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GRUNDRISS

DER

VERGLEICHENDEN GRAMMATIK

DER

INDOGERMANISCHEN SPRACHEN.

KURZGEFASSTE DARSTELLUNG DER GESCHICHTE

DES ALTINDISCHEN, ALTIRANISCHEN (AVESTISCHEN UND ALTPERSISCHEN),

ALTARMENISCHEN, ALTGRIECHISCHEN, LATEINISCHEN, UMBRISCH-SAMNI-

TISCHEN, ALTIRISCHEN, GOTISCHEN, ALTHOCHDEUTSCHEN, LITAUISCHEN UND ALTKIRCHENSLAVISCHEN

VON

KARL BRUGMANN uno BERTHOLD DELBRÜCK

ORD. PROFESSOR DER INDOGERMANISCHEN ORD. PROFESSOR DES SANSKRIT UND DER SPBACHWISSENSCHAFT IN LEIPZIG. VERGLEICHENDEN SPRACHKUNDE IN JENA

DRITTER BAND.

0. ————_-—

STRASSBURG. KARL J. TRÜBNER. 1893.

VERGLEICHENDE SYNTAX

DER

INDOGERMANISCHEN SPRACHEN

B. DELBRÜCK.

ERSTER THEIL.

STRASSBURG. KARL J. TRÜBNER. 1893.

Pa Be

‚Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten.

HARX ’ARD UNIVERSITY LIBRARY

Vorrede.

Ursprtinglich hatte K. Brugmann die Absicht, auch den syntaktischen Theil des Grundrisses selbst zu bearbeiten, worüber er sich in der Vorrede zum zweiten Theile folgender- massen äussert: »Ein dritter und letzter, minder umfänglicher Band soll die Syntax sowie ein Wortregister zu allen drei Theilen bringen. Ich gestehe gerne, dass mir lange der Mut fehlte, die Syntax, dieses in vielen Theilen noch so wenig oder in einer wissenschaftlich ungentgenden Weise bearbeitete und bis jetzt noch von Niemandem zusammenfassend dargestellte Capitel der allgemein-indogermanischen Grammatik, in diesen Grundriss aufzunehmen. Den Wurf nun doch zu thun, dazu bin ich nicht am Wenigsten durch B. Delbrück’s in diesem Sommer erschienene »Altindische Syntax« (Syntaktische For-

schungen, 5. Band) bestimmt worden, eine Arbeit, die, wenn

sie auch nicht sprachvergleichend gehalten ist, doch jetzt die Darstellung der Gesammtgeschichte der indogermanischen Syntax in mehreren Beziehungen nicht wenig erleichtert«.. Es bestand damals (1888) zwischen Brugmann und mir die Verabredung, dass ich aus dem, was sich mir im Laufe vieler Jahre ange- sammelt hatte, das Brauchbare beisteuern solle. Bei näherer Erwägung zeigte sich aber, dass ein solcher Plan nicht wohl ausführbar sei. Ich tibernahm die Syntax allein und bin auf diese Weise Theilnehmer des grossen von Brugmann in’s Leben gerufenen Unternehmens geworden.

vi Vorrede.

Ich kann mir freilich nicht verhehlen, dass das von mir Gelieferte in mehrfacher Hinsicht hinter dem von Brugmann Geleisteten zurücksteht. Während sein Grundriss die indoger- manischen Sprachen in einer bisher in ähnlichen Werken noch nicht erreichten Vollständigkeit umfasst, habe ich (aus Gründen, die ich S. 88 dargelegt habe), von der Heranziehung des Ar- menischen, Albanesischen und Keltischen völligabsehen müssen. Einen weiteren besonderen Vorzug des Brugmann'schen Werkes bilden nach meiner Ansicht die Literaturangaben, die, wenn sie auch naturgemäss nicht vollständig sind, doch dem Leser in wirksamer Weise helfen, sich ein Bild von den Schicksalen der einzelnen Probleme innerhalb unserer Wissenschaft zu ent- werfen. Mir fehlt es leider nach dieser Seite hin an Samm- lungen. Um wenigstens etwas für die geschichtliche Grund- legung zu thun, habe ich eine allgemein orientierende Einleitung voraufgeschickt. Im übrigen hoffe ich, dass man einem ersten Versuch die bezeichneten und mancherlei andere Lücken und Unvollkommenheiten zu gute halten wird.

Was nun das in diesem Bande Dargebotene angeht, so habe ich selbstverständlich die Syntax mit der Formenlehre in Zu- sammenhang zu halten gesucht. Doch bin ich in der Auf- nahme neuerer Vermuthungen sehr zurückhaltend gewesen, so zurückhaltend, dass ich gewiss manchen meiner Fachgenossen als veraltet erscheinen werde. Bei den zahlreichen Belegen habe ich mein Augenmerk hauptsächlich auf Zuverlässigkeit und Verständlichkeit des Mitgetheilten gerichtet. In diesem Streben bin ich auf das liebenswürdigste von meinem Freunde A. Les- kien unterstützt worden, der nicht nur die litauischen und slavischen Belege in der Korrektur durchgesehen und verbessert, sondern mich auch in früheren Stadien der Arbeit durch Rath und Nachweis vielfach gefördert hat. Mit aufrichtigem Danke habe ich auch der Unterstützung O0. Wiedemann's zu ge- denken, durch dessen Mithilfe bei der Korrektur sowohl die

Vorrede. ve

Versehen des Setzers, als auch manche Irrthümer des Ver- fassers beseitigt worden sind.

Verdriesslich war mir, dass ich mich bei mehreren Sprachen anderer Transskriptionen bedienen musste, als der mir seit lange geläufigen, und ich fürchte, dass trotz aller darauf ver- wandten Mühe ich hier und da in die alte Gewohnheit zurück- verfallen bin, so dass z. B. gelegentlich in avestischen Wörtern ein gA statt eines 7 stehen geblieben ist u. ähnl. Es wäre wirk- lich dringend zu wünschen, dass es zu einer verständigen Ver- einbarung auf diesem Gebiete käme. Sind wir doch bei dem Avestischen glücklich so weit gekommen, dass es bald unum- gänglich sein wird, zum Verständnis der immer wechselnden Umschreibungen die ÖOriginalbuchstaben in Klammern beizu- fügen.

In der Anmerkung auf S. 581 dieser Schrift habe ich einer mir privatim mitgetheilten Meinung von Rudolf Schöll ge- dacht, der seitdem durch einen allzufrühen Tod hinweg- genommen ist. Sein Einfluss auf meine Arbeit ging weiter, als die Fassung der Anmerkung erkennen lässt. Er hat mich nicht bloss in manchen Einzelheiten freundschaftlich berathen, sondern hat auch durch seinen Zuspruch wesentlich beigetragen, mich zur Übernahme eines Werkes, dessen Gefahren und Schwierig- keiten mir nicht unbekannt sind, geneigt zu machen. Um so schmerzlicher bedaure ich, dass ich sein wohlerwogenes Urtheil nicht mehr vernehmen kann.

Jena, August 1893. B. Delbrück.

Inhaltsangabe.

Seite

Einleitung. 0.

Erste Periode. Die Griechen. Dionysios Thrax 3—8. Apollonios Dyskolos 8—11. Zusammenfassendes Urtheil 11.

Zweite Periode. Die Zeit bis zum Ende des achtzehnten Jahr- hunderts. Die Scholastiker 12—15. Sanctius 15—18. Locke 18—20. Die allgemeine Grammatik 20—22. Christian Wolf 22—25. Gottfried Hermann 25—31. Schlussurtheil 32.

Dritte Peräodo. Vom Ende des achtzehnten Jahrhunderts an. Die Anregungen von Seiten der Philosophie (Kant, Fichte, Schelling, Hegel} 32—36. Die Entdeckung des Sanskrit 36—37. Wilhelm von Humboldt 37—47. Franz Bopp 47—50. Jacob Grimm 50—54. Begründung der slavischen Philologie (Dobrowsky, Wuk) 54—56. Neue philosophische Anregungen von der Herbartischen Philosophie aus, H. Steinthal 56—58. Zuführung neuen Stoffes, a. von Indien aus (Erschliessung des Veda, das Böhtlingk-Roth’sche Wörterbuch) 58—61, b. von dem baltisch-slavischen Gebiet aus (Schleicher, Kurschat, Miklosich) 61— 63. Andere hervorragende Persönlichkeiten dieser Epoche: L. Lange, G. Curtius, A. Ludwig 63—66.

Die neueste Periode der Sprachw:ssenschaft. Allgemeines 66-69. Paul’s Prinzipien der Sprachgeschichte 69—72.

Besprechung der wichtigsten syntaktischen Begriffe, Definition des Satzes 73—75. Die Satztheile und ihre Ein- theilungen 75—80. Die Grundbegriffe 80-82. Das Gebiet und die Theile der Syntax 82—85.

Auskunft über den Umfang, in welchem die indoger- manischen Sprachen benutzt worden sind 85—88.

Kapitel I. Das Geschlecht der Substantiva. L Die Bedeutungsgruppen.

$ 1. Die Bedeutungsklassen in den Schulgrammatiken der klas- sischen Sprachen. Männer, Weiber, Völker, Monate, Winde 89—91

$2. Bäume 2 2 2 2 oe 00er nne 91—92 S3. Holz und Früchte. . . ..... ren 92—93 5A Flüme oo orte. 93—94

x Inhaltsangabe.

Beite $ 5. Länder, Inseln, Städte, Erde und Schluss . ... . 2... 94—96 $6. Grimm’s Versuch . . . » 2 22 rennen. 96—98 $ 7. Schluss. - 2:2 0er rer y8 I. Die Formgruppen. Vorausgeschickt ist eine Bemerkung über $ 8. Den Zustand im Germanischen. . . ». . 2 2220 0. 99—100 $ 9. Den Zustand im Litauischen. . . . 2: 2 222000. 100—101 $ 10. Übersicht über den Inhalt der folgenden Paragraphen . . 101—102 $ 11. Die ö-Stämme. Allgemeines. . ».. 2.2. 2220200. 102—103 $ 12. Sufüix @ im Baltisch-Slavischen . . . . 2.22... .. 103—105 8 13. Sufüx 5a im Baltisch-Slavischen . . . » » . 222 2.. 105 $ 14. Suffix im Baltisch-Slavischen . . . .. » 2.20... 105—106 $ 15. Die übrigen Suffixe im Baltisch-Slavischen . . . . .. . 106—107 $ 16. Das Geschlecht der in $ 12—15 behandelten Wörter. . . 107—108 $ 17. Griechisch-lateinische ö-Stämme. Allgemeines. . . . . . 108—109 $ 18. Suffix a im Griechischen und Lateinischen . ..... . 109—111 $ 19. Suffix «4 im Griechischen und Lateinischen . ..... . 111 $ 20. Suffix #4 im Griechischen und Lateinischen. . .. . . . 111—112 $ 21. Andere Sufflixe auf @ im Griech. und Lat. .......» 112 $ 22. Die ga-Stämme . . 2.2.2.2... nn 112—113 $ 23. Die o-Stämme im Griechischen. . .. . 2: 222.0. 113—116 $ 24. Die o-Stämme im Lateinischen. . . ... 2 22200. 116 $ 25. Allgemeines über die übrigen Stämme . . ...2..... 116—117 8 26. Die #-Stämme 2 2 on mern 117—118 $ 27. Die u-Stämme .. 2.2: 2200er nne 118—119 $ 28. Die Stämme mit r-Sufixen . .. 2.2: 2220000. 119—120 $ 29. Die Stämme mit s-Sufixen . . ..: 22220000. 120—121 $ 30. Die Stämme mit n-Sufüxen . . .. 22220000. 121 8 31. Die Wurzelnomina . .. 2.2 2er nr rennen 122 III. Mehrgeschlechtigkeit.

$ 32. Maskulinischer Singular und neutraler Plural im Arischen 123—125 $ 33. Desgleichen im Griechischen und Lateinischen... . . 125—126 8 34. Desgleichen im Slavischen. . . .. 2.2 22220002. 126—127 $ 35. Zweifelhafte ähnliche Fälle . . .. . 222220200. 128

$ 36. Doppelgeschlechtigkeit, verbunden mit Bedeutungsverschie- denheit . 2.222 or or rer. 128—129 $ 37. Doppelgeschlechtigkeit ohne Bedeutungsverschiedenheit . 129—131 $ 38. Zur Erklärung, Zusammenfassung . . ». » 2.2.0 .% 132—133

Kapitel II. Die Numer: des Substantivums. I. Der Dusalis.

8 39. Allgemeines . . . 22:2 20er rer een 133—135 $ 40. Der natürliche Dualis. . . » 2: 2 2 2 2 0 2 rn ne. 135—137 $ 41. Der elliptische Dualis. . . . . 2.2 2 2 2 2 nee. 137—138

Inhaltsangabe. xI

Seite Der elliptische Dualis mit einem Ergänzungsdual im Arischen 138—139 Zroei und beide bei dem Dualis . .. .». 22220. 139—142 - Dualia tantum . 2.2 2 2 Co on 142—143 Bemerkungen über den Dualis in einzelnen Sprachen (Griechisch, Litauisch, Slavisch), Schluss . ..... . 143—146 I Singularis. Begriffe der Masse . .... 2 2 Eur n 147—157 Körpertheile . . . 2.2 2 2er ren 157—160 Geräthe, Lokalitäten . - - » 2 2 2 m 2 rn ren 160—162 Zeitabschnitte, Feste, Mahlzeiten. . . . . .. 22 2.. 163—165 Verschiedenes. - - » 2 22 2 00 nr rer ren 165—166 Abstrakta, die in konkrete Bedeutung hinüberschwanken 166-168 Singularia und pluralia tantum. . .. 2.2. 2: 2220... 168—170 Singulare in Plurale verwandelt und umgekehrt... . . . 170—171 Elliptischer Plural . . 2... 2.2222 022. 171—1172

Kapitel III. Die Grundbegriffe der Kasus und der Synkretismus.

UM N WIN LEN Yan ur u er SEFSBARSE

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& 76,

L. Die Grundbegriffe der Kasus, A. Die Grundbegriffe der indischen Grammatik.

Allgemeines. . . ». 2.2 2 0 er rrrrerennen 173 Die Stammbegriffe in der indischen Grammatik . . . . . 173—175 Der Akkusativ . 2 » 2 2 2 N I I EI re re nen 175—176 Der Instrumentalis - . . . : 2: v2 2 rer en. 176-177 Der Dativ . 2 2 2 oe 0 m en 177—178 Der Ablativ . 2: 2 2: 0 Er ernne 178 Der Lokalis . 2 00 ee ren 179 Der Nominativ und Vokativ. . . 2: 22 2 22000. 179 Der Genitiv . 2 2 2 2 2 0 oe ren 180—181 Beurtheilung der indischen Lehren... ... 2.2... 181 B. Erörterung der Grundbegriffe. Der Ablativ . . 2. 2 20er lerne 181—182 Der Lokalis . . 2.2 2: 2m m rer nn 182—183 Der Instrumentalis . . . 2 2: 2 2 2 Cr nenn 184 Der Dativ . 2: 2 0 ee Er rn. 184—185 Der Geaitiv .. . . 2: 2 222020 ren en 185—187 Der Akkusativ . . 2 2 2 2 rn re ern nn 187—188 Der Nominativ . . . 2: 2:2 m een ren 188 Der Vokatir und Schlussbetrachtung . . . . . 2...» 188 IL Synkretismus. Indogermanische Ursprache. . . . 2.2 2 2220000. 189-192 Altindisch . 2 0000 or nn 192 Iranisch .. 2. 20 Co 0 rer ernee 192—193

N N WR U 2 je) .

un mM un um > u

Seite Italisch . 2. 2 2 oo een 195 Germanisch . . . 2 20 2 rer ren 195—196 Baltisch-Slavisch. . . . . : 2 2: 2 2 2 02 2000. 196—198 Schlussbetrachtung.. . . ». : : 2 22er rennen 198—199 Kapitel IV. Der Ablatiw. Übersicht . 2 2 2 2 20er. 200—201 Der Ablativ bei Verben. Weichen, fernhalten, wegtreiben. . .. 2... 2...» 201—204 Leer sein von (bedürfen), berauben. . . . . 2 2... 205—207 Ausgehen von, entstehen. . ... 2 2222er 0.. 207—208 Verfertigen aus . » . 2 2 Cr rennen 208—209 Lösen, befreien, reinigen, retten, schützen ....... 209—211 Entnehmen (kaufen), empfangen, hören, lernen, trinken, ergiessen, erwachen. . . 2: 22: 002er 0 0. 211—212 Zurückbleiben hinter, sich verbergen, sich fürchten, vor- ziehen. 2 2 0 0 0 0 ner er ern n.e 212-213 Verba der Gemüthsbewegung ne 213—215 Der Ablativ bei verbalen Substantiven . . . x... . 215 Der Ablativ bei Adjektiven. . .. 2. 2.222002... 215 Der Ablativ bei dem Komparativ. . . 2... 20... 216 Der freiere Ablativ . .. 2.22 2 02220000. 217 Kapitel V. Der Lokalıs. Übersicht - - 2: 2 2 2 me rn 217—218 Der Lokalis bei Ortsbegriffen. . . . . 22202200 218—222 Der Lokalis bei Zeitbegriffen. . -. ». ». 2.22 222 0. 222—225 Der Lokalis bei Personalbegrifien . . . . 2.2.2... . 225—226 Der Lokalis bei anderen Begriffen. . . . 2... .... 227 Der Lokalis bei Verben . . .... 22222200. 227—229 Der Lokalis bei Adjektiven. . . »... 2220220. 229—230 Zweifelhaftes . - 22.2 2 0er rer. 230 Kapitel VI. Der Instrumentalıs. Allgemeines... 2.2: 2:2 20 rer ern en 231 Bemerkungen über den Instr. im Avest. und Germ. . . 231—234 Der soziative Instr. mit dem distributiven . . . .... 234—238 Der Instr. der begleitenden Umstände. . . . . . .,. . 238—240 Der Instr. der dauernden Eigenschaft . . . » » 2... 240—242 Der Instr. des Mittels . ». 2. 220: 22 ee rc. 242 Der Instr. der Raumerstreckung. . ee» 2 02... 00.%. 242—245 Der Instr. der Zeiterstreckung. . . 0.» 2. 222.0. 245—246 Der Instr. bei zusammensein und zusammenkommen (freund- lich und feindlich), vermischen, trennen . . . . . . . 246—248

gı1l. $ 112. 5 113. $ 114. $ 115. $ 116.

$ 117. 5 118.

Inhaltsangabe. xım

Seite Der Instr. bei machen, verfahren mit, herrschen über . . 248—249 Der Instr. bei kaufen . . . 2 2 22 Er een. 249 250 Der Instr. bei trinken (mit dem Instr. des Gefässes) . . 250 Der Instr. bei füllen und verwandten Verben . .. . . 250—252

Der Instr. bei sich erfreuen, geniessen, leben von . . . 252—254 Der Instr. bei vertrauen und einigen anderen Verben der

Gemüthabewegung . . . » >22 2 0 ren 254— 256 Einige slavische Verba (lachen, schwören, duften) . . . 256 Der ausmalende Instr. . . .. 2.2.22 0200 ne. 257

Verba, bei welchen der Instr. mit dem Akk. in Konkurrenz tritt.

$ 119. $ 120. $ 121. $ 122. $ 123. 5 124. $ 125. 5 126.

$ 127.

$ 128. $ 129.

$ 130. $ 131.

$ 132.

$ 133. $ 134. $ 135. $ 136. $ 137. $ 138, $ 139.

Regnen, schnauben, speien, schwitzen. .. ...... 257—258 Verba des Bewegens im Slavischen und Germ... . . . . 258—260 Sogenannter Dativ des Objekts im Germ. . .... . . 260—262 Der prädikative Instr. im Litauischen und Slavischen. . 262—268 Der Instr. bei dem Passivum. .... 2.2 20.20. 268—269 Der Instr. bei Adjektiven ....... nen 269—270 Der Instr. bei Komparativen . .. . 2.22 22000. 270—271 Der freiere Instr. (der Ursache und der Beziehung) . . . 271—274

Anhang. Der homerische Kasus auf giv). ». . «00. 2.200... 274-276

Kapitel VII. Der Dativ.

Allgemeines . 08 2 2 L 2 ET L L ER, 2 8 oo . oo © . . 277—279 Bemerkungen über den Dativ im Altindischen, Iranischen, Germanischen - » » . 2 2 2 2 2 2 ren 279—281

Der Dativ bei Verben, verbalen Substantiven und Adjektiven. Geben, sagen und verwandte Verba . .. . ..... . 281—282 Helfen, dienen, hassen, zürnen, betrügerisch verfahren, freundlich gesinnt sein gegen (wollen, hoffen, sich

wundern im Slavischen). . . . 2 2: 2 2 2 2 2000. 282—285 Glauben, gehorchen, hören, Acht haben, bemerken, ver-

stehen. . . 2 2 00 nor nee 285—286 Walten, regieren (siegen) . . - .. 22222000. 286— 287 Gewöhnen, lehren, lemen. . . . . . 2 22220000. 287 Sein 2 2000 ren 287 258 Der Dativ des Zieles. - - «2 2 2 2 2 2 ren. 288-293 Der Dativ des Objekts im Germanischen . ...... 293—294 Der Dativ bei verbalen Substantiven . . . . 2.2... 294—295

Der Dativ bei Adjektiven. .... 22222000. 295— 296

XIV

$ 140. $ 141. $ 142. $ 143.

$ 144. $ 145. 5 146.

$ 147.

g 148. $ 149.

$ 150. $ 151. $ 152. $ 153.

$ 154. $ 155.

$ 156. $ 157.

$ 158.

$ 159. $ 160. $ 161. $ 162. $ 163.

$ 164. $ 165. $ 166. $ 167. $ 168. $ 169. & 170. $ 171.

Inhaltsangabe.

L. Seite

Dative zur Ergänzung der Satzaussage. Der dativus commodi . . . 2: >: 2 2 2 2 ren. 297 —298 Der dativus ethicus. . . : 2: 2 2 En nr u een 298—299

Der Dativ eines aktiven oder medialen Partizipiums . . 299—300 Der Dativ der betheiligten Person bei passiven Parti-

31 1) 7: EEE 300 Der finale Dativ. . :. . : 22 rn nenn. 301—303 Der Dativ von Zeitbegriffien . .. : . 2222000. 303 Der adnominale Dativ . . . : : 2 20 2 er rn. 303—306

Kapitel VIII. Der Genitiw. Allgemeines... 2. 2:22 Cr rennen 307—308 L Der Genitiv bei Verben. Übersicht . . . . . . rn. 308—310 Der Gen. bei wahrnehmen (nebst Anhang über griech.

Verba wie p£dopa u.8.W) - 2 2: 220er 310—314 Herrschen, walten, verfügen. . .. . 2:2 22220. 314 Essen, trinken, geniessen, sich erfreuen an. ...... 314—316 Geben, nehmen und Verwandte . . - 2 2 20 .. 316—318 Der Gen. im positiven Existenzialsätzen im Serbischen,

Russischen, Litauischen. . . . » 2 2 2 2 220.2. 318—319

Der Gen. belebter männlicher Wesen im Slavischen . . 319—321 Die griechischen Verba berühren, erfassen, sich halten an,

treffen, erlangen, theilhaftig werden ......... 321 Füllen, sättigen . ..: 22er onen 322—323 Gen. des ergriffenen Gliedes, während die Person im Akk.

(oder bei passivischem Ausdruek im Nom.) steht . . . 323—324 Der Gen. bei Verben des geistigen oder auch körperlichen

Hinstrebens, Genitiv des Zieles . . . - 2 2 2 22.0. 324—327 Wetten, spielen, nebst den verba judicialia ..... . 327—329 Vereinzeltes im Griechischen, Lateinischen, Germanischen 329—331 Der Gen. bei sein...» 2 2 2 nr re nr er rn 331—332 Partitiver Gen. als Subjekt... ... 222022000 332

Der Gen. bei verbalen Subst., der von Verbishergenommen ist 332 —333

I. Der Genitiv bei Substantiven.

Übersicht . . 2222222200. errrene 333—335 Gen. des getheilten Ganzen. . . . .. 222er... 335—339 Gen. des Stoffes. - .-.. 22 rer enen 340—341 Der Gen. in negativen Sätzen im Baltisch-Slavischen . . 341—342 Der Gen. des Besitzers. . . . 2: 220200 e. 342—346 Der Gen. m der Umschreibung (definitivus) . ... . . 346— 348 Der Gen. bei einem passivischen Partizipium ... .. 348

Der Gen. der Eigenschaft (qualitatis) . . - . ».... 348—349

ab u jeden il “tl

I N ER ERS

& 176. $ 177. 5 178. $ 179. $ 180. $ 181. $ 182. $ 183. $ 184. $ 184b. $ 185.

$ 186. $ 187. $ 188. 5 189, 5 190.

$ 191.

$ 192. $ 193.

5 194. $ 195. $ 196.

$ 197. $ 198. $ 19. $ 200. $ 201.

$ 202.

5 203. $ 204.

Inhaltsangabe. xV

Seite Der subjektive und der ubjektive Gen. .. ...... 349—352 Der Gen. bei Adjektiven. .. 2.2... 2220000. 352—356 Der Gen. von Zeitbegriffen . . .. . 2222000. 356—359 Der Gen. von Ortsbegriffen. . - . .. 2 222000. 359-360 Kapitel IX. Der Akkusativ. Allgemeines...» 2: 2: 22er er rrrenen 360—361 Akkusative im Avesta . ». 2. 2: 2:00 ren 361—362 Der Akk. der Richtung. . . . ... 2: 2222200. 363—365 Der Akk. des Inhalts .. 2... 2:2 2 2 2220 ne.n 365—370 Anhang. Der Akk. bei Verben des Seins?. .. .... 370— 372 Der Akk. der Zeiterstreckung. . . » » 222.200. . 372-375 Der Akk. der Raumerstreckung. . . .. 22.2... 375—376 Der Akk. des Objekts und des Resultats . ..... . 376—377 Zwei Akkusative bei einem Verbum. . .. 2.2... 377—386 Der Akk. bei verbalen Nominibus. . . . ....... 386—387 Der Akk. der Beziehung -. . . ... 2 222000. 387—393 Kapitel X. Nommativ, Vokatıv. Der Nominativ. . » 2. 2: 2 022 er nen. 393—394 Der Vokativ mit attributiven Wörten. . . 2. .... 394—396 Vokativ und Nominativ durch und verbunden . ... . 396—397 Der Nominativ für den Vokativ und umgekehrt . . . . 397—398 Artikel und Vokativ . . . 2.2 2 2 22 ren 398—400 Kapitel XI. Das Adjektivum. Allgemeines . . 2.22 200er 400—401 Eigenthümlichkeit der Adjektiva in Bezug auf die Stamm- bildung 2 > 2 Comer 401402 Motionsfähigkeit der Adjektiva . . . 222020. 402—410 Besondere Flexion der Adjektiva, vorzüglich im Germa- nischen und Litauischen . ... . 2222200 .. 410—411 Steigerung der Adjektiva. . .. 2: 2220000. 411—415 Steigerung von Substantiven . . . 2.222020 0. 415—416 Komparativ und Superlativ einander in Bedeutung und Konstruktion berührend . . . .. 22222000 416—417 Vergleichung zweier Eigenschaften . . . ....... 417 Adjektiva aus Substantiven hervorgegangen . . .. . . 418—420 Attributive Substantiva. - .. . 2 2 2 2er ne. 420— 426

Die schwachen (bestimmten) Adjektiva des Germanischen 426—432 Die zusammengesetzten (bestimmten) Adjektiva des Bal-

tisch-Slavischen . . . - 2 2 2 2 2222er. 432—440 Rückblick auf die Adjektiva des Germanischen und Bal-

tisch-Slavischen . . 2. 2 2 2 2 2 0 2 rer. 440—441 Adjektivum und Genitiv im Slavischen ........ 441—445

Vergleichung mit dem Adjektivgebrauch der anderen Sprachen. -. 2 22 2 2 2 rennen 445—448

XVI

$ 205. $ 206.

$ 207. & 208. $ 209,

$ 210.

g 211. $ 212.

$ 213.

$ 214. $ 215. 8 216.

$ 217. & 218. $ 219. $ 220. $ 221.

$ 222. $ 223. $ 224.

$ 225. $ 226. - $ 227. $ 228. $ 229.

$ 230. $ 231.

Inhaltsangabe.

Seite Adjektiva und Zahlwörter (viel, wenig, halb, mittel). . . 448453 Adjektiva und Adverbia (esztpios u. ähnl)....... 453—460 Kapitel XII. Die Pronomina. I. Die Pronomina erster und zweiter Person. Die Nominative im Verhältnis zur Verbalform . . .. . 460—461 Unbetonte Formen obliquer Kasus . . . ....... 461 —466

Allgemeines über die Kasus dieser Pronomina . . . . . 466-467

I. Enkltitische Formen des Pronomens dritter Person.

Immer-enklitische Formen (ai. im, av. im, i und is, gr. pıv, vv, ai. sim, av. him, altp. sim, av. hi, his, altp. sis, av.

h, altp. daiy, dam, ai. na). 2 2 22222 467—473 Formen, die orthotonirt und enklitisch sein können. . . 473—474 Allgemeines über die Anwendung enklitischer Formen . 475

II. Die Possessiva und der Genitiv. Possessiva und Genitiv. -. . 2. : 2200er. 475—4717 IV. Das Reflexivpronomen. Das substantivische Reflexivpronomen . . . » » .... 477—486 Das adjektivische Reflexivpronomen . . ........ 486—497 Rückblick auf das Reflexivpronomen . . .. 2.2... 497—498

V. Das Pronomen *to.

Anaphorische Verwendung des substantivischen Pronomens 499—502 Anaphorische Verwendung des adjektivischen Pronomens 502—506

Hinweisung auf etwas Folgendes . . . vo». 2.2... 506-507 Artikel . 2 2 2 Con. 507—509 *o im Baltisch-Slavischen . . . 2: 222000. . 510

VL Das Interrogativum und das Indefinitum.

Das Int. und Ind. im Arischen, Italischen, Germanischen 511—517 Das Int. und Ind. im Baltischen, Slavischen, Griechischen 517—520

Rückblick . . 2 2 2 0 m re re ren 520—521 Kapitel XIII. Die Zahlwörter.

Die Zahlen von 1A. . . . 2: 2 m m 2 2 2 nen 522—523

Die Zahlen von 5—10 . . . 2: 2 2 2 2 2 2 rn nen 523—526

Die Zahlen von 11I—19. . . . 2. 2 2 2 2 nr 20er. 526 —528

Die Zahlen von 20—90. . . . 2 2 re rn nr nen 528—532

Hundert und Tausend . . . 2 22: En 0 nr 2 00a 532—535

Kapitel XIV. Die Adverbra. I. Allgemeines über das Adverbium.

Umgrenzung des Gebietes. . . 222000. . . 536—538 Begriff der Erstarrung . . . . . >22 22200 538—541

Inhaltsangabe. xvuI

Erstarrungsvorgänge bei Substantiven und Adjektiven (abweichende Accente, veraltete Formen, isolierte Formen,

Unempfindlichkeit für Genus Numerus Kasus) . . . . 541—545 Erstarrungsvorgänge bei Substantiven . . ......° 545—547 Übersicht über die hauptsächlich zur Adverbialbildung

verwandten Substantivbegriffe. Zeitbegriffe (bei Tage,

früh, abends, bei Nacht, heute, heint, gestern, vor-

gestern, morgen, übermorgen, heuer, im vorigen Jahre) 547—553

Fortsetzung. Ortsbegriffe. ..... 2.202000. 553—554 Fortsetzung. Die übrigen Begriffe... ..... . . 554—555 Erstarrungserscheinungen bei Adjektiven als solchen . . 555—556

I. Übersicht über die Adverbialbildungen nach den Kasus.

Ablativ. Altindisch und Avestisch . ....... . 556—559 Ablativ. . Griechisch (die Formen auf x) . ...... 559—562 Ablativ. Lateinisch (die adj. Adv. auf es, 0o,a..... 562—566 Lokalis. Substantiva im Singular. .... 2.2... 566—569 Lokalis. Substantiva im Dual und Plural. ..... . 569570 Lokalis. Adjektiva (darunter gr. -ı, -ı) und Pronomina 570—573 Instrumentalis. Substantiva im Singular. .... . 573—578 Instrumentalis. Substantiva im Plural. . . ...... 578—579

Instrumentalis. Adjektiva und Pronomina (griech. anf o) 579—584 Fortsetzung. Adverbia femininischer Form (griech. auf 7) 584—588

Fortsetzung. Adverbia pluralischer Form . ... .. . 588589 Dativ... 2.2 Co EEE rennen 589— 590 Genitiv . 2.2 CC 2 NE rennen 590—596 Akkusativ. Akk. der Richtung ern. 596—597 Akk. der Zeit- und Raumerstreckung . . . . .. - . 597—599 Akk. des Inhalts. . ..:. 2 2 22 0 2 nenne. 599—601 Akk. in der Apposition . .. 2: 2000. . . 601—604 Akk. Adverbia verbalen Inhaltes (ai. am, gr. dov, da, önv,

lat. dem) 2 2 0 0 er ren en. 604—610 Adv. aus neutralen Adjektivis. Altindisch und Avestisch 610—614 Fortsetzung. Griechisch und Lateinisch. . . . .. . 615—620 Fortsetzung. Germanisch. . . . .. 2.2000 re. 620—622 Fortsetzung. Litauisch (auch ar) und Slarisch . . . . 622—624 Adverbia aus femininischen Adjektivis. . 2... 624—627 Adverbia aus maskulinischen Adjektivis. . . .... . 627 Nominativ .. 2.2: 2: 2. Er er ere nn ne 627—629 Ungedeutete Formen des Griechischen (auf a) . . . - . 629—631 Ungedeutete Formen des Lateinischen (auf ter). . . . . 631—632

Ungedeutete Formen des Germanischen (auf got. ba, a, o,

mit fick und ung) und des Baltisch-Slavischen . . . . 632—636 Adverbia aus Präpositionen mit Kasus. . . . . 2. . 636—641 Rückblick auf die Adverbia. . .... 2222 200. 641—643

XvI

Inhaltsangabe.

Seite Kapitel XV. Die Prüpositionen. Einleitendes . -. . : 2 2000 rn. 643—647 Il. Allgemeines über die Präpositionen.

Präverbium und Verbum finitum . .. . 2:2 20... 647—652 Präverbium und Verbum infinittum . . 2... 2. .2.. 652—653 Präposition und Kasus . . .. 2. 222er. 653—654 Die Präposition kann zum Verbum oder zum Kasus ge-

zogen werden . .. 2. 222er. 654—659 Die Präposition als Adverbium oder Partikel .... . 659—660 Die Präposition in der Zusammensetzung . . . . 660—664 Schlussbetrachtung. . . . » 22.0. . 664—665 II. Die zugleich als Präverbia und Präpositionen

gebrauchten Wörter. al. dpa, av. apa, gr. dr6, lat. ab, got. af . x. 2. . . 666-669 ai. dva, av. altp. ava, lat. au, aksl. u... 2... . . 669671 ai. anldr, av. antare, altp. antar, lat. inter (osk., umbr

ante). - >: En. 671—673 ai. dpi, av. aipi, gr. &rt. Dazu im Anhang lat. op, lit. ps 673—679 ai. abhi, av.arwi, aıdi, altp. abıy, lat. 0b (amb-), germ. bi

(umbı), slav. obü, dazu av. aus 681 Anm. . . x. . . . 679-690 ai. dd, av. us, altp. ud und us, got. ul, 8... ....» 690—692 ai. dpa, av. altp. upa, gr. ün6, got. uf (lat. sub) . 692—699 lit. pö, pa-, lett. pa, aksl. po... .. 2 20.0. . 699—700 al. pdri, av. pairi, altp. parıy, gr. ver lat. per, got. fair,

lit. per (akal. pr&-). .. 200 rennen 700—715 ai. prd, av. altp. fra, gr. rıpo, lat. pro- (prö), lit. pra- (prö),

Blav. Pr0 .. 2 2 00er rennen . 716—723 av. pastı und paitis, altp. patıy und paltıs, gr. ort und n6e 123—126 ai. prdti, gr. zpotl, TPbE 2 2 een. 0... 726730 ai. sdm, av. altp. ham, lit. sü, slav. . ...... . 730—734

DI. Proethnische Präpositionen, welche nicht

überall Präverbia sind. av. ana, gr. avd, lat. an-, got. ana, slav. na, nebst An-

hang über lit. 2. 2: 22 one 734— 740 ai. dnöi, gr. dvıl, osk. ant, got. and, lit. at... ... 740—741 gr. perd, got. mip, nebst Anhang über gr. red . . . . 741743 ai. pascä (-ad), av. pasca, pasne, altp. pasä, lat. post, lit.

püskui, Da 2: 22 rennen 743—744 ai. purd, puräs, av. para, parö, got. faura, faur . . . . 144—746 ai. tirds, av. taro (tard), lat. trans, got. Bairh. ... . . - 746— 147 ai. ® av. uparrı, "ap uparıy, gr. dbrtp, got. ufar (lat.

super) . Pa EEE . . 1747-749

Inhaltsangabe. XIX

Seite av. adairı, got. undar . . 2: 2: 2200er. 749 ai. dchä, gr. Eote, lat. usque (slav. Jeite) - . -. . 2.2... 1750—752 IV. Proethnische Präpositionen, welche nicht Präverbia sind. ai. sdca, av. altp. hacä, altirisch sech, ai. sahd4 . . . . - 152—753 ai. Bahis, lit. be, slav. bezü; gr. äveu, got. ınuh; altp. rädiy, Blav. rad...» 2 2 22 nern 753—754 V. Übersicht über die Präpositionen in den Einzelsprachen. Arsch . 2:2. CE Een 1754—759 Griechisch. . .... 2. 2 2 2202000. 759—763 Italisch . . 2.2: Co Co on 763— 765 Germanisch . . . 2: 2-20 0 r rn 165—767 Litauisch . . 2 2 2 2 CE Er nen 1767— 769 Slavisch. . 22: Co 0 m Er e rn 769— 771 VL Einige in den Einzelsprachen entstandene Präpositionen. 771—774 Index. . 2.2222 2 EEE rennen 775—793

Nachträge und Berichtigungen. . . ». ev... 791—195

Verzeichnis der wichtigsten Abkürzungen (vgl. 8. 87).

AB. = Das Aitareya Brähmana, her. von Th. Aufrecht, Bonn 1879.

ALL = Delbrück, Ablativ Localis Instrumentalis, ein Beitrag zur ver- leichenden Syntax, Berlin 1867.

Äp. 8. 8. = The Srauta Sütra of Apastamba, ed. by R. Garbe, Calcutta 1882 ff.

Asböth = Russische Chrestomathie von O. Äsböth, Leipzig 1890 (vgl. oben 8. 88 Anm.).

AV. = Atharva Veda Sanhita, her. von R. Roth und W. D. Whitney, Berlin 1855.

Bartholomae,AF. = Chr.Bartholomae, Arische Forschungen 1—3, Halle 1882 ff.

Bartholomae, Handbuch = Chr. Bartholomae, Handbuch der altiranischen Dialekte, Leipzig 1883.

Baunack (Studien) = J. und Th. Baunack, Studien auf dem Gebiet der griechischen und der arischen Sprachen I, 2, Leipzig 1888.

BB. = Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen, her. von A. Bezzenberger.

Bezzenberger, ZGLS. = A. Bezzenberger, Beiträge zur Geschichte der Li- tauischen Sprache, Göttingen 1877.

Bielenstein, Gramm. = A. Bielenstein, Lettische Grammatik, Mitau 1863.

Bielenstein, Lett. Sprache = A. Bielenstein, Die Lettische Sprache nach ihren Lauten und Formen erkl. und vergl. darg., Berlin 1863 u. 64.

Böhtlingk = Sanskrit-Wörterbuch in kürzerer Fassung, bearbeitet von O. Böhtlingk, St. Petersburg 1879 f.

Böhtlingk-Roth (BR.) = Sanskrit-Wörterbuch, hergusgegeben von der Kai- serlichen Akademie der Wissenschaften, bearbeitet von O. Böhtlingk und R. Roth, St. Petersburg 1855 ff.

Brugmann = Brugmann’s Grundriss.

Brugmann, Ein Problem = K. Brugman, Ein Problem der homerischen Textkritik und der vergl. Sprachw., Leipzig 1876.

Brugmann, Griech. Gr.2 = K. Brugmann, Griechische Grammatik in I. Müller's Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft, zweiter Band, 2. Aufl, München 1890.

Buslajev = Istoriteskaja grammatika russkago jazyka sostavl. 8. Buslaejvymü, 4. Aufl, Moskau 1875.

Verzeichnis der wichtigsten Abkürzungen. xxI

Caland. = W.Caland, Zur Syntax der Pronomina im Avesta, Amsterdam 1891.

Cauer = P. Cauer, delectus inscriptionum Graecarum propter dialectum memorabilium, 2. Aufl., Leipzig 1883.

Chänd. Up. = Khändogjopanishad, kritisch her. und übers. von O. Böht- lingk, Leipzig 1889.

eod. Mar. = Quattuor evangeliorum versionis palaeo-slovenicae codex Ma- rianug glagoliticus ed. V. Jagic, Berlin St. Petersburg 1883.

cod. Zogr. = Q. e. cod. glagoliticus olim Zographensis ed. V. Jagic, Ber- lin 1879.

Collitz = Sammlung der griechischen Dialekt-Inschriften, her. von H. Col- litz, Göttingen 1884 ff.

DanitiC = Danilie, Srbska Sintaksa I (nicht mehr erschienen), Belgrad 1858.

Delbrück, Verwandtschaftsnamen = B. Delbrück, Die indogermanischen Verwandtschaftsnamen, ein Beitrag zur vergleichenden Alterthumskunde (Abh. der Sächs. Ges. d. Wiss. Band XI, 8. 337 £f.).

Draeger = A. Draeger, Historische Syntax der lateinischen Sprache, Leip- zig 1874 ff.

Ebrard = G. Ebrard, de ablativi locativi instrumentalis apud priscos seriptores latinos usu (comm. ex suppl. ann. philol. seorsum expr.), Leipzig 1879.

Erdmann = O. Erdmann, Untersuchungen über die Syntax der Sprache Otfrids, Halle 1874 und 76.

Fick = A.Fick, Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen, 4. Aufl., Göttingen 1890.

Gabelentz-Loebe = Ulfilas ed. H. C. de Gabelentz et J. Loebe, Altenburg u. Leipzig 1836 fl.

Gaedicke = C. Gaedicke, der Accusativ im Veda, Breslau 1880.

Geldner, Drei yast = K. Geldner, drei Yasht aus dem Zendavesta über- setzt und erklärt, Stuttgart 1884.

Geldner, Metrik = K. Geldner, Metrik des jüngeren Avesta, Stuttgart 1877.

Geldner, Studien = K. Geldner, Studien zum Avesta, Strassburg (London) 1882.

Gort. = Die Inschrift von Gortyn, bearb. von J. und Th. Baunack, Leipzig 1885.

Grassmann (Gr.) = Wörterbuch zum Rig-Vedsa von H. Grassmann, Leipzig 1873 (gelegentlich ist mit Grassmann (Gr.) auch auf die Uebersetzung des Rigveda verwiesen).

Grein = Ch. W. M. Grein, Bibliothek der angelsächsischen Poesie, Göt- tingen 1857 fl.

Grimm = Jacob Grimm, Deutsche Grammatik.

Günther = C. Guenther, de genuini quem vocant dativi usu Homerico, Halle 1884.

Gunnl. Gunnlaugssaga Ormstungu, her. von E. Mogk, Halle 1886.

Hentze = C. Hentze, Die neueren Arbeiten auf dem Gebiete der home- rischen Syntax, Philologus XXIX, Bd. 1, 8. 120 ff.

Holtze = F. G. Holtze, Syntaxis priscorum scriptorum Latinorum, 1—2, Leipzig 1861—62. .

Hübschmann = H. Hübschmann, Zur Casuslehre, München 1876.

xXxU Verzeichnis der wichtigsten Abkürzungen.

IF. = Indogermanische Forschungen, Zeitschrift für indogermanische Sprach-

und Altertumskunde, her. von K. Brugmann und W. Streitberg.

Jagie (Archiv) = Archiv für slavische Philologie, her. von V. Jagie.

Juhl = E. Juhl, de numeri pluralis usu Homerico, Halle 1879.

Justi = Handbuch der Zendsprache von F. Justi. Leipzig 1864.

Klinghardt = J. Klinghardt, de genetivi usu Homerico et Hesiodeo, Halle 1879.

Köhler = A. Köhler, Ueber den syntaktischen Gebrauch des Dativs im Gotischen, Dresden 1864.

Kress = J. Kress, Der Instrumentalis in der angelsächsischen Poesie, Mar- burg 1884,

Kühner-Blass = Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache von R. Kühner, 3. Aufl. besorgt von F. Blass, Hannover 1890 ff. (nur Theil I benutst.

Kurschat = Grammatik der littauischen Sprache von F. Kurschat, Halle 1876.

Kurschat, Wb. = Wörterbuch der littauischen Sprache von F. Kurschat, Halle 1883,

KZ. = Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung, her. von Th. Aufrecht und A. Kuhn (jetzt E. Kuhn und J. Schmidt‘.

Lange = A. R. Lange, de substantivis femininis graecis etc. Leipzig 1885.

Lanman, noun-inflect. = Charles R. Lanman, on noun-inflection in the Veda, New-Haven 1550 (from the journal of the American Oriental Society Vol. X).

Leskien, Bild. d. Nom. = A. Leskien, Die Bildung der Nomina im Li- tauischen (aus dem 12. Bande der Abh. der Sächs. Ges. d. Wiss.\, Leipzig 1891.

Leskien, Dekl. = A. Leskien, Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen (Preisschrift der Jablonowski’schen Gesellschaft), Leip- zig 1876.

Leskien, Handbuch? = A. Leskien, Handbuch der altbulgarischen (alt- kirchenslavischen) Sprache, 2. Aufl, Weimar 1886.

Leskien-Brugman = Litauische Volkslieder und Märchen, ges. von A. Leskien und K. Brugman, Strassburg 1882.

Ludwig (L.) = A. Ludwig, Der Rigveda oder die heiligen Hymnen der Brähmana, Prag 1816 ff.

Lund = G.F. V. Lund, Oldnordisk ordföjningslere, Kebenhavn 1862.

Meisterhans? = K. .Meisterhans, Grammatik der attischen Inschriften, 2. Aufl, Berlin 1888.

G. Meyer, Gramm.? = Griechische Grammatik von G. Meyer, 2. Aufl, Leipzig 1386.

Michels = V. Michels, zum Wechsel des Nominalgeschlechts im Deutschen, Strassburg 1889.

Miklosich = Vergleichende Grammatik der slavischen Sprachen von F. Miklosich. '

Miklosich, GL = Lexicon Palaeoslovenico-graeco-latinum em. auct. ed. F. Miklosich, Wien 1862—1865.

Verzeichnis der wichtigsten Abkürzungen. xXIm

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ZDMG. = Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft.

ZFÖG. = Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien.

EINLEITUNG.

Das Werk, dessen ersten Theil ich hiermit der Öfentli keit übergebe, führt den Titel: Vergleichende Syntax der in germanischen Sprachen. Es soll also in demselben versu werden, dasjenige wissenschaftliche Verfahren auf die Syn anzuwenden, welches auf dem Gebiet der Etymologie, der La und Formenlehre zu wichtigen Erfolgen geführt hat. Da ı ein solcher Versuch, wenigstens in dem Umfange, der mir ı schwebt, noch nicht unternommen worden ist (denn es gi bisher zwar einige vergleichend-syntaktische Einzelarbeit aber keine Gesammtdarstellung), so wird es sich empfehlen, nächst zu zeigen, wie man bisher die Syntax behandelt ] und sich zu fragen, welche Veränderungen sich etwa aus neuen Fassung der Aufgabe ergeben möchten. Das soll dieser Einleitung geschehen.

Meine Absicht geht dabei nicht auf eine Geschichte ı Theorie der Syntax. Ich will nur versuchen zu zeigen, die wichtigsten der syntaktischen Begriffe in der vielhund: jährigen wissenschaftlichen Entwickelung allmählich herı getreten sind, sich vererbt und verändert haben. Nament] habe ich mein Augenmerk darauf gerichtet, deutlicher, als bisher geschehen ist, zum Bewusstsein zu bringen, dass Syntax fast während der ganzen Zeit ihres Bestehens eir bald stärkeren bald schwächeren Einfluss von seiten der Phi sophie ausgesetzt gewesen ist, was sich theils daraus erkl dass einzelne Grammatiker überzeugte Anhänger gewisser ph sophischer Systeme waren, theils, und zwar hauptsächlich, dar: dass aus der grossen Werkstatt der Philosophie allerhand . fälle durch verschiedene Kanäle in den grammatischen Betı

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 1

p) Einleitung. Erste Periode. Die Griechen.

geleitet worden sind, deren sich die Arbeiter dann halb un- bewusst bedienten. Ich werde natürlich nicht umhin können, ım Verlauf der Darstellung zur Orientierung des Lesers mein eigenes Urtheil über den Werth der vorgebrachten Behauptungen abzugeben, doch soll die Erörterung hinter der Erzählung zurück- treten. Zum Schluss soll so viel von der Theorie, als mir nöthig scheint, kurz zusammengefasst werden.

Was die Gliederung des erzählenden Theils der Einleitung betrifft, so versteht sich, dass ich mit den Griechen zu beginnen habe. Denn auf sie geht ja der grösste Theil unserer grammati- schen Weisheit zurück. Mit den Römern, denen in einer ausführ- lichen Geschichte der Grammatik eine unverächtliche Rolle zu- fallen würde, werde ich mich dagegen nicht beschäftigen, da sie für mich nur als Fortleiter der griechischen Anschauungen in Betracht kommen. Die zweite Periode soll die aprioristische Behandlung der Grammatik umfassen. Ich rechne dahin die Scholastiker und ihre Nachfolger (z. B. Sanctius) und schliess- lich auch noch Gottfried Hermann. Mit Wilhelm von Humboldt, Bopp und Grimm beginnt dann die dritte bis in die Gegenwart reichende Periode, die sich von selbst ın mehrere kleinere Abschnitte zerlegt.

Erste Periode.

Die Griechen.

Eine Darstellung der gesammten griechischen Grammatik hat, wie es denn auch in Steinthal’s Geschichte der Sprach- wissenschaft bei den Griechen und Römern (zweite Auflage, Berlin 1890) geschieht, zuerst von den Philosophen, insbeson- dere von Plato, Aristoteles und den Stoikern zu handeln, dann die Thätigkeit der alexandrinischen Kritiker zu schildern und sich zum Schluß zu den grammatischen Lehrbüchern zu wen- den. Für meinen bescheideneren Zweck ist es erlaubt, von den beiden ersten Abschnitten abzusehen und sofort an das älteste schulmäßige Kompendium der Grammatik, die aller Wahrscheinlichkeit nach im ersten Jahrhundert vor Christus

Einleitung. Erste Periode. Dionysios Thrax. 3

verfasste Techne des Dionysios Thrax anzuknüpfen (vgl. _/ Dionysu Thracis ars grammatica ed. Gustavus Uhlig, Lipsiae 1883). Diese nur wenige Seiten füllende Schrift hat, wie Uhlig mit Recht bemerkt, eine weitergehende Wirkung geübt als irgend ein andres Werk der profanen Literatur, selbst die Theile des Aristotelischen Organons nicht ausgenommen, sie legt ein merk- würdiges Zeugnis ab nicht bloss für den Umfang und die Dauer, sondern auch für die Strenge der von dem griechischen Geiste geübten Diktatur; auf ihr beruht die traditionelle Schulgram- matik des gesammten Occidents und eines erheblichen Theiles des Orients (vgl. Uhlig, zur Wiederherstellung des ältesten oecidentalischen Kompendiums der Grammatik, Heidelberger Festschrift zur 26sten Versammlung d. Philol. in Karlsruhe 1882). Die ersten zehn Paragraphen der Techne gehen uns hier nichts an. Dagegen ist es gerathen, ihren Inhalt von $ 11 an genauer vorzuführen. Der genannte Paragraph enthält die Definitionen der Begriffe Satz und Satztheil (oder, wie wir in mangelhafter Übersetzung des lateinischen pars orationis sagen, Redetheil). Die Definition des Satzes hat höchst wahrscheinlich gelautet: Ibyos Lori Adkemv ouvBeoıs dtavorav auroteAfi Snloüca (Uhlig, Festschr. 74), ein Satz ist eine Verbindung von Wörtern, welche einen in sich vollendeten Sinn darstellt. Die Definition von ‘Satztheil’ lautet: Adfıc Zorl nEpos &Adyıorov Toü xard abvrakıv Adyon, d. h. Attıc ist der kleinste Theil des auf Zusammenfügung beruhenden Satzes. Solcher A&feıs oder p£pn) Adyou giebt es acht, die stets in derselben Folge aufgeführt werden. Es sind: dvon« Nomen, hjua Verbum, peroyn Partizipium, apdpov Artikel, avr- ovonla Pronomen, rzpödeoıs Praeposition, &rippnpa Adverbium, obvöecuos Konjunktion. Im einzelnen wird über sie folgendes behauptet.

"Ovopa ist ein Satztheil mit Kasus (rtwrıxdv), einen Körper (söpa), z. B. ‘Stein’ oder eine Handlung (rpäypa), z. B. ‘Er- zıehung’ bezeichnend, allgemein angewendet, z. B. “Mensch, Pferd’, oder besonders (personell, {ölw;), z. B. ‘Sokrates’. Als Begleiterscheinungen (raperöptva) des Nomens treten auf die Geschlechter (y&vn: äpssvındv, UrAuxdv, oböftepov), die Numeri

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Einleitung. Erste Periode. Diorysios Thrax.

(aprdyol:=& ei Suigd <, , rmburtindg), die Kasus (mtbocıs: &pß%, u ach xAntıxy). Ausserdem sind zwischen I evn und N eingeschoben eiö5n und oynparg, d. h., wie wir , sagen würden, verschie Arten der Stammbildung oder Klassen der Bedeutung, "wobei als Beispiele nicht loss Substan- tiva, sondern- äuch Adjektiva aufgeführt werden. - yayN\ “Pjiia ist ein Satztheil ohne Kasus, fähig Zei \ Personen > yad Numeri anzunehmen‘), Thätigkeit oder Leiden ansdrückend > \- (&vepysıav 4 nddos rapıoräsa).. An Begleiterscheinungen des Du Werbums sind (wenn Ar, n den eiön und oynpara und auch N By den dee tionsarten, die wir in der Formen- lehre behandeln, absehen) vorhanden die Modi (&yxAtosı;), näm- lich Indikativ (öptotıxn), Imperativ (npootaxtıxn), Optativ (eöxtınn), Subjunktiv (örotaxtınn). Endlich wird auch der Infinitiv (drap- euparos) dazu gerechnet. Sodann nach den Modi die Genera des Verbums (SrWebere: &v£pyeıa Aktivum, rados Passivum, peodrns Medium), die Numeri, die Personen (rpdowro), und die Tempora (xpövor, nämlich &veorw; die gegenwärtige, rape- Anludws die vergangene, yEilwv die zukünftige). Mertoyn ist ein Satztheil, welcher an dem eigenthümlichän _' N S Wesen (löidıtos) der Verba und Nomina theil hat (nertye). Die Begleiterscheinungen sind dieselben wie bein Nomen und Verbum ausser den Personen und Modi. ‚> .& Apdpov ist ein Satzteil mit Kasus, welcher den Kasus (ci xAloeug) der Nomina voran- oder nachgegtellt wird. Der ı voranzustellende (rporaxtıxdv) Artikel ist 6,-der nachzustellende (Öroraxtıxdv) ist (&. Es werden also hier der griechische Artikel und das griechische Relativum zusammengeworfen, über deren etymologische Verschiedenheit uns erst das Sanskrit auf- geklärt hat. un .L Avrwvupia ist ein Satztheil, welcher an Stelle des Nomens gebraucht wird, bestimmte Personen bezeichnend. Es werden

1) Die Worte von “fähig” bis ‘anzunehmen? (Exıdextixt, Xpövav re xal rposhrwv Kal dprdpmv) wären nach Uhlig, Festschr. 84 zu streichen, Dagegen vermuthlich noch die Worte xarnyöpnpa onpatvousa hinzuzufügen (s. unten 8. 7).

Einleitung. Erste Periode. Dionysios Thrax. 5

dasu nur gerechnet die persönlichen Pronomina nebst ihren Possessivis. Was wir sonst Pronomina nennen, muss zum Nomen oder zum Artikel gestellt worden sein. TIpödesı; ist ein Satztheil, welcher all m yoranges u Bach sowohl in der Zudkn: Ge "in yA Er (suvräter, d.h. in der Verbindung mit Kası), re werden die achtzehn vorhandenen Präpositionen aufgezählt. 9% ’Eripprpa ist ein Satzteil ‘ohne Flexion (rArtohf,‘ welcher” iq Verbus braucht, oder ihm hinzugefügt is Keyspeyp 4 Aniden Be, "Unter den &S; va haft Kich Arohl Wörter wie kadbı, y unter den änteydpeva brnarı Zei und Orts dverbia u. dgt- Aus der Menge der beigebrachten rather ungen ist zu er- /3ehen, dass unter äripprjua zusammengefasst wurde, was wir unter die Begriffe Adverbium, Partikel, Interjektion zu ver- theilen pflegen. len RAN Endlich oövdeopo; ist von \ Dionysios” so definiert worden: Atkız ouvödouca Srävoray usta takews nal to ts &purvelas xeynvös rınpodoa (8. Uhlig im Index unter ouvöeopos), d. h. ein Satz- theil, welcher Fi Sinn unter Innehaltung einer bestimmten TEE d welcher die Lücken

Pas! uera Tai t sich darauf, dass man Kr

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3 Aaupdvovza), z. B,'ö ur ehe nl. Übrigens werden die n., jespor eingetheilt“in RE Eoßjunditones copulativae (wozu

y ausser xal u. ähnl. Be dv gerechnet werden), dıa- U ‚Beoxtıxol disjunctivae) suvartıxol Omi onann rapsasvaruno! cau- N \ sales, alzıokoyıxol vae, ouAkoyıotıxot \ . ratioenativae, endlich schon nten raparinpwparıxot tlıvae. ae die acht Redetheie der BA At %n hf banı der- hat die Folgezeit nicht viel verändert. Die Römer haben natürlich den Artikel, den sie in ihrer Sprache nicht hatten,

N

Ansch: , daks einige Wörter nur des Meırums wuer uer Schönheit wege wer‘ poo f adapou Evexey mapa-

ale up ah

6 Einleitung. Erste Periode. Dionysios Thrax.

weggelassen. Wir ziehen ihn zum Pronomen, das wir auch sonst anders begrenzen. Zum Ersatz haben dann die Römer einen andern achten Satztheil aufgestellt, welchen sie aus dem erlppnpa mit seinen zahlreichen Unterabtheilungen lostrennten, nämlich die Interjektion, worin wir ihnen mit Recht gefolgt sind. Wir haben aber ausserdem aus dem &rippnpa noch einen weitern Satztheil herausgeschnitten, die Partikel, auf den wir uns freilich nicht viel einzubilden haben (vgl. Karl Ernst August

. Schmidt, Beiträge zur Geschichte der Grammatik 219ff.),. Zu

manchem Tadel geben die Definitionen der Satz- theile Veranlassung. Es fehlt vor allem der einheitliche Aus- gangspunkt, denn man versucht entweder das Wesen der Satztheile an sich aufzuklären, oder man legt (freilich mehr nebensächlich) Gewicht darauf, ob sie Flexionsformen haben oder nicht, oder endlich man beschreibt sie nach ihrem Ver- hältnis zu andern Satztheilen oder dem Gedanken des Satzes. Der erste der genannten drei Gesichtspunkte tritt bei den Definitionen des Nomens, des Verbums, des Partizipiums und Pronomens hervor. Das Nomen bezeichnet nach Dionysios ein oöpa oder ein rpäypa. Andre fassen die Begriffe etwas ab- weichend. “Aber immer so sagt Steinthal, Gesch. d. Sprachw.?, 2, 242 mit Recht ob man owpa 7) rpäyna oder oödcla oder odola nerd rordentos oder bloss roLdtns sagt, dies ist insofern ganz gleichgültig, als man in jedem Falle in das Reich der sach- lichen Begriffe, der Logik und Metaphysik, und aus der Sprache heraus geräth.” Was das Verbum betrifft, so fehlt strenggenom- men in der Definition des Dionysios, wie sie oben mitgeteilt worden ist (dfjpd &orı Adkıs Antwrog &vepysıav F nados Tapıstaoa), der Versuch, das eigentliche Wesen des Verbums aufzufassen, denn &v&pyeta und xados sind doch nur Zustände des im Verbum enthaltenen Subjekts. Apollonios Dyskolos, von dem sogleich weiter gesprochen werden soll, findet das törov des Verbums (zwar nicht bei der Definition, aber sonst) im rpäypa, wie auch wir wohl nicht abgeneigt wären, im Nomen das Ding, im Ver- bum den Vorgang ausgedrückt zu sehen; aber es lässt sich doch nicht leugnen, dass es bedenklich ist, in dem Nomen owpa 7

Einleitung. Erste Periode. Dionysios Thrax. 7

zpäypa, in dem Verbum rpäypa zu erkennen. Es müsste noth- wendig in der Definition des Verbums enthalten sein, dass es Aussagewort ist. So definieren es die Stoiker, und vielleicht oder wahrscheinlicherweise hat auch die Definition des Diony- sios noch die Worte enthalten: xamydpnpa ompatvouoa (vgl. Uhlig, Festschr. 84), Apollonios aber wollte davon nichts wissen. Denn einmal ging er darauf aus, das Wesen des Verbums, nicht seine Aufgabe, zu definieren, und dann liess sich unter xarnydpnpa der Infinitiv nicht unterbringen, den er doch so zu sagen für das Verbum an sich hielt. Ausser dem Nomen und Verbum werden nach ihrem Wesen noch definiert das Partizipium und etwa noch das Pronomen, insofern angegeben wird, dass es die drei Personen ausdrücke. Der zweite der genannten Gesichtspunkte, das Vorhandensein oder Fehlen von Flexionsformen, tritt nicht beherrschend hervor. Vom Nomen und ebenso vom Artikel wird gesagt, jedes der beiden sei ein u£pos Adyou rrurıxdv, das Verbum heisst eine Adiıs drtwro;, das Adverbium ein pe£pos Adyov Axkırov. Bei dem Pronomen, der Präposition, der Konjunktion wird etwas derartiges in die Definition nicht aufgenommen. Es würde also nicht im Geiste der alten Grammatik sein, wenn man die Satztheile ın flektier- bare und nichtflektierbare eintheilen wollte. Der dritte Gesichtspunkt kommt bei den übrigen Satztheilen zur Geltung. Weder bei dem Artikel, noch der Präposition, noch dem Adver- bium, noch endlich der Konjunktion wird auf das Wesen der Begriffe an sich eingegangen. Vielmehr werden der Artikel (abgesehen von der Bemerkung, dass er rtwrıxdv sei) und die Präposition nur durch ihre Stellung vor oder nach andern Wörtern charakterisiert, das Adverbium nur durch sein Ver- hältnıs zum Verbum (das Verhältnis zum Adjektivum wird, da dieses nicht als besondrer Satztheil anerkannt war, nicht erwähnt), die Konjunktion nur durch ihr Verhältnis zum Sinne des Satzes. Die drei genannten Gesichtspunkte nun haben auch den Grammatikern der Folgezeit zu schaffen gemacht. Und in der That verdienen sie sämmtlich Berücksichtigung. Nur darf man sie nicht, wie Dionysios es gethan hat, zusammen-

8 Einleitung. Erste Periode. Apollonios Dyskolos.

werfen, sondern muss jeden an seiner Stelle zur Geltung bringen.

Der zweite Grammatiker, dessen ich zu gedenken habe, ist Apollonios Dyskolos aus Alexandria, der zur Zeit des Antoninus Pius in Rom lehrte, im Gegensatz zu dem für uns unpersönlichen Dionysios ein philologischer Charakterkopf, umfassende Belesenheit mit eindringendem und grüblerischem Scharfsinn verbindend, schreiblustig, streitbar. Wir haben ıhn schon soeben bei den Satztheilen gelegentlich erwähnt, deren Definitionen er vielfältig verbessert oder geändert hat, jetzt geht er uns an als der Vater der Syntax. Zwar die Wörter ouvraocsıv und guvrafıs wurden schon vor ihm in der Gram- matik gebraucht (wurde doch der Satztheil bei Dionysios defi- niert als n&pos &Adyıosrov tod xara auvrakıy Adyou), aber zepl suv- takewus de constructione hat er, so viel wir wissen, als erster einer unendlichen Reihe geschrieben. Die Grammatiker haben sich allezeit gern mit dem Korrigieren von Fehlern abgegeben. So hatte man denn schon vor Apollonios den Barbarismos getadelt, der an dem einzelnen Worte hervortrete, den Soloi- kismos, der bei der Verbindung der Wörter zum Vorschein kommt. Ferner hatte jemand den Satz ovros pe Erudbev für fehlerhaft erklärt für den Fall, dass die in Zrudev tätig gedachte Person eine Frau sei. An diese Thorheit knüpft Apollonios in der grundlegenden Stelle seiner Syntax (Anfang des dritten Buchs) an, indem er zunächst den Unterschied zwischen that- sächlicher und grammatischer Richtigkeit hervorhebt. Was ist nun aber grammatische Richtigkeit? In dieser Hinsicht muss man die Satztheile mit Flexion von denen ohne Flexion unter- scheiden. Bei den ersteren beruht die Richtigkeit in der Ver- bindung der auf einander passenden Formen, oder wie Apollonios sich sich umständlicher ausdrückt: Von den Satztheilen werden einige abgewandelt in Numeri und Kasus, andere in Personen und Numeri (wie das Verbum und Pronomen), einige in Ge- schlechter. Diese abgewandelten Satztheile nun sind durch die Zusammenfügung der Rede vertheilt zum Zweck der Verknüpfung mit dem worauf sie bezogen werden können {ty toü Aoyov

Einleitung. Erste Periode. Apollonios Dyskolos. 9

auvBEssı Avapsp£pıorar el; Enırnloxrv Too npoc 0 duvarar vepeadaı). So z. B. gehört zu dem pluralischen Verbum ein pluralisches Nomen nach Massgabe der in der Verbalform enthaltenen Per- son, Z. B. zpaypopev Aueis, ypapousıv ol Avdpwror!), und ebenso verhält es sich mit den Kasus und Genera. Anders ist es mit den Wörtern ohne Flexion. An sich könnten sie mit allen anderen Wörtern verbunden werden, da sie ja kein die Verknüpfung begrenzendes Zeichen an sich tragen. Das ist auch der Fall, doch wird bei einigen die Verwendbarkeit durch ihren Sinn beschränkt, so z. B. bei den Adverbien, welche eine bestimmte Zeitstufe, oder welche einen Wunsch ausdrücken u. 8. w. Aus diesen Grundgedanken nun begreift sich auch die Anordnung der Schrift repl ouvratews. Die wich- tigsten Satztheile sind die flexibeln, unter diesen wieder Nomen und Verbum, da ja, wie Apollonios sagt, ohne diese der ganze Satz nicht zusammengeschlossen wird (od ouypxielera). Da nun das Nomen in der auch von Apollonios hochgehaltenen Reihen- folge den Reigen eröffnet, so könnte man meinen, dass auch die Syntax mit dem Nomen zu beginnen habe. Aber das Nomen kommt doch erst da zu seiner rechten Geltung, wo die Verbindung (2rxırloxr) seiner Flexionsformen mit den Flexions- formen des Verbums in die Erscheinung tritt. Apollonios spart also das Nomen bis dahin auf und beginnt daher seine Schrift nicht mit dem Nomen, sondern mit denjenigen Satztheilen, die dem Nomen gegenüber eine dienende Stellung einnehmen, sei es, dass sie dem Nomen angefügt werden, wie der Ar- tikel (Buch I), sei es, dass sie an Stelle des Nomens treten, wie das Pronomen (Buch II). Im dritten Buch, wo das Verbum in den Kreis der Betrachtung tritt, folgt dann zuerst die schon berührte Grundlegung, darauf werden die Modi mit den Tem- pora und Personen, dann die Kasus des Nomens in ihrem Verhältnis (ihrer Abhängigkeit, wie wir sagen würden) gegen-

1) Ist nicht die im Verbum enthaltene Person gemeint, sondern tritt en Wechsel ein (&v peraßaseı), so braucht keine Kongruenz stattzufinden: Tumtougı töy Avdpwmrov und törtoucı tods dvdpibrouc. Daraus sind später die Begriffe Kongruenz und Rektion entwickelt worden (vgl. Steinthal?, 2, 347).

10 Einleitung. Erste Periode. Apollonios Dyskoles.

über dem Verbum behandelt. Das vierte Buch bespricht die Präpositionen, welche ja sowohl zum Verbum als zum Nomen in Beziehung stehen. Der Rest des Werkes ist verloren gegangen.

Zum Schluss will ich noch hervorheben, dass Apollonios vieles zum ersten Mal gelehrt hat (z. B. über den Artikel und das Pronomen), das noch heute gilt oder woran man noch heute anknüpft, aber dass er natürlich auch oft in seinen Er- klärungen in die Irre gegangen ist. So macht ihm z.B. der Singular des Verbums bei dem Neutr. plur. als inkongruent (axaraAAndos) Sorge, und er kann diese Konstruktion nicht besser rechtfertigen, als durch die Annahme, dass eine (durch Gleichheit der Form entschuldigte) Verwechselung zwischen Nominativ und Akkusativ eingetreten sei. So habe die fehler- hafte Konstruktion sich unvermerkt einschleichen können. Freilich war auch von ihm nicht zu verlangen, dass er schon damals auf die Hypothese hätte verfallen sollen, welche jetzt J. Schmidt in einem grundgelehrten Buche durchzuführen sucht, dass nämlich der neutrale Plural seinem Ursprunge nach eigentlich ein femininischer Singular sei. Ein zweiter merkwürdiger Fall begegnet uns bei der Kasuslehre. Bei den Kasus stellt Apollonios die in Betracht kommenden Verben zu Bedeutungsgruppen zusammen, die er dann mög- lichst unter einen Hut zu bringen sucht. So steht der Akku- satıv bei denjenigen Verben, die eine leidende Person neben sich erfordern, der Genitiv, wenn ein Affiziertsein durch den Begriff des Verbums ausgedrückt werden soll, der Dativ bei den Verben, welche eine Zuwendung bedeuten. Natürlich wollen sich nun viele Ausdrucksweisen nicht fügen, z. B. er- hellt nicht, warum man geuyw oe, toörov Yoßoüpa: und ähnl. sagt, da doch der Fliehende und Fürchtende selbst der Lei- dende ist. Bei dieser Gelegenheit nimmt Apollonios seine Zuflucht zur Ellipse, welche nicht bloss in der poetischen Rede vorkomme. Es fehlt ein öıd, wie es neben dem Gen. fehlt in oppnoeı nedloro. Wir sehen in diesen beiden Fällen Apol- lonios von Mitteln der Erklärung Gebrauch machen, welche die alexandrinischen Kritiker oft und unbedenklich anwenden,

Einleitung. Erste Periode. Die Griechen. 11

ebenso wie z. B. ihre indischen Kollegen. Ursprünglich ist diese Art der Erklärung nicht böse gemeint. Wenn Aristarch gelegentlich sagt, dass Homer den Dativ statt des Genitivs an- wende, so soll das eigentlich nur heissen, dass die Prosa an dieser Stelle den Genitiv gebrauchen würde, und wenn es heisst, dass etwas fehle (2/eireı), so soll damit ebenfalls ursprüng- lich nur gesagt sein, dass die gewöhnliche Rede noch das und das Wort setzen würde. Unter den Händen pedantischer Schulmeister oder verschrobener Grübler sind dann freilich Enallage und Ellipse zum Gegenstand gefährlicher Irrlehren geworden.

Die Ausläufer der griechischen Grammatik nach Byzanz und Rom habe ich hier nicht zu verfolgen!). Dagegen wird man ein zusammenfassendes Urteil über die griechischen Leistungen erwarten. Um sich ein solches zu bilden, erwäge man vor allem die Grösse der Aufgabe. Die Sprache wird einer Generation nach der andern überliefert in Gestalt von Sätzen, innerhalb deren sich mehr oder minder deutlich einzelne Wörter abheben. Ein Theil derselben erscheint stets in gleicher Gestalt, andere vielförmig, aber doch so, dass sich ein bleibender gleicher Kern dem Gedächtnis einprägt. Die Wörter sind auf das mannigfaltigste innerlich verknüpft und an eine gewisse Reihenfolge gebunden. Wer nun dieses von den Vä- tern überkommene Instrument unausgesetzt anwendet, in dessen Innern bilden sich natürlich eine grosse Masse von Reihen, deren Glieder durch Form und Inhalt fester oder lockerer verbunden sind. Von allen diesen Reihen weiss der natürliche Mensch nichts; dass sie aber vorhanden sind, ergiebt sich daraus, dass eine Reaktion des Sprachgefühls eintritt, sobald in der Sprache etwas Ungewöhnliches erscheint, eine falsch gebildete Verbalform, ein Wort an ungewöhnlicher Stelle u. s. w. Alle

1) Nur sei es erlaubt, zu bemerken, dass von einem Byzantiner bereits die lokalistische Kasustheorie aufgestellt worden ist, nämlich von Maximus Planudes (erste Hälfte des 14. Jahrh.), ein Beweis, wie naheliegend diese unricehtige Ansicht ist. Nach ihm bezeichnet der Genitiv das rößev, der Dativ das xoö, der Akkusativ das nr} (vgl. Hübschmann, zur Kasuslehre 26).

12 Einleitung. Zweite Periode. Die Zeit bis zum Ende des 18. Jahrh.

diese Typen nun aus dem Unbewusstsein in das Bewusstsein zu heben und das ist doch die Aufgabe des Grammatikers ist ein gewaltiges Unternehmen, das auch den hellsten Köpfen, selbst Männern wie Aristoteles, nicht auf den ersten Anlauf gelingen konnte. Die Griechen haben die schwierige Aufgabe zwar nicht so vollkommen gelöst, wie die Inder, aber doch so, dass wir noch heute von ihnen zehren. Ihr Mangel lag, was die syntaktischen Begriffe betrifft, wesentlich in ihrem Verhältnisse zur Philosophie. Sie haben sich von der Philosophie, die vor ihnen an den gleichen oder an ähnlichen Aufgaben ge- arbeitet hatte, freı gemacht, und sie haben daran insofern recht gethan, als Logik und Grammatik verschiedene Aufgaben haben. Aber sie haben damit auch dasjenige bei Seite gescho- ben, was sie zu ihrem Nutzen hätten verwenden müssen, näm- lich (um es in späterer Formulierung auszudrücken) die Be- griffe von Subjekt und Prädikat, ohne welche eine Syntax nicht auskommen kann. Dieses Versäumnis rächte sich, die zweite Periode steht überwiegend unter dem Zeichen der Phi- losophie.

Zweite Periode. Die Zeit bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts.

Innerhalb des Zeitraums, den ich ın der zweiten Periode zusammenfasse, interessieren uns zunächst die Scholastiker, welchen ıch Sanctius, den berühmten Verfasser der Minerva anfüge. Dann wird von John Locke, der grammaire generale und dem Einfluss der Wolf’schen Philosophie die Rede sein. Denn die andern zwischen den Scholastikern und Kant liegenden ‚philosophischen Systeme haben, soviel ich sehe, einen Einfluss auf die Syntax nicht gewonnen.

Über die grammatischen Studien der Scholastiker unter- richtet man sich leicht aus der übersichtlichen Schrift von Thurot, welche Band 22, 2 des verdienstlichen Sammelwerkes Notices et extraits des manuscrits de la bibliotheque imperiale bildet (Paris 1868). In der Zeit, welche für uns in betracht

Einleitung. Zweite Periode. Die Scholastiker. 13

kommt, vom 12. Jahrhundert an, herrschte in dem grössten Theile von Europa eine Gleichheit der Bildung, von der wir uns heutzutage schwer eine Vorstellung machen können. Den Inhalt der Gedanken bestimmte die Kirche, das Rüstzeug zur Bearbeitung entnahm man dem Aristotelischen Organon (welches hauptsächlich durch die Übersetzung des Boethius bekannt wurde), die Sprache war die lateinische, die überall auf gleiche Weise gelehrt wurde. ‘Das Doctrinale des Alexander de Villa Dei (anfang des 13. Jahrhunderts) wurde in den Schulen diktiert, auswendig gelernt und kommentiert zu Paris, Oxford, Prag, Breslau und Bologna’. Natürlich, dass man auf die Formen- lehre, welche den Knaben eingebläut wurde, keinen besondern Werth legte (dieser Theil der Grammatik ist ja erst durch die vergleichende Sprachkunde zu rechtem Ansehn gekommen) ; das Hauptinteresse wendete sich auf die Syntax. Studium grammaticorum praecipue circa constructionem versatur, sagt ein Grammatiker des 13. Jahrhunderts. Doch geschah das nicht etwa in dem Sinne, dass die Thatsachen des Sprach- gebrauchs gesammelt worden wären. Eine solche Arbeit lag dem nach innen gekehrten Zeitalter fern. Man forschte viel- mehr nach den im Satze enthaltenen Begriffen. ‘Die Grammatik _ war nicht mehr die Kunst, richtig zu sprechen und zu schreiben. Sie war eine rein spekulative Wissenschaft geworden, welche nicht darauf ausging, die Thatsachen vorzulegen, sondern aus den letzten Prinzipien zu erklären.‘ Wenn es denn (so kann man weiter im Sinne dieser Denker reflektieren) bei der Sprache wesentlich auf die Begriffe, die Gedanken, das Innere ankommt, so ıst die äussere Erscheinung der Sprachen eigentlich gleich- gültig. Und so konnte die Frage auftauchen, ob nicht alle Sprachen im grunde genommen gleich wären, und mit ja beant- wortet werden. Die noch dem 18. Jahrhundert fremde Vor- stellung, dass eine Sprache aus dem Volke hervorgegangen ist, das sie spricht, dürfen wir natürlich in der Scholastik nicht suchen, und so können wir uns denn nicht wundern, schliess- lich dem folgenden Satz zu begegnen: non ergo grammaticus, sed philosophus proprias naturas rerum diligenter considerans,

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14 Einleitung. Zweite Periode. Die Scholastiker.

ex quibus modi essendi appropriati dıversis rebus agnoscuntur, grammaticam invenit (S. 124). Man kann also sagen: die Denker der damaligen Zeit waren auch in der Grammatik Schola- stiker, und zwar, wenn es erlaubt ist, ihre Terminologie auch auf die Grammatik anzuwenden, Realisten. Die universalia, d.h. in unserm Falle die grammatischen Begriffe waren ihnen ante rem. Im einzelnen ist zu bemerken, dass man sich besonders eifrig mit den Grundbedeutungen der Satztheile, den sog. modi significandi (d. h. etwa so viel wie Kategorien), beschäftigte. Man zählte derselben sieben, und um jeder dieser sieben willen ist der entsprechende Satztheil erfunden worden, so z. B. das Nomen wegen der Kategorie Substanz mit Qualität. Wichtig ist, dass wir ın der Definition des Verbums und damit des Satzes die Scholastik durchaus auf dem Standpunkte des Aristoteles finden. So heisst es bei Petrus Helias (12. Jahrh.): in omni perfecta oratione dicitur aliquid et de aliquo. Fuit igitur repertum nomen ad discernendum de quo est sermo, verbum vero ad discernendum quid dicitur de eo (S. 178), und ın etwas späterer Zeit: ad perfectionem locutionis duo sunt necessaria, scilicet suppositum et appositum. Suppositum est illud de quo fit sermo, .. . appositum est illud quod dicitur de supposito (S. 217). Die Ausdrücke ‘Subjekt’ und “Prädikat ge- brauchte man nicht, obgleich Boethius sie hat, wie wir später sehen werden. Deshalb konnte man den Nominativ auch nicht als Subjektskasus bezeichnen, sondern drückte sich über ihn so aus: nominativus est quidam modus significandi datus nomini ad designandum rem ut quod est alterum, quod clare videre potes dicendo Socrates currit. Nam Socrates significatur tamquam id quod est hujus cursus activum (S. 250). Das Wort Kopula erscheint bei Abälard, kommt aber keineswegs zu allgemeiner Geltung. Endlich dürfte hervorzubeben sein, dass in der Zeit der Scholastik der schon von römischen Grammatikern angewendete (vgl. Hübschmann, zur Kasuslehre 36 Anm.) Ausdruck regere all- gemein geworden ist. Petrus Helias lässt sich über denselben so vernehmen: Sicut in natura illud dicitur regere alıud, quod non sinit illud deviare, similiter in arte illa dictio dicitur

Einleitung. Zweite Periode. Sanctius. 15

regere aliıam, quae non sinit illam poni in alio casu vel genere vel numero. Unde regere est conferre poni in tali casu in quo stare debet ut in hac oratione ‚Socrates videt Platonem. Hoc ver- bum vıdet confert huic dictioni Socrates poni in nominativo solum. huic vero quod est Platonem in accusativo solum (S.243). Man beschränkte also regere nicht, wie wir es thun, auf die Ver- bindung des Verbums mit einem obliquen Kasus. Die Ver- engung des Begriffes regere finde ich erst im 16. Jahrhundert, und zwar bei dem Professor der Rhetorik und griechischen Sprache an der Universität zu Salamanca Francesco Sanchez de-las Brozas, dem Verfasser der zuerst 1587 erschienenen Minerva sive de causis latinae linguae commentarius. Sanctius hat auf die Folgezeit einen ganz ausserordentlichen Einfluss gehabt. Friedrich Haase sagt von ihm in seinen in der Mitte unsers Jahrhunderts gehaltenen Vorlesungen (her. von Eckstein, Band 1 S.25): “In Italien hat Monte gegen Sanctius geschrieben, in Frankreich und Spanien dagegen sitzt Sanctius als König der Grammatiker noch heutzutage viel fester auf dem Throne, als irgend ein anderer König in diesen Ländern’. Er verdankt diese weitreichende Wirkung nicht etwa seiner ausbündigen Gelehrsamkeit (obgleich er in Kenntnis des Alterthums hoch über den Scholastikern steht), noch auch philosophischer Tiefe, vielmehr, wie mir scheint, der Entschlossenheit seiner Behaup- tungen, die er mit echt philologischer Schnödigkeit gegen Andersdenkende durchzusetzen suchte, und der Übersichtlich- keit seines Schematismus. Dazu kommt, dass er in manchen seiner Behauptungen, z. B. über den Ablatıv, der nach seiner Versicherung immer mit Präpositionen verbunden wird!), un- mittelbar an das romanische Sprachgefühl anknüpft. Sanctius steht mıt den Scholastikern insofern auf einem Boden, als auch

1) Er äussert sich darüber 8.195 so: in ablativo quem falso absolutum vocant, valde sunt allucinati grammatici: sed illis danda venia est; hoc enim altioris est considerationis, quam quo possit ingenium grammaticorum ascen- dere: ellipsis praepositionum. Inwieweit Sanctiusin der Minerva von dem ' von ihm öfter beifällig erwähnten Jul. Cäsar Scaliger abhängig ist, habe Vv

ich nicht untersucht.

16 Einleitung. Zweite Periode. Sanctius.

er aprioristisch zu Werke geht. Reliquum est igitur heißt es $. 8 der Ausgabe von 1714 ut omnium rerum ratio pri- mum adhibeatur, tum deinde si fieri poterit, accedant testimonia, ut res ex optima fiat illustrior. Ferner gleicht er ihnen in der Stellung, die er der Syntax anweist: Oratio sive syntaxis est finis grammaticae, ergo igitur non pars illius (S. 13). In der Lehre von den Satztheilen geht er sogar hinter die Scholastık zurück, insofern er sich wesentlich an die griechisch-römischen Grammatiker hält (die Ausdrücke Subjekt und Prädikat dürften bei ihm nicht vorkommen). Dagegen ist er uns auf diesem Gebiete wichtig durch eine neu auftauchende Eintheilung, über die er S. 15 sagt: cum igitur oratio sit finis grammatici (-ae?), excutiamus ex quibus haec oratio possit constitui, ita ut nihil sit quod per orationem non possimus enuntiare. Sunt autem haec tria, nomen, verbum, particula. Aus den folgenden Sätzen erhellt, dass Sanctius diese Dreitheilung den Arabern ‚entlehnt hat, in deren Grammatık sie von alters her eine Rolle spielt, worüber man sich aus Benfey’s Geschichte der Sprach- wissenschaft belehren mag, der-8--188 folgendes bemerkt: ‘Den besondern Anstoss zu einer sorgsamen Beachtung der Sprache gab schon der vierte der Khalifen, der grosse Ali, dieser als Krieger, Dichter und Weiser hervorragende edelste Repräsentant der arabischen Nationalität (gestorben 661, im 40. Jahre nach der Hedschra). Er selbst belehrte den Abülaswad ad-Duil (gestorben 688), welcher ziemlich über- einstimmend als erster Grammatiker genannt wird; er bezeich- nete ihm als die drei Redetheile Nomen, Verbum und Partikel und empfahl ihm auf dieser Grundlage fortzubauen und das Gegebene durch weitere Ausführung zum Abschluss zu bringen. Die Einführung dieser Lehre des grossen Alı war für das Abend- land nicht ohne Bedeutung; wir werden ihr noch bei G. Hermann begegnen, der sie freilich in einer andern Weise, nämlich von der Logik aus, also im letzten Grunde auf Aristoteles zurück- gehend, zu begründen sucht.

Nächst dieser Eintheilung der Satztheile ist für uns bei Sanctius wichtig seine Definition des Begriffes regere: In

Einleitung. Zweite Periode. Sanctius. 17

u

verborum constructione heisst es S. 262 duo consideranda sunt: concordia et rectio.. Concordia est mutua complexio nominis et verbi. Rectio est quum verbum ostendit vires et effectum in rem aliquam, unde verbum ostenditur activum vel passivum.’ Besonders einflussreich aber ist unser Grammatiker als Begründer der Ellipsentheorie. Ellipsen hatte man, wie wir oben S. 10 sahen, schon früher angenommen (wie denn auch jede natürliche Sprachbetrachtung auf diesen Begriff ver- fallen muss), aber nicht in dem Umfang und nicht mit der theoretischen Begründung, wie es durch Sanctius geschehen ist. Auf den Umfang mag man aus der Thatsache schliessen, dass das alphabetische Verzeichnis der Nomina und Partizipia, welche fehlen können, weit über 200 Nummern enthält, während doch die grössere Masse der Ellipsen erst in den folgenden Abschnitten steckt, welche von dem Fehlen des Verbums, der Präpositionen (vgl. oben S. 15 Anm.), der Adverbia u. s. w. handeln. Bei der Entwickelung der Theorie schreitet Sanctius mit einer gewissen Feierlichkeit zum Werke, indem er beim Beginn des vierten Buches zunächst erklärt, dass er diesem dasjenige zugewiesen habe, quae subtilioris sunt considerationis et maxime causas Latini sermonis aperiunt und dann fortfährt: ‘sed antequam ad hoc praeclarum munus accedo, illud videtur refutandum, quod ab istis Latini sermonis imperitis jactari consuevit, nihil ®sse supplendum, nam si supplendum est, ego amo Des et ego amo Deus erunt Latinae phrases, quia illic deest praeceptum hie autem guae praecepst. Quibus apte poterit responderi, illos com- muni sensu carere. Ego illa tantum supplenda praecipio, quae veneranda illa supplevit antiquitas aut ea, sine quibus gram- maticae ratio constare non potest. Nulla linguarum est, quae in loquendo non amet brevitatem, atque eo festivius quidque dieitur, quo plura relinquuntur intelligenda. Altud est, inquit Fabius, Latine aliud grammatice loqui. Excutiamus unum aut alterum poetarum versiculum. Virgil. 4. Aeneid. nec venit in mentem quorum consederis arois? grammaticus diceret: nec venst Kb, o Dido, ın mentem recordalio vllorum hominum, in quorum hominum arvis tu consederis? Terentius Heaut. vel me monere Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 2

18 Einleitung. Zweite Periode. Sanctius. Locke.

hoc, vel percontarı, puta. Rectum est, ego ut faciam, non ut deterream. Grammatice dicetur: O Menedeme vel tu puta me monere tibi hoc negotsum, vel tu puta me a te hoc negolium per- contarı: quia si hoc negolium, quod negotium ego abs te rogo, rectum negotium est, ideo te tllud ego negotsum rogo, ul ego idem negotium faciam; at vero si hoc negotium, quod negolium tu facis, rectum negotium non est, hac quoque de causa illud nego- tium ego a te rogo, ut ego te ab illo negotio deterream. Das heisst also: wir ergänzen entweder das, was das Alterthum selbst ergänzte (worüber sich reden lässt), oder wir ergänzen dasjenige, was nach unserer grammatischen Theorie eigentlich vorhanden sein müsste. Damit ist natürlich der Willkür Thür und Thor geöffnet. Ein Massstab für die Beurtheilung der Ellipse ist nur dann zu finden, wenn man nicht von einem beliebig erdachten Idealsatze, sondern von dem überlieferten Satztypus innerhalb einer bestimmten Sprachperiode ausgeht. Darüber wird in der Syntax selbst zu handeln sein. Hier liegt mir nur daran, darauf hinzuweisen, dass die Ellipsentheorie in der aprioristischen An- schauungsweise wurzelt, die wır als scholastisch bezeichnen. Kommt man, wie wir es nach dem S. 12 angegebenen Plane zu thun haben, von Sanctius’ Minerva zu John Locke’s | (1632-1704) Essay on human understanding, so spürt man eine völlig andre Luft, die Luft der modernen, auf Erfahrung ge- gründeten Wissenschaft. Der Grundgedanke dieses welt- berühmten Buches, dass all unser geistiger Besitz schliesslich auf die durch unsere Sinne vermittelten Anregungen zurück- geht, findet im dritten Buch Anwendung auf die Sprache. Doch wird die Syntax wenig berücksichtigt, höchstens dass im 7. Kapitel flüchtig von den Partikeln gehandelt wird). Über- wiegend spricht Locke von der Entstehung und dem Werthe, der den einzelnen Wörtern, insbesondere den Substantiven und

1) The words, whereby it (the mind) signifies the several affirmations and negations, that it unites in one continued reasoning or narralion, are generally called particles; and vt ıs in the right use of these, that more particularly consıists the clearness and beauty of a good style (Works 2, 229, London 1812).

Einleitung. Zweite Periode. Locke. 19

Verben, entsprechenden Begriffe. Bei diesem Geschäft lässt er sich u. a. von einem Gedanken leiten, den er S. 147 so aus- drückt : ıt may lead us a little towards the original of all our notions and knowledge, if we remark how great a dependence our words have on common sensible ideas: and how those, which are made use of stand for actions and notions quite removed from sense, have their rise from thence, and from obvious sensible ideas are transferred to more abstruse significations; and made to stand for ideas that come not under the cognizance of our senses: Y. g. to Imagine, apprehend, comprehend, adhere, conceive, instıl, dısgust, disturbance, tranquillity, etc. are all words taken from the operations of sensible things, and applied to certain modes of thinking. Spirit, in its primary signification, is breath: angel a messenger: and I doubt not, but if we could trace them to their sources, wfe should find, in all languages, the names which stand for things that fall not under our senses, to have had their first rise from sensible ideas. By which we may give some kind of guess what kind of notions they were and whence derived, which filled their minds who were the first beginners of languages etc. Aus dieser und ähn- lichen Ausführungen haben die Philologen den Satz gezogen, der ein Dogma der Sprachwissenschaft geworden ist, dass alle Wörter abstrakten Sinns ursprünglich konkrete Bedeutung ge- habt haben. In wie weit dasselbe bei den Empiristen unter den Grammatikern des achtzehnten Jahrhunderts Anwendung gefunden habe, weiss ich nicht zu sagen. Unzweifelhaft aber scheint mir, dass die Lokalisten unsres Jahrhunderts auf Locke’s Schultern stehen, wovon man sich überzeugen wird, wenn man folgenden Satz erwägt, mit dem Hartung die Begründung seiner Theorie über die Kasus eröffnet: “Unsre Wahrnehmung geschieht theils durch die Sinne, theils durch den Geist. Die sinnliche Wahrnehmung geht überall voran: dieser dient darum auch die Sprache früher als der geistigen. Demnach so meint er muss man sinnliche Motive als gesetzgebend bei Bildung der sprachlichen Formen betrachten und als Grund- bedeutung die annehmen, welche der Natur nach die erste ist, 2%

y11) Einleitung. Zweite Periode. Die grammaire gen£rale.

d.h. die sinnliche (vgl. Rumpel, die Kasuslehre S. 89). Ich habe oben (S. 11) schon diese Theorie als unrichtig bezeichnet und werde später diejenige, die ich für richtig halte, vortragen. Jetzt möchte ıch nur bemerken, dass die lokalistische Theorie keineswegs mit Nothwendigkeit aus den Locke’schen Grund- anschauungen folgt. Locke sagt, dass die beginners, die eısten Sprechenden sensible sdeas gehabt haben werden; es ist ihm aber natürlich nicht entgangen, dass aus dem von einer Ge- neration der andern überlieferten inneren Vorrat mit der Zeit eine Masse von unsinnlichen Vorstellungen gebildet worden sind. Da nun die Kasus (wenn anders unsere Analyse der Flexionsformen auf irgend welche Wahrscheinlichkeit Anspruch machen kann) nicht zu den allerersten Schöpfungen des Vol- kes gehört haben, sondern erst im Laufe der Jahrtausende langsam entstanden sein werden, so liegt an sich kein Hıin- derungsgrund vor, in den Kasus solche Ideen verkörpert zu sehen, welche wir als abstrakt zu bezeichnen pflegen.

Wir haben gefunden, dass alle bisher erwähnten Schrift- steller, wenn sie vom Griechischen oder Lateinischen sprachen, die Sprache als solche zu behandeln glaubten, da ihnen bei ihrer dürftigen Sprachkenntnis und ihrer aprioristischen Sinnes- weise eine gründliche Verschiedenheit der Sprachen nicht zum Bewusstsein gekommen war. So entwickelte sich denn natür- lıch der Gedanke einer allgemeinen Grammatik. Die erste derselben, die die Vorgängerin einer grossen Anzahl ähn- licher geworden ist, ist die Grammaire generale et raisonn&e, gewöhnlich nach dem Kloster, von dem sie ausgegangen ist, die Grammatik von Port Royal genannt, neben der eine im gleichen Sinne abgefasste, ebenfalls hochberühmte, Logik her- geht. Sie geht zurück auf die Lehre des Dr. Antoine Arnaud (1612—1694) und ist zuerst 1676 erschienen. Mir liegt die Ausgabe von 1756 vor. Der Sprachstoff, der dieser Grammatik als Grundlage dient, ist, wie sich nach dem eben Bemerkten erwarten lässt, sehr gering. Es werden benutzt das Lateini- sche, Griechische, Französische (letzteres in ziemlich erheblicher Ausdehnung), gelegentlich wird auch das Hebräische herbei-

Einleitung. Zweite Periode. Die grammaire gen£rale. 2

gezogen. Die Behandlung ist eine durchaus verstandesmässige, der Art, dass stets gefragt wird, zu welchem Zwecke die ein- zelnen Sprachformen erfunden worden seien. Was uns hier angeht, ist in der Kürze Folgendes. Die Betrachtung geht aus von dem Urteil (jugement) : Le jugement que nous faisons des choses, comme quand je dis “la terre est ronde’ s’appelle proposition; et ainsi toute proposition enferme ne&cessairement deux termes; Yun appell&E sujet, qui est ce dont on affırme, comme ‘terre’; et l’autre appell& attribut, qui est ce qu’on affırme, comme ronde’: et de plus la liaison entre ces deux termes “est'. Or il est aise de voir que les deux termes appar- tiennent proprement ä la premiere operation de l’esprit, parce que c’est ce que nous concevons, et ce qui est l’object de notre pensee; et que la liaison appartient & la seconde, qu’on peut dire etre proprement l’action de notre esprit, et la maniere dont nous pensons (S. 68). Entsprechend diesen beiden Haupttheilen des Urtheils werden die Satztheile nıcht, wie es bei Sanctius geschah, in drei, sondern in zwei Klassen eingetheilt. In die erste gehören diejenigen, welche den Gegenstand unserer Ge- danken (les objects des pensees) bezeichnen, nämlich Nomina, Artikel, Pronomina, Partizipia, Präpositionen und Adverbien, in die zweite diejenigen, welche die Form und Art der Ge- danken (la forme et la maniere des pensees) bezeichnen, näm- lich Verba, Konjunktionen und Interjektionen. In bezug auf die einzelnen Satztheile bemerke ich, dass beim Nomen Sub- stantiv und Adjektiv deutlich geschieden werden. Über das Genus heisst es: comme les noms adjectifs de leur nature con- viennent ä plusieurs, on a jug& a propos, ponr rendre le discours moins confus, et aussi pour l’embellir par la varıet® des termi- naisons, d’inventer dans les adjectifs une diversit& selon les substantifs auxquels on les appliqueroit (S. 74) und sodann über das Genus der Substantiva: linstitution ou la distinction des genres est une chose purement arbitraire, qui n’est nulement fond&e en raison, qui ne paroit pas avoir le moindre avantage, et qui a beaucoup d’inconveniens (S. 77). In der Lehre von den Kasus wird von dem Nominativ gesagt, seine Haupt-

32 Einleitung. Zweite Periode. Die grammaire gen£rale. Chr. Wolf.

anwendung sei, in der Rede vor alle Verba gesetzt zu wer- den, um das Subjekt des Satzes zu sein. Bei dem Genitiv werden eine Menge von Unterarten nach der Weise unseres partitivus, possessivus u. 8. w. aufgestellt. Die übrigen Kasus werden ungefähr wie bei Sanctius behandelt, doch tritt die Ellipse nirgends hervor. Das Adverbium ist erfunden worden, um die Rede abzukürzen (z. B. sapienter statt cum sapientia). Das wichtigste ıst für uns das Verbum. Es wird erklärt als un mot dont le principal usage est de signifier l’affirmation, c'est a dire, de marquer que le discours ce mot est employ£, est le discours d’un homme qui ne concoit pas seulement les choses, mais qui en juge et qui les affiırme (S. 145). Das heisst mit andern Worten: selon cela l’on peut dire que le verbe de lui- meme ne devoit point avoir d’autre usage, que de marquer la liaison que nous faisons dans notre esprit des deux termes d’une proposition (ebenda). In dieser Einfachheit ist aber nur das Verbum esse verblieben, oder strenggenommen nur est. Man hat mit ihm eine Menge von Attributen verbunden, und so ist die grande diversite des verbes dans chaque langue entstan- den. Auf diesen Gedanken übrigens, dass sein das einzige Verbum ist und allen anderen inhäriert, muss jeder verfallen, der den sprachlichen Satz für die leibliche Form des logischen Ur- theils erklärt. Er findet sich denn auch bereits bei Aristoteles: “und so ist denn eivaı das reinste ha, welches in jedem dripa enthalten ist und es dazu macht; denn ävdpwros Baötler ist so viel wie avdpwros Baötkwv Zoti (vgl. Steinthal* 1, 241), und wir werden ihm in der Folge noch öfter begegnen. Ganz geringfügig ist, was die grammaire generale über die eigentliche Syntax beibringt.

Ich führe nun den Leser von England und Frankreich nach Deutschland, und zwar zu dem Hauptträger der Aufklärung Christian Wolf (s. 1679—1754), der desshalb in der Geschichte der Grammatik eine wichtige Persönlichkeit ist, weil er die Ter- minologie in demjenigen Theile der Logik, welcher die Gram- matik angeht, nämlich der Lehre vom Urtheil, zum Abschluss brachte. Um das zu veranschaulichen, führe ich in kurzer

Einleitung. Zweite Periode. Lehre vom Urteil. 23

Zusammenfassung die Entwickelung der Terminologie seit Aristoteles vor. Nach Aristoteles (aus dem die beweisenden Stellen von Trendelenburg in seinem nützlichen Büchlein Elementa logices Aristoteleae zusammengestellt sind, auf das ich mich hier beziehe), soll in der Logik nicht von allen Adyoı (Sätzen) die Rede sein, z. B. nicht von dem Wunschsatz, son- dern nur von denjenigen, in welchen Wahrsein oder Falschsein zum Vorschein kommt, also dem Behauptungssatz (Aoyos ano- yavtızös, Ev & To AAndeverv 7 devöesdaı ümapyeı). Jeder Be- hauptungssatz nun ist zunächst eine Bejahung (xarayasız), dann kann er eine Verneinung (aroyasıc) sein. Jede Bejahung oder Verneinung besteht aus ovona und häpe, ohne prjua aber giebt es weder Bejahung noch Verneinung. Neben övopa und prp« erscheinen bei Aristoteles die Begriffe vroxelpevov und xarmyo- poöpevov, welche sich ihrem gesammten Inhalt nach durchaus nicht mit övopa und päpa decken, aber an derselben Stelle wie diese verwendet werden können. Über sie sagt Trendelenburg, Geschichte der Kategorienlehre (Berlin 1846) S. 18: “Der ein- fache Satz tritt in Subjekt und Prädikat auseinander. Das Subjekt erscheint als die Grundlage, auf welche das Prädikat bezogen wird, das urxoxelnuevov, das, grammatisch gefasst, das- jenige ist, von welchem ausgesagt wird (xaß’ od Adyeraı), und real dasjenige, in welchem das Ausgesagte ist (dv @ E&arı). Daher vereinigen sich in vroxeluevov die Begriffe des Sub- jektes und Substrate. Wo ein Urtheil und eine Aussage im eigentlichen Sinne vorliegt, ist das Subjekt die tragende und erzeugende Substanz (ovola). Die ausgesagten Begriffe (arnyo- pouueva im eigentlichen Sinne) setzen das Subjekt voraus, und inwiefern sie nicht Substanzen sind, sind sie, real gefasst, in dem Substrate (suußeßnxora).. Das Substrat führt hiernach auf die erste Kategorie, die Substanz, die Prädikate auf die übn- gen. Von den Stoikern, deren Lehre vom Urtheil in Prantl's Geschichte der Logik 1, 438 besprochen ist, will ich nur er- wähnen, dass sie den Ausdruck atiopa eingeführt haben, von dessen mehrfachen Übertragungen (vgl. Prantl 1, 519) sich yudi- cium im Mittelalter durchgesetzt hat. Die aristotelischen Termini

24 Einleitung. Zweite Periode. Chr. Wolf.

droxeluevov und xarnyopoupevov sind durch subyectum und prae- dicatum übersetzt worden, und zwar, wie ich wiederum Prantl entnehme (1,696), von dem im Mittelalter unendlich viel gelesenen, jetzt nur noch ın der Literaturgeschichte lebenden Bo&thius (gest. 525), der sich so äussert: subjeotum est quod praedicati suscipit dictionem, praedicatum vero est quod dieitur de sub- jecto. Diese zwei Begriffe, in welche das Urtheil zerlegt wird, heissen ihm termins, est und non est dagegen sind ihm keine Termini, sondern signtficatio qualitatis. Es hat, wie meine Anführungen aus den Scholastikern und der grammaire generale gezeigt haben, mehr als tausend Jahre gedauert, bis die Aus- drücke Subjekt und Prädikat die sichere Weltherrschaft erlangt haben, nämlich wahrscheinlich bis zur Wolf’schen Philosophie. Im Mittelalter ist zu den Ausdrücken für die zwei Hauptbe- standtheile des Urtheils als dritter copula hinzugekommen, wel- ches nach Prantl 2, 196 zuerst bei Abälard (1079—1142) vor- kommt. Dass dieser den Ausdruck geprägt habe, lässt sich allerdings nicht behaupten. Prantl hält die Möglichkeit offen, dass er das ouvö&v der byzantischen Schultradition irgendwie kennen gelernt habe. Seine definitive Bestallung im Reiche der Logik erhielt der Ausdruck copula, so viel ich sehe, durch Wolf, aus dessen philosophia rationalis sive Logica methodo scientifica pertractata ed ad usum scientiarum atque vıtae aptata ich nach der Ausgabe von 1732 S. 216 ff. nunmehr die Haupt- stellen anführe. Sie lauten: $ 198. Omne judieium ex duabus constat notionibus, notione sctlicet rei, cus aliquid trıbustur, vel a qua aliquid removetur, et notione illius, quod eidem tribustur, vel ab eo removetur. $ 199. Emunciatio constat ex duobus ter- minis, quorum unus significat rem, de qua jJudicatur,; alter ıd, quod eidem tribuitur, vel ab eo removetur. E.munciatio enim est oratio, qua alterı judicium nostrum significamus. Quoniam itaque judicium duabus constat notionibus, altera scilicet reı, cui aliquid tribuitur, altera vero illius, quod eidem tribuitur, vel etiam ab ea removetur; in enunciatione adesse debet et terminus, quo indigitatur res, de qua judicatur, et terminus, qui significat illud, quod de ea judicatur. In enunciatione

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Einleitung. Zweite Periode. Chr. Wolf. G. Hermann. 25

adeo duo sunt termini ejus conditionis, quam posuimus in propositione. $ 200. Ilud, de quo judicatur, dieitur Sudjectum: quod vero rei cuidam tribuitur, vel ab ea removetur, Praedi- catum. Subjectum quoque audit terminus, quo res ista prae- dicatur, de qua judicium fertur, et praedicatum terminus, quo enunciatur, quid rei conveniat, vel non oonveniat. $ 201. In enunciatione seu propositione notiones vel conjunguntur, vel separantur, atque adeo voce quadam opus est, qua earum nexus, vel separatio indigitatur. Vocula ista, quae nexum praedicati et subjecti significat, dieitur Copula. Quodsi copulae praefi- gatur particula non; significabitur notionum separatio. Utimur autem tanquam copula verbo substantivo. $ 202. Copula non est nısi verbum substantivoum praesentis temporis. Denotat enim nexum inter subjectum et praedicatum intercedentem, qualis nempe repraesentatur in ideis nostris. Cum igitur in omni judicio nexus ille semper sit aliquid praesens; copula non esse potest nısi verbum substantivum praesentis temporis. $ 203. Copula in propositione vel expresse ponitur, vel ın termino, qui ad praedicatum pertinet, latet. Copula est verbum substantivum praesentis temporis. Sed illud verbum in omni propositione non apparet: quod per exempla est manifestum. In his igitur casıbus latet in termino ad praedicatum pertinente, cui respon- dens notio cum notione subjecti conjungenda. Dazu aus $ 205: affrmare idem est ac praedicatum aliquod tribuere cuidam sub- jesto; aus $ 206: affirmalions signum est copula; aus $ 207: negationis signum est particula negandi copulae praefiza. Über den wissenschaftlichen Werth dieser Wolf'schen Logik mag man nun urtheilen wie man will, jedenfalls war die mitgetheilte Fest- setzung der Terminologie in praktischer Beziehung sehr wichtig. Die Wolf’sche Logik errang für eine Reihe von Generationen die Herrschaft ın den gelehrten Schulen Deutschlands: es war durchaus nicht gleichgültig, ob den künftigen Philologen mit allem Nachdruck, dessen die Schule fähig ıst, eingeprägt wurde, dass das judicium und die propositio zwei oder dass sie drei Theile hätten. Das zeigt sich sogleich bei Gottfr. Hermann (1772—1848), zu dessen Schilderung ich jetzt übergehe. Man darf

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sich durch den Glanz des grossen Namens nicht verführen lassen, den Werth der in der Schrift de emendanda ratione Graecae gram- maticae (Leipzig 1801) vorgetragenen Anschauungen zu über- schätzen. Dieses Buch bedeutet nicht einen Schritt vorwärts in ein neues Land, sondern ist eine Darstellung ungefähr von der Art der bisherigen. Gottfried Hermann als theoretisierender Grammatiker ist der Sanctius seiner Zeit. Er gleicht diesem seinem Vorgänger nicht bloss in dem hohen Ton und den kühnen Behauptungen, sondern vor allem auch, wie wir sogleich sehen werden, in der aprioristischen Gesinnung. Nach Hermann zer- fällt die Grammatik in die folgenden sieben Teile: de literis, de mensura syllabarum, de accentu, de metris, de partibus orationis, de constructione, de dialectis, welche übrigens in ver- schiedner Weise zu behandeln sind. Alıa enim (so heißt es S. vın) fontem habent rationem humanam, adjutricem autem experientiam, in aliis contra fons est experientia, ratio autem adjutrix. Von den Theilen insbesondere, die uns hier angehen, also zunächst der Lehre von den Satztheilen, heisst es: ea cum in exprimendis cogitationum notis versetur, non potest non solius rationis pervestigatione explicari, ad quam deinde ea, quae ex- perientia in cuiusque populi sermone suppeditat, accommodanda sunt (IX), und in bezug auf die Syntax: sexta pars quae est de constructione, quod ad summa capita attinet, ratiocinando e natura partium orationis prope tota colligitur. Demnach ist die Aufgabe des Grammatikers eine doppelte. Er muss dasjenige, was in der Sprache nothwendig und von der Natur selbst gegeben ist, wohl verstehen, und er muss sodann die einzelne Sprache auf ihrem besondern Wege zu begleiten wissen. Um der ersten Aufgabe gewachsen zu sein, bedarf er der Philo- sophie: in qua re est sane philosophia opus, sed absint a nobis partium studia, unde nıhil, nisı dissensiones contentionesque de rebus inutilibus nasci solent. Illud unum jure nostro postulare nobis videmur, ut categoriarum, quae vocantur, partitionibus uti liceat, quibus informatae animo ante omnem experientiam leges formaeque notionum intelliguntur (127). Hermann bekennt sich also zur Kantischen Philosophie, und so sehen wir ihn denn

Einleitung. Zweite Periode. G. Hermann. 37

ın der Grammatik (ebenso wie in der Metrik) von den logi- schen Hülfsmitteln dieser Philosophie, nämlich den Kategorien der Quantität, Qualität, Relation, Modalität mit ihren Unter- abtheilungen reichlichen Gebrauch machen. Die Stimmung im ganzen erinnert aber doch mehr an die Aufklärung. Oder wo könnte das fröhliche Selbstbewusstsein des aufgeklärten Indi- viduums sich herrlicher offenbaren, als in den folgenden Worten: Quamobrem si nunc, postquam mentis humanae naturam clarius perspicere coepimus, aliqua lingua non e diuturno sermonis usu paullatim colligenda, sed de integro tota et invenienda et per- firienda esset, credibile est, eam, etiam absque aliarum exemplis Iinguarum, in quae quis intueretur, omnes perfectionis numeros impleturam esse (1). Im einzelnen geht uns besonders die Gliederung der Satztheile an, über die Hermann sich wie folgt äussert: ordienda est autem naturae linguarum explicatio a par- tibus orationis. Earum antiquiores grammatici magnnm numerum posuerant, quem deinde, qui rem clarius perspexissent, ad tres partes orationis revocarunt. Scilicet quum omne linguarum offi- cium eo contineatur, ut animi cogitationes signis quibusdam declarentur, totidem quaeque lingua signorum formas habeat necesse est, quot sunt partes cogitationum. Atque unaquaeqyue cogitatio, quae nunc judicium, nunc enuntiatio, nunc aliis nomi- nibus vocatur, tribus omnino constat iisque necessarlis partibus: prima quam subjectum philosophi vocant, quo significatur res, de qua quid dieitur; secunda quam praedicatum appellant, quo indicatur id, quod de aliqua re dieitur; tertia denique, quae . copulae nomen habet, quo praedicati et subjecti exprimitur con- sociatio. Quae quum ita sint, tres etiam erunt orationis partes, quae illis cogitationum partibus respondeant. Ac subjecti nota dieitur nomen, quo significatur res, de qua aliquid enunciarı queat; praedicati nota particula est, qua indicatur conditio, quae per se nulla est, nisi si rei alicui assignetur; copulae deni- que nota verbum vocatur, cujus ope praedicatum tribuitur sub- jeeto, conditioque intelligitur esse rei alicujus conditio. Itaque nulla reperiri potest enunciatio, qua non contineantur tres istae orationis cogitionumque partes. Nam si quae sunt enunciationes,

28 Einleitung. Zweite Periode. G. Hermann.

quae duabus tantum aut una etiam orlationis parte videantur constare, ut ‘sol oritur’, ‘vivo’, iis videtur tantum aliquid deesse, non vere deest. Significantur enim istis exemplis haec: ‘sol oriens est‘, ‘ego vivens sum’. Neque vero hoc debet offensioni esse, quod in hisce atque aliis plurimis exemplis, si Graeca Latinaque lingua exprimuntur, particulae loco nomen adjectivum occurrit. Id enim vitio istarum linguarum, non rei necessitate fit. Id quod clarissime e Germanica lingua cognoscitur, cujus in hac quidem re admirabilis veritas est atque simplicitas. Nos enim non nomen adjectivum jungimus substantivo, sed adverbium, ut in his, “das pferd ist gut, besser, am besten’, plane, ut rei natura postulat, simplici conditionis nota cum subjecto copulata. Quanto opero- sius Latini et Graeci, ‘equus bonus est, melior, optimus’, 6 Innos ayadds &orı, xpelsowv, Peitıstos. Quo quid alıud signi- ficant, quam hoc, “equus est equus bonus, equus melior, equus optimus’? Woher die in den angeführten Worten enthaltenen Ansichten stammen, ist dem Leser meiner Ausführungen bekannt. Die Eintheilung der Satztheile in nomen, verbum, particula hat Hermann von Sanctius, der sie seinerseits den Arabern entlehnt hatte. Hermann aber unterscheidet sich von Sanctıus dadurch, dass er die Dreizahl begründet, und zwar thut er das, indem er die Gleichsetzung von logischem Urtheil und sprachlichem Satz in der Gestalt, wie sie in der Wolfschen Philosophie aus- gesprochen war, aus dieser herübernimmt. So entspricht denn dem Subjekt das Nomen, der Kopula das Verbum, dem Prä- dikat die Partikel. Sogleich aber zeigen sich die bösen Folgen dieses Verfahrens bei Hermann in voller Klarheit. Ich ver- weile bei denselben einen Augenblick, weil sie zum Theil noch bis in die Gegenwart fortwirken. An den Indikativsätzen der indogermanischen Sprachen (von andern Sätzen und Sprachen ganz zu geschweigen) können wir drei Typen unterscheiden, einen theillosen, z.B. pluit, einen zweitheiligen, z.B. equus currit, einen dreitheiligen, z. B. terra est rotunda. Der letztere stimmt (namentlich wenn man die gewöhnliche Wortstellung terra ro- tunda est verlässt) mit dem logischen Urtheil seiner Form nach überein. Wer sich nun entschliesst, diesen Satztypus als den

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Einleitung. Zweite Periode. G. Hermann. 9

eigentlich gesetzmässigen zu betrachten, muss natürlich die beiden andern irgendwie zu beseitigen suchen. Das pflegt bei dem ersten der genannten (plust) dadurch zu geschehen, dass man sein Vor- handensein leugnet. Auch neuere Grammatiker bemühen sich bei dieser Gelegenheit zu beweisen, dass eins “eigentlich” gleich zwei sei. Den zweiten Typus bringt Hermann auf die Form des dritten, indem er das Verbum in zwei Bestandtheile zerlegt, also aus currit currens est macht, ein Verfahren, in welchem er, wie wir gesehen haben, keinen geringern als Aristoteles zum Vorgänger hat. Nun mag eine solche Zerlegung vom Stand- punkt der Logik begründet sein, die Sprachforschung jedenfalls erhebt dagegen Einspruch. Zwar hat Bopp, geleitet von der- selben Anschauung wie Hermann, in dem o von Formen wie Aücm &Auca, das Verbum ‘sein’ gesehen und hat mit dieser Ver- mutung vielfältig Anklang gefunden. Indessen, wie man auch darüber denken mag, mit unsrer Frage hat die Bopp’sche Zer- gliederung nichts zu thun. Denn sie bezieht sich auf den Aorıst und das Futurum, nicht auf den Indikatıv des Präsens. Gerade um diesen aber handelt es sich ın den Sätzen, welche uns hier angehen, wie das ja auch in der Wolf’schen Formulierung ausdrücklich anerkannt ist (vgl. oben 8. 25). Kein Sprach- forscher kann heute behaupten, dass in einer Form wie currit das Verbum ‘sein’ enthalten sei. Aber auch von einer andern Seite aus ergiebt sich die Unrichtigkeit der Hermann’- schen Auffassung. Wenn sie richtig wäre, müsste man an- nehmen, dass das Verbum ‘sein’ so zu sagen als Kopula auf die Welt gekommen wäre. Das aber ist doch ganz undenk- bar. Zwar die älteste Bedeutung der Wurzel es wissen wir mit Sicherheit nicht zu erschliessen (während wir wissen, dass das ın unserem br enthaltene Verbum ursprüng- lich “wachsen’, das in gewesen enthaltene ursprünglich ‘die Nacht zubringen’ bedeutete), aber jedenfalls hiess es eher ‘vor- handen sein’, als ‘sein. Somit kann von einer Identifikation von Verbum und Kopula im Ernste nicht die Rede sein. Der Kopula entspicht nicht das Verbum an sich, sondern die dritte Person des Präsens eines bestimmten Verbums.. Ahnlich

30 Einleitung. Zweite Periode. G. Hermann.

verhält es sich mit dem Nomen. Wie sollte wohl das Nomen dem Subjekt entsprechen können, dem doch vielmehr der No- minativ eines Substantivums entspricht. Vollends wunderlich nimmt sich die Partikel aus, was eines Nachweises nicht bedarf. Ich mache hier nur darauf aufmerksam, wie der Unter- bringung des prädikativ gebrauchten Adjektivs unter den Begriff der Partikel sofort eine unhistorische Auffassung der in der Sprache gegebenen Thatsachen folgt. Hermann belobt die deutsche Sprache dafür, dass sie in einem Satze wie das Pferd ist gut nicht das Adjektivum, sondern das Adverbium verwende. Aber die Behauptung, dass in gut das Adverbium enthalten sei, beruht, vom historischen Gesichtspunkte aus angesehen, auf Schein. Es genügt, an dieser Stelle auf das- jenige zu verweisen, was ich dem Kapitel über das Adjektivum entwickelt habe. Später bei der Lehre vom Prädikat werde ich darauf zurückkommen müssen. Ich gebe nun einige Be- lege für die Art, wie Hermann mit den Kantischen Katego- rıen umgeht, und zwar wähle ich die Lehre vom Genus, Numerus und von den Kasus. Mit dem Genus geht es Her- mann, wie es zum Theil noch uns geht. Wir können uns seine Entstehung nicht mit einiger Sicherheit erklären, und so ist es denn nicht zu verwundern, dass Hermann darüber etwa so urtheilt, wie die grammaire generale et raisonnee. Er meinte es sei beinahe überflüssig (prope superfluum), da es denn aber vorhanden ist, so muss es doch bei einer Kategorie unter- gebracht werden, und zwar geschieht das bei der Qualität mit ihren Unterabtheilungen der Bejahung, Verneinung und Limi- tation. Die Art, wie das möglich gemacht wird, entnehme man aus folgender Stelle: Itaque nominum qualitas posita est vel in accessione, vel in detractione praedicati alicujus. Id qui- dem quale praedicatum esse debeat, ex ipsa nominum notione non potest intelligi. Sed suppeditavit hoc experientia. Itaque mas- culinum genus quum ubique primum locum teneat, nomina mas- culina accessionem hujus praedicati significabunt ; feminina autem, ut masculino generi contraria, detractionem ejus; neutra denique, ut quae neutrum horum sint, limitationem generis indicabunt

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Einleitung. Zweite Periode. G. Hermann. 31

(S. 136). Etwas williger fügen sich die Numeri der Kategorie

der Quantität. Der Singularis entspricht dem Begriff der Ein- heit, der Pluralis dem der Vielheit, so bleibt für den Dualis die Allheit übrig. Darüber heisst es: Graeci tamen aliquod certe genus formae nominum habent, quo numerus omnium in- dicetur: isque dualıs est. Nam numerus dualis quum et plu- rum sit quam unius, nec possit plura recipere quam duo, abso- lutam quandam continet et unitate quadam comprehensam multitudinem, quae jpsa est notio numeri omnium. Omnia enim dicuntur multa in unum conjuncta, ita ut plura esse nequeant (S. 134). Wie gesagt, ist diese Betrachtnng nicht ganz so gezwungen, wie die über das Genus. Es ist aber doch ein merkwürdiges Zeichen der damaligen Zeit, dass ein hervor- ragender Mann in einem derartigen Spiel mit Begriffen eine Erklärung sprachlicher Erscheinungen erblicken konnte. Über die Kasus fasse ich mich kurz. Ich erwähne nur, dass jeder Begriff rein an sich betrachtet werden kann, das ist der Nomi- nativ, oder bezogen werden kann ad mentem sensumque ejus, qui de ea (notione) cogitat loquiturve, das ist der Vokativ. Der Genitiv sodann bezeichnet die Substanz, der Akkusatıv das Accidens, der Ablatıv die Ursache, der Dativ die Wirkung. Im allge- meinen sagt der Verfasser mit Befriedigung: atque equidem arbitror, obscuram illam veri praesagitionem, cujus ubique in linguarum conformatione vestigia apparent, vel maxime etiam in casuum inventione esse conspicuam, quandoquidem nec plu- res esse quam sex casus possunt, nec pauciores esse debent. Wenige Jahre nachher wurde festgestellt, dass die Sprache aus der auch das Griechische und Lateinische hervor- gegangen sind, noch einen siebenten Kasus, den Localis, und einen achten, den Instrumentalis, besessen hat.

Wir sind nun am Ende unserer zweiten Periode angelangt, und es dürfte nützlich sein, ihre Schwächen noch einmal kurz zusammenzufassen. Vergleichen wir diese Zeit mit der heu- tigen, so tritt uns zunächst die Geringfügigkeit des sprach- lichen Materials, mit dem man arbeitete, entgegen. Im Grunde befasste man sich doch nur mit dem Lateinischen, Griechischen

32 Einleitung. Dritte Periode. Vom Ende des 18. Jahrh. an.

und im Laufe der Zeit allenfalls noch mit dem Hebräischen. Die lebendigen Sprachen, z. B. das Deutsche, wurden freilich nicht während des ganzen Zeitraums, den ich im Auge habe, völlig vernachlässigt, aber sie wirkten nicht mit bei der Aus- bildung der grammatischen Theorie. Wendet man aber seine Aufmerksamkeit wesentlich auf ausgestorbene Literatursprachen, die man sich mit heisser Mühe aneignen muss, so entsteht wohl die Vorstellung, als sei die Sprachfertigkeit ein Erzeug- nis der höheren Bildung, ja es mag sich leicht der Wahn ein- stellen, dass die Sprache selbst ein Produkt der Gelehrsamkeit sei. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es dann nicht so gar unnatürlich, wenn man in der Sprache lediglich ein Pro- dukt des menschlichen Verstandes, nicht auch anderer Kräfte, wie z. B. der Phantasie, erblickt und in den einzelnen Sprach- formen allerhand philosophische Kategorien verkörpert glaubt. Schliesslich musste dann der Schein entstehen, als sei die Sprache eine Art von Verkörperung der Logik, mit der sich die Grammatik doch nur an einem Punkte, nämlich bei der Lehre vom Subjekt und Prädikat, berührt.

Dritte Periode. Vom Ende des achtzehnten Jahrhunderts an.

Meine Darstellung nähert sich nunmehr ihrem Höhe- punkte. Es handelt sich um die Schilderung derjenigen Zeit, ın welcher die vergleichende Sprachforschung begründet wor- den ıst. Um das Verständnis derselben vorzubereiten, darf ich zunächst an die tiefe und breite Strömung erinnern, welche sıch für uns Deutsche an die Namen von Winkelmann, Les- sing, Herder, Goethe, Schiller und deren Genossen anknüpft. Niemals vorher war in Deutschland (wo ja die Renaissance andere Formen angenommen hatte als in Italien) das Ideal einer den ganzen Menschen ergreifenden Ausbildung in dieser Weise aufgestellt worden, niemals hatten sich die führenden Geister weitherziger zu dem Spruche ni? kumanı a me alienum puto bekannt, niemals war den Bedürfnissen des Herzens

Einleitung. Dritte Periode. Kant. Fichte. 33

neben den Forderungen des Verstandes freundlicher ein Platz eingeräumt, niemals war die ästhetische Kultur in solchem Grade als eine ernste und würdige Angelegenheit betrieben worden. Dazu kam der die Geister mit sich in die Höhe reissende Aufschwung der Philosophie. Wir sind Kant be- reits bei Gottfried Hermann begegnet, der freilich über ein ziemlich äusserliches Operieren mit den Kategorien, also über den Kantischen Buchstaben, nicht hinausgekommen ist. An dieser Stelle handelt ‚es sich um den Einfluss des Kantischen Geistes. Ich gebe zu, dass es leichter ist, die Einwirkung dieses Geistes bei denjenigen Wissenschaften aufzufinden, welche entweder die Gedanken des grossen Mannes ihrem Inhalte nach sich aneignen konnten, wie z. B. die Ästhetik, oder welche die sittliche Stimmung auf ihr Gebiet übertragen konnten, wie z. B. die politische Geschichte; aber der allge- meine Einfluß Kants läßt sich doch auch bei den Fächern feststellen, die mir hier vorschweben. Ich finde ihn wesent- lich darın, dass sein Vorbild dem Einzelnen die freudige Hoff- nung erregte, es sei möglich, durch geduldige und ernste For- schung zu jenen Anfängen hinabzusteigen, wo die Lösungen der Räthsel liegen, und so dem menschlischen Geiste etwas von seinem Geheimnis und seinen tiefsten Gesetzen abzugewinnen. In ähnlicher Richtung wirkte Fichte. Es mag zunächst un- verständlich erscheinen, wie eine Philosophie, welche die Welt aus dem Ich entwickelt, also eigentlich gegen das draussen Gegebene gleichgültig ist, auf Erfahrungswissenschaften erheb- lich habe einwirken können; aber der starke Einfluss Fichte’s 3. B. auf die philosophisch-historische Gruppe der Romantiker ist sicher bezeugt. Man fühlte sich, so scheint es, durch seine entschlossene Spekulation in dem Unternehmen gestärkt, die wissenschaftliche Welt nicht bloss zu erobern, sondern auch von sich aus in ein System zu bringen. Und so kann man es wohl verstehen, wenn Friedrich Schlegel behauptete, der Fichte'sche Idealismus und die Goethische Poesie seien die beiden Zentren der deutschen Kunst und Bildung. (Haym, die romantısche Schule 249). Auf der Höhe der hiermit bezeichneten

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 3

34 | Einleitung. Dritte Periode. Schelling.

Bildung steht Wilhelm von Humboldt. Sein Geist war erfüllt, wenn auch nicht ausgefüllt von der Philosophie Kant’s und Fichte’s, während sich ein Einfluss von Schelling wohl kaum in erheblichem Grade nachweisen lässt. Wie sehr die ästhetische Anschauungsweise in ihm lebendig war, dafür mag sein bekannter Ausspruch angeführt werden, die Sprache erinnere in dem tiefsten und unerklärbarsten Theile ihres Verfahrens an die Kunst. Und wenn man nun noch an den reinen Humanismus des Mannes denkt, der auch den Sprachen der sogenannten Wilden ein menschlich fühlendes Herz zeigt, so dürften damit wenigstens die allgemeinen Züge dieses reichen Geistes angedeutet sein, welche in seinen sprach- wissenschaftlichen Arbeiten überall hervortreten.

Auf Fichte folgt die in immer erneuerten Geburten sich hervordrängende Schelling’sche Lehre. Aus ihr dürfte beson- ders die Vorstellung der organischen Entfaltung und eine be- sondere Verwendung des Begriffes Organismus in die fach- wissenschaftlichen Kreise gedrungen sein. Der bei Schelling immer wiederkehrende Gedanke, dass Natur und Geist sich ohne äusseren Antrieb, dank den in ihrem Innern wirkenden Kräften, geheimnisvoll und gesetzmässig zugleich zu organischem Dasein entfalten, dieser Gedanke brachte in besonders treffen- der Form den Widerspruch der ganzen Zeit gegen die mecha- nistische Anschauung früherer Generationen zum Ausdruck. Es war im Grunde derselbe Gedanke, der in Goethe’s Meta- morphose der Pflanze enthalten ist, aber erst in den Kreisen der Romantiker gelangte er zu rechter Gestaltung und Wiırk- samkeit. So bei Friedrich Schlegel, nach dessen Ansicht die Flexion auf organischer Entfaltung der Wurzel beruht, so na- mentlich bei dem Philosophen der romantischen Schule, bei Schelling. Diese Anschauung musste wohl einem Gelehrten willkommen sein, der in hingebendem Studium an sich erfährt, dass das Objekt eine Macht ist, der wir uns zu fügen, dessen Gesetze und Wandlungen wir zu erkennen, das wir aber nicht von uns aus zu meistern haben. Eın solcher war Savigny. Er gelangte, indem er die Schelling’schen Anschauungen auf

Einleitung. Dritte Periode. Hegel. 35

sein Gebiet anwendete, zu der Überzeugung, dass das Recht im organischen Zusammenhang mit dem Wesen und Charakter des Volkes durch innere stıllwiırkende Kräfte entsteht, nicht durch die Willkür eines Gesetzgebers, und dass das Bestreben der historischen Rechtswissenschaft dahin gehen müsse, jeden gegebenen Stoff bis zu seiner Wurzel zu verfolgen und so sein organisches Prinzip zu entdecken. Savigny’s Schüler aber war Jacob Grimm. In diesen beiden grossen Gelehrten zeigt sich das romantische Prinzip der organischen Entfaltung in der Gestalt der historischen Methode, bei beiden zugleich er- scheint als Einwirkung ihrer Zeit die sie vor andern auszeich- nende vaterländische Richtung. Die historische deutsche Grammatik ist so weit die Sprachwissenschaft in Frage kommt das vollendetste Ergebnis der romantischen Be- wegung.

Schelling wurde abgelöst durch Hegel, der an die Stelle der organischen Entfaltung den dialektischen Werdeprozess setzte. Hegel’s Einwirkung war ungeheuer. Ein aufmerk- sames Auge begegnet ihr noch in der Gegenwart auf Schritt und Tritt. Diese Einwirkung vollzog sich, so viel ich sehe, wesentlich nach zwei Richtungen. Einmal beförderte Hegel den gesunden Gedanken der geschichtlichen Entwicke- lung. Freilich unterlagen seine Anhänger dabei nicht selten der Gefahr, dasjenige, was sie aus den Thatsachen gemächlich abstrahiert hatten, ihnen nachträglich wie ein aus dem Be- griffe sich von selbst ergebendes nothwendiges Gesetz aufzu- erlegen, so dass die Thatsachen um ein Lessing’sches Bild zu gebrauchen so zu sagen mit ihrem eigenen Fett be- träufelt wurden. Andererseits verlief die Hegel’sche Methode in ein leeres und betäubendes Spiel mit Begriffen. Die erst- genannte Wirkung trat bei den Gründern der Sprachforschung nicht deutlich hervor, wohl aber in einem späteren Stadium bei Schleicher. Ein Beispiel für die zweite Art ist das einst vielgenannte Buch von Karl Ferdinand Becker ‘Organism der Sprache”, ein Buch, welches nach Steinthal’s treffendem Aus- druck nichts weiter enthält als eine mechanische Mengung

3%

36 Einleitung. Dritte Periode. Das Sanskrit.

naturphilosophischer Phrasen mit abstrakt logischen Kategorien. Indem Steinthal in seiner Schrift über Grammatik, Logik und Psychologie (Berlin 1855) das Becker’sche Verfahren einer schneidenden Kritik unterwarf, vollzog sich auf sprachwissen- schaftlichem Gebiet die Auseinandersetzung Herbart’s mit der Identitätsphilosophie.e. Von den Wirkungen der Herbart’schen Psychologie soll am Beginn des zweiten Abschnittes dieser Periode die Rede sein. Jetzt aber habe ich von der zweiten Erscheinung zu handeln, welche der Zeit, von der ich hier rede, die Signatur giebt. Ich meine die Zufuhr neuen, bis dahin nicht bekannten oder nicht beachteten sprachlichen Stoffes. Die wichtigste Vermehrung des Stoffes erfolgte durch die Entdeckung und erste Verwendung des Sanskrit. Während man bisher sich immer, mehr oder weniger bewusst und deut- lıch, die alten Griechen und Römer als die Erfinder ihrer Sprache vorgestellt hatte, so dass man in den homerischen Ge- sängen den Athem der Urzeit zu verspüren glaubte, so trat : jetzt eine Sprache in unseren Gesichtskreis, welche von den klassischen Sprachen durch eine unendliche Strecke in Raum und Zeit gesondert war, welche aber doch mit ihnen ‘bis auf die innerste Struktur und Grammatik’ übereinstimmte. So war dann der Schluss unausweichlich (wenn er sich auch erst all- mählich zu voller Klarheit entwickelte), daß die den Einzel- sprachen zu Grunde liegende Ursprache in allen ihren wesent- lichen Formen sich bereits in einer Zeit ausgebildet haben müsse, gegen welche alles, was wir bisher Alterthum zu nennen gewohnt waren, als jung erscheint. Indem sich so hinter jeder einzelnen Sprache ein Hintergrund von unabsehbarer Weite aufthat, entwickelte sich bei dem Betrachtenden nothwendig ein Gefühl der Ehrfurcht vor der Sprache, welche sich wie die Natur selbst unter allen Stürmen der Jahrtausende in ihrem Kerne ungestört erhält, und man begann einzusehen, wie wenig eigentlich der Einzelne gegenüber der Sprache vermag. Nach ähnlicher Richtung wirkten auch die neuen Errungenschaften auf dem Gebiet der germanischen und slavischen Sprachen, welche aber ihrerseits noch einen neuen Gesichtspunkt in die

Einleitung. Dritte Periode. W. v. Humboldt. 37

Betrachtung einführten, nämlich den Gegensatz von Schrift- und Volkssprache, der später von Wichtigkeit geworden ist. Die genannten Folgen (denen sich noch mancherlei anschliessen lässt; sind, wie schon angedeutet, erst allmählich hervorgetreten. Eins aber zeigte sich sofort, dass nämlich das wesentliche In- teresse der Sprachforscher von der Syntax auf die Laut- und Formenlehre übertragen worden war. Da die Vergleichung der Sprachen nur gelingen konnte, wenn man den Lauten die schärfste und geduldigste Aufmerksamkeit zuwendete, so nahm man die vergleichende Lautlehre mit Ernst in die Hand, und mit Recht wählte einer der scharfsinnigsten und rührigsten Forscher, F. A. Pott, für seine hauptsächlich der Etymologie zu- gewendeten Arbeiten das Motto: Ziterae suus honos esto, litera animi nuntia. Die Formenlehre trat aus dem Schatten der Schule in das Licht der gelehrten Forschung, und gerade an dem, was für viele Generationen von Deutschen die Qual der Jugend gewesen war, wie z. B. den unregelmäßigen Verben, er- kannte eine geläuterte Ansicht waltende Regel und Reste ur- ältester Bildung. Auch jetzt noch beschränkt sich das Interesse der Sprachforscher wesentlich auf diese Theile der Grammatik. Die alte so viel behandelte Lehre von den Satztheilen ist von der vergleichenden Grammatik nicht ernstlich aufgenommen, und für die Syntax ist etwas Zusammenfassendes noch nicht geleistet worden. Umsomehr wird es mir obliegen, die Ansätze zu einer Neugestaltung auch der Syntax bei den Begründern unserer Wissenschaft aufzusuchen.

Ich glaube, die wisgenschaftliche Bewegung, deren Grund- lagen hiermit wenigstens angedeutet sind, am deutlichsten schildern zu können, wenn ich nach einander Wilhelm von Humboldt (1767—1835), Bopp (1791—1867), Jacob Grimm (1785 —1863) dem Leser vorführe und im Anschluß daran einiges über Dobrowsky (1753—1829) und Wuk Stephanowitsch (1787 —1864) sage.

Über Wilhelm vonHumboldt’sStellung zu den seine Zeit bewegenden Fragen ist oben (S. 34) im allgemeinen gesprochen worden. Seinen sprachwissenschaftlichen Standpunkt mit kurzen

38 Einleitung. Dritte Periode. W. v. Humboldt.

und deutlichen Worten anzugeben, ist sehr schwierig. Hum- boldt schrieb sein zusammenfassendes Werk, die Einleitung in die Kawisprache, in einem Alter, in welchem ein Mann, der mancherlei erfahren hat, geneigt zu sein pflegt, den relativen Werth einer jeden Meinung in beschaulicher Betrachtung an- zuerkennen. Diese Altersstimmung kam bei Humboldt be- sonders stark zur Geltung, weil er von Natur zur Kontemplation geneigt, als ein vornehmer Mann aller Polemik abhold und von seiner diplomatischen Laufbahn her an Vermittlung von Gegensätzen gewöhnt war. Nun standen sich aber in der Sprachwissenschaft die Ansichten oft so gegenüber, dass die Versöhnung nur künstlich und scheinbar ausfiel, und Hum- boldt’s eigene Ansicht schwebt oft mehr wie der Geist über den Woassern, als dass sie sich in eine unmissverständliche, zu lehr- hafter Weitergabe geeignete Form kleiden liesse. Indessen treten diese Schwierigkeiten doch hauptsächlich bei den Fragen allgemeiner Natur hervor, wie die über den Ursprung und das Wesen der Sprache, das Verhältnis des Individuums zu dem Gesammtgeist, die Freiheit und Nothwendigkeit in der Sprache, oder etwa die Schlegel’sche und die Bopp’sche Ansicht von dem Wesen der Flexion. Ich kann solchen Aporien an dieser Stelle aus dem Wege gehen und hoffe, dass es mir gelingen wird, mit einiger Deutlichkeit ein paar wichtige Punkte her- vorzuheben, in denen Humboldt über die bisherige Auffassung hinausgegangen ist, und sodann zu zeigen, wie er sich zu den- jenigen grammatischen Fragen verhält, die in dieser ein- leitenden Betrachtung bisher fast ausschliesslich den Gegen- stand der Erörterung gebildet haben.

Humboldt kann sich in der Versicherung nicht genug thun, dass die Sprache nicht etwa etwas dem Menschen äusser- lich Anhaftendes, sondern dass sie aus den Tiefen seines Wesens abzuleiten sei. Statt vieler Belege gelte dafür S. 511): “die Geisteseigenthümlichkeit und die Sprachgestaltung eines Volkes stehen in solcher Innigkeit der Verschmelzung mit einander,

1) Ich zitiere nach der Pott’schen Ausgabe, Berlin 1876.

Einleitung. Dritte Periode. W. v. Humboldt. 39

dass, wenn die eine gegeben wäre, die andere müsste vollständig aus ihr abgeleitet werden können. Denn die Intellektualität und die Sprache gestatten und befördern nur einander gegen- seitig zusagende Formen: die Sprache ist gleichsam die äusser- liche Erscheinung des Geistes der Völker, ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache, man kann sich beide nie identisch genug denken. Wie sie in Wahrheit mit einander in einer und derselben unseren Begriffen unzugänglichen Quelle zusammenkommen, bleibt uns unerklärlich verborgen”. Dabei ıst unter Intellektualität nicht etwa bloss der Verstand, sondern wie andere Stellen beweisen (z. B. S. 105) auch Phantasie und Gefühl verstanden. Mit solchen allgemeinen Versicherungen ist nun freilich in der Praxis der Grammatik nicht viel ge- than, sie bezeichnen aber einen erheblichen theoretischen Fort- schritt gegenüber der logisierenden Ansicht früherer Zeiten. Einen gleich bedeutenden Fortschritt finden wir noch in an- derer Richtung. Früher bekümmerte man sich so gut wie ausschliesslich um die in Büchern niedergelegte Sprache und kam daher leicht dazu, die Sprache als einen fertigen, ja als einen toten Stoff anzusehen. Humboldt dagegen, der stets die lebendige Sprache im Auge hat, betont auf das glücklichste, dass sie nicht ein &pyov, sondern eine &vpysıa sei, dass also ein Sprechen ohne eine aus dem Innern des Sprechenden her- vorgehende, schaffende Thätigkeit nicht möglich sei. “Man kann den Wortvorrath einer Sprache auf keine Weise als eine fertig daliegende Masse ansehen. Er ist, auch ohne auschliess- lich der beständigen Bildung neuer Wörter und Wortformen zu gedenken, so lange die Sprache im Munde des Volkes lebt, ein fortgehendes Erzeugnis und Wiedererzeugnis des wolt- bildenden Vermögens, zuerst in dem Stamme, dem die Sprache ihre Form verdankt, dann in der kindischen Erlernung des Sprechens und endlich im täglichen Gebrauche der Rede. Die unfehlbare Gegenwart des jedesmal notwendigen Wortes in dieser ist gewiss nicht bloss Werk des Gedächtnisses. Kein menschliches Gedächtnis reichte dazu hin, wenn nicht die Seele instinktartig zugleich den Schlüssel zur Bildung der Wörter

40 Einleitung. Dritte Periode. W. v. Humboldt.

selbst in sich trüge. Auch eine fremde [Sprache] erlernt man nur dadurch, dass man sich nach und nach, sei es auch nur durch Übung, dieses Schlüssels zu ihr bemeistert, nur vermöge der Einerleiheit der Sprachanlagen überhaupt und der beson- dern zwischen einzelnen Völkern bestehenden Verwandtschaft derselben. Mit den toten Sprachen verhält es sich nur um weniges anders. Ihr Wortvorrath ist allerdings nach unserer Seite hin ein geschlossenes Ganzes, in dem nur glückliche Forschung in ferner Tiefe liegende Entdeckungen zu machen im stande ist. Allein ihr Studium kann auch nur durch An- eignung des ehemals in ihnen lebendig gewesenen Prinzips gelingen; sie erfahren ganz eigentlich eine wirkliche augen- blickliche Wiederbelebung. Denn eine Sprache kann unter keiner Bedingung wie eine abgestorbene Pflanze erforscht wer- den. Sprache und Leben sind unzertrennliche Begriffe, und die Erlernung ist in diesem Gebiete immer nur Wiedererzeugung” (S. 122). Wie man schon aus diesen Anführungen sieht, hat Humboldt vorzüglich den geistigen, innerlichen Theil der Sprache im Auge. Der Laut tritt bei seiner Betrachtung etwas in den Schatten. Die Sprache ist nach einer seiner bekanntesten Definitionen die sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes, den artikulierten Laut zum Ausdruck des Gedanken fähig zu machen. Ja, er betrachtet den Laut als ein wıderstrebendes Medium. Man muss die Sprachbildung so heisst es $S. 99 überhaupt als eine Erzeugung ansehen, in welcher die innere Idee, um sich zu manifestieren, eine Schwierigkeit zu über- winden hat. Diese Schwierigkeit ist der Laut, und die Über- windung gelingt nicht immer in gleichem Grade.” Man sieht: während die heutige Sprachforschung ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich der äussern Sprachform zuwendet, steht für Humboldt im Vordergrunde die innere Sprachform. Was bedeutet nun dieser vielberufene Terminus ‘innere Sprachform’? Humboldt hat sich darüber niemals einfach und unmissver- ständlich in zusammenfassender Weise ausgesprochen ; doch lässt sich durch die Zusammenstellung mehrerer Stellen wohl er- mitteln, was er meint, wenn auch Nebensächliches, worauf ich

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hier nicht eingehe, dunkel bleibt. Zunächst einige Stellen, welche den Begriff ganz allgemein hinstellen: “Das in dieser Arbeit des Geistes, den artikulierten Laut zum Gedankenaus- druck zu erheben, liegende Beständige und Gleichförmige, so vollständig als möglich ın seinem Zusammenhange aufgefasst und systematisch dargestellt, macht die Form der Sprache aus” ($. 57). “Man muss durch die Darstellung der Form den spezi- fischen Weg erkennen, welchen die Sprache und mit ihr die Nation, der sie angehört, zum Gedankenausdruck einschlägt” 8.61). “Es ergiebt sich schon aus dem bisher Gesagten von selbst, dass unter Form der Sprache hier durchaus nicht bloss die sogenannte grammatische Form verstanden wird. Der Unterschied, welchen wır zwischen Grammatik und Lexikon zu machen pflegen, kann nur zum praktischen Gebrauche der Erlernung der Sprachen dienen, allein der wahren Sprach- forschung weder Grenze noch Regel vorschreiben. Der Begriff der Form der Sprachen dehnt sich weit über die Regeln der Redefügung und selbst über die der Wortbildung hinaus, in- sofern man unter der letztern die Anwendung gewisser all- gemeiner logischer Kategorien des Wirkens, des Gewirkten, der Substanz, der Eigenschaft u. s. w. auf die Wurzeln und Grundwörter versteht. Er ist ganz eigentlich auf die Bildung der Grundwörter selbst anwendbar, und muss in der That mög- lichst auf sie angewendet werden, wenn das Wesen der Sprache wahrhaft erkennbar sein soll” (S. 59). Etwas greifbarer wird die Sache, wenn Humboldt sich einmal entschließt, ein Bei- spiel zu geben. Das geschieht u. a. $. 109, wo es heißt: “wenn z. B. im Sanskrit der Elephant bald der zweimal Trinkende, bald der Zweizahnige, bald der mit einer Hand Versehene heisst, sosind dadurch, wenn auch immer derselbe Gegenstand gemeint ist, ebenso viele verschiedene Begriffe bezeichnet. Denn die Sprache stellt niemals die Gegenstände, sondern immer die durch den Geist in der Spracherzeugung selbstthätig von ihnen gebildeten Begriffe dar; und von dieser Bildung, insofern sie als ganz innerlich, gleichsam dem Artikulationssinne voraus- gehend angesehen werden muss, ist hier (nämlich in dem

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Paragraphen, welcher ‘die innere, Sprachform’ überschrieben ist) die Rede”. Ferner: “Die intellektuelle Technik be- greift das in der Sprache zu Bezeichnende und zu Unter- scheidende. Zu ihr gehört es also z. B., wenn eine Sprache Bezeichnung des Genus, des Dualis, der Tempora durch alle Möglichkeiten der Verbindung des Begriffes der Zeit mit dem des Verlaufs der Handlung u. s. f. besitzt” (S. 103). Also zu- sammengefasst: Innere Sprachform ist die besondere Art, wie eine Sprache die in ihr zum Ausdruck gelangenden Begriffe auffasst. Ist das nun etwas Fassbares und Brauchbares? Ich glaube, dass man diese Frage, soweit es die Bildung der Grund- wörter oder, wie wir sagen würden, die Etymologie betrifft, verneinen muss. Es ist ja bekannt, dass die Dinge in den Sprachen nach sehr verschiedenen Merkmalen benannt werden ; aber wie man diese zahllosen Einzelheiten irgendwie sollte unter ein System fassen können, und welchen Vorteil eine solche Systematisierung bringen könnte, sehe ich nicht ein. Etwas andeıs steht es mit jenem Gebiet der Sprache, dem das Genus, der Dualis u. s. w. angehören. Es ist ganz wohl mög- lich, zu sagen, welches die Eigenthümlichkeiten einer Sprache nach dieser Richtung hin sind, und wir besitzen wenigstens von einer Sprache eine vortreffliche Schilderung der Art, ich meine dıe Charakteristik des Jakutischen, welche Böhtlingk in seiner grossen Arbeit über die Sprache der Jakuten S. xxvır unter der Überschrift “logische Merkmale’ mittheilt. Es heisst daselbst u. a.: “Das grammatische Geschlecht nicht entwickelt, ebenso wenig die Steigerung beim Adjektiv. Besondere Endungen für den Akkusativus definitus und indefinitus, Dativ, Ablativ, Lokativ, Instrumental, Adverbialis, Komitativ und Komparativ. Eine besondere Endung für den Plural. Das Nomen ım Plural ohne alle Kasusendung fungiert als Subjekt, als Prädikat und als Attribut, aber nie wie der Singular als Objekt.... Das Verbum finitum und die Verbalnomina der Gegenwart, Ver- gangenheit und Zukunft haben eine bejahende und eine ver- neinende Form. Wahre Verba finita sind: Der Imperativ Präs. und Fut., das Perfektum, der Konditionalis und der

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Potentialis in der bejahenden und in der verneinenden Form. Alle übrigen Aussageformen einer Thätigkeit sind entweder mit den Prädikatsaffıxen verbundene Verbalnomina oder Verbalnomina mit Possessivis, welche letztere in derselben Gestalt auch als Subjekt und Attribut auftreten können.” In diesen Worten und demjenigen, was ihnen vorhergeht und folgt, hat Böhtlingk in der That die innere Sprachform des Jakutischen an der inneren Sprachform anderer Sprachen gemessen und dadurch auf das Beste erhellt. Aber man wolle wohl im Auge behalten, dass eine solche Darstellung nichts anderes ist, als eine räsonierende Übersicht der ver- schiedenen Eigenthümlichkeiten einer Sprache. Die einzelnen Züge lassen sich weder addieren, noch in ein System bringen, und somit lässt sich auch aus der inneren Sprachform keine Klassifikation der Sprachen entnehmen, wie denn auch Hum- boldt seine Klassifikation der Sprachen nicht an die Gesamt- heit der inneren Sprachform, sondern an einen einzelnen Punkt angeknüpft hat.

Mit der inneren Sprachform sind wir schon in das Gebiet der Syntax eingetreten. Ich beschränke mich, indem ich versuche, von Humboldt’s syntaktischen Ansichten Rechenschaft zu geben, dem Zwecke dieser Schrift gemäss auf die indogermanischen Sprachen, und entnehme die Belege wie bisher ausschliesslich der Einleitung’, da die Abhandlung über den Dualis über das Pro- gramm kaum hinausgekommen ist, so dass man keine deutliche Vorstellung davon bekommt, wie ihr Verfasser den Dualis einer Einzelsprache, z. B. des Griechischen, behandelt haben würde. In der Lehre von den Satztheilen nun finden wir Humboldt noch mit einem Fusse auf dem alten Boden, indem er meint, dass sie zu demjenigen in der Sprache gehören, das aus blossen Begriffen abgeleitet werden müsse. So sagt er z.B.S. 105: “Auch in dem bloss ideellen, von den Verknüpfungen des Vor- standes abhängenden Theile finden sich Verschiedenheiten, die aber alsdann fast immer aus unrichtigen oder mangelhaften

Kombinationen herrühren. Um dies zu erkennen, darf man nur bei den eigentlich grammatischen Gesetzen stehen bleiben.

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Die verschiedenen Formen z. B., welche, dem Bedürfnis der Rede gemäss, in dem Baue des Verbum abgesondert bezeichnet werden müssen, sollten, da sie durch blosse Ableitung von Be- griffen gefunden werden können, in allen Sprachen auf die- selbe Weise vollständig aufgezählt und richtig geschieden sein”. Auch mit seiner Auffassung des Verbums an sich sind wir jetzt nicht mehr zufrieden. Er knüpft zwar richtig an die griechischen Philosophen an, denen das Verbum das Aussage- wort war, aber er sucht doch zugleich noch etwas von der Ansicht zu retten, dass das Verbum die Kopula vertritt. Er sagt darüber: “Das Verbum unterscheidet sich vom Nomen und von den andern, möglicherweise im einfachen Satze vor- kommenden Redetheilen mit schneidender Bestimmtheit da- durch, dass ihm allein der Akt des synthetischen Setzens als grammatische Funktion beigegeben ist. .... Es liegt daher zwischen ihm und den übrigen Wörtern des einfachen Satzes ein Unterschied, der, diese mit ihm zur gleichen Gattung zu zählen, verbietet. Alle übrigen Wörter des Satzes sind gleich- sam tot daliegender, zu verbindender Stoff, das Verbum allein ist der Leben enthaltende und Leben verbreitende Mittelpunkt. Durch einen und denselben synthetischen Akt knüpft es durch das Sein das Prädikat mit dem Subjekte zusammen, allein so, dass das Sein, welches mit einem energischen Prädikate in ein Handeln übergeht, dem Subjekte selbst beigelegt, also das bloss als verknüpfbar Gedachte zum Zustande oder Vorgange in der Wirklichkeit wird. Man denkt nicht bloss den ein- schlagenden Blitz, sondern der Blitz ist es selbst der hernieder- fährt; man bringt nicht bloss den Geist und das Unvergäng- liche als verknüpfbar zusammen, sondern der Geist ist un- vergänglich. Der Gedanke, wenn man sich so sinnlich ausdrücken könnte, verlässt durch das Verbum seine innere Wohnstätte und tritt in die Wirklichkeit über” (S. 261). Vor- trefflich dagegen und ein wirklicher Fortschritt ist es, wenn Humboldt darauf dringt, dass man vom Satze ausgehen müsse, da jede noch so unvollständige Aussage in der Absicht des Sprechenden wirklich einen geschlossenen Gedanken ausmacht

Einleitung. Dritte Periode. W. v. Humboldt. 45

8. 175). Über das Verhältnis von Satz und Wort äussert er sieh wie folgt: “Wie jede aus der inneren Auffassung der Sprache entspringende Eigenthümlichkeit derselben in ıhren ganzen Organismus eingreift, so ist dies besonders mit der Flexion der Fall. Sie steht namentlich mit zwei verschiedenen, und scheinbar entgegengesetzten, allein in der That organisch zusammenwirkenden Stücken, mit der Worteinheit, und der angemessenen Trennung der Theile des Satzes, durch welche seine Gliederung möglich wird, in der engsten Verbindung. Ihr Zusammenhang mit der Worteinheit wird von selbst be- greiflich, da ihr Streben ganz eigentlich auf Bildung einer Einheit, sich nicht bloss an einem Ganzen begnügend, hinaus- geht. Sie befördert aber auch die angemessene Gliederung des Satzes und die Freiheit seiner Bildung, indem sie in ihrem eigentlich grammatischen Verfahren die Wörter mit Merk- zeichen versieht, welchen man das Wiedererkennen ihrer Be- ziehung zum Ganzen des Satzes mit Sicherheit anvertrauen kann. Sie hebt dadurch die Ängstlichkeit auf, ihn, wie ein einzelnes Wort, zusammenzuhalten, und ermuthigt zu der Kühn- heit, ihn in seine Theile zu zerschlagen. Sie weckt aber, was noch weit wichtiger ist, durch den in ihr liegenden Rückblick auf die Formen des Denkens, insofern diese auf die Sprache bezogen werden, eine richtigere und anschaulichere Einsicht ın seine Zusammenfügungen. Denn eigentlich entspringen alle drei hier genannten Eigenthümlichkeiten der Sprache aus Einer Quelle, aus der lebendigen Auffassung des Verhältnisses der Rede zur Sprache. Flexion, Worteinheit und angemessene Gliederung des Satzes sollten daher in der Betrachtung der Jpraeo nie getrennt werden. Die Flexion erscheint erst durch

die Hinzufügung dieser andern Punkte in ihrer wahren, wohl- thätig einwirkenden Kraft” (S. 145). Zum Schluss führe ich noch ein Wort an über die Entstehung der Wörter im Satz: “Wenn man es wagt, in die Uranfänge der Sprache hinab- zusteigen, so verbindet zwar der Mensch gewiss immer mit jedem als Sprache ausgestossenen Laute innerlich einen voll- sändigen Sinn, also einen geschlossenen Satz, stellt nicht bloss,

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seiner Ansicht nach, ein vereinzeltes Wort hin, wenn auch seine Aussage, nach unserer Ansicht, nur ein solches enthält. Darum aber kann man sich das ursprüngliche Verhältnis des Satzes zum Worte nicht so denken, als würde ein schon in sich vollständiger und ausführlicher nur nachher durch Ab- straktion in Wörter zerlegt. Denkt man sich, wie es doch das Natürlichste ist, die Sprachbildung successiv, so muss man ihr, wie allem Entstehen ın der Natur, ein Evolutionssystem unter- legen. Das sich im Laut äussernde Gefühl enthält alles im Keime, ım Laute selbst aber ist nicht zugleich alles sichtbar. Nur wie das Gefühl sich klarer entwickelt, die Artikulation Freiheit und Bestimmtheit gewinnt und das mit Glück ver- suchte gegenseitige Verständnis den Muth erhöht, werden die erst dunkel eingeschlossenen Theile nach und nach heller und treten in einzelnen Lauten hervor” (183). Das ist gewiss nicht deutlich, man wırd aber zugestehen, dass in diesen Fragen überhaupt nicht von einem Wissen, sondern höchstens von einem Ahnen die Rede sein kann.

Soweit Wilhelm von Humboldt. Es fragt sich nun, wel- cher Art seine Einwirkung auf den Betrieb der grammatischen Wissenschaft gewesen ist. Ich glaube, dass man den Mann und seine Schriften unterscheiden muss. Humboldt war ein Meister im sup @tÄooogeiv und oup@ıloAoyeiv, und Bopp hat gewiss von ihm ebenso viel Nutzen gezogen, wie einst Schiller oder Friedrich August Wolf, und natürlich ist manches aus diesem Verkehr auf allerlei Wegen in die wissenschaftlichen Arbeiten über Grammatik gedrungen. Humboldt’s Schriften aber haben, glaube ich, nicht sehr stark auf die Philologen gewirkt. Wohl findet man sie zitiert bei Bopp, Pott, Grimm u. a.; die Schrift über den Dualis wird noch heutzutage angeführt, auch liest wohl mancher in der Einleitung, aber im Ganzen verfahren die Sprachgelehrten mit Humboldt wie jener Katholik, der nach Goethe’s hübschem Bilde bei dem Eintritt in die Kirche ein Weihwasser nimmt, dann aber als ob nichts geschehen wäre, seinen täglichen Gedanken oder wohl gar einem Liebes- handel nachgeht: man verbeugt sich in der Vorrede vor dem

Einleitung. Dritte Periode. Bopp. 47

grossen Meister und verfährt im übrigen nach alter Weise. So wüsste ıch denn aus dem Gebiete der Syntax eigentlich nur ein Buch zu nennen, das nachweislich auf Humboldt’sche An- regung zurückgeht, und zwar ein recht gutes, nämlich Th. Rumpel, die Casuslehre, Halle 1845. Rumpel entnimmt Hum- boldt den richtigen Gedanken, dass die Kasus im Satz und aus dem Satz zu erklären seien; aber freilich mit den Auf- fassungen der einzelnen Kasus kann ich mich nicht einver- standen erklären. Denn er verlegt die Erklärung des Akku- satıvs in das Verbum (insofern er den Akkusativ als den bei dem transıtiven Verbum stehenden Kasus auffasst) und dem Genitiv und Dativ konnte er damals ihre zusammengesetzte Natur noch nicht genügend ansehen. Wie anders als die Humboldt’sche war die Art und das Schicksal von Franz Bopp! Indem er von Anfang an mit gesammelter Kraft auf ein erreichbares Ziel hinarbeitete, gelang es ihm, aus zahllosen Einzelbeobachtungen ein zusammen- hängendes Ganzes zu schaffen und so dem Reiche des Wissens eine neue Provinz anzugliedern. Seine Bücher bildeten die Grundlage für jede weitere Forschung in gleichem Sinne, und wenn sie heutzutage nicht eben viel zitiert werden, so liegt das nur daran, dass ein grosser Theil des in ihnen Enthaltenen in das allgemeine wissenschaftliche Bewusstsein übergegangen ist. Ich habe versucht, Bopp’s Wesen in meiner Einleitung ın das Sprachstudium® S. 1 ff. zu schildern. Indem ich auf diese Darstellung verweise, bemerke ich hier nur, dass es sich bei ihm wesentlich um zweierlei handelt, nämlich den Nach- weis, dass die indogermanischen Sprachen verwandt sind, und um die Erklärung der Flexionsformen. Der erste Punkt kann insofern als erledigt gelten, als heute niemand mehr daran zweifelt, dass die sogenannten indogermanischen Sprachen säimmtlich aus einer Grundsprache entstanden sind. Was den zweiten Punkt betrifft, so ist klar, dass wir uns mit ihm auf das Gebiet der Hypothesen begeben. Bopp’s Hypothese nun ist in der Kürze folgende. Er nimmt an, dass sämmtliche indo- germanische Wörter aus Wurzeln entstanden sınd. Aus diesen

48 Einleitung. Dritte Periode. Bopp.

sind die Stämme der Nomina und Verba durch Zusammen- setzung hervorgegangen. Und zwar gehen die Stammbildungs- suffixe der Nomina auf Pronominalwurzeln zurück; ın manchen Tempus- und Modusstämmen stecken Verba, insbesondere das Verbum ‘sein’!), so z. B. im Aorist und Futurum, im Optativ das Verbum ‘gehen. Die Endungen endlich, wodurch die Stämme zu Wörtern werden, also dıe Kasus- uud Personal- suffixe sind wiederum Pronomina. Indem ich hinsichtlich der Beurtheilung dieser Hypothese (die jetzt im allgemeinen ziemlich ablehnend ausfällt) mich wiederum auf meine Einlei- tung beziehe, habe ich hier nur ein Wort zu sagen über die Entstehung der Satztheile aus den Wurzeln, die Kasus und das Verbum. Was den ersten Punkt betrifft, so nimmt Bopp zwei Klassen von Wurzeln an, nämlich Verbal- und Pronominalwurzeln. Unter diese Klassen sollen sich die vor- handenen Satztheile so vertheilen, dass aus der ersten die Nomina (substantivische und adjektivische) und Verba, aus der andern aber die Pronomina, alle Urpräpositionen, Konjunktionen und Partikeln hervorgegangen sind. Der Name Pronominalwurzeln ist (wie Bopp sagt) desshalb gewählt, weil diese Satztheile sammt- lich einen Pronominalbegriff ausdrücken, der allerdings in den Präpositionen, Konjunktionen und Partikeln ‘mehr oder weniger versteckt liegt. Man kann bei der Beurtheilung die ganze Streit- frage, mit welchem Rechte man sogenannte Wurzeln annimmt, bei Seite lassen, da sich, wie ich meine, bei jedem Standpunkt ergiebt, dass die Bopp’sche Eintheilung bei der Behandlung der Syntax keinen irgend erheblichen Nutzen bringt. Es zeigt sich nämlich sofort die eine Schwierigkeit, dass mindestens die Präpositionen von dieser Eintheilung durchschnitten werden. Wie Bopp schon durch die Bezeichnung Urpräposionen andeu- tet, giebt es ja Präpositionen, die deutlich nominalen Ursprungs sind, wie z. B. laut, kraft, secundum u. s. w., und es ist schlech- terdings nicht möglich, die Grenzlinie zwischen den beiden

1) Ich habe a. a. O. gezeigt, dass Bopp bei dieser Vermutung mit Bewusstsein an die Lehre von den drei Satztheilen anknüpft, wie wir sie bei Hermann gefunden haben (vgl. oben S. 29).

Einleitung. Dritte Periode. Bopp. 49

Klassen genau zu ziehen. Aber selbst wenn das möglich wäre, würde man doch in der Syntax gezwungen sein, die beiden Gattungen zusammenzufassen; man würde also zur Aufstellung einer Mischklasse getrieben werden. Sodann ist klar, dass der Ausdruck “Pronominalwurzeln’, wie Bopp ja auch selbst empfunden hat, allzu umfassend, ja man könnte sagen, eigentlich negativ ist. Wie soll man z. B. ungezwungen die Negation unter die Pronomina nnterbringen? So ergiebt sich denn schon aus diesen wenigen, mehr die Ausführbarkeit als das Prinzip betreffenden Bemerkungen, dass die Bopp’sche Eintheilung zwar nüchterner und sachlicher ist als die Hermann’- sche, aber einen sichern Boden, auf dem man fussen könnte, ebenfalls nicht gewährt. Wie Bopp die Kasusendungen auf- fasst, sehe man aus folgenden Beispielen. Das s des Nominativ sing. masc. nnd fem. ist aus dem Pronominalstamm hervor- gegangen, der in ai. sd, gr. 0, got. sa vorliegt, bei dem Ge- nitiv kehrte die Sprache zu demselben Pronomen zurück. Der Nom. sing. neutr. ist nach Bopp durch ? (nicht durch «) gekennzeichnet. Dieser Stamm ist lebendig in ai. id, gr. 16, got. Da-. Aus demselben Pronomen ist aber auch der Ablativ hervorgegangen. Das Zeichen des Instrumentalis @ ist eine Verlängerung des Pronominalstammes a und mit der Präposi- tion @ identisch. In ähnlicher Weise haben die Kasus, welche die Silbe 5A: enthalten, eine Beziehung zu der Präposition abAt. Diese Beispiele genügen, um das Urtheil zu begründen, dass die so gefundenen Grundbegriffe (selbst wenn die Bopp’schen Deu- tungen sicher wären, was sie keineswegs sind) für die Syntax ziemlich gleichgültig sein würden. Denn aus jenen Urzustän- den, in denen nach Bopp Nominativ, Genitiv und Ablativ aus demselben Holze geschnitzt wurden, führt keine Brücke zu dem überlieferten Gebrauch. Beim Verbum würde die Bopp’- sche Erklärung des Optativs die Ansicht bekräftigen, dass die potentiale Bedeutung aus der wünschenden abzuleiten sei, die übrigen Erklärungen aber sind nach der Seite der Bedeu- tung ohne Erheblichkeit. Ich glaube also (wenn ich meine Ansicht zusammenfassen soll) erstens, dass die Bopp’sche Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 4

50 Einleitung. Dritte Periode. Bopp. J. Grimm.

Hypothese über die grammatischen Formen keine hinreichend feste Grundlage für einen syntaktischen Bau bilden kann, und ich glaube zweitens, dass die Bopp’schen Erklärungen auch für den, der sie annimmt, so ziemlich unverwendbar sein würden. Während somit dieser Theil der Bopp’schen Bemühungen für die Syntax in Wegfall kommt, ist dagegen seine übrige Forschung von grundlegender Wichtigkeit. Auch die Syntax hat sich des vergleichenden Verfahrens zu bedienen. Sie muss unter Benutzung der Ergebnisse der Forschungen auf dem Gebiet der Formenlehre festzustellen suchen, welche Gebrauchsweisen bereits der Grundsprache angehört haben (proethnisch sind, wie wir mit einem von Sonne erfundenen, bequemen Worte uns ausdrücken) und wie sich auf dieser Grundlage die ein- zelnen Sprachen weiter entwickelt haben. Wie ergebnisreich eine solche Betrachtung sein kann, hat Bopp selbst schon in seiner Erstlingsschrift vom Jahre 1816 an dem Infinitiv ge- zeigt. Die Griechen erklären den Infinitiv für ein ovopa br- paros und nehmen damit die Verlegenheit, in der sie sich angesichts dieser sonderbaren Form befanden, mit in die De- finition auf. Bopp (Konjugationssystem 71) betont dem gegen- über, so ein gemischtes Wesen von Substantiv und Verbum, das man dem Infinitiv angedichtet habe, sei überhaupt in keiner Sprache zu finden und es sei ein solches phantasti- sches Greschöpf den Centauren der Fabelwelt zu vergleichen. Ganz richtig, wenn man den Ursprung der Form im Auge hat. Bopp weist nach, dass der Infinitiv nichts anderes sei als eine Nominalform. Da aber das Nomen (so setzen wir Bopp’s Betrachtung fort) ein abstraktes war, so trat im Läufe der Zeit der Infinitiv zu dem System des Verbums in innerliche Be- ziehung. Die Doppelnatur des Infinitivs ist also eine erwor- bene. Auf diese Weise wird ein logisches Problem auf ge- schichtlichem Wege aufgelöst und in diesem Sınne kann Bopp’s Behandlung des Infinitivs als der Anfang der vergleichenden Syntax gelten.

Einen völlig abweichenden Ton schlägt Jacob Grimm in der ersten Auflage seiner deutschen Grammatik an, einen Ton

Einleitung. Dritte Periode. J. Grimm. 51

der an die von Achim von Arnim vertretene Form der Ro- mantik erinnert. “Ich bin des festen Glaubens, so heisst es bei ıhm in der Widmung an Savigny selbst wenn der Werth unserer vaterländischen Güter, Denkmäler und Sitten weit geringer angenommen werden müsste, als wir ihn gerecht und bescheiden voraussetzen dürfen, dass dennoch die Erkenntnis des Einheimischen unser die würdigste, die heilsamste und aller ausländischen Wissenschaft vorzuziehen wäre. Auf das Vaterland sind wir von Natur gewiesen und nichts anderes vermögen wir mit unseren angebornen Gaben in solcher Maße und so sicher begreifen zu lernen’. Dabei geht Grimm so weit, jeden grammatischen Unterricht in der Muttersprache für eine unsägliche Pedanterei zu erklären, die es Mühe kosten würde, einem wieder auferstandenen Griechen oder Römer auch nur be- greiflich zu machen. Den geheimen Schaden, den ein solcher Unterricht stifte, werde eine genaue Prüfung bald gewahr. “Ich behaupte nichts anderes, als dass dadurch gerade die freie Entfaltung des Sprachvermögens in den Kindern gestört und eine herrliche Anstalt der Natur, welche uns die Rede mit der Muttermilch eingiebt und sie in dem Befang des elter- lichen Hauses zu Macht kommen lassen will, verkannt werde. .. Wer könnte nun glauben, dass ein so tief angelegter, nach dem natürlichen Gesetze weiser Sparsamkeit aufstrebender Wachsthum durch die abgezogenen matten und missgegriffenen Regeln der Sprachmeister gelenkt oder gefördert würde? .. Frage man einen wahren Dichter, der über Stoff, Geist und Regel der Sprache gewiss ganz anders zu gebieten weiss, als Grammatiker und Wörterbuchmacher zusammengenommen, was er aus Adelung gelernt habe und ob er ihn nachgeschlagen.’ .. “Wichtig und unbestreitbar ist hier auch die von vielen gemachte Beobachtung, dass Mädchen und Frauen, die ın der Schule weniger geplagt werden, ihre Worte reinlicher zu reden, zierlicher zu setzen und natürlicher zu wählen verstehen, weil sie sch mehr nach dem kommenden innern Bedürfnis bilden, die Bildsamkeit und Verfeinerung der Sprache aber mit dem Geistesfortschritt überhaupt sich von selbst einfindet und gewiss 4*

52 Einleitung. Dritte Periode. J. Grimm.

nicht ausbleibt. Jeder Deutsche, der sein Deutsch schlecht und recht weiss, d. h. ungelehrt, darf sich nach dem treffen- den Ausdruck eines Franzosen eine selbsteigne lebendige Gram- matik nennen und kühnlich alle Sprachmeisterregeln fahren lassen.” Ein Meistern der Sprache ist ihm auch die Austreibung der Fremdwörter, und gegen die Puristen richtet er das präch- tige Wort: “Die Sprache hat mancherlei Schaden erlitten und muss ihn tragen. Die wahre, allein zuträgliche Ausgleichung steht in der Macht des unermüdlich schaffenden Sprachgeistes, der wıe ein nistender Vogel wieder von neuem brütet, nach- dem ihm die Eier weggethan worden; sein unsichtbares Walten vernehmen aber Dichter und Schriftsteller in der Begeisterung und Bewegung durch ihr Gefühl.” Dass diese Aussprüche einen Beisatz von Übertreibung enthalten, ist sicher, wie Grimm sie denn auch später eingeschränkt hat. Aber richtig ist gewiss, dass das ohne Arbeit, ja ohne Selbstbesinnung erworbene Sprachgefühl uns in den Stand setzt, einen nicht unerheblichen Theil der Vergangenheit unsrer Muttersprache von der Gregen- wart aus für uns in einem Grade lebendig zu machen, wie es bei einer fremden Sprache schwerlich gelingen wird; und mit Recht jedenfalls hat Grimm betont, dass die Ausbildung des Sprachvermögens sich zum grössten Theil in der Region des Unbewussten vollzieht und daher der absichtlichen Einwirkung des Einzelnen entzogen ist. Wer nun so, wie Grimm es thut, dem Organismus (dem Wachstum, wie er sagt) der Sprache mit einem Gefühle der Ehrfurcht, man könnte sagen, der Andacht gegenübersteht, für den giebt es nur ein Verfahren, dasjenige, wobei sich der Forscher bemüht, nicht Regeln aufzustellen, sondern Gesetze zu ermitteln, nicht irgend einen Sprachzustand als den normalen auszurufen, sondern anzuerkennen, dass die Sprache, wie sie langsam fortschreitet von Geschlecht zu Geschlecht, sich in stiller, aber unaufhaltsamer Veränderung befindet, mit einem Worte das historische Verfahren. “Von dem Gedanken, sagt Grimm, eine historische Grammatik der deutschen Sprache zu unternehmen, sollte sie auch als erster Versuch von zukünftigen Schriften bald übertroffen werden,

Einleitung. Dritte Periode. J. Grimm. 53

bin ich lebhaft ergriffen worden. Bei sorgsamem Lesen alt- deutscher Quellen entdeckte ich täglich Formen und Voll- kommenheiten, um die wir Griechen und Römer zu neiden pflegen, wenn wir die Beschaffenheit unsrer jetzigen Sprache erwägen; Spuren, die noch in dieser trümmerhaft und gleich- sam versteint stehen geblieben, wurden mir allmählich deut- lieh und die Übergänge gelöst, wenn das Neue sich zu dem Mitteln reihen konnte und das Mittele dem Alten die Hand bot. Zugleich aber zeigten sich die überraschendsten Ähnlich- keiten zwischen allen verschwisterten Mundarten und noch ganz übersehene Verhältnisse ihrer Abweichungen. Diese fort- schreitende unaufbörliche Verbindung bis in das Einzelnste zu ergründen und darzustellen, schien von grosser Wichtigkeit; die Ausführung des Planes habe ich mir so vollständig gedacht, dass was ich gegenwärtig zu leisten vermag weit dahinten bleibt.” Die niemals stillstehende Wissenschaft ist natürlich auch über einen Theil des Grimm’schen Werkes hinausgegangen, insbesondere hat die vergleichende Grammatik, beginnend mit Bopp’s meisterlicher Kritik, eine völlige Umgestaltung der Grundlagen herbeigeführt. Indessen was auch die Folgezeit verändern mag, das Urtheil wird wohl bestehen bleiben, dass nicht leicht anderswo ein so ungeheurer Stoff mit so starkem und zugleich so wenig aufdringlichem Geiste bewältigt worden ist wie in Jacob Grimm’s deutscher Grammatik. Seine Wirkung ist so vielfältig, dass es schwer ist, sie abzuschätzen, und 80 mag es denn gestattet sein, sich ihm gegenüber auf den Stand- punkt der allbekannten florentiner Grabschrift zurückzuziehen: tanto nomini nullum par elogium. Für die Praxis der Syntax haben wir ausser der historischen Auffassung, die wir ihm gern absehen möchten, namentlich zu lernen, dass, wenn man schildern will, wie es wirklich gewesen ist, auch die ge- wöhnlichen, nicht bloss die ausnahmsweise auftretenden Er- scheinungen in reichen Belegen zur Anschauung zu bringen sind.

Ungefähr um dieselbe Zeit, wo durch Bopp die ver- gleichende, durch Grimm die deutsche Grammatik begründet

54 Einleitung. Dritte Periode. Dobrowsky. Wuk.

wurde, begann sich auch die slavische Philologie zu entwickeln, und zwar von Böhmen und Serbien aus. Unter den böhmischen Gelehrten nimmt besonders der älteste derselben, Joseph Dobrowsky (geb. 1753), unsre Theilnahme in Anspruch. Ihm verdanken wir die erste wissenschaftliche Darstellung des Alt- kirchenslavischen in den Institutiones linguae slavicae dialecti veteris, Wien 1822, einem, wie Schleicher urtheilt, für seine Zeit ausgezeichneten und insofern für alle Zeiten denkwürdigen Buche, als es die wissenschaftliche Slavistik begründet hat. Ihm entnahm Bopp, der von S. 329 der ersten Auflage seiner vergl. Gr. an, auch das Altslavische in seinen Kreis zog, im wesentlichen sein Material. Für uns ist D. besonders merk- würdig, weil er auch die Syntax behandelt hat, und zwar von S. 581—614 an die syntaxis convenientiae, von S. 614—667 die syntaxis regiminis, von S. 667—671 die syntaxis ordinis. Die Absicht des Verfassers geht dahin, den Thatbestand durch aus- gewählte Beispiele zu belegen. Auf Erklärung ist es nirgends abgesehen. Natürlich ist er im einzelnen in den seitdem ver- flossenen siebzig Jahren erheblich überboten worden, aber den ganzen Kreis der altslavischen Syntax hat nach ihm noch nie- mand durchmessen.'!)

In Serbien knüpft sich alles an den einen Namen Wuk Stephanowitsch Karadschitsch (geb. 1787). Niemals ist ein Mann glänzender in die Literatur eingeführt worden als er: die von ihm gesammelten serbischen Volkslieder wurden von Goethe der allgemeinen Aufmerksamkeit empfohlen, auf ihn beruft sich dankbar, als einen seiner vornehmsten Zeugen, Ranke in seiner Schrift über die serbische Revolution (Hamburg 1829, einem Buche, von dem Niebuhr urtheilte, es sei als Historie das Vortrefflichste, was wir in unsrer Literatur besässen), seine serbische Grammatik wurde von Jacob Grimm übersetzt und bevorwortet (Leipzig und Berlin 1824). Dem Anfang ent- sprach der Fortgang. Wenn jemand Anspruch auf Unsterb-

1) Über das, was an Miklosich’s Darstellung fehlt, s. unten S. 62.

Einleitung. Dritte Periode. Wuk Steph. Kar. 55

lichkeit hat, so ist es doch wohl der Mann, der seinem Volke die Schriftsprache geschaffen, seine Lieder gesammelt, das neue Testament übersetzt, Grammatik und Wörterbuch aufgestellt hat. Als Wuk noch ein Hirtenjunge war und aus einer alt- slavischen Bibel das Lesen zu lernen suchte, waren, wie Grimm, Vorrede xn bemerkt, die Geistlichen und die wenigen, welche in Serbien etwa sonst den Wissenschaften oblagen, in dem Wahn befangen, “dass ihre angeborne Landessprache, welcher sie gleichwohl tagtäglich pflegten, nichts als ein aus der Cynilli- schen Kirchensprache entstelltes, durch türkische Wörter vollends verderbtes Idiom sei, nichts als eine Sauhirten- und Rinder- hirten-Sprache” (samo svinarski i govedarski jezik,. Wuk erst verschaffte der Volkssprache ıhr Recht. Er brachte den Gelehrten eine Sprache nahe, von der Grimm ausruft: “Er- freuten sich doch viele Völker der gebildeten Welt, deren Literatur jetzt in voller Blüte steht, einer so wort- und form- reichen, bildsamen und edlen Sprache, als diese Hirtensprache gescholtene, unter südlichem Himmel südlich wohllautende serbische ist.”

Die Einführung des Slavischen in die Sprachwissenschaft ist ein Ereignis, dessen Folgen noch lange nicht erschöpft sind. Die slavischen Sprachen, voran das Serbische und Russische, machen, wenn auch nicht weniges aus der europäischen Be- griffswelt und Syntax vermittelst Übersetzung und Nachahmung in sie eingedrungen ist, noch immer den Eindruck, dass sie mehr von ihren eigenen Mitteln leben, als andere moderne Sprachen. Sie haben in der Syntax viel Alterthümliches be- wahrt, so z. B. bei dem Nomen den Dual und den Instru- mentalis, bei dem persönlichen Pronomen die enklitischen Formen, bei dem Verbum den Aorist und die Verschieden- heiten der Handlungsarten, womit sie an Indogermanisches anknüpfen, die Wortstellung, welche namentlich im Serbischen mit grosser Treue festgehalten ist. Andererseits zeigen sie auch ihre Kraft in wichtigen eigenen Gebilden, so namentlich in der Bildung des vielfachen Satzes und der Konjunktionen, ein Gegenstand, der noch der Bearbeitung harrt. Infolge dieser

56 Einleitung. Dritte Periode. Steinthal.

Eigenschaften werden sie stets eine wichtige Fundgrube für die Sprachforscher sein!).

Nachdem auf die beschriebene Weise die vergleichende Grammatik begründet worden war, entfaltete sich eine von vielen hervorragenden Gelehrten wie Pott, Benfey, A. Kuhn u. a. getragene weiterbauende Thätigkeit, welche ich hier nicht zu schildern habe. Für meinen Zweck wichtig erscheint mir vor allem die Thatsache, dass neue philosophische Anregungen erfolgten und dass aus Indien und dem lituslavischen Gebiet neuer Stoffin theilweise glänzender Bearbeitung zugeführt wurde. Die philosophische Anregung knüpft sich hauptsächlich an H. Steinthal’s Namen. Dieser hervorragende Gelehrte, dem wir schon wiederholt begegnet sind, tritt auf als der Fortsetzer Wilhelm von Humboldt’s.. Wie Humboldt ist er nicht in erster Linie Philologe, sondern Philosoph. Seine Absicht geht nicht auf die Einzelforschung, sondern wie bei seinem Lehrer, dem trefflichen K. W. L. Heyse, auf ein System der Sprachwissen- schaft. Es soll nicht bloss das Wesen und der Ursprung der Sprache, das Verhältnis der Sprache und Grammatik zur Meta- physik, Logik und Psychologie, sondern auch die Klassifikation der Sprachen und die Geschichte der Sprachwissenschaft zur Darstellung kommen, eine grossartige Lebensarbeit, die auch in mehr als einem Stücke bereits wirklich ausgeführt ist. Was nun an diesen Leistungen Steinthal’s etwa zu loben und zu tadeln ist, mögen andere entscheiden; ich will an dieser Stelle nur hervorheben, worın nach meiner Meinung das wesentliche

1) Es mag mir bei dieser Gelegenheit gestattet sein, der Thatsache zu gedenken, dass die slavischen Sprachgelehrten sich immer mehr daran gewöhnen, ein jeder in seiner Sprache zu schreiben. Dagegen anzukämpfen, wäre bei der jetzigen Stimmung der Völker vergeblich. So sei denn nur die Bitte ausgesprochen, dass es unsern slavischen Kollegen gefallen möge, ihre Bücher mit Inhaltsverzeichnissen und Registern zu versehen, welche in einer nicht-slavischen Weltsprache geschrieben sind. Sie würden uns das Studium ihrer Arbeiten auf diese Weise sehr erleichtern und so den wissenschaftlichen internationalen Verkehr, den wir alle wünschen, befördern.

Einleitung. Dritte Periode. Steinthal. 57

Verdienst Steinthal’s um die indogermanische Sprachforschung überhaupt und die Syntax im besonderen besteht. Ich finde dies in der Verwerthung der Herbart’schen Psychologie für die Sprachwissenschaft. Das ist in mehr theoretischer Weise ge- schehen ın grösseren Schriften Steinthal’s (z. B. in seiner Ein- leitung in die Psychologie und Sprachwissenschaft, Berlin 1871), in mehr praktischer, auf einzelne grammatische Probleme ein- gehender Art in der von ihm und Lazarus von 1860 an heraus- gegebenen Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissen- schaft. In dem diese Zeitschrift einleitenden Aufsatz hat es freilich bisweilen den Anschein, als ob die Verfasser des- selben dıe Begriffe Sprache, Sprachgeist, Volksseele in dem- selben mythologischen Sinne verwendeten, wie es früher ge- schehen war, als sei also der Gesammtgeist etwas, was noch ausserhalb der Einzelgeister vorhanden sei; indessen machen se mit diesem Gedanken nicht Ernst. In der That handelt es sch doch nur um das Seelenleben der Einzelnen und ihre Wirkung auf einander, also um Dinge, die jeder Beobachtende verstehen und kontrolieren kann. Jeder, der auf sein eigenes Sprechen aufmerkt, wird ja sofort gewahr, dass in der Sprache dee Wörter und Formen nicht vereinzelt auftreten, sondern auf das mannigfaltigste mit einander verknüpft sind; wie sollte da eine Psychologie nicht willkommen sein, die gerade in der Lehre von der Assoziation der Vorstellungen ihre Stärke hat? Wenn wir nun weiter fragen, worin Steinthal’s in der ge- nannten Richtung liegende Verdienste im einzelnen bestehen, welche grammatische Lehre er besonders gefördert, welches Kapitel der Syntax er umgestaltet hat, so gerathen wir mit der Antwort in einige Verlegenheit. Gewiss hat er manches Pro- blem, mit dem die Historiker unter den Grammatikern sich abmühen, durch treffende Bemerkungen ein Stück vorwärts gebracht (z. B. die Lehre von der Attraktion), aber er ist nicht in dem Sinne Indogermanist, dass er eine indogermanische Sprache oder eine Erscheinung dieser Sprachwelt in allem geschichtlichen Detail zur Darstellung gebracht und mit Hilfe seiner psychologischen Kunst aufgeklärt hätte. Seine Wirkung

58 Einleitung. Dritte Periode. Pänini.

ist vielmehr allgemeinerer Natur. Er hat mehr als ein anderer dazu beigetragen, die Logik aus der Grammatik zu vertreiben und an ihre Stelle die Psychologie zu setzen. Die Logik ist ja eine Kunstlehre des Denkens und die logischen Begriffe sind nur im Besitze weniger Geister. In der Sprache, die durch das Zusammenwirken der Ungebildeten erwachsen ist, können also nicht diese Begriffe wirksam sein, sondern gewisse durch unbewusste Seelenthätigkeit entstandene Gebilde, deren Genesis uns die Psychologie verstehen helfen soll. Natürlich fällt mir nicht ein, zu behaupten, dass diese und ähnliche Vor- stellungen, die in der modernen Menschheit langsam erstarkt und zum Theil schon Gemeingut des sogenannten gesunden Menschenverstandes geworden sind, durch Steinthal zuerst in Umlauf gesetzt worden seien. Was ich behaupte, ist nur, dass seine Arbeiten auf deutsche Philologen ın dem angegebenen Sinne fördernd gewirkt haben. So bekenne ıch mich ihm dankbar verpflichtet, und ohne Steinthal wäre ein so gutes Buch wie Paul’s Prinzipien der Sprachgeschichte, von dem nachher zu sprechen sein wird, nicht zu Stande gekommen. Viel wichtiger als der eben erörterte ist der zweite der oben hervorgehobenen Punkte. Ich möchte zunächst, indem ich mich Indien zuwende, ein Wort von der einheimischen Grammatik der Inder sagen, über deren Werthschätzung eine Zeit lang zwischen der Schlegel’schen und Bopp’schen Richtung heftig genug gestritten wurde, jetzt aber wohl ziemlich all- gemeine Übereinstimmung herrscht. Ich denke, dass Whitney !) die Überzeugung der unbefangenen Kenner ausspricht, wenn er sagt, dass die Grammatik das bewunderungswürdigste Pro- dukt des wissenschaftlichen Geistes in Indien ist und dass diese indische Leistung den Vergleich mit den höchsten wissen- schaftlichen Leistungen, welche die Welt kennt, nicht zu

1) Vgl. W. D. Whitney, the study of Hindu grammar and the study of Sanskrit, repr. from American Journ. of Philology Vol. V, Nr.3. Was Whitney auf S. 15 dieses Aufsatzes wünscht, nämlich eine Ausgabe mit Übersetzung und Erklärung, ist im wesentlichen durch Böhtlingk’s zweite Bearbeitung des Pänini (Leipzig 1887) geleistet worden.

TE =

Einleitung. Dritte Periode. Vedastudien. 59

scheuen braucht, dass dagegen ihre Darstellungsmethode zwar gaistreich, aber verdreht ist. Was wir von den indischen Grammatikern (die uns zuerst Böhtlingk durch seine Ausgabe des Pänini, Bonn 1839 zugänglich gemacht hat) ın das all- gemeine grammatische Bewusstsein übernommen haben, schlägt zu einem erheblichen Theile in das nicht-syntaktische Gebiet. Sie sind uns vorangegangen in der Zerlegung der Sprach- formen (denn, wie Whitney richtig sagt, das Sanskrit ist vor allem an analyzable language), von ihnen haben wir eine ver- nünftige Anordnung des Alphabets gelernt, den Unterschied zwischen tönenden und tonlosen Konsonanten, die Lehre von der Vokalsteigerung herübergenommen. Näher an die Syntax (die bei ihnen nicht als ein abgesonderter Theil der Grammatik erscheint) streifen ihre Angaben über den Satzaccent, welche die volle Verwerthung noch nicht gefunden haben, und ihre Lehre von den Klassen der Komposita, die sich rasch eine Stellung in der Grammatik erobert hat. Wie scharf sie syn- taktische Begriffe aufzufassen vermögen, werde ich beı der Erörterung der Grundbegriffe der Kasus zeigen. So ist denn ihr Einfluss in der That kein geringer. Doch wird er bei weitem überboten durch den Eindruck, den die Erschliessung des Veda in der grammatischen Welt hervorgebracht hat. An der philologischen Erforschung des Veda haben sich deutsche Gelehrte in hervorragender Weise beteiligt, Rosen, Müller, Benfey, A. Kuhn, vor allem Rudolf Roth, dessen Arbeiten besonders in dem von ihm und Böhtlingk verfaßten, sogenannten Petersburger Wörterbuch niedergelegt sind. Dieses Wörterbuch nimmt in der Sprachwissenschaft eine ähnliche Stellung ein wie Jacob Grimm’s deutsche Grammatik. Es giebt kein Wörter- buch, in welchem in irgend vergleichbarer Weise der gesammte Wortschatz einer reichen Sprache geschichtlich behandelt worden wäre. Seine Wirkung war gross und dauert noch heute un- vermindert fort. So ist z. B. die etymologische Forschung we- sentlich durch den Einfluss dieses Werkes von der Wurzel- vergleichung auf den gesunden Boden der Wörtervergleichung herübergeführt worden. Wie die Bekanntschaft mit dem Veda.

60 Einleitung. Dritte Periode. Vedastudien.

auf die Formenlehre und Syntax gewirkt hat, mag an einem Beispiel gezeigt werden. Die einheimischen indischen Gram- matiker sind, weil ın der ihnen bei dem Aufbau der Gram- matık wesentlich vorschwebenden Sprachperiode die Modi sehr schwach vertreten sind, zu einer Unterscheidung von Tempus und Modus nicht gelangt. In den ältesten englischen Sanskrit- grammatiken und danach bei Bopp findet sich im Anschluss daran folgende Aufzählung der Verbalformen: 1. das Präsens, 2. der Modus potentialis, 3. der Imperativ, 4. das Imperfektum, 5. der Aorıst, 6. das Perfektum, 7. das zusammengesetze Fu- turum, 8. der Prekativ, 9. das einfache Futurum, 10. der Konditionalis. Über diese Reihe musste sich ein Mann wie W. v. Humboldt freilich verwundern und, da er an der That- sächlichkeit des Zustandes nicht zweifeln konnte, zu der An- sicht kommen, “dass im Sanskrit der Begriff des Modus nicht allein offenbar unentwickelt geblieben, sondern auch in der Erzeugung der Sprache selbst nicht wahrhaft gefühlt und nicht rein von dem des Tempus unterschieden worden ist” (Einleitung S. 106). Bopp theilte ($ 442 der kleinen Sanskrit-Grammatik) dem philologischen Publikum weiter mit, dass im Veda-Dialekt ein über mehrere Tempora sich erstreckender Modus vorhanden sei, den die indischen Grammatiker ZLef nennten und der im Sinne des Potentialis, Prekativs und Imperativs gebraucht werde. Dass dieser Let dem Konjunktiv des Griechischen gleich sei, leuchtete ein, aber die Meinung lag nahe, dass der Konjunktiv im Sanskrit nur erst in wenigen Spuren erscheine, “seine Durchbildung zu einem selbständigen Modus aber als eine That des griechischen Geistes anerkannt werden müsse”. (Aken, Grundzüge der Lehre von Tempus und Modus im Griechischen, Rostock 1861). Erst die Bekanntschaft mit dem Veda zeigte den wahren Zustand. Man merkte, dass der Zef nichts anderes sei als der Konjunktiv, nicht etwa in Resten oder Anfängen vorhanden, sondern gerade so ausgebildet wie sein griechisches Gegenbild. Im Zusammenhang damit wurde klar, daB der sog. Potentialis nichts anderes sei als der Optativ des Präsens und, da sich zugleich Modi auch bei dem Perfektum und Aorist

Einleitung. Dritte Periode. Schleicher. 61

fanden, so ergab sich, dass die Tempora und Modi sich im Sanskrit gerade so zu einander verhalten wie im Griechischen, dass also das indogermanische Verbum sich in diesen beiden Sprachen (zu denen dann noch das Iranische tritt) ın allen seinen wesentlichen Bestandtheilen erhalten habe ein Er- gebnis, das darum von grosser Wichtigkeit ist, weil dadurch zuerst eine Grundlage für die vergleichend-syntaktische Be- handlung des gesammten indogermanischen Verbums gewonnen worden ist. Auch in bezug auf die Kasuslehre bot der vedische Gebrauch das Regulativ, und so haben sich denn z. B. meine bisherigen Arbeiten über Kasuslehre, Moduslehre, Tempuslehre, Wortstellung und schliesslich meine altindische Syntax aus dem Vedastudium entwickelt, und ich ergreife gern die Gelegenheit, dankbar zu bekennen, dass, wenn an diesen Arbeiten etwas Gutes ist, es zum grössten Theile dem Böhtlingk - Roth’schen Werke zu verdanken ist.

Ich komme nun zu dem baltisch-slavischen Sprach- gebiet und habe zuerst das Litauische zu erwähnen. Das Litauische war schon in der vergleichenden Grammatik von Bopp mit Hilfe älterer Grammatiken herangezogen worden, Pott zeigte seine hervorragende Bedeutung für die etymologi- sche Forschung, aber recht eigentlich wurden die in dieser alter- thümlichen Sprache ruhenden Schätze doch erst durch August Schleicher (1821—1868) gehoben, dessen Handbuch der litau- ıschen Sprache, Grammatik nebst Texten und Glossar umfassend, ın Prag 1856 und 57 erschienen ist. In der Grammatik ist der litauische Sprachstoff, mit Anwendung der sprachwissenschaft- lichen Methode übersichtlich dargestellt. Die Syntax enthält zwar nicht eine umfassende Sammlung von Belegen, aber doch eine vollständige und lichtvoll angeordnete Übersicht alles Wesentlichen. Der bedeutendste unter Schleicher’s Vorgängern war Kurschat. Er hatte bereits 1843 Beiträge zur Kunde der htauischen Sprache erscheinen lassen, auf die Schleicher

sich vielfach gestützt hat. Im Jahre 1876 ist dann auch ron ihm eine litauische Grammatik erschienen. Sie unter- scheidet sich von der Schleicher'schen namentlich in bezug

62 Einleitung. Dritte Periode. Miklosich.

auf die Accentlehre, welche der geborene Litauer von anfang an richtiger aufgefasst hatte. Wie nützlich das Litauische für die Vergleichung werden kann, wird man hoffentlich in meiner Darstellung gewahr werden.

Auf dem slavischen Gebiete ragt über alle der Name Franz Miklosich (1813—1891) hervor. Miklosich’s unermüd- liche Thätigkeit erstreckte sich auf das weite slavische Gebiet und was sich daran anschloss (Rumänisch, Zigeunerisch, auch Neugriechisch,. Ihm verdanken wir, indem er die von Do- browsky u. a. begonnene Thätigkeit fortsetzte, ein Lexikon des Altkirchenslavischen (oder, wie er sagt, Altslovenischen), wich- tige Texte derselben Sprache, auf grammatischem Gebiet aber vor allem die vergleichende Grammatik der slavischen Spra- chen, deren vierter Theil die in Wien 1868—1874 erschienene vergleichende Syntax der slavischen Sprachen bildet. Die vergleichende Grammatik enthält ein Repertorium der einzel- sprachlichen Thatsachen, welche unter dem vergleichenden Gesichtspunkte als wichtig erscheinen , wobei die Zusammen- fassung zu einer Einheit bald mehr bald weniger beherrschend hervortritt. Auch die Einfügung in den Rahmen der indo- germanischen Grammatik, welche von Schleicher durchgeführt worden ist, ist von Miklosich begonnen. Die Syntax, welche uns hier allein angeht, enthält auf ungefähr 900 Seiten einen un- gemein reichen Stoff, aus dem alle Nachfolger schöpfen. Die Begriffsbestimmung und infolge dessen die Anordnung der Syntax vermag ich freilich nicht zu loben. Unter Syntax ver- steht Miklosich die Lehre von der Bedeutung der Wortklassen und Wortformen. Eine Lehre vom Satze giebt es bei ihm nicht. Infolge dessen findet das Kapitel von den subjektlosen Sätzen ein Unterkommen bei dem Nominativ, der zusammen- gesetzte Satz (über dessen Stellung im System sich Miklosich S. 769 ausspricht) wird wesentlich bei den Modi abgehandelt, die Kongruenz wird nur gelegentlich, die Wortstellung (wenn ich nichts übersehen habe) überhaupt nicht besprochen. Es fragt sich, wie Miklosich zu dieser Auffassung gekommen ist. Ich lege mir die Sache so zurecht. Miklosich hatte, wie man

Einleitung. Dritte Periode. Miklosich. 63

aus allen seinen Schriften sieht, die Ansicht, dass ein wissen- schaftlicher Mann sich vor allen Dingen dem Stoff gegenüber bescheiden zu verhalten habe. Er wollte in erster Linie den Stoff in einem Umfange sammeln, wie es vor ihm nicht ge- schehen war, und ihn geordnet darstellen, war aber stets in Besorgnis, dass demselben nicht zu viel von der Sujektivität des Forschers aufgedrängt werde. So mochte er denn glauben, dass mit den Theilen des Satzes, die ja den Satz bilden, auch der Satz selbst behandelt sei. Das ist aber ein Irrthum. In dem Bewusstsein des Sprechenden ist ja mehr enthalten als die Satztheile und ıhre Konstruktionen. So ist z. B. nicht zu leugnen, dass auch eine Vorstellung von dem, was wir Prä- dikat nennen, eine treibende Kraft bei der Satzgestaltung ist, was man u.a. daraus sieht, dass das Adjektivum, wenn es in dem prädikativen Satzabschnitt steht, in mehreren Sprachen (z.B. ım Slavischen und Germanischen) eine andere Gestalt zeigt, als wenn es attributiv ist, was sich doch nur aus einer in der Seele vorhandenen Vorstellung vom prädikativen Ausdruck erklären lässt. Ferner ıst klar, dass ein bestimmter Wortstel- lungstypus im einfachen Satze überliefert wird, von dessen Dasein man sich dadurch überzeugt, dass bei dem Versuche, die überlieferte Wortstellung in einer ırgend erheblichen Weise zu verlassen, das Sprachgefühl sofort reagirt (vgl. S. 11). Wenn ich nun auch aus diesen und anderen Gründen, die ım Ver- laufe meiner Arbeit zum Vorschein kommen werden, von Mi- klosich’s Gesammtauffassung der Syntax abweiche, so thut das natürlich meiner Bewunderung für seine Leistungen keinen Eintrag. Ich wüsste nicht, wie ich ohne Miklosich’s Syntax die vorliegende Arbeit hätte unternehmen können.

Die Periode, von der auf den letzten Seiten gesprochen worden ist, war reich, wenn nicht an genialen, so doch an hervorragenden Persönlichkeiten. Ich nenne von diesen noch Ludwig Lange, Georg Curtius und Alfred Ludwig. Ludwig Lange (1825—1885) hat sich mit Apollonios Dyskolos eindrin- gend beschäftigt, ungefähr zu derselben Zeit in einem auf der Philologenversammlung zu Hannover gehaltenen Vortrage

64 Einleitung. Dritte Periode. Lange, Curtius, Ludwig.

(Göttingen 1853) sehr verständige, der Zeit voraus eilende Ansichten über Ziel und Methode der syntaktischen Forschung entwickelt und sodann an der Behandlung des homerischen st ein nachahmenswerthes Vorbild sauberster Kleinarbeit auf- gestellt. Ihm gebührt in der Geschichte der Syntax ein ehren- voller Platz. Georg Curtius (1820— 1885), durch einen ästheti- schen Zug in seiner Anlage auf das Griechische gewiesen, um das er die verwandten Sprachen gruppierte, hat früh den Werth der Sprachvergleichung auch für die griechische Syntax erkannt. So hat er schon in seiner ersten grösseren Schrift über die Bildung der Tempora und Modi im Griechischen und Lateini- schen (Berlin 1846) an dem reduplizierten Aorist des Griechi- schen (übrigens im Anschluss an Humboldt) treffend erwiesen, dass die Reduplikation nicht die Vergangenheit andeute, und dadurch die wichtige Unterscheidung zwischen Zeitstufe und Zeitart, wie er es später genannt hat (besser sagt man Art der Handlung), vorbereitet. Gute Bemerkungen zur vergleichenden Syntax finden sich auch in den Erläuterungen zu seiner grie- chischen Schulgrammatik. Am wirksamsten dürfte aber Cur- tius durch seine Vorlesungen, in denen er überhaupt eine reiche propagandistische Thätigkeit entfaltete, den Gedanken verbreitet haben, dass auch die Syntax der bisherigen isolieren- den Behandlung enthoben weıden müsse. Eine völlig andere Persönlichkeit ıst Alfred Ludwig, ohne Neigung für griechi- sches Mass, formlos und eher gewaltthätig. Er geht sowohl bei der Erforschung des Veda, zu der er sehr hervorragende Beiträge geliefert hat, als in bezug auf die Auffassung der indogermanischen Formen seinen eignen Weg. Im Veda giebt es eine nicht geringe Zahl von Stellen, an denen sich unser Scharfsinn vergebens versucht. Diesen sucht Ludwig beizu- kommen, indem er annimmt, dass dıe Flexionsformen im Veda nicht ausschliesslich diejenige Bedeutung haben, welche die bisherige Wissanschaft, von den Indern bis heute, in ihnen findet, sondern dass sie nicht ganz selten auch in einem ganz andern Sınne gebraucht werden, z. B. das, was wır Akkusativ nennen, ım Sınne des Genitivs, was wir zweite Person nennen, im

Einleitung. Dritte Periode. Ludwig. 65

Sinne der ersten. Zur Erklärung dieser Erscheinung nimmt Ludwig nicht eine Übertragung oder irgend eine Irrung des Sprachgefühls an, sondern er sieht in den vedischen Erschei- nungen Reste desjenigen Zustandes, der in der Urzeit der allgemeine war. Ludwig nimmt also an, dass die Flexions- suffixe in der Urzeit keineswegs einen irgend abgeschlossenen Sınn hatten, den man als ihre Grundbedeutung aufstellen könnte. Es ist überhaupt irrthümlich, wenn man die Flexions- suffixe von den Stammbildungssuffixen unterscheidet. Was wir so nennen, sind nur Stammausgänge. So ist z. B. das, was uns ein zu verschiedenen Kasus abgewandelter Stamm ist, nach Ludwig nichts weiter als eine durch die gleiche Bedeu- tung zusammengehaltene Anzahl von Stämmen mit verschie- denen Ausgängen. Als nun das Bedürfnis auftauchte, die grammatischen Verhältnisse, welche zuerst in der Sprache keinen Ausdruck gefunden hatten, zu bezeichnen, errang all- mählich jeder der konkurrierenden Stämme eine sogenannte Kasusbedeutung. Die vorhandenen Stämme adaptirten sich dem Bedürfnis. Die Bedeutung also ist den Flexionssuffixen nicht angeboren, sondern (wie ich mit einem bei Ludwig aller- dings nicht vorkommenden Bilde sagen möchte) von ihnen im Kampfe um’s Dasein erworben. Ich stimme diesen Ansichten nieht bei. Im Veda kommt man ohne solche Theorien so weit, als man bei einem so alten und so schwierigen Buche nur irgend verlangen kann, und eine wirkliche Erklärung der Flexion kann ich in der Adaptationstheorie nicht finden, da man meiner Ansicht nach weder recht einsieht, wie so zahl- reiche Paralleformen entstehen konnten, noch warum sich die einzelnen gerade so und nicht anders adaptiert haben mögen (vgl. meine Einleitung?, 66 fj. Damit soll natürlich die Vor- stellung (die ja auch nicht Ludwig allein gehört), dass gewisse Wörter oder Formen ihre Bedeutung im empfundenen Gegen- satze gegen andere formieren, keineswegs abgewiesen werden. Auch wıll ich, nachdem ich mich wiederholt um dıe Bekäm- pfung Ludwig’scher Ansichten bemüht habe, nicht versäumen, das Selbstverständliche auszusprechen, nämlich zu betonen, Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 5

66 Einleitung. Dritte Periode. Lautgesetz. Aralogie.

dass für jede wissenschaftliche Richtung ein ernster Wider- spruch nur nützlich sein kann, dass also die Polemik, welche Ludwig in seiner Schrift Agglutination oder Adapta- tion Prag 1873 gegen meine Moduslehre geführt hat, mir in dem Bestreben, das Sichere vom Unsichern zu scheiden, förderlich gewesen ist. Dass übrigens in dem Ludwig’schen System eine Art Gegenbild der Darwin’schen Anschauung zu finden ist, wird dem aufmerksamen Leser auch ohne meinen Hinweis nicht entgehen.

Wie Bopp’s vergleichende Grammatik die erste, Schleicher’s Kompendium die zweite, so fasst Brugmann’s Grundriss die dritte Periode der sprachvergleichenden Wissenschaft zusam- men, so weit bei der Mannigfaltigkeit der jedesmal vorhan- denen Bestrebungen überhaupt von einer Zusammenfassung die Rede sein kann. Diese dritte Periode stellt sich dem betrachtenden Blick als eine naturgemässe Fortsetzung des Bisherigen dar, von dem sie sich dadurch unterscheidet, dass man sich bemüht, gewisse schon früher vorhandene Anschau- ungen konsequenter zu Ende zu denken und zu einer syste- matischen Einheit zu bringen. In der praktischen Arbeit an der Wissenschaft traten besonders zwei Begriffe hervor, der Begriff des Lautgesetzes und der der Analogie. Während man sich zunächst mit Zusammenstellungen begnügt hatte, für deren Richtigkeit ihre unmittelbare Evidenz eintrat, kam man allmählich dazu, jede einzelne Behauptung an sämmtlichen analogen Fällen zu prüfen, wobei sich denn eine Reihe von Lautgesetzen ergab, die zwar nur innerhalb räumlicher und zeitlicher Beschränkung Gültigkeit hatten, aber innerhalb ihrer Grenzen den Naturgesetzen vergleichbar erschienen. Für die nicht wegzuschaffenden Ausnahmen bot die Wirkung der Ana- logie häufig eine befriedigende Erklärung. Und so entstand dann die zuerst von Schleicher ausgesprochene, aber erst von Jüngeren Gelehrten (namentlich auf Anregung von Scherer und Leskien) in das wissenschaftliche Leben eingeführte Theorie,

a

Einieitung. Dritte Periode. Lautgesetz. Analogie. 67

dass die äussere Gestalt des jedesmaligen Sprachzustandes eines- theils durch ausnahmslos wirkende Lautgesetze, andererseits durch die Kraft der Analogie herbeigeführt werde. Indem man über die Gründe dieser Erscheinung, deren Thatsächlich- keit sich aus einer Menge von Einzelbeobachtungen ergab, näher nachdachte, wurde man von selhst auf eine genauere Erforschung des psychophysischen Mechanismus geführt, von welchem die Sprachthätigkeit des einzelnen Menschen abhän- gig ıst. Die Forschung wandte sich einerseits der Laut- physiologie, andererseits den psychischen Vorgängen mıt erneutem Eifer zu. Das letztere geschah z. B. in der Ein- leitung zu den Morphologischen Untersuchungen von Osthoff und Brugmann und besonders in Paul’s Prinzipien in aus- gesprochener Anknüpfung an Steinthal’s oben von mir erwähnte Bemühungen. Dabei ergab sich als nothwendige Folge eine Tendenz zu einer anderweitigen Wahl des Arbeitsfeldes. Die Analogiewirkungen zeigen sich, (aus Gründen, die noch nicht hinreichend erörtert worden sind) besonders bei den modernen Sprachen, und innerhalb dieser mehr bei den Volks- als bei den Literatursprachen. Aus ihnen also so schloss man sind die wahren methodischen Gesichtspunkte für die Sprach- forschung zu entnehmen, zumal sich doch auch nicht leugnen lässt, dass sie in viel vollständigerer Weise zugänglich sind, als z. B. das Sanskrit und das Griechische. Den Einwand, dass die neueren Sprachen weniger vollkommen seien, als die älte- ren, liess man dabei mit Recht nicht gelten. Denn es ist ja doch klar, und war auch früher schon oft ausgesprochen, dass was die modernen Sprachperioden etwa an Formenfülle verloren haben, durch ihre reiche geistige Entwicklung mehr als wett- gemacht wird. So drängte Erfahrung und Überlegung noth- wendig zu dem Schluss, dass die Bedingungen der Sprach- thätigkeit zunächst an den jetzigen Sprachen zu erforschen und die an ihnen gewonnenen Erkenntnisse auf die alten Sprachen analog anzuwenden sein. Freilich arbeitet dieser Anschauung stets ein nicht abzuweisendes Bedürfnis der Praxis eitgegen. Wenn man verwandte Sprachen vergleicht, das ze

68 Einleitung. Dritte Periode. Grundsprache.

heisst, wenn man das, was ihnen gemeinsam ist, von den zu sondern sucht, was der Entwickelung jeder einzelnen angehört, leisten gerade die ältesten Perioden, wo die Konvergenz der Linien deutlicher hervortritt, die vorzüglichsten Dienste. So ist es gekommen, dass die indogermanische Sprachvergleichung in dem engern, bei uns nun einmal technisch gewordenen Sinne sich nach wie vor zu einem wesentlichen Theile mit toten Sprachen abgiebt. Man hat aber gelernt, dass man gut thut, sich die Vorgänge der ältern Zeit möglichst durch die Vorgänge der jüngern Zeit zu erhellen. Und noch ein andrer Fortschritt hat sich naturgemäss eingestellt. Indem man den Blick nicht mehr einseitig auf gewisse Perioden gerichtet hält, ist die Betrachtung (wozu ja ohnehin die Richtung der Zeit auffordert) historischer geworden. So ist es denn nicht unrichtig, wenn man sagt, dass unsre Wissenschaft, die Bestrebungen von Bopp und Grimm vereinigend, zu einer historisch-vergleichenden geworden ist. Damit ist denn auch eine veränderte Stellung zu der indogermanischen Grundsprache gegeben. Mit Recht hat Schleicher, indem er den Gedanken, dass sämmtliche verwandte Sprachen aus einer Ursprache entstanden seien, schärfer, als es vor ihm geschehen war, betonte, sich von der Beschaffenheit dieser Ursprache ein deutliches Bild zu entwerfen gesucht, und mit Recht ist er dazu vorgeschritten, eine Reihe von Formen derselben zu rekonstruieren. In jeder derartigen Aufstellung sind eine Reihe von einzelnen Behauptungen ent- halten. Indem z. B. Schleicher ai. dsmi, av. ahmi (ami), gr. eiut, lat. sum, got. ım, aksl. jesmi aus der Urform *asmi ab- leitete, wollte er damit sagen, dass in der Ursprache nıcht e, sondern a vorhanden gewesen sei und das Altindische auch iin übrigen die Urform rein erhalten habe, im Avestischen & in den Hauchlaut übergegangen, im Griechischen die sogenannte Ersatzdehnung eingetreten, im Lateinischen der Anfangs- und Endvocal verschwunden und ein « hinzugefügt sei u. 8. w. Dabei ergiebt sich sofort, dass eine Urform *asmi nicht eine für alle Zeiten feststehende Realität sei, sondern dass die Urformen sich den Veränderungen, welche etwa in den dabei

Einleitung. Dritte Periode. H. Paul. 69

in betracht kommenden Ansichten eintreten, anzuschmiegen haben, wie wır denn jetzt, da wir annehmen, dass in der Ur- sprache ein kurzes e vorhanden gewesen sei, nicht mehr *asms, sondern *esms als Urform aufstellen, also dem Altindischen eine Abweichung von dem Ursprünglichen zuschreiben. In diesem Sinne, nämlich als Formeln, aufgefasst, haben die Ur- formen einen vernünftigen Sinn und eine nicht anzuzweifelnde Nützlichkeit. Man war aber in der Konstruktion der Ursprache weiter gegangen, indem man unter Weiterführung der Bopp’- schen Hypothese von der Entstehung der Flexionsformen, in der Entwickelung der Ursprache Perioden zu unterscheiden unternahm, was namentlich von G. Curtius geschehen ist, der diese Entwickelung von der Wurzelperiode an bis zur voll- ständigen Ausbildung der Flexion zu verfolgen suchte. Der- artige Unternehmungen, die übrigens schon bei ihrem Erscheinen keineswegs allgemeiner Zustimmung begegneten, mussten in der realistischer gewordenen Zeit immer mehr an Kredit ver- beren. Man sah immer mehr ein, dass es richtig wäre, von Dingen, über die man doch nichts wissen könne, die Hand zu lassen. In den letzten Jahren freilich hat sich die frühere Richtung wieder vorgedrängt und die Neigung ist wieder stark bemerkbar, den leeren Raum der Urzejt mit allerhand Schatten zu bevölkern. Ich für meine Person halte an der skeptischen Stummung fest und werde nach ihr in der vorliegenden Schrift verfahren.

Wie sich nun nach diesen neuern Ansichten das Gerippe der indogermanischen Laut- und Formenlehre gestaltet, ist aus Brugmann’s Grundriss zu ersehen. Die theoretischen Grund- lagen sind am besten in H. Paul’s Prinzipien der Sprach- geschichte (zweite Auflage, Halle 1886) dargestellt, worüber hier noch ein Wort zu sagen ist. Was an dem Paul’schen Buche sogleich angenehm auffällt, ist, dass sein Verfasser in philosophischer und philologischer Hinsicht gleich gebildet erscheint. Er handhabt das psychologische Handwerkszeug, das er nöthig hat, mit völliger Gewandheit, und er weise als ein erfahrner Glermanist eine Fülle der treffendsten, oft auch

70 Einleitung. Dritte Periode. H. Paul.

nach andern Beziehungen lehrreichen Belege zur Erläuterung seiner philosophischen Behauptungen beizubringen. Der Haupt- werth des Buches besteht in der konsequenten, man möchte beinahe sagen hartnäckigen, Durchführung eines richtigen Grund- gedankens, nämlich des Gedankens, dass alle Erklärung sprach- licher Erscheinungen von der Durchforschung der Sprachthätig- keit des einzelnen Menschen ausgehen muss, der diese seine Thätigkeit natürlich nur deshalb ausübt, weil er ein gesell- schaftliches Wesen ist. “Das wahre Objekt für den Sprach- forscher sind sämmtliche Äusserungen der Sprachthätigkeit an sämmtlichen Individuen in ihrer Wechselwirkung auf einander.” Ein Individuum nun kann sich, abgesehen von den allgemeinen psychophysischen Grundlagen, aus denen das Sprechen her- vorgeht, deshalb äussern, weil es eine Masse von Wörtern im Gedächtnis bereit hat. Und zwar sind diese Wörter, Formen u. 8. w. nicht vereinzelt aufbewahrt, sondern zu Reihen und Gruppen vereinigt. “Es assoziieren sich die Vorstellungen auf einander folgender Klänge, nach einander ausgeführter Bewegungen der Sprachorgane zu einer Reihe. Die Klang- reihen und die Bewegungsreihen assoziieren sich unter ein- ander. Mit beiden assoziiren sich die Vorstellungen, für die sie als Symbol dienen, nicht bloss die Vorstellungen von Wortbedeutungen, sondern auch die Vorstellungen von syn- taktischen Verhältnissen. Und nicht bloss die einzelnen Wörter, sondern grössere Lautreihen, ganze Sätze assoziieren sich un- mittelbar mit dem Gedankeninhalt, der in sie gelegt worden ist. Diese wenigstens ursprünglich durch die Aussenwelt ge- gebenen Gruppen organisieren sich nun in der Seele jedes Individuums zu weit reicheren und verwickelteren Verbin- dungen, die sich nur zum kleinsten Theile bewusst vollziehen und dann auch unbewusst weiter wirken, zum bei weitem grösseren Theile niemals wenigstens zu klarem Bewusstsein ge- langen und nichtsdestoweniger wirksam sind. So assoziieren sich die verschiedenen Gebrauchsweisen, in denen man ein Wort, eine Redensart kennen gelernt hat, unter einander. So assoziieren sich die verschiedenen Kasus des gleichen Nomens,

Einleitung. Dritte Periode. H. Paul. 71

die verschiedenen Tempora, Modi, Personen des gleichen Ver- bums, die verschiedenen Ableitungen aus der gleichen Wurzel vermöge der Verwandtschaft des Klanges und der Bedeutung; ferner alle Wörter von gleicher Funktion, z. B. alle Substantıva, alle Adjektiva, alle Verba; ferner die mit gleichen Suffixen gebildeten Ableitungen aus verschiedenen Wurzeln; ferner die ihrer Funktion nach gleichen Formen verschiedener Wörter, also z. B. alle Plurale, alle Genitive, alle Passiva, alle Per- fekta, alle Konjunktive, alle ersten Personen; ferner die Wörter von gleicher Flexionsweise, z. B. im Neuhochdeutschen alle schwachen Verba im Gegensatz zu den starken, alle Maskulina, die den Plural mit Umlaut bilden im Gegensatz zu den nicht umlautenden; auch Wörter von nur partiell gleicher Flexions-. weise können sich im Gegensatz zu stärker abweichenden zu Gruppen zusammenschliessen ; ferner assoziieren sich in Form oder Funktion gleiche Satzformen. Und so giebt es noch eine Menge Arten von zum Theil mehrfach vermittelten Assoziationen, die eine grössere oder geringere Bedeutung für das Sprachleben haben. Alle diese Assoziationen können ohne Bewusstsein zu Stande kommen und sich wirksam erweisen, und sie sind durchaus nicht mit den Kategorien zu verwechseln, die durch die grammatische Reflexion abstrahiert werden, wenn sie sich auch gewöhnlich mit diesen decken” (8. 23). Diese Gruppen nun in ihrer Gesammtheit, die psychischen Organismen sind die eigentlichen Träger der Sprechfähigkeit für den Einzelnen, da sie ihm nicht bloss den nöthigen Vorrath liefern, sondern auch, indem sie für alle Neubildungen die Muster und die Anlehnung bieten, die Quelle seiner sprachlichen Produktivität sind. Na- türlich sind nun die psychischen Organismen bei jedem etwas anders beschaffen als bei den übrigen Mitgliedern derselben Sprachgemeinschaft und, da sie bei jedem Einzelnen in steter Veränderung begriffen sind und da ferner die Wirkung der Menschen auf einander doch nicht darin beruht, dass sie sich gegenseitig Feertiges mittheilen, sondern dass einer das Sprach- vermögen des andern in Bewegung setzt, so sind diese Organismen in ihrer Wechselwirkung zugleich der letzte Grund

72 Einleitung. Dritte Periode. H. Paul.

aller sprachlichen Veränderung. Der Leser sieht nun schon, wie man von dieser Grundlage aus sich eigentlich mehr über die verhältnismässig grosse Einheit in der Sprache einer Ver- kehrsgenossenschaft als über das Vorhandensein vieler Dialekte zu wundern hat, wie ferner aus den zahlreich vorhandenen Assoziationen sich von selbst die Analogiebildungen erklären, wie infolge des Absterbens von einzelnen Gruppen Isolierungen eintreten können und wie sich auch wieder eine Gegenwirkung gegen solche Isolierungen einstellt u.s. w., so dass ich hinsichtlich aller dieser Dinge auf das Buch selbst verweisen kann. Die Polemik des Verfassers richtet sich, wie sich nach dem Angeführ- ten schon vermuthen lässt, entschieden gegen die Hypostasierung der Begriffe Sprache, Volksgeist u. ähnl. und, insofern er die Stetigkeit in der Veränderung der Sprache betont, gegen die scharfen Grenzen. Ich meine damit nicht etwa bloss die Grenzen zwischen den einzelnen Sprach- und Volksgebieten, sondern die Grenzen zwischen den einzelnen Theilen und Kategorien des Gesprochenen, z. B. zwischen den einzelnen Wortarten (Substantivum, Adjektivum u. s. w.) und den einzelnen Satz- arten (Hauptsatz, Nebensatz u. s. w.).. Indem Paul überall die Vermittelung von einem zum andern hervorhebt und betont, dass in der Sprache alles im Flusse sei, macht seine Dar- stellung vielleicht auf denjenigen, der sich bei der Behandlung einer einzelnen Sprache oder Spracherscheinung Rath erholen möchte, einen unbehaglichen Eindruck, wodurch er veranlasst wird,. doch lieber bei den überlieferten Auffassungen zu bleiben. Einem solchen wäre zu erwidern, dass die Paul’sche Schrift nicht dazu bestimmt ist, ein neues praktisches Gerüst für die Dar- . stellung zu liefern. Sie soll vielmehr ein fermentum oogni- tionis et cogitationis sein. Und als solches sei sie zur Er- gänzung meiner nachfolgenden Darstellung den Lesern der- selben nachdrücklich empfohlen.

Einleitung. Der Satz. 73

Mit den letzten Erörterungen hat meine Darstellung bereits in die Vorführung meiner eigenen Ansichten eingelenkt. Ich gebe von denselben hier nur so viel, als zur Ergänzung des bisher Angedeuteten und des in der Folge noch zu Bemer- kenden nöthig scheint.

Ich gehe von der durch die Erfahrung festgestellten That- sache aus, dass die Überlieferung der Sprache wesentlich in Sätzen erfolgt. Denn wenn ein Kind auch die Namen einer Reihe von Gegenständen und die Bezeichnungen für einige Vorgänge geliefert erhält (also, wie man in der Schule sagt, Vokabeln lernt), so ist es doch zum bei weitem grösseren Theile darauf angewiesen, ganze zusammenhängende Äusserungen aufzufangen. Diese werden im Gedächtnis niedergelegt und erst allmählich scheiden sich innerhalb der Sätze auf dem Wege der Vergleichung einzelne Theile und Formen ab1). Wir haben keinen Grund zu der Annahme, dass es jemals anders gewesen sei. Wenn denn Satz der Begriff ist, der uns in der Erfahrung zuerst begegnet, so ist er auch hier zuerst zu erläutern.

Wir haben in der bisherigen Darstellung zwei Definitionen des Satzes kennen gelernt, nämlich die des Alterthums, welche in der Fassung Priscian’s so lautet: oratio est ordinatio dic- tionum congrua sententiam perfectam demonstrans (entsprechend der griechischen Aoyos &orl ouvrakız Adkswv xaraAlnAos dLavorav auroreAr, önAoüca, vgl. Uhlig, Dionysios Thrax S. 23), und die der Logiker, wonach der Satz das sprachliche Abbild des lo- gischen Urtheils ist, also wie dieses normaler Weise Sub- jekt, Prädikat und Kopula enthalten soll. Dazu füge ich noch, indem ich von der rein phonetischen Definition, aus der an

1) Einige gute hierher gehörige Bemerkungen finden sich in dem Auf- satz von H. Sweet Words logie and grammar in den Schriften der Philo- logieal Society, London bei Asher und Komp. Die Lektüre dieses Auf- sstzes mag namentlich denjenigen als Gegengift empfohlen werden, die gewohnt sind, immer zuerst an die alten Sprachen zu denken. Sweet seiner- seits freilich verfällt in den Fehler, die Vergangenheit vom Standpunkt der

Gegenwart aus zu massregeln. Das geschieht z. B., wenn er den Objekts- akkusativ für ein Adverb erklärt.

74 Einleitung. Der Satrz.

dieser Stelle nichts zu entnehmen ist, absehe, die Paul’sche Auffassung (S. 99): “Der Satz ist der sprachliche Ausdruck, das Symbol dafür, dass sich die Verbindung mehrerer Vorstellungen oder Vorstellungsgruppen in der Seele des Sprechenden vollzogen hat, und das Mittel dazu, die nämliche Verbindung der näm- lichen Vorstellungen in der Seele des Hörenden zu erzeugen”, wozu Paul bemerkt: “Jede engere Definition des Begriffes Satz muss als unzulänglich zurückgewiesen werden. Zu den ver- breiteten Irrthümern über das Wesen des Satzes gehört es z. B., dass derselbe ein Verbum finitum enthalten müsse. Verbin- dungen wie omnia praeclara rara, summum jus summa injuria, Träume, Schüume, Ich eın Lügner? Ich dir danken? sınd gerade so gut Sätze wie der Mann lebt, Er ist tot". Diese Defini- tionen enthalten das Gemeinsame, dass der Satz als etwas Voll- ständiges, Ganzes aufgefasst wird, der eine ötadvora auroreÄrs enthalte, und dagegen ist gewiss nichts einzuwenden. Sodann stimmen sie darin überein, dass der Satz eine Vereinigung mehrerer Theile ist, sei es nun, dass man dabei, wie die Alten, an die äusserlich-grammatische, sei es, wie die Neueren, an die geistige Verbindung denkt. Dass die unmittelbare Anlehnung an die logische Form abzuweisen sei, brauche ich nicht aus- zuführen. Es fragt sich aber, wie es sich mit der Paul’schen Fassung verhält, insofern sie von einer Verbindung mehrerer Vorstellungen oder Vorstellungsgruppen redet. Ist wirklich eine Verbindung mehrerer Bestandtheile in jedem Satze vor- handen? Die Erfahrung scheint dieser Behauptung zu wider- sprechen. Denn es giebt doch (wenn man ganz von denjenigen Satzformen absieht, in welchen eine Ellipse angenommen werden könnte) jedenfalls in denjenigen indogermanischen Sprachen, welche den Gegenstand der nachfolgenden Darstellung bilden, drei überlieferte Satztypen, welche man als einheitlich oder, wie man wohl auch sagt, als eingliedrig zu bezeichnen hat, nämlich die Sätze, welche aus einer Interjektion, einem Vokativ, oder einem sog. unpersönlichen Verbum bestehen. Die Inter- jektionen kann man aus der Sprache nicht herausweisen, denn sie haben traditionelle Gestalt und sie bestehen aus artıikulierter

Einleitung. Der Satz. 75

d.h., wie ich mit Whitney!) verstehe, von Silbe zu Silbe fort- schreitender) Rede. Wie man in einen Vokativ eine Ver- bindung mehrerer Vorstellungen hineindefinieren könnte, sehe ich nıcht, und subjektlose Verba, wie pluit, haben doch eben darin ihre Eigenthümlichkeit, dass sie Erscheinungen bezeichnen, ohne dass dabei zwischen der Erscheinung und dem Träger derselben unterschieden würde. Wie stellt sich nun Paul zu solchen Sätzen? Natürlich muss er sie für unvollkommen er- klären, nämlich für Prädikate, zu denen das Subjekt fehlt. “Wenn der Prinz in Lessing’s Emilia beginnt Klagen, nichts als Klagen! Bittschriften, nichts als Bittschriften!, so sind das nur Prädikate, das Subjekt wird durch dıe Briefe gebildet, die er in die Hand nimmt” (104). Als solche unvollkommene Sätze bezeichnet Paul S.300 auch die Interjektionen, wenn sie isoliert gebraucht sind. Also so muss man in seinem Sinne sagen wenn jemand Prügel bekommt und au schreit, so sind die Prügel das Subjekt, und au das Prädikat. Ich kann dieser Auffassung nicht beistimmen, weil damit in die Definition von Subjekt etwas hineingenommen wird, was ausserhalb der Sprache liegt. Demnach halte ich fest, dass es auch eingliedrige Sätze giebt, und definiere so: Ein Satz ist eine in artikulierter Rede erfolgende Äusserung, welche dem Sprechenden und Hörenden als ein zusammenhängendes und abgeschlossenes Ganzes er- scheint. Über den Seelenzustand, der dem Aussprechen eines Satzes vorhergeht, kann man, wie ich glaube, nur sagen: er muss so beschaffen sein, dass eine sprachliche Äusserung, nicht etwa bloss ein Schrei erzeugt wird. Übrigens ist diese Meinungsverschiedenheit für die Praxis ohne erhebliche Be- deutung, da die eingliedrigen Sätze ja jedenfalls als eine be- sondere Art von Sätzen anerkannt werden müssen.

Die grosse Mehrzahl der Sätze besteht aus mehreren Thei- len. Die Satz- oder Redetheile sind von den Alten an der Hand der Erfahrung aufgestellt und von ihnen so geordnet,

1) Vgl. dessen Aufsatz What is articulation, reprinted from’ the Ame- riean Journal of Philology Vol. II, No. 7.

76 | | Einleitung. Der Satz.

dass die für die Aussage unentbehrlichen Bestandtheile, Nomen und Verbum, die Reihe eröffnen, wobei die Voranstellung des Nonens offenbar aus der Lehre vom Urtheil stammt. Darauf folgt das Partizipıum, welches zwischen Nomen und Verbum liegt, sodann der Artikel, welcher zum Nomen in engster Be- ziehung steht. Dann kommt das Pronomen und endlich die drei flexionslosen, Präposition, Adverbium, Konjunktion. Die Folgezeit mochte sich bei dieser von mehreren Gesichtspunkten abhängigen Aufzählung nicht beruhigen, sondern suchte ein tieferes und womöglich einheitliches Prinzip der Anordnung, von denen auch einige bereits erwähnt worden sind. So vıel ich sehe, lassen sich vier solcher Gesichtspunkte aufstellen, welche ich in der Kürze besprechen will: Die Herkunft, die eigene Bedeutung, die Form, die Verwendung.

1) Über die Hypothese von Bopp, der die Satztheile zur einen Hälfte aus den Verbalwurzeln, zur andren Hälfte aus den Pronominalwurzeln herleitet, ist oben $. 48 gesprochen worden.

2) Was die eigene vom Auftreten im Satz unabhängige Bedeutung der Satztheile betrifft, so ist ohne Weiteres klar, dass die Pronomina ursprünglich nur dazu bestimmt waren, den Sprechenden zu bezeichnen oder in seine Umgebung hin- auszuweisen, während die Nomina und Verba einen dauernden Bedeutungsinhalt haben. Es erhebt sieh aber schon bei der Scheidung von Nomen und Verbum eine Schwierigkeit, wenn man wenigstens den überlieferten Sprachvorrath zur Grundlage nimmt, da es überall unter den Nomina auch Handlungswörter giebt, z. B. raıöela, und unter den Verben auch Substanzwörter, z.B. Baoıleow. Um eine reinliche Scheidung vorzunehmen, muss man hinter die Überlieferung zurückgehen und vermuthen, dass die Nomina ursprünglich Wesen (Substanzen) bezeichneten, die Verba aber ursprünglich Vorgänge und dass dann später auch Vorgänge in der Form einer Substanz aufgefasst wer- den konnten und umgekehrt. Unter den übrigen Wörtern kommen solche vor, die man sich ausserhalb eines Satzes nicht denken kann, z. B. die Negation, welche doch nicht auf etwas

ill

Einleitung. Die Satztheile. 77

in der Aussenwelt thatsächlich Vorliegendes hinweist, sondern dem Gefühl der Unverträglichkeit zusammengerathener Vor- stellungen entspringt, oder die Verbindungspartikeln wie aı. ca, gr. te u. ähnl. Aus dieser Betrachtung folgt, dass die Eigenbedeutung der Satztheile zwar Berücksichtigung verdient, aber zum Eintheilungsgrund sich nicht eignet.

3) Die Unterscheidung nach der Form ist in neuerer Zeit von Schleicher in seiner Abhandlung über die Unterscheidung von Nomen und Verbum in der lautlichen Form (in den Abh. der Sächs. Ges. d. Wiss. Leipzig 1865) aufgestellt worden, wo es S. 509 heisst: "Nomina sınd im Indogermanischen die Worte, welche ein Kasussuffix haben oder hatten; Verben sind die Worte, welche eine Personalendung haben oder hatten. Mit Ausschluss der echten Interjektionen, die ausserhalb der Sprache stehen und als Lautgebärden zu betrachten sind, und der Vokative, welche Nominalstämme sind, die die Form von In- terjektionen angenommen haben, geht die indogermanische Sprache in Nomen und Verbum ohne Rest auf. Alle indo- germanischen Worte sind oder waren doch ursprünglich ent- weder Nomina oder Verba. Adverbia und die als meist ver- kürzte Adverbia zu fassenden Präpositionen, Konjunktionen und Partikeln überhaupt sind ursprünglich meist Kasusformen, viel seltener Verbalformen, wie dies nunmehr wohl als allgemein bekannt und anerkannt angenommen werden darf. Ich denke, man sieht recht deutlich, wie die Neigung zum Systematisieren den trefflichen Gelehrten zu Gewaltsamkeiten verleitet. Warum die Interjektionen zur Sprache gehören, ist oben S. 74 ange- deutet worden. Das Schleicher'sche Bild, dass sie “Laut- gebärden’ seien (worunter ich mir etwas Deutliches nicht vor- stellen kann), kann dagegen nicht aufkommen. Was es ferner heissen soll, dass die Vokative die Form von Interjektionen angenommen haben, ist nicht leicht zu verstehen. Das aber steht doch fest, dass sie etwas ganz anderes als die Interjek- tionen sind, da sie einen Begriff bezeichnen, nicht wie diese ein Gefühl begleiten. Den Schlusssatz dürfte heute wohl Nie-

mand mehr unterschreiben, da die Behauptung, dass alle

178 Einleitung. Die Satztheile.

Partikeln einst Flexionsformen besessen hätten, sich freilich nicht widerlegen, aber auch ebenso wenig beweisen oder wahr- scheinlieh machen lässt. Wır können deshalb, wenn wir von der Form ausgehen, die Satztheile nur in solche eintheilen, welche Flexion haben, und zwar a) verbale, b) nominale, und in solche welche keine haben. Diese letzte Klasse lässt sich, wenn man die Eintheilung nach der Form streng durchführen will, überhaupt nicht weiter eintheilen. Nach der Bedeutung wäre das wohl möglich, aber dann hätte man eben für die Satz- theile kein einheitliches Eintheilungsprinzip mehr. Es kommt aber noch eine Schwierigkeit hinzu, welche Schleicher durch die Worte ‘haben oder hatten’ andeutet. Der Nom. sing. der femininischen @-Stämme, derselbe Kasus bei den Neutris, mit Ausnahme der o-Stämme, eine Form des Lok. sing., die zweite sing. des Imperativs bei der 5-Konjugation haben kein Flexionssuffix. Darf man annehmen, dass sie eines hatten? Bei den neueren Sprachen ist es deutlich, dass viele Flexions- suffixe verloren gegangen sind. Für sie aber ergiebt sich dann das Missliche, dass man bei ihnen, z. B. bei dem Eng- lischen die Eintheilung noch Kriterien machen muss, die fast alle nicht mehr da sind Somit dürften die Alten im Rechte gewesen sein, welche das Haben von Kasus u. s. w. als rap- enöuevov des betreffenden Satztheiles ansahen.

4) Bei der Eintheilung nach der Verwendung der Satztheile, die nun als letzte noch übrig ıst, muss man zunächst beden- ken, dass ein und dasselbe Wort ın mehrfacher Weise ver- wendet werden kann. So ist z. B. esse in der Bedeutung ‘vorhanden sein’ ein Aussagewort, dagegen in der Bedeutung ‘sein’ ein Verbindungswort, (denn es kann keinem Zweifel unterliegen, dass schon in den ältesten uns erreichbaren Tex- ten die Kopula nichts als ein Formwort ist). Man darf also nicht die Wortarten, sondern muss die Verwendungsbegriffe als Eintheilungsgrund nehmen. Ich möchte die folgenden auf- stellen:

a) Wörter welche das Substrat der Aussage bilden (wobei Substrat in so weitem Sinne gebraucht ist, dass es Subjekt,

Einleitung. Die Satztheile. 79

Objekt und überhaupt alle durch Kasus ausgedrückten Be- ziehungen umfassen soll), die Substantıva. Da der Begriff Substantivum nicht eine etymologische, sondern eine syntak- tische Kategorie ist, so ist es natürlich, dass mehrere Wort- arten als Substantiva gebraucht werden können, Nomina, Pro- nomina, Zahlwörter, und dass vorübergehende Substantivierungen auch anderswo vorkommen.

b) Aussage-Wörter. Das eigentliche Aussagewort ist das Verbum. Es kann aber auch ein dem nominalen Gebiet an- gehöriges Wort als Aussagewort fungieren, z. B. ayaddv in dem Satze oux ayadov noAuxorpavin.

c) Attributive Wörter. Ein attributives Wort kann sowohl zu einem Substantivum, wie zu einem Aussagewort treten. Das eigentliche Attributionswort neben dem Substantivum ist das Adjektivum, welches wie das Substantivum im Gebiet der Nomina, Pronomina, Zahlwörter auftritt. Doch erscheinen auch Substantiva in Attribution, so wenn sie in der Apposition stehen und als Genitive (oder Dative). Als Attributiva neben dem Verbum erscheinen die Präpositionen (oder genauer ge- sprochen die Präverbia), und die Adverbia. Schliesslich kann auch ein attributives Wort zu dem andern treten, so das Ad- verbium zu dem Adjektivum.

d) Verbindende Wörter. Dahin gehören die Kopula, die Präpositionen, insofern sie zwischen dem Verbnm und dem Kasus vermitteln, gewisse Partikeln verbindender Bedeutung, zu denen es wohl erlaubt ist, die Partikeln von ausschliessen- der Bedeutung zu gesellen.

e) Hervorhebende Wörter. Dahin gehören eine Reihe von Partikeln, hinsichtlich deren vorläufig auf SF. 5, 471 ff. ver- wiesen werden mag.

Auch diese Eintheilung geht nicht ganz rein auf, denn es bleiben hinsichtlich einiger Partikeln (Negationen, Verglei- chungspartikeln) noch Zweifel darüber, ob man für sie eigene Klassen aufstellen, oder sie bei den genannten unterbringen soll. Man wird aber wohl zugestehen, dass diese Eintheilung

80 Einleitung. Die Grundbegriffe.

bei der Darstellung des Satzes und seiner Theile wesentliche Berücksichtigung verdient.

Bei den flektierbaren Satztheilen zeigen sich gewisse Be- gleiterscheinungen (raperopeva), bei dem Nomen und Pro- nomen die Genera, Numeri und Kasus, bei dem Verbum die Tempora, Modi und die sog. Genera verbi. Da über die Grund- begriffe dieser rapenoueva von Anfang der Grammatik an mindestens so viel wie über die Bedeutungen der Satztheile selbst gesprochen worden ist, so habe ich hier mit einigen Worten zu ihnen Stellung zu nehmen. Gegeben ist in einem bestimmten Sprachdurchschnitt die wiederholte Anwendung derselben Form. Vergleicht man die Anwendungen unter ein- ander, so gelingt es meistens, innerhalb der ganzen Masse gewisse näher zusammengehörige Fälle zu unterscheiden, die dem gleichen Typus angehören, z. B. innerhalb des Genitivs den partitiven, possessiven u. s. w. Manche dieser Typen sind lebendig, so dass sie für ein etwa neu auftauchendes Bedürfnis dem Sprechenden stets als Anlehnung dienen, andere sind zwar früher lebendig gewesen, sind aber für eine gewisse Sprach- periode bereits erstarrt und also der Weiterbildung unfähig. Dahin gehören z. B. die zeitbestimmenden Genitive des Neu- hochdeutschen (des Morgens, des Abends, aber nicht mehr der Stunde, vgl. Paul Prinzipien 2, 155). Es ist freilich zuzuge- stehen, dass wir oft nicht sagen können, ob wir diese Typen der Sprache nicht eher aufdrängen als entnehmen, man darf aber darum doch nicht etwa den Typen im Allgemeinen die Thatsächlichkeit absprechen'), denn wir müssen doch annehmen, dass sich die einander nahe liegenden Anwendungen einer Form

1) Gelegentlich lässt sich noch der Nachweis führen, dass ein solcher Gebrauchstypus wirklich von den Sprechenden als etwas von den übrigen Abgesondertes empfunden wird, nämlich dann, wenn durch irgend eine besondre lautliche oder sonstige Entwickelung ein Kasus mehrere Formen statt der einen überlieferten erhalten hat und sich nun ein Bedeutungs- typus an eine bestimmte Form anschliesst. So hat in dem serbisch-kroati- schen Dialekte, welchem die von Mikulilie gesammelten Märchen angehören, der Gen. plur. der Maskulina, wenn er auf ; ausgeht, nur partitive Be- deutung (vgl. Leskien in Jagie Archiv 5, 186).

Einleitung. Die Grundbegriffe. 81

in der Seele des Sprechenden assoziieren. Die Aufstellung soleher Typen nun haben die Grammatiker von jeher für jede einzelne der von ihnen behandelten Sprachen vorgenommen und sie sind auch gewöhnlich dazu vorgeschritten, die ver- schiedenen Typen irgendwie unter einen höheren Begriff zu vereinigen, den sie dann für den Grundbegriff des griechischen oder lateinischen Kasus, Modus u. s. w. erklärten. Es bedarf keiner längeren Auseinandersetzung, dass wir ihnen in diesem letzteren Verfahren nicht mehr zu folgen vermögen. Wir sind durch die Sprachvergleichung belehrt worden, dass die in Rede stehenden Formen nicht in den Einzelsprachen entstanden, sondern in allem Wesentlichen bereits in der Ursprache fertig gewesen sind. Sınd sie nun damals vorhanden gewesen, so haben sie auch einen gewissen Anwendungskreis gehabt, den durch Vergleichung der einzelsprachlichen Gebrauchstypen zu ermitteln unsere Aufgabe ist. Die indogermanischen An- wendungstypen einer Form sind die älteste für uns auf historischem Wege erreichbare Bedeutung der- selben. Sie stellen ihren Grundbegriff dar. Der so ermittelte Grundbegriff ist in manchen Fällen so beschaffen, dass wir ihn als einheitlich ansehen können, z. B. bei dem Aorist, manchmal indessen besteht er aus mehreren Typen, z. B. bei dem Optatıv, innerhalb dessen wir einen wünschenden und einen potentialen Typus unterscheiden. Es gehört also nicht zur Natur der auf historischem Wege gefundenen Grundbe- griffe, dass sie einheitlich seien. Ich glaube, dass gegen die grundsätzliche Richtigkeit dieser Darstellung nichts ein- zuwenden ist, gebe aber zu, dass das Stehenbleiben bei mehr- theiligen Grundbegriffen für uns etwas Beunruhigendes hat, nicht etwa bloss, weil unser philosophisches Bedürfnis unbe- fnedigt bleibt, sondern namentlich, weil wir die Befürchtung nicht los werden, dass wir möglicherweise die Typen falsch- aufgefasst haben und daher an der mangelnden Einheitlichkeit selbst schuld sind. Unter diesen Umständen ist es nicht zu vermeiden, dass man versucht, noch hinter die historischen .

Grundbegriffe zurückzugehen. Dabei sind im allgemeinen zwei Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 6

82 Einleitung. Eintheilung der Syntax.

Wege möglich, der etymologische und der kombinatorische. Der etymologische ist, wie nicht zu leugnen ist, in unserm Falle leider nicht oder kaum gangbar. So bleibt denn der kombinatorische, wobei wir freilich dem Einflusse der je- weiligen philosophischen Stimmung und überhaupt den Ge- fahren des Subjektivismus preisgegeben sind, wie ja auch that- sächlich gerade auf diesem Gebiete die meisten Meinungs- kämpfe ausgefochten worden sind und noch ausgefochten werden. Demnach möchte ich für die uns hier beschäftigende Lehre Folgendes als das Wichtigste festhalten. Während man früher die Grundbegriffe in den Einzelsprachen suchte, haben wir sie in der Grundsprache zu suchen. Ich werde mich in der vorliegenden Arbeit bemühen, überall die Konsequenzen dieser Erkenntnis zu ziehen. Bei der kombinatorischen Be- handlung der mehrtheiligen Grundbegriffe muss man sich dahin bescheiden, dass zwar bisweilen ein hoher, öfter aber auch nur ein geringer Grad der Wahrscheinlichkeit zu erreichen ist. So ist es z. B. mehr als wahrscheinlich, dass die mehreren Typen des Ablativs, namentlich also der Ablativ bei Verben und der Ablativ bei Komparativen, zu einem und demselben Typus ge- hören, in anderen Fällen dagegen, z. B. bei dem Genitiv ist die Aufstellung eines einheitlichen Typus kaum möglich.

Nachdem ich von dem Satze und seinen Theilen gesprochen habe, bleibt noch ein Wort über das Gebiet und die Theile der Syntax zu sagen. Apollonios Dyskolos, dem der Aus- druck oyvrafıs noch nicht abgebraucht war, wollte in seinem Werke von der Verbindung der Wörter, nicht von den ein- zelnen Wortarten handeln. Und da ihm die xaradlinita be- sonders am Herzen lag, so war offenbar die Lehre vom Auf- einanderpassen der Satztheile für ihn die Hauptsache. Hätte er sich auf eine bereits vorliegende, ihn befriedigende Lehre von den Satztheilen beziehen können, so würde er über sie wahrscheinlich in dem Buche xept ouvratews nicht geredet haben. Da das aber nicht der Fall war, so hat er diese Lehre

Einleitung. Eintheilung der Syntax. 83

thatsächlich in die Syntax hineingearbeitet, wie er denn z. B., ehe er im zweiten Buch an die pronominalen Konstruktionen kommt, es für angemessen findet, die den Fürwörtern besonders zu- kommenden Eigenthümlichkeiten zu erklären. Im Mittelalter dagegen nahm man die Scheidung der von Apollonios ver- einigten Massen vor, man sprach zuerst von den partes orationis, dann von der constructto, die man in concordia und rectto theilte (so bei Sanctıus).. In der neueren Zeit geht man verschiedene Wege. Manche Grammatiker begnügen sich in dem Kapitel von den Satztheilen mit kurzen Definitionen und verlegen das Übrige in die Syntax, Miklosich andererseits hat, wie wir 8. 62 sahen, von dem, was das Mittelalter Syntax nennt, ganz ab- strahiert, indem für ıhn Syntax nichts weiter ıst als die Lehre von den Wortarten und den Wortformen. Dass man eine Lehre vom Satze selbst nicht entbehren kann, ist a.a.O. gezeigt worden. Ob man aber nur diese Lehre als Syntax bezeichnen, oder ob man auch die Lehre von den Satztheilen dazu rechnen will, ıst schliesslich eine Sache des Entschlusses. Ich glaube im Einklang mit dem Sprachgebrauch der Gegenwart zu ver- fahren, wenn ich unter Syntax die Lehre vom Satze und seinen Theilen verstehe. Es wäre in abstracto wohl möglich, in der Darstellung von dem Satze auszugehen und, sobald man zum ersten Mal auf einen Satztheil trifft, stehen zu bleiben und abzumachen, was über ihn im besonderen zu sagen ist, aber ich glaube, dass dabei eine nur irgend erträgliche Übersicht- lichkeit nicht zu erreichen sein würde. Man muss sich also zu einer Trennung entschliessen. Welche der beiden Ab- theilungen man dabei vorausschicken wıll, darüber lässt sich streiten. Ich habe es ın dieser Schrift, abweichend von dem in meiner altindischen Syntax eingeschlagenen Verfahren, vor- gezogen, die Lehre von den Satztheilen voranzustellen.

Für die Satztheile giebt es keine aus natürlichen oder ge- schichtlichen Gründen sich ergebende nothwendige Reihenfolge. Ich habe, der Tradition folgend, mit dem Nomen den Anfang gemacht, das ich in Substantivum und Adjektivum geschieden habe. Man kann dagegen einwenden, dass die Begriffe

6*

84 Einleitung. Eintheilung der Syntax.

Substantiv und Attribut eigentlich in die Lehre vom Satze ge- hören, darauf ist aber zu erwidern, dass eine pedantische Schei- dung beider Theile nicht durchzuführen ist und dass das Ad- jektivum sich doch auch äusserlich zu einem gesonderten Wesen herausgebildet hat. Bei dem Substantivum ist von den Genera, Numeri und Kasus gehandelt. Ich weiss wohl, dass es vielleicht richtiger wäre, das Genus, wie es Grimm gethan hat, bei der Stammbildungslehre abzumachen. Für mich war aber der Um- stand massgebend, dass dies in dem Brugmann’schen Werke nicht geschehen ist. Man kann auch fragen, warum die Kasus nicht in die Satzlehre gewiesen sind. Ich antworte, weil sie dort zum theil getrennt behandelt werden müssten, z. B. der Genitiv theils da, wo das Verhältnis von Substantivum und Aussagewort erörtert wird, theils in dem Abschnitt von den attrıbutiven Wör- tern. Freilich werden die Kasus in der Satzlehre wieder zu erwähnen sein. Aber die richtige Systematik besteht auch gar nicht darin, dass jedes Ding nur an einer Stelle vorkommt. Auf die Nomina folgen die Pronomina, auf diese die Zahl- wörter, welche in ihrem Habitug und ihrer Anwendung so viel Besonderes haben, dass es gerathen scheint, sie als besondere Wortart aufzustellen. Die Unterscheidung in Substantiva und Adjektiva findet sich auch bei den Pronomina und Zahlwörtern, ist dort aber nicht so wichtig wie bei den Nomina. Die nächste Stelle haben die Adverbia erhalten, weil sie zum grössten Theile Kasus von Nomina, Pronomina oder Zahlwörtern sind. An die Adverbia habe ich die Präpositionen angeschlossen, sodann das Verbum, endlich die Partikeln behandelt. Die Konjunktionen sind der Lehre vom zusammengesetzten Satze vorbehalten. Den zweiten Haupttheil bildet die Lehre vom Satze. Diese ist jetzt weit reicher zu gliedern, als es im Alterthum und Mittelalter geschah. Wir haben nicht nur neue Kapitel, wie z. B. das von der Wortstellung und Satzbetonung hinzugefügt (die die Alten, soweit es überhaupt geschah, in der Rhetorik darstellten), son- dern wir haben auch die Verwendungszwecke der Wörter voll- ständiger zu erwägen, wozu man vorläufig das von mir S. 78 ff. Ausgeführte vergleichen möge. Wie ich mir im wesentlichen

Einleitung. Sicherheit der Ergebnisse. 85

die Lehre vom Satze gegliedert denke, mag man aus meiner altindischen Syntax ersehen. Den Schluss bildet die Lehre vom zusammengesetzten Satze, soweit davon in einer ver- gleichenden Syntax die Rede sein kann.

Nachdem ich so viel Theoretisches erörtert habe, will ich noch in der Kürze die Frage berühren, welcher Grad von Sicher- heit für die Ergebnisse einer vergleichenden Syntax in An- spruch genommen werden darf. Wenn man durch Vergleichung festgestellt hat, dass ein gewisser Formentypus den indoger- manischen Sprachen gemeinsam ist, so ist damit schon aus- gesprochen, dass er der Urzeit angehört hat. Denn die Mög- lichkeit ist ausgeschlossen, dass eine Form, wie z. B. der No- minativ, in jeder einzelnen Sprache für sich entstanden sei. Auf diese Weise ist ermittelt worden, dass das Formensystem, wie wır es aus dem Indischen oder Griechischen kennen, in allen wesentlichen Punkten bereits in der Urzeit bestanden hat. Steht es mit den Bedeutungen der Formen und ihren Konstruktionen ebenso? An sich und abstrakt genommen könnte es sich auch anders verhalten. Denn, da wir Ja die Bedeu- tungen in den einzelnen Sprachen sich verändern und ent- wickeln sehen, ohne dass die Form sich verändert, so sind wir, wie es scheint, durch nichts gehindert, den wesentlichsten Theil der Bedeutungsentfaltung einer Form der Einzelsprache zuzu- schreiben. Eine solche Ansicht mag denjenigen nahe liegen, welche mit besonderer Liebe einer einzelnen indogermanischen Sprache zugethan sind, und mag an unserer Gewohnheit, Formenlehre und Syntax (die doch wie Leib und Seele zu- sammengehören) wie zwei gesonderte Welten zu behandeln, eine Stütze finden wahrscheinlich ist sie nicht. Oder sollte die Ansicht wirklich die natürliche sein, dass z. B. die Formüber- einstimmung zwischen dem indischen und dem griechischen Konjunktiv auf Überlieferung, die Bedeutungsübereinstimmung aber ihrem grössten Theile nach auf Parallelismus der Sonder- entwickelungen beruhe? Es wäre in der That merkwürdig,

86 Einleitung. Quellen.

wenn die Ursprache zwar das ganze reich entwickelte Formen- system, aber nur ganz dürftig entfaltete Bedeutungen gehabt hätte, um so merkwürdiger, als man sich die Verschiedenheit zwischen dem Habitus der Ursprache und etwa des ältesten Indisch oder Griechisch keineswegs als sehr erheblich vor- zustellen hat. Ich glaube also, dass man diejenigen Bedeu- tungen und Konstruktionen, in welchen die Formen der Einzel- sprachen zusammentreffen, im ganzen und grossen als indo- germanisch anzusehen hat, halte es aber für richtig, sich im einzelnen Fall die Möglichkeit, dass es auch anders sein könnte, vorzuhalten. In der Praxis übrigens kommt es auf eine Meinungs- verschiedenheit in dieser Richtung nicht so viel an, als es der Theorie nach scheinen könnte. Denn auch ein Partikularist wird gewiss zugestehen, dass die Vergleichung paralleler Er- scheinungen unter Umständen von grossem Nutzen sein und insbesondere dazu beitragen kann, die geschichtliche Ent- wickelung innerhalb einer Einzelsprache aufzuklären.

Zum Schluss will ich noch darüber Auskunft geben, in welchem Umfang ich die indogermanischen Sprachen aus- genutzt habe. Innerhalb des Altindischen habe ich mich auf den Ausschnitt beschränkt, den meine Altindische Syntax, Halle 1888 behandelt, nicht als ob ich in Abrede stellte, dass aus dem klassischen Sanskrit, dem Palı und Prakrit manches für die Syntax zu gewinnen sei, sondern weil ich die Mantra- und Brähmana-Sprache am besten aus eigener Anschauung kenne. Welche Schwierigkeiten der Benutzung des Avesta entgegenstehen, ist bekannt genug. Ich habe den Eindruck, dass Geldner’s Übersetzungen dem wahren Sinn am nächsten kommen, und mich daher möglichst an diese gehalten. Da es mir auf die Mittheilung von sicherem Material ankam, habe ich hauptsächlich die Ja$ts, weniger die Gäthäs herangezogen. Zitiert ist nach der Ausgabe von Geldner und, wo diese fehlt, nach der von Westergaard. Für das Altpersiche be- ziehe ich mich auf die zweite Ausgabe der altpersischen Keil-

Einleitung. Quellen. 87

inschriften von Spiegel, Leipzig 1881. Dass mir Spiegel’s Ver- gleichende Grammatik der alteranischen Sprachen , Leipzig 1882, und für die Kasus Hübschmann’s Schrift zur Kasuslehre, München 1875, von vorzüglichem Nutzen gewesen sind, versteht sich von selbst. Aus dem Griechischen habe ich besonders Homer ausgebeutet, gelegentlich auch die Inschriften verwerthet, die übrigens, abgesehen etwa von den attischen und kretischen, nicht eben viel für die Syntax ausgeben. Dürftig wird man das Lateinische vertreten finden. Ich mochte mit dem Wenigen, was ich bieten kann, nicht aufwarten in einem Augenblick, wo wir eine historische Syntax des Lateinischen zu erwarten haben, von der die Behandlung des Dativus com- modı durch Landgraf ın Wölfflin’s Archiv 8, 39 ff. einen so guten Vorgeschmack giebt. Im Germanischen habe ich mich wesentlich auf das Gotische beschränkt. Wo die poetische Edda zitiert ist, ist (etwas veralteter Weise) die Ausgabe von Lüning, Zürich 1859, gemeint, die prosaische Edda ist bis- weilen nach dem Auszuge, den Wilken, Paderborn 1877, ver- anstaltet hat, zitiert. Im ganzen stammt meine germanische Weisheit aus Grimm. Auch Erdmann’s Untersuchungen über die Sprache Otfrid’s, Halle 1874 und 1876 sind mit Dank benutzt worden. Für das Litauische habe ich Exzerpte aus Schleicher's Lesebuch und den litauischen Volksliedern und Märchen von Leskien und Brugmann, Strassburg 1882, gemacht, bei weitem am meisten aber verdanke ich Schleicher, Kur- schat und Bezzenberger (Beiträge zur Geschichte der litaui- schen Sprache, Göttingen 1877). Die slavischen Sprachen habe ich nur zum theil heranziehen können, da ich nur im Altkirchenslavischen, Serbischen und Russischen eigene Lek- türe getrieben habe. Für das erstere kann ich die Ausgabe des Codex Marianus von Jagie, Berlin 1883, nicht genug loben. Wenn alle Herausgeber sich hinreichend klar machten, wie nützlich ein index locupletissimus in mehr als einer Hinsicht ist, würde Jagie’s Vorbild mehr Nachahmung finden. Meine eigenen Sammlungen aus dem Serbischen und Russischen werden erst bei der Darstellung des Verbums deutlicher zum Vorschein

88 Einleitung. Quellen.

kommen!'). Der Darstellung der Kasus ist besonders die Srbska Sintaksa von Danitic, Belgrad 1858, zu Gute ge- kommen. Dass ich übrigens für alles Slavische hauptsächlich auf Miklosich’s Syntax fusse, sei auch an dieser Stelle ausdrück- lıch anerkannt.

Nicht benutzt ist das Keltische, Armenische, Albanesische. Was das Keltische betrifft, so habe ich zwar einiges Altirische und Mittelirische gelesen, aber ich hielt es doch für verstän- diger, die Arbeit eines Kenners abzuwarten. Vom Armenischen und Albanesischen habe ich nichts gelesen. Natürlich habe ich mich unter diesen Umständen gefragt, ob ich nicht besser thäte, die Herstellung einer vergleichenden Syntax der indo- germanischen Sprachen einem Gelehrteren zu überlassen. Wenn ıch die Arbeit doch unternommen habe, so ist es geschehen in der Überzeugung, dass auch auf dem Gebiete der Wissen- schaft das Bessere der Feind des Guten ist. Ob freilich diese Arbeit als etwas Gutes zu bezeichnen sei, das zu entscheiden muss ich der Nachsicht des geneigten Lesers anheimstellen.

1) Ich benutze diese Gelegenheit, um O. Asböth’s kurze russische Grammatik, Leipzig 1889, warm zu empfehlen. Aus der dazu gehörigen, ebenfalls sehr brauchbaren Chrestomathie (Leipzig 1890) ist im Folgenden gelegentlich zitiert worden.

Kapitel L_ Das Geschlecht der Substantiva.

Dem Zweck dieser Schrift gemäss habe ich in dem Kapitel über das Geschlecht nicht von der Entstehung desselben zu handeln. Vielmehr gehe ich von der durch Vergleichung der Einzelsprachen festgestellten Thatsache aus, dass die Substan- tiva bereits in der Ursprache entweder als geschlechtig (männlich, weiblich) oder als ungeschlechtig bezeichnet wurden, mochte nun diese Bezeichnung an der Form selbst hervortreten oder erst an dem begleitenden Adjektivum, beziehungsweise dem auf- nehmenden Pronomen zur Erscheinung kommen. Nun ist wohl klar, dass von der nachwachsenden Generation nicht das Ge- schlecht eines jeden Wortes eigens gelernt wird und wurde, sondern dass sich die gleichgeschlechtigen Substantiva vermöge gewisser ihnen anhaftender Eigenschaften irgendwie zu Reihen zusammenfügen. Da diese Eigenschaften entweder innerer oder äusserer Natur sein können, so hat man von jeher versucht, Genusregeln aufzustellen, in welchen die Wörter entweder nach der Bedeutung oder nach der Form geordnet sind. Diese beiden Gesichtspunkte beherrschen auch meine Dar- stellung, und zwar in der Art, dass ich über die Bedeutungs- gruppen berichte, die Gruppierung nach der Form aber meiner Darstellung zu Grunde lege. Der dritte Abschnitt sol) von dem Problem der Mehrgeschlechtigkeit eines Wortes handeln.

I. Die Bedeutungsgruppen.

$ 1. Die Bedeutungsklassen in den Schulgram- matiken der klassischen Sprachen. Männer, Weiber, ' Völker, Monate, Winde. !)

1} Indische Grammatiker haben eine Menge von Bedeutungsklassen

90 Kap. I. Das Geschl. der Subst. I. Die Bedeutungsgruppen. ($1.

Ich gehe aus von den wohlbekannten Versen:

Die Männer, Völker, Flüsse, Wind

Und Monat Maskulina sind,

Die Weiber, Bäume, Städte, Land

Und Inseln weiblich sind benannt, und frage, inwieweit diese Kategorien etwa für die Bestim- mung des Geschlechts indogermanischer Wörter von Werth sein können.

Was zunächst die Männer und Weiber angeht, so hat man längst bemerkt, dass männliche Personen auch durch ein f., z. B. vigtliae, oder ein n., z. B. auzilia, und weibliche auch durch ein m., z. B. der Backfisch, oder ein n., z.B. das Weib bezeichnet werden können, und ferner, dass man bei gewissen Thieren in der Sprache von der Unterscheidung der Geschlech- ter absieht, obgleich dieselbe in der Natur vorliegt, z. B. die Maus. Es hertscht daher längst Übereinstimmung darüber, dass die Schulregel nur besagen will, dass, wenn überhaupt Ge- schlechtsunterscheidung stattfindet, gewöhnlich das gramma- tische Geschlecht mit dem natürlichen übereinstimmt und, wo das nicht der Fall ist, meist irgend ein bildlicher oder sonst übertragener Ausdruck zu erkennen ist. Die Bemerkung über die Völker kann als ein Unterfall dieser ersten allgemeinen Regel angesehen werden. Denn natürlich ist richtig, was Gossrau, Lateinische Sprachlehre $ 65 sagt, dass die Völker m. sind, weil gewöhnlich eben nur die Männer Staatsrechte haben, während das einzige Amazones deshalb f. sei, “weil bei ihnen die Frauen den Staat regierten. Dass die Ausdrucksweise in den übrigen idg. Sprachen dieselbe ist, versteht sich. Die Monatsnamen sind im Lat. Adjektiva und folgen als solche ihrem Leitwort mensis. Dieses Wort ist, soweit wir sehen können, im Idg. stets m. gewesen (Brugmann 2, 389). Von den Namen der einzelnen Monate reicht keiner in proethnische

aufgestellt, welche sich bei O. Franke, Die indischen Genuslehren 8. 151ff. ver- zeichnet finden. Ich sehe von ihrer Behandlung ab, weil sie sich zur Über- tragung auf andere Sprachen nicht eignen und einen geschichtlichen Werth für uns nicht gewonnen haben.

$1—2.] Kap. I. I. Baumnamen. 9

Zeit zurück. Entsprechend verhält es sich mit den Namen der Wınde. Somit bleiben noch zu erörtern die Bezeichnungen für Bäume, Flüsse, Städte, Länder, Inseln.

