RER ERNERTG af, rn Verde " Fr A, I R te BERLIN vn Yen: Zeeme or r ae ne r n Gt 5 FERN EA un eat und . . R Cr Ps "2 DE en he ee ne y WS VE ar en ei EEE CR Smithsonian Institution —Jibraries Alexander Wetmore 1946 ixth decretary 1953 I Er a ER et 4 Erg! { SER 002 u Z i EN Birds GRUNDRISS DER VERGLEICHENDEN ANATOMIE VON ’ ’ ‚Mt ROFESSUR DER ANATOMIE UND DIRECTOR DER ANATOMISCHEN ANSTALT ZU HEIDELBERG ZWEITE VERBESSERTE AUFLAGE. MIT 356 FIGUREN IN HOLZSCHNITT. >> IND U DI \ SEP 06 1983 Te Re | LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 1878. Das Recht der Uebersetzung in fremde Sprachen behalten sich Verfasser und Verleger vor. VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE. Seit ich die Umarbeitung meiner Grundzüge der vergleichenden Anatomie in die erste Auflage dieses Grundrisses ausgeführt habe, ist eine Erweiterung und Sicherstellung unseres Wissens auf fast allen Gebietstheilen jener Disciplin in so reichem Maasse erfolgt, dass die Herstellung einer zweiten Auflage des Grundrisses mir als keine leichte Aufgabe erscheinen durfte. Ich habe mich dersel- ben jedoch mit Freude unterzogen; boten sich doch so viele Zeug- nisse für das Eindringen der Entwickelungsidee in die anatomische Forschung! Scheint sich damit die Bahn zu ebnen, auf welcher die Wissenschaft gedeihlich fortzuschreiten vermag, so ist die Strecke des zurückgelegten Weges doch nur kurz, im Vergleiche zu jener die unabsehbar vor uns liegt. Jede Lösung einer Frage wirft deren wieder neue auf, und setzt Anderes in Fluss, was vorher eine be- stimmtere Gestalt gewonnen zu haben schien. Daraus erwachsen bedeutende Schwierigkeiten für eine mehr zusammenfassende Dar- stellung wie sie ein Lehrbuch bieten soll. Ich war bestrebt diesen Schwierigkeiten so viel als möglich aus dem Wege zu gehen. wo ich sie nicht überwinden konnte. Manches blieb unverändert, weil die darauf bezüglichen Untersuchungen eine gründliche, in ihrer concreten Form noch nicht übersehbare Umgestaltung in Aussicht stellten. In der Anordnung des Stoffes habe ich Einiges modifieirt. Dass ich die Brachiopoden von den Mollusken schied und als selbstän- digen Thierstamm behandelte, dürfte nicht zu tadeln sein. Es ist IV Vorwort zur zweiten Auflage. auch mehr eine äusserliche Neueg, da ich bereits in den »Grund- zügen« die bedeutende Verschiedenheit jener von den »übrigen Mol- lusken« hervorgehoben hatte: Ein ähnliches an den Tunieaten aus- geübtes Verfahren bedarf heutzutage gleichfalls keiner speciellen Rechtfertigung. Eine coneisere Darstellung gestattete einige Vermehrung des thatsächlichen Inhaltes ohne nennenswerthe Vergrösserung des Um- fanges. Freilich konnte dabei nur das, was mir als Hauptsächliches erschien, Berücksichtigung finden, und vieles, selbst wichtiges Detail fand an dem durch die Bestimmung des Buches gegebenen Um- fang seine Schranke. Frühere Fehler zu verbessern, auch einigen formalen Mängeln abzuhelfen war ich bemüht. Was von beiden sich forterhielt oder etwa neu sich einschlich, wird bei den sowohl der Ausdehnung unserer Wissenschaft als auch mit dem Zwecke meiner Aufgabe vertrauten Fachgenossen eine billige Beurtheilung finden. Ihnen hoffte ich zu genügen, und werde damit für die Mühe der Arbeit entschädigt sein. Heidelberg, im November 1877. C. Gegenbaur. Paragraph. W..2. 3—A0. 64— 70. N 72—1S. Te 80. 81. 82. 33. 84. 85. 86—93. 94—98. INHALTSVERZEICHNISS. Einleitung. Begriff und Aufgabe der vergleichenden Analomie . Allgemeiner Theil. Aufbau des Thierleibes. Organe und Ei Differenzirung ; Erster Zustand des 'thierischen Organismus. Die Zelle. Differenzirung %: I eschen Organismus E Entstehung der Gewebe . A. Vegetative Gewebe . Epithelien . Bindesubstanzen er E50 hg Formelemente «er ernährenden Flüssigkeit B. Animale Gewebe. Muskelgewebe Nervengewebe Entstehung der Organe. Örgansysteme a) Integument . b) Skelet . c) Muskeln d; Nervensystem. e) Sinnesorgane . f) Respiratorische Organe des Integumentes. (Hautkiemen). ge) Excretionsorgane. h) Darm : Respiratorische Org gane des "Darmes : i) Gefässsysiem . . k) Fortpflanzungsorgane. Veränderung der Organe. . Ausbildung und Rückbildung. Correlation der Organe . : Grundformen der Thier körper. Metamerie des Körpers. Vergleichung der Organe. Sy stematische Glieder ung des 'Thier reiches. Literarische Hilfsmittel der vergleichenden Anatomie. Specieller Theil. Erster Abschnitt. Protozoen. Allgemeine Uebersicht. Literatur Organisation der Protozoön! Zweiter Abschnitt. Cölenteraten (Zoophvta). Allgemeine Uebersicht . Literatur Körperform . Gliedmassen . Integument . Skelet. Muskelsystem . Nervensystem . Sinnesorgane . Darmkanal - Geschlechtsorgane . \l Paragraph. "ER 100— 403, 404. A405. 106. 107 —AMM. 112. 43. AA. 445—121. 1232. 123. 424. 425. 126. 427—132. 133. 484. 435. 136. 37 —AM. 442 —445. 446—156. #57, 4158— 164. 162. 163— 167. 468. 169. 470. 1741—173. 183. 184, 185. 186. 487. 185— 190. 491—193, 194, 195 —200, 201. 202. 203, 204—206. 207— 211. 312. Inhaltsverzeichniss. Dritter A bsaggmitı. Würmer, Allgemeine Uebersicht . Literatur. . . Körperform : Gliedmassen as ä- nehmer ale Krabat Aeussere Kiemen. Integument a DEETNONE, SKOJBE 7 a re ER Muskelsystem Nervensystem . Sinnesorgane. Tastorgane . Sehorgane Hörorgane . Darmcanal. Darmkiemen Anhangsorgane des Darmcanals Leibeshöhle . Gefässsystem. Excretionsorgane . Geschlechtsorgane Vierter Absehnitt. Eehinodermen. Allgemeine Uebersicht. Literatur. körperform Gliedmassen . Integument und Hautskelet Muskelsystem a A re Nervensystem . Sinnesorgane Dar mcanal. Anhangsorgane des Darmcanals. Leibeshöhle . Gefässsystem. Blutgefässe . ; l Wiassergefässen 7 7.2 MRBIERR TE Excretionsorgane. Geschlechtsorgane Fünfter Abschnitt. Arthropoden. Allgemeine Uebersicht. Literatur +" u ver KOLPETIOLN . ee Er ER Gliedmassen . Gliedmassen der Branchiaten. kKiemen. RE Gliedmassen der Tracheaten . Integument Muskelsystem Nervensystem Sinnesorgane. Tastorgane . Hörorgane Sehorgane Darmceanal. ME Anhangsorgane des Darmceanals. 1) Anhangsorgane des Vorderdarms 2) Anhangsorgane des Mitteldarms. 3) Anhangsorgane des Enddarms. Leibeshöhle Seite 433 435 437 Au A44 445 451 454 454 462 462 163 466 166 474 475 176 477 183 490 205 207 . 207 212 a4 224 222 224 224 228 230 231 231 232 237 238 Joaoouuru nn aus Ins.» Bio ıo wis Eis 15 0 Ss IS I 08 Paragraph. 216— 220. 221. 222 — 225. 226— 237. 247. 248— 252. 253. 254. 255. 256. 257—259. 260— 263. 264, 265. 266— 269, 270. 271. 272. 273. 274. 275— 279. 280. 281. 232. 283. 284— 288. 289 — 292, 293 — 298. Inhaltsverzeichniss. Gefässsystem. Excretionsorgane. Tracheen Geschlechtsor gane Sechster Abschnitt. Brachiopoden. Allgemeine Uebersicht. Literatur Körperform . . u Integument, Schale "und Arme. Sa eu Muskelsy stem 5 Nervensystem und Sinnesorgane. Darmcanal. ß : Leibeshöhle und Kreislauforgane. Excretionsorgane. Geschlechtsorgane e Siebenter Abschnitt. Mollusken. Allgemeine Uebersicht. . Literatur Körperform . Gliedmassen . Integument. ; Schalenbildungen. Kiemen . Inneres Skelet Muskelsystem Nervensystem - a Centralorgane und Körpernerven . Eingeweidenerven. Sinnesorgane. une 5 Tast- und Riechorgane k Sehorgane . oh Hörorgane . Darmceanal. ee - Anhangsorgane des Darmcanals ; - 4) Anhangsorgane des Vorderdarms . 2) Anhangsorgane des Mitteldarms. 3) Anhangsorgane des Enddarms . Leibeshöhle . Gefässsystem. Excretionsorgane . Geschlechtsorgane . Achter Abschnitt. Tunieaten. Allgemeine Uebersicht. Literatur Körperform . Integument Skelet. Muskelsystem Nervensystem . Sinnesorgane. Darmcanal. Respiratorische ' Vorkammer. (Kiemenhöhle) Darm Gefässsystem. Geschlechtsorgane . Neunter Abschnitt. Wirbelthiere. Allgemeine Uebersicht. Literatun sa De in Vin Paragraph. 316. 317. 318. 319. 320. 321 — 323. 324— 326. 327. 325 —334. 335— 337. 338. 339. 340. 341—352. 353 — 356. 357. 358—360. 361 — 365. 366. 367—369. 370. 371. 372—377. 378. 379. 380. 381. 382. 383. 384. 385. 386. 387—392. 393, 394. 395. 396. 397—399. 400—403. 404%. 405. 406 —409. 440. HAN. AR, 413. HAL— 446. KAT. 448, 449, 120. ha. 422. 4933. 434%, 125—427. 428. 429. 430. 431 —436. 437 —442 443 —446. ALT—449, 450—458. Inhaltsverzeichniss. Körperform . . . » A. Gliedmassen. DENE BR: Integument en 1 EEE Epidermoidalgebilde ern 5 nern BAENCEEER Hautskelet. Inneres Skelet . Wirbelsäule . Rippen . Sternum. Kopfskelet. Schädel . kKiemenskelet { Skelet der Gliedmassen. Vordere Gliedmassen . Brustgürtel. - Vordere Extremität . Beckengürtel . Hintere Extremität Muskelsystem Hautmuskeln . 3 Muskulatur des Skelets. Elektrische Organe . Nervensystem 3 k A. Centralorgane des Nervensystems . a) Gehirn 1 b) Rückenmark. c) Hüllen des centralen Nervensystems. B. Peripherisches Nervensystem. a) Rückenmarksnerven b) Hirnnerven . 4 c) Eingeweidenervensystem ; Sinnesorgane. Riechorgane 3 Sehorgane . Hörorgane. Darmeanal. Respirator ische V orkammer (Kopfdarı m) Kiemen . Kiemenspalten und "Gaumen der "Amnioten 2 Nasenhöhle Mundhöhle Organe der Mundhöhle . ; Eigentlicher Darmcanal 'Rumpfdarm). Vorderdarm . Mitteldarm. Enddarm 3 E Anhangsorgane des "Mitteldarms 3 Mesenterium. : Pneumatische Organe des Darmrohrs - a) Schwimmblase. b) Lungen . Leibeshöhle . Gefässsystem. Herz und Arteriensystem . ? Venensystem. : Lymphgefässsystem Excretionsorgane. . Geschlechtsorgane . Register. a Seite . 436 . 437 440 442 446 450 452 462 466 468 47a . 492 496 . 498 . 498 504 . 508 914 5145 516 | 323 . 925 . 527 . 527 . 535 536 537 538 "339 547 . 547 549 BETT 557 . 563 "564 565 . 570 . 574 . 573 ik 550 . 581 584 . 584 . 588 . 590 . 594 . 592 594 ’ 599 . 600 602 615 . 623 627 634 . 654 Einleitung. Begriff und Aufgabe der vergleichenden Anatomie. SA. Das Gebiet der Wissenschaft, welche die organische Natur zum Gegenstande ihrer Untersuchungen hat, zerfällt nach den beiden orga- nischen Naturreichen in zwei grosse Abtheilungen, in Botanik und in Zoologie. Beide Disciplinen bilden zusammen die Wissenschaft von der lebenden Natur: Biologie. Sie sind insofern enge mit einander ver- bunden, als die Erscheinungen im Thier - wie im Pflanzenreiche auf gleichen Grundgesetzen beruhen, und Thier und Pflanze bei aller Ver- schiedenheit der specielleren Einrichtungen gemeinsame Anfänge besitzen und im Haushalte der Natur in innigen Wechselwirkungen stehen. Innerhalb der beiden genannten Disciplinen sind mehrfache Arten der Forschung möglich, aus denen neue Disciplinen hervorgehen. Das Gebiet der Botanik zur Seite lassend, verfolgen wir jenes der Zoologie in seine ferneren Gliederungen. Die Erforschung der Leistungen des Thierleibes oder seiner Theile, die Zurückführung dieser Functionen auf elementare Vorgänge und die Erklärung derselben aus allgemeinen Ge- setzen ist die Aufgabe der Physiologie. Die Erforschung der mate- riellen Substrate jener Leistungen, also der Formerscheinungen des Kör- pers und seiner Theile, sowie die Erklärung derselben aus dem logischen Zusammenhange jener, ist die Aufgabe der Morphologie. Physiologie und Morphologie besitzen somit verschiedene Aufgaben, wie auch ihre Methoden verschieden sind; für beide aber ist es nöthig, selbst auf getrennten Wegen, sowohl einander als auch das gemeinsame Endziel im Auge zu behalten, welches in der Biologie gegeben ist. Die Morphologie gliedert sich wieder in Anatomie und Ent- wickelungsgeschichte. Wie erstere den vollendeten Organismus zum Untersuchungsobjecte hat, so besitzt letztere den werdenden Orga- nismus zum Gegenstande ihrer Forschung. Die Anatomie selbst kann in eine allgemeine und specielle getheilt werden. Die allgemeine Anatomie beschäftigt sich mit den Grund- formen der thierischen Organismen (Promorphologie), und den aus jenen Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. A ) Einleitung. hervorgehenden Formerscheinunggn. Die specielle Anatomie nimmt die organologische Zusammensetzung des Thierleibes zum Gegenstande. Einen ihrer Zweige bildet die Histiologie, Gewebelehre, als Lehre von den Elementarorganen des thierischen Körpers. Die Entwickelungsgeschichte erläutert aus dem Verfolge des allmählichen Werdens die Complicationen der äusseren und inneren Orga- nisation, indem sie dieselbe von einfacheren Zuständen ableitet. Die Veränderungen der Organisation können aber sowohl im Entwickelungs- leben des Individuums als in der Reihenfolge der Organismen verfolgt werden. Auf ersteres erstreckt sich die gewöhnlich als Entwickelungs- geschichte (Embryologie) bezeichnete Diseiplin, die sich als Ontogenie (Entwickelung des Einzelwesens) der Phylogenie (Entwickelung der Stämme) gegenüberstellt. Da die letztere die früheren, nicht mehr lebend existirenden Zustände der Thiere in sich begreift, umfasst sie auch die Paläozoologie. Sie ist die Entwickelungsgeschichte der Organismenreihen in ihrer geologischen Aufeinanderfolge. $ 2. Indem die Anatomie die Zusammensetzung der Organismen zum Objecte hat, wird sie zur Structurlehre, und gliedert sich je nach den verschiedenen Gesichtspuncten, von denen die Structur selbst beurtheilt werden kann, in mehrere Abtheilungen. Ist die Zusammensetzung des Körpers an sich, die Gestaltung und das gegenseitige Verhalten der ein- zelnen Organe zur Aufgabe genommen, so verhält sich die Anatomie beschreibend, indem sie die Befunde der Untersuchung schildert, ohne aus denselben weitere Schlüsse zu ziehen. Die anatomische That- sache ist Zweck der Untersuchung, und diesem Zwecke genügt die Empirie. Durch die Beziehung zur Heilkunst, somit aus praktischem Bedürfnisse, hat sich die beschreibende Anatomie für den menschlichen Organismus hinsichtlich des Umfanges von Einzelerfahrungen zu einem besonderen Zweige ausgebildet, der als »Anthropotomie« der gleich- falls beschreibenden »Zootomie« sich an die Seite stellt. Beide sind nur durch das Object, nicht durch die Behandlung desselben verschieden, beide verhalten sich analytisch. In demselben Maasse als beide sich ent- halten, aus ihren Einzelerfahrungen Schlüsse zu ziehen, und diese zu Abstractionen zu verwerthen, entbehren sie des Charakters einer Wissen- schaft, da der letztere weder durch den blossen Umfang der Erfahrungen, noch durch die Complicationen des Weges, auf dem solche gewonnen werden, bedingt wird. Gäuzlich untergeordnet für die Beurtheilung der wissenschaftlichen Bedeutung sind daher die äusseren Hilfsmittel der Untersuchung, die nur bezüglich des Auffindens oder der Feststellung von Thatsachen in Betracht kommen können. Anders gestaltet sich die Anatomie, sobald ihr die Kenntniss von Thatsachen nur Mittel ist, die aus einer Summe solcher Kenntnisse er- Einleitung. Rn) schlossene Erkenntniss dagegen der Zweck, indem sie die Thatsachen der Einzelerscheinungen nicht ausschliesslich für sich betrachtet, sondern sie unter einander in Beziehungen bringt. Diess geschieht durch Auf- suchen des Gleichartigen in der Organisation verschiedener Organismen, und durch das Vergleichen dieser Befunde. Daraus leitet sie wissen- schaftliche Erfahrungen ab, und gestaltet das auf dem Wege der Induction Gefolgerte zu deductiven Schlüssen. Sie wird dadurch zur verglei- chenden Anatomie. Ihr Verfahren ist synthetisch. Die Analysen der beschreibenden Anatomie (Anthropotomie wie Zootomie) liefern ihr die Grundlage, sie schliessen sich also nicht nur nicht von der vergleichenden Anatomie aus, sondern werden recht eigentlich von ihr umfasst und wissenschaftlich durchdrungen. Je sorgfältiger die Sichtung der That- sachen, um so sicherer wird der Boden für die Vergleichung. Die Em- pirie ist somit die erste Voraussetzung, wie die Abstraction die zweite ist. Wie die letztere ohne die empirische Voraussetzung grundlos ist, so ist die Empirie an sich vom wissenschaftlichen Gesichtspunkte aus nur eine Vorstufe zur Erkenntniss. 83. Die Aufgabe der vergleichenden Anatomie liegt in der morphologischen Erklärung der Formerscheinungen in der Organisation des Thierleibes. Die Vergleichung ist die zur Lösung dieser Aufgabe dienende Methode. Sie zeigt den Weg den die wissenschaftliche Unter- suchung zu gehen hat, und der gekannt sein muss, wenn nicht planloses Umherirren die Folge sein soll. Die vergleichende Methode sucht in Reihen von Organismen die morphologischen Befunde der Organe des Körpers zu prüfen, stellt als Ergebniss die gleichartigen Verhältnisse zusammen und sondert die ungleichartigen davon ab. Dabei berücksich- tigt sie Alles, was beim anatomischen Befund überhaupt in Betracht kommt: Lagerung zu anderen Körpertheilen, Gestalt, Zahl, Umfang, Structur und Textur. Sie erhält dadurch für die einzelnen Organe Reihen von Zuständen, in denen die Extreme bis zur Unkenntlichkeit von ein- ander verschieden sein können, aber untereinander durch zahlreiche Mittelstufen verknüpft werden. Aus den mannichfachen Formenreihen eines und desselben Organes ergibt sich erstlich: dass der physiologische Werth in den verschiedenen Zuständen des Organes keineswegs derselbe ist, dass vielmehr ein Organ, unter Modification seines anatomischen Verhaltens, sehr verschiedenen Leistungen vorstehen kann. Die ausschliessliche Berücksichtigung seiner physiologischen Leistungen wird daher die in morphologischer Beziehung zusammengehörigen Organe in verschiedene Kategorieen bringen. Daraus resultirt die untergeordnetere Bedeutung der physiologischen Leistungen des Organs bei vergleichend - anatomischer Untersuchung. Der physiolo- gische Werth kann erst in zweiter Reihe in Betracht kommen, wenn es 1 4 Einleitung. sich darum handelt, für die Mod#@Ation, welche ein Organ im Zusammen- halt mit einem anderen Zustande desselben erlitten, Beziehungen zum Gesammtorganismus herzustellen. Durch diese mittels der Vergleichung angestellte Prüfung des anatomischen Befundes liefert die vergleichende Anatomie den Nachweis für den Zusammenhang ganzer Organreihen, und innerhalb dieser Reihen treflen wir Veränderungen mannichfachster Grade, bald nur im Kleinen, bald in grösserer Ausdehnung sich darstellend, Modificationen, die den Umfang, die Zahl, die Gestalt und auch die Textur der Theile eines Organes betreflen, und sogar zu Aenderungen der Lage- beziehungen führen können. Der Ueberblick einer solchen Reihe lehrt also einen in einzelnen Stadien repräsentirten Vorgang kennen, der in Veränderungen eines und desselben Organs bei verschiedenen Thieren sich ausdrückt. ga. Das Bestehen eines gewissen Maasses von Gleichartigkeit in der Organi- sation innerhalb gewisser grösserer oder kleinerer Abtheilungen des Thier- reiches leiten wir von der Vererbung ab, einer Erscheinung, welche sich in der Uebertragung der Organisation eines Organismus auf dessen Nachkommenschaft äussert. Die Nachkommen wiederholen die Organisation des älterlichen Organismus. Dies ist eine nicht anzuzweifelnde Thatsache. Dennoch geschieht hin und wieder Einsprache, bald gegen das Bestehen einer Vererbung, bald gegen ihre Bedeutung. Die Uebereinstimmung der Organisation der Nachkommen soll nicht durch Vererbung, sondern durch die Wirksamkeit bestimmter physikalischer Potenzen während des Em- bryonallebens entstehen. Man muss da fragen, wie es denn komme, dass jene Potenzen dieselben sind, alle jene Spannkräfte, Druckwirkungen u. dergi., von denen man den Aufbau des Embryo abzuleiten sucht? Wenn z. B. ein Gelenk seine ontogenetische Ausbildung durch die Bewe- zung der Skelettheile vermittels der Muskelthätigkeii erfährt, so setzt das doch eine ganz bestimmte Anordnung der Muskulatur voraus und einen ganz bestimmten Bau der Muskeln, und für diesen wieder eine ganz bestimmte Menge und Lage der sie zusammensetzenden Formelemente. Dann wird man fragen müssen : woher denn jene bestimmte Anordnung dieser Theile, woher die Uebereinstimmung derselben bei den Vorfahren, wie bei den Nachkommen ? Wir werden also hier der Thatsache des Bestehens einer Uebertra- sung von Eigenschaften ihr Recht lassen müssen, und erkennen in der Vererbung eine gesetzmässig- waltende Erscheinung, die wohl Modificationen aber keine Ausnahmen darbietet. Wir vermögen sie von der Fortpflanzung abzuleiten, und damit bis zu einem gewissen Grade zu erklären, denn es ist verständlich, dass Theilstücke eines Organismus, wenn sie einen neuen Organismus hervorgehen lassen, diesem Rigen- schaften übertragen, welche der ursprüngliche Organismus besass. Am Einleitung. 5 klarsten wird das bei niederen Organismen, die durch blosse Theilung sich fortpflanzen. Jedes Theilstück bildet sofort einen dem ersten gleichartigen Organismus. Von da an erstreckt sich aber eine continuirliche Reihe von Fortpflanzungsweisen bis zu jenen, bei welchen quantitativ zwar sehr verschiedene Zeugungsproducte in Action treten, die jedoch immer Theil- stücke des älterlichen Organismus sind. Der neue Organismus stellt also auch hier materiell die Fortsetzung des älterlichen vor, und demgemäss wird er mit letzterem übereinstim- mende Eigenschaften besitzen. Das Maass der Gleichartigkeit oder der Uebereinstimmung in der Organisation ist ein sehr verschiedenes. Wir erkennen Thiere die nur durch geringfügige Merkmale von einander abweichen, dann solche die durch bedeutende Unterschiede von einander getrennt sind, wiederum andere, deren äussere oder innere Organisation die grössten Verschieden- heiten darbietet. Und so findet sich die Uebereinstimmung wie die Ver- schiedenheit in unendlichen Abstufungen vor. Wie man einander ähn- liche, mehr oder minder gleichartig erscheinende Dinge als » verwandt« zu bezeichnen pflegt, so wird bei der gleichen Erscheinung der Organismen die gleiche Bezeichnung der gegenseitigen Beziehung, aber in des Wortes voller Bedeutung, Platz greifen dürfen. Wir erklären gleichartige Orga- nismen für mit einander verwandt, indem wir das Gleichartige der Orga- nisation aus gemeinsamer Ererbung ableiten. Der Grad dieser Gleich- artigkeit wird aber den Grad der Verwandtschaft bestimmen müssen, die wir aus jener erschliessen. Die Verwandtschaft wird bei dem Bestehen geringerer Verschiedenheiten als eine nahe zu erkennen sein, während sie bei grösseren Unterschieden als weiter in der Ferne liegend sich dar- stellen wird. Wir substituiren daher dem Begriffe der Uebereinstimmung oder der Gleichartigkeit der Organisation den der Verwandtschaft, indem wir die in der Organisation einer Summe von Organismen bestehenden Uebereinstimmungen als ererbte Eigenthümlichkeiten ansehen. Auf das Gesetz der Vererbung gründet sich somit die Lehre von der Verwandtschaft der Organismen, die Abstammungslehre oder Phylogenie. Die vergleichende Anatomie enthüllt also die innerhalb der einzelnen Abtheilungen des Thierreiches bestehenden Verwandt- schaftsverhältnisse, indem sie das Gleichartige wie das Ungleichartige nach weist. [Ueber das höchst wichtige Vererbungsgesetz und seine Erscheinungen findet sich Ausführlicheres in der scharfsinnigen Darstellung Häckezı’s (Generelle Morphologie Bd. 11. S. 170.).] 85. Durch die Vererbung werden dem Organismus Eigenschaften über- tragen, die derselbe im Laufe seiner individuellen Entwickelung (Onto- genie) nach und nach zur Entfaltung bringt. Den einfachsten Organis- 6 Einleitung. men fehlt eine solche Entwickelgge , indem (lie etwa durch Theilung des mütterlichen Organismus entstandenen Jungen nur der Volumszunahme bedürfen, um dem mütterlichen Organisınus gleich zu werden. Die Ent- wickelung fällt also hier mit dem blossen Wachsthum zusammen, das sie vollständig deckt. Je weiter ein Organismus von einem ursprünglich ein- [achen Zustande sich entfernt hat, oder: je grösser die Summe der von den Vorfahren erworbenen und auf die Nachkommen vererbten Eigenthüm- lichkeiten ist, desto weniger einfach ist auch die Ontogenie, da sich wäh- rend derselben mindestens ein Theil von jener von den Vorfahren erwor- benen Einrichtungen wiederholt, und vom sich entwickelnden Körper in einzelnen Stadien durchlaufen wird. Die Ontogenie repräsentirt also in gewissem Grade die paläontologische Entwickelung in zeitlich verkürzter, d. i. zusammengezogener Weise. Die von höheren Organismen ontogene- tisch durchlaufenen Stufen entsprechen Zuständen, welche bei anderen die definitive Organisation vorstellen. Jene Entwickelungszustände kön- nen also durch die Vergleichung mit ausgebildeten Zuständen niederer Organismen erklärt werden, indem man sie als von solchen (niederen Zu- ständen) ererbte Bildungen deutet. Von diesem Gesichtspunkte aus be- trachtet erscheinen viele der sogenannten »Larvenzustände« mit ihren »provisorischen«, weil vergänglichen, nur auf frühere Lebensstadien beschränkten »Apparaten« als recht wichtige und bedeutungsvolle Formen. Ausser den functionellen Beziehungen zum sie tragenden Organismus, durch welche jene Apparate sich als praktische Einrichtungen erhalten, d. h. vererben konnten, lassen sie solche zu niederen Zuständen erken- nen, und enthüllen damit die Phylogenie ihres Trägers. Das »Stadium larvatum« verkündigt also im Gegensatze zu seiner Bezeichnung häufig sanz offen die verwandtschaftlichen Beziehungen. Zuweilen sind solche »Larvenorgane« nicht sowohl von Vererbung als von Anpassungen ableitbar, und dadurch wird die Beurtheilung nicht wenig erschwert. Sicherer wird die Deutung solcher Einrichtungen bei Organismen, die nicht sofort in den offenen Kampf ums Dasein treten, sondern kürzere oder längere Zeit innerhalb der Eihüllen sich entwickeln, und dadurch verändernden Einwirkungen von Aussen minder ausgesetzt sind. Kommt es in diesen Fällen zu »provisorischen Einrichtungen«, so sind diese mit srösserer Sicherheit als ererbte, und damit als Wiederholungen niederer Zustände bestimmbar. Die bei den Embryonen höherer Wirbelthiere auf- tretenden, aber nach und nach wieder verschwindenden Kiemenspalten sind solche Bildungen. Für sich betrachtet sind sie unerklärbar, denn es kommt an ihnen weder jemals zur Bildung von Kiemen, noch werden sie — die vorderste ausgenommen — zu definitiven Einrichtungen verwen- det. Die Vergleichung zeigt uns nun bei einer grossen Abtheilung niederer Wirbelthiere diese Kiemenspalten als wichtige Athmungsapparate, und indem wir auch solche Wirbelthiere (Amphibien) kennen, deren Kie- menspalten nur eine Zeit lang respiratorisch fungiren, um sich später zu schliessen, vermögen wir die Kiemenspalten der Reptilien, Vögel und Einleitung. T Säugethiere als durch Vererbung von niederen Zuständen empfan- gene Einrichtungen zu verstehen, die nach dem Verluste ihrer ursprüng- lichen Function sich nur während des fötalen Lebens eine kurze Zeit erhalten. $ 6. In der Summe von Eigenschaften der Organisation, welche die Ver- erbung auf einen Organismus überträgt, finden sich dem vorhin Dar- gelegten zufolge mehr oder minder solche Einrichtungen vor, welche in den bletbenden, ausgebildeten Zustand des Organismus mit übertreten, ohne dort eine erkennbare Function zu besitzen. Diese Theile erscheinen in der Regel in mehr oder minder rückgebildetem rudimentären Zustande, den sie häufig erst während des Laufes der Ontogenie erwerben. In frühen Stadien der letzteren kommen sie mit den der Stammform, von der sie ererbt sind, zukommenden Einrichtungen am meisten überein. Diese rudimentären Organe treten um so frühzeitiger die Rückbil- dung an, je frühzeitiger sie in paläontologischem Sinne ererbt wurden, und schwinden in dem Maasse spät, als ihre Ererbung eine relativ neue ist. Die ausgebildete Form der rudimentären Organe wird demgemäss für die ersteren nur bei entfernten, für die letzteren dagegen bei näheren Verwandten anzutreffen sein. Diese Organe bilden werthvolle Objecte, da aus ihnen selbst auf weitere Entfernungen hin phylogenetische Be- ziehungen sich nachweisen lassen. Sie zeigen auch wie wenig die functionelle Bedeutung bei der morphologischen Beurtheilung in Betracht kommen darf, denn an den meisten von ihnen ist eine Function gar nicht erweisbar, oder sie ist eine jedenfalls von der ursprünglichen völlig ver- schiedene. $ 7. Die vergleichende Anatomie ordnet sich die Ontogenie unter, insofern sie die im Laufe der individuellen Entwickelung der Thiere auftretenden Organisations-Erscheinungen nicht blos auf den vollendeten Zustand des Organismus, sondern auf definitive Einrichtungen anderer Organismen bezieht. Die vergleichende Anatomie erklärt die Erschei- nungen der Ontogenie. Wenn letztere, für sich behandelt, nicht über das Niveau einer beschreibenden Diseiplin sich erhebt, und damit je nach der Genauigkeit ihrer Forschung nur den Werth von thatsäch- lichem Material besitzt, so empfängt sie durch die Verbindung mit der vergleichenden Anatomie wissenschaftliche Bedeutung. Ihre an sich un- verständlichen, oder, weil nur auf die späteren Befunde der Organisation bezogen, nur in metaphysischem Sinne teleologisch erfassbaren That- sachen, stellen sich durch die vergleichende Anatomie in Zusanımenhang mit bekannten Erscheinungen anderer Organismen und sind dadurch be) Einleitung. phylogenetisch erklärbar. Zeigt sich so für die Ontogenie die Nothwen- digkeit genauer Kenntniss der vegggeichenden Anatomie, so kann die letz- tere ebensowenig der ersteren entbehren, denn aus ihr gewinnt sie Licht für die niederen Zustände der Organisation. In demselben Maasse und auf die gleiche Art wie die Ontogenie die Phylogenie begründen hilft, dient sie auch zur Förderung der vergleichenden Anatomie. Man hat zuweilen der vergleichenden Anatomie eine » vergleichende Embryologie«, freilich zunächst noch als blosse Aufgabe, gegenüber- gestellt. Eine solche » vergleichende« Ontogenie wird ebenso wie jede singuläre Ontogenie die Organisation der ausgebildeten Zustände mit in Betracht nehmen müssen, also ohne vergleichende Anatomie zu keinem wissenschaftlichen Ziele führen. $ 8. Die Beziehungen jedes Organismus zu der Aussenwelt, in der er lebt, von der er Stoffe entnimmt und an die er wiederum solche abgibt, be- dingen einen Einfluss der Aussenwelt auf den Organismus. Dieser Ein- Iluss erscheint wirksam in Veränderungen des Organismus, welche auf eine letzterem inhärirende Veränderlichkeit rückschliessen lassen. Die Veränderlichkeit tritt als Anpassungsfähigkeit auf, welche in ihrer Aeusserung auf die ererbte Organisation modificirend, ja umgestal- tend einwirkt. Der Organismus verändert sich den Bedingungen gemäss, welche auf ihn einwirken. Die hieraus entstehenden Anpassungen sind als all- mähliche, aber stetig fortschreitende Veränderungen der Organisation zu denken, welche während des individuellen Lebens der Organismen erzielt werden, sich durch Vererbung in Generationsreihen forterhalten und auf dem Wege der natürlichen Züchtung sich weiter ausbilden. Das von den Vorfahren Erworbene wird für die Nachkommen Ererbtes. Anpassung und Vererbung erscheinen dadurch in Wechseläusserung, die erstere re- präsentirt das umgestaltende, die letztere das conservative Prineip. Die unendliche Mannichfaltigkeit der Organisations-Erscheinungen ist demge- mäss von Anpassungen ableitbar,, wie es die Gleichartigkeit von der Ver- erbung war. 89. Die Anpassung wird durch eine Veränderung der Leistung der Or- gane eingeleitet, so dass also die physiologische Beziehung der Organe hier die Hauptrolle spielt. Da die Anpassung nur der materielle Ausdruck jener Veränderung der Function ist, wird die Modification der Function ebenso wie ihre Aeusserung als ein allmählich sich vollziehender Vorgang zu denken sein. Die Anpassung wird daher in ihren Resultaten meist erst in langen Generationsreihen wahrnehmbar sein, während die Einleitung. 9 Vererbung an jeder Generation sich kund gibt. Entzieht sich damit in der Regel die Anpassung als Vorgang der directen Beobachtung, so ist sie doch nicht minder sicher erschliessbar durch die Vergleichung. Wenn wir z. B. bei fleischfressenden Säugethieren eine einfache Magenbildung antreffen, bei Pflanzenfressern dagegen complicirtere, besonders bei jenen, die grosse Massen Futterstoffe aufnehmen, wie z. B. die Wieder- käuer, so werden wir die hier bestehende Complication der Magenstructur als eine durch die Nahrung bedingte Veränderung, als eine Anpassung an die Ernährungsweise beurtheilen; und wenn uns ferner die Ontogenie bei Wiederkäuern in frühen Entwickelungsstadien eine einfache, erst all- mählich in den complieirteren Zustand sich umbildende Magenform ent- gegenbringt, so bestätigt uns die Ontogenie die aus der Vergleichung gewon- nene Auffassung. In vielen Fällen ist der Einfluss der Anpassung auf die Organisation auch unmittelbar zu beobachten, z. B. bei manchen Amphi- bien erhalten sich die während des Jugendzustandes ausgebildeten Kie- men auch später in Function, wenn dem Thiere die Gelegenheit fehlt aus dem Wasser zu gelangen, und umgekehrt gehen die Kiemen bei solchen, deren nächste Verwandte, im Wasser lebend, stets die Kiemen behalten, eine Rückbildung ein, wenn das Thier seinen Aufenthalt im Wasser mit dem auf dem Lande vertauscht hat. Dort ist die Ausbildung, hier die Rückbildung eine Anpassungs-Erscheinung. In der Anpassung gibt sich somit der engste Zusammenhang zwischen der Function und der Structurdes Organes kund. Die physiologische Function beherrscht in gewissem Sinne die Structur, und darin ist das Morpholo- gische dem Physiologischen untergeordnet. Im niedersten Grade erscheint die Abhängigkeit des formalen Befundes eines Organs von seiner Leistung in Betracht des Volums. Bei gesteigerter Leistung trifft sich eine Ver- grösserung des Organs. In welchem Maasse die Erhöhung der Leistung auf das Volum einwirkt, lehrt das Muskelsystem. Ausser Uebung gesetzt erleiden die Muskeln Rückbildungen bis zu gänzlichem Schwunde. In Uebung erhalten, und bei gesteigerten Ansprüchen entwickeln sie sich zu bedeutendem Volum. Das Maass der Ausbildung ist mit jenem der Lei- stung im innigsten Zusammenhang. Da aber mit dem Aufhören einer Verrichtung oder mit der Schmälerung einer solchen eine Rückbildung eintritt, so begegnen wir auch auf diesem Wege rudimentären Or- . ganen. Sie haben auf ihm ihre Entstehung genommen. Das Verständniss der Enstehung dieser Organe kann daher nur die Physiologie liefern, und daraus ergibt sich wiederum deren wichtiger Einfluss auf die Morphologie. $ 10. Durch die allmähliche Modification der Leistung eines Organes kann dasselbe so umgestaltet werden, dass es in functioneller Hinsicht ein neues wird, und dann einer ganz anderen physiologischen Organkategorie sich einreiht. Diese Thatsache ist von bedeutender Tragweite, weil sie 10 Einleitung. das Auftreten neuer Organe erklären hilft, und dadurch den der Ent- wickelungslehre gemachten Eigggand beseitigt: dass ein neues Organ doch nicht sofort in dem ganzen Umfange seiner Function erscheinen könne, dass es also bei allmählichem Entstehen in seinen ersten Zustän- den dem Organismus noch nicht dienen könne, womit auch der Grund seiner Ausbildung wegfalle. Jedes Organ, für welches dieser Einwand den Schein einer Berechtigung hat, ist nachweislich mit einer von der späteren Function verschiedenen Bedeutung aufgetreten. So ist z. B. die Lunge der Wirbelthiere durchaus nicht als ausschliessliches Respirations- organ entstanden, vielmehr hatte sie bei den durch Kiemen athmenden Fischen einen Vorläufer in der Schwimmblase, die zu der Athmung an- fänglich keine Beziehungen besitzt. Selbst da, wo die Lunge als Ath- mungsorgan erscheint (Dipnoi, viele Amphibien), ist sie solches noch nicht ausschliesslich, sondern theilt jene Function mit den Kiemen. Das Organ ist also hier im Stadium der Umwandlung zum Athmungsorgan begriffen, und verknüpft die ausschliesslich respiratorischen Lungen mit den Schwimmblasenbildungen, die zunächst wohl in hydrostatischer Function verwendet als Ausbuchtungen des Darmrohrs hervorgingen. Die erste Function des durch Anpassung an neue Beziehungen ge- änderten Organes ist meist eine niedere, für den Organismus minder wichtige, im Vergleiche zur erlangten neuen Function, so dass das Organ damit auf eine höhere Stufe tritt. In anderen Fällen erscheint der Werth der primären Function deshalb geringer, weil er von anderen gleich- artigen Organen getheilt wird. Er steht dann quantitativ niedriger, weil an der Gesammtsumme der betreffenden für den Organismus zu voll- ziehenden Leistung auch den anderen gleichartigen Organen ein Antheil zukommt. Die Rückbildung eines Theiles gleichwerthiger Organe erhöht den Werth der bestehenbleibenden, indem sie die höhere Ausbildung der- selben bedingt. Aus dem Wechsel der Functionen resultirt die Verschie- denheit des physiologischen und morphologischen Eintheilungsprineips der Organe. ALLGEMEINER THEIL. Aufbau des Thierleibes. Organe und Organismus. gs. Im lebenden Körper kommt eine Anzahl von Leistungen des mate- riellen Substrates in Betracht, durch welche die als Leben aufgefasste Erscheinungsreihe bedingt wird. Derselben liegen chemisch-physikalische Processe zu Grunde, die mit einer beständigen Umsetzung des Materials einhergehen und daher als Stoffwechsel erscheinen. Der Körper ernährt sich, indem er das durch den Stoffwechsel verbrauchte Material durch von aussen her aufgenommenes Neues ersetzt, welches er den ihn zu- sammensetzenden Substanzen ähnlich macht, assimilirt. Die theils mit den Nahrungsstoffen aufgenommenen, theils durch den Stoffwechsel erzeugten, im Organismus nicht mehr verwendbaren Substanzen werden nach aussen entfernt. Daraus resultirt die excretorische Thätigkeit. Wenn die Menge des assimilirten Materials jene des ausgeschiedenen überwiegt, geschieht eine Volumsvergrösserung des Körpers, er wächst. Damit erfüllt er die erste Bedingung zur Production desjenigen Materials, aus dem ein neuer, ihm gleichartiger Organismus hervorgeht, und eben da- durch steht mit der Ernährung auch die Fortpflanzung in engem Zusam- menhange. Mit der Aussenwelt ist der Körper zunächst durch seine Oberfläche in Verbindung. Sie vermittelt ihm die Beziehungen zum umgebenden Medium. Formveränderungen der Oberfläche erscheinen als Bewegungen und lassen die Locomotion entstehen. Und ebenso vermittelt die Ober- fläche Wahrnehmungen der Aussenwelt, Empfindungen. Die jenen Vorgängen vorstehenden Theile des Körpers sind die Werk- zeuge der Lebensäusserung, Organe. Der Körper wird durch sie zum Organismus, und wenn wir auch solche Körper als Organismen be- zeichnen an denen keine Organe im einzelnen gesondert bestehen, so geschieht es, weil da die virtuelle Existenz von Organen durch die that- sächlichen Lebensäusserungen vorauszusetzen ist. Der Begriff Organis- mus wird also hier nicht im anatomischen, sondern im physiologischen Sinne gebraucht. Im einfachsten Zustande des Organismus sind die Lebens -Erschei- nungen an die den Körper darstellende gleichartige Substanz geknüpft, ’ 14 Il. Aufbau des Thierleibes. welche gleichmässig alle jene Einzelvorgänge vermittelt. Der Körper repräsentirt daher nur potenti@@fne Summe von Organen, die erst auf- treten, wenn die Einzelverrichtung nicht mehr von jedem Theile des Körpers besorgt wird. Das Verhalten, welches in jener Beziehung die einfacheren Organismen dauernd zeigen, besitzen complicirtere nur vor- übergehend. Differenzirung. $ 12. DieGomplication des Organismus entsteht durch einen Son- derungsvorgang der die physiologischen Leistungen des ursprünglich gleichartigen Körpers auf einzelne Theile überträgt. Was vorher vom Ge- sammt-Körper vollzogen ward, verrichten nach jenem Vorgange einzelne Theile desselben. Die Leistung wird dann entweder von einer grösseren Zahl discreter, aber unter sich gleichartiger Theile vollzogen, oder die Einzeltheile gestalten sich unter sich ungleichartig, werden von einander different. Im ersten Falle ist die Theilung der Arbeit eine quan- titative, im letzteren wird sie auch qualitativ durchgeführt und die Sonderung der Einzeltheile entspricht einer Verschiedenartigkeit der Ver- richtung. Je nach dem Grade, in welchem sich die zuerst am indiflerenten Körper auftretende Sonderung oder Arbeitstheilung an den Organen wiederholt, entstehen fernere Gomplicationen, die ein stufenweises Wei- terschreiten erkennen lassen. Daraus leitet sich ein verschiedener Werth der Organe ab, und es wird nothwendig an letzteren höhere und niedere Zustände zu unterscheiden. Durch die Theilung der Arbeit auf verschiedene Organe wird die Leistung der letzteren vollkommener. Jedes Organ vermag sich in einer bestimmten, der von ihm übernommenen Function entsprechenden Rich- tung zu entfalten. Der Organismus erlangt damit, zugleich mit seiner Gomplication, eine höhere Ausbildung. Die Arbeitstheilung führt also zu einer Vervollkommnung der Organismen. Je nach der Ausdehnung, welche die Arbeitstheilung über einzelne Organe, oder über zahlreiche nahm, wird ein grösserer oder geringerer Theil des Organismus dieser Vervollkommnung zugeführt. Je grösser die Wichtigkeit der betreffenden Organe für den Gesammtorganismus, desto bedeutender prägt sich an ihm die durch jene erlangte Vervollkommnung aus. Da die auf bestimmte Körpertheile übergehenden Verrichtungen in dem Maasse als sie selbst verschieden sind eine verschiedenartige Aus- bildung jener Theile bedingen, gehen daraus neue Theile, neue Organe, hervor, solche die von den schon vorhandenen verschieden sind. Die Theilung der Verrichtungen führt zu einem Differentwerden, einer Differenzirung der Theile. Ein Körpertheil der vorher mit andern gleich, und deshalb nicht von ihnen verschieden, d..h. indiflerent war, Erster Zustand des thierischen Organismus. 15 tritt in den Zustand des Gesondertseins, wird von den anderen unter- scheidbar, different. Indem nun diese Differenzirung an die physiolo- gische Arbeitstheilung derart geknüpft ist, dass sie von ihr bedingt wird, kann sie als ihr Product aufgeführt werden. Jede physiologische Function kann sich qualitativ wieder in zahlreiche Unterfunctionen spalten , durch deren Localisirung wieder neue Organe hervorgehen. So wird das Prineip der Arbeitstheilung die Grundlage grösster Mannichfaltigkeit in der Orga- nisation, und alle morphologischen Erscheinungen stehen mit ihm und der von ihm hervorgehenden Differenzirung in näherem oder entfernterem Zusammenhange. Erster Zustand des thierischen Organismus. Die Zelle. g 13. Die lebende Materie erscheint in ihrer einfachsten Form als eine eiweisshaltige, als Plasma oder Protoplasma bezeichnete Substanz, die mit unseren gegenwärtigen optischen Hilfsmitteln sich durchaus gleich- artig darstellt. Diese Materie tritt in Gestalt kleiner Klümpchen auf. In solchem Zustande treffen wir die einfachsten Organismen. Während bei der gleichartigen Beschaffenheit des Protoplasma, in welchem höchstens noch Körnchen als gesonderte Theile bemerkbar sind, für jene einfachsten Formen eine Abgrenzung nach aussen durch gesonderte Hüllbildungen nicht besteht, kommt auf einer weiteren Stufe eine Umhüllung zu Stande, die aus einer chemisch-physikalischen Veränderung der äussersten Schichte hervorgeht. Dadurch wird das mit allen Lebenserscheinungen und somit auch mit Bewegung ausgestattete Protoplasma von einer mehr oder min- der starren Hülle umschlossen, welche die Veränderlichkeit der Gestalt aufhebt, und eine bestimmte Form bedingt. Solche Gebilde können auch in die Zusammensetzung von Organismen eingehen, wie dies bei vielen niederen Pflanzen der Fall ist. Formelemente dieser Art bilden die C y- toden, welche von einer anderen, weiter entwickelten Form mit Recht unterschieden werden. Bei dieser tritt im Protoplasma ein scharf abgegrenztes festeres Ge- bilde auf, das man als Kern (Nucleus) bezeichnet. Es ist das Product des ersten Sonderungsvorganges des Protoplasma, welches nicht mehr ausschliesslich die lebende Substanz vorstellt. Im Kern erscheint in der Regel ein kleines Körperchen (Nucleolus). Im Gegensatze zum Proto- plasma ist der Kern nicht contractil, oder nimmt doch nicht in gleichem Maasse an jener Action Antheil, theilt übrigens nicht nur die meisten Le- benserscheinungen des ihn umgebenden Protoplasma, sondern gibt sich auch häufig als Regulator derselben zu erkennen. Solche mit einem 16 I. Aufbau des Thierleibes. »Kerne« versehene Protoplasmaklümpchen nennt man Zellen (Gellulae). Auch diese Gebilde können in sem Zustande selbständige Organismen vorstellen, die man als veinzellige« bezeichnet. Indem die Zellen durch Vermehrung Gomplexe bilden, gehen mehrzellige Organismen her- vor. Deren kleinste nicht weiter mehr in gleichartige Gebilde zerlegbare Theile sind Zellen, die daher als Formelemente jener Organismen er- scheinen. Dasselbe gilt auch von dem einfacheren Zustande, den Cytoden. Während diese aber ein beschränkteres Vorkommen besitzen, finden wir die Zellen in grösserer Verbreitung im Pllanzenreiche, und als die aus- schliesslichen Formelemente im Thierreiche. g1h. Im indifferenten Zustande, d. i. so lange noch nicht zum Aufbau von bestimmten neuen Bildungen Veränderungen in bestimmter Richtung vor sich gingen, erscheinen die Zellen aller thierischen Organismen von we- sentlich gleicher Beschaffenheit. Wir unterscheiden nach dem oben Be- merkten an ihnen erstlich das die Hauptmasse des Körpers der Zelle dar- stellende Protoplasma, und zweitens das vom Protoplasma umgebene, von ihm differente, meist festere Gebilde, den Zellenkern. Die Theilnahme des letzteren an mannichfachen Lebenserscheinungen der Zelle lässt ihn als einen keineswegs untergeordneten Theil des Zellenkörpers ansehen. Zu diesen Theilen der Zelle hat man — früher allgemein — noch eine Membran gerechnet, welche vom Protoplasma als dem »Zelleninhalte«, verschieden, dasselbe umbhüllen sollte, und daraus ist die Vorstellung von der » Bläschenform « der Zelle sowie ihr Name entstanden. Wenn auch nicht in Abrede gestellt werden kann, dass bei vielen Zellen vom Protoplasma differirende Umhüllungen vorkommen, so treffen diese Zustände sich doch niemals im frühesten Leben der Zelle, sondern sind immer das Resultat einer vorgeschrittenen Umwandlung und eines Ueberganges der Zelle in die differente Form. Von den Lebensäusserungen der Zellen sind automatische Bewe- sungserscheinungen des Protoplasma der Zelle so verbreitet, dass sie sich immer bestimmter als eine Eigenschaft aller nicht weiter difle- renzirten, somit bezüglich ihres Protoplasma metamorphosirten Zellen herausstellen. An freien, nicht von starren Membranen umschlossenen Zellen bewirkt die Erscheinung jener Bewegung eine Ortsveränderung der Zelle. Auch an nicht freien Zellen kann die Bewegung beobachtet werden, theils in einem Gestaltenwechsel der Oberfläche, theils an der Lageveränderung im Protoplasma befindlicher fester Körnchen. Dass dem Protoplasma auch Eigenschaften innewohnen, die wir auf einen freilich niedersten Grad von Empfindung deuten können, gebt aus vielen Ver- suchen und Beobachtungen hervor. Ferner beobachten wir an der Zelle die Ernährung, zuweilen so- gar eine sichtbare Aufnahme von Stoffen ins Protoplasma und als Aus- de | h Erster Zustand des thierischen Organismus. 17 druck der Ernährung gibt sich das Wachsthum der Zelle kund. Diese allen noch indifferenten Zellen gemeinsame Erscheinung spricht sich in der Vergrösserung des Protoplasmakörpers durch Assimilirung von aussen her aufgenommener Stoffe aus. Das Wachsthum kann ein gleichmässiges für die ganze Zelle sein, indem’ diese sich nach allen Axenrichtungen ver- grössert, und so trifft es sich regelmässig in den Jugendzuständen der Zelle und lässt während dieser Zeit die Gestalt der Zelle, wo nicht Bewe- sungserscheinungen oder äussere Einwirkungen sie modifieiren, unver- ändert in der sphärischen Form fortbestehen. Andernfalls ist es ungleich- mässig und wird dann bei der Vergrösserung in der Richtung Einer Axe längliche, oder bei der Vergrösserung in der Richtung mehrerer Axen sternförmige Bildungen hervorbringen. Solche ungleichmässige Wachs- thumsverhältnisse sind in der Regel von Differenzirungen der Zelle be- gleitet, sie leiten daher zum Uebergang der Zellen in Gewebe. $ 15. Das Wachsthum der Zelle bereitet eine andere Erscheinung vor, nämlich die der Fortpflanzung, und ist mit ihr unzertrennlich ver- bunden, denn die Vermehrung ist nur ein über das Individuum hinaus- gehendes Wachsthum. Die Vermehrung der Zellen kann auf mehr- fache Art vor sich gehen. Die einfachste knüpft direet an das Wachsthum an. Indem der Zellenleib einseitig auswächst, bildet sich ein Spross, der durch allmähliche Volumzunahme und Ablösung vom Mutterkörper zu einer neuen, freien Zelle wird. In der Zahl der an einer Zelle hervor- sprossenden jungen Zellen kann die Erscheinung variabel sein, und nach dem Verhalten des Kernes der Mutterzelle Modificationen aufweisen. Diese Vermehrung durch Sprossenbildung geht ohne scharfe Grenze in die am meisten verbreitete Art der Vermehrung, nämlich jene durch Theilung über. Während bei der Sprossung das Charakteristische darin liegt, dass die sich bildende Zelle bei ihrem ersten Erscheinen be- züglich des Volums in einem Gegensatze zur Mutterzelle steht, der bei frühzeitiger Ablösung des Sprösslings gar nicht, bei späterer Trennung allmählich ausgeglichen wird, so sind die Producte der Theilung nahebei oder vollständig einander gleich, so dass das Fehlen einer ausgesprochenen Volumsdifferenz keinen Unterschied zwischen beiden gestattet. Es ist klar, dass in demselben Maasse als die Grösseverschiedenheit zwischen beiden Vermehrungsproducten zunimmt, die Theilung der Sprossenbil- dung näher rückt, und dadurch wird die ganze Verschiedenheit zwischen Zelltheilung und Sprossung von der Menge des Protoplasma bedingt, wel- ches von einer Zelle in eine andere aus jener entstehende übergenommen wird. Der Unterschied zwischen Sprossung und Theilung erscheint damit mehr quantitativ. Die Theilung wird durch eine Vermehrung des Kernes eingeleitet. In gewissen Fällen geht eine Neubildung von Kernen vor sich. Ausser der Vermehrung durch Theilung oder durch Sprossenbildung ist keine Fortpflanzungsform der thierischen Zelle mit Sicherheit beobach- Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 9 18 I. Aufbau des Thierleibes. = tet, und ein grosser Theil der aufgestellten Arten der Zellvermehrung, wie die sogenannte endogene Zeiildung u. s. w. ist von der Theilung ableitbar. — Was die freie oder Spontane Zellbildung betrifft, so ist wohl soviel gewiss, dass ihre Verbreitung nicht in dem früher angenommenen Maasse vorkommt. Verbindet sich mit dem Wachsthum der Zelle eine Vermehrung des Kernes, ohne dass eine Sonderung des Protoplasma in einzelne den Ker- nen entsprechende Parthieen erfolgt, so kann das so entstandene Gebilde nicht mehr als einzelne Zelle aufgefasst werden. Es ist aber auch kein Complex von Zellen, da ein solcher die Existenz einer Mehrzahl discreter Zellen voraussetzen würde. Daher ward dieser Zustand mit Recht als ein besonderer unterschieden und als Syneytium bezeichnet. Derartige Gebilde kommen fast in allen Abtheilungen der Tbiere vor. Dasselbe Re- sultat wird erreicht durch die Concrescenz einer Anzahl von discereten Zellen, die ihr Protoplasma in eine continuirliche Masse zusammentreten lassen, welche dann gleichfalls eine Anzahl von Kernen umschliesst. Während das Protoplasma in der aufgeführten Erscheinungsreihe keine wahrnehmbaren constitutionellen Aenderungen erleidet, spricht sich durch eine andere Erscheinung eine Aenderung im Protoplasma aus. In ihm enthaltene Stoffe treten wieder ausser Verbindung mit ihm, werden aus ihm abgeschieden. Dieser Process der Abscheidung bietet ver- schiedene Verhältnisse dar. Einmal findet der Sonderungsvorgang im In- nern des Protoplasmakörpers selbst statt, dann treten im Innern der Zelle der chemisch-physikalischen Beschaffenheit ihres Protoplasma fremde Theile auf. Sie können der mannichfaltigsten Art sein, z. B. Fett, Farb- stoffe ete., auch in verschiedener Form, als Körnchen, Tröpfchen , Kry- stalle ete. vorkommen. In einem andern Falle geht diese Sonderung auf der Oberfläche des Protoplasma vor sich. Hier erscheint sie entweder in flüssiger Form, wobei die Gontinuität mit dem Protoplasma verloren geht, oder sie findet in fester Form statt, und dann bleibt der Zusammenhang mit dem übrigen unveränderten Protoplasma mehr oder minder innig fortbestehen. Durch chemisch-physikalische Veränderungen entweder der ganzen Oberfläche des Protoplasma einer Zelle oder auch nur eines Theiles derselben entstehen vom übrigen Protoplasma verschiedene, diffe- rente Substanzen. Wir haben also in diesen Abscheidungen Umwand- lungen des Protoplasma vor uns, die man als Differenzirungen auffassen darf, da bei ihnen vorher im Protoplasma vorhandene, aber von ihm indifferente Stoffe, different werden. Bei gleichartiger Bildung an der Peri- pherie der Zelle geht daraus das bereits oben als Zellmembran be- zeichnete Gebilde hervor. Derselbe Vorgang führt aber auch zur Her- stellung anderer Einrichtungen, die wir unten näher ins Auge fassen müssen. Die Reihe an einer Zelle sich äussernder Lebensvorgänge stimmt im Wesentlichen mit denen aller übrigen Organismen- überein. Virtuell er- scheint also auch die Zelle als Organismus (Elementarorganismus). Differenzirung des thierischen Organismus. 19 Differenzirung des thierischen Organismus. $ 16. Den einfachsten und niedersten Zustand des thierischen Organismus repräsentirt jenes Stadium, welches am Beginne seiner Entwickelung liegt, und als Ei bezeichnet wird. Abgesehen von einzelnen nur die Regel befestigenden Ausnahme- fällen, in welchen hier nicht zu erörternde Com- plicationen bestehen, entspricht dieses Ei einer Zelle. Die Eizelle ergibt sich in allen wesent- lichen Punkten von anderen Zellen nicht ver- schieden, wie auch immer ihr Volum vergrössert sein mag, und wie damit in Zusammenhang in _ ihrem Protoplasma besondere Theilchen — Dotter- ee neng? Re elemente — aufgetreten sein mögen. Wenn durch nerhaltige Protoplasma. d Der letztere die Eizelle ihren ursprünglichen Cha- Ken (Komische 00 2 5 ernkörperchen (Keimfleck). rakter als indifferente Zelle aufgab, so verlor sie damit noch nicht den Zellencharakter, der dadurch eben- sowenig alterirt wird, als durch die Sonderung irgend welcher anderen Substanzen (Chlorophylikörner, Amylum, Pigmentkörnchen etc.) im Pro- toplasma von Zellen die Zellbedeutung für diese verloren geht. Dieser im Ganzen einfache Zustand der Eizelle lässt sie, wenn auch nur yorüber- gehend, dem bleibenden Verhalten vieler niederen, einzelligen Orga- nismen (Protoplasten) entsprechen. Die Eizelle erleidet Veränderungen, die nach der Befruchtung einzu- treten pflegen, und von Veränderungen ihres Kernes (des sog. Keimbläs- Fig. 2-5. Einzelne Stadien des sogenannten Furchungsprocesses (Theilung der Eizelle). chens) begleitet sind. An seiner Stelle, theilweise auch aus seinem Materiale gehen zwei Neue Kerne hervor, und nun beginnt die Eizelle sich zu theilen. So entstehen zwei Zellen, die entweder einander gleichen, oder von einander verschieden sind, theils durch Volum, theils durch Be- schaffenheit der Zellen. In beiden Fällen ist aus der Eizelle etwas Neues entstanden, in beiden Fällen liegt eine Sonderung, Differenzirung vor. da zwei Theile aus ihr hervorgingen. Durch fortgesetzte Theilung bilden sich, allerdings nicht immer in gleichem Rhythmus, %, 8, 16 Zellen u. s. w., y* 20 I. Aufbau des Thierleibes. bis endlich ein Haufen von Zellen entstand. Dieser Vorgang der Theilung der Eizelle wird als »Dotterthgung« oder »Furchung« bezeichnet, und ist eine durchgreifende Erscheinung, die vielfache aber stets aus An- passungen ableitbare, und damit erklärbare Modificationen darbietet. So läuft die erste Differenzirung des Organismus ab, indem an die Stelle einer einzigen Zelle, der Eizelle, ein Complex zablreicher, einander gleichartiger oder von einander verschiedener Zellen tritt. Die Funetionen für den in diesem Stadium befindlichen Organismus werden auf die einzelnen Zellen vertheilt aufzufassen sein, wie sie vorher in der Eizelle vereinigt waren. Die Thbeilung der Eizelle ist somit mit einer Theilung der Func- tionen, wenn auch nur quantitativer Art, in Zusammenhang zu denken. Die einzelnen Stadien dieses Theilungsprocesses bieten jedoch auch noch andere Beziehungen, denn sie erscheinen in Uebereinstimmung mit dem ausgebildeten Verhalten mancher niederen Organismen (Protisten), z. B. der Volvocinen und der Catallacten, in deren Entwickelungskreis ein gleichfalls aus einer Summe ziemlich gleichartiger Zellen zusammen- gesetzter Organismus gehört. So durchläuft also der thierische Organismus gleich im Beginn seiner Ontogenie mehrfache im Protistenreiche waltende Formzustände, und der Pro- cess der Theilung der Eizelle kann als ein aus frühzeiti- ger Vererbung überkommener erklärt werden. Damit streift sich von ihm der teleologische Nimbus ab, in welchem er ohne diese Be- ziehung, bei exclusiver Verknüpfung mit dem künftigen aus der Furehung hervorgehenden Organismus erscheinen muss. Mit der Bildung eines Zellenhaufens aus der einfachen Eizelle ist dem Organismus jedoch noch keineswegs ein specifisch thierischer Charakter eingeprägt, dieser äussert sich vielmehr erst im Verlaufe fernerer Sonderungsvorgänge. Diese bestehen darin, dass die den Organismus repräsentirenden, mehr oder minder gleichartigen Formelemente (Zellen) in grösseren oder kleineren Gomplexen verschiedene Zustände eingehen, sich differenziren, und im Zusammenhange mit bestimmter Küng die Anlagen (ersten Stadien) vonOÖrganen herstellen. Diese selbst w erden demnach aus Zellen zusammengäsdtzt , welche die Gewebe bilden. Wir erhalten so den Aufbau der Organismen aus Geweben, welche die Organe zusammen- setzen, und wieder aus Formelementen, den Zellen, bestehen. Entstehung der Gewehe. $ 17 Die Zelle stellt nach dem oben Gesagten bei den von uns als Thiere betrachteten Organismen nur vorübergehend den gesammten Organismus vor, nämlich als Eizelle. Aus dieser geht durch Theilung ein Multiplum von Zellen hervor, welche die Anlage des Thierleibes bilden. In späteren Zuständen bleibt nur ein Theil des von der Eizelle stammenden Mate- Differenzirung des thierischen Organismus. 21 riales den primitiven Verhältnissen der Zelle nahe, während die Mehrzahl der Zellen sowohl formell wie materiell, und demgemöss auch in den functionellen Aeusserungen, sich ändert, und durchaus neue Verhältnisse eingeht. Die neuen, aus Aggregaten von gleichartig umgewandelten Zellen und ihren Derivaten gebildeten Complexe stellen die Gewebe vor. Der Entstehungsvorgang derselben beruht auf einer Differenzirung. Da jedem different gewordenen Zellenaggregate eine bestimmte, für den Or- ganismus zu leistende Verrichtung zukommt, die vorher, beim Zustande der Indifferenz der Zellen, nicht an räumlich abgegrenzte Theile geknüpft war, in dem frühesten Zustande des individuellen Organismus sogar nur durch Eine Zelle (Eizelle) besorgt ward, liegt auch hier eine Theilung der physiologischen Arbeit vor. In allen Fällen geht die gewebliche Differenzirung aus dem Proto- plasma der primitiven Zelle vor sich. Weniger auffallend ist der Kern betheiligt, obschon auch an ihm Veränderungen wahrnehmbar sind. Wo eine aus dem Protoplasma different gewordene Substanz die Hauptrolle spielt, tritt der Kern in untergeordnete Verhältnisse. Die Gewebe zerfallen nach dem Verhalten ihrer Formelemente in mehrere grössere Abtheilungen, die ich als Epithelgewebe, Ge- webe der Bindesubstanz, Muskel- und Nervengewebe aufführe. Die beiden ersteren repräsentiren die niederen Formen, die man als vegetative Gewebe von den beiden anderen, animalen Geweben, unterscheiden kann. Der Unterschied beider Gruppen liegt ‚in der Qualitätt der Differenzirung, indem die Differenzirungsproducte der ersten sich mehr passiv zum Organismus verhalten, indess die der andern in die Aeusserung der Lebenserscheinungen des Organismus selbstthätig eingreifen. Die vegetative Gewebsgruppe oder ihr analoge Gewebe finden ausserdem ihre grösste Verbreitung im Pflanzenreiche, indess die animale in letzterem fehlt und die für die Thiere charakteristischen Einrichtungen liefert. Alle anderen sonst noch unterschiedenen Gewebe sind entweder gar keine selbstständigen Gewebe, sondern viel zusammengesetztere, aus mannichfachen Geweben bestehende Bildungen, oder es sind den einzel- nen oben aufgeführten Kategorien unterzuordnende Gewebsformen oder sogar blosse Bestandtheile von solchen. Bei der Herbeiziehung aus meh- reren Geweben bestehender Gebilde, als »zusammengesetzte Gewebe « u. dergl. löst sich der Begriff des Gewebes auf. A. Vegetative Gewebe. Epithelien. g 18. Aneinandergelagerte Zellen, die in einfacher oder mehrfacher Schicht- tung Oberflächen des Körpers bedecken oder die Wandungen von Binnen- 22 I. Aufbau des Thierleibes. räumen auskleiden, werden als » Epithelien « bezeichnet. Das Epithel- gewebe besteht somit einfaclis Zellen. Es ist dadurch von anderen unterschieden, dass bei ihm die Zelle ihre ursprünglichen Verhältnisse wenigstens in Bezug auf die Anlagerung beibehält. Die Epithelien reprä- sentiren die phylogenetisch und deshalb auch ontogenetisch älteste Ge- websform. Als epitheliale Zellenstraten erscheinen die Keimblätter, die ersten organologischen Differenzirungsproducte der aus der Theilung des Eies hervorgehenden Zellenmassen. Die Formen der Epithelzellen sind sehr mannichfaltig und bieten Anhaltepunkte zur Unterscheidung vielartiger Bildungen. Das Protoplasma der Epithelzellen ist sehr häufig nicht mehr gleichartig, sondern ist durch membranartige Verdichtung seiner äusser- sten Schichte in eine Differenzirung eingegangen. Diese zeigt sich an mehrschichtigen Epithelien vorwiegend in den oberflächlicheren Lagen, indess in den tieferen die Membranlosigkeit der Zellen auf einen jüngeren Zustand hinweist. Eine andere Differenzirung besteht darin, dass die oberflächliche Schichte der Epithelzellen an der nach aussen oder gegen einen Binnen- raum des Körpers gewendeten Fläche feine, bewegliche Fortsätze entwickelt, welche, während des Lebens der Zelle in Schwingungen begriffen, als Wimperhaare, Gilien, bezeichnet werden. Die Haare an diesen Flimmer- oder Wimperzellen finden sich bald einzeln, als Flagellum, bald zu vielen beisammen als Cilia. Im ersteren Falle läuft die Zelle in einen feinen Fortsatz aus, sie stellt eine Geisselzelle vor. Solche sind besonders bei niederen Thieren verbreitet. Die Wimperhaare sind Producte einer Differenzirung, da ihre Bewegung nicht einfach von der bereits am Protoplasma bestehenden Contractilität geleistet wird. Bei manchen niederen Organismen bilden sich Wimperhaare vorübergehend, um alsbald wieder eingezogen zu werden, und ihre Substanz mit dem Protoplasma zu verschmelzen. Dadurch geben sie sich als Differenzirung des Protoplasma kund, und lassen ihre Bewegungserscheinungen aus einer mit A den Bewegungen des Protoplasma gemeinsamen Quelle Fig. 6. Geisselzellen, : s mp . 4 eines Hydroidpolypen, geflossen erkennen. Für die differenzirteren Formen b einer Spongia (Kragen- der Wimperhaare hat die Nachweisbarkeit dieser ak Identität aufgehört. An’den gleichen Flächen zeigen manche Epithelien noch eine andere Differenzirung. Wie die Membranbildung als eine in der gesammten Peripherie der Zelle zu Stande kommende Veränderung der oberflächlichen Protoplasmaschichte sich darstellt, so kann derselbe Vorgang, auf einen bestimmten Theil der Zelloberfläche beschränkt, aber intensiver ent- wickelt, zur Bildung einer partiellen Verdickung der äussersten Proto- plasmaschichte führen. An der nach aussen gekehrten Fläche jeder Zelle befindet sich dann eine verschieden dicke Lage einer vom Protoplasma Differenzirung des thierischen Organismus. 353 differenten Substanz , die aber meist ohne scharfe Grenze mit demselben zusammenhängt. Wenn diese aus dem Protoplasma der Zellen in einer Schichte abgeschiedene Substanz sich noch weiter differenzirt, so dass der von jeder Zelle gelieferte Antheil mit dem der benachbarten inniger zusammenhängt, als mit der Zelle selbst, so entstehen daraus homogene Membranen, GCuticulae. Sie werden eine Schichtung erkennen lassen, wenn ihre Absetzung eine ungleichmässige ist, und wenn allmählich noch weitere Veränderungen in ihnen stattfinden, so dass jeder neue Ansatz sich von dem vorausgegangenen unterscheiden lässt. Je verschiedener der diese Gutieularbildungen zusammensetzende Stoff vom Protoplasma der Zellen ist, die ihn abgesetzt haben, um so weniger wird man ein unmittel- bares Eingehen des Protoplasma in ihn annehmen können, und die Guti- eularbildung stellt sich damit um so schärfer in die Reihe der Abschei- dungen. Geht die Cuticularbildung nicht gleichmässig an der Oberfläche der einzelnen Zellen vor sich, so werden von der absondernden Zell- - schichte Protoplasmafortsätze in die abgesonderte Schichte einragen, welche dann von, jenen entsprechenden, meist sehr feinen Ganälen (Poren- canälen) durchsetzt wird. Die Cuticularbildungen bieten sehr ver- schiedene Consistenzgrade, und zeigen von weicher Beschaffenheit alle Uebergänge zu bedeutender Festigkeit. In letzterem Zustande werden sie vielfach zu Stützorganen verwendet. Sie bestehen dann in der Regel aus einem als »Chitin« bezeichneten Stoffe. Solche chitinisirte Guticular- bildungen sind bei Wirbellosen in grosser Verbreitung anzutreffen. ‚ g19. Die absondernde Thätigkeit der Zellen ausgedehnter Epithelschichten kann auch tropfbarflüssige oder selbst gasförmige Stoffe liefern. Damit treten die Epithelien in andere Beziehungen zum Haushalte des Organis- mus, sie liefern nicht mehr zum Aufbaue des Organismus verwendete Substanzen. Dadurch wird der Uebergang zu jenem Zustande der Epithe- lialbildungen vermittelt, in welchem Theile von Epithelien als ein in bestimmter Richtung fungirendes Gewebe auftreten, welches man als Drüsengewebe bezeichnet. Da zwischen den zu Absonderungs- organen, Drüsen, verwendeten Zellencomplexen und den Epithelien immer ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben ist, der entweder be- ständig dauert, wie dies für die Mehrzahl der Drüsen gilt, oder doch für die Anlage der Drüse vorhanden ist, so stellt das Drüsengewebe nur eine durch Differenzirung entstandene Modification des Epi- thelialgewebes vor, und besteht wie dieses stets aus Zellen. Im einfachsten Zustande erscheinen einzelne Zellen einer Epithelschicht in jener secretorischen Bedeutung, fungiren als Drüsenzellen, indem sie einen Stoff bilden und absondern, der von den anderen nicht geliefert wird. Daraus entstehen die einzelligen Drüsen. Sie bleiben ent- weder zwischen den andern in unveränderter Lage, oder sie treten mit 24 I. Aufbau des Thierleibes. ihrem Körper unter das Niveau des Epithels, um mit einem dünnen, durch die Zellmembran gebildeg® Ausführgange zwischen den Zellen des Epithels auszumünden. (Fig. 7.) Vergrössert sich die absondernde Oberfläche, ohne dass das gesammte Epithel der Fläche dabei betheiligt ist, so entstehen Wucherungen des Epithels unter die von ihm einge- nommene Fläche, woraus räumlich vom Epithel mehr oder minder sich entfernende Bildungen, Grübchen, Säckehen,, Blindschläuche hervorgehen, die durch neue Wucherungen sich wieder complieiren können. Das der ursprünglichen Epithelschichte unterliegende Gewebe bildet, jenen Wucherungen folgend, Um- hüllungen für dieselben, verhält sich aber dabei, wie complieirt auch Verästelungen und dergl. jene vom Epithel ausgehende Wucherungen gestalten mögen, in demselben Sinne, wie vorher zur ebenen Epithel- schichte. Die Drüse als different gewordenes Organ er- scheint also als eine Einsenkung des Epithels in das unter diesem liegende Gewebe. Bei den ausgepräg- Fig. 7. Einzellige Dm- teren Drüsenformen tritt an den in die Drüsenbildung sen. Vordere Speichel- eingegangenen Zellen eine fernere Differenzirung ein. ey. en (naeh Dieselben scheiden sich in solche, welche secerniren, e% somit eigentliche Drüsenzellen vorstellen, und in solche, welche den secernirenden Theil der Drüse mit der indifferent bleibenden Epithelschichte verbinden, und im Gegensatze zum secerni- renden Abschnitte der Drüse, Epithelien der Ausführgänge vorstellen. Bindesubstanzen. $ 20. Die beim Epithelialgewebe zur Bildung homogener Membranen füh- rende Erscheinung kann durch die Ausdehnung über die ganze Peripherie je einer Zelle, sowie durch fortgesetzte Wiederholung zu grösserer Bedeu- tung gelangen. Schon bei den Epithelien findet sich nicht selten eine dünne Zwischenschicht: Kittsubstanz. Indem die von dem Protoplasma einer Summe von Zellen different gewordene Substanz zwischen den mit unverändertem Protoplasma versehenen Zellen allmählich sich vermehrt, werden die Zellen von einander geschieden. Es bildet sich ein Gegensatz zwischen der Zelle, dem Bildenden, und der Intercellularsub- stanz, dem Gebildeten. Eine Anzahl im Grossen sehr verschiedener Gewebe zeigt jenes Gemeinsame im feineren Baue. Man bezeichnet sie mit dem Namen der Bindesubstanzen, da die Mehrzahl der hierher- Differenzirung des thierischen Organismus. 35 gehörigen Gewebe zur Verbindung anderer Gewebe zu Organen oder Organsystemen verwendet wird. Die Eigenthümlichkeiten dieser Gewebe gehen theils aus dem Ver- “halten der Zellen an sich, theils aus ihrem Verhältnisse zu der Intercellu- larsubstanz, theils aus der chemisch-physikalischen Constitution der Inter- cellularsubstanz hervor, sind aber nicht überall gleich scharf ausgeprägt. Der letztere, räumliche Uebergänge der einen Gewebsform in die andere erkennen lassende Umstand, sowie die Thatsache, dass auch zeitlich solche Uebergänge stattfinden, bilden einen wichtigern Anlass zur Ver- einigung als das durch mannichfache Verschiedenheiten wieder aufgewo- gene Gemeinsame des Baues. Die einzelnen hieher gehörigen Gewebe sind: 4) zelliges Bindegewebe, 2) Gallertgewebe, 3) faseriges Binde- gewebe, 4) Knorpelgewebe, 5) Knochengewebe. s2ı. Das Bindegewebe ist in folgende Unterabtheilungen zu sondern. 1) Das zellige Bindegewebe (blasiges Bindegewebe) stellt die einfachste Form vor. . Es wird aus rundlichen oder länglichen Zellen gebildet, die nur durch spärliche Intercellularsubstanz geschieden sind. Die Zellen sind häufig mit vacuolenartigen Räumen ausgestattet, welche mit einer Flüssigkeit gefüllt sind. Die Intercellularsubstanz tritt in Form von Zellmembranen auf, welche die auseinanderliegenden Zellen sich verbinden lassen, in- dem sie benachbarten Zellen ge- meinsam sind. In anderen Fällen ist sie reichlicher vorhanden, ohne dass sie gegen die Zellen vorherrscht. Die Differenzirung des Protoplasma von der Intercellularsubstanz zeigt sich auf verschiedenen Stufen. In grösserer Verbreitung findet sich dies®® Gewebe bei Gliederthieren und Mollusken. Bei Wirbelthieren setzt es die Ghorda dorsalis zu- sammen. 2) Das Gallertgewebe / (Schleimgewebe) zeichnet sich durch die weiche, gallertige Be- Fig. 8. Aus ee Gallertsubstanz der Scheibe en & Aurelia aurita mit Jodserum behandelt. Nach schaffenheit der Intercellularsub- M. Schurzze. 500mal vergr. « Verästelte Faserzüge, stanz aus, die meist glasartig in welchen jkeine Zellen bemerkbar sind. db In der durchscheinend sich darstellt. In homogenen Gallerte zerstreute Zellen mit Fort- N : sätzen, diejjhier grösstentheils eingezogen er- der letzteren liegen bald rundliche scheinen. 26 I. Aufbau des Thierleibes. von einander völlig getrennte, bald spindelförmige oder verästelte Zellen, welche häufig mit ihren FoM#@tzen mit einander vereinigt sind. Auch Stränge von Zellen kommen vor, So kommt ein feines, die Gallerte durchziehendes Netzwerk zu Stande, dessen Bälkchen in weiterer Diffe- renzirung fester werden und in Fibrillen zerfallen können. Auch an der Intercellularsubstanz tritt zuweilen eine solche Sonderung auf, so dass Faserzüge bemerkbar werden, an denen keine Zellen betheiligt sind. Die Verbreitung dieses Gewebes findet sich bei vielen niederen Thieren „ im Schirm der Medusen (Fig. 8), im Integumente der Heteropoden ete. 3) Faseriges Bindegewebe stellt eine weitere Entwickelungs- stufe der vorhergehenden Gewebsform vor. Die Formelemente erscheinen als längliche oder verästelte Zellen, die in eine aus Faserzügen und Bün- deln bestehende Intercellularsubstanz eingebettet sind. Letztere ist zum grossen Theil aus einer Sonderung von Seite der Zellen entstanden, wie aus der Entwickelung des Gewebes hervorgeht. Auf dieselbe Weise ist auch zu ersehen, dass ein Theil des Fortsätze aussendenden Protoplasma sich unmittelbar in Fibrillen und Faserbündel differenzirt, die wieder von der früher gebildeten mehr oder minder homogenen Intercellularsubstanz sich gesondert zeigen. Die Faserung der Intercellularsubstanz zeigt so- wohl bezüglich der Dicke als auch der Verlaufsrichtung viele Verschieden- heiten. Die Anordnung der meist wellig gebogenen Fasern ist bald parallel, bald netzförmig, und dem entspricht in den früheren Zuständen die Lagerung der Zellen und ihrer Ausläufer. Nach der Beschaffenheit der Intercellularsubstanz unterscheidet man lockeres und straffes Bindegewebe, letzteres wird auch als »Sehnen- gewebe« bezeichnet, wenn die Faserzüge dabei eine parallele Anordnung darbieten. Ausser der Differenzirung in Fibrillen, die bei Behandlung mit Säuren und Alkalien aufquellen, zeigt sich in der Intercellularsubstanz des faserigen Bindegewebes noch eine andere Faserform, welche gegen jene Agentien grösseren Widerstand leistet, und wegen ihrer elastischen Eigenschaft als velastisches Ge webe« bezeichnet wird. Dasselbe ist wegen seiner Beziehung zur Intercellularsubstanz keine selbständige Ge- websform, sondern nur eine Modification des Bindegewebes. Da, wie oben bemerkt, ein Theil der Intercellularsubstanz #urch spätere Differenzirung des Protoplasma der Zellen entsteht, so stellen die im ausgebildeten Bindegewebe vorhandenen Formelemente nur die Reste der ursprünglichen Zellen vor. Je nach der Menge des verbrauchten, in Fasergebilde übergeführten und damit der Intercellularsubstanz einver- leibten Protoplasma ist der Kern der Bindegewebzellen von verschieden grossen Mengen Protoplasma umgeben, oder es ist alles Protoplasma ver- schwunden, wie aus dem Vorkommen blosser Kerne in den Faserzügen von Bindegewebe hervorgeht. Wo noch Protoplasma sich sammt dem bezüglichen Kerne forterhält, wo also noch eine Zelle nach dem oben auf- gestellten Begriffe vorhanden ist, kann diese wieder neue Veränderungen Differenzirung des thierischen Organismus. ‚ 27 eingehen, die so vielartig sind, dass das Bindegewebe dadurch sich zu dem an Differenzirungserscheinungen reichsten Gewebe gestaltet. PE) Aid „ 4) Knorpelgewebe wird durch Zellen charakterisirt, die in einer festeren Intercellularsubstanz lagern. Die Zellen besitzen nur in selte- neren Fällen deutliche, leicht wahrnehmbare Ausläufer, scheinen viel- mehr in der Regel von der runden Grundform wenig abzuweichen oder sind oval oder spindelförmig. Die Intercellularsubstanz ist in verschie- dener Menge vorhanden. Ihre grössere Rigidität gibt einen Unterschied von jenen Formen des Bindegewebes, die gleichfalls einfache Form- elemente bei gleichartiger Intercellularsubstanz besitzen. Durch jenes Verhalten ist das Knorpelgewebe geeignet, als Stützapparat zu fungiren. Bei sehr spärlich vorhandener Intercellularsubstanz sind die Zellen vor- herrschend, und erstere erscheint dann in Form von dünnen Membranen, woraus sich ein unmittelbarer Anschluss an das blasige Bindegewebe ergibt. Bei solchen Zellen nimmt das Protoplasma nicht selten eine be- stimmte Anordnung an, bildet Züge, die vom Kerne ausgehend an der Peripherie zusammenfliessen, und durch Flüssigkeit führende Lücken von ein- ander getrennt sind (Fig. 9). In dem Maasse als die Intercellularsubstanz nur eine dünne Schichte bildet, scheint die- ses Gewebe dem Knorpelgewebe ferne zu stehen. Am Protoplasma dieser bei Medusen vorkommenden Stützzellen Fig. 9. Knorpelzellen aus dem Tentakel sind Strömungserscheinungen wahrzu- Bin pr Med KGuninet nehmen. Nimmt die Intercellularsubstanz zu, so ist sie entweder gleichartig (hyaliner Knorpel), oder sie geht ganz nach Art des Bindegewebes, fernere Differenzirungen ein, die aber das Verhältniss zu den Zellen we- nig berühren. Ein Zerfallen der Intercellularsubstanz in Fasern liefert den Faserknorpel, das Auftreten elastischer Netze in derselben lässt elastischen Knorpel hervorgehen. Durch allmähliche Umänderungen der Intercellularsubstanz sowie der Zellen geht das Knorpelgewebe in faseriges Bindegewebe über und deutet so auf eine engere Zusammen- gehörigkeit dieser Gewebsformen hin. Auch die Zellen bieten in einzelnen Fällen bedeutendere Modificationen, indem sie verlängert sind, oder stern- förmige Ausläufer zeigen, welche mit benachbarten zusammenhängen (z. B. bei manchen Selachiern oder, noch reicher entfaltet, bei Gephalo- poden). Dadurch erscheint die Intercellularsubstanz von den Ausläufern der Zellen durchzogen (Fig. 10). Was hier in grossem Maassstabe aus- geführt ist, macht sich auch am gewöhnlichen Hyalinknorpel mit schein- bar scharf abgegrenzten Zellen geltend, indem auch da von letzteren, 25 l. Aufbau des Thierleibes. allerdings feinste Fortsätze die Intercellularsubstanz durchsetzend beob- achtet werden können. 2 "Die Intercellularsubstanz des Knorpelgewebes ist immer von dem Protoplasma der in ihren Höhlungen liegenden Knorpelzellen unterschie- den. Nichts destoweniger ist die letztere als ein Abscheidungspro- duct der Zellen anzusehen, welches eben durch Sonderung aus dem Protoplasma hervorging. Nicht sel- ten zeigt sich am hyalinen Knorpel die von einer Zelle abgesonderte und mit dieser Differenzirung ausserhalb des Organismus der Zelle liegende, somit intercelluläre Substanz in Form einer die Zelle kapselartig umgebenden Schichte, IE die man früher als eine zur N Zelle gehörige Zellmembran ansah. Fig. 10. [Knorpel eines Cephalopoden. a ein- Indem für EANZEITANB Theilung fache, b in Theilung begriffene Knorpelzellen. Einer Zelle entstandene, mehrfache 5 Smeruenätten, 1 or Kama Generationen vorstellende Gruppen (Nach M. Fürsaıscer.) von Zellen häufig solche » Kapseln « nachweisbar sind, hat man darin Mutter- und Tochterzellen etc. erblickt, und die Erscheinung als endo- gene Zellbildung gedeutet. In der That sind jene »Kapselsysteme« nur der Ausdruck von nicht homogenisirten Abscheidungen mehrfacher, aus einander hervorgegangenen Zellengenerationen. Der ganz allmähliche Uebergang von Knorpelgewebe, welches solche Kapseln erkennen lässt, in Gewebe mit völlig homogener Intercellularsubstanz, lehrt, dass wir es hier nur wit verschiedenen Diflerenzirungszuständen einer und derselben abgesonderten Substanz zu thun haben, bei der der erste Zustand durch eine in zeitlichen Intervallen erfolgte, der zweite durch eine gleichmässig ablaufende Abscheidungsthätigkeit der Zelle entstand. Durch die Anastomosen von Ausläufern der Knorpelzellen tritt das Knorpelgewebe dem folgenden sehr nahe, und ist nur durch die Be- schaffenheit der Intercellularsubstanz von ihm verschieden. $ 3. 5) Knochengewebe. Diese festeste Form der Bindesubstanzen besteht aus einer mit Kalksalzen verbundenen organischen Intercellular- substanz, in welcher Zellen mit anastomosirenden feinen Ausläufern vor- handen sind, oder sie wird durch eine feste, der vorigen gleiche Grund- substanz dargestellt, in welcher keine ganzen Zeilen, sondern nur deren Ausläufer vorkommen, die sie in Gestalt feiner Ganälchen durchzieben. Differenzirung des thierischen Organismus. 29 Es sind demnach zwei Formzustände des Knochengewebes aus- einander zu halten. In die Zusammensetzung des einen gehen Zellen ein, die bei dem anderen nur feine Fortsätze in die Porencanäle der festen Grundsubstanz aussenden. - Das Gewebe mit Knochenzellen ist das verbreitetste; es findet sich in den Skeletbildungen aller Wirbelthierklassen, während das Knochen- gewebe mit blossen CGanäl- chen im Skelete mancher Fische sich vorfindet, und sonst eine allgemeine Ver- breitung nur in den Zahn- bildungen der Wirbelthiere hat ‚Zahnbein). Die Genese des Knochen- gewebes klärt die Beziehun- gen der Intercellularsubstanz. zu den Zellen auf. Die zellen- einschliessende Form kann auf eine zweifache Weise entstehen. Einmal durch Verknöcherung von Binde- gewebe. Indem dessen Inter- , Fig. 11. Querschnitt des Femur von Rana. o Osteoblast- cellularsubstanz durch Ver- schichte. o' 0" Zellen zu Knochenzellen werdend. o'"' Eine bindung mit Kalksalzen skle- Knochenzelle. p Periost. m Markhöhle. rosirt, werden die in ersterer vorhandenen Zellen zu Knochenzellen, die sich mit ihren Ausläufern durch Porencanäle in der Intercellularsubstanz unter einander in Ver- bindung setzen. Zweitens entsteht dasselbe Gewebe dadurch, dass indiffe- rent erscheinende Zellen eine sklerosirende Substanz abscheiden, die lamellenartig geschichtet sich ablagert, und in welche die absondernden Zellen feine Protoplasmafortsätze einsenden (Fig. 11 0). Die Abscheidung jener Substanz geht durch Umwandlung eines Theiles des Zellprotoplasma vor sich. Indem dieses sich differenzirt, gehört es nicht mehr der Zelle an, ist also von ihr abgesondert. Indem einzelne der absondernden Zellen (0° 0°’) ihre Thätigkeit sistiren, während die ihnen benachbarten darin fortfahren, kommen sie allmählich in eine Schichte von Intercellularsub- stanz zu liegen, die sie fernerhin umschliesst und sie so zu Knochenzellen (0) umwandelt. Durch feine Fortsätze stehen die Zellen der absondern- den Schichte (Osteoblasten) mit den bereits eingeschlossenen Zellen (Knochenzellen) in continuirlichem Zusammenhange und dadurch ist jede der ersteren befähigt, zu einer Knochenzelle zu werden. Eine ganz analoge Entstehungsweise besitzt die andere Form des Knochengewebes, soweit ihre Geschichte aus der Entwickelung des Zahn- beines genauer bekannt ist. Auch bier wird durch eine Zellenschichte eine sklerosirende Substanz abgeschieden, in welche die Zellen zugleich Aus- 30 l. Aufbau des Thierleibes. läufer senden, welche somit wieder Porencanäle durchziehen. Anstatt aber nach und nach in diese exgggeelluläre Substanz einzutreten, bleiben die Zellen ‘Odontoblasten) stets ausserhalb derselben, und stehen mit denselben nur durch ihre Ausläufer in Verbindung. Die abgeschiedene Substanz ist also von feinen-parallelen Canälchen durchzogen (sogenannte Zahncanälchen, da sie im Zahnbein zuerst bekannt wurden‘. Diese Form des Knochengewebes verknüpft sich trotz des differenten Verhaltens der Erscheinung im späteren Zustande doch sehr innig mit der ersten Form, indem sie wie diese ihre Intercellularsubstanz durch Abscheidung von Zellen, d. h. durch Differentwerden eines Theiles des Protoplasma , ent- stehen lässt. Noch inniger wird die Verbindung, wenn man den ersten Vorgang ins Auge fasst. In beiden Fällen wird eine homogene durch Kalk- verbindungen sklerosirende Substanz abgesondert, in welche die sie liefernden Zellen ihre Ausläufer absenden. Schreitet dieser Vorgang in gleicher Weise, wie er begonnen, weiter, so dass nie eine ganze Zelle in die abgesonderten Schichten tritt, so.führt er zur Bildung von jenem Knochengewebe, das nur von feinen Porencanälchen in meist parallelem Verlaufe durchzogen ist. Bleiben einzelne der absondernden Zellen all- mählich in der abgesonderten Substanz zurück, so wird letztere zu einer Knochenzellen umschliessenden Intercellularsubstanz, und bildet so die andere Form des Knochengewebes. Formelemente der ernährenden Flüssigkeit. $ 24. An das Bindegewebe knüpft sich enge die Entstehung von Zellen, welche in der ernährenden Flüssigkeit des Körpers suspendirt, die Form- elemente derselben vorstellen. Wenn man jenes Fluidum als eine Inter- cellularsubstanz auffassen möchte, so wäre das Ganze der ernährenden Flüssigkeit einem Gewebe vergleichbar, das von den andern Geweben der Bindesubstanzreihe sich wesentlich nur durch seinen flüssigen Zu- stand unterscheidet. Würde ihm durch letzteren auch eine andere Rolle zuzuerkennen sein, so läge dieselbe doch noch völlig innerhalb der Reihe vegetativer Functionen. Auch ohne das Gewicht dieser Beziehung sind jene Formelemente hieher zu zählen, da sie aus demselben Gewebe, welches die Bahnen der ernährenden Flüssigkeit umwandet, ihre erste Entstehung nehmen. So- weit diese Verhältnisse bekannt sind, tritt bei den im Mesoderm auftre- tenden Sonderungsvorgängen ein Theil der es vorstellenden Zellen nicht in Verbindung mit den anderen, und erhält sich isolirt in dem jene Räume oder Ganäle füllenden Fluidum, welches man als Blut zu bezeichnen pflegt. Diese Formelemente stellen dann die Blutzellen vor. Im Bereiche wirbelloser Thiere erscheinen dieselben in der Regel auf der Stufe völlig Differenzirung des thierischen Organismus. 31 indifferenter Zellen, aus einem Kerne (Fig. 12 n) und Protoplasma be- stehend, welches letztere amöboide Bewegungen ausführt. Unter den Vertebraten erhalten sich diese Formelemente bei den Cranioten als Lymphzellen, indess die eigentliche Blutflüssigkeit von jenen nie- dern Formen stammende, allein bedeutend ver- änderte Elemente führt. Diese haben mit ihrer Differenzirung die Veränderlichkeit der Form eingebüsst, erscheinen als rundliche oder ovale Scheiben, in denen bei Säugethieren auch der "1? 1? "lntzellen eines Kreb- € ei 0 Di er > RT ses (Maja squinado) anit Proto- bis dahin noch vorhandene Kern verschwun- plasmafortsätzen. » Nucleus. den ist, B. Animale Gewebe. $ 25. Sowohl im Epithelialgewebe wie in den Geweben der Bindesubstanz- reihe bietet das Differenzirungsproduct des Protoplasma nur Erscheinun- gen, die auf das Bereich vegetativer Vorgänge beschränkt sind. Mit dem Auftreten einer höher potenzirten contractilen Substanz als einem Sonde- rungsproducte des Protoplasma entsteht ein neues Gewebe, das als con- tractiles oder Muskelgewebe bezeichnet wird. Die Contractilität äussert sich aber nicht mehr automatisch, sondern nur auf Reize, die den Formelementen vom Nervensystem her zufliessen. Dadurch sind die con- tractilen Formelemente des Muskelgewebes von der indifferenten,, durch ihr Protoplasma gleichfalls contractilen Zelle wesentlich unterschieden. Sie setzen die Existenz eines anderen Gewebes, desNer- vengewebes voraus, sowie dieses wiederum jenes be- dingt. Diese innigen Beziehungen offenbaren ein causales Verhältniss in der Phylogenese beider Gewebe. Beiderlei Elemente differenziren sich aus einem einzigen, der Neuro- muskelzelle, die bei manchen Cö- lenteraten das Formelement für beide Gewebe repräsentirt (Fig. 13). Sie ent- spricht einem indifferenten Zustand der animalen Gewebe, die hier noch gar nicht als discrete Gewebe bestehen. Das Tu nmrbmt en vn ee den Ausgang der Differenzirung bildende traetile Fasern. Nach KLeisexgec. Gewebe ist keine neue Bildung. Es ist die äusserste aus Zellen bestehende Körperschichte (Ectoderm), die ein Epithel darstellt. Das Neuromuskelgewebe ist also eine Differenzirung des Epithelialgewebes, und dadurch verknüpft es sich mit einem ein- facheren Zustande. Von anderen Epithelzellen kaum unterscheidbare Zellen senden an ihrer Basis je einen bandartigen Fortsatz aus, der mit den ande- 32 I. Aufbau des Thierleibes. ren eine unter dem Epithel liegende Längsfaserschichte zusammensetzt. Diese repräsenlirt eine contragge Schichte, deren Elemente, Fasern (m) von den Epithelzellen ausgehen. Während die epithelialen Zellen der äusseren Körperschichte in ihrem indifferenten Zustande einen niedern Grad von Sensibilität und Contractilität vereinigten, ist ihnen erstere ge- blieben, indess die letztere in höherer Potenzirung einem vom Proto- plasma different gewordenen Fortsatze, nunmehr einem Anhangsgebilde der Zelle zukommt. Darin erscheinen die ersten Anfänge der in höher differenzirten Zuständen in dem Zusammenhang von Ganglienzelle, Nervenfaser und Muskelfaser ausge- sprochenen Einrichtung. Wenn wir annehmen, dass die in diesem Falle nur als Fortsätze von Zellen erscheinenden Fasern einen Kern er- halten, indem das Theilungsproduct des Kernes der Zelle allmählich auf die Faser gelangt, dass ferner die Neuromuskelzelle nicht mehr so un- mittelbar, sondern durch einen gesonderten Fortsatz mit der somit gleich- falls selbständiger gewordenen contractilen Faser sich verbindet, so ist damit ein Uebergang zu jenem differenzirteren Zustande gegeben. Nerven wie Muskeln erscheinen von diesem Gesichtspunkte aus als die Producte der Sonderung einer und derselben Gewebsschichte, die wir weiter unten als »Ectoderm « werden kennen lernen. Damit wird zugleich ein physio- logisches Postulat erfüllt; denn es ist völlig undenkbar, dass Nerv oder Muskel in ihren Elementen einmal von einander gesondert bestanden, und dass der die Functionen beider bestimmende Zusammenhang das Er- gebniss einer späteren Verbindung sei. Muskelgewebe. $ 26 Hinsichtlich des specielleren Verhaltens scheiden sich die Formele- mente des Muskelgewebes in zwei Abtheilungen. Die eine besteht aus einfacher gestalteten Zellen, die andere wird durch Fasern dargestellt, welche aus Zellen-Aggregaten hervorgehen. oder bei denen eine Vermeh- rung des Kernes auf die Bildung von Syncytien hinweist. In beiden ist das indifferent gebliebene Protoplasma in geringer Quantität und von un- tergeordneter Bedeutung für die Leistung des Formelements. In jeder Abtheilung kann durch weitere Differenzirung der contrac- tilen Substanz ein höherer Zustand der Faser sich ausbilden. I) Die erste Form bilden zunächst die sogenannten glatten Mus- kelfasern oder contractilen Faserzellen. Es sind spindelför- mige, oft sehr langgestreckte und dann bandartig erscheinende Zellen, an denen von dem indifferenten Protoplasma entweder gar nichts mehr, oder nur ein in der Längsaxe oder an der Peripherie der Zelle liegender Rest sich forterhält. In allen Fällen umschliesst der letztere auch den Kern. Differenzirung des thierischen Organismus. 33 Die contractile Substanz ist homogen und wird äusserlich von einer oft nur schwer darstellbaren Membran abgegrenzt. Die Reaction dieser Muskelfasern auf den Nervenreiz erfolgt langsam. Durch Differenzirung der contractilen Substanz in einfach und dop- pelt lichtbrechende Theilchen erscheinen die Fasern quergestreift, und daraus entsteht ein Theil des Gewebes, das man als quergestreiftes Muskelgewebe bezeichnet. Zwischen diesem, aus einfachen, je aus einer Zelle hervorgegangenen Fasern bestehenden, und dem mehr homogenen Fasergewebe finden sich vielfache Uebergangsformen. 2) In der andern Form des Muskelgewebes werden die Elementar- theile durch Zellenaggregate (Syncytien) gebildet. Sie entstehen, wie es scheint, meist durch Auswachsen einer Zelle unter Vermehrung des Ker- nes, so dass sie von einer fortgesetzten unvollkommenen Theilung einer Zelle abgeleitet werden können. Es sind entweder. Gebilde, bei denen die contractile Substanz in Gestalt eines Cylinders erscheint, der aussen von einer homogenen Membran (dem Sarkolemma) umhüllt wird, und in seiner Axe mehrfache Kerne mit Protoplasmaresten umschliesst. Oder die contractile Substanz stellt einen soliden Cylinder vor und dann liegen die Kerne mit den Protoplasmaresten auf der Oberfläche, unmittelbar unter dem Sarkolemma. Diese Form theilt sich wieder in zwei Zustände, nach der mehr homogenen oder heterogenen Beschaffenheit der contractilen Substanz. Im ersten Falle reiht sich der Zustand an den der sogenannten glatten Faserzellen an, von dem er nur dadurch verschieden ist, dass er, nach den mehrfachen, der Faser angehörigen Kernen, nicht eine einfache Zelle, sondern ein Multiplum von Zellen vorstellt. Im zweiten Falle schliesst er sich durch die Diflerenzirung der contractilen Substanz an die andere Form der einfachen Fasern an, und stellt gleichfalls quergestreifte Fasern vor. Diese entsprechen wieder Mehrheiten von Zellen, wenn sie auch aus einer einzigen Zelle hervorgehen, und ihre Länge durch Aus- wachsen dieser Einen Zelle erhalten. Reize finden bei den quergestreiften Fasern eine rasche Auslösung. Nervengewebe. $ 27. Mit der Differenzirung des Muskelgewebes im Thierreiche erscheint nach dem oben Bemerkten zugleich das Nervengewebe, welches durch seine Leistungen auch in seinen niederen Zuständen von den übrigen Ge- weben sich auszeichnet. Es empfängt und leitet Reize, setzt dieselben in Empfindungen um, und erzeugt Willenserregungen. Nach dem for- malen Verhalten der Elementartheile sind zweierlei Zustände zu unter- scheiden, Nervenfasern und Nervenzellen; die ersteren kommen vorzugs- Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 3 34 l. Aufbau des Thierleibes. weise dem peripherischen Theile des Nervensystems zu und sind die leitenden Gebilde, die letzteren sen die centralen Elemente vor. I, Die Nervenfasern treten in verschiedenen, als Diflerenzirungs- stadien anzusehenden Verhältnissen auf. a) In der einfachsten Form erscheinen sie als langgestreckte,, homo- gene, bandartige Züge zusammensetzende Fasern, die so wenig von ein- ander scharf abgegrenzt sind, dass sie nur in Form von Streifungen sich darstellen. In solchen Nervenstämmcehen und deren Verästelungen ist bei der Mehrzahl der Wirbellosen die Beziehung zu den histiologischen Form- elementen noch nicht ausreichend ermittelt, selbst die Frage ist noch nicht entschieden, ob die vielfachen Streifungen der Nervenstämmchen der Ausdruck einer Zusammensetzung der letzteren aus disereten Fasern sind. Das Vorkommen von Kernen an diesen Bildungen ist das einzige auf Beziehungen zu Zellen Hinleitende. In anderen Fällen sind zu Bün- deln vereinigte Fasern als Einzelbildungen unterscheidbar ; die Faser be- steht aus anscheinend homogener Substanz, die oberflächlich durch eine zarte Hülle abgegrenzt ist, unter welcher Kerne sich finden. Um die Kerne sind zuweilen Protoplasmareste unterscheidbar, die den übrigen Theil der Faser als eine differente Substanz erscheinen lassen. Dadurch stellt sich der Bau der Nervenfaser mit der Muskelfaser auf eine histiolo- eisch ähnliche Stufe, und die Verschiedenheit liegt nur in der Qualität des differenzirten Protoplasma, das in dem einen Falle Muskelsubstanz, in dem anderen Nervensubstanz hervorgehen liess. Diese Fasern finden sich ausser bei Wirbellosen noch bei Amphioxus und den Cycelostomen verbreitet. Die höheren Vertebraten besitzen sie nur im Bereiche des sympathischen Nervensystems. b) Ein zweiter Zustand der Nervenfaser wird durch eine weitere Differenzirung gebildet. Die unter einer bald sehr zarten, bald stärkeren Hülle liegende Nervensubstanz zeigt sich nämlich in einen die Axe der Faser durchsetzenden Strang, den Axencylinder, und in eine diesen um- gebende fetthaltige Substanz gesondert. Die letztere, der Markeylinder (Markscheide), verleiht der Nervenfaser stark lichtbrechende Conturen, und kann vom Axencylinder nur künstlich getrennt werden. Die den Markcylinder umgebende homogene Scheide — das Neurilemma — zeigt Kerne als Reste von Zellen, aus denen die Faser hervorging. Diese Form kommt, so viel bis jetzt bekannt, nur bei den gnathostomen Wirbel- thieren vor. 2) Das andere Formelement des Nervengewebes wird durch Zellen dargestellt, die man, da sie vorzüglich in Anschwellungen des Nerven- apparates (den Ganglien) vorkommen, als Ganglienzellen bezeichnet. Sie repräsentiren die centralen Apparate. Ihre Substanz zeigt eine meist feinkörnige Beschaffenheit, doch mit manchen hier nicht näher auseinan- derzusetzenden Eigenthümlichkeiten. Der in der Regel mit deutlichem Kernkörperchen versehene Kern liegt inmitten der granulirten Substanz, Differenzirung des thierischen Organismus. 23) und diese letztere wird häufig von einer äusseren membranartigen festeren Schichte abgegrenzt. Eine diesen Zellen zugelegte complieirtere Structur wird von jedem Beobachter in wesentlich verschiedener Weise dargestellt, so dass diese Fragen vom Abschlusse noch weit entfernt scheinen. Die Ganglienzellen besitzen Fortsätze, durch welche sie theils unter sich, theils mit Nervenfasern in Zusammenhang stehen. Sie bilden somit die Ursprungsstellen der Nervenfasern. Inwiefern fortsatzlose, also gänz- lich isolirte Ganglienzellen eine Verwendung finden, ist noch nicht fest- zustellen. Thatsache ist, dass die Annahme solcher immer weiter zurück- gedrängt wird. Die Fortsätze der Nervenzellen bieten je nach ihrer Zahl, sowie nach ihrem Verhalten zu den Fasern mehrfache Verschiedenheiten, von welchen nur das hervorgehoben werden soll, dass bei der differen- zirten Faser der Axencylinder es ist, der in die Substanz der Zelle sich fortsetzt, während der Markeylinder entfernter von der Zelle aufhört oder vielmehr indifferent wird. Auch das Verhalten des Axencylinders zu den Substanzen der Zelle erscheint mehrfach verschieden, und ist in vielen Punkten noch problematisch. SoLBRıG, A., Ueb. d. feın. Structur der Nervenelemente der Gasteropoden. Leipzig 1872. Entstehung der Organe. $ 28. Als Organe sind oben (S. 13) Körpertheile bezeichnet worden, welche mit einer bestimmten, für den Organismus zu leistenden Function betraut sind, und dieser Function gemäss sich darstellen. In diesem allgemeinen Sinne ist jedes Formelement ein Organ, ebenso wie die aus Formelemen- ten zusammengesetzten, in bestimmter Richtung fungirenden Theile es sind. Der Begriff des Organs ist demnach ein relativer. Das veranlasst, die Organe in solche höherer und niederer Ordnung zu scheiden. Die letzteren repräsentiren die Formelemente — Elementarorgane —; Organe höherer Ordnung dagegen sind jene, welche aus Summen von Elementarorganen — Zellen und deren Derivaten (Geweben) — zusam- mengesetzt sind, und für sich eine einheitliche Function besorgen. Solche Organe höherer Ordnung erscheinen in den niedersten Zuständen thieri- scher Organisation nur wenige, der Einfachheit des Organismus gemäss. Sie stellen aber die Grundlage vor, auf welcher die allmählich sich aus- bildende, nach dem Prineip der Arbeitstheilung erfolgende Complication des Organismus durch fortschreitende Differenzirung sich erhebt. Daher können wir jene einfachen Organe höherer Ordnung, aus denen durch Sonderung ganze Organcomplexe hervorgehen, als »Primitivorgane « bezeichnen. Fassen wir diese Primitivorgane näher ins Auge, so wird es zweck- mässig sein, sie an die ersten Sonderungsvorgänge im Organismus anzu- g* 36 l. Aufbau des Thierleibes. knüpfen. Denn von daher sind sie ableitbar. Aus der Theilung der Eizelle ist ein Aggregat von kleinerffZellen entstanden, die in ihren Lage- rungsbeziehungen sich verschieden verhalten. Ein Theil nimmt das Innere des Organismus ein, ein anderer bildet eine die ersteren umschliessende Schichte,, die zugleich den Körper äusserlich abgrenzt. ‚Fig. 14.) Verbindet sich mit diesem Zustande eine Nahrungsaufnahme im Innern des Kör- pers, so wird die innere Zellenmasse als Be- erenzungsschichte einer verdauenden Gavität verwendet, die einen primitiven Darm vor- Fig. 14. Sonderung der aus der stellt. Viele Beobachtungen lassen den Vor- I En gang dieser Sonderung zweier Körperschichten ana Kind ddnkkaid Paris %, als eine Einstülpung erscheinen, die an einer einschichtigen Blase stattfindet. In anderen Fällen wird er in anderer Weise dargestellt, so dass nicht abzusehen ist, ob und in wie weit hier eine für alle Fälle gemeinsame Erscheinung vorliegt. Eine Generalisirung vermeidend wenden wir uns zum Ergeb- nisse jenes Vorganges. Wir haben alsdann den Organismus aus zwei Zellenschichten zusammengesetzt. Einer äusseren, die als primitives In- tegument erscheint, Ectoderm, und einer inneren, die eine primitive Darmhöhle einschliesst, Entoderm. An der zu letzterer führenden Mundöffnung gehen beide Schichten in einander über. Die beiden den Körper eines solchen Organismus darstellenden Zellenschichten bieten für diesen die Bedingungen einer selbständigen animalen Existenz. Die äussere ist Schutzorgan und kann sich durch Sprossung von Wimperhaaren auch zum Locomotions- organ umwandeln, dabei wohl auch respira- torische Funetionen vermittelnd. Indem sie Zu- stände des umgebenden Mediums wahrnimmt, ist sie zugleich Organ der Empfindung. Die innere Schichte besorgt die nutritorischen Func- tionen, verändert die aufgenommene Nahrung, und lässt das Assimilirbare in ihre Zellen über- gehen, von da aus auch die äussere Zellschichte ernährend. Das Unbrauchbare wird durch die # a ae Eingangsöffnung wieder entfegnt. Wie die des Organismus in Eetoderm und physiologische Leistung beider Schichten ver- FO VARREEEEN a schieden ist, so erscheint auch das speciellere tät. a Mund. b Darmhöhle. . Verhalten der sie zusammensetzenden Form- Entoderm. d Eetoderm. Durch- elemente ziemlich different, wovon hier nur er auf die meist bedeutendere Grösse der Zellen des Entoderms gegen jene des Ectoderms hingewiesen sein soll. Solche Organisationszustände finden wir realisirt im Bereiche nie- derer Abtheilungen des Thierreiches CGölenteraten, Würmer), wo sie Differenzirung des thierischen Organismus. 37 niedere Entwickelungsstadien vorstellen. Auch bei höheren Abtheilungen finden sich Andeutungen davon. Man hat diese Form nach dem am selb- ständigsten gebildeten Organe, dem Darm, als Gastrula bezeichnet. Von der Annahme ausgehend, dass solche mit einer Gastrula in den Hauptpunkten übereinstimmende Formen die Anfänge auch aller höheren animalen Örganisationsformen bildeten, hat man eine der Gastrula entsprechende Gastraeaform als thierische Urform aufgestellt. Diese Gastraeatheorie hat eine Begründung erstens in der Existenz selb- ständiger an den Typus der Gastraea sich anschliessenden Thierformen, zweitens in der Thatsache, dass in niederen Abtheilungen des Tbier- reiches die mit einer Gastrula beginnende Anlage des Körpers sich nur wenig über diesen Zustand erhebt, so dass selbst anscheinend bedeutende Complicationen des Organismus immer wieder auf das Bestehen jener beiden Körperschichten zurückführbar sind. Drittens ist das Vorkommen jener beiden das Ectoderm und Entoderm bildenden Zellenschichten in der Körperanlage als eine ganz allgemeine, ausnahmslose, und daher gesetzmässige Erscheinung auch in den höheren Abtheilungen des Thier- reiches, sowie deren Beziehung zu den gleichen Functionen, für jene Auf- stellung von grösstem Belang, ja es findet das Bestehen jener Schichten in den die Anlage des Körpers zusammensetzenden sogenannten Keim- blättern erst ein richtiges Verständniss, durch die Beziehung auf eine hypothetische Gastraeaform. Deshalb wird jene Auffassungsweise als eine gerechtfertigte gelten dürfen. Wir erkennen so die Gastraea als eine Grundform an, und finden in der Differenzirung zweier, einem Ectoderm und einem Entoderm ent- sprechenden, bis zu den höchsten Stufen des Thierreiches vorkommenden Keimblätter, auf jenen Zustand verweisende, und .von ihm abzuleitende Befunde. Allein bei alledem darf nicht verkannt werden, dass wir in dem Nachweise jener Verhältnisse erst bei den Anfängen stehen. Für viele hier in Betracht kommende Punkte liegt die definitive Erledigung noch in der Ferne, und selbst auf scheinbar einfache Verhältnisse, wie die Entstehung der Gastrula, und ihrer beiden Schichten, ist noch wenig Licht gefallen. Zweifelhaft bleibt, ob die der Gastrula vorangehende Form eine einschichtige Blase vorstellt, so dass die Doppelschicht des Leibes durch eine das Entoderm bildende Einstülpung entstehe, oder ob das Entoderm aus einer primitiven inneren Zelllage sich ausbilde. Ebenso wieder ob diese beiden beobachteten Zustände selbständige, oder von einander abzuleitende seien. Für all’ das werden fernere Untersuchungen zu entscheiden haben, und in gleichem Maasse wird das Urtheil bis dahin zurückzuhalten sein. $ 29. Die beiden, den Leib niederer Thiere während früher Stadien zu- sammensetzenden urd auch in den Keimblättern höherer Abthei- 38 1. Aufbau des Thierleibes. lungen repräsentirten Zellschichten, Eetoderm und Entoderm, lassen zwischen sich eine intermediäre Sch#fte hervorgehen. Sie bildet das Meso- derm, an dessen Entstehung die beiden andern gleichen Antheil zu haben scheinen. Das Maass dieser Betheiligung ist noch keineswegs bestimmt, wie überhaupt die ersten Sonderungsvorgänge der Körperanlange vielfach genauer Untersuchung bedürfen, und zudem auch keineswegs überall gleich sich darstellen. Diese drei Straten erscheinen in den auf den Theilungsprocess des Eies folgenden Stadien selbst der höheren thie- rischen Organismen unterscheidbar, und zeigen ihr Auftreten an die erste histiologische Differenzirung geknüpft. Sie stellen die Anlage des Orga- nismus wie einen Keim vor, aus dem der gesammte Organismus durch Differenzirung sich entfaltet. Jene Anlage des Körpers bietet in den höheren Abtheilungen des Thierreichs zwar zahlreiche Modificationen, und lässt den in der Gastrula- form repräsentirten Zustand um so weniger erkennen, je bedeutender die Differenzirungen sind, welche der Organismus durchläuft, allein in der Hauptsache besteht eine nicht schwer zu erkennende Uebereinstim- mung. Das äussere Keimblatt (Ectoderm) bildet die äussere Grenz- schichte des Körpers, wie das innere (untere) Keimblatt (Darmdrüsen- blatt, Entoderm) die Darmanlage abgibt, und zwischen beiden erscheint dann das mittlere Keimblatt (Mesoderm). Wie Ectoderm und Entoderm die ersten gesonderten Organe sind, so erscheinen auch die Keimblätter als solche Urorgane, die aus dem frühesten Differenzirungszustande des thierischen Organismus auf spätere und damit höhere Zustände vererbt, nach dem Gesetze der Arbeitsthei- lung Reihen neuer Organe aus sich hervorgehen lassen. Das Thatsäch- liche der organologischen Differenzirung der Keimblätter ist noch zu geringen Umfanges, um für alle Organe den Nachweis der Genese auf- stellen zu können. Doch gestatten die wenigstens für einige Abtheilungen offenliegenden Thatsachen den Differenzirungsvorgang in den ersten Grundzügen vorzuführen. Aus dem Ectoderm gehen vorwiegend die Organe hervor, welche den Organismus in Beziehung zur Aussenwelt setzen: Schutz- und Stützorgane, Organe der Bonnie daher senso- risches Blatt) und der Bewegung, während das Entoderm RE, die Organe der Erhaltung des Individuums liefert |nutritorisches Blatt). Da auch aus dem Mesoderm wichtige Organe sich sondern, dieses aber serade in seiner Genese noch am dunkelsten ist. wird die Beziehung jener Organe auf eines der beiden primitiven Keimblälter ausstehen müssen. Durch die Sonderung der aus den Keimblättern bestehenden Körper- anlage und die Entstehung den Organismus complicirender neuer Organe wird das primitive Verhalten mehr oder minder verwischt und aufge- löst. Die aus jedem der Keimblätter als einem Primitivorgane sich diffe- renzirenden Organe stellen secundäre Organe vor. Aus diesen können wieder neue, tertiäre ete. sich bilden. Wie diese Sonderungsvorgänge von der Spaltung einer Function beherrscht werden, und die Einzel- c Differenzirung des thierischen Organismus. 39 functionen innerhalb einer Hauptfunction, von der sie ausgingen, ver- bleiben, so erscheinen auch die von einem Primitivorgane differenzirten Einzelorgane unter sich in Zusammenhang. Sie stellen dann Complexe von Organen vor, die man ihrer morphologischen und physiologischen Zusammengehörigkeit wegen als Organsysteme, Organapparate bezeichnet. Nicht immer beharrt dieser Zusammenhang auch im ausgebildeten Zustande, und häufig findet eine vollkommene Trennung des ursprüng- lich Verbundenen statt. Diese trifft vorzüglich für solche Organe, die mehreren Verrichtungen dienen, wo dann mit der Selbständigkeit jener Function auch das Organ eine unabhängige Stellung gewinnt. Die Onto- genie weist aber auch hier die ursprünglichen Zustände nach. Organsysteme. aa Integument. $ 30. Das Eetoderm bildet als äusserste Körperschichte den einfachsten Zustand des Integuments thierischer Organismen. Während bei den nie- dersten Organismen (Protisten) jegliches Integument entweder fehlt, da das den Körper darstellende Protoplasma in wechselude Fortsätze (Pseu- dopodien) ausgezogen, jeden inneren Theil an die Oberfläche gelangen lassen kann, oder durch die äusserste Schichte des Protoplasma einer ein- zelnen Zelle repräsentirt wird, ist hier zum ersten Male eine zusammen- hängende Zellschichte als gesondertes Hüllorgan und Bedeckung des übrigen Organismus unterscheidbar. Es äussert die Function eines Schutzorganes, indem seine Zellen eine in verschieden mächtiger Ausdeh- nung die Körperoberfläche überziehende Substanz absondern, welche erhärtend entweder Gehäuse- und Schalenbildungen hervorgehen lässt, oder einen continuirlichen Ueberzug des Körpers bildet, wie den Panzer der Arthropoden. Mit der Entstehung eines Mesoderms nimmt der mit dem Ectoderm verbundene Abschnitt desselben gleichfalls vielfach an der Function eines Schutzorganes Theil. Diese äussert sich z.*B. in dem Auftreten von festen kalkhaltigen Ablagerungen in dem complicirteren Integumente der Echinodermen. Die, feste Schutzgebilde des Körpers schaffende Thätigkeit des Ecto- derms zeigt sich noch bei den Wirbelthieren in der Production zahlreicher und mannichfaltiger als Hüll- und Schutzorgane fungirender Theile. 40 : Il. Aufbau des Thierleibes. bigkelet. 8 31. Die mannichfaltigen, vom Ectoderm gelieferten Schutzorgane fun- giren in vielen Fällen auch als Stützorgane des Körpers, in dem Maasse, als sie entweder an Mächtigkeit oder an Festigkeit zunehmen und zugleich mit inneren Organen in Verbindung treten. Wir bezeichnen solche Organe als Skelet. Die Verbindung anorganischer Substanzen (vornehmlich Kalksalze) mit einer organischen Grundlage spielt hier eine wichtige Rolle. Die vom Integumente geleistete Stützfunction lässt zahlreiche Anpassungen hervorgehen. Die Vereinigung beider Functionen erscheint als niederer Zustand im Vergleiche mit der Bildung innerer Skelete, welche einer höheren functionellen Differenzirung entsprechen und ausschliesslich als Stülzorgane fungiren. Wir begegnen auch hier den mannichfaltigsten Zu- ständen. Solide Einlagerungen in die Gewebe bilden die niedersten Be- funde, die Anfänge solch innerer Skeletbildungen, deren einzelne Theile unter sich in gar keinem Zusammenhang stehen. Durch die Vermehrung jener Einlagerungen und ihre Verbindung gehen zusammenhängende Skelet- formationen hervor, die auch als Abscheidungen sich darstellen können. Beispiele bieten sich schon bei den Cölenteraten. Mit der Verwendung eines bestimmten Gewebes, dessen Eigenschaften sich zur Stützfunetion eignen, beginnt eine höhere Stufe der inneren Skelete. Die Diflerenzirung des Knorpels aus dem indifferenien Bindegewebe ist der Ausdruck jener Erscheinung. Bereits bei Medusen, bei Würmern und Mollusken ist der Anfang zur Verwendung jenes Knorpelgewebes zu Stützorganen gemacht, und bei den Vertebraten tritt es in höhere Bedeutung. bis es durch ein zweites vollkommeneres Stützgewebe, Knochengewebe, verdrängt wird. c) Muskeln. Die Bewegung des Körpers äussert sich in ihrem einfachsten Ver- halten als eine durch die Contractilität des Protoplasma bedingte Form- veränderung. Sind diese Formveränderungen ausgiebiger und erfolgen sie nach bestimmter Richtung, durch einseitige Verlängerung des Körpers, durch Aussenden von Fortsätzen, die sich festheften, und welchen all- mählich die übrige halbflüssige Körpermasse nachfolgt (Rhizopoden), so resultirt aus ihnen die Ortsbewegung. Diese unterscheidet sich also nur graduell von der unbestimmteren Formveränderung. Das Protoplasma ruft durch seine Contractilität auch da noch Ortsbewegungen hervor, wo es sich bereits mit einer differenten aber noch weichen Integumentschichte überkleidet hat. Diese Schichte folgt dann den Bewegungen des von ihr umhüllten Leibes. Besondere Organe der Bewegung bestehen in diesen Differenzirung des thierischen Organismus. 41 bei den Protisten verbreiteten Fällen ebenso wenig als den Wimper- haaren diese Bedeutung in ausschliesslichem Sinne zugeschrieben wer- den kann, da diese auch den Protisten zukommenden Bildungen noch mancherlei andere Functionen für den Organismus vollziehen, z. B. durch die Betheiligung an der Nahrungsaufnahme. Erst mit dem Erscheinen der als Muskelfasern unterschiedenen con- tractilen Formelemente treten specifische Organe der Bewegung auf, die im einfachsten Falle als eine unter dem Ectoderm gelagerte Muskelschichte sich darstellen. Die Genese dieser ersten Muskulatur des Körpers (Hydroidpolypen) ergibt sich als eine Sonderung des Ectoderms. Von den Zellen des letz- teren gehen platte Fortsätze ab und formiren eine continuirliche Schichte contractiler Fasern. Eine jede an der Bildung dieser Faserschichte betheiligte Ectoderm- zelle repräsentirt dabei einen empfindenden Apparat, der mit einem con- tractilen in unmittelbarer Verbindung steht. Die Zelle hat somit bei diffe- renzirter Muskulatur durch gegeneinander wirkende und eben dadurch in toto in ihrer Thätigkeit harmonirende Muskelgruppen vollzogen. (Vergl. oben S. 31.) In wieferne dieses einen tiefen Einblick in die Sonderung der Gewebe wie der Organe gestattende höchst wichtige Verhalten sich bei höheren Thieren vielleicht ontogenetisch wiederholt, ist noch un- ermittelt. Bei allen über den Cölenteraten stehenden Abtheilungen be- gegnen wir einer bereits vollzogenen Sonderung. Es kann daher als zweifelhaft gelten, ob dem Auftreten der Muskulatur überall ein solcher Vorgang zu Grunde liege. Etwas ähnliches dürfte jedoch als wahrschein- lich anzunehmen sein. Wenn die Differenzirung bei höheren Organismen jene Vorgänge nicht mehr erkennen lässt, so ist daraus noch nicht unbe- dingt eine ursprünglich andere Art der Entstehung zu folgern, da die Ontogenie die phylogenetischen Processe in ihrem vollen Umfange nur selten zu wiederholen pflegt. 8 33. Die erste Muskulatur des Körpers erscheint in enger Beziehung zum Integumente, von dem sie kaum getrennt werden kann. Da solches nicht blos für die Gölenteraten gilt, ergibt sich daraus eine Instanz für die An- nahme einer im Wesentlichen gleichmässigen Genese. Mit dem Integu- mente zusammen bildet sie einen mit dem Auftreten einer Leibeshöhle die übrigen Organe umschliessenden » Hautmuskelschlauch«. Die Anord- nung der Muskelfasern bietet eine gewisse Regelmässigkeit zumeist erst mit der Gliederung des Körpers in einzelne hintereinander gelegene Ab- schnitte (Metameren), und mit der Entwickelung von Stützorganen zeigt sich eine Differenzirung der Muskulatur in einzelne Gruppen. Summen von Fasern bilden Bündel und diese setzen wieder grössere Complexe, Muskeln, zusammen. Die Gliederung der Muskulatur entspricht dann der 42 I. Aufbau des Thierleibes. Segmentirung des Körpers, und erscheint in ihren einzelnen Abschnitten um so mannichfaltiger, je v@ggehiedener die Leistungen der einzelnen Metameren sind. Was beim WR nuskölschkadch durch die in verschie- dener Schichtung sich kreuzenden Fasern erzeugt wird, nämlich die Ver- schiedenartigkeit der Bewegung, das wird bei differenzirter Muskulatur (durch gegeneinander wirkende und eben dadurch in toto in ihrer Thätig- keit zusammenstimmende Muskelgruppen vollzogen. Durch den Hautmuskelschlauch und die aus ihm hervorgehenden Ditferenzirungen wird die Locomotion durch Bewegung des gesammten Körpers bewerkstelligt, und das gesammte Integument ist an jener Thätig- keit betheiligt. Von da aus findet eine fernere Differenzirung statt, in- dem an bestimmten Theilen des Körpers besondere Anhänge als Glied- massen sich hervorbilden, die wie Hebelarme beim Ortswechsel thätig sind. Sie erscheinen bald als einfache weiche Fortsätze des Haut- muskelschlauches (Ringelwürmer', bald als gegliederte Gebilde, welche entweder vom Integumente her (Arthropoden), oder von Seiten innerer Skeletbildungen ‘Wirbelthiere) eine Stütze erhalten. Die Complieirung der Muskulatur steht mit der Entwickelung von Stützorganen in engem Connexe und beide bilden einen einzigen Bewegungsapparat, von dem das Skelet die passive Rolle übernimmt. d; Nervensystem. $ 34. In den niedersten Zuständen der thierischen Organisation ist das Protoplasma der Zellen der Sitz der Empfindung wie der Bewegung, ähn- lich wie dies bei den niederen Organismen der Fall ist. Mit der Difleren- zirung der Muskelschichte des Körpers ist das Ectoderm vorwiegend Empfindungsorgan geworden. Aus der Fortbildung einer Strecke dieser Schichte in dieser Richtung ergibt sich die Differenzirung eines Nerven- systems, für dessen ersten Zustand somit eine oberflächliche Lagerung am Körper vorauszusetzen ist. Dieses Verhalten der ersten Anlage des Nervencentrums ist bis jetzt soweit verbreitet erkannt, dass es als allge- meine Erscheinung gelten darf. An die Differenzirung aus dem Ectoderm schliesst sich die Einsenkung in den Körper, so dass das sich ausbildende Gentralorgan allmählich von anderen Körperschichten überlagert wird. Dieses an sich höchst eigenthümliche, an sich völlig unverständliche Ver- halten wird als eine Vererbung aus einem primitiveren Zustande erklär- bar, in welchem das noch wenig differente Nervensystem durch die Zell- schichte des Ectoderms oder eines Abschnittes desselben vorgestellt ward. Die allmählich erfolgende Einbettung in das Innere des Körpers muss hiebei als ein mit der fortschreitenden Differenzirung und der damit erlangten höheren Potenzirung erworbener Vorgang gelten. durch den Differenzirung des thierischen Organismus. 