHRIFT 221

das um die Schultern geknüpfte Fell, was beides etwa an das be- kannte pompejanische Gemälde der Erziehung des Achilleus durch Chiron erinnert, obgleich im Einzelnen Alles verschieden ; die Ab- wesenheit von kostümlichen Anachronismen darauf, dass Bärtigkeit und Unbärtigkeit überall zur Not bald aus der Zeit, bald durch die Nationalität erklärt werden können. Allein das sind keine Beweise für Porträthaftigkeit, es sind nicht einmal bestimmte Hinweisungen darauf. Andere und stärkere Gründe sprechen vielmehr für das Gegenteil.

Oder ist es wahrscheinlich, dass dem Verfertiger dieser Minia- turen, resp. dem Erfinder und Componisten unserer Bilder, den der Miniator kopierte, für jede Figur ein besonderes Porträt, sei's plasti- scher, sei's malerischer Natur, zum Vorbild gedient habe, und dass diese Vorbilder zufälliger Weise alle sitzend und im Einzelnen doch wieder verschieden motiviert gewesen seien? Plastische Porträts liegen den Figuren sicherlich nicht zu Grunde; denn keine von ihnen reproduciert eines der Schemata, die in römischer Zeit bei sitzenden Statuen zur Verwendung zu kommen pflegten. Namentlich ist das auf der Erde Sitzen der Rundplastik fremd. Auch an malerische Originale ist nicht wohl zu denken, da kaum anzunehmen, dass gerade sechs von ihnen nach rechts und sechs andere nach links orientiert ge- wesen seien. Die Stellungen und Motive sind offenbar preiszugeben; sie beruhen nicht auf überlieferten Vorbildern, sondern sind von dem Urheber der Gemälde mit dem Streben nach möglichster Mannig- faltigkeit innerhalb der einmal gezogenen Schranken entworfen. Die Porträthaftigkeit kann sich also höchstens auf die Kopftypen beziehen. Auch diese sind im Ganzen ziemlich mannigfaltig, jünger und älter, bärtig und unbärtig, mit längerem und mit kürzerem Haar, einmal das Haupt von einem Tuch umwunden ; dazu von verschiedenen Seiten aufgenommen, von vorn oder im Profil oder im Dreiviertelsprofil. Es hat beinahe den Anschein, als ob in den Köpfen die gleiche Ab- wechslung erstrebt wurde, wie in der Haltung und in der Beklei- dung. Steht das nicht eher im Widerspruch mit der von Visconti vorausgesetzten Rücksichtsnahme auf überlieferte Typen? Das Einzige, was für Letzteres angeführt werden könnte, wäre die Bartlosigkeit des Apollonios und des Herakleides, wenn sie sich den Andern ge- genüber in plausibler Weise begründen liese. Aber bei Apollonios ist die viscontische Begründung ein blosser Zirkelschluss; denn dass der Ägypter gemeint sei, wird selber erst aus der Bartlosigkeit ge- folgert. Und bei dem Tarentiner Herakleides fragt man sich, warum

222 APOKRYPHE BILDNISSE

nicht ebensogut Sextius Niger und Rufus unbärtig, die ja auch römische Bürger waren. Beidemal ist die Erklärung durchaus un- befriedigend.

Mit all dem soll nicht behauptet werden, dass sich in den Minia- turen unmöglich Porträtzüge können erhalten haben, sondern nur soviel, dass sich aus ihnen nichts Positives für die Entscheidung der Frage entnehmen lässt. Sollte etwas Authentisches zu Grunde liegen, so ist es für uns wertlos, weil wir es nicht mehr aus dem willkürlich Erfundenen herauszuschälen vermögen.

Eine nicht ganz unbedeutende Zahl von sonst noch auf histo- rische Personen bezogenen Denkmälern sind, wenn überhaupt echt, so offenbar falsch oder willkürlich benannt, dass es keiner besonderen Begründung bedarf, warum sie hier weggelassen wurden. Es hiesse gegen Windmühlen fechten, wenn wir uns die Mühe nähmen, ihre Deutungen zu widerlegen.

So ist von den bei uns nicht berücksichtigten angeblichen Münzbildnissen das des Cynaegirus bei Faber Imag. 51 samt dem Revers (Schiff mit zwei Händen) einfach erfunden.

Der Kopf des sogen. Milo auf einer Münze von Kroton bei Faber No. 93 ist ein Apollo oder ein Flussgott (Imhoof). Vgl. den ähnlichen im Catal. of gr. coins in the brit. Museum, Italy, 355. 103.

Die Aufschrift Zaleukos unter dem lorbeerbekränzten Kopf einer lokrischen Münze bei Faber 150 ist verlesen für Zeus. VgL Catal. brit. Mus. a. a. O. 364. 1.

Die Frauenköpfe mit den Namen Julia Prokla und Nausikaa auf mytilenischen Sapphomünzen der Kaiserzeit (abgeb. Visc. Icon. gr. I tav. 37. 3, 4, p. 406 f.) sind zwar weiter nicht anzufechten und können auch ihrer Haartracht nach zeitlich fixiert werden, gehören aber keinen historisch bekannten Persönlichkeiten an.

Ebensowenig kennen wir einen Metrodor von Ephesos (Inschriftstatue bei Boissard IV. 123)^ oder einen in römischer Zeit

1 Gronov Thes. III. bb. Vgl. Brunn Gesch. d. gr. Kstlr. I. p. 576, II. p. 293.

APOKRYPHE BILDNISSE. EUCHARIS 223

lebenden Agathon (Büste im Capitol mit lateinischer Aufschrift, abgeb. Bottari 1. 9), oder ist uns von der Tänzerin Eucharis (Herme bei Ursinus p. 39) etwas Anderes als die blosse Grabschrift er- halten. Indes über Eucharis mag, da Visconti sich ihrer angenommen hat, zum Schluss noch ein Wort gesagt werden.

Die letzte Tafel der uomlni illustri reproduciert die von Ursinus (a. a. O.) gegebene sonderbare Herme, deren Aufbewahrungsort damals nicht mehr bekannt war. Visconti vermutete, dass sie sich irgendwo unter den farnesischen Sachen verberge*: Ein nacktes Brustbild mit stark betonten weiblichen Brüsten, unterhalb welcher noch die Aufschrift ETXAPIC AIKIN., der Hermenschaft fehlt. Der Kopf ist mit einem breiten, leicht gezackten Diadem geschmückt, auf dem ein Lorbeerkranz angedeutet; unterhalb des Diadems fallen rings wurstartige Spirallocken ins Gesicht; im Nacken sind die Haare in einen kleinen Knoten geschürzt, aus dem sich je ein Schulter- strang loslöst. Zu diesem Bildnis soll eine lateinische Grabschrift gehören, wonach Eucharis, die Freigelassene der Licinia, eine be- rühmte, aber schon im 14. Lebensjahr verstorbene Tänzerin und Schauspielerin war, die Zierde der ludi noblllum. Diese letzteren glaubt Visconti mit dtn Juvenalia des Nero^ identifizieren zu dürfen, wonach sich das Zeitalter der Eucharis bestimmen würde. Allein nach Mommsen ist die jetzt in Villa Altieri zu Rom befindliche Grab- schrift (C. I. L. I. 1009) in ciceronianische oder augusteische Zeit zu setzen, und die griechische Namensaufschrift der Herme modern (von Franz mit Unrecht ins C. 1. Gr. 6053 aufgenommen); daher auch kein Grund, die Grabschrift auf die Herme zu beziehen. Die im Museo arqueologico zu Madrid befindliche Replik (Hübner Bildw. von Madrid No. 507) scheint ein Falsifikat zu sein : Kopf ohne Brust mit Gewandsaum um den Hals, wie zum Aufsetzen auf eine Statue; auf dem Gewand die griechische Namensaufschrift. Hübner hält nicht dieses, sondern das andere Exemplar für unecht; am Ende sind es alle beide.