$2. Bäume. Was die Baumnamen betrifft, so ıst be- kannt, dass ım Lateinischen und Griechischen eine Neigung besteht, auch die auf das ursprünglich maskulinische 0; aus- gehenden femininisch zu machen. So ist überliefert, dass lateinische Wörter wie cupressus, populus, Taurus ursprünglich m. gewesen seien (Neue 12, 621 ff.); im Griechischen sind Wörter wie atyeıpos, Apmeios, BdAavos, anyds f., andere wie &pıveds m. Uber die Gründe der Geschlechtsverwandlung lässt sich mit Sicherheit nicht urtheilen. Im Lateinischen mögen die führen- den Wörter wie ardor (von dem ich freilich nicht weiss, welches Geschlecht es ursprünglich hatte) und plants ein- gewirkt haben, in beiden Sprachen aber Femininina, welche sachlich zu derselben Begriffsgruppe gehören, wie reuxn, &arr, (tta, pılöpa, Lilia, quercus u.a. Wie dies nun auch sei, eine Neigung zum Weiblich-werden ist im Griechischen und La- teinischen jedenfalls vorhanden. In den anderen Sprachen aber ıst das nicht der Fall. Das Germanische hat, wie Grimm gezeigt hat, theils Maskulina theils Feminina. Ebenso das Litauische. Maskulina sind z. B. duziülas Eiche, klevas Ahorn, Derzas Birke (doch lettisch neben Ber/s auch berfe f£.), eglıus Eibe, üsis Esche, glösnis Weide, dagegen Feminina lepa Linde, &gle Tanne, puszis Fichte. Ebenso im Slavischen. Als Beispiele, die in allen oder mehreren slavischen Sprachen vorhanden sind, führe ich an: als m. aksl. tısö Taxus, serb. tıs lärche, russ. tisö Eibe (Miklosich Wb. unter Zisü); aksl. dqbü arbor, Spüs, &UAov, serb. dub, russ. dubü Eiche (M. dombü) ; serb. Jasen, russ. jasenü Esche (M. jasenü; vgl. üsis); aksl. Alenü, serb. klen, russ. klenü Ahorn (M. Alenü; vgl. Alövas). Als f. akel., serb., russ. /ipa Linde, (M. unter Zip; vgl. lepa); aksl. breza, serb. breza, russ. bereza Birke (M. berza; vgl. berzas); aksl. jelicha, serb. jJoRa, russ. olicha Erle (M. jeliha); aksl., serb., russ. tca Weide (M. iva). Im Altindischen überwiegt das Mas- kulinum, wenigstens bei den Baumnamen der vedischen

92 Kap. L I. Holz und Früchte. [8 2—3.

Periode, welche Zimmer, Altindisches Leben S. 57 ff. anführt. So sind Z. B. m. aßvatthd, nyagrödha, khadira, parnd, plak$a, udumbara, vikarkata, varand, bilva, dazu der u-Stamm ptl& und der :-Stamm Salmali (das spätere Sälmali soll f. sein). Femi- nina sind nur $ami, $iSapa, talaSa. Das Material im Avesta ist nur ganz geringfügig (vgl. Geiger, Ostiranische Kultur 150) Aus diesem Thatbestand, wie er in den Einzelsprachen vorliegt, lässt sich für die Ursprache nur wenig schliessen. Sicher steht für die Ursprache als gemeinsamer Baumname nur der der Birke (vgl. Schrader, Sprachvergleichung und Urgeschichte ?, 393 ff.), und gerade bei diesem Wort ıst das Geschlecht un- sicher, denn das altindische Wort bhärja (dessen Accent nicht bekannt ist, da es nur in späteren Texten vorliegt) und das litauische berias sind m., dagegen das slavische und germani- sche Wort sind f. und im Lettischen finden sich beide Ge- schlechter. Ich glaube also, dass man nur sagen kann, in der Ursprache seien die Baumnamen m. oder f. gewesen, im San- skrit (wo die gebräuchlichen Namen für Baum vrA$a und va- naspali m. sind) sei dann eine Neigung für das Maskulinum, im Griechischen und Lateinischen eine Neigung für das Fe- mininum entwickelt worden. Das Neutrum scheint bei den Baumnamen keine Rolle zu spielen. Zwar ist griech. xpavov Kormelkirschbaum n., aber es wird auch xpavos angegeben, und so mag man annehmen, dass xpavov eigentlich die Frucht bedeutet. Im Sanskrit mögen unter den auf daru Holz (wel- ches n. ıst) ausgehenden Kompositis manche Neutra sein. Das bekannteste derselben devadaru (Name einer Kiefer) ıst n., aber auch m.

$3. Holz und Früchte. Es giebt, wie eben bemerkt, ein altes Wort für ‘Holz’, welches Neutrum ist, nämlich ai. däru, öspu, got. triu, aksl. drevo, serb. drvo, russ. derevo Baum, Holz 'Miklosich dervo)!). Für die schwache Form ai. drö Holz wird m. und n. angegeben, das entsprechende gr. öpös ist f.

' 1) Das litauische f. derva Kienholz wird wohl aus dem Neutrum her- vorgegangen sein, s. unten S$. 101.

3-4.) Kap. I. I. Flussnamen. 93

(auch m.?j. Vielleicht dass der Baum ursprünglich als m., das Holz als n. bezeichnet wurde. Jedenfalls besteht dieses Verhältnis in mehreren Sprachen zwischen dem Baum und seinen Früchten. Aus den accentuiertenTexten des Ai. habe ich angemerkt: amrda, m. Mangobaum, n. die Frucht, und entsprechend bei udumbara ficus glomerata, karkandhu Judendorn, diloa Aegle Marmelos Corr., pild ein nicht genau bestimmter Baum, vibhidaka (vibhitaka) Terminalia Bellerica Roxb. (Grassmann meint zwar, dass RV. 10, 34, 1 die Nuss als m. gebraucht sei, aber der Spieler kann doch auch sagen: ‘der vibhidaka-Baum hat mich berauscht’, wenn er mit der Nuss desselben gewürfelt hat). Dazu aus nicht accentuierten Texten: amalaka m. (auch f. auf -i) Myroba- lanenbaum, At3uka Butea frondosa Roxb., wobei die Blüte n., dadar: Judendorn, dhallätaka Tintenbaum, piludaru m. ein bestimmter Baum, n. das Harz dieses Baumes. Aus dem Griechischen kommen namentlich in betracht: 8 &pıyd; und :o Zpıvöv, 7 xE6pos und To xEöpov, 7 Tpoünvos und To Tpoülvov, n xspasta und TO xep@otov, 6 N Tpivos und ta zpiva, 0 d xdnapos und 10 xduapov, n artos und to amıov (nach Lange S. 38). Die lateinischen Analoga s. bei Neue 12, 625, wo es heisst: zu mehreren Baumnamen auf us gehören die Namen der Früchte und Hölzer auf um neutr. Gen., wie arbutum, buxzum, cerasum, citrum, cornum, ebenum, malum, morum, mystum, nardum, pirum, pomum, prunum .

Ob nur hierin eine parallele Entwicklung oder eine ur- sprüngliche Übereinstimmung vorliegt, ist schwer zu sagen. Ich halte für wahrscheinlich, dass in der Urzeit bereits ein oder zwei Vorbilder vorhanden waren, an welche sich die Ent- wicklung in den Einzelsprachen angeschlossen hat.

$4. Flüsse. Mit den Namen der Flüsse verhält es sch ähnlich wie mit denen der Bäume. Die griechischen Grammatiken überliefern, dass die meisten Flüsse m. seien, und sind auch über den Grund einig. So sagt z. B. Kühner: Die Flüsse wurden als Adjektiva betrachtet und auf den ent- weder beigefügten oder zu ergänzenden männlichen Gattungs-

94 Kap. I. I. Ländernamen. [$ 4ı—5.

namen rortayuos bezogen’. Auch im Lateinischen sind die Fluss- namen in ihrer überwiegenden Mehrheit m. (Neue 12, 639 ff\. Anders in Asien. Die im Veda erwähnten altindischen Fluss- namen sind, wie aus der Aufzählung bei Zimmer, Altindisches Leben S. 4 ff ersichtlich ist, sämmtlich (soweit wenigstens ihr Geschlecht festgestellt werden kann) f. Einige davon sind deutlich Adjektiva, z. B. gömati ‘die heerdenreiche’, särasvati ‘die an Wasserbecken reiche’. Offenbar ist ein Wort von der Bedeutung ‘Fluss’ dabei zu ergänzen, und zwar bei dem letzt- genannten sindhu. Denn ich bin mit Roth der Ansicht, dass särasvati als der besondere und heilige, sindhu als der allge- meine und profane Name des Indus (sindhu) zu betrachten sei. Das Wort sindhu selbst ist f. und m., und zwar macht Grass- mann die Bemerkung, das Wort sei f. ‘wenn es im engeren Sınne den Fluss oder Strom (den in einem Flussbette strö- menden) bezeichnet, hingegen m., wenn es im allgemeinen Sinne strömendes Gewässer oder das (wogende) Meer bezeichnet’. Ein anderes gebräuchliches Wort für ‘Fluss’ ist das f. nad. Ebenso scheint es im Iranischen zu liegen. Nach Spiegel Gr., 399 werden die Flüsse meist als f. behandelt, so ım Alt- persischen Tigra und Ufrätu, im Avestischen Rarha (gleich ai. Rasa) Daitya, ardoi süra anähita, d. h. nach Geldner's Auffassung (KZ 25, 378) die “hilfreiche jungfräuliche Ardvi”. Spiegel erklärt übrigens das f. ebenso wie Kühner, nämlich als Wirkung eines zu ergänzenden Namens für “Wasser? (av. und ai. ap). Zusammengefasst ergiebt sich folgendes Bild: In der Urzeit wird jeder Stamm das fliessende Gewässer, an dem er wohnte, wohl meist einfach als “den Fluss’ bezeichnet haben. Als man unter veränderten Verhältnissen in besetzten Ländern neue Namen der Flüsse vorfand oder austheilte, gab man diesen Namen das Geschlecht desjenigen Wortes für ‘Fluss’, welches in der betreffenden Sprache gültig war.

$5. Länder, Inseln, Städte, Erde und Schluss. Was endlich die Namen der Länder, Inseln, Städte betrifft, welche ın den klassischen Sprachen eine Neigung haben, f. zu sein, so liegt es auf der Hand, dass es sich hierbei nur um

$ 5.) Kap. I. I. Ländernamen. 05

verhältnismässig junge, also einzelsprachliche Erscheinungen han- deln kann. Städte in dem griechisch-römischen Sinne dürften in der Urzeit überhaupt nicht vorhanden gewesen sein und ein Bedürfnis, Länder und Inseln mit festen Namen zu be- legen, konnte erst entstehen, als vollständige Sesshaftigkeit eingetreten war und dauernde Beziehungen zwischen Nachbar- völkern sich entwickelten. Im Veda sind mir überhaupt keine Bezeichnungen für Länder, sondern nur solche für Völker be- gegnet (man übersieht die einschlagenden Verhältnisse bequem bei Oldenberg, Buddha 399 ff; die älteste indische Bezeich- nung für einen Landstrich dürfte das in den Brähmana’s vor- kommende Kuruksetrd sein, was Böhtlingk-Roth durch ‘Feld der Kuru’ übersetzen). Dagegen treten Namen von Ländern und Provinzen im persischen Reiche hervor, so z.B. in der Inschrift von Behistän, wo Darius die unterworfenen Provinzen (dakyava f.) aufzählt. Dabei erscheint der Volksname im Sing., 2. B. Parsa, Mäada oder im Plur., z. B. Yaurä, d. i. 'laoves. Na- türlich heisst Pärsa eigentlich ‘der Perser’ (wobei der Singular kollektiv gebraucht ist) und nicht Persien, also zsayahıya z3aya- piyanam z5äyabiya Päarsaiy zsäyapıya dahyunam Bh. I eigent- lieh: “König der Könige, König bei dem Perser (Spiegel: in Persien), König der Provinzen’. Aber aus anderen Stellen er- giebt sich doch, dass den Sprechenden nicht mehr das Volk, sondern das Land vorschwebte, z. B. iyam dahyaus Pärsa iyam mana Auramazda fräbara Iyü naibüa uvaspa umartıya diese Provinz Persien, welche mir Auramazda verlieh, welche schön, rossereich, menschenreich ist, Inschr. von Persepolis (Spiegel?, $.46 H, 6). Sodann findet ‚sich eine femininische Adjektiv- form, z. B. Bäkktris, wozu dann jedenfalls dahyaus zu ergänzen ist. Die Ländertafel im ersten Kapitel des Vendidad (vgl. Spiegel, Eranische Alterthumskunde 1, 195 ff} beginnt mit dem n. airyanem va2jö, wobei wir va@j6o nicht zu erklären wissen (die Übersetzung von Justi beruht auf einer Ety- mologie, die jetzt nicht mehr zu halten ist), dann folgen Na- men von Städten, maskulinisch und femininisch, ohne dass ich unternehmen möchte, einen Grund für die Wahl des

96 Kap. 1. I. Grimm’s Versuch. [8 5—6.

Geschlechts anzugeben. Aus diesen Andeutungen, die durch eine besondere Untersuchung zu vervollständigen wären, folgt jedenfalls (was sich übrigens von selbst versteht), dass Be- zeichnungen für Länder in der Urzeit nicht vorhanden waren, man also von einem ererbten Geschlecht bei ihnen nicht reden kann.

Für den Begriff Erde giebt es ein altes Wort, welches Femininum ist, ai. Afam, gr. ydwv (Brugmann 2,452). Ebenso sind ım Griechischen yata und ywpa f., und nach diesen möchten sich einige Substantiva gerichtet haben, welche in Wahrheit Adjek- tiva zweier Endungen sind, wie n Epnpos, N veros, 7 XEpoos. Ob freıpos und v7sos, deren Herkunft wir nıcht kennen, eben- falls Adjektiva sind, oder von Hause aus Substantiva, die ur- sprünglich m. waren und dann in ihrem Geschlecht von yata und ywpa beeinflusst wurden, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden.

Man sieht aus diesen Bemerkungen, dass die Schulregel über m. und f. im Griechischen und Lateinischen nicht indo- germanische Zustände, sondern nur einige Besonderheiten der klassischen Sprachen zu beschreiben unternimmt.

66. Grimm’s Versuch. Einen weit grossartigeren Ver- such, die Gründe für die Zutheilung des Geschlechts an die Substantiva aus ihren Bedeutungen abzuleiten, hat mit Bezie- hung auf das Germanische Jacob Grimm (Grammatik 3, 311 ff.) angestellt. Nachdem er zuerst zwischen natürlichem und grammatischem Geschlecht unterschieden hat, bekennt er sich S. 344 zu der Ansicht, dass die Erscheinung der Geschlechts- vertheiluug aus dem Einbildungsvermögen der Sprache abzu- leiten sei, und sucht nachzufühlen, welche Anschauungen dem unbewusst schaffenden Sprachgeiste hei diesem Geschäft vor- geschwebt hätten. Er äussert sich darüber $S. 358 so: “das Maskulinum scheint das frühere, grössere, festere, sprödere, ra- schere, das thätige, bewegende, zeugende; das Femininum das spätere, kleinere, weichere, stillere, das leidende, empfangende; das Neutrum das erzeugte, gewirkte, stoflartige, generelle, un- entwickelte, kollektive’. Diese Gesichtspunkte verfolgt er nun

$6.] Kap. I. I. Die Bedeutungsgruppen. 97

zunächst bei der Betrachtung des Geschlechts der sinnlichen Gegenstände, und zwar bei Thieren, dann bei Pflanzen und Bäumen, dann bei Steinen, Metallen, und schreitet so all- mählich den ganzen Kreis der Schöpfung aus. Bei den ‘ab- strakten Gegenständen’ aber biegt S. 477 die Darstellung um und ordnet die Wörter nicht mehr nach der Bedeutung, son- dern nach der Form. Man kann Scherer zugeben, dass das Kapitel über das Genus den Höhepunkt der Grimm’schen Grammatik bezeichnet, insofern nirgends deutlicher die un- glaubliche Herrschaft über den Stoff und die Feinfühligkeit des Forschers hervortritt; aber man muss zugleich auch zugeben, dass Grimm zu fassbaren und auch für andere überzeugenden Ergebnissen nicht gelangt ist. Zwar bei den Thieren scheinen seine Kategorien sich so ziemlich zu bewähren, aber bei jedem folgenden Abschnitt verfangen sie weniger. Und zwar ist das offenbar auch die Empfindung des Schriftstellers selbst. Man erwäge beispielshalber folgende Zusammenfassungen. Am Schlusse des Abschnittes, der über die Namen von Land, Stadt und Ort handelt, heisst es S. 419: “Wir sehen also die drei geschlechter hier in der weise walten, dass allgemeinere be- deutungen neutral sind (uodal, verhs, dorf), bestimmtere männ- lich (tun, flecke, ort) oder weiblich (burg, stadt); das fem. scheint sich vorzüglich für eine weite, umfangende entfaltung im raum zu schicken, vgl. erde, gasse, eiche, linde u.s.w. Es ist wenigstens beachtenswerth, dass wie burg und stadt auch zölıs, civitas, urbs, arz, villa weiblich sind; doch das slav. miesto = @otu neutral. Nach dem Abschnitt über das Haus heisst es S. 433: “Alle subst. dieser abtheilungen geben wenig sicheren aufschluss über die gründe der geschlechtsverschieden- heit. Sie scheinen jedoch wiederum zu lehren, dass die all- gemeinen begriffe das neutrum lieben; was in und an dem haus besonders hervortritt, pflegt entweder männlich oder weiblich zu sein; dass geräumige hallen fem. sind, habe ich hervorgehoben”. Dazu kommt ein weiteres Element der Un- sicherheit. In der geschichtlich bezeugten Entwickelung un-

serer Sprache verändern, wie Grimm S$. 549 ff. ausführt, viele Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 7

98 Kap. I. I. Genus. Die Bedeutungsgruppen. [$ 6-7.

Wörter ıhr Geschlecht, und zwar sehr oft aus äusseren Grün- den, die mit der poetischen Auffassung, aus welcher die Ge-

:schlechtsbezeichnung hervorgegangen sein soll, nichts zu thun

haben. Was sich in geschichtlichen Zeiten ereignet hat, kann auch früher geschehen sein (wenn auch der Geschlechtswech- sel zu den Zeiten, als die Kasusausgänge noch deutlich hervor- traten, seltener gewesen sein muss, als später). Wie soll man also wissen, ob das Geschlecht, welches wir z. B. an einem gotischen Worte beobachten, dessen erstes oder zweites ist? Endlich ist auch Jacob Grimm nicht entgangen, dass das Geschlecht identischer Wörter in mehreren Sprachen nicht selten verschieden ist (vgl. S. 555). Wo hat man das ursprüng- liche zu erkennen? Diese letztere Schwierigkeit führt uns auf einen Hauptfehler der Grimm’schen Darstellung, den wir heutzutage leicht erkennen können: Grimm beachtet nicht genug, dass das Deutsche nicht eine selbständige Ursprache ist, sondern ein Zweig des Indogermanischen, dass also in das Deutsche so gut wie in die anderen idg. Sprachen die Wörter schon mit dem fertigen Geschlecht, welches sie in der Uhrzeit empfangen haben, eingetreten sind. Damit würde sich für uns aus der Kritik des Grimm’schen Unternehmens die Aufgabe ergeben, dasjenige am Indogermanischen zu versuchen, was Grimm am Deutschen versucht hat. Ein solches Unternehmen muss nach meiner Meinung so gut wie resultatlos verlaufen.

$ 7. Schluss. Unsere Darstellung hat also ergeben, dass es bisher nicht gelungen ist, gewisse allgemeine Anschauungen oder Begriffe aufzufinden, von denen man annehmen könnte, dass sie die Sprechenden zu der Geschlechtsbezeichnung bei

. den Substantiven geführt hätten. Höchstens kann man sagen,

man nimmt den allgemeinen Eindruck mit, dass das Neutrum nicht dazu bestimmt gewesen sei, lebendig gedachte Wesen zu bezeichnen. Diese allgemeine Anschauung würde sich auch darin zeigen, dass dıe Bäume als Maskulina oder Feminina, ihre Früchte (und auch ıhr Holz) aber als Neutra bezeichnet wurden.

&8.) Kap. 1. U. Genus. Die Formgruppen. Germanisch. 99

De

II. Die Formgruppen.

Es fragt sich nunmehr, ob aus der Form der Substantiva ein Eintheilungsgrund zu gewinnen ist. Ehe ich indessen in’s einzelne gehe, habe ich eine Vorbemerkung zu machen über die Zustände im Germanischen und im Litauischen.

$8. Der Zustand im Germanischen. Im Germa- nischen ist der Auslaut der Wörter stärker verändert worden, als in den übrigen hier behandelten Sprachen. Infolge dessen ist die Verschiedenheit der Kasusausgänge, welche (wie sich noch weiter zeigen wird) dem Gedächtnis den wichtigsten Anhaltepunkt für die Scheidung der Genera bot, vielfach verwischt, und somit für eine weitgehende Genusverschiebung die Bahn frei gemacht worden. Ich führe aus der Schrift von V. Michels “Zum Wechsel des Nominalgeschlechts im Deut- schen‘, Strassburg 1889, zwei Belege an: Im Westgermanischen so wird S. 41 ff. ausgeführt ist die Verschiedenheit zwi- schen maskulinischen und neutralen o-Stämmen geringer ge- worden als ın den übrigen Sprachen, denn die Nom. sing. sind zusammengefallen, während im Nom. plur. ein Unter- schied noch besteht, (vgl. got. dags gegen vaurd, altn. ulfr gegen ord, aber ags. fisc und vord, alts. dag und uuord, ahd. face und wort, mhd. tac und wort). Da nun der Nom. sing. eine führende Stellung hat, so ist durch diesen Lautvorgang die Vermischung des Maskulinums und Neutrums bei den o- Stämmen erleichtert worden. Ganz ähnlich steht es bei den ö(germ. 6)-Stämmen, von denen es 8. 32 heisst: Nach Sievers’ Untersuchungen zur Accent- und Lautlehre der germanischen Sprachen musste bei den langen 5-Stämmen im Nominativ im ganzen Westgermanischen der Vokal abfallen. Der Nominativ wurde auf diese Weise dem des m. und n. gleich, und dies konnte der Anlass zum Übertritt in maskulines oder neutrales Geschlecht werden. Dahin gehören die bekannten m. auf -une in Ahd., ferner buoz, halp, wis u. s. w.

7#

100 Kap. I. Il. Genus. Die Formgruppen. Litauisch. [$ 8—9.

Aus diesen Anführungen erhellt, dass die Schicksale der Kategorie des grammatischen Geschlechtes im Germanischen unter andern Bedingungen standen, als es bei den übrigen Sprachen der Fall war. Ich werde deshalb auf den folgenden Seiten des Germanischen kaum Erwähnung thun, eine Zurück- haltung, die sich auch deshalb empfiehlt, weil ich mich nicht im stande fühle, mich an den Untersuchungen über die ger- manischen Auslautgesetze mit Erfolg zu betheiligen.

$9. Der Zustand im Litauischen. Das Litauische nimmt unter den hier behandelten Sprachen insofern eine ein- zige Stellung ein, als es das Neutrum verloren hat, während das nahe verwandte Preussische es noch besitzt. Gem wären wir über die Gründe eines so bedeutsamen Verlustes (der uns auch noch bei den Adjektiven beschäftigen wird) und über die Art, wie es dabei hergegangen sein mag, näher unterrichtet. Leider aber lässt sich darüber, so viel ich sehe, nicht mehr als das Folgende sagen (vgl. die höchst nützliche Schrift von A. Leskien: Die Bildung der Nomina im Litauischen im 12. Bande der Abh. der phil. hist. Klasse der sächs. Ges. der Wiss., Leipzig 1891).

Die alten neutralen o-Stämme sind im Litauischen zum grössten Theile Maskulina geworden, so z. B. dieras See, preuss. assaran Vok. neutr. (gleich ezeran), aksl. jezero; piüklas Säge, preuss. piuclan; miltai Mehl, preuss. meltan; saitas Band, preuss. largassaytan Steigbügel; Zunkas Bast, preuss. lunkan, aksl. Zyko; purai Winterweizen, aksl. pyro Spelt; dügnas Boden, aksl. düno (Leskien 360); szönas Heu, aksl. seno; jJüngas Joch, ai. yugam u. 8. w., kraüjas Blut, ai. Aravyam (was allerdings auch ein zufälliges Zusammentreffen sein kann); szirntas gleich ai. Satam u.s. w. Vermuthlich hat die Geschlechtsveränderung in diesem Falle von dem Nominativ ihren Ausgang genommen. Der Nom. sıng. des Neutrums, so meint J. Schmidt, fiel mit dem Nom. plur. fast zusammen und so kam es denn, dass man ihm, geleitet von dem Streben nach deutlich hervortretender Kongruenz, das s der Maskulina anfügte, mit denen ja die Neutra ohnehin durch die Gleichheit der obliquen Kasus verbunden waren (vgl.

5 9—10.] Kap. I. II. Genus. Die Formgruppen. 101

J. Schmidt, Pluralb. 38). Einige alte neutrale o-Stämme sind auch zu Femininis geworden. Ein sicherer Fall ist dervä Kien- holz, aksl. drevo Baum (s. Miklosich Wb. unter *deroo). Auch unter den Wörtern auf Aa, die Leskien S. 197 anführt, sind gewiss alte Neutra, z. B. sekla Same, und dasselbe dürfte von den Wörtern auf ia gelten (s. ebenda S. 530 ff.), z. B. bütas, auch f. duta Haus. Hinsichtlich dieser Feminina lässt sich vermuthen, dass sie aus dem Plural entstanden seien, was bei einem Worte wie derod besonders einleuchtend ist.!) An die o-Sämme haben sich die u-Stämme angeschlossen: alıs Bier, preuss. alu; medüs Honig, preuss. meddo, ai. madhu u.s.w. Etwas verwickelter war der Vorgang bei den :-Stämmen, wie akis Auge, szirdis Herz, ausis Ohr, welche Feminina geworden sind. Ich verweise hinsichtlich derselben auf J. Schmidt Pluralb. 251. Es bleiben noch übrig die n-Stämme, wie vandü Wasser, preuss. wundan, semens, sömenys plur. Same, preuss. semen. Über die Geschichte dieser Stämme besteht zwischen J. Schmidt Pluralb. 91 und Brugmann 2, 733 eine Meinungsverschiedenheit, in der ich nicht zu entscheiden weiss.

Mit dem Verlust des Neutrums wird auch zusammenhängen, dass es im Litauischen auffällig viel Wörter giebt, welche so- wohl männliches als weibliches Geschlecht haben. Eine genauere Untersuchung (für die das Buch von Leskien reichen Stoff liefert) muss ich den Spezialforschern überlassen.

$10. Übersicht über den Inhalt der folgenden $. Somit werden das Germanische und das Litauische im Folgen- den nur gelegentlich zu erwähnen sein und, da ich auch von dem Avestischen, aus Mangel an Vorarbeiten, nicht viel zu sagen weiss, so wird sich meine Darstellung hauptsächlich auf

1) Nach J. Schmidt Pluralb. 252 sind auch Neutra auf os zu Maskulinis der o-Deklination geworden, wofür er äkas Wuhne gleich aksl. o%o Auge, kväpas Duft gleich lat. vapor, sriautas Strom gleich ai. srötas anführt. Doch sind wenigstens diese Belege nicht zweifelsfrei. Dass äkas, die Zemaitische Form statt eketö, gleich oko sei, ist mir wegen der Bedeutung nicht sicher, kväpas kann eine der zahlreichen Bildungen mit dem lebendigen Sufix a sein und sriautas oder srautas kann auch litauische Original- bildung sein.

102 Kap. I. IL Genus. ä-Stamme mask.. [($ 10—11.

das Altındische, Griechische, Lateinische, Slavische beschränken. Meine Aufgabe wird sein, festzustellen, ob mit gewissen stamm- bildenden Suffixen ein bestimmtes Geschlecht schon in der Ursprache verbunden gewesen ist (wobei ich mich im wesent- lichen an Brugmann’s Darstellung halten werde) und ob und unter welchen Verhältnissen in den einzelnen Sprachen eine Veränderung des überlieferten Zustandes eingetreten ist. Die Suffixe sollen in folgender Reihenfolge behandelt werden:

1) @-Stämme.

2) 2£-Stämme.

3) o-Stämme.

4) -Stämme.

5) u-Stämme.

6) Stämme mit r-Suffixen.

7) s-Stämme.

8) n-Stämme.

9) Wurzelnomina.

$ 11. Die a-Stämme. Allgemeines. Dass die -Stämme

in der Urzeit nur Feminina gewesen sind, scheint mir festzu- stehen. Wo sich in den Einzelsprachen Maskulina finden, sind sie also in diesen entstanden. Derartige Mask. nun liegen in den asiatischen Sprachen kaum vor. Aus dem Ai. kenne ich nur einen sichern Fall, nämlich subrahmanya, Bezeichnung eines der drei Gehilfen des udgäatar. Dabei ist der Priester nach seiner Rolle genannt, denn subrahmanyä ist eigentlich der Name einer Einladung, welche dieser Priester zu sprechen hat (vgl. SF. 5,94). Für das Altpersische, wo man sie früher an- nahm, wird die Existenz solcher Wörter geleugnet von Bartho- lomae, Handbuch $ 182. Vorhanden sind sie im Griechischen (wo sie ein Nominativ-s erhalten haben), im Lateinischen, im Litauischen und Lettischen, Slavischen.'!) Da die Verhältnisse

1) Die Ansicht, dass die mask. &-Stämme durch innere Veränderung aus Fem. entstanden seien, ist zuerst nahe gelegt von Jacob Grimm in seinem Aufsatz von Vertretung männlicher durch weibliche Namensformen (kleine Schriften 3, 349), behauptet, wie ich aus Wolters unten anzu- führender Schrift S. 15 ersehe, von Aksakov, sodann als J. Schmidt’s

$ 11—12.] Kap. I. II. Genus. ä-Stämme mask. 103

bei den lituslavischen Sprachen besonders klar liegen, gehe ich von diesen aus. Dabei benutze ich für das Litauische und Lettische dıe bereits angeführte Arbeit von Leskien über die Bildung der Nomina im Litauischen, Leipzig 1891, für das Slavische Miklosich 4, 22 ff, Leskien Handbuch 2, 65, Wolter Razyskanija po voprosu ogrammaticeskomi rod®, Petersburg1882, vgl. auch Vondrak, Schimpfwörter im Böhmischen in Jagic’s Archiv 12, 57 ff. Ich ordne, so gut es geht, nach den einzel- nen Suffixen.

$ 12. Suffix @ im Baltisch-Slavischen. Im Lı- tauischen und Lettischen hat dieses Suffhix den weitesten Be- deutungsumfang, so dass Leskien darauf verzichtet, die Wörter in Bedeutungsgruppen zu theilen. Ich stelle voran einige Fälle, in welchen die Wörter mit @ nicht allein handelnde oder gar männliche Wesen, sondern auch noch Dinge und Zustände, Handlungen, Eigenschaften bezeichnen. Wörter der Art sind: lit. iyla Schweigen, Stille, Schweiger, (tilti verstummen) ; lit. gyrä Ruhm, Prahlhans, (girti rühmen); lett. snauda Schlummer, schläfriger Mensch, (lit. snuda Schläfer, vgl. sndudzu, snausti schlummern); lett.streba etwas zu Schlürfendes, Betrunkener, eig. Schlürfer (vgl. strebt, lit. srebiü, srebti); lett. jega Einsicht, Ver- stand, nejega Alberner, (lit. jegiı, jegti vermögen); lıt. uzmarsza Vergesslichkeit, Vergesslicher (mifszti vergessen); lit. iszaugu Auswuchs, uzauga Wachsthum, n’uzauga nicht Ausgewachsener, Zwerg (dugti wachsen) ; nüvoka Einsicht, nenüvoka Unverstand, Unverständiger; iszedos Ausfrass, Überbleibsel vom Fressen, lett. ifedas Wurmfrass, lit. peleda Mausfresser, Eule, zmogeda Men- schenfresser, lett. pus&da Mitte der Mahlzeit; lett.&Aawa Klammer; slepkawa Meuchelmörder (lit. Aduti schlagen). Sodann führe ich einige Wörter an, welche nur die Bedeutung eines han- delnden, männlich (oder jedenfalls nicht entschieden weiblich gedachten Wesens haben. Sie mögen zum theil auch die anderen

Meinung mitgetheilt von Osthoff, Verbum in der Nominalkomposition, 263. Den gleichen Gedanken habe ich SF. 4, 4ff. mit Beziehung auf das Grie- chische näher ausgeführt, ohne dass mir der Vorgang Aksakov’s und J. Schmidt’s bekannt war.

104 Kap. I. II. Genus. ä-Stämme mask. [$ 12.

Bedeutungen gehabt haben, zum theil aber sind sie gewiss nur mit der engeren Bedeutung nachgebildet worden. Denn das Suffix @ in diesem Sinne ist noch produktiv. Ich stelle die nicht zusammengesetzten Wörter voran. Lit. gvera Maulaffe, knsduka Miauer, knurriger Mensch, pirda Furzer (perdzu persti), pliopäa Plappermaul (pliöpts plätschern, schwatzen), ringa ein vor Frost krumm Sitzender, Fauler (regtis sich krümmen), reka Schreier (rekti), slanka Schleicher, träger Mensch (slenkı slifikts schleichen); lett. blinda Unstäter, bruka Zerlumpter (drukt abbröckeln, abfallen), di4a Schreihals (di4t summen, heu- len), driska Reissteufel, Zerreisser (lit. dreskiu, dreksti reissen), murfa Schmierfink, dämlicher Mensch, üura weinerlicher Mensch u. ähnl. Häufig sind Zusammensetzungen mit Präpositionen oder der Negation, z. B. lit. &imarka Blinzler (merkti die Augen zumachen), üzgasda Begehrlicher (geidzu, getsti begehren), pasauda Herumtreiber (saübti toben), pasmirda Stänker (smirdeti), nevala unreinlicher Mensch (zu valyts fortschaffen), nepena, auch ne- nüpena Unersättlicher (penk, peneti nähren), nenürima un- ruhiger Kopf (rimti ruhig werden). Nominalkomposita sind z. B. maitveda Taugenichts, peczlinda Zaunkönig, eig. Ofen- kriecher (lendu, !xsti kriechen).

Innerhalb des Slavischen habe ich im Altkirchensla- vischen ein einfaches hierher gehöriges Wort nicht gefunden, es müsste denn etwa das in allen slavischen Sprachen vor- handene sluga Diener sein, dessen Etymologie nicht feststeht. Ein zusammengesetztes ist vojJevoda otparnyös, orparnyntns, otpa- ronedapyos. In den übrigen Sprachen sind die Bildungen mit @ ebenso häufig, wie im Litauischen und Lettischen. Ich führe aus dem Material von Wolter beispielshalber die fol- genden Wörter an, wobei ich wieder diejenigen voranstelle, welche nicht bloss personelle Bedeutung haben. Dahin ge- hören serb. oyera Glaube, Mann von Treue und Glauben (zdrav Milosu vjero ineujero "heil dir du treuer und zugleich untreuer’ bei Wuk im Wb.); russ. drema Schläfrigkeit drema !)

1) Solche Verschiedenheit des Accents erscheint öfter, aber nicht regel- mässig, s. Wolter S. 50.

$ 12—14.] Kap. I. II. Genus. ä-Stämme mask. 105

schläfriger Mensch, nedregs« Saumsal, saumseliger Mensch (vgl. nebregu ich verabsäume); poln. przeluda Verführung, Ver- führer; cech. ockadbs Entmuthigung, Schlappschwanz, ohyzda Hässlichkeit, hässliche Person. Von Wörtern, die nur die per- sonelle Bedeutung haben, führe ıch an: russ. 5roda Herum- treiber (drodift herumlaufen), gomoza unruhiger Mensch (g0- moziti nicht still sitzen), /az@ und prolaza verschlagener Mensch (prolaziti durchkriechen), ofmyka Dieb (otmykati abnehmen), povesa Galgenstrick (vEssti hängen), progula Bummler (pro- guljafi spazieren gehen), striga Geschorener (sirigu, strici sche- ren), wAula einer der sich einzuhüllen liebt (ukulafi ein- hullen) u. s. w.

$ 13. Suffix ım Baltisch-Slavischen. Aus dem Litauischen und Lettischen gehören dahin Wörter wie: ht. mizia und mize cunnus, Bettpisser (mezu, miszti pissen, Kurschat im Wb. übersetzt das Wort durch “Pisserin’, vgl. lett. mifcha Pısser), skundz& Kläger (skündzu, skusti klagen), pludia Schwätzer (plidzu, plust: schwatzen), nevedza caelebs (vedu vestt heimführen), neZadia Stummer (Zadı zZadeti sagen). Die letti- schen Wörter sind aufgezählt bei Leskien S. 313. Beispiele and: dirscha Scheisser (dirst), glemfcha Träumer, Schwätzer (glemfchu glemft schwatzen), nejauscha Einfaltspinsel.

Aus dem Altkirchenslavischen sind als einfache Wörter vielleicht sqdiyi Richter und baliyi Arzt anzuführen!), als zusammengesetzte drevodelja Zimmermann, predüteca Vor- läufer, velimoZa Dynast, neveZda ayvworns. Bei dem letzten Worte ist das Zurückgehen auf ein nomen actionis besonders deutlich (vgl. poln. wiedza Kenntnis).

Aus den übrigen slavischen Sprachen führe ich an: serb. gocobija tympanista (biti schlagen), russ. sonja Schläfer.

$14. Suffix {a ım Baltisch-Slavischen. Im Iı- tauisch-lettischen Gebiet ist das Suffhix i@ sparsam vertreten. Man könnte etwa aus dem Lettischen anführen: plupata

1) Über die Nominative auf iji bei den jä-Stämmen s. Leskien, Hand- buch? $ 60,

106 Kap. I. II. Genus. ä-Stämme mask. [$ 14—15.

Schwätzer (p/upt sprudeln), siapata schludriger, schmutzig ein- hergehender Mensch, eigeta Bettler. Desto reichlicher ist es ım Slavischen vorhanden. Zwar als primäres Suffix ist es auch dort nicht eben häufig. Miklosich 2, 162 führt eine Anzahl solcher Bildungen an. Die meisten derselben sind mir nicht recht deutlich. Bei anderen ist mir zweifelhaft, ob sie nicht vielmehr erst nach dem Vorbilde von Wörtern mit dem sekun- dären 7a geformt sind. Einen weiten Umfang aber hat {a als Sekundärsuffix (vgl. Miklosich 2, 163 fj. Die damit gebilde- ten Wörter sind meist Abstrakta und Kollektiva, z. B. aksl. gnusota Schmutz, belota Weisse, dlügota Länge u.s.w. Der kollektive Sinn zeigt sich besonders deutlich im russischen Gebiet, z.B. russ. pechota Fussvolk, kleinr. prostota Versammlung gemeiner Leute, (zugleich Beiname eines Mannes), temnota unwissende Leute Zonota Weiber, Ainnota Reiterei. Als eine Art von Kollektivum kann man auch duchota Qualm betrach- ten. Durch das Suffix iz werden aber auch persönlich und männlich gedachte Wesen bezeichnet. So kommt ım Altkirchen- slavischen zwar junota Jugend noch als Kollektivum vor (we- nigstens führt Miklosich im Lex. jJunotu vsju Boas navras an), aber gewöhnlich heisst es Jüngling, und ist m. Starosta rpeo- Börtepos ist nur m., dagegen sirota öpyavos f. wie unser Waise. So ım Serbischen svojta Verwandter, Mannesnamen wie vukota, das doch wohl zu vuk Wolf gehört (vgl. oben kleinr. prostot«) und einige Namen für Ochsen, so: vränota ein schwarzer Ochse (eig. Schwärze) lyepota (neben lyepöta die Schönheit). Beson- ders lehrreich sind eine Anzahl weissrussischer und Cechischer Wörter, z. B. weissr. lichota Unglück, aber kleinr. Zichöta armer Mensch, weissr. chlopota Sorge und unruhiger Mensch; tech. hluchota f. Taubheit, m. ein Tauber, mladota f. Jugend, m. Jüngling, smichota f. Gelächter, m. Lachpeter, misota f. Naschwerk, m. Näscher, Aolota f. Pöbel, Gesindel, m. armer Teufel.

$ 15. Die übrigen Suffixe im Baltisch-Slavischen. Die übrigen Suffixe ausser z, 5a, t@ gehen uns hier weniger an. Ich führe beispielshalber noch an: mit lit. 2mogZuda Mörder,

$ 15—16.] Kap. I. II. Genus. ä-Stämme mask. 107

lett. ramda unruhiger Mensch, aksl. svoboda, nicht bloss &Aeu- depta, sondern auch &Aeüdepo; (vgl. russ. svoböda Freiheit, svoboda sloboda Freidorf), poln. bayda Fabelhans (Miklosich 2, 206). Mit na: lit. pliaung Schwätzer, dazu mit nya: lett. rakxa Wühler (rakt graben), russ. brednja, bridn)a Geschwätz, Schwätzer, drju- chonja gefrässiger Mensch (vgl.drucho Bauch), starına f. Alterthum, geackertes Feld, grosse Stadt, m. ein alter Mann. Mit /ä: it. vepla Maulaffe, szypla Zähnefletscher, Spötter, dazu mit ja lett. rila Fresser (rit, lit. rytı), weisser. dursla, gleich durakü Dumm- kopf u. ähnl. Mit va: lit. perewa Landstreicher (etti gehen). Mit A&: häufig im Slavischen, z. B. altsl. v/adyka Herrscher, bızıka und qzika Verwandter, mit welchen solche wie russ. napoyka das Trinken, der Säufer, tech. berka Räuber zu ver- gleichen sind. Gewöhnlich enthalten die mit dem A-Suffix ge- bildeten noch eine 7-Ableitung, z. B. aksl. piyantca Trunkenbold, secica Henker, ubijica Mörder, edica Fresser, junosa Jüngling, korabicijs Schiffer, Arümiäiji Steuermann, künjigüciji Schrift- gelehrter, samüciji Prüfekt, sokaciji Koch, $arüctji Maler.

$ 16. Das Geschlecht der in $ 12—15 behandelten Wörter. Was nun das Geschlecht dieser Wörter betrifft, über das hier noch ein zusammenfassendes Wort zu sagen ist, so unterscheiden sie sich im Litauischen und Lettischen äusser- lich in nichts von den sonstigen Femininis. Leskien führt sie deshalb unter den Femininis auf und bemerkt nur gelegentlich (so bei lit. ZmogZuda Mörder, lett. elgeta Bettler), dass sie Mas- kulina seien. Ihrer Bedeutung nach lassen sich viele der hier genannten Wörter zu Personen männlichen oder weiblichen Ge- schlechts als Amts- oder Schimpfwörter in Beziehung setzen, und können deshalb als communia bezeichnet werden. Die grösste Mehrzahl derselben tritt zu männlichen Personen in Beziehung und wird deshalb maskulinisch genannt. Dass man sie als solche empfindet, zeigt sich denn auch an den zu ihnen tretenden Adjektiven. So sagt man z. B. nach Kurschat: 2a? töks gyrüa das ist solch ein Prahlhans (neben tal tokta gyra das ist solch eine Prahlerei). Im Altkirchenslavischen, Serbischen, Russischen steht es im wesentlichen ebenso. Im

108 Kap. I. I. Genus. ä-Stämme mask. [$ 16—17.

Altkirchenslavischen im besondern findet sich noch oft das Ad- jektivum femininisch (wofür Miklosich eine Reihe von Belegen beibringt), ja bei demselben Wort findet es sich bald maskulinisch, bald femininisch, z. B. siugy mojye als f. Joh. 18, 36, aber vası sluga als m. Matth. 20, 26. Eine statistische Untersuchung, welche namentlich auch auf das Verhältnis des Geschlechts zu den Numeri Rücksicht zu nehmen hätte, fehlt noch. Über das Serbische bemerkt Wuk, Gr. 31: “Männliche Substantiva dieser Dekl. sind nur im Sing. männlich, im Plur. werden sie weiblich, z. B. moy sluga (mein Diener) moje sluge, nase vladıke (unsere Bischöfe), srpske voyvode (Serbische Wojwoden), u. s. w. Dass die Lieder selbst den Sing. weiblich nehmen, ist oben be- merkt.’ |

In den genannten slavischen Sprachen zeigt sich, wie man sieht, das Maskulinum nur in den Kongruenz-Erscheinungen. An dem Substantivum selbst erscheint es ım Neuslovenischen. Dort würde ein Wort wie vojyvoda als f. zu flektieren sein: N. vojvoda, G. vojvode, D. voyvodi u. s. w.; thatsächlich aber lehnt es sich ausser im Nom. sing. an die Flexion der o-Stämme an, sodass die Formen G. voyvoda, D. vojvodu u. 8. w. entstehen (Miklosich III?, 133).

$ 17. Griechisch -lateinische @-Stämme. Allge- meines. Ich erörtere nun auf dem hiermit dargestellten lıtu- slavischen Hintergrunde die parallelen Erscheinungen des Latei- nischen und Griechischen.

Aus dem Lateinischen gehören Wörter wie scrida, verna, scurra, gumia, rabula, auriga, parricida, indigena, perfuga, advena, conviva, collega hierher, im Griechischen die zahlreichen auf ns, wie roÄttns und vereinzelte von anderer Bildung. Hinsichtlich des Geschlechts derselben ist im allgemeinen zu bemerken, dass sie im Lateinischen gelegentlich auch femininisch er- scheinen. So ist gumia Leckermaul vielleicht m. und f. (es ist an einer der beiden beweisenden Stellen bei Lucilius m., an der andern als f. überliefert, doch wird von L. Müller das ın. hergestellt. Georges bezeichnet gumia als f.); conviva ist

$17—18.] Kap. I. IL Genus. ä-Stämme mask. 109

bei Pomponius f. (wobei man nicht weiss, ob von männlichen oder weiblichen Gästen die Rede ist); inschriftlich wird eine gewisse Philenia als popa bezeichnet, wozu Georges vermuthet, es möge etwa “Verkäuferin von Opferthieren’ besagen. Eine Haussklavin wird verna carissima genannt. (Die Belege s. bei Georges unter den betreffenden Wörtern). Ich denke, dass man in der Möglichkeit, diese Wörter auf «@ auch zu Femi- ninıs in Beziehung zu setzen, etwas Alterthümliches sehen muss. Im Griechischen war gewiss einmal die Flexion völlig dieselbe wie dıe der Feminina. Einen Nominativ auf a findet man zwar jetzt nicht mehr im Griechischen selbst, da man die Formen wie prriera für ursprüngliche Vokative hält (vgl. dar- über neuestens J. Schmidt, Pluralb. 401 ff.), aber es ist doch auf sie zu schliessen aus den in’s Lateinische übergegangenen griechischen Wörtern wie nauta, poeta u. s. w., welche eben- falls für Vokative zu halten, mir unnatürlich scheint. Dies mag nun sein, wie es will, jedenfalls sind unsere Wörter ım Griechischen früh auch äusserlich als Maskulina gekennzeichnet worden und daraus folgte, dass sie nicht mehr wie lat. verna behandelt werden konnten.

Es folgen nun einige Bemerkungen über die einzelnen Klassen.

$ 18. Suffix @ im Griechischen und Lateinischen.

Die treffendsten Parallelen bietet das Lateinische. Sriba verhält sich zu scribere ebenso wie z.B. lit. pliopa Plapper- maul zu plsöpti plätschern, schwatzen, pirdä Furzer zu persti furzen, reöka Schreier zu rekti schreien, russ. broda Herum- treiber zu droditi herumlaufen u. s. w. Wie popa Opferdiener, scurra Pflastertreter, Zierbengel, Schranze, liza Marketender gebildet sind, wissen wir nicht. Ihrem begrifflichen Habitus nach gehören sie aber in dieselbe Reihe. Sodann sind vergleichbar die mit Präpositionen zusammengesetzen, welche also zu zu- sammengesetzten Verben in einem wenigstens ıdeellen Ver- hältnıs stehen. So lassen sich perfuga, transfuga, advena mit Wörtern wie russ. progula Bummler, aksl. predüteca Vorläufer vergleichen, Aomicida mit lit. Zzmogedä Menschenfresser u. s. w.

110 Kap. I. DO. Genus. 4-Stämme mask. [$ 18.

Aus dem Griechischen wüsste ich. nur etwa beizubringen ddrs Schreier (wenn es sicher beglaubigt ist) neben Bon Geschrei, xöpons einer der sich die Haare abschneidet, ein Geschorener, vgl. russ. striga Geschorener (neben strici scheren) und aftörs Unsichtbarer eig. Unsichtbarkeit (vgl. die Bildungen mit ne im Litauischen, z. B. nenürtma unruhiger Kopf, neben rimtt ruhig werden).

Zur Erklärung lässt sich etwa Folgendes ausführen. Die in Frage stehenden Wörter bezeichnen Personen nach ihrer Thätigkeit. Sind sie doch zum bei weitem grössten Theile Amtsnamen oder Scheltwörter. Manche von ihnen aber, wie S.103 gezeigt worden ist, benennen nicht bloss nach der Thätig- keit, sondern auch die Thätigkeit selbst und so lag es denn nahe zu vermuten, dass dieser letztere Sinn das ursprüngliche sei. Demnach hätte z. B. voyevoda ursprünglich ‘Kriegsleitung’, lat. auriga "Zügelführung’, slav. sluga Bedienung’ bezeichnet u.8. w. Mit dieser Annahme würde denn auch der Umstand stimmen, dass die entsprechenden Bildungen in andern Spra- chen Handlungsnamen sind, z.B. ai. Arida Spiel, daya Mit- leid, zinda Vorwurf u.s.w. Ich glaube, dass diese Ansicht das Richtige trift. Nur sollte man bedenken, dass in der alten Zeit die Bedeutungskategorien nicht so streng gesondert waren, wie bei uns. Ursprünglich werden Wörter mit dem Suffix @, deren Beziehung zu einem Verbum noch gefühlt wurde, sowohl den Vorgang, als den allgemein vorgestellten Träger der Handlung bezeichnet haben. In der einen Sprache (in unserem Fall ım Sanskrit) kam der Sinn der Handlung zu ausschliesslicher Geltung, in anderen blieben zwar noch Wör- ter der Art (z. B. guyn fuga), aber es entwickelte sich daneben der Typus der Träger von Handlungen auf ö. Da nun diese Träger vielfältig männliche Wesen sind, so bekommen diese Wörter zunächst überwiegend, dann ausschliesslich männ- liches Geschlecht, welches dann gelegentlich, so im Neu- slovenischen, im Griechischen (welches ihnen das Nominatıv -s und den Genitiv auf ou ertheilt hat) auch äusserlich zur Geltung kam.

g 18—20.] Kap. I. U. Genus. &4-Stämme mask. 111

Somit hätte man anzunehmen, dass der Übergang von Fe- mininis auf @ zu Maskulinis sich im Lituslavischen einerseits und im Griechischen und Lateinischen andererseits zwar aus einem gemeinschaftlichen Kern, aber unabhängig als Parallel- erscheinung entwickelt hat.

$19. Suffix «sim Griechischen und Lateinischen. Die Bildungen mit dem Suffix :# sind so selten, dass man von einem Typus nicht reden kann. Aus dem Lateinischen ge- hören etwa gumia Leckermaul und praecia Ausrufer hierher, aus dem Griechischen rapias und als Sekundärbildung veavlazs. Ich habe SF. 4, 11 bemerkt, dass veavias mit aksl. jJunota (s. oben $S. 106) zu vergleichen sei, also wohl ein f. veavla “die junge Brut’ zur Vorstufe habe. Nach J. Schmidt, Pluralb. 19, Anm. ist veavia- das “Abstraktum’ zu vedv. Man könnte auch sagen das Kollektivum, denn veavia verhält sich zu veav ebenso wie öynAıxir, “die Gesammtheit der öpnAıxes’ zu seinem Grundwort. Danach ist veavtas eigentlich ein Kollektivum und hinsichtlich seiner Bedeutungsentwickelung mit den Wörtern auf rs zu vergleichen. Wegen ayysllns vgl. $ 178.

$ 20. Suffix (aim Griechischen und Lateinischen. Diese Bildungen finden sich sicher im Griechischen. (Wegen etwaiger Parallelen im Lateinischen s. Brugmann 2, 368 Anm.) Ich habe über dieselben SF. 4, 7 ff. gehandelt und dort ge- meint, dass in Wörtern wie yev&rns, xpırns, ÖExtıns u. a. eigent- lich Stämme auf mp steckten. Brugmann dagegen (2, 216) ist der Ansicht, dass auch diese fö-Stämme seien. Ich lasse das dahingestellt. Jedenfalls gehören hierher Wörter wie die folgenden, die ich in der homerischen Gestalt aufführe: ferns Verwandter, roA{tns und roAınms Stadtbewohner, aypsrns Land- bewohner, vaurns Schiffer, dazu eine Anzahl von Bezeichnun- gen für Krieger, z. B. atypuntns, Xopuorns, Bupnxrns, Toköns. Be- merkenswerth ist, dass diese Wörter vielfach attributiv gebraucht werden, z. B. innöra Neotwp, yEpwv atyprta Auxawv u. ähnl. Die Ähnlichkeit mit dem oben $. 106 angeführten slävischen Bildungen springt in die Augen. Mit ferns vergleicht sich am nächsten das serb. scojta, und ınura x7pu&, das wir unedel

112 Kap. 1. I. Genus. zö-Stämme. [$ 20—22.

durch “Herold Schreihals’ übersetzen könnten, mit Wörtern wie tech. smichota f. Gelächter, m. Lachpeter. Dem Einzeinamen irnötns liegt offenbar ein femininisches Kollektivum inncra Reiterei zu Grunde, womit sich kleinr. kınnota Reiterei ver- gleichen lässt. Nach inzörns, sobald dieses die Bedeutung ‘Wagenkämpfer’ angenommen hatte, sind dann alypıitts, dopr,x- rs u. 8. w. gebildet worden. Überhaupt bekam im Griechi- schen die Beziehung auf ein männliches Einzelwesen derart das Übergewicht, dass ein Wort wie äypdıns den Sinn “Land- bewohner’ erhalten konnte, der sich aus dem vorauszusetzen- den aypdra “die Aecker, die Landschaft’ allein nicht hätte ent- wickeln können. Übrigens bleibt im Griechischen noch manche Einzelheit aufzuklären. So viel aber dürfte hinsichtlich der Entstehung dieser Maskulina feststehen: Sie gehen zurück auf Feminina, die in der Urzeit Kollektiva und Abstrakta bezeich- neten, wie die aus den slavischen Sprachen angeführten Wör- ter und ai. jandta Gemeinde, bandhuta Verwandtschaft, Zu- sammenhang, Beziehung, rirdia Mannhaftigkeit, nagndta Nackt- heit u.s. w. Ob ein solches Wort schon in der Urzeit auch Einzelwesen bezeichnen konnte, wie etwa ai. devatä, das neben “Göttlichkeit’ auch “Gott” bedeutet, lässt sich nicht ausmachen. Das aber ist sicher, dass das maskulinische Geschlecht abge- sondert in den Einzelsprachen entstanden ist.

$ 21. Andere Suffixe im Griechischen und Latei- nischen. Andere Suffixe ausser 4, za, ta dürften im Grie- chischen und Lateinischen nicht viel vertreten sein. Doch lässt sich mit lit. pliaund Schwätzer, aksl. starına alter Mann etwa lat. verna Haussklave, mit lit. vepla Maulaffe, weissr. durila Dummkopf etwa lat. cacula Offiziersaufwärter und radula Zungendrescher vergleichen, falls in diesen nicht ein lateini- sches Deminutivum vorliegt.

$ 22. Die;s-Stämme. Das Suffix ze (Brugmann 2, 213 ff.\, bildete nur Feminina. Allein im Altindischen scheinen einige Wörter auf ? maskulinisiert zu sein. Ich habe darüber SF. 5, 94 Folgendes bemerkt: “J. Schmidt (KZ.26, 402) rechnet dahin die Namen Nämi, Pfthi, Matali, Söbhari, welche im RV. vorliegen,

$ 22—23.) Kap. I. I. Die o-Stämme im Griechischen. 113

dazu auch rästri, welches vielleicht Herrscher, sir!, welches vielleicht Weber bedeutet (beide nür einmal belegt. Einen Schritt weiter ist schon rathi Wagenlenker (vgl. auriga) ge- gangen, welches im Nom. s angenommen hat”.

$ 23. Die o-Stämme im Griechischen. Dass alle Wör- ter, welche im Nom. sing. auf os ausgehen, in der Ursprache Maskulina waren, dürfen wir aus der Übereinstimmung der indogermanischen Sprachen mit Ausnahme des Griechischen und Lateinischen schliessen. Wir müssen also versuchen zu begreifen, wie in diesen beiden Sprachen die Feminina auf os entstanden sind.

Ich handle zuerst vom Griechischen, wobei ich mich vielfach auf die Schrift von Lange de substantivis femininis Graecis sec. decl. Leipzig 1885 berufen kann. Über einige hierher gehörige Wörter {vjoos, rreıpos und Baumnamen des Griechischen und Lateinischen) ist bereits oben S. 96 und S. 91 gehandelt worden. Die übrige Masse lässt sich füglich in solche Wörter eintheilen, bei denen das natürliche Geschlecht eine Rolle spielt, und solche, bei denen das nicht der Fall ist.

1. Kommunia, bei denen das natürliche Geschlecht eine Rolle spielt. Es gehören dahin

a) &vdpwnos, Beos und eine Reihe von Amtsbezeichnungen, welche zunächst Männern zukommen, aber doch auch Weibern beigelegt werden können, wie Ayyelos, AoLöos, Apyos, SLöaoxakos, latpos, rounös, Tpopds, rupavvos (Lange 8.27 ff.). Auch wir können ja sagen, eine Frau sei ein Tyrann, ein Bote u. s. w. Daneben sagen wir freilich auch Tyrannın, Botin u. s. w., und so haben wir denn auch im Griechischen neben 7, deös: n Bed, und im Sanskrit heisst die Botin nicht daid, sondern dütt. Es lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die strenge Wahrung der Konkordanz, wie wir sie im Sanskrit finden, oder die lässlichere Ausdrucksweise der Ursprache zukam, oder ob etwa beide Aus- drucksweisen möglich waren. Als wahrscheinlich möchte. ich betrachten, dass bereits in der Ursprache ein Wort wie “Bote’ in Apposition und im Prädikat auch auf ein weibliches Wesen

bezogen und auch wohl in einem folgenden Satze durch das Delbrück, Vergi. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 8

114 Kap. I. II. Die o-Stämme im Griechischen. [8 23.

Femininum eines anaphorischen Pronomens aufgenommen wer- den konnte. Aus diesen Anfängen konnte sich dann leicht der griechische Zustand entwickeln, wonach die genannten Wörter auch Feminina sind.

b) eine Anzahl von Thiernamen, ApxTos, Elaoos, Inros, Ovos u.s. w. (Lange S. 32 ff... Nach Ausweis der verwandten Spra- chen muss man annehmen, dass ein Wort wie irnxo; ursprüng- lich als Mask. das Pferd und ım besonderen den Hengst be- deutete, % irro; aber die Stute. Und wenn nun 7%, Irzo; auch die Pferdeheerde, die Reiterei bedeutet, so erklärt sich das Geschlecht daraus, dass die Heerden ganz überwiegend aus weiblichen Thieren bestehen, der Singular aber aus kollek- tivem Gebrauch). Und so kommt es vielleicht, dass auch bei Thieren, die nicht heerdenweise auftreten, das Femininum zur Bezeichnung des Thieres an sich dient, wie z. B. 7, äpxto; der Bär. In einer Reihe von ıdg. Sprachen findet sich eine be- sondere Femininalbildung, analog derjenigen der Adjektiva auf o, z.B. ai. d$Svas und ddvä, lat. equus und egua, lit. aszcä (wo- neben das zugehörige m. verloren ist), ai. 7A$a Bär und rA$i Bärin. Vielleicht waren einige dieser Bildungen aus der Ur- sprache auch in das Griechische überliefert (denn es ist zwar nicht nothwendig, aber doch natürlich, die IrtnpoAyot als Stuten- melker aufzufassen) und sind dann abgestossen. Im Latei- nischen breitete sich die &-Bildung allmählich aus. Im alten Latein sagte man nicht /upa, sondern /upus femina, nicht agna, sondern agnus femina (Wölfflin, Archiv 7, 280).

2. Die Wörter, bei welchen das natürliche Geschlecht keine Rolle spielt.

Ich führe sie, der gewöhnlichen Anordnung folgend, so gut es geht, in Gruppen vor, welche durch die Bedeutung zu- sammengehalten sind.

Unter den Wörtern, welche ‘Weg’ bedeuten, ist 086; (woran sich apafıros u. ähnl. als Adj. anschliessen, vgl. Lange S. 60),

1} Auch die indischen Grammatiker bezeugen, dass gävas die Heerde f. sei, vgl. at Boes.

$ 23.) Kap. I. II. Die o-Stämme im Griechischen. 115

a

und x&Aeußos immer f. Über oluos, welches bei Hesiod, Pindar, Plato als m., bei Aeschylus, Euripides als f. belegt ist (Lange $. 17), habe ich SF. 4, 12 bemerkt, dass es offenbar durch die Einwirkung von 680; auf die Bahn des Femininums geführt worden sei, und dann hinzugefügt, dass oöd; seinerseits eben- falls einem femininischen Vorbilde gefolgt sein müsse, welches uns verloren sei. Sollte dieses Vorbild vielleicht ayuıa ge- wesen sein? Aus den Wörtern, welche ‘Stein’ bedeuten (Lange S. 65), nenne ich 0 und 7 Aidog von Homer an, n Yiigos, 1 rAtvdos, N bapados. Es liegt nahe, zu vermuthen, dass die Wörter für ‘Stein’ f. gewesen seien, wenn sie die Steinmasse, den Felsen (rn, r&rpa), m. wenn sie den einzelnen Stein (0 rerpo;) bezeichnet haben. Freilich lässt sich bei Atdos nichts mehr von einer solchen Unterscheidung beobachten. Unter den Wörtern, welche ‘Gefässe’ bedeuten, sind einige Feminina, so dsdgıvdos Badewanne, Ayxudos Ölkrug, rp6yoos Giesskanne, andere wie {szpos Topf und rtdos Fass sind Maskulina. Einen Grund weiss ich nicht ausfindig zu machen. An die Wörter, welche ‘Topf’ bedeuten, mögen sich die für “Kasten, Behälter’ ange- schlossen haben, daher n ynAos die Lade, 7 oopo; der Sarg. Fern liegt schon 80X05 Rundbau, das gewöhnlich herangezogen wird, und vollends, was xdreros und tappos Graben hier zu suchen haben, sehe ich nicht. Ich weiss freilich ıhr Geschlecht ebenfalls nicht zu erklären.

Von Wörtern, die sich nicht wohl in Gruppen unter- bringen lassen, erwähne ich noch: yvados Kinnbacke (etwa nach yevus?), 60x05 Tragbalken (nach yneooöun?), öpoco; bei Pin- dar (jedenfalls nach Zpon), Aınos Heisshunger (nach reiva?). Wenn xörpo;s Mist f. ist (das m. ist erst spät), so hat das f. dabei vielleicht kollektiven Sınn (vgl. die Wörter für ‘Stein’). In vooos Krankheit erblickte man vielleicht ursprünglich ein Wesen ähnlich wie ’Epwvös. Bei pnpıvöos Faden hat man viel- leicht auf ein f. *unpıvs zurückzugehen (vgl. neipıv;). Bei an- dern Wörtern, wie z. B. wos Haut, wage ich auch nicht einmal eine Vermuthung.

Endlich noch ein Wort über voos Schwiegertochter. Pott

8*+

116 Kap.I. I. Die o-Stämme im Latein. Allgemeines. [$ 23—25.

hat vermuthet, es sei aus vuös (lat. nurus) entstanden, was um so wahrscheinlicher ist, wenn man bedenkt, dass ulos ebenso aus vid; hervorgegangen ist und dass der Sohn und die Schnur zusammengehören. Die griech.-lat. Form leitet auf ein idg. *snusu, das seinerseits wieder aus *snus@ durch Einwirkung des Wortes für Schwiegermutter (ai. $oaör@ u. s. w.) entstanden zu sein scheint (vgl. Verf., Verwandtschaftsnamen 8. 156).

$ 24. Die o-Stämme im Lateinischen. Aus dem La- teinischen kommen, wenn man, wie billig, von Fremdwörtern absieht, nur alous, colus, vannus, domus, humus ın betracht. Warum alous Bauch, welches in alter Zeit auch m. war, zum f. geworden ist, weiss ich nicht zu sagen. Colus (auch m.), vannus, domus haben das Gemeinsame, dass sie in die «-Dekl. schwanken (von vannus wird wenigstens der Abl. vanıu über- liefert). Bei domus ıst der u-Stamm proethnisch. Man wird danach wohl anzunehmen haben, dass dıe betreffenden u-Stämme m. und f. waren und dadurch das f. auch in die o-Stämme kam. Auch zu Aumus (f., aber auch als m. angeführt) wird ein Abl. Aumu überliefert. Da aber in den anderen Sprachen das Wort keine «-Form zeigt, so trage ich Bedenken, dieses humu für alterthümlich zu halten. Ich glaube vielmehr, dass das Paradigma von dem Lok. humi ausgegangen ist, welcher eigentlich zu dem konsonantischen Stamm gehörte (Brugmann 2, 452), aber als zu einem o-Stamm gehörig aufgefasst wurde. Fimus Mist kommt einmal wıe xönpos als f. vor. Man kann darüber um so weniger etwas aussagen, als neben mus auch noch das n. Amum steht.

625. Allgemeines über die übrigen Stämme. Indem wir die @-, <£- und o-Stämme verlassen, treten wir in ein anderes Gebiet. Während wir für sicher halten, dass die @- und z2-Stämme Feminina, die o-Stämme Maskulina oder Neutra waren, lässt sich aus der Deklination der übrigen Stämme schliessen, dass sie ursprünglich nur den Unterschied zwischen geschlechtig und ungeschlechtig kannten. Denn, wo sich in unseren Sprachen auf diesem Gebiete Unterschiede der Flexion zwischen Maskulinis und Femininis zeigen, scheinen sie sich

4

$ 25—26.] Kap. I. II. Die ıi-Stämme. 117

erst in den Einzelsprachen entwickelt zu haben. Man möchte also glauben, dass die auf : u. s. w. ausgehenden Stämme die Unterscheidung zwischen m. und f. erst von der ersten Gruppe nachahmend übernommen haben. Die häufige Doppelgeschlech- tigkeit dürfte sich daraus erklären, dass ın der Urzeit der Prozess der Nachahmung noch nicht derart abgeschlossen war, dass für jedes Wort ein festes Geschlecht bestimmt gewesen wäre. Wie man sieht, ist es bei der Beurtheilung dieser Stämme besonders schwer, einen festen geschichtlichen Grund zu gewinnen. Ich habe mich deshalb, da ich mich auf unsichere Vermuthungen nicht einlassen mag, im Folgenden öfter damit begnügt, über die Meinungen anderer Gelehrter zu berichten.

$26. Die :-Stämme. Auf den eben erörterten Grund mag es zurückgehen, wenn wir die +-Stämme nicht selten zwischen m. und f. schwanken sehen. Solche Wörter (bei denen ich natürlich von Wörtern wie oris absehe) sind im Altindischen: a$an: Donnerkeil f., im Epos auch m., gäbhasti Gabel (nach Böhtlingk-Roth), märict Lichtatom (m. nur in Taitt. Ar.), mu$fi Faust (BR), yöni Schoss, varkri Rippe (BR), $rönd Hinterbacke (lat. clunis m. f., av. sraoni f.)'). Dazu aus unaccentuierten Texten nach BR: tithi ein lunarer Tag, Sälmali Wollbaum. Aus dem Lateinischen (vgl. Neue 1, 671 ff): amnis, axis Diele, callıs, canalıs, clunis, corbis, erıms, finis, funis, messis, penis, senlis, scrobis, lorquis, vepris. Unter diesen Umständen ist es selten möglich, mit Sicherheit zu sagen, dass bei einem :--Stamm ein Geschlechtswechsel inner- halb einer Einzelsprache eingetreten sei. Ein solcher Fall dürfte ın dem lit. ugnis Feuer vorliegen. Aus ai. agni, lat. tgnis, aksl. ogni (dem einzigen Worte auf nt, welches m. ist), folgt, dass das Wort in der Ursprache m. war. Im Lit. scheint es ın das f. übergegangen zu sein, da alle Wörter auf ni in dieser Sprache f. sind (Brugmann 2, 270).

Eine besondere Bewandtnis hat es mit dem Suffix %, von

1) svadhıti m. f. bei Grassmann ist unsicher. Andere sehen darin zwei verschiedene Wörter, deren eines m., das andere f. ist.

B '- -_—

118 - Kap. I. II. Die u-Stämme. [$ 26—27.

welchem Brugmann annimmt, dass es in der Urzeit femini- nische Nomina actionis bildete (2, 276). Die maskulinischen Nomina agentis auf ft, welche, wenn auch nicht in grosser Zahl, vorhanden sind, sollen sich aus diesen Nomina actionis entwickelt haben, eine Annahme, die allerdings für Wörter wie ai. pdii, gr. ndoıs u. 8. w. (eigentlich ‘Herrschaft’, dann “Herr’), ai. jRäti (eig. “Verwandtschaft”, dann “Verwandter”, gut passt.

Im Sonderleben des Germanischen und Litauischen sind dann die aus der Urzeit überlieferten Feminina gelegentlich (und zwar nicht ganz selten) wieder zu Maskulinis geworden, worauf ich hier nicht eingehen kann (vgl. Brugmann a. a. O.).

"In bezug auf die neutralen :-Stämme bemerke ich, dass ım Lateinischen neben rete Netz auch retis f. vorhanden ist und neben Zac n. ein femininischer Plural Zactes und neben panis m. auch pane. Über die Gründe dieser Mehr- geschlechtigkeit weiss ich nichts zu sagen. Über das Schicksal der Neutra auf «im Litauischen ist S.101 gesprochen worden.

Über das Germanische bemerkt Michels 8. 23: Als neu- traler i-Stamm ist bis Jetzt nur mari nachgewiesen (Sievers Beitr. V, 107), das im Angels. und Altnordischen als m., altsächsiech als f. erscheint, offenbar beeinflusst durch *sayui-, dessen ur- sprüngliches Geschlecht unsicher ist. Das Ahd. bewahrt das n. Gotisch femininer ?!n-Stamm: maret.

$ 27. Die „-Stämme. Mit den v-Stämmen verhält es sich wie mit den :-Stämmen. Als Belege für das Schwanken zwischen m. und f. im Altindischen und Lateinischen führe ich an: ai. :$u Pfeil (beides im RV.), Aarkandhu Judendorn (nach BR), $aru Geschoss (beides im Vedaj, sindhu Fluss (s. oben $. 94); lat. acus, arcus, metus, penus, specus (Neue 2, 679). Über den Geschlechtswechsel in den Einzelsprachen ist schwer etwas Sicheres zu sagen. Brugmann meint (2, 304), die mit tu gebildeten Abstrakta seien in der Urzeit m. gewesen und seien im Griech. durchgehends, im Arischen und Germanischen zuweilen f. geworden durch Anlehnung an das Genus anderer Abstrakta. Insbesondere im Westgermanischen seien die iu-

$ 27 28.) Kap. I. U. Die Stämme mit r-Suffixen. 119

Stämme als solche unkenntlich geworden und hätten sich mit den femininischen {i-Stämmen vermischt, daher denn die Dop- pelgeschlechtigkeit von Wöıtern wie ahd. Zuft, ags. !yft (310). Indessen ich sehe nicht ein, warum die ?u-Stämme nicht ebenso wie die übrigen v-Stämme in der Ursprache m. und f. gewesen sein sollen. Ich kann deshalb auch über den berührten ger- manischen Geschlechtswandel nur so zaghaft urtheilen, wie es von Michels S. 23 geschehen ist.

Hinsichtlich der Neutra ist zu bemerken, dass sich bis- weilen an demselben Worte neutrale und maskuline Formen finden, so neben ai. däru Holzscheit einmal im RV. darum, und ebenso von sanu Bergrücken sanum, im Lateinischen neben specus m., f. auch specu, vereinzelt artua zu arius m. (Brugmann 2, 309 meint, es sei nach membra gebildet). Für die Urzeit lässt sich das Vorhandensein von pekis m. und peku n. ‘Vieh’ vermuthen (2, 295). Vielleicht hatte das n. kollektive Bedeutung.!) Dass die neutralen «-Stämme im Litauischen zu m. geworden sind, ist oben bemerkt worden. Über die Maskulinisierung im Deutschen s. Michels 8. 21.

628. Die Stämme mit r-Suffixen. Die erste Gruppe bilden die bekannten Neutra auf r, welche sich mit Kasus von n-Stämmen zu einem Paradigma verbinden, wie ai. Gdhar üdhnas Euter u. s. w., ferner die ähnlichen Wörter, die hinter dem r noch einen Konsonanten haben, z. B. ai. yakyt yaknds Leber, gr. Arap, lat. jecur; ai. dsg) asnds Blut, gr. Zap, lat. assir (vgl. über dieselben J. Schmidt, Pluralb. 172). Diese Wörter sind überall Neutra, ausser im Germanischen und Li- tauschen.

Über die germanischen Wörter handelt J. Schmidt, Plu- ralb. von S. 198 an. Es gehören dahin altn. @dr f. Ader, welches nach Schmidt mit top identisch ist und auf ein vorgermani- sches &ier zurückgeht. Indem das r als Nominativzeichen auf- gefasst wurde, sei das Wort in die femininische :-Deklination

1) Wie sich das Femininum bei pecus pecudis erklärt (nur einmal ist das Maskulinum bei Ennius belegt), steht dahin, vgl. J. Schmidt Pluralb. 53, wo kühne Vermuthungen vorgetragen werden, und Brugmann 2, 382.

120 Kap. 1. II. Die Stämme mit s-Suffixen. [$ 28—29.

gerathen. (In den andern germ. Dialekten liegen Weiterbil- dungen aus dem r-Stamme vor). Sodann das Wort für “Leber’ ai. yakrt, av. yakare, gr. nrap, lat. Jecur, arm. leard, preuss. lagno. Als Grundform setzt Schmidt *Yekrt an. Dieser ent- spreche das auf älteres *Zefer zurückgehende altn. Afr, ags. lifer. Für ein ursprüngliches Neutrum auf or endlich hält Schmidt altn. ahd. sumar, ags. sumor, welches nur im Altnordischen sein altes Geschlecht bewahrt, in den übrigen Dialekten dagegen durch den Einfluss seines Komplementes “Winter” das männ- liche erhalten habe. (S. 207.)

Hinsichtlich des Litauischen bemerkt derselbe Gelehrte $. 177: Im Litauischen ist nur ein hierhergehöriges Wort er- halten: Aek&, Gen. kekes f. Traube —= lat. cicer, wie lett. ke- kars Traube erweist (vgl. Fick I?, 515). Der Gen. *kekers ciceris reimte auf duktefs und erhielt bei Erlöschen des neutralen Geschlechts von diesem den Nom. und das weib- liche Geschlecht. Im Lettischen aber ward das Neutrum, wie meist, zum Maskulinum.

$ 29. Die Stämme mit s-Suffixen. Sicher ıst, dass es in der Urzeit Neutra auf os gab, welche sich in die meisten Einzelsprachen fortsetzten, so ai. $rävas, griech. xA&fos Ruhm, aksl. s!ovo Wort, griech. ot&yos, t&yos Dach, altır. teckh Haus u. 8. w. (Brugmann ?, 388). Ferner ist sicher, dass ein Fem. mit der Bedeutung “Morgenröthe’ vorhanden war: ai. ugds, Nom. ufäs, gr. Yws (8. 396). Es mag sein, dass auch dieses Wort ursprünglich n. war (das Morgenroth) und erst bei sich einstellen- der anthropomorphischer Auffassung f. wurde, gerade so wie lat. Venus (vgl. das ai. Neutrum vanas von van begehren, dem BR. die Bedeutung “Verlangen, Anhängliehkeit oder Lieblichkeit’ geben), nur dass u$as auch noch im Nom. die geschlechtige Form angenommen hat.

Nicht mit Sicherheit lässt sich über die lateinischen Mas- kulina wie decor und tenor urtheilen. Nach J. Schmidt, Plu- ralb. 124 ff. sind sie auf einem langen Wege aus Neutris zu Maskulinis geworden, während Brugmann 2, 397 schon für die Urzeit Maskulina auf 5s annimmt.

$ 29-30.) Kap.I. II. Die Stämme mit »-Suffixen. 121

Mit grosser Wahrscheinlichkeit ıst angenommen worden, dass es in der Urzeit auch Neutra auf :s gab, welchen indische Wörter wie arcis Strahl und jyötis Licht entsprechen. Sie sind Neutra, doch kommt arcis im SB auch als f. vor. Auf diesen Typus gehen jedenfalls die lateinischen pulvis, cinis, vomis zurück, welche ıhr neues Geschlecht wie ai. arcis von den :-Stämmen erhielten.

$ 30. Die Stämme mit n-Suffixen. Hinsichtlich der r-Stämme kommt Brugmann 2, 321 zu der Ansicht, dass ‘die mit n-Suffixen gebildeten Stämme einstens nur maskulinisch oder neutral gebraucht waren’. Mir ist wahrscheinlich, dass in der Ursprache doch auch Feminina vorhanden waren, doch mag ich die unsichere Sache nicht weiter verfolgen.

Über das Suffix men bemerkt Brugmann $. 343: “Es war seit uriddg. Zeit im Gebrauch zur Bildung von nomina actionis, die oft in Dingbedeutung hinüberschwankten (wie gr. peöna Strömung, das Strömende), seltener von nomina agentis; die nomina actionis wurden ım Arischen und Griechischen infini- tvischa Das Geschlecht wechselte zwischen neutr. und mask., zuweilen bei demselben Worte, wie gr. yeipa: xeuav.' In Germanischen sei dann, so führt PBrugmann weiter aus, das alte Schwanken zwischen Neutrum und Maskulinum fast ganz zu Gunsten des letzteren ausgeglichen. Im Litaui- schen wurde das verlorene Neutrum ebenfalls durch das Mas- kulinum ersetzt (s. S. 101). Ich füge dem nur noch eine Be- merkung über drei lateinische Wörter hinzu, welche in das Lateinische als Neutra eintraten, wie ihr Nominativausgang en beweist, und sodann Maskulina wurden. Es sind die Wörter: sanguis, flamen, pecten. Für sanguis ist ja noch die ältere Form sanguen n. vorhanden und es ıst nach dem aus uns unbekanntem Grunde erfolgten Geschlechtswechsel das Nominativ-s ange- treten. Flamen entspricht, wenn es mit dem indischen drahman, wie angenommen wird, identisch ist, dem neutralen drahman, nicht dem maskulinischen dbrakmän (was *#amo lauten würde), bedeutete also eigentlich “Priesteramt’, dann erst “Priester” (vgl. subrahmanya S. 102). Warum pecter vom n. zum m. überge- gangen ist, weiss ich nicht.

122 Kap. I. II. Die Wurzelnomina. ($ 30—31.

$31. Die Wurzelnomina (vgl. Brugmann 2, 448 ff.). Wenn ich von denjenigen absehe, bei welchen das natürliche Geschlecht in betracht kommen könnte, wie ai. ray, lat. rez, altır. ri König oder die Namen für Maus, Schwein, Rind, und ferner auf die Anführung von Zweifelhaftem verzichte, so bleiben nur etwa die folgenden übrig. Maskulinum war seit der Urzeit das Wort für ‘Fuss’, ai. pdd, gr. nous, lat. pes u. s. w. (S. 450), Femininum ai. väc, gr. ob, lat. vox Stimme, ferner das Wort für ‘Erde’, ai. Afam, gr. ydwv u. s. w. (8. 452), für ‘Schiff’ ai. naus, gr. vaös (S. 454). Zwischen m. und f. schwanken: ar. zyä Winter m., gr. xıwwv Schnee f., Ahiems Winter f.; ai. rail Besitz, Habe, Gut, Kostbarkeit m. und f., lat. res f. Von besonderem Interesse ist das Wort für Himmel’ und “Tag’ (8.451). Im Altindischen ist es in der Bedeutung “Tag’, in welcher es ganz überwiegend in Plur. belegt ist, stets m., in der Bedeu- tung ‘Himmel’ m. und f. (vgl. die Nachweise bei Grassmann unter div). Dass div Himmel sein f. von dem Wort für “Erde’ prthivi be- zogen habe, mit dem es gewohnheitsmässig verbunden wird diese Ansicht J. Schmidt’s (Pluralb. 207) muss demjenigen beson- ders wahrscheinlich erscheinen, der die Stellen im RV., wo das f. erscheint, an sich vorübergehen lässt. Unabhängig von die- der indischen Geschlechtsveränderung waren die Schicksale von dies, welches ja nur Tag bedeutet. Das alt-überlieferte Geschlecht ist m. Dagegen hat sich der Gebrauch ausgebil- det, dass dies da, wo es einen bestimmten Tag, wie den zu einer Gerichtsverhandlung oder zu einem andern Geschäft fest- gesetzten, bezeichnet, f. ist (vgl. die Belege bei Neue I?, 638 ff.), also kurz gesagt: dies als Datum ist Wenn man überlegt, dass in ältester Zeit nach Nächten gezählt würde, so darf man wohl diesen Geschlechtswandel aus dem weiblichen Geschlecht von n0x ableiten. Dieses ist stets f., die Vermuthung von J. Schmidt, Pluralb. 254, dass .das f. in der Urzeit aus dem n. entstanden sei, leuchtet mir nicht eın.

Neutrum war vielleicht das Wort für ‘Herz’ (S. 450), Neu- trum oder Maskulinum das für ‘Salz’ (vgl. dazu J. Schmidt $. 182).

$ 32.) Kap. I. II. Mehrgeschlechtigkeit. 123

III. Moehrgeschlechtigkeit.

Ich komme nun zu dem Probleme der Mehrgeschlecht- lichkeit. Dasselbe ist im Vorhergehenden bereits mehrmals ge- streift worden. So ist z.B. in $ 9 gezeigt worden, wie im Litauischen Wörter entstehen konnten, welche zugleich m. und f. sind. Sodann ist wahrscheinlich gemacht worden, dass die von $ 25 an behandelten Stämme zum theil mit schwan- kendem Geschlecht in die Einzelsprachen eingetreten sind. Hiervon soll an dieser Stelle nicht weiter gesprochen werden. Auch nach einer andern Seite hin ist noch eine Einschränkung zu machen. J. Schmidt, Pluralb. 21 führt eine Reihe von Wör- tern auf, welche (wie er sich im Index ausdrückt) zwischen Neutrum und Femininum wechseln. Es sind gemeint Wörter wie ai. Zänam und täna Nachkommenschaft, aı. bhrätra Bruder- schaft und gr. pparpa u. s. w., welche mit zur Erhärtung der These dienen sollen, dass das Neutrum plur. eigentlich ein kollektivisches Femininum sing. sei. Streng genommen han- delt es sich aber hier doch nicht um dieselben Stämme, viel- mehr um Bildungen mit o (z.B. tfanam) und a (z.B. tanä), welche sich nach des Verfassers Meinung zu einem Deklina- tionsparadigma vereinigt haben. Ich würde sie hier nur zu behandeln haben, wenn in der That in einer unserer Sprachen die Genusverschiedenheiten derartig hervorträten, dass zu einem neutralen Sıngular ein femininisch gebrauchter Plural gehörte, was nicht der Fall ist.

Demnach bleiben für die folgenden $$ nur die doppel- geschlechtlichen o-Stämme übrig. Ich spreche zunächst von denjenigen Wörtern, bei denen die verschiedenen Genera sich auf die verschiedenen Numeri vertheilen, dann von denjeni- gen, bei welchen eine Verschiedenheit nach dem Numerus nicht zu beobachten ist.

$ 32. Maskulinischer Singular und neutraler Plu- ralim Arischen. Erscheinungen im Altindischen (Avesti- schen), Griechischen, Lateinischen, vielleicht auch Slavischen,

124 Kap. I. III. Maskulin. Sing. u. neutr. Plur. im Ar. [$ 32.

-— DO UNE NEE, messe ne nn nn U en

führen zu der Annahme, dass in der Ursprache bei einigen o-Stämmen neben maskulinischem Singularis ein neutraler Plu- ralis lag. Dahin gehören aus dem Altindischen folgende Fälle: ortra Feind ist im RV.im Sing. m., im Plur. n.; vara Schweifhaar, Haarsieb, nur im RV., eine Stelle erweist für den Sing. m., von den übrigen fordert keine n., im Plur. erscheint neben varan das neutrale räräni. Das letztere heisst stets “Haarsieb’ (ist also kollektiv gebraucht), varan muss man an einer Stelle durch ‘Schweifhaar, Schweif’ übersetzen, an den beiden anderen kann es auch durch ‘Haar’ übersetzt wer- den, wenn es auch sachlich soviel ist, wie “Haarsieb’; cakrd Rad ist im RV. ım Plur. (soweit die Formen überhanpt eine Entscheidung zulassen) n., im Du. und Sing. gelegentlich auch m., so dass die Vermuthung nicht fern liegt, das n. habe im Plur. seinen Anfang genommen vgl. za xuxla neben 6 xuxios); vrajya Hürde ist durch vraja (Dual) und vrajar als m. sicher gestellt, einmal erscheint im RV. das neutrale vraja. Von nakha Nagel ist im RV. das Geschlecht nicht zu bestimmen, im AV. erscheint m. in TS. n., an beiden Stellen pluralisch.

Im Avestischen zeigt sich der Nom. plur. der o-Stämme doppelt gebildet. Es findet sich nämlich neben dem Ausgang äphö, wie er nach dem indischen &sas zu erwarten war (@ gleich ai. @s ist ganz selten) auch «a oder ım Gathadialekt a. Dieses 4 sieht Bopp als den neutralen Ausgang an, der auf die m. übertragen sei. Er sagt darüber Vgl. Gr.!, 265: “Es beruht aber die Ersetzung des Plural-Mask. durch Neutra auf einem tiefen Sprachgefühl, denn in der Mehrheit tritt Ge- schlecht und Persönlichkeit offenbar sehr in den Hintergrund. Die Persönlichkeit des Einzelnen geht unter in der abstrakten endlosen toten Vielheit, und wir können insofern das Zend für seine Geschlechtsscheu im Plural nur rühmen.” Dieser An- sicht schliesst sich nebst anderen J. Schmidt, Pluralb. 8 an, indem er ausführt, dass die Pluralendung sich zu so allgemei- ner Anwendung darum habe erheben können, weil ın einer Reihe von Wörtern, die sich ihrer Bedeutung nach dafür eig- neten, maskulinische und neutrale Plurale neben einander

$32—33.] Kap.I. III. Mask. Sing. u. neutr. Plur. im Griech. u. Lat. 125

lagen. Osthoff' dagegen (s. Brugmann 2, 681) sieht in den For- men auf a ursprüngliche Duale. Ein Beweis für die eine oder die andere Ansicht ist leider nicht möglich, weil die Wörter, von denen die Bewegung ausgegangen sein muss, sich nicht mehr nachweisen lassen.

$ 33. Desgleichen im Griechischen und Lateini- schen. Viel deutlicher als im Arischen liegen die Dinge im Griechischen. Ich bediene mich der Worte Wackernagel’s KZ. 30, 297: “Bei Homer zu x&leudos häufiger xdAeuda als x&lsudor, ZU prpds urpol und pipa, Zu xuxlos xuxkor und xuxka vgl. cakra]. Ebenso würde der Singular von vüra, wenn er im Nominativ, der von öpupna, wenn er überhaupt belegt wäre, mas- kuline Form haben, wenn wir anders den sichern Gebrauch der nachfolgenden Zeit zum Massstab nehmen dürfen. Ja sogar wird trotz dem evnpes &peruöv der Odyssee, das erst nach Homer sicher belegte, aber mit lateinisch remus zusammenstimmende £peruds als die eigentliche Sıngularform des häufigen &perua bei Homer und Euripides gelten müssen. Nach Homer kommt besonders ım dichterischen Gebrauch manches hınzu, Taprapı zum homerischen Taptapos bei Hesiod, dzona statt 6sonol zuerst im Hermeshymmus, oita und deona seit Sopho- kles, Auyva bei Euripides, ölppa und tpayrıa bei Kallimachus, daxtula, Büpoa, nenla, olußla, tapsa bei verschiedenen Spät- lingen. Der Bedeutungsunterschied ist in yfpa deutlich wahrnehmbar: dasselbe, was stückweise abgeschnitten durch unpol bezeichnet wird, heisst als verbrannte Masse prpa (vgl. loci: doca). Es drückt eben der neutrale Plural mehr die Masse als die Vielheit aus, daher das singularische Verb. Vom sıngularischen Maskulin (oder Feminin) unterscheidet er sich daher oft nur, dass er den Gedanken an weite Ausdehnung nahe legt: öpuna, Taprapa, vora, tpayrla. Die Form pipa ist auch durch den Accentwechsel lehrreich. Wenn wir uns an die Accentunterschiede zwischen den Mask. auf skr. -as, -man und den gleich auslautenden Neutris oder an den Gegensatz von paSis und pa$u erinnern, werden wir muthmassen, dass ursprüng- lich durchweg solcher neutrale Plural den Accent zurückwarf.

126 Kap. I. III. Mask. Sing. u. neutr. Plur. im Slav. [$ 33 —34.

Im Lateinischen findet sich zu locus der Plural loca und loct und ebenso bei jocus, clivus, culleus Ledersack, fusus Spindel und einigen andern (Neue 1?, 541). Freilich liegt die Sache insofern anders als im Griechischen, als auch neben neutralen Singularen maskulinische Plurale vorkommen, z. B. neben frenum freni, neben rastrum rastri. J. Schmidt, Pluralb. 6 Anm. hält diese Formen für alte Duale, was mög- lich ist. Jedenfalls dürfte die Übereinstimmung mit dem Grie- chischen zeigen, dass die Erscheinung, wie sie ın locus loca vorliegt, die ältere ist.

8 34. Desgleichen ım Slavischen. Auch im Slavi- schen finden sich Plurale auf «@ neben Sıngularen von mas- kulinischen o-Stämmen, und zwar im Russischen, Kleinrussi- schen, Cechischen, Polnischen, Neuslovenischen, vgl. Miklosich 4, 24; 32, 290 ff. (russisch), 253 (kleinrussisch), 292 (Cechisch, neuslovenisch), 410 (polnisch). Über das Russische s. noch Vetter, Zur Geschichte der nominalen Deklination im Russi- schen $S. 28, über das Polnische Baudouin de Courtenay in Kuhn und Schleicher’s Beiträgen 6, 40—43, und im allgemeinen J. Schmidt, Pluralb. 18 Anm. Im Altkirchenslavischen liegen diese Plurale nicht vor. Am häufigsten sind sie im Russischen, über das ich hier allein handle. Man hat unter diesen russi- schen Pluralen zunächst eine Schicht auszusondern, welche sicher nicht indogermanischen Ursprungs ist, nämlich die Plurale auf %ya. Unter diesen erwähne ich zunächst eine Anzahl von Pluralen zu Dingwörtern, so dbrusü brüsija Balken, klinü klinija Keil, Aölosü kolöstja Ähre, kolü költja Stange, listü Blatt listiya Laub (dagegen Jisty Blätter Papier), Admenü Stein, kamenija koll. (dagegen Aamni einzelne Steine). Es kann nicht zweifel- haft sein, dass diese Formen in der That von anfang an Plurale sind, aber nicht zu maskulinischen Singularen, sondern zu neutralen Kollektivis auf iye (vgl. J. Schmidt 28). Eine zweite Gruppe von Pluralen auf ?a bilden die Plurale zu Per- sonenbezeichnungen wie dratü brafija Bruder, deverü deverijä Schwager, synü synovija Sohn, zjati zjatevija Schwiegersohn, kumü kumovija Gevatter, drugü druzija Freund, muzü muzija

$ 34.) Kap. I. III. Mask. Sing. u. neutr. Plur. im Slav. 127

(dieses in der Bedeutung Ehemänner, während muü2: Männer heisst), Anjazi knjazija Fürst. Unter diesen Formen ist eine, welche schon ın der aksl. Zeit als Plural fungierte, näm- hch drafija (vgl. $ 54), welche wohl der Ausgangspunkt der ganzen Bildung ist. Dass nun aksl. dratrija ein singularisches femininisches Kollektivum ist und eigentlich ‘Bruderschaft’ bedeutet, ıst längst erkannt worden. Diesen Pluralen wie bratija schliessen sich ihrer Art nach unmittelbar an gewisse Plurale von Personenbezeichnungen, welche auf a ausgehen, nämlich gospoda eig. Herrschaft zu gospodinü Herr, Tatara zu Tatarınü der 'Tartare, doyara zu boydrinü der Bojare u. ähnl. Dazu auch einige Fremdwörter wie Aucera zu kücerü, doktord zu döktorü, professora zu professorü. Eine weitere Schicht umfasst solche Formen, welche eigentlich alte Duale sind, so: glasü glasa Auge, rogü rogd Horn, rukdvü rukavd Ärmel, bokü boka Seite, beregü berega Ufer, Zernovü Zernovd Mühlstein. Endlich bleibt eine Anzahl übrig, bei denen es fraglich ist, wie sie aufzufassen seien. Dahin gehören: östrovü ostrova Insel, pögrebü pogreba Keller, göorodu goroda Stadt, lugü luga Wiese, lesu lesa Wald, golosu goloss Stimme, vecerü vecerd Abend, mechü mecha Fell (aber mechi Blasebalg). Es könnte sein, dass diese Plurale sich an die alten Duale angelehnt hätten, was ja im Slavischen nichts verwunderliches haben würde, wo auch neben den Wörtern für drei und vier die Dualform auftritt; aber bei allen ist das doch nicht wahr- scheinlich. Bei mechü wenigstens wird mecha nicht ein alter Dual sein, da, wie Vetter richtig bemerkt, es dann vielmehr die Bedeutung von mechi haben müsste. So steckt denn in diesem Worte und einigen andern wahrscheinlich (wie auch schon Miklosich angenommen hatte) der Typus Zocus loca. Übrigens ist diese aus so verschiedenen Anregungen erwachsene Pluralbildung auf @ im Russischen im Fortschreiten begriffen ivgl. Vetter S. 28). Doch hat sie ihre Grenze im Accent. Der Plural auf & kann bei einsilbigen Maskulinis nur angewendet werden, wo der Gen. sing. auf a nicht den Accent trägt.

128 Kap. I. II. Mehrgeschlechtigkeit. [$ 35—36.

$ 35. Zweifelhafte ähnliche Fälle. Somit ist wahr- scheinlich, dass schon in der Ursprache zu einigen masku- linischen Singularen der o-Deklination neutrale Plurale ge- bildet werden konnten, welche, wie es scheint, kollektiven Sınn gehabt haben. Es fragt sich, ob auch noch andere Fälle vorliegen, in denen die Numeri desselben Wortes verschiedenes Geschlecht haben. J. Schmidt, Pluralb. 29 macht auf aı. varga Regen aufmerksam, das in älterer Zeit im Sıng. nur n., dann m. ist, im Plur. f. in der Bedeutung “Regenzeit. Dazu fügt er analoge Fälle aus dem Avesta und dem Lateinischen. Er nimmt an, dass varfa um bei diesem Beispiel stehen zu bleiben als kollektiver Plural zu vargam fungiert und eben, weil die pluralische Bedeutung stark empfunden sei, auch noch ein Plural -s erhalten habe. Ich möchte darüber, ob hier wirk- lıch ein in die Urzeit reichender Typus vorliegt, nicht ent- scheiden, weil ich mir über die Tragweite der avestischen Er- scheinungen kein rechtes Urtheil zutraue. Was sonst von ähnlichen Erscheinungen vorliegt, dürfte ın den Einzelsprachen entstanden sein, so die lateinischen Plurale wie freni (s. oben S. 126), und die russischen nach maskulinischer Art gebildeten Plurale neutraler o-Stämme bei Miklosich 32, 294, über deren Geschichte im einzelnen wır noch nicht recht aufgeklärt sind.

$ 36. Doppelgeschlechtigkeit, verbunden mit Be- deutungsverschiedenheit. J. Schmidt, Pluralb. 225 führt als Belege für ‘Kollektiva, welche sich durch das Geschlecht von der Bezeichnung des einzelnen Wesens oder Stückes unter- scheiden’ an: ai.kakdm, väyasdm Krähenschwarm : kakas, väyasds Krähe, av. mereyem Gevögel vd. 5, 1 gegen mereyö Vogel nach Spiegel, Gr. S. 110), lat. vallum Verschanzung gegenüber vallus einzelner Schanzpfahl. Gegen das lateinische Beispiel ist nichts einzuwenden, hinsichtlich der arischen aber bestehen gewich- tige Bedenken. Die indischen, in der Literatur nicht belegten Wörter, welche Schmidt anführt, stammen aus dem Scholion zu Pänini 4, 2, 37. Dort aber ist von Vriddhi-Bildungen die Rede, wie das weitere Beispiel baäkam zu bakas Reiher und

$36—37.] Kap. I. IL Doppelgeschl. ohne Bedeutungsverschiedenheit. 129

bhaskjam zu bhik$a (Scholion zu 38) zeigt. Es handelt sich also nicht um Wörter, welche nur dem Geschlecht nach ver- schieden sind. Das av. mereyem kommt allerdings vd. 5, 1 als Nominativ vor, der sonst mereyö heisst: na taß parairpyeiti ava Jafnaco raonqm; @ tab mereyem uzvazaite haca baresnavö yatrıngm ava jJafnavo raonqm, upa tqm kehrpem frasnuharaiti yam tristahe, was Geldner KZ. 25, 199 übersetzt: “Es stirbt ein Mensch in den Thalgründen; nun fliegt ein Vogel aus von der Höhe des Gebirges hinab in die Thalgründe und frisst von dem Leichnam des toten Menschen‘. Dann heisst es weiter von dem mereyem: upa iqm vanqm vazaite er fliegt auf den Baum. Gewiss könnte man in diesen Stellen mereyem durch ‘Vogelschar’ übersetzen, aber gleich darauf heisst es: iqm vangm aeıtı yam mereyö.. er kommt zu dem Baume, auf welchem der Vogel /gesessen hat, wie Geldner ergänzt). Daraus folgt jedenfalls, dass ein deutlicher Unterschied zwischen mereyem und mereyo im Sprachgefühl nicht bestand. Vielleicht lässt sich hier ai. mtira, av. mißra anführen. Aı. mitra ist im RV. in der Bedeutung ‘Freund’ stets m., in der Bedeutung “Freund- schaft n. Von AV. an aber heisst miiradm auch ‘Freund’ und diese Form hat in der alten Prosa, so viel ich sehe, das m. gänz- lich verdrängt. Es heisst dort also z. B. viSvasya ha vai mitram rısvamitra äsa V. war der Freund von Jedermann AB. 6, 20, 3. lm Avesta ıst das Wort auch da m., wo es im Aı. n. ist; so erscheint z. B. mipra ‘Vertrag’ als Maskulinum yt. 10, 2. Wie sich das Wort in der arischen Urzeit verhalten hat, lässt sich nicht mit Bestimmtheit angeben. Ausser mitra habe ich noch notiert, dass patra “Trinkgefäss’ Neutrum ist (vgl. poculum), aber in der Bedeutung “ein bestimmtes Hohlmass’ vom AV. an Masku- lnum. Im Griechischen könnte bei öveıpos der Traumgott, bei irsıpov das Traumbild vorschweben.

$ 37. Doppelgeschlechtigkeit ohne Bedeutungs- verschiedenheit. Wie man sieht, giebt es für das Vor- kommen mehrfachen Geschlechts bei mehrfacher Bedeutung kaum sichere Belege. Dagegen giebt es, namentlich im Alt- indischen und Lateinischen, eine Menge von Wörtern, welche

Delbräck, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 9

130 Kap. I. I. Doppelgeschl. ohne Bedeutungsverschiedenheit. [$ 37.

sowohl m. als n. sind, ohne dass ein Unterschied der Bedeu- tung hervorträte.

Im Altındischen ıst das Maskulinum aus älterer, das Neutrum aus jüngerer Zeit belegt, z. B. bei folgenden Wörtern: akäasa freier Raum ist vedisch nur m., klassisch nur n.; kavan- dha Tonne ist im RV. m., im AV. einmal n.; grad Haus ist in der älteren Sprache stets m., in der späteren nur im Plur. m., sonst n.; dvipa Insel ist in älterer Zeit m., in Kathas. erscheint das n.; dhvaja Feldzeichen ist m., es erscheint ein- mal ım Epos als n.; nida Nest finde ich in der älteren Sprache als m. (in RV. und AV. lassen die Formen keine Ent- scheidung zu), im Epos erscheint n.; rand Kampf ist m., das n. aus dem Epos belegt; vdyra Donnerkeil findet sich ın der älteren Sprache nur als m., also gehört das n., was Böht- lingk-Roth auch angeben, wohl der späteren Sprache an. Ebenso steht es mit $Salyd Spitze des Pfeiles, und nı$ka Halsschmuck. Folgende Wörter erscheinen älter als n., jünger als m.: tirth@ Badeplatz ist m. nur ausnahmsweise im Epos; mdla Schmutz ist in der späteren Sprache auch m.; ebenso yutha Heerde; räsfra Reich ist einmal ım Mhbh. als m. belegt; $rrga Horn ist später einmal als m. belegt. Hierzu kommt noch eine Anzahl von Wörtern der älteren Sprache (aus accen- tuierten Texten), welche nach Böhtlingk-Roth zweigeschlechtig sind, ohne dass ıch ermitteln kann, auf welche Stellen der Literatur diese Behauptung gegründet ist. Es sind die fol- genden: ödand Mus, kgsd Messing, kdkuda Gipfel, kanda und kändd Abschnitt, Stück, gılma Strauch, gömäaya Kuhmist, cafala Knauf des Opferpfeilers, pärd jenseitiges Ufer, pär&vs Rippen- gegend, piccha Schwanz, mändala Scheibe, muüsala Mörser- kolben, yuga Joch (vgl. Cuyos und Luyov), $Sakala Span, Süla Bratspiess. Zu diesen aus älterer Zeit belegten Wörtern füge ich ein Verzeichnis jüngerer, welche nach Böhtlingk - Roth ebenfalls m. und n. sind (es dürften darunter manche Fremd- wörter sein): äßrama Einsiedelei, Aapata Betrug, kamalu Blüthe von Nelumbium, Aagäya ausgekochter Saft, Aantara Wildnis, kar$apana eine bestimmte Münze, kutapa Decke von Ziegenhaar,

$37—38.) Kap.Il. II. Zur Erklärung der Doppelgeschlechtigkeit. 131

ln

küta Haufe, Arakaca Säge, khanda Stück, gändiva Arjuna’s Bogen, candana Sandelbaum, Sandelholz, carana Fuss, curna Mehl, fömara Spiess, döha Körper (n. nur einmal belegt), pa- taha Trommel (n. ausnahmsweise), padma die am Abend sich schliessende Blüthe von Nelumbium, pallava Spross, pifaka Korb, puta Tasche, bimda Scheibe der Sonne oder des Mondes, bAu- jana Schmuck (m. ausnahmsweise), mastaka Kopf, mäna Mei- nung, Ansehen (n. ausnahmsweise ın der letzten Bedeutung), mödaka kleines rundes Konfekt, yü$a Fleischbrühe, vapra Auf- wurf von Erde, valaya Armband, valkala Bast, vitana Aus- breitung, vımana Wagen der Götter, vrara Wunde (n. aus- nahmsweise), $akafa Wagen (m. selten‘, $aräva flache irdene Schüssel, $ikhara Bergspitze, saraka Napf, säindhava Steinsalz, hala Pflug.

Ebenso giebt es im Lateinischen eine Reihe von Wör- tern (vgl. Neue 12, 125), welche neben dem neutralen auch das männliche Geschlecht haben, z. B. steht neben gevum auch aevus, neben baculum baculus, neben caelum caelus, neben cal- lum callus, neben collum collus, neben dorsum dorsus. Anderer- seits steht neben caseus auch caseum, neben clipeus auch clı- peum, neben balteus auch balteum. Manchmal weiss man nicht sicher, welches Geschlecht man als das herrschende bezeichnen soll, so bei fmus. Dass das herrschende Geschlecht auch das ältere sei, lässt sich natürlich nicht behaupten.

638. Zur Erklärung. Für die Erklärung der Thatsache, dass manche Wörter mehrfaches Geschlecht haben, ist ein Ge- sichtspunkt von Wichtigkeit, den J. Schmidt in seinem öfter angeführten Buche hervorgehoben hat. Es kann sehr wohl sein, dass ein Wort von Anfang an im Singular maskulinisch, ım Plural aber neutral war, und dass dann, als die Bedeutungs- verschiedenheit, die sich in der Verschiedenheit des Geschlechts ausdrückt, dem Sprachgefühl abhanden gekommen war, das Neutrum von dem Plural auch auf den Singular überging und schliesslich auch das Maskulinum in den Plural rückte. Eine andere Quelle der Vielgeschlechtigkeit liegt in der Thatsache, dass die Wörter vielfach (oft aus uns unbekannten Gründen)

9%

132 Kap. I. II Zusammenfassendes über das Genus. [$ 38.

ihr Geschlecht verändern. Solchen Wörtern kann es zustossen, dass sie neben dem neuen auch ıhr altes Geschlecht behalten, was namentlich dann geschehen wird, wenn durch die Ent- wickelung der Bedeutung aus einem Worte sozusagen zwei Wörter werden. Einen unendlichen Stoff bietet uns für alle diese Fragen das Deutsche, wobei noch zu erwägen ist, dass die Schriftsprache durch Entlehnung aus den Dialekten Mehr- geschlechtigkeit herbeiführen kann, die sich in Norddeutsch- land an Wörtern wie Sand, Lohn u. a. beobachten lässt. Wer einmal von der Vertheilung selbständig gewordener Bedeutungen auf verschiedene Formen handeln wird, wird diese Erschei- nungen zu berücksichtigen haben.

Zusammenfassung (vgl. Paul, Prinzipien?, 219ff.):

Wir haben in diesem Kapitel gefunden, dass Bedeutungs- gruppen sich für die Urzeit kaum aufstellen lassen. An Form- gruppen waren sicher vorhanden die Feminina auf @ und 3e, und die Maskulina und Neutra auf o. Hinsichtlich der übrigen Stämme schien uns wahrscheinlich, dass sie einst nur den Unter- schied zwischen ‘geschlechtig’? und ‘ungeschlechtig’ gekannt haben. Doch war auf viele der dahin gehörigen Wörter schon in der Ursprache die Unterscheidung zwischen “männlich’ und ‘weiblich’ übertragen worden. An diesem in die Einzelsprachen überlieferten Zustande nun ist im Laufe der Zeit mancherlei verändert worden. Viele Wörter haben ihre Bedeutung ver- ändert, insbesondere konkretisiert (ein Vorgang, wie wir ihn z. B. bei dem deutschen die Wache empfinden) und danach auch ihr Geschlecht. Das ist ın grossem Massstabe z. B. bei den feminischen #-Stämmen geschehen. Sodann lässt sich be- obachten, dass ein Wort ein anderes, das mit ihm irgendwie innerlich assozuert ıst, anzieht und ıhm sein Geschlecht mit- theilt (wie wenn wir z. B. die demi monde sagen nach die Welt). Derartiges ist uns oben z. B. begegnet bei oluoc, das sich nach 684%; gerichtet hat ($ 23), bei dies das von nor, bei prthivi das von dyäus sein Geschlecht empfangen hat ($. 122). So können sich gewisse Bedeutungsgruppen ausbilden, welche einheitliches

$36—39.] Kap. II. Die Numeri des Substantivums. 1. Der Dualis. 133

Geschlecht zeigen. Auf diese Weise können, wie man sieht, überlieferte Formgruppen gelockert und gesprengt werden. Am wirksamsten sind diese umgestaltenden Kräfte natürlich in denjenigen Sprachen geworden, in welchen, wie im Germa- nischen, dıe alten Kasusausgänge, die Träger der Geschlechts- empfindung, am meisten zerstört worden sind. Doch haben sich andererseits gerade auch in solchen Sprachen wieder neue Formgruppen gebildet, wie denn z. B. im neueren Deutsch die Feminina mit dem Ausgang e manche alte Maskulina in ihren Kreis gezogen haben (vgl. Brugmann, KZ. 24, 47), worauf an dieser Stelle nicht näher einzugehen ist. Bei manchen Wör- tern war, wie wir $ 32 ff. gesehen haben, vermuthlich das Geschlecht nach den Numeri verschieden. Infolge der ın solchen Wörtern eintretenden Ausgleichung, und namentlich auch infolge des Geschlechtswechsels hat sich bei einer Reihe von Wörtern der Zustand der Mehrgeschlechtigkeit eingestellt, zu dessen Erklärung $ 38 einige Andeutungen gegeben wor- den sind.

Kapitel U, Die Numeri des Substantivums.

I. Der Dusalis.

$32. Allgemeines. Der Dual wird gebraucht, um die Einheit zweier durch Natur oder Geschichte zusammengehöriger Wesen zu bezeichnen, also da wo wir unser beide anwenden können, z. B. dsau "uw die beiden Schultern, alvau Inzw die beiden Pferde, welche als Wagengespann zusammengehören, ascinau die beiden als ein Paar gedachten Götter, zw dew. In einem Gegensatz dazu steht die Zahl zwei, welche aus der mit eins beginnenden Zahlenreihe herausgehoben wird. Es lässt sich also auf das Indogermanische anwenden, was G. Hermann mit bezug auf das Griechische so formuliert hat: solo duali non addito öuw non uti Graecos nisi quum ipsa rei ratio dualem quodammodo poscat ut in ösos, yelpe, Innw

134 Kap. II. I. Allgemeines über den Dual. [$ 39.

vocabulis; atque {rzw quidem sine övw esse equorum par, currui adjunctum, duos vero equos a grege quodam libere vagantes esse övo {rnw. [Man möchte unter diesen Umständen für wahr- scheinlich halten, dass zwei ursprünglich mit dem Plural ver- bunden worden sei. Doch finde ich dafür in der Überlieferung keinen Anhalt.!) Es ist ja auch natürlich, dass sich neben zwei früh der Dual einstellte, weil die zu der dualischen Einheit verbundenen Dinge eben der Zahl nach zwei sind). Man kann diesen Dual als den natürlichen oder primären bezeichnen. Eine zweite Gruppe bilden die sekundären Duale, nämlich diejenigen, welche erst möglich werden, nachdem bereits ein Dual oder eine Zweizahl ın der Rede vorgekommen sind. Dahın gehört der anaphorische Dual, welcher in einem zweiten Satze den Dual oder dıe Zweizahl eines ersten Satzes aufnimmt, wo- für $ 43 Beispiele bringt. Ebenso der Dual eines im Bilde gebrauchten Wortes, das sich an ein in demselben Satze stehen- des Substantivum anlehnt, z. B. piinar y& cakrüh pilära yıvana sana yüpeva jJarana Sayana welche (Plur.) ihre beiden Eltern wieder jung gemacht haben, welche dalagen wie zwet alte ver- morschte Pfosten RV. 4, 33, 3. Hier steht ydpz im Dual, weil pitärä im Dual steht, und die Übersetzung durch zwei in die- sem Falle kann also nicht als Gegengrund gegen die Beob- achtung angeführt werden, dass der natürliche Dual dann ge- braucht wird, wenn wir das Wort beide anwenden.

Ein besonderer Fall, der mir im Sanskrit bisweilen be- gegnet ist, ist der, dass zu einem Dualis zwei verschiedene Adjektiva im Singular treten, z. B. sdc cäsac ca vdcasi paspr- dhäte die wahre und die unwahre Rede stritten mit einander RV.7, 104, 12; Syavi carusi ca svdsarau die dunkle und die rote Schwester 3, 55, 11; ed u striyau kalyantm cätikalyanım ca da fand er eine schöne und eine überschöne Frau SB. 11, 6, 1, 7. Wie man sieht, steht hier der blosse Dual, weil die Zweiheit durch die Adjektive als eine bekannte bezeichnet wird:

1) Natürlich kann der homerische Gebrauch dafür nicht angeführt werden, da er aus einer Zeit stammt, in welcher der Dual schon in der Auflösung begriffen war.

5 39—40.! Kap. Il. I. Der natürliche Dual. 135

eine schöne und eine überschöne, diese beiden. Fallen die Adjektiva weg, so steht dov2 striyau, so in derselben Erzählung aus JB. bei Oertel ım Journal of the Am. Or. Soc. 15, 235. Doch bedarf dieser Typus noch näherer Untersuchung.

Da der Dualis nur in den arischen Sprachen, dem home- rischen und attischen Griechisch, dem Altkırchenslavischen unversehrt oder fast unversehrt erhalten ist, so berücksichtige ich auch fast nur diese Sprachen. Zuerst behandle ich im fol- genden den natürlichen Dual mit seiner Unterart, dem ellip- tischen, sodann zwes und beide mit dem Dual (wobei auch Beispiele des anaphorischen Duals angeführt werden), darauf die Dualia tantum, und endlich wird noch einiges über den Dual in einzelnen Sprachen (Avestisch, Griechisch, Litauisch, Slavisch|) beigebracht.

$40. Der natürliche Dual (vgl. SF. 5, 96 ff., Wacker- nagel, Philologischer Anzeiger 1885 Nr. 4 S. 189 ff.) Ich führe einige Belege an, und zwar 1) Namen von Gliedmassen: ai. akfi die (beiden) Augen (av. asidya mit den Augen), cak$ufi dass., bhrivau die Brauen (av. broadbyqm), nasös in den beiden Nasen- löchern, nas® die Nase, nasıka das Nasenloch, näsike die Nase (av. näghäbya mit den beiden Nasenlöchern), Aanü die Kinnbacken, karnau die Ohren (av. gaoda die Ohren), $iprö und ögthau die Lippen, dg$fräu die beiden Fangzähne, $rage und vifanz die Hörner, gsau die Schultern, bahu die Arme (av. dazubya mit den Armen), dö$dni und kardsnau die Vorderarme, aratni die Ellen- bogen, hästäu die Hände (av. zasta), pani und gäbhasti dass., mujfi die Fäuste, pärSvau die beiden Seiten, $rön: die Hüften, kasaplakau die Hinterbacken, Zr& und sakthyau die Schenkel, asthivantau die Kniescheiben, Jänuni die Kniee, kulphau die Knöchel, padäu die Füsse (av. päda) pär$ni die Fersen (av. pasna) Saphau die Hufe, pakjau die Flügel, mugkau die Hoden (aber auch die weibliche Scham), 5Aedau die weibliche Scham, mätasnau ein bestimmtes Eingeweide der Brusthöhle, Auk$i der Bauch. Ebenso im Grieehischen, wo freilich der Plural häufig an die Stelle des Duals getreten ıst; so bei Homer: össe (vgl. aAft) und dpdaipw, Biesapw (in BAepapoıv), apw (vgl.

136 Kap. II. I. Der natürliche Dual. [$ 40.

dsäu), rryse (vgl. baht), yeipe (auch attisch), yurpw, rööe (in roßotıv). Ebenso im Altkirchenslavischen, wofür ich einige Belege aus dem Codex Marianus anführe: ı t& vüzvedü 064 svoJi xal autos Enapas Toü; Opdarnou; auto Luk. 6, 20; imejei usi slysati da slysitu 9 8! Eywv wra Axovsıy dxoudro Luk. 8,8; süsica jaZe jesi süsalü wastor ous &dmAacas Luk.11,27; vüzlagaatüu na rame svoji Enırldnow Em tous wuous dautod Luk. 15, 5; i vuzloii na nyq race xal Eredrxev aury, Tas yeipas Luk. 13, 13; pripade kolenoma rposenesse Tols yövaoı Luk. 5, 8; jako podünozije jestu nogama jego dtı LronddLdv &stı twv roöwv aurod Matth. 5, 35.

2) Paarıge Geräthe Aus dem Altindischen führe ich an: dhurijäu die Scheere (bei uns also als Einheit vorgestellt) dvarau die beiden Thürflügel, die Thür, cakrö die beiden Rä- der RV. 10, 85, 11 (mit dve wobei &kam der Gegensatz ist 16), antarau ra$mi die beiden inneren Stränge (AB), artni die beiden Bogenenden, barsau die beiden Zipfel, und mancherlei Opfergeräthe, z. B. adri dıe beiden Presssteine, aranı die beiden Reibhölzer zur Erzeugung des Feuers, sröcau die beiden Löffel, havirdhane die beiden Somawagen. Aus dem Avesta habe ich nur karana die beiden Enden notiert, womit sich ai. dntau vergleichen lässt. Aus dem homerischen Griechisch gehört öoöpe hierher, welches zwar gewöhnlich mit öv0 verbunden wird, aber doch auch so vorkommt, dass man übersetzen muss: die beiden zu einer vollständigen Ausrüstung gehörigen Speere, (dusero Teuysa xaAd repl ypot, y&vro 8& Soüpe N. 241, vgl. Il 139); aus dem Attischen z. B. xoddpvw, Evpötlw (in oreoayı; Evpötw Oppos Lrrodspts ein Kopfband, die beiden (zu einer weiblichen Toilette gehörigen) Ohrringe, eine Kette, ein Halsband, vgl. Wackernagel a. a. O. 199). Mit dem attischen xod6pvw ver- gleicht sich das altkirchenslavische sapoga die Schuhe, z. B. remenü sapogü Jjego tov Inavra Tuv DROÖNATWV MUTOD Joh. 1, 2, 7.

3) Paare zusammengehöriger Wesen. Dahin rechne ich zunächst die Paare von Zugthieren, z. B. ai. d$va die beiden Pferde, hom. !rxw, ai. atya die beiden Renner, Aari die beiden

$40—41.) Kap. II. I. Der elliptische Dual. 137

Falben des Indra, gavau und anadvahäu die beiden Zugochsen, homerisch ßde, ai. $vanau die beiden Hunde des Yama. So- dann zusammengehörige Personen wie ai. a$vinau das bekannte Götterpaar, äditya die beiden A., nämlich Mitra und Varuna, av. mainyü die beiden Geister (der gute und der böse), attisch ta Bew, totv Beotv (Demeter und Persephone), totv avaxoıy (dem Dioskuren, vgl. tw ow), toiv Nixaıv den zwei auf der Burg befindlichen Nikestatuen. Von menschlichen Wesen erwähne ich to tapia die beiden Schatzmeister der Demeter und Per- sephone, ebenso raldorw in der alten Inschrift orpa ode Kurwv zalöoıv Enddrxev Bavdvroıv, was Wackernagel 201 offenbar rich- tig deutet als ‘seinen beiden einzigen Söhnen’. Nur aus den arschen Sprachen ist der viel variierte Ausdruck “die beiden Welten’ belegt, so ai. rödası, A$oni, rdjası, av. ahu u. ähnl. $41. Der elliptische Dual (Wackernagel KZ. 23, 303, SF. 5, 98, Reuter KZ. 31, 176 fl). Wenn man die Vorstel- lung zweier gepaarter Dinge erwecken wollte, konnte man sich in alter Zeit damit begnügen, das führende Wort in den Dual zu setzen. So heisst im Altindischen mitra Mitra und Varuna, wsasa Morgen und Nacht, dhani Tag und Nacht, dyaca Himmel und Erde, adhvaryü der Adhvaryu und der Pratiprasthätar (zwei Priester, von denen der zweite der Ge- hilfe des ersten ist) aulukhalau Mörser und Stössel (ulükhala und mtsala), dr$adau der obere und der untere Mühlsteın (drsad und üpalä). Eine Umkehr, so dass man etwa Varuna, die Nacht, die Erde u. s. w. allein setzte, ist nicht möglich. Nur die Eltern können sowohl als pildrau wie als mälarau bezeiehnet werden. Aus dem Avestischen ist dieser Ge- brauch nicht nachgewiesen (ob mit Bartholomae, BB. 9, 301 tafnı als ein solcher anzusehen sei, kann ich nicht beurtheilen), Im Griechischen gehört dahin Kastope, wenn es nachweis- bar ist, und Atavre Ajax und Teukros, wenn Wackernagel Recht hat (SF. 4, 19), im Lateinischen die pluralisierten Duale Castores, Cereres (Ceres und Persephone). Das Germanische liefert das altnordische plurale tantum fedgar Vater und Sohn und das danach gebildete m&dgur Mutter und Tochter. Fedgar

138 Kap.Il. I. Der ellipt. Dual m. einem Ergänzungsdual im Ar. [$41—42.

ıst jedenfalls als Dualis in das Germanische überliefert wor- den, wurde dann aber nach Verlust des Dualis pluralisiert und damit undeutlich, und so erhielt es in Anlehnung an Verwandtschaftsnamen, welche mit einem die Gemeinschaft ausdrückenden Bildungselement versehen waren (wie z. B. got. broprahans) sein Suffix (vgl. meine Ausführung in der Fest- schrift für R. Roth). Eine vereinzelte Spur im Litauischen glaubt Bezzenberger, z. Gesch. d. lit. Spr. 233 gefunden zu haben.

$ 42. Derelliptische Dual mit einem Ergänzungs- Dual im Arischen. Die besprochene Verwendung des Dualıs findet sich auch in anderen Sprachkreisen, so im Arabischen (vgl. F. Praetorius, Anzeige von M. Grünert, die Begriffs-Präpon- deranz und die Duale a potiori im Altarabischen in Kuhn’s Literaturblatt 3, 44 ff.), ist aber, wie wir gesehen haben, im Indogermanischen nicht recht gediehen. In den arischen Sprachen suchte man der ihr anhaftenden Undeutlichkeit ent- gegenzuwirken, indem man dem Dualis des führenden Wortes auch noch das zweite anfügte, und zwar, von dem Streben nach Kongruenz geleitet, auch dieses im Dual, z. B. mitra varuna. Ursprünglich waren die beiden Duale als zwei ge- trennte Wörter empfunden, wie sie denn auch durch Wörter oder ein Wort getrennt sein können, und zwar nicht bloss durch enklitische wie nas, ha, ca (RV. 1, 61, 14, wodurch beide Duale an etwas Vorhergehendes angeschlossen werden), cıd asmat, (welches vielleicht einmal enklitisch gewesen ist), oder das Verbum, welches, wenn nicht ein Vokatıv vor ihm steht, en- klitisch ist (rejete, rakgatam), sondern auch hochbetonte Wörter, 80: yds, y6 vam, ha yds, ydm agnim, ca yani, kds, ko vam, yuvdm, adyd, yajhäih, väjaya, hötraya, barhih sadatam u.s. w. Besonders weit sind sie getrennt in dem Satze: dd u tyac cakgur mähi mitrayor ah Eli priydm varunayor ddabdham herauf heran kommt das grosse liebe Auge des Mitra und Varuna, das unverwüstliche RV. 6, 51, 1. Vereinzelt kommt auch vor, dass dem Dual des einen Wortes der Singular des anderen angefügt wird: mitra tana nd rathya vdrund yas ca

$42—43.] Kap. II. I. Zeei und beide bei dem Dusalis. 139

sukratuh 8, 25, 2 (wobei ich die Worte tdna na rathyu nicht sicher zu übersetzen weiss). Allmählich indessen sind die beiden Duale immer mehr zusammengewachsen. In unseren Texten werden sie, wenn sie unmittelbar neben einander stehen, in eins geschrieben; die nächste Stufe ist, dass das so entstandene Wort nur einen Accent erhält, (so steht z. B. indrapu$nös neben indrapusana), und schliesslich kann der erste Bestandtheil auch in der Stammform auftreten (wie bei Reuter genauer dargelegt ist. Im Avesta werden die beiden Duale getrennt geschrieben, aber nach Bartholomae, BB. 10, 268 nie durch ein anderes Wort als durch ca getrennt, welches übrigens wie im Veda das Dualpaar nicht unter sich, sondern mit etwas Drittem ver- knüpft. Beispiele sind: mipra ahura z.B. von yazamatde “wir verehren’ abhängig yt. 10, 145, mit dem singularischen Verbum verbunden ebenda 113: tada no Jamyap avainhe mibra ahura berezanta dann sollen uns zu Hülfe kommen Mitra und Ahura, die beiden hohen; axtare agprya agprapaiti zwischen Schüler und Lehrer, yt. 10, 116; pasu vira “Menschen und Vieh’ geht auf einen kollektiven Singular zurück. Beispiele sind: nor me ärhätem (überliefert ist dnhäptem) pasvira würden mir nicht gehören Menschen und Vieh yt 13, 12; braprai pasvä virayä zur Erhaltung von Mensch und Vieh, yt. 13, 10; zsvida äzui Milch und Fett; apa urvaıre Wasser und Pflanzen; ulayut: tevisi Stärke und Kraft; Aaurvaia ameretäta Heil und Unsterb- lichkeit ?).

$43. Zwei und beide bei dem Dualis. SF. 5, 99 habe ich gezeigt, dass durch ai. doau die Zweizahl aus der Zahlen- reihe hervorgehoben wird, z. B. @ dvabhyam häribhyam indra yahy a catürbhih komnı mit zwei Falben, o Indra, mit vieren

1) Es giebt noch eine Anzahl von elliptischen Dualen, welche ich oben absichtlich übergangen habe, weil sie Wörter zur Grundlage haben, welche lediglich durch das Suffix verschieden sind. Dahin gehören ai. ddmpati Hausherr und Hausfrau, ferner nach Pänini, 1, 2, 65ff. drähınanau Brahmane und Brahmanin, bhrätaräu Bruder und Schwester, $vafurau Schwiegervater und Schwiegermutter. Ihnen entsprechen die pluralisierten gr. deorörar, lat. fratresu. ähnl., lit. tevai die Eltern zu t&vas Vater, vgl. $ 54 (elliptischer Plural).

140 Kap. II, I. Zwei und beide bei dem Dunlis. [$ 43.

RV. 2, 18, 4; jyejthüa üha camasa dva kareti kaniyan trin krnavamety aha der älteste sagte: mach zwei Schalen, der jüngere sagte: wir wollen drei machen 4, 33, 5; 26 dve vasu- mati samici indra a papräu prihivim uld dyam er der eine Indra erfüllt zwei reiche zusammengehörige Wesen, nämlich die Erde und auch den Himmel 3, 30, 11. Auch ist bereits ebenda S. 100 hervorgehoben worden, dass bisweilen die Lage so ist, dass man sowohl beide als zwei gebrauchen könnte. So redet man z. B. von den beiden Schlachtreihen (Arandasi, sene, ‚Jänäu), kann aber natürlich auch von ‘zwei’ Heeren reden, die zusammentreffen. Auch über einige Stellen, welche Ausnahmen bilden oder zu bilden scheinen, ist daselbst gesprochen. Durch ubhau dagegen wird die Zusammengehörigkeit der beiden im Dual ausgedrückten Dinge betont, so heisst z. B. ubhabhyam panibhyam AB. 8, 6, 2 mit beiden Händen (pambhyam mit beiden Händen); ubAau samudrav a kföli yaß ca pürva uta- parah er bewohnt die beiden Meere, das östliche und das west- liche RV. 10, 136, 5. Darum steht denn ubhäu auch in einem zweiten Satze, eine Zweiheit des ersten Satzes aufnehmend, 2. B. hantıi rak$6 hanty äsad vadantam ubhav indrasya prasilau $ayäte er schlägt den Unhold, schlägt den unwahr redenden, beide sind dem Indra verfallen RV. 7, 104, 13. Ebenso bei Homer, z. B. öeöre ööw por Eresdov geht mit mir, zwei an der Zahl X 450, vw 8 oloroıv bo waoyava nal Öuo doüpe xaAlı- nesıv al Sord Podypıa yepalv Eesdar n 295; 5 od bo Y Avöpe Feporev oloı vöv Bporot eis‘ 5 dE yıv bea nalle xal olo;s E 303; tu 8 Apmpis ppoveovre bw Kpdvou vis xparaım Avöpasıy Apwessıv Ersöyerov Akyca Auypa Zeds .. Tlosstsawv N 345. Natürlich wer- den oft, wie in dem letztangeführten Beispiel, zwei von meh- reren Söhnen eines Mannes als ö40 ratös bezeichnet, so 2. B. in den Worten des Priamos do raide Auxdova xat TloAdöwpov X 46. In anderen Fällen (z. B. B 732) bin ich zweifelhaft, ob nicht einzige Söhne gemeint sind, und sehe nicht recht ein, warum die Zweizahl besonders hervorgehoben wird; so in Arpeida, das öfter ööw neben sich hat. Warum neben Atavre oft Atavre bw oder 60 Alavres vorkommt, wäre noch festzu-

$ 43.) Kap. I. I Zwei und beide bei dem Dualis. 141

stellen. Natürlich kommen auch bei Homer Lagen vor, in denen man zwes oder beide sagen kann. So sind öoöpe die beiden zu einer Ausrüstung gehörigen Speere, ö60 doüpe aber zwei Speere, welche jemand aus der Zahl der ihm gehörigen in den Kampf mitnimmt, was dann sachlich auf dasselbe heraus- kommt. Wenn Hephaistos 9 312 sagt dtap oO Ti por aittos allos, alla toxze öbw, so braucht er ööw, weil er die zwei Per- sonen im (Giegensatz gegen die unzähligen anderen denkt. Hätte die Zusammengehörigkeit der beiden unter einander hervorgehoben werden sollen, so würde aupw gesetzt worden sein. Wie schon S. 134 bemerkt wurde, kann etwas mit ö4w eingeführt und mit dem blossen Dual darauf zurückgekommen werden, z. B. 75 pa bw telanwve nepl arndeocı terasdrv, tw ot pusdadı,y Tepeva ypoa = 402, vgl. 2579 und sonst. Ayupw wird wie ubhau gebraucht, z. B. ri; 82 dbw yevoneoda, od d dupw Geporounasisg D 89; Atlas xal ahpuxe öbw renvundvw Appw 1 689. Der Unterschied zwischen einem in der Anaphora stehenden ööo (was später wohl stets den Artikel haben müsste) und apcw ergiebt sich aus einem Satze wie: \lrpıovns 5 dvasıpe Sbw ypu- ooto ralayra die vorher erwähnten, als Preis ausgesetzten W 614 (duo hiesse: beide, nicht etwa eines derselben). Dem alt- indischen und griechischen Gebrauch entspricht genau der alt- kirchenslavische, z. B. ne imamü side veäte peti hlebü i rybu duvoju obx atolv Apiv nAetov 7) nevre Apror xat 860 tXdües Luk. 9,13; clovekü jedinü ime düva syna dvdpwrös Tıs elye 800 vlods Luk. 15, 11 (gleich darauf anaphorisch: miniys synu jeju der jüngere dieser beiden Söhne 12); ebenso düva slepica zwei Blinde, dann nach- dem sie hierdurch eingeführt sind slepica die beiden Blinden Matth. 9,27; posla düva ucenika Areoterle dbo nadınras Matth. 21, 1 (darauf 6 vcenika die beiden Jünger). Luk. 7, 19 heisst es: prizüvavu duva jetera otü ucenikü posüla rposxalssapevos Jo was Ersubev, darauf: prisidüsa Ze njemu maZa rekosta rapa- yevopevor 68 npüs aörov ol Avöpes elnov. Ebenso werden die Schiffe des Petrus und seiner Genossen eingeführt mit düva: i videvü düva korabica stojesta xal eide Suo rAota &orara Luk. 5, 2, dann heisst es oSidüse otü njeju Arodavres An adrav und gleich

[$ 43—44.

142 Kap. II. I. Dualia tantum.

darauf jJedinü otu korabiczu Ev twy rlotov. Und so an sehr vielen Stellen. Obda übersetzt dugötepos des griechischen neuen Testaments, z. B. wird erzählt, dass die Schiffer auf dem einen Schiffe auch die auf dem anderen herzuriefen, um die Masse der gefangenen Fische zu bergen, und dann heisst es: i pridose sv isplünise oba korablja xal Hidov xal Erircav Aucorepa ta nlota Luk. 5, 7. Nachdem Zacharias und sein Weib ge- nannt sind, heisst es beasete zE oba pravidüna Taav 52 Ölxaroı ayumotepoı Luk. 1,6. Sodann steht oda für oi öbo u. s. w., z.B. Ioanü i otü ucenikü jego düva 6 "lwavıns xal dx av nadırrav aötoö öbo Joh. 1, 35, und gleich darauf: i söysaste i oba ucenika glagoljasti xal Nxovoav aüurod ol 8V0 nadrral Auloüvros 37; 3 pojemu Petra i oba syna Zebedeova xal napaladwv tüv Il&rpov xat tous 600 vlous Zeßeöalou Matth. 26, 37. Bezeichnend für diesen Ge- brauch ist, dass man statt düva na desete “zwölf” oba na desete sagt, wenn von den bekannten zwölf, nämlich den Aposteln, die Rede ist, z. B. Luk. 9, 1.

$44. Dualıa tantum. Einige der angeführten Duale haben keine anderen Numeri neben sich, z. B. ai. a$rina die beiden Götter, welche stets als ein Paar vorgestellt werden. Indogermanische Bezeichnungen für die Begriffe Eltern und Eheleute (bei denen wir den Dual erwarten würden) sind, wie ıch in meinen Verwandtschaftsnamen S. 74 und 61 gezeigt habe, nicht vorhanden gewesen; dagegen könnten die Plurale der Einzelsprachen, wie z.B. lat. parentes, ahd. kiwun wohl auf ältere einzelsprachliche Duale zurückgehen. Eine andere Gruppe bilden Wörter für Dinge, die den ältesten Zeiten als etwas Ge- doppeltes erschienen, während in jüngeren Perioden der Ein- druck der Einheit überwog. Dahin gehört das Wort für ‘Nase’, welches im älteren Indisch nur Dual ist, später auch Sıng., und dessen germanische Form vielleicht noch (wie Kluge meint, vgl. Brugmann 2, 642) im ags. nosu einen Rest des alten Dual zeigt. Ferner Wörter wie ai. Auift Bauch (eig. die beiden Bauchhöhlen), woneben aber im AV. auch der Sing. auftritt; bhedau weibliche Scham ($&p6 römanvantäu bhedau var in mandüka ichati das männliche Glied sucht die haarige Scham,

$ 4445.) Kap. U. I. Dualis in den Einzelsprachen. 143

der Frosch das Wasser RV. 9, 112,4), ebenso muskäu, das eigent- lich ‘die beiden Mäuschen, Muskeln’ bedeuten soll, und sowohl für die beiden Hoden, als für die weibliche Scham gebraucht wird; bhurijau Scheere.

$& 45. Bemerkungen über den Dualis in einzelnen Sprachen, und Schluss. Avestisch. Nach Spiegel, Gr. 404, Geldner, Studien 151, kann der Dual von srva Nagel gesetzt werden, wenn die Nägel an beiden Händen gemeint sind. Danach sind also die Nägel jeder Hand zu je einer Einheit zusammengefasst. Auch der Dual von argusta Zehe soll ebenso gebraucht sein. W. Ohler ın seinem nützlichen Programm über den Gebrauch des Duals bei Homer {Mainz 1884) führt S. 24 einen Fall an, der ihm ähnlich zu liegen scheint, nämlich “00m GE xpıvdivte öbw xal nevrmxovra Brtnv D 48, wozu er be- merkt: “Diese 52 Jünglinge bildeten nachher als Ruderer zwei Reihen, wodurch also der Begriff ‘Paar’ wieder nahe liegt, nämlich 26 Paare, so dass wohl mit Rücksicht hierauf der Dichter den Dual anwandte.” Indessen diese Anschauung ist nicht die richtige, der Dual hängt vielmehr von dem führenden Zahl- worte ‘zwei’ ab, wie im Aksl., wo bei düva na desete ‘zwölf’ das zugehörige Substantivum ım Dual steht, z. B. düva na desele koa zwölf Körbe Joh. 6, 13.

Griechisch. Bei Homer ist der Dual bereits stark im Schwinden. So wird z. B. das Wort für Eltern bis auf eine Stelle stets ım Plural gebraucht; paarweis auftretende Glieder erscheinen in beiden Numeri (yeipes, mit Beziehung auf eine Person gesagt, häufiger als yeipe, oudaApol, dupara, wpoı U. 8. W.), wofür ein charakteristisches Beispiel ist: xa{l $ anopöpkaro yepal zapsıas awvro&v te 0 200. Zwei Duale, in dieser Art verbunden, kommen nach Ohler nicht vor. Oft macht es uns den Ein- druck, als ob das Versmass den Ausschlag für die Wahl des Numerus gegeben habe, z. B. fxa 8 &yw xadunepde nodas xal xiipe pepesdar n 442. Bei Aupw und Apgyorepos, wo man am sichersten den Dual erwarten sollte, stehen beide Numeri gleich- mässig; ebenso bei öuw. Vermuthlich erklärt sich dieser Zustand aus den Schicksalen des homerischen Epos.

144 Kap. I. TI. Dualis in den Einzelsprachen. [$ 45.

Litauisch. Im preussischen Litauisch ist der Dual stark ım Schwinden, ın andern Dialekten besser erhalten. Da ich mit diesen Verhältnissen aus eigener Kenntnis nicht näher ver- traut bin, begnüge ich mich, die folgenden Worte Brückner’s (aus Jagie’s Archiv 3, 263) anzuführen: Für die heutige Sprache ist der Thatbestand der, dass ‘der Dual in den meisten Gegenden Litauens im Verschwinden begriffen ist; indes auch da, wo er noch besteht, kann man für den Dual immer auch den Plural setzen’ |Kurschat $ 1299); schon unsere ältere Überlieferung bietet für dieses Übergreifen des Plurals einzelne Belege (Bezzen- berger S. 233); der alte Gen. und Lok. Dualis sind ganz ver- loren gegangen. Interessant ist die Beobachtung, dass z. B. in Wiekszny (Kurschat $ 609) das Femininum den Dual bereits aufgegeben hat, das Maskulinum aber noch nicht; es heisst hier dvi rufkas, dvi bainıjczas, aber noch du möstü. In manchen Dialekten ist das Gefühl für den Dual so erloschen, dass sogar nach dem Zahlworte für ‘zwei’ die Pluralformen gesetzt werden: du vyrai, du pönai (für dd vyru, da ponü). Im Lettischen ist heute der Dual ganz verschwunden (vgl. auch Leskien-Brug- mann S. 297).

Slavisch (Miklosich 4, 40ff). Unter den lebenden slavischen Sprachen haben das Neuslovenische, Ober- und Niedersorbische den Dual nach Miklosich in annähernd derselben Ausdehnung wie das Altkirchenslavische erhalten, während die übrigen Sprachen das Gefühl für die grammatische Kategorie dieses Numerus verloren haben, aber noch einige versteinerte Reste besitzen. Unter diesen ist folgender von besonderem Interesse. Nach dva und oda ist (insbesondere bei den o-Stämmen) die alte Dualform erhalten und sie hat sich sogar auf die Ver- bindung mit ‘drei’ und ‘vier’ ausgedehnt, z. B. serb. dva velika hrasta zwei grosse Eichen, {ri und Cetiri sina, russ. dva, tri, ceiyre celoveka u. s. w. Offenbar ist die Dualform auf a in dieser Lage auch bei Substantiven erhalten geblieben, weil dva und oda ebenfalls auf a ausgehen. Der Grund aber, weshalb auch die Zahlen ‘drei’ und ‘vier’ mit ergriffen worden sind, liegt darin, dass im Slavischen mit ‘vier ein Konstruktions-

$45.] Kap. U. IL Dualis im Polnischen. 145

gebiet abschliesst und mit ‘fünf’ ein neues beginnt.!) Ausser dem Serbischen und Russischen will ich hier das Polnische erwähnen, indem ich aus einer höchst lesenswerthen Abhand- lung von Baudouin de Courtenay über einige Fälle der Wirkung der Analogie in der polnischen Deklination in Kuhn und Schleicher’s Beiträgen 6, 19 ff. einiges mittheile. In der früheren polnischen Sprache so führt B. von 63 an aus war der Dual im Gebrauche und seine Anwendung nimmt erst mit der Zeit ab. Doch ist auch in den ältesten Denkmälern sein Ge- brauch fast nur auf Namen der paarigen Körperglieder (meist mit Pronomina possessiva) und auf die mit den Zahlwörtern dwa zwei), oda (beide) u.a. verbundenen Substantiva beschränkt. Von den Wörtern, welche paarige Glieder bedeuten, sind einige Dualformen übrig geblieben, sie werden aber als Plurale em- pfunden. ‘Die Form rece (Hände) kommt auch in der Schrift-. sprache vor, aber sie ist jetzt Plural geworden, und von irgend einer Mehrheit von Händen wird niemals reki, sondern nur rece gebraucht; reAs existiert gar nicht als Nom. und Akk. Plur.’2) (S. 70). “Die jetzt gebräuchlichen rekoma, uszyma, oczyma and keine Duale mehr, es sind der Bedeutung nach lauter Plurale, neben den eigentlichen Pluralformen rekami, uszamı, oezami üblich’ ($. 74). Der Übergang dieser Formen von dua- lscher zu pluralischer Bedeutung dürfte sich in Sätzen voll- zogen haben, wie sie oben 8. 136 angeführt worden sind, z. B. aksl. vilozite oy us vası slovesa si Beode üpeis eis Ta wra day Tods Adyoug tourous Luk. 9, 44. Hinsichtlich der

it} Natürlich gerieth man bei diesen erstarrten Formen mit der Kon- gruens in’s Gedränge. Für das Sprachgefühl verbinden sich die Formen auf a mit dem gleichlautenden Genitiv des Singularis. Da nun aber doch nieht von einem Singularis die Rede ist, so bleibt nichts übrig, als das Adj. in den Plural zu setzen. Und so ergiebt sich als Kongruenzform der Gen. plur., z. B. cdiychü tri goda drei ganze Jahre. Darüber wird in der Lehre von der Kongruenz zu handeln sein. Hier habe ich die Sache nur erwähnt, damit nicht die Kongruenzverhältnisse als Gegengrund gegen die Auffassung als Dual geltend gemacht werden können.

2) Im Lok. Plur. dagegen wird die echt pluralische Form rekarh ge- braucht. Sokam denn der dualische Gen. Lok.reku zum Singular. Man sagt ı.B. na reku prawym, empfindet die Form also als maskulinisch. (S. 77.)

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. L 10

146 Kap. II. IL Singularis und Pluralis. [$ 45.

Verbindung von dwa und oda mit dem Dual sei bemerkt, dass auch das Fem. und Neutr. vorkommt, letzteres z. B. in dwie _ $cte zweı hundert, im fünfzehnten und sechszehnten Jahrhun- dert noch als zwei Wörter, jetzt als ein Wort gefühlt. Ebenso dwie lecte zwei Jahre, das noch jetzt in der polnischen Volks- sprache vorkommt, wonach denn auch Irzy lecie, etery lecie für und neben irzy lata, ctery lata gebildet ist (S. 67; vgl. oben das Russische).

Zum Schluss will ich noch mit einem Worte darauf hin- weisen, wie es wohl gekommen ist, dass der Dual in einer Reihe von Sprachen verloren ging. Aus der Urzeit waren Dual- formen in Verbindung mit den Wörtern für zwei und beide überliefert. Es ıst wohl klar, dass ın der ersteren dieser Ver- bindungen der Dual leicht durch den Plural ersetzt wurde (den er selbst vielleicht in der fernsten Urzeit erst verdrängt hatte, s. oben S. 134), da der Numerus, der mit dre: und vier verbunden wurde, sich naturgemäss auch bei zwei einstellte. Aber auch der Dual neben beide war dem Verschwinden ausge- setzt, da zum Ausdruck des dualischen Sinnes das Wort beide genügen konnte. So ist es denn ganz natürlich, wenn, wie es im Lateinischen geschehen ist, zwar der Dual im übrigen verschwand, aber an den Wörtern duo und amdbo blieb. Was den nicht mit zwes und beide verbundenen Dual betrifft, so führte das Nebeneinanderstehen von Sätzen mit einem und mit meh- reren Subjekten (z. B. er hebt, sie heben die Hünde empor) leicht zu einer Vermischung der Numeri und damit zur Aufsaugung des Duals. Über diese Verhältnisse wird bei der Lehre von der Kongruenz gehandelt werden.

11. Singularis und Pluralis.') Es giebt eine Masse von Begriffen, welche bald singu- larısch, bald pluralisch aufgefasst werden. Häufig zeigt sich

1) Über singularia und plurelia tantum und was dazu gehört ist noch wenig gearbeitet. Einige allgemeine Gesichtspunkte bietet ein Aufsatz von

545—46.] Kap. II. II. Begriffe der Masse. 147

in einer und derselben Sprache die doppelte Auffassung. So haben die Inder, indem sie entweder die beweglichen Wellen oder das Element an sich vor Augen hatten, für “Wasser” so- wohl das pluralische apas als das singularische udakdm. Sehr oft gehen aber auch die Sprachen auseinander. So ist z. B. das germanische Eiter singularisch, das litauische püliai aber pluralisch (wie denn überhaupt das Litauische unter den hier behandelten Sprachen die grösste Vorliebe für den pluralischen Ausdruck haben dürfte). So gross aber auch die Mannigfal- tigkeit ist, empfiehlt sich doch eine zusammenfassende Behand- lung, weıl überall ungefähr dieselben Begriffsgruppen in Frage kommen. Das freilich muss man zugestehen, dass unser Material selten ausreicht, um mit einiger Sicherheit sagen zu können, wie der Zustand in der Ursprache gewesen sein mag. Um wenigstens das Wichtigste vorzuführen (denn auf eine er- schöipfende Behandlung ist es nicht abgesehen), habe ich fol- gende Gruppen aufgestellt:

1) Begriffe der Masse.

2) Körpertheile.

3) Geräthe und Lokalitäten.

4) Zeitabschnitte, Feste, Mahlzeiten.

5) Verschiedenes.

6) Abstrakta, welche ın die konkrete Bedeutung hinüber- schwanken.

An diese Paragraphen, welche die Hauptmasse ausmachen, schliessen sich einige Worte über singularia und pluralia tan- tum, den Übergang vom Singular zum Plural und umgekehrt, und endlich den elliptischen Plural an.

$46. Begriffe der Masse. Die als Masse auftretenden Erscheinungen eignen sich im Grunde genommen gleich gut für den singularischen wie für den pluralischen Ausdruck. Der

Tobler in Lazarus und Steinthal’s Ztschr. für Völkerpsychologie, 14, 410 ff., eine Darstellung des homerischen Gebrauchs Juhl, de numeri pluralis usu homerieo, Halle 1879 (Diss.). Wünschenswerth sind vor allem monographische Darstellungen der Erscheinungen auf dem baltisch-slavischen Gebiete, die von mir nur in gehr dürftiger Weise berücksichtigt worden sind.

10*

148 Kap. I. II. Begriffe der Masse. [$ 46.

Singular stellt sich ein, wenn die Vorstellung des ununter- brochenen Ganzen überwiegt, der Plural, wenn die Theile vor- schweben, die man doch meistens mit grösserer oder geringerer Deutlichkeit unterscheiden kann. So ist z. B. Schaum bei uns sing., das gleichbedeutende aksl. peny aber plur., Fleisch sing., xp£a aber plur. u.s. w. Dieser Unterschied in der Auffassung hat sich aber im Laufe der Zeiten verwischt, so dass bei solchen Wörtern zwischen Singular und Plural nur noch ein Unter- schied der äusseren Form besteht. Es kann aber ein wirklicher Unterschied herbeigeführt werden, wenn neben einem geläu- figen Plural im empfundenen Gegensatz dazu ein Singular gebildet wird und umgekehrt. In solchen Fällen bedeutet dieser Singular gewöhnlich ein aus der Masse herausgenom- menes Einzelstück, z. B. xpdas ein Stück Fleisch neben xpea Fleisch, manchmal auch eine andere Schattierung des Begriffes, z. B. aX; Salzkorn, aber auch Meerfluth, neben les Salz. Neben einem derartigen Singular kann nun auch ein Plural auftreten. So heisst z. B. lat. aera Erzstücke, carnes Fleisch- theile, ai. $4kani Mistklumpen. Doch ist nicht etwa nöthig, dass diese beiden einander entsprechenden Nüancen des Sing. und Plur. aus demselben Wortstamm gebildet werden, sie entsprechen einander vielmehr nur als Typen. Ausser diesem Plural giebt es noch eine zweite Art. Es werden nämlich nicht Stücke, sondern Arten unterschieden, z. B. die Fette neben das Fett, oder es wırd irgend eine besondere Erscheinungsform pluralisch bezeichnet, z. B. Zactes “der Same der Fische’.

Neben den Begriffen der Masse, von denen bisher die Rede war, giebt es andere, bei denen das Einzelwesen, deren Summe die Masse ausmacht, deutlicher hervortritt, z. B. Thier- und Menschenmassen. Bei ihnen wird oft der Singular da gebraucht, wo nicht bloss ein Einzelwesen vorgestellt werden soll, z. B. wenn Scheffel im Ekkehard sagt: und der Fisch weıtum hat damals (als alles Ungeziefer in den See getrieben wurde) einen guten Tag gehabt. Am bekanntesten ist die Aus- drucksweise bei Menschen, wie der Franzose ist ın’s Land ge- kommen u. ähnl. Sie breitet sich aber auch auf andere

$ 46.) Kap. II. II. Begriffe der Masse. 149

hiermit in Zusammenhang stehende Begriffe aus. So heisst es 1. B.RV. 3, 33, 9 yayau dürad dnasä rdthena ich bin weit her- gekommen mit Last- und Streitwagen (vgl. griech. &ori;). Offenbar liegt eine Verschiedenheit zwischen dem sogenannten kollektiven Gebrauch, wie z. B. bei ö4xpv, und diesem von Fisch, Franzose u. 8. w. vor. Im erstern Falle sieht man von den einzelnen 'Thränentropfen ab und sieht nur auf den Thränen- strom, im andern Falle (den man repräsentierend nennen könnte) hebt man das Einzelwesen hervor, aber nicht als ein in irgend einer Weise konkret bestimmtes, sondern nur insofern es den Begriff als solchen darstellt, wodurch denn besonders scharf ausgedrückt wird, dass sich alle zugehörigen Einzelwesen der Natur ihres Begriffes nach ebenso verhalten. Man kann des- halb fragen, ob ich recht gethan habe, die beiden Gruppen (Begriffe a) der Masse, b) der Summe) in diesem Paragraphen zu vereinigen. Ich habe es gethan, weil die Grenzen manch- mal schwer zu ziehen sind und die Auffassung manchmal zweifelhaft sein kann. So empfinde ich z. B. in daxpu xduv einen kollektiven Gebrauch, glaube also, dass man sich nicht eine einzelne Thräne vorgestellt hat, in dem Goethe’schen die Thräne quillt, die Erde hat mich wieder aber einen repräsen- tativen Gebrauch. Indessen ist es ja möglich, dass andere anders empfinden, und ausserdem wäre es doch nicht empfehlens- werth, öaxpo und T’hräne ın der Behandlung zu trennen. Ich habe also die beiden Gruppen in einander verfliessen lassen.

Es folgen nun eine Anzahl von Belegen in gleichgültiger Reihenfolge. Wasser: ai. udakd ist sing., dagegen äpas fast durchaus plur. (vgl. SF. 5, 101). Auch der Gathadialekt kennt das Wort nur im plur. nach Spiegel 294 ; 5öwp ist bei Homer stets sing. bis auf ödar alt vaovra v 109 (dagegen roddvırıpa Fussbad und Aoetpa Bad sind stets plur., wobei man wohl an das zusam- mengegossene kalte und warme Wasser gedacht hat}; lat. aguae ist üblich, wenn von dem an verschiedenen Orten vorhandenen Wasser oder wenn von Heilquellen die Rede ist; ahd. se und wazzar ist sing., ebenso das lit. vandü. Aus dem Slavischen liesse sich russ. 9007 Spülicht vergleichen und etwa noch russ. slyuni

150 Kap. II. II. Begriffe der Masse. 5 46.

Speichel (aber aksl. slina sing.), aksl. peny Schaum (z. B. peny teste ägpilov Mark. 9, 20). Thräne: ai. d&ru kann singu- larisch kollektiv stehen, z. B. ydd dbru sämkfärstam äsit die Thränen, welche zusammengeflossen waren SB. 6, 1, 1, 11, doch auch plur., z. B.im AV.; ebenso im Griech., z. B. dalepöv xard ddxpu x&ovtss x 201; Zacrıma Sing. und plur.; got. tagr ist in unsern Texten nur im sing. belegt. Über Träne vgl. Kluge im Wb. Das litauische Wort wird meist im plur. gebraucht: @szaros. Mit den Wörtern für Thräne vergleiche man auch lit. sakai Harz. Blut: ai. dsgj und das spätere löhtta scheinen nur sing.; neben ain« kommt auch aluara vor, z. B. Bpdrera alpara bei Äschylus, neben lat. cruor auch cruores (Virgil), sanguines erscheint erst spät; unser B/ut ist nur sing.; im Litauischen bedeutet nach Kurschat kraüjas Blut, Araujai Blut als Masse. Milch: ai. payas be- deutet im RV. nach Grassmann Milch, pdygst Milch, Milch- tränke, Milchströme, ebenso kommt Afird im sing. und plur. vor, dadht saure Milch ist wohl nur sing. ; yaAa, bei Homer nur sing., erscheint bei Plato auch plur.; lat. /ac Milch, Zactes Gekröse oder Same der Fische; das germanische Milch kennt nach dem Wh. den plur. nur im Friesischen (ar thet lond thet flät fon melokon and fan hunige) ; lit. penas Milch, penai Samen der Fische (vgl. auch ikrat Rogen). Dieselbe Bedeutung hat der russ. Plural molokt (vgl. dagegen russ. sliokt plur. Schmand). Fett: ai. sarpıs ist im RV.und AV.nur sing., später auch plur., das vedische p?vas nursing., ghytd Butter und ajya Opferschmalz sing. und plur.; ordap scheint nur sing.; neben lat. adeps findet sich auch adipes; lit. taukai Fett, taukas Fettstückchen:; Fette bedeutet verschiedene Arten von Fett. Eiter: ai. püya (nachvedisch) scheint nur sing.; so regelmässig rüov, doch kommt auch plur. vor; zu lat. pus findet sich ein Plural bei Plinius; lit. pliat kennt nur den Plural (vgl. auch !rgszkanos Augeneiter), deutsch Eiter nur den Singu- lar. Mark: ai. majjdn ist sing. und plur., in der Prosa scheint es plur. zu sein (vgl. die Aufzählung der Körpertheile T8.7, 3, 16); gr. wueids und lat. medulla sind gewöhnlich sing., kommenaber auch im plur. vor; unser Mark ist sing., lit. smägenes Mark und Hirn, serb. mo2dant Hirn plur. Mist: ai. $&krt erscheint gewöhnlich als

$ 46.) Kap. II I. DD. - Begriffe der Masse. 151

sing., doch kommt auch plur. vor im Sinne von Mistklumpen (vgl. SF. 5, 101 und TS. 5, 7, 23, 1, wo der Scholiast bemerkt: $akänı Sakripindah), üvadhya scheint nur sing., xdrpos ist vereinzelt plur. ; zu stercus und merda kommt auch der plur. vor, dagegen caenum und fmus sind nur sing.; germ. Mist ist sing., lit. meszlas Dünger wird fast nur im Plural meszlai gebraucht. Unter ‘Koth’ bemerkt Kurschat: szUdas, eine grössere Masse dagegen szüdar. Ebenso soll statt puf'vas Strassenkoth gewöhnlich purva? gesagt werden. Fleisch: ai. amis und Äravis sind nur vedisch und nur sing., mas4 kommt auch pluralisch vor, z. B. mäsani medyato medyantı die Fleischpartien eines Fetten sind fett SB. 11,1, 6,34; xp&as, wenn es im kollektiven Sinne, als Fleisch zum Essen, gebraucht wird, ist plur., z. B. repi p&v oe riov Aavaoı cayırwioı Eöpy Te xpeaolv te 8 161, im Singular bedeutet es ein Stück Fleisch: toöro nöpe xpda; 8 477. Fleisch an leben- den Wesen ist oapxes, einmal bei Homer auch sing.; neben caro Fleisch erscheint carnes Fleischstücke; Fleisch ist sing., ebenso lit.mesa, slav. meso. Rauch: ai. dhumad auch plur., z. B. ud asya Söcir asthäd ud dhumaso arufäsak sein Licht hat sich erhoben, er- hoben auch der rothe Rauch RV.7,16,3; lat. fumus gew. sing., doch ist fums bei Dichtern ziemlich häufig; das entsprechende ht. Wort führt Kurschat als‘ plurale tantum an: dümai (vgl. auch gerai Dampf); xarvd; ist gew. sing., doch z.B. bei Euripides auch xarvot; Rauchistsing. Spreu: ai. tıifa ist gewöhnlich plur., doch auch sing. ohne merklichen Unterschied, so steht das singu- larische zu5a neben dem pluralischen gleichbedeutenden palava lat. palea): tufam palävan dpa vinaktu die Worfschaufel soll Sehale und Spreu absondern AV. 12, 3, 19; ayupov kommt auch pluralisch vor; ebenso ist palea sing. und plur.; germ. Spreu ist sing.; ım Lit. ist p&las Spelz, aber pelat, lett. pelus Spreu, plur. ist auch russ. vyseoki Spreu. Getreide: ai. ydva ist im RV. nur sin- gularisch kollektiv gebraucht, z. B. sakdm gävah süvats päcyate yivö na te väya upa dasyanlı dhendvah zugleich werfen die Kühe, reift die Gerste und deine Milchkühe versiegen nicht, o Vayu RV.ı, 135,8. Im AV. erscheint auch der Plural, so wenn die Asvinä in bezug auf Thiere, die dem Getreide

152 Kap. II. II. Begriffe der Masse. [8 46.

schädlich sind, gebeten werden: chinttäam Sirö dpi prätik Srni- tam, ydvän ned adän dpi nahyatam mükham athäbhayam krnutam dhänyäya schlagt den Kopf ab, zerbrecht die Rippen, damit sie dıe Körner nicht fressen, verbindet ıhnen den Mund und so schaffet Sicherheit dem Getreide 6, 50, 1. 9, 6, 14 werden die ydvas mit den qSdvas, den Schösslingen des Soma, ver- glichen, so dass also die Auffassung von ydräs als einer Ver- einigung von Körnern sicher steht. Demnach möchte yava sowohl Getreide, als Getreidekorn bedeutet haben. In der Prosa findet sich der Singular, den Begriff hervorhebend: ia asya prajäh sr$ta varunasya ydvan Jakfur varunyo ha va ägrö yavah die von ihm geschaffenen Geschöpfe verzehrten die Gersten- pflanzen (das Gerstenfeld', denn die Gerste war ım Anfang varunisch SB. 2, 5, 2, 1 (zu vrihi Reis bemerken Böhtlingk- Roth: “Reis, plur. Reiskörner‘). Dem ai. ydva entspricht Led, bei Homer nur pluralisch, so überhaupt in der Literatur, später auch sing. Über sonstige Ausdrücke für Getreide bei Homer vgl. Juhl 3. Es ist schwer zu sagen, ob ein fühlbarer Unterschied ın der Anwendung der beiden Numeri besteht. Ich möchte glauben, dass z. B. bei dem Plural älyıra in Ext 6 dkyıra Azuxa naluvev A 640 die Vorstellung der vielen Körner vor- schwebt, während in dAotrou lepoo Axtn 631 der Begriff vor- gestellt wird. Aus der nachhomerischen Sprache vergleiche man Ausdrücke, wie xaproö kuyxon.ör, die Ernte Thukydides 3, 15 und äurelov xöntovres Thy nepi Tb iepdv 4, 90; Frumentum ist kollektiv, frumenta Getreidearten. Die Namen für die einzel- nen Getreidearten sind gewöhnlich sing., avenae soll den wilden Hafer bezeichnen, der in einzelnen Halmen hier und da auf- schiesst. Doch steht farra auch in demselben Sinne wie far (also wie Leıal); wir gebrauchen Kor» kollektiv und als Be- zeichnung des einzelnen Fruchtkorns und zu dem letzteren bilden wir den pl. Körner (vgl. yava), die Benennungen der Kornarten sind sing.; im Lit. finden wir den Plural für die Getreidearten, den Singular für das einzelne Korn, z. B. javai Getreide (ydva, Leid), rugiai Roggen (z. B. &jo T rugiüs ging in ein Roggenfeld), rugys Roggenkorn, meäiat Gerste, mäzys

$ 46.) Kap. II. II. Begriffe der Masse. 153

Gerstenkorn, @vızos Hafer, avıza Haferkorn (linai Flachs, linas Flachsstengel) u. s w. Hülsenfrüchte: im Lat. erscheinen se regelmässig im Singular, z. B. ervom datursne estis dubus quod feram (Plautus), seruntur fabae modii quatuor in jugero (Varro), lentim quomodo servarı oporteat (Cato). Doch liegt auch der Plural vor, so bei Virgilund Ovid. Sing.auch im Slavischen, so aksl. bobomi koasenemi pilajemü xuäpors Beßpeyuivors tpepduevos (Miklosich 4,44). Im Ai. ist ma$a sing. die Bohnen-Pflanze, mägäs die Kerne. Sand (Staub, Asche): ai. rend ist im Veda nur sing.; xovir, und $apados scheinen im sing. und plur. gleichbedeutend gebraucht zu sein, xövıs und xovisalos sind immer sing., bezeichnen also die zusammenhängende Masse, singularisch kommt auch xayAr& Kies vor, z. B. ötapwpevor ov xayAnxa den Kies aufgrabend Thukydides 4, 26; pulois erscheint auch im plur., z. B. bei Ho- taz, häufiger ist der plur. von cints, arena hat im plur. die Bedeu- tung Sandflächen (wie russ. peski sandige Gegend, während pesokü Sand bedeutet); das deutsche Sand ist sing.; im Lit. ist die Sandmasse smiltis und smiltys; wenn man sagt: stübq smultimis iszbarstytsı das Zimmer mit Sand ausstreuen, denkt man offen- bar an viele kleine Häufchen, ‘Staub’ heisst im Litauischen dülkes, ıst also plur., während der sing. ein Staubtheilchen bedeutet. Asche heisst pelenai, dazu plenys Flockasche, piksznys glühende Asche mit Funken, alle plur. Stein kann im Deutschen singularisch repräsentierend gebraucht wer- den (z. B. aus Stein gebaut), so im Griech. z. B. Aldoıs re xal xepaup BaAldvrwv Thukydıdes 2, 4, xat Aldous apa xal nAlvdov &x av olxon&öwv xadarpouvres 4, 90. Auch das slavische Aameni kann nach Miklosich 4, 44 so verwendet werden. Holz: ai. daru scheint nicht kollektiv gebraucht zu werden, sondern be- deutet Holzscheit, Holzstück, Pflock, dagegen ist edha Brenn- holz kollektiv und nur sing. (während von idkma Brennholz in der Prosa auch der Plural vorkommt); tuAa bedeutet Brenn- holz, z. B. &xi ö& kula noAla Atyesde 8 507, dagegen £ulov so viel wie daru: Estrxev EUAov adov Ocov 7 opyura W 327; ähnlich ist das Verhältnis zwischen Zignum und /igna; das deutsche Hoiz wırd ım Singular meist kollektiv gebraucht, der dazu

154 Kap. II. II. Begriffe der Masse. [$ 46.

gehörige Plural Hölzer bedeutet Holzarten; über russ. drova Brennholz vgl. Miklosich im Wb. unter dervo. Salz: ai. usa ist gewöhnlich plur., z. B. gavyam mimasamäanäah prchanti santi tatroga3h iti wenn man einen Weideplatz aussucht, fragt man: ist dort Salz? AB. 4, 27, 9; so auch üls;, 2. B. alesaı ye- peypevov eldap A 123, während &A; Salzkorn (008 Aa dolrns p 455) oder Meer bedeutet; sales sind Salzkörner, Salzgeschmack ; dtsch. Salz ist sing.: ebenso lit. druska. Metalle sind gewöhn- lich sing. Kommt der Plural vor, so hat er einen besonderen Sinn, z.B. ai. Airanya Gold, pl. Goldschmuck, Goldschatz; lat. aes (ai. dyas) Erz, plur. Erzstücke. Thiere (Vieh): Das aı. paSü ist im RV. im singularischen Gebrauche gewöhnlich kol- lektiv, 3. B. dSoävantam gömantam pa$um das Vieh, welches aus Rossen und Rindern besteht 1, 83, 4, orayam a pabür gat zum Stalle geht das Vieh 2, 38, 8 u. ähnl. Doch wird es auch von dem einzelnen Stück gebraucht, so wenn Agni ver- glichen wird mit einem pasür avasysfah einem losgelassenen Stück Vieh 10, 4, 3. Im Plural bedeutet es gewöhnlich die verschiedenen Arten des Viehes, 2.B. pasüun ca sthäatfh cara- tham ca das stehende Vieh (wohl die Hausthiere) und alles Bewegliche 1, 72, 6 (anders Ludwig). Oft werden unter den paSävah auch die Menschen mit umfasst, und so ist wohl auch, wenn von einer Frau gesagt wird, sie sei Jiva pasubhyah (10, 85, 44) zu verstehen, sie sei gütig gegen Menschen und Vieh. Dem altindischen Gebrauche entspricht der gotische, wo fatku Vermögen bedeutet (ypnpara, xrnpata, ap- yöprov übersetzend). Wie es gekommen ist, dass lat. pecus orts n. das Vieh als Gattung, pecus üdis f. das einzelne Stück bezeichnet, ist schwer zu sagen (die Vermuthungen von J. Schmidt, Pluralb. 52 über dieses Wort sind recht kühn). Von anderen Wörtern sind noch zu nennen im Altindischen 956 und übva, 2. B. gam dSvam sanuyam Rind und Ross möchte ich ge- winnen RV. 10, 119, 1 (vgl. 8, 30, 4), dve Sate gök zwei hun- dert des Rindes (im Deutschen kaum zu sagen) 7, 18, 22; griech. n innos die Reiterei, 7) xdundos die Kamele. In r inros kann ich nicht mit J. Schmidt, Pluralb. 225 eine

$ 46.) Kap. II. II. Begriffe der Masse. 155

Abstraktbildung erkennen, sondern das Fem. Stute, welches repräsentierend gebraucht ist, vgl. $ 23; aus dem Lateinischen and Wendungen zu vergleichen wie villaque tota locuples est, abundat porco, haedo, agno, gallına, lacte, caseo, melle Cicero de senectute 16; im Deutschen kann man, wie schon bemerkt, Ross und Rind’ sagen wie im Ai. gaur dSvah. Im Slavischen findet sich sko2ü Vieh, ryba Fisch, gadü &prerdv, zmija Schlange u. ähn]. (Miklosich 4, 44). Menschen: An die Spitze stelle ich die Wörter für ‘Leute’: ai. Jana, gr. Aads, unser Leute. Ai. Jana, über dessen Gebrauch Grassmann im Wb. vollständig Aufschluss giebt, bedeutet im Singular ‘der Mensch’, jedoch so, dass die Individualität nicht hervortritt, wir vielmehr auch den Plural anwenden könnten, z. B. yam rak$anti präcstaso vdrund mitrö aryama cit sd dabhyate jJdnah den die weisen V. M. A. be- schützen, der Mensch leidet keinen Schaden RV. 1, 41, 1. Dass es von einer einzelnen umgrensten und benannten Persön- lichkeit gebraucht wird, ist ganz selten (so geht es RV.6, 18, 8 auf Indra). Gewöhnlich heisst es ‘Volk’ im Gegensatz zum Könige, Kriegsschar, Stamm, Geschlecht; im plur. gewöhnlich die Menschen, die Leute, doch auch die Stämme. Ob jJdna ursprünglich ein Einzelwesen oder eine Masse bezeichnete (wie etwa Volk), lässt sich wegen der Vieldeutigkeit des Suffixes a aus der Etymologie nicht bestimmen. Nach dem Gebrauch möchte ich annehmen, dass das letztere der Fall war und dass sch der Plural erst einstellte, nachdem Jana auch zu der Be- deutung eines Einzelwesens gelangt war. Dem indischen Jana entspricht gr. Aads, welches bei Homer im Singular und Plural gleich gebraucht wird, nur dass es im Singular nie auf Einzel- wesen angewendet wird. Die Gleichheit der Bedeutung von Jana und Aad; zeigt sich namentlich darin, dass beide von den . Leuten im Gegensatz zum Fürsten, vom Kriegsvolk und in der Verbindung mit Wörtern, welche ein Amt oder ein Geschäft be- zeichnen, gebraucht werden, z.B.ripavö Janäsah Betrüger (Grass- mann 13), Aaol aorıorat, dypowwra: u.ähnl. Die Etymologie steht nicht fest. Wie mit Aads verhält es sich mit ahd. Ziut, worüber Erdmann 2, 19 sagt: “Einen einelnen Menschen bezeichnet der Sing.

156 Kap. II. IL Begriffe der Masse. [$ 46.

bei Otfrid nie ; wenn diese Bedeutung nach dem got. Juggalaups auch für das ahd. Wort als ursprünglich anzusetzen ist, so ist der hier allgemein gewordene Übergang in kollektive Bedeu- tung dem bei man, gomman vorkommenden zu vergleichen. Zu dieser anzusetzenden früheren Bedeutung passt dann ferner der ahd. männliche Plur. kuf, das ganz gleichbedeutend mit dem Sing. und ebenso häufig ebenfalls eine Menge von Men- schen bezeichnet. Es könnte natürlich auch sein, dass sich die Bedeutungen so entwickelt haben, wie ich bei Jdna ver- muthet habe. Was das entsprechende slavische Wort betrifft, so heisst poln. Zud, Cech. id Volk, auch russ. Yudü koll. Menschen. Das gewöhnliche ist aksl. plur. m. Jyudiye Aacz, OyAoc, Zdvos. So auch in den übrigen slavischen Sprachen, nur im Russischen ist ein singularisches }udi f. vorhanden, welches nach Pavlovskij “Volk” bedeutet. Den slavischen Wörtern ent- spricht lett. Zaudıs plur. Leute. Was preuss. /udıs Wirth ist, lasse ich dahingestellt.

An Jana, Aad;, liut schliesse ich ai. manu, unser Manx. Aı. mänu ıst entweder Eigenname oder im sing. und plur. Bezeich- nung für ‘die Menschen’, z. B. indrö apö münave sasrütas kah Indra liess für die Menschen das Wasser strömen RV. 4, 28, 1. Über Mann s. Erdmann 2, 13. Besonders auffällig ist für uns, die wir den Nominativ mar noch haben, der Gen. oder Dat., 2. B. thie lagun fol al mannes stiaches ınti hammes; gab follon muases finf dusonton mannes (dagegen an einer andern Stelle ‚Kar thusonton mannon). Häufig erscheinen im Singular Wör- ter wie Feind, Krieger u.ähnl., z. B. ai. dasyu Dämon, Barbar, Feind in Wendungen wie: türvantö däsyum aydvo vratälh sik- $antö avratäim die Menschen den Feind überwindend, mit , Gottesdienst den unfrommen RV. 6, 14, 3, bakür var bhavato bhrätroyak vielfach ist der Feind des Reichen TS. 5, 1, 2, 3. Ebenso wird ım Griechischen otparıwrrg, roA&pıos u. ähnl. ge- braucht, und daran knüpfen sich kühnere nachahmende Aus- drücke wie öxtaxıoyılln aszig bei Herodot. Im Lateinischen miles, hostis u. ähnl. Draeger bemerkt in bezug auf Livius: “L. hat oft den Sing. der Völkernamen und Truppentheile:

$46—17.) Kap. IL I. Körpertheile. 157

miles, eques, pedes, hostis, funditor, remex, Romanus, Poenus. Nach Abwechslung strebend, setzt L. in einem Satze Sing. und Plur., ı.B. Hispani milites et funditor Baliarıs, inter Romanos Poe- rumque'. Auch der Gebrauch von mercator bei Livius 10, 17 gehört hierher: tllicıte Zucro mercatorem, ut sequatur agmen. Über fant im Ahd. s. Erdmann 14. Endlich seien noch die Völkernamen erwähnt. Im Ai. des RV. ist oft die Entschei- dung schwierig, ob man den Namen eines Heros eponymos oder eines Volkes vor sich hat. Es giebt aber sichere Stel- len, an welchen unser Gebrauch vorliegt, z. B. ydd ad- yaloina dpäg yat präk sthö ydd druhydvy anavi turcdßs yddau huve vam wenn ihr heute A. im Westen oder Osten seid, bei ‘den Druhyu, Anu, Turvaßa, Yadu, ich rufe euch RV. 8, 10, 5 verglichen mit ydd yadugu druhyüfv anufu pürufu sthäh 1, 108, 8. In bezug auf das Altpersische bemerkt Spiegel?, 190 dass Parsa ebensowohl der Perser als Persien, Mäda der Meder und Medien bedeute, d. h. dass der Singular da steht, wo man nach altem Sprachgebrauch auch den Plural erwarten könnte 'vgl. Genus $ 5). In andern Fällen wechselt sing. und plur. ı.B. Yauna und Yaunäa die Griechen. Dieselbe Erscheinung im Griechischen, Lateinischen, Deutschen ist bekannt.

$47. Körpertheile. Manche Körpertheile, welche ın der Natur doppelt oder mehrfach vorhanden sind, pflegen wir nicht oder selten in der Einzahl zu nennen, so z. B. im Lateinischen scapulae die Schulterblätter, genge die Wangen, malae die Kinn- backen, tonsillae die Mandeln, palpebrae die Augenbrauen, tempora die Schläfen. Von diesen soll hier nicht die Rede sein, da der Singular von ihnen ohne Bedenken gebildet werden kann. Dagegen sind an dieser Stelle diejenigen Fälle zu er- wähnen, in welchen Körpertheile, die uns als Einheit erscheinen, ' durch Dual- oder Pluralformen bezeichnet werden, z. B. unter den altindischen Wörtern nasikö die Nase (eigentlich die beiden Nasenlöcher oder Nasenflügel), grivas der Nacken (eig. die Nackenwirbel), majjänas das Mark.')

I) Eine Aufzählung der Glieder des Opferthieres (unter dem man sich auch einen Menschen denken kann) TS 7, 3, 16 mag hier in ihren wesentlichen

158 Kap. II. I. Körpertheile. [$ 47.

Ich führe zuerst diejenigen an welche sicher pluralisch sind, darauf diejenigen welche wahrscheinlich oder vielleicht aus Dualen hervorgegangen sind.

Zu den ersteren gehört griech. rpdswra und rpoowrare, bei Homer pluralisch gebraucht, auch wenn nur von einem Menschen die Rede ist, z.B. pstördov Blocupois: npoowracı H 212, nur einmal sing.; lat. toles Kropf, gingivae Zahnfleisch (gew. plur.). Bei ‘Bart’ könnte man wohl einen Dual erwarten, doch zeigt ai. $maßrüni (RV. 10, 23, 4 von dem Bart des Indra gesagt) neben $mäßru, dass die Haarmassen vorschwebten (vgl. aus der Prosa: te kö$an dgra "vapanta, ätha Smaßruni, athöpapakfau TB. 1,5, 6, 1). Da nun auch yeveıdös; pluralisch ist (al d& pelay- xpovns yEvero, yvadpol 68 tavuodev, xudvear &ydvovto yeveıdöss aupl y&vsıov zn 176), so wird auch lit. usa# Schnurrbart ein wirk- licher alter Pluralis sein. Mit den Wörtern für Bart vergleicht sich &deıpaı (Juhl 42) und lit. Aafczai Mähne. Bei ai. grivas Nacken (in älterer Zeit immer plur.) ist natürlich an die Wirbel gedacht, wie bei ugnihäs Genick, und dasselbe gilt von gr.

Theilen mitgetheilt werden. Ein svahö wird zugerufen dadbhydk den Zähnen, hanübhyäm den beiden Kinnbacken, öftkäbhyam den beiden Lippen, mükkäya dem Maule, ndsikäbhkyam der Nase, akfibhyäm den beiden Augen, kdrnä- bhyaäm den beiden Ohren, pdkimabhyah den Augenwimpern [im genaueren mir nicht verständlich], färfn& dem Kopfe, bhrübhyäm den beiden Brauen, lalätaya der Stirn, mürdhns dem Vorderkopfe, mastikkäya dem Gehim, köße- bhyah den Haaren, vahäya der Schulter [eigentlich das Stück, womit das Zugthier hauptsächlich zieht], grivabıyah dem Nacken, skandhäbhyah den Schulterstücken [skandhs im RV. nicht belegt, im AV. pluralisch, TS. 5, 7, 18 singularisch als ein in sechs Theile zerlegbarer Körpertheil, bezeichnet irgend welche, mir nicht genau bestimmbare Schulterstücke], kikasabhyak den Rippen- knorpeln, pritibhyah den Rippen, päjasyaya den Weichen, pärfväbhyäm den beiden Seiten, qsahkyam den beiden Schultern, dösabhyam den beiden Vorderarmen, bahubhyam den beiden Armen, jänghäbhyäm den beiden Unter- schenkeln, $rönibhyäm den beiden Hinterbacken, ürubhyam den beiden Schen- keln, afthivddbhyäam den beiden Kniescheiben [es folgt jinghäbhyam zum zweiten Male, vielleicht dass an der ersten Stelle jaghinäbhyam zu legen ist], bhasäds dem Hintertheil, $ikhandebhyah den Haarbüschelnf?), v inäya dem Schweife, andäbhyam den beiden Eiern, $epäaya dem Gliede, retase dem Samen, padbhyah den Füssen, $aphebhyah den Hufen, lömabhyah den Haaren, tvace der Haut, löhltaya dem Blut, mäsäya dem Fleisch, enävabhyah den Sehnen, asthübhyah den Knochen, majjdbhyah dem Mark.

$ 47.) Kap. U. U. Körpertheile. 159

vora (bei Homer häufiger plur. als sing., z. B. äyrv n ol wora xal supgag Aueyev wpoug I 225, doch auch sing. in demselben Sinne, 2. B. änd 8’ adyevos wpov dipyadev 78° ano vwrou E 147), und lat. cervices, das z. B. von Cicero immer pluralisch gebraucht wird, auch wo von nur einer Person die Rede ist; pıvot und bivds “Haut’ scheinen bei Homer gleich gebraucht zu werden, 2. B. Evda x’ ano hivoos öpbpdn e 426 und pivov Ar’ Horedpıv ipuoar £ 134. Für unser “Eingeweide finden sich vielfach plu- ralische Formen, so ai. jathdränt, gr. onlayyva (bei Homer nur plur.), lat. viscera (gew.plur.), erta, pantices, got. hairpra, lit. plekai Fleck (Thiereingeweide). Auch in den »peves, die niemals im Dual erscheinen, sah man ursprünglich eine Mehrheit von Dingen. Es wird bei Homer pluralisch sowohl im eigentlichen (1 504) als im übertragenen Sinne gebraucht, singularisch nur im übertragenen.

Ursprünglich dualisch sind die Wörter für Nase: ai. nds, nasä, nasıka sind im Veda nur im Dual vorhanden, in der Prosa wird deutlich zwischen »asıka Nasenloch und näsike Nase unterschieden. Ebenso verhält es sich mit lat. nares und arts. Unser Nase soll im ags. nosu noch die ursprüngliche Dualform zeigen (Kluge in Paul und Braune's Beiträgen 8, 506), wird aber völlig als sing. empfunden, wie auch lit. nosts sing. ist. Das griechische fi; ist bei Homer im plur. häufiger als im sing, bives bedeutet die Nasenlöcher, z. B. 2v 8’ Ovdou Rofou zATTo orona te bivas te W 777, doch kommt es auch im Sinne von ‘Nase’ vor, z. B. hivas tapveıv y 475, und ebenso wird dann, was offenbar später ist, auch der sing. gebraucht, z. B. piva tauveıv 0 86. Brust: Bei Homer ist orndea nicht nur von den beiden Brüsten der Weiber, sondern auch von der männlichen Brust in Gebrauch und häufiger als otj;do;, auch orepvov und srzpya scheint gleichbedeutend; got. drusts ist nur plur., unser Brust dagegen sing.; aksl. prüsi, serb. prsi, russ. perst (bei Miklosich unter pers?) sind plur., ebenso serb. grudi Brust und njedra Busen ; lit.krutis Mutterbrust sing., lett. Aratis Mutterbrust, Brust plur. Lenden: lat. /umdi (woneben später auch sing. vorkommt) ist nach J. Schmidt, Pluralb. 7, Anm., wo man das

160 Kap. II. II. Geräthe. [6 47—48.

Weitere über die Verwandten des Wortes nachlese, vielleicht auch der Form nach Dual. Dazu lit. strenos Lenden. Ebenso lat. clunes und nates Gesäss. Ferner sind urspr. dualisch lat. renes Nieren, lit. platczas Lunge, lat. diles (was neben dilts vorkommt) Galle, wobei nach Neue an die dilts Aava und die bilis atra oder nigra gedacht ist, und wohl noch andere mehr.

Manchmal bin ıch zweifelhaft, ob ein alter Dualıs oder Pluralis zu Grunde liegt, so bei aksl. u. s. w. usta Mund. Man meint, es bedeute eigentlich “die Lippen’, ich sehe aber nicht, warum es nicht Dual geblieben sein sollte. In der überlieferten Sprache ist es Plural (z. B. Luk. 6, 45), vgl. lit. nasraö Rachen, lat. fauces. Ebenso wundere ich mich über den aksl. Plural tstesa die Nieren. Lit. A2penos Leber ıst wohl ein ursprüng- licher Plural.

$ 48. Geräthe. Dass die pluralische Form auf ursprünglich pluralischer Anschauung beruhte, versteht sich. Wir sehen aber aus modernen Sprachen, dass die Pluralform bleiben kann auch wenn an die Stelle der ursprünglichen mehrheitlichen eine einheitliche Anschauung getreten ist. So heisst engl. news ursprünglich die Neuigkeiten, dann die Zeitung, russ. denige ursprünglich die Münzen, dann das Geld u. s. w. In den alten Sprachen wird es ebenso gegangen sein. So hiess z. B. rostra eigentlich die bekannten Schiffsschnäbel an der Vorderwand der Rednerbühne auf dem forum Romanum, dann diese Bühne selbst, molae ursprünglich die Mühlsteine, dann die Mühle. Als Belege mögen dienen: Wagen. Nicht im Ai. aber in anderen Sprachen kann der Wagen durch einen Plural be- zeichnet werden, weil man an die deutlich unterscheidbaren und selbständigen Theile des Wagens denkt. So bei Homer äppa und äppata (letzteres auch von mehreren Wagen). Ledig- lich Pluralform hat dysa, meist von einem, aber auch von meh- reren Wagen gebraucht; lat. currus kommt im plur. von einem Wagen vor, fast immer plur. sind digae, trigae, quadrigae; Nit. röges schlechtes Fuhrwerk, szläjos Schlitten; aksl. kola, kolesa, serb. Aola Wagen (eig. Räder), serb. saoni, russ. sant Schlitten, russ. drogs Fuhre, dro2ki Droschke. Von anderen Begriffen,

548) Kap. II. II. Geräthe. 161

die in mehreren Sprachen vorliegen, liessen sich etwa noch nam- haft machen: lat. scalae Treppe, fast durchaus plur., lit. trepai Treppe (aus dem Deutschen, wo es sing. ist), Aöpeczos Leiter; lat. cancelli Gütter (inschriftlich auch sing.), lit. &d2os Raufe, aksl. serb. russ. yasl# Krippe; lat. %des Saiteninstrument (gew. plur., f#des als sing. bedeutet Saite, bei Dichtern auch Saiten- instrument, des plur. kann auch mehrere Instrumente bedeuten), aksl. ggs/s, serb. gusle, russ. gusli dass. ; lit. knygos Buch (slav. sing.), got. bokos Buch (boka Buchstabe), ahd. duoA von Otfrid singularısch in bezug auf sein eigenes Werk gebraucht, in plura- scher Form von einem oder mehreren Büchern (vgl. lat. hiterae); lit. möra: Totenbahre, serb. nosıla, russ. nosilks dass. ; hit. stakles Webstuhl, russ. Arosny dass., aksl. vilice Gabel, serb. sole und vslice dass., russ. vily Heugabel (vgl. Miklosich unter vidlu).

Aus den einzelnen Sprachen führe ich noch an: ai. $ipräs das Visır am Helm; gr. töta gleichbedeutend mit to&ov!); lat. elitellae Sattel, cunae Wiege, plagae Jägernetz, scropae Besen, clatrı Gitter, loculs Geldkasten, crepundia Kinderklapper, odices Riegel (doch auch sing.); lit. dämples Blasebalg (vgl. engl. bellows), girnos Handmühle, szukos Kamm (szüAe Lücke), eköczos Egge, marszkiniat Hemde, kazlıntat Pelzrock, vytuva? Garnwinde, min- tucat Flachsbreche, sAiltuvat Feuerzeug; russ. grabli Harke, casy Uhr, kozly Kutschbock, Zaty Panzer, ocki Brille (06%o Äuglein, unser Brille dagegen, das dialektisch auch als plurale tantum gebraucht wird, heisst eigentlich “die Berylle’), 2yalicy Näh- rahmen, tiski Presse.

Auf den Dualis geht der Pluralis zurück bei den Wörtern für Thür, Wage, Schere. Thür: ai. dvar, dür kommt im Veda aur im Dual (die Thorflügel) und Plural (von mehreren Thoren) vor, in der alten Prosa ist dvar sing. das Thor, gr. Böpar bei Homer von einer Thür (dafür einige Mal auch sing.) röAaı stets von einer Thür und stets plur. (weiteres bei Juhl 31 ff.), lat.

1) J. Schmidt, Pluralb. 22 macht für diesen Gebrauch das neutrale Geschlecht verantwortlich, was mir angesichts der Maskulina und Feminina aus andern Sprachen nicht wahrscheinlich ist.

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. ]. 11

162 Kap. II. II. Geräthe, Lokalitäten. [6 48.

fores Thür gewöhnlich pl., aber auch forss schon bei Plautus, ebenso valvae Flügelthür, doch ist auch valva belegt, umbrisch pre vere:is vor dem Thare, got. daurons, ahd. Zuri nur plur., lit. dürys Thür und va’tai Thor, aksl. orata serb. vrata, russ. vorota, Thor. Wage: Bei Homer heisst calavrov das Talent, ralavra Talente und Wage, letzteres nicht singularisch. Dazu Loya Wage, lit. svafczat Wage (sraftıs Wagebalken), russ. vesy Wage Dazu stellt sich noch als auf gleicher Anschauung beruhend lit. naszczat Tracht, d. h. ein Schulterjoch zum Tragen von zwei Eimern. Schere (les ciseauz): Iıt. Aliszes Krebsschere, serb. klijesta und Aklijeste Zange, russ. klescı dass., lit. Zirkles Schere, znypszles Lichtschere, russ. noznicy Schere u. s. w. Lokalitäten. Vor allem kommen in Betracht die Wör- ter für Haus: ai. gräd ist sing. und plur. (“das Haus als ein aus mehreren Räumen und Gebäuden bestehendes” Böhtlingk- Roth), grhäs heisst auch Familie; bei Homer (Juhl 21 ff.) werden öspa und öwpara mit Beziehung auf ein Haus ge- braucht, ohne dass man einen Unterschied empfindet, öwpara (wenngleich selten) auch in Beziehung auf mehrere, öopos und ööpor gleicher Weise in Beziehung auf ein Haus, oixos hat vielfach noch deutlich die alte Bedeutung “Ansiedelung’, es steht ganz überwiegend singularisch, der Plural otixoı bedeutet mehrere Häuser, {von einem wielleicht » 416), durch oixta dagegen (nur die Pluralform liegt vor) wird ein Haus oder mehrere Häuser bezeichnet. Auch peyapa be- zeichnet oft nur ein Gebäude; im Lateinischen lässt sich temp/a neben templum vergleichen; im Litauischen ramai die Woh- nung, woneben aber auch naämas vorkommt; aus dem Russi- schen kann man etwa sent Vorhaus anführen, wohl ursprüng- lich “die Mauern’. Ausserdem wären von Lokalitäten etwa noch zu erwähnen: axrat was Y 50 so viel als Küste bedeutet, ın- dem es von Athene heisst: otä&o rt yiv Tapd Tampov Opuxtı,v reliyaog Edntos, Aldor En’ Axrawv Epröouünwy paxpov Aureı. Sonst heisst ax der Küstenvorsprung und 4xtat die Vorsprünge; öx8aı heißt dasselbe wie sonst 640m, z. B. in dv note unmnp "[öndev xatıoüsa rap Sydmoıv Zıuosvros yelvaro A 474; Auevec

ui

$ 48-49.) Kap. II. II. Zeitabschnitte, Feste, Mahlzeiten. 163

heisst der Hafen W 745 (orisav 6 &v Auueveosıv, wobei an die Buchten des Hafens gedacht sein wird. Eigentlich ist Aruınv der weite freie Platz, daher im thessalischen Dialekt Markt- platz). Avuspat z. B. ol Zoyaroı npös Övopewv olxeousı Herodot 2,33 heisst “die Untergänge’ der Sonne, also auch die Gegend des Himmels, wo diese stattfinden. Aus dem Lateinischen ist ausser dem genannten rostra namentlich castra zu er- wähnen, das Lager mit seinen Abtheilungen, während casitrum ein Kastell ıst, ausserdem etwa Aorti Lustgarten, Park, (wäh- rend Aortus gewöhnlich Obst- oder Gemüsegarten ist), Zapi- cıdinse Steinbruch, angustiae Enge. Aus dem Deutschen erwähne ich got. salıdvos Herberge, Alawasnos Totenstätte, veinatrsva Weinberg (eig. die Weinstöcke),, wozu Erdmann 629 einige Parallelen aus dem Ahd. beibringt. Mit Alatvas- nos vergleicht sich das litauische Aapai Friedhof (Aapas Grabhügel), mit Auneve; Jiires oder yJürsos Meer und mares oder marıos Haff.

649. Zeitabschnitte, Feste, Mahlzeiten. Die Inder nennen eine der von ihnen angenommenen Jahreszeiten (vgl. Zimmer, Altindisches Leben 371) durch einen Plural, nämlich durch das Neutrum varfani so im AV. oder, was ge- wöhnlich ist, durch das Fem. varfas, welches eigentlich ‘die Regen’ bedeutet.

Die Nacht wird bei den Indern in drei Nachtwachen (yamäs) zerlegt, so ist z. B. im Epos von den dväu prathamau yümau rätreh die Rede, gerade so bei Homer: rapolywxev 88 z\twv vof, T@v ÖVo porpamwv, tprram d Zrı yolpa Adleıntaı K 252 vgl.u 312). Diese drei Theile sind, wie es scheint, in uralter Zet auch durch den Plural des Wortes “Nacht bezeichnet worden. Für das Indische verweise ich auf irir aktun RV.8,5,8, was Ludwig unter Billigung von Geldner (Pischel -Geldner, Vedische Studien 2, 31) durch die drei Zeiten der Nacht über- setzt. Freilich ist auch eine andere Auffassung möglich. Bei Homer scheint vöxtes Nacht vorzuliegen in der Verbindung voxta; te xal Tpap (eine Stelle wie w 63 dürfte auf einem Miss- verständnis der alten Formel beruhen). Ferner finde ich dieses

11?

164 Kap. IL II. Zeitabschnitte, Feste, Mahlzeiten. 849.

voxtes in p£oaı vuxtes, worunter die eigentliche Nacht in ihrer ganzen Ausdehnung verstanden wird, welche zwischen &orepos oder repi Auyvwv äpds einerseits und dpßpos andererseits liegt. Im Lateinischen bezeichnen sdus, calendae, nonae, nun- dinae je einen einzelnen Tag. Vermuthlich hat man bei der Erklärung von idus auszugehen, welches ‘Helle bedeutet haben wird und so gut plurale tantum werden konnte, wie etwa das Gegentheil tenedrae oder wie ai. Aetu Helle auch ım pl. vor- kommt. Von sdus, welches offenbar die älteste Bezeichnung ist (vgl. darüber BR. Flex, die älteste Monatseintheilung der Römer, Jena 1880, Diss.), könnte der Numerus auf die übrigen Wörter übertragen sein. Oder sollte man etwa annehmen, dass die Bezeichnungen, die ursprünglich die bestimmten Tage sämmt- licher Monate umfassten, missbräuchlich auf den einzelnen Tag übertragen seien? Endlich könnte auch noch das Vor- bild von feriae zur Erwägung kommen, da ja :tdus und calendae als feriae bezeichnet werden. Im Litauischen heisst metat das Jahr (also wohl eigentlich die Zeiten), z. B. kad iszeis melai ıF vend dena wenn ein Jahr und ein Tag vergehen wird, Schleicher Lesebuch 138, nach Kurschat jetzt meist metas. Von den Bezeichnungen der Zeitabschnitte sind die Bezeichnungen der Feste nicht zu trennen. Bei manchen ist der Plural durch die Mehrtägigkeit gegeben, z. B. bei griech. "OAuprıa, ’Eievstvie, unserem Ostern, Pfingsten, Werh- nachten, lit. velykos Ostern, kaledos Weihnachten, gavenios Fastenzeit, serb. dukov: Pfingsten. Der Plural kann aber auch gewählt werden, wenn nicht gerade, oder nicht nothwendig, an mehrere Tage, sondern wenn an mehrere Handlungen oder Vorgänge, Abschnitte u. s. w. gedacht wird, so z. B. bei lat. Jeriae (vgl. ahd. ziti, das nach Erdmann $ 32 namentlich auch von Festen längerer oder kürzerer Dauer gebraucht wird), gr. yapoı, lat. zuptige, ahd. drütloufti, lit. zvalgai Brautschau, derybos Verlobung, rodynos Schmaus bei der Geburt eines Kindes u.ähnl. Ferner tapati und tapoı von den Bestattungen mehrerer gesagt, aber auch von der prunkvollen Bestattung eines Eın- zelnen, lat. erseguiae und funera, lit. szefmens und szeftmenys

$ 49-50.) Kap. IL II. Verschiedenes. 165

Begräbnismahl, russ. pochorony Beerdigung, vgl. auch lit. dalydos Theilung der Erbschaft. Auffällig ist mir der Plural bei der Bezeichnung eines einzelnen Festtages in russ. imjanıny Na- menstag. Derselbe Numerus findet sich auch ın russ. sutkt f. vierundzwanzig Stunden. Nach Leskıien’s Ansicht geht dieses bisher nicht erklärte Wort auf ein aksl. *sqtöka, plur. sqtüky zurück, welches zu füknat: vorreıw pulsare gehören, und also Zusammenstoss, Zusammentreffen (nämlich von Tag und Nacht) bedeuten würde. An die Feste schliessen sich die Mahlzeiten, bei deren Plural man an die einzelnen Gänge und Speisen zu denken hat, z. B. lat. epulae und dapes (gew. plur.), lit. petus Mittagessen, palddeniai Vesperbrod, vgl. auch lit. magaryczos Trunk bei einem Vertrage.

650. Verschiedenes. Die Finsternis oder Dämme- rang wird gelegentlich als etwas, das in Absätzen und Wellen sich bewegt, in den Plural gesetzt. So spricht der Inder von tamgsı Finsternissen, im Lat. ist tenebrae pluralisch, ebenso russ. sumerki Dämmerung, pot&mki der dunkle Ort, das Dun- kel. Der Schlaf kann pluralisch ausgedrückt werden, so russ. prosonkt leichter Schlaf, vgl. lat. per somnia loqui. Krankheiten können pluralisch ausgedrückt werden, wenn ursprünglich gewisse zahlreich auftretende Erscheinungen am Körper gemeint sind, z. B. Masern, Rötheln, Pocken, lit. tymas Masern, nözat Krätze, raupai Masern, piktszasziat Kopfgrind, serb. ospice Blattern. Bei russ. uroki bemerkt Reiff: maladie qus chez les superstitieuz vient de ce qu’on a loue ou regarde avec des yeur d’envie, wie mich Leskien belehrt, ist es aber ein wirk- beher Plural und bedeutet “Beschreiungen’, genau so wie serb. wroci. Viele Pflanzen sind nach ihren Organen benannt, so in den litauischen Wörtern: Zariyos Feuernelke, vilkdalgiaiSchwertel, penkpifszczas Fingerkraut, kukäliaı Raden, Aeczai Beifuss, cööbras Pfefferkraut, dirses Trespe, russ.’ obrazki Aronstab, orlikt Glockenblume. Dem griech. rAoöroı Reichthum, was auch ohne Beziehung auf mehrere Subjekte gesagt wird, entspricht lat. diritiae; dem lat. reliquiae das lit. sqszlavos Kehricht, russ. sgrebki Abfall und andere Wörter ähnlicher Bedeutung.

166 Kap. II. I. Schwankungen der Abstrakte. [$ 50—51.

Merkwürdig ist ai. dara (nicht im Veda) Eheweib, das gew. m. plur. ist, gelegentlich auch n. plur., und f. Vielleicht bietet unser “Frauenzimmer ein Analogon. Geradezu uner- schöpflich sind die pluralia tantum in dem baltisch-slavischen Gebiet.

$51. Abstrakta, die in konkrete Bedeutung hin- überschwanken. Dass gewisse Vorgänge und Handlungen, Stimmungen und Zustände als wiederholte Akte gedacht wer- den, erscheint auch uns natürlich. So sagen wir mit Freuden, in Ängsten, mit Schmerzen. Technisch ist im Deuschen die Wehen, die Nachwehen, vgl. wötves, lit. pefszuliat Schmerzen, pagirios Nachwehen des Rausches. Ebenso erscheinen uns natürlich Wörter wie lat. preces Bitten, Bitte (woneben sing., namentlich der Ablatıv prece), minae Drohungen, rugae Possen, russ. vorakt dummes Geschwätz, Lügen u. ähnl. Bei andern Abstraktis erscheint uns der Plural auffälliger, z. B. bei appoouvn Unverstand. Es scheint mir nicht wohl möglich, beı den folgenden Beispielen wie in den vorigen Nummern die Begriffe zum Eintheilungsgrund zu machen. Ich habe deshalb nach Sprachen geordnet.

Im Altindischen gelten eine Reihe von Suffixen als Abstrakte bildend, z. B. ta, tät und täts, tva und tvana, atha. Sıe verhalten sich in bezug auf die Möglichket den Plural zu bilden so: Wörter auf ta wie kavydia Eigenschaft eines Wei- sen, nagndtä Nacktheit, agöta Mangel an Kühen u. ähnl. haben ım RV. und AV. in der That keinen Plural, im RV. auch de- vatä nicht, weil es “göttliche Macht, Würde’ bedeutet; später, wo es die Bedeutung ‘Gottheit’ angenommen hat (so schon im AV.), kann es auch den Plural bilden. Immer aber muss man bedenken, dass doch vielleicht das Fehlen des Plurals auch durch Zufall erklärt werden muss. Denn während z. B. anapatyatä Kinderlosigkeit nur im Sing. vorliegt, hat das gleichbedeutende anapatyd den Plural in: yuyöts anapatyani gantöh schützt uns davor, in Kinderlosigkeit zu gerathen RV.3, 54, 18. Von Wörtern auf /# habe ich in der angegebenen Literatur keinen

$51.] Kap. II. I. Schwankungen der Abstrakta. 167

Plural gefunden, auf täti: @ toagamam Samtätibhir dthö arıftdtä- tbheh RV. 10, 137, 4 was Grassmann übersetzt: “ich bin mit dem, was Segen bringt, mit Unversehrtheit dir genaht’, Ludwig: ich bin zu dir gekommen mit beruhigenden, mit Schaden ver- hütenden Mitteln’. Von Wörtern auf toa erscheinen viele ohne plur., z. B. adititva Sicherheit, amytatod Unsterblichkeit, äpi- iva Freundschaft, garbhatod Schwangerschaft, dirghayutod Lang- lebigkeit u.s.w., dagegen der Plural erscheint z. B.: mahitvebhir yalamanau 10, 113, 7 “wetteifernd mit gewaltiger Kraft’ (Gr.) ‘nit Macht strebend’ (L.), tvam soma krätubhih sukrätur bhüs tvam dakgaih, sudak$o vikoavedah todm vrfa vrjatvebhir mahiteä dyumnebhir dyumny übhavo nrcakfah 1, 91, 2, was Grassmann übersetzt: “durch Einsicht bist du einsichtsvoll, o Soma, durch Kräfte kräftig du, der Allbesitzer; ein Stier bist du durch Stiereskraft und Grösse, durch Reichthum wurdest reich du, Männerschauer’ und Ludwig: ‘du, o Soma, wardst durch gei- stige Kräfte stark, an vielfacher Tüchtigkeit reich, ein Besitzer von allem, du wardst ein Stier an Mächtigkeit durch stier- arige Eigenschaften, durch [wirkliche] Herrlichkeiten warst du herrlich, [wardst| Augenweide den Menschen’. Von Ab- straktis auf fvana wüsste ich keinen sichern plur. (RV.s, 92, 13 ist mariyatoana vielleicht Instr. sing). Die Wörter auf atha sind oft konkret und pluralfähig, so z. B. cardtha Gang, Wan- derung, vidätha Versammlung, $aydtha Lager u.a., dagegen nur singularisch sind pröthdtha Schnaufen, Svasätha dass., sta- nätha Donner, sacdtha Zusammensein, Gemeinschaft, Beistand, sravdtha das Rinnen, Strömen u. a.

Ausser den mit den genannten Suffixen gebildeten Wör- tern liessen sich aus dem Ai. noch viele anführen, z. B. rak$a agne tava rdk$anebhih schütze uns, Agni, mit deinem Schutz RV. 4, 3, 14; tdva Srdvasy upamäany ukthya deine höchsten Ruhmesthaten (xA&ea) sind des Liedes würdig 8, 99, 2; Saphav ira Järbhuräna tärobhih wie Hufe trabend in Eile 2, 39, 3; sumdtayas Gunst, Wohlwollen; mahäbhis kräftig, tüchtig (zu mahan Grösse) und ähnliche Adverbia;, Adudha3 ca särvas ifinaß ca alle Arten von Hunger und Durst (alle Dämonen des

168 Kap. U. U. Singularia und Pluralia tantum. [$ 51—52.

Hungers und Durstes) AV. 11, 8, 21. Mit myiyavas Todesarten vergleicht sich $&varoı und mortes. Über die gleiche Erscheinung bei Homer handelt Juhl 45 ff. Er führt beinahe ausschliess- lich Bildungen auf ouvn (vgl. ai. toana) oder {n an, z.B. appoouvn Unverstand, rıppoouvn Verständigkeit, droßnposuvn Eingebung, öartpocuvn, die Kunst das Fleisch zu zerlegen, avalxein Schwäche, roAutöptn Verschlagenheit, roöwxein Schnellfüssigkeit, &xnßoAtn die Kunst weithin zu schiessen. Aus dem Lateinischen hat Draeger, 1, 9 Material beigebracht. Über das Deutsche han- delt Grimm 4, 228, wo bemerkt wird, dass im Ahd. und Mhd. gern die Feminina wonne, ehre, minne, gnade, selde, huld, treue, reue, pflege im Plural erscheinen, so oft auch ihr Singular vor- kommt. Über dieselbe Erscheinung im Litauischen und Slavi- schen finde ich kaum etwas notiert.

$52. Sıngularia und pluralia tantum. Da in den 86 46— 50 bereits über diesen Gegenstand mit gehandelt worden ist, bleibt hier nur einiges nachzuholen. Lediglich den Singularis möchte man den Eigennamen zutrauen. Doch giebt es Lagen, in welchen auch diese pluralisch vor- kommen. Ich führe an, was Erdmann 2, 4 darüber äussert: “Erstens kann ein Eigenname im Plural gebrauch werden bei Bezeichnung verschiedener Personen gleiches Namens, wo er eben nur die Thatsache der Benennung mehrerer Wesen mit diesen Lauten angiebt, aber keine Andeutung über die innere Beschaffenheit derselben enthält, die ganz verschiedenartig sein kann, wie bei den Atavre des Homer; oft bei lateinischen Geschlechts- oder Beinamen. Oder man denkt bei den Personen- namen nur an bestimmte hervorragende für die Rede gerade wesentliche Merkmale der Person, dıe sie auch mit anderen Individuen theilen und insofern vervielfältigt erscheinen kann. Meist wird jedoch dies als eine ungewöhnliche, originale Neu- bildung empfunden werden, die der effektvollen, zu ungewöhn- lichen Mitteln greifenden Rede angemessen ist und von grosser rhetorischer und selbst poetischer Wirkung sein kann. Man denke an Xenophon’s Rede nach der verrätherischen Ermor- dung der Feldherrn Anab. III, 2, 31: yuptous oovrar avd’ &vos

$ 52.) Kap. DO. I. Singularia und pluralia tantum. 169

Kleapyous; selbst an das bekannte Witzwort Sulla’s Plutarch Caes. I: o0x Eon voov Eysıv autous, el pm ToAlols Ev tw raudl zoutw Maptous &vopwsı. Ein deutsches Beispiel im Briefe Luther’s an Kurfürst Friedrich vom 5. März 1522: wenns gleich neun Tage lang eıtel Herzog Georgen regnete. Ein eigenthümlicher Fall endlich ist der, dass eine Person zwar nach Namen und Individualität eigentlich dieselbe bleibt, in bestimmt hervor- tretenden für die Erzählung wesentlichen Merkmalen aber sich verändert hat und als eine andere erscheint. Hier greift Ovid bei dem Namen der Niobe zwar nicht zur Pluralbildung, aber zu bedeutsamer Unterscheidung durch Pronomina, die den Wechsel in Schicksal und Erscheinung gewissermassen auch mit grammatischen Mitteln illustriert: Aes guantum haec Ntobe distabat ab illa”. Ich füge diesen Worten Erdmann’s hinzu, dass im Altindischen nicht selten der Pluralis eines Eigen- namens angewendet wird, um die Nachkommen der durch die Eigennamen benannten Personen zu bezeichnen. So sind im RV. Atrayas die Nachkommen des Atri, Kanväas die des Kanva u. 8. w. (vgl. Autsa, kusika, götama, priydmedha, bharädoaja, vd- sijtha, viScamitra u. a. in den Wbb.: grisamadäs findet sich im RV. nur im plur. Es scheint nicht unnatürlich, wenn man die Nachkommen, gewissermassen Wiederholungen des Vorfahren, durch einen solchen Plural bezeichnet. Indessen kann das Verhältnis der beiden Numeri auch anders gedacht werden. Vielleicht ıst der Pluralis früher vorhanden gewesen als der Sıngulars. Man könnte wohl ein Geschlecht als “die tauben’ ikänväs), ein anderes als “die besten’ (vdsisfhas) bezeichnet und erst später die Ahnherrn Kanva und Väsistha geschaffen haben. Eine Entscheidung wird sich erst bei einer geschicht- lichen Untersuchung über die indische Namengebung, die uns noch fehlt, ergeben.

Unfähig des Plurals dürften die Infinitive sein, sobald sie lediglich die Handlung des Verbums ausdrücken. Bei dem substantivischen Infinitiv kann im Mhd. nicht bloss ein (was sehr häufig ist) sondern, wo es die Situation erfordert, auch einmal zwei erscheinen. Ein sicherer Beleg der Art ist zwei

170 Kap.II. II. Singulare in Plurale umgewandelt u. umgekehrt. [$53—54.

bliuwen (Parzivalj, das Grimm 3, 537 anführt (vgl. auch den Neudruck).

Gewöhnlich bemerkt man, dass Wörter, welche nur ein- mal vorkommende Dinge bezeichnen, wie Himmel, Äther, Erde u. s. w., nur des Singular fähig sind. Indessen ist ja die Vorstellung der sieden Himmel, das Fallen aus allen Hım- meln u.s. w. bekannt, und so ist der Phantasie unbenommen, sich auch die übrigen Begriffe dieser Art pluralisch zu denken. Bisweilen hat auch der Plural eines solchen Wortes einen etwas abweichenden Sinn. So ist 7Aror nicht ‘die Sonnen’, sondern ‘die Sonnenstrahlen, die Sonnenhitze’ (vgl. soles,. Wie im Alt- indischen Begriffe wie Himmel und Erde dazu kommen, Dual- form anzunehmen, ergiebt sich aus dem über den elliptischen Dual Gesagten ($ 41).

Nur der pluralischen Form fähig sind gewisse Begriffe, zu deren Wesen es gehört, dass sie aus mehreren Individuen bestehen, z. B. Alpes eine Kette von Bergen, von denen jeder seinen besonderen Namen hat oder haben kann, namentlich zusammenfassende Bezeichungen verwandter Menschen, z. B. majores (von denen der eine Grossvater, der andere Urgrossvater heisst u. s. w.), manes, got. brobrahans Gebrüder und andere Wörter ähnlicher Bedeutung.

853. Singulare ın Plurale verwandelt und umge- kehrt. Singularische Kollektiva streifen in ihrer Bedeutung nahe an den Plural, und so geschicht es denn, dass sie geradezu zu Pluralen werden. Aus dem von J. Schmidt, Pluralb. 12 ff. beigebrachten Material, auf das ich verweise, erwähne ich hier nur das gotische fadrein und einige slavische Formen. Got. ‚fadrein, ein substantiviertes neutrales Adjektivum (*patrınum) bezeichnet eigentlich “Väterliches‘, dann “Vaterschaft‘, so: #s bammei all fadreinis in himina jah ana airbai namnjada ov rasa rarpıa &v obpavois xal Ent yrs Övopdlerar (der der rechte Vater ist) Eph. 3, 15. Dann heisst es “die Eltern’ und nimmt in diesem Sinne den maskulinischen pluralischen Artikel zu sich, also Da: fadrein. Im Datıv endlich zeigt es an sich selbst

553—54.] Kap. II. IL Elliptischer Plural. 171

pluralische Flexion, sodass yovsücsıy durch fadreinam übersetzt wird. Aus dem Slavischen gehört hierher z. B. das bei den Numeri erwähnte Dratrija (bratija) und Genossen. Das aksl. brairija ist ein singularisches Femininum mit den Formen: Nom. dratrija, Gen. bratrije, Dat. dratriji, Akk. bratrijg. Dass man es aber als Plural empfand, folgt (neben der Thatsache, dass es die Pluralform von ddeAyds wiedergiebt) aus dem Um- stand, dass drafrü nur in Singularformen vorliegt, und aus Sätzen wie die folgenden: ni bratrija bo jJego verovaachq vi njego obdE yap ol Ade)mol abrou &rlotevov als aurov Joh. 7, 5; ddi ze bratri (d. ı. dratrifi) mojepi i rich jimü ‚nopebou $& Tpüs obs AdeApous pou xal eins autois, Joh. 20, 17; be Ze nasü sedmi bratrije (Gen. sing.) Toav 88 rap Yuiv intra Mdeiool Matth. 22, 25. Es ist kein Wunder, dass unter diesen Um- ständen auch die Form pluralisiert wurde. Schon im Aksl. tauchen nach Miklosich Gr. 32, 291 Formen wie drattijamu (Dat. plur.), drafijami (Instr. plur.) auf, und im Russischen lautet der Plur. zu drats: brafija bratievu, brafijamü u. s. w., hat also im Nom. die gewöhnlichen pluralischen Ausgänge und dabei maskulinisches Geschlecht. Nach J. Schmidt’s Hypo- these sollen die neutralen Plurale auf a im Indogermanischen in analoger Weise aus singularischen Femininis entstan- den sein.

Auch der entgegengesetzte Vorgang, die Verwandlung eines usprünglichen Plurals in einen Singular, kommt vor. Ich er- wähne, indem ich von disputablen Erscheinungen in älteren Sprachperioden absehe, einige englische Beispiele, die ich Tobler a. a. O. 418 entnehme: pox Pocken, odds Ungleichheit, means Vermögen (fr. moyens Mittel), news Zeitung, bellows Blasebalg (eig. Bälge) sind Plurale, welche als Singulare be- handelt werden. Neue Pluralformen sind gallowses zu gallows Galgen, stzpences zu sizpence (eig. six pennies).

$ 54. Elliptischer Plural. Es ist schon oben 8. 1371. bemerkt worden, dass aus dem elliptischen Dual in solchen Sprachen, welche den Dual nicht oder nicht mehr unver- sehrtt haben, der Plural werden konnte, z. B. lat. Castores,

172 Kap. IH. I. Grundbegriffe der Kasus. [$ 54.

lit. tevai Eltern. Es kann wohl auch der Plural an sich so gebraucht werden. Ein sicheres Beispiel ist ai. $rd$uräs die Schwiegereltern, eig. der Schwiegervater und alle zu ıhm ge- hörigen, so: dämpati sämanasa vi yuydd ddha yad agnıh $rasuregu didayat wer hat die beiden einträchtigen Hausgebieter (Mann und Frau) getrennt, als Agnı bei den Schwiegereltern leuchtete RV. 10, 95, 12. Doch dürfte dieser Typus wegen seiner Undeutlichkeit selten sein, und vielleicht wäre auch Svasuräs u. ähnl. nicht entstanden, wenn nicht $SraSuräu vor- handen gewesen wäre. (Wenn ai. pa$dvas auch “Thier und Menschen’ bedeutet, so kommt das vielleicht daher, dass auch der Mensch zu den Opferthieren, welche paSavas heissen, ge- rechnet wird.)

Kapitel III. Die Grundbegriffe der Kasus und der Synkretismus.

I. Die Grundbegriffe der Kasus.

Hinsichtlich der Geschichte der Kasuslehre kann ich auf die einsichtige Darstellung von Hübschmann, zur Kasuslehre, München 1875 verweisen, und ausserdem auf die zerstreuten Bemerkungen, welche von mir ın der Einleitung gemacht worden sind. An dieser Stelle glaube ich die Sache am besten zu fördern, wenn ich von den Aufstellungen der indischen Grammatik ausgehe, welche sich durch die Schärfe der Fassung vortheilhaft von demjenigen unterscheiden, was in unserer euro- päischen Tradition Gestalt gewonnen hat. Dabei zitiere ich die einzelnen Regeln nach der erklärenden Übersetzung, welche Böhtlingk seiner zweiten Ausgabe des Pänini (Leipzig 1887) einverleibt hat.

$ 55—56.] Kap. UI. I Die indische Grammatik. 173

4. Die Grundbegriffe nach der indischen Grammatık.

$55. Allgemeines. Um die indische Grammatik wür- digen zu können, muss man vor allem bedenken, dass es eine ihrer Hauptaufgaben war, den richtigen Gebrauch des ın der Literatur und dem Leben ihnen vorliegenden Sanskrit zu lehren. Sie kommen mit ihren Regeln dem Bedürfnis des- jenigen entgegen, der etwas sagen will. Eine Regel wie bhäte lu 3, 2, 110 soll also genau genommen nicht bedeuten: “der Aorist bezeichnet die vergangene Zeit’ (wie Böhtlingk über- setzt;,, sondern: “wenn man die Vergangenheit ausdrücken will, so gebraucht man den Aorist. Sodann muss man erwägen, dass die grammatischen Lehrbücher dazu bestimmt waren, in den Schulen als Ganzes auswendig gelernt zu werden. Man darf also eine einzelne Regel nie für sich betrachten, sondern muss sie mit den übrigen verwandten in Zusammenhang setzen. So besagt z. B. die Regel 2, 3, 8 “in Verbindung mit einer Präposition steht der Akkusativ’, nicht, dass alle Präpositionen den Akkusativ regieren, sondern nur, dass dies der Fall ist bei allen denjenigen Präpositionen, über welche nicht im Verfolg etwas Anderes ausgesagt wird, wie dies z. B. bei apa, @ und pari geschieht, welche mit dem Ablativ verbunden werden sollen. Wenn man dieses festhält, so wird man erstens be- greifen, warum in dem Kapitel von den Kasus nicht von den Kasusformen ausgegangen wird (wie wir es thun), sondern von gewissen Verhältnissen, welche auszudrücken die Kasus be- summt sind, und zweitens, warum man sich z. B. damit be- gnügen konnte, hinsichtlich des Genitiv zu lehren, er werde in allen übrigen Fällen ($e$2 bei dem Rest, nämlich desjenigen, was man mit den Kasus ausdrücken will) verwendet.

$56. Die Stammbegriffe in der indischen Gram- matik. Die Satzverhältnisse nun, um welche es sich bei den Kasus handelt, finden ihren Ausdruck in einer Reihe von Begriffen, welche eingeführt werden durch die Regel karake (1,4, 23), d.h. wenn von einem Faktor (d. i., wie Böhtlingk erläutert, von einem Nomen in seiner unmittelbaren Beziehung

174 Kap. IL I. Stammbegriffe in der indischen Grammatik. [$ 56.

zu einem Verbum) die Rede ist, kommen folgende Regeln zur Anwendung. Die Begriffe sind 1) apädana Wegnahme. Apadana heisst, was bei einer Trennungam Platze verbleibt, dieVeranlassung der Furcht bei Verben, welche ‘sich fürchten’ und beschützen’ bedeuten, bei para-ji dasjenige, was man nicht zu überwinden vermag, 2. B. adhyatanät parä JjJayate er ist dem Studieren nicht gewachsen !), bei Verben von der Bedeutung ‘abwehren’ das- jenige, was einem am Herzen liegt, z. B. yavebhyö gam varayatı er hält die Kuh von dem Getreidefeld zurück, bei Verben von der Bedeutung ‘sich verbergen’ derjenige, von dem man nicht gesehen sein wıll. Desgleichen heisst apädäna derjenige, der etwas mittheilt, wenn es sich um die Erlernung von etwas handelt, z. B. upadhyayad adhitz er lernt vom Lehrer. Ferner das Primitive in Beziehung zu dem, was daraus entsteht, des- gleichen der Ursprung in Beziehung zu dem, was daraus ent- springt, z. B. Atmavato ganga pra bhavatı aus dem Himavant entspringt die Ganga. 2) Sampradana, Hingabe. So heisst der- jenige, mit Rücksicht auf den man mit einer Handlung vor- geht (karmana yam abhi präiti den man bei einem Objekt im Auge hat, nach Böhtlingk), bei Verben in der Bedeutung 'ge- fallen’ derjenige, der seine Freude an etwas hat, bei $lagh prahlen, Anu sich entschuldigen, stAä sich zur Verfügung stellen, $&2p geloben derjenige, dem man etwas zu erkennen geben will, bei dhäray schuldig sein der Gläubiger, bei sparh begehren das Begehrte, bei Verben in der Bedeutung zürnen, hassen, neidisch sein, missmuthig sein derjenige, gegen den der Ärger gerichtet ist, bei rad) und iA$ derjenige, nach dessen zukünftigem Schicksale gefragt wird, z. B. devadattaya radhyatı er interessiert sich für D. (unbelegt), bei prati-Sru und ü-$ru ver- sprechen der Agens der Vorhandlung, z. B. devadattaya gam prati Synöti er verspricht dem D. eine Kuh. Dabei wird als Vorhandlung vorausgesetzt, dass D. gesagt hatte ‘gieb mir eine Kuh’, desgleichen bei anu-gar und prati-gar antworten. 3) karana Werkzeug. Jiarana ist dasjenige, was ein Anderes (Akk.) unmittelbar zu Wege bringt (sadhakatamam karanam,

1) Alle Beispiele stammen aus den Scholien.

65657.) Kap. III. 1. Der Akkusatir. 175

eigentlich: Aarara ıst das förderndste). 4) adhikarana (von adhi-kar mit nicht recht deutlichem Sınn, die Kategorie des Lokativs. Adkikarana ıst der Behälter, das Gebiet (einer Wirksamkeit oder Thätigkeit). 5) karmar Handlung. Karman heisst dasjenige, was der Agens vor Allem zu erreichen wünscht (kartur ipsttatamam), auch das, was man nicht zu er- reichen wünscht, wenn es auf dieselbe Weise mit dem Verbum verbunden wird (vifam bhakgayatı er geniesst Gift), und auch das, was bisher nicht besprochen worden ist, nämlich was bis- her mit keinem anderen Namen wie apädäna u. s. w. belegt worden ist (Böhtlingk). 6) Aartar Agens. Kartar heisst der aus eigenem Antrieb Handelnde.

Unter diese Stammbegriffe werden nun in einem folgenden Kapitel (2, 3) die in der Sprache vorhandenen Kasus (der erste, zweite u.8. w.) vertheilt. Und zwar ergiebt sich dabei, dass dem Begriffe apadana nur der Ablativ entspricht; dem Begriffe sam- pradana nur der Dativ; dem Begriffe adhikarana der Iokativ, aber auch der Genitiv; dem Begriffe Aarman der Akkusativ, aber auch der Dativ; dem Begriffe Aartar der Instrumentalıs, aber auch der Genitiv. Indem Pänini so den Begriff, nicht den Kasus, zum Eintheilungsgrund macht, erreicht er den Zweck seiner Darstellung in höchst vollkommener Weise. Für meine gegenwärtige Absicht aber ist es praktischer, von dem ein- zelnen Kasus auszugehen. Doch muss dabei die von Pänini gewählte Reihenfolge der Hauptsache nach beibehalten bleiben. Demnach ergiebt sich für die Kasus Folgendes').

$57. Der Akkusativ. Er steht bei dem Akarman (be- zeichnet das Objekt) falls dieses nicht sonst schon ausgedrückt ist. Man sagt also z. B. kafam karötı er macht die Matte, aber in kafah kriyate die Matte wird gemacht steht nicht der Akk., weil der Begriff des Aarman bereits durch die Endung des Passıvums ausgedrückt ist. Der Akk. bezeichnet das Objekt auch bei Verben des Gehens, wenn eine wirkliche Bewegung stattfindet und wenn nicht adhvar, der Weg, Objekt ist (12),

1) Auf die Verbindung der Kasus mit Präpositionen oder präpositions- artigen Adverbien ist in dieser Übersicht keine Rücksicht genommen.

176 Kap. III. L Der Instrumentalis. [$ 5758,

z. B. gramam gachati er geht zum Dorfe. Der von uns so genannte Akk. des Zieles gehört natürlich mit unter den Be- griff Aarman, da dieses ja als das von dem Handelnden am meisten Erstrebte definiert war. Durch den Vorbehalt betrefls adhvan ıst das, was wir inneres Objekt nennen, als etwas Be- sonderes anerkannt. Sodann steht der Akkusativ bei Zeit- und Wegmassen, wenn eine ununterbrochene Dauer gemeint ist. Damit ist von dem Akkusativ etwas Neues ausgesagt, was nicht unter den Begriff Aarman fällt. Sodann wird noch notiert, dass bei div spielen der Einsatz im Brähmana nicht im Gen., sondern im Akk. steht (vgl. $ 178 Schluss), und dass bei dem- selben Verbum der Akk. mit dem Instr. konkurriert (ak$aır divyali er spielt mit Würfeln, akfan divyatı er spielt Würfel), endlich, dass von gewissen Nomina ein Akkusativ abhängig sein kann (vgl. $ 184).

658. Der Instrumentalis. Er steht nach 18 karirka- ranayos, d. h. nach Böhtlingk, er bezeichnet den Agens (wenn dieser nicht schon durch das Verbum bezeichnet ist) und das Instrument, z. B. devadattöna krtam durch D. ist gethan worden, dätrena lunäti er schneidet mit einer Sichel, was wir so aus- drücken würden: der Instr. bezeichnet das Werkzeug; bei passivischem Ausdruck kann auch eine Person das Werkzeug sein. Wie Passiva werden übrigens auch die Formen auf -tavya und auch verschiedene Nomina z. B. dugkara “schwer zu machen’ konstruiert (69). Ferner bezeichnet der Instr. das- jenige, wodurch der Körper verunstaltet wird, z. B. pädena khanjah pede claudus (20), und auch das Merkmal, wodurch jemand gerade so und nicht anders erscheint, d. i. woran man jemand erkennt (21). Ferner das Objekt, nämlich bei 4 opfern ım Veda, z. B. yavagvagnıhötram jJuhött er opfert Reisbrühe als Agnihotra, ebenso bei sam-j%@ (nicht belegt). Während sich die letztgenannten Einzelheiten wohl auch nach P. unter den Begriff des Aarana u. s. w. bringen lassen, folgen nun die Ge- brauchsweisen des Instr., bei denen das nicht der Fall ist. Der Instr. steht nämlich auch bei dem Begriffe hetu Ver- anlassung, Ursache, z. B. kanyaya S0kö vidyaya yasah aus

$ 58-59] Kap. IL Der Dativ nach Pänini. 177

Veranlassung eines Mädchens erfährt man Kummer, infolge der Beschäftigung mit der Wissenschaft erlangt man Ruhm. Im einzelnen ist dazu zu bemerken, dass wenn das Wort Aötu selbst gesetzt wird, der Gen. steht, es sei denn, dass ein Pro- nomen dazu tritt, z. B. kena hetunä aus welcher Ursache. So- dann steht der Instr. bei Zeit- und Wegmassen, und zwar im Unterschied von dem Akkusativ Idann, wenn dabei ein Ab- schluss erreicht wird, z. B. mäsenänuväko ’dhitah in einem Monat ist der Anuväka erlernt worden. Auch der Name eines Mond- hauses kann als Bezeichnung einer bestimmten Zeit statt im Lok. im Instr. stehen, z. B. pu$ye oder pusyena päyasam abni- yai während der Zeit, wo der Mond ım Sternbilde P. steht, esse er Milchspeise (so im Mhbh. belegt)... Endlich steht der Instr. bei gewissen Adjektiven, und zwar in Konkurrenz mit dem Genitiv bei Zulya, sady5a ähnlich, z. B. tulyo devadatiena oder devadattasya, und in Konkurrenz mit dem Lokativ bei utsuka und prasita besorgt für etwas, z. B. köegu oder kebarh für seine Haare (nicht oder kaum belegt).

859. Der Dativ. Er bezeichnet das sampradänam. Aber in mehreren Fällen auch das karman, so bei Verbis des Gehens, da man gramäya gacchali ‘er geht zum Dorfe’ so gut sagt, wie grämam gacchati. Ebenso kann der Dativ bei ma» im Sinne des karman stehen, wenn Geringachtung ausgedrückt wird, und vorausgesetzt, dass nicht von einem lebenden Wesen die Rede ist, also: na iva tynaya manye ich schätze dich nicht für einen Strohhalm (so in der späteren Sprache einigemal belegt). Ferner bezeichnet der Dat. das karman, wenn ein zum Verbum gehöriges anderes Wort mit verbaler Bedeutung dabeistehen könnte, aber nicht hinzugefügt wird eine nicht eben glück- liche Fassung für das, was wır bei dem finalen Dativ unter- bringen, z. B. edhebhyö vrajati er geht nach Brennholz, gleich edhan ahartum vrajati er geht Brennholz zu holen. Dazu wird hinzugefügt, dass auch ein Nomen actionis im Dativ stehe, wenn es die Bedeutung eines Infinitivs hat, z. B. pakäya vrajalı er geht zum Kochen, gleich paktum vrajati. Als Einzelheiten bleiben nun noch übrig die Regeln, dass bei namah Verehrung,

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 7. 12

178 Kap. III. Der Ablativ nach Pänini. (8 5960.

soas# Heil u. ähnl. der Dativ steht, und dass bei äyusya langes Leben u. ähnl. der Dativ mit dem Genitiv konkurriert. Man kann also sagen äyusyam devadatiasya bhüuyat und deva- dattäya.

$ 60. Der Ablativ. Er bezeichnet das apadana. Ausser- dem auch das Aarana. Es können nämlich die Wörter stöka, alpa, krcchra und katipaya, wenn sie nicht etwas Stoffliches be- zeichnen, auch in instrumentaler Bedeutung ım Ablativ stehen, z. B. stökan muktah oder stökena muktah mit genauer Noth frei- gekommen, dagegen stökena visena hatah durch ein wenig Gift getötet (kaum belegt, vgl. SF. 5, $ 71 Ende). Kommen wir nun zu den nicht unter die Stammbegriffe fallenden Gebrauchs- weisen, so ist zunächst zu erwähnen, dass der Ablativ wie der Instr. bei dem Begriff Aetu Ursache gebraucht werden kann, nämlich dann, wenn die Ursache eine Eigenschaft (in abstracto) ist. Doch darf das Wort nicht weiblichen Geschlechtes sein. Man sagt also jJadyena oder jJadyad baddhah infolge seiner Dummheit ın’s Gefängnis gerathen. Stünde aber statt jJadya ein f., so müsste der Instr. gebraucht werden. Sind Schulden die Ursache, so steht der Ablativ, vorausgesetzt, dass die Schul- den nicht als Agens gefasst werden. ($atad baddhak er ist wegen einer Schuld von hundert eingesteckt worden, aber Satena baddhah eine Schuld von hundert hat ihn in’s Gefängnis gebracht). Weiter sind folgende einzelne Regeln zu merken: Der Lokalis oder Ablatıv steht, wenn zwischen dem jetzt und später oder dem hier und dort etwas Thuenden der Zwischen- Taum angegeben wird, z. B. adya bhuktva devadatiö doyahe oder doyahad bhökta nachdem D. heut gegessen hat, wird er in zwei Tagen essen, shasthö 'yam igvasah kröße oder krößal lak$yam vidhyati der hier stehende Pfeilschütze trifft in einer Entfernung von einem Krosa das Ziel (in der älteren Sprache nicht belegt). Endlich steht der Abl. in Verbindung mit Adjektiven und zwar a) dem Komparativ. Darüber belehrt folgende Regel. “Im Lok. oder Gen. steht dasjenige, aus oder unter dem etwas hervorgehoben wird. Ist das Hervorgehobene vom An- deren verschieden (nicht in ihm enthalten), so steht dieses im

$ 60—62.) Kap. III. Lok. Nom. und Vok. nach Pänini. 179

Ablativ”. b) In Verbindung mit Wörtern in der Bedeutung von düra fern und antıka nahe steht der Abl. oder Gen. c) Der Abl. steht in Verbindung mit anya, arad, ttara, rte, einem Rich- tungsworte, einem auf aäc ausgehenden Worte und einem auf ö oder aAs auslautenden Adverbium.

$ 61. Der Lokalıs. Er dient zur Bezeichnung des adlakarana. Dass er einen Zwischenraum, räumlich oder zeitlich, ausdrücken kann, ist bei dem Ablatıv bemerkt worden. Im Lok. oder Gen. steht dasjenige, aus oder unter dem etwas hervorgehoben wird. Der Lok. oder Gen. steht bei den Wör- tern für Herr wie svamin, iSvara, desgleichen bei zyukta und kusala geschickt, wenn ein Obliegen gemeint ist. (äyukta nicht belegt.) Der Lok. oder Instr. steht bei prasitu und utsuka besorgt für etwas (vgl. $ 58), der Lok. bei sädhu und nipuna, wenn es ach um Ehrerbietung handelt, vorausgesetzt, dass sie nicht mit prati verbunden werden, z. B. mätars sadhuh gut gegen die Mutter (bei sadhu in der späteren Sprache belegt, nipuna in dieser Bedeutung nicht). Endlich werden noch die absoluten Lokale erwähnt durch die Regel: auch dasjenige steht im Lokalıs, durch dessen Sein ein anderes Sein näher gekenn- zeichnet wird.

$ 62. Der Nominativ und Vokativ. Nom. und Vok. fallen nicht unter die sechs Begriffe. Der Nominativ steht, wenn nichts anderes ausgedrückt werden soll, als die Bedeu- tung des Nominalstammes, das Geschlecht, das Mass !) oder der Numerus. Da demnach der Nom. nicht als Subjektskasus auf- gefasst wird (wovon später), sondern, wie wir sagen würden, als Stamm, so ist der Vokatıv von ihm nur dadurch unterschieden, dass er beim Rufen gebraucht wird. Ein solcher Nominativ heisst amantrıta. Im Singular aber, wo er meist eine beson- dere Form hat (oder, nach indischer Art ausgedrückt, wo die Endung abfällt), heisst er mit einem Synonymum sambuddht.

1) Dabei ist an Verbindungen wie dröono vrihth ein Drona Reis ge- dacht, welche freilich in der Literatur nicht vorliegen (vgl. Böhtlingk, ZDMG 41, 179).

12°

180 Kap. III. Der Genitiv nach Pänini. [$ 63.

8 63. Der Genitiv steht in allen noch übrigen Fällen. An diese Definition schliesst sich, als ob sie eine positive wäre, die Angabe, bei welchen sonstigen Stammbegriffen der Genitiv betheiligt ist. Er erscheint als Objekt (karman) bei einer Reihe von Verben (2, 3, 52 ff). Belegt sind davon die Verba in der Bedeutung von adhi-i gedenken, i3 herrschen, day Mitleid haben (das letzte wenigstens in der späteren Sprache, während ın der älteren Zeit der Akk. erscheint); ämayati es geht schlecht und ähnliche Verba (vgl. SF. 5, 5); pra-i$ und dr&, bei denen die Spende im Genitiv steht, wenn sie einer Gottheit darge- bracht wird (vgl. SF. 5, 161). Sowohl den Agens (kartar) als das Objekt bezeichnet der Gen. in Verbindung mit einem Ver- balnomen oder, wie wir sagen würden, bei einem Verbalnomen kann der Gen. subjektiv und objektiv sein, z. B. dhavatah $ayıka dein (des Herrn) Ruhen, puram bhatta der Zerstörer der Städte. Wenn Agens und Objekt zugleich genannt wer- den, der Gen. also beide bezeichnen könnte, bezeichnet er das Objekt, z. B. röcate me Odanasya bhöyanam devadatiena mir gefällt das Verzehren der Musspeise durch Devadatta. Als kartar erscheint der Gen. auch in Verbindung mit einem Par- tizip auf ia in gegenwärtiger Bedeutung, z. B. rayfham püjıtah von den Königen geehrt, desgleichen, wenn das Partizip den Ort, wo etwas vorgegangen ist, bezeichnet, z. B. idam efam asıtam hier haben sie gesessen. In Verbindung mit einem Part. fut. pass. kann der Gen. oder Instr. den Agens be- zeichnen, z. B. bhavatah oder bhavatü kafah kartavyah von dir ıst die Matte zu machen. Das Werkzeug (karana) bezeichnet der Gen. bei JRä, wenn es nicht die Bedeutung kennen, er- kennen hat (unbelegt), und bei As opfern im Veda, z. B. ghrtena oder gAhrtasya yajate (vgl. SF. 5, 160). Im Sinne von adhıkarana (der Kategorie des Lokalis) steht der Gen. in Verbindung mit einem Adverb in der Bedeutung von krtvas mal, z. B. pafica- krtvo 'hno bhurkte dvir ahno ’dhite fünfmal am Tage isst er, zweimal studiert er. Wie der Instr. kann der Gen. angewendet werden bei dem Begriffe %Aetu Ursache, nämlich dann, wenn das Wort hetu selbst gebraucht wird, z. B. annasya hetör vasatı

$63-65.]) Kap. II. Beurtheilung der indischen Lehren. Ablativ. 181

der Speise wegen bleibt er. Ferner konkurriert er mit dem Instr. bei den Adjektiven von der Bedeutung ‘ähnlich’, bei den Wörtern in der Bedeutung von düra und antıka mit dem Ablativ, bei äyusya u. s. w. mit dem Dativ. Überhaupt soll er im Veda häufig an Stelle des Datıvs stehen. Endlich kann statt des absoluten Lok. der absol. Gen. stehen, wenn Gering- schätzung ausgedrückt wird, z. B. rudatah prävräjit er ging von ihm weg, obgleich jener weinte.

$ 64. Beurtheilung derindischen Lehren. Soweit die Lehren der indischen Grammatik. Wir tadeln an ihnen heute, dass sie den Genitiv nur negativ definieren, gestehen aber dabei zu, dass wir nicht im Stande sind, einen einheitlichen Grund- begriff für diesen Kasus aufzustellen. Sodann nehmen wir daran Anstoss, dass der Nominativ nicht als Subjektskasus auf- gefasst ist. Das ist natürlich nicht aus Unüberlegtheit ge- schehen, sondern weil aie Inder den Agens in dem Suffix der dritten Person des Verbums finden, so gut wie in der ersten und zweiten. Wir legen uns die Sache jetzt so zurecht, dass wir sagen, die dritte Person habe eigentlich kein Suffix ver- dient, da ihr Subjekt ja die immer wechselnden hinzutretenden Nominative bilden, habe aber in Anlehnung an die erste und zweite Person doch eines erhalten (vgl. Paul, Prinzipien 2, 260 f.). Mit der richtigeren Auffassung des Nominativs gewinnen wir denn auch eine richtigere Auffassung des Vokativs. Im all- gemeinen tadeln wir, dass der Versuch, einheitliche Grund- begriffe für die Kasus aufzustellen, nicht weıter getrieben worden ist. Wie weit wir in dieser Beziehung über unsere indischen Vorgänger hinausgekommen sind, mag die folgende Ausführung über die Grundbegriffe der Kasus lehren. Ich folge bei derselben der Übersichtlichkeit wegen der von mir auch sonst gewählten Reihenfolge: Ablativ, Lokalıs, Instrumentalis, Dativ, Genitiv, Akkusativ, Nominativ, Vokativ.

B. Erörterung der Grundbegriffe.

665. Der Ablativ. Ich schliesse mich der jetzt herr- schenden wohlbegründeten Ansicht an, wonach der Abl.

182 Kap. IIL Grundbegriff des Ablativ und Lokalis. [$ 65—66.

ursprünglich nur den Pronominibus zukam und von ihnen auf einen Theil der Nomina übertragen wurde. Aber auch die Pronomina hatten eine eigene Form für den Abl. nur ım Sın- gular, im Plural (vom Dual soll hier wegen seiner mangel- haften Kasusausbildung nicht die Rede sein) fiel der Abl. mit dem Dativ zusammen und dieser Zustand setzte sich bei den Nomina fort. Gaedicke, dessen hervorragende Schrift über den Akkusativ im Veda ich an dieser Stelle besonders heran- ziehe, hat aus diesem Thatbestand (S. 144, Anm.) folgenden Schluss gezogen: “Das Zusammenfallen des Dativs und Ablativs im Plural wird darauf schliessen lassen, dass das Ablativische des Ablativs ursprünglich nur an Einzeldingen gefunden werden konnte.” Mit dieser Meinung stimmt auch die Formenstatistik des Rigveda. Unter den 29 Stellen, an welchen die Formen ebhyas (ebhyas), abhyas, töbhyas, täbhyas, yebhyas, yabhıyas vor- kommen, finden sich nur 4 mit ablativischem Gebrauch und auf dem nominalen Gebiet 124 Stellen des Abl. plur. gegen 923 des Abl. Sing. (vgl. über die letztere Thatsache Lanman, noun-infl. 583). Demnach wird die Sache so gewesen sein, dass man nur bei singularischem Ausdruck ein Bedürfnis nach dem Ablativ empfand. Wollte man einmal dasselbe Verhältnis auch an einem Plural zum Ausdruck bringen, so verwendete man dafür eine bereits vorhandene, gewöhnlich durch einen anderen Kasus in Beschlag genommene Form (s. S. 190 unter Synkretismus). Somit muss man die Beschränkung auf den Singular mit in die Beschreibung des ältesten Gebrauches auf- nehmen und sagen, dass ursprünglich in den Ablativ derjenige als Einheit angeschaute Substantivbegriff trat, von dem her die Handlung des Verbums erfolgte, oder anders ausgedrückt: der Ausgangspunkt der Handlung. Es ist einleuchtend, dass der hiermit aufgestellte Grundbegriff mit dem apädana der Inder übereinstimmt und dass sich alle Gebrauchstypen des Abl. leicht auf ihn zurückführen lassen.

$ 66. Der Lokalis. Nach den indischen Grammatikern tritt ın den Lokalis der Behälter einer Thätigkeit, und etwa dasselbe will es bedeuten, wenn Gaedicke S. 25 sagt: der

566.) Kap. III. Grundbegriff des Lokalis. 183

Substantivbegriff trete in den Lokalis, wenn der Verbalbegriff ın oder bei ihm sich vollzog. Ich hatte früher neben «ir» und bei auch ar und auf zur Kennzeichnung des Lokativbegriffes ver- wendet. Ich bin aber jetzt geneigt, einer späteren (S. 133) Ausführung von Gaedicke beizutreten, wonach der ursprüng- liche Begriff des Lok. nur der von :n, innerhalb eines Raumes war. Mir scheint für diese Auffassung namentlich der Umstand zu sprechen, dass in der alten Zeit nur sehr selten einzelne Per- sonen in den Lok. treten (was doch merkwürdig wäre, wenn der Lok. von Anfang an auch an Stelle unseres bei, neben u. Ss. w. gestanden hätte), während mehrere Personen (eine Menge, in- nerhalb deren etwas geschieht) oft ım Lok. erscheinen. Sodann erklärt sich unter dieser Voraussetzung gut der temporale Ge- brauch des Lok., hinsichtlich dessen Gaedicke S. 179 treffend sagt: Der Akkusativ von Zeitbegriffen besagt, dass der Vor- gang während ihrer Dauer, der Genitiv, dass er während eines Theils derselben, der Lokativ, dass er zwischen ıhren Grenzen, der Instrumental, dass er mit ihrem Eintritt und Verlauf stattfindet. (Man vergleiche auch seine weitere Aus- führung.) Auch wird man Gaedicke wohl zugeben, dass unter dieser Voraussetzung sich das Fehlen der Präposition ix in den arıschen Sprachen gut erklärt. Denn das Bedürfnis danach war und blieb in diesen Sprachen durch den Lokalıs gedeckt. Wie sich dieser ursprüngliche Begriff des Lok. ausgedehnt hat [eine Bewegung die jedenfalls schon in der Ursprache begonnen hat}, beschreibt Gaedicke in folgenden Worten: “Zu dem “inner- halb des Raumes’ war das ‘innerhalb der Fläche’ hinzugetreten, das auch durch “an, auf‘, den Akk. bestimmt werden kann, ferner das “innerhalb der Zeit’ und das der Handlung (vgl. unser 'in- dem’) und aus dem “innerhalb der Grenzen’ eines Gegenstandes war ‘innerhalb der Sphäre’ desselben, der wirklichen wie der ideellen, geworden. Bei dieser verallgemeinerten Bedeutung des Lokativs konnten sich eben Präpositionen einfinden und diese trugen weiter dazu bei, ihn zum allgemeinen Lokalis zu machen.” (133 Anm.)

184 Kap. III. Grundbegriff des Instr., Dat. [$ 67—68.

8 67. Der Instrumentalis.!) Zu den Ausführungen der indischen Grammatiker ist zu bemerken, dass der Instr. bei dem Passivum den ursprünglichen Gebrauch nicht vorstellt, und zwar darum nicht, weil, wie wir jetzt mit gutem Grunde annehmen, der passivische Ausdruck sich im wesentlichen erst in den Einzelsprachen entwickelt hat. Es fällt also für uns der Begriff kartar hinweg und bleibt karana Werkzeug übrig. Aber hier- aus lässt sich der der Begleitung (z. B. adıtyai rudrair vdsubhir na & gahi mit den Aditya, Rudra, Vasu komm zu uns RV. 10, 150, 1) und der der Ausdehnung über Raum und Zeit nicht wohl ableiten. Man findet aber den Generalnenner auch für diese Bruchtheile des Gebrauchs, wenn man bedenkt, dass viele Vorgänge im Leben so beschaffen sind, dass zusammen mit dem Hauptträger der Handlung noch ein anderer Substantivbegriff engagiert erscheint. Dieser zweite Begriff tritt in den Instr. Man kann also sagen: In den Instr. trat derjenige Substantiv- begriff, mit dem zusammen der Träger der Handlung diese voll- zog.2) Gewöhnlich wurde dieser zweite Begriff als Begleiter oder Werkzeug gedacht. Dass er auch als Zeit oder Raum er- scheint, ist uns auffällig, stimmt aber durchaus zu der That- sache, dass der Instr. in diesem Falle die ununterbrochene Verbindung der Handlung mit einer gewissen Zeitdauer oder Raumstrecke ausdrückt.

8668. Der Dativ. Nach Gaedicke trat in den Dativ der- jenige Substantivbegriff, dem der Verbalbegriff galt oder nach dem er sich hinneigte. In dem Ausdruck gelten spiegelt sich die geläufige grammatische Tradition, der auch das indische sampradäna entspricht, in dem Ausdruck Ainneigen eine loka-

1) Schleicher hat die Meinung aufgestellt, dass es im Idg. zwei In- strumentale gegeben habe, einen auf @ und einen auf bhi. Ob es so war, wissen wir nicht und noch viel weniger, ob und welche Bedeutungsver- schiedenheit etwa zwischen den beiden Formen obgewaltet habe. Es ist uns ja auch völlig unklar, weshalb die Kasus in den verschiedenen Numeri so verschieden aussehen.

2) Nach Gaedicke S. 25 müsste ich noch hinzufügen ‘erlitt. Man wird mir erlauben, das Vollziehen einer Handlung im weitesten Sinne zu ver- stehen.

$ 63-69.) Kap. III. Grundbegriff des Genitivs. 185

hstische Anschauung, der ich früher huldigte. Ich habe K2. 18, 100ff. ausgeführt, dass die Grundbedeutung des Dativs sei: die körperliche Neigung nach etwas hin, und habe deutlich zu machen gesucht, wie dieser Kasus oder eigentlich die in ıhm enthaltene Präposition wohl in der Urzeit entstanden sein möchte. Da ich jetzt ein entschiedenes Misstrauen gegen glotto- gonische Hypothesen hege und nicht mehr glaube, dass sich aus den Kasus Präpositionen loslösen lassen, so fällt diese Darlegung jetst für mich nicht mehr in’s Gewicht. Auch von einer all- gemeinen Vorliebe für lokalistisch gefärbte Erklärungen, die ich damals wohl hatte, weiss ich mich jetzt frei und ich sehe mich daher jetzt bei der Entscheidung zwischen den beiden Möglichkeiten der Auffassung lediglich auf eine Befragung der Überlieferung angewiesen. Diese aber scheint mir für die geistige Auffassung zu entscheiden. Es spricht für sie der Um- sand, dass in den Dativ ganz überwiegend Personen treten, was gewiss nicht der Fall sein würde, wenn der Dativ ein Ziel- kasus wäre. Insbesondere erscheint bei ‘gehen’ und ähnlichen Verben, wie & 136 gezeigt werden wird, im Veda nicht irgend ein ruhender Theil des Raumes, sondern eine Person im Datıv, die nicht eigentlich als Ziel gedacht sein wird. Ich glaube also, wie dort ausgeführt werden wird, dass die Worte des Veda pra vignave Sugdm &tu mänma zu übersetzen sind: dem Vishnu zu Ehren schreite das kräftige Lied vor. Dabei wird nicht geleugnet, dass im spätern Sanskrit und sonst in indischen Dialekten wirkliche Zieldative vorkommen, wie z. B. gramäaya gachati. Sie haben sich aus dem nicht-lokalen Grundbegriff. des Dativs ebenso entwickelt wie der Akkusativ des Zieles aus dem ganz allgemeinen, nicht lokalen Grundbegriff des Akkusatıvs.

$69. Der Genitiv. Über den Gen. sing. der o-Stämme äussert sich A. Kuhn KZ. 15, 311 in einer Besprechung von Schleicher’s Kompendium wie folgt: “Eine sehr ansprechende Vermuthung, dass nämlich der Genitiv als ein undeklinierbar gewordenes Adjektiv mit der-Bedeutung des Besitzes anzu- sehen sei, hatte zuerst Höfer, zur Lautlehre S. 92 ausgesprochen,

186 Kap. III. Grundbegriff des Genitivs. '8 69.

indem er ot0 = 0010-5 —= asya-s setzte und, wenn auch nicht mit diesen Worten, aussprach, dass Wörter wie amasıus Önpdsıos vayasyas eigentlich Genitive in adjektivischer Form seien. Den- selben Gedanken hat neuerdings Max Müller, science of lang. I, 106, ohne, wie es scheint, Höfer’s Vorgang zu kennen, aus- gesprochen. Er brachte zugleich treffende Analoga aus dem Tibetanischen, Garo und Hindustäni bei.” Diese Meinung hat viel Anklang gefunden, steht aber auf schwachen Füssen. Dass önpdscros aus "Önuorttos entstanden ist, braucht jetzt nicht mehr bewiesen zu werden; ai. vayasyd in gleichem Alter stehend enthält nicht ein Suffix sya, sondern ya, da es von vdyas ab- zuleiten ist; amasıus weiss ich nicht zu erklären, aber schwer- lich dürfte dieses Wort, und was sich ihm etwa an die Seite stellen lässt, ausreichen, um wahrscheinlich zu machen, dass in uralter Zeit ein sekundäre Adjektiva bildendes Suffix sys be- standen habe. Und selbst wenn man dies glauben wollte, so wäre doch immer nur für den Gen. sing. der o-Stämme, nicht der übrigen Stämme, und nicht für den Gen. plur. eine An- lehnung gefunden. Somit bleibt für die Vermuthung nichts übrig, als dass sie ‘ansprechend’ ist. Ich leugne das nicht, bitte aber doch auch folgendes zu erwägen. Sekundärbildungen sind alle Kasus, nicht bloss der Genitiv, wenigstens in den Augen desjenigen, der der Ansicht ist, dass die Kasus irgendwie aus dem Stamm herzuleiten sind. Als ein Adjektivum bezeichnen wir den Genitiv wegen seines adnominalen Gebrauchs. Aber es giebt ja auch einen adnominalen Dativ, der der allgemeinen Ansicht nach durch eine Verschiebung in den Satzverhältnissen entstanden ist. Wie nun, wenn der adnominale Genitiv durch eine ähnliche, nur viel ältere Verschiebung entstanden wäre? Man sieht, dass auch eine andere Auffassung möglich ist, und wird mir, wie ich denke, zugeben, dass durch allgemeine Er- wägungen für unsere Frage nichts zu gewinnen ist. Auch die Betrachtung der Überlieferung führt nicht zur Aufstellung eines einheitlichen Grundbegriffs. Wir erblicken einen adverbalen und einen adnominalen Gebrauch. Welcher der ältere ist, lässt sich nicht beurtheilen. Somit bleibt nur übrig, jeden von beiden

$ 69— 70.) Kap. IH. Grundbegriff des Akkusativs.

—— nn

187

besonders zu definieren. Für den adverbalen Gebrauch mag die Definition von Gaedicke empfohlen werden, wonach der Sub- stantivbegriff dann in den Genitiv tritt, wenn der Verbalbegriff nicht auf seinen vollen Umfang bezogen werden sollte. Das sagt ungefähr dasselbe wie die Grimm’sche Formel: “Der Akk. zeigt die vollste entschiedenste Bewältigung eines Gegenstandes durch den im Verbo des Satzsubjekts enthaltenen Begriff; ge- ringere Objektivisierung liegt in dem Gen., die thätige Kraft wırd dabei gleichsam nur versucht und angehoben, nicht erschöpft” (4, 646). Dass es sich hierbei um eine durchaus primitive An- schauung handelt, wolle man sich an einem Gegensatz wie das Wasser trinken und des Wassers trinken deutlich machen. Hinsichtlich des adnominalen Theiles des Genitivs verweise ich auf das $ 163 gesagte.

$70. Der Akkusativ. Man hat sich längst überzeugt, dass es nicht möglich ist, aus dem Akkusativ des Objekts oder des Ziels oder sonst einem Einzelgebrauch sämmtliche Gebrauchs- weisen des Akk. abzuleiten. Und da es nun auch unmöglich schien, einen hinreichend weiten positiven Rahmen aufzustellen, in dem alle Gebrauchstypen neben einander stehen können, so hat Gaedicke es für richtig gefunden, sich zu dem Akk. so zu stellen, wie die indischen Grammatiker zum Genitiv. Er wird nach ihm $e$e gebraucht, d. h. in allen denjenigen Fällen, welche durch die übrigen Kasus nicht gedeckt sind. Ich habe mich ihm in meiner altindischen Syntax angeschlossen und noch die Betrachtung hinzugefügt, dass der Akkusativ in der regelmässigen Woörtstellung seinen Platz unmittelbar vor dem Verbum hat, so dass also, wenn mehrere Kasus, z. B. auch noch ein Dativ, vorhanden sind, die regelrechte Wortfolge die sein würde: Nominativ, Dativ, Akkusativ, Verbum. Mit Verwerthung dieser Beobachtung könnte man sagen: in den Akkusativ tritt derjenige Substantivbegriff, welcher von dem Verbalbegriff am nächsten und vollständigsten betroffen wird. In dieser Fassung liegt zugleich ein Gegensatz gegen andere Kasus angedeutet, und zwar in betroffen der Gegensatz gegen den Nominativ, in nächst gegen den Dativ, in vollständigst gegen den Genitiv.

188 Der Nominativ. Der Vokativ und Schlußbetrachtung. [$ 70—72.

Wem dieser Grandbegriff zu schattenhaft erscheint, wird auf die Aufstellung eines einheitlichen Grundbegriffes verzichten und sich mit der Aufzählung der als indogermanisch erkannten Gebrauchstypen begnügen müssen ein Standpunkt, gegen den ich keine erhebliche Einwendung zu machen habe.

$ 71. Der Nominativ. In ihn trat ursprünglich jeden- falls der als thätig gedachte den Träger oder Mittelpunkt der Handlung bildende Substantivbegriff. Erst nachdem sich der passivische Ausdruck entwickelt hatte, konnte der Nom. auch zum leidenden Mittelpunkte der Handlung werden und erst auf dieses Stadium passt daher die Erklärung, dass der Nominativ den Gegenstand der Aussage, das grammatische Subjekt be- zeichnet. |

$ 72. Der Vokativ und Schlussbetrachtung. Der Vok. bildet kein Glied des Satzes, sondern wird ıhm als ein stets eine gewisse Selbständigkeit behaltender Theil an- oder eingefügt. Die Stoiker hatten also so Unrecht nicht, wenn sie ihn als Satz bezeichneten.

Blicken wir zurück, so finden wir, dass durch dıe Kasus die Verhältnisse ausgedrückt werden, in welchen der Sub- stantivbegriff zu dem Verbalbegriff steht. Er kann der Träger oder Mittelpunkt der Handlung sein (Nominativ) oder von ihr betroffen werden, und zwar entweder nahe und ganz (Akku- sativ) oder theilweise (Genitiv) oder so, dass die Handlung mit Hinblick und Rücksicht auf den Substantivbegriff geschieht (Dativ). Ferner kann der Substantivbegriff bei der von dem Träger vollzogenen Handlung eine begleitende, helfende, die- nende Stellung einnehmen (Instrumentalis). Endlich kann er den Punkt angeben, von dem aus die Handlung erfolgt /Ab- latıv), oder den Ort, innerhalb dessen sie sich abspielt (Loka- lıs!. Das Ziel, dem die Handlung zustrebt, wurde also ursprüng- lieh durch Kasus nicht bezeichnet, entwickelte sich aber am Akkusativ und Dativ, und zwar sicher bei dem Akkusativ, vielleicht auch bei dem Dativ, bereits in der Zeit der Sprach- gemeinschaft.

$ 73.) Kap. II. Synkretismus. Indogermanische Ursprache. 189

u. Synkretismus.

Hier sollen diejenigen Erscheinungen besprochen werden welche zu einer Vereinfachung des indogermanischen Kasus- systems in den Einzelsprachen geführt haben. Da es an die- ser Stelle auf das System des Kasus, nicht auf die Geschichte des einzelnen Kasus abgesehen ist, so wird die Eintheilung nicht von den Kasus, sondern von den Sprachen hergenommen.

$73. Indogermanische Ursprache. Es ist sicher, dass in der Urzeit ein Vokativ nur im Singular, und auch hier nieht bei allen Stämmen vorhanden war, im Dual und Plural aber mit dem Nominativ der Form nach zusammenfiel. Man wird sich das so zu erklären haben. Da der Vokativ nichts ist als die Stammform, so wurde er ohne Rücksicht auf die Numeri gebraucht. Es stand also die Form, welche später auf den Singular beschränkt war, auch dann, wenn mehrere Personen gemeint waren. Als man dann ein Bedürfnis nach Bezeichnung der Zahl auch in diesem Falle empfand, schlug man die Stammform zum Singular, im Dual und Plural aber ver- wendete man den Nominativ, welcher dem Vokativ dem Sinne nach am nächsten stand. Denn der Nom. wird ja oft so ge- braucht, wie ihn die indischen Grammatiker beschreiben, 2. B. in der Antwort auf die Frage ‘wer oder was ist das‘.

Sodann ist sicher, dass im Neutrum der Nominativ mit dem Akkusativ zusammenfiel. Das Neutrum, welches ım all- gemeinen Personen nicht bezeichnete, war nicht geeignet, den thätigen Träger oder Mittelpunkt einer Handlung zu bilden. Es wird daher ursprünglich als Nominativ nicht vorgekommen sein. Es konnte aber auch in dieser Funktion verwendet werden, nachdem der Nominativ immer mehr zum Kasus des grammatischen Subjekts geworden war. In den Einzelsprachen trug dann die Ausbildung der Passivkonstruktion viel dazu bei, in der Phantasie der Sprechenden die Empfindung zu be- festigen, dass der Nom. und Akk. in einem Austauschverhält- nis zu einander stehen.

190 Kap. III. Synkretismus in der Ursprache. 18 73.

Von dem Ablativ ist schon oben $ 65 behauptet worden, dass er ursprünglich nur dem Pronomen, und auch dort nur dem Singular angehörte, dass man sich, wenn etwa ein Bedürfnis nach ablatıvischem Ausdruck ım Plural auftauchte, an die Form des Dativs wandte und dass dieser Zustand sich bei den Nomina fortsetzte. Über den Grund, weshalb der Dativ gewählt wurde, hat sich Lanman noun-inflection S. 583 geäussert. Er theilt dort zunächst die Beobachtung mit, dass ım Rigveda der Nom., Akk. und Vok. zusammen 67645 mal erscheinen, der Instr. 7647 mal, der Gen. 6985 mal, der Lok. 5458 mal, der Dat. 4480 mal, der Abl. 1062 mal und fährt dann fort: In the whole Rik text, there are only about 124 instances ın which there is occasion for expressing the ablative plural relation. It ıs therefore in perfect accordance with the principle of Iin- guistic economy that there should be no separate form devoted exclusively as it were to the expression of this relation. And in fact it is made to depend for its expression upon the case- form of the dative, which be ıt observed ıs next to the ablatıve, itself the most infrequent of all cases. Ich muss doch gestehen, dass die Berufung auf das Prinzip der Arbeits- ersparung nicht ausreicht, um mir anschaulich zu machen, warum die Sprechenden sich gerade an den Dativ wendeten. Einen anderen Weg schlägt Gaedicke, Akkusativ im Veda 144 A. ein. Er nimmt an, dass die Übertragung auf den Dativ durch Berührungen der Bedeutung vermittelt sei. Was er da- für anführt, scheint mir allerdings nicht stichhaltig, aber sonst findet eine solche Berührung in der That statt, so wenn ai. a-vraSc mit dem Dativ verbunden wird, z. B. tena tasmäi nävrScat& so (indem er eine Opfergabe darbringt) wendet er sich von Agnı nicht ab MS 1, 6, 5 (93, 18). Eigentlich: er wendet sich ihm gegenüber nicht ab, es ist aber praktisch dasselbe, als ob der Ablativ dastünde (vgl. auch »i-ha zurückweichen vor mit dem Dativ). Ähnlich im Slavischen (Miklosich 4, 586), z. B. aksl. sudu ubezati judicium effugere; iskupiti se kesaru, dlügu sich dem Kaiser gegenüber, einer Schuld gegenüber (also praktisch: von einer Schuld) loskaufen. Ich bin also geneigt

$ 73.] Kap. UI. Spmkretismus in der Ursprache. 191

Gaedicke beizustimmen, bitte aber nicht aus dem Auge zu verlieren, dass ein festes Verhältnis zwischen Ablatıv und Da- tivsich nur schwer ausbilden konnte, weil der Abl. plur. eben kaum vorkam. So erklärt sich denn auch die Thatsache, dass der Ablativ im Singular auf dem nominalen Gebiet seine be- sonderen Wege ging. Im Singular empfing nur die o-Dekli- nation den Ablativ von den ebenfalls auf o ausgehenden Pro- nomina. Da diese Deklination durch zahlreiche und häufig gebrauchte Wörter vertreten ist, so setzte sich im Sprachgefühl die Kategorie des Ablativs fest. Eine Form aber fand sie bei den übrigen Stämmen nicht, sondern die nun erworbene Ka- tegorie wurde durch den Genitiv mit vertreten, und zwar scheint gerade dieser Kasus sich eingestellt zu haben, weil der Genitiv und der neu hinzugekommene Ablativ sich in ihrem Gebrauch vielfach berührten, so namentlich bei dem sog. Gen. originis, $ 84, des Stoffes, $85 und $ 165, neben den Ver- ben der Gemüthsbewegung, $ 89, bei den Adjektiven wie voll einerseits und leer andererseits, $ 172. Wem etwa diese Aus- führung über den Ablativ zu hypothetisch erscheint, der möge ein- fach die sicher erschliessbare Thatsache festhalten, dass der Ablatıv sämmtlicher Pronomina und Nomina im Plural mit dem Datıv, bei den Nomina aber, welche nicht den o-Stämmen angehören, im Singular mit dem Genitiv der Form nach zusammenfiel. Ausser den besprochenen Fällen wären noch ähnliche Vor- gänge zu erwähnen, welche sich auf die Kasus einzelner Stammklassen beziehen. So ist wohl nicht daran zu zwei- feln, dass der Dativ und Lokalıs der #-Stämme formell zu- sammenfielen (Brugmann 2, 618). Zweifelhaft ist mir, was von Bartholomae und Brugmann über gewisse Formen auf % gelehrt wird. Formen dieser Art (eigentlich Instrumentale) werden im Veda auch dativisch gebraucht, z. B. ati, ebenso nach Bartholomae in Bezzenberger’s Beitr. 15, 254 einige auf td ım Avestischen. Bartholomae schliesst daraus auf dativischen Ge- brauch dieser Formen in der arischen Periode und Brugmann 2, 602 verlegt denselben in die Urzeit. Ich hege Zweifel, weil uf und Genossen zu denjenigen verstümmelten Formen gehören,

192 Kap. III. Synkretismus im Arischen. 8 73—75.

welche im Rigveda nicht selten am Ende einer metrischen Reihe erscheinen und welche ihre Entstehung vielleicht dem Zwang des Metrums verdanken. Ich weiss wohl, dass diese Vorstellung von der Kraft des Metrums als reaktionär gilt, erlaube mir aber anf meine Andeutungen in den Göttinger Gel. Anz. 1881 S. 398 zu verweisen.

$ 74. Altıindisch.

Im Altindischen ist der indogermanische Zustand fort- geführt worden. Ich erwähne dasselbe hier auch nur, um auf eine merkwürdige Verschiebung innerhalb des Dualis hinzu- weisen. Bollensen hat in einem lehrreichen Aufsatz über den Dualis ım Rigveda ZDMG. 22, 637 ff. gezeigt, dass ım Rig- veda 5s ausser dem Lokalis und Genitiv auch den Ablativ bezeichnet, diyam aber den Instr. und Dativ, während später der Ablatıiv zu dhyam geschlagen worden ist. Offenbar ist in der alten Sprache das Vorbild des singularischen as, in der späteren das des pluralischen dAyas wirksam gewesen. Das letztere aber hat sich stärker erwiesen, weil in ihm bei allen Stammklassen der Dat. und Abl. zusammengefallen sind.

$ 75. Iranisch.

Indem ich hinsichtlich mancher Merkwürdigkeiten des Avestischen auf die einzelnen Kasus verweise, habe ich hier die Thatsache zu erwähnen, dass das Altpersische den Dativ in den Genitiv hat aufgehen lassen. Wir vermögen zwei Aus- gangspunkte dafür zu erkennen: a) der Dativ hat ein Gebiet okkupiert, welches sonst dem Genitiv gehört. Ich denke dabei an den sog. adnominalen Dativ (vgl. $ 146), der im Avesti- schen stark entwickelt ist und es auch in einem früheren Stadium des Altpersischen gewesen sein wird. b) Durch den Genitiv wurde etwas ausgedrückt, das sonst dem Dativ zufällt. Ich meine den Genitiv in Sätzen wie ai. (vgl. SF. 5, 153) tasya ha putro jajhe dessen (s. v. a. dem) wurde ein Sohn ge- boren, wo tasya ursprünglich zu putrah gehört, aber vermuthlich ım Altindischen ebenso, wie es von uns geschieht, mit dem Ver- bum in Beziehung gesetzt wurde; tdd asya sdhasaditsanta dieses suchten sie ihm mit Gewalt zu nehmen u. ähnl. Ebenso im

$ 7576.) Kap. III. Synkretismus im Griechischen. 193

Avestischen: z. B. kem ida t& zaoprä bavainti yase tava fra- barente drvantö sind das deine Opfer, welche deinigen die gottlosen darbringen, d. h. welche dir die gottlosen darbringen yt. 5, 94; y0 nätrıkayä zwarebrem frabaräp wer eines Weibes (d.h. einem Weibe) Speise bringt vd. 16, 5. So entstand der Genitiv bei da geben, z. B. yerhe hazanrem yaozstıngm fradabap dem er tausend Gaben verlieh yt. 10, 82; bei dis, z. B. y@ apqm mazdadatangm srirä pahbo dapsayeinti welche den Gewässern ihre schönen Bahnen (eigentlich: die schönen Bahnen der Ge- wässer) vorzeichnen yt. 13, 53; bei »1-oid mittheilen und sonst. So verwischten sich die Grenzen zwischen den beiden Kasus und schliesslich ward der eine überflüssig. Dass sich der Ge- nitiv erhielt, lag wohl an seinem umfassenden Gebrauch. Ein gleicher oder ähnlicher Prozess hat sich im späteren Sanskrit, Palı und Prakrit vollzogen ').