45 das für den Organismus werthvollere Organ in dem Inneren des ersteren geborgen wird. | Bezüglich der Formverhältnisse des differenzirten Nervensystems ist einmal das Centralorgan, vorwiegend aus Ganglienzellen zusammen- gesetzt, von den zu den Endapparaten verlaufenden, aus faserigen Elementen bestehenden Nerven peripherisches Nervensystem) zu unter- scheiden. $ 35. Durch das Auftreten mehrerer unter einander verbundener centrale Formelemente enthaltender Theile (Ganglien) entstehen die ersten, nach sehr (differenten Richtungen sich weiter entwickelnden Complicirungen. Die das Centralorgan darstellende Ganglienmasse ist in ihren primitiven Verhältnissen eine dorsale, sowie nach dem oben bemerkten auch die erste Sonderung der Centralorgane von dem dorsalen Ectoderm erfolgt. Diese dorsale Nervenmasse differenzirt sich meist in der Nähe des Ein- ganges zum Darmcanale gelagert, in mehrere unter sich durch Verbin- dungsfasern (Commissuren) in Zusammenhang stehende Theile, die einen Schlundring bilden. Bei den strahlig gebauten Thieren vermehrt sich die Zahl der Gan- glien in einer den Radien entsprechenden Weise, und auch die periphe- rische Vertheilung der Nerven folgt genau den allgemeinen Verhältnissen des Baues. Mit der bilateral symmetrischen Körperform ordnet sich auch das Nervensystem nach dieser. Eine obere Ganglienmasse (Gerebral- ganglion) repräsentirt die primitivere Form. Das Hinzutreten einer anderen scheint erst mit der Metamerenbildung zu Stande zu kommen. Man unterscheidet dann dorsale Ganglien und ventrale, letztere als in verbun- dene Längsstämme eingelagerte Ganglienzellenmassen,, die auch ein ein- ziges unter dem Schlunde gelagertes Ganglion vorstellen können. Die verschiedengradige Ausbildung dieser Schlundganglien steht in engstem Zusammenhange mit den davon abgehenden Nerven. Mit der Ausbildung der Sinnesorgane zeigt sich ‘auch das die bezüglichen Nerven entsendende Ganglion von beträchtlichem Umfang, sowie es mit der Verkümmerung derselben rückgebildet erscheint. Die oberen Schlundganglien sind also auch in dieser Beziehung die wichtigsten, denn von ihnen entspringen die Nerven der höheren Sinnesorgane, welche sämmtlich in Lage und Einrichtung eine allgemeine Verbreitung be- sitzen. Aus dieser Form leitet sich unmittelbar eine andere ab, für welche die deutlich ausgesprochene Metamerenbildung des Körpers als das be- dingende Moment erscheint. Während bei den ungegliederten, mit Schlundring versehenen Thieren die ventralen Körpertheile durch die von den unteren Schlundganglien entspringenden Nerven versorgt werden, tritt mit der Abtheilung des gesammten Körpers in hintereinander gele- 44 I. Aufbau des Thierleibes. gene Theile (Metameren) eine Vermehrung der ventralen Ganglien ein. Durch die Bildung je eines Ben für jedes Gliedstückzentsteht eine ventral gelagerte Reihenfolge von Ganglien, die, unter sich durch Längscommissuren verbunden, eine Ganglienkette bilden. Ringelwürmer und Arthropoden sind Repräsentanten dieser Form. Innerhalb derselben entstehen durch weitere Differenzirung mannichfaltige Variationen. Erst- lich wechselt das Volum der Ganglien nach der Verschiedenheit des Vo- lums der mit Nerven zu versorgenden Körpertheile, und zweitens geht an sanzen Abschnitten der ventralen Ganglienkette eine Verschmelzung der Ganglien zu grösseren Massen vor sich. Aehnliche Differenzirungen des centralen Nervensystems sind auch bei einer exclusiv dorsalen Lagerung desselben, wie bei den Vertebraten, gegeben. Mit der Ausbildung des vordersten Körperabschnittes zu einem Kopfe entfaltet sich der vorderste Theil des Nervencentralorgans zu einem besonderen Abschnitte, dem Gehirn, welches von dem übrigen mehr gleichmässigen Medullarrohre, dem Rückenmarke sich abgrenzt. In weiterer Differenzirung gehen am Gehirn wieder verschiedenartig ausge- bildete Abschnitte hervor. e, Sinnesorgane. $ 36. Die Sinnesorgane vermitteln dem Organismus Zustände der Aussenwelt. Als Sitz der Empfindung niederster Art erscheint das Proto- plasma, welches in der indifferenten, die niedersten Organismen charak- terisirenden Beschaffenheit, auf äussere Reize mannichfaltiger Art reagirt. Bei noch nicht vollzogener Abgrenzung der Körperoberfläche vom Innern des Organismus (Rhizopoden , wird jeder Protoplasmatheil zur Vermitte- lung der Wahrnehmungen, freilich niedersten Grades, verwendbar sein, und somit als Sinnesorgan niederster Ordnung fungiren. Bei bestimmter Abgrenzung der Körperoberfläche (Infusorien, Gregarinen), ist mit einer äussersten Körperschichte eine auch für sinnliche Wahrnehmungen wich- tize Differenzirung aufgetreten. Obgleich schon bei Infusorien einzelne Stellen der Körperoberfläche vorzugsweise als Sinnesorgane fungiren, so ist doch ebensowenig wie in den noch tiefer stehenden Zuständen ein Sinnesorgan in anatomischem Sinne vorhanden. Die Entstehung dieser ist an die Sonderung eines Nervensystems geknüpft, denn die Sinnesorgane sind Endappa- rate sensibler Nerven. Ihr Auftreten setzt daher jene Diflerenzi- rung voraus, deren oben beim Nervensystem gedacht ward. Wie die primitive Sonderung des Nervensystemes aus dem Ectoderm durch ontogenetische Zeugnisse als ein höchst wahrscheinlich fundamen- taler Vorgang sich darstellt, so ist auch für die Entstehung der Sinnes- organe dieselbe äussere Körperschichte von grösster Bedeutung. Fast alle Differenzirung des thierischen Organismus. 45 Sinnesorgane sind aus ihr mittelbar oder unmittelbar hervorgegangen, womit die bald bleibende, bald nur vorübergehend bestehende Verbin- dung dieser Organe mit dem Integumente in Zusammenhang steht. Für viele Sinnesorgane niederer Thiere ist die Deutung der functio- nellen Qualität des Organs in hohem Grade unsicher. Dies gilt für alle Organe, welche ausser der Reihe jener stehen, die desshalb ins Bereich unserer Beurtheilung fallen, weil wir sie oder doch ihre Homologa selbst besitzen, wodurch allein der Zusammenhang ihres Baues mit ihrer speci- fischen Leistung prüfbar wird. Man hat solche Organe zusammenfassend als Organe eines sechsten Sinnes bezeichnet. $ 37. Die Sinnesorgane theilen sich in niedere und höhere. Die er- steren sind die allgemeiner über das Integument verbreiteten, in ihrem Baue einfacheren. Sie repräsentiren den höheren gegenüber einen in- differenteren Zustand. Modificirte Zellen des Integumentes, die, meistens der Epidermis angehörig, einerseits mit einer Nervenfaser in Verbindung stehen, andererseits mit einem verschiedenartig gestalteten, gegen die Körperoberfläche gerichteten Fortsatze versehen sind, bilden die verbrei- tetste hierher zählende Einrichtung. Man schreibt ihnen die Vermittelung allgemeiner Gefühlswahrnehmungen zu, doch ist gerade bei diesen Orga- nen, besonders bei den im Wasser lebenden Thieren die physiologische Leistung in hohem Grade unbestimmt; jedoch für manche von ihnen ‚bleibt die Annahme der Vermittelung specifischer Reize, wodurch sie sich den höheren Sinnesorganen anschliessen würden, begründbar. Etwas bestimmter tritt die Bedeutung dieser Einrichtungen hervor, sobald sie sich mit besonderen Apparaten, beweglichen Fortsätzen des Integumentes u. dergl., in Verbindung zeigen, und dadurch als Tast- werkzeuge erscheinen. Ob solche Bildungen, besonders in den nie- deren Abtheilungen noch andere Wahrnehmungen als Tasteindrücke ver- mitteln, bleibt fraglich. Einseitig ausgebildet, und demgemäss nur in Einer Richtung fungi- rend, auf Reize in ganz bestimmter Art reagirend, erscheinen die höhe- ren Sinnesorgane, die als aus den niederen hervorgegangen zu betrachten sind, und auch vielfach das Wesentliche des Baues der nie- _ deren noch an sich tragen. Man unterscheidet Geschmack sorgane wie Riechorgane mit Sicherheit erst in den höheren Abtheilungen, und für die letztgenannten ist die Function eigentlich erst bei den in der Luft lebenden Wirbelthieren sicher gestellt, und bleibt zweifelhaft für die niederen Abtheilungen. Aber auch für die Geschmacksorgane dürfte bezüglich der Deutung die grösste Vorsicht zu empfehlen sein. Der Werth eines Sinnesorganes für den Organismus erfordert einen Schutz derselben gegen äussere Einwirkungen. Daraus werden die Ein- senkungen verständlich, welche die das Sinnesorgan differenzirende 46 I. Aufbau des Thierleibes. Integumentstelle eingeht. So sehen wir höhere Sinnesorgane in ihrer Anlage allmählich unter das Yayeau des Ectoderm treten, von dem aus sie entstanden, und so zu weiterer Ausbildung günstige Lage gewinnen. $ 38. Als Hörorgane fasst man mit einem Fluidum gefüllte Bläschen, Otocysten, auf, in deren Wandung ein Nerv zur Endigung kommt. In der einfachsten Form ist das Bläschen dem centralen Nervensystem un- mittelbar verbunden, oder der Nerv tritt zum Bläschen heran. Fast regel- mässig bergen diese Bläschen feste Concremente oder krystallinische Bil- dungen, sehr häufig auch Krystalle kohlensauren Kalks. Ebenso finden sich häufig haarförmige Verlängerungen der Endapparate, die ins Lumen des Bläschens einragen. Diese bei den wirbellosen Thieren vorherrschende Form des Hörorgans complieirt sich bei den Wirbeltbieren durch Aus- buchtungen und Fortsatzbildungen zu einem Labyrinth. Durch schall- leitende und schallverstärkende Apparate werden neue Einrichtungen erzeugt, welche anfänglich anderen Functionen vorstehend dem Hörorgane sich anschliessen. Da das Labyrinthbläschen der Wirbelthiere aus dem Ectoderm her- vorgeht, so stehen auch die in seinen Wandungen sich differenzirenden Endapparate des Hörnerven in genetischem Zusammenhange mit den im Integumente liegenden Endapparaten der Gefühlsnerven, und können demnach als speeifische Ausbildung eines niederen Sinnesorganes ange- sehen. werden. Für die einfacheren Otocysten der meisten Wirbellosen ist das genetische Verhalten noch unbekannt, doch führen alle genaueren Ermittelungen zu der Annahme, dass auch für sie eine Differenzirung aus dem Ectoderm bestehe. Auch für die Sehorgane wird ein mehrfacher Modus der Ent- stehung gelten. Wir schliessen die früher häufig als Augen bezeichneten Pigmentflecke aus und nehmen erst da ein Auge an, wo eine bestimmt geformte Nervenendigung unter oder an der Körperfläche als lichtpereipi- render Apparat erkannt werden kann. Durch die lichtabsorbirende Eigen- schaft des Pigmentes mögen unbestimmte Vorstellungen von Hell und Dunkel erzeugt werden, oder es erfolgen Erregungen, die von dem, was wir »Sehen« nennen, unendlich weit abliegend, wohl nur durch die Wärmestrahlen des Lichtes erzeugt sind. Wenn die genannte Verwendung von Pigment eine mehr problema- tische ist, so stellt sie sich in bestimmten Beziehungen dar, wo sie eine stäbehenförmige Nervenendigung nur zum Theil umhüllt, so dass das äusserste Ende desselben frei bleibt, und damit allein der Lichtwirkung ausgesetzt ist. Durch Vereinigung einiger oder auch vieler als »Sehstäb- chen « bezeichneter Nervenendigungen entstehen in verschiedenem Grade zusammengesetzte Sehorgane, deren die Lichtperception vermittelnde Ele- mente (Stäbchen) eine entweder convexe oder concave Schichte formiren. Differenzirung des thierischen Organismus. 47 Eine andere Gomplication entsteht durch das Hinzutreten lichtbrechender Organe (Linsen), die wieder ausserordentlich mannichfaltige Verhältnisse darbieten, immer aber, mittelbar oder unmittelbar, aus dem Integument hervorgehen. Bei den Augen mit convexer Oberfläche der Stäbchen- schichte sind sie in der Regel in einer der Zahl der percipirenden End- gebilde entsprechenden Summe vorhanden, während den Augen mit concaver Stäbchenschichte eine einfache Linse zukommt. Indess zu dem Nervenapparate des Sehorgans noch andere, dessen Leistungsfähigkeit modifieirende oder erhöhende Einrichtungen hinzutreten, wird aus dem Auge eines der complicirtesten Organe des Organismus. Bei den meisten niederen Abtheilungen bleibt das Sehorgan in seiner primitiven Beziehung zum Ectoderm auch im ausgebildeten Zustande erkennbar. In höheren Abtheilungen sondert es sich von ihm und kommt mit seinem pereipiren- den Apparate unter das Integument zu liegen oder es nimmt der pereci- pirende Apparat seine Entstehung aus der Anlage des Nervencentrum. Auch bezüglich der Lagerung des Sehorgans am Körper gibt sich die Erscheinung der Differenzirung zu erkennen, indem in den niederen Ab- theilungen die augentragenden Körpertheile sehr wechselnd sind, und auch die Zahl der Augen bedeutend schwankt. Daran schliesst sich das Vorkommen einer grösseren Zahl von Sehorganen an dem zum »Kopfe« sich ausbildenden vordersten Körpertheile, bis endlich an demselben Theile die Augenzahl auf zwei beschränkt ist. Die verschiedene Lagerung des Sehorganes schliesst die Annahme einer gemeinsamen Ererbung aus und spricht für die selbständige Differenzirung der heterotopischen Organe aus einem indifferenten Apparate. Dagegen ist für die mit dem Cerebral- ganglion oder dem dorsalen Nervencentrum in Zusammenhang stehenden Augen eine gemeinsame genetische Beziehung nicht abzuweisen. f)} Respiratorische Organe des Integumentes. (Haut - Kiemen.) $ 39. Dem Integumente, und damit dem Ectoderm kommt eine wichtige Rolle für die Bildung der Organe der Athmung zu. Vor der Ent- stehung derselben wird der Gasaustausch wahrscheinlich durch die gesammte Oberfläche des Körpers vollzogen und bei vielen niederen im Wasser lebenden Thieren findet diese Athmungsweise statt. Theils durch die Ortsbewegung des Körpers, theils durch besondere Organe, z. B. die Wimperhaare, wird ein Wechsel des umgebenden Mediums bewerk- stelligt, und immer neue Mengen desselben mit der athmenden Oberfläche des Körpers in Contact gebracht. Ist dies auch nicht die einzige Art der Athmung niederer Thiere, da auch die Einfuhr von Wasser ins Innere des Leibes, sowie die Bespülung des Darmcanals mit Wasser gewiss nicht ohne Bedeutung ist, so ist sie doch als Ausgang einer grossen Reihe von 48 - I. Aufbau des Thierleibes. Differenzirungen von hoher Wichtigkeit. Mit einer Localisirung der Function auf beschränktere Stggeken der Körperoberfläche gewinnen diese in der genannten Richtung ein® besondere Ausbildung und gestalten sich in Gompensation der Beschränkung der Localität zu blutführenden Fort- sätzen, welche man als Kiemen bezeichnet. In vielen Fällen entstehen diese aus einer Diflerenzirung der Gliedmassen (Würmer, Crustaceen). Die fortgesetzte Ausbildung der Kiemen erscheint in einer Oberflächen- vergrösserung, die auf die mannichfaltigste Art erreicht wird. Sehr häufig findet sich diese mit einer Reduction der Zahl der Kiemenbildungen im Zusammenhang. Die Bedeutung dieser Organe für den Körper ruft mancherlei Schutz- vorrichtungen der im niedersten Zustande frei auf der Oberfläche des Körpers vorragenden Kiemen hervor. Indem benachbarte Integument- theile sich zu deckenden Lamellen erheben, werden die Kiemen in Höh- lungen geborgen (Kiemenhöhlen), für welche dasselbe Integument wieder Zu- und Abflusscanäle des der Athmung dienenden Wassers herstellt (Mollusken, höhere Krustenthiere). So beeinflusst die Ausbildung dieser Athmungsorgane auch andere Theile des Integumentes, deren directe Beziehung zur Atlhmung längst verloren gegangen ist. g) Excretionsorgane. $-40. Wie in den Athmungsorganen die gasförmigen Auswurfsstoffe aus dem Organismus abgeschieden werden, so bestehen auch Einrichtungen zur Abscheidung der festen oder tropfbar flüssigen Stoffe, die für den Organismus unbrauchbar geworden sind. Das Ectoderm leistet auch diese Function bei niederen Organismen wohl in allgemeiner Verbreitung, in höheren Lebensformen dagegen gehen aus ihm Differenzirungen hervor, die als besondere Organe, Hautdrüsen, in jener Richtung fungiren. Von diesen im Allgemeinen als Secretionsorgane fungirenden Einrich- tungen gehören nur jene speciell hierher, welche die Ausscheidung der Auswurtsstoffe besorgen, und die man als Excretionsorgane von denjenigen Drüsen unterscheidet, welche für den Organismus verwend- bare Stoffe absondern,, und entweder selbständig oder mit bestimmten Organsystemen vereinigt sind, und dann als Differenzirungen der letzteren sich darstellen. Von den unter Betheiligung des Ectoderms gebildeten Absonderungs- organen wird die Excretnatur des Absonderungsproductes am wenigsten bezweifelt werden dürfen, da letzteres mit der Entleerung der Drüse auf directem Wege aus dem Organismus entfernt wird. Unter mannichfaltigen, auf die Oberfläche des Körpers ausmünden- den Drüsenorganen erlangt eine Kategorie eine allgemeinere Bedeutung. Sie umfasst die nierenartigen Excretionsorgane, welche die Differenzirung des thierischen Organismus. 49 x stickstoffhaltigen Auswurfsstoffe aus dem Körper abscheiden. Wenn diese Organe schon bei Würmern in ihrer scheinbar einfachsten Form weit im Leibe des Thieres sich verbreiten, so erscheint ihre Genese doch nur von Hautdrüsen ableitbar. Dies wird auch dadurch nicht geändert, dass in vielen Fällen (Anneliden, Mollusken) das auch sonst sehr modificirte Organ in die Leibeshöhle einmündet, und so zwischen der letzteren und dem umgebenden Medium einen Verbindungsweg herstellt, der in man- chen Abtheilungen (Mollusken) sogar zur Einfuhr von Wasser benutzt wird. Bei anderen (Annulaten) sind diese Organe in röhrenartiger Gestalt der Geschlechtsfunction dienstbar und dienen zur Ausleitung der Producte derselben. Aus der Wiederkehr dieser Function für einen Theil des pri- mitiven excretorischen Apparates (Urniere) der Wirbelthiere könnte auf eine Vererbung aus einem niederen Zustande geschlossen werden. Wo diese Anschlüsse bestehen, bleibt noch ungewiss. Jedenfalls kann nur da eine Anknüpfung gesucht werden, wo der Apparat wie bei den Verte- braten jederseits einheitlich ist. h) Darm. SH. Die Aufnahme der Nahrungsstoffe in den Körper wird bei einem Theile der niedersten Organismen durch endosmotische Vorgänge ver- mittelt, bei denen der Körperoberfläche die Hauptrolle zukommt. Bei anderen findet die Aufnahme fester Nahrung statt, indem das weiche, Pseudopodien entsendende Protoplasma in die Nähe des Körpers gelan- gende Nahrungsstoffe umschliesst (Rhizopoden). Die Bildung einer be- stimmten, zur Nahrungsaufnahme dienenden Stelle der Körperoberfläche ist zwar ein Schritt zur organologischen Sonderung (Infusorien), aber bei alledem besteht noch kein Darm, der erst mit der Differenzirung des Körpers in Zellenschichten als gesondertes Organ erscheint. Jene Zellen- schichten, eine innere und eine äussere, gehen an einer die Eingangs- öffnung umgrenzenden Stelle in einander über. Die innere den nach aussen geöffneten Hohlraum umgrenzende Lage, das Entoderm, bildet dann die Wandung einer verdauenden Cavität. In der einfachsten, durch die Gastrula repräsentirten Form ist das Entoderm die einzige Wandung der primitiven Darmhöhle. Die Entstehung eines Mesoderms lässt zu dem Entoderm noch andere Schichten von aussen hin- zutreten, von denen eine Muskelschichte die wichtigste wird, denn durch sie wird der Darm zu selbständigeren Actionen befähigt. Die in den Darmschlauch führende Oefinung dient — als Mund — zur Aufnahme der Nahrungsstoffe sowie sie auch unverdauten Resten der Nahrung zur Aus- wurfsöffnung wird. (Cölenteraten, viele Würmer.) Das Auftreten einer Afteröffnung ruft eine fernere Trennung der Functionen hervor, und ver- wandelt den blind geendigten Darm in ein an zwei Enden offenes Rohr, dessen einzelne Abschnitte verschiedene Verrichtungen übernehmen, und Gegenbaur, Grundriss d: vergl. Anatomie. 2. Aufl. JA 50 I. Aufbau des Thierleibes. damit differente Anpassungen eingehen. Die erste mit dem Munde zu- sammenhängende Strecke bildet _gine zur Einleitung der Nahrung die- nende Speiseröhre, denn er$F der folgende meist erweiterte oder mit Blindsäcken ausgestattete Abschnitt ist die eigentlich verdauende Gavität, der meist als Magen bezeichnet wird, eine Benennung, die nicht immer die gleichwerthigen Abschnitte trifft. Der Endtheil des ganzen Apparates besorgt weitere Veränderung der Nahrungsstofle sowie die. Ausleitung der Speisereste durch den After. Mit dieser Differenzirung des Darmrohres in einzelne ungleichwerthige Abschnitte ist die bedeu- tendste Gomplication gegeben, welcher fernere Differenzirungen unter- geordnet sind. Drei Strecken sind von da an als Vorderdarm, Mitteldarm und Enddarm unterscheidbar. Ausser wechselnden und mannichfaltigen Grösseverhältnissen der einzelnen Abschnitte entstehen am Darmrohr noch verschiedene Vorrich- tungen, die entweder auf besondere neue Leistungen berechnet sind, oder nur eine fernere Arbeitstheilung ausdrücken. Organe zum Ergreifen oder zum Zerkleinern der aufgenommenen } Nahrung — Kauwerkzeuge — verbinden sich mit dem Munde, oder zeichnen einen Abschnitt der Speise- röhre aus. Auch im Magen sind solche Kauorgane zuweilen angebracht. Wo sie meist dicht hinter der Mundöflnung im Anfange der Speiseröhre sich finden, wird dieser Abschnitt, häufig durch stärkere Muskulatur aus- gezeichnet, als Schlundkopf oder Pharynx unterschieden. Die Vergrösserung des Binnenraumes des Darmcanals bewirken Er- weiterungen oder blindsackförmige Ausbuchtungen. Im Verlaufe der Speiseröhre entstehen Kropfbildungen, am Magen Blindsäcke, am übrigen Darme Blinddärme (Coeca) in mannichfaltiger Complication in der Zahl und Anordnung. Uebertrifft die Länge des Darmcanals jene des Körpers. so ordnet er sich in Form von auf- und absteigenden Schlingen oder von Spiraltouren, und passt sich so dem Umfange der ihn bergenden Leibes- höhle an. Für alle diese Verhältnisse ist die aufgenommene Nahrung ‘sowohl hinsichtlich ihrer Quantität als Qualität von grösstem Einflusse und nirgends ist die Anpassung des Organs an die Function, die aus der Lebensweise des Thieres erfliesst, deutlicher erkennbar als gerade in den Einrichtungen des Darmcanals. Zur Bethätigung des Verdauungsprocesses im Allgemeinen &tehbn mit dem De: Absonderungsorgane in Verbindung, deren Producte auf die Nahrungsstoffe lösend, chemisch verändernd, einwirken. Solche Drüsen sind bald über den ganzen Darmcanal verbreitet, bald zeichnen sie nur bestimmte Abschnitte aus. In der einfachsten Form sind sie von der Darmwand noch nicht differenzirt und dann keine selbständig abge- grenzten Theile. Die von der Darmwand gesonderten werden vornehm- lich in zwei Abtheilungen unterschieden. Eine davon stellt die in die Mundhöhle oder in die Nähe derselben ausmündenden Drüsen vor, die man als Speicheldrüsen bezeichnet. Eine andere Gruppe findet sich an dem der Verdauung dienenden Abschnitte, und wird als gallebereiten- Differenzirung des'thierischen Organismus. 51 der Apparat, Leber, angesehen. Es ist wohl zu beachten, dass die Be- zeichnungen solcher Organe mit Namen, welche von den physiologisch genauer gekannten Organen höherer Organismen hergenommen sind, nur als hypothetische gelten können, da von einer physiologischen Erkenntniss der meisten’ Organe niederer Thiere noch keine Rede ist. ‚Das gilt vorzüg- lich von:den meist gefärbt erscheinenden Epithelien des Darmes, die man häufig als »Leber« zu bezeichnen pflegt. Mit der verdauenden Gavität ist dieses Organ in Form eines Epithels bei.den Gölenteraten, manchen Wür- mern und auch bei den Inseeten verbunden, ‚bis es sich auf bestimmte blindsackartige Anhänge des Darmcanals beschränkt, und somit den ersten Grad von Selbständigkeit aufweist. Die Leber erscheint dann entweder in Form zahlreicher den Darmcanal in grösserer Ausdehnung besetzender Follikel, oder sie bildet grössere Drüsencomplexe, welche, bald zerstreut, bald vereinigt in den Darmcanal einmünden. Die Differenzirung der Leber läuft also auf eine allmähliche Ablösung des Organes vom Darme hinaus, so dass es am Ende dieser Reihe nur durch seine Ausführgänge mit dem Darmcanal verbunden ist (höhere Mollusken, Wirbelthiere). Respiratorische Organe des Darmes. $ 22. Die sämmtlichen vorhin aufgeführten Differenzirungen des aus dem Entoderm' gebildeten primitiven Darmes betrafen nach dem Principe der Arbeitstheilung entstandene, auf die Aufnahme und Verdauung der Nah- rungsstofle bezügliche Organe, welche dem Darme keine wesentlich neue Verrichtung zutheilen. Eine solche erscheint mit der respiratorischen Bedeutung des-Darmes. Ob diese bereits in der primitiven Darmform bestehe, ist nicht festzustellen, doch bleibt es wahrscheinlich , da das Entoderm ebenso vom: umgebenden Medium bespült wird, wie die äussere Schichte des ‚Körpers, ‚und mit der Nahrung aufgenommenes Wasser auch da zu respiratorischer Function dienen kann. Bestimmter wird dieses Verhältniss durch die Wahrnehmung eines regelmässigen Einströ- mens von Wasser in den Enddarm wie bei manchen Würmern und Mol- lusken. Diese Erscheinung weist schon deutlicher auf die respiratorische Function des Darmes, hat aber direct nichts mit der Entstehung von Athmungsorganen zu thun, die aus dem Darmrohr sich sondern. Die Bildung solcher Respirationsorgane erfolgt am vordersten Ab- schnitte des Darmes, dessen Wände von seitlichen Oeflnungen durch- brochen durch ihre Beziehungen zum Gefässsystem respiratorische Bedeu- tung empfangen. Diese schon in niederen Abtheilungen auftretende Ein- richtung wiederholt sich bei den Wirbelthieren. An den Wandungen der Spalten dieses Raumes, in denen das respiratorische Gefässnetz verbreitet ist, entstehen Fortsätze, Kiemen. Ein Theil des ursprünglichen Darm- rohfs wird dadurch zu einem besonderen Abschnitte, einer Kiemenhöhle, 4* 52 I. Aufbau des Thierleibes. umgewandelt, an deren hinterem Ende das ausschliesslich der Ernährung dienende Darmrohr beginnt. Eine andere Form von AuMgsorganien sondert sich aus der Darm- wand in Gestalt divertikelartiger Ausbuchtungen an einem vorderen Ab- schnitte des Darmes. Dieser Anhang des Darmes wird mit Luft gefüllt, und hat bei den Fischen als Schwimmblase wohl nur eine hydrostatische Bedeutung. Mit einer Veränderung der Kreislaufsverhbältnisse allmählich zu einem Athmungsorgane umgewandelt gehen daraus die Lungen her- vor, an deren Einführwegen in den höheren Abtheilungen der Wirbel- thiere wiederum neue Organe, jene der Stimmerzeugung, sich ausbilden. i) Gefässsystem. $ 43. Die durch die Verdauung bereiteten, zur Ernährung des Körpers dienenden Stoffe werden bei den feste Nahrung aufnehmenden nieder- sten Organismen von den verdauenden Hohlräumen aus einfach im Proto- plasma des Körpers vertheilt. Mit der Bildung eines discreten Darm- schlauches findet dieser Vorgang durch die Wandung des letzteren direct in das Parenchym des Körpers statt, so dass vom Entoderm aus das Meso- derm und Ectoderm sammt den von ihnen differenzirten Organen ernährt werden. Diese Verhältnisse sind nur für Cölenteraten und einige Abthei- lungen der Würmer charakteristisch. Bei vielen anderen geht im Meso- derm eine Sonderung vor sich, die entweder durch das Auftreten canal- artiger Hohlräume, oder durch eine gänzliche Spaltung des Mesoderms in eine äussere dem Ectoderm und eine innere dem Entoderm sich an- schliessende Platte sich ausspricht. Zwischen der dermalen und der gastralen Schichte des Mesoderms findet sich die Leibeshöhle oder perienterische Höhle (Gölom), in der ein Fluidum, als ernährende Flüssig- keit anzusehen, sich ansammelt. Finden sich Formelemente in derselben, so sind dieselben von Zellen des Mesoderms ableitbar. Diese Flüssigkeit dient noch nicht ausschliesslich der Ernährung, sie wirkt ebenso bei der Locomotion, indem sie nach dem Willen des Thieres einzelne Theile des Körpers zu schwellen vermag. Dabei kommt auch dem in den meisten dieser Fälle von aussen her in die Leibeshöhle aufgenommenen Wasser eine wichtige Rolle zu. Die Bewegung des Fluidums im allgemeinen Leibeshohlraume wird anfänglich durch die Bewegungen des Körpers vermittelt. Contractionen und Expansionen der Körperwand unterwerfen die vom Hautmuskel- schlauch umschlossene Flüssigkeit einem beständigen Ortswechsel, der als die niederste Form eines Blutumlaufs betrachtet werden kann. Niedere Würmer bieten hiefür Repräsentanten. Die Bahn hat hier weder selbständige Wandungen, noch besitzt sie besondere den Umlauf regu- lirende Vorrichtungen. r Differenzirung des thierischen Organismus. 53 In manchen Abtheilungen bleibt es bei der Bildung dieser Leibes- höhle (Bryozoen) ; bei anderen entstehen canalartige Höhlungen, die in regelmässiger Anordnung als Gefässe erscheinen, und fernere Gompli- eirungen eingehen können. Ihr Inhalt stellt die Blutflüssigkeit vor (Nemer- tinen). Tritt hiezu noch die Bildung einer perienterischen Höhle, so ist das theilweise in sie eingelagerte Gefässsystem entweder vollständig von letzterer abgeschlossen (viele Anneliden), oder es steht mit ihr an ein- zelnen oder vielen Stellen im offenen Zusammenhang (Mollusken, Arthro- poden, Wirbelthiere). Letzteres Verhalten wird voraussetzen, dass die Gefässräume als Abschnitte der Leibeshöhle entstanden, während im er- steren Falle die Entstehung der Leibeshöhle erst nach der Gefässbildung erfolgt ist. Die Bildung der Leibeshöhle ist daher hier als ein secundärer Vorgang zu betrachten, und die Hohlraumbildung im Mesoderm ist in zweifacher Weise erfolgt, das erste Mal zur Entstehung der Blutgefässe, das zweite Mal zu jener der Leibeshöhle hinführend. $ 48. Einzelne Abschnitte des die Blutbahn vorstellenden Hohlraumsystems bilden sich durch Entwickelung von Muskulatur in ihren Wänden zu con- tractilen Gefässen aus. Indem diese durch rhythmische Thätigkeit das regelmässige Zu- und Abströmen des Blutes bewerkstelligen, entsteht der erste eirculatorische Apparat. Die Richtung des Blutstroms ist damit noch . keine constante, und derselbe kann bald nach der einen, bald nach der andern Seite getrieben werden. Die durch besondere Contractilität aus- gezeichneten Abschnitte des Gefässsystems sind bald in ausgedehnterem Maasse vorhanden, bald auf kürzere Stellen beschränkt. Sie erscheinen als die Anfänge einer Herzbildung. Das Herz ist somit ein aus der Blutgefässbahn differenzirtes Organ, welches in der einfachsten Form einen Abschnitt der Gefässe vorstellt. der nach beiden Richtungen seinen Inhalt fortbewegen kann. Erst mit dem Auftreten von Klappen an den Ostien des Herzschlauchs bildet sich eine Beständigkeit in der Richtung aus, und dabei complicirt sich auch der Bau des Herzens, der durch Theilung des Binnenraums in einzelne Abschnitte (Kammern und Vorkammern) sich weiter vermannichfacht. Solche contractile Bildungen erscheinen häufig als die einzigen differen- zirten Theile des vom Leibeshohlraume vorgestellten Blutgefässsystemes. Das Blut gelangt aus dem Herzen entweder sofort in lacunenartige, zwi- schen den verschiedenen Organen befindliche Abschnitte der Leibeshöhle, und von diesen wieder zum Herzen (Arthropoden), oder es sind vom Herzen’ausgehende bestimmte Gefässe vorhanden, welche bald an Stelle der Hohlräume den Körper durchziehen, bald nur theilweise die lacunäre Bahn vertreten, indem sie nicht bis zum Herzen zurück in Gefässe sich fortsetzen, sondern unmittelbar in Lacunenbildungen übergehen. Der letztere Fall zeigt den Leibeshohlraum noch als einen Abschnitt der Blut- 54 I. Aufbau des Thierleibes. bahn, die nur theilweise durch wahre Gefässe vorgestellt wird (Mollusken). Bei vollkommener Ausbildung Gefässbahn in Verbindung mit einer Differenzirung des Herzens gliefert sich das Gefässsystem in drei Ab- schnitte. Der vom Herzen ausführende, das Blut im Körper vertheilende Abschnitt wird als der arterielle bezeichnet, die Gefässe heissen Arterien. Der das Blut zum Gireulationscentrum zurückleitende Weg wird durch die Venen vorgestellt, und den zwischen den zu- und ableitenden Ge- fässen liegenden Babnabschnitt bildet ein Maschenwerk feinster Canälchen Capillaren). Sehr häufig wird dieser intermediäre Abschnitt durch ein Lacunensystem ersetzt, wobei dann auch die venösen Bahnen zum grossen Theil der besonderen Wandungen entbehren. Was als Gefässbahn, was als Lacune aufzufassen sei, ist sehr häufig schwer zu entscheiden, und nicht selten bewegt sich die Deutung um wenig belangreiche Verhältnisse. Setzt man das Wesentliche eines Ge- fässes in die Auskleidung eines Raumes mit platten aus modifieirten Binde- substanzzellen entstandenen Elementen, so ist damit noch keineswegs eine sichere Grenze gezogen, denn jene Elemente können ebensogut als Ueberzüge der den fraglichen Raum umwandenden anderen Organe gel- ten, und es ist bedenklich, weite, von jenen Zellen ausgekleidete Binnen- räume deshalb als »Gefässe« zu bezeichnen. So wäre also von diesem Kriterium als ausschliesslichen abzusehen, und es dürfte vielmehr nur in Concurrenz mit der Beachtung der grösseren oder geringeren Gleich- mässigkeit des Lumens Gewicht haben. Bei der Prüfung dieser Fragen muss aber das Eine im Auge behalten werden: dass man es in allen jenen Fällen mit Räumen zu thun hat, die von Bindesubstanzen umwan- det sind, und dass Gefässe Diflerenzirungen jener Räume sind, die also einen indifferenten Zustand voraussetzen. Beide Zustände, der difleren- zirte und der indifferente, sind durch Uebergänge verknüpft. k) Fortpflanzungsorgane. $ 45. Die Erscheinung der Vermehrung des Individuums steht ursprünglich mit der Ernährung in engem Zusammenhange. Indem durch die letztere das Wachsthum des Körpers und damit eine Volumvergrösserung bedingt wird, geht daraus ein Zustand hervor, in welchem der Organismus das ihm in Ueberschuss zugeführte Ernährungsmaterial zum Hervorbringen eines neuen Individuums verwendet. (Vergl. S. 17.) Wie bei den Ele- mentarorganismen dieser selbe Process mit einer Sprossenbildung beginnt und mit einer Theilung des Körpers abschliesst, so bilden jene Vorgänge auch für die niederen Formen der Fortpflanzung verbreitete Er- scheinungen. Je nach der Quantität des von einem bestehenden Organis- mus zur Bildung eines neuen verwendeten Materiales entstehen wieder mehr oder minder verschiedene Vermehrungsweisen. Differenzirung des thierischen Organismus. 55 Diese in den unteren Abtheilungen des Wirbellosen sehr verbreitet vorkommenden Vermehrungserscheinungen der Sprossung, Knospung und Keimbildung besitzen theilweise Beziehungen zur geschlechtlichen Diffe- renzirung, die bereits bei den Protisten auftritt. Sie leitet sich von einem Zustande ab, in welchem zwei gleichartige Keimzellen zu einem neuen Organismus verschmelzen (Conjugation). Aus einem fernerhin un- gleichen Verhalten der beiden sich verbindenden Keimzellen entspringt die Sonderung beider in Eizelle und Samenzelle, welche durch das ganze Thierreich mit zahlreichen, besonders die Samenzelle betreffenden Modificationen die Formelemente der geschlechtlichen Zeugungsstofle vor- stellen. Während die Eizelle in ihren wesentlichsten Verhältnissen fort- besteht, in allen Abtheilungen als solche erkannt werden kann, erleidet die Samenzelle sehr frühzeitig bedeutende Umwandlungen. Ein ihr wie auch anderen Zellen zukommender geisselförmiger Fortsatz erfährt bedeu- tende Ausbildung, indess der Zellenkörper sammt seinem Kern reduzirt wird, und meist ein unansehnliches Gebilde vorstellt. So gehen aus den Samenzellen fadenförmige Gebilde — Samenfäden — Spermatozoön — her- vor. Die geschlechtliche Fortpflanzung steht also nur in einem scheinbaren Gegensatz zur ungeschlechtlichen. $ 46. Wie sich diese Bildungsstätten der Zeugungsstoffe zu den ersten An- lagen des Körpers verhalten ist noch nicht überall festgestellt, aber es ist uns durch die bei gewissen Cölenteraten und Mollusken beobachteten Thatsachen die Aussicht auf ein primitives sehr differentes Verhalten eröffnet, denn hier werden die Eier vom Entoderm, das Sperma vom Ectoderm hervorgebracht. Das Entoderm ist dadurch weibliches Keim- blatt, das Ectoderm repräsentirt das männliche. Inwiefern auch für höhere Thiere diese Verhältnisse sich nachweisen lassen, ist der Zukunft vorbehalten. Bis jetzt sind es nur unsichere Andeutungen, welche für eine mit jenen Befunden im Ailgemeinen bestehende Uebereinstimmung sprechen. Die durch Erzeugung der Geschlechtsproducte ausgezeichneten Kör- perstellen nehmen allmählich die Form von Drüsen an. Das ist ein wei- terer an die Localisirung der Function geknüpfter Schritt der Differenzirung. Im einfachsten Falle bilden sich die beiden Zeugungsstoffe an beson- deren, aber noch nicht durch eigene Vorrichtungen ausgezeichneten Kör- perstellen, die dann als Geschlechtsorgane fungiren (Keimdrüsen). Die samenerzeugenden Organe nennt man Hoden, die eierzeugenden Eierstöcke, Ovarien. Einen Schritt weiter gehend, treffen wir die Keimdrüsen noch mehr differenzirt; während im einfachsten Zustande die Producte jener Organe entweder in den Darm oder in die Leibeshöhle des Thieres, oder auch unmittelbar nach aussen gelangen, wobei sie sich blos von ihrer Bildungsstätte abzulösen hatten, so treten allmählich, oft in sehr complicirter Weise gestaltete Ausführwege hinzu, welche vielleicht 56 I. Aufbau des Thierleibes. grossentheils den Keimdrüsen ursprünglich fremd sind. Wo Beziehungen dieser Ausführwege zu anderen anen nachweisbar sind, ergeben sich diese als Excretionsorgane (S. 48), die in den Dienst der Genitalapparate getreten, und dem entsprechend umgewandelt sind. Die Frage, ob nicht noch viel allgemeiner die Ausführwege des Keimstofls von umgebildeten Excretionsorganen vorgestellt werden, gestaltet sich so zu einem Problem. Für die samenerzeugenden Organe bilden sich an den Ausführgängen (Samenleiter) Behälter, welche zur Ansammlung des Sperma dienen; aus der Wand dieser Canäle differenziren sich Drüsen, welche eine dem Sperma sich beimischende Flüssigkeit absondern, endlich entstehen Vor- richtungen, welche das Sperma in die anderseitigen Apparate übertragen, Organe der Begattung. Nicht minder verschieden stellen sich die Differen- zirungen des eibildenden Organes vor, der Ausführgang des Eierstockes (Eileiter, ÖOviduct) ist mit Erweiterungen ausgestattet, in welchem die Eier bald besondere Umhüllungen erhalten, bald sich weiter ent- wickeln. Man bezeichnet diese Abschnitte der Ausführwege als Uterus, Fruchthälter. Besondere Drüsen entstehen als »Dotterstöcke« aus den Keimdrüsen und liefern bald eine vom Ei verwendete Substanz, bald blosses Hüllmaterial. Anhangsgebilde nehmen den bei der Begattung über- tragenen Samen auf, stellen Receptacula seminis vor, und endlich dienen wieder andere Theile zur Aufnahme des Begattungsorganes, oder zur Ab- setzung oder Aufbewahrung der Eier. Das Verhalten der eier- und samenbereitenden Organe zu einänder zeigt sich sehr verschiedenartig, und muss gleichfalls vom Standpunkte der Differenzirung aus beurtheilt werden. In den unteren Abtheilungen sind beiderlei Organe mit einander vereinigt, zuweilen sogar derartig, dass zur Production von Samen und Eiern eine und dieselbe Drüse (Zwit- terdrüse) thätig ist. Auch die Ausführwege sind vielfach ganz oder theil- weise gemeinsam. Bei anderen Zuständen ist die Keimstätte nach beider- lei Producten getrennt, Hoden und Eierstöcke existiren als discrete Organe, bei denen nur die ausführenden Apparate auf verschieden langen Strecken vereinigt sind, oder jeder von ihnen besitzt seine besondere Ausmündung. Alle, beiderlei Zeugungsorgane in sich vereinigenden Thiere , bezeichnet man als Zwitter, Hermaphroditen. — Eine Trennung erscheint nicht selten in der zeitweise wechselnden Thätigkeit der Organe vorbe- reitet, indem bald nur die einen, eierbildenden, bald die andern, samen- erzeugenden, in Function sind. Der hermaphroditische Zustand stellt den niederen vor, von dem aus die geschlechtliche Trennung sich ableitet. Diese Aenderung erfolgt durch Verkümmerung des einen oder des anderen Apparates, so dass die Zwitterbildung für die Trennung der Geschlechter die Unterlage abgibt. Diese Differenzirung durch Rückbildung je eines Geschlechtsapparates kommt in sehr verschiedenen Ausbildungszuständen des Organismus vor, ebenso bei sehr hochgradig ausgebildeten Geschlechtsorganen. An solchen zeigt die Ontogenie noch eine primitive Vereinigung von beiderlei Organen Differenzirung des thierischen Organismus. 57 und lässt so das Individuum auf einem gewissen Entwickelungsstadium hermaphroditisch erscheinen. Die geschlechtliche Trennung beeinflusst mit ihrem Vollzuge den gesammten Organismus, indem sie für jedes Geschlecht eine Reihe von Umänderungen hervorruft, die selbst bei ursprünglich der Geschlechts- function ferne stehenden Organen sich kund geben. Mit Vertheilung von beiderlei Organen auf verschiedene Individuen vollendet sich die geschlechtliche Differenzirung. Behufs der Fortpflanzung sind nun nicht nur zwei differente Zeugungsstoffe, Samen und Eier, nicht blos zwei verschiedene, jene bildenden Apparate erforderlich, sondern es sind zwei Individuen nothwendig, die man als männliche und weibliche unterscheidet. Veränderungen der Organe. Ausbildung und Rückbildung. $ 47. Der mit aer fortschreitenden Differenzirung der einzelnen Organe an diesen sich äussernde Zustand erscheint als eine Complication derselben, durch welche in gleichem Grade das Organ vom primitiven Zustande sich entfernt.. Indem der letztere den niederen Zustand vorstellt, leitet die Differenzirung eine einem höheren Zustande entsprechende Vervoll- kommnung ein. Diese erhellt aus dem der Differenzirung zu Grunde liegenden, schon oben (S. 14) erörterten Principe der Arbeitstheilung, dem- zufolge eine Leistung um so vollkommener geäussert werden kann, je ex- clusiver das Organ sich dazu verhält. Je mehr ein Organ in einer einzigen Richtung thätig ist, desto günstiger sind für dasselbe die Bedingungen der Ausbildung in dieser Richtung, weil von anderseitigen Anforderungen keine Concurrenz besteht. Eine Gliedmasse die zugleich Kieme ist, also loco- motorische und respiratorische Function in sich vereinigt, wird einen niederern Zustand vorstellen als eine aus der Scheidung der beiden Functionen hervorgehende Einrichtung, wo ein von der Gliedmasse abgelöster Theil die Kieme, der übrige das Bewegungswerkzeug reprä- sentirt. Im ersteren Falle ist die Locomotion für die Respiration erforder- lich, im letzteren Falle dagegen bestehen beide von einander unabhängig, die Respiration wird ohne Locomotion vollzogen, wobei besondere den Wasserwechsel besorgende, somit die Locomotion in dieser Hinsicht ersetzende Organe sich ausbilden. An beiden Organen ist damit die für die einseitige Weiterbildung nöthige Selbständigkeit gegeben. Die Ausbildung der Organe des Körpers betrifft nicht immer sämmt- liche in gleichem Maasse. Häufig bleibt das eine oder das andere auf einem niederen Zustande stehen, und es erhält sich so eine niedere Ein- richtung in einem sonst hoch differenzirten Organismus. Es ist daher irrig aus der Differenzirungshöhe des Organismus auf die einzelnen Organe 58 I, Aufbau des Thierleibes. zu schliessen, vielmehr sind die letzteren nur aus den gleichwerthigen Organen anderer Organismen zu beurtheilen. Der durch die Differenziig auf die Ausbildung wirkende Factor muss in der im Kampfe ums Dasein gesteigerten oder modificirten Lei- stung des Organes, also in Anpassung an äussere Lebensbedingungen gesucht werden, wobei dann der Vererbung ihre Bedeutung zukommt, insofern diese nicht blos eine Fortsetzung der erworbenen Charaktere bedingt, sondern auch eine Steigerung derselben zu erzielen vermag. Eine gleichfalls von der Differenzirung abhängige, weil sie voraus- setzende gesetzmässige Erscheinung ist die Rückbildung oder Re- duction. Ihr Resultat ist an sich das Gegentheil des Resultates der Differenzirung. Letztere liefert Complicationen des Organismus, die Reduction dagegen Vereinfachungen,, und lässt damit Organe oder Orga- nismen wieder auf relativ niedere Stufen zurücktreten. In Beziehung auf den Gesammtorganismus und das Verhalten desselben zu anderen, leistet die Reduction jedoch ähnliches wie die Differenzirung, indem sie zur Mannichfaltigkeit der Formzustände beiträgt. Sie kann entweder nur einzelne Einrichtungen des Körpers, oder grössere Organcomplexe, oder endlich den ganzen Körper betreflen, zeigt daher, wie die Differenzirung, sehr verschiedene Grade. Verschieden ist sie wieder, je nachdem sie sich am Individuum, oder an der Art, oder an der Gattung äussert. Dort wird sie als ein Process, hier als ein Zu- stand wahrzunehmen sein, welch’ letzteren man nur durch Vergleichungs- reihen verwandter Formen in die einzelnen Stadien eines Vorganges zer- legen kann. Hinsichtlich der ihr unterliegenden Organe sind zweierlei Verhältnisse zu unterscheiden. Das der Rückbildung unterworfene Organ, kann ausserhalb der Summe von Einrichtungen stehen, welche dem bezüglichen ausgebildeten Organismus zukommen, und besitzt dann nur eine vorübergehende, provisorische Bedeutung. Solche im Verlaufe der Entwickelung liegende Reductionen können an sich Vereinfachungen her- vorbringen, indem aber die gleichzeitig an anderen Tbeilen stattfindende Differenzirung wieder neue, höhere Organe schaflt, ist jene Rückbildung kein den Organismus niederhaltendes Moment, vielmehr gibt sie für das Umsichgreifen einer anderen Richtung der Differenzirung eine Bedingung ab. Hieher gehören die Rückbildungen der Attribute gewisser Entwicke- lungszustände des Individuums (Larvenorgane). (Vergl. S. 6.) Die andere Art der Rückbildung betrifft Organe, die dem ausgebil- deten Organismus oder seiner Anlage angehören. Sowohl das bereits gebildete, in voller Function erscheinende, als das erst angelegte, primär differenzirte Organ kann ihr unterliegen, und dadurch wird der Rück- bildungsprocess in verschiedenem Maasse deutlich. Wird nur das ange- legte Organ betroffen, so liegt der Vorgang oft schwer erkennbar zwischen den Differenzirungsprocessen, die den übrigen Organismus betreflen. Dagegen muss der Process um so prägnanter erscheinen, je mehr die Differenzirung bereits vorgeschritten oder vollendet war. Differenzirung des thierischen Organismus. 59 Die Reduction eines Organes steht in nothwendigem Zusammenhang mit der Function, deren Aenderung als das die Rückbildung bedingende Moment gelten muss. Die Aussergebrauchstellung eines Organs ruft dessen regressive Veränderung hervor, wobei man sich freilich die erstere ebenso wenig als nur vorübergehend, wie die letztere als plötzlich oder rasch auftretend vorzustellen hat. Wenn auch durch die Reduction im Ganzen eine Vereinfachung der ‘Organe und damit auch des Organismus hervorgerufen wird, so ist da- durch noch keine den Organismus auf eine absolut tiefere Stufe führende Erscheinung gegeben. Vielmehr kann die Reduction, ähnlich wie sie bei Entfernung der Larvenorgane eine höhere Differenzirung möglich macht, auch für ganze Reihen von einander abstammmender Organismen höhere Formen schaffen, indem sie das übrig bleibende sich höher entwickeln lässt. Hier gilt wieder die Reduction als Vorbereitung der Differenzirung. Vorwiegend betrifft sie die Zahlenverhältnisse der Theile, die mit der Verminderung sich individuell vervollkommnen. Da die Rückbildung als ein allmählich sich äussernder Process er- scheint, treten die davon betroffenen Organe uns in verschiedenen Stadien entgegen. Diese rudimentären Organe werden für die vergleichende Anatomie zu bedeutungsvollen Fingerzeigen für den Nachweis verwandt- schaftlicher Beziehungen, und lehren zugleich, wie ein Organ auch ohne die ihm ursprünglich zukommende Function, ja sogar häufig ohne eine für die Zwecke des Organismus verständliche Bedeutung sich noch längere Zeit forterhält, ehe es völlig verschwindet. (Vergl. oben S. 7.) Die Rückbildung kann jedes Organsystem treffen, und an jedem Be- standtheil eines solchen sich kundgeben. Sie äussert sich ebenso an der Form wie am Volum und der Zahl der Theile, und trifft nicht minder die Texturverhältnisse. Die Bedingungen dazu sind zunächst in Verhältnissen zu suchen, die ändernd auf den Organismus einwirken. Je nach der Summe der betroffenen Organe gibt sich die Reduction mehr oder minder am ganzen Organismus kund. Indem wir durch die Vergleichung überall Ausbildungen oder Rück- bildungen nachweisen können, erscheint uns der Organismus als etwas in Bewegung Begriffenes, durch die verschiedensten Formzustände hin- durchlaufend. Als Componenten dieser Bewegung stellen sich die Verän- derungen der einzelnen Organe dar, und in diesen wieder die Erschei- nungen im Bereiche der Elementar-Structur, der Zellen. Gorrelation der Organe. g 48. Die aus der Differenzirung wie der Reduction entstandenen Verände- rungen des Organismus bedingen in den ihnen zu Grunde liegenden Causalmomenten eine neue Erscheinungsreihe. Wie schon aus dem Be- 60 Il. Aufbau des Thierleibes. griffe des Lebens als der harmonischen Aeusserung einer Summe gesetz- mässig sich bedingender ei hervorgeht, kann keine Thätig- keit eines Organs in Wirklichkeit für sich bestehend gedacht werden. Jegliche Art von Verrichtung setzt eine Reihe anderer Verrichtungen voraus, und so muss auch jedes Organ innige Beziehungen zu den übrigen besitzen und wird von ihnen mehr oder minder abhängig sein. Jede Bewegung eines Muskels setzt die Existenz eines Nerven voraus. Für beide Organe ist wieder das Bestehen eines nutritorischen Apparates Vor- aussetzung. So tritt eine Function mit einer andern anscheinend fremden in nächste Beziehung. Dieses zuerst von Cuvıer näher begründete, und als Correlation bezeichnete Verhalten bahnt uns den Weg, äuf welchem wir zu einer richtigen Auffassung des thierischen Organismus gelangen können. Vor Allem stellt sich hier obenan die Würdigung des Organismus als eines individuellen Ganzen, das ebenso durch seine Theile bedingt ist, wie ein Theil den andern voraussetzt. Die Correlation ist eben darum ein nothwendiger Ausfluss dieser Auffassung. Sowohl die Einrichtungen im Grossen, als auch die anscheinend unter- geordneteren Zustände der Organisation zeigen ihre Wechselbeziehung zu einander, und eine an einem Organsysteme gesetzte Veränderung ruft gleichzeitig an einer verschieden grossen Anzahl anderer Apparate Modi- ficationen hervor. Diese sind also Anpassungen an Veränderungen, die wieder aus Anpassungen hervorgegangen sein können. Sie sind jedoch secundärer Natur, während jene andern die primären vorstellen, deren Quelle in der Aussenwelt zu suchen ist. Man kann diese Wechselbeziehung oder Correlation in nähere und entferntere theilen, davon die erstere an einem Organsystem oder den damit functionell zusammenhängenden anderen Organsystemen sich äussert, indess die letztere an den functionell weiter abstehenden Orga- nen zur Erscheinung kommt. In der Beurtheilung der Correlation leiten wesentlich physiologische Prineipien, es ist daher zu ihrer Erkenntniss die Kenntniss der Leistungen der einzelnen Organe oder doch die Schätzung ihres Werthes für die Oekonomie des Thierleibes unerlässlich. Ebenso ist von Wichtigkeit die Bekanntschaft mit den äusseren Lebensverhält- nissen des Thieres, weil aus dieser sich die ursächlichen Momente ergeben, auf welche ganze Reihen von Beziehungen der Organe sich stützen. ; Indem so die bestimmenden Momente für die Veränderungen des Organismus ausserhalb des letzteren liegen oder doch zum grossen Theile dort zu suchen sind, stehen sie ausserhalb unserer Aufgabe. Die ver- gleichende Anatomie findet damit ihre Grenze, jenseits derselben noch ein weites aber öde liegendes Feld erkennend, auf dem bei einmal in Angriff genommener Bebauung für die biologische Erkenntniss nur reiche Ernten zu gewinnen sein würden. Grundformen des Thierkörpers. 61 Grundformen des Thierkörpers. $ 49. Bei der unendlichen Mannichfaltigkeit der äusseren Zustände thieri- scher Organismen ist es Bedürfniss nach Grundformen zu suchen, auf welche jene Mannichfaltigkeit zurückführbar ist. Ebenso werden die Bedingungen zu ermitteln sein, unter deren Einfluss die bedeutendsten Modificationen jener Formen entstehen. Für beides können verschiedene Wege eingeschlagen werden. Wir wählen den kürzesten, indem wir von den niedersten Zuständen des thierischen Organismus ausgehen. Es ist der Zustand, in welchem die Gastrulaform sich uns darstellt und der bei der Verbreitung dieser Form für unsere Zwecke die günstig- sten Verhältnisse bietet. Bei etwa sphärischer oder ovaler Gestaltung eines solchen Organismus trifft man an einer Stelle der Körperoberfläche die Mundöffnung. Denkt man sich senkrecht durch die ver- dauende Cavität eine Axe (Fig. 16 A B) gelegt, so wird der eine der Mundöffnung entsprechende Pol den oralen Pol, der’ entgegengesetzte den aboralen Pol vorstellen. Diese Axe (A B) ist die Hauptaxe des Körpers. Bei gleichmässig eylindrisch oder sphärisch gestaltetem Körper kann man senkrecht zu dieser Hauptaxe beliebig viele Linien durch den Körper gezogen denken, die Nebenaxen (ab, cd). Sie werden unter obiger Voraussetzung sämmtlich unter sich gleichwerthig sein. Die Nebenaxen sind unter sich indifferent, und charakterisiren damit einen niederen Zustand. Sowohl bei vollständig freier Bewegung im Wasser als auch bei erfolgendem Sichfestsetzen, was selbstverständlich am ab- oralen Pole erfolgt, wird der Organismus sich durch Ausbildung einer verschieden grossen Zahl von Nebenaxen differenziren, wo es sich um eine Erhaltung des Gleichgewichts nach ee den verschiedenen Richtungen handelt. Wir aer Körperaxen. A B Hauptaxe, begegnen somit hier einem statischen Moment. «b, cd Nebenaxen. In der unte- Die Ausbildung des Organismus in der Rich- Ba REN tung der Nebenaxen erfolgt entweder durch gegeben. äussere Anhangsgebilde, Tentakel u. dergl. oder durch Differenzirung der Darmhöhle oder durch die Anlage anderer Or- gane, z. B. der Keimdrüsen, in der Richtung jener Axen. Dabei werden nicht mehr alle beliebig gedachten Nebenaxen einander gleich sein. Die, in deren Richtung Organe gesondert sind, werden sich von den anderen I. Aufbau des Thierleibes. 62 unterscheiden. Sie sind aus dem Zustande der vorberigen Indifferenz in jenen der Diflerenz übergegan Daraus ergibt sich die bei den Cölente- raten waltende sogenannte Ss hlige Grundform des Leibes, die also nach dem oben er- A wähnten Axenverhält- DX\ nisse zu »beurtheilen ist. “(Vergl. Fig. 17.) Die Bedeutung der Mundöflnung für den Organismus lässt die in ihrer Nähe entstehenden Differenzirungen von besonderem Werthe er- scheinen. Sie erlangen als Tentakel ete. eine mannichfache Ausbil- dung, und bedingen für den vom Munde einge- nommenen Körpertheil im Gegensatze zu dem aboralen Körpertheile eine reichere Gestal- tung. Entbehrt der Körper 3 bei einem in der Rich- tung der Hauptaxe statt- d Fig. 17. Radiäre Grundform mit der Axenbezeichnung wie in vo- riger Figur. Auf das unten- stehende Querschnittsbild ist die vordere Ansicht des Körpers ein- gezeichnet, um die in der Rich- tung von 2 Queraxen sich diffe- renzirenden Anhangsgebilde (Ten- takel) darzustellen. Fig. 18. Schematische Darstel- lung der Differenzirung der Ne- benaxen. In der Hauptfigur ist die Entstehung eines Kopftheiles durch ein dorsales Tentakelpaar angedeutet. Die untere Figur stellt den Querschnitt der oberen und damit die beiden Neben- axen dar. findenden Wachsthum der Befestigung am Bo- den, so wird sich, wenn er letzterem der Länge nach sich auflagert, und in dieser Weise die Locomotion vollzieht, daraus ein Causalmoment für eine Aenderung der Bedeutung der Axen ergeben. Die Hauptaxe wird dieselbe bleiben, aber die Nebenaxen werden nach der Bedeutung der durch sie verbundenen Flächen diffe- rent werden müssen. Bei constanter Berührung der Bodenfläcbe mittels einer und derselben Seite des Körpers bildet diese zur ventralen Fläche sich aus, indess die andere zur Rückenfläche sich gestaltet. Beide, Bauch- und Rückenfläche, stehen unter verschiedenen Bedingungen, müssen verschiedenartig sich diflerenziren, sowie auch beide Seiten- flächen — oder bei ganz flach ausgebreitetem Körper die Seitenränder — von Rücken- und Bauchfläche sich verschieden verhalten müssen. -In diesen Verhältnissen spricht sich die Ausbildung von nur zwei Nebenaxen verschiedenen Werthes aus. Die eine verbindet Bauch- und Grundformen des Thierkörpers. 63 Rückenfläche, sie ist die Dorsoventral-Axe (Fig. 18 a b), die andere die beiden Seitenflächen (c d) des Körpers, sie ist die Transversal- oder Quer- axe. Die den Polen der ersten oder Dorsoventral-Axe entsprechenden Flächen sind einander ungleichwerthig, indess jene der Pole der Queraxe einander gleichwerthig sind. In der Queraxe erhält sich somit ein primi- tiver Zustand, der für die andere Nebenaxe durch die dorsoventrale Diffe- renzirung verloren ging. Diese zweite aus der Gastrula ableitbare Form, gewöhnlich als bilaterale Symmetrie bezeichnet, beginnt bei den Wür- mern und waltet von da an durch alle höheren Abtheilungen. Bei der im ersten Zustande bestehenden Indifferenz der Nebenaxen des Körpers können in der architeetonischen Zusammensetzung des letz- teren ebenso beliebig viele gleiche Stücke angenommen werden als Ne- benaxen gedacht werden können. Mit der Differenzirung von Nebenaxen treten auch die am Körper zu denkenden Theilstücke in ein bestimmtes numerisches Verhalten. Sie werden als Gegenstücke, Antimeren, be- zeichnet. Sind zwei Nebenaxen unter gleichem Verhalten different ge- worden, so bestehen vier Antimeren, da man den Körper der Richtung jener Nebenaxen gemäss in vier einander entsprechende Theile zerlegen kann. Bei dem Differentwerden von zwei ungleichen Nebenaxen setzt sich der Körper dagegen nur aus zwei Antimeren zusammen: zwei Kör- perhälften, in eine rechte und linke unterschieden, entsprechen einander. Damit ist die eudipleure Grundform ausgebildet. $ 50. Die bereits vorhin angeführte, den oralen Pol vom aboralen aus- zeichnende Differenzirung verleiht diesem Körpertheile eine höhere Be- deutung. Wie bei der radiären Hauptform prägt sie sich aber auch bei der anderen, und zwar in noch mannichfaltigerer Weise aus. Es ist nicht allein die Lage der Mundöffnung, welche in ihrer Nachbarschaft vielerlei als Hilfsorgane beim Einfangen oder bei der Aufnahme der Nahrung prak- tisch werdende Differenzirungen von Organen begünstigt, sondern’ es ist auch die grössere Bedeutung, welche dem vorderen Körperende bei der Locomotion zutheil wird. Diesem Theile kommt die Initiative zu. Er hat dem übrigen Körper den Weg zu bestimmen, oftmals auch zu bahnen; er begegnet tausend fremden Gegenständen, die er zu prüfen, zu suchen oder zu meiden hat. Er steht somit unter anderen äusseren Einwirkungen als der entgegengesetzte Körpertheil. Die Dignität dieser Beziehung der Lage erhellt aus dem Umstande, dass die Mundöffnung keineswegs stets dem vorderen Körperende entspricht, dass sie vielmehr häufig näher an die ventrale Fläche rückt, oder sogar völlig auf diese übergeht, ohne dass die Ausbildung des vorderen Körperendes eine Einbusse erleidet. Diese Ausbildung des vorderen Körpertheiles erfolgt vornehmlich durch Enifal- tung von Sinnesorganen mancherlei Art, also von Organen, welche die Beziehung des Organismus zur Aussenwelt vermitteln, und selbst wieder 64 l. Aufbau des Thierleibes. mit mannichfaltigen Hilfsorganen verknüpft sind. Damit steht die Aus- bildung des centralen mie sale in engstem Connexe. Der ganze Abschnitt erlangt damit eine eren Werth für den Gesammtorganismus, denn er birgt und trägt die, letzteren zu höherer Stufe hebenden und ihn sogar beherrschenden Organe. Wir unterscheiden daher diesen vorderen Körpertheil als einen bevorzugten, als Kopf. Die Differenzirung eines Kopfes erscheint also primär von der Lage der Mundöflnung abhängig. Diese bestimmt die Richtung der Locomotion, und von dieser aus, somit secundär, gewinnt der Vordertheil des Körpers seine mannichfaltigen Auszeichnungen. Das Auftreten eines Kopfes ist zugleich eine den ganzen Körper betreffende Sonderung, indem dieser dadurch mindestens in zwei sich verschieden verhaltende Abschnitte getheilt werden kann. Metamerie des Körpers. $ 51. Die einheitliche Gestaltung des Organismus ist nur für niedere Zu- stände charakteristisch, sei es bleibend bei fast allen Cölenteraten, oder in den unteren Klassen der Würmer, sei es vorübergehend in den höheren Abtheilungen des Thierreiches. Mit dem Wachsthume des Körpers zu be- deutenderer Länge sehen wir den Beginn der Zerlegung des Organismus in einzelne sich folgende Abschnitte, äusserlich bemerkbar durch tren- nende Einschnitte, oder durch regelmässige Vertheilung von Anhangs- gebilden, Fortsätzen des Körpers; innerlich ausgeprägt durch die Anord- nung der Organe nach den einzelnen sich folgenden Abschnitten. Wir bezeichnen diese Segmentirung des Körpers als Metamerie, die einzel- nen Segmente sind Folgestücke, Metameren. Die den Körper gliedernde Metamerie beruht wiederum auf einer Differenzirung. Aus dem anfänglich gleichartigen, indifferenten, geht verschiedenes hervor, und die einzelnen Metameren sind verschieden, sie sind etwas neues im Gegensatze zum früheren Zustande, sie sind aber auch, bei aller Gleichartigkeit verschie- den unter sich, nämlich durch die ihnen zukommende Lage. Die Metamerie ist nicht überall, wo sie wahrnehmbar, gleich deutlich ausgeprägt. Bald zeigt sie sich an diesem oder jenem Organ oder Organ- system mehr als an einem andern, und bei wieder anderen Organen kann sie gänzlich vermisst werden. Sie lässt Zustände des Beginnes und der nicht ausgeführten Beendigung mannichfach erkennen. Wo man sie am vollständigsten entfaltet trifft, beherrscht sie den ganzen Organismus, ist an allen Organen ausgeprägt, so dass jedes Metamer seine besonderen Or- gane besitzt, und einzelne allen Metameren gemeinsame Organsysteme wieder nach den Metameren besonders differenzirt erscheinen (Bauch- sanglienkette). Der Organismus wird dadurch zu einem vieltheiligen. Daran knüpfen Zustände an, in welchen den Metameren eine selbständige Bedeutung zukommt. In dem Maasse als ein Metamer die Abhängigkeit Grundformen des Thierkörpers. 65 vom Gesammtorganismus durch die Ausbildung seiner eigenen Organe aufgibt, emaneipirt er sich vom Ganzen, und gewinnt die Befähigung zu freier Existenz. Daher leiten sich manche Erscheinungen ab, die man als Sprossung bezeichnet (Würmer). $ 52. Ein causales Moment für die Metamerie darf wohl, wie oben ange- deutet, im Wachsthum gesucht werden. Man kann sich vorstellen, dass mit dem Auswachsen des Körpers in die Länge an einzelnen daran theil- nehmenden Organsystemen eine stellenweise, für den Organismus prak- tisch werdende Ausbildung Platz greift. So ist die äusserliche Metamerie mit der Beweglichkeit des Körpers in Zusammenhang zu bringen, und vielleicht nimmt von da aus die gesammte Erscheinung ihren Anfang. Manche Thatsachen sprechen dafür. Jedenfalls sind zahlreiche Beispiele für die allmähliche Ausbildung der Metamerie vorhanden, die nicht sofort an allen Organsystemen sich ausspricht. Eine sichere Begründung steht noch aus. Das gilt auch bezüglich des Zusammenhangs mit der Sprossung, die wiederum vom Wachsthum sich ableitet. In manchen Fällen hat es zwar den Anschein, als ob die Sprossung zur Metamerie hinführe, so dass die Metameren Sprossen vorstellten, die mit dem Organismus in Zusam- menhang blieben, und nur in einzelnen Fällen eine höhere Individualitäts- stufe erreichten. Allein einer Verallgemeinerung der Bedeutung dieses Vorganges stehen viele Thatsachen unvollkommener Metamerie im Wege, so dass in ihm keineswegs der ausschliessliche Grund der Metamerie ge- funden werden kann. Durch die Metamerie wird eine Vervollkommnung des Orga- nismus angebahnt. Er empfängt durch sie einen grösseren Reichthum von Organen, wenn diese anfänglich auch nur Wiederholungen einer und derselben Einrichtung vorstellen. Mit der grösseren Unabhängigkeit der einzelnen Abschnitte wird deren Action freier, und endlich wird in der grösseren Summe einzelner Organe der Differenzirung ein weiter Spiel- raum geboten. Diese gewinnt denn auch überall Boden, und gestaltet unter Vermannichfaltigung der Function die den einzelnen Metameren zugetheilten Organe in verschiedener Richtung um. Ausbildung und Rückbildung der metameren Organe verleihen den Metameren verschie- denen Werth, und führen zu einer Differenzirung der Metameren selbst, die äusserlich in Umfang und Form derselben sich verschiedenartig aus- ‚drückt. Damit verlieren die Metameren ihre ursprüngliche Gleichartig- keit. Auch das Maass ihrer Selbständigkeit verringert sich, und Summen anfänglich disereter Metameren verschmelzen allmählich zu grösseren Ab- schnitten. So gehen Metamerencomplexe hervor, an denen dieZusammen- setzung aus Theilstücken des Körpers nur noch angedeutet ist, oft nur in Spuren erkennbar. Bald sind es grössere Abschnitte des Körpers, welche diese Concrescenz eingehen, bald kleinere. Im Ganzen wird wieder Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 5 66 l. Aufbau des Tbierleibes. dadurch eine Differenzirung am Organismus ausgeprägt, indem derselbe dann theils aus noch freien, ständigen, theils aus verschmolzenen Metameren besteht. Endlich besteht auch ein Untergang der Metamerie und dann sind es nur noch einzelne Organe, welche für die einmal be- standen habende Erscheinung oft schwer verständliches Zeugniss geben. Alle Zustände der Metamerie bilden somit ebenso viele Quellen, aus denen dem Organismus eine Vermannichfaltigung seiner äusseren und inneren Organisation erfliesst. Vergleichung der Organe. $ 53. Die Wandelung der Organisationsverhältnisse in den einzelnen grösseren und kleineren Abtheilungen des Thierreichs lässt uns beim ersten Blicke mehr die Verschiedenheit als die Uebereinstimmung wahr- nehmen. Diese tritt um so mehr hervor, je bedeutender die Divergenz ist, welche die einzelnen Abtheilungen darbieten. Es ist aber Aufgabe der vergleichenden Anatomie, den Veränderungen der Organisation nach- zugehen und aus dem Veränderten, Umgewandelten das Gleichartige auf- zusuchen, wie tief verborgen es auch liegen mag. Gleichartig kann aber ein Organ mit einem anderen in doppeltem Sinne sein. Einmal nach seinen functionellen Beziehungen, also in physiologischer Hinsicht, dann aber auch nach seinem genetischen Verhalten sowie in seinen anatomi- schen Beziehungen, also vom morphologischen Gesichtspunkte aus. Beide Beziehungen eines Organs sind scharf auseinander zu halten. Der Wechsel der Function bei einem und demselben Organe, ebenso wie die Gleich- artigkeit der Verrichtungen von morphologisch sehr differenten Organen veranlassen der physiologischen Beziehung einen untergeordneten Werth bei der Vergleichung zuzutheilen. Die Kieme eines Fisches und die Kieme eines Krebses oder eines Cephalopoden sind Organe der Athmung, sogar mit einem in manchen Punkten übereinstimmenden Bau, und doch sind alle drei morphologisch bedeutend verschiedene Gebilde, wie sich aus ihrem Verhalten zum Gesammtorganismus ergibt. Die Betonung der Gleichartigkeit der Function würde also morphologisch differente Organe zusammenbringen und damit vom Ziele der vergleichenden Anatomie sich entfernen. - Wir scheiden demnach die physiologische Gleichartigkeit als Analogie von der morphologischen, als Homologie und betrachten nur den Nachweis der letzteren als unserer Aufgabe gemäss. Die Homologie liegt um so offener, je kleiner die Abtheilung ist, aus der die Vergleichungsobjecte stammen. Sie entspricht demnach dem supponirten Verwandtschaftsverhältniss. In der mehr oder minder deut- lichen Homologie drückt sich der nähere oder entferntere Grad der Ver- wandtschaft aus. Er wird in dem Maasse zweifelhaft als der Nachweis Vergleichung der Organe. 67 von Homologien sich unsicher gestaltet. Wie weit die Homologie sich durch das ganze Thierreich erstreckt, ist daher noch keineswegs fest zu bestimmen. Jedenfalls haben zahlreiche Forschungen eine grössere An- zahl homologer Einrichtungen selbst für sonst divergente Abtheilungen aufgedeckt, und damit die Grenzen der Homologie weiter hinaus gerückt, als früher anzunehmen gestattet war. Die Homologie wird in Folge der verschiedenen Art, welche die morphologische Uebereinstimmung bieten kann, in zwei Hauptabtheilungen gespalten, eine allgemeine und eine specielle Homologie. $ 54. I. Allgemeine Homologie besteht, wenn ein Organ auf eine Kategorie von Organen bezogen wird, oder wenn ein damit verglichenes Einzelorgan nur als Repräsentant einer solchen Kategorie zu gelten hat. Die Kategorien werden dann immer aus mehrfach im Körper vorhandenen Organen oder Theilen bestehen. Wenn wir die Körpersegmente eines Gliederthieres, die. Wirbel, die Gliedmassen eines Thieres etc. unter einander vergleichen, begründen wir allgemeine Homologien. Diese löst sich wieder in Unterabtheilungen auf, nach der Art der Organkategorie, die bei der Vergleichung diente. 1\ Homotypie, an Organen, die sich als Gegenstücke zu einander verhalten, z. B. die Organe der beiderseitigen Körperhälften; die rechte Niere ist der linken, das rechte Auge dem linken homotyp u. s. w. Wenn diese Beispiele die Nothwendigkeit der Aufstellung dieser Abtheilung nicht hervortreten lassen, so ist dabei zu erwägen, dass homotype Organe nicht immer gleich sich verhalten. Oft sind sie so umgeformt, dass die Homo- typie unkenntlich geworden und eine Aufgabe der Forschung vorstellt. 2) Homodynamie (die allgemeine Homologie Owen’s, z. Th. auch dessen Homologie der Reihe in sich begreifend), zwischen Körpertheilen bestehend, die auf eine allgemeine, durch Reihenfolge sich äussernde Formerscheinung des Organismus sich beziehen. Dadurch, dass diese Theile, den Typus des Organismus bestimmend, in der Längsaxe des- selben angeordnet sind, unterscheidet sich die Homodynamie von der nächstfolgenden Art. Homodyname Theile sind die Metameren, also: die Segmente der Gliederthiere, Wirbelabschnitte (Urwirbel) der Verte- braten etc. - 3) Homonomie. Sie bezeichnet das Verhältniss derjenigen Körper- theile zu einander, die an einer Queraxe des Körpers, oder nur an einem Abschnitte der Längsaxe gelagert sind. Die Strahlen der Brust- und Bauchflosse der Fische, die einzelnen Finger und Zehen der höheren Wirbelthiere sind homonome Gebilde. Ausser diesen Unterabtheilungen der allgemeinen Homologie sind noch andere unterscheidbar, die jedoch von sehr untergeordneter Be- deutung sind. s* 68 I. Aufbau des Thierleibes. II. SpecielleHomologie, Homologie im engeren Sinne. Wir bezeichnen damit das Verhältniss zwischen zwei Organen gleicher Abstammung, die somit aus der gleichen Anlage hervorgegangen sind. Da das Aufsuchen der speciellen Homologieen genaue Nachweise der ver- wandtschaftlichen Beziehungen erfordert, so ist die Vergleichung inner- halb der niederen Abtheilungen des Thierreiches meist nur auf die Organsysteme beschränkt; erst bei den Wirbelthieren vermag sie sich auf engere Verhältnisse zu erstrecken. Wir können so z. B. unter den Wür- mern oder bei den Mollusken kaum einzelne Abschnitte des Darmrohres mit Sicherheit als homolog bezeichnen, indess wir bei den Wirbelthieren sogar unansehnlichere Gebilde (z. B. die Cöcalbildungen des Darmes, von den Amphibien an) mit Entschiedenheit als homolog erklären können. Am bestimmtesten sind die Homologieen an Skelettheilen, den genauest durchforschten Organen nachweisbar. Der Nachweis der speciellen Homo- logieen bildet einen grossen Theil der Hauptaufgabe der vergleichenden Anatomie. Die specielle Homologie muss wieder in Unterabtheilungen zerfällt werden, je nach dem Zustande der bezüglichen Organe, die entweder in ihrem morphologischen Befunde wesentlich unverändert, oder in dem- selben durch Hinzutreten oder Wegfall von Theilen geändert sind. Ich unterscheide daher: I) Complete Homologie, wenn das bezügliche Organ, zwar in Gestalt, Umfang und manchen anderen Beziehungen modifieirt, sich in Lage und Verbindung unverändert und vollständig erhalten hat. Diese Homologie findet sich meist innerhalb der engeren Abtheilungen, seltener bei den weiteren. Complete Homologie zeigen z. B. die Oberarmknochen von den Amphibien bis zu den Säugethieren, das Herz der Amphibien und Reptilien u. s. w. 2), Incomplete Homologie. Diese besteht darin, dass ein Organ im Verhältniss zu einem andern ihm sonst völlig homologen noch andere, jenem fehlende Theile mit umfasst, oder umgekehrt: dass ein Organ im Verhältniss zu einem andern um einen Bestandtheil vermindert ist. Als Beispiel mag das Herz der Wirbelthiere dienen. Von den Gyelostomen an ist das Organ durch die ganze Abtheilung der Vertebraten homolog ; die Homologie ist aber incomplet, denn bei den Fischen liegt noch ein Theil, der Venensinus, ausserhalb des Herzens, der in den höheren Abthei- lungen ins Herz aufgenommen wird, und z. B. bei den Säugethieren in den rechten Vorhof übergegangen ist. Die Homologie zwischen Fisch- und Säugethierherz ist also incomplet durch Zunahme. In einem andern Falle kann sie durch Abnahme unvollständig sein. Der umgekehrte vorige Fall könnte hier ebenfalls als Beispiel dienen, wenn es gestattet wäre, das Fischherz als eine Reduction aufzufassen. Ein Beispiel bietet sich an Systematische Gliederung des Thierreiches. 69 den Brustflossen der Fische. Das Skelet dieser Organe befindet sich bei den Ganoiden oder Teleostiern durch Reduction in incompleter Homologie zu jenem der Selachier. Hier sind Theile verschwunden, die demselben Organe ursprünglich angehörten, wie im ersterwähnten Beispiele Theile zu einem Organe hinzukamen, die, obwohl anfänglich vorhanden, ihm doch nicht angehörten. Systematische Gliederung des Thierreiches. $ 56. In der Gesammtorganisation jedes Thieres erkennt man eine Summe von Einrichtungen, welche es mit einer verschieden grossen Anzahl an- derer Thiere gemeinsam hat. Diese Verhältnisse sind theils allgemeiner Natur, betreffen die Lagerungsbeziehungen der wichtigsten Organsysteme oder deren Anordnung, theils finden sie sich in specieller Ausführung der einzelnen Organe, und gehen da bis zu Uebereinstimmungen der Form-, Volum- und Zahlenverhältnisse herab. Der ordnende Geist des Menschen hat für diese Beziehungen der Organismen zu einander bestimmte Begriffe geschaffen, indem er die Summe aller sich im Wesentlichen gleich ver- haltenden Individuen als Art bezeichnete, die durch eine Anzahl von Ein- richtungen einander ähnlich erscheinenden Arten zur Gattung vereinigte und endlich diese wieder in grössere Abtheilungen, zu Familien, Ordnungen und Klassen verband. Daraus entstand das zoolo- gische System, welches auf Erkennung und Verknüpfung des Ueber- einstimmenden, Unterscheidung des Getrennten beruhend, sich als der Ausdruck der Gesammterkenntniss des Thierreiches ergibt. So lässt sich das gesammte Thierreich in eine Anzahl grösserer Ab- theilungen bringen, deren jede durch eine Summe von Eigenthümlich- keiten von der anderen verschieden ist. Der daraus resultirende Cha- rakter zeigt sich durch alle Unterabtheilungen und lässt sich selbst bei grosser Verschiedenheit des Einzelnen noch erkennen. Dies hat man als »Typus« bezeichnet. Typus bedeutet also eine Summe am Organismus sich äussernder Charaktere, die innerhalb einer grössern Abtheilung des Thierreiches herrschend sind, indem sie sowohl im Laufe der Entwicke- lung als im ausgebildeten Zustande sich aussprechen. Danach sind solch’ grössere, von anderen durch gewisse Grundzüge der Organisation ver- schiedene Abtheilungen selbst als »Typen« bezeichnet worden. Bei jedem Typus bemerken wir an den ihn zusammensetzenden Abtheilungen eine Variation der Einrichtungen, so zwar, dass nicht selten gerade das für den Typus Charakteristische in einzelnen Formen verloren zu gehen scheint. Dann ist es immer die Ontogenie, welche den Zu- sammenhang der betreffenden Organismenformen mit dem »Typus« er- kennen lässt. 70 I. Aufbau des Thierleibes. Wenn wir die Uebereinstimmung der Organisation verschiedener Individuen aus deren gemeinsamer Abstammung zu erklären vermögen, und damit uns vorstellen, das@@ne Uebereinstimmung auf einer Ver- wandtschaft beruht, so werden wir entferntere Aehnlichkeiten auch auf Rechnung einer entfernteren Verwandtschaft setzen dürfen. Die einer Art (Species) angehörenden Individuen betrachten wir somit als unter einander näher verwandt, als die Repräsentanten verschiedener Arten, und innerhalb der Art werden wieder die durch einzelne Beson- derheiten ausgezeichneten Individuen , die man als Unterart (Subspecies) zu vereinigen pflegt, gleichfalls von gemeinsamen Eltern abzuleiten sein. Diese innerhalb kleinerer Kreise sich kundgebende Erscheinung, dass die Eigenthümlichkeiten der Organisation sich durch Vererbung auf andere Individuen fortsetzen, in dieser Weise anzuerkennen, trägt Nie- mand Bedenken. Zum grossen Theil’unterstellt sie sich sogar der direeten Beobachtung dadurch, dass sie uns die Nachkommenschaft den Eltern ähnlich zeigf. Indem wir diese Auffassung der Verwandtschaft auch auf weitere Kreise übertragen, das Gemeinsame der Organisation als die Folge der gemeinsamen Abstammung beurtheilend und die Divergenz der Orga- nisation von Anpassungen ableitend, stellen wir uns auf den Standpunkt der Descendenztheorie. (Vergl. $$. 4 u. 5.) Wir fassen demzufolge die als »Typem« bezeichneten grossen Abtheilungen als Stämme (Phylen) auf, damit das Gemeinsame, Typische in dem ihnen zu Grunde liegenden Momente bezeichnend. Innerhalb eines Stammes hat sich eine thierische Organisationsform nach den verschiedensten Richtungen hin entfaltet, die allmählich vom Einfachen zum Complicirteren, vom Niederen zum Höheren hinleiten. Aus einer fortgesetzten Differenzirung lassen sich die Kategorien ableiten, die wir als Arten, Gattungen, Familien, Ordnungen, Klassen unterschei- den. Diese Unterabtheilungen entsprechen den Ramificationen des Stam- mes, in denen die Divergenz des Charakters sich ausprägt. Wenn die Verschiedenheiten der Klassen, Ordnungen etc. von einan- der so bedeutend sind, dass sie gänzlich unvermittelt sich darstellen, so haben wir hiebei in Erwägung zu ziehen, dass in den lebenden Formen uns nur die letzten Ausläufer grossartig verzweigter Entwickelungsreihen von Organismen vorliegen, die in früheren oft in weitester Ferne liegen- den Zeiträumen lebten und allmählich untergegangen sind. Zum Theil, wenn auch nur zum allergeringsten, bezeugen dies die paläontologischen Urkunden. Es sind die in den Erdschichten erhaltenen Reste unter- gegangener Wesen, welche die Vorläufer, theilweise auch die Stammeltern der später lebenden Organismen waren. Da die lebenden nur einen klei- nen Bruchtheil der gesammten Organismenwelt bilden, die im Laufe der geologischen Entwickelungsperioden existirte, so können wir nicht er- warten, dass weit zurückliegende Verbindungen überall gleich deutlich hervortreten, dass überall die Uebergänge nachweisbar und der genealo- gische Zusammenhang klar und über allen Zweifel sich erkennen lasse. Systematische Gliederung des Tbhierreiches. 71 Es gilt also vielmehr aus Fragmenten eine Zusammensetzung des Ganzen zu versuchen, verlorne Spuren der Zusammengehörigkeit zu finden. In den Organisationen der Thierkörper diese Nachweise eines genetischen Zusammenhanges zu liefern, bildet den wichtigsten Theil der vergleichend- anatomischen Aufgabe. Nach dieser Auffassung haben wir uns für jeden Stamm eine von einer Urform ausgehende Entwickelungsreihe von Organismen vorzu-. stellen, die während der geologischen Entwickelung sich in viele Aeste und Zweige differenzirte, von denen die meisten während verschiedener Perioden zu Grunde gingen, während einzelne, wenn auch grösstentheils verändert, bis heute sich lebend erhielten. Das in diesen vielfachen Differenzirungszuständen sich forterhaltende, von der Stammform her sich mit Modificationen vererbende Gemeinsame bildet das Typische der Organisation. $ 57. Nicht für alle grossen als Typen aufgefasste Abtheilungen ist gemein- same Abstammung der zugehörigen Formen in gleichem Maasse nachweis- bar. Für manche Abtheilung ist sogar eine polyphyletische Genese in hohem Grade wahrscheinlich, so dass andere als genealogische Gründe die bezüglichen Organismen vereinigen lassen. Solche Abtheilungen dür- fen dann nicht als Stämme beurtheilt werden. Solchen Verhältnissen begegnen wir gleich bei den niedersten For- men, in dem Grenzgebiete gegen das Pflanzenreich. Da es Organismen gibt, bei denen eine Reihe von Erscheinungen vermittelnde Zustände nach dem einen wie nach dem anderen Reiche erkennen lässt, wird es schwer, eine Grenze zu finden. Diese setzt die Feststellung des Begriffes Thier oder Pflanze voraus. Für den thierischen Organismus wird das Ge- meinsame der Differenzirung als charakteristisch gelten können. Diese besteht in der Sonderung zweier Körperschichten, die oben ($ 28) als Ectoderm und Entoderm bezeichnet wurden, und von denen die Keim- blätter der höheren Abtheilungen sich ableiten liessen. Die Ausschliessung aller übrigen niederen, diese Sonderung nicht eingehenden Organismen vom Thierreiche lässt aber manche zum Verständniss der thierischen Or- ganisation wichtige Erscheinung ausser Betracht gerathen. Wie sehr es daher auch gerechtfertigt sein mag, jene niedere ausserordentlich man- nichfaltige Organismenwelt als ein besonderes, zwischen Thier- und Pflanzenreich zu stellendes, für beide die Anfänge umschliessendes Reich, das der Protisten, zu behandeln, so erfordert unsere, auch die An- knüpfungen an diese niedersten Organismen mit umfassende Aufgabe, doch auch ein Eingehen auf jene. Wir fassen daher eine Anzahl von Ab- theilungen der Protisten, welche nähere Beziehungen zu Thieren als zu Pflanzen besitzen, als Protozo&@n zusammen. Da ihre genetischen Ver- hältnisse zu einander völlig dunkel sind, kann die aus diesen Organismen 72 I. Aufbau des Thierleibes. gebildete Abtheilung nicht als ein »Stamm« betrachtet werden. Dem ent- spricht auch der Mangel eines gemeinsamen Typus. Wir sehen sie also Fig. 19. Ga- strulastadium von Dicyema typus. Fig. 20. Wurmförmiger Embryo von Dicyema typus. (Nach E. van BENEDEN.) alMledere, unter den Protisten am meisten den Thieren nahekommende Organismen an, denen nicht die einzelnen Abtheilungen der höheren thierischen Organismen, son- dern sämmtliche Abtheilungen derselben sich gegenüberstellen. Das erfordert ein Zusammenfassen der letzteren zu einer ein- zigen Gruppe, die man als Metazoön be- zeichnet hat. Protozoön und Metazoön sind nicht so ganz scharf geschiedene Abtheilungen. Bei den Protozoön sind nicht wenige aus einer Mehrzahl von Zellen zu- sammengesetzte bekannt. Fig. 21. Wurmförmiger Em- bryo von Dicyema typus. Es ist also mehr die Anordnung der Zellen in Schichten von bestimmtem functionellen Werthe, wodurch der metazoische Organismus charakterisirt wird. zu bestehen, in welchen die Schichten noch un- vollständig sich darstellen. Wir finden Reprä- sentanten hiefür in den in den sogenannten Ve- nenanhängen der Gephalopoden parasitisch leben- den Dieyemen, welche deshalb einer besonderen Erwähnung verdienen. Aus der Theilung einer Keimzelle geht ein Zellenhaufen hervor, in welchem eine einzelne grössere Zelle von einer Anzahl kleine- rer in Gestalt einer zusammenhängenden Schichte umschlossen wird. Die centrale Zelle repräsentirt das Entoderm und ist nur an einer kleinen Stelle von der peri- pherischen, das Ectoderm vorstellenden Schichte, unbedeckt (Fig. 19). Die Entodermzelle wächst bedeutend in die Länge, mancherlei Differenzi- rungen ihres Protoplasma darbietend. Sie bildet die Grundlage des langgestreckten Körpers, und bleibt von den gleichfalls wachsenden, aber sich nur wenig vermehrenden Ectodermzellen bedeckt. Diese lassen feine Cilien hervorsprossen und bilden das Schutz- und Bewegungsorgan des Körpers, in- dess der in der Axe des Körpers liegenden Ento- Hiefür scheinen ganz allmähliche Anfänge n Kern der Entodermzelle. dermzelle eine nutritorische Bedeutung sowie (Nach E. va Bexepex.) die Function der Fortpflanzung zukommt, denn in ihr bilden sich die nach zwiefachem Typus angelegten Keime der jungen Brut. (Fig. 20. 21.) Der Organismus von Dieyema zeigt sich somit als ein zweischichtiger Systematische Gliederung des Thierreiches, 73 mit functioneller Scheidung der beiden Schichten, davon die innere die morphologisch geringste Differenzirung besitzt, indem sie nur aus einer einzigen Zelle besteht. Ob darin ein primitiver Zustand sich ausspricht, ist jedoch deshalb nicht völlig sicher, weil die parasitische Existenz der Dieyemen die Rückbildung eines mehrzelligen Entoderms bedingt haben kann. Da aber in der klar liegenden Entwickelungsreihe dieser Thiere stets nur Eine Entodermzelle vorkommt, gewinnt der Befund an Bedeu- tung. Wie sich unter den Protozoön die mehrzelligen Formen in allmäh- lichen Uebergängen an einzellige anschliessen, aus denen sie sich her- vorgebildet haben werden, so zeigt nun unter den Metazoön Dicyema den Anfang einer Zellschichten-Sonderung des Körpers, wenn auch noch nicht in der Höhe der den Uebrigen zu Grunde liegenden Einrichtung, doch bereits in derselben Richtung, wie sie dort zum Ausdrucke kommt. VAN BENEDEN, Ep., Recherches sur les Dicyemides. Bull. Acad. Belg. XLI. u. XLII. 1876. $ 58. Die Abtheilungen der Metazoen führe ich, die Dieyemen übergehend, in folgenden auf: . Cölenteraten, Würmer, . Echinodermen, . Arthropoden, . Brachiopoden, .Mollusken, . Tunicaten, . Vertebraten. :-19 TU P WW — je 0) Diese Abtheilungen repräsentiren der Mehrzahl nach einzelne Thier- stämme, deren jeder in verschiedenem Maasse höhere und niedere Formen umschliesst. Aber der Grad der. Organisationsentfaltung ist in jedem der- selben verschieden, wie auch ihr Umfang ein verschiedener ist. Die in jeder Abtheilung sich äussernde Divergenz der Organisation gibt sich ebenso in den Beziehungen der ersteren zu einander kund, und es lassen sich in den niederen Stämmen Ausgangspunkte für die niederen Formen höherer Stämme erkennen. Damit ordnen sich diese grossen Abtheilungen in genealogische Gliederung. Für die einzelnen Abtheilungen ist das sie trennende Maass der Entfernung ein verschiedenes, eigenthümlich für jedes einzelne Verhältniss. Das Verhalten der einzelnen grossen Abthei- lungen zu einander lässt sich in folgendem Stammbaume darstellen. 74 I. Aufbau des Thierleibes. Vertebrata Mollusca Arthropoda \ * \ \ Tunicata Brachiopoda \ \ \ shael / rate / \ \ / \ \ \ _— \ \ % Echinodermata a \ Ba \ \ RS \ F \ v4 \ | Pe mm m Vermes | Coelenterata | an Die Protozoa Die genauere Umgrenzung der einzelnen Abtheilungen wird in den speciellen Capiteln gegeben werden, ebenso die Motivirung der hier nur angedeuteten verwandtschaftlichen Beziehungen. Literarische Hilfsmittel der vergleichenden Anatomie. $ 59. HäckEL, E., Für die wissenschaftliche Orientirung im Gesammtgebiete der Morphologie, grösster Kürze behandelten Fragen ist als Hauptwerk zu sorgfältigem Studium zu empfehlen: vornehmlich bezüglich der in den vorhergehenden Paragraphen von mir nur in Generelle Morphologie der Organismen. Formenwissenschaft, mechanisch begründet durch die von C#. Darwın reformirte Descendenztheorie. 2 Bde. Berlin 4866. Allgemeine Grundzüge der Literarische Hilfsmittel der vergleichenden Anatomie. 75 Ausserdem behandeln die Morphologie in fördernder Weise: LEuckaART, R., Die Morphologie und die Verwandtschaftsverhältnisse der wirbellosen Thiere. Braunschweig 1848. h Carus, V., System der thierischen Morphologie. 1853. Bros, Morphologische Studien über die Gestaltungsgesetze der Naturkörper. Leipzig und Heidelberg 4858. a. Von umfangreicheren Werken über das ganze Gebiet der ver- gleichenden Anatomie: CuviEr, G., Lecons d’anatomie comparee recueillies et publiees par Dum£rıL et Duverxoy. 5 vols. Paris 1798—1805. Unter dem Titel: Vorlesungen über vergl. Anatomie, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von H. FrorıEp und J. F. MEckEL. 4 Bde. Leipzig 41809—10. ——, Lecons etec., recueillies et publiees par Dumerır. Seconde edition. 8 Tomes. Paris 1835 —46. MECKEL, J. F., System der vergleich. Anatomie. 6 Bde. Halle 1824—33 (unvollendet, Geschlechtsorgane fehlen). MıLne-EpwArps, H., Lecons sur la physiologie et l’anatomie comparee de ’homme et des animaux. T. I—XII. Paris 1857—76. Noch unvollendet. Levpie, F., Vom Bau des thierischen Körpers. I. Band. 4. Hälfte. Tübingen 4864. b. Als Lehr- und Handbücher der vergleichenden Anatomie: Carus, C. G., Lehrbuch der Zootomie. Leipzig 1848. Zweite Auflage als Lehrbuch der vergl. Zootomie. 2 Bde. Leipzig 1834. WAGNER, R., Handbuch der vergleichenden Anatomie. 2 Bde. Leipzig 1834. Neue Auflage als: Lehrbuch der Zootomie. 2 Bde. Leipzig 14843 —48. (Zweiter Band, die Anatomie der wirbellosen Thiere enthaltend, von H. Frey und R. LEUCKART.) v. SIEBOLD und StAnnıus, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. 2 Bde. Berlin 1845. Zweite Auflage als Lehrbuch der Zootomie. Bis jetzt nur Band I. Heft t—2, Anatomie der Fische und Amphibien enthaltend, erschienen. Wird fort- gesetzt. BERGMANN, C. und LEUCKART, R., Anatomisch-physiologische Uebersicht des Thier- reiches. Stuttgart 1352. Sc#mipt, O., Handbuch der vergl. Anatomie. Siebente Auflage. Jena 1876. Owen, R., Lectures on the comparative anatomy and physiology of the invertebrate animals. 2. Auflage London 4855. — Of the vertebrate animals P. I. Fishes. London 4846. Jones, Rymer, General outline of the organisation of the animal kingdom, and manual @ ofcomparative anatomy. 4th, Edit. London 1871, Hartıng, P., Leerboek van de Grondbeginselen der Dierkunde in haren geheelen Omvang. Deel I—IIIl. Tiel 1864—74. Enthält auch die vergl. Anatomie. St. GEORGE MiıvArT, Lessons in elementary anatomy. London 4873. (Einführung in die Anatomie des Menschen.) c. Iconograpbische Darstellungen vom Baue der Thiere bieten: Carus, C. G., und Orro, Erläuterungstafeln zur vergleichenden Anatomie. 8 Hefte. Leipzig 1826—52. WAGNER, R., Icones zootomicae, Handatlas zur vergl. Anatomie. Leipzig 1841. 76 I. Aufbau des Thierleibes. Literarische Hilfsmittel etc. ScHaipt, O., Handatlas der vergl. Anatomie. Jena 4852. Carus, V., Icones zootomicae. Leipzig 1857. Erste Hälfte. (Wirbellose Thiere.) Levois, F., Tafeln zur vergl. Anatomieg@rstes Heft. Tübingen 1864. d. Vergleichende Gewebelehre : Leyois, F., Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. Frankf. 4857. e. Öntogenie. Foster, M.and BALrorr, F.M., The Elements of Embryology. London. Macmillau a.Co. P. i. 4874. ‚ Dasselbe. Deutsche Ausgabe v. N. Kleinenberg. Leipzig 4876. KöLLIKER, A., Entwickelungsgeschichte des Menschen u. der höheren Thiere. 2. Aufl. 4. Hälfte. Leipzig 1876. Ausser diesen Werken ist auf zahlreiche Monographieen zu verweisen, sowie auf Abhandlungen und Aufsätze, welche die Schriften der Academieen und anderer gelehrten Gesellschaften, sowie die Zeitschriften für Naturgeschichte, für Zoologie und für Anatomie enthalten. SPELIELLER THEIL. Erster Abschnitt. Protozoe&En. Allgemeine Uebersicht. $ 60. Hieher zähle ich einige Abtheilungen jener Organismen, die durch die Einfachheit ihrer Organisation die niederste Stufe der Lebensform beurkunden. Der Mangel an differenzirten Organen für die hauptsäch- lichsten Verrichtungen erscheint als das wesentlichste Merkmal. Aus die- sem negativen Charakter geht die Unzulänglichkeit der Abgrenzung dieser Abtheilung hervor, an der etwas gemeinsam »Typisches« weder in dem Verhalten des Körpers zu seinen Formelementen , noch in der Orga- nisation erkannt werden kann. In dem Fehlen jeder geweblichen Diffe- renzirung besteht Grund, die hieher gerechneten Organismen mit anderen, die man als niedere Pflanzen zu betrachten pflegt, als zwischen Thier- und Pflanzenreich stehende Lebensformen zu betrachten. Darauf stützt sich die Auffassung, sämmtliche niedere, weder den Thieren noch den Pflanzen zuzuzählenden Organismen zu einem Protistenreiche zu ver- einigen. In Anerkennung dieser Auffassung könnte die Aufrechterhaltung einer Abtheilung der »Protozoön« unzulässig scheinen. Es ist aber die Kenntniss der im Protistenreiche waltenden Organisationszustände für das Verständniss der thierischen Organismen von so hohem Werthe, dass ein gänzliches Uebergehen der Protisten dem Zwecke dieses Buches wenig entspräche. Deshalb behielt ich die Abtheilung der Protozoön hier bei, und führe in ihr eine Anzahl von Formen auf, die geeignet sind von den einfachen Zuständen der Organisation und damit von dem geringen Grade der Sonderung ein Bild zu geben. Ich schliesse dabei vor allem jene Formen aus, welche, auf der Stufe der Cytode stehen bleibend, keine Kerne besitzen. Die Ausbildung eines Kernes im sonst so einfachen Protoplasmaleib des Organismus bezeichnet jenem anderen Zustande gegenüber einen bedeutsamen Fortschritt, und verbietet die ihn aufweisenden Formen mit anderen ihn nicht besitzenden s0 Il. 4. Protozoen, zusammenzustellen, wie sehr auch sonst Uebereinstimmungen im Befunde des Protoplasma bestehen, und w auch nicht verkannt werden kann, dass in diesen Cytodenformen (Möneren) die Anfänge der höheren Zu- stände liegen. Diese Anfänge erscheinen sehr mannichfaltig, entsprechen einzelnen Abtheilungen ausgebildeter Formen, und machen es wahr- scheinlich, dass die letzteren polyphyletischen Ursprungs sind. Die von mir den Protozoön beigerechneten Protistengruppen sind die Rhizopoden, Gregarinen und Infusorien. Die Rhizopoden zeigen den Protoplasmaleib nicht in constanter Abgrenzung; ihr Protoplasma sendet wechselnde Fortsätze aus. Sie lassen als niederste Abtheilung die Amöbiden erscheinen, deren Orga- nismus der Stufe einer Zelle entspricht. Protoplasma mit einem Kerne bildet den Körper, der, in der Regel nackt, zeitweise mit einer Kapsel sich umgeben kann oder die Kapsel als persistentes an einer oder zwei Stellen offenes Gehäuse besitzt. Durch die Mündung des letzteren communieirt der Organismus mit der Aussenwelt, und kann von da aus selbst über das Gehäuse sich ausbreiten. Sind mehrfache Kerne vorhanden, so stellt der Organismus ein Synceytium vor. Als eine zweite Abtheilung erschei- nen die Foraminiferen, Ein wahrscheinlich allen zukommender Kern lässt den Werth dieser Organismen gleichfalls einer Zelle gleich setzen. Aber die Bildung mit vielen Poren versehener Gehäuse , oft von beträcht- licher Complication, lässt eine höhere Tendenz erkennen. Eine kleine mehr der nächsten Abtheilung angeschlossene Gruppe sind die Helio- zo&ön. Endlich erscheinen die Radiolarien durch den Besitz einer im Innern des Leibes befindlichen »Gentralkapsel« von allen übrigen Rhizo- poden verschieden. Die Gentralkapsel führt eine Anzahl kernartiger Ge- bilde. Dadurch lassen sich die Radiolarien zwar zu Zellen in Beziehung bringen, allein ihr Körper kann nicht als eine Zelle gelten. Vielmehr scheint hier eine andere Diflerenzirungsrichtung eingeschlagen zu sein. Dazu kommt noch, dass bei einigen das extracapsulare Protoplasma zerstreute Zellen führt, die von Manchen als dem Organismus fremde Bil- dungen gedeutet wurden (gelbe Zellen). Die Entwickelung von Stütz- gebilden der mannichfachsten Art verleiht den Radiolarien ein eigenthüm- liches Gepräge. Diese Gerüste geben Anlass zur Unterscheidung einer grösseren Anzahl von Körperaxen. Als zweite Abtheilung der Protozoön führe ich die Gregarinen auf. Eine äussere Abgrenzung des einen Kern umschliessenden, und da- mit auf der Stufe einer Zelle stehenden Körpers fehlt nur in den frühesten Jugendzuständen. Sie durchlaufen also den Zustand der Cytoden. Die ausgebildeten Organismen lassen eine vom inneren Protoplasma different gewordene Hülle unterscheiden und bieten sogar in der darunter liegen- den Protoplasmaschichte noch Andeutungen höherer Differenzirungen dar. Bei manchen ist vom eylindrischen oder bandförmigen Körper ein vorde- rer Abschnitt durch eine Einschnürung getrennt. Allgemeine Uebersicht. s1 Die dritte grosse Abtheilung repräsentiren die Infusorien, von denen ich die ihnen häufig zugetheilten Flagellaten ausschliesse. Der aus Protoplasma gebildete Körper ist durch Differenzirung einer Rindenschichte in bestimmter Gestalt abgegrenzt. Die Rindenschichte umschliesst indiffe- renteres Protoplasma, welches bei vielen in rotirender Bewegung zu treffen ist, und darin an die Protoplasmaströmung gewisser vegetabilischer Zellen erinnert.‘ Ein sehr mannichfach gestalteter Kern ist zur Auffassung des InfuSorienleibes als Aequivalent einer Zelle verwerthbar. Bei einigen kommen mehrere Kerne vor. Durch die in der Corticalschichte auftretende Sonderung von verschiedenen an Gewebe erinnernden Bildungen spricht sich eine höhere Potenzirung aus. Diese beeinträchtigt jedoch nicht die Auffassung der Infusorien soweit sie nur Einen Kern führen als einzelliger Organismen, wenn man die Zelle sich nicht mehr in ihrem indifferenten Zustande denkt. Neben dem Kerne findet sich bei manchen noch ein kleineres kernähnliches Gebilde, der Nucleolus. Die Infusorien zerfallen in Suctoria (Acineta) und Ciliata. Die ersteren bieten bestimmt an- geordnete wenig bewegliche feine Fortsätze, die zur Nahrungsaufnahme dienen. Die Ciliaten zeichnen sich durch Wimperbesatz des Körpers aus. Nach der Art der Vertheilung dieser Cilien werden wieder Unterabthei- lungen aufgestellt. Literatur. Rhizopoden: AuERBAcH, C., Zeitschr, f. wiss. Zool. Bd. VII. — Dusarpın in Ann. sc. I. II. IV. — SchuLtzE, M., Ueber den Organismus der Polythalamien. Leipzig 4854. — CARPENTER, W., Researches on the Foraminifera. Phil. Tr. 4856. 59. — Ders., Introduction to the study of the Foraminifera. London 1862. (R. S.) — Huxtey, Tu. H., Ueber Thalassicolla. Ann. nat. hist. 4854. — MüLter, J., Ab- handl. der Berliner Acad. 1858. — Häckeı, E., Die Radiolarien. Eine Mono- graphie. Berlin 1862. — ScuuLzE, F.E., Rhizopodenstudien. Arch. f. mikr. Anat. Bd. X— XII. — Hertwis, R., Arch. f. mikr. Anat. Bd. X. Supplem. — Ders., Zur Histolog. der Radiolarien. Leipz. 1876. Gregarinen: Stein, Ueber die Natur der Gregarinen. Arch. f. Anat. u. Phyl. 1848. — KöLtrıker, Beitr. z. Kenntniss niederer Thiere. Zeitschr. f. Zool. I. — LiEBER- xünn, Evolut. des Gregarines. Acad. Roy. de Belgique. Me&m. des Soc. &tran- geres. T. XXVI. Ed. van BEnEDEN Rech, sur l’Evolut. des Gregarines. Bull. de l’Acad. royale de Belgique. 2me Ser. T. XXXI. Sur la Struct. des Greg. ibid. T. XXXIM. Infusorien: EurEnBERG, C. G., Die Infusionsthiere als vollkommene Organismen. Leipzig 1838. — Dwusarpın, Hist. nat. des Infusoires. Paris 4844. — STEIN, FR., Die Infusionsthiere auf ihre Entwickelung untersucht. Leipzig 1854. — Ders., Der Organismus der Infusionsthiere. I. II. Leipzig 1859—66. — CLAPAREDE, E., et Lacumann, Etudes sur les Infusoires et les Rhizopodes. Geneve 1858 — 64. — ENGELMANN, Tu. ,W., Zur Naturgeschichte der Infusionsthiere. Leipzig, Zeitschr. f. Zool. XI. — Morphol. Jahrb. Bd. I. — Hicker, Z. Morphol. d. Infusor. Jen. Zeitschr. VII. — BürtscaLı, Arch. f, mikr. Anat. — IX. Zeitschr. f. w. Zool. XXVIII. — Herrtwis, R., Ueber Podophrya gemmipora. Morph. Jahrb. 1. Gegenbaur, Grundriss d, vergl. Anatomie. 2. Aufl. 6 82 II. 4. Protozoen. wi. Da der Körper der niedersten Organismen aus dem contractilen, in seinen Formzuständen sehr veränderlichen Protoplasma gebildet wird, so fehlt mit einer bestimmten Abgrenzung des Körpers auch jegliche Differenzirung eines Integumentes. Wir sehen den Körper ‘der meisten nicht mit einer Hülle versehenen Protisten ebenso wie indiflerente Zellen höherer Organismen die Umrisse wech- seln; Fortsätze des Protoplasma dehnen sich bald da bald dorthin aus, und lassen den übrigen Körper nachfliessen. So be- te Jangallal ud En wegt sich der Körper mit stets wechselnder denen Momenten ihrer Bewegung dar-- Oberfläche, an die jeder in dem einen Mo- gestellt. n Kern. ö Aufgenommene Nah- ment innen befindliche Substanzpartikel a Ykanlı site sind be in dem andern Moment mit der Bildung eines Fortsatzes hervortreten kann. Die Fortsätze, Pseudopodien, erscheinen bald als breite lappenartige, durch wenig tiefe Buchten von einander getrennte Verlängerungen (vergl. Fig. 22), bald ergiessen sie sich als schmale, zu- weilen keilförmige Ström- chen, die nach der Peri- pherie zu mannichfach sich theilen, und damit ver- ästelte Ausläufer vorstel- len. Diese Zustände halten sich innerhalb einzelner Abtheilungen stets in be- stimmten Formgrenzen, so dass die Pseudopodienform ein erstes Differentwerden eines bestimmten morpho- logischen Verhaltens des Protoplasma kundgibt. Die Fig. 23. Eine Foraminifere (Rotalia) mit ausgestreckten Psendo- Pseudopodien charakteri- podien, die aus den Poren der mehrkammerigen Schale hervor- siren die Rhizopoden, de- treten. Bei x ist das periphärische Zusammenfliessen mehrerer ren Protoplasma an allen Pseudopodien dargestellt. r R gegen die unmittelbare Körperoberfläche gelangenden Stellen jene »Scheinfüsschen« aussenden kann (vergl. Fig. 23). Benachbarte Pseudopodien können in verschiedener Zahl an jeder Stelle unter einander verschmelzen (Fig. 23 x), oder auch netzartige Verbindungen vorstellen. Dieses Verhalten des Proto- Integument. 83 plasma wird durch im Innern zu Stande gekommene Differenzirungen (Skeletbildungen etc.) nicht alterirt. Es ist der Ausdruck eines peri- pherische Differenzirung entbehrenden Zustandes der niedersten lebenden Materie. Durch Festerwerden der äussersten Körperschichte wird die allseitig auftretende Pseudopodienbildung beschränkt. Mit der chemisch-physika- lischen Veränderung peripherischer Theile bildet sich ein Gegensatz zu dem übrigen indifferent bleibenden Proto- plasma, welches zwar noch Beweglichkeit äussert, allein durch die festere Rinden- schichte in ansehnlicheren Exeursionen ge- hemmt wird. Dieser Zustand trifft sich bei den Gregarinen, wozu bereits bei manchen Amöben vorkommende Verhältnisse Ueber- gänge darbieten. Eine derbe, homogene, zu- weilen eine zarte Schichtung besitzende Membran überzieht hier den ganzen, nur durch eine einzige Zelle gebildeten Körper. Sie geht unmittelbar in das weiche Proto- plasma über, und erscheint als eine von Fig. 2. 1 Gregarinen aus dem demselbensitterenzirte "Gutreula. Wie’ alle) ‚Dermeanu1s) an Opatiin inside Guticulae entbehrt sie der contractilen Eigen- N schaft, ist aber dehnbar, elastisch und ver- nen jüngeren Zustand darstellt. mag so den Contractionen und Expansionen “ Vordertheil. 5 Hintertheil des des Protoplasma zu folgen. Ke Ausser dieser Sonderung der Cuticularschichte besteht bei den Gre- garinen noch eine von den innern Theilen gesonderte Rindenschichte, welche resistenter als das reichliche Körnchen enthaltende Protoplasma erscheint, und in ähnlicher Weise auch den Infusorien zukommt. $ 62. An die Sonderung des Körpers in eine äussere Rindenschichte und innere Parenchymsubstanz schliessen sich fernere Umbildungen der Rin- denschichte. Von diesen sind erstlich die Wimperhaare anzuführen, die bei den Infusorien in allgemeiner Verbreitung vorhanden sind. Sie erscheinen als unmittelbare aber lebhaft bewegliche Verlängerungen des Integuments, die zuweilen mit einer Cuticula combinirt sind, und dann diese durchsetzen. Entweder besetzen sie nur beschränktere Körper- stellen wie die sogenannte Mundöffnung, oder sie sind über grössere Strecken verbreitet, oder über den ganzen Körper, häufig sehr regel- mässig, vertheilt. Nach der bestimmten Vertheilung und Anordnung dieser Wimperhaare hat man die Unterabtbeilungen der Infusorien in Holotricha, Heterotricha, Hypotricha und Peritricha unterschieden. Dass diese Wim- . 6% I s4 II. 4. Protozoen. perhaare Differenzirungen des Protoplasma sind, geht aus jenen im Be- reiche anderer Protistengruppen Alleria Fällen hervor, wo sie nur temporäre Gebilde vorstellen und nach Art der Pseudopodien wieder ins Protoplasma des übrigen Körpers eingezogen werden können. Modificationen der Wimperhaare sind die Geisselfäden sowie die in der Nähe der Mundöflnung mancher Infusorien befindlichen undulirenden Membranen. In anderer Art modificirt erscheinen die Wimperhaare als starre nur an der Verbindung mit dem Körper bewegliche Gebilde (z. B. bei Stylonychia), zuweilen sogar in plattenartiger Verbreiterung. Sowohl die Wimperhaare als die griffelförmigen Fortsätze dienen als Bewegungsorgane und lassen somit die Locomotion ans Integument ge- knüpft erscheinen, wie sie bei der Pseudopodienbildung mit der zeitweilig äusseren Körperschichte verbunden war. Eine andere in der Haut mancher Infusorien (z. B. Paramaecium) beobachtete Bildung besteht in festeren, stäbchenartigen Bildungen (Tri- chocysten), die bei gewissen Einwirkungen einen feinen starren Faden hervortreten lassen. Diese Gebilde liegen in senkrechter Stellung zur Längsaxe des Körpers dicht nebeneinander in der Rindenschichte. Sie erinnern an die Nesselkapseln der Cölenteraten, ohne dass sie jenen gleich zu erachten wären, da sie nicht aus Zellen hervorgehen. $ 63. In der Rindenschichte des Leibes der Gregarinen und vieler Infu- sorien erscheinen muskelähnliche Bänder oder Fasern. Bei den Gregarinen sind diese Gebilde ringförmig oder auch spiralig angeordnet und bilden eine dicht unter der Cuticula gelegene Schichte, die nur eine kurze Strecke weit auf den vom Körper meist durch eine Einschnürung abgesetzten »Kopf« sich erstreckt, aber niemals in die Scheidewand über- geht, welche jenen Theil vom Körper trennt. Unter den Infusorien sind diese contractilen Streifen vorzüglich bei den grösseren Arten einzelner Gattungen (Stentor, Prorodon, Spirosto- mum ete.) erkannt. Bei anderen werden sie vermisst. Sie verlaufen bald longitudinal, bald spiralig. Auch bei Vorticellinen kommen sie vor, und zwar in Spiraltouren gegen das in den Stiel übergehende Körperende zu. Dass diese Gebilde der Infusorien nicht die ausschliesslichen con- tractilen Apparate des Körpers bilden, wird durch jene Infusorien er- wiesen, die bei dem Mangel dieser Streifen energische Contractionen des Körpers auszuführen im Stande sind. Dass sie aber in der That contraetil sind, beweist Spirostomum, dessen Körpercontractionen nicht nach der Längsaxe des Körpers, sondern in der Richtung des mehrere Spiraltouren beschreibenden Streifenverlaufes stattfinden. In diese Reihe von Sonde- rungen aus dem Protoplasma gehört auch der im Innern des Stieles der p: Stützorgane. 35 Vorticellinen verlaufende contractile Strang der bei Zoothamnium der Verästelung des Stockes gemäss verzweigt erscheint, indess er bei Car- chesium jedem Individuum des Stockes gesondert zukommt. Obgleich diese Gebilde mit Muskelfasern übereinstimmende Erscheinungen bieten und physiologisch ihnen zur Seite gestellt werden dürfen, können sie doch morphologisch keineswegs jenen histiologischen Formelementen gleichge- stellt werden, da weder Zellen noch deren Abkömmlinge an ihnen bethei- ligt sind. Essind Differenzirungen aus dem Protoplasma des Organismus, wie sie in den Geweben der Metazoön durch Differenzirungen ganzer Summen von Formelementen zu Stande kommen. Der ganze contractile Apparat entspricht somit nur functionell einem Muskelsystem. Die ein- zelnen Bänder oder Streifen sind nur Analoga von Muskeln (Myophane). $ 64. Als Stützorgame des Körpers der Protozoön fungiren feste Gebilde, welche entweder als ein Gerüstwerk die weiche Körpersubstanz durch- setzen, oder als Schalen und Gehäuse den Körper überziehen. Letztere verhalten sich nach Maassgabe ihrer Ausdehnung und Resistenz auch als Schutzorgane. Alle hier einzureihenden Gebilde sind mittelbare oder un- mittelbare Differenzirungen des Protoplasma, entweder an der Oberfläche des Leibes oder im Parenchym gebildet. Je vollständiger diese Abschei- dungen als Gehäuse den Körper bedecken, desto mehr treten sie der freien Beweglichkeit entgegen, wenn nicht andere compensirende Einrichtungen vorkommen. Schalen und innere Gerüste treffen sich in grosser Verbreitung bei allen Abtheilun- gen niederer Organismen und zwar in einem sehr verschiede- nen Grade der CGomplication, der zuweilen zu jener des Körpers in einem umgekehrten Verhält- nisse steht. Einfache, meist oval gestal- tete, mit einer Oefinung ver- sehene Schalenbildungen finden sich bei einer Abtheilung der Amöben (Difflugia, Arcella).. Die Schale ist bald weich, bald von grösserer Festigkeit, die auch Fig. 25. Durchschnitt einer Foraminiferenschale (Al- durch Aufnahme von Fremd- veolina Quoii), an welcher die Anordnung der ein- körpern erhöht werden kann zelnen Kammern zu einander sichtbar ist. (Nach W. CARPENTER.) Durch die Ausbreitung des Pro- toplasma über die Schale können diese zeitweise als innere sich dar- stellen. Complicirtere Formen entstehen bei den Foraminiferen, indem s6 II. 4. Protozoen. j sich an ein einfaches rundliches Gehäuse neue Abschnitte anbauen, die dann einzelne durch Oeffnungen wer einander verbundene und ebenso durch Poren nach aussen hin communizirende Kammern vorstellen, (s. Fig. 23, Fig. 25). Durch Kalk, seltener durch Kieselerde (Polymor- phina, Nonionina), erhalten diese mehrkammerigen Schalen eine beson- dere Festigkeit und durch die Verschiedenheit der gegenseitigen Lage- rung, der Ausdehnung und Verbindungsweise der Kammern entstehen mannichfaltige mit dem leichter gebauten inneren Gerüste der Radiolarien an Formenreichthum wetteifernde Bildungen. Durch Anlagerung in einer geraden Linie entfalten sich stabförmige, oft knotig angeschwollene Gehäuse, deren einzelne als »Kammern« be- zeichnete Abschnitte bald gleichgross, bald in verschiedener, von einem Ende gegen das andere hin zunehmender Grösse erscheinen (Nodosariden. Eine spiralige Anordnung der in einer oder in verschiedenen Ebenen ge- lagerten Kammern führt zu Bildungen, welche Nautilusschalen ähnlich sind (Fig. 23). Bedeutende Modificationen entstehen durch Ueberlage- rungen der Spiraltouren, durch Streckung oder Verkürzung der Spi- ralaxe etc. Die planorbisarligen Gehäuse der Millioliden, bei denen stellenweise Einschnürungen die erste Spur einer Kammerbildung auf- weisen, stellen den einfachsten Zustand dieser Formen vor. Ungleich- artige Ansätze neuer Kammern heben die Spiralform äusserlich auf (Acer- vulinen), und lassen sie nur in den ersten Kammerbildungen erkennen. Gewöhnlich werden diese Gehäuse mit äusseren Schalenbildungen zu- sammengestellt. Nur für wenige jedoch erscheint dies passend. Ueber- all da, wo die Scheidewände der sogenannten Kammern mehrfach durch- brochen sind, und zugleich Porencanäle die Schalen nach aussen durch- setzen, so dass also das Protoplasma der Pseudopodien äusserlich die Schale bedecken kann, erscheint die Schale vielmehr als ein inneres Gerüste. Wo die Scheidewände nur durch mehrere einzelne, weite Oeffnungen zwischen sich lassende Säulchen oder Lamellen repräsentirt werden (Fig. 25), und der Raum der Kammer selbst den mehrfachen Verbindungen zwischen zwei Kammern an Volum sogar nachsteht, und wo endlich alle benachbarten Kammerräume unter einander communi- ciren, und so das ganze »Gehäuse« von einem nach allen Richtungen com- municirenden Hohlraumsysteme durchsetzt wird: da ist der Charakter einer äusseren Schale vollständig aufgegeben. Da also in allen Fällen das Protoplasma sich über die Aussenfläche der Schale zu ziehen vermag, ist die Schalenbildung der Foraminiferen als eine innere zu betrachten, und reiht sich darin den Gerüsten der Radiolarien an. g 65. Als ein allen Radiolarien gemeinsames, wenn auch weniger in die Augen fallendes Stützorgan muss die »Centralkapsel« angeführt werden. Es ist ein in’der Mitte des Körpers gelagertes, in sehr verschiedener Form Stützorgane. 87 auftretendes, kapselartig geschlossenes Organ, welches aus einer chemisch dem Chitin nahe stehenden Membran gebildet wird. Sie umschliesst regelmässig ausser Fettikugeln und als Kerne gedeuteten Gebilden eine Quantität Protoplasma, welches wahrscheinlich durch feine Porencanäle mit dem extracapsulären Protoplasma zusammenhängt. Hiezu kommt noch bei den meisten Radiolarien ein gewöhnlich aus Kieselerde bestehen- des Gerüste (es fehlt bei Thalassicolla, Thalassolampe und Collozoon |, welches bei vollständiger Ausbildung die Gentralkap- sel (s. Fig. 26) bis zur Mitte durchsetzt. In diesem Fall sind es mehrere von einem gemeinsamen Mittelpunkte ausstrahlende Stacheln, die wieder unter sich durch concentrisch geordnetes vielartig durchbrochenes Gitterwerk verbunden sein können (vergl. Fig. 26). Bei einigen waltet die organische Grundlage des Gerüstes vor (Acanthometriden), und die Kieselerde tritt erst allmäh- lich an die Stelle der orga- nischen Substanz. 5 Fig. 26. Skelet einesRadiolars (Actinomma asteracanthion). Einzelne zerstreute, na- Zwei concentrisch angeoränete durchlöcherte Schalen sind delförmige, ausserhalb der an einer Stelle durchbrochen dargestellt, um eine dritte Centralkapsel frei im Proto- sichtbar zu machen. (Nach E. HÄckeL.) plasma liegende Kieselstücke, bilden die ersten Andeutungen dieses festen Skelets bei den Colliden und Polyzoön. Bei einzelnen gehen sie, ohne fest verbunden zu sein, in eine radiäre Anordnung über. Durch Verbindung der radialen Stacheln in einer gleichen Entfernung durch tangential verlaufende Stäbe entstehen kugelige, gitterförmig durch- brochene Gerüste. Durch mehr unregelmässige zwischen den Radiär- stacheln liegende feinste Balkennetze kommen schwammförmige Gerüste zu Stande. Scheiben- und korbförmige Skelete sowie endlich solche in spiraliger Anordnung erhöhen den unendlichen Reichthum der Formen. So baut sich ein ausserordentlich complieirter Stützapparat auf, in wel- chem die weichen Körpertheile eingebettet sind, und für dessen einzelne Stücke das Protoplasma die Bildungsstätte abgibt. $ 66. Diesen inneren Stützapparaten der Rhizopoden gegenüber bilden die Gehäuse der Infusorien eine besondere Reihe von Einrichtungen dadurch, ss ll. 4. Protozoen. dass sie nur Abscheidungen der Oberfläche des Leibes sind. Sie schliessen sich an die oben von den Arcellenyerwähnten Gehäuse an. Die abschei- dende Matrix ist hier ein anatomis®# bestimmter Theil des’Körpers. Darin braucht jedoch keineswegs ein höherer Zustand gesehen zu werden, viel- mehr tritt in jenem Verhalten eine enge Verknüpfung mit dem niedersten Zustande, der Zellenmembranbildung, auf. Die Gehäusebildung der In- fusorien findet sich vorzüglich bei festsitzenden Formen. Sie besteht in der Abscheidung einer anfänglich weichen, allmählich erhärtenden Sub- stanz, die becher- oder urnenförmig den Thierkörper bis auf eine die Communication mit der Aussenwelt zulassende oflene Stelle umgibt. Von der blossen Cutieularbildung, die bei grösserer Festigkeit der differenzirten Schichte zur Panzerbildung hinleitet, unterscheiden sich diese Gehäuse durch ihre Ablösung von dem grösseren Theile ihrer Matrixfläche. Die Genese ist jedoch für beide Gebilde dieselbe. Sie liegt auch der bei den Infusorien weit verbreiteten Gystenbildung zu Grunde, jenem Prozesse, durch welchen der Organismus sich zeitweilig nach aussen völlig ab- schliesst, und damit ungünstige Verhältnisse (Eintrocknen des Wassers “u. s. w.) überdauert. Die unbeweglichen Stiele der Epistylis und die äussere Schichte der contractilen Stiele von Vorticellinen und Garchesinen müssen als solche cuticulare Diflerenzirungen gelten. Die Gehäuse sind bald weich, bald fester, membranös. Einige zeichnen sich durch Auf- nahme von Fremdkörpern, verkittete Sandkörnchen etc. aus. Gehäuse besitzen die Gattungen Vaginicola, Tintinnus u. a. Bei Stentor kommen sie in einzelnen Fällen vor. Auch gitterförmig durchbrochene Schalen sind beobachtet (Dietyocyrta). Was die Panzerbildung betrifft, so geht dieselbe aus der glashellen festen Cuticula hervor bei Stylonychia, Eu- plotes, Aspidisca, Spirochona, Coleps u. a. $ 67. Organe zur Aufnahme und Veränderung der Nahrung fehlen den niedersten Organismen. Bei den parasitisch lebenden Gre- garinen geschieht die Nahrungsaufnahme durch endosmotische Vorgänge von Seiten der Oberfläche und geformte Nahrungstheile gelangen nicht ins Innere des Körpers. Bei peripherisch nicht differenzirtem Körper dagegen besteht eine directe Nahrungsaufnahme, die an jeder Körperstelle vor sich sehen kann. So verhalten sich die Rhizopoden. Die Nahrungsstofle wer- den hier von der weichen Körpersubstanz umflossen, oder von den Fort- sätzen des Körpers, den Pseudopodien, umhüllt. Beiden Fällen liegt ein und dieselbe Erscheinung zu Grunde. Jede Stelleim Protoplasma kann durch Einschliessen und Ausziehen der Nahrungs- stoffe als verdauende Gavität fungiren und an jeder benach- barten Stelle der Oberfläche können die unverdauten Substanzen wieder entfernt werden. — Auch bei Actinosphärium wird geformte Nahrung ins Innere des Körpers aufgenommen, die Pseudopodien sind hier jedoch nur Nahrungsaufnahme. 89 mittelbar thätig, indem sie die Beute an den Körper heranziehen und sie an beliebiger Stelle in das auseinander weichende Parenchym der Rinden- schichte eintreten lassen (Fig. 27), von wo sie in die centrale Körpersubstanz ge- RR: e langt. Im Vergleiche mit Anderen besteht IRRE hier das Eigenthümliche, dass der aufzu- £- Se ; nehmende Bissen nicht von ungeformtem Protoplasma der Pseudopodien umflossen wird, sondern direct in differenzirtere Leibestheile tritt. Die Infusorien zeigen bestimmtere Einrichtungen. Die Art ihrer Nahrungs- aufnahme ist zweifach verschieden. In dem einen bei den Suctoria (Acinetinen) Fig. 27. Actinosphärium. a ein Bissen, gegebenen Falle fehlt eine Mundöflnung, | 11,", namen ur Na und die strahligen die Hülle des Körpers aufgenommen wird. c centrales Körper- durchsetzenden pseudopodienähnlichen parenchym. 