Über die zweite von Visconti aufgeführte donna celebre (Lais) s. im Nachtrag zu Phryne p. 225.

^ Visc. Icon. gr. I. p. 415. Hübner Bildw. von Madrid zu No. 507 bezeichnet sie

als Pariser Exemplar.

« Tac. Annal. XIV. 15; Suet. Nero 12.

NACHTRAGE UND BERICHTIGUNGEN

Zum I. Teil

p. 6. h. Ein sitzender Homer ist auch der angebliche Dichter Pytheos auf der Münze von Kolophon bei Faber Imag. 125. Pytheos ist Magistratsname. S. Cat. brit. Museum, Jonia 41 und 42 Tf. VIII. 10.

p. 9. No. 5. Die im Bullet, comun. Taf. III 2 (nicht 4) abgebildete Büste ist kein Homer, sondern eine Replik des farnesischen Sophokles.

p. 40. Anm. 1 lies des M. Brutus st. der M. B.

p. 57. Nach Imhoof (Berl. Blätter für Münz-, Siegel- und Wappenkunde V 1890. p. 47. 7) hält Stesichoros auf der Münze von Himera in der Rechten einen Griffel, mit welchem er auf eine in der Linken emporgehaltene Rolle schreibt. Den Stab hat er nach vorn gegen den Leib gestützt. Auf einigen Exemplaren trägt er einen Zopf.

p. 62. h. Das Terracottarelief der singenden sogen. Sappho befindet sich jetzt in Strassburg und ist autotypisch abgeb. in der Festgabe von Michaelis für die archäologische Sektion der 46. Philologenversammlung 1901, S. 14. 8.

p. 78. Z. 7 lies SsSop/.w? st. os9-opx(o?.

p. 81. Z. 1 lies Glienicke st. Qlienecke.

p. 83. Anm. 4 Hes XII. Anz. p. 3.

p. 87. Mitte. Bei Anlass der älteren Lyriker hätte wohl auch die bei Crest (Dep. de la Drome) gefundene halblebensgrosse Büste des Ibykos (eIBYKOC nPAZITEAHC EFIOIE) erwähnt werden sollen. Vgl. Long in den Mem. de l'acad. des inscript. II. 2. 1849. p. 354 f.; Brunn Gesch. d. gr. Künstler I. Zusätze; Löwy Inschr. gr. Bildh. 488. Doch kann ich wegen mangelnder Autopsie nichts weiter darüber angeben. Die Arbeit soll auf das 3. Jahrh. n. Chr. weisen. Dass unter Ibykos der Wanderdichter des ausgehenden 6. Jahrhunderts verstanden, leidet wohl keinen Zweifel. Bei Praxiteles dagegen wird kaum an den Meister der Blütezeit gedacht werden dürfen. Vgl. Friedländer Sittengesch. Roms IP. p. 573.

Auch der zerstörte Personenname auf einer kopflosen Tivoliherme kann nach

dem erhaltenen Rest der Aufschrift OYTIOY P(»]Tt)NOC nur Ibykos gewesen

sein (KaibelNo. 1167).

p. 130 No. 10 lies Lansdowne st. Landsdowne.

p. 150, Z. 7 und Anm. 2. Nicht das bei Statins und Ursinus abgebildete Exemplar der vermeintlichen Euripidesbüste, welches gleich dem Florentiner von schwarzem Marmor, sondern eine dritte Replik von weissem Marmor wurde

NACHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN 225

von Dütschke in der Pinacoteca Estense zu Modena entdeckt. Die Annahme von Dessau und Robert (im Hermes XVII p. 139), dass jenes erstere identisch mit dem capitolinischen (abg. Bottari I 62), wird also dadurch keineswegs erschüttert oder aufgehoben.

Zum II. Teil

p. 27. 3. Zeile von unten lies antoninisch st. autoninisch.

p. 55. Zeile 3. Es versteht sich, dass auch der bestimmt ausgesprochene Hetärencharakter, wenn es einen solchen gab, zunächst nur die Sphäre be- zeichnete, in welcher dieses oder jenes Porträt zu suchen, nicht die Person selbst. Doch werden ausser Phryne kaum viele Weiber dieser Art zu der Ehre der Bild- säule gekommen sein. Am ehesten vielleicht noch eine der beiden korinthischen Buhlerinnen, die den Namen Lais trugen, entweder die Zeitgenossin und Rivalin der Phryne, die unter Anderem mit Demosthenes in Verbindung gebracht wird, oder die um eine Generation früher lebende Geliebte des Aristipp. Der letzteren hatten die Korinthier nach ihrem Tode ein ähnliches Säulendenkmal errichtet wie dem Diogenes, nur statt des Hundes eine Löwin, und diese einen Widder zer- fleischend als Anspielung auf die Grausamkeit, mit der sie ihre Liebhaber ausge- plündert hatte. Dieses Denkmal erscheint verschiedentlich auf korinthischen Bronze- münzen (Imhoof-Gardner A numism. comment. on Paus. pl. E 74 76), auf deren Revers ein jugendlicher Frauenkopf (abgeb. ibid. 73; Visc. Icon. gr. I. tav. 37. 2), unter dem ohne Zweifel Lais gemeint ist: Ein Kopf von anmutigen Formen mit nach hinten genommenem und über dem Nacken in einen Knauf zusammen- gestecktem Haar, wie der späte Stempelschneider sich eben die Hetäre vorstellte. An Porträtzüge ist nicht zu denken.

p. 57. Anm. 2. Die Xenokratesstatuen werden in der öfter citierten Stelle des Sidonius Apollinaris Epist. IX. 9 durch den Ausdruck crure collecto (mit an- gezogenem Beine sitzend) charakterisiert.

p. 6L Anm. 1 lies Aaairj? st. Aa(j7);.

p. 73 nach No. 29. Guter, aber verwaschener Demostheneskopf in den Magazinen des Thorwaldsenmuseums in Kopenhagen, zum Einsetzen auf eine Statue (Mitteilung Arndts).

p. 86. Zeile 12 lies xpauXcTr]; st. xpauXu-CT)?.

p. 89. Anm. 2 lies No. 1137 st. p. 1137.

p. 112 (15), 115, 116 lies Lewes st. Lewis.

p. 165. Z. 5 von unten lies Gusman st. Gussmann.

BernouUi, Griech. Ikonographie. II. Teil 15

NAMEN- UND SACHREGISTER

Aerzte II. 194, 197, 214 ff.

Aeschines II. 60 ff.

Aeschylos I. 102 ff., 144, 151 (A. 1).

Aesop I. 54 ff., II. 50.

Agathemeros II. 197 f.

Agathon II. 223.

Agiaophon I. 208.

Alkaeos I. 58 f.

Alkibiades I. 205 ff.

Alveare II. 190.

Amykos II. 179.

Anakreon I. 77 ff.

Anaxagoras I. 118.

Anaxarch II. 98 f.

Anaximander I. 73.

Andokides II. 60.

Andreas II. 18.

Anormale Bildungen 1.32,33, 55, II. 135.

Antisthenes II. 4 ff.

Aphrodite I. 71.

ApoIIodoros, Archit. II. 206 f.