$ 76. Griechisch. Der Ablativ hatte, wie wir sahen, in der Ursprache nur bei den o-Stämmen im Singular eine eigene Form. Bei den übrigen Stämmen fiel er mit dem Genitiv, im Plural mit dem Dativ, formell zusammen. Im Griechischen ist er im Singular völlig in den Genitiv aufgegangen und s0- mit als eigener lebendiger Kasus verschwunden. Wie das ge- kommen sei, können wir wohl im allgemeinen vermuthen. Wir können darauf hinweisen, dass die Anwendungskreise der beiden Kasus sich schnitten (s. oben S. 191); ferner können wir uns nach Analogie des slavischen Lokalıs (s. unten S. 196) vor- stellen, dass die Verbindung mit Präpositionen dazu beigetragen

i) In der Sprache der Brähmanas, gelegentlich auch im Veda, erscheint die Dativform an Stelle der Genitivform im Sing. der ü-, i- und ü-Stämme und derjenigen auf ® und «, welche sich nach ihnen gerichtet haben, z. B. jayayäi zu jäyd, prihioyai zu prihivi, dhenvät zu dhenü. Es scheint aber nicht, dass es sich hierbei um einen syntaktischen Vorgang handelt. Gegen diese Annahme spricht, wie A. Kuhn in seinem lehrreichen Aufsatz über diese Formen (KZ. 15, 420 ff.) bemerkt, der Umstand, dass -ät nicht bloss im Sinne des Genitivs, sondern auch im Sinne des Ablativs erscheint und dass es nur bei einer beschränkten Anzahl von Stämmen auftritt. Über den wahren Grund der merkwürdigen Erscheinung weiss ich etwas Befriedigen- des nicht zu sagen.

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm, Sprachen. 1. 13

194 Kap. III. Synkretismus im Griechischen. [$ 76.

habe, die Kasusendung entbehrlich zu machen‘), aber über den Hergang im einzelnen können wir nichts sagen. Über den Abl. plur. s. unten.

Den Instrumentalis glaubt Meister noch im Kyprischen gefunden zu haben. Er sagt darüber Griech. Dial. 2, 295: “Instrumentale sind pa, zuywAd infolge des Rufes (des Gelübdes, ex voto). Ebenso steht der (soziative) Instrumentalis in alt- ererbter Weise von ouv begleitet: oö(v) ruya in Verbindung mit einem Glücksfall. Nirgends findet sich das ‘ex voto’ durch einen Dativ apaı oder euywiäı ausgedrückt, nirgends bei oüv eine Dativform. Das ist beweisend: das Kyprische zeigt uns den Instrumentalis noch als lebendigen Kasus aus urgriechi- scher Zeit her erhalten.” Indessen O. Hoffmann, die griech. Dial. 1, 187, hat gegen diese Auffassung nicht unerhebliche Bedenken geltend gemacht. Man wird, so viel ich sehe, nur durch neue Funde alterthümlicher Inschriften zu einer Ent- scheidung gelangen können. Der Instrumentalis ist im Griech. im Sıngular mit dem Dativ zusammengefallen, dem er bei den Wörtern der ersten und zweiten Deklination äusserlich und dem er auch innerlich nahe stand. Denn er berührt sich mit ihm bei den Verben, welche ein Zusammenkommen irgend- welcher Art ($ 110), herrschen ($ 111), sich freuen ($ 115), ver- trauen ($116), und bei den Adjektiven, welche gleich und ähnlich bedeuten ($ 124). Länger als der Ablatıv und Instrumentalis hat sich der Lokalis erhalten. Er war dem Dativ wenigstens bei den o- und #-Stämmen in der Form sehr ähnlich und floss mit ihm derartig zusammen, dass je nach den Dialekten bald die Form des Dativs, bald die des Lokalis die Überhand be- hielt (vgl. Brugmann 2, 600. Dem Sınne nach berührte er sich mit dem Instr. bei den Raum- und Zeitbegriffen, bei sich freuen, sich waschen, fahren und sonst (vgl. $ 101). Alle drei Kasus trafen zusammen bei den Verbis des Hertschens, der Freude, des Vertrauens. Anderer Art waren die Schicksale des

1) Auf diesen vielfach auftretenden Faktor bei der Verschmelzung von Kasus sei hier ein für alle mal hingewiesen.

$76—78.] Kap. III. Synkretismus im Italischen, Germanischen. 195

Ablatıvs, Instrumentalis und theilweise auch des Lokalıs im Plural. Darüber ist $ 127 bei dem Kasus auf »ıv gesprochen.

$ 77. Italisch.

Im Italischen hat sich der Ablativ sing. über das Gebiet der o-Stämme hinaus ausgebreitet, wie im Iranischen. Er hatte ım Sprachgefühl einen festen Halt. In den Genitiv ist er nicht aufgegangen, vıelmehr hat er den Instrumen- talis und allmählich auch den Lokalis an sich gezogen. Die Verschmelzung mit dem Instr. erfolgte sehr früh, viel- leicht schon, ehe die Ausbreitung der Ablativform auf die übrigen Stämme sich vollzogen hatte (vgl. Brugmann 2, 593). Sie wurde begünstigt durch die formelle Verwandtschaft, denn der Abl. endigte bei den o-Stämmen auf öd, 2d, der Instr. auf ö, und dem entsprechend bei den übrigen Stämmen. Ferner durch Berührungen des Sinnes, indem die beiden Kasus von altersher in dem Begriff Aetu (Ursache) zusammentrafen (vgl. oben $ 58 und 60). Der Lokalis verschmolz bei den so einfluss- reichen :-Stämmen jedenfalls früh mit dem Instr. Nach Brug- mann’s Ansicht 2, 635 fiel er auch bei den konsonantischen Stämmen mit ihm zusammen, da beide Formen auf & aus- gingen. Auf die Bedeutungsberührungen zwischen dem Instr. und Lok. ist bei dem Griechischen hingedeutet worden.

$ 78. Germanisch.

Über die germanischen Kasus etwas Genaueres zu sagen, ist nicht wohl möglich, weil die Auslautsgesetze unter den Händen jedes neuen Bearbeiters immer wieder eine andere Gestalt annehmen. Ich beschränke mich deshalb auf Fol- gendes. Ein Ablativ als syntaktisches Zentrum ıst im Ger- manischen nicht mehr vorhanden. Was im Indogerm. durch diesen Kasus ausgedrückt wurde, wird im Germ. bezeichnet a) durch den Genitiv (selten im Got., häufiger ın andern Dia- lekten), 5) durch den Instrumental !), welcher dann seinerseits

1) Nach Sievers in Paul und Braune’s Beitr. 8, 324ff. hat der Kasus, welchen man im Ags. Instrumental nennt, nicht die Form des alten Instr., sondern des alten Lok. Es sei mir die Frage gestattet, ob in ihm nicht vielleicht die Fortsetzung eines idg. Instr. auf 2 anzuerkennen sei.

13*

196 Kap. IH. Symkretismus im Baltisch-Slarischen. [$ 78-19.

in den Dativ aufgegangen ist. Der Instrumentalis als Zwischen- stufe zwischen dem Ablativ und Dativ ist aber nur noch im Westgermanischen erhalten, im Ostgermanischen finden wir bereits überall den Dativ. Das Gotische und Nordische stehen also in dieser Beziehung auf einer jüngeren Stufe als das Alt- hochdeutsche, Altsächsische, Angelsächsische. Wahrscheinlich erklärt sich diese Zweitheilung des alten Ablatıv so, dass der Ablativ der o-Stämme sich mit dem Instrumentalis vereinigte, während bei den übrigen Stämmen sich der indogermanische Zustand fortsetzte, wie es auch im Griechischen geschehen ist. Dass der Lokalis im Germanischen mit dem Instrumentalis und Dativ zusammenfiel, hat ebenfalls im Griechischen seine Analogie. Der germanische Zustand unterscheidet sich dem- nach von dem griechischen nur dadurch, dass im Germani- schen an den Instrumentalis auch ein Theil des Ablativs über- gegangen war.

$ 79. Baltisch-Slavisch.

Die Form des Genitivs der o-Stämme (z. B. lit. vilko, aksl. vlüka) macht uns Schwierigkeiten. Wahrscheinlich ist sie die alte Ablatıvform. Es hattesich also im Baltisch-Slavischen eine Ver- einigung des alten Ablativs mit dem Gen. vollzogen, wie im Griechischen, nur dass im Baltisch-Slavischen bei den o-Stämmen sich die Form des Ablativs erhalten hat. Den Instrumentalis hat diese Sprachgruppe bewahrt. Lehrreich ist das Schicksal des Lokalis. Ich will hier zeigen, wie es gekommen ist, dass der Lokalis im Serbischen so gut wie vollständig in den Dativ aufgegangen ist. Ich spreche zuerst vom Sıingularıs. Im Aksl. lauten der Lok. und Dat. bei den o-Stämmen verschieden, z. B. Lok. rabe, aber Dat. rabu; bei den u-Stämmen, z. B. synu und synovi; bei fast allen konsonantischen, z. B. cröküve neben crükui, kamene neben kament, slovese neben slovesi. Dagegen lauten die beiden Kasus gleich bei den #-Stämmen, z. B. rybe; bei den i-Stämmen, z. B. pati, kosti; bei den r- Stämmen: mater:. Die Gleichheit bei den #- und vielleicht auch bei den :-Stämmen rührt aus der Urzeit her, wo der Zu- sammenfall sozusagen zufällig erfolgte, insofern er rein auf

$ 79.) Kap. IIL Synkretismus im Baltisch-Slavischen. 197

lautlichen Verhältnissen beruhte. Dagegen in mater: liegt ein Übergreifen der Dativform auf das Lokativgebiet vor, welches sch auch bei den übrigen konsonantischen Stämmen nicht selten findet. In den moderneren slavischen Sprachen hat sich diese Bewegung derartig fortgesetzt, dass überall die Lokativ- form verschwunden und durch die Dativform der konsonan- tischen Deklination ersetzt ist, soweit nicht etwa die Formen der o-Deklination übergegriffen haben (z. B. russ. Lok. Cude neben Dat. Cudu, während die Stammform Cudes lautet). Da- gegen bei den o-Stämmen sind die Lokativform und die Dativ- form in einigen Sprachen mehr oder minder fest geschieden geblieben, im Neuslov. und Serbischen zusammengefallen. Demnach hat sich im Serbischen folgender Zustand herausge- bildet: 1) o-Stämme: robu, also dıe Dativform dieser Stämme, 2) #-Stämme: ribi (seit Urzeiten zusammengefallen), 3) ı-Stämme: kosti (vielleicht ebenso), 4) r-Stämme: mater: (die Dativform, wie schon ım Aksl.), 5) die übrigen konsonantischen Stämme: imenu, tijelu, teletu (also die Form der o-Stämme). Mithin sind die beiden Kasus überall zusammengefallen, sofern nicht der Accent, was bei einigen Substantiven der Fall ıst, einen Unterschied begründet (Miklosich 32, 204). Was mögen nun die Gründe gewesen sein, weshalb die Form des Dativs (und nicht etwa die des Lokalis) überwog? Was die konsonanti- schen Stämme betrifft, so weiss ich neben dem allgemeinen Grunde, dass sie überhaupt einer starken Einwirkung von Seiten der s-Stämme ausgesetzt waren, einen speziellen nicht anzugeben. Bei den o-Stämmen spielte offenbar das Verhältnis zu den u-Stämmen eine Rolle. Da sich im Slavischen o- und u-Stämme früh vermischten (vgl Leskien, Handbuch ? 63) so geriethen Lokale auf % unter Formen, die eigentlich zu o-Stämmen gehören, z. B. red“ Ordnung, Lok. redu u. a. So gab es denn Dative auf « und Lokale auf E und u. Kein Wunder, dass die «-Form sich ausbreitete, da ja in der ganzen übrigen Deklination die Formen der Lokale und Da- tive zusammenfielen. Zu diesen lautlichen Gründen sind aber offenbar auch noch andere gekommen. Es scheint, dass die

198 Kap. III. Schlussbetrachtung über Synkretismus. [$ 79-80.

Dativendung als Trägerin gewisser Bedeutungen überhaupt tiefer im Sprachbewusstsein wurzelte.e Der Lok. kam schon im Aksl. fast nur ın Begleitung von Präpositionen vor, welche einen wesentlichen Theil der Aufmerksamkeit von der Kasus- endung hinweg auf sich zogen. Und ausserdem wurde dem Lok. eine starke Konkurrenz von Seiten des Instrumentalis bereitet, der die Raum- und Zeitbegriffe allmählich für sich in Beschlag nahm. So konnte es kommen, dass der Lokalıs als freier Kasus allmählich dem Bewusstsein der Sprechenden entschwand. Etwas anders war der Vorgang im Plural. Im Plural hat der Lokalıs überall sein charakteristisches cA fest- gehalten (z. B. aksl. rabechü, zenachü, synüchü, pqtichü u. S. w.); nur ım Serbischen (nicht aber im Kroatischen) haben die drei Kasus Dativ, Instrumentalis, Lokalıs die gemeinsame Endung ma, %. B. robima (gegen kroat. robom, robs, robih), rıbama (gegen kroat. ribam, ribami, ribah) u. s. w. Es scheint mir nicht zweifelhaft, dass ma von dem Dat. Instr. des Duals her- kommt, wobei ein Grund zur Veränderung die Undeutlichkeit des Instr. rods gewesen sein mag (welcher von dem Nom. und Akk. nicht verschieden war) und die Duale der Wörter Auge, Ohr u. s. w. die Vermittlung gebildet haben werden (vgl. unter Dual $ 45). Damit ist freilich erst die Änderung und das Zu- sammenfallen des Dat. und Instr. erklärt. Dass der Lok. sich dem Dativ zugesellte, dafür wırd das Vorbild des Singulars ent- scheidend gewesen sein.

Ähnliche lehrreiche Beobachtungen lassen sich auch an anderen slavischen Sprachen machen. Ich weise noch hin auf einen russischen Dialekt des Gouvernements Olonec, wo der Lok.-Dat. der #-Stämme aus lautlichen Gründen mit dem Genitiv zusammengefallen ist (vgl. Leskien in Kuhn und Schleicher’s Beitr. 6, 170).

$ 80. Schlussbetrachtung. Ich habe nun einige zu- sammenfassende Worte über den Synkretismus zu sagen. Es muss auffallen, dass nur drei Kasus dem Verschwinden ausge- setzt sind und auch in einigen Sprachen völlig verschwinden, nämlich Ablativ, Lokalis und Instrumentalis. Das sind die-

$ 80.] Kap. III. Schlussbetrachtung über Synkretismus. 199

jenigen, welche durch die Präpositionen 202, ir» und mit bequem ersetzt werden können. Danach kann man nicht daran zwei- feln, dass die Anwendung der Präpositionen den Untergang der Kasus beschleunigen half. Die Aufmerksamkeit war eben von den Endungen der Kasus wesentlich auf die Präpositionen "übergegangen. Sodann trug zum Verschwinden einzelner Kasus der Umstand bei, dass je zwei Kasus sich in ihren Kreisen schnitten. Man hat sich den Hergang wohl so zu denken, dass einer der zwei Kasus ausschliesslich oder fast ausschliess- lich für die Bezeichnung der gemeinsamen Typen verwendet wurde, z. B. der Instrumentalis und nicht mehr zugleich der Lokalis bei Zeit- und Raumbegriffen. Dadurch verringerte ach der Umkreis des anderen Kasus, z. B. des Lokalıs. Er blieb nur noch in wenigen Typen in Anwendung, diese iso- lierten sich, erstarrten und fielen schliesslich auch gänzlich hın- weg, indem sich allmählich auch für sie andere Formen des Ausdrucks fanden. Endlich ist sicher, dass auch die formale ‚Ähnlichkeit zweier Kasus viel zu ihrer Verschmelzung beige- tragen hat. So sicher mir nun auch zu sein scheint, dass hier- mit einige Gründe des Synkretismus im allgemeinen richtig an- gegeben sind, so schwer ist es, sich von einem solchen Vorgang (namentlich, wenn es sich um prähistorische Zustände handelt) im einzelnen Rechenschaft zu geben. Man muss sich auch in dieser Beziehung nicht vermessen wollen, das Gras wachsen zu hören.

Im Griechischen und Germanischen sind nach Wegfall der genannten drei Kasus nur diejenigen übrig geblieben, welche ein nicht lokal gedachtes Verhältnis zwischen dem Verbalbegriff und dem Substantivbegriff zur Anschauung bringen. Dass darin ein Fortschritt liegt, lässt sich nicht verkennen.

Zu den folgenden Kapiteln über die Kasus sei noch be- merkt, dass die Kasus mit Partizipien (sog. absolute Kasus), bei Infinitiven und subjektlosen Verben in ihnen nicht zur Darstellung kommen.

200 Kap. IV. Der Ablativ. [$ 81.

Kapitel IV, Der Ablativ.

$& 81. Über den Grundbegriff des Ablativs ist $ 65 gehan- delt worden. Ferner ist $ 73 ff. gezeigt, dass der Ablatıv sich in den arischen Sprachen erhalten hat (im Altpersischen findet er sich allerdings nur mit Aaca, eine Verbindung, die auch im jüngeren Avesta häufig ist, seltener in den Gathas), im Italischen den Instrumentalis und Lokalis in sich aufge- nommen hat, im Baltisch-Slavischen mit dem Genitiv zu- sammengeflossen ist, im Griechischen in den Genitiv aufge- gangen ist, im Germanischen endlich theils in den Genitiv, theils in den Instrumentalis-Dativ. Im Folgenden wird hinter- einander der Ablativ bei Verben, bei verbalen Substantiven, bei Adjektiven (insbesondere Komparativen), endlich der freiere Ablativ behandelt. Unter den Verben stelle ich an’s Ende diejenigen, die nur in wenigen Sprachen oder gar nur in einer Sprache belegt sind, aber doch der Mittheilung werth erscheinen. Darunter schliesslich die Verba der Gemüthsbewegung, bei denen es zweifelhaft sein kann, ob der bei ihnen auftretende Kasus der Ablativ oder der Genitiv ist.

Demnach ergiebt sich folgendes Schema:

$ 82. Der Ablativ bei weichen, fernhalten, wegtreiben.

$ 83. Leer sein (bedürfen), berauben.

$ 84. Ausgehen von, entstehen.

$ 85. Verfertigen aus.

$ 86. Lösen, befreien, reinigen, retten, schützen.

$ 87. Entnehmen, kaufen, empfangen, hören, lernen, trin- ken, ergiessen, erwachen.

$ 88. Zurückbleiben hinter, sich verbergen, sich fürchten, vorziehen.

$ 89. Die Verba der Gemüthsbewegung.

$ 90. Der Abl. bei verbalen Substantiven.

$ 91. Der Abl. bei Adjektiven.

$ 92. Der Abl. bei Komparativen.

81-821 Kap. IV. Der Ablativ bei weichen, fernhalten. 2

$ 93. Der freiere Ablativ.

Ehe ich in’s Einzelne gehe, habe ich noch eine Bemerku: über das Avestische zu machen. Hübschmann, Kasusl. 2 hat eine Anzahl von Stellen aus dem Avesta zusammengestel wo wir statt des Ablativs, der vorliegt, einen andern Kas erwartet hätten. So heisst zemada nicht von der Erde, sonde auf der Erde : aspagm varesem zemada sayanem vagnaiti er sie ein Pferdehaar auf der Erde liegen yt. 14, 31 (ähnlich yt. 16, 1 Wenn dabei mit Geldner (drei y. 73) sayanem auszuwerfen i s wäre der Ablativ wohl begreiflich: der Hengst nimmt « Haar sozusagen mit seinem Blick von der Erde auf. Dana wire zemäda auch in Stellen wie yt. 10, 72 gesetzt. Ähnli mag der Ablativ asnaapca zsafnaapca bei Tage und bei Na< jt.5, 15 zu deuten sein. In anderen Fällen ist die Auffassu bestreitbar, so kann man zöaprada yt. 19, 33 übersetzen: infol der Herrschaft (so Geldner y.9, 4). In pupräp vd. 15, 14 sie Geldner (KZ. 25, 194) einen groben Textfehler und so werd sich die meisten der beigebrachten Stellen beseitigen lasse Jedenfalls liegt ein alterthümlicher Gebrauch des Ablat nicht vor.

Der Ablativ bei Verben.

682. Weichen, fernhalten, wegtreiben. Alti disch und Avestisch: Ai.z. B. i gehen : iyür gävo nd } vasad agopah sie gingen wie hirtenlose Kühe von der Wei RV. 7, 18, 10. Ebenso bei dhav laufen, pat fallen. Im Ave selten, etwa: yap spadem pairi aovagnap düurap ayantem als eine Heerschar von fern anrücken sah yt. 5, 68 (doch ist « Ablativ nicht mehr ganz lebendig, sondern schon adverbi: Dazu viele zusammengesetzte, vgl. für das Ai. SF. 5, 108. A dem Av. frq$ ayarohö frasparap er schnellte unter dem Kes hervor y. 9, 11, übertragen: us geus stuye layaapca hazarhaj ich sage mich los von Diebstahl und Raub des Viehes y. 12 u.ähnl. Als Kausativa dazu (dem Sinne nach) kann man : sehen Verba wie ai. ajtreiben (ökasah aus dem Hause), ni fühı "sömäd anayan sie führten vom Soma weg, schlossen davon a

202 Kap. IV. Der Ablativ bei weichen, fernhalten. [$ 82.

u. ähnl. (vgl. SF. 5, 108). An ‘vertreiben’ schliesst sich seiner Konstruktion nach an ai. ji siegen, z. B. &tdsmäd va äydtanad deva dsuran ajayan von diesem Stützpunkt vertrieben die Asura durch Sieg die Götter TS. 2, 2, 6, 1. Lateinisch. Während im alten Latein und bei Dichtern bei den Verben der Be- wegung ebenso wie in den verwandten Sprachen alle geeig- neten Nomina im Ablatıv stehen können (z. B. st telum manu fugit magis quam jecit in den zwölf Tafeln, quasi saro salat bei Plautus, primus cubitu surgat bei Cato), erscheinen in der klassischen Sprache bei den meisten Verben nur noch die Ablative der Namen von Städten, Inseln, auch Ländernamen, ferner von domus und rus (das Nähere bei Schmalz ? $ 102, Wölfflin, Archiv 7, 581). Offenbar hat sich in diesen Aus- drücken der reine Ablativ gehalten, weil es sich nie um die anschauliche Schilderung eines ın der Phantasie genau vor- gestellten Vorganges im Raume handelt (wobei die malerischen Präpositionen am Platze gewesen wären), sondern nur hervor- gehoben werden soll, dass eine Entfernung von einem ideellen Punkte stattgefunden hat. Mit einer etwas grösseren Zahl von Ablativen verbindet sich cedo (bei Cicero Italia, pairia, possessione, vita, memorta, 8. Draeger 1, 462). Labor wird nach demselben Gewährsmann gewöhnlich mit Präpositionen verbunden, doch hat Cäsar hac spe lapsus. Mit ai. ay u.s.w. vergleichen sich moveo, pello, arceo u. ähnl. und eine Fülle von zusammengesetzten Verben. Bei ihnen können wohl gelegentlich Abl. beliebiger Nomina erscheinen, z. B. ut te ara arceam bei Pacuvius, aber üblich sind nur noch gewisse Ablative in festen Formeln, so: movere loco senatu tribu, pellere civitate domo patria possessio- nıbus suis sedhbus u. 8. w. (s. Draeger a.a. O.). Bei prohibeo hat sich ım klassischen Latein insofern eine Bedeutungs- scheidung vollzogen, als es in der Bedeutung “fernhalten” mit dem Ablativ, in der Bedeutung ‘schützen gegen’ mit ab ver- bunden wird (Riemann, revue de philologie 14, 67), Grie- chisch. Aus der homerischen Sprache gehören hierher: yalopaı weichen, zurückweichen von (vwrds, vexpoö, xereüßon, Soupds, rvAdwv, nAyTS), Kupdw zurückweichen von (£raAkıos, vewv, vexpoö),

$ 52.) Kap. IV. Der Ablativ bei weichen, fernhalten. 203

sxo weichen, entweichen (roA&pov xal Snistntos, Tpodüpon, dopawov, Xappırs), &pwew zurückfahren, zurückweichen (xapyns, zolepoto), voopiLopar sich fernhalten von (rarpds Y 98), Yeuyw fiehen (nur repuypevos dEdlwv a 18, sonst Akkusativ), Öölspar weichen, fliehen (stadyoto M 304), wedinpı nachlassen, ablassen von etwas (dAxjs, nayns, roA&povu, xöloro, Bins, vielleicht trans- itiv P 539). Den Übergang zu den Verben, welche der Be- deutung nach als Kausative der bisher genannten angesehen werden können, vermitteln Zyopaı und Zyw (loyw) ‘sich fern- halten von’ und ‘fernhalten’ (ein echter Gen. dagegen steht bei £yopaı in der Bedeutung 'sich halten an’). Neben Zyopaı findet sch bei Homer dürns, payns, Apnos, Önıdrntos, YdRou, weveog, ycoro u. ähnl., bei Eyw fernhalten von, hindern an : Außnripa dyopawv, &ratosovra vewv u. ähnl. An Zyopar und Eyw schliesst ach zavopaı ablassen von (rdvou, roA&uoro, yAyTS, pYNOTUoS, £pywv, olL00s 76 döuvawy u.ähnl.) und radw machen, dass jemand ablässt (z. B. "Extopa payrc, pynorüpas acdiwmv u. ähnl.). Mit zavonar gleichbedeutend ist Anyw (Epıöos, »övoro u. ähnl.), x 63 ist Ankaıpı im Sinne von raboarı gebraucht. Wie man sieht, ıst im Gegensatz zu dem Altindischen, wo der Abl. bei ? so häufig ist, im Griech. der Ablatıv bei l&var nicht mehr erhalten. Höchstens könnte man dprortepäs und defräg elordyrı anführen, das Meisterhans? 166 aus attischen Inschriften beibringt. Aber der Kasus ist in diesem Falle kaum mehr lebendig. Von den Verben, welche als Kausative zu den genannten betrachtet werden können, finden sich bei Homer öwwxw (dLwxero olo ddnoro a 8), 2, odew (teiyeos M 420), und etwa noch dpöpyvopı abwischen (Bdxpu rapeımv, Ix&op xeıpd), im Sinne von “fernhalten” &pöopaı ivöpa pays, yiv Xapyıns), Zpoxw (ne päxns 2126), Epyw (akt. zaröög putav, med.-pass. ypods, roA&pnoro), dazu noch Plantw (sieddov a 195) und öew (ebenfalls xeleüdov). Germanisch. Den Instrumentalis (Dativ) als Vertreter des Ablativs finde ıch bei folgenden Verben: Got. afstandand sumai galaubeinai Kroothoovral tıvas TNs riotewg 1. Tim. 4, 1; ak afstobum Pam anslaugnjam aiviskjis AAN Arneınaueda TA xpunta TYc aloyuyns 2.Kor. 4, 2; bamma viljandin af bus leihvan sis ni usvandjats

204 Kap. IV. Der Ablativ bei weichen, fernhalten. .[$ 82.

tov BEelovra and ood Ödaveloaodaı un Arootpapijs Matth. 5, 42. Ags. aldre linnan vom Leben scheiden Beov. 1479 (auch ealdres). Den Genitiv als Vertreter des Ablativs finde ıch ın folgenden Fällen: ags. ealdres linnan vom Leben scheiden Beov. 2444 (auch aldre), alts. trewondo geswikan von der Treue weichen Hel. 4578, wenkeat therö wordo werdet eurer Zusage untreu 4577, ahd. dilinnan ablassen von (Erdmann 2, 175), mhd. wicher (wichet iuwers gemötis bei Grimm 4, 677, wozu Grimm Anyeıv xöloro vergleicht), ahd. distözan verstossen (landes unde lıuto bei Grimm 4, 635), alts. Zettian hemmen, verhindern an (thes gilobon Hel. 3650), ags. ganges geivaman am Gange hindern Beov. 969 u. ähnl. Baltisch-Slavisch. Im Litauischen dürfte sich ein solcher Gen.-Abl. bei einfachen Verben wohl nicht mehr finden. Auch Wendungen wie saulüzes atsiskyrei warum trennst du dich von der Sonne? (bei Schleicher Leseb. 3) sind nicht mehr gebräuchlich. Jetzt würde man n& gebrauchen. Ähnlich atsisakyti entsagen. Auch im Slavischen (vgl. Miklo- sich 4, 451 ff.) finden sich nur noch Reste. Miklosich führt aus dem Aksl. vereinzelte Gen.-Abl. an, wie bezati kycenija den Stolz fliehen, postgpiti svojego mesta von seinem Platze fliehen, razlacıti se tela sich vom Körper trennen. Im cod. Mar. jedoch wird dezati nur mit ofü verbunden, bei razlgeiti findet sich ebenfalls nur ots“. Bei den mit :zu, otü, sü, u zu- sammengesetzten Verben, welche Miklosich anführt, wirkt die Präp. mit. Die serbischen Verba s. Danicic S. 106 ff. Man kann etwa anführen: Aloniti se meiden, z. B. takovtijeh mjesta solche Orte, prodi se z. B. prodjt se kderi momceta meide, o Toch- ter, den Burschen, mahnuti se sıch einer Sache begeben, z.B. toga posla dieser Arbeit. Mit o: okansti sich entschlagen (z. B. zuluma der Gewaltthätigkeit), ostati se ablassen, z. B. ostanı se sinko cetovanja lass ab, mein Sohn, von dem Umherstreifen. Auch können Verba wie odredi se verleugnen (ko se odrece mene pred ljudima wer mich verleugnet vor den Leuten), od- metnutt se abfallen (boga von Gott) hier erwähnt werden. Aus ‚dem älteren Russisch führt Miklosich Bez? Vavslona fliehe aus Babylon und einiges Ähnliche an.

$ 83.] Kap. IV. Der Ablativ bei leer gein, berauben. 205

$83. Leer sein von (bedürfen), berauben.

Altindisch und Avestisch: Ich wüsste nur etwa an- zuführen av. mıd um etwas bringen; yastzm zsabräp mörbap wer den um die Herrschaft bringt y. 46, 4. Aus dem Altindi- schen vgl. 7t (s. S.202). Lateinisch (vgl. Draeger 1, 517). Vaco hat gewöhnlich den blossen Ablativ, seltener ad, careo regelmässig den Abl., ganz selten (archaisch) auch den Gen., bei egeo ist der Abl. häufiger als der Gen., bei indigeo ıst es umgekehrt. Offenbar ist der Genitiv von den Adjektivis aus eingedrungen. Verba des Beraubens: privo, orbo, spolio und ähnl. Griechisch. Für leer sein und ähnl. findet sich bei Homer: yıpebw beraubt sein (vfoos avöpwv ympever ı 124), ardußonaı ver- lustig gehen (sıönpov, Toms, vedentos). Für “bedürfen” liegt bei Ho- mer vor: yardw (navre; dE dewy yarkouc Avdpwror y 48). Asvonaı bedeutet urspr. wohl entfernt sein von, daher zurückstehen hinter (Apyeiov W 484) sodann entbehren (Üöuoros, olvoydoro, Yopßr;s u. ähnl.). Daraus hat sich nachhomerisch ‘bedürfen’ entwickelt, 2.B. 2 xalpoıs Erıpeintas devonevors in Zeiten, die der Sorgfalt bedürfen, Inschr. bei Collitz 1, 97 (Äol. Nr. 250). Dass öei (welches bei Homer nur I 337 vorliegt) aus dever entstanden ist, zeigt sich jetzt an dem deve: äolischer Inschriften (vgl. dazu SF. 4, 47, wo auch über ypr gehandelt ist). Für be- rauben findet sich bei Homer: x/öw (tous Bupoö xal buyiis xe- xaöuv A 333 und sonst ähnlich), au£pdw (akt. rov opdaAuwv, pass. darrds, alavoc), dad (ov opdaAnoo), orepew (me Anlöos v 262). Germanisch. Vertreter des Abl. sind bei den Verbis des Beraubens u. s. w.: a) der Instrumentalis-Dativ. Derselbe findet sich im Gotischen als Dativ, und zwar nur: jah bibe biladlai- kun ina andvasidedun ina bizai paurpurai jah gavaside- dun ina vastjom svesaim xal Arte &verarkav adra, 2&£öucav aurov my roppupav xal &vköusav adrov za Indrıa a Töıa Mark. 15, 20, wobei schwerlich eine Nachahmung der Konstruktion von ga- vasjan vorliegt. Als Instr. oder Dat. findet er sich im Altsäch- sichen und Angelsächsischen neben Verben, welche mit di zusam- mengesetzt sind. Die im Heliand vorkommenden Instr. sind von Moller S. 9 verzeichnet, wo man die Belege einsehen möge.

206 Kap. IV. Der Ablativ bei leer sein, berauben. [$ 83.

Es sind die folgenden: bilösian ın weldun that barn godes lıbu bılosian wollten den Sohn Gottes des Lebens berauben, Aöddu des Hauptes, aldru des Lebens, ferahu des Lebens; bineotan in that he odrana aldru bineotu, (libu bilosie) dass er einem andern das Leben beraube, (des Lebens entledige); biniman mit libu, ferahu, höbdu; bihawan mit höddu jemandem (Akk.) das Haupt (Instr.) abschlagen. Angelsächsiche Beispiele sind: beceorfan (hine ba heafde becearf hieb ihm da das Haupt ab Beor. 1591); dedelan (dreamum bedeled der himmlischen Freuden beraubt 722); beleösan (beloren bearnum and brodrum der Kin- der und Brüder beraubt 1074); beniman (od Püt hine yldo benam mägenes vynnum bis ıhm das Alter den Genuss der Kraft nahm 1887 (vgl. auch ahd. inan töde benimar ıhn vom Tode befreien bei Erdmann 2, 244). Ebenso bei beneötan be- reäfian, bescyran u. a. (vgl. das Verzeichnis bei Kress, Instr. ın der ags. Poesie S.13). Verlustig gehen: forleösan (Per he dome forleis da ging er des Ruhmes verlustig Beov. 1471). b) Für sicher möchte ich den Genitiv bei ‘berauben’ und ‘verlustig gehen’ halten, z.B. ahd. diteilan berauben, (guotes ne betetlet er unsculdige beı Grimm 4, 635) alts. didelian ın bedeldun sie iuwaro diurda entzoget ihnen euer Mitleid Hel. 4441; ags. bescyran berauben (leöhtes des Lichtes Gen. 394); beredan berauben (feores des Lebens, Andreas 133, auch feore); beneman berauben (Crist rodera rices Christus des Himmelreichs); ags. Bolian, alts. tholön verlustig gehen (his freotes seiner Freiheit, ltohtes des Lichtes bei Grimm 4, 675). Zweifelhaft kann man sein über den Gen. bei ahd. inbderan (sin), gimangolon (thin), darben (le- des) u. ähnl. (vgl. Erdmann 2, 175). Derselbe Zweifel, ob ursprünglicher Ablativ oder Genitiv vorliegt, gilt bei “bedür- fen’, so got. faurban, z. B. ni haurbun hailai lekeis ob ypelav £yovarv ot toyuovres larpoo Matth. 9, 12. (Auch der griechi- sche Text hat überall den Gen.) Über den Gen. im Ahd. s. Grimm 4, 675). Baltisch-Slavisch. Litauisch etwa prı- valytı bedürfen, netekti ermangeln. Aus dem Slavischen 'Miklosich 4, 451) ist aksl. it! “berauben’ zu erwähnen, z. B. slavy rs Ödins (bei M.). Im cod. Mar. finde ich Zt mit

$ 83—84.] Kap. IV. Der Ablativ bei entstehen. 207

Gen.-Abl. nur in: jeda ceso lien: byste habt ihr auch an etwas Mangel gehabt? Luk. 22, 35. Dasselbe Verbum mit derselben Konstruktion auch im Serb. und Russ. Nach Miklosich 4, 459 ist auch der Kasus bei tree ypn ein Abl., was ich dahin- gestellt sein lasse.

684. Ausgehen von, Entstehen.

Altindisch und Avestisch: Aus dem Aı. der Abl. bei jan, 2. B. yad dsurasya jalhärad ajäyata seit er aus dem Leibe des Göttlichen geboren wurde RV. 3, 29, 14. Dass der Vater im Ablativ steht, ist aus der ältesten Literatur nicht nachzuweisen, wohl aber aus der späteren. Lateinisch. Ein Ablativ des Ursprungs findet sich bei den Partizipien n«- tus, ortus, oriundus, satus, editus, procreatus, seltener bei dem Ver- bum fintum, weil man es liebt, die Herkunft (wie bei den Patronymika) in Form der Apposition dem Namen anzufügen. Über ab s. Draeger $ 220). Auch kann das Verbum fehlen, z.B. Periphanes Rhodo mercator bei Plautus.

In denjenigen Sprachen, welche den Ablatıv mit dem Genitiv haben zusammenfliessen lassen, entsteht eine Schwie- rigkeit, weil man bisweilen nicht wissen kann, ob der Ablatıv des Ursprungs oder des sog. Gen. originis vorliegt. Grie- chisch. Ein Ablativ des Ausgangspunktes dürfte anzunehmen sein, wenn bei Apyopaı im Gen. der Punkt steht, von welchem die Bewegung anhebt, also in ado däapkopar I 97 und ap- fansyor Tod Yupou p 142. Wenn nicht der Ausgangspunkt, sondern die Handlung mit der begonnen wird, im Genitiv steht (also in äpyeıv und Apyeodaı pudwv, Apyeıv ydoo u. ähnl.), scheint dagegen ein partitiver Gen. vorzuliegen, ebenso wie wie im ahd. diginnan (z. B. dera reisa wie döoro, vgl. Erd- mann 2, 163). Was die Verba des Abstammens betrifft, so liegt die ablativische Auffassung am Tage bei denjenigen, welche wie äxylyvopaı u. ähnl. mit zusammengesetzt sind. Auch bei dem einfachen y{yvopar finde ich mit Hentze 521 den ablatı- vischen Genitiv in Wendungen wie tod 8 uleis &y&vovr' AAx- paloy Auptloyds te 0 248, oder rs BE duw yevdueoda D 89 Dagegen bei eivar finde ich nach Analogie der verwandten

208 Kap. IV. Der Ablativ bei verfertigen. [$ 84—85.

Sprachen den Genitiv. Übrigens dürften die Konstruktionen von eivaı und ylyveodaı sich so vermischt haben, dass ein Her- ausfinden des ursprünglichen Kasus in den einzelnen Stellen nicht mehr möglich ist!\.. Germanisch. Der Abl. scheint im Germ. durch den Instr. vertreten gewesen zu sein. Zwar kann ich bei den Verben, welche “abstammen, erzeugt werden‘, bedeuten, nicht mehr den Instr., sondern nur seinen Erben, den Dativ, nachweisen (ahd. fatere giboranan den aus dem Vater gebornen bei Otfr. Grimm 4, 714, Erdmann 2, 245 und ebenso im Altnordischen), aber für die Ursprünglich- keit des Instr. spricht der Instr. bei ‘sein’ in dem Satze Ste sin Aleranders slahtu (Otfr. s. ebenda). ‘Sein’ kann den Instr. wohl nur von Verben der Abstammung entnommen haben. Was das Slavische betrifft, so scheint Miklosich 4, 461 den Gen. in Sätzen wie aksl. azü jesmi vasego plemene ‘ich bin von eurem Geschlecht’ für ablativisch zu halten, wofür einigermassen zu sprechen scheinen die russischen Konstruktionen, welche Buslajev 246 anführt: ty kakichü rodovü da kakıchü gorodü aus welchem Geschlechte, aus welcher Stadt bist du? 7a go- roda, sudari ıch bin aus der Stadt, Herr! Doch ist auch hier der ursprüngliche Gen. möglich.

685. Verfertigen aus.

Altındisch und Avestisch. Bei ai. taAk$ und einigen bedeutungsverwandten Verben steht der Abl. des Gegenstandes aus dem ein anderer gemacht wird, z. B. surad dSvam vasavo nir atasfa aus der Sonne, ıhr Vasu, schufet ıhr ein Ross RV. 1, 163, 2 (vgl. Verf. ALI. 16, Siecke in Kuhn und Schleicher's Beitr. 8, 397). Für das Avestische, wo der Abl. mit Aaca belegt

1) Hentze 521 findet bei öpvupar und ylyvopar einen Ablativ in Sätzen von folgendem Typus: dgap dt xaxöc xövaßos xard vYas Öpchper dvöpav T 6A Auptvav navy d' Apa dyvupeydav x 122; dc tüv pioyoptvav yevero layıı Te rövos te A 456, in denen ich Genitive erblicken möchte, die sich zu abso- luten zu entwickeln im Begriffe stehen. Ferner in Sätzen mit ylyvopat, Iwv&opar, reprepyopau und ähnlichen Verben von folgendem Typus: räs 7 xoı gwvn pev dan orblaxos veoyılfis yiyveraı pe 86; nepl Te Rrbnos Hide Todotı r 6. Ich sehe darin possessive Genitive.e Im übrigen trage ich meine Ansicht mit derselben Reserve vor, wie Hentze die seinige.

$85—86.] Kap. IV. Der Abl. bei lösen, befreien, reinigen etc. 209

ist, vgl. Hübschmann 234). Lateinisch. Es ist zweifelhaft, ob der Ablatıv vorliegt. Den Kasus, den ich früher für den Abl. hielt, bin ich jetzt geneigt, für den Instr. zu halten, weil wenigstens in den von Ebrard 588 beigebrachten Belegen der Sinn des Operierens mit etwas, nicht des Verfertigens aus etwas hervortritt. In den Sprachen, welche den Abl. und Gen. ver- einigt haben, entsteht derselbe Zweifel, wie bei den Verben der Abstammung, weil auch ein Genitiv des Stoffes vorhanden is. So im Griechischen. Doch möchte bei Homer Ablativ sein bivod nomtmmv K 262, ai ö& Rdes ypvooto tersöüyaro 2 574 u. ähnl. (Klinghardt 37). Im Germanischen liegt ein Instr. vor ın der bekannten Stelle des Hildebrandsliedes chetisuringu gitan. Aus dem Slavischen und Litauischen weiss ich nichts Sicheres beizubringen.

$86. Lösen, befreien, reinigen, retten, schützen.

Altindisch und Avestisch. Aus dem Ai. z. B. chtid: näsmad gand$ chidyatö das Volk löst sich nicht von ihm SB. 14, 5, 1, 10; muc: sd &vainam varunapalän muhcati er löst ihn von der Varunafessel TS. 2, 1, 2, 2; yu: yuyuldm asmdd anıram Gmicam haltet von uns Siechthum und Unglück fern RV. 7, 71,2. Aus dem Av.: mazdä ahurahyü zrateus nasyantö aSaapca dem Willen des A. M. sich entziehend und der Rechtschaffenheit y.32,4. Dazu ‘reinigen’: av. yao2da vd.17,7. Retten,schützen vor (dem Feinde, der Noth) ai. urugy, tra, pä, rak$ u. ähnl., aus dem Av. z. B. kasna deret@ zqmca ade nabäsca avapastöts wer hält die Erde drunten und hält den Himmel zurück (schützt ihn) vor dem Herabfallen y. 44, 4; ya :5 pap daresap asahya der sie abhalten wird, den A. zu sehen y. 32, 13; narem anatwidruxto apa qzarhap baratti der, unbetrogen, den Mann von Noth errettet yt. 10, 22. Im Lateinischen erscheint der Abl. bei 30/vo, levo, Äibero u. ähnl., dagegen scheint der reine Ablativ bei retten und schützen nicht mehr vorzuliegen. Grie- chisch. Mit der erwähnten aı. Konstr. von chtd sich trennen von vergleicht sich aus dem Kretischen yuva Avöpds & xa xpi- wraı und at xa Forxeos Forxea xpıdn Gort. 11,45 u. 3,40. Aus

Homer gehören hierher Abw (nur xaxsınros in der Od.), yupvöw Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm, Sprachen. 1. 14

210 Kap. IV. Der Abl. bei lösen, befreien, reinigen etc. [8 86.

(yuav@dn paxewv x 1), Apuvm abwehren (xüpas adroü, Tpwas veov, ohne Akk. vertheidigen akt. wm@v, od naröd,, Ilarpdxkou, med. oyav adrwv, vn@v), altto mit Akk. und Gen. (Tpwwv Aoryöv, xövas xeoaAts u. ähnl). Germanisch. Im Germanischen er- scheint a) der Instrumentalis- Dativ, so in got. lausyan: gabun- dans is genai, ni sokei lausjan;, galausids is genai, ni sokei gen dEdecaı yuvaml, u Crter Adam, Akluoaı And yuvarxdc, ah Inter yovaixa 1 Kor. 7, 27 (wo mir äusserliche Nachahmung der Konstruktion von gabindan nicht wahrscheinlich vorkommt). Ags. älyjs me feondum erlöse mich von den Feinden, Psalm 70, 3. b) Der Genitiv (Grimm 4, 634—635, Erdmann 2, 176—177), z.B. ahd. ınbintan (inan thes seres Otfr., he managan likhamon balusuhteö antband befreite manchen Leib von Krankheiten Hel. 2351); alts. alätan befreien von, freilassen, vergeben, z. B. sie ledes sie des Leides Hel., ebenso ahd. rlazan (s. Grimm); alts. sskor0n befreien (sundeonö Hel.), alts. tömean befreien (man sundeono den Mann von Sünden Hel.); ahd. :rläran befreien, erlösen von (thes managfalten wewen Otfr.); ahd. ırlösarn (z. B. mih thero arabeito Otfr.). Dazu die Verba des Reinigens und Heilens: got. gahrainjan reinigen, z. B. jabat hvas ga- hrainjai sik bizei Zav odv Tı5 &xxadapy Eauröv And rootwv 2 Tim. 2, 21, ebenso ahd. reinan; got. hasljan heilen: Datei gemun hausjan imma Jah hailjan sik sauhte seinaizo oL HAdov Axodoaı obrod xal ladzivar ano Twv voowy aurwv Luk. 6, 18 (so nach Grimm 4,634 auch im Alts.).. Ebenso got. lekinon heilen: zah garunnun hiuhmans managai hausjon jah lekınon fram imma sauhte seinatzo xal ouvhpyovro Oykoı ToAlol Axousıy xal Bepareu- eodar dm adtoü Anh twv Aodeveımv abrwv Luk. 5, 15. Baltısch- Slavisch. Aus dem Litauischen habe ıch nichts notiert, ausser etwa saugöli, z. B. saugokites brangvyno hütet euch vor dem Branntwein. Aus dem Slavischen bringt Miklosich 4, 451 aksl. Konstruktionen bei, wie gonezngti frei werden (boleznt von Krankheit), svoboditi befreien (bedy von Sorge), prostiti befreien (grecha von Sünde), chranıti bewahren (rati vor dem Kriege). Im cod. Mar. sind die drei erstgenannten Verba nicht belegt, das letzte nur mit otü. Serbische Parallelen bietet Danicic 104, so osloboditt

$86—87.] Der Abl bei entnehmen (kaufen), empfangen etc. 211

(smrii vom Tode), oprostits (ropstoa von Sklaverei), tzdavıitt, x. B. nos je bog izbario Turaka uns hat Gott von den Türken be- freit u. s. w. Auch mit der Nuance des Behütens, z. B. sahranı me se} nesrede bewahre mich vor diesem Unglück, £cuvaj se stara Turcına a mlada Srbina hüte dich vor einem alten Türken und einem jungen Serben.

$ 87. Entnehmen (kaufen), empfangen, hören, lernen, trinken, ergiessen, erwachen.

Entnehmen, kaufen, empfangen. Bei dem aı. grabh nehmen steht ein Abl. des Ortes, woher man etwas entnimmt 5. B. dhdsträyät aus einem Schlauche, dnasah von einem Wagen, vgl. SF. 5, 109). Etwas abweichend ist der Sinn der gleichen Verb. im Avesta: geurvaya hg pädavg zavare nimm von dessen Füssen (Abl. Du.) die Schnelligkeit y. 9, 28. Im Lateinischen Hinnad cepit, domo sumere (vgl. Ebrard 587). Doch ist der präpositionslose Abl. selten. Einen Beleg für ‘kaufen’ im Ai. (pürugat von einem Menschen) s.SF.5, 109. Für “empfangen, erhalten’ ist ein Beleg ai. san (dia hiranyapindan divodasad asantam zehn Goldklümpchen habe ich von Divodäsa erhalten RV. 6, 47, 23). Aus dem Av. bar: kahmap mazdayasnangm hare- prem barai von wem unter dem Mazdayasna soll sie Obdach (?) erhalten? vd. 15, 17. Im Griechischen ögyopaı (ne Pelns, xh- pata und xpuoov ‘Adskavöporo), aipgopar in £ued 5 EAero yiyav opxov 6 746.

Hören, lernen, trinken, ergiessen, erwachen. Bei hören, lernen, erbitten kann im späteren Sanskrit die Person, von der die Kunde oder Gewährung kommt oder kommen soll, im Abl. stehen (Speijer 69). In der alten Sprache scheint diese Konstruktion nicht vorzuliegen. Über den Kasus bei ‘hören’ im Griechischen vgl. den Genitiv $ 149. Trinken findet sich im Ai., z. B. dpad dhöträt er hat aus dem Gefäss des Hotar getrunken (SF. 5, 109). Im Lateinischen kann auch der Instr. vorliegen, vgl.$113. Ergiessen aus: Im Aı. steht der Abl. bei sic, z. B. Saphüd alvasya vayıno janäya Satam kum- bhah asincatam mddhunam aus dem Hufe des schnellen Rosses

14*

212 Der Abi. bei zurückbleiben hinter, sich verbergen etc. [$ 87—88.

ergosset ihr für den Menschen hundert Kübel Meth RV. 1, 117, 6. Griechisch: ridwv Nouosero olvos % 305 (die einzige derartige Stelle bei Homer). Hinsichtlich des Lateinischen vgl. Ebrard 587. Erwachen (aus dem Schlafe), aufathmen von etwas. Av. zwafnap frabuidyamnö aus dem Schlafe erwachend vd. 18, 49. Aus dem Germ. lässt sich ahd. slafes erwachen ver- gleichen, doch ist die Konstruktion erst aus jüngerer Zeit be- legt (Grimm 4, 672). Dazu griech. Tpwes avenveusav xaxdınros A 382, sonst rdvoro.

8688. Zurückbleiben hinter, sich verbergen, sich fürchten, vorziehen.

Zurückbleiben hinter. Ai. hä, z. B. suvargal lokad yajamando hiyeta der Opfercr würde den Himmel nicht er- reichen TS. 5, 6, 8, 1; griech. Aeiropar, z. B. Astnet dyaxkedos Meveldou Soupos &pwrv W529. An Astropaı schliessen sich 7j00@0- par und vıxaopaı, welche bei Homer noch nicht vorliegen. Wenn so vıxaonaı unterliegen zu der Verbindung mit dem Gen. gekommen ist, so folgt daraus noch nicht, dass auch vı- xaw siegen dieselbe Konstruktion haben könne. Auch aus dem Gen. bei xparew darf man darauf nicht schliessen, da xpa- tea ursprünglich bedeutet: “Gewalt haben über etwas. Sich verbergen, verbergen vor. Aus dem Altindischen lässt sich antar-dha beibringen (vgl. SF. 5, 110). Im Slavischen kommt neben aksl. Aryti und potajtti verbergen nach Miklosich 4, 451 der Gen.-Abl. vor. Er ıst aber durchaus selten. Das Gewöhnliche ist die Verbindung mit of“. Sich fürchten vor. Aus dem Aı. kommen in betracht 5A? sich fürchten, 2. B. indrat vor Indra, vdjrat vor dem Donnerkeil, Alarbyat vor Untüchtigkeit.e Auch mit zwei Ablativen: indrasya vayrad abibhed abhisnäthah sie fürchtete sich vor dem Keil des Indra, vor dem Zerschmettern, d. h. dass er sie zer- schmettere RV. 10, 138, 5. Dazu r37 erzittern (makhebhyah vor den Kämpfern), vgl. SF. 5, 111. Wie es mit der Kon- struktion der Verba des Fürchtens im Germanischen steht, ist schwer zu sagen. Nach dem von Grimm 4, 671 beige-

$68--89.] Kap. IV. Der Abl. bei Verben der Gemüthsbewegung. 213

brachten Material kann man ebenso wohl an einen Ablativ wie an einen partitiven Gen. denken (letzteres wegen des ebenfalls bei diesen Verben gebrauchten Akkusativs). Im Li- tauischen diyotts sich fürchten, z. B. äsz biyaüs szund ich fürchte mich vor den Hunden, ebenso batdytis sich scheuen, drebeti beben u. ähnl. In den slavischen Sprachen findet sich durchgehend dyjatt se, so aksl. byaachq se Yudijt E&ooßouvro :ov Aaov (Mark. 11, 32), im cod. Mar. noch boga, Ioana, Iudeji, naroda, jego. Niemals steht daselbst bei dojyati se eine Präpo- sation. Serbische Belege s. Danitie 108, z. B. da 8’ ne boyim cara i carice dass ich mich nicht fürchte vor dem Zaren und der Zarin, pune se puske boji Jedan a prazne dvojica vor einer geladenen Flinte fürchtet sıch einer und vor einer leeren ein Paar u. s. w. Ebenso russ. dboyafis7a. Dazu bedeutungsver- wandte Wörter wie serb. plasıti se und prepasti se erschrecken u. ähnl. Ebenso geht stydıti scheuen durch, z. B. aksl. size bo postyditü se mene i mojichü slovesü ds yap av &raroyuvd ne xal tous 2uoüs Adyous, Mark. 8, 38, serb. ko se postidi mene i mojijeh rijeei. Weitere Belege bei Danitic 109. Ebenso russ. stydıfisjpa kogo sich vor jemand schämen. Dazu verwandte Verba wie serb. sramiti se u. s. w. Bei ‘vorziehen’ kommt gelegentlich im Ai. ein komparativischer Abl. vor, so: sömät sutad indro avrnita odsisthan dem (von Päßadyumna) gepressten Soma zog Indra die V. vor RV.7, 33, 2.

$. 89. Verba der Gemüthsbewegung.

An den Schluss stelle ich den Gen. bei Verben der Ge- müthsbewegung im Griechischen, Germanischen, Litauischen, Slavischen. Man kann zweifeln, ob hier der echte Genitiv oder der Ablativ vorliegt. Der erstere würde als ein Gen. zu erklären sein, der dem Akk. des Inhalts parallel geht, und diese Auffassung liegt, wenn man nur das Griechische in be- tracht zieht, nicht fern. Ich halte aber die Annahme, dass der Ablativ vorliegt, für die wahrscheinlichere, weil es mir unna- türlich erscheint, die im Folgenden zu erwähnenden Verben von denen des Fürchtens zu trennen, welche sicher den

214 Kap. IV. Der Abl. bei Verben der Gemüthsbewegung. 1889.

Ablativ bei sich haben (vgl. auch ai. didAats sich ekeln vor mit dem Abl). Griechisch (vgl. Klinghardt, de genetivi usu Homerico et Hesiodeo, Halle 1879, Diss. 44 fi... Bei Homer liegen folgende Verba vor: ywopar (yuvarxoc, &talpov u. ähnl., vos te xal Eyyeos N 165), XoAdopaı (träpoıo u. ähnl., Bowv wegen der Rinder des Helios, &rewv xal Epywuv A 703), xorio (sd Ararns A 168), pnvlo (ipav E 178), Arımeuponar (edywins), doxa- do (xrnotos 7 534), Ovopar (övdosesdar xaxomroc sich beklagen wegen seines Elendes e 379); pdovdw missgönnen (N.Lovov, “Adorpiwv), neyatpw (drororo ihm nieht gönnend, dass er seinem Gegner das Leben nehme N 563); äyvopaı betrübt sein (£raipov, dvaxtos u. ähnl.), 0Aopöpopar (Aavamv), dxayku (axaynp£vos Intov, via), Döupopar (rardds, Avaxtos u. ähnl., yapov), dyduv aysumv (ins, Vöustos, pdvou). Dazu daxpu ydav (toü d. i. Avrıydou w 425). Man schliesst hier gewöhnlich an tloaodaı mit Gen. der Sache (Aigtavöpov xaxoınros [' 366, pvnoripas vrepßaatns yY 206). Germanisch. Aus dem Gotischen kommen in betracht skaman sik: saei skamaib sik meina Jah vaurde meinaize 0% yap av Eraroyuvdd) pe xal tous &uous Aoyous Mark. 8, 38; sildaleikjan: sildaleikjandans andavaurde is gabahaidedun daupasavız;z rl 7 Aroxpiser adrod Zalyrsav Luk. 20, 26. Über die in betracht kommenden ahd. Verba handelt ausführlich Erdmann 2, 171 fl. Litauisch und Slavisch. Die ltauischen hierher gehörigen Verba finden sich bei Schleicher 276. Ich führe daraus an: böstis sich ekeln (vgl. ai. bibhats), z. B. üsz bodzüs valgio ich ekele mich vor der Speise; nedejyük kat karvelis vaıkü jam- mere nicht wie die Taube um ihre Jungen; ko veikia bernytis um was weint der Jüngling? Aus dem Slavischen führt Miklo- sich 4, 463 an: aksl. Rahtli placgsti Cedü svojichü Rahel ihrer Kinder wegen klagend u. ähnl. Im cod. Mar. kommt plakatı se mit deutlich gekennzeichnetem Genitiv nur vor in plakaachq se Jeje &xortovro adrny Luk. 8, 52. In den übrigen Stellen steht Jjego, wobei also äusserlich nicht zu entscheiden ist, ob der Akk. oder Gen. gemeint ist. Es ist aber, da das Verbum reflexiv ıst, unzweifelhaft der Genitiv.

$90-—91.] Kap. IV. Der Abl. bei verb. Subst. u. bei Adjektiven. 9215

890. Der Ablativ bei verbalen Substantiven.

Altindisch undAvestisch. Im Ai. (SF.5, 112) liegt z.B. vor rakgobhyd vai tam bhifa vacam ayachan sie hemmten die Stimme aus Furcht vor den Rakshas SB. 4, 2, 2,7. Vermuthlich liegt der Abl. auch vor in upa chäyam iva ghfner üganma $arma fe vaydm wir sind in deinen Schutz eingetreten wie in Schatten, der vor Hitze birgt RV. 6, 16, 38. Im Avesta finden wir in dieser Weise das Ursprungsverhältnis ausgedrückt, z. B. akap mananhö sta cibrem ıhr seid Same vom bösen Geiste her (Abkömmlinge des bösen Geistes) y. 32, 3. vispe taurvaya) dagvaahca bbagsä masyäüahca welcher alle Angriffe überwinden wird (welche kommen) von Gott und Mensch her yt. 13, 142. In den Sprachen, welche den Ablativ mit dem Genitiv ver- einigt haben, muss es zweifelhaft bleiben, ob der Abl. oder der objektive Genitiv vorliegt. Im Griechischen könnte man oxtras avkporo (vgl. chaya ghrnek) hierherziehen (vgl.auch &v xy wo oößon Noav waren sicher vor Furcht, Herodot 1, 143, Noav &v oxeny tod roleuou 7, 172). Ferner Wendungen wie pera- rzavswAn roA&poro T 201, Bavarou Ausıs ı 421, Avanvenaız moA&uoro A801 und sonst. Was aus dem Slavischen etwa angeführt werden könnte, sehe man bei Miklosich 4, 451/2.

691. Ablativ bei Adjektiven.

Aus dem Altindischen und Avestischen weiss ich nur Raum- und Zeit-Adjektiva (nebst den von ihnen stammenden Adverbien) zu nennen, z.B. ai. arvanc und arväcind vorwärts von einem Punkte aus gerechnet, üördhvd in die Höhe steigend von etwas aus, pdrähc abgewandt von etwas, z. B. öfdsmäc catvalad ürdkvah svargam lokam upöd akraman von diesem c. aus stiegen sie zum Himmel auf {B. 4, 2, 5,5. Dahin auch die Zahlwörter (der zweite, dritte von einem andern an gerechnet, vgl. SF. 5, 112). Als Beispiel für Adverbien diene dürdm fern von und av. asze in der Nähe von: asne vaydanap in der Nähe des Kopfes (Justi),,. Im Lateinischen sind die Adj. inanes, cacuus, liber, nudus, orbus, alienus, cassus zu nennen, welche offenbar durch die Vermittlung von Partizipien bedeutungsver- wandter Verba zu ihrer Konstruktion gekommen sind.

216 Kap. IV. Der Ablativ bei dem Komparstiv. [$ 1—92.

Über die entsprechenden Adjektiva derjenigen Sprachen, in welchen Ablativ und Genitiv zusammengefallen sind, ist bei dem Genitiv gehandelt.

892. Der Ablativ bei dem Komparativ!), In den Abl. tritt ein Gegenstand, mit dem verglichen (von dem an gerechnet) einem anderen eine Eigenschaft in höherem Masse zukommt. Auf einer Linie mit dem Komparatıv steht anya, Aldos, alius der andere. Es sei noch bemerkt, dass die Ver- bindung von Ablativen mit einem Positiv in dem alten San- skrit und im Avestischen nicht vorliegt. Es ist nicht anzu- nehmen, dass diese Erscheinung bereits ursprachlich sei (vgl. Pischel’s in der Anm. angeführte Abh. 509). Altindisch und Avestisch. In beiden Sprachen ganz geläufig, z.B.: ghrtat sca- diyah süsser als Butter RV. 8, 24, 20; aka asyö schlimmer als das schlimme, das allerschlimmste y. 51, 6; anyö va ayam asmad bhavati dieser wird ein anderer als wir AB.7, 24, 1.; na&cım tem anyem yüSmap vagda ich kenne keinen andern als euch y. 34, 7. Lateinisch. Der Abl. bei dem Komparativ und alus (Drae- ger 524) ist seit alter Zeit geläufig, immer beibehalten in Sätzen negativen Sinnes, in positiven durch guam mit dem entsprechen- den Kasus ersetzt (Schmalz ? $ 96, Wölfflin, Archiv 6, 447 ff.). Griechisch. Der Gen. bei dem Komparatıv ist von Homer an geläufig, wofür es keiner Belege bedarf. Dagegen scheint dieser Gen. bei &AXos bei Homer nicht vorzuliegen. Über den Genitiv bei dem Superlativ (z. B. @xupopwraros dAlwv) ist & 196 gesprochen. Germanisch. (Grimm 4, 754, Erdmann 2, 246). Als Vertreter des Ablativs erscheint der Dativ, z. B. got. matza imma grösser als er (vgl. Gabelentz-Loebe 244), ahd. w2zero snewe weisser als Schnee. Der Instr. scheint nicht vorzuliegen. Im jetzigen Litauischen ist diese Konstruktion nicht mehr

1) An dieser Stelle würde H. Ziemer, vergleichende Syntax des indo- germanischen Komparativs u. s. w., Berlin 1884, zu erwähnen sein. Über diese Schrift hat Pischel, Gött. Gel. Anz. 1884 Nr. 13, ein Urtheil gefällt, mit dem ich durchaus übereinstimme. Indem ich den Leser auf Pischel’s Ausführungen verweise, sehe ich meinerseits von einer Polemik gegen Ziemer ab.

$92--94.) Kap.IV. Der freiere Ablativv. Kap. V. Der Lokalis. 317

vorhanden (den Ersatz s. bei Kurschat 410. Ein Beispiel aus Bretken’s Bibelübersetzung bringt Bezzenberger, GLS. 142 bei: ne daugiefne dwiliko dienu nicht mehr als zwölf Tage (gewiss un- richtig). Im Slavischen dagegen ist sie noch lebendig. Über das Aksl. s. Miklosich 4, 459, wo Beispiele wıe die folgenden anführt werden: z/o z/a zlöje Übel ist schlimmer als Übel, qzükü pafi pace prostranaago pocits angustam viam magis dilige quam latam, posluzi ivarı pace tvorca servüt creaturae magis quam ereatori. Ebenso im Russischen, z. B. in dem Sprichwort utro tecera mudreneje der Morgen ist klüger als der Abend, im Ser- bischen dagegen fast nur noch in der älteren Literatur, z. B. vyetra brze schneller als der Wind. Der Ersatz für diese Konstruktion beginnt schon ım Aksl., worüber Miklosich Auskunft giebt.

$93. Der freiere Ablativ. Für den freieren Ablatıv, d.h. denjenigen der statt zu dem Verbum allein, zur Satz- aussage in Beziehung tritt, habe ich nur Belege aus dem Alt- indischen und Avestischen. In den Ablativ tritt das Motiv, der Grund der Handlung, z. B. dnrtad vai tah praja sarunöo 'grhnat um der Sünde willen ergriff Varuna die Ge- schöpfe MS. 1, 10, 12 (151, 19). Besonders häufig im späteren Sanskrit (Speijer 75). Im Av.: noih tarstö franamäite bwae- sap paro datvagibyö er weicht nicht fliehend aus Furcht vor den Dämonen y. 57, 18; yap kerenaop airhe z5abrada amarsenta pasu vira dass er infolge seiner Herrschaft Menschen und Vieh unsterblich machte y. 9, 4. Auch im Lateinischen (vgl. Ebrard 588 ff.) liegen solche Ablative vor, doch ist es kaum möglich, sie von den Instrumentalen zu trennen.

Kapitel V. Der Lokalis.

$ 94. Über den Grundbegriff des Lok. ist $ 66 gesprochen worden. Bei der Darstellung stelle ich die arischen Sprachen voran, wo der Lok. unverändert erhalten geblieben ist, dann folgen die baltisch-slavischen Sprachen, in deren slavischer

218 Kap. V. Der Lokalis bei Ortsbegriffen. [$ 94—95.

Abtheilung dem reinen Kasus bereits durch Präpositionen grosser Abbruch geschehen ist, dann das Lateinische, wo er noch in gewissem Umfange erhalten, aber zum grössten Theile mit dem Abl. und Instr. verschmolzen ıst, weiter das Griechische, wo er bis auf geringe Reste mit dem Dativ und Instrumentalis vereinigt ist, endlich das Germanische, wo seine Verbindung mit dem Dativ, Instrumentalis und Ablativ erfolgt ist. Den Stoff selbst gruppiere ich so, dass ich zuerst die Bedeutung der in den Lokalis tretenden Substantiva berücksichtige. Da- nach ergeben sich:

$ 95. Der Lok. bei Ortsbegriffen.

$ 96. Bei Zeitbegriffen.

$ 97. Bei Personalbegriffen.

8 98. Bei einigen anderen Begriffen (in den arischen Sprachen).

Sodann erwähne ich:

$ 99. Den Lok. in Verbindung mit gewissen Verben (da- runter den sog. Lok. des Zieles).

$ 100. Den Lok. bei Adjektiven.

Den Schluss bilden einige Fälle des Zusammenfallens mit mit dem Instr.

895. Der Lokalis bei Ortsbegriffen.

Arisch. SF. 5, 115 habe ich bemerkt: “Als der Raum, innerhalb dessen sich etwas abspielt, erscheinen zumeist Kon- kreta. So finden sich im RV. im Lokalis: Himmel, Luft, Erde, Berg, Feld, Land, Wüste, Meer, Fluss, Ufer, Platz, Ende, Spitze, Nähe, Ferne, Pflanze, Feuer, Wagen, Schaukel, Schale, Löffel, der Körper mit seinen Theilen, Geist, Haus, Hof, Freunde, Versammlung, Opfer, Kampf u. ähnl.” Ziemlich dieselben Begriffe finden sich auch im Avesta im Lok., während im Alt- persischen zufällig fast nur Ortsnamen belegt sind, z. B. Ba- Birauv in Babylon. Wie im Ai. divi durch “im Himmel’ oder ‘am Himmel’, pärvats durch “auf dem Berge’ oder “in dem Berge’, sindhau durch ‘in, an, auf dem Flusse’ zu übersetzen ist, (z. B. sarasvatyam an der Sarasvati), so auch im Arv.: väse vazemna auf (in) dem Wagen fahrend (von einer Göttin gesagt)

$ 95.] Kap. V. Der Lokalis bei Ortsbegriffen. 219

yt. 5, 11; ahmya väse vazänte cabwäro aurvanto an diesem Wagen sollen vier Renner fahren yt. 10, 125; karnhe apayZäire nmanem histaite an jedem Abfluss steht ein Haus yt. 5, 101 u.s. w. Bemerkenswerth ist, dass man auch sagen kann ‘im Auge sehen’: caSmaini vyädaresem ich habe im Auge (deutlich, clearly) gesehen y. 45, 8; Ayap bwa hem casmaini hengrabem als ich dich im Auge erblickte (erfasste) y. 31, 8 (vgl. &v opdal- ntsty opäsdar)!). Litauisch. Der Lok. ist so häufig, wie in den arischen Sprachen. Ich führe einige zufällig mir in die Hand gekommene Beispiele an: ale ten vens anö pero aber dort ist einer auf jener Wiese, Schleicher Les. 120; Akaralaus duktE bioo darze die Tochter des Königs war im Garten 132; netoli m&sto büvo plune, plynio laikesi razbäininkati nicht weit von der Stadt war eine Ebene, auf der Ebene hielten sich Räuber auf 127; «7 jüs pasivijo girio und er holte sie im Walde ein 130; tose jJurese mäudesi Laümes in dem Meere ba- deten sich Laumes 145; ti? atszilo ezere ledätis und es schmolz das Eis im Teiche 8; Aupezus büvo mäste er war Kaufmann in der Stadt 126; tam butely but in dem Hause sein 136; 6 jau ıylö mes büsim Lenku rafiko schon morgen werden wir in der Polen Hand sein 39; jis sdd jJauczo ausy er sitzt in eines Och- sen Ohr 121; a5 ji rädo skrynio zedq da fand sie im Schrein den Ring 144; Akatıle virdamas in dem Kessel kochend 35; Auf mes gulesim? szilkü pätalüse wo werden wir schlafen? in seidenen Betten 14; kam2d 5i subüsi? Laimüzes subükle ın was willst du ıhn schaukeln? in der Laima Schaukel 10;

1} Doch kann man deshalb nicht sagen, dass der Lok. in diesem Falle für den Instr. stehe. Ich glaube, dass auch Pischel bei Pischel-Geldner 1, 240 dieser Meinung ist. Er sagt zwar: ‘der Lokativ statt und im Sinne des Instrumentalis ist häufig bei allen Worten, welche ‘Hand’ oder ‘Arm’ bedeuten’ und führt dann Stellen an, wie RV. 3, 60, 5 sutdm somam a vr3asvä gäbhastyoh, d. h. ‘den gekelterten Soma giess dir ein in deinen Händen‘. Dann aber fährt er fort: ‘der Begriff des Lokativs tritt dabei immer noch klarhervor, Arme und Hände sind nicht blosses Werkzeug, sondern zugleich der Ort, wo etwas geschieht‘. So ist auch über die gleichmässige Verwen- dung des Lok. und Instr. zu urtheilen, wofür Ludwig, Rigveda 6, 258, Belege anführt.

220 Kap. V. Der Lokalis bei Ortebegriffen. [$ 95.

Jüma broljt; müszy nuszöve euren Bruder hat man im Kampfe erschlagen 16. Slavisch. Miklosich 4, 636 führt einige aksl. Belege auf: sükonica Nisijy Usorove svojeji jemu visi er starb ın U., seinem Dorfe; jako sqtü süchranjeny kosti nase semi meste wenn unsere Knochen an diesem Orte aufbewahrt sind; Zera leziti nogachü jemu das Weib liegt ihm zu Füssen. Im cod. Mar. aber habe ich diese Ausdrücke nicht gefunden. Es heisst dort na meste, mestechü, na pri u nogu. Reste des präpositionslosen Lok. auch in anderen slavischen Sprachen, wie z. B. altruss. Aiyeve, Novgorode s. bei Miklosich. Latei- nisch. Ich erwähne zunächst die echten, vielfältig auf dem Übergang zur Erstarrung begriffenen oder schon erstarrten Lok. auf i. Dahin gehören ausser den Städtenamen: domt, was ver- bunden werden kann mit meae, tuae, nostrae, alienae, ferner mit ejus, hujus, tllius, cujus, auch mit Gen. von Eigennamen, z. B. On. Calidii (Neue 12, 519); ruri auf dem Lande; Aumi auf dem Boden, zu Boden, seit Cicero belegt; campt bei Virgil; vicimtae mit proxumae, im Anschluss an doms haben sich er- halten: delli domique und doms focique, militiae et domi, domi militiaeque. Endlich animi in diserucior anımi, anımt pendeo u. ähnl. Dabei beweist anımis pendere bei Cicero die Ur- sprünglichkeit des Lok., die Nachbildung desipiebam mentis bei Plautus aber, dass anımi früh als Gen. aufgefasst wurde!). Im Ablativ-Lokalis stehen Städtenamen, welche pluralia tan- tum sind, wie T’hedis, Athenis, Delphis (während Ausdrücke wie Naupacto in der alten Zeit ganz selten sind, vgl. Schmalz? $ 101). Sodann giebt es einige wenige Appellativa (vgl. Drae- ger I, 2, 479 ff.) bei denen die Ablativform ın derselben Ver- wendung erscheint, wie die echte Lokativform, so frielinio (bei Naevius), aut terra aut mari, terra marique, doch tritt ge- wöhnlich ?r hinzu. Loco oder in loco heisst zur rechten Zeit.

1) Nach Form und Bedeutung merkwürdig ist peregre(ii. Es bedeutet nicht bloss ‘in der Fremde’, z. B. peregre et domi und ‘in die Fremde‘, z.B. peregre proficiscı, sondern auch ‘aus der Fremde’ mit venire und advenire, z. B. erus peregre venit, pater advenit peregre bei Plautus. Vielleicht sind

doch eine Lokativ- und eine Ablativform in p. zusammengeflossen. So heisst ruri auch ‘vom Lande’.

$ 95.] Kap. V. Der Lokalis bei Ortsbegriffen. 221

Gewöhnlich aber haben die Appellativa ein Attribut im Adjek- tivum oder Genitiv bei sich, und unterscheiden sich dadurch von dem schon halb erstarrten echten Lok. Dahin gehören Wendungen wie loco salubri, bono, remoto, amoeno, suo, filt loco, tota urbe, medio mari, parte und partibus stets mit einem Attribut. Griechisch. Zunächst kommen die echten Lok. von o-Stämmen auf und or in betracht. Dahin gehören oixeı welches Menander gebraucht haben soll, oixoı von Homer an, dazu r&doı zur Erde bei Aeschylus, und dppoi soeben, eigent- lieh “in der Fuge’: äppot reraupaı tous &pods Üpnvwv Tövous Prom. 615. Dazu eine Anzahl von Namen von Ortschaften oder Gegenden wie 'lodpot, DaAnpot, Zenrroi, deren or auch auf «Stämme überging z. B. in Atyıalotr, selbst auf ein plurale tantum, so in Meyapoı. Nach Johansson’s Vermuthung (BB. 13, 111 ff.) sind auch die Nom. plur. AsAool, ‘Adrvar ursprüng- lich Lok. sing. Sodann handelt es sich um die Dative, in welche der Lok. aufgegangen ist. Der Homerische Sprach- gebrauch erhellt aus L. Capelle, dativi localis quae sit vis atque usus in Homeri carminibus, Hannover 1864 (vgl. auch Monro 100). Bei Länder- und Ortsnamen findet sich viel häu- figer der Dativ mit &v, als der blosse Dativ-Lokalis. Belege für den letzteren sind: &4ßy “Ynonaxin (Evamv) Z 397, Bnßyow X 479, ‘Apvn varsıaovra H 9, "EAadı olxla valwv Il 595, ferner Apyaı poow, Opuyln, Alyörty, Aaxedatpovı, Zyepiy, Any, Kon u. 8. w.. ebenso Axpw Olyurp noto N 523. Im eleischen Dia- lekt stehen Ortsbestimmungen, wenn sie durch Eigennamen angegeben sind, im Lok. oder mit &v (also wie bei Homer), bei Appellativen stehen (abweichend von Homer) überall Prä- positionen (Meister 2, 70), im Attischen ist die Präposition bei weitem das gewöhnlichste Hilfsmittel des Ausdrucks, doch stehen regelmässig im blossen Kasus die Namen attischer De- men (Krüger 46, 1, 3), dazu noch einige andere (Meisterhans? S. 169). Von sonstigen Ortsangaben bemerke ich bei Homer: aldepı valov A 166, auch "Iiör xeudwpar W244 kann ich nur lokal auffassen. Ferner Zorı nöAıs nuy& Apyeos Z 152, narnp 82 o0c avrödı niuvar aypis A 188, 2vdade Salndiıa nAare alyav Evöexa

222 Kap. V. Der Lokalis bei Zeitbegriffen. [$ 95—96.

navra &oyarın Boaxovro & 103, Tpevos Axporary xopupij OvAuproro E 754, td te tp&ger oupeawv DAn E 52, Baßeins Bevdeoıv üArc p 316, xarepuxerar eüpeı növrp & 552, ous texe Actudyn Ödum "Axtopos B 513, örepwip xeito 8 787, ovror 87: Büpyaı xadr/kevor Ehıads- day 7, autod xara dmpara p 530, Teüye ÖE not xuxeo YPLSEw öena x 516, Emmy xprtüpı wıyelg 5 222, xadapa ypoi einarT Eyovaı C 61, TöE wporsıv Eywv A 45, xuvenv xegalfj Eye w 231, 0v rıva yaorepı urmp xoüpov &dvra odpor Z 59. Wie in den andern Sprachen können natürlich auch im Griechischen Wörter wie op&ves, Boyd; als die Stätte angesehen werden, an welcher sich etwas abspielt, z. B. oox Eorı Pin Ypeotv I’ 45, peya 6& opeal nev- dos adkeı A 195, häufiger werden diese Begriffe als Vollzugs- mittel angesehen sein, daher im Instr. stehen. Eine Übersicht bei Capelle 25 f. Zwischen Lokalis und Instrumentalis kann man auch schwanken in folgenden Stellen: ®erı5 Sünzödtaro xöinp derördra Z 136 (vgl. rn 70), auch bei den Wörtern welche Schlacht (payn Tpweosıw apryeıw A 521, payg vırwvres Ayarous r 79, ferner dopivı paysodaı), Markt, Versammlung (ael uev rws por dvımAYassıs Ayopfisıw Eodid ppalopvp M 211, 7 prv alT ayopy) vıxäs y&pov ulas Ayamv B 370, und entsprechend bei BovAn) bedeuten, weil man bei ihnen sowohl den Ort, als den Vorgang ım Sinne haben kann. In der Prosa sind Appella- tıva ohne Präp. sehr selten. Krüger 48, 1, 1 führt xuxip ım Kreise an. Über päyy u. ähnl. in Prosa s. Krüger 48, 2, 9. In bezug auf das Germanische wüsste ich dem, was ich ALI. 29 ff. angeführt habe, kaum etwas hinzuzufügen. In r: maurnaib sawwvalat izvarai yh pepiuvörse 79 Vuyy Dpev Matth. 6, 25 sehe ich jetzt (gegen ALI. 31) einen Instr.

$ 96. Der Lokalis bei Zeitbegriffen.

Arisch. Im Altindischen (worüber man Gaedicke 178 ff. ver- gleiche): ufas! am Morgen, ydm deväsas trir dhann äydjante den die Götter dreimal am Tage verehren RV. 3, 4, 2. ahar-ahar Jayate mäsi-mäsi er wird an jedem Tage innerhalb eines jeden Monates erzeugt RV.10,52,3. Im Av.: ıbra va asni ıpra va zSafne sowohl bei Tageals auch bei Nacht (soll man nichts aus einem Hause wegtragen), vd. 4, 1. navarsaparem upamanayen adle yoi maz-

8 96.) Kap. V, Der Lokalis bei Zeitbegriffen. 223

dayasna atwigame Gab hama?) mäazdräjahim einen Zeitraum von neun Nächten (Akk.) sollen die Mazdagläubigen warten im Winter, aber ım Sommer einen vollen Monat, vd. 5, 42. Im Ai. wird der Lok. auch gebraucht, um denjenigen Zeitpunkt zu bezeichnen, an welchem die Handlung ihre Höhe erreicht, in’ welcher, wie auch wir sagen, etwas eintritt. Wenn dieser Höhepunkt zugleich der Endpunkt der Handlung ist, so be- sagt der Lok. so viel wie unser ‘nach’ (eig. nahe), z. B. sam- tatsare nach einem Jahre, vgl. SF. 5, 117. Litauisch, szime mett ın diesem Jahre, tojeE denoje an diesem Tage, vakare am Abend, rytmetjy am frühen Morgen u. s. w. Nicht selten wird, wo eigentlich der Lok. am Platze wäre, der Akk. gesetzt, wo- bei die Bedeutungsverschiedenheit unberücksichtigt bleibt, ein Fall, der gerade bei Zeitbegriffen, welche in ihren einzelnen Kasus leicht erstarren, sich öfter ereignet. Slavisch. Im Aksl. erscheint nach Miklosich 4, 648 der Lok. bei den Wör- tern din? Tag, nostt Nacht, zima Winter (da ne badetü bestoo vase zime ni vu sobolg \va geh ydyırar A Yuyh Üpüv xerminvos ande &v caßßaro Matth. 24, 20), Z&to Sommer, Jahr, casüu Stunde (* wcele otrokt tomi case xal &depareidn 6 nais And Tic üpas &xeivng Matth. 17, 18), nedelja Woche, petikosti Pfingsten, und

diese Ausdrücke nebst einem oder dem anderen ähnlichen

finden sich auch in jüngeren Sprachperioden, z. B. ist zemd auch altrussisch (Buslajev 261), polnisch im 18ten Jahrh. zime im Winter, Zecie im Sommer (Kuhn und Schleicher's Beitr. 6, 64), serb. noch jetzt zim: und Zjett. Lateinisch. Von Zeitbegriffen ist zunächst der Lok. die in Verbindung mit einigen Adjektiven ebenfalls lokativischer Form zu nennen wie die crastınt, proximt, quinti, septimi, quarti, mit Voranstellung des Adj. und enger zu einem Worte verwachsen postridie und cotidie. Über den ersten Theil von kodie, pridie und perendie ist man nicht recht im klaren. An den Lok. von dies schliesst sich der von vesper: vesperi und vespere ohne Epitheta (tam vespert so spät Abends bei Terenz); von tempus : temperi oder tempori zu rechter Zeit (ohne Ep.); zu Zur: Zuei. Die Eıstarrung der Form merkt man

1) Über Aama vgl. J. Schmidt, Pluralb. 209.

224 Kap. V. Der Lokalis bei Zeitbegriffen. [$ 96.

daran, dass sie nicht wie die übrigen Kasus von Zur als fem., sondern wie manı als neutr. empfunden wird, daher: primo luer, lucs claro. Auch mit :n und cum kommt es vor: 1% Zuct, in poplico luei, cum luci, cum primo luci (die Belege bei Neue 12? 238); manı, mane dürfte wohl der Lok. eines in anderen Kasus nicht belegten Subst. sein, der dann auch als Nom. und Akk. gebraucht wurde. Neben mane septimi sagte man auch mane multo oder integro. Hers hat wohl sein : erst in Anlehnung an die bedeutungsverwandten Wörter erhalten. Es bleiben noch noctu und diu. Noctw ist, wie J. Schmidt bemerkt hat, gleich ai. aktau, also Lok. eines sonst im Lat. nicht vorhan- denen u-Stammes. In der alten Sprache findet sich Age noctu, ıntempesta noctu. In sereno noctu (bei Cato) erklärt sıch wie die gleiche Erscheinung bei Zuci. Von diu wird angenommen, dass es nach noctu gebildet sei (J. Schmidt, Pluralb. 207. Sodann folgen die in die Ablativform aufge- gangenen Lokale. Über sie bemerkt Schmalz ? $ 103: “Es finden sich Aieme, aestate u. ähnl. in allen Zeiten der Sprache. Andere Substantiva als solche, welche einen Zeitabschnitt be- zeichnen, werden nur mit Attributen in dem Abl. temporis gefunden. Ausnahmen sind selten, jedoch auch in der klassı- schen Zeit anzutreffen, z. B. pace, militia bei Livius. Die Formen Atieme, aestate sind wie S. 195 bemerkt worden ist vielleicht als echte Lok. aufzufassen. Wo der Be- griff der Erstreckung über einen Zeitraum vorwiegt, ist ver- muthlich der ursprüngliche Instr. anzunehmen. Beachtens- werth ıst, dass bei Zahladverbien oder Distributivzahlen nicht bloss ir, sondern auch der blosse Abl.-Lok. stehen kann, z. B. bis anno, ein Fall, in welchem das Sanskrit den Genitiv vor- zieht. Wıe ım Altindischen kann der Lok. auch stehen, um den Endpunkt der als verflossen gedachten Zeit zu bezeichnen, so 2. B. quatriduo quo is occisus est am vierten Tage nach seiner Ermordung, bei Cicero. Griechisch. Es kommt nur der in den Dat. aufgegangene Lok. in betracht. Derselbe ist häufig bei Datierungen (Krüger 48, 1), so bei Homer ty zporepy, Tparı zprratıp, Aöı TH nporepg, dexarg, vuxt nelatvy, eixoot Erei u.s. w.

$96—97.] Kap. V. Der Lokalis bei Personalbegriffen. 225

Deshalb sind Dative ohne Epitheta, wie z. B. vouunviq, puotnplors (Meisterhans ?2 170) selten. Über die Fälle, in welchen man schwanken kann, ob Instr. oder Lok. vorliegt, siehe den Instr. 5109. Wie ım Altindischen und Lateinischen steht kretisch nauzs nach Verlauf eines Jahres Gortyn 1, 35 (Baunack 86), a rarep 2oelödv a douevm roll xpdvp Euripides, Iph. Aul. 640. Germanisch. Über das Gotische handeln erschöpfend Ga- belentz-Löbe 240. Sıe bemerken, dass der Gen. fast auf nahts und dagis eingeschränkt ist (s. $ 173), dagegen der Dat. (Lok.) erscheint in naht Jah daga, nahlam jah dagam für vöorta xal hudpav und voxtös xat Aulpas, ferner vintrau yeımövos zur Winterszeit (idjasb es ni varrbai sa blauhs izvar vintrau npocebyeode ö& Tva un yEvztaı A Yuyh Öpmv yeruavos Mark. 13, 18); sabbatim rotz oaßBası; ferner mit Attributen, wo im Griechischen auch der Datıv steht: Bizai naht, himma daga, frumistin daga, jera hvam- meh |xat' Eros), Herodis mela gabaurbais seinaizos nahltamat vaurhta Hpwöns tois yevasloıs adroö öeinvov &roleı Mark. 6, 21 wähnl. Im Angelsächsischen (vgl. ALI. 41) liegt auch der Instr. vor: 5Y Priddan dege Elene 185. Das kann der echte Instr. sein, vielleicht aber auch der Lok., da wır nicht wissen können, in welchen Entwickelungsstufen sich das Zusammen- fallen des Instr. mit dem Lok. und Dat. vollzog. Was Erd- mann 2, 242 aus dem Ahd. beibringt, macht mir theilweise den Eindruck des echten Instr. Einige Belege für die Dativ- form im Ags. sind: dögra gehwylce an jedem der Tage, fyrr- dagum in alten Tagen, sweartum nihtum in schwarzen Nächten, degtidum bei Tage, nihtes hwilum zur Nachtzeit.

$ 97. Der Lokalis bei Personalbegriffen.

Er ıst zu belegen aus dem Arischen und Griechischen. In betreff des Altınd. habe ich SF. 5, 117 bemerkt, dass na- türich auch Personen als Behälter von etwas gedacht werden können, z. B. ndva piruse pränah es giebt neun Sinnesorgane ım (am) Menschen, dass dieser Ausdrucksweise am nächsten steht, wenn etwas in (unter) einer Menge von Personen be- findlich dargestellt wird, z. B. nd devesu vivide marditäram ich habe unter den Göttern keinen Erbarmer gefunden. Viel-

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 15

226 Kap. V. Der Lokalis bei Personalbegriffen. [$ 97.

leicht sei hieraus der Gebrauch entstanden, die einzelne Person, bei welcher etwas geschieht, in den Lok. zu setzen, z.B. sa häsmin jyög uväsa sie wohnte lange bei ihm. Dazu nehme man, was a. a. O. 120 bemerkt ist: Bei Adjektiven, welche einen hervorhebenden Sınn haben, treten die Wesen, aus wel- chen hervorgehoben wird, in den Lok., 3. B. vam deveju pra- thamam havamahe wir rufen dich als den ersten unter den Göttern an RV. So auch in der Prosa, z. B. dikfamanegu pürvah pürva eva didikfifeta er soll versuchen, jedesmal unter den sıch Weihenden der erste zu sein AB. 4, 25, 3. (Dieselben Dienste kann natürlich auch der Genitiv leisten, und zwar ist er viel häufiger als der Lok.). Im Altpers.: Aya Madassuva maptsta äha der unter den Medern der oberste war Bh. 2, 23; im Avestischen: afscibrae£sva sevistai dem förderlichsten unter den Regenspendern yt. 8, 45. Dieser letztere Gebrauch des Lok. findet sich ebenso bei Homer, z. B. äpınpenda Tpwssaw Z 477; alyas Aysıy, at nacı ey Ekoyor alnollorcıw @ 266. Natürlich er- scheint mir auch die Annahme des Lok., nicht des Dativs in: räcıy &Adyyıotov Beuevar pepdreosı Bporoioıv B 285 und 80 xparos Eoxe peyıotov näsıy Kuxlwzeocı a 71, wenn ich auch bei den Verben des Herrschens jetzt lieber den Dativ als den Lokalis annehme. In der späteren Sprache ist wohl durchweg der Gen. herrschend geworden. Ferner habe ich früher, und wie ich jetzt sehe, Capelle schon vor mir, die Dative in den häufig vorkommenden Wendungen totor de uödwy Fipye, ToLsıv Aviotaro u. ähnl. für Lokale erklärt. Ich bin auch jetzt der Meinung, dass die Auffassung dieser Formen als reiner Dative sehr ge- zwungen sein würde. Dagegen sind die auf attischen In- schriften häufigen Dative wie ois in: rols Taplaoıy olc 6 Öelva &ypapareve oder y: &nt ns BovAfic % Kieıyens Alaebs npwros &ypauuotevue CIA. 1, 188 (und sonst) wohl als Dative commodi aufzufassen. Wegen der Verba des Herrschens vgl. den Dativ $ 1331).

1) Miklosich 4, 637 nimmt einen Lok. bei Personalbegriffen auch für das Aksl. an in der Stelle: bodiji ro&denychü Zenami prorokü Ioana krüstitelja

niktoke nestü peilmy Ev yevvntois yuvanav rpophrns Imdvvov Tod Bartıotod obdels Zorıy Luk, 7, 28; ro&denychü ist aber Genitiv.

$98—99.] Kap. V. Der Lokalis bei anderen Begriffen und Verben. 227

$98. Der Lokalis bei anderen Begriffen findet sch in grösserem Umfange wohl nur im Arischen. Dort treten in den Lok. Begriffe wie Bereich, Gewalt, Wille, z. B. sarvam iüd indra te va$s alles dies ist, o Indra, in deiner Gewalt, im Bereiche deines Willens RV. 8, 93, 4; ts varat rädenli ahu- rahya zaoS& mazdä die machen es seinem Willen recht, nach dem Wunsche des A. M. (sich im Bereiche seines Wunsches befindend) y. 33, 2. Ferner Begriffe, welche Handlungen und Zustände bezeichnen, z. B. vdyrasya pdtansö beim Fliegen des Donnerkeils RV. 6, 20, 5; yehe zabadca vazsatca urväsen äpo urvaräsca bei dessen Geburt und Wachsen Wasser und Kräuter gediehen yt. 13, 93.

Zweifelhafte Analogien aus dem Slavischen bietet Mi- klosich 4, 651, 3.

$ 99. Der Lokalis bei Verben.

1) Ein Lokalis der Person kann stehen bei empfangen kaufen, erbitten u. ähnl.

Im Altind. kann man sagen: präty agrabhifma rußamesu wir haben bei den R. empfangen RV. u. ähnl. (vgl. ALI. 40, SF. 5, 120). Natürlich wäre .auch der Abl. möglich. Ebenso im Griech. bei ögyeodaı in: Bsyıorı 52 xadlınapyp ddxto ddrnas 0 88 und der Inschrift Cauer 14 (vgl. SF. 4, 56). Dazu stellt sich wv&opaı, &rprapnv mit Lok. der Person bei Sophokles Ant. 1171 (was ich bereits ALI. 40 angeführt habe) und öfter bei Aristophanes, z.B. &yw rpiwopaı ty ich soll bei diesem etwas kaufen? Frösche 1228, vgl. Kock z. d. St. Kock fasst den Kasus als Dativ und sucht ihn durch Hinweis auf unser abkaufen’ mit Dat. zu erklären, wonach ein Dativ vorliegen würde, welcher nach Analogie der Verba des Gebens bei deren Gegenbildern entstanden ist {s. Dativ $ 130). Mir ist meine Auffassung wegen des parallelen ö&yopgı wahrscheinlicher. Ein Lok. der Person steht ausserdem noch im Altind. bei :$ er- bitten und prach erfragen (SF. 5, 120).

2) Der Lok. erscheint im Altindischen (SF. 5, 121, Gae- dicke 128 ff., Ludwig, Rigveda 6, 257) häufig bei Verben der Bewegung, z. B. im Veda bei gam: devefu gachati er geht

15*

228 Kap. V. Der Lokalis des Zieles. [$ 99.

unter die Götter, a-ruh: @ röhati rathö es steigt in den Kasten des Wagens, (ungenauer ausgedrückt: auf den Wagen) u. ähnl. Auch in der Prosa, z. B. bei werfen: ta nägnau prä kireyuh man werfe sie nicht in’s Feuer, dthäsmäi pihcäaksan pänav a vapati dann wirft er ihm fünf Würfel in die Hand; giessen: yöjäyam retah sihcati er giesst den Samen in das Weib, aynau Juhöti er giesst in das Feuer; setzen, legen: viryam ydjamane dadhätı er legt Kraft in den Opferer, grivasu tad dandam da- dhyät auf diese Weise würde er ihm einen Kropf an den Hals schaffen (so dass dieser am, im Halse festsitzt,. Ebenso im Avesta: yoı afas daden zastayo drujem welche den Satan dem A. in die Hände geben y. 30, 8 (vgl. yo Aastayor dadhe wel- cher in seine Hände genommen hat RV. 9, 18, 4). Der Lok. bezeichnet hierbei wie sonst dasjenige, in dem oder an dem (dieses selten oder kaum) ein Vorgang sich vollzieht. Wenn wir sagen, er bezeichne hier dasjenige, in welches hinein, an welches hin eine Bewegung stattfindet, so bringen wir dabei den Sinn des Kasus und des Verbums zugleich zur Geltung. Aus der homerischen Sprache gehören dahin 0: pw &nı- ypabas xuvdn BaAlev H 187; alpardeoca Ö& xelp neöip ndoe E 82; adros ÖL npnvns al xännese e 374; AAN üye dr xoled p&v aop Deo x 333; yaly nrkas eünpes &perudv A 129 (vgl. y 15); obpav &otrpıke xapn A443 Nicht das Eindringen in etwas, son- dern das Stützen auf etwas (also das Anlangen bei etwas) ist verstanden bei xAlvew, z. B. dorloı xexAtnevor [' 135; 2peldecda:, 2. B. ovösı Zpeiodn H 145. Aus dem Lateinischen gehören dahin: adveniens domi, procumbit humi, und mit dem Abl.- Lok. loco collocare (Lucilius) und ähnl.; vgl. Ebrard 614, Vgl. ponere, collocare ın mit dem Abl., slav. polo vü, na mit Lok.

An diese Verba der Bewegung schliessen sich einige alt- indische Verba, welche ein geistiges Hinstreben aus- drücken, so yat hinstreben, gardh verlangen nach, @-$gs hoffen auf, z. B. aynwhötrini devatä a $asants die Götter hof- fen auf den das Agnihotra Darbringenden (SF. 5, 122). Dazu vielleicht av. z@ (Baunack 2, 397).

| 99-100. Kap. V. Der Lokalis bei Adjektiven. 229

Vergleichbar mit den genannten Verben sind einige alt- kirchenslavische (Miklosich 4, 640 ff), namentlich Aosngtt se mit Lok. an etwas rühren, jemand anrühren, z. B. prikosnq se jemü Tıbaro adrou Luk. 8, 47 und Aosng se viskriliji rizy jego dato Too xpaoteöou Tod inariou autod 44. Andere Verba, die M. noch anführt, wie viseti hängen an, vezets stecken bleiben, sch anhängen sind aus cod. Mar. nicht zu belegen. An die ein- fachen Verba schliessen sich eine grosse Anzahl von solchen, welche mit den Präp. rü, do, za, na, obü, pri, pre, st, u verbun- den sind.

3) Einige eigenthümliche Konstruktionen des Altindischen.

Als eigenthümliche Konstruktionen des Altindischen sind die folgenden erwähnenswerth. In den Lok. tritt der Gegen- stand, an welchem man theilnimmt, so bei a-bhaj, z. B. anu 'syam prihivyam ä bhajata lasst uns einen Antheil haben an dieser Erde SB. 1, 2, 5,4. Diese Konstr. kann auch auf ein abgeleitetes nomen actionis übergehen, wie es denn in der angeführten Stelle weiter heisst: astvevd 'py asyam bhagah es sei auch uns ein Antheil an ihr. Sodann der Gegenstand, um welchen (ursprünglich an und auf welchem) gekämpft wird, ı.B. äditya5 ca ha va asgirasai ca svarge loke 'spardhanta die Aditya und die Angiras kämpften um die Himmelswelt, AB.; der Gegenstand, um welchen (in dessen Angelegenheit) gebeten wird, z. B. agnim tokö tanaya SaSvad imahe Agni gehen wir fortwährend an um Kinder und Enkel RV.; der Gegen- stand, in bezug auf welchen eine Beanstandung stattfindet, ı.B. nainam pätre nd tälpe mimasantö man beanstandet ihn nicht in bezug auf Lager oder Trinkgefäss (lässt ihn zu beiden zu: TS. (SF. 5, 119).

$100. Der Lokalis bei Adjektiven.

Einen Lok. bei Adj. kann ich mit Sicherheit nur aus dem Altindischen nachweisen. Er findet sich in der alten Sprache bei äbhaga theilnehmend an (vgl. &-bhaj) und dem bedeutungs- verwandten nimi3la hängend an (wohl eig. sich einmischend in). Sodann bei priya und cäru beliebt bei und dhruvd ver-

230 Kap. V. Der I,okalis. Zweifelhaftes. [$ 100—102.

harrend bei ‚SF. 5, 120), bei AuSala erfahren (udyithe in der Kunst des udgätar Chänd. Up. 1, 8, 1).

$ 101. Zweifelhaftes.

In nicht wenigen Fällen ist man für das Gebiet derjeni- gen Sprachen, in welchen der Lokalis mit dem Instrumen- talis zusammengefallen ist, zweifelhaft, welchen von beiden Kasus man als wirksam anzuerkennen hat. Hinsichtlich der Verba, welche ‘freuen’ und ‘vertrauen’ bedeuten, verweise ich auf das bei dem Instr. $ 115 und 116 Gesagte. In $ 95 ist auf die Zweideutigkeit des Dativs ndyy in pay apııyeıy, vı- xäv u. ähnl. hingewiesen. Natürlich gilt dasselbe von dem Abl. Bello in bello vincere u. ähnl. (vgl. darüber ALI. 32). Ebenso ist auf die Dat. „peot, Buup u. ähnl. hingewiesen ($ 95). Es sind dann weiter zu erwähnen Wendungen wie ‘im Wasser waschen’ oder “mit dem Wasser waschen’, “in einem Gefässe trinken’ oder ‘mit einem Gefässe trinken’ über welche ALI. 32 gehandelt ist, ferner ‘in einem Wagen fahren” oder ‘mit einem Wagen fahren’ (ALI. 57). In den angeführten Stellen habe ich wiederholt eine Entscheidung von der Präpo- sition hergeholt, welche neben dem blossen Kasus gebraucht werden kann. So meinte ich z. B. aqua lavare sei darum mit einiger Wahrscheinlichkeit als Lok. aufzufassen, weil man auch lZavıt in undis sage (Horaz). Jetzt meine ich, dass diese Präposition nichts beweisen kann, weil in allen den genannten Fällen und in ähnlichen, die man etwa noch anführen kann, eine doppelte Auffassung, also auch eine doppelte Ausdrucksweise von vornherein möglich war. Ich ziehe es also jetzt vor, die Auf- fassung dieses Mischkasus als unsicher zu bezeichnen.

Bei den Verbis des Herrschens konkurriert der Lok. mit dem Dativ s. den Dativ $ 133 und den Instr. $ 111.

$ 102.) Kap. VI. Der Instrumentalis. 231

Kapitel VI. Der Instrumentalis.

$ 102. Über den Grundbegriff des Instr. ist $ 67 gesprochen und daselbst behauptet worden, dass in den Instrumentalis der Substantivbegriff tritt, mit dem zusammen der Träger der Satz- handlung diese vollzieht. Ist nun dieser Begriff eine Person, und ist sie nicht als Mittel gedacht, so sprechen wir von einem soziativen oder komitativen Instrumental; bezeichnet das Substantivum eine Erscheinung oder einen Vorgang, so sprechen wir von dem Instrumentalis der begleitenden Umstände; bezeichnet es einen Begriff, der als dauernde Eigenschaft ge- dacht wird, von einem Instrumentalis qualitatis, während der Instrumentalis des Mittels vorliegt, wenn der Substantiv- begriff derartig ist, dass er als Werkzeug oder Mittel einer Hand- lung gedacht werden kann. Endlich, wenn das Substantiv ein Raum- oder Zeitbegriff ist, konstatieren wir einen Instr. der Raum- oder Zeiterstreckung. Alle diese Nuancen des Instrumentalbegriffes treten in Verbindung mit gewissen Verbal- begriffen, namentlich bei Verben der Bewegung, zu tage, und es wäre deshalb wohl auch möglich, sie bei dem Instrumen- talıs mit Verben zu behandeln. Indessen, da gerade diese Typen des Instr. sich mehrfach von den Verben, in deren Begleitung sie entstanden sind, emanzipiert haben, so ist es mir passend erschienen, sie für sich zu behandeln. Es folgt dann der Instrumentalis mit Verben, wobei es sich natürlich nur um eine Auswahl des Merkwürdigsten handeln kann. Die Reihenfolge der Gruppen mag für sich selbst sprechen. Darauf der Instr. in Verbindung mit solchen Adjektiven, welche zu ihm ebenso stehen, wie Partizipien von bedeutungsverwandten Ver- ben, z. B. “gleich”, das ebenso mit dem Instr. verbunden wird, wie die Verba des Zusammenseins. An den Schluss stelle ich den freieren Instrumentalis, den der Ursache und der Beziehung. Somit ergiebt sich folgendes Schema:

$ 104. Der soziative Instr. mit dem distributiven.

$ 105. Der Instr. der begleitenden Umstände.

232

$ 106. $ 107. $ 108. $ 109. $ 110.

Kap. VI. Der Instrumentalis. [$ 102—103.

Der Instr. qualitatıs.

Der Instr. des Mittels.

Der Instr. der Raumerstreckung.

Der Instr. der Zeiterstreckung.

Der Instr. bei den Verbis zusammensein und zu-

sammenkommen (freundlich und feindlich), vermischen, trennen.

$ 111. $ 112. $ 113. $ 114. $ 115. $ 116. bewegung. $ 117. $ 118. $ 119. 8 120.

Machen, verfahren mit, herrschen durch (über). Kaufen.

Trinken (mit einem Gefässe).

Füllen und verwandte Verba.

Sich freuen, geniessen, leben von.

Vertrauen und einige andere Verba der Gemüths-

Einige bemerkenswerthe slavische Verba.

Der ausmalende Instrumentalis.

Der Instr. bei regnen, schnauben, speien, schwitzen. Der Instr. bei Verben des Bewegens im Slavischen

und Germanischen.

$ 121. $ 122. $ 123. $ 124. 8 125. $ 126. ziehung).!)

Der sog. Dativ des Objekts im Germanischen.

Der prädikative Instr. ım Baltisch-Slavischen.

Der Instr. bei dem Passivum.

Der Instr. bei Adjektiven.

Der Instr. bei dem Komparatıv.

Der freiere Instrumentalis (der Folge und der Be-

Da der Instr. im Baltisch-Slavischen erhalten ist, habe ich

diese Sprachen gleich an das Arische gerückt. Es ıst daher für den Instr. folgende Reihenfolge der Sprachen gewählt worden: Arisch, Baltisch-Slavisch, Lateinisch, Griechisch, Germanisch.

$ 103. Ehe ich in’s Einzelne gehe, habe ich etwas vorher- zuschicken über den Instrumentalis im Avestischen und im Germanischen.

1. Avestisch. Im Avesta giebt es eine Anzahl von For- men auf is und ü$, welche im nominativischen oder akkusati-

1) Der Instr. bei den Kausativis soll bei diesen behandelt werden.

5103] Kap. VL Der Instrumentalis.

vischen Sinne gebraucht werden. Man hält sie meist für strumentale, die durch eine sonderbare Bedeutungsverschieb su der genannten Anwendung gekommen seien. Inde J. Schmidt, der Pluralb. $. 259 ff. diese Formen behandelt, merkt mit Recht, dass man bei dieser Auffassung nicht einsi warum die Erscheinung sich auf den Plural beschränkt. seinerseits erblickt in den Kasus auf als echte Nom.-Acc. eigenthümlicher Bildung. Ich habe keine eigene Meinung i die Sache gewonnen. Im Folgenden sind die in Rede steh den Formen nicht erwähnt.

Gelegentlich erscheint der Instr. plur. auch im Sinne Dativs, so agbiß y. 9, 22 (verglichen mit den folgenden Ver vgl. auch Bartholomae, AF. 2, 179, und dagegen Geldner, : 28,206). Auf der anderen Seite kommt auch der Dativ im strumentalen Sinne vor, und zwar, wie Spiegel, Gr. 434 beme ‘eltener im Singular als im Plural’. Ich zweifle danach ni dass lediglich eine Vermischung der Suffixe 5i5 und dyö vorli

2. Germanisch. Im Germanischen ist, wie schon ! bemerkt wurde, eine eigene Form für den Instr. nur noch Westgermanischen vorhanden. Es gab eine solche unzwei haft in der germanischen Ursprache. Um einen ungefält Begriff davon zu geben, welchen Umfang der urgermanis Instr. hatte, lasse ich hier eine Übersicht über den Gebra des präpositionslosen Instrumentalis im Heliand folgen, Moller sie gegeben hat. Er erscheint dort im soziativen Sir brahtmu thiu mikilun mit der grossen Volksschar. Ein Ir der begleitenden Umstände und der Eigenschaft liegt im | liand ohne mid nicht vor, aber häufig mit dieser Präposit Vielfach belegt ist der Instr. des Mittels, z. B. ddaru wc gibiodan mit einem anderen Worte gebieten, dröru giköpöt dem Blute gekauft, ferahu köpsn mit dem Leben büssen, bivarp umgab mit Nebel, frostu bifangan vom Frost umfanj ergriffen, heries kraftu bihabd eingeschlossen mit Heeresma thurstu endi hungru bithwungan mit Durst und Hunger quält, folkö kraftu fahan mit der Kraft der Mannen gefan nehmen, witiu giwaragean durch Strafe peinigen, wi

236 Kap. VI. Der soziative Instr. mit dem distributiven. [$ 104.

muselim da ging heraus für sich allein der M., dio sobom zunak dobar bidu stiman u druzinu bin ich selbst ein tapferer Held, werde ich geachtet sein in der Genossenschaft. Doch kann man hier sobom auch “durch mich selbst’ übersetzen. Im Rus- siıschen heisst samü soboju durch sich selbst, von selbst, z. B. etwas lernen, bezu pomoct ucıtelja samü soboju ohne Hilfe eines Lehrers, für sich allein. Ebenso liegt es bei den von Miklosich 4, 694 angeführten Wörtern wıe glava Kopf, Iice Ge- sicht u. s. w., welche ungefähr denselben Sinn haben wie das Pron. refl., z. B. serb. 5a sam glavom autos &yw alu Luk. 24, 39, oder altruss. dodylü jesmi glavoju svojeyuw Kyeva ich bin K. ın eigener Person gewesen (bei Mıkl.). Dagegen macht mir ie- lomi ın dem von Miklosich 4, 723 angeführten Satze Ayyimi telomi pridufi rolp owparı Epyovraı; eher einen soziativen Eindruck (vgl. die Bemerkung S. 234, dass auch der Körper als Begleiter einer Person gedacht werden kann). Es lassen sich eben hier, wie in vielen anderen Fällen, die von uns aufgestellten Gruppen nicht reinlich sondern. Lateinisch. Nur bei militärischen Ausdrücken, z. B. Caesar omnibus copiis Ilerdam profciscitur, doch findet sich auch cum nicht selten (Draeger 1, 496). Dieser Instr. bei militärischen Ausdrücken hat sich offenbar erhalten, weıl er fast schon als ein Instr. des Mittels zu betrachten ist, da die Soldaten dem Führer gegenüber kaum mehr als Per- sönlichkeiten erscheinen. Griechisch. Aus Homer habe ich ALI. 52 als einziges Beispiel, in welchem persönliche Begriffe erscheinen, beigebracht: 7 vöv ör, Tpoindev aAwpevos &vdad ixa- vers vn Te xal &tapotsı moAuv ypdvov A 161, wobei freilich das nicht-persönliche vn! die Führung hat. Einige Belege, in denen es sich um nicht persönliche Begriffe handelt, entnehme ich Monro 99: my üp’ 6 y’ &v9” Inzorsı xal Appacı neue veeodaı 8 8; pewadtes Eyyelgıı B 818 (wo 2&yxelgsı nicht als Mittel gedacht ist); &eorfjo’ aldouapor teruyuevov Z 243. In der nach- homerischen Sprache findet sich dieser Instr. in militärischen Ausdrücken, eine offenbar uralte Wendung, z. B. geiz xal Innors Tols Övvarwraroıs xal avöpdcı ropsuwueda bei Xenophon (Krüger 48, 15, 18). Dazu kommen die Instr. mit aurds, welches

$ 104.) Kap. VI. Der soziative Instr. mit dem distributiven. 937

in demselben Kasus steht, bei Homer nur von nicht-persön- lichen Begriffen, z. B. adtyoı Bdesow, adtoisıv Oyeopıy u. 8. w. (vgl. Krüger), in der nachhomerischen Sprache auch von per- sönlichen Begriffen, z. B. aurois tois avöpaaı. Ich hattea.a. O. bemerkt, dass ich nicht einzusehen vermöge, inwiefern die Ver- bindung mit aurd; dazu beigetragen habe, diesen Gebrauch des Instrumentalis zu konservieren. Seitdem haben verschiedene Gelehrte erklärt, dass aurds ursprünglich zu dem leitenden Worte gehört habe und durch eine Art von Attraktion zu dem Begleitworte gezogen sei (so wohl zuerst Walther 16). Ich muss aber gestehen, dass ich in dieser Erklärung nur das in historische Fassung gekleidete Eingeständnis sehe, dass wir uns über die Verbindung von aötd; mit dem Nebenbegriff wundern, da wir es bei dem Hauptbegriff zu finden erwarten. Die Betrachtung von Monro (100, Anm.) sucht zu erklären, warum sich der instrumentalische Sinn in der Verbindung mit aurds habe erhalten können, giebt aber ebenfalls keinen Grund für die sog. Attraktion. Germanisch. Im Gotischen findet sich dieser Gebrauch nicht mehr, wohl aber gelegentlich im Altn., z. B. sigldi Rütr lidi siınu sudr R. segelte mit seinem Gefolge südwärts (Lund S. 133) und ım Ags. z. B. iryddode ürfäst gelrume micle es schritt einher der ruhmreiche mit grosser Schar, Beovulf 923, und einiges mehr bei Kress 19, im Heliand nach Moller der echte Instr. noch in drahtmu thiu mikilun 4191, 4811 bei Verben des Gehens, sonst nur mit der Präposition mid. Mit dem homerischen aA@psvos vni te xal &raporarv vergleichen sich altnordische Ausdrücke wie: kömu skıpi sinu vb Noreg kamen mit ihrem Schiffe nach N., Gunnl. 9.

Aus dem soziativen Instr. erklärt sich ein in mehreren Sprachen auftretender Gebrauch, den man den distributiven genannt hat. Weil man gewohnt war zu sagen: ‘der Feldherr marschiert mit Tausenden’, so bildete man auch ‘das Volk marschiert mit Tausenden’, oder wie wir uns ausdrücken 'zu Tausenden’, wobei dann freilich die Hauptperson und die Be- gleiter zusammenfallen. Vielleicht ist so aufzufassen RV 6, 20, 4 Satäir apadran panayah, zu Tausenden fielen die Pani (zu ce in

338 Kap. VI. Der Instr. der begleitenden Umstände. |$ 104—105.

dieser Strophe würde dann ‘schlug’ zu ergänzen sein). Avestisch: mävoya pasca vazenti zövaS satäis hazaprem ca welche in meinem Gefolge fahren zu sechshundert und tausend yt. 5, 95 (nach Geldner, KZ. 25, 396) Aazarraıs zu Tausenden vd. 13, 51, ferner mibvana paarweise. Im Litauischen entsprechen Aus- drücke wie: 7 mire szimtais, pulkais sie starben zu Hunderten, in Scharen. Für das Slavische begnüge ich mich ein paar aksl. Belege aus Miklosich 4, 711 zu nehmen: ischozdachu stor- cami ı lisuslamı (näs 6 Aaöc) &ksropedero el; Exarovradas xal yı- Auadas; visit fimamı narodü viskrica das ganze Volk schrie auf zu Tausenden; fimami na njego klevety izobretocht ich erdichtete gegen ihn Anklagen zu Tausenden. Aus dem Griechischen lässt sich etwa vergleichen: Tpwwy ot yeya Teiyos brepxareßr,cav öußdp N 50 (Walther 14), im Germanischen entspricht genau: altn. khundrudum zu Hunderten, flokkum ın Haufen (Belege bei Dietrich, Haupt’s Ztschft.8, 47), ags. hespum in Haufen, haufen- weis mit cuman, faran u. 8. w. (s. Grein s. v.). In bezug auf Otfrid bemerkt Erdmann 2, 247: “nur einmal steht der Dat.-Pl. von folk bei einem Verbum der Bewegung so, dass man ihn noch soziativ auffassen kann, obwohl er schon in modale Be- stimmung übergeht: 3, 9, 2 ingegin fuarun folkon sie kamen Christo entgegen mit Scharen, in Scharen, scharenweise. Sonst steht überall nur ms?”.

$ 105. Der Instrumentalis der begleitenden Um- stände (Zustände, Stimmungen, Erscheinungsformen).

Arisch, z. B. üt süryo Jyötija deva öti der Sonnengott geht mit Glanz auf RV. 4, 13, 1; tdd asya sdhasäditsanta sie suchten es ihm mit Gewalt wegzunehmen TS. 1, 5, 1, 1; särann apd avasa das Wasser floss mit Eile dahin RV. 4, 17, 3; uttana- hasta ndmasöpasddya die Hände ausstreckend mit Verehrung uns nahend RV. 3, 14, 5; yım upairi vis araodap ärstyobareza auf welchem Gift emporquoll mit (in) Daumensdicke y. 9, 11; yab dım aenomanatoha paitiasnaoiti wenn er ihn mit böser Ge- sinnung (in der Absicht zu beschädigen, Geldner) angreift vd. 4, 17, nemanha adara data äjasäni mit früh dargebrachter Verehrung (rdmasa) will ich herankommen yt. 10, 118.

$ 105.] Kap. VT. Der Instr. der begleitenden Umstände. 239

Baltisch-Slavisch. Ich kann nur Slavisches belegen, wo aber die Präp. s% bei manchen Typen geläufiger ist, als der blosse Kasus. Ich führe aus Mıklosich 4, 725 an: aksl. lonomi tistemi iei domu ide ging mit leerem Schosse aus dem Hause; vüzüvarü 7q gnevünomü licemü “irato vultu postquam eam vocavit’, kricemü pire$te se sich mit Geschrei zankend; slizami Zalovati mit Thrä- nen beklagen; strachomü ti trepetomü prigste i mit Furcht und Zittern habt ihr ihn aufgenommen; /qkami posüla “dolose misit'. (Die beiden letzten Sätze aus Miklosich 4, 708)? Dem griech. xpr;- var pEov Ödarı Aeux@ u. ähnl. entsprechen hier Sätze wie die folgenden (Miklosich 4,708): aksl. Arüvı tecase rekamı das Blut floss in Strömen; videachq kapljaste oti njego krivi kapljami ‘ridebant sanguinem ab eo guttatim cadentem’, serb. potok potece vodom kao ı pre der Bach floss mit Wasser wie auch vorher vgl. Danıcie 567 (vgl. das $ 104 über den distributiven Ge- brauch des Soziativ Bemerkte). Lateinisch. Sammlungen bei Ebrard 618 ff. Es gehören dahin Ausdrücke wie: capillo passo ın vtam provolarunt; invocalt deos capile operto, anımo audacı in medium prorspit sese, bonoque ut anımo sedeant ın subselliis; Junera fletu fazit; summo sonitu quatit ungula terram; dat sonitu magno stragem; an tllud joculo dizisti; nunc hujus periclo fit, und vieles der Art. Oft werden in den Instr. nicht sowohl die begleitenden Nebenumstände, als die Art und Weise, wie die Handlung vollzogen wird, gesetzt, so in hoc modo, more majorum, mazxıma diligenlia u. ähnl., und es liegt auch auf der Hand, dass man nicht selten schwanken kann, ob man den Instr. als den der Begleitung oder des Mittels bezeichnen soll, z.B. bei vi. Über das Verhältnis zu cum s. Draeger 1, 494 ff. Griechisch. Die Stellen aus Homer sind bei Walther 12 fi. zusammengestellt (vgl. auch ALI. 52). Es gehören dahin Wen- dungen wie: oddyyw &repyönevaı co 199 und eine Reihe von Subst. ähnlicher Bedeutung wie „d6yyos. Bemerkenswerth ist dabei, dass die Verba fast durchaus Verba der Bewegung sind (wie auch bei dem soziativen Instr.).. Von den von Wal- ther angeführten Stellen sind anderer Natur nur: ddlaAnta räv reötoy xardyoucı II 78, ot de layfi te vödp te naoas nAnaav böobs

240 Kap. VL Der Instr. der dauernden Eigenschaft. [$ 105—106,.

I1 373 (wobei man an den Instr. des Mittels denken kann), nd deoneotn P£lea orovdevra ydovro ® 159, O 590 und ferner II 768, Z 301 (n 270 ist zu streichen‘. Daran schliessen sich eine Menge von Substantiven, welche zwar auch Verba der Bewegung neben sich haben können, bei denen aber an- dere häufiger sind, z. B. dyyxipolov dd op’ HAB "Exaßn terundı Hund 2 283, npoodonv xexomdtı Bopwp ı 501, od vo Ti Bun mpd- opovı nußeonaı X 183, ferner ppeot, rpartösccıv, vop, vonpaot U. ähnl. meist mit Adjektiven, auf denen der Hauptaccent des Sınnes ruht. (Ohne Adj. z. B. vow d EreßaAkdev inasdAnv C 320). Eine Gruppe für sich bilden solche Instr., welche dem Ad- verbium insofern nahe stehen, als sie regelmässig ohne Epitheton erscheinen: ölxy, oıyfj, stard, srov6T, racauöly, xdswp in Ordnung u.ähnl. In den angeführten Stellen sind die führenden Sub- stantiva überall Personen. Nur halb-persönlich ist xpnvr, in: xprvar hEov Ödatı Asuxw & 70, womit ich ALI. 52 verglichen habe prä k$ödasa dhäyasa sasra ja sdrasvafi mit nährendem Ge- woge fliesst Sarasvati vorwärts RV. 7, 95, 1 ivgl. oben das Serbische.. Noch erwähne ich xaxf atoy, das wohl nur als Instr. gedeutet werden kann (Walther 14). Germanisch. Aus dem Gotischen lassen sich von den bei Gabelentz-Loebe 233 unter ‘Modalis’ beigebrachten Belegen am sichersten hierher- ziehen: es frauja gimands mahtai gudıskaı jah valdufnja bana galausidedi dass der Herr kommend mit göttlicher Macht und Gewalt ihn erlöse Skeir. I, c.; wunageın skalkınon and: Aarpeveww Luk. 1, 74. ALI. habe ich aus dem Anord. beige- bracht @ fellr austan um eitrdala saurum ok sverdum ein Fluss fliesst von Osten durch Giftthäler mit Schlamm und Schwertern Vol. 40. Aus Otfrid führt Erdmann 2, 248 an sie wuntun ernustin sie kehrten um mit Besorgnissen, in ernster Stimmung.

$ 106. Der Instrumentalis der dauernden Eigen- schaft (qualitatis).

Ein solcher scheint im Altindischen und Griechischen nicht vorhanden zu sein. Aus dem Avestischen lässt sich vielleicht anführen: yezi asti asa zrabwa wenn er bei rechtem Verstande ist vd. 13, 39 (falls überhaupt so zu lesen ist, vgl. Geldner,

$ 106.] Kap. VI. Der Instr. der dauernden Eigenschaft. 241

KZ. 25, 415). Es ist also wohl anzunehmen, dass dieser Typus sich erst in den Einzelsprachen entwickelt hat. Er liegt vor im Baltisch-Slavischen, Lateinischen, Germanischen. Im Li- tauischen bilden den Übergang vom Vorhergehenden Sätze wie der folgende: tal 3 tüjaü pasivadino keturis vyrus uirisz- toms akımis da liess sie sogleich vier Männer zu sich bringen mit verbundenen Augen, Schleicher 143. Daran schliessen sich als wirkliche Instr. qualitatis Ausdrücke wie merga tlgais plaukais ein Mädchen mit langen Haaren, Schleicher Gr. 269. Sätze aus dem Slavischen führt Miklosich 4, 725 an. Es gehören dahin aksl. Arotükü ı be-züloby bease ı recijq prostajqa mitis et innocens erat et sermone simplice; be nadürusü, plü- noma ocima er war roth mit vollen Augen; brovistü Crünama zentcama grossbrauig mit schwarzen Pupillen. Auch in dem von M. unter dem soziativen Instr. angeführten Satz i de na soni- miticht Clovekü necıstomi duchomi xal Tv &v TA ouvayuyfi aurav Avdpwros dv rveöparı axadapıw Mark. 1, 23 finde ich nicht einen Instr. der Begleitung (denn es handelt sich nicht um einen Menschen und einen Geist), sondern einen Instr. qual. Dieser ist freilich aus jenem entstanden, bezeichnet aber eine andere Stufe. Einige ähnliche Fälle aus anderen slavischen Sprachen s. bei Miklosich. Lateinisch. Die bei Ebrard 622 f. zusammengestellten Belege geben die Vermu- thung an die Hand, dass die Entwickelung auf zwei Wegen vor sich gegangen sei, und zwar erstens durch eine Verschie- bung der Beziehungen zwischen den Satztheilen. Ein Instr. der Begleitung ist zunächst nicht denkbar ohne ein Verbum (und zwar gewöhnlich eines der Bewegung). Wie man im Sanskrit sagt: ayam ta Emi tanva purästät ich gehe dir mit meinem Leibe voran, so heisst auch der lateinische Satz serpenrs immanı corpore incedit eigentlich: die Schlange geht mit ihrem furchtbaren Leibe einher. Da nun aber der Leib doch dauernd zu der Schlange gehört, so wird ımmani corpore (nach Art eines adjektivischen Kompositums) mit serpens vereinigt und dıe Gruppe von der Verbindung mit dem Verbum gelöst, z. B.

bei Lucretius 5, 33: usper acerba tuens immani corpore serpens. Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 16

242 Kap. VI. Der Instr. des Mittels u. der Raumerstreckung. [$ 106—108.

So erklären sich die zahlreichen alten und festen Gruppen wie forma eximia mulierem bei Plautus u. ähnl. Der andere Weg scheint der gewesen zu sein, dass an Stelle und in Nach- ahmung eines volleren Verbums das Verbum esse eintrat, z. B. bono anımo esse etwa nach bono anımo aggredi guten Muthes etwas unternehmen. Aus dem Germanischen ist zu erwähnen das Ahd. Erdmann 2, 248 bemerkt, dass bei Otfrid ein Dat.- Instr. bei sin auftritt, z. B. sint thie liuti missilih, fehemo muate die Menschen sind verschieden, von gemischter Gesinnung, sus missemo muate sint ubile joh guate. Auch ohne Verbum: thte rözagemo muate die Trauernden, nam Maria nardon filu diuren werdon von (mit) hohem Werthe.

$ 107. Der Instrumentalis des Mittels.

Ein Mittelgebiet bilden die Wendungen “mit einem Wagen fahren, mit einem Gespann fahren, auf einem Pferde reiten, mit einem Schiffe fahren”, Wendungen, in welchen der Begriff der Begleitung noch allenfalls gefunden werden kann. Belege aus den einzelnen Sprachen s. ALI. 57—58. Das Ge- biet des eigentlichen Instr. des Mittels ist unerschöpflich. Es gehören dahin: mit den Augen sehen, mit den Ohren hören, mit dem Munde essen, trinken, sprechen, mit den Füssen geben, stossen, mit der Hand fassen, geben, schlagen, mit einer Waffe schlagen, treffen, mit der Peitsche schlagen, antreiben, mit Würfeln, Ball spielen u. ähnl., mit einem Gewande bekleiden (got. Ave vasjaima ti repıßalwpeda Matth. 6, 31), mit Finsternis verhüllen, mit Gold, Blumen schmücken, mit Riemen fesseln, mit einer Flüssigkeit benetzen, mit Butter, Öl salben, mit Feuer verbrennen, mit einem Masse messen, durch Arzneien auf- richten, mit Liedern preisen, durch ein Opfer verehren u. ähnl., worüber ich ALI. einen Überblick gegeben habe. Natürlich können gelegentlich auch Personen als Werkzeuge aufgefasst werden. So heisst es z. B. aksl. lükomü rece dixit per interpretem (Miklosich 4, 693).

$ 108. Der Instr. der Raumerstreckung.

Arısch. SF. 5, 128 habe ich aus dem Veda Wendungen angeführt wie: dira yäntı sie gehen am Himmel hin, anta-

$ 108.) Kap. VI. Der Instr. der Raumerstreckung. 243

rıktena patati er fliegt durch die Luft u. ähnl. Bisweilen ist (wenn kein Verbum der Bewegung erscheint) der Instr. von einem Lok. nicht mehr zu unterscheiden: Afamedam anyad divy anyat die eine Kraft ist hier auf der Erde, die andere im Himmel RV. 1, 103, 1. Im der Prosa steht dieser Instr. ständig bei den Wörtern für Pfad und Thür, z. B.: anyena pathä nayati er führt auf einem anderen Pfade SB. 13, 2, 3, 2; agnina ha sa brakmand dvarena prati padyat? durch Agnı als das Thor des Brahman tritt er herein SB. 11, 4, 4, 2. Im Avesta liegt dieser letztere Gebrauch ebenfalls vor: yör papa usbarente wenn die auf der Strasse herausgetragen werden vd. 8, 14. Einige Stellen aus dem Altp., welche Spiegel, Gr. 426 anführt, zeigen den lokativischen Gebrauch, wie wir ihn gelegentlich auch im Veda gefunden haben. (Dagegen kann ich in einigen Stellen, die er zu dem gleichen Zwecke aus dem Avesta beibringt, nur den Instr. des Mittels erkennen. Wegen vd. 2, 86 (29) vgl. Geldner, KZ. 25, 189). Im Litauischen findet sich dieser Instr. bei dem Worte für “Weg’, z. B. Akad ji jotu vis keliü dass sie immer die Strasse entlang reiten solle, Schleicher Leseb. 134, üsz keleivelis keliü keliavat ich Wanderer zog meine Strasse 43, ebenso keliu eiti, vazrüti und Ag vestt. Aber auch bei anderen Substantiven, 2. B. motüszes laukl vazıävom szalimis 7070 baltı brolekai wir fuhren auf der Flur der Mutter, zu den Seiten ntten die weissen Brüder, Schl. 22, jüremis begti auf dem Meere (über das Meer hin) fahren, äsz pajuremis kai vaziavall als ich den Meeresstrand entlang fuhr, Schl. 146, kalnatis nü- giniau kalnais pafginiau ıch jagte es aus über die Berge, ich jagte es über die Berge hin heim (vgl. Schleicher, Gr. 268, Kurschat 383). Das Slavische behandelt Mıiklosich 4, 683 ff. Im Aksl. treten, wie in der altindischen Prosa, die Wörter “Weg’ und “Thür” beherrschend hervor, z. B. sächozdaase patimi temi arzdaıvev &v 9 60@ Exetvg Luk. 10, 31; ne vüchodejt dvirimi vu dvorü ovieij? 6 mn eloepyöpevos da Tis düpas el; Try adANv Tv rpoßatuv Joh. 10, 1. Doch kommen auch gora Berg, morje Meer u. ähnl. häufig genug vor. Ebenso im Serbischen (Danitıc 553), 2. B. tri putnika putem putovase drei Wanderer wanderten auf 16*

244 Kap. VI. Der Instr. der Raumerstreckung. [$ 108.

dem Wege; otidose poljem Sirokijem sie gingen weg über das weite Feld; pa% otide morem trgovatı da ging er über das Meer, um zu handeln; iice nebom lete Vögel fliegen am Himmel (vgl. ai. diva yäntı); da idemo njegovijem tragom damit wir auf seiner Spur wandeln. Aus dem älteren Russisch führt Buslajev 261 an: :idi? pulemü, dorogoyu auf dem Wege, goroyu auf dem Berge, /&somü durch den Wald, beregomü am Ufer, negoiovami dorogami pobegosa sie eilten auf ungebahnten Wegen herbei (Igor) u. ähnl. Von den Verben der Bewegung aus hat sich dieser Instr. weiter verbreitet, z. B. aksl. dviricamt sümostraachq dolu sie blickten durch die Fenster herab; serb. ı pogleda poljem Kosovijem und blickt über das Amselfeld hin; kad su bili poljem Sirokijem als sie auf dem breiten Felde waren; kad bjese gorom zelenom als sie auf dem grünen Berge waren; russ. selü burlakü na rodinu, da dorogoj-to ı ischarcäslä vse zarabotannyja denigg es ging ein B. in die Heimath, aber unterwegs verbrauchte er alle erarbeiteten Gelder (As- böth 15). Lateinisch. Es dürften hierher gehören, die von mir ALI. 54 beigebrachten Fälle, von denen Draeger 1, 483 bemerkt, dass mit dem Ablativ der Weg gemeint sei, über den sich die Bewegung erstreckt, z. B. ire publica via (Plautus), Aurelia via profectus est (Cicero), omnıbus vuls semilisque esse- darsos ex stlvis emittebat; ut jugis (über die Berge hin) Octo- gesam perveniret; his pontibus (über diese Brücken hin) padu- latum mittebat (Caesar). Auch porta durch das Thor liegt vor, z. B. qua tu porta introseris (Cicero). Aus dem Griechischen lässt sich etwa hierherziehen, was Krüger 46, 5, 3 aus Thuky- dides anführt: &ropedero 75 669 Av autos &rovroaro. Aus dem Germanischen führe ich zweifelnd einige Spuren an, die sich bei Otfrid finden. Erdmann 2, 242 bringt ein vereinzeltes gangan pedin auf den Pfaden gehen bei. Ferner steht Otfr. V, 12, 13: uuto er selbo quami thaz ist seltsani bisparten duron thara zit in, ioh stuant thar mitten unlar in, wobei bisparten duron doch nur heissen kann “durch die verschlossene Thür”. Ich bin geneigt, in diesen Stellen etwas Alterthümliches zu sehen, weil es gerade die beiden Wörter ‘Weg’ und ‘Thür’

ne

$ 108— 109.) Kap. VI. Der Instr. der Zeiterstreckung. 245

sind, um die es sich handelt. Der überlieferte Instr. dieser Wörter ist im Germanischen bei “Weg’ durch den Akk., bei ‘Thür’ durch Präpositionen verdrängt worden.

$ 109. Der Instr. der Zeiterstreckung.

Arisch (vgl. Gaedicke 179 ff.) Als Belege mögen die- nen: ai. s& nah k$apäabhir dhabhi3 ca jinvatu er erquicke uns die Nächte und die Tage hindurch RV. 4,53, 7. In der Prosa ist dieser Gebrauch selten. Der Unterschied gegen den Akk. tritt nicht überall deutlich hervor. Im Avesta habe ich nichts gefunden, ausser etwa braosta z$afno prityayä mit dem Ende (am Ende) der dritten Nacht yt. 5, 62 und sonst!). Da- gegen gehört hierher eine altpersische Datierungsweise, welche von Spiegel, Gr. 426 richtig erklärt worden ist: viyakınahya mähya 14 raucab:$ mit vierzehn Tagen des Monats V., d.h.am vierzehnten (dagegen mit Akk.: garmapadahya mähya 1 rauca den ersten Tag des Monats G., wo also, wie es scheint, 1 als Ordinalzahl zu nehmen ist.) Im Baltıisch-Slavischen hat sich wie im Arischen der Instr. früh von den Verben der Be- wegung emanzipiert. Beispiele aus dem Litauischen sind: kitais metais rugiai anksczaüs nunokdavo während anderer Jahre pflegte der Roggen früher zu reifen; rytmeczais morgens, va- kerais abends, naktimis, naktims nachts, petumis mittags, czesl zur gelegenen Zeit (vgl. Schleicher, Gr. 268). Das Slavische s. Miklosich 4, 687, z. B. aksl. trimi dinimi sozüdati jq bıa mov Ypepmv olxodoproaı aurdv Matth. 26, 61; ofüvede voyiny roSitjg noctu milites abduxit. Serb. (Danicie 555) dnevi lee a nocu putuju bei Tage ruhn sie und bei Nacht wandern sie, Jutrom morgens, vecerom abends, zimom im Winter, Atom im Sommer. Russisch: Archangelskoj gorodü drevjanno) odnimü godomü postavili die hölzerne Stadt Archangel baute man in einem Jahre (Karamzın), 5a vol 8007 (domü) dostroyilü simi dnjami ich baute mein Haus in diesen Tagen (Krylov), aber veraltet nach Busla- jev261,cölymi Casami sidelü silino zadumeivymü i grustnymü ganze Stunden lang sass er sehr gedankenvoll und traurig da (Äsböth

1) vispa ayare, was Justi unter ayare anführt, ist Akk. pl. neutr.

246 Kap. VI. Der Instr. bei zusammen sein. [$ 109—110.

23), prosiymü godomü oslepla im Laufe des vergangenen Jahres erblindete ich (Äsböth 16). Ganz geläufig sind im Russ. die Instr. dnemü am Tage, nociyu in der Nacht, uiromü am Mor- gen, veceromü am Abend, vesnoju ım Frühling, leiom&i im Som- mer, oseniju im Herbst, zimojw im Winter. Im Lateinischen kann man zweifelhaft sein. Doch sind wohl Wendungen wie qui viginti annis errans a palria abfuit als Fortsetzer des alten Instr. aufzufassen. Im Griechischen scheint ypdvp mit dem Zeitverlauf hierher zu gehören, das Krüger aus Pindar, Euripi- des, Aristophanes, Thukydides belegt, z.B. } prv cd Touroıs tw Xpovw nor aydessı Wolken 865. Auch können unter den Stel- len, die man dem lokalen Dativ zuzuweisen pflegt, wohl noch einige stecken, die eigentlich alte Instr. enthalten, z. B. vuxtt don@cs ielsıv die Nacht durch sollst du in gleicher Weise fahren 0 34; pnvl 6 ap oDAp Ravra neproanev EUpka TOvtov w 118. Im Germanischen ist ebenso wenig sicher zu ent- scheiden, ob Lok. oder Instr. vorliegt. Ausdrücke wie altn. nöottum die Nächte über, Dar at vera beim stundum sem hann vildı dort zu bleiben, so lange er wolle Gunnl.5 könnten wohl Instr. sein.

$ 110. Zusammensein und zusammenkommen (freundlich und feindlich), vermischen, trennen.

Aus dem Arischen sind etwa anzuführen aı. sac (z. B. vifnuna, prajdya mit Kindern, Kinder bekommen), ebenso av. hac: yehya urva a$a hacaitt dessen Seele mit A. zusammen ist y. 34, 2 und sonst. Dazu aus dem Ai. yat sich verbinden, wetteifern, yuy sich verbinden, Arid spielen (z. B. putraik mit Kindern) u.a. m., vgl. SF. 5, 131. Verba des Kämpfens sind ai. spardh, has, yudh, z.B. pita putröna yuyudhe der Vater kämpfte mit dem Sohne (gegen ihn) SB. 4,1, 5, 3. Für ‘mischen’ führe ich an av. gava iristahe des mit Milch gemischten y. 10,13. Aus dem Slavischen kann man hierher rechnen: sich beweiben mit: aksl. Jako o2ent se jejq oTı aurmv &ydpıcev Mark. 6, 17; serb. mene babo ne de ozenili ni djevojkom ni pak udovicom der Vater will mich nicht verheirathen, nicht mit einem Mädchen, auch nicht mit einer Wittwe. Auch

$ 110.) Kap. VI. Der Instr. bei zusammen sein. 247

vjeriti se ach verloben (Danicie 563). Ferner tgrati spielen (vgl. al. krid), z.B. aksl. da ne nacngti tobojq best igrati dass die Teufel nicht anfangen mit dir zu spielen (Miklosisch 4, 701); serb. dyje se munja gromom igra a jJavore Jabucicom mladı Jovo djecojeicom wo der Blitz mit dem Donner spielte und der Ahorn mit dem Apfelbaum, der junge J. mit dem Mägdlein. Der Gegenstand, mit dem man spielt, kann auch der sein, um den man spielt: da se glavama ne igrayu dass sie nicht um die Köpfe spielen (Danitie 564); russ. sudiba igrajetü Yudimı das Schieksal spielt mit den Menschen. Als Beleg für "kämpfen’ führt Miklosich 4, 723 an: angelomi retiti cum angelo rixatur, für ‘mischen’: kümotrami svojimi ne sümesati se cum matrinis sus non commisceri. Im Lateinischen hat segw nur noch den Akk. wie ai. sac in der Prosa. Bei ‘kämpfen’ findet sich wohl nur noch der Instr. mit Präpos. Dagegen erscheint bei miscere (vgl. ai. mißräd gemischt) noch der instrumentale Abl. (vgl. Ebrard 26). Im Griechischen und Germanischen, wo der Instr. mit dem Dativ zusammengeflossen ist, kann man mehrfach zweifeln, ob der eine oder der andere der bei- den Kasus vorliegt. Die aus dem homerischen Griechisch davon in betracht kommenden Verba sind bei Walther 17 ff. aufgezählt. Es sind öpıA&w in feindlichem und freundlichem Sinne, z. B. vor piv 2vdad opıÄdonev Aavaoısı A 523, xal 6 Ev proripow Öpileı B 21; [ornötw nur B 184, Q 368 mit ot und ror, sonst Apa]; &rarptscaı sich freundlich erweisen, avöpl 2 335; payopaı, päpvapaı, moleullw zZ. B. Tpwat; Epliw z. B. Pasanı A 277; minutllopaı, aAdyoıcı D 499. Zweifelhaft ist xat "Extopı reıpndnivar aveßlnv & 225. Es kann an Dativ, sogar an Lok. gedacht werden. Über piyvopı handelt ausführ- lich Walther 18. Deutlich ist der Instr. bei xuxaw, so: &v Ö& oyıy Tup6yv Te “al Alyıra xat yelı yAmpöv olvp Ilpapvelp Exuxa x234. Aus dem Germanischen kommen in Frage got. ga- vadjon verloben, liugan heirathen (von der Frau), blandan ver- mischen mit, (horam rxöpvors), gahorinon huren mit, sämmt- lich mit Dativ der Person, welcher Instr. sein kann (die Belege bei Gabelentz-Loebe 221). Auch bei gasıbjon sich

248 Kap. VJ. Der Instr. bei trennen, machen. [8 110—111.

versöhnen (broßr seinamma Matth. 5, 24) ist vielleicht Instr. anzunehmen. j

An die Verba des Zusammenseins schliessen sich einige Verba des Trennens im Arischen und Slavischen. Im Ai. sind es wesentlich solche, welche mit ri zusammengesetzt sind. Ich halte es, wie ich SF. 5, 132 auseinandergesetzt habe, für wahrscheinlich, dass diese Verba in gegensätzlicher Anleh- nung an die mit sdm zusammengesetzten ihre Konstruktion er- halten haben. Ein Beispiel ist: stridhir vya vartatö er wendet sich von den Weibern ab MS. 3, 6, 3 (63, 13). Im Av. dürfte dasselbe vorliegen bei vi-bar fern halten y. 9, 28. Nicht ganz deutlich ist mir die Konstruktion von vi-mru y. 12,4 (vgl. Geldner, Studien 133). Danach dürfte dieselbe Entstehung für die slavischen mit raz- zusammengesetzten Verba anzu- nehmen sein (Miklosich 4, 723), z. B. aksl. staroyu ne raspustivi sja ohne sich von der Alten zu trennen, serb. sestrice bradom rastavio er trennte die Schwestern von den Brüdern.

$ 111. Machen, verfahren mit, herrschen über.

Bei ai. Aar machen steht ein Instrumentalis, z. B. Am hi sd täir grhaih kuryad yün antaratö nd vyavavidyat denn was könnte er mit einem Hause machen, welches er von innen nicht erkennen könnte SB. 1,6, 1,19. An diese Ausdrucks- weise mit kar schliesst sich arthö bharatı es ist ein Geschäft mit etwas, opus est alıqua re, 2. B. yarhi vo mayarthö bhavıla wenn ihr meiner bedürfen werdet AB. i, 27, 1. Hierher scheint mir auch der Abl. bei lat. facio zu gehören, z.B. nescit quid ‚Jaciat auro bei Plautus (Weiteres bei Ebrard 588). Vergleichbar ist ausserdem etwa serb. sich beschäftigen mit: zabavlya se svako- Jakim bespoclicama er beschäftigt sich mit allerlei Spielereien (Daniti& 564). Herrschen. Ein Instr. bei herrschen liegt sicher vor im Altindischen und Lateinischen bei patye, potsor, worin man ein altes Denominativ von idg. pöli Herr sieht. Über die Konstruktion von ai. pätys habe ich SF. 5, 133 be- merkt: “Verfügen über (eig. Herr sein vermittelst): patyate hat im Veda in diesem Sinne meist den Akk. bei sich, aber auch den Instr., z. B. indrö viSvair viryaih patydmänah Indra,

$ 111—112.] Kap. VJ. Der Instr. bei herrschen, kaufen. 249

der über alle Heldenkräfte verfügt RV. 3, 54, 15. Mit Lok. heisst es theilnehmen an, mit Dat. dienen zu”. Danach dürfte bei pottor der Instr. nicht moderner sein, als der Akk. (Langen in Wölfflin’s Archiv 3, 335), sondern beide Verbindungen aus der Urzeit stammen. Das Aktivum dürfte eine speziell latei- nische (oder italische) Neubildung sein. Sodann ist dieser Instr. sicher vorhanden im Slavischen (Miklosich 4, 700) z. B. vlastı Syrijeya apyew ns Zuplas Luk. 2,2, Jezyky äpyeıv tav &dvav Mark. 10, 42. So auch im Serbischen (Danıti€ 566), z. B. vladatı Srbijom über Serbien, sriyetom über die Welt, muZem über den Ehemann. Daran schliesst sich’odladatt erobern, z. B. Srbijom, upravıti regieren, zZ. B. upravio kao hayduk kucom er hat wie ein Räuber das Haus regiert, suditt richten, z.B. zemljom über das Land. Übrigens kommt im Slavischen bei diesen Wör- tern auch der Dativ vor (vgl. $ 133). Im Griechischen lässt sich nicht entscheiden, ob der Instr. oder der Dativ oder etwa der Lokalis vorliegt (s. bei dem Dativ $ 133). Innerhalb des Germanischen liegt der Intrumentalis vor im Angel- sächsischen in Wendungen wie Py rice redan das Reich regie- ren, fy vange vealdan über das Gefilde gebieten, regieren (Kress 17). Und daher liegt es denn nahe, den instrumen- talen Datıv auch in vätrum vealdan über das Wasser herr- schen u. 8. w. zu vermuthen. Es lässt sich aber mit Bestimmt- heit nichts behaupten, weil auch der echte Dativ vorliegen kann. Die gotischen Wörter, welche herrschen’ bedeuten, wie reikinon, biudinon u. a. sind von Köhler 16 behandelt worden, der aber in seiner Polemik gegen die Annahme des Instr. fehlgeht.

$ 112. Kaufen.

Im Altindischen Ari, z. B. ka imam da$abhir mämen- dram krinati dhenubhih wer kauft diesen meinen Indra für zehn Kühe? RV.4, 24, 10 (Weiteres SF. 5, 134). Nach Schleicher 268 sagt man im Litauischen Aeturiais duksinais nusipirkti um vier Gulden kaufen, was Kurschat 382 anzweifelt. Im Slavischen ebenso (Miklosich 4, 690), z. B. aksl. ne petit h pticu venitü se penezema düvema oöyl revre orpoußla

250 Kap. VI. Der Instr. bei trinken, füllen. [($ 112—114.

rwieitaı GAocapiwv Öbo Luk. 12, 6, serb. platiti bezahlen [glavom svojom mit seinem Kopfe, Danilie 562). Im Latei- nischen viliosa nuce emere, vendere pretio suo, ventbunt prae- sent! pecunia bei Plautus. Dieser Instr. pretii ist früh auch mit anderen Verben und auch mit adjektivischen Ausdrücken verbunden worden, so nauco ducere bei Naevius, Alocco habere bei Plautus, asse carum est bei Cato (Draeger 525); siagre mit Instr. heisst eigentlich: für Jemanden dastehen, ihm zur Ver- fügung stehen für einen Preis. Im Griechischen und Ger- manischen steckt der Instr. im Dativ, bei Homer &xprayınv (xreatescw), olvilopar (ax u. 8. w.). Im Got. niu tvai spar- vans assarjau bugjanda ouyt 800 stpoußta Aosaplou nwieitaı Matth. 10, 29. Wie ım Lat. hat sich dieser Instr. auch im Got. eman- zipiert: lvaım hundam skatte hlaibos ni ganohati sind baim dra- xoslwv Önvaplov Aptor oux Apxodcıv aurois Joh. 6, 7. Die Form des Instrumentalis liegt noch vor im Alts.: dröru gıköpot mit dem Blute (des Herrn) erworben, Heliand 5155.

$ 113. Trinken mit dem Instr. des Gefässes: ai. mrn- maäyena nd pibet mit (aus) einem hölzernen Gefässe soll er nicht trinken MS. 2, 5, 9 (60, 3), serb. ptije Turcin vino kondijerom der Türke trınkt Wein mit dem Becher (Danıtie 556). Der- selbe Kasus kann in lateinischen Wendungen vorliegen, wie: bibere da usque plenis cantharis (Plautus), poclo bibo eodem (Lucilius) bei Ebrard 586. Es kann aber auch der Abla- tiv sein.

$ 114. Füllen und Verwandtes. Bei ‘füllen’ findet sich seit der Urzeit der Gen., in welchen die Masse tritt, von der zum Zweck des Füllens genommen wird, und der Instr., welcher die Masse bezeichnet, durch welche die Füllung voll- zogen wird. In den meisten Sprachen sind beide Verbindungen geblieben. Doch ist im Lateinischen der Gen., im Germani- schen der Instr. fast ganz oder in sehr beträchtlichem Masse verdrängt woıden.

Über das altindische par habe ich SF. 5, 133 bemerkt: ‘par füllen hat im RV. den Instr. desjenigen, was anfüllt und den Akk. desjenigen, was man anfüllt bei sich, z. B. & yah

$ 114.) Kap. VI. Der Instr. bei füllen. 251

sömena jathäram äpiprata der seinen Leib mit Soma anfüllte RV. 5, 34, 2. Wenn es ‘zufüllen, in Fülle geben’ bedeutet, so steht dabei ein partitiver Gen., z. B. rayas pürdhi schenke des Reichthums. Vereinzelt steht der Gen. auch im ersterwähnten Falle: sömasya dasrä jathäram prnetham füllt euren Leib, ihr wunderbaren, mit Soma 6, 69, 7. In Prosa, wo nur püräyatı und pürydie vorkommt, finde ich den Instr., z. B. TS. 5, 2, 9, 1: sikatäbhih pürayati er füllt mit Sandkörnern (nämlich die ukha) und gleich nachher dadhna madhumisrena pürayati er füllt mit saurer Milch, welche mit Honig gemischt ist. Dagegen in der entsprechenden Stelle der MS. (3, 2, 7) heisst es: stkatabhth pürayitavya sie ist mit Sandkörnern anzufüllen, aber gleich darauf: dadhnah, ghrtäsya, mädhöh. Es scheint, dass man die Flüsıgkeiten Milch, Butter, Honig als ein [theilbares]} Ganzes ansieht, mehr als die sikatäs, und dass man deshalb bei den ersteren den partitiven Kasus setzen konnte. Das Part. pürna voll scheint mit dem Instr. verbunden zu werden, wenn der Charakter als Part. noch deutlich hervortritt, das Adj. mit dem Gen., z. B. juhüm ghrtena pürnam dakfine panao ü dadhäti er thut einen Löffel, der mit Butter angefüllt worden ist, auf die rechte Hand SB. 12, 5, 2, 7, dagegen: die Adern sind löhltasya pürnah voll von rother Flüssigkeit SB. 14, 7, 1,20.” Im Ave- stischen scheint die entsprechende Verbindung nicht vorzu- hegen. Im Altkirchenslavischen steht im cod. Mar. bei isplünsti erfüllen der Instr. in isplüni se duchomi svelymü &:.Inodr, mveöpatos dytov Luk. 1, 67 und 1, 41 (dagegen der Gen. 1, 15), und tsplünıse se strachomi &rihodnsav addou 5, 26, und nach Miklosich 4, 690 bei nasypati. Den Instr. bei ‘füllen’ im Serbi- schen s. Daniti€ 562. Im Lateinischen überwiegt der Instr., doch ist nach dem bei dem Gen. Bemerkten anzunehmen, dass auch ımpleto aquae purae bei Cato (Schmalz ? $ 100) auf uralter Überlieferung beruht. Im Griechischen scheint Homer den Instr. bei riurArpı nicht zu kennen (TI 373 ‘sie füllten unter Geschrei’), später kommt der Instr. vor, so: S&axphorsı yap 'EA- Iad’ anacav Znince Furipides Or. 1363. Innerhalb des Ger- manischen erscheint der Instr. im Ags., z. B. tudre eordan

252 Kap. VI. Der Instr. bei sich erfreuen. [$ 114—115.

fyllan die Erde mit Nachkommenschaft füllen (s. Grein, Glossar), und im Altn.

An ‘füllen’ schliesse ich noch einige Verba des Sättigens und des Überflusses, z. B. griech. &w: &o&uev &v Tpoln Taydas xövas apyirı önuem A 818 und xopdwvupı: xopdsı xüvac 76 olmvous önun xal odpxeocoıv 8 379. In beiden Versen tritt der Gedanke des Aufzehrens einer Masse hervor, während der Gen. partı- tiven Charakter hat. Zu den Verben des Überflusses sind aus Homer etwa Bpiw und Bpidw zu zählen, aus dem Lateini- schen die bekannten verba copiae (während die verba in- opiae den Ablativ bei sich haben). So hat adundare durch etwas überfliessen, fast ausschliesslich den Instr. (kaum den Gen.). Weiteres bei Ebrard 637.

$ 115. Sich erfreuen, geniessen, leben von.

Hinsichtlich des Altindischen habe ıch SF. 5, 132 be- merkt, dass im RV. zwei Verba vorhanden sind, welche den Gegenstand, durch welchen die Freude verursacht wird, ım Instr. haben, den Gegenstand, bei dem oder an dem sie sich äussert im Lok., den Gegenstand, dem etwas abgenossen wird, im Gen., nämlich Aar und mad. Mit Instr. werden. ım Veda verbunden uc, tu$, mah, har$, im Veda und in der Prosa nand, mud, bhuj (über dieses letztere s. beim Lateinischen). Ein Ver- bum, tarp (teEpropar) hat im RV. den Gen., in der Prosa den Gen. (z. B. annasya trpyati er erquickt sich an der Speise), oder, wo ein partitiver Gen. nicht am Platze ist, den Instr.: /rpyati prajaya paßübhih er hat Freude durch Kinder und Heerden, an ihnen. Bei jiv leben, kommt in der Prosa ein Instr. vor: yaya manusy& Jjivanti (die Kuh) die das Nahrungsmittel der Menschen ıst. Aus dem Baltisch-Slavıschen habe ich nur ganz wenig Vergleichbares angemerkt, aus dem Litauischen Sätze wie: dede pasiger&jo tais varkäczais der Ohm hatte sein Wohlgefallen an den Jungen (Schleicher, Les. 126), @sz dzau- grüs tüm arkliu ich freue mich über das Pferd (nach Kur- schat unter ‘freuen’ gew. pe? {4 ärkli), aus dem Slavischen den Instr. bei “zufrieden sein’: divtlini badete obroky vasımı apxeiode Tois öbwvlors Luk. 3, 14. Dem Instr. bei ai. jiv

$ 115.) Kap. VL Der Instr. bei geniessen. 253

leben entspricht serb. ntko ne zivi ontjem $to je suoise bogat niemand lebt davon, dass er übermässig reich ist Luk. 12, 15. Aus dem Lateinischen kommen in betracht einige Verba des Freuens wie delecto (Ebrard 639) und ausserdem fungor, utor, vescor. Fungor ist gleich ai. bAuy, über das ich SF. 5, 132 bemerkt habe: “Gebräuchlich ist 5Auy geniessen m. (das a. ist wohl eine Neubildung). Im Veda steht der Instr. bei den Be- griffen Hilfe, Kühe (durch deren Wiedergewinnung man Freude hat, Heilmittel und ähnl. In Prosa sagt man: yuktena bhu- naja ich will mich des angeschirrten Thieres bedienen, Vor- theil davon haben SB. 9, 4, 2, 11, ürja bhufjats man gebraucht seine Kraft TS. 6, 1, 3, 4, dann auch: dnnena Speise TS. 6, 2, 5, 4” Die Konstruktion mit dem Akk. gehört der späteren Sprache an. Umgekehrt wird fungor in der älteren Sprache fast nur mit dem Akk., später mit dem Instr. verbunden. Ich halte beide Konstruktionen für proethnisch. Dasselbe dürfte von fruor gelten, welches im alten Lat. beide Verbindungen aufweist. Das deutsche brauchen hat den Gen. Was utor be- tnfft, so meint Langen in Wölfflin’s Archiv 3, 331, Plautus habe in der Umgangssprache seiner Zeit wohl nur die Konstruktion des Nomens im Ablativ vorgefunden. Erst bei dem Pronomen habe sich die Konstr. mit dem Akk. entwickelt. Da das ent- sprechende ai. av Freude haben, sich gütlich thun, sich sättigen an etwas, im intransitiven Gebrauch nur mit dem Lok. des Gegenstandes verbunden wird, an dem man sich gütlich thut, so ist von da aus keine Aufklärung über die Akkusativkon- struktion zu holen. Man kann auch zweifeln, ob der Kasus bei wor nicht wie bei av der Lok. sei, indessen werden die Römer doch wohl bei ufor!) denselben Kasus wie bei fungor empfunden haben, und bei Verben des Freuens sind ja von alters her sowohl Instr. als Lok. im Gebrauch gewesen. Der

1) An «tor schliesst sich mit Beibehaltung der verbalen Konstruktion das Subst. usus, x. B. speculo es usus est bei Plautus, und nach usus est hat sich nach F. Schöll’s Meinung (Archiv 2, 207 ff.) opus est gerichtet. Un- möglich wäre es fteilich auch nicht, dass opus selbständig zu einer Ver- bindung mit dem Instr. gekommen wäre, wie ai. driha; s. oben 8. 248.

254 Kap. VI. Der Instr. bei freuen. vertrauen. [$ 115—116.

Kasus bei vescor ist natürlich Instrumentalis. Mit dem Instr. bei ai. jiv vergleicht sich suo vivito in den zwölf Tafeln, cıs victitamus aridis bei Plautus (Ebrard 640). Da im Griechi- schen und Germanischen der Instr. und Lok. zusammen- fallen, habe ich es früher (ALI. 38) für zweifelhaft gehalten, welcher Kasus in diesen Sprachen bei den Verben des Freuens anzuerkennen sei. Jetzt bin ich der Meinung, dass man mit grösserer Wahrscheinlichkeit den Instr. als den Lok: anzuneh- men habe, theils wegen der Häufigkeit des Instr. im Altindi- schen, theils weil in den slavischen Sprachen ein Lok. bei diesen Verben überhaupt nicht vorzuliegen scheint. Aus dem homerischen Griechisch kommen in betracht repronar (reosoist, Höppiyyı, Adyoıs, datt, xrrpacı u. 8. w., vgl. Walther 50). Für die Annahme des Lok. schien mir früher namentlich in’s Gewicht zu fallen tsrapzöpevos Texgsscrv xoupıöty T AaAdyw & 244, indessen wird ja ai. tarp auch mit prayaya verbunden. Bei yaipw finden sich gewöhnlich nicht-persönliche Begriffe (vixn, Spvißdt, areatessıw, ouldartı u. 8. w.), bei denen die An- nahme des Instr. natürlich ist, danach auch AvtuXdyp W 556, avöpf y 52. Auch bei yatlw (xuöei) und ayaklopaı (Inrorory xat oysapıy, vruatv, oVpW, TTepuyscarv, roA&uw) scheint der Instr. der natürliche Kasus zu sein. Dem lat. «for entspricht der Kon- struktion nach xeyprpar: opeot yap xeypnt' Aayadyoı x 398, vgl. x 266, & 421. Wie bei 5730 erscheint der Instr. auch bei Caw, so xapnois bei Demosthenes. Im Germanischen ist ebenso wenig wie im Griechischen eine sichere Entscheidung zu treffen. Der sog. Instr. liegt vor im ags. Py edleäne ge- ‚feohan sich der Vergeltung erfreuen Gen. 1523. Im übrigen vgl. ALI. 39, Erdmann 2, 206.

An sich wäre es auch möglich, im Griech. und Germ. den reinen Dativ anzunehmen, der im Slavischen ebenfalls vorkommt. Doch scheint mir dieser Gebrauch nicht alter- thümlıch.

$ 116. Vertrauen auf und einige andere Verba der Ge- müthsbewegung.

Im Slavischen und Litauischen findet sich ein Instr.

$ 116.) Kap. VI. Der Instr. bei sich rühmen, betrübt sein. 255

bei vertrauen, vgl. aksl. voyini püvaje svojejq sılojg miles suis vinibus fidens (Miklosich 4, 718, im cod. Mar. kommt upüvaltı nur mit na vor, dagegen findet sich im Ostrom. ev. opüvajusciimü sobojg Tods reroddtas &o £aurois Luk. 18, 9), lit. nusitiketis devu auf Gott vertrauen. Andererseits findet sich im klassi- schen Sanskrit vi-Sras vertrauen mit dem Lok. der Person oder Sache, auf die man vertraut. Der ursprüngliche Sınn kann kein anderer sein, als ‘aufathmen bei jemand’. Danach muss es ım Lateinischen zweifelhaft bleiben, ob wir bei fretus den Instr. oder Lok. anzunehmen haben (vgl. ALI. 35). Bei ‚fido, conffdo (welche den Dativ persönlicher und den Ablativ sächlicher Begriffe bei sich haben) möchte ich in dem Abl. den alten Instrumentalis erblicken. Im Griechischen und Ger- manischen liegt die Frage noch schwieriger, weil neben dem Instr. und Lok. auch noch der Dativ in Frage kommt. Ich weiss eine irgendwie sichere Entscheidung nicht zu treffen (vgl. wegen des Griech. noch Walther 49).

An die Verba des Freuens und Vertrauens schliesse ich noch einige von naheliegender Bedeutung. Sich rühmen und sich schämen: serb. (Danitie 565): tiyem du se hvaliti a sobom se ne du hvalıtı dessen will ich mich rühmen, aber meiner selbst will ich mich nicht rühmen 2. Kor. 12, 5; cim se koza diäila tım se ovca sramila worauf die Ziege stolz war, dessen schämte sich das Schaf; ja se ne du zastiditi njome ich werde mich Ihrer nicht schämen. So mag denn auch bei ags. gılpan der Instr. anzunehmen sein, z. B. fyrdgesteallum der Kampfgenossen [Beov., daneben Gen., z. B. mordres). Bei got. skaman sık steht der Gen. Betrübt sein über, sich Sorge machen: araytsdar yrpai T 335, aydonevnv oßövysı E 354, 05 xredtes- ev vreporalws avıalsı 2 300. Dazu slavische Wörter, in welchen mehr die Nuance des Sorgens für etwas hervor- tntt, z. B. aksl. pesti se, z. B. ne pcete se dusejq vaseja Cto Jaste m telomi vi Cüto oblecete se per, nepıpväare 7% duyy pay Tl payııze, uröe zo owpartı ti &vößonsde Luk. 12, 22. Serbisch: (Danitic 564) bog se brine sirotama Gott nımmt sich der Waisen an, ne stara) se jelom ved trbuhom kümmere dich nicht um die

256 Kap. VI. DerlInstr. bei lachen ete. Der ausmalende Instr. [$ 116 —118.

Speise, sondern um den Bauch. Danach kommt auch misät: se denken an etwas, mit Instr. vor.

$ 117. Es folgen noch einige bemerkenswerthe sla- vische Verba. Lachen über: aksl. smiyati se yeläv, xara- xeläv scheint mit dem Dativ verbunden zu werden, serb. smijat: se mit Dativ und Instr., z. B. ko se moZe ovtjem smijati wer kann hierüber lachen? (Danicic 565), russ. smejatisja mit Dat., nad, aber auch Instr., z. B. mnoy über mich (Äsböth 13). Einen Instr. bei aksl. rqgati se spotten führt Miklosich im Gl. s. v. an: rugajefi se nami £pralleı Auiv, ebenso serb. ne du da se mnome rugaju neprijatelji ich will nicht, dass meiner die Feinde spotten; ebenso serb. drukati se: $to se starcem bru- kalte was spottet ihr über den Alten? Vermuthlich sind diese Verba an ‘spielen’, ‘sein Spiel treiben’ anzuschliessen, das oben $110 behandelt worden ist. Beschwören, schwören: aksl. Alets se nebomi dydoaı Ev to oöpavp Matth. 5, 34; serb. kunem ti se 3 bogom i ujergm ich schwöre bei Gott und dem Glauben, zakle je nebom i zemljom er beschwor es bei (durch) Himmel und Erde (Danicie 563); russ. Alyastisj7a nebom i zem- l!ejyu Himmel und Erde anrufen, Aljanusi bogomü ich schwöre bei Gott. Riechen nach etwas: aksl. grojemi vonjat: riecht nach Fäulnis (Miklosich Gl. s. v.); serb. nt Zuk jeo lukom vonjao er hat nicht Lauch gegessen und nicht nach Lauch gerochen (Danicie 567), russ. vonjyati. Ebenso aksl. smrüdet:, z. B. venomi nach Wein, serb. smradt gospostvom er stinkt nach Herrenthum, russ. dymomü pachnulo es hat nach Rauch gerochen (Puschkin).

$ 118. Der ausmalende Instrumentalis.

In mehreren Sprachen findet sich ein zu einem Verbum hinzutretender gleichstämmiger Instrumentalis, den man mit dem Akk. des Inhalts in Parallele gesetzt hat. Man könnte ihn den ausmalenden nennen. Dahin gehören aus dem Avesti- sehen yavala gaya Joava so lange wir das Leben (eig. mit dem Leben) leben yt. 15, 40, vgl. Hübschmann 260. Aus dem Litauischen smerczu numifti des Todes sterben, z. B. trımis smefczars dsz negalu mifti einen dreifachen Tod kann ich nicht

$118—119.] Kap.VI. DerInstr. beiregnen, schnauben, speien, schwitzen. 257

sterben, Schleicher Les. 133, dıdiu’dzaugsmü dzaügtis eine grosse Freude haben, bei Schleicher 268 (nach Kurschat 383 auf diese Wendungen beschränkt). Häufig im Slavischen (Miklosich 4, 713ff.), z. B. aksl. slünice tecetü tecenijemi die Sonne läuft (ihren) Lauf; sunomi süpatı einen Schlaf schlafen ; radostijq rado- vali se wörtlich: sich mit einer Freude freuen ; Cudichü se cudomi velikomi 2daupaca daüpa ueya; trudomü dobrymü trudichü sja tiv ayava tov xakdy Aywviopar; pade padezemi ljutomi xarıveydn ron dzıvdv; uZasngöe se ulasomi velijemi &kcornsav dxstaseı uey@ly Mark. 5, 42. Natürlich kann auch statt des stammver- wandten ein sinnverwandtes Subst. auftreten, wie beim Akk,., 1.B.ubojase se strachomi veltijemit &oodrdnoav öRov ueyav Luk. 2,9 und sonst. Danach liegt auch im Griechischen und Ger- manıschen der Instr. vor in Wendungen wie die folgenden: as davov olxtiorp Bavarp A 412; Önvo eDöovra Sophokles Oed. Tyr. 64, und daran anschliessend 88° ödı Adkeraı Önwp A 131, od üetsavres Oed. Kol. 1625, Lucav ABiaßer Bi El. 650. Im Got.: ohtedun agısa mikilamma toodrd'nsav adßov ueyav Luk. 2,9.

Es folgen nun eine Reihe von Verben, bei welchen der Instr. mit dem Akkusativ in Konkurrenz tritt. Es sind zunächst Verba wie regnen, schnauben u. s. w., sodann die Verba des Bewegens, Werfens u. s. w., letztere namentlich im Slavischen und Deutschen.

$ 119. Regnen, schnauben, speien, schwitzen.

Für ‘regnen’ lässt sich lat. pluere anführen (Draeger 1, 511), 2.B. bei Livius Zapididus oder sanguine pluit; griech. (Krüger Dial. 48, 15, 13) viodtw yev Adplrors baxaldın 8 dApromsıv berw d Zwar bei dem Komiker Nikophron ; got. rignida svibla Jah funin E3peks Beiov xal nöp Luk. 17, 29. Für den Instr. bei 'schnauben’ bringt Miklosich 4, 702 eine Anzahl von slavischen Beispielen bei, woraus ich anführe: ogrjemi dysesi du schnaubst Feuer, eig. ‘mit Feuer. Genau entsprechend altn. eitri ek fresta ich schnob Feuer Fafn. 18. Ebenso steht eifre bei bläsa schnauben. Für ‘speien’ führe ich an aksl. rygati bras-

nomi i pilijem! Speise und Trank auswerfen (bei Miklosich

Deibräck, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 17

258 Kap. VL Der Instr. bei bewegen im Slav. und Germ. [$ 119—120.

Gl. s. v.), russ. charkati krorizu Blut speien, ch. gnojemü Eiter auswerfen, ags. gledum spivan Feuer speien (Beov.). Dazu auch ‘schwitzen’: lat. sudare sanguine bei Ennius, ags. fyre soetan. Auch ags. tearas und tedrum geötan Thränen ver- giessen lässt sich hier anführen, wodurch schon zu den Verbis des Bewegens, Werfens u. s. w. übergeleitet wird.

$ 120. Verba des Bewegens im Slavischen und Germanischen.

Wie man im Altind. sagen kann tfarö yabhir dsyati die Pfeile, mit denen er schiesst RV. 2, 24,8 und im Griech. ot dapa yeppadloısıy &uöuntwv ano nupywv BaAlov M155 und andererseits ım Altind. Aetim asyatı er schleudert die Lanze, z.B.RV.1,101,3, und al re rpos allrkas Eßalov tavurxeas oLous II 768, so findet sich vielfach bei slavischen Verben des Bewegens ein uns befrem- dender Instr. des Gegenstandes, welcher sich (wie Miklosich 4, 695 bemerkt); daraus erklärt, dass die Verba intransitiv gebraucht sind. Dahin gehören aksl. vesi narodü verZe kamenijemi omnis populus jecit lapidibus; pozybat: glavoyu mit dem Kopf schüt- teln, den Kopf bewegen; seze rukoju svojeju &kerewe mv yeipa; Jakoze listomü visemü jestistvomü doiZaase wie ein Blatt bewegte er die ganze Natur; (dass diese Verba auch mit dem Akk. ver- bunden werden können, versteht sich. Im cod. Mar. kommen nur wenige der von Miklosisch angeführten vor, und diese finden sich nur mit dem Akk., z. B. vrüzi kameni na njq av Mdov ir auıy Baildtw Joh. 8, 7.) Beispiele aus dem Serbi- schen (Danitie 568—69) sind: desnom rukom mase er schüttelte (bewegte) die rechte Hand; ne uzoija) obrvama ziehe nicht die Augenbrauen in die Höhe; ocima je zazmurio er hat die Augen zugedrückt; ebenso vijyatt glavom den Kopf drehen, bewegen, mahnuti krstom das Kreuz schlagen u.s.w. Ein russisches Beispiel ist zamotati golovoju anfangen den Kopf zu schütteln; ein kleinrussisches: po bilomu pol’u Cornym makom Sijano auf weissem Felde ist schwarzer Mohn gesäet worden (Miklosich 4, 698). Aus dem Germanischen kommt besonders das Go- tische, Altnordische und Angelsächsische in betracht. Über die beiden letztgenannten Dialekte vergleiche man: Dietrich,

$ 120.] Kap. VI. DerInstr. bei Verben desBewegens im Slav.u.Germ. 259

über den nordischen Dativ, Haupt’s Zeitschr. 8, 23 ff. und die oben angeführte Arbeit von J. Kress. Es gehören namentlich hier- her: svasve jJabai manna vairpib fraica ana airba ws av avdpuros PaAy tov andpov Ant inc yrs Mark. 4, 26; rairpandans hlauta ana os Bailovres xArpov &n aura Mark. 15, 24. Bei Wörtern wie Same und Los ist uns der Instr. begreiflich, da auch wir sagen könnten: mit dem Lose werfen. Dagegen ist uns auffällig eine Wendung wie usvaurpun imma ut us bamma reinagarda warfen ihn aus dem Weinberg Mark. 12,8. Man darf wohl annehmen, dass in diesem und ın ähnlichen Fällen ene auf Nachahmung beruhende Ausbreitung des Dativs vor- leg. Anch altn. verpa zeigt schon diesen entwickelteren Dativ-Instr., z. B. andu, fjarvi den Geist aufgeben, ohnmächtig werden (Edda). Deutlich fühlbar ist der Instr. noch in Wen- dungen wie: verpa vatnı a begn ungan Wasser über das Knäblein ausgiessen Häv. 159. Ags. vearp välfyre (der Drache) warf tödliches Feuer Beov. 2583, stredmas veorpad stäne and sonde die Ströme werfen (führen) Steine und Sand, Räthsel 3, 6. Got. saian säen wird mit dem instrumentalen Dativ fraiva Samen, altn. s@ mit korninu Korn und gullinu Gold, ags. sa- tan mit sede Samen verbunden. Es kommt aber auch der Akk. vor. Dazu got. ufstraujan hinstreuen unterbreiten: gag- gandın ban imma ufstravidedun vasljom seinaim ana viga To- pevop&vou SE auTod LREOITPWVVvUoV Ta fnarıa aurav dv 9 00m Luk. 19, 36. Altn. dregda schwingend bewegen, z.B. in der Edda soerdum die Schwerter, in der Prosa Aafdı das Haupt wenden. Dann auch in dem Sinne von ‘brechen’ (eine heftige Bewe- gung mit etwas machen), so in der Edda dregda svefnt, heit:, den Schlaf, ein Gelübde brechen. Auch ‘vorwerfen’ mit einem Dativ und einem Instrumentalis: er ödlingum Osonnu bregdr der du den Edlen Unwahrheit vorwirfst H. H. 1, 36. Dem ent- spricht ags. hedfde onbrygdan das Haupt erheben, orede gebredan eig. mit dem Athem schwingen, d.h. aus- und einathmen. (Wei- teres über ags. dregdan bei Kress5.) Dazu kommt nun noch eine Reihe von ähnlichen altnordischen Verben, von denen ich bei- spielshalber anführe: Aastadi netinu fyr gedduna er warf das

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260 Kap. VI. Sogen. Dativ des Objekts im Germ. [$ 120—121.

Netz nach dem Hecht aus Saem. zu Sig. II, 1; verfdi hann Mjallni er warf Mjolinir (Thor’s Hammer) Hym. 36; söyngr eldi (der Feuerriese) schleudert Feuer, Gylfaginning 84, 10: steypa hjalminum Fafnis den Helm Fafnirs abwerfen, zu Boden werfen, Volsungasaga 178, 26 (auch Edda); /ypta eınum felinum den einen Fuss in die Höhe heben, Gylfaginning 69, 6; soıpum hefi ek nu ypt mein Antlitz habe ich jetzt erhoben Grimn. 45; slang upp vid ra raudum skildi erhob an die Raae den rothen Schild H. H. 1, 33; soipta sadls af 50 den Sattel vom Rosse wegziehen Oddr. 3, seglunum die Segel einziehen, Volsunga- saga 164, 11; oA Aıppi ınn vorusekkjunum zog die Waarensäcke hinein Gunnl. 5; veltum grjöti wir wälzten Steine Grott. 12; hofds vatt ba Gunnarr da wandte G. das Haupt, Akv.6; hvelfdu skipinu warfen das Schiff um Bragoredur 98,1, Zogdu bar til laegis skipinu legten da mit dem Schiff (das Schiff) an den Ankerplatz, Gunnl. 9. Ebenso dürften einige gotische Wendungen hier- her gehören, in denen wir freilich den instrumentalen Charak- ter des Kasus nicht mehr empfinden, die sich aber an die bisher genannten nahe anschliessen, nämlich usdresban 2xBal- Asıv, sowohl mit Akk. (2. B. unhulbons, allans, ına, Dana), als mit Dat., z. B. imma; afskiuban verstossen in sbas afskauf gup arbja seinamma yn anwoato 6 deos tov Aaov autod Röm. 11, 1; usktusan verwerfen, z. B. stains Pammei uskusun timrjans Aldov ov aredoxtuasav ol olxoßopouvres Luk. 20, 17, uskusun imma 2EE- Balov aurov (Eiw ts mölew;) Luk. 4, 29. Dagegen in der Be- deutung ‘prüfen’ hat es den Akk. bei sich.

$ 121. Sogenannter Dativ des Objekts ım Ger- manischen.

Wir haben im Vorstehenden eine Reihe von germanischen Verben der Bewegung kennen gelernt, welche mit einem In- strumentalis des bewegten Gegenstandes verbunden werden, während wir lieber den Objektsakkusativ bei ihnen sehen wür- den. Zu diesen treten nun noch eine Anzahl anderer, die entweder gleichfalls von Anfang an den Instrumentalis bei sich gehabt zu haben, oder ıhn von sinnverwandten Verben über- nommen zu haben scheinen. Man kann aber über manche

$ 121.) Kap. VI. Sogen. Dativ des Objekts im Germ. 261

Einzelheit nicht sicher urtheilen, weil es, wie wir bei dem Datıv sehen werden, im Germanischen auch einen originalen Dativ des Objekts giebt, der mit dem aus dem Instrumen- talis entstandenen Dativ zusammengeflossen ist. Die folgenden Seiten enthalten also viel Zweifelhaftes.. Ich handle zuerst von denjenigen Verben, bei denen nach meiner Ansicht mit einer erheblichen Wahrscheinlichkeit der Instrumentalis anzu- nehmen ist. Dahin gehören: sprechen: got. vaurda gihan gleich Aoygp eireiv und Aöyov elneiv, ags. vorde cvedan (Kress 21), altn. bei ‘versprechen’, z. B. fogru skaldu heita ok lata fast vera Schönes sollst du versprechen und dann auch halten Häv. 131. Knüpfen: altn. kann hafdı knytt gullhladi at hafdı ser er hatte sich eine Goldschnur um den Kopf gebunden (angeführt bei Dietrich 66), vefnistingum snüa das knarrende Segel knüpfen H. H.1,26 (auch Akk., 2. B. vigband snüa Kriegsfesseln flechten Vgl. 39). Auch bei got. Zukan schliessen ist wohl der Instru- mentalis anzunehmen in gagg in hebjon beina Jah galukands haur- dat Beinat bidai du atlın beinamma eiseAde els To Tanıeiov son xal xAelsa; Tv Bopav oou mpöceufaı ta narpl oov Matth. 6,6 (also: mit deiner Thür zuschliessend). Auch altn. /üka hat den Dativ bei sich (Lund 80). Auch wohl altn. Aalda, z. B. heldr munnlaugu un- dir eiirdropa hält die Hand (mit der Hand) unter dem Gift- tropfen, Gylfaginning 80, 16; vel kann hann sverdi at beita ok spjoth at skjota ok skapti at verpa ok skildi at halda wohl ver- steht er mit dem Schwert zu schwingen, mit dem Spiess zu schiessen, mit dem Schaft zu werfen, den Schild (mit dem Schild) zu halten, Volsungasaga 191, 13 (auch schon eddisch, 2.B. Skuld helt sksldi Vol. 24. Wohl auch got. frabugjar verkaufen (Handel treiben mit) in: frabugyan ahakım Tauben verkaufen Mark. 11, 15; vgl. serb. irgovati Handel treiben, 2.B. svinjama mit Schweinen. Vermuthlich auch einige Verba, welche verwandeln, wechseln, ändern bedeuten, so altn. hafna, z.B. hvi hafnar inum hvita lit warum verwandelst du die lichte Farbe? Sig. IH, 31, Aafna fornum atrunapi den früheren Glauben ablegen Gunnl. 6 (vgl. mit dem Glauben wechseln). Auch breyta verändern hat den Dat. nach Lund 90.

262 Kap. VI. Der prädikative Instr. im Lit. und Slav. $ 123—122.

Ich lasse nun die Verbindungen folgen, bei deren Auf- fassung ich zweifelhaft bin (vgl. den Dativ $ 137): got. fra- giman verbrauchen, z.B. soei ın lekjans fragam allamma aigina seinamma eis latgods rpooavalmsasıa olov Toy Btov Luk. 8, 43. Da fragiman vorwärtskommen, zu Ende kommen be- deutet, so kann man den Kasus ganz wohl instrumentalisch auffassen: zu Ende kommen mit. Möglich ıst aber auch der Dativ: zu Ende kommen gegenüber. Dasselbe gilt von got. fravisan in bibe Pun fravas allamma daravrsavro;s 62 auroi ravta Luk. 15, 14. Verlieren: got. fraliusan, z.B. fraliu- sands ainamma Pize aro\&oas Ev 2 aurwv Luk. 15, 4; altn. fyna in der Edda verbunden mit oxdu die Seele, aldrı das Leben, meidmum Schätze. Vielleicht ist die Grundanschauung: in Verlust gerathen, zu Schaden kommen mit etwas. Ver- derben, töten. Got. usgiman weit häufiger mit Dativ als mit Akk., z.B. leıka, ımma. Da usgiman auch sterben be- deutet, so ist wohl mit einiger Sicherheit anzunehmen, dass die Verbindung instrumentalisch zu verstehen ist, und der ur- sprüngliche Sinn: heraus, zu Ende kommen mit etwas. Man vergleiche damit ags. aldre (feore) gedigan mit dem Leben davon kommen. Ferner gistjan (sawalom die Seelen), dazu usgistjan häufiger mit Akk., fragistjan häufiger mit Dat.; altn. spilla verderben, z. B. sifjum die Verwandten Vol. 45, bana töten, z. B. monnum die Männer H. Hı. 26. Verlassen: got. bilerban, im Sinne von verlassen mit Dat. (so: mis, attin, genat, allaım, aim lambam, bamma fairhvau) im Sinne von zurücklassen überwiegend mit Akk.; altn. Zata aufgeben, ab- lassen, z. B. fyrr skal ek minu fjorvi läta eher werde ich mein Leben lassen Sıg. III, 15. got. skaidan trennen: Palei nu gup gavab manna famma ni skatdai 8 ouv 6 Beds auv&lsukev avdpwros un ywpıLctw Mark. 10, 9.

$ 122. Der prädikative Instrumentalis im Litaui- schen!) und Slavischen.

1) Über das Lettische sagt Bielenstein, Gr.$590: “Der dem Slavischen und Litauischen ganz eigenthümliche prädikative Instrumental bei Verben

$ 122.] Kap. VI. Der prädikative Instr. im Lit. und Slav. 363

Schleicher, Gr. 270, Kurschat $ 1329°, 1391, 1411, Bezzen- berger, GLS. 240, Miklosich 4, 726 ff., Danicie 578 ff.

Der prädikative Instr., den man auch den resultativen nennen könnte, erscheint ım Litauischen und Slavischen, den aus indogermanischer Zeit überlieferten Akkusativ oder Nomi- nativ verdrängend, bei Verben, welche verwandeln in, machen

“zu, werden zu, sein, benennen bedeuten. Ich bespreche zuerst

den Instr. bei benennen. Man sagt im Lit.: vadıno „1 Izaokü er nannte ihn Isaak; aksl. zovg ofica oficemü patrem appello patrem; serb. fudyu majku majkom zoves tudjeg oca ocem zoves eine fremde Mutter nennst du Mutter, einen fremden Vater nennst du Vater, djevoyke me vragom zovu die Mädchen nennen mich Teufel, kuda mu se kuderinom zvala sein Haus wurde als Ruine bezeichnet; ebenso bei imenovati, glasiti, kazatı und ka- zati se u. 8. w., auch suditi jemanden beurtheilen als, z. B. punijem zloda svijeh sudi ga er beurtheilte ihn als voll von allen Bosheiten; russ. zovutü jJego vojevodo7u man nennt ihn Führer (Mikl.), unzdalü niscago ı nu jego rugati poprosajkoju er erblickte einen Armen und begann ihn Bettler zu schelten (Äsböth 19). Ich weiss nicht recht, wie der Instr. bei ‘benennen’ entstanden sein mag. Er kann sich an den Instr. bei machen zu etwas angeschlossen haben, und zwar durch die Vermittlung von er- nennen hindurch. Es ist aber auch möglich, dass die aus der Urzeit überlieferte Wendung mit Namen nennen den Ausgangs- punkt bildet, wie sie z. B. im Russischen vorliegt, in Sätzen wie kakü tebja molodca imenemü zovutü wie nennt man dich Helden mit Namen? (Buslajev 260), eine Frage, auf die sehr wohl mit dem Instr. des Namens geantwortet werden konnte, und zwar um so mehr, da sich kein anderer Kasus als der natürliche einstellte. Die übrigen Verba mit dem prädikativen Instr. bilden eine zusammenhängende, allmählich immer grösser gewordene Masse. Der Ausgangspunkt der Bewegung ist bei den Verben zu suchen, welche in etwas verwandeln bedeuten,

wie büt sein (tapt werden?) kommt im Lett. nur selten vor, cf. müsa wel ir meitäm meine Schwester ist noch Mädchen, d. i. unverheirathet ‚Oppekaln)”.

264 Kap. VL Der prädikative Instr. im Lit. und Slav. [$ 122.

z. B. aksl. pretvori sebe murinomi in Aethiopem se mutarvit, zizla smokomi izmenivi postquam virgam in serpentem mutavit; serb. pticom bih se satvorsla ich hatte mich in einen Vogel verwandelt, provrze se conyekom kakav je i bio verwandelte sich ın einen Menschen, der er auch gewesen war, da se Turcı govedyu prometnu dass sich de Türken in Rindvieh verwandeln, ; ona se protursla stenom und sie verwandelte sich in einen Felsen; russ. pritvorilsja merteymü stellte sich tot, eigentlich: ver- wandelte sich in einen Toten (Äsböth 6). Dieser Instr. ist in einem Satze wie Zizla smokomi tzmenivi nichts anderes als ein Instr. des Mittels. Denn der Satz heisst eigentlich “eine Ruthe durch eine Schlange vertauschen, ersetzen’ und ver- gleicht sich vollkommen mit lateinischen Sätzen wie: nemo nısi victor pace bellum mutavit (Sallust, vgl. Draeger 1, 513). In- dem man nun nicht mehr die Handlung des Vertauschens, sondern die dauernde Ersetzung des einen durch das andere im Auge hat, entsteht eine neue Färbung des Gedankens: der resultative Sinn, und so kommt es, dass sich Verba, welche bedeuten ‘zu etwas machen, zu etwas werden’ anschliessen. Beispiele sind: lıt. snegas vandenimi pavifto der Schnee wurde zu Wasser, jis pastös 'dtmonu er wird Hetman werden, k4 vagiü padaryti jemanden zum Diebe machen u. s. w., aksl. postauljeni byvayeti prozviteromi yeıporoveitaı rpeoßörepos; serb. ko je mene postavio sudijom ti; ne xat&ornos dixaoıny; Luk. 12, 14, gradimo ga laZom wir machen ihn zum Lügner 1. Joh. 1, 10, da ga ucine carem \va noınswawv aötöv Baaılda Joh. 6, 15, od kako sam knezom nastanuo als ich Fürst wurde, und so bei manchen anderen Verben des Machens; russ. ja tebja sdelaju lekaremü ich werde dich zu einem Arzte machen (Äsböth 22), is ızü Zestokago tiranna sdelalsja mudrymü i krotkimü gosuda- remü und aus einem harten Tyrannen wurde er ein verstän- diger und sanfter Fürst (21), tE cypljata vyroski-by bolisimi kurami diese Küchlein würden zu grossen Hühnern heran- gewachsen sein (15). Dieser selbe Instr. stellte sich nun auch bei den Verben ein, welche werden und sein bedeuten, z. B. lit. Ji5 büs karäliumi er wird König werden, piningat Jam yra

$ 122.) Kap. VL Der appositionelle Instr. im Lit. und Slav. 265

devu das Geld ist für ıhn ein Gott, asz esü zmögumi ich bin ein Mensch; aksl. dytsi ognjemi yevesdar rüp, rodiwüsi devoju prebysti postquam peperit virgo mansit; serb. 0% de drugim hli Skenderbegom er wird ein zweiter Sk. sein (werden), do% je j08 soldatom bio so lange er noch Soldat war, zbor nt bio zborom a dogovor dogovorom die Versammlung war keine Ver- sammlung, aber der Beschluss ein Beschluss, dolye je za godinu solom nego sto godina kravom (biti) besser ist es für ein Jahr Ochs als hundert Jahre Kuh zu sein; russ. davno &i ty stalü durakomü? s techü porü kakü ty perestalü byti umnymü bist du schon lange Narr? seit der Zeit, wo du aufgehört hast, ver- nünftig zu sein (Äsböth 24), Lomonosorü bylü rybakomü, potomü stalü peroymü russkimü pisatelemü L. war Fischer, dann wurde er der erste russische Schriftsteller.

An diesen resultativen Gebrauch des Instr. bei Verben schliesst sich der appositionelle, den man sich mit dem bisher erwähnten durch ein einst vorhandenes Partizipium des Ver- bums sein vermittelt denke. Beispiele sind: lit. berau szluzyti als Knecht dienen, pasöjau pipirais ich säete es als Pfeffer (und es ging auf als etwas anderes). Ebenso im Slavischen. So erscheint der Instr. als Apposition zu dem Subjekte in: sirolojg otü roditelü ostavijenü bystü orbus a parentibus relictus est; sedi vidovicezu vi domu olica svojego xadou yhpa Ev Ti olxp sarpds aou; devgyu rodıla Jess als Jungfrau hast dugeboren. Neben einem Subjekt, das in dem bei dem Infinitiv stehenden Dativ ent- halten ist: dodreje ti jJestit malomostijq Zivolü vüniti nakdv aoı &oıt xuAAöv els hy Cahv eloeABeiv Mark. 9, 43 (vgl.S.267). Neben dem Akkusativ: obdretosa celyri süta devici devoju eüpov Terpa- xootas vaavtöas rapdevous. SBerbisch: volim mrijet nego robom ziyjet lieber will ich sterben, denn als Knecht leben, svaka je dobra devom ma da je vidimo nevom jede ist gut als Mäd- chen, aber lasst sie uns als junge Frau sehen. Russisch: jesco rebenkomü lisılast ona mater: noch als Kind verlor sie die Mutter (Puschkin), sidelu selino zadumlivymü i grustnymü er sass sehr gedankenvoll und traurig da (Äsböth 23), onü bylü odetü kaza- komü er war als Kosak gekleidet (Puschkin).

266 Kap. VI. Der Instr. das Vergleiches im Lit. und Slav. [$ 122.

An diesen appositionellen Instr. schliesst sich dann end- lich ım Slavischen der Kasus des Vergleiches, wenn nicht gerade an eine wirkliche Verwandlung des einen Gegenstandes in den anderen gedacht werden kann oder soll, z. B. aksl. letajetü orlomü i jastrebomü volat uti aquila vel accipiter; russ. koli Igori sokolomü polete togda Vlurü vlükomü potece als 1. wie ein Falke herbeiflog, da lief V. wie ein Wolf herzu (Buslajev 260); kleinr. cerez temnyj lis jJasnym sokotom Tety, cerez bystryji vody bilym lebedem plyvy, Cerez stepy datekyji perepelockom bizy flieg wie ein heller Falke durch den dun- klen Wald, schwimm wie ein weisser Schwan durch dıe klaren Gewässer, lauf wie eine Wachtel über die weiten Steppen, oder sit kamenem consedit lapidis instar. Natürlich heisst das ur- sprünglich: ‘fliege als Falke’ u. s. w., und diese Vergleichssätze sind von denen nicht verschieden, welche Miklosich 4, 732 fl. anführt, wie kleinr. s?ovo vyletyt’ horobcem a verne 5a votom das Wort fliegt aus als Sperling und kehrt zurück als Stier; russ. naletela starosti cernymü voronomü das Alter kam als schwarzer Rabe geflogen.

Wie schon oben bemerkt wurde, nimmt der lıtauisch-sla- vische prädikative Instr. die Stelle des indogermanischen No- minativs oder Akkusativs ein, und in der That findet sich der Nominativ auch noch häufig neben dem Instr. Litauische Beispiele aus der älteren Zeit sehe man bei Bezzenberger a. a.O., z. B. stoiosi iam ir io sunui tarnais und wurden seine und seines Sohnes Knechte, daneben auch tarnat; kurie wiraı mokıntoiers buwo welche Männer Lehrer waren, aber auch moktiojer; ıus diewais este ihr seid Götter, aber auch diewai. Über den jetzigen Zustand bemerkt Kurschat $ 1329*: “Früher stand das substantivische Prädikat mehr im Instrumental als im Nomi- nativ. Man sprach also: asz esü zmögumi ich bin ein Mensch, Jıs buwo müno gelbetoju er war mein Helfer. Gegenwärtig bedient man sich des Instr, wenn dem Subjekt ein acciden- tales Prädikat beigelegt werden soll, als was jemand oder etwas ist, wozu es jemandem dient”. Statt des für den alten Akku- sativ eingetretenen Instr. braucht man jetzt nach Kurschat $ 1391

$122.] Kap. VI. Nom. u. Akk. an Stelle des prädikativen Instr. ete. 267

lieber per, sagt also nicht mehr Ag bernu pasisamdyti sich jemanden zum Knecht miethen, sondern lieber AZ per berng pasısamdyii. Die Entwickelung im Lit. ist offenbar durch ger- manischen Einfluss gestört worden. Im Altkirchenslavischen habe ich im cod. Mar. bei nennen den Instr. nicht gefunden, sondern den Nominativ, 2.B. chramü moji chramü molitve na- recetis se 6 olxds ou olxos Tposeuytis xAndnoeraı Matth. 21, 13; juze nesmü dostojinü narests se synü tvoji xal ouxerı eiıl Akıos »Ardizvar Örös oov Luk. 15, 19. Verba des Verwandelns mit dem Instr. habe ich nicht gefunden, bei dyvati werden steht der Nom.: reci kameniju semu da badatü chlebi eine va ot Aldor odror Apror ydvavraı Matth. 4, 3; ziv& dbadesi Cnoy Luk. 10, 28; byvaatü dreovo yiverar d&vöpov Matth. 13, 32. Einen prädikativen Instr. in der Apposition habe ich, wie oben bemerkt, notiert aus Mark. 9, 43: dobreje ti jestu malomostijq Zivotü vünlılı, wobei man sich freilich wundert, dass nicht der Dativ steht, wie in 45: dodreje ti jJestu vünıli vu Zivolü chromu xakdv Eoti ao eiselderv els nv Cohv XwAdvi). Im Serbischen findet sich eben- falls der Nominativ häufig so, dass er als Konkurrent des Instru- mentalis bezeichnet werden kann (s. Danitic7ff.), Beispiele sind: da se nazoves bantca gospodja dass du dich Frau Banin nennest; devojka stvori se paunica das Mädchen verwandelte sich in eine Pfauin; ona se prometnu ovca sie verwandelte sich in ein Schaf; a vila se nacıni dyevojka und die Vila erschien als Mädchen; ani mi se ta loZnica tamnica das Lager gestaltete sich mir (wurde mir) zum Gefängnis {oder, da cınzti se wie videri gebraucht wird, vielleicht auch: videtur mihi hoc cubile carcer); oxa od loga casa ostane trudna von dieser Stunde an wurde sie schwanger; posta ruka zdrava kao i druga die Hand wurde gesund wie auch dieandre. Belege aus dem Russischen s. bei Buslajev 256. Aus dem allen folgt, dass der Typus des prädikativen Instr. wohl schon in der lituslavischen Zeit sich neben dem altüberlieferten Nom. und Akk. zu entwickeln begann und in den einzelnen

1) Die Übersetzung von xuAA6y durch malomostijg oder bednikomü erklärt sich dadurch, dass n. gichtbrüchig heisst.

268 Kap. VI. Der Instr. beim Passivum. [$ 122—123.

Sprachen allmählich und in ungleicher Ausdehnung Raum ge- wonnen hat. Wie sich der Sinn des Instr. gegen den Nom. in den einzelnen Sprachen abgegrenzt hat, inwiefern ein Unter- schied noch deutlich hervortritt oder nicht, soll hier nicht er- örtert werden. Darüber kann nur jemand urtheilen, der sich für jede einzelne slavische Sprache ein lebendiges Sprachgefühl erworben hat. Der Entstehungsgrund des Typus selbst liegt offenbar ın der Undeutlichkeit, die sich bei der Anwendung des prädikativen Nominativs oder Akkusativs leicht ergiebt. Darium regem salutant könnte man ja auch übersetzen: “sie begrüssen den König Darius’, und entsprechend bei dem No- minativ.

$ 123. Der Instrumentalis beim Passivum.

Im Veda erscheint häufig ein Instr. bei dem Pass., der ebenso auch bei dem Aktivum auftreten könnte, z. B. $asyass vacobhth du wirst durch Worte, mit Worten gepriesen, aber daneben auch Sqsati vacöbhih er preist mit Worten. Die That- sachen legen, wie aus SF. 5, 135 hervorgeht, die Vermuthung nahe, dass Wendungen wie usa ribhyate vasisthaih Usas wird von den V. gepriesen, diesen erst nachgebildet seien, so dass also der Gebrauch des Instr. als Agens beim Pass. aus dem Instr. des Mittels beim Akt. entstanden wäre. Im Ai. ist diese Verbindung immerhin schon so eingewohnt, dass sie auch bei Verbaladjektiven und Infinitiven erscheint, z. B. nybhir havyahı durch die Männer anzurufen RV. 7, 22, 7 (vgl. SF. 5, 397), agnihötrinä naSitavyam ein Agnihotrin soll nicht essen MS. 1, 5, 7 (75, 4). Auch ein prädikativer Instr. liegt vor: pafivratena bhavitavyam er soll ein nach Art des Viehes Verfahrender sein MS. 1,8,7 (126, 6), vgl.SF.5,399. Von Infinitivformen können die auf -2 und -Zav@ mit einem solchen Instr. verbunden wer- den: nd tena deva ädı3e von diesem ist der Gott nicht zu ver- höhnen RV. 6, 56, 1, tasmäd ötenaßru na kärtavai darum soll dieser nicht weinen MS. 2, 1, 10 (11, 21). Aus dem Altkir- chenslavischen habe ich eine Anzahl von Stellen notiert, an denen der Instr. bei passiven Partizipien erscheint, z. B. tristi netromü dvizema xalayos und avduov oaksuduevos Luk. 7,24;

123—124.) Kap. VI. Der Instr. bei Adjektiven. 269

nosimi cetyrimi alpopsvov Und Teoodpwv Mark. 2, 3; iskusa- jemü sotonojgq reıpalöpevov urd Tod Zarava Mark. 1, 13; v& roZ- denychd zenams &v yevvntots yuvanav Matth. 11, 11; Aorabi Ze be po srede morja vülaje se vlünami db 88 nAolov Non p&oov Tic dalasons Tv Baoavılouevov und twv xuuarwv Matth. 14, 24.

Ich werde auf diesen Instrumentalis bei dem Passıvum zurückkommen.

$ 124. Der Instr. bei Adjektiven.

Ein soziativer Instr. erscheint bei gleich. So bei samd im Altind., z. B. samö devaih den Göttern gleich, RV. 6, 48, 19. Dazu Wörter die mit sa- zusammengesetzt sind, z. B. sajoga indra varunena sömam pähi zusammen, Indra, mit Varuna trinke den Soma RV.4, 34,7; av. a$ü hazao86 in Übereinstimmung mit A. y.29, 7. Ferner ‘befreundet: a3ü kushara mit A. befreundet y. 32, 2, und danach auch ‘Freundschaft: näsunvatä sakhyam oasti Surak der Held wünscht nicht Freundschaft mit den Nichtopfernden RV. 10, 42, 4. Dieselbe Konstruktion findet ach im Germanischen, und zwar im Got. bei Ave, was doch wohl die Instrumentalform ist, in hve nu galeiko bans mans his kunfis jah hve sijaina galeikai tiv ovdv Öporwasw tods Avdpw- zOus TÄS yeveäs tauıns xal tive elolv Oporoı; Luk. 7, 31 (vgl. Grimm 4, 750, Erdmann 2, 249). Sonst erscheint der Datıv, 1. B. koamma galeiks ist tivi &orlv Ouoros; Luk. 6, 47; bei hata samo 1. Kor. 11, 5. Das mag der echte Dativ sein, der wahr- scheinlich schon von Anfang an bei diesen Adjektiven gebräuch- lich war und welcher im Lateinischen allein herrschend ge- worden ist, wie andererseits der Instr. im Altindischen. Im Griechischen dürfte der Instr. vorliegen bei ardAavros, wel- ehes den oben erwähnten ai. Zusammensetzungen mit sa- ent- spricht. Bei £poros u. 8. w. mag Dativ oder Instr. vorliegen. Wie bei ‘gleich’ der Instr., Dat. und Gen. (z. B. bei ai. samad, lat. similis) konkurrieren, so bei ‘voll’ der Instr. und Gen. Über ai. purnd voll ist unter “füllen’ $ 114 gehandelt. Bei dem entsprechenden lat. plerus erscheint selten ein Insır. (Schmalz ? $100, Anm... Je mehr plenus als Adjektivum, nicht als

270 Kap. VI. Der Instr. bei Komparativen. [$ 124—125.

Partizipium, empfunden wurde, desto mehr hat die Konstruktion mit dem Gen. überhand genommen.

Aus einzelnen Sprachen erwähne ich’noch das slavische dovolinü zufrieden, das schon $ 115 angeführt worden ist, ferner dlüfinü schuldig (Miklosich 4, 707), z. B. aksl. izZe be dlüZenü Jemu sülomiü penezü 05 @perkev adra Exarov örvdpıa Matth. 18, 28: ebenso bei povininü: ty povininü Timami ziychü du bist schuld an unzähligem Übel. (Im cod. Mar. habe ich übrigens bei povininü nur den Dativ gefunden, vgl. $ 139). Dieselben Wörter treten auf im Serbischen (vgl. Danicic 572). Bei dem lat. dignus ist der Abl. wohl als ein Instr. pretii aufzufassen.

$ 125. Der Instrumentalis bei Komparativen.

Bei Komparativen erscheint ein sog. Instrumentalis des Masses, dasjenige bezeichnend, um welches ein Gegenstand einen anderen übertrifft. Im alten Sanskrit weiss ich ihn wohl zufällig nicht zu belegen. Aus dem Avesta führt Hübschmann 262 Belege an. Dass dieselbe Konstruktion im Litauischen vorliege, leugnet Kurschat $ 1532 gegen Schleicher. Dagegen ist sie sicher belegt im Slavischen, z.B. aksl. mno- gomi drazejss jJesti glava Toanova multo pretiosius est caput Johannis (Miklosich 4, 703). Im Lateinischen liegen Wen- dungen wie paulo plus aut minus, duobus nummis minus aus allen Zeiten vor (Draeger 1, 520. Im Griechischen ist roAA@ peilov u. ähnl. erst seit Herodot belegt. Homer hat nur roAd nellov. Über das Germanische s. Grimm 4, 752. Im Got. ist noch die Instrumentalform fe in be haldıs eo am- plius erhalten, ahd. dıw Aalt.

Im späteren Sanskrit kommt gelegentlich der Instr. bei dem Komparativ im Sinne des Ablativs vor. Die Gründe zu ermitteln, überlasse ich den Kennern dieser Literatur. Nach Pischels Ansicht zeigt sich dieselbe Erscheinung vereinzelt auch in der älteren Literatur, was ich SF. 5, 137 bestritten habe. In den von ihm und Geldner herausgegebenen Vedi- schen Studien 1, 309, Anm. wiederholt Pischel seine Ansicht, ohne näher auf die Sache einzugehen, und verweist auf J. Schmidt, Pluralb. 131 f. Ich kann aber Schmidt in seiner

5125-126.) Kap. VI. Der Instr. der Ursache. 271

Auffassung von RV. 10, 70, 5 nicht beistimmen, sondern sehe in den dort angeführten Worten eine Aufforderung an die gött- lichen Opferthore, sich entweder zu heben oder aufzuthun: ‘berührt entweder den weiten Rücken des Himmels oder thut euch auf nach dem Mass der Erde, d.h. so weit wıe die Erde ist. An rarıyah im Sinne von urd ist kein Anstoss zu nehmen (vgl. SF. 5, 192), und dass mätraya in dem von mir gewählten Sinne aufzufassen sei, dürften wohl die von Böhtlingk-Roth s. v. angeführten Parallelstellen zeigen. Auch ist die Zu- muthung an die Thore, welche doch auf der Erde befindlich gedacht werden, sich weiter als die Erde zu öffnen, etwas stark. Auch was Geldner, Ved. Stud. 2, 32 bemerkt, hat mich nicht

überzeugt. $ 126. Der freiere Instrumentalis (der Ursache und der Beziehung).

1. Der Instr. der Ursache.

Arisch. Für das Altind. z. B. väghddbhir aSvina gatam um der Opferer willen, o ihr A., kommt heran RV. 8, 5, 16, ebhir bhaca sumänä agne arkäih um dieser Lieder willen sei wohlwollend, o Agni RV. 4, 3, 15; jarasa marate patıh in- folge von Alter stirbt der Gatte 10, 86, 11, sa bhifa ni lilye er versteckte sich aus Furcht SB. 1, 2,3, 1. Mit dem Instr. konkurriert der Ablativ (vgl. auch Speijer 52). Ein Beleg aus dem Avesta ist ahe raya zwarenaphaca tam yazäı um ihrer Macht und Hoheit willen will ich sie verehren yt. 5, 9. Im Slavischen scheint dieser Instr. selten zu sein. Man kann etwa anführen: ne mo2eacha besedovatı njemu narodomi ovx 1öuvayto cuvruyeiv aurw örd töv oyAov Luk. 8, 19, azü Ze gla- demi gybljq &yw ö& Aıu@ andAlupar Luk. 15, 17. Im Latei- nischen und Germanischen ist bei Wendungen dieser Art der Kasus nicht genau zu bestimmen, da auch der Abl. (der ja in diesen Sprachen mit dem Instr. zusammengeflossen ist) in Frage kommen könnte (vgl. ALI. 18). Ebrard 588 ff. führt denn auch das, was ich hier erwähne, unter dem Ablativ an. Mir erscheint es jetzt wahrscheinlich, dass jedenfalls auch der Instr. stark betheiligt ist. Beispiele sind: ut me hodie jugularem fame

272 Kap. VI. Der Instr. der Beziehung etc. [$ 126.

(Plautus), pavore pecuda in tumulis deserunt (Attius), Zacrumo gaudio (Terentius), aelate patres appellati sunt (Sallustius), ferner die Abl. aufw, z. B. iuo arcessitu venio (Plautus!, endlich caussa, gratia u. ähnl. Aus dem Germanischen gehören hierher Wendungen wie: thü hungiru nirstirbist bei Otfrid (Erdmann 2, 251), oulf hungre heöfed der Wolf heult vor Hunger, Grein 2, 344 (Vers 150). Griechisch. Einige Beispiele aus Homer sind: Beds ws Tlero önmp oABw Te nÄourp te xal uldoı xuöakt- more & 205; Ar otxtıotov Daveeıv 1 342; yElp Exdavov o 100; Yeuyovras dvayaıy A 150; yyaoy del nal desnestg nölıy 00x ala- maßeıs 7 avöpav xaxdımrı xal appaöly moAduoro B 367; oo pev ap puorntl y” Exeudavov I’ 453; dyelaooe BE ol Pilov Frop m- doouvn ® 389 (so wohl auch N 29).

2. Der Instrumentalis der Beziehung, besonders bei Adjektiven (vgl. ALI. 67).

Im Arischen z. B. apärd öjasa unvergleichlich an Kraft, saumyd vai devataya pürugah somaisch der Gottheit nach ist der Mensch, vereinzelt namna mit Namen (vgl. SF. 5, 128). Ebenso im Litauischen und Slavischen. Es treten In- strumentale zu Adjektiven, z. B. lit. (vgl. Schleicher, Gr. 268 und 270) silpnas kojomis schwach auf den Füssen (eig. mit den Füssen), ven& akim), üklas auf einem Auge blind. Über das Slavische s. Miklosich 4, 719, z. B. aksl. glavoyu « bradoyu sedi mv xapav xal To yEveov noluos, skudobradü licemi bartlos von Gesicht; serb. (Danitit 573), z. B. veliki tiyelom a malen djelom gross an Leib, aber klein an That, Aako du vesela licem biti kad mi je dusa bolesna wie kann ich heiter von Antlitz sein, wenn meine Seele betrübt ist?, nezdravi s tijelom i dusom ungesund an Leib und Seele. Altrussisch: rostom& srednej, volosomü temnorusü von Gestalt mittel, von Haar dunkelbraun (Buslajev 258). Ferner treten die Instrumentale der Wörter ‘Name, Volk’ u. ähnl. zu Substantiven, so im Litauischen Mikas vards Nikolaus mit Namen (vgl. dazu Kurschat 384), aksl. elovekü bogatü otä Arimateje imenemi Iosifü rouvopa ’Ioor», Matth. 27, 57; si7 bese rodomi murini oLros tw yevar Tv aldiod (bei Miklosich).

$ 126.) Kap. VI. Der Instr. der Beziehung etc. 273

Danach liegt auch in den übrigen Sprachen der Instr. vor. Im Lateinischen in Ablativen wie: mihi germanus pariter animo el corpore, qus sunt genere proxumi, sum perniz manibus pedibus mobilis (Terentius), vgl. Ebrard 651. Dazu die bekannten nomine, natıone, ferner claudus altero pede u. s. w. Im Griechi- schen und Germanischen der Dativ. Für das Griechische verweise ich auf ALI. a. a. O., 2. B. Big »£ptepos o 234, xal- lıtos rormtApacı Z 294, pelwy uEv xepaid, Ayapeuvovos Atpetdao, eupurepog 5 wuoratv löE orepvorowv lögsdar 1'193. Bei ‘gross’ und ‘klein’ steht der Begriff “Grösse, Menge’ im Instr., nicht bei Homer, so vıel ich weiss, wohl aber bei Herodot, z. B. peyaßei weyadoug 1, 51, vgl. 5, 31; yeyadei Zovres onıxpof 2, 74; zındei roAlas 6, 44. Wegen övoparı (neben övona) vgl. Krüger 46,4, 3. Belege aus dem Gotischen s. Gabelentz-Loebe 234, ı.B. audagai jus unledans ahmin glücklich ihr, die ihr arm sid an Geist Luk. 6, 20; gimib ains Bize synagogafade namin Ineirus Epyerar eis Tüv dpyısuvayaywv övopatı Iderpos Mark. 5,22; Daruh anakumbidedun vairos rabjon svasve fimf Pusund- Jos Av&necov o0v ol Avöpes töv Apıddv wol mevraxıoylAroı Joh. 6,10, wobei es sicher ist, dass raßjon Dativ ist, da der Akk. der Beziehung des Griech. durch den got. Dativ wiedergegeben zu werden pflegt (vgl. ja% gasleibeip sik saivalai seinai Knpıwd mw bugnv Mark. 8, 36; gaskohai fotum broöroapevor Toüg nödag Eph. 6, 15; gaskohai suljom brodedeu&vous oavöalıa Mark. 6, 9; ganasjan bans gamalvidans hairtin Tasasdaı Toug auvrerpiumevoug my xapölav Luk. 4, 18 u.s.w.). Weiteres bei Grimm4, 750. Alt- nordische Belege s. bei Lund 132, z. B. Deir varu menn fridir sjönum, litlir vexti sie waren Männer schön von Gesicht, klein von Wuchs; Aaltr eptra feti lahm am hinteren Fusse.

Es versteht sich übrigens, dass dieser Instr. auch neben Verben, nicht bloss neben Adjektiven erscheinen kann, z B. ai. argi bhavatı nargena vihürchati hat alle Körpertheile, nimmt nicht Schaden an einem Körpertheil Chänd. Upan. 2, 19, 2; got. Jah Iesus hath frodein jah vahslau jah anstai at gupa jah mannam xal Imsoös rpoodxonte sopla xal Adıxiq xal yapırı

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. TI. 18

274 Kap. VI. Anhang. Der hom. Kasus auf auv). [$ 126—177.

rapa Bew xal avdpwroıs Luk. 2, 52. Doch ist die Verbindung mit Adjektivis die häufigste.

Anhang. 6 127. Der homerische Kasus auf gıfv).

Die neueste mir zu Gesicht gekommene Abhandlung über diesen viel besprochenen Kasus ist die von H. Pratje, Progr. des Progymnasiums zu Sobernheim, Göttingen 1890. Ich be- ziehe mich im Folgenden auf dieselbe hinsichtlich der Zitate, beschränke mich übrigens auf den homerischen Gebrauch.!)

So viel ich weiss, ist es noch nicht gelungen, diesen Kasus in befriedigender Weise in das System der Kasus einzufügen. Vielleicht wird es gelingen, wenn man zuerst die Frage beant- wortet, welchem Numerus die Formen mit oıv angehören. Ich zweifle nicht, dass dıes der Plural ist. Von den bei Homer vorkommenden den Substantivis angehörigen Formen sind sicher pluralisch: vaöpıy (8$mal). Dies Wort ist besonders wichtig, weil es so häufig vorkommt, dass der Zufall ausgeschlossen erscheint, und weil man nicht sagen kann, dass es numeruslos gebraucht wäre, was man etwa von dedo:v (7 mal) sagen könnte, welches übrigens nach meiner Auffassung stets pluralisch zu fassen ist. Sodann dstedaıw (3), XotuAndovögıv (1). Eine beson- dere Gruppe bilden die Wörter, welche entweder nur oder überwiegend im Plural erscheinen. Dahin gehören: txpıdoıw (5), Sarpuögpıy (7), öpeapıv (7), öxzapıv (23), arndeopıv (8), Böpnpıv (2, auch düpa: ist ja viel häufiger als düöpn). Wahrscheinlicher oder möglicher Weise pluralisch sind ausserdem aufzufassen: veupfiptv. Mehrere Sehnen sind gemeint O 313, I1 773, an den übrigen 5 Stellen ist nur von einer Sehne die Rede. Man erwäge aber, dass A 122 veüpa gleich veupn ist; eövfiow wird 4mal gebraucht, immer nur vom Lager eines einzelnen, aber in diesem Falle steht doch auch der Plural in 88 »aol Tupw&os Euuevar eövds B 783, raldungıv Amal, in Sätzen wie öyyos, & ol

1) Igı, vöspev und dr.ovösgev sind aus bekannten Gründen übergangen.

$ 127.] Kap. VL Anhang. Der hom. Kasus auf zı{v). 275

raläunpıv dpnpeı kann pluralisch gedacht sein nach: ”Aprs 8 &v zalaunor reAmprov Eyyos Zvapa E 594. Dazu kommen einige Abstrakta, welche ja in der alten Sprache häufig pluralisch sind (vgl. $ 51), nämlich aykatngı Z 510 f., vgl. Aydlatas p 244; Btnow, welches 6 mal auf mehrere Subjekte, 15 mal auf ein Sub- jekt bezogen ist (Bias bezieht sich freilich immer auf mehrere Subjekte); dvayxatnoı Y 143; nvopenp: A 303. Doch kann ich nichts dagegen einwenden, wenn jemand diese Wörter lieber saingularisch auffassen will. Unter den als Singular gebrauchten Formen giebt es nur wenige, die öfter vorkommen, nämlich wradipıv (8), naosaddaı (3), Eoyapdaıy (3), Loydpıw (2), aydinpı (2, doch ist II 487 hinsichtlich des Numerus unsicher). Alle übrigen kommen nur je einmal vor, nämlich yevejpıv, &peßespıv, Wıdeı, Austnor, xpareopı, neladpdpıy, rovrögıv, (nAardos) nrudgıv, orpardgı, Dölnpı, Ppntpnpiv, gaAxdpı.

Das Pronomen aördpıw ist M 302 singularisch gebraucht, A 44 pluralisch (auf den Dual-Plural aAxıpa doüpe dw bezogen). An einigen Stellen schreibt Nauck aörödı. Wenig in’s Gewicht fallen die Adjektiva, welche eine erst angelehnte Endung haben. Pluralisch wird &rxl deticow und Er’ äpıstepöpıv N 308 sein, ver- glichen mit &r! öefıa H 238, singularisch ist gawvope&vmgpıv (mit he), Erepnpr, defitepnpw. Zweifelhaft wie Bingw bleibt net.

Danach sind die Formen, welche ın festem und geläufigem Gebrauch sind, überwiegend pluralisch. Den Übergang zum angularischen Gebrauch vermittelten Wörter wie daxpudaıv (wo taxpua und ödxpu gleich gebraucht erscheinen). Manche der singularischen Formen sind gewiss nur Augenblicksbildungen der epischen Sprache.

Wenn somit yıv dem Plural angehört, wird es gleich ai. bhis sein, also vaöyıy gleich naubhis. Das v macht freilich eine Schwierigkeit. Aber ich mache darauf aufmerksam, dass die- selbe, auch durch die neuesten Untersuchungen noch nicht gelöste Schwierigkeit bei -xıs, -xıv und -wues, -uev besteht.

Hinsichtlich des Kasusgebrauches habe ich früher (ALT) nachgewiesen, dass gıy im Sinne des Instrumentalis, Ab- kative und Lokalis verwendet wird. Instrumentalisch sind

18*

276 Kap. VI. Anhang. Der hom. Kasus auf gılv). [$ 127,

demnach Gebrauchsweisen wie: adrdp 8 B7 xaAlcwv ‘Ayapdıvova rosva Aaav Innos xal öysopıy 5 532, mit adtds 8 290, A 699; dedgıv bei Aralavros, &ripmpı bei Aalero, yEvro, Avkoyev ; Sskrrepf- ow bei Aaßs; Ping bei xapdneosda und sonst; öaxpudgıy bei rluriapar; dyaopıv bei dyaddopaı; Binpıv bei duetvov und pe£prar; xsveng: bei vewrspos; ferner bei den Präpositionen cöv, äya, vielleicht auch öı4. Ablativisch ist pıv in vaüpıv bei doop- undelev; ralayıngıv bei niydn; daxpusoıv bei tepoovro; neladpdgıv bei &fexeyuvro ; "Ep£ßeopıv bei önd xdovds Tixe pdwabe; vadpıy bei Auuvduevor. Ferner bei den Präpositionen And, &, xara, rapa, önd. Lokativisch ist gıy in aydAnpı, xArolnoı, dpeogıv, Höpromw, xepalfipıv K 30, wohl auch ralayınyıv bei dpnper und bei den Präpositionen dppi, &v, &rt, napd, rpds, Oro.

Bei reroıda kommt Instr. oder Lok. in Frage.

Zweifelhaft bleiben einige Stellen, die man entweder müh- sam unter eine der drei genannten Kategorien unterbringt, oder dem Genitiv und Dativ zuweist. Mir scheint es natürlich in xegaliipıv &rel Aaßev Il 762 den Gen. anzunehmen (wie auch in rpöuvndev O 716), ebenso in Teruoxöpevos xewalüipıvy A 350 und in ’IAropı ® 295 (Nauck ’lAloo), den Dativ in ppnrprpıv B 363. Billigt man diese Ansicht, so hat man eine künstliche Aus- dehnung des Gebrauchs durch die Nachdichter anzunehmen.

Wie man sieht, ist die Kasusvermischung im Plural andere Wege gegangen als im Singular. Während der Ablativ sich im Sing. mit dem Genitiv vereinigte (vn&), vereinigte er sich im Plural mit dem Instrumentalis (vaöpıw). Nachdem dieser Zustand eine Weile gedauert hatte, drang das Vorbild des Sıngulars auch ım Plural durch, sodass vnav auch ablativisch wurde. Dieser Umstand wird wesentlich zur Verdrängung der Endung oıv beigetragen haben. Mit Vermuthungen darüber, warum oıy auch lokativisch wurde, möchte ich den Leser nicht behelligen.

> 000 -

$ 128.) Kap. VII. Der Dativ. 277

Kapitel VIl. Der Dativ.

$ 128. Über den Grundbegriff des Dativs ist $ 68 gehan- delt worden. Die Eintheilung des gesammten Stoffes entnehme ich dem Umstand, ob der Dativ nur zu einem einzelnen Wort (Verbum, verbalem Substantivum, Adjektivum) oder zu der ganzen Satzaussage in ein Verhältnis tritt. In dem ersten Theil behandle ıch zuerst die Verba, bei denen der Dativ erscheint, und zwar habe ich, meiner Gesammtauffassung ge- mäss, den Ziel-Dativ bei Verben an das Ende gestellt. Die Anordnung der einzelnen Gruppen der in betracht kommenden Verba hat nothwendig etwas Willkürliches. Die grosse Masse der Verba zu erschöpfen, war nicht meine Absicht, doch sollten die Hauptgruppen erwähnt werden. Nicht berührt ist die Ver- bindung der mit Präpositionen zusammengesetzten Verben mit dem Dativ. Ich habe die Darstellung dieser interessanten Erscheinung der Syntax der Einzelsprachen überlassen zu sollen geglaubt. Unmittelbar an die Verba schliesst sich der von diesen herübergenommene Dativ bei verbalen Substantiven, 2. B. bei Aeschylus: rupös Bporots öorip Öpäs Ilpoundda. Darauf folgen die Adjektiva, welche ebenfalls zum bei weitem grössten Theile ihre Konstruktion von den Verbis entlehnt haben. Ob das auch bei priya, otkos u. s. w. der Fall ist, oder ob hier ein adnominaler Dativ, wie er weiter unten zu be- handeln ist, vorliegt, lasse ich dahingestellt.

In dem zweiten Theil ergiebt sich ein weiterer Ein- theilungsgrund aus der Natur des betheiligten Nominalbegriffs. Derselbe kann entweder konkret (und zwar dann fast durch- aus persönlicher Natur) sein oder abstrakt oder ein Zeit- begriff. Für den ersteren Fall entstehen naturgemäss fol- gende vier Unterabtheilungen. Entweder ist der Dativ ein sog. Dativus commodi, oder ein Dativus ethicus (von dem ersteren nur dadurch unterschieden, dass er ein Pronomen ist) oder der Dativ besteht in einem aktivischen oder medialen Partizipium (das aber nicht allein zu stehen braucht, sondern

378 Kap. VII. Der Dativ. r& 128,

sich auch an ein Substantivum anlehnen kann), oder endlich der Dativ tritt zu einem passivischen Partızıpıum und wirkt dann als Agens. Den zweiten Fall bildet der sog. finale Datıv. Es ist mir natürlich wohl bewusst, dass auch diese Eintheilungen schwankender Natur sind. Es giebt Dative, bei denen man im Zweifel ist, ob man sie unter die Rubrik des Dativus commodi oder des finalen Datıvs bringen soll. Der- gleichen sind unter dem finalen Dativ erwähnt worden. Der dritte Fall betrifft den Dativ bei Zeitbegriffen. Den Schluss bildet der adnominale Dativ.

Demnach ergiebt sich folgendes Schema:

I. Der Dativ bei Verben, verbalen Substantiven und Ad- jektiven.

$ 130. Geben, sagen und verwandte Verba.

$ 131. helfen, dienen (schmecken, gelingen), hassen, zür- nen, betrügerisch verfahren, freundlich gesinnt sein gegen, (wollen, hoffen, sich wundern im Slavischen).

$ 132. Glauben, gehorchen, hören, Acht haben, bemerken, verstehen.

$ 133. Walten, regieren (siegen).

$ 134. Gewöhnen, lehren, lernen.

$ 135. Sein.

8 136. Dativ des Zieles.

$ 137. Dativ des Objektes im Germanischen.

$ 138. Dativ bei verbalen Substantivis.

8 139. Bei Adjektivis.

H. Der Dativ zur Ergänzung der Satzaussage.

$ 140. Der Dativus commodi.

$ 141. Der Dativus ethicus.

$ 142. Der Dativ eines aktiven oder medialen Parti- zipiums.

$ 143. Der Dativ bei einem passiven Partizipium.

$ 144. Der finale Datıv.

$ 145. Der Dativ von Zeitbegriffen.

$ 146. Der adnominale Dativ.

$ 129.) Kap. VIL Der Dativ. 279

$ 129. Vor dem Eintritt in die Darstellung sind noch einge Bemerkungen über den Dativ in Einzelsprachen zu machen.

1. Altindisch. Ludwig, Rigveda 6, 257 stellt Fälle zu- sammen, in welchen, wıe er sich ausdrückt, der Lokal statt des Datıvs, der Dativ statt des Lokals und beide gleichbe- deutend neben einander stehen. An eine wirkliche Ersetzung des einen Kasus durch den anderen ist natürlich nicht zu denken, es handelt sich vielmehr um Fälle, in welchen beide Kasus zur Erzielung des gewünschten Gesammtsinnes etwa gleich gut verwendbar erscheinen, ohne doch dadurch gleıch- bedeutend zu werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Rück- sicht auf das Metrum nicht selten die Wahl geleitet hat. Sätze, in welchen der Lokalis statt des Dativs stehen soll, sind z. B.: imam te vücam vasuyanta äydvo rätham na dhirak svdpa ata- köifuh sumnäya tvam atak$isuh, Sumbhänto jenyam yalha vajegu tipra väyinam dieses Lied haben dir gutbegehrende Menschen gefertigt wie ein geschickter Künstler einen Wagen, sie haben dich gefertigt (gestimmt) zum Wohlwollen, dich herausputzend wie einen edlen Renner bei Wettkämpfen RV. 1, 130, 6. Ludwig übersetzt: “wie ein edles Ross zu Kraftthaten’, setzt also vajegu in Parallele zu sumnüya. Offenbar ist es nicht nothwendig, eine so enge Beziehung anzunehmen, und auch wer dem schwer fassbaren vaja nicht die Bedeutung “Wettrennen’ zuerkennen will, sondern mit Ludwig ‘Kraftthat’ annimmt, kann mit dem ‘prä- gnanten’ (Pischel-Geldner, 1, 150) Lokalis ‘bei Kraftthaten, wenn es sich um Kraftthaten handelt’ gut auskommen. RV. 1, 165, 2 adhvare marüla a vavarta übersetzt Ludwig, “wer hat zum Opfer her kommen gemacht die Marut” Warum nicht: “wer hat bei dem Opfer hergelockt?’ ye agna dadhire düvah 4, 8, 6 heisst natürlich ungefähr so viel als “welche Agni Dienst gethan haben’, aber warum soll man nicht auch sagen können: ‘seine Ehrerbietung bei jemand darbringen’? Der Dativ statt des Lo- kalis soll stehen in Fällen wie der folgende: dyaus ca tva prthivi yajhiyaso ni hötäram sädayante damäaya Himmel und Erde, die Götter setzen dich als Priester nıeder für ihr Haus

280 Kap. VII. Der Dativ. (8 129,

3,6, 3. Freilich ist dame, wie Ludwig bemerkt, in ähnlichen Wendungen das Gewöhnliche, aber warum soll der Datıv da- mäya nicht zur Geltung kommen? 3, 37, 3 ist abhimätigahye ein “prägnanter’ Lok.: ‘wenn es sich um Feindebesiegung han- delt’. 8, 70, 2 hastäya vajrah präti dhäyi darSatö mahö dive na süryah heisst nach Ludwig “in des Hand der Keil gelegt wie die Sonne an den grossen Himmel’. Indessen man kann wohl auch sagen “die Sonne dem Himmel ansetzen’, wie wir sagen ‘jemandem ein Bein ansetzen’. Der Dativ bei dhä, den Ludwig einigemal auffällig findet, erklärt sich, wenn man be- denkt, dass dAa sich in seiner Bedeutungsentwickelung nahe mit da berührt. Ein Beispiel für die gleiche Bedeutung von Dativ und Lokal soll sein: {dm it sakhitvd imahe tam räye tam suvirye 1, 10, 6, was ich übersetze: “ihn gehen wir an in Sachen der Freundschaft, zum Zweck des Reıichthums, ın Sachen der Heldenkraft'. Ich glaube also (was hier nur an einigen Belegen gezeigt werden sollte), dass es Aufgabe des Erklärers ist, überall den eigenen Sinn des Kasus zur Gel- tung zu bringen.

2. Iranisch. Über eine gelegentliche Verwechselung der Endungen des Dativs und des Instrumentalis plur. s. S. 233. Oben $ 75 ist ausgeführt worden, dass und warum der alt- persische Dativ in den Genitiv aufgegangen ist. Ursprünglich dativisch war nach meiner Meinung der Kasus bei Pal sagen, pati-i gehorchen, upastam bar Hilfe bringen, duruj betrügen. Spiegel, Gr. 441 fasst zwar den Gen. bei dem letzten Verbum anders, ich halte aber meine Auffassung für natürlicher, da das entsprechende ai. drul mit dem Dativ verbunden wird (SF. 5, 142). Dagegen sehe ich in dem Kasus bei den Verben des Seins, den Spiegel für den Dativ hält, einen echten Genitiv. Sodann sei hier erwähnt, dass Spiegel 432 einen avestischen Dativ annimmt, der in der Bedeutung ‘bis zu’ stehen soll. Ich fasse die Hauptstellen folgendermassen auf. Den Dativ bei garez klagen stelle ich zu dem Dativ bei den Verben des Sprechens. yt. 12, 24 yahmab me haca frazgadaite aredvi sura anähttla hazaseräi baresna virangm übersetze ich: von welchem meine

5129-130) Kap. VII. I. Der Dativ bei geben, sagen u. Ahnl. 281

A. herabstürzt in der Höhe für tausend Männer (in der Höhe, welche für tausend Männer geeignet ist, so dass tausend über- einander stehen können). In vd. 13, 3navanaptayagciß he uroänem ‚paramerencaiti ist wohl ein Dativ wie in $ 145 (Zeitbegriffe) zu erkennen: er schädigt seine Seele für die Zeit bis zur neunten Generation. Die beiden anderen Stellen sind mir nicht recht deutlich.

3. Germanisch. Ich verweise auf Erdmann 2, 195 ff, wo ausgeführt ist, dass die einzelnen germanischen Dialekte im Gebrauch des Dativs bei Verben vielfach abweichen, und dass der Akkusativ im Laufe der Zeit dem Dativ Boden ab- gewonnen hat. Diese Gesichtspunkte konnten in meiner Dar- stellung nicht zur Geltung gebracht werden.

L Der Dativ bei Verben, verbalen Substantiven und Adjektiven.

$ 130. Geben, sagen und verwandte Verba.

Der Dativ bei geben ist überall verbreitet. In den Dativ trat in der ältesten Zeit gewiss nur ein belebtes Wesen. Doch findet sich bereits in den arischen Sprachen ein anderer Begriff, z. B. maht cand tvam adrivah püra Julkaya deyam selbst grossem Preise (für grossen Preis) würde ich dich nicht hingeben, o Indra RV. 8, 1, 5; ye va möi garpä dazde atnarhg wer mein Haus dem Leide übergiebt y. 46, 8. Und ebenso schon bei Homer: pıv Zöunoıv Zöwxev E 396, F yEv p dydeool ye du- ®4 2167. Unter die allgemeine Rubrik ‘geben’ rechne ich auch ‘opfern’ u. dgl., und anschliessen lässt sich ‘zeigen’, z. B. a. dis, av. dis, gr. delxvop. Die Konstruktion der Verba des Gebens ist in mehreren Sprachen auch auf die des Nehmens übertragen worden, so im Slavischen, z. B. aksl. i je2e imatü vüzimelü sg otünjego xal d Eyaı äpdnoetaı dm’ adroö Matth. 13, 12. In Serbischen aber ist für otö njego der Dativ eingetreten: uzece mu se i ono Sto ima. Im Litauischen wird atimti weg- nehmen mit dem Dativ verbunden. Wegen des Slavischen vergleiche man noch Miklosich 4, 586, Danitic 335. Über das

282 Kap. VUI. I. Der Dativ bei helfen, hassen u. ähnl.. [$ 130—131.

Lateinische s. Schmalz ? $ 83. Im Griechischen Homer’s findet sich der Dativ bei araupaw (z. B. Bupöv moA&escı), bei apapeonar (z. B. voorımoy Fpap Totoı), bei apraleıv (oxöpvous @). Die Belege bei Günther 23. Besonders gut lässt sich im Ger- manischen sehen, dass diese Konstruktion keine ursprüng- liche ıst. Wie Erdmann 2, 214 bemerkt, wird die Person, der etwas fortgenommen wird, im Got. mit af, fram, us, im Ahd. mit for verbunden, doch genügt auch bei Otfrid schon der blosse Dativ. Sagen und Verwandtes Arisch: aı. z. B. tasmä eldd abravit er theilte ihm dieses mit; av. mraop ahurd mazdä spitamäi zarapustrai A. M. sprach zu 8. Z. yt. 3, 1. So bei vac in beiden Sprachen, bei ai. al, av. du und verschie- denen Wörtern, welche verkündigen u. ähnl. bedeuten. So auch klagen: kathä ha tdd varunaya tvdm agne katha dive garhase kan na ägah warum klagst du denn dem Varuna, warum dem Dyaus diese unsere Verschuldung, welches ist sie? RV.4, 3, 5; xz$mäibya geus urva gerezdä euch klagte der Geist des Rindes y. 29, 1. Übrigens kann im Ai. die Person, die man anredet, im Akk. stehen und daneben ein Akk. des Ge- sagten auftreten, vgl. den Akkusativ. Derselbe Dativ im Li- tauischen, z.B. bei sakyt:, ım Slavischen, z.B. bei aksl. rests, glagolati. Die grosse Menge der griechischen Verba sind, so- weit es Homer angeht, bei Günther 23 ff. aufgezählt. Mit vac stimmt fer übereın. Im Germanischen schliesst sıch ad- sagen an sagen wie nehmen an geben.

$ 131. Helfen, dienen, hassen, zürnen, betrüge- risch verfahren, freundlich gesinnt sein gegen (wol- len, hoffen, sich wundern im Slavischen).

Helfen, dienen. Aus dem Altindischen kommen namentlich in betracht: $a%k helfen, sidh zu Statten kommen nützlich sein, daßasy zu Willen sein, Ehre erweisen, da$ und vidh einem Gott huldigen. Dazu mrad nachgiebig sein gegen jemand. Aus dem Lateinischen consulo, prospicio, medeor, dazu parco, adjuto, welches in der plebejischen Sprache den Dativ hat, servio. An helfen und dienen schliesst sich nützen und schaden, so prosum, obsum, noceo. Litauisch: kam padet:

$ 131.] Kap. VII. I. Der Dativ bei helfen, hassen u. ähnl. 283

(auch gelbes, das aber gewöhnlich mit dem Akk. verbunden wird), szlüzyts u. ähnl. Slavisch: aksl. pomozi namü hilf uns Mark. 9, 22, serb. mili boze pomozi svakome, svakom bratu dobru junaku lieber Gott hilf einem jeden, jedem Bruder und guten Helden, russ. pomogs: jemu hilf ihm; aksl. kto mine sluzitü wer mir dient Joh. 12, 26, serb. ne moZete sluZiti bogu i bogatstou ihr könnt nicht Gott und dem Mammon dienen, ebenso russ. sluäii. Weiteres bei Miklosich 4, 593. Im Griechischen yparopew, aptyyo und mit der Nuance des Ver- theidigens und Abwehrens altto, Auuvo. Im Germanischen gehören got. Verba wie andbahljan, siponjan, skalkınon dienen hierher (Köhler 15), ferner Alerdyan sich jemandes annehmen. Weitere Verba verwandter Bedeutung, wozu man auch ahd. folgen rechnen kann, s. bei Grimm 4, 687. Merkwürdig ist, dass got. hilpan nicht den Datıv, sondern den Genitiv bei sich hat [beina, unsara, ize, meinaizos ungalaubeinais). Es scheint ein vereinzelter Rest jener Gruppe, der griech. p&öonar u. s. w. an- gehören. In den andern Dialekten hat es Akk. und Dativ (vgl. Erdmann 2, 195). Schmecken, gelingen, gefallen, scheinen. Da die Kasus, welche bei den subjektlosen Ver- ben erscheinen, bei diesen behandelt werden sollen, erwähne ich hier nnr kurz: ai. soad schmecken, ardh und kalp gelingen, lat. placeo, videor, libet, licet, lit. sektis gelingen, aksl. ugoditi gefallen, griech. avöavo, doxdw, walvonar, got. galeikon (Grimm 4,698). Hassen, zürnen, betrügerisch verfahren. Aus dem Altindischen gehören hierher har, krudh, asüy zürnen, gla Widerwillen empfinden, druh betrügen, z.B. nd satanunap- trıne drögdhävyam einen Schwurgenossen soll man nicht betrü- gen, vgl. SF.5, 142. Aus dem Lateinischen etwa znvideo, mi- nor. Aus dem Slavischen lässt sich anführen: aksl. ne lüZete drugü drugu y.r yeuöeode eis aAArAou; (Miklosich 4,584, 5, im Serbi- schen nicht mehr Dativ, sondern: ne la2ite Jjedan na drugoga). Serb. ko zlıma opraßta, dobrima Skodi wer den Bösen verzeiht, schadet den Guten; ko kriva alt, pravom grijesi wer den Bösen schont, sündigt gegen den Gerechten (Daniti6 341). Beneiden: Aksl. Adamu porode vüzavide Adamo invidit in paradiso (Mikl.4,594),

284 Kap.VII. I. Der Dativbei zürnen, freundlich gesinntseinu. äbnl. /$131.

serb. zavidıla svojo7 zaovıcı sie beneidete ihre Schwägerin, russ. zavidovali komu cömü. Daran schliessen sich die Verba des Spottens, gewöhnlich mit persönlichem Dat.: aksl. rggatı se jemu &uraileıv auto Luk. 14, 29 (im cod. Mar. nur Jemu\, serb. (Danicie 338 f.) rugala se sova sjensci die Eule spottet über die Meise, russ. rugala mafi malicisku eine Mutter verspottete (schalt aus) ihren Jungen (Äsböth 4). Ebenso bei aksl. smijati se verlachen (jemu), serb. smiyati se, russ. smejalisi etoj sutke lachten über diesen Scherz (Äsböth 24). Aus dem Griechi- schen: yoAdopat, ywopat, xotdw, axuLonat, veussaw u. ähnl., aus dem Germanischen eine Reihe von Wörtern, so got. hatızon zürnen, Zatan schmähen, :dveityan schelten (auch Akk.), gasakan drohen, gebieten, bedrohen, dalryyan Böses anthun, quälen, usagljan belästigen (unwrıaLlsıv), uspriutan dass. (xdroug Trapeyeıv). Ufbrikan in ni vılda izai ufbrikan oux NdeAnsev aurry dderroaı Mark. 6, 26 heisst vielleicht ursprünglich ‘sich gross machen gegenüber jemand’ (vgl. Grimm Wb. unter aufdrechen).. Auch Jrakunnan verachten, frakunnandans patim anbaraım &foudevouv- tag tous Aoınoos Luk. 18, 9 gehört hierher.

Die Verba welche freundlich gesinnt sein gegen jemand bedeuten, sind in den alten Sprachen nicht so häufig mit dem Dativ verbunden, wie ihre Gegenbilder. Aus dem Altindischen wäre etwa mard hold sein, verzeihen (mit persön- lichem Dativ) anzuführen, aus dem Lateinischen cupio, faveo, ıgnosco, indulge. Von slavischen Wörtern entsprechen solche wie serb. oprostiti verzeihen u. ähnlich (Danitic 337 £.). Dazu kommen Verba des Freuens mit sachlichen Dativ, z. B. aksl. veprü kalu radujefi se der Eber erfreut sich am Schmutze (Miklosich Gl. unter radovatı), serb. raduje se kao ozebao suncu er freut sich wie ein Erfrorener der Sonne (Da- nıcic 342, wo noch andere Verba des Freuens angeführt sind), russ. radoralisja cemu. Aus dem Griechischen etwa &ravdo zustimmen, loben, bei Homer ”Exropı, attische Inschr. $ önpe u. ähnl. vgl. Meisterhans? 172, ebenso im Delphischen: drarve- car 6E 74 nödsı ray Aspoovasırav av &x Tod Ildvrou xat Tois arogtak&vrors un” adrav Dittenberger, Syll. 1, 207, 11—12.

$131—132.] Kap. VII. I. Der Dativ bei wollen, glauben, hören u. ähnl. 285

Germanische Wörter führt Grimm 4, 654 an. Es gehören dahin z. B. got. gaplarhan &vayxaltzeodaır (im Griech. mit Akk.), kukjan küssen, z. B. ni kukides mis oünpa wor odx Edmxes Luk. 1, 45 (nicht so in den andern Dialekten), Piubjan segnen u.a.m. (vgl. Köhler 26).

Schliesslich erwähne ich an dieser Stelle noch einige sla- vische Verba, welche eine Gemüthsregung ausdrücken. Hier und da finden sich zu ihnen auch in anderen Sprachen Pa- rallelen. Es sind: wollen (mit einem sachlichen Dativ), hoffen, sich wundern: Wollen mit sachlichem Dativ, z.B. aksl. milosts chostq a ne Zrütve Eleov HEAw xal od Buctav Matth. 12, 7, chostetü novuumu BeEleı vEov (seil. olvov) Luk. 5, 39. Serb. (Da- nicıe 337) Jednome voljeti a za drugoga ne mariti nach dem Einem streben und sich um das Andere nicht kümmern. Rus- sche Belege s. bei Miklosich 4, 592, wo auch andere hierher gehörige Verba angeführt sind. Hoffen auf: Aksl. dobromu ätıyu nadejachu se sie hofften auf ein gutes Leben (Miklosisch 4,592), serb. dyevoyka se svatovima nada das Mädchen hofft auf die Brautführer, russ. nadejafisja hat na bei sich. Sich wun- dern: aksl. iyudt se jemu &dauuaoev adrdv Luk. 7, 9; serb. (Danıcie 342) djeca se cude svademu a lyudi nicemu Kinder wun- dern sich über alles und Leute über nichts. Aksl. ne divite se semu wh Baupalste toüto Joh. 5, 28, ebenso serb. nnd russ.

$132. Glauben, gehorchen, hören, Acht haben, bemerken, verstehen.

Glauben, gehorchen, hören. Ai. $raddhä, lat. credo, ‚do. Litauisch vEryti mit. pers. Dat., aksl. verovati mit per- sönlichem und sachlichem Dativ, persönlich z. B. po cto ubo ne verovaste Jemu dtarl obx &rıoteboate auıy Mark. 11, 31, sach- lich zanje ne verova slovesemü moyimü avd’ wv oux Enisteusas tols köyorz ou Luk. 1, 20. Ebenso an den betreffenden Stellen im serbischen N. T. Im allgemeinen scheint im Slavischen, nach Miklosich 4, 592 zu schliessen, nicht der persönliche, sondern der sachliche Dativ das Gewöhnliche zu sein, während im Germ. nach Grimm 4, 660 das umgekehrte Verhältnis stattfindet. Den Übergang zu hören vermittelt re{douat gehorchen. Bei ‘hören’

286 Kap. VIL I. Der Dativ bei hören, walten. [$ 132—133.

findet sich vereinzelt ein Dativ im Altindischen, wo $ru im RV. mit dem Dativ der Person erscheint, im Altlateinischen hat auscultare den Dativ. Über das gotische Aausjan sagt Köhler S.14: “Ganz in der Ordnung finden wir es, dass ufhausjan den Dativ regiert und andhausjan, welche beide Verben 'ge- horchen’ bedeuten. Auffallen muss es aber, dass andhausjan in der Bedeutung ‘erhören’ den Dativ regiert. In dersel- ben Bedeutung findet sich das einfache hausjan Joh. 9, 31 mit dem Dativ. Auch wenn Aausjan nur ein einfaches An- hören, Zuhören bedeutet, ohne dass dabei an ein Beachten, Befolgen des Gehörten gedacht wird, so findet es sich mit dem Dativ verbunden. Öfters liegt der Begriff des Aufmerkens auf das Gehörte und demnach des Beachtens desselben in hausjan und dann müssen wir es zuweilen geradezu mit ‘gehorchen’ übersetzen; auch in diesem Falle hat es den Dativ nach sıch. Wenn jedoch einfach das sinnliche Hören eines Tones, Schal- les, einer Rede u. s. w. gemeint ist, so hat es meist den Ak- kusativ bei sich”. Weiteres bei Grimm 4, 699. Acht haben, bemerken, verstehen. Slavıisch. Aksl. vinemlete sebe rpoo&yere £avrois Luk. 17, 3 und sonst vinimay mi slovesemi audi verba mea; russ. gospodi vnemli moleniju mojemu Herr! erhöre mein Gebet. Aksl. Anıgamü razumirü literarum peritus (im cod Mar. stehen bei razumeti nur Akk., z. B. Anigy), serb. zdrav bolesnu ne razumtije der Gesunde versteht den Kranken nicht. Andere ähnliche Verba bei Miklosisch 4, 590, 9. Ger- manisch: got. gaumjan z. B. Pairhgaggands gaumida mann blindamma rapaywv elöev Avdpwrov tupAdv Joh. 9, 1; got. frap- Jan hat immer einen sachlichen Dativ bei sich, z. B. unte ni Jrabsis paim gubs ak baim manne drı ou Ypoveis ta av dewv alla zd tüv dvdpwnwuv Mark. 8,33. Daran schliessen sich mit etwas anderer Wendung got. vitan bewahren, z.B. hatrdai die Heerde, dairgan bewahren, z. B. bairgip izai yuldksı aurnv (die Seele) Joh. 12, 25.

$ 133. Walten, regieren (siegen).

Der Dativ liegt vor im Lateinischen bei smoderor, impero u. ähnl., sodann im Slavischen (Miklosich 4, 585).

6133-135.) Kap. VII. I. Der Dativ bei walten, gewöhnen, sein. 287

Aksl. vlasti hat gewöhnlich den Instr. bei sich (so im cod. Mar. vgl. $ 111); ob auch der Dativ vorkommt, ist mir nicht bekannt. Mit dem Dativ verbindet sich ustoyatı xara- wpieVw, eigentlich “dastehen, stark sein jemandem gegenüber, 3.B. veste Jako küngzi jezykü ustojetü Jimü oldare Orı ol Apyovres iv &dvav xaraxupısuouor aurwv Matth. 20, 25. Hier sei auch odolek siegen erwähnt, z. B. aksl. odolejesi vragomü tooyimü hostes tuos vinces. Odoleti bedeutet, wie die Übersicht bei Miklosich Wb. unter dole- lehrt, eig. “in der Übermacht sein, widerstehen’, daher man im Serbischen noch sagt: ja ne mogoh sreu odoljeti ich konnte dem Herzen nicht widerstehen, und techisch odolatıi komu jemandem gewachsen sein. Bei den griechischen Wörtern wie äpyw, Apyeuw, onpalvo, ny&opar, Tyepo- vevwm, Baoıledw, Beuiotebw, den germanischen wie reikinon, Piu- dinon, gavaldan u. 8. w. kann danach der reine Dativ vorliegen, aber auch der Instr. (s. $ 111). Auch der Lok., den ich früher (ALL. 38) nach Analogien wie &v Dalnkıv avdoosıy angenommen habe, wäre möglich.

6134. Gewöhnen, lehren, lernen.

Im Slavischen steht bei den Verbis des Lehrens und Lernens, welche den Grundbegriff des Gewöhnens haben, das, was uns Objekt ist, im Dat. (Miklosich 4, 604), z. B. aksl. ey naucıtü visemu &xelvos vuäs Ötöakeı navra Joh. 14, 26; otü smokovünice Ze nauöite se pritüci and 5& is ouxtic nadere mv zapaßorrnv Matth. 24, 32 (mit Akk.: navyknete pritücq Mark. 13, 28); serb. (Danicie 342) di se jest krvi naucio du hast dich an Blut gewöhnt; nauci nas ti mudru sjetu i nauku lehre du uns klugen Rath und Kenntnis; russ. uörlt kogolibo cemu leh- ren, uctlisja Cemu lernen. Entsprechend kommt auch im La- teinischen, freilich nicht von der ältesten Zeit an, der Dativ vor, z.B. praedae adsuetus miles bei Livius.

$135. Sein.

In den Dativ bei ‘sein’ tritt derjenige, für den der das Subjekt zu ‘sein’ bildende Nominalbegriff bestimmt ist, für den etwas vorhanden ist, dem es zufällt, gehört. Arisch: indra

288 Kap. VI. I. Dativ bei sein. [($ 135—136.

tübhyam id abhuma dir, o Indra, sind wir zu eigen geworden RV. 6, 44, 10; mähyam bhägö bhavi$yati welcher Antheil wird für mich sein, mir zufallen SB. 10, 4, 3, 9; cvab ahmaı natre mi2dem arwhap welcher Lohn wird diesem Manne zu theil werden vd. 8, 81. Das Verbum as, aA kann auch fehlen. So steht neben namö "stu brähmisthäya Verehrung sei dem grössten Brahmanen, ndmö mahdädbhyö, ndmö arbhakebyah Verehrung den Grossen, Verehrung den Kleinen (SF. 5, 145), nemöo hao- mäsi Verehrung dem Haoma y. 9, 16 (vgl. Hübschmann 220). Bekannt ist derselbe Gebrauch im Lateinischen in Sätzen wie: an nescis longas regibus esse manus u. 8. w. Litauisch und Slavisch. Lit. z. B. mdn Yr mir ist, ich habe. Slavi- sches siehe bei Miklosich 4, 599, der aksl. Sätze anführt wie Jedinomu nestü venica uni non est corona, rumeno lice jemu Jestü er hat ein rothes Gesicht, odycay be igemonu der Abt hatte die Gewohnheit. Auch bei nicht persönlichen Begriffen: boziyi vere jesmü fidei divinae addictus sum. Dabei kann das Verbum auch fehlen, z. B. ina (pliti) &lovekomi, ina Ze skotomi, ina Ze rybami, ina Ze piticami all oApk avdpurwv, an di xrıv@v, an 58 tydimv, aA d& mımvav. Serbisch (Danitie 350) zlatna su J9) krila sie hat goldene Flügel, Arepka ti desna ruka bila ostra ti sablja kräftig war deine rechte Hand (oder: du hattest eine kräftige u. s. w.) und scharf dein Säbel. (Man kann also den Dativ auch als adnominalen auffassen) Grie- chisch. Die Belege aus Homer s. bei Günther 50 ff., z. B. Evvea TW ye Avaxtı tpanslfes xöves Haav W 173, ohne Verbum Ovris &pol Y dvopna ı 366. Ebenso bei den Kompositis mit rapa, &v, &rt, bei nelopaı, ylyvopaı. In bezug auf das Ger- manische bemerkt Grimm 4, 703, dass dieser Dativ unserer Sprache wenig zusage. Belege aus dem Got. bei Grabelentz- Loebe, $ 225, danach auch bei vaırdan, z. B. hvarjamma tze vairbid gens rivos abrav Eoraı yovn; Mark. 12, 23, aus dem Ahd. Erdmann 2, 202.

$ 136. Dativ des Zieles.

Ich bespreche zuerst den Dativ bei ‘gehen, bringen’, den man am häufigsten und zuversichtlichsten als Dativ des Zieles

$ 136.] Kap. VII. I. Dativ des Zieles. 289

angesehen hat, und füge dann noch einige Verba ähnlicher Bedeutung hinzu.

Gehen, bringen. Arisch: Dass im Altindischen in diesen Dativ nicht das Ziel tritt, sondern derjenige, dem die Handlung gilt, habe ich SF. 5, 143 ausgeführt. Es ist also ı.B. RV. 1, 154, 3 prä vifnave !Süsam &tu mänma richtig zu übersetzen: dem Vishnu zu Ehren schreite das kräftige Lied vor. Wenn aber in Nachahmung und Weiterbildung solcher Ausdrücke, die doch immerhin noch an die lokale Vorstellung streifen, an die Stelle der Person ein Gegenstand tritt, wird gewiss der Dativ lokal empfunden (wie der Akkusativ der Richtung), so z. B. in $akatäyabhipravrajati er schreitet zu dem Wagen vor Ap. Sr. 8. 1, 17,4. Zu demselben Ergebnis führt die Betrachtung der von Spiegel, Gr. 430 und Hübschmann 221 beigebrachten Stellen, die ich kurz durchnehme. So heisst y. 9, 3 ahmai jasa ıhm kam, ihm wurde zu theil; yt. 14, 2 ahmäi panryo @jasap da erschien jenem zum ersten Male; y. 43, 4 wie 9,3; y. 44, 1 yaba a vohu jJimab manarha damit er uns herankomme mit Wohlwollen (tva Auiv rposeidy), falls ne überhaupt Dativ ist; y. 44, 16, s. Bartholomae, AF. 2, 178; y. 52, 2 ist es zweifelhaft, ob ares durch “andringen’ richtig übersetzt ist; y. 65, 11 kann wohl eher als finaler Dativ be- zeichnet werden; yt. 8, 36 vgl. Geldner, K7. 25, 472; yt. 8, 46 vgl. ebenda 473; yt. 10, 137 gehört unter die Fälle des sog. adnominalen Dativs $ 146; vd. 2, 24 hält Geldner, KZ. 25, 188 und ebenso jetzt Hübschmann, KZ. 27, 94 die entscheidenden Worte für später eingeschoben; vd. 7, 36, vgl. y. 65, 11; vd. 6, 16 und 71 können Ablative vorliegen; vd. 9, 54 kada no ahmäi asaphatca sorbragca paiti jasato Tzaca äzüitisca wann werden diesem unserem Orte und Lande Speise und Fett wiederkehren. Es bleiben (wenn ich von einer oder der anderen undeutlichen Stelle absehe) noch übrig: ahmai nagmäi uzjasaiti yt. 10, 19, was Greldner, KZ. 25, 488 übersetzt: ‘in jener Richtung zieht’, und urva paräitı paroasnäi anuhe die Seele geht hinüber zur jen- seitigen Welt vd. 18, 3. Für diese letztere Stelle ist von Werth die Vergleichung des Altindischen: suvargaya lokaya visnukramäh

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. .39

290 Kap. VO. I. Dativ des Zieles. ‘8 136,

kramyante TS. 1, 7, 6, 2 ist nicht zu übersetzen ‘zum Himmel werden die Vishnuschritte gethan’, sondern ‘mit Rücksicht auf, im Hinblick auf’ (das beweisen Sätze wie: suvargaya va fd lokäya ciyate ydd agnih der Feuer-Altar wird gebaut um des Himmels willen TS. 5, 5, 4, 4, vgl. SF. 5, 148). Somit dürften sich wenige Stellen finden, in denen der Dativ wirklich eine lokale Bedeutung hat, wo sie aber vorliegt, scheint sie sich aus der von mir angenommenen Grundbedeutung des Dativs ent- wickelt zu haben. Nirgend bedeutet der Dativ ein Anlangen am Ziel, sondern nur ein Streben nach demselben (vgl. noch Baunack, Studien 2, 385). Von Verbis, welche ‘bringen’ be- deuten, kommen nach SF. 5, 144 besonders ın betracht: vah (av. upa-vadh), bhar, har (bar), hi, ni, 2. B. mrtyave va &$d niyate ydt paSih das Opferthier wird dem Tode zugeführt (damit er es in seine Gewalt bekomme) TS. 6, 3, 8, 1.— Lateinisch. Die bei Schmalz ? $ 89 angeführten Ausdrucksweisen kann ich schon deshalb nicht mit diesem Gelehrten als finale Lokale auf- fassen, weil ich leugne, dass im Lateinischen der Lokalis mit dem Dativ zusammengeflossen ist. Es gehören hierher Wen- dungen wıe :ı£ coelo bei Virgil, mittis leto bei Accius, matres ‚familiae quae paulo ante Romanis de muro manus tendebant bei Caesar. Ich glaube wohl, dass coelo in st coelo lokal empfunden worden sei, nehme aber an, dass dieser Dativ solchen Wen- dungen wie mittere leto dem Tode zusenden ("Aröı zpoidrrew) nachgebildet sei. Derselben Ansicht ist Landgraf in Wölfflin’s Archiv 8, 69, auf dessen ausführliche und einsichtige Behand- lung ich verweise. Slavisch. Aus den bei Miklosich 4, 579 zusammengestellten Beispielen hebe ich hervor bei Verben von der Bedeutung ‘gehen’: aksl. :detü tebe krotükü er kommt zu dir freundlich, Bogovi prichodisi du kommst zu Gott, prilucisa se Rimu postquam Romam venit. In domovi nach Hause und dolu herab ist die Erstarrung bereits eingetreten. Serbisch (Danicic 321 ff}: In den Dativ treten Personen, z. B. tidem ocu svojemu ich gehe zu meinem Vater Luk. 15, 18 (dagegen aksl. im cod. Mar. mit Aü: idq oticyu mojemu), Zena podje svoJoJ udatos kceri u pohode eine Frau kam zu ihrer verheiratheten Tochter

$ 136.) Kap. VII. I. Dativ des Zieles. 291

zum Besuch, Ahodu byeZat caru u Stambola ıch will zum Zaren in Stambul eilen, »amisli da ostavi prooga muZa i da bjezi ovome drugome sie gedachte ihren ersten Mann zu ver- lassen und zu diesem zweiten zu eilen. Wenn die Person im Pronomen steht, empfinden wir den Dativ mehr als einen der betheiligten Person, weniger als einen des Zieles, z. B. evo su ti gosts dosli siehe, da sind (zu) dir Gäste gekommen, dodi de injemu crn pelak es wird auch ihm ein schwarzer Freitag kom- men. Das Ziel kann aber auch ein Ortsbegriff sein, z. B. ıdudi od kuce do kude dodje i kudi njezina oca von Haus zu Haus gehend, kam sie auch zum Hause ihres Vaters, ved ti id dvoru bijelomu aber du geh zu dem weissen Gehöft. Auch andere Begriffe als Haus, Kirche u. dgl. treten in den Dativ, z. B. ona ide svome vinogradu sie ging zu ıhrem Weingarten. Neben den Verben des Führens und Bringens empfinden wir in dem Dativ, falls er persönlich ist, bald das indirekte Objekt, bald das er- strebte Ziel, z. B. akal. i nese maters svojeji nal Tveyxe ty unrpl aurnic Matth. 14, 11, serb. dovedoh ga ucenicima tvojijem i ne mogose ga iscjelsti ich brachte ihn zu deinen Jüngern und sie vermochten ihn nicht zu heilen Matth. 17, 16. Ein Beispiel für einen Sach- begriff ist: serb. vode njega dvoru biyelome führen ihn zum weissen Hause (vgl. Danici6 325). Diesen Dativ des Zieles hat von den lebenden slavischen Sprachen nur das Serbische vollständig er- halten, die anderen nur noch als veralteten Gebrauch oder in adverbialer Erstarrung. So findet er sich z. B. im Altrussischen in Sätzen wie ubeza novu gorodu er floh nach Nowgorod (bei Miklosich, vgl. auch Buslajev 253). Griechisch (vgl. den Lo- kalis S.228, wo Fälle wie yeip reölp rese untergebracht sind). Ein Dativ bei Verben, von der Bedeutung ‘gehen’, den man als Zieldativ ansehen könnte, liegt wohl nicht vor ivgl. das über Sätze wie Zaploıs 7Ade unter dem Dat. commodi Gesagte). Für "bringen, schicken’ u. s. w. lassen sich anführen Yuyas "Audı zpotabev A 3 (eigentlich dem Hades) und ferner yeipe »lAoıo’ &rapoısı neraocas A 523, Beoicı 6E yeıpas av&ayov I’ 318 und ähnl. (Günther 7). Dass es sich hier aber nicht um einen Zielkasus im eigentlichen Sinne handelt, folgt schon aus dem 19*

292 Kap. VII. I. Dativ des Zieles. [$ 136.

Umstande, dass in den Datıv überall Personen treten. Ger- manisch. Über den Dativ des Zieles im Ags. handelt Dietrich bei Haupt 13, 128 ff. Unter den zehn Belegen für einen solchen Dativ bei Verben der Bewegung gleichen den oben angeführten indischen vollkommen: Pa he heofonum ästäg da stieg er zum’ Himmel herauf; heo Pa üdre gevät engles larım hıre hlafordum sie ging da sogleich, nach des Engels Lehre, zu ihrem Herrn. Bei gereordum ladige ich lade zu Ge- lagen (S. 131) trıtt dagegen, wie mir scheint, der Gedanke des Zweckes deutlich hervor. In bezug auf das Ahd. bemerkt Erd- mann 2, 199, dass gueman stets mit persönlichem (nie mit sach- lichem) Dativ erscheint, z. B. boton quement mine thir Otfr. meine Boten werden zu dır kommen. Sich nähern, begegnen: Im Lateinischen bei appropinquare u. ähnl. Im homerischen Griechisch bei rela/w (selten Personen, gewöhnlich Dinge, z. B. ioröv istoödxy u. ähnl. vgl. Günther 22), rüvapaı (ydovi). Über die germanischen Verba s. Erdmann 2, 200, wo zugleich ausge- führt ıst, dass es sich bei diesen Verben nicht um einen Dativ des Zieles, sondern der betheiligten Person handelt. Berüh- ren (empfangen, nehmen). Der Dativ liegt vor im Slavischen (vgl. Miklosich 4, 563) und Germanischen, z. B. aksl. strely jemu ne kasaachu se sagittae non tangebant eum (die ursprüngliche Bedeutung von Aosngti se ist mir freilich nicht klar). Gotisch tekan, 2. B. taikok mis sums Tıyard woö rıc Luk. 8, 16. (Da bei diesem Verbum dem griech. Gen. der got. Dativ gegenübersteht, so entspricht auch dem doppelten griech. Gen. ti; you Tıdaro tüv inattov ein doppelter got. Dat. in hvas mis taitok vastjom Mark. 5, 30.) Gewöhnlicher als tekan ist attekan (vgl. Köhler 31). So wird denn auch der Dat. bei altn. taka als ein echter Dativ aufzufassen sein, z. B. tök jarl honum Pa vel nahm ihn gut auf Gunnl. 17. {Näheres darüber bei Dietrich, Haupt’s Ztschr. 8, 34.) Dagegen liegt in 25% upp hondunum Gylfaginning 46, 6, der Instr. vor, von dem $ 129 gesprochen worden ist. An tekan schliesst sich ags. for (vgl. Dietrich, Haupt’s Zeitschr. 12, 132}, z. B. he Dam frütvum feng er empfing die Kostbarkeiten Beov. 2990, onfoh Pissum fulle nimm diesen Becher 1170. Ferner

$136—137.] Kap. VIL I. Dativ des Objekts im Germanischen. 293

ags. nıman, %. B. bearvas blöstmum nimad die Haine bekommen Blüthen, Seefahrer 48, und die Komposita got. biniman ın bini- maina imma xA&dworv auzdv, Matth. 27, 64 und ags. forniman in Wendungen wie: him irenna ecga fornamon Beov. 2829. Sich jemandem neigen. Altindisch: nam, z. B. dyava cid asmäs prthivi namöts selbst Himmel und Erde beugen sich ihm RV. 2, 12, 13. Slavisch: poAlonit: se, z. B. aksl. gos- podi bogu toojemu poklonisi se xUpıov zöv Üedv oou TpoaxXuvHnsetS Matth. 4, 10 (serb. gospodu bogus svojemu poklanjaj se), russ. poklonitisja komu-libo pojasü sich vor jemanden bis zum Gürtel verbeugen, poklonifisja komu jemanden grüssen. Ebenso im Germanischen: altnord. stöd upp ok hneigdi honum stand auf und neigte sich vor ihm (Dietrich 26). Belege aus dem Angels. s. derselbe bei Haupt 13, 133, aus dem Ahd. Erd- mann 2, 201). Weichen, nachgeben, sich entschuldigen. Aus dem Altindischen gehört hierher: A& mit ni zurück- weichen vor, sich ducken (amaya vor dem Ungestüm, manydoe vor dem Zorn), hnu sich entschuldigen, devebhyah den Göttern gegenüber. Aus dem Lateinischen cedo, concedo, ezcuso. Aus dem homerischen Griechisch eixw (avöpt, Bow, atöor u. ähnl.), yaptw, brelxo, Tpa pepw u. 8. w. (Günther 30). Nur im Ari- schen scheint vorhanden: die Waffe schleudern gegen: Im Altindischen erscheint ein solcher Dativ bei as, sary, pra-har, z.B. cäram bhratyvyäya prä harati er schleudert den Keil gegen den Feind TS.5,1,6,4. Aus dem Avestischen wäre zu erwähnen: yascä tadare voiZdap asaun? und wer die Waffe gegen den Frommen zuckt y. 32, 10, wenn ‘zuckt’ die richtige Bedeutung ist.

$ 137. Dativ des Objekts im Germanischen, beson- ders im Gotischen und Altnordischen (vgl. $ 121 und Dietrich in Haupt’s Ztschft. 8, 23 ff.).

Wır haben unter den mit dem Dativ verbundenen Verben manche gotische kennen gelernt, denen wir vom Standpunkt unseres jetzigen Sprachgefühls aus lieber die Verbindung mit dem Akkusativ zutrauen möchten, so frakunnan verachten, wagljan belästigen, Zaian schmähen, idveityan schelten mit an- deren ähnlicher Bedeutung, Aukjan küssen, Piubjan segnen,

294 Kap. VII. I. Der Dativ bei verbalen Substantiven. [$ 137—138,.

hausjan hören, fraßjan verstehen, tekan berühren, fassen, bi- niman stehlen. Man kann also schon mit Rücksicht auf diese Verba von einem Dativ des Objekts im Gotischen sprechen, der sich aus dem Begriffe der einem [Gegenstande zugewen- deten Thätigkeit entwickelt hat. Ferner haben wir bei dem Instrumentalis gesehen, dass viele Verba (die man unter dem Namen Verba der Bewegung zusammenzufassen pflegt), eine Verbindung mit dem Instr. zeigen, wo wir einen Akk. er- warten würden. Dahin gehören die Verba regnen, schnauben, spucken, werfen, säen, streuen, schwingend bewegen, sprechen, knüpfen, schliessen, halten, verkaufen, verwandeln und wohl noch einige andere. Da nun der Instrumentalis im wesent- lichen in den Dativ aufgegangen ist, so flossen diese Verbin- dungen mit den vorhin genannten echt dativischen zusammen, und vereinigten sich im Sprachgefühl zu dem Dativ des Ob- jekts. Die Gewohnheit, bei der Vorstellung des betroffenen Gegenstandes den Dativ zu setzen, hat sich besonders im Alt- nordischen ausgebreitet, so dass sogar Verba wie hafa haben u. ähnl. mit dem Dativ erscheinen. Es ist unter diesen Um- ständen natürlich, dass man manchmal nicht weiss, ob der bei einem Verbum erscheinende Dativ (bez. Instrumental) in der ursprünglichen Bedeutung des Verbums seinen Grund hat oder auf Nachahmung beruht. Und das ist auch ein Grund für die Unsicherheit in der Beurtheilung mancher hierher ge- höriger Fälle, wie sie in dem $ 121 zu Tage tritt. Sodann ist natürlich, dass man nicht selten den Akkusativ und den Datıv neben einander findet (vgl. Gabelentz-Loebe S. 224 und den oben angeführten Aufsatz von Dietrich), sei es, dass von An- fang an zwei Konstruktionen neben einander im Gebrauch waren, sei es, dass der Dativ erobernd ın das Gebiet des Akku- sativs vordrang.

$ 138. Der Dativ bei verbalen Substantiven.