4 einige in letzterem befind- Fortsätze (Fig.30) wirken 'wie Saug- he Naummshu en. eeiienei a rüssel. Unter napfartiger Verbreiterung en Mo ihres Endes legen sie sich an die in ihren Bereich gerathene Beute, die aus anderen Infusorien u. s. w. besteht, und lassen die Körpersubstanz der- selben wie durch eine Röhre in continuirlichem Strome in ihren Körper ‚überfliessen, wo sie in Form von Tröpfcehen das Leibesparenchym erfüllt. Das Vorkommen ähnficher Fortsätze bei den Embryonen anderer Infusorien lässt dieser Ernährungsform eine grössere Ausdehnung beimessen. In der anderen Form.wird eine höhere Stufe repräsentirt; es bestehen bei den Ciliaten nicht nur bestimmt organisirte Stellen zur Aufnahme, sondern auch bestimmte Stellen zur Ausscheidung des Unbrauchbaren. Ein Darm- rohr fehlt jedoch auch hier überall, und jene Differenzirungen beschränken ‚sich auf die Rindenschichte des Körpers, so dass jenseits derselben die Nahrungsstoffe in weiches Parenchym, d. h. in den nicht differenzirten Protoplasma-Rest des Körpers gelangen, in welchem sie keine besonders umwandeten Wege mehr antreffen. Hier bilden sich für die Nahrungs- ballen temporäre Räume als verdauende Höhlen, deren häufig zu beob- achtendes Zusammenfliessen während der Bewegung des Protoplasma ihre vorübergehende Existenz zu erkennen gibt. Es besteht also hier die Uebereinstimmung mit den Rhizopoden, dass ein Theil des Ernährungs- apparates, nämlich die Stellen, an denen die Nahrung verdaut wird, der organologischen Differenzirung entbehrt. Die mit einer Mundöffnung versehenen Ciliaten besitzen diese ent- weder in Form einer einfachen, oft nur während der Aufnahme eines Bissens wahrnehmbaren Spalte, oder sie zeigt sich nicht unmittelbar an der Oberfläche des Körpers, sondern im Grunde einer sehr verschieden gestalteten, zuweilen auch die Auswurfsöffnung aufnehmenden Vertiefung (Vorhof), deren Umgebung (Peristom), meist auch in der Form sich aus- NS II 90 II. 4. Protozoen. zeichnet. Vom Munde aus erstreckt sich häufig ein röhrenartiger Abschnitt als Schlund (Fig. 285) ins age A m, und von da aus beschreibt der auf®®hommene Bissen seinen Weg inner- halb der weichen Substanz des letzteren. Die Lage und Form der Mundöffnung ist ausserordentlich verschieden. In vielen Fällen ist sie nur während der Aufüahme von Nah- rung wahrnehmbar (z. B. bei Amphileptus, Loxophyllum) und verschwindet sofort nach dem Eintritte des Bissens im Parenchym. An dem röhrenförmigen Schlunde triflt sich zu- weilen ein Wimperbesatz |Paramaecium aurelia und bursaria), eine undulirende Membran (Bur- saria flava), oder eine Auskleidung mit stab- eu A BT SRCN ORAL förmigen Zähnchen oder feinen Längsleisten. Paramaecium. a mit weichem Stäbchenauskleidung des Schlundes besitzen Protoplasma gefüllter Leibes- Porodon, Chilodon, Nassula etc. in einer fisch- raum, in welchen die Nahrung ne 2 = x „ua aufrenommen wird. d Mund. Teusenförmigen Anordnung. Eine gleichmässige Öffnung. ce After. d eontraetile Verdickung der Schlundwand ist bei Ervilia ohlräume, (Nach Lacumann.) und Liosiphon beobachtet. Von einer Auswurfsöffnung ist allgemeines Vorkommen noch keines- wegs ermittelt. Nur in wenigen Fällen stellt sie eine bleibend abgegrenzte Oefinung vor, meistentheils ist sie nur während des Hervortretens un- verdauter Nahrungsstoffe unterscheidbar. Diese »Äfterstelle« findet sich in der Regel am hintern Körperende, doch im Ganzen vielfach wechselnd. Auch am vordern Körperende kann sie vorkommen, so liegt sie bei Stentor in der Nähe des Mundes und bei Vorticellinen und Ophrydien im Vorhofe. Im Ganzen genommen ist hier mehr die Localisirung einer Function als die Ausprägung eines Organs gegeben. An einer bestimmten Stelle treten die Auswurfstoffe durch die diflerenzirte Rindenschichte des Körpers, , ohne dass diese Stellen besonders erkennbar wären. $ 68. ‚Der äussersten Körperschichte kommt bei allen Protozoön eine re- spiratorische Bedeutung zu, da nur durch sie der Gasumtausch mit dem umgebenden Medium vermittelt wird. Bei der durch die Pseudo- podien gegebenen Oberflächenvergrösserung des Körpers wird auch dieses Verhältniss mit in Betracht zu ziehen sein. Von Bedeutung für den Wasserwechsel sind die Wimperhaare der Infusorien. Mit der bei vielen Protozoön bestehenden Wasseraufnahme ins Innere des Körpers treten bestimmtere, auf die Athmung beziehbare Einrich- tungen auf. Im Innern des Protoplasma erscheinen Hohlräume, die mit einem Fluidum sich füllen und, nachdem sie das Maximum ihrer Ausdeh- nung erreicht, sich unter allmählicher Contraction wieder völlig entleeren, Contractile Blasen. 91 so dass sie in diesem Zustande verschwunden scheinen. Diese Vacuolen sind ähnlich wie in den Zellen gewisser Gewebe theils unbeständiger Art, hin und wieder auftretend und verschwindend, theils erscheinen sie als constante Gebilde. Mit ihrem beständigen Vorkommen verknüpft sich eine Ausbildung ihrer Function, und die Folge der Expansionen und Con- tractionen ist häufig, der Systole und Diastole eines Herzens ähnlich, eine regelmässige, rhythmische. Solche contractile Blasen finden sich bei Amöben (Difflugia und Arcella) und in grosser Verbreitung bei den In- fusorien. Sie werden gleichfalls als Vacuolen bezeichnet. Das in den Blasen sich sammelnde Fluidum stammt aus dem Körperparenchym, und wird bei der Contraction der Blase entweder dahin zurückgetrieben oder nach aussen entleert. Letzteres ist durch die Wahrnehmung feiner nach aussen gehender Communicationen wahrscheinlich geworden, es ist aber dabei, auch die Aufnahme von Wasser durch denselben Weg nicht ganz abzusprechen. Bei den Infusorien ‚liegen die Blasen in der Rindenschichte (Fig. 28 d d) meist dicht unter der zarten Cuticula und zwar an constanten Stellen. Ist nur Eine contractile Blase vorhanden, so liegt sie entweder vorn oder hinten; bestehen zwei, so findet sich je eine nahe an einem Körperende. Durch eine grosse Anzahl kleiner Blasen ist Trachelius ovum ausgezeich- net. Bespndere Membranen sind weder an der Wand der Blase noch der davon ausgehenden Canäle unterscheidbar. Wie die Blase so sind auch die Ganäle nur während des Zustandes der Füllung erkennbar. Die Con- tractionen der Blase und der Canäle zeigen sich im Wechselspiel. Bei Paramaecium erweitern sich die Canäle mit dem Beginne der Systole der Blase, und rücken mit der sich verkleinernden Blase zusammen, so dass sie, wenn letztere auf dem Höhepunkte der Systole verschwunden ist, eine sternförmige Figur bilden. Mit der Füllung der Blase erscheinen die Canäle an ihr wie kleine Ausbuchtungen, und erst bei der vollen Diastole tritt an ihnen wieder ein gleichweites Lumen auf. Die bei P. aurelia auf 8—10 beschränkte Zahl der Canäle erhebt sich bei Bursaria flava auf 30 und bei Cyrtostomum leucas steigt sie noch höher. Der Verlauf der Canäle ist hier wellig gebogen und gegen das Ende erscheinen sie ramificirt. Durch Zusammenfliessen einzelner mit Wasser gefüllter Räume auf län- geren Strecken bilden sich canalartige Züge, wie z. B. bei Stylonychia (St. mytilus), die auf bestimmten Wegen gegen die contractile Blase vor- rücken und sich in sie entleeren. Daran schliessen sich die gleichfalls nur zeitweise aber doch auf grösseren Strecken sichtbaren Längscanalbildun- gen (Spirostomum ambiguum), so dass von dem ersten Auftreten eines anscheinend indifferenten Hohlraumes zu einem bestimmt gestalteten Systeme von Röhren eine continuirliche Reihe wahrzunehmen ist. An die indifferenteren Vacuolenbildungen kann noch eine andere Einrichtung angeschlossen werden. Bei einer Vermehrung solcher im Protoplasma befindlichen Räume fliessen dieselben zusammen und lassen das Protoplasma in Gestalt eines Netzwerkes erscheinen, welches das 92 li. A. Protozoen. Innere des mit Flüssigkeit gefüllten Körpers durchzieht (Trachelius ovum). Diese Hohlraumbildungen sind d von den pulsirenden Vacuolen völlig verschiedene Einrichtungen jenen: die mit jenen sogar gleichzeitig bestehen können. 8.69. Der niederen Organisationsstufe entsprechend finden sich bei den Protozoön noch keine Geschlechtsorgane vor, ja für die geschlecht- liche Differenzirung selbst ergeben sich nur die ersten Spuren. Die Weisen der Fortpflanzung sind daher allgemein jene, die man ungeschlechtliche nennt, und unter denen Theilung und Sprossenbildung eine Hauptrolle spielen. Bei allen Vermehrungsarten scheint dem Kerne eine grosse Be- deutung zuzukommen. | Bei den Rhizopoden ist die Bildung von Keimen (Sporen) im Innern des Organismus beobachtet. Indem ein bald grösserer bald geringerer Theil des Protoplasma des Körpers hiezu verwendet wird, knüpft im ersteren Fall diese Vermehrung an die bei Protisten sehr verbreitete Art des Zerfalls des ganzen Körpers in eine Summe von Keimen an, und geht damit in die Vermehrung durch. Theilung über. Bei den Radiolarien ist der Inhalt der Centralkapsel an der Fortpflanzung betheiligt. Die dort befindlichen Kerne umhüllen sich mit Protoplasma, und bilden geissel- tragende Schwärmsporen. Am genauesten sind die Fortpflanzungsverhältnisse der Gregarinen bekannt. In der Regel wird die Vermehrung durch die Concrescenz zweier Individuen eingeleitet, die meist sehr frühzeitig stattfindet, so dass die beiden, Einen Körper bildenden Individuen, deren eines mit seinem Vorderende dem Hinterende des anderen angefügt ist (vergl. Fig. 29), noch längere Zeit hindurch wachsen, oder die Verbindung erfolgt erst später an bereits ausgebildeten Formen. Darauf erfolgt ein von Eneystirung begleitetgr Ruhestand, wobei beide Individuen einen rund- lichen mit einer Scheidewand versehenen Kör- per vorstellen. Nachdem dieses Septum ge- schwunden, löst sich die Körpersubstanz, auch Fig. 29. a,b Zwei conjugirte In- der Kern, in eine formlose Masse auf, aus der üiyiduon von Ersasnne Seen allmählich zahlreiche Bläschen hervorgehen. In % jedem der letzteren bildet sich eine Anzahl von Keimkörnern , wegen ihrer Gestalt als »Pseudonavicellen « bezeichnet. Diese füllen allmählich die ganze Cyste, und jeder der kleinen Körper lässt einen nur aus Protoplasma bestehenden kleinsten Organismus ent- stehen, der noch ohne Nucleus einer Cytode entspricht. Fortpflanzungsorgane. 93 Jedes dieser sich amöbenartig bewegenden Gebilde diflerenzirt sich allmählich zu einer jungen Gregarine, nachdem sich im Innern ein Kern gesondert, und äusserlich eine Rindenschichte abgegrenzt hat. Obgleich die Gonjugation für die Einleitung der erwähnten Vorgänge noch keine exclusive Bedeutung besitzt, da auch einzelne Gregarinen jenen Fortpflanzungsprocess in derselben Weise eingehen können, so wird sie doch nichts weniger als gleichgültig sein.‘ Sie deutet wenigstens für die Fälle, wo sie besteht, die Nothwendigkeit zweier Individuen an, welche für die Fortpflanzung die Voraussetzung bilden. Damit wird sie zu einer vorbereitenden Erscheinung für die geschlechtliche Differenzirung. $ 70. Auch in den Fortpflanzungsverhältnissen der Infusorien kommt der Conjugation eine Rolle zu, da sie die Vermehrung einleitet. Hiebei ist der Kern (Nucleus) von besonderer Wichtigkeit. Er (Fig. 30 n) ist ein festeres, zuweilen eine besondere Hülle besitzendes Gebilde von sehr verschiedener Gestalt, und liegt in N der Rindensubstanz des Körpers, 3 oder ist, wenn tiefer ins Innere ge- bettet, doch von einer Ausbräitung dieser Substanz umgeben. Er ist bald oval oder rund, oder erscheint bandförmig gebogen [(Vorticellinen) oder auch sehr lang gestreckt mit re- gelmässigen Einschnürungen (Spiro- stomum). Minder genau bestimmt ist die Bedeutung des sogenannten Nucleolus, der vom Nucleus anschei- nend nur durch geringere Grösse verschieden ist. Der Fortpflanzungs- act wird in der Regel eingeleitet rig. 30. Eine Acinete.mit einem Theil des durch völlige oder theilweise Ver- Stieles. p Pseudopodienähnliche aber starre - LK E Tentakel. v Vacuole. » Kern. e Ein bewimpertes schmelzung zweier Individuen, die Junges in der sogenannten Bruthöhle liegend. bald von gleicher, bald von verschie- dener Grösse sind und dadurch zur Verwechselung mit Theilungszuständen oder mit Knospenbildung Anlass gaben. Diese Concrescenz gibt die Anregung zu Veränderungen der bezüglichen Theile. Am Nucleus geht eine Theilung vor sich, welche denselben in eine bald grössere bald geringere Zahl von Stücken zerlegt, um die Protoplasma sich lagert. So bildet sich eine An- zahl sogenannter Keimkugeln oder Sporen, die meist noch innerhalb der Mutter zu jungen Individuen werden, und mit einem Wimperkleide ver- sehen nach aussen gelangen. 94 II. 4. Protozo@n. Fortpflanzungsorgane. In wiefern der Nucleolus an diesem Processe betheiligt ıst, liegt noch nicht ausser aller Frage, und w bei einem Theile der Ciliaten jenem Gebilde die Rolle eines samenerzeugenden Organes zugetheilt ward , wo- gegen der Nucleus die Bedeutung eines Ovarium trüge, so bedürfen diese Angaben doch noch sehr der Bestätigung. Jedenfalls ist diese Differen- zirung eines männlichen Apparates keine allgemeine Erscheinung, son- dern ist nur auf einen engeren Kreis beschränkt. Wir treflen also nur den Nucleus in sicherer Function beim Geschäfte der Fortpflanzung thätig, und zwar in ganz ähnlicher Weise, wie es oben bei der Sporenbildung erwähnt ward, auch bei der Sprossung, wo wenigstens in vielen Fällen der Kern des Sprösslings durch eine vom Kerne der Mutter eingeleitete Sprossung entstanden beobachtet ist (Podophrya). Endlich besteht auch die Vermehrung durch Theilung in grosser Verbreitung, wenn auch mit diesem Process früher häufig die Conjugation zusammengeworfen ward. Zweiter Abschnitt. Cölenteraten (Zoophyta). Allgemeine Uebersicht. gi. Mit dieser Abtheilung beginnen die als Metazoen und damit zweifel- los als Thiere zu bestimmenden Organismen. Die Anlage des Körpers lässt zwei Zellschichten Ectoderm und Entoderm unterscheiden, welche bei manchen Spongien die einzigen bleiben, indess es bei manchen zu einer Mesodermbildung kommt. Diese ist bei den niederen Acalephen noch nicht vollendet, insofern das Mesoderm hier noch kein selbständiges Gewebe vorstellt, dagegen ist es bei allen höheren Acalephen entfaltet. Der wesentlichste Charakter der in dieser Abtheilung vereinigten Thiere be- steht in dem Verhalten des Ernährungsapparates, einem in das Körper- parenchym eingesenkten Hohlraum, der sich entweder canalartig ver- theilt, oder in weitere Räume übergeht. Diese verdauende Gavität mit ihren Nebenräumen vom Entoderm ausgekleidet, repräseptirt in den niederen Formen die einzige Hohlraumbildung im Körper. . Wo mehrere Individuen zu Colonien — Thierstöcken — vereinigt sind, ist das von der verdauenden Cavität ausgehende Canalsystem für alle gemeinsam, und setzt sich in die gemeinschaftliche Substanz des Thierstockes — das Cönenchym — fort. Am Körper ist entweder nur die Hauptaxe unter- scheidbar, und Nebenaxen sind noch indifferent, oder es bestehen Neben- axen die unter sich gleichwerthig erscheinen. I. Spongiae. Gastraeades!). Haliphysema, Gastrophysema. Porifera. Myxospongiae. Halisarca. 4) Die Gastraeaden repräsentiren bei den übrigen Spongien nur vorübergehend erscheinende Zustände. 96 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). Fibrospongiae. Ceraspongi Euspongia, Spongelia, ‘Poterium. Halichondriae. Axinella, Spongilla, Corticata. Thetya. Hyalospongiae. Enplectella. Caleispongiae, Ascon, Leucon, Sycon. II. Acalephae. 1. Hydromedusae. Hydriformes. Medusiformes. Hydra; — dCordylophora; — | Sarsia, Bougainvillea, Lizzia, Hydractinia; — ‚Coryne, Syn- Oceania ; — Eucope, Thauman- coryne, Eudendrium ; — Tubu- | tias ; — Trachynema ; — Aegina, laria, Corymorpha ; — Campa- | Cunina ; — Liriope, Geryonia, nularia, Sertularia, Plumularia. | Aequorea. Siphonophora. Velella, Porpita; — Diphyes, Abyla; — Athorybia, Agalma, Physo- phora, Physalia. . Calycozoa. Lucernaria. 3. Thecomedusae. Stephanoscyphus. 4. Medusae (Discophora). Charybdea, Pelagia, Aurelia, Rhizostoma, Cassiopeia. 5. Anthozoa. Tetractinia. Cereanthus, Cyathophyllum. Hexactinia. Antipathes, Fungia, Madrepora, Astraea, Oculina, Caryophyllia. Octactinia (Aleyonaria). . Aleyonium, Pennatula, Virgularia, Veretillum, Renilla, Gorgonia, Isis, Corallium. Tubipora. 6. Gtenophora. Bero&, Cydippe, Cestum, Eurhamphaea, Mnemia, Eucharis. [>> x Literatur. Spongien: Grast, R.E., Observ. on the struct. and funct. of Sponges. Edinb. New. phil. Journal. 1826. 41832. — Lieserküns, Beitr. z. Entw. der Spongillen. Arch. f. Anat. u. Physiol. 4856. Zur Anat. d. Spongillen. ibid. — Derselbe, Z. Anat. d. Spongien. ibid. 1857. 4859. 1863. — ScHuLtzE, M., Die Hyalonemen, Bonn 41860. — Scuaipt, O., Die Spongien des adriat. Meeres. Leipzig 1862. Supple- ment 4864. Zweites Supplement 41867. Drittes Supplement 4868. — Craus, Ueber Euplectella Aspergillum. Marb. u. Leipz. 4868. — Harrıns, P., Sur le genre Poterium, Natuurkund. Verhandelingen. P. Il. St. 2. Utrecht 4870. — HÄCKEL, Die Kalkschwämme, eine Monographie. 3 Bde. Berlin 1872. — Derselbe, Die Literatur. 97 Physemarien. Jen. Zeitschr. Bd. X. — ScuuLze, F. E., Ueber Bau u. Entw. v. Sycandra raphanes. Zeitschr. f. w. Zool. Bd. XV. — Derselbe, Untersuch. über d. Bau u. d. Entw. der Spongien. (Halisarca.) ibid. Bd. XXVII. Acalephen: Cavorısı, Memorie per servire alla Storia dei polipi marini. Napoli 1755. (Deutsch von Sprengel. Nürnberg 1843.) — EscascHoLtz, System der Acalephen. Berlin 1829. — Lessox, Zoophytes acalephes. 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Genevois 4854. — Craus, Ueber Physophora hydrostatica. Zeitschr. für w. Zoolog. Bd. X. Neue Beobachtungen. ibid. Bd. XII. — HäckeEL, E., Zur Entwickelungsgesch. der Siphonophoren. Na- tuurkund. Verhandelingen. P.I. St. 6. Utrecht 1869. — Huxey, Oceanic Hy- drozoa. London 4859. (R. S.) — Forges, Ep., A monograph of the british naked- eyed medusae. London 4848. (R. S.) — Häcker, Die Familie der Rüsselquallen. Jenaische Zeitschrift. Bd. I. II. (Auch unter d. Titel: Beitr. zur Naturgesch. d. Hydromedusen. I. 1865.) — SCHULZE, F. E., Ueber den Bau u. die Entwickelung der Cordylophora lacustris. Leipzig 1874. — Derselbe, Ueber d. Bau v. Syn- coryne etc. Leipzig 4873. — KLEINENBERG, N., Hydra. Leipzig 1872. — ALLMANn, G.J., Monograph of theGymnoblastic or tubularian Hydroids. P. I. u. II. London 1874,72. (R. S.) — Derseibe, On the structure and developp. of Myriothela. Philos, Transact. Vol. 165. — Calycozo&n: CrArk, H., Prodromus of the history etc. of the order Lucernaria. Journ. of Bost. 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Die Körperform der Cölenteraten bietet nur in den niedersten Zu- ständen der dieselben zusammensetzenden beiden grossen Abtheilungen übereinstimmende Verhältnisse dar, in jenem Stadium nämlich, welches oben (S. 37) nach der Bildung der Darmhöhle als »Gastrula« bezeichnet ward. Diese Form repräsentirt einen Larvenzustand, bei dem ein Wim- perkleid als Bewegungsapparat fungirt, und der wohl als gemeinsame Grundform der beiden Hauptabtheilungen der Zoophyten wird gelten dürfen. Für diese Form ist nur eine Axe, die Hauptaxe unterscheidbar, welche vom oralen zum aboralen Pole sich erstreckt. Nebenaxen sind indiflerent, da alle senkrecht durch die Hauptaxe gezogen in beliebigen Winkeln sich kreuzenden Queraxen einander völlig gleichwerthig sind. Dieser Zustand erhält sich bei den Spongien und geht bei den Acalephen in einen durch Differenzirung von Queraxen charakterisirten Befund über. Unter den Spongien erlangt die Gastrula mit der am aboralen Pole erfolgenden Anheftung ihre definitiven Verhältnisse in der einfachsten Form bei den Physemarien, sowie als Olynthus unter den Asconen. Auch bei anderen Kalkschwämmen finden sich jene einfacheren Körperformen noch vor, wenn auch in den inneren Verhältnissen bedeutendere Um- gestaltungen Platz griffen. Die mächtigsten Veränderungen der Körperform gehen aus der Stock- bildung hervor. Durch Sprossung oder auch durch unvollständige Thei- lung entstehen die mannichfaltigsten Golonien (Cormi), deren Einzelthiere (Personen) auf die verschiedenste Weise unter einander verbunden sind, und ebenso verschiedenartig wieder theilweise oder vollständig mit ein- ander verschmelzen können. Im letzteren Falle gewinnen solche Stöcke nicht selten den Anschein von Einzelthieren, und in dem Maasse als die äussere Form sich vereinfacht, wird die innere Organisation complieirt. Von nicht geringerem Einflusse auf die äussere Gestaltung als diese Con- cerescenz ist die Umbildung der Mundöffnungen der Colonie, die gruppen- weise oder auch sämmtlich sich vereinigen können, oder auch vollständig verschwinden. Der grosse, durch diese nur in der Kürze angedeuteten Verhältnisse . bedingte Formenreichthum dieser Abtheilung empfängt noch neue Mo- mente der Modification in zahlreichen Anpassungen topischer Natur, und nirgends im Thierreiche erscheint die Körperform in so vollem Flusse als bei den Spongien, so dass selbst die Unterscheidung der grösseren Ab- theilungen, geschweige denn die der Arten von daher unmöglich wird. Körperform. 99 $ 73. Für die Acalephen bildet der aus der Gastraeaform hervorgehende Körper in fast allen Abtheilungen einen festsitzenden Zustand aus, mit dessen Beginn die entstehende Magenhöhle den Organismus in wesentlich demselben einfachen Verhalten erscheinen lässt wie wir ihn bei dem ent- sprechenden Stadium der Spongien antrafen. An dem die Magenhöhle bergenden Vordertheile des Leibes entstehen Fortsätze, Tentakel, welche die erste Andeutung einer Differenzirung von Nebenaxen darbieten, und damit leitet sich die schärfere Sonderung von den Spongien ein. Unter den Hydromedusen bilden die Hydroiden, oder Hydroid- polypen (Hydriformes), die niedrigste Stufe. Bei vielen stehen die Ten- takel unregelmässig an dem den Magen umschliessenden Körpertheile (Goryne, Syncoryne, Cordylophora), oder die Tentakelzahl ist eine unbe- stimmte selbst wenn diese Geßilde nur auf bestimmte Zonen des Leibes beschränkt sind, und am vorderen Körpertheil die Mundöflfnung im Kranze umgeben (Hydractinia, Eudendrium, Campanularia). Die wechselnde Zahl der Tentakel verbietet auch hier noch die Annahme bestimmt diffe- renzirter Nebenaxen. Nur bei einzelnen sind sie in der Tentakelstellung bestimmter ausgesprochen (Stauridium). Durch die Ausdehnung des aboralen Körperendes in einen stielartig den tentakelbesetzten freien Körpertheil tragenden Abschnitt, erscheint der letztere in grösserer Selbständigkeit von dem übrigen einen Stiel vorstellenden Körper, und wird als »Köpfchen« oder als »Hydranth« unter- schieden. Durch Sprossung entstehen aus dem Einzelthiere Thierstöcke (Cor- mi). Die Sprossung kann entweder an jedem Theile der Körperoberfläche erfolgen (Hydra) und mit Ahlösung des Sprösslings endigen, oder sie findet nur an dem stielartigen Körpertheile statt. Bilden sich von dessen Basal- theil her Ausläufer, welche festgeheftet von Stelle zu Stelle neue Thiere emportreten lassen, so gehen daraus die kriechenden Cormi der Syn- corynen, Hydractinien u. s. w. hervor. Geht die Sprossung vom freien Theile des Stieles aus, so werden frei verzweigte Stöcke gebildet, welche -in den mamnichfaltigsten Complicationen auftreten (Eudendrium, Cam- panularia) und sogar eine regelmässige Art der Verzweigung eingehen (Sertularia, Plumularia). Die Stockbildung ist fast beständig von der Bildung eines röhrenför- migen Gehäuses begleitet, welches als eine Abscheidung der Körperober- fläche dem gemeinsamen Stamme sowohl, wie dessen Verzweigungen als Stütze dient, und in verschiedenem Grade auch auf die Personen des Stockes fortgesetzt ist. $ 7a. Der Sprossungsprocess der Hydroidpolypen liefert ausser der Ver- grösserung des Stockes durch neugebildete gleichartige Individuen (Per- 7* 100 ll. 2. Cölenteraten (Zoophyten). sonen) noch Bildungen andrer Art, deren differenzirteste Formen sich zu Medusen entwickeln. Der Körper dieser Sprössling Rt glocken- oder scheibenförmig ge- staltet (Fig.32, m.) und lässt sowohl in seiner inneren Organisation wie durch die am Rande der Glocke oder Scheibe entspringenden Tentakel neben der Hauptaxe meist zwei sich rechtwinkelig kreuzende Nebenaxen unterscheiden, die sich völlig gleichwerthig sind. In dieser Organisation spricht sich eine höhere Stufe aus, als in jener der Hydroidpolypen zur Entfal- tung gelangte. Die Thiere bewegen sich dureh Contractionen der Glocke, deren Rand sich in eine gleichfalls contractile Membran, das Velum, fortsetzt. Diese Medusengemmen sind stets die Träger der Fortpflanzungsorgane, aus ihren Eiern entstehen wieder Hydroidpolypen. (Gene- rationswechsel!) Während die einen Sprossung frei- werdender Medusen (Fig. 31, a—e;, Fig. | 32, a—.e) auszeichnet, kommt es bei Fig. 31. Syncoryne, mit einer Anzaal anderen Hydroidpolypen nur zur Anlage daran knospender Medusen auf vaxschie- einer Medusengemme, deren Organisa- denen ‚Stufen («—e) der Entwickelung. , A : Ar (Nach DEssE} tion nicht ganz jene hohe, das Freiwer- den bedingende Stufe erreicht, und dem- gemäss mit dem Stocke verbunden bleibt. Die gesetzliche Entwickelung bleibt jedoch auch hier nicht aus, und diese rudimentären Medusen stellen »Geschlechtsknospen« (Gonophoren) vor, deren Producte sich in ihnen in denselben Beziehungen wie jene der freien Medusen entwickeln. Daran schliessen sich noch einfachere Knospenformen an, die sich endlich bis zu solchen verfolgen lassen, deren Bau kaum etwas mit einer Meduse gemein hat. Die bis hieher führende Reihe ist durch zahlreiche Vermittlungsformen vollständig, so dass äussere, blos Geschlechtspreducte enthaltende Knospen, und relativ hoch organisirte Medusen, die erst längere Zeit nach der Ablösung vom Hydroidenstocke sich sexuell ent- wickeln, als zusammengehörige Formen, Endpunkte einer Reihe, gelten müssen. Diese Erscheinung wird durch die Annahme einer Arbeitstheilung erklärt, bei der die Function der Ernährung des Stockes den sessil blei- benden Individuen zufällt, indess andere sich ablösende die Besorgung der sexuellen Vermehrung übernehmen. Die als freiwerdende Knospen auftretenden erlangen eine höhere Organisation, die wohl aus der niede- ren, ursprünglich mit den sessil bleibenden übereinstimmenden allmählich sich hervorbildete. Die Ablösung vom Stocke dürfte demnach für jene sexuellen Individuen als das erste, ihre Differenzirung in der medusoiden Riehtung bedingende Moment gelten, gleichwie das Sitzenbleiben der me- S Körperform. 101 dusoiden Gemmen in den andern Fällen von einer Rückbildung jener medusoiden Organisation begleitet ist. Wenn aber diese Organisation, wie wir oben annahmen, durch ein ursprüngliches Freiwerden erlangt ward, so würden die medusoiden Gemmen nicht etwa als in der Ausbil- dung stehen gebliebene, sondern vielmehr in der Rückbildung begriffene Medusengemmen zu beurtheilen sein. Eine sichere Entscheidung darüber ist deshalb nicht möglich, weil die einzelnen Stadien der Rückbildung mit denen der Ausbildung völlig ähnlich sein können, und regressive Meta- morphosen nicht direet beobachtet sind. Die Sprossung der Generations- Individuen, als welche die medusi- formen Gemmen mit ihren Modificationen zu betrachten sind, findet sich an verschiedenen Localitäten. Da die Stockbildung ein secundärer Vorgang ist, wird die Sprossung am Leibe des Einzelthiers die ur- sprüngliche sein. Daselbst trifft sie sich auch in allen Abtheilun- gen der Hydroidpolypen. Ueber den Kopf zerstreute Gemmen bie- ten die Coryneenstöcke. Häufig sitzen die Knospen zwischen den Tentakeln. Nach innen vom Ten- takelkranze finden sie sich bei Pennaria. An derselben Stelle bei den Tubularien, wo sie immer zu mehreren auf gemeinsamem Stiele sitzen, zuweilen ansehnliche, trau- ben- oder ährenförmige Gruppen bildend. Die Knospung am Hy- droidenkörper ist in vielen Fällen von einer Rückbildung des letzte- ren begleitet. So bei manchen Campanularien, Hydractinien u.a. RR ! Das polieren laden seine Betheiligung an der Ernäh- p, p, p nutritorische Personen. a, b,c,d,e,f ver- rung des Stockes auf, was sich in schiedene Diferenzrungezusiände der sprossenden 2 % Medusen. m m' freie Medusen in verschiedenen einer Verkümmerung der Tentakel Stöllangen: wie der Magenhöhle äussert. Der Thierstock wird dadurch aus nutritorischen und proliferirenden Personen zusammengesetzt, von denen letztere wieder die Gemmen als Geschlechts- Personen tragen. So entsteht an diesen Stöcken ein Dimorphismus der Personen, welcher dadurch in einen Polymorphismus übergeht, dass bei manchen (Hydractinien) eine Anzahl der nutritorischen Personen noch weitere Veränderungen erfährt. Die proliferirenden Personen eines Stockes lassen verschiedene Grade 102 Il. 2. Cölenteraten (Zoophyten). ihrer Rückbildung wahrnehmen. Im äussersten Falle bleibt nach Ent- wickelung der Gemmen nur noch @gRest des sie tragenden Individuums übrig (manche Campanularien ). Die vollständige Rückbildung der pro- liferirenden Person lässt die Gemmen ohne eine Beziehung zu einer Hy- droidenperson von irgend einem Theile des gemeinsamen Stockes ent- springen. In den höheren Abtheilungen der Medusiformen sind die Beziehungen zu Hydroiden aufgegeben. Wenn auch die Fortpflanzung manche be- deutende Complicationen zeigt (s. unten Geschlechtsorgane), so ist doch, soweit bis jetzt bekannt, eine Rückkehr zur Hydroidenform für die Trachy- nemiden, Aeginiden, wie Geryoniden ausgeschlossen und es bleibt sogar zweifelhaft ob eine solche Beziehung bestand. $ 75. Die bei den Hydroidpolypen wesentlich auf die nutritorische und ge- nerative Function beschränkte Arbeitstheilung der zu einem Thierstocke vereinigten Personen ist bei den Siphonophoren auf eine grössere Reihe von Verrichtungen ausgedehnt, und hat demgemäss eine bedeuten- dere Mannichfaltigkeit der Gestaltung der Bestandtheile des Thierstocks zur Folge. Die Arbeitstheilung bedingt so einen Polymorphismus der Personen. Diese folgen sämmtlich dem medusiformen Typus, der wieder in verschiedenem Maasse entfaltet ist. In den Fällen seiner deutlichen Ausbildung waltet die bei den Medusengemmen der Hydroidpolypen herr- schende Grundform vor, woraus sich eine gemeinsame Abstammung beider Abtheilungen ableitet. Die Siphonophoren erscheinen so als schwimmende Hydroidenstöcke , deren Personen sämmtlich die bei den Hydroidpolypen nur von den generativen Personen vollzogene Umwand- lung in die Medusenform eingingen. Die einzelnen Personen des Sipho- nophorenstockes sprossen an einem gemeinschaftlichen contractilen Stamme, der bei den meisten die Axe des Stockes vorstellt, um welche die als Organe für den Gesammtstock fungirenden Personen angeordnet erscheinen. Diese sind: I. Locomotorische Personen (Schwimmglocken |), welche am vollständigsten den Medusentypus zeigen, zu zweien (Diphyiden) oder in grösserer Anzahl zu einer Schwimmsäule vereinigt (Physophoriden) das eine Ende des Stammes besetzend (Fig. 33 A. €. m. D.), welches da- durch bei der Locomotion vorangeht und zum vorderen wird. 2. Nutritorische Personen finden sich am zweiten Abschnitte des Stammes in Gestalt von Magenröhren (Magen, Saugröhren) angebracht (B. €. n). Ein Theil von ihnen gelangt in einzelnen Fällen nicht zur Aus- bildung, und stellt dann terminal geschlossene als » Taster« fungirende Schläuche vor. 3. Proteetive Personen (Deckstücke) lassen häufig noch den Medusentypus deutlich, in andern Fällen sehr wenig deutlich wahr- Körperform. 103 nehmen, und erscheinen als hyaline, blattförmig gestaltete Stücke, unter deren Schutz die sub 2. und 4. 5. aufgeführten Personen angebracht sind. 4. Tentakuläre Personen bilden einfache oder in verzweigten Büscheln angeordnete, bedeutend verlängerbare Fäden (Senkfäden ), Fig. 33. Einige Siphonophorenstöcke. A Diphyes campanulata. B Eine Gruppe von Anhangs- . gebilden vom Stamme derselben Diphyes. C Physophora hydrostatica. D Einzelnes Schwimm- stück derselben. E Weibliche Geschlechtstraube von Agalma Sarsii. a Stamm oder Axe der Colonie. a' Luftblase. m Schwimmstücke. c Höhle in denselben, von einer contractilen Membran ausgekleidet. v Canäle in der Wand der Schwimmstückhöhle. o Oefinung des Schwimmstücks. Z Deckstücke (bei € durch Taster vorgestellt). n Magen. i Senkfäden. g Geschlechtsorgane. welche terminal mit eigenthümlichen Nesselorganen (Nesselbatterieen ) ausgestattet sind. Die ursprüngliche Medusenform ist nur bei wenigen dieser Gebilde in Spuren erkennbar. 5. Generative Personen bieten wie bei den Hydroidpolypen mannichfaltige Ausbildungszustände. Obschon sie nur in seltenen Fällen 104 ll. 2. Cölenteraten (Zoophyten). zu freiwerdenden Medusen sich umgestalten (Veleila — Chrysomitra), so ist doch der medusiforme Typus an ihnen sehr allgemein ausgeprägt. Meist sind sie, ähnlich wie bei d ubularien, in traubenförmiger Grup- pirung zu treffen. Die Anordnung dieser sehr divergent differenzirten Personen des Siphonophorenstockes wechselt in den einzelnen Abtheilungen, sowie auch die Jocomotorischen wie die protectiven Personen manchen Gattungen fehlen. Im Allgemeinen ist in der Anordnung und Vertheilung der poly- morphen Personen des Stockes innerhalb der Gattungen und Arten eine grosse Gonstanz zu beobachten; die Sprossung vom Stocke geht nur an einer Seite derselben vor sich, die allseitige Gruppirung um den Stock er- folgt durch spiralige Drehung des letzteren. Daraus resultirt die zwei- oder mehrzeilige Anordnung der Schwimmglocken, sowie auch die Grup- pirung der übrigen Gebilde. Nutritorische, generative und tentakuläre Individuen sind meist in Gruppen beisammen, so dass einer Gruppe der- selben je eine protective Person in Gestalt eines Deckstückes zukommt. Während bei den meisten Physophoriden diese Gruppen sehr dicht stehen, finden sie sich bei den Diphyiden in grösseren Distanzen angebracht (Fig. 33. A. B.), jede Gruppe aus einer bestimmten Personenzahl zusam- mengesetzt, die bei manchen vom Stocke sich ablösend, als Eudoxien bekannt, eine individuelle Bedeutung erlangen können. Das durch die locomotorischen Personen ausgezeichnete Vorderende des Stammes empfängt in manchen Abtheilungen eine selbständige Aus- bildung durch die Entwickelung eines luftführenden Sackes. Dieser fungirt als ein hydrostatischer Apparat, und lässt das Vorderende während der Ruhe des Stockes stets aufwärts gerichtet erscheinen (Phy- sophoriden) (©. a’). Er besitzt eine verschliessbare Oeflnung nach aussen, durch die ein Entweichen der Luft beobachtet ist. Die bedeutendere Aus- bildung dieser bei den meisten Physophoriden ziemlich kleinen Blase scheint eine Rückbildung der locomotorischen Gemmen des Stockes zu bedingen und ergibt sich damit als eine Art von compensatorischer Ein- richtung, durch die jedoch das Maass der Freiheit der activen Bewegung des Stockes eine Beschränkung erfährt. An die Stelle der Schwimm- bewegung tritt ein Treiben im Wasser. Die locomotorischen Personen fehlen z. B. bei Rhizophysa, bei der der Luftsack vergrössert ist. Durch eine ansehnliche Ausdehnung zu einem weiten Raume nimmt der Luft- sack den grössten Theil des Stammes ein, und bildet den voluminösesten Theil der Colonie, deren Einzelstücke als einer Seite der Blase ansitzende Anhänge sich darstellen. Dieses bei den Physalien ausgebildete Verhalten wird von einer Verkürzung des Stammes begleitet. Ein anderer Zustand ist bei den Velelliden gegeben, deren Luftsack zum stark verkürzten Stamme eine terminale Lage einnimmt, und sich unter flächenhafter Aus- dehnung zu einer Scheibe verbreitert, deren knorpelartige, derbe Wan- dungen durch Scheidewandbildung den Binnenraum in zahlreiche Kam- mern theilen. Im ersten Bildungszustande stellt der Luftbebälter auch Körperform. 105 hier einen einfachen Sack vor. Bei Porpita bleibt die Scheibe platt kreis- förmig, bei Velella erhebt sie sich in einen schräg gestellten dünnen Kamm, in welchen die Lufträume der Platte sich nicht fortsetzen. Die concentrisch gelagerten Kammerräume des Luftbehälters stehen bei Velella unter sich durch Oeffnungen in Verbindung. Nach aussen communiciren sie durch eine Anzahl an der Oberfläche gelagerter Löcher. Bei Porpita gehen von der untern Fläche des Luftbehälters noch feine luftführende Canäle ab, welche verästelt in den die Ernährungsindividuen tragenden Theil des Stammes eindringen. 8.76. An die Hydroiformes schliessen sich die Thecomedusen an, polypen- förmige mit Gehäusen versehene Cölenteraten, deren Organisation je- doch jener der Medusen entspricht. Sie vermitteln einen Uebergang zu diesen, ındem sie Formen repräsentiren, welche den Larven der Discophoren \\ | ) 1) nahe stehen. Diese Larven- 3 NN N, form (Scyphostoma) er- \Y /) scheint auf einer höhern ” Organisationsstufe als die N FAN, Mehrzahl der Hydroidpoly- | : pen, und bietet pur mit En. HR einigen derselben (Cory- Y morpha) Anknüpfungs- \ An punkte. Sie entwickelt sich a ebenso wie bei den Hydroid- polypen aus einer erst freien dann sich festsetzenden Pla- Fig. 34. Jugendzustände von Aurelia aurita. 1 Planulaform, nula (Fig. 3%. A, 2 )i Die sich festheftend. 2, 3 Uebergang in die Polypenform. 4 Be- E. ginn der Metamerenbildung. 5 Fortgesetzte Metamerenbildung Grundform des Körpers (Strobila) und Differenzirung derselben. (Nach M. Sars.) stimmt jedoch nicht blos mit manchen Hydroidpolypen, sondern auch mit dem Medusenzustande der- selben darin überein, dass zwei gleichwerthige Nebenaxen die Hauptaxe kreuzen. Die Organe sind in der Vierzahl angeordnet, lassen somit vier Antimeren am Körper unterscheiden. Aus dieser Polypenform entstehen die Medusen wiederum durch Sprossung, die aber nicht wie bei den Hydroiden eine laterale, sondern eine terminale ist. Der den Mund tragende Endabschnitt der Scyphostoma beginnt allmählich vom übrigen Körper sich abzuschnüren (Fig. 34. 4.). Indem der Körper dabei fort- wächst, werden gegen den aboralen Pol zu immer neue Abschnitte meta- merenartig Er Strobila Fig. 34. 5.), die sämmtlich medusenähn- lich sich ausbilden. Re Polypenleib wird dadurch in eine oft bedeutende 106 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). Anzahl von Medusen zerlegt, die allmählich sich ablösen 'Ephyraform), und frei geworden eine ae man eingehen. Dieser für Cephaea, Aureli@ und Cassiopeia bekannte Vorgang fehlt bei Pelagia, deren Eier sich in schwimmende Larven verwandeln, die ohne ein polypenförmiges Stadium zu jungen Medusen werden. Die Onto- genie der Pelagia ist also auf wenige Stadien zusammengezogen, während sie bei den andern, über eine grössere Formenreihe ausgedehnt, mehr einer Wiederholung der paläontologischen Entwickelung entspricht. Für diese wird der polypenförmige festsitzende Zustand als Ausgangspunkt gelten müssen, woran sich zunächst die allmählicbe Umwandlung des Polypen in eine freiwerdende Meduse anschloss. Die Strobilation des Scyphostoma und die daraus hervorgehende Genese einer Anzahl von Medusen erscheint unter jener Voraussetzung als ein secundärer Vorgang, der erst allmählich, nachdem nicht mehr der ganze Polypenkörper in die Meduse sich umwandelte, zur Ausbildung kam. Aus dem heim Ueber- sange des Polypen in die Strobila stattfindenden Wachsthume letzterer Form ist ersichtlich, dass den Ernährungsverhältnissen des Seyphostoma- zustandes für die Entstehung der Strobilaform, d. h. für die Sprossung der Medusen, eine wichtige Rolle zukommen muss, so dass die Entstehung der ganzen Erscheinung mit der Ernährung des Scyphostoma in causalem Zusammenhang steht. Durch die Sprossung von Ephyren, d. h. jungen Discophoren von Leibe der Strobila, wird eine ungeschlechtliche Vermeh- rung in den Entwickelungsgang der Medusen eingeschaltet, woraus eine Form des sogenannten Generationswechsels sich ableitet. Durch die Scyphostomaform besitzen die Medusen nähere Beziehun- gen zu den Calycozoön, die von jener ableitbar erscheinen. Der mit einem kurzen Stiele festsitzende Körper ist schirmartig verbreitert und kommt im Verhalten seiner Axen mit den Scyphostomen und deren Ab- kömmlingen überein. In manchen Beziehungen bietet er auch eine Ver- wandtschaft mit den Anthozoön. Dadurch erscheint in den Calycozo&ön eine sehr wichtige Zwischenform, die aus der für mehrere grosse Abthei- lungen der Acalephen gemeinsamen Stammform mit relativ wenigen Mo- dificationen sich fortgesetzt hat. $ 77. Für die Anthozo@n ist die primitive Körperform mit jener anderer CGölenteraten in vollkommener Uebereinstimmung, und auch die ersten Zustände der sich festsetzenden Planula;bieten keine wesentlichen Diffe- renzen. Das Erscheinen von Tentakeln und die später folgende innere Differenzirung lässt manche Verschiedenheiten auftreten, zunächst in der Grundzahl der Nebenaxen des Körpers. Bei einigen treten nur 4 Tentakel auf (Tetractinia), bei anderen 6 (Hexactinia) und endlich bei noch an- dern 8 (Octactinia). In den beiden ersten Abtheilungen bleibt es nicht bei dieser Zahl, vielmehr erscheint alsbald eine Vermehrung der Tentakel, Körperform. 107 der eine entsprechende Veränderung der inneren Organisation parallel geht. Damit wird am Organismus eine grössere Zahl von Queraxen unter- scheidbar, deren Grundzahl in den meisten Fällen die zuerst erschie- nene Zahl ist. Bei den Octactinien dagegen persistiren die ersten vier Queraxen. Der meist cylindrische Körper des jungen Thieres behält diese Form nur in wenigen Abtheilungen (Cereanthus, Actinia ete.). Bei den übrigen kommt es zu einer Stockbildung, welche für die äussere Erscheinung die grösste Mannichfaltigkeit der Formen bedingt. Die Stöcke (Polyparien) entstehen entweder durch unvollständige Theilung oder durch Knospen- bildung, beide zuweilen combinirt. Die Theilung (Längstheilung) erweist sich in der Stockbildung bis zu sehr verschiedenen Stufen ausgeführt. In manchen Fällen ist sie nur durch ein Auswachsen in die Quere angedeutet, und es kommt zu gar keiner Scheidung des Organismus, z. B. bei manchen Fungien. Andere bieten die Theilung nur an der oralen Körperoberfläche, indess im Innern ein continuirliches Verhalten fortbesteht. Durch die Fortsetzung dieses Vorganges entstehen Stöcke mit zahlreichen Mundöffnungen, die in man- nichfach gewundenen, am Rande mit Tentakeln besetzten Refhen ange- ordnet sind (Maeandrina). Während auf diese Weise mehr flache oder rasenartig ausgebreitete Stöcke entstehen, treten durch die Combination der Theilung mit einem bedeutenden Längewachsthum der Personen ver- ästelte Stöcke auf, die nicht blos verschiedene Ausdehnung, sondern auch sehr mannichfache Formen der Verzweigung gewinnen können. In ähn- licher Weise liefert die Sprossung complicirte.Stockbildungen. Auf bei- derlei Art entsteht eine dem gesammten Stocke zugehörige, allen Personen gemeinsame Körperparthie (Coenosark , Coenenchym). Von dieser ent- wickelt sich der basale Abschnitt bei den nicht festsitzenden, sondern nur lose im Schlamm oder Sande steckenden Stöcken der Octactinien zu einem der Sprossung entbehrenden stielähnlich geformten Theile des Stockes (Pennatuliden). $ 78. In der von den übrigen Acalephen am meisten abweichenden Abthei- lung der Ctenophoren bildet sich aus der mit den anderen im wesent- lichen übereinstimmenden Larve alsbald die definitive Leibesform aus. An dieser sind vier senkrecht auf die Hauptaxe gerichtete Nebenaxen unterscheidbar, nach denen die wichtigsten Organe angeordnet sind. Der Körper folgt damit im Allgemeinen dem radiären Typus, der bei den Be- roiden am meisten ausgeprägt ist. Dieser achtstrahligen Form liegt jedoch - höchst wahrscheinlich eine vierstrahlige zu Grunde, bei der jeder Radius sich in zwei getheilt hat. Je zwei aus einem primitiven Radius enistan- dene Radien sind den gegenüberstehenden Radien derselben Queraxe gleich. Die Ausbildung der Körperform erfolgt an den Polen einer der 108 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). beiden primitiven Queraxen. Die in dieser Richtung aufgetretene Diffe- renzirung ist schon bei den Gggippiden deutlich, mehr ist sie bei den Mnemiden durch lappenartige gegen den Mundpol gerichtete Fortsätze ausgeprägt, am meisten bei Gestum entfaltet, deren Körperform durch Auswachsen in derRichtung zweier congruenter Interradien in eine Band- form überging. Gliedmassen. $ 79. Ich fasse hier die als Tentakel bezeichneten Fortsatzbildungen des Körpers zusammen, welche, den Spongien gänzlich fehlend oder nur an- deutungsweise zukommend, bei den Acalephen in grosser Verbreitung getroffen werden, und ebenso von bedeutendem Einflusse auf die äussere Formerscheinung dieser Organismen, wie für die Gesammt-Oekonomie derselben von hohem functionellen Werthe sind. Die meisten sind wie die Leibeswand contractil, doch gibt es auch starre, nur wenig beweg- liche Formen (Trachynemiden). Die Tentakel sind der Sitz einer bedeu- tenden Empfindlichkeit, und fungiren somit als Sinnesorgane; in vielen Fällen sind sie Greifwerkzeuge, und endlich dienen sie durch die ihnen eingefügten Nesselzellen als Waffen. Den niedersten Befund bieten die Hydroidpolypen, deren Tentakel in manchen Abtheilungen (Coryneen) über die Oberfläche des vordersten (dem oralen Pole nächst gelegenen) Körperabschnittes zerstreut sind. Bei manchen macht sich eine regelmässigere Vertheilung bemerkbar, die bei anderen in die Herstellung eines »Tentakelkranzes« übergeht (Hydractinia, Eudendrium, Campanularia). Dieser ist meist in einiger Entfernung von der Mundöffnung angebracht; durch ihn wird der bezüg- liche Körpertheil höher potenzirt und erscheint einem Kopfe analog, wie man denn die tentakeltragenden Körpertheile (Hydranthen) der Hydroiden auch als » Köpfchen « bezeichnete. Der höheren Differenzirung des gesammten Körpers der Tubularien entspricht die Ausbildung eines zweiten Tentakelkranzes, der den Mund direet umgibt. Der äussere Tentakelkranz ist mit der scheibenähnlichen Ausbreitung des Köpfchens an den Rand derselben gerückt. Es sind also hier Mundtentakel und Randtentakel unterscheidbar. Letz- tere erlangen bei den Hydromedusen wie bei den Medusen eine grosse Ausbildung. Die Randtentakel, Randfäden, meist sehr bedeutend verlängerte fadenartige Anhänge des Glocken- oder Schirmrandes der Hydromedusen sind immer nach den Körperradien geordnet. Bei dem Bestehen inter- radialer Tentakel treten diese meist nach den radialen auf, selbst wenn ihre Zahl eine bedeutende ist. Zuweilen stehen sie in Büscheln (Lizzia) oder sind verzweigt (Cladonema). Der über die Radienzahl hinausgehen- Gliedmassen. 109 den Vermehrung der Tentakel steht die Minderung gegenüber. Zwei Ten- takel besitzt Saphenia, nur einen Stenstrupia. Bei den Trachynemiden sind die Tentakel gleichfalls radial angeordnet, manche besitzen dazu, wie die Aeginiden, noch interradiale. Eigenthümlich ist die Einfügung der Tentakel an den Körper, indem das Stützgewebe der ersteren einen oft ansehnlichen Fortsatz in letzteren einschickt. Auch Reductionen kommen vor. Nur 2 Tentakel besitzt Aeginopsis. Bei den Geryoniden findet ein Wechsel der Tentakel statt, indem das junge Thier vergängliche Randfäden (Larvententakel) von anderm Baue besitzt. Die unter den Hydromedusen verbreiteten Mundtentakel ent- sprechen gleichfalls der Grundzahl der Radien des Körpers. Bald sind sie einfach, bald verzweigt. Sie bilden jedoch kein allgemeines Vorkom- men und werden häufig durch Ausdehnungen des Mundrandes ersetzt. Trachynemiden und Aeginiden entbehren sie allgemein. Unter den Siphonophoren entbehren alle medusiformen Personen der Randfäden, die nur als Rudimente, wie z. B. in den Nesselknöpfen der Deckstücke, angedeutet erscheinen. Dieser Mangel eines für die Oekono- mie der Stöcke wichtigen Apparates wird durch die »Taster« und die »Senkfäden« compensirt, weiche aus Umbildungen medusiformer Per- sonen sich erklären lassen (vergl. oben $ 75). Den Discophoren fehlen die Randfäden in den Abtheilungen der Rhizostomeen und Cyaneen, welch’ letztere vier ansehnliche von der Unterfläche des Schirmes entspringende Tentakelbüschel besitzen, die weder auf Randfäden noch auf Mundtentakel bezogen werden können. Bei anderen kommen Randfäden bald nach der Radienzahl, bald auch interradial verbreitet vor. Schon bei den Charybdeiden zeigt Charybdea vier von pfeilerartigen Fortsätzen der Glocke getragene Tentakel, die bei Tamoya (T. quadrumana) durch ebensoviele Büschel repräsentirt sind. Eine Vermehrung findet sich bei den Pelagien, und eine sehr grosse An- zahl feiner Randfäden zeichnet die Aurelien aus. Mundtentakel erscheinen "als feine franzenartige Fortsätze an den Rändern der den Mund umstehen- den Arme. Bei den Rhizostomeen sind sie längs der zahlreiche Mund- poren tragenden Rinnen vertheilt. Bezüglich der Lucernarien ist ein doppeltes Verhalten der Rand- fäden zu bemerken, indem sie bei einer Abtheilung (L. eyathiformis) ganz ähnlich wie bei Medusen den Rand des becherförmigen Körpers besetzen, jedoch deutlich eine Scheidung in acht Gruppen erkennen lassen, indess sie bei anderen (L. auricula) ebensoviele auf die Enden der vier vom Körper ausgehenden Zipfelpaare vertheilte Büschel bilden. Die Tentakel der Anthozoen sind nach den grösseren Abtheilungen verschieden. Acht blattförmige, eingekerbte oder gefiederte Tentakel um- geben die Mundöffnung der Octactinien. Eine meist grössere Anzahl ey- lindrischer Tentakel kommt den Hexactinien zu. Sie umstehen die Mund- fläche des Körpers oder sind auf ihr zerstreut, zuweilen auch auf lappen- förmigen Fortsätzen derselben angebracht. 110 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). Bei den Ütenophoren sind ausser hin und wieder vorhandenen unansehnlichen Fortsätzen am de der Mundöflnung in einzelnen Fa- milien (Calymniden, Callianiriffen ), grosse in der Nähe des Mundes sich erhebende lappenförmige Ausbreitungen des Körpers vorhanden, die man mit den Tentakelbildungen zusammenstellen kann, obschon sie diesen morphologisch fremde Gebilde sind. Ausser diesen bestehen in einigen ‘Gattungen (Cydippiden) den Randfäden der Medusen ähnliche, den Polen einer interradialen Queraxe des Körpers entsprechende » Senkfäden «, die zuweilen mit Anhängen besetzt sind. Integument. $ 80. Das Integument der Cölenteraten bietet die primitivsten Verhältnisse bei den Spongien, indem es aus dem nur wenig differenzirten Ectoderm sich zusammensetzt, welches den mannichfaltigen Umgestaltungen des den Ernährungsapparat begrenzenden Entoderms folgt. Die durch letz- teres Verhältniss sich ergebenden Eigenthümlichkeiten sind weiter unten ($ 87) zu berücksichtigen. Die Zellen des Eetoderms stellen bei den Phy- semarien ein Syncylium dar. Bei den Poriferen sind sie bisweilen als eine dünne Schichte erkannt (Halisarcina, Sycon). Unter den Acalephen geht das Ectoderm sehr frühzeitige Differen- zirungen ein, so dass die allgemein verbreitete äusserste Zellenschicht, Epidermis, in den meisten Fällen nur einen Theil der primitiven Ec- todermschicht vorstellt. Die bei den Schwämmen nur auf frühere Ent- wickelungsstadien beschränkte Wimperbekleidung desKörpers erhält sich bei den Acalephen nicht blos während der sogenannten Larven- stadien, wo sie der Locomotion vorsteht, sondern geht auch vielfach auf spätere Formzustände über, wo sie meist auf einzelne Theile, z. B. die Tentakelbildungen beschränkt wird. Mit der Volumsvergrösserung wird die Bedeutung der Gilien für die Locomotion aufgegeben. Nur in einer einzigen Klasse, bei den Üteno- phoren, erhält sich diese Beziehung unter Zunahme des Volums der Cilien. Statt der allgemeinen Bewimperung der Larve bilden sich den Körper in Längsreihen besetzende, den Cilien ähnliche Gebilde, welche durch Auswachsen in die Länge und Breite in bewegliche Schwimm- oder Ruderplättchen sich umgestälten. Die Plättchen sind mit der breiteren Basis dem Körper verbunden und nur an dieser Stelle äussert sich die vom Willenseinflusse des Thieres abhängige Beweglichkeit, wäh- rend der übrige grössere Theil der Plättchen rigid erscheint. Meist sind acht Reihen solcher Plättchen vorhanden, die als Ruderorgane thätig sind. Bei manchen treten nur vier Reihen derselben auf (Cestum). Eigenthüm- liche Differenzirungen in den Epithelelementen sind die bei allen Acalephen Integument, 111 wenn auch nicht ausschliesslich verbreiteten Nesselkapseln (Nemo- eysten). Es sind feste im Zellprotoplasma entstehende Kapseln (Fig. 35. B.), welche in ihrem Innern einen elastischen, spiralig zusammengerollten Faden enthalten (A), der meist bei Berührung der Kapsel als starres Gebilde nach aussen her- vortritt. Diese Nesselkapseln finden sich bald einzeln, bald in Gruppen, und zeigen zuweilen eine sehr regelmässige Anordnung. Oft geht diese zu ausserordentlich complicirten Einrich- tungen über, wie z. B. an den Nesselknöpfen der Siphonophoren, bei denen die Nesselkapseln häufig in spiralige Bänder angeordnet sind. Auf der Oberfläche entstanden, erhalten diese »Nesselbatterieen« bei vielen eine besondere Umbhüllung von einer Integumentlamelle. Obschon diese Gebilde über die ganze Oberfläche des Körpers verbreitet vorkommen, und auch im Entoderm und dessen Producten nicht fehlen, so sind doch manche Körpertheile ihr vorzüglicher Sitz. Vor Allem die Tentakel, oder andere Vorsprünge des Körpers. Die Formen der Nesselkapseln sowie der feinere Bau des Fadens bieten bedeutende Verschieden- heiten, und ergeben für die einzelnen Abthei- lungen charakteristische Befunde. Das Ectoderm besitzt auch eine secre- torische Thätigkeit, durch welche mehr oder minder den Körper umschliessende Ge- häuse geliefert werden. Sie finden sich unter den Hydroidpolypen verbreitet, aus einer festen, dem Chitin nahestehenden Substanz gebildet, häufig mit mannichfaltigen Sculpturen, Leisten, Stacheln, Wülsten etc. versehen. Besonders bei den stockbildenden Hydroidpolypen finden sich solche röhrenförmige Gehäuse, die bald Fig. 35. Verschiedene Formen von Nesselkapseln. A Nesselkapseln von Corynactis, 1 mit dem spiralig aufgerollten Faden, 2 mit ausge- strecktem Faden. BC Nesselkap- seln von Siphonophoren mit aus- gestrecktem, theilweise mit Häk- chen besetztem Faden. D Nessel- zellen von Medusen; Faden noch eingerollt, bei einer noch nicht diffe- renzirt, Kern der Zelle sichtbar. nur auf den festsitzenden Theil des gemeinsamen Stockes beschränkt sind (Hydractinia), bald sich über die Verzweigungen des Stockes fortsetzen (Tubularia, Eudendrium, Pennaria) bald auch den einzelnen Personen zu- getheilt sind (Campanularia, Sertularia). Dadurch empfängt der weiche Polypenstock ein Stützorgan, das ihm sowohl eine Erhebung über den Boden gestattet als auch seine Befestigung am Stocke vermittelt. 112 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). Srelet. $ 81. Ausser den in den vorerwähnten Gehäusebildungen gegebenen Stützorganen kommen den Cölenteraten noch vielfache andere Skelet- bildungen zu, die gleichfalls als Differenzirungen des Mesoderms sich darstellen. Den Physemarien fehlen sie. Diese schaffen sich durch Aufnahme von Fremdkörpern ins Ectoderm einen Ersatz, und bei den Poriferen, von denen ein Theil (Halisarcina) festerer Bildungen entbehrt, entstehen Stütz- gebilde entweder in Gestalt fester Nadeln (Spieula) oder weicherer Fasern, Fig. 36. Ein Stück der Körperoberfläche eines Kalkschwammes (Sycaltis perforata) zur Darstellung der dreistrahligen Spieula. 0 Dermal-Ostien, jedes von einem Spieulakranze umgeben. (Nach HÄcker.) deren Sitz das Mesoderm ist. Die ersteren sind entweder aus Kalk oder Kieselerde gebildet, wonach Kalk- und Kieselschwämme unterschieden werden. Einfacher verhalten sich die Spicula der Kalkschwämme, indem sie hier nur als Stabnadeln, drei- oder vierstrahlige Nadeln vorkommen, die in der Vertheilung und Anordnung im Körper bei zahlreichen Modi- ficationen des Einzelverhaltens eine grosse Regelmässigkeit darbieten. Vorstehende Figur gibt eine Darstellung des Verhaltens der Spicula bei einem Kalkschwamm. Die aus Kieselerde bestehenden Hartgebilde bieten eine viel bedeutendere Mannichfaltigkeit der Form, und ausser den in zahlreichen Combinationen bis zu vielstrahligen ‚Sternen verbundenen Nadelgebilden kommen noch mannichfaltige andere feste Theile, z. B. Skelet. 113 Doppelscheiben (Amphidisken ) (Fig. 37. 2.) vor. Die oft sehr lang ge- streckten Kieselnadeln setzen zuweilen ausserordentlich zierliche Gerüste (Euplectella) zusammen, oder sie bilden mächtige, weit über den Körper hinausragende Büschel fadenförmiger Gebilde (Hyalonema). Bei den Hornschwämmen endlich wird das Gerüste des Leibes durch netzförmig ver- bundene Fasern gebildet, die aus einer dem Chitin verwandten Substanz bestehen. Die Ablagerung anorganischer Substanzen im Mesoderm führt auch bei den Acalephen zu zahlreichen Skeletbildungen. Bei den An- Fig. 37. 1 Zelle mit einer Kiesel- thozoön bieten sie vornehmlich die zu Stöcken "del von Spongilla. 2 Bläs- a n chen mit einem Amphidiscus von vereinigten Formen dar, und zwar sind es spongilla. Nach N. Lieserxünn. fast ausschliesslich Kalksalze, welche die Hartgebilde zusammensetzen. Die Bildung der letzteren erfolgt entweder in bestimmt geformten (Fig. 38), durch die Weichtheile des Körpers zer- streuten Depositionen (Fig. 45), oder es entstehen zusammenhängende Massen, die wieder je nach der Art ihrer Bildung mehrfach verschiedene Zustände dar- stellen. Die Kalkkörper (Spicula ) lagern immer in dem bindegewebigen Theile des Parenchyms, und sind von Fig. 38. Kalkspieula von Alcyonium. mannichfaltiger Gestaltung. Sie besitzen eine organische Grundlage, die nach Entfernung des Kalkes die Form der Spicula wiedergibt. Die zusammenhängenden Skeletbildungen kommen entweder durch Vereinigung von Spiculis zu Stande, wobei eine erhär- tende organische Substanz die Verbindung besorgt, z. B. bei Corallium, oder sie entstehen durch unmittelbare Verkalkung einer in der Axe des Cönenchyms liegenden, abgesonderten Hornsubstanz, ohne dass Spicula vorhanden wären. Ist die organische Substanz vorwiegend, so bilden sich hornartige Axenskelete, wie bei den Gorgoniden und Antipathiden. Diese Axenskelete beschränken sich zuweilen nur auf den Stamm der Colonie, wie bei den Pennatuliden, wo sie im Schafte des Stockes liegen, oder sie dehnen sich über alle Verästelungen des Stockes aus. — An die Axenskelete schliesst sich eine andere Form an, die durch allmähliche Verkalkung des Körperparenchyms entsteht, wobei gleichfalls Spicula eine Rolle spielen. Dabei wird der aborale Abschnitt des gesammten Körpers mehr oder minder vollständig sklerosirt. In gleichem Maass findet am oralen Pole ein Weiterwachsen des Körpers statt, und die vollständig ver- kalkten Theile verfallen dem Absterben. Solche Skelete bilden die Kalk- gerüste der Fungien, Asträen, Madreporen, wie die der Tubiporen. In der ganzen Erscheinung dieser Gerüstbildung kann eine Fortsetzung und Aus- bildung der bei den Schwämmen getroffenen Skelete erkannt werden. Gegenbaur, Grundriss d, vergl. Anatomie. 2. Aufl. 8 114 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). or. Eine andere Art von Stützorganen kommt durch Gutieularbildungen oder durch Differenzirungen resistenterer Bindesubstanzen im Innern des Körpers zu Stande. Den einfachsten Befund bieten hier wieder die Hy- droidpolypen, bei denen zwischen Eetoderm und Entoderm eine homogene Lamelle vorkommt, die als Stützlamelle für ihr angelagerte weichere Gewebe fungirt. Während dieses Gebilde in seiner Bedeutung als Stütz- organ bei einem Theile der Hydroiden durch die Bildung äusserer Gehäuse beschränkt wird und demzufolge da sehr dünn ist wo letztere bestehen, findet es sich stärker an den freien nicht im Gehäuse geborgenen Theilen des Körpers. Im Anschlusse hieran trifft man bei den Tubularien eine mächtige Schichte von Stützgewebe in der dem freien, köpfehenförmigen Theile des Thieres zugehörigen Körperwand. Dieses Gewebe besteht aus homogener, von Fasern durchsetzter Substanz, zwischen Ectoderm und Entoderm eingebettet. Hierin erscheint eine Vorbildung der bei den Me- dusen zu höherer Entfaltung kommenden Einrichtung, der sogenannten Gallertscheibe, die bei manchen derselben (Medusen von Qlavatella, dann Eleutheria) gleichfalls noch eine geringe Ausbildung zeigt. Die Gallertscheibe ist bei den Hydromedusen bald völlig homogen bald von feinen Fasern durchsetzt, welche vom Eetoderm zum Entoderm sich fortsetzen. Sie bildet eine die Körperform bedin- gende, der aboralen Fläche des Körpers angehörige Scheibe (Fig. 39. !), die bis zur Glockenform modifieirt sein kann. Der oralen Fläche der Scheibe lagern die aus dem Entoderm gesonderten Organe, also vorzüglich der Gastralapparat an. Fig. 39. Schema eines Verticalschnittes durch eine erwach- sene (unina rhododactyla, rechts durch eine radiale, links rn ö fi hl der Gallert- durch eine interradiale Verticalebene geführt. db Rand- Wiewo ei alle bläschen. ce Ringeanal. g Zeugungsstoffe. A Mantelspange. schirm der Discophoren k Magen. ! Gallertscheibe. r Radialtasche. Zt Tentakel. äusserlich nit ienem der tıo Tentakelwurzel. v Velum. (Nach E. HÄcker.) ausserhch MI Jene } Hydromedusen überein- stimmt, so ist er doch durch nicht unwichtige Verhältnisse davon unter- schieden. Denn seine Substanz enthält, mit gallertigem Bindegewebe übereinkommend, mannichfaltige Formelemente und setzt sich oralwärts auf den sogenannten Magenstiel fort. Er umschliesst dadurch grössere Strecken des Gastrovascularsystems. Untergeordnetere Einrichtungen stellen die Stützgebilde der Tentakel vieler Hydromedusen dar. Sowohl bei Hydriformen wie bei Medusen (Trachynemiden, Aeginiden) wird die Axe der Tentakel von einer Zellen- Muskelsystem. 115 . reihe gebildet, deren Elemente durch eine mehr oder minder mächtige homogene Membranschichte abgekapselt erscheinen. (Vergl. Fig. 9.) Die Zellenreihen besitzen dadurch eine gewisse Rigidität. Ein ähnlich zu- sammengesetzter Ring (Ringknorpel) findet sich am Scheibenrande der Geryoniden. Muskelsystem. $ 83. Unter den Spongien ist die Existenz auf Muskeln beziehbarer Form- elemente nicht mit Sicherheit erwiesen, ja beı den genauer gekannten Kalkschwämmen fehlen sie sogar mit Bestimmtheit, und alle Bewegungs- erscheinungen des Thierleibes leistet das Protoplasma des Ecto- und En- toderms. Die erste Sonderung einer Muskelschichte ist bei den Hydrome- dusen (Hydriformes) erwiesen, wo die Zellen des Entoderms contractile, bandartige Ausläufer besitzen, die unterhalb jener Zellenschichte ein zu- sammenhängendes Stratum bilden. (Vergl. oben $ 25.) Diese Schichte setzt sich auch auf die Tentakel fort, fehlt aber an den von einem Gehäuse umgebenen Strecken der Stöcke. Sie empfängt in einzelnen Theilen z. B. am Stamme der Siphonophorenstöcke,, eine mächtigere Ausbildung. Bei den Medusen ist sie auf die den Gastralapparat tragende Fläche be- schränkt, wo sie die »Subumbrella« vorstellt. Vom Rande der Glocke oder der Scheibe setzt sie sich auf einen verschieden breiten membranösen Fortsatz fort, das Velum, das wesentlich aus Muskelfasern besteht, und erstreckt sie sich gleichfalls auf die Tentakelgebilde. Complicirter ist die Muskulatur bei den Discophoren , von denen Manche auch mit einem Velum versehen sind (Aurelia). Bei allen Medusen bieten die Formele- mente der Muskulatur eine feine Querstreifung dar, die den gleichen Theilen der Hydriformen abgeht. Unter den Gtenophoren sind sowohl oberflächliche, den wimper- tragenden »Rippen« folgende Muskelzüge beobachtet, wie auch im Innern des gallertigen Körpergewebes Muskelfasern vorkommen sollen. Am reichlichsten erscheint die Muskulatur bei den Anthozoön ent- wickelt. So wird bei den Actinien die festsitzende Sohle des Körpers vorwiegend von Muskeln gebildet und am übrigen Körper sind Ring- und Längsfaserschichten unterscheidbar, die auch auf den Tentakelapparat über- gehen. Bei den stockbildenden Anthozoön scheinen die Körper der Ein- zelthiere gleichfalls Ring- und Längsmuskeln zu besitzen, und auch das weiche Gönenchym wird contractil, da Muskelfasern die es durchziehen- den Ganalnetze des Gastralsystems begleiten. g*+ 116 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). Ner#@hsystem. $ 84. Durch den Mangel aller auf besondere Organe der Empfindung be- ziehbaren Einrichtungen stellen sich die Spongien auf die niederste Stufe thierischer Differenzirung. Fast unmittelbar reihen sich daran die Aca- lephen, deren niedere Formen gleichfalls jene Organe noch nicht geson- dert zeigen. So erscheint bei den Hydroidpolypen die Zellenschichte des Ectoderms noch als indifferentes Empfindungsorgan. Auf dasselbe ein- wirkende Reize lösen Bewegungen der mit jenen Zellen zusammenhängen- den Fasern der Muskelschichte aus ($ 25), aber erst bei den Medusiformen sind gesonderte als Nervensystem zu deutende Theile erkennbar. Diese bilden einen längs des Scheibenrandes verlaufenden Ring aus einem fase- rigen Gewebe, der in regelmässigen Abständen ganglionäre Ansch wellun- gen mit zelligen Elementen zeigt. Die Ganglien entsprechen in ihrer Lage den als Sinnesorgane zu deutenden Randkörpern und senden theils zu den Tentakeln, theils zu den Radiärcanälen Fädchen ab. Dieser bei Geryoniden am genauesten bekannt gewordene Nervenring findet seine Stütze am Ringknorpel und liegt zwischen diesem und dem Ringcanale des Scheibenrandes. Die Anschwellungen des Nervenringes stellen cen- trale Organe vor, welche durch die faserigen Abschnitte untereinander verbunden sind. Minder genau ist unsere Kenntniss vom Nervensystem der Discophoren. Auch aus Versuchen mittels Durchschneidens des Scheibenrandes scheint hervorzugehen, dass hier ein centraler Nerven- apparat sich vorfindet. Auch das Nervensystem der Gtenophoren ist bis jetzt nur wenig sicher nachgewiesen. Und ebenso sind für die übrigen Acalephen keine hierher bezüglichen Organe auch nur mit einiger Zuverlässigkeit darge- stellt worden. Sinnesorgane. $ 85. Bei der Unvollkommenheit unserer Kenntnisse vom Nervensysteme der Cölenteraten kann es nicht befremden, dass auch über die als Sinnes- organe anzusehenden Theile keineswegs ein definitives Urtheil abzugeben ist. Das gilt sowohl für die Einrichtungen die man als dem Tastsinne vorstehend betrachtet, als auch von den höheren Sinnesorganen, die man vorzüglich als Hör- und Sehwerkzeuge unterschieden hat. Dem im Inte- gumente vorhandenen allgemeinen Gefühlssinne scheinen besondere Fort- satzbildungen des Körpers zu dienen, die oben ($ 79) als Tentakel aufge- führt sind. Ob dagegen eigene Apparate bestehen, muss für jetzt dahin- Nervensystem. Sinnesorgane. 117 gestellt bleiben, wenn auch das Vorkommen starrer Borsten an den Tentakeln, in ähnlicher Weise auch um die Mundöffnung angebracht, auf gesonderte Tastorgane schliessen lässt. Differenzirtere, zu Sinneswahrnehmungen eingerichtete Organe fin- den sich in den sog.»Randkörpernc«, die bei den freilebenden Medusen dem Rande des Schirmes angefügt und in zweierlei Zuständen zu unter- scheiden sind. Einmal erscheinen sie als bläschenförmige Gebilde, und zweitens als Pigmentanhäufungen, die mit einem hellen, lichtbrechenden Körper ausgestattet sind, jenen Organen ähnlich, die bei den höhern Thieren als Endapparate der Sehnerven sich herausstellen. Die ersteren oder Randbläschen sind entweder in die Substanz der Scheibe ein- gebettet oder springen frei am Scheibenrande vor. Sie bestehen aus einer homogenen, mit Epithel ausgekleideten Kapsel und umschliessen eine oder mehrere concentrisch geschichtete Goncretionen oder kleine Krystalle. Die ersteren sind mit der Bläschenwand in fester Verbindung, indem sie von einem kugeligen Vorsprunge der Wand umschlossen werden. Da sie nicht im freien Raume des Bläschens liegen, so schwindet die Aehnlich- keit mit den Gehörbläschen anderer niederer Thiere um Bedeutendes, ohne dass jedoch möglich wäre, eine andere Deutung bestimmter zu for- muliren. Dass Sinnesorgane vorliegen, erhellt aus der engeren Verbindung mit dem Nervenringe, da von dem unter jedem Randbläschen gelegenen Ganglion ein doppelter das Bläschen umgreifender Faserzug ausgeht, der nach stattgefundener Vereinigung in die das Goncrement enthaltende kugelige Zellenmasse eintritt (Geryoniden). Die Verbreitung dieser Rand- bläschen findet sich vorzüglich bei den Eucopiden, Trachynemiden, Geryo- niden, Aeginiden. Krystalle sind bei Gunina vorhanden, und dadurch bilden diese Randbläschen einen Uebergang zu ähnlichen Gebilden der Discophoren. Die Randkörper erscheinen hier stets gestielt (Fig. 40 A Bb) und liegen in einem Ausschnitte oder einer nischenförmigen Vertiefung des Scheiben- randes, von Lamellenvorsprüngen desselben beschirmt. Einen grossen Theil des Randkörpers bildet ein Hohlraum (Ampulle) (d), der mittelst eines in den Stiel übergehenden Canales (c) mit dem Gastralsysteme zusammenhängt. Dieser Ampulle angelagert und das freie Ende des Randkörpers einnehmend findet sich ein mit Krystallen gefülltes Bläs- chen (e), welches mit dem gleichen der Aeginiden übereinkommt. Die bedeutendste Verschiedenheit von letzteren ist also nur durch den Mangel der vom Gastralsystem gebildeten Ampulle gegeben. Organe anderer Art finden sich bei den Hydromedusen. Sie scheinen in einem sich gegenseitig anschliessenden Verhältniss zu den Randbläs- chen zu stehen, denn sie kommen nur in jenen Familien (Oceaniden) vor, welche der Bläschen entbehren. Als erste Andeutung erscheinen Pigment- flecke an der Tentakelbasis, die zwar in der Regel der lichtbrechenden Medien entbehren, in anderen Fällen dagegen mit Bildungen ausgestattet sind, die an die Krystallkegel anderer niederer Thiere erinnern, Bei 118 Il. 2. Gölenteraten (Zoophyten). den Discophoren combiniren sich diese Ocelli mit den bereits erwähnten Randkörpern , sie zeigen bald nur Pigment, bald solches als Umhüllung .i. stark lichtbrechenden Körpers Fig. 40. A von Pelagia nocetiluca. B von Charyb- Randkörper von acraspeden Medusen. dea marsupialis. a der freie Theil des Randkörpers zwischen den Randausschnitten der Körperscheibe gelagert. b Stiel. ce Cana in demselben. d Ampulle. e Krystallsäckchen. f Pigment. 9 Linsenartige Körper. (Fig. 40 Bg). Auch bei den Gtenophoren be- stehen eigenthümliche Sinnesorgane. Vor allem gilt hier ein bläschenför- miges, dem aboralen Pole des Kör- pers eingelagertes Gebilde, welches feste Concremente nach Art der Otolithen in den Gehörbläschen an- derer niederer Thiere enthält. Die functionelle Bedeutung auch dieses Organs ist jedoch noch nicht sicher gestellt, und ebenso unsicher ist sie bezüglich zweier zur Seite dieses Bläschens gelagerter wimpernder Flächen, der Polfelder, die mit franzenartigen Fortsätzen ausge- stattet sind. ’ Darmeanal. $ 86. Mit der bei den Gölenteraten zuerst auftretenden Sonderung des Kör- pers in eine Eetoderm- und Entodermschichte ist der niederste Zustand der Ernährungsorgane gegeben , indem das Entoderm einen nach aussen geöffneten Raum, die erste discrete Bildung einer verdauenden Gavität (Magenhöhle) 'auskleidet. (Vergl. oben $ 28.) In der Gastrulaform er- scheint dieser Befund am einfachsten, und geht von da aus in den beiden Hauptabtheilungen der Cölenteraten zahlreiche Sonderungen ein. Die Magenhöhle bleibt nämlich nicht auf jenen einfachen Raum beschränkt, sondern wächst in mannichfaltige Hohlraumbildungen, CGanäle, Taschen etc. aus, welche im Organismus bald irregulär, bald in bestimmter An- ordnung sich vertheilen. In der Regel verknüpft sich damit eine Arbeits- theilung, und nur ein bestimmter Abschnitt oder mehrere solche fungiren als verdauende Cavität, indess die übrigen Räume mehr zur Verthei- lung des ernährenden Fluidums (Chymus) verwendet werden. Damit ist aber die Function dieses Gastralsystems nicht abgeschlossen. is entspricht ohne Zweifel auch den Zwecken der Athmung, indem es mit der Nahrung aufgenommenes Wasser im Körper vertheilt, und dem- selben, besonders bei den Spongien, bedeutend grössere Oberflächen dar- bietet als die äussere Fläche des Körpers. Endlich besitzt es wichtige Beziehungen zur Fortpflanzung, indem die Zeugungsstofle in seinen Wänden entstehen. Darmcanal. 119 $ 87. Unter den Spongien bleibt jene einfachste Form auf frühe Entwicke- lungszustände beschränkt oder sie persistirt bei den Gastraeaden. Die Aus- bildung eines Strudelapparates am Eingange in den einfachen Darmschlauch ist fast die einzige Complication. Bei den Poriferen treten zahlreiche neue hinzu. In der Entodermschichte er- scheinen temporäre Lücken, welche nach aussen durchbrechen, so dass die Darmeavität ausser durch die Mundöffnung (Fig. 41 0) durch bald da bald dort sich öffnende und wie- der schliessende Poren mit dem um- gebenden Medium in Verbindung steht. Die Zahl der somit eine der- Y STETTIN male und eine gastrale Oeflnung = Er ; N besitzenden Porencanäle (Dermo- gastralporen) ist meist sehr gross Fig. 41. Ein aus 9 Personen (Individuen) be- Are > stehender Asconstock. Schema. e Ectoderm. i En- und in Zusammenhang mit der Zahl toderm. o Mundöffnung. g Darmhöhle. Nach der von den Schenkeln der Spicula E. Häcseı. begrenzten Räume (vergl. Fig. 36 0). Diese Befunde finden sich in den niedersten Formen der Kalkschwämme, bei den Asconen, ausgeprägt (Olynthus). Eine zweite Form entsteht durch Bildung von Ausbuchtungen der Darmhöhle, die sich in das entsprechend verdickte Eetoderm hinein fort- setzen und darin mehr oder minder verzweigte Canäle (Astcanäle) bilden, von denen wieder feine gleichfalls verzweigte Ganäle mit Dermalporen ausmünden. In dem Maasse als sich die Sonderung der Darmhöhle in verzweigte Ganäle ausgeprägt hat, verliert sie ihre Bedeutung als Magen- höhle und zugleich die Entodermauskleidung, welche auf die verzweigten CGanäle beschränkt wird. Die Entodermschichte bleibt aber auch hier nicht allgemein, sondern ziebt sich endlich sogar nur in Ausbuchtungen jener Astcanäle zurück, welche dadurch die sogenannten Wimperkammern vorstellen. So tritt mit der Ausbildung dieser Nebenräume des Darm- schlauchs auch dessen Function immer mehr von ihrer ursprünglichen Stätte sich entfernend auf jene über. Die nachstehende Abbildung (Fig. 42) stellt letzteren Zustand vor, bei dem das Entoderm nur noch die Wimperkammern (0) auskleidet. Modificationen dieses unter den Kalkschwämmen bei der Gruppe der Leuconen bestehenden Verhaltens bilden sich durch Verbindungen der Asteanäle wie der Wimperkammern untereinander, woraus netzförmige Canalsysteme hervorgehen. Kieselschwämme wie Hornsch wämme schlies- sen sich diesem Typus an. Eine dritte Form entsteht durch Bildung dichtstehender, radial zur Magenhöhle gerichteter Ganäle, welche in ihrem Verhalten der einfachen 120 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). Asconform entsprechen, jedoch meist nur durch Dermalporen nach aussen communiciren. Die primitive Darmhöhle verliert hier wie bei den Leu- conen mit ihrer Geissel- zellenschicht (Entoderm) ihre nutritive Function, welche auf die Radiär- röhren beschränkt wird. Letztere bleiben selten frei, sondern verschmel- zen meist theilweise oder vollständig mit ihren Wandungen zu einer mächtigen, die primäre Darmhöhle umgebenden Schichte. Bei nur theil- weisem Verschmelzen der Radiärröhren entsteht aus den Zwischenräumen ein System von Ganälen, welche nur von Ecetoderm ausgekleidet sind. Reali- sirt ist diese Form unter den Kalkschwämmen bei den Syconen. Unzählige, bis auf in- dividuelle Zustände her- abreichende Modificatio- nen bieten sich inner- Fig. 42. Schema des Gastralsystems eines Leucon (Dyssycus halb der einzelnen ananas) mitAusbildung der Astcanäle. o Mundöffnung. y Darm- | - Formen dar. Die primäre höhle. p Dermalcanäle. » Wimperkammern. Die Unterschei- > r dung von Ectoderm und Entoderm ist wie auf vorhergehender Darmhöhle erleidet Aen- Figur dargestellt. (Nach E. Häcker.) derungen dureh Ausbuch- tungen sowie durch Ent- stehung von Septis oder Trabekeln und kann ebenso mit der Entfaltung des von ihr ausgehenden Canalsystems sich völlig rückbilden, welche Er- scheinung (Lipogastrie) bei Horn- und Kieselspongien nicht selten ist. Eine gleiche Rückbildung kann auch die Mundöflnung eingeben | Lipo- stomie) ohne dass die Magenböhle sich daran betheiligt; die Dermalporen übernehmen dann die Function einführender Canäle, oder es bestehen an der Stelle der Mundöflnung zahlreiche kleine Lücken, wie bei Eu- plectella. $ 88. In hohem Grade wird die Gestaltung des Gastralsystems durch die Stockbildung beeinflusst, welche theils durch Gonerescenz freier Per- Darmeanal. 121 sonen, theils durch Sprossung auftritt. Die Verbindung ruft dann je nach dem Grade ihrer Ausbildung entweder eine blosse Communication der für die einzelnen Personen selbständig bleibenden Magenhöhlen hervor (Fig. 44), oder führt zu einer völligen Verschmelzung jener Cavitäten, wobei auch die Mundöfinungen Reductionen erleiden oder sogar auf eine einzige sich rückbilden, die gleichfalls schwinden kann. Aus der Stockbildung entspringt ein besonderes, durch die zwischen den nicht verbundenen Stellen der Personen, oder den anastomosirenden Aesten des Körpers bestehenbleibenden Lücken gebildetes System von Hohlräumen (Intercanalsystem), welches wie jenes oben für die Syconen erwähnte nur vom Ecetoderm begrenzt wird, und dadurch sich vom Gastralsystem wesentlich unterscheidet. Es zeichnet sich durch bedeu- tende Unregelmässigkeiten seiner Anordnung aus, und bildet auch weitere sogar eine Magenhöhle mit Mundöflnung vortäuschende Räume. Aus allen diesen Einrichtungen ergibt sich für die Spongien mit dem Wandelder Formen auch ein bedeutsamer Wechsel der Func- tionen der einzelnen Theile. Die physiologische Leistung der verdauen- den Gavität vertheilt sich nicht nur auf die von letzterer aus entstandenen secundären Nebencanäle, sondern tritt auch auch auf diese ganz über, oder beschränkt sich sogar nur auf einzelne Strecken derselben , wobei dann die ersteren functionell auf eine tiefere Stufe herabsinken. Auf der anderen Seite kommt mit dieser Aenderung den ursprünglich untergeord- neten Abschnitten des Ganalsystems eine Hauptrolle zu, und selbst die primitiven Oberflächen des Spongienleibes gelangen, zur Begrenzung des Intercanalsystems verwendet, zu einer höheren Bedeutung. Alles lehrt deutlich, wie die Organisation der Spongien nicht nur im grössten Flusse sich befindet, sondern auch wie zu ihrem Verständniss die schärfste Son- derung des physiologischen und morphologischen Werthes der Organe unerlässlich nothwendig ist. $ 89. In der ersten Anlage kommt die Bildung der Darmhöhle der Aca- lephen mit jener der Spongien überein, aber im ausgebildeten Zustande ergeben sich besonders durch die grössere Regelmässigkeit der Anord- nung des aus einem einfachen Hohlraume differenzirten Apparates für die Acalephen bedeutende Eigenthümlichkeiten. Die meist durch Ausbildung accessorischer Theile in ihrer Umgebung ausgezeichnete Mundöflnung führt in die verdauende Gavität, und dient auch als Auswurfsöffnung der un- verdauten Stoffe. Der Hauptraum bleibt nur selten für sich, sondern wächst in Nebenräume aus, die als Taschen oder Canäle sich darstellen, und in der Regel auch eine functionelle Differenzirung ausdrücken, indem die in ihnen enthaltene Chymus-Flüssigkeit durch sie im Körper der Person wie auch des Stockes zur Vertheilung gelangt. Diese »Nebenräume« der verdauenden Cavität, mit letzterer zusammen auch als »Gastrovascular- + 122 Il. 2. Cölenteraten (Zoophyten), system« bezeichnet, versehen damit die Function eines eireulatorischen Apparates, ohne dass sie morgplogisch etwas anderes sind als Differen- zirungen einer primitiven Dafmhöhle. Bei aller genetischen Veberein- stimmung mit dem Gastralsystem der Spongien ist also jenes der Aca- lephen durch den Ausdruck einer höheren Diflerenzirung ausgezeichnet. Diese findet sich in der Verschiedenheit der Nebenräume zum centralen Hauptraum, der den Magen vorstellt, und dessen Functionen meist auf ihn beschränkt bleiben, und nicht wie bei den Spongien in so grosser Ver- breitung auch auf jene seeundären Binnenräume sich fortsetzen. $ 9. Die einfachste Form des Gastralsystems der Acalephen findet sich bei den Hydroiden. Bei Hydra stellt es einen die Längsaxe des Körpers durch- ziehenden Raum vor, der mit einer Mundöflnung in Mitte des Tentakel- kranzes beginnt, und von dem darauffolgenden sehr erweiterungsfähigen Abschnitte, dem Magen, verengert in den dünneren Körpertheil sich fort- setzt. Am aboralen Körperpole communieirt es mit einer engen Oeflnung nach aussen, die jedoch nicht als After fungirt. Auch in die Tentakel er- streckt sich jener Raum. Bei den stockbildenden Hydroidpolypen verläuft der vom Magen ausgehende Canal durch den ganzen Stock, und lässt das Gastrovascularsystem allen Personen gemeinsam erscheinen. An den Stöcken der Siphonophoren sind nur einzelne Personen zur Auf- nahme von Nahrung eingerichtet. Sie entsprechen in ihrem Baue den Magenröhren von Medusen, und stellen sehr erweiterungsfähige Schläuche vor, die in ihrem Grunde mit dem gemeinschaftlichen Hohlraumsystem des Stockes zusammenhängen. Wir haben uns also hier vorzustellen, dass diese Kategorie von Individuen die dem Medusenkörper zukommen- den Einrichtungen bis auf den Magen verloren hat (vergl. & 75). Zahlreiche Verschiedenheiten bietet das Gastralsystem der Medusen (sowohl der Hydromedusen wie der Discophoren). Es nimmt stets die Concavität der Gallertscheibe ein, und besteht aus einem in Mitte dieser Fläche befindlichen Magen und davon ausgehenden Hohlräumen. Der erstere liegt entweder unmittelbar an jener Fläche, oder sitzt auf einem besonderen von dort vorspringenden, oft beträchtlichen Stiele. Dieses freie Vorragen eines sonst im Innern des Körpers geborgenen Or- gans erklärt sich aus der Differenzirung des Magens der Hydromedusen aus dem vordersten Körpertheile der Hydroidpolypen, so dass er nicht ein einzelnes Organ vorstellt, sondern einen ganzen Leibesabschnitt reprä- sentirt. Die Mundöflnung ist meist von tentakelartigen Gebilden oder zipfelförmigen Verlängerungen der Magenwand umfasst, seltener führt sie zunächst in einen oesophagusartigen engeren Abschnitt. Bei den meisten Hydromedusen ist der Magen von dem hinter ihm liegenden Raume durch einen in seinem Grunde vorspringenden Wulst geschieden, dessen Con- traction den Magenraum von dem übrigen Gastrovascularsystem ab- Darmceanal. 123 schliesst. In der Gestalt und Ausdehnung des Magens besteht grosse Ver- schiedenheit. Weit über den Rand des glockenförmigen Schirmes ragt er bei den Sarsiaden vor. Vom Grunde des Ma- gens oder von dem hinter diesem liegenden Raume entspringen die in der Subumbrella sich verbreitenden Hohlräume entweder als engere Ganäle oder als weite taschenförmige Ausbuchtungen. Die engeren Ganäle treten in radiärem Verlaufe (s. Fig. k3) zum Schirmrande, entweder einfach oder unter regelmässigen Ramificationen, und münden dort in einen Ringcanal, der bei manchen auch in die Randten- takel Fortsätze abschickt. Auf ihrem Wege zum Rande können die Radiärcanäle Ausbuchtungen darbieten, die mit dem Geschlechtsapparate in functioneller Verbindung stehen (s. $ 96). Bei den Aeginiden wie bei den Discophoren geht die Magenhöhle unmittelbar in die radiä- ren Erweiterungen über, welch’ letztere von einfacheren Canälen sich ableiten. Zuweilen Fig. 43. Eine Thaumantias A von der Unterfläche, B auf dem Durchschnitte gesehen. In der Mitte des Körpers befindet sich der Magen, von dem die Radiärcanäle zum KRingcanale ausstrahlen. wechseln sogar engere Ganäle mit weiteren Räumen ab. Die Ganäle sind verästelt (Fig. 44 gv) oder bilden wie bei den Rhizostomeen ein periphe- risches Netzwerk. Wie die Gallertsub- stanz des Schirmes bei den Discopho- ren auch auf die Magenwand sich fort- setzt, ist der Magen vom übrigen Gastralsystem nicht sehr scharf ge- schieden. Seine Wandung setzt sich immer in armartlige, in der Regel in gefaltete Membranen auslaufende An- hänge fort (Mundarme) , welche die Mundöffnung zwischen sich fassen. Theilungen dieser Mundarme bedingen fernere Modificationen, die bis zu reich verzweigten Anhangsgebilden führen. Dieser Gestaltung entsprechend _lei- ten dann zahlreiche allmählich sich vereinigende Rinnen zum Munde hin. Bei den Rhizostomeen bleibt der Mund nur in einer frühen Periode offen, und verschliesst sich dann unter allmählichkem Verwach- sen der ihn begrenzenden »Arme«, _tentakel. Fig. 44. Aurelia aurita, zur Hälfte von der Unterseite gesehen. a Randkörper. £ Rand- b Mundarme. v Magenhöhle. gv an denen die Rinnen verzweigte Canäle des Gastrovascularsystems, die sich Canäle bilden, die an den Enden gegen den Rand hin verzweigen und in einen Ringcanal zusammenfliessen. ov Ovarien. 124 ll. 2. Cölenteraten (Zoophyten). der Armverästelungen mit vielen kleinen Oeflnungen münden (Poly- stomie).. In den Lucernarien ste® die Formzustände des Gastralsystems denen der Medusen sehr nahe. Ein von der concaven Fläche des Schirms vorragendes in vier Ecken ausgezogenes Rohr führt in einen weiten, in vier radiale Taschen fortgesetzten Raum, der in vier in den Stiel eindrin- gende CGanäle sich verlängern kann. Die vier Taschen entsprechen er- weiterten Radiärcanälen, die, wie bei den Medusen, am Rande des Schir- mes mit einander communiciren, wodurch ein Ringcanal vorgestellt wird. Bei andern ist dieses Verhalten dahin modifieirt, dass der Magen sich röhrenförmig in den Körper fortsetzt, und an seinem in den Körperstiel ragenden Ende in Radiärcanäle übergeht, die unter Erweiterung gegen den Scheibenrand sich fortsetzen. An diese Form reiht sich noch das Verhalten des Gastrovascularsystems bei den Larven der Discophoren, den Seyphostomen, an. g9n. Das Gastralsystem der Anthozoön erstreckt sich von der Mitte der Tentakel tragenden Körperfläche mit einem Schlundrohr ins Innere, und öffnet sich dort in die verdauende Gavität, von der aus Ganäle seitlich am Schlunde emporlau- fen, um in die Tentakel überzugehen. Durch die Weite dieser mit dem Magen zusammenhängen- den Canäle wird das Zwischengewebe auf Scheidewände (s) redu- eirt, die in radiärer An- ordnung von der Körper- wand zur Schlundwand verlaufen. Die Ganäle Fig. 45. Querschnitt durch einen Theil des Stockes von Al- treten dadurch als um ceyonium, wobei zwei Individuen A A nahe unter ihrer Ein- den Schlund gelagerte senkung in das Cönenchym ein drittes, B etwas tiefer durch- N RR schnitten wurde. » Schlundwand. e Radialcanäle (Kammern der Kammern (c) auf, die ın Leibeshöhle). s Septa. o Eier. Von dem von Canälen durch- einen gemeinsamen (en- zogenen Cönenchym ist he mit den Kalkkörpern dar tralraum, die verdauende Gavität (B), zusammen- fliessen und durch diesen mit dem Schlunde communieiren. Die Zahl dieser Kammern ist bei den Octactinien acht, bei den übrigen Anthozoön ist sie verschieden, richtet sich aber nach demselben Zahlengesetze, welches auch in. anderen Organisationsverhältnissen,, wie z. B. in der Tentakel- zahl sich ausspricht. Die Septa des Gastralapparates setzen sich gewöhn- Darmcanal. 125 lich noch eine Strecke weit an der Magenwand fort, um als bandförmige Streifen oder Wülste auszulaufen. Bei Verkalkung der Stöcke entstehen von der Wand her, zwischen den Gastrallamellen, also interradial ein- wachsende Lamellen (Sternleisten). Bei den stockbildenden Anthozoön steht die verdauende Centralhöhle jeder Person mit einem das Gönenchym durchziehenden CGanalsystem (Fig. 45) in Verbindung, wodurch alle Individuen unter sich zusammen- hängen. Dieses Canalsystem bildet ein Netzwerk von weiteren und engeren Röhren zur Vertheilung der ernährenden Flüssigkeit im Stocke. An den Stöcken der Octactinien findet an einer Stelle des gemeinsamen Stammes eine Vereinigung zahlreicher Ganäle zu einem weiteren Raume statt, von dem eine Oeffnung nach aussen führt, die wahrscheinlich zur Regulirung der Zu- und Abfuhr des den Gastralapparat durchströmenden Wassers dient (Pennatula, Renilla). Eine ähnliche Oeffnung ist auch bei Cereanthus beobachtet; sie entspricht dem Porus der Hydren, wie dort am aboralen Körperende gelagert. Diese dem Gastralsystem die Bedeu- tung eines Wassergefässsystems verleihenden Einrichtungen sind bei manchen Anthozoön (Korallen) in Form von feinen, über die Oberfläche der Stöcke zerstreuten Poren vorhanden, die nur im Momente ihrer Function — beim Auslassen von Wasser — erkennbar sind. Aehnliche Oefinungen finden sich auch an den Tentakelspitzen mancher Actinien etc. Alle diese Einrichtungen erinnern an die Dermalporen der Schwämme. Bei Pennatuliden und Aleyoniden (Sarcophyton) erscheinen einzelne, zuweilen zahlreiche Personen eines Stockes in minderer Ausbildung, und dürften die Function der Nahrungsaufnahme verloren haben. Ob sie an der Wasseraufnahme betheiligt sind, bedarf des Nachweises. 8.9. Bei den Ctenophoren weicht das er- nährende Hohlraumsystem nur in Einzel- heiten ab. Eine bei den Beroiden sehr weite, bei den übrigen engere Magenhöhle senkt sich in den Körper in der Richtung von dessen Längsaxe ein und geht mit einem durch Muskulatur verschliessbaren spaltarti- gen Verbindungscanal in einen als »Trichter« bezeichneten Raum über. Vom Trichter entspringen radiäre (s. Fig. 46), zu den die Wimperreihen tragenden »Rippen « verlau- fende Canäle. Am Mundende der Beroiden und Gallianiriden senken sich die Radial- | canäle in einen Ringcanal ein. Dieser Fig. 46. Ansicht des Gastrovascular nimmt auch bei den letzteren zwei an den !PParates einer Oydippe- A Von der ? Seite, die Mundöffnung nach oben ge- Seiten der Magenwand herabverlaufende wendet Bi No Mandpoldans! 126 Il. 2. Cölenteraten (Zoophyten). Ganäle auf, die gleichfalls aus dem Trichter entspringen. Bei den Gydippiden sind diese von na Weite und geben den Anschein eines den Magen umgebender®gemeinsamen Raumes. Endlich gehen zwar nicht direct vom Trichter, aber doch von den aus demselben ent- springenden Ganälen zwei kürzere Ganäle ab, die mit verschliessbaren Oeffnungen zur Seite der »Polfelder« (vergl. S. A448) ausmünden. Sie sind in diagonaler Stellung und vermitteln eine zweite Communication des Gastrovasceularapparates mit dem umgebenden Wasser. Von dieser Anordnung des Canalsystems bilden sich einzelne von der Körperform beherrschte Modificationen. Auch Verzweigungen einzelner Ganalgruppen finden sich. So bilden die Radialcanäle seitliche bei Beroiden verästelte Ausbuchtungen, welche auch bei den anderen in beschränk- terem Vorkommen mit dem Geschlechtsapparate in Verbindung stehen. $ 93. Einigen Abtheilungen der Acalephen kommen fadenförmige, in die Gentralhöhle des Gastrovascularapparates einragende Gebilde zu, die Gastralfilamente (wenig passend Mesenterialfilamente benannt). Sie finden sich so bei den Lucernarien und Discophoren. Bei den letzteren bilden sie in Ausbuchtungen jener Höhle sitzende Büschel von Fäden, welche wurmförmige Bewegungen vollführen. Aehnlich erscheinen sie bei den Lucernarien, indess sie bei den Anthozoön andere Verhältnisse darbieten. An dem freien gegen die Gastralhöhle gekehrten Rande der Septa verlaufen nämlich wulstförmige, reich mit Nesselzellen durchsetzte Vorsprünge herab, die selten in fadenförmige Gebilde übergehen, und zuweilen nur auf zwei der Septa beschränkt sind (Tubipora). Ueber die Funetion dieser sehr frühzeitig differenzirten Organe liegen keine That- sachen vor. Obwohl drüsige Anhangsgebilde der verdauenden Cavität bei den Cölenteraten nicht differenzirt zu sein scheinen, so besteht doch eine hieher zu rechnende Einrichtung, welche als Andeutung eines secerniren- den Apparates — vielleicht der Leber höherer Thiere analog — angesehen werden darf. Es ist das die bei vielen Gölenteraten vorhandene, durch verschiedene Färbung ausgezeichnete Epithelauskleidung des Magens. Pigmentirte Zellen sitzen in Längsreihen , meist auf den vorspringenden Faltungen der Magenwand bei Anthozoön, auch bei Hydromedusen, und hier, sogar in der Polypenform (z. B. bei Tubularien) ausgeprägt, bilden sie deutliche wulstartige Längsreihen im Grunde der verdauenden Cavität der Ernährungsindividuen der Siphonophoren. Von besonderer Difleren- zirung erscheint ein wohl dem einzigen grossen Magen der Velellen zuge- höriges Netz von »Lebercanälen«, welches an der Unterfläche der Scheibe sich findet. Geschlechtsorgane. 127 Geschlechtsorgane. $ 94. Die geschlechtliche Differenzirung ist unter den Cölenteraten noch nicht der ausschliessliche Factor der Fortpflanzung, da vielfache Formen einer ungeschlechtlichen Vermehrung (s. oben $ 73—77) bestehen. Die Bildung von Geschlechtsproducten ist allgemein nachgewiesen, knüpft sich aber noch nicht durchgehend an discrete Organe, sondern erscheint als eine erst allmählich sich localisirende Function. Unter den Spongien wird das Entoderm als die Keimstätte der Zeugungsstoffe angegeben, doch scheint unter den mit einem Mesoderm ausgestatteten Poriferen diese Schichte des Körpers als der Sitz jener Diflerenzirung. Am genauesten sind die Eier gekannt, die aus den im Mesoderm befindlichen Zellen her- vorgehen, vielleicht aus Entodermzellen die dorthin einwanderten. Ausser hierauf bezüglichen directen Angaben kommen hiebei auch die unten für Hydroiden bestehenden Verhältnisse in Betracht. Die männlichen Zeu- gungsstoffe sind weniger verbreitet beobachtet. Das Entoderm wird auch für Samenzellen als Bildungsstätte angegeben, aber das Vorkommen von Spermamassen im Mesoderm ist für Halisarca erwiesen , zugleich mit dem Bestehen einer geschlechtlichen Trennung der Stöcke. $ 95. Unter den Acalephen ist die Bildungsstätte der Geschlechtsstoffe, die im Allgemeinen in der Wandung der verdauenden Gavität oder den davon ausgehenden Hohlräumen sich findet, am genauesten bei den Hydroiden erkannt. Das Mate- rial zu den beiderlei Ge- schlechtsproducten wird je- doch von differenten Schichten des Körpers geliefert, welcher Befund wegen seiner funda- mentalen Bedeutung eine ge- naue Darstellung verdient. Den ersten, indifferenten Zu- _ ur ” e Fig. 47. Zwei weibliche Geschlechtsknospen von Hy- stand repräsentiren Ausbuch- dractinia echinata. «a Ectoderm.'b Entoderm. 9 Ga- tungen der Körperwand in stralhöhle. o Eikeime. In A ist die Beindermnnrhezung Gestalt von Knospen, die eine yyuneruwacherung ertgt. (Nach Bo. van Bankoın.) Fortsetzung der Gastralhöhle umschliessen, und aus Ectoderm und Entoderm gebildet sind. Von den Zellen des Entoderms (a) der sich vergrössernden Knospen (Fig. 47. A B) ist eine Anzahl gewachsen und unterscheidet sich durch bedeu- 128 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). tenderes Volumen von den übrigen Entodermzellen, welche die Gastral- höhle (g) begrenzen. Die vergrösserten, gegen das Ectoderm gedrängten Zellen stellen die Eikeime (0) V@. Sie bilden allmählich eine anscheinend zwischen Ectoderm und Entoderm gelagerte Zellschichte und lassen die ganze Knospe als Ovarium erscheinen. Während dieser Differenzirungs- vorgänge am Entoderm ist vom Ectoderm her an der Spitze der Knospe eine Wucherung der Zellen nach innen zu eingetreten (A), und indem diese Zellen vom Ectoderm sich abschnüren (B), bilden sie eine die Ova- rialschichte umwachsende dünne Lamelle, welcher jedoch nur bei einer anderen Art von Knospen eine höhere Function zukommt. In den männlichen Knospen ist nämlich das gleiche Verhalten bezüg- lich des Ectoderms wahrzunehmen, während das Entoderm keine Verän- derung erleidet, und ohne Differenzirung von Eikeimen eine die Gastral- höhle auskleidende Zellschichte bildet. Die Eetoderm-Einsenkung kommt zu voluminöser Entfaltung, und bildet, abgeschnürt, eine zwischen Ectoderm und Entoderm sich ausdehnende Schichte (Fig. 48 ABC), deren Fig. 48. Drei männliche Geschlechtsknospen von Hydractinia echinata. A Hoden, übrige Be- ‚»zeichnung wie in Fig. 47. (Nach Ep. van BENEDEN.) Zellen später die Formelemente des Sperma hervorgehen lassen. Somit entstehen hier aus dem Eetoderm die männlichen Zeugungsstoffe, wie bei der andern Art Knospen die weiblichen aus dem Entoderm gebildet wur- den. Da auch bei den weiblichen Knospen eine Einsenkung des Ectoderm stattfindet, könnte daraus eine ursprüngliche Zwitterbildung zu folgern sein. In wiefern diese Sonderung der Genese der Geschlechtsproducte nach den beiden Körperschichten auch den übrigen Acalephen zukommt, ist noch unermittelt. Wenn das Entoderm für beiderlei Producte die Bil- dungsschichte abzugeben scheint, so ist dabei die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, dass sehr frühzeitig Uebertritte von Elementen der anderen Körperschichte erfolgt sind. Wie eine Ausnahme erscheint das Verhalten von Hydra, bei der die Geschlechtsproducte in äusseren knospenartigen EI EMDTAERN 129 Bildungen. Sonderungen des Ectoderms, entstehen. Sehr allgemein er- scheint unter den Hydromedusen eine Trennung der Geschlechter auf verschiedene Personen nicht nur, sondern auch auf verschiedene Stöcke, und nur bei den Siphonophoren Sind hermaphroditische Stöcke die Regel, die auch ihre Ausnahmen besitzt. Die Geschlechtsproducte verursachen an den Körpertheilen, an denen sie sich bilden, mehr oder minder bedeu- tende Anschwellungen, die aber nur zur Zeit der Production jener Stoffe bestehen und somit als »temporäre Organe« betrachtet werden können. In den Formverhältnissen der die Geschlechtsproducte bergenden Theile ergeben sich beträchtliche, aber durch zahlreiche Uebergänge ver- bundene Eigenthümlichkeiten. Bei den freiwerdende Medusen erzeugen- den Hydroidenstöcken (vergl. $ 74) erscheinen die ersteren als die Träger der Geschlechtsorgane; die Medusen stellen die Geschlechtsthiere der be- treffenden Hydroidpolypen vor, und bringen entweder an der Magenwand oder an den Radialcanälen, oder endlich auch am Ringcanale Samen oder Eier hervor. Bei einigen erfolgt diese Production erst lange Zeit nach der Ablösung vom Hydroidenstocke, bei anderen tritt sie früher auf, und daran reihen sich endlich solche, bei denen die Bildung von Zeugungs- stoffen noch während des Festsitzens am Hydroidenstocke statt hat. Hieran reihen sich dann jene Zustände, wo es gar nicht mehr zur Ablösung der Meduse kommt, die dann zugleich nicht mehr vollständig sich ausbildet. Alle jene Organe, welche bei der freien selbständigen Lebensweise in Function stehen, Mund, Magenhöhle, Tentakel, Glocke etc. erscheinen in Stadien der Verkümmerung. Es sind medusoide Knospen, in denen die Geschlechtsproducte entstehen. Bei Anderen ging die medusoide Gestalt gänzlich verloren und dann erschienen am Hydroidenstocke einfache Ge- bilde als Geschlechtskapseln, in welche höchstens noch ein Gastralfortsatz einragt. Das sind die oben beschriebenen Bildungen. Diese Geschlechts- gemmen entstehen wie die Medusiformen und die Medusen selbst, bald am gemeinsamen Stocke, bald im Polypenkörper, oft nur an bestimmten Stellen des letztern, wie z. B. bei den Tubularien, zwischen äusserem und innerem Tentakelkranze. In den Fällen der Rückbildung der prolife- rirenden Polypen werden die Geschlechtsknospen immer von denselben Gehäusen umschlossen, wie sie für die Polypen selbst bestehen. So lässt sich die Erscheinung der Sprossung von Medusen bis zu einer Stufe zu- rückverfolgen, auf der die Sprosse wie ein blosses Generationsorgan des Hydroidenstockes erscheint. Aehnlich den Hydroidpolypen verhalten sich die Siphonophoren, bei denen die Bildung von geschlechtlich entwickelten Thieren nach dem Me- dusentypus mit dem gleichartigen Bestehen anderer medusiformen Per- sonen die als Generationswechsel bezeichnete Erscheinung bei den Hy- droiden als eine Arbeitstheilung erklären hilft. Bei einem Theile der Siphonophoren bilden sich die Geschlechtsthiere zu freiwerdenden Me- dusen aus, in deren Magenwand die Keimproducte entstehen (Velella — Chrysomitra). Die meisten übrigen besitzen nur medusiforme Gemmen Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. g 130 II. 2. Cölenteraten (Zoophyten). in den verschiedensten Stadien der Rückbildung (vergl. Fig. 33. B. 9: E.). Der Magen der Meduse wird all ich nur durch die Geschlechtsorgane repräsentirt und die Medusenglöcke verkümmert zu einer blossen Um- hüllung der letzteren. So finden sie sich bald vereinzelt (Diphyiden), bald zu traubenartigen Büscheln gruppirt (Physophoriden ) am Stamme des Stockes oder auch an bestimmten Personen desselben. Ep. van BENEDEN, De la distinetion originelle du testicule et de l’ovaire. Bull. Acad. Belg. 2me Ser. T. XXXVIL. 5. — G. Koch, Morph. Jahrb. Bd.H. 8.83. $ 96. Wie bei den Medusen der Hydroidpolypen und der Siphonophoren die Wand des Gastrovascularsystems die Bildungsstätte der Keimstoffe vorstellt, so trifft sich dasselbe auch bei jenen Medusen, die keine Be- Fig. 49. Schema eines radialen Verticalschnittes durch eine geschlechtsreife Geryonide (ÜCarmarina hastata), rechts durch einen Radialcanal in seiner ganzen Länge, links durch den Seitenflügel eines Genitalblattes in einer interradialen Ebene geführt. 5 Randbläschen. ce Ring- gefäss. g Geschlechtsproducte. A Mantelspange. k Magen. l Gallertschirm. p Magenstiel. x Radiärcanal. r! innere, rs äussere Wand desselben. «k Knorpelring. v Velum. Z zungenförmiger Fortsatz. (Nach E. HÄcker.) ziehungen zu Hydroiden mehr besitzen. Meist sind es die Radiärcanäle (Aequoriden ) oder die taschenförmigen Aus- buchtungen des Magens (Ae- siniden, an denen die Zeu- gungsstofle entstehen. Bei grösserer Enge der Ganäle bilden jene frei vorragende Ausbuchtungen, die, bedeu- tender entwickelt, sogar krau- senartige Falten vorstellen. Blattförmige Ausbreitungen der Radialcanäle entstehen mit der Bildung der Zeu- gungsstoffe bei den Geryoni- den. Bei allen gibt die untere, dem Schirme abgewendete Wand der Ganäle die Keim- stätte ab (Fig. 35. g). Die Entleerung der Keimstofle er- folgt theils nach innen durch den Magen, theils erfolgt sie durch eine Ruptur des Gewe- bes nach aussen. Wie! Bei den Discophoren treten die Geschlechtsorgane immer in ganz gleichen Beziehungen auf und ihre Lagerungs- und Formverhältnisse sind viel weniger mannichfach. Sie bestehen aus vier oder acht halbmond- förmig gebogenen und rosettenartig auf der Unterfläche des Schirmes an- geordneten Krausen (s. oben Fig. 44. ov), welche aus Ausbuchtungen Geschlechtsorgane. 131 des Gastrovascularsystems hervorgehen. Sie liegen entweder in Vertie- fungen der Unterfläche der Scheibe geborgen oder hängen, oft in viel- fachen Faltungen, frei hervor. Die Lucernarien zeigen die Geschlechtsorgane in Form von acht radiär gestellten Längswülsten an dem der Subumbrella der Medusen ent- sprechenden Körpertheile, von wo sie in die Taschen des Gastrovascular- raumes Vorsprünge bilden. Sie repräsentiren dadurch eine Mittelform zwischen dem Verhalten der Hydromedusen und der Discophoren. $ 97. Die Geschlechtsorgane der Anthozoön sind in ziemlicher Ueber- einstimmung im Zusammenhang mit der Gastralhöhle zu finden, so dass die Zeugungsstoffe durch den Schlund nach aussen gelangen. Allgemein fungiren die Septa der Gastralräume, oder deren in den centralen Magen- raum sich fortsetzende Leisten als solche Organe. Bei den Alcyonarien entstehen die Geschlechtsproducte am freien Rand jener Leisten, bald im Magen bald weiter entfernt im Grunde des Gastralraumes; zwei Septa bleiben steril. Sie sind durch Besatz mit den oben (S. 126) erwähnten Wülsten ausgezeichnet, die sich weit herab erstrecken. Auch die übrigen Leisten sind keineswegs immer Träger der Geschlechtsproducte, denn bei vielen Aleyonarien kommen sie nur an vier oder sogar an zwei Leisten vor. Bei den Actinien bilden sich die Geschlechtsproducte im Innern der Gastralleisten. Aehnlich verhalten sich auch die Antipatharia (Gerardia). Ebenso können die Madreporinen hieher bezogen werden, insofern hier die Geschlechtsproducte in jenen in den Grund der Gastralhöhle weit vor- springenden Leisten entstehen. Sie bilden hier an jeder der beiden Flächen der Leisten einen besonderen Vorsprung. (Astroides calycularis.) Gewöhnlich sind die Geschlechter nach den Personen getrennt, doch sollen auch Zwitterbildungen vorkommen (Cerianthus). Bei den ’stock- bildenden Formen sind bald diöcische bald monöcische Zustände beob- achtet, indess diese Verhältnisse bei andern sehr wechselvoll sind (Co- rallium rubrum). Beim Bestehen eines Dimorphismus der Personen der Stöcke sind die ausgebildeteren Personen zugleich die geschlechtlich fun- girenden indess die andern sich steril verhalten. Doch sind bei einigen Pennatuliden gerade nur den tentakellosen Personen die Geschlechts- organe zugetheilt (Virgularia mirabilis). $ 98. Der peripherische Abschnitt des Gastralsystems repräsentirt bei den Ctenophoren die Keimstätte. Von den längs der Schwimmblättchen- reihen verlaufenden Canälen entwickeln sich seitliche, blindsackartige Ausstülpungen, in denen Samen oder Eier entstehen. Die eine Seite eines Radialcanals ist mit Eifollikeln, die andere mit Hodenläppchen besetzt. Die 9* 132 Il. 2. Cölenteraten (Zoophyten). Geschlechtsorgane. Zwitterbildung wiederholt sich somit Das Gastralsystem dient zur Auslgjtung Fig. 50. Geschlechtsorgane von Beroe rufescens in ihrem Verhalten zu einer Strecke des Radial- canals. a längs des Canals (d) verlaufende Streifen (Muskeln?). db Samenerzeugende Seite. c Ovarial- seite mit Eiern. (Nach Wiırr.) für jedes radiale Körpersegment. . Es ist also ein mit einem Theil der Anthozoön völlig übereinstim— mendes Verhalten erkennbar, und indem man die zwischen zwei Radialcanälen gelegene Leibes- substanz einem Septum der An- thozoön vergleicht, findet man auch die Vertheilung der Keim- stätten beiderlei Geschlechter un- ter denselben Beziehungen wie bei hermaphroditischen Anthozoön. Die Eier der Cölenteraten ent- behren in der Regel der beson- deren Hüllbildungen, und wie bei den Schwämmen erscheint auch noch bei den Eiern mancher Hy- droiden |z. B. Hydra) ein Gestalt- wechsel in Folge amöboider Be- wegungen. Die Samenelemente sind bei den Acalephen aus einem Köpf- chen mit beweglichem Anhange. ur Dritter Abschnitt. Würmer. Allgemeine Tebersicht. $ 99. In dieser Abtheilung vereinigen wir eine grosse Anzabl mehr oder minder verwandter Thierformen, deren Körper mit der Ausbildung der Längsaxe eine Differenzirung der Queraxen aufweist. Vorder- und Hinter- Körperende sind daher ebensowohl als Dorsal- und Ventralfläche unter- schieden. Das Bestehen zweier Antimeren bildet einen Gegensatz zu den Cölenteraten. Der Körper ist einheitlich, oder in Metameren getheilt, die bei den einfacheren Formen sich gleichartig verhalten, in höheren Ab- theilungen Differenzirungen eingehen. Ob diese Abtheilung einen gemeinsamen Stamm vorstellt ist nicht erwiesen. Zahlreiche, nur durch einzelne Formen repräsentirte kleine Gruppen weisen jedenfalls auf eine bedeutende Divergenz, die noch weiter darin sich kundgibt, dass fast alle höheren Thierstämme in näheren oder entfernteren Anschluss an Wurmformen gebracht werden können. Die einzelnen Abtheilungen der Würmer stelle ich nachfolgend zu- sammen. Sie könnten durch Herbeiziehung mancher isolirt stehenden Gattung noch beträchtlich erweitert werden. Eine derartige Vollständig- keit liegt jedoch unserem Zwecke fern. I. Platyelminthes. Turbellaria. Rhabdocoela. Monocelis, Vortex, Mesostomum, Prostomum. Dendrocoela. Planaria, Leptoplana. Trematoda. Distoma, Monostomum, Tristoma, Polystomum, Aspidogaster, Diplozoon, Gyrodactylus. 134 ll. 3, Würmer. Cestoda!). Caryophyllaeus, Wisula, Bothryocephalus, Taenia, Tetrarhynchus. Nemertina 'Rhynch%eoela). Pelagonemertes, Nemertes, Polia, Borlasia. II. Nemathelminthes. Nematodes. Rhabditis, Dorylaimus, Strongylus, Ascaris. Gordiacea. Gordius, Mermis. Ill. Chaethognathi?). Sagitta. | IV. Acanthocephali. Echinorhynchus. V. Bryozoa?). Phylactolaema. Cristatella, Alcyonella, Lophopus, Plumatella, Gymnolaema. Crisia, Hornera, Aleyonidium, Flustra, Eschara. VI. Rotatoria. Hydatina, Notommata, Brachionus, Melicerta, Floscularia. VI. Enteropneusti. Balanoglossus. VII. Gephyrea'®. Inermes. Sipunculus, Phascalosoma, Priapulus. Chaetiferi. Echiurus, Bonellia, IX. Annulata’). Hirudinea®), Haemopis, Sanguisuga, Nephelis, Clepsine. 1) Die Cestoden bilden mit den Trematoden eine Abzweigung von einer gemein- samen Form. Durch die verschiedene Art des Parasitismus ist die Organisalions- differenz beider erklärbar. Manche Formen sind bezüglich ihrer Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Abtheilung zweifelhaft (Amphiptyches). 2) Die Chaetognathen sollen in dieser den Nemathelminthen folgenden Stellung keineswegs als diesen verwandt dargestellt werden, was ebenso für die Acantho- cephalen gilt. 3) Den Bryozoen nahestehende Gattungen sind Pedicellina und Loxosoma, die mit den Bryozoen wohl zu einer Abtheilung vereinigt, ihnen aber nicht gut unter- geordnet werden können. 4) Die Classe der Gephyreen umfasst selbst in ihren beiden Abtheilungen sehr divergente Formen, 5) Eigenthümliche den Annulaten verwandte aber sehr divergente Formen sind Tomopteris, Myzostoma und Polygordius. Letzterer vereinigt zugleich Charaktere von Nemertinen und Nematoden mit solchen der Anneliden. 6) Die den Hirudineen beigezählte Gattung Branchiobdella möchte ich den Anne- liden, und zwar den Scoleinen zurechnen. Die Organisation dieses Wurmes enthält ausser den Saugnäpfen und Kiefern nichts Egelartiges, und jene Theile sind doch wohl nur durch Anpassung an die parasitische Lebensweise entstandene Bildungen. v Allgemeine Uebersicht. Literatur. ölides Oligochaeta. Scoleina. Lumbricus, Chaetogaster, Nais. Haliscolecina. Polyophthalmus, Capitella. Chaetopoda. Vagantia. 135 Siphonostoma, Arenicola, Glycera, Nephthys, Phyllodoce, Alciopa, Syllis, Nereis, Eunice, Amphinome, Aphrodite, Polyno&. Tubicolae. Amphitrite, Hermella, Terebella, Sabella, Serpula, Bran- chiomma. Von noch nicht sicher bestimmbarer Stellung sind die G attungen Neomenia und CGhaetoderma, die wegen der grossen Bedeutung mancher bei ihnen bekannt gewordenen Organisatiousverhältn isse hier nicht übergangen werden dürfen. Bei nicht unbedeutender Verschie- denheit ihres Baues erscheinen sie doch als unter einander näher ver- wandt und können den übrigen Abtheilungen der Würmer b werden. Ich vereinige sie daher zu einer Abtheilung, die ich eigezählt als So- lenogastres aufführe. Genaueres, namentlich über die Ontogenie, steht noch zu erwarten und dann erst wird ein sicheres Urtheil bezügl Stellung möglich sein. Literatur. v. BAER, Beiträge zur Kenntniss der niederen Thiere. N. A. Acad. Leop. C ich ihrer arol. XIN. 1826. — Duüsarpıy, Histoire nat. des Helminthes. Paris 1845. — van BENEDEN, Memoire sur les vers intestinaux. 4861. — LEUcKART, R., Die menschlichen Para- siten. Leipzig und Heidelberg. I. Il. 1863—76. — ÜrArarkpe, Beobachtungen über Anatomie und Entwickelungsgeschichte wirbelloser Thiere. Leipzig 1863. Ueber einzelne Abtheilungen. Plattwürmer: Ducks, Recherches sur l’organisation et les moeurs des Planaires. Ann. sc. nat. Ser. I. T. XV. Auch Isis 41830. — NorDMANN, A. v., Micrographische Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere. Erstes Heft. Berlin 1832. — QUATREFAGES, A. DE, Memoire sur quelques Planaries marines. An Ser. 3. T. 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Die bei dem grössten Theile der Cölenteraten bestehende radiäre Körperform ist bei den Würmern nirgends ausgeprägt. An ihre Stelle ist die eudipleure Form getreten, die meist als bilaterale Symmetrie bezeichnet wird. (Vergl. oben S. 62.) Sie waltet von nun an in allen Abtheilungen des Thierreiches. Obgleich in einzelnen Zuständen, z. B. bei der Scolex- form vieler Cestoden jene Sonderung der Nebenaxen nicht ausgesprochen ist, und daraus ein an die Cölenteraten anschliessendes Verhalten gefol- gert werden könnte, so stehe ich doch nicht an, jenen Zustand als einen in der Abtheilung der Cestoden erworbenen anzusehen, da die Cestoden erst von solchen Formen sich ableiten lassen, die bereits, wie die übrigen Plattwürmer, die eudipleure Grundform besassen. Jene in gleichmässiger Ausbildung der Nebenaxen beruhende Modification erklärt sich zugleich aus dem Aufgeben der Locomotion und dem Festheften des Körpers n:it einer einem Pole der Hauptaxe entsprechenden Stelle des Leibes. Am oralen Pol der Hauptaxe ist meist ein Kopf unterscheidbar, an welchem die in,der Regel etwas ventralwärts gerückte Mundöffnung liegt. Am meisten trifft sich die Entfernung der Mundöflnung am Kopfe bei den | Plattwürmern , wo sie bei den Turbellarien sogar weit auf die Bauch- fläche rücken kann. Das aborale Körperende ist Träger der Afteröflnung, die, wo sie besteht, in vorwiegend dorsaler Lagerung sich findet. Bedeutende Modificationen erleidet die Körperform bei den festsitzen- den Würmern. Hier zeigt sich die Gehäusebildung von umgestaltendem Einfluss, wie bei den Bryozo@ön. Das aborale Körperende, mit welchem die Befestigung stattfindet, kann nicht mehr die Afteröffnung tragen, die dem nicht vom Gehäuse umschlossenen vorderen Körpertheile genähert wird. $ 101. Eine andere innerhalb der Würmer zuerst auftretende Erscheinung betrifft die Gliederung des Körpers. Schon bei den Rotatorien ist der 138 I. 3. Würmer. hintere Leibesabschnitt in Anpassung an die Bewegung in eine Anzahl von Segmenten zerfällt. Darin ist eine Spur des in den höhern Abthei- lungen bedeutungsvollen Zustfes zu erkennen. Bei den Cestoden trifft sich dieser weiter gebildet. Mit dem Wachsthum des Körpers in der Rich- tung der Hauptaxe äussert sich eine Diflerenzirung. Vorder- und Hinter- theil des Leibes umschliessen nicht mehr die gleichen Organe. So enthält der hintere Leibesabschnitt der Caryophyllaeen ausschliesslich die Ge- schlechtsorgane. Bei Ligula ist dieser hintere Leibesabschnitt mit mehr- fach sich wiederholenden Geschlechtsapparaten bedeutender entwickelt. Bei den Tänien differenziren sich solche Geschlechtsapparate am hintern Körperende in einer reicheren Folge und jeder bezügliche Abschnitt bildet sich, auch äusserlich allmählich abgegrenzt, zu einem Gliedstücke aus, das sich zu den übrigen als Metamer verhält Fig. 51). So entsteht die Bandwurmkette, deren letzte Metameren je v2, nach dem Grade ihrer Ausbildung sich ab- N lösen die sogenannten Proglottiden), um als bald mehr, bald minder selbständige In- | dividuen zu erscheinen. Dieser Vorgang stellt sich somit als ein Sprossungsprocess dar, sein Produet ist die Bandwurmkette; jedes einzelne Glied derselben erscheint als ein Metamer mit Bezug auf den Gesammtorga- nismus der Kette, ist aber als Person zu be- urtheilen, da es zu einer selbständigen Existenz befähigt ist, deren Beschränkung sich aus der an Parasitismus angepassten Lebensform erklärt. Wie die bei den Gestoden en handel (WR erscheinende Metamerie des Körpers aus chus)'in der ungeschlechtlichenForm einer Sprossung abzuleiten ist, so ist die (Amme). 2. Derselbe in gliederbi- Sprossung selbst mit einem Längenwachs- Jendem Zustande (Strobile), wobei de (num des Körpers im Zusammenhang. Sie letzten Glieder (Proglottiden) einzeln Oo sich ablösen. (Nach J. vax Bexepen.) bildet eine Zwischenstufe beider Erschei- nungen. Es besteht somit kein sehr scharfer Gegensatz zwischen beiden. Wo die Metamerie weniger deutlich sich darstellt, wird sie mehr und mehr nur auf Längenwachsthum bezogen werden können, Viele Abtheilungen bieten Beispiele einer solchen unvollkommenen Metamerie. Sie ist angedeutet bei den Nemertinen in einzelnen Organ- systemen. Auch bei den Gephyreen ist sie noch keineswegs allgemein, denn mehrere Organsysteme stehen noch ausserhalb ihres Bereiches. Da- gegen herrscht sie unter den Annulaten allgemein und lässt den Organis- mus als einen vieltheiligen erscheinen. Sie ist hier nicht selten mit einer deutlichen Sprossung verbunden. In der Körperanlage erscheint in der Regel eine geringere Anzahl von Metameren als später entstehen. Die neugebildeten sind vor dem hintersten Segmente entstanden. Zahlreiche # - Fr wur Körperform. 139 Modificationen gehen aus einer Ausbildung einzelner Metameren hervor. Eine solche erscheint auch durch Concrescenz einer Summe von Meta- meren gegeben, wobei dann nur noch an einzelnen Organsystemen das ursprüngliche Verhalten angedeutet wird, und damit ergeben sich Zu- stände, die meist schwer von jenen anderen, die Metamerie erst im Be- Mit der Ausbildung der Metamerie betritt der Organismus eine höhere Organisationsstufe, aber diese ist nicht der einzige hiezu führende Weg, vielmehr begegnen wir auch sonst immer zu höheren Abtheilungen leitenden Differenzirungen. Hieher ge- hört z. B. die schärfere Sopderung der Bauchfläche durch Ausbildung einer Rinne bei den Solenogastres (bei Chätoderma nur am hintern Körper- theile vorhanden ) wodurch der erste Zustand der bei den niedersten Mollusken als Sohlfläche des Körpers erscheinenden Bildung repräsenlirt sinne zeigenden, zu sondern sind. erscheint. $ 102. Innerhalb einzelner kleinerer Abtheilungen kommt es zu mannich- fachen andern Modificationen, die besonders. bei entoparasitischen Platt- -würmern von Anpassungen an veränderte äussere Lebensbedingungen abzuleiten sind. Als die bedeutendste dieser Modificationen ist die »Bla- senform« anzusehen, welche in den Entwickelungskreis der Gestoden eingeschaltet, und in phylogenetischer Beziehung ebenso sicher aus einem Eintritte des Organismus in ihm ursprünglich fremde, abnorme Verhält- nisse abzuleiten ist, wie der gesammte Parasitismus auf solche erst secun- där erlangte Zustände zurückführt. Diese phylogenetische Beziehung stellt sich also in ihrer Begründung auf ursprünglich abnorme, dem sich daran anpassenden Organismus jedoch allmählich zu normalen Lebensbedingun- gen werdende äussere Verhältnisse, nicht in einen exclusiven Gegensatz zum ontogenetischen Verhalten, welches die Blasenform als einen Befund des normalen Entwicke- N lungskreises erwiesen hat; viel- mehr drückt ersteres Verhältniss -nur einen erworbenen Zustand aus, der beim Fortbestande glei- cher Bedingungen für gleichmäs- sige Vererbung nach und nach zu einer gesetzmässigen Erscheinung sich gestaltete. Die einzelnen For- men knüpfen an die ersten Ent- wickelungszustände der Gestoden im Allgemeinen an. Der meist mit Fig. 52. Junge Taenia mit eingestülptem Kopfe. a Kopf. d Hülle. c Die sechs an einer Stelle der letzteren zurückgeblie- ben Embryonalhäkchen. (Nach v. SIEBOLD.) Fig. 53. Dieselbe Tae- nie in hervorgestülptem Zustande, Bezeichnung wie in voriger Figur. (Nach v. SIELOLD.) 