Apollodoros, Bildh. I. 118 (A 2), 172

(A. 4), II. 6. Apollonios, Arzt II. 217. Apollonios V. Tyana I. 21, 26, 76, II.

198 ff. Aratos, Astron. II. 145 ff. Aratos, Strateg II. 153. Archidamos I. 121 f., 215. Archilochos I. 33 f., II. 173. Archimedes I. 121, II. 178 f. Archytas II. 16 f. Aristarch II. 180. Aristides, Feldh. II. 12. Aristides, Rhet. II. 210 ff. Aristippos II. 8 ff.

Aristolaos I. 107. Aristomachos II. 146, 190 f. Aristomenes I. 34. Aristophanes I. 144, 173 ff. Aristoteles II. 85 ff. Artemidor v. Perge II. 144. Asiatikos II. 194 ff. Asklepiades II. 191 f. Aspasia I. 112 ff. Asymmetrie I. 12 (A. 1). Augen, geschlossene I. 19 f.

Bakchylides I. 87.

Bartlosigkeit II. 103, 116, 119, 142.

Bias I. 41, 45 ff.

Binde, s. Tänie.

Bindenhaube I. 70 ff.

Blindheit I. 8, 13, 18, II. 177.

Blitz II. 129.

brachium exsertum II. 87.

Brotsack II. 101 f., 130.

Chabrias II. 13, 58.

Cheilon I. 50 f.

Chiron II. 215, 220.

Chiton II. 143.

Chrysippos II. 154 ff.

CHpeus I. 124, II. 104 (a), 105 (b).

Colossalität I. 71, 11.42, 118 f.

contionans I. 37.

Contorniaten 1.7, 75, 148, 151 (A. 1), 190,

II. 99, 199. Cynaegirus II. 222.

Daochos II. 56.

Delphin I. 97.

Demetrios v. Alopeke II. 6.

15'

228

NAMEN- UND SACHREGISTER

Demokrit I. 85, 163 f. Demosthenes II. 66 ff., 189. Dexamenos I. 100. Diadem I. 86, II. 223. Dichterinnen I. 73 (A. 1). digitis computans II. 122, 158. Diogenes II. 46 ff.

Dionysios von Argos I. 1, 17 (Anm.), 25. Dioskurides II. 214, 218. Dioskurideshandschrift II. 214 ff. Doctormütze II. 88 (A. 4). Doppelte Bildnistypen I. 147. Doppelhermen I. 156, 175 ff., 199, 11.96 (A. 4).

Emporblicken II. 149, 153. Epaminondas I. 107, II. 58, 212. Epaphroditos II. 200 ff. Epheukranz I. 16, II. 116, 119, 120, 163

(13), 174, 179. Epikur II. 122 ff. Epimenides I. 19, 35 ff. Eratosthenes II. 177. Eucharis II. 223. Euklid von Megara II. 7. Eukhd, Mathem. II. 121 f. Eupolis I. 170. Euripides I. 148 ff.

Fingerrechner II. 122, 158. Fischer II. 164 (A. 2), 177.

Galen II. 217, 220. Gallaeus I. 133, 187 (A. 4), II. 104. Gegenstücke II. 109 f. Geschnittene Steine:

Homer I. 7.

n. Tyrtaeos I. 34.

Sappho I. 64 (n. o).

Sog. Heraklit I. 85.

n. Themistokles I. 97.

Sog. Aristophanes I. 179.

G. des Dexamenos I. 183.

Sokrates I. 191 f., 198, 204 Q.

n. Lysander I. 213.

Sog. Antisthenes II. 4.

Plato II. 23 (g), 39 f.

Diogenes II. 48 (A. 3), 50 (A. 2).

Sog. Phokion II. 59.

Demosthenes II. 76 (b ff.).

Aristoteles II. 90 (A. 1), 93.

Epikur II. 129.

Archimedes II. 178.

Hipparch II. 187.

Sog. Herodes II. 209. Globus I. 75, 118, II. 35, 146, 186 f. Glykerall. 115, 117. Gorgias I. 163. Gusman'sche Denkmäler I. 154, II. 165.

Haar, langes - I. 93, 99, 100.

Haarreif, s. Tänie.

Hände, verschlungene II. 67, 80, 87.

Hals, schiefer - II. 135.

Hand am Kinn II. 4, 93, 148, 151, 218.

Haube I. 65 f.

Hebdomades II. 219.

Helm 1.31,94,98, 111.

Herakleides II. 216.

Heraklit I. 84 f.

Hermarch II. 184, 139 ff.

Herodes Attikos II. 207 ff.

Herodoros? II. 53.

Herodot I. 158 ff.

Hesiodl. 1, 25 ff., II. 52 (A. 1).

Hetaerencharakter II. 53 f., 225.

Heuresis II. 215.

Hipparch II. 103 (A. 1), 186 f.

Hippokrates I. 164 ff., II. 150.

Hipponax II. 173.

Homer I. 1 ff., 135.

Hund II. 49, 52.

Hyperides II. 59.

Jon von Chios I. 87. Jophon I. 123, 134, 147. Iphikrates II. 58. Isokrates II. 14 ff., 63.

Kahlköpfigkeit I. 102, 116, 173, II. 148.

Kallimachos II. 172.

KarneadesII. 180 ff.

Keule I. 84.

Kimon I. 100 f.

Kleitomachos II. 179.

Kleobulos I. 52 f.

NAMEN- UND SACHREGISTER

229

Korinna I. 88 ff. Krantor II. 102, 146. Krates II. 101 f. Kratevas II. 217. Kratinos I. 170. Kratippos II. 193. Kresilas I. 107, 109. Krone II. 199. Künstlerporträts I. 118.

Lais II. 225. Leodamas II. 84. Leon I. 60. Lesbonax II. 194. Litteratenfiguren I. 23. Lykurg, Gesetzg. I. 30 ff. Lykurg, Redn. II. 59. Lysander I. 213. Lysias II. 1 ff. Lysippos I. 53, 54, 202.

Machaon II. 216.

Mantias II. 216.

Maske I. 51, II. 114(25), 117, 180.

Maussolos II. 41 ff.

Melonenfrisur I. 89, 114.

Menander I. 175, 176, II. 103 ff.

Methodiker II. 195.

Metrodor, Philos. II. 130 ff.

Metrodor v. Ephesos II. 222.

Milo II. 222.

Miltiades I. 91 ff.

Mithradates II. 19.

Modestus II. 202.

Mosaikbilder I. 27, 41, 51, 52, 128, 193,

II. 47. Moschion II. 55 f. Münzbildnisse:

Homer L 6 f., 21, 11.224.

Lykurg 1.31.

Bias I. 45.

Pittakos I. 49.

Stesichoros I. 57, II. 224.

Alkaeos I. 58.

Sappho I. 62 (k, 1, m).

Pythagoras I. 75.

Anakreon I. 78.

Heraklit I. 84.

Themistokles I. 96 f. Anaxagoras I. 118. Herodot I. 161. Hippokrates I. 165, 166 ff. Sokrates I. 190. Euklid II. 7. n. Archytas II. 16. Ang. Plato II. 25, 27. Demosthenes II. 76 (a). Philemon? II. 102. Aratos II. 146 (c) ff. Chrysippos II. 146 (c) ff., 155. Hipparch II. 186. Theophanes II. 193. Archedamis II. 193. Xenophon v. Kos II. 197. Sextos II. 212. n. Galen II. 220. Julia Prokla II. 222. Lais IL 225.

Nachträge I. 214 f., II. 224. Nacktheit, weibl. II. 53. Namensaufschr. auf Gewand II. 183, 189. vaufAOcyo; I. 96. Niger II. 216. Nikander II. 218. Nikokreon IL 98.