Von den Verben kann bisweilen die Verbindung mit dem Dativ auf verbale Substantiva übergehen, namentlich im Griechi- schen. Brugmann, Griech.Gr.2208 führt dafür folgende passende Belege an: zupös Boorots Sorzp öpäs Ilpound&a (Aeschylus), rept

$ 138— 139.) Kap. VO. I. Der Dativ bei Adjektivis. 295

on

my tod Beod Ödarv ügiv /Plato), ebenso: & &; andöoalv &otıy Tois deois Ehroroueva CIA. I. 32, tw Eraipp cov eis Bonderav (Plato). Aus dem Lateinischen gehören hierher :nsidiae consuli (Sal- lust), Zradıtio alteri (Cicero) u. ähnl.

$139. Der Dativ bei Adjektivis.

Arisch. Es kommen wesentlich die Adjektiva, welche ‘lieb’ und Ähnliches bedeuten, in betracht, so ai. $ivd gütig, z. B. Jiva sakhibhya utd mahyam äsıt sie war gütig gegen die Freunde und auch gegen mich RV. 10, 34, 2. Ebenso im Altindischen bei car lieb, hit angenehm u. ähnl. Im Avestischen yahmat a$ava fryö dem der Fromme befreundet ist y.46,6. Ebenso bei urvapa freund- lich, vuhtsta der es am besten meint (y. 33, 3) u. ähnl. Hierher gehört auch das ai. Adverbium dram bereit, z. B. sasmä dram er ist für ihn bereit RV. 2, 18, 2 (vgl. SF. 5, 146). Im La- teinischen sind es die Adjektiva ‘beliebt’ und ‘verhasst’, ‘gleich’ und ‘ungleich’ und viele andere, welche sich an die entsprechenden Verba anschliessen (Draeger 1 409 ff). Bal- tisch-Slavisch. Im Litauischen Zygus gleich, z. B. sunüs tevu Iygus der Sohn ist dem Vater gleich, mölas lieb, z. B. tu man melas du bist mir lieb. Innerhalb des Slavischen (Miklo- sich 4, 599) findet sich der Dativ bei ‘lieb’ nur in neueren Dialekten, dagegen ist er alt bei ‘gleich, ähnlich, würdig, schuldig’, z. B. aksl. visit tücni drugü drugu alle sind einander gleich, ferner podobinü ähnlich, z. B. komu upodobljq rodosi? podobenü jestü detistemü tiv buowow TMv yevaav tabınv; 6pola &sıl raldaptoıs Math. 11, 16; ebenso russ. z. B. pododnysy po- dobnago sebe razumejetü der gleiche versteht den, der ihm gleich ist. Dostojinü hat im Aksl. gewöhnlich den Gen. bei sich (vgl. $ 172), doch auch den Dativ, z.B. sütvorj? ze dostojinaja ranamäü zormoas de dkıa rinyav Luk. 12, 48, jemute azü nesmü dostojinü da otreq remeni sapogu jego od &yb oöx elul Akıos Iva Abo abrod zöy iuavra tod Öroönuatos Joh. 1, 27. Povininid schuldig, 2. B. povinenü jestü sadu Evoxos £oraı fi xplseı Matth. 5, 21. Im Serbischen kriv schuldig (die ursprüngliche Bedeutung ‘krumm?’ ist dabei ganz zurückgetreten‘, also in der entsprechen-

296 Kap. VI. ‘II. Dative zur Ergänzung der Satzaussage. [$ 139.

den Stelle: dice Artv sudu. Das Wenige, was sich sonst aus dem Serbischen vergleichen lässt, s. bei Danıtie 351—52. Der Dativ bei porininü bezeichnet also den Richter oder die Strafe, der jemand verfällt. In den Instr. ($ 124) kann dasjenige treten, durch das man eine Schuld auf sich ladet. Aus dem Griechischen gehört hierher: o{Aog, Yrıos u. 8. w. (für Homer, Günther 36 ff.) und die Gegenbilder 2ydpds, yalerdz u. 8. w. Weiter die Adj., welche ‘gegenüber befindlich’ und ‘nahe’ be- deuten (vgl. die entsprechenden Verba), also avrios, &vavrlos, &yyös u. 8. w. Endlich diejenigen, welche ‘gleich’ und ‘ähnlich’ bedeuten, wie {oog, 8yoros, eixelo;, bei denen freilich auch der In- strumentalis konkurriert ivgl. $124). Germanisch (Grimm 4, 746 ff., Erdmann 2, 224), ebenfalls bei ‘lieb’ und ‘unlieb’, z. B. got. sunu liubana sis vlöv Ayanntöv adroö Mark. 12, 6, mhd. vient (daz ich im vient si), sodann ‘nah’ und ‘fern’, (doch nicht im Gotischen), z. B. ahd. was Petrüse gilanger Otfr. ‘Gleich’ und ‘ähnlich’, wenn hier nicht der Instr. vorliegt. Endlich bei ‘schuldig’, wobei sonst der Gen. steht. Im Gotischen findet sich skula daupau neben griech. Gen. (Evoyos davarou) Mark. 14, 64, sonst hat auch der griechische Text den Dativ. Ahd. wirdie töde (vgl. oben das Slavische).

II. Dative zur Ergänzung der Satzaussage.

Das Verhältnis gestaltet sich verschieden, je nachdem der in den Dativ tretende Begriff ein Konkretum oder ein Ab- straktum ist. Im ersteren Falle handelt es sich ganz über- wiegend um Personen. Dabei tritt in den Dativ diejenige Person, welcher die Satzaussage gilt. Ob dabei für die be- theiligte Person eine Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit herauskommt, ist natürlich für die grammatische Beurtheilung gleichgültig. Dennoch mag es gestattet sein, den alten Aus- druck dativus commodi der Bequemlichkeit wegen festzuhalten (vgl. Landgraf in Wölfflin’s Archiv 8, 46). Die Dative in den 66 141—143 sind nur der Übersichtlichkeit wegen besonders

$ 140.) Kap. VII. I. Der dativus commodi. 297

behandelt. Sakhidhya idyah heisst eigentlich “ein zu preisender für die Freunde‘. Dass im Dativ dabei der Begriff des Agens hervortritt, liegt nicht an dem Dativ, sondern an seiner Ver- bindung mit einem Verbalnomen, welches etwas zu Thuendes ausdrückt. Gilt die Aussage einem Abstraktum, so entsteht der sog. finale Dativ.

$ 140. Der dativus commodi.

Arisch. Aus demAltindischen: devan devayatö yaja verehre die Götter zum Nutzen des Frommen RV. 1, 15, 12; Gcäryaya kärma karöti er verrichtet ein Geschäft für den Lehrer SB. 11, 3, 3, 6; @fmane ’gnim cinutö in seinem eigenen Interesse baut er den Feueraltar TS. 5, 2, 3, 1; tasma upakrtäya nıyök- taram na vivorduh sie fanden für ihn, als er herbeigebracht war, keinen Fessler \keinen, der ıhn hätte fesseln wollen) AB.7, 16,1. Aus dem Avestischen: usta ahmäi naire yahmäı zaota a$ava yazaıte Heil dem Manne, für welchen ein frommer Priester opfert yt. 10, 137; caprudasem asarnhaqmca Sörprangmca vahıstem frü- bweresem azem yo ahurö mazdä varenem yim caprugaosem, ya- hmii zayata bragtaono als vierzehntes, der Örter und Länder bestes, erschuf ich A. M. das viereckige V., für welches Thr. geboren wurde vd. 1, 17; yo tanuye ssasti Prabrem welcher für sich Schutz wünscht vd. 13, 19; aa) yahmäi zsnuto bavantı ahmäi jasasti avaitahe, Gap yahmai pbisto bavasti ahmäai frascıin- dayeiti nmänemca visemca wem er gnädig ist, dem kommt er zu Hilfe, aber wem er feindselig ist, dem vernichtet er Haus ünd Dorf yt. 10,87. Lateinisch. Eine hübsche Auswahl von Dativen persönlicher Begriffe findet sich bei Landgraf in WöHflin’s Archiv 8, 46, z.B. Verres hunc hominem Veneri ab- solest sibh condemnat (Cicero), mi quidem esurio non tibi (Plau- tus), ut mayoribus natu (den Älteren zu Ehren) adsurgatur Cicero), en quis consevimus agros (Virgil.. An die persönlichen können sich auch unpersönliche Begriffe schliessen, z. B. non scholae sed vitae discimus. Denn zu den finalen Dativen wird man scholae und vitae nicht rechnen wollen. Baltisch-Sla- viseh. Lit. (Schleicher 266), z. B. zmones tikt sdo dirba die Leute arbeiten nur für sich. Slavische Belege s. bei Miklosich

298 Kap. VII. II. Der dativus ethicus. (8 140—141.

4, 601. Einige serbische Beispiele sind (Danitie 332) sebi ores, sebi sijes, sebt vlacıs, sebi ces i Znjets für dich pflügst du, für dich säest du, für dich eggest du, für dich wirst du auch ernten; niko ne moZe cijelom svijetu kolaca namtjesiti niemand kann für die ganze Welt Kuchen anmachen; pogaca se prijatelju $tedi Weizenbrod spart man für den Freund; dok se jJednom ne smrikne, ne mo2e drugome da svane ehe es für den einen nicht dunkelt, kann es für den anderen nicht tagen (Dan. 343). Grie- chisch. Einige Belege sind: Höre ropyupenv Ipıv Öynrotar Ta- voooyp Zeös für die Sterblichen P 547; Mevelaos $ SH tövöe r\oöv Zotellauev dem zu Liebe, in dessen Interesse, Sophokles Aias 1045; twöe d &ywv adrds Bwpnfopa: um seinetwillen, um ihm gegenüberzutreten H 101. Aus der Prosa (Kühner 350) Ausdruckweisen wie ola xal Opnpw Atounöns Akyeı (Plato‘ wie dem (bei) Homer Diomedes spricht (anderen als dem Dichter ist er stumm). Ich rechne dahin auch Thukydides 1, 13: gatverar ö: xat Zapiors ’AneıvoxArs Koptvdros vauınyds vads nornoas TEssapaz' ern © 2orl nalıora tpıaxdsıa Es Thy Teleummy Tode Tod roÄguon, Ste Apeıwvoxifis Saptoıs YABev d. ıi. den Samiern kam, vgl. da aber dem reichen man ein gast kam 2. Sam. 12, 4 (Luther) und Weiteres im deutschen Wb. unter kommen 7bß. Was das Ger- manische angeht, so findet man einige ahd. Belege bei Erd- mann 2, 230. |

$ 141. Der dativus ethicus.

Es folgt der sog. dativus ethicus, der nur das Eigen- thümliche hat, dass er an einem Pronomen erscheint. Er kennzeichnet das Interesse einer Person an der Satzaussage. Aus dem Altindischen lässt sich vas anführen, über dessen Ge- brauch im RV. ich SF. 5, 206 bemerkt habe: “in vielen Stellen fällt auf, dass der Angeredete suppliert werden muss. Nun kann man sich zwar immer eine fromme Zuhörerschaft denken, welche der Sänger anredet, aber es wäre auch möglich, vas im Sinne des griechischen ro, zu fassen. Dabei ist freilich zu erwähnen, dass t@ nicht in diesem Sinne vorkommt”. Über das Lateinische s. Landgraf in Wölfflin’s Archiv 8, 48, z. B. atque eccum tibi lupum in sermone (Plautus), qued miht Celsus

$141—142.) Kap. VIL H. Der Dativ eines akt. od. med. Partizipiums. 299

ogit (Horaz). Baltisch-Slavisch. Lit. vuiks müms numıre der Knabe ist uns gestorben. Gute Beispiele aus dem Ser- bischen führt Miklosich 4, 602 an: jest li mi zdravo putovao bist du mir glücklich gereist? Ziyepa ti je wie schön sie dir ist! Cudno ti ga prevars wunderbar hat er dir ıhn betrogen. Weiteres bei Danıcic 365, woraus man sieht, dass mi und % auch neben anderen Dativen erscheinen, z. B. smjerno mi se caru poklonsse demüthig verneigten sie sich mir vor dem Zaren. Ja, nach Danıitic kommen sogar mi und ti in demselben Satze zusammen vor. Im Russischen ist besonders bemerkenswerth ein volksthümliches, schwer übersetzbares übrigens auch in anderen slavischen Sprachen vorliegendes sede, das bei Ver- ben, wie sitzen, liegen, gehen, stehen, leben, essen, schlafen vorkommt und bezeichnen soll, dass der Handelnde ausschliess- lich mit seiner Handlung beschäftigt ist, z. B. disicka lezıtü sebe kakü mertva der Fuchs liegt wie tot da; ona Akusala sebe sie ass (‘sie ass sich eins’); votü pervaya sebe bezü sumu i $al- komü pletetsja da bewegt sich das erste (das volle Fass) vor sch hin ohne Lärm und langsam (Kıylov). Im Griechi- schen ist dieser Gebrauch von Homer an sehr häufig (für Homer vgl. Günther 79 ff.), z. B. unög por oörtw Hüve SLa mpo- payav E 249; Apeis Tor rarepwv u£y' Apeivoves eby6ped eivar A 405.

6142. Der Dativ eines aktiven oder medialen Partizipiums.

Zu einem Dativ dieser Art kann ein aktivisches oder mediales Partizipium treten, z. B. pupope£voroı ÖE Tolaı gan, boßoßdxtulos "Haus W109. Ein in mehreren Sprachen vor- hiegender Spezialfall ist der, dass in den Dativ des Part. dieje- nige Person tritt, für welche eine Entfernung oder eine son- stige geographische Thatsache vorhanden ist, so avestisch: KasciB ca ‚arfsqm varryangm capwaresatem ayarebarangm hvas- pi naire baremnäi und jedes dieser Rinnsale ist vierzig Tage- reisen (lang) für einen Reitenden, der mit einem guten Pferde versehen ist yt. 5, 4. Ebenso in der griechischen Prosa, z. B.

300 Kap. VII. IL Der Dativ bei passiven Partizipien. [$ 142—143,

’Ertldapvds dorı nölıs dv öskıg dornidovrı röv "Iöviov xdArnov (Thuky- dides, vgl. Krüger 48, 4, 2). Ebenso im Lateinischen, z.B. quod est oppidum primum Thessaliae vensentibus ab Epiro bei Caesar. Daran schliesst sich der Dativ des über andere Dinge Urtheilenden, z. B. ?n universum tamen aestimantı bei Tacitus. (Näheres bei Landgraf in Wölfflin’s Archiv 8, 50).

$143. Der Dativ der betheiligten Person bei passiven Partizipien.

Arisch: Im Veda findet sich bei dem sog. Partiz. nec. auf ya ein Dativ des Agens: sakhibhya Tdyah (von) den Freun- den zu verehren (SF. 5, 396). Ebenso im Av. yesnyqm aruhe astvaıte sie, welche von der Welt zu verehren ist yt. 5,1. Auch bei dem Part. auf ta: ya aom pubrem baraiti anyahmäi arsänät varstem welche ein Kind gebiert, das von einem an- dern Mann gezeugt ist yt. 17, 58 (weitere Belege bei Hübsch- mann 223). Dieser Dativ ist natürlich ein Dativ der bethei- ligten Person, wirkt aber als Agens. Bei dem Verb. fin. habe ich ihn nicht gefunden. Lateinisch: Der Dativ ist von jeher gebraucht bei den Gerundien, erscheint aber auch bei den Partizipien auf to, z. B. meditata mihi sunt omnia mea ıncommoda (Terenz). Dagegen ist er selten bei dem Verbum fini- tum. Griechisch. Ich theile mit, was Brugmann, Griech. Gr.2209 bemerkt: “Ausser dem Verbaladjektiv auf -t&os gehören hierher Stellen wie Lys. 24, 4 tosaöra por elpnodw, Xen. An. 1, 8, 12 navd’ Yiv nerolntar, att. Inschr. &unprorar TY Boulg (Meisterhans, Gr.? 156, 172) u. ähnl. In diesem Gebrauche hatten sich Dativ und Instrumentalis berührt, und sie sind öfters schwer gegen einander abzugrenzen.” Wie geläufig der Dativ des Agens bei dem Partizipium war, zeigt der Umstand, dass man folgenden Ausdruck wagen konnte (Meisterhans a a. O.): ano Tod wpAnpevon Zwreöärdı dpyuplov von dem von Sopolis (nicht

1) Die etwa vergleichbaren slavischen Erscheinungen sind hier nicht erwähnt, weil sie bei Gelegenheit der subjektlosen Verba zu behandeln sein werden.

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$ 144] Kap. VII. H. Der finale Dativ. 301

6144. Der finale Dativ.

Arisch. Belege sind: urdhvas tistha na üldye erhebe dieh zur Hilfe für uns RV. 1, 30, 6; argiraso val svargaya Iokaya satiram äsala die Angiras hielten eine Opfersitzung ab, um in den Himmel zu gelangen AB. 4, 32, 7; agnım höträya prävrnata sie wählten den Agni zum Priesterthum (damit er Priester werde) SB. 1, 2, 3, 1; mosu m? java avanhe komm mir schnell zu Hilfe yt. 5, 63; zemäda uzuzseinti urvard praprai pasoa viraya die Pflanzen wachsen aus dem Boden hervor zur Ernährung von Menschen und Vieh yt. 13, 10, ya vispanam harısingm zabär garewan yaozZdadastı welche den Leib aller Frauen bereitet zur Geburt yt. 5, 2. Auch der erbetene Ge- genstand, als der Zweck der Bitte, kann in den Dativ treten, BB. iti cin nd prajäyai paSumätyai devasö vdnate martyo vah 0 bittet euch (gewinnt euch für sich) der Sterbliche, ıhr Götter, zu viehreicher Nachkommenschaft (um diese von euch zu er- halten) RV 5, 41, 17; amawa bwa verepraynäsca mavoya upa- mruj6 tanuje zu (um) Kraft und Sieg flehe ich dich an für mich selbst y. 9, 27. Dieser Dativ kann auch bei as stehen (welches Verbum dann natürlich auch fehlen kann), z. B. asti hi $mäü mädäya vah es ist etwas für euch da zum Rausche RV 1,37, 15; madaya söomö mädaya süra zum Rausch dient Soma, zum Rausch Branntwein SB. 12, 7, 3, 12; mitemacib haoma hüitıS hazareray- nyaı asti dagvangm selbst die geringste Kelterung, o Haoma, dient zur tausendfältigen Tötung von Dämonen y. 10, 6. Häufig and in beiden Sprachen Dative von Abstraktis, welche gern an das Ende des Satzes treten, z. B. di kramöd akramid iti dabhyam üt kramayati pratigthityai mit den Worten üt krama u.8. w. lässt er mit zwei Versen das Pferd auftreten, des Fest- stehens halber TS. 5, 1, 3, 1; 90 yazaite hvare pattistalee temap- hqgm wer die Sonne verehrt zur Bekämpfung der Finsternisse yt. 6, 4; fr& mqm hunvanuha zwaretee presse mich zum Zweck des Geniessens y. 9, 2. Nicht selten erscheinen in einem Satze zwei Dative, z. B. devebhyah paSavo "nnädyayalambhäya näti- $fhanta die Thiere stellten sich den Göttern zur Speise und Opferung nicht zur Verfügung AB. 2, 3, 3; fra äbyo tanubyö

302 Kap. VO. IL Der finale Dativ. [$ 144.

haomd visäite baesazai diesen Personen dient (kommt) Haoma zur Arzenei y. 10,8. Lateinisch. Im Lat. sind diese Dative, soweit es sich um einfache, nicht von einem Verbalnomen be- gleitete Substantive handelt, innerhalb des alten Latein beson- ders häufig in der Bauern- und Soldatensprache, z. B. granatui videto uti satıs viciae seras sieh zu, dass du genug Wicken zum Einsammeln der Körner säest (Cato), cibatus offas positas Speise, die zum Mästen hingestellt ıst (Varro), receptui canere, locum castris capere u. 8. w. bei Caesar. Eine genauere histo- rısche Ausführung bei Landgraf in Wölfflin’s Archiv 8, 55. Aus dem Litauischen kann man hierher ziehen, was Kurschat $ 1504 angiebt: “rugiai seklai der Roggen zur Saat, nämlich bestimmt; daczka gerimui ein Fass für das Getränk, näml. paskirta bestimmt, pastatyta hingestell”. Aus dem Slavischen führt Miklosich 4, 611 eine Anzahl von Belegen, wesentlich aus dem Aksl. an, aus denen ich die folgenden auswähle: otüdatı düsteri braku die Tochter zum Zweck der Ehe hingeben, fillam in matrimonium dare. Häufig tritt für brakü das konkrete Zena Weib ein, z. B. venomü da zu sebe vüzmeli Zene Yepvl, pepviei adrnv abtw yuvalxa. Derselbe Dativ erscheint bei ‘sein, dienen zu’ und “machen zu’: aksl. pozoru beachq dienten zum Schauspiel; dychomü ponosenizu &yevndmuev överöos; Aameni Jegoze nevredu sülvorise zizdqstepi der Stein, welchen die Bauleute verworfen haben Mark. 12, 10; polo2ılü ny Jesi smechu visemü clovekomü du hast uns zum Spott für alle Menschen gemacht. Aus dem Serbischen (Danitic 362) lässt sich vergleichen: metati kupusa rucku tili veceri Kraut ein- legen für Mittag- oder Abendessen. Häufig ist cemu wozu, z. B. dakle cemu cemu sada duso moja zlovoljna si also wozu, wozu, meine Seele, bist du jetzt unmuthig? Griechisch. Bei dem Dativ von Abstraktis findet sich dieser Dativ nicht mehr. Denn dass, wıe Wackernagel, KZ. 28, 141 annimmt, in den desiderativen Partizipien auf osiwy ein solcher Dativ stecke, also z. B. ösiwv aus Oder {wv entstanden sei, ist mir unwahrscheinlich, und die Infinitive werden nicht mehr als Dative empfunden. Dagegen finden sich auf attischen Inschriften (Meisterhans? 170) eine

$144—146.] Kap. VII. DO. Der Dativ von Zeitbegriffen. Adnom. Dat. 303

Anzahl von Dativen von Konkretis, welche entweder nahe an den finalen Dativ streifen oder direkt so zu bezeichnen sind. Dahin gehören: &uAa xat avdpaxes to noAößöw Holz und Kohlen für das Blei (zum Schmelzen des Bleies) ; „Aoı raic Bupa Nägel für die Thüren, olxta rporxt droteriunuevn ein Haus, welches im Hinblick auf die Mitgift verpfändet (ab- geschätzt) worden ist.

$145. Der Dativ von Zeitbegriffen.

Arisch. aparäya für die Zukunft, samvatsaraya sdm amyale für ein Jahr verbündet man sich MS. 2, 1, 2 (2, 8). ayaozdya pascatta bavaintıi yavazfca yavazlätatca unentsühnbar sind sie darauf für immer und ewig vd. 3, 14. Weitere Belege bei Hübschmann 225. Auch yt. 10, 93 ‘für beide Welten’ heisst wohl: ‘für die Dauer des Lebens in beiden Welten’. Wegen vd. 13, 39 vgl. Geldner, KZ. 25,415.1) Unerklärt lasse ich einen Dativ der Zeit ım Aksl., den Miklosich 4,615 anführt. Es kommt nach M. vor utro probrezgu zelo vüstavü rpwi Evvuyov Alav Avaotaz Mark. 1, 35 und ausserdem utru gluboku dpdpov Bad&os (dieses sicher Dat.), wofür Luk. 24, 1 im cod. Mar. zelo rano steht.

"8146. Der adnominale Dativ.

Dieser ursprünglich die Satzaussage ergänzende, dann zu einem einzelnen Substantivum gezogene Dativ findet sich im Anischen, Lateinischen, Slavischen, Griechischen. Es lässt sich nicht sagen, ob er schon in der Ursprache vorhanden gewesen ist. Man vergleiche die treffende Ausführung von Landgraf in Wölffin’s Archiv, welche vom Lateinischen handelt, aber auch auf andere Sprachen analog anzuwenden ist.

Arisch. Im Ai. erscheint der Dativ in enger Verbindung mit einem Nomen in dem eine Art von Kompositum bildenden Eigennamen däsyave vrkah dem Feinde ein Wolf, dessen Ent- stehung aus einem Satze deutlich ist (vgl. &rei oe Adovra yu- vaıkıv Zebs Orxev D 483). Im Avesta tritt nach Hübschmann 220 ein Dativ auf, “der als Possessivus statt des Genitivs zu

1) Ob das im Veda häufig vorkommende dive dive Dativ oder Lokalis

sei, ist Gegenstand des Streites. Bartholomae erklärt es BB. 15, 188 für Lokalis.

304 Kap. VII. II. Der adnominale Dativ. [$ 146.

dem Nomen gehört’, z. B. zwarenö zarapusträi die Majestät des Z. Ich theile zunächst zu einigen seiner Zitate die Über- setzung von Geldner mit, der den Dativ möglichst zur Geltung bringt: «sö zwarenö zarapustrai dem Z. nach seiner Herrlich- keit trachtend yt. 19, 82 (G., 3y, 53), yafsqm zayanam abau- rune zu diesen Geräthschaften für den Priester gehören (folgen die Geräthschaften) vd. 14, 8 (G., KZ. 25, 564), yezi nos nat- rika ähre raozsnan paitididyab so dass das Weib dem Feuer nicht in die Flammen sehen kann vd. 16, 2 (G., KZ. 25, 587). Über schwierigere Stellen aus den Gathas vgl. Bartholomae, AF. 3, 49 und 56, Geldner, BB. 14, 22. Man sieht aus diesen und ähnlichen Stellen, wie der Dativ, der ursprünglich die Satzaussage ergänzt, einem einzelnen Nomen innerlich nahe rückt und somit sich dem Genitiv nähert. Es kann deshalb nicht Wunder nehmen, wenn im jüngeren Avesta der Dativ ganz wie der possessive Genitiv gebraucht wird, z. B. nizbayemi zwareno atryangm daxwyunam nizbayemi zwareno yimaı ıch rufe die Herrlichkeit der arischen Länder, ich rufe die Herrlichkeit des Yıma an vd. 19, 39, ja, wenn die Kasus durcheinander gehen, wie z. B. dapuso ahuräi mazdäi dem Schöpfer A. M. yt. 13, 157. Weitere Belege bei Hübschmann 221. Latei- nische Belege finden sich bei Landgraf in Wölfflin’s Archiv 8, 62 unter dem zu engen Titel ‘der finale Dativ von Sub- stantiven abhängig’. Die Personalbegriffe, zu denen ein solcher Dativ gehören kann, sind $. 66 aufgezählt. Beispiele sind: meis bonis omnibus ego te herem faciam (Naevius), quis erus est igitur tebi (Plautus), guos est servus Sosıa (Plautus), auctor his rebus quis est (Terenz). Beispiele für den Dativ bei Sach- begriffen sind: satui semen Saatkorn, pabulum ovibus, ıntertri- gini remedium Mittel gegen den Wolf u. ähnl. (vgl. oben den finalen Dativ). Im Litauischen hat sich ein solcher Typus nicht ausgebildet. Doch lassen sich natürlich einzelne Belege beibringen, welche daran streifen, z. B. Akad äsz esü jJüumem dukte 6 jJüs män tevas äsat da ich euch Tochter bin und ihr mir Vater seid, Leskien-Brugman 157. Slavische Beispiele finden sich bei Miklosich 4, 605. Ich führe einige Belege aus

$ 146.) Kap. VII. DO. Der adnominale Dativ. 305

dem cod. Mar. an und füge in Klammern die betreffenden Stellen des serbischen neuen Testamentes hinzu. Da badetü visemü rabü E£oraı rüvtwv 6oßlos Mark. 10, 44 (serb. Dat. da bude soima sluga; so steht auch Mar. Mark. 9, 35 visemü sluga, aber Zogr. mit Genitiv vsechü sluga); drugü mytaremü i gresüni- komd relwv@v Ylkos xaı Auaprwiav Luk. 7, 34 (serb. Dat. drug carinicima i grjeänicima) ; süfinıku Ze jeteru rabü bole züle umi- raase &xatovrapyou BE Tivos boulos xaxüs Eywv TueAle Teleuräv Luk. 7, 2 (serb. mit Präp. « Aapetana pak jednoga bijase sluga) ; chramü moji chramü molitod narecetü se 6 olxds you olxos Tpoosuyic wAndnostar Matth. 21, 13 (serb. Gen. dom molitve); vy Ze sätvo- riste i vrütüpü razbojnikomü vpels 58 adrov Enorhoate orhAauov Iyarav Matth. 21, 13 (serb. Adj. a vi nacıniste od njega pedinu hayducku); svetllinikü telu jestu oko 6 Aöyvos Tod ompards &atıv 6 &pdalud; Luk. 11, 34 (serb. Dat. sotyeda je tijelu oko) ; vy Jjeste soli zemlji vueis &ote 6 Alas ns yrs Matth. 5, 13 (serb. Dat. oi ste so zemiyt); jegda Ze pribliti se oreme plodomü Ira 54 Nyyıoav 6 xaıpds rwv xaprov Matth. 21, 34 (serb. Dat. a Akad se pribliii orjjeme rodovima); tu badetü plali i skrizetü zqbomi &xei &otaı 6 Aauduös xal 6 Bouyuös twv dödvrwv Matth. 13, 50 (serb. Gen. ondje de biti plac i &krgut zuba),. Aus den von Miklosich bei- gebrachten aksl. Belegen führe ich noch an: dboga tworica nebu zemjt i morju Gott den Schöpfer des Himmels und der Erde und des Meeres. Belege aus der serbischen Profanliteratur bei Danicie 362 ff., z. B. Ljutica Bogdan ti sestra mu und seine Schwester, /lijya Brdskoj zemlji glavo Haupt des Landes Brda; gradu vrata rano zatvorajte schliesst die Thore der Stadt früh (S. 335). Oft steht zwischen dem Dativ und seinem Nomen eine Präposition, wobei wir manchmal den Dativ noch gut zur Geltung bringen können, z. B. kad pogleda konjicu na noge wenn er dem Rösslein auf die Füsse sieht; zaspala dyevojka drenku na korenku das Mädchen schlief ein auf der Wurzel des Kornelkirschenbaumes; zzvadi ga vodi na obalu zog ihn heraus an das Ufer des Wassers; a sazrela suncu na istoku und wurde reif bei Sonnenaufgang. Eine bestimmte und feste Grenze für

den Typus des adnominalen Dativs lässt sich natürlich im Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 20

306 Kap. VII. II. Der adnominale Dativ. [$ 146.

Slavischen ebenso wenig beobachten wie anderswo. Ich füge noch einige Belege aus dem Serbischen an, bei welchen es zweifel- haft ist, ob man den Dativ als Ergänzung der Satzaussage oder spezieller als Ergänzung eines Nomens auffassen soll. Dahin gehören Fälle, in welchem das Verbum ‘sein’ erscheint, z. B. (Danicıc 352) Akad je rat niko nıkom nije brat wenn Krieg ist, so ist niemand dem anderen Bruder; ja sam suncu rodjena sestrica ich bin der Sonne eine leibliche Schwester (Schwester der Sonne); Akad Akoji koga zovne: kume! a nije mu kum wenn einer den anderen Gevatter nennt und er ist nicht sein Ge- vatter. Ferner Dative neben andern Verben, z. B. (Danitıc 344) kad kome umre dijete wenn einem ein Kind stirbt; Akad Junaku srce zaigralo als dem Jüngling das Herz zu schlagen anfıng; oci mu se bjehu uzmutili die Augen hatten sich ihm getrübt, und vieles der Art. Ähnlich ist der Zustand im Rus- sischen. Griechisch (vgl. Brugmann, Griech.Gr. 209). Ein Beı- spiel, in dem man noch nicht recht weiss, ob man den Dativ zur Satzaussage oder zum Nomen ziehen soll, ist 7,v apa darzl deol rolnoav E&raiprv p 271. Nur zum Nomen gehört ypapua- Teds 77, BovAT; xal tw Öyuw in attischen Inschriften, neben ypap- narteug Tr; BovAris. Einige Beispiele, in denen das leitende Wort nicht eine Person, sondern eine Sache ist, sind: Aadpy Tpwı taynıov B 99, Unsaupös Beldeocı bei Aeschylus, und inschrift- liche Wendungen wie fparpa tots Falstors, 76 HEdpıov rors Txo- xvapıdlors Aoxpois u. ähnl. Über das Germanische sagt Be- haghel in Paul und Braune’s Beitr. 15, 570: “Sichere altdeutsche Fälle für den adnominalen Dativ sind nicht bekannt. In demo Balderes volon sin vuoz kann man den Dativ zum Verbum ziehen” (Man vergleiche hierzu, was bei den enklitischen Formen der persönlichen Pronomina über das genitivisch- dativische idg. *mo?, *toi bemerkt worden ist).

$ 147.] Kap. VIII. Der Genitiv. 307

Kapitel VII Der Genitiv.

$147. Ich habe der Darstellung selbst ein Wort über den lateinischen (und thessalischen) Genitiv sing. der o-Stämme vorauszuschicken. Manche Gelehrte halten diesen Kasus der Form nach für einen Lokalis, so dass also in dem lateinischen Genitiv der alte Gen. und der alte Lokalis zusammengeflossen wären. Einen Versuch, diese Ansicht syntaktisch zu begründen, hat Andreas Bell gemacht in seiner Dissertation de locativi in prisca latınitate et usu, Breslau 1889. Nach Bell’s Ansicht soll der Green. ursprünglich die Person bezeichnet haben, in deren Gewalt etwas ist. Die Römer hätten sich aber die Ge- walt unter dem Bilde eines die Person umgebenden Kreises vorgestellt. Von diesem Grundbegriff, wie er z. B. in patris hlıus vorliege, sei man dann dahin gekommen, in den Gen. auch solche Begriffe zu setzen, die mit einem anderen eng und dauernd verbunden seien, z. B. filit pater. Pater Marci sei also nach römischer Auffassung etwa so viel wie Pater ın orbe Marc. Nonne vero so fährt der Verf. S. 14 fort pater Romae est idem fere denotat quod pater in orbe Romae est? Itaque locativus fere idem de re exprimit quod gene- trus de persona etc. Ich halte diese Ausführung für miss- lungen, weil der Grundbegriff des Gen., den der Verf. aufstellt, nicht aus der Gesammtüberlieferung der idg. Sprachen ge- wonnen, sondern willkürlich konstruiert ıst. Aber auch sonst scheint mir kein Grund vorzuliegen, im Lateinischen oder Grie- thischen eine Vermischung des Gen. und Lok. anzunehmen. Die Schwierigkeit, welche uns diese Formen bereiten, wird auf einem anderen als dem syntaktischen Wege zu be- kämpfen sein.

Über den Grundbegriff des Genitivs ist $ 69 gehandelt und gezeigt worden, dass wir zu einem einheitlichen Grund- begriff nicht vorgedrungen sind, vielmehr zwei Hauptmassen,

20*

308 Kap. VIII. I. Der Genitiv bei Verben. [$ 147— 148.

den Genitiv bei Verben und den Genitiv bei Substantiven, auf- stellen, über deren Verhältnis zu einander die Meinungen ge- theilt sind. Abweichend von der gewöhnlichen Ansicht bin ich eher geneigt, den adverbalen Genitiv für den ursprünglichen zu halten, und handle demgemäss im Folgenden zuerst von dem Genitiv bei Verben und solchen verbalen Substantiven, welche die verbale Konstruktion beibehalten haben, sodann von dem Genitiv bei Substantiven, bei Adjektiven und endlich dem Gen. der Zeit- und Ortsbegriffe.

1. Der Genitiv bei Verben.

$ 148. Der Genitiv unterscheidet sich von dem Akkusativ dadurch, dass bei dem Gen. der Verbalbegriff nicht auf den vollen Umfang des Substantivbegriffs zu beziehen ist. Er ist sozusagen ein verengerter Akkusativ. Es lässt sich deshalb in dem Gebrauch des Genitivs bei Verben auch eine deutliche Analogie mit dem Gebrauche des Akkusativs bei Verben ver- folgen. Mit dem Akkusativ des Objekts kann man ver- gleichen die Genitive bei Verben der Wahrnehmung, des Herr- schens (nicht bewältigen, sondern Gewalt haben an), des Essens, Trinkens, sich Erfreuens, des Gebens und Nehmens und ver- wandten Verben, ferner von den nur im Griechischen geläufigen Gebrauchsweisen die Verba des Berührens, Erfassens, Erlangens. Zu der Verbindung mit zwei Objektsakkusativen bilden eine Parallele die Verba des Füllens, wozu ıch SF. 4, 41 be- merkt habe: “Zur Verdeutlichung des Entstehens dieses proeth- nischen Typus denke man an den doppelten Akkusativ bei “berauben’. Wie man sagt ‘jemanden berauben etwas’, so sagt man auch “jemand beschenken, füllen etwas’, dieses etwas aber, weil man dabei nur einen Theil einer grösseren Masse im Sinne hat, tritt ın den Genitiv.” Von hier aus bekommt auch der Gen. des ergriffenen Gliedes, den ich unter $ 156 behandelt habe, Licht. Mit dem Akkusativ des Inhalts lässt sich allenfalls vergleichen der griechische Gen. bei blühen, glänzen,

| 148.) Kap. VIII. IL Der Genitiv bei Verben. 309

duften (vgl. SF. 4, 40 und 5, 169), sodann der Gen. des Ein- sstzes bei spielen u. ähnl. Im Altindischen kann man sagen gam divyati er spielt (um) eine Kuh. Endlich habe ich den Gen. des Zieles SF. 4, 41 mit dem Akk. des Zieles verglichen. Verschiedener Ansicht kann man sein über den Gen. bei seın. Wer der Meinung ist, dass das Verbum sein in einer vorge- «hichtichen Zeit auch mit obliquen Kasus verbunden werden konnte, kann den Gen. bei sei» als einen Rest aus dieser Zeit betrachten. Ich möchte annehmen, dass er ein in den Prädi- katstheil des Satzes versetzter adnominaler Gen. sei. Ich habe diesen Typus an das Ende des Gen. bei Verben gesetzt. Eine Schwierigkeit in der Anwendung entsteht durch den Umstand, dass der Gebrauch des adverbalen Genitivs in den einzelnen Sprachen verschiedenen Umfang hat, den weitesten im Grie- chischen. Es lässt sich wohl nicht entscheiden, ob wir darin eine Alterthümlichkeit oder eine Neuerung des Griechischen zu erkennen haben. Meine Anordnung ist in dieser Beziehung durch die Rücksicht auf Übersichtlichkeit bestimmt worden.

Demnach ergiebt sich folgendes Schema:

$149. Wahrnehmen, nebst den griechischen Verben, welche denken an etwas, sorgen für etwas’ bedeuten.

$ 150. Herrschen, walten, verfügen.

$ 151. Essen, trinken, sich erfreuen.

$ 452. Geben, nehmen und Verwandtes. -

6153. Der Genitiv in positiven Existenzialsätzen im Ser- bischen, Russischen, Litauischen.

$154. Der Genitiv belebter männlicher Wesen im Sla- vischen.

$ 155. Griechische Verba von der Bedeutung berühren, umfassen, sich halten an, treffen, erlangen, theilhaftig werden.

$ 156. Genitiv des ergriffenen Gliedes.

$ 157. Genitiv bei Verben des geistigen oder körperlichen Hinstrebens (Genitiv des Zieles).

$ 158. Wetten, spielen nebst den verba judicialia.

$ 159. Vereinzeltes aus dem Griechischen, Lateinischen, Germanischen.

310 Kap. VIII. I. Der Gen. bei wahrnehmen. [$ 148—149.

$ 160. Der Genitiv bei sein. $ 161. Partitiver Genitiv als Subjekt. $8 162. Beibehaltener Genitiv bei verbalen Substantiven.

$ 149. Wahrnehmen.

In der sonst gleichartigen Masse spielt nur das Litauische eine besondere Rolle. Dort heisst küdiktis dutros mötynos das Kind blickt nach der Mutter. Es liegt hierin eine besondere Er- scheinungsform jenes allgemeinen Gebrauches vor, wonach das Substantivrum dann im Genitiv steht, wenn es von dem Verbal- begriff nur theilweise ergriffen wird. Diese Erscheinungsform ıst darum besonders interessant, weil man sieht, wie in einer genitivischen Verbindung der Gedanke des Zieles auftauchen kann. An diese Verba habe ich die griechischen angefügt, welche ‘an etwas denken, sorgen für etwas, sich um etwas kümmern’ bedeuten.

Arisch. Über $rs hören bemerkt Gaedicke, Akk. 46. “nach $ru hören steht das wirklich Gehörte, das Wort oder der Schall im Akkusativ, die sprechende Person oder der schallende Gegenstand im Genitiv”. Im Avestischen findet sich der Gen. von yasna Gebet in surunuya mipra yasnahe, zSnuyä no miphra yasnahe hör auf unser Gebet, freue dich unseres Gebetes, o Mithra yt. 10, 32. Über den Gen. und Akk. bei vid hat Gae- dicke 47 ausführlich gehandelt. Der Gen. steht, wenn vid bedeutet ‘kennen lernen, erfahren, zu erfahren, zu geniessen haben’. Im Avestischen steht der Gen. bei vidus eingedenk y.45, 8 iso nach Bartholomae, KZ. 28, 34, anders Mills. Mar ‘ge- denken, sorgend oder rühmend gedenken’ hat im RV. die Gen. yayhasya des Opfers, te dvasah deiner Hilfe, &sam derselben, häufiger den Akk. (vgl. Gaedicke 46), im Av. :da äpravand dazwyunam manyente varheus a$ahe hier sind die Priester der Graue desguten heiligen Brauches eingedenk (Geldner, KZ.25, 552) yt. 13, 147. Im Avestischen erscheint der Gen. auch bei ap:- vat: usta te apivalahe pouru (so) vacam erezurdangm heil dir! du verstehst dich sehr auf recht gesprochene Worte y. 9, 25. Im Aı. hat aps-vat den Akk. bei sich. Griechisch. Dem ai. $ru entspricht »Aüw. Es hat bei Homer (vgl. Weidenkaff,

{149 Kap. VIII. I. Der Gen. bei hören, erinnern u. ähnl. 311

de usu genitivi apud Homerum, Ilalle 1865, Diss., S. 5) stets den Gen. der Person, gewöhnlich den Gen. der Sache, aber auch den Akk. der Sache (die volle Aufnahme des Gehörten in den inneren Sinn ausdrückend, vgl. 270 mit x 311). Auch dxoöw hat stets den Gen. der Person (7 193 ist ’Atpetönv vorausgenommenes Subjekt des folgenden Satzes), auch in be- zug auf die Kasus der Sache verhält es sich wie x»Aöw!). Dem a. od entspricht forda. Bei Homer findet es sich mit dem Gen. im Sinne von “erfahren sein’ bei tepawv, raons soptrs, Töwv, payns, Beorportwov u. ähnl. Zu den genannten Verben kommen bei Homer noch die Synonymen atw, Euvinpt, ruvdavonar (oft mit dem Akk. der Person), yıyvaoxw merken, erkennen (dreimal), &öary (ebenso oft), endlich &xıoransvos oöpuıyyos 9 406 und öt- tasöuevos roAgnoro [| 811. Erinnern und vergessen: pınvnorw hat den Gen. der Person und Sache bei sich, selten den Akk., in welchem Falle es heisst “im Gedächtnis haben’. Über das entsprechende ai. man s. 8.310. Nach yıuvroxw hat sich Aavdavw gerichtet, mit dem Gen. der Person und Sache, wenn es ‘ver- gessen‘, mit dem Akk. der Person, wenn es “verborgen sein vor’ bedeutet. Dazu das vereinzelte andsssov yap ET aurwv x 493. Lateinisch. Von Verbis des Erinnerns hat memini seit der Urzeit den Gen. bei sich (ebenso wie den Akkusativ), da- nach commemini und recordari, wobei aber der Akk. gewöhn- lch ist. Auf Nachahmung beruht natürlich auch der Gen. bei vemt ın mentem und ebenso bei oblivisci {vgl. "auf etwas vergessen nach ‘sich auf etwas besinnen’), das übrigens bei Plautus nur noch den Akk. hat. Germanisch. Bei hören (Grimm 4, 661) steht im Got. meist ein Akk. der Sache, aber auch Gen., wo das Original ihn nicht hat, z. B. hausjandans fize vaurde Axoboavtss töv Adyov Joh. 7,40, ähnlich in den an- deren Dialekten. Got. gamunan sich erinnern hat den Gen. wie das Griechische, aber auch Gen., wo das Griechische Akk. hat (Grimm 4, 662); Augjan und Pagkjan \s. ebenda) kommen im

li‘ Einen ablativischen Gen. bei Verben des Hörens nehme ich jetzt

nieht an (vgl. darüber Hentze 522ff.), weil ich bei ‘hören’ in den alten in- dischen und avestischen Texten einen Ablativ nicht finde.

312 Kap. VOII. I. Der Gen. bei wahrnehmen u. ähnl. [$ 149.

Got. nicht mit Gen. vor, wohl aber in anderen Dialekten, z.B. ahd. sie dähtun dero worto, huge dero worto. “Acht geben auf (Grimm 4, 658, nicht im Got., aber z. B. ahd. thaz wib thaz thero duro sah (Otfr.) die Thürwärterin. Der Gen. bei vergesser (Grimm 4, 663) dürfte sich hier angeschlossen haben. Li- tauisch. Schleicher S. 275 bemerkt: “die Verba, welche ‘sehen’ bedeuten, haben bisweilen den Genitiv bei sich, meist mit jener Modifikation, welche im Deutschen durch ‘nach’ be- zeichnet wird, z.B... küdıkıs dairos mötynos das Kind blickt nach der Mutter; mäno akys veizd vernüju meine Augen schauen nach den Treuen; sonst haben sie wıe andere Verba, welche Sinneswahrnehmungen bezeichnen, den Akkusativ, so regeti, matyti sehen, schauen, jaüsti fühlen, girdeti, Alausjti hören. Letzteres hat in der Bedeutung “‘gehorchen’ [nach etwas hin- hören, auf etwas hören] den Genitiv: Alausyjfi prisakımo dem Gebote gehorchen”. Ein proethnisches Verbum der inneren Wahrnehmung ist atsimtüti gedenken, z.B. a/simiük manes ge- denke mein. Daran schliesst sich ‘vergessen’ mirszti (meist mit Präp. zusammengesetzt), z. B. uzmi’szo lvo sie vergassen des Vaters, Schleicher Les. 135. Slavisch 'Miklosich 4, 492 ff.). Von den Verben, welche “hören” bedeuten, finde ich s/ysati im cod. Mar. nur mit dem Akk,, z. B. s/ovo, glasü u.ähnl. Auch wo im Griechischen der Gen. steht, hat der slavische Text den Akk., so: siysa penija i liky Txovse ouupwvlas xal yopwv Luk. 15, 25. Der Akk. steht auch, wenn das Gehörte in einem Eigen- namen besteht, z.B. Pilatü Ze slySavü galileja Tldaros dE dxobsas l’arılatav Luk. 23, 6. (Auffälliger Weise steht im Zogr. auch slysarü ze Isusa Axodsas 6E repl tod Irsoö Luk. 7, 3 Isusa als Vertreter des Akk. Der Mar. hat an dieser Stelle o Isuse). Miklosich aber führt auch den Gen. an, z. B. svetyyichü slovesü da slysimü sancta verba audiamus. Ebenso finde ich bei us!y- $ati im cod. Mar. nur den Akk. Miklosich hat auch Gen., 2. B. visi uslysase glasa sego omnes audierunt hanc vocem. Da- gegen poslusati hat auch im Mar. den Gen., z. B. poslusaatü glasa mojego Axo0sı pou Tis vwv7is Joh. 18, 37. Von den Verbis des Sehens führt Miklosich rideti mit dem Gen. an, z. B.

8149.) Kap. VIII. I. Der Gen. bei p!öopor u. ähnl. 313

tideste daba vıdentes arborem. Im Mar. habe ich nur den Akk. gefunden. Für den Gen. bei zöreti führt Miklosich z. B. an: zire drüzosti ucenice dpwv Tod naßntoo nv töApav. Aus Mar. habe ich nur angemerkt: zireste sich& öpwoaı radra Luk. 23, 49. Dagegen sämotriti, welches nicht eigentlich ‘sehen’, sondern ımapavdlavo, xaravo&w bedeutet, hat in den wenigen Stellen des Mar., an denen es vorkommt, den Gen., z. B. sümotrite tranü xatavonsate tobs xöpaxas Luk. 12, 24. Im Serbischen und Russischen ist bei ‘hören’ und ‘sehen’ der Gen. nur schwach vertreten. Aus dem Serbischen führe ich an: al da vidis cuda selikoga da siehst du das grosse Wunder, und momct gledayu djecokaja die Burschen schauen nach den Mädchen (Dani£ic 86). Einige Beispiele aus dem älteren Russisch s. bei Miklosich. Von den Verben der inneren Wahrnehmung führe ich “er- innern’ an: aksl. prestuplenija pomenemi transgressionis recor- demur. (Im Mar. habe ich nur den Akk. gefunden). Ebenso serb. opominjudi ıh ocine zakletve sie erinnernd an den Schwur des Vaters (Danicie 111); pazili achten auf: pazi mene drage sestre moje achte mir auf meine liebe Schwester (Danitic 87). Ebenso russ., z. B. ne mogu ospomniti jego imeni ıch kann mich auf seinen Namen nicht besinnen. Gewöhnlich aber steht bei erinnern’ der Akk. Aus dem Serbischen wäre etwa noch bei- zubringen, dass sich an die Verba des Sehens gewisse Wört- eben mit der Bedeutung ‘siehe’ angeschlossen haben, z. B. gle ti njega da ist er (le vorla), nuto momka siehe den Burschen, eco i muZa da ist dein Mann, elo ti sina, eto ti matere das ist dein Sohn, das ist deine Mutter Joh. 19, 26 und 27 (Danieic 115).

Anhang. Die griechischen Verben ‘an etwas denken, sorgen für etwas, sich um etwas kümmern’: y$öonar mit Gen. der Sache (moAduoro, vöstoro u. ähnl.) mit Akk. wenn es heisst: auf etwas sinnen, das man erreichen will (xaxd, xaxa £pya); &uzafopaı mit dem Gen. von Personen und Sachen (ixerdwv, pidoy, deonporins u. ähnl.), n 422 ixeras; dAdyw mit Gen. der Person und Akk. der Sache; dAsyilw, perarperopar und ddonar mit Gen. der Person; perarperopar mit Gen. der Sache; xr- öopaı mit Gren., gewöhnlich der Person, äxrötw mit Gen. der

314 Kap. VIII. I. Der Gen. bei herrschen, geniessen u. ähnl. [$ 149—151.

Person; p&iw mit Gen. nur bei peuniws (rAouroro, roÄspote), aus\&w mit Gen. der Person und Sache.

$ 150. Verba, welche "herrschen, walten, verfügen über’ bedeuten. Der Gen. findet sich überall, ausser ım Lituslavischen, wo er durch den konkurrierenden Dativ ver- drängt zu sein scheint.

Arisch. Z. B. ai. A$i herrschen /car$aninam, viSam über die Menschen, räyas, dravinasya, vasıınam über Gut, götrasya über den Kuhstall, bresajasya über Arzenei\, ebenso avestisch: tum axstors anazslöis mibra z$ayehe dazwyungm du, o Mithra, ge- bietest über Friede und Unfriede der Völker yt. 10, 29, ferner daevanım über die Dämonen, masyanqm über die Sterblichen (Hübschmann 278). Ferner ai. :$ verfügen über (im RV.: über Gut, Reichthum, Menschen u. ähnl., vgl. Grassmann unter ig), im Avestischen: kap möi urva ise cahya avanphö wıe erlangt meine Seele irgend einen Beistand y. 50, 1. Griechisch. Belege aus Homer sind: avassw (z. B. ‘Apyslwov, Teveöoro!, Basıkevo (Ayamwv, IöAov), Ayeouaı (Erıxoöpwv), xparew (Apyslwv), arpalvo (otparos), deuistedo (raldov). Lateinisch. Ob rerum potir! noch ein Rest dieser Konstruktion ist oder eine Neubildung des La- teinischen, hervorgerufen durch den Begriff “Herr, der in dem Verbum steckt, wird sich schwerlich entscheiden lassen. Ger- manisch. Wie sich bei Grimm 4, 658 übersehen lässt, hat got. valdan den Dat. bei sich, dagegen ahd. u. s. w. den Gen., z. B. ahd. desero brunnono beidero waltan über diese Panzer beide verfügen; hüten und pflegen sind im Got. nicht vorhanden.

$ 151. Essen, trinken, geniessen, sich erfreuenan.

Die Verbindung mit dem Gen. ist überall vorhanden ausser ım Lateinischen, wo der Gen. durch den Akk. und den Instr. (fruor, vescor) verdrängt worden ist.

Arisch. Was zunächst ‘essen’ und “trinken” betrifft, so habe ich SF. 5, 159 gezeigt, dass der partitive Sinn des Gen. im Gegensatz gegen den Akk. noch öfter zu spüren ist, z. B: apo aSnäti er geniesst Wasser, nd mäasänam aßniyat er esse keine Bohnen, ähnlich bei pz und bhakf. Belege aus dem Avestischen sind: @ fi me attayä zaoprayä frarharöis du darfst von

$152.] Kap. VIII. I. Der Gen. bei geniessen u. ähnl. 315

diesem meinem Opfer geniessen yt. 5, 91. yase tE gava iristahe bazsaile wer von dir trinkt, wenn du mit Milch gemischt bist y. 10, 13. Auch bei füttern: duve navasli naram asaonqm cästrayatta geus va hvarebahe va hurayäü va madeus va zweimal neunzig fromme Männer soll er mit Fleischgericht, Branntwein oder Meth speisen vd. 14,17. Sich erfreuen an: Im Altindischen erscheint sowohl im Veda als in Prosa tarp (tepropa«:, z. B. innasya trpyatı er erquickt sich an Speise 'vgl. den Instr. $ 115). Daneben erscheinen im Veda pri, kan, mad, pan. Aus dem Avestischen habe ich nur zu notiert: surunuyä no mipra yasnahr zinuyd no mibra yasnahıe höre auf unser Gebet, freue dich unseres Gebetes, o Mithra yt. 10, 32. Griechisch. Bei Homer, z. B. rıeiv otvoro, almaros, Awroio varav, naoaslaı avaydı Ayarods oltov xat otvoro T 160. Dagegen mit Akkusativ ı.B. Köxko, 77, nie olvov, &rei payes Avöpsuea xpea ı 347. Dazu: geniessen, zu erfahren haben: ripropar (auch mit Dat.) bei Homer im Med. sich ersättigen an (£öntöos, ottou, ÜUnvou, edvf;s, 11, Yuldınros, ydoro). Ferner: darros Gynso 768; yedopaı ‚Soupts, Arwafis, drotod, Yaıpav). Grermanisch. Für ‘essen’ führt Grimm 4, 649 aus dem Gotischen nur an: Pis hlaibis matjai ix od Aprou Eodıdtw 1. Kor. 11, 28, bei 27an keine sichere Stelle, wohl aber ags. büt bu bisses ofütes ete dass du dieses Obstes ässest u.ähn]. Für trinken’ hat Grimm aus dem Gotischen eine iweifelhafte Stelle, dagegen ahd. trinkist du des lüteren brun- nen u.8s. w. Dazu ‘kosten’ (Grimm 4, 650). Belege für den Gen. bei ‘sich freuen an, geniessen, gebrauchen’ (Grimm 4, 663) sind: sıh frewan und sich niofön vom Ahd. an, brauchen (Grimm 4,666) vom Got. an, z. B. Zeıhtis bruhta A Elaypla Eypnoaunv 2.Kor. 1,17. Neben dem Gen. im Got. und Ahd. auch der instrumentale Dativ. Baltisch-Slavisch. Im Litauischen 2.B. üsz valgau dünos ich esse Brod, zis paragävo vandens er kostete Wasser. Slavische Belege bei Miklosich 4, 484, z. B. akal. ı nikütote pivü vetücha abije chostetü novuumu xal oböels zwy ralauıv Belsı veov Luk. 5, 39. (Vielleicht könnte indessen die Nähe der Negation den Gen. verursacht haben. An an- deren Stellen des cod. Mar. finde ich pit nur mit dem Akk.).

316 Kap. VIII. I. Der Gen. bei geben, nelımen u. ähnl. [$ 151—152.

Miklosich führt an: vypilü meda sladkago er trank des süssen Methes. Bei rükusıti kosten findet sich der Gen. rina Joh. 2,9. Serbische Belege, z. B. jests hljeba, pili vode, soli zobatı Salz fressen, 8. bei Danıcie 85.

$ 152. Geben, nehmen und Verwandtes.

Unter diesem nicht ganz befriedigenden Titel stelle ich eine Anzahl von Verben zusammen, neben denen der partitive Charakter des Genitivs besonders deutlich ıst. Das Lateinische, wo der Akkusativ den Gen. in hervorragend starkem Masse verdrängt hat, fällt bei dieser Nummer aus. Wichtig ist das Litauische und Slavische, wo sich im Anschluss an diesen Ge- brauch gewisse feste Konstruktionstypen entwickelt haben.

Arisch, z. B. rujad drlhani dadad usriyanam er breche das Feste, gebe uns Kühe RV. 7, 75, 7, haoma dazdı m& ba®- $sazanım Haoma, gieb mir Heilmittel y. 10, 9; Aumbhyanam grhniyat man nehme von dem im Topf befindlichen Wasser TS. 6, 4, 2, 2; yab masyo masyangm z$udrangm parageur- vayeıti oder wenn ein Mann Samen von Männern empfängt vd. 8, 32. Griechisch. Einige Belege aus Homer mögen genügen: yaptLop£vn rapsdvrwv a 140, Tup@v alvum£vous ı 225, Aöprotoro d Eynpe duyarpav S 121, trs yevanıs Exiede E 268, naose ö ads Yeloıo | 214, Öntäsal re xpenv o 98. Ein partitiver Sinn tritt auch deutlich hervor in reıpaw akt. und med. versuchen, sich versuchen an (akt. neu, prlwv, med. Avöp@v, &poö, Epywv, tögou, odeEveog u. ähnl.) und reipntliw (sußwrew, Töfou). Ger- manisch Grimm 4, 648). “Geben’hat im Gotischen den Gen., wo das Griechische and hat: es akranis bis veinagardis gebeina imma Iva And Tod xaproü Tod Aurel@vos Öwcıv adry Luk. 20, 10. Sicher original ist mhd. :ch wsl im mines brötes geben u. ähnl. Ebenso steht es mitnehmen’: got. nemi akranis Aa And tod xaprod Mark. 12, 2, ags. genam ber bes ofätes nahm des Obstes. Bei ‘haben’ scheint in der alten Sprache der Gen. allein oder doch überwiegend in negativen Sätzen gebraucht zu sein (vgl. das Slavische), im Mhd. auch in positiven, z.B.: habent si grözer riterscaft (Grimm 4, 617). Hieran schliesst sich noch der Gen. bei ‘tragen', z. B. alts. thes brödes gidragan (Grimm A, 648). Aus dem Alt-

5152) Kap. VIII. I. Der Gen. bei geben, nehmen u. ähnl. 317

nordischen führe ich beispielshalber an: get« erlangen (mit Gen. bei geistigem Erlangen, sonst Akk.), /a zur Gattin neh- men, in die eheliche Gewalt bekommen. Litauisch. In bezug auf das Lit. sagt Schleicher, Gr. 274: “Der Akkusativ weist bei dergleichen Begriffen auf ein bestimmtes Objekt hin, ı.B. dük man dünos, üsz turiü dünos gieb mir Brod, ich habe Prod, aber dük man düng, üsz turiü düng gieb mir das Brod, ich habe das Brod”. Einige Belege sind: tasat dukterü tur&jo der hatte Töchter (Schleicher, Les. 137), tE Jam tökio dazo su- daböjo sie verschafften ihm solche Farbe (134), tavöro pirkt Waaren kaufen (136), vandens semt Wasser schöpfen (134), parnesz graziü zodärzu if gailiü aszardczu er wird bringen schöne Wörtlein und bittere Thränlein; rätu söjau ich säte Rauten u. ähnl. Slavisch. Einige aksl. Beispiele bei Miklo- sich 4, 484: da mi poSljeti leda mittat mihi glaciem (de la glace); naseachomä slanutüka cicerem sevimus. Serbische Belege (Danitie 83 £.) sind: day nam medovine gieb uns Meth, tznest mi platna bring mir Leinwand heraus, imam brade v ostale scjte ich habe Brüder und sonstige Verwandte, svega imas u bijelu dvoru, jo$ da imas ribe od Orida alles hast du im weissen Gehöft, hättest du noch Fisch aus Ochrida, vıno pje ko ima novaca Wein trinkt, wer Geld hat, vatre uzeti Feuer nehmen, kupila je iglu (Akk.) od biljura tanka beza (Gen.) od grada Mostara sie hat gekauft eine Nadel aus Beryli, feine Leinwand aus der Stadt M. Diesem letzten Beispiele ent- spricht genau das russische: kupilü sebe muzikü novyje sapogt, zene kolecü (Gen.), a doceri serözki ein Mann kaufte sich ein Paar neue Schuhe, seiner Frau Ringe {unbestimmte Menge, also Gen.), seiner Tochter ein Paar Ohrringe, Äsböth 7. So auch bei daft, z. B. dalü svojego snadobtlya gab von seinem Mittel, 22. Es ist deutlich, dass man in diesen und ähnlichen Sätzen nicht an das ganze Ding denkt, das gegeben oder ge- nommen werden soll, sondern an einen Theil. Es kann aber diese partitive Vorstellung auch auf die Zeit übertragen wer- den, für welche etwas erbeten wird. So lehren die Gram- matiker, dass da) mne tvoje) knigi bedeutet: gieb mir dein

318 Kap. VII. I. DerGen. in slavischen Existenzialsätzen ete. [$ 152—153.

Buch auf eine Zeitlang, und so kann dann der Genitiv als die höflichere Ausdrucksweise erscheinen. Nach Buslajev bei Miklosich steht “in höflicher Rede der Gen.: poka2i svoJej Anigi neben dem minder rücksichtsvollen: poka2t sroju Anigu. Dem Angeredeten wird durch den letzteren Satz mehr zugemuthet als durch den ersteren, der ungefähr dasselbe aussagt, wie etwa: zeige das Buch auf einen Augenblick”. Ferner bemerken die Grammatiker (s. Miklosich 4, 4585‘, dass der Gen. bei dem per- fektiven, der Akk. bei dem imperfektiven Verbum zu stehen pflegt, was insofern natürlich ist, als die aoristisch-momentane Handlung geeignet ist, einen Gegenstand nur zu streifen, die präsentisch-dauernde aber, ihn in seiner Totalität zu erfassen. So führt Miklosich an: posejati psenicy Weizen aussäen, aber sejati psenicu die Handlung des Säens vollziehen, prinesti cody Wasser herbeibringen, aber nosıtı vodu Wasser tragen. Jemand giebt einem Bettler einen halben Rubel und sagt primi tzü nego semitku a sorok-to vosemi kopejekü da) mne sdacı (Gen.) nimm davon zwei Kopeken und gieb mir acht und vierzig zu- rück {als Rückgabe). Als der Bettler Miene macht, das ganze Geld zu behalten, heisst es: podavay sdacu reich mir die Rück- gabe her (Asböth 36). Umfassendere Sammlungen sind mir nicht bekannt. Fein ist dieser Gebrauch namentlich auch aus- gebildet im Polnischen und Cechischen. So sagt man 2. B. im Polnischen: »nadstawı? ucha \Gen.) er hielt das Ohr hin, un etwas von dem Gespräche zu hören, dagegen ucho (Akk.), um alles gut zu hören.

$ 153. Der Genitiv in positiven Existenzialsätzen ım Serbischen, Russischen, Litauischen (Miklosich 4, 486).

Serbisch (Danitic 59). An den Gen. bei ‘geben, nehmen, haben’ u. s. w. schliesst sich der Gen. bei {ma es giebt (eig. es hat) : ıma Jjudi koji es giebt Leute, welche: Aad ıima hlyeba nema soli, a had ima soli nema hljeba wenn es Brod giebt, giebt es kein Salz, aber wenn es Salz giebt, giebt es kein Brod; u svakom zitu ima kukolja in jedem Weizen giebt es Wicken. Danach auch bei bit sein, z. B. Akad je masla nije brasna wenn Butter da ist, ist kein Mehl da; dje je djevokaja bice « dyetica

$153—154.] Kap. VII. I. Der Gen. belebter männl. Wesen im Slav. 319

wo Mädchen sind, wird es auch Mannsbilder geben; mene ce bi a vas bil! ne ce ich werde sein, aber ihr werdet nicht sein. An ‘sein’ schliessen sich dann noch einige andere Verba ähn- licher Bedeutung, so trajatı dauern und ieci fliessen, dauern, z. B. hi ces ziujet dok Turlina traje du wirst leben, so lange noch ein Türke vorhanden ist, dokle tece sunca i mjeseca so lange es Sonne und Mond giebt. Im Russischen kann bei dyti ebenfalls der Gen. stehen, z. B. u menja volü jesti otmycki ich habe hier einen Nachschlüssel (Äsböth 33). Besonders häufig steht der Gen. bei passivischem Ausdruck (Buslajev 247), z. B. naechalo gost; es kamen Gäste angefahren, nabralosi vody es wurde Wasser gebracht u. ähnl. Dasselbe im Litauischen bei dut: fat büt szaunü stalu das gäbe gute Tische, Schleicher, Les. 126. In dem Satze ale ja 76 nebüvo da war es (das Schwein, nicht mehr (130) mag auch die Negation auf die Wahl des Kasus eingewirkt haben.

$154. Der Genitiv belebter männlicher Wesen ım Slavischen.

Die Regel für das Aksl. lautet: Wörter männlichen Ge- schlechts, welche ein belebtes Wesen bezeichnen, ersetzen den Akk. sing. durch den Gen. Demnach sagt man im Aksl. z.B. ostarlisa korabli (Akk.), i ofica svojego (Gen.) ayevre; t& rAolov xai oy ratepa autay Matth. 4, 22. Dagegen steht der Akk. beim Dual und Plural belebter Maskulina, z. B. vide düva brata er sah zwei Brüder Matth. 4, 18; zzgnase proroky 2ötwkav “09; mpoprras Matth. 5, 12. Ferner steht der Akk. bei allen übrigen Subst., also bei den Maskulina, welche etwas Unbe- lebtes bezeichnen, z. B. oben Akorabli; bei sämmtlichen Femi- ninis, z. B. ıZe aste pustitü Zenq svoJq 65 Av AnoAdoy TnV yuvalıa auccdo Matth. 5, 31; bei sämmtlichen Neutris, z. B. videse otroce züpov ratötov Matth. 2, 11. Dabei werden zu den Femininis auch die Maskulina femininaler Form gerechnet, es heisst also: vide düra brata (Akk.) Simona naricajemaago Petra (Gen.) # Anidrejq (Akk.) brata (Gen.) jego elöe Sbo adslzous LZi- puva tüv Aeydpevov Ilerpov xal Avöpzav zov aösko0v adrod Matth. 4,15. Diese Regeln erleiden nun nach zwei Seiten hin Aus-

320 Kap. VIII. I. Der Gen. belebter männl. Wesen im Slav. [$ 154.

nahmen, nämlich erstens: Auch Maskulina, welche belebte Wesen bezeichnen, können im Akk. stehen, z. B. zwar :ze ljubitü ofica (Gen.) lt materi wer Vater oder Mutter liebt Matth. 10, 37, aber gleich darauf :2e Zyubitü synü li düsteri wer Sohn oder Tochter liebt. Eine Regel wird sich in dieser Beziehung schwer- lich aufstellen lassen. Texte, die sich ganz nahe stehen, gehen zwar bisweilen zusammen, z. B. heisst es im cod. Mar. prinese Jjemu oslabljenü (Akk.) zilamı rpooepepov aötp rapalurındv Matth. 9, 2, und im Zogr. ebenso. Dagegen gehen dieselben Texte an anderen Stellen auseinander, so heisst es Mark. 2, 3 zwar im Mar. oslabljenü (also wie Matth. 9, 2), dagegen im Zogr. oslabljena (Gen.). Es scheint also, dass man sıch (wenigstens einstweilen) mit der Feststellung der Thatsache begnügen müsse, dass noch Reste der alten Akkusativkonstruktion vorhanden sind. Ausserordentlich häufig sind diese bei den Pronominibus, z. B. in Wendungen wie tügda ostavi i dıjavolü Tire auinaw aötov 6 ötaßoAog Matth. 4, 11. Zweitens: Der Genitiv greift schon im Aksl. gelegentlich um sich, so dass unbelebte Mask., Neutra, auch Fem., und im Pronominalgebiet häufig auch die Plur. der Mask. ergriffen werden. Beispiele für diesen Vorgang (bei denen aber nicht selten im einzelnen Zweifel bestehen) findet man bei Miklosich 4, 495 ff. und Scholvin, Archiv f. slav. Phil. 2, 522. Im Serbischen ıst, so viel ıch sehe, der Zustand derselbe wie im Aksl. Nur sind bei den persönlichen Pronomina der Akk. und Gen. zusammengefallen, welche im Aksl. gesondert sind. Im Russischen steht es wie im Serbischen, nur ist bei den Wörtern für belebte Wesen männlichen Geschlechts auch der Plural ergriffen worden. Man sagt also z. B. carya für Gen. und Akk. sing., carey für Gen. und Akk. plur.

Ich zweifle nicht, dass dieser Genitiv ım Grunde ein partitiver ist, und stelle mir die Sache so vor: In den Akku- sativ tritt ein Substantiv, wenn die vollste Bewältigung durch das Verbum vorgestellt werden soll. Der Genitiv zeigt gegen diesen Akkusativgebrauch einen deutlich empfundenen Gegen- satz. So treten denn in ıhn solche Wesen, welche der vollen

$154—155.) Kap. VIII. I. Der Genitiv bei dado u. 8. w. 321

Bewältigung sich am unzugänglichsten erweisen, sozusagen die persönlichsten von allen: männliche Personen. Dass ursprünglich nur der Singular von dieser Konstruktion betroffen wird, hat wohl sinen Grund darin, dass in ihr hauptsächlich Eigennamen auf- traten. Im Sprachgefühl übrigens erschien offenbar schon früh dieser Genitiv nur als eine andere Form des Akkusativs, wie daraus hervorgeht, dass er auch nach Präpositionen angewendet wurde.

$ 155. Die griechischen Verba berühren, an- fassen, sich halten an, treffen, erlangen, theil- haftig werden.

Von der ersten Gruppe liegen bei Homer vor: dad (imssurpov, &vdtvwwv), öpdosopar (xdviog), Antonaı (Yobvwv, yEıp@v, zodan, Inzwv, vn@v, oltov u. ähnl.). Während diese Verba nur mit dem Gen. verbunden werden 340 scheint für Arrouaı den Akk. nicht zu beweisen), findet sich Akk. und Gen. bei laudavn: Aaße nerprns e 428, army Aaßernv W 711, &MMaßer adrns (oyeöins) e 325, alpew: yeEocoun Ödoupos &Awv I’ 78, H 56 (Il 406 8. unten), Eyopar: rs (nErprs) Exero otevaymv e 429, aurev &ydunv ı 435, übertragen o&o 8’ Eeraı drrı xev dpyy, 1 102. Hierzu wohl auch £petoaro yalns E 309, A 355. Aus der nicht- homerischen Sprache erwähne ich: röv ypaudpevov Oyxavros dA fo welcher stösst an das Grundstück u. s. w., kyprisch, Collitz 60. Hieran schliessen sich die Verba, welche treffen, erlangen, theilhaftig werden bedeuten, nämlich ruyyavo (auch mit Akk.) bei Homer Aor. und Fut. treffen auf (Yanadoro Badeins), treffen urpivdoro, rpoßıBwvros), theilhaftig werden (rour7js xal vooroto, giörnros dndons), Aayyavo (gew. mit Akk.) bei Homer im Aor. theilhaftig werden (döwpwv, xtep&wv), im Kaus. (rupös Havdvra), pelpopan (tus), avrıdoAnsaı (pays, Tanpou, &mmtoos). Auch arıııo gehört hierher. Es bedeutet treffen auf (N 290 wird von dem B&Aos gesagt: 7 stepvwv 7) vnöbos Avtiacetev), theil- nehmen an (z. B. adrap &yw xeio’ ein: xal avrıow rolduoro M 368), Antheil erlangen an (z. B. dvrıdwv Tabpwv te xal Apvarav ratsuörns a 25. Endlich ist &raupisxw zu erwähnen, akt. ‘be- rühren’ (Atdov W 340), med. “zu geniessen haben’ (vsov &oßkoo, panktos, naroppapins Akeyeıväs).

Deibrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. yal

322 Kap. VIII. I. Der Genitiv bei füllen, sättigen. [$ 156,

$ 156. Füllen, sättigen.

Über das Altindische und Lateinische s. $ 114. Grie- chisch: Die Belege für riurinut (gleich par) und verwandte Wörter s. bei Klinghardt, de genetivi usu Homerico et Hesiodeo, Halle 1879 (Diss.), 39. Füllen: riurAngı wird gewöhnlich mitGen., z.B. inrwv, alyurtawv, vexöwv, olvoro, n£veos u.8.w. verbunden, sel- tener mit dem Instr., wo man sehe, übertragen in vtos EvırAnadivar 1452. Sättigen: Aw, z. B. ainaros asaı "Apra, xopevvupı, z.B. gopdäis, dEdAwv. An ‘füllen’ schliessen sich noch eine Reihe von ähnlichen Verben, z. B. 3ds0w vollstopfen (vrpuaros), vnew voll- füllen (va xpusoö xat yalxoö), &niorepeodar bis zum Rande füllen (npnttpas &reoribavro norolo), ferner Apidw strotzen von (tapool uEv tupav Ppidov ı 219, aoltov xal xpeawv 16 olvou BeRptdac o 334, gewöhnlich mit Instr.), ganz ähnlich oteivo ı 219. Auch obpw beschmieren (st7jdos xal xstlea Püpow ainaros co 21) kann man hierher stellen. Germanisch. Got. fulljan und fullnan, 2. B. ahmins veihis gafulljada nveöparos Aylov nAnodnoerar Luk. 1, 15, gasobjan sättigen, theils mit Instr. (Alatbam), theils mit Gen.: gredagans gasobida Piupe rewüvras Eveninoev Ayadav Luk. 1, 53. Litauisch: pripilkit man mäno vezimq pinigü schüttet mir meinen Wagen voll Geld, Leskien-Brugman 321. Slavisch. Anfüllen: aksl. naplünite vodonosy vody yeyioare ta; Göplag Ödaros Joh. 2, 7, serb. stolovi se napunise gostiju die Tische füllten sich mit Gästen, da nam kucu napuni smijeha dass er uns das Haus erfülle mit Lachen {Danıtic 97). Sätti- gen: aksl. otü Aqdu se mozetü küto nasytiti chlebü na pustynji nödev Tobroug Öduvnastal Tıs Wös yoprdcaı Aprwv Er’ £priulas; Mark. 8, 4. Hieran schliessen sich die mit za zusammenge- setzten Verba, welche Miklosich 4, 505 anführt. Aus dem Ser- bischen (Danitic 93) gehören hierher Verba wie nahranitı füttern, napoyiti tränken u. ähnl., z. B. da 5’ naranıs hljyeba Iije- loga ti napoji$ vina crvenoga dass du sie nährest mit weissem Brode und tränkest mit rothem Wein, :znes! mi da s’ napi- Jjem vina bring mir heraus, dass ich mich an Wein satt trinke, dok se malo sestrice nagledim dass ich mich ein wenig an der Schwester satt sehe, da se Jarka sunca nagrejemo dass wir uns

$156—157.] Kap. VIO. I. Der Genitiv des ergriffenen Gliedes. 323

an der hellen Sonne erwärmen (uns vollwärmen), ko se dima ne nadımt, on se ognja ne nagrija wer sich am Rauche nicht schwärzen mag, der erwärmt sich auch nicht durch das Feuer u. ähnl.

$ 157. Genitiv des ergriffenen Gliedes, während die Person im Akk. (oder bei passivischem Ausdruck im Nom.! steht.

Die Konstruktion liegt ausgebildet nur im homerischen Griechisch vor (töv d& reodvra roöwv Elaßev u. ähnl.). Eine un- verkennbare Spur findet sich aber auch im Altindischen, wo bei einer bestimmten Passivform von grah das Glied, an dem jemand ergriffen wird (leidet) in den Gen. tritt, z. B. $rötrasya grhe er wird am Ohre ergriffen, leidet am Ohre (SF. 5, 161). Klinghardt S. 19 findet in den griechischen Gen. die Fort- setzung des Ablativs, indem er sich auf xpupviidev und xeoa- \igıv Aaße beruft. Allein die Formen auf dev und „ı haben auch genitivischen Sinn erhalten und bilden daher kein ein- wurfsfreies Analogon. Entscheidend für die Auffassung als Gen. dürfte die altindische Konstruktion in’s Gewicht fallen. Es liegt eine Konstruktion vor, welche sich mit der xa®’ 8Aov xat xara u&pos vergleichen lässt. Zuerst wird die total er- griffene Person, dann das partial (nicht um seiner selbst willen) ergriffene Glied genannt. Es folgen nun Belege für die grie- chische Konstruktion. Sie liegt vor bei &Aaßov: tüv d& reodvra zoouv Eladev xpelwv ’EAıpnvwp A 463, hy &Aelıkapevos nrepu- Y% Adßev dupayviav B 316, TrAkuayov 8’ dp Enerra npooaltas kaBe yobvov x 365. In den zahlreichen Stellen, an welchen lade yodvav und ähnliche Wendungen noch vorkommen, steht zwar kein Akkusativ der Person, er dürfte aber (ebenso wie bei den folgenden Verben) hinzuzudenken sein, so z. B. in Tepr yap ool ye napehero xal Aaße yobvav A 557, 8 8 üreöpane xat Maße yobvav D 68; eidov: kavdiis 58 xduns De Ilnetova A197, adrixa eit Adımv xegaifis T 126, adrdp 6 yaıpds Eiiv zpaleıne außwrrv p 263, vor d Enerra otluev &vl mpoßuporar‘ Ta- guy & avdpousev Ayılleös, ds 8 äye ysıpös &lmv (uns) A 778, nt Ayaav diber yeıpds Ev (ihn) Q 735; Eyw (yeıp&, rodos).

21*

324 Kap. VIII. I. Der Gen. bei Verben des Hinstrebens. [$ 157—158.

reraywv: Ton yap pe hibe noöog teraywy A 591; &pbw: AAdov piv yAulvns &pbwv aAdov 82 yırwvos X 493, 7 roööc 7 xal yerpos p 480; dyw: Boöv d aydınv xspawv y 139; Axm und Öpelxw: F Tor Töv “Innodoog roöds Zixe P 289 und ähnlich sonst; Il 406 in &xe ö2 öoupds &iwy ist die aus dem Kopf hervorstarrende Lanze wie ein Glied behandelt. Passivisch: ah dn raya xal nodös Zixy o 10; Avisımpe: y&povra de yerpös Aavtorn 2 515 (vgl. & 319). Endlich ödo: &x tprpava neleıav Aenty unptvdo Örosv rodos Y 854. An die Wendung Aaßeiv hat sich (wie allgemein an- genommen wird) der Gen. bei den Verben Atooonaı, Arravedı, yovvakopaı angeschlossen (vgl. Klinghardt 29£.). In der That ist von Sätzen wie 7, yoövwv Atsaoıto Aaßmv dumrıda xoupyv & 142 der Schritt sehr klein zu: 9 8 aldv &u& Arsogsxsto yodvav I 451.

$ 158. Genitiv bei Verben des geistigen oder auch körperlichen Hinstrebens, Genitiv des Zieles. Über die Entstehung dieser Nuance des Genitivbegriffes ist oben S. 310 gesprochen worden.

Im Altindischen habe ich nichts zu bemerken, was über das SF. 5, 161 Gesagte hinausginge. Es heisst dort “Bei prd- han steht der getroffene Gegenstand im Gen.: $üna$ caturak- $asya prä hantı er schlägt auf den vieräugigen Hund los TB. 3,8,4,1. Ähnlich ist ni-kan gebraucht: brahmandsyanihatya ohne sich an einem Brahmanen vergriffen zu haben AV. 12,3, 44. Ob auch bei prati-han der Gen. anzunehmen sei, ist zweifel- haft. Für den Gen. bei as werfen habe ich keine sicher ent- scheidende Stelle gefunden”. Reichlich vertreten ist dieser Typus im Griechischen, z. B. aus Homer: epaypaı verlangen nach, zuerst gesagt von dem Verlangen des Mannes, nach dem Weibe, dann auch umgekehrt, auch roA&uou; &parisw Part. (zpeiöv P 660); peuaa Part. (E£pıröos xat duric); Isyavaw Part. (pıAdtnros, Söpduov von einem Pferde gesagt); Erxeiyonar Part. (6500 a 309); Tepar (nökros, voororo, vinns); EAbonaı (dAdyou, TEdLoro Y 122 von Maulthieren gesagt); Audatopaı (6öoto, roA&uoro, Ödp- roro, Brötoro); asdopar (Essumevos mit 6öoto, roA&poro); Entumlonar (dapwv, v6orov, axorelmv u 220 auf die Klippe lossteuern); öp- naoncaı (Tpwwv, '‘Axapavros); Etatsow (Alvelao, Inzwv, veu@v), dazu

$ 158.] Kap. VII. I. Der Gen. bei Verben des Hinstrebens. 325

Ivapnv EmiBadAduevos begierig über die Waffenbeute herfallend 268; tdüm (veds O 693); Avraw entgegentreten (tod 6 Avepo;); ixavtllm (Atavros); drortedw (Meveldov); tırdoxonar (abroto) ; &pd- popaı die Arme ausstrecken nach (od rardös Ööpekaro Z 466). Nach den Verbis des Verlangens richtete sich, wie es scheint, duslovres dutfs xal ralepore 3 37. Lateinisch. Ob die Verba cumo, studeo, fastidio, vereor ihren Gen. aus der Urzeit haben 'ygl. namentlich das Litauisch-Slavische), oder ob sie ihn in Anlehnung an Adj. wie cupidus, studiosus erhalten haben (so Schmalz? $ 77, wobei man dann annehmen muss, dass diese Adj. ihren Gen. von anderen Adj. bezogen haben), oder ob man in irgend einem Grade griechische Einwirkung anzu- nehmen hat, darüber bin ıch zu einer festen Ansicht nicht gekommen. Germanisch. Im Gotischen findet sich ein sol- cher Genitiv bei gairajan begehren, z.B. jabat hvas aipıskaupeins gairneib godis vaurstvis gairneid sl rıs Erınontis Öpdyerar xaAod Epyov rıdoper 1. Tim. 3, 1. Eine Anzahl ahd. Verba findet man bei Erdmann 2, 165, 3. B. geroön (des muoses), ramen nach etwas trachten, nachstellen (des kindes), ahten feindlich nach- trachten, verfolgen (dero fianto), zilöon (es) u.ähnl. Aus dem Alto. gehören Verba wie lesta spähen, suchen nach etwas, eygya schärfen, antreiben hierher (beide auch mit &/), vgl. Lund 175. Auch “warten auf etwas’ darf hier wohl genannt werden, so got. beidan, 2. B. beidands biudangardjos gubs rpoodeydpevos Thv Basıketav toö Beoo Mark. 15, 43 (vgl. Grimm 4, 800). Ein Gen. des Zieles bei ‘gehen’ und ‘senden’ liegt vor im Gotischen (Gabelentz-Loebe 237), z. B. usleibam jainis stadis d1Eldwuev eis td nepav Mark. 4, 35; insandida ina haspjos seinaizos Eren- Yev adrov eis Tods Aypous adroö Luk. 15, 15. Ebenso im Alt- nordischen: gerngo beir fagra tüna sie gingen zu den sehönen Gehöften (angeführt von Dietrich in Haupt’s Ztschft. 13, 129), vgl.$ 249. Baltisch-Slavisch. Im Litauischen lässt sich den Verben des “Verlangens’, wie sie namentlich im Grie- ehischen häufig sind, an die Seite stellen: Jeszkött suchen, z. B. Jis eina tös o2kös jeszköt er ging die Ziege suchen, Schleicher Les. 129. Ferner kläusti fragen, z. B. tävo broliai büvo cze

326 Kap. VIII. I. Der Gen. bei Verben des Hinstrebens. [$ 158.

if klause tavgs deine beiden Brüder waren hier und fragten nach dir (Schleicher Les. 130), gewöhnlich mit dem Gen. der befragten Person, z. B. klause savo mötynos sie fragte ıhre Mutter (144). Auch /aukti warten auf (vgl. got. beidan) sei hier er- wähnt:: brolyczo ldukti des Bruders harren, Schleicher Les. 15. Bemerkenswerth ist die nicht-lokale Natur des Gen. bei den Verben ‘gehen’ und ‘schicken’, z. B. if dabaf tas smäks vel ateis venös dukters und jetzt wird der Drache wieder um eine Tochter (zu holen) kommen, Schleicher Les. 118; raztäyı ı Mm zeme akıms Zoliü du reisest in das Land nach Kräutern für die Augen 140; eiti vandens nach Wasser gehen, stüstt vatko um den Knaben schicken, geistt dangats nach dem Himmel trachten. Slavisch. Einige Belege für Verba des Verlangens sind (Miklosich 4,490): aksl. Zelati wünschen, z. B. luöiaago Zelajuti xpelttovos öp&yovraı (im cod. Mar. kommt Zelati mit Kasus nicht vor), serb. Zelt ovsentce er wünscht Hafer- brod, russ. pravdy Zelajetü er strebt nach Wahrheit (Dali). Aksl. ?skat# suchen, z. B. ceso tdtesi Tl Inreis; Joh. 4, 27, znamenyja tStetü ompetov &rılmrei Matth. 12, 39, serb. svaka jaja masla i5tu alle Eier suchen Butter, russ. iskafi cesti, slavy nach Ehre, Ruhm suchen. Ferner cAoteti wollen wird im Aksl. mit dem Dativ verbunden, kann aber im Serbischen und Russischen den Gen. zu sich nehmen, z. B. serb. melosti hocu a ne priloga Gnade will ich und nicht Opfer Matth. 9, 13, russ. dobra cho- teti Gutes wollen (bei Mikl.). Dazu proseti fordern, fragen, aksl. z. B. prosi tela isusova yrroaro 16 oma too Inooü; Matth. 27, 58, serb. pitati fragen : pitao je golub svoje golubice es fragte der Tauber seine Taube (Daniei6 87, immer so mit persönlichem Gen.), russ. krovi krovi prositä Blut fordert Blut (Dali). Hier mag auch ‘warten’ Zidati (Zidati) erwähnt werden, aksl. pogy- büseje Zidetü ovicg perditam exspectat ovem, russ. dolgo Zdati ettichü jabloni ploda lange muss man von diesen Apfelbäumen auf Frucht warten (Äsböth 3). Der sogenannte Gen. des Zieles er- scheint namentlich bei Verben, die mit do zusammengesetzt sind (Miklosich 4, 501), z. B. aksl. ?Ze doidetü mesta togo qui eum locum attingat, dovedüSe pesti postquam adduxerunt ad fornacem. Im

$158—159.]) Kap. VOII. I. Der Gen. bei wetten, spielen. 327

Serbischen findet sich dieser Gen. nach Danicit 102 in älterer Zeit in einer Anzahl von Belegen aus den Volksliedern bei doc:, pasti, dopasti, zapastı, z. B. in ruke, Saka pasti oder dodı in die Hand (Gewalt! gerathen; dok i ona ruke dodje smrii bis auch se dem Tode in die Hand kommt; ı sad mi je evo ruke palo und jetzt ist es mir in die Hand gefallen; dopasti tamnice in’s Gefängnis gerathen, ropstva in Sklaverei, sindzira in Ketten, zla in Unglück, muke in Qual, rare dopanuo er hat eine Wunde erhalten (ist in Verwundung gerathen); doci glave eig. ‘an den Kopf kommen, an den Kragen gehen’ hat die Bedeutung “aus dem Wege räumen’ erhalten. Einige russische Belege bei Miklosich 4, 502, z. B. sluchü doselü vojevody das Gerücht drang zu dem Feldherrn. Besonders häufig ist der Gen. des Zieles bei mit do zusammengesetzten Verben, wenn diese reflexiv sind. Miklosich 4, 503 meint, bei ihnen könne der Gen. nicht nur als der Gen. des Zieles, sondern auch daraus erklärt werden, dass bei den reflexiven Verben der Akk. durch den Gen. ersetzt wird, was ich dahin gestellt sein lasse.

$ 159. Wetten, spielen, nebst den verba judicıalia.

In bezug auf das Altindische lehrt Pänini 2, 3, 57—60, dass bei vyava-har und pan handeln, spielen ein Gen. stehe, wozu im Scholion als Beispiel angeführt wird $atasya vyava harati und panate er handelt oder spielt um ein Hundert, und dass dasselbe bei div stattfinde, wozu als Beispiel Satasya div- yatı, während im Brähmana dabei der Akk. stehe (vgl. $ 178 Schluss). Für den Gen. kenne ich aber keinen Beleg aus der Literatur, ausser etwa: ayım asyäyamahai wir wollen um das- selbe einen Wettlauf anstellen AB. 4, 7,4. Auch im Grie- chischen komme ich über unsichere Ansetzungen nicht hinaus. Bei Homer findet sich (Krüger Di. 47, 17) repıötdope: im: Tpi- 2005 nepiöwpede W 185 und 2u£dev nepiöwsonaı adrüs db 78. Nsprötöopar heisst doch wohl wie ai. pari-da ich überliefere mich selbst, setze mich zum Pfande, sodann “ich wette‘. Da- nach ist anzunehmen, dass ein Gen. des Preises erst hinzu- getreten ist. Wenn sich später xezpi mit dem Gen. statt des blossen Gen. findet, so ist auch daraus für die Erkenntnis der

328 Kap. VIII. I Der Gen. bei wetten, spielen. [$ 159.

Natur des Gen. nichts zu gewinnen. Sodann äpeldw in reöye dnsıdev ypbosa yalxeiov Z 235. Touvs; in den Worten öAlzov xövo yovvös Ausißwv A 547 habe ich früher für einen Ablativ erklärt: “nur wenig ein Knie vom anderen entfernend’, was mir noch jetzt ansprechend erscheint. Ich finde aber von hier aus keinen Weg zu dem Gen. des Preises in Z 235. Bei Ado findet sich EAuoev drotvwv für Lösegeld A 106, dazu Ausdorw rw ötputw er soll (sie sollen?) sich lösen um den Preis des Dop- pelten, indem er das Doppelte liefert, eleischeInschr., Collitz 1168. Endlich wohl xpusöv YtAov avöpos Eöfkaro rıunevra für ihren Mann 327. Da der Gen. mit keinem dieser Verben in innerer Be- ziehung zu stehen scheint, so liegt der Gedanke nahe, ihn als einen ursprünglich adnominalen aufzufassen, wofür man sich auch auf das einzige oben aus dem Ai. angeführte Beispiel berufen könnte. In dem nachhomerischen Griechisch ist ein Gen. des Preises bei tınaw (wohl auch schon W 649), atıcw, rwAgw uU.8. W. ganz gebräuchlich. Zur Ausbildung und Belebung dieser Kon- struktion hat jedenfalls das Danebenstehen eines im gleichen Sinne verwendbaren adnominalen Gen. beigetragen, (vgl. z. B. phokisch oöpa avöpetov Tımäs Apyuptov pväv rdvre Collitz 1555 mit eleisch ra rtpıaxovra uväv teriuwvraı 1159). Hier schliesse ich die verba judicialia an wie xplvo, ömalw, dtumw, weuyw u. ähnl., von denen bei Homer noch nichts vorliegt. (Der alt- überlieferte Kasus scheint der Instr. gewesen zu sein, vgl. La- uıövrw Laulaı, arkad., Collitz 1, 1222 und davarp Lanıwsdw, äol., Coll. 1, 213). Den Gen. davarou erklärt Krüger 47, 22, 1 richtig als Gen. des Preises, wofür er das passende Beispiel aus Demosthenes anführt: A&youcıv ot vönor, day rıs aA xÄonis xat mh TıundY Bavarou u. s. w. Der Gen. des Vergehens, wel- ches den Anlass zum gerichtlichen Verfahren bildet, aber lässt sich nicht so erklären. Ich nehme an, dass er eine Nach- ahmung des adnominalen Genitivs darstellt. Wenn man Öötxr, xaxwWoswg U. 8. w. sagt, kann man auch wohl sagen ÖöLxaleıv xaxwoewg U.8. w. Zu der Einbürgerung mag das Bestehen der Wendung davarou dtxaßeıv mit beigetragen haben. Nachdem man sich dann gewöhnt hatte, den Anlass des Verfahrens im

$ 159160. Kap. VIH. 1. Der Gen. bei do u. ähnl. 329

Genitiv zu sehen, konnten auch Personen, wenn sie Anlass des Verfahrens waren, ın denselben Kasus treten, wie es im Kreti- schen geschieht, z. B. xaradıxatato Eleußipw dExa otacnpavs er soll ihm wegen eines Freien zehn St. auflegen, Gortyn 1,3 (vgl. Baunack 85 und Meister, griech. Dial. 2, 70). Lateinisch. Ein Gen. des Einsatzes wie im Ai. und Griech. findet sich im Lat. nicht. Dagegen ist hier der sog. Gen. pretii bei den Verba aesti- mandı und den Verba judicialia zu erwähnen. Ich weiss nichts beizubringen, was über das bisher Behauptete hinaus- ginge. 1) Der Gen. pretii bei den Verben facto, pendo, existimo u. ähnl. Hinsichtlich der Entstehung desselben stimme ich Schmalz? $ 74 bei, welcher sagt: “Der Gen. pretüi ist ein prä- dikativer Genitiv. Aus ÄAominem non nauci (attribut.) ent- wickelte sich sumus non naucı und dann non naucı habere, 2. B. Cie. div. 1, 132 non habeo nauci Marsum augurem”. Man vgl. die bei Draeger 1, 427 angeführten Sätze, z. B. non ego homo trioboli sum bei Plautus. 2) Der Gen. bei den sog. verba judicialia, vgl. Schmalz? 73. Man macht den Gen. gewöhnlich von einem ausgelassenen crimine, judicio, nomine, lege abhängig. Es wäre auch möglich, eine Anlehnung an die eben genannten Verba mit dem Gen. pretii anzunehmen ').

$ 160. Vereinzeltes im Griechischen, Lateini- schen, Germanischen.

1) Griechisch. Ich erwähne hier noch den Gen. nach den Verben blühen, glänzen, duften, der mit dem Akk. des Inhalts zu vergleichen ist. Aus Homer gehören hierher Ası- pass nokaxol Lou Nö2 osAtvou Ömkeov e 72, anootiAßovres alelparos 1408. Aus der nachhomerischen Sprache 148’ oLaı Buparwv trestioy (Aeschylus), OLwv tpuyds, tpaotäs u. 8. w. (Aristophanes),

il) Anderer Natur, wenn auch schliesslich desselben Ursprungs, näm- lich ebenfalls mit den sog. Akk. des Inhalts vergleichbar, ist ein Gen. des Spieles in Germanischen (Grimm 4, 673), z. B. wurfzäveles spilon, und im $Slavischen (Miklosich 4, 511, Danicid 111), z. B. serb. igrati se igre, auch bei einzelnen Spielen, so klisa u. s. w. Gelegentlich kommt dieser Gen. auch bei anderen Verben als igrati vor, so metati se kamena Steine werfen (aber nur als Spiel).

330 Kap. VIIL. I. Der Gen. bei lat. refert, germ. leben u. ähnl. ı$ 160.

püpou zveiv (Anakreon), vgl. die Stellen bei Kühner 307, 4. Nicht recht deutlich ist mir der Gen. bei verbrennen und waschen. Es liegen vor: rupds bei Bepeodar, zproar und Ep- rpjoaı, adds bei vihacdar, roranoto und axeavoio bei Aodsodaı. Vielleicht sind im Avestischen Analoga vorhanden. Mir sind die Stellen, welche Hübschmann 277 anführt, nicht deutlich.

2) Lateinisch. Ich erwähne den Gen. bei refert und interest, hinsichtlich dessen ich mir keine Meinung gebildet habe. Man nimmt jetzt (vgl. Schmalz ? $ 78} gewöhnlich an, dass interest sich nach refert gerichtet habe. Was dann refert selbst betrifft, so fasst Schmalz mit F. Schöll re als Abl. auf gleich ex re). Dabei soll tua refert bedeuten: ‘vom Stand- punkt deiner Sache bringt es etwas ein, eine Auffassung, gegen welche mein Sprachgefühl protestirt. Ich bekenne aber, dass auch meine bisherige Ansicht, wonach re Nominativ wäre, nicht frei von Bedenken ist.

3) Im Germanischen habe ich ausser den im Verlauf der Darstellung erwähnten keine Gebrauchstypen gefunden, die ıch für indo-germanisch halten möchte, ausser vielleicht den persönlichen Gen. bei got. helpan, z. B. hilp unsara (Grimm 4, 664., der im Germanischen, so viel ich sehe, kein Analogon findet. Er könnte wohl mit dem Gen. bei griech. n£öonar u. 8. w. verglichen werden (vgl. den Dativ $ 131). Die übrigen nicht erwähnten Typen dürften auf germanischer Weiterbildung be- ruhen, so namentlich die Genitive mit sogenannter instrumen- taler Kraft, von welchen Grimm 4, 672 ff. redet. So dürfte z. B. der Gen. bei leder (nicht im Got., aber später, z.B. wazgers, brötes leben‘ sich an den Gen. bei essen und trinken angeschlossen haben. Ursprünglich wird bei libar wie bei jo der Instr. ge- standen haben. Im Germanischen trat früh eine Präposition an die Stelle des einfachen Kasus. Wenn nun aber doch aus irgend einem Grunde der Ausdruck durch einen einfachen Kasus wünschenswerth erschien, so konnte man leicht auf den Kasus verfallen, der bei einem mit dem Begriff leder so innig verbundenen Begriff wie essen, trinken geläufig war. Man denke etwa an Sätze wie: wer des Brodes isst, der lebt des-

$ 160—161.' Kap. VIII. I. Der Genitiv bei sein. 331

sehen. An Wassers, Brodes u. s. w. knüpfen sich dann be- kanntlich auch Abstrakta, z. B. der Gerechte wird seines Glau- bens leben. Nachdem dieser Gen. sich bei leden eingebürgert hatte, konnte er auch bei sterben verwendet werden, wo im Gotischen der Instr. erscheint, z. B. Auhrau fragistna. Ahd. varnon ausstatten, versehen u. ähnl., mag sich an den Gen. bei füllen und sättigen angelehnt haben, der proethnisch ist. Der Gen. bei beAleıden mag von dem Gen.-Abl. bei entkleiden übernommen sein.

$161. Der Genitiv bei sein.

Arisch, z. B. ahar devanam asid rätrir dsuranam der Tag gehörte den Göttern, die Nacht den Asura TS. 1,5, 9,2; tasya Salam jaya babhüvuh der hatte hundert Weiber AB.7,13,1. Aus dem Av. peresapca ci3 ahi kalıya ahi und er fragte mich: wer bist du, wem gehörst du an? y. 43, 7. Ebenso ist der Gen. im Altpersischen zu erklären: (die Herrschaft) amakham taumaya aha gehörte unserer Familie Bh. 1,45. Im Griechischen erscheint bei Homer ein Gen. des Besitzers in der öfter wiederkehrenden Wendung tod ydp xpdtos &ot’ &vl oixw, für gewöhnlich aber ein Gen. der Abstammung, bei dem man auch an Entstehung aus dem Abl. denken könnte (vgl. S. 207), so rarpds 6’ sin’ Ayadoio 0 109, wirnp pev rt’ &ul pol tod Eupevaı a 215, TauTng ToL yevelis te xal almaros euyonar elvar T 241, Ilarnovds elsı yavedinc 5 232. Eiyt mit dem partitiven Gen. dürfte bei Homer noch nicht vorliegen. Ein Beleg aus attischen Inschriften (Meisterhans 2? 165) ist: Tols ovaı Krpuxwv xal Eöpoiniiov (500—456 v. Chr.). Nach eivaı richtet sich auch ypaypeodaı, so dass man sagen kann: payasdaı önpov xal QuAfs xal oparplac. Im Lateinischen erscheint bei esse ein Gen. des Besitzers, z. B. insula domus est quae regis Hieronis fuit, wobei denn auch ein Infinitivsatz die Stelle des Subjektes einnehmen kann, z. B. fortis et con- stantıs est non perturbari in rebus asperis; auch ein Gen. des getheilten Ganzen, z. B. si? harunc Baccharum es (Plautus). Im Germanischen (Grimm 4, 652) findet sich bei ‘sein’ und werden’ ein possessiver Gen., z. B. got. pize ist biudangardi

332 Kap. VOL I. PartitiverGen.alsSubj. Gen. bei verb. Subst. [$ 161—163.

gubs av yap torourwv Eoriv 7, Baoıdlela tod Beoö Mark. 10, 14; mhd. sit si des goteshüses sint da sie dem Gotteshause gehören. Ein anderer Gen. ist als Gen. der Zugehörigkeit oder als par- titiver zu bezeichnen: got. ıbati Jah Pu Pbize siponje ıs bis mans wn xal od &x tw nadntuv ei tod Aavdpwron Joh. 15, 17; alte. m bist thu thesorö burgliudiö gehörst du nicht zu diesen Burg- leuten? Hel. 4975. Litauisch: tas bütas Jo yra das Haus gehört ihm u.ähnl. Aus dem Slavischen fehlen mir rechte Belege. Ich habe notiert aksl. tacechü bo jJesti Cesaristuije bozije, serb. jer je takovijeh carstvo boZije Twv yap torourwv &ativ h Bası- lela toö Yeoo Mark. 10, 14.

$ 162. Partitiver Genitiv als Subjekt.

In Anlehnung an den partitiven Genitiv, der als Objekt gebraucht ist, hat sich in einigen Sprachen auch eine Anwen- dung als Subjekt entwickelt. Dahin gehört aus dem Avesti- schen: urvaranam zairıgaonangam zaramatm paiti zemäda uzu- zsyeiti grünfarbige Pflanzen wachsen im Frühling aus dem Boden yt. 7,41). Aus dem Griechischen führt Brugmann, Griech. Gr. ? 206 an: IleAArveis 8 xara Bsomidas yevduevor Epa- xovrd te xal Ev yapa Erıntov Exatipmv es fielen von beiden Theilen, Xenophon Hell. 4, 2, 20. Ebenso im Litauischen: sziafden zmoniü pas mans aleis heute werden Leute zu mir kommen, Kurschat $ 1324.

$ 163. Genitiv bei verbalen Substantiven, der von Verbis herübergenommen ist.

Wie wir gelegentlich bei Substantiven einen verschleppten Ablativ gefunden haben, z. B. rak$öbhyö bhiga aus Furcht vor Rakshas (vgl. $90), so giebt es auch einen verschleppten Genitiv bei Substantiven, den ich (wohl zufällig) aber nur aus dem

1) Man beachte, dass yt. 7,4 das Verbum im Sing. steht. Ein wei- teres Beispiel kenne ich nicht, denn vd. 3, 23 ist anders aufzufassen, als es bei Spiegel 446 geschieht, vgl. Geldner, KZ. 24, 547. Auch einen sicheren Beleg für den Plur. des Verb. habe ich nicht zur Hand. In vd. 3,10 ya paiti fragstem bavainti arnrömainyavangm geredgm wo es die meisten Schlupf- winkel der Satanskreaturen giebt, scheint der Gen. von fraöstem abhängig und der Plur. des Verbums zu fraöstem konstruiert zu sein.

$168—164.] Kap. VIII. IH. Der Genitiv bei Substantiven. 333

Griechischen angemerkt habe. Dahin gehören etwa aus Homer: oda Yövoro (vgl. Exkeladeodaı); ob Yeäs Epos oBBE yuvauxdc, zönog xat Eöntoos (vgl. Epapaı), danach wohl Tuepos (Yoro) ; xdpos mit YuAorıdog, ysoro (nach xopevvont); dyos mit 00 rardds nach dyvopar); x0Aos in weßtpnev Y0Aov ulös &oio (vgl. XoAoüpaı).

LI. Der Genitiv bei Substantiven.

$ 164. Ich habe bereits $ 69 geäussert, dass der Genitiv bei Substantiven sich möglicherweise aus dem Genitiv bei Verben ableiten lasse. In der That konnte ein Satz wie er isst des Brodes, einen Bissen, leicht zu er :sst des Brodes einen Bissen werden, so dass auf diese Weise die Kategorie des partitiven Genitivg neben Substantiven entstand. Von hier aus kann sich der sonstige adnominale Genitiv entwickelt haben. Wer mir ın dieser Auffassung nicht folgen mag, wird wenigstens so viel zugestehen, dass es nicht angeht, zum Verständnis des adnomi- nalen Genitivs einen allgemeinen schattenhaften Begriff der Zugehörigkeit an die Spitze zu stellen, aus dem dann die ein- selnen Gebrauchsweisen zu deduzieren wären. Vielmehr werden wir, hier wie überall, anzunehmen haben, dass sich an einen ältesten Kern (nach meiner Meinung also den partitiven Genitiv) die übrigen Typen auf dem Wege fortgesetzter Nachahmung und leiser Veränderung anschlossen.

Will man nun diese flüssige Masse eintheilen und das ist doch für jede Darstellung nothwendig so muss man sich vor Augen halten, dass die verschiedenen Schattierungen des Gebrauches durch das Zusammenwirken der Bedeutung des in einem bestimmten Kasus stehenden Wortes und des am nächsten zu ihm gehörigen anderen Wortes entstehen. Wir haben bisher die Eintheilung von dem Verbum hergenommen, zu dem ein Kasus in Beziehung tritt. Danach haben wir bei dem adnomi- nalen Genitiv den Eintheilungsgrund denjenigen Substantiven zu entlehnen, welche, nach der gewöhnlichen Terminologie zu reden, den Genitiv regieren. Ich theile diese zunächst ın

334 Kap. VII. II. Der Genitiv bei Substantiven. [$ 164.

Dingwörter und Thätigkeitswörter. Bei den Dingwör- tern ergeben sich leicht folgende Unterabtheilungen. Bedeutet das regierende Wort eine Masse, der Genitiv aber etwas, was als Theil einer Masse angesehen werden kann, so entsteht der Genitiv des getheilten Ganzen. Bezeichnet das regierende Wort aber etwas was einem andern angehört, der Genitiv aber diesen andern (oder dieses andere), so sprechen wir von dem Genitiv des Besitzers. Diesen Abtheilungen lassen sich einige andere Typen bequem einfügen. Die zweite Gruppe, der Genitiv bei Thätigkeitsnamen, umfasst den sog. subjektiven und objektiven Genitiv. Der subjektive Genitiv (so genannt, weil bei anderem Ausdruck das Genitivwort Subjekt sein würde) ist wahrschein- lich ın Anlehnung an den Genitiv des Besitzers entstanden. Denn wenn man einmal sagte der Flügel des Vogels, so bil- dete man, nachdem man zur Substantivierung von Verbalbe- griffen vorgeschritten war, leicht das Fliegen des Vogels. Der objektive Genitiv aber ist an die Stelle eines andern Kasus getreten, So sagte man z. B. ursprünglich der Geber das Gute (nicht im Deutschen, wohl aber in der Ursprache), nachdem sich aber der Gebrauch befestigt hatte, ein Substantivum mit dem anderen durch Anwendung des Genitivs zu verbinden, setzte man an die Stelle der Geber des Guten.

Es ist nicht zu leugnen, dass es in manchen Sprachen noch andere Typen des Genitivs als die erwähnten giebt. So könnte man z. B. aus Verbindungen wie dem sophokleischen Aeuanis xXtovos rtöpu& einen Gen. des Vergleiches entwickeln. Wer eine einzelne Sprache beschreibt, wird auch diesen Ge- brauchsweisen gerecht werden müssen. Ich habe mich wesent- lich auf dasjenige beschränkt, was nach meinen Ermittelungen den indogermanischen Sprachen gemeinsam ist. Eine Aus- nahme habe ich bei dem sog. Genitivus qualitatis gemacht, welcher vielleicht nicht indogermanisch ist, sich aber doch in mehreren Sprachen findet. Sodann ist zuzugestehen, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Gruppen nicht überall sicher und reinlich zu ziehen sind. Das trifft schon bei den beiden Hauptgruppen, dem Gen. bei Dingnamen und dem Gen. bei

$164—165.] Kap. VII. NH. Der Genitiv des getheilten Ganzen. 335

Thätigkeitsnamen, zu. Thätigkeitsnamen werden oft zu Ding- namen, zZ. B. das deutsche Schonung, und damit ändert sich denn auch das innerliche Verhältnis zu dem Genitivnomen, und es entsteht eine Verlegenheit für den Darsteller, die be- sonders peinlich ist, wenn noch beide Gebrauchsweisen eines Wortes vorhanden sind, wie z. B. (um auch aus einer anderen Sprache ein Wort anzuführen) bei dem homerischen Aoyo;, das „wohl Belauerung heisst (Aoyov #Betoro yepovros 5 395) als Hinterhalt. Auch innerhalb der Hauptgruppen tauchen solche Schwierigkeiten auf. So rechnen einige Gelehrte Verbindungen wie Brßaı tr Bowrias zu dem Gen. des getheilten Ganzen, andere zu dem des Besitzers. Ich glaube, dass bei keiner ehr- lichen Darstellung eines historischen Kontinuums solche Grenz- streitigkeiten vermieden werden können.

Ich stelle folgendes Schema auf:

6165. Genitiv des getheilten Ganzen.

$ 166. Grenitiv des Stoffes.

$ 167. Genitiv in negativen Sätzen im Baltisch-Slavischen $ 168. Genitiv des Besitzers.

$ 169. Genitiv der Definition.

$ 170. Genitiv bei einem passivischen Partizipium. $ 171. Genitiv der Eigenschaft (qualitatis).

$ 172. Der subjektive und der objektive Genitiv. $ 173. Genitiv bei Adjektiven.

$ 174. Genitiv von Zeitbegriffen.

$ 175. Genitiv von Ortsbegriffen.

$ 165. Genitiv des getheilten Ganzen.

Der Genitiv des getheilten Ganzen wird so vorgeführt, dass der Eintheilungsgrund von dem theilenden Worte herge- nommen wird.

Man wird im Folgendem einiges aufgenommen finden, welches andere lieber einem Genitiv der Zugehörigkeit werden zuweisen wollen. Mir ist natürlich nicht entgangen, dass in Wendungen wie marutäm ganäh die Schar der Marut, ein Theil- verhältnis nicht vorliegt, da ja die beiden Begriffe sich in ihrem

336 Kap. VIII. II. Der Genitiv des getheilten Ganzen. [$ 165.

Inhalte decken, ich glaube aber, dass solche Wendungen den partitiven nachgebildet sind. Dass Ausdrücke wie ein Kessel Wassers u. ähnl. hier aufgenommen sind, wird wohl unbedenk- lich sein. Als eine Schattierung des partitiven Gen. kann man den Gen. des Stoffes ansehen, dessen Entstehung aus dem weiteren partitiiven man noch in den Einzelsprachen deutlich merkt. Betrefls des Genitivs bei Zahlwörtern vergleiche man die Zahlwörter.

Arısch. SF. 5, 153 habe ich bemerkt, dass dieser Gren. erscheint in Wendungen wie maritö vdi devanam vilah die Marut sind die Bauern unter den Göttern, mitrö rät Jivö deva- nam Mitra ist der gütige unter den Göttern u. s. w. Besonders häufig ist der partitive Genitiv bei Komparativen und Super- lativen, z. B.: katard$ canäinoh nicht einmal einer von diesen beiden, gardabhah paSünam bhärabhäritamalı der Esel ıst unter den Hausthieren das tragfähigste, ebenso im Av.: katärd ayä vehrkayä welche von beiden Wolfsarten vd. 13, 41, vispangm vahıstem das beste von allen y. 43, 2, zwarenaruhastemd zatanqm hvaredareso masyanqm der majestätischste unter den Menschen, der himmlisch aussehende unter den Sterblichen y. 9, 4. Ferner bei den Wörtern für die grösseren Zahlen, z. B. sahdsranı gavam Tausende von Kühen, ebenso im Av. hazarrem gavam (vgl. die Zahlwörter), und bei Wörtern, welche irgend eine Abtheilung, ein Mass bezeichnen, z. B. gönam ardham die Hälfte der Kühe, maädhös pütram ein Gefäss voll Honig u. ähnl. Im Av.: ia ba asa ta arsurda yab met avavap dafvayasnangqm nijatem das ist wahrhaftig wahr, das ist richtig, dass von mir so viel der Teufelsanbeter erschlagen worden sind yt. 5, 77; cva dama- nam wie viel der Geschöpfe vd. 5, 33; Aap vast, kap va stuto, kap va yasnahya was wünschest du, was des Lobgesanges, was des Opfers? y. 34, 12. Ein solcher Genitiv kann auch von einem lokalen Adverbium abhängen, z. B. yapcıp ahi upa kvacıp aiwohä zemö wenn du irgendwo auf dieser Erde bist yt. 12, 22 (das upa ist auffällig, kann aber, so viel ich sehe, die Auf- fassung des Genitivs nicht beeinträchtigen). Aus dem Ai. habe ich {SF. 5, 600) beigebracht: sd hötur iha ni limpati er schmiert

$ 165.] Kap. VII. II. Genitiv des getheilten Ganzen. 337

es an diese Körperstelle des Hotar SB. 1, 8, 1, 14. Ebenso von einem Zahladverbium: ai. tris samvatsardsya dreimal im Jahre. Eine Steigerung des Begriffs kommt zu Stande, wenn zu einem Worte der Gen. plur. desselben Wortes tritt, z. B. sömapah simapanam der gewaltigste Somatrinker, sakha sakhinam der beste Freund u. ähnl., av. äsungm äsus der schnellste der Schnellen yt. 10, 65. Griechisch. Der Theiler kann auch hier sein: a) ein Substantiv, z. B. oriye; dvöpav, Zdvea vexpwv, aöpwvy te xal Apvsımv Sxaropßn, uymorhpwv Spikos (vgl. das über maritam gandh S. 335 Gesagte), xeıunAıa xala Anlödos, ddxa Xpucoio talavıa, dydos BArs (vgl. in anderem Sinne aydos Apoupr.s), YPul- kav yoıs (wobei xöusıs nicht mehr als nomen actionis empfunden wird. Wenn der getheilte Gegenstand etwas Ess- oder Trink- bares u.s.w. und der Theiler ein Gefäss ist, so sprechen wir von einem Gen. des Inhalts, so in öera; olvov, ridoL olvoro, xpedwv zivaxss; b) ein Adjektivum: root Tpwwv, delt kelvuv, öta deauy; auch neutral: Auıov Aeuxoto yalaxtos, Aperrs; besonders. im Superlativ: Ssöratos ’Ayaröv, dulupwraros allwv; c) ein Pro- nomen: tıs Exıydoviov dvdpwrwv, ’Ayaınv 05 xe, dc T66 Auepas inachhom.); auch ein pronominales Adverb: &Alodı yalns, ou drpöv, Tpls tod Rtov (nachhom.). An ypöoou tälavrov, denas otvov u. 8. w. schliessen sich nachhomerische Wendungen, durch welche der Werth oder Betrag ausgedrückt wird, z. B. tpıa- zovra zaldvrwv odolav Zxthoato (Lysias), öxtw oradlav Ton drere- teAsoto teigog (Thukydides), vgl. Krüger, Di. 47, 8. Auch die Steigerung des Begriffes liegt in der nachhomerischen Sprache vor, 50 z. B. xaxa xaxöv, äppnt’ dppntwv bei Tragikern. La- teinisch (vgl. Draeger 1, 412 ff). Der Gen. part. erscheint ım Lat. bei Substantiven, z. B. copia rerum, amphora vini;, bei neutralen substantivierten Adjektiven, jedoch nur in beschränkter Anzahl, im alten Latein namentlich bei guantum, tantum, pau- zillum, dimidium, bei Cicero vitae religuum, plurimum aelatıs, und bei dem Neutr. plur. von Kompar. und Superl., z. B. :n- tertora aedium, summa pectoris, aber nicht bei dem Positiv (Schmalz 2 $ 70); ferner bei Pronominibus, z. B. guid operis, caplivorum quid, id aetatis bei Plautus, qui captivorum bei Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 22

338 Kap. VIII. DI. Genitiv des getheilten Ganzen. [$ 165.

Livius;' sodann bei Ortsadverbien, z. B. ubt locorum, terrarum, gentium bei Plautus. Germanisch. Got. managei fiske eine Menge von Fischen, juka auhsne usbauhta fimf Cüyn Bowv hyd- paca nevre Luk. 14, 19 u. ähnl. (vgl. Gabelentz - Loebe 212), alts. Awarf werö ein Haufe von Männern, ahd. wazzares zwibar amphoram aquae (Grimm 4, 722). Bei Superlativen: got. sa smalista apaustaule 6 &ayıoros twv Anootöiwv, ahd. manno mil- tısto (Grimm 4, 736). Der Theiler kann ein Pronomen sein, z. B. ainshun driggkandane Luk. 5, 39. Das Fragepronomen ist in dieser Anwendung im Gotischen nicht belegt, wohl aber im Ahd., z. B. in dem Adverbium warana woher, in wanana lantes. Beachtenswerth ist der Gen. bei ‘nichts’, z. B. ei ni vaiht ubilis taujaib ph rornoaı vuäs xaxdv unöev 2. Kor. 13, 7. Weitere Belege aus den anderen Dialekten bei Grimm 4, 727. Dieser Gebrauch des Gen. ist im Mhd. bisweilen auf solche negative Sätze ausgedehnt, in denen die Negationspartikel nicht ursprünglich substantivisch ist, z. B. mir kom lieber geste nie (Paul $ 257. Auch im Germanischen findet sich die Steigerung des Begriffes, z. B. altnord. klym Alymja Ton der Töne, karl karla Held der Helden u. ähnl. (vgl. Grimm 4, 726). Baltisch-Slavisch. Über das Litauische be- merkt Schleicher 271, dass dieser Gen. besonders bei Zahlbe- griffen und Superlativen vorkomme, z. B. gulbiu pulkatis ein Schwarm von Schwänen, peno üpe ein Strom von Milch (Schleicher, Leseb. 145), Aäütıls vandeis ein Kessel Wassers (122), dünos kepals ein Laib Brod (140), daüg Zmoniü viel der Menschen, viele Menschen, n&ks 70 keiner von ihnen, Aaträs bröliu welcher der beiden Brüder, Aökvens smertelnu jeder der Sterblichen, pirmäsis sziurlöku der erste unter den Schülern, maäidusias vaikü der kleinste von den Knaben u. s. w. Auch findet sich im Litauischen die Steigerung des Begriffes, z. B. vagiu vagis Dieb der Diebe, Erzdieb, auch bei Abstraktis, z. B. bedü beda die Noth der Nöthe, höchste Noth. Auch die die Super- lative steigernde gleichstämmige Form, z. B. geriz geridusias der Guten bester ist ein Gen. Plur. (vgl. Schleicher 272). Slavisch. Der Theiler ist a) ein Substantiv (substantiviertes

$ 165.) Kap. VII. HD. Genitiv des getheilten Ganzen. 339

Adjektiv), z. B. aksl. münoZistvo münogo Ludiji riTdos roAd Tod ad Luk. 6, 17, siado srinizi münogo Aytin xolpwv Ixavav Luk. 8, 32. Bei dem Neutrum münogo findet sich im cod. Mar. kein Gen., wohl aber bei malo, z. B. 2etva ubo münoga a delateli malo 6 pev depropös noAdg ol de &pyarar SAlyoı Luk. 10, 2. Bei tolıko so viel und Aoliko wie viel, z. B. nasytiti tolıko naroda yopracar DyAov tocoütov Matth. 15, 33, Aoliko chlebü imate ndoous Aprou; Eyere; 34. Eine Menge von Belegen aus dem Serbischen liefert Danicic 64 fl., z. B. mnostvo (oder sl) naroda eine Menge Volks, $aka hyudi eine Hand voll Leute, jato sokolova ein Trupp Falken, krd ovaca eine Heerde Schafe, Aolo dyevoyaka i momaka ein Kreis von Mädchen und Burschen, dublja masla ein Klumpen Butter, gruda snijega ein Schneeball, grum zemlje ein Erdenkloss, guka zlata ein Klumpen Gold, Aomad hlyeba ein Stück Brod, Aondir vina ein Becher Wein u. 8. w.; za njim idjae naroda mnogo ıhm folgte viel Volks, nas je malo a mnogo Mad2ara unser sind wenig, aber der M. viele, dosta ljudi dobar junak ein guter Held sind genug Leute, Aolıko Yudi toliko dudi wie viel Leute so viel Sinne u.8.w.; $to je ruha na meni je, $to je kruha u meni je was ich an Kleidern habe, habe ıch an mir, was an Brod, in mir. Ebenso natürlich ım Russischen, z. B. uceönychü mnogo, umnychü malo, zuakomychü tima, a druga netü Unterrichtete viel, Ver- ständige wenig, Bekannte eine Menge, aber kein Freund (Puschkin). b) ein Adjektiv als Theiler ist kaum mehr vor- handen. Miklosich 4, 475 führt Gen. bei dem sog. Superlativ an, wie minje visechü semenü zemünychü wıxpdtepos TAvrav Tv orzpuatwv &orl twv &ml ts yrs Mark. 4, 31, bemerkt aber so- gleich selbst, dass dieser Genitiv vielmehr ein Ablativ beim Komparativ ist. Aus dem Altrussischen notiert Buslajev 427 den seltsamen Genitiv bei ‘alle’: vse nasü odinü Eelovekü alle von uns sind ein Mensch, d. h. wir stehen alle für einen. €! Pronomina. Miklosich führt Fälle an, wie aksl. küto techü riji Tis TooTtwv TOv tpıwv; Luk. 10, 36, und Ähnliches aus den andern Sprachen, ferner to goda eig. in id temporis, d. 1. e0 tempore, vgl. &; T6d Huepas. 22*

340 Kap. VIH. II. Genitiv des Stoffes. [8 166.

$ 166. Eine Abart des partitiven Genitivs ist der Genitiv des Stoffes.

Im Arischen nicht häufig, z. B. saumaräudram ghrte carim nir vapeh Suklanam vrihinam für Soma und Rudra be- stimme er ein Mus in Butter aus weissem Reis MS. 2, 1,5 (6, 15); ayaywhö kehrpa zwaenahe mit dem Körper von edlem Erz yt. 13,2. Griechisch. Die homerischen Belege s. bei Krüger, Dial. Synt. $ 47, 8, Anm. 1. Zwar in Fällen wie ypv- oolo Ölxa Talavra oder alyeipwy dAco;g begnügt sich unser Ge- fühl wohl noch mit der partitiven Vorstellung, aber wo es sich um Gegenstände handelt, welche aus einem Stoffe hergestellt werden, z. B. tanıns &ploro, Epxos xaosıreporo, Kulıxzvoo xpualou orarrpes (att. Inschr.}, ypusoö orarüpes Aauıbaxıvot (ebenf.) u. ähnl., empfinden wir allerdings eine andere Unterart des Genitivs. Im Lateinischen ist dieser Gen. nicht häufig, z. B. saepe lapidum, sanguınis nonnunguam, lerrae inlerdum, quondam etiam lactis imber defluzit (Cic.). Im Germanischen fehlt dieser Gen. nicht, z. B. sincgestreöonum füttan goldes mit Kostbarkeiten von getriebenem Golde, Beovulf 1093. Doch ist mir über die Aus- dehnung des Typus nichts bekannt, vgl. Grimm 4, 721. Li- tauisch. Im Litauischen (Schleicher 271, Kurschat $ 1496) ist der Gen. des Stoffes häufig, z. B. aukso zedas ein Ring von Gold, szukü jüstas ein Gürtel von Seide, /&pos Asbiratis ein Eimer von Lindenholz, uteliö maätelis ein Läusemantel, d. h. ein Mantel aus Läusefellen u. s. w. Man könnte zwar daran denken, diesen Genitiv als ursprünglichen Ablativ aufzufassen, wie er bei Verben wie ai. tak$ verfertigen erscheint, (vgl. Zai Jis Jam däve pleno pätkavas padaryjt da liess er ihm Hufeisen aus Stahl machen, Schleicher Les. 120). Indessen es ist doch klar, dass der Kasus selbst in dem eben angeführten Satze näher zu dem Nomen als zu dem Verbum gehört, und so wırd er mit den Stoff-Genitiven anderer Sprachen zu vergleichen sein. Slavisch (Miklosich 4, 462): aksl., z. B. stena kamene Zestokaago eine Mauer von hartem Stein, serb. (Danitie 60): «a glavi mu gro2dja vincac auf seinem Haupte ein Kranz von Trauben; gewöhnlich mit Epitheton, z. B. orata suha zlata ein

$ 166—167.] Kap. VIII. DO. Der Gen. in negativen Sätzen im Balt.-Slav. 341

Thor von reinem Golde, vreteno droa simsirova eine Spindel aus Buchsbaumholz, Aalpak solle bele eine Mütze aus weisser Seide. Ebenso ım Russischen volksthümlich, z. B. pokrysa sedychü bobrovü eine Decke von grauem Biber, drovi to u Annubki cerna sobolja A. hat Augenbrauen von schwarzem Zobel (Buslajev 246).

8 167. Der Genitiv in negativen Sätzen im Bal- tisch-Slavischen.

Wie schon $ 165 bemerkt worden ist, kommt im Ger- manischen der Genitiv in negativen Sätzen auch dann vor, wenn es nicht mehr möglich ist, ihn von der Negation direkt abhängig zu machen, z. B. mhd. mir kom s6 lieber geste nie (vgl. auch Erdmann 2, 161). Diese Ausdrucksweise ist im Baltisch-Siavischen zur Regel geworden. Litauisch (vgl. Schleicher 274), z. B. äsz nepazistu Zzmogaüs ich kenne den Menschen nicht; jis rafku netür er hat keine Hände. Alter- thümlich und dialektisch findet sich indes auch in negativen Sätzen gelegentlich der Akkusativ, vgl. Bezzenberger, ZGLS. 238, Leskien - Brugman 321. Slavisch (vgl. Miklosich 4, 498), 2. B. aksl. ni vilivayqtä vina nova mechy vetüchy odöt Bal- kousty olvov v&ov els doxods ralarods, aber gleich darauf: vino novo mechy novy vührajatü ad PaAlousıv olvov veov eis asmods xaıvous Matth. 9, 17. Der Gen. tritt auch ein neben einem von einem negierten Verbum abhängigen Infinitiv, z. B. Jako ne imami küde sübirahi plodü mojichü dr odx Eyw roü svako Tobs xaproös you Luk. 12, 17; ne mnite jako prüdü raz- oriti zakona ili prorokü wh vonlonte dr TAdov xatalüsaı Toy vouov 7) Tods npophtas Matth. 5, 17. Serb. ne irakim volje sooje nego volju oca od Ina Tod Belnpa To Eubv AAld To Heinua Tod zatpos Joh. 5, 30; 0n je prosi a brat sestre ne da er freit sie, aber der Bruder giebt die Schwester nicht u. s. w. Im all- gemeinen steht dieser Genitiv bei allen Genera und Numeri, nur das neutrale Pronomen steht nicht selten im Akkusativ, 2. B. serb. isprva ne kazah vam ovo radra ÖL dwiv &E dpyiis odx eirov Joh. 16, 4. Im Russischen brauchen neuere Schrift- steller gegen die alte Regel gern den Akk. neben einem

342 Kap. VIII. II. Genitiv des Besitzers. [$ 167—168.

Infinitiv, der von einem negierten Verbum (ne chocu, ne mogu, ne stanu u. 8. w.) abhängig ist, z. B. ne chocu videti moju ko- mediju (vgl. Buslajev 250). Nach demselben Grammatiker kann bei negativen Fragen Gen. oder Akk. stehen. ‘Aber nıcht bloss in Sätzen mit transitiven Verben, sondern auch bei ‘sein’ und überhaupt in Existenzialsätzen findet sich der Genitiv (vgl. Miklosich 4, 357 und das über die positiven Existenzialsätze Ge- sagte, 8153). Und zwar schon aksl., z.B. i ne be ıma Ceda xal oöx Tv adtois texvov Luk. 1,7 (ebenso got.); jegda Ze videse narodi jako Isusa ne bystä iu ni ucenikü jJego Ste odv eidev 6 öyAos Erı Insoüs obx Earıv dxei oBdE ol naßntat adroo Joh. 6, 24. Serbische Be- lege sind (Danicic 127): ni di mriva ni bi ranjenoga da war weder ein Toter noch ein Verwundeter; Akad ntije tebe kod mene wenn du nicht bei mir bist. Ebenso bei nestanuti ausgehen, z. B. al je vama hlyeba nestanulo, ali hljeba al crvena vina, ali zlata al bijela platna ıst euch das Brod ausgegangen, das Brod oder der rothe Wein, das Gold oder das weisse Linnen? (Da- nicic 91). Bei anderen Verben, wenn der Ausdruck passivisch ist, z. B. bila nekaka varos kojoJ se ni ımena ne zna es war eine Stadt, von welcher selbst der Name nicht bekannt ist. Daran schliesst sich endlich die Verwendung auch bei ak- tivischem Verbum, so: ne utece oka ni svijedoka es entkam nicht Auge noch Zeuge (ebenda 128, 130). Ebenso im Russischen, z.B. ne bylo dozdja es war kein Regen, sledu netu keine Spur iist vorhanden), vgl. die subjektlosen Verba.

$ 168. Genitiv des Besitzers.

Da die Beziehungen zwischen zwei Begriffen, von denen der eine als Besitzer!) gedacht werden kann, sich je nach dem Sinne der beiden betheiligten Begriffe verschieden gestalten, so wäre die natürliche Anordnung von der Bedeutung der bei- den zusammengehörigen Wörter herzunehmen. Es würde zu

1) Dass unter dem Begriff des possessiven Genitivs manches unter- gebracht worden ist, was besser unter die allgemeinere Kategorie der Zu- gehörigkeit zu passen scheint, ist oben $. 335 und gelegentlich auch im Folgenden noch besonders bemerkt worden.

$ 168.) Kap. VIII. IL Genitiv des Besitzers. 313

unterscheiden sein, ob Personen zu Personen, Konkrete zu Per- sonen, Handlungen zu Personen, andere Konkrete zu einander, Vorgänge zu Konkretis u. s. w. in Beziehung gesetzt werden. Eine solche Anordnung kann aber mit Erfolg nur durchgeführt werden, wenn das Material aus einem bestimmten Sprachzu- stand vorliegt. Da mir solche Sammlungen nicht zu Gebote stehen, habe ich nur bei dem Griechischen einen Anfang zu einer derartigen Gruppierung gemacht. Erst wenn weitere Sammlungen vorliegen werden, wird man z. B. sehen können, wie alt die Ausdrucksweise ist, dass als Besitzer der Träger einer substantivisch gedachten Eigenschaft auftritt, eine Aus- drucksweise, die bekanntlich in den neueren Sprachen häufig ist, 2. B. serb. sladost slobode die Süssigkeit der Freiheit (auch im Lateinischen geläufig).

Als eine besondere Spielart des Gen. des Besitzers er- scheint der Gen. in der Umschreibung (Gen. definitivus).

An den Schluss stelle ich den Gen. bei dem passiven Partizipium.

Arisch. SF. 5, 181 sind eine Reihe von Belegen aus dem Ai. angeführt, wıe ‘Kopf des Pferdes, Körper des Men- schen, Thür des Himmels, Gipfel des Berges, Sohn des Vaters’ u.s.w. Natürlich finden sich dieselben Gebrauchsweisen auch in den iranischen Sprachen. Zu dem letzten Beispiele be- merke ich, dass im Av. wie im Griech. das Wort ‘Sohn’ auch fehlen kann: äfrem ahurahe mazdäo Atar, den Sohn des A.M. y.13, 2 (y. 16, 4 steht pubrem dabei). Wie “Vater” kann auch Familie’ in den Gen. treten, z. B. yab he puhrö uszayala visö surayd braßtaono dass ihm ein Sohn geboren wurde des star- ken Stammes Thr. y. 9, 7. Dass nicht etwa in visö ein Ablativ vorliegt, zeigen Fälle wie: ya hg tum uszayarha tüm erezvo zarabustra nmänahe pourusaspahe dass du ihm geboren wurdest, du wahrhaftiger Z.,, des Hauses des P. (der du dem Hause des P. angehörst) y. 9, 13. Ebenso im Altpersischen: kambujiya nama kuraus putra amakham taumäya K. mit Namen, des K. Sohn, aus unserer Familie Bh. 1, 28. Aus dem Aü. ist a. a. O. der Genitiv bei ‘Pfad’ erwähnt worden: devanam päünthah der

344 Kap. VIIL IL Genitiv des Besitzers. [$ 168.

Pfad der Götter, rläsya pänthäh der Pfad des Rechten, divö gätüh die Bahn des Himmels, d. i. zum Himmel, vgl. $ 171. So findet sich auch av. kasna zwäng staremca daß advanem wer bestimmte den Pfad der Sonne und der Sterne y. 44, 3. va- histahe arheus vahıstam ayangm yazamaide wir verehren den besten Zugang zur besten Welt vsp. 23, 1. Bei duta Bote kann der Gen. denjenigen, der schickt, und denjenigen, zu dem geschickt wird, bezeichnen. Stömasö avinoh sind im RV. die Lobgesänge für die A. Sprachlich möglich wäre es auch “die Lobgesänge der A.’ zu übersetzen (vgl. Pischel-Geldner 1, 23). Griechisch. Ich führe zunächst einige Belege aus Homer an und ordne nach dem nicht ım Genitiv stehenden Worte, wobei zuerst Personen und Dinge, dann Vorgänge, Handlungen (wobei an den subj. Gen. zu erinnern ist), Zustände zur Er- wähnung kommen. Belege sind: rarnp dvöpwv te dewv re, Ilo- Außoro dapap (in dem Satze: Ayaydurv dE yuvatxa roluxirpmv avdpwrwv & 211 ist nur das thatsächliche Verhältnis zwischen den betheiligten Personen, nicht das grammatische Verhältnis zwischen den Begriffen ein anderes), ‘Ayyıdloro ulos, Buyarnp Aros, Oöuotos Eratpos, keivor AAAnlwv Tarpwior, Boüs "Yreptovos, deov 2v yovvası, plAmv &v yepotv, Tapsos Öskırepoio Todos, pULEAüg avöpwv, &v pıvotor Bowv, wpeves Alyishoıo, Bot allnav, Bewv aön, xnreog döun, adyal NeAloro, Yalxod oteponh, dpea yalns Darhxov, rruyes OdAuproro, Ent Hiva Balasans, Avden rolns, vnol Üeiv, avdpunwv Aotea, Öouou dv nparpar Bupyar, xAtuak Somoro, Yhpaos oBdos, AAwiis Epxos (in anderer Weise, nämlich den Stoff an- gebend, woraus der Zaun besteht, also eine Abart des partitiven Gen.: Epxos döovrwv), Boupös Axwah, xopudos palos, xrrars TrAs- kayxoıo. poipa Bewv, drıs Beaw, 80Aos AAoyoro, uymothpwv BovAN te voos te. Tpwwv xal ’Ayaöv pulonıs alın, "Oduoros dedAor, xourog BöOYTWVv, oTovos Avöpav, xA0vos &yysıdav, Impds Öpun, Avdpou rvorn, Ts Av&poro. YAyos vidos, TADog urtpog, Bewv das, Beod &oprn,, Aüxwv Tıa, dvadmuara darros, darrds Avln, äydos dpoupns, voosos Arös peyaloıo (welche von ihm kommt). Aavawv oltos, xetvou öAedpos, uynothpwv dBavaros, Tepas peporwv Avdporuv. xaxoU dpxn, Bpn doproro. kelvwv denis, ölun Basılywv, rarpüsxidos (y 83)

$ 168.) Kap. VIH. II. Genitiv des Besitzers. 345

ist ohne Schwierigkeit possessiv aufzufassen, danach wohl auch zarpos xAnnöov 5 317 und Ayyealln rarpos a 408 und sonst. Das Gegentheil zu rarpd; xAdos ist narpds And A 142. dewv Spxos (yprbs de Bey peyav öpxov dmwuvo B 377) scheint der Eid zu sein, welcher den Göttern gehört, ähnlich prrpös &pı- vwoes und rardöös roıvn (die Busse, welche dem getöteten Kinde zukommt, d. h. praktisch Busse wegen des Kindes). So sehe ich auch in xupata zavroiwv Av&uwv einen poss. Gen. An diese Aufzählung homerischer Belege knüpfe ich noch einige Einzelbemerkungen. Nicht selten steht der Gen. neben einem abgeleiteten Adj., z. B. Neorop&y rapa vn! TloAoryeveos Bası&ros Y 303. Auch im Griech. kann der Name des Vaters im Gen. stehen, so ’OiAjos tayds Atlas B 527, nach Homer auch bei anderen Verhältnissen, z. B. Deperlun r, Bartov (die Gattin) bei Herodot, Kitapyos xal oi &xelvoo bei Xenophon. In den atti- schen Inschriften wird nach Meisterhans? 167 bei der offi- nellen Nennung eines Bürgers der Gen. des Vaternamens zu- gesetzt ohne Beifügung von vid,. Zusatz von uld; findet sich nur in Weih- und Künstleraufschriften und auch hier nicht immer. Bei Frauennamen erscheint bald der blosse Gen., bald der Gen. mit duyarnp. Auch die Familie, das Blut, dem jemand angehört, steht, wie im Iranischen, im Gen., 2. B. Inds &aoı nal aluaros Apereporo zn 300. Genitive des Landes, dem ein Ort angehört, z.B. Dwxaln ’Iuvins bei Herodot, dürften in den arischen Sprachen noch nicht vorliegen. Lateinisch: Im Lat. wie in den anderen Sprachen, z. B. Marci puer, domus Aeronis u. 8. w. Dahin rechnet man mit Recht auch Ausdrücke, wie Caecilia Metelli (während man in der alten und klassi- schen Zeit nur Marcus Marci filius, nicht Marcus Marci sagt vgl. Schmalz2 $66 als ehrenvollere Bezeichnung). Germa- nisch: Um wenigstens aus einem Dialekte einige Belege zu geben, entnehme ich Erdmann 2, 140ff. die folgenden Beispiele aus Otfrid: Gotes sun, der gotes boto, druhfines muater, thes diufeles gisindo, Swabo richt das Schwabenreich, thaz Kristes muas die von Christo gespendete Speise, lioht suntigero manno Licht für sündige Menschen, sluzzila himiles Schlüssel zum Himmelreiche,

346 Kap. VI. II. Gen. in der Umschreibung (definitivus). [$ 168—169.

zit thes Zeit dafür (vgl. @pr ödproro), thes Arüzes krefti, Kristes mahti, in waldes einöte, in opheres wisun (vgl. ötxn), in thrio dago Fristi u. ähnl. Baltisch-Slavisch: Wendungen wie die aus den bisher genannten Sprachen angeführten finden sich natür- lich auch ım Lit. und Slav. Doch ist zu beachten, dass die possessiven Adjektiva im Slavischen dem Gen. Konkurrenz machen. Einige Verbindungen, bei denen der Begriff des Be- sitzes nicht recht ausreicht, vielmehr der der Zugehörigkeit passender ist, sind: lit. A&mo mergeles die Mädchen des Dorfes, rargü denos Tage des Elends, peno püdas Milchtopf u. ähn!. (Kurschat 405), wozu übrigens auch die bisher erwähnten Sprachen schon theilweise Analoga geliefert haben, wie &py ööproro u. ähnl. Slavisch. Eine Menge von serbischen Be- legen für den possess. Green. bei Danicic I1ff. Ich führe nur an den Gen. bei Abstraktis, welche eine Eigenschaft bedeuten (S. 17). Beispiele sind: lYepota mlade mome die Schönheit des jungen Mädchens, miris rana bosioka der Wohlgeruch des frühen Basilienkrautes, sladost svobode die Süssigkeit der Freiheit. Aus dem Russischen ist bemerkenswerth, dass in älterer Zeit die Familie durch den Gen. Sing. oder Plur. ausgedrückt wurde, z. B. peredü knjazemt Ivanomü Grigor:- Jevicemü Dolgorukogo (aus dem Jahre 1612), Aleksandry Gaga- rinychü (1679). Daher jetzt noch indeklinable Familiennamen genitivischer Form wie Zivago, Suchorukichü (Buslajev 246).

$ 169. Genitiv in der Umschreibung (definitivus).

Diese Abart des possessiven Genitivs kommt dann zu stande, wenn das Genitivwort die Spezies, das andere aber das Genus ausdrückt und wenn in der Rede auf das Genitivwort derartig der Accent des Sinnes fällt, dass die zwei verbundenen Wörter nur als Umschreibung des Genitivwortes gefühlt werden. Ich kann diese Form belegen aus dem Griechischen, Lateinischen, Litu-Slavischen, Germanischen. In derselben etwas besonders Alterthümliches zu sehen, wie man wohl gethan hat, kann ich mich nicht entschliessen. Ich möchte im Gegentheil an- nehmen, dass Ausdrücke, wie arbor fici in der Ursprache nicht

$169] Kap. VIII. II. Gen. in der Umschreibung (definitivus). 347

vorhanden gewesen sind, da für den hierdurch erstrebten Zweck das Kompositum diente.

Griechisch: Es können dahin gerechnet werden: «hp davaroıo, Bavatoıo venos, Yolvıxos vEov Epvos (eig. ‘ein Sprössling, der zur Dattelpalme gehört’, aber sachlich s. v. a. ‘der eine Dattelpalme ist‘), dv&poro BueAla, Asxtporo nalaıou Beouds d 296, atya xaxoro; nöAıy adchv tonyelns ldaxns x 416 sehen wir noch als possessiv an, da wir zwischen rdAıs und ldaxn unterscheiden, ebenso wie in 'ldaxns Evi örum a 103, dagegen in narplöa yatav pngeins ldaxns x 463 finden wir, dass die beiden verbundenen Begriffe sich decken; in lepös bios Alyeioto A 726 kommt es darauf an, ob wir ’Algeid; als Namen des Flussgottes oder des Flusses auffassen ; On3ns &dos, Tpolns iepöv nroAtedpov (wozu man den possess. Gen. in NyA7os rtoAtedpov vergleiche). Auch Wen- dungen wie teph is TnAepaxoıo gehören hierher. Dass schon der Dichter darin eine Umschreibung für TnA&uayo; empfand, lehrt das mask. löov n 477: pelöncev Ö tepn is Indepayoıo &; narep dodal- potsı löwv. In Örvou düpov decken sich zwar die Begriffe nicht überhaupt, aber es ist doch gemeint, dass in diesem Falle die Gabe im Schlaf besteht. Lateinisch: Es gehören hierher Wendungen, wie arbor fici Feigenbaum, nomen regis der Begriff ‘König’, wohl auch scelus viri, monstrum muleris u. ähnl. Germanisch: Über das Vorkommen dieses Gen. im Ahd. handelt Erdmann 2, 144ff. Er bemerkt 146: “Formelhaft zur Umschreibung einer Person dienen namentlich guati, milti, diuri und das allgemeinere kraft [vgl. iepn \s] in allen Kasus und in Verbindung mit Prädikaten und Bestimmungen, die eben nur der Person selbst gebühren”, z. B. Kristes guati mera wuntar däti, unz thiu sin guatı uf fon töde irstuanti Otfr. u.s. w. Weiter vergleichen sich mit den griechischen Wendungen: daz sines Iichamen hüs, mit des krüzes fiure inan brennen, des steines burdin (die Bürde, welche der Stein bildete) u. ähnl. Litauisch undSlavisch: Ragaines m&stas dieStadt Ragnit (Schleicher 273); serb. s one strane vode Save auf der andern Seite des Flusses Sau (Miklosich 4, 470).

348 Kap. VIII. II. Gen. beieinem pass. Part. Gen. qualitatis. [$ 170—171.

$ 170. Genitiv bei einem passivischen Parti- zipium.

Eine Form des Gen. des Besitzers ist der Gen. bei dem passiven Part., wobei das im Gen. stehende Nomen als Agens empfunden wird. Dieser Gebrauch findet sich im Arischen, 2. B. pdtyuh krita die gekaufte des Gatten, d. h. von dem Gatten gekaufte (SF. 5, 153). Ebenso im Av.: amıynizta sunö benagt von einem Hunde vd. 7,30 (vgl. Hübschmann 270 und Pischel-Geldner 1, 283 Anm.), ferner, worauf Brugmann (Leskien-Brugman, Litauische Volkslieder 321 Anm.) aufmerksam gemacht hat, im Griechischen bei dem Part. Aor. pass., 2. B. oäs aAdyou awayels Alyiochov re bei Euripides (vgl. auch drdsöorog), im Litauischen, 2.B. karältaus sijstas vom Könige gesandt (Schleicher 273) und im Germanischen, z.B. ahd. die gtwihte mines fater sin, giseganöle sine (Erdmann 2, 142).

6171. Genitiv der Eigenschaft (qualitatis) (auch mit einem Verbum des Seins).

Ein solcher findet sich ın den arischen Sprachen und im älteren Griechisch nicht oder nur selten vor. Dagegen ist er belegt ım Lateinischen, Germanischen, Litu-Slavischen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieser Gen. sich nach Auflösung der alten Komposita entwickelt hat. Ein paar griechische Bei- spiele sind: &rtwv Zwv HAınlmv nevre xal tpınxovra Herodot 1, 26, tov ebpıoxe olxins pv Edyvra dyadis Tpdmou Ö& Houylou 1, 107. Lateinisch: si quid liberum virslis serus ei nalum esset bei Ennius, frium literarum homo (nämlıch fur) bei Plautus, homt- nem mazumi preti bei Terentius, non multi cibi hospitem accıpies multi joct bei Cicero, vır et consilii magni et virtutis bei Caesar, colossus centum vigints pedum bei Sueton. Ungewöhnlich sind Gen. ohne Attribut, z. B. komo nthili bei Plautus. Germa- nisch: got. dauhtar vintrive tvalibe eine Tochter von zwölf Jahren; ahd. guotera slahta man ein Mann von guter Art; mhd. der ritter guoter sınne (Grimm 4, 652 Anm. und 720). Mit sein: vas auk jere tvalibe Tv yap &rüv Öwöcxa Mark. 5, 42. Litauisch: Auch hier ist die Regel, dass der zu dem Subst. tretende, eine Eigenschaft oder einen vorübergehenden Zustand

$171—172.) Kap. VIII. I. Der subjektive und der objektive Gen. 349

bezeichnende Genitiv mit einem Adjektivum verbunden sein muss. Einige Belege sind: lit. zmogus linksmös szirdes, drüto küno, auksztös gimines, mäzo stomeis ein Mensch von heiterem Herzen, von starkem Körper, von hoher Geburt, von kleiner Statur; irjü metu küdıkıs ein Kind von drei Jahren, irızüa auksinu skepeta ein Tuch von drei Gulden, drei Gulden werth u. ähnl. 'vgl. Schleicher 272). Slavisch: Aksl. (Miklosich 4, 468): clovekü jehnu dobra roda avdpwrös tıs eüyevng Luk. 19, 12; Jako düsti inoceda be jemu jako düvoju na desete letu Er doyarnp kovoyevrs Ivadın &; Etwv Öwdexa Luk. 8, 42; muzi blagolepina obraza ein Mann von schöner Gestalt. Aus den serbischen Beispielen, welche Danitic 53 anführt, hebe ich hervor: Veljyko je bio tunka ı sisoka struka smedje kose i vrlo malıh brkova u. 8. w. V. war von schlankem und hohem Wuchse, braunem Haar und sehr kleinem Schnurrbart; jedan junak lica djevojacka ein Jüngling von mädchenhaftem Gesicht; dodje momce erna oka na konjicu loka skoku es kam ein Bursch schwarzen Auges auf einem Rosse leichten Sprunges; dlaZene duse covek ein Mensch von glücklichem Gemüthe; drat je mio koje vjere bio ein Bruder ist lieb, welches Glaubens er auch sei; on biyae mojıh godina er war von meinen Jahren; cvijet lijepoga mirisa eine Blume von schönem Geruch. Russische Belege bietet Buslajev 243 ff., 2. B. celovekü poZiüychü letü ein Mensch von hohen Jahren; ons takoj ceny i krasoty sie sind von solchem Werth und solcher Schönheit; 7a Jje&Co toj very sto ich bin noch des Glaubens, dass; Aakogo cveta moloko von welcher Farbe ist die Milch (Äsböth 9). Substantiva ohne Akjektiva kommen nach B. nur ın der Sprache der Poesie und Beredsamkeit vor, z. B. celovekü ssiny i prirody ein Mensch von Wahrheit und Natur.

$172. Der subjektive und der objektive Genitiv.

Hinsichtlich des subjektiven Genitivs ist oben bemerkt, dass er nach Analogie des possessiven entstanden zu sein scheint, hinsichtlich des objektiven, dass er der Vertreter eines anderen Kasus, gewöhnlich des Akkusativs, sei. Hier bemerke ich noch, dass dieser Akk. sowohl ein Akk. des Objekts, als des

350 Kap. VIII. II. Der subjektive und der objektive Gen. [8 172.

Inhalts z. B. vixn yayns), als der Richtung (z. B. vöstos yalr,) sein kann, doch überwiegt der Akk. des Objekts bei weitem. Im nachhomerischen Griechisch, ım Lateinischen, Germanischen, Slavischen finden wir den Gen. auch anderen obliquen Kasus entsprechend. Ob dasselbe auch in den arıschen Sprachen und bei Homer vorliegt, habe ich nicht ermittelt, möchte also über das Alter dieser Erscheinung nichts behaupten. An sich sieht man nicht ein, warum der Gen. nicht ebenso gut einen anderen mit dem Verbum verbundenen Kasus, wie den Akk. vertreten könne.

Arisch. Als Belege für den subjektiven Gen. habe ich SF. 5, 155 aus dem Ai. angeführt: patane vayrasya beim Fliegen der Blitzwaffe, yayhasya saämrddhyai zum Gedeihen des Opfers u. ähnl. Aus dem Av. habe ich zufällig nur zur Hand: ahe yasna yazalanım wegen seiner Verehrung der Götter y. 57, 3, wobei der erste Gen. subjektiv, der zweite objektiv ist. Einige Belege für den objektiven Genitiv sind, neben Nomina actionis: ai. yögö vajinah die Anschirrung des Pferdes; bhrätroyasya vinödah die Vertreibung des Feindes; av. snabät vispangm datvangm zur Zerschmetterung aller Dämonen y. 27,1; ai. grähasya hömah die Ausgiessung eines Trankopfers; av. ma afsa ya kaine masyanam pard fSaremap zwatö garezem ratsaya) das Mädchen soll nicht mit Willen aus Scham vor den Menschen die Frucht schädigen vd.15,12; ai. davane vasunam zum Empfange von Gütern (SF. 5,422) ; av. zsnitmaine ahurahe zur Besänftigung des Ahura y.3, 1; ai. dSvasya dhrtyäi um das Pferd zu halten; av. pattistätee teman- ham zur Bekämpfung der Finsternisse yt.6,4. Von Nomina agentissind zu erwähnen: ai.apam ajah der Beweger des Wassers ; puram bhinduh der Zerbrecher der Burgen; av. fäyus nemaprhö ein Räuber der Achtung vd. 4, 1; varheus damis manarhö der Schöpfer des guten Geistes y.44.4. Das Hauptkontingent aber stellen die Nomina auf tar, z. B.: ai. däta rayinam der Geber der Reichthümer; pravadita väcah der Sprecher des Wortes; av.dätare gatpanqm o Schöpfer der Wesen yt.8,10; paseus bräata der Schöpfer des Viehs y. 50, 1; buyä aurvatqm yüzta, aurvatqm awwisasta, aurvatqm nibarta du sollst nicht sein

$172} Kap. VII. IH. Der subjektive und der objektive Gen. 351

ein Anschirrer der Rosse, nicht ein Besteiger (eig. Besitzer) der Rosse, nicht ein Antreiber der Rosse y. 11, 2.

Als aus dem Akk. des Zieles entstanden, kann man viel- leicht Wendungen, wie divo gatuh die Bahn zum Himmel, an- sehen, welche oben S. 344 unter den possessiven Genitiv ein- gereiht sınd.

Man vergleiche hierzu noch was $ 154 über den Akkusativ bei verbalem Nominibus gesagt ist.

Griechisch. Einige Belege für objektive Gen. bei No- mina actionis sind: dvaßAncıs Xaxod, Ausıs vexpoto, ists Artpet- ao a 40 (denn riveıv mit dem Akk. der Person kann heissen “für den Tod jemandes Strafe leiden’, vgl. P 34), yunscnpwv zedasıs, xaxav Önalukıs |vgl. dagegen die subjektiven Euvesıs tun rorauuv, Auplßacız Tpwwv E623, rapatpasız Eratpou u. ähnl.), kaav ötpuvrös, rodos und rxodr, mit Gen. wie ßıororo, Ayılkfos u. 8. w. (vgl. den Akk. öpdaApov moßesız ı 453), TrAepayxoıo Yovoz, todalnuv Bolai, rounn Avdpwrwv v 151, dntöos dos Furcht vor Rache, (vgl. dazu »oßos "Apnos die Furcht, welche Ares verbreitet B 767), örArpara vr@v, peillypara Bupod, Bporwv Bei- xcıpa, Aupasin Erw u. ähnl. Aus attischen Inschriften &:8- rlevoav &ri Thy Yulaxhv av Asıstwov (Meisterhans? 1681. Einem Akk. der Richtung entspricht der Gen. bei vooto; in &rınateo vosrov yalrıs Darnxwv e 344, einem sog. Akk. des Inhalts der Gen. bei vixr, in vixn payrs H 26, 8 171. Unter den Nomina actoris spielen die auf -Tnp die Hauptrolle. Beispiele aus Homer sind: xuvav dAxTnp, bdartav Anolunavrnp, Apvav ApTa- xp, dorhp Zdwv und olroıo, Inchp xaxwv, yuntpös kvnsthp, pläns evahtis ÖAethp, wudwv Prnp (mußwv te Pritäp Zpevaı TpnaTipd Te &pyuv 1 443), oradymv burnp, dtsrtüv duornp u. ähnl., dazu: suwv mörtwp, xEvrwp Irrwv, unotwp Yodoıo u.8.w. Nomina mit an- deren Suffixen sind: porwv önArpkwv, textwv Öoupwv, v7@V Top- znes. Im Zweifel kann man sein, wohin die Gen. bei den vielen Wörtern, welche Herrscher bedeuten, zu stellen sein, wie z. B. Tpwwv Ayös, Advas dewv, Apyol nynothpwv, roumv Aawv, Basıleus Muxtvns, Ayaav, rrwyav xolpavos, tayins Avkuwv, Öp- Xapos dvöpov. Man kann an partitive und possessive Auf-

352 Kap. VII. UI. Der Genitiv bei Adjektiven. [$ 172-173.

fassung denken, aber es überwiegt doch wohl die Vorstellung, dass eine Einwirkung auf die im Gen. stehenden Wesen aus- geübt wird. Ich nehme daraus die Veranlassung, rorpnv Aawv ebenso zu dem obj. Gen. zu stellen, wie xosuntwp Aawv. Gen., die einem ursprünglichen Dativ entsprechen (der nach- homerischen Sprache angehörig), verzeichnet Krüger 47,7, 5, z. B. twv xaxwv ouvousta bei Plate. Lateinisch. Den Akk. des Objekts vertritt der Gen. in amor patrıs, spes vilae, odıum tut bei Plautus, divint supplicit metus, conservatrix sus bei Cicero. Den Akk. der Richtung: patefecit earum ipsarum rerum adıtum bei demselben. An die Stelle anderer Wendungen tritt der Gen. z. B. in fiducia virium, remedium irae bei Plautus. Ger- manisch. Ein paar Belege aus dem Ahd. sind (nach Erd- mann 2, 148) für den subjektiven Gen.: sunnun fart Lauf der Sonne, für den objektiven: duruh gotes minna um der Liebe zu Gott willen, duruh des forahta aus Furcht vor ihm u. s. w. Baltisch-Slavisch. In bezug auf das Litauische führt Schleicher 272 an, dass batime nepreteliu Furcht der Feinde sowohl subjektiv als objektiv verstanden werden könne. Ob- jektive Genitive aus dem Slavischen s. bei Miklosich 4, 470, Danitie 49 ff. Häufig entspricht der Gen. dem Akk. des Ob- jekts, z. B. aksl. jetije Araja rizy prehensio limbi vestis, vüs- kresenije mrütoyjichü excitatio mortuorum, serb. odretenije glave kneza Lazara die Auffindung des Hauptes des Fürsten L. Fer- ner dem Dativ, so aksl. za prijazni istovaago cesarja qula vero regi favetis, serb. od cuda Üijepe djevojke aus Verwunderung über das schöne Mädchen (nur dieses Beispiel ıst angeführt). Ein Beleg für den Gen.-Abl. ist serb. zlo se irm od straha gorega Übel wird ertragen aus Furcht vor Schlimmerem. Noch einige Belege für andere Kasus s. bei Miklosich.

$ 173. Der Genitiv bei Adjektiven.

Zuerst seien hier nur im Vorübergehen solche Adjektiva erwähnt, welche wıe Substantiva konstruiert werden. Dahin gehören Wörter wie ai. priyd lieb (Freund), im Lat. die Par- ticipia praes. act. von Verben die selbst mit dem Akkusatıv verbunden werden, z. B.amans, gerens, sciens, so dass also amans

$ 173.) Kap. VIH. I. Der Genitiv bei Adjektiven. 353

patriae Liebhaber des Vaterlandes bedeutet. Ebenso ist viel- leicht auch die Konstruktion einiger griechischer mit 2ri zusam- mengesetzter Adjektiva aufzufassen, wie &rtstpopos Avdpwrwv a 177 (vgl. Ertotpegesdar mit dem Akk.), &rioxonos Ödatwv D 163 (vgl. &rıoxertopaı mit dem Akk.). Zweifelhaft bin ich wegen IrtwÄonos nudwv und zofov X 281 und @ 397.

Die übrigen hier zu erwähnenden Adjektiva sind, sei es wirklich, sei es ideal, durch die Stufe des Partizipiums durch- gegangen, haben also ıhre Konstruktion vom Verbum ent- lehnt. Den Reigen führt dabei das Wort für ‘voll’. Eine Schwierigkeit entsteht hinsichtlich gewisser Adjektiva, welche ursprünglich sicher mit dem Abl. verbunden wurden, die aber in den Sprachen, welche Ablatıv und Genitiv haben zusammen- fliessen lassen, sich mit den relativen Adjektiven für das Ge- fühl der Sprechenden offenbar zu einer Gruppe verbunden haben. Es schien mir unnatürlich, ‘leer’ von ‘voll’ zu trennen. Ich habe also derartige Adjektiva hier angeführt, während bei dem Ablatıv nur auf sie verwiesen worden ist.

Arısch. Ein wirkliches Partizipium ist ai. pürnd voll. Es wird entsprechend der Konstruktion von par mit Instr. und Gen. verbunden (vgl. SF. 5, 162). Das entsprechende av. perena weiss ich nur mit dem Gen. zu belegen [asrustörs perenärshö voll von Ungehorsam y. 44, 13). Adjektiva mit partizipialer Konstruktion sind ai. ?$var@ vermögend und ndvedas kundig. Griechisch. Ich beschränke mich auch hier auf den ho- merischen Gebrauch (vgl. Krüger Dial. 47, 26). An die Spitze stelle ich das Adj. ‘voll’. Bei Homer erscheinen neben rAeios die Gen. avöpüv, Sdarrupövov, elöwiwv, xalxod, Bıöroro Lebens- mittel, 8avaroro (wovon die Zähne der Scylla erfüllt sind), neben Eprieros (Evinderos) die Gen. xvions xal aluaros, tüv, olvou, Piszoro, xuvoparorewv. Neben ‘voll’ steht “reich”: apveıds (Bıdroro, xpuooio). An ‘voll’ schliesse ich sogleich ‘leer’. Es sind bei Homer (wo xevd; mit Gen. noch nicht vorliegt): zövıs beraubt, verlustig in &< p uiwv nollav te xal dodAmv eövıv Ednxev X 44. (Dazu das Subst. ynpn: ynpn sed Zoopaı Z 408. An “leer schliesst sich Asios glatt, eben, in Acios rerpdwv & 443 ‘eben an

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 23

354 Kap. VII. II. Der Genitiv bei Adjektiven. [$ 173.

Felsen’, d. h. felsenleer, ein Fall, an welchem man fühlt, wie sich der Gen. bei den sog. relativen Adjektiven entwickelt hat. Bei folgenden Adjektiven ist es besonders deutlich, dass sie ihre Konstruktion von den verwandten Verben bezogen haben: &rıstests bis zum Rande voll (oivoro), pkynpwv eingedenk (Yoprou d 163), &riindos vergessen machend in xaxav ErlAndov Aravrwy ö 221, &ros unersättlich (roAdporo, päyns, 80Awv), dxöprtos dass. (0dou, pays u. ähnl.), Eupopos theilhaftig (Tıe7js $ 480), wo- nach sich jedenfalls dypopos untheilhaftig gerichtet hat (otn d Apmopos &orı Aoerpwv xeavoio 3 489, e 275), auch Zrußolos theilhaftig, habhaft (od yap wrds IrthBoAos 0dd Zperdov ylvapaı ß 319) gehört hierher, wenn auch ein genau entsprechendes Verbum nicht vorhanden zu sein scheint. Auch döanpkwv un- kundig (payrs, rirySwv. kann hierher gezogen werden, insofern als &röaoxonaı ja auch mit dem Gen. vorkommt. Aus der nach- homerischen Sprache erwähne ich noch xaprepöv elvar verfügen über : xaprepöv zivar tWv xprpatwv Täs datstos Gortyn 4, 25. An diese Verbindungen schliessen sich dann etwas freiere an, wie Axumvos oltoro, rosıog xal Löntuos, Aortos (Arastos) Löntuos 768 ROTNTOS, AXTHWmv Xpuaoio, Tod AAlou Areins von der Bezahlung des Übrigen frei CIA. 1, 40 u. ähnl., bei denen man von einem Gen. der Relation spricht. Undeutlich ist mir der Gen. bei Atos (Boos, odö &vos nämlich "Extopos —, roAdos, dodis). Lateinisch. Alt ist die Verbindung mit dem Gen. jeden- falls bei p»lenus, wohl auch bei memor und vielleicht noch bei einigen anderen. An diese schlossen sich dann Adj. verwandten Sinnes, z. B. an plenus : opulentus, dives, satur, benignus, lo- cuples, onustus (Schmalz 2 $ 72), oder entgegengesetzten Sinnes, so inanıs, vacuus, pauper, egenus, indigus, sterilis. So konnte sich die Vorstellung ausbilden, dass der Sinn eines Adj. durch ein ım Gen. stehendes Subst. näher bestimmt werden könne, und Verbindungen wie audar ingenü, ferox scelerum entstehen (vgl. das über das Germanische Bemerkte. Germanisch. Alt ist der Genitiv bei voll, z. B. got. ahmins veihrs fulls des heiligen Geistes voll u.s. w. (Grimm 4, 729), dazu reich und ver- wandte Begriffe, z. B. mhd. ein ellens richer man, landes unde

$ 173.) Kap. VIII. II. Der Genitiv bei Adjektiven. 355

lute gröziu frouwe u. ähnl. Hieran schliessen sich die Ad- jektiva, welche ‘leer’ und ähnl. bedeuten, also baar, frei u.s. w., ı.B. mhd. vroüden bar, got. frija ist bis vilodis &\eudepa Lorlv ärö tod vonou Röm. 7, 3 (Grimm 4, 731). Ebendahin auch ‘be- dürftig’, z. B. got. barbans leikinassaus ypelav Eyovras Bepanelas Luk. 9, 11. Auf derselben Stufe wie ‘voll’ stehen mhd. ge- waltec, vrö, sat (Grimm 4, 732), insofern als auch sie ihre Kon- struktion von den betr. Verben bezogen zu haben scheinen. Eine besondere Stellung nimmt ‘schuldig’ ein. Das got. skula ist, wie Grimm 4, 733 bemerkt, ursprünglich ein schwaches Sub- stantivum, der Gen. also (z. B. daubaus des Todes) adnominal und zwar ein objektiver Gen. Wie der Gen. bei got. vaırps würdig zu erklären ist (s. Grimm ebenda), weiss ich nicht. Im Anschluss an diese überlieferten Konstruktionen hat sich die freie Verbindung von Gen. und Adj. entwickelt, von wel- cher die Sammlungen bei Grimm 4, 729 ff. eine Vorstellung geben. Es tritt dabei namentlich der Gedanke der Ursache und der der Beziehung hervor. Das Nomen erscheint als Ur- sache des in dem Adj. ausgedrückten Zustandes in Verbin- dungen wie: mhd. ir ros diu wären schane, ir gereite goldes rot, er sach in bluotes röten, ferner bluotes naz, louwes naz u.ähnl. Es scheint mir nicht zweifelhaft, dass sich diese Wen- dungen zunächst an ‘voll’ mit dem Gen. angeschlossen haben. Wie touwes naz bildet man dann auch Jasters sieche u. ähnl. Dagegen bezeichnet das Nomen den Punkt, in bezug auf wel- chen das Adjektivum gelten soll, in Wendungen wie: mhd. gra des häres grau von Haar, was des libes also kranc, helfe balt rasch mit der Hilfe, ahd. muotes blinde mente coecatıi. Vermuthlich haben auch diese Wendungen sich zunächst an voll’ angelehnt. Denn Aäres grä ist ursprünglich ebenso ge- dacht wie bluotes röt. Aus diesem Gebrauch dürfte sich dann die Verwendung des Gen. als Gen. der Beziehung auch bei Substantiven erklären, z. B. mhd. er war des muotes gar ein man, der des libes was ein degen u. ähnl. Besonders zu er- wähnen sind die Gen. bei alt, lang, breit u. ähnl., so schon got. ba framaldra dage seinaize vesun Ayumdrepoı rpoßeßrxöres &v 23*

356 Kap. VIH. II. Der Genitiv von Zeitbegriffen. '$ 173—174.

tais huspaıs adrav Luk. 1, 7, mhd. der järe unmäzen alt, zweio elnon lang (danach auch bei Adverbien, z. B. mhd. der sne lit fuozes tiefe Grimm 14, 759) u. ähnl. Ich weiss nicht recht, ob diese Gen. ebenso wie die vorhergenannten zu erklären sind. Litauisch und Slavisch. Wie in den verwandten Sprachen zeigt sich der Gen. bei ‘voll’, z. B. lit. öieras pilnas vandens ein Teich voll Wasser, serb. srce puno jada das Herz voll von Kummer (Schleicher 273, Miklosich 4, 452, 507). Daran schliesse ich ‘leer’, z. B. lit.&zeras tüszczas vandefis (nach Kurschat $ 1517 ff. nicht üblich‘, aksl. tüst? leer, pustü leer, prostü frei, nagä frei, sırü beraubt (vgl. yrpr) und einige andere, z. B. pustü trojego predüstrojenija Epnpos Tis ons npovolas, Cistü gneva rein von Zorn. Hinsichtlich der Adj. eingedenk, kundig, gewohnt, achtend, fürchtend, werth, begehrend im Litauischen gilt das bei Ge- legenheit des Lateinischen Bemerkte. Aus dem Slavischen führe ich noch die serbischen Adjektiva an, welche Danicic 97 beibringt. Es sind {ausser ‘voll’ und ‘leer’): sit satt, gladan hungrig (z. B. mesa nach Fleisch), Zedar» durstig (z. B. vode nach Wasser). Ferner erscheint auch ım Slavischen der Gen. bei ‘würdig’, z. B. aksl. dostojinä bo jestü delatelji mizdy spoJeje aktos yap 6 Epyarns TYs Tpopnis abtou &oriv Matth. 10, 10; serb. dostojan, vredan, vrstan. Bei dostoyinü erscheint auch der Datıv, vgl. $ 139.

$ 174. Der Genitiv von Zeitbegriffen.

Ein Genitiv von Zeitbegriffen ist vermuthlich anzuerkennen ım Arischen, sicher im Griechischen, Germanischen, Slavischen. Ob dieser Typus uralt ist, lässt sich mit Entschiedenheit weder behaupten noch bestreiten. Ist er uralt, so hindert nichts, ihn aus der Grundanschauung des Genitivs zu erklären. Denn es kann sich ein solcher Gen. zu dem Akk. temporis ebenso ver- halten, wie der adverbale Gen. zu dem adverbalen Akk. Ist der Typus nicht uralt, so könnte er zwar ebenfalls aus Anlehnung an andere Genitive, also mittelbar als Ausfluss der Grundbedeu- tung des Genitivs erklärt werden. Es wäre aber auch mög- lich, anzunehmen, dass er sich erst aus Wendungen wie ai. sakft, dvih mit ühnah, samvatsaräsya einmal, zweimal am Tage,

$ 174] Kap. VOII. IL. Der Genitiv von Zeitbegriffen. 357

im Jahre, losgelöst hätte. Man wird vielleicht sicherer ur- theilen, wenn man sich über das Auftreten der Erscheinung in den arischen Sprachen verständigt haben wird.

Hinsichtlich des Altıindischen habe ıch SF. 5, 163 im Einverständnis mit der allgemeinen Meinung (wie ich glaube) angenommen, dass die Gen. aktös, k$apas, k$apas durch “bei Nacht’, vastös und ugdsas durch ‘am Morgen’ zu übersetzen seien. Jetzt bestreitet Bartholomae, BB. 15, 200, das Vorkommen eines Genitivus temporis im Veda. Er scheint hinsichtlich der meisten Stellen Recht zu haben, doch möchte ich betrefls vdstos die Meinung anderer abwarten. Im Avesta hat man bisher eben- falls Gen. der Zeit angenommen, z. B. airhä kSapd yt.1, 18. Griechisch. Ein Genitiv der Zeit erscheint 1) adverbial, also ohne Hinzufügung einer adjektivischen Bestimmung, und zwar bei Homer oös morgens ® 470, 525, yeinaros, BEpeu;s zur Winterszeit, zur Sommerszeit n 118, örwpns zur Herbstzeit X 27, voxtds zur Nachtzeit v 278. Dazu vnveuflns zur Zeit der Windstille E 523, so auch ausserhalb Homer’s, vgl. Krüger, Synt. 47, 2, und roA&uw xal eipavap zu Kriegs- und Friedens- zeiten, eleische Inschrift, Collitz 1172 (wohl auch AAytotw unvöp jedesmal ım Monat A., eleisch, Collitz 1168). 2) Mit einem Zahlwort oder Pronomen zur Bezeichnung des Zeitraumes, innerhalb dessen sich etwas ereignen soll oder ereignet hat. Bei Homer nur: to0d adroö Auxaßavros &Aebseraı 2vdad "Jöuo- us & 161, T 306, öfter in der späteren Sprache (vgl. Krüger a.a. O.), auch inschriftlich, z. B. Aaydoaı tüv nevr’ äpepäv innerhalb fünf Tagen freilassen, Gortyn 1, 25 (ähnlich noch einmal, sonst &v rais aufpaıs, Baunack 86), tpıöv urvav lokrisch, Collitz 1478, rposato öxa Auepwv, attisch, Meisterhans ? 167. Ein Beispiel aus Plato, in dem Beziehung auf die Vergangen- heit stattfindet, entnehme ich Krüger: oBöels pe hpwrnxe xarvöv oööeyv noAlavy &tav. 3) Bei Datierungen findet sich häufig pnvöc absolut, z. B. böotisch MeveßwAw dpxa, peiwds Opolwulo Collitz 383. Sollte dieser Gen. vielleicht ursprünglich von dem Tage, der auch genannt war, abhängig gewesen sein? (vgl. die kurz vorhergehenden böotischen Inschriften. 4) In distributiven

358 Kap. VIII. Il. Der Genitiv von Zeitbegriffen. [$ 174.

Wendungen mit oder ohne Hinzufügung von &xaoto;, so Krüger 47,2 Anm.2 und inschriftlich, z. B. xaradızadöertw tw uev E&)eu- depw orarrpa, tu. dwiw dapxvav räs apfpas Fexaotas Gortyn 1, 9 (vgl. eleisch, Collitz 1151), pexpı [terpa'xıoyeitwv peötuvov Toö &vıaurod &xdctou attisch, CIA. 1, 40. Vielleicht sind diese Gen. als ursprünglich von pv& und ähnlichen Substantiven abhängig zu denken, vgl. die phokische Inschrift: drorersatw Apyuptou &xdctov owuaros pväs Öexanevre Ta mpootavtı Collitz 1547. Germanisch. Im Got. kommen fast nur nahts und dagts in betracht (Gabelentz-Loebe 240). Gross ist der Kreis der Wörter auch in den anderen Dialekten nicht (vgl. für das Ahd. Erd- mann 2, 182). Slavisch: “Der Gen. bezeichnet die Zeit, in der, während der etwas geschieht. Dieser temporale Gen. ıst auf gewisse Zeitbestimmungen beschränkt und hat meist ein Adjektiv oder Pronomen bei sich” (Miklosich 4, 509). Aus dem Aksl. führt M. Fälle wie die folgenden an: tako ne vüz- moßete jedinogo Casa pobidelt münojq ourws odx loyboate wiav Öpav ypryopüoar per’ &uod; Matth. 26, 40 (wobei die Negation, so viel ich sehe, keinen Einfluss hat üben können), zJazdi sego leta Yays todrov röv Evıauröv (a Eorapxas), konicacht togoze leta mesjaca dekjabrja absolvi (codicem) eodem anno mense decembri. Im Serbischen (Danicic 61) findet sich dieser Gen. bei dar Tag und den Tagesnamen, wie z. B. subota Sonnabend, nod Nacht, nedelja Woche, mjesec Monat, beto Sommer, zima Winter, jesen Herbst, godina Jahr, vreme Zeit, vijek Lebenszeit, CasStunde, Zivot Tıeben und einigen wenigen anderen, z. B. prooga Marta am ersten März, kada do da kneza pogibose jJednog dana a Jednoga casa als zwei Fürsten umkamen an einem Tage und zu einer Stunde, one noci kad smo se rastali, dao mi je zlatan prsten s ruke ın jener Nacht, als wir uns trennten, gab er mir einen goldenen Ring von seiner Hand, bog ne plada svake subote Gott zahlt nicht an jedem Sonnabend, mi demo te Cesto poho- diti u godini svakoga mjeseca, u mjesecu svake nedjeljice wir werden dich oft besuchen, im Jahre jeden Monat, im Monat jede Woche, svega ljeta jedna repa i ta croljiva jeden Sommer eine Rübe und die wurmstichig, nosio ga cijeloga Zivota ich

$ 174—175.)] Kap. VIO. U. Der Genitiv von Ortsbegriffen. 359

trug ihn (den Ring) das ganze Leben hindurch. Russisch: trefjjago dnja vorgestern, segodnja heute, volksthümlich: dylo Tia es war am Tage des heiligen Titus (Buslajev 240).

6175. Der Genitiv von Ortsbegriffen.

Ein solcher liegt vor im Avestischen, Griechischen und Germanischen. Im Avesta erscheint er in Sätzen in sörbrahya oa daxyeus va in Gau oder Land y. 46, 4, aihhä zemö nidar- Pyqn man soll auf dieser Erde niederlegen vd. 7, 31. Dieser Gebrauch, der im Aı. nicht vorhanden ist, scheint nicht alt zu sein. Hübschmann 280 bemerkt mit Recht, dass er sich erst aus sonstigen Verbindungen des Genitivs losgelöst habe. Man kann die Loslösung an Sätzen wie die folgenden verfolgen:

"ahe nmänahe spa va väü ein Hund oder Mann dieses Hauses

(gleich: in diesem Hause) vd. 5, 39 (auch vd. 3, 3 kann abe nmänahe von den Subst. abhängig sein); yos henti ainhä zemö mazıstaca vahistaca srafsta ca welche auf Erden die grössten, besten und schönsten sind vd. 2, 27. Das heisst wohl eigent- lich: die “grössten der Erde’ und ist eine abkürzende Aus- drucksweise. In dem Satze: yım azem vispahe anheus astvatö sraestem dädaresa zwahe gayehe zwanvatö y.9, 1, welchen Geldner, KZ. 25, 479 übeısetzt: “welchen ich von allen irdi- schen Wesen in meinem langen Leben als den schönsten gesehen habe’, ist gayehe offenbar ebenso aufzufassen. Auch denke man zur Erklärung des lokalen Genitivs noch an den von kva abhängigen Genitiv (S. 336). Griechisch. Für die Erklärung weiss ich nichts Besseres beizubringen, als von Hentze 513 gesagt worden ist. Danach wäre in dem Satze vigog d 0b @alvero naons yalns obd öpdkwv P 372 und in den verwandten Fällen 9 108, y 251, E 96 der Gen. ın einer Art Abhängigkeit von der Negation zu denken, so wie er sonst von zoo, AAAodı und ähnlichen Adverbien abhängig ist. In solchen Sätzen habe sich die Vorstellung eines Gen. des Be- reiches ausgebildet, der sich dann emanzipiert hätte in &Ler' Ereıt” Obuotos &vavrlov, &v rupds adyy, Tolyou Tod &tepou b 89 vgl. 1219, 2 598), in dem nachhomerischen 7; oßoö (Krüger, Di. 46, 1,3). Solche emanzipierte partitive Gen. dürften denn

360 Kap. IX. Der Akkusativ. [$ 175176.

cam

auch die vielbesprochenen v60i0 und redtoro bei öLwxeıv, oedesdaı, Epyesdar, Beeıv, rprscewv u. 8. w. sein, welche ich früher als Fort- setzer des alten Instr. erklärt habe. Man erwäge namentlich Stellen wie: &rıstauevor neöloro xpaınvd par Evde xal Evda duw- xepnev 708 Qedeodar E 222, AM Zuuev pıv npwra mapekeldeiv ne- ötoro turddv K 344. Die Adverbia wie roö sind vielleicht nicht uralt. Über das Germanische wird bei den Adverbien gespro- chen werden.

Kapitel IX, Der Akkusativ.

$ 176. Über den Grundbegriff des Akkusativs ist $ 70 ge- handelt worden. Ich füge hier noch hinzu, was ich SF. 5, 164 in wesentlichem Anschluss an die Schrift von Gaedicke ge- äussert habe. “Der Akk., welcher in der traditionellen Wort- stellung unmittelbar vor dem Verbum steht, tritt zu der Hand- lung des Verbums in diejenige Beziehung, welche durch die anderen Kasus nicht ausgedrückt wird. Vermöge des beson- deren Sınnes der Nomina und Verba fällt diese Beziehung unter gewisse Gesichtspunkte. So finden wir [in der Verbindung von Verbum und Substantivum] das Streben zu einem Ziel, also in dem Akk. das Ziel ausgedrückt, falls das Verbum ein Verbum der Bewegung ist und das Nomen ein solches, welches ge- eignet ist, wegen seiner materiellen Bedeutung das Ziel einer Bewegung auszudrücken; wir sprechen von einem Akk. des Inhalts, falls das Nomen nicht eine Person ist, sondern etwas, was als Inhalt der Handlung des Verbums aufgefasst werden kann; von einem Akk. des Objekts und Resultats, wenn das Nomen geeignet ist, als Objekt einer Handlung angesehen zu werden. Dabei sind die Begriffe des Zieles, des Inhaltes, des Objekts, der Zeitdauer u. s. w. in der Grammatik nicht weiter zu definieren, sondern sınd als Realitäten anzusehen, welche in der Anschauung der Sprechenden vorhanden sind. Man wird auch wohl nicht irren, wenn man annımmt, dass sie schon

8176-177.) Kap. IX. Akkusative im Avesta. 361

in sehr früher Zeit (wenn auch natürlich nicht in voller Klar- heit! empfunden wurden!), doch wird in dieser Beziehung stets eine Schwierigkeit übrig bleiben. Man weiss nicht, in wie weit man Gefahr läuft, unsere Anschauungen auf das Alterhum zu übertragen. Auch in der Abgrenzung der ein- selnen Anschauungskreise bleibt eine Schwierigkeit. Denn man darf nicht vergessen, dass die Begriffe Ziel, Objekt u. s. w. wie Inseln im Meere als Krystallisationspunkte auftauchen und dass Wendungen übrig bleiben, welche zu dem einen oder dem anderen Kreise gerechnet oder überhaupt nicht sicher unter- gebracht werden können. Ja, bei schärferem Nachdenken kommt man natürlich immer wieder zu der Erkenntnis, dass in der Sprache selbst nichts gegeben ist als der Verbalbegriff und der Nominalbegriff und dass eine Eintheilung des Stoffes zwar unvermeidlich, eine jede aber nicht frei von Willkür ist.” Die gewählte Eintheilung ergiebt sich aus folgender Übersicht:

6178. Akkusativ der Richtung.

$179. Akk. des Inhalts.

$ 180. Anhang. Akk. bei Verben des Seins?

$ 181. Akk. der Zeiterstreckung.

$ 182. Akk. der Raumerstreckung.

$ 183. Akk. des Objekts und Resultats bei transitiven und intransitiven Verben.

$ 184. Zwei Akkusative bei einem Verbum.

$ 185. Akk. bei verbalen Nominibus.

$ 186. Akk. der Beziehung.

Der Akk. bei Wörtern des Ausrufs (lat. en u. s. w.) wird bei der Ellipse zur Erwähnung kommen.

$ 177. Ehe ich in’s Einzelne gehe, habe ich noch, etwas über Akkusative im Avesta vorauszuschicken. Die erste Bemerkung bezieht sich auf das Verhältnis von Akkusativ und Nominativ. Spiegel, Gramm.409ff., hateineReihe von Belegen zu- sammengestellt, aus denen hervorgeht, dass im jüngeren Avesta Nom. und Akk. nicht mehr gehörig auseinandergehalten werden.

I) So zu lesen.

362 Kap. IX. Akkusative im Avesta. [$ 177.

Wenn auch unter den von ihm angeführten Stellen eine Anzahl von verderbten sein mögen, so dürften doch auch solche übrig bleiben, ın denen eine sprachliche Thatsache vorliegt. Dieselbe ist so jungen Datums, dass sie im Folgenden unbe- rücksichtigt bleiben konnte. Sodann handelt es sich um ge- wisse Besonderheiten des avestischen Sprachgebrauchs, für welche sich ın der folgenden Darstellung kein Platz gefunden hat.

a) An mehreren Stellen findet sich unzweifelhaft ein sog. Akk. des Zustandes: yez# Jum frapayemi wenn ich lebend ge- lange yt. 5, 63; mosu tab as norb daregem yah Frayatayap bwarsemnö aoi zqm ahuradätgqm aoi nmänem yim zwatparbtm drum avantem airıstem hamapa yapa paraciß bald war es, nicht lange, dass er im raschen Laufe gelangte zur gottgeschaffenen Erde, zum eigenen Hause, gesund, unverwundet, wohlbehalten, ganz so wie vorher yt. 5, 65. Mir scheint, dass diese Akk. sich an Adverbia wie ‘rasch, gut’ u. s. w. anschliessen. Von hier aus ist dann ein kleiner Schritt zu dem gleichen Ge- brauche eines aktiven Partizips: ya) aete yot mazdayasna päada ayantem va tacınlem va baremnem va vazemnem lacı apaya nasaum frajasaın wenn die Anhänger des Mazdaglaubens zu Fuss gehend oder laufend oder reitend oder fahrend auf einen Leichnam im Wasser stossen vd. 6, 26. Der Sing. ist gerecht- fertigt, weil jeder der Gläubigen einzeln vorgestellt wird. b) Eine Ellipse des Verbums scheint in folgender Stelle vor- zuliegen: aßravanem bisajyah dahmayap paro afrıtor.), nmänahe nmänöpattim bisayyap niltemem staorem arej6 einen Priester heile er für einen frommen Segensspruch. Einen Hausherrn heile er, einen geringen Ochsen als Preis (sc. nehme er) vd. 7, 41. c) Ein Nominativ scheint vorzuliegen: :da :ristahe tanıum avahısla anafsem mano anatsem vaco anatsem Syaobnem jetzt bın ich getroffen () auf den Leib eines Toten ohne Mitwirkung von Sınn, Wort, That vd. 8, 100, eigentlich: nicht wollend, machtlos der Sinn u. s. w. d) Unklar ist mir särem auf dem Haupte yt. 5, 77.

Nunmehr komme ich zur Darstellung des indogermanisch en Akkusativs. |

$ 178.) Kap. IX. Der Akkusativ der Richtung. 363

$ 178. Der Akkusativ der Richtung.

Arisch. Im Altindischen kommen, wie SF. 5, 166ff. ge- zeigt worden ist, von intransitiven hauptsächlich die Verba gam und ; (dieses weit seltener), von transitiven »2 in betracht. Im Ak- kusativ erscheinen Personen, z. B. Yärunam, Agnim, Örtlich - keiten, z. B. divam in den Himmel, samudram ın das Meer, yrhan ın das Haus, mukham ın den Mund, udaram in den Bauch, dam in eine Gegend u. ähnl., Vorgänge und Thätig- keiten, z. B. yaykam zum Opfer, häufig auch Zustände, 2. B. jarimanam zum Alter (gelangen), $rävas zu Ruhm, amr- tatoam zur Unsterblichkeit u. ähnl. Ausser gam und + sind zu nennen ya gehen, pat fliegen, sarp kriechen, kram schreiten, ray gehen, sar eilen. Ein Beleg für den Akk. bei r: führen ist: fav ubhav adhamam tdmo nayati er führt sie beide in die tiefste Finsternis TS. Ebenso im Av. bei jas: ya dim jasatti welche zu ihm kommt vsp. 7, 3; ma jasöi) ütarem apem ma zqm gqm ma urvarqam narem asavanem näirikqm asaonim er soll nicht nahen dem Feuer, nicht dem Wasser, nicht der Erde, nicht der Kuh, nicht einer Pflanze, nicht einem frommen Manne, nicht einer frommen Frau vd. 9, 33; yap nätrıka upaspuprim jasah wenn ein Weib schwanger wird vd. 5,45. Bei : ohne Präpositionen habe ich den blossen Akk. nicht gefunden. (An den von Hübschmann und Spiegel an- geführten Stellen ist die Einwirkung von paiti auf den Akk. möglich. Von den übrigen Verben der Bewegung (Spiegel 417—418) führe ich beispielshalber an: #906 Pwazsente mourum die Wasser eilen nach Mouru yt. 10, 14. Ein Beleg für ni: tem va ahum datna natsap zu diesem Leben wird euch der Glaube leiten y. 31,20. Aus dem Ap. erwähne ich noch :$: avam adam fräiSayam Arminam jenen schickte ich nach Ar- menien (Spiegel 417). Ein Akk. der Richtung erscheint im Ai. und Av. häufig bei den Verben ‘sitzen (sich setzen), stehen (sich stellen), wenn diese mit Präp. verbunden sind, welche eine Bewegung nach etwas hin ausdrücken, aber gelegentlich auch ohne solche Präp., z. B. barhih sidantu sie sollen sich auf die Opferstreu setzen RV. 1, 13, 9; gatum he nishidagtu

364 Kap. IX. Der Akkusativ der Richtung. [$ 178,

sie möge sich auf ihren Platz wegsetzen vd. 16, 8. Für sia führt Spiegel die öfter (s. Justi unter maidhya) vorkommende Wendung an: histaste maidim zrayanhö welcher in der Mitte des Sees steht, und fügt zur Erklärung hinzu: eigentlich hin zur Mitte. Griechisch. Bei Homer findet sich derselbe Zu- stand wie ım Arischen (vgl. LaRoche, Akkusativ bei Homer 92 ff.). Von Verben kommen hauptsächlich in betracht ixveopaı, ixavo, {xo. Im Akkusativ erscheinen Personen, z. B. Apntmv, TnAe- wayov, Aldlonas, pntipa, pynotüpac u. ähnl., Örtlichkeiten z. B. "Apyos, Tpotnv, OAuprov, oöpavdv, YMv, nrolledpov, vijoov, Swpara, xAı- olyv, yobvara, ypda u.ähnl. Dahin kann man auch Ausdrücke wie äpy’ dvöpwrwv rechnen. Mit dem ai. antam gachati er gelangt zum Ende lässt sich vergleichen ra velara reipad’ fxnaı 8478 und öXEdpov relpara T 429. (Der Akk. nda bei ix&odaı war wohl ur- sprünglich persönlich gedacht.) Selten sind Zustände, wie 7Bnv, yrpas. Seltner als ixveonar, Ixw, ixavo sind dw, öbo- nat, öbvw, ferner Epyonar, eipı, Balvo, veonar. Ein Beispiel für äyw ist: xrnpara 8 Boa Aydumv 2E Apyeos Auetepov 5 H 363. Die Prosa scheint sich dieses Akkusativs durchaus entschlagen zu haben. Am frühesten möchte der Akk. persönlicher Be- griffe verschwunden sein. Lateinisch. Neben Verben der Bewegung in der Sprache des Volkes und bei Dichtern bei mehreren Ortsbegriffen, z.B. rostra advolat bei Cic.ad Att., deve- nere locos bei Virgil (Schmalz? $ 54), in der klassischen Sprache nur noch bei Namen von Städten und Inseln (kaum von Län- dern) und in domum, domos, rus. Der Grund der Beschränkung ıst derselbe wie bei dem Ablatıv, $ 82. Akkusative des Zieles sind auch venum in venum ıre und dare, pessum ın pessum abıre und dare und infitias in infittas ire, was wohl ursprünglich heisst: ‘sich aufs Leugnen legen. Aus dem Germanischen (vgl. Dietrich, Haupt’s Ztschr. 13, 128) lässt sich ausser heim in heim gehen u. s. w., das aber nicht mehr als Akk. empfunden wird, einiges aus dem Altnordischen und Angelsächsischen beibringen, ' nämlich altn. bei fara: seing foru sidan sina bau Högni zu Bett gingen sie darauf, sie und Högni Atlın. 10, und bei sfiga mit /and an’s Land steigen H. Hi. 26 und ded Sıg. III, 65; age.

$ 178—179.] Kap. IX. Die Akkusativ des Inhalts. 365

ebenfalls gestigan mit dem Akk. rüste Lager (Genesis), ferner bei bügan: selerüste gebeah neigte sich auf das Lager im Saale Beov. 691 (vgl. 1242), endlich bei gefeallan: meregrund gefeöll fiel zum Meeresgrund hinab 2101, eordan zur Erde 2335. Im Litauischen ist dieser Akkusativ nicht, im Slavischen kaum (vgl. Miklosich 4, 391) nachgewiesen.

8179. Akkusativ des Inhaltes.

Vgl. SF. 5, 168 f., Hübschmann 196, Spiegel 415, La Roche 25 ff., Draeger 1, 356, Grimm 4, 645 ff., Erdmann 2, 75 ff., Schleicher 263, Kurschat 376, Miklosich 4, 385 ff.

Wenn der Akk. des Inhalts da stehen soll, wo ein Sub- stantivum den gleichen Bedeutungsinhalt hat, wie das Verbum, von dem es abhängig ist, so kann das betreffende Substan- tivum natürlich nur ein Handlungsname (nomen actionis) sein. Nun ist aber nichts häufiger, als dass ein Handlungsname in einen Dingnamen übergeht (z. B. nhd. Schonung), und damit wird denn auch das Verhältnis zwischen dem Verbum und dem Akkusativ, (oder, wie wir gewöhnlich sagen, die Art des Akkusativs) verändert. Ai. vitti z. B. heisst eigentlich Findung, also vittim vindate er findet sich Findung. Sobald aber vitti die konkrete Bedeutung ‘Besitz’ erhalten hat, so dass man sich darunter Land, Vieh u. s. w. vorstellt, so heisst es, “er findet sich Land’ u. s. w., und wir nennen den Kasus Akku- satıv des Objekts. Wenn man in der Wendung dööy Epyesdaı unter ööd6s die Handlung des Gehens versteht, so liegt ein Akkusativ des Inhalts vor, wenn man aber den Weg als ein von der Handlung abgesondertes Stück des Raumes vorstellt, der Akkusativ der Raumerstreckung. Besonders häufig ist der Akkusativ des Resultates, über den ausführlich Erdmann ge- handelt hat. Ein Beispiel aus dem von Erdmann nicht be- handelten Gebiet ist av. y6 narem frazäbaodarhem snabem Jeinti wer einem Manne einen tödlichen Schlag schlägt vd. 4, 40, verglichen mit der homerischen Wendung: äydopa: Eixos 8 pe Bporös oörasev dvnp E 361 u.ähnl. “Einen Schlag schlagen’ ist noch Akk. des Inhalts, aber “eine Wunde schlagen’ schon Akk. des Resultates. In teuevos taueiv, welches La Roche 29 unter

366 Kap. IX. Der Akkusativ des Inhalte. [$ 179.

den Akkusativen des Inhalts aufzählt, kann ich nur mehr einen Akk. des Resultates erblicken.

Diese Eintheilungen sind, wie man sieht, zu flüssig, um einen Eintheilungsgrund zu gewähren. Dagegen lässt sich ein solcher hernehmen von dem begrifflichen Abstand, der zwischen dem Verbum und dem Substantivum obwaltet. Es können nämlich 1) das Verbum und das Subst. gleichstämmig sein, 2) sie können gleicher oder ähnlicher Bedeutung, aber ver- schiedenen Stammes sein, 3) es kann das Subst. nur eine be- sonders hervortretende Erscheinungsform der Handlung be- zeichnen, z. B. rüp öedopxu;s. Hiernach bringe ich den Akk. des Inhalts zur Darstellung').

1. Das Verbum und das Substantivum sind von gleichem Stamme.

Arisch. Im Altind. häufig, auch ohne dass das Subst. ein Beiwort hätte, z. B. aus dem Veda: tapas tapyate er büsst Busse, mimäti mäyum blökt ein Blöken, yamam yäti geht einen Gang; aus der Prosa: vignukraman kramate er schreitet Vishnu- schritte, kämän kämayatö wünscht Wünsche, äfıifam a $Säste bittet ein Bittgebet, ayım ajante sie machen einen Wettlauf u.a. m. Aus dem Avesta: aöte magsma ma$zayanta diese sollen Harn harnen vd. 8, 13, poiryaqm gerezqm gerezatta sie soll die erste Klage erheben yt. 17, 57; avajastim paurvgm apo Jaidyors du sollst von den Wassern die erste Bitte bitten y. 65, 10; yabcip hvastem anhayeiti auch wenn er einen guten Wurf thut yt. 10, 21; narem ügereptem ägeurvayeiti wer gegen einen

1) Spiegel 415 betrachtet als Akk. des Inhalts auch die ap. Wen- dungen: ubartam abaram ich habe ihn wohl geschützt, ufrastam aparsam ich habe ihn strenge bestraft, während Hübschmann 291 Anm., die Parti- zipia als Akk. m. auffasst, und also übersetzt: “ich bestrafte ihn als einen sehr bestraften”. Für diese Auffassung spricht äap yo hik huberetä barap aber wer sie als wohlgepflegte (Akk. plur. £f.) pflegt yt. 13, 18. An zwei anderen Stellen aber finden wir das Part. im Akk. sing. f. neben Akk. plur. f. und Akk. sing. m., nämlich: huberetqm bara5 der uns sorgsam pflege yt. 15, 40; vohuberetqm baraite mißrem wer Mitra wohl pflegt yt. 13,18. Wie diese Bildung, die offenbar adverbialen Chrarakter trägt, entstanden ist, weiss ich nicht zu sagen.

6179.) Kap. IX. Der Akkusativ des Inhalts. 367

Mann eine Bedrohung verübt vd. 4, 21. Griechisch. Bei Homer finden sich payry paysodar, moAsuov rolelleıv, velxen veneiv, Ameılas Anerleiv, BouAds BouAsderv, dyopas dyopsdew, datta dawuvar, yohv yelodaı, Eros eineiv, uödov nußeiohu:, voov voelv, föpoa töpwoaı und noch eine und die andere zweifelhaftere Wen- dung. Bei manchen findet sich kein Epitheton, z. B. bei payr in payry payeodar, bei manchen steht es immer, z. B. bei Eros in Erog einetv, andere Subst. kommen mit einem Epitheton oder ohne ein solches vor, was man alles bequem bei La Roche übersieht. Es ist klar, dass die verständige Prosa die Hinzu- fügung eines Beiwortes begünstigen, ja fordern wird. Aus dem Lateinischen lässt sich anführen: vifam vivere bei Ennius, serritulem servire, somnium somntare, ludum ludere bei Plautus, nozam nocuerunt in einer Fetialformel. Über das Attribut, welches in der späteren Sprache nur unter gewissen Voraus- setzungen fehlen kann, vgl. Schmalz ? $55 Anm. Germa- nisch. Im Got. scheint dieser Akk. nicht vorzuliegen, dagegen führt Grimm einige Belege aus anderen Dialekten an, z.B. mhd. rät raten, singe ich minen sanc, springen manigen sprunc, altn. fell hann mikit fall er fiel einen grossen Fall Gunnl. 19. Bal- tisch-Slavisch. Aus dem Litauischen (vgl. Kurschat $ 1386, Bezzenberger, ZGLS. 239 Anm.): vargüzi vafgti ein Elend leben, dainele dainüti eine Daina singen, sufky m&gq möegöti einen schweren Schlaf schlafen. Aus dem Slavischen berück- sichtige ich nur das Serb. und Russ., da die aksl. Wendungen, wie Miklosich bemerkt, vielleicht das Griechische nachahmen. Serb. da zajedno vijek vjekujemo wir wollen zusammen das Leben durchleben; voysku vojevati einen Krieg führen; igru igrati ein Spiel spielen; Zov loviti eine Jagd jagen; russ. gore gorevali Elend durchmachen; dludü bluditi Hurerei treiben ; veru verovali einen Glauben glauben; serb. dan daniti einen Tag zubringen; nod nociti eine Nacht nächtigen; Zyeto lyetovati den Sommer zubringen; zimu zimovati den Winter zubringen. Neben dem Substantivum kann auch ein Adjektivum erscheinen, 2. B. serb. ? ovu du prezimiti zimu und ich werde diesen Winter überwintern, tu su tamnu nodu prenodili da haben sie die

368 Kap. IX. Der Akkusativ des Inhalts. 8 179.

finstere Nacht zugebracht. Doch scheint die Setzung eines Adj. im Serbischen nicht beliebt zu sein. (1. Tim. 2, 2 wo iva Apspov xal Youyıov Biov Sıaywpev übersetzt ist durch: da tihi ı mırn Zioot pozivimo könnte tt und mirni auch Nom. plur. sein). Russ. dumu dumali krepkuju sie dachten einen starken Gedanken.

2. Das Verbum und das Subst. sind von verschiedenem Stamm aber gleicher Bedeutung.

Arısch. Im Altindischen überwiegen die Verba, welche ‘gehen’ und ‘siegen’ bedeuten, z. B. pdntham eti er geht einen Weg, dutyam yatı er geht einen Botengang, Ayım Eti er läuft einen Wettlauf, vartanım caratı er geht einen Rundgang, (da- nach vralam carati er begeht ein Gelübde, fastet), adhranam dhävati er läuft einen Weg, samgramam Jayalı er siegt eine Schlacht. Dazu sattram äste er hält eine Sitzung ab, und das vereinzelte vedische: pähl nah $arma viravat schütze uns reichen Schutz. Aus dem Avesta: yo narem frazübaodanhem snapem jJainti wer einem Manne einen tödlichen Schlag schlägt vd. 4, 40, äbrava paoirim aptü pabä frayantu die Priester sollen zuerst diese Wege wandeln vd. 8,19 (vgl. yt. 10, 38). Griechisch. Bei Homer spielt ebenfalls der Akk. bei ‘gehen’ eine Rolle, z. B. 6ö6v &AdEuevar A 151 (vgl. das Weitere bei La Roche 31). Mit dem ai. dütyam ya einen Botengang gehen vergleicht sich &feotrv &Adovrı 2 235 und ray Evex &kesinv noAAnv 6ö0v TAdev "Üduogsd; % 20 (wobei von den zwei Akk. 2feoinv dem Verbum am näch- sten steht). Auch ayysAizv oiyvesxe O 640 gehört hierher, wenn man, wie ich annehme, so mit Zenodot zu lesen hat. (Da- neben besteht ayysAtns Bote, welches aus ayyeAin Botschaft so entstanden ist, wie veavia;s aus veavla u. 8. w., vgl. S. 111). Dazu kommen ferner aroAwis xaxdv opov, AAysa roAld woyt- oas, zÜÖnsda yAuxdv Ünvov, weis ayadöov Biov, ellarivnv dai- vovro und einige ähnliche Wendungen. An vixrv vıxav dürfte sich angeschlossen haben das in attischen Inschriften vorkom- mende otös dvixwy dvöpas diese siegten im Männerkampf, denn otde Evixwv aAvöpas rayxpartıov heisst doch wohl: diese siegten im Männerkampf im Pankration. Den Genitiv dvöpwv, raldwv u. 8. w. möchte ich durch Ellipse erklären (die Stellen bei

$ 179. Kap. IX. Der Akkusativ des Inhalts. 369

Meisterhans ? 168). Besondere Erwähnung verdienen noch dpxov Öpvusdar und dpxıa Tauveıv. Bei öpvuodar oder öpvuvaı findet sich neyav Spxov u. ähnl., danach das Adj. neutr. Erlopxov etwag gegen einen Eid Laufendes, einen Meineid. Die Wen- dungen öuoosov daatov Ituyös Odwp = 271, vwlrepov A&yos adrWv xovpfdtov, TO iv odx dv Ey rote ui Öpdonım 0 39, yarhoxov elwoolyarov duvodı W 585 sind wohl so aufzufassen, dass man eigentlich sagen wollte ‘schwören einen Schwur des Styx’ u.s.w. und dann abkürzend den Akk. des bezeichnenden Subst. statt öpxov mit dem Gen. setzte. Sonach sind auch die Akk. der Götter, bei denen man schwört, als spezialisierte Akk. des In- halts aufzufassen (vgl. La Roche 36). Andererseits in öpxıa zeuverv ist das Verbum spezialisiert; man wollte sagen: einen Eid unter Opferung von Opferthieren schwören.- Aus dem Lateinischen gehören hierher Wendungen wie garrıre nugas, oivere aelatem bei Plautus, occumbere letum bei Ennius. Ger- manisch. Es gehören hierher die Fälle, welche Paul, mhd. Gr. 95 beibringt, z. B. gerichte sitzen Gerichtssitzung halten, die fürsten sözen ander kür die Fürsten hielten eine Sitzung zu neuer Wahl. Als Weiterbildungen nach diesem Typus betrachte ich auch die von Paul $ 245 angeführten Akk. bei Verben der Bewegung, wie der vuor wazzer unde wege, d.h. so viel als: er fuhr auf Strömen und Wegen. Sodann sind hier zu er- wähnen die grosse Masse von Verbindungen von Verben all- gemeiner Bedeutung wie tun, wirken u. 8. w. mit Akk. von Subst., welche eine Thätigkeit ausdrücken, z. B. ahd. reda tuon gleich redinon (Erdmann 2, 78ff.). Diese Ausdrucksweise ist gewiss alt (vgl. auch Böhtlingk-Roth unter kar), aber ihre grosse Ausdehnung dürfte daher stammen, dass die Verba dieser Art inhaltsreichere Verba verdrängt haben. Baltisch-Slavisch. Im Lit. @szaras verkti Thränen weinen, eımi gera kela eo bonam viam (bei Bezzenberger), im Slavischen scheinen diese Wendungen nicht häufig zu sein (vgl. Miklosich 4, 385), z. B. serb. ipo tom su vreme Zivovali und darauf verlebten sie die Zeit. Zu dem Akk. des Inhalts sind auch mancherlei vereinzelte Wendungen des Ai. zu rechnen, die ich SF. 5, 177 angeführt

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm,. Sprachen. I. 24

370 Kap. IX. Der Akkusativ bei Verben des Seins? [$ 179—180.

habe, z. B. gam divyadhvam spielt unter einander um eine Kuh SB. ‘Kuh’ ist so zu sagen ein Spezialfall des Begriffes “Spiel”.

3) Der Akk. bezeichnet nur eine besonders hervortretende Erscheinungeform der Handlung.

Ich rechne dahin aus dem Altindischen gArtam arsalı (das Wasser) strömt Butter, einen Butterstrom, bha röcutz (das Feuer) leuchtet Glanz, madhu pavatö (der Soma) strömt Honig u. ähnl., Wendungen, die nur ım Veda belegt sind. Aus dem Griechischen gehören hierher röp dydaiyoto: ösöopxws 7 446, Eevda yevos rvelovres dodoracav y 203 u. ähnl. (vgl. auch das über den Akk. bei dÖpvopı Giesagte).

6180. Anhang: Akkusativ bei Verben des Seins?

Wiederholt ist behauptet worden, dass ursprünglich auch mit seın ein Akkusativ habe verbunden werden können. So äussert sich Curtius, Erläuterungen ? 169 folgendermassen: “Schoemann und Haase [an vorher angeführten Stellen] heben mit Recht hervor, dass auch das Verbum substantivum den Begriff eines inneren Objekts sehr wohl zulässt, dass mithin auch die freieren und zum theil ganz adverbialen Akkusative wie dxhv Ecav ganz ebenso zu fassen sind; axıhv &oav heisst eigentlich sie waren Ruhe, d. h. sie waren ein ruhiges Sein, in demselben Sinne, wie man sagen kann sie gingen einen ruhigen Gang. Ganz ähnlich steht auch im Sanskrit der Akku- sativ der Handlung beim Verbum substantivum in der um- schreibenden Perfektbildung, z. B. icam @sa oder icam babhüva wörtlich dominationem fur, d.i. ich habe geherrscht. Das hohe Alter gerade dieses Akkusativgebrauchs kann kaum bezweifelt werden.” Das umschriebene Perfektum des Sanskrit, welches Curtius hier anzieht, vermag aber das Alter der in Frage ste- henden Erscheinung nicht zu erweisen. Umschriebene Per- fekta sind im Veda überhaupt ganz selten. Die wenigen vor- handenen sind nicht mit asa oder babhüva gebildet, sondern mit cakära er machte; ridam cakära heisst also “er machte, vollzog Erblickung’, und der Akk. ist ein Akk. des Objekts. Erst in den Brähmanas tauchen, gelegentlich und ganz selten,

$ 180.) Kap. IX. Der Akkusativ bei Verben des Seins? 371

Bildungen mit äsa auf, z. B. mantrayam asa er bedachte, was klärlich auf Übertragung von mantrayam cakära beruht. Es steht also der Akk. mantrayam nicht in einem lebendigen Ver- hältnis zu @sa, sondern es ist an die Stelle des Hilfsverbums cakara das Hilfsverbum &sa getreten, mantrayam aber, welches offenbar gar nicht mehr als Akkusativ, sondern nur als Verbal- begriff gefühlt wurde, beibehalten worden. Ein mittelst badkura umschriebenes Perfektum kommt in der älteren Sprache über- haupt nicht vor (vgl. Whitney, Gr. $ 1073 und SF. 5, 426). Das Sanskrit spricht aber auch sonst nicht dafür, dass die Ver- bindung eines akkusativischen Adverbiums mit as besonders alt si. Denn, wie ich SF. 5, 202 f. bemerkt habe, habe ıch ım Rigveda von Adjektiven herrührende Adverbia deutlich akku- sativischer Form in Verbindung mit as oder 5hü nicht gefunden, während sie in der alten Prosa vorkommen, z. B. tüsnim äsa er war still. Im Ai. ist also eine Verbindung von as mit dem Akkusativ nicht nachgewiesen. Etwas anders steht es mit 5A2. Böhtlingk -Roth sagen unter bhü ‘mit Akk. in etwas hinein- kommen, gerathen in, gelangen zu’ und belegen diesen Ge- brauch aus der älteren Sprache durch: prthir vamnyo "bhy äsicyala, sd rästräm näbhavat, sa etäni pärthäny apaßyat P.W. wurde zum Könige gesalbt, gelangte aber nicht zur Herrschaft, da erfand er die bekannten Prthi-Sprüche TB. 1, 7, 7, 3—4; yo var bhavati yah Sresthatam abnute sa kilbisam bhavatı wer gedeiht, wer die höchste Stellung für sich erlangt, der geräth in Sünde AB. 1, 13, 11. Die einigemal in TS. vorkommende Phrase s& idam bhavisyati übersetzen Böhtlingk-Roth ‘der wird es dazu bringen’ s. v. a. ‘der wird Glück haben’. Vielleicht bedeutet sie vielmehr: ‘der wird hier in dieser Welt ge- deihen. Wie dies nun auch sei, bei den andern Fällen wird man nicht umhin können, anzunehmen, dass die Inder rästram und Ailbi$gam, die ja der Form nach Nominative oder Akku- sative sein können, als Akkusative empfunden haben werden. Es sei aber doch die Frage aufgeworfen, ob nicht möglicher- weise kilbigam bhavati ursprünglichst bedeutete ‘der wird Sünde’ (vgl. gr. överöos). Geldner, Studien 126, findet ein Analogon 24*

372 Kap. IX. Der Akkusativ der Zeiterstreckung. [$ 180—181.

zu diesem ai. Akkusativ in den Worten hazarrem aspä bavakti er bringt es auf tausend Rosse yt. 18, 5. Ich traue mir kein Urtheil darüber zu, wie es sich mit dieser Stelle verhält.

Nächst dem Altindischen kommt für unsere Frage das Lateinische in betracht. Bei Bücheler-Windekilde 48 ıst die Rede von der transitiven Natur von esse, die in der Verbindung nugas esse hervortrete. Das bezieht sich, wie ich einer freund- lichen Mittheilung von Bücheler entnehme, auf Cicero epist. fam. VIII, 15, 1: qui tam nugas esset, wo gewöhnlich nugaz gelesen wird. Sicher soll nach B. auch nugas in Varro’s Sat. 513 sein: non nugas fieret in theatro. Wie ist dieser Akk. zu beurtheilen? Ich glaube dass er eine erstarrte, nicht mehr als lebendiger Kasus empfundene Form ist (ein Indeklinabile, wie die lateinischen Grammatiker ganz richtig sagen. Die Er- starrung dürfte vor sich gegangen sein in dem elliptischen Gebrauch des Objektsakkusativs nugas Unsinn, wie er bei Plau- tus belegt ist (vgl. Neue ? 1, 470).

Danach bin ich der Ansicht, dass für es (ai. as) eine indo- germanische Verbindung mit dem Akk. nicht anzunehmen ist. Wie es sich bei 5A verhält, vermag ich nicht zu entscheiden.

8181. Der Akkusativ der Zeiterstreck ung.

SF. 5, 170 ist gezeigt worden, dass dieser Akk. zunächst wie ein Akk. des Inhalts zu dem Verbum tritt, z. B. Satam Jiva $Sarddah lebe hundert Herbste, aßvatihe samvatsaram atifthat er hielt sich ein Jahr in dem Baume auf u. ähnl. Sodann verselbständigt sich der Akk. und wird auch da gebraucht, wo er zu einem Verbum nicht mehr in ein Verhältnis gesetzt wer- den kann, z.B. tisrö rätrir dik$itah syat drei Nächte hindurch sei er Geweihter. Der ursprüngliche Sinn der Verbindung von Verbum und Akk. ist, dass die Handlung den Zeitbegriff aus- füllt. Der Akk. wird aber auch gebraucht, wenn ein nicht genauer angegebener Punkt innerhalb einer Zeitlinie gemeint ist, z. B.: tam pürvedyuh pitarö’vindann uttaram ahar devah am vorhergehenden Tage fanden ihn die Väter, am folgenden Tage dıe Götter AB. Der Gebrauch des Avesta erhellt aus

$ 181.) Kap. IX. Der Akkusativ der Zeiterstreckung. 373

folgenden Sätzen: yap asava pararrißyeiti koa astqm zdapanem havo urva varhaili wenn ein Frommer stirbt, wo weilt seine Seele diese Nacht über? yt. 22, 1; ho avapa vazata briayarem priz$aparem er flog weiter drei Tage und drei Nächte lang, yt. 5, 62; Akad uzsyeiti? pancadasa m. u. wie lange (was?) wächst der Mond? fünfzehn Nächte wächst der Mond yt. 7, 2; cvaB dräjö upomqnayen wie lange (was für eine Länge) sollen sie fortfahren? vd. 5, 53; a@tada he üzbaodqm tanum nıdarpbjan bizsaparem va Prirsaparem va dorthin sollen sie seinen ent- seelten Körper legen auf zwei Nächte oder drei Nächte vd. 5, 12; (der Ausfluss fliesst von diesem Wasser ab) Aqminemca zayanemca im Sommer und im Winter yt. 5, 5; cvantem draj6 zroanem aha zemö anaidya wie lange!) soll das Brachliegen des Bodens stattfinden? vd. 6, 1.

Griechisch. Derselbe Gebrauch. Die allmählich fort- schreitende Emanzipierung des Akkusativs lässt sich an fol- genden homerischen Beispielen beobachten (La Roche 7 ff.): evda xaßeldpevos yeivar xpövov & 295; näv Tpap Yepdunv (flog ich) A 592; Hueis d& nporav Tuap duapvaneda w Al; Zvda d& voxt desav o 188; tod Appl yuvaml moAbv xpdvov Alyea na- oyeıy I’ 157; ravvuyin uev $ 7 ye xal 16a neipe xeleudov B 434; evda xal Tuarln pev Umalvaoxev yeyav lotdv, vöxtas alAdsoxe o 139; yalxdo 5 &v xepapım dkdero zpeis xal ddxa univas E 387; &mel obx oAlyov xpdvov Zora pöAomıs T 157. Nicht im Sinne der Dauer findet sich bei Homer wohl nur das adverbiale adrrpap + 311. Homer hat nach La Roche die Akkusative ypövov, Yap und fuara, vöxta und vöxtas, seltener uva, Eros, &vıaurdv nebst Pluralen, ferner 7,da, xeina. Im Lateinischen liegt es ebenso, also z. B. Aamini diali noctem unam extra urbem manere nefas est (Livius), dann mit emanzipiertem Akk. Troja decem annos oppugnata est. Vom Verbum fin. auf das Part. übertragen: decem annos nalus mit seltsamem Ausdruck, insofern als man vielmehr ein Wort wie ai. vrddha gewachsen erwartet hätte. Ebenso im Germanischen, z. B. got. vintru visa rapaysınaca

1) Über dräjö s. 8. 389,

374 Kap. IX. Der Akkusativ der Zeiterstreckung. ($ 181.

(vgl. Gabelentz-Loebe 242, Grimm 4, 890). Bei dem Adjektivum alt scheint der Akk. erst ahd. zu sein. Die ältere Sprache hat den Gen. (Grimm 4, 757). Litauisch (Schleicher 263). Im Sinne der Zeitdauer, z. B. penkias denäs Dijo es regnete fünf Tage lang, suriüko tris meteliüs pavylusius lapeliüs sammelte drei Jahre die abgewelkten Blätter, Schleicher, Les. 4; palukekit valan- dele wartet ein Weilchen 130, menü köturias nedeles ilgas der Monat ist vier Wochen lang. Ohne diesen Sinn: ö #7 prazydo nedeles rytq und (die Rose) erblühte am Sonntag Morgen 15; i7 ta näkti atejo irjs vagys und in dieser Nacht kamen drei Diebe 121; menü saulüte vede ptfmgq pavasareli der Mond nahm die Sonne zur Frau im ersten Frühling 3. Im Alt- kirchenslavischen (vgl. Miklosich 4, 393), die Ausdehnung über einen Zeitraum bezeichnend, z. B. s prebyste u njego deni xal rap adtw Eperwvav Thv Tuepav dxelvnv Joh. 1, 40; Jako bo be Iona ereod kitove tri dini i tri nosti worep yap Tv "loväs &v Try xoıllg TOO XhToug Tpsig Tupac xal tpeis vuxtas Matth. 12, 40; cüto stopite side vesi deni prazdini Ti abe &ornxate EAnv Thv Audpav “pyol; Matth. 20, 6. Ferner den Zeitpunkt, an dem eine Hand- lung innerhalb der Zeitstrecke eintritt, z. B. « ubiygtü i ı trefiji deni vüstanelü xal änoxtevoow adröy xal Ty rplım Tuspg Eyepdr- oerae Matth. 17, 23 und ähnlich oft. Ebenso im Serbischen (Danicie 412). Der Begriff der Zeitdauer tritt hervor: midi boZe podrzi me 508 ovako dugo vreme lieber Gott, erhalte mich noch so lange Zeit; sluii mene ı tredu godinu diene mir auch das dritte Jahr; dohe je biti pevac jedan dan nego kokos mesec besser ist es, einen Tag Hahn zu sein, als einen Monat Henne; vazdan pije a svu nod me bije den ganzen Tag trinkt er und die ganze Nacht schlägt er mich. Ohne den deutlichen Be- griff der Dauer: susjed ga svakt cas opominjao der Nachbar erinnerte ihn jede Stunde; Aak jedno vece kurjak dodje als einen Abend der Wolf kam; tu nod sizidje opet iz Negotina in dieser Nacht ging er wieder aus N. heraus. Russisch. Die Dauer bezeichnend: :dti vsyu noci die ganze Nacht gehen (Buslajev 254); Zivetü u nego godü i drugoy er lebt bei ihm ein Jahr und ein anderes (Äsböth 18); a vekü drugü druga ne

$ 181—182.] Kap. IX. Der Akkusativ der Raumerstreckung. 375

vidals und haben einander ihr Lebtage nicht gesehen (1). Der andere Gebrauch z. B. in seycasü sogleich.

$ 182. Der Akkusativ der Raumerstreckung.

Arisch. SF. 5, 171 habe ich bemerkt: “Einen besondern A. der Raumerstreckung hat Gaedicke nicht aufgestellt (vgl. aber S. 281). Indessen steht es mit demselben in der That ebenso wie mit dem A. der Zeiterstreckung, wenn auch die Belege spärlich sind (vgl. Gaedicke S. 84). Ein sicherer Beleg ist: saptüdala pravyadhan äyım dhävanti sie laufen einen Wett- lauf siebzehn Schussweiten lang TB. 1, 3, 6, 3. Dass dieses 8. pr. nur ein emanzipierter A. des Inhalts ıst, ıst klar. Man vergleiche: saptddaßa pravyadhan pr& vidhyati er schiesst sieb- zehn Schussweiten SB. 5, 1, 5, 13” (auch vifnukramün kramate er schreitet Vishnuschritte u. ähnl.). Ich füge aus dem Av. hinzu: apa dim adap vyeiti zrayatshap haca vourukasap haprö- masaphem adwänem dann vertreibt er ihn vom See V. einen häbra Weges weit yt. 8, 23; (dort sollen sich die Leichenträger niederlassen) avavap haca iristapıbyö yaba brigamm so viel von den Toten entfernt, wie drei Schritte vd. 8, 11; (wo soll die Wohnung des Leichenwärters sein?) cva) draj6 haca äßrap wie weit vom Feuer? Prisatagaim haca aprap dreihundert Schritte vom Feuer vd. 3, 16; paoırim upa mayem nibweresorS pasca hamöd atwigaitim dva erezu nismahe, pasca zemo isao8 atwigartim yaba cabwärö erezvö zuerst sollst du ein Loch graben nach des Sommers Ankunft zwei Finger in die Tiefe (der Tiefe), nach des Winters und Eises Ankunft so viel wie vier Finger vd. 9,6. Griechisch. Bei Homer (La Roche 5 ff.) findet sich oödv mit dyw, Aysopaı, Ayspovedw und dpyw, vereinzelt auch bei anderen Verben, z. B. &yw 6’ o86v Yyepovedow n 30, ferner die Wendung rödev nAded” dypd xElsußa y 71 und sonst. Da die Unterscheidung zwischen Bewegung und Wegstrecke nicht durchaus sicher ist, so kann man diese Akk. noch als Akk. des Inhalts bezeichnen. Sicher emanzipiert ist Aelner ayaxksdos MeveAaov doupds &pwnv W529 (vgl. K 357). Lateinisch. Da die Vorstellung der Erstreckung vorschwebt, so wird dieser Akk. bei abesse und distare gebraucht, um die Entfernung

376 Kap. IX. Der Akkasativ des Objekts und des Resultalts. [$ 182—183.

anzugeben, z.B. Caesar milia passuum tria ab Helvetiorum castrıs castra ponit. Auf die Verbindung mit Adj. übertragen in Wen- dungen wie: quindecim pedes latus u. s. w. Germanisch: mhd. nu riten si eine welsche mile (Paul, mhd. Gr. 96), siben vüeze larc (Grimm 4, 757). Ebenso im Baltisch-Slavischen, z.B. lit. virve tris seksnius ilga ein Strick drei Klafter lang. Über das Aksl. s. Miklosich 4, 390, z.B. ide sü@ njeju dee vriste er ging mit ihr zwei Werste. Die Verbindung mit einem Adjektivum findet sich z. B. in serb. kamen oko tri arsina visok jJedan arsın Sirok ı Jednu ped debeo ein Stein, etwa drei A. hoch, einen A. breit und eine Spanne lang (Danicie 411).

$ 183. Der Akkusativ des Objekts und des Re- sultats. |

Unter Objekt verstehe ich den Gegenstand der von der Handlung des Verbums unmittelbar betroffen wird. Ich habe schon oben bemerkt, dass die Sprechenden diesen Begriff ebenso wie den der Zeit, der Ausdehnung u. s. w. aus der täglichen Erfahrung gewinnen. Man hat also den Objektsakkusativ nicht als den Akk. bei transıtiven Verben zu erklären, so dass der sonst beliebte Zirkel vermieden wird. Der Akk. des Resultats ist, wie oben bemerkt, wenn man seine Entstehung in betracht zieht, von dem Akk. des Inhalts nicht zu trennen. Der fertige Akk. des Resultats aber steht dem des Objekts am nächsten. Denn schwerlich empfindet der Sprechende einen Unterschied zwischen “ein Haus bauen’ (Resultat) und “ein Haus einreissen’ (Objekt).

Ein transitives Verbum ist ein solches, welches mit einem Akkusativ des Objekts gewohnheitsmässig verbunden wird, ein intransitives ein solches, bei dem dies nicht ge- schieht. Da die Verbindung eine gewohnheitsmässige, aber nicht eine nothwendige ist, so können transitive Verba auch absolut gebraucht werden, z. B. (vgl. SF. 5, 173ff.) im Alt- indischen die Verba sprechen, denken, wissen, riechen, hören, sehen, essen, siegen, kämpfen, im Lateinischen ist dieser ab- solute Gebrauch nach Schmalz? $ 63 besonders der publizisti- schen, militairischen und sakralen Sprache eigen, z. B. aves

$183—184.] Kap. IX. Zwei Akkusative bei einem Verbum. 377

addicunt. Die Gewohnheit braucht auch nicht aus der Uhrzeit zu stammen, sondern es können Verba in den Einzelsprachen transitiv werden. Diesen Vorgang habe ich für ar und sac im Altindischen angenommen (a. a. O. 178). Namentlich aber werden Verba durch Zusammensetzung mit Präpositionen tran- sitiv (für das Altind. vgl. Gaedicke 94ff... Ebenso ist es auch nicht unmöglich, dass intransitive Verba in besonderen Fällen mit dem Akk. verbunden werden, ohne im allgemeinen den Charakter der Intransitivität einzubüssen, z. B. ai. sad auf- lauern (gew. sitzen), lat. manere u. ähnl.

6184. Zwei Akkusative beieinem Verbum (Gaedicke 255ff., SF. 5, 178 ff., Hübschmann 191 fl., La Roche 224 ff., Draeger 342 ff., 353 ff., Grimm 4, 620ff., Miklosich 4, 388, Schleicher 263.

Von allen im Folgenden darzustellenden Typen hebt sich derjenige deutlich ab, in welchem der zweite Akkusativ prä- dikativ ist. Ich stelle ihn voran. Unter den übrigen ist für unser heutiges Gefühl völlig unanstössig der Fall, dass der zweite Akk. ein Akk. des Zieles oder der Zeit ıst, z. B. Euva- - 0uoa yepaıds vnöv Adıvalıc Z 88; nasya tüm ratrim apö grhän pra hareyuh man soll in dieser Nacht nicht Wasser in sein Haus bringen MS. 2, 1,5 (7, 2), wo ein Akk. des Zieles und einer der Zeiterstreckung neben dem Akk. des Objektes er- scheinen. Diese Akk. scheinen uns ja von den übrigen soweit entfernt, dass sie unserem Sprachgefühl geradezu als besondere Kasus erscheinen. Von diesem Typus wird im Folgenden nicht weiter die Rede sein. Eine weitere Gruppe (im Folgenden also die zweite) bilden diejenigen Fälle, in welchen der eine Akkusativ enger als der andere mit dem Verbum verbunden ist. Dahin gehören Wendungen, wie infitias ire aliquid, wobei der Akk. der Richtung infitias mit ire zusammen so zu sagen ein Verbum bildet, namentlich aber die im Griechischen zahl- reichen Fälle, in denen der eine Akkusativ ein solcher des Inhalts ist, z. B. ouLdeiv rıvd ravtoinv ouldınta. Den Rest (3) bildet die Masse der Verbindungen, in welchen die beiden Akkusative dem Verbum gleich nahe stehen. Er kann füglich

378 Kap. IX. Der prädikative Akkusativ. [$ 184.

in zwei Abtheilungen zerlegt werden. In die erste (3a) stelle ich diejenigen Ausdrucksweisen, welche entstehen, wenn der Redende das Bedürfnis fühlt auszudrücken, dass eine Person und ein Gegenstand in gleicher Weise von der Handlung des Verbums betroffen werden. Wir können diesen Typus als alt nachweisen bei den Verben rauben und ausziehen, bitten und fragen, verhehlen, lehren. Die zweite Abtheilung (3b) umfasst die Fälle, in welchen ausgedrückt werden soll, dass ein Ganzes ın einem seiner Theile betroffen werde. Es macht offenbar einen Unterschied, ob wir sagen “jemandes Gesicht schlagen’ oder ‘jemand in’s Gesicht schlagen’. Im letzteren Falle wollen wir ausdrücken, dass durch den Schlag die Person als Ganzes und dabei ein Glied derselben im besonderen betroffen sei. Die indogermanische Sprache konnte in diesem Falle und ähnlichen Fällen sowohl dıe Person als das Glied ın den Akkusativ setzen, z. B. töv Bade xöponv bei Homer. Dieser von mir unter 3 dargestellte Typus ist einfach und alterthümlich. Es ist wahr- scheinlich, dass er in der Urzeit häufiger zur Anwendung kam, als wir nach seinem Auftreten in den Einzelsprachen, die nach grösserer Deutlichkeit des Ausdruckes strebten, erschliessen können.

Die zwei Akkusative beı dem Kausativum sind bei diesem behandelt worden.

1. Der eine der beiden Akkusative ist prädikativ.

Dieser Typus findet sich überall. Doch ist der prädikative Akkusativ ım Slavischen durch den Instrumentalis eingeengt, im Litauischen fast verdrängt worden. “Nach Verbis des Sagens, Nennens sagt Schleicher, Gr. 263 steht bisweilen der Akkusativ auch des Prädikates anstatt des Instrumentalıs, z.B. säk6 tave szökig, sähe lave tökiq (Dain.) sie sagten, du seiest so eine, sie sagten, du seiest eine solche. Hier ist nämlich &sant oder sanczq ausgelassen”. Ich habe deshalb das Litauische im Folgenden nicht weiter erwähnt. Im Germanischen ist aus den zwei Akkusativen häufig ein Akkusativ und ein Genitiv geworden (vgl. die Belege bei Grimm 4, 632).

$ 184.] Kap. IX. Der prädikative Akkusativ. 379

Die Anordnung geschieht nach den hauptsächlich in betracht kommenden Verben. Machen: Im Arischen z. B. aı. tegam püfanam adhipam akaröt er machte P. zu dem Herrn derselben MS. ;yezi bavanı perenäyu zqm cazrem kerenaväne asmänem rabem kerevanäne wenn ich volljährig sein werde, werde ich die Erde zu meinem Rade, den Himmel zu meinem Wagen machen yt. 19, 43; yap kerenaop amarsenta pasu vira dass er unsterb- lich machte Vieh und Männer y. 9,4. So auch ap., (Spiegel 413). Ebenso bei dha: sa daSahötäram yayhdm Atmanam vy ädhatta er machte sich selbst zu einem Opfer mit zehn Hotar MS.; nösp tqm abravopuprim naeda dasti hupuprim er macht sie nicht zur Mutter von Athravans, nicht zur Mutter guter Söhne y. 10, 15 (Ap. Spiegel 413). Im Griechischen in der homerischen Sprache bei row und Tidru, z. B. Aa 0: ralda roreöunv 1494; ol te öbvavraı dppova morfoaı xal Erippovd nep nal ddvra 4 12; mv yap Tpwes Zdnxav Abmvalns idperav Z 300; yoia & Ednxev dAappa E 122. Im Lateinischen bei facio (reddo, letzteres besonders mit Adj.), 2. B. mihi nunguam furt dubum, quin te populus Romanus consulem facturus esset,; Mesopotamiam fertt- lem efficit Euphrates (Cicero). Innerhalb des Germanischen liegt bei ‘thun’ im Got. ein substantivischer zweiter Akk. nicht vor (man sagt vielmehr faujan ina du Piudana ıhn zum König machen), wohl aber gelegentlich im Altn. gordi hann hirdmann sinn machte ihn zu seinem Gefolgsmann Gunnl. 11, und Ahd.: du dine gersta machöst poten (Notker). Dagegen ist das Adj. ganz geläufig, z. B. raihtos vaurkeih staigos eödelas Toreite Tas TpiBous Mark. 1,3, sie machönt iz so rehtaz (Otfrid) u. ähnl. bei Grimm 4, 623 ff. Im Aksl. findet sich ein prädikativer Akk. bei postavsti einsetzen zu, 2.B. kto me postavi sadiyq li delitelja nadü vamı tlg ne xardornage dıxaorıy A neprornv&p önäc; Luk.12,14. Bei sütvo- riti: stoorjq va lovca Clovekomü xal romow bpäs Akıeis Avdpurwv Matth. 4, 19 (im Serb. Instr.: # uäntdu vas lovcima Yyudskijem). Serbische Belege bei Danitic 409: stavih strazu mladu momu ich setzte das junge Mädchen als Wache ein; postavih te oca (Gen, als Akk.) mnogijem narodima rartpa. roAlav Edymv Tederxa oe Röm. 4, 17; da ga meine veljega vezira dass er ihn zum

382 Kap. IX. Zwei Akkusative bei einem Verbum (2). [$ 184.

quam ille suum nomen catachannam nominabat (vgl. A. Ebert, de M. Cornelii Frontonis syntaxi, Erlangen 1880, Diss. 11). Die Stelle aus Terentius, die Ebert als Parallelstelle anführt, näm- lich et meum nomen nominat, ist anders gestaltet, da sie ja den zweiten Akk. nicht zeigt.

An diese Fälle, in welchen ein reiner Akk. des Inhalts erscheint, schliessen sich diejenigen, in welchen dieser Akk. zum Akk. des Resultates geworden ist. Dahin gehören avest.: yo narem vixrümentem zwarem jainlı wer einem Manne eine unblutige Beule schlägt vd. 4, 30. Dazu griechisch: EAxos avaböyovra nıv Bdle Ildvöapos iS E 795; odAnv Tav Tore puv oüs TAase W 74; altn. hann hjo Bjoern banahogg er hieb dem (den) B. den Todesstreich (nebst einigen wenigen ähnlichen Wendungen bei Lund 52). Insbesondere sind hier zu erwähnen die Verba des Sagens und Anthuns. Sagen. Im alten San- skrit findet sich selten ein doppelter Akkusativ. Ein Beispiel ist: agnim maham avöcama suvrktim zu Agni haben wir ein grosses Gebet gesprochen RV. 10, 80, 7. Häufig im späteren Sanskrit bei vac, drü, ak u. 8. w. (vgl. Speijer 34). Dazu bei Homer el tt pw elnoı db 91; 6 d& pw oüötv Apeißero A 563. In den übrigen Stellen ist das Verbum mit xp6ds zusammengesetzt, wovon man den Akkusativ abhängig machen könnte. 159 gilt für unecht. Anthun. Bei kar machen steht im Ai. der Akk. der Person und als zweiter ein Subst. oder ein Pronomen, z. B. devan ydc cakrmä kdc cid ägah welches Ärgernis wir den Göttern angethan haben RV. 1, 185, 8; Aim karann abala asya senäh was können mir seine schwachen Heere thun? RV. 5, 30,9. Im Griechischen, wo sich dieser Typus weit ausgebreitet hat, erscheint bei Homer helw (£pdw), als zweite Akkusative nur Neutra von Adjektivis oder Pronominibus, z. B. keıvoödxov xaxa bekaı I’ 354; Tis vo oe Todd Epefe D 510. Daran schliesst sich mit nicht gleicher aber doch nahe liegender Be- deutung yundopar, z. B. "Extopa dtov deında unöcto Epya W 24. Mit Recht stellt La Roche auch tivopar hierher: Ertoaro Epyov asınds avtideov NyAja 0 236.

$ 184.) Kap. IX. Zwei Akkusative bei einem Verbum 3a). 383

3a. Eine Person und ein Gegenstand sind von der Handlung des Verbums gleich betroffen. Dahin ge- hören: Rauben, wegnehmen.

Im Arischen mug, z. B. yad amusnitam panım gah als ıhr dem Räuber die Kühe abnahmt RV. 1, 93, 4; gt, „ya, z. B. indro marutah sahasram ajınäat Indra nahm den Marut tausend ab Tand. Br. Ebenso im Avestischen: y6 mqm tab draonö zinap wer mir diesen Schatz abnimmt y. 11,5. Dazu noch di im Altpers., vgl. Spiegel 413, und av. van um etwas bringen y.9, 24. Aus dem Altind. kommen noch hinzu du und dha einem etwas abmelken, z. B. imam örd särran kamän duhe von dieser erlangt er alle Wünsche, $B., und vereinzelt im Veda dhuü schütteln, in: vrkgam phalam dhunuhr schüttle Frucht von dem Baume RV.3,45,4. Im Griechischen findet sich innerhalb der homerischen Sprache zunächst das mit ai. 7ya@ identische Bıaw: Tore vor Prnoaro nısdöv Anavra Anoudöwv Exraylos © 451. Dazu eine Anzahl von Verben des Beraubens, für die ich nur je ein Beispiel anführe: dupw Yupdv Annöpa Z 17; bs Ayar- peitaı Xpuomlöa Poißos Anöllwv A 182; pn pıv Ayatol eöxea ouAnasmar O 427; Yllov Ö &kalvuro dupöv aupordpm F 155; dpp ol tod; &vapılov dr’ &vrea 0 343. Ein berauben, entkleiden, ent- äussern ist auch “abschälen’: repl yap pa & yalxds &Asıbev aulda ze xal @Aloudv A 236. Ferner ‘abwaschen’: oppa rayısta Ild- zpoxAov Aofasıav ano Bpdrov aiuardevra 2 345; abrdp oO &x notanod xpda vilero Stos VDöusseus älyınv 6224. Eine besondere Bemerkung verdienen ‘ausziehen’ und ‘anziehen’. Für die Verbindung zweier Akk. mit “ausziehen’ ist beweisend nur eine homerische Stelle: &x Ev pe ylalvav te yırava Te eipar Eöucav & 341. Danach ist diese Konstruktion auch in einer Reihe ähnlicher Stellen anzu- nehmen (vgl. La Roche 238). Der doppelte Akk. bei ‘anziehen’ ist offenbar eine Nachahmung der gleichen Konstruktion bei ‘aus- ziehen’. Er findet sich wesentlich in der Odyssee, z. B. £sow pıv ykatvav re yırava te @339. Im Lateinischen scheint die hier behandelte Gruppe nur durch cogo vertreten zu sein, 2. B. cives qui id cogit bei Cicero. Cogo liegt zwar dem Begriff des Be- raubens fern, nähert sich aber dem in jyä, Pıaw enthaltenen.

384 Kap. IX. Zwei Akkusative bei einem Verbum (38). [$ 184.

Bitten, fordern, fragen. Arisch: ai. rca yamı marütö brahmanas pätim devan dvo vdrenyam mit dem Lied gehe ich an die Marutas, Brahmanaspati und die Götter um treffliche Hilfe RV. 8, 27, 1. Ebenso bei :d, yac u. ähnl. Im Av.: tap pwa mazda yasa um das bitte ich dich, o Mazda y. 49, 8; avajastim paurvgqm @po jaidydis du sollst von den Wassern die erste Bitte bitten y. 65, 10; yO mqm zävare nor jardyehi der du von mir Schnelligkeit nicht heischest y. 11, 2. Ebenso im Ap. bei Spiegel 413. Bei ‘fragen’: yajkavalkyam dvau praßnau prak$yami ich werde Y. zwei Fragen fragen SB.; tab bwä peresä darum frage ich dich y. 44, 1. Griechisch: Bei Homer altew und Alosonar, z. B. fired pıv Ödpu paxpöev X 295, ferner eipopar nebst Kompositis und elpwrdw, z. B. vöv 2dEw Eros AAlo perallfcaı xal Zpdadar Neotopa 7 243, elpwräs u Ovopa xAurdv ı 364. Dazu aus der nachhomerischen Sprache (eis) rparrw und rpärtonaı. Lateinisch: Bei oro und rogo ist in der alten Sprache gewöhnlich das sachliche Objekt ein Pronomen, doch bei rogo beim Volke beantragen, auch andere Akk., z. B. ires viros capitales populum rogato (Draeger 1, 345). Ein Beleg für posco: tste unus inventus est qui parentes pretium pro se- pultura liberum posceret bei Cicero. An posco schliesst sich postulo und exigo, wohl auch zubeo. Im Germanischen schei- nen sich diese Akk. nur bei got. didjan zu finden in den Worten vileima ei hatei buk bidjos taujais uggkis Belonev va 6 &dv altnowpev nornoys npiv Mark. 10, 35 (sonst Gen. der Sache). Innerhalb des Slavischen findet sich ein zweiter Akk. bei fragen im Serbischen (Daniei6 408): $to te pitam pravo da mi kaZes was ich dich frage, sollst du mir recht sagen; 5a du vas upitatı Jjednu rijec tpwrnow üuäs xayw Adyov Eva Matth. 21, 24 (wo- bei an Nachahmung des Griechischen nicht zu denken ist). Verhehlen im Griechischen, Lateinischen, Deutschen. Im Griech., nicht bei Homer, aber z. B. Sophokles El. 957: ouöev yap os dei xpünteıv u Er. Im Lat. celo, z. B. non te celavs sermonem bei Cicero, im Deutschen Aelan und verwandte Wörter, z. B. mhd. minen rät ich nieman hel. Lehren: Aus dem Arischen habe ich angemerkt: av. fro ma sästu

$ 184.) Kap. X. Der Akk. des Ganzen und des Theiles. 385

sahlkta er lehre mich das Beste y. 45, 6 (so auch anu-Säs im späteren Sanskrit. Im Griech. ötö$4sxw von Homer an, z. B. oßvex’ Apa opkas oimas oda Eöldafe 8 480. Ebenso auch xelsdw, 2. B. ur, pe taüra xeleue 9350. Lat.doceo (ebenso wie moneo) und unger Jehren sind Kausativa und bei diesen besprochen. Lat.arguo könnte sich nach doceo gerichtet haben. Im Slavischen findet sich gelegentlich ein Akk. bei uötti, so serb. zlodne ucidu tooy put pravi ich werde die Bösen deinen gerechten Weg lehren (Danicie 408). Doch ist der Dativ der etymologisch berechtigte und der bei weitem häufigste Kasus.

3b. Das Ganze wird in einem seiner Theile durch die Handlung des Verbums betroffen. Sicher ist diese Konstruktion vorhanden im Altindischen und Griechischen, vielleicht auch im Deutschen.

Aus dem Altindischen bringt Gaedicke 268 einige Be- lege bei, von denen mir sicher erscheint: dirasman indra vytra- hann ugrö märmäni vidhya dann, o Indra, Vrtratöter, triff als Held sie auf ihre Blössen (eigentlich: triff sie, ihre Blössen) AV. 5,8, 9.1) Ausgebildet ist dieser Typus bei Homer. Nach La Roche kommen wesentlich die Verba und Wendungen in betracht, die man in den folgenden Belegen findet: rdv p’ Vdvoeus Bade Soupl xöpanv A 501; Innoödpavra peräppevov oörase Soupl T 401; rov 8’ dopı nAnE adyeva A 240; {va gun piv Auös Greprchs yoövad” Txorro T 354; tov 8& Tpdnos EAlaßs yuia 9 170; Bypös te iv elle rapeıds IT’ 35; 7 da oe olvos &yeı gpevas 0 391: zov dE oxdrog dose xaludev A 461; moldv os Eros Yüyev Epxos Sdov- twv A 350; xbooe dE yıv xewainy Te xal Aupw odsa xald rn 15; 7 oe nodas viher t 356 und einiges Ähnliche. Wird die Kon- struktion passivisch, so wird der Akk. des Ganzen zum No- minativ, während der des Theiles bleibt. So ergiebt sich BEßAnaı xevewva Staunepe; E 284 und ähnl. Dieser Akk. ist nun von

1) naht nu ydd adhimdsindram viryü pardh nicht geht jemand, so viel wir einsehen, über Indra, über seine Kräfte RV. 1, 80, 15, ist wohl lehrreich, enthält aber keinen von einem Verbum, sondern einen von einer Präposition abhängigen Akkusativ.

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 25

386 Kap. IX. Der Akkusativ bei verbalen Nominibus. [$ 184—184b.

dem Akk. der Beziehung nicht mehr zu unterscheiden. Dort wird von ihm weiter die Rede sein.

$ 184. Der Akkusativ bei verbalen Nominibus (vgl. SF. 5, 181 ff.).

Arisch: Es gehört hierher der Akk. bei Komparatıven auf ?yqs und :$fha, bez. yarı und söta. Man sagt überein- stimmend vriram hanı$thah den Feind am besten tötend (vgl. SF. 5, 188), und yös henti dusmatem jayntsta welche die besten Töter bösen Denkens sind y. 71, 7 (vgl. y. 28, 9. 32, 7 und sonst.. Wenn es richtig ist, was ich annehme, dass bei diesen Formen niemals ein objektiver Gen. vorkommt, so mag das wohl daher kommen, dass man gewohnt war, einen Gen. in dieser Verbindung stets partitiv zu fassen. Eine andere wich- tige Klasse sind die Formen auf tar, bei denen Gen. und Akk. erscheinen. Man sagt also im Ai. data vasunam und datä väsu. Gewöhnlich waltet der in diesem Beispiel vorliegende Accent- unterschied ob, doch ist das nicht durchaus der Fall (vgl. die SF. 5, 181 angegebene Literatur und SF. 3, 6). Ein Beleg für den Akk. im Av. ist: yd däapris bantai drvatätem welche dem Kranken Gesundheit verleihen yt. 13, 24. Ebenso bei manaotar y. 44, 5 (KZ. 30, 327) und sonst. In beiden Sprachgebieten scheint auch der Akk. bei Auma Verlangen vorzukommen. AV.6, 9, 1 heisst mam kumöna aus Verlangen nach mir, und y. 32, 13 übersetzt wenigstens Geldner (KZ. 28, 263) die Worte kame Pwahyä maprano dutim: aus Verlangen nach der Bot- schaft deines Propheten. Auch bei anderen Wörtern liegt die- selbe Konstruktion vor, so im Ai. bei einem Kompositum, dessen Schlussglied die einfache Wurzel ist, z. B.: devas tvdm pari- bhür asi du umschliessest die Götter; bei zusammengesetzten Wörtern auf a, z. B. drdha cid ärujah selbst das Feste zer- brechend; bei reduplizierten Wörtern auf z. B. dadir gah Kühe verleihend; bei Ableitungen auf in, z. B. mam kamini mich liebend; bei Adj. welche sich an Desiderativ- und Futurbildungen anschliessen, z. B. $atam pürö ruruksanih hundert Burgen zu zerstören fähig, soar sanayı$fmüuh begierig den Himmel zu er- langen, und in der Prosa namentlich noch bei den zahlreichen

$& 1846185.) Kap. IX. Der Akkusativ der Beziehung. 387

Wörtern auf uka, z. B. pa$ün dghätukah nicht geneigt die Heer- den zu schlagen. Im Av. bei dqmi Schöpfer (wechselnd mit Gen., Jackson, a hymn of Zoroaster, S. 35), bei atwisravana achtend, (dagngam den Glauben vd. 3, 40), bei cagv@ spendend (rafedrem Hilfe y. 46, 2) und ähnl. Adj. Von einem Nomen auf ra scheint der Akk. abhängig in den Worten: äah yap hvare uzuxsyeiti bvap zaqm ahuradatqm yaoZdäbrem wenn die Sonne aufgeht, wird sein Reinigung (Ordnung) der gottgege- benen Erde yt. 6,2. Innerhalb des Griechischen ist dieser Akk. bei Homer nicht vorhanden, wohl aber findet er sich bei Dramatikern und Prosaikern. Krüger 46, 4, 5 führt an: &pwra oökınos oddels aus Sophokles, änöieuos Bde 7’ 6 rolepos dropa ropruos aus Aeschylus, 2£apvol eloı rd wpoAoynuiva aus Isaeus (so regelmässig bei &£apvds eipı, das geradezu zu einem Verbum geworden ist), dmiornnoves Toav td rpoonxovra aus Xenophon, und mit einem den Nom. auf tar zu vergleichenden Subst. Zorı tig Zwxparns TA perdwpa @povtioris aus Plato. Im La- teinischen (Dräger 1, 329) findet sich dieser Akkusativ noch bei den Supina, z. B. oppugnatum patriam nostram veniunt bei Livius, auch bei Formen auf dundus: populabundus agros. Abhängig von Subst. findet sich dieser Akk. nur bei Plautus, und zwar nur in Fragesätzen, die mit quid beginnen, z. B. quid ttbi hanc curatiost rem? Ein Akk. des Zieles erscheint in re- ditus Romam bei Caesar. Was sich aus dem Germanischen etwa hierher ziehen lässt, s. bei Grimm 4,755 ff., Erdmann 2, 129. Im Baltısch-Slavischen erscheint dieser Akk. nur noch selten (Miklosich 4, 376), z. B. aksl. po prijetiji mi otü boga velikyji darü nach meinem Empfangen von Gott grosse Gabe.

8185. DerAkkusativ der Beziehung (Gaedicke 216 ff., La Roche 12 ff.).

Ein in mehreren Gebieten auftretender Akk. der Beziehung ist ai. näma, av. nqma (altp. nama), gr. övopa, z. B. ai. %kö namäsi wer mit Namen bist du, ndmucim nüma mäyinam den Dämon, Namuci mit Namen. Ebenso im Av. vairı$ yO haosravä nqma der See, welcher H. heisst yt. 19, 56; yim masyaka du-

25*

388 Kap. IX. Der Akkusativ der Beziehung. [$ 185.

Zakem nqma aojasti das Thier, welches die Menschen D. mit Namen nennen vd. 13, 2. So auch ap. Kambujiya nama Kuraus putra Kambyses mit Namen, Kyrus’ Sohn (vgl. Spiegel, Gr. 410). Wo övopa mit Namen innerhalb des Griechischen zuerst belegt ist, vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen, weil ich zu keiner rechten Entscheidung darüber kommen kann, ob övopa in den homerischen Stellen ’‘Apnm 8’ Ovop &orlv &navunov n 54, Beoxk6- pevos 8’ ovop rev o 256 und den entsprechenden o 5, ı 247, u 288 als Nominativ oder Akkusativ aufzufassen sei. Für den Akkusativ würde Kuxkwnes d’dvon’ noav dnuvunov Hesiodos Theog. 144 den Ausschlag geben, wenn die Lesart sicher ist, denn es würde daraus folgen, dass das Verbum auf den Namen, nicht auf övopa zu beziehen ist. Das mag nun sein, wie es will, die verwandten Sprachen zeigen, dass övopa mit Namen einen proethnischen Gebrauch des Kasus fortsetzt. Wie ist nun dieser proethnische Gebrauch entstanden? Darüber äussert Gaedicke 216 ff. die unzweifelhaft richtige Vermuthung, dass der Akk. zuerst nur da vorkam, wo er nach den sonstigen Regeln des Akkusativgebrauches gerechtfertigt war, und dass der besondere Sinn der Beziehung sich erst infolge einer Über- tragung entwickelte. Ich glaube, dass wir uns solche Über- tragungen deutlich machen können an dem aus dem Avesta soeben angeführten Satze yım masyaka dulakem nqma aojastı und aus homerischen Wendungen wie: äpxtov 8’, 7v xal Apakav &nixAnaıy xaAdousıy 8 273. Mir scheint, dass der avestische Satz seinem ursprünglichen Sinne nach riehtig gefasst wird, wenn man »nqma als Apposition auffasst, also: “welchen die Menschen Duzaka als Namen nennen”. Ob auch &rixAnoıv als Apposition aufzufassen oder als Akk. des Inhalts nahe zu xaAsiv zu ziehen ist (und so auch in övona xaleiv rıyd), lasse ich dahingestellt. In beiden Fällen wäre ja der Akkusativ gerechtfertigt. Der neue Typus nun scheint entstanden zu sein, indem nach 7 dpakav drixinorv xaldoucıv mit passivischem Ausdruck gebildet wurde: % üpata änlxinowv xalsitaı. Eine andere Art der Her- leitung bei gleichem Grundgedanken versucht Gaedicke. Sie scheint mir aber künstlicher. (Seine Übersetzung von RV.t0,

6185.] Kap. IX. Der Akkusativ der Besiehung. 389

49, 2 ist unsicher. Es wird wohl heissen ‘mich, den Indra mit Namen, haben die Götter geschaffen’.)

Im Ai. dürften andere Akk. der Beziehung als näma nicht vorkommen. Wohl aber bietet der Avesta weitere Belege in den Akk. drajo an Länge, maso an Grösse, bqzö an Tiefe, Jraßö an Breite: ho perepwe awihä zemö upapwarsti urvarangm nava vibazva dräjö er schneidet an dieser Stelle mit der Hippe (tvgl. KZ. 25, 402) die Pflanzen ab, neun vib. in die Länge vd. 9, 2. In diesem Satze kann man wohl noch den Akk. der Raumerstreckung zur Geltung bringen: ‘neun vib., nämlich die Länge derselben’.!) Nicht mehr möglich ist das in den nachahmenden Sätzen: astica im avaiti dqzö yavaktı fra- Pascı$ denn die Erde ist ebenso gross an Tiefe, wie an Breite y. 19, 7; ya asti avavasli maso yaha vispä imä äpo welche ebenso an Grösse ist, ebenso gross ist, wie alle Gewässer yt. 5, 3. Damit sind identisch die griechischen n&yedo;s an Grösse, pixos an Länge, eöpo; an Breite, Bado; an Tiefe, SYos an Höhe u. s w. zuerst: dvvdwpoı ydp ol ye xal dvveanıyess Noav eupos, dtdp nTxös ya yevdoßnv dvveopyuıoı A 311; T6a0ov Ev nixos, T6osov näxos eloopdacdar ı 324.

Hiermit ist aber der mit Wahrscheinlichkeit für proeth- nisch zu haltende Stamm noch nicht erschöpft. Es findet sich im Av. noch eine Art des Akk., welche nicht mehr aus sich selbst zu erklären, sondern nur noch als Nachahmung der ebengenannten zu verstehen ist: yah as vispahe arheus astvalo asem asavastemo zsaprem huxsaprötemö weil er in der ganzen lebenden Welt an Wahrheit der wahrhaftigste, an Herrscher- gewalt der herrschendste war yt. 19, 79. Spiegel 410 führt noch einige Belege für den Akk. der Beziehung an, die aber anders zu erklären sein dürften. Wegen yt. 14, 12 s. Geldner, 3 y., 64, wegen vd. 3, 32 KZ. 24, 549, wegen yt. 5, 98 KZ. 25,

1} Interessant ist die Stellung in: cvantem drajo zroänem ainhä zemö anaidya wie lange soll das Brachliegen dieser Erde stattfinden vd. 6, 1. Eigentlich: ‘wie lange Zeit der Ausdehnung nach’, so dass dräjö hinter zroänem stehen würde. Aber dräjo ist durch die Bedeutung von cvantem angezogen worden.

390 Kap. IX. Der Akkusativ der Beziehung. [$ 185.

396, wegen y. 10, 9 Metrik $. 149. Die angeführten Typen dürften die proethnischen sein. Damit ist denn auch die ge- schichtliche Grundlage für das Verständnis des griechischen Sprachgebrauchs gegeben. Man darf nicht, wie ich SF. 4, 32 konstruierend gethan habe, von der Verbindung dieses Akku- sativs mit Verben ausgehen, vielmehr wurde er im Beginn der speziell griechischen Sprachentwickelung nur gebraucht, um zu deklarieren, dass ein Substantivum als Eigenname verstanden sein soll, und um anzugeben, mit Rücksicht auf welchen Sub- stantivbegriff ein an sich weit umfassendes und daher nicht genügend deutliches Adjektivum einem Substantivum beigelegt werde. An övopa schloss sich im Griechischen wohl zunächst yevos, yeven an. Wie das geschehen konnte, wird besonders deutlich, wenn man überlegt, dass y&vos seine natürliche Stelle hinter dem Geschlechtsnamen hatte wie dÖvopa hinter dem Per- sonennamen. Bei Homer steht es in Sätzen wie: doxdeı de por Zupevaı dvhp Altwäds yevanv, nera Apyeloıcı dvaacsı W 470; &E’ Iddans ydvos elul 0 267; marpds 2 dyadoo xal dyw yevos eöyopar elvar S 113. Die vielen in betracht kommenden Ad- jektiva, bei welchen sich deklarierende Akkusative finden, lassen sich füglich in folgende Klassen theilen: a) Komparative und Superlative der Wörter ‘gut’ und ‘schlecht’, z. B. &rel od &dEv dorı yepelav, od Öfpas oböE Yunv, oöT Ap Ypevas oüte Epya A114; Nön yap tıs tod ye Binv xal yeipas Apelvav A nepar' 7, xal Eneıra nephoestar 0 139; yuvanıav eldos Aplorn 7 57. Daran dürften sich einige Verba angeschlossen haben, welche “über- treffen’ und ‘nachstehen’ bedeuten: &rel repleooı yuvarnıav elöds Te neyedss Te 168 opdvas Evdov Eloas a 248; bmelpeyev eüpkas Gpous T 210; (rdow) ob Teu deudpevov, out” Ap @pdvas oure eldog 8 264.

b) Adj., welche gleich oder ähnlich ausdrücken, z. B. pätıv drakavros, Evallyxıos adönv, Yuhy xal eldos Öpoln, dppara xal xepalhv ixelos, danach bei dem Partizipium, z. B. d£pas &ıxuia Bejoı © 305, und bei den Verben welche ‘gleichen’ be- deuten, z. B. palıora 88 Neotopı ölp elöd; Te peyedis Te Yunv T äyxıora tolxeı B 57; Auxdovı elsaro Yuynv Y 81. Dazu wett-

$ 185.] Kap. IX. Der Akkusativ der Beziehung. 391

eifern: xoöpnv 8 od yapndw ’Ayapsıvovos "Arpelöno, obd el ypu- sein Ayppoötıy xallos Eptlor, Zpya Admvaly yAauxanıdı Avrı- oeptsor 1390.

c) Adj., welche eine körperliche Eigenschaft ausdrücken. Es wird im Akk. hinzugefügt, mit Rücksicht auf welches Glied oder welche Beschaffenheit der Person die Eigenschaft beige- legt werde. Dahin gehören: Toudeös tor pıxpös uäv Zrv Ödpac, aa nayncns E 801; eldos dt pAla ueyas Nev öpacdar o 4; Bonv ayadds; rödas bxüc, raybs und Apydc; pokös xepalhv B 219; xapn kavöds 0 133; nödas xal yeipas ünepdev alpardeıs P 541. An diese Adjektiva schliesst sich ein Substantivum, nämlich yeipds 7’ alyanenv Epevar xal Erlopova BouAnv m 242, und einige Verben, nämlich xapn xoudwvres und pelalvero dt ypda xaldv E 354; aopeov Ö2 orndea A 282.

Diesen Eigenschaftswörtern verschiedener Art fügt sich olos an: old’ dpernv olos &ocl N 275 und diesem wieder das Ad- verbium rüs: Palnxes rücs dppıv dvhp Bde walverar elvar slöd; te neyedds Te lö& ppevas Evöov Elaas; A 337.

d) Adjektiva, welche eine Eigenschaft des inneren Men- schen oder eine Stimmung ausdrücken. In den Akk. tritt das innere Organ, mit Rücksicht auf welches die Eigenschaft gelten soll. (Wir würden eher sagen, in welchem dieselbe ihren Sitz hat.) Dahin gehören: »pevas alolun, ppevas nAE, voov Aropwärog, uevos Aayeros, inlppwv BouAnv, ynddouvos xüp. Daran knüpfen sich Partizipia und Verba finita, welche sich freuen und das Gegentheil bedeuten, so: dyvöpevos xüp, Axaynıdvos Frop, Bupöv ayebwv, YlAov Terinpevos Hrop, xeyoAwpetvos Trop, yeynde Ypeva roumv © 559, xapeln 82 opdva unenp Z 481, ldoüod xe dupöv lavöms $ 47 (wegen töpronar 8. La Roche 20), #upöv Zywaaro II 616, xoA&®n N 660 und Ähnliches. Bemerkenswerth sind: ollov xatarnxopaı Frop T 136, Tpopdouar ppeva vauraı U 627, peya & Eorteve xuödlımov Xip p 247.

Die bis hierher dargestellte Masse bekam nun Zuwachs von dem Akk. des Ganzen und des Theiles her, sobald durch die Umwandlung der Konstruktion in die passivische der Akk. des Ganzen verschwand (vgl. oben S. 385). Durch solche

392 Kap. IX. Der Akkusativ der Beziehung. ($ 185.

Umwandlung sind entstanden ß&BßAnaı xevsava dtapnepd; E 284, dyei neyadp Beßinpevos Arop 1 9 (vgl. röv Bade xöponv); “ortöı taupelp xexakuppevos söpeas Mpoug [1360 (vgl. Tüv de axdros dsse xaludev). Diese Ausdrücke wurden nun insofern fruchtbar, als sich in Nachahmung der angeführten Wendungen die Ge- wohnheit ausbildete. mit passivischen Partizipien und auch mit passivischen finiten Verben das von der Handlung betroffene Glied im Akkusativ zu verbinden, auch wenn das Verbum ım Aktıvum oder Medium nicht mit dem Akk. des Ganzen und des Theiles konstruiert wurde. Zu den passivischen konnten sich natürlich auch intransitive gesellen. Ein solcher Akku- sativ war nun von einem Akk. der Beziehung nicht mehr zu unterscheiden (vgl. das eben angeführte BeßAnptvos Arop mit dem $. 391 erwähnten terınp&vos Trop), und dieses Aufgehen der vorliegenden Konstruktion in den Akk. der Beziehung ist der Grund, warum ich dieselbe an dieser Stelle behandle. Die Weiterentwickelung mag man sich etwa folgendermassen denken. An xexaluppevos @pous schloss sich oaxecıv ellupevor apous 5 479, daran etwa Aödpw zaldocero yeıpac dantous A 169 und ferner & dvBou nAnjTo oröpa te divas te W 777, und über- tragen auf das Innere od&veos nATjto ppevas Aupınelalvas P 499. An die Verba des Treffens, Schlagens, Verwundens: ‘Apnrov d& xar audı Alnov Ösdaryusvov Arop P 535, yeipa Bapuvdels T 480, Evda x Amb bivods öpöpdn, adv 8 dore’ Apdydm e 426, mit Über- tragung auf das Innere: od yd Tıs ppevas dxnernatayudvos Eoat o 327 (vgl. ppevas HAE u. ähnl.), &x yap rinyn Ypevas II 403, xarerAnym plAov Arop I 31 und danach peyäporo ölfosuto rallo- pevn xpadlnv X 461. Endlich Beßapndra Ypevas olivp 7 122. Diese äusserst bequeme Ausdrucksweise ist dann von den Römern nachgeahmt worden.

Eine weitere Verfolgung des Akk. der Beziehung durch die griechische Literatur liegt ausserhalb meiner Aufgabe.

In den übrigen Sprachen scheint dieser Akk. nicht mehr vorhanden zu sein. Zwar im Lateinischen finden sich ja Wendungen wie os Aumerosgue deo similis, nudus membra, nıgrantes terga jJuvencos, aber ich bin mit Draeger 1, 342 der

$ 185—186.) Kap. X. Der Nominativ. 393

Meinung, dass hierin eine Entlehnung aus dem Griechischen vorliegt. Für das Baltisch-Slavische bemerke ıch, dass Miklosich 4, 392 einige seltene Fälle dieses Akk. anführt, z.B. aksl. pleäti i utrobu sizezeni, d. h. humeros et ventrem com- bustus. Ich glaube nicht, dass das eine Originalkonstruktion ist. In bezug auf das Litauische meint Schleicher 263, dass Ausdrücke wie Aöjyq, rafikq paluzti den Fuss, die Hand brechen, hierher gehören. Wahrscheinlicher ist mir, dass das Intr. paluztı ein altes Medium fortsetzt (vgl. ai. bahum dpi Sabre er brach sich den Arm SF. 5,254). Oder sollte vielleicht der Akkusativ auf der Umdeutung einer älteren Instrumentalkonstruktion be- ruhen? (vgl. Leskien, Bildungder Nom. 398). Wie es kam, dass dieser Akk. in einer Reihe von Sprachen verdrängt wurde, ist nicht schwer zu sagen. Abgesehen davon, dass der Akk. einiger- massen ausdruckslos erscheinen mochte, ist einleuchtend, dass der Instrumentalis ihm Konkurrenz machte. Neben nama und övona steht namnz und öydnarı. Wie zahlreich die daneben- stehenden Instr. in den übrigen hierher gehörigen Verbindungen sind, übersieht man bequem bei La Roche.

Kapitel X. Nominativ, Vokativ.

Der Nominativ.

$ 186. Über den Grundbegriff des Nominativs ist $ 71 ge- sprochen worden. An dieser Stelle habe ich nur ein Wort über den Nominativ im Prädikat zu sagen, ein Gegenstand, auf den ich übrigens in der Lehre vom Prädikat zurückkommen werde. Über die Verwandlung des Akkusativs (gelegentlich auch Dativs) der aktivischen Konstruktion in den Nominativ der passivischen wird bei dem Passivum gehandelt werden.

Der Nominativ im Prädikat. Ein solcher findet sich ın den arischen Sprachen (vgl. SF. 5, 103) ausser bei as, ah sein bei Verben, welche bedeuten werden: &irasah sänto dSiva abhüvan freundlich seiend sind sie unfreundlich geworden. Ap.

394 Kap. X. Der Vokativ. [$ 186—187.

adam ksäyathiya abavam ich wurde König (vgl. Spiegel, Gr. 408) ; scheinen: ai. gükama m& achadayan sie schienen mir Rinder begehrend ; av. ya me vaßnarte huraoda welche mir schöngewachsen scheint y. 11,10; sich vorkommen, sich dünken: ai. sömam manyalö papivan er glaubt, Soma getrunken zu haben; av. nagda manyete jaynvd er glaubt nicht, getötet zu haben yt. 10, 71; nennen: ai. durge hantävocathah du hast dich als Retter in der Gefahr bezeichnet; samgrahitäro vadante sie geben sich aus als Wagenlenker; av. Pwöi staotarasca mapranasca ahurä mazda aoge- madatca usmahtca visamadagca deine Lobpreiser und Prediger rühmen wir uns und wünschen und wollen dies y. 41, 5 (also ohne elvaı); fravaräng mazdayasno ich will mich bekennen als Mazdagläubiger y. 1, 23. An die genannten Verba schliessen sich die Passiva von ‘nennen’, z.B. av. aftayä urvarayd vaoce hadanagpata jenes Krautes, welches H. heisst vd. 14,4; ai. orsa hy ügra Srnvife denn als Stier bist du, o Starker, berühmt RV. 8, 6, 14 (vgl. dazu Bartholomae, KZ. 28, 8).