3 Hakenpaaren ausgestattete Embryo zeigt in seinem Innern die Differen- zirung eines Cestodenköpfchens (Fig. 52 a), welches nach vollendeter Aus- bildung sich hervorstülpt, so dass die anfänglich äussere Umhüllung zu 140 ll. 3. Würmer. einem am Köpfchen sitzenden Körpertheile wird (Fig.53b). Bei der Cysti- cereusform bildet sich der Embryg zu einer mit Fluidum gefüllten Blase, an deren Wand das Köpfchen N Mit der Ausstülpung des Köpfebens stellt die Blase einen Endanhang des Körpers vor (Fig. 54). Entsteht an der Blasenwand eine Mehrzahl von Sprossen, an denen hervorstülpbare Köpfchen sich differenziren, so bildet sich daraus die Gönurusform aus. Im Falle der Ablösung der Knospen ins Innere der Blase können sich dieselben zu neuen Blasen- bildungen gestalten, an deren Wand derselbe Spros- Fig. 51. Eine Finne sSungsprocess von Köpfchen sich fortsetzt und zu (Oysticercus cellu- Systemen ineinandergeschachtelter Blasen führt, de- losae) mit hervorge- ee 2 2 . stülptemKopfe (nat. Gr), en Jüngste an ihren Innenwänden wieder Band- a Die mit Fluidum g- wurmköpfchen sprossen lassen. Dieser Zustand füllte Schwanzblase. c - < - » are Dildet die Echinococeusform. Körpers. d Das Köpfchen. Diese Sprossungsvorgänge lassen sich unge- ARD EG ErEnDIGR) achtet der Mannichfaltigkeit der Endproducte auf eine gemeinsame Grundform zurückführen. Sie stehen im Bereiche der Plattwürmer keineswegs unvermittelt da, indem bei nicht wenigen eine in manchen Punkten ähnliche ungeschlecht- liche Vermehrung Platz greift. Am verbreitetsten ist sie unter den Trematoden, deren Embryo einen als »Keimschlauch« bekannten unge- schlechtlichen Zustand hervorgehen lässt. Das Körperparenchym dieser Keimschläuche differenzirt sich meist wieder zu gleichartigen Gebilden, in denen schliesslich die zur geschlechtsreifen Form sich ausbildenden, als »Gercarien« bekannten Larven entstehen. Die Verschiedenartigkeit der Formen der einzelnen Generationen scheint in den meisten Fällen durch Rückbildungen in Anpassung an die parasitische Lebensweise im Allge- meinen, wie im Speciellen an die Beziehungen zu verschiedenen Wirthen entstanden zu sein, sowie jene Lebensweise nicht minder die wieder als »Generationswechsel« bezeichnete, damit freilich in keiner Weise erklärte, Gesammterscheinung beherrscht. $ 103. Sprossungsvorgänge sind auch unter den Bryozoön verbreitet und führen zur Stockbildung. Die Sprossung geht wieder von der Leibeswand aus, wie bei anderen Würmern und den Cölenteraten. Je nachdem der Spross lateral verbleibt und mit dem Mutterthier den Boden theilt, oder bei Streckung des Körpers terminal vom Boden sich abhebt, entstehen flächenhaft ausgebreitete oder in die Höhe wachsende, ramifieirte Gormi. Am Rande der flächenhaft ausgebreiteten Stöcke bilden die jüngsten Sprossen häufig die Anlagen für mehrere Individuen (Personen), die nach und nach sich von einander sondern. Wie bei der Entwickelung aus dem Gliedmassen. 141 Eie legt sich auch bei der Sprossbildung der vordere, die Tentakelkrone tragende Körpertheil im Inneren des das »Gehäuse« um sich bildenden hintern Körperabschnittes an. Man hat darauf hin beide Abschnitte in sehr ungerechtfertigter Weise als »Individuen« darzustellen versucht. Nicht alle Personen eines Bryozo@nstockes gelangen zu gleich hoher Aus- bildung. Bei manchen entwickeln sich nur einzelne dem Gehäuse und der Muskulatur angehörige Theile, und daraus gehen die sogenannten Avicularien (vogelkopfartigen Organe) hervor, die für den Stock als Greif- organe fungiren. In einer ferneren Modification entstehen die Vibracula- rien, lange, Bewegungen vollführende pfriemenartige Gebilde. Endlich können sogar einzelne Personen nur zur Aufnahme von Eiern dienen, und sogenannte Brutkapseln vorstellen. Daraus ergibt sich wieder ein Polymorphismus, der auf einer Theilung der physiologischen Arbeit des Stockes beruht. Gliedmassen. $ 104. Die Gliedmassen erscheinen als activ bewegliche Fortsatzbildungen des Körpers, die je nach ihrer Beziehung zu letzterem und nach ihrer speciellen Ausbildung zu den verschiedensten Functionen in Verwendung kommen können. An dem den Kopf vorstellenden Körperabschnitte treten Fortsatzbildungen schon bei den Turbellarien auf. So entstehen bei vielen Planarien seitliche lappenartige Fortsätze als Tentakel oder Fühler, und bei anderen ist auch die Rückenfläche des Körpers durch ähnliche Fortsätze ausgezeichnet (Thysanozoon). Während die parasitische Lebensweise der Trematoden, der Cestoden und vieler Nemathelminthen derartige Bildungen gänzlich zurücktreten lässt so treffen sie sich unter den freilebenden Annulaten wieder bedeu- tend entfaltet, und lassen die Macht des Einflusses der Aussenwelt auf den Organismus erkennen. Hier sind es besonders die Chätopoden, deren Kopftheil bald an den Seiten, bald auch median mit contractilen Tenta- keln ausgestattet ist (Fig. 55’). Diese sind entweder einfach, oder durch Segmentirung weiter differenzirt, oder auch durch secundäre Fortsiätze ausgezeichnet. Durch Anpassung an die mannichfachsten Lebensverhält- nisse in Gebilde mannichfacher Art umgewandelt, dienen sie vielerlei Verrichtungen. Bei den röhrenbewohnenden Chätopoden, deren Kopftheil den mit dem umgebenden Medium zunächst in Beziehung tretenden Körperab- schnitt vorstellt, sind die Fühler in mächtige Apparate umgewandelt. Sie bilden Büschel contractiler Fäden am Kopflappen, in einfachen oder mehr- fachen Reihen (Terebellen [vergl. unten Fig. 79. {], Hermellen), oder sie sind mit der Entwickelung eines innern Gerüstes (Knorpel) in starre, auch mit secundären Aesten besetzte, federbuschartige Gebilde (Kiemen- 142 Il. 3. Würmer. tentakel) übergegangen, die sowohl an der respiratorischen Function sich betheiligen, als auch bei Bewegung des Gesammtapparates für die Her- beischaffung der Nahrung thätigg@hd (Serpulaceen . Bei einem Theile ordnen sich diese Kiemenfühler auf zwei _fächerförmig ausgebreitete Grup- pen. Kurze, ein- fache Fäden, neben denen noch zwei sie überragende exqui- site Fühler vorkom- men, stellen sie bei Siphonostoma vor. Bei Andern zieht sich die Basis beider, am Rücken getrennter Hälften der Büschel in eine spiralig auf- gerollte Leiste aus, auf welcher die ein- zelnen Fäden sich Fig. 55. Kopf von Nereis Dumerilii. aa’ Taster. t, t!, iz 2%, aufreihen (Sabel- t4, t5 Fühler. p Fussstammeln. ph Schlundkopf. m Kiefer. i Speise- lidaV. Mit dem Auf- röhre. gl Drüsen. (Nach ULAPAREDE.) 4 treten von Sehwerk- zeugen an den einzelnen Fäden der Kiemenbüschel erscheint für diese Organe eine neue wichtige Beziehung (Branchiomma). Einzelne der Kiemenfäden erleiden noch andere Umwandlungen. Ein oder ein Paar der anfänglich gleichartigen Kiemententakel (Protula) hat bei einzelnen Sabelliden die respiratorische Function verloren und wandelt sich bei Anderen in kolbenförmige Gebilde um, von denen eines mächtiger entwickelt, als Deckel zum Verschluss der vom Thiere bewohn- ten Röhre verwendet wird. Bei Filigrana behält der Deckelstiel in seiner Fiederung einen Theil seiner ursprünglichen Eigenschaften. Die Fiede- rung kann aber verloren gehen (Serpula', und dann durchläuft die Ent- wickelung des Deckels jene bei Andern bleibenden Zustände. An diesem durch Anpassung entstandenen Apparate wird häufig noch eine verkalkte Schichte abgeschieden, welche das freie abgeplattete Ende scheibenförmig bedeckt. In einzelnen Fällen nimmt der erweiterte Deckelstiel die Eier auf und fungirt als Bruttasche (Spirorbis spirillum), so dass ein und dasselbe Organ eine Reihe der mannichfaltigsten, von seiner ursprüng- lichen Bedeutung weit abliegenden und durch gegebene äussere Verhält- nisse erworbenen Beziehungen eingeht. Ausser den Fühlern finden sich bei den Chätopoden noch besondere kürzere, aber retractile Taster (Fig. 55 a) vor. Gliedmassen. 143 Diesen Gebilden reihen sich auch die Tentakel der Bryozoön an, als fadenförmige, von Cilien umsäumte und contractile Fortsätze einer schei- benförmigen oder lappenartig ausgezogenen Ausdehnung des Integumentes (Lophophor) am oralen Körperende. Die erstere Form des Lophophor ist die verbreitetste. Die Mundöffnung nimmt dann die Mitte ein. Im andern Falle ist der Lophophor in zwei eine Hufeisenform bildende Fortsätze aus- gezogen (s. Fig. 60 B. br.). Einfacher verhalten sich die Tentakel von Pedicellina und Loxosoma, die den Rand einer scheibenförmigen, Mund wie After tragenden Körper- . fläche besetzt halten, und im Innern nicht hohl sind wie die Tentakel der Bryozoen. $ 105. Eine andere Abtheilung bilden die bei den Chätopoden ausgebildeten locomotorischen Gliedmassen, seitliche Fortsätze der Metameren des Körpers, Fussstummeln oder Parapodien Fig. 55, 56 p). Sie treffen sich stets paarig für jedes Segment, zu zweien oder zu vieren. Im letztern Falle nimmt ein Paar den dorsalen, ein anderes den ventralen Abschnitt der Seite des Körpers ein. Sie tragen Borsten und häufig auch fadenförmige und mannichfaltig gestaltete Anhänge (Cirren), welche die Parapodien an Volum übertreffen können, oder bei deren Rückbildung sich ganz an die Stelle derselben setzen. Zuweilen sind dorsale und ven- trale Parapodien jeder Seite einander sehr genähert, von welchem Zu- stande an alle Uebergänge bis zur völligen Verschmelzung zu einem ein- zigen Paare sich kundgeben (Sylliden). Dieses nimmt genau die Seite des Körpers ein, und trägt die sonst auf dorsale und ventrale Parapodien ver- theilten secundären Anhänge (Borsten und Cirren). Rückgebildet erschei- nen die Cirren bei den Tubicolen, wo sie durch den Aufenthalt des Kör- pers in einer zuweilen gehäuseartlig gestalteten Röhre keine functionelle Bedeutung mehr besitzen können. Der Ausbildungsgrad der Parapodien ist sehr mannichfach. und wird durch Beziehung zu Borstengruppen complicirt. Eine Umbildung erfolgt durch eine Verbreiterung des Endes der einzelnen getrennten oder auch verschmolzenen Parapodien oder vielmehr deren Cirren, woraus dann Ruderplatten hervorgehen (Phyllodoceen). Als besondere durch Umwand- lung dorsaler Cirren entstandene Anhangsgebilde der Parapodien erschei- nen die Elytren, schuppenartige Lamellen, welche über den Rücken hin sich über einander lagern, und alternirend durch kurze Fortsätze vertreten sind (Aphroditeen). Während die als Locomotionsorgane thätigen Parapo- dien der Anneliden als die Anfänge einer bei den Gliederthieren zu einer vollkommneren Entfaltung gelangenden Gliedmassenbildung erscheinen, entbehren sie doch der Selbständigkeit, insofern sie keinen eigenen Muskel- apparat wie die Gliedmassen der Arthropoden, besitzen, und vorzüglich durch die Gesammtaction der bezüglichen Metameren in Thätigkeit gesetzt werden. 144 II. 3. Würmer. Aeussere Kiemen. N 106. Sowohl die am Kopfe wie die an Metameren der Chätopoden vor- kommenden Anhangsgebilde erleiden mancherlei Umwandhungen in An- passung an die respiratorische Function. Wenn diese bei dem grössten Theile der Würmer durch die gesammte Körperoberfläche ver- mittelt wird, so erscheint sie bei den Chätopoden auf bestimmte Theile localisirt, die dadurch, wie aus ihrem Verhalten zum Gefässapparat und aus ihrem sonstigen Bau zu ersehen, zu Kiemen sich umwandeln. In diese Beziehungen zur Athmung treten erstlich die Kopften- takel '$ 104). Bei einigen (Pectinaria, Terebella) führen diese Gebilde eine perienterische Flüssigkeit, und erscheinen noch nicht sicher als Kie- men bestimmbar. Bestimmter ergeben sie sich als solche bei den Phe- ruseen (Siphonostoma). Bei den Sabelliden sind sie in der oben angege- benen Weise noch weiter diflerenzirt und die einzelnen Kiemenfäden sind zu einer ferneren Vergrösserung der Oberfläche mit secundären Fieder- chen besetzt. Wie durch weitere Ausbildung der Kopftentakel Kiemen hervor- gehen, so erscheinen auch Kiemen als Anhangsgebilde der ein- zelnen Körpersegmente durch Modificationen der den Parapodien angefügten, oder auch als besondere Anhänge sich darstellenden Cirren. Im einfachsten Zustande zeigen die Cirren keine Umbildung, bergen aber eine Fortsetzung der Leibeshöhle, so dass nur die perienterische Flüssig- keit in sie eintreten kann. Auch das Vorkommen von Cilien auf den Cirren ist für deren respiratorische Bedeutung von Belang. Indem die Wand der Cirren an einzelnen Stellen bedeutend dünner ist, werden diese für das Zustandekommen des Gasaustausches bevorzugt. In der 5 Pr —v N Fig. 56. Schemata senkrechter (uerdurchschnitte von Ringelwürmern, zur Darstellung der Anhangs- gebilde. A Querdurchschnitt von Eunice. 5 von Marianida. p Bauchstummel. p’ Rückenstummel, br Kiemen. br' Cirren. Regel sind die dorsalen Cirren in dieser Ausbildung zu treffen. Die soge- nannten Elytren der Aphroditeen gehören gleichfalls in diese Reihe von Fort- satzbildungen. Sie stehen mit der Leibeshöhle in weiter Communication. Bestimmtere Beziehung zur Athemfunction empfangen sie indem das Blut- gefässsystem sich in sie fortsetzt. Sie stellen dann Kiemen vor. Diese bleiben entweder einfache Fortsätze, zuweilen von blattförmiger Gestalt, » Integument. 145 oder sie zeigen Ramificationen in verschiedenem Grade. Als sehr ver- längerte einfache Fäden erscheinen sie bei Cirratulus. Die andere Form umfasst die exquisiteren Kiemen ; sie können entweder kammförmig ge- staltet sein (Euniceen) (Fig. 56. A. br), oder auch sich baumförmig ver- ästeln (Fig. 82. br) (z. B. bei Amphinomeen). Da nicht selten neben ihnen noch ein Dorsaleirrus vorhanden ist, so erscheinen sie als selb- ständigere Gebilde, sowie sie auch häufig von den Parapodien sich ent- fernen und direct von der Rückenfläche entspringen. Ihre Verbreitung über den Körper findet in verschiedenem Maasse statt. Bald treffen sie sich an allen Metameren, gegen das Körperende meist in geringerem Umfange (Eunice sanguinea, Amphinome). Bald sind sie auf eine Anzahl von Metameren beschränkt und gehen allmählich in rudimentäre Bildungen über (Arenicola, Hermella). Bei den Röhrenbe- wohnern ruft die Lebensweise die Ausbildung vorderer, das Schwinden hinterer Kiemen hervor. An drei vorderen Segmenten besitzen die Tere- bellen verästelte Kiemenbüschel (Fig. 79. br), an zweien trägt Pectinaria kammförmige Kiemen, und einfache fadenförmige Anhänge sind an der- selben Stelle bei Branchiosabella und Sabellides vorhanden. Auch in anderen Abtheilungen der Würmer ist die respiratorische Function an Körperfortsätze geheftet. Das gilt von den Tentakeln der Bryozo@ön. Specielle Ausbildungen von respiratorischen Fortsätzen be- stehen bei Gephyreen, wo das Hinterleibsende von Sternaspis blutgefäss- führende Anhänge trägt. Endlich kommen selbst bei den Hirudineen la- mellenartige Ausbreitungen des Integumentes in metamerer Anordnung vor (Branchellion). Integument. ANZ, Das aus dem Ectoderm gesonderte Integument der Würmer steht in enger Verbindung mit der Muskulatur, durch die es sich bei mangelnder Leibeshöhle ins Körperparenchym fortsetzt. So verhalten sich die meisten Plattwürmer und Hirudineen. Bei dem Vorhandensein einer Leibeshöhle stellt das Integument mit der Muskulatur einen Hautmuskelschlauch vor, wie er bei Acanthocephalen, Gephyreen und den meisten Annulaten be- steht. Wenn wir den Hautmuskelschlauch in die beiden ihn zusammen- setzenden Theile zerlegen, so finden wir die Muskulatur in der Regel als die bedeutendere, die als eigentliches Integument anzusprechende Schichte als die relativ geringer entwickelte Lage. Die eigentliche Hautschichte besteht in der Regel aus einer Zellen- lage, deren Elemente oft so wenig gesondert sind, dass sie ein Syneytium vorstellen. Diese Schichte entspricht einer Oberhaut, Epidermis. Bei den Turbellarien ist sie überall mit Wimpern besetzt. Bei vielen sitzen die Wimpern auf einer anscheinend homogenen Schichte, die wie eine Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 0 1465 II. 3. Würmer, Guticula sich ausnimmt. Die Cilien werden jedoch auch hier als Fortsätze der Zellen zu gelten haben. t bei solchen die, wie die Cestoden, später des Wimperkleides entbehren, ist während embryonaler Stadien ein Gilienüberzug vorhanden. Auch Embryonen von Trematoden besitzen ihn. Bei vielen Anneliden bestehen an verschiedenen Körpertheilen be- wimperte Stellen, oder es sind sogar grosse Strecken des Körpers mit Cilien bekleidet. Die locomotorische Rolle dieses Wimperbesatzes tritt besonders für die kleineren Formen hervor. Ausschliessliches Bewegungsorgan bleibt das Wimperkleid daher meist nur in den Jugendzuständen. Durch Fort- satzbildungen des Körpers wird die wimpertragende Oberfläche ver- grössert, und daraus entspringt für die Cilien eine erhöhte Leistung für die Locomotion. So verhalten sich die Larven der Gephyreen und der meisten Anneliden. Die Cilien ordnen sich auf leistenartige Vorsprünge, die bestimmte Strecken der Leibesoberfläche als Wimperschnur oder Wimperkranz umziehen, und in ihrer Anordnung für die einzelnen Abtheilungen meist charakteristisch sind. Ein oder mehrere Wimper- kränze umgürten den Körper, darnach man die Larven von Chätopoden in mesotroche, telotroche und polytroche unterschied. Wenn auch sonst die Körperoberfläche noch Gilien trägt, sind die der Wimperreifen doch mächtiger entwickelt und ihr Schlagen fördert wesentlich die raschere Ortsbewegung. Von diesen Wimperreifen ist einer (Fig. 57. CDv) be- ständiger als die übrigen, er tritt zugleich am frühesten auf, und tbeilt den Körper in einen vordern und hintern Abschnitt. Der erstere stellt den oberen Theil des spätern Kopfes des Wurmes vor, während aus dem andern Abschnitt der ganze übrige Leib des Thieres sich entwickelt. Der primitive Wimperkranz erhält sich in einer Abtheilung der Würmer, bei den Räderthieren. Indess der hintere Abschnitt in einen mehr oder min- Fig. 57. Anordnung der Wimperschnüre bei Echinodermen- (4 3) und Wurmlarven (€ D). v vorderer, w hinterer Wimperkranz. o Mund. : Darmcanal. a After. der gegliederten Körper sich differenzirt, bildet sich der vordere, auf einer wulstförmigen Verdickung lange Cilien tragend, zu einem besonderen Organe aus, welches für diese Abtheilung charakteristisch wird. Dieses Räderorgan — von der Bewegung seiner Cilien so bezeichnet —- zeigl Integument. 147 sich in sehr verschiedenen Formzuständen. Es bleibt entweder einfach, mehr im Anschlusse an das primitive Verhalten, oder es breitet sich in lappenartige Fortsätze aus (Tubicolaria) oder bildet tentakelartige Ver- längerungen (Stephanoceros), die häufig nur in den Jugendzuständen der Ortsbewegung dienen, indess sie später bei festsitzender Lebensweise des Thieres für Zuleitung von Nahrungsstoffen, durch den mittelst der Wim- peraction erzeugten Strudel, in Verwendung stehen. Bei denBryozoöen besteht vor der Entfaltung der Tentakel gleichfalls ein Wimperkranz, innerhalb dessen die Tentakel hervorsprossen. Durch die Lage der Mundöffnung entbehrt dieser Wimperkranz der Uebereinstimmung mit der verbreiteteren Form, allein es bestehen doch noch für einige Abthei- lungen nahe Beziehungen z. B. mit den Gephyreen, deren Larven gleich- falls einen das Mundfeld umgürtenden Wimperkranz besitzen. Auch bei dem sonst mit Rundwürmern übereinstimmenden Polygordius kommt ein Wimperkranz vor, in welchem wir somit eine Einrichtung erkennen, die von einer vielen Abtheilungen der Würmer gemeinsamen Stammform aus sich fortvererbt haben mag. $ 108. Beim Mangel von Cilien wird die Epidermisschichte von einer sehr verschiedengradig entwickelten Cuticula bedeckt, die als Absonderungs- product der epidermalen Zellen- schichte erscheint. Diese Guti- eula ist unter den Plattwür- mern bei Trematoden und Ge- stoden als eine dünne oder doch weiche Schichte vorhanden. In ähnlicher Weise kommt sie auch den Anneliden zu, wo sie sogar eine besondere Mächtig- keit erreichen kann. (S. Fig. 58. c.) Auch die Acanthoce- phalen besitzen sie. Mit be- deutender Verdickung dieser Schichte treten Porencanäle in ihrauf. In der Klasse der Rund- würmer ist sie am beträchtlich- sten entwickelt und übertrifft Fig. 58. Verticaler Querschnitt durch das Integument die unter ihr liegende Matrix eines Ringelwurms (Sphaerodorum). c Dicke Cuti- . }- eularschichte mit weiten Porencanälen. m Muskel- mehrfach - Dicke. Sehr häufig schichte. m' Muskeln des Borstenbüschels s, welches lässt sie mehrere in ihrem den ventralen Fussstummel p einnimmt, indess der dor- näheren Verhalten von ein- sale d durch einen Drüsenschläuche umschliessenden Knopf vorgestellt wird. ander verschiedene Schichten wahrnehmen, deren Substanz dem Chitin nahe verwandt zu sein scheint. Durch grössere Derbheit einzelner Abschnitte des Guticularüberzuges 10* 148 ll. 3. Würmer. kann bei Ringelwürmern eine Art von Hautskelet hervorgehen , welches, wenn auch nicht von der Hägge des Chitinpanzers der meisten Arthro- poden, doch morphologisch jenem gleich kommt. Vollkommene Uebereinstimmung mit dem Cbitinskelet der Arthro- poden bietet der Hautpanzer der Räderthiere dar. Wenn er auch nicht eine bedeutende Mächtigkeit erreicht, so verleiht ihm doch die Rigidität des vordersten Abschnittes sowie der folgenden durch weichere Zwischen- stücke verbundenen Segmente, den Charakter eines wahren Skeletes, welches Muskeln zur Ursprungsstätte dient. An die Cuticulargebilde reihen sich die Gehäuse der Bryozoen, die bald gallertartig (Lophopus erystallinus), weich und biegsam, bald durch Kalkeinlagerungen von bedeutender Härte erscheinen. Letztere kommen bei den meisten Gymnolaemen vor. Durch die innige Verbindung mit dem Körper unterscheiden sie sich von den Gehäusen mancher Rotatorien sowie der tubicolen Anneliden, welche Bildungen durch ein von der Körperoberfläche sich abhebendes Secret zu Stande kommen. Dass aber die zwischen diesen Gebilden bestehende Grenze kaum sehr scharf ist, lehrt die Thatsache, dass bei manchen Räderthieren die Leibeswand vom hinteren Abschnitte des Gehäuses sich löst. Damit spricht sich ein Ueber- gang zu den andern Abscheidungen aus, welche,man zu den Cuticular- bildungen in Gegensatz zu stellen mit Unrecht gewohnt ist. Die Ausbildung des festen Gehäuses erstreckt sich nicht über den ganzen Körper. Es umfasst nur den hintern Abschnitt desselben und setzt sich in eine schwächere den vorderen, tentakeltragenden Theil überklei- dende Chitinschichte fort, die sogar häufig fehlt. Diese verschiedenartige Differenzirung des Integumentes führt zu einer verschiedengradigen .Be- weglichkeit beider Körperabschnitte, und gestattet eine Retractilität des vordern Theils, der sich in dem gehäusetragenden Hintertheile sammt der Tentakelkrone zu bergen vermag. In der Ausbildung dieses Verhältnisses bieten sich am Gehäuse mannichfache Differenzirungen. $ 109. Als den Gutieulargebilden angehörige Sonderungen des Integumentes der Würmer gelten jene eigenthümlichen Bildungen, die als Stacheln, Borsten, Hakenu. s. w. im Haushalte der Thiere eine oft wichtige Rolle spielen. Die ausserordentlich mannichfaltigen Formationen lassen sich nach ihren Beziehungen zur Oberfläche des Körpers in zwei Gruppen theilen. Die eine davon ist an einfache Erhebungen des Integumentes geknüpft. Auf papillenförmigen Fortsätzen bildet sich eine diekere Guti- cularschichte, die in Form einer Warze, oder, wenn länger ausgezogen, haar- oder borstenartig gestaltet sein kann. Bei bedeutender Festigkeit stellt dieser Abschnitt der Cuticula doch eine nur scheinbar selbständige Bildung vor, denn dieselbe ist nur eine Modification der Cuticula, in die sie an ihrer Basis übergeht. Hierher gehören die derben Papillen und Integument. 149 Stacheln, die sich an der Haut vieler Trematoden finden, und zuweilen den Vordertheil des Körpers in verschiedener Ausdehnung besetzen. Ebenso schliessen sich hier die dicht stehenden feinen Stacheln an, welche den Körper der Solenoga- stres bis zur Ventralrinne bedecken, ferner die Sta- cheln der Echinorhynchen, endlich die Haken der Ce- Fig. 59. Kopf von Taenia stoden, die bei manchen am eoenuru's (Blasenform: vordern Körperende zu Coenurus cerebralis) von Fig. 60. a—e Verschiedene 1 2 3 vorn gesehen. Sichtbar sind Häkchen aus dem Haken- einem Kranze gereiht sind die vier Saugnäpfe und der kranze von demselben. Ent- (Fig. 59, 60) oder in der inMitte von diesen liegende wiekelungsstadien vorstel- Wandung von vier ausstülp- Hakenkranz. lend. (Nach v. Sızsorn.) baren Schläuchen sitzen (Tetrarhynchus). Indem diese, als Verdickungen der Guticula beginnend, mit ihrer Chitinisirung sich auch gegen die Matrix und noch tiefer einsenken, bilden sie einen Uebergang zur zweiten Gruppe. In dieser entstehen die Borsten oder Stacheln nicht mehr an der Oberfläche, sondern in besonderen Einsenkungen,, die recht treffend mit Drüsen verglichen werden. Die Ausscheidung geht von Zellen (einer oder mehreren) aus, und gestaltet sich unter allmählicher Chitinisirung in be- stimmter Weise, in verschiedenem Grade über die Körperoberfläche her- vortretend. In der Regel tritt die Borstenbildung erst mit der Metamerie auf. In Volum und Form sind diese Gebilde ausserordentlich wechselnd, und sogar bei den einzelnen Gattungen und Arten vielfach verschieden. Die Hirudineen ausgenommen sind sie bei den Ringelwürmern allgemein verbreitet. Fast immer finden sie sich in Büschel gruppirt (s. oben Fig. 98. s), deren jedem Metameter zwei oder vier mit den Parapodien ver- bunden zukommen. Sie fungiren zum Theil als Locomotionsorgane, bei den Schwimmenden (Vagantes) wie Ruder wirkend; bei einer Umbildung in Haken vermögen sie als Haft- oder Klammerorgane thätig zu sein (Tu- bicolae). Am mächtigsten sind sie bei den Aphroditeen entwickelt, wo ein Theil der feineren Borsten eine, den Rücken und die Elytren deckende, verfilzte Schicht bildet. Als eigenthümliche Bildungen sind noch die »stäbchenförmigen Kör- per« im Integumente von Turbellarien, sowie ähnliche Bildungen bei An- neliden anzuführen,, wodurch in manchen Fällen an » Nesselkapseln « er- innert wird. $ 110. An die vom Integumente aus entstandenen Differenzirungen findet ein in seiner Function noch ziemlich räthselhaftes Organ seinen Anschluss : der sogenannte Rüssel der Nemertinen. Er bildet einen über dem Darm gelegenen in eine besondere Scheide eingeschlossenen,, häufig ge- wundenen Schlauch, der am vordern Körpertheil über dem Munde sich 150 II. 3. Würmer. öffnet, und daselbst bervorgestreckt werden kann. An diesem Schlauche sind mehrfache Abschnitte unterscheidbar, deren einer in seinem Grunde Stacheln trägt, meist einen sMsern in der Mitte und beiderseits in beson- deren Taschen einige kleinere, die bald als Reservestacheln, bald als ausser Gebrauch getretene Gebilde gedeutet sind. Der hinter dem Stachel- apparate liegende Theil des Schlauches erscheint drüsiger Natur und be- sitzt neben dem Stachel einen Ausführcanal. Am blinden Ende des Schlauches befestigt sich ein von der Leibeswand entspringender Muskel, der als Retractor aufzufassen ist. Manchen Nemertinen (Lineus, Nemertes u. a.) fehlt der Stachelapparat. Bei einigen ist der Schlauch von unansehnlicher Grösse (Polia invo- luta) und verknüpft dadurch anderen Plattwürmen zukommende Gebilde, welche vielleicht als Anfangszustände des bei Nemertinen hoch differen- zirten Rüssels gelten können. Dies sind die am vordern Körperende der Cercarien vorhandenen, zum Einbohren dienenden Stacheln, welche entweder oberflächlich oder im Grunde einer tieferen, follikelartigen Ein- buchtung gelagert sind. Das Verhalten seitlicher Stacheln zu einem me- dianen grösseren ist oft ganz ähnlich wie im Nemertinen-Rüssel, und lässt auf eine ursprünglich einer grösseren Abtheilung der Plattwürmer zukommende Gleichartigkeit dieser Organisation schliessen. Auch bei gewissen Nemathelminthen finden sich ähnliche Einrichtungen vor, so dass wir es hier mit grosser Verbreitung übereinstimmender Verhältnisse zu thun haben. Bei den einen erhält sich diese Einrichtung nur in Jugendzuständen, und ist im ausgebildeten Organismus verschwunden (Trematoden), bei den andern dagegen persistirt sie nicht nur, sondern verbindet sich mit grossartigen Differenzirungen (Nemertinen). $ A144. Durch die Differenzirung von Drüsen, als besonderer Secretions- organe, nimmt das Integument der Würmer eine höhere Stelle ein. Solche Organe sind in fast allen Abtheilungen der Würmer nachgewiesen, und finden sich bei den Annulaten sogar in grosser Verbreitung. Sie scheinen in den meisten Fällen einzellig zu sein, und lagern bald unmittelbar unter dem Integumente, bald in den tieferen Theilen des Körpers, letzteres bei dem Mangel einer gesonderten Leibeshöhle. Unter den Plattwürmern sind einzellige Hautdrüsen bei den Trema- toden bekannt. Sie lagern meist in Gruppen am Vordertheile des Körpers, und kommen auch am hintern Körpertheile in Verbindung mit Saugnäpfen vor. Eine mächtige Ausbildung besitzen die Drüsen bei den Hirudineen, besonders bei den Blutegeln, wo sie, im Körperparenchym zerstreut, mit langen Ausführgängen zur Haut treten. Ihre Ausbildung scheint an die Geschlechtsfunction geknüpft. Gleichfalls einzellige Drüsen sind im Inte- gument der Scoleinen und zwar zwischen den Zellen der Matrix nach- gewiesen. In manchen Fällen rücken die Drüsen tiefer und lassen blos den Ausführgang zwischen den Zellen hindurch treten. Skelet. Muskelsystem. 191 Bei den Gephyreen sind Drüsenschläuche gleichfalls mit dem Integu- mente verbunden, und ebenso finden sie sich bei den Anneliden Fig. 58d). Eine Drüsenschichte entfaltet sich an einem Abschnitte des Körpers der Lumbricinen als Sattel; der Bau dieses Gebildes scheint jedoch nicht mehr so einfach zu sein, da die Schläuche ein besonderes Epithel als Ausklei- dung, und zuweilen auch eine gelappte Form besitzen. Sehr verbreitet finden sich unter den Chätopoden Drüsenschläuche mit Massen von stäb- chenförmigen Körpern (Spio, Aricia). Den Nemertinen kommen gleichfalls Drüsen, die ein schleimiges Secret liefern, zu. In vielen Fällen wird das Secret der Hautdrüsen zur Bildung von Eihüllen verwendet. Skelet. g 112. Bei etwas festerer Beschaffenheit spielt das Integument in vielen Abtheilungen der Würmer eine bedeutende Rolle als Stützorgan , welcher Beziehungen bereits oben gedacht ward. Beachtenswerther sind die Or- gane, welche jene Function ohne Nebenbeziehungen besitzen. Als solche Stützorgane trifft man bei einer Anzahl von tubicolen Anneliden im Kopf- segmente Knorpelstücke, von denen aus Fortsätze in die federbuschartigen Kiemen sich verzweigen, und dort bis in deren Fiederblättchen als feine Streifen verlängert sind. Es wird darin eine innere Skeletbildung zu sehen sein, die jedoch zu andern ähnlichen nur Analogien darbietet. Gleiches gilt von dem Kiemenskelet der Enteropneusti, welches aus einem Gitlerwerk homogener Stäbchen (Guticulargebilden) zusammen- gesetzt wird. In Anordnung wie in Genese erinnert es an das Kiemen- skelet der niedersten Wirbelthiere (Amphioxus), ohne dass nähere Be- ziehungen hiezu festzustellen wären. Muskelsystem. $ 113. Die Muskulatur der Würmer bildet mit dem Integumente verbunden bei den meisten den mächtigsten Theil der die inneren Organe umschlies- senden Hülle. Bei andern ist sie nur spärlich ausgebildet. Als continuir- liche Schichte fehlt sie bei Echinodermen. In der allgemeinen Anordnung der Fasern lassen sich mehrere Typen unterscheiden, die in folgender Weise zu charakterisiren sind. 1) Ring-, Längs- und Radiärfasern bilden eine zusammenhängende Muskelmasse, bei welcher die beiden ersteren in Schichten gesondert und von den senkrechten Fasern durchsetzt sind. Die Ringfasern bilden eine äussere und eine innere Schichte, zwischen welchen die Längsfaser- schichte eingeschlossen liegt. Die senkrechten Fasern treten von den Bin- 158 ll. 3. Würmer. nentheilen des Körpers zur Oberfläche. An den Seitenrändern des Kör- pers erstrecken sie sich unmittelbar von der Rücken- zur Bauchfläche. Diese Anordnung der Muskulaigß besitzen Plattwürmer und Hirudineen. Dabei kommen auch noch schräg gekreuzte Muskelfasern vor, die bei den Rundwürmern und rhabdoecölen Turbellarien fehlen. Fig. 61. Querschnitte von Ascaris lumbricoides A, und Hirudo B. c Cuticularschichte. m Muskelschichte, r Seitenlinie mit dem Excretionsorgan. pp Öbere und untere Medianlinie, p'Schräge Fasern. v Darm. d Dorsaler, 2 seitlicher Gefässstamm. s Blase des Excretionsorganes. n Bauchmark. 2) Die Längsfaserschichte bildet die ausschliessliche Muskulatur. Das ist der Fall bei den Nematoden, Chätognathen und bei Polygordius. In der Vertheilung der Längsmuskeln sind verschiedene Verhältnisse gegeben. Die Muskelfasern verlaufen entweder als flache, mit den Breitseiten an einander liegende Bänder, unmittelbar unter der Epidermisschichte Matrix der Gutieula), oder sie sind mit den Kanten gegen einander, also mit den Flächen je nach aussen und innen gerichtet. In beiden Fällen bieten sie Eigenthümlichkeiten in der Gruppirung. Durch eine dorsale und ventrale von anderen Geweben eingenommene Medianlinie werden sie in zwei seitliche Massen geschieden, die aus unmittelbar an einander liegenden Fasern bestehen |Gordius, Trichocephalus . Bei der Mehrzahl der Nemathelminthen tritt an beiden Seitenhälften des Hautmuskel- schlauches durch Zwischentreten anderer Organe eine weitere Differen- zirung auf. Diese Seitenlinie Fig. 61 A. r) verbreitert sich bei sehr vielen Nematoden zu einem in verschiedenem Grade entwickelten Sei- tenfelde, welches auch den CGhätognathen zukommt. 3) Die Muskulatur des Körpers besteht aus einer äussern Ring- und innern Längsfaserschichte. Beide sind bei den Gephyreen und Acanthoce- phalen nicht in bestimmte Felder gesondert, obwohl bei den ersteren die einzelnen Längs- oder Quermuskelzüge häufig in Abständen von einander gelagert sind. Dagegen besitzen die Anneliden durch die Anordnung der Längsmuskeln in zwei dorsalen und zwei ventralen Zügen ein deutliches Seitenfeld, die Längsfaserschichte ist die mächtigere. Eine in der Regel durch einzelne Bündel vorgestellte Schichte transversaler Fasern geht von der ventralen Medianlinie zu den Seitenfeldern. Muskelsystem. 153 Ausser dieser dem gesammten Körper zukommenden Muskulatur sind noch einzelne Muskeln für besondere Organe vorhanden. Hier soll nur der die Borstenbündel bewegenden Muskeln Erwähnung geschehen, welche wohl nur eine Sonderung aus der über den ganzen Körper sich er- streckenden Muskulatur vorstellen. Besondere Differenzirungen des Hautmuskelschlauchs stellen die bei Trematoden, Cestoden und Hirudineen verbreiteten Saugnäpfe vor, die im wesentlichen des Baues miteinander übereinstimmen. g a. Als äussere Ring- und innere Längsfaserschichte gibt sich die Mus- kulatur der Bryozo@n zu erkennen (Phylactolaemen). Nicht selten ist die Ringmuskelschichte in einzelne Bänder gesondert. Am mächtigsten ist die Muskulatur an der Verbindung des protractilen Körperabschnittes mit dem Gehäuse. Bei vorwiegend starrer Wandung des letzteren sind die Ring- bänder unterbrochen (Flustra) und stellen von den Seitenwänden des Ge- häuses zur oberen freien Fläche tretende Züge dar. Einige davon inse- riren sich an dem als Deckel fungirenden Abschnitt des Gehäuses. Beim Bestehen einer Längsmuskulatur löst sich ein Theil der Muskelfasern hin- ter dem invaginirten Abschnitte des Körpers ab und tritt nach innen zur Duplicatur der Leibeswand, um sich grösstentheils bis zur Tentakelbasis fortzusetzen. Sie bilden Rückzieher des vordern Körpertheils (Parieto- Vaginalmuskeln). : Im Baue der Formelemente des Muskelsystems bieten die Würmer beträchtliche Verschiedenheiten. Die Muskelfasern sind längere oder kürzere Gebilde, die in der Regel selbst da, wo sie eine bedeutende Länge besitzen, das Product einer einzigen Zelle sind, wie aus dem Vor- handensein eines einzigen Kernes hervorgeht. Unter den Plattwürmern besitzen die niedern Formen nur blasse, oft schwer unterscheidbare Fa- sern, die auch Verästelungen darbieten. Bei den höhern Plattwürmern stellen sie Röhren vor, indem die contractile Substanz einen hohlen Cy- linder bildet, welcher indifferentes Protoplasma mit dem Kerne um- schliesst. Der contractile Theil der Faser zeigt zuweilen eine fibrilläre Streifung. Dieses Verhalten findet sich bei den Hirudineen,, Acanthoce- ‘phalen und Gephyreen. In den beiden letzten Abtheilungen bilden die Fasern jeder Schichte ein Netzwerk. Unter den Nemathelminthen zeigt Gordius die einfachsten Zustände. Die Muskelfasern sind breite dünne mit den Flächen an einander gereihte Bänder. Bei andern sind besondere Differenzirungen der Fasern bemerk- bar, welche rhomboidale, häufig auch in langgestreckte Fasern über- gehende Platten bilden. Die contractile Substanz ist fibrillär gestreift und liegt an der äusseren Seite der Faser, während der gegen die Leibeshöhle gerichtete Theil der Faser aus indifferent gebliebenem — einen Kern ein- schliessendem Protoplasma gebildet wird. Daran reihen sich eigenthüm- 154 II. 3. Würmer. liche Umgestaltungen der Fasern in rinnenförmige oder auch platteylin- drische Formen. Jede Faser stellt eine sehr tiefe, entweder als solche auslaufende oder gegen die@®hden zu eylindrisch sich abschliessende Rinne vor, deren offener Theil immer gegen die Leibeshöhle gerichtet ist. Die Wandungen bestehen aus contractiler Substanz mit fibrillärer Zer- klüftung. Den schmalen Raum der Rinne füllt Protoplasma und von den Rändern setzt sich eine zarte Membran in ein beutelförmiges Gebilde fort, welches von jeder Muskelfaser aus in die Leibeshöhle einragt, deren grösster Theil durch diese beutelförmigen Anhänge der Muskelfasern aus- gefüllt wird (Ascaris lumbricoides. Vergl. Fig. 61. A). Von den Beuteln verlaufen schräge Stränge |Querfasern ) zu den Medianlinien. Sie zeigen nicht selten eine fibrilläre Beschaffenheit, und sind als Nerven betrachtet worden. An einzelnen Stellen findet man sie deutlich als Muskeltibrillen. Wo die Beutel nicht entwickelt sind, treten diese Stränge an Fortsätze der Muskelfasern, die häufig in seitlich plattgedrückte Röhren übergehen. Beiderlei Zustände finden sich übrigens nicht nur innerhalb gleicher Gat- tungen, sondern sogar in allmählichem Uebergange an einem Individuum vor. Bei der letztaufgeführten Form der Muskelzellen liegt meist eine grössere Anzahl von Fasern im Muskelschlauche neben einander. Deut- lich ausgesprochene Querstreifung besitzen die Muskelfasern der Chae- tognathen ; bei manchen Anderen kommt sie angedeutet vor. Nervensystem. $ 115. In der allgemeinen Anordnung des Nervensystems der Würmer zeigt sich die enge Beziehung dieses Apparates zu der gesammten Organisation. Centren und peripherische Theile verhalten sich einfach, wo der Körper nicht in Metameren getheilt ist, während sich bei einer Gliederung des Körpers diese Erscheinung fast regelmässig auch für die Centralorgane des Nervensystems wiederholt. — Allen ist die Lagerung der wichtigsten Centralorgane im vordern Körpertheile meist in der Nähe des Anfangs- stückes vom Darmcanal gemeinsam. Eine Differenzirung aus dem Ecto- derm ist wenigstens für mehrere Abtheilungen nachgewiesen. Das den Munddarm überlagernde Gentralorgan, ist der ur- sprünglichste Theil des Nervensystems, welche Modifi- cation er auchbietet. Eskommt mit der Sonderung eines Kopfes in diesen zu liegen und versorgt stets die am Kopfe entfalteten Sinneswerkzeuge mit Nerven, nach der Ausbildung dieser Organe gleichfalls verschieden- sradig ausgebildet. Nach der Peripherie des Körpers ausstrablende Nervenstämme erscheinen nach Maassgabe ihres Verbreitungsgebietes in verschiedener Ausbildung. Von diesem Verhalten sind zwei verschiedene Zustände ableitbar. Der erste wird durch eine ventrale Verbindung der oberen Gentralorgane re- Nervensystem. 155 präsentirt. Es entsteht dadurch ein Nervenschlundring, der zweite ist . durch Entfaltung zweier Längsstäimme ausgezeichnet, die sich ventral nähern und centrale Elemente eingelagert erhalten. Die primitive Form des Nervensystems erhält sich bei den meisten Plattwürmern, die zwei grössere durch eine Quercommissur zusammen- hängende Ganglienmassen im vordern Theile des Körpers besitzen. Diese »Hirnganglien« (Fig. 62 g) bilden mit zwei davon ausgehenden Längsnerven- stämmen (rn) den -Haupttheil des Nervensystems, von dem feinere Verzweigungen nach den Sinnes- organen des Integumentes (n’) zum Hautmuskel- schlauche, sowie zu inneren Organen verlaufen. Die Längsstämme folgen den Seitenrändern des Körpers und sind je nach der Breite desselben näher an einander gelagert oder weiter aus ein- ander gerückt. Sowohl dendrocöle Turbellarien als auch viele Trematoden zeigen diese lateralen Längsstämme nur wenig entwickelt, so dass sie von andern von den Hirnganglien entspringenden „;. 52. Vorderer Theil des Nerven kaum unterschieden sind, doch sind sie Körpers von Mesostomum auch bier nicht selten durch grössere Stärke von Fhrenbergii. g Gebirn- ® ganglien. n Seitennerven. n' anderen Nerven unterschieden. N TE Am nächsten den Plattwürmern kommen die Körpers. d Darm. o Mund, Räderthiere. Als Centralorgan erscheint eine Yo"“inem Sangnapf umgeben. ; 4 s N (Nach L. GRAFF.) dem Schlund äufliegende, aber ihn niemals um- greifende Ganglienmasse, die zuweilen deutlich in zwei seitliche Hälften getrennt ist. Von diesem Gehirn entspringen die peripherischen Nerven. Da diese nicht in Längsstämme gruppirt sind, so besteht hier die einfachste Form, die am meisten jener der Turbellarien sich anschliesst. Auf derselben niederen Stufe erscheint das Nervensystem von Pe- dicellina, welches, dem Magen aufgelagert, keine Schlundringbildung eingeht. Ob die bei Echinoderes seitlich am Schlunde liegenden Ganglienmassen, von denen Nervenstämme nach hinten gehen, von ein- ander getrennt bestehen, ist nicht sicher. Bestände eine dorsale Gom- missur so würde die Anordnung jener niederer Plattwürmer sich an- reihen. Weiter gebildet stellt sich das Nervensystem der Bryozo@ön dar, dessen einzige Gentralmasse als ein einfacher Ganglienknoten zwischen Mund und Analöffnung liegt und ausser starken Aesten an die Tentakel noch zwei Nerven um den Anfang der Speiseröhre zur Bildung eines Schlundringes entsendet. Wo das Nervensystem am genauesten bekannt ist, wie bei Alcyonella, ist der Schlundring zweifellos. Von dem seitlichen Theile der centralen Nervenmasse tritt ein lappenartiger Fortsatz in den Lophophor und entsendet, wie auch der übrige Schlundring, Nerven zu den Tentakeln. 156 IT. 3. Würmer. Ausser diesem, jedem Individuum zukommenden Nervensysteme ist noch ein dem Stocke zukommendes Nervensystem, ein Colonial- nervensystem erkannt wor. dessen Existenz jedoch nicht sicher gestellt ist. $ 116. In eigenthümlicher Weise verhält sich das Nervensystem der Ne- mathelminthen, soweit darüber bis jetzt die Thatsachen festgestellt scheinen. Es besteht hier ein dem Schlunde aufgelagertes und ihn ring- förmig umschliessendes Gentralorgan, von dem sowohl nach vorne als nach hinten Nerven ausstrahlen. Dieser Vertheilung der Nerven ent- spricht die Gruppirung der Ganglienzellen des Schlundringes. Die von diesem nach vorne tretenden Nerven sind als sechs Faserzüge unter- scheidbar. Zwei verlaufen in der Mitte der Seitenfelder und vier in der Richtung secundärer Medianlinien. Sowohl am Ursprunge als im Verlaufe der letzteren liegen Ganglienzellen. Die nach hinten verlaufenden Nerven bestehen aus einem dorsalen und einem ventralen, der entsprechenden Medianlinie entlang verlaufenden Stamme. Ausserdem gehen noch vom ventralen Theile des Schlundringes zwei nach hinten convergirende Stränge ab, die sich an einer Ganglienzellenmasse (G. cephalicum , ver- einigen. Der Verlauf der Mediannerven zieht sich durch die Länge des Körpers. Beide schicken Fasern zur Zellenschichte des Integumentes. Es ist ersichtlich, dass diese Anordnung zwar im Allgemeinen von den andern einfachen Formzuständen des Nervensystems der Würmer eine Modi- fication darbietet, die aber bei ihrer Eigenthümlichkeit jede speciellere Vergleichung unsicher erscheinen lässt. | Bezüglich des Nervensystems der Acanthocephalen gilt das Gleiche. Ein kleines am Grunde der Rüsselscheide gelagertes »Ganglion« sendet nach vorne wie nach hinten Aeste ab. Da es zwischen den Bündeln der ventralen Retractoren der Rüsselscheide angegeben wird, bleibt eine Beziehung auf das dorsale Gentralorgan der andern Würmer vorerst noch dunkel. $ 4417. Eine zweite Form des Nervensystems wird durch das Vorwalten zweier Längsstämme angebahnt, welche von den Gehirnganglien ausgehend sich nach hinten erstrecken. Diese Einrichtungen beginnen mit den Ne- mertinen und knüpfen direct an die Turbellarien an, von denen manche ebenfalls zwei bedeutend entwickelte nach hinten ziehende Längsnerven besitzen. Die Mächtigkeit dieser beiden peripherischen Längsstämme steht mit der Ausdehnung des Körpers in die Länge in Zusammenhang. Da in ihnen Ganglienzellen vorkommen sind sie nicht ausschliesslich pe- ripherische Organe. Auch das Gehirn bietet bei den Nemertinen eine be- deutendere Entfaltung, indem an jedem der beiden Ganglien einzelne Nervensystem. 157 grössere Abschnitte unterscheidbar werden. Die Commissur zwischen beiden Hälften wird von dem oben als Rüssel bezeichneten Organe durch- setzt. Während die Längsstämme (Fig. 63. n) bei der Mehrzahl in ihrem Verlaufe genau dem Seitenrand des Körpers entsprechen (inner- u halb der Muskelschichten gebet- tet), rücken sie bei anderen (Oerstedia) an der ventralen Fläche näher an einander, und sind an den Abgangsstellen von Nervenzweigen durch Anschwel- F lungen ausgezeichnet. Darin spricht sich eine Vorbil- dung ventraler Ganglien aus, deren Elemente bereits in den Längsstämmen vorhanden Z waren. Durch die ventralwärts rückenden Längsstämme der Nemertinen ist der Weg gezeigt, auf welchem das centrale Ner- N \ vensystem noch einen ventralen as \ Abschnitt gewinnt, der durch N ATT77 Ganglienbildungen in ursprüng- 8 A\ i : - . - Solioe | lich peripherischen Bahnen sich DRS )\\\ = a oa ausbildete. Die ventrale Nähe- 0 TI rung der Längsstämme führt 2ER ) B ooo8 | | aber durch Umschliessung des SO ) Schlundes zur Bildung eines Be wu n Sr a I) | Nervenschlundringes, 9 wenn die ventralen Längsstämme mit einander zusammentreten. Ob der Schlundring der Bryo- Fig. 63. Kopf einer Nemertine (Ommatoplea alba). zoen und der Nemathelmin- 9 Centrales Nervensystem. n Seitenstämme. o Augen- iben aus einem ähnlichen Vor- Ntkt, 2 22" Me, se Russe, ı Darm gang entstand, bleibt eine offene (Nach Carr. M’Intosn.) Frage, bezüglich welcher wir nur das eine bemerken wollen, dass selbst bei der Annahme einer gleichartigen Genese, daraus noch nicht ein directer Zusammenhang dieser Schlundringbildungen gefolgert werden kann. Denn bei den Nemertinen sehen wir die Entstehung dieser Einrichtung durch das Verhalten zweier peripherischer Längsstämme vermittelt, die in jenen andern Fällen nicht vorhanden sind. Der bei den Nemertinen noch fehlende ventrale Abschluss des Schlundringes vollzieht sich bei den Annulaten durch transversale Ver- bindungen zwischen den primitiven Längsstämmen. Die letztern haben 158 ll. 3. Würmer. durch reichlicher eingelagerte Ganglienzellen eine centrale Bedeutung ge- wonnen, und die Anfänge der Löngsstämme erscheinen dann als Com- missuren, welche das primilfre, dorsale, über dem Schlund gelagerte Nervencentrum (Gehirn) mit dem aus den Längsstämmen entstandenen ventralen in Verbindung setzen. $ 118. Die Gehirnganglienmasse ist bei den Gephyreen nicht allgemein ausgebildet. Deutlich besteht sie bei Sipunculus und Sternaspis, bei ersterem sogar in zwei Hälften gesondert. Bei Bonellia und Priapulus da- gegen umfassen nur faserige Elemente den Schlund, so dass im Vergleiche zu den ersteren eine Veränderung besteht, für welche entweder eine Rückbildung der centralen Elemente oder ein Uebertritt derselben nach der ventralen Seite wird angenommen werden müssen. Der Befund entspricht dann einer bedeutenderen Entfaltung der sonst zwischen den beiden Hälften der obern Ganglien vorhandenen CGommissur. An der Stelle der beiden ventralen Längsstämme besteht ein einheitlicher Nervenstrang, an dem eine Verschmelzung aus zweien nur andeutungsweise sich findet. Dieser Bauchstrang liegt meist im Innern der Leibeshöhle, soll aber bei einzelnen auch ausserhalb der Muskelschichte dicht unter dem Integumente vorkommen (Priapulus). In der Regel fehlen ihm Anhäufungen der Ganglienzellen zu beson- dern, eine Metamerie ausdrückenden Anschwellungen, nur bei Echiurus sind solche allerdings schwach ausgebildet vorhanden, und am Bauch- strang besteht in anderen Fällen (Sipunculus, Sternaspis, eine terminale, feine Fädchen aussendende Verdickung. Der Bauchstrang sendet nach beiden Seiten zahlreiche, häufig un- regelmässig entspringende Fädchen als peripherische Nerven ab. Vom Schlundringe begeben sich solche auch auf den Darmcanal. Der im Bauchstrange der Gephyreen bestehenden Gonerescenz zweier getrennter Bildungen stellt sich das Getrenntbleiben der beiden Hälften des Bauchstranges gegenüber, das in anderen Abtheilungen der Annulaten zu treffen ist. Es dürfte jedoch bedenklich sein diese Zustände als niedere zu betrachten, bevor durch die Beobachtung noch nicht erwiesen ist, dass ihnen nicht ein früherer, dem der Gephyreen ähnlicher, vorausging. Die Vereinigung beider getrennter Bauchstränge durch Quercommissuren ist leichter verständlich, wenn der Bauchstrang zuvor einheitlich war. Eine besondere Stellung nimmt das Nervensystem von Sagitta ein. Von dem im Kopfe liegenden Gehirnganglion erstrecken sich seitliche Gom- missuren weit nach hinten und abwärts zur ventralen Fläche des Körpers und gehen daselbst in ein unmittelbar unter dem Integumente liegendes grosses Bauchganglion über, welches nach verschiedenen Seiten periphe- rische Nerven abgibt. Nervensystem. 159 g 119. Eine höhere Differenzirungsstufe erscheint im Nervensystem der Hi- rudineen und Anneliden. Die Gehirnganglien sind durch Commissuren mit einem Bauchstrange verbunden und damit bestehen Anknüpfungen an die Gephyreen. Bei manchen Anneliden erscheint der Bauchstrang in seinen beiden Hälften noch gleichartig, nur durch die abtretenden Nerven eine metamere Beschaffenheit andeutend. Die Mehrzahl besitzt dagegen die centralen Formelemente in regelmässiger Vertheilung. Dann erscheint der Bauchstrang in einzelne Ganglien gegliedert, die durch Längscom- missuren unter einander verbunden sind. Jedes Ganglion zerfällt wieder mehr oder weniger seitlich in zwei durch Quercom- missuren verbundene Hälften. Die beiden Bauch- stränge stellen damit eine Bauchganglienkette vor (Fig. 64). Bei manchen Hirudineen besteht in Jugendzuständen eine Entfernung der Längsstränge des Bauchmarks von einander. Sie lagern später sehr nahe beisammen und erscheinen fast wie ein einziger Strang. Dadurch wird hier die Trennung als ein primi- tiveres Verhalten gelten müssen. Noch mehr genähert erscheinen die Längsstränge bei den Scoleinen, und unter den Chätopoden bei den Nereiden, Amphi- nomiden und Euniceen, doch ist in allen diesen Fällen keine wirkliche Verschmelzung, sondern nur ein nahes Aneinanderliegen gegeben, welches durch das beide Nervenstränge umhüllende Bindegewebe noch inniger scheint. Bei den tubicolen Anneliden besteht eine Tren- - nung der ganglientragenden Längsstränge und beson- Fig. 64. Vorderer Theil ders bei den Serpulen sind die Seitentheile der ee Ganglienkette vorne weit auseinandergerückt. Mehr , Gehirnganglion. o Au- genähert sind die Stränge bei den Sabellen und Her- gennerven. c Schlund- mellen, wo sogar der vordere Abschnitt des Bauch- erane mit BE marks viel kürzere Quercommissuren besitzt als der glien. » Von letzteren hintere. Daran schliessen sich endlich die Terebellen, a3bsehende Nerven. (Nach bei denen nur am hintern Abschnitt noch Quer- et commissuren zwischen den Ganglien deutlich sind, indess der vordere die beiderseitigen Ganglien fast verschmolzen zeigt. Bezüglich der Ganglien ist die Ausbildung und voluminösere Ent- wickelung der Hirnganglien im Gegensatze zu den niederen Würmern hervorzuheben. Sehr selten werden beide Hälften durch einen einfachen Knoten vertreten, was z. B. bei Enchytraeus als eine Rückbildung sich ausnimmt. Ein Zerfallen in einzelne lappenförmige Abschnitte, bei den Nemertinen in einfacher Weise angedeutet, tritt in mannichfaltiger Ge- staltung hervor. Häufig erscheinen die Lappen als kugelige Vorragungen, 160 Il. 3. Würmer. weilen fast wie gestielt. Die Hirnganglien sind dann Complexe kleinerer zu Ganglien Auch an den ENE, M Bauchstranges macht sich eine theils durch voluminösere Ausbildung, theils durch Concrescenz auftre- tende Diflferenzirung bemerkbar. Bei den Hirudineen ist das erste Gang- lion meist sehr ansehnlich, immer die übrigen an Grösse übertreflend ; es entspricht einer grösseren Anzahl einzelner unter einander verschmol- zener Ganglien, wie sowohl aus den es zusammensetzenden Abschnitten als auch aus den abtretenden Nervenästen zu ersehen ist. Ein ähnliches Verhalten kehrt am Ende des Bauchstranges wieder, wo das grössere, den Saugnapf versorgende Ganglion durch Verschmelzung mehrerer pri- mitiven Ganglien (bis sieben bei Glepsine, hervorging, die ebensovielen in die Saugnapfbildung eingehenden Metameren entsprechen. Diese Er- scheinung des Näheraneinanderrückens (durch Verkürzung der Längs- commissuren) einzelner Ganglien findet sich auch bei den Scoleinen, doch ist hier oft noch die Selbständigkeit der Theile an den einzelnen Quer- commissuren deutlich erkennbar. Unter den Chätopoden liefern die Her- mellen ein Beispiel, deren erste sieben Ganglien jederseits unmittelbar an einander gerückt sind. Die Ausdehnung der Längscommissuren wie die Zahl der Ganglien steht mit der Metamerenbildung in Verbindung. Sehr dicht stehen sie bei den schmalgeringelten Lumbricinen, so dass der ganze Bauchstrang eine dichte Folge von Anschwellungen und Einschnü- rungen ee Noch mehr sind die Ganglien bei, Ciymene und bei Cirratulus an einander gerückt. Aus diesem engeren Zusammentreten der ganglionären Gebilde des Bauchstranges erwacht die Vorstellung einer a mit dem Rücken- marke der Wirbelthiere. Daher ward die Bucher unlenke auch als »Bauchmark « bezeichnet. Mag man eine Analogie gelten lassen, so ist doch eine Homologie völlig unbegründet. Lage, Genese und Structur bil- den die Instanzen, welche jene Annahme zurückweisen. Bezüglich der Structur sei nur hervorgehoben, dass die Ganglienzellen am Bauchstrange inder Peripherie der Ganglien sich finden, deren Inneres wesent- lich durch Faserzüge eingenommen wird. $ 120. Die Gehirnganglien lassen vorzüglich die Nerven der höheren Sinnes- organe entspringen, und sind je nach der Ausbildung der letzteren in verschiedenem Maassstabe entwickelt. Vor allem sind die Fühlernerven sowie jene der Sehorgane hervorzuheben. (Fig. 64 0.) Die von der Bauchkette entspringenden Nerven treten in der Regel von den Ganglienanschwellungen ab; doch findet sich bei manchen Ab- theilungen ein scheinbarer Ursprung von den Längscommissuren, wobei der Nerv immer auf das nächst vorliegende Ganglion zurückgeleitet wer- den kann. Solche Verhältnisse kommen vor bei Scoleinen, bei, Siphonosto- Nervensystem. 161 men, bei Aphrodite, sowie bei Nereiden u. a. Sehr häufig bilden die seitlichen Aeste des Bauchmarks kleine, meist an der Basis der Parapo- dien gelagerte Ganglien, von denen aus feinere Nervenverzweigungen ihren Ursprung nehmen (z. B. bei Nereiden). Diese Ganglien zeigen sich nicht selten unter einander durch Längscommissuren in Zusammenhang und daraus entsteht ein besonderer, dem Bauchnervenstrange coordinirter Abschnitt des Nervensystems (Pleione). Eine ähnliche Differenzirung bieten die Eingeweidenerven. In den niederen Abtheilungen der Würmer treten Nerven von den oberen, einzigen Ganglien zum Darmcanale. Solche sind sowohl bei Turbellarien als bei Trematoden beobachtet. Bei den Anneliden erreichen diese Ner- ven nicht blos eine grössere Entfaltung, sondern erlangen durch Einlage- rung von Ganglien einen gewissen Grad von Selbständigkeit. Diesen dadurch zu einem besonderen Systeme von Eingeweidenerven sich ge- staltenden Apparat theilt man in einen vorderen und einen hinteren Ab- schnitt. Der erstere verbreitet sich auf den Mundtheilen, und ist besonders bei den mit protractilem Rüssel ausgestatteten Chätopoden (Phyllodoce, Glycera u. a.) ansehnlich entwickelt. Der hintere schwächere Abschnitt verläuft dagegen auf dem Darmrohre. Bei den Hirudineen ist ein un- paarer Darmnerv Bekannt; bei Lumbricinen setzt sich aus der Schlund- commissur jederseits ein Nerv zu dem Darm auflagernden Ganglien fort, die in verschiedener Zahl beobachtet wurden. Beide Abschnitte müssen, unerachtet ihrer Verbreitung auf physiologisch zusammengehörenden Or- ganen aus einander gehalten werden, denn der vordere Abschnitt verläuft zu willkürlich beweglichen Theilen, wogegen nur der hintere einem echten Darmnervensystem entspricht, und in physiologischer Beziehung als sym- pathisches Nervensystem bezeichnet werden kann. LeynDıg, Ueber d. Nervensystem der Anneliden. Arch. f. Anat. u. Ph, 1862. HERMANN, E., Das Centralnervensystem von Hirudo medicinalis. München 1875. EI Von den bisher aufgeführten Formen des Nervensystems der Würmer ist die bei den Solenogastres sich findende in mehrfachen Punkten ab- weichend. Das Gehirnganglion, bei Chätoderma aus vier Lappen zusam- mengesetzt, entsendet hier vier Nervenstämme nach hinten. Zwei nehmen mehr einen ventralen Verlauf, zwei finden sich zu den Seiten. Sie ver- einigen sich in einem dem Körperende benachbarten Ganglion. Bei Neo- menia besteht eine bedeutende Complication. Das Gehirn sendet eine Commissur um den Schlund und jederseits noch einen Commissurstrang zu einem seitlich am Schlunde gelegenen Ganglion, von dem je ein late- raler Nervenstamm entspringt. Beide Seitennerven treten terminal in ein Ganglion (Kiemenganglion) über. Von jedem seitlichen Ganglion geht eine Verbindung zu einem ventral gelagerten Ganglion aus, welches einen Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. A 162 ll. 3, Würmer. ventral verlaufenden Nervenstamm abgibt, der mit dem anderseitigen durch eine Anzahl von Quercomgpssuren in Zusammenhang steht. Würden das seitliche und das untere Mienpaar als vom Gehirn abgelöste Theile betrachtet werden, so wäre eine bedeutende Annäherung an das Verhal- ten von Chätoderma erkennbar, und es bestände nur in der Schlundeom- missur wie in den Quercommissuren der ventralen Stämıne und dem Aus- schlusse der letzteren von einer Betheiligung am terminalen Ganglion eine Verschiedenheit. Jedenfalls ist bei Neomenia eine bedeutende Weiterbil- dung der einfachen Verhältnisse von Chätoderma ausgedrückt. Fernere Gesichtspunkte der Vergleichung darzulegen kann hier um so weniger die Stelle sein als die nähere Kenntniss dieser Thiere erst im Beginne ihres Aufbaues steht. Sinnesorgane. Tastorgane. $ 122. Die Sonderung der Sinneswerkzeuge tritt bei den Würmern auf eine höhere Stufe. Als Organe der Tastempfindung zeigt das Integu- ment bei den Würmern feinere Texturmodificationen, mit welchen der peripherische Nervenapparat in Verbindung tritt. Gebilde letzterer Art sind die eigentlichen Tastorgane, während die gröberen Vorrichtungen, wie Fortsätze des Integumentes, nur deren Träger sind. Das Wesentliche dieser Organe besteht darin, dass Nervenfasern mit modificirten Zellen des Integumentes in Verbindung stehen, welche letztere in der Regel mit starren borstenähnlichen Fortsätzen (Tastborsten, Taststäbchen) über die Oberfläche des Integumentes vorragen. Bei Rotatorien und Anneliden sind diese Verhältnisse am genauesten erkannt, aber auch in anderen Abtheilungen sind sie nachgewiesen. Eine grosse Verbreitung zeigen jene Tastborsten unter den Tur- bellarien und Nemertinen, wo sie hald über den ganzen Körper vertheilt sind, bald am Kopftheile des Körpers reichliche Verbreitung finden. Sie treffen sich an den Tentakeln der Bryozoön. Bei Lumbricinen am Kopf- segmente. In grösserer Verbreitung kommen sie bei den Chätopoden vor. Als Sitz erscheinen bei den Chätopoden sowohl die eigentlichen Fühler und Taster (Fig. 61) als auch die als Cirren bezeichneten Anhänge der Parapodien, sowie die aus Modificationen dieser Cirren hervorgegangenen Gebilde (vergl. & 106). Diese werden durch reichliche Ausstattung mit jenen Endapparaten sensibler Nerven zu complicirteren Tastorganen, die durch ihre Beweglichkeit auf eine höhere Stufe treten. Eine besondere Complication der Taststäbchen findet sich bei einigen Hirudineen, wo Gruppen jener Gebilde im Grunde becherförmiger Organe eingebettet sind. Solche finden sich am Kopfe in grösserer An- Sinnesorgane. 163 zahl, vereinzelt an den hinteren Körperringen. Die Anordnung der empfindenden Theile in Vertiefungen der Körperoberfläche begründet die Meinung, dass man es hier keineswegs mit einem speciellen Tastapparat, sondern mit einem Sinnesorgane allgemeiner Natur zu thun habe. Einen geringeren Differenzirungsgrad als die Taststäbchen oder Tast- borsten darstellen, besitzen die Tastpapillen. Sie kommen da zur Ausbildung, wo der Körper von einer stärkeren Cuticularschichte bedeckt wird, und bestehen in konischen oder warzenförmigen, von einem Poren- canale durchsetzten Erhebungen der Cuticeularschichte. Wir finden solche Tastpapillen bei Nematoden theils in der Nähe der Mundöffnung, theils um die Genitalöffnung regelmässig gruppirt. $ 133. Bezüglich ihrer Function wenig sicher bestimmbare, aber wohl den Sinnesorganen beizuzählende Organe bilden wimperntragende, oder sonst durch Eigenthümlichkeiten des Epithels ausgezeichnete Stellen des Körpers, wie die Kopferuben mancher Nemertinen, die ähnlich auch bei Poly- gordius vorkommen. Die zur Seite des Kon befindlichen Spalten führen in einen engen mit Cilien ausgestatteten Canal, der mit dem Gehirngan- glion, direct oder durch Faserstränge verbunden ist. Vielleicht darf auch der im Rüssel von Balanoglossus vorgestellte Apparat hierher gezählt wer- den. Ob diese Organe der Wahrnehmung von Zuständen des umgeber- den Mediums dienen und nach Analogie von Riechorganen fungiren, ist ungewiss. j Sehorgane. $ 124. Die.Sehorgane der Würmer liefern zahlreiche Beispiele für all- mähliche Hervorbildung eines Organes aus indifferentem Zustande. Bei vielen niederen Würmern, Turbellarien, Trematoden , Nemertinen und Räderthieren finden wir an der Stelle, wo Andere deutlicher entwickelte Augen besitzen, oft nur Pigmentflecke, symmetrisch geordnet, entweder unmittelbar dem Gehirne aufsitzend, oder doch in der Nähe desselben. Ueber die Endigungsweise von Nerven in diesen Organen ist nichts be- kannt, daher ist es ungewiss, ob solche »Augenflecke« ir Baus lan: Pe gedeutet werden dürfen. Bestimmiter gestaltet sich unser Urtheil für jene Fälle, wo das Pig- ment für eigentbümliche Endapparate sensibler Nerven nur eine Hülle abgiebt. Diese Gebilde erscheinen als eigenthümlich modifieirte Zıllen, die entweder einzeln oder in Gruppen das Pigment durchsetzen und nach Analogie des Verhaltens derselben Gebilde in genauer gekannten Befunden des Sehorganes wohl ohne Zweifel mit Nerven in unmittelbarer Verbin- u* 164 ll. 3. Würmer. dung stehen. Es sind die sogenannten Krystallstäbchen oder Kry- stallkegel. Solche Augen finden winter den Plattwürmern in ziemlicher Ver- breitung bei den Turbellarien (Arten von Mesostomum und Vortex), in der Regel zu zweien auf der oberen Fläche des Kopfes. Viele Seeplanarien besitzen an derselben Stelle eine grössere Anzahl regelmässig angeord- neter circumscripter Pigmentflecke, von denen ein Theil gleichfalls einen Krystallkörper umschliesst. Sehr häufig zeigen sich diese Augen früh- zeitig beim Embryo als Pigmentflecke; so erscheinen sie bei vielen Tre- matodenlarven, deren manche jedoch auch deutliche Krystallkörper er— kennen lassen (Amphistoma subelavatum, Monostomum mutabile). Bei den endoparasitischen Formen dieser Abtheilung gehen die Sehorgane verloren, indess sie bei manchen ectoparasitischen (Dactylogyrus) fort- bestehen. Auch bei Polystomum erhalten sie sich. Den Cestoden fehlen sie in jedem Zustande, wenn ınan nicht Einzelnen zukommende, hinter den Saugnäpfen liegende, rothe Pigmentflecke als Rudimente solcher Or- gane ansehen will. Bei den Nemertinen, wo Augenflecke nicht selten vorkommen, sind wahre Augen nur in wenigen Fällen beobachtet (Polia coronata, Nemertes antonina). Augenflecke und wahre Augen einfacher Form finden sich bei frei lebenden Nematoden (Enoplus) auf dem Schlundringe, indess sie den parasitischen bis auf wenige Ausnahmen mangeln, so dass auch hier die Rückbildung der Sinneswerkzeuge mit dem Parasitismus einhergeht. In unmittelbarer Auflagerung auf dem Gehirne treffen wir die Seh- organe bei den Räderthieren. Zwei an einander gerückte Pigmentflecke enthalten je ein Krystallstäbchen; oder es besteht nur ein einziges Seh- organ mit einem Krystallstäbchen. Andere tragen da nur einen Pigment- fleck. Durch eine grössere Anzahl von radiär gestellten Krystallkegeln ist das complicirtere Augenpaar von Sagitta ausgezeichnet, und damit treffen sich Verhältnisse, die an die Annulaten erinnern. $ 135. Unter den Annulaten nehmen die Sehorgane der Hirudineen die niederste Stufe ein. Die bei Vielen vorhandenen Augen liegen, wie bei den- Plattwürmern, oberflächlich am Kopftheile des Körpers, meist in grösserer Anzahl, symmetrisch vertheilt. In ihrem Baue stimmen sie mit den bei den Tastorganen erwähnten becherförmigen Gebilden so merk- würdig überein, dass hier ein Zustand gegeben zu sein scheint, wo ein specifisches Sinnesorgan sich aus indifferenteren, im Integument entstandenen Empfindungsorganen hervor- bildet. Unter den Anneliden finden wir die Augen bei den Chätopoden meist unter dem Integumente geborgen dem Gehirnganglion aufgelagert, Sinnesorgane. 165 zu zweien oder zu vieren, selten kommt noch ein unpaares Auge vor. Meist ist ein Paar ansehnlicher ausgebildet, das zweite Paar häufig auf einen Pigmentfleck reducirt. In bedeutenderer Entwickelung treten diese Sehorgane an der Oberfläche des Körpers vor (Sylliden, Nereiden) (Fig. 65. a) und können eine grössere Complica- tion des Baues erreichen. So erscheinen die Augen der Aleiopen, deren pelagische Lebensweise mit dem hohen Grade der Entfaltung dieses Sinnes- organes in Zusammenhang steht. Dieser Einfluss der Lebensweise wie des Aufenthaltes erweist sich ebenso an den nächst verwandten auf dem Grunde des Meeres lebenden Phyllodocen, mit rudimen- tären oder höchst einfachen Augen. Der sphä- rische Bulbus (Fig. 66) erscheint nur in jener höchsten Ausbildung bei den Alciopen mit dem Integumente in Verbindung. Dieses überzieht {c) das vordere, stark gewölbte Segment, hinter wel- chem unmittelbar eine kugelige Linse (/) liegt. Fig. 65. Kopf mit den vor- dersten Segmenten einer My- rianida. a Augen. b Füh- ler. ce Unpaarer Stirnfühler. d Cirren. Das hintere Segment, dessen innerste Schichte die Stäbchenschichte (b) bildet, umfasst einen homogenen Glaskörper (h). Eine Pigmentschichte (p) grenzt die Stäbchenschichte von den weiter nach aussen gelegenen Theilen der Netz- haut ab, welche zu äusserst . die Ausbreitung der Sehner- venfasern (0’) erkennen lässt. Während in den einfachen Formen des Auges die End- apparate der Nerven im Inte- gumente selbst liegen, sind sie hier in eine concave Schichte zusammengedrängt. Für die Genese dieser Einrichtung ist sowohl die bestehende Ver- mehrung der percipirenden Elemente wie Bildung licht- brechender Medien als wirk- Fig. 66. Auge einer Aleiopide (Neophanta celox) nach sam zu erachten. Wie die GREEFF. i Integument, das vordere Segment des Bul- Mehrzahl der im Dunkeln o' Sehnervenausbreitung. bus überziehend c. I Linse. p Pigmentschichte. d Stäb- h Glaskörper. o Sehnerv. lebenden Scoleinen der Augen ehenschichte. gänzlich entbehrt, so erleiden auch diese Organe eine Rückbildung bei den Tubicolen unter den Chäto- poden. Die bei den Larven oder noch in späteren Stadien vorhandenen Sehorgane schwinden mit dem Uebergange in die festsitzende Lebens- weise, oder werden durch blosse Pigmentflecke repräsentirt. 166 II. 3. Würmer. Als ein Anpassungszustand anderer Art erscheint bei gewissen Sa- belliden (Branchiomma) die Ausbildung von Sehwerkzeugen an den Kie- menbüscheln des Kopfes, wo@e entweder in vielfacher Zahl die Fieder- äste der Kiemenfäden besetzen oder auch nur terminal angebracht sind. Eine ähnliche von der ursprünglichen Stätte abweichende Lagerung findet sich übrigens auch noch bei anderen Anneliden. Bei manchen sollen, wie am Kopfsegmente, auch an dem Hinterende des Körpers Augen vorkom- men, und endlich zeigt die Gattung Polyophthalmus ausser den Augen am Kopfe noch je ein Augenpaar an jedem Metamer. In diesem Verhalten liegt nicht blos ein für die Würdigung der Metameren wichtiger Umstand, sondern es wird dadurch auch für die Ausbildung von Sehwerkzeugen an sonst nur Sinnesorgane niederer Art tragenden Stellen Zeugniss abgelegt. Hörorgane. $ 126. Als Hörorgane sprechen wir bei den Würmern Organe an, die ähnlich wie bei den Cölenteraten aus einer bläschenförmigen Kapsel be- stehen, in der ein festes grösseres Concrement, oder ein Haufen kleinerer sich vorfindet. Nicht selten ist die Kapselwand mit Cilien ausgekleidet, wie aus den zitternden Bewegungen der »Gehörsteinchen« (Otolithen) zu ersehen. Die Schwierigkeit des Nachweises von Nervenverzweigungen bei niederen Würmern — und gerade bei diesen sind jene Organe am meisten verbreitet —, hat den nothwendigen Zusammenhang dieser Or- gane mit dem Nervensysteme vielfach noch vermissen lassen. Meist unpaar treten diese Otocysten bei. den Turbellarien auf, bei Arten von Monocelis, Convoluta, Proporus, Derostomum. Sie liegen meist dicht an den Hirnganglien, und finden sich in der Regel bei solchen Gat- tungen, die der Augen oder Augenflecke entbehren. Bei den Nemertinen sind sie nur in einzelnen Fällen beobachtet (Oerstedia). Bei den übrigen Plattwürmern scheinen solche Gehörbläschen nicht verbreitet zu sein, und ebenso fehlen sie den Nematoden. Erst bei den Anneliden finden sie sich wieder, und zwar paarig, in der Regel an den Seiten des Gehirns (Alciopiden, dann Arenicola, Fa- bricia, Amphiglena u. a.). Darmeanal. $ 127. Der Darmcanal der Würmer bildet einen entweder in das Parenchym des Körpers eingebetteten oder, bei vorhandener Leibeshöhle in letzterer gelagerten Schlauch, der sich im allgemeinen der Leibesform angepasst zeigt. Die Mundöffnung liegt in der Regel am Vorderende des Körpers, Darmceanal. 167 immer an der ventralen Fläche. Wo ein After vorhanden, ist dieser meist am hinteren Körpertheile, und zwar bald ventral bald dorsal angebracht. Eine Differenzirung des Darmrohrs in mehrere verschieden fungi- rende Abschnitte ist durchgehend nachzuweisen, sowie auch häufig noch Hilfsapparate zur Bewältigung der Nahrung am Eingange der verdauenden Gavität hinzutreten. Die drei hier zum ersten Male vorhandenen und als Vorder- oder Munddarm, Mitteldarm und Enddarm unterschiedenen Abschnitte sind um den letzten bei fehlendem After vermindert. Die primitive Darmform knüpftan die in der Gastrulaform ($ 28) gege- benen Verhältnisse an. Sie erscheint bei Allen in der embryonalen Anlage des Organismus, unter den niederen Würmern auch bleibend, mit nur we- nigen Complicationen durch eine blind- sackartige Höhlung gebildet, die nur an einer Stelle auf die Oberfläche sich öffnet. Diese Oeffnung dient zur Aufnahme der Nahrung, aber auch zur Entfernung der unver- dauten Reste, ist also Mund und After zugleich. Diese Einrichtung findet sich unter den Plattwür- mern verbreitet, wo sie bei den Trematoden das ausschliessliche, bei den Turbellarien das vor- herrschende Verhalten bildet. Die rhabdocölen Turbellarien zeigen den Darmcanal als einen nur in seinem vorderen Abschnitte deutlich gesonder- ten, durch den Körper sich erstreckenden ein- fachen Blindschlauch. Die einfache Mundöffnung bietet eine veränderliche Lage, sie kann am vor- deren Körpertheile oder gegen die Mitte der Bauch- fläche hin, endlich sogar am hintern Abschnitte angebracht sein und führt in einen, nur Wenigen fehlenden muskulösen Schlundkopf (Schi- zostomeen),, der in vielen Fällen protractil er- scheint. Es bildet den am deutlichsten aus- geprägten in vielen Modificationen durch die meisten Abtheilungen der Würmer verfolgbaren Abschnitt des Darmschlauches. g 128. Fig. 67. Prorhynchus fluviatilis. o Mund. oe Schlund, rüsselartig vor- streckbar. i Darm. gl Drü- sen, die in den Darm mün- den. ce Wimpergruben. x Stachel in dem über dem Schlunde gelegenen Organe, das bei y blindsackartig en- det. ov Ovarium, nach vorn zu mit einigen auf verschie- denen Entwickelungsstadien befindlichen Eiern. Bei den dendrocölen Turbellarien ist der Darm der breiten Körper- form angepasst. Die Mundöffnung (Fig. 68. o) lagert ventral oft nahe 168 an der Mitte. I. 3. Würmer, Der muskulöse Schlund (p) zeigt sich häufig in ein rüsselförmiges Gebilde von bedeutender Ausdehnungsfähigkeit umge- Wi It, eylindrisch, oder auch in Lappen Fig. 68. Verdauungsapparat von Eurylepta sanguinolenta, o Mund. p Pharynx,. v Magen. gv Verzweigungen der verdauenden Cavität. n Nervenknoten (Gehirn). (Nach QUATREFAGES.) Körpertheile gelagerten Mundöflnung , ausgezogen. Er führt in eine, die Mitte des platten Körpers einnehmende Darmhöhle (v), die sich in vielfache gegen den Körperrand verlaufende Aeste verzweigt, durch deren Verbindungen unter einander ein förmliches Maschenwerk entstehen kann (Thysanozoon). Durch die offene Communication der Zweige mit der Gentralhöhle wird der Chymus im Körper vertheilt, und damit tritt der Darm- canal in die Function eines Gefässsystems. Eigenthümlich verhalten sich die Landplana- rien, insofern ihr Darmrohr nach vorne in einen medianen Schlauch sich fortsetzt, in- dess er nach hinten sich gabelt. Von beiden Abschnitten gehen zahlreiche und regelmässig angeordnete quere Fortsätze ab. Eine Verzweigung des Darmschlauches ist bei vielen Trematoden vorhanden. Der Darm beginnt mit einer meist am vordern deren Umgrenzung meist in einen Saugnapf umgebildet ist (Fig. 69 s), und darauf folgt wie- Fig. 69. Darmcanal von Disto ma flavescens. o Mundöffnung von einem Saugnapfe s umgeben. s' Bauchnapf. c Muskulöser Ab- schnitt des Oesophagus, als Pha- rynx erscheinend. c Gabelförmig getheilter Darmschlauch. derum ein muskulöser Schlundkopf (b), von welchem der eigentliche Darm entspringt. Dieser besteht in der einfachsten Form als ein Blindsack (Aspidogaster, Gasterosto- mum) und entspricht darin einer niederen Bildungsstufe, welche bei vielen Trematoden während gewisser Stadien ihres Entwicke- lungseyclus (in der Redienform) vorwaltet. Bei weiterer Differenzirung theilt sich der Darm häufig in zwei Aeste, die nach hin- ten verlaufend entweder wieder mit zahlreich getheilten Zweigen in den Körper ausstrahlen (Distoma hepaticum) oder einfache Blindsäcke (c) vorstellen (Distoma flavescens, D. lanceo- latum). Durch eine zweite Vereinigung der beiden Darmäste kommt eine Bildung zu Stande, wie sie auch bei einigen Planarien besteht. Dass auch bei den Trematoden die Verzweigung des Darms nur auf eine Verbreitung des Tractes im Körper und nicht auf die Bildung heteronomer Abschnitte hinausläuft, ist sowohl aus der Gleichartigkeit des Baues wie der Contenta ersichtlich. Dem Darmceanal. 169 niederen Zustande dieser Darmform entspricht auch die Textur der Wandung, in der nur die Epithelauskleidung Selbständigkeit bean- sprucht, indess nach aussen das Gewebe des Körperparenchyms — Bindegewebe — folgt. Gänzliche Rückbildungen des Darmes erklären sich aus Anpassungen an bestimmte Lebensverhältnisse, bei welchen die Ernährung wohl auf endosmotischem Wege durch das Integument erfolgt. Diese durch den Parasitismus eingeleitete Erscheinung erreicht in der Sporocystenform der Trematoden den höchsten Grad. Der Mangel des Darmcanals wird endlich bei den Gestoden zur Regel, wo der Darm selbst nicht einmal vorübergehend erscheint. Auf ähnliche Weise — durch Parasitismus — ist wohl auch den Acanthocephalen der Darm gänzlich verloren gegangen. Den durch den Mangel einer Afteröffnung als niedere Zustände sich kundgebenden Formen des Darmrohrs stellen sich durch den Besitz eines Afters Ausgezeichnete schon unter den Plattwürmern gegenüber. Hieher gehören von den rhabdocölen Turbellarien die Mierostomeen, denen sich die Nemertinen anreihen, deren Darmrohr in ziemlich gleichmässiger Gestaltung mit einer länglichen, hinter dem centralen Nervensysteme liegenden ventralen Mundöffnung beginnt. Ans vordere Körperende ist der Mund bei Malacobdella gerückt. Ein muskulöser, meist nur wenig entwickelter Schlund führt in den seitlich vielfach ausgebuchteten Darmschlauch. Dieser füllt zum grössten Theile die Leibeshöhle, an deren Wandungen er durch Muskelfäden befestigt wird. Seitliche Ausbuchtungen des Darmrohrs besitzen zuweilen eine regelmässige, auf Beginn einer Metamerie deutende Anordnung. Sie ist am bedeutendsten bei Pelagonemertes ausgeprägt, welche Form dadurch an dendrocöle Turbellarien erinnert. $ 129. Bei den Nemathelminthen sind alle drei Abschnitte des Darm- rohrs allgemein vorhanden. Dasselbe bildet in Anpassung an die Körperform einen langen, den Körper durchziehenden Canal, der in der Mitte des vordern Körperendes mit dem Munde beginnt, und näher oder entfernter vom Schwanzende mit einer ventral gelegenen Analöfl- nung abschliesst. Der vorderste Abschnitt (Speiseröhre) stellt einen engen Canal vor, dessen Wände nach hinten allmählich in einen diekwandigen Schlundkopf (Fig. 70) übergehen. Dieser ist vom übrigen Darme deutlich abgesetzt, und durch .eine Muskulatur ausgezeichnet, die ihn als-Saugapparat wirken lässt. Die vom Munde her diesen Abschnitt auskleidende Chitinschichte bildet nicht selten leistenförmige Vorsprünge oder zahnartige Gebilde.” Der hierauf folgende Mitteldarm (Chylusmagen), in der Regel der ansehnlichste Abschnitt, besitzt eine einfache, häufig nur durch eine Zellenschichte gebildete Wandung, 170 ll, 3. Würmer. die bei einzelnen (Heterakis vesicularis, Oxyuris vermieularis) stellen- weise mit einem Muskelbeleg yon Ringfasernetzen versehen ist. Eine Cutieularschiä lagert ziemlich allgemein aussen auf dem Epithel, und auch eine innere von Porencanälen durchsetzte Cuticula scheint verbreitet zu sein. Bei manchen bildet der Mitteldarm an seinem vorderen Ab- schnitte eine blindsackartige Ausbuchtung. Durch seit- lich verlaufende Faserstränge wird dieser Darm an die Leibeswand, in der Regel längs den Seitenlinien be- festigt. Der aus dem Mitteldarm hervorgehende End- darm ist der kürzeste Theil des gesammten Ganals, vom. vorhergehenden Abschnitte auch durch grössere Enge unterschieden. Bei den Gordiaceen besteht der Darmcanal nur in den endoparasitischen Jugendzuständen, und erliegt mit der Ausbildung der Geschlechtsorgane einer regres- siven Metamorphose. Bei Gordius soll sogar die Mund- öffnung schwinden. Der frei gewordene Organismus verwerthet das in früheren Zuständen durch den Darm gewonnene Material zur Production von Zeugungsstoffen, nachdem er den Parasitismus und damit die Nahrungs- aufnahme aufgegeben hat. Die Chätognathen reihen sich bezüglich des Darm- canals in manchen Punkten an die Rundwürmer an, allein die Verbindung des Darms mit der Leibeswand geschieht auf eine andere Weise, nämlich in der dor- salen und ventralen Medianlinie. Borstenartige, reihen- Fig. 70. Darmcanal weise zur Seite der Mundöffnung stehende Haken die- eines Nematoden & ” (Schema). nen als Greiforgane. $ 130. Mit einer scharfen Sonderung in die drei primitiven Abschnitte verbinden sich bei den Bryozoön- höchst einfache Zustände der Er- nährungsorgane. Die von den Tentakeln umstellte, oder doch in Mitte des dieselben tragenden Lappens gelagerte Mundöffnung wird bei einer Abtheilung (Phylactolaemata) von einem beweglichen Vorsprunge — dem Epistom — überragt. Von da führt sie gerade abwärts in ein Munddarmstück (Fig. 71. A. oe), welches bei einigen erweitert, oder auch an einer Stelle durch Bildung zahnartiger Vorsprünge in einen Kaumagen umgewandelt ist (Bowerbankia, Vesieularia). Von dem noch mit Cilien bekleideten Munddarm setzt sich der zweite Abschnitt durch eine Einschnürung als Mitteldarm (v) ab. Dieser fungirt als Magen, und bildet einen meist weit in die Leibeshöhle hinabsteigenden Blind- sack. Aus einer Verengung des etwas tiefer gelegenen Pylorustheiles Darmceanal. 171 setzt sich der Enddarm, neben dem Munddarm empor steigend, zum After (B. a) fort, der zwar der Mundöflnung nahe, aber immer unter- und ausserhalb des Tentakelkranzes gelagert ist. Zuweilen bietet auch der Enddarm noch eine Erweiterung dar (Flustra). Als accessorische Organe der Er- nährung fungiren die wimpernden Ten- takel, durch welche den festsitzenden Thieren mit dem wechselnden Wasser Nahrung zugeführt wird. Bei den Pedicellinen sind dieselben Abschnitte unterscheidbar, wie bei den echten Bryozo@en, allein der Magen entbehrt des Blindsackes. Der Darmcanal der Räderthiere bietet einestheils noch Anschlüsse an niedere Zustände, indem er bei feh- lendem Enddarm (Arten von Notom- mata) nur aus dem Mund- und Mittel- darm besteht, andrerseits bietet er eine höhere Stufe durch die Differen- zirung von Kauwerkzeugen im vorder- sten Abschnitte. Diese werden durch seitlich gegeneinander gerichtete mit Zahnleisten u. dergl. versehene Chitin- bildungen vorgestellt (Fig. 43. m). Er beginnt mit dem unter dem Wimper- segel liegenden Munde, und ist von dem (gewöhnlich als »Magen« bezeich- Fig. 71. Organisation von Bryoz oön. \ 0 , i R x A Plumatella fruticosa. B Palu- Ben) Mitteldaı 22 durch SEUINSETE dicella‘’Ehrenbergii. br Tentakelför- Weite unterschieden. Wo aus dem mige Kiemen:” oe Munddarm. v Magen. Mitteldarm noch ein Enddarm sich 7 Enddarm. a Afteröffnung. i Körperhülle fortsetzt, begiebt sich dieser zur Dor- salfläche des Körpers, um in einen mit der Ausmündung des Excretions- und Geschlechtsapparates gemeinschaft- (Gehäuse). « Hinterer, «' vorderer Strang, an deren Insertion an der Körperwand die Geschlechtsproducte sich entwickeln. ? Ho- den. o Ovarium. m Rückziehmuskeln des vorderen Abschnittes der Körperhülle. mr Hauptrückziehmuskel. (Nach Arıman.) lichen Raum, die Cloake, sich zu öffnen, eine Eigenthümlichkeit, welche wenig Anschlüsse an andere Abtheilungen darbietet. g 131. Bei den Gephyreen erscheinen die drei Abschnitte des Darmcanals. meist nur während der Jugendzustände deutlich; bei einzelnen auch noch später (Priapulus), während bei anderen mit dem Auswachsen des 172 II. 3. Würmer. Darmrohrs in die Länge die Sonderung weniger bemerkbar ist. Der Darm bildet dann meist ein denörper mehrfach an Länge übertreffendes Rohr, mit nur geringen Verschiedenheiten - des Durchmessers. Es ist entweder in mehr- fache zum Theil spiralig gewundene Längs- schlingen gelegt, und dann findet sich der After an der Rückenfläche des Thieres Sipuneulus, Phascolosoma), oder der Darm (Fig. 72. 7) steigt ohne bedeutende Längs- schlingen mit vielen kürzeren Windungen zum Hinterleibsende hinab, um in den dort befindlichen After überzugehen (Echi- urus, Bonellia,. Während die letzteren durch die aborale Lage des Afters mit den meisten übrigen Würmern übereinstimmen, scheinen die Sipunculiden sich weiter da- von zu entfernen. Es liegt aber in der That hier nur eine Weiterbildung der auch sonst bei Würmern verbreiteten dor- salen Afterlage vor, welche die Homologie des Darmes mit jenem anderer Würmer in keiner Weise beeinträchtigt. Fig. 72. Darmcanal von Bonellia. Der Rüssel des Thieres ist in mehrere Windungen gelegt, so dass er nicht $ 132 vollkommen sichtbar ist. p Vorderende Le des Rüssels. s, s' Rüsselrinne. ii Darmcanal. »n Mesenterialfäden (nur Die Metamerie des Körpers der Annu- I ne laten beeinflusst das Verhalten des Darm- u Uterus. (Nach Lacaze-Durmiens.) Tohrs, doch zeigen sich hier auch man- cherlei andere Differenzirungen, die aus Anpassungen an eine veränderte Lebensweise hervorgingen. Die erste Anlage des Darmcanals ist auch hier eine blindsackförmige Ein- stülpung. Der afterlose, bei den meisten Plattwürmern persistente Zustand wird hier in einem frühern Entwickelungsstadium durch- laufen. Der Eingang in den Vorderdarm bietet schon bei Hirudi- neen die reichsten Differenzirungen dar. Bei einigen sind am pro- tractilen Schlunde grössere Complicationen ausgeprägt, bei andern bestehen solche in Bewaffnung des Einganges mit Chitinleisten, welche Anfänge von Kieferbildungen vorstellen. Bei der Mehrzahl dagegen ist der Mitteldarm mit taschenartigen, bei Clepsine sogar verzweigten, Aus- buchtungen besetzt (Fig. 73), von welchen die beiden letzten zuweilen als längere Blindschläuche (c) an dem engern Enddarme bis ans Körper- ende hinablaufen (Clepsine, Haemopis). Diese sind die einzigen Cöcalbil- dungen am Darme von Aulacostomum. Bei anderen sind die Blindsäcke nur durch Einschnürungen angedeutet. In allen Fällen entsprechen Darmcanal. diese Einrichtungen der auch am Nervenstrange tamerenbildung. Eine Trennung des Mund- darms in mehrere oft sehr ver- schiedene Abschnitte „herrscht fast durchgehends bei den Anneliden. Ein mittlerer Ab- schnitt macht sich durch stär- keren Muskelbeleg bemerk- bar, und wird vom Mitteldarm durch ein bald längeres, bald kürzeres Stück getrennt. Unter den Scoleinen ist dieser als »Muskelmagen« bezeichnete Theil sehr mächtig entwickelt 173 ausgedrückten Me- Y Y (Lumbrieus). Er nimmt das Ende des Munddarmes ein. Weiter gegen die Mitte des letzteren findet er sich bei den meisten Chätopoden, häufig mit einem Besatz von Zähnchen, Fig. 73. Darmcanal Sl N Fig. 74. Darmcanal von Aphro- r - == F von Sangui- dite. o vorderer Theil. A mitt- die wie Kiefer gegen einander suga. o Schlund. lerer (muskulöser) Theil des wirken. Bald ist nur ein Paar ° hinteres Blind- Munddarmes. c verzweigte Cö- darmpaar. a Anal- solcher Kieferstücke vorhanden öffnung. (Fig. 55. m), bald bestehen calanhänge des Mitteldarms. a Analöffnung. mehrere Paare, die wieder im Einzelnen sehr von einander verschieden sind, und einen complieirten Apparat (Fig. 75) zusammensetzen. mächtig ist dieser Abschnitt bei den Aphroditeen entwickelt. Er kann wie bei noch vielen anderen Raubanneliden (Phyllodoce, Glycera u. a.) hervor- gestreckt werden, wobei der vordere sich um- stülpende Abschnitt an die Aussenfläche des »Rüs- sels« zu liegen kommt. Zuweilen besitzt dieser protractile Theil eine bedeutende Länge. Die ganze Einrichtung ist rückgebildet bei den Tubicolen, wozu bereits Arenicola den Uebergang zeigt. Der dritte Abschnitt des Munddarms ist bei den Scoleinen wenig ausgebildet, mehr bei den Chätopoden, bei denen er häufig mit ein paar Blinddärmen besetzt erscheint (Syllis, Arenicola). Der Mitteldarm bildet den grössten und auch den gleichmässigsten Abschnitt des gesammten Darmrohrs. Er verläuft meist ganz gerade, oder Schlingen gelegt. Sehr Fig. 75. Kieferapparat einer Eunicee (bysidice). a—e Paare von Kiefer- theilen. (Nach MiıLxeE- EDwARDS.) seltener in Windungen Indem von der Leibeswand her muskulöse Lamellen oder auch einzelne Fäden von der :Grenze der Metameren 174 Il. 3. Würmer. an ihn herantreten, wird er nicht nur dadurch befestigt, sondern auch in einzelne, letzteren entsggechende, häufig gebuchtete Abschnitte gegliedert. Solche Ausbuchtingen sind in der Familie der Aphro- diteen, ähnlich wie bei den Hirudineen, zu grösseren Anhängen ent- wickelt, die sogar wiederholte Verzweigungen darbieten können (Fig. 7&. c). Einen meist kurzen, nur bei Tubicolen und bei Arenicola ansehn- licheren Abschnitt stellt der Enddarm vor, der selten eine mittlere Er- weiterung besitzt und meist ohne scharfe Grenze aus dem Mitteldarme sich zur Analöflnung fortsetzt. Mit dem Verhalten des Anneliden-Darmrohrs stimmt das von My- zostoma überein. Der Munddarm wird durch einen langen protrac- tilen Rüssel vorgestellt, der in einen erweiterten Mitteldarm leitet, von welchem aus sich ein engerer Enddarm zur Afteröffnung begibt. Ver- ästelte Blindsäcke sind von beiden Seiten des Mitteldarms aus durch den Leib verbreitet. Darmkiemen. $ 133. Die Ausbildung der respiratorischen Function des Darmrohrs bringt an letzterem besondere Einrichtungen hervor, welche bei Balanc- glossus hoch entfaltet erscheinen. Der vordere Abschnitt des Darmrohrs ist hier durch zwei laterale Vorsprünge in zwei übereinander liegende Halbrinnen geschieden, die der Länge nach zwischen den beiderseitigen Vorsprüngen unter einander communiciren. Die eine, die ich als untere betrachte, führt direct zum Anfange des ausschliesslich als Nahrungscanal fungirenden Darmtheiles. Ihr Wimperbesatz fördert die Nahrungstheile in jene Strecke, fungirt nutritorisch. Die andere Halbrinne dagegen, dorsal gelagert, fungirt respiratorisch. Sie trägt in ihrer Wandung ein zierliches Gerüste mit Epithel überkleideter Chitinlamellen als Kiemen- gerüste. Zwischen den Kiemenbogen, sowie den sie bildenden’ mehr- fachen Lamellen finden sich Spalten, welche jederseits zu einer Reihe von Oeflnungen (Spiracula) führen und mit diesen auf der Körperoberfläche ausmünden. Am Kiemengerüste verbreitet sich ein Gefässnetz. Durch die Mundöffnung aufgenommenes Wasser strömt durch die obere, respi- ratorische Halbrinne in jenen Kiemenapparat und gelangt durch die Reihe der Spiracula wieder nach aussen. Der Enddarm vieler Anneliden lässt eine Wasseraufnahme wahr- nehmen, welche vielleicht mit einer respiratorischen Function dieser Darm- strecke in Zusammenhang steht. Eine Ausbildung von besondern Re- spirationsorganen ist an diesem Abschnitte nicht beobachtet. Ob die bei Neomenia im Enddarme vorkommenden Gebilde wirklich Kiemen sind, bedarf noch der Feststellung, ebenso wie für die morphologische Bedeu- “ Darmkiemen. Anhangsorga:i.e des Darmcanals. 175 tung der ausstülpbaren Kiemen von Chätoderma noch genauere anatc- mische Kenntniss dieser Organe nöthig ist. Anhangsorgane des Darmcanals. $ 134. Der Darmcanal der Würmer steht mit mancherlei Drüsenapparaten in Verbindung, welche als Differenzirungen der Darmwand, speciell des Entoderms zu gelten haben. Einzelne Zellen oder Zell- gruppen erscheinen in einem von benachbarten Zellen differenten Ver- halten, und geben sich damit als besondere Organe kund, die durch ihre Lagerung in der Darmwand oder endlich ausserhalb derselben, und dann durch Ausführgänge mit dem Darmlumen verbunden, ver- schiedene Grade der Selbständigkeit besitzen. Nach ihrer Beziehung zu den einzelnen Abschnitten des Darms müssen sie unterschieden werden. In den Munddarm, dicht hinter dem muskulösen Schlunde ein- mündende kleine Gruppen einzelliger Drüsen sind bei den rhabdocölen Turbellarien vorhanden. Bei den Trematoden werden ähnliche Grup- pen im Vorderende des Leibes gelagerter, in der Nähe des Mundes mündender Zellen gleichfalls als Munddarmdrüsen angesehen. Im sogenannten Schlundkopfe der Nematoden sind drüsige Bildungen beobachtet, sowie auch deutliche Drüsenzellen in der Nähe der Mund- öffnung. ‘Bei den Annulaten sind es besonders die histologisch genauer durchforschten Hirudineen, bei welchen eine grössere Anzahl ein- zelliger Drüsen, bei den mit einem Rüssel versehenen in diesem, bei den mit Kiefern ausgestatteten an letzteren ausmünden. Unter den Anneliden findet sich am letzten Abschnitte des Munddarmes dicht hinter dem muskulösen Theile bei den mit Schlundkiefern ausge- rüsteten Nereiden u. a. ein Paar gelappter Drüsenschläuche vor (vergl. Fig. 55. gl), welche Modificationen der bei Sylliden vorhandenen ein- facheren Schläuche vorstellen. An derselben Stelle sind auch die Räderthiere mit Drüsenanhängen versehen. Man pflegt diese in sehr mannichfaltigen Functionsverhältnissen sich darstellenden Drüsen als »Speicheldrüsen « zu bezeichnen. $ 135. Die mit dem Mitteldarme verbundenen Drüsenorgane ist man gewohnt als gallebereitende oder als »Leber« anzusehen. Man muss sich hüten, in diesen Bezeichnungen etwas anderes als ein Hilfsmittel zur bequemeren Unterscheidung zu suchen. Gesonderte Drüsen fehlen dem Mitteldarme der Würmer fast durchgehend, dagegen findet sich 176 I. 3 Würmer. das Epithel meist derart von jenem anderer Darmabschnitte ausgezeich- net, dass eine u nicht unwahrscheinlich ist. Dies ist durch eine häufig vorff@ndene körnige Beschaffenheit der Zellen, wie durch eine verschiedene Färbung des Zelleninhaltes angedeutet. Letzterer Umstand dürfte vielleicht grösseres Gewicht besitzen als der erstere, da dieser ebenso durch die absorbirende Function des Darm- epithels hervorgerufen sein kann. Durch dieses Verhalten ist der Mitteldarm bereits bei den Bryozoön ausgezeichnet, und auch bei den Räderthieren macht sich die Differenzirung der Epithelschichte be- merkbar. Einen höhern Grad erreicht dieses Verhalten bei den Platt- würmern (Planarien, manche Trematoden), deren Darmverzweigungen (vergl. Fig. 68) vorzugsweise der Sitz jener Eigenthümlichkeit sind, so dass sie als secretorische Anhangsgebilde betrachtet werden dürfen. Noch mehr können in den seitlichen Anhängen des Mitteldarms der Aphroditen (vergl. Fig. 74) selbständige Drüsen erkannt werden, die durch allmähliche Verengerung und Verlängernng der bei Verwandten dieser Gattung bestehenden einfacheren Darmanhänge sich bildeten. Endlich sind hier noch die schlauchartigen Darmanhänge von Balano- slossus zu erwähnen, die den ganzen Darmcanal vom respiratorischen Abschnitte an dorsal besetzen und nach den Körpersegmenten grup- pirt sind. Dem Enddarme, und zwar meist in der Nähe der Analöffnung, ist in einigen Ordnungen eine dritte Abtheilung von Drüsen angefügt, die am genauesten bei den Nematoden bekannt sind. Den Anneliden scheinen solche Drüsen zu fehlen. Dagegen finden sich in oft ansehn- licher Entfaltung Drüsenorgane am Enddarme der Gephyreen vor, welche wir den Exeretionsorganen zuweisen. Leibeshöhle. | $ 136. Die erste Sonderung eines zwischen Darmschlauch und Integument gelegenen, zur Bildung eines Gefässsystems führenden Hohlraumsystems geschieht bei den Würmern mit der Entstehung einer Leibeshöhle durch eine im Mesoderm stattfindende Spaltung. Die Verbreitung des durch den Darm gewonnenen Nährmaterials im Organismus erfolgt dann nicht mehr wie bei den Gölenteraten mit continuirlicher von der Darm- wand ausgehender Durchtränkung der Gewebe, sondern es sammelt sich die ernährende Flüssigkeit in einem perienterischen Raume und vermag hier sowohl mit vom Darmeanal als vom Integumente differen- zirten Organen in Beziehung zu treten. Bei einer grossen Anzahl von Würmern fehlt jener perienterische Raum Cölom) entweder vollständig, oder er ist nur in einzelnen Spuren vor- handen. Die Mehrzahl der Plattwürmer gehört hieher, dann die Nemathel- Gefässsystem. : 177 minthen, auch einzelne Andere wie Pedicellina. Bei Landplanarien ver- laufen zwei von bindegewebigem Balkenwerk durchzogene Räume in der Länge des Körpers und vertheilen sich vielfach vorne. Sie sind als An- deutungen eines solchen Cöloms anzusehen. Ausgebildet ist das Cölom bei Räderthieren, und fast allen Annulaten. Einen continuirlichen, meist sehr weiten Raum bildet es bei den Bryozo@n, auch bei den Gephyreen. Bei den Annulaten entspricht das Verhalten des CGöloms der Metamerie des Körpers. Von der Leibeswand erstrecken sich Scheidewände (Dissepi- mente) zum Darmrohr und bilden eine Folge einzelner, je einen Darmab- schnitt ete. enthaltender Kammern, Verhältnisse die bereits bei Nemer- tinen beobachtet sind. Mit der Reduction der Dissepimente auf einzelne Stränge fliessen die Kammern mehr oder minder vollständig zusammen. So geht bei vielen bald auf einzelnen, meist am Vordertheile des Körpers gelegenen Strecken, bald auch in der ganzen Länge eine Auflösung der Einzelkammern und die Bildung eines einzigen, meist noch von Dissepi- ment-Resten in Gestalt von Fäden oder Faserzügen durchsetzten Leibes- raumes hervor. Diese Fasern erhalten den Darm in seiner Lage, besonders beim Bestehen von Darmwindungen. (Vergl. von Bonellia Fig. 72. m.) Die perienterische Flüssigkeit ist meist wasserklar und führt bei den Meisten Formelemente, zuweilen in reichlichem Maasse. Bei Com- municaton des Gefässsystems mit der Leibeshöhle ist das Contentum der letzteren mit jenem des ersteren gemeinsam. Die Bewegung der Flüssig- keit ist von den Actionen der Körperwand abhängig, somit vollzieht die Locomotion bei vielen zugleich einen Umtrieb der ernährenden Flüssigkeit und damit erscheint die niederste Form des Kreislaufs. Die Leibeshöhle steht durch mancherlei Einrichtungen in Communi- cation mit dem umgebenden Medium, dem Wasser. Hieher zählt der Ex- cretionsapparat mit seinen inneren Mündungen (vergl. $ 142), aber auch noch besondere Oeffnungen sind bekannt. So bei den Bryozoön, wo eine solche Oeffnung zugleich zur Ausfuhr der Geschlechtsproducte dient, dann bei den Rotatorien, deren Oeffnung meist in eine Röhre (Sipho) aus- gezogen ist (vergl. Fig. 81. s). Auch für die Anneliden ist das Vorkommen ähnlicher Oefinungen erwiesen. Gefässsystem. $ 137. In den im Mesoderm sich sondernden Hohlraumbildungen ist der Anfang für die Entstehung eines complicirteren Canalsystems zu sehen, welches allmählich besondere Wandungen empfangend in Blutgefässe übergeht. Längscanäle bilden die ersten Hauptstämme, wie zuerst bei den Nemertinen ersichtlich ist. Von den drei Hauptstämmen nehmen zwei (Fig. 76. !l) einen lateralen Verlauf; ein dritter (d) liegt dorsal in der Mittellinie. In der Kopfgegend bilden die Seitengefässe mehrfache, ‘in Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Auf. 12 178 II. 3. Würmer. der Regel das Gehirn umziehende Windungen, und verbinden sich mit dem Rückengefässe, sowie weiter nach vorn zu untereinander. Am hin- tern Körpe#lle stehen alle drei Stämme auf ein- fachere Weise unter sich in Verbindung. Mit diesen drei Gefässstänmen stehen bei einigen Gattungen noch andere in Zusammenhang: dünne Quergefässe verbinden Rücken- und Seitengefäss in regelmässigen Abständen. Dadurch zeigt die ganze Einrichtung eine Art von Gliederung und entspricht der auch sonst angedeuteten Metamerie. Das bei den Acanthocephalen im Integumente verzweigte Canalsystem, welches auch mit den Canälen der Lemnisei ($. 186) sich verbindet, kann hier nicht angeschlossen werden. Welcher morphologischen Gruppe von Organen es angehört, „ist unentschieden. $ 138. Das Gefässsystem der Annulaten knüpft sich an jenes der Nemertinen in allen wesentlichen Verhält- nissen an. Fast bei allen bestehen dorsale und ven- "trale oder auch lateral verlaufende Längsstämme, die durch Queranastomosen unter einander verbunden sind und vorne wie hinten in einander übergehen. Das dorsale, über dem Darm verlaufende Längs- gefäss bietet die constantesten Verhältnisse; es ist stets contractil, und der Blutstrom bewegt sich in ihm von hinten nach vorne zu. Es entspricht dem dorsalen Mediangefässe der Nemertinen, sowie die Fig. 76. Schema desGe- beiden Lateralstämme der letzteren dem ventralen Kesssstens Sr Ten Gefässe der Annulaten entsprechen dürften. Diese inen. d dorsaler Längs- stamm. 1,1 Seitengefässe. Gefässe sind nicht bei allen ‚Annulaten abge- ee schlossen, vielmehr stehen sie auch mit weiteren Räumen in Zusammenhang, die eine Leibeshöhle repräsentiren. Das gesammte Gefässsystem ist in diesem Falle nicht vollständig gesondert. Die Leibeshöhle persistirt in offner Verbindung mit dem Gefässsystem bei den Hirudineen,, wie daraus hervorgeht, dass Organe, die sonst in ersterer liegen, in blutführende Räume eingeschlossen sind. Solcher Sinusse bestehen gewöhnlich drei. Ein mittlerer, den Haupttheil der Leibeshöhle darstellend hält bei Clepsine und Piseicola den Darmcanal und das Bauchmark umschlossen, vielleicht auch einen Theil des Dorsalgefässes, wo nicht, wie bei Piseicola, ein besonderer dasselbe bergender Sinus besteht. Zwei pulsirende laterale Gefässe (s. oben Fig. 61. B.!) stehen theils mit dem Mediansinus, theils unter sich durch Quer- anastomosen in Verbindung. Bei Hirudo und Verwandten erscheint der Gefässssyslem. 179 Mediansinus nur am Kopftheile in seiner früheren Beziehung, indem er den Schlundring umgibt. Am übrigen Körper ist er nur ventral ent- wickelt, und hält das Bauchmark (s. oben Fig. 61. B. n) umschlossen. Dieses Schwinden des grossen Sinus ist auf Rechnung der Ausbildung eines feinen Gefässnetzes zu setzen, welches an seiner Stelle sich ent- wickelt hat, und ähnlich auch die Querverbindungen der Längsstämme betrifft. Aus den auf den Darm sich vertheilenden Gefässen bilden sich neue Längsstämme. Während hier durch Combination der primitiven Medianstämme mit einem aus Lacunen der Leibeshöhle sich sondernden Canalsysteme ein complicirter Apparat sich ausbildet, kann durch völliges Verschwinden jener Medianstämme das ganze Gefässsystem sich einfacher darstellen. Solches ist bei Nephelis der Fall, wo ein weiter Mediansinus und zwei Lateralgefässe vorkommen. Dieser aus einem lacunären System hervorgegangene Gefässapparat ist auf die Hirudineen beschränkt, denn bei den Anneliden ist die Schei- dung des Gefässsystems von der Leibeshöhle fast durchgehend entwickelt. Wo sie fehlt, sind nicht Weiterentwickelungen, wie sie die Differenzirung der Leibeshöhle der Hirudineen bot, sondern Rückbil- dungen im Spiele. Das Rückengefäss lagert in der Regel dem Darm- canal unmittelbar auf, und erscheint häufig in eine denselben bekleidende Drüsen - Schichte eingebettet. Ausser den vorderen und hinteren Verbindungen fin- den noch seitliche, den Metaineren entsprechende statt. Sie theilen sich in solche, die den Darm unmittelbar umfassen und in dessen Wand oft ein reich ent- wickeltes Gapillarnetz herstellen (viscerale Gefässe) und in solche, welche in die Leibeshöhle ragen, ent- weder zu den Wandungen derselben, oder zu den Anhangsgebilden gehen (parietale Gefässe). Bei den Scoleinen ist das Verhalten der Anordnung meist gleichmässig durch den ganzen Körper. Als pulsi- rende Theile erscheinen ausser dem dorsalen Längs- stamme häufig noch die Quergefässe, die dann zu einem oder mehreren Paaren beträchtlich erweitert Fig. 77. Vorderer Ab- sind (Fig. 77. c). In dieser Differenzirung eines Ab- Schnitt des Blutgefäss- r = a systems einer jungen schnittes des Gefässsystems ist der Anfang zur Aus- saenurisvariegata. bildung eines Centralorgans für den Kreislauf, eines 4 Dorsulgefäss. v Ven- Herzens, zu erkennen. Sehr selten ist das Bauch- are ER gefäss contractil. Durch Entwickelung feiner Gefäss- mose. Die Pfeile deuten netze, wie solche z. B. bei Lumbricus als Capillaren die Richtung des Blut- im Körper weit verbreitet sind, entstehen neue Com- Er; plicationen des Baues. Branchiobdella schliesst sich im Gefässsystem an die einfacheren Befunde der Scoleinen an. — Q Alan ee =’ 12* 180 II. 3. Würmer. $ 139. Von umgestaltendem Einflus ur die Vertheilung und Differenzirung des Blutgefässsystems ist die Entwickelung der Athmungsorgane. Bei den Scoleinen sind solche nicht als discrete Organe vorhanden, und es kommt entweder der gesammten Körperoberfläche, oder der Leibeshöhle durch Wasseraufnahme eine Bedeutung für die Athmung zu. Wir sehen daher keine belangreichen Verschiedenheiten des Gefässapparates an den ein- zelnen Körperabschnitten, und nur bei einigen im Schlamme des Süss- wassers lebenden, deren Hinterleib bei der Respiration vorwiegend be- theiligt ist, zeigen die parietalen Gefässschlingen eine mächtigere Entfal- tung (Lumbrieulus). Auch unter den Chätppoden sind noch jene einfacheren Verhältnisse vorhanden, doch wird die grössere Differenzirung des Kopfes sowie des Munddarmes von einigen Aenderungen des Gefässsystems begleitet. Mit dem Auftreten von Kiemen setzt sich der parietale Gefässapparai in diese fort, im einfachsten Verhalten tritt eine Gefässschlinge in den als Kieme fungirenden Anhang. Dabei ergibt sich die Andeutung einer allmählichen Trennung in einen arteriellen und venösen Abschnitt. Dieser Zustand wiederholt sich mit der Ver- theilung von Kiemen über eine grosse Anzahl von Me- tameren, wie solches z. B. bei Eunice, auch noch bei Arenicola, besteht. Vom Dor- salstammme gehen hier ausser zum Darme, noch Gefässe zu den seitlich sitzenden Fig. 78. Schematischer Querschnitt durch die hintere Kiemen, von denen wieder Be von Arenicola zur Darstellung ‚Ges. Ver. je ‚ein Gefiss igiden Bauake yaltens der Gefässe, D Rücken-, V Bauchseite. n Bauch- 2 KERLE TERT mark. i Darmhöhle br Kiemen. v Bauchgefässstamm. stamm zurückführt ‚Fig. 18). a,b Kiemengefässe. d Rückengefässstamm. A Den Darm- Aehnlich verhalten sich die canal umfassender Ast. v' Ventrales Darmgefäss. Hermellen A deren Kieinen nur einen einzigen centralen Hohlraum besitzen, so dass keine anato- mische Scheidung für das ein- und austretende Blut besteht. Bei Areni- cola findet sich dies Verhalten nur an der hintern Körperhälfte. Für die vordere Hälfte der Kiemen tritt das eine Kiemengefäss zum Haupt- bauchstamme, das andere zu einem visceralen Ventralgelässe. Mit der Beschränkung der respiratorischen Anhänge auf eine kleinere Körperstrecke, wie solches z. B. bei den Tubicolen der Fall ist, verbindet sich eine grössere Ungleichheit in der Ausbildung einzelner Gefässab- schnitte. So erweitert sich bei den Terebellen (Fig. 79, das Dorsalgefäss vd) über dem muskulösen Munddarme in einen ansehnlichen Schlauch, der nach den Kiemen (br) sich in Aeste vertheilt, und somit als»Kiemen- - Gefässsystem. 181 herz« fungirt. Aus den Kiemen kehren rückführende Gefässe zum Ven- wralgefäss. Die Function eines Gentralorgans geht bei Manchen auf Quer- anastomosen über (Scoleinen). Eine solche vom ventralen Darmgefäss zum Rückengefäss leitende Verbindung besteht auch bei den Terebellen und bildet functionell, einen Theil des herzartigen Ab- schnittes des Rückengefässes. Dieser verbindet sich bei Arenicola mit zwei mächtiger erweiterten Quergefässen, die zum Bauchstamme treten. Die bei einer spärlicheren Vertheilung von Blutgefässen constantere Anordnung löst sich in jenen Abtheilungen auf, die reiche Gefässver- zweigungen am Darme und an der Körperwand besitzen. Wie in den Kiemen eine Auf- lösung der parietalen Quer- anastomosen besteht, so tritt diese auch an den Längs- stämmen ein, welche dann streckenweise durch ein Ge- 2 gu fässnelz dargestellt sind, aus 7 «em neue Bahnen sich her- ITS BI Nn7] 4 Im Is: A vorbilden. Die einen Collate- ralkreislauf bildenden Er- scheinungen müssen der Be- urtheilung auch dieser Ver- hältnisse zu Grunde gelegt werden. So ist bei Polyoph- thalmus der dorsale Median- Kae bar ke ; stamm längs des Mitteldarms Tbier ist ne re ar aufgelöst. Zwei dorsale und Theil dargestellt). br Drei Kiemenpaare. ph Muskulöser zwei ventrale Stämme gehen Abschnitt des Munddarms (Pharynx). v Darm, vd Rücken- Kuh den ofne Souifnen gefäss. vv Bauchgefäss. (Nach MıLse-Epwarops.) T einfachen Mediangefässen bei den Hermellen hervor, und bei Eunice ist das ventrale, bei Nephthys das dorsale Gefäss paarig vorhanden. Bei einigen scheint der Gefässapparat rückgebildet (Glycera, Ca- pitella). Eine Verbindung des bei den Anneliden bestehenden Typus des Ge- 4a 7 1 1 » T »f1 z« 1 n H ässsystems mit jenem der Nemertinen kann man bei Balanoglossus erkennen. Sie beruht in dem Vorhandensein medianer und lateraler Längsstämme, deren viscerale Aeste jedoch theilweise die Kiemengelfässe 182 II. 3. Würmer. vorstellen, und damit eine von den übrigen Würmern sehr abweichende Bildung eingehen. . $ 140. Das Gefässsystem der Gephyreen bietet nicht blos in seinen Be- ziehungen zum Circulationsapparate anderer Würmer, sondern selbst für die Vergleichung der einzelnen Befunde unter einander nicht leicht ver- ständliche Verhältnisse, zumal auch in der Kenntniss der anatomischen Thatsachen noch manche bedeutende Lücke besteht. Vor Allem betrifft das den Zusammenhang der Räume des Gefässsystems mit der Leibes- höhle, der nur durch die Beschaffenheit der perienterischen Flüssigkeit wahrscheinlich gemacht wird. Die wesentliche Anordnung des Gefässverlaufes findet sich in zwei Längsstämmen ausgedrückt, welche den bei den Anneliden vorgeführten Hauptstämmen entsprechen. Der ventrale verläuft längs der Leibeswand, indess der dorsale sich an den Darmeanal hält, und ihn auf seinen Win- dungen und Schlingen begleitet. Die Richtung des Blutstroms ist dieselbe wie im Rücken- und Bauchgefäss der Anneliden. Am einfachsten ergeben sich beide Gefässe in Jugendzuständen der Sipunculiden. Beide scheinen um den Mund mit einander in Verbin- dung zu stehen und communieiren dort mit den Hohlräumen der Ten- takel. Am hinteren Körperende hängt mit dem Rückengefässe eine An- zahl lebhaft sich contrahirender Blinddärme zusammen. Diese treten bei Sternaspis in einer anderen Bedeutung auf; indem sie auf zwei Gruppen vertheilt büschelförmig nach aussen vortreten, stellen sie Kiemen vor. Bei den Sipunculiden sind ähnliche, aber innere Anhänge längs des ganzen Rückengefässes vertheilt. Das Rückengefäss zeigt sich in seinem Verlaufe gewunden bei Sternaspis, Bonellia und Echiurus. Wo die Ten- takel fehlen, geht es durch eine zuweilen in feinere Gefässe aufgelöste, den Mund umfassende Gefässschlinge ins Bauchgefäss über. Durch die mächtige, aus der langausgezogenen Oberlippe entstandene Rüsselbildung der Bonellien wird der vordere Abschnitt des Gefässapparaies sehr in die Länge gestreckt. Das Rückengefäss setzt sich hier bis zum Ende des Rüssels fort und theilt sich in zwei, die Rüsselrinne umfassende Zweige, die unterhalb der Mundöffnung im Körper wieder zusammentreten. Bei Echiurus fehlt mit dem Rüssel auch diese Bildung. Das aus der Vereini- sung der beiden Gefässschlingen sich bildende Bauchgefäss verläuft bei Echiurus und Sternaspis unter Abgabe vieler seitlichen Aeste nach hinten. Bei Bonellia theilt es sich kurz nach seiner Bildung hinter dem Munde, wird aber dann wieder einfach. Sowohl bei Echiurus als bei Bonellia entsendet es viscerale Gefässe, die, mehrfach bei Echiurus vorhanden, im Mesenterium ihren Verlauf nehmen. Das vorderste dieser Gefässe bildet bei Echiurus am Darme eine ansehnliche Erweiterung, von der ein ven- trales Darmgefäss abgeht, und zwei den Darm umgreifende Anastomosen zum Rückengefäss. In diesem Verhalten ist eine Verbindung zwischen Excretionsorgane. 183 Rücken- und Bauchgefäss ersichtlich wie solche bei den Anneliden in vielfacher Wiederholung sich trifft. Hier ist diese Einrichtung auf eine Stelle beschränkt, oder doch da vorwiegend ausgebildet. Das von dem Annelidentypus Abweichende wird durch die Entfernung des Darmrohrs von der ventralen Medianlinie bedingt, in Folge dessen die Anastomose nicht sogleich paarig, sondern als einfaches Gefäss vom Ventralstamme hervorgeht. Bei Bonellia sind weitere Umbildungen bemerkbar. Die Queranastomose zu dem längs des Darmes verlaufenden Rückengefässe entwickelt sich jederseits am Darme zu einem ansehnlichen Schlauche, aus dem nach vorne zu das Rückengefäss zu entspringen scheint, da sein hinterer Abschnitt entweder fehlt, oder gegen den erweiterten vorderen bedeutend zurücktritt. Auch in diesem Verhalten sind entfernte Be- ziehungen zu Anneliden ausgedrückt. Der wichtigste Unterschied besteht also in der Beschränkung der den Darm umgreifenden Queranastomosen auf eine einzige, die zudem in eigenthümlicher Weise umgewandelt ist. Darin äussert sich also wieder ein der rudimentären Metamerie ent- sprechendes Verhalten. Als Organ der Blutbewegung dienen beschränk- tere oder ausgedehntere Gefässstrecken, die in den einzelnen Gattungen sehr verschieden sind. $ As. Den Inhalt der Leibeshöhhle wie des Gefässsystems bildet die ernäh- rende Flüssigkeit, deren Formbestandtheile meist wenig diflerenzirte Zellen sind. Bei bestehender Sonderung des Gefässsystems von der Leibeshöhle wird das Contentum des ersteren als Blut bezeichnet. Farblos sind dessen Formelemente bei vielen Anneliden. Bei manchen Nemertinen erscheint eine rothe Färbung der Blutzellen (Borlasia), auch bei vielen Anneliden ist die Blutflüssigkeit gefärbt, seltener grün, häufiger roth, wobei in mehrfachen Fällen die Formelemente als Träger des Farb- stoffes sich ergeben. Doch besteht auch bestimmt eine Färbung des Plasma wie z. B. bei Lumbrieinen. Die Sonderung des Gefässsystems lässt den Inhalt der Leibeshöhle meist auf einem indifferenten Zustande, ‚so dass dann ausser dem Blute noch eine stets ungefärbte perienterische Flüssig- keit (auch als Chylus bezeichnet) vorkommt. Bei rückgebildetem Gefäss- systeme erscheint das die Leibeshöhle füllende Fluidum nicht selten in Uebereinstimmung mit dem Blute Anderer in rother Färbung (Glycereen!. Exeretionsorgane. $ 132. Eine grössere Anzahl hier zusammengefasster Organe ist in functio- neller Beziehung noch völlig unaufgeklärt, bei einem andern Theile dagegen ist sicher, dass ihr Secret dem der Nieren höherer Thiere im Wesentlichen ähnlich ist. Allen aber kommt eine Summe gemeinsamer 154 II. 3. Würmer. Verhältnisse zum Organismus zu, die selbst da noch von Gewicht sind, wo die Verbindungen dieser Oggane sich so different verhalten, dass der Nachweis einer vollkommenen Homologie nicht mit Sicherheit ge- führt werden kann. In seinen entwickelteren Formen tritt uns der Exceretionsapparat als ein System einfacher oder verzweigter Ganäle entgegen, welches an der Oberfläche des Körpers nach aussen mündet und bei deutlich gesonderter Leibeshöhle mit inneren Mündungen versehen ist, wäh- rend im gegentheiligen Falle die Enden der Röhren oder die feinsten Verzweigungen der Canäle geschlossen sind. Bei ungegliedertem Körper ist der Apparat zu einem Paare vorhanden: mit der Metamerenbildung tritt er dieser entsprechend auf. Ein paar vom Integumente her gesonderter, und damit aus dem Eetoderm stammender Blindschläuche stellt den indifferenten Zustand der Exeretionsorgane vor. Solche hinter dem Kopfe ausmündende Gebilde sind bei den Nemertinen bekannt, bedürfen jedoch bezüglich eines etwa von ihnen fortgesetzten Canalsystems näherer Untersuchung. Genauer sind die Verhältnisse der hier als Wassergefässsystem gedeuteten Canäle bei den meisten Plattwürmern ermittelt. Bei den Landplanarien sind sie vermisst worden. Bei den Trematoden und vielen Turbellarien verzweigen sich zwei auf die Seiten vertheilte Exeretionscanäle im Körper, indem von den Hauptstämmen feine, das Körperparenchym durchsetzende Aeste ausgehen. (Fig. 80. A.B.) An der Wand der feinen Canäle Fig. S0. Schematische Darstellung der Exeretionsorgane bei Plattwürmern, nach ihren verschiedenen von einander ableitbaren Formen. finden sich vereinzelt lange Cilien. Die meist etwas erweiterten Hauptstämme münden bei manchen noch am Vordertheile des Körpers aus (Fig. 80. A) (Tristoma papillosum). Am häufigsten trifft man die Mündung (Porus exeretorius) gegen das hintere Körperende verlegt (B), wobei beide Gefässstämme einander genähert, und zu einer gemein- samen Oeflnung vereinigt sind. Daraus bildet sich eine für beide Canäle gemeinsame Endstrecke aus, die, meist erweitert, als contractile Blase sich darstellt (EZ). Solche Blasen können auch an den getrennt ausmündenden Stämmen entstehen. Sie bilden einen dritten Abschnitt des Apparates. Excretionsorgane. 