Pamphilos II. 216.

Panzer I. 121.

pentel. Marmor II. 109, 204.

Periander 1.41, 42 ff.

Perikles I. 106 ff.

Pherekydes I. 56 f.

Phidias, Portr. des - I. 105, 116.

Ders. als Künstl. I. 82 f., 92 (A. 1) u.

Nachtr., 94. Philemon IL 102, HO, 146, 149 (A. 4),

174, 176. Philiskos II. 143. Philetas II. 171. Phokion IL 57 ff. Phryne I. 122, II. 52 ff. Phyromachos I. 207. Physiognomie 1. 140, 172, IL 33, 97, 118. pileus I. 165, 166. Pindar I. 86, 214.

230

NAMEN- UND SACHREGISTER

Pisistratos I. 77, 107.

Piso Caesoninus II. 171.

Pittakos I. 49 f.

Plato, Philos. II. 18 ff.

Plato, Korn. 11.22 (A.4).

Plutarch II. 203 ff.

Poikile I. 91, 102, II. 135.

Polybios II. 184 ff.

Polyeuktos II. 67, 82.

Polykles I. 207.

Pompejan. Gemälde I. 6, 23, 90.

porrecta manus II. 154, 156 ff.

Posidippos II. 141 ff.

Posidonios II. 188ff.

Potamon II. 194.

Praxiteles, Söhne des II. 107 (g), 116.

Prokla (Julia) II. 222.

Protagoras I. 162 f.

Pseudo-Seneca I. 135, II. 103, 160 ff.

Pythagoras I. 75, II. 29 (12).

F^thodoris II. 203 (A. 1).

Rasierens, Sitte des I. 206, II. 86, 109,

142. Rednersitte II. 65. Regula II. 209. Reliefstelen II. 185. Replikenzahl I. 19, 147, II. 95. Ringellöckchen I. 104. Rufos II. 218.

Sappho I. 59 ff.

Schild der Parth. I. 107.

Schildkrötenlyra I. 63, 64.

Schleier I. 15,112,115,165, 11.7,43,46.

Schmetterling II. 39.

Schnecke II. 19 (A. 3).

Senat II. 7.

Seneca II. 171.

Serapeum v. Memphis I. 86 u. Nachtr.

Sextos V. Chaeronea II. 213.

Sextos Empirikos II. 212 f.

Silanion I. 60, 88 f., 138 (A. 5), 160, II. 2

(A. 1), 6, 19, 33. Silenstypus I. 184, 193 (A. 1). Simonides I. 87.

Skelettfiguren I. 130, 148, 158, II. 56, 139. Sokrates I. 184 ff.

Soloi II. 146. Solon I. 37 ff. Sophokles I. 19, 123 ff. Spartanische Könige I. 122. Speusippos II. 57. Stab I. 57, II. 49. Standmotiv I. 141. Stesichoros I. 57 f., II. 224. Strategentypus I. 94, 98, II. 58.

Tänie I. 13, 17, 86, 120, 123, 175, II. 134. Tanagrafiguren I. 89, II. 54. Telesilla I. 90 f. Terracottenportr. I. 22, 47, 56, 62, II. 71,

114, 169. Thaies I. 47 f. Themistokles I. 95 ff. Theodektes v. Phas. I. 1. Theokrit II. 144, 172. Theon von Smyrna II. 202. Theophanes II. 103 (A. 1), 193. Theophrast II. 99 ff. Thul^didesl. 180 ff. Timotheos II. 14, 58. Tiresias I. 36.

Tivolihermen I. 40, II. 100. Trinkschalen I. 153. Tropaion I. 96. Turban I. 166, II. 17. Tyrtaeos I. 34.

Vasenbilder I. 56, 58, 61 ff., 78 f. Viscontische Abbildungen I. 4, 125, 133, II. 104.

Wagenlenker II. 43. Weisen, die sieben -

I. 40 ff.

Xenokrates, Philos. II. 57. Xenokrates, Arzt II. 216. Xenophon, Geschichtschreiber II. 8. Xenophon von Kos II. 103 (A. 1), 197.

Zeno V. Elea I. 119. Zeno, Stoiker II. 135 ff. Zeno V. Sidon II. 137, 187 f. Zufälligkeiten I. 32, II. 111 (A. 1). Zwiebelkopf I. 106.

ORTSREOISTER

Wo nichts in Klammer hinzugefügt ist, sind Hermen, Büsten oder Köpfe von Marmor gemeint St. =^ Statue, R. = Relief, Br. = Bronze, O. = geschn. Steine, n. nicht, m. = modern,

A. ;= Anmerkung.

Aix.

Plato II. 28 (9).

Diogenes II. 50.

Zeno Sto. II. 138 (3). Aquileja.

Sokrates I. 215 (bis). Aranjuez. Casa del labrador.

Homer? (m.) I. 12.

Periander? I. (A. 2).

Sog. Pittakos I. 50.

Sog. Heraklit I. 85.

Sog. Herodot I. 161.

Sokrates? I. 190 (31), 197.

Demosthenes II. 71 (20).

Sog. Theophrast II. 101.

Epikur II. 125 (13).

Sog. Theokrit II. 144.

Sog. Karneades II. 183. Arolsen.

Demosthenes II. 72 (27). Athen. Nationalmuseum.

Haubenkopf I. 69.

Pythagoras? (Dopp.) I. 76.

Korinna? I. 90 (bis).

Plato? II. 29 (12 u. 13).

Demosthenes II. 73 (31 u. 32).

Aristoteles? (Dopp.) II. 96 (5).

Menanderbasis II. 107 (g).

Metrodor II. 132 (12). Vgl. 140.

Herodes Attikos? (Torso) II. 209.

Regilla? II. 209 f.

Privatbesitz.

G. des Dexamenos I. 100. Euripides (R.) I. 153.

Basel.

Historisches Museum. Mod. Asiatikos II. 195.

Battlesden (Bedfordshire). Ehem. Samml. Marlborough.

Sokrates (G.) I. 191 (i). II. 23 ig). Berlin.

Skulpturenmuseum.

Anakreon I. 80 (3), 82.

Themistokles? I. 99.

n. Aspasia I. 115.

Ang. Sophoklestypus I. 138 (A. 5), 143 (9).

Euripides I. 153 (19).

Herodot I. 160.

Sokrates I. 188 (20).

Sokrates u. Seneca I. 189 (21).

Sokr. u. Plato ? I. 189 (22), II. 23 (f), 32.

n. Xenophon II. 8.

Isokrates? II. 15.

Plato II. 22 (c), 26, 29.

n. Plato (R.) II. 39.

Strategenkopf II. 58.

Demosthenes II. 72 (25 u. 26).

Epikur II. 125 (14).

Metrodor II. 132 (9), 140.

Ps.-Seneca II. 165 (26 u. 27). Antiquarium.

Homer (R.) I. 4 (b), 23.

232

ORTSREQISTER

Geschnittene Steine. Homer I. 7 (m). Aeschylos? I. 103. Sokrates I. 191 (g). Sog. Plato II. 40. Demosthenes II. 76 (d). n. Epikur II. 130. Sog. Hipparch II. 187. Mod. Asiatikos? II. 196.

Blundell Hall (Lancashire). Homer I. 11 (14). Ders. (m.) I. 12. Sophokles? I. 131 (18). Euripides? I. 157. Sokrates I. 188 (18). n. Sokrates I. 198. Philosophenstatuette II. 51. Menander? II. 112 (13); 113 (22). Ps.-Seneca (Br.) II. 166.