Dasselbe findet sich in den übrigen Sprachen, so im Ger- manischen (Grimm 4, 589ff.), z. B. got. sah vatrpip mikıls jah sunus hauhistins hatlada oöros Eoraı yeyas xal ulös Örblorou xAndnoerar Luk. 1, 32; altn. ef madr er garr skögarmadr wenn ein Mann zum Waldmann (Ausgestossenen) gemacht wird, vgl. Lund 48. Über das Baltisch-Slavische ist $ 122 gehandelt, wo gezeigt worden ist, wie viel Abbruch der Instrumentalis dem aus idg. Zeit überlieferten Nominativ gethan hat. Über andere Konkurrenz, welcher der Nominativ ausgesetzt gewesen ist, wird in der Lehre von dem Prädikat zu handeln sein.

Der Vokativ.

$ 187. Der Vokativ mit attributiven Wörtern (vgl. Haskell, Vocativ-Accent in the Veda, Journ. Am.Or.Soc. 11,87 ff., SF. 5, 33ff.).

SF. 5, 33 habe ich mich so geäussert: “Ein Vokativ am Anfang eines Satzes ist betont und zwar auf der ersten Silbe. Wenn ihm ein Verbum folgt, so ist auch dieses betont, z. B. devä jivata Götter! lebt AV. 19, 70,1. Man muss also, genau

$ 187.] Kap. X. Der Vokativ mit attributiven Wörtern. 395

genommen, sagen, dass ein solcher Vokativ einen Satz für sich bildet, hinter welchem ein neuer Satz beginnt. Dagegen ein Vokativ am Satzende oder im Satzinnern ist unbetont. Wenn letzterem ein Verbum folgt, so ist dieses unbetont, z. B. asme u gu vrfanä mädaystham bei uns, ihr beiden Helden, ergötzt euch RV. 1, 184, 2. Ein solcher Vokativ ist also ein unbetontes Einschiebsel oder Anhängsel.” In den anderen Sprachen wird es sich nicht anders verhalten, doch ist das Verhältnis nirgends so in der Schreibung zum Ausdruck gekommen,!) wie im Alt- indischen. Einem Vokativ also kann sich ein Verbum nicht in der Weise anschliessen, wie es sich anderen Kasus anschliesst, wohl aber können sich an ihn attributive Wörter anlehnen, und zwar Genitive, Adjektiva, Substantiva in Apposition, z. B. ai. suno sahasah Sohn der Kraft. Ein solcher Genitiv ist wie der Vokatıv unbetont, falls er nicht den Satz eröffnet. Im Griechischen Au; texos u. ähnl. (natürlich ohne irgend eine Besonderheit des Accentes, von der uns im Griechischen nichts überliefert ist). Beispiele für Adjektiva?): ai. p&roya hötar alter Priester RV. 1, 26, 5, sakhe vasö guter Freund 1, 30, 10 und vieles derart bei Haskell S. 62. Ebenso bei Homer: gÜle xa- alyınte, oÖAe Överpe, alvörare Kpovlör, y&pov plle u.s.w. Beispiele der Apposition sind: söma räjan Soma! König! RV. 8, 48, 7 und räjan söma 1, 91, 4, indra väjanam patö Indra, Herr der Beute 6, 45, 10. Aus Homer gehören dahin: ”Hpn rpeoßa Bea düyarep ney@loıo Kpdvoro; ’Arpetön Meveias, ötotpepss, öpyape Aawv

1) Für die Satznatur des Vokativs auch bei Homer spricht die That- sache, dass Wörter, die an die zweite Stelle gehören, wie dö£ nicht unmittel- bar hinter dem Vok. eines Subst. stehen können, vgl. 'Arpetön, cd d& ade A 282.

2) SF. 5, 34 habe ich behauptet, ein Adjektivum sei nur dann un- betont, wenn es dem substantivischen Vokativ folge. Stehe es vorn, so sei es betont. Man schreibe also im Satzinnern vißve deväh, nicht vi$vs deväh. Dazu bemerkt Whitney, Am. Journ. of Phil. Vol. XIH, No. 3, 8. 277: “the alleged rule must be, I think, either an out-and-out mistake, or founded insufficiently on one or two anomalous examples, of doubtful correcetness”. In der That liegt ein out-and-out mistake vor, für dessen Aufdeckung ich Whitney dankbar bin. Im Satzinnern erscheint nur der Typus vißve deväh, wonach ich a. a. O. zu verbessern bitte.

396 Kap. X. Vok. und Nom. durch und verbunden. [$ 187—188.

und ähnliche feierliche Anreden, welche Helbig, das home- rische Epos? 260 ff., zusammengestellt hat.

Die attrıbutiven Wörter stehen im RV. stets ım Vokatıv, meist auch bei Homer. Doch findet sich dort auch das attri- butive Wort im Nominativ, z. B. p{lo: & Mev&lae A 189. In den baltisch-slavischen und germanischen Sprachen ist diese letz- tere Gewohnheit durchgedrungen. Zwar im Altkirchenslavischen finden sich noch Vokative der alten Form, z. B. Fartseju slepe blinder Pharisäer, premtlostive gospodi gnädiger Gott u. ähnl. (Leskien, Handbuch? 72), aber im Litauischen und Germa- nischen hat das Adjektivum keine gesonderte Vokativform mehr, vgl. $ 200 und 201 und die Lehre von der Kongruenz.

$188. Vokativ und Nominativ durch und ver- bunden.

Zwei Vokative können ım RV., so viel ich sehe, nicht durch ca verbunden werden, was auch nicht unnatürlich ist, da ca Satzglieder zu einander in Beziehung setzt, die Vokative aber nicht Satzglieder im eigentlichen Sinne des Wortes sind. Wo eine solche Verbindung wünschenswerth erscheint und die einfache unverbundene Nebeneinanderstellung nicht beliebt wird, wird der zweite Begriff entweder in den nach der Kon- struktion möglichen obliquen Kasus gesetzt, z. B.: ıyam vam brahmanas patö suurktir brahmendräya vajrins akari hier ist euch beiden, dir, o Brahmanaspati, und (demj Indra ein Lied und eine Andacht bereitet worden RV. 7, 97, 9; ta urdä man- yeus mahya mazda a$äica yusmatbya gerez& diese Worte meines Grimmes klage ich euch, dir o Mazda und (dem) A3a y. 32, 9; oder wo ein obliquer Kasus nicht möglich ist, tritt der Nominativ für den zweiten Vok. ein, z. B. vayav indraS ca cätathah Vayu und Indra ihr habt acht RV. 1, 2, 5. Doch kann die Ordnung auch umgedreht werden, z. B. indra3 ca sömam pibatam brhas- pat? Indra und Brhaspati trinkt den Soma 4, 50, 10; frö fratsya mazdä asemcä ich bitte euch, Mazda und ASa y. 49, 6. Vgl. hinsichtlich des Veda SF. 5, 105 und hinsichtlich des Gathadialekts (wo allein die Konstruktion vorzuliegen scheint) Geldner, BB. 15, 255, Caland, KZ. 30, 544. Der letztgenannte

$ 188—189.] Kap. X. DerNom.für den Vok. und der Vok. für denNom. 397

Gelehrte stellt die Nominative mit den obliquen Kasus gänz- lich auf eine Stufe, indem er meint, Anreden wie vdruna mitrd$ ca seien zu erklären aus yuodm varuna mitrdca und der Nominativ mitras (so verstehe ich ihn wenigstens) habe sich nach dem Nominative yuvdam ebenso gerichtet, wie der Dativ indraya nach dem Dativ vam. Ich ziehe die hier mit- getheilte Auffassung vor, schon deshalb, weil ich nicht zugeben kann, dass in ysodm ein wirklicher Nominativ (sondern eher ein Vokativ) zu erkennen sei. Mit den vedischen Stellen wie väyav indra5 ca hat Rosen und nach ihm viele andere T 276 verglichen: Zeö narep "Iöndev peötwv, xudLote weyıore, his 9 ds navr Epopds nal navt &raxobeıs. Vielleicht ist auch 7406 Ööyarep zu lesen. Daneben kommen in unseren Texten auch Vokative vor, die durch te verbunden sind, so Alav ’löo- ueved te. Ob hier mit Cobet (den Monro? 156 anführt) Atas zu lesen sei, lasse ich dahingestellt.

$ 189. Der Nominativ für den Vokativ und der Vokativ für den Nominativ.

Wir haben $ 73 gesehen, dass der Nominativ vermuthlich schon in der Ursprache im Singular einiger Stammklassen und im ganzen Plural für den nicht gebildeten Vokativ verwendet worden ist. Ferner haben wir oben gesehen (worüber bei der Apposition noch weiter gesprochen werden soll), dass der attrı- butive Vokativ durch den Nominativ ersetzt werden kann. Es tritt aber gelegentlich der Nominativ auch bei den Wörtern, welche einen Vokativ bilden können, und in nicht attributiver Verwendung für den Vokativ ein. Im Altindischen freilich habe ich das nicht gefunden, im Griechischen wird z. B. {los so gebraucht (Kühner 22, 43). Im Lateinischen findet sich Vok. und Nom. neben einander, z. B. da meus ocellus, mea rosa, mi anıme, mea voluptas, Leonsda argentum mihi (Plautus Asin. 664). Vermuthlich heisst doch meus ocellus ursprünglich so viel wie ‘der du mein Augapfel bist’ (so dass also eine Konstruktion vor- läge wie olvoßap&;, xuvös dupar’ Zywy A 225). Auch in der alter- thümelnden Formel bei Livius 1, 24, 7 aude tu populus Albanus ist der Nom. wohl ebenso zu fassen. Nach den Angaben der

398 Kap. X. Artikel und Vokativ. [$ 189—190.

Grammatiken steht der Nominativ bei feierlichen Anreden, was ich dahingestellt sein lasse. Dass die Wahl des Nominativs an sich auch durch ganz andere Rücksichten bestimmt sein kann als die Rücksicht auf Feierlichkeit, beweist das Polnische, hin- sichtlich dessen L. W. Smith, Poln. Gramm.?, 183 sagt: “Der Vokativ ist dem Polen nicht so geläufig, wie man aus der stark ausgeprägten Form vermuthen sollte; der Nom. kann ihn oft vertreten. Wenn man jemand, z. B. einen Diener, beim Tauf- namen ruft, gebraucht man oft den Nom. Franciszek, Jözef, aber der Vok. Franciszku, Jözefie ist höflicher.” Offenbar heisst Jözef so viel als ‘der Josef (soll kommen)’.

Auf der anderen Seite werden zweifellos Vokative von Eigennamen und Titeln nominativisch gebraucht. So im Ser- bischen, woraus Leskien in Kuhn und Schleicher’s Beiträgen 6, 173 als Belege für eine ungemein häufige Erscheinung an- führt: Kad to cuo Kraljevicu Marko als das hörte Kraljevic Marko (Nom. wäre Kraljevit); netko bjese Strahinidu bane, bjese bane u malenoj Banjskoj es war ein Ban Strahinic, war Ban im kleinen Banjska. Das ist nicht anders, als wenn ein Erzieher bei Walter Scott von seiner Umgebung als der Domine be- zeichnet wird. Dass Jupiter so zu deuten sei, wird jetzt wohl allgemein angenommen, und auch die griechischen Amtsbe- zeichnungen wie ı;röta, vepsAnyepfta u. 8. w. sind gewiss ebenso zu deuten. (Über eöpdora vgl. J. Schmidt, Pluralb. 400 ff., über die ganze Frage ausser der dort angeführten Literatur Zimmer, KZ. 32, 190 ff.).

Gelegentlich kann der Vokativ durch eine Art von Attraktion auch dazu kommen, prädikativ gebraucht zu werden. So ai. (SF. 5, 106) gäutama bruväna o du, der du dich Gautama nennst. Für das Griechische pflegen die Grammatiken anzuführen dAßıe xöpe ye&voro (Theokrit), für das Lateinische seu Jane libenttus audıs (Horaz) u. ähnl., vgl. Kühner 22, 45.

8190. Artikel und Vokativ.

Bezzenberger schreibt in seinen Beiträgen 13, 290: “Jacob Grimm lehrt Gramm. IV, 383: “Der Vokativ erträgt keinen Artikel, und wo er ihn in jüngeren Sprachen annimmt, da

& 190.) Kap. X. Artikel und Vokativ. 399

liegt eine Vertretung der zweiten Person durch die dritte zu Grunde’. Im Gegensatz hierzu nehme ich an, dass die Ver- bindung des Vokativs mit dem Artikel, bez. einem Pronomen demonstr. uralt und sogar uralte Regel ist, und dass das Ge- setz, nach welchem ein mit einem Vokatıv verbundenes Ad- jektiv im Germanischen in der schwachen, in den lituslavi- schen Sprachen in der definiten Form erscheint vgl. got. laisarı Piubeiga guter Lehrer, ahd. druhtin guato guter Herr, lit. miftrai gerafis guter Meister, lett. mila mdsa liebe Schwester, ksl. dodryj rabe guter Knecht nur eine Folge jener Regel ist. In den Veden ist jene Verbindung bekanntlich überaus häufig, vgl. z. B. sd vrgann amim carim... dpa vrdhi 0 unser Gewaltiger, decke auf jenen Topf RV. 1, 7, 6, sd nah pavaka didivö ’gna devan iha vaha o unser leuchtender Reiniger! Agni! bring die Götter her, das. 12,10”. So Bezzenberger. Nach meiner Ansicht liegt die Sache anders. Das Pronomen sd erscheint im RV. häufig bei der zweiten Person des Verbums, z. B. yds takynoh prathamdm süsy ukthyah du, der du dies zuerst gethan hast, bist zu preisen 2, 13, 2, am gewöhnlichsten bei Formen imperativischer Bedeutung, z. B. fvdm vajasya $rütyasya rajasi sa no myla du gebietest über herrliches Besitzthum, sei du uns gnädig 1, 36, 12, semdm adhvardm yaja besorge du unser Opfer 1, 26, 1, neben dhäs z.B. 1, 54, 11, neben yak$i 2, 6, 8. Neben sd erscheint todm, z. B. sd todm adyd sumanä ihavıta bhava du sei uns heute hier ein gnädiger Helfer 1, 36, 2, oder tcdam mitsammt dem Vokativ eines Substantivums, z. B. s@ todm agne säubhagatväsya vidvan asmäkam äyuh prä tirehd deva du, o Agni, der du des Glückes kundig bist, verlängere uns hier unser Leben, o Gott 1, 94, 16. Oder es erscheint bloss der Vokativ ohne tvdm, z. B. sd nah piteva sündve 'gne supäyand bhava du, o Agni, sei uns zugänglich wie ein Vater dem Sohne 1,1, 9. Oder es erscheint ein Vokativ nebst einem Adjektivum, 2. B. s4 a vaha puruhüta präcetaso ’gne devar iha dravdt du bring hierher, vielgerufener, die weisen Götter, o Agni, eilig 1,44, 1. Diesen mit s@ beginnenden, einen Vokativ enthalten- den Sätzen steht nun aber eine ungezählte Menge von Vokativ-

400 Kap. XI. Das Adjektivum. [$ 190.

sätzen ohne s@ gegenüber (welche man bei Haskell, Journ. Am. Or. Soc. 11, 57-ff. überschaut), so dass man meines Erachtens von einer gewohnheitsmässigen Verbindung von sd mit dem Vokativ nicht sprechen kann. Vielmehr wird man nur sagen können, dass Imperativsätzen, welche mit s4 beginnen, ivdm oder ein Vokativ eingefügt werden kann. Unter diesen Umständen wird man sich nach einer anderen Erklärung für das Auf- treten der schwachen, bez. definiten Form des Adj. bei dem Vok. ın den germanischen und lituslavischen Sprachen um- sehen müssen. Ich habe eine solche bei dem Adjektivum $ 200 und 201 versucht.

Kapitel XI. Das Adjektivum.

Die Darstellung beginnt mit denjenigen Punkten, durch welche das nominale Adjektivum als ein eigener Satztheil ge- kennzeichnet wird. Dieses sind die Beschränkung auf gewisse Stammbildungssuffixe, die Motionsfähigkeit, die Ausbildung einer besonderen, aus der Urzeit herrührenden, Flexion im Ger- manischen und Litauischen, die Fähigkeit gesteigert zu werden. Den Eintheilungsgrund für das Übrige liefert die Thatsache, dass die Adjektiva sich ın ihrem Gebrauch mit anderen Wort- arten berühren. Zunächst mit den Substantiven. Es giebt Adjektiva, welche aus Substantivis entstanden sind, und es giebt Wörter, welche zwischen substantivischer und adjektivi- scher Anwendung in der Mitte stehen. An diese schliessen sich die schwachen (bestimmten) Adjektiva des Germanischen, welche ja aus attributiven Substantiven hervorgegangen sind. Diesen habe ich sofort die zusammengesetzten (bestimmten) Adjektiva des Baltisch-Slavischen angeschlossen, da sie sich zwar nicht ıhrem Ursprung, wohl aber ihrer Verwendung nach mit den germanischen schwachen Adj. auf das nächste be- rühren. Sodann findet eine Berührung statt mit den Zahl- wörtern. Das ist der Fall bei den Wörtern vie}, wenig, halb,

$ 190—191.) Kap. XL. Stammbildung der Adjektiva. 401

mittel. Endlich mit den Adverbien. Damit meine ich z. B. griechische Wörter wie hparıos am Tage.

Danach ergiebt sich folgendes Schema.

$ 191. Eigenthümlichkeiten der Adj. in bezug auf Stamm- bildung.

$ 192. Motionsfähigkeit.

$ 193. Besondere Flexion, vorzüglich im Germanischen und Litauischen.

$ 194. Steigerung der Adjektiva.

$ 195. Steigerung von Substantiven.

$ 196. Komparativ und Superlativ einander in Bedeutung und Konstruktion berührend.

8 197. Vergleichung zweier Eigenschaften.

$ 198. Adjektiva aus Substantiven hervorgegangen.

$ 199. Attributive Substantiva.

$ 200. Die schwachen (bestimmten) Adjektiva des Ger- manischen.

$ 201. Die zusammengesetzten (bestimmten) Adjektiva im Baltisch-Slavischen.

$ 202. Rückblick auf die Adjektiva des Germanischen und Baltisch-Slavischen.

$ 203. Adjektivum und Genitiv im Slavischen.

$ 204. Vergleichung mit den anderen Sprachen.

$ 205. Adjektivum und Zahlwort.

$ 206. Adjektivum und Adverbium.

$ 191. Eigenthümlichkeit der Adjektiva in bezug auf die Stammbildung.

Im Arischen und Griechischen sind die Ausgänge der Ad- jektivstämme recht mannigfaltig. Es finden sich nicht nur Stämme auf Vokale, sondern auch solche auf », 2. B. ai. yıvan jung, pivan fett, gr. rlwv, welas; auf s, 2. B. ai. apds kunst- reich, neben dpas Werk, vedhds fromm, gr. oapns, ferner auf nt, die Adj. auf vant, fevr. Von diesen Adj. sind einige, wie die auf » und s vielleicht erst aus Substantiven hervorgegangen, doch wird der Prozess der Adjektivierung jedenfalls schon in

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 26

402 Kap. XI. Motionsfähigkeit der Adjektiva. [$ 191—192.

der Ursprache begonnen haben. Andere, wie z. B. die auf vant, fevr treten uns von Anfang an als Adjektiva entgegen. Dazu kommen dann noch die Partizipia und Komparative. Was aus diesem Reichthum in den andern Sprachen geworden ist, übersehe man bei Osthoff, Forschungen im Gebiete der indogermanischen nominalen Stammbildung 2, 38 ff. Die kon- sonantischen sind, bis auf geringe Reste ım Lateinischen, ver- schwunden. Die u-Stämme sind ım Lateinischen in die :- Deklination übergetreten, im Slavischen und Germanischen (bis auf geringe Reste im Gotischen! in die o-Deklination auf- gegangen, dagegen erhalten im Litauischen. Die +-Stämme, überhaupt von Anfang an nicht sehr zahlreich, sind, wenn man von unbedeutenden Resten im Gotischen und Litauischen (didis) absieht, nur im Lateinischen erhalten und haben sich hier sogar über ihr ursprüngliches Gebiet weit ausgedehnt. Es finden sich also in den europäischen Sprachen (ausser dem Griechischen) wesentlich nur o-Stämme, wozu im Lateinischen noch :-Stämme, im Litauischen «-Stämme kommen. Die »- Deklination des Germanischen die sog. schwache stammt, wie unten ausgeführt werden soll, von den attributiven Sub- stantiven.

$ 192. Motionsfähigkeit.

Hinsichtlich der Motionsfähigkeit ist ebenso wie hin- sichtlich der Stammsuffixe zu bemerken, dass das Arische und Griechische im wesentlichen den ursprünglichen Zustand be- wahrt haben dürften. In diesen Sprachen verhält es sich so: Das Neutrum unterscheidet sich überall vom Masku- linum in der bekannten Weise. Die Feminina der o-Stämme haben den Ausgang z, so dass also z. B. in paxpos, paxpe, poxpov der idg. Zustand vorliegt. Freilich zeigt sich sowohl auf dem asiatischen wie auf dem europäischen Gebiet je eine bedeutende Abweichung. Im Altindischen und Avestischen nämlich ist das Femininsuffix i, welches ursprünglich substan- tivisch war und dann sich unter den adjektivischen Nicht-o- Stämmen ausbreitete, auch in das Gebiet der o-Stämme ein- gedrungen (vgl. über dasselbe Brugmann 2, 313 ff.). Eine feste

$ 192.) Kap. XI. Motionsfähigkeit der Adjektiva. 403

Regel für die Abgrenzung des Gebietes von @ und ? hat sich bis jetzt nicht aufstellen lassen (vgl. darüber Whitney, Gramm. $ 332, Liebich, Pänini 102 ff., Spiegel, Gramm. 301 ff.), doch gestattet das von Whitney beigebrachte Material (wie mir scheint), auszusprechen, dass ? überall bevorzugt wurde, wo eine Hinneigung des Wortes zum substantivischen !) oder parti- zipialen Sinne vorlag, und es lässt sich weiter vermuthen, dass bei den anderen Adjektiven die Führung den Wörtern wie däivya zufiel, deren Fem. daivi wahrscheinlich ein auf Kon- traktion beruhendes ? enthält. Im Griechischen andererseits fallen die zahlreichen o-Stämme auf, deren Femininum auf os endigt (vgl. Kühner-Blass $ 147). Ich weiss dem, was ich über dieselben SF. 4, 63 ff. bemerkt habe, kaum etwas hinzuzufügen, bin also auch jetzt noch der Meinung, dass Wörter wie 7ouyos und &wAos wohl eigentlich Substantiva waren, dass auf die mehrsilbigen Adj. die Komposita verführerisch einwirkten, welche ihr Fem. naturgemäss auf o; bildeten, und dass endlich auch die Rücksicht auf das Metrum gelegentlich zur Geltung gekommen ist. Alle übrigen, also alle Nicht-o-Stämme haben entweder kein Femininzeichen, oder das schon erwähnte 3, gr. ıa. Es ist ausnahmlos vorhanden bei den Partizipien und bei den Adjektiven auf »? (auch bei denen auf ın im Sanskrit). Es überwiegt bei den v-Stämmen (vgl. Whitney $ 344b, Kühner- Blass $ 127, Anm. 2). Nicht angetreten ist ? bei den wenigen Adjektiven, welche :-Stämme sind, ferner nicht bei den Wör- tern auf s wie apds, Nom. apäs werkthätig, gr. saprc.?) Ver- muthlich wurden sie noch als Substantiva empfunden. Ebenso mag es sich mit den wenigen auf ai. ar verhalten. Die mit dem Suffix var gebildeten haben im Fem. varı, z. B. yayvan, -vari fromm, plvan, -vari fett (vgl. Lanman, noun-infl. 527); yivan jung hat als Fem. neben sich yuvatıi. Es lässt sich wohl

1) Man sehe z. B. die Feminina drufi und Syävi bei Grassmann.

2) Wie es sich mit den Komparativen verhalten haben mag, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, da das Arische und das Griechische in dieser Beziehung nicht übereinstimmen.

26*

404 Kap. XI. Motionsfähigkeit der Adjektiva. [$ 192.

annehmen, dass die leitenden unter diesen Wörtern ursprüng- lich Substantiva waren (Opferer, Jüngling), die dann adjektivi- schen Gebrauch erhielten. Im Griech. ıst die Adjektivnatur dieser Wörter fester ausgeprägt, doch finden wir rtalav bei Aristophanes auch als Anrede an Frauen gebraucht (Unglücks- wesen’). Dem ai. pivan, -vari entspricht riwv, risıpa u. ähnl., in anderen Fällen ist bei der Bildung des Femininums der auch im Maskulinum erscheinende Stamm zu Grunde gelegt, z. B. p&laıva.

Einfacher liegen die Dinge in den übrigen Sprachen. Im Lateinischen setzen die o-Stämme den idg. Zustand fort. Die t-Stämme, zu denen sich ja auch die v-Stämme und mit ganz wenigen Ausnahmen die konsonantischen gesellt haben, unterscheiden das Mask. und das Fem. nicht. Nur bei den Wörtern wie acer, acris, acre ist in der Schriftsprache eine Unterscheidung hergestellt worden, offenbar in nachahmender Anlehnung an Wörter wie asper, aspera, asperum. Die Merk- würdigkeit des Lateinischen sind die Neutra mit s wie prae- ceps, dives, atroxz, amans u.8. w. Ich werde auf dieselben in dem Abschnitt über die attributiven Substantiva ($ 199) eingehen. Im Germanischen hat sich bei den o-Stämmen die Drei- geschlechtigkeit erhalten und die neu hinzugekommenen n-Stämme sind dem entsprechend gestaltet worden. Die übri- gen Stämme kommen so gut wie nicht in betracht, doch sei erwähnt, dass im Gotischen noch die Feminina Zulgus fest und Paursus verdorrt belegt sind. Im Litauischen ist das Neu- trum, wie überhaupt, so auch bei dem Adj., bis auf schwache Reste verloren gegangen, wovon sogleich gehandelt werden soll. Das Femininum ist bei den o-Stämmen rein erhalten geblieben, z. B. geras, gerd gut, die io-Stämme haben gewisse lautliche Veränderungen erlitten, und das Femininum derselben ist in die u-Stämme eingedrungen, z. B. saldıs, saldi süss. Im Altkirchenslavischen und im allgemeinen auch in den übrıgen slavischen Sprachen ist die Motionsfähigkeit der dort fast allein noch vorhandenen o-Stämme erhalten geblieben. Über die erstarrten Adj. auf % s. unten.

$ 192.) Kap. XI. Motionsfähigkeit der Adjektiva. 405

Eine Verkümmerung hat die Beweglichkeit des Adjek- tivums im Germanischen und Litauischen erfahren, im Ger- manischen, weil eine Neutralform, welche den Eindruck der Flexionslosigkeit macht, sich immer mehr ausgebreitet hat, im Litauischen, weil das Neutrum bis auf geringe Reste ver- schwunden ist. Über den Vorgang im Germanischen hat Grimm 4, 460ff. gehandelt. Was an seiner Darstellung vom sprachwissenschaftlichen Standpunkt aus zu verbessern war, ist von Leo Meyer, über die Flexion der Adjektiva im Deut- schen, Berlin 1863, beigebracht worden. Ich führe hier aus dem Gotischen, Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen nur so viel an, als nöthig ist, um den Fortgang der Erscheinung anschaulich zu machen. Im Gotischen giebt es eine kurze Form des Nom. Akk. sing. neutr. der Adj., z. B. full zu fulls vol. Diese ist aus einem indogermanischen *plndm ent- standen, also die direkte Fortsetzung der Urform. Daneben hat sich eine längere, z. B. fullata, ausgebildet, welche in An- lehnung an das Pronomen, z. B. fata, entstanden ist. Diese beiden Formen kommen im attributiven Gebrauch in gleicher Anwendung vor, z. B. nım bata badi bein oder Peinata nimm dein Bett, agis mikil grosse Angst und Akelikn mikilata einen grossen Thurm. Doch sind die kurzen Formen etwa fünf Mal so häufig als die langen. Anders gestaltet sich die Sache bei dem prädikativen Gebrauch des Adj. Dort herrscht die kurze Form durchaus (nur Römer 7, 12 wird als Ausnahme angeführt), z.B. goß salt das Salz ist gut, jabai salt baud vaırfıp wenn das Salz dumm wird. Der Grund der verschiedenen Behand- lung ist einleuchtend: das Adj. erhielt die pronominale Flexion in derjenigen Anwendung, welche es von dem Substantivum am deutlichsten unterscheidet, nämlich der attributiven, in die prädikative Anwendung aber, in welcher das Adj. ja weit weniger unselbständig erscheint, ist die neuerworbene Flexion nicht gedrungen. Die kurze Form nun in ihrer Unbezeichnet- heit konnte sich leichter ausbreiten als eine Form, der man Genus, Numerus und Kasus anmerkt, sie konnte daher weiter dringen, und das geschah im Althochdeutschen. Dort drang

406 Kap. XI. Motionsfähigkeit der Adjektiva. [$ 192.

sie ım attributiven Gebrauch auch ın die anderen Genera, man konnte also nicht bloss Aub And min, sondern auch in Nachahmung dessen guot man, wih tohter sagen, wenn auch die gewöhnlichen Formen daneben vorkommen. Im prädi- kativen Gebrauch aber eroberte sie auch den Plural. Es heisst also im Sing.: iA bin arm, breit ist phorta inti wit weg, diu erda ist fol; im Plur.: daz wir bırun al gilich, sie sint gotes worto flizig, beidiu sint sie arm unde durftig. Doch kommen ebenso gut auch die vollen Formen vor. Nothwendig ist die kurze Form nur da, wo ein unbestimmtes Neutrum steht und das Subjekt garnicht bezeichnet ist, z. B. guot ist uns. Einen Schritt weiter geht man, indem man die kurze Form auch auf den prädikativen Akkusativ überträgt, z. B. du findist fol den salmon fon desen dingon. Gewöhnlich aber ist die dem Akk. auch sonst gebührende Form, z. B. sinan stuol haz er stalan. Für den attributiven Gebrauch im Mittelhochdeutschen fasst Grimm S. 485 die Regel so zusammen: “es heisst meisten- theils guot man, guotiu frouwe, guot kint; eın frum man, ein Frumi frouwe, ein frum kint, kann aber auch heissen guwoter man, ein frumer man, so wie guot frouwe, ein frum frouwe. Mehırsilbige zumal die auf ec, esch, lich weichen der Flexion aus. Für einzelne Ausdrücke hat sich auch durch Gewohnheit bald die eine, bald die andere Form festgesetzt”. Häufig sind die kurzen Formen bei Nachstellung des Adj., z. B. der knappe wert, und in diesem Falle sind auch die obliquen Kasus an- gesteckt worden, 2. B. den apfel riche, an deme himele wit, man pflac des heldes unverzagt u. s. w. In der prädikativen Anwendung erscheinen der Nom., der Sing. und Plur. in der Regel in der kurzen Form, z. B. daz du bist biters eiters vol, do si des wurtin sat, doch kommt auch vor: nides was er voller, daz er sater was. Der prädikative Akk. kann die kurze Form haben, z. B. er schuof daz becke vol des brunnen, hat aber häufiger die längere, z. B. er leit ın töten uffez gras (494). Im Neuhochdeutschen endlich ist eine scharfe Scheidung zwischen dem attributiven und dem prädikativen Gebrauch eingetreten. Der erstere hat fast durchaus die volle, der letztere (mit ganz

$ 192.) Kap. XI. Motionsfähigkeit der Adjektiva. 407

geringen Ausnahmen, wie voller) die kurze Form, ebenso auch der prädikative Akkusativ, der vielfach resultativen Sinn an- genommen hat. Wir sagen ja nicht nur er lässt ihn tot legen, sondern auch er schlägt ıhn tot, weint sich satt, weint sich die Augen roth u. s. w. (vgl. Paul, Prinzipien? 127).

Mit der prädikativen Verwendung scheint auch eine Ver- kümmerung der Flexion, welche sich im Altnordischen findet, zusammenzuhängen. Dort giebt es eine grosse Menge meist zusammengesetzter und nur in der schwachen Form gebräuch- licher Adjektiva, welche entweder in allen Kasus auf a, oder im Nom. sing. mask. auf :, in den übrigen Kasus aber auf a endigen (vgl. Wimmer, altn. Gr. $ 85, G. Vigfusson, icel.-engl. Diet. XX). Manche dieser Wörter stehen ın der Mitte zwi- schen Adjektiven und Substantiven, z. B. etdrofa eidbrüchig, Eidbrecher. Ich finde dieses Wort auf « ausgehend im prä- dikativen Gebrauch, so: Ave gardu mik Gyuka arfar üstalausa ok eidrofa wie mich die Erben des Gjuki liebelos und eid- brüchig machten Helr. 5, mit sen z. B. nu erum ver eidrofa nun sind wir eidbrüchig (Wilken 203, 24); dagegen als Sub- jekt lautet der Nom. plur. auf ar: vada eidrofar ok mordvargar es schreiten die Eidbrecher und Meuchelmörder (Wilken 88, 8). Prädikativisch erscheint frumvazti in oA er Sinfjotli er frumvaztı und da S. erwachsen ist (Wilken 160, 17). Über den Gebrauch der übrigen, und namentlich auch der nicht zusammengesetzten, werden uns wohl die Kenner belehren. Im Litauischen (vgl. Schleicher 257, Kurschat $ 780 und 1340 ff.) ist das Neutrum der Substantiva verloren gegangen. Damit kommen die Neutra der Adjektiva, welche sich an ein Substantivum anlehnen, von selbst mit in Wegfall. Es war aber natürlich, dass das Neu- trum des Adj. dann blieb, wenn ein Substantivum, an welches es sich anlehnen könnte, nicht vorhanden war, also wenn das Adj. prädikativ steht ın Sätzen mit unbestimmtem Subjekt, wie z. B. ‘mir ist wohl‘. In derartigen Sätzen finden wir im Lit. das alte echte Neutrum, z. B. eiti Jam sufku zu gehen ist ihm schwer, män malonü mir ist es lieb. Eine Schwierigkeit ent- steht bei den o-Stämmen. Bei diesen nämlich können nur

408 Kap. XI. Motionsfähigkeit der Adjektiva. [$ 192.

die mit beweglichem Accent das Femininum äusserlich von dem Neutrum unterscheiden (z. B. bei geras gut, Fem. gerö, Neutr. gera), während bei den mit festem Tone (z. B. meilingas lieblich) beide Formen meilinga lauten würden. Danach dürften die Ausdrücke wie man gera!), oder wie man nach Kurschat im Volksmund vielmehr sagt man ger mir ist gut, Jdm pikt ihm ist unwohl als Neutra zu erklären sein, aber in einem Satze wie Zai meilinga das ist lieblich kann man nicht erkennen, welchem Genus meslinga angehört. Syntaktisch genommen ist es nicht unmöglich, meilinga als Fem. aufzufassen, denn neben dem Neutrum tritt in diesen Ausdrücken das Fem. konkurrie- rend und vordringend auf. So sagt man neben man szdlt mir ist kalt: szianden szaltd heute ist es kalt?), ebenso szianden tızi eiti heute ist es glitschig zu gehen, jat szväsi es ıst schon hell. So auch bei Komparativen und Superlativen, z.B. sziafden sziltesne heute ist es am heissesten. Es lässt sich nicht sicher sagen, wie das Femininum, das auch in einigen slavischen Sprachen so vorliegt, zu diesem Gebrauch gekommen sei (vgl. J. Schmidt, Pluralb. 32), mir scheint die Meinung Kurschat’s, dass bei ei- nigen der genannten Wendungen die Ellipse eines fem. Sub- stantivums anzunehmen sei, z. B. in jJaü szoesi “es ist schon hell’ die von dönd Tag, sehr wahrscheinlich, und es liegt nahe, zu vermuthen, dass solchen Formen wie szv&si andere nachge- bildet wurden, neben denen nun kein Substantivum mehr vor- schwebte. Dass ein Bedürfnis für eine Adjektivform vorhanden war, welche das aus dem Bewusstsein schwindende oder ge- schwundene Neutrum ersetzen konnte, liegt auf der Hand. Zu dem Neutrum, so weit es noch vorhanden ist, und dem Femininum tritt im prädikativen Gebrauch im Litauischen auch noch das Adverbium, und zwar dann, wenn fat das Subjekt

- on nn on

1) Freilich ist man noch im Zweifel, wie der Endvokal in Formen wie gera lautlich zu erklären sei (vgl. Brugmann 2, 265). Aber gegen die An- nahme, dass sie Neutra seien, lässt sich aus diesem Zweifel ein Bedenken nicht ableiten.

2) Nach Brugmann 2, 565 freilich wäre szalta überhaupt keine Adjektiv- form, sondern ein femininisches Abstraktum, also ‘heute ist Kälte’.

$ 192.] Kap. XI. Motionsfähigkeit der Adjektiva. 409

ist, z. B. Zui gerai das ist gut (vgl. auch noch J. Schmidt, Pluralb. 162).

In einigen Sprachen giebt es auch Adjektiva ohne alle Flexion. Dahin gehören aus dem Altıindischen die merk- würdigen Formen praSan, pralän, pradan. Praan ist belegt aus SB. 3,1, 3, 10: drur vai pürufasyakfı prajäan mäma wund ist das Auge des Menschen, heil das meinige, sodann gewähr- leistet durch Pänini 8, 3, 7, wo gelehrt wird, dass das nr von pra3an nicht dieselben Schicksale hat, wie das » von Nomina- tiven wie bhavän, da es heisst: bhavgschädayati, aber pra- Sähchadayati. Pratän und pradän kennen wir nur aus späterer grammatischer Überlieferung. Die indischen Gelehrten haben erkannt, dass die genannten Wörter zu den Wurzeln $am, tam, dam gehören; ob nun aber eine Stammform praam oder pra- $aäm mit einem Nominativ pra$än, der dann erstarrt wäre, an- zusetzen ist, darüber ist man noch nicht in’s klare gekommen.

Als indeklinable Adjektiva aus dem Lateinischen führen Schweizer-Surber $ 140 frugt, peregre, volup, damnas, necesse und nequam an. Frugi dürfte ein Dativ, peregre ein Lokalis und volup ein Nominativ sein, damnas ist aus damnatos entstanden, hat sich in der Formel damnas esto gehalten, auch als die übrigen Formen der gleichen Art auf as verschwunden waren, und so konnte denn auch damnas sunto gebildet werden. Necesse mit seinen verschiedenen Nebenformen ist vermuthlich ein Sub- stantivum, das im prädikativen Ausdruck adjektivisch geworden ist. Nequam endlich zeigt eine auffallende Ähnlichkeit der Bildung mit pra$änim) u. s. w., wird also wohl mit diesem zusammen seine Erklärung finden.

Im Altkirchenslavischen liegen vor eine Reihe von indeklinablen Adjektiven auf ? wie svododi frei, razlıei ver- schieden, ?splüni voll, sugubi doppelt, preprosti einfach (vgl. Miklosich 2,55, Leskien, Handbuch? 72). So sagt man z.B. (die Belege aus Miklosich’s Lexikon) Zena svobodi jesti otü zakona die Frau ist vom Gesetze frei, da my otü grechü svo- bodi bqdemü damit wir von Sünden frei werden und auch attributiv svododt devicq ein freies Mädchen. Bei einigen

410 Kap. XI. Besondere Flexion der Adj. im Germ. u. Lit. [$ 192—193.

so bemerkt Leskien? 94 —, z. B. bei svobodt und sugubi, ist es zuweilen im Zusammenhang des Satzes kaum zu unterscheiden, ob sie adjektivisch indeklinabel oder adverbiell zu fassen sind. Über die Erklärung ist noch kein Einverständnis erreicht. Leskien meint, es könnten erstarrte adjektivische Kasus, viel- leicht aber auch Substantiva vorliegen, J. Schmidt, Pluralb. 63 entscheidet sich für die erstere Annahme.

$ 193. Besondere Flexion der Adjektiva, vorzüg- lich im Germanischen und Litauischen.

Im allgemeinen werden in unseren Sprachen die Adjektiva ebenso flektiert wie die Substantiva. In einigen aber findet ein Einfluss der pronominalen Deklination auf die adjektivische statt. So im Altindischen (vgl. Whitney $ 522ff.). Dort richten sich Komparative und Superlative wie Aalard und Aatama, yatard und yalama in ihrer Flexion völlig nach den Prono- minibus As und yd, andere Wörter, z. B. viSva all, haben ın der ausgebildeten Sprache in allen Kasus pronominale Bil- dung, ausser im Nom. Akk. sing. des Neutrums, welcher viövam lautet, nicht vr8vad; in der älteren Sprache kommen auch noch andere nominal gebildete Kasus vor. Andere Wörter wieder schwanken zwischen nominaler und pronominaler Flexion, wie das bei Whitney des näheren gezeigt ist. Vielleicht sind An- fänge dıeser Bewegung bereits in der Urzeit vorhanden gewesen, sie haben sich aber in den meisten Sprachen, so z. B. im Griechischen, Lateinischen, Slavischen, wieder verloren. Im Germanischen und Litauischen aber hat die Bewegung die sämmtlichen Adjektiva ergriffen, welche in diesen Sprachen einen Theil ihrer Kasus nach der Weise der Pronomina bilden. Dass auf diese Art (und nicht etwa durch Zusammensetzung) das germanische ‘starke’ und das Litauische ‘unbestimmte’ Ad- jektirum entstanden sind, ist von Sievers im zweiten Bande von Paul und Braune’s Beiträgen und von Leskien, Deklin. 130 ff. auf das klarste gezeigt worden. Eine Veränderung im Gebrauch des Adjektirums war mit dieser Anbequemung an die pronomi- nale Flexion nicht verbunden, es kam dadurch höchstens die Auffassung der Adjektiva als einer für sich bestehenden Wortart

& 193—194.] Kap. XI. Steigerung der Adjektiva. 411

zu deutlicherem sprachlichen Ausdruck. Neben diesem Adjek- tivum, welches also die einfache Fortsetzung des indogerma- nischen ist, kamen aber im Germanischen sowohl, wie im Litauischen neuere Bildungen auf, welche ein gewisses Gebiet des Grebrauches für sich in Anspruch nahmen und dadurch das Gebiet des alten Adjektivums verengten. Von diesen wird $ 200—201 die Rede sein.

$ 194. Steigerung der Adjektiva.

Über die Bildung der Vergleichungsstufen ist bei Bopp 2, $ 291 ff. und bei Brugmann 2, $ 139 ff. gehandelt worden. Aus diesen Darstellungen, auf welche ich verweise, geht hervor, dass die alten Bildungen sich überall, ausser auf dem letto- slavischen Gebiet, in leidlicher Vollständigkeit erhalten haben. Im Slavischen nämlich ist zwar der Komparativ geblieben, die alte Superlativform aber geschwunden. Sie wird auf verschie- dene Weise ersetzt: es kann der Komparatıv in seiner bestimm- ten Form dafür eintreten (also wie ım Französischen), oder es kann dem Komparativ die Partikel »a7 vortreten, über deren Herkunft etwas Bestimmtes nicht ausgemacht ist (vgl. Bopp $ 305, 3), oder es kann vor den Positiv das Wort ‘selbst’ treten, z. B. russ. samaja Cistaya voda das reinste Wasser. Im Litau- ischen ist der alte Komparativ in weiter gebildeter Gestalt er- halten. Statt der alten Superlativbildung, die verloren ist, tritt eine neue auf, über die ich nicht urtheilen mag. Im Lettischen endlich (vgl. Bezzenberger, BB. 5, 98, Leskien, Bildung der Nomina im Lit. 515) sind die alten Formen der Konkurrenz einer Bildung erlegen, welche eine gewisse Verwandtschaft der Bedeutung zeigt. Dort heisst z. B. zu gudrs klug, der Komp. gudräks klüger, gudrakais der klügere und die letztere Form wird auch im Sinne des Superlativs gebraucht. Man hat längst erkannt, dass darin augmentative Adjektiva vorliegen, wie im Litauischen gerökas ziemlich gut neben geras gut, didökas ziem- lich gross neben didıs gross u. ähnl.

[Gelegentlich will ich hier, um zu zeigen, aus wie ver- schiedenen Quellen die komparativische Bedeutung stam- men kann, darauf hinweisen, dass im Litauischen dativische

412 Kap. XI. Grundbedeutungen der Komp.- u. Sup.-Suffixe. [$ 194.

Adverbia der Richtung sich dem komparativischen Sinne nähern können. Ich thue es mit den Worten von J. Schmidt, KZ. 26, 400 “die Adverbia auf -yr, welche die Richtung ‘wohin’ bezeichnen, auksztyn in die Höhe, zemyrn nach unten u. a. (Schleicher S. 293 ff., Kurschat $ 799) gewinnen, mit Verben der Bewegung verbunden, einen an den Komparativ heranstreifen- den Sinn, tolyn vazıüti weiter fahren, sidutumas tävo preszt- ninku eiti jJü ılgyn didyn das Toben deiner Widerwärtigen wird je länger je grösser Psalm 74, 23, so Jaunyn, baltyn, dubyn, durnyn, drutyn, geryn eili u. s. w. jünger, weisser, tiefer, schlimmer, stärker, besser werden (eine Häufung solcher Ad- verbia bietet die Daina bei Schleicher, Lesebuch 8. 45); das Verbum der Bewegung kann auch fehlen, z. B. teip tas kelelis siauryn so wurde das Weglein schmaler (Schleicher 135, 4)”.]

Was die Grundbedeutungen unserer Suffixe betrifft, so ist so vie) klar (und auch von Brugmann richtig hervor- gehoben), dass die Paare :ygs-i$fha und tara-tama es sei erlaubt, sie in der sanskritischen Form anzuführen ursprüng- lich verschiedenen Sinn hatten. Über das Paar iygqs-istha ist von Whitney, Gr. $ 467 ff.!) und von mir SF. 5, 188 ff. gehan- delt und dabei für das Altindische Folgendes ermittelt worden. Die Formen auf iygqs-ı$tha sind zunächst partizipieller Natur und sagen aus, dass an dem Substantivbegriff, zu dem sie in ein attributives Verhältnis treten, die Verbalaktion in hervor- ragender Weise zur Erscheinung kommt, z. B. avıstha am meisten fördernd (arcatö brahmakrtim das Gebet des Frommen), käri$tha am meisten verfertigend (asutim den Trank), gdmistha und ägamistha aufs beste kommend, herankommend, cetistha am hellsten glänzend, vicayı$tha am meisten wegräumend (dhas die Noth), dhestha reichlich gebend (rdtnam Gut), tariygs leicht durchdringend (nabhas die Wolke), mahiygs reichlicher gebend, yajiyqs besser oder ausgezeichnet opfernd, tdyamiyqs besser

1) Durch Whitney’s Reklamation (American Journ. of Philol. Vol. XIII, No. 3, S. 287) veranlasst, bemerke ich, dass ich dieses Zitat schon SF. 5, 188 hätte beibringen sollen.

$19%.] Kap. XL Grundbedeutungen der Komp.- u. Sup.-Sufixe.. 413

in die Höhe hebend (sakthi den Schenkel), vediygs besser fin- dend, z. B. gäuräd vediyah avapanam die Tränke besser fin- dend als ein Büffel. Die partizipielle Natur dieser und vieler anderer Bildungen zeigt sich in dem Sinne, der verbalen Kon- struktion und der Möglichkeit der Zusammensetzung mit Prä- positionen. Eine zweite Gruppe stellt sich der Bedeutung nach schon zu den Adjektiven, z. B. jyayqs überlegen, mächtiger, vorzüglicher, grösser, stärker, älter, dazu auch jyestha und Jyö- $thä (letzteres “der älteste’), welche eigentlich bedeuten ‘in her- vorragender Weise überwältigend’, da sie zu 5y& überwältigen gehören. Eine dritte Gruppe bilden diejenigen, welche zwar ebenfalls deutlich zu Verbalwurzeln gehören, aber jedenfalls von den Sprechenden zu einem Adjektivum in Beziehung gesetzt worden sind, so 2. B. preygs und pre$tha lieber und liebst zu priyd lieb, obgleich sie ursprünglich zu pri erfreuen ge- hören ; variygs und vdrıgtha weiter und weitest zu ur. breit, obwohl sie auch direkt zu var umfassen gezogen werden können u.a.m. Endlich giebt es bereits im Veda einige wenige, von denen man mit Recht sagen kann, dass sie aus Adjektiven gebildet sind, z. B. tik$niygs schärfer zu tikdnd scharf, wohl auch ndoyqs oder naviyqs neuer und ndvigfha neuest zu ndva neu, wiewohl es nicht ausgeschlossen ıst, für diese eine Wurzelform ru zu Grunde zu legen. Mit dem Thatbestand des Altindischen, von dem hiermit eine Probe gegeben ist, stimmt der des Iranischen im wesentlichen überein, vgl. Spiegel 202 und 212. Über das zweite Paar, nämlich die Suffixe ai. tara-tama habe ich a. a. O. bemerkt, dass sie keine Beziehung zum Verbum haben, sondern dass sie bei Adjektiven, Parti- zpıen, Substantiven [nämlich attributiven], Adverbien und Prä- positionen, endlich in etwas abweichendem Sinne bei Zahl- wörtern und Pronominibus auftreten, und ferner ($. 195), dass das Material, welches das Altindische darbietet, nicht ausreiche, um eine Vermuthung über den ursprünglichen Sinn und Gel- tungsbereich dieser Suffixe zu begründen. Eine solche ist von Brugmann aufgestellt, der sich 2, 421 so äussert: “-ero [wie es z. B. im ai. ddhara der untere vorliegt] und -tero waren

414 Kap. XI. Grundbedeutungen der Komp.- u. Sup.-Suffixe. [$ 194.

zunächst, wie es scheint, nur in Wörtern, welche Raum- und Zeit-Anschauungen darstellten, und in gewissen Pronomina anderer Bedeutung üblich. Dabei stand nur ein Begriff, der streng gegensätzliche, in Vergleichung wie ‘unten’: ‘oben’ u.s. w.” Diese Bedeutungsstufe liegt z. B. noch vor in dnAötepos weib- lich und nicht männlich, öeftrepds rechts und nicht links u. ähnl. “Im Arischen und Griechischen so fährt Brugmann fort wurde nun Zero ein gewöhnliches Komparativsuffix für Ad- jektiva irgend welcher Bildung und Bedeutung, wie ai. ämd- tara-, gr. ouötepog zu ümd-, ouds roh, und hier fand der Ver- gleich nicht mehr mit dem absoluten Gegensatz statt, sondern mit dem durch den sogenannten Positiv ausgedrückten Begriff; wahrscheinlich vollzog sich dieser Prozess unter assoziativer Einwirkung der anderen Schicht der Komparative”.

Hiermit ist gezeigt oder wahrscheinlich gemacht worden, auf welchem Wege allmählich das entstanden ıst, was wir in der ausgebildeten Grammatik Positiv, Komparativ und Super- lativ nennen. Einige Komparative und Superlative aber sind ohne einen Positiv überhaupt, oder doch ohne einen gleichstämmigen Positiv geblieben. In bezug auf das Altindische habe ich a. a. O. 191 bemerkt: “Zu einer Anzahl von Formen auf iyqs und t$fha hat sich kein verwandtes Adjektivum gefunden, nämlich zu jyäyqs und jyestha [oder Jyestha) überlegen, mäch- tiger, vorzüglicher, grösser, stärker, älter, $reyqs und $röjtha schöner, besser, vorzüglicher, angesehener, vornehmer, bhüygs und dAüyistha mehr, zahlreicher, reichlicher, mehr bedeutend, mehr werth, vargiygs und varsistha der höhere, obere, längere, grössere, Aaniyqs und känistha (kanistha kleiner) geringer, weniger, nediyqs und nödisfha näher. Der Grund, warum zu diesen Wörtern kein Positiv hinzutrat, liegt darin, dass sie ım relativen (vergleichenden) Gebrauch der Natur ihrer Begriffe nach älter sind als im absoluten. Von den einheimischen Grammatikern sind freilich Positive zu ihnen gestellt worden, welche der Form nach nicht verwandt sind, so praSasya zu Jyaygs und $reyas, bahu zu bhuyas, vrddha zu varfiygs U.8.W., ich habe aber in der alten Sprache keinen Anhalt zu dieser

$ 194—195.) Kap. XI. Steigerung von Substantiven. 415

Gruppierung gefunden”. Im Avestischen verhält es sich ähn- lich, doch ist mir das Material ım einzelnen nicht zur Hand. Bekannt sind ferner die Erscheinungen der sog. unregelmässigen Komparation im Griechischen, Lateinischen und Germanischen, auf die ich hier nicht näher eingehen will (man vgl. ausser Grimm namentlich Tobler, KZ. 9, 255 ff... Im Litauischen scheint etwas Vergleichbares nicht vorzuliegen. Aus dem Alt- kirchenslavischen führt Leskien, Handbuch * 75 folgende de- fektive, d. h. des Positivs entbehrende Komparative an: /ucijt und untji besser, suliji geeigneter xpelocwv, gorijt schlimmer, boliji und vestiji grösser, mintjt kleiner, racızt lieber, trebli7? noth- wendiger. Die Eigenthümlichkeit aller dieser in der Bedeutung und theilweise auch in der Form verwandter Bildungen, keinen Positiv neben sich zu haben, erklärt sich, wie schon angedeutet wurde, daraus, dass man die Begriffe, welche hier in betracht kommen, früher vergleichend als absolut verwendete. Man sagte also: ‘dieser Mensch ist stärker, besser, grösser u. 8. w. als ein anderer’, ehe man ihn, von dem Vergleich absehend, als stark, gut, gross bezeichnete. Die andere sog. Unregel- mässigkeit, nämlich, dass bisweilen Komparativ und Superlativ von verschiedenem Stamme sind, z. B. 4yetvwv, Aptoros erklärt sich aus dem Umstande, dass man zu so entwickelten Begriffen wie ‘gut’ und ‘böse’ auf sehr verschiedenen Wegen gelangte. $ 195. Steigerung von Substantiven.

Von den Adjektiven ist die Steigerungsfähigkeit in einigen Sprachen auch auf die naheliegenden attributiven Substantiva übergegangen, z. B. ai. dbrahmiygs, brahmistha der bessere (klügere u. s. w.), beste Brahmane, devdtama der beste Gott (z. B. devanam devdtamah), $ürätara der bessere Held, kavitara und Aavitama der bessere, beste Dichter, ptil/tama der beste Vater, der väterlichste, indratama dem Indra am ähnlichsten u. a. m. (vgl. SF. 5, 192 und 194). Ebenso im Avesta, z. B. dagvangm dazvötemo der grösste unter allen Dämonen, zarap- uströtemö der dem Z. an Würde zunächst stehende Hohe- priester. So auch im Griechischen: Basıkedrepos und Bastkeu- taros, SouAdtepos, Aordorepa u. s. w. (Kühner-Blass 1, 575). Als

416 Kap.Xi. Komparativ und Superlativ einander berührend. [$ 195—196.

ein attributives Subst. kann man auch Eieyyos betrachten, daher auch 2A&yyıoros. Danach könnte sich x£pötotog gerichtet haben. Es ist aber auch möglich, in x&pöLstos, xhörotos, biyıoroz isolierte Formen zu sehen, neben denen x£pöos, x7öos, piyos gerade so zufällig stehen, wie z. B. altindisch öyas Stärke neben öjigtha. Steigerungen von Substantiven im Mittelhochdeutschen macht Paul, Prinzipien? 304 namhaft, z. B. diner helfe mir nie neter wart, was sich daraus erklärt, dass no? in Verbindung mit werden ganz so wie ein Adjektiv oder Adverb in gleicher Ver- bindung empfunden wurde und daher nach Analogie dieser seiner Ebenbilder in diesem bestimmten Falle auch Steigerung erfuhr.

$ 196. Komparativ und Superlativ einander in Be- deutung und Konstruktion berührend.

1. Der Komparativ kann (sich darin mit dem Superlativ berührend) so gebraucht werden, dass man nicht zwei mit ein- ander zu vergleichende Wesen im Auge hat, sondern so, dass man einem Wesen eine Eigenschaft in besonders hervorragen- dem Sinne mit besonderer Betonung zuspricht. So im Alt- indischen, woraus ich SF. 5, 189 angeführt habe: täriygs leicht durchdringend, trakfiygs sehr kräftig, dhdviygs schnell dahin- eilend, ydyıyqs besser opfernd und ausgezeichnet opfernd, skäbhiygs kräftig stützend, rdbAyge sehr ungestüm, ndoygs oder ndviygs ganz neu. Dieses letztere (nur im RV. und AV. erscheinend) wird nie in dem eigentlichen komparativischen Sinne gebraucht, so dass es die Wörterbücher durch ‘neu, frisch, jung’ wiedergeben. Ein wirklicher Komparativ von nava kommt im Veda nicht vor. Sehr selten ist dieser Gebrauch bei den Formen auf fara. Ganz so im Griechischen, z. B. 05 u£v yap ysperov &v Gpy deinvov EAEsdaı denn es ist gar nicht übel p 176. Weiteres bei Krüger $ 49, 6, der auch anmerkt, dass in vewrepov der komparativische Sinn so gut wie erlosehen sei. Dass in diesem Gebrauch etwas Alterthümliches erhalten sei, ist wohl nicht zu bezweifeln.

2. Im Griechischen scheinen Superlative mit kompara- tivischer Konstruktion vorzuliegen. Ich meine die von Kvitala,

0

$ 196.) Kap. XI. Komparativ und Superlativ etc. 417

ZÖG. 1858, 529 ff. gesammelten Fälle, zu denen aus Homer gehören: röy Ev’ [rErkov] dsıpapevn "Exddn YEpe düpov “Adnyy, 65 xaAlıoroz Env rorxilpasıy HL eyıstos, Aothp 6 Ds Ankkayrnev‘ Exeıto de velarog AMwy Z 295, Tlanadv por vidv, ds GxupopwWraros army Eriero A 505, Pol tor Avöpa napeivar drlupwrarov AAlwv e105. Ich habe den Genitiv dAAwv ALI. 21 für einen Ver- treter des Ablatıvs erklärt, indem ich auf RV. 4, 28, 4 verwies, wo es heisst: viSoasmät sim adhamah indra däsyün vio däsır akrnor apraSastäh niedriger als alles andere hast du, Indra, die Dasyu, der Däsa verfluchte Stämme, zu Boden geworfen (Ludwig). Die Ähnlichkeit dieses ri$oasmad adhamah mit velaros dllwv scheint mir schlagend. Der Ablativ dürfte zu adhamd gesetzt sein wegen des Wortsinnes, nicht wegen der superlativischen Form (vgl. die ähnlichen Konstruktionen SF. 5, 113). Da adhama aber auch Superlativ ist, so will der Ausdruck sagen: ‘ganz tief, tiefer als alle. Ebenso steht es mit velaros dAlwv. Denn Z 295 soll man sich vorstellen, dass nicht etwa sämmt- liche oben liegende rerkoı auf einmal weggenommen werden, sondern einer nach dem anderen, worauf dann der kostbarste als der unterste zum Vorschein kommt. Nach velatos AAMMwv dürften die anderen Ausdrücke geformt sein, in denen eben- falls die komparativische und die superlativische Anschauung in gleicher Weise zum Ausdruck kommen soll!).

1) Die übrigen bei Ziemer, Komparation 55, nach Kvitala angeführten Stellen habe ich weggelassen, da mir in ihnen ein richtiger Superlativ mit dem Genitiv des getheilten Ganzen vorzuliegen scheint. Denn Afavtis 9, Be Apıoros Env eldöc re dpa; Te Tüv Almv Aavamv per’ dpbpova Ilnieiova 1469 ist doch wohl zu übersetzen: “der der schönste unter den Danaern ausser Achilleus war’, wobei &A/wv durch den Gegensatz gegen IInleiova

"hervorgerufen wurde, während die im Texte erwähnten Stellen gerade die

Eigenthümlichkeit haben, dass in ihnen dAXo; steht, obwohl kein zweiter Begriff vorliegt, zu dem es in Gegensatz tritt. A 483 liest Nauck nicht paxaptaros, sondern pardprepos.. Wenn pnaxdpratos zu lesen ist, hat man in diesem Satze eine Form des Ausdrucks zu erkennen, welche aus der im Texte angeführten abgeleitet ist. Auf S. 54 sagt Ziemer: “den Haupt- beweis für die Fähigkeit des griech. Genitivs, als Separativus zu fungieren, durch welchen zugleich der Gen. komp. als ein sicherer Ablativus erkannt wird, haben wir uns noch aufgespart. Von Delbrück ist er nicht erwähnt”. Delbrtick, Vergl. Syntax der indogerm, Sprachen. 1. 27

418 Kap.XI. Vergleichungzweier Eigensch. Adj.ausSubst. etc. [$197—198.

m are he ee nn nn nn nn nn nn Leere nn

$ 197. Vergleichung zweier Eigenschaften.

Im Obigen ist gezeigt worden, wie der Komparativ dazu gekommen ist, auszudrücken, dass eine Eigenschaft einem Wesen in höherem Grade zukomme, als einem anderen. Man kann ja aber auch den Wunsch haben, zu sagen, dass eine Eigenschaft einem Wesen in höherem Grade zukomme als eine andere. In diesem Falle setzt man im Griechischen und La- teinischen beide Adjektiva in den Komparativ, so: ravtes X Apnoatar Elampdrepor nödas elvar 7 Apverdtepor Ypuaoıd te Lodt- tös te a 165 (vgl. Krüger $ 49, 5). In bezug auf das Latei- nische sagt Schmalz? 503: “Beim Komparativ selbst ist zu be- merken, dass auch das Adj. oder Adv., in Hinsicht auf wel- ches eine andere Eigenschaft in höherem Grade erscheint, durch eine Art formaler Ausgleichung ebenfalls in den Kom- parativ gesetzt wird; dies ist jedoch vor Varro (l. lat. 10, 75 diligentius quam apertius) und Cic. nicht nachzuweisen”. Man könnte ja wohl auch das zweite Adj. im Positiv erwarten. So sagt Lessing irgendwo: sein Kopf war eben wärmer als helle. Der griechisch-römische Ausdruck ist offenbar wıe wohl auch allgemein angenommen wird gewählt worden, weil den Sprechenden vorschwebte: wärmer und nicht heller (vgl. Ziemer, Junggrammatische Streifzüge? 67 £.).

$ 198. Adjektiva aus Substantiven hervorge- gangen.

a) Es wird jetzt allgemein angenommen, dass einige Ad- jektiva aus sogenannten abstrakten Substantiven (nicht nomina agentis) hervorgegangen seien. Innerhalb des Altindischen habe ich das vermuthet für sahas siegreich, tapus heiss, vapus schön, drus wund, welche sich im Accent von den Subst. nicht unterscheiden. {SF. 5, 188), im Griechischen Brugmann für ueya (Gramm.? 122), derselbe für lat. veius, J. Schmidt für oödap und uder (Pluralb. 84). Besonders lehrreich ist, was Paul,

Er hat übersehen, dass ich a. a. O. gesagt hatte: “mit der aus dem Grie- chischen bekannten Erscheinung, dass ein Superlativ komparativische Kon- struktion erhält z. B. &xerro 6E velaros AAdlwy Z 295 lässt sich ver- gleichen RV. 4, 28, 4”,

6198.}] Kap. XI. Adjektiva aus Substantiven hervorgegangen. 419

Prinzipien 2, für schuld, schade u. ähnl. ausführt. Er sagt da- selbst mit bezug auf schade: “Noch weiter [als bei schuld] geht die Isolierung in es ıst schade, indem das Subst. jetzt gewöhnlich Schaden lautet. Im Mhd. war die Entwickelung schon noch weiter gegangen. Hier wird schade auch als Prä- dikat zu persönlichen Subjekten gebraucht und es kommt auch ein Komparativ und Superlativ davon vor, z. B. im Trojaner- krieg Konrads von Würzb. der was den Kriechen [cheder dan semen anders bi der zit; ferner wird dazu ein Adverbium ge- bildet wie zu einem Adj.: swie schade er lebe (Mhd. Wb. IIb, 635). Ebenso wie schade wird im Ahd. fruma (Vortheil) ge- braucht, z. B. Otfrid III, 10, 33 'nist’ quad er tho “fruma thaz’ ‚es ıst das kein Vortheil). Schon im Mhd. ist daraus eın wirk- liches Adj. frum, nhd. fromm geworden. Man sagt ein frumer man etc.” Es ist klar, dass die Adjektivierung in der appo- sitionellen und prädikativen Stellung begann.

b} Den Übergang vom Substantivum zum Adjektivum haben auch die Besitzkomposita vollzogen (vgl. die Ausführungen bei Brugmann, Gr.? 212 und J. Schmidt, Pluralb. 85). 'Hws poßodaxru- kos heisst so habe ich mich SF. 4, 12 ausgedrückt ursprüng- lich Eos, der Rosenfinger, und ebenso Iloosıd&awv xuavayaite Poseidon Schwarzhaar (wie Harald Schönhaar). Ursprünglich also war poöodaxtulos Maskulinum wie $d4xtuAos und xuavoyaita Femininum wie yatın. Als aber diese Komposita zu Adjek- tiven herabsanken, richteten sie sich im Geschlecht [möglichst] nach ihrem Substantivum, und diese Anbequemung fand ihren Ausdruck in der Nominativbildung xuavoxatıns. “Podoödxtuios hat sich nicht in dieser Weise anbequemt und es gilt daher für die griechischen Komposita, was ıch SF. 4, 65 zusammenfassend gesagt habe: “Diejenigen adjektivischen Komposita, deren Schlussglied ein Substantivum auf os oder ov ist, bilden kein Femininum, z. B. poßoödxtuAos, xaAltopupos, dagegen diejenigen, deren letztes Glied ein Adjektivum dreier Endungen ist, bilden ein Fem., z. B. äyaulsırds. Wer die homerischen Komposita mustert, wird diese Behauptung im allgemeinen bestätigt finden, wenn auch nicht abzuleugnen ist, dass manche Komposita der

27”

420 Kap. XI. Attributive Substantiva. ($ 198—199.

zweiten Gattung auch der Analogie der ersten folgen können.” Aus dem indischen und iranischen Gebiet ist mir nichts be- kannt, das sich mit der Übergangsform poöoödxtulos ver- gleichen liesse.

$ 199. Attributive Substantiva.

Es giebt eine Klasse von Wörtern, welche zwischen Sub- stantiven und Adjektiven in der Mitte stehen. Man mag sie attrıbutive Substantiva nennen. Den Grundstock der- selben bilden Wörter, welche als Attributiva zu Personalbegriffen gefügt werden können. Sie bezeichnen Menschen nach dem Alter, dem Stande, der Beschäftigung, irgend einer hervor- ragenden Eigenschaft. Bald sind sie als Substantiva empfun- den, und kommen nur ausnahmsweise als Adjektiva vor, bald sind sie mehr adjektivisch, so dass sie von den Grammatikern als Adjektive einer Endung bezeichnet zu werden pflegen. Dem entsprechend ist auch ihre Motionsfähigkeit verschieden. Manchmal bleibt das Substantivum widerspänstig und man entschliesst sich, ein im Geschlecht verschiedenes Attribut zu dem Leitwort zu stellen (z. B. Außntüpes ’Epıvöes bei Sophokles), dann wieder ist die volle Motionsfähigkeit eingeführt worden, so bei dem schwachen Adjektivum des Deutschen, welches, wie bereits von anderen ausgeführt worden ist, seinem Ur- sprunge nach nichts anderes ist, als ein attributives Substan- tivum.

Ein Beispiel aus den arischen Sprachen ist ai. visar, für welches Böhtlingk-Roth die Bedeutungen ‘männlich, Mann, Männchen des Thieres’ ansetzen. Es ist vielfach durchaus als Substantivum gebraucht, z. B. vyfeva räji wie ein kräftiger Hengst RV. 2, 43, 2, dann wieder adjektivisch, z. B. orja $:$uh das männliche Kind, und vielfach auch bei nicht-per- sönlichen Leitwörtern, z. B. Soma, Wagen, Keil, Stein u. s. w., überhaupt alles, was durch kräftige Erscheinung ausgezeichnet ist. Gelegentlich tritt es sogar zu einem Femininum, so vfa vak die kräftige Stimme 10, 115, 8. In einer prädikativen Aussage tritt es auch einmal in Beziehung zu einem Neutrum, nämlich 9, 64, 2: vyinas te vrinyam Savo vrja vdnam vrja

& 199.) Kap. XI. Attributive Substantiva. 4231

mädah, salyam vriah vräed asi, was Ludwig übersetzt: “als eines Stiers ist stiermässig deine Stärke, stierkräftig ist dein Holz, stierartig dein Rauschtrank, wahrhaftig, o Stier, ein Stier bist du.” Das Wort ist also bald substantivisch, bald adjektivisch, aber doch nicht so weit adjektivisch, dass es auch moviert worden wäre (vgl. auch J. Schmidt, Pluralb. 83). Ebenso steht es mit ydoar “jung, Jüngling, ein junger Mann’, und dem dazu gehörigen, aber nicht mit dem Femininsuffix der Adjektiva gebildeten yuvali, bei dem Böhtlingk-Roth be- merken: ‘Adj. fem. und Subst., jung, Jungfrau, junges Weib’. Dass vidhava Wittwe, welches eigentlich ein Subst. ist, oft ın Verbindung mit den Wörtern für “Weib’ stri, yogit, nari u. 8. w. erscheint, hat nicht viel zu bedeuten, da es leicht als Fem. zu dem Adj. vidhava aufgefasst werden konnte (vgl. Abh. der Sächs. Ges. der Wissensch. 11, 442 ff... Ferner gehört hierher, was Grassmann unter jJdna Mensch, 13 bemerkt: “bisweilen findet es sich, im Singular oder Plural, in Verbindung mit ursprünglichen Adjektiven, die ein Amt oder Geschäft be- zeichnen und ausserhalb dieser Verbindung nur oder fast nur substantivisch vorkommen”. Derartige Verbindungen sind: J4nö nd yüdhva wie ein kriegerischer Mann (vgl. avhp omAlıng), ripdvo Janasah die betrügerischen Leute, carmamnä janah die Gerber (vgl. ävöpes ayporöraı) surtk jJanan die Opferherren. Ebenso bei »ar (@vnp), z. B. ndrö viprah die Sänger.

Aus dem Griechischen (Krüger $ 57, 1, Kühner 22, 232) gehören hierher zunächst eine Anzahl entschiedener Substan- tiva, welche ausnahmsweise attributiv gebraucht werden. Die Leitwörter sind meist Personalbegriffe wie @vnp, yuvh, Avdpwrog, 2. B. bei Homer BasılÄı Avöpl Zorxev, venvig Avöpl dorxws, dvöpes pynotäpes, yovh Ögonowva, yuvh Tapln; im der attischen Prosa avnp yipwv, veavlas, npesßürns, Tupavvos, lörwrns, Önktms, prnTwp, edepy&rns, ypads yoyn; mit dem allgemeineren Begriff avdpwros verbinden sich roA{rns, die Fem. rpeoßürts, zöpvn, douAn. Bei Dichtern erscheinen infolge von Übertragung dieser alten Ver- bindungen auch einige andere Leitwörter, z. B. örAttns und ir- rörms orpards, vadıns Sudos, sogar olxeıns Bloc, yEpwv 6pdain.ds

422 Kap. XI. Attributive Substantiva. [$ 199.

u. ähnl. Sodann kommen die sog. Adjektiva einer Endung in betracht (Kühner-Blass $ 150), über welche es in der ange- führten Stelle heisst: “Die Adjektiva einer Endung sind in der Regel nur für das Maskulin und Feminin gebräuchlich; denn der durch diese Adjektiva ausgedrückte Begriff ist ge- meiniglich von der Art, dass er nur in Verbindung mit lebenden (persönlichen) Wesen gedacht werden kann. In der Dichter- sprache jedoch treten sie zuweilen in den Kasus, in denen die Neutralform mit der des Maskulins und Feminins zusammen- fällt, d. h. im Genitive und Dative auch mit Neutris in Ver- bindung, z. B. öpopdsı Blepapoıs, &v nevrtı owpartı u. ähnl.” Es gehören dahin Wörter wie x&Ang Renner mit und ohne Innos (vgl. serb. vranac Rappe, vranac kon) das schwarze Pferd); yopvns leicht bewaffneter Krieger, das neben yupvds steht wie neuslov. nagec neben nag; dyrv arın, revng arm, mit und ohne avdpwros, xepvns der Arme, auch als Adj. gebraucht; rAavns umherirtend, herumschweifend, unstät; äprat raubend, räu- berisch, wegraffend, auch als Subst. Räuber, wozu man ver- gleiche, was Miklosich 4, 3 aus dem Altkirchenslavischen anführt: chystinikü Aprat äpraxtn;, aber auch volkü chysc- nıkü der räuberische Wolf; dann Wörter wie yapwv, atltwv, tpnpwv, von denen bei dem Germanischen die Rede sein wird; °EAnv u. ähnl. als Adj., wozu altkirchenslavisch mu2u wudeeninu einem jüdischen Manne zu vergleichen ist. Dazu kommen nun Feminina, so steht z. B. ndrıs Trinkerin (was sich zu rdtns Trinker verhält wie altindisch yuval! zu yüvan), auch xdrıs yon, und oriAßr, eine Lampe, die viel Öl braucht; roxas die Gebärende, roxddes Mutterthiere; toxds keaıva eine Löwin mit Jungen; patwads die Rasende, auch ad)., z. B. Adsoa paıwväs; ferner die Völker- und Ländernamen, 2. B. nöiıs "Eds, ai Bowwriöes nöleıc. Bei denen auf -np kommt, wie oben schon bemerkt wurde, die Form auf mp auch neben femininischen Leitwörtern vor, z. B. Ppwräpes alypat bei Aeschylus, daneben giebt es auch Formen auf teıpa, neben welchen kein Mask. auf ırp vorhanden ist, yB&v rouAußdreıpa. Manche dieser Wörter sind übrigens so adjektivisch geworden,

8 199.] Kap. XL Attributive Substantiva. 423

dass sie auch eine Femininform erhalten haben, z. B. yaxap, nÄXALDE. Ä

Im Lateinischen werden zwar auch Substantiva, wie die bisher genannten, attributiv gebraucht, aber wenn man das bei Neue? 2, 17 Zusammengestellte übersieht, erhält man den Eindruck, dass es sich meist um kühnere Wendungen von Dichtern handelt. Zwar knüpften die Dichter an eine sprach- liche Tradition an (ahmten nicht etwa die Griechen nach), aber diese Tradition ist für uns nicht mehr recht erkennbar. Dem entsprechend sınd denn auch die Leitwörter meist nicht persönliche, sondern andere Begriffe, wodurch das Pikante des Ausdrucks gewinnt. Es gehören dahin juvenis, was dem in- dischen ydvan und yuvati entspricht, als Adj. z. B. mit ann verbunden; senez (senibus porcıs bei Juvenal); verna Haus- sklave, aber bei Martial auch vernas apros und verna Liber d.h. ein Buch, das in Rom geschrieben ist; cwelebs Junggesell, aber auch sr lecto caelibe bei Catull; ales f. Vogel, aber auch alıte egquo bei Ovid; vindex Rächer und dazu vindice poena bei Catull; vigıl Wächter, aber auch mit canıs, ignts, oculs; artifex Arbeiter, aber auch artifices boves bei Properz; hospes Fremder, Wirth, als Adj. erst spät z. B. zu cumba bei Statius, als Fem. eben- falls Aospes, gewöhnlich aber hosptia, das auch seinerseits attri- butiv verwendet werden kann, z. B. in Ahospita tellus. Einige Substantiva auf us, z. B. famulus, servus, adulter, haben in gleicher Weise ein Femininum auf a neben sich, und können dann ebenfalls attrıbutiv gebraucht werden, z. B. servum pecus (Horaz) und servam operam (Plautus), famulo vertice und famulas aquas (Ovid), adultera virgo u. ähnl. Endlich sei noch auf den bekannten Gebrauch von victor und vickrir verwiesen. Hierher gehören denn auch die nicht zusammengesetzten Ad- jektiva einer Endung. Mehrere von diesen zeigen die ent- schiedenste Bedeutungsverwandschaft mit den oben S. 422 an- geführten griechischen, z. B. pauper und dives (vgl. nevng), perniz (vgl. x&ins), rapar (vgl. äprat), ferox verhält sich zu ferus wie russ. dikari (Wildling), Misanthrop zu dikiy wild. Andere wie audar, fallax, verax u. ähnl. können sehr wohl

424 Kap. XI. Attributive Substantiva. [$ 199.

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als attributive Substantiva gedeutet werden, indessen ist na- türlich auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sich nach rapar u. ähnl., nachdem es einmal im Sprachgefühl zu einem reinen Adj. geworden war, auch andere Adjektiva bildeten. Auf diese Weise ergiebt sich nun auch eine bessere Erklärung für den auffallenden Umstand, dass diese Wörter die masku- linisch-femininische Form auch in der Verbindung mit einem Neutrum beibehalten. Es gilt davon, was J. Schmidt, Pluralb. über altindisch of$ar entwickelt hat (vgl. oben S.420). Übrigens mag sich auch unter den beweglichen Adjektiven noch eines oder das andere befinden, welches eigentlich ein attributives Sub- stantiv ist, so 2. B. celer (x&Ans). In der alten Sprache kam ja celer auch als Fem. vor. Auf die Wörter auf -or bin ich bei dem germanischen schwachen Adjektivum eingegangen.

Auch im Germanischen, vorzüglich im Gotischen, giebt es eine Reihe von Wörtern, aber, so viel ich sehe, abweichend von den übrigen Sprachen, nur noch rn-Stämme, welche nach dem Ausdruck von J. Grimm zwischen Substantivum und Ad- jektivum schwanken (vgl. Grimm 4, 524). Dahin gehören von einfachen Wörtern 2. B. sAula Schuldiger, schuldig (vgl. serb. * duznik), bandja der Gefangene, ferja Nachsteller, iugnja Lügner, statro die Unfruchtbare, unfruchtbar, inA:lbo schwanger und viele zusammengesetzte wie usgrudja träge, muthlos u. a. die bei Grimm aufgezählt sind.

Aus dem Litauischen führe ich an, was Kurschat $ 1493 bemerkt, wo es heisst: “Eine andere Art Apposition ist die, welche sich dem zu bestimmenden Subst. vorn fast in der Art eines substantivischen Attributs anlegt und im Deutschen oft durch ein Adjektiv ausgedrückt wird. Bsp.: nedylys Zmogüs, ein stummer Mensch, deszineE rankäa die rechte Hand [vgl. serb. desnica und Yevica ruka], tat nEkai grozybe nichtige Schönheit, darbej& mergä, arbeitsames Mädchen, nebylys, deszine, nekat, darbeja sind aber nicht Adjektiva, sondern Substantiva’. Wei- teres Material bietet die Leskien’sche oft angeführte Schrift, z. B. S. 303, 307, 402 und sonst.

Attributive Substantiva aus dem Slavischen sind bei

$ 199.) Kap. XI. Attributive Substantiva. 425

Miklosich 4, 3 ff. angeführt. Sie lehnen sich wie in den an- deren Sprachen häufig an Wörter an, welche Personen oder doch belebte Wesen bezeichnen, z. B. aksl. gresin:kü Sünder, aber auch clovekü greßinkü avdpwrwv apaprwiuv; Clovekü jJadica i vinopijca Avdpwros payos xal olvondrns; serb. siromah der Arme, auch mit Covyek; russ. nagnalü onü muiika-pesechoda er holte einen zu Fuss gehenden Bauern ein, Äsböth 11; aksl. dojilica tpopd;, auch mit Zena; serb. siroia Waise, auch mit Zena; We- pota Schönheit, aber auch Jyepota djevojka (vgl. über diese aus dem Abstrakten in’s Konkrete herüberschwankenden Wörter beim Genus S. 106); jedinak der Einzelne, auch mit sın; aksl. chystinskü Räuber, auch mit vlükü; serb. devetak ein Wesen von neun Jahren mit jarac Bock. Auch Substantiva, die von Farben- bezeichnungen hergenommen sind, treten auf, z. B. zelenko Apfel- schimmel auch mit Aony Pferd, ebenso vranac Rappe, russ. beiyji kakü zajacü beljakü weiss wie ein weisser (Weissling) Hase Äsböth 9; serb. ovca djelica das weisse Schaf und byelica Senica der weisse Weizen. Dabei kann auch eine Verschiedenheit des Genus zwischen dem Leitwort und dem Attributwort vor- kommen, so heisst crvenika (von crven roth), eig. ein Röthling, z. B. rothe Ziege, und dann mit Beziehung auf den Wein: te on pie crveniku vino er trinkt den rothen Wein. (Ein sub- stantivisches Beiwort tritt zu “Wein’ auch im Griechischen in tponlas olvos umgeschlagener Wein). Ähnlich kann ovnovina Schöpsenfleisch auch noch zu meso Fleisch treten. Einige weitere Belege für nicht-persönliche Leitwörter sind: serb. dva topa glasnıka zwei Lärmkanonen (glasnık Bote); desnica und ljevica ruka die rechte und die linke Hand (vgl. das Litauische), stanac Steher mit kamen ein fest gegründeter Stein. Zu diesen Substantiven treten dann als zweite Klasse diejenigen, welche in einer von den Sprechenden deutlich gefühlten Beziehung zu den Adjektiven stehen, nämlich die aus Adjektiven zum Zweck der Substantivierung mittelst der Suffixe :kü, icü u.a. gebildeten Wörter. Über diese sagt Miklosich 4, 6: “Es giebt Sprachen, in denen das Adjektiv wie das Substantiv den Träger von Eigenschaften bezeichnen kann, und Sprachen, in denen das

426 Kap.XI. Die schwachen (bestimmten) Adjektiva desGerm. [$ 199—200.

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nicht stattfindet. Zu den letzteren gehören die slavischen Sprachen, wenn auch die Regel durch Ausnahmen immer mehr eingeschränkt wird. Während man im Deutschen sagt: der Weise ist glücklich, im Französischen: le lage est heureux, heisst es im Altkirchenslavischen: madrici blazenü jestü, nicht madrü blaenü jestü‘. Mit dem cod. Mar. verhält es sich in dieser Hinsicht so. Unter den überhaupt nicht zahlreichen Wörtern dieser Art, die der Text bietet, giebt es aller- dings solche, für die Miklosich’s Regel gilt, z. B. starü alt findet sich als Adjektiv in: azü bo jesmi starü denn ich bin alt Luk. 1, 18 (im Griechischen ist das Substantivum rpsodurns gewählt); Aako mozetü Clovekü rodıli se starü sy wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Joh. 3, 4 (yEpwv). Sonst kommt nur der Komparativ stareji vor. Das Subst. staric? bedeutet rpeoßürepos. Dagegen bei siepü blind liegt es so, dass slepü zwar adjektivisch erscheint, z. B. clovekü slepü Joh. 9, 1, jJaho slepü be &rı Tuoids Tv Joh. 9, 8, synü Timeovü Bartimei slepü sedease viös Tipalov Bapriuars 6 TupAös &xadrro Mark. 10, 46 und sonst, aber auch substantivisch, z. B. : privese njemu slepa xal wepousıyv aütw TupAdv Mark. 8,22, jeda besü mo- zetü slepomü oci otoresti rn Sayövıov dbvaraı tupiuv Smdalnoug avotyeıv Joh. 10, 21, imqste soboyq chromy, nemy i slepy v besüny i iny münogy Eyovres ned Eaurav YwÄodg TUpÄoüs XuWpobs xuAAobs xat &tepous noAloös Matth. 15, 30. So wird denn slepü auch ganz wie slepici gebraucht, z. B. vozdi sqtü slepi slepicemü, slepecü Ze slepüca aste voditü Sönyol elsı Tupkot Tuplwv, TupAög ö& tupAöv 2av Öönyz Matth. 15, 14. Es fragt sich, in wie weit hierbei ein Einfluss des griechischen Originals anzunehmen ist.

Beispiele aus den anderen Sprachen sehe man bei Miklo- sich. Eine genauere Darlegung wäre wünschenswerth.

$ 200. Die schwachen (bestimmten) Adjektiva des Germanischen.

In bezug auf die schwachen Adjektiva hat, nachdem Leo Meyer einen Schritt auf dem richtigen Wege gethan hatte, Osthoff in einer ausführlichen und für mich überzeugenden Darstellung (Forschungen im Gebiete der indogermanischen

$200.] Kap. XI. Die schwachen (besrimmten) Adjektiva des Germ. 427

nominalen Stammbildung 2) gezeigt, dass sie hervorgegangen sind aus attributiven Substantiven auf n, wie wir sie nament- lıch im Griechischen und Lateinischen noch finden. Ich habe bereits oben, S.424, auf dieselben hingewiesen und führe hier aus Osthoff’s Darstellung (auf die ich im übrigen den Leser ver- weise) an, dass in den genannten Sprachen nicht selten attri- butive Substantiva auf » neben Adjektiven auf o liegen, und zwar derartig, dass die Substantiva als die abgeleiteten Bil- dungen erscheinen mussten. So liegen im Griechischen neben einander orpaßd; schielend und orpadwv Schieler, Ywids geil und YWwlwv (bei Hesychius) Wollüstling, neben -payos, was allerdings alt nur im Kompositum vorkommt, „aywv Fresser. Besonders lehrreich ist oöpaviwv neben oöp@vtos, wo auch in deol oöpaviwvss die halb-adjektivische Natur gut hervortritt. Ähnlich verhält es sich mit zpnpwv (über alle diese und ähnliche Wörter s. Ost- hoff 46ff.). Aus dem Lateinischen führe ich beispielshalber an (Osthoff 58 ff.) st/us plattnasıg und sılo der Plattnasige, aquilus schwarzbraun und aguılo Nordwind (der schwarze Stür- mer, wie die Lexikographen bemerken), susurrus flüsternd und susurro Ohrenbläser (spät belegt, aber vermuthlich volksthüm- lich). Sodann macht Osthoff auf die Zunamen wie Calo neben catus, Macro neben macer aufmerksam und sagt dabei 8. 70: “Vergleichen sich die im Vorhergehenden besprochenen Eigen- namen auf -or-, wie wir nicht zweifeln, richtig mit der be- stimmten [schwachen] Form unseres deutschen Adjektivums, so besagte demnach ein M. Porcius Cuto, Abudius Rufo in unsere deutsche Redeweise übertragen so viel als M. Porcius der Kluge, Abudius der Rothe, und der Lateiner gebrauchte in diesen Fällen ebenso den »-Stamm, wie man althochdeutsch (Otfrid) sagte Zudowig ther snello, und wie auch wir in Ver- bindungen wie Karl der Grosse, Friedrich der Weise, August der Starke stets die schwache Form des Adjektivs anwenden”. In der That kann man unmöglich in Abrede stellen, dass sich blindan- zu blinda- gerade so verhält, wie orpaßwv- zu orpapd- oder silon- zu silo-. Der Unterschied ist nur der, dass im Germanischen die »-Formen ganz in das System des Adjek-

430 Kap. XI Die schwachen (bestimmten) Adjektiva des Germ. [$200.

der insofern bestimmt ist, als er nur einer von zweien sein kann. Auch erwäge man, wie oft der Komparativ in Appo- sition steht.

4) Stets schwach ist der Vokativ. Selbstverständlich ist das bei alleın stehenden Vokativen, wie Ziubans ıhr Lieben 2. Kor. 7, 1 und sa«i gibid doala wer da sagt du Narr Matth. 5, 22. Denn hier sind die Vokative geradezu Substantiva. Aber auch bei Anlehnung eines adjektivischen Vokativs an einen substantivischen, z. B. atta veiha heiliger Vater ist die Substantivierung natürlich. Das Adj. steht zu dem Vokativ ın Apposition, und man hat, wenn man das ursprüngliche Ver- hältnis zum Ausdruck bringen will, zu übersetzen: “Vater, du Heiliger’. Damit hängt dann auch zusammen, dass der Vokativ des Adjektivums meist dem des Substantivums nachfolgt (s. Gabelentz-Loebe S. 173). Wırd das Adj. vorangestellt, so be- hält es die in der Nachstellung erworbene Form fest.

5) Ferner ist das Adjektivum häufig schwach, wenn es als Prädikat gesetzt ist, z.B. Mark. 7, 18 jah Jus invitans sijuß, was Gabelentz-Loebe 173 übersetzen “&ouv- _ sro, nicht unverständig, sondern Unverständige”. Gabelentz-

Loebe, bei denen man die weiteren Belege nachsehe, sagen mit Recht, dass das Adj. in dieser Form erscheine, weil es ‘selbständig’ gebraucht sei. Dass die schwache Form nicht zur festen Regel geworden ist, ist nicht verwunderlich. Wir werden bei einer zusammenfassenden Darstellung der Lehre vom Prä- dikat sehen, wie mannigfaltig sich das Prädikatsnomen in un- seren Sprachen gestaltet hat.

Die schwache Form hat sich nun aber auch von den eigentlichen Eigenschaftswörtern auf andere Wörter ausgedehnt, und zwar auf die Ordinalzahlen, die Partizipia des Präsens, und einige Pronomina und pronominale Adjektiva. Ich zähle die genannten Klassen hintereinander auf.

1) Die Ordnungszahlen. Sie werden schwach gebildet, denn sie bezeichnen stets einen bestimmten Gegenstand. Nur frumists und anfar sind stark, denn sie werden, wie es ja auch in anderen Sprachen geschieht, als Pronomina empfunden.

8 200.) Kap. XI. Die schwachen (bestimmten) Adjektiva des Germ. 431

2) Das Partizipium des Präsens. Man muss sich erinnern, dass dieses Part. im Gotischen eine substantivische Flexion hat, ın welcher es aber nicht oft, und dann meistens im Nom. sing. mask. belegt ist, z. B. nasjands Heiland, fijands Feind, frijonds Freund. Daneben liegt die rein partizipielle Verwendung, in welcher, bis auf den eben erwähnten Kasus, die schwache Form auftritt. Dass für das Part. diejenige Form gewählt wurde, welche das Adjektirum dann hat, wenn es mit dem Artikel verbunden ist, darf nicht Wunder nehmen, denn die natürliche Verwendung des Partizipiums ist ja die appositionelle (weshalb es auch in der traditionellen Wort- stellung hinter seinem Nomen steht), so auch im Got., z.B. unte braid daur jah rums vigs sa brigganda in fralustai Er. rlareia H non xal ebpöxwpos 7 6d0s N Andyouoa els Thy Anw- Acıav Matth. 7, 13; Jah gino visandei ın runa blobrs jera tvalif xal yuvn odca &v hucsı aluaros And Erwv Öwöera Luk. 8, 43. Der Nom. sing. mask. wurde, wenn ich nach den Anführungen bei Grimm 4, 521—22 richtig schliesse, besonders häufig als Sub- jekt des Satzes, ohne Anlehnung an ein Nomen gebraucht, z. B. hvazuh sa gaggands du mis jah hausjands vaurda meina Jah taujands Bo räs 6 &pyöpevos rp6s pe al dxolmv OD TV Adywv xal romv aötoüg Luk. 6, 47. Deshalb mochte es dem Sprachgefühl nicht nahe liegen, ihn noch besonders durch An- wendung der schwachen Form als der Sphäre des Adjektivs angehörig zu kennzeichnen, obgleich das einige Male geschehen ist, z. B. im Präd. Pu is sa gimanda au el 6 Epyönevos Luk.7,19.

3. Zu den Pronominibus ist im allgemeinen die schwache Flexion nicht gedrungen, ausser zu st!ba selbst und sama eben- derselbe. Ich kann mich hinsichtlich derselben auf Gabelentz- Loebe ($. 184 und 186) beziehen, welche auch den Grund der Erscheinung richtig angegeben haben. Stlba ist ein Substan- tivum und sama bezeichnet einen bekannten und daher be- stimmten Gegenstand. Zu den Pronominibus werden auch gerechnet die pronominalen Adjektiva sums irgend einer, sva- leiks ein solcher, ferner anpar, alls, ganohs, halbs, midyis, was nicht auffallend ist, da ja alle diese Begriffe auch im Sanskrit

432 Kap. XI Diezusammenges. (bestimmten) Adj. des Balt.-Slav. [5 200—201.

pronominale Flexion haben oder haben können (vgl. Whitney $ 522 ff). Unfähig der schwachen Deklination ist auch fulls (Grimm 4, 391). Es kann ja niemals so unabhängig gebraucht werden wie andere Adjektiva (man kann nicht ‘der Volle’ sagen wie etwa ‘der Heilige’), da es stets der Ergänzung durch einen Kasus bedarf, und ist daher beinahe ein Hilfswort wie eine Präposition.

8 201. Die zusammengesetzten (bestimmten) Ad- jektiva des Baltisch-Slavischen.

Die ‘Zusammensetzung’ geschieht durch Verbindung der Kasusform des Adjektivums mit der Kasusform des Pronominal- stammes *j)o. So entstehen im Aksl. aus den Formen Nom. dobrü, Gen. dobra, Dat. dodru, Akk. dodbrü, Lok. dodre und den entsprechenden Formen des Pronomens, nämlich 5?, jego, jemu, 3, jemt, die zusammengesetzten dobrüjt, dodbrajego, dobru- jemu, dobrüji, dobrejemi. Dass es sich im Litauischen ebenso verhalte, hat man nie bezweifeln können, dass aber auch die von mir nicht angeführten Kasus des Altkirchenslavischen und die des Lettischen in derselben Weise zu deuten seien, ist von Leskien, Deklination 130 ff. auf das klarste erwiesen. Die Zusammenrückung der Formen stammt schon aus der Zeit der slavolettischen Einheit, denn es ist wahrscheinlich, dass schon in dieser Zeit dıe Gewohnheit bestanden habe, die Kasus des genannten Pronomens zwischen das flektierte Adjektiv und Substantiv zu setzen und so das sog. “bestimmte’ Adjektiv zu bilden. Man bezeichnet dieses Pronomen häufig als nachgestellten Artikel und dagegen ist nichts einzuwenden, wenn man damit nur sagen will, dass es einigermassen dem Artikel anderer Sprachen entspricht. Aber man darf darüber nicht vergessen, dass die Entsprechung nur unvollständig ist. Denn während in anderen Sprachen der Artikel zu dem Sub- stantivum tritt, mag dieses nun von einem Adjektivum be- gleitet sein oder nicht, findet sich unser Pronomen nur dann, wenn ein Adjektivum bei dem Substantivum steht. Denn im Aksl. heisst z. B. vino “Wein’ und “der Wein’, aber vino novo neuer Wein, vino novoje der neue Wein. Es muss also dieses

$ 201.] Kap. XI. Diezusammengesetzten (bestimmten) Adj.imBalt.-Slav. 433

Pronomen von Anfang an die Aufgabe gehabt haben, das Ad- jektivum mit dem Substantivum zu verbinden, mit anderen Worten: es kann nur ein Relativum gewesen sein, so dass vino novoje heisst: “der Wein, welcher neu’. Ich glaube in der That mit Scherer, ZGDS! 403, dass es sich so verhält, und werde bei dem Relativum zu zeigen suchen, dass wir in dieser Verbindung einen alten Typus vor uns haben (wie er z. B. noch ım Avestischen vorliegt). Es haben demnach wahrschein- lich ursprünglich die zwei Ausdrucksweisen v:n0 n0v0o und vino novo je neben einander gelegen und der Sinn der Bestimmt- heit ist in den zweiten Typus im Gegensatz gegen den ersten hineingekommen. Dabei bedenke man, dass das Streben nach einer Form, die etwa unserem Artikel entspricht, etwas sehr nahe Liegendes ist, wie die vielen Sprachen beweisen, die einen Artikel entwickelt haben.

Über den Gebrauch des bestimmten Adjektivums im Litauischen handeln Schleicher, Gr. 260, Kurschat $ 1510 ff., Bezzenberger, ZGLS. S. 155 und 232ff., Leskien-Brugman 307. “Das bestimmte Adjektiv so sagt Schleicher entspricht ım allgemeinen unserem deutschen Adjektiv mit dem bestimmten Artikel, wird aber nicht völlig so oft gebraucht, wie der Artikel im Deutschen, sondern nur, wenn ein besonderer Nachdruck auf dem Adjektiv liegt (weshalb es die bisherigen Grammatiker auch die emphatische Form nennen).” So stimmen also die drei Sprachen überein, indem es heisst das neue Testament, aksl. novyyi zavetü, lit. naujasıs Testamentas. In dem Gleichnis von dem neuen Wein und den alten Schläuchen heisst es Luk. 5, 37 ım Griechischen: xatl oBöels BaAdeı olvov vdov els doxous naharobs" el Ö& ynye, brksı 6 v&os olvos Tobs doxous, bei Ulfilas: Jah ainshun ni giutid vein niujata in balgins fairnjans, aippau distairid Pata niujo vein Pans balgins, im cod. Mar. i nıktoze ne vülivaatü vina nova mechy vetüchy, aste li ze ni prosaditü vino novoje mechy, im Litauischen in der von Kurschat revidier- ten Ausgabe des neuen Testamentes (Halle 1865) :7 neks nepıla szvezy vynqi senüs ryküs, szeip szvözüsis vynas iszplaiszın senüsius ryküs. Der Gebrauch des bestimmten Adjektivums ist aber nach

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 28

434 Kap.XI. Die zusammengesetzten (bestimmten) Adj. im Balt.-Slav. [$201.

Ort und Zeit im Litauischen sehr verschieden. So sagt Kurschat:: “Doch wird die Bestimmtheitsform der Adjektiva und der sonsti- gen adjektivischen Wörter öfter auch vernachlässigt und in man- chen Gegenden von russisch Litauen sind kaum Spuren davon vorhanden. Bemerkenswerth ist es, dass dieselbe bei Dona- litius fast gar nicht vorkommt.” Und Brugmann bei Leskien- Brugman berichtet über sein Gebiet, dass die bestimmte Form im ganzen selten sei, etwas häufiger nur bei substan- tivierten Adjektiven, wie z. B. vyresnysis der Obere. Über das Schwanken des Gebrauches in der Zeit hat Bezzen- berger einige Angaben. Unter diesen Umständen muss ich auf eine Darstellung des litauischen Gebrauches verzichten. Ich werde denselben nur gelegentlich bei dem Vokativ berücksich- tigen. Dass das litauische bestimmte Adjektiv dem deutschen schwachen entspricht, kann nicht zweifelhaft sein und “man wird zugeben, dass mit vollem Rechte Rask und nach ihm andere das starke Adjektiv als das unbestimmte, das schwache als das bestimmte bezeichneten” (Scherer a. a. O. 407).

Über das slavische bestimmte Adjektiv hat Miklosich 4, 129. gehandelt. Man ersieht daraus, dass sich in den neueren slavischen Sprachen gegenüber dem Altkirchenslavi- schen mancherlei geändert hat. Man sagt z. B. aksl. domü novü ein neues Haus, aber domü novyji das neue Haus. Im Russischen aber ist die Form rov&ü nur noch im prädikativen Gebrauch vorhanden. Es heisst also elotü domü novü dieses Haus ist neu, aber nooyy domü bedeutet sowohl “das neue Haus’ als “ein neues Haus’. Diese Beschränkung der einfachen Form des Gebrauchs gehört aber. wesentlich der Schriftsprache an, während die Volkssprache noch die ältere Gewohnheit bei- behalten hat (vgl. Äsböth, Gr. $ 14ff). Ich kann auf diese Einzelheiten nicht eingehen, beschränke mich also im Folgen- den darauf, in aller Kürze über den aksl. Gebrauch zu orien- tieren. Da die Bestimmtheitsform sich wie die n-Form des Germanischen auf alle oder fast alle adjektivisch verwendbaren Wortformen ausdehnt, so folge ich der bei dem Germanischen angewendeten Anordnung, abgesehen davon, dass es bier

A

| —ıY

8201.] Kap.XI. Die zusammengesetzten (bestimmten) Ad.imBalt.-Slav. 435

nicht nöthig ist, eine besondere Nummer für den Komparativ aufzustellen.

1. Nach Miklosich 4, 133 haben zusammengesetzte Formen oft die Bedeutung von Substantiven, z. B. russ. portnoy Schneider (zu portü Zeug), ztvotnoje Thier, perednjaja Vor- zimmer u. 8. w. Im Altkirchenslavischen aber ist das nicht der Fall. TugAot Avaßkeroucı xal XwAot repıraroücı Matth. 11, 5 wird übersetzt, sowohl slep: proziraygtü ® chromi chodetu als slepijt, chromiji (vgl. Miklosich 4, 145, im cod. Mar. siepiji und chromiji, im. Zogr. slepiji, aber chromt. Man kann ja auch ganz wohl sagen: “Blinde sehen’ als ‘die Blinden sehen’. Es liegt also eine vorübergehende Substantivierung sowohl in dem einfachen als in dem zusammengesetzten Adjektivum. Will man die dauernd und ausdrücklich substantivische Form gebrauchen, so muss man slepici und chromict sagen (vgl. oben S. 426).

2) Das Adjektivum ım attrıbutiven Gebrauch. Wie oben bemerkt wurde, heisst v120 novo neuer Wein, vino novoJe aber der neue Wein und so in unzähligen Fällen. Es entspricht vino novo dem griechischen v&os olvos und dem gotischen vern niujata, vino novoje aber dem griechischen 6 veos otvos und dem gotischen Pata niujo vein. Dabei ist aber die Übersetzung aus dem Griechischen keineswegs sklavisch, vielmehr steht die be- stimmte Form überall da, wo der Übersetzer die Bestimmtheit empfindet. “Der heilige Geist’ heisst z.B. duchü svetyji, obgleich ım Griechischen rveöpa äyıov (also ohne Artikel) steht. Ebenso z.B. Luk. 1, 32 synü vySünjaago narecetü se obgleich im Grie- chischen steht: xat vlös öbtorou xAndnoeraı. Aus der unbegrenzten Menge von Belegen seien noch angeführt, für die unbestimmte Form: i vüzüpi glasomi velijemi xal dvepwynoe pwv7j neyaly Luk. 1, 42; radosti velijg JaZe baqdetü yapav peydinv Arıs Eoraı 2, 10; na novy mesece besünujelü se oeAnvıaleraı Matth. 17, 15 (Var. na novü meseci bei neuem Monde). Für die bestimmte Form: i poloZi je novemi svojemi grobe xal Ednxev adrd Ev TS xauyp abtoö uynueip Matth. 27, 60; Cito ubo jestü se, Clo ucenije novojJe se ti &otı Toro; Tis H dtdayn N xaın adım; Mark. 1, 27.

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436 Kap.XI. Die zusammengesetzten bestimmten! Adj. im Balt.-Slav. [$201.

Wenn mehrere Adjektiva zu einem Substantivum treten, so soll nach Miklosich 4, 148 der Regel nach nur das erste derselben die bestimmte Form haben. Indessen soll diese Regel viele Aus- nahmen leiden, und ın der That steht z. B. im cod. Mar. Matth. 24, 45 nicht verinyyi rabü ı madrü (6 rıorös Öoülos xal opcvinos), sondern verinyyi rabü i madryy!.

Eine Klasse der Adjektiva erscheint der Regel nach nur in der unbestimmten Form, nämlich die Besitz-Adjektiva, welchen in anderen Sprachen der Genitiv entspricht, vgl. Miklosich 4, 130, der auch einige Ausnahmen von dieser Regel verzeichnet. Es heisst also z. B. syn&ö davydorü 6 vids Aastö (und nicht davydovyyt) Matth. 12, 23; i vinide domü zachartijinü xal elonAdev sl; tov olxov Zayaptou Luk. 1,40; Jako uslysa Elisabefi celovanje marijino @< Txovae ı EAısaßer toöv doraspöv Tüs Maptas 41 u.s. w. Im allgemeinen hat sich dieser Zustand auch in die neueren Sprachen fortgesetzt. Man sagt also z. B. russ. Petrovü domü Peters Haus, Petrova Zena Peters Frau, otcorü sadü der Garten des Vaters, sestrina $Slyapa der Hut der Schwester u.s. w. Doch stammen aus der zusammengesetzten (bestimmten) Flexion der Instr. (Petrovymü) und der Lok. (Petrovomü) und der ganze Plural mit Ausnahme des Nominativs. Die Beschränkung auf die eine Form erklärt sich wohl daraus, dass man das Substantivum durch diese Art von Adjektiva als hinreichend genau bezeichnet empfand, so dass eine anderweitige Bestim- mung desselben unterbleiben konnte.

3. Adjektiva bei dem Vokativ.!) Um die Über- lieferung der baltischslavischen Sprachen in diesem Punkte richtig würdigen zu können, muss man sich Folgendes gegen- wärtig halten (vgl. $ 186). Die Adjektiva neben Vokativen haben im Altindischen immer und im Griechischen gewöhnlich ebenfalls die vokativische Form. Im Griechischen können sie jedoch auch nominativische Form haben, und zwar entweder so, dass das unbestimmte Adj. voransteht, z. B. otkos @ Mevelas,

1) Ausser den Adjektiven im engeren Sinne sind hier auch die adjek- tivisch gebrauchten Partizipia berücksichtigt.

$201.] Kap.XI. Diezusammengesetzten (bestimmten) Adj.im Balt.-Slav. 437

oder so, dass das durch den Artikel bestimmte folgt, z. B. avöpes ol zapdvres. Diese drei Typen sind auch im Baltisch- Slavischen vorhanden, doch ist der erste nur noch ım Slavischen erhalten. Demnach findet sich im Altkirchenslavischen

1. die unbestimmte Form und zwar

a) als Vokativ, z. B. Fariseju slepe Matth. 23, 26 (Leskien, Handb.? 72),

b) als Vokativ-Nominativ, z. B. o rode neverünt Mark. 9,19, o rode neverüni i razorastenü Luk. 9, 41;

2. die bestimmte Form, von welcher es natürlich keinen Vokativ giebt, z. B. weitelju blagyyi Matth. 19, 16, Luk.18, 18, Mark. 10,17; zülyji rabe Luk. 19,22; oftce svetyji Joh. 17, 11; otice pravedünyji Joh. 17, 25; slavänyjt Teofile Luk. 1, 3; rabe lgkavyji Matth. 18, 32; duse necistyji Mark. 5, 8; blagyji rabe ı dobryji Luk. 19, 17; zülyji rabe i lenyji Matth. 25, 26; nemyji vi gluchyji duse Mark. 9,25; 0 rode neverünyji i razorastenyji Matth. 17, 17. Matth. 25, 21.23 steht im Mar. dodryji rabe ı blagyji * verine, im Zogr. 21 dobryji rabe blagyji i verünyji, aber 23 verine.

Im Litauischen findet sich sowohl die unbestimmte als die bestimmte Form, letztere nach Kurschat’s Text die nor- male. Ich führe an, was ich aus der Ausgabe von Rhesa (1816) angemerkt habe, und setze dazu in Klammern Bezzenberger's (ZGLS. 236) Angaben aus Bretken, so weit sie vorhanden sind. Die unbestimmte Form findet sich z. B. in ger's mokitojpau dröaoxale Ayade Matth. 19, 16 (Bretken geras Mistre); ebenso Luk. 18, 18 und Mark. 10, 17 (Bretken gerasis Mistre und Mistre gerasis); ak tu geras tarne ayade öoöle Luk. 19, 17; tu pikt’s tarne rovnpe Öoüle Luk. 19, 22; miel’s Teopile xparıore Bedpıke Luk. 1, 3; szwentas tewe rarep ayıe Joh. 17, 11; iu geras ir wiernas tarne Sodle Ayade xal rote Matth. 25, 21 (Bretken gerasis ir wiernasis tarne); tu neczysta dwase £:elde 16 nveüna axaßtaptov Mark. 5, 8: teisus lewe narep öixate Joh. 17, 25 (Bretken tersusis tiewe); ak tu netikkinti ır nelabba gimmine & yevea Amıorog xal Öteorpaupevn Matth. 17,17; tu nekalbanti ir negirdinti dwase 6 rveüpa To Akakov xal xwpuv

438 Kap.XI. Diezusammengesetzten (bestimmten) Adj. im Balt.-Slav. [$201.

Mark. 9, 25. Dagegen die bestimmte Form: iu piktasis tarne övöle rovnpe Matth. 18, 32 (Bretken ebenso); tu piktasis tarne ır Iingini rovrus doüle xal öxvnp& Matth. 25, 26; iu aklasıs Pari- zeusze Dapıoate tupA& Matth. 23, 26; ak tu netikkinliji gimmine & yevea anıotos Mark. 9, 19. Beide Formen neben einander: ak tu nelikkinti ir perwerstoji weisle & yevea Antotos xal Öte- orpapuevn Luk. 9, 41.

Im Lettischen ist, nach Bielenstein, Gr. $ 531 Anm., dıe bestimmte Form alleinherrschend geworden.

4. Das prädikative Adjektiv steht im Altkirchenslavi- schen, abweichend vom Gotischen, stets in der unbestimmten Form, z. B. jemu Ze nesmi dostojinü sapoga ponesti od oBx el Ixavös ra broönnara Baoracaı Matth. 3,11; # soelo img jego xal @yıov TO dvona aurou Luk. 1, 49; 3 prebyvaase nemü xal dtdpeive xwpd; Luk. 1, 22; pravy tvorıte stizy Jego eüdela; ToLwite Tag tptßous adtoö Matth.3,3. Genaueres bei Miklosich 4, 136 ff. Nur prädikativisch gebraucht und darum nur in unbestimmter Form erscheint radü froh, z. B. radü bystü &yapr, Luk. 23, 8. Ebenso russ. gorazdü erfahren, geschickt.

5. Die Ordinalıia stehen wie im Gotischen regelmässig ın der bestimmten Form, z. B. Sestyji Ze meöseci &v tw uıvl zo Extp Luk. 1, 26. Als wichtige Ausnahme führt Miklosich 4, 130 an: samü selbst in Verbindung mit Ordinalia, z. B. sami vütorü selbander, eigentlich ‘selbst zweiter seiend’; dystä videti t samogo tretija man konnte ihn selbdritten sehen (Miklosich 4, 67). Offenbar wurde das Zahlwort als prädıkativ empfunden. Ein zweiter Fall liegt vor in der Verbindung mit polü (Nom. sing. mask. “die Hälfte”), z. B. polä vütora die Hälfte eines, des anderen, ein anderes halb, anderthalb, polütreitya leta drittehalb Jahre (Miklosich 4, 69). In den lebenden Sprachen, z. B. russ. poltord anderthalb, dürfte die Verbindung ebenso unverständlich geworden sein, wie z. B. unser ‘drittehalb’.

6. Partizipia. Alle Partizipia des Altkirchenslavischen sind der doppelten Form fähig (vgl. Miklosich 4, 129). Nur das Partizipium auf -/& kann die bestimmte Form nicht bilden, da es, wie Leskien, Handbuch? 116, bemerkt, ursprünglich kein

$201.] Kap. XI. Diezusammengesetzten (bestimmten) Adj. im Balt.-Slav. 439

Adjektivum, sondern ein Nomen agentis ist. (Im Russischen jedoch sagt man auch dyloje delo eine gewesene Sache, es ist vorgekommen, Äsböth 56). Ich beschränke mich auf ein paar Beispiele des Part. praes. Dasselbe erscheint in der unbe- stimmten Form a) wenn es eine Nebenhandlung ausdrückt, sich an das Subjekt anschliessend, z. B. ing pritücq predlozi Jımü glagolje any rapaßoAnv rapeürxev aörois AdywvMatth. 13,31; ı se glasü iz oblaka glagolje löod ywyn Ex Tis vereing Adyousa Matth. 17,5. Insbesondere in der Konstruktion des sog. ab- soluten Dativs, z. B. s jeste glagoljastju jemu xaı Erı adroö Aa- koövrog Matth. 26, 47. b) wenn es prädikativ gebraucht ist, sei es in Verbindung mit ‘sein’, sei es abhängig von ‘sehen, hören’ und ähnlichen Verben, z. B. ; beasete glagohjgsta Isusomü xat noav ouAlaloüvtes to Incoo Mark. 9, A; sego obretomü razurastajgsta Jezykü nast draorpeyovra to Edvos hywv Luk. 23,2; Jako my slysachomy-ji glagoljgstt Er Aueis hrovoapev abrou Aeyovtos Mark. 14,58; videvüse otroky zovgSte ı glagolygste lödvres Tobg natöas Apabovras xal Adyovras Matth. 21, 15. Dagegen er- scheint das Partizipium in der bestimmten Form a) wenn es Subjekt, Objekt u. 3. w. des Satzes ist, also mit substantivischem Werthe, z. B. glagoljeji o sebe slauy svojeje iStetü 5 An &auroü lalav Thv ödkav rnv lölav Cnrtei Joh. 7, 18; on Ze otüvestavü rece glagoljastzumu 6 d& äroxpıdels eine tip eindvrı adrp Matth. 12, 48. b) adjektivisch, z.B. s/ySavü slovo glagoljemoje dxousas töv Adyov Auloupevov Mark. 5, 36. Ein adjektivisches Partizipium ist also dann unbestimmt, wenn es eine Nebenhandlung aus- drückt, aber dann bestimmt, wenn es eine Eigenschaft des Substantivbegriffes ausdrückt, zu dem es gehört, z. B. da sübq- dqtü se künigy glagohasteje iva 4 ypapıı rinpwdd 7 Adyousa Joh. 19, 24. (Nicht selten freilich steht ın diesem Falle die Instrumentalform auf em, statt der auf iyimi (yymi), z. B. Matth. 27,9. Warum, wäre noch zu untersuchen).

Die Pronomina nehmen nach Miklosich 4, 130 die be- stimmte Form nur vereinzelt an, ohne dass eine Besonderheit des Sınnes dabei hervorträte.

440 Kap. XI. Rückblick auf die Adj. des Germ. u. Balt.-Slav. [$ 202.

$202. Rückblick auf die Adjektiva des Germa- nischen und Baltisch-Slavischen.

Die nominalen Adjektiva wurden ursprünglich ebenso flektiert wie die Substantiva. Dieser Zustand hat sich, wie in den meisten Sprachen, so auch im Slavischen erhalten, z. B. vino novo vinum novum. Man nennt dieses slavische Ad). nach seiner Anwendung das unbestimmte. Nun giebt es aber Adjektiva nicht nur auf dem nominalen, sondern auch auf dem pronominalen Gebiet, und es ist deshalb nicht zu verwun- dern, dass die nominalen Adjektiva von der pronominalen Seite her einen Einfluss erfuhren. Ein solcher Einfluss (der wahr- scheinlich schon in der Ursprache begann) lässt sich z. B. ım Altindischen beobachten, wo aber die Bewegung nicht weit gediehen ist. Dagegen hat dieselbe im Germanischen und Litauischen das gesammte Adjektivum ergriffen, bei dem wir infolge dessen eine Anzahl von Kasus pronominal gebildet sehen. Man nennt dieses Adjektivum im Litauischen nach seiner Bedeutung das unbestimmte, im Germanischen mit einer mangelhaften von Grimm herrührenden, schwerlich mehr aus- zurottenden Bezeichnung das starke. Das slavische unbestimmte, Iitauische unbestimmte, germanische starke Adjektivum stellt also die Fortsetzung des indogermanischen Adjektivs dar. Dass im Germanischen und Litauischen eine Reihe von Kasus durch Analogiewirkung verändert sind, ist eine für die Syntax gleich- gültige Erscheinung. Nur insofern interessiert sie uns, als wir in dieser Kasusgestaltung eines jener Momente erblicken, welche das Adjektivum gegenüber dem Substantivum als eine beson- dere Wortart kennzeichnen.

Zu diesem alten Adjektivum sind nun auf beiden Sprach- gebieten, dem Germanischen einerseits und dem Baltisch -Sla- vischen andererseits Neubildungen gekommen, welche in for- meller Beziehung nichts mit einander zu thun haben, der Bedeutung nach aber wesentlich übereinstimmen. Und zwar auf germanischer Seite das sog. schwache Adjektivum. Es lässt sich nachweisen, dass dieses aus attributiven Substantiven entstanden ist. Dem Sinne nach sollte man das schwache

$202—203.)] Kap. XI. Adjektivum und Genitiv im Slavischen. 441

Adjektivum als das bestimmte bezeichnen. Denselben Sinn hat das baltisch-slavische aus einem Relativsatz hervorgegangene zusammengesetzte (bestimmte) Adjektivum. Wir haben wohl anzunehmen, dass die Grundlagen für diese Ausdrucksweise bereits in der Urzeit gelegt worden waren, dass die Gewohnheit sich so auszudrücken in der baltisch-slavischen Periode über- hand genommen hatte, dass aber die wirkliche Verschmelzung in einer Zeit erfolgte, als das baltisch-slavische Urvolk bereits keine Spracheinheit mehr bildete.

$ 203. Adjektivum und Genitiv im Slavischen.

Das von Substantiva abgeleitete Adjektivum findet in den slavischen Sprachen eine breitere Anwendung, als in den übrigen (vgl. Miklosich 4, 7 ff., Danicic 24 ff.).

1. Es wird häufig da gebraucht, wo wir, sei es den Ge- nitiv, sei es ein Kompositum, seltener ein Adjektivum an- wenden. So bei Adj., die von Wörtern für Thiere und Pflanzen herstammen, z. B.: aksl. skuminü livovü catulus leonis, russ. Rvinaja golova Löwenkopf; serb. nije svako tijelo jedno tijelo, nego je drugo tijelo Coyjecije, a drugo skotsko, a drugo riblye, a drugo ptiöije nicht ist alles Fleisch einerlei Fleisch, sondern ein anderes Fleisch ist der Menschen, ein anderes des Viehes, ein anderes der Fische, ein anderes der Vögel 1. Kor. 15, 39; russ. korovijye moloko Kuhmilch;, serb. voluje meso Ochsenfleisch ; bivolska koza Büflelfell; aksl. suprugi osliji jugum asinorum, na Zrebete osülji Joh. 12, 15; russ. Asi7 mechü Fuchspelz; aksl. stado svinoje Ay&in xolpwv Matth. 8, 31; serb. day mi boze oct sokolove gieb mir, Gott, Falkenaugen ; rodino gnezdo Storch- nest; zmijin jed Schlangengift,; aksl. bücelinü sütü Bienenwabe; serb. jelova grana Tannenzweig; bundevski cvet Kürbisblüthe; zrno Senicno Weizenkorn. Ferner Begriffe anderer Art, z. B.: aksl. cesaristvije nebesiskoje Himmelreich,, obrazü düzdevü species pluviae; svetü mesjacji, slünicji To Yüas TAs oeAnvns, Tod Alov; serb. Zyetni dan Sommertag; Zeiveno doba Erntezeit; gorski vuk Bergwolf; aksl. viskresinyy dini dies resurrectionis; serb. Anıga raspusna Scheidebrief; 2ojas kozan ein lederner Gürtel; sodna vrata Zimmerthür; zubna Dbolest Zahnweh; vratna kost Hals-

442 Kap. XI. Adjektivum und Genitiv im Slavischen. [$ 203.

knochen; aksl. slizöno mnoZistvo lacıımarum multitudo u. s. w. Allen diesen Ad). liegt, wie es auch bei den Adj. der übrigen Sprachen der Fall ist, natürlich der Begriff des Substantivums, nicht ein einzeln vorgestelltes Wesen zu Grunde.

2. Es werden aber auch Adjektiva von Wörtern für per- sönlich gedachte Einzelwesen abgeleitet, und zwar sehr häufig von Personennomen. Ich führe aus der grossen Fülle von Belegen, die sich beibringen liessen, einige altkirchenslavische an: syne davydovü vi& Aaßid Mark. 10, 48; düsti Irodijadina 7 duyarnp ts Hpwörzdos Matth. 14, 6; wcenict Ioanovs oi paßmral ’Ioavvov Matth. 9, 14; 3 privrüga je nogama Isusovama xal Eppıbav abrob; mapd tous nödas to Inooö Matth. 15, 30; © pri- sedü Isusü domü Petrovü vide tüstq jego lezestq xal &Idwv 6 "Inooös sis Thy olxlav Ilerpou eide rhv nevdepav adroö BeßAnnivnv Matth. 8, 14 (wo also Jego auf das in dem Adj. enthaltene Subst. geht. Ebenso bei anderen persönlichen Begriffen, z. B. ssting synü boziji Jesi aAndws Yeod viös el Matth. 14, 33; ugotovite patli gospodinj? &roıuaoate hy 666v xuptou Mark. 1, 3; ciy?T Jestä odbrazo-si 3 napısantje? glagolase Jemu: kesarovü tivos r) eixav adım xat n &mıypapn; Adyovaıv adtı Katsapos Matth. 22, 20; Ay otü oboyu sütvori voljq oficq Tl; &x Twv dbo Enolnoe To Beinpa Tod rarpd;; Matth. 21, 31; iZe i-creva materinja rodise se tako olrıyes &x xoıdllas puntpos Eyevvndncav oörw Matth. 19, 12; ne si li Jestü tektonovü synü oby oütds &atıy 6 Tod Textovos vids; Matth. 13, 55. Bei den von Eigennamen abgeleiteten Adjektiven liegt natür- lich die Einzelperson, bei den anderen entweder der Begrifl, oder auch ein Einzelwesen zu Grunde. Ein Beispiel für den ersten Fall ist: syn& do Clovecisky? imalü predali se race clo- vecisce 6 ap viös Tod Avdpwroun pelleı rapadldoodaı eis yeıpaz @vdpwrwv Luk. 9, 44; ein Beispiel für den zweiten Fall: serb. ı u njima jedna baba carica i jedna devoyka babina kder und in ihm (dem Schloss) eine Alte die Kaiserin und ein Mädchen die Tochter der Alten (Märchen).

Wie man sieht, ist das Verhältnis der Begriffe das pos- sessive. Es kommen zwar auch andere Verhältnisse vor, z. B. aksl. strachü igemonovü die Furcht vor dem Abt,

$ 203.) Kap. XI. Adjektivum und Genitiv im Slavischen. 443

serb. od Imbrova straha aus Furcht vor Imbro, aksl. zavıs" bratinja der Neid gegen den Bruder. Doch ist der possessive Sinn bei weitem überwiegend.

Wenn ich nun dazu übergehe, das Gebiet der unter 2 genannten Adjektiva gegen das des Genitivs abzugrenzen, so habe ich zunächst zu bemerken, dass nach meinem Eindruck die drei in dieser Schrift herangezogenen slavischen Sprachen im wesentliehen denselben Zustand zeigen. Freilich finden sich auch Verschiedenheiten, z. B. heisst es serb. pomocu kneza djavolskog isgoni djavole &v Tw Apyovrı Tuv darmovimov Eußardeı ta Saruövıa Matth. 9, 34, aber aksl. o Akünezi besü (also Gen.). Die Untersuchung nach dieser und anderen Richtungen zu er- schöpfen, kann indes nur demjenigen gelingen, der mit den slavischen Sprachen auf das genaueste vertraut ist. Ich muss mich begnügen, einzelne stilistische Konstellationen anzuführen, unter denen der Genitiv natürlicher erscheint als das Adjek- tirum. Die Belege entnehme ich vorzugsweise dem Serbischen und dort wesentlich dem neuen Testament in der Übersetzung von Wuk, auf dessen ausgezeichnetes Sprachgefühl man sich auch in diesem Falle am sichersten verlässt. Im allgemeinen kann man sagen, dass der Genitiv nahe liegt, wenn der Aus- druck noch eine Fortsetzung findet. Diese Fortsetzung kann bestehen a) in einem Adjektivum, welches zu dem im Genitiv stehenden Substantivum hinzutritt, z. B. serb. tt si Hlristos, sin Boga Zivoga du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes Matth. 16, 16, womit man va istınu ti si sın boäy Math. 14, 33 vergleiche; b) in einer Apposition, z. B. glava Iovana krstitelja das Haupt Johannis des Täufers Matth. 14, 8, pleme Isusa Hrista sina Davida Avraamova sina der Stamm- baum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams Matth. 1, 1, wo also das Adj. nur in Avraamova sina auftritt, weil hinter diesem Gliede keine Apposition mehr folgt.') Nach Miklosisch 4, 14 soll das Adjektivum stets gebraucht

1) Diese für ein ausgebildetes Denken natürlich erscheinende Aus- drucksweise ist freilich keineswegs die alleinherrschende, sondern es kommt

444 Kap. XI. Adjektivum und Genitiv im Slavischen. [$ 203.

werden bei pronominalem Ausdruck, z. B. aksl. dri2ite nakazantje moje olica vaSego haltet fest meine, eures Vaters, Lehre; es findet sich aber auch der Genitiv des Pronomens, so serb. Ztttje mene Gerasima Zelica mein, des G. Z., Leben (Danitic 36). Endlich können auch beide Wörter adjektivische Form erhalten, z. B. aksl. celovanije mojeju rukoju Pavljeyu 6 dorasyos TI &ufj yeıpi Ilaulou, so auch serb. pozdrauv mojom rukom Pavlovom Kol. 4, 18; c) ın einem Relativsatz, z. B. serb. Alupe ontjeh 8to prodavahu golubove dıe Bänke derjenigen, welche Tauben ver- kauften Matth. 21, 12; moja nauka nije moja nego onoga koyi me je poslao meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat Joh. 7, 16; d) die Fortsetzung kann auch allein in einem zweiten durch ‘und’ angefügten Substan- tivum bestehen, z. B. ime olica i syna si svelaago ducha eis 20 dvoua Tod ratpos xal To uloo xal Toü Aylou nveöuatos Matth. 28, 19; serb. da de bit saranjen Zivot nje ı sve njezine rodbine dass geschützt werde ihr und ihrer ganzen Verwandtschaft Leben (Danitic 39).

Zweifelhaft ist mir, ob sich für die Verbindung des Genitivs oder Adjektivs mit Nomina actionis eine Regel aufstellen lässt. Aus dem Altkirchenslavischen führt Miklosich eine Reihe von Adjektiven an, und zwar sowohl im Sinne des objektiven als des subjektiven Genitivs, z. B. udtyentje Urijino die Ermordung des Urias (eo auch russ. ubijstvo Igorevo), po predantji Tounove nachdem Johannes übergeben worden war (Mark. 1, 14), pobe- Zdenije dijavolovo die Besiegung des Teufels, po£itantje knizinoje lectio librorum, prisistuije Hristovo adventus Christi. Aus dem Serbischen habe ich überwiegend Genitive angemerkt, 2. B. vaskrsenije mrtvijeh die Auferstehung der Toten, $Argut zuba Knirschen der Zähne, radi otpustenja grijeha wegen der

auch der ungenauere Ausdruck durch Adjektiva vor. So steht zwar im cod. Mar. Luk. 1, 69 korrekt: vi domu Davida otroka svojego &x To olxwp Aaßiö tod rardös abrod. Nach Miklosich findet sich aber auch vi domu Davidovi otroka svojego, ferner img gospodinje sütvorisaago nebo i zemijq im Namen des Vaters, der Himmel und Erde geschaffen hat und Ähnliches, das ich hier nicht weiter verfolgen kann.

$ 203—204.] Kap. XI. Adjektivum und Genitiv im Arischen. 445

Vergebung der Sünden. Dagegen dan rodjenja Irodova der Tag der Geburt des Herodes Matth. 14, 6, do smrti Irodove bıs zum Tode des Herodes Matth. 2, 15.

$ 204. Vergleichung mit den andern Sprachen.

Ich komme nun zur Vergleichung des Slavischen mit den verwandten Sprachen. Doch werde ich, weil mir zur Behand- lung des gesammten Adjektivums, soweit es mit dem Genitiv verglichen werden kann, nicht ausreichendes Material zu Gebote steht, nur die von Eigennamen abgeleiteten Adjektiva zur Ver- gleichung heranziehen.

Im Altindischen werden bekanntlich sehr zahlreiche Adjektiva auf a von Substantiven abgeleitet unter Vrddhirung der ersten Silbe, welche im allgemeinen eine Zugehörigkeit zu dem zu Grunde liegenden Substantivbegriff bedeuten, z. B. gärdabha zum Esel gehörig, Esel- (mit pdsas doc) zu gardabha, gärhapatya, scil. agni das Feuer des Hausherrn u. s. w. Ab- geleitet von Eigennamen, haben sie ebenfalls eine weite Bedeutung, z. B. aindra dem Indra gehörig, geweiht, von ihm ausgehend, ihm ähnlich; ärgirasa von den Angiras stammend, sie betreffend (z. B. eine Erzählung); pau$fna dem Püshan ge- weiht, auf ihn bezüglich (z. B. Vieh, ein Mus, das ihm geopfert wird, ein Lied); märuta auf die Marutas bezüglich, aus ihnen bestehend, z. B. gand, viSas, Sardhas die Schar der M. Nicht selten stehen diese Adjektiva neben ‚räjan Köngg ı in demselben Sinne wie sonst der Gen., z. B. im SB. Ayögavo räjä der dem Stamm der Ayögu angehörige König, der König der A., ‚Pahcalo r. der König der Pancäla, Mätsyö r. der König der Matsya. Genitivisch z. B. Sviknanam r. Später erscheint das Adj. als Bezeichnung des Königs auch ohne Hinzufügung von rajan, wie denn Nala als Natgadha bekannt ist. In der alten Sprache kommt die Auslassung eines selbstverständlichen Substantivums zwar auch sonst gelegentlich vor, z. B. bei paidva das Schlangen ‚. tötende Ross des Pedu, ganz geläufig ist nur die Auslassung der Sohn und Tochter bedeutenden Wörter. So ıst Zvastra der Sohn des TvaStar, fva${rt seine Tochter und so die ganze grosse

446 Kap. XI. Adjektivum und Genitiv im Griechischen. [$ 204.

Masse der Patronymika auf«. Das Wort ‘Sohn’ oder “Tochter” habe ich bei diesen Adj. (die man also schon als substantiviert bezeichnen kann) nicht gefunden. Auf das Abstammungsver- hältnis beschränkt scheinen die Suffixe eya und ayana, das erstere in der alten Sprache öfter das Verhältnis zur Mutter anzeigend, z. B. ädıteya Sohn der Aditi, Sväitröyd Sohn der Sviträ, M amateyd Sohn der Mamatä, Arjuneya Nachkomme des Arjuna, Uk$anyäyana Nachkomme des Ukshanya, Känvayana Nachkomme des Kanva. Ich habe diese Bildungen auf 2ya und äyana nicht mit Substantiven gefunden, ausser ätrayi ydsit im SR,, worüber man Böhtlingk-Roth unter atreya vergleiche. Völlig substantiviert sind auch die auf i wie paurukutsi Nach- komme des Purukutsa u.s.w., über welche man Whitney $ 1221 und Brugmann 2, 264 einsehe. Im Iranischen liegen die- selben Formen auf a vor, z. B. apers. Märgava Bewohner von Margiana, av. Aıryava Nachkomme des Airyu (Brugmann 2, 107), insbesondere auch die auf s, z. B. av. mäzdayasni mazdajasnisch, Dastayanı Sohn des DäStäyana, apers. pätifuvari einer aus Patischorien (nach Brugmann 2, 264), also noch nicht mit Beschränkung auf das Abstammungsverhältnis.

Noch mehr Ähnlichkeit mit dem Slavischen hat das Grie- chische (vgl. Kühner Il2, 224). Wir finden bei Homer pos- sessive von Eigennamen abgeleitete Adjektiva, z. B. vaös Aya- weuvoven, Innos Ayapeuvoven, AloAln vroos, Alnörıos töußBos Grabmal des Aipytos, doric, Innos, vads Neotopen, Oöuanıos ödgos, Pin ’Ipı- xArein und “Hpaxınein. Namentlich findet sich auch, wie im Slavischen, die Apposition, welche innerlich zu dem Grundwort des abgeleiteten Adjektivs tritt, an das Adjektiv selbst angefügt, so bei Homer Neoropey rapa vn IlvAoryeveos Baoıfos B 54, T'opyein xepaAn dervoio neAwpov E 741, Sahp adT Zuös Zoxe xuvo- rıdos I 180 u. ähnl. Besonders dienen diese Adjektiva, um die Zugehörigkeit der Familienglieder zum Familienhaupte zu bezeichnen. So findet sich bei Homer ’Ayapsyvoven &Aoyos y 264, auf einer thessalischen Inschrift IIouraAa Tlovraksta xöpa Tıro-, psia öva (vgl. Meister, Dialekte 1, 196), am meisten natürlich mit vidg oder raic, zZ. B. ZdEvelos Karavrıos vids, NnAntos vide,

$204.] Kap. XI. Adjektivum und Genitiv im Griech. und Lat.. 447

Ioravrıos Aydads vids bei Homer (gelegentlich auch das Ver- hältnis zur Mutter bezeichnend: Tirvov Tarrıov vidv n 324), Telauwvız rat bei Sophokles u. ähnl. Bisweilen lehnt sich das Adjektivum nicht an vid; oder ats, sondern an den Namen des Sohnes, z. B. TeAapwvıos Atlas. Allein stehend, also als Patro- nymika, kommen diese Adjektiva bei Homer nicht vor, wohl aber regelmässig im Böotischen, Thessalischen, Lesbischen und einigen anderen Dialekten, welche diesen nahe liegen (vgl. Meister a. a. O., Zacher, de nominibus graecis in aros S. 248). In den übrigen Dialekten sind andere patronymische Bildungen oder der Genitiv eingetreten (so z. B. OuA%os taybs Atlas neben Terapwvios Atas). Wir finden also im Griechischen in bezug auf die Patronymika wenigstens in einigen Dialekten denselben Zustand wie in manchen slavischen Sprachen, z. B. dem Klein- russischen, wo man nach Miklosich 4, 8 sagt: Fedko Yvanov syn, Jesyp Nestorov syn, wo aber syn auch wegbleiben kann 2. B. Stanysiav Narbutov. (An die Stelle des Adjektivs kann dann auch, wie im Russischen, das Subst. auf ovyc treten, z.B. Fedor Lyubortovyc.) Im Lateinischen sind Ableitungen von Eigennamen in ähnlichem Gebrauch wie im Griechischen auch ın der Prosa vorhanden, z. B. Philocteteus clamor bei Cicero, während Wendungen der Poesie wie Hectorea conjur auf Nach- ahmung zu beruhen scheinen. Im patronymischen Sinne aber liegen‘ Adjektiva nicht vor. Dagegen mag hier bemerkt werden, dass Adj. die von anderen Bezeichnungen lebender Wesen ab- geleitet sind, wie z. B. ertlis filius in häufigem und mannıg- faltigem Gebrauch vorliegen. Auch die Anknüpfung eines Genitivs an ein pronominales Adjektivum liegt vor, z. B. me tuum studium adulescentis perspexisse bei Cicero (Schmalz? $ 66). Aus dem Germanischen und Litauischen weiss ich Ent- sprechendes nicht beizubringen.

Aus dieser, freilich nur flüchtigen Übersicht, welche anderen noch vieles nachzubringen überlässt, dürfte folgen, dass ın unseren Sprachen das von Substantiven abgeleitete Adj., im Gegensatz gegen den Gen., im allgemeinen dazu dient, den Begriff eines Substantivums zu einem andern in Beziehung

448 Kap. XI. Adjektiva und Zahlwörter. [$ 204—205.

zu setzen, nicht das Subst. als Individuum. Wenigstens gilt diese Regel durchaus, wie es scheint, in bezug auf solche Sub- stantiva, welche nicht lebende Wesen bezeichnen. Bei den- jenigen, welche lebende Wesen bezeichnen, kommt auch eine Beziehung vor, die der genitivischen durchaus entspricht, z. B. voorw tw Basıketiw gleich zoo Baoık&o; bei Aeschylus, Perser 8. Ganz gewöhnlich ist das bei Ableitungen von Eigennamen von Personen und es scheint, als sei im Indogermanischen die Be- zeichnung des patronymischen Verhältnisses durch Adjektiva früher im Gebrauch gewesen, als die Bezeichnung durch Genitive.

$ 205. Adjektiva und Zahlwörter.

Einige Adjektiva stehen ihrem Sinne nach den Quantitäts- wörtern nahe und zeigen deshalb auch in ihrer Konstruktion verwandte Erscheinungen. Es sind namentlich die Wörter für viel, wenig, halb, mittel.

Viel: Ein altes Wort für viel ist ai. purd, av. pouru, altp. paru, gr. xoAu-, got. filu. Das ai. pur& ist im Mask. über- haupt nicht vorhanden, ausser im Gen. plur. purünam, vom Neutrum kommt ausser purünam nur purü und purüni vor (während allerdings das Fem. pürv? in mehreren Kasus belegt ist, es ist aber wahrscheinlich, dass dieses Femininum nicht zu den ältesten Bildungen gehört). Die Verwendung von purü ist durchaus adjektivisch. Man sagt also z. B. purd desnam viel Gabe, nicht desndsya. Das gotische flu- kommt ausser in dem adverbialen %#laus nur in der Form lu vor, welche bei Verben halb adverbiell gebraucht wird, z. B. bei didyan, Jastan, sodann ganz adverbiell, endlich aber, was uns hier interessiert, substantivisch mit dem Gen. manageins viel der Menge, eine grosse Menge, z. B. Jah filu manageins laistidedun afar imma und eine grosse Menge folgte ihm Mark. 3, 7 (man beachte das Verbum ım Plural}, vgl. auch Grimm 4, 760. Mög- licherweise war dieser substantivische Gebrauch des Neutrums der älteste des Wortes überhaupt. Im Avesta sind schon etwas mehr Kasus vertreten, als im Veda. So kommt der Nom. sing. mask. vor: ya yavo pourus bavap wenn reichlich Getreide

$ 205.) Kap. XI. Adjektiva und Zahlwörter. 449

vorhanden ist vd. 3, 32. Noch ausgebildeter ist der adjektivische Gebrauch bei Homer, wo sich z. B. roAus oder roAAds nicht selten findet, und zwar neben Wörtern wie olvos, löpws, Butkog, öpuuayöds u. ähnl., deren kollektiver Sinn die Verbindung ver- ständlich macht. Auffälliger ist: roAAds yap Tıs Exsıro rapnopos evda xal Evda H 156. Von den übrigen zahlreichen Wörtern für viel erwähne ich noch die identischen got. manags, slav. münogü. Ich führe, um den Gebrauch zu veranschaulichen, einige Stellen aus Ulfilas und die entsprechenden aus dem cod. Mar. an. In isoliertem Gebrauch erscheint es mit ad- jektivischer Flexion, z. B. roAlol &poücot por managar giband, münozi bo rekqtü Matth. 7, 22; xat roAlo0s av ulav "Iopanı @rıorpedsr Jah managans sunive Israelis gavandeid, i münogy synovü tsdrailjevü obratsitü Luk. 1, 16. Sodann stimmen beide Sprachen in der adjektivischen Verwendung überein, z. B. Aykovrar ai Apaprlar adrns ai rollat afletanda fravaurhteis izos bos managons, otüpustajqtü se Jeji gresi münozi Luk. 7, 47; roAld owpara twv xexorunulvov Aylwv managa leika bize ligan- dane veihaize, münoga telesa pocivajasttjichü svetyjichüu Matth. 27, 52; xal roraurars napaßokais noAlais Jah svaleikaim managarm gajukom, i tacemi pritücami münozemi Mark. 4, 33. Ein sub- stantiviertes Neutrum münogo mit abhängigem Genitiv ist im cod. Mar. nicht vorhanden, wohl aber findet es sich im Ser- bischen, dem gotischen adjektivischen manags gegenüberstehend, 2. B. 6 nv Bepronös roAds ol 68 Epyaraı dAlyoı Matth. 9, 37 lautet gotisch asans raihtis managa ıb vaurstujans favai, dagegen ser- bisch Zeive (Gen.) je mnogo a poslenika malo (aksl. zetva münoga); roAAods dyAou; Matth. 8, 18 ist got. managans hiuhmans, serb. mnogo naroda (aksl. münogy narody). Im Litauischen wird in den angeführten Stellen entweder eine andere Wendung wie ‘Menge’ u. dgl. gewählt, oder das erstarrte daüg, wovon so- gleich zu reden sein wird. Von einzelsprachlichen Wörtern erwähne ich ai. bAüri, deutsch genug, lit. daüg. Das ai. bhüri kommt im RV. gewöhnlich adjektivisch vor, z. B. bhüri vasu viel Gut, aber auch substantivisch mit einem Genitiv, z. B. bhüri paSvah viel des Viehes. In bhüri Artoah viele Male

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 29

450 Kap. XI. Adjektiva und Zahlwörter. [$ 205.

möchte ich nicht sowohl ein erstarrtes bAüri (wie lit. daüg) als vielmehr ein erstarrtes Artvas erkennen, das wie ein Neu- trum behandelt wurde. Das deutsche genug ist im Grimm’schen Wörterbuch eingehend besprochen worden. Es ist im Gotischen ein flektiertes Adjektiv, z. B. gaslepand ganohai xoıpwvrar Ixavot 1. Kor. 11, 30; jJera ganoha ypövous ixavods Luk. 20, 9; s3ponjos is ganohai jah manageins filu oi padrral adrod Ixavol xat ByAos roAüg Luk. 7, 11; mib manageın ganohai dykou Ixavoö Mark. 10, 46; tvaim hundam skatte hlaibos ganohat sind drLaxoslwv örvapluv Aptor oöx Apxoöcıv autois Joh. 6, 7. So auch noch im Mittelhochdeutschen, während es im Neuhochdeutschen durch- aus erstarrt ist, worüber man Hildebrand’s Darlegung a. a. O. nachlesen möge. Die anderen Sprachen haben für unser ‘genug’ sehr verschiedene Ausdrücke, z. B. im serbischen neuen Testament bald mnog, z. B. für stponJos is ganohas : mnogi ucenici njegovi, bald das ın den slavischen Sprachen vielfache Paral- lelen bietende aksl. dovolinü (vgl. Miklosich Wb. unter ve? 1), so entspricht dem got. gaslepand ganohai serb. dovolno ih (Gen.) spavaju (also das Verbum im Plural). Doch soll dieser Gegen- stand hier nicht weiter verfolgt werden. Das lit. daüg (vgl. Schleicher, Gr. 296) ist erstarrt wie unser genug (die älteren Formen s. bei Bezzenberger, ZGLS. 72). Daäüg viel hat den Gen. bei sich, wenn es ım Sinne des Nom. oder Akk. steht, z. B. äsz turiü daüug vargü nesziöti ich muss viel Leiden er- tragen. Dagegen steht es bei anderen Kasus adjektivisch voran, zZ. B. üsz daüg Zmonems dünos daviaü ich habe vielen Menschen Brod gegeben. Die Worte ‘mit solchen manchen Gleichnissen’ sind Mark. 4, 33 übersetzt daüg tokials prilygini- mais. Doch kann nach Schleicher in einem solchen Falle auch der abhängige Gen. stehen. Flektiert ist dag nur bei iso- liertem Gebrauch, z. B. is daugems pastzadejo er hatte vielen versprochen. Ebenso wie daüg werden kek wie viel? und te so viel behandelt.

Wenig. Für ‘wenig’ haben wir kein Wort, welches so- wohl ın Asien wie in Europa vertreten wäre. Nur gr. raöpos, lat. paucus und paulus und got. favs sind eines Stammes.

8 205.) Kap. XI. Adjektiva und Zahlwörter. 451

Unsere Wörter werden bald adjektivisch, bald substantivisch mit Gen. gebraucht. Manche sınd überwiegend im Singular, andere überwiegend im Plural gebraucht.

Im vedischen Sanskrit dabhrd zu dabh jemandem etwas anhaben, schädigen, versehren, nie mit Genitiv, z. B. ma da- bhrdm bhüry a bhara nicht weniges, vieles bring herbei RV. 4, 32, 20; nd tdm jinanti bahdvo nd dabhräh ihn überwältigen nicht viele, nicht wenige 4, 25, 5. Nachvedisch dpa und al- pakd, stöka ebenfalls nie mit dem Gen. Bei Homer finden wir öAlyos und raöpog, das erstere ‘klein, winzig, unansehnlich’ auch von der Gestalt eines Menschen gebraucht, bei Wörtern wie X@pos, oAxos, Xpövos, Xpetos, Bund; u. s. w., pluralisch nur u 252 bei {ydöcı (den kleinen, nicht den wenigen). Dagegen raöpog erscheint fast nur im Plural, z. B. naöpous pynorüpas, radpoı Ayaıöv, raüpa weniges, singularisch nur bei dem Kollek- tivum Aads B 675. An raüpos schliesst sich das lateinische paucus, gewöhnlich pluralisch, und paulus (z. B. Zar bei Varro), gewönlich aber neutral mit Gen., z. B. paulum lueri. Ferner das gotische favs, singularisch nur du favamma rpös dAtyov 1. Tim. 4, 8, sonst pluralisch z. B. jah favas sınd bar bigttan- dans bana xal dAlyoı elolv ol eöplanovres adrhv (6ödv) Matth. 7,14; jah habaidedun fiskans favans xat elyov lydüsıa dAtya Mark. 8, 7. Dagegen wird lettil nicht adjektivisch, sondern als Neutrum mit dem Gen. gebraucht, z. B. veinis leitil brukjais oivw dAlyw yp® 1. Tim. 5, 23. Innerhalb des Slavischen zeigt das ge- bräuchlichste Wort für klein und wenig, nämlich malt, in der Bedeutung ‘klein’ natürlich adjektivischen Gebrauch, wo aber im Gotischen favai steht, steht im cod. Mar. malo mit Gen. z.B. Zetva ubo münoga a delateli malo 5 y£v Bepropnös moAüg ol 6 &pyaraı SAlyoı Matth. 9, 37. Im Litauischen endlich ist mäz mazai, menkai wie daüg behandelt.

Halb. Ein altes Wort, welches in indogermanischer Zeit offenbar nur adverbiell gebraucht wurde, ist *semi. Aı. sami ‘Adverb) unvollständig, nur zum theil, nur halb, vor der Zeit, zu früh, so: sami präßnänti, sami märjayantö zum theil isst man es, zum theil reinigt man sich damit TS. 1, 7, 1, 4; yatha

29*

452 Kap. XI. Adjektiva und Zahlwörter. [$ 205.

sami garbhö 'vapddyate als ob der Fötus zu früh abgeht TS. 5, 5, 1,6. Im Griech., Lat., Germ. (ahd. ags.) ist es als erstes Glied eines Kompositums erhalten. Eine Weiterbildung ist griech. fiuıou, welches bei Homer entweder adjektivisch vor- kommt, z. B. Aploees Aaol, oder neutral mit Gen., z. B. Atou &vApwv.

Von sonstigen Wörtern erwähne ich ai. nema der eine, mancher, der andere, z. B. pdeati nemö nahi päkjad ardhäh kochen wird der eine, nicht kochen wird der andere RV. 10, 27, 18. Die Bedeutung ‘halb’ ist im Altindischen erst spät be- legt. Dagegen zeigt das Avestische die Verbindung na&m2 asni und zsafne innerhalb des Tages, der Nacht, d. h. eigentlich “in dem halben Tage’ (vgl. medius). Das indische ardhd heisst ‘der andere’ (vgl. oben) und als erstes Glied eines Kompositums ‘halb’, z. B. ardhamäsd Halbmonat, ardhavasa eine halbe Kuh. Eine Ausdrucksweise wie *erdha vaSa scheint nicht vorzu- kommen (vgl. SF. 5, 68). Dagegen wird das lateinische di- midius so gebraucht, z. B. bei spatium, crus, doch ist dimidia pars oder dimidium mit Gen. gewöhnlicher. Das gotische halds wird in beiden Anwendungen gebraucht: und halba Piudan- gardja meina Ews huloous Ts Baoıkelas mov Mark. 6, 23; Ahalbata aiginis meins <a hulon av Örapyövrov ou Luk. 19, 8. Im Litauischen und Slavischen endlich habe ich ein Adjek- tivum “halb’ nicht gefunden, sondern nur die Ausdrucksweise durch Substantiva. Über lit. püse sagt Kurschat unter halb: “zu bemerken ist, dass p3se, wo es nicht genau die Hälfte be- deutet, nicht dekliniert wird, z. B. ‘auf halbem Wege’ nicht ant kelio püses, sondern afit püse kelio”. Im Slavischen bedient man sich des Subst. polovina Hälfte. Neben dem substan- tivischen Ausdruck kommt Zusammensetzung mit Adverbien vor, z. B. lit. pusidunaktis Mitternacht, pusiduzemts Hälfte des Winters, russ. poldeni Mittag.

Mittel. Ai. mädhya, av. maidya, gr. w&ooos, lat. medius, got. midjis kann in den meisten Sprachen als neutr. Subst. mit dem Gen. gebraucht, in allen aber als Adjektiv zu dem Subst. gefügt werden, z. B. ai. im RV. mädhye samudre mitten

$ 205—206.] Kap. XI. Adjektiva und Adverbia 453

—.

Fe EEE,

im Meere, av. masdjöt paitistäne in halber Beinhöhe vd. 8, 8, gr. nesoy all, lat. in medio mari, got. bigelun ina ın alh in midjaım latsarjam xadıLdnevov &v nlow av ördaoxalwy Luk. 2, 46, wo die Abweichung vom Griechischen die Echtheit der Aus- drucksweise zeig. Nur im Litauischen und Slavischen drückt man sich mit Hilfe von Adverbien (Präpositionen) oder Substan- tiven aus. So sagt das litauische Testament an dieser Stelle: widuj’ tarp mokitoyu mitten unter den Lehrern, das aksl. po srede ucitelji, das serbische gdje sjedi medju uciteljima. Dem griechischen An de rs &oprnjs neoobang Joh. 7, 14 entspricht got. ana midjai dulp, aber aksl. vu prepolovlentje prazdinika, serb. u polovinu praznika.

8206. Adjektiva und Adverbiıa.

Häufig finden wir, namentlich in den älteren Phasen der indogermanischen Sprachen, den adjektivischen Ausdruck, wo wir Modernen es vorziehen, dem Verbum durch einen ad- verbialen oder präpositionalen Ausdruck eine Ergänzung hinzu- zufügen. Man vergleiche für das Altindische SF. 5, 78, für das Avestische einige wenige Fälle bei Hübschmann 159, für das Griechische Kühner II? 234, für das Lateinische Schmalz? 539, für das Gotische Gabelentz - Loebe $ 242 Anm. und 215 Anm. 5, für das Litauische Kurschat $ 1427, für das Slavische Miklosich 4, 16. Bei dem Deutschen ist wohl zu beachten, dass das Adverbium in den jüngeren Sprachperioden vielfach mit der kurzen prädikativen Form, über welche $ 192 gehandelt worden ist, zusammenfällt, so dass bisweilen der Schein entsteht, als liege ein adverbialer Ausdruck vor, während in der That der adjektivische erscheint. So sagen wir z. B. statt des mhd. Ägist ın disem wazzer kalter unde nazzer (Grimm 4, 493) jetzt kalt und nass, was na- türlich kein Adverbium ist. Manchmal kann man zweifeln, so bei irre, ahd. irri in trri gangan und faran. Doch dürfte irri wohl richtig als Nominativ aufgefasst werden (vgl. Erd- mann 2, 91). So sagt man im Altindischen: tdtha nd jihma e$yamah so werden wir nicht irre gehen. Ich werde mich

454 Kap. XI. Adjektiva und Adverbia. [$ 206.

m

im Folgenden auf die Anführung der wenigen gotischen Be- lege beschränken.

Voran stelle ich die Richtungsadjektiva, welche ge- wöhnlich in der Nachbarschaft von Verben der Bewegung stehen. Aus dem Altindischen gehören hierher die zahlreichen mit aßc gebildeten, so arvanc hergewandt, z. B. arvan Ehi sö- makämam tvahuh komm hierher (als hierher gewandter), man nennt dich ja einen Somafreund RV. 1, 104, 9, und so oft bei den Verben i, ya, gam, ga; arväfcam toa sukhe ratha vahatam indra ke$inä hierher (als hierher gewandten) sollen dich, o Indra, die beiden Falben fahren 3, 41, 9; arväncam rayim a krdhi schaffe Reichthum hierher 8, 90, 4; u$ö arvaca brhata rathena Jyötifmata vamam asmäbhyam vak$i Ushas mit hierher gewandtem hohem Wagen, dem lichtreichen, bring uns Gut 7, 78, 1. Da- neben kommt oft das Adverb arvak vor. Über den Unterschied in der Anwendung, soweit ein solcher bemerkbar ist, sagt Grassmann: “namentlich findet sich die adverbiale Konstruktion häufig da, wo das herannahende eine Zweiheit darstellt, also wo der Dual arvanca an seiner Stelle wäre, selten wo der Singular oder Plural zu erwarten wäre”, z. B. rathena suvfta yätam arcak mit dem schönrollenden Wagen kommt hierher 1, 118, 2; sdm cödaya citräam arvag radha indra varenyam be- fördere hierher, o Indra, buntes, schätzbares Besitzthum 1, 9, 5. Wie arvahc wird auch arväcind gebraucht, aber immer nur adjektivisch. Einige weitere Belege für Adj. auf aßc aus dem RV. sind: yad udanco grhäm ajagantana als ihr aufwärts nach Hause ginget 10, 86, 22; södafcam sindhum arınäan mahitva er liess durch seine Macht den Fluss aufwärts strömen 2, 15, 6; pralyan devanam viah pratyann üd ef mänugän auf gehst du entgegen den Scharen der Götter, entgegen den Menschen 1, 50, 5; dyäma prähco ydjamanam dächa wir wollen vorwärts gehen zum Opferer 5, 45, 5; dpär prar &ti hinweg geht er und vorwärts 1, 164, 38; präßcam krnöty adhvaram er bringt das Opfer vorwärts, fördert es 1, 18, 8; Akrnuli päräcah mach sie zu weggewandten, schlag sie in die Flucht 6, 25, 3. Manch- mal sind die Interpreten in Zweifel, ob sie die Adjektiva als

$& 206.] Kap. XI. Adjektiva und Adverbis. 455

dauernde oder momentane Beiwörter fassen sollen, z. B. apa präca indra riSvan amiträn dpapäco nudasva treibe die Feinde weg von dir nach vorne und nach hinten 10, 131, 1, während Ludwig ‘die vorderen und die hinteren Feinde’ übersetzt. So auch 6, 44, 17 und sonst. Das Adverbium ist besonders be- liebt, wenn mehrere dieser Wörter neben einander stehen, also der adjektivische Ausdruck zu umständlich sein würde, z. B. te no göpa apäcyäs td üdak ta ittha nyak purdstäl sarvayä visa sie sind uns Hüter ım Westen, im Norden und im Süden, ım Osten mit der ganzen Schar 8, 28, 3. Hier ist das erste noch Adj. Nur Adverbia, z. B. 8, 10, 5; 8, 4, 1; 3, 53, 11. An die Adj. auf ac schliesse ich ürdhva aufrecht. Es kommt beson- ders häufig mit sth@ vor, z. B. ürdhvö agnih sumdanah prätär asthät früh hat sich erhoben der freundliche Agni 5, 1,2; ud u $ya vah savita ’sthäd ürdhvö varenyah erhoben hat sich der Gott Savitar in die Höhe, der herrliche 8, 27, 12; (ydh) ürdhvam dhitim krnavad dhäräyac ca der das Lied in die Höhe bringe (lasse es hoch aufstreben’ Ludwig) und es halte 7, 64, 4. Das Adverbium urdhvam findet sich zuerst AV. 11, 1, 9 ärdhvam prajam uddhäranti die Nachkommenschaft hoch in die Höhe hebend, fördernd. Dass urdhva mit sth@ im Griechischen sein vollkommenes Ebenbild finde, ist schon von Grassmann be- merkt worden, häufig ist orn 8’ öpdds; öpdds Advasıas findet sich 2 11; vgl. auch ravıwv dtwv Erenalero vura Öpdav Eotadrwv ı 441. Ganz Ähnliches zeigt sich auch in den anderen Sprachen: mhd. sin muot stuont höch; lit. stäczas stoveti aufrecht stehen, aksl. vüsta moj?3 snopüu pravi' meine Garbe richtet sich auf. Aus dem Griechischen sind ferner anzuführen: rprvns vorwärts gewandt und sein Gegenstück ürtios, z. B. AMor &rl rieupds xaraxelwevos, AAAote d adre Öntıos, AAlore SE nprvhs, Tore 6 Öpdös avasıds Q 11, rprvea rap Aey&eoaı Mevortıadao tavöscsa; Hektor hinstreckend Y 25. Ebenso in Prosa, z. B. ävexesev üntia bei Plato. “Rückwärts gewendet’ heisst dlboppos, z. B. tw yiv dp äboppor rporl”lArov Aroveovro [' 313, daneben auch das Adverbium, z. B. äoppov 8 "löatos EB port "Irov ipnvy H 413. Ferner raltv- ops0S: cd Bra Tis Te Öpaxovra löwv raAlvopsos Andorn zurückprallt

456 Kap. XI. Adjektiva und Adverbia. [$ 206,

T' 33. Oft erscheint avrios neben Verben der Bewegung, z.B. ar Ayapeuvov Avrios Hide dewv Z 54, während das Adverbium neben Verben des Sprechens und Sitzens auftritt. Neben avrios findet sich &vavrios, z. B. &vayriog Hide v 226 und das Ad- verbium: deol 8 Ana ravres Avkstav 2E Löpduy ayol natpös &vav- tiov A 534. Auch doupaios durch die Thür lässt sich hier an- führen, z. B. trpos HYupatos TAdov ac üpäs Aadpa Sophokles Trach. 533. Aus dem Lateinischen erinnere ich an pronus und supinus, z. B. jacuit resupinus bei Ovid, manus supinas ad caelum tendere bei Virgil, sublimis abiit fuhr gen Himmel bei Livius u. ähnl. Aus dem Germanischen: got. uzuh Damma mela managai galibun siponje is ibukat 2x Tobrou roAlol AnTiAdov av uaßmrav adrod eis To örlow Joh. 6, 66; yah saei ana haihjat, samaleiko ni gavandjar sik ibukana xal 6 &v zw Aaypıp Öpotws eriorpebarw el; to öntow Luk. 17, 31. Im Litauischen isztisas guläti ausgestreckt liegen, im Altkirchenslavischen ? siy- savüse ucenict padq nici al Axoboavres ol nadnral Enecov En nposwrov abrav Matth. 17, 6.

An zweiter Stelle erwähne ich die Adjektiva, welche eine Reihenfolge ausdrücken, also die Ordinalzahlen und was damit verwandt ist. Aus der Schulzeit ist uns unvergesslich im Gedächtnis, dass man den Unterschied zwischen primus und primum nicht vernachlässigen darf. Man sagt ja im Lateini- schen, abweichend vom Deutschen:

primus hanc orationem legt post alıı

prımam » » v post alias

primum » » » post transscrıpst. Die Ausdrucksweise ist uralt, wie einige Belege für ai. prathamaä und rpüros zeigen mögen. Als Adjektivum: viSvasya Jagatah pränatds patir brahmane prathamo ga dvindat der der Herr alles Fahrenden und Athmenden ist, der dem Frommen zuerst (als erster) die Kühe fand RV. 1, 101, 5; sa satwabhih prathamd göfu gachati er kommt mit den Kriegern zuerst (als erster) zu den Heerden (welche erbeutet werden sollen) 2, 25, 4; sd revan yätı prathamd räthena er geht als ein reicher voran mit seinem Wagen 2, 27, 12; tvam deve$u prathamdm havämahö dich rufen

$ 206.) Kap. XI. Adjektiva und Adverbia. 457

wir als den ersten unter den Göttern 1, 102, 9; indrasya viryanı pra vöcam yanı cakära prathamäni vajri ich will nun des Indra Heldenthaten preisen, welche der Keilträger zuerst (als die ersten) vollbracht hat 1, 32, 1. Ebenso bekanntlich im Griechischen, z. B. xparos &yb pera 5 Opus @ 231; Neorwp ö& np@rtos atunov'äte K 532; Zv8? 7 Tor Ilpdvoov npürov BaAe Soupi gasıyö I1 399; Er por npwrm Lwaypı öpelleıs 9 462. Das Ad- verbium, oder besser das Neutrum sing., wird der im Verbum enthaltenen Handlung attrıbuiert und erscheint entweder in bewusstem Gegensatz gegen ein ‘darauf, zweitens, zum zweiten mal’, oder so, dass man es “anfangs, eben’ oder ähnlich über- setzt. Z. B.: divas päri prathamam Jajne agnir asmäd dvitiyam parı jatdvedah aus dem Himmel wurde Agni zuerst geboren, zu zweit aus uns, der Wesenkenner RV. 10, 45, 1; täasmäd ekük$aradoyakjaräny Eva prathamdam vadan kumärd vadati des- halb spricht ein Kind nur ein- und zweisilbige Worte, wenn es zueret spricht (zu sprechen anfängt) SB. 11, 1, 6,4; tvam adha prathamdm jJayamand 'ms viva adhitha indra krgfih du hast im Anfang, als du geboren wurdest, alle Menschen in Furcht gesetzt RV.4, 17, 7 und so öfter; prathamam gehört also nicht zu Jayamäna sondern zu dem Verbum des Hauptsatzes, aber prathamdm und jJüyamäna gehören als parallel stehende Ausdrücke nahe zusammen, so dass man übersetzen kann: gleich bei der Geburt, kaum geboren. Aus dem homerischen Griechisch lässt sich vergleichen: oöpfjas Lv rpwrov Irwyero xal xuvas Apyoös, adtap &rerta A 50 und die Fälle, wo dem rp@tov ein deötepov entspricht, z. B. Z 179ff.; den zweiten Gebrauch von prathamam lässt sich npwrov Innyvnens, z.B. 9 348 an die Seite stellen. Endlich beachte man noch die Überein- stimmung von yatra prathamam, Öte npürov, ubt primum, 2. B. yatrastat prathamdm samtdaho bhavati sobald das Feuer nur entfacht ist SB. 2, 3, 2, 9; &rel xev npwrov Eollntaı Adyov Avöpwv N 285 u. ähnl. Wie im Altindischen verhält es sich auch im Avestischen, z. B. yt. 14, wo es heisst ahmai paoıryö (dann bityö, brityö, tuıryo) äjasah vazemnö verebrayno zu ihm trat als erster (zweiter, dritter, vierter) fahrend V. Es muss auffallen,

458 Kap. XI. Adjektiva und Adverbia. [$ 206.

dass dieselbe Person als erster, zweiter u. 3. w. und nicht zum ersten, zweiten u. s. w. mal erscheint, der Ausdruck erklärt sich aber vollkommen daraus, dass jedesmal ein anderer Vere- traghna gemeint ist, nämlich das erste mal V. ın Gestalt des Windes, das zweite mal V. ın Gestalt eines Rindes u. s. w. Aus dem Germanischen: got. Adam auk fruma gadıygans varb baproh Atvva Adayı yap rpwros Eridodn etta Eda 1 Tim. 2,13; ei ın mis frumistamma ataugıdedi Xristaus Iesus alla usbeisnein iva &v &uol npwrw &vösiintaı mv näoav paxpodupiav 1 Tim. 1, 16. Natürlich erscheinen auch sinnverwandte Wörter, welche nicht gerade Zahlwörter sind, ebenso gebraucht, z. B. te pür- vapakfah pürve 'dikjanta tE papmäanam apähata, aparapakjä aparö 'dikjanta te nataräm päpmänam apähata die Anfangs- hälften der Monate opferten zuerst und wurden die Sünde los. Darauf opferten die Schlusshälften, wurden die Sünde aber nicht los AB. 4, 25, 3; pay Öotepaı mäpssuev wir kommen doch nicht zu spät? Aristophanes Lysistrate 69, wodurch man an lat. serus (serus in caelum redeas) erinnert wird. Eine dritte Gruppe bilden Adjektiva der Zeitbestimmung. Doch habe ich diese wohl zufällig nur im Griechischen, wo sie in grosser Menge auftreten, und im Lateinischen gefunden. Beispiele aus Homer sind: hparin (bei Tage) ev byalveoxev neyav lotdv, vüxtas 6 Al- Abesxe B 104; rov vres Ayaav hparıcı (Tag für Tag) Bpnxydev m ebpea növrov Ayousıv I 71; npwr Ö bmmolor adv Tebysar dupr- ydevres vmustv int yAawupfawv &yelponev ökbv Apna 8 530; &omeptos 6 TAdev xallitpıya pin vonsbwv ı 336; ebdov navvöyıor öfter; ravvöxtos dE ayıy xaxd yundero untiera Zebs onepdalta xtundwv H 478; Zeus yap 2; Dxeavöv ner dApöpovas Aldıontas yBılöcs Eßn xara Ödira A 424; öov &vdade Mevropa ötov yBıLldv Ömmolov' Tote Zußn vol Ilödovöe 5 655; neumtaior d Alyuntov Zuppeltmv ixd- peoda £257. Aus dem Lateinischen: noctuabundus ad me venit Cicero an Atticus, nicht selten bei Horaz, z. B. et qui noclur- nus sacra dıvum legerit Sat.1,3, 117; navus mane forum et vesper- tinus pete tectum Ep. 1,6,20. Den aus dem Indischen angeführten Wendungen wie arväca rathöna mit hierher gewandtem Wagen entspricht das bekannte nocturna versate manu versate diurna.

$ 206.) Kap. XI. Adjektiva und Adverbia. 459

An den Schluss stelle ich eine Auswahl aus der Zahl der- jenigen, die sich nicht in grössere Gruppen vereinigen lassen, in beliebiger Folge. Griech. reld; als Fussgänger, zu Fuss, z. B. arö ydovös wpvuro nelds E 13 (neld ist bei Homer nicht vorhanden). Damit vergleicht sich das lat. subst. pedes, z. B. cum pedes iret bei Virgil, lit. peszezas eiti zu Fuss gehen, z. B. lygtus laukeliüs p&szczu pereisiva auf ebenen Fluren wollen wir beide zu Fuss gehen, Schleicher, Leseb. 21; aksl. i siysavüse narodi po njemi ida peii otü gradü xal Axobsavres ol oykoı 1noAoudneav au nel And av rölewv Matth. 14, 13. Dazu nehme man noch lit. äsz einı basas ich gehe barfuss. (Ueber das deutsche darfuss vgl. Paul, Prinzipien? 305.) Ai. kevala ganz kommt im RV. nur adjektivisch vor, z. B. asmakam astu kevalah uns möge es ganz angehören RV. 1, 7, 10. Damit lässt sich der Gebrauch von äras in Aras p&v ob ydvort’ av el; 1päs „og Euripides Ion 427 vergleichen, auch lat. fotus. Im Altindischen wird von Flüssen gesagt: fäsya vaydm prasave yama uroih auf dessen Geheiss strömen wir breit dahin RV. 3, 33, 6, desgleichen von einem Flusse im Avesta ya amavatti tacatli welcher mächtig strömt yt. 5, 3; griechisch oöro; (rorand;), &nel te duednoav ol Trpevlöa: ueyas ourw &ppön Herodot 8, 138. Mit dem deutschen er stund stiller bei Hans Sachs vergleicht aksl. stase zuerije nepostgpini die Thiere blieben unbeweglich stehen. Im Avesta wird daregha lang so gebraucht, z. B. zwafsa dareghö masjaka nor te caraiti schlaf lange, o Mensch, noch verstreicht die Zeit dir nicht vd. 18, 16, wozu Geldner, KZ. 25, 524 bemerkt, es sei so ausgedrückt, als ob man im Lateini- schen dormi diutinus statt diu sagen könnte. Aus dem Lateini- schen erinnere ich noch an frequens, rarus und das auffällige nullus, z.B. is nullis venit bei Plautus, nullus dubilo u. ähnl. Endlich seien die eine Stimmung des Handelnden ausdrückenden Adjektiva erwähnt, wie &xwv, rpoopwv, Zibens, solens, invitus (bei Cicero invite), timidus, aequus (te minor latum regel aequus orbem Hor. carm. 1, 12, 57). Ueber &xeivo; im Sinne von &xet hat Brugmann, Griech. Gr.? 214 gehandelt. Es ist in der klassi- schen Grammatik herkömmlich, die hiermit dargestellte Rede-

460 Kap. XI. Die Pronomina. I. Die Pronomina 1.u. 2.Pers. [$206—207.

weise zu bewundern. So sagt Kühner a. a. O.: »die griechische Ausdrucksweise ıst lebendiger, energischer und anschaulicher [als die deutsche], indem der nähere Umstand einer Handlung zugleich ın die Persönlichkeit des Handelnden aufgenommen wird, als: &onepıos TAdev (vespertinus venit), gleichsam vom Abende umgeben.«e Das mag für einige wenige Zeitadjektiva für unser Gefühl zutreffen, und aus dieser Empfindung heraus hat denn auch Goethe die klassische Wendung nachgeahmt, wenn er sagt: heute kommt die morgendliche zum Gebet zu Ganges Fluthen, aber die grosse Mehrzahl ist doch wohl anders aufzufassen. Es sind alterthümliche Wendungen, die durch die immer mehr aufkommende, den gewollten Zweck besser erreichende adverbiale Ausdrucksweise allmählich verdrängt wurden.

Kapitel XII. Die Pronomina.

Ich greife in diesem Kapitel aus der grossen Masse des Vorhandenen, welches man bei Brugmann 2, 762 ff. überblickt, nur diejenigen Pronomina heraus, welche mir in syntaktischer Hinsicht besonders bemerkenswerth zu sein scheinen. Es sind:

1. Die Pronomina erster und zweiter Person.

2. Die enklitischen Formen der Pronomina dritter Person.

3. Das Possessivum ın seinem Verhältnis zum Genitiv.

4. Das substantivische und das adjektivische Reflexiv- pronomen.

5. Das Demonstrativum to.

6. Das Interrogativum und Indefinitum.

I. Die Pronomina erster und zweiter Person. $ 207. Die Nominative im Verhältnis zur Verbal-

form. Im Anfang des Abschnittes über die Personen des Verbums äussert sich J. Grimm (Gramm. 4, 201) wie folgt:

$ 207”—208.] Kap. XI. I. Pron. person., unbetonte Formen. 461

»Wenn die vollere Gestaltung der Verbalflexion in unverkenn- barer Berührung steht zu dem persönlichen Pronomen, sei es durch des letzteren leibliche Agglutination an das Verbum, oder, wie ich mir es lieber denke, vermöge eines in Verbum und Pronomen waltenden analogen Bildungstriebs, so ergiebt sich, dass in den Personen des Verbums zugleich schon der casus rectus des persönlichen Pronominalbegriffs enthalten sein werde. So lange das Gefühl oder Nachgefühl dieses Verhält- nisses in der Verbalflexion lebt, scheint das Subjekt des Satzes, zumal für die dem Hörenden und Redenden stets gegenwärtige erste und zweite Person immer auch in dem blossen Verbum hinlänglich ausgedrückt, ohne dass es eines gesonderten Pro- nomens bedürfte.a Auf dieser Stufe und auf ihr stehen ım allgemeinen die hier behandelten Sprachen treten also die Nominative des Pron. erster und zweiter Person nur dann zum Verbum, wenn auf ihnen ein Nachdruck ruht. Einige Belege aus dem Sanskrıt für diese übrigens selbstverständliche That- sache habe ich SF. 5, 30 zusammengestellt. Im Avestischen ist nach Spiegel, Gramm. 475 der Zustand nicht mehr so alter- thümlich, vielmehr sei (so sagt Spiegel) in der häufigen Hinzu- fügung der Pronomina schon eine Hinneigung zum analytischen Verfahren zu erblicken. Aus der Zahl der übrigen Sprachen hebe ich noch das Slavische und das Germanische hervor. In bezug auf das erstere bemerkt Miklosich 4, 71, dass das Pro- nomen nothwendig dann (ohne nachdrücklich zu sein) stehen müsse, wenn die Verbalform selbst keine Personalbildung ent- halte, wie bei den Partizipien der Fall ist, die zu verbis finitis geworden sind, z. B. russ. 7a dalü, ty dalü. Das Germanische ist von Grimm a. a. O. behandelt, und gezeigt worden, wie nur noch das Gotische auf dem alten Standpunkt steht, z. B. giba Aeyw, batrats tpospgpys, sehvum eldonev, hausidedub Txobaate, und wie dann in den übrigen Dialekten das Pronomen zur Stütze der Verbalform herabgesunken ist.

8208. Unbetonte Formen obliquer Kasus. Vgl. Wackernagel, KZ. 24, 592 ff., Pischel, ZDMG. 35, 714, Ver- fasser, SF. 5, 30ff. und 204 ff., Spiegel, Gramm. 475 ff., Caland,

462 Kap. XII. I. Pron. person., unbetonte Formen. [$ 208.

zur Syntax der Pronomina ım Avesta, Amsterdam 1891 (ver- öffentlicht durch die Akad. d. Wiss.), Bezzenberger, ZGLS. 164 f., Wuk Stephanowitsch, serbische Gr. 55, Miklosich 4, 72 fl.

Aus dem Arischen, dem Litauischen, Slavischen und Grie- chischen lässt sich schliessen, dass bereits in der Urzeit folgende unbetonte Formen von obliquen Kasus des Pronomens erster und zweiter Person vorhanden waren.

1. *moi und *loi ım Sinne des nominalen Genitivs und Dativs. Dafür sprechen das altindische genitivisch, z. B. in ta Jusata me girah diese meine Lieder nehme er gern an RV. 1, 25, 18, dyavabhumi $rnutam rödasi me Himmel und Erde, ihr beiden Welten, hört auf mich 10, 12, 4; dativisch, z. B. ın dehi me dadami te gieb mir, so gebe ıch dir VS. 3, 50, und ebenso in den nicht eben häufigen Dativen der betheiligten Person (Näheres SF. 5, 205). Akkusativisch scheint me RV. 5, 12, 3 verwendet zu sein. Ebenso wie me wird fe gebraucht, z.B. vayo ye te sahasrino rdthäsas lebhir ä gahi o Väyu, wel- ches deine (Gen.) viel gewinnenden Wagen sind, mit denen komm herbei RV. 2, 41, 1, und gleich im folgenden Verse da- tivisch; aydm $ukrö ayümi te dieser Trank ist dir dargebracht. Eine partikelhafte Verwendung, wie bei dem griechischen toı habe ıch nicht gefunden. Einige Vedastellen, in welchem te akkusativisch verwendet zu sein scheint, habe ich nach Pischel a.a.O. verzeichnet. Auf dem iranischen Gebiet haben wir für die erste Person avestisch nö: (gathisch) oder m?, altp. maiy, z.B. upa srayanuha vasahe lehne dich an meinen Wagen yt.17,21; altp. maiy khöatram mein Reich, av. sraota moi merezdätä möi höret auf mich, seid mir gnädig y. 33, 11. Dem nominalen Gen. entspricht ng bei dem Partizipium auf ta, z. B. yap m$ avavap dagvayasnanqm ntijatem dass von mir so viele der Teufelsanbeter erschlagen sind yt. 5, 77, ebenso apers. iya mana kartam tdä ut tyamaiy apataram kartam das was hier von mir gethan ist und was ausserdem von mir gethan ist, Spiegel?, $. 62, A. Dativisch ist därdt moi gieb mir y. 51, 7; yem möi mraos den du mir sagtest y. 34, 13; moSu me java avarhe nürem mE

& 208.) Kap. XII. I. Pron. person., unbetonte Formen. 463

bara upastqm eile mir rasch zu Hilfe, bringe mir Beistand yt. 5, 63; us möt uzäresva ahurä erhebe dich für mich Ahura y. 33, 12. Der zweiten Person gehören an tö:, 12, taıy, z.B. hyap va toi namanqm väzistem oder welcher unter deinen Namen der wirksamste ist y. 36, 3; yase t& gava iristahe bazsaile wer von dir dem milchgemischten trinkt y. 10, 13; apca tötl vaem zyama dann möchten wir dir angehören y. 30, 9; usta ipa te nare Heil nun dir, o Mann vd. 7, 52. Einige altpersische Be- lege sehe man bei Spiegel. Nach Justi und Wackernagel wird ie auch akkusativisch gebraucht, doch erkennt Caland $ 95 nur y. 1,21 als beweiskräftig an. Die Annahme, dass t? auch ablativisch gebraucht werden könne, ist sehr gewagt; y. 35, 7 steht in Geldner’s Ausgabe nicht ?2, sondern te. Griechisch. In der homerischen Sprache entsprechen por und ro: (soı kommt ausser X 381 und A 170 nur betont vor). Sie sind wesentlich als Dative empfunden, weswegen auch im Griechischen enkli- tische Genitivformen neu entstanden sind, nämlich bei Homer peu, osu, ceo (A 396). Aus dem Dativ der betheiligten Person ist die Partikel tor entstanden (vgl. Cauer in Curtius’ Studien 7, 140ff.), welcher die betonte Partikel rot erst nachgebildet zu sein scheint. Es fehlt aber doch wenigstens für por nicht ganz an Resten der alten auch genitivischen Verwendung. Es ent- spricht dem ai. Srnutdm me, dem av. sraota möt, das griech. xA00t por, in bezug auf welches ich eine Stelle aus Wacker- nagel’s Besprechung der Cauer’schen Homerausgabe in der Berliner Philol. Wochenschrift 11, 39 anführe: “Cauer ersetzt E 115, K 278, ß 262, 8 762, C 324 das an diesen Stellen durch die Überlieferung bevorzugte xAößi por durch xAöBi pev (was allerdings Aristarch A 37, 451, £ 239 und vielleicht auch an sämmtlichen obigen Stellen geschrieben hat), ohne zu bedenken, dass durch das nachweislich genitivische oi auch für poı einstige genitivische Bedeutung wahrscheinlich gemacht wird und ob- wohl gar nicht abzusehen ist, wie nor, wenn es nicht alt über- liefert war, so oft neben dem Verbum des Hörens erscheinen konnte” (vgl. auch J. van Leeuwen, Mnemosyne N.F. 13,217). Dazu kommt noch der Sprachgebrauch des Herodot, der

464 Kap. XII. I. Pron. person., unbetonte Formen. [$ 208.

2. B. 7a yoı radrnara bietet, vgl. Krüger 48, 12,2. Litauisch. Im älteren Litauisch finden sich mi und ti im akkusativischen und dativischen Gebrauch, st wird noch heute ın derselben Weise gebraucht. Es scheint mir (trotz Hirt, IF. 1, 41) unmittel- bar einleuchtend, dass mi und {4 dem ai. m& und ?e u. 8. w. entsprechen. Im Slavischen ist die Lage wesentlich dieselbe wie im Griechischen. Altüberliefert sind mi, ti, si, so ım Altkirchenslavischen und Serbischen. (Im Russischen ist von der einstigen Enklisis des Pronomens überhaupt nur noch eine schwache Spur vorhanden, vgl. Miklosich 32, 303.) Wie im Griechischen werden mi, ti, si als Dative empfunden. Da- neben bestehen im Serbischen die enklitischen Genitivformen me, te. Einige Beispiele sind: aksl. daZdi mi öds por Matth. 14, 8; unedje bo ti jestä oump£peı yap coı 5, 30; serb. day mi casu vode gieb mir ein Glas Wasser, uzedu ti glavu ich werde dir den Kopf abschlagen, po bogu da si mi drat bei Gott sei mir ein Bruder, mein Bruder, za tri dana ako mi sacuvas kobilu wenn du mir durch drei Tage die Stute (meine Stute) hütest (aus den Märchen). Die beiden letzten Beispiele zeigen mi ın possessivem Sinne (den Wuk, Gramm. 56 bei mi und &i besonders hervorhebt). Dieser Sinn kann aus dem Dativ ab- geleitet werden (s. Dativ $ 146). Es ist aber wohl natürlicher, in ihm Reste der alten genitivischen Verwendung zu sehen und anzunehmen, dass auf die Ausbildung des adnominalen Dativs im Slavischen der überlieferte Doppelsinn von mi und tt nicht ohne Einfluss gewesen sei. Endlich will ich wenigstens erwähnen, dass auch im Lateinischen noch eine Spur der Formen *mot und *tot vorhanden ist: 4463 wird nach Bücheler- Windekilde $ 292 ganz wie ein einsilbiges Wort behandelt und der Vokativ mi ist vielleicht ursprünglich nichts anderes als das alte *mo? (Brugmann 2, 819).

2. Als enklitische Akkusative sing. erscheinen ai. und !vä, av. ma und Zwä (vgl. Bartholomae, arische Forsch. 2, 5), griech. pe, oe (dieses orthotoniert und enklitisch). Im Slavischen haben die enklitischen Akk., z. B. aksl. me, te, serb. me, te, keine betonten Akkusativformen neben sich, sondern es

5 208.] Kap.XII. I.Enklitische Formen desPron. 1.u.2. Person. 465

erscheinen, der slavischen Gewohnheit gemäss, beseelte Objekte in den Genitiv zu setzen (vgl. $ 154), die entsprechenden Ge- nitive, z. B. aksl. mene, tebe. Belege für die angeführten For- men sind, da dieselben nur einen Kasus vertreten, nicht nöthig. Die indogermanischen Grundformen lassen sich mit völliger Sicherheit nicht aufstellen.

Im Griechischen findet sich merkwürdiger Weise rıv, was der Form nach Dativ ist, im akkusativischen Gebrauch über- liefert (vgl. G. Meyer, Griech. Gr.? 383).

3. Die Formen *res und *ves finden sich in den arischen Sprachen im Sinne des Akkusatıvs, Genitivs, Dativs, so im Altindischen, z. B. yd$ ca paßyati janah und wel- cher Mensch uns erblickt RV. 7, 55, 6; sute dadhifva na3 cäanah finde Gefallen an unserem Tranke 1,3, 6; vi no radhäsi ma- tibhir dayadhvam theilt uns Schätze für Lieder zu 7, 37, 2. Beispiele für vas: @ vo vahısthö vahatu stavddhyai rathah der trefflichste Wagen führe euch her, zum Preise 7, 37, 1; yad dha vo balam entsprechend eurer Kraft 1, 37, 12; pr& vo bhriyanta indavah es werden euch die Tropfen dargebracht 1,14, 4. Häufig steht vas, wie ıch SF. 5, 206 bemerkt habe, so, dass man es lieber als Partikel auffassen möchte (die na- türlich im Grunde nichts anderes ist als der Dativ), wie rot. Dieselbe Ansıcht hat Baunack, Studien I, 2, 353 hinsichtlich des gathischen ve geäussert (vgl. auch Geldner, KZ. 25, 555, Anm. 22). Auf dem iranischen Gebiet zeigt sich derselbe Gebrauch im jüngeren Avesta, wo und vo als Akk., Gen., Dat. vorkommen, z. B. apa no haca qzanhap bardis rette uns aus der Noth yt. 10, 23; y0 agnanharti no mand agnanhatti kehrpem der uns die Seele (unsere Seele), der uns den Leib (unseren Leib) schädigt y. 9, 29. Ein sicherer Fall des dati- vischen Gebrauchs von x6 ist y. 70, 2, des genitivischen 65, 7. Für v6: yez# vo didvagsa wenn ich euch gepeinigt habe y. 1, 22; aap vo kascih masyänqm witi mraop denn spreche einer von euch Menschen so yt. 19, 53. Für den dativischen Gebrauch ıst mir kein sicherer Beleg zur Hand. Justi ist der Ansicht,

dass »6 und vo auch ablativisch vorkämen, was Caland $ 95 Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. T. 30

466 Kap.XD. 1. Enklitische Formen des Pron. 1.u.2. Person. [$ 208—209.

bestreitet. In den Gathas dagegen lauten die Akkusative nd und vd, z. B. aa nd bräzdum so rettet uns y. 34, 7; ye mazda ahura pairijasäs der ich euch M. A. dienen will y. 28, 2. Dem Genitiv und Dativ dient n2 und ve, z. B. ne dusexsapra x$entä nicht sollen schlechte Fürsten über uns herrschen y.48,5; ahya hvö ne datrdı davon gieb du uns y. 40, 2; ta ne vaoca das sage uns y. 31, 3; i@ ve urvala mareniö eurer Lehren ge- denkend y. 31, 1. Sicher als Dativ ist ve empfunden, wo noch (eine seltsame Häufung, wie sie bisweilen vorkommt) der Dativ z$maibja darauf folgt, nämlich y. 28, 10. Das Griechische hat *nes und *ves verloren, hat aber aus den sonstigen Plural- formen neue Enklitiken gebildet. La Roche, Homerische Text- kritik 277 bemerkt darüber, indem er die Lehren der Alten zusammenfasst: “Die Pronominalformen ruwv, uw, nuas, 7pewv, keas, vv werden orthotoniert, d. h. sie bekommen mit Aus- nahme von Aucwv, Tutas den Zirkumflex auf die letzte Silbe, wenn sie im Gegensatz stehen (ötastelldnevar, Greleuyuevaı), überhaupt wenn sie hervorgehoben werden sollen (öpıopöv ör,- Aoösaı), wenn sie am Anfange stehen (Aäpxtıxal) und wenn sie von einer Präposition regiert werden. Enklitisch sind sie, d.h. sie werfen ihren Ton auf die vorletzte und beziehungsweise drittletzte (Zueas), in allen übrigen Fällen, als ankai, andluror”. Wann die alten Grammatiker 7uıv und wann sie Av gesetzt haben (falls nämlich das Metrum nicht die Auswahl vorschrieb), darüber fehlte es an Zeugnissen. So viel ich sehe, sind wir auch mit unserer modernen Weisheit nicht eben weiter ge- kommen. Über die im Altkirchenslavischen vorkommenden enklitischen Dative plur. »y und vy s. Leskien, Handb.? 93, Brugmann 2, 814.

Enklitische Dualformen giebt es nur im Altindischen, nämlich nu und v@äm ım Sinne des Akk., Gen., Dat. Ob hierin etwas Ursprüngliches oder eine Nachahmung von »as und vas vorliegt, lässt sich nicht entscheiden.

8 209. Allgemeines über die Kasusnatur.

Es hat sich gezeigt, dass einige der enklitischen Formen einen Kasusgebrauch haben, wie er bei den nominalen Sub-

$ 209—210.] Kap. Xo. II. Enklitische Formen desPronomens3.Person. 467

stantiven nicht vorliegt. *Mot und *tios werden im Sinne des nominalen Genitivs und Dativs, *nes und *ves noch dazu im Sinne des Akkusativs verwendet. Wie die Formen zu diesem Sinne gekommen sind, lässt sich nicht ausmachen. Ich habe, eine der Möglichkeiten heraushebend, SF. 5, 205 bemerkt, dass man diese Kasus vielleicht richtiger als Stammformen bezeich- nen könne. Eine andere Möglichkeit wolle man sich an der Hand des von Behaghel, Germania 24, 24 über mir, mich u. s. w. beigebrachten Materials vergegenwärtigen.

II. Enklitische Formen des Pronomens dritter Person.

Unter den im Folgenden zu erwähnenden Formen sind von besonderem Interesse diejenigen, welche wie das avestische Ag (8) im Sinne mehrerer Nominalkasus und Geschlechter, oder wie das griechische vıv im Sinne mehrerer Numeri stehen. Wir lernen daraus, dass in der ältesten Zeit eine sehr ungenaue Aufnahme genannter Begriffe durch schwachbetonte Formen genügen konnte, welche Formen später durch die Gewöhnung an eine straffere Durchführung der Kongruenz verdrängt wurden. Unter diesen Formen wäre auch das griechische ol zu er- wähnen gewesen, wenn es sicher wäre, was mir nicht eben unwahrscheinlich vorkommt, dass darin ein indogermanisches *svoi und *soi (gleich avestisch Ag) zusammengeflossen ist.

6 210. Immer-enklitische Formen.

1. Altindisch im, avestisch im, i und 38, griechisch wıv, vıv. Über das altindische im sagt Grassmann: “Es ist ursprünglich Akk. des Deutestammes # mit verlängertem :”. Das ist natürlich nur eine Umschreibung für das Geständnis, dass wir uns über die Länge des # wundern. Die Auffassung als Akk. aber hat kein formelles Bedenken gegen sich. Ob wıv und vıv mit dem arischen im zusammengehören, kann frei- lich zweifelhaft sein. Ich habe sie hierher gestellt, weil pıv und vıv aus einem verdoppelten *:m erklärt zu werden pflegen.

30*

468 Kap. XII. I. Enklitische Formen des Pron. 3. Person. [$ 210.

Über die Bedeutung von im ist schwer in’s klare zu kommen. Die einheimische Überlieferung hält das Wörtchen für eine “Expletiva’, und philologisch gestimmte Interpreten sind ge- neigt, dem zuzustimmen, während es den Linguisten gegen das Gefühl geht, ein Wort für bedeutungslos zu erklären. Ich theile diese letztere Stimmung, gestehe aber andererseits zu, dass nicht wenige Stellen unserer Texte den Eindruck machen, als seien im, das später zu erwähnende sim und ähnliche Wörter wirklich nur Füllsel.e Unter diesen Umständen gebe ich anderen das Wort. Über altindisch im sagt Grassmann, es bedeute 1) ihn, ste, es, indem es ein Nomen im Singular vertritt und sonst in demselben Satze das unmittelbare Objekt nicht zugleich ander- weitig bezeichnet ist; 2) shr, sie, es in gleichem Sınne, aber so, dass noch ein anderer Akk., der als Apposition zu fassen und im Deutschen meist durch ‘als’ einzuleiten ist, folgt; 3) ihr in gleichem Sinne hinter dem Akk. eines Pronomens; 4) ste beide; 5) sie in der Mehrheit, und zwar ohne und mit einem zugehörigen Akkusativ. Sodann soll #m= noch im Sinne des lateinischen cungue, nach dem Interrogativum im Sinne unseres doch stehen, und endlich in einer Reihe von Stellen zur Ver- meidung des Hijatus eingeschoben sein. Uber das avestische im sagt Justi, es sei eine Verstärkungspartikel, ersetze aber öfter ein Pronomen demonstrativum. In : sieht Bartholomae, Ar. Forsch. 3, 54 einen Akk. dualis mask., i$ ist nach Caland 62 zurückweisender Akk. plur. mask. oder fem. (vgl. auch Spiegel, Gramm. 479).

Auf festerem Boden befinden wir uns (wenigstens, was den Gebrauch betrifft, denn über die Etymologie sind ab- weichende Vermuthungen möglich, vgl. Brugmann 2, 770) mit griechischem pıv und vıv. Miv, bei Homer sehr häufig, bezieht sich ganz überwiegend auf Personen, also auf Mask. oder Fem., und zwar im Sıngular. Gelegentlich nimmt es auch Sachen auf, z. B. yaln v 188 (auch 190), ndAıs Q 729, oysötn e 256, vjoos x 3, auch wenn diese Neutra sind, z. B. gap- paxov x 305, oxijntpov A 237, ötras Z 221, Eyyos II 142 und sonst, xeppaöıov Y 287. Dass es x 212 und p 268 dwpara

$ 210.) Kap. XI. IH. Enklitische Formen des Pron. 3. Person. 469

aufnimmt, beweist noch nicht seine Fähigkeit, auch Plurale zu vertreten. Nicht selten erscheint es vorausnehmend (wie :m nach Grassmann und andere enklitische Pronomina), z. B. !va nv madoeıe növoro dtov Ayılllja © 249; 7 puv Zyeıpev Nauoıxaav &önerkov Ü 48 (vgl. Kühner 2, 566). Wie das deutsche tAn u. s. w. kann gıv auch reflexiv gebraucht werden, freilich nur in einem zweiten Satze, z. B. aötap Adnyn SövV "Audos xuvenv, pn puv Löor &3pımos Apns E845 (ähnlich ® 266, U 90), so dass der Einwand er- hoben werden kann, die Äusserung geschehe vom Standpunkt des Erzählers. Sicher aber ist adrdv uıv reflexiv in: adrdv div rinyfow deıxellgar daudooa; 8 244. In den Worten neppnpıse .. HE pıv adroy rarpös &ageıe uynoditivar d 118 ist pıv adröv durch “ihn selbst’ zu übersetzen (ob er ihn seinen eigenen Gedanken überlassen oder ihn fragen solle. So auch an den anderen Stellen, wo pıv adıov (D 318, 0 472), yıv adryv (2 729 die Stadt selbst) oder aötnv yıv (A 117) vorliegt. Der reflexive Gebrauch von uıv findet sich auch bei Herodot (s. Krüger). Man ver- gleiche dazu himself und Grimm 4, 318. Niv, nicht bei Homer, aber nicht selten bei Tragikern und Pindar, steht im Sinne von adtöv, adrnv, bisweilen auch adrd, also wie gıv, unterscheidet sich aber von diesem dadurch, dass es (wie 7m nach Grass- mann) auch pluralisch steht, für adtou;s z. B. Euripides Phoen. 1168 und sonst, für aöra; Euripides Bakchen 813: Aurpw@s vıv elstöoın Av &ipvwuevas, für adra Sophokles EI. 436, 624 und auch Euripides Med. 1312 (was als dualisch angeführt wird).

2. Altindisch sim, avestisch him (altp. sim), dazu av. hi (Dual), A:$ (Plural) und altp. 8:3 (Plural). Vgl. Wackernagel, KZ. 24,605 ff., Spiegel, Gramm.478, Caland $103. Die Schwierigkeiten der Interpretation sind dieselben wie bei im, der Kasuscharakter der Wörtchen aber unverkennbar. Über ai. sim sagt Grassmann, es bedeute ihn, sie, es u. s. w., den Akk. eines Substantivs vertretend, und zwar für alle Zahlen, Geschlechter und Personen. Sehr oft nimmt es das später noch genannte Substantivum vorweg. Nomina, auf welche es sich bezieht, sind z. B. agntm den Gott Agni, vayram den Donner- keil, ugasam die Göttin der Morgenröthe, vartıkam die Wachtel,

470 Kap. XII. DO. Enklitische Formen des Pron. 3. Person. [8 210.

rödasi die beiden Welten, sindhün die Flüsse, gas die Kühe, tamägsı die Finsternisse. Ausserdem wırd es nach Grassmann im Sinne des lateinischen cungue und ‘verstärkend’ gebraucht. Mit diesem sim identisch ist av. him. Es ist sicher gebraucht im Sinne eines Akk. sing. mask. oder fem., z. B. äa) him jat- äyen avah äyaptem dann sollen sie ihn um diese Gnade bitten yt. 15, 40; yazadsa m& him spitama zarabustra yqm aredvim surgm anahitq du sollst sie verehren, o Sp. Z., meine jung- fräuliche, hilfreiche Aredvi yt. 5, 1. Nach Wackernagel ist him an einer Stelle (Visp. 4, 2) pluralisch gebraucht. Doch ist diese Auffassung nicht durchaus nöthig, man kann es auch auf den zuletzt genannten Begriff beziehen. Nicht auf eine Person, sondern auf eine Sache (dagna Glaube) geht him z. B. yt. 13, 100. Das altpersische sım ist öfter Akk. sing. mask., auf eine Person gehend, ferner Fem., auf dumi das Land bezüglich, endlich an einer Stelle auch auf das Neutr. Ahdatram. Pluralisch kommt es nicht vor. Entsprechend der Beschränkung auf dem Sin- gular, den die iranischen Formen verglichen mit ai. sim er- fahren haben, haben sich im Iranischen dualische und plu- ralısche Formen ausgebildet, nämlich das dualische Ai (Ai vahyö akem ca beides das Gute und das Böse y. 30, 3), das plura- lische av. A383, sicher belegt im Sinne von adrods und aüras, nach Wackernagel 607 auch einmal von aödra. Endlich kommt im Altpersischen einmal 3:3 als Akk. plur. mask. vor. In we- sentlich derselben Verwendung wie sim u. s. w. kommt av. und apers. dim vor, daneben einmal av. di als Neutr. sing., und pluralisch av. di$ und apers. dis. Man vergleiche dazu preuss. din, dien eum, eam, dins, diens eos.

3. Iranisch Ag, Saty, Säm. Im Iranischen giebt es en- klitische Formen, welche sich in einem uriranischen *sat ver- einigen (Brugmann 2, 807), nämlich gathisch Adi, im übrigen Avesta h@ und $8, altp. $Saiy. Ein betontes hör, welches Bar- tholomae in seinem Handbuch anführt, ist nicht vorhanden (vgl. dessen Ar. Forsch. 2, 4). Wie bei dem Reflexivum gezeigt werden wird, betrachtet Wackernagel dieses *sai als einen Abkömmling des Stammes *svo, was mir nicht wahrscheinlich

$210.)] Kap. XO. II. Enklitische Formen des Pron. 3. Person. 471

vorkommt. Ich möchte vielmehr glauben, dass *sat aus dem Stamme *so (der ja auch im ai. sdsmin und im lat. sum, sam, sos, sas ausserhalb des Nominativs vorliegt) nach Analogie von *moi und "tot gebildet sei. Was die Kasusnatur dieses Aör u. 8. w. betrifft, so entspricht es wie * moi und *lod dem Genitiv und Dativ, z. B. zsaßröi höi in seinem Reiche y. 45, 10; he taurvayatem {batsü anrahe mainyeus drvatö die überwanden die Angriffe des bösen, verderblichen Geistes yt. 13, 78 (also vorausnehmend gebraucht, wie öfter, vgl. Wackernagel 607); yo cisca ahmi nmäne atnarhä asti masyd geurvaya he pädave zavare pairi SE uSsi verenüuidı skendem $E mano kerenuidi wer auch in diesem Hause ein gewalithätiger Mensch ist, dessen Füssen nımm die Raschheit, verdüstere seinen Verstand, schlage seinen Geist y. 9, 28; so auch altp.: yassaiy fratama martıya anusiya Ghantä welche seine vornehmsten Nachfolger waren, Spiegel? 8, 58. Dativische Beispiele (wozu man übrigens auch eines oder das andere der eben angeführten rechnen kann) sind: hausaiy khsatram fräbara er verlieh ihm das Reich, Spiegel? 46 H.; a5 hör mazdüä ahum dadap ahurö (wer es dem 2. zu Danke macht, der verdient ausgezeichnet zu werden) und ihm wird A. M. das Leben geben y. 46, 13; ap hör agji und ich sprach zu ihm y. 43, 8; avab he astı masyö arebem das ist für sie (die Frau) ein grösserer Nutzen vd. 7, 71. Zweifel- haft kann man, wie öfter, wegen des Kasus sein in der Stelle ka he asti ciha was ist dafür die Strafe vd. 3. Bisweilen ist he kaum zu übersetzen: Ga) he im bvah perene und die Erde war ihm (etwa dem Yıma) voll (von Vieh u. s. w.) vd.2, 16. Auch pluralische Anwendung kommt vor, so: 1? parasafänho zaranagna pattiimurzta Gap he apara erezataena die Vorderhufe sind mit Gold bekleidet, aber ihre (der vier Rosse) hinteren mit Silber yt. 10, 125. Man vergleiche auch Wackernagel 602 und Caland $ 102. Den ältesten Bestandtheilen unserer Texte gehört der pluralische Gebrauch, so viel ich sehe, nicht an. Im Vendidad kommt Ag auch akkusativisch vor: dad yezi 5E barab agvo yap iristem wenn er ihn, den Toten, allein trägt vd. 3, 14. Einiges Weitere bei Wackernagel 601 (gegen die

472 Kap. XII. U. Enklitische Formen des Pron. 3. Person. [$ 210.

Spiegel'sche Auffassung von als Akk., yt. 14, 52, s. Geldner, Drei y.$. 84). Die Annahme, dass h? auch Ablatıv sein könne, ist unsicher. Soweit die Kasusnatur. Was die Wortbedeutung angeht, so scheint mir A2 (ebenso wie das griechische pıv) an einigen Stellen auch reflexiv vorzukommen, was Wackernagel freilich bestreitet. Mir scheint die Annahme dieses Gebrauches natürlich in: A@ ha maidim nyäzata sie gürtete sich die Leibes- mitte yt. 5, 127; vidyap saosyqs yaba hör asis anhat der Retter möchte wissen, wie sein Loos sein wird y. 48, 9 (so die Auf- fassung von Caland $ 106). Auch y. 45, 10 bezieht sich hör auf das Subjekt des Satzes. An *”sas schliesse ich das alt- persische sam. Es wird, wie sich aus Spiegel, Gramm.476 f.ergiebt, im Sinne des Genitivs (der im Altpersischen den Dativ ın sich aufgenommen hat, s. $ 129) gebraucht, z. B. adamlam khsäya- thiya aham ich war ihr König; yapasam hacama apahja wie ihnen von mir gesagt wurde; avahasam hamaranam kartam so wurde von ihnen eine Schlacht geliefert; einmal auch im Sinne des Akkusativs: adamsam ajanam ich schlug sie. Über die Entstehung dieses 5am lässt sich etwas Sicheres nicht sagen. Vielleicht ist es aus einer dem ai. &$@m entsprechenden Form ebenso entstanden, wie das serb. mu aus njemu.

4. Altindisch ena. Ebenso wie im, sim und die übrigen oben genannten Wörter wurde auch das nur im Altindischen vorliegende substantivische Pronomen Zra ursprünglich nur als Akkusativ gebraucht, denn es finden sich in RV. nur die Akk. enam, Enaäm, enan, enas, ene (und dazu dreimal der Gen. dual. mask. &nös, der auch durch seine Form auffällt\. Der AV. liefert dazu &näu und änayös, den Instr. mask. änena, den Akk. neutr. nad. Die spätere Sprache hat noch den Instr. fem. enaya und den Akk. plur. neutr. önäni, wie aus Whitney $ 500 zu ersehen ist. Nach demselben Gelehrten kommt dnad ım AB. auch als Nom. vor, eine vereinzelte Ausnahme, auf die nichts zu geben ist, ebenso wenig wie auf die Thatsache, dass RV. 8, 6, 19 &nam steht, denn es ist noch zweifelhaft, ob dies gleich eram ist. (Man vergl. zu dem Gesagten Böhtlingk, Chrestomathie ! 278, der zuerst erkannt hat, dass Ena, welches

$ 210—211.] Kap. XIL II. Enklitische Formen des Pron. 3. Person. 473

in den Handschriften sehr oft mit &a verwechselt wird, nur Substantivpronomen dritter Person ist, und der an derselben Stelle auch zuerst die richtige Auffassung von im und sim vorgetragen hat.) Belege für den Gebrauch von era finden sich SF. 5, 29 und 567. Ich hebe hervor, dass es auch voraus- nehmend gebraucht wird, z. B. dhann enam prathamajam dhi- nam er erschlug ihn, den erstgeborenen der Drachen RV.1,32,3, und dass es auch zu dem Relativum in Korrelation tritt, z. B. upainam yajho namatı ya evam vidvan parkti kurute ihm wendet sich das Opfer zu, welcher (wenn er), dieses wissend, Gruppen bildet AB. 1, 5, 15.

6 211. Formen, die auch enklitisch sind.

Die bisher erwähnten Formen sind immer enklitisch. Es giebt aber auch solche, welche je nach ihrer Bedeutung betont oder enklitisch sind. Dahin gehören im Altindischen folgende Kasus des Stammes a: asmäi asyütl, asmäd asyäs, asya asyäs, asmin asyam, abhyam, ebhis äbhıs, ebhyas abhyas, e$am asam, esu äsu. Sind diese Formen betont, so werden sie zu dem Pronomen aydm gerechnet, sind sie unbetont, so ergänzen sie das eben erwähnte era. Hinsichtlich der Bedeutung gilt die Regel, dass die unbetonten Formen substantivisch gebraucht werden, also Pronomina der dritten Person sind, die betonten aber adjektivisch im Sinne von ‘dieser’ oder ‘dieser erwähnte‘). Aus dem Griechischen gehört hierher das von Aristarch an- genommene, von den Herausgebern gewöhnlich abgelehnte autov In xöbe yap adtov Eyovra ara ot7dos M 204 (die Schlange

1) Ich bin SF. 5, 28 nicht recht zur Klarheit darüber gekommen, ob betonte Formen auch substantivisch gebraucht werden können. Ohne jetzt die umfängliche Untersuchung wieder aufnehmen zu können, bemerke ieh nur, dass ich a. a. O. im Irrthum war, wenn ich asyam SB. 3, 2, 3, 2 als Beleg für den substantivischen Gebrauch anführte. Es ist vielmehr ein Adj., neben welchem das Substantivum zu ergänzen ist, denn iydm, scil. prihivt, heisst ‘die Erde’. So viel ich beobachtet habe, haben diejenigen Formen des subst. Pron., welche dem Mask. und Neutr. gemeinsam sind, im Veda fast durchaus maskulinischen Sinn. (RV. 1, 23, 214 ist asya Neutrum.) Die Lage ist also, abgesehen von der Kasusverschiedenheit, dieselbe wie bei öna.

474 Kap. XUH. 11I. Enklitische Formen des Pron. 3. Person. [$ 211.

biss ihn, der sie trug). Im Lateinischen und Gotischen würde an dieser Stelle das Reflexivum stehen, das Griechische, wel- ches sein Partizipium freier handhabt, hat das Pronomen dritter Person. In den slavischen Sprachen bildet der Stamm "jo das substantivische Pronomen dritter Person (z. B. aksl. jego, Jjemu u.s.w.). Die dazu gehörigen Nominative # u.s.w. werden in Verbindung mit der Partikel Ze relativisch gebraucht. An ihre Stelle treten on& u.8.w. Wie sich dieser Gebrauch mit dem rela- tivischen Gebrauche von *yo im Arischen und Griechischen vereinigt, soll später erwogen werden. An dicser Stelle geht uns die Thatsache an, dass neben die Formen Jego u. s. w. eine zweite Reihe nyego (nego) u. 8. w. getreten ist. Und zwar treten die Formen mit » im Altkirchenslavischen auf, wenn sie von einsilbigen Präpositionen abhängig sind, z. B. siü nego, otü nego, tz nego u.8. w. Es kann kein Zweifel sein, dass das % eigent- lich den Auslaut gewisser Präpositionen bildete (z. B. *süör) und dann zum Pronomen gezogen wurde, mit dem die Präp. unter einen Ton trat (vgl. J. Schmidt, KZ. 27, 281 ff). In wie weit schon in der altkirchenslavischen Zeit das » als zum Pronomen gehörig empfunden wurde, wäre noch zu untersuchen. In den lebenden slavischen Sprachen ist das entschieden der Fall. So stehen z. B. im Serbischen neben einander im Mask. Fem. plur. der Gen. nyih und th, der Dativ nyıma und ım, ım Fem. sing. der Gen. nje und je, der Dativ »707 und 307, der Akk. nyu und je. Dabei werden die »-losen Formen von Wuk und Miklosich 4, 72 als enklitisch bezeichnet. Ebenso liegt es im jetzigen Bulgarischen, ob auch im Russischen ist mir zweifel- haft.!) Ferner ist von Interesse, dass es im Serbischen zwei Formen giebt, welche durch Verkürzung aus längeren ent- standen sind, nämlich den Gen. sing. mask. und neutr. ga aus njega und den Dat. mu aus njemu. Auf diese Formen sei hier hingewiesen, weil sie vielleicht geeignet sind, auf Formen wie altpers. sam Licht zu werfen.

1) Ich gestehe nämlich, dass ich im Russischen einen Unterschied der Betontheit zwischen u njego bei ihm und ego dom& in seinem Hause nicht höre.

$ 212—213.] Kap. XIL III. Die Possessiva und der Genitiv. 475

$ 212. Allgemeinesüber dieAnwendung enklitischer Formen.

Im allgemeinen werden diese Formen gebraucht, wenn ein geringerer Nachdruck auf ihnen liegt.

Im einzelnen ist zu bemerken, dass sie, wie alle enkli- tischen Wörter, dem Platze nach dem ersten Worte des Satzes zustreben, worüber bei der Lehre von der Wortstellung zu handeln sein wırd. Sodann will ich noch bemerken, dass ın der Verbindung mit Präpositionen ursprünglich wohl die or- thotonierten Formen angewendet worden sind, doch kommen überall auch enklitische Formen vor. So im Altindischen: abhito ma RV. 7, 59, 7, 'ntar 1, 168, 5. Viele Stellen sınd zweifelhaft, weil man die Präposition auch zum Verbum ziehen kann, z. B. 1, 171, 1. 7,1, 3 u.a. Stellen aus dem Avesta ver- zeichnet Caland $ 93, aus dem Griechischen Krüger $ 25, 1, Anm. 2. Im bezug auf das Altkirchenslavische bemerkt Miı- klosich 4, 73: “nach Präpositionen können mit Ausnahme von mi, ti, si alle enklitischen Formen angewandt werden”, z. B. vu me verujte eis &ut nıoteuere, dagegen nur mine, tebe, sebe. Und ebenso sagt Wuk in bezug auf das Serbische (Gr. 56), dass man immer sage kod mene bei mir, k ment zu mir, da- gegen könne im Akkusativ auch die enklitische Form gebraucht werden, z. B. za mene oder za me für mich, za tebe oder za te für dich. Über das Germanische vgl. Kluge in Paul’s Grund- riss 1, 346.

Eine genauere Behandlung dieser Frage, welche tief in die Untersuchung über die indogermanische Satzbetonung hineinführen würde, wäre wünschenswerth.

II. Die Possessiva und der Genitiv. 6 213. Genitiv und Possessiva. Brugmann hat 2, 823 ff. die Vermuthung durchgeführt,

dass die adjektivischen Possessiva der ältesten Zeit aus dem Genitiv gebildet seien, während es andererseits klar ist, dass

476 Kap. XII. III. Die Possessiva und der Genitiv. [$ 213.

einige Genitive aus Possessiven entstanden sind, so altindisch asmakam, yugmäkam, avestisch ahmäkem, yüsmäkem, z$mäkem, lateinisch nostri, vestri, nostrum, vestrum. So unzweifelhaft die Beziehung zwischen Genitiv und Possessiven ist, bleibt doch noch, wie sich jeder bei dem Studium der angeführten Seiten überzeugt, so viel Raum für Zweifel und abweichende An- schauungen übrig, dass ich es für nutzlos halte, meinerseits auf diese Fragen einzugehen. Ich beschränke mich deshalb auf ein paar Worte über die arıschen -Possessiva. In dieser Hinsicht fällt zunächst auf, dass die vedische Sprache mit Possessivis sehr schwach versehen ist. Ein Wort für ‘mein’ ist nicht vorhanden, iv@ dein kommt einmal vor, zweimal be- gegnen adjektivische Formen von yusmaka (yu$makena und yugmakäbhis), etwas häufiger sind derartige Formen von asmäka. Mit diesem Zustand stimmt, wie man bei Caland $ 86 ersieht, der jüngere Avesta im wesentlichen überein, während in den Gathas die Possessiva ma mein, ahmäka unser, wa dein, yusmäka und z$mäka euer vorhanden sind. Caland zieht aus diesem Thatbestand $ 89 den Schluss, dass auch das Vedische einstmals alle Possessiva gekannt habe, dass dieselben aber durch sva verdrängt seien. Ich gehe nur so weit, zu ver- muthen, dass ın der indo-iranischen Zeit Genitive und einige Possessive vorhanden waren, welche in ihrer Bedeutung mit einander konkurrierten und sich deshalb in den Einzelsprachen mit verschiedenem Erfolge das Terrain streitig machten. Dass das altindische asmakam, yu$makam und die entsprechenden iranischen Formen erstarrte Neutralformen sind, ist nicht zu bezweifeln. Gegenüber Brugmann’s Versuch, S. 830 Anm., sich die Entstehung dieses Gebrauches anschaulich zu machen, scheint mir noch heute der von Böhtlingk in der ersten Auf- lage seiner Chrestomathie S. 277 gemachte den Vorzug zu ver- dienen, der in die Worte gefasst ist: “Am leichtesten können wir uns diese erhärteten neutralen Formen erklären, wenn wir annehmen, dass sie ursprünglich bloss prädıkativ gebraucht wurden” (vgl. dazu SF. 5, 204). Diejenigen Gelehrten, welche met, tui, griechisch teoro zu erklären wünschen, seien darauf

$ 213—214.]| Kap. XII. IV. Das substantivische Reflexivpronomen. 477

hingewiesen, dass auch für das Avestische ein gleicher Ge- brauch der eigentlich adjektivischen Formen mahmi und mahya angenommen, aber von Caland $ 97 angezweifelt worden ist.

IV.

Das BReflexivpronomen.

$ 214. Das substantivische Reflexivpronomen.

Altindisch. In.der alten Sprache ist ein substantivisches Reflexivpronomen nicht vorhanden, während ein solches in der späteren Sprache, wenn auch nicht häufig, vorkommt. Böht- lingk in seinem Wörterbuch sagt darüber: “sva m.n. die eigene Person, das Selbst, das Ich; in den obliquen Kasus als Pron. refl. verwendet, auch mit Zurückbeziehung auf Unbelebtes”. Als Belege führt er an: svoam ca brahma ca ein Ich und Brahma, na svam Sikfayasi svayamı selbst belehrst du dich nicht, svam nindantah sich selbst tadelnd (also sing. bei plur.). Dieses Pro- nomen ist nicht ein Gegenbild des Reflexivums im Griechischen und Lateinischen, sondern wie schon die Art der Flexion beweist eine”erst im Laufe der Sonderentwickelung des San- skrit entstandene Substantivierung des Adj. sod, bedeutet also eigentlich “das Eigene’, daher man denn auch die von Böhtlingk noch angeführten Worte samikah svany avartanta zwar mit ihm übersetzen kann “die Krieger kümmerten sich nur um sich‘, aber auch ebenso gut ‘um das Ihrige. Was wir durch das subst. Refl. ausdrücken, wırd im vedischen und klassischen Sanskrit durch tanü (Leib) und ätman (Seele) gegeben, z. B. yathayaja ylübhir deva devan Eva yajasva tanvam sujäla wie du, o Gott, den Göttern zu den Zeiten opfertest, so opfere auch dir selbst, o Schöngeborener, RV. 10, 7, 6 (vgl. SF. 5, 208); balam dadhäna ätmanı Kraft in sich selbst legend 9, 113, 1, so namentlich in der Prosa und der späteren Zeit, z. B. at- mäanam &vd tena punite dadurch läutert er sich selbst MS. (vgl. SF. 5, 262). Wenn also ein subst. Refl. vom Stamme sva, welches sich dem ungeschlechtigen Refl. der klassischen Spra- chen an die Seite stellen liesse, nicht vorhanden ist, so können

478 Kap. XI. IV. Das substantivische Reflexivpronomen. 1[$ 211.

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doch Bildungen oder kann doch eine Bildung von sra in appo- sitioneller Verwendung substantivisch gebraucht werden. Zwar ob svds gelegentlich im Veda im Sinne unseres “er selbst’ vor- kommen, lasse ich dahingestellt (SF. 5, 207), dagegen ist von alter Zeit her soayam gebräuchlich, offenbar eine im Altindischen entstandene Anlehnung an alam und fvam, also ein erstarrter Nominativ wie unser selber. Über den Gebrauch habe ich a.a.O. bemerkt: “svaydm kann sich ebenso wie so« auf alle drei Per- sonen beziehen, z. B. svaydm asmäd a nidö vadhair ajeta durmalim er selbst treibe von uns weg die Neider und die Bösen RV. 1, 129, 6; svaydm yajasva diri deva devan selbst verehre am Himmel, Gott, die Götter 10, 7, 6; hayd nd vidvan ayuji svayam dhuri wie ein kluges Pferd habe ich mich selbst an die Deichsel geschirrt 5, 46, 1. Es kann aber auch die Nominativnatur dieses isolierten Kasus vergessen werden, und svaydm gelegentlich zu einem anderen Kasus treten, z. B. svaydam galuim tanva tchamanam den selbst für sich einen Weg suchenden 4, 18, 10”. Während man also darüber einig ist, dass ein aus der Urzeit fortgeleitetes substantivisches Reflexiv- pronomen im Sanskrit nicht vorhanden ist, rechnet man dahin gewöhnlich eine vereinzelte Präkritform, nämlich se, welche im Sınne des tonlosen asya, asyas erscheint und wie dieses den Satzanfang durchaus meidet. Dass se zu dem Stamme *s90 gehöre, ist zuerst von Bopp, Vgl. Gr. 2, 126 ausgesprochen und sodann von Wackernagel in seinem oben zitierten Aufsatz (KZ. 24, 592) näher ausgeführt worden. Ich kann dieser An- sicht deshalb nicht beitreten, weil se niemals reflexiven, son- dern stets anaphorischen Sinn hat. Es ist darum viel natür- licher, es aus dem indischen asya abzuleiten, was Lassen, Instit. S. 327 und Böhtlingk, Chrestomathie! 279 thun. Über die Art wie se mit asya vermittelt werden kann, schreibt mir Böht- lingk: “Aus asya wurde assa, das auch, obgleich nur ganz ausnahmsweise, vorkommt. Von assa fiel (wie bei nam aus enam) der Anlaut ab und infolge dessen auch das eine ». Aus sa entstand s@ durch Anlehnung an me und 12”. Durch diese Annahme würde sich die Gleichgültigkeit von se gegen

8214) Kap. XII. IV. Das substentivische Reflexivpronomen.

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479

das Geschlecht gut erklären. Nach einem Grammatiker bei Hemacandra (vgl. Wackernagel 602) soll s& auch eorum, earum bedeuten, wozu Böhtlingk bemerkt: “Jacobi, den ich deshalb befragte, konnte mir nur eine Stelle beibringen. Da se im Anschluss an me& und te geschlechtslos geworden war, konnte es nach dem Verlust von sam!) wohl auch als Plural verwendet werden".

Da mır diese Ansicht sehr wahrscheinlich vorkommt, sehe ich im Folgenden von einer Verwerthung des präkritischen s2 ab.

Avestisch. Aus der Darstellung bei Caland $ 108 folgt, dass das Avestische so wenig wie das Altindische ein subst. Refl. nach Art der klassischen Sprachen besitzt. Es verwendet an dessen Stelle das anaphorische Pronomen « (also wie im Deutschen: er nahm ihm ein Weib u. ähnl.), z. B. aprä vacem baraiti vidva va evidrä va ahyü zeredäca manarhäca da erhebt seine Stimme der Weise und der Unweise nach seinem Herzen und Sinne y. 31, 12, oder es gebraucht wie das Altindische das Subst. tfanu, z. B. azem tanüm aguze da verbarg ich mich yt. 17,55; tanuye ravo agSı8to sich selbst Raum zu schaffen suchend yt. 13, 107. Brugmann in seiner Übersichtstabelle zur Deklination der Personalpronomina und des Reflexivums führt freilich den Dativ Avavoya als substantivisches Reflexivum auf. Allein es ıst kein Zweifel, dass dieses Wort an der einzigen Stelle, wo es vorkommt (y. 59, 30), ps? bedeutet. Nach Caland ist diese Stelle die einzige, an welcher ein solcher Gebrauch des Stammes *svo vorliegt, während andere, z. B. Justi, an- nehmen, dass der Nom. hvö nicht selten in dieser Anwendung erscheint. Die Stellen sind folgender Art: Avo zarahuströ dieser Z. y. 43, 16; hvö na ye der Mann, welcher y. 46, 13; hvö ye der, welcher 46, 9 und so öfter in Beziehung zum Re- lativum, 2. B. y. 51, 8, 10. 46, 6. Auch im Sinne der zweiten Person wie altindisch «ö, z. B. ahya& hvo ne dätdi davon gieb

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1) sam würde die Präkritform für ai. cam, asam sein. Es hat sich aber weder diese Form noch andere Vertreter des Stammes a erhalten. Sie sind vielmehr durch Formen von ima ersetzt worden.

480 Kap. XII. IV. Das substantivische Reflexivpronomen. [$ 214.

du uns y. 40,2. Es fragt sich, wie man über dieses hvö zu urtheilen hat. Caland übersetzt es durch ‘dieser’ und meint, dass es mit dem Reflexivum nichts zu thun habe, und ein Reflexivum im engeren Sinne kann ja natürlich ein Nominativ nicht sein. Caland trennt Avö aber auch äusserlich von dem Reflexivstamm und bringt es mit dem indogermanischen Stamme */co zusammen, der im altindischen toa mancher vorliegt (S. 54.. Mich überzeugt diese Kombination nicht, doch bin ich zu einer anderen, sichereren Meinung über Avö nicht gekommen (vgl. die Schlussbetrachtung). Eine dem indischen svayam ent- sprechende Form ist nicht vorhanden, doch lässt sich dem Gebrauch nach einigermassen zwatö (der Form nach gleich dem altindischen svatas) vergleichen: zwatö nızbayanuha zarap- ustra selbst preise, o Z. vd. 19, 34; ma ae3a ya kaine zwatd garewem ra$Sayap nicht soll uns (dieses so gut wie expletiv) dieses Mädchen mit Willen die Frucht schädigen vd.15,11 /so Geldner’s Auffassung KZ. 25, 194, während Wackernagel, KZ. 24,599 zwatö unrichtig als Gen. ansieht). Während sich in dem bisher angeführten Material ein Reflexivum nicht entdecken lässt, glaubt Wackernagel dasselbe in allerhand enklitischen Formen gefunden zu haben, nämlich in dem genitiv-dativischen av. hör, he, Se, dem akk. kim Ja, his, dem altp. saty (gleich av. 2), dem pluralischen Sam. Ihm ist Bartholomae, Hand- buch $ 268 gefolgt und hat noch das ablativische altpersische 8a hinzugefügt.!) Wackernagel legt dabei Gewicht auf die Identität zwischen dem iranischen *sai (av. Aös, he, se, altp. Saty) und dem präkritischen sa, welche sich in seiner Dar- stellung gegenseitig stützen. Hierin kann ich ihm nicht folgen, da ich se, wie oben gezeigt ist, anders auffasse. Im übrigen

1) Da Brugmann diesem sa die Ehre erwiesen hat, es in seine den Personalpronomina und dem Reflexivum gewidmete Übersichtstafel aufzu- nehmen, so will ich nicht unterlassen zu bemerken, dass man vielleicht einigen Grund hat, die Wirklichkeit dieses sa anzuzweifeln. Es findet sich nur in der Wendung Ahacä avadasa von dort, nämlich von einem vorher er- wähnten Punkte. Bartholomae übersetzt ‘von da davon’. Möglich, dass man sich damals so ausdrückte, aber völlig überzeugend scheint mir die Deutung nicht.

$ 214.] Kap. XU. IV. Das substantivische Reflexivpronomen. 481

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sind meine Bedenken dieselben wie bei se. Ich behaupte zu- nächst, dass die Bedeutung dieser Wörtchen nichts für ihren reflexiven Ursprung beweist. Zwar bin ich (abweichend von Wackernagel) der Ansicht, dass avestisch A@ an einigen Stellen reflexiv gebraucht ist, aber es ist ja bekannt, dass Pronomina, welche von Anfang an anaphorisch sind, gelegentlich reflexiven Sınn annehmen, wie im Avestischen selbst (s. S.497), im Deut- schen und wie bei aurtd; geschieht; also kann ich diesen Stellen keinen Werth für die Entscheidung der vorliegenden Frage einräumen. Sodann habe ich Bedenken wegen der Aus- stossung des v. Und endlich frage ich, warum denn diese Pronomina, und was man etwa noch dazu stellen kann {ai. sim, lat. sum, sam, sas), nicht Pronomina dritter Person sein sollen, wie ai. 2m, griech. pıv, vıv u. ähnliche. Ich habe es also vor- gezogen, alle die Formen dieser Art unter $ 210 zu behandeln. Griechisch. Im Griechischen zuerst begegnet uns ein aus- gebildetes Reflexivum, doch haben die meisten der betreffenden Formen, besonders bei Homer (den ich allein berücksichtige), auch anaphorische Bedeutung. Ich habe zuerst einige Bemerkungen über o{N), &, opıv, oge hinsichtlich ihrer Beziehung zu Genus, Nu- merus und Kasusgebrauch zu machen und spreche sodann über das Verhältnis zwischen reflexiver und anaphorischer Bedeutung.

Die Form oi steht im Sinne eines Maskulinums, Femi- ninums, 2. B. auf Athene bezüglich A 200, Neutrums, z. B. auf äytpov bezüglich, mit Anwendung auf Personen und Sachen, worüber man sich aus dem Artikel bei Ebeling unterrichten kann. Eine Anwendung im pluralischen Sinne lässt sich nicht nachweisen (vgl. Brugmann, Ein Problem 19). Was die Kasus- natur anbetrifft, so vertritt es Dativ und Genitiv. Man versucht zwar den ganzen Gebrauch von oi aus dem Dativ abzuleiten, in- dessen angesichts der aus den verwandten Sprachen beigebrachten Parallelen scheint es mır natürlich, den genitivischen Gebrauch anzuerkennen in Stellen wie die folgenden: [Aaöxos 8 Eyvw

1) Ich brauche da, wo es auf den Unterschied zwischen reflexivischem und anaphorischem Gebrauch nicht ankommt, der Einfachheit wegen die unbetonte Form.

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm, Sprachen. TI. 31

482 Kap. XII. IV Das substantivische Reflexivpronomen. [$ 214.

Tow Evi @peot, yrnÜmosv Te, Örtı ol WX Txovas neyas Beös edkanevoro 11531. Es ist durchaus natürlich, ol mit eüfanevoro zu verbinden, weshalb denn auch Nauck von seinem speziell griechischen Standpunkt aus oi in zu verändern vorschlägt. Ferner ın den Stellen, wo ich mir zweı Dative nicht erklären kann, da die bekannte Figur, in welcher das Ganze und die Theile in gleichem Kasus stehen, nicht vorliegt: & oi $eot oöpaviwves rarpl ol Eropov P 195, vgl. A 219, 5 771, o0öE oywe löwy &yolmaaro You, rt ol Wxa Enesor @lAns aAdyaro mıßesdrv O 156, und gewiss noch in manchen anderen Stellen (vgl. auch Krüger 48, 12, 2). Hinsichtlich des Akkusativs & scheint mir sicher, dass er B 197 pluralisch gebraucht ist. Die Kasus des Dualis und Pluralis (welche man in Gehring’s Index bequem über- sieht) sind aus dem mit op beginnenden Stamme gebildet, dessen Entstehung uns noch dunkel ist. Der Dativ opıv hat die sin- gularische Endung (vgl. &ptv), daraus opı und mit Verdeutlichung des pluralischen Charakters optsı, opıy kommt bei 'Tragikern auch singularisch vor. Der Akk. oge wird, wie J. van Leeuwen, Mnemosyne N. F. 13, 406 nachweist, bei den Tragikern und gelegentlich auch sonst in älterer Poesie im Sinne von adrov, adcny, abtw, aurtous, adras gebraucht und weist damit auf einen einst gleichen Gebrauch von fe zurück. Ob der vielbesprochene Nominativ ? wirklich zum Reflexivstamm gehört, ist unsicher (vgl. Brugmann 2, 768).

Was nun das Verhältnis der Bedeutungen betrifft, so war man früher, sofern man überhaupt die Frage nach der Priorität aufwarf, der Meinung, dass die reflexivische Bedeutung die ursprüngliche und die anaphorische irgendwie aus ihr hervor- gegangen sei. In der neueren Zeit hat dagegen Windisch in Curtius’ Studien 2, 329 die Ansicht aufgestellt, dass beide An- wendungsarten aus einer älteren Anwendung des Stammes *svo als Identitätspronomen (er, sie, es selbst) geflossen sein, die eine durch Verengung, die andere durch Abschwächung des ursprünglichen Sinnes. Im Gegensatz hierzu hat sich Brugmann wieder der alten Theorie angenommen (Ein Problem, 83ff.). Ich habe nicht die Absicht, mich ın die Debatte zu mischen,

$ 214.] Kap. XII. IV. Das substantivische Reflexivpronomen. 483

weil ich der Meinung bin, dass möglicherweise das anapho- rische Pronomen mit dem reflexiven nur scheinbar der Form nach identisch ist. Bekanntlich giebt es bei Homer eine An- zahl von Stellen, in welchem das Digamma von for, welches sonst so fest haftet (Hartel, Hom. Stud. III, 74) vernachlässigt ist. Ich nenne von solchen, welche bisher den Versuchen einer Änderung mit Erfolg widerstanden haben E 338, Z 101, 289, W865, 0 105. Vielleicht hat Torp (Beiträge zur Lehre von den geschlechtslosen Pronomen in den idg. Spr., Christiania 1888, S. 15) nicht Unrecht, wenn er dieses ol auf *ooı zurückführt, also mit dem iranischen *sat (altpers. Say, av. hot, he, 82) iden- tifiziert, welches nach meiner Meinung ($ 210,3) mit dem Stamme *spo nichts zu thun hat. Danach wäre anzunehmen, dass die gemischte (reflexive und anaphorische) Bedeutung von ol u.s.w. ihren Grund in der historischen Mischung einer Form *sot und einer Form *svos hat. Diese Mischung im Dativ könnte auch auf andere Kasus des Singulars und Plurals gewirkt haben. Sollte diese Ansicht richtig sein (welche übrigens auch schon Wackernagel 608 berührt), so würden die Untersuchungen, wie sie von Windisch, Brugmann und A. Dyroff, Geschichte des Reflexivums, Würzburg 1892 angestellt worden sind, eine veränderte Grundlage erhalten. Ich gehe darauf nicht ein. Lateinisch, vgl. Gossrau 407 ff., Draeger 1, 52ffl. Das Re- flexivum, welches im Lateinischen nie anaphorische Bedeutung hat (für welche is vorhanden ist) bezieht sich auf die Haupt- person des Satzes. Diese ist gewöhnlich das Subjekt, wofür es keiner Belege bedarf. Sie kann aber auch in einem anderen Satzverhältnis stehen, z. B. nam ts est servos ipse neque praeter se umquam ei servos fuit Plautus Captivi 580, was ja sachlich dasselbe ist, als ob die Konstruktion mit Aabeo angewendet wäre. Zu den Gliedern des einfachen Satzes gehören für das lateinische Sprachgefühl auch die eine Nebenhandlung aus- drückenden Partizipien und die Infinitive im Akk. cum Inf., daher die bei diesen stehenden Pronomina von der Hauptperson her orientiert sind, z. B. ipse qua gravitate animi criminantes se ad multitudinem inimicos tulerat, eadem et populi in se 31*

484 Kap. XII. IV. Das substantivische Reflexivpronomen. [$ 214.

saevienlis injuriam tulit Livius 22, 26. Eine selbstverständliche Ausnahme machen nur die aus der Auflösung des alten Mediums hervorgegangenen reflexiven Verba, bei denen se unmittelbar zum Partizipium gehört (vgl. das Gotische!, z. B. se er hac fuga recipientem bei Caesar. Ein Beleg für den Inf. ist: per- Juga Fabricio est pollicitus, si praemium sibi proposuisset se clam in Pyrrhi castra rediturum et eum veneno necaturum Nepos Datames 58. Natürlich gilt hier dieselbe Ausnahme wie bei den Partizipien, z. B. reliquos sese contertere cogunt bei Caesar. Schwieriger ist die Sache bei Perioden, insofern die Haupt- person ihre Herrschaft auch auf den abhängigen Satz aus- dehnen kann, in welchem Falle sur, sıdt, se gewählt wird, oder das Pronomen des abhängigen Satzes vom Sprechenden aus orientiert wird, in welchem Falle :s, ea, id eintritt. Das erste findet in der Regel bei den Absichtssätzen, das zweite bei den Folgesätzen statt, z. B. Dionysius petioit ut se ad amıcıliam terlium adscriberent, aber Ligarıus ın provincia pacalissima ıla se gessit ul ei pacem esse expediret (Gossrau 410. Germa- nisch, vgl. Grimm 4, 317 ff., Gabelentz-Loebe, Gr. 183. Im Gotischen finden wir wesentlich denselben Zustand wie im Lateinischen, nur dass (soweit unsere Texte es ausweisen) das Reflexivum stets das Subjekt des Satzes aufnimmt, während :s auf das Objekt des Satzes oder auf einen ausser dem Satze genannten Gegenstand geht, z. B. sva langa hveila spe mip sis haband brubfad 8s0v xpovov ned’ Zautwv Eyovaı Toy vunpiov Mark. 2, 19, dagegen in demselben Verse vorher: ıdai magun sunjus brubfadis, und batei mip im ıst brußfaps, fastan wm Süvavroı ol viol Tod vunowmvos Ev & 6 vupplos per’ abrav dotı vnotedew. Wie im Lateinischen ist das im obliquen Kasus stehende Partizi- pium und der Infinitiv nur ein Wort des Satzes, nicht ein Untersatz, es wird also das neben diesen stehende Pronomen vom Satzsubjekt beherrscht, z. B. (Daveid) hlatbans faurlagei- nais malida jah gaf jah aim mip sis.visandam Tobs Aproug Ti; npoßesews Epaye xal Eöwxs xal tols adv adra oüsı Mark. 2, 26. Eine Ausnahme machen wie im Lateinischen nur die reflexiven Verba, z. B. (Pivr) gasaihvandei Paitru varmjandan sik Tlöoüca

$ 214] Kap. XII. IV. Das substantivische Reflexivpronomen. 485

tov Tlerpov Bepparvduevov Mark. 14, 67. Ein Beispiel für den Infinitiv: Jah gavaurhta tvalif du visan mib sis xal Erxotnoe dw- dexa Iva wor ner abrod Mark. 3, 14. Auf abhängige Sätze dehnt das Hauptsubjekt seine Herrschaft nicht aus. Das Reflexivum bezieht sich also im abhängigen Satze auf das Subjekt dieses seines Satzes, z. B. fralet Bo managein, galeıbandans in bos bisunjane haimos bugjaina sis malins Arolusov töv dyAov, {va Areldovres els Tas xöXp xwpas eöpwarv &rıortiopöy Luk. 9, 12. Die Beziehung auf das Subjekt des Hauptsatzes dagegen wird durch :s vermittelt, z. B. jah bedun ına ei uslaubidedi im in Bo galeiban xal rapexalouv adrov Iva Erırpelm aurtois eis Exelvous eige/Betv Luk. 8, 32. In den übrigen germanischen Dialekten ist das Reflexivum verkümmert, worüber Grimm Auskunft giebt. Litauisch (vgl. Bezzenberger, ZGLS. 254 und die eingehende Darstellung des lettischen Gebrauches beı Bielenstein, Gr. 327 ff.). Das litauisch-lettische Reflexivum bezieht sich, ebenso wie das slavische, stets auf das Subjekt des Satzes, aber abweichend vom Gotischen nicht bloss auf die dritte, sondern auch auf die erste und zweite Person. Beispiele für die dritte Person sehe man bei Schleicher, Gr. 299, z. B. ö dabar jis siufeza pas sävo päczq da sandte er zu seiner Frau; JE oder 768 tür süvo kurpes sie haben ihre Schuhe. Den Gebrauch bei dem sog. logischen Subjekt erörtert ausführlich Bielenstein. Ein paar Belege für die erste und zweite Person sind: äsz tave paversiu Y ütele ö save {| blüsq ich werde dich in eine Laus verwandeln und mich selbst in einen Floh (Schleicher 145); dabar tu sdv päts jeszkö- kis maistq jetzt suche du dir selbst dein Futter (Schleicher 120). Für das Slavische genügt es, einige Belege aus dem cod. Mar. beizubringen. Ausserordentlich häufig ist natürlich die dritte Person, z. B. rece sebe er sprach bei sich; rede sebe sie sprachen zu sich; da kupgtü brasüna sebe {va dyopaow- oıy &autois Ppwpara Matth. 14, 15; viderü ja po sebe tdasta Deaoanevog abtobs AxoAoußouvras Joh. 1, 38. Das sogenannte logische Subjekt ist gemeint: jako2e bo oficü Zivota imatü vi sebe, tako dastü i synovi Zivota imeli vi sebE Gonep ap 6 rarhp Exer Luhv Ev auto, oltwg Eöwxe xal ta ulm Lwhv Eyeıy dv daur@

486 Kap. XII. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. [$ 214—215.

Joh. 5, 26. Beispiele für die erste Person sind: vise privlekq sebe ravras &Ixdow rpüs &uaurdv Joh. 12, 32; poimq vy sebe rapaltılopar dpäs rpüs &paurdv Joh. 14, 3; ne mogq azü 0 sebe tvoriti nicesoZe od dbvanaı dyw roreiv dm &uaurod oBöcv Joh. 5, 30; azü o sebe glagoljq &yw An &uaurod Aal Joh. 7, 17; 3 0 sebe ne pridü xal an &uautod odx 2AnAuda Joh. 7,28; azü Clovekü Jjesmi imy podü sobojq vojiny avdpwrdzs elyı Zywv Ön &paurov otpa- tıwras Matth. 8,9. Zweite Personen kenne ich zufällig nur bei imperativischem Ausdruck, z. B. süpasi sebe swsov oeaurdv Matth. 27,40; otüvrüzi otü sebe Pale ano ood Matth.18,8; oblict ı mezdju soboyq i temi Jedindmi Eleykov adrov nerakb soü xal auToD jÖvov Matth. 18, 15; obace sebe placite se nItv &o &aurobs xlalere Luk. 23, 28; ? Aupite sebe xat Ayopaoate &aurois Matth. 25, 9; ne rüpistite mezdju sobojq wh yoyyölere per dAArnlwv Joh. 6, 43; vizljyubisi iskrinjago svojego Jako samü sebe Ayannasıs Tüv rAnotov oov ws oeaurdv Mark. 12, 31.

$ 215. Das adjektivische Reflexivpronomen.

Um das adjektivische *svo verstehen zu können, müssen wir Deutschen uns zunächst von dem neuhochdeutschen Ge- brauch frei machen, der sich weit von dem altgermanischen entfernt hat, wie er in dem Gotischen und Altnordischen noch vorliegt. Der Unterschied besteht zunächst darin, dass wir für den Plural und das Femininum besondere Formen ausgebildet haben. So heisst es z. B. bei Luther Eph. 5, 28: Also sollen auch die Männer ihre Weiber lieben, als ihre eigenen Letber. Wer sein Weib hebet der hiebet sich selbst. Bei Ulfilas aber heisst es: sva Jah vairos skulun frijon seinos genins sve leıka seina. Saeı seina gen fryoß Jah sık sıilban frijoß. Und in bezug auf das Femininum vergleiche man Luther: und sie gebar ihren ersten Sohn Luk. 2,7 mit Ulfilas: Jah gabar sunu seinana Dana frumabaur. Sodann brauchen wir sein im rein anaphori- schem Sinne, also gleichbedeutend mit er, sie, es, was ım Gotischen und Nordischen nicht der Fall ist, z. B. und es begab sich da die Zeit seines Amtes aus war, ging er heim in sein Haus Luk. 1, 23 heisst bei Ulfilas: Jah varp bibe usfull- nodedun dagos andbahteis is galaib du garda seinamma (so

5215.) Kap. XII. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. 487

auch ım Aksl. ı dystü Jako isplünise se denije sluziby jego ide domü svoji). Ebenso: und führete ihn hinaus vor den Flecken und spützele in seine Augen und legte seine Hünde auf ihn Mark. 8, 23, dagegen bei Ulfilas: ustauh ina utana veihsis Jah speivands in augona is allagjands ana handuns seinos frah ina. In den Worten und trochknete seine Füsse mit ihrem Haar Joh. 11, 2 weichen wir also auf doppelte Weise von dem Goti- schen ab, welches lautet: jah bisvarb fotuns is skufta sei- namma. Dass das Gotische und Altnordische in den genannten Beziehungen das Alterthümliche bewahrt haben, beweist (ausser der Analogie des substantivischen Pronomens! schon die Ver- gleichung mit dem Lateinischen, welches ja suus ebenfalls auf Substantiva aller Numeri und Genera bezieht und von :s, ea, td deutlich scheidet. Es giebt aber noch eine Eigenschaft unseres Pronomens, welche auch das Altgermanische und das Lateinische schon verloren haben, welche sich aber z. B. im Slavischen noch erhalten hat, nämlich die Fähigkeit wie das substantivische Pronomen auch ein Pronomen erster oder zweiter Person aufzunehmen. Daher kann im Slavischen svojt dem gotischen meins oder Deins entsprechen, z. B. serb.!) eto ja Saljem andjela sp ojega pred licem tvojijem Matth. 11,10 gegen: sat ık ınsandja aggilu meinana faura bus siehe, ich sende meinen Engel vor dir; oder: aksl. ne dostoyttü tebe imeti zeny Pilipa bratra svojego es ist nicht recht, dass du deines Bruders Weib habest Mark. 6, 18 gegen: Pater ni skuld ıst bus haban gen broßrs beinis. Denselben Zustand wie im Slavischen werden wir auch im Litauischen, Arischen und ın Resten im Griechischen beobachten. Aus dieser einleitenden Betrach- tung ergiebt sich, dass folgende Punkte für das Verständnis des adjektivischen *svoo von Wichtigkeit sind: das Verhältnis zu den Genera und Numeri, die Vergleichung mit dem ana- phorischen Pronomen, oder anders ausgedrückt: das Verhältnis zum Subjekt des Satzes, und endlich das Verhältnis zu den

I) Aus cod. Mar. habe ich für die erste Person kein passendes Bei- spiel gefunden. An der hier vorliegenden Stelle ist noji gebraucht. 8. darüber unten S. 493.

488 Kap. XII. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. [8 215.

drei Personen. Ich behandle diese drei Punkte in etwas ab- weichender Reihenfolge, nämlich

1. das Verhältnis des adjektivischen *svo zu den Genera und Numeri seines Bezugswortes, und zwar:

a) Die Beziehung zum Genus. Die Bezugswörter können allen Genera angehören, doch werden sich Neutra selten finden, weil die Bezugswörter fast durchaus Personen sind. Ein Beleg für das Fem. aus den arischen Sprachen ist: äpem atsemnä havas kacih nafai havayäati vist havät zan- tave havayät dainhave (die Fravası kommen) Wasser holend, eine jede für ihre eigene Sippe, für ihr eigenes Dorf, für ihren eigenen Gau, für ıhr eigenes Land yt. 13, 66. Ebenso in allen übrigen Sprachen (z. B. aksl. roditü synü svoji prüvenecü Erexe Toy viöv abri< töv rpwrordxov Matth. 1,25) ausser im neueren Deutschen, wo das Reflexivum durch das anaphorische :hr verdrängt ist.

b) Die Beziehung zum Numerus. Die Bezugswörter können in allen Numeri stehen, so im Arischen im Plural, z. B. uts svena Savasa Süßuvur ndrah durch ihre eigene Kraft gediehen die Helden RV. 7, 74, 6; td yüldyeinti pesanahu have asaht Söifragca sie streiten in Schlachten um ihren Platz und ihr Gebiet yt. 13, 67. Ein Dual: mödamanau ste grhö sich erfreuend im eigenen Hause 10, 85, 42. Ebenso ist es in den übrigen Sprachen (z. B. aksl. « vese i na sünimi svoji xal dvhyayov adroy eis TO auvEöpıov &aurav Luk. 22, 66) mit Ausnahme des Griechischen und neueren Deutschen. Im Griechischen hat sich in Anlehnung an den nur im Griechischen vorhandenen Plural des substantivischen Reflexivpronomens das Possessivum operepos entwickelt. Aber wie oye im Sinne des Singular und Plural stehen kann (s. oben), so fehlt es auch nicht ganz an Belegen für die Beziehung von op£tepos auf ein singularisches Grundwort, z. B. &; rpolınwv op£repöv TE Öduov omerdpoug TE To- x7as Hesiod Aspis 90 (wobei freilich zu bedenken ist, dass auch ein Einzelner Ap&repos ödyos sagen könnte). Für sicher erklärt Hartel (Ztschft. f. österr. Gymn. 1876, 734) den analogen Ge- brauch von opds in: TAde d dpa npwrn Irb& Apdıros OdAuunovds abv opotaıy naldesaı plAou drd undea narpos Hesiod Theog. 398.

$ 215.) Kap. XII. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. 489

Ebenso wird d; (&0s) auch bei pluralischem Bezugswort ge- braucht, z. B. t£prwyraı xara Buubv dbv xaxov Aumpayanwavres Hesiod Erga 58 (vgl. Brugmann, Ein Problem S. 16 ff.).

2. Das Verhältnis zu der Person des Bezugswortes. Dasselbe kann auch der ersten oder zweiten Person angehören.

In dem Altindischen, mit dessen Darstellung ıch be- ginne, kann entweder die durch das Pronomen oder die Verbalform ausgedrückte Person auch weiterhin durch oblique Kasus des Pronomens oder durch Possessiva bezeichnet werden, oder sie kann durch das adjektivische sv@ aufgenommen wer- den, zu dem übrigens auch noch ein Genitiv des Pronomens treten kann. Hierfür zunächst einige Belege, bei deren Auf- führung ich mit der zweiten Person beginne: todm ävıtha sußravasam tavotibhih du hast dem $. mit deinen Hilfen ge- holfen RV. 1, 53, 10; raksa no agne tava rak$anebhih schütze uns, 0 Agni, durch deinen Schutz 4, 3, 14; iram na indra tväbhir uti tvayato abhiffipäsi jänän du, o Indra, förderst durch deine Hilfen unsere Leute, welche dir anhängen 2, 20, 2 und ähnlich öfter; tava Aratva tdva täd dasdnäbhir ämasu pakodm $äcya ni didhah durch deinen Geist, durch deine Wunderthaten, durch deine Kunst hast du in die rohen (Kühe) die gare (Milch) gelegt 6, 17, 6; tava pratnena yuüjyena säkhya vajrena dhrsnö dpa nudasva mit deinem alten vertrauten Freunde, dem Donnerkeil, o Kühner, stoss sie von dir hinweg 6, 21, 7; pi- bagnidhrät täva bhägdsya trpnuhi trink aus dem Gefässe des Agnidh, geniess von deinem Antheil 2, 36, 4; vi tdm yuyota $avasa vy öjasa vi yusmäkabhir utibhih scheidet ihn von Kraft und Stärke und von euren Hilfen 1, 39, 8. Dagegen mit sva: svam cägne tancam piprdyasväsmäbhyam ca säubhagam ü yajasva den eigenen Leib, o Agni, erfreue und uns eropfere Glück 8, 11, 10; svena hi vriram Sdvasa jJaghäntha denn durch eigene Kraft hast du den Vrtra geschlagen 7, 21, 6; yan mäldram ca pitäram ca säkam djanayathäs tanvah scayah als du Vater und Mutter zugleich aus (deinem) eigenen Leibe erzeugt hast 10,54, 3; ydd indra divi pärye yad rdhag ydd va sve sädans ydtra vasi wenn du, o Indra, im entferntesten Himmel oder an einem

490 Kap. XIH. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. [$ 215.

besonderen Orte oder am eigenen Sitze oder sonst wo bist 6, 40, 5; yad indragni mädathah sve duröne wenn ihr beide, Indra und Agni, euch ergötzt im eigenen Hause 1, 108, 7; a sidatam sväm u lokdm vidans setzt euch beide, eure Stelle kennend 10, 13, 2. Etwas ferner liegend, aber doch unmiss- verständlich ist die Beziehung von svd auf die zweite Person in: tiva toifö Janiman rejatu dyau rejad bhümir bhiydsa seäsya manyöh vor deiner Stärke bei der Geburt zitterte der Himmel, zitterte die Erde aus Furcht vor der angeborenen (dir eigenen) Wuth 4, 17,2. Ein Genitiv des Pronomens zweiter Person steht neben sva: param mrty6 anu parehri pantham yas te svah gehe fernhin, o Tod, den Pfad, der dir eigen ist 10, 18, 1; dgn& yajasva tanvam tdva svam Agni, verehre deinen eigenen Leib, dich selbst 6, 11, 2; vgl. 6, 5, 4. Einige Belege für die erste Person sind: vaydm rajabhih prathama dhänäny asmä- kena vrjanena jJayema wir möchten durch die Fürsten die ersten Preise, durch unsere Gemeinde sie erwerben 10, 42, 10. Da- gegen mit sod: srät sakıyad dranim nabhim ami von der eigenen Freundschaft gehe ich zu fremdem Geschlechte 10, 124, 2; ula svdya tanva sam vade tat mit mir selbst bespreche ich mich darüber 7, 86, 2. Wıe im Indischen ist es im Iranischen, wofür einige Belege aus dem Avesta genügen mögen. Der ersten Art entsprechen: tvem mazda ahura frö sisa Pwah- mäp vaocanlıg manyeus haca bwä &eärha du M. A. lehre mich aus deinem Geiste verkünden mit deinem Munde y. 28, 11; ta urda manyeus mahya mazda asaica yüsmaibya gerez? diese Worte meines Geistes klage ich euch beiden, Mazda und AsSa, y. 32, 9 (weitere Belege für diese Ausdrucksweise findet man bei Bartholomae, KZ. 28, 37). Der zweiten Art entsprechen: usta tE zwäa aojarha vasoörsaprö ahi wohl dir, der du durch eigene Macht unumschränkt herrschest y. 9, 25; yım azem vispahe anmheus astvalö sragstem dädaresa zwahe gayehe den ich als den schönsten der ganzen lebenden Welt im eigenen (in meinem) Leben gesehen habe y. 9, 1; yazamarde haom urvänem wir verehren unsere eigene Seele y. 59, 28; mäavöya havar urung zbaygmi für meine eigene Seele flehe ich y. 71, 11 (mavoya

$ 215.] Kap. XII. IV. Das adjeksivische Reflexivpronomen. 491

dürfte mit Caland in genitivischem Sinne zu nehmen, also die Wendung dem indischen fava svam zu vergleichen sein). Entsprechend verhält es sich mit der dritten Person. Es liegt auf der Hand, dass die beiden hiermit vorgeführten Ausdrucksweisen keineswegs gleichbedeutend sind. In einem Satze wie foam avitha tävotibhih du hast mit deinen Hilfen ge- holfen ressortiert {va nicht von fvdm, sondern geht ihm parallel. Der Redende gebraucht zweimal das Pronomen der zweiten Person, auf welche es ihm im vorliegenden Falle besonders ankommt. Dagegen in tvam svena Savasa jaghantha du hast mit eigener Kraft getötet gehört svena als Adjektivum zu Zvam, oder genauer gesprochen, zu dem zu ergänzenden Genitiv tava, welcher ja, wie wir gesehen haben, auch ausgedrückt werden kann. Diese Ausdrucksweise wird also gewählt, wenn betont werden soll, dass eine Handlung, Eigenschaft u. s: w. einer Person eigen ist. Da aber praktisch die beiden Ausdrucks- weisen so ziemlich auf dasselbe hinauslaufen, so machen sie einander Konkurrenz. Die Folgen dieser Konkurrenz nun lassen sich ın den europäischen Sprachen beobachten. In den meisten derselben hat die Ausdrucksweise mittelst meus und tuus (wenn ich der Kürze wegen die hier zuerst behandelte so bezeichnen darf) fast oder durchaus gesiegt. Dahin gehören das Griechische, Lateinische, Germanische. Dass im Grie- chischen noch Reste der Ausdrucksweise mittelst suus vor- handen sind, ist sicher. Unangezweifelt sind für die zweite Person: ool ö el nAourov Yuuds Zelderan dv Ypealv Toıv Hesiod Erga 381; ösüte Al’ dvvenere ooetepov rar&p Öuvelovoaı ebenda 2; für die erste Person: od tor &yw ye Ts yalns Öuvapaı YAuxepwrepov ao lödsdar ı 27; A alel opeol Tao Exwv dedaiymevov Tirop AAwuny v 320 (von Nauck unter den Text gesetzt). Dass diese Ausdrucksweise in dem homerischen Texte einst durch mehr Stellen vertreten war, scheint mir unzweifelhaft. Wie gross aber das Gebiet war, darüber wird noch zwischen den Ver- tretern der sprachwissenschaftlichen Richtung, welche es er- weitern, und der philologischen, welche es verengern möchten, gestritten (vgl. die von Hartel, Zeitschrift für d. österr. Gymn.

492 Kap. XII. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. [$ 215.

1876, 734 ff. und von Bamberg, Zeitschrift f. d. Gymnasialwesen 1877,359 ff. herrührenden Anzeigen der Brugmann’schen Schrift). Da ich nicht in der Lage bin, hinsichtlich der einzelnen Stellen irgend ein entscheidendes Argument beizubringen, so begnüge ich mich, diejenigen anzuführen, in welchen Nauck das suus anerkannt hat. Es sind ausser ı 27 und v 320: vöv pev ön zarpbs dsında tloere Außnv A 142; Aön yap pe xal AAloß Ey Exi- vugoes &oerufj = 249 (so schreibt Nauck mit Brugmann S$. 63); 0 ad vöv xedopar weßtpev ydkov vios &oto U 138 (dagegen A 393, T 342, 2 422 und 550 schreibt Nauck &7o9). Im La- teinischen und Germanischen ist die Ausdrucksweise mittelst suus ganz verschwunden. Denn in Wendungen wie sul juris sumus oder “ich habe das seiner Zeit erlebt hat man nicht eine Nachwirkung des alten freien Gebrauches, sondern die Anwendung einer bei der dritten Person ausgebildeten und dann erstarrten Formel zu sehen (vgl. Brugmann 119 ff... Litauisch. Im heutigen Litauisch und Lettisch ist die Aus- drucksweise mittelst meus und Zuus überall da verdrängt wor- den, wo das Pronomen erster oder zweiter Person Subjekt des Satzes ist, z. B. lit. pyardük ti! män sävo!) süny verkauf du mir deinen Sohn (Schleicher, Les. 121); @sz stoviu afit sävo ZEmes ıch stehe auf meiner Erde (Schleicher, ebenda 138); lett. diws, düd man sawu garu Gott, gieb mir deinen Geist; kapez jüs sawu mäti ne küpjat warum pflegt ihr eure Mutter nicht? nem tu sawu dulu, es ne'mschu sawu nımm du dein Theil, ich werde meines nehmen (Bielenstein, Gr. 328). Es kommt freilich ge- legentlich auch die Ausdrucksweise mittelst Zuus vor, z. B. tat tu apredyk tg külq tävo drebütiars dann bekleide du den Pfahl mit deinen Kleidungsstücken (Schleicher, Les. 123), nament- Iıch auch im älteren Litauisch (Bezzenberger 254). Ob darin nun der Rest eines älteren Zustandes (vgl. das Slavische) oder etwa ein Germanismus vorliegt, vermag ich nicht zu entscheiden. Slavisch. Im Altkirchenslavischen ist die Ausdrucksweise

1) Im Litauischen ist das alte adjektivische Pronomen durch das un- biegsame sävo vertreten, während im Lettischen noch das Adjektiv vor- handen ist.

$215] Kap. XII. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. 493

durch meus und Zuus recht häufig. In den neueren Spra- chen hat sich svoy? ausgebreitet, so dass z. B. im Serbischen derselbe Zustand wie im heutigen Lutauischen besteht. Ich belege zuerst diese Verschiedenheit innerhalb des Slavischen (deren genauere Erörterung den Kennern empfohlen sei) durch einige Belege. Zunächst ist zu beachten, dass innerhalb des Altkirchenslavischen selbst der Gebrauch gelegentlich zwischen tooj? und svoy? schwankt. Ich theile, um das zu zeigen, zwei Stellen in der Gestalt des cod. Mar. mit und gebe in Klammern die Lesart des Zog. Matth. 5, 23—24 day odv npoapdpys 16 Swpdy aov Eni To Buoraotnprov, xäxei uvnadlis drı 6 AdeAmds aou £yeı TI xara cool, 24. Apes Exei To Öwpdv sou Zunpoadev too du- oraomplou xal Önaye npwrov dtallayıdı tw Adelow oou, xal TöTe 21dmy npdapepe To Swpdv oou lautet: aste ubo prinesesi darü tvoJ? (svoj?) oltarjzu i tu pomenesi jako bratü toojt imatü neslo na te, 24. ostavi iu darü tvoji predü olütaremü i Sedü prezde sümirt se bratromü svojimü (toojimü) ı togda priedü prinesi darü toojt (svoj?). Matth. 9, 6 Apdv aou Thy xAlvnv xal Öraye els tüv olxdv oou lautet: vozimi loZe tuoje i idi domü svoji (tvoy}). Nun einige Stellen, in welchen die beiden Codices mit ihrem tvoj? und moj? gegen das Serbische zusammenstehen, welches überall 8007 hat: iy Ze poste se poma&i glarq svojq vi lice tvoje umyji ob ÖE vmorebwv Aleıdal oou Thy xewaAny xal To npdawndv cov vibar Matth. 6, 17; iy Ze jJegda molisi se vünidi klei tvojq i zatvors dort tooje pomoli se oficyu toojemu ob 52 drav npooeöym eloeAde el; TanıEidv son xal xlelsas Thy Büpav ao rpdseutaı tw rarpt oou Matth. 6, 6; da badete synove ofica vasego Erws yevnode viol Toö rarpds duav Matth. 5, 45; azü pridä ıme ofica mojego &ya E&inAuda Ev TWw Övdnarı Toü Tatpd; (ou Joh. 5, 43; vise si süchranichü otü Junosti mojeje Talra ravca &yulafaunv &x veörntös nov Mark. 10, 20. Ebenso Mark. 9, 17 und sonst häufig. Ein paar Belege für die Thatsache, dass ım Altkirchenslavischen ebenso wie im Serbischen svoyi ge- braucht wird, sind: :di vu domu svojt geh in dein Haus Joh. 5, 8; vizlyubisi iskrinjaago svojego Jako samü se Ayannasız zöv nAnolov oov @; oeaurov Matth. 19, 19; ne 1skusisi gospoda

494 Kap. XII. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. [$ 215.

boga svojego 00x &xrepäosıs xüptov töv Deov oon Matth. 4, 7; ne dostoyttüu tebE ımeti Zeny Filipa bratra svojego oun &keotl ooı Eyeıy ThV yovalxa too adelyoü oou Mark. 6,18; # prißidu azu vizelü ubo bimi svoje lichvojq xal &/dwv Ey Exonioaunv dv TO Euöv oby toxp Matth. 25, 27.

3. Verhältnis zum Subjekte des Satzes. Ich stelle auch hierbei die arischen Sprachen voran. In diesen bezieht sich der Stamm svd auf die Hauptperson, d. h. auf diejenige, welche dem Hörenden sofort einfällt, wenn ın der Rede ein des An- schlusses an eine Persönlichkeit bedürftiges Possessivum auftaucht. Die Hauptperson ist gewöhnlich das Subjekt, z. B. prä svam malım atırat er förderte seine Absicht RV. 1, 33, 13; nir yat püteva svadhitih Sücir gat sodya krpa tanva röcamanah als der reine (Agnı) hervortrat wie eine blanke Axt, mit seiner Gestalt und Schönheit glänzend 7, 3, 9; yazazlg haom urvänem er ver- ehrt die eigene Seele yt. 6, 4 und so häufig. Sva kann sich aber auch auf ein anderes Substantivum des Satzes beziehen, falls das Verständnis sich ohne weiteres ergiebt, z. B. abhi hvdrö dadhe sva tdm marmartu duchünä wer uns Nach- stellung bereitet, den möge seine eigene Bosheit zerschmettern RV. 2,23, 6; agachatam pituh svasya tydjasa nibadhitam ihr gingt zu dem durch seines eigenen Vaters Missgunst gestürzten 1, 119, 8; adevayum ava svah sakhä dudhurita den Gottlosen schleudere zu Boden sein eigener Freund 8, 70, 11; maham

> ddrim päri indra säntam nutthä dcyutam sddasas pdri svät den grossen Adri!), welcher die Kühe umschloss, stiessest du, o Indra, von seinem eigenen (gleichsam ihm angeborenen) Sitze 6, 17, 5; naht svam ayus cikite janegu denn nicht ist die eigene Lebensdauer bekannt bei den Menschen 7, 23, 2. Auch das Pronomen erster oder zweiter Person, welches durch sva auf- genommen wird, kann in einem obliquen Kasus stehen, z. B. tubhyed indra svd ökye sömam codami pitäye dir, o Indra, bringe ıch in deiner Heimstätte den Soma zum Trinken RV. 3, 42, 8.

1) Ich habe mich so ausgedrückt, weil svd darauf deutet, dass der 'Fels’ als eine Art von Dämon gedacht ist. Denn im Veda bezieht sich svd wohl nur auf Personen.

$ 215.) Kap. XII IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. 495

Sva könnte sich in diesem Satze auch auf die in cödamt ent- haltene erste Person beziehen, aber der Sinn lässt die Be- ziehung auf tübhyam räthlicher erscheinen. Ein Beispiel einer zweiten Person in 4, 17, 2 ist oben angeführt worden. Dass eva sich auf ein Substantivum in dem vorhergehenden Satze bezieht, dürfte im Veda nicht vorkommen. Wohl aber liegt ein solcher Fall vor aus dem Avesta: ya) asava para-ırızyeiti kva abtqm zSapanem havo urva vanhailı wenn ein Gerechter stirbt, wo verweilt diese Nacht über die zugehörige Seele? yt. 22, 1 (Westerg.). Griechisch. Dass der Stamm *svo das Subjekt des eigenen Satzes aufnimmt, dafür bedarf es keiner Belege. Fälle aus Homer, in welchen das Nicht-Subjekt aufgenommen wird, hat Brugmann, soweit die dritte Person in betracht kommt, S.97 zusammengestellt. Es gehören dahin: Oörw 2y& röparov Zdopar para ota £räporsıv ı 369; Vöussha peyalnropa & &vl oixp Eöpuvonn rain Aoecev b 153; ıyy notre Nnkeds yüpev 2öv Sa xaAldos A 281; En TE pıv hAeoev AAan II 753; Tore 68 Zebs "Extopı düxev Ü xe- YalTj vopeeıw II 800. (Weitere Belege bei Ebeling unter &<). Die Stellen, an welchen Brugmann dieselbe Erscheinung für eine erste oder zweite Person anerkennt, hat er S. 107 ff. ver- zeichnet. An beinahe allen indessen zweifelt die Kritik herum, so dass ich hier auf die Behandlung dieser Frage verzichte. Dass &; sich auf ein nicht in demselben Satze stehendes, son- dern auf ein weiter zurück liegendes Substantivum bezieht, kommt bei Homer nicht eben häufig vor (vgl. die Stellen bei Ebeling und bei Brugmann 97 f.). Beispiele sind: Tuöetöyn ev Eöwxe pevertolsuos Öpasuunöns Pdoyavov Aupruss, TO d Eüv apa ni AdAeınto das eigene des Diomedes war zurückgeblieben K 256; ropev dE & Datldınos Apws Lröoviov Baoıleucs, 80° Eds donos Aupe- xaAudev xstog ne voornoavra (da sein Haus mich beherbergte) 8617. Im Lateinischen findet dasselbe statt. Es genügt, einige Beispiele aus Draeger 1, 52 anzuführen: eum suus pater cum pallio uno ab amica abdurit der eigene Vater (Naevius); ei nunc alia ducendast domum sua cognata (Plautus) ; Dicaearchum vero cum Aristoxeno aequali et condiscipulo suo omittamus (Cicero). Hinsichtlich der Nebensätze darf auf das verwiesen werden,

496 Kap. XII. IV. Das adjektivische Reflexivpronomen. [$ 215.

was bei dem substantivischen Reflexivum beigebracht worden ist. Im Gotischen (Gabelentz-Loebe 187 f.) geht seins immer nur auf das Subjekt, sei es des Haupt-, sei es des Nebensatzes, während wir im Neuhochdeutschen sein auf alle Substantiva, nicht bloss die Subjekte beziehen. Ich finde keine rechte Aus- kunft darüber, wie sich dieser Zustand allmählich entwickelt habe. Im Litauischen ist mir die Beziehung auf eine an- dere Person als auf das Subjekt des Satzes nicht vorgekommen. Dagegen bietet Bielenstein S. 330 Beispiele für die Beziehung auf das sog. logische Subjekt (die Hauptperson, welche dem Redenden und Hörenden sofort einfällt), z. B. fadam stradnikam müfcham sawas mätfites ne trüks solchem Arbeiter wird niemals sein Brödchen fehlen. Slavisch. Aus dem cod. Mar. führe ich zunächst einige Beispiele an, in welchen offenbar das im easus obliquus stehende Wort die Hauptperson ist, so: jJego2e aste prositü synü scojt chleba, jJeda kameni podastü jemu dv äv aiınan 6 viög adroo Aptov yuh Aldov Emiöwaeı adrw Matth. 7, 9; i k tomu ne ostavljaate jego nicisoze sütvoriti oficzu svojemu li materi svojeji xal ouxetı Awiete auröv 0uÖEV ToLjoaL TW TATpl auTod A Ti entpl adroö Mark. 7, 12; aste dostojstu Cloveku pustiti Zenq svoJqg el Ekzorıv Avdpunw Arokücaı Try yovaıxa adtou Matth. 19, 3; predast imü .. komuzüdo protivg sileE svojeji &xaoıy xara TMv (ötav öbvanıy (so dass jeder erhielt) Matth. 25, 14 f. Weniger deutlich ist das in Fällen wie die folgenden: posüla ku njemu Zena svoja Antoreıke Tpös adröv A yovn aurod Matth. 27, 19; gla- golase jemu ucenici svoji Aeyovow adtw ol nadrral adtoö Mark. 14, 12; vuzvrati no2Zi svoJt vu svoJe mesto Andorpeldy aou mV näyarpav als töv tönov adrns Matth. 26, 52. Dazu ein paar Be- lege auch aus dem Serbischen und Russischen: serb. srojy@ de mu vjera omrznuti der eigene Glaube wird ihm zuwider werden; da ga kara svoja stara majka dass ihn seine alte Mutter schelte; tjestle je svoje drugarice ihre Freundinnen trösteten sie; russ. doroga mne bujnaja golovuska svoJego syna Yyubimago theuer ist mir das stürmische Köpfchen meines geliebten Sohnes. In dem strengeren Stil, z. B. in der serbischen Übersetzung des neuen Testaments von Wuk, dürfte diese Ausdrucksweise nicht

$ 215—216.] Kap. XI. IV. Rückblick auf das Reflexivum. 497

vorkommen. Auf die Erscheinungen des Nebensatzes gehe ich hier ebenso wenig ein, wie bei dem substantivischen Pro- nomen.