185 Bei den CGestoden ist das, wie es scheint, bei den anderen Platt- würmern erst erworbene Verhältniss der Verschmelzung der Exere- tionscanäle zu einem einzigen am Ende des Skolexkörpers gelegenen Porus excretorius typisch geworden. Eine contractile Blase bildet meist den Sammelpunkt. Die Hauptstämme bestehen in der Regel in grösserer Zahl, nämlich zu vier, sechs oder acht, die vorn im Kopfe entweder schlingenförmig in einander übergehen oder auch nur umbiegen, um wieder nach hinten tretend sich zu verästeln, wobei im specielleren Befunde ähnliche Verhältnisse wie bei den andern Plattwürmern sich ergeben. Mit dem Eintritte der Metamerenbildung an der Skolexform wird der terminale Abschnitt dieses Canalsystems der ältesten Proglot- tide zugetheilt, die folgenden Proglottiden erhalten dann Theilstücke der Canäle. Am Ende der Metameren stehen die Längscanäle bei man- chen durch einen Ringcanal in Verbindäng. Beim Ablösen der Proglot- tiden soll sich jedesmal ein neuer Porus excretorius bilden, woran der Ringcanal betheiligt ist. Der aus den feinsten Canälen bestehende Abschnitt dieser Organe enthält nur wasserklare Flüssigkeit. Bei Bandwürmern dagegen finden sich an erweiterten Stellen Kalkconcremente vor, die als Exceretions- producte zu deuten sind. Solche Concremente sammeln sich bei Trematoden in den Hauptstämmen, treten durch Contractionen derselben in die Endblase über und werden von dieser durch den Porus excere- torius entleert. Nicht selten lässt sich an den feinster Ramificationen der Canäle sowohl bei Cestoden als Trematoden (Distoma dimorphum), eine’ Ana- stomosenbildung wahrnehmen, die auf die grösseren Stämme übergehen kann, und dieselben entweder einfach verbindet (zu einem Ringe bei Distoma rhachiaeum, mit regelmässig sich folgenden Quercanälen bei manchen Cestoden) oder zu einem reichen Maschennetze sich um- wandelt, in welchem auch die Hauptstämme aufgegangen sind. Unter einfacheren Verhältnissen erscheinen bei den Nemathel- minthen die Excretionsorgane, welche wieder von einem Blindschlauche ableitbar sind. Es sind in die Seitenfelder eingebettete, längs des Körpers verlaufende Schläuche oder Canäle. (Fig. 61. A. r.) In der Gegend des Munddarms biegen die beiderseitigen Canäle gegen ein- 2 a ir te = ander und vereinigen sich in einen kürzeren oder längeren gemein- samen Abschnitt, der mit einem in der Bauchlinie gelegenen Porus ausmündet. Zuweilen ist der Verlauf dieser Canäle geschlängelt, und auch in Beziehung auf die Verbindungsweise vor der Ausmün- dung finden sich mannichfache Variationen. Bei den Gordiaceen scheint dieser Apparat rudimentär zu sein, bei Mermis nämlich wird er nur durch eine Reihe von Zellen repräsentirt, und Gordius besitzt mit dem Mangel der Seitenfelder gar kein bestimmt hieher bezüg- ‚liches Organ. Ob die bei den Acanthocephalen im vorderen Körperabschnitte 186 ll. 3. Würmer. vorkommenden, als »Lemnisei« bezeichneten Organe einem Excretions- apparate zugehören, ist Ei A Sie bilden zwei längliche Lamellen ohne Lumen, Fortsätze der ’Teibeswand und wie diese mit Canalver- zweigungen ausgestattet, zwischen denen dunkle Körnermassen sich vorfinden. $ 143. Mit dem Entstehen einer Leibeshöhle ist das Verhalten der Excre- tionsorgane derart geändert, dass die Canäle mit ersterer durch innere, mit einem Wimperbesatz versehene Mün- dungen communiciren. Dieser neue Zustand muss umsomehr als eine blosse Modi- fication des terminal geschlossenen CGanal- systems gelten, als er bereits bei Platt- würmern vermittelt wird. Bei Larven von Trematoden sind innere Mündungen beob- achtet. Sie charakterisiren ebenso das excretorische Canalsystem der Räderthiere, welches nach derselben Weise wie das der Trematoden angelegt ist. Das in derLeibes- höhle lagernde, oder von der Körperwand her in sie einragende Canalsystem setzt sich aus zwei Stämmen zusammen (Fig. 81. c), die bei manchen durch seitliche Zweige in dieLeibeshöhle ausmünden (Arten von Notommata). Die beiden sich vielfach schlängelnden Hauptcanäle vereinigen sich Fig. $1. Organisation eines Brachio- entweder an der Cloake und öffnen sich nus. a Wimpernde Kopfscheibe. s Jurch diese nach aussen, oder sie gehen are ee, vorher in eine contractile Blase (v) über, bergend. 0o' Eier, an der Basis des die als eine Sonderung des gemeinsamen Schwanzes befestigt. c Exeretions- Endabschnittes der beiden Canäle zu gelten canäle. v Contractile Endblase. Br b { = hat. Die inneren Mündungen, wie auch das Lumen der beiden Hauptstämme sind von Stelle zu Stelle mit Geissel- haaren besetzt, die eine zitternde Bewegung äussern. "Die Wände selbst geben eine drüsige Beschaffenheit zu erkennen, die entweder über die gesammte Länge eines Canals sich ausdehnt oder auf bestimmte Abschnitte beschränkt erscheint. In diesem letzteren Verhältnisse möchte eine nicht unbeträchtliche Weiterentwickelung des bei den Plattwürmern einfacheren Verhaltens zu erkennen sein, welche zugleich eine nähere Verwandtschaft mit den Ringelwürmern darbietet. Auch Echinoderes besitzt zwei gewundene Excretionsschläuche, die aber getrennt im Vorderkörper auszumünden scheinen. Excretionsorgane. 187 $ 144. Bei den Gephyreen müssen zwei differente Organe als excreto- rische unterschieden werden. Das eine dieser Organe schliesst die Gephyreen an niedere Zustände an, indem ihr Verhalten mit der nicht ausgebildeten oder nur äusserlich entwickelten Metamerenbildung zusam- menhängt. Diese Organe werden durch Schläuche gebildet, welche in das Ende des Darmes münden (Fig. 72 g), und wenigstens da, wo sie am genauesten gekannt sind (Bonellia), mit zahlreichen in die Leibeshöhle geöffneten Wimper- trichtern ausgestattet sind (Fig. 82 a). In anderen Fällen scheinen die Ramifica- tionen mit inneren Mündungen zu fehlen (Echiurus, und wieder bei anderen ist eine völlige Rückbildung eingetreten. Da auch bei Echinodermen ähnliche Ein- richtungen vorkommen, so erscheint diese bei den Gephyreen vorhandene Form der Excrelionsorgane einem grössern Kreise gemeinsam, von Einer Stammform ab- leitbar, von wo aus sie auf die Echino- dermen ebenso wie auf die Gephyreen sich vererbt hat. Eine Verschiedenheit Fig. 82. Stück eines Zweiges vom Ex- der Function dieser Organe darf aus dem eretionsorgane von Bonellia viridis. Baue abgeleitet werden. Die exceretorische * Kies Ran} ann Verrichtung scheint nur bei Bonellia sicherer, indem hier die Wandungen der Verästelungen eine drüsige Beschaffenheit besitzen. Die andere Form besteht aus paarigen, an der Bauchfläche ausmün- denden Schläuchen, die von der paarigen bei Anneliden bestehenden Form derselben Organe ableitbar sind. Sie finden sich entweder nur zu einem Paare (Sipunculus) oder zu wenigen Paaren (Thalassema, Stern- aspis, Echiurus) vor, und drücken damit eine gering entfaltete Metamerie aus. Innere Mündungen in die Leibeshöhle liegen dann nahe an der In- sertion der Schläuche in die Leibeswand, und stehen bei mehreren im Dienste der Geschlechtsfunction, indem sie die Ausführwege der Ge- schlechtsproducte darstellen. Der grösste Theil des Schlauches, nämlich das hinter der inneren Oeffnung befindliche blinde Endstück, scheint bei den Sipunculiden die excretorische Function zu behalten, und ist in der Regel durch bräunliche Färbung ausgezeichnet. Bei anderen dient der ganze Schlauch zur Ausleitung der Geschlechtsproducte. Während bei den meisten ein gleichartiges functionelles Verhalten dieser Organe besteht, 188 II. 3. Würmer. findet sich in vereinzelten Fällen eine Arbeitstheilung ausgebildet (Stern- apsis), indem das hintere Sel hpaar zur geschlechtlichen, das vordere zur excretorischen Function in Beziehung steht und dadurch die sonst nur in den einzelnen Gattungen auftretende Mannichfaltigkeit der Leistungen schon im Individuum zum Ausdrucke kommen lässt. $ 145. Unter den Ringelwürmern treten hinsichtlich des Baues der exere- torischen Organe wenig neue Einrichtungen auf. Die Organe entsprechen der Metamerie des Körpers, indem sie fast in allen Segmenten des letzte- ren regelmässig auf beide Seiten vertheilt sind. Man hat sie daher, wenig zweckmässig, als Segmentalorgane benannt, ein Name, der ebenso auf viele andere Organe passt. Jedes besteht aus einem zusammengeknäuelten oder schleifenartig aufgereihten Ganale (Schleifencanal), welcher eine in- nere, oft eigenthümlich gestaltete und stets bewimperte Mündung besitzt, und am andern Ende auf der Oberfläche des Körpers sich öffnet. Dieser Canal ist zuweilen in seiner ganzen Ausdeh- nung gleichartig, oder bietet nur geringe Differenzirungen dar, häufig lässt er mehr- fache Abschnitte unterscheiden, welche im Allgemeinen den schon bei Plattwürmern und Räderthieren hervorgehobenen entsprechen. Der innerste, die Mündung in die Leibeshöhle tragende Abschnitt ist in der Regel der mäch- tigste und durch ein trichterförmiges, auch roseitenartig gestaltetes Mundstück ausge- zeichnet |s. Fig. 83). Am «darauffolgenden Abschnitte ist ein drüsiger Bau der Wandung zu.erkennen. Der letzte, zuweilen erweiterte Abschnitt besitzt häufig einen Muskelbeleg; Fig. 83. Innere Mündung eines Seine Ausmündung findet sich fast immer an Schleifeneanals von Branchio- der Seite der Ventralfläche. Die Verrichtung en dieser Organe ist ebenso wenig wie bei den übrigen Würmern eine rein excretorische, wir finden sie nicht selten mit mannichfachen andern Functionen betraut. Diese Organe besitzen bei Hirudineen ihre Vorläufer im Embryonal- stadium, wo, unabhängig von den später entstehenden, drei Paare von Schleifencanälen an der hinteren Hälfte der Bauchfläche vorkommen. Sie sind von ähnlichem, aber einfacherem Bau wie die bleibenden, und gehen nach Entwickelung der letzteren zu Grunde. Diese höchst wichtige That- sache weist darauf hin, dass die Schleifencanäle der Ringelwürmer nicht ohne weiteres als die Homologa der Excretionsorgane niederer Würmer angesehen werden dürfen, und zugleich entsteht die Frage, ob die Schlei- fencanäle jener Ringelwürmer, welche keine derartigen primordialen Bil- DE " NEIN; 7 “ Excretionsorgane, 189 dungen aufweisen, den definitiven Schleifencanälen der Hirudineen, oder nur den primordialen vergleichbar seien. Im specielleren Verhalten ergibt sich schon bei den Hirudineen eine beträchtliche Mannichfaltigkeit, indem die Schleifencanäle bei einer Ab- theilung der innern Mündung entbehren. Statt derselben beginnen sie mit einem geschlossenen Abschnitt, der in Form einer Schleife gestaltet, aus zahlreichen labyrinthartig unter einander verbundenen Canälen be- steht (Hirudo). Aus diesen Schleifenorganen löst sich ein isolirter Canal ab, der mit einer blasenförmigen Erweiterung an der Oberfläche des Kör- pers ausmündet |s. oben Fig. 61 B). Bei anderen (Clepsine, Nephelis) ist der labyrinthförmige Abschnitt gleichfalls vorhanden, aber es besteht dabei eine innere, in die seitlichen Blutsinus des Körpers einragende Mündung. Bei den Scoleinen ist die Abtheilung der Limicolen durch zweierlei Zustände der Schleifencanäle bemerkenswerth. In dem einen besteht ein vielfach geschlängelter, meistentheils in einer gemeinschaftlichen Zell- masse verlaufender Canal, der ziemlich gleichartige Caliberverhältnisse bietet. Mit dem die innere Mündung tragenden Ende durchbrechen die Canäle immer das je vor ihnen liegende Dissepiment; je ein Schleifen- canalpaar hat daher Beziehungen zu zwei Leibessegmenten. In einem liegt der nach aussen führende Abschnitt, im anderen die innere Mün- dung. Diese über den grössten Theil der Segmente in gleichem Verhalten verbreitete Form fehlt an den vom Geschlechtsapparat eingenommenen Strecken. An der Stelle der einfachen Schleifencanäle findet man compli- eirtere und in viel grösserem Maassstabe entfaltete Gebilde, welche in ihrem Baue das Verhalten der ersteren wiederholen, aber als Ausführungs- organe des Sperma thätig sind: Schleifencanäle sind zu Samenleitern um- gebildet. Darin schliesst sich auch Branchiobdella hier an. Bei den Lumbrieinen fehlen diese functionellen Umwandlungen. Da- gegen hat sich der Apparat durch deutliche Ausprägung der einzelnen Abschnitte, wie durch die Anordnung seiner Schlingen bedeutend com- plieirt. Jeder Canal stellt mehrere neben einander auf- und absteigende, innig unter einander verbundene Schleifen dar, welche von einem dich- ten Blutgefässnetze umsponnen werden. Verschiedene Abschnitte tragen ebenso verschiedene Bedeutungen. Zu innerst finden wir den der trichter- förmig erweiterten Mündung (Fig. 84 a) folgenden Abschnitt (b b b) mit glashelen Wandungen versehen und an einzelnen Strecken mit Cilien ausgekleidet. Nach mehrfacher Schleifenbildung geht dieser Theil durch eine Veränderung seiner Wandungen in einen andern Abschnitt |c) über, dessen Lumen erweitert (d) und von feinkörnigen Inhalt führenden Zellen umwandet ist. Auch dieser Theil verläuft schlingenartig |d’) und setzt sich in einen weiteren, mit muskulösen Wandungen versehenen fort (e), welcher nach einfacher Umbiegung an die Körperwand tritt (e‘) und hier seine Ausmündung findet. Einfachere Formen der Schleifencanäle walten bei den Ghätopoden 190 ll. 3. Würmer. vor. Die einzelnen Canäle bilden bald knäuelförmige Körper, bald bieten sie weniger Windungen dar. Die bei vielen nachgewiesene trichterförmige Binnenmündung verhält sich bei einigen (Aleiopa) zu den Septis der Leibeshöhle sanz ähnlich wie bei den Scoleinen. Auch die Beziehung zum Geschlechts- apparate ist bei vielen in ähnlicher Weise erkennbar. Ausser den mehr secundären Be- ziehungen, welche die Schleifencanäle der Ringelwürmer bald nur an bestimm- ten Localitäten, bald in grösserer Aus- dehnung zum Geschlechtsapparate be- sitzen, wird ihre Beziehung zur Excre- tion, sowie zur Ein- oder Ausfuhr von Wasser in Betracht kommen müssen. Zur Excretion stehen die Organe in einem engen Verhältnisse durch den drüsigen Beleg ihrer Wandungen oder auch durch direct in sie einmündende Drüsen. Dadurch kommen sie den Hauptstäimmen der Excretionsorgane bei den Trematoden gleich. Eine Be- ziehung der perienterischen Flüssigkeit zum umgebenden Medium, entweder durch Ausleitung der ersteren oder Ein- lass des letzteren, wird durch die innere Ein Schleifencanal von Lum- brieus, mässig vergrössert. a Innere Mün- Fig. S4. dung. b, b, b Heller, in zwei Doppelschlei- fen aufgereihter Canalabschnitt. c, ce En- gerer Abschnitt mit Drüsenwänden. d Erweiterter Theil, der in d' wieder enger wird und bei d'' in den muskulösen Abschnitt e sich fortsetzt. e' Aeussere Mündung. Mündung der Schleifencanäle herge- stell. Aus der in den Canälen oder an den inneren Mündungen in beinahe allen Fällen nach aussen gehenden Richtung der Wimperbewegung wird wahrscheinlich, dass auch Stoffe nach dieser Richtung bewegt werden. Doch bedarf es zur Sicherstellung einer solehen Annahme noch eingehender Untersuchung. Geschlechtsorgane. $ 146. In der geschlechtlichen Differenzirung der Würmer be- genen ‚uns zahlreichere Stufenfolgen als bei einer andern Abtheilung. Die niedersten Zustände bieten wieder hermaphroditische Einrichtungen, die aber nicht selten mit grossen Complicationen sich verbinden, wodurch sie weit über die viel einfacher sich verhaltenden Einrichtungen der ge- trenntgeschlechtlichen Würmer sich erheben. Geschlechtsorgane. 191 Am einfachsten verhalten sich die Bryozoön, deren Geschlechtspro- ducte sich entweder an der Innenfläche der Körperwandung aus einfachen Zellenhaufen entwickeln, welche entweder Samenelemente oder Eier aus sich hervorgehen lassen ; oder sie entstehen an einem vom Darmcanale zur Innenwand des Körpers verlaufenden Strange (Funiculus). (Fig. 71 .) Die reifen Zeugungsstoffe gerathen in die Leibeshöhle und werden von hier aus durch die erwähnte Communicationsöffnung in das umgebende Wasser entleert. Beiderlei Geschlechter sind meist in einem Individuum vereinigt, und nur die Keimstätten sind von einander getrennt. Bei allen phylactolämen Süsswasser-Bryozoen entwickeln sich in der Leibeswand an den Stellen, an welchen Eier entstehen, eigenthümliche aus einem Zellenaggregate bestehende Körper (Statoblasten), die, wie die Eier, sich ablösen und freiwerdende Sprossen vorstellen. Mannichfache Differenzirungen lassen compliecirte Schalengebilde an ihnen entstehen. $ 147. Der Hermaphroditismus erhält sich auch bei den Plattwürmern ver- breitet (Turbellarien, Trematoden, Gestoden). Beiderlei Geschlechtsorgane sind in der Regel an einer gemeinsamen Ausmündung vereinigt, im übrigen getrennt von einander ins Körperparenchym gebettet. Am ein- fachsten verhalten sich die meist wenig voluminösen Keimdrüsen (Hoden und Ovarien). Ausführwege und damit verbundene Drüsenorzane, sowie an den ersteren vorhandene Ausbuchtungen oder taschenförmige Anhänge, die als Entwickelungsstätten der befruchteten Eier, oder als Aufbewah- rungsorte des Samens fungiren, haben an der Complication der Apparate den bei weitem grössten Antheil. Was den männlichen Apparat betrifft, so sind die an Zahl variabeln Hoden meist undeutlich abgegrenzte Bildungsstätten des Samens, der durch enge Samehleiter zu einem gemeinsamen Ausführwege gelangt, ein erweiterter Abschnitt des letzteren fungirt als Samenblase, und sein Ende erscheint in ein hervorstreckbares oder ausstülpbares Organ umgewandelt, welches als Penis dient. Der weibliche Apparat hat seinen wichtigsten Bestandtheil im Eier- stock. Mit dem Ausführgange des Eierstocks verbindet sich ein meist weit verzweigtes Organ, der Dotterstock, in dessen Drüsenläppchen eine Zellenproduction stattfindet. Die Zellen des Dotterstockes werden zum Aufbau des Embryo verwendet, indem je eine Quantität derselben mit einer Eizelle ein Ei formirt. Die Entstehung des Dotterstockes resultirt wahrscheinlich aus der Arbeitstheilung eines primitiv sehr ansehnlichen Eierstockes, von dem nur ein Theil als solcher sich forterhielt, während die Zellen des andern ihre Bedeutung als Eikeime verloren, indem sie von den Eizellen resp. deren Theilungsproducten umwachsen und so in den künftigen Embryonalleib aufgenommen werden. Die Ausführgänge des Ovars (Eileiter) und des Dotterstocks vereinigen sich zu einem ver- 192 il. 3. Würmer. schieden langen Canale, der je nach der Menge der sich entwickelnden Eier, bald von ausserordentlicher Länge ist, bald ganz kurz, einfach, oder mit Aussackungen besetzt. W#se Räume werden als Uterus bezeichnet, da in ihnen das Ei nicht blos von einer Schale umschlossen wird, sondern auch in der Regel seine erste Entwickelung zum Embryo antritt. Eine meist in Form einer gestielten Blase auftretende Ausbuchtung der weib- lichen Ausführwege nimmt bei der Begattung das Sperma auf (Recepta- culum seminis), eine zweite jedoch nicht allgemeiner verbreitete ist mit der ersteren zuweilen verbunden ; sie dient wahrscheinlich zur Aufnahme des männlichen Begattungsorganes (Bursa copulatrix). Die bedeutendste Complication dieser Apparate trifft die parasitisch lebenden Plattwürmer. Die Erhaltung der Art ist hier durch den Aufent- halt der einzelnen Entwickelungsstadien des Thieres innerbalb verschie- dener Wirthe, sowie durch die damit verbundenen Wanderungen zahl- losen Schwierigkeiten ausgesetzt, und verlangt eine Massenprodugtion der Eikeime, sowie eine Sicherung ihrer Befruchtung. g 138. Im speciellen Verhalten dieser Geschlechtsapparate ergeben sich ausserordentlich mannichfaltige Formzustände. Der männliche Ab- schnitt besteht bei den rhabdocölen Turbel- larien in der Regel aus zwei langgestreckten Hodenschläuchen, aus denen je ein Vas defe- rens hervorgeht Fig. 85 £). Bei den Trema- toden sind gleichfalls nur einige meist rund- liche oder gelappte Testikel vorhanden, indess diese bei den dendroeölen Turbellarien, sowie bei mehreren rhabdocölen | Macrostoma ) und Cestoden durch eine oft sehr beträchtliche An- zahl kleinerer im Leibesparenchym zerstreuter Follikel Fig. 86 2) repräsentirt werden, die durch lange Ausführgänge sich vereinigen. Beiderseits können sie auch eine einzige Reihe bilden Landplanarien). Die Ausführgänge bil- den entweder ein gemeinsames Vas deferens, oder treten für sich verlaufend zu einem End- abschnitte, der in das Begattungsorgan sich fortsetzt. Der gemeinsame Ausführweg bildet Fig. $5. Geschlechtsapparat von die Samenblase, welche seltener durch Er- Vortex viridis. 4, £ Hoden. wejterungen der einzelnen Vasa deferentia RN N een ersetzt wird. Das Begattungsorgan Fig. 85 p, gattungsorgan. 00 Ovarien. mw Fig. 87 p’) erscheint meist als ein ansehnliches, Dotterstöcke. rs Receptaculum muskulöses Gebilde, an welchem die Samen- seminis. » Scheide. z„ Uterus. (Neu Maker blase häufig wie ein ihm zugehöriger Anhang Geschlechtsorgane. 193 erscheint. Es liegt in einem besonderen zum Genitalporus führenden Raume (Penisscheide der Planarien, Cirrusbeutel der Cestoden |Fig. 86 c/] und Trematoden) und zeigt zuweilen eine Ver- bindung mit Drüsen Pla- narien). Das Begattungs- organ ist in der Regel protractil, oder kann um- gestülpt werden, wobei ein beim eingezogenen ‚Organe innen sich fin- dender Besatz von man- cherlei Stacheln oder Haken an die Oberfläche zu liegen kommt. Eine solche Ausstaltung des Penis kommt mit Aus- nahme der Planarien den meisten Plattwürmern zu, und scheint einer innigeren Copula zu ent- sprechen. Fig. 86. Männlicher Apparat, mit theilweiser Angabe des weib- lichen, von Bothryocephalus latus nach Lanpoıs u. Son- MER. A Hodenfollikel (nur zum Theile angegeben). ve Ausführ- gänge derselben. vd Vas deferens. c Cirrus. cl Cirrusbeutel. Uebrige Bezeichnungen wie in Fig. 87. $ 149. Grössere Verschiedenheiten bietet der weibliche Apparat. Die Ovarien (Keimstöcke) erscheinen in der Regel als 1 —2 längliche, an Volum sehr unansehnliche Schläuche (Fig. 85. 0,87. ov), in denen die Bil- dung der Eikeime stattfindet. Wenn sie einfach vorhanden sind, setzt sich der Oviduct als ein bald kürzerer, bald längerer Canal, unter Auf- nahme accessorischer Theile zur Geschlechtsöffnung fort. Mehrfache ver- einigen sich zu einem gemeinsamen Oviduct (Fig. 85. v). Bei den meisten Rhabdocölen , wie auch bei Cestoden (Fig. 87. od) und Trema- toden bleibt der Ausführgang bei doppelten Ovarien einfach. Am kür- zesten ist er bei den Rhabdocölen, die wie die meisten CGestoden eine er- weiterte Stelle als Receptaculum seminis erkennen lassen. Dieses Organ erscheint als einseitige Ausbuchtung des Oviductes, die allmählich einen selbständigen Charakter gewinnt.. Deutlicher tritt dieser hervor, wo esals ein gestielter Anhang bald dem Grunde des Eileiters (Fig. 85. rs), bald dem Verlaufe desselben angefügt ist. Einen doppelten Eileiter be- sitzen die Planarien, bei welchen in der Regel nur ein ganz kurzer ge- meinsamer Abschnitt, als Uterus oder als Scheide fungirend, vorkommt. Bei den Landplanarien, deren Ovarien im vordersten Körpertheile liegen, Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 43 194 il. 3. Würmer. besitzen die Oviducte eine bedeutende Länge. Sie können auch auf ihrem Verlaufe mit kurzen a Arc besetzt sein, welche in Lücken- räumen der Leibeshöhle sich en Bipalium . Dieses eigenthümliche Verhalten lässt die Frage entstehen ob diese wimpertragenden Ausführ- wege der Eier etwa nicht auf ein anderes Organsystem zurückzuführen seien, denn es besteht kein Grund zur Annahme, dass an jenen rückwärts gerichteten Seitenzweigen Ovarialschläuche einer Rückbildung verfallen seien. Ein solcher Vorgang widerspräche «em Bestehen offener Mün- dungen. Die letztern aber deuten auf ein Excretionsorgan , das theil- weise in die Dienste der Geschlechtsfunction trat. Wo mit dem Ovarium Dotterstöcke verbunden sind, werden die- selben durch zwei oder mehr baumförmig verästelte oder gelappte Organe vorgestellt ‘Fig. 73. gv), welche oft in weiter Ausdehnung im Leibes- parenchym vertheilt sind (Fig. 87. d). Die Ausführgänge treten dann von verschiedenen Seiten her zusammen, und bilden einen mit dem Oviducte vereinigten gemeinsamen Abschnitt (d’). Besondere Abschnitte des Oviductes fungiren als Uterus, mit welchem Namen morphologisch sehr verschiedene Theile bezeichnet wer- - den. Im Allgemeinen lassen sich drei verschiedene Arten solcher vom Oviducte aus- gehenden Uterusbildungen unterscheiden. Einmal ist der Eileiter selbst hiezu ver- wendet und erscheint dann nicht blos erweitert, sondern < auch beträchtlich in die Länge ra le gestreckt, so dass er sich als 12 einen den Körper mehrfach durchziehenden, gewundenen Schlauch reprösentirt. Dieses Verhalten zeigt sich bei den Trematoden, ähnlich unter den Cestoden (Triaenophorus, Ligula, Bothryocephalus) (Fig. 87. u). Eine zweite Form 1’ : wird durch seitliche Aus- Pi, Sertchaart vn KO EEREORE buchtungen — oder‘ taschen- Apparates. v Scheidencanal. »v' Mündung desselben. artige Anhänge im Verlaufe u Uterus (mit Eiern). « Mündung desselben. ov Eier- des Eileiters darzestellt: sie stock. od Oviduct. gl Schalendrüsen. d Dotterstöcke (nur N & a Ze theilweise angegeben). d’ Dottergang. e Gefässstämme. findet sich bei wenigen Rhab- docölen, in complieirterer Weise bei den meisten Bandwürmern. Ein vom Eileiter in der Nähe der Einmündung der Dotterstöcke ausgehender Schlauch erstreckt sich bei den Tänien durch die Mittellinie einer geschlechtsreifen Proglottis, . > e | ET 2 RT o : 90-8 Geschlechtsorgane. 195 und bildet nach Maassgabe der in ihn gelangenden Eiermassen beider- seits reiche dendritische Verästelungen. Endlich wird eine dritte Art durch Anhänge vorgestellt, welche erst am Ende des Oviductes oder vielmehr an dem beiderlei Organen gemeinsamen Vorhof, dicht am Genitalporus, sich findet. Solches zeigen die meisten Turbellarien (Fig. 85. «) und zwar finden sich bei den Rhabdocölen in der Regel zwei solcher Uterustaschen, die sich ansehnlich ausdehnen, ja sogar wieder verzweigen können, wenn sie zur Aufnahme einer grössern An- zahl von Eiern dienen. Bei den Dendrocölen besteht entweder nur Ein solcher Uterus, der in den hier sehr ausgedehnten Vorhof mündet, oder er fehlt vollständig, und dann übernehmen die beiden Oviducte seine Function (Leptoplana). Die Grösse und Zahl der gleichzeitig reifenden und ihre Umhüllung erhaltenden Eier steht überall mit dem Zustande des als Uterus fungirenden Gebildes in engem Zusammenhange. Ein letzter Abschnitt des Eileiters differenzirt sich gleichfalls häufig zu einem besonderen als »Scheide« bezeichneten Canale, und ist in ein- zelnen Fällen noch mit einem als »Bursa copulatrix« fungirenden Anhange versehen. An der Vereinigungsstelle der Ausführgänge des Dotterstockes mit dem Oviducte zeigt sich bei Trematoden (Distoma, Polystomum, Amphistoma) und Cestoden (Bothryocephalus, Taenia) eine grosse Anzahl einzelliger Drüsen angebracht. Ihr Complex wird als Schalendrüse bezeichnet, deren Secret zur Bildung der Eihüllen verwendet wird (Fig. 87. gl). Zugleich besteht bei Bothryocephalen und vielen Trematoden von jener Stelle an ein besonderer, bei ersteren im Sinus genitalis, bei Distoma hepaticum auf der Dorsalfläche des Körpers ausmündender Canal, der mit Sperma gefüllt getroffen wird, demnach als Scheide fungirt (Fig. 87. v ).. Diese zweite Verbindung des weiblichen Apparates nach aussen gestattet eine Befruchtung, ohne dass die allmählich erfolgende Ausleitung und Ab- setzung der Eier eine Störung erfährt. In der somit doppelten Ausmün- dung des weiblichen Apparates dürfte sich wohl die Andeutung einer ursprünglichen Duplicität des ganzen Organsystems erkennen lassen. Der Einfluss geänderter äusserer Lebensverhältnisse auf den Ge- schlechtsapparat bildet bei Polystomum‘ (P. integerrimum) ein lehrreiches Beispiel von der Anpassungsfähigkeit bereits in voller Function stehender und somit als angebildet zu betrachtender Organe. Die Aenderung ist an einen Wechsel des Aufenthaltes geknüpft, und äussert sich in einer ver- mehrten Production der Zeugungsstoffe, mit der an dem Apparate zu- gleich neue Abschnitte entstehen. $ 150. Das Verhalten des hermaphroditischen Apparats bei der Begattung ist zum grossen Theile noch unbekannt. In vielen Fällen liegen die Ein- richtungen für eine Selbstbegattung günstig. 13%* 196 II. 3. Würmer. Die Lage des Genitalporus ist in den einzelnen Abtheilungen der Plattwürmer verschieden. Am häufigsten münden die Geschlechtsorgane in der ventralen Medianlinie a hald weiter nach vorne, dicht hinter dem Mundsaugnapfe, wie hei vielen Trematoden (Distoma, Gyro- dactylus u. a.), bald näher dem Hinterleibsende | Turbellarien ) oder an diesem Ende selbst Dist. macrostom.). Unter den Gestoden ist die ven- trale Lagerung gleichfalls häufig (Ligula, Bothryocephalus) ; in der Mehr- zahl der Fälle ist der als eine flache Ausbuchtung erscheinende Genital- porus an dem Seitenrande der Proglottiden anzutreffen, und zwar kann bald der eine, bald der andere Seitenrand dadurch ausgezeichnet sein. Für die Beurtheilung dieser übrigens auch bei einzelnen Trematoden (Tristoma) bestehenden Asymmetrie ist die Thatsache wichtig, dass bei einigen Gestoden Taenia elliptica, T. cucumerina) jeder Proglottide zwei symmetrisch gelagerte Geschlechtsapparate zukommen. Dieses vereinzelte Verhalten kann als der Rest einer ursprünglich allgemeinen Einrichtung angesehen werden, so dass erst allmählich der Apparat der einen Seite über den der anderen die Uebermacht gewann und zu dem gegenwärtig verbreitetsten Verhältniss, nämlich der einseitigen Entwickelung des Ge- nitalapparates, hinführte. Während bei den rhabdocölen Turbellarien, mit wenigen Ausnah- men, nur ein einziger Genitalporus besteht, zu welchem männliche und weibliche Organe hinführen, wird bei den dendrocölen durch die Aus- bildung eines Vorhofes eine Trennung der Ausmündung angehahnt. Bei den meisten Seeplanarien ist diese Trennung vollzogen, und es besteht eine doppelte Genitalöffnung, die männliche vor der weiblichen gelagert. Die meisten Trematoden tragen die Ausmündungen der Geschlechtsorgane gleichfalls getrennt, wenn auch dicht aneinander gelagert. Eine ähnliche Erscheinung kommt bei den CGestoden vor. Schon in jenen Fällen, wo Cirrusbeutel und Scheide in einen Genitalporus münden, ist der letztere nur eine flache, vom Integumente wallartig umzogene Grube. In anderen Fällen münden beide, wenn auch dicht neben einander, unmittelbar an der Oberfläche aus. Dazu kommt noch der Fall einer zweiten weiblichen Mündung mittels eines Scheidenganges, der oben erwähnt wurde. End- lich besteht noch eine fernere Trennung, indem nur der männliche Ap- parat an dem Seitenrande, der weibliche dagegen auf der Fläche der Pro- glottis ausmündet. Die Ausbildung von beiderlei Apparaten in einem und demselben Individuum ist zuweilen ungleich, und besonders bei Rhabdoeölen zeigt sich eine Scheidung der Geschlechter nach den Individuen darin ausgedrückt, dass die Ausbildung der beiden Organe sich unter verschiedenen Individuen ungleich gestaltet, und bei den einen der weib- liche, bei den andern der männliche Apparat vorwiegend entwickelt, der andere Apparat dagegen stets rudimentär erscheint |Convoluta). Diese höchst wichtigen Fälle lassen verstehen, wie bei fortschreitender Ver- kümmerung des einen Organes aus hermaphroditischen Organismen ge- Geschlechtsorgane. 197 trennt geschlechtliche (diöcische) hervorgehen. Der hier in statu nascenti beobachtete Vorgang ist bei anderen Turbellarien vollendet. Getrennt ge- schlechtlich sind die Microstomeen, auch einige Planarien und Trema- toden. Eine Vereinfachung des Geschlechtsapparates trifft sich für die fast durchaus getrennt geschlechtlichen Nemertinen. Die mannichfachen Abschnitte der Ausführwege, sowie die accessorischen Organe fehlen hier. Hoden und Eierstöcke sind die einzigen bestimmt unterschiedenen Theile. Bei einigen (Prorhynchus) kommen diese Organe nur einfach in jedem Individuum vor (Fig. 67. ov), und erinnern dadurch an rhabdocöle Tur- bellarien. Andere dagegen besitzen sie in mehrfacher Zahl als beiderseits vom Darmcanal gelagerte Follikel, die unter sich in keinem unmittelbaren Zusammenhange stehend durch regelmässige paarweise Anordnung in der Länge des Körpers eine Metamerie andeuten. $ 151. Bei den Nematoden ist das Bestehen einer Zwitterbildung seltene Ausnahme. Trennung der Geschlechter ist die Regel. Beiderlei Organe bestehen aus röhrenförmigen, in die Leibeshöhle eingebetteten und auf der Oberfläche ausmündenden Schläuchen. Paarig sind die Organe ziemlich allgemein für den weiblichen Apparat. Seltener für den männ- lichen. Eine, wenn auch nur vereinzelt erkannte, doppelte Mündung spricht eben- falls für Eine ursprüngliche Duplieität. Diese wird auch dann noch erkannt werden dür- fen, wenn die beiden den Apparat darstel- lenden Schläuche in Anpassung an die ge- streckte Leibesform vor einander gelagert sind. Das blinde Endstück der Geschlechts- röhren fungirt als Ovarium oder Hoden, der übrige Theil als Ausleiteapparat, ın den ein- zelnen Abschnitten verschiedenen Verrich- tungen angepasst und verschieden diffe- renzitt. * KANN I KEN I. Die männliche Geschlechtsröhre ist j\ Ü \ \ ein einfacher, an der ventralen Seite des \ N \ Enddarms ausmündender Schlauch, der bei \ Ü u den grösseren Arten mehrfache Windungen . V bildet. Nur durch den Epithelialbeleg unter- \( - scheidet sich das als Hoden zu deutende, N meist lange Endstück vom Ausführgang, # an dem zuweilen eine erweiterte Stelle als Fig. S$. Weibliche Geschlechtsorgane S bl ] D F ] R 6 } von Ascaris lumbricoides. o amenblase an den Ductus ejaculatorius sich oyarien. do Eileiter. u Uterus. anreiht. Zwei in dem Qloaken - Abschnitte v Scheide. des Enddarms entwickelte, dünne, zuweilen sehr lange Chitinstäbchen (Spieula) dienen als Begattungsorgane. 198 ll. 3. Würmer. Die weiblichen Geschlechtsröhren sind in der Regel doppelt vor- handen, entweder bis zur A iindung getrennt oder am letzten Ab- schnitte in ein gemeinsames Stück vereinigt. Je nach der Länge bilden die Röhren mehr oder weniger Windungen. Der Endabschnitt ist als Ovarium zu betrachten ‘Fig. 88. ov), aus welchem meist ein wei- terer Abschnitt (Eileiter d. o) in einen als Uterus (zw) bezeichneten Canal führt, welcher durch eine enge Scheide ausmündet. Die weibliche Geschlechts- öffnung liegt immer ventral, vor dem After, meist nahe an der Mitte der Körperlänge. Durch eine Vermehrung der weiblichen Geschlechtsröhren bis auf fünf, aber auch durch Rückbildung einer der beiden ursprünglich angelegten, entsteht in der Ge- staltung des Apparates eine Mannichfaltigkeit, die, sleichwie bei den männlichen Organen, durch ver- schiedengradige Differenzirung der einzelnen Ab- schnitte gesteigert wird. In einzelnen Fällen fungirt der Endabschnitt des Ovars als Dotterstock | Lep- todera). Von den Gordiaceen schliesst sich wenigstens Mermis an die übrigen Rundwürmer hinsichtlich der Geschlechtsorgane an. Bei Gordius vereinigen sich in beiden Geschlechtern die Ausführgänge der paa- rigen Keimdrüsen mit dem Enddarm, wie dies bei Nematoden nur für den männlichen Apparat der Fall ist. » Ziemlich abweichend verhalten sich die Chä- tognathen 'Sagitta). Sowohl die bestehende Zwilter- bildung und die Lagerung der Organe, macht eine Vergleichung mit anderen Abtheilungen . vorläufig unmöglich. Männliche und weibliche Geschlechts- drüsen liegen seitlich am Hinterende, vorne die Ova- rien und hinter diesen die Hoden, mit denen der Körper des Thieres abschliesst. Die letzteren öffnen sich in einen kurzen, vorwärts gerichteten, über Se die Leibesoberfläche etwas verlängerten Ausführgang, on der häufig mit Samenmasse prall gefüllt erscheint, apparat. 0 Eierstöcke. und so zugleich als Samenblase fungirt. Die Ovarien en ae springen je nach dem Entwickelungszustande ihrer as Contenta verschieden stark in die Leibeshöhle des Thieres vor, “Sie verlaufen von vorn nach hinten, und öffnen sich mit einer gleichfalls vorstehenden kurzen Röhre nach aussen, mit welcher ein neben dem Ovarium gelagertes Receptaculum seminis vereinigt ist. Geschlechtsorgane. $ 132. 199 Eigenartig erscheint auch der Geschlechtsapparat der Acantho- cephalen, Zustand dusdrückt. Ein die darmlose Leibes- höhle durchziehender Strang |Ligamentum sus- pensorium) trägt bei den Männchen samen-, bei den Weibchen eierbereitende Organe. Die Hoden erscheinen als zwei rundliche, über einander liegende Drüsen, von denen je ein vas deferens sich zum Hinterleibe begibt, um dort mit den Ausführgängen einer Anzahl schlauchförmiger Drüsen in das Begattungs- organ zusammen zu münden. Das letztere be- steht aus einem saugnapfartigen Gebilde, in dessen Mitte ein konischer Fortsatz, der eigent- liche Penis, liegt. Dieser Apparat kann vorge- streckt und zurückgezogen werden. Er um- fasst bei der Begattung das ähnlich gestaltete Hinterleibsende des Weibchens, bei welchem sich die Eier in einem mit der strangförmigen Axe (Fig. 90. s) verlaufenden,bald ihr ange- lagerten, bald von ihr theilweise umschlosse- nen Ovarium entwickeln (0). Sie gerathen in die-Leibeshöhle und werden durch die Mün- dung eines weit geöffneten glockenförmigen Organes (g) aufgenommen, welches vom Hin- terleibsende aus nach innen vorspringt, und in den kurzen, durch eine enge Scheide ausmün- denden Uterus führt. $ 153. Die Hirudineen bieten in der Anord- nung ihres Geschlechtsapparates nahe ver- wandtschaftliche Beziehungen zu den Platt- würmern, besonders zu Trematoden und den- drocölen Turbellarien. Dies beurkundet nicht blos ihr Hermaphroditismus, sondern auch die Duplicität der meist symmetrisch vertheilten Keimdrüsen, sowie die Ausmündung des ge- deren geschlechtliche Trennung einen höher entwickelten Fig. 90. Hinterer Abschnitt des weiblichen Geschlechtsapparats vonEchinorhynchus.,o Ova- rium. $ Ligamentum suspenso- rium. g Glockenförmiges Organ. t Trichter. £' Endabschnitt_der Oviducte. Die Pfeile deuten den Weg der Eier an, um von der Leibeshöhle nach aussen zu ge- langen. (Nach GRrEEFF.) sammten Apparates in der ventralen Medianlinie. Die Lage der männlichen Geschlechtsöffnung vor der weiblichen wiederholt das bei den Seeplanarien bestehende Verhalten. Für die männlichen Organe (Fig. immer eine grössere Anzahl (5—12 Paare) von Keimdrüsen 91) besteht (t), die einer 200 II. 3. Würmer. Anzahl von Metameren entsprechend als rundliche Körper zu beiden Seiten aufgereiht sind. Von je führt ein Ausführgang zu einem lateral 7, verlaufenden Vas deferens vd), welches vor dem PS ersten Hodenpaare unter Erweiterung seines Lumens us AU) % mehrfache Windungen bildet (vs). Aus diesem meist 0, N. B, knäuelförmigen Abschnitte setzt sich ein mit dem der MIO anderen Seite zusammenlaufendes Endstück gegen yo e die Geschlechtsöffnung fort. Reichliche Drüsen- or. schläuche (g) verbinden sich mit den vereinigten vd) vd Ausführgängen, und stellen nicht selten, ähnlich wie % bei Planarien, eine ansehnliche acinöse Masse dar 04 (Clepsine). Als Begattungsorgane fungiren entweder 2? die beiden Endstücke des Vas deferens, die sammt einem Theile der sie umgebenden Drüse in Gestalt % einer Blase aus dem Körper hervortreten |Clepsine, Br Piscicola), oder es ist ein besonderes Begattungs- } organ vorhanden, welches die Enden der Samen- Sf blase aufnimmt. In diesem Falle (Sanguisuga, Hae- Fig. 91. Geschlecht-- mopis u. a.) entwickelt sich der aus der Vereinigung gan eines Egels. t { 2 SEE der beiden Samenleiter gebildete Abschnitt zu einem Hoden. vd Vas defe- nn \ 4 rens commune. vs Ge- Stark muskulösen Gebilde ‘p), dessen dünneres Ende wundener Theil des Sa einen kurzen Penis vorstellt. Wie bei Planarien und menleiters, einer Sa- m, afod 'F Tieseor.a i AIR der. Genital menblase analog. p pe- Irematoden liegt dieser in einer an der Genital- nis. 9 Drüsen. o Ova- Öffnung mündenden Penistasche geborgen, aus der ET LP BUAE| er bei der Begattung hervorgestreckt wird. Auch der weibliche Apparat der Hirudineen zeigt vielfache Anschlüsse an das Verhalten mancher Plattwürmer (Seeplanarien.. Die dort im Kör- per vertheilten Eierstöcke werden hier durch zwei bald rundliche, bald schlauchartige oder gelappte Organe ‘o) vorgestellt, die nahe der Mittellinie des Körpers, hinter dem männlichen Ausleiteorgane liegen. Sie münden bei einigen ohne complicirtes Verhalten mit kurzem Oviducte an der weib- lichen Geschlechtsöffnung aus (Rüsselegel'. Bei anderen ist eine Sonde- rung der Ausführwege eingetreten. Die engen Oviducte bilden einen län- geren gemeinsamen Abschnitt (Hirudo‘. Der von einer Drüsenschichte in mehreren Windungen zusammengehaltene gemeinsame Eileiter erweitert sich dann in dem Endstück (u) der Ausführwege zu einer Scheide. Bei den Scoleinen liegen die Organe in vorderen Metameren, meist die Strecke vom 8—A5ten einnehmend. Zwei verschiedene Typen des Geschlechtsapparates sind auseinanderzuhalten. Der eine findet sich bei den Terricolen ausgeprägt, und hat seinen wesentlichsten Charakter in der Selbständigkeit der Ausführorgane. Den männlichen Theil des Appa- rates der Lumbricinen bilden zwei Hodenpaare, welche mit weiten Säcken in Zusammenhang stehen, Geschlechtsorgane. 201 in denen die Elemente des Samens sich weiter entwickeln. Jedes Hodenpaar besitzt eine solche (Fig. 92 s’ s’), quer über die Medianlinie sich hinwegziehende und wieder mit seitlichen Aus- sackungen versehene Samenblase. In jeder liegen zwei trichter- förmig gestaltete, seit- lich in den Samenleiter sich fortsetzende Or- gane. Die beiden Sa- menleiter jeder Seite vereinigen sich ' zu einem gemeinsamen nach hinten ziehenden Gange (vd), der jeder- seits gesondert an der Bauchfläche ausmün- det. An demselben Me- tamer finden sich zwei vorstülpbare, aus Mo- dificationen von Bor- stenfollikeln hervorge- 7. ee Fig. 92. Geschlechtsorgane des Regenwurmes. Der diese Organe enthaltende Körperabschnitt ist von oben her geöffnet und die Wände seitlich ausgebreitet dargestellt, das VIII—-XV. Segment umfassend. n Bauchganglienkette. ss’ s" Ausbuchtungen der Hoden. vd Ausführ- gänge derselben. o Eierstock. ad Eileiter. rs Receptaculum seminis. (Nach HErınG.) ‚der eigentlichen Ausführgänge. gangene Copulations- organe. Vom weiblichen Theil desGeschlechtsapparates sind die Ovarien |o) die wenigst voluminösen Gebilde. Sie liegen hinter dem zweiten Hoden- paare, zu beiden Seiten des Bauchmarks. Hinter ihnen finden sich zwei mit weiten abdominalen Ostien beginnende an ein Dissepiment befestigte Eileiter (od), welche mit kurzem Canale an dem vor der Ausmündung der männlichen Apparate befindlichen Segmente nach aussen führen. Hiezu kommen noch mehrere Paare (meist zwei) in der Nähe der Hoden liegen- der Samentaschen (Receptacula seminis) (rs), grosse rundliche Organe, die ohne innere Beziehungen zum männlichen Apparat mit einem kurzen Gange ausmünden. — Das paarige Verhalten der Geschlechtsöffnungen, die Lagerung der weiblichen vor der männlichen, endlich dieVerbinideng der beiderseitigen Hoden unter einander, bilden eine unter den gegen- wärtig lebenden Verwandten, soviel bis jetzt bekannt, nichts Aebnliches bietende Einrichtung. Schon bei den Limicolen bestehen alter Organisationen. Beiderlei auch hier in einem Individuum vereinigte Geschlechtsorgäne entbehren Man kann annehmen, dass der bei Lum- bricinen vorhandene Apparat der Oviducte, der Samenleiter und der Sa- menblasen nicht entwickelt ist, so dass nur Ovarien, Hoden und Recepta- cula seminis fortbestehen. Einige der, wie es bis jetzt noch scheint, bei den, Lumbrieinen dem Geschlechtsapparate fremd bleibenden Schleifen- canäle (vergl. S. 489) bilden die Ausführorgane der Zeugungsstoffe, und 302 - 11. 3. Würmer, gehen dieser Function entsprechende Umwandlungen ein. Als Keimdrüsen fungiren Stellen der Dissepimente, an denen die Entwickelung der Zeu- gungsstofle meist unpaarige ME nize Ausbuchtungen bildet, welche weit in den Raum der Leibeshöhle einragen, häufig auch durch mehrere Seg- mente sich hindurch erstrecken. In der Regel finden sich mehrere (bis zu 4) Hoden in verschiedenen Metameren. Von Eierstöcken ist meist nur ein Paar vorhanden. Da diese seitlich gelagerten Organe sich wie die Ho- den, bei reichlicher Entwickelung ihrer Producte durch mehrere Meta- meren hindurchdrängen, scheinen sie die unpaaren Hoden zu umschliessen Tubifex). Die Zeugungsstoffe gelangen nach ihrer Ablösung von den Keimstätten in die Leibeshöhle. Bei einigen 'Enchytraeus) lösen sich Klumpen von Eikeimen ab, von welchen immer Einer sich zur Reife entfaltet. Die Ausführwege des Samens bestehen aus den bereits erwähnten Schleifencanälen, deren in der Regel ein Paar hierauf bezügliche, grössten- theils im Volum sich äussernde Modificationen zeigt. Die trichterförmige innere Mündung liegt wie die der Schleifencanäle in dem nächst vor- gehenden Segmente. Der aus ihr fortgesetzte, durch reichliche Wimpe- rung ausgezeichnete Canal windet sich in vielen Touren zu dem nach aussen mündenden Endstücke, welchem ein ansehnliches, gelapptes Drü- senorgan eingefügt ist. Das Endstück bildet vor seiner Ausmündung eine Ampulle, in welche es eine Strecke weit einragt, und sich von hier aus umstülpend, zugleich ein Begattungsorgan bildet. Die Ausführwege der Eier sind entweder eigene, gleichfalls aus modifieirten Schleifencanälen entstehende Oviducte, oder sie sind functionell mit den Samenleitern ver- bunden. In diesem Falle besteht das erweiterte Endstück der letzteren aus einer Doppelröhre: die innere ist die Fortsetzung des Samenleiters, die äussere, diese umgebende, fungirt als Oviduct. An diesen Typus schliesst sich auch Branchiobdella an. $ 155. Die Chätopoden stehen der letzterwähnten Abtheilung der Scoleinen hinsichtlich des Geschlechtsapparates sehr nahe. Bei wenigen jedoch er- hält sich die Zwitterbildung, und geschlechtliche Trennung ist mit der freieren Lebensweise Regel geworden. Die Keimstoffe entstehen an den Wandungen der Leibeshöhle, worin sich die Gephyreen im Anschlusse finden lassen. In der Regel sind die als Keimstätten der Eier oder des Sperma erscheinenden Stellen einzig durch diese Producte ausgezeichnet Fig. 93 0) und entbehren der besonderen Vorrichtungen, daher sie nur zur Zeit ihrer Function unterscheidbar sind. Sie halten bei den gleichen Gattungen oder Arten die gleiche Localität ein; so finden sie sich z. B. bei Eunice seitlich vom Bauchmarke. Eine Beschränkung auf eine geringe Anzahl von Segmenten, wie sie noch bei den Scoleinen bestand, kommt nur in einzelnen Fällen vor. Die an der Körperwand entstandenen Ge- Geschlechtsorgane. 203 schlechtsproducte lösen sich mit ihrer Reife ab, oder werden selbst in unreifem Zustande frei und gelangen in die Leibeshöhle (Fig. 93), wo sie in letzterem Falle sich noch weiter bilden. Als Ausführwege sowohl für männliche als weibliche Zeugungsstoffe werden auch hier die Schleifencanäle verwendet, doch sind es gerade diese Punkte, welche noch ge- nauerer Untersuchung bedürfen. Auch für die Gephyreen dienen, wie oben ($ 444) be- merkt, die nur in geringer Zahl bestehenden Homologa der Schleifencanäle als Hilfsorgane der Geschlechtsfunction, und bieten noch be- deutendere, jedoch einer genaueren Prüfung harrende Modificationen. Eine selbständige Stellung muss dem Ge- schlechtsapparate der Räderthiere eingeräumt werden. Mit dem der Chätopoden hat er nur das diöcische Verhalten gemeinsam und unter- Fig. 9%. Ein Parapodium von scheidet sich, wie von dem Geschlechtsappa- Me re rate aller Annulaten, durch das einmalige ments, welche an zwei, einem Vorkommen der bezüglichen Organe. Die Ge- ventralen und dorsalen Parapo- schlechter sind nicht blos durch die Organe Fe re der Fortpflanzung verschieden, sondern auch 0 Ovarium, als ein Haufen von durch ihre übrige Organisation. Ausser durch ?eer, von denen die Eibildung geringere Grösse sind die Männchen durch Rück- ER bildungen verschiedener Organsysteme, vorzüglich des Darmcanals aus- gezeichnet. Der Hoden besteht aus einem einfachen, am Hinterleibe ausmündenden Schlauche, dem zuweilen noch accessorische Drüsen- schläuche verbunden sind. Beim weiblichen Geschlechte nimmt das platte Ovarıum eine ventrale Lage ein und mündet mit kurzem Oviducte in die Cloake. Der Oviduct zeigt erweiterte, zur Aufnahme von Eiern die- nende Abschnitte, und stellt damit einen Uterus vor, in welchen bei ge- wissen Arten die Eier ihre Entwickelung zum Embryo antreten. [3 $ 156. Die Geschlechtsproducte der Würmer besitzen für die meisten Abtheilungen übereinstimmende Formen. Das Ei wird durch eine in ver- schiedenem Maasse modificirte Zelle repräsentirt. Eigenthümlich verhält sich die Entstehung der Eier bei den Nemathelminthen durch Sprossung von einem gemeinschaftlichen kernhaltigen Protoplasmastrange, dem In- halte der röhrenförmigen Ovarien. Bei gleichzeitiger Bildung einer grösse- ren Menge von Eiern erscheint der Rest des Protoplasma als eine die Röhre durchziehende Axe Rhachis), die ringsum mit keilförmig gestal- teten Eiersprossen besetzt ist. Aehnliches findet sich bei Hirudineen, die Ovarien enthalten bei Haemopis einen jener Rhachis entsprechenden zu- 204 II. 3. Würfer. Geschlechtsorgane., sammengerollten Faden, an welchem die Eikeitmne sprossen. Die Eier stehen dann mit dem Faden dygeh eine dünne Hüllschichte, die sich stiel- artig auszieht, in Verbindung. Bei Nephelis fehlt der Strang und die Ei- keime bilden Haufen von Zellen. Die Eier bilden bei allen jenen, welche Dotterstöcke besitzen, nicht das einzige zum Aufbau des Embryo verwen- dete Material, vielmehr wird dieses durch die Producte der Dotterstöcke — Dotterzellen — vervollständigt (vergl. $ 147). Das als Ei erscheinende Gebilde besteht also hier aus einem Complexe von Zellen, von denen nur eine in dem Werthe einer Eizelle sich forterhalten hat. Fast allgemein empfangen die Eier Umhüllungen sehr mannichfacher Art. Bald ist es nur eine Eiweissschichte, bald eine solche, von einer festwerdendeu Schale umgeben. Die Formelemente des Sperma sind aus einem rundlichen oder länglichen Körper gebildet, von dem ein feiner beweglicher Geisselfaden sich fortsetzt. Abweichend hievon verhalten sich wieder die Nematoden, deren Samenelemente ähnlich den Eiern von einer Rhachis sprossen. Die so entstehenden Zellen vermehren sich weiter, und stellen zellenähnliche Körper vor, die wohl amöboide Bewegungen vollführen, aber es nicht zur Geisselbildung kommen lassen. Die Samenfäden werden bei vielen Ringelwürmern in besonderen Abschnitten der männlichen Ausführwege in bestimmt geformte Massen vereinigt — Spermatophoren — die als solche in den weiblichen Apparat übertragen werden. Solche aus nur verklebten Samenfäden geformte Spermatophoren besitzen manche Scoleinen (Tubifex). Mit einer äussern Umhüllung versehene Spermatophoren kommen bei Hiru- dineen vor. rd Vierter Abschnitt. Echinodermen. Allgemeine Uebersicht. $ 157. Eine durch Ausprägung eines besonderen Typus sich enger abgren- zende, und damit selbständiger darstellende Gruppe bilden die Echino- dermen. Die Sonderung des Darmcanals unter Bildung einer perienteri- schen Höhle (Cölom) unterscheidet von den Cölenteraten. Die Verkalkung der die Leibeshöhle umschliessenden Integumentschichte (Perisom) im Zu- sammenhalte mit der radiären, aus mehr als zwei Antimeren bestehen- den Körperanlage bildet eine gegen die höher stehenden Abtheilungen ziemlich scharfe Grenzmarke. Diese Unterscheidung der ausgebildeten Echinodermenform von anderen Thierstämmen ist in den Larvenzustän- den noch nicht vorhanden, daher auch an diesen verwandtschaftliche Be- ziehungen mit anderen Typen noch zu erkennen sind. Diese sind um so mehr hervorzuheben, als der actinoide Typus der Echinodermen Veran- lassung gab, sie mit den Cölenteraten zu einer Abtheilung der Radiaten oder Strahlthiere zusammenzufassen , welche Verbindung bei genauerer Prüfung nicht zu rechtfertigen ist. Dieses spricht sich in der Erkenntniss der Verwandtschaft mit Würmern, besonders mit Anneliden und Gephy- reen, aus. Sowohl die innere Organisation der Echinodermen, als auch die äussere, in der Metamerenbildung sich kundgebende, hat diese Vor- stellungen fester begründet. Daraus entwickelte sich die durch Häcket aufgestellte Hypothese, der zufolge die Echinodermen aus Stöcken wurm- artiger Organismen sich hervorbildeten. In der Larvenform der Echinodermen zeigt sich eine völlige Ueber- einstimmung mit den Larven von- Würmern. Wie bei manchen der letz- tern legt sich auch hier im Innern des Larvenleibes ein neuer Organismus an. Die auftretende Sprossung lässt aber die Differenzirung einer Mehr- zahl von Individuen wahrnehmen, und damit tritt die Erscheinung in eine bereits genauer gekannte Reihe ein. Die einzelnen Sprossen sondern sich allmählich bis zu einem gewissen Grade von einander, um jedoch niemals 206 II. 4. Echinodermen. völlig sich zu trennen, so dass ihnen eine Anzahl von Organen, oder ein- zelne Abschnitte von Organsystemggesemeinsam angehören. Die sprossen- den, zu einem einzigen Organic: verbunden bleibenden Individuen verlieren dadurch ihre Selbständigkeit und sinken zur Bedeutung von Körpertheilen (Antimeren herab. Diese die Echinodermen von den Würmern ableitende Auffassungs- weise lässt erstere über letztere stellen, da letztere die Voraussetzung für die Existenz der ersteren abgeben. Die einzelnen Abtheilungen der Echinodermen ordnen sich in fol- gende Uebersicht: I. Asteroida!). Asterida. Asteracanthion, Solaster, Astropecten, Luidia. Brisingida. Brisinga. Ophiurida. Ophioderma, Ophiolepis, Ophiothrix, Ophiocoma. Euryalida. Astrophyton. II. Crinoida. Brachiata. Pentacrinus, Comatul?. II. Echinoida. Desmosticha. Echinothurida?). . Galveria, Phormosoma. Cidarida. Cidaris. Echinida. Echinus, Echinometra. Petalosticha. Spatangida. Spalangus. Clypeastrida. Ciypeaster, Laganum, Scutella. IV. Holothuroida. Eupodia. Holothuria, Molpadia, Pentacta, Psolus, Cuvieria. Apodia. Synapta, Chirodota. 4) Weil die ältesten Echinodermen umfassend, und auch bezüglich der Orga- nisation der vorauszuselizenden Stammform am nächsten stehend, müssen die Aste- roiden vorangestellt werden. In ihnen beizuzählenden fossilen Formen erscheinen zugleich mit der folgenden Klasse [Crinoiden) verwandte Zustände. 2) Diese höchst wichtige Familie bietet vorzüglich durch das bewegliche Haut- skelet Verknüpfungspunkte mit den Asteriden. ee TER Literatur. Körperform. 207 Literatur. TIEDEMAnN, Anatomie der Röhrenholothurie, des pomeranzenfarbigen Seesternes und Steinseeigels. 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Eine Wimpersehnur umgibt entweder die den Mund tragende orale Fläche (vergl. Fig. 94 A) oder sie ist in zwei Kränze gesondert, davon einer ein praeorales, der andere ein postorales Feld umschliesst (B). Die erstere 208 Il. 4. Eehinodermen. Larvenform findet sich bei Holothurien, die zweite hei Asteriden. Diese Formen liegen auch den Larvenggglerer Ecebinodermen zu Grunde, wobei Fig. 94. Larvenformen in seitlicher Ansicht. A Larve einer Holothurie. B Larve eines Seesternes (Bipinnarientypus). © D Wurmlarven. o Mund. i Magen. a After. v Praeorale Wimperschnur in B, €, D selbständig, in 4 ein orales Feld umsäumend. jedoch bei Ophiuren und Seeigeln eine Anzahl von Fortsätzen sich aus- bildet (Fig. 95), auf welche die Wimperschnur gleichfalls übergeht. In vereinzelten Fällen (wenn die Entwickelung nicht im Freien, sondern innerhalb des mütterlichen Organismus vor sich geht) wird die Larven- form übersprungen und es entsteht das Echinoderm ohne jenes Zwischen- stadium., Die Uebereinstimmung der Larvenformen selbst sehr verschiede- ner Abtheilungen lässt auf gemeinsame Abstammung schliessen, und zwar von Formen, denen der Radiärtypus fremd ist. Der Versuch einer Ableitung der Echinodermen von Cölenteraten igno- rirt jene wichtige Thatsache, und lässt für die Echinodermen eine Ausnahme gelten, für die er keine Erklärung geben kann. Die Anlage des Echinodermenkör- pers erfolgt um den Darm der Larve. Bei den Asteroiden sprossen aus einer Fig. 95. Larve einer Ophiure (Pluteusform). gemeinsamen Anlage fünf oder mehr Me ae ee SS Theile hervor, ‚die, künftigen »Arme« mit dem Gerüste von Gitterstäben. (Nach oder »Strahlen« des Seesternes (Fig. J. Mürzer.) 95 A). Das freie Ende des Strahls erscheint zuerst selbständig, das an- dere Ende bleibt mit der gemeinsamen Masse verbunden. Dieses ent- spricht dem Vordertheile, das freie Radienende dem Hintertheile eines Wurmkörpers. Indem die Anlage jedes Armes wächst, erscheinen an ihm Gliedstücke (Metameren) zwischen Basis und Spitze. Jedem Arme eines Körperform. 309 Seesternes kommt ein gewisses Maass selbständiger Organisation zu ; seine Organe, wie Darm, Nerven- und Gefässsystem, auch Geschlechtsorgane, stimmen in ihrer Lagerung mit den homologen Organen von Ringelwür- mern überein. Nimmt man von da aus einen Beweggrund, jeden der sprossenden Arme mit einem wurmartigen Organismus zu vergleichen, so wird man den aus dem Sprossungsprocess hervorgehenden Seestern als einem Multiplum solcher Organismen entsprechend beurtheilen müs- sen, und in der ganzen Erscheinung einen ähnlichen Vorgang sehen, wie er bei andern niedern Thieren Platz greift, z.B. bei den zusammengesetz- ten Ascidien. Es ist ein Sprossungsprocess mehrfacher Einzelthiere, der nicht zu einer vollständigen Trennung der letzteren hinführt, sondern die- selben zu einem Individuum höherer Ordnung verbunden bleiben lässt. Dass in Folge der Unvollständigkeit der Sonderung nicht blos äusser- lich ein Zusammenhang der Sprossungsproducte besteht, sondern dass auch eine gewisse Summe innerer Organe verbunden, und daher für den Gesammtorganismus gemeinsam bleibt, erscheint nicht schwer zu ver- stehen. $ 159. Wir sehen also einen Organismus entstehen, dessen Antimeren in den radiär angeordneten »Armen« sich darstellen, deren jeder ursprüng- lich den Werth einer Person besitzt. Aus der Concrescenz derselben ent- steht ein Individuum höherer Ordnung, ein Thierstock. Die Zahl der Arme ist bei den Asteriden eine noch nicht völlig feststehende, bei manchen ist sie bedeutend (14 bei Solaster), bei anderen (Asteracanthion) zuweilen vermindert (k). Die Mehrzahl hat sie auf fünf beschränkt, und damit ist die Grundzahl bestimmt, die bei den übrigen Echinodermen waltet. Von 9—12 variirt die Armzahl noch bei Brisinga. Die Verbindungsstelle sämmtlicher Arme bildet bei den Seesternen den gemeinsamen Körper, der die Mundöffnung trägt. Diese liegt an der ventralen Fläche, welche dadurch als orale erscheint und der sich die aborale entgegenstellt. Sie ist an den Armen durch Reihen von schwellbaren und beweglichen Fort- sätzen — Ambulacralfüsschen — ausgezeichnet, die zusammen für jeden Arm ein »Ambulacrum« bilden, und an einer längs des Armes lau- fenden Vertiefung (Ambulacralrinne) angebracht sind. Sie entsprechen einer auch an andern Theilen ausgedrückten Metamerenbildung der Arme. 4 Reihen finden sich bei Asteracanthion, 2 Reihen bei der Mehrzahl der übrigen. Ob diese Gebilde mit den Parapodien der Würmer verwandt sind, ist unbestimmt. Die ventrale Fläche wird auch als ambulacrale be- zeichnet. Ambulacrale und antiambulacrale (dorsale) Flächen besitzen gleiche Ausdehnung. Das Maass der Selbständigkeit der Radien oder Arme im Vergleiche zum gemeinsamen Körper ist sehr verschieden, und bei nicht wenigen zeigt sich eine Verkürzung derselben zu Gunsten der Körperscheibe, und lässt dadurch in gleichem Grade (Oreaster, Pleraster, Asteriscus ete.) die Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 14 210 Il. 4. Echinodermen. Vorstellung der ursprünglich individuellen Bedeutung der Arme verloren gehen. Die Vergleichung der ia Re Formen von Seesternen (Fig. 96 A B ©) gibt das deutlich zü verstehen. 3 Fig. 96. Drei Formen von Seesternen A B C, an denen die Concerescenz und damit das Aufhören der Selbständigkeit der Arme sich allmählich vervollständigt. Alle drei sind von der oralen Körperfläche dargestellt, welche zugleich die ambulacrale ist. Die Ambulacra sind durch Punktreihen dargestellt. o Mundöffnung. » Radien (Arme). tr Interradien. $ 160, Von der für die Seesterne geltenden Form leiten sich die Verhältnisse der übrigen Echinodermen ab, und zwar nach zwei divergenten Richtun- gen. In beiden kommt es zu einer grösseren Gentralisation des Organis- mus, aber auf verschiedene Weise. In der einen Richtung ergibt sich eine grössere Entfaltung der Arme unter stufenweise ausgeprägtem Ver- lust ihrer Beziehungen zu inneren Organen. Bei der andern Richtung spricht sich ein vollständiges Aufgehen der Arme in den gemeinsamen Körper aus. Die Fünfzahl der Radien erscheint constant. Die erstere Erscheinung findet sich bei Brisinga und den Ophiuriden, deren Leib in einen scheibenförmigen centralen Theil (Fig. 97 s) und davon ausgehende, aber scharf abgesetzte Arme (r) gesondert ist. Die Arme betheiligen sich nur in geringem Grade an der Bildung der BREPUEG UME Ole, 2 DEREN Leibeshöhle , welche fast ausschliesslich auf der Körperform einer Ophiure. 0 die Körperscheibe beschränkt ist. Den Ophiuren Mund. s Körperscheibe. r Arme. fehlt die Ambulacralfurche, die Ambulacra sind aber noch längs der Arme ausgedehnt. Durch dichotomische vielfach wiederholte Theilungen sind die Arme der Euryaliden bedeutender ausgebildet. Eine flache Rinne setzt sich auf die Theilungen fort. Die in früheren Perioden in grosser Verbreitung und bedeutendem Formenreichthum erscheinenden, gegenwärtig nur in einigen Gattungen vertretenen Crinoiden sind unter Verlust der freien Ortsbewe- sung in festsitzende Zustände übergegangen. Bei der. die lebenden Formen mit umfassenden Abtheilung der Brachiata hat sich vom antiambulacralen . Körperform. 211 Theile des kelchförmigen Körpers aus ein oft mächtiger, gegliederter, durch Verzweigungen und Anhangsgebilde complieirter. Stiel (Fig. 98) entwickelt. der zur Befestigung dient. Die nicht immer in der Fünfzahl, häufig zahl- reicher vorhandenen Arme bieten in der Regel eine bedeutende Ausbildung durch Theilungen oder secundäre Anhänge, von denen die wie alternirende Fiederblättchen den Armen ansitzenden als Pinnulae be- zeichnet werden. Die Ambulacralrinne erstreckt sich auf die Arme und lässt die Füsschen als tentakelartige Gebilde hervor- treten. Der festsitzende Zustand ist bei einigen auf die Jugend beschränkt, und später löst sich der armtragende Körper vom Stiele (Antedon, Comatula). $ 161. Die andere Reihe der Modificationen der Körperform führt zu den Echinoiden. Die Armbildungen sind als selbständige Theile gänzlich zurückgetreten. Der bei den echten Seeigeln (Desmosticha) mehr oder minder kegelförmige Körper zeigt die Am- bulacralbildung über den grössten Theil der Oberfläche ausgedehnt. Die Ambulacral- felder bilden fünf vom Mundpole (Fig. 99. Ao) bis zum entgegengesetzten Pole (Ba) Fig.98. Rhizocrinuslofotensis. ziehende Streifen, die durch ebensoviele t ee der Saugfüsschen entbehrende Felder (In- „stiel. » Wurzeln. R Arme. i Ten- terambulacra) von einander getrennt sind. takel. (Nach M. Sans.) Das aborale Polfeld (Apicalpol) wird von der in hohem Grade beschränkten antiambulacralen Fläche einge- er nommen. Die bei den See- sternen ziemlich gleichmässige Vertheilung von ambulacraler (oraler) und antiambulacraler (aboraler) Oberfläche des Kör- pers ist also hier vollständig umgeändert, indem die erstere Fig .99. Schematische Darstellung eines Seeigels. A von das Uebergewicht über die der oralen Fläche. B in seitlicher Ansicht. Ambulacra andere erhielt. Denkt man sich Sa, zn lese, 7 Rd man also eine Seesternform, deren eralon Klächesuninehenl 14% 212 II. 4. Echinodermen. Arme ganz in den gemeinsamen Körper übergingen (vergl. Fig. 96 ©), so wird eine Rückbildung der antggenbulacralen Fläche und eine daran geknüpfte Ausbildung der ambulacralen, zur Seeigelform hinüber- führen. Diese Einrichtung erscheint bei den Petalostichen theils durch Ver- änderung der Lagebeziehungen von Mund und Afteröffnung, theils durch die Ambulacralfelder modifieirt. In letzterer Beziehung ist die Reduction jener Felder von Belang. Sie bilden eine auf der Dorsalfläche befindliche fünfblättrige Rosette, von deren Blattenden bei den Clypeastriden noch Spuren einer Fortsetzung der Felder bis zum Munde verfolgbar sind. In noch höherem Maasse als bei den Seeigeln sind die Spuren der Phylogenese des Echinodermenkörpers aus einem Multiplum von Indivi- duen bei den Holothuroiden verwischt. Der walzenförmige Körper kann aber von einem bei den regulären Seeigeln herrschenden Befunde abge- leitet werden, wenn man sich letzteren gestreckt vorstellt. Orale und aborale Pole beider entsprechen sich, ersterer durch die Mundöffnung, letzterer durch den After ausgezeichnet. Die antiambulacrale Fläche ist verschwunden. Bei den echten Holothurien (Eupodia) wechseln ambula- crale und interambulacrale Felder vom Munde bis zum After ziehend. In verschiedener functioneller Verwendung können jedoch einzelne der Am- bulacra eine Ausbildung, andere eine Rückbildung eingehen. So erhalten sich drei Ambulacra an einer als ventraler oder Sohlfläche fungirenden Fläche bei Psolus, indess die beiden übrigen der als Dorsalfläche fungiren- den Strecke der Körperoberfläche zugehörigen rückgebildet sind. Bei Gu- vieria ist dieses Verhalten zu einer scheinbaren Auflösung der drei ven- tralen Ambulacra weitergeführt. Die Rückbildung der Ambulacra erscheint allgemein bei den Synapten und damit ist auch äusserlich die in der Vertheilung der Ambulacra aus- gesprochene radiäre Organisation aufgelöst, nachdem schon bei den Aster- oiden die Radien zu Gunsten eines sich centralisirenden Organismus die auf sie vertheilten Organe abzugeben begannen. Gliedmassen. & 162. Nicht so mannichfach als bei den Würmern erscheinen die Anlıangs- gebilde des Integumentes, welche als Gliedmassen sich betrachten lassen. Von solchen Theilen müssen die Saugfüsschen, Ambulacralfüss- chen, voran gestellt werden, da sie die verbreitetste Einrichtung bilden, die, offenbar aus gemeinsamer Stammform entsprungen, zum Typischen der Echinodermen-Organisation gehört. Es sind schlauchförmige, meist cylindrische Fortsätze der Leibeswand, die sowohl durch ihre Anordnung in Reiben (der Metamerie der Radien gemäss) mit den Parapodien der Anneliden überein kommen, aber im Ganzen sich doch einfacher verhal- Gliedmassen. 213 ten, als diese (Fig. 100). Der grösseren Gleichartigkeit ihres Baues ent- spricht die mindere Verschiedenheit der Function. Fig. 100. Schema des Querschnittes eines Armes. A von Asteracanthion rubens, B von Ophiura texturata. p Ambulacralfüsschen. p' Ampullen. £ Hauttentakel. »n Nervenstränge. 0 Ambulacralplatten. »ı Muskeln. «4 Ambulacralvenen. b Bauchplatte. c Seitenplatten. d Rücken- platte. %k Verkalkte Stücke des Integuments. Nach Wırn. LANGE. Das freie Ende dieser röhrenförmigen Gebilde (p) ist entweder abge- plattet und mit einem saugnapfartigen Ende ausgestattet (Seeigel) ; oder es istkonisch zugespitzt oder abgerundet (viele Seesterne), zuweilen auch noch mit einer knopfartigen Anschwellung versehen. Andere besitzen seitliche Einkerbungen oder secundäre Fortsätze (Ophiuren und Crinoiden), und diese bilden dann den Uebergang zu jenen Formen der a die nicht mehr locomotorisch sind, sondern als Ambulacralkiemen oder auch als Ambulacraltaster (fühlerartige Bildungen) erscheinen. Durch Anfüllung mit Flüssigkeit gerathen die Füsschen in den Zu- stand der Schwellung und w Bra in Folge dessen erigirt, so dass sie sich auszustrecken vermögen. Ihre Ausdehnung richtet sich nach der Länge der starren Integumentanhänge, so dass man die längsten Saugfüsschen bei den langstacheligen Seeigeln antrifft. Beim Strecken heftet sich das Ende fest, und das Füsschen vermag nun, sich contrahirend, den Körper des Thieres nach der Anheftungsstelle bin fortzuziehen, eine Art der Orts- bewegung, die namentlich bei Seeigeln oft ziemlich behende ausgeführt wird. Bei der Bewegung betheiligt sich immer eine ganze Gruppe von Füsschen, deren Zusammenwirken eine, gewisse Energie ermöglicht. Die Vertheilung dieser Gebilde über den Körper ist in den vorhergehenden Paragraphen berücksichtigt, und ihrer Beziehungen zum Gefässsysteme wird bei diesem Erwähnung geschehen. Bei den Crinoiden übernehmen um den Mund stehende Saugfüsschen die Rolle von Tentakeln, welche Bedeutung in manchen andern Fällen mit der locomotorischen Function sich combinirt. Dadurch treffen sich auch selbständiger differenzirte Tentakelbildungen mit jenen Organen ver- knüpft, nämlich die Tentakel in der Nähe der Mundöffnung bei Holothu- roiden (vergl. Fig. 113 T). Sie erscheinen bald gefiedert, bald verzweigt, und sind meist vollständig einziehbar. Bei manchen Synapten tragen sie Saugnäpfe (S. duvernaea). Ihr Binnenraum steht mit demselben Gefäss- system wie die Ambulacralfüsschen in Communication. 214 II. 4. Echinodermen. Verschieden hiervon sind die sogenannten Hautkiemen, Tentakel, welche auf der antiambulacralen ®rsalen) Körperfläche der Seesterne verbreitet sind (Fig. 100 2, und bei den Echiniden als fünf Paare contractiler Bäumchen in der Nähe des Mundes stehen. Sie communieiren mit der Leibeshöhle, sind blosse Ausstülpungen des Integuments. Integument und Hautskelet. $ 163. Bei den Echinodermen erscheint derselbe Hautmuskelschlauch , wie bei den Würmern, allein das Integument ist von der Muskulatur schärfer gesondert. Letztere bildet grösstentheils eine die Leibeshöhle begrenzende Schichte, der das Integument aussen auflagert. Dieses wird durch einen besonderen Zustand ausgezeichnet, indem die Beweglichkeit des Körpers durch Einlagerung von Kalk in die mit der Muskulatur zum »Perisom« verbundene Integumentschichte mehr oder minder beeinträchtigt wird. Diese Erscheinung tritt bereits selbständig in der Larve auf, erreicht aber hier nie ein bedeutendes Volum, vielmehr bietet sie durch stabför- mige Bildungen einer reichen Entfaltung von Fortsätzen eine festere Stütze. Auf den Fortsätzen ziehen sich saumartige wimpernde Wülste hin (Wim- perschnüre), welche, in verschieden complicirter Anordnung, den locomo- torischen Apparat der Larve vorstellen (s. Fig. 95 d, d’e). Der Vertheilung der Cilien auf die leistenförmigen Vorsprünge der Wimperschnüre geht eine allgemeine Bewimperung des Körpers voraus, die auf den indifferen- testen Zustand der Larve beschränkt ist. Diese Bewimperung erhält sich auch später an vielen Stellen der weichen das Kalkskelet überkleidenden Hautschichte; so ist sie z. B. sehr entwickelt an den bei den Spatangen zum Munde ziehenden Wimperbah- nen (Semitae). An anderen Stellen wie an den Hautkiemen (s. oben) scheint die Bewimperung mit der respiratorischen Function des Integuments in Verbindung zu stehen, an der übrigens auch die Ambu- lacralfüsschen betheiligt sein mögen. Der Grad der Verkalkung ist sehr verschieden. Bald sind die Kalk- spieula in grösseren Abschnitten unter einander vereinigt, und stellen entweder beweglich oder fest mit einander verbundene Platten vor, ein Verhalten, welches bald über den ganzen Körper verbreitet, bald auf be- stimmte Strecken der Oberfläche beschränkt ist. In andern Fällen er- scheinen die Kalktheilchen zerstreut und gestatten mannichfache Form- veränderungen des Körpers. Damit geht auch in der übrigen Organisation ein grosser Theil des Echinodermencharakters verloren, so dass das Schwinden der Hautverkalkung ein Auslaufen des Typus bezeichnet, und die ganze Erscheinung der mangelhaften Kalkablagerung nicht als ein Anfangszustand der Formenreihe, sondern als deren Ende aufzu- fassen ist. Integument und Hautskelet. 315 Durch die Verkalkung wird das Integument Stützorgan des Körpers, Hautskelet, welches in manchen Fällen auch Fortsätze ins Innere des Körpers absendet. Durch letztere entstehen verkalkte Bildungen, die als innere Skelete sich mit dem ) äusseren combiniren. Die Ver- kalkung ergreift nie die ganze Dicke des Perisoms. Eine dünne unverkalkte Gewebschichte er- hält sich sowohl innerlich, als auch an der Oberfläche ‚* löst sich jedoch an einzelnen Theilen der Oberfläche frühzeitig ab, so dass verkalkte Parthieen zu Tage kommen, z. B. an den stachel- förmigen Gebilden, sowie an- deren Vorsprüngen des Kalk- skelets. Die Ablagerung des Kalks in die Integumentschichte ge- schieht immer in regelmässiger Form. Es entstehen zierliche Fig. 101. Ansicht des Kalknetzes aus einer Platte des gitter- oder netzförmige Struc- Syieroleis eines Spaseh (Cideris). b as S schnitte senkrecht auf das horizontale Netz gerich- turen (vergl. Fig. 104), in deren teter Balken. (Mässig starke Vergrösserung.) Zwischenräumen weiche orga- j nische Substanz sich forterhält. Auch die solidesten Skeletstücke werden so von Weichgebilden durchzogen, und da, wo die Bildung des Kalk- skelets nur durch vereinzelte mikroskopische Einlagerungen repräsentirt wird, erscheinen diese meist in bestimmter Gestalt, charakteristisch für Gattungen und Arten. Das Kalkskelet der Larven bildet einen, meist aus einem Gerüste zierlich zusammengefügter, zuweilen gitterförmig durchbrochener Stäbe gebildeten Stützapparat. Es findet sich in den Klassen der Echinoiden und Ophiuren verbreitet, sowie auch bei den Larven der Holothuroiden Kalkgebilde vorkommen. In dem Vorhandensein eines Kalkskelets bei den Larven ist zwar das beim Echinoderm sich ausprägende Verhalten im Allgemeinen gegeben, allein dabei ist nicht zu übersehen, dass jenes Lar- venskelet der Form der Larve entspricht und nicht jener des ausgebildeten Echinoderms, wie denn auch kein Theil von ihm bleibend in die Echino- dermanlage übergeht. Bei den Holothurien soll sogar ein mehrfacher Wechsel des Kalkskeletes bestehen. $ 164. Bezüglich des speciellen Verhaltens des Hautskelets ist für die Aste- roiden das Vorkommen beweglich unter einander verbundener Stücke an 216 ll. 4. Echinodermen, der Ambulacralfläche der Arme charakteristisch. Vom Munde bis zur Arnı- spitze bestehen quergelagerte Ar allmählich verjüngender Kalkstücke (Fig. 100. A. ww, und bilden die Grundlage einerFurche, der Tentakelrinne. Die einzelnen Stücke bedingen durch Gelenkverbindungen eine Gliederung und zwischen den soliden Gliedern treten die Saugfüsschen (p) hervor. Daher werden diese Kalkstücke als Ambulacralplatten bezeichnet. Da aber in dieser Furche noch bestimmte Weichtheile (Ambulacralcanal und Ner- ven, eingebettet sind, so erscheinen die bezüglichen Gliedstücke nicht als reine Hautskelettheile. Die Ambulacralfurche wird vom Integumente über- kleidet, welches seitlich auf die Ambulacralplatten sich fortsetzt. Es be- steht vorwiegend aus einer Schichte langer Cylinderzellen , die eine Cuti- cula überzieht. Lateral geht es in eine viel niederere Zellenschichte über. An den Seitenrändern der Furche steht das Skelet mit dem den Rücken der Arme überkleidenden Hautskelete in continuirlicher Verbindung, und hier zeigen sich häufig Tafeln oder Schilder in einfachen oder mehrfachen Längsreihen. Diese auch durch Höcker vertretenen Bildungen setzen sich zuweilen auf das Integument der Antiambulacralfläche des Körpers fort, oder dieses ist durch netzförmige Kalkablagerungen, und kleinere durch unverkalkte Perisomtheile getrennte Tuberkel ausgezeich- net. Im Baue der Arme, nament- lich durch den Besitz einer Am- bulacralfurche schliesst sich Bri- singa an die Seesterne an. - Den Rand der Arme bilden mannichfaltige grössere Platten- stücke, Randplatten, die häufig durch Stacheln und andere Fort- sätze ausgezeichnet sind. Die Integumentbildung der Ophiuren schliesst sich an die der Asterien an. Selten zeigt die antiambulacrale Fläche eine ausgedehnte Entwickelung von Kalkplatten, die hier in der Regel nur gegen die Basis der N } R SRpeR Arme zu stehen. Ebenda so wie Pi. Karen a ia OENSBEIS um. ie Mundspalte bietet. auch mit Stacheln besetzten Arme. (Vergrössert.) (€ Körper- das ambulacrale oder ventrale scheibe. B Arme, t Kalkplatten, welche Ba zen Integument Täfelung (Fig. 4092), un kin "Das feste Gerüste der Arme da- gegen entfernt sich in mehreren Stücken von jenem der Seesterne. Die den Ambulacralplatten der letztern homologen Stücke bilden eine dichte, den Arm fast vollständig füllende Integument und Hautskelet. 917 Reihe (Wirbelstücke Fig. 100. B. 0), und lassen gegen die Dorsalfläche nur einen engen Canal, auf der ventralen Fläche eine zur Aufnahme der Nerven und anderer Organe dienende Rinne übrig. Die Leibeshöhle erstreckt sich daher nur in Gestalt enger Ganäle in die Arme. An Stelle des bei den Seesternen weichen Ueberzugs der Ambulacralfurche wird bei den Ophiu- ren eine Reihe fester Kalkschilder (Fig. 100. B. b) gefunden, zu denen noch andere seitliche Fortsätze mannichfaltiger Art hinzutreten. Auch bei den Euryaliden birgt die lederartige Körperbedeckung eine von ihr ausgehende und wie bei den Ophiuren und Seesternen der oralen Körperfläche angehörige Skeletbildung aus wirbelartig aneinander gereih- ten Kalktäfelehen , die vom Mundrande her auf die Radien bis in deren feinste Ramificationen fortgesetzt sind. Auch hier stellt dieses Skelet den Boden der Aımnbulacralrinne vor. Auf der aboralen Fläche wird die Kör- perscheibe von der nur mit Kalkkörnern imprägnirten Haut umschlossen, welche von da auf die Arme übergeht und dieselben bis an den Rand der ventralen Rinne überkleidet. In grosser Verbreitung finden sich höcker- und stachelartige Fortsätze des Integumentes, welche der mannichfaltigsten Art sein können. Eine eigenthümliche bei Seesternen verbreitete Form sind Bündel beweglicher Stacheln auf gemeinsamem Stiele (Paxillae). Bezüglich der Pedicellarien siehe $ 166. $ 165. Eine Modification dieser Hautskeletbildung tritt bei den Crinoiden auf. Das dorsale Integument zieht sich in einen Stiel aus, mit dessen Ende die Thiere festsitzen. Regelmässig auf einander liegende Kalkplättchen bilden das Stielskelet, und verbinden sich mit plattenförmigen Basal- stücken, an welche andere Kalkiafeln zur Umgrenzung des Körpers sich anschliessen. Bei den Comatulen vermittelt ein einfaches knopfförmiges Stück (Gentro-dorsale) bei den Jugendzuständen die Verbindung des Stielskelets mit dem Körper. An das centrale Stück reihen sich radiale Gliedstücke an, welche in die Gliedstücke der Arme sich fortsetzen. — Sowohl auf den durch Dichotomie verzweigten Aesten der Arme (Penta- crinus), als auch an den alternirend an den Armen stehenden seitlichen Anhängen (Pinnulae der Comatulen) verläuft die Ambulacralfurche und erstreckt sich mit der des Nachbararmes verbunden an der ventralen Fläche des kelchförmigen Körpers bis zum Munde hin. Der auch hier das Skelet überziehende weichbleibende Theil des Integuments zeigt Einlage- rungen von Kalktäfelchen. $ 166. Die Veränderung des Hautskeletes der Echinoiden, und damit auch deren Körperform, im Vergleiche mit den Asteriden besteht der Haupt- sache nach in Folgendem : Zunächst findet sich eine Verkalkung des oralen (ventralen) Perisoms, nämlich des die Ambulacralrinne und die darin ge- 218 II. 4. Echinodermen. legenen Weichtheile deckenden, bei den Seesternen weich bleibenden Abschnittes. Statt der beweglichggerbundenen Gliedstücke sird äusserlich verkalkte Platten in verschiedener Art der Verbindung vorhanden. Bei den Desmostichen erscheint der dem dorsalen oder aboralen Pe- risom der Seesterne homologe Abschnitt als eine unansehnliche, durch ‚kleine, locker mit einander verbundene Kalkplättchen ausgezeichnete Fläche , auf der excentrisch der After (Fig. 103 x) gelagert ist. Diese die Mitte des soge- nannten Apicalpols der Seeigel einneh- mende Fläche ist von grösseren, die Mündungen der Geschlechtsorgane tra- genden Kalkplatten, den Genitalplatten (g), umgeben, davon eine als Madrepo- renplatte (m) erscheint. An diese, zum Theil sich zwischen sie einschiebend, Fig. 103. Apicalpol der Schale eines Jeihen sich wieder fünf Stücke (Interge- Echinus. a Ambulacralfelder. ö In- nitalplatten) (’g), und von diesen aus terambulacralfelder. g Genitalplatten. ziehen fünf Reihen von Plattenpaaren zur ig Intergenitalplatten. m Eine als Ma- A R dreporenplatte erscheinende Genital- Mundpoltläche,, von feinen Oeflnungen platte. © Afteröffnung in dem von dn durchbohrt, durch welche die Saugfüss- un Ei chen nach innen communieiren, Es sind Interambulacralfelde und einem Ambula- die Ambulacralplatten (a) ‚ welche die eralfelde gezeichnet, auf letzterem sind Ambulacralfelder zusammensetzen. Die En ee la “> Ambulacralreihen des verkalkten Peri- soms der Seeigel sind homolog dem bei den Seesternen weich bleibenden Perisom, welches die Ambulacralfurche der Arme an der Ventralfläche deckt. Die zwischen den Ambulacral- feldern liegenden undurchbohrten Plattenreihen — Interambulacral- felder () — sind den Randplatten der Seestern-Arme homolog. Wie die Ambulacralplatten, so bilden auch die Interambulacralplatten paarige Reihen. Bei Seeigeln früherer Perioden ist die Zahl der letzteren eine grössere gewesen; es sind solche mit 3, 5 bis 7 Reihen in einem Interam- bulacralfelde bekannt. Die Verbindung der Plattenstücke unter einander bietet verschiedene Verhältnisse dar. Wie bei den Seesternen die Kalkplatten des Perisoms durch bewegliche Verbindungen Formveränderungen des Körpers ge- statten, so besteht auch bei manchen Seeigeln ein ähnlicher Zustand. In der Familie der Echinothuriden sind die Platten des Perisoms beweg- lich mit einander verbunden, so dass der Körper seine Gestalt verändern kann. Die ambulacralen Platten wie die interambulacralen schieben sich dabei in der Mitte jedes Feldes dachziegelförmig über einander und die interambulacralen sind lateral durch schmale Zwischenräume von einan- der getrennt. Bei der Dünne dieser Platten kommt dem weichen Theile des Perisoms eine grössere Bedeutung zu als in den übrigen Familien der Integument und Hautskelet. 319 Echinoiden. Auch auf das den Mund umgebende Feld setzen sich jene Platten fort, mit geringen Modificationen, indess bei den übrigen Desmo- stichen eine schärfere Sonderung dieses Abschnittes besteht. In diesem Verhalten nähern sich die Echinothuriden indifferenten Zuständen, und bilden ein Zwischenglied zu hypothetischen, von Asteroiden ableitbaren Formen. Dies wird noch durch die Thatsache bestärkt, dass im Innern des Gehäuses längs jedes Ambulacralfeldes eine derbe Fascie vom oralen zum aboralen Pole sich erstreckt, und die dem Ambulacrum aufliegenden Theile (Nerven, Gefässe, Ampullen) gegen die Leibeshöhle abschliesst. Sie bildet, an jeder Seite einer Ambulacralfurche befestigt, einen in die Leibeshöhle weit einragenden Vorsprung, der von feinen Oeffnungen durchbrochen ist. Diese Einrichtung entspricht bei den Seesternen der Grundlage der Ambulacralrinne, die dort in jenen Abschnitten verkalkt, indess sie hier, wo das der Ambulacralrinne der Seesterne entsprechende Perisom durch Kalkplatten gebildet wird, weich bleibt. Von der regulären Form des Hautskelets der Echinoiden bilden sich mehrere wichtige, nicht mehr unmittelbar mit dem bei den Seesternen gegebenen Verhalten vergleichbare Modificationen, welche von einem Verschwinden des Restes des primitiven Dorsal-Perisoms begleitet sind und sich im Uebergange der Radiärform in andere Formen ausdrücken. Die Ambulacralfelder erstrecken sich nicht mehr gleichmässig vom Munde zum Rücken; sie beschränken sich bei Spatangiden und Clypeastriden auf eine nur auf der Dorsalfläche gelagerte fünfblätterige Rosette (Ambu- lacra petaloidea). Damit verbindet sich zumeist eine Verminderung der bei den regulären Seeigeln noch sehr zahlreichen Platten, sodass bei ge- ringerer Zahl viel grössere Plattenstücke vorkommen. Die bei den Seesternen durch das Skelet der Ambulacralrinne vorge- stellte innere Skeletbildung wird bei den Echinoiden durch Fortsätze der Ambulacralplatten repräsentirt. Solche, namentlich bei Cidaris ausgebil- dete Fortsätze umfassen sowohl Nerven als Ambulacralcanal, und zeigen damit jene Verwandtschaft. Als eine hievon unabhängige Einrichtung ist das den Echiniden und Clypeastriden zukommende Skelet des Kauappa- rates anzuführen,, welches, den Anfangstheil des Darmes umgebend,, aus einer Anzahl gerüstartig zusammengefügter Kalkstäbe besteht. Mit dem Integumente der Seeigel sind wie bei den Seesternen stachel- artige Fortsätze verbunden, die jedoch durch ihre Beweglichkeit eine grössere Selbständigkeit erreichen. Sie articuliren auf Protuberanzen der Kalkplatten und besitzen einen besonderen Muskelapparat. Form und Volum der Stacheln ist sehr verschieden, bald sind sie haarartig fein (Spatangen), bald keulenförmige Gebilde (Acrocladia) oder lange Spiesse (Cidaris). Andere Hautorgane eigenthümlicher Natur sind die Pedicellarien, die sowohl den Seesternen als den Seeigeln zukommen. Sie bestehen aus einem stielartigen, muskulösen Integumentfortsatze, der gegen das Ende durch ein feines Kalkskelet gestützt wird und in zwei bis drei zangenartig 220 Il. 4. Echinodermen. gegen einander bewegliche Klappen ausläuft. Diese besitzen gleichfalls ein Kalkskelet. Bei den Echinoi herrschen die dreiklappigen, bei den Asteriden die zweiklappigen Formen vor. Bri- singa schliesst sich an die Asteriden an. Sie finden sich über den ganzen Körper zerstreut, bei den Seesternen besonders an der Basis der Stacheln, bei den Seeigeln vorzüglich auf dem den Mund umgebenden Perisom vertheilt. Fig. 104. Pedicellarien von Echi- Diese Körper dürfen als derart modifieirte nus saxatilis. 4 Eine Pedi- Stachelbildungen gelten, dass der nicht voll- eelane mit ofen Zangenarmen. ständig verkalkende Stiel der Pedicellarie dem rt aaa on Stiele einer Asteriden-Paxilla entspräche, das auf letzterer befindliche Büschel von Stachel- chen aber durch die Arme der Pedicellarie dargestellt wird, die ähnlich durch Muskeln bewegt werden, wie dies bei Echinidenstacheln der Fall ist. Eine vermittelnde Form zu den Paxillen bilden die viertheiligen Pedi- cellarien von Calveria fenestrata, wo jede der lJanggestielten Klappen in eine breite am Rande umgeschlagene Lamelle ausläuft. $ 167. Bei den Holothuroiden verliert das Integument seine Bedeutung als Hautskelet. Unzusammenhängende Kalkeinlagerungen in die derbe Haut- schichte finden sich an Stelle der Kalkplatten der übrigen Echinodermen. Die Kalkeinlagerungen der Haut ergeben bestimmte, meist sehr regel- mässige Formen, die bei den Synapten wie bei den Holothurien charakte- ristisch sind. Zuweilen bilden sie grössere feste Bali B Sko) Theile, wie die schuppenartigen Gebilde, welche A ar FEN bei Cuvieria die der Sohlfläche entgegengesetzte | | Rückenfläche des Körpers bedecken, und N rd) welche, wenn auch viel kleiner, aber allseitig WU Y verbreitet in der Haut von Echinocueumis vor- kommen. z Fig. 105. A Kalkanker. B Kalk- , R - - ._ ke ersteren Be Bei den Holothurien erreicht die lederartige dienend; aus dem Integumente Bindegewebsschichte eine ansehnliche Mächtig- 386 nt vi (Nach keit, Recht schwach ist sie bei den Synapten. Auch hier lagern Kalktheile in ihr und zwar sind es häufig solche von bestimmter Form, wie die Kalkrädchen der Chirodoten, oder die durchbrochenen Plättchen (Fig. 105 B), welche die Basen der ankerförmigen Hakenstücke (A eingefügt tragen. Letztere ragen aus dem Integumente hervor und bedingen das klettenartige Haften der Synaptenhaut. Auch den Holothuriden kommt eine vom Hautskelet ausgehende innere Skeletbildung zu. Sie besteht aus einem den Schlund umgebenden Kalk- ringe, der den Körpermuskeln als Insertion, anderen Organen als Stütze Muskelsystem. 221 dient. Aus 10 gesonderten Stücken besteht er bei den Holothurien, 12—15 besitzt er bei den Synapten. Bei den ersteren alterniren fünf grössere Stücke mit ebenso vielen kleineren und sind mehr oder minder beweglich mit einander verbunden. Sie sind den Fortsätzen homolog, die bei den Seeigeln vom Mundrande der Schale aus nach innen treten. Wie diese bieten sie bei Synapten Oeflnungen zum Durchlasse von Nerven und Ambulacralcanälen, die bei den Holothurien durch gabelförmige Fort- sätze hervortreten. „ Muskelsystem. $ 168. Die Muskulatur der Echinodermen ist wie bei den Würmern mit dem Integumente und den davon ausgehenden Bildungen verbunden. Auch die Anordnung der Muskulatur ist im Wesentlichen von der Entfaltung des Hautskelets abhängig, so dass sie nur da, wo der Körper durch Ge- lenkverbindungen der einzelnen festen Stücke (Asteroiden und Crinoiden), oder beim Bestehen unzusammenhängender Kalkablagerungen im Integu- mente (Holothurien), eine Veränderung seiner Form zulässt, zu einem Systeme von Körpermuskeln entwickelt ist. Bei den Asteroiden und Crinoiden ist die an den Armen sich verthei- lende Muskulatur wie diese selbst gegliedert, indem sie Zwischenräume der soliden Theile ausfüllt. Bei den Crinoiden, deren Armskelettheile elastisches Gewebe verbindet, lagern die bezüglichen Muskeln auf der ambulacralen oder Bauchfläche des Thiers, und dienen vorzugsweise zur Beugung, indess das elastische Zwischengewebe der Gliedstücke streckend wirkt. In den Pinnulae der CGrinoiden besteht dieselbe Ein- richtung. Den Echinoiden, deren Perisom zu einer festen aus meist unbeweelich verbundenen Stücken bestehenden »Schale« erstarrt ist, ist jene Musku- ‚latur rudimentär geworden, und wir finden hier nur einzelne Muskeln auf der Schale zur Bewegung der Stacheln oder stachelartigen Fortsätze, die sowie die im Innern des Körpers vorhandenen nur zur Bewegung bestimmter Organe dienen, wie z. B. die Muskeln des Kauapparates der Seeigel. Bei Spatangen ist. die Schale noch an einer Stelle beweglich. Diesem entgegengesetzte Verhältnisse bieten die Holothurien dar, bei denen der Mangel grösserer Skeletstücke eine gleichmässige Entwickelung der Muskulatur gestattet. Die Verbindung mit dem Integumente besteht in ausgesprochener Weise. Unter der Bindegewebsschichte der Haut liegt eine Ringmuskelschichte, auf welche nach innen zu fünf durch verschie- den breite Zwischenräume getrennte muskulöse, zuweilen getheilte Längs- bänder (Fig. 113 m) folgen, die sich vorne an dem bereits oben beschrie- benen Kalkringe (R) inseriren. Die Verbindung findet an den fünf zum Durchlasse der Nerven- und Ambulacralgefässe durchbohrten Stücken 222 Il, 4. Echinodermen. statt. Die Ringschichte ist nur bei den Synapten continuirlich, und besitzt bei den Holothurien radiale en de so dass sie eigentlich nur aus interradialen Querfaserfelderff besteht. Nervensystem. $ 169. Das Nervensystem der Echinodermen wird in seinen Haupttheilen aus einer der Zahl der Antimerer des Körpers entsprechenden Summe von Stämmen dargestellt, die radial verlaufend und ventral gelagert, um den Schlund durch Commissuren verbunden sind. Diese Commissuren entstehen dadurch, dass jeder der die Ambulacralgefässe begleitenden Nervenstämme sich in der Nähe des Mundes in zwei Hälften tbeilt, die nach beiden Seiten gehend, mit den ihnen von den nächsten Nervenstämmen entgegenkommenden Strängen verbunden sind. Dadurch entsteht ein den Schlund umgebender Ring, der jedoch nach der Art seiner Bildung nicht mit dem Schlundringe der Würmer verglichen werden darf. Jeder der radialen Nervenstämme entspricht vielmehr der ventralen Ganglienkette oder dem Bauchmarke der Annulaten, die Commissuren zwischen mehre- ren solchen Stämmen sind also Verbindungen des Bauchmarks, die aus der Concrescenz mehrerer unvollständig getrennter Personen hervor- gehen. Bezüglich des specielleren Befundes ist bei Seesternen und Gomatulen die Lage der Radialnerven unmittelbar unterhalb der mächtigen Epithel- schichte der Ambulacralrinne hervorzuheben (Fig. 100 An), wodurch das Nervensystem fast unmittelbare Beziehungen zum Eetoderm erkennen lässt. Vielleicht darf diese Lagerung auf die Genese der Radialnerven be- zogen werden, und es liegt hier ein sehr niedrig stehender Zustand vor, der noch nicht in eine völlige Sonderung übergegangen ist. Dafür sprechen besonders jene Angaben, nach welchen Fortsätze der epithelialen Form- elemente in jene Nervenhahn eintreten sollen, denen die Function eines Stützgewebes zugeschrieben wird. Bei den Asteriden besteht jeder Ra- dialnerv aus zwei in der Mitte verdickten Bändern, die zellige und fase- rige Elemente in gleichmässiger Vertheilung besitzen. Am Ende der Arme bilden die Radialnerven eine bedeutendere Anschwellung, die mit den dort befindlichen Sehorganen in Zusammenhang steht. Comatula besitzt dieses Nervenband unter gleichen Verhältnissen. Ein seiner Mitte aufgelagertes Blutgefäss begleitet es, und bewirkt, indem es von oben her in es eingesenkt ist, eine Scheidung in zwei Hälften. Regel- mässige Verzweigungen gehen nach den Pinnulae ab. Bei den Ophiuren sind die radialen Nervenstämme (Fig. 100 Bn) in einem von den ventralen Platten (b) bedeckten Raume, ebenfalls einer Schichte aufgelagert, welche durch ihre Fortsetzung in die Ambulacralfüsschen sich dem Integumente angehörig erweist. An den Nerven selbst ist jedoch bei manchen (Ophiura Nervensystem. 223 texturata) eine bedeutende Differenzirung aufgetreten.. Sie bestehen aus je zwei Nervenfasersträngen, in welche den Metameren des Armes ent- sprechend Ganglienzellenmassen eingelagert sind. An diesen Ganglien sind die Längsstämme durch Quercommissuren verbunden, und ebenda gehen auch periphere Nerven ab. Jeder Radialnerv stellt somit eine ven- trale Ganglienkette vor. Die Verbindung des Nervensystems mit dem Integument, wenn auch zunächst nur durch unmittelbare Anlagerung ausgesprochen, ist auch für das Verständniss der Skeletverhältnisse wichtig. Durch diesen Zustand wird eine Verkalkung der Ambulacralrinne ausgeschlossen, was erst mit einer grösseren Selbständigkeit des Nervensystems eintreten kann. Das Nervenpentagon der Echinoiden ist bei der mit einem Kau- apparate versehenen Gruppe, dem letzteren eng angelagert. Bei Echinus liegt es (Fig. 106) über dem Boden der Mundhöhle, zwischen dem Oesophagus und den Spitzen der Stücke des Kauapparates, und wird durch fünf Bandpaare in dieser Lage befestigt. Die Nervenstämme (c) bege- ben sich von den Ecken des Pentagons in die Zwischenräume der Pyramidenstücke, und verlaufen von bier aus über die Mund- haut hinweg zu den Ambulacralfeldern. In der Mitte ihres Verlaufes zeigen sie eine starke Verbreiterung, und eine Medianfurche theilt sie in zwei Seitenhälften. Die von Fig. 106. Nervensystem von Echi- den Hauptstämmen abgehenden Seitenäste eek er begleiten die Aeste der Ambulacralgefässe. Oesophagus. d Die Commissuren der Aehrlich ıst die Anordnung: des. Nerven- Seryensiamme, einen peniagonalen 3 e Schlundring darstellend. c Die nach systems der Spatangen , doch bildet der den Radien verlaufenden Nerven- Mundring ein ungleichschenkliges Pentagon. stämme. d Bänder, welche die Spitzen Der Nervenring der Holothurien liegt {er Pyramiden des Kanapparates an- A & f einanderheften. (Nach Kronx.) dicht vor dem Kalkringe, etwas nach innen von ihm, und wird nach vorne von der Mundhaut begrenzt (Fig. 413 n). Da er — verschieden von dem Nervenringe der Seesterne und Seeigel — stärker ist als jeder der aus ihm hervortretenden fünf Nervenstämme (n’), so mag ihm mit grösserer Bestimmtheit die Be- deutung eines Centralorganes zukommen, und darin einige Analogie mit dem ganglionären Schlundringe anderer Thiere zu erkennen sein. Dass mit solehem jedoch keine Spur einer wahren Homologie besteht, wird aus der oben bei den Seesternen angeführten Genese des Echinodermen- Schlundringes verständlich. Die peripherischen Nervenstämme treten durch Oeffnungen der fünf grösseren Stücke des Kalkringes, und ver- laufen dann breiter werdend nach aussen von den Längsmuskelbändern, unter Abgabe feiner Zweige bis zum Hinterleibsende, wo ihre Breite in der Gegend der Cloake wieder abnimmt. Jeder radiale Nervenstamm lässt 224 Il. 4. Echinodermen. zwei Schichten unterscheiden, die durch eine Bindegewebslage von ein- ander getrennt sind. Ein Gefägs begleitet den Radialnerven durch eine Scheidewand von weiter nach"Innen liegenden Ambulacralgefässen ge- trennt. Ausser diesen radialen Stämmen sendet der Mundring auch Tentakelnerven ab. Sinnesorgane. $ 170. Bestimmte Theile des Integumentes erreichen auch hier eine beson- dere Bedeutung für den Tastsinn. Ausser den mit dem Wassergefüss- systeme in Verbindung stehenden Saugfüsschen können noch die Ten- takelgebilde als Tastorgane hieher gezählt werden, denen mit der Beschränkung des Ambulacralsystems bei den Holothurien (Apodia) eine voluminösere Entfaltung, und dadurch eine höhere Bedeutung zukommt. Als Gehörwerkzeuge sind bei Synapten fünf Bläschenpaare be- schrieben worden, die an den Ursprüngen der radialen Nervenstämme gelagert sind. Sie sind ebenso problematische Sinnesorgane, wie die so- genannten Augenflecke dieser Gattung. Sohle Baaugo wurden nur bei den Asteriden näher bekannt, während bei den übrigen Echinodermen blosse Pigmentanhäufungen als Augen oder »Augenflecke « gedeutet wurden. Die ugon der Seesterne lagern an der gewöhnlich aufwärts gebogenen und damit dem Lichte zu- gekehrten Spitze jedes Armes auf einer polsterartigen Erhebung des Endes der Ambulacralrinne, deren aus langen Cylinderzellen bestehende Epithel- schichte hier von besonderer Mächtigkeit ist. Die stäbchenförmigen Zellen führen Pigment. An einzelnen Stellen des »Augenpolsters« liegen die Augen. Ein trichterförmiger Hohlraum von der Cuticula überkleidet, zeigt seine Wandung von Stäbchenzellen begrenzt, die von der Umgebung her gegen den Trichter sich zusammenneigen, so dass ihr Ende die Trichter- wand bildet. Von dem pigmentirten Theile der Zellen springt ein heller Körper ins Innere des Trichters vor, so dass der Raum des letzteren zum grossen Theile durch diese Gebilde erfüllt wird. Da dieser Apparat der terminalen Ganglienanschwellung der Radialnerven aufliegt, und die Zellen feine Ausläufer gegen dieses Ganglion senden, wird hier ein Zusammen- hang beider anzunehmen sein (Asteracanthion rubens). Jedes aus einem Complexe von Zellen bestehende Auge erscheint somit als eine Differen- zirung der Epithelschichte, und reiht sich damit den Sehorganen anderer Wirbellosen an. Darmeanal. $ 171. Das bei den ausgebildeten Echinodermen sehr. verschiedenartige Verhalten des Nahrungscanals besitzt im primitiven Darmrohr der Lar- venform eine einfachere für alle Echinodermen übereinstimmende Vor- Darmcanal. 225 bildung. Dass jene, deren Entwickelung zusammengezogen ohne den typischen Larvenzustand verläuft, nicht hieher gezählt werden können, wird begreiflich sein. Die erste Anlage des Darmes erfolgt als eine Wucherung der den Kör- per der jungen Larve überziehenden Zellschichte. Daraus geht ein in den Körper eingesenkter Blindschlauch hervor, dessen Wand das Entoderm bildet, während die äussere Zellschichte das Eetoderm repräsentirt. Der Organismus entspricht einer Gastrula. Die Eingangsöffnung in die Darm- anlage wird als Urmund aufgefasst. Bald wächst gegen das blinde Darım- ende von einer anderen Seite des Körpers her eine zweite Einbuchtung aus, die sich mit dem Darme vereinigt, hohl wird, und so mit dem erst- gebildeten Stücke ein Continuum bildet. Die letztgebildete Abtheilung stellt den Mund und den damit zusammenhängenden Oesophagus vor, die erst- gebildete den Mittel- und Enddarm. Der spätere After und der damit verbundene Darmtheil wäre somit das vom gesammten Darme zuerst Gebildete. Der Larvendarm setzt sich aus drei Abschnitten zusammen. (Vergl. Fig. 94 A B.) Eine weite Mundöffnung führt in eine in der Längenaxe des Körpers liegende contractile Röhre, den Vorderdarm (Schlund, Oeso- phagus). Darauf folgt ein weiterer Theil, der Mitteldarm (Magen), der sich in ein engeres, retortenförmig gekrümmtes Rohr auszieht, welches als Enddarm sich zum After begibt. Diese drei Abschnitte entsprechen genau der primitiven Gliederung des Darmes, die bei fast allen Würmern unter- scheidbar ist. Mund und After liegen anfänglich auf verschiedenen Flächen des Larvenkörpers. Mit der Differenzirung der Körperform, besonders durch Ausbildung der Wimperschnur, kommen sie scheinbar auf eine und dieselbe Fläche, die sogenannte Vorderseite, zu liegen. Es ist jedoch leicht ersichtlich, dass die Wimperschnur zwei Körperflächen deutlich trennt: eine beschränktere Mundfläche, und eine ausgedehntere, gegen erstere umgeschlagene Afterfläche. Noch bevor der Darm durch die Verbindung mit dem Vorderdarm sich vervollständigt hat, geht an ihm die Abschnürung eines Theiles vor sich, der eine geschlossene Blase vorstellt. Von dieser lösen sich wieder zwei Abschnitte ab, oder es bilden sich von der Seite des Darmblindschlauches zwei neue Blasen. Vom Darm differenziren sich somit dreierlei Gebilde. Zwei paarige Blasen, die sich zur Seite des Darmes legen, repräsentiren die Anlage des Cöloms, eine andere Blase gewinnt durch Verbindung mit dem dorsalen Ectoderm daselbst eine Mündung, und bildet die Anlage des Wassergefässsystems. Dieser Apparat wie die Auskleidung der Lei- beshöhle, nimmt also seine Entstehung vom Darme, und zwar von dem, wenn auch zuerst auftretenden, doch zweifellos hinteren Abschnitte, der von dem späteren After her zuerst entstand. Dieses Verhalten kann so gedeutet werden, dass im Wassergefässsystem wie in dem Gölom (die beide ja in Zusammenhang stehen) Einrichtungen vorliegen, welche phy- logenetisch mit dem letzten Darmabschnitte in Verbindung stehen, diese Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 15 226 ll. 4. Echinodermen. 5 Darmstrecke wäre dann nicht einem Gastruladarme homolog, sondern ent- spräche gleich von vorne hereingginem Enddarme, dessen frühe Ent- stehung durch die Complication der aus ihm sich sondernden Organe ver- ständlich wird. Diese werden die dem Organismus nöthigeren sein. Ich sehe also in der zuerst gebildeten Darmanlage keinen Gasträadarm und in dessen Mündung keinen Urmund, sondern nichts anderes als den End- darm und den After. Der aus dem Enddarme entstehende mittlere Darın- abschnitt muss morphologisch dem ersteren zugerechnet werden. Die Differenzirung der vorerwähnten Organe aus dem Enddarm verweist auf Zustände, in denen dem Enddarme Organe verbunden waren wie sie etwa bei manchen Gephyreen bestehen. Ein directer Nachweis über solche in die Echinodermen übergegangenen Gebilde ist für jetzt noch unmöglich, und man thut besser, in jenen merkwürdigen Vorgängen noch ein der Lösung harrendes Problem zu sehen. Bei der Bildung des Echinodermenleibes in der Larve und theilweise aus ihr, geht der Larvendarm nicht vollständig in ersteren über. Das ent- stehende Perisom umwächst zunächst dessen Mittelstück, und nimmt bei den Seesternen nur dieses und den Enddarm in sich auf. Bei den See- igeln scheint auch der After neu gebildet zu werden. Am vollständigsten geht die Darmanlage bei den Holothurien in den ausgebildeten Zu- stand über. Der ausgebildete Darm liegt später in einer oft weiten Leibeshöhle und ergibt in seiner Diflferenzirung verschiedene, im Allgemeinen an das Verhalten des Perisoms sich anschliessende Befunde. Der Mund erhält sich in der Regel in Mitte der ventralen Körpertläche. $ 172. Bei den Seesternen besitzt die Mundöffnung eine radiäre Gestalt, in- dem interradiale Vorsprünge gegen sie einragen: harte, vom Perisom ge- bildete Papillen und Stacheln, die als Kauwerkzeuge fungiren. Sie Fig. 107. Durchschnitt durch Arm und Scheibe von Solaster endeca. Einerseits radial, anderer- seits interradial dargestellt. o Mund. @ Magenhöhle. c radialer Blinddarm. g Genitaldrüse. »n Madre- porenplatte. s Steincanal mit dem sogenannten Herzen. p Ambulacralfüsschen. Nach G. O. Sars. sind besonders bei den Ophiuren, meist in mehreren übereinander liegen- den Reihen ausgebildet (Fig. 402 d). Das Hautskelet liefert also hier die Organe zur Zerkleinerung der Nahrung. Vom Munde beginnt eine kurze weite Speiseröhre, die sich in einen die Mitte des Körpers einnehmenden Darmcanal. 327 weiten Mitteldarm (Magen) fortsetzt. Ein blind geschlossener Sack bleibt der Magen bei den Ophiuren und manchen Asteriden (Astropecten, Lui- dia), auch bei Brisinga. Doch zeigt er bei Allen Ausbuchtun- A 290% h gen, oder blindsackartige An- hänge, die bei den Ophiuren durch radiäre Einschnürungen angedeutet sind. Die Magen- blindsäcke der Seesterne er- strecken sich jenseits des Magens entspringend paarweise in die Arme, als dünnwandige dicht mit seitlichen Anhängen besetzte Schläuche (Fig. .107. c. 108. h), die in der Regel vor der Einmünd- ung in den Magen paarweise zu einem Canale vereinigt sind. Diese Strecke repräsentirt einen Fig. 108. Asteriscus verruculatus, von der unpaaren Abschnitt des jedem Dorsalläche geöffnet. « After. x Rosettenförmig Antimer (Arm ) des Seesternes erweiterter ago: (Magen), h Splauchfornige Radial- ä anhänge des Darms. g Genitaldrüsen. zukommenden Darmantheiles, von dem die Blindschläuche den paarigen Abschnitt vorstellen. Getrennt entspringen diese vom Magen bei Astropecten aurantiacus. Der jedem Arm zukommende unpaare Abschnitt ist also hier verschwunden, und damit auch die Beziehung zu einem primitiven Zustande. Bei der Mehr- zahl der Asteriden setzt sich aus dem Magen der kurze Enddarm zum After fort, der auf der Dorsalfläche sich findet. Eine Modification besitzt das Darmrohr der Crinoiden (Comatula), welches eine Spiraltour beschreibt und mit seinem engeren kurzen End- stücke in die in der Nähe des Mundes interradial gelagerte, röhrenförmig vorragende Afteröffnung übergeht. Dieses durch die Windung scheinbar sehr abweichende Verhalten wiederholt das bei jungen Seesternen gege- bene. Die Windung des Darmrohrs ist hier zum bleibenden Zustande ausgebildet, während bei den Asteriden sie nur während der Entwicke- lung des Echinoderms vorübergehend bestand. Radiär verlaufende Fasern befestigen den Darm an die Körperwand. Eine besondere Verbindung mit derselben Körperwand besitzen die ra- dialen Blinddärme der Seesterne durch eine längs jedes derselben sich hinziehende Peritonealfalte. $173. Bei den Echinoiden ist die Mundöffnung gleichfalls mit Kauwerk- zeugen ausgestattet, die aber entfernter von der Oberfläche in die Lei- beshöhle eingelagert sind. Sie stellen dort einen bei Clypeastriden aus fünf Paar dreieckigen Kalkstücken gebildeten, bei den Echinothuriden, + 2 45 338 ll. 4. Echinodermen. Cidariden und Echiniden viel complieirteren Apparat vor. Fünf gegen einander gerichtete Stücke tragen ejge zahnartige Spitze und sind mit andern Stücken zu einem als » ER. Aristoteles« bezeichneten Com- plexe vereinigt, welchen der Oesophagus durchsetzt. Das Darmrohr be- schreibt immer mehrere Windungen. Der engere Munddarm geht in einen weiteren den längsten Darmtheil vorstellenden Abschnitt über. Er besitzt bald wenig deutliche Ausbuchtungen (Echiniden), bald wirkliche Blind- säcke (Clypeastriden), welche in die von den Stützpfeilern der Kalkschale abgegrenzten Leibeshohlräume einragen (Laganum). Längs des ganzen gewundenen Darmes verlaufen bei ‘den Seeigeln » Mesenterialfasern « zur Leibeswand. Das Darmrohr der Holothurien, den Körper an Länge übertreffend, bildet eine Doppelschlinge, während es bei den Synapten (mit Aus- nahme der Chirodoten) sich mit vielen Ausbuchtungen gerade durch die Leibeshöhle erstreckt. Als eine besondere Diflerenzirung ist ein auf den Oesophagus folgender muskulöser Darmabschnitt zu beachten, der als Muskelmagen zu fungiren scheint ‘Synapten). Angedeutet ist dieses Ver- halten auch bei den Seesternen, insofern deren Oesophagus eine stär- kere Muskelwand als der übrige Darm besitzt. Dem Magen der Seesterne entspräche somit bei den Holothurien der hinter dem muskulösen Ab- schnitte gelegene Darm. Das Darmende geht bei den Holothurien in eine Erweiterung über, die, obwohl als Cloake bezeichnet, doch nur dem Enddarme der Asteriden entspricht, und zwei oder mehrere baumartig verzweigte Organe aufnimmt. Eine siebförmig durchbrochene Lamelle befestigt den Darm an die Leibeswand. Einfacher ist dieses Mesenterium bei den Synapten mit ge- radem Darmecanale, während es sich bei Chirodota nach den Strecken der Darmschlinge in drei, je einem interradialen Abschnitt der Leibeswand zukommende Theile gesondert hat. Anhangsorgane des Darmcanals. 8 174. Als vom primitiven Darm gesonderte Gebilde könnten die schon oben aufgeführten radialen Blindschläuche der Seesterne gelten, wenn dieselben nicht in phylogenetischer Hinsicht anders zu beurtheilen wären. Ich rechne daher bei den Seesternen nur andere, interradiale Blindschläuche hieher, die in sehr verschiedener Ausbildung vorkommen. Bei den after- losen Seesternen fehlen sie, oder sind auf 2 redueirt (Astropecten), dage- gen sind sie bei den anderen oft sehr ansehnlich ausgebildet. Archaster zeigt fünf gegen das Ende zu sogar getheilte Blindsäcke, und bei Guleita ist «die Theilung noch weiter vorgeschritten, so dass jeder Ast einen traubig gelappten Schlauch vorstellt. Dadurch erscheinen diese Anhänge in der Gestalt von Drüsen, und gewinnen einen Zusammenhang mit einer bei Holothuriden verbreiteten Einrichtung. Anhangsorgane des Darmcanals. 229 Diese wird mit dem als »Cloake« bezeichneten Endabschnitte des Darmcanals in Verbindung getroffen, und besteht in der Regel aus zwei auf einer kurzen Strecke verzweigten Hauptstämmen, die sich durch die ganze Länge der Leibeshöhle nach vorn erstrecken (Fig. 109. r) und mit zahlreichen ramifi- eirten Blindschläuchen be- setzt sind. Wenn auch die Function dieser früher als »Lungen« bezeichneten und als innere Athemorgane gedeuteten Organe von der der interradialen Blind- w- schläuche des Seesterndar- mes verschieden ist, so kommen sie doch wohl morphologisch diesen gleich und erscheinen als eine Weiterentwickelung der bei den Asterien meist einfache- ren Schläuche. Die Function dieser Or- gane ist keineswegs sicher gestellt. Ihrer Auffassung stellt sich die Thatsache r a ig. 109. Darmeanal db förmige Organe einer Ho- entgegen, dass nur eines Fig. 10%. spieaih unc Bir rd g we = d R Ib 7 h; Ri lothurie. o Mund. Darmrohr. dCloake. a er. c er erseiDen ‚usammenhanz ästelter Steincanal. p Poli'sche Blase. r r Baumförmige mit dem Blutgefässnetz er- Organe. r' Vereinigung derselben an der Einmündestelle in kennen liess, indess das die Cloake. m Längsmuskulatur des Körpers. andere nur an die Körperwand befestigt in die Leibeshöhle ragt. Immer- hin jedoch ist die Thatsache, dass von diesen Organen Wasser aufge- nommen und vorzüglich unter Beihülfe der stark muskulösen Wand des Enddarms wieder ausgestossen wird, von Wichtigkeit. Bei einigen Apodia (Molpadia borealis) sind diese Organe nur streckenweise mit verästelten Blindschläuchen besetzt, während bei anderen wieder eine Vermehrung vorkommt. So ist bei M. chilensis nicht nur einer der Bäume getheilt, sondern der Enddarm trägt auch noch eine Anzahl kleinerer Bäumchen. Fünffach getheilt ist das Organ bei einigen Lisarmatiden. Einfacher erscheinen sie bei Echinocucumis (E.typicus), wo sie lange, dünne, nur miteinem kurzen Aste versehene Schläuche vorstellen. Den Synapten fehlen die baumartigen Organe der Holothurien, da- gegen findet sich eine bis jetzt nur sehr unvollständig erkannte Einrich - tung in Canälen, welche längs der Mesenterialinsertion vorhanden sind, © % BIT: I 230 Il. 4. Echinodermen. und mit trichterförmigen, bewimperten Mündungen in die Leibeshöhle sich öffnen (Chirodata pellucida). Ausser den baumarligen Organen kommen dem Enddarme mancher Holothurien noch drüsenähnliche Gebilde, die Guvier'schen Organe, zu. Sie erscheinen bald als hlinddarmförmige, unverzweigte Röhren, die ein- zeln oder in reichen Büscheln inserirt sind (Bohadschia u. a.), bald als acinöse Bildungen (Molpadia), endlich fadenförmige Canäle, die wirtel- artig mit gelappten Drüsenbüscheln besetzt sind (Pentacta und Muelleria). Ihr Secret scheint eine, feine klebrige Fäden bildende Substanz zu sein, die vielleicht zur Vertheidigung dient. Leibeshöhle. $ 175. Die Entstehung des Cöloms durch eine von der ersten Darmanlage her erfolgende Abschnürung eines blasenförmigen Gebildes (S. 225) lässt diesen Raum von anderer Bedeutung erscheinen, als bei den übrigen Ah- theilungen, in denen bei der Cölombildung eine Darmanlage nicht be- theiligt ist. Die Tragweite jener Thatsache ist bis jetzt noch nicht zu über- blicken. Es darf aber wohl daran gedacht werden, dass das auf gleiche Weise entstehende Wassergefässsystem mit dem Gölom einen ursprüng- lich zusammengehörigen Apparat bildete, der mit dem Enddarme in Ver- bindung stand. Die beiden vom Darme abgeschnürten Cölomschläuche gewinnen all- mählich an Umfang und lassen, theils an den Darm, theils an die Körper- wand sich anlegend, den mehr oder minder geräumigen Leibeshohlraum hervorgehen. Die von dem Perisom zum Darm verlaufenden Mesenterial- fäden oder Bänder sind auf Reste der Wandung jener primitiven Gebilde zurückzuführen. Mit der Ausprägung des radiären Echinodermenkörpers ist das Cölom nach den Radien vertheilt. So erstreckt es sich bei den Asteriden und bei Brisinga durch die Arme. Aehnlich auch bei den Crinoiden, aber hier in Gestalt engerer Ganäle. Solcher sind an jedem Arme drei unterscheid- bar, die wieder mit besonderen Abschnitten des Kelch-Cöloms zusammen- hängen. Letzteres ist nämlich durch Bindegewebszüge, die hie und da membranartige Strecken darstellen, in mehrfache Abschnitte gesondert, die an bestimmten Stellen unter sich communiciren, an anderen in jene Canäle übergehen. Einheitlicher wird die Leibeshöhle mit der grösseren Concentrirung des Organismus bei Echinoiden und Holothurien. Bei er- steren erinnern jedoch die Mesenterialfäden, oder noch mehr die verkal- kenden Pfeiler und Säulen, welche die Leibeshöhle der Glypeastriden durchsetzen, an Scheidungen in einzelne Abschnitte, wie denn auch bei den Holothurien manche solcher Räume des Cöloms gesondert sind. Ein Wimperbesatz ist an parietalen wie an visceralen Strecken des Cöloms bei Asteriden und Echiniden, aber auch bei Holothurien nachgewiesen. Leibeshöhle. Gefässsystem. 331 Als Inhalt der Leibeshöhle erscheint eine mit dem Blute übereinstimmende Flüssigkeit, so dass wir hier einen Abschnitt der Blutbahn zu suchen haben. Auch Communicationen nach aussen sind in einzelnen Fällen sicher erkannt (Crinoiden) , ebenso wie mit dem Wassergelässsysteme (Crinoiden, Holothurien). Die ersterwähnten Gommunicationen bestehen in zahlreichen das ventrale Perisom an den Interradien durchsetzenden Canälchen, die mit den sogenannten Kelchporen ausmünden. Gefässsystem. Blutgefässe. $ 176. Die ernährende Flüssigkeit besteht bei den Echinodermen aus einem klaren oder leicht opalisirenden, seltener getrübten oder auch gefärbten Fluidum, welches höchst wahrscheinlich mit von aussen eingeführtem Wasser vermischt ist. In dieser Flüssigkeit enthaltene Formelemente sind einfache Zellen. Als Blutbahn dient erstlich ein besonderes Canalsystem, dann aber auch das Gölom, welches wahrscheinlich mit einem dritten Hoblraum- system, dem Systeme der sogenannten Wassergelässe, in Zusammenhang steht. Der noch wenig sichergestellte Befund dieser Gefässsysteme, na- mentlich in Bezug auf deren wechselseitige Beziehungen und Zusammen- hänge, gestattet noch keine übersichtliche, alle Abtheilungen verknüpfende Darstellung, wenn auch die neuere Zeit anerkennenswerthe Fortschritte in der Kenntniss dieses Theiles der Echinodermen-Anatomie aufzuweisen hat. Dass aber ein Zusammenhang in der That besteht, dürfte aus der Gleichartigkeit der Constructionen jener Canäle und Räume hervorgehen. Als eine allgemeine Einrichtung kann wohl der Anschluss der Blut- gefässbahn an die Nervenbahn gelten. Den radialen Nervenstämmen folgt ein Blutgefässstamm und setzt sich in einen den Mund umgebenden Ring- canal fort. Der radiale Gefässstamm entspricht dem Bauchgefässe der Würmer, welches eine ähnliche Beziehung zum Bauchmarke aufweist. Bei den Asteriden führten ältere Angaben einen vom Mundring neben dem Steincanal |s. u.) emporsteigenden Schlauch als Herz auf, welchem Organe indess diese Bedeutung nicht gelassen werden kann. Dasselbe gilt für ein gleiches den Echinoiden zukommendes Gebilde. Wir werden also für jetzt noch von einem Herzen als Gentralapparat des Blutgefäss- systems abzusehen haben. Einen zweiten Abschnitt des Blutgefässsystems bilden die Darmgefässe. Die radialen Blutgefässstämme halten die Nerven bei den Echinoiden umschlossen, bei Grinoiden und Holothurien liegen sie nach innen vom Nervenstamme, womit auch Seesterne und Ophiuren übereinstimmen. Das den Mund umziehende Ringgefäss ist bei Asteriden und Crinoiden in demselben Verhalten zur Nervenbahn, unter den Echinoiden bei den Spatangen, wo es zu einem weiten Sinus sich gestaltet, indess bei Echinus 232 II. 4. Echinodermen. ein Blutgefässring weiter vom Munde, über dem Kauapparat den Schlund umziehend, beschrieben wird. Esgst wahrscheinlich, dass diese Entfer- nung vom Nervenring durch die PMtfaltung des Kauapparates entstand. Die Holothurien besitzen den adoralen Blutgefässring mit dem Nervenring verbunden, aber nach innen von ihm, dem Munde zugekehrt. Er kann auch in ein Geflechte aufgelöst sein. Bezüglich eines bei Asteriden und Echiniden bestehenden aboralen Gefässringes, so scheint diesem schon durch seine Beschränkung auf einige Abtheilungen ein geringerer mor- phologischer Werth zuzukommen. Ausser Gefässen aus dem Perisom tre- ten in ihn Gefässe ein, welche die Geschlechtsdrüsen umspinnen, und daselbst weite, sinusartige Räume bilden. Auch bei Gomatula setzt sich ein Gefäss als Hülle um die Genitalstränge in Arme und Pinnulae fort. Den Gefässen des Darmcanals kommt bei Asteroiden und Crinoiden keine Selbständigkeit zu. Bei Comatula bilden sie ein weitmaschiges Netzwerk im Cölom , welches mit dem oralen Gefässringe in Zusammenhang steht. Aus diesem Netze erstreckt sich ein Gefässbündel in der Axe des Kelches zum Gentodorsale, ein eigenthümliches in fünf Kammern erweitertes Or- gan bildend, dessen Bedeutung unaufgeklärt ist. Bei Echinoiden und Holothuroiden erscheinen die Darmgefässe selb- ständiger. Ein Dorsal- und ein Ventralgefäss sind unterscheidbar, beide entsprechen in gleichen Verhältnissen sich findenden Gefässen von Wür- mern. (Vergl. S. 179.) Das dorsale Gefäss ist bei Echinus doppelt vorhan- den, indem ausser dem dicht am Darme verlaufenden noch eines entfern- ter davon liegt und an ersteres wie an den Darm Zweige abgibt. Bei Spatangen ist eine Communication des ventralen Gefässes mit dem Wasser- gefässring beobachtet. Die Darmgefässstämme der Holothurien zeigen nach der Mitte ihres Verlaufes Erweiterungen, und das dorsale Gefäss geht in eine Wundernetzbildung ein. Wassergefässe. S 177. Bei der Darstellung der Ambulacra |$ 160) ist eines »Wasser- gefässsystems« gedacht worden, welches von aussen her Wasser aufnimmt, und dasselbe den ambulacralen Gebilden zuleitet, um sie in den Zustand der Erection zu versetzen. Ausser den bei der Locomotion betheiligten Gebilden werden von diesem Canalsystem noch andere Or- gane geschwellt, die wir oben als Modificationen der Ambulacralfüsschen deuteten. Dass dieses Canalsystem einen Theil der blutführenden Bahn aus- mache, ward bereits als wahrscheinlich dargestellt. An mehreren Stellen sind Communicationen erwiesen. Auch in dem Leibes-CGölom bestehen in einzelnen Fällen sicher beobachtete Mündungen. Inwieweit jedoch diese Bahnen vielleicht aus mehreren Apparaten sich bildeten, bedarf noch der Feststellung. Jedenfalls ist eine selbständige Betrachtung des Wasser- gefässsystems für jetzt noch erlaubt, zumal ihm durch die Entwickelung Gefässsystem. 