Bologna.

Archiginnasio.

Ps.-Seneca II. 164 (20).

Bonn.

Sophokles u. Euripides 1. 106, 127 (e), 130 (16), 138 (A. 5), 153 (23).

Euripides (R.) I. 153, 156 (A. 2).

Sog. Aristophanes u. Menander 1. 1 75, II. 113 (23), 120.

Boston.

Museum.

Menander? II. 113 (18).

Braunschweig.

Museum.

Homer (m. Br.) I. 12. Sog. Solon (m. Br.) I. 39. Euripides (m. Br.) I. 154.

Brocklesby Park (Lincolnshire). Sog. Pherekydes I. 57. n. Pisistratos (R.) I. 77. Sog. Sophokles I. 138 (A. 5). Sog. Alkibiades I. 212. Demosthenes II. 72 (24).

Brüssel.

Samml. Somzee.

Dichterin (St.) I. 88. Ps.-Seneca II. 165 (29).

Bei Cades (Gemmen). Chabrias? II. 13. Posidonios II. 189.

Cambridge.

Homer (m.) I. 12. Plato II. 28 (10), 141.

Canosa.

Demosthenes II. 70 (11).

Catajo (Schloss). Telesilla? I. 91.

Ang. Sophoklestypus I. 142 (5). n. Sokrates I. 198.

Catania. n. Aeschines (R.) II. 66.

Ehem. bei Cavaceppi. Ps.-Seneca II. 165 (32).

Bei Caylus (Rec. Thaies? I. 47.

Compi^gne.

Korinna (St.) I. 88.

Corfu.

Menander? II. 112 (11).

Corneto.

Menander? II. 112(9).

Delphi.

Daochos II. 56. Plutarch II. 204.

Devonshire (Herz. v.). Sokrates (G.) I. 191 (e), 199. Sog. Plato (Br.) II. 25 (A. 1).

Dresden.

Antikenmuseum.

Sophokles u. Euripides 1. 127 (8), 130

(15), 153 (22). n. Euripides I. 157. Herodot I. 159. Sokrates I. 189 (24). n. Epikur (m.) II. 127.

Dublin.

Demosthenes (R.) II. 74 (36), 82. England.

Sophokles u. Euripides I. 138 (11), 153 (25), 156 (A. 1).

ORTSREGISTER

233

Erbach (Schloss). Herodot I. 160. Menander? IL 113(16). Metrodor II. 132 (10).

Bei D'Escamps Coli. Camp. Homer? I. 12, 214 (Nachtr. zu p.26).

Esquilin (Fundort).

Sophokles I. 138 (9).

Bei Faber Imag.

Alkibiades (G.) I. 208.

Archytas (Münze) II. 17.

Sog. Isokrates II. 63.

Sog. Aristoteles (R.) II. 88, 114 (24). Florenz. Uffizien.

Homer? I. 11 (19).

Sog. Anakreon I. 83.

Sophokles I. 38, 137 (5), 139.

n. Sophokles I. 138 (A. 5).

Sog. Hippokrates I. 168 (4), 170.

Sog. Aristophanes I. 178.

n. Sokrates I. 198.

Sog. Alkibiades I. 202.

PlatoII. 20(a);25.

Demosthenes II. 70 (12 u. 13).

Demosthenes? II. 73 (34).

Menander? II. 112 (8).

Sog. Aratos II. 152.

Ps.-Seneca II. 164 (16. 17. 18).

n. Ps.-Seneca II. 166.

Sog. Karneades I. 170, II. 151, 182. Museo archeologico.

Homer (Br.) I. 10 (7).

Sog. Demeter (St.) I. 67.

Sophokles (Br.) I. 137 (6), 139.

Dichterporträt( Br.) 1. 137 (A.4), II. 184. Casa Buonarotti.

Ps.-Seneca II. 164 (19). Pal. Corsi-Salviati.

Sokrates I. 188 (14). Pal. Pitti.

Haubenkopf I. 70. Pal. Riccardi.

Sog. Lykurg I. 33.

Anakreon I. 80 (4), 81.

Sophokles I. 138 (12).

Euripides I. 152 (14, 15).

Glienicke.

Anakreon I. 81 (6).

Bei Heemskerk.

Homer? I. 12 (21). Anakreon? I. 81 (8).

Herrenhausen (Hannover). Sokrates I. 189 (25).

Holkham Hall (Norfolk). Thukydides I. 181. Lysias? IL 2. Ps.-Seneca (m.) IL 166, 169.

Kiel.

Sokrates I. 189 (26).

Bei King (Ant. gems.). n. Epikur (G.) IL 130. Kischinew.

n. Anakreon I. 83.

Kleitor.

Polybios? (R.) IL 185.

Knole (Kent). Demothenes (St.) IL 71 (22), 79. Köln. Wallraf-Richartz-Museum. Mosaik der Weisen I. 41. Cheilon I. 50 (1). Kleobulos I. 52. Sophokles I. 128. Sokrates I. 192. Diogenes IL 47. n. Epikur IL 126. Ps.-Seneca (Terr.) IL 165 (28), 169.

Kopenhagen.

Ny Carlsberg.

Sog. Apollonios v. T. 1. 27 (A. No. 10). Anakreon (St.) 1. 34, 59, 80 (2), 81, 87. Sitz. Dichterstatue I. 59, 79, 83. Farn. Sophokles I. 130 (11), 131 (19),

134. Lat. Sophokles I. 137 (7). Euripides I. 153 (20). Sokrates I. 189 (27). Antisthenes IL 5 (8). n. Xenophon IL 8. Aeschines IL 63 (6). Demosthenes IL 72 (29). Menander? IL 113(17).

234

ORTSREGISTER

Epikur II. 125 (17 u. 18). . Zeno Sto. II. 138 (4). Ps.-Seneca (Dopp.) II. 165 (30). Karneades (Gips) II. 182.

Lewes House (Sussex). Menander? II. 112 (15).

Livorno.

Consul Dyck.

Ps.-Seneca II. 165 (31).

London.

British Museum.

Apotheose des Homer I. 5 (c), 15, 23. Homer I. 10 (12), 14, 17 (Anm.). Hesiod? (R.) I. 30. Sog. Periander I. 44. n. Bias (R.) I. 45. Sappho? (R.) I. 62 (g, i). Sog. Anakreon I. 83. Arundel'scher Kopf (Br.) I. 87. 134 f.,

146 (A. 1 u. 2). Strangford'scher Schild I. 107, 116. Periklesl. 108(1), 110. Sophokles I. 130 (9). Sophokles? (R.) I. 136. Ang. Sophoklestypus I. 138 (A. 5),

142 (7 u. 8). Sog. Euripides I. 157. Dem Euripides ähnl. I. 157. Sog. Hippokrates. I. 168 (6). Sog. Aratos od. Chrysippos I. 169. Antisthenes II. 5 (7). n. Xenophon II. 8 (A. 2). Maussolos II. 41 f. Artemisia? II. 43. Aphrodite von Ostia II. 54. Aeschines II. 61 (2). Demosthenes II. 71 (21). Ders.? II. 73 (35). Epikur II. 125(11, 12). Metrodor II. 132 (7). Aratos? II. 150 (3). n. Aratos II. 154. n. Karneades II. 184. Sog. Pertinax II. 209. Geschnittene Steine. Sokrates I. 191 (f). Aristippos II. 9.

Sog. Plato II. 40. Epikur II. 129. Lansdowne House. Homer? (R.) 1. 24. Sophokles I. 130 (10). Menander (m. Rel.) II. 115 (A. 1).

Lowther Castle.