$ 216. Rückblick.

Aus der hiermit abgeschlossenen Darstellung ergiebt sich, dass ich in den arischen Sprachen ein substantivisches Reflexiv- pronomen nicht gefunden habe, wohl aber in allen indoger- manischen Sprachen ein adjektivisches mit der Bedeutung “eigen”. Nicht selten kann bei diesem Adjektivum die Person, der etwas eigen ist, im Genitiv stehen, z. B. deväsya sve k$aye im eigenen Sitze des Gottes RV.s, 2, 7. Da aber das Sub- stantivum, zu dem ”*soo gehört, als die Hauptperson des Satzes bekannt ist, so bleibt es in der Mehrzahl der Fälle weg. Eı- scheint das Adjektiv *soo als nominales Substantiv, so bedeutet es der Angehörige. In diesem Sinne liegt es nicht bloss im Arischen, sondern auch im Slavischen vor.

Die beiden angeführten Thatsachen fordern nun zu Ver- muthungen über den indogermanischen Zustand auf. Man kann annehmen, dass das substantivische Reflexivum einst im Indogermanischen vorhanden war, aber in der arischen Ab- theilung verloren ging. Dagegen lässt sich nichts völlig Ent- scheidendes vorbringen, doch wird man zugestehen, dass dieser Verlust etwas Auffälliges haben würde. Eine zweite Möglich- keit ist die, dass man (das Reflexivum erst später entstanden sein lässt. Dass ein Bedürfnis nach einem derartigen Pronomen sich entwickeln konnte, ist leicht einzusehen. Man kommt ja häufig in die Lage, neben ein “ch” oder ‘du’ in demselben Satze ein “mich” oder ‘dich’!) zu setzen, und somit entschie- dener, als es durch die Medialform geschieht, anzugeben, dass die Handlung sich auf diejenige Person bezieht, von der sie ausgeht, z. B. ‘ich töte mich’. Wenn nun nicht ‘ich’ oder ‘du’, sondern “Cajus’ das Subjekt ist, so kann dieselbe Ausdrucks- weise nicht angewendet werden, da “Cajum’ schleppend und

1) Natürlich habe ich den Akkusativ nur beispielsweise genommen, ebenso wie ich ‘Subjekt statt “Hauptperson’ gewählt habe, um den wichtig- sten und häufigsten Fall vor Augen zu führen,

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 32°

498 Kap. XII. V. Das Pronomen *to. '$ 216.

unter Umständen missverständlich sein würde. Man bedurfte also eines Pronomens, das bei einem Subjekt dritter Person dem ‘mich’ und ‘dich’ entspricht, und es war natürlich, dass man bei dieser Gelegenheit an *svos, *svä, *svoom dachte. Denn ein Pronomen, welches bedeutet ‘zu der genannten Person selbst gehörig’, konnte wohl auch gebraucht werden, wenn man sagen wollte ‘die genannte Person selbst. Dass man das substan- tivisch gebrauchte Pronomen ebenso flektierte wie seine Vor- bilder, die Pronomina erster und zweıter Person, ıst wohl na- türlich. Zugleich erklärt sich auch in einfacher Weise, warum das Reflexivum (abgesehen vom Griechischen) keinen Pluralis und Dualis hat. Diese Numeri entstanden nicht, weil es formell unmöglich war, sie zu bilden. Die Kasus der persönlichen Pronomina haben ja ursprünglich in den drei Numeri dieselben Findungen, und so unterscheiden sich ja auch das griechische fe und oge, fıv (kretisch) und sypıv nicht der Endung, sondern nur dem Stamme nach. Wäre nicht im Griechischen aus uns unbekannten Gründen die Zweitheilung des Stammes einge- treten (*ofo und *ooo), so wäre es den Griechen ebenso unmöglich gewesen, einen Pluralis und Dwualis des Reflexiv- pronomens zu bilden, wie den übrigen Völkern.

Natürlich entgeht mir das Hypothetische dieser Konstruk- tion nicht. Auch will ıch nicht unterlassen, noch ausdrücklich zu bemerken, dass die Untersuchung über die Grundbedeutung des Stammes *svo erst dann zu Ende gekommen sein wird, wenn man über das avestische Avo, das gotische sve wıe, das griechische fo; und was man sonst etwa dahin rechnen kann (vgl. Brugmann, Griech. Gr.? $ 98), zur Klarheit gekommen sein wird, was mir bis jetzt nicht gelungen ist.

V. Das Pronomen *to. Ich behandle zuerst die identischen Pronomina ai. sd, sa, tad, av. hö, hä, tap, griech. 6, 7, to, got. sa, so, bala, darauf das litauısche Zds und das slavische Zu.

$ 217.) Kap. XII. V. Anaphorische Verwendung des subst. Pron. *fo. 499

Über *to ist gesprochen worden SF. 5, 210 ff., Caland 1 ff., Krüger $ 50 (dessen Sammlungen eine Grundlage für die wei- teren Untersuchungen gebildet haben), Monro? 224 ff., Grimm 4, 440 ff. und 383 ff., Gabelentz-Loebe 189 ff. und 165 ff. So viel ich sehe, wird *fo im Indischen und Avestischen niemals eigentlich deiktisch gebraucht, sondern stets etwas Erwähntes oder sonst Bekanntes aufnehmend, und im Griechischen dürfte es nicht anders liegen. Zwar giebt es homerische Stellen, in welchen es gleich 86: verwendet zu sein scheint, z. B.: oöx av zor ypaispum xldapıs ra Te Sünp Ayppoölıns, N Te xdum td Te eldog T 54. Indessen man kann auch übersetzen: die bekannten Gaben, deine (berühmte) Schönheit. Im Gotischen freilich giebt sa, so, bata so oft das griechische oöros wieder, dass man an seinem auch deiktischen Sinne nicht zweifeln kann. Ob nun darin etwas Ursprüngliches oder eine gotische Ausdehnung des Sinnes zu erkennen sei, wage ıch nicht zu entscheiden. Jedenfalls wird man festhalten dürfen, dass unser Pronomen schon vor der Sprachtrennung anaphorischen Sinn hatte. Dem Indischen eigenthümlich ist die Verbindung auch mit Prono- minibus erster und zweiter Person, z. B. tdm mä, tebhyö nas, sa team u. s. w. (SF. 5, 211), dem Griechischen und Gotischen die Verwendung auch als Relativum. Ich behandle zuerst den gewöhnlichen anaphorischen Gebrauch im substantivischen und adjektivischen Sinne, sodann die Hinweisung auf etwas Fol- gendes. Der korrelative Gebrauch, welcher wohl ebenfalls als proethnisch zu betrachten ist, soll bei dem Relativum zur Erörterung kommen.

$ 217. Anaphorische Verwendung des substan- tivischen Pronomens.

In diesem altüberlieferten Sinne erscheint unser Pronomen häufig im Altindischen, einen bereits erwähnten Begriff auf- nehmend, und so die Erzählung weiter führend, z. B. {um aus einer unendlichen Masse Einzelnes herauszugreifen) agrih pür- vebhir r$ibhir idyd nütanäir utd, sa devan Eha vakfati Agni ist von alten Sängern zu preisen und auch von neuen, er bringe die Götter hierher RV. 1, 1, 2; im& söma dramkrtah, tejam pahi

32*

500 Kap. XH. V. Anaphorische Verwendung des subst. Pron. *to [$ 217.

hier sind die zurechtgemachten Somatränke, von ihnen trinke 1, 2,1; yönig fa indra ni$dde akarı, tam a $ida ein Bett ist dir, Indra, zum Niedersitzen bereitet, auf das lass dich nieder 1, 104, 1. Oft werden die Sätze so in einförmiger Weise an- einander gefügt, z. B. tam prchata sd Jagämä sa voda sd cikitvah iyate sa nv iyate, täsmin santi praßifas täsminn i$tayah, sd vajyasya Savasah Sugminas patih ihn bittet, er ist gekommen, er weiss, er der weise wird angegangen, er wird jetzt angegangen, in ihm sind die Ordnungen und die Opfer, er ist der Besitzer der Beute und der gewaltigen Stärke RV. 1, 145, 1. Besonders auch in der Prosa, z. B. prajapates trayastri5ad duhitära san, tah sömäya räjhie ’dadät, tasam rohintm üpäit, 1a irsyantih pünar agachan, ta ano Git, tah pünar ayäücata, ta asmäi nd pünar adadat, 'bravit : rtam ami$va ydtha samävacchä upaisyamı, atha t6 pünar dasyamiti. sd rläm @mit, ta asmäi pünar adadat, tasam röhinim &vöpait, tam yaksma ärchat TS. 2,3, 5,1. In äusserlich wörtlicher Übersetzung heisst das: “Prajäpati hatte dreissig Töchter, die gab er dem Könige Soma, von diesen besuchte er (der König) die Rohini, die (die andern) kamen eifersüchtig wieder zurück, denen ging er nach, die forderte er wieder für sich zurück, die gab er ihm nicht zurück, er (der Vater) sprach: schwöre einen Eid, dass du sie der Reihe nach besuchen willst, dann werde ich (sie) dir zurückgeben. Der schwur den Eid, die gab er ihm wieder zurück, von diesen besuchte er doch wieder nur Rohini, den ergriff Auszehrung'. Wir Deutschen heben nicht in derselben Weise die Nominal- begriffe hervor, wie es hier durch ?@ geschieht, sondern lieben es, die Satzgedanken durch Partikeln in Beziehung zu setzen. Wir müssen also unter Anwendung von ‘da’ und ähnlichen Wörtern uns vielfach anders ausdrücken, wie es SF. 5, 213 ge- schehen ıst. Auf welche Person sich {4 bezieht, lässt sich nach einem äusserlichen Merkmal nicht angeben. Die Beziehung muss aus dem Sinne erschlossen werden. Häufig bezieht sich ein wiederholtes ?{4 auf dieselbe Person, z. B. indras tvdstuh sömam abhisdhäpibat, sd visvan vy ärchat, sa indriyena soma- pithena vy Ardhyata, sd ydd urdhram udaävamıt te $yamaka

$ 217.) Kap. XII. V. Anaphorische Verwendung des subst. Pron. *to. 501

abhavan, sd prajapatim üpädhävat Indra trank des Tvashtar Soma gewaltsam aus, da öffnete er sich nach beiden Seiten, er wurde seiner Kraft, des Somatrankes, beraubt. Das nun, was er oben ausbrach, wurde zu Hirse, da nahm er seine Zu- flucht zu Prajäpati TS. 2, 3, 2, 6; asav ädityd nd oy aröcata, täsmäi devah präyascittim aichan, ldsma etäm sömäräudräm carim nir avapan die Sonne kam nicht zum Leuchten, da suchten die Götter für sie eine Sühnehandlung und bestimmten für sie jenes Soma und Rudra gewidmete Mus TS. 2, 2, 10, 1. Der Nominativ sd, welcher sehr häufig in dieser Anwendung, also wie eine überleitende Partikel erscheint, ıst ım SB. zu einer solchen Partikel geworden (SF. 5, 215). Eine ähnliche Anwendung im Avesta s. Caland $ 2, doch ist im Avesta die Verbindung der Sätze durch Formen von td nicht so häufig wie im Veda, vielmehr werden Partikeln (so namentlich 4) vorgezogen. Dagegen vergleicht sich derhomerische Gebrauch dem altindischen, z. B. Antoös xat Ards ulds‘ 6 yap Baaıkfr xo- Außels vodoov Ava orpatöv üpse A 9; Ds Zpat ebydwevos, Tod d ExÄue Dordos ’Andilwv A 43; xaleooaro Aabv Ayılleds‘ te yap ini ppzol Onxe Bea A 55 u.8. w. In der Erzählung wiederkehrend, z. B.: &s einwv mpolsı, xparepov Ö ini wüßov Erellev. Ta d agxovre Barıv rapa Hiv aAds arpuydtor, Mupuöovwv 8 Ent te xAuolas xal vras Ixeoßrv. Tov 8 eüpov napa te xÄrain xal vn! nelalvn Tuevov' 008 Apa ta yes löwv yrlnoev Ayılleus. tw lv rapßroavre xal aldonevo Ba- sıÄya sTiTmv, 00ÖE Te gıv Tmpooepuveov 006 Epfovro' aurap 6 Eyvo A326 ff. Auch darin gleicht der ältere griechische Sprach- gebrauch, wie er bei Homer und Herodot vorliegt, noch dem altindischen, dass 6 auch das Subjekt des unmittelbar vorher- gehenden Satzes aufnehmen kann, z.B. tod piv Auapf, 0 68 Asöxov Obuoodos LodAoy &taipov BeßArxeı A 491; Bdrıs 8 ou Ander &parucwv rardos &od, Ad 7 y aveöucero A 495 und sonst. Ge- wöhnlich freilich deutet das Pronomen einen Wechsel des Sub- jekts an, womit ein Fortschritt in der Durchsichtigkeit der Erzählung erreicht ist. ‘Man beachte auch den Vorzug, den das Griechische durch seine d€, yap u. s. w. hat). In der atti- schen Prosa findet sich der substantivische Gebrauch von ö, 7, r6

502 Kap.XIU. V. Anaphorische Verwendung desadj. Pron. *o. [$217—218.

oder 6, %, wenn man so schreiben will nur noch in stehenden Wendungen, namentlich in 6 p&v 6 Ö£, einer Gegenüberstellung, die bei Homer noch selten ist. Im Go- tischen vertritt sa auch oöros (Grimm 4, 446), worauf hier nicht weiter eingegangen werden soll. Dem indisch-griechischen Sprachgebrauch entsprechen Ausdrucksweisen wie: audagas Pai hrainjahairtans, unte Bai gub gasashvand selig sind die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen Matth. 5, 8; sa ist sunus meins sa liuba, bamma hausjaib das ist mein lieber Sohn, den höret Luk. 9, 35. Dem attischen xpd roö entsprechen Verbindungen wie afar bata, ın Pis u. ähnl.

$ 218. Anaphorische Verwendung des adjek- tivischen Pronomens. |

Unser Pronomen wird seit alter Zeit mit Substantivis ver- bunden, und zwar gilt für alle betheiligten Sprachen die Regel, dass bei der ersten Erwähnung das Substantivum allein steht, beı der zweiten mit dem Pronomen, z. B. heisst es RV. 1,180, 8: prä ydd vahethe mahina räthasya wenn ihr vorwärts fahrt mit der Majestät des Wagens und 9: iadm vam ratham vaydm adya huvema diesen euren Wagen möchten wir heute heranrufen; sid praja asrjata, ta asya prajah sritah pära babhüvuh er schuf die Geschöpfe, aber diese (die) von ihm geschaffenen Geschöpfe gingen zu Grunde SB. 2, 5, 1,1. In demselben Buche heisst es 1, 6, 3, 1: tvdstur ha vai puträs triSirga $adakfa äsa Tv. hatte einen dreiköpfigen, sechsäugigen Sohn und später (8): sa@ tvasfa cukrödha (zürnte). In der Erzählung von Manu und dem Stier heisst es zuerst (SB. 1, 1, 4, 13): tasminn asuraghni sapatnaghni vak präviftäsa in ihm hauste eine Asura und Feinde tötende Stimme, dann aber: tasyalabdhasya sa vag dpa cakrama als er geopfert war, entwich die Stimme. In diesen Sätzen, die in unzähliger Menge vorliegen, ist die Voranstellung des Pro- nomens durchaus das Übliche, nur in der Poesie kommt ge- legentlich (z. B. RV. 1, 52, 3) auch die Nachstellung vor. Ganz so ım Avesta, z. B. yazala berezata vaca er opferte mit lauter Stimme yt. 10, 89. Dann folgt vak$ diese Stimme. Bei Homer: ßpovrnoas 52 deıwov dptx ApyTira xepauvdv, xad d& npdod

$ 218.) Kap. XII. V. Anaphorische Verwendung des adj. Pron. *to. 503

Inzwv Aropndeos Txe yapäle‘ Seıvn Ö& WAOE Spro Beeiou xaLopEvoro, to d Innw delsavre xaranınmv bu’ dyeapıvy 8 133, vgl. 1 50ff. und sonst. Ein Beispiel aus dem Gotischen: gasahv svaihron is Iigandeın ın heitom, Jah attartok handau izos Jah aflaılot ıja so heito er sah die Schwiegermutter desselben im Fieber liegen, und er berührte ihre Hand, und das Fieber verliess sie Matth. 8, 14, 15. Weitere Belege bei Grimm 4, 386. Man hat wohl ° die Ansicht ausgesprochen, dass diese Verbindung entstanden sei, indem das Substantivum zunächst dem Pronomen appo- sitionell angefügt sei. Und in der That kommen genug Fälle vor, welche auf diese Annahme führen, so im Altindischen, wo oft zwischen Pronomen und Substantivum andere Wörter eingefügt erscheinen, wie es denn z. B. in einem zwischen Mäitreyi und Yajnavalkya geführten Gespräch abwechselnd heisst: sa höväca maitreyi und sd höväca yajhavalkyah SB. 14, 5,4, 1ff. Bei Homer (Monro? $ 258) z.B. ö; &yar', al ö Ane- pukay Adrvatn te xal”Hpr A 20. Ich will gegen die Anschauung, dass in solchen Sätzen sich der ursprüngliche Typus zeige, gewiss nicht streiten. Nur wolle man bedenken, dass die Ver- bindung von Pronomen und Substantivum uralt ist und dass Sätze wie der eben angeführte homerische immer wieder neu entstehen konnten, weil ja der substantivische Gebrauch von 6, %, 6 dem Sprechenden noch geläufig war. Diesem Falle, dass das Pronomen ein vorher bereits erwähntes Wort bei dessen zweiter Erwähnung einführt, steht so zu sagen als anderer Endpunkt der Linie der Fall gegenüber, dass das Pro- nomen etwas nicht Erwähntes, wohl aber allgemein Bekanntes bezeichnet. Derartiges habe ich SF. 5, 210 aus dem Veda an- geführt, z. B. ta vam viSvasya göpa euch beide berühmte Hüter des All RV. 8, 25, 1, und dasselbe führt Caland $ 3a aus dem Avesta an, z. B. ta mainyu das bekannte Geisterpaar, die beiden Geister. Ob gerade diese Verwendung auch in den anderen Sprachen vorliegt, lasse ich dahingestellt, jedenfalls aber giebt es überall solche Fälle, welche zwischen den beiden genannten Endpolen in der Mitte liegen. Die Grammatiker machen mit Recht darauf aufmerksam, dass es nicht gerade dasselbe Wort

504 Kap. XH. V. Anaphorische Verwendung des adj. Pron. *to. [$ 218.

zu sein brauche, bei welchem das Pronomen zu stehen habe, sondern etwa ein sinnverwandtes, z. B. Tuösiön © Eröpouce Yea +Aauxanıs Adyyn" ebpe 68 tev ya dvaxıa E 793, oder yYaipe d& zw öpvıdı K 277 (mit Beziehung auf den vorher erwähnten 2pwöts;). Ebenso hat man längst bemerkt, dass das Pronomen auch einen Begriff, der etwa in einem Verbum enthalten war, aufnehmen kann, z. B. adrap nei h' dÖuoodv Te Telebmadv re töv Spxov B 378, wobei öv den Inhalt des dwvövar aufnimmt. (Über die gleiche Erscheinung im Avesta s. Caland $ 2, im Gotischen Gabelentz- Loebe 166). Wichtiger ist ein anderes. Es scheint bisweilen, als könne unser Pronomen etwas Neues, noch nicht Dagewesenes einführen. Eın Beispiel der Art aus dem Altindischen (das keineswegs allein steht) habe ich SF. 5, 214 angeführt: devas ca va dsuräß cobhäye präjapatyah pasprdhire, 1& ha sma ydd deva dsuran Jäyanti tdtd ha smälcainän pünar upöt tisthanti. te ha deva ücur Jdyamd va dsuras tälas to Evd nah pinar upöt ti$thanti katham nv enän anapajayydm jayemeti. sd hägntr uväca die Götter und die Asura, beide Nachkommen des Prajäpatı, kämpften mit einander. So oft nun die Götter die Asura be- siegten, erhoben diese sich dennoch immer wieder gegen sie. Da sprachen die Götter: wir besiegen die Asura, danach aber erheben sie sich immer wieder gegen uns, wie könnten wir sie nur unwiderruflich besiegen! Da sprach Agni u. s. w. SB. 1, 2, 4, 8. Dazu habe ich bemerkt: “Man sieht hier recht deut- lich, dass te vor devah gebraucht wird, weil die Rede mittelst eines schon dagewesenen Nominalbegriffes weitergeführt werden soll. Dagegen könnte man zunächst meinen, als werde mit sa hägnih etwas völlig Neues eingeführt. Das ist aber doch nicht der Fall. Agni ist unter den Göttern schon mit erwähnt und kann deshalb mit s@ auftreten”. Man kann etwa sagen: mit sd kann etwas angeführt werden, das dem Redenden und Hörenden infolge der gegebenen Situation ohne weiteres in den Sinn kommt. Natürlich schwebt einem Redenden u. a. auch dasjenige sofort vor, was zu dem Gesagten in einem er- gänzenden Gegensatze steht, und so hat denn das Pronomen oft die Aufgabe, eine Art von Gegensatz einzuführen. Dieser

$ 218.) Kap. XIL V. Anaphorische Verwendung des adj. Pron. *o. 505

Gebrauch ist namentlich bei Homer häufig, z. B. @ &oar Arpetöns, &rt Qveov AAloı Ayarol. Oi d8 deol nap Zuvi xadmuevor nyopdwvro IT’ 461 und A 1 (sie aber, die Götter). Dabei ist der Gegensatz, wie es der ausdrucksvolleren griechischen Sprache zukommt, auch noch durch ög ausgedrückt (vgl. H 443); xoöpoı & Öpynotüpes &dlveov, &v & dpa toisıv adkol poppiyyes te Bohv Eyov' ai dE yuvalxes istanevar Baupalov Ent mpoßüporsı &xaorn 3 494, vgl. 559, A 225; rotos Env Tußeos Alttwiros‘ AaAAd röv ulöv yalvaro eto x&pra A 399 (ihn, den Sohn), yupvov, Atdp Ta ya tebye Eyaı xopußatloios "Extup P 122 (vgl. H 84, P 127). Man vergleiche hierzu Monro? $ 259. Nicht selten wäre der Ausdruck "Gegen- satz’ für das vorliegende Gedankenverhältnis zu stark, so dass man lieber von einer Weiterführung sprechen möchte, z. B. rpos rupxaih &papatvero naboato BE pAok" ol d Avepoı raAıy aurtıs EBav olxovös veeadar Opnixtov ara novrov' 8 8 Zorevev olönatı Düwv W228, wobei oi ö’ävspoı offenbar zu dem Vorhergehenden in demselben Verhältnis steht, wıe 8 ö&, so dass also nicht der Artıkel des späteren Griechisch anzunehmen ist. Ebenso ö1v 8E uıv Aumaain Endmv Aaße, ti dE oi dose daxpuögıv nAnodev P 695. In vielen Fällen lässt sich nicht entscheiden, ob eine Art von Gegensatz empfunden ist, oder ob der sog. generische Artikel vorliegt, wie er aus dem späteren Griechisch bekannt ist, z. B. pAYTL XaxOv, O0 RW NOTE or To xpnyvov elnas, alel tor Ta xax Earl pila opeol pnavredscdur A 106.

Wir haben bis jetzt das Pron. nur mit einfachen Subst. verbunden gesehen, es kann aber auch zu solchen treten, welche ein Adjektivum bei sich haben, z.B. im Altindi- schen: RV. 1, 40, 5 ist von einem mäntra dıe Rede, welchen der Herr des Gebetes spricht. Der folgende Vers lautet: tam id vöcemä vidalhesu Jambhüvam mäntram deva anehdsam diesen heilvollen Spruch möchten wir, o Götter, bei den Opfern sprechen, den unvergleichlichen;; ı$as tdm aäyam yaSdsam suvi- ram däsdpravargam rayim dSvabudhyam o Morgenröthe, diesen herrlichen, aus Männern, Knechten und Rossen bestehenden Reichthum möchte ich erlangen 1, 92, 8 (rayim nimmt vayan “die Beute” des vorhergehenden Verses auf); s4 ghä tam

506 Kap.XIlI. V. Das Pron.*to weist auf etwasFolgendes hin. [$ 218—219.

vrfanam rätham adhi tigthati goridam der wird den starken Wa- gen, den Heerden gewinnenden, besteigen 1, 82, 4 (der Wagen ist vorher nicht gerade genannt, aber es ist auf ihn hinge- wiesen worden); idm rvahı $ärdham marulam sumnayür giröpa bruve jene eure marutische Schar rufe ich Gnade heischend mit der Stimme an 2, 30, 11. So auch im Avesta, z.B. azem böib tum ta nipayemi vispa vohu mazdadata ich fürwahr behüte alle gottgegebenen Güter yt. 5, 89. Ebenso im homerischen Griechisch, z. B. tüv dsıl@v £rapwv der erwähnten armen Freunde ı 65; rov Awßrrtpa &reoddAov den, der sich eben breit gemacht hat B 275; 6 pöyAos &)aıvos der erwähnte ı 378; nv oAohv Aapußöıv die von dir erwähnte p 113 (während wir ryv 428 durch jene übersetzen möchten); rpös Tod Bası$\7os Arnveos bei jenem unmilden König, dessen Namen ich nicht nennen will A 340; rtov &eivov ööormvov p 10 u.s. w., also mit Voran- stellung oder Nachstellung des Adjektivums wie im Altindi- schen. Dasselbe im Gotischen, z. B. jah aınshun ni giulid vein niujala in balgıns fairnjans asbpau distairıid bata niujo vein Dans balgıns und niemand giesst neuen Wein in alte Schläuche, sonst zerreisst der neue Wein die Schläuche Luk. 5, 37. Wei- tere Belege bei Gabelentz-Loebe 174.

$ 219. Hinweisung auf etwas Folgendes.

Das Pronomen kann ım substantivischen und adjektivi- schen Gebrauch auf etwas, was ım folgenden (oft abhängigen) Satze zur Sprache kommen soll, hinweisen. Dasjenige, was sogleich bekannt werden wird, schwebt schon als ein Bekann- tes vor. Beispiele für den substantivischen Gebrauch sind: aus dem Altindischen nd väi täd vidma yddi brähmana va smö 'brähmanä wir wissen das nicht, ob wir Brahmanen oder Nicht-Brahmanen sind (SF. 5, 588). Avestisch: ta Pwä pe- resa eres möi vaoca das wıll ich dich fragen, antworte mir richtig (nun folgen die Fragen), y. 44,1. Griechisch: ala zo daupdlm" T6ov Evddde Mevropa dtov 5 655; EodAdv xal To teruxrat, oT Ayyelos alcına elön O 207 (vgl. Monro? 226). Ebenso im Deutschen, z. B. im Anfang des Hildebrandliedes «4 gihörta dhat seggen, dhat sth urhettun u.s. w. Belege für denselben

$ 219—220.] Kap. XII. V. Der Artikel. 507

Gebrauch bei dem adjektivischen Pronomen aus dem Altindischen sind: grre täd indra te Säva upamam devatätaye yad dhasi ortram öjasä ich preise, o Indra, diese deine Kraftthat als höchste für das Opfer, dass du den Vrtra schlägst mit Kraft RV. 8, 62,8; ha ahmai asıs erenävi tah ahmäi jasah üyaptem yah he puprö us zayata dieses Glück wurde ihm beschieden, dieser Lohn kam ihm zu, dass ihm ein Sohn geboren wurde y. 9, 7. $ 22. Artikel.

Hiermit dürfte der ungefähre Umfang der proethnischen An- wendung dieses Pronomens angegeben sein. Dasselbe diente dazu, auf etwas Bekanntes, namentlich etwas Erwähntes hinzuweisen. Es gab also in der Uırzeit keinen Artikel, wenn man (wie es doch scheint) darüber einverstanden ist, dass das Pronomen erst dann als Artikel bezeichnet werden kann, wenn es ge- wohnheitsmässig allen solchen Substantivbegriffen hinzugefügt wird, welche als ‘bestimmte’ angesehen werden sollen. Dieser Gebrauch liegt im Veda und Avesta nicht vor, denn auf bei- den Gebieten wird das Pronomen nur dann gebraucht, wenn eine Veranlassung dazu durch die gerade vorliegende Situation gegeben ist, nicht grundsätzlich und allgemein. Der Artikel in diesem engeren Sinne ist also auch nicht in das Griechische und Gotische überliefert worden, sondern hat sich in jeder von diesen beiden Sprachen entwickelt. Was das Griechi- sche betrifft, so gehen die Meinungen der Gelehrten darüber auseinander, ob der Artikel bei Homer ‘beinahe noch keiner und kaum erst aus dem Schosse des Demonstrativums hervor- gegangen’ (Grimm), oder ob er schon zu Homer's Zeit in der gewöhnlichen Sprache häufig oder regelmässig war, so dass die häufige Weglassung desselben als eine Art von poetischer Lizenz erschiene!). Die Frage wird sich mit Sicherheit und Genauigkeit wohl schwerlich entscheiden lassen. Dem steht zunächst die Vieldeutigkeit des Pronominalgebrauchs in vielen Stellen entgegen, welche so gross ist, dass sicherlich derselbe moderne Gelehrte zu verschiedenen Zeiten dieselbe Stelle ver-

1) Das scheint die Ansicht von Krüger zu sein.

og m er or

508 Kap. XII. V. Der Artikel. [$ 220.

schieden deuten wird, und sodann die Beschaffenheit unseres Textes. Ist doch die Möglichkeit keineswegs in Abrede zu stellen, dass der Artikel an vielen Stellen eingeschmuggelt worden ist, wo er ursprünglich nicht stand. Nauck hat sich in seiner Ausgabe von dieser Ansicht leiten lassen, und man kann auf dem eingeschlagenen Wege noch weiter gehen (vgl. A. Stummer, über den Artikel bei Homer, Programm von Münnerstadt, Schweinfurt 1886‘. Man muss sich, glaube ıch, unter diesen Umständen begnügen, zu behaupten, dass bei Homer zwar im grossen und ganzen der Artikel noch nicht in demselben Sınne, wie ın der attischen Prosa, erscheine (wo- von man sich durch die Vergleichung der Verse A 12 ff. mit der bekannten Stelle des Plato, wobei sich dsoi und robs Beous, IIpıaporo nöAıv und mv Tpolav, ratda und mv duyarepar, Ars via und tov Bedv, oteuua deoio und ra too Beod areunara u.8.w. gegenüberstehen, eine deutliche Vorstellung verschaffen kann), dass aber in einer Reihe von Stellen, deren Zahl freilich die meisten wohl gegenüber der Aufstellung von Krüger einschrän- ken werden, doch nur mit Zwang eine Verschiedenheit gegen- über dem attischen Sprachgebrauch gefunden werden könnte. Es ıst also klar, dass in den homerischen Gedichten ein älterer und ein jüngerer Zustand im Gemenge liegen. Eine Erklä- rung für diese Lage der Dinge kann natürlich nur im Rahmen einer Gesammtanschauung über die Entwicklung der homeri- schen Poesie gegeben werden!). Der gotische Artikel, der uns beı Ulfilas entwickelt entgegen tritt, zeigt in mehreren

1) Meister, griech. Dialekte 1, 286, stellt ein dem kyprischen Gebrauch entnommenes Grundgesetz für den Gebrauch des Artikels auf, das er auch als “urgriechisch’ in Anspruch nimmt. Es lautet so: ‘Begriffe, die an sich unbegrenzt oder in Mehrheit vorhanden sind, bedürfen des Artikels, wenn sie eine begrenzte Einheit bezeichnen sollen; Begriffe, die an sich eine begrenzte Einheit bedeuten, bedürfen des Artikels nicht. Ich muss in- dessen gestehen, dass ich in den kyprischen Inschriften keinen anderen Artikelgebrauch finden kann, als in den griechischen Inschriften überhaupt, nämlich im wesentlichen denselben, wie im Attischen. Und in der That sagt ja auch das Meister'sche Gesetz nur mit anderen Worten, dass der Artikel die Aufgabe habe, zu begrenzen, zu individualisieren oder wie man sich sonst ausdrücken will.

$ 220.] Kap. XII. V. Der Artikel. 509

bemerkenswerthen Eigenthümlichkeiten Gleichheit oder Ähn- lichkeit mit dem attischen Gebrauch, so z. B. darin, dass die individuellsten Wörter, wie Eigennamen, in der Regel ohne Artikel auftreten, in der Verbindung des Artikels mit dem Adjektivum, mit ‘all’ u. a. m. Indessen diese Übereinstimmun- gen stammen unzweifelhaft nicht aus einer Zeit der Gremein- samkeit, sondern sind auf der gleichen überlieferten Grundlage unabhängig von einander entstanden, so dass sie uns hier nicht weiter zu beschäftigen haben.

Es bleibt noch übrig, mit einigen Worten zusammenfassend auszusprechen, wie sich das Pronomen zum Artikel “entwickelt’ hat. Unter den Substantiven kommen dabei zunächst die Be- zeichnungen solcher Dinge in betracht, welche in mehreren oder vielen Exemplaren vorhanden sind, z. B. Pferd. Es ist klar, dass man in der Urzeit bei der ersten Nennung eines solchen Dinges nicht ausdrückte, ob man ein bestimmtes Exem- plar vor Augen hatte oder nicht, man sagte einfach d$vas, Ixros oder wie das Wort sonst hiess. Wenn nun ein solches Ding zum zweiten Male zur Erwähnung kam, so war man nicht gerade genöthigt, aber man konnte mit dem Pronomen auf dasselbe als ein schon dagewesenes, also bestimmtes, hin- weisen. Ebenso konnte man gelegentlich das Pronomen zu einem Begriff setzen, den man als bekannt bezeichnen wollte, und so kam das Pronomen in häufige Verbindung mit ge- wissen Substantivren. Wie nun aber ein einzelnes Ding, z. B. ein Pferd, als ein bestimmtes bezeichnet werden kann, so kann man auch die Gesammtheit der Pferde als etwas Bestimmtes z. B. der Gesammtheit der Rinder gegenüberstellen. So kam das Pronomen dazu, auch bei Wörtern, welche nicht ein kon- kretes Ding, sondern eine Vorstellung, einen Begriff be- zeichnen, gesetzt zu werden. Dabei dürfte die pluralische Ausdrucksweise der singularischen voran gegangen sein. Wenn nun das Pronomen in dieser Weise gewohnheitsmässig gesetzt wird, nennt man es Artikel.

510 Kap. XII. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum. [$ 221.

$ 221. Baltisch-Slavisch.

Mit dem eben behandelten Pronomen stimmen das litauische tas, ta und das slavische ?& (aksl. fü, ta, to) überein, nur dass ım Nominativ der S-Stamm durch den 7-Stamm verdrängt worden ist. Auch in der Bedeutung stimmen sie mit dem überein, was hier als proethnischer Gebrauch des Pronomens ermittelt worden ist. So erscheint ım Litauischen fäs als Subst. im korrelativen Gebrauche (Schleicher 299, 5) ferner anaphorisch, z. B. in Sätzen wie: büvo karälius, täs turejo labai gräzig päczq es war ein König, der hatte eine sehr schöne Frau, Schleicher, Lesebuch 123. Etwas später heisst es adjektivisch: tüs karälius. Das gelegentliche Auftreten von /äs, ta als Ar- tikel halte ich mit Schleicher und Kurschat für einen Ger- manismus (anders Bezzenberger, ZGLS. 235). Im Lettischen hat sich eine Anwendung entwickelt, welche dem Artikel ganz nahe kommt (Bielenstein, Lett. Gr. 255 ff.). Über das slavische Z& handelt Miklosich 4, 113f. Es erscheint sub- stantivisch anaphorisch, z. B.: Jako düsti inoceda be jemu Jako düvoju na desete lelu, s ta umtraase Er duyarnp povoyerhs Tv auTd Ws Erav Öwdexa xal adın Anedvroxev Luk. 8, 42; i se Eh- savefi qzika tvoja, i ta zacelü syna xal löob EAısaßer H auyyerns o0u, xal aürn ovveuAnputa uldv Luk. 1, 36. Adjektivisch, z. B. slysavü ta slovesa Axoüsas Todtov tüv Adyov Joh. 19, 13; to vreme Ev &xeivp xaıp@ Matth. 11, 25; # Aupuwjetü selo to xal ayopassı tov Aypöv &xeivov Matth. 13, 44. Korrelativ: jeze aste dastü se vamü Casü, to glagoljete 8 2av dod div &v &xeivy Dj pa, toöro Aaleire Mark. 13, 11; ta dela jaZe tvorjgq diese (genannten) Werke, welche ich thue Joh. 5, 36.

v1. Das Interrogativum und Indefinitum.

Der Stamm, welchem das Interrogativum und das Indefini- tivum angehört, erscheint in der Doppelgestalt *go, *gi. Wacker- nagel, KZ. 29, 144 nimmt an, dass die Form *g ursprünglich ım Nom. und Akk. gegolten habe, die andere in den obliquen

$222]) Kap. XII. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum im Ar. 511

Kasus, nach Caland (50 Anm.) soll *go interrogativ, *gs inde- finit gewesen sein. Angesichts der Thatsache, dass von *gt keın Femininum gebildet wird, könnte man vermuthen, dass die eine Form substantivisch, die andere adjektivisch gewesen sei. Indes alle diese Hypothesen sind unsicher. Somit thut man gut, nur mit Brugmann 2, 772 zu behaupten, dass die beiden Stämme hochbetont fragenden, unbetont indefiniten Sinn gehabt haben werden.

Im Lateinischen, Litauischen, innerhalb des Slavischen und Germanischen (nicht im Avestischen nach Caland $ 78) hat sich relative Verwendung entwickelt, worüber später zu han- deln sein wird.

Über das Pronomen des Fraglichen (denn so muss es ja definiert werden), finde ich hier nur zu bemerken, dass in einem Satze auch zwei solcher Pronomina vorkommen können, so im Altindischen, z. B. kd ıdam kasmä adat wer hat dies wem gegeben MS. 1, 9, 4 (135, 1), im Griechischen, Litauischen. Hierüber, über das die Satzfrage einleitende Aa und anderes hierher Gehörige wird bei den Fragesätzen zu handeln sein.

Was das Indefinitum angeht, so kann zwar überall die Form, welche hochbetont als Interr. gebraucht wird, unbetont als Indef. auftreten, aber meist wird doch dem Pronomen, wenn es indefinit verstanden werden soll, ein besonderes Zeichen beigegeben. In dieser Hinsicht stimmen das Altindische, Avestische, Lateinische, Deutsche in merkwürdiger Weise über- ein. Diese Sprachen sollen also zunächst behandelt werden.

$ 222. Arısch, Italisch, Germanisch.

Arisch. Das blosse As in indefinitem Sinn wird ın der alten indischen Sprache in positiven Sätzen nicht ge- braucht. Im Avesta dagegen kommt es gelegentlich so vor: kada varda yezi cahyäü z3ayaba mazda aSa yehya ülpis dvagpa wann erfahre ich, ob ihr, o Mazda und ASa, über einen Macht habt, von dem mir Unheil droht y. 48, 9. Nach Geldner, KZ. 30, 533 ıst unter cahy@ der Böse gemeint, also ein is, den man nicht nennen will. Ferner Aa möi urvä 15e cahya avanko

512 Kap. XD. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum im Ar. [$ 222.

verfügt meine Seele über einigen Beistand y. 50, 1. In ne- gativen Sätzen dagegen findet sich das ındefinite ka ın beiden Sprachen, mit ma im RV., z. B. ma käsya yakjam bhujema möchten wir nicht irgend eines anderen yak$a zu geniessen haben RV. 5, 70, 4; kasmäi dhatam abhy ämitrine nah über- liefert uns nicht irgend einem Feinde RV. 1, 120, 8 (ausserdem noch zweimal ım RV). Ebenso im Avesta: mä& cıs paurvo buüidyagla niemand soll es vor uns erfahren y. 9, 21; sodann auch mit den Negationen, die dem indischen n& entsprechen, nämlich nörp: yo norıh kahmar miprödrujam masyänqm aoj6 da- daiti welcher keinem der treubrüchigen Menschen Kraft ver- leiht yt. 10, 62. (Weiteres bei Caland $ 82).

Gewöhnlich aber erscheint das Indefinitum mit dem Zusatz cid, ca oder cand.

1. Ka mit gi. cid, av. ci} ım Sinne von ‘wer nur immer, irgend einer, jeder’!) erscheint sowohl in positiven wie in ne- gativen Sätzen, z. B. ai. indräd a ka$ cid bhayatö täviyasah vor dem starken Indra fürchtet sich ein jeder RV. 10, 92, 8; aham asmi yah pura sute vadamı kani cit ich bin der, welcher früher beim Soma alle möglichen Sprüche zu sprechen pflegte 1, 105, 7; sunvadbhyo randhaya kam cıd avratam den Opfernden unterwirf jeden Unfrommen 1, 132, 4. Avestisch: (die FravaSi kommen herbei) äpem agsemnä haväi kacih nafaı Wasser herbei- holend, eine jede für ihre Familie yt. 13, 66; yavarand kascip saosyantqm welches Glaubens jeder der S. ist y. 12, 7; kascipca atsqm varryanam kascihca atsqm apayzaranam capwaresatem ayarebarangm hvaspaı naire baremnäi und jedes dieser Rinn- sale und jeder dieser Abflüsse ist vierzig Tagereisen lang für einen gutberittenen Reiter yt. 5, 4; yah dim kascıp anheus ast- vato avahıstee wenn ıhm irgend jemand aus der lebenden Welt begegnet vd. 8, 100; adas kahyacıp paiti y. 33, 11 wird übersetzt: “bei einer jeglichen Vergeltung’. Für negative Sätze

1) Nach Grassmann erscheint es RV. 1, 110, 2 im Sinne von ‘einige’ (‘die ihr zum theil mir seid verwandt‘). Die Stelle ist undeutlich und eine andere, die entschieden für diese Färbung des Begriffes spräche, kenne ich nicht.

$222] Kap. XII. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum im Ar. 513

habe ich. nur Belege aus dem Altindischen, z. B. md tva ke cin ni yaman nicht möge irgend jemand dich fesseln RV.3,45, 1; gühya nad ke cit niemand kann verborgen bleiben 7, 103, 8. So auch bei Adverbien vom Stamme ka, z. B. kada : duskrte ma sugäam blüd nah kada cid abhidäsali druhä nicht sei dem Übelthäter guter Fortgang, der uns, es sei wann es sei, mit Feindschaft nachstellt 7, 104, 7; sa nah kada cid ärvatä gamat er komme immer zu uns mit dem Rosse 8, 40, 2. Als bemerkenswerthe Verbindungen führe ich aus dem RV. noch an: rakfäa si drarufah svanat samasya käsya cıt schütze uns vor dem Ton des nicht Spendenden, eines jeden, wer es auch sei 9, 29, 5; utö asyd kasya cid dakjasya täva rrtrahan asmäbhyam nrmndm a bhara bring uns die Mannhaftigkeit dieses deines Muthes, welcher er aych sei 5, 38, 4 (d.h. etwas von all deinen muthigen Entschlüssen.. Einmal!) erscheint das Pronomen auch verdoppelt (aber dabei auch die zweite Form betont): yad agne kani kani cid a ts darüni dadhmäsi wenn wir dir, o Agni, alle möglichen Holzarten auflegen 8, 102, 20. Derselbe Gebrauch im Avesta wird nicht zu be- zweifeln sein, wenn auch die einzelnen dafür angeführten Stellen nicht ganz einwandfrei sind (vgl. Caland 49°). Oft er- scheint ka mit cid, ci} hinter dem Relativum, z. B. nah ka$ cid ririkgati svaih $4 evai ririgista wer immer uns zu Grunde zu richten sucht, der möge selbst zu Grunde gehen RV. 8, 18,13; vadhäir duhlqsar dpa düdhyd Jahi dure va ye anti va ke cid atrinah mit den Waffen schlage die gottlosen, Unfrommen zurück, alle Atrin, mögen sie nah oder ferne sein 1, 94, 9; devan yac cakyma käc cid ägah oder jedes Ärgernis, das wır den Göttern bereitet haben 1, 185, 8. Ebenso im Avesta, z. B. ahmäı yahmäi vasi kahmarcıp zu einem jeden, zu welchem du willst y. 44, 16. Sowohl ım Veda wie im Avesta sind, soweit ich sehe, die Sätze, in denen diese Verbindung auftritt, vollständige (nicht abgekürzte) Relatıvsätze.

1) Die entsprechende Stelle des AV. hat freilich yanı kani cid, aber die Lesart des RV. wird die ursprüngliche sein. Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. ]. 33

514 Kap. XI. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum im Ar. [$ 222.

Im Altpersischen entspricht cıy: naiy aha martıya naty Pärsa naiy Mäda naıy amäkham taumäya kasciy hya u. 8. w. es war niemand, weder ein Perser, noch ein Meder, noch jemand von unserer Familie, der u.s. w. Spiegel?S. 6,48 ; kadcıy naty adar- snaus cisciy bastanaiy niemand wagte etwas zu reden ibid. 8, 53.

In der Verbindung mit ca erscheint As nur im Re- lativsatz. Dabei ist der Relativsatz gewöhnlich verballos (vgl. namentlich SF. 5, 570). Belege sind: yat kim caham toäyür tdam vadamı ld] Jugasva was immer auch ich, dein Verehrer, hier sage, das nımm freundlich an RV. 6, 47, 10: y6 cısca ahmi nmän? atnarhä asti maSyö wer irgend in diesem Hause ein gewaltthätiger Mensch ist y. 9, 28. Ohne Verbum: pratidam oißvam mödats yat kim ca prthivyam ddhi alles das freut sich, was irgend auf der Erde .ist RV. 5, 83, 9; ye devah ke ca yayhiyas tE rayya sdm sgjantu nah welche immer die ver- ehrungswürdigen Götter sind (also s. v. w. alle Gitter), die mögen uns mit Gut begaben RV. 10, 19, 7; ahura Ävö mainyüm zarabuströ verentg mazda yastd cisca spenisto aber 2. erwählt für sich jeden heiligsten Geist von dir, o Ahura Mazda, y. 43, 16. Dazu adverbiale Ausdrücke wie ai. yatra kvä ca, av. yaba kavaca u. ähnl. (vgl. Caland 49° und KZ. 31, 264).

3) Es folgt schliesslich die Verbindung mit cana. Über cand habe ich SF. 5, 544 gehandelt. Es hat offenbar seine ursprüngliche Stelle im negativen Satze gehabt und scheint nichts anderes als eine Vereinigung von ca nnd nd. So er- scheint es bei Formen des Stammes Aa, z. B.: na tdm abnöti ka canä ihn erreicht niemand RV. 10, 62, 9; nd pära Jigye katard& canäinöh keiner von den beiden ist je unterlegen 6, 69, 8; Zava vrate vayam na risyema kada cand in deinem Schutze werden wir nie Schaden leiden 6, 54, 9; ta ülayo ’smän kada cana dabhan lass deine Hilfe uns nie fehlen 1, 84, 20. Gelegentlich erscheint card auch in Sätzen ohne Negation, so 3, 30, 1 und 1, 113, 8 (Stellen, über deren Übersetzung die Erklärer verschiedener Meinung sind). Sicher ist, dass kada cand startr asi 8, 51, 7 bedeutet: “du bist niemals unfruchtbar’ (ganz ähnlich 8, 52, 7). Man darf wohl annehmen, dass der

$222.] Kap. XU. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum im Lat. 515

Dichter cana für negativ genug hielt und sich daher ein weiteres nd sparen zu können glaubte. Grassmann will cand in ca nd ändern. Im Avesta scheint cına zu entsprechen in kaba cina wie nur immer vsp. 22, 2 (in einem Satze mit ma). Latei- nisch (Draeger 1, 71ff). Das einfache gutes wird, wie in den arischen Sprachen, nur selten in positiven Hauptsätzen gebraucht, z. B. heus Simoni adesse me quis nuntiate (Plautus), Jiliam quis habet (Cicero). Gewöhnlich steht es, wie in den arıschen Sprachen, in negativen Sätzen, und sodann in Kon- junktionssätzen. Dabei ist die Verbindung mit ss als uritalisch anzusehen, vgl. umbr. svepis, osk. svaepis, svai pid, volsk. sepis. Unter den zahlreichen Modifikationen, welche das Lateinische darbietet (guidam, quispiam, quisquam, quivss, quilsbet, quisque, quisquis, aliquis) ist sicher guisque und wahrscheinlich auch quisguam uralt. Quisgue entspricht dem arischen Akas ca. Es heisst wie dieses “wer es auch sei, jeder, und wie kas ca nicht frei dastehen kann, sondern sich an das Relativum an- lehnen muss, so erscheint quisque besonders nach Relativen, Reflexiven, Superlativen und Ordnungszahlen. Es ist daher nicht richtig, was Draeger 84 sagt, dass guisgue ursprünglich ein Relativum generale gewesen sei. In plautinischen Sätzen wie: quemque hic ınlus videro eum ego obtruncabo sollte man streng genommen nach Anleitung des arischen yas kas ca quem quemque erwarten. Indessen ist diese Verbindung, welche da- durch unbequem wurde, dass derselbe Stamm auch das Rela- tivum lieferte, offenbar früh aufgegeben worden. Quisquam entspricht dem Gebrauch nach völlig dem ai. Ad$cana. Denn es erscheint nur in negativen Sätzen oder in solchen, die den Dienst von negativen versehen können. Es ist nur substan- tivisch und deshalb ein Plural nicht nothwendig ("nicht irgend einer’ besagt ebenso viel wie “nicht irgend welche‘). Ob -guam mit cand identisch ist oder dasselbe verdrängt hat, lasse ich dahingestellt (vgl. Grassmann, Wtb. zum Rigveda unter cand). Unter den übrigen Formen entspricht quisquis einem uralten Typus (vgl. das oben bei den arischen Sprachen Beigebrachte und SF. 5, 54). Der Rest besteht aus Neubildungen, von denen 33*

516 Kap. XU. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum im Got. [$ 222.

quivis und quilibet deutlich, guidam, quispiam und alıquis mehr oder weniger undeutlich sind. Das ai. cıd, av. ci), altpers. cıy findet im Lateinischen keine Entsprechung. Im Gotischen (Gabelentz-Loebe 196 ff.) verhält es sich im wesentlichen so, wie im Lateinischen. Das einfache Avas wird nicht häufig im positiven Hauptsatz indefinit gebraucht. Ein Beispiel ist: ska? pus hva giban Eyw col elreiv Luk. 7, 40. Wie ım La- teinischen erscheint es in negativen Sätzen, z. B. ni auk mayum hva vihra sunja ob yap Suvapedd xara tus aAndelas 2 Kor. 13, 8, und besonders häufig in Sätzen mit jabas wenn, tbas ob, Patei dass. Dem lat. guisque entspricht hvazuh, wenn es ihm auch nicht völlig gleich ist. Ich kann mich nicht entschliessen, in dem u einen ‘eingeschobenen’ Vokal zu sehen, sondern meine mit Sonne, KZ. 12, 279, dass dieses « die aus dem Altindischen bekannte Partikel « ist, über welche ich SF. 5, 504 gehandelt habe. Diese Partikel findet sich häufig nach dem Frage- pronomen (die Frage ‘verstärkend’, wie wir in Ermangelung einer genauen Abgrenzung der Bedeutung zu sagen pflegen) und darf daher auch nach dem Indefinitum nicht befremden.! Der Sınn des got. Ahvazuh ist ‘jeder’, also wie lat. quisque, es erscheint aber gewöhnlich nicht wie dieses angelehnt, sondern selbständig, z. B. hvazuh auk funin saltada jah hvarjatoh hunsle salta saltida räs yap rupl Alusdnsera xal näsa Bucta AAl Akı- oönseraı Mark. 9, 49. Häufig folgt saeı, z.B. kvazuh nu saeı hauseib vaurda räs ovv Gorıs Axoveı ToLs Adyous Matth. 7, 24. Es wird in gewissen Verbindungen auch adjektivisch verwendet, z. B. daga hvammeh 3a hu£pav. Dass hvas (und natürlich auch die von ihm abgeleiteten Wörter wie Avarjts) einst auch, wie guisque im Lateinischen, sich an Zahlwörter anlehnen konnte, beweisen atnhvarjizuh jeder und ainhvaharuh jeder von beiden, und auch die etwas auffällige Stellung hinter Kardinal- zahlen, die dadurch zu Distributiven werden, so: jah atharhait bans tvahıf jah dugann ins insandjun tvans Ivanzuh xal rPos-

1) An der Aufeinanderfolge der beiden Encliticae u und ca ist kein Anstoss zu nehmen {vgl. SF. 5, 474 unten).

$ 222—223.) Kap. XI. VL Das Interrogat. u. Indefinit. imLit. u. Lett. 517

xaleitaı Toüs Ömöexa xal Tipkato adtobs Amoordileıv Ebo dbo Mark. 6, 7. Diese Ausdrucksweise konnte sich wohl nur ent- wickeln auf Grund der Gewohnheit, unser Pronomen den Ordinalzahlen anzufügen, wie sie im Lateinischen vorliegt. Dem indischen k4$ cand entspricht Avashun!\, jedenfalls dem Gebrauche nach, denn es wird nur in negativen Sätzen gebraucht, z. B. ni hvashun biubeigs alja ans gub oddels dyados el uh eis 0 Bei; Mark. 10, 18. Es kommt wie gutisqguam nur im Singular, und zwar nur im Nominatıv des Maskulinums vor.

$ 223. Baltisch, Slavisch und Griechisch.

Die zweite Gruppe bilden diejenigen Sprachen, welche kein ererbtes Zeichen für das Indefinitum haben. Unter ihnen stelle ich das Griechische, als diejenige Sprache, welche auch keine neuen Zeichen ausgebildet hat (was das Slavische und Litauisch-Lettische gethan hat), an den Schluss.

Litauisch und Lettisch. Das Pronomen kann auch indefinit gebraucht werden, z. B. lit. man tai käs pasake mir hat das jemand gesagt, lett. tur biyja kads wirinsch dort war ein Männchen (guidam).?2) Besonders geschieht das im nega- tiven Satze, sei es, dass die Negation zum Verbum gehört, z. B. lit. tat ne küs nores apsihti das wird nicht so leicht jemand übernehmen wollen (Kurschat Wb.), sei es, was das Gewöhnliche ist, dass sie zu dem Pronomen in nahe Beziehung tritt. So entsteht lit. n&kas nichts, keiner, lett. nekas niemand, dessen beide Bestandtheile aber noch getrennt werden können

1) Ich bin bie dahin mit Bopp der Ansicht gewesen, dass hun auch lautlich mit cana identisch sei. Jetzt sehe ich, dass J. Schmidt, KZ. 32,402 hun vielmehr auf den Stamm ku zurückführt. Ich lasse diese Frage wie andere lautgeschichtliche unentschieden, bemerke aber, dass nach J. Schmidt dem cana germ. gin u. s. w. entspricht. Jedenfalls also war im Germanischen ein genaues! Gegenbild von cana vorhanden, mag man dieses nun in hun oder gir finden, oder die beiden Formen zu vermitteln suchen.

2; Bei Zahlwörtern drückt das lett. Adds das Ungefähre aus, z. B. ar kädu simtu “mit etwa einem Hundert’. Das heisst wohl eigentlich ‘mit irgend einem hundert, welches nicht das bestimmte zu sein braucht’, hat also mit dem Gebrauch von qguisque und got. hvazuh bei Zahlwörtern nichts zu thun. Das undeklinirbare lit. kas ‘jeder’ bei Zeitangaben scheint ursprünglich relativisch zu sein (Leskien-Brugman 320).

518 Kap. XII. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum im Slav. [$ 223.

(z. B. ne pi kdda bei niemand). Solche mit einer Negation zusammengesetzte Formen können auch positiv-indefinit ge- braucht werden. So heisst Iıt. nekufs oder nekursat, f. nekuri ein gewisser (adjektivisch) und nekada zuweilen. Auch nekas kommt nach Bezzenberger, ZGLS. 258 ım älteren Litauisch so vor. Ich vermuthe, dass dieser Gebrauch aus Sätzen mit zwei Negationen stammt (wie z. B. “das geschah niemals nicht’). Ausser in negativen Sätzen erscheint der indefinite Gebrauch ın Konjunktionssätzen, so ist z. B. lett. A4ds immer indefinit nach Ja wenn (vgl. got. jabat, lat. ss). Im Litauischen (wenig- stens dem jetzigen) giebt es also kein besonderes Zeichen für den indefiniten Gebrauch unseres Pronomens, ausser der eben erwähnten Verbindung mit der Negation in nekufs nekada. Dagegen giebt es im Lettischen noch einige erwähnenswerthe Gestaltungen. Zunächst kann die positive und die negative Form des Pronomens neben einander gestellt werden, z. B. düdi kadam nekädam gieb jemandem niemandem, d. h. wem du willst, kur nekur wo es auch sei oder gleichviel wohin. Daran schliesst sich jed-kas eig. ‘wenn jemand’, dann ‘irgend jemand, der erste beste’ (vgl. auch Bezzenberger 257, wo der- selbe Gebrauch aus dem älteren Litauisch nachgewiesen wird). Endlich verbindet sich kas mit Aaut wenn doch, wenn, zum Indefinitum. Slavisch (vgl. Miklosich 4, 86ff.). Im Slavı- schen zeigen sich im wesentlichen dieselben Erscheinungen wie im Litauischen und Lettischen. Wie M. sich ausdrückt, er- hält die Bedeutung eines Pronomen indefinitum dadurch, dass es tonlos wird, in welchem Falle es meist einem oder mehreren Wörtern des Satzes nachgesetzt wird. Es kann auch den Sinn von jeder erhalten, z. B. russ. cto not jede Nacht, to minuta jede Minute (M.87°). Wie im Lit. wird es mit der Negation zusammengesetzt, z. B. aksl. nıküto niemand oder mit Anhängung von Ze: nıkütoze, doch kann, wie im Litauischen, ns durch eine Präposition von Aüto getrennt werden, z. B. ni komuze nicht zu irgend jemand (M. 88f). Wie im Litau- ischen kann aber auch aus der Verbindung mit der Negation (re) ein Indefinitum hervorgehen, z. B. aksl. nekto (prikosna se mind

$ 223.] Kap. XII. VI. Das Interrogativum u. Indefinitum im Griech. 519

nekto Tıyard poö ti; Luk. 8, 46). Eine Erklärung dieser Er- scheinung ist oben bei dem Litauischen angedeutet. Endlich sei noch bemerkt, dass auch in slavischen Sprachen ein In- definitum durch Vorsetzung von Konjunktionen entstehen kann, 2. B. aksl. jede kyj quidam, wobei Jede doch wohl dasselbe ist wie jeda wenn (vgl. noch M. 89). Was als dem Slavischen eigenthümlich angesehen werden kann, ist bei M. unter A und 2 erwähnt. Dahin gehören Ausdrücke wie aksl. Jyubo Adver- bium zu 4ubü lieb, welches zu dem Indefinitum gesetzt, dessen Sinn noch steigert, z. B. aksl. na kojemi Yyubo meste auf irgend einem Platze, vgl. lat. quilidet. Die von M. unter / erwähnten negativen Wendungen, z.B. russ. kto-ni-budi wer es auch sei sind wohl Abkürzungen vollerer Wendungen, welche den oben erwähnten lettischen vergleichbar sind, also: “wer es sei oder wer nicht. Griechisch. Im Griechischen giebt es keine Verschiedenheit zwischen dem interrogativen und indefiniten Pronomen, ausser in bezug auf Betonung und Stellung. Um zu sehen, in wie weit tıs den verschiedenen Arten des In- definitums in den anderen Sprachen entspricht, habe ich das maskulinische zı; in der Odyssee durchgesehen. Ich zähle nach Gehring’s Index 110 Fälle des Gebrauchs in negativen Sätzen, 20 in Bedingungssätzen, etwa 70 in positiven Hauptsätzen. Dem indischen ydh kd$ ca entspricht dorıs, wozu sich dann noch 80005 tıs x 45 und die vom Relatıvstamme abgeleiteten Konjunktionen gesellen. Jenes rıs im positiven Satze wird substantivisch gebraucht, z. B.7 paka 5n Tıs Exnpe roAunvnotnv Baotleıav 149; Anpoddxp dE Tıs alba xımv @pdppıyya Auyetav oloettw 9 254. Häufig mit partitivem Genitiv (wo man ım Aı. &ka gebrauchen würde), z. B. xal töre ri; pe dewv 6Aopuparo x 157; @öe Ö& rıc eineoxe v&ov 8 769. Es kann auch zu tıs ein Adjektivum treten, 2. B. ös rıs nayırav dihupds xal Aroruos u 140; xal rob tıs Soxdeıs yeyas Eppevaı a 382; ToAAög Yap Tıs Exeito H 156; AM Bde rıs Sbomvos AAmpevos dvBdd Ixaveı C 206; AAdos d adte rıs obros Avon u 380; keive taAav ab yE Tıs ppevas dxrne- rarayuevos &oct 0 327. In einigen dieser Stellen könnte man vielleicht geneigt sein, substantivischen Gebrauch des Adj. und

520 Kap. XD. VI. Rückblick auf Interrog. und Indefin. [$ 223—224.

adjektivischen von rıs anzunehmen. Dieser letztere liegt jeden- falls vor, wenn ıs zu Nominativen von Subst. tritt, z. B. Orr vwp d8 tıs Eme vewraros x 552; xal tıs Bes Tyepöveuev x 141; Eetvds Ts Süotnvos p 501 u. 8. w. Krüger, Di. Synt. 51, 14, 1, führt einige homerische Stellen an, an denen ı; im Sinne von ‘mancher, jeder’ gebraucht sein soll. Sonst hat das Griechische für diesen Gebrauch die besondere Form &xasto; ausgebildet, über welches Wackernagel, KZ. 29, 144 geistreich gehandelt hat. Entsprechend lat. quisguis hat sich jetzt auch tisrıg gefun- den: argivisch al tistıs... . edduvor (vgl. Fröhner, Revue arch. 1891 p. 6), was doch wohl keine Dittographie sein wird.

$ 224. Rückblick.

Wir haben gesehen, dass in allen Sprachen das Pronomen *go, *gi auch als Indefinitum gebraucht werden kann. Doch lässt sich vermutben, dass diese Anwendung im einfachen positiven Hauptsatz ursprünglich nur selten gewesen sei. Ihren eigentlichen Sitz hatte sie vielmehr im negativen Satze.. Ob der Gebrauch im Relativsatz und Bedingungssatz schon alt- überliefert ıst, lässt sich an dieser Stelle nicht wohl erörtern.

Die arischen Sprachen, das Lateinische und Gotische stimmen überein im Gebrauche von ca, gue, u-h nach dem Pronomen. Ob *go, *gt mit dieser Partikel etwa von Anfang an nur in Relativsätzen zu Hause war, muss hier ebenfalls unerwogen bleiben.

Die genannten Sprachen stimmen ferner überein in dem Gebrauche von cand, quam, hun, welche eine Verstärkung der Negation darstellen. Dass die Verbindung mit ca und cand schon der Ursprache angehört habe, also in der zweiten Gruppe verloren gegangen sei, ist sehr wahrscheinlich. Wel- ches der ursprüngliche Sınn dieses ca (welches auch in cand enthalten ist) gewesen sein möge, lässt sich natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Wahrscheinlich gehört doch ca demselben Stamme an, wie das in Rede stehende Pronomen, und wir hätten demnach ın der Zufügung des ca im Grunde dieselbe Erscheinung vor uns, wie im lateinischen guisguis, also die Doppelung.

5224] Kap. XII. Die Zahlwörter. 54

Unter den übrigen Anhängseln macht cid, cip, ciy einen alterthümlichen Eindruck. Es hat denselben Sinn, welchen ich vermuthungsweise dem ca beigelegt habe.

Die Bedeutung angehend, bemerke ich noch, dass das Indef. nicht bloss “irgend einer, ein beliebiger‘, sondern auch ‘jeder beliebige, jeder’ bedeuten kann. Dieser Sinn scheint besonders in der Verbindung mit ca hervorgetreten zu sein. Man hat sich um auch das noch zu erwähnen viel bemüht, zu ermitteln, ob das Indef. durch Abschwächung’ aus dem Interr., oder dieses aus jenem durch die Hinzufügung des Fragetons entstanden sei, oder ob etwa denn auch das ist ja mög- lich beide aus einem Pronomen des verwunderten Ausrufs entstanden seien. Diese Frage ist durch die Mittel einer historischen Untersuchung nicht zu lösen. Für meinen jetzigen Zweck genügt es, festzustellen, dass in der Urzeit bereits beide Gebrauchsweisen vorhanden waren.

Kapitel XII. Die Zahlwörter.

Whitney, Gr.183ff., SF. 5, 80ff.; Spiegel, Gr. 473 £.; Küh- ner? 621ff.; Neue 2, 144 ff.;, Gabelentz-Loebe, Gr. 179 ff.; Schleicher, Gr. 295 ff.; Kurschat, Gr. 415 fl.; Bezzenberger, ZGLS. 177 ff.; Miklosich 4, 51 ff., 476 ff.

Über die Bildung der idg. Zahlwörter !) ist neuerdings von J. Schmidt, Pluralbildungen (s. den Index) und von Brugmann 2, 463 ff. gehandelt worden. Ich stelle mich im allgemeinen auf den Boden des von diesen beiden Gelehrten Festgestellten. Ein Eingehen auf die zwischen ihnen bestehenden Meinungs- verschiedenheiten kann ich gemäss dem Zwecke dieses Buches vermeiden.

Über den indogermanischen Zustand lässt sich mit Wahr- scheinlichkeit Folgendes vermuthen:

1) Ich handle im Folgenden nur von den sog. Kardinalzahlen. Über die Ordinalzahlen ist gelegentlich gesprochen worden S. 430 und 438.

522 Kap. XIII. Die Zahlen von 1—4. [8 225.

Die Zahlen von 1—4 waren jedenfalls im adjektivischen Gebrauch. Dass sie auch substantivisch gebraucht werden konnten, z. B. in Ausdrücken wie der unsrige wir sind unser drei, ist sehr wahrscheinlich. Über den Ursprung lässt sich nichts ausmachen.

Die Zahlen von 5—19 sind wahrscheinlich unflektierbar gewesen, wenigstens dann, wenn sie adjektivisch vor dem Ge- zählten standen. Dafür spricht vor allen Dingen der That- bestand im Altindischen, wo diese Zahlen im Veda regelmässig unflektierbar sind, später aber in den obliquen Kasus regel- mässig flektiert. Dass dıe Sprache des Veda eine aus der Ur- zeit überkommene Kongruenz sollte aufgegeben haben, ist höchst unwahrscheinlich. |

Die Zahlen von 20 an waren unzweifelhaft Substantiva.

Natürlich musste sich aus dieser Verschiedenheit zusammen- gehöriger Wörter ein Streben nach Ausgleichung, ein Kampf zwischen Substantivum und Adjektivum entwickeln, welcher im allgemeinen zu Gunsten des Adjektivums entschieden worden ist. Dabei aber erhob sich wieder eine neue Schwierig- keit. Adjektiva stehen mit ihrem Subst. in Kongruenz, und diese ist auch, wie wir schon bemerkten, im Altindischen, soweit die Form es zuliess, herbeigeführt worden, aber in den andern Sprachen sträubte sich doch das Sprachgefühl dagegen, wenigstens soweit es nicht die ganz niedrigen Zahlen angeht. Man hatte das richtige Gefühl, dass die Zahlwörter doch etwas anderes sind als die Adjektiva, und aus diesem Gefühl ent- stand dann die Abneigung gegen die Durchführung der Kon- gruenz, welche schliesslich zur Erstarrung führte.

Ich bringe nun die mannigfaltigen Ausdrucksweisen der Einzelsprachen, die sich aus diesen Verhältnissen ergeben, zur Darstellung, indem ich die schon angedeuteten Zahlen- gruppen als Eintheilungsgrund benutze.

$ 225. Die Zahlen von 1—4.

Die adjektivische Beschaffenheit dieser Wörter ist im Ari- schen noch rein erhalten. Im Griechischen im allgemeinen

$ 225— 226.) Kap. XIN. Die Zahlen von 5—10. 523

wohl ebenfalls, doch ist 860 (ööw) bei Homer nur in starrer Form nachzuweisen: tüv öbo norpawv K 253; dbw roraumv x 515; dm xavdveco dpapuiav N 407. Die Schuld der Erstarrung mag die Form övo tragen, welche den sonstigen Kasus so gar unähnlich ist. Tpet; und r&soapes sind bei Homer nur im Nom. und Akk. vor- handen. Über den Gebrauch in der sonstigen Literatur giebt Kühner einige Auskunft. Im Italischen ist die Vierzahl erstarrt, nur in dem oskischen petora ist eine Neutralform ge- blieben, auch die Zwei wird bisweilen ohne Flexion gebraucht. Im Gotischen ist bei den Wörtern bis drei die Flexion voll- kommen, z.B. afar brins dagans, du jeram Prim u. ähnl. Bei vier findet sie sich wie im Lateinischen nicht mehr. Man sagt door busundjos und dagans, aber auch Advor busundjom und af fidvor vindam. Nur einmal findet sich Advorim : hafanana ram fidvorim alpöpevov Dno Teooapwv Mark. 2, 3. Der Grund liegt offenbar in dem isolierten Gebrauch. Auch wir sagen ja von vier Münnern, aber getragen von vieren. Das Litauische kommt insofern nicht in betracht, als die Zahlen von 1—9 sämmtlich adjektivisch gebraucht werden. Im Slavischen ist der alte Zustand bewahrt worden.

$ 226. Die Zahlen von 5—10.

Die zweite Gruppe bilden die Wörter für die Zahlen von 5—10. Im Altindischen erscheinen die Formen päfica, $a$, saptd, aftau (ü), ndva, däSa als Nom. (Vok.) und Akk. mit pluralischem Subst. Doch kommen sie auch neben anderen Kasus vor, so pdica neben dem Gen. k$itinam und dem Lok. kr$tigu, saptd neben dem Lok. sindhusu und dem Instr. hötrbhih, da$a mit dem Instr. kak$yabhih. Mit Flexionsabzeichen ver- sehen, in adjektivischem Gebrauche, kommen im RV. vor: Janegu ‚pahcdsu, adhvaryübhih pahcabhih, saptäbhih puträih, na- vabhir vajair navali ca väjinam stark durch neun und neunzig Kräfte 10, 39, 10, da$abhir viraih u. ähnl. Die Flexions- formen werden auch gebraucht, wenn das Zahlwort isoliert, sei es geradezu als Subst., sei es von seinem Subst. entfernt stehend gebraucht wird, z. B. s4 saptänam irajyati er herrscht über siebene 8, 41, 9; tvdm ha tydt saptäbhyö Jayamano

524 Kap. XII. Die Zahlen von 5—10. [$ 226.

nn nn on m nn Den ne nn m er mn mn

$atrühhyo abhavah S$ätrur indra du wurdest damals bei deiner Geburt ein Feind für die sieben, die keinen Feind hatten 8, 96, 16; @ deabhyam härıbhyam indra yahy @ catürbhir a $adbhir hüuyamanah | ästabhir daSdbhih sömapeyam mit zwei Falben komm heran, o Indra, mit vieren, mit sechsen, wenn du gerufen wirst, mit achten, mit zehnen zum Somatrank ?, 18, 4. In der Prosa sind ın den obliquen Kasus die flektierten Formen durchaus üblich geworden. Für den substantivi- schen Gebrauch unserer Wörter wird eine Stelle aus dem RV. angeführt, in welcher neben pähca der Gen. stehe, wäh- rend man den Nom. erwartet: yad indra te cdtasrö yac chüra sänti tisrah | ydd va pähca kfifinam dvas tät su na a bhara 5, 35,2. Ich kann aber nicht glauben, dass päfca kfitinam hier anders aufzufassen sei, als 1, 7, 9. 1, 176, 3. 6, 46, 7, wo pahca genitivisch gedacht ist. Es wird also wohl zu übersetzen sein: wenn du vier Stämme hast, oder drei, oder wenn du dıe Hilfskraft der fünf Stämme hast, bring sie uns herbei. Da- gegen kommt ein solcher Gen. bei da$an vor: daba te kalaanam hiranyanam adhimahi wir haben von dir zehn goldene Becher empfangen RV. 4, 32, 19. Hier ist also, wie ich SF. 5, 81 be- merkt habe, da$an wie unser Dutzend u. ähnl. gebraucht. Im Avesta überwiegt durchaus die Flexionslosigkeit, doch kommen adjektivisch vor: navangm und dasangm aspangm von neun, zehn Rossen u. ähnl. Isoliert pancangm ahmi ich gehöre zu den fünfen y. 10, 16. Im Griechischen und Lateinischen sind nur die flexionslosen Formen vorhanden. Das äolische reunov und das ionische dö&xwv bilden eine Ausnahme. Im Gotischen haben diese Zahlen im Nom. und Akk. nur die flexionslose Form (also Formen wie unser sechse gegen sechs sind nicht vorhanden!. Diese erscheint immer adjektivisch vor oder nach dem gezählten Wort. Die flexionslose Form wird auch neben einem obliquen Kasus gebraucht, wenn das Zahl- wort vorangeht, so: fimf hlatbam, fimf baurgim, sibun sınbam, tathun baurgim. Wie es sich mit dem nachstehenden Zahlwort verhält, lässt sich nicht ermitteln, es ist aber aus dem Ver- halten der Wörter der nächsten Gruppe zu schliessen, dass es

$ 226.] Kap. XIII. Die Zahlen von 5—10. 525

no um

flektiert wurde. Die einzige flektierte Form unserer Gruppe ist: ın niunlehundis jah niune garaihtaize irı &vvevnxovra &vvea öıxalors Luk. 15, 7, wobei niune als Subst. empfunden sein wird. Von dem Urtrsprünglichen abgewichen sind das Litauische und Slavische. Im Litauischen sind die Zahlen von 5—9, nämlich penki Fem. penkios, szeszi sz&szios, septyni septijntios, asztüni aszlünos, devynı devyjnios rein adjektivisch geworden. Zehn ist Substantivum, lautete früher deszimtis, lautet jetzt deszimt und ist ındeklinabel. Es hat das Nomen im Gen. bei sich. In der älteren Sprache ist, wie Bezzenberger a.a.O. 179 ausführt, die Konstruktion noch mannigfaltiger. Es erscheint adjektivisch, so deschimtisa miestosu in den zehn Städten, und als Substantivum flektiert, z. B. su Diewo deschimtimi (Instr. Sing.) prisakımu (Gen. plur.) mit Gottes zehn Geboten. Im Slavischen (Miklosich 4, 476 fi.) sind die Zahlen. von 5—10 Substantiva, neben denen dann natürlich der gezählte Gegen- stand im Gen. steht, z. B. aksl. sedmt tq hlebü obs &nta Aprous, wörtlich gleich &rtada Thy Aprwv (Leskien, Handbuch? 79. So z. B. im cod. Mar.: pefi Ze be otü njichü buji ı peli madrü nevre 62 Tony EE adrav Ppövıpor xat revre uwpat Matth. 25, 2; pryemü peti hlebü Aaßwv tous revre Aptoug Matth. 14, 19; ne imamü süde veste peti hlebü obx elsiv Yyiv mAclov 7) nevre Apror Luk. 9, 13; jedinü be dlüzenu petijq sotü dinari 6 eis wwerls Öönvapıa zevraxdsıa Luk. 7, 41; o peli hlebü von den fünf Broden S. 187, 10. Doch können nach Miklosich diese Zahlwörter in den obl. Kasus auch wie Adjektiva behandelt werden, die im Kasus und Numerus mit dem gezählten Gegenstand kongruieren, 2. B. aksl. si petimti sestrami cum quinque sororibus (für das ältere petija sestrü). Nicht selten findet auch bloss Übereinstimmung im Kasus statt, z. B. si inemi sestiju cum aliis sex; takozde bysti i drugymi deveti ko- rabljemi ıdem accidit reliquis novem navibus. In lehrreicher Weise schildert Baudouin de Courtenay in Kuhn und Schleicher's Beitr. 6, 81 diesen Vorgang mit bezug auf das Polnische. Er sagt: “die Zahlwörter ped 5, desc 6, $edem 7, oem 8, däeued 9, dze$ed 10 sind ursprünglich Substantiva abstrakta fem. gen. und

526 Kap. XIIL Die Zahlen von 11—19. [$ 226— 227.

wirklich kommen im älteren Polnisch fast ausschliesslich For- men vor, wie Gen., Lok., Dat. pedi, Sesdi, sedmi u. s. f.; Instr. petq, $escq, $edmq u. s. w. was man manchmal noch heute zu Tage hören kann. Alle syntaktischen Beziehungen also drückte man an diesen Zahlwörtern aus und das Substantivum trat nur als Ergänzung dazu, z. B. dal to pedi (Dat.) paropköf (er hat es fünf Knechten gegeben), poyechal s pedq (Instr.) Zud2i (er ist mit fünf Leuten gefahren), oltafe $iwec Jedmq jasne (die Altäre durch sieben Lichter hell) u. s. f. Allmählich aber trat das Ge- fühl ein, dass dies Beziehungen nicht des Zahlwortes, sondern des Substantivs seien, und dass das Zahlwort eigentlich nur die Rolle der näheren Bestimmung spiele. Darum fing man an, die Kasusbeziehungen am Substantivum auszudrücken. Da, wie sich von selbst versteht, diese Substantiva im Plural stehen müssen, so versetzte man infolge der inneren Kongruenz auch die sie näher bestimmenden Zahlwörter in den Plural und sagte: Instr. pedoma (die duale, plural und numeral gewordene En- dung) /udzmi (mit fünf Leuten) und andere Kasus nahmen vom Dual die jetzt numeral gewordene allgemeine Endung -u an: Dat. pedu ludZom (den fünf Leuten), Gen. pedu Zudäi, Lok. pecu ludzach und selbst Instr. pedu ludzmi neben pedoma ludzmi u.8s.f. Nur wenn das Zahlwort allein steht, kann man den nach der Analogie des Plurals gebildeten Dativ pedom u.s. w. brauchen” u. s. w. (Auch was über die folgenden Gruppen gesagt wird, wolle man bei diesen vergleichen.)

$. 227. Die Zahlen von 11 bis 19.

In der Gruppe 11—19 finden wir dieselben Erscheinungen, wie in der vorhergehenden. Im Altindischen zeigt der RV. (wo begreiflicher Weise diese Zahlen selten erscheinen) nur Nominativ und Akkusativ, also Formen wie dvadaSa. In der etwas späteren Sprache treten die flektierten Formen auf, z. B. $odaSabhir bhögaih mit sechzehn Windungen TS. 5, 4, 5, 4, pafcadasanam gäyatrinam von fünfzehn Gäyatris SB. 1, 3, 5, 9. Im Griechischen und Lateinischen kommen nur die unflektier- ten Formen im adjektivischen Gebrauche vor.

$ 227.) Kap. XIII. Die Zahlen von 11—19. 597

Besondere, von denen der Urzeit abweichende Ausdrücke bieten das Germanische, Litauische und Slavische, und zwar bedienen sich das Germanische und Litauische eines aus der gleichen Wurzel gebildeten Nomens, welches etwa Überschuss’ bedeutet haben wird. Im Gotischen erscheint dieses Nomen (*ör) als ı«-Stamm. Demnach hiesse ainlif so viel als “eines darüber hinaus’, nämlich über zehn. Die Flexions- verhältnisse sind im Gotischen wie die der vorigen Gruppe. Wir finden nämlich auch die obliquen Kasus unflektiert, wenn sie vor dem Gezählten stehen, so ham tvahf siponjam seinaim Matth. 11,1. Dagegen sind sie flektiert, wenn das Zahlwort nachsteht, z. B. ana spaurdim fimftaihunim Aro oradluv dexd- revte Joh. 11, 18; vas auk jere toalibe hy yap tray dwmdexa Mark. 5, 42. Ferner stehen die flektierten Formen, wenn das Zahlwort isoliert (substantivisch) gebraucht ist, z. B. Datm aın- libim den elfen 1 Kor. 15. 5; mib Baim toalibim mit den zwölfen Mark. 4, 10; ains visands bize toalibe Joh. 6, 71. Die litaui- schen Formen venülika, doylika, trylika, keturiolika, penkiolika, szesziolika, septyniölika, asztüniölika, devyniölika sind in der Schriftsprache indeklinabel. Sie haben nach Kurschat415, wenn sie im Sinne des Nominativs oder Akkusativs stehen, das gezählte Wort im Genitiv bei sich, sind also substantivisch gebraucht, 2.B. dvylika zmontü zwölf Menschen (Nominativ und Akkusativ). Wıll man aber ein Zahlwort als obliquen Kasus verwenden, so tritt es als Adjektivum vor das gezählte Nomen, z.B. dük tai tems penkiölika vaikams gieb es den fünfzehn Kindern. Entsprechend ist der Gebrauch in den Dialekten und der älteren Sprache, nur dass unsere Wörter noch der Flexion fähig sind. Und zwar werden sie, falls ein abhängiger Genitiv neben ıhnen steht, als Singulare femininischer Substantive behandelt, z. B. visar doylikar pönu dem ganzen Dutzend von Herren, allen zwölf Herren (Kurschat 269), tarp anu (Gen. plur. mask.) dwrlıkös (Gen. sing. fem.) unter den zwölfen (Bezzenberger a.a.O. 180). Sind sie isoliert oder Adjektiva, so erhalten sie natürlich diejenige Flexion, welche ihr leitendes Substantivum verlangt, also pluralische Form, z. B. aniems wienolikams den elfen (Dat.

523 Kap. XIII. Die Zahlen von 20—%. [$ 227—228.

plur. mask.), pagal dwrlikas (Akk. plur. fem.) gimtnes nach den zwölf Stämmen. Über die Erklärung dieser litauischen Zahl- wörter, in denen offenbar ein Nomen *lıko “überbleibend’ zu Grunde liegt, hat Mahlow, die langen Vokale a & 6 S. 49 das Richtige gelehrt, indem er bemerkt, keturilika u. s. w. seien ganz regelmässige Neutra plur., deren erstes Glied vor Ver- kürzung im Auslaut geschützt war. Über den Vokal von venü- kann man verschiedener Ansicht sein, worüber hier nicht zu handeln ist.) So heisst also Aeturiolika (zehn und) vier über- schiessende. Joh. Schmidt, Pluralb. 39 sieht in den älteren Formen wie vönülikams, dvylıkars noch die regelmässigen Dative bez. Instrumentale dieser alten Neutren. Das kann sein. Es kann aber auch sein, dass in ihnen Neubildungen vorliegen, wie jedenfalls der Akk. plur. doylikas eine ist. Sicher ist jeden- falls, dass die Formen auf -Zika ursprünglich Neutra plur. waren, dann aber, als das Neutrum ım Litauischen verblasste, als Fem. sing. aufgefasst wurden. Im Slavischen wurden 11—19 mit Hilfe der Präp. na “auf” gebildet, z.B. aksl. jedinü na desete 11, eig. eins auf zehn (wobei desete Lok. sing. des Stammes desel- ist), düva na desete 12 u. s. w. In syntaktischer Beziehung ist, wie sich erwarten lässt, das Wort Jjedinüä, düva u.s. w. massgebend (Miklosich 4, 480), z. B. jedinuumu na desete Casu um die elfte Stunde, eig. zu einer Stunde auf zehn; zaporeda dvema na desete Zriti bogoma jussit duodecim dis sacrificari. Doch unterliegt man leicht der Versuchung, von diesem nicht bequemen Typus abzuweichen. Man flektiert gelegentlich (wenn auch ganz selten) beide Zahlwörter, z. B. dvema na desetema letomü duodecim annorum (statt na desete), oder man behandelt die drei Wörter als ein substantivisches Zahlwort, zu dem dann das gezählte Wort ım Gen. tritt, z. B. dva na desete legeonü zwölf Legionen (statt Zegeona nach dova).

$. 228. Die Zahlen von 20—90.

Die Zahlen von 20—90 scheinen in ihrem zweiten Be- standtheil ein Wort von der Bedeutung ‘Dekade’ zu enthalten, das in 20 ım Dual, in den übrigen Wörtern im Plural er- scheint (vgl. Thurneysen, KZ. 26, 310 fi.).

$ 228.] Kap. XIII. Die Zahlen von 20—90. 529

Was zunächst die arischen Sprachen betrifft, so hat bei 20 das Avesta die ursprünglichere Form, insofern zwar der Dual nicht mehr als solcher erhalten, aber doch nicht wie im Indi- schen Singular geworden, sondern erstarrt ist: visaitt ist un- beweglich, z. B. visaitt (Akk.) upazanangqm 20 Schläge yt. 10, 122. Im Sanskrit dagegen ist aus dem Dual der Sing. viSati ent- standen, der als Fem. flektiett wird. Dabei ist die Ver- wendung fast durchaus adjektivisch, so dass v4$at! im Kasus mit seinem Substantivum übereinstimmt, während der Numerus verschieden ist, z. B. saptd Satani vißati$ ca putrah sieben hundert und zwanzig Söhne, viSatim gah zwanzig Kühe, viSatya haribhih mit zwanzig Falben. Ein abhängiger Genitiv (wie im Avesta) findet sich in: $atä ca viSatim ca gönam hundert und zwanzig Kühe, wobei übrigens $ata seine Einwirkung geübt haben wird. Die Zahlen von 30—90 erscheinen in den arıschen Sprachen nirgends mehr als neutrische Plurale, was sie in der Ursprache gewesen sein werden, sondern als femi- ninische Substantive auf ai. Im Avestischen, das auch in diesem Falle die ursprüngliche Anwendung bewahrt hat, giebt es freilich nicht mehr den Nom. auf at (einmal ein Nom. prisas ca), sondern nur die akkusativische Form auf atem. Diese ist nominativisch verwendet vd. 4, 18ff,, wo die Frage ‘was ist dessen Strafe?” beantwortet wird durch panca upä- zana, dasa upazana, pancadasa upazana, Prisatem upäzananam 5 Schläge u. s. w. Man könnte allenfalls auch an dieser Stelle den Akk. annehmen, indem man ergänzt ‘soll er empfangen’. Doch ist es wohl natürlicher, anzunehmen, der Nominativ habe die akkusativische Form erhalten, etwa nach Analogie von satem hundert. Das gezählte Wort steht im Gen., wie in dem eben angeführten Falle, in capwaresatem atwigämangm 40 Jahre und sonst. Kin Gen. liegt vor in Prisatangm bawrangm von dreissig Stück Bibern yt 5, 129, wobei ich annehme, dass bawrangm von Prisatangm abhängig ist. (Geldner übersetzt wohl unrichtig dreihundert.) Adjektivische Anwendung liegt nicht vor, denn in capwarasca aba garayö cabwaresatemca

dvazca saitg dvagca hazasarg es giebt vier Berge und vierzig Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 34

530 Kap. XIH. Die Zahlen von 20—90. 'g 228.

und zweihundert und zweitausend yt 19, 7 ist der Nom. garayö- natürlich durch cabwaras bestimmt, und ebenso in der einen Stelle, wo risqs vorliegt, durch Prayas : brayasca brisgsca nazdista patrishavanayo die drei und dreissig nächsten Opfer- werkzeuge y. I, 10. Einmal kommt im isolierten Gebrauche vor pancasapbisca mit den funfzig vsp. 8, 1.

Im Altındischen wird die Form auf af adjektivisch bei dem Nom. und Akk. aller Geschlechter gebraucht, z.B. catvärisät $önas vierzig Braune, triSät pada dreissig Schritte (Akk.), pahcaSat kröna ni vapah sahdsrä funfzig schwarze Tausende warfest du nieder RV. 4, 16, 13. Der Instr. kommt wie der Instr. von viSati vor, z. B. catrarı$ata harıbhih mit vierzig Falben. Neben dem adjektivischen Gebrauch kommt auch der substantivische vor, z. B. yasam tisrah pahcasäto’ pävapah von denen du drei Funfzigschaften zerstreutest RV. 1, 133, 4, pahcaSatam dSvanam funfzig Rosse. Bei den Zahlen von 60-90 ist die alte idg. Gestalt durch Neubildungen auf {5 verdrängt worden. Sie lauten $aftı zsvastim, saptatı haptaıtım, aiti astaitim, navati navaitıim. Wie man sieht, ist im Avesti- schen wieder nur die Akkusativform belegt. Sie sind in dieser Sprache Subst. und haben den Gen. bei sich, z. B. zsvastim ätaresaokangm sechzig Feuerbrände. Entsprechend dem indi- schen tisrah pahcaSatah kommt auch nava navaiti$ die neun und neunzig yt. 13, 62 vor. Im Altindischen überwiegt wieder der adjektivische Gebrauch, z. B. trih $a$tir marütah die drei- mal sechzig Marut; $astih fata sechzig Hunderte; navatir nava sahasra neun und neunzig Tausende; bhindt pürö navalim er brach neunzig Burgen RV. 1, 130, 7; $asfim sahdsrä sechzig Tausend; $astya haribhih mit sechzig Falben; navati vajaıh mit tausend Kräften u. ähnl. Einmal steht navatim adjektivisch _ neben einem Gen. Plur. Denn RV. 1, 121, 13 präsya pärdm navatim nävyänam kann doch nur heissen: fortschleudernd zum jenseitigen Ufer der neunzig Ströme. (Regelrecht navatim nävya dnu 1, 80, 8.) Von substantivischem Gebrauch weiss ich aus RV. nur die seltsame Wendung navatir ndva 1, 84, 13, nava navatih 4, 26, 3 anzuführen. Es sollte bedeuten ‘neun

$ 228.) Kap. XHL Die Zahlen von 20—90. 531

Neunzigschaften’, hat aber augenscheinlich die Bedeutung “neun und neunzig”.

Neubildungen finden wir im Grermanischen, Litauischen und Slavischen. Das Gotische (nur dieses soll hier berück- sıichtigt werden) ersetzt die Zahlwörter von 20—60 durch den Ausdruck “zwei, drei u. s. w., Dekaden’, wobei Dekade tigus (Mask.) heisst, z. B. Dans Prins tiguns silubrinatze die dreissig Silberlinge Matth. 27, 3; Amf tiguns jere funfzig Jahre Joh. 8, 57; miß tvaım tıgum Pusundjo mit zwanzigtausend Luk. 14, 31; ni mins saths tigum jere nicht weniger als sechzig Jahre 1 Tim. 5, 9. Also ist auch ın Jah silba vas Iesus sve jere Prije tigive und selbst war Jesus dreissig Jahre alt Luk. 3, 23 der Gen. jere von dem Gen. Prije tigive abhängig. Die übrigen drei Zahlwörter stduntehund, ahtautehund, niuntehund haben die vielumstrittene Bildung mit tehund oder hund. Sie sind singu- larisch, wie niuntehundis Jah niune garaihtatze um neun und neunzig Gerechter willen Luk. 15, 7 beweist. Doch erscheinen sie ausser an dieser Stelle flexionslos, z. B. bileipid Po niunte- hund jah niun lässt die neun und neunzig Luk. 15, 4; soAR Pan viduvo jere ahtautehund jah fidvor diese Wittwe von vier und achtzig Jahren Luk. 2, 37. Im isolierten Gebrauch liegen sie nur im Akk. vor, wo sie flexionslos sind, z. B. anbarans sibunte- hund Luk. 10,1. Im Litauischen sagte man wie im Ger- manischen zwei Zehner u. s. w., also ursprünglich jedenfalls dvi deszimti, trys deszimtys u. s. w. Diese beiden Wörter wur- den (wie im Gotischen) dekliniert und der gezählte Gegenstand trat im Gen. dazu, z. B. keturüsa deschimtissa metu in vierzig Jahren (Bezzenberger a. a. O. 181). “Diese im Alit. vorfind- liche und dialektisch noch heute vorhandene Ausdrucksweise erfuhr Wandel, indem der Einer mit dem Dekadenwort zu- sammenschmolz, wobei sich im ersten Glied die Akkusativform verallgemeinerte und im zweiten theils -deszimts starr wurde, theils (im Schriftlitauischen) von dvi-deszimt 20 die Form -deszimt eindrang, also theils tris-deszimts kötures-deszimtsu.s. w., theils {ris-deszimt u. s. w.” (Brugmann 2, 500). Im älteren Litauisch finden sich noch andere Umwandlungen. So entsteht

34*

532 Kap. XIII. Hundert und Tausend. [$ 228— 229.

z. B. aus dem Dual dvi deszimti ein singularısches Kollektivum (wie ai. viSati), z. B. in po dwideschimties metu nach zwanzig Jahren. Daraus wieder löste sich ein döszimtis los, welches dann natürlich singularısch flektiert wurde, während der Einer seinen natürlichen Numerus behielt, z. B. esch buwau ketury deschimties matu ich war vierzig Jahre alt. Im Slavischen herrscht dasselbe Prinzip. Man sagt also aksl. düva deseti zwanzig, iri deseti 30, cetyre desete (oder -t) vierzig. Da die Einer von 5 an Substantiva sind, so trıtt zu ihnen natürlich der Gen. von deseti, also 50 heisst ppfi desetü revräs dexdöwv. Nur selten werden die beiden Bestandtheile zu einem Worte vereinigt, z. B. osmi Ai tridesetimi triginta octo. Zu dem so entstandenen Zahlwort tritt der gezählte Gegenstand im Gen. Plur. z. B. po cetyrechü desetechü din! nach vierzig Tagen (Miklosich 4, 482).

$ 229. Hundert und Tausend.

Die Wörter für hundert und tausend sind neutrale Sub- stantiva.. Im Arischen, wo sie Satam satem, sahäsram ha- zarrem lauten, kommen sie natürlıch oft isoliert vor, worüber man sich, soweit es das Altindische betrifft, aus Grassmann’s Wörterbuch bequem unterrichtet. Ich führe beispielshalber an: ut t6 katun maghavann üc ca bhüyasa ut sahasrad rirıce krstisu $ravah dein Ruhm, o Herr, übertrifft hundert und noch mehr, er übertrifft tausend unter den Menschen RV. 1, 102, 7. (Auf einen eigenthümlichen Gebrauch des Instr. plur. ist schon hingewiesen worden, z. B. ya märöya pasca vazenti xz$vaS satürs hazarrrem ca welche in meinem Gefolge fahren zu Sechshun- derten und Tausend yt. 5, 95, ebenso hazapräıs zu Tausenden vd.13,51. Auch $afäis scheint im Veda so vorzukommen, vgl. 8.238.) Das Gezählte tritt in den Gen., und zwar fast durchaus des Plur., z. B. Satam gönäm hundert Kühe; satem kayadanam hundert Irrlehrer yt. 10, 2; sahasram samaSiram tausend Misch- tränke; hazarrem gavam tausend Kühe yt. 9, 3; Satdsya nrnam von hundert Männern; Sata gavam Hunderte von Kühen; sa- hasräni gäavam Tausende von Kühen; gavam sahäsräih mit Tau- senden von Kühen. Gelegentlich kommt auch der kollektiv

$ 229.) Kap. XUI. Hundert und Tausend. 533

gebrauchte Singular des Gezählten vor, so dve Sate göh zwei- hundert Kühe (vgl. S.154). Statt des Gen. kann auch ein ab- geleitetes Adjektiv erscheinen, z. B. $atäm gäavyam oder dSoyam hundert Rinder, Rosse; ebenso bei sahäsram: sahäsra gavyanı und gäoyebhir aßoyaih sahäsrebhih (RV. 8, 73, 15). Sehr häufig stehen unsere Wörter auch adjektivisch (das Gezählte im Plural), und zwar: a) In der Nom.-Akk.-Form. Das Gezählte steht gewöhnlich ebenfalls in diesem Kasus, aber doch auch im Instr. oder Gen. Beispiele sind: $atam bhisajah hundert Ärzte, $urddah Herbste, utayah Hilfen, aha Tage, histenti yazatärhö satemca hazarremca es stehen die Verehrungswürdigen da, hundert und tausend yt. 6, 1, wobei indes die Zahlwörter, als epexegetisch stehend, auch als Substantiva empfunden sein können, wie oft auch im Altindischen; sahasram utayah tau- send Hilfen, Aharayah Falben, stötarah Lobpreiser, bhogaja Heilmittel. Für den Akkusativ: $atam himäs hundert Winter, dSvan Rosse, radhäsi Vorräthe, sahäsram viran tausend Männer, radhäsi u. s. w., hazarrem aspä (Akk. plur.) bavaiti er bringt es auf tausend Rosse yt. 18, 5. Für den Instrumentalis: Satdm cak$ano ak$abhih mit hundert Augen schauend RV. 1, 128, 3, rathebhih Wagen, utibhih Hilfen u. s. w.; sahasram pathibhrh auf tausend Pfaden, ztibhrh mit tausend Hilfen, pitrbhih Vätern u. s. w. Für den Genitiv: hazarrem narqm taocma einen Stamm von tausend Männern vd. 2, 30. Das Zahlwort kann auch im Plural stehen, z. B. tvam Satany dva Sämbarasya pürö Jaghanthä- pratini däsyöh du hast vielhundert Burgen des S. niedergelegt, die unwiderstehlichen des Feindes RV. 6, 31, A (wobei das Adjektivum auf das Zahlwort, nicht auf das Gezählte bezogen ist); sahasra dasyun, ddhiratha vieltausend Feinde, Wagenlasten; $a$ftim sahdsra vasüni sechzigtausend Grüter RV. 9, 97, 531). b) So, dass das Zahlwort denselben Kasus annimmt wie das Gezählte. Dabei ist das Regelmässige, dass das Zahlwort im Singular steht, z. B. $atena harıbhih mit

1) Ich habe mich in dieser Darstellung für den zweiten Theil der

SF. 5, 82 aufgestellten Alternative entschieden, und zwar wegen der letzt- erwähnten Stelle.

534 Kap. XIII. Hundert und Tausend. [& 229.

hundert Falben, abAistfibhih Hilfen, und so stets ın der Prosa. Es kommt aber doch auch vor, dass das Zahlwort ım Plural steht, so: @ na indra Sqsaya gösu abvegu bubhrigu sahäsrosu turimagha lass uns, o mächtiger Indra, hoffen auf Rinder, Rosse, schmucke, tausende RV. 1, 29, 1. Doch ist wieder die Stellung zu bemerken, wodurch das Wort fast wie ein Sub- stantivum erscheint. Ä

Endlich ist zu erwähnen, dass im Altindischen das G zählte neben den adjektivisch gebrauchten $atam und sahdsram auch im Singular stehen kann, z. B. mahe cand team adrivah pärä Sulkaya deyam, nd sahdsräya nayuläya nd Sataya auch für grosses Gut würde ich dich nicht hingeben, o Indra, nicht für tausend, nicht für zehntausend, nicht für hundert (Güter) RV. 8, 1, 5. Doch können die Zahlwörter hier auch sub- stantivisch aufgefasst werden. Dagegen sind sie sicher adjek- tivisch, z. B. räye sahäsräya zu tausend Gütern 1,116,9; niditam sahdsrad yupad amuficah den gebundenen löstest du von tau- send Pfählen 5, 2,7; sahdsram 8, 34,16 braucht nicht nothwendig mit paSim verbunden zu werden.

Was die übrigen Sprachen betrifft, so ist das Wort für 10U im Griechischen und Italischen erstarrt und adjektivisch, im Germanischen, Litauischen und Slavischen dagegen noch ein bewegliches Subst., welches das Gezählte im Gen. neben sich hat. Im Gotischen ist das Wort für 100 im Singular durch tarhuntehund ersetzt, ım Plur. kunda aber noch vorhanden. Hinsichtlich des Litauischen ist noch zu bemerken, dass im älteren Lit. sziratas, wenn es dualisch oder pluralisch gebraucht ıst, sowohl deklinabel als indeklinabel verwendet werden kann, 2. B. anıs scheschi schimts viry die sechshundert Männer, aber keturius schimtus olektuy tilgumg vierhundert Ellen lang (Bezzen- berger 182).

Ein gemeinsames Wort für 1000 ist meiner Ansicht nach nicht vorhanden. Denn dem bereits behandelten arischen Worte entspricht nur das griechische. Doch ist im Griechischen nicht mehr das Subst., sondern nur noch ein abgeleitetes Ad). (yÜtot) übrig. Die Adjektivform scheint gewählt worden zu sein

$& 229.] Kap. XIV. Die Adverbia. 535

im Anschluss an ötaxdaroı u. s. w. Im Lateinischen ist mzille (das ich von den übrigen Wörtern für tausend trenne) meist adjektivisch, milia fast durchweg substantivisch. Man spricht eben eher von mehreren “Tausendschaften’, als von einer. Im Gotischen, wo nur die Pluralform Pusundjos (einmal Busundja) erhalten ist, im Lit. (fükstantis oder auch tukstant), im Slav. (aksl. iysesta) steht das Gezählte stets im Gen. Hinsichtlich des älteren Litauisch ist noch zu bemerken, dass die Tausende auch mit dem Singular von tikstantis gebildet erscheinen, z.B. defchimti tukstant; zehntausend.

Endlich die Hunderte. Sie wurden im Indogermanischen jedenfalls so gebildet, wie es im Arischen, Germanischen, Li- tauischen und Slavischen geschieht, z. B. ai. dve $ate 100, trini $atäni 300 u.s. w. Schwierigkeiten machen gr. dıaxdaror, lat. ducenti u.s. w. Vgl. darüber Brugmann 2, 503.

Kapitel XIV. Die Adverbia.

Der in diesem Kapitel vorzulegende Stoff gliedert sich naturgemäss in drei Abschnitte. In dem ersten ist über den Begriff des Adverbiums, also insbesondere der “Erstarrung’, zu handeln. Dabei ist zu scheiden zwischen Substantiven und Adjektiven, welche zwar eine grosse Strecke des Weges zu- sammen gehen, aber doch auch ein jedes besondere Eigen- thümlichkeiten haben. Bei den Substantiven habe ich eine Übersicht über einige hauptsächlich bei der Adverbbildung in betracht kommende Begriffe gegeben.

Den zweiten Abschnitt bildet die Übersicht nach den Kasus. Die Kasus werden, wie schon früher, in der Reihen- folge Abl., Lok., Instr., Dat., Gen., Akk., Nom. vorgeführt. Innerhalb des einzelnen Kasus ist die Anordnung je nach der

Lage der Dinge eingerichtet. Überall sind die Genera und Numeri einerseits, die Wortarten andererseits nach Möglichkeit

536 Kap. XIV. I. Allgemeines über das Adverbium. "8 230.

auseinandergehalten. Da ich in der etymologischen Deutung der Adverbia zurückhaltend gewesen bin, bleiben eine Anzahl wichtiger Typen übrig, welche ich einem bestimmten Kasus nicht zuweisen mochte. Über sie ist am Schluss dieses Ab- schnittes gehandelt worden. Doeh sind dabei nur die Typen besprochen. Von einzelnen Merkwürdigkeiten habe ich nicht wenige absichtlich unerörtert gelassen.

Den dritten Abschnitt bilden die (in Asien nicht vorhan- denen) Adverbia, welche aus einer Präposition und einem Kasus zusammengesetzt sind.

I. Allgemeines über das Adverbium.

$ 230. Umgrenzung des Gebietes.

Ein in vielen Jahrhunderten langsam herangewachsenes, aus gar verschiedenen Bestandtheilen zusammengesetztes Ge- bilde, wie es das indogermanische Adverbium ist, lässt sich nicht definieren, sondern nur, so gut es eben gehen will, ın seiner Entwicklung verfolgen und beschreiben. Ebenso wenig wie eine scharfe Definition ist eine genaue Abgrenzung gegen das Gebiet der Präpositionen einerseits und der sog. Partikeln andererseits möglich. Ich muss deshalb den Leser bitten, dort zu suchen, was er hier vermisst. Aber auch innerhalb des Gebietes der Adverbia, wie ich es verstehe, wird vieles fehlen. Zunächst infolge meiner mangelhaften Bekanntschaft mit den Thatsachen. So will ich namentlich erwähnen, dass auf dem slavischen Gebiete noch ein ungeheurer Stoff vorliegt, den ich nicht benutzt habe, weil ich die Bearbeitung durch Kenner abwarten wolltee Dann aber habe ich auch einiges absichtlich ausgeschlossen. Dahin gehören die zahlreichen mit nicht er- kennbaren oder seltenen Suffixen gebildeten Wörter, welche Orts- oder Zeitbegriffe ausdrücken, z. B. ai. tha hier; Ahyas, gr. yd&s; ai. Svds, lat. cras, oder die Art der Handlung in anderer Weise bestimmen, z. B. aı. it, lat. «ta. Diesen Wörtern, welche z. th. zu unserem ältesten Bestande gehören, würde durch

$ 230.) Kap. XIV. I. Umgrenzung des Gebietes der Adverbia. 537

eine syntaktische Erörterung vielleicht noch manches abzuge- winnen sein. Ich habe sie nur hier erwähnt, weil sie als Vorbilder für die später entstandenen Adverbia von Wichtig- keit geworden sind. Ferner habe ich ausgeschlossen die grosse Masse von Wörtern, welche deutlich mit kasusähnlichen Suf- fixen gebildet sind, die bei den Pronomina und Zahlwörtern ihren eigentlichen Sitz hatten, aber nicht selten auch auf das nominale Gebiet sich ausgedehnt haben. Ich meine die Suf- fixe ai. as (lat. Zus), ai. $as (griech. xas), ai. tra, dha, da, thä u. a., über welche (soweit es das Altindische betrifft) Whitney, Gr. $ 1097 ff. und SF. 5, 197 ff. zu vergleichen sind. Ferner aus dem Griechischen dev (worüber u. a. Brugmann 2, 596 ge- sprochen hat), dt, xıs, ıxa, ts und viele andere. Eine zu- sammenfassende Behandlung dieser auch in anderen Sprachen vielfach vertretenen Wortgruppe, für die mancherlei etymo- logische Vorarbeiten vorliegen, wäre gewiss wünschenswerth. Somit bleiben für mich zur Behandlung diejenigen Adverbia übrig, welche aus den gewöhnlichen Kasus (Abl., Lok., Instr., Dat., Gen., Akk., Nom.) der Substantiva, Adjektiva, Prono- mina, Zahlwörter entstanden sind. Dabei ist nun zunächst eine Schwierigkeit zu überwinden. Gerade die Adverbia, aus deren Bedeutung ja wenig für ihren Ursprung zu folgern ist, sind von modernen Lautforschern zum Gegenstand ver- wegener Kombinationen gemacht worden. So erklärt z. B. Hirt in dem die Idg. Forsch. eröffnenden Aufsatz das ai. ndk- tam nachts für einen Instrumentalis, nicht, wie die gemeine Grammatik es thut, für einen Akkusativ, und ebenso Formen wie prataram (vgl. S. 18 und 20). Denn er hegt die Ver- muthung, dass es im Indogermanischen einen Instr. Sing. auf gegeben habe. Derselbe Gelehrte hält es für wahrscheinlich, dass rod, drov, od, autod, Örbod, rAod, Ayyxod, 6od, oböanod Lio- kative seien, welche mit den slavischen wie vrücku identisch sind. Das ou soll also ein echter Diphthong sein und ein Lokativsufix « enthalten, welches Bartholomae nachgewiesen habe /30). Eine andere Art von Lokativen (?-los und durch Dehnung des o entstanden) soll in dvw, xdtw, Eu, Eow, Elcw,

538 Kap. XIV. I. Begriff der Erstarrung. [$ 230— 231.

rpdow, TÖppw, Ortaw, Ertsyspw, Evısyepw vorliegen (30. Ich habe keiner dieser Vermuthungen Einfluss auf meine Dar- stellung eingeräumt, weil ich sie alle für zu unsicher halte. Ebenso stelle ich mich zu den morphologischen Studien des gelehrten und scharfsinnigen K. F. Johansson und vielen an- deren Arbeiten der neuesten Zeit. So bin ich denn freilich gezwungen, vieles als unerklärt zu bezeichnen, was anderen gedeutet zu sein scheint.

Adverbia aus Verbalformen werden später zur Besprechung kommen.

$ 231. Begriff der Erstarrung.

Man ist darüber einig, dass die Adverbia erstarrte Kasus sind. Es ist daher hier über den Begriff der Erstarrung zu handeln. Dabei ist zunächst festzustellen, dass es eine Er- starrung von Kasus giebt, welche nicht zum Adverbium führt. Das ist auf dem Gebiete der Substantiva z. B. der Fall bei Wörtern, welche Gewicht, Mass und Zahl bedeuten. In Beziehung auf diese äussert sich Grimm 4, 285 so: “bei gewicht, masz und zahl gebrauchen wir heute einen scheinbaren sg. für den pl. selbst solcher subst., die ın anderen füllen ıhren pl. ge- hörig bezeichnen. drei pfund, zwölf mark, zwei hand breit, sieben fusz tief, drei schuh hoch, vier zoll breit, neun riesz oder buch papier, zwei fasz bier, drei masz wein, acht [chritt lang, zwei acker lang, zehn stein wolle, zwei eimer honig, zwanzig paar Schuhe, hundert mann; die beiden letzten bleiben auch im gen. und dat. unverändert: in ein paar tagen, ein haufen von hun- dert mann. Von diesen formen urteile ich so. in einigen, wre pfund, buch, fasz, masz hat sich der alte dem sg. gleiche pl. neutr. bewahrt, in andern der alte pl. masc. (acker statt des nhd. ücker), in man die mhd. anomale form. fusz und hand wurden fehlerhaft in die nemliche analogie gebracht, mhd. findet sich nur: drier hende breit, siben vüeze lanc Ms. 1, 98°, nicht hand oder vuoz. wohl aber ist das unflectierte fem. marc [chon in mhd. sprache hergebracht” u.s. w. Bei paar ist jedenfalls auch die Analogie der Zahlwörter wirksam gewesen (vgl. auch Brugmann in Curtius’ Studien 9, 266). Ein ganz ähnlicher

$ 231.) Kap. XIV. I. Begriff der Erstarrung. 539

Vorgang zeigt sich im Serbischen, wo die Begriffe der Zahl und der Zeit, welche ja so häufig im Akkusativ erscheinen, in diesem Kasus starr werden, z. B. bilo mu Je stotinu godina er war hundert Jahr alt, osta mrtvi chiljadu Turaka tausend Türken blieben tot, nije proslo ni nedelju dana es ist nicht einmal eine Woche von Tagen vergangen (daneben: nie prosla ni nedelja dana) vgl. Danıtdic 411 ff.

Aus dem Gebiete der Adjektiva gehört hierher der erstarrte Nom. der prädikativ gebrauchten Adjektiva im Deutschen, über den S.405ff. gehandelt worden ist. Gewöhnlich er- scheint er in der kürzeren (ursprünglich neutralen) Form, aber gelegentlich ist auch eine maskulinische Form erstarrt, z. B. voller in der Baum ist voller Äpfel, aber auch die Strassen sind voller Mensehen. Ebenso verhält es sich mit den Akkusativen in sich satt essen, sich tot lachen, schwarz färben u. s. w. Dieser Akk. streift allerdings nahe an das Adverbium und im Litauischen und Slavischen kann man in diesem Sinne das Adverbium gebrauchen, im Litauischen das auf a: (vgl. $ 258), ım Slavischen das auf & (vgl. $ 242), aber es ist doch ein er- heblicher Unterschied zwischen dem resultativen sıch tot lachen und dem modalen laut lachen. In dem ersteren Ausdruck ist auch für unsere jetzige Empfindung noch das vom Adjektivum geblieben, ‘dass fo? auf die Person und nicht auf das Verbum bezogen wird, während wir Zaut als Attrıbut der Verbalhand- lung empfinden.

Einen nahe an diese Akkusative streifenden resultativen Sınn hat die altındische sowohl an Substantiven als an Ad- jektiven auftretende Form auf 2, welche vor kar und seltener auch vor as und 5Aü erscheint. Aus dem bei Whitney, Gr. $ 1093 zusammengebrachten Material ergiebt sich, dass diese Formen auf ? noch nicht der ältesten, wohl aber der alten Sprache angehören, namentlich der alten Prosa. Als Beispiele von Substantiven mögen dienen: mujft kar die Hand ballen, phali kar (zu Frucht machen) Körnerfrüchte reinputzen, mithunt kar Paarung zu Stande bringen, mit as und dhü sich paaren, sich begatten ; als Beispiel für Adjektiva Arurt kar wund machen,

540 Kap. XIV. I. Begriff der Erstarrung. '$ 231.

ftivri kar schärfen, verstärken, mit bhü heftiger werden zu- nehmen, sv? kar sich aneignen, #43 kar vereinigen. Aus diesen Anfängen hat sich dann für das klassische Sanskrit die Regel entwickelt, welche Whitney so ausdrückt: “Jeder Substantiv- oder Adjektivstamm kann mit Verbalformen oder Ableitungen der Wurzeln Ar und dAü (auch von der Wurzel as wırd es angegeben; solche Fälle sind jedoch, wenn sie vorkommen, zum wenigsten ausserordentlich selten) nach der Art eines Ver- balpräfixes verbunden werden. Wenn der Stammauslaut ein «- oder :-Vokal ist, so wird er in ? verwandelt, ist er ein u-Vokal, wird er zu %.” Unser Material reicht nicht aus, um die Ent- stehung dieser auffälligen, offenbar dem Altindischen alleın angehörigen Form mit Sicherheit festzustellen. Vermuthen lässt sich Folgendes. Ein Ausgangspunkt ist zu suchen in mu$fi kar die Hand ballen, was (wie Whitney andeutet und ich SF. 5, 97 als selbstverständlich angenommen habe) nichts anderes ist, als der Dual von mu$ti Faust; musfi kurute heisst wohl eigentlich “er macht sich beide Fäuste”. Wenn man aber versteht “er macht seine beiden Hände zu Fäusten”, so kommt in mugfi ein resultativer Sinn und mit diesem besonderen Sinne konnte die Form fortzeugend wirken. Dazu ergiebt sich vielleicht ein zweiter Ausgangspunkt in den Nominativen auf :, welche zu Stämmen auf :n gehören. TB. 1, 2, 6, 7 findet sich udväasikarin, das wir nach dem Kommentar durch ‘von Wohnungen leer machend’ übersetzen. Ich möchte glauben, dass darin ein ud- väsin steckt, das zwar nicht belegt, aber von Pänini überliefert ist. Einer, der um seine Wohnung gebracht ist, würde ein udvast krtdh sein.

Diese und ähnliche Erscheinungen, welche wohl eine gründ- liche Erörterung verdienten (vgl. Brugmann, ein Problem der homerischen Textkritik 119ff., Paul, Prinzipien? 194 ff.), haben das gemeinsam, dass zwar Formen vorliegen, in denen die Numeri, die Kasus u. s. w. nicht gehörig auseinander gehalten werden, aber die Wortart ist dieselbe geblieben, die sie war. Dagegen bei Adverbien wie zpdpasıv und angeblich, swwrij und schweigend, ags. facne (eig. mit Bosheit, dann sehr) und pas,

$ 231—232.] Kap. X1V. I. Erstarrung bei Subst. und Adj. 541

oppido und ganz ist auf sehr verschiedenen Wegen eine neue Wortart entstanden, bei der das Sprachgefühl weder Sub- stantiv und Adjektiv, noch Genera, Numeri oder Kasus unter- scheidet. Von dieser Art von Erstarrung ist nun im Folgenden zu handeln.

Indem ich nun zunächst die Symptome der Eıstarrung aufzähle, spreche ich zuerst von dem, was den beiden Wort- arten (Subst. und Adj. auf nominalem und pronominalem Gebiet) gemeinsam, dann von demjenigen, was einer jeden der beiden Wortarten eigenthümlich ist.

$ 232. Erstarrung bei Substantiven und Adjek- tiven.

Diejenigen Symptome der Erstarrung, welche bei Substan- tiven und Adjektiven in gleicher Weise auftreten, dürften die folgenden sein.

1. Abweichender Accent.

Das Adverbium trägt oft einen Accent, welcher von dem der Kasusform abweicht. Über die Accentuation der Adverbia im Altindischen sind wır, soweit der RV. und AV. ın betracht kommen, unterrichtet (vgl. E. Thomson, Zur Accentuation des Adverbes, Sonder-Abdruck aus dem Jahresbericht der Reformier- ten Schule in Petersburg 1891). Weitere Belehrung hoffen wır von der Fortsetzung der ausgezeichneten Aufsätze Reuter's in KZ. 31. Der Stoff aus dem Griechischen wird ja wohl bei- sammen sein. Dagegen fehlt es noch an einer zusammen- fassenden, die mannigfaltigen Erscheinungen der einzelnen Dialekte geschichtlich ordnenden Arbeit über das baltisch- slavische Gebiet. Es ist unter diesen Umständen nicht zu verwundern, dass wir mit der Erklärung noch in den Anfängen stehen. Solche Anfänge sind namentlich gemacht worden von L. v. Schröder, Die Accentgesetze der homerischen Nominal- komposita dargestellt und mit denen des Veda verglichen, KZ. 24, 101ff. und J. Schmidt, Festgruss an Böhtlingk (Stutt- gart 1888) 100ff. Indem ich an dieser Stelle übergehe, was sich über den Accent der Komposita und der mit Suffixen wie tas, Sas u. s. w. gebildeten Formen sagen lässt, stelle ich nur

542 Kap. XIV. L Erstarrung bei Subst. und Ad). I$ 232.

die Frage, wie es mit dem Accent solcher Adverbia steht, die aus gewöhnlichen Kasusformen der Adjektiva oder Substantiva hervorgegangen sind. Bei dieser Fassung der Frage sind die in anderer Beziehung merkwürdigen Formen wie ubhaya in beiderlei Weise zu ubhäya, madhya dazwischen zu mddhya u.ähn!. (Thomson 27) von geringerer Wichtigkeit, da sie ein zwar nicht auf die Adverbia beschränktes, aber doch immerhin auffälliges Kasussuffix haben. Auch die Formen wie @$uyä zeigen in ihrer Bildung etwas Besonderes. Dagegen sind für uns von hohem Interesse die Ablative adharad unten, von unten zu ddhara, apäkad aus der Ferne zu dpäka, uttarad von links zu üftara, sanäd von Alters her zu säna, amüd von Hause, aus der Nähe zu dma (Thomson 37). Hier zeigt deutlich das Adverbium End- betonung, das Adjektivum Anfangsbetonung, wie etwa griech. erıLapeiüs neben Erılapelos. Einen sicheren Fall für das um- gekehrte Verhültnis wüsste ich aus dem Altindischen nicht an- zuführen. Wohl aber liegt er im Griech. vor in oxa neben &xb;, Tdya neben tayüs u. s. w., wobei man freilich über die Erklärung der Endung a noch streitet. Im Kleinrussischen, dessen Accent von J. Verchratskij in Jagic’s Archiv 3, 381 fl. behandelt worden ist, findet sich beides. Der genannte Ge- lehrte sagt 406: “So wie die aus oxytonierten Adjektiven gebildeten Adverbia den Accent immer zurück werfen, so betonen die aus paroxytonierten Adj. gebildeten Adverbia die letzte gorjace, döbrij gut hat dobre und dobrö, choröstj schön, hübsch, chörose, velikij gross veliko, znacniy oder znaöni7 bedeutend hat znaöno in der Bedeutung: bei weitem, bedeutend, z. B. znäacno bilisi7 —= bedeutend grösser, doch zracnö in der Bedeu- tung: man sieht es, es ist einleuchtend, natürlich, Arasnız (seltener krasniy) schön hat krasno, seltener Arasno. Vom oxyto- nierten Adj. Yyubjaznty liebevoll finde ich ein oxytoniertes Adver- bium lyubjazno.” Dass eine Verschiedenheit zwischen der Kasus- betonung und der Adverbialbetonung bei den Adjektiven schon in der Ursprache vorhanden war, ist durch J. Schmidt’s Scharf- sinn sehr wahrscheinlich gemacht worden. Wie sie sich aber

$ 232.] Kap. XIV. I. Erstarrung bei Subst. und Adj. 543

entwickelt habe, lässt sich kaum durch Vermuthung feststellen. Ich möchte glauben, dass die oben genannten altindischen Adj. ursprünglich in den casus obliqui oder doch einigen derselben den Ton auf der Endung hatten!) und diesen in isoliertem Gebrauch behielten, als er sich bei dem lebendigen Gebrauch infolge der Ausgleichung mit dem Nominativ und Akkusativ verlor. Nachdem sich so die Gewohnheit festgesetzt hatte, die Adverbia anders als die lebendigen Kasuszu betonen, konnte sich, wie mir scheint, die Zurückziehung des Accentes bei Adverbien von oxytonierten Adjektiven entwickeln. Über den Accent der Substantiv-Adverbia möchte ich nicht sprechen. Nur das will ich bemerken, dass ai. diva keinen sichern Beleg für die ‘Zurückziehung’ des Accentes abgiebt, da die Paroxytonierung auch die ursprüngliche Betonung sein kann, wie z. B. in gava zu Rind, wo man an eine ‘adverbielle’ Zurückziehung wohl nicht denken wird. Ich hätte deshalb SF. 5, 139 nicht von einer “Veränderung”, sondern von einer “Verschiedenheit” des Accentes reden sollen.

2. Veraltete oder unkenntlich gewordene Kasus- formen.

Manche Adverbia zeigen Kasusformen, welche in dem gewöhnlichen Paradigma nicht mehr auftreten. Dahin gehören z. B. das attische &paoı rechtzeitig, ein alter Lok.; lat. partım, das in adverbialem Zustande noch das alte « bewahrt hat; unser heute aus hiu tagu, in dessen ex also noch der uns sonst abhanden gekommene Instrumentalis eine Spur hinterlassen hat; das slavische meZdu zwischen, das ein Lok. des Dualis ist, die lat. Adverbia auf ed, welche Ablative zweiter Deklina- tion sind, die ai. Ablative täd und yad und vieles der Art. Ein Beispiel für das Unkenntlichwerden der Form ist

1) Auf diese Vermuthung führt auch der wechselnde Accent in upaka und upäk4 nahe zusammengerückt, verbunden, benachbart (upak& in nächster Nähe), däk$ina und dak$ind rechts (dak$ina zur rechten Seite). Denn dass die Tonverschiedenheit erst von den Adverbien (bei denen sie aus uner- mittelter Ursache entstanden war) zurückgewirkt hätte auf die lebendigen Kasus, ist mir wenig wahrscheinlich.

544 Kap. XIV. I. Erstarrung bei Subst. und Adj. '$ 232.

unser je, in dem niemand mehr den Akkusativ zu einem Worte für ‘Zeit’ vermuthen würde, dessen Nominativ im Gotischen atvs lautet. Ebenso verhält es sich mit den Formen auf yn ım Litauischen, z. B. senyr eiti älter werden. Sie sind Datıve abstrakter Substantiva, die aber die Endung verloren haben, ein Verlust, der natürlich damit zusammenhängt, dass diese Formen als isolierte des Schutzes entbehrten, den die Assozia- tion mit verwandten Formen jeder einzelnen gewährt.

3. Häufig sind die Kasus zwar regelmässig gebildet und vollkommen kenntlich, aber isoliert, sei es, dass sie Reste einer früher in mehr Exemplaren vertretenen Bildungsweise sind, z. B. die Lokale oixor, p£ooı, doms u. 8. w., sei es, dass sie innerhalb ihres Paradıgmas vereinzelt oder nahezu vereinzelt sind, z. B. ai. prage früh, diyasa gerades Weges, gr. ravouöty, lat. sponte, vicem u. 8. w.

4. Genus, Numerus und Kasus werden ın dem Adverbium nicht mehr verspürt. Was das Genus be- trifft, so folgen zwar natürlich die Adjektiva, welche mit den Substantiven zusammen erstarrt sind, dem Geschlechte derselben, 2. B. domi meae, aber nach der Erstarrung löst sich der Kasus von dem Geschlecht. So sagen wir des Nachts, obgleich Nacht Femininum ist, und ähnlich ist es wohl aufzufassen, wenn man ım Lateinischen /uci claro und sereno noctu sagt (vgl. S. 224). Vollends bei den Adjektiven ist es klar, dass man von dem Ge- schlechte nichts spürt, es also z. B. gleichgültig ist, dass -50ov neu- trale, -ö7;v femininische Form trägt. In bezug auf den Numerus denke man z. B. an domi zu Hause, was man gebraucht, gleich- viel ob von einem oder von mehreren Häusern die Rede ist, oder an ai. Sadnais, das Plural ist gegenüber unserem langsam, das Singular ist u.s.w. Was die Kasus betrifft, so ist klar, dass bei den Substantiv-Adverbien sich die Verschiedenheiten der Kasus verwischen. So bedeuten z. B. der Akk. näktam, der Instr. naktaya, der Lok. noctu, der Gen. nachts nichts weiter als in der Nacht’, während ursprünglich durch den Akkusativ ausgedrückt wurde, dass die Handlung den Zeitbegriff aus- füllt, durch den Instr., dass der Zeitbegriff mit der Handlung

8 232—233.]) Kap. XIV. I. Adverb, Erstarrung von Substantiven. 545

dauernd verbunden ist, durch den Lok., dass er den Zeitpunkt der Handlung darstellt, durch den Gen., dass der Zeitbegriff irgendwie durch die Handlung berührt wird. Das gleiche Konvergieren der Bedeutungen lässt sich bei den Adjektiv- Adverbien beobachten. Ich führe an, was Jacob Grimm, Gramm. 3, 122 über das Germanische sagt: “Eigentlich sollen, wenn von einem und demselben adj. verschiedene casus, allein oder mit präpositionen, adverbial gesetzt werden, daraus auch verschiedene bedeutungen erwachsen. Das ahd. /uzilo drückt parve, /uzil parum und /uzilEem paulatım aus, das altn. sid sero, sidan postea; das ahd. alles omnino, mit allü prorsus, allaz continuo; das got. raihtis omnino, rathtaba recte; das mhd. /ite sonore über lät palam; das altn. lengt diu, /dngt longe; das mhd. langes diu, Zange longe. Oft bedeuten aber mehrere formen das- selbe, z. B. das ahd. sumes was das goth. sumana; das altn. driu- gum, driugan und driugt frequenter; das ahd. fer, ferro und ferron prope; das ahd. anawertes und anawert;, Erist, az Erist und az £ristin, das mhd. terhes, entwerhes und entwerh ganz das nämliche. Das adverbialsurrogat Zihho, lice, liga ändert in der regel den sinn nicht ab, z. B. das ags. singallice gilt gleichviel mit singales, das altn. sidla und sidarla gleichviel mit sid.” Man sieht, dass die Bedeutungsverschiedenheiten zum bei weitem grössten Theile nicht solche sind, welche aus der Grundbedeutung des Kasus mitgebracht, sondern solche, welche im Kampfe um’s Dasein von der Adverbialform erworben worden sind.

6 233. Erstarrungsvorgänge bei Substantiven.

Folgende Symptome der Erstarrung finden sich der Natur der Sache nach nur bei Substantiven.

Während zu Substantiven Adjektiva oder abhängige Geni- tive treten können, ist dies bei Adverbien im allgemeinen nicht der Fall. Einige wenige feste Verbindungen von Adverbien "mit Adjektiven, welche vorliegen, sind ganz oder doch in der massgebenden Gestalt in die Zeit der Erstarrung mitgebracht worden, z. B. lat. domi meae, tuae, suae, nostrae. Es ist ja sehr wahrscheinlich, dass nicht jede dieser Wendungen aus der

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 35

546 Kap. XIV. I. Adverb, Erstarrung von Substantiven. (8 233,

voradverbiellen Zeit stammt. Vielleicht ist doms tuae erst später dem überlieferten doms meae nachgebildet, aber man konnte dom: kein Adjektivum aus einem andern Anschauungs- kreise, wie etwa norae oder magnae, zugesellen. Das Gleiche lässt sich ım Deutschen beobachten. Wir sagen eines Mor- gens, auch eines schönen Morgens, aber nicht mehr eines feuchten Morgens u. s. w. Dabei empfinden wir schön kaum mehr als Beschreibung der Beschaffenheit des Morgens, schönen dünkt uns vielmehr so gut wie inhaltsleer zu sein (vgl. Paul, Prinzipien? 154 ff). Einen Genitiv kann man im all- gemeinen nicht mehr von einem Adverbium abhängig machen. Man kann nicht patris doms oder ratpös oixor sagen, sondern muss ın diesem Falle ıR domo, &v oıxw anwenden. Hier liegt der Unterschied zwischen Adverbien und gewissen Präpositionen, wie z. B. yapw. Wo die Verbindung mit einem Kasus usuell ist, legt die Präposition vor, sonst das Adverbium. (Natürlich können Adverbia so gut wie manche andere Wörter nachträglich substantiviert werden. Dann scheinen sie als Neutra gebraucht zu werden, 2. B. das Heute. Solche Adverbia können dann auch mit Präpositionen verbunden werden, wobei sie aber natürlich ihre Gestalt nicht verändern, z. B. eramusstm.)

2. Adverbia treten zu dem Verbum im allgemeinen, immer abgesehen von dem Fall der nachträglichen Substantivierung, nicht in dasselbe Verhältnis wie die Kasus. Nur bei gewissen Gebieten der Kasus, und zwar wesentlich dem lokalen und temporalen, ıst das der Fall. Ein ablativisches Adverbium kann den Ausgangspunkt der Bewegung bezeichnen, z. B. inde wie Romä, aber z. B. nicht den Gegenstand der Ver- gleichung (major alıquo); ein lokalisches den Ort, z. B. Aie wie domt, aber z. B. nicht den Gegenstand der Freude; ein instrumentalisches die Ausdehnung über Raum und Zeit, z. B. diu wie samvatsarena, auch die Begleitung, so dass man z.B. bei orovög “mit Eifer’ an sich zweifeln kann, ob ein Instrumen- talis oder ein Adverbium vorliegt, aber z. B. nicht das Mittel. Ein dativisches kann gelegentlich die Zeit bezeichnen, z. B. ai. aparibhyas für die Zukunft, aber z. B. nicht das indirekte

6 233—234.] Kap. XIV. I. Adverbia aus Zeitbegriffen. 547

Objekt; ein genitivisches den Ort und die Zeit, z. B. roö wo, got. gistradagis morgen, aber nicht das Theilobjekt und kann auch nicht von einem Nomen abhängig sein. Ein akkusativisches Adv. kann das Ziel bezeichnen, z. B. foras, oder die Zeitdaur bez. den Zeitpunkt, z. B. lit. sziaäder heute. Auch solche Ad- verbia, die sich dem Akk. des Inhalts vergleichen, kommen vor, z.B. ai. krtvas mal; aber es kann nicht Objekt sein. Mit einem Worte: das Adverbium, welches ja zu einem Attribut der Handlung sich entwickelt hat, kann in allen denjenigen Beziehungen nicht gebraucht werden, die wir aus Mangel an einer besseren Bezeichnung als rein grammatikalische oder satzliche bezeichnen.

8234. Übersicht über die hauptsächlich zur Ad- verbialbildung verwandten Substantive Zeitbe- griffe.

In der folgenden Übersicht ist es selbstverständlich nicht auf irgend eine Vollständigkeit abgesehen. Ich will nur zeigen, welche Begriffe sich durchgängig am meisten zur Adverbbildung eignen, und verfolge dabei zugleich den Gesichtspunkt, zu zeigen, wie verschiedene Kasus auf verschiedenem Wege zu demselben Ziele gelangen. Es ist mir praktisch erschienen, den Stoff so zu gliedern, dass zuerst von den Zeitbegriffen, dann von den Raumbegriffen, dann von den übrigen gesprochen wird. Ich führe zunächst die Zeitbegriffe hinter einander auf.

Bei Tage. Da es sich um die Ausdehnung über einen längeren Zeitraum handelt, so hätte man den Instr., Akk. oder auch Gen. zu erwarten. Der Instr. liegt in den slavischen Sprachen vor, z. B. russ. dnemü bei Tage. Ein Instr. mit ad- verbialem Accent ıst ai. dıva bei Tage, dem das lat. dıu zu ent- sprechen scheint, nur dass es von noctu ein u angenommen hat, wie das aksl. diniyq bei Tage seinen Ausgang von nostiyq bei Nacht erhalten hat. Deu heisst also eigentlich ‘den Tag hindurch’, dann “lange Zeit’. In den übrigen Sprachen finden sich nicht gerade Adverbien, aber doch feste Formen oder Verbindungen, z. B. hu£pas, xard püc, bei tage. Wenn nicht der Tag als die

35*

548 Kap. XIV. I. Adrverbia aus Zeitbegriffen. [$ 24.

helle Zeit im Gegensatz zur Nacht, sondern ein wiederkehrender Zeitabschnitt gemeint ist, so ist natürlich auch der Lok. am Platze, z. B. im ai. dydvi-dyavı Tag für Tag.

Früh. Insofern der Zeitpunkt des Tagesanbruchs gemeint ıst, würde der Lokalis der natürliche Kasus sein. Den Lok. finden wir denn auch z. B. im ai. prage (vgl. S. 544), ferner ın u$dsi, welches Grassmann adverbiell nennt, wahrscheinlich weil es Adverbien parallel geht, z. B. yds tva dosa ya usasi praßgsät wer dich am Abend, wer dich bei Tagesanbruch preist RV. 4, 2,8. Ein völlig erstarrter Lok. desselben Stammes, der dem ai. usas zu Grunde liegt, ist fpı.. Derselbe Kasus ist /uct, vielleicht auch mani, mane.e. Ein Genitiv ist z. B. hoüs, das man, wie $. 357 bemerkt wurde, adverbial nennen kann, weil es stets ohne Adjektivum erscheint, wie unser morgens. Ein Instrumental kann insofern am Platze sein, als man auch sagen kann: etwas mit der ersten Dämmerung thun, äpa Ew. Ein solcher liegt im serbischen zorom eig. “mit dem Morgen- roth’, vielleicht auch in diluculo vor. Ein Akkusativ dürfte lit. anksti sein, auch unser früh. Ob rpwt Lok. ist, lasse ich unentschieden. Ein besonderes Suffix hat ai. prätar.

Abends. Wir finden Adverbia von der Form des Akku- gativs, z. B. ai. säydm, im festen Gegensatze zu prätär, mit dem es auch zu einem Dvandva säydmprätar morgens und abends verbunden wird; des Instrumentalis, z. B. ai. döfa, russ. veceromü und vecerkomü (das letztere völlig erstarrt). Lokalıs ist z. B. vesperi. Der Genitiv findet sich in &or&pas und dem ziemlich isolierten del\ns, unserem abends.

Bei Nacht. Wir haben, worauf schon oben hingewiesen wurde, in gleich gewordener Bedeutung den Akk. ai. naktam; den Instr. aksl. nosfiyg und dem entsprechend in anderen sla- vischen Sprachen, ai. naktaya mit adverbialem Accent; den Lok. noctu; den Gen. nachts, dessen von tages herübergenom- menes s der Form adverbialen Charakter verleiht, den man dem griech. voxtds nicht oder kaum zusprechen kann (höch- stens weil es, so viel ich sehe, mit Adj. nicht verbunden wird). Zweifelhaft bleibt die Bildung von roz, vöxa und vuxtwp (über

$ 234.) Kap. XIV. I. Adverbis aus Zeitbegriffen. 549

das Joh. Schmidt, Pluralb. 212 eine Vermuthung vorträgt). Merkwürdig ist der Gebrauch des Ablativs asnaapca z3afnaapca yt. 5, 15.

Heute. Ai. adya ist nicht sicher zu deuten, doch liegt der Verdacht sehr nahe, dass in a das Pronomen ‘dieser’, in dya das Wort “Tag’ stecken möge. So mag es sich auch mit hodie verhalten, über das die Akten noch nicht geschlossen sind. In den übrigen Wörtern ist die Zusammenfügung von ‘dieser’ und “Tag” deutlich, so in dem griech. onpepov, TApepov, hinsichtlich dessen man G. Meyer, albanesische Studien III, 52 (Wien 1892, Sitzungsberichte der Akad., Band 75) vergleiche, ın dem deutschen instrumentalischen heute, in dem akkusa- tivischen lit. sziafden, aksl. dintsi (serb. danas, russ. dnest), wobei si der starr gewordene Akk. mask. eines Pronomens ist. Ein Gen. ist russ. segodnja.

Heint. Wie heute aus Au tagu, so ist das in Dialekten noch gebräuchliche Aeınt aus ahd. mhd. Ainaht (einem Akk.) hervorgegangen. Es wird, wie der Artikel in Grimm’s Wb. zeigt, gebraucht von ‘dieser’ Nacht, d. h. derjenigen, in welcher der Sprechende sich befindet, sodann von der eben vergangenen Nacht und endlich auch von der gleich folgenden Nacht. Ob in der Bedeutung ‘heute’, welche ebenfalls vorkommt, noch die Zählung nach Nächten nachklingt, oder ob nur eine Verwech- selung mit heute vorliegt, weiss ich nicht zu sagen. Am meisten Bedürfnis scheint für die kurze Bezeichnung der eben ver- gangenen Nacht vorzuliegen. Diesem wird im Deutschen noch weiter genügt durch mhd. »ehten, mundartlich nächten, einem Instr. (wobei ich mich über den Pluralis wundere; vgl. Brug- mann 2, 638). Es bedeutet, wie man aus Grimm’s Wb. ersieht: in vergangener Nacht, gestern abends, gestern. Auch mit dem serb. nodas, russ. nocesi ist die eben vergangene Nacht gemeint.

Gestern. In der Urzeit war ein Wort für ‘gestern’ vor- handen, das Fick nach seiner allerneuesten Bezeichnungsart zhjes schreibt: ai. hyas, gr. yd&c (und daneben der Akk. plur. des Adj. ydıla). Das Wort ist nicht sicher zu erklären, doch darf man mit Wahrscheinlichkeit vermuthen, dass ein Pro-

550 Kap. XIV. L Adverbia aus Zeitbegriffen. [$ 234.

nominalstamm mit der Bedeutung ‘dieser zu Grunde liegt. Der Form nach könnte es Lok. sein, wie Aeri. Der Begrifl ‘Tag’ wird dabei vorgeschwebt haben. Aus dieser Ableitung würde sich auch die Beziehung auf den vorhergehenden, wie auf den nächstfolgenden Tag erklären. Die letztere ist im Altindischen bestritten, liegt aber deutlich im Grermanischen vor, wo got. gistradagis morgen und ahd. &gester übermorgen heisst {wobei freilich das @ auffallend ist. Im Germanischen, über das man sich aus Kluge’s Artikel belehren möge, liegt eine adjektivische Ableitung vor. Gestern (ahd. gästaron) ist augenscheinlich ein Lok. oder Instr. plur. Ob dabei etwa ein Wort wie ‘Stunde’ zu ergänzen ist, oder wie sonst der Plur. zu erklären ist (der an den Plur. in nächten erinnert) wüsste ich nicht zu sagen. In den baltisch-slavischen Sprachen hat ‘Abend’ den Stoff für ‘gestern’ geliefert, so im lit. Akk. väkar, aksl. Gen. ricera, serb. Jucera, jJucer, Juce, russ. vcera. Es zeigt seine adverbiale Natur schon durch die vom Accent her- beigeführte Gestalt der ersten Silbe gegenüber aksl. vecerü (vgl. Miklosich s. v.).

Vorgestern hat keine gemeinsame Bezeichnung aufzu- weisen. Es lautet gr. zpwrv (scil. Aufpav), also “jüngst, was es auch oft noch bedeutet. Dann hat es sich aber auch auf die Bedeutung vorgestern spezialisiert; rpwı.a macht den Ein- druck, als sei es nach ydıLa gebildet. Über nudius tertius ist $ 261 gesprochen. Man vergleiche damit das russ. frefijago dnja. Sonst erscheinen Zusammensetzungen mit gestern: ehegestern, vorgestern, lit. üzvakar, serb. prekjyuce und preksinod, onoveceri vorgestern Abend.

Morgen. Das altindische $v@s ist noch nicht erklärt und es ist auch noch nicht gelungen, es mit cras, von dem man es doch ungern trennt, kunstgemäss zu vereinigen. Die übrigen Wörter knüpfen an den Begriff ‘Morgen’ wie gestern an den Begriff "Abend’. Das griechische adpıov ist desselben Stammes wie fpı. Über morgen s. den Artikel in Grimm’s Wb. Im Litauischen finden wir den Lok. rytö, im Slavischen Formen von utro “der Morgen’, aksl. den Lok. utre, serb. sjutra, sutra

$ 234.) Kap. XIV. I. Adverbia aus Zeitbegriffen. 551

‘vom Morgen an, am Morgen (vgl. s vecera Abends), russ. zavira “nach dem Morgen’.

Übermorgen. Ausser unserem deutschen Wort ist mir an einheitlichen Wörtern nur griech. Zvn eig. ‘jener Tag’, wenn die Vermuthung von Solmsen, KZ. 31, 473 richtig ıst, lat. pe- rendie und lit. poryt gegenwärtig.

Heuer. Über das ai. älfdmas (aifamah parjänyo vritimän bhavisyati heuer wird Parjanya regenreich sein SB. 3, 3, 4, 11) sagen Böhtlingk-Roth: “in der ersten Silbe ist das Pronomen i oder & (vgl. &tad) enthalten, samas geht auf sama Jahr zurück, die Endung entspricht der in anyedyus u. s. w.”. Unter dem u.8.w. hat man an sadyds, hyäs, $ods zu denken. Im Grie- chischen erscheint ein akkusativisches Kompositum aus ‘dieser’ und ‘Jahr’, nämlich ofites, rütes, welches nach dem Muster von onpepov, trpepov gebildet sein dürfte, im Deutschen ein in- strumentalisches: heuer. Im Lateinischen und Slavischen scheint ein Wort für ‘heuer’ nicht vorhanden zu sein, doch sagt man im Serbischen jesenas diesen Herbst, Zyetos diesen Sommer, zımus diesen Winter. Im Litauischen erscheint der zusammen- gesetzte Akk. szjmet dieses Jahr.

Im vorigen Jahre.!) Ausai. parut, was Pänini anführt, gr. neporı, nepucı, altnord. farb, mhd. vert, armen. heru, altir. ınn uraıd im vorigen Jahr, onn urid seit vorigem Jahr, lässt sich ein idg. perut, peruti erschliessen. Dass in per das indische para, lat. pero- (peregre, perendie) und in ut u.s. w. das Wort für Jahr steckt, welches in ai. samvatsara und gr. feros vorliegt, ist eine alte und einleuchtende Vermuthung. Mit dem ersten Element hängt ferner lıt. pernai im vorigen Jahr zusammen (vgl. neuerdings Kretschmer, KZ. 31, 353). Unbekannt ist die Herkunft des in den slavischen Sprachen weit verbreiteten Wortes, welches aksl. und serb. /ani, russ. loni heisst (vgl.

1) Bei den Namen der Jahreszeiten kommen erstarrte Kasus wohl nur vereinzelt vor, so ai. vasdntä oder vasanta im Frühling, serb. zum: im Winter, jet? im Sommer, Lokative ohne Präposition, ein Gebrauch, der im Serbischen nur noch in einer ganz geringen Zahl von Fällen vorliegt (vgl. Danitie S. 609).

552 Kap. XIV. I. Adverbia aus Zeitbegriffen. ($ 234.

Miklosich Wb. unter *olnı).. Das Lateinische braucht Um- schreibungen. Noch ist aus dem Serbischen zu erwähnen pro- ljetos im vorigen Frühling. Pänını führt noch ein Wort an, welches sich zu parut verhält, wie ‘vorgestern’ zu ‘gestern’, nämlich parärs im drittletzten Jahre. Wir können darüber nur sagen, dass der erste Bestandtheil derselbe zu sein scheint, wie in parut. Dasselbe bedeutet serb. preklanı.

Von diesen Wörtern, die vom Standpunkt des Redenden aus eine Zeitbezeichnung vornehmen, sind diejenigen zu son- dern, bei welchen von einem anderen Zeitpunkt an gerechnet wird, wie pridie am Tage vor einem anderen (der in der Rede genannt wird oder sich sonst wie ergiebt), posiridie u. ähnl., die von her? und cras verschieden sind. So heisst im Russ. nakanune am Abend vorher, aber vcera gestern, und ebenso wird im Serbischen nach Wuk zwischen 3yutradan und sjyutra unterschieden. Auch das ai. purvedyus würde ıch nicht durch mit “tags zuvor’ und ‘gestern’, sondern nur durch “tags zuvor’ wiedergeben. Ein Beispiel ist: #pö va aspardhanta yas cemäh pürvedyur vasativaryd grhyante yas ca prätar ekadhanäh die Wasser stritten unter einander, sowohl die v., welche am Tage vor dem Feste, als die e., welche am Morgen des Festes ge- schöpft werden AB. 2, 20, 7. Eine Vermischung der beiden Gruppen kann nur insofern eintreten, als ‘heute’, “morgen u. 8. w. sozusagen objektiviert werden können. Ein Anfang dazu liegt schon im RV. vor: adyadya Svah-Sva indra trasca pare ca nah, riSva ca Jaritfn satpate dha diva naktam ca raksıgah immer heute und immer morgen, o Indra, behüte uns und in der Zukunft und unsere Beter wollest du beschützen alle Tage hindurch bei Tag und bei Nacht 8, 61, 17. Die iterativen Komposita adyüdya und $odh-Soah heissen eigentlich ‘jedesmal, wenn es für uns heute, und jedesmal, wenn es für uns morgen ist. Dann kann man Sodh-Svah auch “an jedem folgenden Tage’ übersetzen, z. B. $vah-Ivo bhüyan bharati er wird von Tag zu Tag stärker TS. 1, 5, 9, 2. Auch das ein- fache $ods kann man durch “am folgenden Tage’ übersetzen, 2. B. vai devatah pürvah parighrnäti sa enah $0ö bhute yajate

8 234—235.] Kap. XIV. I. Adverbia aus Ortsbegriffen. 553

wer die Gottheiten zuerst mit Beschlag belegt, der verehrt sie, wenn (für ihn) das morgen entstanden ist TS. 1, 6, 7,1. Auch kann $vds substantiviert werden: nd Svahlvam upäsita hi manusyäasya 300 veda man denke nicht an Verschiebung, denn wer kennt das morgen des Menschen SB. 2, 1, 3, 9. Die gleiche Objektivierung tritt im Deutschen ein, wenn man z. B. sagt: heute leiht er, morgen will er’s wieder haben. Der Redende ver- setzt sich in die Lage des Handelnden oder an einer Handlung Betheiligten, von dem er spricht.

8 235. Fortsetzung. Ortsbegriffe.

Unter den Ortsbegriffen fällt uns zunächst der Begriff des Hauses in’s Auge. Wir haben in vielen unserer Sprachen adverbiale Ausdrücke im Sinne unseres ‘zu Hause’ und ‘nach Hause’, so gr. oixeı und otixoı, lat. domi, deutsch heime, heim, lit. name, slav. doma, welches letztere, wenn es auch nicht Lok. sein sollte, doch lokativischen Sinn hat. Im Altindischen zeigt sich ein Wort von pronominaler Herkunft, nämlich ama (also wohl ein alter Instr.) “daheim, zu Hause, bei sich. Das ‘nach Hause’ lautet gr. olxaöe, olxdvös (weniger erstarrt ist der Akk. von Ööyos), lat. domum, das nur wegen seiner Verwendung ohne Präposition allenfalls erstarrt genannt werden kann, deutsch heim, lit. namün oder namön (wobei Präposition ist), slav. im Dativ domovi. Der Begriff ‘von Hause’ hat nicht so vielfältig adverbialen Ausdruck gefunden, doch ist oixoßev und domo vor- handen. An Haus mag man die Städtenamen anschliessen, wie sie 2. B. im Lateinischen behandelt sind. Warum ist nun wohl der Lok. domt, Romae u. ähnl. geblieben und warum sagt man nicht :n domo, in Roma? Ein im Lok. stehender Ortsbegriff vertrug und verlangte natürlich eine genauere Be- schreibung durch Adjektiva und durch Präpositionen, welche im Laufe der Zeit immer regelmässiger hinzugefügt wurden. Bei domi und Romae aber ist eine genauere Beschreibung nicht nöthig, denn es kommt nicht darauf an, ein Haus oder eine Stadt mit ihren ın die Augen fallenden Eigenschaften zu be- schreiben, sondern es soll nur eine Örtlichkeit insofern bezeich- net werden, als sie Heimath oder Aufenthaltsort einer Person

554 Kap. XIV. I. Adverbia aus Ortsbegriffen. [$ 235—236.

ist. Für eine solche unanschauliche, gar nicht individualı- sierende Bezeichnung blieb der Lok. ohne Adjektiv und Prä- position übrig.

An das Daheim schliesst sich das Draussen, zunächst Ableitungen des Wortes Thür im Griechischen und Lateini- schen: döpnde, döpnoı, attisch Yöpası draussen, Vüpale heraus. Wie sehr die Anschauung der Thür dabei verblasst ist, ergiebt sich aus homerischen Stellen, wie: &x rövroro Büpale {nämlich den Fisch ziehend) II 408; &x 8 apa ol npod ddpu yeilıvov @se döüpase E 694. Im Lateinischen forts, foras, lit. Zauke draussen, eig. im Felde, laükan hinaus. Auf andere Begriffe, wie Land, Feld, Fremde, welche vereinzelte Adverbia geliefert haben, gehe ich hier nicht näher ein, dagegen erwähne ich noch Erde, dessen Adverbialbildungen dicht an die mit anderen Mitteln gebil- deten Ausdrücke ‘unten’ und herah’ streifen (vgl. gr. yanai yapaöız, yanase yanädev (wobei über die Betonung gestritten werden kann), lat. humt, auch lett. /fem unter. Endlich Kreis: gt. xuxAdse und etwa auch xuxdw, deutsch rings, russ. Arugomü rings.

$ 236. Fortsetzung. Die übrigen Begriffe.

Die dritte Masse, diejenigen Formen umfassend, welche die Art der Handlung oder auch die Art, in welcher der Han- delnde erscheint angeben, gehört in eine Reihe mit den aus Adjektivis gebildeten Adverbien, mit Partikeln und Präposi- tionen. Ich führe aus der an sich unerschöpflichen Masse Folgendes beispielshalber an: Dem Begriffe schnell entspre- chen etwa ai. ünjasa $ 243, lat. numero eig. “nach Noten’, deutsch Augs u. ähnl.; unserem kaum gr. onouöj, dvayaq, deutsch nöti u. ähnl.; gern ai. kamam; eine zusammengehörige Gruppe bilden ai. vra)am in Haufen, gr. ravavöly, ags. kedpum haufenweise, lat. oppido ganz und gar $ 240, vulgo gewöhnlich, ags. dropmalum tropfenweise, serb. mrrice ein bischen, lat. parttm, unser theils u. ähnl.; umsonst bedeuten gr. dwrivnv, Tpotxa, öwpeav, lat. gratis, russ. daromö; an die Multiplikativa der Zahl- wörter rücken heran die mit ai. Artvas, mal, lit. syk, syki, kaft (kaftgq) u. ähnl. gebildeten Ausdrücke; an Partikeln

8 236—237.] Kap. XIV. I. Erstarrung von Adjektivis. 555

erinnern ai. rupam nach Art, gr. d£pas, lat. instar und vicem, lat. modo, die mit wetse gebildeten Komposita, wozu noch Bildungen wie kreuzweis kommen, welches aus Kreuzes Weise entstan- den ist. Endlich zu Präpositionen sind yapıy, causa u. ähnl. geworden. Auf die Entstehung dieser Bildungen haben jeden- falls auch die gleichbedeutenden Adverbien, welche zu Ad- jektivis und Pronominibus gehören, anregend gewirkt.

6 237. Erstarrungserscheinungen bei Adjektiven als solchen.

Bei den adjektivischen Adverbien sind, wie man längst bemerkt hat, zwei Typen zu unterscheiden. Entweder nämlich kann das Adjektivum sich von dem Substantivum, zu dem es in Kongruenz steht, frei machen (z. B. oyeötyv), oder das Ad- jektivum kann substantiviert werden (z. B. p£ya). Im ersteren Falle berührt sich die Lehre von dem Adverbium eng mit der Lehre von der Ellipse, wo weiter darüber zu handeln sein wird. Es ist richtig, dass man oft nicht in der Lage ist, das vor- schwebende Substantivum mit einiger Wahrscheinlichkeit nam- haft zu machen, z. B. bei den indischen Bildungen auf taram, tamäm und im, den griechischen auf örv u. a., bei andern aber gelingt die Auffindung eines solchen, z. B. bei raytornv, wobei ja noch der Artikel tv die Ellipse anzeigt, bei oysötnv, weniger deutlich bei &vrıßinv, bei lölg, xow7j u. ähnl., bei den altnordi- schen Akk. mask. ($ 260). Öfter ist man im Zweifel, ob noch eine elliptische Anwendung des Adjektivums oder bereits ein Adverbium anzunehmen ist, und zwar tritt der Zweifel nicht selten bei verschiedenen Exemplaren derselben Adverbialbildung ein. So wird man z. B. geneigt sein, zu dem altnord. rö« kropturligan kräftig rudern rödr Ruder, Ruderung zu ergänzen, also Ellipse anzunehmen, während man zu dem gleichgebilde- ten jafnan beständig ein Substantivum nicht zu ergänzen weiss. Das ist natürlich, da ja die bei einem Worte entstandene Aus- drucksweise sich auf andere fortpflanzt. Die völlige Emanzipation tritt natürlich erst bei dem mittels Anlehnung gebildeten Worte ein. Auf die ursprünglich elliptische Ausdrucksweise wird man,

556 Kap. XIV. II. Adverbia aus dem Ablativ. [$237— 238.

wenigstens dem Prinzip nach, die Adverbia mit maskulinischem und femininischem Ausgang zurückzuführen haben.

Was den zweiten Typus, die Substantivierung, betrifft, so ıst wohl klar, dass er von dem ersten wesentlich nicht ver- schieden ist. Wir sprechen ja dann von Substantivierung, wenn dem Sprechenden neben dem Adjektivum ein Substanzbegriff, an dem es haftet, vorschwebt, z. B. der Weise. Ist nun dieser Substanzbegriff kein individueller und deutlicher, sondern all- gemein und verschwommen, also auch keinem ausgesprochenen Geschlecht angehörig, so tritt das Adjektivum in die unge- schlechtige Form. Diese Art des adjektivischen Ausdrucks er- zeugte besonders viel Adverbia akkusativischer Form, z. B. 760 yeldw süss lachen, eig. “Süsses lachen”.

Wir haben oben gesehen, dass eine erstarrte Substantiv- form auch zur Präposition werden kann, nämlich dann, wenn sie nicht zu dem Verbum, sondern zu einem Nomen in die nächste Sinnesbeziehung tritt, z. B. yapıv. Dasselbe kann sich natürlich auch bei Adjektivadverbien ereignen, z. B. secundum. Einen Übergang zu den Präpositionen bilden Wörter wie öpotwg, &vavtiug, 2. B. &vavriug Eyeı TS owopovı 6 AxdAastos bei Plato.

Bei dem Substantivum ist oben ungefähr der Kreis der Wörter umschrieben worden, innerhalb dessen Adverbia ent- stehen. Für die Adjektiva möchte ich ein ähnliches Verzeichnis nicht aufstellen, sondern Sammlungen innerhalb der Einzel- sprachen abwarten.

II. Übersicht nach den Kasus.

$ 238. Ablativ. Altindisch und Avestisch.

Unter dem Ablativ behandle ich ausser den arischen Sprachen nur das Griechische und Lateinische. Doch will ich hier noch bemerken, dass die gotischen Adverbia auf fro, näm- lich Avaßro woher, Bapro daher, jainpro dorther, utapro von aussen, #2naPro von innen, 3upapro von oben, dalapro von unten, Jarrraßro von fern, aljabro anderswoher, allabro von allen Seiten jedenfalls auch der Form nach Ablative sind.

$ 238.) Kap. XIV. I. Adverbie aus dem Ablativ. 557

Altindisch. Ablative von Substantiven werden in der alten Sprache adverbial nicht verwendet. Denn die isolierten Abl. äsad aus der Nähe und ärad aus der Ferne, welche Grass- mann für substantivisch erklärt, können auch von Adjektiv- stämmen abgeleitet werden. Später finden sich dalad gewaltsam u. ähnl., eigentlich: “infolge von Gewalt’. Die merkwürdigen, wesentlich dem Epos angehörigen Formen auf -säd, welche Whitney $ 1108 anführt, z. B. bAasmasäd zu Asche im Epos in Verbindung mit den Verben gam, yä, ni, kar, as, bhü, da- syusad den Räubern zur Beute (l0%6 "yam dasyusäd bhavet diese Welt würde den Räubern zur Beute werden), scheinen ur- sprünglich den Stoff angegeben zu haben, aus dem etwas be- reitet wird, also z. B. bhasmasäd aus Asche bestehend. Eine ähnliche Wandlung hat das ablativische säksüd durchgemacht. Es bedeutet eigentlich ‘von der Augengegend aus’, daher mit ‘sehen’ s.v. a. ‘mit eigenen Augen’ und mit Aar ‘sich vor Augen führen, zu Gesicht bekommen’. Bei Adjektiven liegt ebenfalls kein Abl. vor (cirad nach langer Zeit ist nachvedisch).

Das einzige Gebiet des Abl. ist also das der Pronomina und pronominalen Adjektiva. Dahin gehören zunächst einige Partikeln, die ich hier um der Formen auf w; willen erwähne, nämlich das nur im RV. vorkommende äd darauf, dann, da, tad infolge davon’ (ghrtäsya stöokam sakrd dhna aßnam täd &oedam tätrpäna carami einen Tropfen Butter ass ich einmal des Tages, infolge.davon bin ich jetzt noch satt RV. 10, 95, 16), ferner ‘so, so weit’ einem y@d entsprechend: dreamasi vira yad evd vidmäa tat tva mahäntam wir preisen dich, o Held, den grossen, soweit als wir es verstehen RV. 6, 21, 6. Über die Konjunktion yäd seit, soweit als, so lange als s. SF. 5, 584 und 324. Mit yäcchregta bestmöglich vergleicht sich “ws Be&Aroros u. ähnl., eine Verbindung, welche wohl aus einem Satze (‘wie es am besten ist‘) zu erklären sein mag. (Kadsmäd, tdsmäd, yasmäd kommen ım Veda als Adverbia nicht vor. In der alten Prosa heisst Adsmäd warum, das unendlich häufige fdsmäd darum, deshalb, y@smäd warum in abhängigen Fragen, vgl. SF. 5, 584). Ferner sind vedisch eine Anzahl von Formen, welche

558 Kap. XIV. IL Adverbia aus dem Ablativ. [$ 238.

Richtungen im Raume oder Nähe und Ferne in Raum und Zeit bezeichnen, theilweise mit adverbiellem Accent, so: utla- räd von Norden her (zu üttara), adharad (zu ddhara) von unten her und ‘unten’, letzteres: asau yd adharad grhäs tälra santo aräyyah in jenem Haus, welches unten ist, sollen sich die Un- holde aufhalten AV. 2, 14, 3. Neben nicad von unten ist eine andere betonte Form desselben Stammes nicht überliefert. Ohne Anlehnung an ein Adjektivum steht paScad von hinten, hinten, hinterher, hintennach, hernach, später, zuletzt, in der späteren Sprache auch ‘rückwärts. Wörter der Nähe und Ferne sind amäd aus der Nähe (eig. ‘von diesem’ zu dma dieser), sad und antıkad aus der Nähe, dürad und apakad aus der Ferne. In aräd (woneben äre) aus der Ferne zeigt sich schon früh eine starke Veränderung der Bedeutung ‘in die Ferne’: ärad visr$ta i$avah patantu rak$asam fernhin (d. h. wirkungslos) sollen die Pfeile der Unholde fliegen, wenn sie abgeschnellt sind AV. 2,3, 6. Von der Zeitferne ist verstanden sanad von alters her. Merkwürdig ist die angebliche Verbindung mit yivan: indram ajurydm jardyantam uk$itäm sanad yüvanam avase havämaheRV.2, 16,1, wo Böhtlingk-Roth ‘den ewig jungen’ übersetzen. Aber an allen anderen Stellen wird sanad mit einem Verb. fin. oder Part. verbunden, also gehört es wohl auch hier zu Aavämahe (wie zu Juhomi 2,27,1). Dazu eine Reihe von Wörtern mit -tad (Whitney $1100®), 2. B. arattäd aus der Ferne, uttarattäd von Norden her, paScatäd von hinten, adhastad RV. und SB. ‘von unten her’, später (bei Manu) auch ‘nach unten hin, in die Hölle’, parastad jenseits, purasiäd vorn, bahistäd ausserhalb (auch als Präpositionen).!) Schliesslich mache ich noch darauf aufmerksam, dass keines der hier angeführten Wörter in dem Sinne adverbial ıst, dass es die Qualität einer Handlung bezeichnete, dass viel- mehr meist der ablativische Sinn noch deutlich ist. Derselbe hat indes insofern mehrfach eine Änderung erfahren, als ein Ruhezustand ausgedrückt wird, also nicht “von oben’, sondern ‘oben’ u.s.w. Der Übergang erklärt sich, wenn man sich

1) tävattäd scheint mir falsche Lesart zu sein (tävat-tävat ı. 1...

$238—239.] Kap. XIV. II. Adverbia aus dem Abl., auf x. 559

gegenwärtig hält, dass eine von einer Stelle ausgehende Be- wegung ohne grössere Veränderung des Gesammtsinnes der Aussage auch als an einer bestimmten Stelle sich vollziehend gedacht werden kann. So kommt es praktisch ziemlich auf dasselbe hinaus, ob man sagt ‘das Licht scheint von oben’ oder “es scheint oben‘.

Die Sprache des Avesta zeigt (wenn ich nichts übersehen habe) nur Ablative von pronominalen Adjektiven: paurvanagmap von vorn her, vorn, ntstaranagmap von aussen her, antara- nagmap innerhalb (auch antarap nagmäap), upaırinagmap (wenn es als ein Wort zu lesen ist) von oben her, oberhalb, adap nachher, von dort, paskaß nachher, hinterher, uskäh hoch (uskab yästayd einer Hochgeschürzten yt. 5,64). Beachtenswerth ist die lokale Bedeutung von uskapß, mit dem man lat. alted (bei Ennius) vergleiche.

8239. Ablativ. Griechisch (die Formen auf oj,).

Im Griechischen giebt es ein vereinzeltes ablativisches Ad- verbium in genitivischer Form, nämlich das homerische dAtyov beinahe, womit man das gleichbedeutende ai. alpakad ver- gleiche, über das SF. 5, 113 gehandelt ist. Sodann stelle ich hierher die Formen auf wc. Ich weiss wohl, dass noch laut- liche Bedenken bestehen, aber die Übereinstimmung des Ge- brauches zwischen tad und tus, yad und ws scheint mir zwin- gend. Die Vermittlungsstufen zwischen der ablativischen und der modalen Bedeutung sind nicht überliefert. Ich vermuthe, dass diese pronominalen Adverbia im Griechischen den Aus- gangspunkt für die Entstehung der übrigen Adverbia auf ws gebildet haben (man denke namentlich daran, wie nahe es lag, auf nö; mit einem adjektivischen Adverbium auf w; zu ant- worten), und stelle sie deshalb voran. Ich führe an: rws, os und &s, rzös und rws, duüs und duws, aürws, AAlws, TAVTWs und oötw; (nebst dem instrumentalen oörw).

twos kommt bei Homer zweimal bei einem Verbum vor, nämlich xeivos Tws Aydpeve B 330, wc ÖE o Aneydnpw “cs vüv Zxrayla olAnca I’ 415 (vgl. tad und yad im Ai.), und einmal bei einem Adjektivum: tw; pev Env palaxds T 234. Auf die

560 Kap. XIV. II. Adverbia aus dem Ablativ, auf . [$ 239.

Entwicklung der Partikel w; einzugehen, ist hier nicht der Ort. Dass &: mit yäad identisch sei, folgt aus der oben er- wähnten gleichen Verwendung vor dem Superlativ, ferner lässt sich nicht bezweifeln, dass aus derselben Quelle die Verwen- dung von “sg im relativen Satzgefüge folgt. Ausser diesem a gleich yad giebt es ein wahrscheinlich erst im Griechischen entstandenes &;, welches sich zu 6 und & (in 7 8’ &;) so ver- hält wie oörws zu oüros. Ferner nimmt man an, dass ein drittes besonderes Wort in dem einzelne Begriffe vergleichenden a; (z. B. deös 5) vorliege, welches aus *ofa< zu erklären sei. Ich habe mir darüber keine entschiedene Ansicht gebildet. Über die Präposition &; vgl. $ 300. rös und zus scheinen nur zu Verben, nicht wie tus auch zu Adjekt. in Beziehung zu treten. öu@s (dus) heisst ‘in gleicher Weise’, z. B. el xal poipa rap Avepı tüde danzvar navras Öuws wenn allen das gleiche Schicksal bevorsteht, von diesem Manne getötet zu werden P 421, ot d& rpltw Tparı navres TAdov ping adrol Te rolsis xal nwvoyes Innor A 707, &vvipap ev Öpiwg mÄdonev vöoxraz; Te xal huap x 28, voxti 8 öuög nielsıv in gleicher Weise wie am Tage o 34. Mit Dativ: &ydpös yap poı xeivos öpws Atdao möAgaıv & 156. Damit ıdentisch ist das Wort, welches wir öuws schreiben, so: Zaprndovrı 8 Ayos yevero I’Nauxou Arıdvros adriX nel T Evinaev‘ &uws 8 od Andero yapyıns gleichwohl, in gleicher Weise, näm- lich, als ob Glaukos nicht weggegangen wäre M 392, vgl. X 563. aötwc bedeutet ‘so wie etwas an sich selbst, seiner Natur nach geschieht oder ist‘, z. B. vo xat Hpeis Töpev 8 toL xÄura Tedye’ Eyovrar' al ads &yltappov labv Tpwescı payıdı so wie du bist, ohne Waffen 3 198. So auch öfter bei Adjektiven, z. B. A&Brra Aeuxöv Er autos W 268 blank wie er von Natur war, wir könnten sagen "noch ganz blank’. An anderen Stellen suchen wir an- dere Umschreibungen, so z. B. oööE Epywv &urarov ouöE Bir, aA aörwg Aydos Apoüprs geradezu u 379, 7 vb Tor adrwus odar axougpey dort, voos d Andiwie xal aldıs hast du denn nur so Ohren zum Hören, aber keinen Verstand O0 129. dA\wcs an- ders, z. B. et nöpors kervnıov n: xal Aw; sonst) dolns dwrivrv ı 267, napos 8 00x Zooetar AlAwms E 218, gs xal cool eldog yiv

8239.) Kap. XIV. II. Ablat. Adverbia, griech. we. 561

Apınpen&s, oböE ev AMlms oBde Bes Teükee und auf andere \bessere) Weise würde es auch ein Gott nicht machen können 9 176. Dann auch “bei anderer Gelegenheit’: xal ö äAAwc (sonst) tod y td BeAos nereraı Y 99. Endlich ‘in anderer Weise, als ge- wünscht war‘, daher ‘umsonst’: Irepyet, Aw; ool ye narhp npnoato Ilndeds W 144. rnavrw; ganz und gar, bei Homer mit der Negation, z. B. ravrwg oöxerı vor dtaxpıyessdar ölw nplv yar- p@v yedcasdaı ich glaube ganz und gar nicht, dass wir noch auseinander kommen werden v 180. In bezug auf oörw; und oötw ıst zu bemerken, dass ein Unterschied zwischen beiden Formen nicht hervortritt, oötw(s) heisst immer nur: “auf diese Weise’, z. B. &rxel toı edadev oörws P 647, el odrw walveodaı 2asopev oölov Apna E 717, el d oütw todr Zorlv A 564. So auch in or7d odrtw Anönpoßev L 218 und ornd’ ourws ds ndocov p 447, d.h. ‘so wie du hier bist, ohne dich zu besinnen, sogleich’. Öfter verbindet es sich mit Adjektiven, z. B. xaldv & oßtw &yav oonw Töov Öpdainotsıv 008 odtw yepapdv I’ 169. Ich glaube, dass oötw seinem Ursprunge nach Instrumentalis ist, so dass also zwei Kasus desselben Wortes adverbial gebraucht wurden, welche in ihrer Bedeutung zusammenfielen.

Es folgen nun die adjektivischen Adverbia auf wc. Sie sind bei Homer durchaus noch nicht häufig. Ich habe zufällig (ohne Vollständigkeit zu erstreben) die folgenden aufgezeichnet: adıyaas, alöolws, als, alvas, Axröcotws, Axkeıws, Annieyiwc, dpra- Aews, aoxekdws, doteumelws, Aopaleus, Atpexnews, Appaösws, Öınvexdug, örxalums, Exnaylwc, E&Aappws, Eunanews, Evbuxdus, Evwradlus, ErıXpa- tewg, eöxkeıig, ebHpadEwns, arms, xalws, napralluwg, Xpaınvas, Apa- tepig, Arydus, Auypig, palaxas, mabıötws, peyalms, volepdus, ötpa- Adws, ÖTPNnpP@s, nepıopaddws, TPOPPOVvEws, TuxLvas, briölws, atepeis, STUyEpws, OPOÖpWs, TayEu;, Teyvnevrug, breppaius, pllws, Yaleras, zu einem Partizipium &rıorag.evws, Eoouu&vws. Die meisten kommen in nur wenigen Wendungen, viele nur in einer vor. Als Bei- spiel mag alvag zu alvös furchtbar, gewaltig dienen: vüv ö alvas delöorna A 555, aAld nal alvac deldıa K 38, yuoaro 5 alvas N 165, dazu pala nep xeyolwp£vos alvas T 324, N 5 albous Aneßnsero, telpero d alvas E 352, AMId par alvas alöeouaı Tpwas Z 441,

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 36

562 Kap. XIV. IH. Abl. Adverbia, lat. auf e, o, a. [$239—240.

und danach # piv 64 Awßn tade y &ooetaı alvödev alvas H 97, inel nep leraı alvas P 327, alvas yap p aurdv Ye evos xal dunds Avwyav Q 198, alvas ap pößoror Ereool Te ovloıy Axodmv tepronan 5 597, Foato 8 alvas ı 353, pldexe yap alvas a 264, &tepalvsro alvas (glühte gewaltig) ı 379, alvas ddavargar dere eic ana Eorxev I’ 158, dazu alvas Zoıxdtes K 547. Man bemerke noch yalaxas edösıv sanft ruhen (nicht ‘schlafen’) y 350, ® 255 und plus in der Wendung: vöv d& Yllmc x Öpdepre jetzt würdet ihr vergnüglich zusehen A 347. Zu den Verben, mit welchen diese Adverbia verbunden werden, gehört auch slvaı: tdypa 58 Koupntessı xanws dev ] 551, Evda dtayvavar yalsnuıs Esv dvöpa &xaotov H 424. Eine Verbindung mit Adjektiven oder Ad- verbien habe ich nur an folgenden Stellen gefunden: atvo; {ap ade elnar’Eyw xaxd p 24, wo ich nicht sehe, wie alvas zu &yw sollte gehören können; äyyı yap alvas adAfic xald Üüperpa fürchterlich nah x 136; oil d dpa vexpöv And yBovös dyadlovro Or ndla neydAwms ganz hoch in die Höhe P 723. In bezug auf die nachhomerische Sprache verweise ich auf Frohwein’s Ab- handlung in Curtius’ Studien 1, 63 ff. und bemerke hier nur, dass Adv. auf ws von Komparativen auch bei älteren attischen Schriftstellern nicht selten sind (vgl. das Verzeichnis S. 98), dass aber von Superl. aus dieser Periode nur £uvropuwratus Sophokles Oed. Kol. 1579 belegt ist.

Durch Anfügung von gleich ai. cid (welches sich wohl auch in &xnrı findet) scheinen peyalworl und vewst! entstanden zu sein. peyalwort findet sich Herodot 2, 161 bei rpoo&rtaıoev, 5, 67 in p. xapra tınäv dient es zur Verstärkung von xäpra. Danach kann die homerische Formel xeito p£yas neyalwart wohl nicht heissen “er lag über eine grosse Strecke hin’, sondern “als, ein gewaltig grosser’. veworl heisst eigentlich ‘auf eine neue, unerwartete Weise’, ist aber nur belegt im Sinne unseres "neulich’, z. B. ndAaı dLöoxtaı radra xod vewotl por Sophokles Elektra 1049.

$ 240. Ablativ. Lateinisch (die adjektivischen Ad- verbia auf ee, o, a).

Von Substantiven kommen etwa domo und rure in betracht.

8 240.) Kap. XIV. II. Abl. Adverbia, lat. auf e, o, a. 563

Die Hauptmasse bilden die adjektivischen Adverbia auf e, o, a. Es ıst klar, dass sehr viele derselben instrumentalen Ursprungs sind, eine Scheidung ist aber nicht mehr möglich, weil die ab- lativische, instrumentale (und lokale) Bedeutung sich sehr früh ın der d-Form zusammengefunden hat. Es kommt also hier schon vieles zur Sprache, das eigentlich in den Instrumen- talıs gehört.

1. Die Formen auf e. Das ablativische d zeigen noch das oskische amprufid, das faliskische (d.h. altlateinische) rected, das ennianische alied, das factllumed der Epistula des Senats über die Bacchanalien. Im Umbrischen dürfte prufe ein Beleg für diese Adverbialform sein (vgl. Brugmann in den Verhand- lungen der sächsischen Ges. der Wiss. 1890, 219). Die Be- deutungsentwickelung mag im Italischen (anders als im Grie- chischen) an die Ablative der pronominalen Adjektiva örtlichen Sınnes angeknüpft haben. Von “hoch’ (vgl. av. uskap S. 559) führte der Weg leicht zu “aufrecht” und ‘recht’ (rected) und von diesem zu bene u. s. f. Die Adverbia auf e stehen zu den Ad). auf us in lebendigem Verhältnis. Für fere freilich und das als Superlativ dazu gehörige ferme (Ribbeck, Partikeln 6) findet sich kein Anschluss. Sane und valde haben sich von sanus und valdus innerlich etwas mehr entfernt, das letztere auch ın der Form.

Viele Formen auf e (über deren Konstruktion wir einiger- massen aus Holtze 1, 150 ff. und Wölfflin, lateinische und ro- manische Komparation, Erlangen 1879 unterrichtet sind) er- scheinen schon in der ältesten Zeit gleicherweise mit Verben wie mit Adj. verbunden, z. B. aeque: tragici et comici num- quam aeque sunt meditati (Plautus) ; guem videam aeque esse maestum quasi dies si dieta sit (Plautus); numquam aeque ıd bene locassem (Plautus); homo me misersor nullus est aeque (Plautus). Walde: valde placere und male valdest bei Catull u.s. w. Bei einigen kann man indessen noch verfolgen, dass sie ursprünglich nur mit Verben, noch nicht mit Adjektiven verbunden wurden, so bei male, was in der alten Sprache oft neben Verben erscheint, neben Adj. zuerst bei Catull in

36*

564 Kap. XIV. II. Abl. Adverb., lat. auf e, o, a. [$240.

insulsa male ac molesta; bei bene, das bei Plautus nur neben Verben erscheint (da man bene morigerus furt puer und bene Zubenter nıcht als Ausnahmen rechnen kann), neben Adj. nicht selten bei Ennius, Cicero u. 8. w., 2. B. bene magnus, bene fidus; misere ıst nach Wölfflin, dem ich diese Angaben entnehme, im ganzen und grossen auf die Verbindung mit Verben beschränkt geblieben. Hinsichtlich mire und mirifce bemerkt derselbe Gelehrte, dass Cicero sich zur Verbindung dieser oft gebrauch- ten Wörter mit Adj. nie recht habe entschliesen können. Auf der anderen Seite scheinen summe und apprime von Anfang an nur mit Adj. verbunden worden zu sein, wie bei Adv. steigernden Sinnes nicht unnatürlich ist. Zu den Verben, mit welchen Adverbia auf e verbunden werden, gehört auch esse, &. B. si tllıs aegre est (Pl.), familiae male ne sit \Cato). Aus dem Adjektivgebiete ist bemerkenswerth die Verbindung gleichstämmiger Adj. und Adv. bei Plautus, z. B. bella belle, misere miser, unice unicus, firme firmus.

2. Bei den von Adjektiven oder Partizipien gebildeten Formen auf o ist die ablativische Form deutlich in merstod. Dem Sinne nach könnten sie alle Instr. sein. Einige Belege sind: perpetuo immerwährend, cottidiano täglich, matutino früh- morgens (mit dem Morgen), credro häufig, raro selten, primo anfänglich, repentino plötzlich, arcano geheim, fortusto zufällig, mutuo wechselweise, precario bittweise, serio im Ernst, certo für gewiss, vero ın Wahrheit; dazu von partizipialer Form cito schnell, falso falsch, merito (meretod) mit Recht, secreto geheim, und mit noch deutlich partizipialer Verwendung auspicato unter guter Vorbedeutung, augurato nach Anstellung von Augurien, compostto nach Verabredung, sortito nach Losung (während man ıntestato lieber für einen alten Nominativ halten möchte). Im Gebrauch merkt man das Kasushafte noch stärker als bei den Formen auf e. Daher ihre häufige Verbindung mit dem Kom- parativ und Superlativ, worüber Wölfflin 35 und 38 bemerkt: “Während ich bei Plautus konsequent multo, tanto, nihilo, paulo, nimio, quanto mit Komparativen und Wörtern von komparativer Bedeutung, wie malle, praestare verbunden finde, treffen wir

$ 240.) Kap. XIV. II. Abl. Adverbia, lat. auf e, o, a. 565

den Akkusativ zuerst bei Terenz Eum. 131: frater aliquantum ad rem est avidior.” Ebenso wie der Akk. bei dem Komp. er- scheint das Adv. auf e beim Superlativ später als die Form auf o. In der archaischen Latinität wird der Sup. nur mit multo gesteigert, z. B. multo gravissimus, während sich Aus- drücke wie Zonge audacıissimus zuerst bei Cicero finden. Freilich finden sich Formen auf o auch bei dem Positiv, z. B. nimio impendsosus, magnus bei Plautus.

Im ganzen kann man behaupten, dass die Formen auf e und o einander ausschliessen. Bei einigen Adjektiven kommen sie ohne Bedeutungsunterschied nebeneinander vor, so sind incerte und :ıncerto archaisch, directe und directo bei Cicero in Gebrauch. In anderen Fällen, so z. B. bei certe und certo bemüht man sich, die Gebrauchsunterschiede festzustellen, nicht immer mit Erfolg. Ein Verzeichnis sämmtlicher hierher ge- höriger Formen s. bei Neue? 2, 617 ff.

3. Unter den Formen auf @ sind ablativisch ertrad, suprad, also wohl auch contra, intra, ultra u. s. w. Es könnte immer sein, dass diese trotz ihres @ neutrale Ablative wären (vgl. Hirt, IF. 1, 24). Andere möchte ich mit Zuversicht für femininisch halten. Ich führe beispielshalber an: Zac, tlla, ea, eadem, qua (nämlich via). Sie bezeichnen den Weg, auf dem sich eine Bewegung vollzieht, z. B. sequere Aac (Plautus), oder den Ort, wo etwas geschieht, z. B. qua locus ferax non erst, td plus concidito (Cato), ista state (Plautus), auch übertragen auf die Art und Weise, so z. B. ın gua-qua (quem omnes ode- runt qua viri qua mulieres Plautus), vgl. Holtze 1, 86. Auch kann gua gebraucht werden, wo wir ‘wohin’ sagen würden: qua res tinclinatura esset (Livius). Via ist auch ursprünglich verstanden worden bei recta, deztra, sinistra. Zu una dürfte opera zu ergänzen sein. Frustra, offenbar mit fraus zusammen- hängend, hat in alter Zeit kurzes a. Es dürfte also wohl Akk. plur. sein. Das Auftreten der Länge wird auf Analogiewir- kung von contra u. s. w. zurückgeführt.

566 Kap. XIV. II. Lok. subst. Adverbia, altindisch. [$ 241.

$ 241. Der Lokalis. Substantive im Singularia.

Man nimmt jetzt an (Brugmann 2, 611), dass verschiedene Stämme in der Urzeit im Sinne des Lokalis gebraucht werden konnten. Davon sollen sich im Altindischen noch erhalten haben Formen wie dhar, das eigentlich eine Stammform ist, aber im Sinne des Nom. Akk. oder Lok. des Sing. gebraucht werden kann, letzteres in ahar-ahar Tag für Tag und ahar-div: täglich auch dieses eine Art von ämrödita). Ebenso wird betrachtet sadivas an einem und demselben Tage (also wohl auch sddyas), ferner pürvedyds Tags zuvor, utiaredyus am folgenden Tage, aparedyus am folgenden Tage, ubhayedyus an zwei auf ein- ander folgenden Tagen. Aus dem Griechischen wird hierher- gestellt al&v und ale; (denen sich das von demselben Stamme mit ı gebildete alcı zugesellt hat), aus dem Lateinischen penres im Inneren.

Unter den auf die gewöhnliche Art gebildeten Lokativen nenne ich aus dem Altindischen: dgre. dgra Spitze wird, so viel ich sehe, überhaupt nicht mit Adj. verbunden, wohl aber mit Gen., so im RV. ägrö rdthanäm an der Spitze der Wagen. In diesem Falle nennt Grassmann dgrö einen Kasus, auch noch wenn dgrö ohne Gen. mit einem Verbum des Gehens verbunden ist, 2. B. agre yatı er geht an der Spitze. Wenn agre dagegen nicht mit einem Gen. verbunden ist und auch nicht neben einem Verbum steht, bei welchem man an eine sich bewegende Reihe denkt, nennt er es Adv., z. B. Atran- yagarbhäh sdm avartatägre H. bildete sich im Anfang, d4dhämi te mddhund bhak$am dägr& ıch gebe dir zuerst den Trank des Soma (RV.). Hier hat also der Prozess der Erstarrung kaum begonnen. Weiter fortgeschritten ist er in folgenden Worten des SB.: agnihöträd ägra @ mahald ukthät vom agnihotra an der Spitze (d.h. vom agnıhotra) an bis zum mahad uktha, wo ägrö im Satze dieselbe Stelle einnimmt wie @. Ausser dgre wären aus dem Veda etwa noch anzuführen abAisvare bei Zuruf, auf Rufweite, nach, hinter (mit Gen.). Aus nicht accen- tuierten Texten: prag& früh morgens und morgen früh, eigent- lich wohl “beim Vorgehen der Sonne’. Aus dem Griechischen

$ 241.) Kap. XIV. I. Lok. subst. Adverbia, lateinisch. 567

wäre etwa das lokativische 7pı (aus auser: KZ. 27, 308 und BB. 15, 15) zu erwähnen. Aus dem Lateinischen erwähne ich temere, rite, oppido. Temer® (über dessen Quantität man Wölfflin, Arch. 4, 51 vergleiche) ist schwerlich etwas anderes als der Lok. von *temus Finsternis, gleich ai. tamas, heisst also eigentlich ‘im Dunkel’. Rite ist vielleicht mit Mahlow, AEO. 52, 54 aus rileu zu deuten, wäre also dann Lok. zu rilus. Den Gebrauch von oppido (das dem Sinne nach Lok. ist) und die Erklärungsversuche sehe man bei Hand, Tursellinus. Der an- sprechendste ist der von Lindemann und Hand herrührende (neuerdings ebenso Wölfflin, Arch. 6, 195), wonach oppidum die Feste sei und daher oppido so viel als “fest. Ich halte ihn aber für misslungen, weil ich mich aus den angeführten Stellen nicht überzeugen kann, dass oppidum soviel wie ‘Befestigung’ sei, das mir vielmehr dasselbe zu bedeuten scheint wie unser ‘Stadt, Flecken’, und ferner, weil ich nicht einsehen kann, wie aus einem ‘in der Festung’ sich das zu einem Adj. gehörige Adverb ‘fest’ entwickeln kann. Ich übersetze also oppido auf der Stelle. Diese Bedeutung spürt man noch in plautinischen Wendungen wie ta oppido occidimus omnes, oppido inter:i, totus doleo atque oppido peris, worin der ursprüngliche Gebrauch enthalten sein dürfte. Wer auf der Stelle, wo er sich befindet, ohne Möglichkeit der Rettung, zu grunde geht, gleichsam “auf der Strecke’ liegen bleibt, ist ‘ganz und gar’ verloren. So bedeutet im Serbischen udtiti koga na mjesto jemand auf der Stelle totschlagen so viel als “jemand mausetot schlagen’ (s. Wuk unter mjesto) und so entstand in dem von oppidum inner- lich völlig gelösten Worte die steigernde Bedeutung. Als oppido dann, dem Vorgang der Adverbien folgend, nicht mehr bloss mit Verben, sondern auch mit Adjektiven verbunden wurde, erhielt sich noch eine Erinnerung daran, dass es eigent- lich zu Verben gehörte, welche ein Zugrundegehen, einen Verlust, eine Minderung bezeichnen, denn es ward überwiegend mit pauct, parvus, paulum, pusillus, brevis, tenuis verbunden (Wölfflin, lateinische und romanische Komparation 21). Ger- manisch: Dem Lok. des Sing. (dem Sinne nach) gehört

568 Kap. XIV. II. Lok. subst. Adverbis, balt.-slav. [8 241.

ahd. u. 8. w. heime, altn. heima zu Hause an. Über fert s. oben 8. 551. Litauisch. Von ÖOrtsbegriffen erwähne ich name zu Hause, was doch wohl der alte Lok. zu nämas ist; vidui drinnen, entstanden aus viduje zu vidüs das Innere; Zauke draussen (‘auf dem Felde’). Lokale von Zeitbegriffen sind rytöj oder ryto morgen, am nächstfolgenden Tage, nach Schleicher Lok. von ryiöyus der morgende Tag, also abgekürzt aus rylöjui, dazu poryt übermorgen. Woher afidat an jenem Tage (ostlit. undat) stammt, weiss ich nicht. Von anderen Be- griffen drauge zusammen mit, 2. B. jis sd manim drauge aldjo er kam mit mir zusammen. Es ist klar, dass drauge Lok. von draügas der Gefährte ist. Doch kann ich mir die Ent- stehung des Adverbiums nicht deutlich machen. Endlich ist ein häufiger Typus der Lok. (oder Dativ?) auf us von Wörtern, die mit pa zusammengesetzt sind, z. B. pazıgiuf abwechselnd, paei- iu (neben paeiliumis) der Reihe nach, padeniui einen Tag um den anderen, pakeliui unterwegs, paköjyus den Füssen nach (z. B. jemand etwas pak. nachwerfen), parafkıur handlich, paoejui mit dem Winde u.8.w. Wo der Ausgangspunkt dieses Typus zu suchen ist, weiss ich nicht. Für Lok. femininischer i-Stämme hält J. Schmidt, KZ. 27,287 die Formen auf ie, welche vor das Verbum gestellt werden, um dessen Begriff zu steigern, 2. B. degte döga es brennt heftig (eig. also ‘in Brennung’). Belege findet man bei Schleicher, Gr. 313, Kurschat $ 1489 ff., vgl. auch Brugmann 2, 613 und Leskien, Bild. d. Nom. 554. Slavisch. Dem gr. oixor, lat. domi, lit. nam? entspricht der Bedeutung nach aksl. doma. Vielleicht ist es auch der Form nach Lokalis (vgl. Kretschmer, KZ. 31,453, Wiedemann, KZ. 32, 150 Anm.). Es findet sich im cod. Mar. nur Joh. 11, 20: a Marija doma sedease Mapla Ev ro oixp Exaßdlero. An anderen Stellen giebt es nach Miklosich auch das griechische oixodev wieder. Im Russischen heisst es ‘zu Hause’ (‘nach Hause’ heisst domaj). Im Serbischen wird es auch gebraucht, wo wir “nach Hause’ anwenden, z. B. otide doma (aksl. domä svoji Matth. 9, 7). Sodann sind zu nennen die Lokale der Wörter ‘Berg’ und “Thal', nämlich aksl. gore oben, serb. gorje oben, hinauf zu gora Berg

$241—242.) Kap. XIV. II. Lok. subst. Adverbia, balt.-slav. 569

und aksl. dol& xätw, infra, humi, z. B. mit lezati liegen, serb. dolje unten, hinunter zu dolä foramen. Ferner aksl. srede mitten drin zu sreda Mitte (vgl. die Präp.). Auch mit ab- wechselnd muss der Lok. eines Subst. sein, wie das aksl. und kleinruss. mitusi zeigt, worin mitu Akk. Sing. ist. (Aksl. vrüchu oben weist Leskien, Handbuch? 95 nicht einem bestimmten Kasus zu, weil es ja der Form nach Gen. und Lok. sein könnte.) Dazu eine Anzahl von Zeitbegriffen, nämlich serb. onomadne an jenem Tage, neulich, russ. onomedni, auch mit dem öfter erwähnten pronominalen Zusatz onomednist (wovon das Ad). onomednisnyj abgeleitet ist); serb. onoveceri vor- gestern Abend; aksl. und russ. wird morgen früh; serb. Yeti im Sommer und zimi im Winter; aksl. lan?! r£pucı, serb. Zani und /ane. Einige dieser Adverbien werden auch mit Präpo- sitionen verbunden, z. B. do und na utre, otü lan. An vereinzelten Formen führt Miklosich 4, 652 noch aksl. pravde juste, z. B. pravde dejuseichü juste agentium und odt- seine Önpooig zu obiftina xowvwvia an. Endlich erwähne ich noch aksl. fize, z.B. nesti mt lizd non licet mihi, wozu Miklolich 4, 652 bemerkt: “wie es scheint von einem Subst. /iga, das sich in russischen Dialekten (ne vo Zigu) erhalten hat”. Es könnte freilich auch Dativ sein.

$ 242. Lokalis. Substantiva im Dualis und Plu- ralis.

Duale sind lit. pusta halb, mitten entzwei zu püse Hälfte (vgl. Leskien bei Brugmann 2, 656) und aksl. meZdu zwischen, eigentlich in den beiden Grenzen zu me2da Grenzrain (vgl. Wiedemann in Jagie’s Archiv 10, 657).

Dem Plural gehört aus dem Griechischen an att. 86- pacı draussen und äpaoı rechtzeitig. Ferner halte ich es mit J. Schmidt (Pluralb. 344) für wahrscheinlich, dass das ho- merische &yxa; in ulnis nichts anderes sei als äyxası, ein Lok. plur. zu dyxwv. Ebenso sind vermuthlich xö£ und Ad£ auf- zufassen, nach denen sich yvö£ und dö4£ gerichtet haben werden. Dem Vokal nach ferner liegt xoupti. Ob auch edpdt und nouvdk

570 Kap. XIV. I. Lok. adj. Adverbia, griech. «ı, ı. [$ 242243.

zu dieser Reihe gehören, und wie sich ära: zu ihnen verhält, lasse ich unentschieden. Aus dem Lateinischen wäre etwa Joris, sodann quotannis, quotcalendis (Wackernagel, KZ. 27, 146) anzuführen, falls diese letzteren nicht Instr. sind. Aus dem Germanischen gehören halben zum Subst. halbe Hälfte, Seite, ahd. beidem halbom, allen halbon, mhd. beidenthalben, allenthalben, nhd. allenthalben. Die Grundbedeutung ist also ‘auf den Seiten’. (Möglich wäre allerdings auch ‘über die Seiten hin’, in wel- chem Falle man den Instr. anzunehmen hätte). Indes verlor sich das Gefühl für den Numerus, die lokale Bedeutung ver- schob sich. Aus ‘auf der Seite” wurde ‘von der Seite her, z. B. der mutter halben ein erb sein von mütterlicher Seite her, und daran fügte sich der Gedanke des Ursprungs und der Ver- anlassung (vgl. Heyne in Grimm’s Wb.)

$ 243. Lokalıs. Adjektiva (darunter griech. eı, ı) und Pronomina.

Lokativische Adverbia von Adjektivis liegen mir vor aus dem Altindischen, Griechischen, Slavischen.

Altindisch. Im Veda dürz fern, (z. B. mit as), in die Ferne (z. B. mit bädh stossen). Ebenso äre. Aus SB. Afipra schnell, z. B. kfipre ha ydjamano 'mum lökam iyät schnell würde der Opferer in jene Welt gehen (sterben). Undeutlich ist die Bedeutungsentwickelung von ri. Griechisch. Sim- plizia sind p&oco: in der Mitte und öırlet in doppeltem Be- trage, z. B. 76 piodwpa Ötnist Anotercet tab. Heracl. 1, 109. Häufiger sind die zusammengesetzten auf ei oder {. Wir besitzen über diese Adv. eine Abhandlung von Sturz, de ad- verbiis Graecorum in ı et exeuntibus (abgedruckt in dessen Opuscula nonnulla, Leipzig 1825), welche viel Stoff bietet, aber keinen Anspruch auf geschichtliche Behandlung erheben kann. Über die Frage, ob oder i zu schreiben sei, lässt sich in vielen Fällen keine Ansicht gewinnen, da das inschriftliche Material nicht ausreicht und die Handschriften schwanken. Dass i aus hervorgegangen sei, kann nicht zweifelhaft sein. Ebenso ist deutlich, dass aus i auch ı entstanden ist (vgl. G.

$ 243.] Kap. XIV. II. Lok. adj. Adverbia, griech. eı, ı. 571

Meyer, Gr.? 342). Dass aber die Kürze schon bei Homer vor- liege, lässt sich nicht behaupten, da A 637 nichts beweist. Es sind zu diesem Adverbialtypus zu rechnen 1. Formen auf ei oder ti, welche zu Adj. auf o gehören, die mit der privativen Silbe zusammengesetzt sind. Dahin gehören aus Homer Beet im adeov, dem Zustande der Verlassenheit von Gott : oöx Aßeel Avhp Döucnov Es dev ner o 353. Inschriftlich (Meister- hans? 115) sind aus attischem oder ienischem Giebiete belegt die formelhaft verbundenen dovlel und donovdei, z. B. aus Erythrae (Cauer? 483) und vrrowel. Dazu auf t donovöt mühelos 8 512. (Ob ärpepel in AAX Ey Atpepei bei Aristophanes Wol- ken 261 wirklich von &rpewns herkommt, oder nicht vielmehr ın Anlehnung an die eben genannten Adverbia gebildet ist, wüsste ich nicht zu sagen). Häufig sind Ableitungen von Ver- bal-Adjektiven auf ro, welche in unseren Homertexten nicht auf eı, sondern auf i endigen, nämlich : odö dpa ol tıs dvoumi ye rnapeorn X 371; Ayoymtl deıpev A 637; at x Apayıtl lopev OdAupndvde D 437; nel od xev Avıdpwri ye teldodn 0 228; 0dd or yap Avamuwrl ye payovro P 363; Aadpg Avwrorl Söip oblopevns älöyaro 8 92. Inschriftlich findet sich övopaott im Brı av övo- past! zepl Ts nölews Ynpllwvraı CIA. I, 40 und äxovırei (rhodisch) staublos, d. h. wohl “ohne Anstrengung’. In einem oder dem anderen Falle ist es zweifelhaft, ob wirklich ein Verbaladjektiv und nicht vielmehr ein Nomen vorschwebte (wie aiuc) und die äussere Form (wie sie z. B. in dvıöpwri vorliegt) übertragen wurde. An diese Bildungen, in welchen wohl -tı und nicht mehr bloss als Endung gefühlt wurde, dürfte sich &ypr;yoprt in: AAN Eypnyoprl obv reöyesıv elaro navres K 182 angeschlossen haben Awpodoxrott (so, nicht -ıort schreibt man jetzt) in od Övvarar paderv Tv gun Öwpodoxnort Aristophanes Ritter 996 muss wohl sein o von Bildungen nach Art von dvwıott erhalten haben. 2. Neben den Bildungen mit der privativen Silbe sind solche mit adto- schon von alter Zeit her vorhanden ge- wesen, wie das homerische aötovuxt in derselben Nacht & 197 zeigt. Dazu inschr. aödrgepel (worüber Meisterhans? 116 zu vergleichen ist) und wohl auch aöroever im Laufe desselben

572 Kap. XIV. II. Lok. adj. Adverbia, griech. cı, ı. 18 243.

Jahres Theokrit 28, 13. 3. An sonstigen Bildungen von zu- sammengesetzten Adjektivis sind zu nennen tpıororyt in drei Reihen K 473, und das nach demselben Schema gebildete ge- taotoıyi W 358, was wohl “einer hinter dem anderen’ bedeutet, und das nachhomerische ravörpuet in Gesammtheit, z. B. &rx7jAdov Bordeovres [MAaraıtes rnavönpel Herodot 6, 108, nebst ravopıdet, z. B. tol p&v ydp rorl nöpyous ravdan ravonıÄi otelyoucıv Aeschylus Sieben 295 und einige weitere mit rav-.

Zweifelhaft bleibt mir, ob die Formen auf ıorı dasselbe Element enthalten, wie die unter 2 angeführten. Bei Homer findet sich yeictori Glied für Glied (nur mit rapeiv), nach- homerisch ävöptort nach Männerart, Artıxıori und viele ähn- liche. | Die Formen &xovri, @xovri, &Bdedovei, Exnrı, dexıtı sieht G. Meyer, Gramm.? 342 als Lok. der betreffenden konsonantischen Stämme &xovr- u. 8. w. an, was ja auch mit Rücksicht auf die Form selbstverständlich erscheint. Indes soll &xovrt denn be- deuten ‘in oder bei dem Freiwilligen’? Die geschichtliche Stellung dieser Adverbien führt mich auf eine Vermuthung, die ich allerdings zweifelnd vortrage. Nach Rutherford, The new Phrynichus 59 kommt &xovti, und dasselbe gilt von dxovri, ın der klassischen Gräzität nicht vor, während &delovri aller- dings neben &deAovrnödv bei Thukydides erscheint. In einer aristotelischen Stelle, die man für &xovr! anführt, sei vielmehr zu lesen: yap &xdvrı elvan adrd öydonxovra En. Sollte man danach vielleicht annehmen dürfen, dass auch &deAovri eigent- lich ein Dativ der betheiligten Person sei, welcher seinen Accent von den Adverbien auf -ı{ empfangen hat? Über &xmtı, aexııtı vgl. Osthoff, Perf. 334.

Endlich habe ich hier noch die griechischen Pronominal- bildungen zu erwähnen. Im Urgriechischen scheinen die beiden Lokativformen in ihrer Bedeutung so auseinander ge- gangen zu sein, dass die auf die Bedeutung des “Wo’, die auf die Bedeutung des “Wohin? erhielt. Dieser Zustand hat sich im dorischen Sprachgebiet erhalten, wo ei, rei, önsı wo, trvet dort, rovrei hier vorliegt, während kretisch „vi wohin

8243—244] Kap. XIV. II. Lok. adj. Adverbia, slav. €. 573

u. ähnl., die auch ein sam Ende erhalten, den urgriechischen Formen auf zu entsprechen scheinen (vgl. G. Meyer? 131). Im Attischen haben die Formen auf wıe rot, &vraudot u. 8. w. die alte Bedeutung erhalten. Dagegen sind an die Stelle der Formen auf (mıt Ausnahme des aus dem pronominalen Ver- bande gelösten &xet) die Genitive auf ou getreten. Slavisch. Lokativische Adverbien von Adj. liegen zwar auch in den von mir herangezogenen Sprachen vor, sind aber jetzt besonders häufig im Öechischen (vgl. Miklosich 4, 652). Ich theile einige Bei- spiele aus dem Altkirchenslavischen mit: dodre prorocistvova xal@c npoepnteuoe Matth. 15, 7; dodre vise tvorilü als ravra rerolnxe Mark. 7,37; züly zule pogubitü je xaxols xaxas Atolkoeı aötoüg Matth. 21, 41. Andere Adverbia wie krepäce stark, sehr, bedine übel, dlaze gut, Üigüce leicht u. ähnl. s. bei Miklosich. Nicht immer ist das genau entsprechende Adjektivum vor- handen, z. B. nicht neben jave offenbar (vgl. javinä): ı oficu tooJi videjt tajne vüzdastü lebe jave xal 6 rarnp oou 6 Blerwv Ev TE xpunto Arodwaeı oo &v tw Yavepp Matth. 6, 18; jako tomu ne moZaase jave gradü vüniti Gore wrxerı adröy Suvaodaı vavepas eis nöAıv eloeAdetv Mark. 1, 45. Hierher rechnet Mi- klosich auch irebe zu trebü nothwendig (nicht als Dativ zu dem Subst. Zreda negotium, was vielleicht richtiger ist). Ne irebe mi jesi xpeiav oou obx Exw hiesse also nach Mikl. eigentlich: “du bist mir nicht im Nothwendigen’. Durch irebe jestü ypr und ähnliche Wendungen gewöhnte man sich, das Wort wie ein unveränderliches Substantivum anzusehen, daher auch ne trebe smate ypelav Eyere u. ähnl. (die Belege bei Miklosich Lex... Dies Adv. auf E liegt auch im resultativen Sinne vor (vgl. S. 539), z. B. aksl. da ne jave jego sütvoretü Tva ph wavepüv aötöv nornowsıv Matth. 12, 16. Russische Belege sind: vysoce hoch, borze schnell, Arepce stark u. s. w.

8244. Der Instrumentalis. Substantiva im Sin- gular.

Altindisch. Zu den Instr. rechne ıch die Formen auf ä, wie vasdnta, döfa. Einige sind, wie 8. 542 ausgeführt worden

574 Kap. XIV. IH. Instr. subst. Adverbia, altindisch. [$ 244.

ist, im Accent bemerkenswerth, z. B. diva, naktaya (vgl. Kretschmer, KZ. 31, 353), äsay@ u. s. w. Von Ortsadverbien erwähne ich einige, die theilweise auch Präp. sind, nämlich dgrena vorn, äsay& vor jemandes Angesicht (was zu einem Stamme *as@ zu gehören scheint, vgl. J. Schmidt, Pluralb. 117, auch äsa unter @s bei Böhtlingk-Roth). Samana zusammen, zugleich scheint zu sdmana das Zusammensein zu gehören. Auch Ä$ama ist wohl wegen der vom Instr. etwas abweichenden Bedeutung als Adverb zu betrachten. Es liegt vor: A$amedam anyad divy änyad asya das eine von ihm ist auf der Erde, das andere im Himmel RV. 1, 103, 1; A$ama rdpo maruta äturasya nah zu Boden das Gebrechen des Kranken unter uns {oder “am Boden sei’) 8, 20, 26. Von Zeitbegriffen erwähne ich: diva bei Tage (auch dirasmät bhavati ihm wird licht), döfa am Abend (daneben die Akk. dogam und dofäs), naktaya bei Nacht, einmal im RV., was zu einem Fem. "nakta gehören könnte (weitere Kombinationen s. Joh. Schmidt, Pluralb. 212; Kretsch- mer, KZ. 31, 353). Nach naktaya könnte sich, wie Joh. Schmidt a. a. O. meint, soapnuya im Traume gerichtet haben. Vasdntä oder vasanta im Frühling steht neben vasant« Frühling. Von anderen Begriffen: sdhasz (mit Gewalt), plötzlich, afjyasa (mit Schmiere, wie geschmiert) gerades Wegs, gerade aus; bAija aus Furcht, was für eine ältere Form des Instr. ‘der sonst bhiydsa heisst) angesehen wird. tarasa ist im Veda noch le- bendiger Kasus zu täras Kraft, Schnelligkeit, später Adverb “eilends, rasch, im Fluge’; präydna meistentheils zu präya Mehr- heit, Hauptbestandtheil. Einige dürften direkt von Verbal- wurzeln abzuleiten sein, z. B. !drä fort und fort, mria um- sonst, vergebens, irrig, das nachvedische mudhä von gleicher Bedeutung, jedenfalls aber pracatä verborgen, heimlich (zu ca? mit pra). Endlich gehören hierher eine Reihe von isolierten Formen auf ya, welche als Instrumentale von Substantiven auf ya anzusehen sind, die zu denominativen Verben gehören. Von einigen sind andere Kasus belegt, so: avifyam Begierde (avi$y), vacasyam Beredtsamkeit (vucasy), apasyam Geschäftig- keit (apasy), namasyas Nom. plur. Verehrung (namasy). Die

$ 244.] Kap. XIV II. Instr. eubst. Adverbia, griech., lat. 575

meisten erscheinen nur im Instr., öfter in der Form auf aya, 80: vacasydyä, apasydya u. 8. w., viele aber nur in der Form auf @, z. B. irasy@ aus Zorn (trasy), urusy& aus Bereitwillig- keit zu helfen, zjüya gerades Weges (rjüy), gavyäü aus Begierde nach Rindern u. 8. w. Bei manchen giebt es beide Instru- mentalformen neben einander. Wieder andere haben kein Verbum neben sich, z. B. rathaya aus Begierde nach Wagen, sugätuya aus Verlangen nach Wohlergehen, vipanya mit Be- wunderung, Airanyaya aus Verlangen nach Gold u. s. w. Instr. sind vielleicht auch die Formen auf t# wie devatä unter (eig. mit) den Göttern. Griechisch. Bei einigen der ge- wöhnlich aus Homer beigebrachten Fälle kann man zweifeln, ob man sie als adverbial bezeichnen soll, so bei avayıy, tor, evoanj. Sicher liegt die Berechtigung dazu vor bei oroußf,, welches in der Bedeutung etwas Besonderes hat. Es heisst bei Homer ‘nur mit Mühe’, z. B. orouöf 5 &Lero Aads B 99 ‘d.h. nur mit Mühe brachte man das Volk dazu, sich zu setzen), und ‘eiligst” o 209. Sodann revouöin mit der ganzen Schar (vgl. ai. sarodyä vi3ä), woneben vielleicht niemals ein anderer Kasus desselben Wortes vorhanden war. Es erscheint bei nAdov, ixdneoda und in engerer Beziehung zu einem Nomen: dmpntal & xeleus xdpn xopdwvras Ayarols navauöin B 12. Danach sind gebildet die nachhomerischen ravorpatız (-4) mit dem ganzen Heere und rxavoıxly (-a) mit dem ganzen Hause bei Herodot und Attikern. Sodann erwähne ich aus der atti- schen Sprache xogı67) ganz und gar, vollständig, z. B. repı- Eppeov Tiuäs xöxAn xopıöf bei Plato, perpaxbAltov Bv xopıöT beiDemosthenes; 040X7 langsam, spät, kaum, schwerlich. Latei- nisch. An ‘ablativischen’ Adverbien aus Substantiven werden bei Neue 32, 599 ff. aufgeführt: artigerio, curriculo, diluculo, domo, impendio, initio, modo, numero, oppido, principio, privato, protelo, vulgo, forte, magnopere und Verwandtes, rite, rure, sponte. Von diesen sind domo und rure bei dem Ablativ S.562, rife und opp:ido bei dem Lok. S.567 erwähnt, ebenso sind dsluculo und inttio mög- licherweise dem Lok. zuzuzählen, obgleich mir die Übersetzung “mit der Dämmerung’ und ‘mit dem Anfang” natürlicher erscheint.

576 Kap. XIV. I. Instr. subst. Adverbia, lateinisch. [8 244.

Auch bei vulgo kann man zweifeln (‘im Volke’ oder “durch das Volk hin’). Über antigerio weiss ich nichts zu sagen. Von den übrigen erfordern nur numero, impendio, causa und gratia eine Bemerkung. (Ob simitu aus simitud hervorgegangen sei, wie Jordan, kritische Beiträge 93 annimmt, lasse ich dahın- gestellt) Das alterthümliche numero ist von Ribbeck, tragı- corum Rom. fragm. XV behandelt worden. Es heisst schnell, bald, z. B. discedens numero ventre ait adulescentem (Varro); neque sat numero mihi videbar currere (Turpilius); sodann mit leichtem Übergange “zu früh’, z. B. numero huc advenis ad pran- dium (Plautus); o Apella, o Zeuxis pietor, cur estıs numero mortut, hoc exemplum ut pingeretis? (ders.). Es kann auch in die Bedeu- tung von “umsonst’ herüberspielen, z. B. numero ac nequiguam egi gratias (Afranius). Es wurde nur mit Verben verbunden, vermuth- lich zuerst mit Verben der Bewegung. Dass es ursprünglich sagen wollte: ‘mit dem Takte der Musik’ ist schon von anderen be- merkt worden. Eine gute Parallele bietet das deutsche ach Noten, welches nach Grimm’s Wb. unter ‘Note’ 1? nicht bloss ‘gehörig, tüchtig, derb, sondern auch ‘rasch’ bedeutet. Für die Beurtheilung von impendio reichlich, ausserordentlich, bei weitem kommen vor allem in betracht: et guia consimilem luserat jam olım ille ludum, impendio magis anımus gaudebai miht um so mehr Terentius Eun. 3, 5, 39 und: at vlle impendio nunc magtis odıt senatum Cicero Att. 10, 4. Im Prolog zu Plautus Aul. ist es mit minus verbunden, später auch mit Ver- ben. Impendio magts scheint ursprünglich bedeutet zu haben “um die Zinsen mehr. Über causa und gratia handelt Wölfflin, Arch. 1, 169. causa ist das ältere Adverb, in gratia ist die Grundbedeutung des Subst. nie ganz erloschen (“wegen Krankheit’ kann durch mordi gratia nur in einem solchen Falle wiedergegeben werden, wo auch wir "Dank einer Krank- heit’ sagen würden). Wenn gratia in der Poesie schon von alter Zeit her häufig ist, so erklärt sich das vielleicht aus der Einwirkung von yapıv. ergo ist noch nicht gedeutet. Ger- manisch. Alte Instr. auch noch der Form nach sind heute und heuer. Ahd. Aiutu zeigt den Ursprung aus Aiu tagu, also

$ 244.) Kap. XIV. II. Instr. Adverbia aus Subst. 577

eigentlich “während dieses Tages’. Doch ist die Entstehung von -/u aus Zagu nicht mehr deutlich empfunden, wie die Ver- bindung tages htutu (vgl. postridie eyus diei) zeigt. Das Gotische hat auffälliger Weise kein Adv., sondern verwendet Akimma daga. Über hinaht s. unter dem Akk. Einige andere Instr., über die man zum theil verschiedener Meinung sein kann, verzeichnet Grimm 3, 139. Ich nenne ahd. röf4 mit Noth, dessen Entwickelung zu den Bedeutungen 'nothwendig, bei weitem, natürlich, leider’ Erdmann 2, 257 klar zu machen sucht (ags. nedde, nyde). Ags. fäcne sehr heisst eigentlich “mit Bos- heit. Ags. säre mit Schmerz, schmerzlich, heisst älter sere, ist also vermuthlich eine Lokativform. Das Subst. liegt auch im got. satr vor, während unser sehr auf das adjektivische Adverbium ahd. sero zurückgeht. Litauisch (vgl. Schleicher, Gr. 269). Von Zeitbegriffen czest zu rechter Zeit, und abge- kürzt: täczes zu der Zeit, kdczes zu welcher Zeit, nökuczes nie- mals. Ebenso sind aus möfas Jahr gebildet: !!gumet lange Zeit, vısumet allzeit. Von anderen Begriffen führe ich an: mainü wechselweise (mainas Tausch), neredü ungebührlich (redas Ord- nung), p&sta aufgerichtet (p&sta Baumstamm), s/apta mit Heim- lichkeit, heimlich, zövada im Galopp (mit jJöts reiten), apylanka und apıjlankomis auf Umwegen, doviseda zweisitzig (mit yoött: mit Doppelsitz, zweisitzig auf einem Pferde reiten'!). Slavisch. Von Zeitbegriffen ist anzuführen: aksl. nostiyg i dintjq Nacht und Tag, wobei diniyq statt dinimi durch die Verbindung mit nostija hervorgerufen ist (Leskien, Handbuch ? 58), serb. danyjom und danju bei Tage, nocu bei Nacht; von anderen Begriffen etwa: russ. krugomü ın der Runde, z.B. desyati verstü krugomü zehn Werst in der Runde, was ebenso Instr. ist wie wahrscheinlich xöww.

1) Es giebt eine Reihe von Adverbien auf a, von denen ich nicht weiss, ob oder wie sich eine Beziehung zu femininischen Substantiven nach- weisen lässt, z. B. gang genug, greta neben einander, palengva leicht, all- mählich, langsam, samplata dem Ufer gleich (vom Wasser in einem Strome), kartunta dereinst u.a. Bei manchen ist die Beziehung zu Adjektiven deut- lich, z. B. pirma vorher, dyka umsonst, auch wohl staiga plötzlich. Es wäre noch festzustellen, wie diese entstanden sind und wie sie sich zu den Formen auf ai verhalten.

Delbrück, Vergi. Syntax der indogerm. Sprachen. |. 37

578 Kap. XIV. II. Instr. Adverbia aus Subst. [6 244— 245.

Ferner ist instrumentalisch serb. makom mit einem Hieb, sogleich, russ. daromü mit einer Giabe, umsonst. Instr. von femininischen Abstraktis sind aksl. vülortceyqg zum zweiten mal, trefljicejgq zum dritten mal, müno2sicejq oftmals (Leskien, Handbuch ? 95) und was aus den übrigen slavischen Sprachen dazu gehört. Auch aksl. büstyq nur, tüciyg gerade, nur sind substantivische Instr. Ebenso aksl. Zeftyg ın lefijg jJestü es ist erlaubt. Wie ist russ. opromefizu über Hals und Kopf aufzufassen? Eine Besonderheit des Slavischen bilden die russischen und serbi- schen Adverbia, welche aus dem prädikativen Instru- mentalis zu erklären sind, die wohl eine vollständige Sammlung und Behandlung (namentlich auch mit Rücksicht auf den Accent) verdienten. Ich führe an: russ. gusemü im Gänsemarsch, eig. ‘als Gans’; peskomü als Fussgänger, zu Fuss; bosikomü barfuss; nagısomü ganz nackt, ebenso nagıskoy, Instr. eines Mask. femininischer Form ; stoykom aufrecht; polzkomä kriechend;; verchomü reitend, eig. als oberster, als Spitze, daher ım Plural: sel verchamt sie setzten sich zu Pferde (Märchen). Zweifelhaft bin ich, ob auch russ. tajkomü, serb. tayom heimlich so aufzufassen ist (“als Heimlicher’), oder etwa neutral ("mit Heimlichem’). Bei einigen Adverbien empfindet man eine nahe Beziehung zu Verben, so serb. vıkom vice er schrie laut. Dieses vikom ist offenbar der Instr. eines alten Verbalnomens vikü das Schreien, nicht eines Adj., wie Wuk im Wb. an- nimmt. Aus dem Russischen: zikomü oder nickomü mit dem Gesicht zur Erde zu ntknufi sich neigen, skatomü bergab zu skatıfi, korpomü korpefi sich ohne Rast abmühen und wohl noch andere mehr.

8 245. Instrumentalis. Substantiva im Plural.

Aus dem Altindischen liesse sich etwa auf sahöbhrs mit Gewalt, tavigibhis mit Ungestüm verweisen (SF. 5, 139, Pischel- Geldner 1, 11 Anm... Aus dem Griechischen pflegt man wöyıs beizubringen, ohne dass jemand die Entstehung aus yöyoıs hätte wahrscheinlich machen können. Im Lateinischen (s. Neue? 2, 608 ff.) liegt vor gratis, gewöhnlich zu gratıs zusam-

$245—246.Y Kap. XIV. II. Instr. Adverbia aus Adj. und Pron. 579

mengezogen, eigentlich wohl ‘für einen blossen Dank’ (statt eines Lohnes), z. B. si non pretio at gratis bei Terentius. Nach gratis und gratis ist ingratiss und ingratis gebildet (das Subst. ingraltia ist ganz spät). Wie multimodis, mirimodis, omni- modis zu beurtheilen sind, lehrt Brugmann 2, 60ff. Aus dem Germanishen führt Grimm 3, 135ff. eine Reihe solcher For- men an, die man deshalb adverbial nennt, weil die betreffende Kasusform regelmässig ohne Adjektiv und in etwas abschattierter Wortbedeutung erscheint. Ich erwähne: ahd. Awilom, mhd. wilen, wilent, ags. hoilum vor Zeiten, zuweilen; mhd. Aurzwilen ın kArzer Zeit, nächstens; ahd. unzitim intempestive; ags. stun- dum, altn. stundum zu Zeiten; ahd. stephem passim; ahd. weh- salum vicissim; ags. hoyrftum, hoearfum abwechselnd; mhd. mäzen ziemlich, genug, sehr (die Konjunktion vom 17. Jahrh. an); ahd. muoz6m paulatim; ags. hedpum haufenweise; ags. listum arglistig; ags. lustum freudvoll; alts. wundrum, ags. vun- drum wunderbar; mhd. triuwen ın Wahrheit, traun. Ent- schiedener adverbiell sind die ahd. Komposita mit malum, ags. malum, bei denen das Schlussglied wie ein Suffix wirkt, z. B. ahd. siaphmälum gradatim, ags. dropmelum tropfenweise, stund- maelum zeitweise. Merkwürdig ist nächten ivon Mhd. an) mit seiner singularischen Bedeutung ‘gestern Abend, gestern’ (vgl. Brugmann 2, 638). Litauisch. Von o-Stämmen: kaftats zuweilen, szüliats im gestreckten Galopp. Häufig sind Instr. von @-Stämmen, z. B. tylomis schweigend zu iyla Stillschwei- gen, iyczöms absichtlich zu iyczd, etwa “Trotz’ (Leskien, Bild. d. Nom. 312). Gewöhnlich sind die Kasus isoliert, z. B. Alıipomts knieend, naromis mit plaükti unter dem Wasser schwimmen (Leskien 208), palipomi: stufenweise (219), stesgomis eilig (220), pakaitomis abwechselnd (223), noroms nenoroms nolens volens (218, vgl. noras Wille). Ebenso lett. witamis stellenweise, vgl. Bielenstein, lett. Spr. $ 532.

8 246. Instrumentalis. Adjektiva und Pronomina. (Griech. auf o).

Altindisch. Dem Neutrum gehören einige Adverbia auf ©na und @ an, so: cirena nach langer Zeit, spät (eig. ‘durch

. 37*

580 Kap. XIV. IL Instr. Adverbia aus Adj. und Pron. (5 246.

lange Zeit hin’) und die präpositionalen Adverbia dakfinsna zur Rechten von (Gen., Abl., Akk.); uttarena nördlich, links (Gen., Abl., Akk.); antarena dazwischen, innerhalb (Akk.\. Dazu das pronominale era so, hier, auch mit pards darüber hinaus, höher als (so dass es also auch als Kasus erscheint). Auf ä gehen aus: ubhaya auf beiderlei Weise, madhya in- zwischen, zwischen (Gen.), dakjina rechts, gebildet mit ver- schobenem Accent; nica unten, hinunter, ucca oben, präcä vor- wärts gehen wohl schliesslich auf konsonantische Stämme zurück, doch liegen auch nicad uccäis vor, so dass es gestattet ist, diese Formen an dieser Stelle zu erwähnen. An sie schliesst 'sich paSca hinterdrein, später, tiraßca in die Quere, irmäa auf der Stelle, hier, hierher. Von pronominalen Formen: ama daheim (vgl. amad). Dem Komparativ gehören an: vedisch ndoyasa und ndviyasz aufs neue, neben den gleichbedeutenden Akk. navyas und naviyas. Von einem Partizipium praes. act. ist dhrfata herzhaft, tüchtig, kräftig gebildet (darf wagen). Für einen Instrumentalis auf ms wird sanems von jeher, alle- zeit, olim angesehen. Avestisch. Aus dem Avestischen ge- hören vielleicht die Zahladverbien zsoaZaya -ci5 sechsmal und naumaya-ci} neunmal (vd. 8, 17—18) hierher. Griechisch. Man nimmt jetzt wohl allgemein an, dass im Indogermanischen Instrumentale von o-Stämmen auf 6 und & vorhanden waren, und solche dürften auch im Griechischen anzuerkennen sein. Ich scheide aber an dieser Stelle die Formen auf aus, weil es mir nicht gelingt, sie überall von den Formen auf 7, aund ag reinlich zu sondern. Ich werde sie also mit diesen zusammen behandeln. Die auf w betreffend nimmt man jetzt meist an, dass sie mit denen auf ws eigentlich illentisch seien. Ich halte dagegen (wenn ich auch die lautliche Schwierigkeit nicht zu be- seitigen vermag) an der alten Ansicht fest, dass die Formen auf og Ablative seien (vgl. oben 8. 559). Dass oötw; (Abl.) und oörw (Instr.) dieselbe Bedeutung haben, darf nicht Wunder nehmen. Haben wır doch gesehen, dass die Adverbia überhaupt in ihrer Bedeutung konvergieren. Freilich giebt es pronominale Formen auf » von ablativischer Bedeutung, aber doch nur im dorischen

$ 246.) Kap. XIV. II. Instr. Adverbia aus Adj. und Pron. 581

Sprachgebiet !), z. B. Theokrit 3, 25: rav Baltav drodus ds xupara mv Aleüpaı ümep ts Buvvas oxomidlera "Din; 6 ypıreös (vgl. auch Ahrens, Dor. 374). Ich sehe aber nıcht ein, warum sie nicht Gen.-Abl. sein sollen. Diese Annahme ist um so un- bedenklicher, als die Dorier an Stelle von rxoö u. s. w. be- kanntlich nei sagen, so dass bei ihnen der Genitiv nicht für den lokativischen Sinn in Anspruch genommen ist. Dem nominalen Gebiete gehören, so viel ich sehe, nur an: ayvw (zu äpap, vgl. J. Schmidt, Pluralb. 216 Anm., wo noch BB. 15, 17 und KZ. 32, 244 hinzuzufügen ist) plötzlich, eig. “mit Plötzlichem’, bei Thukydides, und 2rioyepw der Reihe nach, eig. ‘durch das Fortlaufende hin’, schon bei Homer (vgl. &v oxep@ bei Pindar, wo also noch das Wort ausserhalb der Zu- sammensetzung vorliegt). Eine grössere Reihe bilden gewisse mit Präpositionen zusammenhängende Wörter auf o, welche alle diejenige Schattierung der Bedeutung zeigen, die wir durch -wärts ausdrücken. Es sind: rp6oow vorwärts, örioow rückwärts, bei Homer gewöhnlich mit Verben der Bewegung, dann auch mit Aelrw: örlow 8% nölas Alne liess das Thor hinter sich X 137, weniger sinnlich: 1# 5 aAyea xdllın önloow A 279 (eigentlich: er liess hinter sich zurück, als er starb). Die Be- deutung “in Zukunft’ scheint sich in Stellen wie T 160 ent- wickelt zu haben. ”E£w hinaus, z. B. nzplv Y nueas &IdEpev Eko aypöv &s Audtepov d 138. Die Bedeutung ‘draussen’ dürfte sich bei Homer kaum finden (x 95 oy&dov &&w vergleiche man mit Zyov eisw dicht vorher). Später hat sich an Zw l&vaı u. ähnl. auch &£w yiyveodaı und elvaı angeschlossen, wie auch wir "aus-

1) Joh. Schmidt, KZ. 32, 412 sagt: ‘lokr. öro & IGA. 321, 9. 18. 21 = Coll. 1478, welche Röhl und Baunack (Wortregister zu Coll, II, 1) “wo” übersetzen, bedeuten vielmehr “woher”, sind also Ablative. Ich meiner- seits kann nur “wo” übersetzen. Die Stellen lauten: Z£einev dvympetv Or Ftxastos Av es soll frei stehen, dahin zurückzuwandern, wo jeder gewesen war; töv Endvyıstov xparetv Aoxpäv En x’ n abröv Iövra der nächste Ver- wandte soll erbberechtigt sein, wo er sich auch im Gebiet der Lokrer auf- halte, muss aber selbst kommen; x4v Aoxpois tois "Yroxvapıdlas Ev ra nölı & x’ 7 xapükar 2v tdyopa und im Gebiet der hypoknemidischen Lokrer es verkünden in der Stadt wo er ist, auf dem Markte. So urtheilt auch R. Schöll, der mich in diesem und anderen Fällen freundlich berathen hat.

582 Kap. XIV. IL Instr. Adverbia aus Adj. und Pron. [$ 246.

wärts sein’ u. ähnl. sagen. Eic® hinein. Bei Homer lässt sich diese Bedeutung auch noch finden in Stellen wie xal eioo &bprov Eudapeı n 13 und dorda d eiow EüAasev o 96. Das ‘drinnen’ ist deutlich in Stellen wie: oöv ö ad TO aoryäav xal neverv elom &öuwv Aeschylus Sieben 232. Av» aufwärts, so Adav dv &deoxe A 596, daraus ‘oben’, so schon Q 544. Kırw abwärts, z. B. öpdav % 91. Den Übergang zu ‘unten’ zeigt: Zvda d4 o: ordos &ori aAtw xolAy, dno nerpyg Hesiodos Theog. 302 (die Höhle geht in den Berg hinein), später sagt man oi xateo deol u. ähnl. Desselben Sinnes sind die Bildungen auf -tepw und -Tar, über welche Frohwein in Curtius’ Studien 1, 76 ff. berichtet, nämlich xposwripw und -Tatwe, Advordpw und -täto und 80 von den oben genannten ausser von örtoow. Bei Homer finden sich diese Bildungen (wohl zufällig) nicht vor, wohl aber die sinn- verwandten docorepw näher heran, &xastepm weiter entfernt (ei nep xal pda noAAdv Exaorepm Eor Eußolns n 321) und dxaorarıo ganz fern (Ttöv yap vTes Eacı &xasıdarw odöt nal &yyüs K 113). Ebenso das von npd gebildete rporepw (vgl. ai. prataram) weiter vor, bei Verben der Bewegung, danach: xal vo xe 6 rporipw Er Epıs ydvero wäre noch weiter gegangen W 490, äpfeı xal zpo- tepw xaxov Eupevar auch für die Zukunft 8 667. Dagegen dru- tepw weiter weg (dessen » man beachte) ist nachhomerisch. Andere Bildungen auf -tepw und -tarw s. bei Frohwein. Eine dritte Gruppe bilden die pronominalen Formen. Ich bespreche ode und zw. (Üdrw ist mit oötw;s zusammen unter den ablatıvi- schen Adverbien S.561 erwähnt). Dass #ös auf einen Instrumental zurückgeht, scheint mir wegen seiner Bedeutung nicht zweifel- haft. Hat es doch (wie ich andern gegenüber behaupte) in mehreren Stellen denselben Sinn wie die eben erwähnten prä- positionalen Wörter auf w, nämlich “hierhin, hierher gerichtet in Stellen wie: vo ö &5 &n' äpıst&p Eye orparoö hierher, hierhin (mit zeigender Geberde) N 326, röv Eeivov &vavılov he xaAlcocov p 544, vöv 5 de kbv vni xamAudov a 182, Hoaıste, npöpoA Wöe 5 392. Gewöhnlich bedeutet es ‘so wie wir sehen, wie & geschieht’, z. B. Evexa Bynrüv Zpıdalverov ade A 574, eine Be- deutung, deren Entwickelung ich hier nicht weiter verfolge.

8 246.] Kap. XIV. II Instr. Adverbia aus Adj. und Pron. 583

Es verbindet sich auch mit Adjektiven, z. B. tl 0 &ös ue- Inpova yelvaro unenp; & 25, od ydp Er AAlov Arıov Ge dvaxıa xıyncopar E 138 und sonst; und mit einem Adverbium: ei nodsv dor hde ar &amlvnsg 9 195 (wo Odysseus vielleicht mit dem &öe auf seine Anwesenheit anspielt),. Ilo nur in Verbindung mit einer Negation kann wohl nur ‘irgendwann’ bedeutet haben (ursprünglichst “über irgend einen Zeitraum hin’). Die Be- deutung ‘noch nicht’ dürfte sich in Sätzen mit dem Aorist oder Perfektum entwickelt haben, wie z. B. 23dAdv d odre rl zw einas Eros orte teleooas A 108, oBöd vo nu nep dneppdow du hast wohl bis jetzt noch nicht gemerkt gehabt D 410, r&Aos d od ne zsyavraı B 122, wobei der Gedanke des “bis jetzt’ aus dem Tempus hinzukommt. Der so erworbene Sinn ‘noch nicht’ wird dann auch in anderen Verbindungen beibehalten, z. B. Tuos 8 oörT dp zw Has &tı d Aypıldın vos H 433, obög nd rw wioyeodar Ömtp rotapoto &ucı W 73, od rw neloonaı s 358. Daneben heisst zw auch ‘irgendwie’, so dass man es als eine Verstärkung der Negation empfindet, z. B. &rel 08 rw rdvres öpotor M 270. Weitere Belege bei Ebeling zw 2. 08 rw rote heisst ‘noch niemals. Lateinisch. Da im Lateinischen eine Scheidung des alten Ablativs und des alten Instrumentalis auf dem nominalen Gebiet nicht mehr möglich ist, habe ich die Adverbia auf o und e alle unter dem Ablativ behandelt $. 563. Dagegen lässt sich aus dem Pronominibus einiges mit Sicher- heit oder Wahrscheinlichkeit dem Instr. zuweisen. Zunächst qui und alıqui, welche Brugmann 2, 783 der Form nach für Instr. hält, deren Bedeutung ja auch durchaus zu dieser An- nahme stimmt. Ferner die Formen auf o, welche den Ort angeben, wohin sich etwas bewegt, nämlich eo eodem, hoc, ıllo illoc, ısto istoc, quo quopiam quoquam, quoquo quovis, alio alıquo, altro, utroque, citro, intro, retro, uliro, deziro, über deren Gebrauch in der alten Latinität man Ebrard 616 ver- gleiche. Sodann ist mir wahrscheinlich, dass die Formen auf -im wie exim und interim, istim, illım, gewöhnlich ssiinc, tllinc, hinc, utrimque, olim den Instrumentalen auf -mi ent- sprechen. In om liegt der Sınn der Zeiterstreckung, utrimque

584 Kap. XIV. II. Instr. Adverbia, femininisch. [$ 246—247.

heisst “auf und von beiden Seiten’, die übrigen bezeichnen den Punkt, von dem die Bewegung anhebt. Es mag sonderbar erscheinen, wenn Adverbia, welche ‘wohin’ und solche, welche ‘woher’ bedeuten, gleicherweise auf den Instr. zurückgeführt werden. Indessen, da dieser Kasus gesetzt wird, wenn es sich um eine Bewegung durch einen Raum hin handelt, so ist es immerhin möglich, dass sich neben Verben wie “hineingehen’ ein ‘wohin’, neben “hervorkommen’ ein ‘woher’ aus demselben Worte entwickelte, welches ursprünglich “auf diesem Wege’ bedeutete. Eine vereinzelte Bildung, die sich dem ai. dhrgata an die Seite setzen lässt, dürfte repente sein. Slavisch. Ich habe nur wenige Belege für den neutralen Instr. notiert. Aus dem Altkirchenslavischen (Miklosich 4, 684), z. B. jeste ma- lomi duchajyusti nur noch wenig athmend, visidi pravicemi vi domi recta domum ingressus. Aus dem Serbischen wäre etwa lakom beinahe zu erwähnen, das doch wohl eigentlich “leicht- lich’ bedeuten wird, aus dem Russischen dodromü in gutem, mit Güte.

$ 247. Fortsetzung. Adverbia femininischer Form. (Griech. auf n).

Es ıst keineswegs ausgemacht, dass alle Bildungen, die ich hier bespreche, wirklich femininisch sind. Ich habe manche nur deshalb hierhergestellt, weil ich annahm, dass der Leser sie hier suchen würde.

Altindisch. Man hat ytiay@ richtig, päpaya auf üble Weise, schlecht, unrecht und vamaya gefällig, schön (einmal im RV.) bisher gewöhnlich für femininale Bildungen erklärt. Neuerdings aber hat Mahlow dagegen eingewendet, dass ja die Fem. von päpd und vämd nicht papa und vama, sondern päpt und vamt lauten, und J. Schmidt, Pluralb. 212 Anm. hat sich diesen Einwand angeeignet. Er hält rlaya, päpaya und vamaya für Nachbildungen nach aya und kdyä. Aya aber sei nicht von vornherein eine Femininalform, sondern geschlecht- lich indifferent gewesen, und aus dieser geschlechtslosen Zeit stamme die Verwendung des Wortes als Adverbium. Mir

$ 247.1 Kap. XIV. II. Instr. Adverbia, femininisch. 585

scheint das nicht wahrscheinlich. Neben päpdya und vamdya ist auch noch dbhadrdya glücklich vorhanden, z. B. väcam va- data bhadraya sprecht das Wort glücklich aus, yad vargasıi bha- drdya wenn du heilvoll regnest (vgl. Böhtlingk-Roth s.v.). Dieses Wort und andere gleiche Bildungen, welche etwa noch vor- handen waren, können ganz gut die Musterform für papaya und vamaya gewesen sein. (Ebenso wäre dann auch samäya aufzufassen). Neben diesen waren Bildungen mit adverbial verschobenem Accent vorhanden, nämlich riaya richtig (von Böhtlingk-Roth alg Instr. eines Substantivs aufgefasst) und akönaya in die Quere. Adatraya ohne Geschenk empfangen zu haben sehe ich mit Grassmann als Instr. eines Subst. an. An die Bildungen aus Adj. auf a schliessen sich solche von Adj. auf w, nämlich urviy@ weithin, äßuya schnell (vgl. das Avestische), sädhuya gerades Weges, raghuya rasch, leichthin, auch mithuyä falsch neben mithyä und anusthuya neben anusthyäa (vgl. auch anu$thu) dabeistehend, unmittelbar, alsbald. Aus dem pronominalen Gebiet amuya auf jene Weise. Auch sie wurden von den Indern doch wohl als femininisch empfunden. Be- stimmte Substantiva, welche den Redenden hierbei vorschwebten, weiss ich freilich nicht namhaft zu machen. Konstruiert sind diese Adverbia mit dem Verbum finitum oder einem Parti- zipium, z. B. mithuya cärantam den falsch gehenden. Sonderbar ist das dreimal vorkommende papdyämuya auf jene schlechte Weise, so schlecht; päpäya scheint mit amuya wie ein Adj. mit seinem Subst. verbunden worden zu sein. Avestisch. Dem indischen a$uya schnell entspricht av. äsuy@ schnell, das zweimal neben mosu rasch (ai. maksu) vorkommt. Grie- chisch. An dieser Stelle sind mehrere verschiedenartige Gruppen vereinigt, welche von einander zu sondern noch nicht: gelungen ist. Es scheinen nämlich unter den hier aufgezählten Formen Instrumentale zu sein, welche im Urgriechischen auf n ausgingen, welche einem anderen Genus zuzuweisen als die auf » kein Grund vorliegt, sodann Formen auf urgriechisch «, deren Herkunft wir noch nicht recht durchschauen (es könnten vielleicht auch Akk. plur. dabei sein), und endlich Dativ-In-

586 - Kap. XIV. I). Instr. Adverbia, femininisch. 5247.

strumentale, welche also urgriechisch auf ausgingen. Die Son- derung der Gruppen macht namentlich auch deshalb Schwierig- keiten, weil das ı subscriptum in unserer Überlieferung bald geschrieben wird und bald nicht. Ich folge, in Ermangelung eines sachlichen Prinzips, der Schreibung der zufällig von mir benutzten Ausgaben. Voran stelle ich einige Dativ - Instru- mentale, neben denen sich die fehlenden Substantiva noch leicht ergänzen lassen, die also als noch nicht völlig erstarrt zu bezeichnen sind. Aus Homer gehört dahin tpırıY rerpani? t anorloouev A 128 (wobei man an alo« ‚oder ein ähnliches Subst. zu denken hat). Nachhomerisch sind xoıwf gemeinsam, von Staatswegen, bntf palam (Meisterhans? 114), önpootg von Staatswegen, !öla privatim. Am leichtesten bietet sich als Ergänzung ßovAf, z. B. xowf ri Bovisdcavra Sophokles Oid. Tyr. 606, t&us nv odv dxpıydueß elta to ypdvo xoıvf Euveßnuev Aristophanes Wolken 66. Ferner xs{j zuerst bei Herodot und Thukydides, wozu nicht 66% sondern $vvapeı zu ergänzen sein dürfte. Von den übrigen erwähne ich zuerst die dem nomi- nalen Gebiete angehörigen. Es sind aus Homer Aadpy (viel- mehr Aaddpn zu schreiben, wie das Metrum zeigt, vgl. J. Schmidt, Pluralb. 40) ‘heimlich’, mit Verben verbunden, in Verbindung mit einem Gen. “heimlich vor’; äpaprfi gleichzeitig. Nach- homerisch sind att. Nouyf; still, bei Pindar douyä; att. ext; eitel, unnützlich, zuerst Aeschylus Prom. 450; att. xpupf (z. B. xpup7j xeüde Sophokles Antig. 85), xpupä bei Pindar. Ausser- dem äxä sanft, leise bei Pindar. Es folgen die prono- minalen Adverbia.e Es kann wohl nicht zweifelhaft sein, dass im Urgriechischen Adverbia auf n mit der Bedeutung des ‘Wo’ oder der Richtung auf etwas hin vorhanden gewesen sind, und daneben Adverbia der Art und Weise auf äı (a). Dieser Zustand liegt noch vor in dem Kretischen der Inschrift von Gortyn. Dort heisst ör7 wo, z. B. orn x &mıßaldly wo es hin- gehört 6, 29, und ähnlich 1, 42 und 12, 25. Dagegen örd wie, z. B. ön4 xa vovavraı xaAlıora wie sie es auf das beste können 12, 30, örd xa Anlovrı wie sie wollen 2, 35. Ebenso heisst n wo. Wenigstens übersetzt Bücheler die Worte 1, fexdstew

8 247.] Kap. XIV. U. Instr. Adverbia, femininiseh. 587

&ypattaı 6, 30 durch: “wo von jedem geschrieben steht’. Die anderen Stellen, wo 7 erscheint, sind mir nicht recht klar, deutlich aber ist, dass & wie bedeutet, so in dem häufigen & Eyparıaı wie geschrieben steht, ebenso dnep. Sodann ällg in allg Eyparcaı es steht anders geschrieben 6, 14. Auf späteren kretischen Inschriften dagegen haben auch die Formen auf n ein ı erhalten, z. B. önfj &xatepfj (Ahrens, Dor. 362). In In- schriften und Handschriften anderer Dialekte finden wir den gleichen Zustand, es sind also im ionisch-attischen Sprach- gebiet die Formen auf -n und -q nicht mehr zu scheiden. Ich behandle hinter einander 7 rüde, F Axt, rY Inny, Tadıy, Auf, ravey, AAly, endlich die auf -yj (die Schreibung nach den Ausgaben, insbesondere nach der Homerausgabe von Nauck). T7 (über diesen Weg hin) da, dahin, z. B. 75 ba öl adrdav (nämlich ruAawv) xevrpnvexdas Eyov inroug E 752, Enny x Won, ty eixovoıv otiyes Avöpav M 48, .dann auch ‘wo’, z. B. Z 393. Für rf nep 6 xal Ereıra Teleurnoecdarn Epeilev d 510 ergiebt sich ‘wie’ als Bedeutung. Töe hier, aber Q 139 ‘so’, 7 (über welchen Weg hin) wo, wohin, z. B. rods iv redlovde dlwxev rpös nöAıv, G nep Axarol drulduevor Yoßdovro Auarı To rporepwp ®3, inev F xev öh ob, nslawvepks, Ayepoveöns 046 (vgl. dazu tab. Heracl. 1, 81: äreydvras dr dAldlwv GE yiv Tpıdxovra nödas & 62 Flxarı). Sehr selten ‘wie’, z. B. üße yap Hnelinoe Kpdvou rar, D teldeı nep 8 415. Dazu nyı wo. 117 wohin gewendet, 2. B. "Extop, af &n tor pevos olyerar; E 472, nd &Bn ’Avöpondym Aeuuwlevos 2x peyaporo; Z 377. Entsprechend xy, aber auch modal, z. B. oötw ny ade y' &ort, plkov texas, bs @yopedeıs O 373. Dass rn die richtige Form ist, zeigt die lakonische Inschrift des Damonon, wo rnroxa offenbar ‘irgendwo’ bedeutet. Orxrny (örg) finde ich bei Homer nur in lokalem, nicht in modalem Sinne. Taöy hier und hierhin (nicht bei Homer), z. B. &st Av o0tog AAtos Tabry lv aipy Tide 8 ad öbvn nalıv Sophokles Phil. 1330, tadıy ?r&ov bei Plato, sodann häufig “auf diese Weise’. Ayfj in oödayfj bei Hesiod, Herodot, den Attikern in den Be- deutungen ‘nirgend, nirgendhin, keineswegs’, z. B. “oaurws; xara taurd Eyeı xal obögnore oddand obdanns AAlotwary oddenlav

588 Kap. XIV. I. Instr. Adverbia, pluralisch. [$ 247—248.

&vö£yeraı erfährt nie nach irgend einer Richtung hin auf irgend eine Weise irgend eine Veränderung Plato Phaidon 78 D, Bei; oddauf oddanins Aöıxos Theaitetos 178 C. Dasselbe in üpınyern, äuä gleicher Weise bei Pindar. IIavry (nach Ausweis des Metrums zdvrn, vgl. J. Schmidt, Pluralb. 40) heisst “überallhin, überall’, z. B. a ö ängyero na Yeoio navım Ava orpardv A 384, Av nepı u&v navın P6ößos dorepavwraı E 739, so auch tab. Heracl. 1, 143: Toy 8 puyöv nevre xal dena noday navrd. Was Ay betrifft, so kann man bei Homer noch überall dıe lokale Be- deutung zur Geltung bringen, später ist die modale unver- kennbar, z. B. Admvatoı pev yap Önkov &roinoav brepaydeodevres Munrov wor Tf te Ally noAlayfi u. 8. w. Herodot 6, 21. (Hlerodot scheint also, da er den Artikel braucht, die Ellipse eines Substantivums empfunden zu haben). Endlich die Ad- verbia auf -y7 (5) bei Zahlwörtern und verwandten Wörtern, durch welche, wenn sie von Zahlwörtern abgeleitet sind, an- gegeben wird, in wie viel Theile zerlegt der Gegenstand ge- dacht werden soll, also öıyf, tpıyg in zwei, in drei Theile u. 8. w., zZ. B. toüg Tokdras Tpıyy Erornoavro (Xenophon), yiyveraı To orpdreupa tpıyl (ebenda), ebenso bei dtmpeisdar, dravgpeıv veperv, ötpxtadn 8’ 4 Mavrıveia Terpayfj nadärnep Tb dpyatov qxouv (ebenda). Daran schliessen sich dMayf anderswo, anders- wohin, ravtayzj überall, überall hin, in allen Beziehungen, povaxfj allein, auf eine Weise, roAlayxfj vielmal, oft, auf vielerlei Art. Keines dieser Wörter findet sich bei Homer, der die For- men auf xa hat, welche doch wohl Akk. plur. sind.

$. 248. Fortsetzung. Adverbia pluralischer Form.

Altindisch. Roth erklärt einige Instr., so bhadrebhis feliciter und mai$übhis rasch für Adverbien, während Grass- mann in beiden Fällen das Subst. ‘Rosse ergänzen möchte. Sicher adverbial sind Sanäis oder Sanäis und Sanakais (was als Diminutivum dazu gebildet ist) langsam, wccats hoch oben, nach oben, von oben, »icäis unten, nach unten, von AV. an, präcäis vorwärts, paräcais abseits. Alle diese Bildungen sind isoliert, neben Sdnätis, präcais, paräcais sind Stämme auf «a

& 248—249.] Kap. XIV. II. Dativische Adverbia. 589

überhaupt nicht vorhanden. Dass anfangs ein Subst. vor- schwebte, ist anzunehmen, für $dnäis würde sich ‘Schritt’ dar- bieten. Auch ein Plur. fem. wird von Roth angenommen, nämlich dräghifthäbhis langdauernd, während Ludwig ütibhis ergänzt. Avestisch. v3spa:3 immerdar, dazu nach Bartholomae, Ar. Forsch. 2, 133 noch pourutemai$ in reichstem Masse (aus pron. Gebiet äis und adasd). Aus dem Lateinischen ist etwa alternıs anzuführen, wobei man an victbus denkt. Die germanischen Bildungen sind Grimm 3, 94 verzeichnet. Es gehören dahin ahd. /uzzikem paulatim, einezem singulatım, ags. Iitlum minutatim, miclum magnopere, altn. driugum fre- quenter, Zongum longe, fornum olım u. ähnl. Auch die mhd. Adverbia auf lichen, z.B. minneclichen, die Grimm für Akk. sing. erklärt, sind hierher zu rechnen, wenn smähltihhem der Kero- ner Gl. beweiskräftig ist. Von vereinzelten Formen ist gestern zu erwähnen. Aus dem Litauischen dürfte preszats ent- gegen hierher gehören (vgl. auch Bielenstein, Lett. Spr. $ 528). Slavisch. Es giebt eine Anzahl von Adverbien auf aksl. y, welche doch wohl als Instr. plur. anzusehen sind. Dahin ge- hören aus dem Altkirchenslavischen nach Miklosich 4, 712: osklabivü se maly ein wenig lächelnd, pisisky laye auf Hunde-Art bellend, dazu Zenisky auf Weiber-Art, ne razumechü dobre grüäcisky ich verstand nicht gut auf griechisch, ebenso latınisky auf la- teinisch, s/ovenisky auf slovenisch u. ähnl. Dazu noch paky wiederum, aky wie (bei Vergleichung einzelner Begriffe). Ebenso im Serbischen, z. B. muski auf Männer-Art, zenski auf Weiber- Art, vucki nach Wolfs-Art, mojski auf meine Weise, naski in unserer Sprache (vgl. meatim u. ähnl.). Im Russischen muZeskt, russki, dvorjanski (als Edelmann).

$. 249. Der Dativ.

Aus dem Altindischen lässt sich von Subst. etwa varaya zur Wahl, nach Herzenslust und arthäya zum Zweck, um willen anführen, von Adj. das vedische aparäya in nündm na indrä- paräya ca syah jetzt sei uns (gnädig), o Indra, und für die Zukunft RV. 6, 33, 5, ferner das vereinzelte Ajarasaya bis zu hohem Alter (aus äjyarasam gebildet) und das nachvedische

590 Kap. XIV. II. Genitivische Adverbia. [($ 249—250.

ciräya für lange und cıraräträya lange, nach langer Zeit, endlich (mit merkwürdiger Verschiebung der Bedeutung). Den Dat. plur. fem. apartbhyas für die Zukunft rechnet Grassmann zu einem Subst. apart, während ich es vorziehe, eine femininische Adjektiv- form anzunehmen, zu welcher der Begriff Nacht’ zu ergänzen wäre.

Dass das griechische yapat Dativ sei, hat Osthoff, Perf. 195 wahrscheinlich gemacht. Die Bedeutung ‘zur Erde hin’ kann man bei Homer fast überall zur Geltung bringen (nicht bloss bei P&AAw, ydu, dpwoxw, sondern auch bei ypaı). “Auf der Erde’ heisst es A 145 (tv au yapal dfevapıkev) und E 442 (yapal &pyondvav T avöpemuwv). Aus dem Litauischen gehören hierher sziamsyk für dieses Mal, ferner die zahlreichen Formen auf yn, x. B. toljn eiti, vazıüti weiter gehen, fahren; zemyn abwärts, z. B. saule ldidias zemyjn die Sonne senkt sich herab; auksztyn eiti nach oben gehen; senyn eits älter werden; storyn eit: dicker werden, prtktyr eiti schlimmer werden u. 8. w. Bezzenberger, ZGLS. 110 hat gezeigt, dass sie in der älteren Zeit auf wi oder ut endigen, also Dative von Stämmen auf yna oder ynıa sind, und zwar offenbar von Abstraktis, so dass auksztijn eig. heisst ‘zur Höhe’ (vgl. oben bei den Komparativen S. 412 und Les- kien, Bildung der Nom..411). Aus dem Slavischen nenne ich aksl. domovi und domovi oixade, russ. alt domovi, jetzt domoj, aksl. dolu herab, russ. alt dolovi aus dolovi, jetzt dolgy. Von adjektivischen Bildungen wäre etwa aksl. vünu hinaus zu nennen, woneben der Lok. vüne draussen steht.

"8250. Der Genitiv.

Wenn in der Urzeit adverbiale Gen. oder solche die dem Adverbium zustreben, vorhanden gewesen sind, so können sie wohl nur dem Gebiete des temporalen Genitivs angehört haben. Hinsichtlich dessen ich auf $ 174 verweise. Hier erwähne ich aus dem Altindischen noch das merkwürdige cirasya nach langer Zeit, vorliegend im Epos, z. B. putram drgtväa cirasya den Sohn endlich erblickt habend Mhbh., zu dessen spezieller Erklärung ich nichts beizubringen weiss. Griechisch. Aus dem nominalen Gebiet weiss ich nichts Sicheres anzuführen (ob &being, &&ns Gen. oder Abl. sei, lässt sich nicht entscheiden).

$& 250.) Kap. XIV. II. Genitivische Adverbia. 591

Dagegen finden sich eine Anzahl lokaler Gen. aus dem Bereich der Pronomina. Diese dürften schwerlich urgriechisch sein, da sie nur den ostgriechischen Dialekten angehören. Im Ur- griechischen wurden in diesem Sinne wahrscheinlich die loka- tivischen Formen auf gebraucht, vgl. S. 572, 581. Ich führe aus Homer an: xoö wo, einmal durch “wohin’ zu übersetzen: roo tor Arerlal olyovrar; N 219; rou irgendwo, dann auch irgend‘, z, B. Oppa tl nou xal tide nad xaxov 5 173; aurod an diesem Orte; öuod am gleichen Orte, vielfach auch auf Zeit und Art über- tragen, mit dem Instr. ‘am gleichen Orte mit‘, z. B. xeisdar Hood vexbeooıw 118; dyyoo in der Nähe; uYoo hoch oben; tnAov fern, fernhin. Im Lateinischen kommt man über unsichere Vermuthungen nicht hinaus. Es sind als Gen. in Anspruch genommen worden fors zufällig und roz bei Nacht. Was fors betrifft, so verweist Bücheler (B.-Windekilde $ 158) auf das oskische svaepis fortis gleich si guis forte. Doch war fortis schwerlich Gen. sing., vgl. Bronisch, die oskischen :- und e- Vokale 8. 132. Vielleicht hat doch Pott, Etym. Forsch. II, 1, 875 recht, der fors für einen Nom. sing. erklärt. Es könnte aus fors sit ‘der Zufall mag eintreten’ hervorgegangen sein. Bei nox macht ausser dem Gen. sing. auch der Lok. plur. An- sprüche, so dass noz aus *noxu entstanden wäre, wie mox aus *mozu. Die Syntax empfiehlt allerdings mehr die Annahme eines Genitivs. Zahlreich sind die genitivischen Adverbia im Germanischen. Ueber die substantivischen s. namentlich Grimm 3,127ff., Erdmann 2,180ff. Ich erwähne zuerst die bei- den vereinzelten gotischen Formen svare umsonst, worüber ich nichts zu sagen weiss, und disunjane ringsum, z.B. gaggam du baim bisunjane hasmom äywyev elc Tas &yonivas xwponoleıs Mark. 1, 38, welches Kluge in Paul und Braune’s Beiträgen 10, 444 als Gen. plur. mask. des mit di zusammengesetzten Partizipiums der Wurzel es erklärt, so dass du baim bisunjane haimom eigent- lich heisse: ‘zu den Dörfern der Anwohner”. Die übrigen gen. Adv. knüpfen an temporale und lokale Genitive an, welche in das Germanische aus proethnischer Zeit überliefert sind. Von temporalen findet sich im Gotischen: dagis hoizuh in jah vas

592 Kap. XIV. II. Genitivische Adverbia. [$ 250.

Fraquman dagis hvizuh stiur ‘a‘ und es wurde verzehrt an jedem Tage ein Stier Neh. 5, 18; gistradag:s morgen. In den anderen Dialekten findet sich gistradagts nicht, dagegen ahd. dages, bei Otfr. sowohl “am Tage’, d. h. “Tag für Tag’, als auch ‘an dem und dem Tage’, z. B. thes dages was sambazdages fira, mhd. tages (hiutes tages, eines tages), ags. düges des Tages, nhd. tags, eines tages, eines schönen tages u. 8. w. Dazu weitere maskulinische Zeitangaben, z. B. ahd. winteres, mhd. morgens, übendes, sumers, järes u. ähnl. Daran schliesst sich das Fem. ahd. nahtes (namentlich auch in der Wendung tages inti nahtes) ags. nihtes, mhd. nhd. nachts. Die Ansicht Scherer’s, dass nahtes, nıhtes u. 8. w. ihr es erst von tages erhalten haben, ist nach meiner Meinung die richtige. Ein sicherer Fall einer solchen Uebertragung liegt ın mittwochs vor (Mittwoch war bis in’s vorige Jahrhundert Fem., empfing das Mask. von den übrigen Wochentagen, mittwochs von Grimm Wb. zuerst bei Lessing belegt). Von den lokalen Gen. ist wichtig got. lan- dis in manna sums godakunds gaggida landıs franiman sıs Piu- dangardja avdpwnös tıs edyeyhs Enopeödn el; yupav naxpav Aaßeiv &aurid Baoılefav Luk. 19, 12. Da ‘Land’ nicht so viel ist wie “Ausland”, kann Zandis ursprünglich nur bedeutet haben “durch das Land hin’ (vgl. ahd. inlendes intra unius gentis terminos), also genau wie gr. neöloro u. ähnl. ‘Durch das Land hin’ kann nun thatsächlich so viel bedeuten wie ‘in ein anderes Land’ und so kann in den Gen. der Gedanke des erstrebten Zieles kommen, wie er doch wohl bei Zandis vorgeschwebt hat (vgl. $ 158). Vielleicht hat sich hieran der Gen. des Zieles ange- schlossen in usleibam jainıs stadis d&uEidwpev eis t6ö nepav Mark. 4, 35; ınsandida ına haihjos seinaizos haldan sveina Ereydbev adröy eis Tobs Aypoüs abtoo Pdoxewv yotpous Luk..15, 15. (Auf elilentes fuor peregre profectus est bei Tatian möchte ich keinen Werth legen, weil peregre in der Fremde und in die Fremde bedeutet.) Derselbe ursprüngliche Sinn des Gen., wie ich ıhn ın landts finde, zeigt sich dann noch in dem got. framuigıs ravrore, z. B. framvigis mib fraujin vairbam ravrore avv Koptyp &söueda 1 Thess. A, 17, das Grimm als Gen eines Nomens

$ 250.) Kap. XIV. II. Genitivische Adverbia. 593

*framoigs vıa continua auffasst. An diese Gen. haben sich nun weitere Gen. und Adverbia angeschlossen, welche sich im Althochdeutschen nach dem von Erdmann aus Otfrid gegebenen Material bequem verfolgen lassen. Vereinzelt sind Wendungen wie: thes wäges er sie wista er leitete sie durch die Fluth; sehr geläufig dagegen Gen. von “Weg, Fahrt’ bei Verben der Be- wegung, 2. B. gang ouh thines sinthes geh deines Weges (mit dem Nebenbegriff des Fortgehens), thes ganges sie iltun gähun sie eilten schnell des Weges, üÜs so thes sinthes thes iro heimin- ges eile fort nach ihrer Heimath. Neben diesen Mask. erscheint auch das Fem. fart, z. B. er fuar sär thera ferti, woneben sich in Nachahmung des Mask. ein Gen. fartes entwickelt hat. Da nun ‘Fahrt’ eine Thätigkeit bezeichnet, so konnten andere Substantiva, welche eine Thätigkeit ausdrücken, diesem nach- folgen, z. B. sıu fuar therero däto redihaftör sie benahm sich verständiger in diesen Handlungen, in diesem Belege noch mit faran, wenn schon in übertragener Bedeutung, danach bei “thun’ u. a. An die Werke schliessen sich die Wörter, z. B. sprach imo thero worto und daran wieder die geistigen Thätig- . keiten, so muates bei Verben der Gemüthsbewegung, z. B. er sth frewe muates, aber auch schon bei anderen Verben, z. B. wachent muates sind im Geiste wachsam. Hiernach ist es nun klar, wie die adverbialen Gen. entstehen konnten. Ahd. thär thera ferti und thär thes fartes heisst formelhaft "damals, bei dieser Gelegenheit’, ohne dass von einer Bewegung die Rede ist, ebenso thes sınthes. Daran schliessen sich eines plicches uno ictu, kä@hes tunses repente u. ähnl., sulichero däto auf solche Weise, managero thingo in vielen Dingen, mines, thines thankes meines, deines Denkens, d. h. freiwillig, z. B. er sines thankes bi unsih starb er starb freiwillig bei uns, vgl. ags. (un)donces (un)freiwillig, danach neddes gezwungen. Vieles der Art setzt sich im Mittelhochdeutschen fort, z. B. Auges, drabes, schuftes cursim, alzuges continuo, unseres unwizzenes, eines mundes uno ore. Beachtenswerth sind des endes in eam partem, des mäles damals; vieles auch nhd., z. B. flugs, theils, Jalls, rings, keineswegs, spornstreichs. Dabei lässt sich wie Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 38

594 Kap. XIV. II. Genitivische Adverbia. [$ 250.

bei nahtes und fartes eine Ausbreitung des s beobachten, welches wir als Zeichen des Adverbiums empfinden, z. B. in allerdings u. ähnl. aus dem pluralischen aller dinge (so mhd. und in jenseits u. ähnl., wo das s an das akkusativische jensett spät angefügt ist (vgl. Grimm Whb.).

Die adjektivischen Genitivadverbia (Grimm 3, 88 ff.) machen mir den Eindruck, als ob sie in Anlehnung an die sub- stantivischen entstanden seien. Ich führe die hauptsächlichsten derselben in der Reihenfolge auf, welche der Anordnung der substantivischen entspricht. Temporal, also an got. gistradagıs anschliessend, sind ahd. järliches, mänötliches, tageliches, ahd. mhd. ntumwes oder ntwanes neulich, mhd. eines einmal, sumes bisweilen, ags. simbles immer u. ähnl. Lokal sind die mit got. -vasrbis, ahd. -wertes u. 8. w. gebildeten, z. B. got. setan- deıns andvairpis bamma hlaiwva xadnpevan Anevavrı Tod TApou Matth. 27, 61, ahd. keimwartes heimwärts, üzwertes extrinsecus, ags. upveardes, sudveardes u. a. m. Dazu ahd. twörches trans- verse, mhd. tiwerhes. Dass got. suns eudews rapayprua und anaks 2katpyvns Genitive sind, ist wahrscheinlich. Zu suns weiss ich sonst nichts zu sagen, anaks hält Fick unter *onegos für ursprachlich. Sodann sind Gen. ahd. mhd. gähes schnell, plötzlich. Schon ganz modal sind got. allıs in aphan ık giha izois ni svaran allıs ah öpdanı Elm; Matth. 5, 34, sonst gleich yap, ahd. mhd. alles und sein Gegenstück nalles, ags. ealles und nealles; ahd. alles anders, ags. elles; got. rathlis u£v, yap, also ganz zur Partikel geworden, ahd. mhd. röhtes, slöhtes omnino. Noch erwähne ich ahd. anderes, ags. micles sehr. Aus dem Nhd. anders, stracks, schnurstracks, die mit wärts ge- bildeten, längs, und die mit zugesetztem s, wie z. B. erstens, zweitens, schönstens. Slavısch. Ein weitverbreiteter aber ver- einzelter temporaler Gen. ist aksl. vicera, serb. jucera, verkürzt Jucer, russ. vcera gestern zu vecerä Abend. Im Russischen kann auch si antreten, das eigentlich Nom. oder Akk. sing. mask. eines Pronomens ist.

Im Serbischen haben sich zwei genitivische Adverbialtypen entwickelt, der substantivische auf ice und der adjektivische

$ 250.) Kap. XIV. II. Genitivische Adverbia. 595

'auf ke. Die ersteren, die Formen auf ice, gehen auf Genitive der im Slavischen so ungemein zahlreichen Feminina auf :ca zu- rück. In einem Falle liegt das Verhältnis noch ganz klar vor, nämlich bei mro:ce ein bischen, z. B. pomakni se duso k mene mrosce rücke ein wenig zu mir, Liebchen!); mrvica ist ein Dimin. zu mrva Brocken, z. B. nema ni mrve es giebt nicht einen Brosamen, ko ne kupsi mrovice wer nicht ein bischen kauft. Vielleicht ist mroice ein bischen zuerst in solchen negativen Sätzen gebraucht worden. Nach mrovice ist wahrscheinlich malcice zu wenig, wenig gebildet, was zu dem Adj. malo oder vielmehr seinem Diminutiv malko gehört. Das Gros der Wörter auf ice aber erscheint nur in dieser adverbialen Form und ist in Anlehnung an die Part. Präs. pass. auf m& gebildet wie pustimica der Wurfprügel zu pustiti durch Vermittlung von *yustimü). Diese Substantiva hatten wohl die Bedeutung eines nomen actionis, also etwa *bodimica die Stechung. Vorhanden sind z. B.: dodimice stichweise (udarıt: koga jemand erstechen); vrzimice schleudernd zu vr&, vrgnem; djipimice springend zu djipiti springen, z. B. iz postelje dyjipimice skace er springt mit einem Sprunge vom Lager; Arimice und kridimice heimlich zu kriti verbergen; hotimice, hotimce absichtlich zu Aotyeti wollen; hitimice schleudernd zu Aitjyeti schleudernd werfen, z. B. or se hiti dobre hitimice er eilte in grosser Eile. Wie diese Genitive aufzufassen sind, weiss ich nicht mit Sicherheit zu sagen, viel- leicht darf man an den Gen. bei :grati spielen erinnern (vgl. S. 329 Anm., “eines Sprunges, springen’, wie "eines Spieles spielen). Nicht an das Partizipium, sondern wie es scheint an den Infinitiv knüpft an nehotice ohne es zu wollen. Das äusserlich gleichgeformte nemtlice ohne Schonung findet dagegen seiner Bedeutung nach einen Anhalt an dem Adjektiv mio, aksl. milü. An ein Adjektivum (vgl. aksl. niet pronus) knüpft sich auch niöice das Gesicht zur Erde nei- gend, z. B. lijepe se igre naigrali i micice i strmoglavice sie

1) Die Beispiele sind hier und im Folgenden aus Wuk’s Wörterbuch entnommen. 38*

596 Kap. XIV. II. Adverbis, aus dem Akk. der Richtung. ’$ 250—251.

spielten sich am schönen Spiele satt, das Gesicht neigend und mit dem Kopf voran. An Komposita adverbialer Bedeutung ist ce getreten in dem eben erwähnten sirmoglavice, woneben noch strmoglav vorhanden ist (vgl. aksl. strümoglard, russ. stremglavü), ferner in naoctglece offenbar neben naocigled (vgl. gledati schauen). Endlich ist ce sogar an die ihrem Kasus (za) folgende Präposition radi gefügt worden in z/aradıce ın böser Absicht, eig. ‘um etwas Bösen willen’, z. B. ja nijesam dosao zlaradice ich bin nicht in böser Absicht gekommen. Gen. sing. fem. von Adjektiven sind die Adverbia auf Ae. Dem abgeleiteten Adjektivum liegt ein Subst. zu Grunde, so in vucke nach Wolfs-Art, z. B. polje je prekasao vucke er durchtrabte das Feld wie ein Wolf; pustimicke nach Prügel-Art vgl. pustimica ein Wurfprügel), 2. B. bacıts drvo p. ein Holz prügelartig werfen. In anderen Fällen liegt eine Verbindung von Präp. und Subst. zu Grunde: posmence namentlich, natraske zurück (von frag Spur), naguske rücklings (guz Hinterbacke). Zu einem Verbum stehen in Beziehung mucke schweigend (vgl. Miklosich, Wb. unter *melk). Auf Partizipia scheinen zurück- zugehen: Zmuredke mit verbundenen Augen (vgl. Zmursti die Augen zuhalten\, jeZedke liegend, stojedke stehend. Endlich ist ke auch an fertige Adverbia angetreten, nämlich an Kasus von Subst., die um das Pronomen si vermehrt sind, so: danaske heute, zimuske diesen Winter, jutroske heute früh u. s. w.

$ 251. Akkusativ der Richtung.

Aufden Akkusativ derRichtunggehen zurück die bekannten mehr oder weniger erstarrten lateinischen Akkusative domum, rus, venum (mit re), foras eigentlich ‘zur Thüre’, dann “hinaus. In der Vulgärsprache (Petronius) heisst foras auch “draussen, wozu man die Bedeutungsentwicklung von Bupale vergleiche.') Aus dem Germanischen gehört Aeim nach Hause hierher. Im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen ist hesme domi

1) Ich halte es danach nicht für nöthig, neben dem akkusativischen foras noch ein ursprünglich lokativisches anzunehmen, wie es Bragmann 2, 704 zweifelnd thut.