233 eine solche Stelle gesichert ist, und ein ihm zugehöriger bedeutsamer Theil (Steincanal etc.) als ein dem GCirculationsapparat ursprünglich völlig fremdes Gebilde erscheint. In den Larven der Echinodermen entsteht das Wassergefässsystem durch eine Sonderung aus der ersten Darmanlage und bildet, sich davon abschnürend, einen glashellen, an seiner Innenfläche wimpernden Schlauch, der auf dem Rücken der Larve sich mit dem Integument verbindet und hier eine Ausmündung gewinnt. In diesem Zustande hat das Organ grosse Aebnlichkeit mit dem Excretionsorgane mancher Wurmlarven (Sipuncu- liden) , und lässt auch von dieser Seite her die Sonderung des Wasser- gefässsystems aus einem ursprünglich excretorischen Apparate nicht unwahrscheinlich erscheinen. Mit der Anlage des Echinoderms (Fig. 110. A) wird der Schlauch allmählich vom Perisom umwachsen, und ändert dann seine Form, indem er in eine fünfstrahlige Rosette (7) sich um- formt. Durch allmähliche Lagerungsver- änderungen kommt dieser, immer noch mit dem Rückenporus nach aussen mündende Abschnitt auf die ventrale Fläche des Echi- noderms zu liegen, und nun entwickelt sich jedes Blatt der Rosette in einen gestreckten, mit seitlichen Ausstülpungen besetzten Ga- nal, der einem Fiederblatte gleicht und die Anlage des auf ein Ambulacrum treffenden Wassergefäss-Abschnittes vorstellt. Bei den Holothurien bildet die gleiche rosetten- formige Anlage die Mundtentakel, deren Beziehung zum Ambulacralsystem dadurch unzweifelhaft wird ($ 162). Die ferneren wichtigen Vorgänge betreflen den centralen Theil der Rosette, an welchem die Canäle der fünf Blätter zusammenmünden. Dieser wandelt sich in einen Ringcanal um, der Fig. 110. Asterienlarve (Bipin- auch ferner als Centraltheil des Apparates um. a all REN fortbesteht, indess die in den Blättern der pers. d Mund. o After der Larve. Rosette angelegten Canäle radiär auswach- ala en sen, und sich unter Vermehrung ihrer vrosette (Anlage der Wassergefässe). Seitenäste über die gleichfalls grösser wer- (Nach J. Mürzer.) denden Ambulacren erstrecken. Von diesen während der Entwickelung des Echinodermenkörpers sich bildenden Einrichtungen lassen sich die Zustände des Erwachsenen unmittelbar ableiten. Aus dem primitiven Schlauche hat sich ein ver- zweigter Gefässapparat (Fig. 161) entwickelt, dessen Enden mit den Saugfüsschen (p) und anderen ähnlichen Fortsätzen in directer Verbin- dung stehen. Die radialen Hauptstämme dieses Systems eommuniciren 234 ll. 4. Echinodermen. mit einander durch den Ringcanal ‘c), und dieser selbst wieder steht mit dem umgebenden Medium nA Eine Verbindung des den Mund umgebenden Wassergefässringes mit einem Darmgefässe ist oben für Spatangus erwähnt worden, so dass bei der Gleichartigkeit des Inhaltes von beiderlei Ganalsystemen NS, N 2 . . Ns nicht blos deren Communicationen, Ns sondern auch deren . Zusammenge- ? 2er b ne : = sn hörigkeit sehr wahrscheinlich ist. Anders verhält es sich mit der Verbindung nach aussen, die auf verschiedene Weise zu Stande kommt. Bei Diflerenzirung des Echinoderms in der Larve bleibt jener Theil der Anlage des Wassergefässsystems, der vom Echinodermenkörper aufgenom- men wird, an einer Stelle mit dem Perisom in Verbindung und dort ent- wickelt sich eine poröse Kalkplatte — die Madreporenplatte (m), welche mit dem Lumen des verbin- denden Ganalabschnittes in Commu- nication steht. Der von der Madre- B: f porenplatte zum Ringcanale führende Be AU Shematiche Daseins des Was Gang um’), gleichfalls ein Stück. des eanal. ap Poli’sche Blasen. m Madreporen- pPrimitiven Wassergefässsystems, be- platte. m. Steincanal. Radiär angepziinnk sitzt in seinen, ein complieirtes Hohl- Hauptstämme (Ambulacralcanäle). r' Seitliche 2 Verzweigungen. p Saugfüsschen. « Ampullen raumsystem bildenden Wandungen derselben. (Die Ambulacraleanäle mit ihren An- jn der Regel kalkige Einlagerungen hängen sind nur zum Theil gezeichnet.) und wird demgemäss als Stein- canal bezeichnet. Durch die siebförmig durchbrochene Madreporenplatte wird Wasser in den Steincanal, von da in das Ringgefäss eingeführt. Auch mit der Leibeshöhle werden von da aus Verbindungen angegeben. Der dem Steincanal entsprechende Abschnitt verbindet sich nicht in allen Fällen mit dem Perisom. Bei den Holothurien löst sich die Verbin- dung nahe am Rückenporus der Larve; letzterer schwindet, und der Steincana] hängt frei in die Leibeshöhle, und nimmt von hier aus, durch einen sehr complieirten porösen Endapparat, Wasser auf. Diesen Grundzügen der Einrichtung des Wassergefässsystems müssen noch CGomplicationen beigefügt werden, die durch contractile Ausstülpun- sen der Wassercanäle gegen die Leibeshöhle zu entstehen. Diese sind mehrfacher Art, und zwar grössere birnförmige Blasen (ap) am Ringcanale Poli'sche Blasen), dann an dem Uebergange der Ambulacralcanäle in die Saugfüsschen kleine, immer in die Leibeshöhle ragende Ampullen (a), die als Erweiterungen oder Ausstülpungen der Ambulacralcanaläste ge- nommen werden können. Sie besitzen einen cavernösen Bau. Beiderlei 7, 7 27 N KH 2 Bi Wassergefässsystem. 335 Gebilde dienen als Behälter für das in den Canälen strömende Fluidum, und sind aus Anpassung an die Function dieses Gefässsystems ableitbar, derart, dass bei einer Einziehung der Saugfüsschen immer deren Ampullen sich füllen, sowie bei einer Ausstreckung derselben zunächst der Inhalt der Ampullen sie schwellt. Was die Ampullen für die einzelnen Saug- füsschen sind, leisten die Poli’schen Blasen des Ringcanals für das ge- sammte Canalsystem, so dass hierdurch eine viel rascher erfolgende Action der Ambulacralgebilde, sei es Schwellung oder Retraction, möglich ist, als wenn das zur Erection jedes einzelnen Füsschens nothwendige Flüssig- keitsquantum bei jeder Ausdehnung erst von aussen her durch den Stein- canal oder die Madreporenplatte eingenommen werden müsste. — Diese Thätigkeit der Ampullen der Saugfüsschen und der Poli’schen Blasen des Ringcanals besorgt die Contractilität ihrer Wandungen, in denen eine Mus- kelschicht nachgewiesen ist. Auch Muskelfasern, welche die Ganäle hin und wieder durchziehen, können die Vertheilung der Flüssigkeit reguliren. Ausserdem sorgt ein im Wassergefässsystem verbreitetes Flimmerepithel für die Vertheilung und den steten Wechsel des Wassers, und dient damit gewiss auch der respiratorischen Function. $ 178. Das vorhin im Allgemeinen Auseinandergesetzte hat am vollständig- sten seine Geltung für die Seesterne. Bei diesen inserirt sich der Stein- canal immer an einer Madreporenplatte, die in der Regel auf der Dorsal- seite in einem Interradius des Körpers liegt. Auch eine Mehrzahl von Madreporenplatten (2—5) sowie eine dem entsprechende Vermehrung des Steincanals, kommt in einzelnen Fällen vor, doch wechselt dies Ver- hältniss selbst bei den Arten einzelner Gattungen. Es wird als das ursprünglichere anzusehen sein; deshalb wäre es wichtig, auch für diese Befunde die ersten Anlagen zu kennen. — Der Steincanal verläuft immer in der Nähe des herzartigen Schlauches. Die Kalkablagerungen bilden an ihm ein feines Netzwerk, und sind von denen des Perisoms nicht verschieden. Sie sind ring- weise angeordnet, im Innern treten Längsleisten vor, von denen ver- fie. 112. Querschnitt durch den. Steincanal = a von Astropeeten aurantiacus. Nach zweigte oder eingerollte, ebenfalls RTenadeee verkalkte Lamellen entspringen. Zwischen diesen ziehen sich die Hohlräume hin, welche an den feinen Oeffnungen der Madreporenplatte beginnen. Die Ambulacralcanäle (Fig. 100. A. a) laufen über dem Skelete der Arme in die Ambulacralfurche eingesenkt, und senden hier ihre Aeste an die zwischen den seitlichen Fortsätzen der Gliedstücke des Ambulacralskelets entspringenden Füss- 236 ll. 4. Echinodermen. chen, während die Ampullen der letzteren durch die Spalten zwischen den Gliedstücken hindurchdri@n und so ins Innere des Armes zu liegen kommen (ap). An der Verbindung der Ampullen mit den Ambulacral- füsschen liegen Klappventile, welche bei Contraction der Ampullen sich schliessen (Asteracantbion rubens). Die Anzahl der Poli’schen Blasen variirt, zuweilen sind sie vermehrt, bilden traubige Büschel (Astropeceten aurantiacus) oder fehlen gänzlich. Bei den Ophiuren inserirt sich der Steincanal an einem der den Mund umgebenden Plattenstücke, welches jedoch nicht als Madreporenplatte gebaut ist, so dass der Steincanal nur Fluidum aus der Leibeshöhle auf- nimmt. Am Ringcanale erweitert sich der Steincanal ampullenartig, und fügt sich einem interradialen Abschnitt ein. Poli'ssche Blasen sind nicht constant vorhanden. Den Saugfüsschen fehlen die Ampullen. Bei den Crinoiden verläuft der ambulacrale Wassergefässstamm un- terhalb des radialen Blutgefässes und verzweigt sich in die Tentakel der Arme wie der Pinnulae Fig. 115 ww). Ein oraler Ringcanal vereinigt die radialen Stämme, und schickt kurze Ganälchen mit offenen Mündungen in die Leibeshöhle ab. Sie vertreten den fehlenden Steincanal. Da auch Am- pullen und Poli’sche Blasen fehlen, erscheint das Wassergefässsystem auf einer niederen Stufe als bei den anderen Abtheilungen. Im Anschlusse an die Seesterne stehen die Echinoiden. Die Madre- porenplatte liegt immer am aboralen Pole ; entweder ist eine der Genital- platten (Fig. 92 m), oder deren mehrere, oder es ist auch noch eine Inter- genitalplatte zur Madreporenplatte umgewandelt, oder diese stellt eine besondere Platte vor (Clypeastriden). Der Steincanal erscheint bald weich (Echinus), bald mit festen Wandungen versehen (Cidaris). Der mit fünf Poli'schen Blasen (sie fehlen den Spatangen) versehene Rinscanal liegt bei den Seeigeln an der Basis des Kauapparates und sendet die Ambulacral- canäle abwärts, von wo sie dann an die Ambulacren ausstrahlen. An der Innenseite der Schale, einem jeden Ambulacralfelde entlang verlaufend, vertheilen sich die Aeste der Ambulacralcanäle an die Poren der Kalkplatten und versorgen , querliegende ampullenartige Erweiterungen {Fig. 116 a bildend, die hier entspringenden Saugfüsschen oder deren Aequivalente. Durch die Loslösung des später als Steincanal fungirenden Verbin- dungsstückes vom Perisom der ins Echinoderm übergehenden Larve, wird bei den Holothuroiden ein von den übrigen Echinodermen abweichendes Verhalten erreicht. Die Wände des frei in die Leibeshöhle hängenden Steincanals sind bald weniger, bald mehr verkalkt und bilden im letzten Falle eine starre Kapsel. Gewöhnlich zeichnen die Verkalkungen die po- rösen Stellen des Canals aus, und wiederholen so die Bildung einer Madre- porenplatte im Innern des Körpers. Bei Verästelungen des Steincanals tragen die Enden jedes Astes jene porösen Stücke, und so entstehen durch Vervielfältigung traubenförmige Gebilde, die einer Summe um den Steincanal gruppirter Madreporenplatten nur functionell gleichwerthig sind. Wie die Einrichtung der einzelnen Steincanäle verschieden ist, so Wassergefässsystem. 337 wechselt auch ihre Zahl. Häufig ist nur einer vorhanden, in anderen Fällen, vorzüglich bei Synapten, kommen deren zahlreiche vor, die am Umfange des Ringcanals ver- theilt sind. Ebenso wechselt die Zahl der hier nicht feh- lenden Poli’schen Blasen (Fig. 113. p), deren Holothuria und Molpadia eine, Synapta Be- selii gegen 50, Cladolabes gegen 100 besitzt. Die vom Ringcanal (C) abgehenden Canäle verlau- fen innerhalb des Kalkringes {R) nach vorne, und treten sich verzweigend zu den Mundtentakeln (7), wo mit jedem eine den Ampullen der Saugfüsschen entspre- chende blindsackartige Ver- längerung in Verbindung steht. Diese ist ansehnlich bei den Holothurien, und liegt nach aussen vom Kalk- ring, nur wenig entwickelt ist sie bei den Synapten. | ne Biö radialen; zu .don Anıhu- E61. Mreemaesmiait ie ee Feen lacren verlaufenden Stämme Muskeln zum Schlunde. o Mundöffnung. D Darmrehr. € legen sich bei Holothuria in Ringeanal. t Canäle zu den Tentakeln T. p Poli’sche Blase. a % L ARE & n Nervenring. n' Radialnervenstamm, den Kalkring R' durch- die Längsmuskelbündel, die setzend. m Längsmuskelbänder. # Ausführgänge der Ge- dadurch in zwei Hälften ge- sehlechtsorgane. (Nach Bavk.) theilt werden. Bei Cucumaria sind sie nach aussen von diesen Muskeln angebracht. Die Vertheilung der Zweige dieser Gefässe geschieht wie sonst zu den Füsschen. Die Rückbildung der letzteren ist von einem Schwinden der zuführenden Gefässzweige begleitet, während die Hauptstämme auch bei den Apodia sich zu erhalten scheinen, da sie bei Synapta, wenn auch an Umfang geschmälert, beobachtet worden sind. “u au zz ae Excretionsorgane. $& 179. Die unter den Ringelwürmern verbreiteten Einrichtungen (Schleifen- canäle) kommen bei den Echinodermen nicht mehr vor, dagegen bestehen einige Andeutungen, dass jene Organe, oder doch dem Typus derselben angehörige, unter den Echinodermen nicht völlig fremd sind. Bei Holo- thuroiden sind nämlich zwei an der Leibeswand verlaufende Ganäle be- 235 ll. 4. Echinodermen. obachtet, welche mit trichterförmigen in die Leibesböhle sich öffnenden Organen besetzt sind (Chirodagg pellueida). Auch bei Synapten bestehen Organe, welche den mir ARTEN 2 der Würmer ent- sprechen, aber nicht mit Canälen in Zusammenhang stehen. Endlich sind auch in den Crinoiden Wimperorgane in dem einer Fortsetzung der Lei- beshöhle entsprechenden Dorsalcanale der Arme erkannt. Ob alle diese Gebilde zusammengehören, kann nicht sicher bestimmt werden, aber die erst aufgeführten machen es wahrscheinlich, dass hier Beziehungen zu einem Excretionsapparat vorliegen. Inwiefern ein soleher dem Wasser- gefässsystem zu Grunde liegt, ist bis jetzt nur zu vermuthen. Jedenfalls bietet die Anordnung desselben im Körper keinen Grund, Forschungen in dieser Richtung für resultatlos zu halten, denn die Gestaltung als ein im Körper reich verzweigtes Canalsystem bietet uns auch das Exeretionsorgan mancher Mollusken (Nudibranchbiaten), und dieCommunication des Wasser- gelässsystems nach aussen wie mit dem Blutgelässsystem (resp. der Lei- beshöhle, kann eben kaum anders als auf einen excretorischen Apparat gedeutet werden. Geschlechtsorgane. $ 180. Die bei den Würmern verbreitete ungeschlechtliche Vermehrung ist bei den Echinodermen zurückgetreten, nachdem der Thierstamm selbst das Product einer Sprossung vorstellt. Eine Andeutung dieser Zeugungs- form hat sich noch bei den Asteriden in der Regeneration verloren gegan- gener Antimeren (Arme) fort erhalten. Fast alle Echinodermen — nur einige sind ausgenommen — sind getrennten Geschlechtes und zeigen in der Anordnung der Organe eine Uebereinstimmung mit der radiären Körperform. Männliche und weibliche Organe zeigen dieselben einfacheren Formverhältnisse, und sind nur zur Zeit der Reife der Geschlechtsproducte leicht unterscheidbar, indem die Ovarien meist durch lebbaftere Färbung der Eier, gelb oder roth, vor den fast immer weiss erscheinenden Hodenschläuchen ausgezeichnet sind. Die Formelemente des Sperma sind ziemlich übereinstimmend fadenförmige mit einem Köpfchen versehene Gebilde. Der Bau der Apparate ist einfach, Gomplicationen der Ausführwege fehlen, und ebenso Begattungsorgane, so dass das umgebende Wasser bei der Befruchtung die Vermittelungs- rolle spielt. Im Ganzen besteht eine grosse Uebereinstimmung mit den bei Würmern vorhandenen Bildungen. In Zahl, Anordnung, wie auch im specielleren Verhalten der Organe bieten sich die niedersten Zustände bei den Asteroiden dar. Hoden oder Eierstöcke erscheinen als röhrenförmige oder gelappte Drüsenschläuche, welche bei einigen in zwei Reihen angeordnet eine der Metamerie der Arme angemessene Vertheilung zeigen (Ophidiaster, Archaster). Bei an- deren treffen auf jeden Arm nur zwei Gruppen, die sich aber längs der ganzen Armcavität ausdehnen können (auch Brisinga schliesst sich hier Geschlechtsorgane. 239 an), endlich erscheinen sie auf den Interradialraum beschränkt (Fig. 408. g). Die Vergleichung dieser Verhältnisse lehrt also eine allmähliche Reduction der Anzahl der Keimdrüsen ken- nen, die der bereits bei den Seesternen stattfindenden allmählichen Centralisation des Organismus entspricht. Bei den after- losen Seesternen entbehren die Schläuche der Ausführöffnungen, und die Zeugungs- stoffe werden in die Körperhöhle entleert. Auf welchem Wege sie nach aussen gelan- gen, ist noch unermittelt. Bei anderen Seesternen münden die Keimdrüsen auf besonderen, durch feine Oeffnungen aus- gezeichneten Platten (Siebplatten, in den Interradien des Rückens nach aussen, oder sie zeigen einen einfachen Ausführgang mit einer spaltförmigen Oeffnung (Pteraster). Jedes Organ wird von einem Blutgefäss- Fig. 114. Geschlechtsorgane einer O phi- ure (Ophioderma longicauda ). integument und Verdauungsorgane sind entfernt. x Arme. g Ovarialtrauben. Rücken- sinus umschlossen, welcher die einzelnen Lappen und Läppchen einhüllt. Dahin gerathen auch die Zeugungsstoffe, die also nicht direct entleert werden. Die Anordnung und der Bau der Geschlechts- organe der Ophiuren ist jenen der Seesterne ähnlich. Hermaphroditische Zustände sollen ver- einzelt vorkommen (Ophiura squamata). Die Ge- schlechtsdrüsen (Fig. 114. g), zu zweien in jedem Interradialraum, sind auf die Körperscheibe be- schränkt, und scheinen ihre Producte in die Lei- beshöhle zu entleeren, von wo sie wohl durch die an den Interradien der Bauchfläche befindlichen spaltartigen Oeffnungen (vergl. Fig. 102. g) nach aussen gelangen. Bei den lebendig gebärenden Ophiuren gibt sich in der Grösse dieser Spalten ein Anpassungszustand kund. Ein strangförmi- ges, auf jeden Arme vertheiltes und nach den Pinnulae sich verzweigendes Gebilde repräsen- tirt die Geschlechtsorgane bei Comatula. Dieser Genitalstrang wird wie die verzweigten Schläuche der Seesterne von der Blutbahn umschlossen. Er bleibt in den Armen steril, und entfaltet innerhalb der Pinnulae seine Producte, die von seiner Wand entstehen. Die Entleerung des Sperma findet durch vorgebildete Oeflnungen statt. Fig. 115. Querschnitt durch die Pinnula einer geschlechtsreifen Comatula(Antedon Eschrichti). Dorsalfläche aufwärts , Ventral- fläche abwärts gekehrt. p Ten- takel. g.Lumen des Genitalstran- ges. w Wassergefäss, nach den Seiten in die Tentakel verzweigt. n Nervenstrang. db Blutgefäss, letzterem aufgelagert. cg Canal um den Genitalstrang. cd Dor- saler, cv ventraler Canal. Alle drei mit dem Cölom des Kelehes eommunieirend. Nach H. Lupwıc. 240 ll. 4. Echinodermen. Geschlechtsorgane. $ 181. Die bei Asteroiden jeden Madius paarig zukommenden Geschlechts- drüsen sind bei den Echinoiden unpaare Gebilde geworden, womit eine fernere Centralisation ausge- drückt ist. Die Beziehung zum ursprünglichen Zustande istnur noch aus der interradialen Ver- theilung erkennbar, so dass jedes Organ aus zwei radialen entstanden gedacht werden kann. Sie stellen reich ver- ästelte, meist weit in die Lei- beshöhle auf die Interambula- cralfelder vorragende Drüsen Fig. 116. g) vor, die auf den Genitalplatten (Fig. 103. 9) ausmünden. Eine der fünf für \ die Echiniden typischen Ge- ig. 116. Geschlechtsorga inesEchi s. Etwas mehr - A Fig 1 Geschlee it organe Baer c an ni was meh schlechtsdrüsen verkümmert als die ventrale Hälfte der Schale ist weggenommen. a Ampullen der Ambulacren. i Letztes Darmstück. g Ova- bei den Spatangen, dem ent- BRlärnuSE: sprechend ist eine der Genital- platten, die zugleich Madreporenplatte war, ausschliesslich zur Madre- porenplatte umgebildet. Noch bedeutendere Reductionen bieten die Holothurien. Hoden oder Eierstock bilden Büschel reich verzweigter Röhren, die sich zu einem ge- meinsamen Ausführgange vereinigen (Fig. 113 G). Des letzteren Mündung findet sich in der Nähe des Mundes, meist zwischen den Tentakeln. Die Beziehungen zu den Radien sind also hier aufgegeben, die sonst vertheil- ten Organe sind zu Einem vereinigt, und durch den Ausführgang wird die bereits bei den Seeigeln gegebene höhere Stufe festgehalten. Bei den Synapten bestehen nach dem bei den Holothurien gegebenen Typus geformte Zwitterorgane. Die einzelnen schlauchförmigen Drü- sen vereinigen sich zu einem gemeinsamen Ausführgange, der über dem Kalkringe nach aussen sich öffnet. In jedem Schlauche (bei S. digitata) entwickelt sich das Sperma auf der Innenfläche, indess die Eier darunter entstehen und bei voller Entwickelung ins Schlauchlumen vorspringende Längsstreifen vorstellen; Für beiderlei Producte dient ein gemeinsamer Ausführweg. Wenn dieser Zustand als ein niederer angesehen werden muss, aus welchem im Allgemeinen die getrennigeschlechtlichen Verhält- nisse hervorgingen, so ergibt sich für die Synapten die interessante Er- scheinung, dass sich bei ihnen der primitive Bau mit der primiliven Function der Keimdrüse erhalten hat, indess sowohl in der Beschränkung der Zahl als in der Complication mit einem Ausführgange für den Gesammt- apparat grosse Umbildungen stattfanden. Fünfter Abschnitt. Arthropoden. Allgemeine Uebersicht. $ 182. Der Körper der in dieser Abtheilung vereinigten Thiere besteht aus einer für die einzelnen Gruppen meist bestimmten Metamerenzahl. In der Regel sind diese ungleichartig differenzirt, was sich nicht allein in der Verschiedenheit der äusseren Gestaltung und des Volums, sondern ebenso auch im Verhalten der innern Organe äussert. Eine Anzahl von Metameren verbindet sich zu grösseren Abschnitten, in denen die Selb- ständigkeit der einzelnen aufgegeben ist. Bald bestehen noch Andeutun- gen einer solchen Zusammensetzung grösserer Körperabschnitte aus einer Summe von Metameren, bald sind auch diese verschwunden, oder doch nur in frühen Entwickelungsstadien erkennbar. Aus diesem Verhalten resultirt eine Umgliederung des Leibes. Ein anderes durchgreifendes Charakteristicum bilden bewegliche Leibesanhänge, Gliedmassen, die fast allgemein in Segmente getheilt sind. Daraus, wie aus der Metamerie des Körpers ergibt sich einige Uebereinstimmung mit den Annulaten unter den Würmern. Bei welchen Formen diese Anknüpfungen bestehen, ist unbekannt, und unsicher ist, ob die beiden Hauptgruppen der Arthropoden gemeinsamer Abstammung sind. Manche Gründe bestehen, für die Branchiaten und Tracheaten ge- sonderte Stammformen anzunehmen. Wie bei den Annulaten bildet das Nervensystem einen mit einer ventralen Ganglienkette verbundenen Schlundring, und ebenso hat das Centralorgan der Kreislaufsorgane eine dorsale Lagerung. Bei den Würmern für jedes Segment sich wieder- holende Organe kommen bei den Arthropoden dem ganzen Körper ge- meinsam zu, und selbst bei äusserer Gleichartigkeit der Metameren zeigt häufig die innere Organisation, dass die Metamerie nicht den Gesammt- organismus so vollständig wie bei den Annulaten beherrscht. Bezüglich der Systematik der Arthropoden gebe ich folgende Ueber- sicht: Gegenbaur, Grundriss d, vergl. Anatomie. 2. Aufl. 46 242 II. 5. Arthropoden. A. Branchiata. Il. Crustacea!). EZ a) Entomostraca. 4. Cirripedia. Balanus, Coronula, Lepas. Rhizocephala. Sacculina, Peltogaster. 2. Copepoda. Cyelops, Cyclopsina, Corycaeus, Sapphirina. Siphonostoma ?). Caligus, Ergasilus, Dichelestium, Chondracanthus, Achtheres, Lernaca, Lernaeocera, Penella. 3. Ostracoda). Cypris, Cypridina. 4. Branchiopodaf). Cladocera. Daphnia, Sida, Polyphemus, Evadne. Phyllopoda. Branchipus, Apus, Limnadia. b) Malacostraca?). 4. Thoracostraca (Podophthalma). Schizopoda. Mysis, Euphausia, Thysanopus. Caridaß). Crangon, Alpheus, Palaemon, Hippolyte, Peneus. Decapoda. Macrura. Astacus, Palinurus, Galathea, Pagurus. Brachyura. Garcinus, Maja, Hyas, Dromia, Dorippe. 4) An den einzelnen Körpersegmenten erhalten sich die Gliedmassen am voll- ständigsten, wenn auch in vielen, durch Anpassung hervorgerufenen Modificationen. Sie fungiren entweder direct als Athmungsorgane, oder letztere sind doch mit ihnen in engster Verbindung. 2) Ein auf den verschiedensten Stufen sich zeigender Parasitismus lässt eine grosse Anzahl von Familien in diese besondere Unterabtheilung bringen, welche man den übrigen, frei lebenden Copepoden zwar gegenüberstellen kann, aber doch von ihnen wird ableiten müssen. Aehnlich verhalten sich die Rhizocephalen zu den Cirripedien. 3) In der die zweiklappige Schale vorstellenden Mantelduplicatur geben sie sich mit Entwickelungsstadien der Cirripedien verwandt. 4) Diese Abtheilung erscheint als die unmittelbarste Fortsetzung der Nauplius- form, insofern sie durch einfache Metamerenbildung aus jenem Stadium hervorgeht, und an den Gliedmassen zuweilen sogar nur sehr geringe Veränderungen erleidet. 5) Durch das bei Peneus und Euphausia vorkommende Naupliusstadium mit der vorhergehenden Abtheilung verknüpft, repräsentiren sie im Ganzen eine Weiter- bildung der Crustaceen-Organisation. 6) Vermitteln die Verbindung der Schizopoden und Decapoden, welch letzteren sie auch beigezählt werden können. Allgemeine Uebersicht. 343 Cumacea!). Cuma. Stomapoda. Squilla. Tanaida?). Tanais. 2. Arthrostraca (Hedriophthalma). Amphipoda. Gammarus, Orchestia, Hyperia, Phronyma. Laemodipoda. Caprella, Gyamus. Isopoda. Bopyrus, Cymothoa , Sphaeroma, Oniscus, Asellus, Idothea. II. Poecilopoda?). Limulus. B. Protracheata‘). Peripatus. C. Tracheata. l. Arachnida. Autarachnae?). Arthrogastres. Galeodea. Galeodes. Scorpionea. Scorpio. / 4) Entsprechen niederen Entwickelungsstadien von Decapoden, indem sie mit Schizopoden grosse Aehnlichkeit in der Körperform aufweisen. Die Augen entbehren der beweglichen Stiele, und darin ergibt sich eine Annäherung an die Arthrostraken. 2) Die Scheerenasseln repräsentiren eine theils den Thoracostraken, theils den Arthrostraken verwandte Abtheilung, welche der Urform der Malakostraken nahe geblieben zu sein scheint. 3) Stehen durch die fossilen Belinuren mit der paläontologisch sehr alten, gänzlich erloschenen Abtheilung der Trilobiten in geneologischem Zusammenhang. Viele Verhältnisse ihres Baues sowie ihrer Ontogenie gebieten, sie von den Crusta- ceen abzulösen. 4) Durch genauere Aufschlüsse über die Organisation von Peripatus erscheint dieses bisher meist den Würmern beigezählte Thier als der Repräsentant einer beson- deren, den Tracheaten zunächst zu stellenden Arthropoden-Klasse, in der ein viel niederer Zustand sich ausspricht als einer der der letzteren zugehörigen grösseren Abtheilungen. Es scheint hier eine Form erhalten zu sein, welche vom Tracheaten- Stamme noch vor seinem Auseinandergehen in einzelne Aeste sich abgelöst hat. 5) Für die echten Arachniden ergibt sich bei vielem Gemeinsamen die bedeu- tendste Verschiedenheit in dem Verhalten der Körpersegmente, und in den durch Verschmelzung einer Anzahl derselben hervorgehenden grösseren Abschnitten. Wir werden jene, in der mehrere solcher Abschnitte bestehen, die zugleich noch ihre Zusammensetzung aus Metameren erkennen lassen, als die minder veränderten, der Urform näher stehenden zu betrachten haben. — Kleine, den Arthrogastres zuzurech- nende Abtheilungen bilden die Cyphophthalmiden (Gibocellum), die den Opilio- neen, und die Cherneliden, welche den Pseudoscorpioneen nahe stehen. 16* 244 II. 5. Arthropoden. Phrynida. N Phrynus. Pseud orpionea. Chelifer. Opilionea. Phalangium, Opilio. Aranea. Salticus, Thomisus, Argyroneta, Tegenaria, Mygale. Acarinal). Acarus, Argas, Ixodes, Gamasus, Atax, Thrombidium. Linguatulina. Pentastomum. Pseudarachnae?). Tardigrada. Macrobiotus. Pyenogonida. Pvenogonum, Nymphon. II. Myriapoda. Chilopoda. Scolopendra, Lithobius. Chilognatha. Polydesmus, Julus, Glomeris. II. Insecta (Hexapoda). 1. Aptera?). Collembola. Smynthurus, Podura. Thysanura. Campodea, Lepisma, Machilis. 2. Pterygota. Pseudoneuroptera. Amphibiotica. Ephemera, Chloe, Perla, Libellula, Agrion, Aeschna. Corrodentia. Psocina. Psocus, Troctes. Embida. Embia. 4) Dass hier Rückbildungen vorliegen, scheint unzweifelhaft, und wırd noch durch den für die meisten Familien bestehenden Parasitismus erläutert, der in der Familie der Linguatuliden sogar zu einer bedeutend abweichenden Gestaltung des Leibes führt. 2) In den Pseudarachnen repräsentiren beide Abtheilungen sehr divergente Formen, die eigentlich nur die Entfernung von den Autarachnen gemein haben. Von den Tardigraden sind die Beziehungen zu den Tracheaten nicht einmal sicher gestellt. . 3) Die beiden, in der Abtheilung der Aptera vereinigten Gruppen stehen allen übrigen Insecten durch verschiedene Organisationsbefunde etwas fern, so dass sie keiner der einzelnen Ordnung einverleibt werden können. Wenn sie manches mit Pseudoneuropteren gemein haben, so kommt das nur durch die niedere Stellung der letzteren. — Der Mangel der Flügel wird als ein primitiver angesehen werden müssen gegenüber dem erworbenen, für den fast alle Ordnungen der Pterygoten einzelne Beispiele aufweisen, Allgemeine Uebersicht, 245 Thysanopoda. Thrips. Termitida. Termes. Neuroptera. Planipennia. Panorpina. Panorpa, Bittacus. Sialida. Rhaphidia, Sialis. Hemerobida. Hemerobius, Myrmeleon. Trichoptera. Phryganida. Phryganea, Limnophilus. Strepsiptera. Stylops, Xenos. Orthoptera. Ulonata. Cursoria. Blatta, Mantis. Saltatoria. Gryllus, Gryllotalpa, Acridium, Locusta. Labidura. Forficula. Goleoptera. Carabus, Hydrophilus, Silpha, Lucanus, Melolontha, Sca- rabaeus, Tenebrio, Melo&, Chrysomela, Coccionella, Lampyris, Elater, Bostrichus, Gurculio. Hymenoptera, ; Formica, Bombus, Apis, Vespa, Sphex, Sirex, Tenthredo, Ichneumon, Cynips. Hemiptera. Homoptera. Cicadina. Tettigonia, Cercopis, Fulgora, Cicada. Phythophthires. Aphis, Chermes, Goceus. Heteroptera. Notonecta, Nepa, Hydrometra, Reduvius, Cimex, Capsus, Lygaeus, Pentatoma. Pediculina!). Pediculus, Phthirius. Diptera. Nemocera. Tipula, Simulia, Chironomus, Corethra, Culex. Brachycera. Oestrus, Musca, Tachina, Syrphus, Bombylius, Tabanus. Pupipara?). Melophagus, Hippobosca. 4) Durch Parasitismus rückgebildete Formen. 2) Gleichfalls den Einfluss des Parasitismus kundgebend. 246 ll. 5. Arthropoden. Aphaniptera!). Pule Lepidopter 9 Heterocera. Pterophorus, Tinea, Tortrix, Geomeltra, Psyche, Noctua, Cossus, Bombyx, Sphinx, Smerynthus, Zygaena. Rhopalocera. Hesperia, Pieris, Vanessa, Golias, Papilio. Literatur, Branchiata. Crustaceen: Mürrer, O. F., Entomostraca. 4785. — Jurine, Histoire des Mono- cles. 4820. — MıLse-Epwanrps, Hist. nat. des Crustaces. Ill. Vol. 1834—40. — Derselbe, »Cruslacea« in der Cyclopaedia of anatlomy. Vol. I. — Raruke, De Bopyro et Nereide Comm. 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Der Arthropodenkörper erscheint in sei- nem einfachsten Zustande unter den Grusta- ceen in der Nauplius-Form (Fig. 117). Der ungegliederte Körper trägt einige Glied- massenpaare. Die Gliederung des Körpers nn LEER, tritt erst durch eine allmählich erfolgende (kyclops). a, b, c Gliedmassen. 248 II, 5. Arthropoden, Sprossung ein, die viel Aehnlichkeit mit jenem Processe darbietet, welcher bei den meisten mi a die Metamerie bedingt. Der vorderste, die ersten Gliedmassen tragende Körpertheil des Nauplius stellt das Kopfsegment vor, der hintere geht in das letzte Metamer über, in- dess zwischen diesen bei- den Abschnitten neue Me- tameren entstehen, an de- nen gleichfalls Gliedmassen hervorsprossen. So bildet sich allmählich ein aus einer grösseren Metameren- zahl zusammengesetzter Organismus hervor (Fig. 118), dessen Complication, soweit diese durch die Me- tamerie bedingt wird, das Product eines successive auftretenden Vorganges ist. Diese Entwickelung der Fig. 118. Larve von Branchipus stagnalis (zweites Leibesform herrscht bei Stadium). a, b, c Gliedmassen. mx Anlage der Maxillen. den Entomostraken ‚, und F' Schwanzgabel. o Auge. Nach €. Craus. entspricht wohl auch der Phylogenie dieser Krustenthiere, die demnach auf einen ungegliederten Zustand zurückführbar wären. Bei den Malacostraken ist jener, neue Me- tameren bildende Vorgang nur noch in einzelnen Fällen zu erkennen, und als Regel erscheint gleich die Anlage des Körpers in einer grösseren An- zahl von Metameren. Die zeitliche Folge der Metameren ist hier zusam- mengezogen, und damit stimmen auch die Poecilopoden sowie die meisten Tracheaten überein. Könnte man hieraus gegen die Annahme einer gemein- samen Abstammung der Arthropoden Bedenken entnehmen, so wiegen diese doch nicht so schwer, als jene, welche sich aus der Verschieden- artigkeit mancher Organisationsverhältnisse gegen jene Annahme erheben. Wir können also für jetzt nur für die Grustaceen — eben durch das sie verknüpfende Naupliusstadium — eine monophyletische Auffassung für begründet halten. Jenes für die Entomostraken allgemeine Stadium tritt aber unter den Malacostraken nur in vereinzelten Fällen auf, woraus wir schliessen dürfen, dass diese Abtheilung der Grustaceen sich vom gemein- samen Ausgangspunkte weiter als die Entomostraken entfernt hat. Der bei den Einen durch allmähliche Sprossung, bei den Anderen so- gleich in der ersten Differenzirung der Anlage metamer gebildete Körper der Arthropoden verliert allmählich die ursprüngliche Gleichartigkeit seiner Segmente, bald zum kleineren, bald zum grösseren Theile. Durch Aus- bildung einzelner, Rückbildung anderer, sowie endlich durch Goncrescenz EEE x WW 7 Körperform. 249 von Metamerensummen, entsteht eine bedeutende Mannichfaltigkeit der äussern Gestaltung. Im Allgemeinen herrscht die Gleichartigkeit der Me- tameren in frühen Jugendzuständen vor, und lässt dadurch Beziehungen zu solchen Formen erkennen, deren Metameren gleichfalls noch nicht different waren. Die aus verschmolzenen Metameren entstandenen ein- heitlichen Abschnitte des Leibes geben ihre Entstehung in den an ihnen vorkommenden Gliedmassen kund. Die Conerescenz trifft am beständigsten die vordersten Metameren. Daraus entsteht ein die Mundöffnung und höhere Sinnesorgane, vornehm- lich die Augen und Fühler tragender Abschnitt, der Kopf. Er bildet den einzigen aus mehrfachen Metameren bestehenden Abschnitt bei den My- riapoden, bei manchen Krustenthieren und bei den Larven von Insecten. Durch diese Goncrescenz von Metameren werden den Mundöffnungen Glied- massen genähert, die, in die Dienste der Nahrungsaufnahme tretend, zu Mundorganen sich umbilden. Die übrigen Differenzirungsverhältnisse spielen in den einzelnen Abtheilungen verschiedene Rollen. Bei den Crustaceen verbindet sich mit dem Kopfe eine Anzahl der folgenden Me- tameren zu einer Kopfbrust (Cephalothorax). Die übrigen Metameren trennen sich häufig wieder in zwei Gruppen, insofern die auf den Gepha- lothorax folgenden von den hintersten zuweilen verschieden sind. Dar- nach stellen sie ein Abdomen und ein Postabdomen vor. Die Segmente des Abdomens verschmelzen bei den Poecilopoden , dessen Postabdomen durch den Schwanzstachel repräsentirt wird. Durch duplicaturartige Ausdehnung des Integumentes einzelner Kör- perregionen entstehen besondere Schutzvorrichtungen für die Anhangs- gebilde. Indem bei den Decapoden das Hautskelet der Kopfbrust seitlich auswächst, deckt es die Kiemen, und bildet jederseits einen besonderen mit dem umgebenden Medium communicirenden Raum, die Kiemenhöhle. Vergl. S. 256. Solche, mehreren primitiven Körpersegmenten angehörige Entfal- tungen des Hautskelets können sich auch über andere Körperabschnitte erstrecken, und für diese eine »Schale« herstellen. Die Branchiopoden zeigen hiezu in der schildartig verbreiterten Kopfbrust die ersten Anfänge bei den Phyllopoden (Apus). Eine Weiterentwickelung beider Hälften dieses Gebildes führt zur Herstellung einer zweiklappigen Schale (Fig. 124 d) (Limnadia). Auch bei den Gladoceren ist ein Theil des dorsalen Integumentes in eine den ganzen Hinterleib deckende Schale umgestaltet, und bei den Ostracoden sind die beiden Hälften dieses Gebildes, ähnlich wie bei manchen Phyllopoden, am Rücken beweglich mit einander ver- bunden. Die Klappen der Schale erstrecken sich hier auch über den Vordertheil des Körpers, umschliessen somit das ganze Thier. An diese Gebilde reihen sich die höchst eigenthümlichen Modifica- tionen des Integuments der Cirripedien. Die bei den Ostracoden zur zwei- klappigen Schale gestaltete Duplicatur erscheint bei den Cirripedien wäh- 250 Il. 5. Arthropoden. rend eines Jugendzustandes. Indem das Thier mit den Antennen sich festsetzt, entwickelt sich der ale Theil des Integumentes zu einem weiten, den Körper umschliessenden Sacke oder Mantel (Fig. 119 def), der nur in der Kopfregion mit dem letzteren continuirlich zusammen- hängt. Der die ursprüngliche An- heftungsstelle tragende Abschnitt dieses Sackes bleibt entweder weich und dehnt sich in ein stiel- förmiges Gebilde aus (Lepadiden), oder er gestaltet sich zu einer breiten Grundfläche (Balaniden ). Bei manchen CGirripedien (Alepas) behält der ganze Mantel eine weiche Beschaffenheit. Den meisten da- nus. a Mund des Thieres. bb' Zu rankenför- gegen kommen ieste, durch Ver- migen Gebilden umgestaltete Gliedmassen. Kalkung entstandene Schalenstücke c Kopftheil des Thieres. d Mantelartige Um- zu, die in der äusseren Lamelle des ee hei le Mantels sich bilden. In diesen theil- m Muskeln. (Nach Darwın.) weise ein Gehäuse darstellenden Mantel eingehüllt liegt der übrige Körper mit dem mit Rankenfüssen besetzten Postabdomen und steht durch eine verschliessbare Spalte mit dem umgebenden Medium in Ver- bindung. Dieselbe mantelartige Hülle bildet bei den Rhizocephalen einen äusser- lich bald glatten Schlauch, bald eine zu symmetrischen Lappen gebuchtete Scheibe. Eine enge Oeffnung, die der in die Mintelhöhle der Cirripedien führenden Spalte gleich kommt, leitet in einen jener Mantelhöhle ent- sprechenden Raum, der als Bruthöhle fungirt. Während bei den Girripe- dien noch ein Theil des gliedmassentragenden Krustenthierleibes mit der Mantelduplicatur verbunden und in sie eingesenkt fortbesteht , ist bei den Rhizocephalen der gesammte Gliederleib in den Mantel über- gegangen. 2 2 ” 4: % Fig. 119. ıDurchsehnittsdarstellung eines Bala- Mit dieser Rückbildung der Körperform verbindet sich eine andere aus der Art des Parasitismus entstandene Erscheinung, indem nämlich von der in den Leib des Wirthes eingesenkten Stelle des Kopfes her zahi- reiche Röhrchen sich bilden, welche, zum Theile in netzartigen Durch- flechtungen anastomosirend, zum Darmcanal des Wirthes treten und diesen auf weite Strecken umspinnen. Daraus gestaltet sich ein unmittelbar vom Darm des Wirthes ernährende Flüssigkeit beziehender, und diese dem Schmarotzer zuführender Apparat. Ausserdem bietet der Parasitismus noch viele andere Beispiele seiner rückbildenden Einwirkung wie aus der mannichfaltigen Gestaltung der Siphonostomen hervorgeht. Eine einfachere, fast den Ringelwürmern ähnliche Körperform besitzt Peripatus. Gliedmassen, 351 Unter den Tracheaten besitzen die Myriapoden im Bestehen gleich- artiger, discreter Metameren den indifferentesten Zustand. Mannichfacher differenzirt erscheint die Leibesform bei den Arachniden. Die Galeoden weisen unter diesen die reichste Gliederung auf. Ein Kopf ist von 3 Tho- rakalmetameren gesondert, von denen wieder ein aus discreten Metame- ren gebildetes Abdomen getrennt ist. Die Scorpione zeigen dagegen Kopf- und Brustmetameren zu einem Abschnitte vereinigt, und vom gegliederten Abdomen noch ein Postabdomen differenzirt. Das Abdomen setzt sich schärfer von der Kopfbrust bei den Phryniden ab, die darin mit den Ara- neen übereinstimmen, während die vollständigere Gonerescenz der Ab- dominalsegmente für letztere eine Verschiedenheit bildet. Die Selbstän- digkeit der Metameren ist endlich bei den Milben völlig verschwunden. Bei reicherer Gliederung waltet am Körper der Insecten eine grössere Gleichartigkeit in der Vertheilung der Metameren auf die einzelnen Ab- schnitte. Ausser dem aus mehreren (3) Metameren gebildeten Kopfe be- stehen allgemein drei Thorakalsegmente (Pro-, Meso- und Metathorax), die entweder indifferenter sind, wie bei Thysanuren und vielen Pseudo- neuropteren, nur durch die Anhangsgebilde sich auszeichnend, oder alle drei bilden zusammen einen sowohl von Kopf wie von Abdomen sich scharf absetzenden Abschnitt (Neuroptera, Hymenoptera, Diptera, Lepidoptera), oder es ist nur das erste Thorakalsegment bedeutender modifieirt, wäh- rend das zweite und dritte enger an das Abdomen sich anfügt. Dies Ver- hältniss ist bei Orthopteren (Saltatoria) angedeutet, bei Käfern ausgeprägt. Das Verhalten des Abdomens wird von den vorhin berührten Be- ziehungen zum Thorax theilweise beeinflusst. Seine Segmente erhalten sich immer selbständig, und eine Rückbildung betrifft meist die letzten, von denen mehrere zum Geschlechtsapparate gezogen sind. Gliedmassen. $ 184. Als Gliedmassen erscheinen bei den Arthropoden paarige, geglie- derte Anhangsgebilde, die mit den Metameren verbunden als dorsale und ventrale zu unterscheiden sind. Die Vor- bereitung zu dieser Einrichtung ist schon bei den höheren Ringelwürmern in dem Vorkommen von Fussstummeln ausge- drückt. Bei den Arthropoden ist diese Fortsatzbildung einerseits durch die Glie- BAmNnE dinaor Aubäsigor 1 ING: yen p); Fig. 120. Querdurchschnitt durch eine andererseits durch die einer Verschieden- asse1l. p ein Fusspaar. p' Abdominal- heit der Function entsprechende Mannich- auhänge zur Bildung eines Brust- faltigkeit der Form auf eine höhere Difle- en bon renzirungsstufe getreten, und nur in der Gleichartigkeit derersten Anlage spricht sich der niedere Zustand aus. 2352 II. 5. Arthropoden, Wie die niedere Bildung der Parapodien der Anneliden auch durch ihre gleichartige Reihenfolge agggedrückt ist, so zeigt sich dasselbe in den niederen Typen der Arthropoden, wie z. B. bei Peripatus, bei den Myriapoden und bei vielen Grustaceen (Phyllopoden u. a.). Peripatus behält den niederen Zustand der Gliedmassen, die wie Parapodien von Würmern sich ausnehmen und nur durch den Besitz eines zwei Krallen tragenden beweglichen Endabschnittes an Gliedmassen von Tracheaten Anschlüsse bieten. An diesen Körperanhängen der Gliederthiere geben sich zwei Erscheinungen kund, welche den vieltheiligen, dem der Ringel- würmerähnlichen Organismus in einen mehr einheitlichen umbilden helfen. Die erste dieser Erscheinungen ist die Metamorphose der Gliedmassen zu mannichfaltigen, den verschiedensten Functionen die- nenden Gebilden. Mit der Veränderung der Function zeigt die Gliedmasse ihre Umänderung der neuen Leistung angepasst. Die zweite Erscheinung ist dieBeschränkung der Zahl der Kör- peranhänge in den höheren Abtheilungen, gleichlaufend mit der grösseren Ausbildung heteronomer Metameren oder mit der Entstehung grösserer Körperabschnitte durch Verschmelzung einzelner Metamerengruppen. Gliedmassen der Branchiaten. $ 185. Die einfachsten Verhältnisse der Gliedmassen unter den Grustaceen bietet die Naupliusform. Am ungegliederten Körper erscheinen erst zwei, dann drei Paare gegliederter Anhänge. Alle fungiren als Locomotionsorgane (Schwimmfüsse), und sind mit Borsten, oft in mächtigen Büscheln besetzt. Das erste Paar dieser Gliedmassen (Fig. 121 a) ist einfach, das zweite und dritte Paar gabelig getheilt, und diese Gabeltheilung er- scheint an allen fölgenden Glied- massen der Krustenthiere. Die beiden ersten Paare unterscheiden sich von dem dritten und den diesem später folgenden durch das Verhalten zu Nerven, die vom obern Schlundganglion ‘stammen, während das dritte wie alle folgenden, von unteren Ganglion versorgt wird. Daran knüpft sich eine Scheidung der Function, indem die beiden vordern Paare vorwiegend zu Antennen sich ausbilden. Beide bleiben bei Copepoden noch vielfach als Bewegungsorgane in Func- tion, am vollständigsten bei den Ostracoden. Auch die Gladoceren be- sitzen die zweite Antenne noch als Ruderorgan ausgebildet, und bei den Phyllopoden erhält sich dieser Zustand durch eine längere Entwickelungs- periode. Es ergibt sich daraus die Berechtigung, auch die dorsalen Fort- satzbildungen selbst in functioneller Beziehung den Gliedmassen beizu- Fig. 121. Nauplius eines Copepoden (Cyelops). abe Gliedmassen. Gliedmassen der Branchiaten. 353 zählen. Bei den Malacostraken sind beide Antennenpaare ausser Beziehung zur Ortsbewegung, wie auch immer ihre Gestaltung erscheinen mag. Gewöhnlich ist das hintere Paar (Fig. 123 at) in lateraler Stellung zum vorderen (at), und übertrifft letzteres oft bedeutend an Volum (vergl. auch Fig. 125 a’ a”). Die übrigen Gliedmassen sind ausschliesslich ventral. Sie schliessen sich mit der beginnenden Metamerenbildung an das beim Nauplius er- wähnte erste Schwimmfusspaar an und vertheilen sich paarig auf die ein- zelnen Segmente. Wie jener Schwimmfuss und das zweite Antennenpaar laufen sie in zwei Aeste aus, welche meist ungleichartige Differenzirun- gen eingehen, indem der eine Zweig mächtiger sich ausbildet und zum Hauptstücke der Gliedmassen wird, indess der andere mehr ein Anhangs- gebilde vorstellt. Durch Beziehungen zur respiratorischen Function kann jedoch auch dieser Theil der Gliedmassen bedeutende Ausbildung erfahren. In der Function theilen sämmtliche Gliedmassen sich in verschiedene Ver- richtungen, denen entsprechend sie umgestaltet sind. Die vorderen dieser ventralen Gliedmassen werden, soweit sie in der Nähe der Mundöffnung liegen, zu Mundorganen umgebildet, entweder ausschliesslich zu Kiefern, oder nur theilweise, zu Kieferfüssen. Der Beziehung der im Gephalothorax bestehenden Goncres- cenz zu diesem Verhalten ist oben gedacht. Bei den | Branchiopoden sind nur einige Paare zu Mundorganen verwendet, und die übrigen, bei den Phyllopoden meist sehr zahlreichen Gliedmassen, verhalten sich ziemlich gleichartig als Schwimmfüsse. Aehnliches bieten die Ostracoden, Copepoden und Cirripedien. Bei den letz- teren sind die hinteren Gliedmassen in die charakte- ristischen Rankenfüsse umgebildet (Fig. 149 bb’). Am bedeutendsten ist die Veränderung der Gliedmassen bei den Malacostraken, für welche der Befund bei einem Decapoden näher betrachtet werden soll. Hier treffen sich 6 Gliedmassenpaare zu Mundorganen gestaltet, an deren ersteren die Form des Phyllopodenfusses wenig verändert sich fort erhielt. Auf ein Paar derber Kiefern (Fig. 122 md) folgen zwei Paar Kinnladen (Maxillen) (mx, mx), denen drei Paare von Kieferfüssen (mp, mp’, mp”) Fig. 122. Mundglied- sich anschliessen. Durch letztere findet ein allmählicher massen von Astacus Uebergang zu den locomotorischen Gliedmassen statt. EN u Von diesen sind noch fünf Paare (Fig. 123 PI'—P5) am ma'zweite Maxille. mp, Cephalothorax angebracht, den sie mit den Kieferfüssen "7° Be en und Kiefern aus ebenso viel Metameren entstanden beurkunden. An den Endgliedern der meisten dieser Schreitfüsse kommt durch bedeutende Ausdehnung des vorletzten über das letzte die Scheeren- bildung zu Stande, die meist am ersten Fusspaare überwiegend entfaltet 254 1. 5. Fig. 123. Gliedmassen von Astacus flu- viatilis, von der Bauchfläche gesehen. at vordere, at hintere Antenne. md! Mandibel- stück. mp" dritter Kieferfuss, alle übrigen Mundgliedmassen bedeckend, PI—P5 Schreit- füsse. 92—p5 Schwimmfüsse des Abdomens. p° Flossenfuss. «a Afteröffnung. o Mündung des Oviduetes am Basalgliede des dritten Schreitfusses. Arthropoden. als Wafle dient. Wie die Kieferfüsse sitzen auch die Schreitfüsse Kiemen- büschel als Anhänge. Am Abdomen ist eine Anzahl von Fusspaaren in schwache Schwimmfüsse umgewandelt, während das erste Paar bei den Männchen als Begattungsorgan fungirt, bei den Weibchen rückgebildet ist. Bei den letzteren tragen die 4 übrigen (p®—p?) die Eier. Am bedeutendsten endlich ist das letzte Gliedmassenpaar verschieden, indem es (p®) mit dem den After tragenden Endsegmente des Kör- pers zusammen eine kräftige Schwanz- llosse herstellt, deren seitlichen Theil es bildet. Andere Malacostrakenabtheilungen zeigen hiervon mehr oder minder be- deutende Verschiedenheiten je nach der Zahl der Mundorgane oder der als Loco- motionsorgane verwendeten und diesen Functionen angepassten Gliedmassen. So sind z. B. bei den Asseln 4 Glied- massen in Mundtheile verwandelt, die folgenden 8 erscheinen als Gehfüsse, und die letzten vier endlich bilden der Athmung dienende Platten. Die Verknüpfung der Athmung mit der locomotion, wie sie sich in der Umwandlung der Gliedmassen in Kie- menblättchen oder in der Sonderung von Kiemen der verschiedensten Gestalt an den Gliedmassen ausspricht, trifft sich als eine tiefgehende Erscheinung (s. Kiemen). Kiemen. $ 186. Die an den Gliedmassen der Grustaceen bestehende Spaltung macht diese Gebilde bei Verbreiterung ihrer Gliedstücke ebenso zur respirato- rischen Function geeignet, wie sie es zur Locomotion sind. Mit einer Ver- dünnung des Integumentes an bestimmten Abschnitten entstehen den Gasaustausch zwischen dem im Innern der Gliedmassen circulirenden Kiemen. 7 5 eb} | Blute und dem umgebenden Medium fördernde Einrichtungen, welche bald die gesammte Gliedmasse, bald nur ein Gabelstück derselben als Respirationsorgan erscheinen lassen. Eine fernere Differenzirung führt dann zu einer Vermehrung der respiratorischen Lamellen einer Gliedmasse oder zu fadenförmigen Umbil- dungen derselben, welchen allen eine Oberflächenvergrösserung zu Grunde liegt. Diese Organe sind Kiemen. Die Verbindung von Kiemen mit den Gliedmassen der Würmer lässt eine Vorbildung der bei Grustaceen weiter entwickelten Einrichtung erscheinen, die hier typisch geworden ist. Ob sie von jenen direct sich ableitet, ist freilich mehr als zweifelhaft. Die allmähliche Ausbildung der Kiemen lässt sich von Stufe zu Stufe dureh die Reihe der Krustenthiere verfolgen, und die Functionen der Ath- mung und der Ortsbewegung sind häufig so innig mit einander verbun- den, dass es schwer ist, zu entscheiden, ob gewisse Formen dieser Kör- peranhänge als Kiemen oder als Füsse oder als beides zugleich gelten dürfen. Nicht selten ist die Umwandlung der Locomotionsorgane in Ath- mungswerkzeuge in der Reihenfolge der Gliedmassen eines und desselben Indivi- duums wahrnehmbar. Die kiementragen- den Metameren sind sehr verschieden, so dass man sagen kann, die Gliedmassen jedes Segmentes seien befähigt, Kiemen vorzustellen, oder, aus einem ihrer beiden primitiven Aeste Kiemengebilde ent- wickelnd, als Träger derselben aufzutreten. Wie der Ort, so wechselt auch die Zahl und die specielle Structur dieser Organe. Wo die Füsse selbst Kiemen vorstellen, erscheinen sie als breite, dünne Lamellen (vergl. Fig. 124 A br), deren bedeutende Oberfläche der Wechselwirkung zwischen dem in ihnen kreisenden Blute und dem umgebenden Wasser günstig ist. Solche Gebilde zeigen sich verbreitet bei den Branchiopoden, bei denen meist eine grös- sere Anzahl von Fusspaaren als Kiemen Fig. 124. Querschnitte von Crustaceen, erscheint und noch besondere beutelför- A eines Phyllopoden (Limnetis) (nach mige Anhänge als vorzugsweise mit jener Sur). 7 von Be ich ameeltenne >% £ f DwAaRrDs). c Herz. © Darm. » Bauch- Function betraut unterscheiden lässt. Als mark. br Kiemen. d Duplicatur des dor- Kiemenblätter erscheinen auch die Bauch- salen Integumentes, in A eine Schale füsse der Isopoden. Bei den Amphipoden a sind die Kiemen schlauchförmige Anhänge der Thorakalsegmente, die in der Regel an den Basalgliedern der Füsse befestigt sind. Dagegen tritt bei den Stomapoden eine aus der Grundform hervorgegangene, andere Bildung auf, indem die fünf Schwimmfusspaare des Abdomens 1597 36 Il. 5. Arthropoden. an ihrer Basis ein median gerichtetes Büschel verzweigter Kiemenfäden tragen (B br). Eine continuirliche Reihe von den einfachsten zu den complieirtesten Verhältnissen führt von den Schizopoden zu den Decapoden. Ersteren fehlen gesonderte Kiemen nicht selten (Mysiden), oder sie erscheinen als verästelte Anhänge der Gliedmassen des Gephalothorax,, frei nach aussen Nlottirend (Thysanopoden). Allmählich entwickelt sich eine Duplicatur vom Hautskelete des Gephalothorax her, und bildet eine den seitlichen Raum über den Brustfüssen bedeckende Lamelle (S. 240). In diesen Raum lagern sich die Kiemen; er wird zur seitlich geschlossenen Kiemenhöhle (Decapoden), welche durch eine vom freien Rande jener Lamelle und der Basis der Füsse begrenzte Spalte mit dem umgebenden Medium in Ver- bindung steht. Indem sich die Decklamelle der Kiemenhöhle ventral enger an den Körper anlegt, wird die anfänglich einfache, Einlass gebende Längsspalte in zwei Abschnitte zerlegt, und so bildet sich eine grössere hintere und eine weiter nach vorne gelegene kleinere Oeflnung, durch welch’ letztere das durch die grössere Oeflnung eingetretene Wasser, nachdem es die Kiemen bespült hat, wieder nach aussen gelangt. Die Kiemen können sich theilweise von der Fussbasis entfernen und von der Wand der Kiemenhöhle entspringen, entsprechen aber dann noch häufig in ihrer Zahl den Gliedmassen. Bei den meisten Decapoden ist jedoch die Kiemenzahl beträchtlich vermehrt, indem die vordersten Fusspaare mil mehreren Kiemen versehen sind und überdies noch einige Paare der Kie- ferfüsse an dieser Einrichtung theilnehmen. Eine schärfere Sonderung der respiratorischen Gliedmassen drückt sich bei den Pöcilopoden aus, deren vordere Gliedmassen der Anhangsgebilde entbehren, indess die dem Abdomen angefügten 5 Fusspaare in breite Platten umgewandelt eine be- deutende Anzahl von Kiemenlamellen tragen. $ 187. Ein rascherer Wasserwechsel um den Kiemenapparat wird auf man- nichfache Weise bewerkstelligt. Am einfachsten sind diese Verhältnisse da, wo die Gliedmassen selbst als Kiemen fungiren, oder wo die Kiemen, wenn auch als besondere Organe, den Schwimmfüssen angeheftet sind. Die Action der Gliedmassen ruft hier einen beständigen Wasserwechsel um jene Organe hervor, und bringt die Respiration mit der Ortsbewegung in directe Beziehung. Die Gliedmassen der Branchiopoden und die Schwimmfüsse der Stomapoden können als Beispiele für diese Einrich- tung angeführt werden. Bei anderen besorgt den Wasserwechsel ein besonderer aus den modificirten Afterfüssen gebildeter Deckapparat der Kiemen, wie dies bei den Pöcilopoden und bei den Asseln der Fall ist. Durch die stete Bewegung dieser Deckplatten ist auch im ruhen- den Zustande der Thiere eine beständige Erneuerung des Wassers ermöglicht. Kiemen. Gliedmassen der Tracheaten. 257 Die Bildung einer Kiemenhöhle bedingt die Sonderung neuer den Wasserwechsel besorgender Vorrichtungen. Bei den mit Kiemenhöhlen versehenen Decapoden bestehen jederseits besondere Strudelorgane (Fla- gella) (Fig. 125. f), welche über sämmt- liche Kiemen als platte, dünne Fort- sätze sich hinweg erstrecken und an die Basis eines Kieferfusses geheftet, von diesem in beständiger Bewegung unterhalten werden. (Brachyuren.) Von respiratorischer Bedeutung können auch die Lamellen des Inte- guments gelten, welche bei vielen En- tomostraken die Träger der Schalen- bildungen sind. Diese Beziehung zur Athmung wird dadurch verständlich, dass diese Mantellamellen ein nicht unbedeutender Blutstrom durchkreist, und in der Dünnwandigkeit des Or- gans für den Gasaustausch günstige Bedingungen gegeben werden, owie | dich die Beyveonneen der lied: Fig. 125. Kiemen eines Brachyuren. Das u : ; gung Rückenintegument des grössten Theils des Ce- massen ein energischer Wasserwechsel phalothorax ist entfernt. In der Mitte ist die an der Innenfläche des Mantels besorgt leibeshöhle mit dem vom Kaumagen » kom- > > & 5 menden Darme sichtbar, seitlich davon sind wird. Mit einer Ausdehnung der die Kiemenhöhlen geöffnet, rechts finden sich Mantellamellen (Limnadiaceen ) wird die Kiemen in sechs Blätterreihen, links sind R 2 & 5 ... vierd Schnitte e & diesen auch ein grösseres Gewicht bei ", srapih ea ‚Spenchuitien. ‚abpn ep dus Ela a gellum f, um den unter den Kiemen liegenden der Vermittelung der Athmung zu- Strudelapparat f' f"' sichtbar zu machen. fallen, welches sich in dem Masse noch ? Augen. d Fühler. ar Eine einzelne Kieme, Ri SERIE bei re abgeschnitten. erhöhen muss, als die Gliedmassen an Zahl reducirt, und nur von geringen Blutmengen durchströmt, an respi- ratorischer Bedeutung verlieren. (Östracoden, Daphniden.) Während in diesen Fällen der Mantel keine besonders hervortretende Organisation als Kiemenorgan besitzt, erscheint eine solche bei den Cirri- pedien. Bei den Balaniden erheben sich von der Innenfläche der Mantel- höhle, zwischen der Seitenwand und der Basis, gefaltete Lamellen, die als Kiemen gedeutet worden sind. Gliedmassen der Tracheaten. $ 188. Die Gliedmassen der Tracheaten unterscheiden sich von jenen der Krustenthiere durch den Mangel der terminalen Gabelung, so dass sie aus einer einfachen Reihe von Gliedstücken sich zusammensetzen. Die letzteren erscheinen bei Peripatus noch wenig gesondert. Nur der klauentragende Endabschnitt besitzt eine grössere Selbständigkeit. Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 47 258 II. 5. Arthropoden. Alle Tracheaten besitzen ein einziges Antennenpaar, worin auch die Pöcilopoden unter demgß@ranchiaten ihnen sich anschliessen. Diese Antennen sind bei den Pöcilopoden wie bei den Arachniden den Mundorganen zugetheilt, bei den Scorpionen als Scheerentaster (Schee- renkiefer), bei den Spinnen als Kieferfühler (Klauenfühler) bezeichnet. Ungeachtet dieser Beziehungen sind diese Gebilde den Antennen der Mvriapoden und Insecten homolog, indem sie wie diese ihre Nerven vom oberen Schlundganglion empfangen. In Anpassung an zahlreiche Lei- stungen im Dienste mit ihnen verbundener Sinnesorgane besitzen sie bei den Insecten höchst mannichfaltige Ausbildung. Ventrale Gliedmassen erscheinen gleichartig angelegt und bleiben bis auf zwei Paare in diesem Verhalten bei Peripatus, zum grossen Theile auch bei Myriapoden, indess sie bei den übrigen, soweit sie fortbestehen, verschiedenen Leistungen gemäss in ver- schiedene Formzustände treten. Vorderen Metameren ange- hörige Gliedmassen gehen in Mundorgane über, hinteren zugetheilte in Füsse, und an den letzten Metameren erleiden häufig die Gliedmassen vollständige Rückbildung und treten oft nicht einmal in der Anlage auf. Im Ganzen ist die Zahl dieser Gliedmassen viel beschränkter als bei den Krustenthieren, und innerhalb der Klassen hält sie sich stets in feststehenden Grenzen, und die Zahl der Mund- gliedmassen, wie die der Füsse ist constant. Bei Peripatus stellen nur die beiden vordersten Paare Mundorgane vor; das erste davon wird von der lateralen Mundwand umschlossen, indess das zweite nur dem Munde zunächst zu liegen kommt. Den Arachniden kommt nur ein einziges Paar solcher Mundgliedmassen zu. Es stellt bei den Spinnen die, einen mehrgliedrigen Taster tragenden Kinnladen vor, die bei den Scorpionen den Scheerenfüssen , bei den Phryniden den mit einem mächtigen Haken bewaflneten »Tastern« entsprechen. Die Milben besitzen die beiderseitigen Stücke zu einer rinnenförmigen Unterlippe verbunden, in welcher die stiletförmigen Kiefergebilde geborgen sind. Die vier übrigen Gliedmassenpaare persistiren bei allen Arachniden als Füsse, deren erster bei den Phryniden geissel- förmig gestaltet ist. Unter den Myriapoden erscheinen drei Paare von Mundeglied- massen, das erste Paar ist allgemein als kräftiger Kiefer in Ausbil- dung, das zweite und dritte Paar ist bei den Chilognathen in eine Art von Unterlippe verwandelt und wird, einer Angabe zufolge, in der Anlage durch ein einziges Paar vertreten, so dass dann dieser Ordnung nur zwei Paare Mundgliedmassen zukämen. Bei den Chilo- poden dagegen zeigt das zweite und dritte Paar grössere Selbstän- digkeit, und auch das erste Fusspaar gesellt sich noch zu den Mund- organen. Die übrigen Körpergliedmassen verhalten sich ziemlich gleich- mässig, bei Chilognathen zu zwei Paaren einem Metamer zugetheilt. Das letzte Paar verliert häufig die locomotorische Function, und stellt Gliedmassen der Tracheaten. 259 einen Anhang (Schleppfuss) vor, den wir modificirt bei den Insecten wieder antreffen. Die Scheidung der Gliedmassen in Mundorgane und locomoto- rische Anhänge geht also auch bei den Tracheaten in nicht ganz gleicher Weise vor-sich, und es bestehen auch hier Schwankungen, wenn schon geringere als bei den Crustaceen. Die Ausbildung der Mundgliedmassen, d. h. ihre Sonderung von locomotorischen Körper- anhängen wird mit der Entstehung des Kopfes in Zusammenhang gebracht, d. h. letztere davon abgeleitet werden müssen. $ 189. ‘Von den ursprünglich gleichartig angelegten ventralen Glied- massen gehen bei den Insecten drei Paare in Mundorgane über, ebenso viele Paare gestalten sich zu Füssen. Die ersteren, um die Mundöffnung geordnet, werden wohl anfänglich mehr zum Ergreifen und Festhalten der Nahrung gedient haben, ähnlich wie wir dies bei den Maxillar- füssen der Krebse heute noch sehen. An ein solches Stadium knüpft sich die nähere Betheiligung an der Be- wältigung der Nahrung. Das erste Paar bildet die Mandibeln und geht als ein einfaches Gliedstück ganz in Mund- theile über. Das zweite und dritte Paar ist mehrgliedrig. Davon wird aber nur je das Basalglied oder einige der darauf folgenden, als der Mund- öffnung am nächsten zur Zerkleine- rung der Nahrung verwendet, und diese Theile erfahren eine entspre- chende Umbildung. Sie stellen die Maxillen vor, an denen die übrigen Fig. 126. Entwickelungsstadien von Hydro- al n s . . . philus piceus. A Ein früheres, B ein Stücke der Gliedmasse wie ein seglie- späteres Stadium. /s Oberlippe. at Antenne derter Anhang erscheinen, der meist und erstes Mundgliedmassenpaar ee) \ . Maxille). li Drittes Paar als Taster (Palpus) fungirt; so sondern ”% Zweites Paar (Maxille) . (Unterlippe). p' p" p"' Füsse. (Nach Ko- sich aus einer Gliedmasse zwei ver- WALEVSKT.) schieden wirkende Organe. Bei den Apteren besteht die indifferenteste Form der Mundglied- massen, die bei den Collembola sogar in die Mundhöhle eingezogen sind, und auch bei den Thysanuren nur schwach entfaltet erscheinen. Indem bei den ersteren eine Thätigkeit der Mundtheile mit einem Hervorstrecken und Wiedereinziehen verbunden ist, erscheinen sie in einem Zustande, der den Mund zum Kauen und zum Saugen geeignet ArTu= 260 Il. 5. Arthropoden. erkennen lässt, beides freilich in wenig ausgebildeter Weise. Diese Indiflferenz der Organisation ze den Pterygoten nach zwei Rich- tungen in bestimmter ausgeprägt® Einrichtungen über. Die bedeutendere Ausbildung der Mandibeln lässt dieselben als segeneinander wirkende Kauorgane erscheinen, und auch die beiden Maxillenpaare werden zu Kauwerkzeugen, die zugleich Taster tragen. Dieser Zustand erhält sich bei Pseudoneuropteren, Neuropteren und Orthopteren, wenn auch bei manchen der ersteren noch Anklänge an die indifferentere Form wahrzunehmen sind, und auch eine Ver- schmelzung des zweiten Maxillenpaares beginnt. Die mediane Ver- bindung dieser Mundgliedmassen lässt die sogenannte Unterlippe her- vorgehen, welcher die bezüglichen Taster als Lippentaster eingelenkt sind, als Zeugen für die ursprünglichere Bedeutung dieser Organe. Mit dieser Umbildung treten uns die Mundorgane der Goleopteren entgegen. Bedeutendere Modificationen entstehen an diesen Theilen mit der Anpassung ihrer Function an eine andere Art der Nahrungsaufnahme: mittels Saugen. Die Hymenopteren, deren Mundtheile in beiderlei Richtung fungiren können, zeigen die Organe noch in ziemlich der- selben Form wie andere Insecten mit Kauorganen, aber die Maxillen sind bedeutend verlängert und ebenso die Unterlippe mit ihren Tastern. Auf ihrer gegen die Mundöffnung gerichteten Fläche ist ein Vorsprung, die Zunge, entstanden, der an seiner Basis noch zwei seitliche An- hänge, Nebenzungen, zeigt. Bei Manchen kommt den letzteren eine der Zunge ähnliche Ausdehnung zu. Auch die Mundtheile der ausschliesslich saugenden Insecten sind von Kauwerkzeugen ableitbar. Hemiptera und Diptera besitzen die Mandibeln und Maxillen in Borsten umgestaltet, von denen die Maxillen- borsten bei vielen Dipteren rudimentär sind. Die Unterlippe bildet für diese Borsten eine bei Hemipteren feste und gegliederte, bei Dipteren meist weiche Scheide, welche noch die Lippentaster oder deren Rudi- mente trägt. An der kurzen Oberlippe sitzt ein den Hemipteren feh- lendes Zungenrudiment. Die Mundorgane der Schmetterlinge sind in einer andern Richtung differenzirt. Hier bilden die rinnenförmig gestalteten, zu einer Röhre verbundenen Maxillen einen meist beträcht- lich langen, spiralig einrollbaren Rüssel, an dessen Basis kleine Kiefertaster sich vorfinden, die von den meist grossen Tastern der rudimentären Unterlippe bedeckt sind. Während die Mundgliedmassen den zum Kopfe verschmelzenden Metameren zugetheilt sind, erscheinen die folgenden Gliedmassen als Füsse, als locomotorische Anhangsgebilde der drei nächsten oder thorakalen Metameren. Die an ihnen auftretende Gliederung ergibt sich bei ihrer Uebereinstimmung als eine gemeinsam ererbte und nur an den der Anpassung zugänglicheren Endabschnitten sind bedeuten- dere Differenzen wahrnehmbar. Andere Eigenthümlichkeiten stellen Gliedmassen der Tracheaten. 261 sich als Ausdruck mannichfaltiger Anpassungen an modificirte Ver- richtungen dar. Obwohl drei Fusspaare constant sind, so ist doch bei vielen In- secten eine grössere Zahl in der Anlage erkennbar, woraus auf eine Abstammung von mehrfüssigen Formen geschlossen werden kann. Bei den Thysanuren erhalten sich Gliedmassenrudimente (Fig. 127. p’) auch an den abdominalen Metameren (Campodea). Von solchen rudimentären Gliedmassen leiten sich wohl auch die bei manchen Insectenlarven (Schmetterlinge und Blattwespen) vorkommenden locomotorischen Fort- sätze ab. Auch die paarigen Anhänge der letzten Metameren, der Thysanuren, Pseudoneuropteren etc. führen auf Gliedmassen zurück. $ 190. Ausser den Antennen treten dorsale Glied- massen unter den Tracheaten nur bei den Insecten auf. Gänzlich fehlen sie den Thysanuren und Col- lembolen. Da sie nur den hinter dem Kopfe befind- _ . 4 lichen Metameren zukommen, empfangen sie RN ae wie sämmtliche ventrale Gliedmassen — ihre Ner- fragilis. a Antennen. ven vom Bauchstrange. Beziehungen zu Kiemen Füsse. p'Rudimente von i ze ur Füssen. s Stigma. Nach der Grustaceen sind nicht nachzuweisen, ebenso . Be wie Ableitungen von den dorsalen Parapodien der Anneliden unsicher sind, so dass eine selbständige Behandlung dieser Organe gerechtfertigt ist. Die dorsalen Gliedmassen erscheinen als blatt- oder fadenförmige, zuweilen in Büscheln gruppirte Fortsätze der Metameren bei den im Wasser lebenden Larven der Ephemeriden, Perliden, Phryganiden u. a. Diese Anhangsgebilde besitzen respiratorische Function, und werden wegen der in sie eintretenden Tracheen, als Tracheen-Kiemen bezeich- net. Sie besetzen den Körper meist in grösserer Ausdehnung, nicht blos dorsal, sondern auch ventral, und bilden damit einen indiffe- renten Zustand von Fortsatzbildungen, von denen die an bestimmten Stellen vorkommenden dorsalen eine typische Bedeutung gewinnen. Die blattartig verbreiteten Formen werden in einer für den Wasser- wechsel wichtigen Bewegung getroffen, ähnlich den respiratorischen Gliedmassen der Phyllopoden, ohne dass sie jedoch locomotorische Beziehungen erkennen liessen. Mit den blattförmigen Tracheenkiemen homolog müssen die Flügel gelten, die sowohl in der Anlage, wie in der Verbindung mit dem Körper und in ihrem Bau viele Uebereinstimmung zeigen. In ihrer Beschränkung auf das ?2te und 3te Thorakalsegment würden sie Reductionen der 262 II. 5. Arthropoden. Zahl der Tracheenkiemen vorstelle Die Nothwendigkeit der Voraus- setzung, dass der Flügel nicht als Mlcher entstand, sondern aus einem in anderer Function stehenden Organe sich hervorbildete, gibt bei der Vergleichung mit den Kiementracheen eine wichtige Instanz ab; ich sage: die Nothwendigkeit dieser Voraussetzung, denn es ist undenk- bar, dass der Flügel sofort, auch auf den niederen Stufen seiner Aus- bildung als solcher fungirte, und durch diese Function seine Ent- faltung genommen haben konnte. Wenn aber nicht in der locomotorischen Bedeutung das CGausal- moment für die Ausbildung dieser dorsalen Anhänge zu Flügeln gefunden werden kann, so wird es in einer andern Function gesucht werden müssen. Da tritt uns denn die Respiration entgegen, für die zugleich die Vergrösserung der Oberfläche eine wichtige Einrichtung abgibt. Jede Zunahme der Oberfläche steigert den respiratorischen Werth des Organs, und führt es damit auch der späteren Function entgegen. Dass die Flügel ontogenetisch später sich anlegen und ausbilden als die Tra- cheenkiemen der übrigen Metameren, gibt keinen Gegengrund gegen jene Auffassung ab, denn für jene umgewandelten Tracheenkiemen ist erst dann die Function möglich, wenn die nicht umgewandelten, respiratorischen, ihre Function verloren haben. In manchen Fällen gibt sich die Gliedmassennatur der Flügel in einer Gliederung kund, die jedoch nur als secundäre Anpassung gelten kann. Sie findet sich an dem einschlagbaren 2ten Flügelpaare der Goleopteren und der Forficuliden, in beiden Fällen mit der Umwand- lung des ersten Paares in Flügeldecken zusammenfallend. Beide Flügelpaare besitzen die gleichartigsten Verhältnisse bei den Pseudoneuropteren. In den übrigen vierflügligen Ordnungen sind sie grösseren Differenzirungen unterworfen. Ausser Grössenverschieden- heiten, die schon bei Hymenopteren und Lepidopteren meist in einem Ueberwiegen des ersten Paares sich zeigen, ergeben sich noch Modifi- cationen im Bau, wodurch ein geänderter functioneller Werth sich ausspricht. Bei den Orthopteren erscheint das erste Flügelpaar häufig nur als Deckorgan des zweiten, deutlicher bei den Käfern, deren zweites Paar häufig rudimentär wird. Die Flügeldecken sind dann zu Schutzorganen des unter ihnen geborgenen Abdomens geworden. Die Hemipteren bieten eine ähnliche Differenzirung. Nur das vordere Flügelpaar besitzen die Dipteren, bei denen ein hinteres Paar noch spurweise in den sogenannten Schwingkölbehen (Halteren ) erhalten bleibt. Dagegen besteht bei den Strepsipteren nur das hintere, am dritten Thorakalsegmente befestigte Paar. Integument. $ 19. Das Integument der Arthropoden erscheint selbständiger und un- abhängiger von der Muskulatur. Es lässt stets zwei Lagen unterscheiden. Integument. 263 Die von einer zuweilen sehr modifieirten Zellschichte abgeschiedene Cutieula überzieht, im Anschlusse an die bei vielen Würmern be- stehenden Befunde, die gesammte Oberfläche des Körpers, und setzt sich an den Oeffnungen innerer Organe zur Auskleidung letzterer fort. Durch ihre Mächtigkeit bildet sie den bedeutendsten Theil des Integu- mentes, an Dicke und Festigkeit ausserordentlich wechselnd. Weich und biegsam ist sie zwischen den Körpersegmenten, wo dieselben be- weglich mit einander verbunden sind, fester dagegen zumeist an den Metameren selbst, sowie an den Gliedimassen; im Allgemeinen bewegt sich ihre physikalische Beschaffenheit innerhalb einer grossen Breite, und von der weichen Körperhülle der Spinnen und der meisten In- sectenlarven, finden sich alle Uebergänge zu dem starren Panzer, der den Körper der meisten Krustenthiere, der Tausendfüsse, der Scorpione und unter den Inseeten vorzüglich jenen der Käfer bedeckt. Der verschiedene Grad der Festigkeit hängt nicht blos von der Dicke der Cutieula, sondern von der Chitinisirung der Schichten derselben ab. Im neugebildeten Zustande erscheinen auch dieke Lagen noch weich, um erst mit dem Platzgreifen jener chemischen Umänderung an Resi- stenz zu gewinnen. Zur Erhöhung der Festigkeit dieses Chitinpanzers trägt bei vielen Krustenthieren, wie auch bei Myriapoden, die Ablage- rung von Kalksalzen bei. Das Starrwerden der Cuticula setzt der Ausdehnung des Körpervolums beim Wachsthum eine Grenze, und daraus entspringt in jenen Fällen für die Zeit der Fortdauer des Wachs- thums ein in Intervallen wiederkehrendes Abwerfen der Cutieula — die Häutung. Gemäss ihrer Entstehung zeigt die Cuticularschichte deutliche Lamellen. In der Regel wird sie von Porencanälen durchsetzt, in welche Fortsätze der Matrix sich einsenken. Die relativ dünne Matrix der Cuticularschichte ist homolog der Epidermis anderer Thiere. Ob- gleich sie in manchen Fällen (Crustaceen) Pigmente einschliesst, ist sie in der Regel farblos, denn die Färbung der Gliederthiere rührt meist von Pigmentablagerungen in der äusseren Chitinhülle her. Unter dieser auch als Hypoderm unterschiedenen Epithelschichte kommt noch eine Bindegewebsschichte vor, welche jedoch im Vergleiche zur Cutieular- schichte wie zur Matrix meist wenig entwickelt ist. $ 192. Durch erhöhte Festigkeit der abgesonderten Chitinschichten treten diese in eine neue Function, bilden ein Hautskelet, welches nicht blos ein Schutzorgan für die in den Leibesraum gebetteten Organe vor- stellt, sondern auch zum Stützapparat wird, und der Leibes- muskulatur Ursprungs- und Insertionsstellen darbietet. Dieses Verhält- niss erstreckt sich vom Körper auf dessen Gliedmassen, deren Inteeu- ment ebenfalls als Skelet für sie fungirt. ji 264 II. 5. Arthropoden. Die Entstehun® grösserer ungleichartiger Abschnitte wirkt in mancher Beziehung umgestaltend auf er Ach indem sie Differenzirungen hervorruft. Solche sind durch Vörsprünge und Fortsatzbildungen des Hautskelets nach innen zu gegeben, welche sich besonders an den. die Mundwerkzeuge oder Locomotionsorgane tragenden Abschnitten treffen. Sehr entfaltet sind diese Fortsätze an der Kopfbrust der höheren Krustenthiere.. Auch fehlen sie nicht bei den übrigen Klassen. Sie finden sich besonders im Kopfe und Thorax bei Insecten (Käfer, Hymenopteren, Orthopteren), wo ihr Complex als »Endothorax« bezeichnet ward. Häufig bilden sie einen Stützapparat für das Ner- vensystem. Ihre Bedeutung läuft auf eine Vergrösserung der Muskel- ursprünge tragenden Binnenfläche des Hautskelets hinaus und steht mit der Differenzirung der Muskulatur in individualisirtere Gebilde in engem Zusammenhange. Als Skeletbildungen sind ferner die Schalen von Bedeutung, welche aus der Chitinbedeckung der Mantelduplieaturen mancher Brachiopoden sowie der Ostracoden hervorgehen, ebenso gehören hieher die Gehäuse der Cirripedien. Bei aller Verschiedenheit ihrer Form und Grösse bilden sie constante Einrichtungen. Zwei Paar Leisten oder Platten umschliessen den Eingang in die Mantelhöhle, und bilden einen beweglichen Deckel- apparat. Bei den Balaniden entwickeln sich die bei den Lepadiden nur rudimentären Schalenstücke zu einem zusammenhängenden starren Gehäuse (Fig. 119. ff), an welchem nur der den Eingang zur Mantel- höhle verschliessende Deckelapparat (e) beweglich bleibt. $ 193. Verlängerungen oder Fortsätze des Integumentes erscheinen man- nichfach als Stacheln, Borsten oder haarähnliche Bildungen, die bei Krustenthieren, Arachniden und Insecten in unendlichen Modifica- tionen vorkommen. Sie sind bald innig und unbeweglich mit dem Chitinpanzer verbunden, dessen Auswüchse sie darstellen, wie die Borsten an gewissen Körpertheilen der Krustenthiere, die Haare der Spinnen, Raupen u. s. w.; bald sitzen sie im ausgebildeten Zustande nur lose dem Körper an, wie die Schuppen der Schmetterlinge, die in ähnlicher Form auch in andern Abtheilungen, z. B. bei den Thysa- nuren vorkommen. In allen Fällen steht die Chitinbekleidung des Fort- satzes mit dem übrigen Integumente in continuirlichem Zusammenhang. An den beweglichen Anhangsgebilden dieser Art findet sich an der Ver- bindungsstelle ein weicherer Abschnitt der Chitinlage, während die Cuticula gleichartig auf die starren Fortsätze sich erstreckt. — Auch zu Stimmorganen werden bei manchen Insecten (Heuschrecken, Cicaden) Integumentgebilde wie Zähnchen und Leisten verwendet. Dem Integumente gehören Drüsenorgane an, welche aus Modi- ficationen der Epidermisschichte sich ableiten. In geringerer Ver- Muskelsystem. 265 breitung treffen sie sich bei den Krustenthieren, häufiger bei Insecten. Der secernirende Theil der Drüse besteht entweder nur aus einer ein- zigen Zelle, oder aus einer geringen Anzahl von solchen, und der Aus- führgang wird grossentheils von Porencanälen der Guticularschichte dargestellt. (Vergl. Fig. 7. S. 24.) Eine ansehnliche Entwickelung bieten die Hautdrüsen bei wachs- bereitenden Insecten an gewissen Körperstellen. Bei den Aphiden, mehr noch bei einzelnen Hymenopteren, sind Gruppen von Hautdrüsen in wachsabsondernde Apparate umgewandelt. Fernere Differenzirungen von Hautdrüsen stellen die Spinndrüsen der Araneen vor. Im Abdomen lagernde, auf mehreren Paaren unterhalb der Afteröffnung angebrachter Warzen (Spinnwarzen) ausmündende Drüsen liefern ein Secret, welches an der Luft zu einem Chitinfaden erstarrend, die »Gewebe« dieser Thiere bildet. Ein nur functionell hierher gehöriger Apparat findet sich bei Peripatus. Zwei Gruppen verzweigter Röhren gehen je in einen zuweilen erweiterten Ausführgang über, der an der Basis einer Mundgliedmasse sich öffnet. Das Secret ist ein rasch fest werdender Klebstoff. Morphologisch scheinen diese Organe zu jenen zu führen, die bei den Larven vieler Insecten bestehen und damit sich als gemeinsam ererbt geltend machen. In denLarven von Schmetterlingen, manchen Käfern und Hymenopteren liegt neben dem Darme ein Paar langer, meist gewundener Drüsenschläuche, deren dünne Ausführgänge an der Unterlippe vereint sich öffnen. Ihr Secret liefert den Seidenfaden der Gespinnste dieser Larven. Vor dem Ein- tritte des ruhenden Puppenzustandes bieten die »Spinngefässe« (Seric- tarien) den höchsten Grad ihrer Ausbildung dar; nach der Fertigung des Gespinnstes erliegen sie einer Rückbildune. Andere Drüsen erscheinen endlich durch ihr Secret als Gift- drüsen, z. B. bei Spinnen am Klauenfühler mündend, bei Scorpionen am Schwanzstachel. Sie vermehren den Reichthum der aus dem Drüsenapparat des Integumentes gestalteten Differenzirungen. Muskelsystem. $ 194. Die Muskulatur bietet bei den Arthropoden nicht mehr jenes gleichartige Verhalten einzelner Rings- oder Längsfaserschichten wie am Hautmuskelschlauche der Würmer. Vielmehr ist eine Sonderung eingetreten, und wir treffen discrete Bündel aus einer verschieden grossen Summe quergestreifter Muskelfasern. Davon macht nur Peri- patus eine Ausnahme, dessen Muskulatur auch durch den Mangel von Querstreifung der Elemente vielmehr an jene von Würmern sich an- schliesst. Sonst ist allgemein der Hautmuskelschlauch zu einem Com- plexe einzelner Muskeln umgebildet, die zusammen ein Muskel- 266 II. 5. Arthropoden. system vorstellen. Da das Skelet der Arthropoden ein äusseres ist, nehmen die Muskeln Urspgggtes- und Ansatzstellen im Innern der Hohleylinder oder Cylinderabschnitte, als welche sich sowohl die Körper- wie die Gliedmassensegmente darstellen. Diese Bildung eines Hautskeletes ist zugleich als ein auf die Muskulatur differenzirend wirkender Factor zu betrachten, insofern erst mit der Gewinnung fester Ursprungs und Insertionsstellen die Entstehung einzelner Mus- keln möglich wird. In der Zahl der einzelnen Muskeln wie in ihrer mannichfachen Anordnung bietet das Muskelsystem eine hohe Ent- wickelungsstufe, die immer der verschiedenartigen Bedeutung der Metameren und der verschiedengradigen Ausbildung derselben ent- spricht. Sie differirt in gleicher Weise von der Muskulatur der Ringel- würmer, wie diese durch die mehr homonome Metamerie von der heteronomen der Arthropoden sich unterscheiden. Bei einer Gleichartigkeit der Metameren ist auch die Muskulatur derselben gleichartig, sowie durch die ungleichartige Entwickelung ein- zelner Metameren, sei es durch die Verschmelzung einiger oder meh- rerer derselben zu einem grösseren Körperabschnitte oder sei es durch Rückbildung, eine entsprechend ungleichartige Anordnung der betreflen- den Muskeln in den bezüglichen Abschnitten zu Stande kommt. Einen bedeutenden Einfluss auf die Entfaltung der Muskulatur besitzt die Ausbildung der Gliedmassen, und bei der Vergrösserung der glied- massentragenden Metameren im Gegensatze zu den übrigen hat die Muskulatur einen beträchtlichen Antheil. Das Zahlenverhältniss der Muskeln sowie ihre Anordnung erleidet bei den einer Metamorphose unterworfenen Arthropoden oft beträcht- liche Veränderungen. Dies gilt sowohl für die progressive als für die regressive Form. Bei der ersteren ist die Veränderung eine Differen- zirung in ungleichwerthige Gruppen; bei der letzteren eine Rückbil- dung grösserer Partieen, wie solches bei den parasitischen Crustaceen, auch bei festsitzenden Formen derselben, sich trifft. Nervensystem. $ 195. Das Nervensystem der Arthropoden schliesst sich an jenes der Anneliden an, mit dem es in seinen Grundzügen vollständig im Ein- klang sich findet. Eine über dem Schlunde lagernde Ganglienmasse erscheint als Kopfganglion oder Gehirn, von welchem zwei Commissuren den Schlund umgreifen, mit einem ventralen Ganglion sich zum Nervenschlundring verbindend. Von diesen untern Gan- glien aus erstreckt sich eine durch Längscommissuren verbundene Reihe von Ganglien längs der ventralen Innenfläche des Leibes, die Bauch- ganglienkette. Das Uebergewicht des Kopfganglions über die ven- Nervensystem. 267 tralen Ganglien, schon bei Ringelwürmern vielfach wahrnehmbar, wird bei den Arthropoden im Allgemeinen noch ausgeprägter, und dieser zum Theile durch die Beziehungen zu höher entfalteten Sinneswerk- zeugen bedingte Umstand lässt es begreifen, wenn man in der dorsalen Schlundganglienmasse etwas dem Gehirne der Wirbelthiere Aehnliches hat erkennen wollen. Von einer solchen Anschauung geleitet, ver- glich man auch die Bauchganglien, als Bauchmark, mit dem Rücken- marke der Vertebraten, und hat diese Bestrebungen noch weiter aus- zuführen gesucht. Diese Versuche ignoriren die gänzliche Verschieden- heit des bei Arthropoden und Wirbelthieren sich ausprägenden Typus. Die Massenentfaltung des Gehirns steht, wie oben angedeutet, in directem Zusammenhang mit der Entw ickelung der höheren Sinnes- organe, besonders der Sehwerkzeuge, und zeigt ihre Modificationen zum grossen Theile von diesen abhängig. Auch die Bauchganglienkette er- leidet wesentliche Modificationen, bei denen sich aber “überall eine ge- setzmässige Abhängigkeit von dem Zustande der Metameren des Kör- pers nicht verkennen lässt. Das Vorhandensein gleichartiger Metameren bedingt die Gleichartigkeit der Ganglien des Bauchstranges und eine gleichmässige Folge derselben. Bei vorwiegender Ausbildung einzelner Metameren trifft sich auch eine bedeutendere Entfaltung der bezüg- lichen!Ganglien, sowie bei Concrescenz von Metameren eine Annäherung einzelner Ganglien-Gruppen bemerkbar ist, die nicht selten zur völligen Verschmelzung in mehrere grössere Ganglien oder zur Bildung einer einzigen grossen Bauchmarkmasse führt. Die ‚Ganglien der Bauchganglienkette sind ursprünglich paarig, durch je eine Quercommissur verbunden, wie bei den Ringelwürmern. Durch Verkürzung dieser Quercommissuren tritt eine Annäherung und endlich eine jedoch mehr äusserliche Verschmelzung ein. Das peripherische Nervensystem entspringt aus den durch Ganglienzellen ausgezeichneten Anschwellungen des centralen, nämlich des Gehirns und der Bauchkette. Die Nerven treten entweder un- mittelbar aus dem ganglionären Abschnitte heraus, oder sie verlaufen noch eine Strecke weit mit den Längscommissuren, um erst von diesen abzugehen. Die höheren Sinnesnerven entspringen in der Regel von dem Ge- hirnganglion. Das gilt vorzüglich für die Nerven der Augen und der Antennen. Neben den für die.Muskulatur und das Integument bestimmten Nerven gibt es noch solche für die Eingeweide, von denen die Darm- nerven am genauesten bekannt sind. Sie schliessen sich zum Theil an die bei den Anneliden bestehenden Einrichtungen an. Da ihrem Verlaufe eigene Ganglien eingebettet sind, stellen sie ein in gewissem Grade selbständiges Nervensystem vor, das man als »Mundmagennerven- system« bezeichnet. Ein besonderes, vorzugsweise bei den Insecten bestehendes Eingeweidenervensystem nimmt seine Wurzeln von den 268 II. 5. Arthropoden. Ganglien des Bauchmarks, und ist als sympathisches Nervensystem bezeichnet worden. e $ 196. Für die im vorigen Paragraph aufgeführten Erscheinungen bietet das Nervensystem der Crustaceen zahlreiche Beispiele. Die Aus- bildung des Gehirnes in Abhängigkeit von der Entfaltung der Seh- N! Sr Fig. 125. Nervensystem von Squilla. O Augen. a’ Erstes, a" zweites Antennenpaar. p Fangfüsse, mit einschlagbaren Endgliedern versehen. p' Ruderfüsse, das letzte Paar der fussartigen Anhänge geht in Schwanzflossen- bildung ein. m Muskeln. 45 Oberes Schlund- ganglion. c Commissurstränge. g' Thoracal- ganglien. g" g"' gIV Bauchganglien. werkzeuge zeigt sich sowohl bei den Thoracostraken, wie unter den Arthrostraken, bei den grossäugigen Hyperiden (Phronima), deren Seh- nerven aus besonderen, übrigens auch bei den Asseln unterscheidbaren Lappen hervorgehen. Eine Sonde- rung der Gehirnmasse in einzelne Gangliengruppen tritt im Allgemeinen als Ausdruck höherer Differenzirung auf. Diesem Verhalten stellen sich die Rückbildungen gegenüber, welche das Gehirn bei einer Reduction oder sänzlichem Verluste der Sehorgane | erleidet, womit meist auch ein Schwin- den der Antennen verbunden ist. Sowohl bei den parasitischen Cope- poden wie bei den Cirripedien Fig. 129. B. gs) finden sich solche Zu- stände, denen zufolge das Gehirn in einzelnen Fällen nur durch eine Com- missur repräsentirt erscheint. Was die Bauchganglien betrifft, so ist das vorderste derselben durch eine sehr verschieden lange Commissur mit dem Gehirne in Zusammenhang. Die Länge dieses Stranges erscheint von der Lagerung des Mundes in Be- zug auf die Gehirnganglien (resp. zu den Augen und Antennen) abhängig. Sehr bedeutend ist die Länge bei den Malacostraken (Fig. 128. c, Fig. 129.4), auch bei manchen Anderen (Cirripe- dien, Fig. 129. B.c), während wieder bei Anderen eine so bedeutende Ver- kürzung besteht, dass Gehirn- und Bauchganglien eine einzige, vom Oesophagus durchsetzte Nervenmasse bilden (Corycaeiden). 269 Nervensystem. Die Vertheilung der Ganglien der Bauchkette nach den einzelnen Metameren erscheint am gleichmässigsten bei den Phyllopoden, die darin am wenigsten von primitiven Verhältnissen sich entfernt haben. Der Bauchstrang wird hier aus einer grossen Anzahl von Ganglienpaaren (ca. 60 bei Apus) zusammengesetzt, die unter allmählicher Abnahme der Quer- wie der Längscommissuren sich folgen, indess bei den Daph- niden entsprechend der geringeren Metamerenzahl auch nur wenige, aber sonst sich ähnlich verhaltende Ganglien vorkommen. Unter den Thoracostraken erscheinen die Ganglien des Bauch- stranges zum grossen Theile gleichfalls noch discret, allein der Con- crescenz vorderer Metameren zu einem mehr oder minder aus- gedehnten CGephalothorax ent- spricht eine Verschmelzung der vorderen Ganglienmassen, die in sehr verschiedenem Maasse ausgeführt erscheint. So bilden die bei den Stomapoden (Fig. 128) die vorderen Mundfüsse wie die Raubfüsse (p) versorgen- den Ganglien einen grösseren Complex (g), an den eine selbständiger sich verhaltende, bis zum Schwanzsegment zie- hende Ganglienreihe (g”’, g”’, g'Y) sich anschliesst. Unter den langschwänzigen Decapo- den scheinen in den 6 auf den Cephalothorax treffenden Gan- glienpaaren gleichfalls Concres- cenzen vorzuliegen, während Fig. 129. A Nervensystem einer Krabbe (Carceinus die 6 kleineren Ganglien des Abdomens noch vollständig den Metameren entsprechen. Wei- tere Verschmelzungen kommen bei einzelnen Macruren an den Brustganglien zum Vorschein (Palinurus) , und bei Pagurus sind in Anpassung an die Ver- kümmerung des Abdomens, die Ganglien dieses Abschnittes nur maenas). gs Gehirnganglien. o Augen-, a Antennen- nery. c Schlundeommissur. ö Querverbindung der Schlundeommissur. gi Verschmolzenes Bauchmark. (Nach MıLne-Epwarps.) B Nervensystem eines Cirri- peden (Coronula diadema), von der Bauchfläche gesehen. gs, c, gi wie A. a Antennennerven, die sich über den Mantel vertheilen. Zwischen ihnen liegt das mit dem Gehirn verbundene » Augenganglion«. m Nerv zum Magen. s Eingeweidenerv, der sich mit einem vom Schlundring kommenden zweiten Eingeweidenerv s' zu einem Geflechte s" verbindet. (Nach Darwın.) durch ein einziges vorgestellt. Daran reihen sich die Brachyuren, bei denen die gesammte Bauchganglien- kette sogar zu einem einzigen Ganglion verschmolzen erscheint (Fig. 129. A. g. i.). Solche Reductionen finden sich auch in anderen Abtheilungen der 270 Il. 5. Arthropoden. Krustenthiere und sind wieder grossentheils als Anpassungen an Ver- änderungen der Leibesformgachweisbar. Wir treflen jene Concen- tration unter den Copepodef, bei denen die Calaniden eine aus Gan- glien gebildete Bauchkette besitzen, die bei den Gorycaeiden zu einer sogar dem Gehirne angeschlossenen Masse zusammengezogen ist. Ebenso besteht unter den Cirripedien bei den Lepadiden eine Reihe von 4—5 Ganglien im Bauchstrang, den bei den Balaniden eine einzige Ganglien- masse repräsentirt (Fig. 129. B. gi). Unter den Arthrostraken zeigen sich ähnliche Erscheinungen, doch ist das Bestehen einer grösseren Ganglienzahl (10—12 bei Amphipoden, 7—13 bei Isopoden) die Regel. $ 197. Bei den Protracheaten ist ein sehr niederer Zustand des Ner- vensystems erhalten. Ein sehr entwickeltes eng verbundenes Paar Gehirnganglien schickt um den Mund herum seitliche Nervenstränge nach unten. Unterhalb des Schlundes sind sie einander genähert, treten dann zuerst etwas divergirend an der Ventralfläche zum Hinter- leibsende. Eine Vereinigung dieser Nervenstränge findet am Ende statt. In der ganzen Länge sind sie (bei Peripatus Edwardsii) durch feine Quercommissuren, von denen die vordersten die deutlichsten sind, unter einander im Zusammenhang. Anschwellungen der Bauchstränge fehlen, und werden durch eine mehr gleichmässige Einlagerung von Ganglienzellen ersetzt. Damit entspricht dieses Verhalten einem indifferenteren Zustande der Bauchganglienkette, die aus einer Son- derung in den Längsstämmen vertheilter Ganglienzellen auf einzelne den Metameren entsprechende Parthieen hervorging. Da bei den Branchiaten die Differenzirung der Bauchganglien eine durchgreifende Erscheinung ist, tritt der Befund bei Peripatus noch tiefer herab, und trägt dazu bei, die Unabhängigkeit der Tra- cheaten von jenen zu begründen. $ 198. Das Nervensystem der Myriapoden zeigt einen bedeutenden Fort- schritt in der Bildung eines Bauchstranges, der fast vollkommen gleich- artig die Länge des Körpers durchzieht, und seine Ganglien genau den Metameren entsprechend vertheilt zeigt. Das erste, die Mundglied- massen versorgende Ganglion zeigt zuweilen deutlich seine Zusammen- setzung aus einer Gangliensumme. Die folgenden sind je nach dem Ausbildungsgrade der Gliedmassen mehr oder minder voluminös, in regelmässigen Abständen aufgereiht, und bei den Diplopoden zu je zweien sich folgend. Unter Verkürzung der Längscommissuren stellen sie dicht gereihte Anschwellungen dar (Juliden). Eine solche zur CGon- erescenz leitende Näherung findet sich allgemeiner an den letzten Ganglien auch bei sonst deutlicher Trennung... Die Zahl dieser Ganglien entspricht der Metamerenzahl, und kann so bis zu 140 (Geophilus) Nervensystem. 271 steigen. In diesen Einrichtungen spricht sich ein der Grundform der höheren Tracheaten am nächsten stehender Zustand aus. Unter den Arachniden sind Reductionen und Verschmelzungen der Bauchganglien eine verbreitete Erscheinung. Für alle ist die enge Verbindung der Gehirmganglien mit dem Bauchmarke durch ausnehmend kurze Gom- missuren charakteristisch. Am reichsten ist die Gliederung des Nervensystems der Scorpione. Das wenig entwickelte Kopfganglion sendet zwei kurze Commissuren zur Bauchkette, die aus 8 Ganglien besteht. Das erste davon ist durch seine Grösse ausgezeichnet und erscheint dem .einzigen grossen Ganglion im Gephalo- thorax der Spinnen homolog. Es gibt, wie dort, den Fussnerven Ursprung und muss somit ebenfalls aus mehreren hervor- gegangen sein. Die drei nachfolgenden Ganglien sind noch im Cephalothorax gela- gert, und die vier letzten, weit auseinander gerückten, treflen für die Metameren des Schwanzes. Bei den Galeoden und Phryniden wie bei den Araneen ist die Ganglienkette durch ein grosses Bauchganglion vertreten, welches (Fig. 130. i) besonders bei den Spinnen ne: nen von strahliger Gestalt die Nerven der ven- „honus caudatus. s Gehirn- tralen Gliedmassen und ausserdem noch ganglion. iBauchganglion. o Augen. zwei ins Abdomen verlaufende, bei den 7 a Galeoden nach den Metameren des Abdo- hang. (Nach BraxcHarn.) mens verzweigte Nervenstämme entsendet. Bei allen diesen Abtheilungen gibt das meist deutlich paarige, und bei den Galeoden (Fig. 130. s) besonders ansehnliche Gehirnganglion die Nerven für die Augen ab, und dicht neben den Sehnerven ent- springen bei den Spinnen die Nerven der Klauenfühler, deren Bedeu- tung als metamorphosirte Antennen damit hervortritt. Eine vollkommene Concentration aller Centraltheile des Nerven- systems zeichnet die Acarinen aus, bei denen die meist nur wenig entwickelten Gehirnganglien sogar nur durch eine Gommissur vertreten sein können. Das ansehnliche, einen einzigen Knoten bildende Bauch- mark zeigt noch manchmal Spuren einer Gliederung in der Vertheilung der Ganglienzellen und faserigen Elemente und schickt ringsum Nerven ab. Auf Verminderung der Ganglienzahl in Folge einer Reduction der Körpersegmente beruht das einfache Verhalten des Nervensystemes der 272 II. 5. Arthropoden. Pvenogoniden, deren Gehirn durch kurze Commissuren mit dem aus vier Ganglienpaaren. gebildegge Bauchmarke verbunden ist. $ 199. Bei den Insecten erscheint eine, der ursprünglichen gleichartigen Gliederung des Körpers entsprechende Form im Anfange der Ontogenie, und alle späteren Bildungen des Nervensystems sind aus dieser ent- standen. Der Bauchstrang durchzieht mit gleichmässig von einander entfernten Ganglien in der Regel die ganze Länge des Thieres, so dass sein letztes Ganglion im letzten Körpersegmente liegt. Dies Verhalten entspricht der in diesen Stadien vorhandenen Gleich- werthigkeit der Metameren und deutet auf eine Vererbung aus einem niederen Zustande, wie er bei Myriapoden bleibend getroffen wird. Erst bei dem Uehbergange des Insects aus dem Larven- CH Fig. 131. Nervensystem von Inseeten, A von Termes (nach Lesp&s). B eines Käfers (Dytiscus). C einer Fliege (nach Braxcuarn). gs Oberes Schlundganglion (Gehirnganglion). gi Unteres Schlund- ganglion. gr g? 93 Verschmolzene Ganglien des Bauchmarks. o Augen. zustande in den vollkommenen treten Aenderungen auf. Die Aus- bildung einzelner Metameren, die innige Vereinigung anderer zu grösseren Körperabschnitten, die bedeutendere Entfaltung der nur an wenigen Metameren fortbestehenden Gliedmassen und die damit in Zusammenhang stehende mächtigere Muskulatur an jenen, sowie zahl- reiche untergeordnetere Einrichtungen, müssen mit den Umwandlungen des Nervensystems in Wechselwirkung gedacht werden. Der Verminde- rung der Ganglienzahl durch Verkürzung der Längscommissuren und die damit auftretende Verschmelzung einzelner Ganglien ruft eine Ver- kürzung des gesammten Bauchstrangs hervor. Bei der Selbständigkeit, Nervensystem. 213 welche der Kopf des Insects den übrigen Segmenten gegenüber behält, bleibt auch das erste in den Kopf gebettete, ursprünglich aus dreien bestehende Ganglion [unteres Schlundganglion (Ganglion infraoesopha- geum)| des Bauchmarks ausser Betheiligung bei den die übrigen Ganglien betreffenden Concrescenzen, und nur in selteneren Fällen — bei durch Parasitismus verkümmerten Inseeten — findet eine Vereinigung auch dieses Ganglions mit dem übrigen Bauchmarke statt. Das Gehirnganglion (Fig. 131 ABC gs) zeigt fast immer deutliche Scheidung in zwei Hälften, deren jede wieder aus einzelnen kleineren, oft complieirt gebauten Ganglienmassen sich zusammensetzt. Die ursprünglich paarigen Ganglien des Bauchmarks gehen meist innige Verbindungen ein. Dagegen erhalten sich die Längscommissuren, auch bei dichter Aneinanderlagerung, doppelt. Eine Scheidung des Bauch- stranges in einen oberen und unteren Abschnitt entspricht einer func- tionellen Differenzirung. Das erste Ganglion des Bauchmarks (G. infraoesophageum) ent- sendet Fäden für die Mundorgane. Die darauf folgenden drei Thorakal- Ganglien geben vorzugsweise die Nerven für die Gliedmassen — Füsse und Flügel — ab, und ergeben sich demgemäss von bedeutenderer Grösse. Dagegen sind die übrigen Ganglien in der Regel unansehnlich, und nur das letzte erscheint entsprechend seiner Beziehung zu dem Geschlechtsapparate ansehnlicheren Umfanges. Schon bei den Apteren bieten sich ziemliche Verschiedenheiten dar, denn die Thysanuren lassen 11 Bauchganglien (Lepisma) erken- nen, indess bei den Collembolen nur 3—4 selcher vorhanden sind. Die letzte Strecke des Bauchstranges scheint bei manchen (Orchesella, Achorutes) einen Complex von Ganglien vorzustellen. Bezüglich der Pterygoten ist für die einzelnen Ordnungen hervor- zuheben, dass die Pseudoneuroptera die geringsten Veränderungen darbieten. Ihr Bauchmark durchzieht die Länge des Körpers, und ausser den drei Thorakalganglien sind noch 5—9 Abdominalganglien vorhanden. (Vergl. Fig. 131.4.) Daran schliessen sich die Orthopteren mit 5—7 Abdominalganglien. Grosse Verschiedenheit bieten die Coleopteren dar. Bei den einen erstreckt sich das Bauchmark bis zum Ende des Abdomens, zuweilen mit 8 einzelnen Ganglien (z. B. bei Cerambyeiden, Carabiden u. a.), bei anderen dagegen sind nicht blos die 3 Ganglien des Brust- abschnittes durch zwei dargestellt, indem das zweite und dritte ver- schmolzen, sondern es sind auch die abdominalen Ganglien zu einer Masse verbunden, die dem vorhergehenden Ganglion unmittelbar folgt (Cureulioniden und Lamellicornier). Zwischen diesen die Extreme repräsentirenden Zuständen finden sich bei anderen Familien vielerlei Verbindungsglieder vor. Bei den Hymenopteren treffen wir meist eine Reduction der Thorakalganglien auf zwei, wogegen der abdominale Theil des Bauchstranges häufig fünf oder sechs getrennte Ganglien Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 48 274 II. 5. Arthropoden. aufweist. Diese redueiren sich Jedoch bei vielen auf 4—3, ja sogar bis auf eines. Der abdominal®®Theil des Bauchmarks rückt bei den Hemipteren in den Thorax und wird hier durch eine Ganglienmasse dargestellt, die mit den gleichfalls einfachen Thorakalganglien bald durch eine kürzere, bald durch eine längere Commissur verbunden ist. Die für das Abdomen bestimmten Nerven nehmen demnach einen längeren Verlauf und bilden zwei vom letzten Ganglion entspringende Längs- stämme. Eine ähnliche Verschiedenheit der Ganglienzahl des Bauch- marks herrscht bei den Dipteren, unter denen die primitivsten Ver- hältnisse bei Pulex bestehen: 3 Thorakal- und 7—8 Abdominal- ganglien. Sonst ist eine bedeutende Reduction durch Verschmelzung bald der Thorakal- bald der Abdominal-Ganglien bald an beiden die Regel (Fig. 131. ©). Daran schliesst sich die völlige Verschmelzung des Bauchmarks zu einem einzigen länglichen Knoten bei den schma- rotzenden Pupiparen. Aehnliches bietet sich bei den Strepsipteren dar. Was die Lepidopteren betriflt, so besteht hier grössere Einför- migkeit, indem sowohl bei den Larven eine constante Ganglienzahl sich trifft, wie auch bei der Umwandlung in den Schmetterling der gleiche Modus der Verschmelzung im Wesentlichen überall zu berr- schen scheint. $ 200. Das Eingeweidenervensystem der Arthropoden lässt bei grosser Mannichfaltig- keit im Einzelnen doch manche gemein- same Einrichtung wahrnehmen. Unter den Crustaceen treten Nervenfädchen von der Schlundeommissur zum Darme oder es ist das Bauchmark, von dem ein Nerv zum Darm- canal tritt. (Bei Astacus aus dem letzten Ganglion.) Auch bei den Arachniden sind es theils vom Gehirn, theils: von den Bauchganglien abgehende Nerven, welche zum Darme ver- laufen, bei Opilioniden sind die hinteren mit zahlreichen Ganglien ausgestattet. Bei den Insecten und Myriapoden ist die Fig. 132. Oberes Schlundganglinn Scheidung des Eingeweidenervensystems in Bi an mehrere Abschnitte allgemeiner erkannt, wes- byx Mori). gs Oberes Schlun- halb wir dieses Verhalten vollständiger anfüh- ganglion (Gehirn). a Fühlernerv. pen. Der eine bildet das sogenannte paarige 9 Sehne. 7 Unparer Sam System, welches aus zwei vom Gehirnganglion des Eingeweidenervensystems. r SYS ? es aus Z 270 dessen Wurzeln aus dem oberen nach hinten zur Seite des Oesophagus verlau- Schlundganglion. s Paariger Nerv fanden Stämmchen besteht, durch die jeder- mit seinen Ganglienanschwellun- 3 3 & u i 47 H gen s' ". (Nach Braxor.) seits eine einfache Ganglienkette (Fig. 132. s’s”) Sinnesorgane. 2.15 gebildet wird. Die Zahl dieser Ganglien wechselt, und wegen ihrer plexusartigen Verbindung mit dem unpaarigen Systeme ist es oft schwer zu entscheiden, welche davon dem einen oder dem anderen Systeme angehören. Das unpaarige System (rr’) hat seinen Ursprung in einem vor dem Gehirn liegenden, mit diesem in ein- oder mehrfacher Ver- bindung stehenden Ganglion. Von demselben verläuft ein stärkerer Nerv (r) rückwärts über den Oesophagus bis zum Magen herab und bildet mit den Zweigen des paarigen Abschnittes ein Geflechte, aus dem die benachbarten Theile, vorzüglich jene des Verdauungsappa- rates, versorgt werden. In manchen Insecten bildet jener Nerv (N. recurrens) ein einziges Ganglion (Käfer und Orthopteren), bei anderen mehrere (Schmetterlinge). Mit diesen Geflechten steht noch ein anderes System von Nerven- stämmchen in Verbindung, welches vorzüglich für die grösseren Tracheen- äste und die Muskulatur der Stigmen bestimmt ist. Diese Einrichtung kommt durch ein auf der Oberfläche der Bauchkette verlaufendes Nerven- fädchen zu Stande, welches sich vor jedem Ganglion gabelförmig in zwei Aeste spaltet (Nervi transversi accessorii). Die Aeste nehmen von dem oberen Strange der Bauchkette Nervenzweige auf und verlaufen theilweise nach aussen zu den Tracheenstämmen und der Muskulatur der Stigmen, theilweise nach hinten, wo sie in der Mitte zusammentreffen, um am nächsten Ganglion wieder in gleicher Weise sich zu verhalten. Sinnesorgane. Tastorgane. $ 201. Die Sinnesorgane der Arthropoden schliessen sich grösstentheils an jene der Würmer an. Nur wenige lassen keine solche Verbindung er- kennen und sind als erst innerhalb dieser Abtheilung zu Stande gekom- mene Einrichtungen anzusehen. Die panzerartige Körperdecke der meisten Arthropoden ruft zur Vermittelung der Tastempfindung besondere Appa- rate hervor, deren Formelemente mit Ganglienzellen verbundene stäb- chenförmige Nervenendigungen vorstellen. Diese Ganglienzellen sind allgemein aus dem Ectoderm hervorgegangene Bildungen, und nicht selten ist der ganze Apparat in seiner primitiven Lage vorhanden. An den verschiedensten Stellen des Körpers verbreitet, bilden diese Endorgane indifferente Sinneswerkzeuge, die an bestimmten Theilen sich zu Tastapparaten gestalten. Vergl. Fig. 133. Solche Organe sind vorzüglich an Gliedmassen vertheilt, und lassen dort stäbchenförmig vorragende Endigungen erkennen. In der Abtheilung der Crustaceen sind diese Taststäbchen in grosser Verbreitung erkannt worden, und zwar nicht blos an Antennen, besonders der niedern Crustaceen, sondern ebenso auch an andern An- 48* 276 II. 5. Arthropoden. hangsgebilden des Körpers. Bei Myriapoden und Insecten sind Taststäb- chen an den Antennen, bei den@@ftzteren auch an den Tarsalgliedern der Füsse anzutreffen. Ausser diesen Taststäbchen finden sich an den Antennen von Krustenthieren und Insecten noch besondere den Tast- stäbchen ähnliche Gebilde, zuweilen von bedeutender Ausdehnung vor, die auf dieselbe Weise wie die Taststäbchen mit Nerven versorgt werden. Bei den Gru- staceen finden sie sich nur an dem inne- ren (vordern) Antennenpaare. Bei den Insecten sind sie weit kürzer und von konischer Gestalt. Die Localitäten ihres Vorkommens, sowie der Umstand, dass sie von längeren indifferenten Borsten überragt werden, oder in Vertiefungen sitzen, macht es wahrscheinlich, dass diesen Organen eine andere Verrichtung zukommt, wobei an eine Geruchs- Fig. 135. Nervenendigung mit Taststäb- WENDE UInE, oder, ‚dinch, ‚An „eine chen vom Rüssel einer Fliege (Musca) dieser nahe stehende Empfindung ge- n Nerv. 9 Ganglionäre Anschwellung. dacht werden kann. Somit würden also ; en re. der die Antennen durch Diferenzirung be- sonderer Nervenendigungen eine mehr- fache Function verrichten, und nicht blos dem Tastsinne vorstehen. Hörorgane. $ 202. Hörorgane sind bei den Arthropoden nur in beschränkter Weise bekannt geworden, indem man bei den Myriapoden und Arachniden jede Spur davon vermisste, bei Krustenthieren und Insecten dagegen nur in einigen Abtheilungen solche Organe nachweisen konnte, die zur Schall- empfindung geeignet erscheinen. Es sind vorzüglich zwei Organformen, welche sich streng nach dem Medium, in dem die Thiere leben, vertheilen. Die eine Form findet sich bei Krustenthieren und besteht aus einem sackartigen, durch eine Ein- stülpung des Integumentes gebildeten Raume, der entweder offen bleibt, oder sich schliesst. Diese Hörblasen liegen bei den meisten höhern Krustenthieren am Basalgliede der inneren Antennen. So bei Leueifer, Sergestes und anderen Malacostraken, und auch bei Arthrostraken (Hy- periden) ist das Bestehen eines vor dem Gehirn gelagerten Paares dieser Organe nachzuweisen. Sie kommen auch als secundäre Bildungen an Sinnesorgane. 2U4 anderen Körpertheilen vor. So liegen sie bei den Mysiden in den beiden inneren Lamellen des Schwanzfächers. In den Hörblasen finden sich feste Gebilde, Otolithen, vor, welche bei den geschlossenen Hörblasen (bei My- sis und Hippolyta) aus einem Concremente bestehen, welches von feinen, in regelmässiger Weise angeordneten Härchen festgehalten wird. Bei den offenen, unter den Decapoden sehr verbreiteten, aber auch den Scheeren- asseln (Tanais) zukommenden Hörblasen finden sich manche Complica- tionen in der Ausmündung. Die Stelle der Otolithen wird hier durch von aussen eingebrachte Sandkörnchen vertreten, welche von bestimmten von der Hörblasenwand entspringenden Haaren in regelmässiger Weise befestigt werden. Diese sind andern Haaren des Integumentes ähnlich, aber dadurch ausgezeichnet, dass ihr Schaft nur indireet mit dem Boden der Hörblase verbunden ist, indem er grösstentheils auf einem zarten membranösen Vorsprunge steht, zu welchem Endigungen von Nerven treten. Sie stimmen dadurch mit den stäbchenförmigen Fortsätzen über- ein, welche bei den Mysiden den Otolithen tragen, denn auch zu diesen tritt der Nerv. Der Hörnerv ist bei den Vorgenannten ein Zweig des in- nern Antennennerven, wo die Hörblase der inneren Antenne eingebettet ist. In den beiderlei Bildungen finden sich somit Endapparate von Nerven vor, welche durch Erschütterungen des von ihnen getragenen festen Kör- pers (Otolithen) in Schwingungen versetzt werden, und dadurch eine Nervenerregung vermitteln. Die Gesammteinrichtung dieser merkwürdigen Apparate zeigt uns die Genese der Hörorgane aus einer Differenzirung mit dem Integumente verknüpfter indifferenter Empfindungsorgane. Die Hörhaare sind nur Mo- dificationen anderer, Nervenendigungen bergender »Haare« des Integu- ments, wie sie auch an freien Körperstellen vorkommen können (Tast- stäbchen). Die Bildung der ungeschlossenen Hörblasen oder der »Hör- gruben« repräsentirt dann eine zweite Stufe jener Differenzirung, und in der Umwandlung in eine geschlossene Blase ist für diese Erscheinung ein ferneres Stadium ausgedrückt. HENsEN, Zeitschr, f. wiss. Zool. XII. $ 203. Die andere Form von Hörorganen ist bei Insecten bekannt. Vorzüg- lich sind es die auch mit Stimmorganen begabten Orthopteren, die ein Organ zur Aufnahme von Schalleindrücken erkennen lassen. Die allge- meine Einrichtung besteht in einer trommelfellartig an einem festen Chitin- ring ausgespannten Membran, mit der einen Fläche nach aussen, mit der anderen nach innen gekehrt. An der Innenfläche lagert eine Tracheenblase, und auf dieser oder auch zwischen ihr und dem » Tympanum« findet eine ganglionäre Nervenausbreitung statt, von welcher eigenthümlich modifi- cirte Nervenendigungen in Gestalt kleiner keulenförmiger Stäbchen mittelst feiner Fäden entspringen. Sowohl das Tympanum als die Tracheenblasen 278 Il. 5. Arthropoden. dienen als schallleitende Organe. Die pereipirenden Organe werden durch die in bestimmter Anordnung@@lagerten Nervenendigungen vorgestellt. Bei den Acridiern liegt das Organ im Metathorax dicht über der Basis des dritten Fusspaares und empfängt seinen Nery vom dritten Brustganglion. Die Locustiden und Achetiden besitzen das Organ in den Schienen der beiden Vorderfüsse verborgen. Bei den ersteren liegt auf beiden Seiten des genannten Fusses ein Tympanum, entweder oberflächlich oder im Grunde einer Höhlung, die vorne mit einer einzigen Oeflnung ausmündet. Den Raum zwischen beiden Tympanis nehmen zwei Tracheenstämme ein, von denen einer den Nervenendapparat in Gestalt einer Leiste trägt. Bei Locusta wird diese Hörleiste von einer Reihe gegen das eine Ende zu all- mählich kleiner werdender Zellen gebildet, deren jede ein entsprechend grosses »Stäbchen« umschliesst. An der äussern Seite der Vorderbein- schienen liegt das Tympanum der Achetiden. An diese in ihrem ganzen Baue als Hörwerkzeuge sich darstellenden Organe reihen sich andere, deren Natur minder sicher bestimmt ist. Das Vorkommen derselben stiftartigen Körper in den Endigungen von Nerven lässt auch diese Organe wenigstens den Hörapparaten beizählen, sowie auch in der ganglionären Ausbreitung der bezüglichen Nerven längs eines Tra- cheenstammes eine Verwandtschaft ausgesprochen ist. Die Nervenenden richten sich gegen das Integument, dessen Chitinschichte anstatt eines Tympanums stets dichte Gruppen von feinen Porencanälen besitzt. Diese Organe sind bis jetzt in der Wurzel der Hinterflügel von Käfern, sowie an der Schwingkolbenbasis von Dipteren nachgewiesen. Beide Formen von Gehörorganen der Arthropoden sind zwar im Ein- zelnen ihrer Ausführung von einander bedeutend verschieden, allein es besteht dennoch ein Zusammenhang, indem in beiden Fällen die chitino- gene Zellenschichte die Trägerin abgibt für die eigenthümlichen Endorgane, welche bei den Crustaceen mit Fortsätzen des Integuments, den Hörhär- chen, in Verbindung treten, indess sie bei den Insecten, jene Stiftchen ausbildend und damit in anderer Richtung differenzirt, innerhalb des Haut- skelets und ohne Beziehungen zu Fortsätzen desselben verharren. Aus der Verschiedenheit der Localität dieser Organe geht sowohl der Mangel einer Homologie hervor, als auch die Entstehung complicirterer Organe aus einer allgemeiner im Integumente verbreiteten Anlage. Leypıg, Arch. f. Anat. u. Phys. 1855. — GRABER, V., Die tympanalen Sinnes- apparate der Orthopteren. Denkschr. d. Wiener Acad. M.N.Cl. Bd.XXXVI. Sehorgane. S 204. h In den Sehorganen der Arthropoden treffen. wir Anknüpfungen an gewisse Formen des Auges bei Würmern, an jene nämlich, wo eine Summe von Endapparaten der Sehnerven unmittelbar unter dem Integu- mente sich fand (Sagitta, Hirudineen u. a.). Dagegen fehlt dieser An- Sinnesorgane. 379 schluss gerade zu den ausgebildeteren Augen der Anneliden, die durch eine selbständige Linse sich auszöiehneten ($ 125). Wie sonst ist auch hier das Integument die Stätte der Differenzirung des Sehorgans, dessen Zu- sammensetzung aus den Bestandtheilen des ersteren sich an dem neben- stehenden, allerdings nicht mehr den einfachsten Zustand reprä- v2 sentirenden Schema erläutern lässt. Die Cuticularschichte des Integumentes bildet über dem Auge eine biconvexe Verdickung '!), die als ein lichtbrechen- des Organ, aber auch als Sehutzorgan, somit als Gornea- Linse fungirt. Hinter dieser Linse liegt, aus einer Hypoderm- Fig. 134. DREI: durch das ern einer jungen Dytiscus-Larve. (Nach GRENACHER.) Strecke (h) hervorgegangen, das Auge. In der Umgebung desselben bieten die länger gewordenen Hypo- dermzellen eine andere Stellung dar und gehen in Pigmentzellen (p) über. An diese schliesst sich der Augenbecher an, in welchen zunächst an die Pigmentzellen sich attteihenide helle Zellen vorragen (g). Sie re- präsentiren einen Glaskörper. Diesen reihen sich endlich die eine Art Retina vorstellenden Zellen (r) an, welche mit dem Sehnerven (c) in Zu- sammenhang stehen, nach aussen aber, gegen die hintere Fläche der Linse, convergiren und daselbst verschiedenartige Differenzirungen eingehen. Glaskörper, Pigmentzellen und »Retina« sind somit in continuirlichem Zu- sammenhang mit der Eetodermschichte (Hypoderm) erkennbar, sind ebenso Differenzirungen derselben, wie die Cornea-Linse aus der wieder vom Hypoderm ableitbaren Cuticularschichte des Integumentes entstand. Die das Auge zusammensetzenden Elemente gehen mehrfache Differenzirungen ein. Aus den Retinazellen sondert sich meist im vorderen Ende ein eigen- thümliches Gebilde, das »Stäbchen«. Bei Verbindung einer Anzahl solcher Zellen zu einem einheitlichen Apparate tritt dann auch an den Stäbchen eine Vereinigung ein, sie setzen ein besonderes in der Längsaxe einer Gruppe combinirter Retinazellen liegendes Gebilde, das »Rhabdom«, zu- sammen. Die zu je einer Rhadombildung verwendeten Retinazellen re- präsentiren eine »Retinula«. Auch die Zellen des vor den Retinazellen sich lagernden Glaskörpers sind mannichfachen Modificationen unter- worfen. Je Eine Gruppe bildet durch Ausscheidung einer glashellen stark lichtbrechenden Substanz einen sogenannten »Krystallkegel«, dessen Spitze gegen das Rhabdom gerichtet ist, indess die Basis sich dem Inte- gumente, resp. der Cornea-Linse zukehrt. Durch verschiedenartige Ausbildung der einzelnen Theile, sowie durch mannichfaltige Combination derselben geht der grosse Reichthum hervor, welcher die Gliederthiere bezüglich des Sehorganes auszeichnet. Endlich sind zuweilen noch Muskelfasern an der Zusammensetzung des RT \ WU fahr" 280 II. 5. Arthropoden, Auges betheiligt, und scheinen einem Accommodationsapparat vorzu- stehen. Diese Sehorgane bilden ein 'ibut des Kopfes. Der Sehnerv ent- springt vom Gehirnganglion. RückMldungen des Organes bis zum völligen Schwinden sind in allen Abtheilungen vorhanden. Die Ausbildung von Sehorganen an anderen Körpertheilen, wie sie bei Anneliden bestand, ist in den Hintergrund getreten, so dass das Vorkommen augenartiger Organe an Thorax und Abdomen bei der Schizopodengattung Euphausia ein ver- einzeltes ist. $ 205. Die einfachsten, in ihrem feineren Baue jedoch noch nicht genau ge- kannten Augen besitzen die Entomostraken. Jedes Auge scheint nur einen einzigen Krystallkegel zu besitzen, welcher in eine Pigmentmasse einge- senkt und meist vom Integumente entfernt ist. Zwei solcher meist un- mittelbar dem Gehirne aufsitzender Augen sind für die Naupliusform der Entomostraken charakteristisch. Es sind zwei median verbundene Seh- organe, dicht aneinander gerückt, durch das zusammenhängende Pigment zu Einem Organe verschmolzen ; wo sie nicht dem Gehirn selbst aufsitzen, trägt sie ein von diesem ausgehender medianer Fortsatz. Cirripedien und Rhizocephalen besitzen sie während des Larvenzustandes und letztere verlieren sie später. Bei vielen frei lebenden Gopepoden ist das Auge bald mehr, bald minder deutlich in zwei geschieden. Ausser dem Larven- Auge findet sich dann noch jederseits ein anderes, grösseres vor. Dieses besitzt je einen einzigen meist beträchtlich grossen Krystallkegel, vor welchem ein entsprechender Abschnitt der Guticularschichte des Integu- mentes eine linsenartige Bildung eingeht (Corycäiden). Das Vorkommen mehrerer Krystallkegel in jedem Auge bildet einen Uebergang zu einer complieirteren Augenform. Indem sich das über dem einfachen Augen- paar befindliche Integument in zwei den Krystallkegeln entsprechende Facetten verdickt, knüpft sich schon hier die Bildung von Cornealinsen an. Neben dem medianen, zuweilen durch einen blossen Pigmentfleck dargestellten Auge besitzen die Gladocera und Phyllopoden noch zwei zu- sammengesetzte Augen; daraus kann geschlossen werden, dass das me- diane, welches dem Auge des Nauplius entspricht, eine besondere Bil- dung vorstellt, die nicht in das bleibende Auge übergeht. Wahrscheinlich entspricht dieses »Larvenauge« einer ererbten Einrichtung. Durch die Beweglichkeit und die unmittelbare Lagerung unter dem Chitinpanzer bilden die Augen der Branchiopoden Uebergänge zu jenen, wo der Chitinpanzer sich am optischen Apparate unmittelbarer betheiligt. Auch bietet die Einlagerung des Auges in einen stielartigen Fortsatz (Artemia und Branchipus) eine Anknüpfung an die stieläugigen Malaco- straken dar. Aus diesen Zuständen leiten sich zwei Typen der Sehwerkzeuge ab, welche in den böheren Abtheilungen der CGrustaceen und bei den Tra- Sinnesorgane. 