Sog. Plato II. 24 (A. 2). Ael. Aristides (m.) II. 212.

Madrid.

Museo del Prado.

Homer I. 10(11).

Sog. Apollonios v. T. I. 26 (A. 4 bis).

n. Solon I. 39.

Sog. Bias I. 46.

Sog. Zeno I. 120.

n. Zeno v. Kition I. 120.

Sophokles I. 130 (14).

Euripides I. 152 (18).

Ders.? I. 157.

Sog. Aristophanes I. 179.

Sog. Isokrates II. 16.

Sog. Plato II. 23.

Demosthenes II. 71 (19).

Sog. Aristoteles II. 90, 93.

Menander? II. 112 (12).

Epikur II. 126 (25).

Metrodor? II. 134.

Ps.-Seneca (St.) II. 166.

n. Ps.-Seneca (Br.) II. 166.

Eucharis II. 223. Bibliothek.

Aratos (Min.) II. 146 (6). Samml. Anglona.

Sokrates I. 188 (17a). Majorka. Samml. Despuig.

Aspasia (m.) I. 115.

n. Alkibiades I. 212.

Man tu a.

Museo.

Homer I. 10 (8).

Sog. Apollonios von T. I. 26 (A. 4).

Sog. Aspasia I. 115.

Euripides I. 152 (16).

n. Alkibiades I. 209 (A. 7). ^

Demosthenes (St.) II. 74.

ORTSREGISTER

235

Sog. Aristoteles (R.) II. 94. M. Modio II. 197.

Marbury Hall (Cheshire).

Sophokles? I. 131 (A. 1). Menander (Clip.) II. 105 (b), 118.

Memphis (Serap.). Pindar (St.) I. 86, 214. Protagoras (St.) I. 162. Plato II. 22 (d).

Meran.

Homer? I. 11 (20), 16.

Bei Miliin Gall. myth. Homer (R.) I. 5 (e).

Modena.

Sog. Euripides I. 150.

München.

Glyptothek.

Sog. Epimenides I. 35.

Strategenköpfe I. 98; 99, 111; 101 (A.3).

Sog. Hippokrates I. 168 (7), 171.

Sokrates I. 189 (23), 201.

n. Sokrates I. 198.

n. Xenophon II. 8.

Frauenkopf II. 54.

Sog. Xenokrates II. 57.

Demosthenes II. 72 (28).

Apollodoros II. 206. Residenz.

Sog. Apollonios von T. I. 27 (a).

Pittakos? I. 49.

Männl. Kopf mit Stirnkr. I. 209 (A.7).

Epikur II. 125 (15, 16).

Metrodor II. 132(11). Bei Hrn. Bulle.

Euripides (R.) I. 153. Samml. F. A. v. Kaulbach.

Korinna? I. 90.

Neapel.

Museo nazionale. Homer I. 9 (6). Ders. (St.) I. 16. Ders. (R.) I. 5 (d), 15 (23). Ders. (Gem.) I. 6 (f); 23. Sog. Apollonios von T. I. 21, 26 (A.

4 bis). Sog. Lykurg I. 33 (bis). i

Solon u. Euripides I. 38, 154 (A. 10). Sog. Solon I. 39.

Philosophenmosaik I. 41, II. 3, 34 ff. Sog. Periander I. 44. Sog. Anakreon I. 83. Sog. Heraklit (Br.) I. 85. Archidamos I. 121, II. 178. Sog. Aristoph. u.Terenz 1. 126(a), 177. Sophokles I. 129 (1); 138 (A. 5), 144. Ang. Sophoklestypus I. 142 (4). Euripides I. 150 (1), 151 (2—4), 154. Herodotu.Thukydides 1. 159(1), 180. Herodot I. 160 (2). Sog. Demokrit (Br.) I. 164. Sokrates I. 187 (11 u. 12). n. Sokrates I. 198. Sokrates (R.) I. 203 und y), 204. Sog. Alkibiades (R.) I. 213. Lysias II. 1, 189. Antisthenes II. 5 (6). Sog. Archytas II. 17. Sog. Plato II. 25. Diogenes II. 47, 50. Sog. Diogenes (R.) II. 52. Moschion (St.) II. 55. Strategenkopf II. 58. Aeschines (St.) II. 62 (4), 64. Demosthenes (Br.) II. 70 (7 u. 8). Ders. II. 70 (9 u. 10). Sog. Demosthenes II. 74. Doppelherme II. 121. Epikur (Br.) II. 124 (6 u. 7). Ders. II. 126 (22 u. 23). Metrodor (Br.) II. 131 (5); 132 (13). ZenoSto. I. 119, II. 136(2), 137. Ders. (Br.)I. 119,11. 136(7), 187. Sog. Zeno II. 138 (A. 2). Hermarch (Br.) II. 139. Aratos? I. 169, II. 149 (2). Sog. Karneades 1. 70, II. 151, 182, 189. Feldherrnbüste II. 153. Ps.-Seneca (Br.) II. 161 (1). Ders. II. 161 (2—6). Posidonios II. 188. Sog. Sextos II. 213. Geschnittene Steine. Homer? I. 7 (n.). Epikur? II. 129.

236

ORTSREQISTER

Newby Hall (Yorkshire). Rednerstatue II. 81 (A. 1), 126.

New- York.

Samml. Cesnola.

Sappho (St.)? II. 73.

Orleans. Blinder? 20 (A. 1).

Oxford. Hetärenbildnis? I. 72, 115. Miltiades (Vas.) I. 95. Sokrates (Br.) I. 188. Plato (m.) II. 21. Menander? II. 112 (14). Ps.-Seneca II. 165 (25). n. Archimedes (St.) II. 178. Agathemeros (R.) II. 197.

Palermo.

Museo.

Sokrates I. 188 (13). Aristoteles? II. 96 (4). Metrodor? II. 134.

Paris.

Louvre.

Homer I. 10 (10), 17 (a).

Ders. (Terr.)? I. 22.

Ders. (R.)? I. 24 bis.

n. Pittakos I. 49.

Sog. Alkaeos I. 58.

Anakreon? I. 81 (7).

Sog. Antisthenes I. 83.

Leierspieler (St.) I. 87.

Miltiades? I. 94.

Sophokles u. Aristoph. 1. 142 (6), 144,

177. Euripides (St.) I. 152 (17). Sog. Herodot I. 161. Sog. Hippokrates I. 168 (5). Sog. Thukydides I. 183. Sokrates I. 183 (16 u. 17), 193 f., 200. Ders. (Br.) I. 188. Ders. (R.)? I. 203 (a). n. Alkibiades I. 209. n. Antisthenes II. 5 (A. 5). Sog. Xenophon II. 8. Plato II. 28 (8). n. Diogenes II. 51. Moschion (R.) II. 56.

Lykurg (auf Amph.) II. 59.

Aeschines II. 62 (5).

Demosthenes (St.) II. 71 (15).

Ders. II. 71 (16—18).

Sog. Demosthenes II. 74.

Sog. Posidonios (St.) 1. 119, II. 96 (1), 156 ff., 190.

Menander (R.) II. 107 (e).

Epikur u. Metrodor II. 124 (9), 132 (6).

Epikur II. 124 (10), 126 (24).

Ders. (R.) II. 130.

Zeno (R.) II. 139.

Sog. Theokrit II. 144.

Ps.-Seneca (St.) II. 164 (22).

Ders. II. 164 (23).

n. Karneades II. 184.

Apollonios V. T. (Br.)? II. 199.

Herodes Attikos? II. 208. Bibliotheque nationale.

Hippokrates (Min.) I. 165. Cabinet des medailles.