8251—252.] Kap. IXV. II. Adv.,a.d. Akk. der Zeit-u.Raumerstreckung. 597

und heim domum streng geschieden, während die beiden in späterer Zeit nicht selten zusammengefallen sind (vgl. Heyne in Gramm’s Wb. unter heim). SF.5, 185 habe ıch auch das altindische kamam nach Belieben als einen Akk. der Rich- tung erklärt, so dass also kamam ätya eigentlich hiesse ‘zu dem Wunsche eines Andern herankommend’. Es wären aber auch andere Auffassungen möglich, z. B. könnte man den Akk. als Apposition zur Satzhandlung ansehen.

6 252. Akk. der Zeit- und Raumerstreckung.

Aus dem Altindischen gehört ndktam nachts hierher, über welches ich SF. 5, 184 bemerkt habe: “n@ktam (nur dieser Kasus liegt vor) weicht von dem Akk. der Zeit im Gebrauch insofern ab, als es nicht etwa “die Nacht hindurch’, sondern ‘nachts’ (Gegensatz diva) bedeutet, eine sehr naheliegende Übertragung, und man würde vielleicht ndktam nicht als Ad- verbium bezeichnen, wenn es nicht ein isolierter Kasus wäre, und wenn es nicht ausschliesslich in dem angeführten Sinne (es erscheint nicht etwa auch als Objekt) vorkäme”. Aus dem Griechischen ist aurnnap zu erwähnen. Ebenso dürfte Axunv eben, gerade, noch aufzufassen sein. Es findet sich, ab- weichend von dem attischen Gebrauche, bei Xenophon Anab. 4, 3, 26: al 6 OyAos axyımv drdßaıve. Später ist es häufig, vgl. Rutherford zu Phrynichus C. Ebenso scheint apyyv von vorn herein, überhaupt erklärt werden zu können. Oder heisst es “als Anfang’? Die älteste Stelle dürfte Sophokles Antig. 92 sein: Apyv d& Bmpav od npener taunyava. Meist, wie im vor- liegenden Falle, mit Negation, doch auch ohne eine solche: Apxnv yap yo pnyavrconar ourw ich werde es von vorn herein so einrichten, Herodot 1, 9. Weitere Belege bei G. Hermann, ad Vigerum 725.

Zahlreicher sind derartige Adverbia im Germanischen. Von Zeitakkusativen nenne ich zuerst das gotische atv, Akk. von aivs Zeit, Welt: nur in negativen Sätzen, also »i atv nicht das Leben hindurch, z. B. ni aiv sva uskunb vas in Israela odögnore dodyn ourws &v t@ Iopanı Matth. 9, 33. Wie sehr atv als adverbial empfunden wurde, zeigt seine Anhängung an

598 Kap.XIV. II. Adv. a. d. Akk. der Raum- u. Zeiterstreckung. [$ 252.

suns bald, plötzlich, auf einmal und an Ahalis in halısatv kaum je. In diesen Zusammensetzungen bezeichnet aiv nicht mehr die Zeitlinie, sondern den Zeitpunkt. 4Aso ıst ahd. 20, unser nhd. Je (über dessen Entwickelung man den Artikel von Heyne ın Grimm’sWb. vergleiche). In bezug auf manche der weiterhin von Grimm 3, 140 angeführten mit Adjektiven verbundenen Akk. kann man zweifeln, ob man sie adverbial nennen darf. Man wird dazu namentlich dann geneigt sein, wenn sich gelegent- lich Komposition entwickelt. Ich führe an: ahd. drittiun stunt zum dritten Male, sumstunt bisweilen; ahd. :o wila schon längst, dia wila tamdıu, nhd. allewerle, dieweil und alldieweil; mhd. alle zit, nhd. allzeit. Auch ahd. mhd. Ainaht, nhd. heinacht, heint ıst wohl Akk. Von Subst. lokaler Bedeutung führe ich zunächst “Weg’ an. Singular dieses Begriffes ıst das alt- nord. drauf fort (entstanden aus Wendungen, wie ‘den Weg gehen’), pluralisch mhd. alle wege immer. An “Weg? schliesst sich ‘Fahrt’, z. B. ahd. alla fart überall, durchaus, und sodann ‘Seite’ und ‘Theil’, ‘Seite, schon mhd. in adverbialer Ver- wendung, ist bekannt aus jenseit, diesseit u. s. w., welche später ein s eihalten haben (vgl. den Gen.). In der alten Zeit ist häufiger das Subst. ahd. halba, z. B. ahd. westerün halba Motnes westlich vom Main, mhd. dise halp der berge auf dieser Seite der Berge, disehalp, oberhalp, niderhalb, ruckhalb, unser ober- halb, auch handhalb nach der Handseite hin, satielhalb nach der Sattelseite hin (vgl. Aald im Wb.). Sodann “Weise’: ahd. andarwis, mhd. alle wis u. ähnl. Ob ‘Theil’ an die Reihe dieser Substantive anzuschliessen ist, oder ob sich mhd. meistteil meistens u. ähnl. wie partim in appositioneller Stellung ent- wickelt haben, wüsste ich nicht zu sagen.

Aus dem Litauischen gehören hierher väkar gestern, das jedenfalls aus väkarq den Abend verkürzt ist, dazu zivakar vorgestern, ferner die mit dem Pronomen szis dieser zusammen- gesetzten, z. B. szianden, szeäden heute aus szıd dengq, szignakt, szenakt diese Nacht, heint aus szıq nakti, szimet heuer aus szi metq. Diese durch Abkürzung des letzten Theiles gekennzeich- neten Wörter sind dann natürlich unflektierbar geworden, z. B. ait

$ 252—253.] Kap. XIV. II. Adv., hervorg. aus dem Akk. den Inhalts. 599

szefden für heute bei Schleicher, Les. 150 (a% wird mit dem Gen. verbunden). Mit den aus dem Germanischen beigebrachten Ausdrücken lokalen Sinnes vergleicht sich andsz@! jenseits und das gleichbedeutende arapus, die als Präp. den Gen. regieren. Schleicher sagt darüber Gr. 279: “andpus auch anapusei, andszal jenseit ist Akk. von and püse, and szalis jene Seite, oder viel- leicht von einer Zusammensetzung beider Worte abgeleitetes Adverb”. Vielleicht sind es aber Instr.

Slavisch. Wie in der Kasuslehre gezeigt worden ist, wird der Akk. auch gebraucht, um den Zeitpunkt zu be- zeichnen. Denselben Sinn haben die adverbialen Formen serb. oncas sogleich, ovcas soeben (zu cas Stunde, Augenblick), russ. totcasä sogleich, sejycasü jetzt. Akk. ist auch serb. syutra- dan den Tag darauf. Häufig tritt auch an den Akk. des Stammes der Akk. sing. mask. des Pron. s’, der dann erstarrt, so z. B. aksl. din?s?, serb. danas, russ. dnes? heute; serb. nodas, russ. noces? in dieser (vergangenen) Nacht; serb. Zjetos, russ. letosi im vorigen Sommer; serb. zimus diesen Winter u. ähnl.

$ 253. Akkusativ des Inhalts.

Aus Akkusativen des Inhalts sind Adverbien wie unser mal entstanden. Es gehören dahin ai. Ayftvas, über welches Böhtlingk-Roth bemerken: “Die ältere Sprache zeigt das Wort stets getrennt vom Zahlworte (ausser in a$fakgtvas achtmal ım AV.) und betont dasselbe auf der ersten Silbe; in der klassischen Sprache verbindet sich das Zahlwort mit Artvas zu einem Komp. und der Ton rückt auf die letzte Silbe. Die indi- schen Grammatiker, welche nur des letzteren Falles erwähnen, nennen Artvas ein Suffix, während es offenber der Akk. plur. von einem Nomen act. auf tu von 1. kar ist”. Demnach heisst Aftvas eigentlich ‘Handlungen’ und wurde zuerst in Sätzen gebraucht wie ‘viele Handlungen schlagen’, was nur eine etwas weniger an- schauliche Wendung ist für ‘viele Schläge schlagen’. Im Altindi- schen aber liegt diese ursprüngliche Form der Anwendung nicht mehr vor, sondern Artvas ist schon erstarrt, insofern das zu ihm tretende Adjektivum nicht mehr flektiert wird. Es erscheinen davor Zahlwörter wie da$a, pdfca, ferner kati wie viel, die

600 Kap. XIV. II. Adrv., hervorg. aus dem Akkusativ des Inhalts. \$ 253.

flektierbaren Adj. aber erscheinen in neutraler Form, so im RV. bhüri marmgjmä te tanvam bhüri krtvah wir haben deinen Leib vielmal geputzt 3, 18, 4), im SB. baku, im RV. Säbvat: imam mahe vidathyaya SuSam Sasvat kytca idyäya prä jabhruh dieses Lied haben sie dem grossen Opfer- und Verehrungs- werthen allezeit (allemal, dargebracht 3, 54, 1. Wo man in die Verlegenheit kam, mit Ärivas ein sonst stets flektiertes Zahlwort zu verbinden, konnte man sich damit helfen, dass man das Multiplikativum setzte, so dass derselbe Begriff doppelt ausgedrückt wurde. Dieser Ausweg ist ın tri$krtvas dreimal des AB. ergriffen worden. Über das Litauische sagt Kur- schat 267: “Das deutsche mal wird im allgemeinen durch kaftas oder sjkis in ziemlich gleicher Bedeutung, bei der Multiplika- tion bloss durch ka’tas ausgedrückt. Einmal: veng kartq oder ceng sykt, auch bloss Aaftg, syki. Sechsmal rufen heisst szeszis kartüs (auch kart‘ oder bloss mit Elision des -u- kaits) oder sykıls (verkürzt syA) szaukti. Bei dem Einmaleins ist es üblich geworden Äkafts zu sagen, z. B. szeszis kafts (für kartus) szeszi sechs mal sechs” u. s. w. Zu je einem Worte vereinigt sind: angsyk jenes Mal, vöngsyk einmal, düsyk zweimal, daug- syk wielmals.. Im Altkirchenslavischen finden wir den Dual und Plural Araty von Aratü : düva kraty Öts, trs kraly tpis, mnogy kraty rollaxıs, also noch weniger erstarrt als im Alt- indischen. Über das dem Sinne nach entsprechende deutsche mal, welches ın allemal u. ähnl. die pluralische Flexion ein- gebüsst hat, s. Grimm’s Wb. unter mal 3a. Für den Kasus eines Subst., und zwar den Akk., hält man auch umbr. pert in petiropert viermal, lat. per in antioper, tantlisper u. 8. w. (Bücheler in Wölfflin’s Archiv 1, 103). Genaueres lässt sich nicht mehr ermitteln. Ein Akk. des Inhalts scheint mir noch öduas zu sein in dem vielerörterten Verse: w; ol p&v papvavro ö£as rupös aldonevoro A 596 sie kämpften die Gestalt des Feuers, stellten sie in ihrem Kampfe dar. Ähnlich wird wohl auch ölxrv aufzufassen sein, was zuerst bei Pindar und Aeschylus vorzukommen scheint, z. B. 3p£per SAapaydrou ölxav vöatos Opo- tunou Sieben 85, danach wohl auch tporov.

$ 253—254.] Kap. XIV. II. Adv., hervorg. aus dem appos. Akkusativ. 601

Das bei Homer und noch später iz. B. xal &; ro »avepov arodvvres Alta nera too yunvaledaı Mleldavro Thukydides 1, 6) auf- tretende Aira wird mit Recht für einen Akk., sei es nun eines Stammes Aır oder eines Stammes Aıra gehalten. Air’ delpecdar heisst also eigentlich: ‘sich Fettglanz ansalben’. Es liegt also ein Akk. des Resultats vor.

$ 254. Akkusativ in der Apposition.

Nicht selten hat sich, worauf schon im Vorhergehenden gelegentlich hingewiesen worden ist, der adverbiale Gebrauch aus der Stellung in der Apposition entwickelt. Unter den dahin gehörigen Adverbien befinden sich eine Anzahl von neutralen Formen, bei denen neben dem Akk. gleichberechtigt der Nominativ in betracht kommt.

Aus dem Altındischen mag einiges von dem hierher- gehören, was Gaedicke 171 ff. zusammengestellt hat, Andeu- tungen, die eine eingehendere Prüfung verdienen. Ich meine namentlich: ye’mäväsyam ratrim udästhur vrajam atrinah die Atrın, welche in der Neumondsnacht in Scharen (eigentlich ‘als Schar’) aufgestanden sind AV. 1, 16, 1; ya ima öfadhayo grigmahömantäbhyam nilyakta bhavantı ia var$a vardhante tah Sarddi barhifo rupam prästirnäh $ere die Pflanzen, welche im Sommer und Winter verkümmern, die wachsen in der Regen- zeit und liegen im Herbst nach Art des Opfergrases hinge- streckt (eig. “als Gestalt’) SB. 1, 5, 3, 12.— Griechisch. Bei Homer liegen vor: rpdpacıy als Vorwand, vorgeblich, z. B. ent &orevayovro yuvalxes Ilarpdxkov npdpacıy, opwv abrav xtöe &xdorn T 302 (T 262 ist zweifelhaft); rp6paoıy p&v ‘Apyelous llous Apiv rorel, lölg 5 Exei Aaxedarnovloıs kuyyiyverar Aristo- phanes Ritter 466; ZrAwe npdpasıv En EAAnondvrou Herodot 5, 33. xapıv als Gunst, um willen, wegen (also als Präposition gebraucht), z. B. 8; rıs dt Tpwwv xollyo Ei vnust YEporto auv rupl andeip yApıy "Extopos örpuvavtos O 743 (als eine dem H. erwiesene Gunst); wunös bebdecsdaı yAwoons yapıv Hesiod Erga 707. Häufig ist &unv yApıy, ohv yApıy, toötou xapıv, letzteres ganz im Sinne unseres ‘wegen’. Auch der Artikel kann dabei stehen: ot od rhv Adnvaluv yapıy &otparedovro, dAAA mv aurWv

602 Kap. XIV. II. Adv., hervorg. aus dem appos. Akkusativ [6 254.

Munstov Herodot5, 99. Nachhomerisch sind öwrivnv, rpoixa, &wpedv ‘als freie Gabe, umsonst’, z. B. öwrlvnv yap &v to vom obx &&7iv doövar Herodot 6, 89. Für rpotxa wird als älteste Stelle ein Fragment des Sophokles angeführt: xaxöv pev öpav npoix £rtoraraı, öfter kommt es bei Aristophanes vor, z. B. 2öldouv Höbdopara Aropoüaıv adrors mpoixa Ritter 679; Swpeav, z.B. ynölv dwpeav zparteıv, finde ich erst aus Polybius belegt. Sodann die Neutra: övap im Traum und örap in Wirklichkeit, z. B. Euripides Iphig. Taur. 517, wo auf den Vers Tpoiav iso; old" is Aravrayoo Adyos erwidert wird mit den Worten: w; piroT Mweldv ye und lömv övap, was man noch übersetzen könnte “als Traumgesicht’; Aeschylus Prom. 485 xäxpıva npw- os &E dverpdrwv 2 yph Urap yevesdar (“als und dann ‘in’ Wirk- lichkeit). Lateinisch. Ich habe notirt: :d genus und Ver- wandtes, instar, volup, vicem, woran ich partım schliesse, welches auf mehrfache Weise gedeutet werden kann. Über td genus und was dazu gehört hat Wölfflin, Archiv 5, 387 ff. gehandelt. Es ist wohl einleuchtend, dass genus mit td, omne und ähnlichen Adj. zuerst als Apposition zu einem Nom. oder Akk. trat. Es würde also ein Satz wie coronamenla omne genus facito ut serantur ‘Cato), wenn man die ursprüngliche Geltung des Ausdrucks betonen will, zu übersetzen sein: “Kranzblumen, jede Art’. Ebenso beim Akk. Nun wird omne genus, id genus u. s. w. ebenso verstanden, wie die älteren (bei Plautus und Terenz allein vorliegenden) Wendungen eius modi u. 8. w. Danach wird es denn auch möglich, :. g., 0. 9. u, s. w. mit anderen Kasus zu verbinden, z. B. alıis sd genus rebus, pascuntur omne genus objecto frumento, beides beı Varro, der oft auch dem Leser überlässt, das Subst. zu ergänzen, z. B. ın hoc genus scil. praediis. An :ıd genus scheint sich :ıd aetatis angeschlossen zu haben, z. B. cum :d aelatıs jilio bei Cic.!). Über instar hat Wölfflin, Archiv 2, 581 ge-

mm m

1) Bei dieser Gelegenheit mag bemerkt werden, dass man jetzt auch minus als ‘die Minderheit’ auffasst (Stolz? 352). Doch spürt man von dem substantivischen Charakter nichts mehr, da es natürlich ganz wie majus behandelt worden ist.

$254.] Kap. XIV. I. Adr., hervorg. aus dem appos. Akkusativ. 603

handelt. Es ist ein Subst., schwerlich ein substantivierter In- finitiv, mit der Grundbedeutung ‘Gegengewicht, Gegenbild’. In der archaischen Sprache liegt es nicht vor. Bei Cicero finden wir es als regelrecht konstruierten Nominativ oder Akku- sativ, also ınstar est alicujus rei, oder instar habere, obtinere, putare. Demnach könnte man in einem Satz wie navem cybaeam mazimam, triremis instar auch allenfalls noch übersetzen: “das Bild einer Trireme’. Bei Catull finden wir instar im Sinne von “nicht weniger als’ (habes instar triginta jugera prati). Die Bedeutung ‘gleichwie’ findet sich zuerst Virgil Aen. 12, 923 ın der Verbindung mit einem intransitiven Verbum: volat atri turbinis instar. Ad instar ist später als instar. Volup (Neue 22,101) ist das substantivierte Neutrum von volupts, welches sein e ebenso verloren hat, wie animal u. s. w. Ob bei Plautus noch das ältere vo/upe zu lesen sei, vermag ich nicht zu ent- scheiden. Das Subst. liegt deutlich vor in plautinischen Wen- dungen wie: facite vostro anımo volup, das Adverbium in: cursu armis equo vichtabam volup Most. 1, 2, 74, d. h. nach Lust, eigentlich “als Vergnügen’, also als Apposition zur Satz- handlung gedacht. Vicem ist bereits bei Plautus (vgl. Brix zu Capt. 397) durchaus erstarrt. Ein paar Belege aus der klassischen Sprache sind: mihi uni necesse erıt el meam et aliorum vicem pertimescere (für mich und für andere Furcht zu haben), Sardanapali vicem in suo lectulo mori, beides bei Cic., ceteri vicem pecorum obtruncabantur bei Sallust. Vielleicht hat man ursprünglich in appositioneller Wendung sagen können munus explere vicem alicujyus ein Amt ausfüllen, als die Stelle eines anderen. /r vicem ist nachplautinisch. Dass partim Akk. von pars ist, erhellt noch deutlich aus Sätzen, wie sie Neue 12, 205 anführt, z. B. partim copiarum ad tumulum ez- pugnandum mittit, partim ipse ad arcem ducit (Livius), wo auch partem stehen könnte. Dieser Akk. steht dann auch für andere Kasus, z. B. atque haud scio an partim eorum fuerint ‘Cato) mit pluralischem Verbum, und sogar: cum partim vllo- rum (Cato). Daraus entwickelte sich der distributive Gebrauch. Es lag nahe, in Sätzen wie: Aic insidiantes vigilant, partım

604 Kap. XIV. II. Akkus. Adverbia verbalen Inhaltes. [$ 254—255.

requiescunt (Ennius Ann. 443) auch vor das erste Partizipium partim zu setsen. Was das Alter des erstarrten partim betrifit, so ist zu bemerken, dass es bei Plautus zu fehlen scheint. Dieses partim kann, wie die angeführten Beispiele zeigen, aus dem einfachen Objektsakkusativ entstanden sein, vielleicht auch aus dem Gebrauche in der Apposition. So ist jedenfalls majorem und marimam partem (etwas, und zwar den grössten Theil) zu erklären, was schon bei Plautus vorliegt: majorem partem in ore habıtas meo Poen. 413.

$ 255. Adverbia verbalen Inhaltes (ai. am, griech. 8ov, da, Önv, lat. tim).

Eine besondere Stellung nehmen diejenigen akkusativi- schen Adverbia ein, welche bei deutlich nominaler Form doch unzweifelhaft einen Verbalbegriff enthalten, also den indischen Absolutiva zu vergleichen sind, nämlich die altindischen For- men auf am, die griechischen auf öov und önv, die lateinischen auf tim.

Altindisch. Ich meine die mit Präpositionen oder (was selten ist, mit Nominalthemen komponierten Formen wie abhi- krämam herzutretend, nämagräham unter Namennennung. Sie treten, wie ich SF. 5, 401 ff. gezeigt habe, nicht wie ein Par- tızipium zu einem Nomen, sondern zu der Satzhandlung hinzu und geben einen die Handlung begleitenden Vorgang an, welcher in einer Handlung des Satzsubjekts besteht, z. B. abhikrämam juhöti er opfert unter Hinzutreten zum Feuer; tasmät parihvalam vacam vädatıi na mänusim präsrlam deshalb spricht er das Wort auf schwankende Weise, nicht ein gerades, menschliches; sdrvä ha va Enam devatah sampradäyam ädna- pek$am göpäyanti alle Gottheiten behüten ihn in fortwähren- der Folge und ohne wegzublicken. Bisweilen tritt noch der Instrumentalis eines gleichstämmigen Abstraktums hinzu, z.B. yano vas devebhya ud akramat, tam prüljäh präifam üichan das Opfer entfloh den Göttern, sie suchten es unter Treiben treibend. Fast immer steht neben den Formen auf am eın aktives oder mediales Verbum in der dritten Person Singularıs oder auch Pluralis, sehr selten erscheint eine passivische Form,

$ 255] Kap. XIV. II. Akkus. Adverbia verbalen Inhaltes. 605

so: tasmäd vyahävam eva Sqstauyam deshalb ist unter Einschie- bung des &@Akäva zu rezitieren (AB.). Die Entstehung dieses Ge- brauches der Formen auf am kann nicht zweifelhaft sein. Gerade die wenigen im RV. vorliegenden Fälle zeigen, dass der Ursprung im Akk. des Inhaltes liegt: y6 nilayam cdrati yah pratänkam wer sich versteckend, wer schleichend wan- delt (AV.), rca kapötam nudata pranödam mit dem Verse ver- jagt die Taube unter Fortjagen (RV.).. Dass in pranddam nudati, welches eigentlich heisst: “er jagt Jagung’ der Akk. adverbial genommen wurde, dazu mag die Vertrautheit mit den Absolutivis auf /o@ vielleicht etwas beigetragen haben. Namentlich lag diese Umformung nahe, wenn, wie in dem angeführten Beispiel, von dem Verbum ein anderer Akk. ab- hängig war.

Griechisch. Es kommen die Adverbia auf önv, öov und öa in betracht.

1. Die Adverbia auf önv. Unter den bei Homer vorkom- menden Formen dieser Art ist nur eine, die man geneigt sein kann, als Akkusativ eines Substantivs zu fassen, nämlich döyv genug, insofern man Zöpevaı Aönv E 203 übersetzen kann ‘sich Sättigung essen’, und Tpüas dörv &idoaı rol&por T 423 die Troer zur Sättigung am Kriege treiben. (Nach aönv dürfte das nachhomerische rayrnönv gänzlich gebildet sein.) Alle anderen drücken deutlich nach Art der indischen Absolutiva eine Nebenhandlung aus. Als Subjekt derselben ist stets das Subjekt des Hauptverbums empfunden. Nur einmal hat eine Umsetzung in die passivische Konstruktion stattgefunden in BArjto yap Guov Soupt . . Axpov Emı$lyönv P 598, wozu man als aktivisches Vorbild vergleiche: Appınzöuv dpa TnAgpayxov Bare xeip Ent napıö Alydnv x 277. Sie schliessen sich an das als wurzelhaft empfundene Element des Verbums in Paönv im Schritt (nicht laufend); 4dpPßAhönv mit yodwoa etwa "auf- jammernd’ X 476; rapaßAnönv mit &yopedwv etwa “indem er die Äusserung hinwarf’ A 6, ömoßAhörv mit Aueißero einfallend (nicht unterbrechend, aber mit Hast anknüpfend, was auch schon gegen dıe alterthümliche Etiquette verstösst) A 292;

606 Kap. XIV. IL Akkus. Adverbia verbalen Inhaltes. [$ 255.

Anönv in xAnönv els dyophv xıxinaoxtuev Avöpa Exaotov, unde Boav I 11, also “einladend’, dazu övopaxinönv unter Namennennung in &x 8’ övopaxinörv Auvasv dvöpales Aplstous 6 278 und & övopariNönv dvopalav avöpa Exaotov X 415 (es scheint, dass ££ beide male zum verbum finitum zu ziehen ist, zu dem Kom- positum vgl. man ai. Aastagrhya an der Hand ergreifend u. ähnl.); tunönv schneidend, ritzend; &rıypaßörnv ritzend, Alyörv und 2rıllyöyv streifend; Zur4yörv in die Falle gehend v 132; in Beziehung zu abgeleiteten Verben stehen: öpaprnönv zu- sammentreffend N 584; dußoAdönv aufwallend; peradponadnv hinterherlaufend E 80; rporporadnv sich zur Flucht wendend I 304, Exırpoyaönv geläufig; dmiorpopaödry mit xreive K 483, mit töntov x 308, eigentlich “aufsuchend’ s. v. a. ‘einen nach dem andem’. (Frohwein a.a.O. 111 ff. bringt die nach Art von apßoAadry gebildeten Formen mit Substantiven zusammen, womit die Bedeutung nicht recht stimmen will, während &xt- Tpoyadnv mit tpoydwvra o 451 zusammengeht.), Den adjektivi- schen Adverbien ganz nahe steht xpößönv: xpußörv prd dva- vavda pUÜrnv 8; rnarplda yatav vra xatıoyfpevar A 455. Aus der Zahl der nachhomerischen Bildungen sei noch BüLry gedrängt erwähnt, das vielleicht aus *Böörv durch Einwirkung von PüLo entstanden ist, und öpdoordörv in: Avd’ hy dreprn; THvöe ppou- prssis nerpav öpdootaörnv dünvog Aeschylus Prom. 31. Endlich noch die Formen auf {vörv wie Aptorivörv (Frohwein, S. 129), deren ıy ich nicht zu erklären weiss.

2. Die Formen auf $ov und da. Während die Entstehung der altindischen Absolutive auf am aus neutralen Abstraktis sicher, die Entstehung der griechischen Formen auf önv aus femininischen Abstraktis sehr wahrscheinlich ist, kann man hin- sichtlich der Formen auf öov und da zweifeln, ob sie aus Sub- stantivis oder Adjektivis hervorgegangen sind. Mir erscheint das Erstere wegen der Analogie der Bildungen auf am, dnv und 4m wahrscheinlicher. Ich gestehe freilich, dass man über das ö des Suffixes, so wenig wie über das ö von önv bis jetzt etwas sagen kann, das über unsichere Vermuthungen hinausginge. Vielleicht ist nur o das Suffix, & aber ın den

$ 255.) Kap. XIV. II. Akkus. Adverbia verbalen Inhaltes. 607

übrigen zu Grunde liegenden Musterbildungen ein Bestand- theil des Stammes (vgl. Baötfo neben Paörv).. Nach dieser Auffassung regelt sich nun die folgende Übersicht des Ge- brauches.

Die homerischen Formen auf öov drücken a) wie die auf önv und die indischen Absolutive eine Nebenhandlung aus. Sie stehen in deutlicher Beziehung zu den als Wurzeln des Verbums empfundenen Elementen, so: dvaotaödv aufstehend, 2. B. da tösode xal Önpes Avastaödv W 469; Arnootaödv fern- stehend, z. B. mit Aloseodaı; &rıoraödv herantretend, besonders, z. B. vopnoev 8 dpa näcıv Enıotaddv v 54; mapacraödv neben jemand tretend; xeptotaödv um jemand herumtretend in repısta- ööv AANodev dAAos oütaLov N 551; Zußaödv einsteigend in } &Aneoß', Av vjas An xopudaloAos "Exrwp, 2ußadov Tkesdar Av narplöa yalav Exaotos 0 504, also genauer: ‘nachdem ihr eingestiegen seid’; rapax\ıööv abbiegend (von der Wahrheit) in: oöx Av &y& ye dla rapet einomı napaxdıödv 8 348; yavödv den Schlund aufsperrend, d. h. hinuntergiessend in: ds dv pıv yavödv Ein und aloıma mivm o 294. Aus solchen Absolutivis hervorgegangen, aber nicht mehr eine Handlung bezeichnend, sondern in die Analogie der aus Adjektivis gebildeten Adverbia übergegangen sind: oyxeödv eig. ‘sich haltend an’, dann aber ‘nahe’, z. B. od p£v tıs oyaddv &orı nölıs 0 737, und übertragen: xal nr@ rep &ovrı pala oyeödv x 441. Dazu aötooyeödv s. v. a. “im Nahkampf’; dupaödv offen mit den Gegensätzen d6Ap, Aadpn, xpupnödv; Avapavödv öffentlich, vor der Welt: 8; p dvapavööv önvıe (während ihr eigentlicher Gatte ein Gott war) Il 178, dazu &favavavöcdv dass. Zwei dieser Bildungen treten auch zu Adjektiven, nämlich dıaxpıösdv ent- schieden in ot y4p ol eioavro dtaxpıööv elvar @ptoror M 103 (ähn- lich O 108) und pvödv neben Ayveıds o 426. Wir könnten etwa “überströmend”’ sagen, da ‘überflüssig’ anderen Sinn hat. b) Aus xpupfj scheint gebildet zu sein xpuprödv in: 7) Aupaöov NE xpu- onödv. c) -dov tritt an Substantiva und bezeichnet dann, dass die Handlung sich in Form, nach Art (oder auch in Be- gleitung) eines Dinges vollzieht. So: ßorpuöov rerovrar die Bienen fliegen in Form einer Traube B 89; dAyeAnödv in einer

608 Kap. XIV. II. Akkus. Adverbia verbalen Inhaltes. 8 255.

lHeerde (nicht distributiv); Il 160; ähnlich iLaddv, rupmBsv, valayyndöv, Öpladdv; oparprödv nach Art einer Kugel : rxe %& uıv oparprööv Elrkapevos dr öpllou N 204; xAaymödv mit Geschrei: „Aayynööv npoxadıkövrwv B 464 (danach poAnzödv bei Aeschylus‘. d) Eine Verbindung von Adjektiv und Substantiv schwebte vor bei der Bildung von ravdunaödv mit voller Wuth o 33, nachh. önodupaödv; eine Verbindung von Präposition und Subst. in xatwpaödv ausholend, eig. von der eigenen Schulter herab, und xatapuladov nach Phylen B 668.

Die Bildungen auf öa können doch wohl nichts anderes sein, als Plurale zu öov. Ein besonderer Grund für die Wahl des Numerus wird sich wohl nicht ermitteln lassen. Eine Anzahl dieser Formen unterscheidet sich nicht sichtbar von den ent- sprechenden auf dov, nämlich dyyada (xal Aupada Epya yEvorın ? 391), avapavöa, ärostada und abtooyeöa. Einige andere nähern sich den Präpositionen, nämlich xpu36a (vgl. xpugönv) heimlich vor : xpußöa Arös AAAwv te dewv 2168, ulyda (vgl. piyönv im Hymnus auf Hermes) ‘im Gemenge’, ohne Kasus w 77, mit dem instrum. Dativ in piyö aAkoıar Heoisı 8 437. Noch einige nachhomerische Formen der Art bei Frohwein, S. 124. Auffällig ist bei xpu3öa und Genossen das Gegenüberstehen von Formen auf önv, ein Verhältnis, das sich auch bei denen auf ıvöa (Frohwein, S. 129 ff.) findet.

Lateinisch. Die Adverbia auf tim (Neue? 2, 547 f.!) haben gerade in ihrer ältesten Verwendung eine deutliche innere Beziehung zu einem Verbalbegriff und instrumentale Kasusbedeutung. Bopp, Vgl. Gr. 3, $ 844 hat also vollkommen recht, wenn er itractim durch mit Ziehung, cursim mit Laufen, caesim mit Hauen, confertim mit Zusammendrängung übersetst. Es liegt demnach nahe, in diesen Formen Instrumentale von Partizipien zu sehen und sie mit olım, istim, ihm u. 8. w.

1) Nachträglich sind mir die schätzbaren Arbeiten von A. Funck in Wölfflin’s Archiv 7, 485 ff. und 8, 77ff. zugekommen. Ich habe meine kurzen Bemerkungen unverändert gelassen, so dass deutlich wird, dass wir in wich- tigen Punkten zusammengetroffen sind.

$ 255.) Kap. XIV. II. Lat. Adverbia auf dm. 609

zusammenzubringen. Ritschl, Op. 2, 458, dem dieser Gedanke ebenfalls gekommen ist, weist ihn indessen (mit Recht, wie mir scheint) ab, indem er sagt: “Auf die sonstigen zahlreichen Adverbialbildungen mit 4m und stm die Zugrundelegung des lokalen [instrumentalen] #% auszudehnen, wird die Bedeutung derselben ohne Zwang nicht wohl zulassen, folglich eine Be- schränkung dieser Bildung auf Pronominalstämme anzuer- kennen sein“. So wird denn doch wohl die Bopp’sche Er- klärung, wonach in diesen Formen Akkusative sing. fem. vorliegen, der sich auch die meisten Forscher angeschlossen haben, den Vorzug verdienen. Es fragt sich nur, wie Akku- sative von Substantiven zu instrumentaler Verwendung und deutlicher Beziehung zum Verbum gekommen sein mögen. Dass partim den Ausgangspunkt gebildet haben könne, glaube ich nicht, denn es ist so entschieden nominal in seiner Ver- wendung (man denke namentlich an den abhängigen Genitiv), dass ich keinen Übergang zu caesim und Genossen finde. Da- gegen ist in siatim eine Form gegeben, welche ohne Zwang als Akk. sing. aufgefasst werden kann und welche zugleich eine natürliche Beziehung zum Verbalgebiet hat. Denn es ist nichts gegen die oft ausgesprochene Meinung einzuwenden, wonach siatim der Akk. zu einem (später durch statio ver- drängten) Nom. *statis ıst, welcher dem aı. sthitis das Stehen, griech. ordoıs vollkommen entspricht. Die adverbiale Bedeu- tung von sialim dürfte sich aus dem Akk. des Inhalts ent- wickelt haben. Man könnte das plautinische szatim stant signa mit archaisierender syntaktischer Auffassung noch übersetzen : “die Feldzeichen stehen ihren Stand’. Da nun die Nomina auf -ts durch die auf -4o verdrängt wurden, so verlor statim seine Beziehung zum Nominalgebiet und verband sich innerlich mit stare, so dass die Sprechenden es in der Bedeutung von ‘stehender Weise, mit Stehen, unter Stehen’ auffassten, und caesim, carptim u. s. w. danach bildeten. Ausdrücklich be- merke ich dabei, dass ich nicht glaube, statim sei die einzige keimkräftige Form dieser Art gewesen, es ist nur die einzige, die uns erhalten ist. Die Beziehung zu Verben, welche nach Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 39

610 Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Altind. u. Avest. [$255—256.

meiner Ansicht auf die beschriebene Weise entstanden sein kann, blieb nun nicht die einzige. Es sind ja auch catervatim und zahlreiche ähnliche Bildungen vorhanden, welche zu No- minibus gehören. Sie sind offenbar entstanden in Anlehnung an cumulalım u. ähnl., welche ganz so gut zu cumulus wie zu cumulare gezogen werden können. Wieder ein Stück ferner stehen dann meatım, tuatım, nostratim, wozu man serb. naskı in unserer Sprache (Instr. plur.) vergleiche. Praesertim scheint mir ein sartım in gutem Stande vorauszusetzen, pedetenttm ist eine Zusammenrückung aus pede und tentım.

8 256. Adjektiva neutral. Altıindisch und Avestisch. Die hier in betracht kommenden Adjektiva versuche ich in gewisse Bedeutungsgruppen zu sondern. Voran stelle ich die lokale Gruppe. Dahin gehören namentlich die Richtungs- Ad- jektiva, dann die temporale Gruppe, darauf dıe übrigen Ad- jektiva, welche eine Qualität der Handlung angeben, wie gut und schlecht, schnell, die ganze Menge derjenigen, die man als steigernd bezeichnen kann. Fine besondere Stellung nehmen die Zahlwörter ein, insofern das Adjektivum die Apposition zu einem Substantivum, das Adverbium die Apposition zur Handlung bildet. Die Komparative und Superlative, bei denen das Adverbium in den allermeisten Fällen durch den Akkusativ gebildet wird (im Altindischen hat man auch navyasa neben ndoyas und im Griechischen kommen auch Formen auf ws vor), sind nur gelegentlich erwähnt worden, wo eine besondere Ver- anlassung dazu vorzuliegen schien (vgl. auch die Literatur- angaben bei Kretschmer, KZ. 31, 352). Übrigens sind die Grenzen der Gruppen natürlich fliessend und nur der Über- sichtlichkeit wegen gezogen. Es entgeht mir nicht, dass manche Adj. eigentlich unter zwei Gruppen fallen würden, so z. B. ai. brhat in der Bedeutung “weit” bei ‘sich öffnen’ unter die erste, in steigernder Bedeutung unter die letzte. Überall finden wir nur den Singular, ausser im Griechischen, wo der Plural theils neben dem Sing. auftritt, theils allein das Feld behauptet (im Superlativ). Die lateinischen Adverbia wie cetera scheinen unter griechischem Einfluss entstanden zu sein.

$ 256.] Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Altindisch u. Avestisch. 611

Altindisch. Vgl. Gaedicke 218 ff., SF. 5, 185 ff. Als Belege aus der lokalen Gruppe mögen dienen: dürdm in die Ferne bei Verben des Gehens, Sendens, Wegtreibens, “fern hinweg von’ bei Verben des Fliegens, Führens, Treibens. Im RV. ist es noch kaum Adverbium, dagegen: dürdm ha va asman mytyür bhavalı fern ist von ihm der Tod SB. 14, 4, 1, 10; nedi$tham ganz nahe bei den Verben des Herbeikommens, Herbeibringens, Herbeiwünschens; urd& weit mit schreiten, dringen, blicken; sadhu gerade aus, z. B. rtäasya pantham dnv &ti sadhü dem Pfade des Rechten folgt er gerade RV. 5, 80, 4, dann ‘regelmässig, richtig, gut, wohl, recht, gehörig’; zyu auf gerade, richtige Weise, z. B. pathah purasta rjü negatı der Führer führe richtig die Pfade RV. 5, 46, 1, ryu yakfatah die beiden sollen richtig opfern 2, 3, 7. Dazu der Kompar.: {va rJiyah patatu sie fliege gerader als ein Pfeil AV. 5, 14, 12. Zu der temporalen Gruppe (vgl. auch unten die Zahlwörter und Verwandtes) mag man cirdm lange rechnen, z. B. cirdm tanuthä üpahı zieh nicht lange dein Werk hin RV. 5, 79, 9, mit einem Übergang in modale Bedeutung: sa yadı na jayeta yadı ciram jayeta sollte das Feuer nicht oder langsam ent- stehen AB. 1, 16, 9. Von sonstigen Adverbien führe ich an: citräm bhänty u$dsah glänzend leuchten die Morgenröthen RV. 6, 65, 2, was noch ganz nahe an den Akk. des Inhalts oder des Resultats rührt; bhadrdm jJivanto jJaranam asimahi glück- lich lebend möchten wir das Alter erlangen RV. 10, 37, 6; sukhäm svapiti er schläft angenehm SB.; mögham fälsehlich gehört zunächst zu einem Verbum des Sagens. Daher steht dem Ursprünglichen noch nahe: y6 ma mögham yatudhanety aha wer mich fälschlich Zauberer nennt RV. 7, 104, 15, ferner steht: sa tan mögham up@ vavarta sie wandte sich ihnen da thörichter Weise zu SB. 3, 2,4, 6; dhrsad kühnlich : agnim dhr$nv \vöpa carati er geht kühn auf das Feuer los SB. 1,2,1,3, vgl. auch dhrgdt bei Grassmann. Sodann mehrere Wörter von der Bedeutung ‘schnell’, so dravät Neutr. des Partiz. von dru mit verschobenem Accent, z. B. tüv ü yalam üpa dravdt kommt beide schnell herbei RV. 1, 2, 5, und die isolierten tüyam, Sibham,

39*

612 Kap. XIV. IL Neutrale adj. Adv. Altindisch u. Avestisch. [$ 256.

öfadm mit Verben des Gehens und Bringens. Von den Wör- tern mit der Bedeutung ‘viel, stark’ sind einige SF. 5, 186 angeführt, z. B. balistham Syäyalı es friert am stärksten, balavad vatı es weht stark, jyöftham vardhatz wächst am stärksten aus SB. Dazu füge man aus dem RV. drAat über das Grass- mann bemerkt: ‘weit, in Verbindungen wie: “sich weit auf- thun, sich weit ausbreiten, weithin glänzen’, ferner intensiv, also bei Verben des Leuchtens, Tönens, Begehrens oder Er- regens, Befestigens, Wachsens “hell, laut, sehr’ oder “hastig, fest, hoch, empor’. Namentlich aber purö und mdhi (rolü, got. filu und ueya!, altn. mygk). Pur oder purü findet sich in der Bedeutung ‘viel, oft, sehr’ bei Verben, namentlich bei sprechen, Andacht üben, leuchten, wachsen, helfen. Damit ist zu vergleichen purd sdkhibhya asulim karisihah vielfach den Freunden Erquickung verschaffend RV. 7, 97, 7, weil die Formen wie käriffha beinahe partizipialer Natur sind. Dann aber wird purd auch mit Adjektiven verbunden, und zwar wirkt es bei Zusammensetsungen mit puru- noch weiter stei- gernd, indem es vor puruhütd vielgerufen (harta vriram daksı- nönendrah purü puruhütäh, mahan mahtbhih Sachbhih RV.8,2, 32). und purubhuj vielbesitzend (purü purubhuja 5, 73, 1) tritt. So- dann nach der Überlieferung neben candrd in puri Scandram das sehr glänzende (Gebiet) RV. 3, 31, 15, wo es freilich sehr nahe liegt, aber nicht nothwendig ist, purußcandrdm zu schreiben. Böhtlingk und Roth haben dann noch angemerkt, dass purü mit viSva verbunden wird, im Sinne von ‘all und jeder‘. Die Verbindung scheint ursprünglich nebenordnend zu sein, also purü vißvani jürvan vieles, ja alles versengend RV. 1, 191, 9, ebenso purü vi5oa jJanima manusänam 7, 62, 1, danach weiter gebildet: durg& cand dhriyate viva @ puru jano asya tävifim acukrudhat selbst in einer Feste hält sich nicht irgend ein Mensch, der seinen Zorn erregt hat 5, 34, 7 (mit sonderbarer, wohl durch das Metrum veranlasster Stellung). Was sima

1) Die Identifizierung von mdhi und „ira wird freilich angefochten, 8. J. Schmidt, Pluralb. 247.

$ 256.) Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Altindisch u. Avestisch. 613

purü bedeutet, ist mir nicht recht klar. Mdhi wird häufig mit Verben verbunden, so mit wachsen, strahlen, anrufen, ehren, preisen u. ähnl., sicher ist die Steigerung eines Adjektivs durch mähi in mähi priyä welche sehr lieb ist RV. 1, 151, 4, mdhi sthirdm den sehr starken 8, 32, 14. Die Zahlwörter mit ihren Adverbien wie prathamdm sind bereits $ 206 erwähnt. Es gehören weiter dahin und sind ebenfalls aus Apposition zu erklären: pürvam, z. B.: ydm u pürvam dhuve tdm iddm huve den ich auch früher anrief, den rufe ich jetzt an RV. 2, 37, 2; apardm, 2. B.: ta vam adyd tao apardm huvama die beiden möchten wir jetzt und in Zukunft anrufen 1, 184, 1; ndoyas oder ndviyas, 2. B.: dynö tvdm päraya ndvyd asman svastibhir dt! durgäni viva Agni, du leite uns auf's neue mit Heil über alle Fährlichkeiten 1, 119, 2. Sami hiess ursprünglich “halb”, im Adverbium “nur als Halbes, nur zur Hälfte, daher im Sanskrit ‘unvollständig’ und ‘vor der Zeit’, z. B.: sämi mär- Jayante sie reinigen sich nur unvollständig TS. 1, 7, 1, 5, yatka sami gärbhö "vapddyate tädfg eva tät als ob vor der Zeit die Frucht abgeht, so ist das 5, 5, 1, 6. Satydm in Wahrheit fürwahr dürfte ursprünglich von einem Verbum des Sprechens abhängig gewesen sein, wie das gleichbedeutende 2tedv. In dem Sinne von ‘wahrlich’ kann es aber auch ein Nominativ, also aus einem Satze entstanden sein. Dass vdram ein Adverb sei, ist mir nicht sicher, denn yds sdkhibhya & väram RV.1, 4, 4 u. ähnl. übersetze ich: “der vor deinen Freun- den das Beste ist’, und vdram-varam AV. 3, 19, 8 u. 8. w. scheint nicht ‘nach Belieben’, sondern “jeden besten’ zu be- deuten.

Eine besondere Art akkusativischer Adverbien so habe ich mich SF. 5, 186 geäussert sind die auf betontes vat endigenden, welche bezeichnen, dass die Handlung nach der Weise des Nomens vor sich geht, an welches das Suffix va tritt, z. B. argirasoat nach der Weise der Angiras (Whitney $ 1107). Die Entstehung dieses Adverbiums kann man sich an Ausdrücken wie manuvdd vadema klar machen. Das bedeutet eigentlich: “wir möchten etwas zum Menschen Gehöriges (mit

614 Kap. XIV. IL Neutrale adj. Adv. Altindisch u. Avestisch. [$ 256.

dem Menschen Versehenes) reden’, d. h. ‘nach Menschen-Art, wie es sich für den Menschen gehört.’

Natürlich können auch Komposita ın akkusativischer Ad- verbialform erscheinen, z. B. advefas ohne Abneigung, in freundlicher Gesinnung, wie astepy&s u. ähnl. Im Sanskrit sind solche Komposita besonders häufig, deren erstes Glied eine Präposition ist (vgl. Zvönpos u. ähnl.). Davon sind Adverbia adhtdevatam in bezug auf die Götter, äcaturdm bis in’s vierte Glied, parögaryuti über das Weideland hinaus, anukamdm nach Wunsch. Vermuthlich sind dann den Bildungen mit änu solche mit yatha nachgefolgt, z. B. yathakamam nach Wunsch. Einige, aber nicht erschöpfende Ausführungen darüber s. SF. 5, 187.

Avestisch. Nach dem mir vorliegenden Material zu schliessen ist der Gebrauch wesentlich derselbe wie im Alt- indischen. Ich führe an: Jwäsem schnell, deregem lange (vgl. altpers. drangam, z. B. drangam jiva du mögest lange leben). Belege für Superlative sind: äasıstem, z. B. yaba äsı$tem fravaydı) damit es möglichst schnell verlösche, fra@stem am meisten, bäldistem dass., kambi$tem am wenigsten, seltensten. Dem ai. satyam entspricht kaipim wahrhaftig, =. B. yezi apa sta haibim wenn ihr wirklich existiert y 34, 6, bei vafda y 35, 6. Einmal scheint es auch zu einem Adjektiv zu gehören: Prayo haibım asavano äfrwacarhd zavamnti drei wahrhaft gute rufen verwünschend y 11,1. Doch könnte man Aaipim auch durch fürwahr über- setzen (vgl. ai. satydm). Besondere Bildungen sind: vagnemnem: vagnemnem ahmap para dagva patayen sichtbarlich strichen vor- mals die Teufel umher yt 19, 80; eres richtig, z.B. eres möt vaoca sage es mir richtig y 44,1; fraorep gern, lieber (ist Neutr. eines Part... Von Zahlwörtern: paotrim: kva paoirim ainhä zemö sätstem wo zuvörderst ist es auf dieser Erde am angenehmsten vd.3,1. Dann folgt in derselben Wendung bitim, pritim. Von Multiplikativis: @pbifm zweimal, äpritim dreimal, axtütrim vier- mal, eigentlich bis zum zweiten u. s. w. (vgl. ai. @caturam).

Einige Beispiele für Komposita sind: nyapem stromabwätts, paityäpem stromaufwärts, apastibustt unbemerkt (von Justı für Instr. gehalten).

$ 257.) Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Griechisch u. Lateinisch. 615

$ 257. Adjektive neutral. Griechisch und Latei- nisch.

Griechisch. Über den Gebrauch dieser Adverbia bei Homer hat La Roche in seinen homerischen Studien S. 37—82 unter umfassender, aber leider nicht vollständiger (vgl. S. 56) Vorlegung des Stoffes gehandelt. Er theilt die Masse in fol- gende Gruppen. Zuerst behandelt er die temporalen Akku- sative wie tpletes, onkepov, XdLLdv, abptov, npwrov, v&ov, die Neutra der Ordinalzahlen wie rpörov, np@ra, Vorepov, Dorara, dann die Wörter wie donepyds, Aoxelds, voleuds, &unevds, welche “auf der Übergangsstufe zwischen temporaler und modaler Bedeutung stehen”. Die zweite Gruppe bilden die lokalen Akkusative wie töoov, Ocov, roAAdv, noAö, wozu auch gehören sollen eöpö in edpv xpelwv und eupd dewv, die dritte die modalen Akkusative, z. B. u£ya, roAd, noA)dv, oAlyov, tdsov und Ooov, Zxnaylov und -a, Toov und -a, Ayyıstov und -a, dredv, ruxıvov und ruxvd, Turdov u. ähnl. Die vierte Gruppe bilden die Inhalts-Akkusative, welche sich einigermassen nach Verben ordnen lassen, z. B. öewvov oder peydAa bei Verben des Tönens, 66 oder oapdovıov bei lachen, deıvov oder öfüurarov bei sehen, ö&ö bei wahrnehmen, öervov oder Aaumpov bei scheinen, nöö bei duften, @yx{noAov oder paxpa bei Verben der Bewegung, talaöpıyov bei kämpfen u. 3. w. Die letzte Gruppe bildet der Akk. der Beziehung, welcher nur bei Neutris von Pronominibus oder pronominalen Adjektivis erscheint. Man sieht, dass diese Gruppen sich einigermassen mit den von mir aufgestellten decken (nur ist der Akk. der Beziehung etwas speziell Griechisches) und dass La Roche’s Eintheilung ebenso unvollkommen ist wie die meinige. Ins- besondere wird man bald gewahr, dass der sog. modale Gre- brauch sich eigentlich in jeder Gruppe entwickelt, da er nichts anderes ist als der zum adverbialen entwickelte Gebrauch des Akkusative.. Von einer weiteren Anführung des griechischen Stoffes glaube ich absehen zu dürfen. Dagegen sind einige Bemerkungen über den dem Griechischen eigenthümlichen Plural und über die Verbindung eines Adverbiums mit einem Adjektivum oder Adverbium am Platze.

616 Kap. XIV. IL Neutrale adj. Adv. Griechisch u. Lateinisch. [5 257.

1. Singular und Plural.

In vielen Fällen lässt sich nachfühlen, weshalb für ein Adverbium die singularische, beziehungsweise pluralische Form gewählt wurde oder doch möglich war. So bemerkt La Reche 45, dass der Plural nie bei den lokalen Adverbien rosov, Ooov, rolAov, zoAy, edpu erscheine. Es heisst ferner onuepov, aupıov, rpwrov, v&ov, YBıLov (nur B 303 ydıla te xal zpweLa). S. 47 theilt La Roche mit, dass der Plural nie als Massbestimmung bei Komparativen und Superlativen vorkomme ausser bei Z£oya (doch fällt auch diese Ausnahme vielleicht hinweg, da es zweifelhaft ist, ob nicht öya und &toya ursprünglich Instrumentale sind). Der Singular erscheint ferner regelmässig bei dsüurepov, tplrov, terparov (aber npwra neben zpwrov). doppov zurück tritt nur in diesem Numerus auf, ‘ein wenig’ heisst turdov, während zurda in turda Starunkas a 174 und xepauvs turda Balwv xedaaunı # 387 “in kleine Stücke’ bedeutet. Einige Verba, welche einen kontinuierlichen Vorgang darstellen, haben naturgemäss ein singularisches Neutrum bei sich, so ‘schlafen’ (66) und ‘lachen’ (61). Nur pluralisch ist rappda häufig (64), &vödfıa und dmı- ö£fıa nach rechtshin (66), wobei an die mehreren Glieder der Reihe gedacht ist. Deutlich ist der Unterschied zwischen rxoAAd und old. Den Gebrauch von roAlla vergegenwärtige man sich an folgenden Belegen: 6; pda rnoAla ridyydn a1; roAla iv ap paotıyı Fog Enepaisto Belvay, moAda 88 perlıyloraı poonude, roAla 5’ Apeın P 430, Asxalouevn Z 458; rolla Ö& oi xpaöln roppupe pevoytı D 551; to pada no’ Enerelle napıoyspev A 229; para noAla radov xal noAN” duoynoa 8 155; moAda Arooo- uevn E 358. Überall tritt der Begriff der wiederholt vollzogenen Handlung hervor. Mit Adjektiven wird roAla nie verbunden. loAu dagegen kommt vor bei Verben im Sinne von ‘weit’: roAd npoßeßnxas anavıwv Z 125, ferner mit Boulopar “vorziehen‘, mit pdavo ‘zuvorkommen’ (48), sonst mit Adjektiven und zwar fast ausschliesslich bei Komparativen und Superlativen, z. B. roAd plAtepos und »lltaros. Der Plural erscheint (nicht noth- wendig, da nicht selten der Singular daneben vorkommt, aber in verständlicher Weise) neben Verben, welche eine in wieder-

$ 257.) Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Griechisch u. Lateinisch. 617

holten Akten sich abspielende Handlung enthalten, so schreien, lärmen, schreiten u. ähnl. Dahin gehören opepdalta bei xrundw, o&ta bei xexinya, aöıya (auch -öv) bei otevayiio, fapea (auch Bapu) bei otevayw, neyala steht, wie schon Ameis beobachtet hat, nur bei Verben die einen Ton bezeichnen (s. La Roche 53 Anm.), alva und oixtp& bei öloyupopar, dewva bei duoxide, &leeıva bei terpıya und oluwLw, paxpa bei Bodw, ferner paxpa und xpaınva ın Verbindung mit den Partizipien Bıßas und rpoßı- Bas. Auch gYpovsw gehört hierher, da bei ppovewy fast aus- schliesslich Plurale wie ayadd, oAoa u. ähnl. stehen, ausser ueya, Tcov und doov (57). Besondere Beachtung verdienen die Superlative. Es scheint (Sammlungen stehen mir nicht zu Gebote), dass regelmässig im Griechischen das Adverbium des Komparativs singularisch, das des Superlativs pluralisch ist, so z. B. bei Homer regelmässig näAAov palıora, Bäccov Tayıora, im Kretischen Öorepov, aber xaAlıcra. Diese Eigenthümlichkeit des Griechischen kann sich nur allmählich entwickelt haben, und es darf daher nicht Wunder nehmen, wenn wir bei Homer das Superlativ-Adverbium auch in singularischer Form antreffen. So steht P 675 öfurarov ögpxeodar; äyyıora, z. B. in Ayyıora Eoixer ist das Gewöhnliche, aber 98: 7’ Ayyıorov ndlev adra e 280 (was nur adverbial verstanden werden kann) ; xpwrista, z. B. in Kalyavra npurtıota xax’ Ooaswevos nposdernev A 105, aber Aprepıöı rpwrıotov dreukato u 60; gewöhnlich dorara xal nunara, aber der Singular X 203, v 116. Man bekommt den Eindruck, als stehe der Singular dem Adjektivum noch näher, als sei er noch nicht ın dem Grade erstarrt, wie der Plural. Die Frage, weshalb die Griechen in der beschriebenen Weise verfahren sind, lässt sich schwer durch eine unserem jetzigen Verstande die Billi- gung abzwingende Formel beantworten. Man kann nur schliessen, dass die Griechen diejenige Handlung, welcher sie das Adverbium des Komparativs als Attribut beilegten, als eine einheitliche auffassten, während ihnen bei der durch das Superlativ-Adverbium näher bestimmten die verschiedenen mög- lichen Akte vorschwebten. Einigermassen vergleichbar ist unser neuhochdeutsches Verfahren mittelst ‘am’, über welches

618 Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Griechisch u. Lateinisch. [$ 257.

man Grimm’s Wb. unter ‘am’ vergleiche. Wenn wir sagen “der Tag ist wärmer als die Nacht’, so fassen wir jeden der beiden verglichenen Zustände als ein einheitliches Ganzes auf, während wir bei dem Ausdruck ‘der Tag ist um Mittag am wärmsten’ an die Linie der verschiedenen Grade der Wärme denken, welche sich um Mittag auf der Höhe befindet. Die Vertheilung der Adverbien unter die Numeri stammt natürlich aus der Zeit, in welcher die Adverbien noch nicht völlig erstarrt waren. Wenn diese Erstarrung zum Abschluss gekommen ist, empfindet man die Numeri nicht mehr. Es ıst daher kein Wunder, dass es ziemlich viele Fälle giebt, in denen wir einen Grund für die Wahl des Numerus nicht mehr angeben können. Das ist z.B. der Fall bei xaAdv und xald: xaAdv findet sich nur bei aetie, xald dagegen 2. B. in dem Satze: od ev xala yölov rövo Evdeo Bump Z 326, wobei xaAd als ursprünglich appositionell zu erklären ist. Ferner ist mir undeutlich, warum es ävrlov und avrla, aber nur &vavtiov heisst (La Roche 64), warum man bald toov bald toa anwendet, z. B. @AAa ge ioov ldaryevesosıy Erina E 203, aber & 6& yıv tiev Ica texeosıv U 551. Ganz gleich peyal’ söyero I 275 und peya 8’ suiaro p 239, vfas p&v Taumpwrov &pbssopev eis Aa dtav ö 577 und Ir da oi zaunpwra dewv npnoato navcmv P 568, und mancherlei anderes der Art.

2. Verbindung von Adverbien mit Adjektiven oder Adverbien.

Der homerische Sprachzustand steht in dieser Beziehung dem altindischen noch nahe. Denn wie im Altindischen nur maht und pur& mit Adj. oder Adv. verbunden werden, so wer- den bei Homer, so viel ich sehe, nur solche Adverbia in dieser Weise gebraucht, welchen der Sinn der Steigerung oder des Gegen- theils derselben anhaftet. Am häufigsten ist die Verbindung mit Komparativen und Superlativen. Dahin gehören peya, z B. mit Apelvay und dApıstos, auch mit Positiven, z. B. n£ya vamos (La Roche 47), xoXd, z. B. mit gitepos, piltaro;, auch mit den Adv. rxporepw und npiv (48), zoAAdv, z. B. mit dpelvov, apıoros (49), pdiıora öfter mit Superlativen, z. B. Zydıoros Ayıızı paltot' Zev 48° Döuoft B 220, auch: 8; te pdlıora Aaprpov rap-

$257.] Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Griechisch u. Lateinisch. 619

oalvnar E 5, Toö yap neoev dyyı nAlıcta ganz nahe 5 460, dAl- xov, z.B. mit xpetocwy (49), t6oov, z. B. mit Yeptepos, auch bei dem Positiv: vnrtos Eoo', @ feivs, Alnv tdoov HE yallppuv 5 371 (49), &oov, Z. B. mit p£prepos, xaprıotos. Nicht mit dem Komp., wohl aber mit dem Superl. und Pos. findet sich &&oya, z. B. bei @proros und äyveıd; (51). Bei Pos. und Adverbien das nach- stehende rotov, z. B. Bapa rotov und xepödleov 6n Tolov (wenn dieses nicht Adjektiv ist), vgl. 50. Eine vereinzelte Verbin- dung ist ruxva hoyaldn cs 109 und heia Aplyvuros (55), welches letztere aber wie ein Partizipium empfunden sein wird. Dazu kann man etwa noch ti, zavra u. ähnl. rechnen, die aber wohl noch als Akk. der Beziehung, nicht als Adverbia zu bezeich- nen sind.

Lateinisch. Im Lateinischen sind diese Adverbia, ver- glichen mit dem Altindischen und Griechischen, nicht eben häufig. Es gehören dahin Formen wie multum, summum, commodum, primum, prius und die übrigen Komparative auf sus, auch magts, rımis, satis (Brugmann 2, 564), factle u. a. Ein Verzeichnis findet man bei Neue? 2, 579 ff. (doch ziehe ich vor, temere als Lok. eines Substantivs zu fassen, vgl. S.567). Der Gebrauch ist derselbe, wie in den verwandten Sprachen. Ein Akk. des Inhalts liegt z. B. vor in magnum clamat bei Plautus, eine Apposition z. B. in maygna supremum voce ciemus bei Virgil. Auch recens, über das man Neue? 2, 592 vergleiche, heisst wohl eigentlich: ‘als etwas Neues’. Auch im Lateinischen lässt sich noch nachweisen, dass die Verbindung mit dem Verbum die ursprüngliche ıst. Man sagt zuerst multum vales, mullum laborat u. ähnl., darauf multum loquax. Im einzelnen bemerke ich noch nach Wölfflin, dass plus erst zu Ende des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts mit Adjektiven verbunden wird, valıdius überhaupt nur mit Verben.

Über das adverbiale cetera, alia, omnia hat Wölfflin, Arch. 2, 90 gehandelt. Wesentlich kommt nur cetera in betracht. Es kommt in der alten Sprache sehr selten vor (eine Stelle bei Ennius und eine bei Plautus) und ist auch in der reinen

620 Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Germanisch. [$ 257—258.

Prosa im ganzen gemieden. So ist die Vermuthung gerecht- fertigt, dass die Konstruktion sich nicht ohne Einfluss des Griechischen entwickelt habe. Cetera findet sich am häufigsten bei Adjektiven, so namentlich cetera sımilis und cetera nudus, seltener bei Verben, so cetera quiescas bei Plautus und cetera adsentior Crasso bei Cicero.

6 258. Adjektiva neutral. Germanisch.

(Vgl. Grimm 3, 97.) Zur lokalen und temporalen Gruppe gehören die mit wert gebildeten im Althochdeutschen, Mittel- hochdeutschen, Angelsächsischen, z. B. ahd. afterwert zurück, heimort nach Hause, üzwert, inwert, mhd. danwert, hanwert, ags. upveard, sudveard, im Neuhochdeutschen durch die geni- tivischen auf -wärts verdrängt. Dazu die mhd. mit Zanc, z.B. tagelanc, hiutelanc. Die Adverbia “modalen’ Gebrauches sind nicht so häufig, wie im Sanskrit und Griechischen, da ihnen ebenso wie im Lateinischen mehrere andere Gattungen von Adverbien Konkurrenz machen. Es handelt sich im wesent- lichen um einige häufig gebrauchte Wörter, welche durch die Dia- lekte durchgehen, so got. ahd. %lu, mhd. vsl, nhd. viel (dazu auch ahd. miAhhrl, mhd. michel); got. leitil, ahd. Zuzid, mhd. Zützel, von da an im Deutschen durch wenig verdrängt, ags. /ytel; got. ganoh (noch kaum als adverbial zu betrachten), ahd. mhd. genuog, nhd. genug, ags. genog. Dabei sind die angeführten Formen nicht bloss als Adverbia, sondern meist auch als Kasus im Gebrauch. Hinsichtlich der Anwendung gilt dasselbe wie in den verwandten Sprachen. Dem gr. xoXd, ai. purd ent- spricht lu mit Verben häufig bei Otfrid (vgl. Erdmann 2, 83), aber auch schon im Gotischen mit Adjektiven und Adverbien, z. B. at filu managati manageın visandein raurdAA0ou öykou dvros Mark. 8, 1; filu gabaurjaba Törora 2 Kor. 12, 9; lu mais, =. B. in: ib is flu mais hropida 5 d& roll pällov Expatev Mark. 10, 48 und so häufig im Althochdeutschen, z. B. Alu scons, märt, luber, riche u. ähnl., von Adv. daz, scono, späto, fruo, höho, kraftlicho u. ähnl., bisweilen auch durch Aarto ver- stärkt, z. B. harto filu ziaro, kleind, kleinöor u. ähnl. Dem gr. p&ya entspricht altn. myak, auch dieses nicht bloss mit Verben,

$ 258.) Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Germanisch. 621

sondern auch mit Adj. verbunden, z. B. 270% langa hrid, ziem- lich lange Zeit. Bisweilen kann man schwanken, ob ein Akk. oder ein Adv. vorliegt. So könnte man das got. Zeit:l in Jestıl galaubjandans Matth. 6, 30 als Akk. des Objekts auffassen, aber da es öAtydrıoror wiedergiebt, so wird es vermuthich als Adverbium empfunden worden sein. Wie ein Akk. des inneren Objekts steht es in hashait ina aftıuhan fairra staba leitil Ars ns is &ravayayeiv öAlyov Luk. 5, 3. Hinsichtlich der Adverbia der Komparative und Superlative verweise ich auf Grimm 3,585 ff. Hier kommen in betracht die im Gotischen auf :s oder s auslautenden Adverbia (vgl. Brugmann 2, 408), so hauhis in usgagg hauhis rpocavaßr,dı Avwrepov Luk. 14, 10; framis in Jah jainpro inn gaggands framis leitil nat npoßäs dxeidev dAlyov Mark. 1, 19; Aaldis in ns Pe haldis nicht um so mehr, d.h. keineswegs; mais, z. B. ak mais vairs habaida Alla yäalkov els to yeipov 2/Boüca Mark. 5, 26 (wo also ma:s nicht etwa zu vasrs gehört); mins, z. B. svebauh ei ufarassau tzvis frijonds mins ‚rijoda el xal repissortpus dpäs Ayanav Frrov Ayanmuaı 2 Kor. 12,15; vairs; seibs ın banaseths "weiter, noch’ zu seipus spät. Diese Wörter finden sich zum theil auch in den übrigen Dia- lekten, so ım Althochdeutschen mer, min, virs, baz, das im Gotischen batis lauten würde. Neben den Adverbien auf ?s stehen die auf os, im Gotischen noch selten, nämlich sniumun- dos ın sniumundos nu insandida ina otrovbmorepws ody Erepba aöröv Phil. 2, 28; aljaleıkos in jah jabai hva aljaleikos hugyib xal ei &räpwg Ypoveite Phil. 3, 15. In den anderen Dialekten sind sie ganz gebräuchlich, z. B. im Althochdeutschen skumor schneller, z. B. thaz thu tuos tuoz sliumor quod facis fao citius Tatian); rumör weiter (z. B. rumör faran longius ıire Tat.); elihhör sonst (far nu intini curi elihhör sunton vade et amplius noliı peccare Tat.) u. ähnl. Leidör hat sich von dem Verbum, zu dem es gehörte, losgelöst und ist zur Interjektion ge- worden.

Von Adverbien der Superlative begnüge ich mich, got. Frumist anzuführen, z. B. silbo auk airba akran barrıb: fru- mist gras baproh ahs adtopden yap F N xapropopei, rpWrov

622 Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Lit. (auchai)u. Slav. [$ 258-259.

x6prov elta ordyuv Mark. 4, 28, wo die Entstehung aus der Apposition (“als erstes’) deutlich ist, und im übrigen auf Grimm 3, 586 zu verweisen.

$ 259. Adjektiva neutral. Litauisch (auch a:) und Slavisch.

Litauisch. Aus dem Preussischen gehört hierher tusnen stille (vgl. ai. t$ntm). Im Litauischen ist die alte Form durch die Bildung auf as verdrängt worden. Auch diese ist indes wohl als eine akkusativische anzusehen, denn J. Schmidt, Pluralb. 227 ff. hat wahrscheinlich gemacht, dass das lit. {a3 der Form nach eine Bildung wie das lateinische qguae (Nom. Akk. plur. neutr.) sei. Zugleich zeigt er, wie es gekommen sein könne, dass {ai so zu sagen den Singular und Plural in sich enthalte, also gewissermassen ein numerusloser substantivischer Nom. Akk. neutr. des Demonstrativums sei. Dass die Ad- jektiv-Adverbia auf ai dieselbe Bildung darstellen, lässt sich meines Erachtens nicht bezweifeln, mag man nun mit Schmidt annehmen, dass schon in der Ursprache auch bei den Nomina ein Nom. Akk. plur. neutr. auf a vorhanden war oder dass im Litauischen der Ausgang at von den Pronomina auf die Adjektiva übertragen worden sei. Die Konstruktion dieser Adverbia ist dieselbe wie die der neutralen Adverbia ın den- selben Sprachen, z. B. szis tlgai neder&jo dieser feilschte nicht lange, Schleicher, Les. 128; nes jis büvo labai pailses denn er war sehr ermüdet 119; Zabai göras vyjras ein sehr guter Mann u. 8. w. Beachtenswerth ist, dass die Form auf ai auch bei Zeitbegriffen erscheint, z. B. pernat im vorigen Jahre. Ferner da, wo wir die erstarırte Form des Adjektiv brauchen: $etp Jüdal iszmuszts so schwarz ausgeschlagen (mit Zeug) Schl. 118; baf’zdq zahai prisiparbüt sich den Bart grün färben 134. So auch, wenn es im Prädikat steht, z. B. räst büs viskas gerai vielleicht wırd alles gut werden 140; ne gerai kad U cze atkelavai es ist nicht gut, dass du hierher gereist bist 139. Merkwürdig sind die Adverbia von den sog. Partizipien der Möglichkeit und Nothwendigkeit wie süktinas gleich &iıxteo; und älıxtds, z. B. &jo su apasztalais i Jerusalem o ne sugriztinai

$ 259.) Kap. XIV. II. Neutrale adj. Adv. Lit. (auch ei) u. Slav. 623

bet hktinai er ging mit den Aposteln nach Jerusalem, aber nicht um zurückzukehren, sondern um zu bleiben; Akad tau düczau sz1q zeme gyventinai dass ich dir dieses Land zum Wohnen gebe; svetas niszmerütinai didelis die Welt ist unermesslich gross (vgl. Leskien, Bild. der Nom. 405, Kurschat $ 1547). Im Ai. würde man in diesem Falle den Dativ eines Abstraktums brauchen.

Slavisch. Es gehören hierher die zahlreichen Adverbia auf o zu Adjektiven auf ü, z. B. aksl. premo gerade zu premii, zelo sehr zu zelü ayoöpdc, malo wenig zu malü klein, razino aus- einander zu razinü dıapopos. Bemerkenswerth ist Zyubo zu Ijubü carus, welches nach dem Interrogativum und Rel. ge- braucht wird (vgl. S. 519), also Aüto Izyubo und yJakovä Iyubo, serb. mnogo viel, dobro gut, russ. borzo geschwind, 2100 leb- haft u. s. w. Öfter ist das Adjektivum daneben nicht mehr vorhanden, z. B. serb. koso schief, Ziho ungerade (vgl. aksl. lichü reptooos). Im Russischen sind Diminutivbildungen neben den Adv. häufig, z. B. neben tverdo fest twerdeniko und tverdovato, neben skoro sehnell skoreniko, neben cisto rein Gisteniko und augmentativ cıstöchoniko. Neben den Formen auf o die auf Je, 2. B. aksl. prüvoje erstens, dalece lange neben dale& und dalekü, danach auch Zestoce hart zu Zestokü (woneben kein Zestoci), so auch glaboce tief, vysoce hoch u. ähnl. (vgl. Miklo- sich 4, 159, und Leskien, Handbuch? 94, der in einem Theil der hierher gehörigen Formen Komparative vermuthet). Ferner die Komparative, z. B. aksl. bolje besser, veste mehr, vySe ober- halb, serb. vede mehr, vi$e oberhalb u. s. w., russ. dli2e näher, nize niedriger u. s. w. Dazu natürlich auch die Superlative wıe russ. najbolise. Endlich gjebt es noch eine Reihe von Adverbien auf % und ?, welche als Akkusative von u-, o- und i-Stämmen anzusehen sind, z. B. aksl. vünü hinaus, nız& hinab, blizü oder blizi nahe, häufig zusammengesetzt, z. B. bezdobi zur Unzeit, posledi zuletzt, strümoglavs über Kopf u. ähnl. (Leskien, Handbuch 2 94).

Zur Veranschaulichung des Gebrauches greife ich aus der grossen Masse einige altkirchenslavische Beispiele heraus, denen ich die entsprechenden serbischen Stellen beifüge: po $to my

624 Kap. XIV. IL Fem. adj. Adverbia. Altindisch. [$ 259—260.

ı Farıses postimü se münogo (za $to mi s Fariseji postimo mnogo) drarl npeis xal ol Dapıoator vnoreuonev noAla; Matth. 9, 14; raz- gnevavü sg zelo (razgnjevi se orlo) &dupnwdr Alav Matth 2, 16; bqdi uoestaje se sqpiremi svojimi skoro (miri se sa suparnıkom svojijjem bdrzo) \sdı zuvomv to Avriölxep con tayu Matth. 5, 25; Auch neben Adjektiven und Adverbien, z. B. i by3e rizy jego liäteSte se bely zelo jako snegü (1 chaljine njegove postadose sjajne i orlo bijele kao snijeg) xal a Ipatıa aurou dydvero arißovre, Aeuxa Alav ws xuuv Mark. 9, 3; 8 jutro probrezgu zelo vüstarü (a u jutru vrlo rano ustavki) xal zpwi Zvvuyov Alav avastas Mark. 1, 35. Als Beleg für die aus der Apposition zu erklärenden Adverbia mag dienen: aksl. prüvoje erstens, vüloroje zu zweit, zweitens, auch mit dem dem griech. Artikel entsprechenden Pronomen: aksl. toprüvo (to rpwtov), serb. topro erst, russ. teperi Jetzt.

8260. Adjektiva femininisch.

Im Altindischen giebt es eine Anzahl von Bildungen auf {aram und tamäm, denen Präpositionen, Partikeln, Ad- verbien zu Grunde liegen (vgl. Gaedicke 227), z. B. samtaram pädakau hara thu die Beinchen mehr zusammen RV. 8, 33, 19. yalard vai sämyattaybh paräjäyate pa vai sd (so zu 1.) kramaty abhitaram u ai Jäyan krämati wer von zwei im Kampfe Be- griffenen unterliegt, der weicht zurück, aber der Siegende rückt immer weiter vor SB. 1, 5, 3, 6.)

An die Präpositionen schliesst sich nd, z. B. te purvapak$ah pürve 'diıkjanta te püpmänam apühata, aparapakfä apare ’di- k$anta te nalaram papmänam apähata die P. weihten sich zu- erst und schlugen die Sünde von sich weg, nachher weihten sich die A., die schlugen die Sünde keineswegs von sich weg AB. 4, 25, 3. Dazu Adverbia wie „yöklamäm am längsten, z. B. mit jiv leben. Diese Wörter auf m nun bilden eine

1) Auf diese Weise wurde so zu sagen der Sinn eines zusammen- gesetzten Verbums gesteigert und so erklärt es sich, dass, wie Böhtlingk unter tara bemerkt, das Sufflix taram in der späteren Sprache auch an das einfache Verbum finitum angefügt werden konnte, x. B. prathayatitaräm fördert noch mehr (Ratnävali in Böhtlingk’s Chrestomathie 223).

$ 260.) Kap. XIV. II. Akk. adj. Adverbia, femininisch. 625

jüngere Schicht neben älteren auf am. Im RV. findet sich neben avatardm, parälardm, pralardm, vilaram auf am das einzige samfaram. Wie nun diese femininale Bildung entstand und wie sie dazu kam, sich an die Stelle der älteren neutralen zu schieben, ist noch nicht ermittelt (vgl. auch SF. 5, 186). Die Ansicht, dass das @ durch “Verlängerung” aus a entstanden sei, kann ich nicht für eine Erklärung halten. Denn sie be- sagt doch nur, dass wir uns über die Länge des Vokales wundern. Ä

An die Formen auf am schliessen sich einige auf zm, nämlich sdanim jetzt, tadänım damals, vifvadanim immer, tugnim stille. J/danim erklären Böhtlingk-Roth als Akk. fem. eines Stammes *idäna und ergänzen ein Subst. wie rätrim die Nacht, wogegen Gaedicke 232 nicht ungegründete Bedenken erhebt, obne aber selbst eine mir einleuchtende Erklärung vorzubringen. Tu$nim findet sich neben asinah sitzend, aber auch neben as sein: üsnim @sa er wurde still. Eine plausible Ergänzung weiss ich nicht vorzuschlagen, verweise aber auf axnv, das ebenfalls femininische Form hat. Durchsichtiger sind die Verhältnisse im Griechischen. Bei den ältesten Bildungen dieser Art war natürlich ein Subst. zu ergänzen, das man aber nicht immer mehr mit Sicherheit angeben kann (vgl. Lobeck, Paralip. 362 ff.). Am meisten erinnern noch an diesen Ursprung diejenigen, bei denen der Artikel erscheint, z. B. my tayloınvy, nv npwrmv. Von ihnen wird bei der Ellipse zu sprechen sein. Der homeri- schen Sprache gehören an: zpynv neulich, wozu ein Subst. wie Nacht oder Tag zu ergänzen sein dürfte, ferner die Formen auf ötnv, nämlich oyeölnv in tubov 8& oysöinv E 830, offenbar s. v. a. ‘drauf los’, ebenso aurooyeötnv unmittelbar drauf los mit ninke. Vermuthlich ist rAnyrv zu ergänzen (vgl. oy£öa Bein Waffen zum Kampf in der Nähe bei Aeschylus). aupaötnv öffentlich zu appadıo; (in aupadıos yaos bei Homer) mit den Gegensätzen oıyfj und Aadpy. Sodann avtıßirv. Neben avrtätov, z. B. in el y&v &n avrißıov auv teuyear neıpnideing A 386, steht xal "Extopı neıpndrivar avrıßlnv D 225, pre ob, Ilndetön, BEA 2pı- Cepevaı Basıkzı avrıßinv A 277 (Weiteres bei La Roche 64). Man

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. 1. 40

626 Kap. XIV. II. Akk. adj. Adverbia, femininisch. [8 260.

kann an ein Substantivum wie gpıs denken. Aus der Zahl der nachhomerischen Bildungen erwähne ich: naxpav weit, z. B. mit rresdaı bei Sophokles, mit areAdeiv bei Aristophanes, mit teiverv und &xteiveıv (von der Rede gesagt) bei Aeschylus, mit Sry (also auf die Zeit angewendet) bei Sophokles. Gänzlich erstarrt ist n&pnv eigentlich in das jenseitige, entfernte Land, z. B. r£pnv &; mv ’Ayaıtrv Steneutev Herodot 8, 36, schon bei Homer präpositionsartig mit dem Genitiv verbunden: repvasy', ov tıv’ Eleoxe, nepnv alos 2 752. Das lebendige Adjektivum ist ım Altindischen als para jenseitig, entfernt erhalten, z. B. param evd parardtam sapdinim gamayamasi in die äusserste Ferne bannen wir die Nebenbuhlerin RV. 10, 145, 4. Ob arpıaımv ein Adj. oder ein Adv. ist, bleibt zweifelhaft. Unerörtert lasse ich die folgenden Formen auf -rv, unter denen sich vielleicht eine oder die andere Substantivform befindet: Avrıy, par», axıv, önv, Alyv, rAyv. Lateinisch. Die Adverbia auf am sind verzeichnet bei Neue? 2, 576 ff. Es gehören dahin: alıquam, allgemein in alıquamdiu, ausserdem familiär mit mulii ver- bunden (Wölfflin, Kompar. 22). Es ist wohl nicht zweifelhaft, dass partem zu verstehen ist. Dasselbe Wort ist zu ergänzen bei dbifariam u. s. w., vielleicht auch bei coram, das zu einem Adj. *corus vor dem Angesicht befindlich gehören könnte (vgl. ai. sak$ad). Bei perperam unrichtig könnte man an vıiam denken. Protinam und promiscam werden bei Schweizer-Sid- ler-Surber $ 223 aus protinuam und promiscuam erklärt. Welches Substantiv dabei zu ergänzen wäre, sehe ich nicht. Ebenso wenig weiss ich über clam und palam Auskunft zu geben. Für einen Akk. plur. fem. pflegt man alias zu erklären und dazu vices zu ergänzen. Diese Auffassung ist mir wahrschein- licher als die Brugmann’sche, wonach es Lok. sein soll. Von alteras gilt dasselbe. Aus dem Pronominalgebiet sind etwa noch Akk. wie iam, guam zu nennen, über die sich nichts Bestimmtes sagen lässt. Ob germanische Adverbia, etwa die auf got. o hierhergehören, muss zweifelhaft bleiben. Aus den slavischen Sprachen habe ich nur aksl. protivg e regione, contra notiert, vgl. Miklosich Wb. unter proti (wo man auch

$ 260—262.] Kap. XIV. I. Akk. adj. Adv., mask. 627

die Entsprechungen aus den anderen slavischen Sprachen findet). Miklosich bemerkt dazu: eig. ein sing. Akk. fem. von protivü.

8 261. Adjektiva maskulinisch.

Grimm 3, 95 verzeichnet eine Anzahl altnordischer Ad- verbien, welche aus dem Akk. sing. mask. entstanden seien, wie qjarnan libenter, hardan dure, driugan frequenter, mtkinn fortiter u.a. Sie kommen, so viel ich sehe, in der poetischen Edda nicht vor, ausser Äropturligan kräftig. Gewöhnlich ist es leicht, das betreffende Substantivum zu ergänzen, so dass man in Zweifel geräth, ob man die Formen auf -ar unter den Ellipsen oder unter dem Adverbium behandeln soll. Einige Beispiele, auf die mich Sievers hingewiesen hat, sind: röa kropturligan (scil. rödr) kräftig rudern Hymiskv. 28; gräta saran (scil. grät) schmerzlich weinen; gengu skipın mikinn ut yfir grunnit die Schiffe gingen einen grossen (Gang) über das Meer; foruw konungmenn mikinn die Königsleute fuhren eine grosse Fahrt; hann keyrdi ba hest sinn ok ridr mikınn er trieb sein Ross an und reitet einen grossen (Ritt); 0% brosti at litinn bann und er lächelte dazu dieses kleine (Lächeln). Die Zitate bei Fritzner, Ordbog? II, 695 und 541. Völlig adverbial ist Jjafnan Gylfaginning 33: hann kom asum jJafnan i fullt van- dr@di er brachte die Asen stets in grosse Verlegenheit'.

$ 262. Der Nominativ.

Dass Nominative erstarren können, ist bekannt (vgl. Brug- mann in Curtius’ Studien 9, 259 fl). Sichere Fälle von ad- verbialer Erstarrung aber dürften selten sein.

Ich habe als mögliche Fälle aus dem Lateinischen notiert: nudıus, mordicus, totiens u. ähnl., secus. Mit nudius hat es freilich eine besondere Bewandtnis. Wenn dius, wie man doch annehmen möchte, dem indischen dyds in püurvedyüs tags zuvor u.8. w. gleich ist, so ist es nicht Nom., sondern wie dyus wahrscheinlich Lok. ohne Kasuszeichen, wie denn auch dius bei Plautus Merc. 862 (neque noctu, neque dius) lokativisch gebraucht ist. Dieselbe Form liegt in ınterdius vor.

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628 Kap. XIV. Adverbia aus dem Nominativ. [$ 262.

Danach sollte nudius, dessen nu doch wohl gleich vw ist, ‘am heutigen Tage’ bedeuten. Es scheint aber, dass nudius als Nom. sing. der zweiten Deklination empfunden wurde, und so konnte denn Zertius u. s. w. hinzutreten (heute der dritte Tag), z. B. nam parasitum misi nudiusquartus Cariam Plautus Cure. 206. Das vielbesprochene mordicus sieht Bücheler ın Wölfflin’s Archiv 1, 104 als ein Adjektivum an, das sich zu mordere verhält wie medicus zu mederi. Der Nom. sing. mask. habe die Alleinherrschaft erlangt und die übrigen Kasus ver- drängt. Das sei bei mordicus um so begreiflicher, als es der Natur der Sache nach wohl überwiegend zu männlichen Substan- tiven gefügt worden sei. Wie ist es aber mit varicus sperrbeinig, welches Apulejus Met. 1, 13 in bezug auf zwei Weiber gebraucht wird: varicus super faciem meam residentes vesicam ezonerant? In dem Suffix von quinquiens, totiens u. s. w. sieht Stowasser in Wölfflin’s Archiv 5, 136 das Part. iens gehend. Ich habe bisher in meinen Vorlesungen dieselbe Auffassung vorgetragen, sehe aber, dass Thurneysen (ebenda 575) und J. Schmidt, Plu- ralb. 295 sich entschieden ablehnend aussprechen, ohne übn- gens ihrerseits etwas beizubringen, das mir einleuchtete. Secus endlich hält Zimmern, Wölfflin’s Arch. 4,602 für das Part. von sequi, welches in alter Zeit seguons, secuns gelautet habe. Indessen es scheint mir unnatürlich, das Adverbium secus von dem Nomen secus Geschlecht zu trennen, das ebenso wie tenus zu adverbialer Bedeutung gekommen sein wird. Freilich weıs ich für die Entwickelung der Bedeutungen nur einen sehr hypothetischen Stammbaum aufzustellen. Altindisch sac, wel- ches offenbar die ursprüngliche Bedeutung des Verbums am treuesten bewahrt hat, heisst: "zusammen sein, nahe sein, an- hängen, nachfolgen. Demnach dürfte secus Anhang, Nach- kommenschaft bedeutet haben und virtle secus zunächst die männliche Nachkommenschaft, dann erst das männliche Ge- schlecht bezeichnet haben. Aus secus Anhang, Nähe, Seite kann dann der präpositionale Gebrauch entstanden sein und endlich kann sich aus ‘Seite’ der Begriff der Entfernung und des Gregensatzes herausgebildet haben (vgl. “meinerseits und

$ 262—263.] Kap. XIV. II. Griech. Adverbia auf «. 629

‘bei Seite stellen‘). Im Litauischen kann der Nominativ kas mit dem Akkusativ eines Zeitbegriffes verbunden werden, z. B. kas subatele szlaviad moczutes kömq jeden Sonnabend kehrte ich Mutters Hof (Schleicher Les. 35), und danach erklärt man dann mit Recht in AasdEn täglich, kasn2kt allnächtlich und ähnlichen. Wörtern bei Schleicher, Gr. 264 (der sie übrigens getrennt schreibt) den zweiten Theil für akkusativisch. Es giebt aber. wie Schleicher weiter bemerkt auch derartige Verbin- dungen aufs, z. B. kasmets jährlich, kasrytis (oder kasryt) all- morgendlich. In solchen sieht Schleicher Akk. plur. Er deutet also z. B. kasmets aus kas metüs und ebenso Kurschat $ 1406, der zu diesem speziellen Falle bemerkt, dass metat Jahr ursprünglich ein Pluralsubstantiv gewesen sei und in manchen Gegenden noch sei. Brugmann bei Leskien-Brugman 320 aber sieht in den For- men auf s Nominative des Singulars. Er führt an, dass neben Wendungen wie kas väkarq jeden Abend auch kas väkaras u. 8. w. vorkomme, und weist ferner darauf hin, dass diese Ausdrucks- weise jedenfalls die ursprüngliche sei, da ja eigentlich Aas mit dem Nominativ einen relativischen Nebensatz ausmache. Da- nach würde Akas väkaras bedeuten ‘welcher Abend es auch sei, und man muss sich wohl vorstellen, dass kas väkarq aus einer Vermischung dieser Konstruktion mit dem Akkusativ bei Zeit- begriffen entstanden sei. Mir scheint diese Auffassung an- sprechend, ich habe deswegen die genannten Wörter an dieser Stelle erwähnt.

Ein gewiss nicht vereinzelter Fall liegt vor in dem russi- schen pravda die Wahrheit, welches auch im Sinne von in Wahrheit, freilich, allerdings’ gebraucht wird, also eher eine Partikel als ein Adverbium genannt werden kann, z. B. ono pravda dorogo da Ijubo es ist zwar theuer, aber schön. Na- türlich ist es aus dem Satze ‘es ist Wahrheit’ hervorgegangen.

$ 263. Ungedeutete Formen des Griechischen (aufa). Aus dem Griechischen sind eine Anzahl von Formen auf & zu nennen, von denen man nicht weiss, ob sie dem Akk. plur. oder dem Instr. sing. angehören (vgl. über sie Kissling,

630 Kap. XIV. II. Griech. Adverbia auf a. [$ 263,

K2Z. 17, 202). Wenn ich hier von den noch ungelösten laut- lichen Schwierigkeiten absehen darf, so möchte ich behaupten, dass dpa durch seine Bedeutung Anspruch auf instrumentale Abstammung hat. “Apa bedeutet ‘mit (in) der gleichen Hand- lung, zugleich”. Bald tritt der Gedanke der Gileichzeitigkeit hervor, z. B. wenn von Wettlaufenden gesagt wird ot! ö iyn ravres xapralluw; Enstovro B 121, bald der des räumlichen Zu- sammenseins, z. B. in der Verbindung mit &rouaı. Da aber der ursprüngliche Begriff immer der der zugleich erfolgenden Handlung ist, so kann man oft auf beide Arten übersetzen, x. B. la npopvnotivor EodAdere, rd Apa navres © 230, wo wir “alle gleichzeitig’ oder ‘alle in einem Haufen’ sagen könnten. “Gleicherweise’ übersetzen wir: vöv 5 dpa T axbpuopos xal drkupd; repl navrwv Erkeo A 417. Dagegen ist dapa viele Male der Bedeutung nach ein Akk. plur. Belege sind: dapa dpwazovra; ötotoüg 0 470; Erel Hapa rorov &uloyoped AAdrloıcıy a 209; Tasıa pe Ayeıpdusvor Bay EBalste II 207; od pev yap Dana yunacios dv! oixp @alveraı 0 516. Unter den übrigen sind einige, welche Adjektiva neben sich haben, zu denen sie gehören können, nämlich @xa in schneller Bewegung oder Handlung (wxö;); taya bald (tayös); Alya laut mit xwxdeıv und dslösıv (Auyb5); oaäpa deutlich genau, nur mit ‘wissen’ und ‘sagen’ (sapri;‘. Bei anderen sind die Adj. nicht oder nicht mehr vorhanden, näm- lich bei alya sogleich; }xa schwach, leise, matt; rüxa dicht mit derselben Bedeutungsentwickelung wie ruxıyd;, also z. B. rp% y Ste 6 Balapos nuxa Bailero I 588 (vgl. A 576), nuxa zo; und rüuxa dopnacns (dupnxtns als Partiz. empfunden), daher ‘sorgfältig’, z. B. rixa 8 Erpepe dla Deavw E 70; peia leicht, ohne Schwierigkeit, stets mit Verben ausser heia d aplyvwr &ati p 265 (partizipial); biuoa in rasch wiederholter Handlung; pala, ein Steigerungswort, dessen ursprünglicher Sinn nicht mehr zu erkennen ist, sehr häufig mit Verben, Adjektiven, Adverbien verbunden (s. Ebeling). Zweifelhaft ist die Herkunft von dya, welches mit ££oyos und dessen adverbialem Plural &foya nichts zu thun haben kann, da der Begriff der Auszeichnung, der in foxos (zu &i£yw) liegt, wesentlich auf Rechnung des 2: kommt.

$ 263 —264.] Kap. XIV. U. Lateinische Adv. auf ter. 631

Nachhomerisch sind xpöpa heimlich, piya verbunden mit, xapra sehr (häufig bei Herodot, z. B. xapra 7öscdaı und xapra Aay- rpds), opdöpa sehr, wovon Kissling a. a. O. 201 vermuthet, dass es aus opoöpds in Anlehnung an pda und xapra gebildet worden sei. In das präpositionale Gebiet gehört ävra gerade auf etwas los, z. B. dAX 6 yiv Avra löwv hiedaro yalxeov Eyyos N 184, avra payssdaı drauf los kämpfen T 163, ävra oyopevn, in der Richtung auf ihn zu verharrend & 141, deotor yap Avra &ofxeı gleicht geradezu @ 630. Die Bedeutung würde also gut zum Instrumentalis passen.

$ 264. Ungedeutete Formen des Lateinischen (auf ter).

Im Lateinischen herrscht noch keine Einigkeit in bezug auf die Adverbia auf ter. Sie sind von Osthoff in Wölfflin’s Archiv 4, 455 fl. aus Zusammensetzung mit iZer erklärt worden, also dreviter gleich “kurzweg’. Ich kann dieser Erklärung nicht beitreten. Die Hauptschwierigkeit beruht in dem Vorhanden- sein von inter, praeter, propter, subter, circiter die man doch von den übrigen Formen auf ter nicht trennen kann. Osthoff freilich entschliesst sich zu dieser Trennung und legt für inter die Heischeform *enteros zu Grunde, aus der «ixier enstanden sei, wie vir aus *viros. Demnach wäre :nter ein erstarrter Nom. sing. mask. Daraus würde sich die Folgerung ergeben, dass inter von dem gleichbedeutenden altır. eier, ai. antar, altpers. antar zu trennen sei, d. h. eine jener Gleichungen von unmittelbarer Evidenz, auf welchen die vergleichende Gramma- tik aufgebaut ist, würde aufzugeben sein, weil sie zu einer an sich nicht ungefälligen Hypothese auf dem Gebiete einer Einzelsprache nicht stimmt. Ich halte ein solches Verfahren nicht für empfehlenswerth, bin vielmehr der Ansicht, dass man von inter als der einzig nachweisbaren proethnischen Form auf ter bei der Erklärung der übrigen ausgehen muss. Danach stelle ich mir die Entwickelung folgendermassen vor. Wie inter zu in verhält sich sudter zu sub, praeter zu prae, propter zu prope, circiter zu circum, obiter zu ob. (Denn obiter als Gegenstück zu obviam aus ob und :ler zu erklären, hindert

632 Kap. XIV. II Germanische Adv. auf da, a, o. (5264-265.

mich die Bedeutung). Ob alle diese Formen nach dem einen Muster von inter gebildet sind oder ob in der Urzeit schon mehrere Formen dieser Art vorhanden waren, bleibe dahin- gestellt. Die ursprünglich lokale Bedeutung des Suffixes ist in cireiter und oditer darum nicht mehr zu fühlen, weil sich die beiden Wörter aus der Zahl der Ortsbestimmungen ent- fernen. Circiter herum wird zu “ungefähr” und aus ‘obenhin’ entwickelt sich “auf oberflächliche Weise. Daran konnte sich aliter, pariter u. s. w. leicht anschliessen und damit die ganze Schar der Adverbien auf ter, worüber hier nicht weiter zu handeln ist.

$ 265. Ungedeutete Formen des Germanischen (auf got. ba, a, o, mit -lich und ung) und des Baltisch- Slavischen.

Germanisch. Innerhalb des Germanischen lassen sich (namentlich im Augenblick, wo die Forschungen über die ger- manischen Auslautgesetze noch keineswegs am Ende stehen) nicht mit Sicherheit unter bestimmten Kasus unterbringen:

1. Die gotischen Formen auf da, z. B. abraba kräftig, azetaba gern, leicht, balfaba kühn. Osthoff, KZ. 23, 93 mag wohl Recht haben, dass sie Instr. oder Abl. von Substantiven sind, welche sonst im Germanischen nicht mehr vorhanden sind, wohl aber im Slavischen, wo Kollektive und Abstrakte aus Subst. und Adj. mit da gebildet werden, so: aksl. svatiba Hochzeit, eigentlich wohl Hochzeitsgäste, züloba Bosheit, serb. druzba sodalitas, Audoba Bosheit u. ähnl. (Miklosich 2, 216). Was ihre Konstruktion betrifft, so erscheinen die Formen auf ba beim Verbum, z. B. ohtedun abraba &uoßndncav apdöpa Matth. 27, 54; jah gasahv bairhtaba allans xal &v&ßkeye mAau-

s änavtas Mark. 8, 25; gaigrot baitraba Exkauae nıxpüs Matth. ‚75; pai ubilaba habandans ol xaxüs Exovres Mark. 2, 17; rduba baloips dewwüs BasavıLöuevo; Matth. 8, 6. Nur an einer :lle könnte man geneigt sein, ein Adv. auf da zum Adj. zu ıhen, nämlich in: vas auk mikils abraba Tv yap niyas apdöpa ırk. 16,4. Aber die Stellung (falls sie nicht dem Griechischen

$ 265.) Kap. XIV. U. Germanische Adv. auf ba, a, o. 633

entnommen ist) spricht dafür, dass adraba zu dem Satze, nicht zu dem Adj. allein gehört.

2. Die übrigen gotischen auf a, z. B. fairra, nehva, vaila. In bezug auf varla ist zu bemerken, dass es zu Verben in ein besonders nahes Verhältnis tritt, so zu visan, z. B. valla visands daga hvammeh bairhtaba ebypawvöpuevos xad’ nuepav Aaympas Luk. 16, 19. So heisst es mit Augjan wohlgesinnt, einstimmig sein, mit galeıkon Wohlgefallen haben an, mit tauyan wohl- thun, ebenso auch ahd. wola mit denkan wohlgesinnt sein, mit wellan wohlwollen, mit {won wohlthun (vgl. lat. benefacio). Einmal ist vas/a auch mit einem Adj. verbunden, nämlich in sat, nu mel vaila andanem T6od, vöv xarpüs eünpdadextog 2. Kor. 6, 2 (vgl. 8, 12), wobei aber zu beachten ist, dass andanems innerlich den Partizipien nahe steht. Dagegen bei dem ahd. wola ist die Verbindung mit einem Adj. unzweifelhaft, z. B. wola wakar, wola quekes muotes, und mit einem Adv. in wola skıoro sehr rasch.

3. Die gotischen auf o, z. B. galeiko gleich, varraleiko männlich, sinteino immer, usdaudo eifrig, oft ohne daneben- stehendes Adjektivum, so usstndo besonders, sundro besonders, sniumundo eilig, andaugjo offen, arojo umsonst, Piubjo heim- lich, gahahjo zusammenhängend, allandjo völlig, aufto etwa, vielleicht, misso wechselseitig, sprauto schnell, unveniggo un- verhofft. Diesen gotischen Formen auf o entsprechen die alt- nordischen auf a, z. B. gorva bereit, illa übel, schlecht, vida weithin, und viele auf liga, z. B. byartliga glänzend; ferner nach Sievers’ Meinung, der ich mich anschliesse, die althoch- deutschen und altsächsischen auf o, z. B. ahd. follo in reich- lichem Masse, gerno mit Freuden, Zango lange, /uto laut, heftig, stark, harto sehr, diko oft; alts. diopo tief, gerno begierig, gern, tulgo sehr; mhd. balde, gerne, hohe, lange, sanfte, vaste, harte u. ähnl. Im Nhd. haben wir das e noch in lange, gerne, sonst ist in bald, gern, hoch u. s. w. das Adj. mit dem Adv. zusammen- gefallen. Besondere Beachtung verdienen die Adv. von Adj. auf Zich, z. B. ahd. dlidlicho froh zu biidlich, forahtlicho ängst- lich zu forahtlich, jamarlicho entsetzlich zu jamarlich. Unter

634 Kap. XIV. II. Deutsche Adr. auf ich. [$ 265.

den dreissig Adj. auf Zich aus Otfrid, welche Kelle 2, 372 anführt, finde ich in sechzehn Fällen Adj. und Adv. in dieser Weise neben einander, dagegen in vierzehn Fällen (daldlicho kühn, driulicho mit Treue, drugilicho ränkevoll, drütlicho zärt- lich, erlicho anständig, follicho in vollem Masse, garalicho gänz- lich, gisuäslicho freundschaftlich, gomilicho männlich, guallicho auf herrliche Art, herlicho mächtig, Zugilicho fälschlich, thegan- licho auf Helden-Art, ungisewanlicho unsichtbar) steht das Adv. allein. Es scheint also, dass schon im Ahd. /icho als Adverbial- endung empfunden worden ist. Jedenfalls ist das im Mhd. der Fall, wo man zu ganz ganzlıche, zu salec selecliche, zu mtlte miltecliche bildet (vgl. Grimm 2, 661). Der Grund für die Bevorzugung dieser Endung lag natürlich darin, dass sie die Adverbialität des Wortes deutlicher hervortreten liess, als die Formen auf e, welche ja ın Formen wie Äleine sich von dem Adj. nicht unterschieden. Im Nhd. haben wir diese Adverbial- bildung noch in Formen wie freilich, schwerlich, weislich, während im Englischen /y ausschliesslich adverbiell geworden ist. Näher auf diese Adverbia einzugehen, unterlasse ich, weil, wie mir Sievers mittheilt, eine besondere Untersuchung über dieselben demnächst zu erwarten ist.

Den gotischen Adverbien auf o möchten vielleicht auch einige der angelsächsischen Adverbia auf a wie söna bald, Zela, teala geziemend u. ähnl. entsprechen. Dagegen gehören die ags. auf e wie beorhte glänzend, füste fast, gearve ganz und gar, georne gern, hearde hart, sehr, cymlice herrlich, eddiglice ım Ueberfluss u. ähnl. einer anderen mir nicht deutlichen Bil- dungsweise an.

Was die Anwendung dieser Adverbia betrifft, so habe ich die gotischen Formen nur in Verbindung mit Verben gefunden, auch im Ahd. dürfte diese Verbindung überwiegen, doch findet sich auch die Stellung vor dem Adj., so z. B. im Otfrid bei thräto sehr, 2. B. wuntar thräto seltsanaz, mit thrato herten banton, thräto liublichoe. harto sehr, 2. B. mit ungimah, mihtl, sellsanı, rümo (sehr entfernt), agaleizo (sehr beharrlich), thegan- scho (sehr heldenmässig). Vgl. noch reAhto bei Kelle. Nicht

$ 265.] Kap. XIV. II. Deutsche Adverbia mit ung. 635

gefunden habe ich diese Verbindung bei sA0no, sero, garo, gilicho, bei denen sie sich später eingestellt hat.

4. Wie das ahd. Zicho, das mhd. liche und Zichen, das engl. !y zu Adverbialsuffixen geworden sind, wobei also das Adjectivsuffix durch das Sprachgefühl mit zum Adverbialzeichen gezogen wurde, so ist auch das Suffix ing oder ung (über welches Grimm 3, 233 handelt) als Bestandtheil des Adverbial- suffixes empfunden worden. Es erscheint im Got. mit dem Ausgang o in unventggo unverhofft, im alts. auf o, also dar- nungo heimlich, farungo unversehens, gegrungo geradezu, offen- bar, in Wahrheit, im Ags. auf a, z.B. feringa plötzlich, sem- ninga alsbald, arunga durchaus, gänzlich, gerunga (aus gegnunga) geradezu, vollständig. Diese Bildungen dürften auf denselben (noch unerkannten) Kasus zurückgehen. Ein anderer, nämlich der Akk. sing. fem. erscheint im althochdeutschen ı2gän, z.B. arauwingun frustra (vgl. got. arvyo), italıngun dass., gahıngun subito, faringün repente, blintilingon latenter, rucchilingon supine u. ähnl. lm Mhd. entspricht ingen, z. B. helingen heimlich, flüglingen plötzlich, rückelingen rücklings, biuchelingen bäuch- lings, sitelingen seitlings u. ähnl. Im Nhd. ist von den zahl- reichen adverbialen Gen. das s übertragen, so dass blindlings, rücklings, meuchlings u. 8. w. entstanden sind. Ing oder ung ist danach ein adjektivbildendes Suffix, welches im Germanischen nur noch in einigen Kasus erhalten ist. In anderen Sprachen aber ist es noch lebendig, denn es scheint mir dasselbe zu sein, wie das indische afßc, welches hauptsächlich an Präpositionen erscheint, z. B. idaßc aufwärts gerichtet, präßc vorwärts gewandt, vorn befindlich, aber auch ein Adjektivum weiterbildend in $ortyanc weisslich neben $vitra und $vstd (in dem Eigennamen Dadhyahe scheint es an das Subst. dadhi getreten zu sein). Im Lat. gehört dahin propinguus neben prope, longinquus neben longus.

5. Endlich sei noch bemerkt, dass im Nhd. gewisse Sub- stantiva, welche das zweite Glied einer Zusammensetzung oder Zusammenrückung bilden, auf dem Wege sind, Adverbial- endungen zu werden, so: Ding in neuerdings, platierdings, Fall in gleichfalls, jedenfalls, Mal ın einmal, vormals, niemals, Mass

636 Kap. XIV. III Adverbia aus Präpositionen mit Kasus. [$ 265—266.

in gewissermassen, folgendermassen, Weg in keineswegs u. a. (Heyse, Gr. 526).

Sehr viel habe ich noch übrig gelassen aus dem baltisch- slavischen Gebiet, wovon man sich überzeugen kann, wenn man Bielenstein, lett. Spr. $ 524 ff. und Leskien, Handbuch? $ 84 durchnimmt. Ich möchte über diese Formen zunächst den Kennern das Wort lassen.

nl. 8 266. Adverbia aus Präpositionen mit Kasus.

Griechisch. Bei Homer findet sich xat’ axprns oder xaraxprıg (ob man trennt oder zusammenschreibt ist gleichgültig), worin ich mit der Überlieferung den Gen. von äxpn sehe (vgl. auch J. Schmidt, Pluralb. 371 Anm.). Es bedeutet ‘von oben her’ in den Worten: «< apa uıv Eindyr' Elasev peya xüpna xat' axprs e 313. Daraus entwickelt sich der Sınn ‘bis auf den Grund’, z. B. ws el Arasa "los öppudsssa rupl auöyorto xar äxpıs X 410. Endlich “gänzlich. Desselben Sinnes wie xat dxpns ist das Wort, das man gewöhnlich xara- xp7idev schreibt. Ich nehme also an, dass darin nicht das Wort für ‘Haupt’, sondern ebenfalls äxpn, steckt und dass xar' äxpr,- dev zu schreiben sei. Karevara mit löwv O 320 ‘in’s Angesicht sehend’. Wahrscheinlich ist &v ara dasselbe wie eis ora (mit töeosdar), aber früh verschmolzen, weil 2v mit dem Akk. abkam. Zu diesem Akk. &vwra trat dann noch die Präp. xara. Nach Homer ist belegt &xroöwv aus dem Wege, abseits (Herodot‘, danach gebildet (wie Buttmann, Gr. 2, 243 bemerkt) 2urodev ım Wege, hinderlich (zuerst bei Aeschylus); rapaypipa sogleich, auf frischer That, auf der Stelle (Thukydıdes); rpoöpyou zum Zweck (Arıstophanes). In manchen Fällen kann man zweifel- haft sein, ob die Verbindung einer Präposition mit einem Akk. oder der Akk. eines zusammengesetzten Adjektivums vorliegt, so xarevavtiov D 567; üneppopov (wobei die Form drdppopa B 155 für die Annahme eines zusammengesetzten Adj. spricht); pe- duotepov (ol neßöctepor die Nachkommen bei Aeschylus). Ge- nauere Untersuchung wird vielleicht feststellen können, welcher

$266.] Kap. XIV. III. Adverbia aus Präpositionen mit Kasus.. 637

Vorgang im einzelnen Falle anzunehmen ist. Dass an sich die Entstehung eines Adjektivs aus einer Verbindung von Präp. und Kasus nicht unmöglich ist, beweist „poößos, z. B. &rel ds opodöd; Eatıv Apyelov otpard; Sophokles Ant. 15. Man hat nie gezweifelt, dass dem Adj. ppoödos die Phrase rpd 6öoü ylyvaodaı vorwärts des Weges, auf dem Wege kommen, zu Grunde liege, wie sie A 382 steht. "Avavra, Zvavra, xdtavra, rapavıa habe ich nicht erwähnt, weil ich nicht weiss, ob -avta noch als leben- diger Kasus oder schon als Adverbium empfunden worden ist.

Aus dem Lateinischen erwähne ich: adamussim nach der Schnur (Varro); admodum völlig (Plautus); adfatım zur Genüge (wobei freilich fatis nicht vorhanden ist. Ob man auch ad prima besonders, vorzüglich, als Adv. betrachten soll, kann zweifelhaft sein. Von cum primis gilt dasselbe. Über comminus und eminus bemerke ich, dass mir die Auffassung von Corssen 2, 415 nicht einleuchtet. Ich stelle die Wörter hierher, weil ich den Verdacht habe, dass in minus der Abl. pl. von manus steckt. J. Schmidt, Pluralb. 50 Anm. sieht in *manus(u) den Lokalis, mir nicht recht wahrscheinlich, weil e und com ihrer Bedeutung nach sich nicht zum Lok., sondern vielmehr zum Abl. und Instr. schicken. Denuo von neuem. Auch in desubito (Naevius) und derepente (Ennius) scheint eine Verbindung mit dem Abl., nicht mit dem Adv. vorzuliegen. Extemplo von der Stelle, alsbald (Terenz), eine alterthümliche Formel, welche sich erhielt, weil jedem Römer die Wendung er templo (d. h. unmittelbar nach dem Wahlakt im templum) magistratum occipere geläufig war (vgl. Jordan, krit. Beitr. 351). Ergo soll nach Pott, dem sich Corssen 1, 449 anschliesst, aus e rego (so wie erga aus e rega) entstanden sein, was so viel sein soll wie e regione. Ich mag darüber nichts behaupten. Invicem (jünger als vecem). Incassum («rn mit dem Neutrum von cassus leer, nichtig) bei Lukr. Mit dem Abl. erscheint :x verbunden in impraesentiarum für jetzt (Cato), was Wölfflin, Archiv 4, 11 richtig aus :ın praesentia rerum zu deuten scheint. Dazu auch depraesentiarum. Ilico auf der Stelle aus *in sloco. Imprimis unter den ersten, vorzüglich. Es ist mir

638 Kap. XIV. III. Adverbia aus Präpositionen mit Kasus. :'$ 266.

wahrscheinlich, dass primis Abl. plur. des Maskulinums sei. Obriam entgegen. (Über oditer s. bei den Adverbien auf ter). Postmodo ist vielleicht nichts weiter als posimodom. Propediem nahe dem :heutigen) Tage, nächster Tage (Cic.). Propemodum Plautus! beinahe. Sublımer in die Höhe, d. h. ursprünglich an die obere Schwelle der Thüre hinaufgezogen, wie bei der Züch- tigung der Sklaven geschah, vgl. Ritschl, Opusk. 2,462. Sedulo, wohl aus se dolo (vgl. J. Schmidt, Pluralb. 50 Anm.‘, nicht zu sedeo. Enthält intervias einen Akk. plur. oder einen Gen. sing.? Bücheler (B.-Windekilde $ 158) behauptet mit Entschieden- heit das letztere. Zuzugeben ist ihm, dass in Stellen wie dum rus eo, coepi egomet mecum inter vıas aliam rem ex ala cogstare (Terenz) der Akk. plur. nicht passt. Bedenklich aber ist mir, dass ich die Entstehung eines genitivischen Adverbiums mir nicht deutlich zu machen weiss, denn weder wage ıch anzunehmen, dass inter früher mit dem Gen. verbunden wurde, noch sehe ich die lateinischen Adverbia genitivischer Form, welche eine verführerische Anziehung hätten ausüben können. Es bleibt also doch wohl nur übrig, dass inter vias 8. v. a. unterwegen (wie in deutschen Dialekten gesagt wird !) bedeu- tete. Dass man nun einen solchen Ausdruck, nachdem er ein festes Adverbium geworden war, auch mit Beziehung auf einen einzelnen Weg gebrauchen konnte, scheint mir natürlich, da ja bei Adverbien das Gefühl für den Numerus zu schwinden pflegt. (An inter pugnas nehme ich keinen Anstoss, da ‘Schlacht’ zu den Wörtern gehört, welche man singularisch und plura- lisch auffasst.) In antea, postea, postidea, interea, praelerea, propterea, antehac, posthac, quapropter u.ähnl. sind Ablative zu erkennen nach adrorsum ead in der Ep. de Bacch. In dem führenden Worte unter diesen wird also eine Präposition stecken, welche einstmals mit dem Ablativ verbunden werden konnte. Praefiscine oder praefiscini unberufen, z. B. praefiseini hoc nunc dixerim, d. h. möge mir die Überhebung nicht schaden,

i) unterwegs ist daraus entstanden. Das s ist ja im Deutschen geradezu ein Adverbialsuffix geworden, wie z. B. in meinerseits (vgl. Paul, Prinzipien? 194).

$ 266.] Kap. XIV. III. Adverbia aus Präpositionen mit Kasus. 639

wenn ich behaupte (Plautus); servus meus homo praefiscini frugi mein Diener ist unberufen ein brauchbarer Mensch (Petronius). Die Erklärung von Ribbeck, Part. 3 ‘voran mit dem Amulet’ kommt mir an sich etwas gezwungen vor, auch nehme ich Anstoss an der ausgesprochen instrumentalen Bedeutung bei lokativischer Form. Es könnte sein, dass pr. nichts anderes ist, als ‘vor der Verzauberung, ehe eine solche eintreten kann’. Dass prae sonst nicht ‘vor’ in zeitlichem Sinne bedeutet, scheint mir kein Gegengrund, denn thatsächlich ist das prae der hin- dernden Ursache nichts anderes als das zeitliche ‘vor’. Denn prae lacrimts loqui non possum heisst eigentlich: ich kann nicht vor den Thränen zum Reden kommen, sie kommen mir immer zuvor. Freilich weiss ich eine Konstruktion von prae und pro mit dem Lok. nicht nachzuweisen. Allenfalls könnte man "Mwdı zps anführen.

Für das Germanische hat Grimm 3, 104 ff. und beson- ders 142 ff. wieder besser gesammelt, als für irgend eine andere Sprache geschehen ist. Er sagt dabei (S. 143): “Denkbar kann aus der verbindung vieler sinnlichen oder eines jedweden ab- strakten subst. mit präpositionen ein solches adv. entspringen, man wird es aber erst dann annehmen, wenn es durch wieder- holten gebrauch eingeführt worden ist, und am sichersten, wenn sich eine abgezognere bedeutung, als der gehalt der worte mitbringt, daneben einfindet. Zu berg drückt uns sursum aus, zu thal deorsum, zurück retro, ohne dasz wir uns der begriffe berg, thal und rücke dabei zu erinnern brauchen; aber auch unser mit willen (sponte), mit fleisz (ex composito, consulto) ist merkbar etwas anders, als wenn wir dieselben worte und in derselben konstruktion für voluntate und cum diligentia setzen, obschon diese ebenwohl voluntario und dili- genter bedeuten dürfen”” Grimm behandelt dort Wörter wie überall, überein, fürwahr, zumal (mhd.ze mäle), beiseit, überhaupt (wahrscheinlich “über die Häupter hin’ von einer summarischen Zählung der Heerde) u. s. w. Merkwürdig sind auch die zu Präpositionen gewordenen neben, kraft, laut u. ähnl., bei denen die einst vorhandene Präposition entweder undeutlich

640 Kap. XIV. III. Adverbis aus Präpositionen mit Kasus. [$ 266.

geworden oder verschwunden ist (vgl. über sie das Grimm’sche Wörterbuch).

Aus dem Litauischen habe ich zufällig nur wenig notiert. Beispiele sind afgäl zurück, rückwärts (gälas Ende); permer zuviel, übermässig (mera Mass‘ ; pokim vor Augen aus akım: tszlEs fürwahr (fösa Wahrheit).

In den slavischen Sprachen gibt es eine Fülle solcher Wörter, von denen ich einige beispielshalber anführe. Ich entnehme die Belege aus Miklosich 4, 157 ff. Oft sind die Kasusendungen durch Abkürzung unkenntlich geworden. Sehr häufig findet sich das in Adverbien so gebräuchliche i. Aksl. opeli, na-opeti rückwärts, vüz-opefi, za-peli apa riöas, serb. opet wieder, russ. opjafi wieder werden auf das Wort für ‘Ferse’ zurückgeführt, welches aksl. peta lautet, also eigent- lich “an der Ferse. Damit vergleichen sich unmittelbar serb. natrag zurück zu {rag Spur, sodann mit der Präpos. s s-traga hinten, und von straga ist dann wieder ein neues Adverbium mit der Präp. o, nämlich o-strag hinten gebildet. Auch ein weiteres Wort für ‘Spur’, aksl. sledü, hat Stoff für mancherlei Adverbia gegeben, z. B. aksl. posledi, posledi postea, davon kompar. Adv. posleide (vgl. Miklosich, Wb. s. v.. Aksl. 0-kolo herum, Adv. und Präp.; serb. oAolo, oko dass.; russ. oAolo ungefähr, als Präp. herum, zu Aolo Kreis (Miklosich unter *kole). Russ. o-zemi humi, nach Miklosich unter *zem auch na-zemi. Aksl. iskri, iskry, prüskri nahe; serb. u-kraj neben, russ. dial. Arej), Ari als Präp. in der Bedeutung nahe bei (nach Miklosich) gehören zu *Ara7, aksl. Araji Rand. Serb. na-ocı und u-oct im Angesicht, u-oci nedjelje angesichts des Sonntags, d. i. am Sonnabend, zu oAo Auge. Serb. od maha, odmah, namah sogleich zu mah Hieb. Serb. s-Juiro morgen, russ. za-vtra, dass. zu *ufro bei Miklosich. Russ. v-volyu, do- voli und ähnliche Bildungen mit der Bedeutung ‘genügend’ zu volja Wille (vgl. Miklosich unter *vel 1). Einige Beispiele für die Verbindung einer Präp. mit dem Kasus eines Adjek- tivums sind: russ. v-male bald, po-malu allmählich (mal& klein); v-siarı einst, tz-starı von alter Zeit (starü alt); iz-nova, sütznora,

$ 266—267.] Kap. XIV. II. Rückblick auf das Adverbium. 641

v-novi von neuem, za-novo wie neu (nov& neu); v-Arute zu schnell, in Eile von Arui& hastig; o-drugü plötzlich, wozu nach Miklosich 4, 161 cas& zu ergänzen ist, also: im anderen Augen- blick; serb. za-ista und od-ista gewiss zu aksl. sstä (vgl. Miklo- sich unter *jes), russ. potomu daher, deshalb, potomü darauf, und vieles der Art.

Schliesslich können nicht bloss Kasus, sondern auch schon fertige Adverbia mit Präpositionen verbunden werden, z. B. griech. &&rı, perönıode, xaravrınpd, lat. adhuc, eramussim (dieses wahrscheinlich in Nachahmung von adamussim), adaeque auf gleiche Weise (schon bei Plautus), während ein adaeguus nicht vorhanden ist. Doch soll dieser Gesichtspunkt hier nicht weiter verfolgt werden.

$ 267. Rückblick.

In dem hiermit beendeten Kapitel ist gezeigt worden, dass die Adverbia, wie ich das Wort hier verstanden wissen will, zu bezeichnen sind als erstarrte Kasus von Substantiven und Adjektiven auf nominalem und pronominalem Gebiet. Über das Genus war, soweit es die Substantive betrifft, nichts zu bemerken. Bei den Adjektiven, welche substantiviert sind, erscheint das Neutrum. lst aber die Ellipse eines Substantivums anzunehmen, so zeigt das übrig bleibende Adjektivum am häufigsten femininale Form. Es handelt sich eben oft um Abstrakta, und diese sind oft Feminina.. Von den Numeri ist der Singular durchaus überwiegend. Der Plural ist am verbreitetsten im Instr., z.B. in ai. $anäis langsam, av. vispais gänzlich, ags. miclum sehr, in den deutschen Adv. auf lichen und Üinger, im Slavischen wahrscheinlich in den Formen auf. Der Akk. plur. findet sich im Griechischen und in einigen lateinischen Formen, die vielleicht unter griechischem Einfluss stehen. Der Dual ist selten, z. B. aksl. me2dw zwischen (den beiden Grenzrainen). Die Kasus sind alle vertreten, mit Aus- nahme des Vokativs, der ja aber kein eigentlicher Kasus ist. Die seit alter Zeit am häufigsten vorkommenden Kasus sind Akk. und Instr. Seltener ist der Lok. Der Abl. lässt sich

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 41

642 Kap. XIV. II. Rückblick auf das Adverbium. [$ 267.

für die älteste Zeit nur an pronominalen Wörtern nach- weisen. Am schwächsten vertreten sind Genitiv, Dativ und Nominatıv.

Natürlich lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, wie es ın der Grundsprache ausgesehen habe. Es ist aber sehr wahr- scheinlich, dass eine Verschiedenheit des Accentes am kasuell und am adverbial gebrauchten Kasus (wenigstens in einigen Fällen) schon in der Ursprache vorhanden gewesen ist. Auch lässt sich nicht absehen, warum gewisse akkusativische und instrumentalische Adverbia gefehlt haben sollen. Bei manchen Adverbien ist durch direkte Vergleichung festzustellen, dass sie der idg. Ursprache angehörten. Ich führe als Beispiele einige von den Formen an, welche Fick in der neuen Auflage seines grossen Werkes anerkennt (wobei ich auch die neueste Trans- skription beibehalte). Derartige sind: moAsi eilend, bald, vgl. ai. makgu, av. mosu, lat. moz und mit etwas abweichender Be- deutung pad (Schrader KZ. 30, 477). Ob freilich moksu ein Lok. plur. oder Akk. sing. ist, lässt sich nicht mit Bestimmt- heit sagen (so wenig wie bei lat. oız). Nicht ganz zweifesohne ist auch die kasuelle Beschaffenheit der Wörter, welche Fick unter öves, onegos, mithos, mithü, mughus verzeichnet. Ein Akk. eines zusammengesetzten Subst. wäre perut im vorigen Jahre, eines zusammengesetzten Adj. proznu. Ausserdem ist unzweifel- haft, dass Wörter wie zhjes gestern und Wörter für “hier, ‘dort’, ‘so’ u. ähnl. vorhanden gewesen sind. Es kann also nicht bezweifelt werden, dass eine Anzahl von Adverbien be- reits aus der Ursprache in die Einzelsprachen übergegangen sind. In den Einzelsprachen aber haben, je mehr sich das Bedürfnis herausstellte, dem Verbum so gut wie dem Nomen ein Attribut hinzuzufügen, die Adverbia sich gewaltig vermehrt. Dabeı lösten sich für das Sprachgefühl von einzelnen Exem- plaren der Adverbia gewisse Suffixe, die als adverbbildend empfunden werden, los (z. B. öov, önv, tim, serb. ice u. s. w.), und es entstanden zahlreiche Adverbien neu, welche nie selbst Kasus von Substantiven oder Adjektiven gewesen sind. Man kann also, wenn man die Einzelsprachen im Auge hat, nicht

$ 267— 268.) Kap. XV. Präpositionen. Einleitendes. 643

mehr sagen, dass die Adverbia, sondern nur, dass die Proto- typen der Adverbia erstarrte Kasus sind.

Was die Konstruktion der Adverbia betrifft, so ıst klar, dass sie ursprünglich nur zu Verben treten konnten; darunter auch zu dem Verbum ‘sein. Sehr früh aber fand die Über- tragung statt, dass sie (namentlich wohl die steigernden) auch zu Adjektiven und Adverbien gezogen wurden. Doch haben sich in dieser Beziehung die einzelnen Sprachen verschieden verhalten. Im Altindischen finden wir im Veda gewisse Ad- verbia auch neben Adjektiven. So heisst es z.B. RV. 1, 117, 13 yuvam cydvanam abvina Jaranlam pünar yiuvanam cakrathuh $acıbhih ihr beiden ASvin habt den alternden Cyaväna durch eure Künste wieder jung gemacht. Als sich aber der Stil ver- feinerte, drückte man sich anders aus. Denn es heisst SB. 4, 1, 5, 10: palım ni me pünaryuvanam kurutam macht meinen Gatten wieder-jung. Man hatte die Empfindung, dass wenn pünar nicht mit yivan zusammengesetzt würde, es leicht zum Verbum gezogen werden könnte, so dass die Aufforderung dahin gehen würde, die Handlung des Jungmachens zum zweiten Male vorzunehmen.

In neueren Sprachen ist dann aus dem adverbialen Aus- druck wieder ein adjektivischer geworden. Wir sagen er redet Jliessend und danach ein fliessender Redner u. ähnl., und wenn die Gebildeten auch vielfach an dieser Umformung Anstoss uahmen, so geht sie doch unaufhaltsam ihren Weg.

Kapitel XV. Präpositionen.

$ 268. Einleitendes.

Über die Präpositionen handelt ein 859 Seiten starkes Werk von A.F. Pott (Etymologische Forschungen auf dem Ge- biete der indogermanischen Sprachen, zweite Auflage, erster Theil, Lemgo und Detmold 1859). Wer den Versuch macht, dieses Buch zu lesen (ganz wird es wohl niemand überwinden)

41*

644 Kap. XV. Präpositionen. Einleitendes. [$ 268.

wird recht deutlich gewahr, wie sich seit den Zeiten des Be- gründers der Lautlehre die Ziele der Sprachforschung verändert haben. Pott, der sich in den von Kant ausgegangenen An- schauungen bewegte, stellt zunächst eine Art von Kategorien- tafel, eine Übersicht der im menschlichen Verstande ruhenden Raumbegriffe auf, welche auf S. 160 der moderne Leser mit Erstaunen betrachtet. Sodann, bei der Behandlung der einzelnen Präpositionen, rückt der etymologische Gesichtspunkt durchaus in den Vordergrund, und zwar tritt dabei das, was wir jetzt die etymologischen Schrullen des ausgezeichneten Mannes nennen würden, besonders hervor. Beispielsweise sind unter apa behandelt: av. apa und apara; r$pucı und andere Zeit- partikeln; aro, ano, woher rünatos; germ. fram, fra, from: ahd. ad; ahd. fona, von; Ableitungen von got. af u. 8. w.; ai. dpara, unser aber, ver-, rapa; ai. pdra (alius), pdrä retro). ralaı u. 8. W.; TApog, rapd; ai. pärd, nepa, repav; lat. per, osk. perum; lit. Wörter im Sinne von lat. post; andere einschlägige lit.-lett. Präp. mit r, wie per, lett. pahr, lit. par; lit. prö, slar. pre, pere; ır. for; ai. pari, av. pasrs, repl; pdri nept steigernd; rep;, lit. pri, pre, preuss. prei; poln. przy; Unterschied der Derivata von apa und aäpi, relpw, &ropov, got. faran, lat. parıo, aperio, operio, reperio, experior; fahren, lat. porto; ai. par (complere), lat. paro, par; tmpero, pareo u.s. w. So- dann fällt uns auf, dass der geschichtliche Gesichtspunkt stark zurücktritt, so dass z. B. nirgends der Versuch gemacht ist, zu ermitteln, ob gewisse Verbindungen von Präpositionen und Verben etwa schon in die proethnische Zeit zurückgehen. Da nun ausserdem, dem Plane des Werkes gemäss, die Syntax wenig berücksichtigt ist, so habe ich nicht eben viel Nutzen aus der einzigen umfassenden Bearbeitung meines Gegenstandes ziehen können. Ebenso wenig habe ich von einer Arbeit Grassmann’s (KZ. 25, 339) Vortheil gehabt, welcher darauf ausgeht, die vorhandenen echten Präpositionen aus ihren Ur- elementen abzuleiten. Ich halte dieses Unternehmen für phan- tastisch. Benutzt habe ich hauptsächlich für das Altindische SF. 5, 432ff., für das Iranische die betreffenden Partien ın

& 268.) Kap. XV. Präpositionen. Einleitendes. 645

Hübschmann’s Schrift zur Kasuslehre und Spiegel’s Grammatik der alt. Spr. 452ff., nebst dessen Keilinschriften?. Für das Griechische ist vorwiegend Homer herangezogen worden. Als ein Muster geschichtlicher Behandlung, wie sie allen Prä- positionen zu theil werden sollte, erwähne ich das Frankfurter Programm (1874) von Tycho Mommsen: Entwicklung einiger Gesetze für den Gebrauch der griechischen Präpositionen yerd, cöv und apa bei den Epikern. Für das Lateinische lieferte ausser den Lexicis Neue ein reiches Material. Dabei sind die italischen Dialekte möglichst herangezogen worden, wobei die oskischen Inschriften nach Zvetajeff’s Sylloge inscriptionum Oscarum, Petropoli 1878 zitiert werden. Innerhalb des Ger- manischen habe ich mich wieder vorzüglich an das Gotische ge- halten und verweise im übrigen auf die mit Recht berühmte Abhandlung von Graff, Die althochdeutschen Präpositionen, Königsberg 1824 und Grimm 2, 796ff. und 4, 765ff. Die lı- tauischen Präpositionen sind von Kurschat, Gr. 388 behandelt worden, wobei Bezzenberger, Beiträge zur Geschichte der litaui- schen Sprache (Göttingen 1877) 243 ff. zu berücksichtigen war. Hinsichtlich der slavischen Präpositionen endlich verweise ıch auf Miklosich 4, 195 ff. und die Abschnitte unter den ein- zelnen Kasus. Hinsichtlich der Terminologie bemerke ich, dass ich das Wort “Präposition’ in doppeltem Sinne gebrauche, nämlich als Bezeichnung der Wortart und bei der Verbindung mit Kasus, für die mit Verben verbundenen Präpositionen scheint mir der von Varro gebrauchte Ausdruck Präverbia der passendste (Grassmann sagt dafür Richtungswort), den freien Gebrauch, z. B. gr. r£pı in hohem Grade, nenne ich her- gebrachter Weise ‘adverbial”.

Für die Darstellung hat sich mir folgende Gruppierung als die natürliche ergeben. In dem ersten Abschnitt wird von dem Verhältnis der Präpositionen zu den Verbalformen und den Kasus im allgemeinen gehandelt, wobei sich ergiebt, dass bei den allermeisten Präp. die Verbindung mit den Verbal- formen die älteste ist. Ich sage ‘mit den Verbalformen’, da Ja von einer Verbindung oder gar Zusammensetzung mit dem

646 Kap. XV. Präpositionen. Einleitendes. [8 268.

Verbum als solchem nicht gesprochen werden kann. Der zweite Abschnitt bringt eine Aufzählung derjenigen Wörter, welche in den hier berücksichtigten Sprachen zugleich als Präverbien und Präpositionen dienen, der dritte umfasst solche proethnische Wörter, welche nicht überall oder nur vereinzelt zugleich Prä- verbien sind. Es muss bei mehreren derselben offen gelassen werden, ob der Gebrauch als Präverbium nıe vorhanden oder ob er vielleicht verloren gegangen ist. Der vierte Abschnitt bringt diejenigen proethnischen Wörter zur Darstellung, welche nie als Präverbien auftreten. Im fünften gebe ich eine nach den einzelnen Sprachen geordnete Übersicht, bei der die Lücken, welche in der vorhergehenden Darstellung gelassen werden mussten, ausgefüllt werden. Im sechsten endlich ist eine Probe von den in den Einzelsprachen zu Präpositionen ge- wordenen Wörtern gegeben. Ich habe also nicht die Ein- theilung in echte und unechte, sondern in proethnische und ethnische Präpositionen zu Grunde gelegt. Die Zerlegung in echte und unechte Präp. beruht ja, wie allgemein zugestanden wird, auf einer Ansicht über die etymologische Herkunft un- serer Wörter, welche naturgemäss einem starken Wandel unter- worfen ist. Zwar können sich auch (durch Aufstellung neuer etymologischer Kombinationen) unsere Ansichten über das Alter einer Präposition ändern, aber eine völlig genügende Ein- theilung wird sich ausser der alphabetischen, die mir zu äusser- lich schien, überhaupt nicht finden lassen.

Dass mir bei der Fülle des Stoffes vieles entgangen sein wird, bezweifle ich nicht. Manches ist absichtlich übergangen, z. B. die Verbindung der Präpositionen unter sich, auch wenn sie nicht Präverbia sind, die z. B. im Lateinischen eine so grosse Rolle spielt (vgl. Wölfflin’s Archiv 5, 321 ff). Auch will ich nicht unterlassen hervorzuheben, dass es mir nicht in dem wünschenswerthen Masse gelungen ist, die Entwickelung der Präp. innerhalb der Einzelsprachen historisch darzustellen. Es fehlt eben noch sehr an monographischen Behandlungen, namentlich was die Präverbien betrifft. Wenn ich bei den Präverbien die einander entsprechenden Verbindungen zu-

$ 268—269.] Kap. XV. L Präpositienen. Präverbium u. Verbum fin. 647

sammengestellt habe, so soll damit natürlich nur gesagt sein, dass diese Verbindungen aus proethnischer Zeit stammen können.

1. Allgemeines über die Präpositionen.

Eine Präposition kann zu einem Verbum oder einem Kasus in nähere Beziehung treten. Sie kann aber auch (wie z. B. griech. x£pı) adverbial gebraucht werden. Um zu zeigen, wie es nach den genannten drei Richtungen in denjenigen Sprachen aussieht, welche aller Wahrscheinlichkeit nach dem Ursprüng- lichen am nächsten kommen, gebe ich zunächst eine Übersicht über die in betracht kommenden Verhältnisse im Altindischen und Griechischen, oder genauer gesprochen, ım Veda und Homer.!)

$ 269. Präverbium und Verbum finitum.

Die allgemeine Regel für das Altindische lautet (SF. 5, 36 ff.): Das Verbum im Hauptsatze ist unbetont, ausser wenn es am Anfange des Satzes steht, das Verbum des Nebensatzes ist be- tont. Das Präverbium bleibt von dem unbetonten Verbum getrennt und ist selbst betont, legt sich dagegen proklitisch an das betonte an. Doch kommt ım Nebensatze auch vor, dass das Präverbium wie im Hauptsatze behandelt wird. Das Regel- mässige ist also, dass man sagt prd gachati er geht vorwärts, aber yah pragdchati welcher vorwärts geht. Im Griechischen

1) Was die iranischen Sprachen angeht, so ist der Zustand im Avesta etwa so wie im RV., ich habe aber hier auf Ausnutzung desselben ver- zichtet, weil meine Sammlungen unzulänglich sind. Anders im Altpersi- schen. Dort habe ich das Präverbium stets unmittelbar vor dem Verbum gefunden, ja selbst enklitische Wörter treten nicht wie in den anderen sonst auf gleicher Altersstufe stehenden Sprachen zwischen Präverbium und Ver- bum, vgl. parikarähadis du wirst sie erhalten, visanähadis du wirst sie zer- stören, Spiegel? $ 64. Entsprechend ist das Verhalten der Präpositionen gegenüber ihrem Kasus. Sie stehen im Altpersischen fast durchaus vor dem Kasus. Das Altpersische ist also, was den Gebrauch der Präverbien und Präpositionen betrifft, schon auf demselben Standpunkte angelangt, wie ihn etwa das Lateinische einnimmt.

648 Kap. XV. I. Präpositionen. Präverbium und Verbum finitum. {$ 269.

sind, wie ich mit Wackernagel annehme, noch Spuren der einstigen Unbetontheit des Verbums vorhanden, so dass man wohl ein Recht hat, in dieser Behandlung des Verbums das Ursprüngliche zu sehen. Dagegen lässt sich im Griechischen eine Verschiedenheit zwischen Hauptsatz und Nebensatz nicht entdecken. Es möge also an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob der Zustand im Altindischen auf einer Fortführung oder auf einer Veränderung des proethnischen beruht. Ich werde auf diese Frage bei der Lehre vom Satze zurückkommen. So viel ich sehe (Zählungen habe ich nicht veranstaltet), ist es ım Veda und den homerischen Gedichten das Grewöhnliche, dass das Präverbium unmittelbar vor das Verbum tritt, wobei es dann im Veda getrennt gehalten, bei Homer mit dem Ver- bum zusammengeschrieben wird, z. B. ut pätayatı pak$inah sie macht die Vögel auffliegen RV. 1,48, 5; pra vepayantı parvatäan vi viicanti vanaspalin, prö ärata marutö durmäda iva deväsah särvaya vi3a sie erschüttern die Berge und zerzausen die Bäume, ihr seid ja auch vorwärts gestürmt wie Berauschte, o Maruts, mit der ganzen Schar 1, 39, 5, bei Homer £uvenxe, &reupnunsav, rpoogpn u. 8. w.!) Sehr häufig treten aber auch ein oder mehrere Wörter dazwischen, z. B. @ fr& vißantu sie mögen in dich ein- gehen 1,15,1; gdvam dpa vrajam vrdhi öffne den Stall der Kühe 1,10, 7. Gewöhnlich nımmt dabei das Präverbium die erste Stelle im Satze ein, z. B. sam vajrenäsgjad vrtram indrah, prä svam malim atirac chäSadanah mit dem Keil traf Indra den Vrtra, seinen Willen führte er glorreich hinaus 1, 33, 13; «+ $rrginam abhinac chüfnam indrah den gehörnten S. zerschlug Indra 1, 33, 12; de chväitröyd nr$ahyäya tasthäu S. erhob sich zum Männersieg 1, 33, 14; & süyakam maghävädatta väjram der Herr ergriff den Schleuderkeil 1, 32, 3; prats $ma ri$ato daha verbrenne die Feinde 1, 12, 5; vi göbhir ddrim äirayat um der Kühe willen spaltete er den Felsen 1, 7, 3; dpa sma tam pathö jahi treibe ihn vom Pfade hinweg 1, 42, 2; nir jyötifa

1) Es sei hier bemerkt, dass ich mich auch hinsichtlich der Accen- tuierung der Präpositionen nach der Ausgabe von Nauck richte.

$ 269.] Kap. XV. I. Präpositionen. Präverbium und Verbum finitum. 649

tümasö ga aduk$at mit Licht melkte er die Kühe aus der Finsternis 1, 33, 10; prd sunvatäah situvatah $asam avah des Opfernden, Preisenden Gebet hast du gefördert 1, 33, 7; ni höta varenyah säda yavistfha mänmabhih lass dich um un- serer Gebete willen nieder als verehrungswürdiger Priester, o jüngster 1, 26, 2; päri tva girvano gira imäa bhavantu vi- $fvatah von allen Seiten mögen dich, o Liederfreund, diese Lieder umgeben 1, 10, 12. Entsprechendes findet sich auch in der Prosa (vgl. SF. 5, 45), z. B. dpa va ötdsmäd indriydm viryam krämati ydh samgrämdm upaprayäti weg geht von dem- jenigen Kraft und Heldenhaftigkeit, welcher in die Schlacht geht TS. 2, 2, 1, 2; pra prajdya jäyeya ich möchte mich durch Nachkommenschaft fortpflanzen TS. 2, 1, 2, 3. Insbesondere treten zwischen Präverbium und Verbum solche Wörter, welche der Stelle nach dem ersten Worte des Satzes zustreben. Das sind hervorhebende Wörter, wie va und övd und die Enkliticae, z. B. uta yddy andhö bhävati präivd pabyati selbst wenn er blind ist, sieht er doch TS. 2, 2, 4, 4; vi dhehr verleihe uns SB. 2,4, 2, 1; vi väi te mathtsyamaha imäh prajäh wir werden diese deine Geschöpfe zerreissen SB. 2, 5, 1, 12. Auch in Nebensätzen kommt die Trennung vor, z. B. vi ya srjdti sdmanam welche die Versammlung entlässt RV.1,48, 6; yad adya bhänunä vi dvärao rndoo divdh wenn du heute mit dem Licht die Thüren des Himmels öffnen wirst 1, 48, 15; ye te prä yame$u yuhjate mdnd dänaya sürdyah die Herren, welche bei deinem Kommen ihren Sinn zum Geben rüsten 1, 48, 4; pdri ydd indra rödasi ubhe dbubhöjir mahina vißvdtah sim als du, o Indra, die beiden Welten mit deiner Grösse rings umfasstest 1, 33, 9; yde cid dhi te vilo yatha prd deva varuma vratam minimäsi dydvi-dyavt wenn wir, o Gott Varuna, dein Gebot Tag für Tag als Menschen übertreten 1, 25, 1; ni yena musfi- hatydya ni vyira rimadhämahät durch den wir mit einem Faust- schlage die Gegner überwinden wollen 1, 8, 2.

Ebenso bei Homer, nur dass sich ein Unterschied zwischen Hauptsatz und Nebensatz nicht beobachten lässt, z. B. ünd re tpdwos EiAaße yula I’ 34; napd 8 Eyyea paxpa nennyev I’ 135; dc

650 Kap.XV. I. Präpositionen. Präverbium und Verbum finitum. .$ 269.

& Epkras Erımöis Ayelpopev, ds 5 &xardudnv Belonev, dv Ö adımv Xpusmlda xaldırapyov Broouev A 142; xparepöv 8 &rı nößov Ereikev A 25; oßs nor’ An’ Alvelav EIdumv 8 108; 2E dpa 5n Tor Ereıa deol ppdvas wAeoav adrol H 360. Namentlich treten, wie ım Altındischen, einsilbige Wörter zwischen das Präverbium und das Verbum: ürd T Zoyero xal xareveuosv N 368; pera 5 drpa- nero A 199; xat äp ELero A 101; np yap Txe Bea A 195; pn &E u Tine Bea A 208; nepl yap ba & yalxds Ekeev A 236.

Das Präverbium kann auch folgen, wenn auch nicht eben häufig. Beispiele aus dem RV. sind: ddardi vi srutir divah der Pfad des Himmels ist erschienen 1, 46, 11; jJayema sam zJudhi sprdhah wir möchten die Feinde im Kampfe besiegen 1, 8, 3; avında usriya anu du hast die Kühe aufgefunden 1, 6, 5; gamad väjebhir a nah er möge mit Beute zu uns kommen 1, 5, 3. Aus Homer: ywpnsav 8 önd Te rpdpayor xal Yaldınaz "Exrep A 505; Töre 8 nn Eyev xdra yala uälaıva B 699; Evapılov de’ evrsa M 195; rider d dvl Saldcda noAdda = 179; Aobay ano Bpöca aluardevra = 7.

Wenn mit einem Verbum zwei Präverbien verbunden sind, so ist die Stellung derselben im RV. ebenfalls eine freie. Sie können beide hinter einander (aber als selbständige, jedes für sich betonte Wörter) vor dem Verbum stehen (vgl. SF. 5, 47£.), x. B. abhi prehi komm (vorwärts gehend) herbei RV. 10, 103, 12; ındram sakhäyo danu sam rabhadhvam den Indra, ihr Freunde, fasst hintereinander an 10, 103, 6; dihastam ri pärelana geht nach Hause hin auseinander 10, 85, 33. Oder es steht ein Wort oder Wörter zwischen ihnen, z. B. dpäasmät preyat er möge fortgehen von ihm weg 10, 117, 4; abhi savyena prä mySa raffe mit der Linken herbei 8, 81, 6; prä viryena devatati cekite durch Heldenkraft zeichnet er sich unter den Göttern aus 1, 55, 3. Oder es kann auch das eine Präverbium hinter dem Verbum stehen, z. B. dgne vi pasya brhatabkhi raya Agni, blicke (vi paßya) her mit grossem Reichthum 3, 23, 2; upa präyobhir a gatam kommt mit Labungen herbei 1, 2, 4. Im Laufe der Zeit hat sich aber die Veränderung vollzogen, dass das zweite Präverbium allein betont, das erste ihm aber

$269.] Kap. XV. I. Präpositionen. Präverbium und Verbum finitum. 651

proklitisch angeschlossen wird, z. B. oyabhi caretö, abhisam gachante u. ähnl. in MS. (im Text mit dem Verbum zusam- mengeschrieben). Das Gleiche findet sich auch schon ım RV,., wenn das zweite Richtungswort a ist, z. B. atyayähi 3, 35, 5, wobei auch noch das Verbum enklitisch hinzutritt, so dass das Ganze einen einzigen Komplex bildet. Der Grund für diese besondere Behandlung des @ liegt offenbar darin, dass es das Verbum sehr häufig nur in fast unfassbarer Weise modi- fiziert, also nicht recht als ein von demselben getrenntes Element empfunden wird. Was die Nebensätze betrifft, so kommt es wohl im RV. vor, dass beide Präverbien sich selbständig halten, aber das Gewöhnliche ist, dass entweder das eine selbständig bleibt und das andere sich vor das betonte Verbum unbetont vorlegt, z. B. sdm ydm äyanti dhendvah zu welchem die Kühe zusammen hinkommen RV. 5, 6, 2, oder dass sie beide in diese Lage gerathen, z. B. ydam vipra ukthavahaso "bhipramanduh den liederführende Sänger erfreut haben 8, 12, 13. In der Prosa ist dieses letztere Verfahren das üblichere geworden. Endlich können zu einer Verbalform auch drei Präverbien treten, wobei gewöhnlich @ oder dva das letzte ist. Ich habe über diese Verbindungen SF. 5, 435f. gehandelt und führe hier nur beispielsweise an: tdm sd mätsya upanya pupluve der Fisch schwamm auf ihn zu, von unten sich nähernd SB. 1, 8, 1,5; mädhye ha va etdt pranäh sänta iti ceti cätmänam anuvyüc ca- ranti auf diese Weise folgen die Hauche, welche in der Mitte sind, einander gesondert herausgehend nach SB. 9, 4, 3, 6. Im Homer finden sich zwei Präverbien gelegentlich von ihrem Verbum getrennt oder ihm nachgestellt, z. B. ünex xaxdımra pbyormev ı 489; orn Öe napex A 486. Stehen die Prä- verbien unmittelbar vor dem Verbum, so wird entweder eines mit ihm zusammengeschrieben, z. B. dA od ot yApıs Aypt repioteperar &rkeooıw 8 175, oder beide: "Extwp d Appırspiorpupa xallitpıyas Innous 8 348. Etwas Genaueres vermag ich darüber nicht zu sagen. Drei Präv. scheinen unter sich und mit dem Verbum vereinigt zu werden, s. unter brexrpoddw, brexnpoAdw, brexnpopfw, Önexnpopedyw, brekavadow, TAPEXTPOYPELYD U. 8. W.

652 Kap.XV. I. Präpositionen. Präverbium u. Verb. infinit. [$ 269270.

Zum Schluss wıll ich noch bemerken, dass eine Präpo- sition auch allein stehen kann, derartig, dass ein Verbum neben ihr zu ergänzen ist. Belege für diese Erscheinung aus dem Altindischen findet man bei Grrassmann unter den ein- zelnen Präpositionen und im Index zu Pischel und Geldner, Ved. Stud. 1. Dass eine Form von as fehlen kann, ist unter parı und prätis bemerkt worden. Ausser as kommen noch einige andere Verba, wie gehen, rufen, geben u. ähnl. in be- tracht. Beispiele sind: ä samydtam indra nah svastim $atru- türyäya brhatim dmydhram ununterbrochenes Glück zum Siege über die Feinde, hohes unablässiges her (gieb) uns, o Indra RV. 6, 22, 10; @ t% na indra her (komm) du zu uns, o Indra 1, 10, 11; indram üpa präSastay& den Indra herbei zur Hilfe (lasst uns rufen) 5, 39, 4; prd t& sölära Onyo rdsam mädaya ghrgvays deinen Saft (lassen rinnen) vorwärts die Presser in das Gefäss zu kräftigem Rausch 9, 16, 1; vi dürah paninam der die Pforten der Panis (öffnete) 7,9,2; @po agnim yakasak sam hi pürvih denn viele herrliche Wasser (strömen) zusammen zu Agni 3,1,11. Ähnliches lässt sich im Avesta beobachten und ebenso im Griechischen. Gewöhnlich ist eine Form von eiul zu er- gänzen, z. B. &vB’ Evı yev oudıns, &v 5 Tnepos, dv daptotüs = 216; yap är Avnp p 537; od yap rıs nera Tolos dvnp @ 93; rapı ydp xal dApelvoves AAloı W 479; ümd 8’ Hulovor Takaspyot 6 636. Gelegentlich aber auch andere Verba, so ein Verbum der Bewegung in zpd yev 7’ AAN, adrap dr dla N 799; etwa orrdı zu Ava Z 331.

$ 270. Präverbium und Verbum infinitum.

Dass die Trennung des Präverbiums vom Verbum in- finitum im Altindischen stattfinden kann (wenn sie auch selten ıst), habe ich SF. 5, 49 gezeigt. Beispiele aus dem RV. sind: pr& SmdSru dödhuvat den Bart schüttelnd; @ ca para ca pathibhi$ c4rantam den heran und hinweg über die Pfade hin laufenden; tänvanta & rdjah den Dunst hinbreitend. Wie es mit zwei Richtungswörtern gehalten wird, zeigen folgende Belege: abAy ücarantih die herankommenden; püäri göbhir ävrtam den mit Milch umhüllten; und andererseits: vipraydnlah

$ 270—271.] Kap. XV. L Präpositionen. Präposition und Kasus. 653

die auseinander strebenden. Aber nicht bloss bei Parti- zipien, sondern auch bei dem Infinitiv findet sich bisweilen dieselbe Erscheinung, z. B. prd daSüge datav um dem Frommen zu spenden RV. 4, 20, 10; vi präsartave sich weiter auszubreiten 8, 67, 12. Ebenso bei Homer, z. B. r& 7 &oodueva npd T &dvra A 70; nplv yY &rt vo Twd’ Avöpl adv Imroroıwv xal dyeapıy Avrıßlnv 2ABGuVTE obv Evreoı nepndrvar E 219; öAdoavr Ano navras &ral- pous B 174. Bei Infinitiven: Aptv dro Aoıyöv apövar A 67; pE£vov ö Em Eomepov &Ideiv a 422; nplv y’ And narpl pllp Ödpevar A 98.

$ 271. Präposition und Kasus,.

Die Stellung der Präposition zu ihrem Kasus lässt sich innerhalb des Altindischen nur in der Prosa auf eine feste Formel bringen: die Präposition steht nach dem Kasus, nur @ bis und purä@ vor stehen vor ihm (vgl. SF. 5, 21). Über den Zustand in der alten Poesie lässt sich schwer ein sicheres Urtheil fällen, weil, wie sich noch weiter zeigen wird, es in sehr vielen Fällen zweifelhaft bleiben muss, ob die Präposition zum Verbum oder zum Nomen gehört. Bei den sicheren Fällen der letzteren Art lässt sich beobachten, dass die Präp. wie in der Prosa oft hinter dem Kasus steht, z. B. parä ma yanti dhitäyd gävo nd gävyütir dnu fernhin gehen meine An- dachten wie Kühe zu den Weiden RV. 1, 25, 16 u.s. w. Man sehe namentlich SF. 5, 452 über @, und ddhi und pdri mit dem Ablativ bei Grassmann. Freilich steht auch oft die Prä- position voran, z. B. ma mädhi putrö vim iva grabhigta ergreift mich nicht wie einen Vogel über seiner Brut 2, 29,5 u. 8. w. Feste Verbindungen der Art sind dpa dyavi am Himmel, anu dyün die Tage hindurch, präti vdram dem Wunsche gemäss. In wie weit bei der Voranstellung der Präp. metrische Gründe entscheidend waren, muss dahin gestellt bleiben. Sie allein verantwortlich zu machen, würde mir gewagt erscheinen. Zwischen die Präposition und den Kasus können Wörter treten, wie zwischen das Präverbium und das Verbum, z. B. ayne räk$a (hasah präti $ma deva rifatah o Agni, schütze uns vor Noth gegen die Schädiger, o Gott RV. 7, 15, 13; pathö va

654 Kap.XV. I. Präposition zum Verbum oder Kasus gezogen. [$ 271—272.

e$ö 'dhy apathenäiti vom Pfade sich abwendend geht jener auf pfadloser Bahn TS. 2, 2, 2, 1; yayhdpaier erädhi yaykam nir mimite aus dem Opferherren bildet er das Opfer MS. 1, 4,6 (53, 19); pürufam hy dno a$vah denn auf den Menschen folgt das Pferd SB. 6, 2, 1, 18; sdroäni va dfa rüpäni paSünam praty

ü labhyate er wird geopfert, um ein Äquivalent für alle Thier- gestalten zu haben TS. 5, 5, 1, 2.

Im Griechischen stehen die Präpositionen im allge- meinen vor ihrem Kasus. In der Prosa findet sich die Nach- stellung bei repl, bei Dichtern ist sie häufig. An dieser Stelle mag es genügen, auf die Zusammenstellungen bei Krüger, Di. Synt. $ 68, 4 zu verweisen. Dass Wörter zwischen Präpo- sition und Kasus treten, ist bei Homer nichts Seltenes, wenn es auch nicht so häufig geschieht wie bei Präverbium und Verbum, z. B. pera yes xAuröv Qaplova A 310; 2E Er narpav 8 245; npös yap Ars 5 207; &; nep dönloow u 199; Ta oe rpori vaalv AyıllTos bedıdaydar A 831; eüpor 8 &v nnuara oixp ı 535; rap odx 2HEAwv E&delodon e 155; auch in adrdp nd yBav apsp- öadkov xovaßıLe noduv adrwv te xal Innwv B 465 scheint mir natür- lich, önd mit roö@v zu verbinden. In der bekannten Stelle xat re rpo 8 toü &vdnoev K 224 scheint mir zweifelhaft, ob toö zu xpd oder zu dem zusammengesetzten Verbum zu ziehen sei. Selten ist bei Homer die Einschiebung bei nachstehender Präposition, wie: ds Ixöpp por Eve tpegeraı T 326. In der attischen Prosa ist eine solche Stellung von repı nicht ungewöhnlich, z. B. rölews p&v o0v al »poupal nepı Tadıy yıyvdodwaoav (Plato).

$ 272. Die Präposition kann zum Verbum oder zum Kasus gezogen werden.

Nicht selten kann man im Zweifel sein, ob man die Prä- position näher zum Verbum oder näher zum Kasus in Beziehung setzen soll. Ich führe zunächst einige Fälle aus dem Rigveda an. Bei der Durchmusterung derselben wird man bemerken, dass Böhtlingk-Roth gewöhnlich das Präverbium annehmen, Grassmann gewöhnlich die Präposition. Der Kürze wegen zeichne ich solche Sätze durch das Zeichen * aus: *ats irjfam

$ 272.) Kap. XV. I. Präposition zum Verbum oder Kasus gezogen. 655

vavakfitha du bist über das Beissende (den Rauch) empor- gewachsen RV. 3, 9, 3; in dhir na Jürnam dti sarpati toäcam wie eine Schlange kriecht er über seine alte Haut weg (d. h. so viel als: aus ihr hinaus) 9, 86, 44 könnte man dti an sich doppelt auffassen. Dass jedenfalls auch die Verbindung mit dem Verbum möglich ist, zeigt: ydd vamrö alisarpati worüber die Ameise wegkriecht 8, 102, 21; in tistha ratlham ddhi tam steige auf diesen Wagen 5, 33, 3 fasst Grassmann adhi als Präp., meint dann aber selber, es sei besser zum Verbum zu ziehen. Ebenso 9, 85, 9; *ürdhvo hy asthad adhy antärik$e hoch hat er sich aufgestellt auf der Luft 2, 30, 3; *abhi dyam ma- hina bhuvam an Grösse habe ich den Himmel übertroffen 10, 119, 8; *abhi Iva pürvapitaye srjami somyam madhu für dich zum Vortrunk giesse ich aus den Somasaft 1, 19, 9. Böhtlingk- Roth stellen also den Akk. ioa@ in Beziehung zu den Verbum abhi-sarj, wie man in der Prosa abAi-sary losgehen auf, an- fallen mit dem Akk. verbindet; in däßvasam üpa gachatam kommt zum Verehrer, besucht den Verehrer 1, 47, 3 ist beides möglich; in vdhantvo arundpsava üpa tva somino grham die rothen Rosse sollen dich herbeiführen zum Hause des Soma- trinkers 1, 49, 1 ist dpa natürlich nicht mit iv@ zu verbinden, obwohl dies unmittelbar darauf folgt, sondern entweder mit vahantu oder grhdm; *pdri dyam anydd iyate das andere um- wandelt den Himmel 1, 30, 19; *prati va ena ndmasähdm emi ich gehe euch entgegen mit dieser Andacht 1, 171,1. Natür- lich kann der Zweifel erst recht eintreten, wenn zwei Präpo- sitionen vorhanden sind, z. B. *s4 mänusir abhi vi8o vi bhati er glänzt über die menschlichen Völker hin (überglänzt sie) 7,5, 2; so fassen Böhtlingk-Roth auch in vi yäty abhi mänugan er breitet sich über die Menschen aus 1, 48, 7 abhi als Prä- verbium, während anderen die Auffassung als Präp. natürlicher erscheinen wird. Ich füge noch einige Sätze hinzu, in welchen der von den europäischen Sprachen herkommende Leser sicher- lich eine Präpositon erkennen würde, während Böhtlingk- Roth nur Präverbien annehmen: pa bhrätytvam ayati er kommt zur Brüderschaft heran (um euer Bruder zu werden) 8, 20, 22;

656 Kap.XV. I. Präposition sum Verbum oder Kasus gezogen. [$ 272.

gavo nd yütham üupa yanti vädhraya üpa yanti vadhrayah wie Kühe zur Heerde kommen die Verschnittenen, kommen zu mir die Verschnittenen 8, 46, 30; üd ghed abhi vrfabham ästäaram e$i süurya du gehst auf gegenüber dem Stier, dem Schützen, o Sonne 8, 93, 1 (vgl. na svapantam abhyud ıyat nicht möge sie über einem Schlafenden aufgehn SB. 3, 2, 2, 27); mäam dnu prä mäno valsdm gäur iva dhavatu dein Herz eile zu mir herbei, wie die Kuh zum Kalbe 10, 145, 6; id utsnäya rayım abhi pra tasthuh nachdem sie dem Wasser entstiegen waren, gingen sie auf Reichthum aus 2, 15, 5 (vgl. nädyo hrdayat puritätam abhipra üfthante Adern ziehen sich vom Herzen aus nach dem Herzbeutel hin SB. 14, 5, 1, 21).

Was Homer betrifft, so wird allgemein zugegeben, dass man öfter nicht entscheiden könne, ob Präposition oder Rich- tungswort anzunehmen sei. Schwankt doch bisweilen sogar die Überlieferung, z. B. A 269, wo xal piv toloıv &ym usdonileov oder ned’ önlkeov, & 191, wo oteüro ydp “Hoatstoıo rdp olosyev &vrea xald oder raporo£uev geschrieben wird. Die Untersuchungen der Neueren haben nicht zu einem feststehenden Ergebnis ge- führt. Hoffmann, dem Kühner sich anschliesst, nimmt an ich erwähne nur die Hauptsachen dass Verbindung mit dem Verbum, nicht mit dem Kasus vorliege, wenn die Prä- position von dem Kasus durch die Hauptzäsur geschieden ist, z. B. &vvipap tv Ava orparov Gyero xnila Beoio A 53 (also dv- WxEro); Xwonswp, Ste T aupl Tupwdı yatav indoon B 782 (also aupınacay); Apkorauös dt repl oröna yivero OU 607 (also zepı- xivero). Eine Ausnahme sollen die elidierten Präpositionen machen, wie roAla 54 Keßpısynv aup ökka Soüpa nemnyer II 772, wo sich das leicht gewordene dyp an Keßprövnv anlehnen soll. Mit dieser Ausnahme ist aber zugleich zugegeben, dass die Hauptzäsur keinen Schnitt des Sinnes zwischen den Grenz- wörtern macht, und damit der Regel selbst der Boden ent- zogen. Eine zweite Regel geht dahin, dass dıe Verbindung mit dem Verbum anzunehmen sei, wenn zwischen die Prä- position und den Kasus ein oder mehrere Wörter von Gewicht treten, wie z. B. app! yaitaı auoro dlsaovraı U) 266 (wobei

$272.] Kap. XV. L Die Präposition sum Verbum oder Kasus gezogen. 657

Kühner hinzufügt: den Schultern wallen die Mähnen umher, poetischer als “um die Schultern’). Insbesondere soll Verbindung mit dem Verbum stattfinden, wenn das Verbum nach der Prä- position, aber vor dem Kasus steht, z. B. mepl 52 &lpog 6b Ber "öup 8 3 (also xepidero); oder wenn die Präposition hinter dem Verbum, aber nicht unmittelbar vor dem Kasus steht, z. B. Bakdsıv 7 And Ödxpu mapeıwv 5 198 (also Aroßakkeıw). Auf der anderen Seite ist nun aber auch wiederum nicht zu leugnen, dass auch eine Präposition von ihrem Kasus durch einzelne Wörter getrennt werden kann. Als solche Wörter werden an- gegeben ‘kleine, gewichtlose, zum theil enklitische Wörter’, z. B. dıa ev dp Lwornpos &ihlaro A 135 (also da Lworäpos, nicht dt- eAhAaro), und attributive Genitive, z. B. BA xar OdAduroro xapıvov A 44 (also nicht xatEßn). Das Unglück war nur, dass man nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, welche Wörter ge- wichtig und welche gewichtlos seien, und so ergaben sich Ent- scheidungen, welche den Glauben an die Richtigkeit des ganzen Verfahrens zerstören müssen, z. B. &v in &v ö& od Totoı rephosaı N 829 soll Präverbium sein, aber &x in &x ydp opsas ysıpav pbyov hvla A 128 Präposition, weil die trennenden Wörter im ersteren Falle gewichtig, im zweiten gewichtlos sein sollen; in Bakgsıv T And daxpu rapemv soll Präverbium, in Pr d& xar OöAöproro xapnvwv Präposition vorliegen u. s. w. Dass es ge- lingen sollte, durch tiefer eindringende oder weiter ausgreifende Untersuchung zu bestimmteren Ergebnissen zu gelangen, halte ich nicht für wahrscheinlich, vielmehr stimme ich Tycho Mommsen bei, wenn er a. a. O. 29 mit Beziehung auf ysra y4p te xal Alyeoı tepreraı dvnp 0 400 sagt: “Ob man nerd an die zunächst stehende Biegung äAyscı oder enger an das Zeitwort tepreraı anschliessen soll, hängt weniger von der Wortstellung die ja als eine rhetorische, sinnlich-komplexive hier wie in vielen anderen Fällen beides zulässt als vielmehr lediglich von dem damaligen Gebrauche ab. Da wir diesen nun nicht immer kennen, so bleibt uns manchmal ein Zweifel übrig; ja es ıst möglich, dass auch alte kundige Leser des Homer hier

verschieden, die einen per AAyesoı repreraı, die anderen nera- Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. ]. 43

658 Kap. XV. I. Die Präposition zum Verbum oder Kasus gezogen. ([$ 272.

tepreraı dAyesı verbunden und danach betont haben”. Unter diesen Umständen muss ich mich damit begnügen, einige Be- lege für die Thatsache anzuführen, dass man oft nicht ent- scheiden kann, ob Präverbium oder Präposition vorliegt. Solche Belege sind: dyupt 88 nnAnt opepdaldoy xporagoıoı TIvdoceto pap- vau£voro O 608; dpi 88 ıv omupd tünte xal adydva dfppa Z 117; av 6 Apa TmAduayos vnös Baive B 416; am typ yeıpbs Öpöpyvo E 416; roAMdv ap and rAuvol elcı nölnos C 40; Blepapmv Aro ödxpua inter E 129; xepains ano Yäüpos Eleonev d 88; dx de Xpo- onis wnds Br A 439; dx 54 vixus olixav Yöpeov w 417; dvnAudev &x Ödpu yalns 6 167; dv dE Te olvov xpmripow xepdwvro u 252; &v ög Te Bonds ormdecıv Artponds darıv II 162; Ev 5 Eder Aaxnoderm 8 274; olaıw &nl Zeig Bine xandv uöpov Z 357; to 8 Enl xudveov veoos Ayaya W 188; &nl Tpweocev dpnikar A 408; tw 5 els Auporipm Aroundeos Apuara Prmv 8 115; dmel xard teiyos EBnoav N 737; xard 5 aina veoutatou Eppss yeıpdc N 539; Baloı xara daxpo raperov 8 223; uerd 84 pymoripow eıne p 467; rap 5 loav Oxe- avod re bods w 11; Tod xev SH rAumpwra rap Aylad Öpa PEporo A 97; aördp &yw repl ytv Elpos dpyupdndov aporıv Baldenv x 261; rept T Appös dödvras yivaraı T 168; nor 58 unintpov Bade yaiy A 245; npd 5 dp oöpfies xlov adray W 115; So öL xTunos Bpvuro rooolv dvöpwv T 363.

Soweit der Veda und Homer. Vergleicht man sie, so findet man bei aller Ähnlichkeit doch eine erhebliche Ver- schiedenheit: bei Homer hat die präpositionelle Anwendung stark zugenommen. Das ist auch ganz natürlich. Wenn zu einem mit einem Präverbium in Beziehung stehenden Verbum ım Altindischen ein Kasus tritt, so geschieht das entweder in einem sehr allgemeinen Sinne (so bei den Akkusativ) oder in einem ziemlich eng umgrenzten (so bei dem Gen., Dat., Instr., Lok., Abl.). Im Griechischen ist es anders. Der alte, freie Gebrauch des Akkusativs ist sehr eingeschränkt. Im Altind. würde z.B. in einem Satze wie Ab 8’ &; xouledv wos ueya Eipos A 220 2; als Präverbium gelten können, weil xouledv Akk. des erstrebten Zieles sein kann, im Griechischen nicht mehr. Die obliquen Kasus aber sind zusammengeflossen, der Abi. mit

$272—273.) Kap. XV. IL Die-Präp. als Adverbium oder Partikel. 659

dem Gen., die übrigen mit dem Dativ, so dass durch eine Präposition angedeutet werden muss, in welchem Sinne der betr. Mischkasus verstanden werden soll. Im Griechischen ist also der Hinzutritt einer Präposition zu dem Kasus nöthiger geworden als er im Veda war. Man kann also aus dem Griechischen allein nicht wohl entscheiden, welche Anwendung der Präposition die ursprüngliche war. Aus dem Veda aber erhellt auf das deutlichste, dass es die präverbielle war.

$ 273. Die Präposition als Adverbium oder Partikel.

Es ist bekannt, dass Präpositionen auch als Adverbien und als Partikeln erscheinen können. Ich bespreche diesen Ge- brauch, um zu ermitteln, ob vielleicht in ihm eine ältere An- wendungsstufe der Präposition vorliegt, was ich verneine.

1. Dass eine Präposition wie ein Adverbium des Ortes oder der Steigerung gebraucht wird, findet sich nicht selten bei Homer, z. B. dydaı Appl nepl n£ya Tayov © 10; ndvra ÖE oil Bidpap’ Any! xal ömpbas ebaev Autumn ı 389. Es liegt auf der Hand, dass auch ın diesen Stellen der Gebrauch als Präverbium vorliegt, nur dass die Beziehung zwischen dem Richtungswort und dem Verbum nicht so innig geworden ist, dass sog. zu- sammengesetzte Verba entstanden sind. Im Veda würde man diese Verbindungen ohne Bedenken dahin rechnen. Von be- sonderem Interesse ist pärs-nepl. päri soll rings bedeuten, RV. 1, 146, 5 didrk$önyah päri kasthasu sehenswürdig rings bei den Holzscheiten. Man könnte freilich auch mit Ludwig an- nehmen, dass hier eine Verbindung von pdrs mit dem Lok. vorläge, und ‘um die Scheite” übersetzen. RV. 9, 7, 6 kann päri auch zu sidasi gezogen werden. Endlich 7, 3, 7 yatha vah svähägndye dasema pärtläbhir ghrtävadbhi ca havyaih “damit wir mit Zuruf eurem Agni dienen mit Erquickungen und butterreichen Opfern’ soll par! weiterhin bedeuten. Man kann aber auch pdri-da5 annehmen. Bei Homer heisst rept unzweifelhaft in hohem Grade, z. B. ıd 5% repl daupa Teruxto > 549; nepl yiv npdppwv apaöln K 244; nepl n&v Belsıv Taxdv II 186; oüvexd ror nepl düxe Beös rolspunia Epya N 727; xal

42*

660 Kap. XV. I. Die Präpositionen in der Zusammensetzung. [$ 273—274.

rdvrov Tpwwv, repl au Ilpıäpoıd ya naldov & 105. Es scheint mir natürlich, anzunehmen, dass diese Bedeutung von xept in der Verbindung mit den Verben eiut und ylyvopar entstanden ist, welche zuerst hiessen “herum sein’, dann “bewältigen, über- treffen, drüber stehen’ (vgl. Sätze wie: ol zepl p&v BouArzv Aavamv, repl 8 dor& uäyschaı A 258, wo man auch übersetzen kann: ihr seid ausgezeichnet vor). Denselben Sinn wie repl hat aı. dti in dti mandrö yajdthaya devah der Gott, welcher sehr lieblich zum Verehren ist RV. 2, 28, 1 (die anderen Stellen, welche Grassmann anführt, scheinen mir den freien Gebrauch von dti nicht zu erweisen). Offenbar liegt ın dii-mandräd eine Art von Komposition vor.

2. Präpositionen können auch wie Partikeln satzverbindend oder wortverbindend gebraucht werden. Dahin gehören ai. dpi auch, sogar (vgl. SF. 5, 525), av. aipi auch, altp. apiy auch. noch, z.B. aipi täis anhaiti usta so mag es auch durch diese wohl ergehen y. 30, 11, dazu griech. &r! ö$ ausserdem (Herodot); ai. dpa dazu, ferner; z.B. üpa ca trayddaßö mäsah dazu der dreizehnte Monat SB. 6, 2, 2, 29; ai. ddki dazu: faflir viräso ddhs $at sechzig Helden, dazu sechs RV. 7, 18, 14; mpös 88 xat, rpös &E dazu (Herodot); nerd 64 darauf u. ähnl. Es kommt mir wahrscheinlich vor, dass auch diese Bedeutungen sich aus der Verbindung mit Verben entwickelt haben. Man erwäge nach dieser Richtung homerische Ausdrucksweisen wie: rpopnvnottvo: dodAdere, und’ Ana mävrec, mpüros &yb, nera 8 Opec @ 231; Bidccoe 54 oi xoröAnv, npbs Apom bike revovre E 307.

& 274. Die Präpositionen in der Zusammen- setzung.

Da es nach den bisher vorgeführten Thatsachen wahr- scheinlich ist, dass das Altindische auch in dieser Beziehung das Alterthümliche erhalten habe, so beschränke ich mich auf diese Sprache. Eine Präposition bildet entweder das erste Glied eines Kompositums, dessen zweites Glied ein Nomen von ver- balem Sinne ist, so dass diese Zusammensetzung die grösste Ähnlichkeit mit der Verbindung zwischen Präverbium und

8274] Kap. XV. 1. Die Präpositionen in der Zusammensetzung. 661

Verbum hat, oder eines Kompositums, dessen zweites Glied ein echtes Nomen ist.

1. Ich führe zuerst Beispiele für die erste Art der Ver- bindung an, welche die bei weitem häufigste ist. Die Belege entnehme ich den trefflichen Abhandlungen von Reuter, KZ. 31, welche für die Lehre von der indischen Komposition voll- ständiges und übersichtlich geordnetes Material bieten. Solche Belege sind z.B.: samidh flammend, anuga nachgehend, pratidüh frisch gemolkene Milch, viprc nicht berührend (als Gegensatz zu sampfc in Berührung stehend), paripri theuer, abhipramür zermalmend, samydh das Gelingen, apadha das Versteck, upasdd die Belagerung, vyävrt die Unterscheidung, prakyntd der Zer- schneider, parskrößa der Schreier, atigrahö der mächtige Er- greifer (Überergreifer), »idhärays der etwas eingesetzt hat, abhibhavd übermächtig, parimard d nächste Umgebung hingestorben ist, samgamd das Zusammentreffen, abhidröha die Beleidigung, atimänd der Hochmuth, vimöka die Ausspannung, arambhä die Unternehmung, adhivakd die Fürsprache, upavakd die Anrede, paräväkd der Widerspruch, anusamcard nachgehend, pratyavaröha das Herabsteigen zu jemand hin, upepsa der Wunsch, vicikitsa zweifelnde Überlegung, antardhi Verbergung, üäcakri etwas ın etwas verwandelnd, parädadi hingebend, vyardhuka verlustig gehend, pramäyuka dem Untergang ver- fallend, samithd das feindliche Zusammentreffen, pratidivan der Gegenspieler, vibhävan scheinend, upaßtvarı daneben liegend, paryäyin feindlich umgehend, anukamin begierig, pratigrähin ın Empfang nehmend, pratyudyamin das Gegengewicht haltend, äkrämana heranschreitend, n. das Heranschreiten, »iskrdyana loskaufend, n. das Loskaufen, samgdmana versammelnd, n. das Zusammentreffen, ävdriansa umwendend, n. das Umwenden, abhyadhäna das Hinzulegen, abhyavahdrana das Hinabschaffen, oyaffi das Erlangen, upapti die Erreichung, dahiti die Erinne- rung, pröti der Weggang. Man sieht, dass die Präposition in keinem anderen Sinne auftritt, denn als Präverbium.

2. Viel geringer ist die Anzahl der Fälle, in welchen die Präposition mit einem Nomen im engeren Sinne verbunden wird.

662 Kap.XV. I Die Präpositionen in der Zusammensetzung. [$ 274.

Die Art dieser Verbindung kann eine verschiedene sein. Erstens nämlich so, dass das Nomen von der Präposition ab- hängig gedacht ist, z. B. atyav: über die Schafwolle rinnend, adhiratha (auf dem Wagen seiend) Wagenlast, anupatha den Weg entlang gehend, druorata nach jemandes Befehl handelnd, apavrata gegen das Gesetz handelnd, adhtdyu dem Himmel zustrebend, adeva den Göttern zustrebend, äpathi auf dem Wege befindlich, upärsbudhna über den Boden emporragend, pranapät Urenkel (eig. der vor dem Enkel seiende, wobei die Anschauung von der Reihe der Aszendenten übertragen ist), praävira den Helden vorangehend, sie übertreffend (ein grosser Held), upakak$d bis zur Achsel reichend, atirätra übernächtig, apiprana jeden Athemzug begleitend, apifarvard an die Nacht grenzend, Frühmorgen. Hieran schliessen sich die akkusativischen Ad- verbia mit Schlussbetonung wie: anupürodm (einem vorderen folgend) nach der Reihe, anusfoadham dem eigenen Willen ge- mäss, freiwillig, gern, abhiynü bis ans Knie, ädvadaam bis auf zwölf, pradögam abends, pratikämam nach Begehr, pratidogam gegen Abend, samakjam vor Augen. Zweitens: Die Präpo- sition hat ihre Beziehung ausserhalb des Kompositums. Dabei können die Komposita substantivisch oder adjektivisch sein. Belege für den ersten Fall sind: adhipats Oberherr, adhsraja dass., präpada Fussspitze, prapatha in die Ferne führender Weg, pratijand Gegner. Für den zweiten Fall: atyurmı (darüber gehende Welle habend) überwallend, ddhinirniy mit glänzendem Gewand bekleidet, ddhirukma Goldschmuck an sich tragend, adhtvastra mit Gewändern bekleidet, &d0j7as (in die Höhe gehende Gewalt habend) übergewaltig, pramanas (vorwärts strebende Gesinnung habend) sorgsam, liebreich, prämahas (vor anderen hervorragende Macht habend) von grosser Macht, prävayas mit Jugendkraft begabt, vigriva dem der Hals abgehauen oder um- gedreht ist, vipakgas auf beiden Seiten des Wagens gehend, vipatht zur Seite des Weges gehend, auf Abwegen gehend, viparva gelenklos, vimaya der Zauberkraft beraubt, virupa ver- schiedene Farbe habend, sdmant« gemeinsame Enden habend. an einander grenzend, sdmökas gleiche Wohnstätte habend.

5274] Kap. XV. I]. Die Präpositionen in der Zusammensetzung. 663

In diesen Beispielen tritt keine Bedeutung der Präposition hervor, welche man für besonders bemerkenswerth oder gar für besonders ursprünglich anzusehen hätte. Eine bemerkenswerthe Nuance zeigt sich etwa bei ve, parı und prd. Vi mit Verben be- deutet, wie ich SF. 5, 464 ausgeführt habe, ‘auseinander’, so bei Verben der Bewegung wie vi-3 auseinander gehen, vi-dru auseinander laufen u. s. w. Sind diese Verba transitiv, so bedeuten sie: durch Bewegung auseinander bringen, durch- schneiden, z. B. vi-y& durchfahren, vi-dhav durchrinnen, hin- rinnen durch, durchsickern, vi-pat durchschneiden, vi-gah sich tauchen ın (apds, eigentlich das Wasser auseinander tauchen). Daran schliesst sich vimadhya die Mitte eines Gegenstandes, eigentlich die "Durchmitte. Bei den Verben, welche ‘er- scheinen, sehen, unterscheiden’ bedeuten, wird durch vi die sich entfaltende Erscheinung und die auseinander legende Thätig- keit bezeichnet, z. B. vi-dar$ deutlich sich wahrnehmen lassen, zum Vorschein kommen, vi-pa$ sehen, unterscheiden, vi-cit wahrnehmen, unterscheiden, vi-vid unterscheiden, wissen, vi- 3%a erkennen, unterscheiden. Daran knüpft sich vi-maras mit durchdringendem Verstande begabt. In anderen Fällen wird der Begriff der Trennung betont, z. B. vi-tak$ abspalten, vs-ni wegführen. Dazu gehören die oben angeführten Nominal- bildungen wie vigriva u. s. w. und das eben erwähnte vimanas, welches auch ‘unverständig’? bedeutet. Endlich kann man » auch “durch und durch’ übersetzen, so dass es eine Verstärkung des Verbalbegriffes ausdrückt, z. B. vi-sah überwältigen, vi-ra7 bemeistern, vi-a$ erlangen, in Besitz nehmen, beherrschen. Eine gleiche Verstärkung des Begriffes findet sich in vicargant sehr regsam. Bei pr@ entwickelt sich aus der Anschauung der vorschreitenden Bewegung der Gedanke des Hervortretens, Hervorragens, wie in prämahas hervorragende Macht habend (s. oben); so erscheint pra auch vor Adjektiven z. B. pralanu sehr fein, ebenso im Griechischen, so bei Homer in rporas durchaus jeder. Eben daher erklärt sich auch der von Miklosich so genannte diminuierende Gebrauch im Slavischen und Litaui- schen, z. B. russ. prosini bläulich, lit. pröjüdis schwärzlich,

664 Kap. XV. I. Schlussbetrachtung über die Präp. 15274275.

proraudonas dunkelroth, rothbraun, d.h. eigentlich stark blau, aber nicht ganz u. s. w. Über päri habe ich SF. 5, 459 be- merkt: “Man kann aber ‘herum’ auch gebrauchen, wenn man den Nachdruck auf die vollständige Umfassung eines Gegen- standes, die vollständige Vollbringung einer Handlung legt. So kann man päri allenfalls mit ‘vollständig, ganz’ übersetzen und ihm mithin einen verstärkenden Sınn zuschreiben, so ın der Verbindung mit vand loben, rühmen, preisen; mit Ad er- kennen, genau wissen; mit vid genau wissen Indpı olde). Daran schliessen sich Zusammensetzungen wie parsmanyu von Zorn erfüllt, parıdurbala überaus schwach und manche andere nachvedische Wörter, ferner partvatsara ein volles (rundes) Jahr (etwas anderes ist wohl paryaßru voller Thränen aufzufassen, nämlich: Thränen um sich habend). Ebenso im Griech., z. B. repıunxns sehr lang, lat. per- in permagnus, lit. perdaüg zu viel, perdidelis zu gross, serb. prelijep sehr schön u. ähnl.

So zeigt sich denn überall, dass der Gebrauch in der Zu- sammensetzung mit dem Nomen sich an den Gebrauch des Präverbiums anlehnt, welches also die Wahrscheinlichkeit für sich hat, den ursprünglichen Sinn zu enthalten. Ich leugne natürlich nicht, dass sich aus der Beobachtung des Grebrauches der Präp. und Zusammensetzungen auch manches für meinen Zweck Nützliche ergeben würde (z. B. die Uebereinstimmung von lat. odlongus und tech. obdelny, obdlouhy länglich), glaube aber, aus dem angeführten Grunde von der Behandlung dieses Gegenstandes, für den mir ausgedehnte Sammlungen nicht zu Gebote stehen, absehen zu dürfen.

$ 275. Schlussbetrachtung.

Aus meiner Darstellung dürfte sich ergeben haben, dass es die ältere Aufgabe der Präpositionen war, die Handlung des Verbums nach Massgabe des ihnen innewohnenden Sinnes näher zu bestimmen. Trat nun zu dem so bestimmten Verbum ein geeigneter Kasus, so konnte sich zwischen ıhm und der Präposition ein näheres Verhältnis entwickeln, bei dem die Präposition den Sınn des Kasus, wie wir später im einzelnen sehen werden, sehr erheblich modifizieren konnte. Da die

$ 275.) Kap. XV. I. Schlussbetrachtung über die Präp. 665

traditionelle Wortstellung im Indogermanischen die gewesen sein wird, dass die Präposition vor dem Verbum stand, vor ihr aber der Kasus (da ja das Verbum gewohnheitsmässig am Satz- schluss stand), so ergiebt sich als natürliche Stellung der Prä- position die Stellung hinter dem Kasus, den sie bestimmt oder, wie wir sagen, regiert. Bei dieser Ansicht der Sache ist voraus- gesetzt, dass die Präposition sich von dem Verbum löst und zu dem Kasus übergeht. Man kann aber auch den Fall an- nehmen, dass sie bei dem Verbum bleibt und bei dem Kasus wiederholt wird. In einem solchen Falle und bei okkasioneller Stellung des Verbums könnte die Präp. wohl auch vor den Kasus getreten sein. Ich erspare mir die Erörterung dieser Frage bis zu einer zusammenfassenden Erwägung der indo- germanischen Wortstellung.

Die Präp. war in der Ursprache im Hauptsatze jedenfalls nicht mit der Verbalform, zu der sie innerlich gehört, ver- schmolzen (wie es im Nebensatze ausgesehen habe, lasse ich hier unerörtert). Dieser Zustand ist im Altindischen geblieben, in anderen Einzelsprachen aber hat sich allmählich eine An- näherung der Präp. und der Verbalform vollzogen, so dass im nachhomerischen Griechisch, im Lateinischen, Germanischen, Baltisch-Slavischen die Verbundenheit der regelmässige Zustand ist. Doch finden sich überall noch Reste der ursprünglichen Getrenntheit, z. B. lat. sub vos placo, got. ga-u-hva-sehvi (Kluge, KZ. 26, 80), lit. ap-si-su%tt sich drehen (Kurschat $ 1142). Dass der Ausdruck “Zusammensetzung’ für diese Vereinigung unter einem Accent nicht eben passend ist, ist klar. Doch wird er sich schwerlich mehr ausrotten lassen.

Etwas abweichend von meiner eigenen früheren Ansicht habe ich jetzt den sog. adverbialen Gebrauch der Präp. be- handelt. Ich glaubte früher, z. B. in xepı sehr noch einen Rest eines uralten, freien Gebrauches des Wortes zu erkennen. Indes bei näherem Zusehen hat sich ergeben, dass die Thatsachen ım Veda und Homer mehr dafür sprechen, in dem sog. freien Gebrauch eine Entwickelung aus dem präverbialen zu erblicken.

666 Kap. XV. II. ai. dpa, av. apa, gr. drd, lat. ab, got. af. 5276.

Do.

Die zugleich als Präverbia und Präpositionen gebrauchten Wörter.

In diesem Abschnitt sollen die hauptsächlichsten der durch das Indogermanische durchgehenden Präpositionen zur Dar- stellung gebracht werden, und zwar in folgender Reihenfolge:

$ 276. Ai. dpa, av. apa, gr. aro, lat. ab, got. af.

$ 277. Ai. dva, av. altp. ava, lat. au, preuss. au, aksl. u.

$ 278. Ai. antär, av. antare, altp. antar, lat. snter (umb. osk. anter).

$ 279. Ai. dpi, av. aipt, gr. &ri. Dazu lat. od, Hit. pi.

$ 280. Aı. abhi, av. aim, asbi, altp, abıy, lat. od (amb), germ. di (umbı), slav. oba.

8 281. Ai. dd, av. us, altp. ud, us, got. ul, us.

$ 282. Ai. dpa, av. altp. upa, gr. uno, got. uf (lat. sub).

$ 283. (Anhang zu 282) lıt. 20, pa-, aksl. po.

$ 284. Ai. parı, av. pair, altp. parıy, gr. zepl, lat. per. got. farr, lit. pef (aksl. pre-).

$ 285. Ai. prd, av. altp. fra, gr. xpo, lat. pro, lit. pra (prö, slav. pro.

$ 286. Av. pasti, pastis, altp. pats, patis, gr. rotl, nos.

$ 287. Ai. präti, gr. rporl, zpoc.

$ 288. Ai. sdm. av. altp. ham, lit. su, aksl. sü.

8 276. Ai. dpa, av. apa, gr. ano (ano), lat. ab (viel- leicht ap in aperio), got. afı)

bedeutet, wie Krüger sich ausdrückt, ursprünglich Ab- scheidung. Es tritt daher häufig zu Verben des Gehens und Führens, z. B. ai. apa-i, gr. Aretyı, lat. abeo weggehen; ai. apa- gam, av. apa-jas, gr. Anolalvo weggehen; ai. dpa-cyu, gr. aroosvona: enteilen; ai. dpa-sthäa sich fern halten, abtrünnig

1) Von ab wird @ wohl getrennt werden müssen, wenn auch das Ver- hältnis von er zu & ein Analogon bietet. ä könnte dem indischen & ent sprechen.

$276] Kap.XV. I. ai. dpa, av. apa, gr. dr.6, lat. ab, got. af. 667

werden, gr. dpiornuı entfernt stehen von, lat. absisto wegtreten, sich entfernen, got. afstandan abstehen, sich abwenden, ab- fallen; ai. dpa-ay, gr. drayw, lat. abigo wegtreiben; ai. apa-bhar, av. apa-bar, gr. anop&pw wegtragen; lat. abduco wegführen, got. aftiuhan fortziehen. Von weiteren proethnischen Ver- bindungen führe ich noch an: ai. dpa-dhä, gr. arorlönpı, lat. abdo wegthun (vgl. namentlich ai. apadha Versteck und lat. abdo verstecken); ai. dpa-chid, gr. anooyilw, lat. abscindo, got. afskardan abspalten, abschneiden; ai. dpa-mar}, gr. anopöpyvopı abwischen; ai. dpa-Ak$i abnehmen (vom Monde gesagt), gr. aro- odivo zu Grunde gehen; ai. apa-/up ausraufen, abtrennen, pass. abfallen, lat. aörumpo. Bisweilen sind in einer Sprache nur Ableitungen vorhanden, aus welchen auf das einstige Vorhanden- sein der Verbindung der Präposition mit dem Verbum ge- schlossen werden kann, z. B. lässt ai. dpacıti Rache, Strafe (andrısy) auf dpa-ck gleich Arotivu schliessen, ai. apavaktär Untersager, Abwehrer auf dpa-vac gleich ansinov schlug ab, versagte. Ich bemerke hierbei, dass durch die Verbindung von *gpo mit Verben des Sagens verschiedene Nuancen des Sinnes entstehen können. So heisst ai. dpa-bru eine Person jemandem aus dem Sinne reden, so dass er sie vergisst; dpa-vad seinen Unmuth auslassen, tadeln, schmähen, jemand zerstreuen; gr. aropruı gerade heraus sagen und leugnen, areinov gerade heraus sagen und andererseits verweigern, verneinen; lat. abdico ver- werfen, aberkennen; got. afaikan absagen, leugnen, verleugnen; afgiban absagen, entsagen. Noch führe ich einige Verbindungen an, die sich bloss in Asien oder bloss in Europa finden. Dahin gehören: ai. dpa-kart av. apa-kareß abschneiden (vgl. aro- xontw u. ähnl); apa-dah wegbrennen, durch Gluth vertreiben, av. apa-daz sich ein Glied verbrennen (vgl. aroxatw); ai. dpa- yaj und av. apa-yaz durch ein Opfer wegschaffen (vgl. Geldner, BB. 15, 249). Nur europäisch sind äreıpı, absum, aroveuw, abnuo u.a.

Wie man aus den angeführten Beispielen sieht, können durch die Verbindung eines Verbums mit *apo sehr verschiedene Bedeutungen entstehen. Die Handlung des Verbums kann

668 Kap. XV. IL ai. dpa, ar. apa, gr. dr, lat. ab, got. af. [8 276.

zur Vollendung gebracht werden, so in areprpı heraussagen, ferner araldopaı, aroxteivo und viele andere. Es kann aber auch das Gegentheil der Bedeutung des Simplex erscheinen, so 2. B. ausser bei den angeführten Verben des Sagens bei ai. apa-rädh verfehlen (eig. weg, vorbei treffen), gr. aroöoxei es missfällt u. ähnl.

Vergleicht man das Griechische (und Gotische) mit den arıschen Sprachen, so fällt das verhältnismässig häufigere Er- scheinen von aro auf. Das mag sich z. th. daraus erklären, dass ano auch die Präposition *dvo, ai. dva, av. ava, lat. au mit zu ersetzen hat. So entspricht z. B. dem griech. anoleize (got. aflifnan) ai. dva-ric, dem gr. anovilw ai. doa-niy (vgl. got. afbvahan). |

Hinsichtlich der Verbindung von *@po mit Kasus habe ich in bezug auf das Altindische SF. 5, 446 Folgendes be- merkt: “apa wird nicht mit Kasus verbunden. Zwar giebt es im Veda vereinzelte Stellen, in denen man einen Ablatıv mit dpa verbinden könnte, z. B. dpö shu na iydm barur ädıtya apa durmaltih asmdd etv djaghnufi weg gehe dieser Pfeil, weg das Unheil von uns, ihr A., ohne uns getroffen zu haben RV. 8, 67, 15. Aber keine Stelle ist vorhanden, welche zu einer solchen Auffassung zwänge und die übrige Sprache entscheidet dagegen.” Über den Zustand im Avestischen sagt Spiegel, Gramm. 465: “apa erscheint als selbständige Präposition in der Bedeutung Ainweg nur an einer einzigen Stelle des jüngeren Avesta vd. 15,133.” Mir scheint, dass an dieser Stelle zu apa (in apäca) das Verb darez zu ergänzen ist. Das Lateinische zeigt ab ın Verbindung mit seinem natürlichen Kasus, dem Ablativ. Als Ersatz dieses Kasus erscheint im Griechischen der Genitiv, mit Ausnahme des Arkadisch-Kyprischen, welches den Dativ (Lo- kalıs) hat, z. B. aro räı Cäı von dem Lande (vgl. Hoffmann, Griech. Dial. 1, 307). Da in diesen Dialekten der Ablatıv wie im übrigen Griechisch durch den Genitiv ersetzt wird, so muss diese auffallende Konstruktion von dro (und &£) von der Prä- position aus erklärt werden. Ich möchte annehmen, dass eine Nachahmung der durch den Gegensatz der Bedeutung verbun-

$ 276—277.) Kap. XV. II ai. dva, av. ava, lat. preuss. au, slav. «. 669

denen Präposition &v vorliegt. Hinsichtlich des Gebrauches von äro bei Homer sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass es sich (wie Krüger, Di. S. 6 68, 16, 4 bemerkt) fast durch- gängig auf äusserliche und sinnliche Erscheinungen beschränkt. Das gotische af hat als Vertreter des Ablativs den Dativ bei sich. (Eine bequeme Übersicht des Gebrauchs bei Gabelentz- Loebe im Glossar.) .

$ 277. Ai. dva, av. altp. ava, lat. au, preuss. au, aksl. u.

Die Grundbedeutung lässt sich aus dem Ai. noch gut er- kennen. Ich glaube SF. 5, 449f. gezeigt zu haben, dass sie ‘herab’ ist. Oft wird indessen mehr der Ausgangspunkt und der Zielpunkt als die Herabbewegung in's Auge gefasst, so dass es scheint, als habe das Wort die Bedeutung “weg von’, oder ‘hinein in’. Indem ich auf meine Darstellung des altindischen Gebrauchs verweise, führe ich hier eine Anzahl von Verbin- dungen an, welche dem Ai. und Av. gemeinsam sind. Dabei lässt sich denn freilich nicht leugnen, dass die Bedeutung “herab’ im Av. oft nicht mehr hervortritt, was zum theil wohl an unserer nicht genauen Auffassung liegen wird. Beispiele sind: ai. dva-i herabkommen, sich stürzen auf, hinweggehen, sich entfernen, hingehen zu mit dem Akk., av. wandeln (von den Himmelskörpern gesagt, die auf ihrer Bahn wandeln); ai. ava-pat herabfliegen, fallen, av. ava patah ava zrayö er lief herab zum See yt. 19, 58; ai. doa-stha hinabsteigeu, sich fern- halten (auch sich entfernen), dastehen, Halt machen, av. sich hin- stellen, hintreten; ai. ava-aj hinabtreiben (die Kuh zum Wasser), av. ava-az herbeiführen (von feindlichen Heeren); ai. ava-ni hinab-, hineinführen, stecken in, av. yt. 19, 44 “den heiligen Geist herunterholen aus dem lichten Paradies’ (Geldner, 3 y. 22); ai. dava-bhar hineinstecken, sinken lassen, abtrennen, abhauen, av. bringen, tragen; ai. dva-kart abschneiden, av. schneiden (jemand mit Messern am Leibe), vgl. deutsch “herunterschneiden’; ai. ava-grabh loslassen, ablassen, nachlassen von, av. avagerepta hineingerathen (in eine Frage, in Noth), eig. hinabgelassen; ai. dva-sarj schleudern, abschiessen, hineinwerfen, hinausstossen,

670 Kap. XV. UL. ai. dva, av. eva, lat. preuss. aw, slav. w. 18 277.

hinausdrängen |z. B. aus dem Mutterleibe), av. ava-harez zurück- weisen; ai. dva-hva herabrufen, herrufen, av. ava-zbdaä anrufen (der Flehende wird unten stehend gedacht, vgl. upa); ai. dra- Na gering achten, av. ava-zan merken, aufmerksam werden. Im Lateinischen aufero und aufugio tritt nur der Sinn des ‘weg’ hervor, so dass es von *dpo nicht mehr zu scheiden ist. Im Preussischen lassen sich vergleichen aumüsnan Ab- waschung (vgl. das identische aksl. umyts; abwaschen und aı. ava-nı)), auskandint ersäufen, auminius betrübt, eig. herab- gestimmt u. a. (vgl. Fick* 705). Im Slavischen lässt sich nach Miklosich 4, 247 erstens die Bedeutung ‘weg’ erkennen, z.B. aksl. ubeZats aufugere, uolesti abstrahere, ukloniti declinare, urezati abscindere u. a. In wie weit etwa das ‘herab’ noch durchschimmert, wäre zu untersuchen. Bei umyti abwaschen, eigentlich “den Schmutz herunterwaschen’ ist das noch der Fall. Sodann dient « zur Perfektivierung, wird also so ge- braucht wie ano im Griechischen, z. B. ubifi erschlagen, gr. anoxtelvw, umreti sterben aroßvnoxsw. Da u das in den Hitu- slavischen Sprachen verschwundene *dpo in sich aufgenommen hat, so kann man diese Bedeutungsentwickelung auf dpo zu- rückführen.

Verbindung mit Kasus. Nach dem eben Ausgeführten ist es natürlich, dass *@vo eine Verbindung mit dem Ablatıv und dem Akkusativ, dem Ausgangspunkt und dem Zielpunkt der Bewegung eingehen konnte. Das erstere hat sich im Alt- indischen und Slavischen ereignet. Im Altindischen glaube ich (SF. 5, 451) die Verbindung dra divdh vom Himmel herab anerkennen zu sollen. Im Slavischen (Miklosich 4, 574 ff.) steht % bei dem ablativischen Genitiv, und zwar bei Verben des Verlangens, Empfangens, Nehmens, z.B. aksl. prost u mene attnadv ne Mark. 6, 22; vüprasaje u njichü äruvdavsro rap adrav Matth. 2, 4. Da nun dasjenige, was man von jemand fordert, kauft u. s. w. sich bei ihm befindet, man also die Verbindung auch verstehen kann als ‘bei jemand fordern, kaufen’, so kann auch bei anderen Verben «u mit dem Gen. in dem Sinne von ‘bei’ erscheinen. So erklärt es sich, dass, wie Miklosich sich

$277—278.] Kap. XV. II. ai. antär, av. antare, lat. inter (anter. 671

ausdrückt, der Genitiv mit « den Gegenstand bezeichnet, in dessen Nähe etwas ist, eine Handlung vor sich geht, z. B. jaZe videchü u ofica mojego 5 &upaxa napd t@ rarpl you Joh. 8, 38; da obedujetü u njego drws Apıornon nap adra Luk. 11, 37; jiZe beachq unjego oi rap adtw Mark. 3, 21; postavi je u sebe &om- cev aötd rap &auro Luk. 9, 47. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Personen. Ein ähnlicher Fall liegt bei der italienischen: Präposition da vor. Mit dem Akkusativ findet sich ava im Avesta. Besonders lehrreich sind einige Fälle, in denen sich ava sowohl bei dem Verbum als bei dem Kasus findet, z. B. ma he ava pädem ava hista tritt nicht in ihre Spur yt. 17,57. Nur bei dem Kasus steht es z. B. Auba t2 agtem ätrem asti baran ava adlem nmänem wann sollen die das Feuer in das Haus bringen vd. 5, 41. Nach Justi soll ava einmal auch mit dem Instrumentalis vorkommen, was ich dahingestellt sein lasse.

$ 278. Ai. antdr, av. antare, apers. antar, lat. inter (umbr. osk. anter).

Über die mit artdr verbundenen Verba im Altindischen s. SF. 5, 445. Im Avestischen habe ich nur notiert antare-car, das nach : Justi ‘vertheilen’ bedeutet (ai. antär-car sich be- wegen zwischen, innerhalb), und antare-mr& untersagen (vgl. interdico). An Übereinstimmungen zwischen Altindisch und Lateinisch lassen sich etwa namhaft machen: ai. antdr-gam und 9@ gehen zwischen etwas, dazwischen treten, trennen, ausschliessen von (dieses bei gam), lat. intervenio während einer Handlung sich einfinden, unterbrechen, einschreiten; ai. antdr-i dazwischen treten, jemand den Weg vertreten, ab- schneiden, von etwas ausschliessen, übergehen, lat. intereo zwischen etwas treten und darin verschwinden, untergehen (vgl. intercido dazwischen fallen, verloren gehen); [ai. antar- stha den Weg vertreten, aufhalten, lat. intersto dazwischen- stehen (spät belegt)]; ai. antdr-chid abschneiden, intercludo, lat. interscindo auseinanderreissen, trennen, stören, Zerreissen, unterbrechen. Wie man sieht, bedeutet antar, inter dazwischen,

672 Kap. XV. ID. ai. antdr, av. antare, lat. inter (anter). [$ 278.

so bei den ai. Verben s dazwischen gehen, als Bote oder Ver- mittler, car (s. oben); bh% (dazwischen sein) eindringen in; pas hineinschauen. In dem ai. antarvidvan genau kennend betont antäar das Unterscheidungsvermögen, vgl. lat. internosco und intelligo, engl. understand. Im Lateinischen ist die ursprüng- liche Bedeutung von inter zahlreich vertreten, z. B. intercurro dazwischen laufen; interequito dazwischen reiten; interfluo da- zwischen fliessen; interfundo dazwischen giessen; interjaceo da- zwischen liegen; interluceo dazwischen schimmern, durchschim- mern; intermisceo dazwischen mischen; intermitto dazwischen legen, dazwischen leer lassen, offen lassen, internascor dazwischen entstehen u.a. m. Sodann entwickelt sich die Vorstellung der Hemmung und Trennung. Dahin gehören die schon genannten wie ai. antdr-ga und gam ausschliessen von, lat. intervenio; ai. antdr-chid abschneiden, lat. interscindo; av. antare-mrü inter- dico; ferner ai. antdr-dhä dazwischen legen, setzen, abschneiden, absondern; ai. antäar-yam Einhalt thun, anhalten (auch drinnen halten). Dieser in solchen Verbindungen erwachsene Sinn von antar zeigt sich auch bei antdar-khya den Blicken entziehen (khy@ blicken). Lateinische Belege sind: intercedo hindernd dazwischen treten, intercludo absperten, iniersaepio verzäunen, abschliessen. Bisweilen wird der Begriff des Zertrennens be- tont, z. B. interfodio zergraben, zerstechen, intercido ein Ganzes in der Mitte durchschneiden, durchstechen; bisweilen das Weg- nehmen, z. B. interbsbo wegtrinken, austrinken, intercipio auf- fangen (eig. dazwischen ergreifen, ehe etwas an seinen Be- stimmungsort gelangt), wegfangen, entreissen; interficio auf- zehren, zu Grunde richten (vgl. auch :niereo, was bei der Bedeutungsentwickelung vorgeschwebt haben mag), interimo aus dem Wege räumen, vernichten. Heisst interrogo eigent- lich: fragend dazwischentreten?

Als Präposition wird antär u. s. w. in den drei Sprachen mit dem Akkusativ verbunden, z. B. antär maht brhati rö- dasime vigva te dhama varuna priyäni zwischen diesen beiden Welten befinden sich, o Varuna, alle deine lieben Wohn- stätten RV. 7, 87,2. Av. vispem ımah adidasti yab anlare zqm

$ 278—279.] Kap. XV. I. ai. api, av. ampı, gr. Ext, lat. ob, lit. -pi. 673

asmanemca er überschaut alles, was zwischen Erde und Himmel ist yt. 10, 95; da me tum hamcaranuha antare aredem nmänahe komm du mit herein in die Seite meines Hauses (in mein Haus) yt. 17, 60. Ebenso im Italischen, z. B. osk. anter slagim abellanam inim nürlanam zwischen der Flur von Abella und _ von Nola; lat. ager qui inter urbem ac Tiberim fuit (Livius); inter densas fagos assidue vensebat (Virgil) und in anderen hier nicht zu erörternden Nuancen (Zeit, Umstände u. s. w.). Im Altindischen erscheint antar noch mit dem Lok. und dem Abl., doch kann man dabei, wie ich SF. 5, 446 gezeigt habe, meist noch den Kasus und die Präp. gesondert zur Geltung bringen, z. B. äsye ’ntäh im Munde drinnen, @syad antdh aus dem Munde drinnen, d. h. aus dem Innern der Mundhöhle. Die sozusagen nominale Natur des Wortes zeigt sich auch in seiner Verbin- dung mit dem Genitiv, welche nach Böhtlingk-Roth innerhalb des Veda VS. 40, 5 vorliegt: tad antar asya särvasya läd u särvasyäsya bähyatah das ist innerhalb der ganzen Welt und auch ausserhalb derselben. Die Frage, ob antare im Avesti- schen etwa noch mit dem Instr. oder Lok. erscheint, ist er- örtert von J. Schmidt, Pluralb. 268. Auf dem ıtalischen Gebiet liegt vielleicht eine Verbindung mit dem Lok. vor cipp. Ab. 14.

$ 279. Ai. api, av. aipi, gr. &xt (Enı. Dazu lat. od, lit. -pi.

Über das altindische dpi in Verbindung mit Verben habe ich SF. 5, 447 bemerkt: “Bei Verben des Gehens ist es am nächsten durch unser ‘in’ wiederzugeben, so mit i eintreten in (einen Ort) oder unter, z. B. yada pürujah sodpiti prandm tärhi väg dpy ei während der Mensch schläft, geht die Stimme in den Athem auf SB. 10, 3, 3,6. Ähnlich mit gam, gä, pad; mit sthä ın den Weg treten (AV); mit as und 5hü in etwas sein, nahe zusammengehören mit, und sodann zu theil werden und theil haben, z. B. devalöke me ’py asat mir soll Antheil sein am Götterhimmel SB. 1, 9, 1,16; tos indräpy abhüma an dir haben wir Antheil gewonnen, o Indra, RV. 2, 11, 12; mit ni (in

der Prosa! hingeleiten auf, in, zu (dem Pfade, der Götterwelt!; Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm, Sprachen. I. 43

674 Kap. XV. I. ai. dpi, av. aipi, gr. Ext, lat. ob, lit. -pi. [8279.

var} hinwenden; parc (AV.) beimischen; da% anbrennen, die Flammen in engste Berührung bringen mit. In allen den genannten Verbindungen tritt die Anschauung des Nahehem- kommens oder Hineinkommens deutlich hervor. Da nun das neu Hinzutretende häufig auf das Vorhandene gethan wird, so entwickelte sich in dpi (wohl schon in proethnischer Zeit) die Bedeutung ‘auf, über’, z. B. mit vap bestreuen, überstreuen; mit sarj darauf werfen, hinzufügen (einen Somastengel); mit sar darauf fliessen, und so entsteht denn in einigen Verbin- dungen der Begriff des Bedeckens, Zudeckens, so mit nah an- binden, aber auch zubinden (den Mund); mit ruA verwachsen, zuwachsen ; mit dh@ hineinstecken, darreichen, hingeben, aber auch zudecken, verstopfen, verschliessen; so auch mit rıp in apiripta verklebt, erblindet. Auffällig ist für uns die Verbin- dung mit Verben des Schlagens und ähnliche Verbindungen, in welchen wir geneigt sind, dpi durch ‘ab’ wiederzugeben, »: mit vra$c abhauen (den Kopf), eig. wohl einschlagen ; mit der (jemandem die Rippen) zerbrechen, einbrechen, sich den Am, den Hals brechen ; mit $as (AV. einmal) den Nabel wegschneiden, eig. einschneiden; mit han: Öfadhayah khälu va ötäsyar sühm api ghnanti ya vehäd bhavati die Kräuter verderben der Kuh die Tracht, welche zu verwerfen droht TS. 2, 1, 5, 3; endlich mit ghas abfressen, eig. einfressen, zerfressen (von Ameisen, welche eine Sehne zerfressen) SB. 14, 1, 1, 9. Von einer inner- lichen Zuwendung ist die Rede bei %% auffassen, verstehen, entschliessen; bei mar$ vergessen, wobei wohl die Verbindung von einem Verbum hergenommen ist, welches aufmerken be deutet (vgl. vergessen auf;”. Im Avestischen ist die Ver- bindung von aipi mit Verben selten (bei Justi unter ırı oder rı, kan, kareb, yZar (ghzhar geschr.), car, jan, jas, darez, par, spä, Su), es lassen sich deshalb nur wenige Entsprechungen beibringen, nämlich: aipi-jas hingehen (in’s Paradies) zu öpr gam in etwas eingehen, bei jemand eintreten; atpi-jan töten zu dpi-han abtreiben (die Frucht); aipi-Akarep niedermetzeln zu dpi-kart abschneiden. Im Altpersischen findet sich api mit Verben nicht. Über ixi bei Homer handelt La Roche

$279)] Kap.XV. I. ai. dpi, av. aipi, gr. Ext, lat. od, lit. -pi. 675

im 21. und 23. Bande der Zeitschrift für österreichische Gym- nasien, der 204 Verbindungen von !rt mit Verben aufzählt. Unter diesen Verben sind natürlich eine Reihe von solchen, welche sich auch im Arischen finden, ich kann aber nur die folgenden sich entsprechenden Verbindungen von Präp. und Verbum namhaft machen: &rıßalvwo aufsteigen, besteigen (Land, Schiffe, Wagen), auch von der Begattung der Thiere gebraucht, zu ai. dpi-gam in etwas eingehen, bei jemand eintreten, inire feminam;; &rırlönyı darauf, daran, dazu legen, während im Alt- indischen das ‘hinein’ mehr hervortritt. Dagegen stimmen die beiden Sprachen in der Bedeutung ‘darauf legen, schliessen’ überein, z. B. tö6sonv HAlßarov nerpnv inddnne Büpyaıv ı 243 (vgl. auch &xtönna Deckel) ; dupas & Andünxe paeıvas p 45. Das Alt- indische geht schon ein wenig weiter, indem es mit dem Instr. konstruiert: d$mana bilam äpy adham ich habe das Loch mit einem Steine geschlossen AV. 7, 35, 2; Ereruı darauf, daran, dabei sein, während ai. @pi-as in etwas sein, nahe zusammen- sein mit bedeutet, sodann ‘zufallen, zu theil werden’, z. B. asme sd (rayir) dpi $yat uns möge der Reichthum zufallen RV. 6, 68, 6, womit man vergleiche: äv&pas otoww &reorı piya xparos Hymnus Demet. 150. Zu &rxıylyvonar (Eapos 8 &rıylverau pn Z 148) lässt sich apiy4 hinzugeboren, nachgeboren ver- gleichen. Äusserlich stimmen noch &rlorapaı und dpi-stha, erırellw und aspt-car, &rıosdw und aipi-Su.

In einer Reihe von Fällen stimmt &ri vielmehr mit abAhi dem Sinne nach überein, z, B. Ereıpı, &repyopar hinzugehen, darauf los gehen, herankommen, ai. abht-i herankommen, sich einstellen, zugehen auf, aufsuchen, losgehen auf; &rdp- von: antreiben, loslassen gegen, ai. abAt-ar dringen zu (nach Böhtlingk-Roth); &rxıreropaı hinzufliegen, herbeifliegen, ai. abhi-pat herbeifliegen, hinzufliegen; &rırlew darüber schiffen, befahren (also mit jener Nuance, die bei adhi so häufig ist); ai. abhi-plu hinschiffen zu; Zrıppdw herbeiströmen in ra & &ndp- pee edvea nerav A 724; ai. abhi-sru herströmen. Dagegen Eerıppew in AAAA 1E mv xadönepdev Erıppdeı Hör Eiarov B 754 würde einem dpi-sru entsprechen; &rıypepw dazutragen, ai. abhi-bhar

43*

676 Kap. XV. IL ai. dpi, av. aipi, gr. irt mit Kasus. [$ 279.

zuschieben (jemandem ein Vergehen): &rayw herbeiführen, ai. abhi-aj (herbeibringen) vereinigen; &rıxlöo anhören, darauf hören, ai. abAi-$ru hören, eig. hinhören; 2Zrıö£pxopar darauf sehen, ai. abhs-dars anblicken; 2o&rw verfolgen, sich darauf stürzen u. 8. w., ai. abhi-sac aufsuchen, sich jemand zuwenden: ärıdyvvone darüber anziehen, darüber werfen, ai. abhi-vas sich hüllen in, kaus. bekleiden, bedecken.

Ich folgere aus diesem Thatbestand, dass im griechischen rt das alte *epi und *ebhr (s. unten S. 679), welches im Grie- chischen *2»{ lauten würde, zusammengeflossen sind, und bin mit anderen Gelehrten der Ansicht, dass dieses letztere ın ’Egrditns und &plopxos (dpıöpxous‘ Toüro da Too n Adye Phry- nichus 280) erhalten sei. Die Bedeutung von &rtopxo; (Ertop- xov Suvövar bei Homer) ist freilich schwer zu erklären. Sıe würde es aber ebenso sein, wenn man in der Präp. das alte *$pi annähme. Es scheint die “Beschwörung’, den Eid, durch welchen man einem anderen zusetzt und ihn bewältigt, zu bedeuten.

äpi, aipi, &rt ın Verbindung mit Kasus.

In den arischen Sprachen, wo eine solche Verbindung sehr selten ist, finde ich den Akkusativ und den Lokalıs, den ersteren im Avesta in den Sätzen: vispgqmca aıpi imqm zam auf der ganzen Erde y. 57, 33, tqprygm aipi xJapanem in der dunklen Nacht yt. 14, 13, wozu sich aus dem Griechischen vergleichen lässt nf 5 des levar roAAhv Anl yalav; B 364, ebdov ravvöyıos xal En Ida xal ueoov huap m 288 und vieles der Art (La Roche 21, 90 ff). Sodann steht &ri mit dem Akk. im Sinne von ‘auf etwas hin’, z. B. ööwp Zr yeipas Zyavav a 146, Pr ap Em Arpelörv Ayausuvova B 18 (vgl. a. a. O. 83 ff.). Mit dem Lokalis findet sich @pi einige Mal ım RV. (SF. 5, 448), 2. B. yak pärthiväsö ya apam äpi vrate welche (Göttinnen' irdisch nnd welche ım Bereich des Wassers sind RV. 5, 46, 7. Diesem dp: entspricht 2r{ mit dem lokalen Dativ (La Roche a. a. 0. 21, 94 ff.), z. B. roAla dE punpl’ Exre Bemv lepoto dri Io- mots y 273, 8acor vöv Bporot elsıv Ent ydovi otrov Zöovres 9 222 u. 8. w. Es scheint aber, dass nicht alle Dative bei 2xi aus

$ 279.) Kap. XV. II. &xi mit Dat. Italisch op. 677

Lokalen zu erklären sind, vielmehr konnte vielleicht auch &xt zu dem echten Dativ treten, worin wir dann eine griechische Neuerung zu erkennen hätten, z. B. in Fällen wie: &t aAn- Aorsıv tövres IT 15. Man hat sich das wohl so zu erklären, dass der Dativ zuerst zu dem mit ri zusammengesetzten Verbum trat, z. B. dpvis yap opıy Ernie M 200, oder rotar Ö ei rpiros Hide Diloltios u 185, wo man zweifeln kann, ob &rl näher zum Nomen oder zum Verbum zu ziehen ist. In diesem &zi kann natürlich *eps und "ed)i stecken.

Eine Errungenschaft des Griechischen ist die Verbindung von &xt mit dem Genitiv. Diese Konstruktion scheint ent- standen zu sein bei den mit &r! zusammengesetzten Verben des Strebens, neben denen ein Gen. des Zieles stand. Danach stünden dem ursprünglichen Typus noch nahe Sätze wie die folgenden: xAayyy al ye nerovrar En Qxeavoio poawy I’ 5, 7 xad- vrepde Xtoro veoipneda nanalodsons, vnsov Eml Wuplns y 171, oöre ROTE nporpenovro nelawvdwv int vnav E 700. Daran knüpfen sich leicht Wendungen wie: xardönxev Ent yBdovds, ELer inl öp6vou u. ähnl. und endlich Genitive der Ortsruhe wie &r &ypoü u. ähnl. Nicht selten lässt sich noch in der angegebenen Rich- tung ein Unterschied zwischen Gen. und Dativ spüren, z. B. vna p£v ol ye pelaıwvav Em Hrelporo Epuaoav blood Eri Yapadoız A 485. Oft aber scheinen schon bei Homer beide Verbin- dungen gleichbedeutend.

Anhang.

Anhangsweise behandle ich das italische op und das litauische -p:.

1. Italisch op. Es kann wohl keinem Zweifel unter- liegen, dass das italische op mit dem idg. *epi übereinstimmt. Das Verhältnis der Vokale pflegt man sich dadurch deutlich zu machen, dass man es Ablaut nennt. Dieses op liegt vor im Oskischen, wo es mit dem Ablativ als dem Vertreter des Lokalis verbunden wird: püd üp eisüd sakaraklüd ist quod apud id sacrum est Zvetajeff, Sylloge 56, 13; ne pon op tovtad petirupert urust nisi cum apud populum quater oraverit 76, 14;

678 Kap. XV. II. Italisch op, litauisch -pi. [$ 279.

svae pis op eizois com altrud ligud acum herest si quis apud ıllos cum altero lege agere volet 76, 23.

Aus dem Lateinischen wird op-erio dahin gestellt, und es dürften wohl in dem Präverbium od, das in den meisten Fällen auf abAi zurückgeht, auch einige solche op stecken. Dahın gehören oddo vormachen, vorsetzen, vorschieben, vor- stopfen, vgl. ai. dpi-dha hineinstecken, zudecken, verstopfen, verschliessen; odsto dastehen bei etwas, hinderlich sein, vgl. al. dpi-sthä in den Weg treten, dagegen in obsisto vor etwas hintreten, sich widersetzen könnte od auf abhi zurückgehen. Auch in odduco kann api und abAhi sich vereinigen, das erstere in der Bedeutung vorziehen, zumachen, das zweite in der Be- deutung: gegen etwas oder jemand heranführen. In manchen Fällen bin ich in Zweifel, worauf od zurückgeht, z. B. bei occubo, obstruo, obsaepio, occludo.

2. Litauisch -pi. Das lit. -ps, auch verkürzt zu p, er- scheint hinter Genitiven, wobei es die Richtung bei Verben der Bewegung angiebt, z. B. devöp zu Gott (vgl. Kurschat, Gr. $ 1477, der pi seltsamer Weise von pri herleitet). In der älteren Sprache findet es sich oft hinter Lokalen, z. B. devep bei Gott (vgl. Bezzenberger, ZGLS. 251). Früher pflegte man dieses ps mit *ept zusammenzubringen. Aber das s ist nicht ursprünglich, sondern aus einem Diphthong entstanden, worauf die lettische Präposition p3 hinweist, welche mit dem Genitiv verbunden wird, 2. B. p} tewa bei dem Vater, p} laika bei Zeiten (vgl. Bielenstein, Gr. $607). Damit wird von Fick in Bezzen- berger’s Beitr. 7, 94 das argivische ro: (hin zu mit dem Akk.) ver- glichen, über das Baunack in Curtius’ Studien 10, 104 gehandelt hat (vgl. auch KZ. 30, 570). Der Form nach könnte nun diese aus -p3, pi, zoı zu erschliessende Präposition ganz wohl zu lit. ape (in der Zusammensetzung api und apy) gestellt werden, zu dem sie sich verhalten würde, wie ai. pi- zu dpi. Aber die Bedeutung macht Schwierigkeiten, da ap um bedeutet. Es mag also die Frage, wie es sich mit diesen litauischen Formen verhält, weiterer Forschung vorbehalten bleiben.

$ 280.] Kap. XV. II. abht, atwi, ob (amb-), bi (umbi), obü. 679

$ 280. Aı. abhi, av. aiwi, aidi, altp. abiy, lat. od (umbd-), germ. bs (umbi), slav. obü.

Ich nehme an, dass die in der Übersicht genannten For- men auf zwei Urpräpositionen zurückgehen.

Die erste bedeutet “auf zu’ und lautete im Idg. wahr- scheinlich *ed% und mit Ablaut *odAz (vgl. das bei *&pi Gesagte), die zweite bedeutete ‘zu beiden Seiten’ um’ und lautete wahr- scheinlich *ambA? oder *mdhi. Die beiden einander nahe liegen- den. Formen haben sich in den einzelnen Sprachen vermischt, und zwar enthält ai. adhi und av. atwi die Grundform *ebAt, während in abhitas und atwitas zu beiden Seiten die Grund- form *mbhi steckt. Im Griechischen giebt. es nur geringe Reste von *ebAi (vgl. oben S. 675£. bei &rt), während *amdAht durch aut fortgesetzt wird. Im Lateinischen geht 05 auf *odAht, amb- auf *ambhr zurück. Im Gotischen di stecken beide Formen, in den übrigen altgermanischen Dialekten geht di auf *ebAi oder *obhi, umbi auf *mbhi zurück. Das slavische odü ist der Form nach gleich *odAt. Um dieser Mischungen willen stelle ich die Einzelsprachen besonders dar. Bisweilen ist es mir nicht gelungen, die Grenzlinien deutlich zu ziehen.

Altindisch und Avestisch (adAt, abi, am).

Dass ai. abhi, av. abi oder aiws und altp. adiy identisch sind, ist unzweifelhaft. Gewöhnlich betrachtet man auch ar. avi nur als abweichende Schreibung. Da aber der Zweifel an- geregt worden ist (Hoffmann, die griechischen Dialekte 1, 306), ob nicht avi eine besondere Urpräposition sei, so lasse ich die- selbe bei Seite, wodurch dann freilich die Zahl der Parallelen, welche sich zwischen Altindisch und Avestisch ziehen lassen, erheblich vermindert wird. Über den Gebrauch von abhi mit Verben habe ich SF. 5, 448 bemerkt: “abhi bezeichnet ‘herbei, auf zu’. Dieser Sinn tritt deutlich hervor in der Verbindung mit Verben der Bewegung und Thätigkeit. Häufig bezeichnet dabei abhi diejenige Affızierung oder Bewältigung des Gegen- standes, welche wir durch unser de ausdrücken, wobei dann das intransitive Verbum transitiv wird.” Belege für abAi her- bei, auf zu bei Verben der Bewegung sind: mit s und gam

680 Kap. XV. IL adk, aiei, ob (amb-), bi 'umbi:, obü. [5 280.

herankommen, mit drwu herbeieilen, mit vaA hinfahren, her- beiführen, hinführen zu u. a. m. Es kann sich aber auch bei denselben Verben der Sinn unseres de- entwickeln, z. B. ai. abhi-i begehen, d. h. thatsächlich so viel als ‘gehen über hin’, z. B. tam äuk$näit cärmabhih paßcatpränch vibhdjamänä abhiyuh sie begingen die Erde von West nach Ost, sie mit Rindsleder vermessend SB. 1, 2, 5, 2. Damit lässt sich ver- gleichen: zem frabä atwyaiti welcher die Erde in ganzer Breite begeht (Geldner: umwandert) yt. 10, 95. Geldner ge- braucht ‘um’ auch KZ. 25, 508 in der Übersetzung von asiwivaz: yaba avap hvarezsagtem Larasca harqm berezaitim fraca altı atwica vazailg wie jenes Sonnengestirn über die hohe Haraiti heraufkommt und herumfährt yt. 10, 118. Auch hier scheint mir ‘besteigt’ oder eine ähnliche Wendung richtiger. Weitere Belege sind ai. abAr-vars beregnen, abhi-vam bespeien, abhi-ıdh (beflammen) mit Flammen umgeben, in Flammen setzen, abh+ mar (besterben) durch den Tod beflecken; av. arwı-aks beauf- sichtigen, atwi-ruc beleuchten u. a. m. Aus der Vorstellung der auf etwas hin gerichteten Thätigkeit geht leicht der Ge- danke der Bewältigung hervor, so in abAt-bhu hart bedrängen, übertreffen, überlegen sein, überwältigen. Endlich führe ich noch, um den Übergang zu der Verbindung mit Kasus zu ver- mitteln, folgende Worte aus SF. 5, 448 an: “Häufig tritt abhi zu dem Nomen, welches zu dem Verbum gehört, derart in innerliche Beziehung, dass wir es ‘mit Beziehung auf, zum Nutzen oder Schaden von’ übersetzen, z. B. mit ric zu Gunsten jemandes übrigbleiben, mit Jar für jemand geboren werden. Ganz besonders häufig ist dieser Gebrauch, wenn abht die erste von zwei Präpositionen ist, z. B. abAi ud « über jemand auf- gehen (von der Sonne gesagt); abhi ud sarz) zum Schaden von jemand knarren.”

Verbindung mit Kasus. 4AbAi erscheint nur bei dem Akkusativ, in Bedeutungen, die sich nach dem Gesagten von selbst ergeben, z. B. ud ir$va näry abhi jivalokdm erhebe dich, o Frau, zur Welt der Lebendigen RV. 10, 18, 8; vi$oa car$antr abhi der über alle Menschen ist RV. 1, 86, 5; rifam

$ 280.) Kap. XV. I. Lateinisch 02. 681

eväitdt sammukham k$atriyam abhy avivadınim kardti auf diese Weise macht er das Volk zugeneigt, unrebellisch gegenüber dem Herrscher SB. 3, 9,3, 3; tad ete ’bhi Slokah darauf beziehen sich die folgenden Zeilen SB. 11, 5, 5, 12 (vgl. SF. 5, 449).

In den iranischen Sprachen erscheint unsere Präp. eben- falls ganz überwiegend mit dem Akk. (vgl. Spiegel, Gramm. 454), z.B. altp. hauv Atrina basta anäyata abiy dieser A. wurde gebunden zu mir geführt Spiegel? 10, 82; ardi und atwi kom- men überwiegend mit Verben vor. Ein Fall, in welchem a:bi mit dem Lok. auftritt, scheint y. 43, 7 zu sein, wo es heisst: ferasayai abi Pwahu gagpahu zur Befragung über deine Leute (so Geldner, KZ. 30, 318). Man vergleiche über a:di noch Baunack 349.1!)

Lateinisch od.

Das lateinische od ist schon oben S. 678 erwähnt worden, wo gezeigt wurde, dass es in einigen Fällen der Fortsetzer des idg. *eps sei, zu dem es in einem sogenannten Ablautsverhältnis stehe. In den meisten Fällen aber entspricht o5 dem ai. abhi. Für dieses haben wir oben um des Griechischen willen eine Grundform *ebhi aufgestellt. Zu dieser würde sich die Form, auf welche od zurückgeht ebenso verhalten wie das oskische 0p zu *epi. Um zu zeigen, dass lat. ob dem ai. abhi, av. atwi dem Sinn nach entspricht, erwähne ich zuerst einige Fälle auch äusserlicher Entsprechung. Dahin gehören: obvenio absichtlich bei etwas sich einfinden, begegnen, auf- stossen, ai. abhi-gam herbeikommen, herankommen, folgen, nach- gehen; odeo an oder in etwas gehen, dahingehen, sterben,

1) Der Vollständigkeit wegen erwähne ich noch die Verbindungen von avi. Es steht der Akk.: razält? avi zrayö vourukasen welcher zum See V. fliegt yt. 8,6; der Lok.: yezi ca afsa gadwa avi mademö [vä) västrg [va] frajasäß wenn eine trächtige Hündin mitten in eine Hürde kommt vd. 15, 41 inach Geldner, KZ. 25, 197); der Dativ: yada azem fsaoni vabwa avabaräanı avi mardä dämabyö dass ich den Geschöpfen des M. Futter und Heerden verschaffe yt. 9, 9; der Abl.: ars stadra starösära avi kusräda kusröpatäda (dich tragen die Vögel) zu Bergen und Bergspitzen aus Enge und Engpass y. 10,11. Wenn es auch einmal mit dem Gen. erscheint ‚Spiegel 456), so ist das ein partitiver, welcher den Akk. vertritt.

682 Kap.XV. II Lateinisch 08. 5 280.

sich an etwas machen, besuchen, bereisen, ai. adhi-t heran- kommen, losgehen auf, erreichen, gelangen zu; odseguor Folge leisten, sich hingeben, ai. abAt-sac aufsuchen, sich jemand zu- wenden; oppeto entgegengehen, ai. abhi-pat herbeifliegen, . loe- gehen; obverto gegen etwas hinwenden, ai. abAi-vart sich be- geben, kommen nach oder zu, sich ergiessen in, sich hinziehen nach, losgehen auf, entgegenkommen; obsideo besetzt halten, auf etwas sitzen, belagern (also auf etwas hin, gegenüber sitzen), ai. abhi-sad drohend gegenüber stehen, im Zaume halten; od- tineo inne haben und ostendo !aus obs-) entgegenstrecken, ai. abhi-tan sich ausbreiten vor oder über, vor etwas aufstellen (also nur dem lat. ostendo ähnlich, an sich könnte abhr-tan aber auch wohl “behalten” bedeuten); ofero entgegenbringen, ai. abhi-bhar zuschieben (ein Verbrechen). In diesen Verbin- dungen offenbaren sich bisweilen bei dem entsprechenden Verben verschiedenartige Phasen der Bedeutung des Präverbiums. Ich lasse nun einige Belege aus dem Lateinischen folgen, welche, so gut es geht, nach dem Sinne des Präverbiums geordnet sind. Voran stelle ich Verba der Bewegung und Thätigkeit, bei denen od noch deutlich die Bedeutung “auf etwas hin’ hat: occurro entgegenlaufen; ofundo hingiessen, verschütten, über- schütten; odlundo gegen oder auf etwas schlagen, abstumpfen; offendo anstossen; occido zu Boden schlagen; occido hinfallen: occumbo hinfallen, niederfallen; odritor sich entgegenstemmen: obluctor gegen etwas ankämpfen;; oppugno gegen etwas kämpfen, berennen; odtcto entgegenwerfen, setzen, stellen; odgero dar- bringen, darbieten; 0ppono hinsetzen, entgegenstellen; obirecio gegen etwas arbeiten, Widersacher sein; officio entgegentreten, in den Weg treten. Natürlich übersetzen wir manchmal durch andere Richtungswörter, so in odorsor entstehen, z. B. obortae sunt tenebrae, eig. auf etwas zu sich erheben; occulco nieder- treten, eig. auf etwas; so auch opprimo niederdrücken; odtingo berühren, zufallen; occupo einnehmen; occtpto anfangen; op- perior erwarten u. s. w. Oboedio heisst “nach etwas hinhören’, oboleo ursprünglich “nach einer Richtung hin einen Geruch von sich geben. Besonders erwähne ich die Verba, welche

8.280.) Kap. XV. II. Lateinisch ob. 683

‘sprechen’ oder etwas Ähnliches bedeuten: odloguor gegen je- mand reden, widersprechen, tadeln; odsecro beschwören; ob- testor zum Zeugnis anrufen; odnuntio melden, hinterbringen, verkündigen; odjyurgo tadeln, schelten; obludo gegen jemand scherzen oder schäkern; odrogo einem Gesetze seine Gültigkeit benehmen (wobei also das ‘entgegen’ besonders kräftig hervor- tritt). Schon unter den genannten Verbindungen sind manche, in denen wir ob wie abAi durch unser be- übersetzen, wobei also, wie ım Ai., die Vorstellung der Bewältigung vorschwebt. Ebenso bei den folgenden: odaro überackern, beackern; obumbro beschatten; occulo bedecken, verbergen; oblıno beschmieren, bestreichen; odlimo verschlemmen, mit Schlamm bedecken; obtego bedecken; obrubo verhüllen, bedecken; odruo über- schütten, bedecken. Auch odstringo zuschnüren, zubinden, heisst wohl eig. “beschnüren’; obsorbeo hinabschlürfen könnte bedeuten “ein Getränk beschlürfen. In den Verben wie ob- stupesco staır werden, odsurdesco taub werden, obticesco schweig- sam werden, obmutesco verstummen, odduresco hart werden, obdormisco einschlafen, odtorpesco starr werden bezeichnet ob die auf einen Zustand hin eingeschlagene Richtung. Bisweilen wird o5 auch durch “um” übersetzt, z. B. in obsideo, obvallo mit einem Wall umgeben. Aber odsideo kann natürlich auch bedeuten: sich, auf etwas los in Bewegung setzen (vgl. ai. dpa- sad). In odvallo ist od nicht anders zu verstehen, als in ai. abhi-dah eig. “bebrennen’, dann “mit Flammen umgeben’. Ferner wird ob durch ‘herum’ übersetzt in obversor vor etwas herumgehen, sich herumtreiben, z. B. castris, oculis, aber in od liegt natürlich nur die Richtung auf den im Dativ stehenden Gegenstand ausgedrückt. So auch in odamdulo, wenn ein Datıv dabei steht, wie mur:is (Livaus). Der Sinn der Präp. wird natürlich kein von Grund aus anderer, wenn obambulo ohne Kasus als ‘hin und herspazieren, herumspazieren’ gebraucht wird. Ebenso bei oderro, wobei auch noch ein Transitivum “gleichsam beirren, beschweifen’ (Georges) ausgebildet ist. Daran schliesst sich dann endlich odeo um etwas herumgehen (clıpeum obit pellis circumdata Virgil), eig. begehen (vgl. adhi und bi).

AS4 Kap. XV. II. Lateinisch ob, gotisch bt. f& 280.

ich kann also keinen sicheren Fall finden, in welchem od schon an und für sich der Sinn von ‘um’ hätte. Ob omitio wirklich od enthält, ıst zweifelhaft. Dem aı. abkitas ent- spricht amd in amdigo nach zwei Seiten hin streiten, ungewiss sein, ambio herumgehen, amburo ringsherum, von aussen, halb verbrennen u. 8. w.

Als Präposition wird od wie abki mit dem Akk. ver- bunden, z. B. od Romam legiones ducere (Ennius); lanam ob oculum habere (Plautus), sodann zur Bezeichnung des Zweckes, zu dem man hinstrebt, z. B. od rem judicandam pecuniam ac- cipere (Cicero), sodann daran anschliessend bei der Veranlassung, z. B. 05 metum vor oder aus Furcht. Endlich auch zur Be- zeichnung des Entgeltes, wogegen man etwas hingiebt, z. B. ob asınos ferre argentum (Plautus).

Gotisch bt.

Das gotische Zi stimmt in einer Reihe von Fällen durchaus mit abki und Genossen überein, z. B. bigiman &yistasdaı über- fallen; dbihragjan übersetzt Luk. 19, 4 rpotpfyew, meint aber wohl “hineilen zu’, nämlich zu dem gleich zu nennenden Feigen- baum!); Ddigitan zupisxew; biniuhsjan xarasxorneiv nachspüren, ausforschen ; bistiggan rpoonintewv, Tpoopnyvovaı, Tpoanörzeiv; biaukan npootidevar; bisauljan nialveıy; bisvatrban &xuaoceıv (be- wischen, vgl. abki-marj, das ebenfalls durch ‘“abwischen’ ungenau wiedergegeben wird); biskaban (beschaben) scheren; bihvahan virtesdar sich über und über waschen; dikukjan xaragıleıv mit Küssen bedecken; dslatgon erıeiysıw belecken; bismeitan Erı- xplerw; bispeivan &urtüsıwv; bilaskon turatleıv verspotten; bimampjan dass. ; birodjan yoyybseıv, Srayoyyulsıv; Didomjan xpivsw; bisvaran Gpxikerv (eig. beschwören); bifarhon rAeovsxteiv bevortheilen; biplahjan xaraysläv; bibagkjan draloylleodar; biarbaidjan Yulorı- netodar sich bemühen. In einigen Fällen könnte di den Sinn von ”@po zu haben scheinen, so in dbtraubon sulav, &xöbeıw. Aber es liegt hier wohl der Gedanke der Bewältigung vor, den wir

1) Ein Wort für unser ‘vorwärts scheint im Gotischen nicht vorban- den gewesen zu sein.

$ 280.) Kap. XV. II. Gotisch bi. 685

bei abhi sich entwickeln sehen. Nach biraubon kann sich biniman x\£rteıw gerichtet haben!). Man bemerke, dass wie ai. abhi auch got. di- intransitive Verba transitiv macht (vgl. noch Grimm, Gramm. 2, 798).

Es fragt sich nun, ob und inwieweit di auch die Bedeutung ‘um’ hat. Wir haben oben gesehen, dass abhi-dah, welches eigentlich “bebrennen’ heisst, ganz wohl auch durch “mit Flammen umgeben’ übersetzt werden kann. So hat denn auch diskeinan eigentlich die Bedeutung “bescheinen’, kann aber gebraucht werden, um das griechische repıapreıv wiederzugeben (Luk. 2, 9). So entsprechen noch andere gotische Verba mit dr griechischen mit rep{, ohne dass man anzunehmen braucht, dass die Präpositionen selbst sich decken. Dahin gehören bibindan repıdetv, bigairdan nepızwvvövar, bivasbjan repıßalleıv, repıxuxkoüv, bimastan reprräuverw (denn es kommt praktisch auf dasselbe hinaus, ob man ‘beschneiden’ oder “umschneiden’ sagt, wenn auch die ursprüngliche Anschauung ganz verschieden ist). Das griechische xuxkouv ıst Joh. 10, 24 durch bırinnan wieder- gegeben: Panuh birunnun ına Iudasess. Natürlich kann man auch sagen: sie berannten ihn. Dasselbe giebt repırpeyeıv wieder Mark. 6, 55: birinnandans all Pata gavi, wo man auch mit (berennen) besuchen’ auskommen kann (vgl. oben av. a:bi-ya). Bistandan repıstävaı und repıxuxAoöv lässt sich wohl mit abAr- sthä vermitteln; dittuhan herumziehen, z.B. in dtlauh veihsa Bisunjane giebt wohl repıdysıw wieder, kann aber auch ‘beziehen’ sein. In disarhvan kann man wohl eine Parallele zu abAr-ak$ finden (wenn auch Mark. 10, 23 ‘umherblicken’ das Natürliche ist). In bihvairban ovveyerv Luk. 8, 45 kann möglicher Weise das Drauflosdrängen ausgedrückt sein. In allen diesen Fällen also kann man in dt- das Gegenbild von abAi finden, also. als ursprünglichen Sinn “darauf los’ festhalten, wenn man auch nicht dazu genöthigt ist. Unnatürlich aber würde mir diese Auf- fassung scheinen bei disttan und bisunjane (was ja wahrscheinlich

1) Einige Fälle wie z. B. bileifan lasse ich absichtlich unerörtert, wie ich denn auch auf die Heranziehung der übrigen germanischen Dialekte verzichten muss.

686 Kap. XV. II. Gotisch di. (5 288.

eine Partizipialform ist, s. bei den Adverbien S. 591). Bisılan übersetzt repıowxoüv: Jah varb qna allaım ayıs batm bisitandam xal &ydvero &ml navras Pößos Tod; repioxoüvras adrous Luk. 1, 65; bisitands ist reploıwos, repiympos. Abhi-sad heisst drohend gegenüberstehen, im Zaum halten, und dem entsprechend ags. bissttan obeidere und alts. disittian belagern. Damit lässt sich ‘Umwohner, Nachbar’ wohl zusammenbringen, aber doch nur gezwungen. Ich halte also für wahrscheinlich, dass das ds des ags. und alts. Wortes dem ai. abht entspricht, wie es bei Verben erscheint, das got. 5 in disitan aber dem griech. duot und dem ai. abhitas auf beiden Seiten.

ds mit Kasus. Auch in der Präposition lassen sich wie in dem Präverbium die zwei Bestandtheile unterscheiden. Ich stelle, wie bei dem Verbum, denjenigen Gebrauch voran, der sich mit dem desai. abAhi deckt. Der altüberlieferte Kasus dabeı ist der Akkusativ, daneben findet sıch der Dativ und der Instrumentalis. Zunächst der Akkusativ. Der alte lokale Gebrauch (‘auf etwas hin’) findet sich nur noch gelegent- lich im Gotischen, so: jabai hvas uk stautai bi tashsvon Peina kinnu Satıs os bantleı el; rhv Öefıdv oıaydva Matth. 5, 39. In der Wendung n3 mannanhun bi vig goljaib ymöcva xard Tıv 650v donaoyode Luk. 10, 4 liegt wohl auch die Anschauung “auf den Weg’ ursprünglich zu Grunde. Auch bi Aveila niundon zepl Thy dvarıy opav kann zunächst ‘bis zur Stunde hin’, dann ‘zu der Stunde, in der Stunde’ bedeuten. Daran scheint sich gelehnt zu haben: ds Verekan papam zur Zeit des Papstes V. im cal. got. Doch könnte in diesen Zeitangaben auch ‘um’ stecken. Über andere Zeitangaben, die man bei Gabelentz-Loebe ım Glossar verzeichnet findet, wage ich nicht zu urtheilen. Bi tvans zu zweien 1 Kor. 14, 27 kann ursprünglich sein “bis zu zweien‘. Der sog. ‘ethische’ Gebrauch von di mit dem Akk. lässt sich völlig aus dem auch von Grabelentz-Loebe voran- gestellten, nämlich “in Beziehung auf’ ableiten, der auch in abhi hervortritt. Namentlich hebe ich hervor, dass ds ım Got. bei den Verben stldaleikjan staunen, saurgan sorgen, unverjan unwillig sein, birodjan murten, gasakan drohen, gavrargjan

$ 280.) Kap. XV. II. Got, alts. ds, ags. be. 687

verdammen, ulan dulden, kvopan sich rühmen, dtdjan bitten, gretan weinen erscheint, so dass es durch ‘um, wegen, über zu übersetzen ist und an das Gebiet des Instrumentalis streift, letzteres namentlich auch ın liban bi hlaib ainana dr äptw uövp Luk. 4,4. Ähnlich im Ahd. (Graff, Präpositionen 107) und im Alts., wo aber nur Verba des Sagens in betracht kommen. Diese in der Verbindung mit dem Akkusativ ent- wickelten Bedeutungen sind nun auch in der Verbindung mit dem lokalen Dativ (ursprünglich wohl dem Lokalis) und dem Instrumentalis verwendet worden. In Verbindung mit dem lokalen Dativ entsteht bei, und zwar natürlich zunächst im Sinne der Bewegung nach etwas hin, z. B. e& Avan ni gastaggjais bi staina fotu beinana wrote npooxndbms rpbs Aldov tov nöda soo Luk. 4, 11; distagg ahva bi jainamma razna rpo<- Eepprtev 6 roranös r7j olxig &xelvn Luk. 6, 48. Auch in andgreipan und fairgreipan bi handau xpareiv Ts yeıpds kann man noch das Fassen nach etwas hin verstehen. Einige Beispiele aus dem Angelsächsischen entnehme ich Heyne’s Glossar zum Beowulf: gefeng be eazle fasste an der Achsel, zledon leöfne Peöden be mäste legten den lieben Herrn hin neben den Mast, be healse genam nahm ihn beı’m Halse, fiel ihm um den Hals. Im Sinne der Ortsruhe ist ds mit dem Dativ im Gotischen kaum belegt, wohl aber in den anderen alten Dialekten, z. B. im Angelsächsischen: sät be Dem gebrödrum tvem sass bei den bei- den Brüdern, häfde be honda hatte an der Hand u. s. w. Auf die Entwickelung der zeitlichen und ethischen Bedeutung von dt mit dem Dativ gehe ich nicht ein. Mit dem Instr. erscheint bi im Got. und Alts., und zwar im letzteren in der verständ- lichen Bedeutung ‘wegen’ (di thiu deswegen, bi hvi weswegen). Wie got. bsbe nachher, späterhin zu seiner Bedeutung gekom- men ist, ist mir nicht recht klar.

Es folgt nun die Bedeutung ‘um? (ai. abhitas). Es gehören dahin wohl Stellen wie satun bi ina managei &xddmro repl aurov 6xAos Mark. 3, 32; gasaihvands managans hiuhmans bi sik löwv roAlo0g OyAous mepl adrov Matth. 8, 18 (vgl. ahd. bei Graff 8.181 do gisah der heilant managa menigt umbi sih); gavasıbs

688 Kap. XV. II. Slavisch obü, o. [5 280.

gairda bi hup seinana repl try S&apbv auroö Mark. 1, 6 (vgl. ahd. Johannes habeta fellinan buohhah umbi sino lentın).

Demnach bin ich der Meinung, dass durch das got. di die beiden alten Präpositionen *ebAi auf etwas hin, und mdAi auf beiden Seiten, um repräsentiert sind. In den anderen ger- manischen Dialekten ist, so viel ich sehe, die erstere durch ags. be, alts. dt, ahd. di, die zweite durch ags. ymb (also ymb- sittend Nachbar gleich got. bisitands), alts. umdi, ahd. umbi vertreten. Zwar sehe ich, dass gelegentlich der ersten Form auch ın diesen Dialekten die Bedeutung der zweiten gegeben wird (z. B. Beov. 859 ‘im Umkreise der beiden Seen’), aber man kann wohl auch da mit ‘bei’ u. s. w. auskommen (‘bei den beiden’). |

Slavisch (odü, o).

Dass ou dem Sinne nach mit dem gotischen dt durchaus übereinkommt, hat Miklosich 4, 218 ff. gezeigt. Indem ich mich diesem Gelehrten anschliesse, erwähne ich zuerst einige Fälle, die von ihm als dunkel bezeichnet werden. Es sind diejenigen, in welchen der Sınn des aı. adhi darauf los, hin zu noch am deutlichsten hervortritt. Dahin gehören: aksl. obresti finden, nach Miklosich eigentlich “auf etwas kommen’, vgl. sä-resti zu- sammentreffen, begegnen; aksl. oblesti u£veıv, decumbere, wohnen bei, eig. ‘sich legen zu jemand hin (vgl. ai. abAi-8i liegen auf mit Akk., abhi-Sri sich flüchten zu); serb. opasti 1. abfallen, 2. ver- läumden in der ersten Bedeutung auf ofü zurückzuführen, in der zweiten möchte M. es durch ‘anfallen’ erklären. Wenn russ. ody- vati wohnen aus odü und byti zu erklären ist, so lässt sich ai. abhi-bhü in der Bedeutung ‘sich zuwenden, kommen zu’ verglei- chen. Aksl. odestati (aus obü-vestatt) heisst versprechen’, eigent- lich“ in Beziehung auf etwas sprechen’; ähnlich serb. ogovorih entschuldigen, vertheidigen, russ. ogovor:fi tadeln und verthei- digen, eig. ‘über etwas sprechen’; russ. osuditi verurtheilen, eig. “beurtheilen’. Aksl. opiti se heisst ‘sich betrinken’, obiyast! se schwelgerisch sein. Noch besser als in diesen Medien kommt das obü zu seiner Geltung in der russischen aktivischen Wen- dung jego obüeh i opili man hat ihn arm gegessen und

$ 280.) Kap. XV. II. Slavisch obü, o. 689

getrunken, eig. auf ihn los gegessen. Häufig entspricht od& unserem be-, wofür es genügt, einige Zeilen aus Miklosich an- zuführen: “aksl. odajat! incantare, nhd. besprechen; obliyati perfundere, begiessen; odlügait calumniari, ahd. pisprächön ob- trectare; obonjyati odorarı, nhd. beriechen; obrositt irrorare, be- thauen; oglagolatı calumniari; odarıt? donare, beschenken; oklevetati calumniarı; oArasti furari, bestehlen; oplakati deflere, beweinen; obarovati custodire, bewahren.” Das slavische odü bedeutet aber auch ‘um’, wie das gotische 5. Dafür einige altkirchenslavische Belge aus Miklosich: oditi (obü-stt) xuxAodv, circumdare; obleZati nepıxeisdar, circumjacere; oblo2its repırıdtvar; obüzırats circumspicere; obüstojati circumstare. In einigen anderen Fällen kann derselbe Zweifel erhoben werden wie bei dem got. b:.

Als Präposition findet sich o5& im cod. Mar. nur in obü onü polü n&pav, Avtındpav, eigentlich “nach jener Seite hin’, also wie abht, ferner in odü nosti dra vontdc. Wie diese Nuance (got. alla naht) entstanden ist, weiss ich nicht. Die andere Form o erscheint mit den Akkusativen: da ne jegda pretüknest o kameni nogy tvojeje pnmore rpooxddlms npos Aldov tov ndda ou Matth. 4, 6 (also wo im Gotischen db? mit dem Dat.-Lok. steht); dazdü nama da jedinü o desnajq tebe ı jedinü o &jujq tebe se- deve dos Tuiv Iva eis &x Öskımv oou xal eis 2 edwvupwv aou xadlom- pev Mark.10,37 (eigentlich “uns zur Rechten hinsetzen’); metase Zrebije o nje Balkovres xAnpov &r’ acra Mark. 15, 24. Mit dem Lokalis kommt es in einer Weise vor, die sich an diese Akku- sative angelehnt haben könnte: sübüra se narodü münogü o njemi ouvnydn ÖyAos roAls dr’ aördv Mark. 5, 21. In anderen Stellen hat es deutlich den Sinn von ayol, z. B. i pojasü usinenü o ereslechü jego xal Lwvnv depparivnv zepl Thy dopüv adrod Mark. 1, 6; aste obloZetu kameni Zrünovünyji o vyji jego el neplxerrar Aldog puAıxög nepl Töy tpaynAov adroö Mark. 9, 42; sedease 0 njemi narodü xal &xadnro öyAos nepl adrdv Mark. 3, 32; © sqsteji o Tyre i Sidone xat ol repl Töpov xal Zıöwva Mark. 3, 8. Wo o in übertragener Bedeutung steht, weiss ich nicht mit Sicherheit

zu sagen, auf welche Grundbedeutung es zurückgeht. Einige Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. |. 44

690 Kap. XV. ID. gr. dpet, ahd. umbi, ai. ud, av. us. [$ 280-281.

Beispiele sind: divljachq se narodi 0 uceniji jego &kerinooovro ol öykor drl drdayt adtoö Matth. 7, 28; « Aako jestu pisano o syne xal rag ytypantar Ertl töy vidv Mark. 9, 12; o künezi besü izgonitü besy &v Apyovr. mv daroviov dxßaileı ta daruövıa Matth. 9, 34.

Zum Schluss stelle ich noch einmal die Formen zusammen, welche auf *ambAi, *mbhi zu beiden Seiten, um zurückgehen. Es sind ai. abhitas, welches in der alten Prosa unzweifelhaft ‘zu beiden Seiten’ bedeutet, av. atwito dass., z. B. yım ancitö mazdayasna histenta um welchen herum die M. stehen yt. 5, 98; gr. aupl und lat. amb-, ahd. umbi u. s. w. Im Gotischen bi stecken beide Urpräpositionen, wie im Slavischen odü&, o. In den modernen slavischen Sprachen ist o ‘um’ meist durch oXolo verdrängt. Da ich über die Konstruktion von di und o ‘um’ bei dem Gotischen und Altkirchenslavischen gehandelt habe, füge ich hier nur noch einige Belege für aupi und ahd. umbi u. s. w. bei (vgl. Monro? 170ff. und Graff 181). Sie er- scheinen mit dem Akkusativ, z. B. aup! 8’&0v olAov ulov Zyeu- ato nıyee Asuxm E 314; wo appl xprrmpa tpanelas Te rAndousa; xeiusd" Evi peyapp A 419. Ahd.: do gisah der heilant managa menigi umbs sıh; auch angewendet auf die Zeit: umbi dia nuntun zit riof der heilant. Im Griechischen findet sich ausserdem Dativ und Genitiv. Der (in der späteren Sprache verschwundene) Dativ ist offenbar ein Lokalıs, z. B. zöpu yap aup’ üporoıv Eysı adxos A 527; ferner bei streiten, z. B. apo’ "Elevy xal xıypası räcı nayesdar [' 70, woran sich einige andere Verba angeschlossen haben wie pepunplw, nußeonar (vgl. unter rept mit dem Gen.). Der Genitiv findet sich: naysodov riöaxos aup’ öllyns TI 824; aelöcıv app’ "Apsos guAdrntos # 266. Er scheint den Dativ verdrängt zu haben.

$ 281. Ai. dd, av. us, altp. ud und us, got. ul, us. Mit ai. dd in die Höhe, heraus wird wohl got. ut hinaus, heraus identisch sein, welches nicht mit dem Verbum zu- sammengesetzt wird, sondern frei vor oder hinter ihm steht, z. B. ut gaggan hinausgehen (auch ut usgaggan), ut batran

$& 281.) Kap. XV. IL ai. dd, av. us, got. ut, us. 691

hinaustragen, Ahtri ut komm heraus. Das Präverbium got. us dagegen entspricht dem av. us, so dass man für die Urzeit neben *id ein *uds anzusetzen haben wird. Da sich eine Verschieden- heit der Bedeutung nicht entdecken lässt, behandle ich die in der Überschrift genannten Wörter als identisch. Der Sinn ist ‘hinauf und insofern mit der Hinaufbewegung auch eine Hinaus- bewegung verbunden ist ‘hinaus. Einige Beispiele sind: ai. üd- aufgehen, hinausgehen, entkommen, av. us-t hervorgehen; ai. dd-gam in die Höhe gehen, herausgehen, av. us-Jam zum Vor- schein kommen, got. usgaggan hinausgehen, fortgehen; ai. ud-ar sich erheben, av.us-arhervorgehen, auferstehen (vgl. got. urrinnar ausgehen, aufgehen); ai. 4d-a$ an die Spitze kommen, av. us-as hinaufdringen; ai. dd-ar hinaufathmen, ausathmen, got. usaran aushauchen, den Geist aufgeben; aı. üd-stkä aufstehen, sich aufmachen, entstehen, av. us-sta sich erheben, got. usstandan aufstehen, aufbrechen; ai. dd-sad sich bei Seite machen, sich entziehen, zu Ende gehen, verschwinden, got. vs-sttan aufsitzen, sich aufrichten; ai. dd-gradh aufheben, heraufnehmen, erheben, herausgreifen, herausziehen, wegnehmen, wegziehen, av. us- garew erheben; ai. üd-bhar herausnehmen, heraustragen, aus- lesen, av. us-bar heraustragen, got. usbatran hinaustragen, hervor- bringen, vorbringen. Bemerkenswerth ist, dass bisweilen aus dem hinaus ein bei Seite und hinweg wird, so bei ai. dd-sad (s. oben); “d-vas kaus. aus seiner Stelle entfernen, versetzen; üd-man aus dem Verstande herauskommen, verrückt werden; av. us-vad kaus. aus dem Heirathen herausbringen, am Heirathen hindern. Ferner beachte man ai. dd-ni und dd-sic aufschöpfen, vollschöpfen und vergleiche got. usfulljan eig. auffüllen (s. auch üd-par bei Böhtlingk-Roth), dann ausfüllen, erfüllen, vollständig machen, ersetzen. Aus dem Gotischen erwähne ich noch: usvandjan sich abwenden; usgimar umbringen, töten; usgildan vergelten; usdbugjan erkaufen (aus den Händen des Inhabers); usbidjan erbitten, usbulan erdulden (ob dem griech. av&tAn zu vergleichen, also eig. ‘in die Höhe heben’?); usdliggoan durch- bläuen, aushauen (wohl eigentlich ‘so schlagen, dass das Blut herauskommt); usfilkan begraben ist mir nicht deutlich. 44*

692 Kap.XV. IL ai. spa, av. upa, gr. drö, got. uf. [$ 281—282.

Die Entwickelung unseres ur, er soll hier nicht verfolgt werden.

Als Präposition zeigt sich unser Wort nur im Gotischen, wo es mit dem ablativischen Dativ verbunden wird, z. B. bei giman (stibna us himina eine Stimme aus dem Himmel;; us- gaggan (us valın aus dem Wasser); usstandan (us daubasm von den Toten) u. s. w. Die Übertragungen auf Zeit und Ursache verstehen sich leicht. Eine gute Übersicht bietet das Glossar von Grabelentz-Loebe.

6 282. Ai. dpa, av. altp. upa, gr. nd, got.uf (lat. sud).

Es lassen sich eine Reihe von Verbindungen anführen, in denen das Altindische und Avestische übereinstimmen, so: ai. und av. dpa-i sich nähern, sich fleischlich nähern, beschlafen ; ai. üpa-gam hinzukommen, feindlich zusammenstossen, inire, av. upa-jam hinzukommen; ai. &pa-stha hinzutreten, sich stellen neben, sich bittend nähern, av. upa-sta hinzutreten; ai. upa-Iri sich anlehnen, av. upa-sri sich anlehnen (so nach Geldner, drei y. 107); ai. dpa-sac aufsuchen, av. upa-hac besuchen; ai. dpa-ay herantreiben, av. upa-az hinbringen; ai. üpa-ni hinsuführen, av. dase.; ai. ipa-bhar herbeitragen, bringen, av. upa-bar bringen; ai. üpa-vah herbeiführen, bringen, av. upa-vaz hinführen; ai. üpa-k$i sich aufhalten, wohnen in oder bei, bleiben; av. upa- xzös wohnen; ai. dpa-yam unterlegen, zum Weibe nehmen, av. upa-yam (in anupayalta) subigere puellam; ai. upa-han schlagen, stossen auf, anstecken, berühren, av. upa-jan anschlagen, an- stossen; ai. dpa-kart verletzen, av. upa-kareb schneiden; ai. üpa-dhar tragen, stützen, av. upa-dar stützen (den Himmel); ai. upa-dhar$ sich wagen an, av. upa-dares erzwingen; ai. üpa- sar) draufgiessen (eig. dazugiessen), aussenden, av. upa-harez hinwerfen (z. B. das Kleid über jemand), besprengen; ai. upa- brü zu jemand sprechen, anrufen, zureden zu, av. upa-mrü an- rufen; ai. upa-hva herbeirufen, einladen, einstimmen, beloben, av. upa-zba rufen zu, anrufen; ai. dpa-situ preisen, besingen, av. upa-stu preisen, beten. Zweifelhaft ist, welchem indischen Verbum das avestische da in upa-da entspricht, welches nach

$ 282.) Kap. XV. I. ai. tipa, av. upa, gr. dn6, got. uf. 693

Geldner ‘sich fügen’ bedeutet. Ai. “pa-da heisst ‘auf sich nehmen’ (als Last), dpa-dha darauflegen, daranlegen, ansetzen, z. B. den Arm um eine Frau legen, die Zähne an etwas an- getzen, Ziegel bei einem Bau auflegen, etwas an das Feuer, auf das Feuer setzen, also scheint die Grundbedeutung: nahe heranbringen.

Aus dieser Übersicht dürfte sich die Grundbedeutung ‘nahe herzu, heran, herbei’ ergeben. Im Altindischen speziell zeigt sich noch eine etwas andere Färbung der Bedeutung, über die ich SF. 5, 454, indem ich üpa mit abhi und @ verglich, Fol- gendes bemerkt habe: “dhav mit dpa heisst herzulaufen, seine Zuflucht nehmen zu, mit abAhi losrennen auf; sar mit upa das- selbe wie dhäv, mit abhi herbeilaufen, fliessen zu; car mit dpa herbeikommen, sich nähern, hinzutreten um zu bedienen, je- mandem an die Hand gehen, aufwarten, unternehmen, dagegen mit abhi bezaubern; sad mit dpa sich setzen zu, nahen, heran- treten, namentlich mit Verehrung, mit abAi drohend gegenüber- stehen; sth@ mit uipa stehen bei, sich stellen neben, sıch bittend nähern, mit abAi treten auf, bemeistern. In diesen Fällen tritt deutlich folgender Unterschied hervor: in gewissen Verben mit abhi zeigt sich der Sinn des Drauflosgehns und Bemeisterns, mit dpa der des bescheidenen Nahens, d. ı. des Nahens von unten. Der Gegensatz gegen ä& tritt in folgenden Beispielen hervor: zunächst bei dkav (ü@ herbeilaufen), sad (& sich setzen auf), stkä (@ etehen auf, besteigen), deren Verbindung mit «pa und abhti eben erwähnt worden ist, nicht weniger bei einigen anderen wie: 33 mit dpa liegen bei (die Frau bei, neben dem Manne), mit & liegen in, auf; bei v:$ mit «pa sich setzen, mit ä eingehen, eintreten; parc mit dpa hinzufügen, mehren, mit ä erfüllen, vermischen; 5ar mit dpa hinzugeboren werden, hinzu- kommen (von dem Schaltmonat gesagt), mit @ an einem Orte geboren werden; yaj mit dpa dazu opfern, mit @ herbeiopfern. Während also in @ das “in, an, auf” liegt, tritt bei dpa der Be- griff des Sichanschmiegens, des Danebenseins, des Hinzugefügt- werdens hervor. Danach dürfte sich aus dem Bisherigen als die Bedeutung von tpa ergeben: unten an, nahe an, herbei,

694 Kap. XV. IL ai. spa, av. upa, gr. br, got. uf. [$ 282.

noch dazu”. Diese Beobachtungen sind richtig, nur muss hinzu- gefügt werden, dass sich bei üöpa auch noch die Nuance des “auf” findet. Schon im Vorhergehenden ist diese Bedeutung hier und da aufgetreten, hier will ich namentlich noch das Verbum wüpa-star (örootop&vvup:) anführen. Es heisst über- breiten, wird gebraucht von der Decke, die man dem Rosse überbreitet (RV. 1, 162, 16) und ım Ritual technisch von dem Opferschmalz, welches so aufgegossen wird, dass es einen Über- zug bildet, sodann daneben legen, umlegen, umkleiden mit, z. B. im Ritual das Feuer mit Gräsern umlegen, endlich unterstreuen, unterlegen, z. B. ein Fell, um darauf zu sitzen. Wie sich diese Bedeutung ‘auf’ entwickelt habe, lässt sich aus dem Altindischen nicht recht ersehen. Das Germanische und Lateinische deuten darauf hin, dass ursprünglich eine von unten auf erfolgende Bewegung gemeint war (etwa wie wenn man einen schweren Stein fortbewegt), woraus sich dann "nach oben hin, auf’ entwickeln konnte. Im Sanskrit zeigt sich die so entstandene Doppelheit der Bedeutung recht auffallend in dpara einerseits und upamd andererseits: tupara bedeutet nach Böhtlingk “unterhalb gelegen, der untere, der hintere, der spätere, der nähere, der benachbarte’, upama dagegen “der oberste, höchste, der herrlichste, trefflichste, der nächste, erste’. In dem zweifellos verwandten upar: tritt nur der Begriff des oben hervor, wie in ön&p und got. wfar.

Ich komme zum Griechischen. In dieser Sprache ist die Nuance des “Unter zur Alleinherrschaft gekommen (vgl. die Aufzählung der bei Homer vorkommenden Zusammen- setzungen mit önd von La Roche, ZFÖG. 12, 360 ff). Daher lassen sich nur wenige Verbindungen anführen, welche auch ın der Bedeutung den arischen entsprechen. So deckt sich Örootop&vvupı wenigstens mit einem Theile der Bedeutung von üpa-star; droLeöyvopn. anschirren mit dpa-yuy dass.; Öreıpı dar- unter sein mit üpa-as in, unter etwas sein (unter dem Schutze des Gottes, einmal in RV.). Gewöhnlich tritt der Gegensatz deut- lich hervor, so heisst ördyw nicht wie das identische upa-ay hinzuführen, sondern darunter führen, und sogar darunter

$ 282.) Kap. XV. II ai. upa, av, upa, gr. brn6, got. uf. 695

wegführen (sudducere); öÖplorapcı nicht mehr dazutreten, son- dern sich darunter stellen, sich unterziehen; örop&pw nicht wie üpa-bhar hinzubringen, sondern (unten) wegtragen, davon- tragen.

Im Germanischen haben sich die Bedeutungen so ge- theilt, dass das gotische uf (abgesehen von einigen Fällen der Zusammensetzung mit dem Verbum) nur “unten an’ bedeutet, die entsprechenden Formen der verwandten Dialekte aber, wie altn. of, ahd. oda, opa (vgl. über dieselben J. Schmidt, KZ. 26, 32) fast nur ‘oben an’. (Spuren des alten weiteren Gebrauches werden uns im Altnordischen in der Verbindung mit Kasus begegnen). Vermuthlich wirkte in diesen Sprachen die An- ziehung von über stark ein. Auch war ja eine Präposition zu entbehren, welche nur ein Synonymum von uzter darstellte. Das gotische uf mit Verben entspricht meist dem griechischen önö (wenn auch nicht dem ürd des griechisches Textes im neuen Testament), z. B. ufdaupjan untertauchen, ufgairdan unter- binden, umgürten, ufhausjan auf jemand hören, ihm gehorchen, unterthan sein, ufhnatojan unterwerfen, ufligar unterliegen, zu Ende gehen, verschmaehten, ufmeljan unterschreiben, ufsagggjan versenken, wfsliupan einschlüpfen, sich einschleichen, dann auch mit der bei önd nicht selten auftretenden Nuance:. sich fortschleichen öroorelkeıy &aurdv Gral. 2, 12, ufstrauyyan unter- streuen, unterbreiten. In manchen Fällen bleibt der genaue Wortverstand von uf mir undeutlich, so in uförikan verachten, übermüthig behandeln, ufdrinnan verbrennen, entbrennen, er- hitzt werden, ufkunnan erkennen, erfahren, kennen, wissen, ufbanjan ausdehnen. Nach Abzug dieser bleiben noch eine Anzahl übrig, in denen wir uf durch ‘auf übersetzen, nämlich ufbauljan und ufblesan aufblasen, ufhlohjan machen, dass je- mand auflacht, ufkropjan aufschreien, ausrufen, ufsvogjan auf- seufzen, ufoopjan aufschreien, ufgraban aufgraben, ufhaben aufheben, emporhalten, ufrakjan in die Höhe strecken, aus- strecken. Es scheint mir deutlich, dass in mehreren dieser Fälle eine von unten auf erfolgende und in die Höhe strebende Bewegung gemeint ist.

696 Kap. XV, U.ai upa, av. upa, gr. ur6, got. wf. [$ 282.

Lateinisch. Woher das lateinische sud sein s hat, weiss man nicht. Es ist aber klar, dass es mit dpa u. s. w. dem Sinne nach völlig übereinstimmt. Es bedeutet wie diese die Bewegung unten an etwas hin und die Annäherung überhaupt, z. B. subeo unter etwas gehen, sich ducken, herankommen, subsido sich niedersetzen, subdo unterlegen, untersetzen, sub- struo unterbauen, sudsterno unterstreuen, unterbreiten, subsum darunter sein, in der Nähe sein, sudseguor unmittelbar nach- folgen u.s. w. Aus der Anschauung des nahe Herankommens (wobei aber nicht vollständiges Erreichen vorausgesetzt ist) ent- wickelt sich im Lateinischen der abschwächende Sinn von sub, welcher in der Zusammensetzung mit Nominibus und Verbis häufig ist, z. B. sudlino unten hin schmieren, ein wenig anschmieren, berappen, subaccuso ein wenig tadeln, subblandıor ein wenig schmeicheln, subdubsto einigen Zweifel hegen. Ferner hat sich das Unterschieben zum An-die-Stelle-Schieben (Er- setzen) entwickelt, 8. B. sudstituo unter etwas stellen, an die Stelle setzen, sufficto nachwählen, sublego und subrogo an die Stelle jemandes wählen. Besonders deutlich erscheint bei sus die von unten aus in die Höhe gehende Bewegung, z. B. succedo unter etwas gehen, von unten herangehen, hinaufsteigen, sub- duco darunter wegziehen, entziehen, benehmen, in die Höhe ziehen (tunscam, supercilia, namentlich naves gleich aveixo!, subicso unter oder unten an etwas werfen, in die Höhe werfen (corpora saltu ın equos Virg.), submitto senken, erheben (oculos Ovid.), subsilio in die Höhe springen (a sede), sublevo in die Höhe heben, aufrichten, subrigo in die Höhe richten, erheben, subveho hinaufführen, stromaufwärts führen, succingo von unten herauf gürten, aufgürten u. s. w.