281 cheaten die herrschenden werden. Je nachdem sich die den pereipirenden Apparat vorstellenden Elemente der Retina zu einem einheitlichen, ein- fachen Organe zusammenfügen, oder solche Organe wieder als Theile einer complicirteren Bildung erkennen lassen, gehen die als einfache Augen (Stemmata, Ocelli) oder als zusammengesetzte Augen un- terschiedenen Sehorgane.hervor. Dabei zeigt sich von Seite der Guticular- schichte des Integumentes eine verschiedengradige Betheiligung. Das einfache Auge (Fig. 134) ist bei den Larvenformen von In- secten verbreitet, und zeigt sich jederseits am Kopfe meist in einer Mehr- zahl. Bei den Thysanuren scheint diese Form zu persistiren. Ueber jedem Auge bildet die Chitinschichte eine Cornealinse. Bei vielen Insecten fin- den sich diese einfachen Augen mit den zusammengesetzten; sie sind zwischen diesen, meist zu zweien oder dreien auf der Stirnfläche ange- bracht und unterscheiden sich von den vorhin erwähnten durch die Zu- sammensetzung aus einer grösseren Anzahl von Retinaelementen, welche eine einfache CGornealinse überdeckt. Bei den Myriapoden zeigen die am Kopfe in einer oder zwei Reihen stehenden Augen wechselnde Zahlenverhältnisse (4—8). Es scheint hier der Larvenzustand der Sehorgane der Insecten bleibend repräsentirt, doch fehlt nähere Kenntniss. Daran reihen sich wohl die Arachniden. Sowohl in Lage als in Zahl ihrer Augen ergeben sich manche Eigen- thümlichkeiten. Zwei grosse Augen sind bei den Scorpionen einander sehr nahe gerückt, und jederseits von ihnen lagert eine Gruppe (2—5) kleinerer Augen. Bei den Spinnen und Phryniden finden sich in der Re- gel 8, seltener 6 Augen am Vordertheile des Gephalothorax symmetrisch vertheilt, meist auch an Grösse verschieden, während die Opilioniden an derselben Stelle nur drei oder vier tragen, von denen die grösseren auf einer Erbabenheit des Gephalothorax stehen. Auch bei den Pyenogoniden nehmen vier Augen eine ähnliche Stelle ein. Dagegen reduciren sie sich bei vielen Milben auf zwei, ebenso bei den Tardigraden. Bei manchen parasitischen Milben sind sie vollständig verschwunden. Bezüglich des Baues ist für jedes Auge eine meist sehr mächtige CGornealinse hervor- zuheben, hinter derselben findet sich eine den Glaskörper repräsentirende Zellenschichte, an welche die Retina sich anschliesst. Der innere Bau der letzteren zeigt bei den Araneen einen Dimorphismus, indem die nach vorne gerichteteten Augen von den aufwärts gekehrten verschieden sind. Die Retinazellen der ersteren umschliessen nämlich an ihrem vorderen Endstücke ein kleines, der Länge nach in zwei Hälften gesondertes Stäb- chen (Epeira). $ 206. In den zusammengesetzten Augen ist der oben ($ 204) er- wähnte Zusammentritt einer Anzahl (7”—4) von Retinazellen zu einem das Rhabdom umschliessenden Gebilde der »Retinula« (Fig. 135 C r) charakte- ristisch. Aus solchen Retinulae, deren jede von Pigment umhüllt wird, com- 282 11. 5. Arthropoden. binirt sich das Auge. Vor der Retinula liegt der mehrtheilige Krystall- kegel. In der Fig. € sind zwei solcher Gebilde dargestellt. Die Krystall- kegel sind vor den Retinulaehter den CGornealinsen (c) unterscheidbar. Die ganze Einrichtung wird verständlich, wenn wir sie vom einfachen Auge ableiten. Eine Reduction der Retinaelemente des einfachen Auges lässt die Retinula hervorgehen, und eine allmähliche Concrescenz einer Summe einfacher Augen führt zur Bildung der zusammengesetzten. Solche Augen besitzt die Mehrzahl der Crustaceen. Bei den Cladoceren liegt das bewegliche Auge (Fig. 136 0. c) in einer vom Integumente überwölbten Nöhlung. Auch bei den Lämodipoden scheint die Guticularschichte des Integuments keinen Theil an dem Aufbaue des Auges zu nehmen. Dagegen findet man bei den Phyllopoden eine den Krystallkegeln entsprechende Facettirung der Innenfläche der das Auge bedeckenden Cuticula. Die lsopoden zeigen ihr zusammengesetztes Auge noch aus einer Anzahl mehr von einander getrennter einfacher bestehend. Die engere Vereinigung einer Anzahl jener als Endapparate eines Sehnerven erscheinender Bildun- gen stellt einen nach aussen convexen Vorsprung dar, dessen Umfang mit der Zahl der »Retinulae« in Zusammenhang steht (Fig. 135). Die dem ganzen Auge gemeinsame Chitinhülle ist dann ent- weder oberflächlich glatt, und bildet nur jedem der Krystallkegel entspre- Fig. 135. A Schematischer Durchschnitt Chende Wölbungen nach innen zu, oder durch ein zusammengesetztes Artıropo- sie zeigt auch äusserlich jedem einzelnen denauge. n Sehnerv. y Ganglienanschwel- Krystallkegel entsprechende Convexitä- lung desselben. # Retinulae. c Facettirte ' Cutieularschichte, wobei jede Faeette as ten oder doch Abgrenzungen der ein- Cornealinse erscheint. B Einige Hornhaut- zelnen Felder /B ) ä ( Facettirtes facetten von der Fläche gesehen. € Zwei l höl 3 r Cr Retinulae r mit ihren Cornealinsen c. Au se der IöNeren rustaceen und der Insecten.) Die Zahl der ein solches Auge zusammensetzenden Elemente ist ebenso wie ihre Volumsentfaltung und die Gestaltung der einzelnen Ver- hältnisse zahlreichen Modificationen unterworfen. Die Krystallkegel schei- nen jenem Auge bei den Crustaceen allgemein zuzukommen, dagegen findet sich bei vielen Insecten ein Persistiren der sonst die Krystallkegel differenzirenden Zellen (Krystallzellen), ohne dass Krystallkegel gebildet wären. Endlich besteht noch bei manchen der niedere Zustand der Reti- nula, in welchen dieses Gebilde noch seine einzelnen Zellen mit ihren Stäbchen erkennen lässt (Tipuliden) .— Das aus der Wölbung entspringende Hervortreten der Augen am Kopfe kann zu einem Zustande führen, der das Auge gestielt erscheinen lässt. In einer fernern Ausbildung wird der Stiel beweglich (Podophthalmata). GRENACHER, H., Untersuchungen über das Arthropodenauge. Beilageheft zu den klin. Monatsbl. für Augenheilkunde. XV. Jahrgang. Darmcanal. 283 Darmeanal. $ 207. Die Sonderung des Darmcanals der Arthropoden schliesst sich im Allgemeinen an die bei Würmern sich treffenden Verhältnisse an. Das Entoderm umschliesst das bei der ersten Differenzirung nicht verbrauchte Dottermaterial, welches mit der allmählichen Weiterentwickelung resor- birt wird. Die Entstehung von Mund und After sowie der damit ver- bundenen Darmstrecken lässt keine durchgreifende Uebereinstimmung wahrnehmen. Mit der vollständigen Differenzirung der Darmwand trifft sich der Nahrungscanal als ein die Länge der Leibeshöhle durchsetzendes, seltener auch Anpassungen an die Metameren des Leibes bietendes Rohr, das mit der ventral am Kopf gelegenen Mundöffnung beginnt und zu der in der Regel im letzten Metamer gelagerten Afteröffnung hinzieht. Der äussere Chitinüberzug des Leibes setzt sich sowohl in Vorder- wie in Enddarm fort und ist in dem vom Entoderm angelegten Mitteldarm durch eine weiche Cuticula vertreten: Um die Mundöflnung gruppiren sich die zu Kauwerkzeugen und anderen Apparaten umgewandelten Gliedmassen ($ 189), wozu noch ein vom Integumente gebildeter Vorsprung als Ober- lippe tritt. $ 208. Der Darmcanal der Crustaceen zeichnet sich sowohl durch seinen geraden Verlauf, wie durch die geringe Complication seiner Abschnitte aus. Die Mundöffnung ist in ventraler Lagerung häufig weit nach hinten gerückt, so dass der von ihr beginnende Munddarm erst eine Strecke nach vorne verläuft, um mit knieförmiger Umbiegung sich rückwärts zu wenden. Der Endabschnitt des in der Regel engen, als Schlund oder Speiseröhre bezeichneten Vorderdarms stellt einen meist erweiterten Theil des Darmrohrs vor, der sich vom folgenden Mitteldarm scharf absetzt und bei Vielen einen zapfenartig in letzteren einragenden Vorsprung bildet. Die Wandungen dieses Abschnittes sind gewöhnlich stärker, und die In- nenfläche ist häufig durch ein festes Chitingerüste ausgezeichnet, welches zahnartig gegeneinander gerichtete und durch Muskeln bewegliche Vor- sprünge darbietet (Leisten, Stacheln, Borsten), welche aus der diesen Ab- schnitt auskleidenden Chitinhaut hervorgehen. Sie bilden einen zur Zer- kleinerung der Ingesta dienenden Apparat und stempeln diesen Abschnitt zum Kaumagen. In der Regel ist der Kaumagen beträchtlichen Umfangs und erhält durch sein festes Gerüste eine regelmässige Gestalt. Am an- sehnlichsten ist er bei den Decapoden entwickelt (Fig. 143 v). Bei den Entomostraken ist er wenig oder gar nicht ausgebildet, dagegen besitzen unter den Arthrostraken die Isopoden in dem kleinen Kaumagen ein ziem- lich complieirtes Gerüste, von welchem auch bei Amphipoden (Gammarus) Andeutungen bestehen. 284 ll. 5. Arthropoden. Der Mitteldarm (Fig. 1367) bildet den an Länge beträchtlichsten Theil des Darmrohrs, sowie auch an ihm in Beziehung auf Weite und die Bil- dung von blindsackartigen Awgßßtıchtungen eine grosse Mannichfaltigkeit Fig. 136. Organisationfeiner Daphnia. a Tastantenne. gs Gehirn. oc Auge. ? Darmcanal (Mitteldarm). h"BlindschläuchejamfAnfang desselben. g Schalendrüse. c Herz. lOberlippe. ov Eierstock. o Ein Ei in De I eec<=5S = dem zwischen Körper und Mantel gebildeten Brutraume o' befindlich. (Nach Lerpıc.) “ besteht. In manchen Fällen ist er von gleichmässigem Caliber, in anderen erscheint er vorne oder in der Mitte etwas erweitert (»Chylusmagen«), oder die Erweiterung ist über den gesammten Mitteldarm ausgedehnt (»Chylusdarm« der Isopoden).. Am Beginne des Mitteldarms finden sich bei Crustaceen aller Ord- nungen blindsackartige Ausbuchtungen. Sie entstehen als paarige, selten unpaare Coeca. Unter den Gopepoden nur in wenigen Gattungen vorhan- den, sind sie bei den Branchiopoden verbreiteter, bald als ein einfaches Paar kurzer Blindschläuche (Fig. 136 Ah) auftretend (Daphniden) , bald reicher verästelt (Argulus, Hedessa), oder in grösserer Anzahl vom Darme ausgehend und am Ende in drüsige Bildungen differenzirt (Apus). Die- selbe Erscheinung der Umwandlung an derselben Stelle gelagerter Darm- coeca in secretorische Apparate treffen wir bei den Malacostraken. Sie gehen in Organe über, die bei den Anhangsgebilden des Mitteldarms zu betrachten sind. Der Enddarm bildet den kürzesten, meist engeren Abschnitt des Tractus intestinalis. Seltener ist er in seiner Mitte erweitert, und nur bei wenigen mit blinddarmartigen Anhängen versehen. Die Function des Darmecanals beschränkt sich nicht bei allen Grusta- ceen auf die Verdauung. Bei einigen (Astacus, Limnadia, Daphnia) ist am Enddarme fast rhythmisch erfolgendes Aufnehmen und Ausstossen von Wasser beobachtet worden, so dass diesem Abschnitt noch eine respira- torische Thätigkeit zuzukommen scheint. Bei manchen niederen Crustaceen erliegt der Darmcanal einer Rück- bildung. Er schwindet bei den verkümmerten Männchen der parasitischen Darmceanal. 285 Copepoden, wie einiger Cirripedien und allgemein bei den Rhizocephalen, wo die Ernährung durch andere Einrichtungen besorgt wird. oben S. 250.) $ 209. Unter den Protracheaten sind die drei Abschnitte des Darmrohrs deutlich gesondert, der Mitteldarm bildet den ansehnlichsten Theil daven, und erscheint durch Weite ausgezeichnet. Das Darmrohr der Arachniden besitzt mit Ausnahme der rückgebildeten Formen eine reichere Gliederung. Der enge Munddarm (Fig. 137. oe) führt in einen meist langgestreckten Mitteldarm, dessen vorderster Abschnitt (v) in seitliche Blindsäcke ausstrahlt, die bei den Phryniden und Scorpionen fehlen sollen. Bei den Araneen erstrecken sie sich zu fünf Paaren (v’) nach der Basis der Beine und Taster. Vier Paare, davon die beiden letzten gabelig getheilt, laufen bei den Galeoden bis in die Gliedmassen (Füsse, Scheerenfühler und Palpen), bei den Pycenogoniden sich sogar fast durch deren ganze Länge erstreckend (Fig. 138.b). Der Binnenraum des Magens erhält durch diese Anhänge eine an- sehnliche Vergrösserung. Dieselben Blindsäcke treffen sich bei den Milben auf den Körper beschränkt, meist sind es deren acht, doch wird eine Minderung der Zahl häufig durch Verästelung der Goeca compen- sirt. mehreren Reihen geordnet, in denen ein mittleres Paar noch secundäre Anhänge trägt. Der dem Magen folgende bald längere, bald kürzere Abschnitt des Mitteldarms er- weitert sich im ersteren Falle meist gegen sein Ende zu und wird durch eine Einschnü- rung von dem fast immer erweiterten End- darm abgesetzt. Letzterer ist von ansehn- licher Länge bei den Scorpionen, kürzer bei Galeodes, wo er einen Blindsack trägt. Auch bei den Araneen ist der Enddarm (Fig. 137. r) von ansehnlicher Weite, desgleichen bei den Milben. Fig. (Vergl. Fig. 137. Verdauungsorgane einer Spinne. oe Oesophagus. c Obere Schlundganglien (Ge- hirn). v Magen. v' Seitliche Fort- sätze desselben. v»" Nach oben gerichtete Anhänge. i Mittel- darm. r Cloakenartig erweitertes Endstück des Darıms. Ah Ein- mündungen der Leber in den Darm. e Harncanäle. (Nach Dusk&s.) Eine viel grössere Anzahl (gegen 30) besitzen die Opilioniden in 138. pyenogonoides. Blindsäcke,. (Nach QUATREFAGES.) Darm von Ammothoö a Magen. b 256 II. 5. Arthropoden. $ 210. Myriapoden und Insecten ei in der Einrichtung ihres Verdauungs- apparates in den Hauptzügen übereinstimmende Verhältnisse, die zugleich Fig. 139. Larve eines Schmet- terlings (Sphinx ligustri) in seitlicher Ansicht mit Dar- stellung der inneren Organi- sation. den Myriapoden hat Fig. 140. Puppe desselben. Fig. 141. Imago desselben. ? Kopf. 2, 3, 4. Thoracalsegmente. 5—13. Abdominalsegmente. V Vorderdarm. NM Mitteldarm. Z Enddarm. 6s Gehirnganglion. gi unteres Schlundganglion, n Bauchganglion. vm Marricur'sche Gefässe. C Herz. @ Geschlechtsorgane. (Nach NEWPORT.) näher an die bei Peripatus bestehenden sich an- reihen lassen. Von den drei Darmabschnitten spielt der Vorderdarm bei der Verdauung nur eine vorbereitende Rolle, während die Hauptfunction dem Mitteldarm zukommt. Er bildet in der Regel den längsten Abschnitt, an dem zugleich die reich- sten Differenzirungen auftreten. In seinen einfacheren Formen durchzieht das Darmrohr in geradem Verlaufe die Leibeshöhle, und auch darin schliessen sich Myriapoden mit niederen Zuständen von IAsecten zusammen. Bei der Enddarm selten eine bedeutendere Länge, und zeigt sich dann in eine Schlinge gelegt. Noch seltener ist an Darmceanal. . 987 dieser Schlingenbildung auch der Abschnitt des Mitteldarms betheiligt (Glomeris). Das in der Anlage allgemein bestehende einfache Verhalten persistirt nur in einzelnen Abtheilungen der Insecten, und geht bei den meisten in eine grosse Mannichfaltigkeit von Formzuständen der einzelnen Abschnitte über, welche Veränderungen in der Regel an den Eintritt des Imago- zustandes geknüpft sind. Diess gründet sich auf die damit beginnende grössere Divergenz der äusseren Lebensverhältnisse. Von bedeutendstem Einflusse auf die allgemeine Gestaltung des Darm- canals erscheint auch bier die Lebensweise, und es ist, wie sonst noch vielfach im Thierreiche, bei den Pflanzenfressern häufig eine grössere Länge des Darmrohrs vorhanden, als bei jenen, die von animalischen Stoffen sich nähren. Ein anderes in Betracht kommendes Moment bietet die Beschaffenheit der Nahrungsstoffe, wir treffen demnach einfachere Darmbildungen bei Insecten, die von Flüssigkeiten sich nähren, während feste Substanzen Verzehrende eine grössere Complication bieten. Diese Verhältnisse treten am auffallendsten bei der Vergleichung des Darmrohrs von Insectenlarven mit jenem ausgebildeter Insecten hervor, wir sehen z. B. eine Raupe (Fig. 139) mit einem weiten, den Körper ge- rade durchziehenden Darmrohr ausgestattet, und diese Einrichtung der ungeheuern Masse täglich verzehrten Materiales angepasst, während der nur wenig und flüssige Nahrung aufnehmende Falter ein zwar längeres, aber viel schmächtigeres Darmrohr besitzt (Fig. 144). Ausserdem ergibt sich hiebei eine Aenderung der Verhältnisse der einzelnen Darmabschnitte. Während der Mitteldarm im Larvenzustande in der Regel der mächtigste Abschnitt ist, tritt er allmählich zurück, und in demselben Maasse gewinnt der Enddarm an Länge. Dabei ändert sich der gerade Verlauf des Darmrohrs. Das Längerwerden der einzelnen Ab- schnitte ruft Krümmungen des die Länge der Leibeshöhle übertreffenden Darmrohrs hervor, die bis zu vielfachen Windungen führen können. Diese treffen auf Mittel- und Enddarm, indess der Munddarm am beständigsten den ursprünglichen Verlauf behält. (Vergl. Fig. 139—141.) Mit diesen Differenzirungen verbinden sich neue an den einzelnen Abschnitten und verwischen häufig deren Grenzen. Der Mitteldarm un- terscheidet sich vom Munddarm durch seinen Drüsenbesatz, und wo letz- terer Anhänge oder Ausbuchtungen zeigt, dienen sie zur Aufnahme und zur EN Zerkleinerung der an, im letzteren Falle .die Bildung eines Kaumagens wiederholend. Der Enddarm charakterisirt sich endlich durch die in ihn mündenden Marrısnr'schen Gefässe. PLATEAU, F., Rech. sur la phenom. de la digest. et sur la structure de l’appareil dieest. ober les Myriapodes. Mem. Acad. Belg. XLII. E g am. Den einfachsten, von der Larvenform am wenigsten sich entfernen- den Zustand bietet der Darm der Thysanuren sowie der meisten Pseudo- 288 II. 5. Arthropoden. Neuropteren und Neuroptergg dar, von denen einige (Panorpa) eine Erweiterung am Ende des Mlerdarmes als Kaumagen besitzen. Ein solcher (Fig. 142 A v) zeichnet auch die Orthopteren aus und trägt auf seiner Innenfläche Längsreihen fester Chitingebilde. Er kommt ferner bei CGoleopteren (Carabiden, Cieindelen, Dytisciden ete.) vor, Borsten und leistenartige Vorsprünge tragend. Auch manche Hymenopteren (Formica, Cynips) besitzen ihn, ja sogar Larven von Dipteren. Eine andere Differenzirung des bei manchen (Hemipteren) überaus kurzen Vorderdarmes besteht in einer Erweiterung desselben, die bald allseitig, bald nur einseitig vorkommt. Sie dient bei einer Betheiligung der ganzen Circumferenz des Oesophagus als Kropf (Jugluvies) (i), der sich bei vielen Käfern und bei Örthopteren vorfindet. Diese Ausbuchtung des Vorderdarmes trifft sich bei Hymen- opteren (Wespen, Bienen) verbreitet, fungirt aber hier als ein Saugapparat und leitet damit zu einer Bildung über, die sich bei anderen Insecten als Saugmagen verbreitet findet. Derselbe stellt einen dem Verlaufe oder dem Ende des Munddarmes angefügten blasenförmigen, dünnwandigen An- hang vor, der bei Lepidopteren un- DIL dern zelagste, mittelbar (ig, 161 77), bei Dipleren artige Anschwellung desselben. v Magen. mittelst eines kürzeren oder längeren c Anhänge desselben. r» Enddarm. vmMar- Stieles ausmündet (Fig. 152. B, vs). a u Auch bei den Hymenopteren trifft sich die Bildung eines selbständigen, gestielten Saugmagens (Crabro). Bei den Hemipteren scheint derselbe durch eine oft mehrfach ausgebuchtete Er- weiterung des Vorderdarms vertreten zu sein (Wanzen). Der Mitteldarm (»Chylusmagen«) bietet nicht minder mannich- faltige Zustände. Bei vielen Käfern ist er in seiner ganzen Länge oder auch an einzelnen Abschnitten mit kurzen Schläuchen besetzt, die man als »Drüsen« bezeichnet. An seinem Anfange treffen sich zuweilen blind- sackartige Ausstülpungen besonders bei Orthopteren, auch bei einzelnen Familien der Dipteren. Bei den letzteren ist er meist seiner grösseren Länge entsprechend in Windungen gelegt (Fig. 142 Bv). Dasselbe zeigt sich an dem langen Mitteldarm einiger Käfer (z. B. Melolontha), der Bie- nen und Wespen und vieler Hemipteren, bei denen neue Abschnitte an ihm sich sondern. In manchen Fällen ist der Mitteldarm blind geendigt und entbehrt des Zusammenhanges mit einem Enddarm. Dies trifft sich bei den Larven der Bienen und Wespen, der Ichneumonen, mancher Dipteren u. a. m. Anhangsorgane des Darmcanals. 389 Der Enddarm bildet bei den Insecten mit gerade verlaufendem Darme den kürzesten Theil desselben. Er ist sehr häufig in zwei Ab- schnitte getrennt, von denen der zweite eine Erweiterung bildet (»Rectum«) (Fig. 142 ABr). Bei Käfern (z. B. Dytiscus) erscheint der engere Vorder- theil des Enddarmes von beträchtlicher Länge, auch bei manchen Orthop- teren, wo sich eine grössere Anzahl von verschieden weiten Abschnitten wahrnehmen lässt; am längsten endlich ist er bei den Cicaden, bei allen diesen in Windungen gelegt. Da bei manchen die dem Enddarm ange- hörigen Marricur'schen Gefässe sehr weit vorne ausmünden, gewinnt es den Anschein als ob der Enddarm zum Theile in den Mitteldarm über- gegangen sei, wenn nicht dieser Befund besser als Reduction des Mittel- darms gedeutet wird. Das erweiterte Endstück dieses Darmtheiles wird bei einer grossen Anzahl von Insecten durch papillenartig nach innen vorspringende Wülste ausgezeichnet, in denen reiche Tracheenverästelungen stattfinden. Bei den im Wasser lebenden Larven der Libellen bietet derselbe Abschnitt zahlreiche in Längsreihen geordnete Blätter mit dichten Tracheenver- zweigungen. Die Lamellen fungiren bei dem durch Oeffnen und Schlies- sen des Afters erfolgenden Ein- und Ausströmen von Wasser als Athem- apparat. (Vergl. Fig. 150 BC.) Zwischen diesen Tracheenkiemen und den papillenartigen Vorsprüngen des Enddarmes kommen mehrfache Uebergangsformen (bei Phryganeenlarven) vor, so dass hier homologe Bil- dungen zu erkennen sind. PLATEAU, F., Rech. sur les Phenomenes de la digest. chez les Insectes. Mem, Acad. Belg. XLI. Anhangsorgane des Darmcanals. I) Anhangsorgane des Munddarms. Am Darmcanale der Arthropoden sind an verschiedenen Abschnitten Drüsenorgane gesondert. In den Vorderdarm führende, als Speichel- drüsen bezeichnete Drüsen scheinen bei den Crustaceen nur wenig aus- gebildet. Es sind Gruppen einzelliger Drüsen in verschiedenen Abthei- lungen bekannt. Dagegen finden wir sie in grosser Verbreitung bei den Tracheaten, bei denen sie sogar differente Functionen besitzen können. Doch bestehen über das Verhalten ihrer Mündung bis jetzt noch wenig sichere Angaben. In wiefern sie am Munde selbst sich öffnen, oder mit dem Vorderdarm verbunden sind, ist grösstentheils unbestimmt. Doch werden auch die an Mundgliedmassen sich öffnenden Drüsen von Peri- patus (S. 265) hieher bezogen werden. Unter den Arachniden bieten die Scorpione zwei Paar gelappte Drüsen, die bei den Galeoden zum Theil knäuelförmig gewundene Schläuche darstellen, und bei den Araneen scheinen solche Organe gleichfalls nicht zu fehlen. Sehr entwickelt sind Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 19 290 II. 5. Arthropoden. die Speicheldrüsen bei den Milben, die deren mehrere verschieden ge- baute Paare besitzen, und theiise ihr Secret wahrscheinlich als Gift- stoff verwenden. Bei den Myriapoden sind einfache schlauchförmige (Julus) oder ge- lappte (Lithobius) , sogar traubig verästelte Drüsen (Scolopendra) als Speicheldrüsen gedeutet. In sehr mannichfaltiger Ausbildung sind die Speicheldrüsen bei den Insecten vorhanden, sowohl was Zahl, Form und feinere Structur be- trifft. Man wird daraus auf eine bedeutende Verschiedenheit der Function schliessen dürfen. Nur Wenigen scheinen sie gänzlich zu fehlen, wie den Ephemeriden, Libellen und Aphiden, oder sie sind nur gering entwickelt, wie bei Myrmeleoniden und Sialiden. Bei den Uebrigen erscheinen sie bald als lange gewundene Röhren, bald als gelappte oder mannichfach verzweigte Gebilde, die den Darmcanal eine Strecke weit begleiten. Häufig kommen zwei, nicht selten auch drei Paare vor, die in ihrem Baue sehr wechselnde Verhältnisse darbieten. Was die äusseren Formen und die Vertheilung derselben auf die verschiedenen Insectengruppen angeht, so erscheinen sie als ein Paar längerer Schläuche bei den Käfern, dann bei Fliegen und Schmetterlingen. Verästelte, traubenförmig gestaltete oder gelappte Formen herrschen in den Ordnungen der Hemipteren und Or- thopteren, finden sich auch mehrfach bei Käfern. 2) Anhangsorgane des Mitteldarms. $ 213. Eine andere Gruppe von Drüsenorganen sondert sich aus dem Mittel- darm. Sie werden als Leber gedeutet. Zwei durch ihre Verbindungsstellen mit dem Darme verschiedene Organe müssen hier aus einander gehalten werden. Das eine davon verbindet sich mit dem vordersten Abschnitte, in Gestalt einfacher oder verästelter Schläuche, welche bei reichlicherer Entwickelung allmählich in einen zusammengesetzten Drüsenapparat übergehen (vergl. $ 208). Die Enden dieser Schläuche erscheinen als secretorische Organe, die Ausführgänge dagegen bilden durch ihr weites Lumen dem Darme zugehörige Räume. Das Organ hat sich also noch nicht vollständig vom Darme differenzirt. Die Branchiopoden, und unter diesen besonders die Phyllopoden, weisen diese Einrichtung auf; einige besitzen jederseits einen einfachen oder verästelten Blindschlauch (Fig. 136 h), an- dere zeigen ihn in eine Leber umgewandelt (Limnadia, Apus), die vor- wiegend im Kopfschilde ihre Ausbreitung, nimmt. Aehnliche Organe be- sitzen die Cirripedien. Bei den Arthrostraken sind diese Blindschläuche (Fig. 143 A h) lange, nach hinten verlaufende Organe von verschiedener Zahl. Verästelungen fehlen, werden aber durch die Ausdehnung der Länge compensirt. Unter den Thoracostraken erscheinen sie bei manchen Schizopoden jenen ähnlich, bei den meisten dagegen, wie bei allen Deca- Anhangsorgane des Darmcanals. 291 poden, stellen sie ein Paar den Cephalothorax ausfüllende, in büschelför- mige Gruppen vertheilte Drüsenmassen (Fig. 143 B h) vor. Da sie bei den Larven der Decapoden als einfache Ausstülpungen der Darmwand erschei- nen, ist zweifellos, dass sie nur weiter entwickelte A Stadien jener bei vielen Entomostraken einfacheren Schläuche sind. Eine zweite Form die- ser Leberorgane ist von der ersten durch grössere An- zahl der Einzeldrüsen und durch die weiter nach hin- ,} ten verlegte Einmündung in den Mitteldarm unter- schieden. Andeutungen hierfür bestehen bereits bei Copepoden in mehr- fachen auf einander fol- Fig. 143. Darmeanal und Leber von Crustaceen. A von Oniscus, Bvoneiner Palinuruslarve (Phyllosoma). genden Ausbuchtu ngen des v Kaumagen. i Chylusmagen. a After. h Leberschläuche. ! Mitteldarms. Wir finden sie ausgebildeter bei einzelnen Isopoden (Bopyrus), wo sie den ganzen Mitteldarm als paarweise angeordnete, verzweigte Drüsenbüschel besetzen. Aehnlich besteht auch bei den Stomapoden eine grössere Anzahl (10 Paare) gelappter Drüsenbüschel an der ganzen Länge des Mitteldarms. Beide Formen können nicht direct von einander abgeleitet werden, da in der zweiten die bei der ersten die Drüsen tragende Stelle derselben entbehrt. In einer gemeinsamen Stammform mögen beiderlei Organe ver- einigt gewesen sein. Wir können uns hiefür den ganzen Mitteldarm mit Aussackungen besetzt denken, von wo aus zwei Drüsenreihen sich ent- wickeln, bei der einen kommt nur das vorderste Drüsenpaar zur Ausbil- dung, bei der andern bleibt das vorderste Paar unterdrückt und es ent- wickeln sich die hinteren in verschiedener Anzahl. Diese hinteren Drüsen zeichnen als zwei Paare verzweigter Büschel den Mitteldarm der Pöcilo- poden aus. Aehnliche Differenzirungen der Darmwand kommen unter den Tra- cheaten nur den Arachniden zu. Sie werden als erst in dieser Abthei- lung erworbene Bildungen zu beurtbeilen sein. Die vorderen entwickeln sich nicht allgemein zu Drüsenorganen, sondern beharren als mehr oder minder weite Taschen und Schläuche, wie dieselben als Magenblindsäcke bereits des näheren geschildert sind ($ 209). Bei den Opilioniden kommt denselben eine exclusiv drüsige Bedeutung zu. Bei Scorpionen und Ara- neen münden in den hinteren Theil des Mitteldarms gesonderte Drüsen- büschel ein. Zwei bis drei Paar sind bei den Araneen (Fig. 137 A), fünf Paare bei den Scorpionen beobachtet. h Ge WE N z a 49* 292 II. 5. Arthropoden. Den Myriapoden wie den Insecten fehlen diese Anhänge des Mittel- darms, und die Gleichartigkeit dieses Darmabschnittes zeigt, dass an ihm auftretende Ausbuchtungen eine nur seeundäre Bedeutung haben. 3) Anhangsorgane des Enddarms. $ 214. Bei der meist nur geringen Länge des Enddarms werden mit ihm gesonderte Drüsen kaum noch Secrete liefern, die für die Verdauung oder Aufsaugung von Bedeutung sind. Ihr Secret wird sich mehr in die Reihe der Auswurfsstoffe stellen. Da auch der chemische Nachweis geliefert ist, dass diese Stoffe den Harnausscheidungen der Wirbelthiere an die Seite zu stellen sind, dürfen wir die bezüglichen Organe als Excretions- organe bezeichnen, womit jedoch ihren Beziehungen zu andern Func- tionen, die sie in einzelnen Fällen besitzen, kein Eintrag geschehen soll. Bei den Crustaceen finden sich am Enddarme in einzelnen Fällen Blindsackbildungen vor, z. B. bei CGopepoden-Larven, doch kann über ihre Bedeutung kein sicheres Urtheil abgegeben werden. Wahrscheinlich ist, dass die in der Darmwand vorkommenden CGoncremente excretorischer Natur sind. Bei den Tracheaten sind allgemein exeretorische Drüsenorgane in Verbreitung, die als Ausstülpungen des Darms entstehen, und als lange, einfache oder verzweigte Ganäle erscheinen, die oft vielfach gewunden oder schleifenförmig am Darmeanale aufgereiht sind, und in den letzten erweiterten Abschnitt des Darmcanals, fast immer hinter dem Mitteldarme, ausmünden. Es sind die Malpighi’schen Gefässe, oder, mit Be- ziehung auf ihre Function, die Harncanäle. Da sie mit der vom Ecto- derm gebildeten Anlage des Enddarmes entstehen, wird es nicht unwahr- scheinlich, dass sie ursprünglich auf die Körperoberfläche mündeten, oder von Organen dieses Verhaltens herstammen. Die Zweizahl dieser Ganäle kehrt in allen Abtheilungen wieder, manchmal in der Vereinigung der Ausmündung zahlreicher Canäle ausgedrückt, daher kann in dieser Zahl ein primitives Verhalten erkannt werden. Unter den Arachniden sind sie bei den Scorpionen einfache, zwischen den Leberlappen verlaufende Canäle, von denen ein Paar Verästelungen besitzt. Vielfach verästelt und zu einem Netze verbunden sind die Harn- canäle der Araneen, bei denen sie sich in zwei gemeinsame Ausführgänge (Fig. 137 e) vereinigen und mit diesen in den weiten Enddarm oder den Blindsack desselben ausmünden. Zwei lange und vielfach gewundene Ga- näle stellen sie bei den Opilioniden vor, und ähnlich erscheinen sie bei den Milben, zuweilen gleichfalls mit Verästelungen versehen. Eine ebenfalls geringe Anzahl einfacher Harngefässe kommt den My- riapoden zu, ein Paar den Juliden und zwei Paare den Scolopendern. Sie schliessen sich nicht nur durch ihre Zahl und einfache Bildung, sondern Anhangsorgane des Darmcanals. 293 auch durch ihre Anordnung am Darmcanale den entsprechenden Organen vieler Insectenlarven an. Die grösste Mannichfaltigkeit in Zahl, Anordnung und speeieller Bil- dung herrscht bei den Harngefässen der Insecten. Unter den Apteren sind sie bei den Collembola vermisst, auch bei manchen Thysanuren (Cam- podea), sind dagegen bei Lepisma in der Vierzahl vorhanden. Die Func- tion der Harncanäle ist namentlich bei den Inseeten mit vollkommener Verwandlung während des Larvenzustandes eine gesteigerte, wie sich nicht allein aus der mächtigen Ausbildung dieser Organe (Fig. 139 vm), sondern auch aus der während des Puppenzustandes sich massenhaft im Enddarme ansammelnden Harnmenge ergibt. Diese Erscheinung entspricht also gerade jener Periode, in welcher mit der Ausbildung des vollkom- menen Körpers die intensivste plastische Thätigkeit im Organismus zur Aeusserung kommt. Dass die Function der Malpighi’schen Ganäle der Insecten nicht ausschliesslich in der Harnabsonderung zu suchen ist, dass vielmehr eine ältere Annahme, die in ihnen galleabsondernde Organe er- blickt, nieht ganz unberechtigt ist, ist durch das Vorkommen verschieden gebauter Strecken dieser Canäle, sowie durch die Verschiedenheit des Secretes an jenen Strecken begründbar. Die braungelbliche oder weissgelbliche Färbung der Harncanäle rührt von den in den Zellen der Canalwand abgelagerten Stoffen und erscheint um so intensiver, je reichlicher die Secretion von Statten geht. Zwei Paare mit einander verbun- dener Harncanäle besitzen die meisten Dipteren (Fig. 142. B. um) und Hemipteren ; sechs trifft man bei Schmetterlingen, bei vielen Netzflüglern, sowie bei manchen Pseudoneuropteren (Ter- miten) an; vier bis sechs sind bei den Käfern vorhanden; eine grosse Anzahl kurzer Harn- canäle zeichnet die Hymenopteren aus, so dass bei diesen, sowie auch bei vielen Orthopteren (Fig. 142. A. vm) Hunderte derselben getroffen werden. Verästelungen kommen im Ganzen selten vor; dagegen finden sich häufig schlingen- föormige Verbindungen zwischen den Enden der einzelnen. Die Ausmündung findet je nach der Länge des Enddarms an scheinbar sehr ver- schiedenen Stellen statt. Sehr weit nach vorne | münden sie bei den Cicaden, Fliegen und Fig 144 Stück eines Mar- . . pıGHr’schen Gefässes von Schmetterlingen. Auch bei den Hymenopteren mMusca vomitoria. ir Tra- ist die Mündung dicht hinter dem Mitteldarm. dheoa. kHupppy chKamn, Bei Vereinigung der Ganäle zu einem gemeinsamen Ausführgang geht auf diesen eine Ringmuskelschichte über (Gryllotalpa). Ganz selten werden zerstreute Ringfasern auch an den Secretionscanälen angetroffen (Brachinus). 294 Il. 5. Arthropoden, Bee $ 215. Mit der Differenzirung des embryonalen Körpers entsteht, wie bei den höheren Würmern, im Mesoderm ein zwischen Darm und Leibeswand sich ausdehnender Hohlraum, die Leibeshöhle, welche den Arthropoden allgemein zukommt. Von der bei den Annulaten aus der Metamerie des Körpers entspringenden Dissepimentbildung ist bei Arthropoden nichts vorhanden. Das lässt die Verwandtschaft mit den Annulaten mindestens als sehr fern liegend erscheinen. In allen Fällen bildet die Leibeshöhle einen Abschnitt des Blutgefässsystems, die bei vielen Würmern vorhan- dene vom Blute verschiedene perienterische Flüssigkeit wird daher bei den Arthropoden vom Blute repräsentirt. Von dem weder dem Ectoderm — zur Bildung der Leibeswand — noch dem Entoderm — zur Bildung der Darmwand — zugetheilten Form- elementen des Mesoderms erhält sich bei den meisten Arthropoden eine Summe von Zellen, welche nicht zu bestimmten Organen verwendet wird. Solche Zellenmassen bestehen an verschiedenen Stellen der Leibeshöhle fort und finden sich häufig, wie andere Bindesubstanz der Arthropoden, zwischen den einzelnen in die Leibeshöhle gebetteten Organen. Bald bleiben alle diese Zellen auf indifferentem Zustande, und bil- den, sich unter einander verbindend, Stränge oder Netze. In der Regel gehen jedoch in diesen Zellen Differenzirungen vor sich. Es entstehen in ihnen Fetttröpfchen,, welche entweder die Zellen gleichmässig ausfüllen, oder in grössere Tropfen zusammenfliessen, daher man diese Zellen als Fettkörper zusammenfasst. Zuweilen besitzt dieses Fett eine bunte (gelbe oder rothe) Färbung. Solche fetttropfenhaltige Zellen sind bei Krustenthieren beobachtet, besonders bei Entomostraken, wo sie zuweilen im Verhältniss zur Körpergrösse des Thieres recht ansehnlich sind, und eine constante, regelmässige Vertheilung im Körper besitzen. Letzteres gibt der Vermuthung Raum, dass diesen Fetttropfen auch eine hydrosta- tische Bedeutung zukomme. Am mächtigsten sind solche Ablagerungen bei den Insecten entwickelt, wo der Fettkörper, namentlich in den Larvenzuständen, aus ansehnlichen, mit Ausläufern unter einander verbundenen Zellen besteht, die einen grossen Theil der Leibeshöhle ausfüllen. Man darf sich jedoch keineswegs vorstellen, dass der Inhalt jener Zellen nur durch Fett gebildet wird. Dieses Gewebe ist die Ablagestätte des während des Puppenstadiums zum Theile verbraucht werdenden Materials, demnach beim ausgebildeten In- secte spärlicher vorhanden. Die Art der Verbindung der Zellen ist sehr verschieden. Sie kann eine innige sein, so dass der Fettkörper Lamellen bildet, oder zusammenhängende Lappen, welche mit Verzweigungen des Tracheensystems in Verbindung stehen ; oder die Verbindung der Zellen ist lose, und im äussersten Falle können die Zellen auch frei in der Lei- Leibeshöhle. Gefässsystem. 295 beshöhle vorkommen, wo sie nicht mit den um vieles kleineren und in- differenteren Blutzellen verwechselt werden dürfen. Die Zellen des Fettkörpers der Tracheaten dienen noch zur Ablage- rung von Excretionsstoffen, die sich als harnsaure Salze bestim- men liessen. Diese bilden Goncremente von krystallinischer Beschaffenheit, sowohl grössere, an die Nierenconcremente der Mollusken erinnernde Kugeln, als kleine Körnchen. Sie sind unter den Arachniden bei Milben, ferner bei Myriapoden (Julus, Polydesmus, Glomeris) und sehr verbreitet bei Insecten getroffen worden. Auch bei Crustaceen scheint dieses Ver- hältniss nicht ganz zu fehlen, indem Aehnliches bei Asellus beobachtet ward. Eine eigenthümliche Modification bietet der Fettkörper indenLeucht- organen der Lampyriden. Diese werden aus Platten von Zellen gebil- det, zu denen reiche Tracheenverästelungen und Nervenverzweigungen gehen. Sie werden nach innen von andern, nicht leuchtenden, aber von reichlichen Harnconcrementen durchsetzten Zellen überlagert. Die ober- flächliche Lagerung der Leuchtplatten lässt sie der Epidermisschichte (Hypoderm) zurechnen. Die Gleichmässigkeit des Cöloms in der Länge des Körpers wird durch die Muskulatur modificirt. Wo diese bedeutend entfaltet ist (im Cephalo- thorax der Grustaceen und Arachniden, wie in den Thorakalmetameren der Insecten), bleibt nur ein geringer Raum für das Cölom. Auch die Vorsprünge des Chitinskeletes rufen Aenderungen hervor, zunächst durch Bildung kleinerer Räume, besonders bei Crustaceen. Bei den Insecten wird durch Muskeln, welche bei manchen an die Bauchganglienkette sich inseriren, die Scheidung eines subneuralen Raumes hervorgerufen. Bei anderen setzen sich ähnliche Muskeln im Abdomen horizontal von einer Seite zur andern fort, und bilden damit gleichfalls die Abgrenzung eines Theils des Cöloms. Gefässsystem. $ 216. Dieses bei den Würmern zu einer hohen Ausbildung gelangte Organ- system erscheint bei den Arthropoden in manchen Beziehungen auf einer niederen Stufe, vor allem dadurch, dass die Leibeshöhle allgemein eine Strecke der Blutbahn bildet. Es besteht daher auch keine Verschieden- heit zwischen dem Blute und einer perienterischen Flüssigkeit. Bedeutendere Ausbildung bietet meist nur ein dorsalgelagerter Gefässstamm, der als Herz fungirt und dem dorsalen Blutgefässstamm der Würmer homolog zu sein scheint, von welchem einzelne Strecken gleichfalls als Herzen fungirten. Eine Verschiedenheit gibt sich in der Ablösung des Dorsalgefässes vom Darme kund. Durch den Herzschlauch wird das Blut entweder nach vorne zu bewegt, oder nach beiden Enden‘ des Körpers. Diesem dorsalen Herzschlauche der Arthropoden fehlen 296 ll. 5. Arthropoden. jedoch zuleitende Gefässe, und das in ihn eintretende Blut nimmt seinen Weg durch spaltartige venöse Östien. Wie sehr auch in einzelnen Ab- theilungen eine peripherische Bggbahn, sei es durch Fortsetzungen und Verzweigungen arterieller Gefässe, sei es durch Sonderungen gefässartiger Ganäle aus Abschnitten der Leibeshöhle, ausgebildet erscheinen mag, so kommt doch stets dicht am Herzschlauche eine aus einem Abschnitte der Leibeshöhle entstandene Sinusbildung zu Stande. Dieser »Pericardial- sinus« erscheint als ein Theil des Cöloms, und lässt die bei vielen Arthro- poden herrschende geringe Entwickelung der Blutbahn nicht als Rück- bildung aus einem vollkommneren Zustande, sondern als einen auf geringe Ausbildung sich beziehenden niederen Zustand erscheinen. Wie und ob diese einfachere Form des Gefässapparates mit den bei Würmern realisirten Einrichtungen zu verbinden ist, bleibt für jetzt noch oflene Frage. Gomplieationen der Blutbahn gehen aus der Localisirung der Athem- function hervor. Wo immer gesonderte Gefässwandungen an den Blut- bahnen fehlen, geschieht die Strömung des Blutes doch stets in bestimmter, genau eingehaltener Richtung. Die Blutflüssigkeit der Arthropoden ist in der Regel farblos, nur bei einigen Insecten erscheint sie durch Färbung des Plasma grün- lich oder roth. Die geformten Bestandtheile des Blutes sind indiflerente farblose Zellen von sehr veränderlicher Form und Grösse. Manchen (nie- dern Crustaceen) fehlen sie. Die Blutzellen der Insecten sind häufig durch ihren Reichthum an feinen Fettmolecülen ausgezeichnet, dürfen jedoch mit den oftmals gleichfalls freien Zellen des Fettkörpers nicht verwechselt werden. $ 217. Als einfachste Form eines Kreislaufsapparates besteht bei den Bran- chiaten ein kurzes schlauchförmiges Herz (vergl. Fig. 136. c von Daph- nia), welches über dem Darmcanale im Vordertheile des Körpers gelagert, durch zwei seitliche Oeffnungen Blut aufnimmt, und es durch einen vor- deren kurzen Gefässstamm den Kopforganen, speciell den Gehirnganglien zuleitet. In regelmässigen Strömen vertheilt sich die Blutmasse durch den Körper, und gelangt, an den vorzugsweise der Athemfunction dienenden Theilen vorbei, wieder zum Herzen, wo sie durch dessen Spaltöffnungen aufgenommen wird. Diese Form des Circulationsorgans charakterisirt Copepoden und Gladoceren, kommt aber auch den Larvenzuständen der höheren Ordnungen zu und findet sich selbst mit wenigen Modifieationen bei Entwickelungszuständen der Decapoden. Deshalb können die ein- fachen Formen nicht als Rückbildungen complieirterer gedeutet werden. Der Kreislauf ist ein rein lacunärer, und ausser dem Ansatze zu einem nur selten mehrfach verzweigten, vorderen Arterienstamme existiren keinerlei Gefässe. Bei manchen Copepoden (Corycaeiden) wie bei Cirri- pedien sind Gireulationsorgane vermisst worden. Gefässsystem, 297 Eine weitere Entwickelung zeigt das Herz bei den Phyllopoden. Es erscheint als längerer Schlauch, der eine mehrfache Wiederholung des einfachen Herzens der Daphnien bildet, indem er eine Mehrzahl von venösen Östien (bis zu 20 Paaren bei Artemia) besitzt. Der Herzschlauch ist somit in einzelne Kammern gegliedert, diese entsprechen aber nicht genau den Metameren,, vielmehr trifft eine grössere Anzahl der letzteren auf je eine Kammer. Die Gliederung erscheint damit als eine selbstän- dige, was vielleicht als eine spätere Einrichtung anzusehen ist. Nur an dem vordersten Ende geht ein Arterienstamm hervor und übergibt das Blut der Lacunenbahn der Leibeshöhle. Das Herz der Arthrostraken durchzieht einen grossen Theil der Länge des Körpers bei den Amphipoden und Isopoden, bei ersteren in den auf den Kopf folgenden Metameren gelagert, bei letzteren weit nach hinten gerückt. Entweder wird nur ein vorderes Gefäss, oder auch noch ein hinteres entsendet. Verzweigungen kommen nur ersterem zu und sind auf die Kopfgegend beschränkt. Die Zahl der Ostien ist bei Amphipoden sehr verschieden (Phronima hat 3, Caprella 5, Gammarus 7 Paare). Einen einfachen Herzschlauch mit nur zwei seitlichen Ostien besitzen die Larven der Thoracostraken und damit knüpfen sie an die oben erwähnte Einrichtung an. Hieraus hervorgehende complicirtere Formen laufen nach zwei Richtungen aus. Die eine davon repräsentiren die Sto- mapoden, deren Herz sich in die Länge streckt, und unter Vermehrung der venösen Ostien anfänglich nur nach vorn und hinten einen Arterien- stamm absendet. Da nur die vordere Arterie sich verästelt, die hintere dagegen eine weite offene Mündung besitzt, so wird dadurch eine Wie- derholung der bei den Arthrostraken vorhandenen Einrichtung gegeben, bis in höheren Stadien nicht blos die vordere und die hintere Arterie reichlichere Verzweigungen bilden, sondern auch vom Herzen selbst eine grössere Anzahl seitlicher Arterienstämmchen abtreten. Den zweiten Typus bieten die Schizopoden und Decapoden. Das Herz hat auch bei dem Besitze mehrerer Ostienpaare eine concentrirtere Gestalt; eine Theilung des Binnenraumes in aufeinander folgende Kam- mern ist nicht mehr unterscheidbar. Die anfängliche Gliede- rung ist in eine einheitlichere Bildung übergegangen. Auch in der Lage der mehrfachen Spalten ist dieses Verhalten ausge- drückt: sie folgen sich nicht mehr gleichmässig, sondern sind verschie- denartig gruppirt. Das Herz der Larven tritt jedoch als ein dünnwandiger Schlauch auch hier nur mit Einem Spaltenpaare auf, und setzt sich nach vorne und hinten in einen einfachen Gefässstamm fort. Der vordere theilt sich in drei Aeste, die bei Verkürzung des Stammes auch unmittelbar vom Herzen entspringen, der hintere bleibt einfach. Das Herz erscheint entweder nur vorübergehend langgestreckt, oder sogleich in einer mehr gedrungenen Form. Seine Lage hat es sowohl bei Schizopoden als Deca- poden im hinteren Theile des Gephalothorax. Auch an der arteriellen Blutbahn bilden sich neue Abschnitte, wäh- 298 II. 5. Arthropoden. rend der ganze venöse Theil nur durch Lacunen vertreten wird. Auf dieser Stufe bleibt das Gefässsystem der Schizopoden stehen (Mysis), während die Decapoden die @#%elnen Stadien der Schizopoden ontoge- Fig. 145. [Schematische Darstellung des Circulations- apparates vom Hummer. o Auge. ae Laterale An- tennen., ai Mediale Antennen. br Kiemen. c Herz. pc Pericardium. ao Mediane vordere Körperarterie. aa Leberarterie. ap Hintere Körperarterie. a Stamm der Baucharterie.. av Vordere Baucharterie. v Ven- traler Venensinus. v br Kiemenvenen. — Die Pfeile deuten die Richtung der Blutströme an. netisch durchlaufen. An der ausgebildeten Form eines lang- schwänzigen Decapoden finden wir den muskulösen Herz- schlauch (Fig. 145. c) von einem deutlich ausgebildeten Pericardialsinus (pc) umgeben, aus welchem das Blut durch drei Paare symmetrisch ver- theilter Spaltöffnungen in erste- ren tritt. Vom Herzen entsprin- gen drei vordere Arterienstämme und ein hinterer Stamm. Der vordere mediane (ao) verläuft ohne bedeutende Verzweigung zu Gehirn und Augen (0), die beiden seitlichen (aa) vertheilen Aeste an Geschlechtsorgane, Leber und Antennen. Der vom hinteren Ende des Herzens ab- gehende Arterienstamm theilt sich in zwei über einander lie- gende Aeste, die auch getrennt vom Herzen entspringen können. Der dorsale (ap) versorgt, bei Brachyuren gabelförmig gespal- ten, die Muskulatur des Rückens und Schwanzes. Der ventrale Ast (a) wendet sich sogleich nach seinem Ursprunge abwärts, und theilt sich in einen nach vorne und einen nach hinten laufenden Zweig, welch’ beide vorzüglich für die Gliedmassen bestimmte Verzweigungen ab- senden. Ausser dem hinteren medianen Arterienstamme fin- den sich zuweilen noch zwei kleinere vor. Das sehr ent- wickelte Gapillarsystem geht all- mählich in rückführende Canäle (Körpervenen) über, welche sich zunächst auf der ventralen Seite in mehrere Stämme sammeln, und damit (v) in Gefässsystem. 299 eipen weiten an der Kiemenbasis (im sogenannten Sternalcanal) gelegenen Ventralsinus sich vereinigen. Jede Kieme (br) erhält von da aus ein zu- führendes Gefäss (Kiemenarterie). Aus den Kiemen gelangt das Blut in Kiemenvenen (vbr), deren jederseits 6—7 zum Pericardialsinus empor- steigen und dort häufig trichterförmig erweitert münden. Als besondere Differenzirungen des Herzens sind die Klappen der venösen Ostien anzusehen, die an den langgestreckten Herzformen zur Scheidung in einzelne Kammern beitragen. Mehrere dieser verschiedenen Formzustände vereinigt der Circula- tionsapparat der Pöcilopoden, deren langgestrecktes Herz in einem Pericardialsinus liegt, und von daher durch 7 Ostienpaare Blut empfängt, aber nicht blos vorne und hinten, sondern ähnlich wie bei Stomapoden auch seitlich Arterienstämme entsendet. $ 218. Die Kreislaufsorgane der Tracheaten zeigen mit jenen der Grustaceen mit langgestrecktem, vielkammerigem Herzen einige Uebereinstimmung, und die Verschiedenheiten begründen sich mehr auf den Grad der Ent- wickelung eines vom Herzen ausgehenden Gefässsystems. An diesem macht sich wiederum eine Beziehung zu den Athmungsorganen geltend, indem eine Beschränkung der letzteren auf kleinen Raum von einer voll- kommeneren Entfaltung von Blutgefässen begleitet wird, indess die Ver- theilung von respiratorischen Organen im ganzen Körper mit geringerer Ausbildung der Arterien sich verbindet. Auch die Protracheaten scheinen sich hierin anzuschliessen. Der Cireulationsapparat von Peripatus wird, soweit bis jetzt be- kannt, durch ein »Rückengefäss« vorgestellt, ähnlich dem bei Insecten bestehenden, so dass hier im Vergleiche mit den andern Tracheaten die einfachsten Verhältnisse vorkommen. Das Rückengefäss bietet an seiner Unterfläche in der Medianlinie eine Reihe von Spalten, und scheint sich in Uebereinstimmung mit den Myriapoden längs des Körpers zu erstrecken, indess es bei Insecten auf das Abdomen beschränkt ist. Es wird hier durch »Flügelmuskeln« (Fig. 146 m) an die Leibeswand, zuweilen auch (bei Muscidenlarven) an Tracheen befestigt. Es besitzt eine, bei Larven äusser- lich oft sehr wenig deutliche Theilung in Kammerabschnitte,, eine Meta- merie, die auch durch die Anordnung jener Muskeln, theils durch die Lagerung der spaltenförmigen venösen Ostien ausgedrückt ist. Die Schwankungen in der Zahl dieser Kammern sind nicht sehr bedeutend, bei den meisten stellt sie sich auf acht, selten sich darüber erhebend, häufiger darunter sinkend. Diese Verhältnisse bedürfen jedoch noch sehr genauerer Prüfung. Das durch die Ostien in den Herzschlauch aufge- ‚nommene Blut wird durch die Kammersystole nach vorn 'getrieben, ge- langt somit von Kammer zu Kammer, und von der vordersten in die Körperarterie, wobei die als Klappen fungirenden taschenförmigen Ein- stülpungen der Ostienränder den Rücktritt verhindern. 300 ll. 5. Arthropoden. Die Körperarterie (Fig. 146. a) ist die unmittelbare Fortsetzung des Herzens, welches im Vergleiche mit den Myriapoden die thoracalen Meta- meren®rlassen hat. Die Arterie verläuft gerade nach vorn gegen das Gehirn, in ihrem näheren Ver- halten noch keineswegs genau bekannt. Ob eine für einzelne Insecten angegebene Verzweigung des Vor- derendes eine allgemeine Erscheinung ist, bleibt un- entschieden. Jedenfalls durchläuft das Blut sehr bald eine lacunäre Bahn zwischen den einzelnen Organen in regelmässigen Strömen, wie an durch- sichtigen Insectenlarven leicht zu beobachten ist, und sammelt sich wieder in der Nähe des Herzens zum Eintritte in die venösen Ostien an. Auf diesem Wege sind die einzelnen Bahnstrecken zuweilen so scharf abgegrenzt, dass z. B. in den Gliedmassen gefäss- artige Räume zu entstehen scheinen. Indem die Flügelmuskeln nicht unmittelbar an die Herzwand, sondern an besondere dieser auflie- Fig. 146. Herz von Me- S 3 ® j Ri lolontha. a Arterie gende Zellen sich ansetzen, und sich zugleich in ein aus der vordersten Kam- das Herz umgebendes Maschenwerk verflechten, ent- mer entsprängend. m Eli steht darunter ein Hohlraum, der einem Pericardial- zelmuskeln. (Nach Bur- E 3, : ; MEISTER.) sinus ähnlich ist. $ 219. ‘Am Herzen der Myriapoden äussert sich durch die gleichartige Ausdehnung in der ganzen Körper- länge und die beträchtliche Ver- mehrung der Kammerzahl ein engerer Zusammenhang der äusse- ° ren Gliederung des Körpers mit der inneren Organisation und darin kann ein niederer Zustand erkannt werden. DieKammern (Fig. 147. K) sind wieder durch Klappen, an den einzelnen venösen Ostien (0) von | einander abgegrenzt, und werden durch ansehnliche Flügelmuskeln (m) befestigt. Von jeder Kammer gehen paarige besonders bei Scolo- Fig. 147. Kopf und zwei Körpersegmente von Sco- pendern ausgebildete Arterien- lopendra mit/dem vordersten Abschnitte des “ F a Blutgefässsystems. C Kopf. @ Öberes Schlundgang- stimme für die betreffenden Meta-, lion (Gehirn). O Augen. M Mandibeln. A Antennen. meren hervor. Im Vergleiche zu den K Kammern des Herzens. m Flügelmuskeln. o Ve- Insecten liegt darin eine Weiter- nöse Ostien. a Laterale Arterien. b Arterienhogen, E k - - c Kopfartarie. (Nhbh NEWHORT bildung. Diese Arterien entspringen Gefässsystem. 301 fast in gleicher Höhe mit den venösen Ostien. Bei den Juliden sind sie doppelt, da jede Kammer aus zwei ursprünglich getrennten verschmilzt. Aus der vordersten Kammer entspringen drei Stämme, deren mittlerer (c) sich im Kopfsegmente verbreitet, während die beiden seitlichen (b) den Oesophagus umfassen. Aus ihrer Vereinigung bildet sich ein grösserer, dem Bauchmarke aufliegender Stamm, der wie bei den Scorpionen bis zum letzten Ganglion der Bauchkette verläuft und zahlreiche Aeste absendet. $ 220. Bei den Arachniden treffen wir die Scorpione mit dem complieir- testen Circulationsapparate ausgestattet. Das von einem Pericardialsinus umgebene Herz erscheint im Einklange mit der Leibesform der Thiere be- _ trächtlich in die Länge gestreckt und in 8 Kammern getheilt, die durch seitliche Muskeln (Flügelmuskeln) befestigt “werden. In jede Kammer führt ein Paar dem Rücken zugewendeter Spalten (venöse Ostien), durch nach innen vorspringende Klappen verschliessbar. Vorne wie hinten gehen arterielle Gefässe als directe Verlängerungen des Herzens ab, wo- von das vordere Gefäss, die Kopfarterie, in den CGephalothorax eintritt, indess das hintere zum Schwanze verläuft. Ausserdem entspringt, wie bei Myriapoden, eine An- zahl lateraler Arterien dicht an den venösen Ostien und vertheilt sich an die benach- barten Organe. Von den zahlreichen, der -Kopfarterie entstam- menden Aesten stellen _ zwei einen den Oeso- _ phagus umgebenden _ Gefässring dar, von _ welchem sich eine _ rücklaufende Arterie - (Arteria supraspinalis) auf dem Bauchmark bis zu dessen Ende unter Abgabe reich- licher , Zweige. er- streckt. Das venöse Fig. 148. Cireulationsorgane von Lyceosa. A Das Thier von oben, Blut sammelt sich Bin seitlicher Ansicht. o Augen. 123456 Gliedmassen. P Lunge, ähnlich wie bei den C Herz. ov Venöse Ostien des Herzens. Die Pfeile deuten die Rich- tung des Blutstroms an. (Nach ÜLAPAREDE.) höheren Crustaceen in einem der Bauchfläche dicht aufliegenden Behälter und wird von diesem _ aus zu den Athmungsorganen geführt. Ehe das Blut von daher in das - Herz gelangt, passirt es den Pericardialsinus. 302 II. 5. Arthropoden. Bei den übrigen Arachniden erscheint der mehrkammerige Herz- schlauch in redueirter Form und erinnert an die Verhältnisse der Insecten. Er liegt stets im Abdomef#® bei den Araneen und Opilioniden mit drei Paaren seitlicher Ostien, durch die er in Kammern geschieden wird. Von der vordersten Kammer setzt sich eine Arterie in den Gephalothorax fort, welche bei Lycosa sich in zwei Aeste spaltet (Fig. 148) und von jedem derselben Zweige für die Augen und für die Gliedmassen entspringen lässt. Die hinterste Kammer öflnet sich am Ende des Abdomens, der hier sich ergiessende Blutstrom entspricht demjenigen, welcher bei den Scor- pionen durch die Caudalarterie vertheilt wird. Bei dem Mangel eines Pericardialsinus findet das Blut sowohl auf dem Wege zu den Athem- organen, als auch von diesem zum Herzen nur lacunäre Bahnen vor. Unter den Pyenogoniden ist dieser Apparat nur auf ein dreikamme- riges Herz beschränkt, zu wtlchem zwei Östienpaare führen, und bei den Milben scheint sogar das Herz nicht zur Entwickelung zu kommen. Exceretionsorgane. gs 221. Der bei den Würmern in den Schleifencanälen bestehende Apparat findet sich in modifieirter Form bei den Grustaceen wieder. Von den ihn darstellenden Organen besteht das eine aus einem gewundenen, unter dem Integumente des Kopfes gelegenen Schlauche, der an der Basis des zweiten (äusseren) Antennenpaares ausmündet. Bei den Entomostraken ist dieses Organ auf das Larvenleben beschränkt, und da in den meisten Abtheilungen nachgewiesen. Vielleicht erhält es sich bei den Cirripedien in den sogenannten »Cementdrüsen«, welche bei den Lepadiden im Stiele lagern und am untern Stielende münden, bei den Balaniden zu einem eigenthümlichen Drüsencomplexe umgestaltet sind. Persistent ist das Or- gan bei den Thoracostraken, als »grüne Drüse« beim Flusskrebs bekannt. Ein zweites hieher gehöriges Drüsenorgan besteht gleichfalls bei den Entomostraken, fehlt aber den höheren Krustenthieren. Es liegt in der mantelartigen Duplicatur des Integumentes als ein schleifenförmig ange- ordneter heller Canal, der unter dem Mantel ausmündet (vergl. Fig. 136 9). Wegen der Lagerung unter der Schale wird das Organ als Schalen- drüse bezeichnet. Nach innen ist es blind geendigt. Es bestehen demnach bei den Krustenthieren zweierlei hierher gehö- rige Drüsenorgane, deren Homodynamie jedoch zweifelhaft erscheint. Das zweite Organ dürfte den schleifenförmigen Excretionsorganen der Würmer homolog sein, und so von einer gemeinsamen Stammform her sich fort- gesetzt haben, mit Aufgabe seiner metameren Bedeutung. Diese in ihren functionellen Beziehungen noch nicht sicher zu be- urtheilenden Organe, von denen nur die grüne Drüse bestimmter als nierenartiges Excretionsorgan sich darstellt, werden bei den Tracheaten Excretionsorgane. Tracheen. 303 vermisst. Die Function der Excretion wird hier von Organen übernom- men, welche als Harncanäle oder Marricnt’sche Gefässe unter den An- hangsgebilden desEnddarmes ($ 214) ihre anatomische Darstellung fanden. Tracheen. $ 222. Die Leibeshöhle der Protracheaten und Tracheaten durchzieht ein luftführendes Röhrensystem, welches, soweit die bis jetzt bekannten That- sachen tragen, von Integumentarorganen abzuleiten ist. Von grösster Bedeutung ist hiefür das Verhalten dieser Organe bei Peripatus, wo unregelmässig vertheilte Büschel feiner, mit Luft gefüllter Röhren sich an der inneren Fläche der Körperwand, aber auch zu den Oviducten wie an Vorder- und Enddarm verbreiten. Diesem Zustande stellten sich die Einrichtungen der Tracheaten gegen- über, bei denen die Tracheen eine regelmässige Anordnung darbieten, symmetrisch vertheilt sind. Sie be- stehen aus einer äusseren Zellen- schicht (Fig. 149. a), die innen von einer mit dem Integumente in Zusam- menhang stehenden Chitinhaut ausge- kleidet wird. Die Chitinschichte ist die wesentlichste Bedingung der Ela- stieität, und bietet unter Zunahme der letzteren verdickte Stellen in Form eines ins Tracheenlumen vorspringen- den Spiralfadens. An einzelnen Stellen bilden die Tracheen sackförmige Er- weiterungen, dann ist jene spiralig angeordnete Verdickungsschichte un- terbrochen, d. h. ihre Ablagerung ist nur an einzelnen, unzusammenhän- genden Stellen erfolgt. Diese Chitin- schichte stellt mit ihren Spiralleisten keine specifische Einrichtung vor, denn an den Ausführgängen vieler Drüsenapparate der Tracheaten besteht ein ganz ähnlicher Bau. Die äusseren Oeffnungen (Sig. HE, Hi, 4 Sek sn: Trchsontannes mata) der Tracheen sind bei der regu- a Epithelartige Zellenschichte. d Kerne. lären Anordnung paarig zu beiden Seiten des Körpers in wechselnder Zahl gelagert und können an jedem Körpersegmente vorhanden sein. Jedes Stigma stellt eine quer ovale, von ringförmiger Verdickung des äusseren Chitinskeletes umgebene Spalte m) RR —_ \ 304 dal. Arthropoden. vor, die durch Klappenvorrichtungen geöffnet oder geschlossen werden kann. Besondere Muskeln ee einen Verschluss. Der vom Stigma abgehende Tracheenstamm lös"sich früher oder später in ein Büschel kleinerer Aeste auf, aus denen feinere, die Organe umspinnende Zweige hervorgehen. Die Art der Verzweigung wie die Länge und Stärke der Aeste ist sehr verschieden. Durch Verbindung einzelner Tracheenstämme unter einander kann ein längs oder quer gerichtetes Röhrensystem den Körper durchziehen, aus dem erst secundär feinere Verzweigungen ent- springen. Durch die Tracheenverbreitung im Körper ergeben sich die Ath- mungsverhältnisse der Tracheaten von denen der Branchiaten wesentlich verschieden. Das zu respirirende Medium wirdsim Organismus vertheilt, und nicht nur die überall die Tracheen umspülende Blutflüssigkeit kann den Gasaustausch vollziehen, sondern selbst an den Geweben kann ein unmittelbarer Athmungsact stattfinden, da die Tracheenvertheilung bis in diese hineindringt und sogar zu den Formelementen in Beziehungen tritt. Vergl.Fig. 144. ir.) Das gilt jedoch nicht für alle Fälle, indem durch eine Reduction der Tracheen eine Beschränkung und engere Begrenzung der respiratorischen Stellen stattfindet und damit die diffuse Athmung zu einer localen wird. Das Blut hat dann, wie bei den Kiemen, die Athmungs- organe aufzusuchen. In dieser Weise beeinflusst das Verhalten der Tra- cheen den Kreislauf. Ausser der Athmung dient das, mit Luft gefüllte Röhrensystem der specifischen Erleichterung des Körpers und ist in dieser Beziehung bei den im Wasser lebenden Zuständen der Insecten von nicht minderem Belange als bei jenen, die des Fluges sich erfreuend, durch besondere Vorrichtungen eine Vermehrung oder Minderung des Luftvolums im Tracheensystem bewerkstelligen können. g 223. [837 In der Anordnung des Tracheensystems findet sich eine bedeutende Mannichfaltigkeit, die jedoch von der oben erwähnten einfachen Form büschelförmig verzweigter, jedem Metamer zu einem Paar zukommender Tracheen sich herleiten lässt. Die metamere Vertheilung dieser Organe scheint auch auf die Kopfsegmente stattgefunden zu haben, da in der On- togenie mancher Insecten auch an jenen Metameren die vom Ectoderm gebildeten Anlagen von Tracheen beobachtet sind. Vondiesen Anlagen erhält sich keine bei den lebenden Tracheaten, was wohl mit der Entstehung des Kopfes in Zusammenhang steht. Für die folgenden Metameren ist gleichfalls durch eine, wenigstens für einzelne Fälle nachgewiesene Rück- bildung der Tracheenstämme eine Minderung deren Anzahl erkennbar. Bei den Myriapoden ist die Gleichartigkeit der Tracheen im gesamm- ten Körper bei aller Verschiedenheit in den einzelnen Ordnungen die Regel, Die entweder an der Bauchfläche oder mehr lateral, bei einigen sogar dorsal (Scutigera) gelagerten Stigmata führen in Tracheenstämme, die nach Tracheen. 305 der Zahl der Metameren vertheilt sind. Am einfachsten verhalten sich die Tracheen bei Julus. Von jedem Stigma geht ein Tracheenbüschel ohne jede Verzweigung zu den Eingeweiden. Bei Glomeris dagegen bieten die Tracheen Verzweigungen dar, und bei den Chilopoden gehen sie sowohl Längs- als Queranastomosen ein, und erreichen damit eine ähnliche An- ordnung wie bei vielen Insecten. Unter den Insecten scheint bei einem Theile der Aptera eine Rück- bildung der Tracheen eingetreten zu sein. Sie fehlen den Gollembola fast völlig, indem nur bei Smynthurus zwei prothoracale Tracheen beobachtet sind. Unter den Thysanuren sind sie zu drei Paaren bei Campodea vor- handen (Fig. 150) und zwar im Meso- und Meta- thoracalsegment, sowie dem ersten Segmente des Abdomens angehörig. Der Mangel an Anastamosen lässt die niedere Stufe erkennen, die bei den andern überwunden ist. Meist bestehen 10 Stigmenpaare. Diese sind auch für die Pterygota die höchste Zahl des Imagozustandes, nachdem für manche Larven 11 Stigmen vorauszusetzen sind; denn auch das erste Rumpfmetamer ist hier zuweilen mit einem Stigma versehen, welches sonst allgemein in Wegfall gekom- men ist. Allgemein fehlen Stigmen den beiden letzten Metameren. Diese Stigmen sowie die davon aus- gehenden Tracheenstämme sind aber keineswegs immer vollzählig. In grossem Wechsel des Befundes erscheinen bald da bald dort Stigmenpaare in Rück- bildung, so dass nur 3 oder 2 derselben sich offen erhalten. Sie liegen beim Imago meist in der weiche- ren, die Körpersegmente verbindenden Membran, am Fig. 150. Vordere Körper- Abdomen zuweilen so weit dorsal gerückt, dass sie hälfte von Campodea A 3 fragilis. s Stigmen. von den Flügeln bedeckt werden (Coleoptera). Die Zahl Nachs Paris) und Anordnung der Tracheen des Imagostadiums ent- spricht nicht jener der Puppen oder der Larven. Die Verschiedenheit der in beiden Zuständen waltenden äusseren Lebensverhältnisse beherrscht die Einrichtungen dieses respiratorischen Röhrensystemes. Die Ausbil- dung von Anastomosen, sowohl der Quere als der Länge nach, sorgt für eine gleichmässige Vertheilung des zu respirirenden Mediums. Bei Re- duction der Stigmenzahl gewinnen die Längsstämme eine grosse functio- nelle Bedeutung, indem sie den stigmenlosen Körperstrecken Tracheen- verzweigungen senden. Sowohl auf Strecken der Hauptstämme wie der Aeste und Zweige können sich die obenerwähnten Tracheenblasen bilden, deren Entfaltung mit der Ausbildung des Flugvermögens in Cau- salnexus steht. In ausserordentlicher Anzahl findet man sie bei Käfern (Lamellicornier), minder zahlreich, aber umfänglicher treten sie bei Schmetterlingen, Hymenopteren und Dipteren auf, bei letzteren zuweilen durch ein grosses, fast das Abdomen füllendes Blasenpaar repräsentirt. Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 30 306 II. 5. Arthropoden. Da die Entfaltung des Tracheensystemes an die Luftathmung und da- mit an den Aufenthalt ausserhalb_des Wassers geknüpft ist, werden die bei vielen Insecten durch den Mfenthalt der Larven oder der ausgebil- deten Stadien im Wasser bedingten Modificationen als secundäre Einrich- tungen aufzufassen sein. Es sind Anpassungen an die geänderte Lebens- weise. So besteht bei manchen Dipterenlarven nur ein Stigmenpaar am Hinterleibsende (Corethra). In noch weiter ausgebildeter Anpassung geht vom Abdomen im Wasser lebender Hemipteren (Nepa, Ranatra) eine Athemröhre aus. 224. Die Anpassung an den Aufenthalt im Wasser verknüpft sich im höchsten Grade ihrer Ausbildung mit einer Rückbildung aller Stigmen und der von ihnen ausgehenden Tracheenstämme. Daraus geht das ge- schlossene Tracheensystem hervor, welches die Larven der amphi- biotischen Pseudoneuropteren auszeichnet. Hier bestehen die auch beim offenen Tracheensystem vorkommenden Längsstämme als die ANDRE des Apparates. Sie verzweigen sich sowohl nach den Eingeweiden (Darm) wie nach der Leibeswand. An beiden Theilen rufen sie die Ausbildung von Organen hervor, an denen der Austausch der Gase vor sich geht. Die Beziehungen dieses geschlossenen Tracheensystems zum offenen erhellen aus dem Vorkommen von Strängen, welche die Längsstämme mit der Kör- perwand verbinden, und genau an den Stellen inserirt sind, wo später die Stigmen sich finden. Die Stränge erscheinen damit als obliterirte Tra- cheenstämme. Das bestätigt sich noch dadurch, dass bei der Häutung der Larven auch die Intima eines Theiles des Tracheensystemes mittels einiger dieser Stränge nach aussen entfernt wird und dann an den Exuvien sich vorfindet (Ephemeriden, Perliden). Ein Theil dieser Stränge wird dann nach letzter Häutung wieder wegsam, und stellt, indem seine dermale Verbindung ein Stigma hervorgehen lässt, ein offenes Tracheen- system her. Die am Integumente sich verzweigenden Tracheen vermitteln wäh- rend des Geschlossenseins des Apparates eine dermale Respiration (manche Perliden). Daran knüpft sich die Ausbildung von Obertlächenvergrösse- rungen, welche zur Bildung von Fortsätzen führt, in denen Tracheen vorzugsweise sich verzweigen (Tracheen-Kiemen, vergl. $ 190). Diese ‚Organe bilden bald Büschel, bald Blättchen und halten ‚bei Ephe- meriden und Perliden das Abdomen besetzt (Fig. 151 A) oder finden sich auch noch als Büschel am Thorax (Perliden). Die allgemeine Dermal- respiration ist hier auf bestimmte Organe localisirt. Bei der Büschelform kommt eine grössere Oberfläche zu Stande, was bei der Blattform com- pensirt wird durch die Bewegungen der Blättchen, und den damit geför- derten rascheren Wasserwechsel. Bei Ausbildung der Tracheenverzwei- gung am Enddarme übernimmt dieser respiratorische Function. Auch Tracheen. 307 ohne das Vorkommen besonderer Organe scheint daselbs‘ bei Epheme- riden- und Perlidenlarven ein Theil der Respiration vollzogen zu werden, da eine Aufnahme von Was- A @ serin den Enddarm beobach- tetist. Ersichtlicher ist diese Function mit der Entstehung einer Flächenvergrösserung, wie sie bei den Larven der Libellen in den zahl- reichen, Längsreihen bilden- den Lamellen besteht. Zwei Längsstämme (Fig. 151 Ba) verzweigen sich hinten (ec) an den Enddarm, und bil- den in dessen Lamellen ein dichtes Tracheengeflecht. Durch die Bewegungen einer Klappvorrichtung an der Analöffnung werden diese inneren Tracheenkiemen beständig mit Wasser be- spült. Somit fungirt hier der Enddarm als Athem- organ, wie es auch in man- Fig- 151. A Hintertheil des Körpers der Larve von Ephe- i mera vulgata. a Längstracheenstämme. b Darmcanal. chen anderen Abtheilungen c Tracheenkiemen. d gefiederte Schwanzanhänge. B Larve von vorkommt. Aeschna grandis. a Obere Längstracheenstämme. 5 Vor- deres Ende derselben. c Hinterer, auf den Enddarm sich ver- PALmEn, J. A., Zur Morpho- zweigender Abschnitt. o Augen. Die mittlere Figur stellt den logie des Tracheensystems. Darmcanal derselben Larve von der Seite dar. d Unterer seit- Helsingfors 1877. licher Tracheenstamm. e Communication mit dem oberen Stamme, abc wie in B. (Nach Suckow.) Am R i EIIITEZE SS $ 235. Unter den Arachniden reihen sich die Galeoden bezüglich des Tra- cheensystems am nächsten an die Insecten, indem die einzelnen Tracheen durch seitliche Längsstämme verbunden sind. Durch nur drei Stiigmen- paare wird andererseits die Verwandtschaft mit den übrigen Arachniden- Abtheilungen kundgegeben. Eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit besitzt das Tracheensystem in der baldigen Theilung eines von einem Stigma entspringenden Tracheenstammes in eine grosse Anzahl kurzer, lamellenartig abgeflachter und wie Blätter eines Buches an einander lie- gender Aeste, wodurch das ganze Organ auf einen kleinen Raum be- schränkt wird. Solche Blättertracheen hat man als »Lungen« be- zeichnet. Vier Paare derselben münden bei den Scorpionen auf der Ventralfläche des Abdomens aus. Zwei Paare besitzen die Geisselscorpione und die Vogelspinnen. Bei den übrigen Spinnen ist nur ein Paar ausge- 230° 308 Il. 5. Arthropoden. bildet, dessen Stigmen am Vordertheil des Abdomens ventralwärts liegen. Ein zweites Stigmenpaar führt bei manchen Spinnen nahe hinter dem ersten gelagert in Tracheen , An zwei, terminal mit feinsten Röhrchen besetzte Hauptröhren endigen (Argyroneta, Dysdera, Segestria). Bei anderen ist dieses Stigmenpaar verschmolzen und liegt vor den Spinn- warzen. Meist gehen von der Stigmahöhle vier Röhren aus, die entweder verzweigt (Thomisus) oder einfach verlaufend endigen (Tegeneria, Clu- biona, Lycosa, Epeira). Durch das Fehlen von Verzweigungen wie von Anastomosen reihen sich die Blättertracheen an den niedersten Zustand der Tracheen an, und repräsentiren eine einseitige Ausbildung derselben. Nur ein Stigmenpaar besitzen die Opilioniden, deren Tracheen durch reiche Verzweigung sich auszeichnen. Ebenso redueirt ist die Stigmenzahl bei den Milben, von denen viele (z. B. Sarcoptes) des Tracheensystems ebenso entbehren, wie die Linguatuliden und Pyenogoniden. Geschlechtsorgane. 226. Die Fortpflanzung der Arthropoden wird ausschliesslich durch den Geschlechtsapparat besorgt, und was man hier als ungeschlechtliche Ver- mehrungsweise bezeichnet (Erscheinungen der Parthenogenesis und des Generationswechsels), geht in allen Fällen aus geschlechtlicher Differen- zirung hervor. Die bei den Würmern nur in einzelnen Abtheilungen vorhandene Vertheilung der Generationsorgane auf verschiedene Individuen ist bei den Arthropoden zur Regel geworden; nur bei wenigen hat sich hermaphro- ditische Bildung erhalten. Die geschlechtliche Differenzirung erstreckt sich bei vielen auch auf äussere Theile, auf Umfang und Gestaltung des Körpers. Die Keimdrüsen sind stets gesonderte Organe, die nicht mehr auf die Metameren vertheilt, und entweder einfach oder doch in nur einem Paare vorhanden sind. Ob dies daher rührt, dass der Geschlechtsapparat sich hier von solchen Thieren vererbt hat, die ihn nur einfach besassen, ist noch nicht zu ermitteln. In der allgemeinen Anordnung der Organe ergeben sich manche übereinstimmende, höchst beachtenswerthe Befunde. Die Grundform des Apparates ist in einer einheitlichen N Keimdrüse (Fig. 152 a) zu erkennen, ie Ü) Ö) ©, von der bilateral ein Ausführcanal (b) E £ sich fortsetzt. Dieses Verhalten der A B ( D Keimdrüse treffen wir bei Branchiaten Fig. 152. Schemata für das Verhalten des wie bei einem Theile der Tracheaten Geschlechtsapparates der Arthropoden. (Arachniden) ausgesprochen. Die voll- Teimdrüsen. sführgang. a ar ” a Beim Sean: bp AUSSRHEERDE ständige Duplicität des Ausführganges bis zur Mündung bewahren fast alle Crustaceen (A). Auch unter den Tracheaten ist dies noch bei Myriapoden vorhanden. Die Einheit der Keimdrüse beginnt unter den Crustaceen sich aufzulösen. Das Organ ver- Geschlechtsorgane. 309 theilt sich dann nach den beiden Ausführgängen (Insecten). Durch Näherung der Mündungen der Ausführgänge kommt es zu einer gemeinsamen Oeff- nung, und daraus leitet sich ein unpaarer Abschnitt der Ausführwege ab (ec). Viele Arachniden besitzen diese unpaare Strecke in Verbindung mit einem ringförmigen Theile, der von der Keimdrüse in grösserem oder geringerem Maasse vorgestellt wird (0). Der Ring ist dann durch einen ererbten (primären) Zustand: die einheitliche Keimdrüse, und einen erworbenen (secundären) Zustand: die Verschmelzung der Ausführwege, gebildet. Wie die Geschlechtsorgane der Krebse die niederste Stufe dieser Reihe vorstellen, so erscheinen die Insecten auf der höchsten, da sowohl die Keimdrüse durch ihre bilaterale Trennung als auch die Ausführwege durch ihre terminale Verschmelzung und Bildung eines gemeinsamen unpaaren Abschnittes am weitesten vom niedersten Befunde sich entfernt haben (D). Sowohl an den Keimdrüsen ergeben sich mannichfache Differenzirungen, wie auch an den Ausführwegen, an diesen am grossartigsten und zwar bald an der paarigen, bald an der unpaaren Strecke. Die Befruchtung erfolgt mit Ausnahme der festsitzenden Cirripedien durch Begattung. Dem entsprechend findet sich näher oder entfernter vom Endabschnitte der weiblichen Ausführwege ein Raum zur Aufnahme des Sperma (Recepta- culum seminis) durch eine Ausbuchtung einer Strecke der Ausführwege vorgestellt, die zu selbständigeren Anhangsgebilden sich umgestaltet. Endlich tritt noch eine Begattungstasche zur Aufnahme des Penis hinzu. Ausnehmend mannichfach sind die Organe, welche zum Schutze der bereits aus dem Körper getretenen Eier verwendet werden. Häufig ist ein Theil der Gliedmassen, besonders bei Krustenthieren, in dieser Richtung umgebildet. Aber auch ganze Körperregionen können zu Brutbehältern umgewandelt sein. Aus diesen Beziehungen zur Brutpflege entspringt ein grosser Theil der Verschiedenheit weiblicher und männlicher Individuen. Endlich ist noch, als ein auf alle Theile des weiblichen Apparates modifi- cirend wirkender Umstand, die Quantität der producirten Eier in Anschlag zu bringen, indem aus einer beträchtlichen Vermehrung nicht blos Er- weiterungen der ausleitenden Räume, sondern auch vielfältige Umände- rungen aller accessorischen Organe abzuleiten sind, die wieder in der Volumzunahme des Weibchens sich aussprechen. Am männlichen Apparate führen ausser den von den Ausführwegen ausgehenden Differenzirungen wieder die durch die Begattung bedingten Organe zu Complicationen. Wo nicht das ausstülpbare Ende der Aus- führwege zur Begattung dient, finden sich besondere CGopulationsorgane, an deren Herstellung bald die Gliedmassen (Krebse). bald solche und ganze Metameren (Insecten) betheiligt sind. Den Gliedmassen kommen überdies noch manche andere Beziehungen zum Geschlechtsapparate zu, indem sie als Organe zum Einfangen und Festhalten der Weibchen dienen, und damit in Verbindung stehende Umbildungen aufweisen. So erscheint hier der Geschlechtsapparat in seiner Correlation von grösster Bedeutung für die Gestaltung des Gesammtorganismus. 310 II. 5. Arthropoden. 227. Unter den Crustaceen treffen wir bei einem Theile der Cirripedien Zwitterbildungen. Hoden wie Eierstöcke sind vielfach verästelte, äusser- lich nur durch ihre Lagerung unterschiedene Schläuche. Die Ovarien liegen bei den Lepadiden in dem durch eine Ausstülpung des Mantels gebildeten Stiele verborgen und senden jederseits ein Oviduct zur Mantel- höhle. Bei den Balaniden sind sie in den Mantel eingebettet. Die männ- lichen Zeugungsdrüsen sind in beiden Familien um den Tractus intesti- nalis gelagert und vereinigen sich an jeder Seite zu einem Vas deferens, welches, den Enddarm begleitend, mit dem der anderen Seite verbunden am Ende des Postabdomens mündet. Bei den übrigen getrennt geschlechtlichen Grustaceen zeigt die Ein- richtung von beiderlei Apparaten einen hohen Grad der Uebereinstim- mung. Nach dem paarigen oder unpaaren Verhalten der Keimdrüsen lassen sich zwei verschiedene Formen des Geschlechtsapparates unter- scheiden. Diese sind jedoch unter einander verknüpft durch Verbindung zweier Keimdrüsen zu einem äusserlich unpaaren Organe. Unpaare Keimdrüsen treffen wir bei den freilebenden CGope- poden. Ovarium wie Hoden (Fig. 153. £) liegt in der Medianlinie dem Mitteldarm (v) auf. Das Ovar entsendet jederseits einen Ei- leiter, der entweder einfach nach hinten verläuft, oder an seinem Endabschnitte mehr- fache als Uterus fungirende Windungen bildet (parasitische Copepoden), oder auf seinem Fig. 153. Darm und männlicher Geschlechtsapparat vn ganzen Wege mit vielfachen Pleuroma. Seitliche Ansicht. oe Munddarm. v Mittel- . ey o darm. kA Unpaarer Blindsack. i Enddarm. c Herz. Ausbuchtungen (Fig. 154, B) t Hoden. vd Gewundenes Vaa deferens. (Nach Crars.) zur Aufnahme der Eier besetzt ist (CGorycäiden). Der kurze Endabschnitt ist entweder in seinen Wandungen drüsig, oder es sitzt ihm eine besondere Kittdrüse an. Eine Erweiterung des Endabschnittes fun- girt als Receptaculum seminis, welches auch in vielen Fällen, z. B. bei Siphonostomen, einen zur Aufnahme des Sperma mit selbständiger Mündung versehenen besonderen Abschnitt vorstellen kann. Bei vielen Siphonostomen ist das Ovarium doppelt; beide Ovarien sind aber häufig einander genähert. Aehnliches bietet sich bei den männlichen Gopepoden, von denen die freilebenden einen einfachen, bei den Corycäi- den in zwei Hälften getrennten Hoden besitzen, der jederseits in ein be- sonderes Vas deferens übergeht. Bei manchen Familien ist der rechte Samenleiter rückgebildet. Das häufig gewundene Ende des Samenleiters (Fig. 153. vd) dient als Samenblase, in der die Bildung der Spermato- phoren geschieht. Geschlechtsorgane. 311 Bei den Branchiopoden liegen die Keimdrüsen als getrennte Schläuche zur Seite des Darmcanals. Einfach sind sie bei den Cladoceren, wo sie sich unmittelbar in 'den wenig veränderten Ausführgang fortsetzen, der sowohl bei männlichen als weiblichen Organen nahe am Körperende mündet. Daran reihen sich die Phyllopoden. Hoden oder Eierstöcke neh- men bald nur den hintern Theil der Leibeshöhle ein, und senden dann von ihrem vorderen Ende einen rückwärts umbiegenden Ausführgang ab (Artemia, Branchipus), oder sie beginnen weiter vorne und lassen den Ausführgang am hinteren Ende oder nahe daran hervorgehen (Holope- dium). Ein erweiterter Abschnitt des Oviductes dient bei ersteren als Uterus, ähnlich wie am Samenleiter eine Anschwellung die Samenblase bildet. Diese einfachere Form der Geschlechtsorgane geht bei den meisten Phyllopoden durch Vergrösserung der Keimdrüsen Modificationen ein. Das Ovarium von Limnadia ist mit kurzen taschenartigen Ausbuchtungen be- setzt, die bei Apus durch weiter gehende Verästelungen eine gelappte Drüse von bedeutender Ausdehnung herstellen. Dies Organ dient auch als Behälter (Uterus) für die reifen Eier. Formell ähnlich verhält sich der Hoden. Unter den Arthrostraken waltet eine Trennung der beiderseitigen, meist getrennte Ausmündungen besitzenden Geschlechtsorgane vor. Die weiblichen Organe bestehen bei den Amphipoden aus einfachen, in der Re- gel an der Basis des fünften Thoracalsegments ausmündenden Schläuchen. Bei den Isopoden (Fig. 154 C) sind diese Schläuche sowohl nach vorne als hinten blind geendigt und der Ausführgang entspringt im Verlaufe der- selben. Als eigentliche Keimdrüsen sind die Enden der Schläuche anzu- sehen, indess der übrige grösste Theil einem Oviducte oder Uterus gleich- kommt. Die männlichen Organe kommen damit überein, doch trifft sich für die Isopoden eine Eigenthümlichkeit, indem jederseits mehrere Hoden- schläuche (Fig. 155 B) sich zu einem besonderen Abschnitte vereinigen, aus dem ein engerer, häufig gewundener Ausführgang entspringt. Dieser nimmt entweder seine eigene Ausmündung, oder ist vor der Mündung mit dem der anderen Seite vereinigt. $ 228. Unter den Thoracostraken bieten die Schizopoden (Mysis) die ein- facheren Geschlechtsorgane. Die weiblichen Organe (Fig. 154. A) be- stehen aus einer unpaaren Keimdrüse (o), an die sich seitlich Ausführ- wege, zu einem nach vorne zu blindsackartig fortgesetzten Uterus erwei- tert, anschliessen. An ihrem hinteren Ende senden sie einen kurzen Gang (od) zur Geschlechtsöffnung ab. Diese Verbindung beiderseitiger Organe besteht auch für den Hoden. Er wird aus einer Doppelreihe von Drüsen- follikeln gebildet, welche in einen schlingenförmig verlaufenden Canal zu- sammentreten, 'der den einfachen, an der Basis des letzten Fusspaares mündenden Ausführgang bildet. 312 II. 5. Arthropoden. Die Geschlechtsorgane der Decapoden reihen sich durch die gleich- falls bestehenden ee ie an jene von Mysis an, und er- scheinen durch mannichfache PMMferenzirungen weitergebildet. Die weib- lichen Organe werden durch zwei lange, nach vorne und nach hinten ausgezogene und unter einander querverbundene Röhren vorgestellt, die theils als Keimdrüse, aber auch zum grossen Theile als Eileiter und Uterus fungiren. Beim Flusskrebs sind die beiden vorderen Abschnitte als kürzere Lappen gestaltet, indess Fig. 154. Weibliche Geschlechtsorgane von Crustaceen. die beiden hinteren zu AvonMysis. Bvon Sapphirina. C von Oniscus. 0 Ova- rium. od Oviduct. « Uterus. einem unpaaren Stücke verschmolzen sind. Ein kurzer Ausführgang begibt sich jederseits zur Geschlechtsöffnung, die bei den Caridinen wie bei den Schizopoden gelagert, bei den Macruren an den Basalgliedern des dritten Fusspaares, bei den Brachyuren dagegen an dem dieses tragenden Körpersegmente angebracht ist. Die Brachyuren sind überdies noch durch eine taschenartige Erweiterung des Ausführ- ganges ausgezeichnet (Samentasche). Der männliche Apparat zeigt die Hoden aus zwei, vielfach gewundenen, vorne der Quere nach unter ein- ander verbundenen Schläuchen dargestellt, die, wie auch die weiblichen Organe, meistentheils im Gephalothorax lagern und nur bei Pagurus ins Abdomen sich einbetten. Sie entsenden bei den letzteren zwei lange, eng gewundene, allmählich sich erweiternde Ausführgänge. Daran schliessen sich die meisten übrigen Decapoden an, doch ergeben sich mannichfache Eigenthümlichkeiten theils in der Ausdehnung der durch die Windungen des Samencanals gebildeten Lappen, theils auch in der Bildung des unpaaren, beiderseitige Drüsen vereinigenden Stückes. Voll- ständiger ist die Vereinigung der Keimdrüsen bei Astacus. Ein langge- wundenes Vas deferens tritt an jeder Seite zur äusseren Geschlechts- öffnung, die in der Regel am Basalgliede des letzten Fusspaares angebracht, bei den kurzschwänzigen Krebsen jedoch am Ende eines, aus einer um- gewandelten Gliedmasse hervorgegangenen Penis sich findet. Es erhält sich also nur für den männlichen Apparat die gleiche Ausmündung wie bei den Schizopoden, während die weibliche Oeflnung weiter nach vorne gerückt ist. Im Geschlechtsapparat der Stomapoden beginnt der Hoden als feiner unpaarer Schlauch median in der Schwanzflosse, setzt sich nach vorne in eine paarige Strecke fort, aus der ein stark gewundenes Vas deferens Geschlechtsorgane. ayla! hervorgeht. Jedes begibt sich zu einem der Coxa des letzten Brustfusses entspringenden Penis. Ebenda mündet eine in der Kopfbrust unpaar beginnende Drüse aus. Das Ovar erstreckt sich hinten unpaar, dann als paariger Schlauch bis zur Kopf- brust. Im dritten Thoracal- segmente geht je ein Ovi- duct ab, welches im Grunde einer medial gelegenen Tasche mündet. Es waltet hier der Decapodentypus, beim Weib- chen durch Näherung der Mün- dungen modificirt. Eine Vereinigung der bei- den in der ‚Abtheilung der Crustaceen repräsentirten For- men bietet sich bei den Pöcilo- poden. Von der einen Form ist die Medianverbindung der bei- derseitigen Apparate, von der andern sind die mehrfachen Keimstätten vorhanden ’ als Fig. 155. Männliche Geschlechtsorgane. Avon Homa- welche die feinen Endäste des rusundBvonOniscus. tt Hoden. vd Vas deferens. die Geschlechtsorgane zusam- *8S Samenblasen. o Ausmündung derselben. p» Be- £ gattungsorgane. mensetzenden Netzwerkes sich darstellen. Die weiteren Strecken dienen zu Ausführwegen, bei den Weibchen zur Ansammlung der Eier beträchtlich erweitert, und jeder- seits in einen Ausführgang fortgesetzt. $ 229. Unter den Protracheaten erscheint ein niederer Zustand im weib- lichen Apparate. Das Ovarium bildet einen durch ein Septum in zwei Hälften getrennten Körper, von dem ein paariger Eileiter ausgeht, der gewunden nach vorne zieht, um dann in einen erweiterten, als Uterus fungirenden Abschnitt umzubiegen. Nach hinten fortgesetzt gehen diese Ganäle erst in der Nähe der Geschlechtsöffnung eine Verbindung zu einer gemeinsamen kurzen Scheide ein. Am männlichen Apparate sind die beiden Hoden völlig von einander getrennt, jeder mit einem drüsigen Anhange ausgestattet, und in ein lan- ges, in Schleifen gelegtes Vas deferens übergehend. Aus der Verbindung beider Ausführgänge entsteht ein gemeinsamer Ductus ejaculatorius, der gleichfalls am Hinterleibsende mündet. $ 230. Bei den Arachniden sind beiderlei Geschlechtsdrüsen in der Regel unpaar oder, wenn paarig, häufig transversal verbunden, und münden 314 Il. 5. Arthropoden. mit getrennten oder vereinigten Ausführgängen weit vorne an der Bauch- fläche aus. Ausser er Drüsenorganen oder besonderen, zur Aufbewahrung und Aufnahme”@er Samenmassen oder der Eier dienenden Erweiterungen der Ausführgänge, kommen noch äussere Apparate zur Ausleitung der Geschlechtsproducte vor, je nach den Geschlechtern als Ruthen oder Legeröhren bezeichnet. Die männlichen Organe wiederholen mit geringen Verschiedenheiten den Typus der weiblichen. Die Verbin- dung der beiderseitigen Genitaldrüsen und der daraus hervorgehende unpaare Abschnitt des Apparates erinnert an ähnliche bei den Bran- chiaten, vorzüglich bei Pöcilopoden bestehende Verhältnisse. Bei den Scorpionen stellen die Ovarien drei an ihrem hinteren Ende bogenförmig in einander übergehende und ausserdem noch durch vier Queranastomosen mit einander verbundene Längsröhren vor, in deren oft schlauchartig ausgebuchteten Wandungen die Eier entstehen. In den queren, jederseits vier weite Maschen erzeugenden Verbindungen spricht sich eine durch ihre Lage genau jener des Abdomens folgende Gliederung des Organs aus. Aus den beiden äusseren Längsschläuchen gehen spin- delförmig erweiterte Oviducte hervor, die wegen des von ihnen aufge- nommenen Sperma als Receptacula seminis fungiren, und an der Basis des Abdomens ausmünden. Auch die Hoden der Scorpione erscheinen als ein Paar schleifenför- miger Canäle mit quer verlaufenden Verbindungen. Zwei auf beide Seiten vertheilte Röhren drücken eine Duplieität aus. Das vorne aus jedem Hoden hervorkommende Vas deferens mündet, mit dem der an- dern Seite vereinigt, an derselben Stelle, an der beim Weibchen die Ge- schlechtsöffnung sich findet, nach aussen. Zu dem Vas deferens treten jederseits noch accessorische Organe, in der Regel in Form von zwei Paar verschieden langen Blindschläuchen, die theils als Drüsen, theils als Sa- menblasen fungiren. Die Trennung der beiderseitigen Keimdrüsen ist bei den Galeoden ausgeprägt, und bei den Araneen im männlichen Geschlechte allgemein. Die Ovarien stellen zwei Schläuche vor, an deren Aussenfläche sich die Eier und zwar bei den Spinnen auf stielartigen Fortsätzen entwickeln. Bei einigen (Segestria, Oletera) sind die Ovarien durch einen geschlosse- nen Ring repräsentirt. Aus der Vereinigung der beiden zur Ausleitung der Eier dienenden Ovarialröhren bildet sich ein zuweilen erweiterter Scheidencanal (Galeodes), der an seinem Ende mit einer oder zwei Sa- mentaschen besetzt ist. Solche bestehen noch bei den Araneen, oft mit selbständiger Ausmündung vor der Oeffnung der Scheide. Die männlichen Organe lassen sich bei den Galeoden von den Scorpionen her ableiten, wenn man annimmt, dass die bei jenen bestehenden Queranastomosen der Längsstämme verloren gingen. Bei den Spinnen endlich sind die Längs- schläuche auf zwei redueirt. BERTKAU, Ueber d. Generat.-Apparat s, Araneiden. Arch. f. Nat. 1875. Geschlechtsorgane. 315 $ 231. Sowohl bei den Opilioniden als bei Milben ist in der herrschenden Ringform der Keimdrüsen eine gemeinsame Einrichtung gegeben, die sich von der bei den Scorpionen gegebenen Querverbindung der Ovarien ableitet. In ihr spricht sich der unpaare Zustand der Keimdrüse aus, der als der primitivere zu gelten hat. Bei den Opilioniden (Fig.156. B. o) ist diese Ringform am voll- ständigsten. An der Ober- fläche des Ringes bilden sich die Eier, wie bei den Spinnen und Scorpionen, in gestielten Ausbuchtungen, von wo sie in das Innere der Ovarial- röhre und von da in den Aus- Fig. 156. Geschlechtsorgane von Phalangium opilio. führgang gelangen, der eine AMännliche Organe. t Hoden. vd Vas deferens. p Penis. beträchtliche Erweiterung (u) m Retractoren desselben. gi Anhangsdrüsen. (Nach Kronn. / . b B Weibliche Organe. o Eierstock. « Uterus. op Legeröhre. (Uterus) besitzt. Eine enge m Retractoren derselben. gewundene Fortsetzung des- selben führt zur ausstülpbaren Legeröhre (Ovipositor) (op). Den Ovarial- ring vertritt bei den Männchen ein Ringcanal, von dem nur ein Abschnitt (Fig. 156. At) den Hoden vorstellt, dessen beide Enden in die den Ring abschliessenden Ausführgänge (vd) übergehen. Diese vereinigen sich in einen knäuelförmig gewundenen Abschnitt, aus dem ein erweiterter Canal als Samenblase entspringt und sich an ein der Legeröhre ähnliches und ebenso hervorstülpbares Gebilde, den Penis fügt. Mit dessen Ende ver- binden sich noch zwei mächtige Büschel accessorischer Drüsen (gi). Unter den Acarinen ist die Ringform der Keimdrüsen bei vielen noch vollständig erhalten. Im weiblichen Apparate wird der grössere Theil des Ringes durch Beschränkung der Eibildung auf einen kleinen Abschnitt, dem Ausführapparate zugetheilt. Am ausgesprochensten ist das bei Pen- tastomum, dessen Ovar einem Ringcanal angefügt ist. Das Ovar hat sich hier von letzterem gesondert. Von den Ausführwegen sind die in den unpaaren Abschnitt übergehenden Theile des Ringes häufig zu einem Uterus erweitert, oder dieser wird ausschliesslich vom unpaaren Ab- schnitte vorgestellt. Letzteres ist auch bei Pentastomum der Fall, dessen Uterus einen bedeutend langen gewundenen Canal bildet. Am männ- lichen Apparat ist der unpaare Abschnitt der Ausführwege meist sehr verkürzt, und die beiden in ihm sich vereinigenden Theile des Ringes sind zu Samenblasen erweitert. Mit dem unpaaren Abschnitte sind in beiden Geschlechtern Anhangsdrüsen verbunden. Die verschiedenartige Vertheilung der Functionen an demselben Ringcanale führt zu einer Tren- 316 I, 5. Arthropoden. nung des Ringes in zwei Genitalschläuche, indem in der Mitte des keim- erzeugenden Abschnittes des Ra eine sterile Parthie auftritt. Die bei- den Hälften des Ringes verth®tlen sich dann, in einzelnen Fällen noch durch einen Canal oder durch indiflferentes Gewebe verbunden, nach bei- den Seiten, und so gehen Organe hervor, die nur an den Mündungen oder an einem damit zusammenhängenden unpaaren Abschnitte vereinigt sind (Ixodes). Ganz unabhängig von diesen Einrichtungen verhalten sich die herm- aphroditischen Geschlechtsorgane der Tardigraden. Sie bestehen aus einem unpaaren Ovarium, und zwei zu Seiten des Darmcanals liegenden Hoden, welche ihren Ausführgang in einem Samenbehälter einfügen, und meist mit besonderen Drüsen in eine Gloake ausmünden. Ebenso eigenthümlich verhalten sich die Pyenogoniden, deren Ge- schlechtsproducte an der Wand der Leibeshöhle entstehen, und durch besondere (bald an allen — bald an nur einem Fusspaare vorhandene) Oeflnungen entleert werden, damit an niedere bei Annulaten bestehende Befunde erinnernd. Die bei den Crustaceen bestehende Umbildung von Gliedmassen in Begattungsorgane besteht bei den Arachniden nur unter den Spinnen und zwar sind es hier die Palpen, welche bei den Männchen als complieirt gebaute Organe die Uebertragung des Sperma auf die weibliche Genital- öffnung vornehmen. $ 232. Die Geschlechtsorgane der Myriapoden stehen in Form und Anordnung jenen der Arachniden am nächsten und münden zum Theil wie jene, weit vorne am Körper, nämlich am dritten Leibessegmente aus. Die Geschlechts- öffnung der Scolopender ist am Hinterleibesende angebracht. Bei den Weib- chen sind die Geschlechtsdrüsen entweder äusser- e| lich einfach, einen langgestreckten Schlauch vor- u £ stellend, an dessen Innenfläche die Eier Vorsprünge rn bilden (Juliden, Scolopendriden und Glomeriden) ; > oder sie erscheinen doppelt (Craspedosoma) und ver- 67 einigen sich dann an ihrem vorderen Ende, die Ovi- > ducte münden von einander getrennt. Bei den Sco- — lopendern ist ein einfacher Oviduct als Fortsetzung nn des einfachen Ovarialschlauches die Regel, doch ist IN die Duplieität dieser Organe durch die an beiden Seiten des Ovarialschlauches stattfindende Eibildung t SS ausgesprochen. m Die accessorischen Organe werden aus zwei Fig. 15T. Männliche ge- Paaren, zuweilen in die Oviducte, meistens direct in schlechtsorgane vonJu- die Geschlechtsöffnung ausmündender Gebilde dar- us. 2 Hodenfollikel. gestellt, die theils Kittdrüsen, theils Receptacula se- e Ausführgang. (Nach DE: rain) minis ‚vorstellen. Geschlechtsorgane, h 317 Die Duplieität der männlichen Organe ist gleichfalls häufig auf die Ausführgänge und accessorischen Apparate beschränkt. Doch sind manche Glomeriden und Juliden mit einem doppelten Hodenschlauche ver- sehen, der in ein gemeinsames Vas deferens übergeht und durch zahl- reiche Querverbindungen zu Einem Organe vereinigt erscheint (Fig. 157). Wo nurEin Hodenschlauch existirt, da ist er mit einzelnen Follikeln besetzt. Das Vas deferens bleibt selten einfach (einige Scolopendriden) sondern theilt sich in der Regel in zwei, entweder je auf einer kurzen Papille aus- mündende (Juliden , Glomeriden) oder sich vereinigende Aeste, die in einen am Hinterleibsende angebrachten kurzen Penis übergehen (Scolo- pendriden). Der letzte Abschnitt der Ausführgänge ist mit Erweiterungen oder Ausbuchtungen versehen, die zu Ansammlung des Sperma dienen. Dicht vor der Ausmündung inseriren sich noch mehrere Drüsenpaare. In dem Gesammitverhalten des Geschlechtsapparates sind in den getrennten Mündungen Annäherungen an Krustenthiere, in der Bildung ringförmiger Abschnitte Aehnlichkeiten mit den Arachniden unverkennbar. Stein, F., De Myriapodum part. genital. Berol. 4844. $ 233. Bei grösserer Mannichfaltigkeit untergeordneter Verhältnisse lassen die Geschlechtsorgane der Insecten im Ganzen einheitlichere Zustände er- kennen. Die Organe liegen mit ihren accessorischen Apparaten fast immer im Abdomen, und münden meist unterhalb oder vor der Analöffnung aus. Das achte Abdominalsegment scheint allgemein die Geschlechtsmündung zu tragen. Nur bei den Strepsiptern ist die weibliche Genitalöffnung weit nach vorne gerückt. Die Keimdrüsen sind in der Regel paarig angelegt und beharren in diesem Zustande, doch bestehen auch Andeutungen einer ursprünglichen Einheit, oder einer Verbindung der beiderseitigen Keim- drüsen, die bei Arachniden und Myriapoden vorhanden war. Jede Keim- drüse setzt sich aus einer verschieden grossen Zahl gleichwerthiger Ab- schnitte zusammen, die meist röhrenförmig gestaltet, büschelartig gruppirt sind, und zu einem Ausführgange sich vereinigen. Die Ausführgänge bei- der Keimdrüsen zeigen selten noch getrennte Mündungen. Fast allgemein verbinden sie sich nach verschieden langem Verlaufe und nehmen schon vorher, ‚aus Differenzirungen eines Abschnitts der Wandung entstandene accessorische Organe auf. Bei den weiblichen Individuen sind diese An- hangsorgane der Ausführwege bald durch taschen- oder blasenartige Theile gebildet, die entweder zur Aufnahme des männlichen Begattungsorganes während der Copula dienen (Bursa copulatrix), oder als Drüsenorgane verschiedenster Art (Kittdrüsen) und auch zur Bewahrung des Sperma (Receptaculum seminis) in Verwendung kommen. Beim männlichen Ge- schlechte besitzen paarige Anhangsdrüsen der Ausführwege bedeutende Ausbildung. Ausser diesen finden sich noch als Samenblasen (Vesiculae seminales) fungirende Theile. 318 II. 5. Arthropoden. Mit dem Ende der Geschlechtswege stehen äussere, meist durch Umgestaltung der letzten Metameren und deren Anhangsgebilde entstan- dene Organe in Verbindung, bei den Männchen als Begattungsorgane erscheinen, bei den Weibchen in verschiedener Form {als Legeröhren, Legestachel etc.) erscheinen. $ 234. Am weiblichen Apparate ergeben sich die bedeutendsten Modi- ficationen an dem gewöhnlich als »Ovarien« aufgefassten CGomplexe der Eiröhren. Die Beziehungen dieser Röhren zur Bildung der Eier sind von den sonst angetroffenen Verhältnissen etwas abweichend. Jede einzelne Eiröhre (Fig. 158) ist an dem einen Ende unter allmählicher Erweiterung an dem »Oviducte« inserirt, während das entgegengesetzte Ende zumeist dünn, häufig sogar in einen feinen fadenförmigen Fortsatz ausläuft. Bei dem Bestehen zahlreicher Eiröhren werden die freien medial gerichteten Enden unter einander verbunden angetroffen. Die Bildungsstätte der Eier trifft sich in jenen Endfäden, deren Zellenmassen die Eikeime vor- stellen, welche von hier aus allmäh- lich unter fortschreitender Differen- zirung der Eiröhre abwärts rücken. Das Ei ist zwar als Zelle bereits in der eigentlichen Bildungsstätte unterscheidbar, aber es nimmt auf seinem Wege durch die Eiröhre an Grösse zu, und man trifft demnach die grössten Eier am entferntesten von der Bildungsstätte und am näch- sten dem Oviducte gelagert, während von hier aus immer kleinere, jüngere Formationen bis gegen das vorhin erwähnte blinde Ende der Eiröhre Fig. 158. A Eiröhre des Flohes. oEi. g Keim- = 5 : k . 2 bläschen. B Eiröhre eines Käfers (Carabus sich hinter einander reiben. Die ein- violaceus). o Eierfach, in zwei Abschnitte zelnen Eier lassen die Eiröhre in Ka a Bote ae Kemer entsprechende Abschnitte oder Kam- leert, die Eiröhrenwandung collabirt (Nach mern getheilt erscheinen. Das all- Lusoc.) mähliche Herabsteigen der Eier ist nicht nur mit einem Wachsthume verbunden, sondern es erleidet auch die Dottersubstanz mannichfache Veränderungen, und jedes Ei erhält, Geschlechtsorgane. 319 besonders im letzten Abschnitte der Röhre, eine äussere cuticulare Um- hüllung, das sogenannte Chorion, dessen Bildung von der Epithelschichte der Eiröhre ausgeht. Bei diesen Vorgängen erfährt mit jedem Uebertritte eines Eies ins sogenannte Oviduct ein Theil der Eiröhre eine Rückbildung, wodurch das nächst vorhergehende Ei dem Oviducte genähert wird. Die Diflerenzi- rung des Eies ist von einem terminalen Wachsthume der Eiröhre begleitet, welches die am anderen Ende stattfindende Verkürzung compensirt. Bei manchen Insecten differenzirt sich für jede Eizelle ausser der sie umge- benden Epithellage noch eine Gruppe von Zellen, die als Keimlager den hinter der Eizelle (Fig. 158. Ba) befindlichen Abschnitt (b) der Kammer (o) einnimmt, aber von der wachsenden Eizelle allmählich verbraucht wird. Eine Eiröhre oder eine Summe von solchen entspricht also keineswegs einer blos keimbereitenden Zeugungsdrüse, sondern erscheint als ein mit einer viel grösseren Functionsreihe betrautes Organ, von dem nur das blinde Ende einem Ovarium analog ist. Die Länge oder Kürze der Eiröhren steht mit der Anzahl der Eier in Zusammenhang. Amy„wenigsten zahlreich sind die Kammern bei den meisten Dipteren, wo nicht selten nur eine (Fig. 160 o), häufiger zwei bis drei vorhanden sind. Auch bei vielen Käfern und Hemipteren kommen nur wenige Kammern vor. Länger erscheinen die Eiröhren der meisten Hemipteren und Hymenopteren, und die grösste Kammerzahl ergibt sich bei den Neuropteren, Orthopteren und endlich bei Schmetterlingen, deren 4 Eiröhren durch zahlreiche Kammern perlschnurartig geformt sind. Gleich grosse Verschiedenheiten ergeben sich in der Anordnung der Eiröhren am sogenannten Oviducte. Bald sind sie in Büscheln vereinigt, bald in Gruppen aufgelöst, bald reihenweise angeordnet. Von den Eiern (O va) hat man die sogenannten Pseudova unter- schieden, welche Bildungen theilweise durch den Mangel eines Keim- fleckes charakterisirt sind, wie die Producte der weiblichen Geschlechts- drüse gewisser Generationen der Aphiden und Coceiden. Da die Organe mit jenen übereinstimmen, in denen wirkliche Eizellen entstehen, und da dasselbe Individuum Pseudova und Ova zu verschiedenen Zeiten her- vorbringen kann, ist es zweckmässig, die Kluft zwischen beiderlei Pro- ducten des Eierstocks nicht für so gar tief zu erachten. Jene Gebilde gehören als Glieder in eine bei den Insecten sehr verbreitete Erscheinungs- reihe, die mit dem als Parthenogenesis bezeichneten Verhalten be- ginnt, und bis zu einem scheinbaren Generationswechsel hinführt. Die Gesammterscheinung beruht in einer Emaneipation des Eies von der Einwirkung des männlichen Zeugungsstoffes. Im einfachsten Falle besteht an den Eiern keine anatomische Verschiedenheit, ein Theil derselben ent- wickelt sich ohne vorhergegangene Befruchtung, indess die andern der Befruchtung bedürfen. Die Parthenogenesis der Bienen, Wespen und vieler anderer Insecten gehört hieher. Weiter sondert sich das Verhältniss, ‚indem dasselbe Individuum nicht mehr zur selben Zeit jene Eier produ- 320 II. 5. Arthropoden. eirt, und dann sind die emaneipirten Ovarialproducte meist different zusammengesetzt (Pseudova). Noch weiter vertheilt sich die Bildung jener Eier auf verschiedene Individ@@®h, indem ganze Generationen der Einwir- kung des Samens auf ihre Zeugungsstofle entbehren können (Blattläuse), und dabei zugleich auf eine tiefere Organisationsstufe sinken. Endlich entstehen diese Gebilde in einem noch früheren Entwickelungsstadium des Thieres aus der noch indifferenten Keimdrüse, welcher Befund ebenso wie die anderen, an die er unmittelbar sich anschliesst, von einer ge- schlechtlichen Diflerenzirung ableitbar ist (Cecidomyia). $ 235. Die beiden, meist kurzen Oviducte münden selten getrennt von ein- ander in einer Einbuchtung des Integumentes (Ephemeriden). In der Regel hat sich diese Buch- tung zu einem gemein- samen Ausführgange (Fig. 159. ov) der »Scheide « weitergebildet, mit wel- cher accessorische Or- gane, Receptaculum se- minis (Fig. 159. rs) und Bursa copulatrix (be) ver- bunden sind. Die nur selten fehlende Samen- tasche wird durch ein zuweilen mehrfach vor- handenes gestieltes Bläs- Fig. 159. Weibliche Geschlechtsorgane von Hydrobius fus- chen dargestellt. Häufig cipes. o Eiröhren. ov Oviduct mit Drüsenanhängen besetzt. ist das Receptaculum se- Schlauchförmig ü Scheide. x stasche. Be . Sacı gl Schlauchförmige Drüsen. » Scheide bc Begattungstasche minis als gleichmässig »s Receptaculum seminis. (Nach Stein.) weiter, gewundener Blindschlauch gestaltet und ist zuweilen noch mit einer Anhangsdrüse versehen. Ein zweites unmittelbar mit der Scheide verbundenes Organ ist die Begattungstasche (Bursa copulatrix),, ein weiter, wie eine Ausstülpung der Scheidenwand erscheinender Blindsack (Fig. 159. be). Dieses Organ findet sich nur in einzelnen Ordnungen verbreitet und auch da nicht all- gemein. Am beständigsten und nicht selten von sehr beträchtlicher Aus- dehnung erscheint die Bursa copulatrix der Käfer, wo sie zumeist einen engen Verbindungscanal mit der Scheide besitzt. Auch bei den Schmetter- lingen mündet sie mit engem Gange in die Scheide, verhält sich aber dadurch eigenthümlich, dass sie ausserdem noch einen weiteren Ausführ- gang unter die weibliche Geschlechtsöffnung sendet und ihn getrennt von jener dort ausmünden lässt. Die Begattung der Schmetterlinge geschieht durch diesen Canal, während der Uebertritt der Spermatozoön aus der Geschlechtsorgane. 321 Begattungstasche in das Receptaculum seminis durch den vorhin erwähnten Verbindungsgang mit der Scheide vermittelt wird. Die Einmündungen beider Theile in die Scheide liegen einander gegenüber. Die accessorischen Drüsenapparate der Scheide bestehen entweder aus einem Paar einfacher und dann meist lang gewundener Canäle (Fig 160. gl) (Schmetterlinge, viele Dipteren), oder es sind kurze Blind- schläuche (Wanzen). Andererseits bie- ten sie reiche Verästelungen (Ichneu- moniden und Tenthrediniden). Das Secret dieser Kittdrüsen dient zur Be- festigung der gelegten Eier, zuweilen auch zu deren Vereinigung in Klumpen. Mit der weiblichen Genitalöffnung Fig. 160. Weibliche Geschlechtsorgane von E fie 6 Mallophagus. o Eiröhre. « Uterus. gl stehen in der Regel noch einige wie Drnson' (Neck Ri Tesokkkr) Klappen erscheinende Integumentstücke in Verbindung, die in ihren Sculpturen immer genau dem männlichen Begattiungsapparate angepasst sind; zuweilen sind sie zangenartig gestellt und bestehen aus seitlich gegeneinander wirkenden Fortsätzen. $ 236. ’ Die mäwnlichen Geschlechtsorgane der Insecten wiederholen in ihrer Anlage sehr häufig die Formen der weiblichen Organe, so dass auch die einzelnen Abschnitte in beiden nicht selten einander entsprechen. Die immer paarigen, selten zu einem Organe verschmolzenen Hoden wer- den ganz nach Art der Ovarien aus Blindschläuchen zusammengesetzt, die wiederum in verschiedener Zahl und Grösse, sowie in mannichfaltiger Anordnung sich unter einander verbinden (Fig. 161. 162. 2). Häufig ist Fig. 161. Hoden und deren Ausführgänge von Fig. 162. Männliche Geschlechtsorgane von Melo- Acheta campestris. Z Hoden. v Vas lontha vulgaris. Z Hoden. vd Vas deferens. vs deferens. y Samenblase. Erweiterter Abschnitt desselben. gl Gewundene Anhangsdrüsen. die Vereinigung der beiderseitigen Hoden bei Schmetterlingen. Zwei ein- fache, längliche und immer getrennte Hodenschläuche besitzen Dipteren Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. J4 322 II. 5. Arthropoden. und Strepsipteren, sowie auch manche Neuropteren. Auch bei manchen Käfern stellt jeder Hoden Kon, , Ausb knäuelförmig zusammengewun- denen, von einer besonderen Membran umgebenen Blindschlauch dar (Laufkäfer). Aus zahlreichen Schläuchen sind die Hoden der Mehrzahl der Insecten zusammengesetzt. So erscheint jeder Hoden der meisten He- mipteren bald aus mehreren, unter einander zu einem fächerförmigen Organe verbundenen, bald aus vielen getrennten Schläuchen bestehend; diese Form findet auch bei einer grossen Anzahl von Käfern Vertretung. Aus dicht aneinandergereihten und so eine einzige Masse darstellenden Schläuchen oder auch aus runden, traubenförmig gruppirten Bläschen bestehen die Hoden der meisten Orthopteren, und äbnliche Bildungen sind auch bei den Hymenopteren vorhanden. Die Ausführgänge der einzelnen Hodenschläuche verbinden sich zu Samenleitern und diese jederseits zu einem Vas deferens (Fig. 161. vo, Fig. 162. vd), welches bei enger vereinigten Schläuchen unmittelbar aus letzteren hervorgeht. Die Längenentfaltung beider Samenleiter ist zwar im Allgemeinen nur gering, doch wird sie in manchen Fällen sehr be- trächtlich, und dann fungiren die knäuelförmig gewundenen Canäle an erweiterten Strecken als Samenbebälter (Fig. 162. vs). Aus deren Ver- einigung geht ein gemeinsamer Ausführgang (Ductus ejaculatorius) hervor, der gleichfalls bedeutenden Längeverschiedenheiten unterworfen ist, und nicht minder stellenweise zur Ansammlung des Sperma dient. Die accessorischen Drüsenorgane, in der Regel paarig, erscheinen wie jene des weiblichen Apparates entweder als lange, gewundene Ganäle (Fig. 162. gl) oder als kürzere büschelförmig gruppirte oder verästelte Schläuche, an verschiedenen Stellen den Ausführwegen angefügt. Die männlichen Begattungsorgane der Insecten sind den weiblichen ähnlich und werden aus sehr mannichfaltig gestalteten, die Geschlechts- öffnung umfassenden chitinisirten Leisten und klappenartigen Vorrichtun- gen zusammengesetzt. Sie theilen sich in solche, welche nur zu einer äusseren Copula dienen, und andere, welche, mit einer Ruthe vergleich- bar, die Immissio vollziehen. Die letzteren Bildungen werden entweder durch eine äusserlich angebrachte oder von innen aus hervorstreckbare Röhre dargestellt, in welche der Ductus ejaculatorius sich fortsetzt, und die an ihrem Ende häufig noch zangenähnliche Organe trägt. Bei Käfern ist dies Begattungsorgan von einer im Abdomen verborgenen dickwan- digen Chitinkapsel umschlossen, welche häufig eine beträchtliche Grösse und zum Hervorstrecken und Einziehen besondere Muskelapparate besitzt. $ 237. Die Samenelemente der Crustaceen zeigen bei grosser Mannichfaltig- keit der Gestalt eine Uebereinstimmung in der Unbeweglichkeit; davon machen die Samenfäden der Cirripedien eine Ausnahme. Fadenförmige, aber unbewegliche Samenelemente besitzen ferner die Isopoden, die Am- Geschlechtsorgane. 323 phipoden, auch die Ostracoden, bei letzteren sogar von verhältnissmässig ausserordentlicher Länge. Unter den Schizopoden, wenigstens bei Mysis, bestehen dagegen fadenförmige, und zwar gegen das eine Ende zu haken- artig umgebogene Gestalten. Zellenartige Körper bilden die verbreitetsten Formen. Durch Fortsätze bilden sich an ihnen mancherlei Eigenthümlich- keiten aus, von denen die radiäre Gestaltung in den »Strahlenzellen « des Samen der Decapoden die bemerkenswertheste ist. Auch die Samenfäden mancher Arachniden sowie der Myriapoden scheinen unbeweglich zu sein, wenn auch bei den ersteren die Beweglichkeit innerhalb der weiblichen Geschlechtsorgane erlangt wird. Die Formbestandtheile des Sperma stellen bei den Insecten beweg- liche Fäden vor, die meist nach beiden Enden fein auslaufen. Eigen- thümlich ist die Verbindung dieser Fäden zu Büscheln, oder ihre zwei- zeilige Aufreihung an ein stäbchenförmiges Gebilde, wodurch ein sper- matophorenartiges Verhalten entsteht (Orthoptera). 34* Sechster Abschnitt. Brachiopoden. Allgemeine TVebersicht. $ 238. Früher meist den Mollusken beigezählt, mit denen sie wenig mehr als den Besitz einer vom Molluskengehäuse noch dazu ganz differenten Schale gemein haben, bilden die Brachiopoden eine kleine und eng ab- gegrenzte Abtheilung, die ihren Ursprung zum Stamme der Würmer zurückverfolgen lässt. Hier sind es die Chätopoden, also schon höher differenzirte Formen, bei denen sich manche Anschlüsse erkennen lassen, aber nur manche, denn gerade in den wichtigsten Organsystemen ergeben sich so bedeutende Eigenthümlichkeiten, dass es gewagt wäre, auf jene Beziehungen eine bestimmte phylogenetische Behauptung zu gründen. Jedenfalls ist der gesammte Organismus der Brachiopoden im Vergleiche mit Chätopoden und Anneliden total umgestaltet, und lässt nur noch in einzelnen Rudimenten seine verwandtschaftlichen Beziehungen wahr- nehmen. Diese gegenwärtig in hohem Grade isolirte Stellung der Brachiopoden entspricht der geringen Mannichfaltigkeit der lebenden Formen, sowie der Thatsache, dass wir es hier mit einer in früheren Perioden reicher entfal- teten Thiergruppe zu thun haben. Schon im Silur treten einige Gattungen auf. Da uns aber auch durch die palaeontologischen Zeugnisse wenig sichere Anhaltepunkte für die Begründung eines Anschlusses an die Wür- mer geboten werden, dürfte einer Vereinigung mit jenen die selbständige Behandlung vorzuziehen sein. !) Wir unterscheiden nur zwei Ordnungen : 4) Ecardines. Lingula, Orbicula, Crania. 2) Testicardines. Terebratula, Argiope, Waldheimia, Thecidium., !) Eine Verwandtschaft mit Würmern wurde von mir schon in den Grund- zügen II. Aufl. dargethan. Literatur. Körperform. Literatur. OwEN, R., On the anatomy of the Brachiopoda. Transact. zoolog. Soc. Vol. I. 1835. — Vogt, C., Anatomie der Lingula anatina. Denkschr. der schweiz. Gesellsch. für die gesammte Naturwissensch. Bd. VII. 1842. — Huxrey, Ann. and Mag. Nat. hist. 1854. — GRATIOLET, Journal de Conchiliologie. 4857. 60.— Hancock, A. Phil. Transact. 4858. — LAcAzE-DUTHIErs, Sur la Thecidie. Ann. sc. nat. IV. xv. MorseE, E., On the systematic position of the Branchiopoda. Proceed. of Boston Soc. of nat. hist. Vol. XV. — Derselbe, Embryology of Terebratulina. Mem. of Bost. Soc. Vol. II. — KowALEevsky, Beobacht. über die Entwickelung der Bra- chiopoden. Moskau 1874. (russ.) Körperform. $ 239. Für das Verständniss der Körperform namentlich in Beziehung auf die sie auszeichnenden Charaktere ist ein Zurückgehen auf embryonale Stadien nöthig. Hier begegnen wir frühzeitig einem Zustande, in welchem der vorher einheitliche Körper in drei (bei Thecidium in vier) Metameren gesondert ist, und darin den Typus eines Annu- laten offenbart. Von der allgemeinen Gilien- bekleidung prägt sich bei Terebratulina ein terminaler Wimperkranz aus, wie er gleichfalls vielen Annelidenlarven zukommt. Am mittleren Segmente erscheinen Borstenbündel (Fig. 163.d), die wie bei Chätopoden bewegt werden können, während das erste Metamer (Kopfsegment) zu einer schirmförmig über die Mundöffnung sich hinziehenden Ausbreitung sich umformt, die mit langen Cilien umsäumt ist (Argiope). Auch darin ist eine Verwandtschaft mit Wurmlarven (Actinotrocha) nicht zu verkennen. Während die Larve mit dem letzten Meta- mer sich festheftet, bilden sich aus dem mittle- ren Metamer zwei Erhebungen, welche das erste Metamer einschliessen, und sich zu den beiden Mantellamellen gestalten. An die- sen entstehen die beiden Schalen, die als Fig. 163. Larve von Argiope. m Mantel. b Borstenbündel. d Darm. (Nach KowALEvSKY.) eine dorsale und eine ventrale zu unterscheiden sind, wo sie sich bis zu dem aus dem letzten Metamer hervorgegangenen Stiele erstrecken. Aus der Lage zum Körper ergibt sich für die Schalen eine vollständige Unabhängigkeit von jenen der Mollusken, und in dieser Gehäusebildung liegt zugleich eine die Brachiopoden auszeichnende Eigenthümlichkeit. Wahrscheinlich ist auch diese Gehäusebildung ein Causalmoment für die nicht erfolgende Weiterbildung der begonnenen Metamerie, und steht 326 ll. 6. Brachiopoden. ebenso mit dem Festsitzen des Thieres in Zusammenhang, wie aus dieser Lebensweise wieder eine fernerg Eigenthümlichkeit, die Ausbildung der Arme verständlich wird. Wimpernde tentakelartige Fortsätze zur Seite der Mundöffnung er— scheinen bei Larven in geringer Zahl. Im ausgebildeten Zustande des Thieres sind sie bei den meisten als zahlreiche Fäden auf spiralig einroll- bare Stiele gereiht, welche beiderseits an der Mundöflnung angebracht sind. Im eingerollten Zustande werden diese Arme vorn in der Mantel- höhle geborgen (Fig. 166 /), und ihre Ausstreckung scheint durch eine Schwellung zu erfolgen. Sowohl durch die mächtige Ausbildung dieser Arme wie durch die Entfaltung der Mantellamellen wird der übrige Kör- per auf einen geringeren Umfang reduceirt, zumal auch sonst in der Leibes- höhle lagernde Organe in die Duplicatur des Mantels (Mantelräume) sich einbetten können. Durch faltenartige Oberflächenvergrösserung der inne- ren Blätter der Mantelduplicatur gewinnt der Mantel eine respiratorische Bedeutung und fungirt zugleich als Kieme (Lingula). Die den Mund tentakelartig umstehenden Fortsätze erinnern an die Tentakel der Bryozoen, die gleichfalls auf armartigen Gebilden (Lophophor) gereiht sein können, es ist aber eine Vergleichung mit diesen Gebilden ebenso wenig durchführbar als mit den Kiemenbüscheln der Tubicolen. Was endlich den Stiel betrifft, so ist dieser bei den älteren Formen (Lingula) ein langer, zwischen beiden Schalen durchtretender Theil des Körpers, der sogar beweglich erscheint, indess er bei den Testicardines kurz und grösstentheils chitinisirt ist. Integument, Schale und Arme. $ 240. Da die beiden Schalen den Körper, mit Ausnahme des Stieles, be- decken, bleiben nur innerhalb der Mantelhöhle Theile der Körperober- fläche frei, bei geöffneter Schale zu Tage liegend. Mit dem Integumente verbundene Muskeln lassen auch hier das Bestehen eines Hautmuskel- schlauches annehmen. Als besondere das Integument auszeichnende Bil- dungen sind Kalkspicula verbreitet, sowohl im Mantel wie in den Armen vorhanden. Sie sind zuweilen ramificirt, auch sternförmig, oder bilden ein Netzwerk. Bedeutungsvoller sind die Borsten, welche bei den einzel- nen Gattungen in verschiedener Anordnung den Mantelrand besetzen. Sie entstehen gleich den Borsten der Chätopoden in drüsenähnlichen Einsen- kungen des Integuments, und gehören wie jene zu den Guticulargebilden. Meist sind es einfache, fein auslaufende Gebilde, an denen eine Quer- streifung die allmähliche Abscheidung ausdrückt. Die Schale zeigt ihre beiden Klappen bei den Ecardines ziemlich gleichartig gestaltet. Dagegen ist bei den Testicardines eine Differenzirung zwischen der dorsalen und ventralen Schalenklappe deutlich hervorge- Integument, Schale und Arme. Muskelsystem. 327 treten. Gegen den Stiel zu ist zwischen beiden eine Art Schlossverbin- dung ausgebildet. Ferner ist die ventrale Klappe in einen schnabelartigen Fortsatz ausgezogen, dessen durchbohrtes Ende dem Stiele zum Durch- tritte dient. Von der dorsalen Klappe her ist ein nach innen vorspringen- des Gerüste gebildet (Fig. 164 c). Es dient als Stütze der Arme. Bei ihrer ersten Differenzirung zeigt sich die Schale als eine weiche, chitinisirte Substanzschichte, die später verkalkt. Porencanäle durchsetzen die Dicke der Schalenklappen, und werden von zottenähnlichen Fort- sätzen des Mantels ausgefüllt. Dazwischen zeigt die feste Schalensubstanz eine Zusammensetzung aus prismatischen Körpern, die bereits bei der ersten Anlage der Schale walirnehmbar sind, und die eine schräg gegen den Schalenrand geneigte Stellung aufweisen. Durch die bedeutende Oberflächenvergrösserung, welche die spiralig eingerollten Arme der Brachiopoden in ihrem Tentakelbesatz bieten, werden sie die zur Kiemenfunction geeignetsten Organe vorstellen. Zu- nächst sind es die tentakelartigen Fädchen, welche zur Vermittelung der Athmung günstige Verhältnisse darbieten. Sie stehen mit den die Arme durchziehenden Blutsinussen in Communication. Sie werden daher in functioneller Beziehung als Kiemen gelten dürfen. An ihrer medial gerichteten Basis sind beide Arme unter einander in Zusammenhang. Eine über der Mundöffnung liegende Falte erstreckt sich beiderseits auf die Arme und hilft eine Rinne abgrenzen, die sich von den Armen nach dem Munde erstreckt. An dem anderen Rande dieser Rinne erheben sich dicht gedrängt die Tentakel oder Cirren in zwei Reihen bis zum Ende der Arme angeordnet. Muskelsystem. $ 241. Ausser der dem Hautmuskelschlauche ange- hörenden Muskulatur, wie jene des Mantels und der Arme, findet sich bei den Brachiopoden eine Anzahl von selbständigen, die Leibeshöhle durch- setzenden Muskeln (vergl. Fig. 164), welche zum Oeffnen und Schliessen der Schale, sowie zu Dreh- bewezungen der letzteren dienen. Sie durchsetzen “ die Leibeshöhle je nach ihrer Function in verschie- Fig. 164. Muskulatur von Te- dener Richtung und nehmen sowohl Ursprung als ai en Insertion von den Schalenklappen, so dass sie als gerüste. d Der Stiel. efyh mit diesen entstandene Sonderungen des Haut- Nuskulatur zum Oeffnen und N Schliessen der Schale. (Nach muskelschlauches angesehen werden können. 