Homer (R.)? I. 23, 136.

n. Sophokles (Silb.) I. 136 (A. 2).

Ps.-Seneca II. 165 (24).

Mod. Asiatikos II. 194. Geschnittene Steine.

Euripides? I. 158.

n. Miltiades I. 94 (A. 1).

Sokrates I. 191 (c, d); 192 (k).

Sog. Herodes II. 209. Bibliotheque Mazarine.

Sophokles I. 130 (12). Samml. Kann.

Homer I. 11. Samml. Pastoret.

Strategenkopf I. 101.

Pawlowsk.

Euripides I. 153 (21).

Petersburg.

Eremitage.

Sog. Apollonios von T. I. 27 (A.

No. 11). Sokrates (St.) I. 189 (28), 205. Aeschines (R.) II. 63 (7). Demosthenes (St.) II. 73 (30).

Petworth House (Sussex). Demosthenes (St.) II. 72 (23).

ORTSREGISTER

237

Potsdam.

Sanssouci.

Homer I. 11 (15). n. Sokrates I. 198.

Ramsgate (Kent). Epikur u. Metrodor(m.) II. 125 (12 a).

Resina (Fundort). Epikur (Br.) II. 124 (8). Rtchmond.

Ps.-Seneca 11.166.

Rieti (March. Canali). Sophokles I. 137 (8). Euripides? I. 157. Rom. Capitolinisches Museum. Homer I. 8 (1). Ders. I. 9 (2 u. 3). Sog. ApoUonios von T. I. 21, 26 (A. 4

No. 1 u. 2), II. 199. Sog. Epimenides I. 35, 131 (17). Sog. Periander I. 44. Sog. Thaies I. 48. Sog. Sappho I. 61. Sog. Kleopatra I. 72. Sog. Pythagoras I. 76. Sog. Anakreon I. 83. Sog. Heraklit I. 85 (bis), n. Pindar I. 86.

Sog. Aeschylos 1. 103, 117, II. 57, 178. Sog. Masinissa I. 95. Sophokles (farn.) I. 129 (2). Ders. (lat.) I. 137 (2 u. 3). Ang. Sophoklestypus I. 142 (1). Sog. Archimedes 1. 131 (21), 138(A. 5),

II. 178. Euripides I. 151 (5—7). Sog. Demokrit I. 164 (bis). Sog. Hippokrates I. 167 (2). Sog. Aristophanes I. 179. Sog. Thukydides I. 183. Sokrates I. 185 (1); 186(2), 195, 196. Ders.? I. 190 (29), 197. n. Alkibiades I. 209 (2). Sog. Alkibiades I. 212. Lysias II. 2 (bis), n. Lysias II. 3. Antisthenes II. 5 (3).

Sog. Isokrates II. 16, 125 (20).

Sog. Archytas II. 27.

Platoaufschriften II. 23, 24 (A. 2).

Plato II. 27 (2).

Sog. Diogenes II. 50, 52.

Aeschines II. 62 (3).

Demosthenes II. 69 (1).

Sog. Demosthenes II. 74.

Leodamas II. 85.

Sog. Aristoteles II. 90, 93.

Theophrast II. 100 bis.

MenanderPII. 113(19).

Epikur u. Metrodor II. 123 (I), 131 (1).

Epikur II. 123 (2).

Metrodor II. 131 (2).

Sog. Zeno (St.) II. 138.

Hermarch? II. 140 (3).

Sog. Aratos I. 169, II. 149 (1).

Ps.-Seneca II. 162 (7).

Aristarch? II. 180.

n. Kameades II. 184.

n. Posidonios II. 190.

n. Aristomachos II. 191.

Asklepiades II. 191.

Sog. Epaphroditos II. 202.

Theon II. 202.

Sog. Aristides II. 212. Conservatorenpalast.

Dichterin I. 71, 88.

Anakreon I. 79 (1), 81.

Dichterstatue I. 87.

Sokrates I. 186 (3).

n. Alkibiades I. 208.

n. Isokrates II. 16. 100 (A. 2).

n. Diogenes II. 47.

Sog. Diogenes II. 51 (A. 3). Vaticanisches Museum. Braccio nuovo.

Sog. Hesiod (St.) I. 28, 130 (13).

Euripides (St.) I. 106, 151.

Demosthenes (St.) II. 69 (2), 79. Museo Chiaramonti.

n. Solon I. 39, II. 126 (21).

Sog. Pythagoras I. 76.

n. Korinna I. 90.

Sog. Alkibiades I. 209 (1)

Sog. Phokion II. 58.

Demosthenes II. 69 (3).

238

ORTSREGISTER

Sog. Aristoteles II. 90.

Ders. (St.) II. 94.

Menander?II. 111 (1), 113(20).

Sog. Karneades II. 183.

n. Karneades II. 184. Museo Pio Clementino.

Sog. Lykurg (St.) I. 32.

Sog. Epimenides I. 35.

Tivolihermen I. 40.

Periander I. 43.

Blas I. 45.

Sog. Pythagoras I. 76.

Korinna (St.)? I. 90.

Periklesl. 108(2), 110.

Aspasia I. 112.

Plato I. 120, II. 136.

Sophokles I. 125 (b), 136.

Sog. Homer I. 129 (3), 135.

Euripides I. 152 (9).

Sokrates I. 186 (4), 195, 196, 201.

n. Alkibiades I. 208.

Alkibiades? 1.211.

Sog. Alkibiades (St.) I. 212.

Antisthenes II. 5 (1), 6.

Plato II. 28 (7), 30, 33.

n. Plato (R.) II. 38.

Diogenes II. 47.

Sog. Phokion (St.) I. 34, II. 58.

Aeschines II. 61 (1).

Demosthenes II. 69 (4).

Sog. Menander (St.) II. 108 ff.

Menander?lll (2).

Epikur II. 124 (3).

n. Zenol. 119,11. 135, 153.

Hermarch? II. 140 (1)

Posidippos (St.) II. 109, 141 ff.

Ps.-Seneca (St.) II. 162 (8).

Sog. Sextos V. Chaer. (St.) II. 213. Candelabergallerie.

Fischer I. 164, 170, II. 177.

Sokrates I. 186 (5).

n. Karneades I. 39, II. 184. Galleria geografica.

Sog. Homer u. Archil. I. 9 (4), 29, 33.

Blas u. Thaies? I. 46, 47, 52.

Sappho? I. 67.

Sog. Pythagoras I. 76, 129 (4).

Sog. Hippokrates I. 167 (1).

Sokrates I. 186 (6); 190 (30), 197.

Antisthenes II. 5 (2), 6.

Plato II. 28 (6), 94.

Demosthenes? II. 73. (33).

Menander? II. 111 (3).

Metrodor II. 131 (3).

Hermarch? IL 140 (2).

Philosophenkopf IL 183. Bibliothek.

AeL Aristides(St.)II. 211. Garten.

Aesop I. 55, 214.

Sophokles I. 126 (c), 128, 132.

Sokrates I. 186 (7).

Plato IL 27 (4), 32. Lateranisches Museum.

Sophokles (Si) I. 137 (1).

Menander? (R.) IL 114 (25), 117. Thermenmuseum.

Sappho? I. 68.

Anaximander (R.) I. 73.

Pythagoras? I. 76.

Aspasia? I. 115.

Angebl. Sophoklestypus I. 142 (3).

Sokrates I. 187 (10).

Ps.-Seneca IL 163 (13, 14).

Kleitomachos (St.) IL 179. Villa Albani.

Homer? I. 11 (18).

n. Solon I. 39.