*ipo mit Kasus.

Die natürlichen Genossen einer Präposition von der Be- deutung von *tpo sınd der Akkusativ und der Lokalis. Diese finden sich denn auch überall, dazu noch der Instr. im Alt- indischen, der Gen.-Abl. im Griechischen. 1. Der Akkusativ. Im Altindischen im Sinne von hin-zu: indra yahi dhiyesitö

$ 282.] Kap. XV. U. ai. upa, av. upa, gr. br6, got. uf. 697

üpa brahmäni väghdtak komm herbei, o Indra, herbeigerufen durch die Andacht und zu den Gebeten des Frommen RV.1, 3, 5. Im iranischen Gebiete finde ich nur den Sinn des Verweilens bei etwas, also die Konstruktion, welche sich zunächst bei Ver- ben der Bewegung einstellte, auf Verba der Ruhe übertragen, z. B. altp. kara Päarsa uta Mäda hya upa mam äha das persische und medische Heer, das bei mir war Spiegel? 14, 18; av. iqm yazata upa zrayö vourukasem er opferte ihr am See V. yt.5, 116. Sodann auch bei Zeitbegriffen, z. B. upa usärhem um die Zeit der Morgenröthe (vgl. önö vöxta, sub noctem) yt. 5, 62. Einmal soll es im Altpersischen ‘für’ bedeuten. Im Griechischen ist der Gebrauch ebenso, nur dass die Nuance des unten die herrschende geworden ist, z. B. öro te on&os HAaoe yjka unten in die Höhle, in den Schutz der Höhle A 279, önd Loyöv dyeıv, önd "MAtov HAde kam bis unter Ilion u. ähnl. Auch bei Verben der Ruhe, z. B. rentmas yap Exeıro bmd Bpdvov x 362, Basoı Eaaıv om nda 7 neAıdv te d.h. auf der ganzen Erde E 267. Auch bei Zeitbegriffen findet sich örd, z. B. 8; y &xdlevey Tpwal rori arökıy Aynoaodaı voyxd nd rvd &lohv, Bre T pero dlos ’Ayuleüs X 101. Dass dabei der Begriff der Erstreckung betont werde, kann ich nicht finden. (II 202 hegt er in xä,). Bei Thukydides findet sich örö Toüg adtods yp6vous, Önö vöxta u. ähnl. (La Roche a.a.O. 344). Im Germanischen zeigt das Gotische den- selben Gebrauch wie das Griechische, aber nur bei Verben der Bewegung, z. B. ei uf hrot mein inn gaggats va you brd TIV oteynv ela&Ady: Matth. 8, 8; dupe ei uf melan satjaidau \va br zöy nöörov tedZ Mark. 4, 21. In den übrigen Dialekten ist die Bedeutung ‘ob’ zur Entfaltung gelangt, doch hat sich im Alt- nordischen noch die alte Verbindung mit Zeitbegriffen erhalten, z. B. of midja nött um Mitternacht (vgl. Wilken, die pros. Edda, Glossar unter of). Das lateinische su5 drückt wie das Prä- verbium “unten an etwas hin’ oder “unter etwas hin’ aus, z. B. sub montem succedunt mililes, exercitum sub jugum mittlere. Sub noctem ist schon erwähnt. 2. Lokalis. Im Arischen z. B. ai.amür ya pa süryö yäbhir va süryah sahd jene, welche bei der Sonne sind oder mit denen die Sonne ist RV.1,23,17. Über üpa

698 Kap. XV. IL ai. upa, av. upa, gr. Ir.6, got. uf. "& 282.

dyari vgl. SF. 5, 455. Av. z. B. yapcıib ahi upa aodapsu rarhayä wenn du an den Gewässern der R. bist yt. 12, 18. Ebenso im Griechischen ('unter';, z.B. Epöouev @adavaroısı Teir,- essa; dxarsudas xadl br6 rAaravistp B 306; xotunadv por Zrvos on’ öppuatv 69sE gasıyv» = 236 u. ähnl. Wie in dieser Verbin- dung der Sinn der bewegenden Ursache sich entwickelt, ist von La Roche a. a. O. 348 ff. gezeigt worden. Aus dem Gebiet des Germanischen begnüge ich mich wieder mit der An- führung des Gotischen: svasre magun uf skadau ıs fuglos hi- minis gabauan hore öbvasdaı Ind Thy oxıdv abrod Td rereıva Tou oöpavod xatasxı,vouv Mark. 4, 32. Temporal z. B. uf Pauntiau Peilatau unter Pontius Pilatus. Das lateinische sud bedeutet “unten an’, ‘unter’, z.B. sub monte esse, sub terra habitare. Tem- poral sub Zuce urbem ingredi u.ähnl. In temporalen Ausdrücken, cervi sub ipsa die quam marıme invia petunt Plin. könnte viel- leicht der Instr. stecken. So weit der Akk. und Lok. Mit dem Instrumentalis verbindet sich üpa im Ai. in upa dyubhıh im Laufe der Tage und, was auffälliger ist, in dpa dharmabhıh gemäss der Ordnung. Vielleicht ist dpa mit dem Instr. pro- ethnisch (vgl. das litauische mit dem Instr.).. Im Griechi- schen verbindet sich önd mit dem ablativischen Genitiv und so entsteht der Sinn ‘von unter etwas her’, z. B. Luyo3 öro vom Joche her unten, woraus sıch dann der Gedanke der veranlassenden Kraft entwickeln kann (vgl. La Roche a. a. O. 354ff.), =. B. ol d Innous iv &ucav Önd Luyod töpwovras 8 39; npwros On Apvsıod Audunv ı 463; nodwv Oro doörog öpwper Hesiod Theog. 70; rxodüv 8 Gno doünov Axodw rn 10; Tudetöng bm &pelo woßeupsvos Txero vras 8 149; xard 5 Enenkav nor yalg Ados dm bınns 8 190; ol davov dv neölp Kıxdvwv Ero önwdtvres ı 66. Der Gen. mit önd steht auch, wenn angegeben werden soll, dass etwas sich unter etwas befindet, z. B. 6dı d ro vepdwv Erdev tpnpwva neisıav W 874. Ich glaube, dass dieser Gebrauch aus dem erstbehandelten entstanden ist, denn was man ünö Luyod löst, befindet sich ürd Luyoö. Übrigens ist auch nicht zu ver- gessen, dass die verschiedenen Präpositionen einander beein- flussen können. Es kann bei diesem Gebrauche von rs also

$& 282—283.)] Kap. XV. II. lit. po, pa-, lett. pa, aksl. po. 699

auch ein Einfluss von &rt vorliegen. Doch weiss ich einen solchen nicht nachzuweisen.

$ 283. lit. pö, pa-, lett. pa, aksl. po.

Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass diese Präp. zu "ipo gehören. Ein Beweis ist schwerlich zu erbringen. Auf die Darstellung des Präverbiums, dessen Entwickelung mir nicht klar geworden ist, verzichte ich, dagegen folgen hier einige Bemerkungen über die Präp. Sie wird verbunden (vgl. namentlich Bielenstein, lett. Spr. 296 ff., Miklosich 4, 226 ff., 430 ff., 676 £., 652 ff.):

1. Mit dem Akkusativ. Im Litauischen bezeichnet sie nach Kurschat fast so viel als durch, nur mit dem Neben- begriff von hin und her, überall, z. B. jıs vdlkiojas visq sveiq er treibt sich überall in der Welt umher. Bielenstein macht darauf aufmerksam, dass eine Bewegung bezeichnet werde, aber ohne bestimmte Richtung, z.B. pa tirgu staigat auf dem Markte umhergehen. Im Lettischen soll pa mit Akk. auch ‘unter’ bedeuten, wofür ich aber einen sicheren Beleg vermisse. Über das slavische po sagt Miklosich, es bezeichne den Raum, über den sich eine Thätigkeit erstreckt, ohne ihn auszufüllen. Dieser Sinn könnte sich bei *4po mit dem Lok. entwickelt haben und von da auf die Präp. mit dem Akk. übergegangen sein. Näher mit dem alten Sinn von ödpo würde die Bedeutung stimmen, welche Miklosich 4, 431 angiebt, wonach es räumlich und zeitlich die Grenze bezeichnen soll, bis zu welcher sich eine Thätigkeit erstreckt. Ich muss das Ur- theil darüber den Kennern überlassen. 2. Mit dem In- strumentalis im Lit. in der Bedeutung unter, z. B. zeme gyventi unter der Erde wohnen. Das scheint das alte *ipo zu sein. 3. Mit dem Lokalis im Slavischen. Dort tritt es zu demjenigen, hinter und nach dem eine Bewegung statt- findet, z.B. itt po komi jemand nachfolgen. Wenn *dpo ur- sprünglich ‘bis heran’ bedeutet, so könnte sich auch ‘dicht hinter’ daraus entwickelt haben, es könnte aber auch das Wort für hinter (ai. paSca u. s. w.) in Frage kommen. 4. Mit dem Dativ, im Slavischen häufig, im Lit. nur in einigen Wendungen.

700 Kap. XV. IL. parı, pairt, zipl, per, fair, per. [5 2835—284.

Über die Entstehung dieser Verbindung weiss ich etwas Be- stimmtes nicht zu sagen. 5. Mit dem Genitiv ım Lit. ge- wöhnlich im Sinne von ‘nach’ (von der Zeit), z. B. ne :ilgo nach nicht langer Zeit. Vereinzelt auch in einer Weise, dass man eher den Lokalis erwarten möchte, nämlich: p6 aks@ vor den Augen, deszines zur Rechten.

W. Müller in Kuhn und Schleicher’s Beiträgen 8, 103 ist der Meinung, dass die slavische Ursprache, also auch das Litauische, nur die Verbindung mit dem Akk. und dem Lok. gekannt habe. Ich weiss nicht, ob er Recht hat.

6 284. Ai. pdri, av. pairi, altp. parıy, gr. zepi (r&pı), lat. per, got. fair, lit. pe? (aksl. pre-).

Über rept und seine arischen Verwandten hat Sonne, KZ. 14, 1ff. gehandelt. Er geht von der, wie ich glaube (s. oben 8.659 ff.), unrichtigen Ansicht aus, dass in dem freien (adverbialen) Gebrauch des Wortes der älteste Sinn stecke, und da nun repı öfter im Sinne des Übertreffens steht, so setzt er ‘über’ als Ur- bedeutung an. Die Bedeutung ‘um’, die er nicht leugnet, glaubt er mit über nicht vereinigen zu können, verzichtet also darauf, einen ‘Generalnenner zu finden. Von wesentlich demselben Material geht Grassmann, Wb. s. v. aus, der aber zu einer anderen Grundauffassung gelangt. Er sagt: “die Grund- bedeutung ist die der räumlichen Umgebung. Da das Um- fassende nothwendig grösser ist, äls das Umfasste, so geht aus dem Grundbegriffe der Begriff der Überragung (in Zusammen- fügungen und Zusammensetzungen) hervor, ein Übergang, der sich besonders in der Zusammenfügung von 5h% mit part klar darlegt. Dagegen tritt der Begriff des räumlich höher gelegenen (Sonne, KZ. 14, 3 ff.) nirgends weder im Sanskrit noch in den verwandten Sprachen hervor.” Ich bin der Ansicht, dass man Grassmann in dieser Polemik gegen Sonne Recht geben muss. Auf weıt umfassenderen Sammlungen beruht die Darstellung von J. Schmidt, Vokalismus 2, 99 ff., der auch das Lateinische, Litauische und Slavische herbeizieht. Er stellt folgendes Schema auf:

& 284.) Kap. XV. II päri, paırs, zepl, per, fair, per. 701

I. Darüber hinaus 1a. lokal, 1b. Übergang von einer Form in die andere, z. B. |it. perdaryti umarbeiten, ändern, gr. repıloranaı, ic. aus 1b. entwickelt, eine Wiederholung ausdrückend, z. B. russ. peregovorsfi seine Worte wiederholen. 2a. darüber hinaus, das Mass überschreitend, 2b. übertreffen. II. 1. herum, 2. der Reihe nach, z. B. lat. percensere einzeln durch- mustern. IH. 1. hindurch, 2. ZEI-.

IV. Vollendung oder hoher Grad der Handlung oder des Zustandes, ia. Vollendung, 1b. Aufhören, z. B. lit. perzydeii verblühen und die Blüthezeit überdauern, nicht mehr blühen, 2. hoher Grad, 3. Dauer, z. B. lat. persedeo sıtzen bleiben.

Ich bin mit J. Schmidt S. 100 der Meinung, dass auf die Art des Fachwerkes nicht viel ankommt. Wir sind doch nicht in der Lage, die geschichtliche Entwickelung lückenlos zu ver- folgen. Im Leben schliesst sich ein leichter Übergang un- merklich an den anderen, uns gehen eine Anzahl solcher Übergänge verloren, und so erscheinen getrennt von einander die verschiedenen “Bedeutungen’, deren Vereinigung Aufgabe unserer wissenschaftlich geschulten Phantasie ist. Wenn ich doch in der Anordnung von J. Schmidt abweiche, so geschieht es, weil ich denke, man könne etwas historischer verfahren. Ich habe den Eindruck, dass der älteste Gebrauch in den arıschen Sprachen und dem Griechischen vorliegt, und stelle diesen an die Spitze. Von der später erschienenen Literatur erwähne ich noch Zycha, zum Gebrauch von rept (bei Homer, Hesiod, Pindar, Herodot und den Tragikern), Wien 1886,

702 Kap. XV. LU. pärt, pairi, zepl, per, fair, per. [$ 284.

Programm, und einen Aufsatz von Stolz über per und Anhang ın Wölfflin’s Archiv 2, 497 fl.

I. *oerı als Präverbium.

Die erste Schicht bilden ai. pari, av. pasri, gr. zept.

1. Für die Grundbedeutung halte ich ‘um’. Dieselbe tritt deutlich hervor in Verbindungen wie ai. päri-5 umhergehen, umwandeln, replsını dass.; ai. pars-gam und ga umherziehen, umwandeln, umgeben, sich nach allen Seiten verbreiten, dahin- gehen, abscheiden, av. pairi-jas, z. B. in pasritacap, pairijasap yt. 17, 26 was Greeldner übersetzt: sprang bei und stand zur Seite (eigentlich “umgab’, hier mit Übertragung auf einen ein- zelnen), repıßatvw umschreiten, umgehen, umwandeln, (das Pferd) besteigen, eig. mit den Beinen umgeben; ai. part-car sich umher- bewegen, umherwandeln, umwandeln, bedienen, repıreionaı sich herumbewegen, umher sein; ai. pari-sru ringsum herbei- fliessen, abträufeln, umherschwimmen, repıppgw umströmen; ai. par:-as herumsitzen, sitzen bleiben, repıxadnpar rings umher sitzen, belagern; ai. pari-$i herumliegen um, umfassen, sich befinden in oder an, reptxerpa:ı dass.; ai. part-stha umstehen, ım Wege stehen, hemmen, hindern; zeptloraue sich rings- herum stellen, umstehen, umstellen (z. B. ein Wild), die vor- bereitende Stufe zu ai. hemmen; ai. pärı-dha herumlegen, um- legen (z.B. ein Gewand), umgeben, reprr{öng: dass.; ai. pari-vas anziehen, repıvvupı dass. Dazu liessen sich noch eine Menge von Belegen aus den Einzelsprachen stellen.

2. Die Bedeutung “hindurch”. Übergang von einem zum anderen. Nicht selten kommt man ım Veda ın die Lage pari mit ‘durch’ zu übersetzen. Grassmann thut das in seinem Wörterbuch zum Rigveda bei päri-s durchwandern, päri-ga hindurchwandern zu, pärt-dru umlaufen, hindurchlaufen, part- dhav herumfliessen oder hindurchfliessen, pars-ya umherwan- dern, umherfahren, umwandern, durchwandern, durchfahren, hindurchrinnen, durchlaufen (ähnlich auch Böhtlingk-Roth), päri-vi$ hindurchgehen in, päri-vart durchrollen. Böhtlingk- Roth übersetzen par:i-pu (Grassmann: hell hinströmen zu) mit durchseihen, läutern. Es handelt sich um Stellen wie die

$ 284.] Kap. XV. II. parı, parri, nept, per, fair, per. 1703

folgenden: ya gäur vartanim paryeti nigkrtam die Kuh, welche ihren bestimmten Weg wandelt RV. 10, 65, 6; utd dyaväprthivi yathana pari ıhr umwandert (durchwandert) Himmel und Erde 5, 55, 7, wobei doch die Anschauung ist, dass die Erde ‘durch- quert' wird. Dann wird par: öfter von dem Soma gebraucht, der durch die Seihe rinnt, z. B. dvyö var pari dhäva laufe durch den Schweif des Schafes 9, 86, 48 und so öfter, wobei mir die zu Grunde liegende Anschauung nicht immer ganz klar ist. Aus dem Epös ziehen Böhtlingk-Roth Stellen herbei, wie: dvärakäm paridhävati er läuft in der Stadt Dv. herum, durch- läuft sie. Man sieht also, dass man an einen Rundgang zu denken hat, bei dem man von einem Punkte zum andern ge- langt. So braucht der Römer perambulo von dem Aırzte, der bei seinen Kranken umhergeht, und so sagt Petronius: per- basıo der Reihe nach abküssen, nämlich circumeuntem puerum. Natürlich kann dann auch der Gedanke des Rundganges mehr zurücktreten, so dass nur das ‘durch’ übrig bleibt. Im Griechischen scheint sich etwas genau Entsprechendes nicht zu finden, da für ‘durch’ öi4 zu Gebote stand. Dagegen zeigt sich eine Parallele bei einer Bedeutung, die der eben genann- ten nahe liegt. Im Aı. heisst par:-sic umgiessen, aus einem Gefäss in das andere giessen, eine Nuance die an die Vor- stellung des Rundganges (par:-i u. s. w.) anzuknüpfen scheint. So im Griech. xepıfotnpı umändern, zepieıpt, rnepr£pyonaı über- gehen (von der Herrschaft gesagt).

3. In zwei Gruppen übersetzen wir päri durch “über”, nämlich a) bei den Verben, welche ein Übersehen u. ähnl. be- deuten, b) bei Übertreffen.

a) Übersehen u. s. w. SF. 5, 459 habe ich bemerkt: “In einigen Fällen übersetzen wir par: mit über, doch ist die Zu- rückführung auf den ursprünglichen Sinn noch wohl möglich. Wie pärt-vart sich drehen, aber auch sich hin und her be- wegen, sich tummeln bedeutet, so heisst dhar mit part zwar ursprünglich sich im Kreise herumbewegen, dann überhaupt sich umherbewegen, sich ausbreiten über; pa$ mit pari seinen Blick herumgehen lassen, überblicken, und hieran knüpft sich

704 Kap. XV. II pärs, pairi, rept, per, faır, per. ($ 284.

wie im Deutschen (im Gegensatz gegen die Anschauung des fest haftenden Blickes) der Begriff des Übersehens. So heisst auch pärt-cak$ übersehen, übergehen, verschmähen, für schuldig erklären und ebenso parı-man übersehen, vernachlässigen RV. 7, 59, 3.” Jetzt füge ich noch eine Anzahl von interessanten Ausdrücken hinzu, welche ich in den Abhandlungen der Sächs. Ges. d. Wiss. 11, 580f. behandelt habe, nämlich paryädhatar der jüngste Bruder, welcher das adhana vollzogen hat, obwohl es der älteste noch nicht gethan, dazu ist paryahsta der passiv betheiligte ältere Bruder; parsyaffar ıst der jüngere Bruder, welcher einem älteren bei dem Somaopfer zuvor gekommen ist, pari$fa der überholte und übergangene ältere; parivioidand der beim Heirathen zu seinem Vortheil übergangen hat, parı- rıttda der passıv Betheiligte, dazu die Substantiva partveller (aktiv), parsortti (passiv)... Dazu kommen noch jüngere Aus- drücke bei J. Schmidt a. a. O. 104. Im Griechischen findet sich genau Vergleichbares bei Homer wohl nicht. Ich erwähne repiopaw 1. umhersehen, sich nach allen Seiten umblicken, 2. übersehen, darüber weg sehen, nicht beachten; reptopovew 1. von allen Seiten überlegen, überdenken, erwägen (Aristo- phanes), 2. sich darüber hinweg setzen, verachten (Thukydides.

b) Übertreffen. Es stimmen zusammen: ai. päri-as und repisip:, pars-jan und repıytyvona. Was pars-as betrifft, so stimmen die Veda-Interpreten ın der Auffassung mancher Stelle nicht überein; nach meiner Ansicht müssen zu päri-as auch manche Stellen gezogen werden, in welchen die Form von as fehlt (vgl. das Kapitel über die Ellipse), und sind die Be- deutungen so zu bestimmen: 1. herum sein um: nädrayak päri $anto varanta nicht hinderten dich die umgebenden Felsen RV. 3, 32, 16; 2. hemmen (vgl. pari-sthä): ava väajayım ratham sukaram te kim it päri fördere unseren wettfahrenden Wagen, leicht ist es dir, was steht im Wege? 8, 80, 6 (so Böht- lingk-Roth, seltsam ist Ludwig’s Auffassung: “was wichtiger”); präcinena mänasä barkänävata yad adya cit Krndvah käs trä parı wenn du mit vorwärtsstrebendem, emmstlichem Entschluss heute handeln wirst, wer hindert dich? 1, 54, 5 (so Böhtlingk-

$ 284.) Kap. XV. II. ai. pdri, av. pairi, gr. repf. 705

Roth, Ludwig: wer ist da bei dir); 3. überholen, übertreffen: ndkth sudaso rdtham päry üsa nd riramat niemand überholt den Wagen des Sudäs, noch bringt ihn zum Stehen 7, 32, 10; näsya te mahimänam pdri $tah die beiden (Himmel und Erde) übertreffen nicht seine Grösse 1, 61, 8; päry asya mahimä prthi- vim samudrdm seine Grösse übertrifft die Erde und das Meer AV. 13, 2, 45. Die bekannte Stelle RV. 7,103, 7 samvatsardsya tad dhah pärı $tha übersetzen Böhtlingk-Roth jetzt nicht mehr ‘ihr verbringt diesen Tag des Jahres’, sondern, wie aus Böht- lingk’s Wb. hervorgeht: “ihr (überholt) haltet nicht ein’. Das- homerische rzepteıpı heisst übertreffen, wird aber nicht wie pärt-as mit dem Akk., sondern wegen seines komparativischen Sinnes mit dem Gren.-Abl. verbunden: 2reil replescı yuovaınv etöos co 248, vgl. Sonne, a. a. O. 7. Sodann wohl pari-jan und reptyiyvopar. rneptylyvopar findet sich: yntı Tivloyos repıylverau ivıdyoro W318; Socov repıylvoued” AaMwy üb Te nakaıspoouvn te 8 102. Damit vergleiche ich: iad äditya mahi tat te mahi $Sravo ydd &kö vılvam pdri bhüma jäyase das, o Sonne, ist deine Grösse, ja dein grosser Ruhm, dass du allein gewaltiger bist als alle Welt, die ganze Welt übertriffst AV. 13, 2, 3. (Böht- lingk-Roth ziehen pdr: zu dem Akk. und übersetzen: “dass du allein bist gegenüber der ganzen Welt’) Aus dem homerischen Griechisch kommt noch rxepıBaAlw hinzu. Anders steht es mit pari-bhü gleich repıpüvaı. Part-bhü heisst: um etwas her sein, umfangen, umfassen, einschliessen, in sich enthalten, und darin stimmt repıyövar zu. Ausserdem aber bedeutet pars-bhu auch noch: übertreffen, mehr sein, bemeistern, besiegen. Es scheint, dass diese Bedeutungen sich gut ın der von Grassmann ge- wählten Weise vermitteln lassen, also überhaupt das ‘über’ wie ‘übertreffen’ sich aus dem ‘um’ erklären lässt.

4. Hoher Grad, Vollendung. Man kann ‘herum’ auch gebrauchen, wenn man den Nachdruck auf die vollständige Vollbringung einer Handlung legt. So kann man unsere Präp. allenfalls mit ‘vollständig, ganz, sehr’ übersetzen, und ihr mithin einen verstärkenden Sinn zuschreiben. Ich habe a. a. O.

für diesen Sinn aus dem Altindischen beigebracht: part mit Delbrück, Vergl Syntax der indogerm. Sprachen. I, 45

706 Kap. XV. I. ai. pürt, av. pairi, gr. nepl. [$ 284.

vand loben, rühmen, preisen (einmal ım AV.), %&# erkennen, genau wissen (einmal im RV., dann im Epos), vid genau wissen (dreimal vedisch) und man könnte vielleicht noch einige Fälle hinzufügen, in welchen der Sinn der Präp. nicht genau fassbar ist. Als Nominalzusammensetzungen bringt Sonne a. a.O. 20 aus dem Veda bei: paripri (einmal RV.) lieb, theuer (vgl. pari- prita dem man Liebes erweist, schmeichelt, wohl urspr. um- schmeichelt), partdvegas (einmal RV.) hassend, feindlich; part- manyü eifersüchtig, grollend. In der späteren Sprache giebt es einige Beispiele mehr, z. B. paricapala überaus beweglich, paridina überaus betrübt, partyata vollkommen ausgereift in aparijäta unreif geboren, nicht lebensfähig zur Welt gekommen. Im Griechischen findet sich rspl olöa gleich pdri voda, ferner tov repl Moüo’ Zptinoe, nepl uev oe tiov Aavaol u. ähnl. (Sonne, a.a.0. 7). Ferner in Zusammensetzungen, z. B. repwaldr;, rspıunxns, replppav u.8.w. Dazu kommen aus dem Altindi- schen noch einige Verbindungen von pars mit Verben der Be- wegung u. ähnl., z. B. mit i umwandeln, aber auch erreichen; mit ya und ga dass.; mit a$ eintreffen bei, erreichen; mit ap erreichen, gewinnen, Verbindungen, in welchen ein vollständiges Erreichen des erstrebten Zieles ausgedrückt ist.

5. Die bis hierher genannten Bedeutungszentren stehen in einem gewissen Zusammenhang unter einander. Zum Schluss habe ich noch eine Anwendung von pdri-repl zu erwähnen, welche fremdartig ist. Die Präposition scheint auch Abwen- dung und Ausschliessung zu bedeuten, so in ai. parı-bädh ausschliessen von, schützen vor; pdri-varj ausbiegen, ausweichen; gr. repıräpuvonar abschneiden, reptarpeoncı abziehen, entreissen. Man könnte sagen, dass bei diesen Verbindungen die ‘Aus- schliessung’ im Verbum, in dem Präverbium aber der nicht deutlich hervortretende Begriff der Vollendung liege. Aber diese Auskunft wird jedenfalls bei repröüw versagen, welches A 100 nichts anderes als ‘ausziehen’ bedeuten kann. Ich möchte annehmen, dass in diesem Falle der an der Präp. m ihrer Verbindung mit dem Kasus, dieses Mal dem Ablatıv, ent- wickelte Sinn auf das Präverbium übertragen worden sei (vgl.

$ 284.] Kap. XV. II. lat. per, lit. per, (aksl. pre), got. farr. 707

part mit Abl.). Die Verbindung wäre also ebenso aufzufassen, wie etwa in reptpapvanaı, Tepıywopat, wo repı- auch innerlich zu einem Nomen in Beziehung steht.

Lat. per, lit. pef (aksl. pre), got. fair.

Die zweite Schicht bilden lat. per, lit. pef, aksl. pre (welchem russ. pere entspricht). Zwar kann das aksl. pre auch auf ein proethnisches *pra? zurückgehen, aber die Bedeutungen, wenigstens die des Präverbiums, stimmen so genau mit dem ht. pe’ überein, dass man annehmen muss, pre sei die Form, welche *per(ö) vor Konsonanten erhalten musste, (ausser im Russischen, wo pere eintrat). Ich verfolge nun auch an dieser Stelle die oben aufgestellten Bedeutungen und verweise hin- sichtlich des Materials im allgemeinen auf die Darstellung von J. Schmidt.

1. Die Bedeutung ‘um’ ist kaum mehr vorhanden. Im Lateinischen ist dafür circum, im Litauischen ap&, im Slavi- schen od% und als Präp. oAolo üblich geworden. Aus dem Lateinischen rechnet J. Schmidt a. a. O. 105 hierher Verba wie perluo abspülen; perfundo übergiessen; pertego ganz bedecken; perlino überschmieren; perspergo besprengen; pertergo ab- wischen, leicht berühren; pertracto überall betasten; pervello bezupfen, berupfen. Man wird aber wohl gestehen, dass von diesen Verben aus sich nicht unmittelbar ein Grundbegriff ‘um, ringsum’ oder, wie Schmidt sagt, ‘herum’ gewinnen lässt, eher “über hin, durch hin’, und dasselbe gilt von den Verben, welche Stolz S. 500 unter 1. als zu der Bedeutung ‘ringsum, rings- umher, der Reihe nach’ gehörig aufführt, wie z. B. peragro durchwandern; perequito fort und fort reiten, überall umher- reiten, durchreiten u. ähnl. Was sich aus dem Litauischen und Slavischen beibringen lässt, sehe man bei J. Schmidt. Derselbe erwähnt auch got. farr-veitjan umher spähen und fairgreipands handu die Hand umgreifend, d.h. ergreifend.

2. Durch und über einen Raum oder eine Zeithin. Wie man sich die Vermittlung mit ‘um’ zu denken hat, ist oben S. 702 gezeigt worden. Beispiele aus dem Lateinischen, die Hauptmasse des per ausmachend, finden sich bei Stolz 500, 1.

45*

708 Kap. XV. II lat. per, lit. per (aksl. pre), got. fair. [$ 284.

Es gehört dahin u. a. auch perfugio überlaufen (durch dieWachen durch zum Feinde hin, lit. perbegti hinüber laufen). Aus dem Litauischen perdristi hindurchwaten, watend hinüberkommen, und nach J. Schmidt: perklampots durch den Morast hindurch- kommen; pernakvoti pernoctare; perzömavotı perhiemare; per- snausts verschlafen; perskaityti perlegere u. am. Aus dem Slavischen: aksl. predrodits vado transire; prevesti traducere; prevreäti trajicere; prebyti manere; serb. prezimiti überwintern, prenodili die Nacht hinbringen u. a. m. Insbesondere gehört hierher, was J. Schmidt S.106 anführt, nämlich die Anschauung, dass sich eine Handlung über eine Reihe von Punkten. oder Gegenständen einzeln und nach einander erstreckt, so lat. per- censeo einzeln durchmustern; perlego senatum die Namen aller Senatoren der Reihe nach verlesen; perrogo der Reihe nach durchfragen bei der Abstimmung; persolvo Stück für Stück auszahlen u. s.w. Ganz ebenso russ. perepisali der Reihe nach aufschreiben ; pereöttati eines nach dem andern durchlesen ; pere- celovati perbasiare u.8s.w. Aus der Anschauung des Hindurch- gehens hat sich die des Zerspaltens entwickelt. J. Schmidt führt einige Belege für diese Bedeutung aus dem Sanskrit an, doch scheint mir, dass sie nirgends deutlich hervortritt. Ab- zusehen ist von dem ganz spät belegten pars-dq$ zerbeissen. In einigen anderen Fällen tritt die Bedeutung des Präverbiums hinter der des Verbums so stark zurück, dass man sıe ın ıhrer Entwickelung nicht recht verfolgen kann. So heisst pars-Sar allerdings ‘zerbersten’, aber ebenso übersetzen wir auch $ar mit para, nis und prä; neben pärs-bhtd zerspalten steht pra-bhid in derselben Bedeutung; neben pari-mard zerstampfen auch mard mit pdrä, prd, vi, sam in demselben Sinne; päri-chid auf beiden Seiten abschneiden wird auch mit ‘abschneiden’ und einmal mit “zerschneiden’ und “verstümmeln’ übersetzt; parı-gharf ein- mal mit ‘zerreiben’. Auf das deutlichste aber tritt dieser Sinn in der zweiten Schicht hervor, so im Lateinischen: percido zerhauen, zerschlagen und im obszönen Sinne gleich pedico; perfringo durchbrechen, z. B. phalangem hostium; perscindo zer- reissen; perseco zerschneiden u. a. Im Litauischen nach

$ 284.) Kap. XV. I. lat. per, lit. per (aksl. pre), got. fair. 709

J.Schmidt: perdalyti zertheilen;; perlauztt durchbrechen; perkulti durchschlagen; pergrezti durchbohren ; perpiauti durchschneiden ; pertraukti entzweireissen u. a. m. Selten im Slavischen (vgl. J.SchmidtS.108). Aus dem Gedanken des Überganges von einem Punkte der Reihe zum anderen hat sich wohl auch (wie oben S. 703 bemerkt wurde) die Vorstellung eines Überganges und einer Veränderung entwickelt, so im ai. pdri-sic umgiessen, gr. repiismpı umändern. Dieser Gebrauch findet sich nach J. Schmidt S. 101 nicht selten im Litauischen und Slavischen, z. B. lit. perdaryti umarbeiten, ändern; perkalti umschmieden, durch Schlagen umarbeiten; perbalnoti umsatteln; persiredyti sich umkleiden u. a. m.; russ. perekrestili umtaufen; perevessti anders wohin hängen; perevaljafi umwalken u. s. w. Sehr an- sprechend der Bedeutung nach fügt J. Schmidt an dieser Stelle diejenigen Fälle ein, in welchen eine Veränderung in pejus ausgedrückt ist, so lat. pereo zu Grunde gehen; perbito dass.; perdo zu Grunde richten; perverto umwenden, umstossen, ver- nichten gleich lit. perversti verdrehen, russ. pereverteti dass.; lit. pergimti entarten, persiraszyti sich verschreiben u. a. (J. Schmidt 102). Perverto u. s. w. erklärt sich wohl am einfachsten aus “herumdrehen’, daher denn auch ai. pari-vartayati im Epos. bedeutet “um und um drehen’ s. v. a. zu Grunde richten ').

3. “Über in “überg&hen’ und ‘übertreffen’. Mit den oben $. 704 genannten Verbindungen wie ai. päri-ya) beim Opfern übergehen lässt sich vergleichen lit. persedeti gleich russ. peresideti kogo länger sitzen als ein anderer; russ. pererostt kogo jemand im Wachsen überholen; perevrafi kogo jemand im Schwatzen übertreffen, niederschwatzen u. ähnl. Besonders tritt in diesen Sprachen die Anschauung der Überschreitung des Masses hervor, ohne dass eine Vergleichung (wie bei “über- treffen’) stattfände, z. B. lit. perkrauti überladen (Wagen, Schiff); persigerti sich übersaufen; persudyti versalzen; russ. perepeci

1) Böhtlingk-Roth vergleichen perdo mit pdrä-dä hingeben, zu Grunde gehen lassen, und so liesse sich »ereo auf pärä-i weggehen, abscheiden, sterben zurückführen. Nach den jetzigen Anschauungen über die Laut- gestalt der Präp. lässt sich das aber nicht halten.

710 Kap. XV. II. lat. per, lit. per (aksL pre), got. fair. [$ 284.

zu stark backen, vgl. lit. perkepti u.a. m. (Die Belege sind aus J. Schmidt S. 103 entnommen). Man kann diese Bedeutungen wohl aus ‘darüber hinaus’ ableiten, und dieses aus “durch und durch’ erklären (z. B. “jemanden durch- und durchstossen, so dass das Schwert darüber hinausragt” Stolz a. a. O. 500). Es ist mir aber nach dem oben Ausgesprochenen wahrscheinlicher, dass der Ausgangspunkt doch bei ‘um’ zu suchen sei.

4. Hoher Grad, Vollendung. Den oben 8. 705 ge- nannten Belegen schliessen sich aus der zweiten Schicht zahl- reiche an, bei denen übrigens im einzelnen wohl das ‘durch’ empfunden sein mag, wenn auch der ganze Typus aus dem Gedanken der Umfassung abgeleitet sein wird. Beispiele aus dem Lateinischen (bei Stolz a. a. O. 501) sind: peracesco durch und durch sauer werden, sehr ärgerlich werden; percrepo laut ertönen; percrucio sehr quälen; perdoleo tief schmerzen; perbibo ganz aussaugen; perdisco völlig, gründlich, gut lernen; perfruor vollständig geniessen u.a. m. Aus dem Baltisch- Slavischen führt J. Schmidt u. a. an: lit. permastyti gehörig durchdenken; pertyrineti, perklausineti genau nachfragen; per- nokti ganz reif werden; perdzuts ganz trocken werden; russ. peresochnufi ganz und gar trocken werden u. a. m. (S. 107). In den baltischen Sprachen entwickelt sich, wie J. Schmidt S. 109 bemerkt, aus dem Gedanken der Vollendung auch noch der des Aufhörens einer Handlung oder eines Zustandes, z. B. lıt. perzydeti verblühen und die Blüthezeit überdauern, nicht mehr blühen; peruzti verrauschen; perstott aufhören gleich russ. perestati. Endlich stellt J. Schmidt S. 110 noch die Kategorie der Dauer auf. Es wird wohl gelingen, die hier genannten Verbindungen bei den bis jetzt genannten Typen unterzubringen. So mag ai. pari-äs unthätig dasitzen eigentlich bedeuten, herum- sitzen, nicht an die Sache herangehen, in päri-vas verweilen mag das par: enthalten sein, was die Erstreckung durch einen Raum ausdrückt, dasselbe in perfero bis an’s Ende ertragen u. 8. w.

Zum Schluss sei erwähnt, dass got. fair jedenfalls mıt *peri identisch ist. Doch möchte ich die Ausführung den

$ 284.] Kap. XV. ID. *peri mit Kasus. 711

Spezialisten überlassen, da ich mich in den heranzuziehenden althochdeutschen Formen nicht zurechtfinde.

II. *perti als Präposition. Es erscheinen der Akkusativ, Lokalıs, Ablativ. 1. Der Akkusatıv.

Im Altindischen finden wir pdri im Sinne von ‘um’, örtlich und zeitlich, z. B. ma $üns agns ni jadama nrnam mä- $ejaso 'viratä päri tvä lass uns nicht in Heldenmangel, kinder- los, o Agni, verwaist an Kämpfern um dich sitzen RV.7, 1, 11; päri dyam anydd iyatö das andere (Rad) bewegt sich um den Himmel 1, 30, 19; $raddham prätär havamahe, Sraddham ma- dhydmdinam pdri Sr. rufen wir morgens, Sr. um die Mittags- zeit 10, 151, 5. Im Sinne des Übertreffens, der sich bei pari- bhu und päri-as ausgebildet hat, findet sich par: mit Akk.: päry asya mahima prthivim samudrdm jydtia vibhrajan pdri dyam antärık$am seine Grösse übertrifft Erde und Meer (vgl. $. 705), durch sein Licht strahlt er über (überstrahlt er) Himmel und Äther AV. 13, 2,45. Im Altpersischen finden wir es im Sinne von ‘über’ bei reden: Aasciy naiy adarsnaus cisciy thastanaty pariy Gaumatam niemand wagte etwas zu reden über G. Spiegel? 8, 53 (vgl. ai. pari-vad über etwas reden. Der Gegenstand des Gespräches ist der Mittelpunkt desselben). Im Avestischen tritt bei einem Zeitbegriff der Gedanke der Er- streckung hervor: dareyemcip pair! zroanem über eine lange Zeit hin yt. 13, 53. Im Griechischen bei Homer nur ‘um’, z. B. tol 5 &xaröußmv &kelng Zomoav Zööpntov nepl Bupdv A 448.

2. Der Lokalis.

Aus dem Gebiet der arischen Sprachen weiss ich nur anzuführen: nosB erezejyyoi frajyartıs nord fsuyent? dregvasu pairi y. 29, 5, was Bartholomae, Ar. Forsch. 3, 15 übersetzt: nicht soll dem, der gerecht lebt, nicht soll dem Bauern ein Leid geschehen von Seiten der Ungläubigen (eig. nicht soll Vergewaltigung sein bei den Ungläubigen). Ferner y. 34, 8, wo pairi nach Bartholomae a. a. O. und Geldner, BB. 14, 27 mit yaesu zu verbinden ist, nicht mit Spiegel, Gramm. 463 mit

712 Kap. XV. IL *peri mit Kasus. [$ 284.

dem Datıv!.. Was das homerische Griechisch betrifft, so verweise ıch auf Monro? 173 und Zycha 20. Es gehören hierher Sätze wie: alba tor alpa xelarvöv &pwhosı nepl oupi A 303; nept d Eyyei xeipa xaneitaı B 389, Extöpeov 8 yırava nepl orndesor &attar B 416. Auch der Gegenstand, um den der Streit statt- findet, um den es sich handelt, kann im Lok. mit rept stehen, “zunächst rein lokal 2 453 päpvavro sp röAgew. Den Über- gang von dem rein örtlichen zum Begriffe des Schutzes und der Vertheidigung bildet die Stelle Zeds 8 Ent vört &lohv T@vuosv xparepfj daulvn, dppa pilp repl naröl nayns dAods növos sin 11 568; unwillkürlich verbinden wir schon den Begriff des Schutzes, obwohl rdvos repl raıöt eigentlich lokal ist” (Zycha 21). Auch bei öslöıa K 240 schwebt wohl noch der Gedanke des Schutzes vor. Daran schliessen sich dann Verba des Zürnens u. ähnl. (noch nicht bei Homer). Auf die von Monro in den Anm. erörterten Streitfragen (repl xTpı u. ähnl.) gehe ich nicht ein.

3. Der Ablativ.

Über den altindischen Gebrauch giebt Grassmann ». v. Auskunft. Er sagt: “Mit dem Ablativ drückt es die Bewegung von einem Orte her aus, wobei es gleichgültig ist, ob der Ort oben, unten oder ın derselben wagerechten Ebene liegt; viel- mehr ist die eigenthümliche Beziehung oder Anschauung, welche pars der allgemeinen ablativischen Richtung des Woher hinzufügt, ursprünglich die, dass der Ort, von wo die Bewegung ausgeht, nicht als ein Punkt, sondern als ein rings oder an vielen Punkten den Gegenstand umgebender Raum aufgefasst wird”. So übersetzen wir denn pdrs durch ‘von her’ (im Sinne der Bewegung), z. B. divak vom Himmel her, devebhyah von den Göttern her, barhifah von der Opferstreu her (uttiffhan päri b. aufstehend von der Opferstreu) u. 8. w. Prä-ric mit dem Ablativ bedeutet über etwas hinausragen. Tritt noch pari hinzu, so bedeutet es ‘rings über etwas hinausragen’,

li) Aus dem Veda liesse sich etwa herbeisiehen: «sms vatsim päri $dntam nd vindan das bei uns seiende Kalb fanden sie nicht RV. 1, 72, 2, aber die Interpreten schlagen auch andere Auffassungen vor. Vielleicht auch pdri käfthäss um die Scheite s. oben 8. 659.

$ 284.) Kap. XV. I. *peri mit Kasus. 713

z. B. divds prthioyah über Himmel und Erde. Ferner heisst es ‘von her’ im Sinne des Ursprungs bei 7ar geboren werden und grabh ergreifen. Eine Bewegung von innen heraus ist gemeint in dem Satze: ratham y& cakrür mänasah pdri dhydyä welche den Wagen gemacht haben aus ihrem Geiste heraus mit Kunst RV. 4, 36, 2. Mit ‘gemäss’ (eig. von aus) übersetzen wir pdri ın dhärmanas päri von Gerechtigkeits wegen, dem Rechte gemäss RV. 6, 70, 3 und janugah pari seinem Wesen gemäss (gleich jJanufa) 8, 66, 9. Ludwig übersetzt: von seiner Geburt her. Einige Stellen, an welchen Grassmann “wegen, um willen’ übersetzt, sind zweifelhaft, so 4, 36, 8, was ich nicht übersetzen mag wegen des kontroversen Sinnes des Wortes dhisanä; 3, 5, 10, wo ich mit Ludwig vorziehe zu sagen: von den Bhrgu’s weg; vißvebhyd hi tva bhiivanebhyas päri tvagtäjanat 2, 23, 17 scheint mir Ludwig am richtigsten zu fassen: er er- zeugte dich mit Bevorzugung vor allen Wesen. Es findet also: Anknüpfung an den komparativischen Sinn statt, welcher in replerm u. 8. w. hervortritt. Endlich die an einen Toten (oder eine Totenurne) gerichteten Worte 10, 18, 13 üt 12 stabhnämi prthivim toat päri‘) kann ich nur übersetzen: “ich mache dir die Erde fest, wölbe dir die Erde um oder über dich”. Diese Anwendung von pärs mit dem Ablatıv ist freilich im Alt- indischen vereinzelt, wır werden aber einer Parallele im Grie- chischen begegnen. Der ursprüngliche Sinn ist wohl: von dir aus ringsherum, oder: von dir aus oben. Im Avesta findet sich pair! mit der Bedeutung ‘weg von’: adtada he [aetE maz- dayasna] panta vicinagtg pairi urvaräbyasca varedabyasca man soll für sie einen Aufenthaltsort aufsuchen abseits von Kräutern und Blumen vd. 16, 2 (nach der Auffassung von Geldner, KZ. 25, 586). Ferner bei schützen: nipayä pairi drvatap mahrkap du mögest uns beschirmen vor dem argen Tod yt.10, 93. Man sieht aus dieser Darstellung, dass »dri seinen besonderen Sinn gegenüber dem übermächtigen Ablatiıv oft nur schwach

1) Dass so zu verbinden ist, tvd£ pdrs nicht zu den folgenden Worten gehört, dafür spricht die Versabtheilung.

14 Kap. XV. II. *peri mit Kasus. [$ 284.

und kaum erkennbar behauptet hat. Der homerische Sprachgebrauch berührt sich mit dem arischen zunächst in- sofern, als repl den Sinn des Übertreffens hat, z. B. repi ravrov Eppevar AAlwv A 287; Intpbs de Exaotos drıotanevos Tepl TAvrov aydpwrwv 8 231. Vielleicht gehen auf den Ablativ zurück auch die Gen. in den beiden Stellen: # & adrod teravuato nepl ondsox yAapupoto Apepis Hfuwoa & 68 und repi rpörıog Befamra e 130 (vgl. tvat pars S. 713). Sonst könnte man auch daran denken, dass in diesem Falle der Gen. für den Dativ eingetreten sei, in Nachahmung des bei &rit obwaltenden Verhältnisses. Am häu- figsten tritt bei zepi in den Genitiv der Gegenstand des Streites, 2. B. @< ol päv nepl vnds duootlporo päyovto Il 1. (In der Ilias kommen 44 Genitive mit zepi vor, 32 mal steht der Genitiv nach Verbis des Streitens und Kümpfens’ Zycha 22). Hieran scheinen sich andere Verba angeschlossen zu haben, bei denen der Gegenstand, um den es sich handelt, durch rxepi mit dem Gen. ausgedrückt ist, bei Homer: 7 por dyos rept T adroü xal nepl ravrmv @ 249; napl kelvoro &pdodar a 405, vgl. y 77; as Ton Odvojos dym repl vdarov Axouoan 7 270; xexkurd peu, punoTüpss, toüds nepl kelvon p 370; sin Ays por rept untpdc 0 347; dppa xs öuousvdecaı Ydövou repl Bouledompev nr 234; 4 nept Ipwwv xai Ayassv pspenplles; Y 17; olda ydp ed rapl xeivon p 563. Ich vermag diesen Gen. nicht an den alten Ablatıv anzuknüpfen, sondern sehe in ihm den echten griechischen Genitiv, der sein Gebiet auf Kosten des Dativs erweitert hat.

Das lat. per und das lit. pe haben als Präpositionen den Akkusativ bei sich (vgl. Kurschat $ 1462 ff). Sie werden gebraucht. 1. Mit Beziehung auf den Raum, und zwar tritt im Lateinischen noch die Anschauung des Rundganges oder Um- ganges von Ort zu Ort gelegentlich hervor, z. B. invilati per domos (Livius., supplicatum per compila tota urbe est (ders.), dann im Sinne des Durchgangs durch oder über einen Ort, 2. B. lat. alterum iter per provinciam nostram erat multo facıkus (Cicero); coronam auream per forum ferre (derselbe); per pairıs corpus carpentum agere (Livius); lit. per mestq keliautsi durch die Stadt reiten, tal män &jo per szirdj das ging mir durch's

$ 284.] Kap. XV. II. *peri mit Kasus. 715

Herz. 2. Mit Beziehung auf die Zeit, und zwar a) zur Be- zeichnung der ununterbrochenen Fortdauer, z. B. Zudı decem per dies facti sunt (Cicero); ht. per näkti budeti die Nacht hindurch wachen, äsz sirgaü per visq metq ich war krank das ganze Jahr hindurch; b) zur Bezeichnung der Zeit, in deren Dauer ein einzelnes Faktum fällt, z. B. quum per ludos scorta raperentur (Livius), per eos dies C. Figulus praetor Brundisium venit (ders.); lit. Jis apstilanke püs müs pei' Jöng er besuchte uns um Johanniszeit, jis yrü gimes per möszlus er ist zur Zeit der Mistfuhre geboren. 3. Im Sinne des Mittels (eigentlich des Weges, durch den hin etwas geschieht, vermittelt wird), wofür es genügt, einige litauische Sätze anzuführen: zokänas pe? Moyzesziy yra dütas des Gesetz ist durch Moses gegeben worden; smeilis al&jo i sveig pei grökq der Tod kam in die Welt durch die Sünde. Endlich wird pe auch im Sinne von ‘mehr als’ gebraucht, z. B. jis gyvena per tris myles toli ex wohnt über drei Meilen entfernt. Es ist also aus “über-hin’ der Sinn ‘über-hinaus’ entstanden. Dieser liegt deutlich vor ın pef‘ merg über das Mass hinaus, und ist wohl auch im La- teinischen vorhanden gewesen, wenn man aus perfdus auf ein per fidem über die Treue hinaus schliessen darf.

Merkwürdig ist, dass im Umbrischen per im Sinne von ‘für’ mit dem Abl. erscheint: poplu per pro populo, nomne per pro nomine, fratrus per pro fratribus. Das kann doch wohl nur auf einer Vermischung mit pru (lat. pro) beruhen.

Das slavische pre erscheint nach Miklosich 4, 437 als Präposition nur im Slovakischen, Polnischen, Sorbischen, und zwar in einer Weise, dass es scheint, als hätten sich darin das idg. *pert: und *prai gemischt. Dieselbe Mischung scheint auch in prezü vorzuliegen, das mit dem Akk. (Miklosich 4, 438) als Fortsetzer des idg‘ *peri auftritt, mit dem Gen. (563) dagegen an lat. praeter erinnert, also vielleicht auf idg. *prat zurück- geht. Nur das letztere scheint in predö mit Akk. (440) und Gen. (562) vorzuliegen.

716 Kap. XV. II. prd, fra, zp6, lat. pro, lit. pra-, slav. pro. [$ 285.

$ 285. Aı.prd, av. altp. fra, gr. rpo, lat. pro (pro), lit. pra- (prö), slav. pro.

Dass ai. pra, av. altp. fra, gr. rp6, got. fra, lit. pra, slav. pro identisch sind, leuchtet ein. Auch im Lateinischen giebt es ein prö bei Verben wie profileor, profugio, profundo, pro- hibeo, protego u.a. Daneben tritt pröd auf, dem das litauische prö (so lautet das Wort als Präposition, während pra das Verbal- präfix ist) entsprechen dürfte. Ein Unterschied der Bedeutung zwischen *pro und "prod lässt sich nicht auffinden, so dass die beiden Formen hier zusammen behandelt werden.

Ich führe zunächst einige Verbindungen mit Verben auf, welche aus proethnischer Zeit stammen oder stammen können: ai. prd-i fortgehen, weitergehen, aufbrechen, sterben, av. fra-i vorwärts gehen, gr. zpdeıpı vorgehen, vorwärts gehen, vorrücken, lat. prödeo hervorkommen, vorwärts gehen, lit. praeiti vorbei- gehen, aksl. prosts ötaßatvarv, ördpyeodar, Srekipyeodar, rapfpyeoda:, rpoßalverv, serb. prodi durchgehen, vorbeigehen, vergehen, vorbei sein (von der Zeit gesagt), abgehen (von der Waare gesagt); ai. prd-gam aufbrechen, hingehen, schreiten zu, av. frajas kommen, gr. rpoßatv» vorwärts gehen, einherschreiten, über- treffen, lat. prövenso hervorkommen, vorwärts kommen, von Statten gehen, got. fragiman verzehren, etwas verthun; ai. prd-ar in Bewegung setzen, erregen, vgl. got. frarınnan sich verlaufen; ai. prd-pat ausfliegen, davonfliegen, hinfliegen, hinabfliegen, -stürzen, einer Sache verlustig gehen (mit Abl. der Sache, einmal im Mhbh.), gr. rporintw falle, beuge mich vorwärts; al. prä-sac verfolgen (eig. nach vorwärts sich vereinigen), lat. prösequor hinterdrein (d. h. nach vorne hin) gehen, begleiten; ai. prä-sarp hinschleichen, hineinschleichen, beschleichen, schliefen in, anbrechen (von der Finsternis gesagt), lat. pröserpo hervorkriechen, vorwärts kriechen,; ai. prd-sru hervorfliessen, ausströmen, gr. rpop&w hervorfliessen, hervorströmen; ai. prd- stha sich erheben, sich aufmachen, av. fra-sta sich erheben, vorwärtsgehen, gr. rpotornuı voranstellen, lat. prosto hervor- ragen, öffentlich ausstehen; ai. prd-Si sich legen auf, gr. rp6- xeınaı bereit vorliegen; ai. prd-aj antreiben, gr. rpodyw hervor-

6285.) Kap. XV. II. pri, fra, rp6, lat. pro, lit. pra-, slav. pro. 717

treiben, lat. prödigo hervortreiben, forttreiben, verthun; ai. prd- vah weiterführen, vorwärtsziehen, -treiben, av. fra-vaz führen, fahren, lat. pröveho vorwärts führen, lit. praveits etwas vorbei- fahren, aksl. provesti &taysıy (z. B. durch ein Thor); ai. pra-vart in eine rollende Bewegung gerathen, in Gang kommen, auf- brechen, hervorkommen, beginnen, sich an jemand machen, sich vergreifen an (letzteres im Epos), got. fravamrpan verderben (also der Entwicklung im Sanskrit vergleichbar), aksl. provrü- teti zpuräav, Ötarepoväv, perforare; ai. prd-bhar herbeibringen, vor- bringen, vorstrecken, schleudern, av. fra-bar bringen, vortragen, hervorbringen, gr. rpoy&pw vorbringen, jemandem etwas vor- rücken, hintragen, hinbringen, lat. pröfero vorwärts bringen, hervorbringen, got. frabairan vertragen, ertragen, aksl. probirati se elaöberv, ingredi (nach Miklosich: sich durchkämpfen, d.h. sich durch das entgegenstehende Volk vorwärts bringen); ai. - prd-star hinstreuen, ausbreiten, av. fra-star streuen (schwerlich “zusammenbinden’ wie Justi sagt), lat. prosterno hinbreiten, hinstrecken, 'aksl. prostreti teiverv, &xtelvewv, rapateivewv; al. prd- tan sich ausbreiten über, überziehen, bedecken, erfüllen, gr. rpotelv» davor ausbreiten, ausspannen, vorhalten, lat. prötendo vor sich hinstrecken; ai. prd-da hingeben, geben, schenken, abzahlen (eine Schuld), av. fra-das geben, gr. rpoölöwpı voraus- geben, herausgeben, preisgeben, aksl. prodati zwieiv, rırpaoxeıv, vendere; ai. prd-dh@ vorsetzen, darbringen, av. fra-da hervor- bringen, fördern, mehren, gr. rporlörgp: hinstellen, vorlegen, lat. prödo hervorbringen, thun, zur Welt bringen, verrathen; ai. prd-jan geboren werden, entstehen, sich fortpflanzen, gr. rpoylyvopa:ı vorwärts, hervor, zum Vorschein kommen, lat. prö- gigno hervorbringen; ai. prd-kar ausführen, bewirken, daneben auch wegthun, vernichten (eig. vorwärts und dadurch weg bringen), so schon AV. 12, 2, 5: ydt tva kruddhäh pracakrür manyünä piüru$sö mrte wenn man dich, o Feuer, voll Zorn aus- gelöscht hat, weil ein Mensch gestorben ist, danach “abthun, töten’ im Epos, av. fra-kar hervorbringen, lat. procreo hervor- bringen; ai. prd-ric hinausreichen, hervorragen über, gr. rpo- leirw zurücklassen, im Stich lassen, verlassen. Der ursprüng-

718 Kap. XV. IL prä, fra, rpd, lat. pro, lit. pra-, slav. pro. [$ 285.

liche Sinn scheint zu sein “etwas vorne vor sich liegen lassen und sich dann abwenden’, so dass unser “hinter sich lassen’ thatsächlich auf dasselbe hinauskommt. Ai. pra-kart abschnei- den, zerschneiden, av. fra-kereb zerschneiden, dann auch bilden, (vor sich schneiden), schaffen, z. B. y 9, 8, Iıt. prakı?sti durch- hauen, so dass ein Loch entsteht, aksl. procrütatı teuveıw, rpoyapar- teıv, praeformare; ai. prd-chid abreissen, abschneiden, zerhauen, durchbohren, av. fra-scid vernichten, lat. proscindo zerreissen, zerschneiden; ai. prd-budh erwachen, av. fra-bud, serb. probuditi aufwecken; ai. prd-pa$ vorausblicken, vor sich sehen, lat. pro- spicto in die Ferne sehen (z. B aus dem Fenster schauen), Vor- sicht anwenden; ai. prd-vid kennen, wissen, av. fra-vid kennen lernen, gr. rpoetöov in die Ferne sehen, in der Ferne, von ferne erblicken, lat. prövideo vor sich sehen, vorhersehen, aksl. pro- videts zpoopäv; ai. prd-jNa erkennen, verstehen, sich zurecht finden, got. fra-kunnan verachten; ai. prd-vac verkünden,” preisen, mittheilen, verrathen, av. fra-vac aussprechen, gr. rpo- sizov vorhersagen, heraussagen, verbieten (letzteres in der Prosa, entwickelt aus dem Begriffe des entschiedenen Heraussagens); al. prd-as voran sein, in ausgezeichnetem Masse sein, vor- wiegen, gr. npdeıu: vorher sein (rpd &dvra das Vergangene), lat. prosum nützlich sein (vgl. das folgende Verbum); ai. pra-dhu hervorkommen, mehr werden, reicher werden, zu Gute kommen, helfen, nützen, av. fra-bu zu etwas werden, hervorkommen, serb. prodsti gedeihen; ai. prd-vas verreisen, sich entfernen, verschwinden, aufhören, nicht mehr vorhanden sein, got. fra- visan verschwenden, verbrauchen; ai. pra-ad verzehren, got. fraitan fressen, (lit. prasst# eine Öffnung hindurchfressen, serb. projesti se Lust zu essen bekommen wohl einzelsprachlich). Aus dieser Übersicht folgt, dass *prö vorwärts, voran be- deutet, besonders häufig in Verbindung mit Verben der Bewegung. Soll das Streben nach einem Ziel betont werden, so übersetzen wir durch “hin zu’, soll das Sichentfernen betont werden, durch ‘fort’. Besonders beachtenswerth ist ein altindischer Gebrauch, über den ich SF. 5, 460 bemerkt habe: “Wenn man eine neu vorzunehmende Handlung im Sinne hat, so bekommt das

8 285.] Kap. XV. II. prd, fra, rp6, lat. pro, lit. pra-, slav. pro. 719

Verbum mit pra einen ingressiven Sinn, der an den des Aorists erinnert. Eine Übersetzung eines solchen prd, welches nur das Eintreten der Handlung in die Wirklichkeit hervorhebt, ist oft nicht möglich. Im Hinblick auf eine schon begonnene Hand- lung entsteht der Gedanke der Fortsetzung oder Wiederholung.” Beispiele für die erstere Nuance sind: pra-käS sichtbar werden (ohne pra sichtbar sein); pr@-y@ sich auf den Weg machen; prä-krid sich an’s Spielen machen; pra-yudh den Kampf be- ginnen; prd-pa sich an’s Trinken machen; prd-mud lustig wer- den; pra-ga zu singen anheben. Sehr viel seltener ist die zweite Nuance, welche z. B. vorliegt in pra-hu in einer Folge opfern, pra-sü fortkeltern. Diesem altindischen Gebrauch ent- spricht genau der litauische und slavische. Hinsichtlich des Litauischen bemerkt Kurschat 128, dass pra öfter auch ein anfangendes Thun bezeichne, z. B. pragysti zu krähen anfangen: gaidys pragydo der Hahn begann zu krähen. In bezug auf das Slavische sagt Miklosich 4, 234, dass pro perfektive Verba bilde, welche bald den Anfang, bald die Vollendung bezeichnen. Dahin gehören aksl. proglagolati zu sprechen an- fangen, progledati zu sehen anfangen, serb. proigrati ein wenig spielen, anfangen zu spielen, Lust zum Spielen bekommen, prokukati anfangen zu klagen, ein wenig klagen, promudi heiser werden, propjevati anfangen zu singen, ein wenig singen u. ähnl. Eine leise Wendung des Sinnes zeigt sich im Russi- schen, z. B. progrevati zeitweise oder um einige Grade wärmen. Dem ai. prd-sG und prd-hu entspricht serb. proslaniti zu Ende feiern.

Sodann ist zu bemerken, dass sich aus dem Begriffe des Vorwärtskommens auch der des Zuendekommens, des Verder- bens und Verlierens entwickeln kann. So heisst im Altindi- schen pra-dhanv zerrinnen, vergehen, wozu man got. frarinnan sich verlaufen und fragiman verzehren vergleiche (eig. zu Ende kommen, dann mit kausativer Wendung: zu Ende bringen): Ai. pra-vart heisst, wie wir oben sahen, u. a. auch ‘sich ver- greifen an’ wovon got. fravairban verderben nicht weit abliegt. Ai. präd-vas heisst eigentlich ‘sein Nachtquartier vorwärts ver-

720 Kap. XV. I. prd, fra, rp6, lat. pro, lit. pra-, slav. pro. [$ 285.

legen’, dann ‘verschwinden’ und dasselbe (nur kausativ) ist got. Jravisan verschwenden. Dem ai. pra-kar wegthun, vernichten, abthun, töten entspricht der Bedeutung nach einigermassen got. fravaurkjan verwirken, sündigen. Ebenso führt eine Brücke von gr. rpoeinov verbieten zu got. fragiban sich gegen etwas erklären, verachten. Endlich giebt es im Litauischen und Slavischen Verba bestimmter Bedeutung, in welchen *pro scheinbar einen Verlust bedeutet, nämlich lit. pragerti ver- trinken (eig. weiter trinken, zu Ende trinken), praszökti ver- tanzen, russ. propifi vertrinken, proZrafi verfressen (z. B. all sein Geld), serb. protgrati, russ. protgrafi verspielen, russ. pro- spali eine gewisse Zeit schlafen, verschlafen.

Diesen zusammenfassenden Erörterungen füge ich noch einiges über die einzelnen Sprachen hinzu. Aus dem Grie- chischen erwähne ich, dass rpd auch in freierer adverbieller Bedeutung zu dem Verbum treten kann, z. B. in zpoptyvop: : rallaxlöı rzpopıyävar (früher als der Vater) | 452, zp6xkuros früher gehört, alt u.ähnl. Aus dem Gotischen lassen u. a. folgende Verben noch eine aufklärende Vergleichung zu: fraletan freilassen, entlassen : npoleinw; fravrikan verfolgen : prösequor , fracatrpan verwerfen, zerstreuen, wegwerfen : prödıyo; Fravslvan fortreissen, rauben : rpoaıpdopar sich etwas heraus- nehmen, wegnehmen, ähnlich franıman nehmen, in Besitz nehmen, frahinpan fangen, gefangen nehmen; fraslindan ver- schlingen : got. fraitan s. oben; fragıban vergeben, verleihen, schenken : ai. prd-yam darreichen. Die auf den ersten Blick auffallendsten Verbindungen wie fragiman, fravaurkjan, fravisan sınd oben erklärt. Demnach ist der Gedanke aufzugeben, als stecke in dem gotischen fra noch etwas anderes als *pro. Das litauische pra hat als häufigste Bedeutung ‘vorbei ent- wickelt, welches aus vorwärts hervorgegangen ist, z. B. praeiti vorbeigehen, prö szäl pravaziüti an der Seite vorbeifahren. Daneben hat sich bei Verbis wie ‘schlagen’ die Bedeutung ‘durch’ entwickelt, z. B. lödq prakifsti das Eis durchhauen, eig. das Eis vor sich hin hauen. Andere Nuancen sind oben erwähnt (vgl. Kurschat 128). Über das slavische pro sagt

$ 285.) Kap. XV. IJI. Slavisch pro. 721

Miklosich 4, 234: ‘als Präfix bezeichnet pro a) die Be- wegung durch einen Gegenstand in einer Richtung; b} die Dauer einer Handlung während einer bestimmten Zeit; c) die Bewegung aus einem Gegenstande heraus, von demselben weg, an einem Gegenstande hin, vorüber und über denselben hinaus; d) das Hervorbrechen aus dem Innern eines Gegenstandes; e) den Verlust einer Sache durch eine Handlung [z. B. russ. propiti vertrinken]; f) es bildet perfektive Verba, die bald den Anfang, bald die Vollendung bezeichnen [z. B. serb. proigrati zu spielen anfangen, proslavsti zu Ende feiern]; g) Diminution [z. B. serb. prodajati ein wenig hexen, probesjediti beginnen zu sprechen, ein wenig sprechen, provikati ein wenig anschreien u.8s.w.). Die Nummern e—g sind bereits besprochen (denn g sehe ich nur als eine Unterart von f an), es bleiben also nur noch a—d und diejenigen Verba zu erwähnen, die Miklosich, als nicht gut unterzubringen, durch ein ‘man merke’ einführt. Ich erwähne dabei nur serbische Beispiele. Mir ordnen sich dieselben so. Es giebt auch im Slavischen noch eine Reihe von Fällen, in welchen die nach vorwärts strebende Handlung bezeichnet wird, z. B. prostrijeti ausbreiten (eig. vor sich, vgl. prd-star), propeti ausspannen, provedriti se sich auf- heitern (die Helligkeit rückt vor), proredi vorhersagen, progla- sit bekannt machen, prodati verkaufen (vgl. prd-da), prosut:t ausgiessen. An den Begriff des Vorwärts schliesst sich der Gedanke der Eıstreckung über einen gewissen vor uns liegen- den Zeitraum, z. B. probaviti zubringen, proigrati eine Weile spielen. Charakteristisch für das Slavische wie für das Litauische ist die Entwickelung von ‘vorbei’ aus ‘vor’, z. B. probjezivati vorbeilaufen, provesti vorbeiführen, procdi vorbeigehen, proledeti vorbeifliegen. Ebenso findet sich im Serbischen (aber auch anderswo) die Nuance des ‘durch’, z. B. proditi durchschlagen (vor sich hin schlagen, bis das Loch fertig ist), probdosti durch- stechen. Übrigens sieht man gerade am Serbischen sehr deut- lich, dass alle diese Nuancen in einander verfliessen, vgl. prodi durchgehen, vorbeigehen, vergehen, abgehen (von der Waare), provesti durchführen, vorbeiführen, zubringen, protigrati Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. L 46

722 Kap. XV. I. *pro mit Kasus. [$ 285.

EEE EEE

dahintanzen, eine Zeit lang tanzen, anfangen zu tanzen, ver- spielen.

*nro mit Kasus.

In den arischen Sprachen und im Gotischen wird *prö nicht mit Kasus verbunden. Es kommen also nur das Grie- chische und Lateinische einerseits, das Litauische und Slavische andererseits in betracht.

1. Griechisch und Lateinisch. In der homerischen Sprache bedeutet zpd mit dem Gen.-Abl. vor im räumlichen Sinne, z. B. roAb npd Yllwv paysodaı A 373, npb Eiev xAoveovra galayyas E 96, ot T Eri xanpp Binpevo Altar rpö xobpev Ör- priinpwv P 726. Dann im Sinne von für (so dass der Han- delnde schützend vor dem andern steht), z. B. yaysodaı xpo re ralöwv xal npo yuvamav O 57, SAgodaı duxkecws npd nöAnos X 110. Selten im zeitlichen Sinne: rxp6 yapoıo o 524 (wenn es nicht etwa “anstatt” bedeutet). Q 734 ddAsdwv rpd Avaxtos AperAlyou scheint zu bedeuten ‘arbeitend für einen harten Herrn’, wobei aus ‘zum Schutz für’ der Gedanke ‘zum Vortheil von’ ent- wickelt ist. Wieder eine andere Nuance zeigt sich in pn pıv Ayaıol Apyaldou npd YiRoro ZAwmp Öniorsı Alnorev P 667, was doch wohl heisst: angesichts der Furcht. Ausser mit dem Gen.-Abl. wird zpd mit dem Kasus auf verbunden in 'lAıddı npd vor Dlion, 7&8ı xp6 kurz vor der Morgenröthe. Der lateinische Gebrauch mit dem Ablativ entspricht dem griechischen, zu- nächst in lokalem Sinne: sedens pro aede, sodann im Sinne des Schutzes und Vortheils: dimicare pro libertate. Der Ge- danke der Stellvertretung, der sich im Lateinischen zeigt, z. B. pro magistratu esse oder operas dare scheint sich aus dem Ge- danken des Vortheils entwickelt zu haben, also eigentlich: für den anderen, der es gut hat, da er ausruhen kann. Die übrigen Verzweigungen verfolge ich hier nicht.

2. Litauisch und Slavisch., Im Griechischen und Lateinischen fanden wir *pro im Sinne von ‘vor’, wobei das- jenige, von dem an gerechnet wird, in den Ablativ tritt. Im Lit. und Slav. ist ‘vor’ erloschen (doch russ. molviti pro sebja vor sich hinsprechen), weshalb auch der Abl. nicht mehr

$ 285—286.) Kap. XV. II av. paitt, altp. patıy, gr. rorl. 723

erscheint. Im Litauischen (Kurschat 400) heisst prö vorbei und wird mit dem Akk. verbunden, z. B. kulka jam prö galvq praleke die Kugel flog ihm am Kopfe vorbei. An vorbei schliesst sich, wie bei pra-, durch, z. B. prö duris laükan eitt durch die Thür hinausgehen. Der slavische Gebrauch, von dem Miklo- sich 4, 437 handelt, z. B. klruss. 7a k tobi posl’u pro pomoe ich werde zu dir um Hilfe schicken, beruht auf dem Übergang von vor zu für.

8 286. Av. pasts und pastis, altp. patiy und patis, griech. rori und nis).

Im Iranischen entspricht pati durchaus dem ai. praätı, z. B. av. patli-i herzugehen, ap. pati-i zugehen, zufallen, ai. prati-i herzugehen u. 8. w.; av. patti-jam herzukommen, ai. präti-gam dass.; av. paiti-bar entgegenbringen, ap. paii-bar zurückbringen, ai. prati-bhar entgegenbringen, darbringen; av. paiti-stä stehen, widerstehen, ai. prati-stha dass.; av. patti-jan gegenschlagen, sich wehren, ai. prati-han dass.; av. pattı-zan annehmen, willkommen heissen, ai. prati-7Ra anerkennen, gut aufnehmen, gutheissen; av. patt:-pares befragen, ap. patt-pars dass., ai. präti-prach dass.; av. paiti-vac zu jemand sprechen, antworten, ai. prati-vac dass.; av. pasti-vid kaus. anzeigen, ai. prati-vid dass. Bemerkenswerth ist pattis-muc bekleiden in pastismuxta, so dass also der bei prati-muc S. 727 besprochene Bedeutungsübergang in die arische Periode zu verlegen ist. Aus dem Altpersischen erwähne ich noch patt-ar$ beaufsichtigen, verglichen mit rpotidooonar hinblicken auf, ahnen. Von den wenigen bei Homer vorkommenden Verbis mit rori lässt nur roriögpxoua: die unmittelbare Vergleichung, und zwar 'mit ai. präti-darS anschauen, erblicken zu. Äusserlich stimmt noch rotırernmuiar v 98 mit prati-pat. Die in den anderen Dialekten vorkommenden Verba mit zor{ habe ich nicht ge- sammelt.

1) Im Ai. ist *pöti durch präti verdrängt worden. Welcher Bedeu- tungsunterschied ursprünglich zwischen *pöti und *pröti obwaltete, lässt sich nicht mehr feststellen.

46*

724 Kap. XV. II. av. paits, altp. patiy, gr. rort. [$ 286.

Das iranische pais wird als Präposition verbunden mit

1. dem Akkusativ, und zwar in der Bedeutung ‘gegen, entgegen’, 2. B. av. paiti aZötk zairitahe kehrpem haoma vadare jaidi gegen den Körper des grünen Drachen schleudere, o Haoma, die Waffe y. 9, 30; ap. adam karam fräisayam tyar- patiy ich schickte das Heer gegen sie Spiegel? 20, 72; av. Dwä patiti zi haxedrem daide vahıstem denn mit dir (dir gegenüber) habe ich beste Freundschaft yt. 10, 80. Sodann wird es auch bei Verben gebraucht, welche nicht Verba der Bewegung sind, z. B. yab zSayata patti bumim dass er auf der Erde herrschte yt. 19,26. Ferner bei Zeitbegriffen: av. patii ratum zur Zeit y.2,18, ap. zSapa va rauca pati va bei Nacht oder bei Tage Spiegel? 4, 20. Auf andere als lokale oder temporale Verhältnisse über- tragen erscheint pasti z. B. in: manö ramayeti huzsnuitım paiti miprahe er versöhnt das Gemüth des Mithra zur Gnade yt. 10, 109; ap. patiy duvitiyam und trifiyam zum zweiten und zum dritten Male. Einen Beleg für past: entsprechend, ge- wachsen (vgl. ai. prat) entnehme ich Spiegel, Gramm. 459 m& baya ahunahe vairyehe satem paiti anyatsqm rabwam diese Abtheilung des Ahuna-Vairya gilt gleich hundert anderen Hauptgebeten y. 19, 5. Entsprechend dem ursprünglichen Sinn: von pasti wird auch patili$ gebraucht: vazata paitis nmänem yım hvapasbim er flog zu seinem eigenen Hause yt. 5, 62. So auch ap. patı$, 2. B. 18, 43. 2. mit dem Lokalis: ar. vi- spahu pasti barezähu vispahu vardayanähu spaso ünhätre auf allen Thürmen und an allen Fenstern sitzen Späher yt. 10, 45; barsagsu paiti aspangm auf den Rücken der Pferde yt. 5,53; yesng paitt bei dem Opfer. Zeitbegriffe: yazazsa mam paili asnı paiti zSafne verehrte mich am Tage, in der Nacht yt. 1, 9 (wober asni jedenfalls Lok. ist). 3. dem Instru- mentalis, insofern eine Erstreckung über einen Raum aus- gedrückt ist: y@ zemä paiti fratacinti welche über die Erde strömen yt. 5, 96. 4. dem Ablativ. Man erwartet die Be- deutung ‘von her’, welche sich auch findet in Stellen wie: vispem ahum astvantem adıdasti haraipyap paiti baresanhap der die ganze Welt überschaut von der hohen Haraiti aus

8 286.) Kap. XV. I. av. paits, altp. .patiy, gr. rotl. 725

yt. 10, 51, vgl. yt. 5, 25; yım yazala ahuro mazdä raozsnah paiti garonmänap yt. 10, 123 übersetzt Geldner: “den A. M. im lichten Paradies verehrte’. Die ursprüngliche Anschauung wird sein: ‘vom Paradiese aus. Aus “von her’ kann sich “nach? ent- wickeln: anuzvarstap paiti paurvap nach ungesühnter früherer (That) vd. 4, 20. In den beiden folgenden Sätzen sind zwei Handlungen als aufeinander folgend dargestellt, die wir lieber als gleichzeitig auffassen, wesshalb wir past durch ‘mit’ übersetzen: uzdatap paiti haomap (wer dich verehrt) mit einer Haomaspende yt. 10, 91 (so Geldner, KZ. 25, 502); ereZurdap paiti vacanhap uiti vacebi$ aojano mit Eideswort also schwörend yt. 5, 76 (ders., KZ. 25, 391). Endlich findet sich patti im Avesta auch mit dem Dativ und Genitiv verbunden.

Für den Dativ ist ein sicherer Beleg: paiti apre übem barahb (als wenn er) es als Schmalz zum Feuer brächte vd. 16, 17 (so Geldner, KZ. 25, 588); y. 33, 11 kann auch Gen. sein. Der Dativ trat natürlich zunächst zu dem mit paiti verbun- denen Verbum. Der Genitiv erscheint da, wo wir den Ablativ für natürlich halten würden, nämlich in der Bedeutung “um willen, wegen’ (eig. ausgehend von, anknüpfend an), so: va- nantem stärem yazamaidg amahe paits hutastahe den Stern V. rufen wir an um seiner tüchtigen Stärke willen yt. 8, 12 (so Geldner, KZ. 25, 467); yqm yazata zarabuströ humatahe paiti manarhö ihn bat Z. um gute Gesinnung yt. 16, 6; adtahe paiti bedeutet ‘dafür’ (zur Strafe) vd. 4, 20 und so öfter. Zweitens finden wir den Genitiv da, wo der Lokalis zu erwarten wäre, 2. B. bayö nidabap hvapä haraspyd paiti barezaya (dich) setzte der kunstreiche Gott nieder auf der hohen Haraiti y. 10, 10, vgl. yt. 9, 17, wo beide Kasus parallel stehen. Hierher kann man auch rechnen: yerihä paiti @pö tacinti auf welcher Flüsse laufen yt. 13, 10, obgleich man auch sagen könnte, an dieser Stelle sei der Instr. der zu erwartende Kasus. Wie es nun gekommen ist, dass in diesen Fällen der Gen. an die Stelle anderer Kasus getreten ist, weiss ich nicht recht befriedigend zu erklären. |

Das griechische Gegenbild des iranischen pat: findet

726 Kap. XV. I. ai. prätt, gr. port, p6s. [($ 286—287.

sich bei Homer mit dem Akkusativ, Dativ, Genitiv. Bei dem Akkusativ in derselben Weise wie patı, z. B. Ixovro Atoxidsos nor! dwpa y 488; Tpwol norl nrölıv Aynsasdaı X 101; xüpa rori oxardv plov ader y 295; xal pıv rorl Epxlov auliis eioe a 102; E&Lleodnv rorl Bupdv x 379; oravre nort zvornv A 622. Eine weitere Entwickelung zeigt: huiv Boor valovar npös Hda T Hekıdv te, 48 &oaoı neröniode norl Ldpov Hepoevra v 240. Bei einem Zeitbegriff: arap taya tor zorl Eonepa piyiov Eoraı p 191. Bei dem sog. Dativ wird rorl so gebraucht, dass man den Kasus als Lokalis erkennt, z. B. o0ö£ ti pıv ratösc ori yoovası nannaLouaı E 408; dodrov Axouge norl onılddescr Halasans e 401; nori yaly yeipa; Gelpmv BaAov Anodvnonwv nepl Yaoyavp A 423. Häufiger wird das Streben nach einem Ziele ausgedrückt, z. B. norl de air- tpov Bade yaty B 80; xard 8 Enrnkav ori yaly 8 190 und so mehrfach in rorl yaly; ov d& rorl ol eilev w 347. Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob hierin der Lokalis des erstrebten Zieles oder (wıe im Avestischen) der Dativ vorliegt. Mit dem Genitiv habe ich nur notiert: adrös 88 rort nrölros rerer alel X 198. Ilorıneropar konnte also wie öpfyopaı und ähnliche Verba den Gen. zu sich nehmen. Oder sollte der Gen. Vertreter des Ablativs sein, wie bei rpds?

8 287. Aı. prdti, gr. nporl, np6s.

Zwischen rpotl und rpds lässt sich ein Unterschied der Bedeutung nicht feststellen. Dass xport, bei Homer wenigstens, nicht mit dem Genitiv verbunden wird, dürfte zufällig sein. Ich behandle die beiden Formen also als gleichbedeutend.

Prati bedeutet, wie ich SF. 5, 462 gezeigt habe, ‘gegen, entgegen. Der Begriff des Drauflos und des Bewältigens, der sich bei abht entwickelt hat, tritt nicht hervor. Als Belege mögen dienen: mit # entgegengehen, angehen, zu etwas ge- langen; car zu jemand treten, sich nähern; pad betreten, hin- zutreten, anfangen bei, antwortend beginnen; sth@ (sich gegen etwas stemmen) stehen, dastehen, gegründet sein, Bestand haben; dah entgegenbrennen, mit den Flammen begegnen; dhar$ aushalten, widerstehen; dh@ ansetzen, einsetzen, wieder- herstellen, anheben, anfangen (letzteres aus ansetzen entwickelt) ;

$ 287.) Kap. XV. IL ai. präti, gr. zporl, rpö«. 1727

bhar entgegenbringen, darbringen; as zuwerfen, hinwerfen, umschlagen, einbiegen (vom Zeuge gesagt) ; han schlagen gegen, anspiessen ; Ahyä erblicken, ansehen; dar$ anschauen, gewahren; dru antworten; vac verkünden, melden, antworten; mud ent- gegenjubeln, zujauchzen; vä$ zublöken; gar wachen bei (sich gegen jemand hinwendend); ju$ Liebe bezeugen, sich gütig erweisen, gern annehmen; z7%@# anerkennen, gut aufnehmen, billigen, bestätigen, bejahen, antworten; budh gegen etwas wach- sam sein (wahrnehmen); $ar (gegen etwas zerbrechen) die Spitze abstossen, abbrechen; Ava anrufen. Bisweilen entwickelt sich der Begriff des Gewachsenseins, Gleichseins (vgl. Gegen- stand halten), so bei 5Ad gleichkommen (SB.), yam das Gleich- gewicht halten. Wie präti-bhu wird auch präti-as gebraucht, z. B. indra ndki$ toa präty asty djam, viva jatäny abhy äsi tan! o Indra, niemand von ihnen kommt dir gleich, du über- triffist alle diese Wesen RV. 6, 25,5. Häufig kann die Form von as auch fehlen (vgl. unter päri), z. B. indram nd mahna prthivi cand prdt® dem Indra kommt an Grösse nicht einmal die Erde gleich RV. 1, 55, 1. Ferner entsteht der Begriff ‘zurück’, nämlich dann, wenn man sich vorstellt, dass die Gegenbewegung gegen eine andringende Bewegung ausgeführt wird, z. B. präti-nud gegenstossen, zurückstossen, prati-uh zu- rückschieben, zurückdrängen, abstreifen. Als Einzelheiten seien erwähnt: präti-Sru antworten (eig. nur: gegenhören); präti-muc anziehen, anhängen, befestigen an, sich anziehen, während muc lösen bedeutet. Offenbar ist prati-muc im gefühlten Gegen- satz gegen vi-muc lösen, ausziehen zu dieser seiner Bedeutung gekommen. Im Griechischen finden sich nicht eben viele genau entsprechende Gegenbilder. Es lassen sich etwa an- führen: rpdaeıuı hinzugehen, herankommen, prati-i hinzugehen, entgegengehen (auch feindlich), herbeikommen ; zpooßatvw hinzu-, hinangehen, losgehen auf, beschreiten, betreten, gelangen zu, ai. präti-gam entgegenkommen, entgegengehen, zurückkehren ; rpdo- xermar daran liegen, sitzen, präti-5i gegen jemand liegen, nicht von seiner Seite weichen; rpoorlöru:ı dazu setzen, legen, prati-dha ansetzen, einsetzen, anlegen (einen Pfeil) u. s. w.; rpooögpxopar

728 Kap. XV. II ai. präti, gr. rnpös mit Kasus. [$ 287.

anblicken, prati-dars dass.; rpotidooonar hinblicken auf, ahnen, sehen, erkennen, präti-ik$ zusehen, hinblicken auf, erblicken, erwarten, warten. Häufig findet sich im Griechischen der Sinn ‘noch dazu’, z. B. nposarpdopoı dazu erwählen, rposartdw noch dazu verlangen u. s. w., namentlich wenn rxpo;s noch vor die Hauptpräposition tritt.

Im Griechischen hat sich ein adverbialer Gebrauch ent- wickelt, bei Homer in rpt; d€£ ausserdem aber, z. B. BAaoos ög ol xorüAnv, npös d Appm häke tevovre E 307.

Die Verbindung mit Kasus. Im Altindischen findet sich der Akk. (vielleicht der Ablativ), im Griechischen der Akk., Dat. (Lok.), Gen. (Abl.).

1. Der Akkusativ. Im Veda in Verbindung mit Verben der Bewegung. Dahin rechnet Grassmann Stellen wie prati va na ndmasäham emi ich komme euch entgegen, zu euch mit diesem Andachtsliede RV. 1, 171,1. Doch kann man in diesem Falle prati auch näher zum Verbum ziehen. Sicher zum Kasus gehört es: prati tydm cärum adhvaram göpithäya pra hüyase zu dem geliebten Opfer wirst du gerufen zum Zwecke des Milchtrinkens RV. 1, 19, 1. In der Prosa habe ich es so nicht gefunden, vielmehr im Sinne von ‘gegen, hin, bei, an, auf’ den Ort im allgemeinen (ungefähr) bezeichnend, z. B. mädhyam präti paSür värıjthah ein Thier ist nach der Mitte zu am dicksten SB. 8, 2, 4, 19; tam prötham prati samgrhıya ihn am Rücken packend TS. 2, 1, 5, 1. Ferner wird präts bei Zeitbegriffen gebraucht, z. B. agnifömiyam präti vacam vi syjante gegen das A. zu (eine bestimmte Opferhandlung) darf man wieder sprechen MS. 3, 8, 2 (93, 13). Im Veda findet praii sich bei ‘schützen’, z.B. dgne rakfa no qhasah praäti $ma deva rifatah o Agni, schütze uns vor Noth gegen die Schädiger RV. 7,15, 13. Wıe prati mit einigen Verben den Sinn des Gegen- gewichtes annimmt, so auch die Präp.: sdrväns va &$d rüpani paSünam präty & labhyat dieser wird geopfert als gleichwerthig allen Thiergestalten TS. 5, 5, 1, 2. In übertragenem Sinne heisst prati "gemäss’, z. B. prati vdram dem Wunsche gemäss, und “in Beziehung auf’: ya ichöd imam ö0a prati wer mit Beziehung

$ 287.) Kap. XV. II. ai. präti, gr. zo6c mit Kasus. 729

auf diesen wünscht AB. 8, 7, 6. Bei Homer stehen zport und xp‘; im Sinne räumlicher Annäherung (port auf diesen Gebrauch beschränkt), z. B. Bf d ipnevar rpös öüua B 298; aneßn rpös paxpov OAuprov x 307; Tue rpbs obpavdv W 868; rpds ba nlaravıorov Öpousev B 310; Toosaxı pıv Anootpelaoxe npds neölov, autos 58 morl nröiıog nerer alel X 197; tobs piv ne- ötovöe dlwxsv npös nöAlıy D 3; Zoxlövavro da npbs Öupad Exastos B 258; äppara 5 Exlıvav npös Evanıa 5 42; YEperv npbs Öwpara p 83. An diese Verba der Bewegung schliessen sich: 5 ö äpa rpös xlova naxphv Toto b 90; Apoıvduou ps yova xadelLero zu den Füssen o 395; elv all xeitar npös Löpov ı 25; door vatousı rpds hda T HElıdv te v 240. Sodann erwähne ich Verba, welche sehen bedeuten, z. B. rartaivovt npös rerprv u 233. Ferner solche, welche eine Äusserung enthalten: @< ot yey Toradra mpös AAAnAous Ayöpevov, Z. B. 8 620; rpos pntepa etzeiv n 151 u. ähnl. Dazu auch: ®pooe d& npös Eu aurdv & 331; xAatsoxe rpös obpavdv & 364. Vereinzelt ist: np; Aroundsa Teuye äneıßev Z 235. Endlich ist noch die Bedeutung ‘gegen’ im Sinne des Widerstandes zu erwähnen: rpös dalpova Yuwrl pü- x«ceodaı P 98 (vgl. 104). Bei Zeitbegriffen kommt rpds; bei Homer nicht vor, wohl aber später, z. B. rpös n@ 2Zypeodar (doch vgl. roti). 2. Der Lokalis. Diese Verbindung liegt nur im Grie- chischen vor. Aus Homer gehören dahin: &yxtpalos patvorro rpos odbei ı 459; npds ypuodn repivwm xaranükaro yeipa E 425; rpbs nerpgaw pıvol Aneöpupdev e 434; ruxıval de npos AAAnAmaıv Exovtaı e 329. Ein Dativ (nicht Lokalıs) könnte vorliegen in BaAlopeva port yaly X 64, vgl. n 279; Thy 88 nporl or eile ® 507, vgl. Y 418. (S. unter zorl). Vielleicht auch: daocav Erapot te xaxol pös total te Önvos x 68. 3. Der Ablativ-Genitiv. Die Verbindung von rxpos mit dem Ablativ (bei zpori im Homer nicht vorhanden), welche wohl aus der Urzeit stammen könnte, ergiebt die Bedeutung ‘von her’. Im Altindischen ist sie kaum vorhanden. Böhtlingk-Roth führen nur eine Stelle aus dem Epos an: uk$äanam paktva saha Odanena asmät kapotat prati te nayantu einen Ochsen sollen sie braten und ihn mit Mus als Entgelt für diese Taube bringen, wo also die Bedeutung eine

730 Kap. XV. II. ai. sam, av. ham, lit. su, slav. su. [$ 287—288.

übertragene ist. Im Griechischen tritt ‘von her’ deutlich hervor in folgenden Wendungen: Txer’ Zudv 88 NE rpös Hotwv 7) Eorepimv avdpwurwv 8 29; Tıanv dpvöpevor Meveldp npö; Tpuwv A 160; zıunv rpös Zuvös Eyovres A 302 und daran anschliessend: töe Tıunsssa yevorro mpös nooros ao 161; ooL Apıora renointar xara oixov npös Ipwwv Z 56; 58° ürep oEdev aloye Axodw npös Tpwwv 2525. Auch lässt sich derselbe Sinn noch spüren in: ot re depıotas npbs Arös elpbaraı A 239; rpös yap Ads eloıv Anavızz ksivor sie stehen unter ihm, man könnte sagen: ressortieren von ihm Z 207, und damit vergleichbar rpös &AAns ioröv doalvors Z 456. Ilpos mit dem Gen. steht auch, um die Lage zu be- zeichnen, z. B. rpös @Aös (eßdoucı) K 428 sie schlafen vom Meere her, in der Richtung des Meeres. Man könnte auch mit um- gekehrter Anschauung sagen ‘nach dem Meere hin’ (vgl. xpös Cdpov u. ähnl.). Ebenso: duw d& 1E ol düpaı elotv, al pEv rpüs Bopdao v 109; 000° &aooı xpavany ldaxnvy xard xoıpavkousıy, oud 8ocoı vnooısı mpös "Hiıdos Inroßororo » 346. Endlich steht bei schwören, zum Zeugnis anrufen, anflehen die Person, von der eine Einwirkung kommen soll, im Gen.-Abl. mit rpos, z. B. youvvakscdaı rp6s T dloyov xal narpos A 66; paprupoı Eotwv pic deny naxapuv A 339; odd Lriopxhom rpös datkovos T 188. Mit ow findet sich rpos in npös xoruAndovopıv e 433.

6 288. Ai. sdm, av. altp. kam, lit. su (getrennt s«, im Komp. sq-), aksl. süö, im Komp. sq-1).

Über den Sinn von ai. sam habe ich SF. 5, 468 mich so ge- äussert: ‘sdm in Verbindung mit Verben bedeutet “zusammen‘, und zwar kann es sich sowohl um die Verbindung eines 'Thä- ters mit einem anderen handeln, z. B. sam-pa zusammen trinken, als um die Einwirkung auf den Gegenstand der Handlung, z. B. sam-pi$ zusammendrücken. Im letzteren Falle steht sam nicht selten so, dass wir es nur als Verstärkung der Verbal- bedeutung empfinden’. Entsprechend sagt Miklosich 4, 245

1) Kretschmer, KZ. 31, 416, trennt und von sdm und bringt sie mit söv zusammen, ohne mich zu überzeugen. Von £öv, söy habe ich ganz abgesehen, da über die Entstehung und die Verwandtschaftsverhältnisse desselben nichts feststeht.

8 288.] Kap. XV. I. ai. sdm, av. ham, lit. su, slav. sü. 731

über sö: “Als Präfix bezeichnet sö, entsprechend dem griech. oöyv, lat. cum, got. ga a) ein zusammen, so dass entweder durch die Handlung eine Vereinigung mehrerer Gegenstände be- wirkt (colligere), oder so, dass eine Handlung von mehreren Subjekten zugleich unternommen wird (convivere); b) bewirkt es mit dem Schwinden der Bedeutung des bloss Perfek- tivierung des Verbum’. Dafür einige Beispiele: ai. sam-i zu- sammenkommen, av. kam-i dass., hit. susteiti dass.; aı. sdm-sthä sich sammeln, av. ham-stä dass., lıt. suwsitöti zusammentreten, aksl. sästali se convenire; ai. sdm-bhü sich verbinden, ent- stehen, av. ham-bu zusammen sein, lit. sustbütt dass., akal. sübyti se rimpoüodar, Avanınpoücdaı, fieri; ai. sdm-bhar zu- sammentragen, vereinigen, av. ham-bar dass., aksl. sübrafi dass.; ai. säm-kar zusammensetzen, zubereiten, weihen, av. ham-kar fertig machen, vollenden, abschliessen; ai. sam-ci auf- schichten, fertig schichten, aneinanderfügen; ai. sdm-vah zu- sammenführen, av. kam-vaz hinfliegen, vgl. lit. süvestz (vedu) zusammenführen, aksl. süvesti (vedg) dass.; ai. sam-grabh zusammenfassen, ergreifen, zusammenziehen, dünner machen, av. ham-garew ergreifen; ai. sdm-star neben einander hinstreuen, av. ham-star ausbreiten; ai. sdm-var zudecken, av. ham-var dass.; ai. sdm-yu an sich bringen, in sich aufnehmen, verbin- den, av. ham-yu verbinden; ai. sam-prach sich befragen, unter- reden, begrüssen, av. ham-pares fragen, sich berathen; ai. sdm- budh erwachen, wahrnehmen, erkennen (nicht vedisch), av. kam- bud wissen, bei Sinnen sein, aksl. sübljustz impeiv, Starnpeiv, tueri; al. sdm-vid zusammen wissen, wissen, kennen, einverstanden sein, aksl. süvedeli conscium esse. Im besonderen bemerke ich, dass in ai. sam-an aufathmen, sdm-jiv zum Leben zurück- kehren, wieder lebendig werden, die Anschauung des Sam- melns zum Ausdruck kommt, ferner, dass in al. sdm-par zum Ende führen und sdm-tar übersetzen, überschiffen, über etwas hinübergehen der Gedanke der Vollendung hervortritt. Sam-ruj heisst zerbrechen, sam-vraSc in Stücke hauen, ‘zu- sammenhauen’, wie auch wir sagen, sdm-tak$ einerseits behauen, bearbeiten, andererseits zusammenhauen, zerhauen; sdm-dah

732 Kap.XV. II. Lit. su, slav. mit Kasus. [8 288.

zusammenbrennen, verbrennen, av. kam-daz aufbrennen. Ebenso lit. suvalgyti aufessen (vgl. aksl. sünest:), sulauzti zerbrechen, wozu Kurschat $ 453 bemerkt: “der Begriff des ‘zusammen’ bei Verben der Bewegung enthält aber auch den des Zusammen- ziehens in einen kleineren Raum und so mag wohl auch die Bedeutung des Zerstörens, Vernichtens sich mit den mit su zusammengesetzten Verben verbunden haben”.

Als Präposition erscheint weder säm noch ham, wohl aber lit. s&, und zwar mit dem natürlichen Kasus, dem soziativen Instrumentalis. Belege aus dem Litauischen giebt Kurschat $ 1480, z. B. vilkqg meszka suoesti den Wolf mit dem Bären zusammenführen, su devu sävo ddrbq pradeti sein Werk mit Gott anfangen, JE atejo kardals ıf kartimis sie kamen mit Schwertern und Stangen. Über den slavischen Ge- brauch s. Miklosich 4, 759. Häufig stehen im Instr. Per- sonen, 2. B. aksl. ı javı se Jımü Ilıya Mosejemü xal wodn adtoig HAla; adv Mwoei Mark. 9, 4; 128 Beachq njimü obema na desete oi repl adrov adv nois Swöexa Mark. A, 10; sis loboyq umireti ouv cool Aroßaveiv Matth. 26, 35. Aber auch andere Begriffe, z. B. vizelü ubo bimi svoje lichvoyq txopıodumv Av td duöv obv töxp Matth. 25, 27; Aletoojg izdrece ei’ äpxou “poldynoev Matth. 14, 7; 3 abije radostijg prijemlje je xal eddö; usrd yapäs Aaußavov adıdv Matth. 13, 20.

Im Slavischen wird s@ aber auch mit dem ablativischen Genitiv verbunden, worüber Miklosich 4, 569 sagt: ‘Der Gen. mit bezeichnet den Ort, von dem eine Bewegung ausgeht. Das Verbleiben an diesem Orte wird durch na ausgedrückt: entspricht daher, etwa wie nizü, dem griech. xat mit dem Gen. und dem lat. de. Der Gen. mit bezeichnet ferner jede, auch eine bloss gedachte Entfernung; endlich auch das Verbleiben an einem Orte” Im ood. Mar. giebt mit Gen. regelmässig das griech. @xd und &x wieder und bedeutet meist “von herab’. Am häufigsten ist s& nebese, z. B. nebese pa- düsa dx tod oöpavoo zeodvra Luk. 10, 18. Ebenso gory, z. B. süsedüsu Ze jemu gory xaraßdvrı d& adt dmd Too dpowx Matth. 8, 1. Sodann ohne die Nuance des “herab” bedeutet

& 288.) Kap. XV. I Lit. s@, slav. s& mit Kasus. 133

es ‘von her’, z. B. ide drugü mi pride pati mine !xel ollog you rapeydvero 25 6600 npös pe Luk. 11, 6; gredastju sela &pyduevov ar dypoö Mark. 15, 21; vüsta vecere &yelperan 2x Tob Öelnvon Joh. 13, 4. Ferner sind zu be- achten die Verbindungen zadi drruoßev, z. B. pristapisi zadi rpoceAdoüoa Örıcdev Matth. 9, 20. Dasselbe bedeutet s& sleda von der Spur aus Luk. 8, 44. Mit dem Adverbium vyse bedeutet es dvwdev, dm Avwdev, Öbous. Mit dem “Verbleiben an einem Orte’ sind Ausdrücke gemeint wie serb. on je bio s onu stranu vode, ja sam bıla vodı s ove strane er war auf der einen Seite des Wassers, ich auf der andern, worin wie im aksl. onogo polu (rdpav) eigentlich die Bedeutung ‘von her’ steckt. Ein Beleg für die Anwendung auf die Zeit ıst russ. s& techü porü von der Zeit an, der Beweggrund tritt ebenda hervor, z. B. pecali ne mrutü aus Kummer stirbt man nicht. Es ist klar, dass dieses nichts anderes ist, als das bisher be- handelte. Die Verbindung mit dem Abl. ergiebt den Sinn: von der Verbindung mit etwas her, aus dem Zusammensein mit. Ein treffendes Analogon bietet das iranische kaca, welches eigentlich ‘bei’ bedeutet, mit dem Ablativ aber “von weg’, s. $ 298. Nachdem durch die Verbindung mit dem Kasus dieser Sınn in die Präposition gekommen war, drang er auch in das Richtungswort, daher (vgl. Miklosich 4, 246) Verba wie aksl. süvesti demittere, süplesti exuere, süprestt dejicere, sügnati de- pellere und entsprechend in den anderen slavischen Sprachen. Es liegt also hier einmal ein Fall vor, in welchem ein bestimm- ter Gebrauch der Präposition älter ist, als der des Richtungs- wortes. Endlich erwähne ich noch, dass auch mit dem Akk. verbunden wird (Miklosich 4,443), und zwar den Ort bezeichnend, an dem etwas geschieht, wovon schon oben ein Beispiel aus dem Serbischen angeführt ist (s onu siranu wie man a latere und ad latus sagen kann). Wahrscheinlich ist dieser Gebrauch eine Analogiebildung nach na stranu u. ähnl. Wenn der Akk. mit auch noch die ungefähre Grösse angiebt, z. B. russ. tomu godü es ist ungefähr ein Jahr her, verstü dvadcati etwa zwanzig Werst u. ähnl., so ist unser ar zu vergleichen.

734 Kap. XV. IIL av. ana, gr. dva, lat. an, got. ana, slav.na. [$ 289.

III.

Proethnische Präpositionen, welche nicht überall Präverbisa sind.

Dieser Abschnitt enthält folgende Paragraphen:

8 289. Av. ana, gr. äva, lat. an, got. ana, slav. na lit. nü, nü).

8 290. Ai. anti, gr. avıi, osk. ant, got. and, Iıt. at.

8 291. Gr. pera, got. mib (nebst reda).

8 292. Ai. paSca, paScad, av. pasca, pasng, altp. pasa, lat. post, lit. päskut, pas. |

$ 293. Ai. purä, purds, av. para, parö, got. faura, faur.

8 294. Ai. tıras, av. taro, lat. trans, got. bairh.

8 295. Ai. upart, av. upatr:, altp. uparıy, gr. Ürep, got. ufar (lat. super).

8 296. Av. adanri, got. undar.

8 297. Ai. dechä, gr. Eote, lat. usque (slav. jJeäte).

6 289. Av. ana, gr. ava, lat. an, got. ana, slav. na (lit. nu nu).

Dass ava und lat. an in anhelare identisch sind, ist ein- leuchtend. Auch kann wohl nicht bezweifelt werden, dass av. ana, got. ana und slav. na dazu gehören. Das av. ana findet sich nach Spiegel, Gr. 468 an vier Stellen des Avesta. An zwei derselben, vd. 5, 5 und yt. 10, 23, übersetzt Geldner das Wort durch ‘so’, an der letztgenannten Stelle für mich ein- leuchtend. Es bleiben ya vispanqm yuxtanam azem fratemem Panjayenı ana xzwaretqm yqm dareyqm dass ich von allen Ge- spannen das vorderste zum Laufe treibe auf der langen Renn- bahn yt. 5, 50 und ana barezi$ sayamnanqm der auf dem Lager liegenden vd. 18, 26.

Proethnisch scheint die Verbindung mit dem Akkusativ zu sein, doch ist die Anwendung in den einzelnen Sprachen veıschieden. Im Griechischen deutlich von einer Bewegung

$ 289.) Kap. XV. II. got. ana, slav. na. 735

nach aufwärts, z. B. xiov dv ödmAhv &pöcar y 176, namentlich bei Erstreckung über eine Fläche hin, z. B. 7 7? äavd vara HEouoa draurepts adydv Inaverı N 547, dann auch häufig, ohne dass eine Aufwärtsbewegung hervortritt, z. B. üydnoav 8 Ava ößna A 570 und die bei Homer häufigen Wendungen du reötov, av "EAMaöa, Ava dotu u. 8. w., womit ja auch av. ana zwaretqm yqm dareyqm übereinstimmt.

Got. ana hat diese Bedeutungen nicht mehr, vielmehr hat sich aus ‘durch etwas hin’ die Bedeutung ‘auf, an, zu etwas hin’ entwickelt, z. B. sunsaiv bata skip varb ana airpai ana Poei eis sddyedun eidEws To rAotov Eyevero Ent TAc yüs eis Av dn7yov Joh. 6, 21; Ava usiddjedup ana aubida sarhvan ri &t&idere eis Thy Eprpov Beaoacdaı; Matth. 11, 7; ahman sve ahak atgag- gandan ana ina To nveöna Woel reprotepdy xaraßaivov dm abrdv Mark. 1, 10; jah gusat ana ina xal &xadıoev Er adrw (nämlich auf das Füllen) Mark. 11, 7 (vgl. oben das Avestische); yeipas ErıBalleıv Ent heisst uslagjan handuns ana, rirtewv dr! npdowrov driusan ana andvasrpi, &vapxakllecdhaı ana armins niman, !rı- ainteıv El tpdynlov driusan ana hals. Auch ‘gegen’ (feindlich): Jah jabai Satana usstob ana sik silban xal el 6 Zaraväs Avdorm &p &aurdy Mark. 3, 26. Entsprechend im Slavischen (Miklosich 4, 415). Miklosich führt aus dem Kleinrussischen na im Sinne der Erstreckung über einen Raum an: budes panom na vu Ukrajinoeku du wirst Herr sein über die ganze Ukraine, was schwerlich alt ist. Im Aksl. tritt “hin auf’ und “hin zu’ hervor, 2.B. : vüzlagajqtü na plesta xal &nırddasıy Erl tods wuous Matth. 23, 4; da begajqatü na gory geuytrwoav &ri a dpn Matth.24, 16; krüvü prolivlema na zemljq aina Exyuvöpevov Ei Tns y7s Matth. 23,35; povele ıti na onü polü &x&leuoev AreAdeiv eis to nepav Matth. 8,18. Ebenso im Serbischen und Russischen. Ferner ‘gegen’ wie im Got., z. B. aksl. i vüstangtü ceda na roditelje xal &xa- vaornoovraı texva &rmı yoveıs Matth. 10, 21; süvetä tvorechq na njt ouußoultov &rolouv xar autoo Mark. 3, 6. Daraus entwickelt sich dann ra, welches den Zweck einer Thätigkeit, die Ab- sicht, oft auch die unbeabsichtigte Folge bezeichnet, worauf hier nicht eingegangen werden soll. In Verbindung mit

736 Kap. XV. III. gr. dvd, got. ana, slav. na. [$ 289.

Zeitbegriffen scheint der Gedanke der Dauer noch durch. Bei Homer nur äva vöxta = 80, bei Ulfilas: jahr jabai sibun sinbam ana dag fravaurkjai du bus xal day &ntanıs Ti; Apkpas Ädnapın eis o& Luk. 17, 4. Im Slavischen nach Miklosich 4, 417 ebenso, z. B. aksl. nebregose jego tako na mnogy dini neglexerunt eum ita per multos dies; aber auch zur Bezeichnung des Eintrittes einer Handlung, z. B. aksl. na utrija proximo die, und beson- ders zur Bezeichnung unseres ‘auf’, z. B. aksl. na jJedinü Casü najetü dystü er ward auf eine Stunde gedungen; russ. Echali kuda na zimu irgendwohin für den Winter verreisen.

Eine Verbindung mit dem Lokalis findet sich im Grie- chischen, Gotischen und Slavischen. Im Griech. nur in der alten Poesie, z. B. eööe rarhp Ava Fapyapw Axpp = 352. Sehr verbreitet im Gotischen, wo wir ‘auf, an, in’ übersetzen, doch ist niemals der Aufenthalt im Inneren von etwas oder das Ein- dringen in’s Innere gemeint. Beispiele sind: ak uta ana auf- Jam stadim vas aA) Eiw &v &pnpors tönoıs Tv Mark. 1, 45; varr- pai vilja seins sve ın himina Jah ana airbar yevıdrw To Helrua oou Ws Ev odpav@ xal Ent Tüc ytic Matth. 6, 10; ıd Pattrus ula sat ana rohsnai 6 58 Ilerpos Ei 2xddnrto &v fi adAZ Matth. 26,69; usliban ana ligra ligandan rapaklurınöv Ent xAlvns Beinpevov Matth, 9, 2; auch bei Verben der Bewegung, z. B. jJah bipe gam ana bamma stada xar ds TAdev El tov törov Luk. 19, 5. Selten bei Zeitbestimmungen, z. B. ana midjai dulb 7; Eopri; pesoösrs Joh. 7, 14. (Weiteres in dem übersichtlichen Artikel ana im Glossar von Gabelentz-Loebe). Während im Griech. und Got. der Dativ an die Stelle des Lokalis getreten ist, er- scheint im Slavischen noch der wirkliche Lokalis. Aus der Darstellung bei Miklosich 4, 661 ff. hebe ich Folgendes hervor. M. sagt: “Der Lok. mit na bezeichnet den Ort, wo, auf oder an dem sich etwas befindet, wo, auf oder an dem etwas ge- schieht. »a entspricht regelmässig dem deutschen auf und an. Die ursprüngliche Bedeutung bezieht sich auf die nach auf- wärts gekehrte Fläche des Gegenstandes, z. B. aksl. na zemi auf der Erde, na gore auf dem Berge, na sel& auf dem Felde, na prestoleE auf dem Throne, na odre auf dem Lager. Man

$ 289.) Kap. XV. III. av. ana, gr. dvd, got. ana, slav. na. 137

sagt aber doch auch aksl. na nebesi 3 na zemi &v oöpavo xal &rt Tüc y7s Matth. 6, 10 und sonst. In Ausdrücken wie na slänici in der Sonne ist nach M. zunächst der von der Sonne beschienene Raum ausgedrückt. Wie im Gotischen ana bei den Verben Zagyan legen, satjan setzen, satan säen, straujan streuen u. 8. w., so steht im Slavischen za bei den Verben poloziti hinlegen, posaditti hinsetzen, postav:ti hinstellen u. s. w., z. B. aksl. ze sozüda chraming svoyg na kamene Eatıs dxodd- pnos Thy olxlav abrod Eri Thy nerpnv Matth. 7, 24. Bei Zeit- begriffen bezeichnet na die Zeit, in der etwas geschieht, z. B. na polu dine um Mittag.

Endlich erscheint im Griechischen noch eine Verbindung mit dem Genitiv, bei Homer in dva vrds Balveıv. Diese Ver- bindung ist innerhalb des Griech. aus dvaßatveıv vnds entstanden, worin ävaßalveıy wie ein Verbum des Erstrebens oder Berührens behandelt ist. Über eine scheinbare Verbindung von na mit dem Gen. s. Miklosich 4, 546.

Die Verbindungen von äva, ana, na mit Verben scheinen in den Einzelsprachen entstanden zu sein. Ich führe aus denselben an, was für die Bedeutungsentwickelung von Interesse ist.

Im Griechischen bedeutet dva- in die Höhe, auf (bis- weilen in ‘an’ übergehend), z. B. dvaßalvo hinaufgehen; &vt- ornpı aufstehen machen, vertreiben, med. aufstehen; dvaricw aufwärts fahren, auf die hohe See fahren; dvariliw aufsprossen lassen, aufgehen; dvaxovıllw aufspritzen und vieles Ähnliche; Avarlöruı aufstellen; AveAxw aufziehen; dvampew aufheben; dva- veow durch Aufheben des Hauptes oder der Augenbrauen ver- neinen; dvadepxopaı aufblicken; avizpı ın die Höhe heben, lösen (dsouödv 9 359); Avapplnıw aufwerfen (das Wasser mit dem Ruder); dvarallo in die Höhe schwingen; dvaxpalw aufschreien und ähnliche Verba; &vasatvw aufhellen; dvappnyvopı aufreissen, zerfleischen; dvaotyw öffnen; dvareravvunı öffnen, ausbreiten; avalöw auflösen; dvanıw in die Höhe knüpfen, anknüpfen (ein Schiffstau); dvaxpepavvonı aufhängen, anhängen; dvalsyw auf- lesen, sammeln ; &vaö&yon.aı aufnehmen; dvaxato zum Aufflammen

Delbrück, Vergi. Syntax der indogerm. Sprachen. I. 47

138 Kap. XV. III. av. ana, gr. dvd, got. ana, slav. na. [$ 289.

bringen, entzünden ; äysyelpw aufwecken; avıyveöw aufspüren, nachspüren; dvarvdw aufathmen, wieder zu Athem kommen, dazu Avaraum aufhören machen und avayuyw erfrischen; ava- wioyw durch Daraufgiessen zumischen (rap ö zBalov Leras, Ava ö& xpt Asuxöv Zuıkav 8 41, vgl. Hentze, Anhang zu y 390); so auch ävarturinpı eig. auffüllen, dann erfüllen (sein Geschick) ; dvanıscou ın 6 of xepall; Avanakeıs t 92 auf sein eigenes Haupt abwischen, vgl. dieselbe Übertragung in ai. ni-marj: väi devas täm nävindan yasmin yayndsya krürdm märkfyamaha tt die Götter fanden denjenigen nicht, an dem sie das Blutige des Opfers hätten abwischen können, d. h. auf den sie es hätten übertragen können MS. 4, 1, 9 (12, 1), s. Festgruss an O. Böhtlingk, Stuttgart 1888, S. 23. Auf das Heraufführen im Gedächtnis bezieht sich dvapınynoxw jemand an etwas erinnern; dazu dvayıyyaoxw genau erkennen; Gvelpopa:r (herausfragen) er- fragen, befragen; äverinv eig. in die Höhe heben, dann aus- halten, ertragen; woran sich 4vaplıvo erwarten schliesst; dva- orpeow umkehren (ötppous), eigentlich: das Untere in die Höhe kehren ; ävappoıßödw schlürfend in den Mund hinaufziehen, daher einschlürfen, und dem Sinne der Stelle nach “wieder einschlürfen’ » 104 und ebenso &ve&ßpota 240. Oft übersetzen wir durch ‘zurück’, z. B. dvayvayurıo (die Fessel) zurückbiegen, eig. in die Höhe biegen; dv&yw zurückhalten (Inrous \W 426), in die Höhe halten; so auch dvedpyw (palayyas) die sonst zum Vorwärtsstürzen geneigten Reihen aufhalten; so öfter bei Ver- ben des Laufens, Weichens, so heisst avarpyw aufschiessen (von einer Pflanze), dann aber zurücklaufen, z. B. @va 7 Zöpap örlooo E 599. In diesem wie in anderen ähnlichen Fällen handelt es sich darum, dass jemand ım Vorwärtsstürmen inne- hält, sich gleichsam aufrichtet und so zurückweicht. Dahin gehören noch dvaywp&w zurückweichen; dvaxaloyaı dass.; Avsıne zurückgehen nach dem Ausgangspunkt, von dem man vor- wärts, also gleichsam herabgekommen ist, zurückkehren ; dvepyo- waı wieder zurückkehren; dvaödw zurücktauchen ; ävayw zurück- führen. Daran schliesst sich dvaßallw zurückwerfen, auf- schieben.

& 289.) Kap. XV. III. got. ana, slav. na, lit. nu. 139

Im Gotischen entspricht das Präverbium ebenfalls der Präposition, z. B. anagaggan herbeikommen, künftig sein; ana- kumbjan sich niederlegen; anameljan aufschreiben ; anatımrjan aufzımmern, aufbauen; anahaban anhaben, inne haben; ana- Jilhan übergeben; anahaitan anrufen; anabiudan entbieten; ana- giban lästern, schmähen; anaprafsijan trösten; anamahlyan Gewalt anthun; anananbjan wagen; anahveslan beruhigen; ana- kunnan lesen. In den letztgenannten übersetzen wir ara nicht, doch empfinden wir den Gedanken der auf einen Gegenstand hin gerichteten Thätigkeit. Zu anadrigkan sich betrinken können wir ‘sich einen Rausch antrinken’ vergleichen. Bei einigen Verben empfinden wir nichts anderes als die Betonung des Eintretens der Handlung: anaslepan einschlafen, anaslavan und anasılan still werden, erschweigen. In ananıujan avaveoov und anagtujan Avalwrupeiv könnte das griechische Vorbild auf die Wahl des Präverbiums eingewirkt haben.

Über das Slavische handelt Miklosich 4, 213ff. Es ge- nügt, einige serbische Belege anzuführen. Danach wird na beim Verbum gebraucht im Sinne der Präp., z. B. nabostı anspiessen; nalo2its darauf legen (analagjan) u. s. w. Sodann bezeichnet es den Anfang einer Handlung, also das Daran- gehen, z. B. navrtyeti anbohren (nijesam provrtio nego sam samo navrtio ich habe es nicht durchbohrt, ich habe es nur angebohrt) ; nagorjeti anbrennen; nagristi anbeissen u. s. w. Drittens drückt es aus, “dass die Handlung an vielen Gegen- ständen vollzogen wurde oder bis zu einem gewissen Punkte gediehen ist”. Damit sind Ausdrücke gemeint wie nabacati in Menge werfen; nabirati in Menge lesen; nagnjectti ın Menge kneten. Offenbar bedeutet ra hier ‘noch dazu, daran. Daran knüpft sich die vierte Bedeutung (“dass das handelnde Sub- jekt die Handlung bis zur Sättigung ausgeführt hat”), z. B. nabtrati se sich satt klauben. Endlich perfektiviert za das Verbum.

Anhang: lit. ȟ.

Dem griech. äv&, oder genauer gesprochen, dem griech. dvw entspricht lautlich lit. n& (als Präv. ni). Die Bedeutung

47°

740 Kap. XV. IIL lit. nü, ai. dnti, gr. drei. [$ 289290.

desselben ist “abwärts von, sich entfernend von’; sie ist offenbar entstanden in der Verbindung mit dem Ablativ (also eig.‘von auf‘) und von da auch auf die Verbindung mit Verben übertragen. Es verbindet sich nach Kurschat 393 mit dem (ablativischen) Genitiv, 2. B. iytüs Arıita dangaüs der Regen fällt vom Himmel; z&0e n& meödio nulüpti die Rinde vom Baume al- schälen; pikto nusikreipti sich vom Bösen abwenden; r& lgös pasigduti von der Krankheit genesen. In der Verbindung mit Verben “hinab, z. B. nupülis hinabfallen, ruberti hinunter- streuen, nusisiöti sich herabstellen, sich setzen, klar werden (von einer Flüssigkeit); oder ‘ab’, z. B. ruardyjti abtrennen, nuartı abpflügen, nuattt ab- oder ausziehen (von Fussbekleidung), nustöts aufhören (abstehen); natürlich auch öfter in übertragenem Sinne: nusidäts einen Fehltritt begehen (sich wegsetzen), rusi- gast! in Schrecken gerathen, nusimifiti verzagen. Aus ‘hinab entwickelt sich aber auch ‘hin’ (etwa aus Wendungen stammend, wie.‘zum Meere hinabgehen’), z. B. nubögti hin- oder hinab- laufen, nueiti hin- oder hinabgehen.

$ 290. Ai. dnti, gr. ävri, osk. ant, got. and, lit. at.

Sicher identisch sind ai. dntt und dvri. Das erstere ist nie mit Kasus verbunden. Es bedeutet ‘vor sich, in der Nähe’ 2. B. Sdirum anti nd vindasi du findest vor dir, dir gegenüber keinen Feind, findest ihn nicht vor RV. 1, 176, 1; $atdm in nu Sarado dnti hundert Herbste haben wir vor uns 1, 89, 9. Meist mit dem Gegensatz der Ferne, 3. B. agne 'bhidasaty anti dürö padi$tä sah wer uns, o Agni, befehdet in der Nähe, in der Ferne, der möge fallen 1, 79, 11. Im Griechischen findet sich im Kretischen, Attischen, Delphischen inschriftlich noch der lokale Gebrauch von ävtl, z. B. im Gesetz von Gortyn ävıl nartöpwy in Gregenwart von Zeugen, bei Homer nur in übertragenem Sinne: aid’ äya navres "Extopos bp&ler Avıl dogs rl vnvol nepacdaı Q 254. Die Bedeutungsentwickelung war wohl die bei pro angedeutete (S. 722). Als Präverbium er- scheint avri sicher nur in dvrıpepesdar (Monro? 192).

Auf dem italischen Gebiet ist mit and, Avri identisch

$ 290—291.] Kap. XV. II ital. ant, got.. and, lit. ant. 741

das oskische ant: ant pontiram ante pontem, ant trübu ante domum. Das lateinische antid, ante hat ablativische Form, die es vielleicht erst nachträglich erhalten hat. Als Adv. erscheint es im Sinne von ‘hinten’ im Gegensatz gegen ‘vorn’ oder von ‘vorher’ gegen “nachher. Als Präp. hat es wie post den Akku- sativ (vielleicht den Abl. in antea), in demselben Sinne wie das Adv., z. B. post me erat Aegina, ante me Megara in Cıc. Brief.; im Sinne des Vorziehens: quem ante me diligo (ebenda), ante alios u. ähnl. Von der Zeit: ante lucem.

Das gotische and und das litauische a#t werden das- selbe sein, wie dnti. Zweifelhaft bleibt mir, wie got. anda- und lit. anta (Bezzenberger, ZGLS. 243) zu erklären sind. In der Bedeutung weicht das Got. und Lit. nicht unerheblich von den anderen Sprachen ab. Zwar in der Zusammensetzung zeigt das germ. and-, ent- noch ein gelinderes oder stärkeres “gegen- über, gegen’ (Grimm 2, 809ff.), aber die Präp. and (mit dem Akk.) zeigt die entfernter liegende Bedeutung “entlang, über hin’, z. B. usgagg and vigans Jah fabos &telde eis ts Höods xal gpayuoüs Luk. 14, 23; Jah meriba urrann and all gavi bisitande bi ina xal onın 2EnNde xad Eins TNS Tepıyapon repl adrtod Luk. 4, 14; run gavaurhtedun sis alla so hairda and driuson in marein Gpunoe räoa I Aydin Twv yolpwv xatd Tob xprlvod eis rhv Odlaocav (also faktisch so viel wie herab’) Matth. 9, 32; unte is and bata munaida hairhgaggan Er dr dxelvns Tpelke drpyeodaı Luk. 19, 4. Das lit. at bedeutet ‘auf’. Es wird mit dem Gen. verbunden, z. B. aft kalno auf dem Berge, aft laüko eits auf das Feld gehen. In der älteren Sprache (s. Bezzenberger a. a. O.) kommt auch der Akk. vor. Die Entwickelung der Bedeutung im Germ. und Lit. ist mir nicht recht klar.

$ 291. Gr. perd, got. mid nebst gr. nedd.

„era1) bedeutet mit dem Lok.-Dat. ‘zwischen’, z. B. nied- vesar per Avöpdor oüvov Zövra O 611; per Ayaoisıv moAduılov

1) Vgl. die 8. 645 zitierte Schrift von Tycho Mommsen.

742 Kap. XV. III gr. perd, got. mid. [$ 291.

1352; nerd yanpnAfoıv Zyovre N 200. Im Ai. würde der Lok. oder der Lok. mit anidr stehen. Der Gedanke der Gemein- schaft, wie er im Instr. vertreten ist, tritt bei per@ nicht her- vor. Mit dem Akk. bedeutet es ‘zwischen hinein’, z. B. ? 8 OdAuundvös Beßnxeı Swnar &s alyıöyoro Ads nera dalnovas AAAous A 222. Manchmal wird der Gedanke des Hinstrebens zu einer Menge mehr betont als der des Eintauchens in dieselbe, z. B. üs elnav Tobg päv Almev adtoö, BT 68 per AAlous A 292, und in Anlehnung an solche Wendungen tritt denn per@ auch zu Einzelwesen, z. B. aörap 8 P7j adv doupl per Avrideov TloAdömpov Y 407. So entsteht die Vorstellung des “hin nach, nach’, deren Entwickelung ich nicht weiter verfolge. Mit dem Genitiv findet sich per& bei Homer nur in einigen wenigen Stellen, in demselben Sinne wie mit dem Dat.-Lok. Ich kann wenig- stens zwischen Verbindungen wie per Ayaoioıy roAl&uıLov 1 352 und perd Bowrov &uayovro N 700 einen Unterschied nicht ent- decken.

Das gotische mip, welches mit pera@ bis auf die Endung identisch sein wird, findet sich mit dem Dat.-Lok. in der Be- deutung ‘zwischen’ noch Mark. 7, 31: gam at marein Galeilaie mib tveihnaim markom Daikapaulaios HAde npds nv dalassav ns Fodukatas dvd uEoov twv öplwy Aexandiews. Auch wenn von einer Mehrheit von Wesen die Rede ist, kann man mi wie pera mit dem Lok. auffassen, z. B. vas sitands mi andbahtam xal Tv ouyxaßmpevos pera T@v Önnperuv Mark. 14, 54; vas mib diuzam Tv perd av Ümpluov Mark. 1, 13; ebenso mid im ist brubfaßs u. ähnl. Daran kann sich angeschlossen haben mıp mit einem Singularis, z.B. so managei soei vas mib imma 6 5ylo; 6 &v per’ adtoö Joh. 12, 17 und ähnlich sehr oft. Es giebt aber auch Fälle, in denen wir mi nicht durch “unter, bei’ übersetzen können, sondern ‘mit’ anwenden müssen, z. B. gemun ın garda Seimonts Jah Andratins mib Iakobau Jah Iohannen T\dov el; Th olxlav Zluwvos xal Avöpfov era "Iaxwßou xal 'Iuavvov Mark. 1,29: atstobun hai gudjans Jah bokarjos mib ham sinistam intomoav ol Apyıspeis xal ol ypappareis abv Tois mpeoßurtpors Luk. 20, I u. ähnl. Hierin kann eine Weiterbildung des Gebrauches von

5 291—292). Kap. XV. III. got. mid, gr. reöd, ai. pabca. 743

mi mit dem Lok. vorliegen, es kann aber auch der Instru- mentaliıs angenommen werden, der im Arischen allein erscheint. Dort findet sich nämlich das zwar nicht identische, aber doch verwandte av. map mit dem Instr. (vgl. Spiegel, Gr. 467). Viel- leicht ist auch ai. smat ‘mit’ mit dem Instr. verwandt.

Anhang. lleöda.

Gr. reda, im Lesbischen, Böotischen, Kretischen und Argi- vischen der Vertreter von pera ist von Ahrens, Dial. 1, 152 mit rxoös zusammengebracht werden (nos red cum 2ost obs pes cognatum existimamus, ita ut sequendi notio primaria sit), Osthoff hält es für den Instrumentalis, also eig. “auf dem Fusse’ (vgl. Osthoff, Perf. 574). Auf die Entwickelung der Bedeutung hat so muss man annehmen yerd eingewirkt. Mit neöd bringt Bugge in Paul und Braune’s Beiträgen 12, 419 das mittel- deutsche de? mit zusammen.

$ 292. Ai. paSca (-ad), av. pasca, pasne, altp. pasa, lat. post, lit. päskuti, pas.

Ai. pa$ca hinten, hinterdrein, westlich ist nur Adverbium, paScad von hinten, hinterher, hinten, hintennach wird in der Bedeutung hinter, hinterher, westlich von auch als Präp. mit Abl. oder Gen. gebraucht, aber nur in nachvedischen Schriften. Dem ai. pa$ca entspricht av. pasca, entweder mit Abl., z. B. pasca briz5aparap nach drei Nächten vd. 5, 54, oder mit Akk., z. B. pasca hu frasmödaitim nach Sonnenaufgang yt. 5, 94. Ob die Formen auf 4, über welche Spiegel, Gr. 466, handelt, z. B. pasca jainti datvangm nach der Erschlagung der Teufel yt. 10, 133, Akk. oder Instr. seien, ist Gegenstand der Kontro- verse. Es müssen doch wohl Instrumentale sein. Endlich er- scheint pasca auch noch mit Gen. s. unter parö. Ausser pasca giebt es im Iranischen noch altp. pasä: hya aniya kara Pärsa pasa mana asiyava das übrige persische Heer zog mir nach Spiegel? 24, 32, also mit Gen. Ebenso av. pasne, z. B. pasne var6is hinter dem See yt. 5, 37, was Genitiv ist. In dem- selben yt. kommt es auch mit Akk. vor (p. @pem hinter dem Wasser).

744 Kap. XV. UI. ai. pasca u. s. w.,.ai. purä u. 8. w. !$292—293,

Verwandt sind aus dem italischen Gebiet lat. post mit Akk., osk. pist, umbr. pus, post mit Abl., z. B. umbr. pus veres oder jünger post verer hinter dem Thore. Vielleicht liegt die- selbe Verbindung noch in lat. postes vor. Zu post kommen dann noch lat. poste, postid, umbr. osk. pustin nach mit dem Akk., im Umbrischen nach Bücheler distributiv, im Oskischen in püstin slagem im Cipp. Abell. 34. Dem av. pasne entspricht lat. pone Adv. und Präp. mit dem Akk. “hinten, hinter‘.

Endlich gehört hierher lit. päskus (paskus) nach, hinterher, danach und wohl auch die Präp. pas, obwohl die Bedeutung derselben stark abweicht. Sie heisst heran, an, bei (von un- mittelbarer Berührung), wird besonders mit Beziehung auf Per- sonen gebraucht und mit dem Akk. verbunden.

Das lateinische pos? ist auch Präverbium geworden.

$ 293. Ai.pura, purds, av. para, pard, got. faura, Jeur.

Die arischen Wörter, ‘vor’ bedeutend, haben ihre natür- liche Verbindung mit dem Ablativ, z. B. sitdväi pura päryad indram dhnah ich will Indra vor dem entscheidenden Tage loben RV. 3, 32, 14. Dann bei Verben, welche retten u. ähnl. bedeuten, wobei der Gedanke wohl der ıst, dass der Schützende vor den zu schützenden tritt oder die schützende Handlung vor der Schädigung eintritt, z. B. pura idsya abhilastör dva sprtam rettet vor diesem Fluche RV. 10, 39, 6; jivan nd abhi dhe- tanädityasah pura häthät bewahrt uns lebendig, o ihr A., vor der Ermordung (indem ihr uns vor ihr schützt) 8, 67, 5; agnım purä tanayitnör acitiäd dvass kynudhvam schafft Agni zur Hilfe herbei, zum Schutze vor (die beiden folgenden Wörter sind nicht ganz deutlich) 4, 3, 1. Im Av. wird para ebenfalls ge- wöhnlich mit dem Abi. verbunden, z. B. para akmäap vor diesem, vorher yt. 13, 53. Auf die vereinzelten anderen Verbindungen, in die es nach Justi noch treten soll, gehe ich nicht ein. Ai. purds mit dem Abl., z. B. nd gardabhdm purö dhvän nayantı man spannt nicht den Esel vor das Ross RV. 3, 53, 23. Ausserdem erscheint es bei dem Akk., z. B. dsadan mältaram

$ 293.) Kap. XV. II. ai. purd, av. para, got. faura, faur. 745

purah er setzte sich vor die Mutter 10, 189, 1. Grassmann nımmt auch eine Verbindung mit dem Lok. an, doch dürfte es an diesen Stellen als Adverb aufzufassen sein. Bei dem av. paro erscheint der Abl.: (n0 nipayä) agsmahe paro draomebyö schütze uns vor den Sturmkolonnen des A. yt. 10, 93 (vgl. Geldner, KZ. 25, 502); yap uyrabäzaus nivänap paro bbiöyan- byo so lange uns der starkarmige vor den Feinden beschützt yt. 10,75. Es steht auch bei fürchten und Furcht (im Ai. für pura von Grassmann angenommen, aber nicht sicher), z. B. yapba azem nor) Larstö franmane Pwaegsab paro datvapıbyö dass ich nicht erschrocken fliehe aus Furcht vor den Dämonen yt. 17, 25. Einmal, nämlich yt. 13, 57 (vgl. Geldner, KZ. 25, 543), findet sich bei parö auch der Lok., und zwar nachdem unmittelbar vorher der Abl. gestanden hat. Der Genitiv findet sich in pasca parö nmänahe bald hinter, bald vor dem Hause vd. 13, 46, wohl als Vertreter des Ablativs.

Auf den Ablativ dürfte auch der Dativ bei got. faura zurückgehen. Faura heisst ‘vor’ in lokalem Sinne; sodann wird es bei verbergen, verhüllen, fliehen, sich hüten gebraucht, wobei man die Bedeutung ‘vor, angesichts, gegenüber von’ noch empfindet, z. B. gafalh sik faura im &xpößn An abrav Joh. 12, 36; iD nu gafulgin ist faura augam beinaim Expüßn And &pBdaluuv oov Luk. 19, 42 (man sagt “klar vor’, also auch ‘ver- borgen vor’); so auch vas gahulib faura im tv rapaxexalun- usvov Ar adrav Luk. 9, 45 und danach auch ei bairgats im faura Pamma unseljin Tva Tnphons abtods &x Tod rovnpoö Joh. 17, 15. Bei Pliuhan kann noch die Bedeutung ‘vor’ deutlich gefühlt werden, insofern der Verfolgende hinter dem Fliehenden her ist, z. B. gaplauh faura im Eouyev dr adruy Mark. 14, 52; ‘angesichts’ heisst faura wohl auch bei ‘sich hüten’: atsaihvib Jaura kugnapraufetum rpootyere 52 dnd twv Veudonpopntav Matth. 7,15. Dann in negativen Sätzen wie lat. prae die Hinderung ausdrückend, eigentlich ebenfalls ‘angesichts’: faura Fareisaium ns andhaihaitun dıa tobs Dapıoatous 08x &uoAdyouv Joh. 12, 42; Jah ni mahta (gasaihvan Iesu) faura managein xal obx Möbvaro “ro tod dyAou Luk. 19, 3.

746 Kap. XV. III got. faur, ai. tirds u. 8. w. 15 293—294.

Das got. faur hat auffälliger Weise den Akkusativ bei sich. Es gleicht in einem Theile seines Gebrauches dem ai. pura und dem idg. *prö, es steht von der Zeit, z. B. faur hanıns hruk vor dem Krähen des Hahns Matth. 26, 75, ferner wie *prö Schutz oder Stellvertretung ausdrückend, z. B. saei nist vihra izvis faur izoes set dc obx Eorı xad Apmv onep Iamv datıv Mark. 9, 40; gıban saiwvala seina faur managans lun doüvaı Tiv duyhv abtoü Adtpov dvrl noAAmy Mark. 10, 45. In einem anderen Theile seines Gebrauches aber gleicht es rapa und entspricht ıhm vielleicht auch körperlich. Ich rechne dahin: Avarbonds Ffaur marein repınarav rapa vhv dalaccav Mark. 1, 16; gadraus Jaur vig Ereos napa Thy 6ödv an den Weg Mark. 4, 4; sat faur vig du aihtron Exadnro rapa Thy 650v npooaıav Mark. 10, 46; galaib faur gard &iridev Em eis TO nposaulıov Mark. 14, 68. Vielleicht hat sich von diesem Bestandtheil aus die Akkusativ- konstruktion auf das ganze Wort ausgebreitet.

Nach Art eines Präverbiums findet sich ai. puras ver- bunden mit kar und dhä ‘an die Spitze stellen’. Auch im Goti- schen ist die Präposition zum Präverbium geworden, und zwar feura in der Bedeutung ‘vor, vorher’, faur auch im Sinne von zapd, etwa in faurbiudan verbieten, faurgidan verreden.

$ 294. Ai. tiräs, av. tard (tare), lat. trans, got. Bairh.

Dass tiras und tarö identisch sind, ist sicher, wahrschein- lich auch, dass sie irgendwie mit far überschreiten zusammen- hängen. Trans hält Thielmann in Wölfflin’s Archiv 4, 248 für das Partizipium von *fräre und sieht die ursprüngliche Anwendung in einem Satze wie: trans mare proficiscor ın Grae- cıam. Da dem lat. trans das umbrische iraf entspricht, müsste die Bedeutungsverschiebung in der italischen Zeit eingetreten sein, wogegen an sich nichts einzuwenden wäre. Ich trage aber doch Bedenken, trans von tirds loszureissen, und mithin auch gegen eine Erklärung aus bloss italischen Mitteln. Frei- lich Fick’s Aufstellung eines idg. *irns, das er als Akk. plur. erklärt, will mir ebenfalls nicht einleuchten und somit ziehe ich vor, die Sache unentschieden zu lassen. Got. Zairh scheint

8 294—295.] Kap. XV. III. upär:, upairs, upariy, ürtp, ufar, super. 747

sein nächstes Analogon in ai. firyafic in die Quere gerichtet zu haben. Die Wörter sind mithin nicht identisch, aber ver- wandt. Als Präp. werden sie mit dem Akk. verbunden. Ich begnüge mich, einige Beispiele aus den arischen Sprachen an- zuführen: arjendraya piläye tirö römäny aoyaya fliesse du dem Indra zum Trunk durch die Schafshaare hindurch RV. 9, 62, 8; ya nah piparat tämas tirah welche uns durch die Finsternis hindurch, über sie hinweg führe 1, 46, 6; tirds tamö dadr3& scheint durch die Finsternis 6, 48, 6; yadı väsi tirojanam yddı va nadyas tırah wenn du fern von Menschen oder jenseits der Flüsse bist AV. 7, 38, 5. “Über hin’ kann auch im Sinne der Nichtachtung verstanden werden, z. B. tvam tydm indra süryam paSca säntam puräs krdhi devanam cit tird valam du, o Indra, bring die Sonne, welche hinten ist, nach vorn, selbst gegen den Willen der Götter RV. 10, 171, 4. In der Zeit nach dem RV. findet sich auch die Verbindung mit dem Ab- lativ, z. B. manusyebhyas tirö bhavati ıst den Menschen ver- borgen (abseits von ihnen) SB. 13, 6, 2, 20. Im Avesta mit Akk., z. B. husem pesum ratcaya taro varuhim vitanuhattım mache mir eine trockene Furt durch die liebe V. frei yt. 5, 77. Der Gedanke des Mittels und der Ursache, wie er im Gotischen auftritt, ist den arischen Sprachen so fremd wie dem Lateini- schen. Mit Verben wird firds-tarö nur sehr wenig verbunden, al. mit Äar wegschaffen, verdecken; mit dhä beseitigen, weg- schaffen, verbergen (ebenso im Avesta in einigen Zusammen- setzungen); mit 5% abhanden kommen; vgl. noch av. tarömata Verachtung. Im Lat. und Got. ist die Verbindung mit Verben ganz üblich geworden.

$ 295. Ai. upar:, av. upairt, altp. upariy, gr. ürep, got. ufar, lat. super.

Als Präverbium wird upärt in den arischen Sprachen nicht gebraucht (neben av. upairi-:5 findet sich die Lesart patri-ıs, 8. Justi), wohl aber im Griechischen und Gotischen, z. B. örepdAlonaı überspringen, örepßalvw überschreiten, brepßallw überwerfen, hinauswerfen über, öreptyw halten über (das Feuer), hinausragen über u.s.w., got. ufargaggan überschreiten

748 Kap. XV. IH. upäri, upairi, upariy, dntp, ufar, super. [$ 295.

übertreten, zu weit gehen, ufarhafjan sık sich überheben, ufarlagjan darüber legen, darauf legen, ufarmunnon vergessen u.8.w. Super wird im alten Latein nur sehr selten mit ein- fachen Verben verbunden.

Von Kasus findet sich überall der Akkusativ, z. B. aı. asmäkam uttamam krdhi brav devesu surya varfistham dyam tvöpars mach unseren Ruhm, o S., zum höchsten bei den Göttern, zum erhabensten, selbst über den Himmel hinaus RV.4,31, 15; ayam vilvani tifthati punänd bhüvandparı somd devö nd süryah dieser geklärte Soma steht über allen Wesen wie die Sonne 9, 54,3. Av. yahmaı matbanem fräbweresab dadva ahurö mazdä upairi haraqm berezaitim welchem einen Palast der Schöpfer Ahura Masda erbaute oben auf [eig. über] der hohen Hara yt. 10,50. Sodann im Sinne von ‘über hin’: pasvasca staoräca upairi zam vicarenta Vieh und Zugthiere wandeln über die Erde hin yt. 5, 89. Aus Homer nehme man dasu: 0 dE Teigog üntp nav Soünos öpwper M 289; ürslp Alla xlövaraı dus W 227, Tuösiöso 8 üntp Gpov Aptorepdv TAuß dxman E 16 und im übertragenen Sinne atcav u. ähnl. Im Gotischen: sa ist Jah saei usstaig ufar allans himinans adrd; dorı xal 6 dvaßas drepdAyu TAvrwv Twv oöpawav Eph. 4, 10. Dem gr. Drelp üka (vgl. av. upatri zam) entspricht got. ufar marein, wobei aber das Erreichen des Endes betont wird, also ripav: afar Bata galaib Jesus ufar marein ysrd tadra AnnAdev 6 Imooös nepav rüic daAaoans Joh. 6, 1. Dazu kommen noch bildliche Ausdrucks- weisen (Überhebung, Bevorzugung), die sich leicht ergeben. Auf den gleichen Anschauungen ruht die Verbindung von lat. super mit dem Akk.

Ausser dem Akkusativ findet sich in den beiden arischen Sprachen der Instrumentalis: av. yätk upairi äya zemä gaobis $yenti worin sie hier auf Erden mit ihren Heerden wohnen mögen y. 12, 3 und ebenso ai.: div! svand yalate bhtumydpar zum Himmel strebt der Lärm tiber die Erde hin, über der Erde RV. 10, 75, 3 (Böhtlingk-Roth nehmen den Gen. an mit un- gewöhnlicher Kontraktion, was mir angesichts des avestischen Gebrauchs unnöthig scheint). Sodann findet sich der Genitiv

& 295—296.] Kap. XV. IIL av. adasrı, got. undar. 749

im Ai. und Griech. Zwar ist der Gen. im Veda nicht vor- handen, wohl aber in der darauf folgenden Literatur, z. ‚B- dak$inasya bhruva uparı oberhalb der rechten Braue Käty. Sr.,

tava tisfheyam upari über dir möchte ich stehen Mhbh. Diese Verbindung muss als eine natürliche erscheinen, da upär: eine Art von Mittelstellung zwischen den echten und den unechten Präp. einnimmt, welche letztere gewohnheitsmässig den Gen. bei sich haben. Belege aus Homer sind: orä 8’ äp ünip xepa- Ans h A; Eygeln d äp Ömip vorov dvl yaly Eon 69; und in übertragenen Sinne: Aloce# öntp roxdwv 0 660. Es ist freilich auch möglich, dass der griech. Gen. Vertreter des Ablativs ist. Dieser Kasus ist einmal im Avesta belegt, nämlich in upair: hamerenäb was Geldner ‘ohne Zusammenstoss’ übersetzt und wozu er bemerkt: “wörtlich, höher, als dass man sie erreichen, mit ihnen zusammenstossen könnte’ KZ. 25, 556.

In Zweifel kann man sein bei dem germanischen Dativ und dem lateinischen Ablatıv, insofern man sie auf den Instr. oder Lok. zurückführen kann, der doch ebenfalls möglich wäre. Der Dativ findet sich z. B. im Gotischen: varp- rigis ufar alla: atrbas oxdros &y&vero &ri näcav ınv yrv Matth. 27, 45 und ebenso ın den anderen Dialekten. Im Lateinischen könnte man ge- neigt sein, den Lok. anzunehmen, da dieser im Umbrischen bei super vorliegt.

$ 296. Av. adairi, got. undar.

Av. adairi, got. undar haben dieselbe Bildung wie uparı u. 8. w. zu dpa, altp. apariy zu dpa, doch ist die einfache Präposition, welche dpa und dpa entspräche, nicht mehr vor- handen. .Adairi unter verbindet sich mit dem Akk., z. B. äap azem tanum aguzE adatrı pädem geus darauf versteckte ich mich unter den Standort eines Rindes yt. 17, 55. So im Gotischen, nur in tbai lukarn gimib dube ei uf melan saljaidau arhpau undar hgr wnrı 6 Aöyvos Epyerar iva Ömd ov pdörov Ted Mn 07% thv Alvnv Mark. 4, 21. Dass in unserem unter dieses undar und zugleich die Fortsetzung von idg. *enter steckt, ist unter germ. ?n S. 766 bemerkt worden.

750 Kap. XV. II. ai. dchä, gr. Eote, lat. usque. [$ 297,

8297. Aı. achä, gr. Eote, lat. usque (slav. jeste).

Mit den in der Überschrift genannten Wörtern hat es in- sofern eine eigene Bewandtnis, als ich nicht mit Zuversicht behaupten möchte, dass sie wirklich identisch sind, da die Vokalfärbung Schwierigkeiten macht, vgl. Zubaty, KZ. 31, 10fl. Auch in der Hinsicht sind sie eigenthümlich, als man nur ai. achä eine Präposition nennen kann. Dieses Wort gehört also jedenfalls hierher.

ücha (besser achä) findet sich häufig ım Veda, selten ın der alten Prosa als Präverbium ‘hin zu’ neben Verben der Bewegung und des Sprechens, die bei Grassmann s. v. auf- geführt sind, z. B. dcha mahl brhati Jamtamäü gir dütö nd ganto abvina huvadhyäi hingehen möge das grosse, hohe, beste Lob- led wie ein Bote, um die Asvin zu rufen RV. 5, 43, 8; sd rätnam märtyö vasu viSvam tökam uld imana dchä gachaty astrtah jener Sterbliche kommt zu Gut und aller Nachkommen- schaft unbesiegt 1, 41, 6. dcehä mit vad heisst "begrüssen‘, mit vac “einladen”. In Sätzen, welche ein Verbum der Bewegung enthalten, erscheint sehr häufig ein Akkusativ so, dass wir ächa zu ihm in nähere Beziehung zu setzen haben, z. B. pa prägät paramdm yät sadhästham ärvah dchä pildram mäldram ca herbei ist der Renner gekommen zur höchsten Stätte hin, zum Vater und zur Mutter RV. 1, 163, 13; ioam vrtha nadya indra särtave 'cha samudrdm asyjö räthah iva du, o Indra, hast leicht die Flüsse fliessen machen zum Meere hin wie Wagen (beim Wettrennen) 1, 130, 5; gäyatrim var deva yazynım dcha prähinvant sa riktägachat die Götter schickten die Gäyatri zum Opfer hin (um das Opfer), sie kam aber leer zurück MS. 1,6, 4 (92, 10). Bloomfield, Am. Journ. Phil. VI, Nr. 21, S.2 macht auf eine, seiner Ansicht noch besonders nahe Parallele zu usque ad aufmerksam, indem er bemerkt, dass auch neben acha oft Präpositionen wie adbAi u. s. w. stehen, z. B. 25a stömo märutam Sardho dchä rudräsya sünühr yuvanyühr ud a$yah dieser Gesang möge herauf dringen hin zu der Schar der Marut, den jugendlichen Söhnen des Rudra RV. 5, 42, 15, womit er vergleicht ab imts unguibus usque ad verlicem summurns

$ 297.) Kap. XV. IH. ai. dehä, gr. Eote, lat. usque. 751

bei Cicero. Man hüte sich aber die Ähnlichkeit zu über- schätzen. Im Lateinischen ist ad die Verbindung zwischen usque und dem Kasus, im Ai. sind üd u, s. w. nur zweite Prä- verbien (vgl. das Verzeichnis bei Grassmann). Sonach darf man behaupten, dass cha im Ai. eine Präposition sei. Grass- mann bemerkt zwar, es verschmelze begrifflich mit dem Verbum, ohne lautlich mit ihm zu verwachsen. Aber es ist doch frag- lich, ob darin wirklich ein Unterschied gegenüber den echten Präpositionen begründet sei. Allerdings ist dch@ in Neben- sätzen nicht mit dem Verbum verschmolzen, aber es ist in solchen Sätzen überhaupt selten und auch andere Präpositionen verschmelzen ja nicht immer. Am nächsten im Gebrauch steht üchä das lateinische usqgwe. Es heisst “in einem fort” und mit ad und ir “bis zu”. Über seine Verbindung mit dem Akk. sagt Wölfflin, Archiv 4, 52: “Während bei Plautus usque mit Akkusativ noch fehlt, finden wir zuerst bei Terenz Ad. 655 Virginem ut secum avehat? Sie est. Miletum usque obsecro? Natürlich ist es eine verkehrte Auffassung, den Akkusativ von usque regiert zu denken, da der Städtename auch ohne usque im Akkusativ stehen würde. Ab Alpibus usque Romam con- tendit bedeutet mithin: er reiste von den Alpen nach Rom ohne die Reise zu unterbrechen, oder: er reiste in einem fort von den Alpen nach Rom, und dass das Ziel erreicht wird, ergiebt sich eben aus der Versicherung, die Reise habe keinen Unter- bruch erlitten. Usque kann in dem vorliegenden Beispiele ebenso gut auf ad Alpıbus bezogen werden, nach Cic. Cluent. 192 usque a mari supero Romam proficisci” Im Griechischen ist &ote bei Homer nicht vorhanden, von Aeschylus ab als Kon- junktion ‘bis’, bei Xenophon und später wie usque, z. B. Zore &nt 76 öanedov. Da demnach usque, Eote im alten Latein und im Griech. weder Präverbien noch Präp. sind, so wird sich auch dchä erst im Einzelleben des Indischen dazu entwickelt haben. Das Wort wird in der Ursprache die Ausdehnung über den Raum hin bedeutet haben, woraus sich dann später leicht in der Verbindung mit einem Verbum und Akk. “durch den Raum hin, bis’ entwickelte. Auf diese Urbedeutung geht

752 Kap. XV. IV. ai. sdeoa, av. haca, altir. sech, ai. sahd. [8 297—298.

dann auch das slavische jJeste (s. Miklosich s. v.) zurück, bei dem eine Übertragung auf die Zeit stattgefunden hat.

IV. Proethnische Präpositionen, welche nicht Präverbia sind.

$ 298. Ai. saca, av. altp. haca, altirisch sech, ai sahd.

Der Zusammenhang von ai. saca mit dem Verbum, welches im ai. sac, gr. Eropar lautet, ist unverkennbar. Aı. sdca be- deutet als Adverbium “dabei, zur Hand; zugleich, zusammen’. Mit dem Lok. vor- oder nachstehend: “bei, in, angesichts von, zusammen mit’, z. B. asmö indra säca sute ni jada pitäye mädhu zu uns, o Indra, bei dem Somasaft setz dich nieder, das Meth zu trinken RV. 8, 97, 8; amäjür iva pitröh sdcä sat! wie eine im Hause Alternde, die bei den Eltern ist 2, 17, 7. Im ira- nischen Sprachgebiet hat haca nie die Bedeutung ‘mit. Zwar führt Spiegel, Gr. 464 dafür an yOr geus haca syeinti y. 37, 2, welche Worte nur übersetzt werden könnten, welche ‘zusam- men mit dem Vieh wohnen’. Aber die Worte sind aus ihrer Stelle gerückt und deshalb nicht sicher zu verstehen. Haca ist vielmehr durch ‘weg von’ zu übersetzen und wird mit dem Ablativ verbunden, z. B. tacınti @p6 zrayanhap haca puitikap avı zrayö vourukasem die Wasser fliessen aus dem See P. in den See V. vd. 5, 19. Zeitlich von an: Aaca hu varsap a Frasmödatörp von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang yt. 5, 91. Übertragen etwa “um willen’ so in afa5 kaca um der Gerechtig- keit willen y. 28, 2. Wenn auch der Genitiv vorkommt, so ist dieser wohl ein Nachfolger des Ablativs. Im Altpersischen hat der Ablativ stets Aaca vor sich. Man sieht also, dass der Sınn der Präp. in dem Kasus so gut wie aufgegangen ist, etwa wie bei zpori, lit. n& und sonst. Ja, die Sprechenden empfinden offenbar in der Präp. den Sinn, der eigentlich im Kasus steckt, nämlich “von weg’ u. s. w., und so erklärt es sich, dass unser Wort auch den Sinn von ‘ohne erhalten

5298—299.] Kap.XV. IV. bahis, ba, berü, dveu. inuh, radiy, radi. 753

konnte, der seinem ursprünglichen gerade entgegengesetzt ist. Das ist nach Bezzenberger, BB. 16, 238 im Keltischen ge- schehen in acymı. corn. bret. hep ohne, ir. sech (letzteres “bei einer Sache vorbei, über hinaus, vor jemand voraus‘, s. Windisch Wb.).

Mit dem Verbum sac hängt, wie J. Schmidt, KZ. 25, 103 richtig bemerkt, auch ai. sakdm in Gemeinschaft mit, nebst mit Instr. zusammen. Es ist der adverbial gewordene Akk. eines Nomens sakd-.

Ai. saha als Adv. gemeinsam, zusammen, zugleich, als Präp. mit Instr. mit, sammt, nebst, zugleich mit. Dazu av. hada, altp. hada gleicher Bedeutung und Konstruktion (vgl. Spiegel, Gr. 465). Verwandt ist griech. äua, dessen adverbialer Gebrauch oben $ 263 erörtert worden ist. Als Präp. wird es mit dem instrumentalen Dativ verbunden, in den bei Homer meist Personen treten.

$ 299. Aı. dbahis, lit. be, slav. bezäü; gr. ävev, got. inuh;, altp. rädıy, slav. radı.

Ai. bahis draussen (ausserhalb des Hauses, des Dorfes, der Stadt, des Reiches u. s. w.) von aussen, hinaus, ausserhalb von mit Abl. Identisch damit ist lit. de (Kurschat, Gr. 390), lett. be/ (Bielenstein, lett. Spr. 2, 292), slav. dezö (Miklosich 4, 512) ohne. Sie werden überall mit dem ablativischen Genitiv ver- bunden.

Gr. äveu, got.inu (inuh) ohne, vgl. Brugmann, griech. Gr.2218. Bei ävev steht der ablativische Gen., bei izu nicht der danach zu erwartende Dativ, sondern der Akk. Der gleiche Kasus erscheint auch bei ai. vinz, das ebenfalls ‘ohne’ bedeutet. Ai. sarular weit hinweg (besonders mit ys weit hinweg treiben, auch mit Abl.: A$eträd apa5yam sanutd$ caranlam von dem Platze sah ich ihn weggehen RV. 5, 2, 4) wird mit Wahr- scheinlichkeit zusammengestellt mit griech. ätep ohne (mit Gen.-Abl.), altsächs. sundir ohne (mit Akk.), ahd. suntar u.s.w. Vgl. darüber, sowie über verwandte Partikeln Kretschmer, K2Z. 31, 351.

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm, Sprachen. I. 48

754 Kap. XV. V. Präpositionen im Arischen. [$ 299— 300.

Endlich sei noch erwähnt, dass altp. rädıy wegen in ava- hyarädıy deswegen mit dem slavischen radı wegen, z. B. togo radıi deswegen, unverkennbar zusammenstimmt (Ebel in Kuhn und Schleicher’s Beitr. 1, 426ff.), wenn auch die Wörter nicht identisch sind, weil slav. # im Auslaut nicht einem idg. * ent- sprechen kann. Auch die Beziehung zu ai. radh gerathen ist wohl nicht abzuweisen. Genaueres weiss ich nicht anzugeben.

V. Übersicht über die Präpositionen in den Einzelsprachen.

8 300. Arisch.

Im Vorhergehenden sind behandelt worden ai. @pa, dva, antär, dpi, abhi, dd, pa, päri, prä, prati, säm, dnti, pabcad, pura, purds, tirds, upari, säca, sahd, bahis, ir. apa, ava, antare ‘altp. antar), atwi, aibi, abiy, avi, ud, us, upa, pairi, parıy, fra, paiti, paitis, pati, patis, ham, ana, maß, pasca, pasa, para, pard, taro, upairi, upartiy, adhairi, haca, rädıy.

Nicht erwähnt sind die folgenden echten Präpositionen:

Ai. dti, av. aiti, altp. atiy, die beiden letzteren ganz schwach belegt. Als Präverbium zeigt ai. ats die Begriffe des Hinüberkommens (Hindurchdringens), Übertreffens, Mehrthuns, Übergehens (Beseitigens) und ebenso in seiner Verbindung mit dem Akkusativ (vgl. SF. 5, 441). Es ist wahrscheinlich, dass mit ati das lit. dt (wofür auch ati- vorkommt) und das slavische ot& identisch sind. Doch gelingt es mir nicht, die Bedeutungen in einleuchtender Weise zu vermitteln. Auch das Verhältnis zu lat. at- in atavus und andererseits zu Erı, lat. et, got. 1d- macht noch Schwierigkeiten.

Ai. ddhi auf, selten mit Akk., häufig mit Lok. und Abl,, im RV. auch mit Instr. (SF. 5, 441ff.) steht bis jetzt noch da ohne sichere Beziehung in den verwandten Sprachen.

Ai. anu, av. anu, altp. anuo. Als Präverbium im Aı. häufig im Sinne von ‘nach’ (vgl. SF. 5, 443), so dass bald der Begriff des Nachfolgens, bald der der Kontinuität im Nachgehen

$ 300.] Kap. XV. V.a,ä, ni, ni, pära. 755

(entlang, durch hin), bald der des Nachkommens mehr hervor- tritt, selten ist es im Avesta (vgl. i, da, marez, sac bei Justi). Als Präposition erscheint es mit dem Akk. in entsprechenden Bedeutungen (vgl. a. a. O., Speijer 119 und Spiegel, Gr. 453). Im Altpersischen findet sich einmal der. Lok.: Zazäna näma vardanam anuv Ufräatauvä eine Stadt Z. mit Namen am Euphrat Spiegel? 12, 92. Im indischen Epos tritt gelegentlich auch bei anu der Punkt, von dem die Nachfolge anhebt (und zwar in zeitlicher oder kausaler Beziehung) in den Ablativ, vereinzelt auch ın den Genitiv, so dass wir also aru durch unmittelbar nach übersetzen. Ich möchte annehmen, dass der Genitiv der Nachfolger des Ablativs ist.

Ai. 4, av. altp. © In Verbindung mit Verben bedeutet es ‘herbei, heran, an’, als Präposition im Ai. (SF.5, 451) mit dem Lok. ‘an, auf, in, bei, zu’, mit dem Akk. “hin zu’, mit dem Abl. ‘von weg’ und wenn es voransteht “bis. Ebenso im Avesta, z. B. mit Lok. bwahmi @ z5aßröi ın deinem Reiche y. 49, 8; mit Akk. ü rapibwinem zroanem um die Mittagszeit y. 9, 11; kapa drujem nis ahmap ü nis naSama teng @ ava yoi wie sollen wir die Druj wegschaffen von uns (Abl.) hin zu jenen, welche u.8. w. y. 44, 13; mit Abl. Aaca hu varsap a hu frasmodatoıp von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang yt. 5, 91. In beiden Sprachgebieten erscheint @ auch noch als hervorhebende und verbindende Partikel, deren Verhältnis zur Präposition hier unerörtert bleiben soll. Über die Verwandten von @ in den übrigen Sprachen ist man noch nicht zu einem Einverständnis gelangt.

Ai. ri, av. altp. ni sind nur als Präverbien gebraucht und bedeuten ‘nieder, hinein. Der Zusammenhang mit un- serem nider, slav. nizü ıst klar, möglich, dass es auch mit Ev zusammenhängt. Das Gegentheil dazu ist ai. nis, av. nis, die Bildung mir nicht klar.

Ai. parä ist von mir SF. 5, 457 behandelt worden. In- wieweit ihm das av. para entspricht, ist mir nicht deutlich geworden (vgl. Spiegel, Gr. 461—462). Früher stellte man es dem gr. rapa gleich, doch bestehen Bedenken wegen der

48*

756 Kap. XV. V. Präpos. im Arischen. [$300.

Vokale, und man muss auch gestehen, dass die Bedeutung nicht recht passen will. Para ist nur Präverbium.

Ai. vi, av. vi nur Präverbien. Über ri auseinander habe ich SF. 5, 464 ff. gehandelt. Das av. v; wird im wesentlichen ebenso gebraucht. Man stellt ei gewöhnlich mit dem got. vipra, unserem wider, zusammen.

Von diesen Wörtern sind nur als Präverbia im Gebrauch al. dpa, av. altp. apa, ai. dva (was allerdings vereinzelt mit dem Abl. divds vorkommt), av. altp. ava, ai. dd, av. altp. ud us, al. ni, av. altp. nt, ai. nis, av. nis, al. para, av. parat), ai. prd, av. altp. fra, ai. vi, av. vi, ai. sdm, av. altp. ham. Dazu noch av. as, altp. atıy, während ai. dii auch Präpo- sition ist. |

Im bezug auf die Verbindung mit Kasus verhalten sie sich folgendermassen.

Bei dem Ablativ findet sich apa, welches ja dem Sinn des Kasus ganz nahe steht, nicht, da «pa immer mit dem Ver- bum verbunden ist. In diesem Falle genügte dem Indischen der Kasus, der ja (gegenüber z. B. dem Griehischen, wo er mit dem Gen. verschmolzen ist), ganz deutlich geblieben ist. Gans selten erscheint «va S. 670. Die übrigen echten Prä- positionen sind von dem Kasusbegriff so zu sagen verschlungen worden, so part, pairi, das dem Ablatıv die Nuance des ‘rings’ hinzufügt, die aber bald verschwindet, so dass wır den Ablatıv mit päri wie den blossen Ablativ durch ‘von her’ übersetzen, S. 712. Ebenso verhält es sich mıt ddhi, worüber ıch SF. 5, 442 bemerkt habe: “Insofern ddhi zu dem Ablativ die Nuance ‘auf hinzufügt, hat man, wenn man genau sein will, ‘von auf’ zu übersetzen und so kommt es häufig vor, z. B.: dtah partjmann a gahi divd va röcanad ddhi von da, o Umwandler, komm her- bei, oder von dem Lichtraum des Himmels, d. h. von dem Lichtraum des Himmels, auf dem du thronst RV. 1, 6, 9. In- dessen verliert sich auch die Empfindung für das auf und es wird der Ablatıv mit ddhs auch zur Bezeichnung des Ursprunges gebraucht, so bei Jan, und es kommen Wendungen vor wie die folgende: niraitu Jivd ak$ato jivö Jivantya ddhi heraus komme

$ 300.) Kap. XV. V. Präpos. im Arischen. 757

‘der Knabe) lebend unverletzt, lebend aus der Lebenden heraus 5, 78, 9”. In besonders merkwürdiger Weise zeigt sich dieser Vorgang bei av.avi !S. 681 Anm.) haca (8. 752) und antar (8.673), welche ja von Natur einen dem Ablativ entgegengesetzten Sinn haben. Man kann bei diesen und ähnlichen Verbindungen sich wohl auch vorstellen, dass eine Verbindung zuerst mit dem homogenen Kasus eingetreten ist, z. B. bei antdr mit dem Lok. (also äsye ’ntdh im Munde drinnen), und dass sie dann auch bei dem Ablativ sich vollzogen hat (2. B. äsyad antäh aus dem Munde drinnen, d.h. so viel als aus dem Innern des Mundes). Eine besondere Bewandtnis hat es mit &, worüber ich SF. 5, 452 gesagt habe: “Hinter dem Abl. hat # wohl eigentlich dieselbe Bedeutung wie hinter dem Lok., so dass pärvatäd & eigentlich bedeutet ‘von, an (auf) dem Berge’ (vgl. ddhi), dann ‘vom Berge her’. Wir übersetzen auch ‘von weg’, z. B. ya$ cid dhi va bahübhya a sutävan Aviväsati wer dich von vielen andern weg mit seinem Somatrank heranlockt. RV. ı, 84, 9. Bisweilen hat #4 mit dem Abl. den Sinn des Vorzugs, so: yds sakhibhya @ vdram der ein Gut ist vor deinen Freunden, besser ist als deine Freunde 1, 4, 4. End- lich vor dem Ablativ bedeutet @ ‘bis’, z. B. yati giribhya & samudrät gehend von den Bergen bis zum Meere 7, 95, 2, ä nimrücah bis zum Sonnenuntergang 1, 161, 10. Nur vereinzelt folgt @ in diesem Sinne nach (vgl. Grassmann s. v.). Bei der Erklärung der Konstruktion von & vor dem Ablativ wird man die Stellung besonders zu beachten haben. Die ursprüngliche und so zu sagen natürliche Verbindung liegt vor ın samu- draäd ä vom Meere her, die Umkehrung nach Stellung und Sinn ist @ samudräd bis zum Meere hin.” Wie im Altindischen verhält es sich im Avestischen, die hier angedeutete Be- wegung scheint sich also in der Zeit der arischen Gemein- schaft vollzogen zu haben. Bei purds, purä, parö, para vor, palcäd, pasca noch, bahis draussen tritt in den Ablativ der Punkt, von dem aus das vor, nach, draussen bemessen wird. Die Präpositionen stehen also verhältnismässig selb- ständig da.

758 Kap. XV. V. Präpos. im Arischen. [8 300.

Beı dem Lokalis finden sich arısch antar S. 673, ä S. 755, upa S. 697, dazu ai. adhi S. 754, dpi S. 676, av. ati, avı S.681 Anm., paitı S.724, parrı S.711, altp. anuo S.754, von Präpositionen im engeren Sinne ai. sdcä 8. 752. Überall er- scheint die Präp. so zu sagen als Spezialisierung des weit um- fassenden Kasusbegriffs.

Der Instrumentalis in seinem soziativen Theile bedarf ım allgemeinen keiner stärkenden Präp. (sehr häufig steht ja auch sam bei dem Verbum!. Soll die Gemeinschaft besonders stark hervorgehoben werden, so treten ai. sahd, av. hada, altp. hada (S. 753), av. map (S. 743) dazu. Für den Ausdruck des Mittels genügt der blosse Kasus. So bleibt denn nur der Instr. der Zeit- und Raumerstreckung übrig. Dieser kann durch eine Präp. spezialisiert werden, so ddhi snuna über die Oberfläche hin (SF. 5, 442), dpa dyubhih im Laufe der Tage (S. 668), ebenso bei ai. upart, av. upairs (S. 748). Unsicher ist die Verbindung mit av. pasca (S. 743).

Bei dem Dativ habe ich nur av. aus S. 681 und paiti S. 725 gefunden. In dieser Verbindung wird der Dativ lokal empfunden worden sein, was sich natürlich bei dem Dativ so gut wie bei dem Akkusativ, der von Anfang an gleichfalls keinen lokalen Sinn hatte, nachträglich einstellen konnte.

Wo der Genitiv auftritt, könnte er wohl als adnominal empfunden worden sein, so bei ai. antar (im Innern) S. 673, upäri S. 749, paScad, av. pasne S. 743, altp. rädiy S. 754. Im Iranischen könnte er auch Nachfolger des Ablativs sein, so bei av. parö S. 745, altp. pasa S. 743. Eine Verbindung des Gen. mit echten Präp. ist stets unursprünglich, so wenn er sich bei av. avi und paitt findet (wie der Dativ). Etwas Spätes ist auch die gelegentliche Verbindung von ai. aru mit dem Gen. S. 755.

Mit dem Akkusativ finden sich, den Kasus in seiner räumlichen Bedeutung spezialisierend, arisch anu 8.754, antar S. 672, abhi S. 680 (und av. avi), ü 8. 755, upa S. 692, parı S. 711, prati S. 728, pati 8. 724, dazu ai. di S. 754, adhı S. 754, av. ana S. 734. Ferner ai. upäari, av. upairı S. 745, av. adairi S. 749, ai. tırds, av. taro S. 747, ai. puras S. 744,

5 300—301.] Kap. XV. V. Griechisch &v, &£, ward. 759

av. pasca, pasne S. 743. Diese Wörter verdanken ihre Kon- struktion wahrscheinlich der Nachahmung der echten Präp.

$ 301. Griechisch.

Im Vorhergehenden sind besprochen worden: and, Ext, anpl, repl, nort, rporl, npd, ünd, Ava, Avıl, nera (meöd), ür£p, welche sämmtlich zugleich Präverbien und Präpositionen sind. Ausserdem sind erwähnt duo, avev, drtep.

Im Folgenden sollen noch erwähnt werden öıd, &v, 2, xara, rapd, aoöv.

Über die Herkunft von öı4 weiss ich nichts zu sagen.

’Ev findet sich wieder im italischen ex (ir), lit. (mit dem Akk.), wohl auch im slav. v&, welches aus *on entstanden ist (das eine Ablautsform zu er sein könnte). In einer Reihe von griech. Dialekten wird &v wie das lat. und germ. mit dem Akk. und Lok. verbunden. In den anderen Dialekten steht an Stelle von &v mit Akk. das neu entstandene eis, &; (vgl. Brugmann, Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1883, 181 ff.).

&& ist im lat. ex und kelt. (altgallisch ex, ir. ess, nur in Kompositis) vertreten. Seine natürliche Verbindung ist die mit dem Abl. Wie ärd wird es aber im kyprisch-arkadischen Dialekt mit dem Dativ konstruiert (vgl. unter and S. 668).

xara bedeutet als Präverbium ‘hinab’ oder hat einen Sinn, der sich aus diesem leicht ableiten lässt. Es bildet den deut- lich empfundenen Gegensatz zu äva. Dieses scheint aber nicht der ursprüngliche Sinn, sondern nur eine Unterart desselben . zu sein, die sich aus “hinein in’ entwickelt haben dürfte. Für diese Annahme sprechen einerseits die Anwendungstypen von xara als Präposition, die sich meines Erachtens aus ‘hinab’ nicht ableiten lassen, andererseits die Thatsache, dass mit dem griech xara das keltische can? übereinstimmt, von dem schon Zeuss? 685 bemerkt, dass es sowohl dem lat. cum als dem griech xar4 entspreche. Die Frage, wie es mit lat. cum steht, lasse ich hier bei Seite. Dieses keltische can! nun ist vor- handen als neukymr. gar (aus prätonischem cant) “mit, bei’; bret. gant, com. gans, gan ‘mit’ (in soziativem Sinne), “von, durch’

760 Kap. XV. V. Griechisch xard. [$ 301.

(Urheber bei’'m Passivum). Im Bret. wird es auch mit ‘für’ übersetzt, z. B. für (gant) die Toten beten. Im Irischen ist es als cöt nur in cötduith “sentio, sensus’ erhalten (vgl. darüber Zimmer, Keltische Studien 1, 112f.).. Die Grundform dürfte *knta (*kmta) sein. Als Grundbedeutung stelle ich vermuthungs- weise auf: über hin, durch hin, in (mit dem Sınne der Ver- breitung). Daher ‘überall in’ in mehr oder minder deutlich distributiver Anwendung, dann ‘bei, unter, an’. Dass ‘bei’ und ‘mit’ zusammengehören, haben wir bei gstd gesehen, vgl. auch av. haca S. 752. Diese Bedeutungen ergeben nun folgende Anwendungen bei dem Akkusativ und Genitiv.

1) Bei dem Akkusativ ‘überhin, durchhin, überall in, unter, bei’, z. B. aus Homer: xar' dypods nAalesdaı x 150; Bi 5 levar xara vnas durch hin K 136; xara burnıa ruxva xeineda & 473; N 5 &dsev xard xüpa A 483; ot valouor xard nıöiıv B 130; Auxtnv xara xorpavkouaıy M 318; nevovto xara orpardv A 318. Sehr häufig ist xard rölepov, xad doulvrv. In Sätzen wie &sirc ECovro xara xAtopous Te Öpdvous te w 385 finden die Erklärer wohl mit Recht eine Andeutung distributiver Anschauung. ‘Unter, bei” übersetzen wir, wenn es, was bei Homer nicht häufig geschieht, in bezug auf Menschen gesagt wird, z. B. piv ydp wor dveu Önlov Eev, Ad xar adtobs orpmpäro N 556; Son 54 xußrormtäipe xar' adrtobs moAntc &kapyovros dölvevov xard usosous 2 605. “An übersetzen wir, wenn bei Verben des Treffens der getroffene Theil angegeben wird, z. B. Beßinxer “Aouröv xard dekidv E66. ‘In’ sagen wir bei Wendungen wie: xard opeva xal xard Buudv. Selten haben wir durch “hinein in, hinunter in, hinab in’ zu übersetzen, so z. B. öuoed’ Aldc xara xöpa Z 136. Übertragen kommt xard vor im Sinne von “ent- sprechend’: xard noipav, od xard xdauov. Vielleicht geht es aus von ‘durch hin’, sich in der Linie des xdonos bewegend.

2) Bei dem Genitiv wird xard doppelt gebraucht. In dem ersteren Falle, wo wir ‘herab von’ oder ‘herab’ übersetzen, ist der Kasus deutlich der Ablativ: xaT oöpavoo elAnAoudas Z 128; daxpua 88 opıy deppua xara Blepapwv yapddız bee P 438. Die Verwendung von xara bei dem Abl. vergleicht sich der von

$ 301.) ‚Kap. XV. V. Griechisch raod, shv, die. | 761

ai. adhi, lit. nd u. s. w. In dem zweiten Falle tritt in den Genitiv vielmehr derjenige Gegenstand, auf den die Bewegung sich richtet, 2. B. xard yBovös dunara nnias auf die Erde [' 217; xara 5 Öpdalunv xeyuT Aylüs herab auf E 696; xdvıv yadaro xax xeoaits 2 24; alyuh xara yalns @yero hinein in N 504; buyh d& xara ydovös @yero hinab unter W 100. Zur Erklärung beachte man das bei rort $. 726 Bemerkte.

zapa& brachte man früher mit ai. parä zusammen, was jetzt für unzulässig gilt (vgl. S. 755). Ich lasse es bei Seite.

Auch über die Verwandtschaftsverhältnisse von oöv sind die Gelehrten nicht einig (die neueste Behandlung ist die von Kretschmer, KZ.31,415ff.). Über seine Verwendung bei Homer sagt Mommsen a. a. O. 38: “söy ist der gewöhnliche Ausdruck für die Zugehörigkeit eines Begriffes zu einem anderen; die Bedeutung theilt sich nach zwei Seiten, je nachdem die Prä- position mehr mit Zuthat von oder mehr mit Hilfe von bezeichnet. Die durch oöy angeknüpfte Sache oder Person er- scheint im ganzen weniger als gleichberechtigt oder an Umfang oder Zahl überwiegend (wie bei vera), sondern als das Sekun- däre, oft geradezu als Anhängsel” Das ist genau der Sinn des Instrumentalis, und es ist denn auch kein Zweifel, dass dieses der Kasus ıst, der bei obv auftritt.

Ich füge noch ein Wort über &; bei. “3 nimmt eine ganz eigenthümliche Stellung ein. Mommsen a. a. O. 36 sagt darüber: “Das Wörtchen findet sich nur einmal bei Homer als Präposition verwandt in einer durch nichts als unecht erkenn- baren Stelle, ın der höhnischen Schimpfrede des gemeinen Melantheus p 218: “s alel röv öpolov Aysı Deös ds Tov Öpotov. Nun aber findet sich meines Wissens nicht nur in der ganzen übrigen Epik, sondern überhaupt in der gesammten griechischen Poesie kein einziges wo; als Präposition, allein die Komödie und (obwohl diese es sehr selten haben) die beiden jüngeren Tragiker ausgenommen; Pindar und Aeschylus z. B. die sonst alle Rektionen aller Präpositionen zulassen (ausser dass Aeschylus kein äva c. Dat. hat), meiden nur dies &. Offenbar nahmen

762 Kap. XV. V. Griechisch x. [$ 301.

Sophokles und Euripides das Vorwort aus der attischen Kon- versationssprache, der sie ihren Stil in sehr vielen Punkten mehr als Aeschylus annäherten; die Komödie hatte von vorn herein keinen Grund, eine prosaische Fügung zu scheuen.” Über die Art, wie “gs zur Präposition geworden sei, weiss ich sichere Auskunft nicht zu geben. Gewöhnlich nimmt man an, os, das oft neben Präpositionen steht, sei durch die Nachbar- schaft verleitet selbst zur Präposition geworden (so Krüger, Gr. 69, 63, 4), was mir nicht einleuchtet. Näher liegt es, &w;, was (wie unabhängig davon auch ai. yavat) aus einer Kon- junktion zur Präp. geworden ist (vgl. Wackernagel, KZ.28, 117), zur Aufklärung heranzuziehen und somit auf &; damit zurück- zugehen. Doch fehlen die Mittelglieder.

Unter die Kasus vertheilen die hier erwähnten Präposi- tionen sich folgendermassen:

Mit dem ablativischen Genitiv verbinden sich rept wie päri, pair S. 714, rpds wie av. paitt S. 729, ärd wie lat. ab, got. af S. 668, 25 wie lat. ex, zpd wie lat. pro S. 722, und wie lat. sub S. 698, dazu noch xara S. 760, rapa und dvsu und atep S. 753. Mit dem lokalen Dativ Ent S. 676, aut S. 690, repl S. 712, npds S. 729, und S. 698, Ava S. 736, pera S. 742, rapa, &v,. Mit dem instrumentalen Dativ oöv. Der echte Dativ erscheint vielleicht bei gewissen Verwendungen von &rt und rpds (S. 677, 729). Der echte Genitiv findet sich bei avi, onep, da, Ent, noti, Ava, Apol, rnepl, nera. Bei Avti, drep und ötz dürfte es der alte adnominale Genitiv sein, welcher uns bei den unechten Präp. begegnet. Dagegen bei den übrigen ist es ein griechischer Genitiv. Bei rt, rori, dva scheint diese Konstruktion so entstanden zu sein, dass zunächst ein Genitiv des erstrebten Zieles zu einem mit &rt, rxori oder dva verbun- denen Verbum trat und dann das Verhältnis zwischen Kasus und Präp. entstand. Bei dot, pera, sept aber scheint der Ver- lauf ein anderer gewesen zu sein. Der Genitiv bei dupt und pera ist bei Homer noch ganz selten und auch der bei xzp! (so weit er nicht Vertreter des Ablatıvs ist) ist offenbar nicht alten Datums. Es scheint, dass diese Genitive im gefühlten

$ 301—302,] Kap. XV. V. Präpos. im Italischen. 7163

Gegensatz gegen die überlieferten lokalen Dative entstanden sind. Den Kasus bei äupl empfand man offenbar ım ganzen noch als lokal, wenn er auch in Wendungen wie äyy’ "EAdvy xal xmnpaacı räcı nayeodaı I 70 schon wesentlich metaphorisch ge- fühlt sein wird. Den entscheidenden Schritt zur Ausprägung der metaphorischen Bedeutung aber that man, indem man statt des Dativs den Gen. setzte, z. B. näyeodov nlöaxos App’ ölyns Il 824. Genau dasselbe Verhältnis findet statt zwischen yap- vavro rept nuAgaıv & 453 und @s ol ev nepl vnöc &uasdlporo päyovro II 1, nicht so einleuchtend bei nera. Die Ersetzung des anschaulicheren Dativ bei Präp. durch den abstrakteren Genitiv ist eine der wichtigeren Thatsachen der griechischen Kasuslehre. Sie ganz zu erklären, bin ich nicht im stande, ich denke mir, dass bei dem Suchen nach einem nicht lokal auf- zufassenden Ausdruck der Genitiv sich einstellte, weil man von &rt her an eine beinahe gleiche Verwendung des Dativs und Genitivs gewöhnt war.

Mit dem Akkusativ verbinden sich Ext S. 676, rept S. 711, rpös S. 728, ind 8.697, ava 8. 734, nera S. 742, Öndp 9. 748, xara S. 760, as S. 761, &v, apa.

'8 302. Italisch.

Im Vorstehenden sind behandelt worden: ab, au, inter, op, ob, amb, sub, per, pro, an, osk. ant, lat. ante, post, osk. umbr. pustin, osk. pus, lat. pone, trans, super.

Nur Präverbia sind amdi, amb, dazu amfr, das wohl mit Bücheler aus amfer zu deuten ist (vgl. das Verhältnis von sud und super); an das wenigstens in anhelare dem gr. äva zu ent- sprechen scheint; au, por, das dem gr. rapa gleich gesetzt wird. Dazu noch dis, red, sed, über die ich nichts zu sagen weiss, was über das Bekannte hinausginge.

Somit bleiben übrig:

ad. Noch nicht recht deutlich ist das Verhältnis zu ar. Osk. az ist wohl aus *ads zu deuten. Es tftt zum Akk., so umbr. asamad ad aram, osk. az hortom ad hortum. Offenbar ist es dasselbe wie got. at, welches freilich mit dem Akk. nur

764 Kap. XV. V. Italisch cum, de, en, prae. [$ 302.

noch bei Zeitbestimmungen erscheint: at maurgin vaurbanana rpotas yevon&vns Matth. 27, 1, vgl. ad meridiem.

cum (com-), mit dem vielleicht got. ga zusammengehört, bezeichnet nach Schmalz ursprünglich das lokale Zusammen- sein, 2. B. vivit cum Balbo da wo Balbus. Damit lässt sich der umbrische Gebrauch (Bücheler, Umbrica 200) vergleichen, wo es mit dem Abl. verbunden wird und ‘bei’ bedeutet: asaku juxta aram, verisco bei den Thoren. Das Lateinische, nament- hıch auch soweit das Präverbium ın betracht kommt, scheint aber dafür zu sprechen, dass im allgemeinen das Zusammen- sein als Grundbegriff angenommen werde, wovon die lokale Bedeutung nur eine Schattierung ist. Aus dem ÖOskischen merke man cum preivatud. Es ist also im Oskischen wie im Lateinischen der Instrumentalis in den Ablatıv aufgegangen und -dabei die d-Form beibehalten (vgl. op 8. 677).

de ist sicher identisch mit altır. di. Auch osk. dat ıst wohl ganz nahe verwandt. Dass dat mit dem Ablatıv verbun- den wurde, ist zweifellos, doch die Ausdrucksweise der tabula Bantina wird wohl auf Nachahmung des Lateinischen beruhen. De, di, dat werden zu den unter got. dw besprochenen Wör- tern gestellt, zu denen sie sich verhalten können, wie lit. n«& zu vd u. ähnl., so dass sie eigentlich ‘bei’ oder etwas Ähn- liches bedeuteten und die Bedeutung ‘von weg, von herab’ auf die Rechnung des Abl. zu setzen wäre.

en gleich gr. &v. Es wird seit proethnischer Zeit mit Akk. . und Lok. verbunden. In den Dialekten tritt er hinter die Kasus, z. B. umbr. fermnome ad terminum, manuve in manu, Jondlıre, funtlere in fontibus, wobei die Kasus, welche in den letztgenannten Formen enthalten sınd, Lokale sind (vgl. Bücheler, Umbrica 200, J. Schmidt, KZ. 27, 307). Im Latei- nischen mit Akk. und dem ın den Ablativ aufgegangenen Lok.: ın altod, preivatod, coventionid.

prae (pre, pri) mit Abl., lat. prae manu, umbr. pre veres ante portam. Wie prae und pri sich zu einander verhalten, weiss ich nicht recht zu sagen. Im Slavischen scheint zwischen pre (das wenigstens als Präposition auch dem lat. prae entspricht)

& 302—303.) Kap. XV. V. Präpos. im Germanischen. 765

und pri dasselbe Verhältnis stattzufinden. Möglich, dass prae auch mit dem Lok. verbunden werden konnte. Auf dieser Annahme beruht meine Deutung von praefiscini S. 638.

Osk. pert in pert viam trans viam cipp. Ab. 33 mag dem pamphyl. rept in repreöwxe gleich sein (Collitz 1260, 21) und irgendwie mit rpotl und kret. ropri zusammenhängen.

Unter die Kasus vertheilen cich die Präpositionen folgen- dermassen.!)

Mit dem Ablativ verbinden sich ab S. 668, de S. 764, ex S. 759, pro S. 722, umbr. pus S. 744. Zweifelhaft ist prae, wobei auch der Lok. ın Frage kommt, und umbr. -per im Sinne von pro. Mit dem Lokalis, sei er rein, oder in den Abl. auf- gegangen, osk. umbr. er $. 764, umbr. super S. 749, osk. anter S. 673, lat. :%» S. 764, osk. op S. 677. Mit dem Instrumen- talis cum, wobei aber allerdings auch der Lok. in Frage kommt. Mit dem Akkusativ ad S. 763, ın S. 764, inter S. 672, ob S. 684, per S. 714, sub S. 697, post, pone S. 744, trans 8. 746, super S. 748. |

$ 303. Germanisch.

Ich beschränke mich wieder wesentlich auf das Gotische.

Im Vorstehenden sind behandelt worden: af, bi, us, uf, Jar, fra, ana, and, mip, faura, faur, bairh, ufar, undar, inu.

Nur Präverbien sind ausser fatr und fra: dis, ga und fri. Dis zer von dem lateinischen dis zu trennen, scheint mir nicht wohl möglich, der Weg aber zur lautlichen Vereinigung beider Wörter ist noch nicht mit Sicherheit gefunden. Ga wird zwei- felnd mit lat. com zusammengestellt. Es wird darüber bei dem Abschnitt über die perfektiven Verba zu handeln sein. Fri erscheint nur in /risahts Bild. Über seine Bedeutung wage ich nichts zu sagen. J. Schmidt, KZ. 26, 24 führt es mit faır auf *peri zurück.

1) Zu den bloss mit der lateinischen Form erwähnten Präp. verweise ich auf Bücheler’s lexicon italicum.

766 Kap. XV. V. Germanisch at, du, in, fram, afar, und. [$303.

Es bleiben übrig die folgenden:

at bei ist schon bei lat. ad erwähnt, wo auch seiner Ver- bindung mit dem Akk. gedacht ist. Der Dativ, bei dem es erscheint, ist der lokale.

dw als Adv. hinzu, als Präp. mit dem Dativ, vereinzelt mit dem Akk., bezeichnet die Bewegung zu etwas hin, dann den Zweck, die Absicht, die Folge. Es stimmt mit dem alts. ags. 6, dem ahd. zuo derartig in der Bedeutung überein, dass ich es nicht für möglich halte, sie zu trennen. Weitere Ver- wandte von du, oder wenn man sich nicht entschliessen kann, es hierher zu stellen, von sind zunächst aksl. do, lit. do, da (Bezzenberger, ZGLS. 244), altır. do und dann (vgl. Miklosich 4, 202) av. da in drujo vatsmenda azemnqgm die zum Hause des Unholds Geschleppte yt. 10, 86, griech. -e. Ursprünglich mag es eine deiktische Partikel gewesen sein. In den drei genann- ten Sprachen aber ist es zu einer Präp. (auch Präverbium) ge- worden (vgl. Johannson, BB. 15, 312). In dem mit du, {0 verbundenen Kasus sehe ich den echten Datıv.

ın wird wie &v u. s. w. mit dem Akk. und Lok. verbunden. Unverständlich ist mir got. 3 wegen mit dem Gen. Sollte die Ellipse eines Substantivums anzunehmen sein? Zu bemer- ken ist noch, dass ein dem idg. *enter entsprechendes Wort ım Gotischen nicht überliefert ist, während in unserem unter dieses und got. undar (av. adatrı) steckt.

ram von etwas her ist eine Art von Superlativbildung zu *prö. Der Dativ bei ihm ist der ablativische.

afar nach, eine komparativische Bildung zu *apo wırd mit dem Akk. und dem, wie es scheint, echten Dativ ver- bunden.

und mit dem Akk. heisst “bis an’ räumlich und zeitlich. Mit dem Dativ ‘um, für’, z. B. augo und augin jah tunpu und tunpau &odalpov avıl Spdainoo xat dödvra Avri dödvros Matth. 5, 38. Was die Verwandten und die Herkunft von und betrifft, so hat man es schon früher mit dem ags. 5d bis zu (temporal) zusammengestellt. J. Schmidt, KZ. 26, 24 hält diese Zusammen- stellung fest, meint aber, dass dd mit got. and (S. 741) auf

$ 303— 304.) Kap. XV. V. Präpos. im Litauischen. 767

urgermanisches *arp, idg. *anti zurückgehe, dagegen und auf *nti. Mir ist das sehr wahrscheinlich. Einer Verwandtschaft von and und und waren sich die Goten natürlich nicht mehr bewusst. Wie der Dativ bei und zu erklären sei, ıst mir nicht deutlich.

Auf die Kasus vertheilen sich die gotischen Präpositionen wie folgt. Mit dem ablativischen Dativ verbinden sich af S. 669, faura 8. 745, fram S. 766, us S. 692. Mit dem loka- tivischen Dativ 55 8. 687, uf S. 698, ana S. 736, miß 8. 742, ufar 8. 749, at, ın. Mit dem instrumentalischen Dativ bi S. 687 und etwa noch mid S. 743 und ufar S. 749. Mit dem echten Dativ vermuthlich du und.afar, mit dem echten Genitiv vielleicht in. Mit dem Akkusativ bi S. 686, uf S. 697, ana 8. 735, faur S. 746, Bairh S. 747, and S. 741, ufar S. 748, undar S. 749, ınu S. 753 und von den S. 766 erwähnten at, du, ın, afar, und.

Bei einem Vergleich mit dem Griechischen fällt das Zurück- stehen des Genitivs auf. Der Grund liegt in dem Umstande, dass der Ablativ (wenigstens in seinem grössten Theile) nicht an den Genitiv, sondern an den Dativ übergegangen ist.

$ 304. Litauisch.!)

Besprochen sind ape, po, per, prö, sı, nü, alt, päs, be, do. Erwähnt ist das untrennbare at.

Nur Präverbium ist a? (wie ım Lettischen). Von solchen Formen, welche das Ansehen echter Präp. haben, bleiben noch übrig:

pre, pri mit dem Gen. bezeichnet bei Verben des Bleibens oder Herankommens die unmittelbare Nähe oder Berührung. Ihm entspricht das mit dem Lok. verbundene slavische pr:, welches nach Miklosich 4, 679 dasjenige bezeichnet, in dessen Nähe oder Gegenwart, bei dem etwas ist. Trotz der etwas abweichenden Bedeutungen sind pr£, pri als identisch mit lat. prae zu betrachten.

1) Die abweichenden Formen, welche manche Präpositionen im prä- verbalen Gebrauch haben, sind hier nicht mit aufgeführt.

768 Kap. XV. V. Präpos. im Litauischen. [$ 304.

Keine Auskunft weiss ich zu geben über die Herkunft von isz aus mit dem Gen., aksel. ız2& mit dem Gen. Fick bringt isz mit &£, lat. gall. er zusammen, für die er eine Grundform ega, eg ansetzt. Ich weiss aber i nicht zu erklären, welches auf diesem Sprachgebiet aus e doch nur entsteht, wenn ein Nasal im Spiele ist.

Über ü£ bemerkt Schleicher: a@ mit dem Akk. wird nur im uneigentlichen Sinne gebraucht und bedeutet ursprünglich hinter’; “hinter etwas stehen’ kann bedeuten: für etwas stehen, es vertreten (das deutsche ‘für’ geht von der entgegengesetzten Anschauung aus), z. B. 22 ıszkädgq stoveti für den Schaden stehen, so geht ü2 über in die Bedeutung “für, anstatt’; Aalbek ü2 mane sprich für mich, dsz Jam nz karve Jduti düsıu ich werde ihm für eine Kuh einen Ochsen geben. Derselbe sagt über die Verbindung mit dem Genitiv: “2 mit dem Gen. be- zeichnet das Verweilen hinter etwas und die Bewegung hinter etwas hin, z. B. «2 gires hinter dem Walde, u Aäakalio hinter dem Ofen, seskis u: stälo setze dich hinter den Tisch u. s. w. Thüre und Fenster wird vom Inneren des Hauses aus gesehen, daher 33 düru, u2 Jango stovets vor (wörtl. hinter) der Thüre, dem Fenster stehen, d. h. ausserhalb des Hauses.” Wie sich zu dieser Entwickelung der Bedeutung aksl. vüz& stellt (welches doch wohl mit a2 identisch ist), das mit dem Akk. verbunden wird und wie «2 für, anstatt bedeutet, sonst aber abweicht, weiss ich nicht zu sagen.

Unter die Kasus vertheilen sich die Präp. wie folgt. Mit dem ablativischen Genitiv verbindet sich S. 740, isz S. 768, mit dem Lokalis im älteren Lit. -ps S. 678, mit dem Instrumentalis »pö S. 699, S. 732, mit dem Dativ S. 699, mit dem Genitiv aftS. 741, sodann pr& und pö, bei denen man eher den Lokalis erwarten sollte, an dessen Stelle also vielleicht der Gen. getreten ist, endlich do und u. Mit dem Akkusativ ap& S. 678, »ö S. 699, per S. 714, prö S. 723, püs 8. 744, ü& 8. 768.

$ 305.] Kap. XV. V. Slavisch vy, razü, nizü, prezü, kü. 769

$ 305. Slavisch.

Im Vorstehenden sind erwähnt worden: u, obü, po (wozu podü unter gehört), pre, pro, sü, na (wozu nadü gehört), bezü, radi, otü bei ai. di, bei &v, pre bei lat. prae, do bei got. du, izü bei lit. isz, vüzü bei lit. QZ.

Es bleibt noch übrig z«. Es bedeutet hinter (vgl. Miklosich 4, 206) wird mit dem Akk. (404), Gen. (527), Instr. (743) ver- bunden. Über Verwandtschaft und Herkunft ist nichts bekannt.

Nur Präverbien sind vy und razü.

cvy aus findet sich nur im Russischen, Cechischen, Polni- schen, Sorbischen, während in den übrigen slavischen Sprachen an seiner Stelle iz& steht. Über Herkunft und Verwandtschaft weiss ich nichts zu sagen.

razü, dem Sinne nach etwa lat. dis, ist unbekannter Her- kunft. Es erscheint als Präp., wie Miklosich 4, 242 angiebt, nur ım Westen des nsl. Sprachgebietes, also in Oberkrain, worin wohl eine Neuerung zu erkennen ist. Über pre s. oben 8. 764. |

Nur Präpositionen sind niz&, prozü, prezü, kü.

Nizü, prozü, prezü sind mit dem Anhang z“ gebildet, über welchen Miklosich 4, 197 handelt. Nizü entspricht dem ari- schen ri, es wird mit dem Akk. verbunden und bezeichnet nach Miklosich 4, 424 eine abwärts gehende Bewegung.

k& nimmt schon insofern eine eigenthümliche Stellung ein, als es die einzige echte Präposition des Slavischen ist, welche nur mit dem Dativ verbunden wird. Über die Bedeu- tung sagt Miklosich 4, 622: “Der Dativ mit Aü& bezeichnet den Gegenstand, auf welchen die Thätigkeit gerichtet ist, es mag nun ein blosses Hingekehrtsein nach einem Punkte oder eine Bewegung nach demselben ausgedrückt werden. Der Dativ mit steht dem präpositionslosen Dativ am nächsten.” Bei- spiele sind: aksl. subrase se njemu ouvayovraı rpüs adrdv; by- vajetü privedenü njemu yiveran peransunöusvos npög auTöv; gotovitü se otüchoZdeniju er bereitet sich zur Abreise; alt-

russisch (W. Miller in Kuhn und Schleicher’s Beiträgen 8, 104) Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen. ]. 49

770 Kap. XV. V. Präpos. im Slavischen. [$ 305.

Danıilu vozorativsusja k domovi als Daniel nach Hause zurück- kam; : rece Olegü k Borisovi und es sagte Oleg zu Boris; nadejasja gospodevi er hoffte auf den Herrn. Miller bemerkt mit Recht, dass in diesen Sätzen die Präposition gleich einer hervorhebenden Partikel gebraucht sei und macht in dieser Hinsicht besonders darauf aufmerksam, dass k& auch zu dem schon in den ältesten Denkmälern erstarrt auftretenden dosmooi gesetzt wird. Ich stimme ihm deshalb bei, wenn er k% für ıdentisch mit ai. Adam erklärt, über welches ich SF. 5, 150 Folgendes ausgeführt habe: “Über Adam sagen Böhtlingk-Roth: “1) wohl, gut, bene, 2) dient zur Hervorhebung der Beziehung des Dativs und steht in der Regel am Ende eines Päda’. Die Bedeutung wohl u. s. w. lässt sich auch in dem unter 2) auf- geführten Gebrauch noch erkennen. Es steht nämlich kam nur hinter Dativen von Personen (dem sogenannten Dativus commodi) und hinter Dativen von Abstraktis (dem sogenannten finalen Dativ), also nur in Fällen, wo ein ‘zum Heil’ oder ein ähnlicher Begriff am Platze ist, z. B. yuvdm Etam cakrathuh sindhugu plavam älmanvantam pakfinam täugryaya kam ihr habt jenes belebte, beflügelte Schiff in das Wasser gesetzt für T.,

' ,

dem T. zum Heile RV. 1, 182, 5; tvam devasö amrtäya kam papuh dich haben die Götter der Unsterblichkeit zu Liebe ge- trunken 9, 106, 8; samändm ahjy ahjate Subha kam mit gleicher Farbe schmücken sie sich, um zu glänzen 7, 57, 3. Derselbe Gebrauch in der Prosa”. Im Slavischen ist der Sinn von “wohl, der ja auch im Ai. nur schwach durchscheint, vollends geschwunden und das Wörtchen hat, da es ganz in die Ana- logie der Präpositionen überging, auch die Stellung derselben angenommen.

Unter die Kasus vertheilen sich die Präp. wie folgt:

Mit dem ablatıvischen Genitiv verbinden sıch u S. 670, S. 732, bezü S. 753, otü S. 754, iz S. 768. Mit dem Loka- lis obü S. 689, po (podä) S. 699, pri, pro S. 765, na 8. 736, v& S. 759. Mit dem Instrumentalis proethnisch, dazu za. Wie nadü, podü, predä zu der Verbindung mit dem Instr. gekommen sind, wäre noch zu untersuchen. Mit dem echten

$ 305—306.] Kap. XV. VI. Präpositionen in den Einzelsprachen. 771

Dativ po S. 700 und A& S. 769. Mit dem echten Genitiv za S. 769 und do 8. 766, bei denen ich den Grund der Kasus- wahl nicht einsehe. Die scheinbare Verbindung von na mit Gen. beruht auf Ellipse (Miklosich 4, 546). Mit dem Akku- satıv obü S. 689, po S. 699, prozü, prezü, predü, pro S. 723, S. 733, na S. 735, v& 8. 759.

VI

$ 306. Einige in den Einzelsprachen entstandene Präpositionen.

Ich gebe nur einige Proben aus dem Altindischen und Lateinischen.

Aus dem Altindischen ist dgr@ S. 566 erwähnt worden. Daran schliesst sich aus der späteren Sprache sthäne an der Stelle, anstatt. Hier erwähne ich zuerst eine Reihe von Ad- verbien, welche in präpositionaler Verwendung merkwürdiger Weise nicht den Genitiv, sondern den Akkusativ bei sıch haben, z. B. pdrena hinaus über; dntarena innerhalb, zwischen; üttaröna nördlich, links von, dakfınena rechts, südlich von, ubhaydtas auf beiden Seiten, dgrena vor, z. B. dakfinena vedim rechts von der Vedi, dgrena Saläm vor der Hütte. Wie kom- men diese Wörter zum Akkusativ? Auf diese Frage habe ich SF. 5, 183 bemerkt: “Es scheint, dass nach artdr und antara zwischen sich zunächst dntarena und nach diesem die anderen gerichtet haben. Warum die ursprüngliche Genitivverbindung verlassen wurde, zeigt Gaedicke (Akkusativ im Veda) 209, in- dem er ausführt, dgrena kalayah würde geheissen haben ‘an der Vorderseite der Hütte, während man doch sagen wollte “in dem Raum vor der Hütte. Wörter, welche einem sonst durch Präp. gedeckten Bedürfnis genügen sollten, erhielten somit auf dem Wege der Anlehnung an bedeutungsverwandte Präpositionen auch die Konstruktion derselben.” Daran schliesst sich aus der späteren Sprache n:Aka$@ ın der Nähe von, z. B. yamunam des Flusses Y. Es bedeutet eigentlich ‘mit dem

49*

772 Kap. XV. VI. Präpositionen in den Einzelsprachen. & 306.)

Probirstein’, d. h. einer Sache nahe und gründlich auf den Leib rückend.

Aus der nicht-vedischen Sprache führe ich noch an:

prabhrti von an mit Abl. Das Fem. prabhrti heisst im Veda: Darbringung, Wurf, Schlag, Anhub, Anfang; daher ein adjektivisches Kompositum mit prabhrti in der nachvedischen Sprache: beginnend mit, z. B. dvyahaprabhrti (Nom. -is) mit einer zweitägigen Feier beginnend, davon das Adverb in neu- traler Form, z. B. Zömaprabhrti von den Haaren an. Dieses prabhrti löst sich nun auch von dem Kompositum ab und tritt hinter einen Ablatıv, z. B. skandhät prabhrti von der Schulter an, sarpasya grahanat p. von dem Ergreifen der Schlange an. Die “Loslösung’ ist offenbar vermittelt worden durch die For- men auf ias, welche als erste Glieder eines Kompositums vor- kommen, z. B. t/auti von hier aus weiter fördernd, tiahpradana Darbringung von hier aus, welche aber gewöhnlich selbständige Wörter sind. So war also z. B. tatahprabhrti eigentlich ein Kompositum, wurde dann aber in zwei Wörter zerlegt.

yävat, Neutrum des Pronomens yavant heisst eigentlich: wie weit, wie sehr, wie viel, in welcher Menge. Daher be- deutes yavad varfam eigentlich ‘so lange als ein Jahr dauert, d. h. während eines Jahres. Der Charakter als Präp. erscheint deutlich, so bald yarat zu einem Nomen tritt, dessen Akku- sativ anders lautet als der Nominativ, z. B. sakaläam räatrım yävat während der ganzen Nacht. Sodann bedeutet es ‘bis’, zunächst in Fällen wie svagrkam yavat so weit das eigene Haus geht, d. h. vom Standpunkt des Ankommenden aus ‘bis zum Hause’, dann nadım yavat bis zum Flusse u. ähnl. End- lich kann es auch mit dem Abl. verbunden werden, ın Nach- ahmung des sinngleichen &@, z. B. yäratsüryodayat bis zum Sonnenaufgang (dieser Beleg bei Speijer S. 123, die übrigen beı Böhtlingk-Roth).

Wie eine Präposition fungiert auch das Absolutivum zra- bhya, eigentlich “angefangen habend’, dann ‘von an’.

Aus dem Lateinischen erwähne ich versus, tenus, penes.

$ 306.) Kap. XV. VI. Präpositionen in den Einzelsprachen. 773

Es ist längst erkannt, dass versus Nom. sing. mask. des Partizipiums von verto war und sich von da aus zum Adverbium und zur Präposition entwickelt hat. Dem ursprünglichen Ge- brauch entspricht es, wenn Caesar sagt: Pompejus ad Cordubam versus iter facere coepit, dagegen ist versus erstarrt in einem Satze wie: duae caveae quae speclant ad ezxorienlem versus (Varro). Dieses versus (vorsus) findet sich von alters her als letztes Glied vieler Zusammensetzungen, welche man bei Neue 22, 634 ff. überblickt, z. B. ın ursprünglicher Konstruktion: non prorsus sed transvorsus cedit quasi cancer solet (Plautus), dagegen erstarrt: mortales multi rursus ac prorsus meant (Varro). Die Erstarrung ist eingetreten, weil die adverbiale Ausdrucks- weise gegenüber der adjektivischen zunahm, und versus also mit Adverbien innerlich assoziiert wurde, wozu noch die Ver- führung durch das danebenstehende versum (vorsum) kommt, welches von ältester Zeit her adverbiell verwendet wurde. Wenn in der klassischen Zeit die Form auf us häufiger wird, als die auf um (z. B. bei adversus), so hat das offenbar den ästhetischen Grund, dass man das Zusammentreffen einer Präp. auf um und eines Akkusativs auf m, insbesondere auf um ver- meiden wollte.

tenus ist ein neutrales Subst. “der Strick, die Strecke, vorliegend bei Plautus Bacch. 793: pendebit hodie pulcre, ita intendi tenus. Es ist identisch mit dem einmal im RV. vor- liegenden ai. tdnas Nachkommenschaft, eig. ‘Ausdehnung’. Wie es zur präpositionalen Verwendung gekommen ist, ist von Wölfflin, Arch. 1, 415 auseinandergesetzt. Tauno tenus regnare heisst eigentlich: über die Strecke hin, vom Taunus an gerech- net, regieren. Die Verbindung mit dem Gen. dürfte durch pexpı, die mit dem Akk. durch usque ad beeinflusst sein. Zu- erst erscheint die präpositionale Anwendung in Cicero’s Aratea.

Ein ursprünglicher Lokalis ist penes. Dieses Wort, dessen Zusammenhang mit penus, penates, penitus, penetrare auf der Hand liegt, fasst Wölfflin, Arch. 4, 88ff. (vgl. auch 389 ff.) als Lok. von penus auf. Das ist gewiss richtig, nur hat man wohl nicht anzunehmen, dass im Lateinischen der Vokal von *penest

774 Kap. XV. VI. Präpositionen in den Einzelsprachen. [$ 306. abgefallen sei, sondern dass penes ein alter ohne Suffix ge- bildeter Lok. sei, wie ale; (Brugmann 2,393). Penes bedeutet also, da penus gewiss eher die Speisekammer als den Mundvorrath bezeichnet hat “im Hausinnern’, daher denn (wie Wölfflin sich ausdrückt) penes aligquem dasjenige ist, was im Innern des Hauses verschlossen oder im Bausch des Gewandes verborgen ist, oder was in der Hand gehalten wird. Verbunden wird es überwiegend mit esse und habere, z. B. istaec Jam penes vos psaltriast (Terenz), quom ejus rem penes me habeam domi (Plautus). Das Wort sollte also den Gen. bei sich haben und hat ıhn sicher ursprünglich gehabt. Warum ist dieser Kasus nicht beibehalten worden? Der Natur der Sache nach war penes besonders häufig mit dem Gen. des Pronomens erster und zweiter Person verbunden. Als dieser nun im Lateinischen in Wegfall kam, konnte er bei penes nicht wie in anderen Fällen (z. B. pater meus) durch das Adj. ersetzt werden, weil penes wegen seiner Form nıcht mehr recht als Substantivkasus em- pfunden wurde. Deshalb wird in diesen Verbindungen zuerst nach Analogie von apud der Akk. eingetreten sein, der dann alleinherrschend wurde. penus neben penes ıst schwerlich alt, und wohl (wie Wölfflin meint) nicht ohne Einwirkung von tenus entstanden.

Viele merkwürdige Bildungen enthalten die baltisch-slavi- schen Sprachen, vgl. Schleicher, Gr. 278ff,, Kurschat 388 ff., Bielenstein, lett. Spr. 2, 288 ff., Gramm. 291ff., Miklosich 4, 253 ff. Erwähnt sei hier nur, dass auch im Slavischen Bildungen wie unser Äraft, laut u. ähnl. vorkommen, z. B. serb. mjesto statt (wo das russische omesto noch die Präposition zeigt), Aray an den Rand, neben u. ähnl.

Index”.

I. Verba und Adjektiva.

Altindisch.

aj 201. dram 295.

ardh 283.

arvänc, arväcind 215. a$ essen 314.

as sein 287. 331. 370.

393.

as werfen 258. 293. 324.

asüy 283. ah 280. 282.

übhaga 229.

: 201. 289. 363. 18 227.

ı 229.

td 384.

i8 314.

ißvard 353.

uc 252,

urusy 209. urdhvd 215. kan 252. 315. kar 248. 379. 382.

kar (kırdti) mit prd 228.

kalp 283. küßala 230.

kram 2%. 363, kri 211. 249.

krid 246.

krudh 283.

gam 227. 363.

gardh 228.

garh 282.

glä 283.

grabh 211. 316. 323, mit präti 227.

cäru 229. 295.

chad 394.

chid 209.

jan 207. 382.

ji 202. 381.

jiv 252. 330.

Jya 383.

tak$ 208.

tarp 252. 315.

tus 252.

tra 209.

dafasy 232.

da 281. 316, mit päri 327.

da$ 282.

div 327. 370.

duh 383.

druh 283.

dha 228. 379, mit antdr 212.

dhä (dhayatı) 383.

dhü 383.

nand 252.

nam 293.

ndvedas 353.

ni 201. 290. 363.

pan 327.

pat 363.

pätye 248.

pan 315.

par füllen 250. 353.

pa schützen 209.

trinken 211. 250. 314.

pürnd 353.

prach 2217. 384.

priyd 229. 352.

pri 315.

brü 282.

bhaks 314.

bhaj mit a 229.

bhar 290.

bhi 212.

bhuj 252. 253.

bhü 370. 393, mit sdm 381.

mad 252. 315.

man 310. 380. 394,

mard 284.

mah 252.

mimaqs 229.

1) Dieser Index umfasst nur die mit Kasus verbundenen Verba und Adjektiva sowie die Adverbia. Ein vollständiger Index soll nach Schluss des ganzen Werkes folgen.

776 Index. Altindisch: mue Griechisch: dyelßopar.

muc 209. har mit prd 293, mit | man 310. 380. 394.

mud 252. vydva 327. mip 205.

mus 383. hars 252. mru 282. 380, mit ei

mrad 282. 212, mit ni 293. 248.

yat 228. 246. häs 246. ya 384.

ya 363. 384, hi 290. yaokda 209.

yüc 384. hu 228. vac 282. 380. 391.

yu 209. vat mit aps 310.

yuj 246. I vad mit upa 290. dh 246. van 383.

Vak 909. Avestisch (altpersisch.. vahikta 295.

ruh mit a 228. ares 289, västray 315.

rej 212. ah 288. 331. 393. vid mit ns 193.

vac 282. 382. 394, altp. ah 331. vidus 310.

vat mit dps 310. ! 201, mit para 289. vaen 394.

vad 394. ss 314. vortda 293.

vap mit d 228.

var vorziehen 213.

vart mit vya 248.

vah 290.

void 310. 381.

vidh 282.

vyadh 355.

vraj 363, mit abAiprä 289.

$qs mit d 228.

Jak 282.

$äs mit anu 385.

fivd 295.

$raddhä 285.

$ru 286. 310. 381. 394.

fvas mit vi 255.

sac 246.

sajosas 269.

sad 363.

san 211.

samd 269.

sar 363.

sarj 293.

sarp 363.

sic 211. 228.

sidh 282.

spardh 229. 246.

svad 283.

han mit ni, prd, prdti 324.

har zürnen 283.

altp. :5 363.

urvada 295.

kar 3719.

zwar mit fra 314.

xsi 314.

zenu 315.

garexr 282,

gareo 211. 316.

Jad 384.

Jjas 289. 363, mit x 289.

ji 383.

Jim 289.

Ju (jıw) 256.

zan 380.

za 228,

Dwazxs 363.

dar 209.

da 193. 281. 316.

da (ai. dha) 228. 379.

altp. di 283.

dis 193.

du 282.

nas 209.

peres 384.

perena 353.

frya 295.

bars 315.

bar 211. 290, mit apa 209, mit vi 248.

ı bud mit fra 212. : bi 372. 394.

sänh mit fra 384. stä 364.

sts mit uz 201. sru 310. 381. hac 246.

had 364.

hazaosa 269.

en

Griechisch.

dyalkopar 254. dym 324, 364. ddatov 354. dndesco 311. alvunar 316. alptn 321, 8. &. alten 384. dio 311. dadynpar 214. 255. dundto 313. dxunvoc 354. dxöprtoc 354. dxodn 311. dxthumv 354. dAadm 205. dAeyiio 313. dAtym 313. dAttm 210. 283. duetßopar, dpeldm 382. 328,

Index.

Auelton 314.

änpopos 354.

dpöyo 210.

dvanveöo 212.

dydoom 287. 314.

ayödvm 283.

dveyo 291.

dvıdlo 255.

dnlornuı 324.

dveıdo 321. 325.

dvyrıBoltn 321.

dvrlos 296.

Eros 354.

dein 328.

draupdm 282. 383.

drolobm 383,

arootliBm 329.

ärtopar 321.

dohyo 283.

aprdim 283.

dpyebm 287.

&pyopar 207. dpyw 207. 287.

doyaldın 214.

ätdAavros 269.

dreihs 354.

drepnßopar 205.

dros 354.

Ayvupar 214.

dyarpkopar 283. 383.

ayveıöc 353.

dpbscn 212.

dyebov, dytuv 214.

&ydopar 255.

du 252. 322.

Balvo 364.

Bali 228. 258.382.385.

Bacıledw 287. 314.

Bıdm 383.

Bidrto 203.

Bpid 252. 322.

Ppoöw 252.

Böscw 322.

yalo 254.

yanto 316.

yedopar 315.

jtyyopar 207. 208 Anm.

Griechisch: dueitom xoreu,

yovvalopar 324. yumydo 209.

det 205.

debop.ar 205. ötyonar 211. 227. 328. dm 203. 324. örddoxm 311. 385. öldmpr 281.

ölepar 203.

dıxdlm 328,

ötchrm 203. 328. 381. Boxen 283. öpdsconar 321. öbym 364,

öüm 314. 364. eyyrös 296.

elxeAos 296.

eixu 203. 293. eljl 207. 288. 331. el 203. 364. elpopar 384. eipurdn 384. exrdüm 383.

ei, ellov 323. 385. &labvm 382. Eidopar 324.

eId, TAdov 291, Ex 324.

Euopos 354. eurndlopar 313. eurohdo 330. eyavrioc 296. Zvaplln 383. Eyvunı 383. eEatvupaı 383. Fer, einov 282. 382. erarıvem 284. eratocm 324, erauploxm 321. erelyopor 324. enhBodos 354. ertxkonos 353. eriindos 354. errımalopnar 324. erın£pponar 214. enloxonos 353. ertotapar 311.

777

ertoteghs 354.

eriotegonar 322,

erlorpopos 353.

Epanar 324.

epariim 324.

&pyu 203.

Epöm 382.

Epelöonar 228. 321.

eplkm 247.

Epöxm 203.

epum 203. 324.

Epyop.ar 364.

epmem 203.

Erapiim 247.

eüvıg 353.

eydpöc 296.

En, Eyopar 203. 321. 323. 385.

Lauıdon 328.

Can 254.

hyenovedo 287.

Aytopar 287. 314. 380.

Trıos 290.

hsodopar 212.

depıotedo 287. 314.

deponar 330.

Initm 329.

lepar 324.

Hüw 325.

Indyo 364. 385.

Inveopar 364.

Tu 364.

lcos 296.

loyaydoo 324.

xaltn 380. 381.

zarlrru 385.

xaradırdkn 329,

xaptepöc 354.

4eriebm 385.

xevög 353.

do, ahöonar 205. 313.

ıurinorm 380.

Anton 316.

lvo 228.

xI0o 310.

“opevvupt 252. 322.

“orten 214. 284.

778 Index. Griechisch: zoart» Lateinisch: appropinguo.

xpattn 212. 314. xplvo 209. 328. xpönten 384. xurdo 247. wuyto 385. kayydyn 321.

Aauddvm 321. 323. 385,

Aavddvo 311. Asios 359. kelropar 212. Ahyo 203. Aıalopar 324.

Alssouar 324. 384.

Aravsoo >24. Aodopar 330. Abo 209. 328,

pdpvapaı 247.

pdyopar 247. peyalpo 214.

ptdonan 313. 330, pelpopar 321. pin 314.

ptpnaa 324. petarpkropar 313. uhdopar 382. prvio 214. plyvupı 247. pipvhoxo 311.

pyhumv 354. vepeschn 284.

veopar 364. vnio 322. viCopar 383.

vixdo, vıraopar 212.368.

381. viren 330. 385. viper 257. von 380. vospllopar 203. Euvinpı 311. 6döpopar 214. öLm 329. ödopar 313. olöa 311. 381. otvilonar 250. Storeum 325. &\opuponar 214.

VE

Sul 247. Spvugt 369. &uoros 269. 296. öpöpyvuopı 203. öylvnpu 315. &yopar 214. ornöte 247. örtaw 316.

6pkyvupı 325.

öppdopa 324. öpvupı 208 Anm.

obrdm 385. öbelm 325. rdocn 318. rattopar 315.

Tavo, Tavonar 203.

rerpdo 247. 316. repntko 316. reld,m 292, repıdldona 327. repiAänoo 383. rerdvvup: 291. rhyvupı 228. riivapar 292. rtierinpi 251. 322. rivo 315.

rinto 228. 291. rAeios 353. rinatikopar 247. rihese 385.

ren 330.

rodm 209 379. roleullm 247.

rpdrto, rpdrrond: 384.

erprdunv 227. 250. rpoudnto 291. rehtde 330. ruvdcvonar 311. rolto 328.

beim 382.

sevonar 324. onpalvo 287. 314. oruLonaı 284. orelvn 322. otepem 205.

aurldo 383.

eu 369.

tepropan 254. 315. teraydv 324, tesyw 209.

<lönpı 228. 379. za 328.

tivoo, tivopar 214. 382. rboropar 325. Tuyyavo 321. brelxu 293. bokixu 324. Epayov 315. palvopar 283. (pa) plpm 293. gedyn 203. 328. 385. odoven 214.

auto 381.

Dos 296.

obpm 322. yalonar 202. yalpın 254. yalsrdc 296. yatto 205. xapllopar 316. (baxpu) ytov 214. yhen 353.

Anpsom 205. XoAdopar 214. 284.

pauspko 283.

ypabopar 321. Yhopar 214. 284.

Yoptun 202. 293. das 321.

hdtu 203. dvkopan 227.

Lateinisch.

absum 282. abundo 252. adjuto 282. adsuesco 281. advenio 228. advolo 364. alienus 215. amans 352. appello 380.

appropinquo 292.

Index.

—- [

arceo 202. argquo 385. audaz 354. ausculto 286. benignus 354. bibo 250. capıo 211. careo 205. cassus 215. cedo 202. 293. celo 384. cogo 383. colloco 228. commeminı 311. concedo 293. confido 255. consulo 232. eredo 285. cupidus 325. cupio 284. 325. delecto 253. devenio 364. dignus 270. dives 354. doceo 385. editus 207. egenus 354. egeo 205. emo 250.

eo 29%. exzcuso 293. ergo 384. existimo 329.

Jacio 248. 329. 379.

fastidio 325. Javeo 284. Jerox 354. Jido 255. 285. Sretus 255. Fungor 253. gerens 352. ignosco 284. impero 286. impleo 251. ınanis 215. 354. indigeo 205. indigus 354.

indulgeo 284, interest 530. invideo 2833. JjJubeo 384. Judico 381. labor 202. levo 209. liber 215. libero 209. libet 283, licet 283. loco 228. locuples 354. medeor 282. memini 311. minor 283. misceo 247. mitto 290. moderor 236. moneo 335. moveo 202. natus 201. noceo 282.

nomino 380. 382.

nudus 215. obliviscor 311. onustus 354. opulentus 354.

opus est 253 Anm.

orbo 205. orbus 215. oriundus 207. oro 384. ortus 207. parco 282. pauper 354. pello 202. pendo 329. placeo 283.

plenus 269. 354.

pluit 257. posco 384. postulo 334.

potior 248. 314.

privo 205. procreatus 207. procumbo 228.

Lateinisch: arceo Germanisch: ähten. 779

prohibeo 202. prospicıo 282. : prosum 2832. recordor 311. reddo 379. refert 330. rogo 384. satur 354. satus 207. sciens 352. sequor 241. servio 282, sımilis 269. solvo 209. spolio 208. sterilis 354. sto 250. studeo 325. studiosus 325. sudo 258. sum 331. 372. sumo 211. tendo 290. utor 253. 254. vaco 215. vacuus 354. rendo 250. vereor 325. vescor 259. victito 254. videor 283. vivo 254. voco 380.

m 11111 I

Germanisch (gotisch unbezeichnet).

nhd. absagen 282. afskıuban 260. afstandan 203. mhd. nhd. alt 359. andbahtjan 283. andhausjan 286. andvasjan 205. attekan 292.

ahd. ähten 325.

Index.

Germanisch: äläten letla.

alts. alatan 210. ags. älysan 210. ags. ästigan 292. basrgan 286.

mhd. bait 355. balıyan 284.

altn. bana 262. mhd. dar 355. ags. beceorfan 206. ags. bedelan 206. beidan 325.

altn. beita 261. ags. beleösan 206. ags. beneötan 206. ags. beniman 206. ags. beredan 206. ags. beredfian 206. ags. dbescyran 206. alts. bidelian 206. bidjan 384.

ahd. diginnan 207. bileidan 262.

ahd. dilinnan 204. alte. dilösian 206. alts. bineotan 206. alts. biniman 293. ahd. distözan 204. ahd. biteilan 206. blandan 247.

altn. bläsa 257. altn. bregda 259. ags. dbregdan 259. nhd. dreist 355. altn. dreyta 261. brukjan 315. buqjan 250.

ags. bügan 365. ahd. darbön 206. ahd. denchan 312. altn. eggja 325.

mhd. erwachen 212.

ags. etan 315. altn. fara 364. altn. fa 317.

altn. /nesa 257. ahd. folgön 283. ags. forleösan 206.

_ a ln nn nn, - ee nn u m rer

ags. fornıman 293. ags. fon 292. frabugjan 261. Jrakunnan 284. 293. fraliusan 262. Jramaldrs 355. fragiman 262. Fragistjan 262. fragisinan 331. fraßjan 286. 294. Fravisan 262.

reis 355.

ahd. sıh frewan 315. Julljan, fullnan 322.

fulls 354.

agn. fyllan 252. gahrainjan 210.

gahorinon 247. gasrnjan 325. galeikon 283. galeiks 269. gamunan 311. altn. ganga 325. gasakan 284. gasoßjan 322. gaplaihan 285. gaumjan 286. gavadjon 241. gavaldan 287. mhd. nhd. geben 282. 316.

age. gedigan 262.

er

ags. gefeallan 365. ags. gefeöhan 254. ags. gensman 316. ags. geötan 258. ahd. gerön 325. ags. gestigan 365. alte. geswikan 204, altn. geta 317. mhd. gewaltec 355. gıban 316.

ahd. giboraner 208. alte. gidragan 316. alts. gıkopon 250. ahd. gsiang 296. ags. gilpan 255.

ahd. gimangolon 206. ahd. gitan 209. altn. görva 379. mhd. grä 355. mhd. gröz 354. mhd. haben 316. altn. hafa 2%. altn. hAafna 261. hasljan 210. hastan 394.

altn. halda 261. hatızon 284. hausjan 286. 294. 311. altn. heıla 261. mhd. heizen 380. ahd. helan 384. hilpan 283. 330. hleıbjan 283. altn. hniga 293. altn. koggva 382. hugjan 311.

nhd. hüten 314. altn. hvelfa 260. idveitjan 254. 293. im 331.

ahd. inberan 206. ahd. inbintan 210. insandjan 325. ahd. ırläran 210. ahd. ırläzan 210. ahd. srlösan 210. stan 315.

altn. Aasta 259. altn. Aıppa 260. altn. Anyta 261. mhd. kranc 355. kukjan 285. 293. altn. kveda 380. ags. evedan 261. lasan 284. 293. mhd. nhd. Zang 355. 356. lausjan 210.

alt. Zäta 262. mhd. leben 330. altn. legqaja 260. nhd. ehren 385. altn. deita 325.

Index. Germanisch: lekinon Litauisch: priptti. 781

lekinon 210.

alts. lettian 204. Iiban 330.

ags. linnan 204. Hiufs 296.

Tiugan 247.

altn. lüka 261. lukan 261.

altn. Zypta 260. ahd. machön 379. matjan 315. mhd. naz 355. nhd. nehmen 282.

got. ags. niman 293.

316. ahd. niotön 315. nhd. pflegen 314. ahd. queman 292. gistjan 262. gidan 261. ags. radan 249. ahd. rämen 325. reikinon 249. 287. ahd. reinan 210. rignjan 257. mhd. rich 354. mhd. röt 355. nhd. sagen 282. saian 259. sama 269. hd. sat 355. altn. s& 259. ags. sävan 259. ahd. sehan 312. mhd. sieche 355. alts. sikorön 210. sildaleikjan 214. siponjan 283. skaidan 262. skalkinon 283. skaman sik 214. 255. altn. skjöta 261. skula 296. 355. altı. slyngja 280. altn. snüa 261. altn. spilla 262. ahd. spilon 329.

ags. spivan 258. alt. steypa 260. altn. stiga 364. age. svatan 258. altn. svipta 260. altn. taka 292. taujan 379.

tekan 292. 294. mhd. tiefe 356. alte. tömsan 210. ahd. trinkan 315. altn. tina 262. Pagkjan 311. Darfe 355. baurban 206. Diudinon 249. 287. Diupjan 285. 293. ags. Bolian 206. alte, tholon 206. ufbrikan 284. ufhaugjan 286. ufstraujan 239. usagljan 284. 293. usdreiban 260. uskiusan 260. usleiban 325. usgiman 262. usgistjan 262. uspriutan 234. usvandjan 203-4. vairpan 289. vairpan 288. 394. vairps 353. valdan 314.

ahd. waltan 314. vaurkjan 379. ags. vealdan 249. altn. veifa 260. altn. velta 260. alte. wenkean 204. ags. veorpan 259. nhd. vergessen 312. altn. verpa 259. 261. vitan 286.

mhd. wichen 204. hd. vient 296. mhd. vrö 355.

altn. yppa 260. ahd. zilön 325.

Litauisch.

ateiti 326. atimti 281. atsiminti 312. atsisakjti 204. atsiskirti 204. baidyjtis 213. bijötis 213. böstis 214. büti 264. 266. 319. 332 (vergl. 288). dairjtis 312. dejüti 214. drebeti 213. düti 317. diaügtis 252. 257. eiti 326. geisti 326. gelbeti 283. girdsti 312. Jaüsti 312. Jeszköti 326. kläusti 325. klausjti 312. Ijgus 295. liukti 326. matyti 312. mölas 295. mifszti 312. mirti 256. net&kti 206. nusitikätis 255. padeti 252. paliiti 393. paragäuti 315. parnöszti 317. pasäti 265. Pastöti 264. pavirsti 264. Pilnas 326. pirkti 249. 317. pripilti 322.

782

privalyti 206. regeti 312. sakyti 282. saugöts 210. sektis 283. sdemti 317. seti 317. sitisti 326. stots 266. sudaböts 317. szlüzyts 265. 283. tureti 317. tüszczas 356. vadintsi 263. vdlgyti 315. vazıılti 326. veizddti 312. röryti 255. verkti 214.

Slavisch ‚altkirchenslavisch un- bezeichnet).

serb. bite 265. 318. serb. bjegats 291. bojati se 213.

serb. bojatt se 213. russ. bojatisja 213. serb. drinuts se 255. serb. drukati se 256. byvatı 267.

byti 265 (vgl. 208. 288). russ. dyti 219. bezati 204.

russ. beiati 204. serb. vidjeti 313. videti 312.

serb. vijate 258. viseti 229.

serb. vjersts se 247. serb. vladatı 249. elasti 249. 287. serb. voditi 291. serb. voljeti 285.

aksl. serb. vonjati 256. russ. conjati 256. serb. vredan 356. oresti 258. serb. urstan 356. vüzavideti 283. vüzeti 281. vükusıti 316. vünımatı 286. russ. vspomnits 313. eypits 316. russ. vyrosts 264. venits 249. rerovati 285. vezeti 229. glagelati 282. serb. gladan 356. serb. glasıti 263. serb. gledati 313. gonezngti 210. serb. gradits 264. serb. grijesiti 283. serb. dati 317. 380. russ. dati 317. 318. deizati 258. divits se 285. serb. didits se 255. dliEinu 270. aksl. serb. dovesti 291. 326. dovolinü 252. 270. doiti 326. russ. dordti 327. serb. dopasti 327, dostojinü 295. 356. serb. dostojan 356. serb. dods 291. 327. serb. driati 381. dychati 257. serb. Zalıtı 283. serb. Zedan 356. Zelati 326. russ. Zelati 326. serb. Zeljeti 326. serb. Zirljets 253. kidati (fidati) 326. serb. zabavljati se 248.

Index. Litauisch: pricalyti Slavisch: nagrejati se.

serb. sarıdıti 283. russ. zavıdovrati 2%. serb. zaZmurits 258. . zamotati 258. serb. zapasti 327.

. zastıdıti se 255. serb. zuati 263. russ. zvalti 263. serb. zodatı 316. zireti 313.

| aksl, serb. egrati 247.

serb. igrati se 329.

serb. «zbavits 211.

iemensti 264.

serb. iznijets 317.

serb. ıma 318.

serb. smati 317.

aksl.serb. smenovati 263. 350.

aksl. serb. iskati 326.

russ. ıskatı 326.

isplünsti 251.

ste 290.

serb. ses 290.

serb. kazatı 263. 380.

kleti se 256.

serb. Aleti se 256.

serb. klonits se 204.

russ. kljastisja 256.

kosngti (kasatı) se 229. 292.

serb. krıv 295.

kryti 212.

serb. kup:ts 311.

russ. kupsti 317.

serb. ZaZitı 283.

Inssti 206.

kügati 283.

serb. mariti 285.

serb. mahnuti 258.

serb. melati 329.

serb. meinuti 379.

serb. misisti se 256.

mindti 381.

navyknagti 287.

serb. nagledati se 322.

serb. nagrejati se 322.

Index. Slavisch: nagü chotsti.

nagü 356. serb. nadatı se 285.

serb. nadımiti se 323. nade&jati 285.

serb. nazvatı 267. serb. napiti se 322. naplüniti 322.

serb. napojıts 322. serb. napunsti 322. naresti 267.

naricati 380.

serb. nastanuti 264. nasypati 251. nasytitt 322.

naucıti 287.

serb. nahranıti 322. serb. naciniti se 267. nestt 291.

serb. obladati 249.

serb. odmetnuti se 204.

odoleti 287.

serb, odoljets 287. serb. odreci se 204. ofeniti se 246. okanıti 204.

serb. opominjati 313. serb. oprastati 283.

aksl. serb. oprostiti 211.

284. serb. osloboditi 210.

serb. ostati 267, se 204.

serb. paziti 313. gerb. pasti 327. pekti se 255.

aksl. serb. piti 250. 315.

316. serb. pitati 326. 384. plakati se 214. serb. platiti 250. serb. plasiti se 213. povininü 270. 295. podobinü 295. russ. podobnyj 295. serb. poznati 381. pozybatı 258. serb. pokazati se 380. russ. pokatiti 318.

pokloniti se 293.

serb. poklonjati se 293.

russ. poklonttisja 293. polokiti 228.

aksl. serb. pomoziti 283,

russ. pomoci 283. pominsti 313. poslusati 312.

aksl. serb. postaviti 264.

379. serb. postati 267. serb. postidits se 213. postyditi se 213. postgpiti 204. posülati 317. russ. posejati 318. potajits 212. serb. prepasti se 213. russ. prinesti 318. russ. pritvoritisja 264. prichoditi 290.

serb. promeinuti 264.

267. prositi 326. prostits 210. prostü 356. serb. procdi se 204. pretvoriti 264. serb. pur 356. pustü 356. serb. ragatt se 256. radovati se 257. 284. serb. radovatı se 284. russ. radovatisja 284. razigeiti 204. razumiıti 286. serb. razumjeti 286. rasputiti se 248. serb. rastavıti 248. retits 247. resti 282. serb. rugati se 283. russ. rugati 263. 284. rygati 257. ragati se 256. 284. serb. satvorsti 264. serb. sahranits 211.

183

svobodsti 210.

russ. sdelati 264. sirü 356.

serb. sit 356. sluiti 283.

russ. slu:its 283. siysatı 312.

serb. smerdits 256. smijati se 256. 284. serb. smijati se 256. smrüdeti 256.

russ. smejatisja 256. 284. serb. sramiti se 213. 255. serb. stavıts 379. serb. starati se 255. serb. stvoritt 267. russ. stydılisja 213. serb. suditi 249. 263. sumotriti 313. sümeßati se 247. süpatı 257.

sütvorsti 379.

sejats 317.

russ. sejatt 318. serb. tedı 319.

testi 257.

serb. trajatı 319. serb. irgovats 261. trudıti se 257.

trebe 207.

tüstt 356.

tücinü 295.

ugodits 283.

serb. uzuijats 258. serb. uzeti 281. 317. serb. upitati 384. serb. upravsti 249. upüvali 255. uslysati 312. ustgjati 287.

serb. ueiniti 264. aksl. serb. ucıti 385. russ. ucıti 287. russ. charkatı 258. serb. Ahvalıti se 255. choteti 285. 326. russ. choleti 326.

184

chranıti 210. serb. ciniti (se) 267. 380.

Altindisch.

aksnayd 555. ägre 566.

ögrena 514. angırasvdt 613. ünjasa 544. 554. 574. adatraya 555. adyd 549. 552. adresas 614. adharäd 542. 558. adhästäd 555. adhidevatdm 614. anukamdm 614. anusthü, -uyd 585. antarena 580. antıkid 558. anyedyus 551. aparäya 589. aparibhyas 546. 590. aparedyus 566. apasydya 575. apäkad 542. 558. abhitaram 624. abhisvare 566. amd 553. 580. amäd 542. 558. amuya 585.

aya 584.

arättäd 558. arthaya 589. arväk 454. alpakäd 559. ühardıvı 566. äcaturdm 614. äjarasäya 589.

ad 557.

ärad 557.

serb. cuvati se 211. euditi se 257. 285. serb. cuditi se 285.

II. Adverbia.

äre 570.

äßuya 542. 585. äsayd 574.

äsäd 557. 558. iti 536.

sdänim 625. irasyd 575.

ih&a 536.

irmä 580.

ucca 580.

uccdis 570. 558. uttarättäd 558. uttarad 542. 558. üttarena 580. utlaredyus 566. upäke 543 Anm. ubhayä 542. 580. ubhayedyus 566. uru 611.

urusyd 575. urciya 585. usdsi 548. ürdhvdm 459. rjü 611.

rjüya 575. rtaya 584.

rte 570.

ena 580. äisamas 551. ösam 612.

kdya 584. kasmäd 551. kımam 554. 597.

krtvas 5417. 554. 599.

kjama 574. kfipre 510. gavya 515. citram 611.

Index. Slavisch: chranıti Altindisch: ndvyas.

serb. skoditi 283. serb. jesti 316.

cirdm 611.

ctraralraya 5%.

cirasya 590.

cırad 5517.

ciraya 5%.

cırena 579.

jyoktamim 624.

tadanım 625.

ana 514.

tamäm 624.

tardm 625.

tärasä 574.

taräm 624.

tdvısibhis 578.

tüsmäd 557,

tid 543. 557. 559.

tiraca 580.

tayam 611.

tußnim 625.

trskrtvas 600.

daksind 543. 580.

daksınena 580.

dasyusad 551.

diva 543. 547. 574. 591.

dürdm 215. 611.

düräd 558.

düre 510.

dosa 548. 573.

dravdt 611.

dräghisthäbhis 589.

dhrsdt 611.

dhrdata 580. 584.

dhrsnü 611.

ndktam 537. 544. 548. 597.

naktaya 544. 548. 574.

nataräm 624.

nävyas, ndviyas 580. 610.

Index. Altindisch: ndevyasa Griechisch: alz;.

nivyasä, ndviyasa 580. 610.

nämagraham 604.

nica 580.

nicad 558. 580.

nicais 588.

parastäd 558.

paräcäis 588.

pararı 552.

parut 551. 552.

parögavyuts 614.

paScä 580.

palcatäd 558.

pakcäd 558.

päpdya 584.

pünar 643.

purastäd 558.

purü 612.

pürvam 613.

pürvedyüs 552. 566.

prage 544. 548. 566.

pracdtä 574.

prataram 531.

prathamdm 457. 613.

präcä 580.

präcdis 588.

prätär 548.

prägena 574.

baläd 557.

bahi$täd 558.

brhat 610. 612.

bhadram 611.

bhadräaya 584.

bhadrebhis 588.

bhasmasäd 557.

bhisa 574.

maksu 585. 642.

mak$übhis 588.

madhya 542. 580.

manuvdt 613.

mahi 612.

mithuyd, mithya 585.

mudhä 574,

mr$a 574.

mögham 611.

yathakamdm 614.

yasmäd 557.

yad 543. 557. 559, raghuyd 585. rathaya 575. rupdm 555. 601. vacasydya 515. vdram 613. varaya 589. vasintä, vasantä 551 Anm. 573. vamdya 584. vipanyä 575. vißvadänim 625. vräjdm 554. 601. Sanakdis 588. $dnais 544. 588. 641. Abham 611. $vis 536. 550. 551. 552. satydm 613. sadivas 566. sadyds 551. 566. sanäd 542. 558. sdnemi 580. samand 574. samdya 585. samtaräm 624. sdhasa ST4. sdhobhis 518. süktad 557. sädhu 611. sädhuya 585. samt 613. säydm 548. säydmprätar 548. sukhäm 611. sugätuya 575. svapnayä 574. hastagr'hya 606. hiranyaya 575. hyds 536. 549. 551.

Avestisch. adap 559. adais 589. antaranaemap 559. apaitibusti 614.

Delbrück, Vergl. Syntax der indogerm. Sprachen, I,

1785

asne 215. ärtunrim 614. äbritim 614. apbıtim 614. äsistem 614. üsuya 585. upairinagmäp 559. uskap 559. 563. eres 614.

äis 589.

| kambistem 614.

zsvalaya-cid 580. PBritim 614. Dwäsem 614. dareyem 614. näumaya-cıp 580. nistaranasmäh 559. nyäpem 614. paskap 559. paityäpem 614. paurvanazmäp 559. paoirim 614. pourutemäris 589. frasstem 614. Fraorep 614.

bitim 614. bäidistem 614. mosu 585. 642. vispäis 589. 641. vaenemnem 614. haıdim 614.

nn

Griechisch.

dyada 617. areinöov 607. dyxde 569. äyyıorov 617. dyyod 537. 591. aonyy 605. ddıya 617. dexntı 572, ddeel 571. alet 566.

alev 566.

ales 566.

50

786

alvd 617.

alvs 561.

ala 630,

dxä 586.

duty 625. 626. dxuhv 597. drovırst 571. dxovri 572.

Dig 587. dAAayı 588. An 588.

Dis 559. 560. äpa 630.

duä 588.

duapry 586. duayınd 571. duBihönv 605. dußorddm 606. dun 587. . dungen 588. daoymi 571. dupadd 608. dupadinv 625. dppadsy 607. dydyan 554. 575. dvaramti 571. dvavta 637. dvaotadöv 607. dvapavdd 608. dvamavddy 607. dyßpıott 572. dveöpentt 571. dvourmtl 571. dvra 631.

dvem 626. dveßinv 555. 625, dvrißrov 625. dvrlov, dvrla 618. dva 537. 582. dvaıoıt 571. dyotdtm, dvatipm 582. ärab 570. drootadd- &6v 607. 608. drprdenv 626. drottpm 582. dprotivörv 606. dppoi 221.

dpyhv 597. dsrovdel 571. dorovdt 571. dosortpm 582. daulct 571. drpenel 571. drruixıori 572.

aödnpepet 571. abpıov 550. 616.

aörnnap 597. avrotver 571. abrovuyt 571. abrooyedinv 625.

abrooyedöv, -&d 607.608.

abrod 537. 591. abrus 559. 560. dpa 581. | dyoppov 455. 616. Bad 605. 607. Bapta 617. Borpud6v 607. Bölnv 606.

wöE 569.

dein 548. deıvd 617.

&nas 555. 600. debtepov 616. önmocte 586.

&hv 626. Staxpıdöv 607. ölxıy 600. dertAet 970.

&tyy 588. &mpedv 554. 602. &mpodoxnert 571. ömrtvnv 554. 602. &ypnyopri 571. &deAovendöv 572. edeAovrt 572.

ei 572.

elx7; 586.

elom 537, 582. exaoıdtoo, -tepm 582, Exatepf 587. exei 573.

Exı 562. 572, Exovet 572,

Index. Griechisch: alv& Isov.

tıroöhv 638. &leewd 617. euBad6dv 607. eunıhydnv 606. turodchv 636. Evavra 637. evavtiov 618. tvavtioc 556. evötkıa 616. evioyepcb 538. evraudoi 573. tvory 575. ekavapavdöv 607. e£eins 590.

eeerı 644.

Eoya 618. 619. 630. Em 537. 581. erıypdßönv 606. erıdekra 616. enılapelüs 542. erlyönv 605. 606. erıotadsv 607. entotpopdönv 606. erısyepb 538. 581. entrpoydönv 606. tortpa; 548,

tom 537.

treöy 613.

eupdE 569.

eöpo 616.

7 586. 587.

186 556.

Ira 630.

Autpas 747.

hoöc 548.

pr 548. 567.

Asuyti 586. nyı 587.

dad 630. Yässov 617. Hopale 554. 596. Ybpascı 554. Hopnde 554. Yüupnpı 554.

(dig 555. 586. Madöy 608.

loov, -a 617. 618.

Index. Griechisch: xaxüs ro.

xarüc 562. xdiNıora 617. zalöy, xald 618. xdpra 562. 631. xataxpiidev 636. xardrpnc 636. »dravta 637. xaravıınpb 641. atapuradöv 608. xarevavtiov 636. xarevorna 636. adın 537. 582. xaropadöy 608. xAayyndöv 608. “Ahönv 606. x0tyn) 955. 986. zomıön 575. xoupiE 569. xparnvd 617. xpbßda 608. xpbßönv 606. xpupa 631. xpugndöov 607. *pup 986. xuxköce 554, Addpn 586.

AdE 569.

ıtya 630. Atydry 605. 606. Atıy 626.

Ara 601. narpa 617. paxpav 626. pdia 540. 630, nalaxüc 562. nudiıota 617. 618. pärdov 617. puarnv 626. nad 642.

peya 555. 617. 618. 631. weyara 617, weyalus 562. peyalwort 562. neßüctepov 636. nekerort 572. uesor 544. 570.

neradponadnv 606.

petastoryi 572. peröniche 641. ulyda 608. pörıs 578. poArmöcv 608. kovayı) 588. pouva& 569. veov 616. vewott 562. wmrowel 571. voxtwp 548. voya 548. Euvronwtdtug 562. 66dE 569. olxade 553. olxer 221. 553. olxodev 553.

olxor 221. 544. 546. 553.

568. olazpa 617. öAtyou 559. 619. 6A0d 617. öpaprhönv 606. öpradöv 608. önodupadöv 608. öpolmg 556. önob 537. 591. önöäg, Suumc 559. 560. Svap 602. Övopaxıhönv 606. övonaart 571. oEta 617. öküratov 617. öng 586. öneı 572.

ömn, Smi, Inn 586. 587.

örtow 538. 581. örnou 537.

örem 581 Anm. 6pdostaöny 606. öcov 616. 617. 619. od 537.

obdanı) 588. oddanod 537.

odtu, obrws 559. 561.

580. öya 630.

787

rauhönv 605. rdpnpwtov, -a 618. raybnpel 572. raydupad6v 608. ravormla 575. ravonıdel 572. ravstparıq 575. ravauöiy 544. 554. 575. ravtayg 588. rdven 588. rdytws 559. 561. rapaßıhönv 605. rapaxiıdöv 607. rdpavta 637. rapactad6y 607. rapaypfiza 636. rein 586.

rei 581. 582. repnv 626. reprotad6v 607. repust, nepurı 551. rg, nn 587.

rınv 626.

rot 573.

roAla 616. roAlayn 588. roAAdy 616.

road 616. 618. röppw 538.

rod, nou 581. 591. rpoixa 554. 602. rpöcow 538. 581. rposwrarw, -tipw 582. rporepw 582. rporporadnv 606. rpobpyou 636. rpöpacıy 540. 601. rpdnv 550. 625. rpwt 548.

rpwıla 550. rpdriorov 617. rpürtov 457. 616. roxa 630.

ruxva 619.

rü& 569.

rupyndöv 608.

rw 583,

50*

788 Index. rüc, Ts 559. 561. beia 619. 630.

biepa 630.

bußöv 607.

sapa 630.

ohnepov 549, 551. 616,

ofites 551. amrn 540. 575. spepdalta 617. srousn 546. 554. 575, sparpndöv 608. spößpa 631. oyedlnv 555. 625. oyedöy 607. oyoAy 575. zappta 616. tabryg 597. zaya 542. 630. rayıora 617. taylorıv 559. terparAn 586. zerpatov 616. co 587.

zyöe 587.

mod 537. 591. npepov 549. 551. envei 572,

my& 581. tites 551. zahönv 606. rotov 619.

tösov 616. 619. routet 572, <pırıy 586. zpıstoryi 572. zplzov 616. zpıyn 988. zpörov 600. urdöy, -a 616. tdc 559.

ut 572.

Örrap 602. breeppopov 636. droßihönv 605. Dorepov 617. öbod 537. 591. yalayymö6v 608.

plus 562. yaleras 562. yapnadıc 554. yanalce 554. Yapader 554. xapal 554. 590. yavdöv 607.

yapıy 546. 555. 556. 601.

des 536. 549.

ydıra 549. 550. XH:Löv 616.

» 581 Anm.

wde 582.

dıxa 542. 630.

orep 581.

üpacı 543.

ds, dis 557. 559. 560.

Italisch (latein. unbezeichnet).

adaeque 641. adamussim 631. adfatım 637. adhuc 641. admodum 637. aeque 563.

alıa 619.

alıas 626.

alıo 583.

alıquam,aliquamdıu 626.

aliquantum 565. aliqui 583. alted 559. alteras 626. alternıs 589. altro 583.

osk. amprufid 563. antea 638. antehac 638. antıgerio 575. apprime 564. arcano 564. augurato 564. auspicato 564.

Griechisch: rös Italisch: ertemplo.

bene 563. bifariam 626. caesım 608. catervatim 610. causa 559. 576. certe 569. certo 564. 569. cetera 610. 619. cito 584, citro 583. clam 626. comminus 631. commodum 619. composito 564. confertim 608. contra 565. coram 628, cottidiano 564. cras 536. 550. 552. crebro 564. cumprimis 632. cumulatım 610. curriculo 575. cursim 608. demum 626. denuo 637. deprassentiarum 637. derepenti 631. dextra 569. dextro 583. desubito 637. diluculo 548. 575. directe 565. diu 224. 546. 547. dius 627. domi 544. 545. 546. 553. 568. domo 553. 562. 575. domum 553. 596. dudum 626. ea 56». emmus 631. eo, eodem 583. ergo 576. 637. exzamussım 546. 641. erım 583. extemplo 637.

Index. Italisch: extrad secus.

eztrad 565. Jactte 619. factlumed 563. Jalso 564. fere 563. Jferme 563. Joras 5471. 554. 596. Joris 554. 570. Jors 591. Forte 575. Fortuito 564.

Jfrustra 565.

(td) genus 602. gratia 576.

gratiss, gratis 554. 578. hac 565.

heri 224. 550. 552. hie 546.

hinc 583.

hoc 583.

hodie 223. 549. humi 554.

slsco 637.

tlla 565.

ülım 583. 608. sdlo, slloc 583, smpendio 575. 576. impraesentiarum 637. imprimis 637. incassum 637. incertce 565. incerto 565.

inde 546. ingratiis, ingratis 579. instio 575.

instar 555. 602. inter 601. interdius 627. interea 638. interim 583. intervias 638. intestato 564. intra 565.

intro 583.

invicem 637.

istim 583. 608, isto 583.

sta 536.

longe 565.

lucı 223. 544. 548. magis 619. magnopere 575.

magnum 619. male 564.

manı 224. 548. matutino 564. meatim 589. 610. meritod 564. mire 564. mirsfice 564. mirimodis 579. misere 564. modo 555. 575. mordsceus 627. moz 591. 642. multimodis 579. multo 564. multum 619. mutuo 564. nıhtlo 564. nımio 564. 6565. nımis 619.

noctu 224. 544.547. 548. nostratim 610. nox 548. 591. nudıus 550. 627. numero 554. 575. 576. obiter 631. obviam 637. olım 583. 608. omnia 619. omnimodis 579.

oppido 541.554. 567.575.

palam 626.

partım 543. 554.598.603.

paulo 564.

pedetentim 610.

penes 566.

ver (antioper, tantisper) 600.

peregre 220 Anm., 551.

perendie 223. 551.

1 perperam 626.

perpetuo 564.

189

umbr. petiropert 600. pogtea 638. posthac 638. postidea 638. postmodo 638. postridie 552. 577. praefiscınt 638. praesertim 610. praeterea 638. precario 564. pridie 223. 552. principio 575. primo 564. primum 456. 619. prius 619. privato 575. promsscam 626. propediem 638. propemodum 638. propterea 638. protelo 575. protinam 626. umbr. prufe 563. qua 565.

quam 626.

quanto 564.

quapropter 638.

qui 583.

quo, quoquam, quoquo, quopiam, quovis 583.

quotannıs 570.

quotoalendis 570.

raro 564.

recens 619.

recta 565.

rected 563.

repente 584.

repentino 564.

retro 583.

rite 567. 575.

rure 562. 575.

rus 596.

sane 563.

satıs 619.

secreto 564.

secundum 556.

secus 627.

790 Index, Italisch: sedulo Germanisch: iupapro. sedulo 638. | ahd. mhd. alles 545.594. | got. ahd. Alu 620. serio 564. nhd. alleweile 598. altn. fjerb 551. simitu 576. allis 594. nhd. Augs 554. 593. sinsstra 565. nhd. allzeit 593. altn. fornum 589. sortito 564. mhd. alzuges 593. framıs 621. sponte 544. 575. anaks 594. Framvigis 592. statim 609. ahd. anawert, -tes 545 | nhd, früh 548. sublimen 638. ahd. anderes 594. Jrumist 621. summe 564. andvairpıs 594. nhd. fürwahr 639. summum 619. nhd. angeblich 540. ahd. mhd. gähes 59. suprad 565. -ba, Adv. auf, got. 632. | ganoh 620. tam 626. mhd. beidenthalben 570. | nhd. ganz 541. tanto 564. nhd. beiseit 639. ahd. göstaron, nhd. ge- temere 567. 619. ags. beorhte 634. stern 550. 589. temperi 223. bisunjane 591. gistradagis 547. 550.592. -ter, Adv. auf 631. altn. draut 598. 594. totiens 627. dalapro 556. altn. garnan 621. tractım 608. mhd. danwert 620. nhd. halben 570. tuatım 610. nhd. dieweil 598. haldis 621. ultra 565. -dingse, Adv. auf, nhd. | halıs 598. ultro 583. 635. -halp, Adv. auf, mhd. una 565. mhd. drabes 593. 598. utrimque 583. altn. driugan 545. 627, | altn. hardan 627. utroque 583. driugt 545, driugsem | ahd. harto 620. valde 563. 545. 589. hauhis 621. venum 596. ags. dropmalum 554.579. | ags. hedipum 554. 579. vero 564. -e, Adv. auf, ags. 634. | altn. hewna 568. vesperi 223. 548. ags. ealles 5%. ahd. mhd. nhd. Aeime, viceom 544. 555. 603. ahd. ögester 550. heim 553. 568. 596. volup 603. nhd. ehegestern 550. ahd. heimort 620. vulgo 554. 575. mhd. eines 594. ahd. heimwartes 5%. ahd. einezem 589. nhd. heint 549. 598. nn ahd. elshhör 621. nhd. Aeuer 551. 576. . elles 594. nhd. heute 543. 546. 549.

‚Germanisch mhä.entoßrh, entwärhes | 576.

(gotisch unbezeichnet). 545. mhd. hinaht 549. 598.

-a, Adv. auf, altn. 633.

nhd. abends 548.

ahd. afterwert 620. aw 597.

aljaleıkos 621. aljahro 556.

allapro 556.

ahd. alla, 545.

nhd. alldieweil 598. nhd. allenthalben 570. nhd. allerdings 594.

ahd. &o 598.

ahd. örist 545.

nhd. erstens 594.

ags. fäcne 540. 577.

ags. füste 634.

fasırra 633.

Jairraßro 556.

-falls, Adv.auf, nhd.635.

nhd. falls 593.

ahd. fer, ferro, ferron 545.

mhd. Ainwert 620.

mhd. Asutelanc 620.

hvapro 556.

ahd. Awilön 579.

ags. huilum 579.

ags. huyrftum 579.

-ing-, Adv. mit, germ. 635.

innapro 556.

ahd. inwert 620.

supaßro 556.

Index.

altn. jafnan 555. 621.

JjJampro 556.

ahd. järliches 598.

nhd. je 544. 598.

nhd. jenseits 594.

nhd. keineswegs 593.

nhd. Araft 639.

nhd. Areuzweis 555.

altn. Aropturligan 555. 627.

mhd. kurzwilen 579.

landis 592.

mhd. Zange, langes 545.

nhd. langsam 544.

altn. längt 545.

nhd. Zaut 639.

ahd. Zeidor 621. _

leitil 620.

altn. Zengi 545.

-Isch, Adv. auf, ahd. 633.

ags. listum 579.

ags. Jitlum 589.

altn. /ongum 589.

ags. lustum 579.

mhd. Züte 545.

ahd. /uzil, luzilem, luzilo 545.

ahd. /uzzikem 589.

mais 621. .

-mäl, Adv.auf, ahd. 599. 600. 635.

ahd. mänötliches 594.

-massen, Adv. auf, nhd. 636.

mhd. mäzen 579.

mhd. meistiesl 598.

ags. micles 594.

ags. miclum 589. 641.

ahd. mihhil, mhd. michel 620.

altn. mıkınn 627.

mhd. minneclichen 589.

mins 621.

nhd. mittwochs 592.

altn. mjok 620.

nhd. morgens 546. 548. 550. 592.

Germanisch:: jafnan Litauisch: aukszeyn.

ahd. muozöm 519.

ahd. mhd. nahtes, nhd. nachts 544. 548. 592.

ahd. mhd. nalles 594.

ags. neddes 593.

ags. nealles 594.

nhd. neben 639.

mhd. nehten 549.550.579.

nehva 633.

ahd. mhd. niuwes, ni- wanes 594.

ahd. nötı 554. 577.

-o, Adv. auf, got. ahd. alts. 633.

raıhtaba 545.

raihtis 545. 594.

ahd. mhd. röhtes 594.

nhd. ringe 554. 593.

ahd. rämöor 621.

altn. säran 627.

ags. sare 571.

nhd. schnurstracks 594.

mhd. schuftes 593.

nhd. schweigend 540.

. sehr 571.

. sıd, sidan 545.

. sidarla, sidla 545.

. simbles 594.

. singales 545.

. singallice 545.

. mhd. slöhtes 594.

ahd. slsumöor 621.

ahd. smählihhem 589.

sniumundos 621.

ags. sona 634.

nhd. spornstreschs 593.

ahd. staphmälum 579.

ahd. stephim 519.

nhd. stracks 594.

ags. stundmelum 579.

altn, ags. stundum 579.

ags. südveard, -es 594. 620.

sumana 545.

ahd. mhd. sumes 545.594.

ahd. sumstunt 598.

suns 594.

791

svare 591.

mhd. tagelanc 620.

ahd. tageliches 594.

ags. tela, teala 634.

nhd. thesis 554. 593.

mhd. triuwen 579.

mhd. twerhes 545. 591.

Banaseıps 621.

Bapro 556.

nhd. überall 639.

nhd. überein 639.

nhd. üderhaupt 639.

-ung-, Adv. mit, germ. 635.

nhd. unterwegen, -wegs 638 Anm.

ahd. unzitim 579.

ags. upveard, -des 594. 620.

utabro 556.

ahd. uzwert, -tes 594. 620.

varla 633.

varrs 621.

mhd, vert 551.

mhd. Auges 593.

nhd. vorgestern 550.

ahd, wöhsalum 579.

nhd. wenig 620.

mhd. wilen, wilent 579.

ahd. winteres 592.

-wis, Adv. auf, mhd.598.

alts. wundrum 579.

ags. vundrum 579.

nhd. zumal 639.

Litauisch.

-at, Adv. auf, 622. anapus 599.

anaszäl 599.

andai 568.

ankstı 548.

apylanka, -komis 517. atgäl 640.

auksztyn 590.

792 Index. Litauisch: czesö Slavisch: zımuske. excsu 577. samplata 577 Anm. serb. vucks 589. 568. senyn 544. 590. russ. vcera 550.552. 594.

dyka 577 Anm. syk, syki 554. vünu 59. drauge 568. slapta 517. vänü 623. doisedäa 577. staiga 577 Anm. vütoricejq 578. gana 577 Anm. stesgomts 579. vysocd 573. gretä 577 Anm. storyn 5%. oyse 623. üguemst 5717. seidmsyk 590. videra 550. 594. isztäs 640. seianden 547. 549. 598. | veste 623 kait, kaftq, kaits, kar- | szimet 551. gigbode 623.

tüs 544. 600. saäliais 579. kleinr. gorjac6, gorjad kartais 579. tai 622. 542. kartuäta 517 Anm. Wwezöms 579. serb. gorje 568 kasdän 629. &lomis 579. gors 569. kasmäts 629. tolyn 5%. grüdisky 589. kasnäkt 629. twiezes 577. russ. gusemü 578 kasryts 629. üzvakar 550. 598. kleinr. daund 542 kidpomis 579. väkar 550. 588. dalede 623. küczes 517. vidui 568. serb. danas 549. 599 laükan 554. visumsdt 577. serb. danaske 5%. laukd 554. 568. lett. witamis 579. serb. danjom, danju 571. mame 577. zövada 577. russ. daromü 554. 578. nam: 553. 568, iemyn 59%. russ. dvorjanski 589. namön, 553, serb. djipimice 595. naromls 579. nn russ. dnemü 547. näkucrös 577. russ. dnesi 549. 59% neredü 577. . Blavisch kleinr. döbre, dobrö 542. noroms nenoroms 579. (eltkirchenslavisch UN | russ. dobromü 584. padäniut 568. bezeichnet). dobr& 573. paellius, -sumss 568. aky 589. serb. dolje 569 pakastomis 579. bezdobt 623. russ. dolovt, doloj 5% pakeliut 568. blazs 573. dols 590. paköjui 568. blizü 623, dols 569. palengva 577 Anm. serb. bodimice 595. doma 553. 568. palipomis 519. bolje 623. domovs, domovi 5% parankıus 568. russ. borzs 573. russ. domovi, domaj 5% pavkjus 568. russ. bosikomü 578. (568). pasigiui 568. büßjg 578. dinijq 547. 577. permär 640. bedind 573. dinist 549. 599. pernai 551. kleinr. veliko 542. serb. Zenski 589. pesta 577. russ. verchomü 578. Kenisky 589. piktyn 590. russ. vecerkomü 548. Kestode 623. pirmä 577 Anm. russ. vederomü 548. serb. ämurecke 5%. poryt 551. 568. serb. vikom 578. russ. zavira 551. preszaıs 589. serb. vrzimice 595. serb. zims 551. 569. pusiai 569. vrüchu 537. serb. zimus 551. 59. rytö, rytdj 550. 568. serb. vucke 596. serb. zimuske 5%.

Index. Slavisch: zlaradice juce. 793

serb. zlaradice 596. russ. nagisomü 578, pisisky 589. kleinr. znudcno, znadnö | serb. naguske 596. russ. peskomü 578.

542. russ. najbohse 623. razino 623. serb. zorom 548. russ. nakanung 552. russ. russki 589. züle 573. serb. namah 640. russ. segodnja 549. zelo 623. serb. naocdigled 596. russ. sejcasü 599. iskri, iskry 640. serb. naociglece 596. russ. skatomü 578. russ. korpomü 578. serb. natraske 596. russ. skoreniko 623. serb. koso 623. serb. naskı 589. 610. russ. skoro 623. kleinr. Aräsno, krasnö | serb. nemilice 595. slovenisky 589.

542. gerb. nehotice 595. srede 569. russ. krej, kri 640. nizü 623. gerb. stojecke 596. gerb. Arıidımice 595. russ. nıkomü 578. russ. stoykomü 578. serb. krimice 595. serb. nicıce 595. serb. strmoglav 596. russ. krugomü 554. 577. | russ. nickomü 578. serb. strmoglavice 596. russ. krepes 573. serb. nodas 549. 599. strümoglavi 623. krepüce 573. serb. nodu 577. serb. sjutra 550. 552. akal. serb. Zani 569. russ. nocesi 549. 599. serb. sjutradan 552. 599.

latinisky 589.

serb. leZecke 596. serb. Ziho 623.

serb. Yeti 551. 569. serb. Yetos 551. 599. russ. Zont 551. higüce 573.

Diz& 569.

russ. l&iosi 599. lktyjg 578.

Yubo 623.

kleinr. Yubjaznd 542, malo 623.

malomi 584.

serb. malcice 595. maly 589.

serb. mahom 578. meidu 543. 569. 641. mitusi 569.

mite 569.

serb. mojsks 589. serb. mrvice 554. 595. russ. muieski 589. serb. muski 589, serb. mucke 596. münokicgq 578. russ. nagiskoj 578.

nostijq 547. 548. 577. obiscine 569.

serb. ovcas 599.

serb. odmah 640. serb. okolo 640.

serb. onovecer: 550. 569.

onomadne 569. onomedni 569. oncas 599. serb. opet 640. russ. opromeliju 578. opeti 640.

ruse. opjati 640. paky 589.

serb. poimence 596. posledi 623. 640. pravda 629.

pravde 569. pravicemt 584.

serb. prekjuce 550. serb. preklanı 552, gerb. preksinod 550. serb. proljetos 552. protiwq 626. prüvoje 623.

premo 623.

serb. pustimidke 596.

serb. russ. serb.

russ. taqjkomü 578.

serb. tqjom 578.

russ. iverdeniko 623.

russ. iverdo 623.

russ. tverdovato 623.

russ. teperi 624.

serb. toprv 624.

toprüvo 624.

russ. totcasü 599,

tretijicejq 578.

trebe 573.

tücjg 578.

utre 550. 569.

serb. hitimice 595.

kleinr. chörose 542.

serb. hottmice, hotimce 595.

russ. distechoniko 623.

russ. cisteniko 623.

russ. disto 623.

-isky, Adv. auf, 589.

Jjave 573,

gerb. jesenas 551.

serb. jutroske 596.

serb. juce, juder, jucera 550. 594.

Nachträge und Berichtigungen.

Zu 8. 150 unter Milch: Brugmann macht mich darauf aufmerksam, dass in melocon ein singularischer Instrumentalis auf ms stecken könne, von dem Grundriss 2, 638 oben die Rede ist.

Zu S. 253 bemerkt Brugmann: »8. 253 stellen Sie in der altüblichen Weise utor mit ai. av zusammen. Das geht nicht wegen osk. sittiuf usus, usio (aus *oststiön-) und pälign. oisa usa. utor ostor ist uritalisches *osölr), das unmöglich mit av zusammengebracht werden kann. Ausseritalische Verwandte zu ost- sind noch nicht gefunden.«

Zu 8. 334: »Der objektive Genitiv ist an die Stelle eines anderen Kasus getreten.« Bei der Formulierung dieses Satzes sind (worauf mich Brugmann aufmerksam macht) die Fälle wie memoria rerum gestarum über- sehen worden, die insofern anders liegen, als schon das Verbum mit dem Genetiv verbunden war.

Zu 8.365. Wie mir Leskien mittheilt, ist der Akkusativ der Rich- tung im Litauischen doch nachzuweisen, und zwar finden sich eine Menge von Beispielen in Jusskeviez, Dainos, so: iszveze Vilniaus möstälj fahr aus in die Stadt Vilna; zöme püle fiel zur! Erde; Zdisıv bernäh rütu darzq wir wollen .den Burschen in den Rautengarten lassen; m2s vazıüsim sveczk szält wir werden in das Land der Fremden [in die Fremde) fahren.

Zu 8.535 ff. J. Zubaty handelt jetzt in IF. 3, 119 über einige lit. und lettische adverbiell gebrauchte Instrumentalendungen.

Zu S. 595 bemerkt Leskien: In einer Abhandlung von Maretid, Hrvatogrpski adverbi na ice, ce, ke (Rad der südslav. Akakemie Heft % [1889)) wird die Sache anders erklärt. Es wird geleugnet, dass überhaupt der Gen, die Art und Weise bezeichnen könne. Man habe anfangs gesagt iz novice (Gen. von novica, abhängig von iz, 'ganz gleichbedeutend mit « nova). Das wurde,' unter einen Accent ‘gestellt, "als .ein Wort empfun- den, iznovicee.e Nach solchen Mustern habe man dann gebildet z. naocice, naustice u. 8.w., schliesslich sei ice, ce, ke allgemein geworden.

Nachträge und Berichtigungen. 795

8, 2. 6 v. u. ein sich zu tilgen.

30, - 14 - o. lies in dem Kapitel.

78, - 15 - u. lies nach statt noch.

133 lies $ 39 statt 32.

136, 2 Au. 5 v. u. lies remeni sapogu ... . Joh. 1, 27 statt remenü

sapogü .. .. Joh.1, 2,7.

158, - 10 v. u. lies qsäbhyam statt gsahhyam.

229, - 19 - o. lies dstvevd statt dätvevd. 317, - 15 - u. lies posljeti statt posljeti. 318, - 13 u. 14 v. o. lies söjati und pos&jatt statt s&jati und posgjati. 325, - 5 v. u. lies $ 250 statt 8 249. 426, - 4 - o. lies de sage statt de lage. 459, - 13 - u. lies dareya statt daregha. 507 lies 8 220 statt 22. 559, 2. 14 v. o. lies modale statt lokale. 578 Mitte lies styykomü statt stejkom. 623, 2.5 v. u, lies sirmoglavi statt strınoglavi.

Drack von Breitkopf & Härtel in Leipzig.