Philosophenmosaik I. 41, IL 34 fL

Periander (Dopp.) I. 44, 52.

Aesop (St.) I. 54 ff., 204.

Sappho I. 66.

Haubenstatue I. 68.

n. Pisistratos I. 77.

Sog. Korinna I. 88.

Strategenkopf I. 101 (A. 3).

Sophokles (farn.) I. 129 (5).

Ders. (lat.) I. 137 (4).

Ang. Sophoklestypus I. 142. (2).

Euripides I. 152 (10).

Ders.? I. 157.

Sog. Hippokrates I. 168 (3).

Ders. I. 171.

Sokrates I. 187 (8), 195, 201.

Ders. (clip.) I. 187 (9).

Antisthenes IL 5 (4).

ORTSREGISTER

239

Isokrates II. 15.

Diogenes (R.) II. 48.

Ders. (St.) II. 49.

Sog. Demosthenes II. 51 ; 74.

Theophrast II. 99.

Menander?II. 111 (4), 120.

Epikur II. 124 (4).

Hermarch? II. 140 (4).

Chrysippos? II. 151, 155 f.

Sog. Seneca u. Posidonios II. 162 (9).

Ps.-Seneca II. 163 (10); 166. Pal. Altieri.

Epaphroditos (St.) II. 200. Pal. Barberini.

Euripides I. 152.

Aeschines? II. 63 (9).

Samml. Barracco. Perikles I. 108 (3). Sophokles I. 129 (7). Demosthenes II. 70 (6). Epikur II. 124 (5).

Villa Borghese.

Sog. Periander (St.) I. 44.

Plato II. 27 (3).

Menander?II. 112 (5).

Ps.-Seneca II. 163(11). Pal. Colonna.

Miltiades? I. 95.

Sophokles? I. 131 (20).

Euripides (m.) I. 152.

Sog. Hippokrates I. 168.

Aeschines? II. 63 (8). Pal. Corsini.

Ps.-Seneca II. 163 (12). Pal. Doria.

Homer (m.) I. 12.

Kleobulos (St.) I. 52.

Pal. Qiraud.

Homer (m.) I. 12. Bias? (m.) I. 46.

Museo Ludovisi-Boncompagni. Sog. Thaies I. 48. Demosthenes II. 69 (5). Aristoteles? II. 96 (2). Menander? II. 112 (6 u. 7).

Villa Mattei.

Timotheos II. 14.

Aristoteles? II. 96 (3). Villa Medici.

Perikles I. 109 (4).

Sophokles I. 130 (8). Villa Pamfili.

Antisthenes? II. 5 (5).

Aeschines? II. 63 (10), 65.

Demosthenes II. 75 (37). Samml. Piombino (G.).

Demosthenes II. 76 (b), 82. Pal. Rospigliosi.

Dichterin (St.) I. 88 (A. 6).

Ps.-Seneca (Br.) II. 166, 169. Pal. Sciarra.

Ps.-Seneca (St.) II. 166. Pal. Spada.

Euripides I. 153.

Sog. Aristoteles (St.) II. 10 f., 91.

Sog. Pompejus II. 113 (21), 118 f. Pal. Teoduli.

Ps.-Seneca II. 104 (15). Museo Torlonia.

Sog. Epimenides I. 35.

n. Solon I. 39.

Sophokles I. 129 (6).

Sophokles u. Euripides I. 138 (10), 153 (24).

Sog. Hippokrates (St.) I. 168, II. 158 (A. 3).

Sog. Isokrates I. 181, II. 16.

Sog. Alkibiades I. 209 (3).

n. Lysias II. 3.

Plato I. 27 (5).

Sog. Demosthenes II. 74.

Sog. Aristoteles II. 90.

Metrodor II. 131 (4).

n. Karneades II. 184. Ehem. Samml. Depoletti.

Epikur (G.) II. 129. Im Kunsthandel.

Korinna? I. 90.

n. Xenophon II. 8.

Leodemas II. 85. Am Constantinsbogen.

Apollodor? II. 206.

240

ORTSREQISTER

Schwerin.

Homer I. 11 (16), 14.

Sevilla.

Sokrates? I. 190 (32).

Siena.

Homer (R.) I. 24.

Sog. Apollonios von T. I. 26 (A. 4 No. 5).

Bei Statius (Illustr. vult.). Lysias II. 3 (A. 1). n. Isokrates II. 16. n. Diogenes II. 47.

Stockholm.

Museum.

Homer (m.) I. 12. Anakreon I. 80 (5). Sog. Zeno I. 120. Sog. Plato II. 23. Sog. Diogenes II. 51. Sog. Demosthenes II. 74. Epikur II. 125 (19). ApoUodor II. 207.

Tarragona.

Demosthenes (R.) II. 75 (38).

Thera.

Artemidoros (R.) II. 144.

Tivoli.

Plato II. 23 (e).

Trier.

Mosaik des Monnus: Homer I. 6 (g). Hesiod I, 26 f. Menanderll. 105 (c), 114. Aratos II. 146 (a).

Ehem. Sammlung de la Turbie.

Sog. Posidonios (Q.) II. 190.

Turin.

Museo d'Antichitä. Sog. Zeno I. 120. Sokrates I. 188 (15). Demosthenes II. 70 (14). n. Theophrast II. 101. Ps.-Seneca II. 164 (21).

Bei Ursinus (Imag.). Sog. Pindar (St.) I. 87. Miltiades I. 92. Themistokles I. 96. Sog. Zeno I. 120. Sophokles (Clip.) I. 124 (a), 132. Sophokles u. Menander I. 125 (A. 4). Euripides (St.) I. 154. Sokrates (R.) I. 204 (s). Lysias II. 3. Aristipp (0.) II. 9. Sog. Diogenes II. 51. Phokion II. 58. Andokides II. 60. Sog. Aeschines II. 61. Sog. Aristoteles II. 88. Menander (Med.) II. 104 (a), 108. Theokrit II. 144. Sog. Karneades II. 181.

Venedig.

Dogenpalast.

Gewandstatue II. 65. Verona. Casa Alessandri.

Menander? II. 112(10). Biblioteca capitolare.

Homer I. 10 (9). Giardino Giusti.

Homer (R.)? I. 24.

Cheilon (Mos.)? I. 51 (2).

Gewandstatue I. 141 (A. 2).

Sokrates (R.)? I. 204 (ö). Wien. Kunsthist. Hofmuseum.

Sappho? I. 67, 68.

Sokrates (Br.)? I. 190 (33).

Plato?II. 28(11), 31.

Aristoteles? II. 95.

Krates (Br.fig.)? II. 101. Hofbibliothek.

Dioskurideshandschrift II. 214 ff. Samml. Biehler.

Sokrates (G.) I. 191 (h). Wilton House.

Homer I. 11 (13).

Sappho? I. 68.

Sog. Aristoph. u. Menander I. 177.

ORTSREO ISTER

241

Sog. Aristophanes I. 178. Sokrates I. 188 (19). Sog. Alkibiades (m.) I. 213 (A. 3). Sog. Plato II. 24 (A. 2). n. Aristoteles II. 94. Metrodor II. 132 (8). Mod. Asiatikos (m.) II. 196. n. Apollonios von T. II. 199.

Woburn Abbey.

Mädchen (R.) II. 84 (A. 1). Philosophenkopf II. 152, 183.

Worcester (Dean of). n. Theophrast II. 100.

Ehem. Samml. Worsley.

Perikles (G.) I. 108.

Bernoulli, Griech. Ikonographie. II. Teil

16

Druck von Fr. Richter, Leipzig.

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