328 ll. 6. Brachiopoden. Nervensystem und Sinnesorgane. W. Das Nervensystem bietet höchst eigenthümliche Befunde, die allein schon die selbständige Stellung der Brachiopoden rechtfertigen können. Fig. 165. Nervensystem von Waldheimia von derdor- salen Fläche aus. Die dorsale Schalenklappe ist entfernt, ebenso die linke Hälfte des dorsalen Mantels D. V Linke Hälfte der ventralen Mantellamelle. ? Stiel. d Oesopha- gus, durchschnitten. (Ein Paar vor dem Oesophagus lie- gender Ganglien, die durch dünne Fädchen mit dem Ganglion n verbunden sind, sind nicht angegeben.) » Vor- deres, n’ hinteres Oesophagealganglion. gg Geschlechts- organe. m ÖOccelusor-Muskel. m' Divaricator. m! Ven- traler Adjustor. m'" Accessorischer Divaricator. (Nach A. Hancock.) kleinen oberen Ganglien CGerebralganglien vorstellen. Es wird aus Ganglienmassen zusammengesetzt, die in der Nähe des Oesophagus (Fig. 165. d) lagern. Ein grösseres Ganglion (n) liegt (bei Terebra- tuliden) quer unterhalb des Oesophagus, oder vielmehr bei der Abwärtskrümmung des Oesophagus hinter dem- selben. Von ihm aus gehen zwei Nervenstimme, An- schwellungen darbietend (n’), nach hinten und laufen in Nerven zum Stiele aus. Von den Anschwellungen dieser Stämme entspringen die Ner- ven der ventralen Mantel- lamelle.. Aus dem grossen Ganglion dagegen geht jeder- seits ein Nervenstamm zu der dorsalen Mantellamelle, so- wie ein Nerv zu den Armen ab. Zwei feine Fädchen um- fassen den Oesophagus, um vor demselben, und damit an seiner dorsalen Seite in ein kleines Ganglion überzugehen, welches mit dem andern durch eine Commissur ver- bunden ist. Somit ist ein Schlundring hergestellt, und es fragt sich nur, ob die Dann fände sich die Eigenthümlichkeit, dass die Nerven für die Arme aus ventralen Ganglien entsprängen, und man könnte die Arme selbst nicht gut den Tentakelbildungen der Würmer für homolog halten, wenn nicht etwa eine Lageveränderung ganglionärer Theile im Schlundringe nachweisbar wäre. Die ventrale Ganglienmasse scheint mit einer zusammengezogenen Bauchganglienkette verglichen werden zu dürfen, doch sind zu einer Nervensystem und Sinnesorgane. Darmcanal. 329 sicheren Vergleichung noch genauere thatsächliche Unterlagen uner- lässlich. Die geringe Ausbildung oberer Ganglien steht im Zusammenhange mit dem Mangel höherer Sinneswerkzeuge, der übrigens ein erwor- bener zu sein scheint, denn bei Larvenformen deuten vier auf dem ersten Segmente befindliche Pigmentflecke auf Sehorgane (Fig. 163), und lassen vermuthen, dass bei den Stammformen Augen vorhanden waren. Zwei bei einer anderen Larve dem Nervencentrum angelagerte Bläschen deuten in ähnlicher Weise auf die frühere Existenz von Hörorganen hin. Darmeanal. $ 243. Bei den Brachiopoden beginnt das Darmrohr mit der in der Mantel- höhle zwischen den beiden Armen gelagerten Mundöflnung, von wo es ohne alle accessorischen Organe als ein meist kurzer Canal in den erwei- terten Mitteldarm (Fig. 166 d’) steigt, der meist als Magen bezeichnet wird. Der daraus hervorgehende Abschnitt verläuft bei Lingula in eine zur rechten Seite umbiegende Darmschlinge, welche in der Mantelhöhle zum After tritt. Dieses letzte Darmstück ist bei den Testicardines rudi- mentär, indem es mit einem gegen die ventrale Schalenklappe gerichteten Blindsack endigt, von dem zuweilen noch ein solider Strang, vielleicht ein obliterirter Darmrest, fortgesetzt ist. Zuweilen ist das Ende bulbus- artig erweitert. Als besondere Eigenthümlichkeit ist die Befestigungsweise des Darms hervorzuheben. Vom Mitteldarm geht nämlich eine zur Körperwand ver- laufende Lamelle aus, das Gastroparietalband, welches damit eine Art Scheidewand in der Leibeshöhle vorstellt. Ich möchte darin ein Disse- piment erkennen, welches mit der bereits hervorgehobenen Metamerie in Zusammenhang steht. Eine Begründung dieser auf Anneliden Bezug neh- menden Deutung wird durch das Verhalten zu den Excretionsorganen ausgedrückt. Eine zweite Lamelle, das lleoparietalband, befestigt in ähn- licher Weise den Enddarm. Von Differenzirungen der Darmwand treffen sich nur am Mittel- darme beachtenswerthe Gebilde. Sie erscheinen in der Form verästelter Schläuche, die bei Manchen mit vielen Oeffnungen (Crania), bei anderen in mehrere (4) Ausführgänge vereint (Lingula) in die oben als Magen bezeichnete Darmerweiterung oder auch hinter derselben einmünden. Bei den Angelschaligen sind sie mächtiger entwickelt auf zwei seitliche Drüsengruppen vertheilt, welche den Magen umgeben und von jeder Seite meist mit mehreren Ausführgängen mit ihm in Verbindung stehen (Fig. 166 A’) ı® 330 II. 6. Brachiopoden. Leibeshöhle und Kreislaufsorgane. “ $ 244. Die Leibeshöhle zerfällt durch die in sie eingebetteten Organe, wie durch die Muskeln, die sie durchsetzen, in mannichfache mit einander verbundene Räume, welche mit dem Gefüsssystemm zusammenhängen und somit blutführende Bahnen vorstellen. Diese setzen sich auch in die Mantellamelle wie in die Arme als Sinusse fort, in ersterer nach der Peri- pherie zu sich theilend, und so eine regelmässige Anordnung darbietend. In solchen Räumen verzweigt sich der Gefässapparat. In der allge- meinen Disposition desselben ist nur hervorzuheben, dass die grossen Stämme dorsal auf dem Darme verlaufen, worin Anklänge an die Verhält- nisse bei Würmern gefunden werden können. Im Speciellen bedarf aber auch dieses Organsystem noch erneuter Durchforschung. Als Herz wird ein sackarliges über dem Magen liegendes Organ an- gesehen, welches einen von vorne über der Speiseröhre verlaufenden Gelässstamm empfängt und seitliche Stämme absendet. Der erstere wird als zuführendes Gefäss (Vene) betrachtet. Er scheint das Blut aus Lücken zu sammeln, welche um den Darmcanal sich vorfinden. Zwei aus dem Herzen hervorgehende seitliche Gefässe sind bei den Testicardines (Wald- heimia) eine kurze Strecke weit vereinigt. Bei den Angellosen (Lingula) treten sie erst später von einem medianen, auf dem Darme nach hinten verlaufenden Längsstamme ab. Beide Arterienstämme, die man als Aorten bezeichnet hat, theilen sich bald in zwei Aeste, davon einer nach vorne, der andere nach hinten seinen Weg nimmt. Der vordere stellt die dorsale Mantelarterie vor, die in einen medianen und einen lateralen Zweig ge- spalten, den Mantel und in ihm liegende Organe versorgt. Vom lateralen Zweige verlaufen kleinere Arterien in den Mantellacunen zum Rande und münden dort nach mehrfachen Theilungen. Der hintere Ast der Aorta spaltet sich gleichfalls in zwei Arterien. Die eine verläuft medianwärts und bildet, mit der gleichen Arterie der anderen Seite sich vereinigend, einen zum Stiel gelangenden Arterienstamm. Die andere Arterie wendet sich nach vorne, um wieder in zwei Zweige getheilt im ventralen Mantel- lappen auf ähnliche Weise wie die dorsale Mantelarterie sich zu verästeln. An den beiden Mantelarterienpaaren findet sich je ein beutelförmiger An- hang, ein accessorisches Herz. Aus den Enden der Arterien scheint das Blut in weitere, sowohl im Mantel als zwischen den Eingeweiden und um die Muskeln befindliche Lacunen zu gelangen, welche mit einem compli- cirten, die Arme durchziehenden, in einen zuführenden und rückführen- den Abschnitt getheilten Canalsystem zusammenhängen. Da der Mantel eine secundäre Bildung vorstellt, sind danach auch seine Blutgefässe zu beurtheilen. Es treten damit die Mantelarterien in den Hintergrund und dann gelangen die dem Darme folgenden Haupt- stämme zu höherer morphologischer Bedeutung. Das Herz erscheint als Excretionsorgane. 331 eine einseitige Erweiterung des Längsstammes, und ähnliches gilt von den accessorischen Herzen der Mantelarterien. Exceretionsorgane. $ 245. Von den unter den Würmern vorhandenen Excretionsorganen treffen sich die an das Bestehen einer Leibeshöhle angepassten Formen auch bei den Brachiopoden in Verbreitung, und zwar unter wesentlich überein- stimmendem Verhalten. Gleich den Schleifencanälen der Anneliden be- sitzen diese Organe eine äussere und eine innere Mündung, so dass ich keinen Anstand nehme, sie jenen Gebilden für homolog anzusehen, wie auch ihre Function modifieirt sei.. Sie bestehen entweder zu zwei Paaren oder sind nur in einen Paare vorhanden. Im ersteren Falle gehören zwei Canäle der sogenannten dorsalen, zwei der ventralen Hälfte an (Rhyn- chonella), was auf zwei Metameren verweist, die in diesen Theil des Kör- pers übergingen. Die dorsalen fehlen bei Lingula und den Terebratuliden. Die meist in der Nähe der Armbasis nach aussen geöffneten Canäle münden nach bogenförmigem Verlaufe in die Leibeshöhle mit einer durch radiale Faltungen ausgezeichneten trichterförmigen Erweiterung (Fig. 166. r). mE —— m Fig. 166. Laterale Ansicht der Organisation von Waldheimia australis. D Dorsale, V Ventrale Oberfläche. P Stiel. 22 Arme, spiralig eingerollt. dr Kiemenfäden. c Vordere Wand der Ein- geweidehöhle. d Oesophagus. d' Mitteldarm. h Leber. A’ Mündungen derselben in den Mitteldarm. r Innere Oeffnung des rechten Oviductes (vom linksseitigen sind nur einige Falten bemerkbar). e Arm- canal. m m' m" m* Muskeln zur Bewegung der Schalenklappen. (Nach A. Hancock.) Diese Mündung durchsetzt das lleoparietalband, und wird dadurch gegen den Pericardialraum gerichtet. Das lleoparietalband steht damit zur inneren Mündung in einem mit einem Dissepimente von Würmern über- einstimmenden Verhalten vergl. oben $ 243). 332 II. 6. Brachiopoden, Geschlechtsorgane. Obgleich die Wandungen dieser CGanäle durch Vorsprünge, zotten- artige Fortsätze oder Faltungen eine drüsige Beschaffenheit zu besitzen scheinen, so ist bezüglich iM Function nur ihr Verhältniss zu den Geschlechtsorganen näher bekannt, welches sie als Oviducte erscheinen lässt, und sie in dieser Weise bisher auch deuten liess. Nachdem schon bei Gephyreen und Anneliden die Schleifencanäle dem Geschlechtsapparat dienstbar wurden, kann es nicht befremden, auch hier sie in demselben Verhalten anzutreffen, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass sie auch excretorische Verrichtungen vollziehen. Geschlechtsorgane. $ 246. Bei einem Theile der Brachiopoden sind die Geschlechtsorgane hermaphroditisch angelegt, so dass die Trennung der Geschlechter zu den Ausnahmen zu gehören scheint (Thecidium). Die Organe bestehen nur aus den Keimdrüsen, Bildungsstätten für Sperma und Eier. Sie bilden bei den ersteren vier Drüsenmassen, zwei bei Thecidium. Bei den Ecardines lagern sie in der Leibeshöhle, theilweise den Darm und die Muskeln umgebend, bei den Testicardines sind sie als wulstförmige Massen in die Räume beider Mantellappen (Fortsetzungen der Leibeshöhle, vertheilt (Fig. 465. g), in beiden Fällen an die Verhältnisse der Geschlechts- organe der Anneliden und Gephyreen erinnernd. Bei den Getrennt- geschlechtlichen sind diese in dem einen Falle Ovarien, im andern Hoden. Auf welche Weise die ei- und samenbildenden Stellen bei den Hermaphro- ditischen sich zu einander verhalten, ist unbekannt. Die Geschlechts- producte gelangen von ihren Bildungsstätten in die Leibeshöhle. Bezüglich der Ausführwege kommen die bei den Excretionsorganen aufgeführten Bildungen in Betracht, so dass auch hier ein ursprünglich fremder Apparat als Oviduct wie als Samenleiter fungirt. Siebenter Abschnitt. a.unnnnnnnnn Mollusken. Allgemeine Uebersicht. $ 247. Für den Stamm der Mollusken bietet sich im allgemeinen Verhalten des Körpers wie seiner einzelnen Organsysteme eine genaue Begrenzung dar. Durch den Mangel einer äusserlich allgemein ausgesprochenen Meta- merie erscheint der Körper einheitlicher als bei Arthropoden und bei Annulaten unter den Würmern, wenn auch in mancherlei Organen noch erkennbare Spuren einer Metamerie bestehen. Die Lagerung des centralen Nervensystems über dem Schlunde, und seine Verbindung mit unterhalb des letzteren liegenden Ganglien oder den Schlund umfassenden Com- missuren ergänzt im Zusammenhalte mit einem stets dorsal gelagerten Herzen den typischen Charakter dieser Abtheilung, wozu endlich noch die allgemein verbreitete Entfaltung dorsaler Schalenbildungen tritt. Das gänzliche Zurücktreten der ursprünglichen Metamerie, sowie die selbst zwischen den einzelnen hier vereinigten Classen bestehende Kluft, finden in dem palaeontologisch frühzeitigen Auftreten der meisten Classen der Mollusken zureichende Erklärung, welche zugleich die gegenwärtig lebenden Weichthiere als einen ausserordentlich kleinen Bruchtheil des formenreichen, nur in relativ wenigen Abtheilungen fortgesetzten Thier- stammes erscheinen lässt. Bezüglich der Phylogenie der Mollusken ist noch Vieles unsicher, allein die auf eine Metamerie des Körpers sich be- ziehenden Verhältnisse der inneren Organisation lassen verwandtschaft- liche Beziehungen mit gegliederten Organismen erkennen, die ihre näch- sten Verwandten unter den Würmern haben. Wenn wir auch die einzelnen Abtheilungen als niedere und höhere zu einander ordnen können, so ist doch bei den meisten derselben die Weiterbildung nicht für alle Organsysteme gleichmässig erfolgt, und wir vermögen bei allen, die Verwandtschaft mit niederen Formen documen- tirende Einrichtungen nachzuweisen. 334 II. 7. Mollusken. Bezüglich einer systematischen Uebersicht gebe ich folgende Dar- stellung, und bemerke dazu ss vorzüglich betrefls der engeren Ab- theilungen manche von den älf@ren Auffassungen sich noch weiter entfer- nende Veränderungen sich in Aussicht zeigen. I. Placophora. Chiton, Cryptochiton. I. Conchifera). Lamellibranchiata. Asiphonia, Ostrea, Anomia, Pecten, Mytilus, Arca, Anodonta, Unio. Siphoniata. Chama, Cardium, Cyclas, Venus, Tellina, Mactra, Solen, Pholas, Teredo. Scaphopoda?). Dentalium. Gasteropoda). Prosobranchiata. Chiastoneura. Zeugobranchia. Fissurella, Haliotis. Anisobranchia. Patella, Trochus, Littorina, Cyclostoma, Rissoa, Paludina. Turritella. Orthoneura. Nerita, Jenthina, Valvata, Sigaretus, Marsenia, Cypraea, Cerithium, Strombus, Pterocera, Dolium, Cassis, Tritonium. Voluta, Harpa, Buceinum, Nassa, Purpura, Murex. Heteropodaß). j Atlanta, Carinaria, Pterotrachea. Opisthobranchiata. Tectibranchiata. Bulla, Aplysia, Pleurobranchus. 4) Für die Zusammenfassung aller Mollusken mit Ausschluss derChitonen in eine grosse Abtheilung, die ich als Conchiferen bezeichne, war mir die grosse Bedeutung massgebend, welche der Schale als einer die gesammte Organisation dieser Thiere beherrschenden Einrichtung zuerkannt werden muss. Wenn aber dadurch die Placo- phoren sich schärfer abscheiden, so sehe ich darin doch keinen zureichenden Grund, sie ganz aus dem Molluskenstamme zu entfernen, da in ihrer Organisation Vieles nur mit den Conchiferen übereinstimmendes, und sie deshalb an diese anschliessendes, zu erkennen ist. Ich sehe die Placophoren als den Ueberrest einer Abtheilung an, die einerseits aus den Solenogastres (S. 135) verwandten Formen sich herausbildete, andererseits die Vorläufer der Conchiferen darstellte. 2) Die Scaphopoden bilden eine sowohl mit Lamellibranchiaten, als mit Gaste- ropoden verwandte Abtheilung, die aber keineswegs als ein einfaches Zwischenglied aufgefasst werden kann. 3) Unter den Gastropoden sind die in vielen Beziehungen ältesten Formen die Zeugobranchien. 4) Die Heteropoden sehe ich als eine von den Prosobranchiaten abgezweigte, mit den Orthoneuren näher verwandte Ordnung an, die aber Eigenthümlichkeiten ausgebildet hat, welche sie jenen nicht gleichwerthig erscheinen lassen. Allgemeıne Uebersicht. Literatur. 335 Nudibranchiata. Tritonia, Polycera, Aeolidia, Phyllirho&@, Doris, Phyllidia, Pleurophyllidia. Sacoglossa. Elysia, Limapontia, Placobranchus. Pulmonata!). Branchiopneusta. Lymnaeus, Planorbis, Auricula. Nephropneusta. Helix, Bulimus, Clausilia, Limax, Arion. Pteropoda?). Thecosomata. Hyalea, Cleodora, Chreseis, Cymbulia. Gymnosomata. Clio, Pneumodermon. Cephalopoda. Tetrabranchiala. Nautilus. Dibranchiata. Decapoda. Spirula, Sepia, Sepiola, Loligo. Octopoda. Octopus, Tremoctopus, Eledone, Argonauta. Literatur. Cuvier, Memoires pour servir a l’histoire et a l’anatomie des Molluques. Paris 4817. — VAN BENEDEN, Exercices zootomiques. Fasc. I. Il. Bruxelles 41839. — Quoy u. GAMARD, Voyage de l’Astrolabe. Zoologie. — DELLE CHIAJE, Descrizione e noto- mia degli animali invertebrati della Sicilia citeriore. Napoli 41844—44. — Sou- LEYET, Voyage de la Bonite. Zoolog. T. Il. Paris 1852. — LEUcKART, R., Zoolog. Untersuch. Ill. 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Onchidium, ist ein sicheres Urtheil noch nicht möglich. 2) Die Pteropoden geben in manchen Organisationsverhältnissen eine Verwandt- schaft mit den Cephalopoden kund, doch kann diese nur als eine sehr ferne aufge- fasst werden. 3) Den nur durch eine lebende Gattung repräsentirten Tetrabranchiaten ge- hörten wahrscheinlich die meisten der ältesten fossilen Formen an, welche uns zugleich eine bedeutende Mannichfaltigkeit beurkunden. 336 II. 7. Mollusken. zeuge der zweischaligen Muscheln. Isis 4849. 1820. 4827. — Desnayzs, Art. Con- chifera in Todd’s Encyclopaegags Vol. I. 1836. — GArser, On the anatomy of the lamellibranchiate Conchifera.®Transact. zoolog. Soc. London, Vol. Il. 4844. — QuATREFAGES, Anatomie von Teredo. Ann. des sc. nat. III. xı. — LovEn, S., Bidrag till kännedomen om utvecklingen of Moll. acephala. Kongl. Vetensk. Acad. Handl. Stockholm 4850. — Keser, Beiträge zur Anatomie u. Physiologie der Weichthiere. 1854. — Davaıne, C., Sur la generat. des Huitres. Paris 1853. — v. 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Körperform. $ 248. f Die Gestaltung des Molluskenkörpers ist durch den Einfluss der von den Schalenbildungen beherrschten Lagerungsverhältnisse vieler Organe Körperform. 337 auf die Körperform als eine so sehr modifieirte zu betrachten, dass eine den Ausgangspunkt darstellende Grundform nur aus der Vergleichung früher Embryonalzustände mit manchen ausgebildeten Formen erkannt werden kann. Für die Placophoren besteht eine wurmartige Larvenform, und bei gymnosomen Pteropoden wird durch mehrfache Wimperkränze eine ähnliche äussere Metamerie beurkundet. Die hierin ausgesprochenen Beziehungen erhalten sich bei den Placophoren im ausgebildeten Zustande wenigstens am dorsalen Körpertheile. Indem dieser vom ventralen durch eine Furche sich absetzt, werden zwei Strecken unterscheidbar, die als »Mantel« und »Fuss« für die Conchiferen trotz vielfacher Umbildungen fortbestehen. Durch die bereits bei den Solenogastres (vergl. S. 139) an- gedeutete Sonderung einer rinnenförmigen ventralen Fläche werden ver- wandtschaftliche Beziehungen zu diesen erkannt, welche in dem Be- funde des Nervensystems Bestätigung finden. Lamellibranchiaten und Gastropoden, wie die thecosomen Pteropoden, lassen an einem der späteren Oberfläche des Kopfes entsprechenden Abschnitte einen mächtigen Wimperkranz auftreten, der später von einem besonderen symmetrisch gestalteten lappenartigen Fortsatz, dem Velum, getragen wird. Aus der Verbreitung des Wimpersegels in sonst diver- genten Abtheilungen geht dessen primitive Bedeutung zur Genüge hervor, und ist von um so grösserer Wichtigkeit, als wir in diesem Organ den auch bei ‘vielen Würmern die gleiche Stelle des Körpers umsäumenden Wimperkranz erkennen (vergl. $ 107). Das Velum der Mollusken darf demnach als ein aus niederem Zustande ererbtes Organ beurtheilt werden. Unterhalb des Velums entsteht die Anlage des zur Darmhöhle führen- den Mundes. Gemeinsam mit den Placophoren tritt bei den Lamellibran- chiaten die Bildung einer dorsalen Schale der Fortsetzung des Darmrohrs zum aboralen Körperpole nicht entgegen, da dieses Schutzorgan sammt dem es tragenden Mantel bei ersteren dem Gesammtkörper angepasst bleibt, und bei den letzteren eine vorwiegend laterale Ausbildung nimmt. Es ist daher eine vom Mundpole’ bis zum Afterpole ziehende Hauptaxe unterscheidhar, welche von zwei verschieden differenzirten Nebenaxen gekreuzt wird: die dorso-ventrale und die transversale oder Queraxe. Dem Körper kommt demgemäss hier die eudipleure Grundform zu, die bei Würmern und Gliederthieren herrschte. Anders gestalten sich diese Verhältnisse bei den Gastropoden,, deren dorsale, mützenähnlich geformte Schale allmählich den grössten Theil des Körpers umschliesst, und ausser Kopf und Fuss nur eine kleine Strecke der Oberfläche des Leibes zu Tage treten lässt. Während im vorerwähnten Falle die Schale dem Körper sich anpasst, erfolgt hier eine Anpassung der Weichtheile des Körpers an die einheitliche Schale. Daraus gehen asym- metrische Formen des Körpers hervor und der aborale Körperpol trägt nicht mehr den After, der in Folge einer durch die Gehäusebildung be- wirkten Krümmung des Darmes eine laterale Lagerung gewinnt. Von da aus können alle die mannichfachen, von der symmetrischen Grund- Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 39 338 II. 7. Mollusken. form abweichenden Formdifferenzen des Gastropodenkörpers beurtheilt werden. Die primitive UebereinstiimMng der mit dem Besitze der Schale er- worbenen Körperform erleidet schon innerhalb der Gastropoden manche Modificationen, indem das durch das Velum ausgezeichnete Stadium nicht immer zur Ausbildung kommt, wie es auch bei den Gephalopoden bis jetzt vermisst wurde. Auch für diese Classe ist die Körperform und die Lage der Eingeweide aus einem ursprünglich allgemeinen Besitz einer Schale ableitbar. $ 249. Die dem Velum zukommende Rolle ist in den einzelnen Abtheilungen verschieden. Untergeordnet ist sie bei den Lamellibranchiaten, bei denen es zwar eine Zeit lang als Locomotionsorgan fungirt, jedoch keine selb- ständige Entwickelung gewinnt und frühzeitig sich rückbildet. Das dürfte wohl mit dem rudimentär Werden desKopfes, und dieses wieder mit dem frühzeitigen Aufgeben der freien Lebensweise dieser Abtheilung in Ver- bindung stehen (Acephala). Dagegen erlangen zwei von der Dorsalfläche her lateralwärts sich fortsetzende Duplicaturen als Mantel eine bedeutende Ausbildung, um- schliessen den Körper und sondern auf sich die Schalengebilde ab, welche in Form und Umfang den Mantellamellen entsprechen. Zwischen den Rändern des Mantels gelangt man in den als Athem- höhle fungirenden Raum, in welchen die von der Körperwand entsprin- genden Kiemen vorragen (Fig. 167. A. br). Bei einer kleinen Zahl von Muschelthieren (Asi- phonia) ist dieser Eingang in die Mantelhöhle eine ansehnliche Spalte, durch welche Wasser ein- und austritt und damit Nahrungsstofle zuführt und Aus- wurfsstoffe entfernt. Bei den Fig. 167. Schematische Darstellung des Verhaltens Meisten besteht eine Verwach- na a Eu Anke Aura sung. der beiderseitigen Mantel m Mantel. p Fuss. Dr Kiemen. ränder, wodurch sowohl ein mehr oder minder vollkommener Abschluss des die Kiemen umgebenden Hohlraumes, wie auch eine grössere Regelmässigkeit der ein- und austretenden Wasserströme er- reicht wird. Der geringste Grad der Verwachsung lässt eine vordere grössere und hintere kleinere Oeflnung entstehen (Mytiliden). Erstere dient zum Durch- tritte des Fusses und gestattet den Eintritt von Nahrungsstoflen, indess letztere, ihrer Lage entsprechend, die Fäcalmassen entführt, sowie das Wasser, welches der Athmung gedient hat. Bei den Chamaceen liegen Körperform. 339 hinter der vorderen grossen, den Fuss durchlassenden Spalte noch zwei besondere Oeffnungen, welche sich in die Zu- und Ableitung des Wassers theilen, eine Einrichtung, die in einer grossen Abtheilung der Muschel- thiere einen höheren Entwickelungsgrad erreicht (Siphoniata). Der die bezüglichen Oeffnungen umgebende, Manteltheil bildet eine röhrenförmige Verlängerung (Sipho) und geht damit, ausser der Verwachsung, noch andere Modificationen ein. Die Athemröhren können zuweilen durch getrennte Mantelparthieen dargestellt werden; oder es besteht eine "äusserlich einfache Athemröhre, welche nur innerlich durch eine Scheide- wand in zwei Canäle getrennt wird; oder beide Zustände sind combinirt (Fig. 168. tr. ta), endlich kommen zwei vollständig getrennte Röhren Fig. 168. Seitliche Ansicht der Mantelhöhle eines Mactra nach Entfernung der rechten Mantel- lamelle. dr, br' Kiemen. ? Tentakel. ta, tr Siphonen. ma Vorderer, »np hinterer Schliessmuskel. p Fuss. c Schalenschloss. ‚ an ihrer inneren Mündung der Afteröffnung gegenüber gelagerte, zur Entleerung des Wassers dienende, eine untere, welche die Einfuhr von Wasser besorgt. Für die Regelmässigkeit der Zu- und Ableitung dient die Wimperauskleidung. Durch diese Formen hindurch gelangen wir zu jenen, bei welchen der Verschluss der Athemhöhle am vollständigsten und die Röhrenbildung des Mantels am meisten entwickelt ist. Dies wird von einer Verkleinerung der dem Fusse Ir__ br zum Austritt dienenden Mantelspalte be- gleitet. Die letztere ist beträchtlich enger geworden und eine ziemlich weite Strecke von den Athemröhren entfernt, so dass der grösste Theil des Mantelrandes verwachsen ist, und der Körper des Thieres demzufolge sackförmig erscheint (Bohrmuskeln). Die Oeffnung zum Durchtritte des Fusses befin- "8 16%. Dasselbe Thier mit einge- Sala s ; zogenen Siphonen und eingezogenem det sich am vorderen Ende, die beiden Fuss. ms Siphonalmuskeln. Athemröhren sind am entgegengesetzten Körpertheile angebracht. Sie setzen sich in besondere Abtheilungen der Mantelhöhle fort, indem letztere durch eine Scheidewand in einen oberen kleineren und unteren grösseren Raum getheilt wird. Das dem letzteren zur Ausbildung eine obere, “ durch die einleitende Röhre zugeführte Wasser durchströmt die Kiemen I 22* | 340 II. 7. Mollusken. und tritt durch deren Spaltöffnungen in die Kiemenfächer oder den Intra- branchialraum, aus welche in die obere Abtheilung der Mantelhöhle gelangt, in welche auch derer sich öffnet. Der Mantelrand ist häufig der Sitz besonderer Differenzirungen, die vorzüglich in Gestalt von tentakelartigen Fortsätzen auftreten, und zu- weilen von ziemlicher Mächtigkeit sind. Die zweite Sonderung des Lamellibranchiatenkörpers findet an der ventralen Fläche statt, die bereits bei den Placophoren differenzirt ist, sohlenförmig gestaltet und als Kriechorgan dienend. Sie besteht in der Ausbildung eines muskulösen vom übrigen Körper in verschiedenem Maasse gesonderten Fusses (Fig. 167 A p), der aus der Mantelspalte, bei einigen in bedeutender Länge, hervorgestreckt werden kann. Er ist dann beilförmig oder keulenähnlich gestaltet, und fungirt als Locomotionsorgan. Die beiden seitlichen Flächen des Fusses laufen gewöhnlich in eine me- diane Kante aus, doch besteht bei einigen an letzterer Stelle, an das Ver- halten von Chiton erinnernd, eine ebene Fläche als Sohle. Viele Muschelthiere leben unter Verhältnissen, welche eine Benutzung dieses Organs ausschliessen und demgemäss es sich rückbilden lassen, wie die festsitzenden Austern und Anomien, oder die Kammmuscheln, bei welch’ letzteren die Locomotion durch Actionen des Mantels und seiner Schalen ausgeführt wird. Den Lamellibranchiaten nahe stehend, aber einen Uebergang zu den Gastropoden vermittelnd, verhalten sich die Scaphopoden. Der von einer Schale umschlossene Körper bietet eine Mantelhöhle, aus der ein drei- theiliger Fuss hervor gestreckt werden kann. Ein die Mundöffnung tra- sender Theil erscheint kopfähnlich, entspricht aber mehr einem Rüssel, da er nicht die Nervencentren beherbergt, und wird gleichfalls in der Mantelhöhle geborgen. $ 250. Das Velum erlangt die grösste Entfaltung bei den Gastropoden und beschalten Pteropoden und fehlt nur jenen, deren erste Jugendzustände einer freien Lebensweise entzogen sind (landbewohnende Schnecken). Es gestaltet sich zu einem ansehnlichen, nicht selten in symmetrische Lappen ausgedehnten Organe (Fig. 170 ABC ov), welches bei Einzelnen sogar noch längere Zeit fortbesteht und dem Körper (damit die Fortdauer der schwimmenden Bewegung sichert (Macgillivraya). Die Entfaltung dieses in niederen Zuständen nur durch einen Wimperkranz vorgestellten Organs erscheint in Zusammenhang mit der Schalenentwickelung, in so fern durch diese die Ausdehnung der Bewimperung des Körpers be- schränkt wird. So bleibt nur der Kopftheil des Körpers frei, und com- pensirt durch Ausbildung der Cilien wie des von ihnen besetzten Randes den Mangel anderer locomotorischer Wimperorgane. In dem Maasse als die Schale die Körperlast vermehrt, vergrössert sich dann das Velum und seht manche Gomplicationen seiner Form ein. Körperform. 341 Mit der Ausbildung dieses Velums verbindet sich die Sonderung eines Kopfes, von dessen oberer Fläche das Velum sich entfaltet hat, und der nur unter den Pieropoden bedeutende Rückbildungen eingeht. Der Mantel erhebt sich wie bei den Lamellibranchiaten als eine die Dorsalfläche umsäumende Falte der Körperwand und lässt auf seiner Fig. 170. Larven, A von einem Gasteropoden. B Späteres Stadium. CO’ von einem Pteropoden (Cymbulia). Nach A. Kronx: v Velum. ce Schale. p Fuss. op Deckel. Zt Tentakel. Oberfläche die Schale hervorgehen. Indem dieses von der Mantelduplica- tur umsäumte Dorsalfeld des Körpers mit der. zum Gehäuse sich ausbil- denden Schale immer weiter sich ausbuchtet, stellt es allmählich einen Blindsack vor, der nach und nach den grössten Theil der Eingeweide beherbergt (Eingeweidesack), und dieselben somit unter den directen Schutz des Gehäuses gelangen lässt. Mit weiterer Ausbildung !hebt sich die Mantelduplicatur freier vom Körper ab, und lässt unter sich einen weiteren, die hervorsprossenden Kiemen bergenden Raum entstehen, homolog der Kiemenhöhle der Muschelthiere (vergl. Fig. 167 AB). Diese Entfaltung einer Hautduplicatur zum Mantel, und die damit zusammen- hängende Entstehung eines darunter gelegenen, wie eine Einstülpung von aussen erscheinenden Raumes, der Kiemenhöhle, erfährt grösstentheils von der Schalenbildung beherrschte Modificationen. Dadurch, dass der Mantel nicht mehr, wie bei den Lamellibranchiaten, gleichmässig nach beiden Seiten vorwächst, sondern nur an einer Stelle im Zusammenhang mit der Gehäuseentwickelung vorwiegend sich weiterbildet, entsteht an jener Stelle die Kiemenhöhle als ein einheitlicher Raum.‘ Diese Stelle liegt bald unter einem hinteren Abschnitte des Mantels bei. Pteropoden (Fig. 170 C), bald unter einem vorderen bei den meisten Gasteropoden (B). Die durch das Auftreten von Gehäuse-Windungen bedingte Asymmetrie gibt der Kiemenhöhle der Gasteropoden eine meist einseitige# Lagerung, welche als eine Anpassung an die durch den bezüglichen Theil;der Schale gebotene grössere Räumlichkeit sich darstellt. Die Entstehung der einheit- lichen und asymmetrischen Kiemenhöhle aus einer paarigen, symme- trisch sich verhaltenden Räumlichkeit ist in manchen Spuren erkennbar. Dadurch wird angedeutet, dass die Asymmetrie der Schale wahrscheinlich secundär ist. 342 II. 7. Mollusken. Von diesem Verhalten leiten sich Reihen von Rückbildungen und Ausbildungen ab. Die letzteren sind grossentheils Differenzirungen des Mantelrandes, die mit der Mfetion der Kiemenhöhle in Connex stehen. Ein Theil des Mantelrandes wächst in eine der Zuleitung von Wasser die- nende Rinne aus, und kann durch Uebereinanderschlagen der Ränder in eine Röhre sich umwandeln, wie wir sie als Sipho bei vielen meer- bewohnenden Gastropoden in verschiedenen Stadien allmählicher Diffe- renzirung antreflen (Buceinum, Dolium, Harpa, Tritonium, Murex u. a.). Ein auf ähnliche Art gebildeter zweiter Sipho von geringerer Ausdehnung besteht meist am entgegengesetzten Ende der Kiemenhöhle und ist zur Ausfuhr des Wassers bestimmt. Mancherlei andere Fortsatzbildungen (z. B. bei Strombus, Pterocera) sowie tentakelartige Anhänge bedingen neue Complicationen. Rückbildungen des Mantels ergeben sich wieder im Zusammenhange mit Rückbildungen der Schale. Amı meisten greifen sie in der Abtheilung der Opisthobranchiaten Platz, von denen ein Theil mit sehr verschieden- gradig rudimentären Schalen ausgestattet ist, ein anderer derselben im ausgebildeten Zustande vollständig entbehrt. Da bei allen diesen schalen- tragende Larvenstadien vorkommen, der Verlust der Schale also sogar erst während der Ontogenese erworben wird, so müssen auch die später nackten Opisthobranchiaten von schalentragenden Formen abzuleiten sein. Die Larvenschale und die damit, wenn auch gering ausgebildete Mantel- falte geben somit als rudimentäre Organe der nackten Opisthobranchiaten Zeugniss von der mit den anderen Gastropoden gemeinsamen Abstam- mung. Wo solche Schalenrudimente auch dem ausgebildeten Thiere noch zukommen, werden sie in ähnlicher Weise zu beurtheilen sein, als rück- gebildete, und nicht als erst in der Ausbildung begriffene Gehäuse, denn wieder die Vergleichung mit den Larvenformen lässt da das Gehäuse in viel höherer Bedeutung erkennen als es im Rudimente des ausgebildeten Zustandes jener Organismen erscheint, und ebenso trifft sich höchst be- deutungsvoll in der Lage des Afters wie der Genitalöflnung ein nur aus der mächtigeren Gehäusebildung erklärbares Verhältniss. Die Reihe der Rückbildungen zeigt sich auch innerhalb kleinerer Ab- theilungen, so bei den Heteropoden, unter denen Atlanta mit ausgebildeter Schale und entwickeltem Mantel erscheint, die beide bei Carinaria rudi- mentär, und bei Pterotrachea völlig geschwunden sind. Eine ähnliche Reihe von Rückbildungsstadien findet sich bei den Nephropneusten re- präsentırt. $ 351. Bedeutend umgestaltend auf die Körperform wirkt die divergente Ausbildung des Fusses ein. Derselbe erscheint bei den Larven der Pteropoden und der Gasteropoden unterhalb des Mundes ziemlich über- einstimmend als ein kurzer, konischer, meist etwas verbreiterler Fortsatz (Fig. 170. A. p). Auf der hintern dorsalen Fläche trägt dieser Körper- Körperform. 343 theil einen die Mündung des Gehäuses verschliessenden Deckel als schalen- artiges Abscheideproduct. Unter Volumszunahme, besonders in aboraler Richtung, gestaltet sich der Fuss bei Gasteropoden zu einem meist mit breiter Sohlfläche ausgestatteten Gebilde, von welchem die Bezeichnung entnommen ward (Fig. 171. B). Bald ist er mehr in die Länge gestreckt, bald mehr scheibenförmig gestaltet. Bei den meisten Gasteropoden kommt dem Fusse nur an seinem Sohlenrande eine scharfe Umgrenzung zu. Die darüber befindliche Körperoberfläche zieht sich bei manchen der nie- dern Prosobranchiaten (Haliotis) in einen saumartigen Rand aus (Epipo- dium), der schon dadurch, dass er auch den Kopf mit umfasst, vom Mantel verschieden sich darstellt. Selbständiger sondert sich der Fuss der Heteropoden, der als senkrecht stehende Flosse von der Bauchseite des Thieres entspringt. Der Kör- per setzt sich damit sowohl vor- als rückwärts vom Fusse noch fort. Dieser hat somit vom ur- sprünglichen Verhalten sich weit entfernt, und ist keine Sohlfläche des Körpers mehr, dessen Ende jedoch bei Atlanta noch einen Deckel trägt. Der Bau der mus- kulösen Sohle des Gastropoden- Fig. 171. Schematische Darstellung des Verhaltens (usses erhält sich rudimentär in alnt nd Fu sat Skaten Qurtorn einem saugnapfartigen Gebilde, phoren. m Mantel. p Fuss. br Kiemen. welches bei den Pterotracheen nur dem männlichen Geschlechte zukommt. Es erinnert daran, dass auch in vollkommener Ausbildung der Gastropodenfuss als Saugnapf fungirt, indem das Thier damit sich festzuhalten im Stande ist. Noch bedeutender sind die Modificationen des Fusses der Pteropoden. Der in den ersten Larvenstadien in derselben Weise wie bei Gasteropoden angelegte Fuss entwickelt bei den Cymbulieen und Hyaleen einen medianen und zwei laterale Theile (vergl. Fig. 170.C pp). Während der mediane Abschnitt bei den Hyaleen sich wenig ausbildet, entwickeln sich die lateralen Lappen zu zwei grossen, den rudimentären Kopf wie Flügel umfassenden Flossen, und bei den Cymbulieen geht auch der mediane Lappen eine Weiterbildung ein. Er verschmilzt bald nur an der Basis (Cymbulia), bald in der ganzen Länge (Tiedemannia) mit den beiden seitlichen, und daraus gehen die ansehnlichen Flossen dieser Thiere hervor, $ 232. Bei den Cephalopoden ergibt sich die bedeutendere Ausbildung des Kopfes als eine wichtige Eigenthümlichkeit der Körperform, und dabei erscheinen die Verhältnisse des Mantels in einer bei den beschalten Ptero- 344 Il. 7. Mollusken. poden getroffenen Form, so dass sie von daher ableitbar sind. Die von einer Mantelduplicatur überwölbggCavität nimmt den hinteren Theil des Rückens ein, bildet also jene K&rperpartie, die gewöhnlich als Bauch- fläche bezeichnet wird. Urn diese Verhältnisse sich zu veranschaulichen, muss man das Tbier in einer Stellung sich denken, wo das aborale Ende aufwärts, der Kopf dagegen nach vorn und abwärts gerichtet ist. Vergleiche nebenstehende Figur 172.) Der gesammte über dem Kopfe befindliche Körper wird dann dem Rücken der Gastro- poden entsprechen. Der Mantel setzt sich vom Kopfe bald durch eine ringsum laufende Falte ab (Sepia), bald geht diese Mantellfalte an der Seite des Nackens glatt ins Integu- Fig. 172. Schematische Darstellung ment des Kopiss uben en y is dass der für das Verhalten des Mantels. 4 Mantel nur über der Kiemenhöhle eine Dupli- bei Pteropoden und Z bei Ce- catur bildet. Seitliche Fortsätze dieses Man- phalopodon. p Fuss dr Kir els, bei den Sepien meist schmal, aber in TER der ganzen Länge vorhanden, bei den Loli- ginen breiter, jedoch nur aufs aborale Körperende beschränkt, fungiren als Bewegungsorgane (Flossen). Sowohl die Bildung der Mantelhöhle als auch die Lage des Afters lässt schliessen, dass diese Gestaltung aus dem ursprünglichen Besitz einer den ganzen Mantel bedeckenden Schale hervorging, wie denn auch die gehäusetragenden Gephalopoden allgemein als die älteren Formen sich darstellen, und in der ausserordentlichen Divergenz der Gehäuseformen eine sehr weit zurückliegende Entstehung dieses Gebildes annehmen lassen. Dem Fusse der Gasteropoden entspricht ein an der gleichen Stelle wie bei den gymnosomen Pteropoden lagerndes Organ, der Trichter. Bei Nautilus wird es aus zwei von der Ventralfläche unter dem Kopfe ent- springenden Lamellen gebildet, die über einander gerollt, eine aus der M.:ntelhöhle vorragende Röhre vorstellen (Fig. 175 i). Bei den Dibran- chiaten erscheint dieses Organ nur in der Anlage aus zwei seitlichen Ah- schnitten zusammengesetzt, die in dem Raume zwischen Mantel und Armanlagen auftreten. Durch Gegeneinanderwachsen und allmähliche Verschmelzung entsteht daraus eine ähnliche aber abgeschlossene Röhre wie bei Nautilus. Indem der gleichfalls muskulöse Mantel sich dann an den Umfang des Trichters legt, und durch kräftige Contractionen das zwischen Trichter und Mantelrand in die Mantelhöhle tretende Wasser austreibt, wird durch den ausgestossenen Strom ein das Thier in aboraler Richtung fortbewegender Rückstoss hervorgebracht. So bleibt auch hier das Organ in seinen ursprünglichen Beziehungen zur Ortsbewegung. Gliedmassen. 345 Gliedmassen. $ 253. Die Entfaltung eines Kopftheiles steht auch bei den Mollusken mit der Sonderung von Fortsatzbildungen in engem Zusammenhange, die ich als Gliedmassen aufführe, weil sie mit Antennen und Fühlern der Arthro- poden und Würmer homolog sind, und bei höherer Differenzirung auch die Leistungen von Gliedmassen zu übernehmen im Stande sind. Diese als Tentakel bezeichneten Gebilde fehlen den Placophoren, auch den Scaphopoden, denn die um den Mund der letzteren geordneten Fortsätze erscheinen ‘als eigenartige Gebilde, die nicht hieher beziehbar sind. Bei den Lamellibranchiaten sind lappenförmige Anhänge (Fig. 168 i) (sogenannte Mundlappen) am völlig rudimentären Kopfe angebracht, viel- leicht den bedeutender entfalteten Tentakeln homolog, welche bei den Gasteropoden den Kopftheil auszeichnen. Wie bei vielen Plattwürmern stellen sie im einfachsten Zustande wenig vorragende Körperfortsätze vor, die aber bedeutende Differenzirungen eingehen. Bei den Prosobranchiaten sind sie meist auf zwei beschränkt, und nehmen ihre Entstehung auf der vom Velum umsäumten Fläche (vergl. Fig. 170 B t). Bei vielen liegt das Auge an der Fühlerbasis, die zu einem besonderen Fortsatze sich ausbil- den kann. Daran schliessen sich Andere, deren Sehorgan auf einen von den Tentakeln sich sondernden Augenstiel tritt, der mit dem Erlangen grösserer Selbständigkeit bei Helix, Limax u. a. vier Tentakel erscheinen lässt. Diese werden beim Zurückziehen eingestülpt, und bieten damit eine höhere Ausbildung. Ein besonders hoch entwickeltes Fühlerpaar zeichnet viele Opisthobranchiaten aus (Fig. 177 tt), aber dazu treten noch neue tentakelartige Kopfanhänge, welche nur für die einzelnen Unter- abtheilungen in Zahl und Anordnung charakteristisch sind. Unter den Pteropoden sind bei den Thecosomen Rückbildungen vor sich gegangen, denn die Tentakel fehlen gänzlich oder sind rudimen- tär (Chreseis). Die Ausbildung der hier zu Flossen umgebildeten Theile des Fusses macht die Entfaltung von Kopftentakeln bedeutungslos, und erklärt damit deren Fehlen, sowie andererseits die grössere Entfernung der Flossen vom Kopfe bei den Gymnosomen eine Ausbildung von Tenta- keln gestattet. Sie erscheinen hier in mehrfachen Formen, und ausser den oberen Tentakeln finden sich noch ein oder mehrere Paare von Fortsätzen (Gephaloconi), die zu den bei den Cephalopoden entfalteten Tentakel- bildungen hinführen. Bei Pneumodermon sind zwei dieser Gebilde sogar wit Saugnäpfen besetzt. $ 254. Für die Cephalopoden sind zahlreiche, jederseits in reihenweisen Gruppen auf lappenartigen Fortsätzen sich erhebende Tentakel am Kopfe der Tetrabranchiaten bemerkenswerth. In geringer Zahl, aber mächtiger 346 II. 7. Mollusken. ausgebildet, erscheinen diese Gebilde als Arme der Dibranchiaten. Zehn Arme zeichnen die Loligineı pien, Spirulen aus. Zwei längere, auch sonst von den andern verschieden gebaute Arme stehen dabei ausserhalb des von den andern acht gebildeten, den Mund umstellenden Kreises, und treten aus dem Grunde seitlich am Kopfe sich herabsenkender Taschen hervor, müssen daher von den inneren unterschieden werden, die also bei allen Dibranchiaten zu acht bestehen. Die Arme der Octopoden sind wie die gleichartigen der Decapoden an der Basis durch eine saumartige Membran verbunden, mit Ausnahme des der Trichterseite nächsten Paares. Diese Verbindung erstreckt sich bei einigen Octopoden weiter, bald nur auf eine Anzahl von Armen (vier bei Tremoctopus), bald auf alle (Histio- teuthis, vollständiger bei Cirroteuthis), um sich in ganzer Länge derselben fortzusetzen. Besondere Bildungen an den Cephalopoden-Armen erscheinen als Saugnäpfe, welche meist in zwei Reihen (eine Reihe bei Eledone) die orale Fläche besetzen, nicht selten von Stielen getragen. Ihr freier Rand besitzt häufig eine euticulare Verdickung in Form eines zuweilen gezähnelten Chitinringes. Unter mächtiger Aus- bildung eines einzelnen Zahnes tritt der Saug- napf selbst zurück, und seine Stelle wird durch einen Haken vertreten (Onychoteuthis). Einzelne dieser Arme erleiden bei vielen Ce- phalopoden besondere Umbildungen, indem sie bei dem Begattungsgeschäfte in Function stehen, die schon bei Nautilus durch die Ten- takel besorgt wird. Der zum Begattungswerk- zeuge umgebildete Arm ist unbeständig; in der Regel ist es einer von den der sogenannten Bauchseite des Thieres angehörigen. Die Art der Umwandlung tritt in den einzelnen Abthei- lungen in sehr verschiedenen Graden auf, bald erscheint sie blos in der Veränderung einer Stelle an der Basis des Arms (Sepia), bald be- ruht sie in einer Veränderung der Saugnapf- form auf grösserer oder geringerer Länge, bald ist die Spitze des betreflenden Armes mit N en chen Monrose einer löffelartig ausgehöhlten Bildung versehen topus ÜUarenae. t£! Oberes, Li? (Octopus, Eledone). kwalton Anmpaan. 5° Driktag linkoe Der höchste Grad dieser aus einer Anpas- Arm. £% Unteres Armpaar. h Hecto- cotylus. x Endblase desselben. „ sung hervorgegangenen Umformung äussert Fadenförmiger Anhang aus der End- sich sowohl dureh eine ansehnliche Vergrösse- Papers. * Zäahhen: rung des bezüglichen Armes, als auch durch eine differente innere Organisation (Argonauta und Tremoctopus). Der »Begattungsarm« entwickelt sich nicht wie die andern frei hervorsprossend, - Integument. 347 sondern er entsteht in einer Blase, aus der er sich erst nach erlangter Ausbildung löst. Eine ähnliche Umhüllung besitzt das vielfach gewun- dene geisselföürmige Ende des Arms (Fig. 173. y), welches erst bei der Begattung frei wird. Dieser Anhang sammt der umhüllenden Membran (&) entspricht dem modifieirten Armende von Eledone und Octopus. Die höher differenzirten Begattungsarme vermögen nach ihrer Ablösung in der Mantelhöhle des Weibchens noch längere Zeit fortzuleben, so dass man solche abgelöste Arme früher für parasitische Organismen (Hectoco- tylus) hielt. STEENSTRUP, J. J., Hectocotyldannelsen. Kongl. Dansk. Vid. Selsk. Skrifter. VBA Bil Integument. & 258. Die Körperbedeckungen der Weichthiere werden von einer weichen Hautschichte dargestellt, die in der Regel so innig mit der darunter lie- genden Muskulatur verwebt ist, dass, wie bei den Würmern, eine Art von Hautmuskelschlauch entsteht. Durch vorwiegende Ausbildung der Muskulatur an gewissen Stellen des Körpers, somit durch Differenzirung einzelner Theile des Hautmuskelschlauches, entstehen die Organe der Ortsbewegung. In den meisten Abtheilungen der Mollusken besteht während der ersten Larvenzustände eine Wimperbekleidung, welche auch später noch den Körper oder Theile desselben überzieht. Die bedeutendste Aus- bildung empfangen die Cilien an dem das Velum (s. $ 248) umsäumenden Wimperkranze. Am meisten verbreitet kommen sie sonst an den Athmungs- Organen vor. Auch bei den Gephalopoden besteht während der Entwicke- lung eine Wimperbedeckung der Oberfläche an fast allen Stellen der Keim- scheibe (mit Ausnahme der Kiemen) und später erscheint auch am Dotter- sack Wimperepithel. Das Integument ist deutlich in Epidermis und Cutis trennbar. Eine eigenthümliche Modification der letzteren besteht bei manchen Heteropoden (Carinaria, Pterotrachea), bei denen eine mächtige glashelle Bindegewebe- schichte dem Körper nur einen geringen Grad des Gestaltwechsels erlaubt. Bei den übrigen Mollusken wird einer Formveränderung des Körpers vor- züglich durch die vom Integumente ausgehende Gehäusebildung eine Schranke gesetzt. Färbungen des Körpers finden sich durch Pigment-Einlagerungen ins Integument bedingt. Von diesen Gebilden sind die eigenthümlichsten die bei manchen Pteropoden, wie bei allen Cephalopoden vorhandenen »Chro- matophoren«. Dies sind in verschiedenen Tiefen der Haut liegende rund- liche Zellen, mit körnigem Pigmente erfüllt und in ihrer Peripherie mit radiären Muskelfasern ausgestaltet, deren Contraction eine flächenhafte Ausdehnung der Zelle und dadurch eine Vertheilung des Pigmentinhaltes 348 Il. 7. Mollusken. hervorruft, so dass sie als grössere, sternlörmige, häufig verästelte Flecke dem Auge leicht wahrnehmbar erden. In einer zuweilen gesonderten Schichte finden sich me Elemente, welche den Silberglanz inancher Körperstellen bedingen (Flitterschichte). Das wechselnde Spiel dieser mehrfachen Schichten ruft jene Farbenpracht hervor, die man an der Haut lebender Tintenfische bewundert. Andere Einlagerungen in das Integument sind solche aus kohlen- saurem Kalk, bei Gasteropoden verbreitet; bald als einfache Körnchen oder grössere rundliche Concretionen, bald als stäbchenförmige, gezackte oder auch verästelte Formen, die oft in beträchtlicher Masse vorhanden, ein wahres Kalknetz darstellen können, bei Doris, Polycera u. a., deren einzelne Arten durch eine besondere Anordnung oder Gruppirung, sowie auch durch eigenthümliche Formation der einzelnen Kalkstäbchen ausge- zeichnet sind. $ 256. Als Differenzirungen der Epidermis erscheinen Drüsen, die sich zum Theile an die bei Würmern vorhandenen Gebilde anreihen (einzellige Drüsen). In der einfachsten Form finden sich diese Organe als Modifica- tionen von Epidermiszellen, zwischen anderen Zellen gelagert, aber durch den feinkörnigen Inhalt, sowie durch eine Mündung ausgezeichnet (Becher- zellen). Sie kommen sowohl den Muschelthieren wie den Gasteropoden zu. Bei Gephalopoden finden sie sich mehr gruppenweise angeordnet, und dehnen sich mit ihrem blinden Ende unter das Niveau der Epidermis. In weiterer Entfernung sind sie bei Gasteropoden — besonders bei Land- pulmonaten — zu treflen, wo sie tiefer ins Integument eingesenkt sind. An einzelnen Körperstellen gehen diese Drüsen verschiedenartige Modifi- cationen ein. Hierher gehören z. B. die am Mantelrande beschalter Gaste- ropoden vorhandenen, eine kalkhaltige Flüssigkeit absondernden Drüsen, mit denen auch farbstoflliefernde vorkommen. Bei Aplysia entleeren dieHautdrüsen eine dunkelrothe Flüssigkeit. Bei Murex und Purpura besteht in der Mantelhöhle zwisehen Kieme und Enddarm eine als Drüse fungirende Epithelschichte, die aus grossen, auf der Oberfläche wimpernden Zellen gebildet wird. Das Secret dieser Zellen liefert den als »Purpur« bekannten Stoff. Eine Eigenthümlichkeit einiger Opisthobranchiaten (Aeolidier) bildet das Vorkommen von Nesselzellen in den Enden der Rückenpapillen. Zu den selbständiger entwickelten Drüsenorganen des Integumentes gehört die Byssusdrüse der Lamellibranchiaten, ein Organ, dessen Auftreten von Modificationen des Fusses begleitet ist. Derselbe erscheint nämlich zu einem zungenförmigen, an seiner ventralen Fläche mit einer Rinne ausgestatteten Fortsatze verkümmert. Die Rinne verläuft gegen eine an der Basis des Fusses befindliche Vertiefung, in deren Grund eine Drüse die als » Byssus« bekannte Substanz absondert. Ein solches Organ Schalenbildungen. 349 findet sich bei Pecten, Lima, Arca, Tridacna, Malleus, Avicula, Mytilus verbreitet, wird jedoch als ein allgemein vorkommendes Organ gelten dürfen, da es auch bei den Embryonen der Najaden, sowie bei Gyelas vorübergehend vorkommt. Bei den Gastropoden besitzen einzelne Ab- theilungen (Helicinen, Limacinen) eine gleichfalls im Fuss gelegene Drüse, die sich vorne unter dem Munde öffnet. Ausser diesen kom- men noch manche andere aus dem Integumente hervorgegangene Drüsen- organe vor. Schalenbildungen. $ 257. Eine besondere Wichtigkeit erlangt die Hautbedeckung durch die Ab- scheidung fester, in Schichten sich lagernder Substanzen, aus welchen die mannichfaltigen für den Molluskenstamm charakteristischen Gehäuse und Schalen hervorgehen. Somit sind die in dieser Abtheilung getroffenen Hartgebilde durch die Art ihrer Entstehung von jenen anderer Thier- classen wesentlich unterschieden. Es sind vom Körper ausgeschiedene, nach aussen hin abgelagerte Producte, die als Stütz- und Schutzorgane für die betreffenden thierischen Organismen von grosser Bedeutung sind. Wie in anderen vom Integumente gelieferten Differenzirungen äussert sich auch hier eine secretbildende Thätigkeit der äusseren Hautschichte. Wenn auch die äusseren Schichten dieser Gebilde häufig, besonders bei massiven Schalen, dem Organismus entfremdet scheinen, so stellen die Schalen doch immer Theile desselben vor, und an manchen Stellen, z. B. da, wo Mus- keln den Schalen inserirt sind, besteht beständig ein unmittelbarer und inniger Zusammenhang. »Bei den Placophoren erinnert das Vorkommen verkalkender Sta- cheln an Verhältnisse, wie sie im Integumente der Solenogastres be- stehen (S. 149). Die Stacheln entstehen in Follikeln, und treten erst mit ihrer Vergrösserung an die Oberfläche, als schlankere dicht stehende feinere Fortsätze, oder derbere Gebilde über den Mantel vertheilt. Dazu kommen ansehnliche, verkalkte Platten (8), die der Quere nach ausge- dehnt eine Folge von Skelettheilen herstellen, in denen eine Metamerie ausgedrückt erscheint. Da sie bei Cryptochiton vom Mantel umschlossen sind, besteht Grund, ihre Genese gleichfalls im Mautel-Innern, in Ueber- einstimmung mit den Stacheln anzunehmen. Die Platten würden dann mächtige Entfaltungen derselben Gebilde vorstellen, die in geringerer Flächenentwickelung und nur in die Höhe wucbernd, als Stacheln er- scheinen. Diese Beziehung des Mantels zur Bildung fester, bei voluminö- serer Entfaltung Schalen vorstellender Organe wird für die übrigen Mol- lusken zu einer typischen, und überall äussert sich zwischen beiden Organen ein inniger Gonnex. An der Stelle der Rückenplatten der Chito- nen tritt aber eine continuirliche Bildung als einheitliche Schale, auf. So 350 II. 7. Mollusken. wie wir den Mantel als homologes Organ durch die Reihe der Mollusken verfolgten, ist auch die Schale als ein durch Vererbung verbreitetes, durch zahlreiche Anpassungen vielfach @8dificirtes Organ anzusehen. Die Substitution eines mehrtheiligen Gebildes durch ein einheitliches wird hier nicht durch eine Neubildung, sondern durch Ausbildung eines Theiles geschehen, denn es ist undenkbar, dass die Schale sofort als ein functionell bedeutungsvolles Organ, einen grossen Theil des Körpers um- schliessend, auftrat. Wenn sie aber zuerst als unansehnliches Gebilde erschien, so kann ihr nicht das Voll-Maass jener Function zugekommen sein, mittels deren sie als nützliche Einrichtung sich durch Vererbung fort- erhielt. Es ist also zu postuliren, dass das später die Schale darstellende Gebilde seine Verrichtung ursprünglich mit anderen gleichartigen theilte und über jene anderen allmählich die Oberhand gewann. Nur so ist die allmähliche Ausbildung einer Schale verständlich, und dadurch wird zu- gleich die mehrtheilige Schalenbildung der Placophoren mit der einheit- lichen der Conchiferen verknüpft. $ 258. Die erste Anlage der Schale erfolgt am aboralen Pole des embryo- nalen Körpers, an einer durch eine Wucherung des Ectoderms ausgezeich- neten Stelle. In einer hier entstehenden drüsenähnlichen Einstülpung (Fig. 474. s) wird eine zähe Substanz abgeschieden, welche unter allmäh- licher Ausgleichung der Einstülpung an die Oberfläche gelangt und im Contact mit dem Wasser erhärtet (s’). Mit dem Verschwin- den der Einsenkung besteht deren Rand als wulstige Erhebung fort und bildet die An- lage des Mantels, der also mit der Bildung der Schale im engsten Connex steht. Diese, in grösseren Abtheilungen der Conchiferen nachgewiesene Einrichtung deutet auf das Gemeinsame dieser Gruppe, liefert aber auch Fig. 174. Embryo eines Hete- den Schlüssel zum Verständniss sehr diffe- a an renter Schalenbildungen. Mit dem ange- s Schalenanlage. (Nach H. Kor.) führten Verschwinden der Invagination wird die Schale zu einer äusseren, wo- bei der Mantelrand entweder unter ihr bleibt, oder sie mehr oder minder überlagert. Der letztere Fall verknüpft mit den äusseren Schalen- bildungen die inneren, welche dann entstehen, wenn die Einstülpung nicht verschwindet, sondern in der angebahnten Richtung weiter sich ausbildet. - Im Innern dieses Organs wird dann die Schale von der Wan- dung her abgeschieden, und empfängt wie die äussere für die einzelnen grösseren und kleineren Abtheilungen viele Eigenthümlichkeiten. Schalenbildungen. 351 Im einfachsten Falle bietet die Schale nur gleichartig geschichtete Lamellen dar, bei manchen im niedersten Zustande von Porencanälen durchbrochen. Der einfache Zustand complicirt sich durch Hinzutritt von Schichten schräg oder senkrecht gerichteter Prismen. Das Flächenwachsthum der Schale geht. am freien Rande vor sich und erfolgt hier durch schichtenweise Ablagerungen von Seite des Mantels, die sich auf der Oberfläche als concentrische Ringe zu erkennen geben. Die Verdickung der Schale wird an ihrer ganzen Innenfläche von der Aussenfläche des Mantels besorgt. Durch diesen verschiedenen Modus der Bildung entstehen verschiedene Structurverhältnisse der fertigen Schale, deren innerer Theil bei Vielen aus zahlreichen, über einander liegenden und gefalteten Schichten besteht, aus denen der Perlmutter- glanz sich ableitet. Auf die Perlmutterschichte folgt die äussere compli- cirter zusammengesetzte, die ihre Entstehung dem Mantelrande verdankt. Auf Rechnung des letzteren kommt auch der hornartige Ueberzug (Peri- ostracum), den viele Schalen besitzen. Die Schale der Lamellibranchiaten entfaltet sich mit dem Mantel nach beiden Seiten des Körpers, empfängt aber in der Medianlinie keine Ver- kalkung, so dass zwei, median durch den unverkalkten Theil der Schale, continuirlich verbundene Schalenklappen entstehen. Wo diese Klappen aneinandergrenzen, entsteht das »Schloss«; die beide Schalen hier verbindende, unverkalkte, chitinartige Substanz bildet das Schlossband. Die Schichten des Schlossbandes gehen in jene der Schalen über, und beide Klappen erscheinen nur als Theile eines einheitlich angelegten, und auch später noch einheitlichen Gebildes, das den Schalen der übrigen Mollusken homolog ist. In der Nähe desSchlossbandes gelagerte, wechsel- seitig in einander greifende Vorsprungsbildungen (Schlosszähne) der Schalenklappen dienen zum festeren Schlusse der Schale. Die Gasteropoden-Gehäuse sind von den Schalen der Lamelli- branchiaten vor Allem durch die continuirliche Verkalkung der Schalen- anlage verschieden. Das Gehäuse tritt nicht selten als inneres auf. Dieses Verhalten bieten die meist mit rudimentärer Schale ver- sehenen Tectibranchiaten und ein Theil der Pulmonaten. Bei diesen (Heli- cinen) wird das Gehäuse sehr frühzeitig zum äusseren, während es bei Anderen rudimentär im Mantel liegen bleibt (Limacinen) zuweilen nur auf einige Kalkconcremente beschränkt. Die einzelnen Stadien der Rückbildung des Gehäuses sind auch in anderen Abtheilungen vertreten, so z. B. bei den Heteropoden, wo von einem den ganzen Körper bergenden Gehäuse bei Atlanta, durch die rudimentäre Schale von Carinaria eine Vermittelung zu dem Mangel der- selben bei den Pterotracheen gegeben wird. Bei diesen ist aber während des Larvenzustandes ein vergängliches Gehäuse vorhanden, welches, wie bei den später gleichfalls schalenlosen Opisthobranchiaten, den ganzen Larvenkörper aufnimmt. Durch seine Verbreitung erscheint es als ein 352 Il. 7. Mollusken. den Gastropoden gemeinsames Erbtheil, dessen sich einzelne Abtheilungen sehr frühzeitig entäussern. Die thecosomen Pteropodi schliessen sich bezüglich der Gehäuse- bildung an die Gastropoden an. Nicht immer wird das ganze Gehäuse vom Thiere eingenommen. Bei manchen Gastropoden zieht sich das Thier mit fortschreitendem Wachsthum aus dem Ende des Gehäuses zurück und schliesst dieses sich mit einer Schalenschichte ab. Aehnliches zeigen auch einzelne Ptero- poden (Chreseis), und darin kann der Anfang einer Erscheinung erkannt werden, die bei den Gephalopoden eine hohe Stufe erreicht. Die Schalensubstanz, Absonderungsproduct des Mantels, bietet zahl- reiche Verschiedenheiten dar, von weichen, bis zu festen, soliden Bildun- gen, als welche die Gehäuse der meisten Prosobranchiaten erscheinen. Erstere Schalenformen bestehen nur aus organischer Substanz. Durch Imprägnation mit Kalksalzen werden sie fester, von hornartiger Beschaflen- heit, und beim Vorwiegen der anorganischen Substanzen gehen derbe Schalengebilde hervor. Der einfache Zustand der napfförmigen, embryonalen Schale bleibt bei einigen bestehen und wird durch gleichmässiges Wachsthum in bald mehr, bald minder flache oder konische Formen übergeführt (z. B. Pa- tella) ; bei der Mehrzahl dagegen entsteht durch ungleichseitiges Aus- wachsen eine Spiralform, die selbst wieder zahllosen Modificationen unter- worfen ist. Da die embryonalen Gehäuse auch bei den später derselben Entbehrenden, zur Bergung des ganzen Körpers dienen, so wird hierin die Grundform zu suchen sein, von der die übrigen Schalenformen sich abzweigten. Nach der einen Seite gehen also daraus weiter entwickelte Gehäuse hervor, sowie andererseits die rudimentären Schalenformen sich hierzu als Rückbildungen verhalten. $ 259. Die Schalenbildungen der Gephalopoden lassen gleichfalls ihre ein- facheren Formen nicht als Anfänge der Entwickelung, sondern als rudimen- täre Bildungen erkennen, die von den complieirteren und vollständigeren abzuleiten sind, wie denn auch die geologische Reihenfolge eine allmäh- liche Rückbildung der Schale erkennen lässt. Sowohl hinsichtlich der Texturverbältnisse als auch in den Beziehungen zum Körper, d. i. zu dem als » Mantel« erscheinenden Abschnitt des dorsalen Integumentes ergeben sich Wiederholungen der bereits angeführten Einrichtungen. Wir treffen entweder gerade gestreckte (diese nur untergegangenen Familien ange- hörig), oder gewundene Gehäuse, die vom Mantel gebildet, das Thier bald vollständig umhüllen, bald in rudimentärem Zustande im Innern des Mantels verborgen sind und dann unter Aufgeben ihrer Bedeutung als (sehäuse nur noch als innere Stützorgane erscheinen. Schalenbildungen. 355 Die vollkommener ausgebildeten Gehäuse der Gephalopoden,, wie sie uns bei den fossilen Ammoniten, Orthoceratiten, und gegenwärtig durch Nautilus repräsentirt entgegentreten, zeigen einen von jenem der Gastro- poden- und Pteropodengehäuse etwas verschiedenen Bau. Sie sind in einzelne hinter einander gelegene Kammern getheilt, von denen nur die vorderste vom Thiere bewohnt wird, obgleich auch die hinteren durch eine röhrenförmige, die Scheidewände durchsetzende Verlängerung (Sipho) des Thieres mit letzterem in inniger Verbindung stehen. Das Thier (vergl. Fig. 175) bewohnt also nur die letztgebildete, jüngste Kammer. Die ein- Fig. 175. Nautilus mit dem Mediandurchschnitt der Schale. i Trichter. £ Tentakel. v Kopflappen. o Auge. b Dorsaler Mantellappen. ll Verbindungsstelle des Mantels mit der Schale. s Ein Stückchen der Schale, welches mit dem rechten Mantelmuskel im Zusammenhang geblieben ist. « Mantel. s Sipho. s’ Siphoeanal der Schale. (Nach-Owen.) zelnen Kammern entsprechen ebenso vielen Wachsthumsstufen des Thie- res, welches mit jedem neugebildeten Abschnitt der Schale vorrückt und durch Bildung einer Scheidewand eine neue Kammer entstehen lässt. Das bei Gastropoden und Pteropoden nur angedeutete und vereinzelt vor- kommende Verhalten ist hier zu typischer Ausbildung gelangt. So ver- halten sich die geraden Gehäuse der fossilen Orthoceratiten, die in einer Ebene spiralig gewundenen der Ammoniten und jene der Nautiliden. Bei den letzteren (Fig. 175) schlägt sich ein Mantellappen (b) von der Rückseite des Thieres über einen Theil der Schale hinweg und scheint zur Ver- diekung derselben beizutragen. Fast ganz in den Mantel eingeschlossen Gegenbaur, Grundriss d, vergl. Anatomie. 2. Aufl. 33 354 ll. 7. Mollusken. treffen wir das, ähnlich wie bei Nautilus construirte, in seinen Windun- gen jedoch nicht zusammenschliessende Gehäuse von Spirula und den Uebergang von den vollständig “ vom Mantel umhüllten Schalen zu jenen, die im Mantel verborgen sind, bilden die Gehäuse der fossilen Be- lemniten. Dieser Vermittelung wegen sind die Reste dieser wahrschein- lich zum grossen Theile inneren Schalenformationen von grosser morpho- logischer Wichtigkeit. Die Kammerbildung ist hier auf einen kleinen kegelförmigen Theil, den sogenannten Phragmoconus, beschränkt. Die einzelnen, wie horizontale Kegelschnitte über einander geschichteten Kammern, welche Abtheilungen des Phragmoconus bilden, waren auch hier durch einen Sipho untereinander in Verbindung gesetzt. Der ganze Phragmoconus wird von Verdiekungsschichten umhüllt, die sich jedoch nicht gleichmässig über ihn ausdehnen, sondern hinter seiner Spitze einen mächtigen, soliden Fortsatz (Rostrum, darstellen. Der nach vorne über die Basis des Phragmoconus sich hinaus erstreckende lamellenartig aus- gebreitete Abschnitt der Verdickungsschichten wird als »Hornblatt« be- zeichnet. Der Phragmoconus ist das Homologon der gekammerten Schalen der anderen CGephalopoden, während die von ihm ausgehende Lamelle, das sogenannte Hornblatt, wie eine Verlängerung der vordersten Kammer- wand sich darstellt und das massive, von der ganzen Schale zumeist am vollständigsten erhaltene Rostrum von einfachen, von dem umgeschlagenen Mantel gebildeten Verdickungsschichten abzuleiten ist. Eine völlig im Mantel verborgene, nicht selten mit einer hinteren Spitze hervorragende und dadurch schon an die Schalenbildung der Be- lemniten erinnernde flache Schale ’stellt das als »Os Sepiae« bekannte Ge- bilde der Sepiden vor. Es besteht aus mehrfachen an organischer Sub- stanz reichen Schichten, welche durch Schichten von Kalkeinlagerungen von einander getrennt sind und erscheint somit aus übereinander gela- gerten Blättern zusammengesetzt. Die äusserste, der sogenannten Rücken- oberfläche des Thieres zugewandte Lamelle ist von besonderer Festigkeit, sie zieht sich direct in die hintere Spitze aus und bildet die Grundlage für die blättrigen Ablagerungen, die sich auf der Innenfläche der schwach gewölbten Schale oft bis zu beträchtlichem Durchmesser erheben. Diese Schalen lassen sich unmittelbar von jenen der Belemniten ableiten, be- sonders wenn man jene Sepienschalen, die wie S. Orbigniana in eine starke, freie Spitze auslaufen, in Betracht zieht. Die solide Spitze ent- spricht dem Rostrum der Belemniten, während die Alveolarhöhle der letzteren, sowie das vom Rücken derselben ausgehende Hornblatt dem ganzen übrigen Theil der Sepienschale homolog ist. Die in der Alveole der Belemniten die Kammern des Phragmoconus darstellenden Scheide- wände sind in der Sepienschale durch die flach oder doch kaum concav angesetzten Lamellen repräsentirt. Anstatt getrennt von einander Kam- mern zu bilden, folgen die Schichten unmittelbar auf einander. So ist die complieirte Schale der Belemniten durch Reduction auf eine der Sepienschale entsprechende niedere Stufe verfolgbar. Noch mehr redu- Kiemen. 355 eirt ist die Schale der Loliginen, welche nur durch ein langgestrecktes, biegsames, im Rückentheile des Mantels verborgenes Hornblatt (Calamus) dargestellt wird. Seiner Mitte entlang verläuft ein nach aussen vorsprin- gender Kiel. Dieses Schalenrudiment entspricht dem äusseren, gewölbten und an organischer Substanz reicheren Theile einer Sepienschale und ist damit auch dem Hornblatte eines Belemnitengehäuses homolog. — End- lich findet man in der Gattung Octopus, deren Mantel im Nacken nicht mehr vom Kopfe abgesetzt ist, ‘ein Paar dünne, dem Rückenintegumente eingelagerte Plättchen als die letzten Ausläufer einer vom Mantel aus- gehenden Schalenbildung, welche sich jener bei Gastropoden beschriebe- nen somit vollständig parallel verhält. Da auch bei Cephalopoden die erste Genese der Schale von einer Einsenkung des Mantels ausgeht (Sepia), werden innere und äussere Schalen enge verknüpft, und zugleich der Zusammenhang beider mit dem Verhalten bei anderen Mollusken auf- gedeckt. Als etwas von all’ diesen durch eine streng durchgeführte Vergleichung erfassbaren Gehäusen Verschiedenes ist die Schale von Argonauta anzu- sehen, die nicht vom Mantel, sondern von einem lamellös verbreiterten Armpaare secernirt wird. Bei den Gastropoden erscheint eine besondere Einrichtung in der Bildung des sogenannten »Deckels«, welcher auf der Rückenfläche des Fussendes vieler Prosobranchiaten auftritt, dem ins Ge- häuse zurückgezogenen Thiere zum Verschlusse dienend. Hier erhebt sich die Frage, ob dieses Gebilde nicht gleichfalls von einer Platte der Placo- phoren ableitbar sei. Kiemen. $ 260. Dem Aufenthalt der Mollusken im Wasser entspricht die Art der bei ihnen verbreiteten Athmungsorgane, der Kiemen, die sämmtlich Diffe- renzirungen des Integumentes sind, und demgemäss ursprüng- lich eine oberflächliche Lagerung besitzen, wenn sie auch durch Duplica- turen anderer Hautregionen (Mantel) überdeckt, und so in besonderer Höhlung — der Kiemenhöhle — geborgen sind. Die an das Integument geknüpfte Function der Athmung scheint nicht immer an homologen Regionen sich zu localisiren, so dass keineswegs alle als Kiemen erscheinende Organe morphologisch übereinstimmen. Im Allgemeinen sind die Kiemen der Mollusken seitlich am Körper befind- liche Fortsätze, die im wenigst veränderten Zustand zwischen Mantel und Fuss entspringen. (Vergl. Fig. 170. A. B.br.) Sie bieten sowohl bezüglich ihrer Ausdehnung über den Körper als auch in Bezug auf Zusammen- setzung aus einzelnen Theilen eine lange Reihe vielartiger Modificationen. Bei den Placophoren bilden sie nur eine Reihe von Faltungen oder La- mellen, welche zwischen Mantel und Fuss sich rings um den Körper 33 356 II. 7. Mollusken. erstreckt, und als eine vom Epipodium ausgegangene Bildung angesehen werden kann (Epipodialkieme). Unter den Lamellibranchiaterellen sie blattartige Gebilde dar, die zwischen Mantel und dem mit dem Fuss endigenden Eingeweidesack ent- springend, in die vom Mantel beider- seits umschlossene Höhle einragen Fig. 176. br. br’). Ihr freier Rand ist gegen die Ventralfläche gerichtet. Fast alle Muschelthiere besitzen jederseits zwei Paare solcher Kiemen, ein inneres, mediales und ein äusse - res, lateral gelagertes Paar. Das erstere ist häufig das grössere. Mit Ausnahme von Anomia, bei der durch Anpassung auch zahlreiche andere Modificationen der Organisation entstanden sind, ist die Anordnung der Kiemen symme- trisch. Jedes Kiemenblatt entwickelt \ sich aus einer Reihe neben einander U hervorsprossender Fortsätze, die bei Fig. 176. Senkrechter Querschnitt durch eine Vielen auch ferner isolirt bleiben, und Anodonta. m Mantel. bräusseres, dr! in- einzelne parallel neben einander gela- neres Kiemenblatt. / Fuss. » Herzkammer. = 2 a Vorhof. pp' Pericardialhöhle. ? Darmcanal. gerte Kiemenfäden vorstellen (Mytilus, Avicula, Arca, Pectunculus, Pecten, Spondylus). Bei der Mehrzahl dagegen geht die Kieme aus jenem embryo- nalen Zustande in einen andern über, indem die Kiemenfäden sich unter einander verbinden. Die Vereinigung der abgeplatteten, mit der Fläche gegen einander gerichteten Fäden oder Blättchen bildetein Kiemenblatt, und geschieht bald durch Verkleben der Fäden, bald durch Verwachsung, indem von jedem Kiemenfaden wulstartige Vorsprünge in regelmässigen Abständen gegen einander treten und verschmelzen. Da zwischen diesen Verbindungen feine, das Wasser durchlassende Spalten übrig bleiben, erhält jedes Kiemenblatt eine gitterförmige Beschaffenheit. Jeder Kiemen- faden bildet gleich von seinem ersten Auftreten an keine solide Verlänge- rung, sondern vielmehr eine Schleife, und umschliesst damit einen Raum (Intrabranchialraum), der mit dem Verwachsen der Kiemenfäden das ganze Kiemenblatt durchzieht und durch die zwischen den Fäden blei- benden Spalten nach aussen communieirt. Das durch letztere eintretende Wasser sammelt sich in einem an der Befestigungsstelle des Kiemenblattes befindlichen Canal, durch den es am hinteren Körperende wieder aus- geleitet wird. Chitinstäbehen bilden für die einzelnen Kiemenfäden einen beson- deren Stützapparat. Die Oberfläche sämmtlicher Kiemen überkleidet ein Wimperepithel. Reihen grosser Cilien ziehen sich der Länge nach an den leistenartigen Kiemen. 357 Vorsprüngen der Kiemen herab, und dicht stehende feinere Cilien ordnen sich dazwischen und unterhalten eine beständige Wasserströmung. Am freien Rande jedes Kiemenblattes besteht eine durch Einbuchtungen jedes einzelnen Kiemenblättchens gebildete, mit längeren Cilien ausgekleidete Rinne, in der eine zum Munde führende und damit auf die Nahrungs- zufuhr gerichtete Wasserströmung erzeugt wird. Bedeutende Modificationen entstehen durch Verwachsung der bei- derseitigen Kiemen hinter dem Fusse, entweder durch unmittelbare Ver- einigung der freien Ränder, oder durch eine besondere die beiderseitigen Kiemen verbindende Membran. Am meisten ist diese Verwachsung bei den sichelförmig gekrümmten Kiemenblättern von Anomia ausgeprägt, wo der ganze Kiemenapparat von dem sehr reducirten Eingeweidesacke sich entfernt hat, und nicht mehr auf die Seiten vertheilt erscheint. Bonner, R., Der Bau u. die Circulationsverhältnisse der Acephalenkieme. Morphol. Jahrb. Ill. $ 261. Der Kiemenapparat der Gastropoden bietet bei noch grüsserer Man- nichfaltigkeit der einzelnen Vorrichtungen im Allgemeinen dieselben Ver- hältnisse wie bei den Muschelthieren dar, indem er in seiner typischen Form aus parallel aneinander gereihten Blättchen oder auch mehr eylindri- schen Fortsätzen besteht, die von der Oberfläche des Körpers vorragen, und damit vom umgebenden Medium, dem Wasser, umspült sind, wäh- rend ein Blutstrom ihr Inneres durchzieht. Noch mehr wird diese Ueber- einstimmung durch die Lagebeziehungen zum Mantel ausgedrückt, zu welchem sie in denselben Verhältnissen wie bei den Lamellibranchiaten getroffen werden. Sowohl in der Zahl als in der Ausdehnung ergeben sich gegen die Muschelthiere bedeutende Beschränkungen und dasselbe gilt auch vom Baue, der gegen jene bedeutend einfacher ist. Die kreis- förmig angeordnete Epipodialkieme der Placophoren tritt noch bei Patella auf, indess andere Patelliden (Lottia) noch zwei mehr dorsal gelagerte gefiederte Kiemen besitzen, und die letzteren damit als von der Epipodial- kieme verschieden erscheinen lassen. Diese beiden vorne unter dem Mantel gelagerten Kiemen besitzen ferner Fissurella und Emarginula. Auch bei Haliotis lassen sie eine paarige Anordnung wahrnehmen, sind aber mehr nach links gelagert. Sie zeichnen die Zeugobranchien aus. Daran knüpft sich bei den Anisobranchien in Anpassung an die von der Schale abhängige Asymmetrie der Kiemenhöhle eine Verkümmerung der linken Kieme und eine grössere Ausbildung der rechten. Die verküm- merte Kieme rückt meist nahe an die andere heran, und tritt in asym- metrische Lagerung, oder schwindet bei anderen Prosobranchiaten gänz- lich (Janthina, Neritaceen, Heteropoden). Die Ausbildung der rechten Kieme ist meist einseitig, so dass sie nur halbgefiedert erscheint, indem die zweite Blättchenreihe verschwindet. 358 I. 7. Mollusken. Während ganz allgemein die Blättchenstructur vorwaltet, sind bei we- nigen (Galyptraea, Crepidula) fa örmige Kiemen vorhanden, welche an die primitive Kiemenform der Lamellibranchiaten erinnern. Mit der Rückbildung des Mantels und der Kiemenhöhle tritt auch für die Kiemen eine Modification ein, die zum gänzlichen Schwinden der Kiemen hinleitet. Diese Erscheinung zeigt sich innerhalb verschiedener Abtheilungen. So unter den Prosobranchiaten bei den Heteropoden, wo bei Carinaria die Kieme nicht mehr vom Mantel überdeckt wird, bei Pte- rotrachea, welcher der Mantel ganz fehlt, und die Kieme völlig frei liegt, indess Firoloides mit dem Mantel auch die Kieme verlor. Unter den Opisthobranchiaten sind die Verhältnisse der Kiemen nicht minder an den Zustand des Mantels geknüpft. Jederseits liegt zwischen Mantel und Fuss eine Kieme (Pleurophyllidia), oder es ist nur eine einzige Kieme in einer Kiemenhöhle geborgen oder wird sogar nur theil- weise vom Mantel bedeckt Tectibranchiata). Mit dem Verluste von Schale und Mantel treten kiemenartige Gebilde bei einem Theile der Nudibran- chiaten an der Rückenfläche des Körpers auf. Blattförmige oder büschelartige, ramifieirte Anhangsgebilde sind bald in der Nähe des Afters (Doris), bald reihenweis über den Körper vertheilt (Tritonia, Scyllaea). Wenn man in richtiger Wür- digung der Thatsache, dass die Beschalung der Larven aller Opisthobranchiaten die Ableitung die- ser Gastropoden von schalentragenden Formen nothwendig macht, auch für die Kiemen eine ur- sprüngliche Lagerung in einer Mantelhöhle anneh - men muss, so wird man in Berücksichtigung der gleichfalls in der Mantelhöhle befindlichen After- öffnung die Anordnung der Kiemen bei den Dori- den als eine im Wesentlichen von jenem Zustand her erworbene betrachten dürfen. Von da an ergeben sich mannichfache Uebergangsformen zu einer grösseren Vertheilung der Kiemen über den Rücken des Körpers, zugleich Modificationen der Kiemen selbst, die, wie auch ihre specielle Gestalt sein mag, immer mehr blossen Hautlortsätzen ähn- lich erscheinen. Diese Verschiedenheit. in der Fig. 177. Ancula (Poly. JUsseren Erscheinung der Kiemen leitet sich von eera) eristata von der ihrer oberflächlichen, der Umschliessung des Man- Rückenfläche. a Afteröffuung. tels entbehrenden Lage ab. Dadurch löst sich ihre br Kiemen. f Tentakel. (Nach £ gs = ’ en moi anscheinend specifische Structur auf, und ihr Aus- sehen gewinnt immer mehr eine Uebereinstimmung mit dem benachbarten Integument, von dem sie mannichfaltig gefornite Fortsatzgebilde vorstellen. Für diese Auffassung sind die Beziehungen jener Organe zuın eirculatorischen Apparate belangreich ,-indem daraus für sie die völlige Uebereinstimmung mit Kiemen hervorgeht. In ihren weilest Kiemen. 359 differenzirten Formen erscheinen die Kiemen dann über den ganzen Rückentheil des Körpers verbreitet, jederseits in einfachen oder mehr- fachen Reihen von Papillen oder zottenartigen Fortsätzen, die sogar wieder Verästelungen darbieten können (Aeolidier). Der Verlust des Ge- häuses gestattet also eine grössere Ausbreitung der Kiemen, sowie die Entstehung und Ausbildung jenes Schutzorganes auf eine Beschränkung der Lage der Kiemen gewirkt hat. Bei manchen Opisthobranchiaten kommt es zu einer Rückbildung dieser Kiemen, wo dann wieder das gesammte Integument die respirato- rische Function übernimmt (Phyllirho&, Elysia, Pontolimax). $ 262. Eine andere, aus der zuerst vorgeführten Einrichtung des Athmungs- apparates hervorgehende Modification gründet sich auf die Entwickelung des respiratorischen Canalsystems in der Wandung der Mantelhöhle. Bei manchen Kiemenschnecken verbreitet sich jenes Netzwerk von Canälen über die Kiemen hinaus in benachbarte Theile der Kiemenböhle, die in Folge dessen an der Athmungsfunction sich betheiligen kann. Dadurch wird die Mantelhöhle zur Aufnahme von Luft geeignet, und gestaltet sich zu einer Lunge. Ein solches den für das Leben im Wasser organisirten Mollusken fremdes Organ ist in einzelnen, sehr verschiedenen Abtheilun- gen angehörigen Formen von einer Aenderung der Lebensweise ableitbar. Zugleich mit einer Kieme findet sich eine Lunge bei Ampullaria, wo sie einen parallel mit der Kieme gelagerten, mit contractiler Mündung ver- sehenen Sack vorstellt. Ganz verloren gegangen ist die Kieme bei der landbewohnenden Gattung CGyclostoma. Bei Onchidium ist eine Lunge vorhanden, die aber zugleich die Niere repräsentirt. Ein solcher der Niere benachbarter und noch ihre Mündung aufnehmender Raum dient als Lunge bei Helicinen und Lima- cinen, indess bei den Lymnäen und Planorben die Mantelhöhle selbst zur Aufnahme von Luft verwendet wird. Aber bei diesen dient die kie- menlose Mantelhöhle auch zum Athmen im Wasser, da bei manchen Lym- näen ein dauernder Aufenthalt in der Tiefe nachgewiesen ist. $ 263. Bei den Pteropoden scheint unter den Gymnosomen das Integument entweder gleichmässig der Athmung zu dienen (Clio) oder es sind ober- flächenvergrössernde Fortsatzbildungen als Kiemen in Function (Pneu- modermon). Aber erst bei den Thecosomen sind in der Mantelhöhle (Fig. 174 A br) gelagerte, und damit auf die Einrichtungen der übrigen Mollus- ken beziehbare Kiemen als gekräuselte Falten (Hyalea) vorhanden, die in ihrer Lage jenen der Cephalopoden ähnlich sind. Die Kiemen der letzteren nehmen ihre Entstehung zwischen Mantel und Fuss (Fig. 171 Bbr) in ganz ähnlicher Weise, wie sie bei manchen Gasteropoden dauernd >60 II. 7. Mollusken. erscheinen. Erst mit der Entwickelung des Mantels rücken sie in die Tiefe, und lagern dann in einer elhöhle, die an der, bei Vergleichung des Thieres mit den Gastropoden, der Hinterseite gleich zu setzenden Fläche sich öffnet. Bei allen sind die Kiemen symmetrisch angeordnet, vier sind bei Nautilus, bei allen übrigen lebenden Gephalopoden nur zwei vorhanden. Jede Kieme bietet meist eine pyramidale Gestalt dar, mit der Spitze lateralwärts gerichtet, mit der Basis median (Fig. 178 Br). Sie besteht | 7 | 27 | 18 f Bess Fig. 178. Mantelhöhle und Trichter von Sepia officinalis. Die Mantelhöhle ist durch einen Medianschnitt geöffnet. Man sieht darin den Eingeweidesack vorragen, hinter dem zwei Muskelpfeiler m zu Triehter und Kopf emporsteigen. Br Kieme. vbr Kiemenvene. vbr' Bulbusartige Erweiterung derselben. # Tintenbeutel. » Mündung des Exeretionsorganes, rechterseits geöffnet und in A die Venenanhänge erblicken lassend. y Genitalpapille. « After. J Trichter, durch einen medianen Längs- schnitt geöffnet. i Zungenförmiges Organ. c Vertiefung zur Aufnahme des am Mantelrande liegenden Vorsprunges (Mantelschloss) e'. € Kopf. P Flossen. entweder aus dicht aneinander liegenden, sich allmählich gegen die Spitze hin verjüngenden Blättchen (Nautilus und die meisten Loliginen), oder aus vielfach gewundenen Hautfaltengruppen, welche zwischen den beiden am Kiemenrande sich hinziehenden Kiemengefässstämmen ihren Ursprung nehmen (Octopoden). Inneres Skelet. 361 Der Athmungsmechanismus combinirt sich auch hier mit der Orts- bewegung der Tbiere. Bei jedesmaliger Erschlaffung der Muskulatur des Mantelrandes strömt Wasser in die Kiemenhöhle durch deren Spalte, namentlich zu beiden Seiten des Trichters, ein, und wird nach Bespülung der Kieme durch die Contractionen des Mantels wieder ausgetrieben. Dabei schliesst sich die Spalte der Athemhöhle, so dass nur noch der Trichter als Ausweg besteht, der nicht blos dem Wasser zum Durchtritte dient, sondern sich beim Ausstossen desselben auch activ betbeiligt. Inneres Skelet. $ 264. Bei der Mehrzahl der Weichthiere wird der Mangel eines inneren Skelets aufgewogen durch die in $ 258 beurtheilten Schalen und Gehäuse, die auch als Stützen innerer Theile dienen. Dagegen treten selb- ständige innere Stütz- organe bei den Gastro- poden auf. Im Kopfe - dieser Thiere liegen, von der Muskulatur des Pha- rynx umschlossen, zwei, zuweilen auch vier, mehr oder minder innig mit einander verbun- dene Knorpelstückchen, die für die Reibplatte und ihre Adnexa einen Stützapparat bilden und für einen Theil der Pharynxmuskulatur, besonders für die Mus- keln der Reibplatte, Insertionsstellen dar- bieten. Reichlicher ent- wickelttreffen wir knor- pelige Stützorgane bei \ l NEN den Cephalopoden Das Fig. 179. Durchschnitt durelı den Kopf von Sepia offiein alis. . 5 K K' Kopfknorpel. 6 Gehim. 90 Ganglion des Sehnerven. w bedeutendste derselben weisser Körper. I Linse. ci Ciliarkörper. e Cornea. p Augenlid. liegt im Kopfe und dient P Buccalmasse. »n äussere, %» innere Lippenhaut. ef Kiefer. als Hülle der Nerven- » Radula. oe Oesophagus. £ Arme. centren, als Stütze der Seh- und Hörorgane, sowie als Ursprungsstelle einer reichen Muskulatur. Bei Nautilus wird dieser Kopfknorpel durch zwei median verschmolzene, vorne wie hinten in Fortsätze ausgezogene 362 ll. 7. Mollusken. Stücke dargestellt, welche den Anfangstheil der Speiseröhre umfassen. Um vieles mehr entwickelt -“ Kopfknorpel der Dibranchiaten. Er besteht aus einem mittleren, "vom Oesophagus durchbohrten Theile (Fig. 179. K) und zwei Seitenflügeln, welche bald nur als flache Ausbreitungen erscheinen und dann zur Bildung von Orbiten mit accessorischen Knorpel- plättchen versehen sind, bald in höherer Ausbildung auch nach oben in Fortsätze übergehen |A’) und die Orbita vollständiger umschliessen. In dem vom Oesophagus durchsetzten Theile des Kopfknorpels lagert das centrale Nervensystem (@). Ausser dem Kopfknorpel besitzen die Dibranchiaten noch andere knorpelige Skeletstücke. Ein Rückenknorpel ist das verbreitgetste. Der- selbe liegt bei den Sepien als ein halbmondförmiges Stück im vordern Dorsaltheile des Mantels, und setzt sich in zwei schmale laterale Hörner fort, die bei Octopus, wo das Mittelstück geschwunden, selbständig fort- bestehen. Dazu kommt noch ein Knorpelstück im Nacken, sowie zwei Knorpel an der Trichterbasis : die Schlossknorpel. Sie sind weniger constant als die an der Basis der Flossen liegenden Knorpelstücke, die bei allen mit Flossen versehenen Dibranchiaten zur Befestigung der Flossenmuskulatur bestehen. Muskelsystem. $ 265. Aus dem Vorkommen eines mit dem Integumente verbundenen Haut- muskelschlauches, sowie der im Ganzen, trotz der vielgestaltigen Modi- ficationen doch einförmigen Bildung äusserer Stützapparate, wird die ge- ringe Entfaltung gesonderter Muskelbildungen verständlich. Damit steht der Mangel innerer Stützorgane in den unteren Abtheilungen, oder deren relativ geringe Entwickelung in den höheren Classen in Zusammenhang. Die Muskulatur besteht aus bandförmigen Fasern, an denen Andeutungen von (uerstreifen nicht selten auf eine höhere Differenzirung hinweisen. Bei den Lamellibranchiaten sind vorzüglich Schliessmuskeln ent- wickelt, die quer oder schräg durch den Körper von einer Schalenklappe zur andern ziehen. Sie sind entweder auf zwei, weit von einander lie- gende Gruppen — eine vorne (Fig. 167 ma), die andere hinten (m p) — vertheilt und bilden zwei getrennte Muskeln ‘Unio, Anodonta), oder es besteht nur Ein Muskel, welcher dann dem hinteren der Dimyarier ent- spricht, und die Mitte der Schale einnimmt (Pecten, Ostrea). Zum Rück- ziehen des Fusses wirken gleichfalls besondere dem Integument verwebte Muskeln, die vom Rücken der Schale entspringen und zuweilen in meh- rere Paare gesondert sind. Diese Retractoren finden sich wieder bei den gehäusetragenden Gasteropoden. Sie bilden hier meist einen einfachen, aber doch paarig angelegten, im Grunde des Gehäuses entspringenden Muskel, der, an Umfang zunehmend, sich zu den vorderen Körpertheilen Muskelsystem. Nervensystem. 363 begibt. Er versorgt ausser dem Fuss noch den Kopf mit dem Anfang des Darmrohrs (Schlundkopf), und gibt besondere Bündel an andere vor- streckbare Theile, so an die Tentakel und das Begattungsorgan ab. Von der Spindel des Gehäuses entspringend und auch in seinem Verlaufe ihr anliegend, wird er als M. eolumellaris bezeichnet. Bei den Heteropoden hat er seine Endausbreitung im Kielfusse. Bei den Pteropoden strahlt er in die aus dem Fusse hervorgegangenen Flossen aus. Ausser diesen Mus- keln finden sich noch einzelne zu den Eingeweiden tretende Bündel. Mit dem Bestehen eines entwickelten inneren Skeletes wird die Mus- kulatur der Gephalopoden um vieles differenzirter. An dem Kopfknorpel befestigen sich bei Nautilus zwei mächtige Retractoren, die seitlich in der Wohnkammer der Schale entspringen. Bei den mit innerer Schale ver- sehenen Decapoden nehmen dieselben Muskeln ihren Ursprung von der Wand des Schalenüberzuges und bei den Octopoden von einem dort lie- genden Knorpel. Von diesen beiden Muskeln zweigen sich zwei Züge für den Trichter ab. Ein anderes mächtigeres Muskelpaar entspringt im Nacken des Thieres und tritt breit zur Ventralfläche in den Trichter. Auch im Mantel ordnet sich die Muskulatur in gesonderte Lagen, und die Flossenmuskeln zeigen ebenso deutlich getrennte Schichten. Endlich ist der sehr ausgebildeten Muskulatur der Arme zu gedenken, die zum Theil vom Kopfknorpel entspringt, und einen in der Armaxe verlaufenden Canal einschliesst. Nervensystem. Gentralorgane und Körpernerven. $ 266. Auch für dieses Organsystem können wir bei den Würmern An- knüpfungen nachweisen. Der gesammte Centralapparat scheidet sich nämlich in eine obere dem Anfang des Darmrohrs aufliegende Ganglien- masse, die oberen Schlund- oder Cerebralganglien, und eine ventral ge- lagerte, durch Gommissuren mit der ersteren verbundene Masse, die unteren oder Fussganglien. Beide sind paarig. Die erste Anlage der Cerebralganglien ist als eine Differenzirung des Ectoderms erwiesen, als ein Einwachsen seiner Formelemente, mit denen auch gleichzeitig die Anlage der Sehorgane erfolgt (Gasteropoden). Durch die Beziehungen der Cerebralganglien zu den dem Kopfe zugetheilten höheren Sinnesorganen wird die Homologie dieser Ganglien mit den Cerebralganglien der Würmer (und Arthropoden) sicher gestellt. Aber auch die Pedalganglien sind von niederen Befunden ableitbar, denn wir finden sie noch bei manchen Mol- lusken durch eine Einrichtung vertreten, die dem Bauchstrange der Ringelwürmer entspricht. Von den Pedalganglien ausgehende, längs des Fusses sich vertheilende Längsstämme sind durch Querstränge verbunden und erscheinen damit in der Anordnung einer ventralen Nervenkette. 364 ll. 7. Mollusken. Wenn in diesen Verhältnissen des Nervensystems somit nichts we- sentlich Neues erscheint, und selMPin dem Vorhandensein von nur zwei ventralen Ganglien (eben den Fussganglien' eine Concentrirung der auf niederer Stufe aufgelösten, eine Bauchganglienkette darstellenden Nerven- masse gesehen werden muss: so besteht doch eine bei Würmern nicht ausgeprägte Einrichtung in dem Vorkommen voluminös entfalteter Visceral- ganglien. Diese spielen hier nicht nur eine wichtige Rolle in der Zusam- mensetzung des gesammten Nervensystems, sondern treten auch durch allmähliche Verkürzung ihrer Gommissuren mit den Gerebralganglien zu- sammen. Diesen Gentralorganen kommen dadurch neue, ursprünglich peripherisch gelagerte Theile zu. Daher wird es zweckmässig, diese sonst dem Eingeweidenervensystem zugehörigen Ganglien schon hier in Betracht zu ziehen. Diese die Eingeweide (Herz, Kiemenapparat, Geschlechtsorgane versorgenden Theile des Nervensystems bewirken durch den Wechsel ihrer Zahl in den einzelnen Abtheilungen eine bedeutende Gomplication des gesammten Organsystems, und bieten der Vergleichung manche Schwierigkeiten, die andererseits auch durch die bedeutenden Modifica- tionen der Lagerung der primitiven Ganglien in Folge von Verkürzung oder Verlängerung der GCommissuren entstehen. Einen der niedersten Befunde zeigt das Nervensystem der Placo- phoren. Ein aus zwei Strängen bestehendes Nervenband (Fig. 180 Ü umzieht den Schlund, ohne jedoch obere Anschwellungen aufzuweisen, was aus dem Mangel von Augen und Tentakeln sich ver- stehen lässt. Der eine, innere Strang setzt sich getheilt unter den Schlund fort und geht theils in ein mitdem anderseitigen zu- sammenhängendes Subpharyngealganglion über, theils setzt er sich zu einem Fuss- ganglion (P) fort. Aus jedem dieser beider- seitigen Ganglien entspringt ein starker nach hinten verlaufender Nervenstamm, der, wie die Ganglien selbst, mit dem anderseitigen durch regelmässige Quer- anastomosen verbunden ist, und diesen SR ash ek Stellen entsprechend Nerven zum Fusse ab- P Pedalganglien. pl Pallialnerven. p gibt. Der äussere, vom Schlunde herab- Fussnerven. B Buccalganglien. (Nach ziehende Strang verläuft längs der Seite hei des Körpers nach innen von den Kie- men, und bildet den Pallialnervenstamm (pl). Ausserdem findet sich noch eine Gruppe von vier kleinen Ganglien unter dem Schlunde Sublingualganglien). Die beiden Stämme der Fussnerven sind stärker als die vom Nervenbande zu ihm tretenden Commissuren. Wir werden in ihnen also auch centrale Theile zu suchen haben. Sie erscheinen wie Längsstämme eines »Bauchmarkes«, welches ähnlich wie bei den Zweige ab. An der Stelle der Nervensystem. 365 Gephyreen seine Ganglienzellen nicht streng in einzelne Gruppen vertheilt hat. Die Structur dieser Stränge bedarf jedoch noch der Untersuchung. In dem Hauptsächlichsten der Anordnung dieses Nervensystems sind die gleichen Verhältnisse wie bei den Solenogastres. speciell bei Chätoderma zu erkennen ($ 121). $ 267. Die relativ geringe Entwickelung der Cerebralganglien ist bei den Lamellibranchiaten aus dem Mangel eines mit Sinnesorganen versehenen Kopfes abzuleiten. Diese Ganglien (Fig. 181 «) treten häufig so zur Seite, dass zwischen ihnen eine län- gere Gommissur besteht (Lu- cina, Panopaea, Anodonta, Unio, Mytilus, Arca, Gardium, Pholasu.a.). Ausser ansehn- lichen Visceraleommissuren geben sie nur einige kleinere Pedalnervenstämme finden wir zwei Pedalganglien, deren Nerven ihren Verbreitungs- bezirk im ventralen Theile des Körpers, besonders im Fusse besitzen. Sie lagern an der Wurzel des Fusses, zu- weilen auch tiefer in ihn ein- gebettet. Je nach der Ent- wickelung des Fusses und Fig. 181. Nervensystem von Cytherea Chione. seiner Enklernung vom vor- 2 Cm Schmir Kehim) Gangin. 1 Aitunnelen deren Theile des Körpers sind (Siphonalganglien). ma Vorderer, mp hinterer Schliess- die Commissurstränge von en Pa p 2 t Menteirand, Et Mantelz 4 a r randnerv. br Kieme. ’ Darmeanal. A Leber. * Enddarm. verschiedener Länge. Bei we- ir Athemsipho. ta Cloakensipho. (Nach Duvernor.) nig ausgebildetem Fusse, oder wenn derselbe sehr weit nach vorne gerückt ist, können Cerebral- und Pedalganglien einander beträchtlich genähert sein /Solen, Mactra). Sogar eine Aneinanderlagerung findet statt, wie bei Pecten (Fig. 182 C), wo die durch eine weitgespannte Bogencommissur verbundenen Cerebralganglien (a) die kleineren Fussganglien zwischen sich nehmen. Die voluminöse Ausbildung der Fussganglien hängt von der Entwickelung des Fusses ab. Sie sind in der Regel, ohne ihre Selbständigkeit aufzugeben, innig mit einander verbunden. Die peripherischen Nerven der Gehirnganglien haben ihre vorzügliche Verbreitung in den dem Munde zunächst gelege- nen Körpertheilen und senden auch Aeste zum Mantel. Bei einigen er- scheinen diese Mantelnerven (Fig. 181 !') als zwei starke Stämme, die dann am Rande des Mantels mit anderen von den Visceralganglien kom- 366 II. 7. Mollusken. menden Aesten sich verbindend, entweder einen einfachen, stärkeren Randnerven, oder ein ee dee darstellen. Das Visceral- ganglion bildet häufig das grösste %Wanglion des gesammten Nervensystems. Es ist dem hinteren Schliessmuske! angelagert (Fig. 181 c, Fig. 182 c) und durch lange Commissuren mit den Gehirnganglien in Verbindung. Man vermag an diesem Ganglion zwei durch eine kurze Quercommissur verbundene Hälften zu erkennen, die sich verschie- den nahe rücken und zuletzt einen ein- fachen viereckigen Knoten vorstellen, je nachdem die beiderseitigen Kiemen dieser Thiere frei oder mit einander verwachsen sind. Schon aus diesem Umstande geht die Beziehung dieses Ganglions zu den Kiemen hervor; noch deutlicher wird sie durch die starken, aus jenem hervortretenden und die Kiemen versorgenden Nervenstämme. Fig. 182. Nervensystem von Lamellibran- Ausser Zweigen gi den benachbarten chiaten. A von Teredo, B von Ano- Partieen des Mantels gibt es noch zwei donta, CO von Peeten. a obere Schlund- starke Nerven ab. die bei vielen La- ana N n mellibranchiaten an den Mantelrand men- oder Eingeweideganglien. verlaufen und in die vorerwähnte Plexusbildung übergehen. Bei vorhändener Siphonenbildung treten von dem Visceralganglion starke Nerven ab und verzweigen sich nicht nur auf der ganzen Länge der Athmungsröhren,, sondern gehen auch noch eine besondere, an der Basis der Siphonen gelegene Ganglienbildung ein (Fig. 181 d.. (Solen, Mactra, Mya, Lutraria, Cytherea u. a.) Bezüglich der vom Visceralganglion zu den einzelnen Organen gehenden Nerven ist nur wenig bekannt. Solche Nerven sind beobachtet bei Pinna, Anomia, sowie bei Arca und Solen, wo sie entweder vom Ganglion oder den Commissuren ausgehen. Wenn wir die zum Visceralganglion tretenden Stränge (Gerebrovisceralcommis- sur, den Pallialnerven der Placophoren vergleichen, so werden wir we- sentlich in der Beziehung zu einem Ganglion ein Hinderniss erkennen, wogegen jedoch dieselben Nerven bei Chätoderma ($ 121) mit einem terminalen Ganglion verbunden sind. Mit dem Nervensystem der Lamellibranchiaten stimmt jenes der Scaphopoden fast völlig überein. Duvernoy, Sur le systeme nerv. des Moll. acephales. Mem. Acad. des Se. Paris. -T; XXNl. ae A Nervensystem. 367 $ 268. Die Ausbildung eines Kopfes und die Entfaltung von mehrfachen, oft sehr hoch differenzirten Sinnesorganen in demselben, lässt das Nerven- system der Gasteropeden von jenem der vorigen Abtheilungen im Allgemeinen durch die grössere Ausbildung der Gehirnganglien ausge- zeichnet erscheinen. Diese verbinden sich durch eine Commissur mit ventral gelagerten Theilen, und bieten bei den niederst stehenden Prosobranchiaten — den Zeugo- branchien — mancherlei Anschlüsse an die Verhältnisse des Nerven- systems der Placophoren. So ist bei Fissurella (Fig. 183) und Hali- otis ein Rudiment einer Bauch- ganglienkette erkennbar, indem die von Pedalganglien ausgehenden Ner- venstämme — Pedalnerven — quere Verbindungen aufweisen. Die Pal- lialnerven der Placophoren gehen zwar nicht mehr direct von den Cerebralganglien ab, sondern ver- laufen neben den Pedalnerven, mit denen sie aus einer gemeinsamen Nervenmasse zu entspringen schei- nen. Die Zweige der Pallialnerven (pl) versorgen das Epipodium. Zu der Ganglienmasse, welche diese Ner- ven abgehen lässt, treten von den Gerebralganglien_ doppelte CGommis- suren, davon die eine mit den Pedal- Fig. 183. Nervensystem von Fissurella. € Ce- nervenstämmen. die andere mit rebralganglien. cs Commissur derselben. p Pedal- 5 k > nerven. pl Pallialnerven. A Visceralganglion. den Pallialnerven, resp. mit den an N Ne gleicher Stelle ausgehenden Einge- weidenerven einen Zusammenhang bildet. Bei den übrigen Prosobranchiaten ist von der Andeutung einer Bauchganglienkette nichts mehr zu finden. Es bestehen Pedalganglien, in welche wohl die bei Haliotis und Fissurella längs der pedalen Nervenstämme zerstreuten Ganglienelemente concentrirt sind. Doch bedürfen diese Verhältnisse noch genauerer Untersuchung. Aus den secundären Pedalganglien scheint ein Ganglion lateral in die Commissuren einzutreten, welches dann sowohl mit Gerebral- wie mit secundären Pe- dalganglien in Verbindung bleibt. Es entsendet die Pallialnerven ; diese erfahren jedoch in dem Maasse Rückbildungen, als von denselben Gom- missuralganglien andere Nerven entspringen. Bei einem Theile der Prosobranchiaten sind einige solcher Nerven 368 Il. 7. Mollusken. schon durch ihren Verlauf bemerkenswerth. Bei Haliotis schon vorhanden gehen sie von der gemeinsamen Fyggeanglienmasse (den Palliopedalganglien) aus. Sonst entspringen sie N. A Commissuralganglien (Fig. 184 co). Vom rechten verläuft ein Nerv über die Einge- weidemasse zu einem die Körperwand versorgen- den Ganglion (Supraintestinalganglion) (sp). Vom linken Commissuralganglion tritt ein’Nerv unter die Eingeweide zu einem Subintestinalganglion (sd), welches wie das erstere durch eine Gommissur mit einem Abdominalganglion (A) zusammenhängt. Beide vom Commissuralganglion kommenden Nervenstränge kreuzen sich also, und bieten die bezüglich ihrer Genese noch der Aufklärung har- rende Eigenthümlichkeit, dass der rechte Nerv zur linken Seite, der linke zur rechten tritt. Wahrscheinlich liegen diesen Einrichtungen Lage- veränderungen zu Grunde, die nicht blos innere SE BR ENTE Theile betreffen, da die in jene Nerven eingelager- Paludina vivipara. c ten Ganglien zur Körperwand Zweige entsenden. Cerebral-- P Pedal-, CoCom- Während ein grosser Theil der Prosobranchiaten no Fee durch jene Nervenkreuzung sich auszeichnet zanglion. sp Supra-, sb Sub- (Chiastoneura), ist diese bei einer andern Ab- intestinalganglion. p Fuss- theilung nicht vorhanden, und die zum Abdomi- nerven. 0 ÖOtocyste. (Nach : . es A a ee nal- oder Eingeweideganglion verlaufende Com- missur nimmt einen geraden Weg nach hinten ‘Orthoneura), wenn das Ganglion nicht mit dem rechten Commissural- sanglion verschmolzen scheint (Nerita). Die Commissuralganglien liegen meist getrennt von den Pedalganglien, bei den Heteropoden sogar in weiterer Entfernung (Carinaria), womit eine bedeutende Verlängerung der Commissuren verbunden ist. Eine solche ergibt sich auch für die cerebro-pedalen Verbindungen der Heteropoden. Bei den Tectibranchiaten erscheint die Ausbildung einer Commissur zwischen den Pedalganglien, und damit eine mehr laterale Lagerung der letzteren. Auch die ursprünglichen Visceralganglien sind lateral gelagert, zwischen Pedal- und Cerebralganglien ‚Umbrella, Gasteropteron), oder es bestehen noch Gommissuralganglien, ganz nach dem Typus der Proso- branchiaten, und entsenden Verbindungsstränge zu einem die Kiemen versorgenden Ganglion oder Ganglionpaare, welches dem oben erwähnten Abdominalganglion zu entsprechen scheint (Aplyisia, Acera). Das Auseinanderweichen der Pedalganglien erlangt bei den Nudi- branchiaten einen höheren Grad. Die Pedalganglien werden dadurch den cerebralen genähert (Fig. 18%), mit denen auch durch Verkürzung und schliessliches Schwinden der betreffenden Commissur die Visceralganglien verbunden sind (Aeolidia). Durch engeren Zusammenschluss dieser Ganglien entsteht ein dorsal vom Schlunde gelagerter Gangliencomplex, a See Nervensystem. 369 der an jeder Hälfte die einzelnen Ganglien mehr oder minder deutlich erkennen lässt, und mit mehrfachen Commissuren den Schlund umfasst (Doris, Tritonia). Wie die jeder Seite angehörigen Ganglien unter sich Verbindungen eingehen, so treffen wir endlich auch auf eine totale Verschmel- zung der beiderseitigen 'Ganglienmassen zu einer einzigen, und dem entsprechend auch die sonst mehrfachen Commissuren durch Eine vorgestellt (Tethys). Damit wird ein anscheinend niederer Zustand erreicht, der aber nicht als Ausgangs- punkt, sondern als das Ende einer Reihe von Differenzirungen betrachtet wer- A) den muss, ähnlich wie solche Befunde auch bei den Arthropoden vorhanden Fig. 185. Centrales Nervensystem einer Aeolidie (Fiona atlantica). A Obere Schlundganglienmasse, aus den vorderen sind. Wie die aus der einheitlichen Ner- venmasse hervortretenden Nerven die Y’ebral- und hinteren Visceral- oder ? j Branchial-Ganglien bestehend. B Fuss- Abschnitte andeuten, aus denen die ganglien. C Buccalganglien. D Gastro- erstere sich zusammensetzte, so wird Na De u den des s ren (hinteren) Tentakeln. erv zu den durch die den Schlund umfassenden Com- unteren Tentakeln. c Nerv zu den Ge- missuren ein Zeugniss dafür gegeben, schlechtsorganen. d Fussnerven. e Com- dass ventrale Ganglien dorsalwärts ge- InaSAuE der Fussganglien. e' Commissur er nid der Visceralganglien. (Nach R. BERGH.) reten sind. Im Nervensysteme der Branchiopneusten ergeben sich Anschlüsse an jenes der Tectibranchiaten und auch bei den Nephropneusten sind solche Beziehungen erkennbar. Eine Ausbildung der Cerebralganglien in ein- zelne auch äusserlich erkennbare Abschnitte zeichnet beide Abthei- iungen aus. $ 269. Die verwandtschaftlichen Beziehungen des Nervensystemes der Pteropoden zu jenem der Gasteropoden bestehen bei den Gymnosomen, während die Thecosomen durch die Länge der Cerebralcommissur aus- gezeichnet sind. Die Cerebralganglien erhalten eine seitliche Lage oder nähern sich den Fussganglien, mit denen auch viscerale Ganglien ver- schmolzen sind. Die centrale Ganglienmasse lagert also unter dem Schlunde. Für die Gymnosomen ist ein primitiverer Zustand in der obe- ren Lagerung der Gerebralganglien wie im Vorkommen von Visceral- ganglien erkennbar. Bei allen versorgen die Pedalganglien die aus dem Fusse hervorgegangenen Flossen. Bei den Gymnosomen geben die Cere- bralganglien zu den Tentakeln ansehnliche Nerven ab, die an deren Basis Ganglien bilden. Die Ganglien jeder Seite stehen unter einander durch Commissuren in Verbindung (Clio). Die drei bisher bei den Mollusken unterschiedenen Ganglienmassen kehren auch bei den Cephalopoden wieder, erscheinen aber unter Ver- Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 9% 370 II. 7. Mollusken. kürzung der Commissuren dichter an einander gedrängt. Sie bilden einen den Schlund umgebenden Ring ‚ger bei den Dibranchiaten vom Kopf- knorpel umschlossen wird, so dass die peripherischen Nerven durch Oefl- nungen des letzteren ihren Austritt nehmen. Die obere Parthie des Schlundrings besteht bei Nautilus aus einer queren Nervenmasse (Fig. 186. aa) von der lateral die Nerven für die höheren Sinnesorgane abgehen. Sie entspricht den Cerebralganglien, die sich aber noch weit ventralwärts erstrecken (bb) und hier Nerven zu den Tentakeln entsenden (f!’). Erst das ventrale Abschlussstück dieses Ringes ist den Pedalganglien homolog, da es die Trichterner- ven abgibt. Der unteren, wie erwähnt, aus einem Theile der Gerebralganglien bestehenden Nervenmasse, fügt sich hinten eine zweite ven- tral gelagerte Masse (cc, an, die den Visceral- ganglien entspricht, und Nerven für den Man- tel (m), sowie zwei die Vena cava begleitende Stämmchen zu den Kiemen und dem Gefäss- system entsendet. Jede dieser beiden Nerven bildet ein Ganglion (d), aus dem auch der Ge- schlechtsapparat versorgt wird. A d Bedeutender ist die Concentrirung des Nervensystems der Dibranchiaten. Die Gere- bralganglienmasse ist noch mehr seitlich und ventralwärts gerückt, bis zur medianen Ver- ee war einigung vor dem den Pedalganglien entspre- b untere Ganglienmassen, ds chenden Theile. Die Visceralganglien sind den Schlundrings. e Visceralganglien. Pedalganglien vollständig angeschlossen, und ne El nur eine die Arteria pedalis durchlassende enge (Nach Owen.) Stelle drückt die Spur einer ursprünglichen Scheidung aus, wie sie bei den Tetrabran- chiaten noch vollständiger besteht. Der noch über dem Schlund liegende Theil der cerebralen Ganglienmasse ist in mehrere Abschnitte differenzirt. Der ventral getretene Theil sendet die Armnerven ab, die an der Basis der Arme unter einander verbundene Ganglien bilden. Von den visce- ralen Massen entspringen die Mantelnerven, deren jeder an der Bildung eines grossen Ganglions (G. stellatum) sich betheiligt. In der histiologischen Sonderung der Gentralorgane ist bei den Ge- phalopoden den übrigen Mollusken gegenüber eine bedeutend höhere Stufe erreicht, zu der die grössere Volumsentfaltung geführt hat. An allen Theilen der Nervencentren ist eine äussere graue Schichte aus Ganglienzellen zusammengesetzt, von der inneren, vorwiegend Fasern enthaltenden, weissen Markmasse unterscheidbar. Nervensystem. Sinnesorgane. 371 CH&roN, Rech. p. servir A l’'histoire du systeme nerveux des Cephalopodes dibranchiaux. Ann, sc. nat. V. Ser. T. V. OWSJANNIKOW und KowALEVSkY, Ueber das Centralnervensystem und das Gehör- organ der Cephalopoden. Mem. Acad, de St. Petersbourg. VII. Ser. T. XI. Eingeweidenerven. $ 270. Ein Theil des Eingeweidenervensystems ward wegen seiner Be- ziehungen zu den CGentralorganen des Nervensystems bereits bei jenen betrachtet, und bot zugleich ein Beispiel von der Veränderung des Werthes der Centralorgane in dem Maasse als peripherisch entstandene Ganglien allmählich in dieselben übergingen. Ausser diesem mit den Nervencentren sich vereinigenden hinteren Theile des Eingeweidenervensystems, das vor- wiegend an Circulations- und Excretionsorganen, auch an Genitalien und Kiemen seine Verbreitung findet, besteht ein zweiter, den Darmcanal ver- sorgender Abschnitt. Die Lamellibranchiaten besitzen feine, vom Gerebralganglion aus- gehende, zur Mundbegrenzung verlaufende Fädchen, als die ersten Spuren eines Abschnittes des Nervensystems, der bei den Gasteropoden weiter differenzirt erscheint. Die Ausbildung complieirter Mundorgane scheint damit in Connex zu stehen. Zwei vom Gerebralganglion entspringende Nerven begeben sich zu Ganglien, die der Buccalmasse angelagert und durch eine unter derselben hinziehende Commissur vereinigt sind. Diese Buccalganglien (Fig. 182 B, 183 B) versorgen die Mundorgane und senden Nerven an den Darm. Im Verhalten ihrer Commissur bestehen ziemliche Differenzen. In der Regel bleiben die Ganglien getrennt. Auch bei den Pteropoden besteht das gleiche Verhalten, und unter den Gephalo- poden ist bei Nautilus das Paar der Buccalganglien lateral noch mit Pha- ryngealganglien in Zusammenhang, wodurch es die Verbindungsstränge mit den cerebralen Ganglientheilen empfängt. Bei den Dibranchiaten ist nur Ein Buccalganglion vorhanden, hinter welchem noch ein besonderes Suprapharyngealganglion gelagert ist (Sepia). Die von den Buccalganglien ausgehenden Nerven sind am Darme wieder mit verschiedenen kleinen Ganglien ausgestattet. Sinnesorgane. Tast- und Riechorgane. garı. In dem Verhalten der Sinnesorgane schliessen sich die Mollusken enge an die Würmer an. Den Gefühlssinn treffen wir überall, wo nicht Hartgebilde bestehen, an der Körperoberfläche verbreitet, und als anato- mische Vorrichtungen trifft man, an verschiedenen Körperstellen in ver- 24 * 372 Il. 7. Mollusken. schiedener Vertheilung, feine, borstenartige Verlängerungen von Zellen, die im Zusammenhange mit Nervekannt sind. Diese Gebilde finden sich am beständigsten an Körpertheilen, die speciell als Tastorgane fun- siren und meist von ansehnlichen Nerven versorgt sind. Es sind diess die Tentakel. In grosser Verbreitung bietet der Mantelrand der Lamellibranchiaten, bald in seinem ganzen Umfange, oft in mehreren Reihen angebracht (z. B. bei Mactra, Lima, Pecten u. a.), bald nur auf gewisse Stellen beschränkt, solche Tentakelbildungen, die auch nicht selten an den Siphonen vorkom- men, und in beiden Fällen zur Controlirung der mit dem Wasser in die Mantelhöhle gelangenden Theile verwendet werden. Sie zeigen eine beträchtliche Contractilität und erhalten Fädchen vom Randnerven des Mantels. Auch die Fortsatzbildungen am Epipodium, sowie am Mantelrande vieler Gasteropoden, nicht minder die Cirren am Rücken der Nudibran- chiaten können als solche Organe thätig sein. Ob das bei den Lamellibranchiaten den Mund seitlich besetzende Lappenpaar hierher gerechnet werden darf, ist zweifelhaft, dagegen tref- fen wir an den in fast regelmässiger Verbreitung bei den Gasteropoden sich findenden Kopftentakeln jene Tastorgane in grösserer Menge ange- bracht. Sehr häufig kommen ihnen noch besondere Differenzirungen an den die nervösen Endapparate tragenden Strecken zu. Wenn es nicht sehr schwer ist, den vorhin aufgeführten Organen eine Function in der Wahrnehmung von Tasteindrücken zuzuschreiben, so ist es fast unmöglich, eine Reihe anderer Organe physiologisch zu be- stimmen, die gleichfalls mit dem Integumente verbundene Sinnesorgane sind. Es sind grösstentheils wimpertragende Stellen, zu denen ein Nerv verläuft, der häufig dort Anschwellungen bildet. Welche Qualität des um- gebenden Mediums auf diese Organe erregend wirkt, ist unsicher, und es geschieht nur auf eine sehr entfernte Analogie hin, wenn man sie als Riechorgane auffasst. An die Nähe der Athmungsorgane sind sie bei den Gasteropoden ge- bunden, wo ich sie bei Heteropoden in allgemeiner Verbreitung auffand. Aehnlich fand ich sie bei den Pteropoden. Bei den nackten Gattungen dieser Abtheilungen liegt oberflächlich , dicht an den Kiemen, ein solches Wimperorgan, hai Pneumodermon radförmig gestaltet. Die schalentragen- den besitzen es als eine quere Leiste in on Theile der Mantelhöhle, durch welchen das Wasser seinen Weg zu den Kiemen nimmt. Bei den Opisthobranchiaten scheint das hintere Tentakelpaar (Rhino- phor) die Rolle eines Riechorganes zu spielen und besitzt dieser Function gemässe Umgestaltungen höchst variabler Art, wobei eine Oberflächenver- grösserung durch Leisten und mannichfache andere Vorrichtungen er- kennbar wird. Ein Wimperbesatz scheint nie zu fehlen. Wenn man be- achtet, dass hier die Athmung grösstentheils in Organen vollzogen wird, die dem Rücken des Thieres entspringen, so erscheint die Beziehung der Sinnesorgane. 373 als Riechorgane fungirenden Tentakel ähnlich wie jene der vorerwähnten Apparate, und damit mag auch die zuweilen weit nach hinten gerückte Stellung dieser Tentakel in Zusammenhang stehen. Die Cephalopoden zeigen Riechorgane in bestimmterer Form. Es sind zwei hinter den Augen liegende Grübchen oder auch flach stehende Pa- pillen, welche mit Wimperhaaren überkleidet sind. Zwischen den wim- pertragenden Zellen treten die Fortsätze der tiefer gelegenen Riechzellen empor. Ein neben dem Sehnerven entspringender Nerv versorgt sie. Sehorgane. i $ 272. Sehorgane kommen allen, freierer Bewegung sich erfreuenden Ab- theilungen der Mollusken zu. Sie sind dagegen, wie auch sonst, bei den festsitzenden Formen rückgebildet, wenn sie auch während des Larven- lebens vorhanden waren. In diesem Falle finden sich die Placophoren, deren Larven in einem Pigmentfleckenpaar Andeutungen von Augen be- sitzen, die später sich rückbilden. Solche dem Nervencentrum- angelagerte und dem Kopfe zugetheilte Gebilde sind bei den Lamellibranchiaten gleichfalls nur im Larvenzustande beobachtet, sogar mit einem lichibrechenden Körper versehen, und erliegen später der Rückbildung. Aehnlich verhalten sich die Scaphopoden. Anders verhält es sich mit den Organen, die meist in hoher Ausbil- dung am Mantelrande vieler Blattkiemer sitzen, und von besonderen Augenstielen getragen werden (Arca, Pectunculus, Tellina, Pinna u. a.) und bei manchen {(Pecten, Spondylus) durch ihren, von einem im Augen- grunde gelegenen Tapetum herrührenden, smaragdgrünen Farbenglanz schon älteren Forschern aufgefallen waren. Obgleich in dem Baue dieser Augen manches Eigenthümliche besteht, so stimmen sie doch im Wesent- lichen mit den Sehorganen anderer Mollusken überein. Die Nerven em- pfangen sie von den am Mantelrande verlaufenden Stämmchen. In der Ausbildung dieser Organe herrschen manche Verschiedenpeiten, und zu- weilen werden sie durch blosse Pigmentflecke vertreten. Diese Einrich- tung muss von dem bereits früher hervorgehobenen Gesichtspunkte aus beurtheilt werden, nach welchem Differenzirungen von Sinnesorganen aus einfachen Nervenendigungen an jeder Stelle des Integumentes möglich sind, so dass diese Augen des Mantelrandes nur functionell den sonst am Kopfe liegenden Sehorganen vergleichbar sind und morphologisch eigen- arlige, aus Anpassung entstandene Bildungen vorstellen, wie ähnliche Organe bei den Würmern. Die Augen der Gasteropoden sind immer nur zu einem Paare am Kopftheil des Thieres vorhanden. Sie werden häufig durch blosse, dem oberen Schlundganglion aufgelagerte Flecke vertreten, und sind mit dem Verluste freier Ortsbewegung verschwunden (Vermetus \s. In.den,„ein- 374 Il. 7. Mollusken. fachsten Form lagert das Auge unter dem Integumente (z. B. bei vielen Opisthobranchiaten). Bei m in den Hautmuskelschlauch ein- gebettet, und erhält damit eine oberflächliche Lagerung, wodurch zugleich die Bildung eines längern Sehnerven bedingt wird. Die Lage unterhalb des Integumentes wird als eine secundäre beurtheilt werden müssen, da, wie bei den Würmern, das Integument an der Genese des Auges betheiligt ist. Die das Auge tragende Körperstelle findet sich dann in der Regel an der Tentakelbasis (Prosobranchiaten), die sich zu einem besonderen Augenstiele (Ommatophor) umbilden kann. Oder es steht das Auge auf einem vom Tentakel entsprin- genden Fortsatze (Strombus, Pterocera), oder dieser Fori- satz ist vom Tentakel ent- fernt und damit selbständig geworden. Durch den Augen- stiel erhält das Auge Beweg- lichkeit, die bei den Hetero- poden dadurch gegeben ist, dass der von einer weiten Fig. 187. Oberer 'Iheil des Nervensystems nebst Sinnes- x organen von Pterotrachea. gs Cerebralganglien (Ge- Kapsel umschlossene Augen- hirn). c Commissuren. o Augenkapsel. Z Linse. ch Pfig-_bulbus (Fig. 87 0 durch mentschichte. r Genglion-Ansbreitung des Sehnerven. Muskeln an jene befestigt a Hörorgan. wird. Die Thätigkeit der letzteren lässt den Bulbus seine Stellung ändern. Die Gestalt des Bulbus ist meist rundlich oder oval, sehr eigenthümlich bei den Heteropoden (Fig. 187). Der Bulbus besitzt eine dünne äussere Umhüllung, die nach vorne in die vom Integumente gebildete Cornea (Pellucida) übergeht. An dem hinteren Umfange des Bulbus findet sich die Ausbreitung des Sehnerven häufig mit einer ganglionartigen Anschwellung (r). Nach innen folgt die Netzhaut mit den Endapparaten des Sehnerven, die in einer gegen den Binnenraum des Auges gerichteten Stäbehenschichte angebracht, von der dusseren Netzh@utschichte durch eine Pigmentlage getrennt sind. Eine dicht hinter der Cornea gelagerte Linse füllt entweder den Binnenraum des Auges oder ist nach hinten von einer gallertigen Substanz umgeben, ılie eine Glaskörperschicht vorstellt. Wie die empfindende Schichte vom Ectoderm aus gebildet wird, so ist auch die Linse eine Integumentbildung, da ihre Anlage von einer Zelle ausgeht, welche die Substanz der Linse allmählich in geschichteten Lagen abscheidet. 2 ° $ 273. Im Anschlusse an das Auge der Gasteropoden findet sich das Gepha- !opoden-Auge. Die allmähliche Sonderung des Organes aus dem Ectoderm ist erkannt. Bei Nautilus bildet jeder von einer Art Augenstiel getragene u TER Zeit ni Ye ve aa ae Sinnesorgane. 375 Bulbus eine seitliche Vorragung (s. oben Fig. 175 o), die bei einigen Di- branchiaten angedeutet ist, während der Bulbus sonst von Fortsätzen des Kopfknorpels eine Stütze empfängt, und wie in einer Orbitalhöhle lagert. Die Kapsel des Bulbus geht bei Nautilus in den Augenstiel über, bei den Dibranchiaten legt sie sich an die knorpelige Orbita an, und umschliesst daselbst eine Ganglienbildung des Sehnerven (Fig. 188 4 90), die bei Nau- tilus durch eine den Bulbus in weiterer Ausdehnung überkleidende Schichte vorgestellt wird. Vorne bildet die Augenkapsel einen dünnen als Cornea bezeichneten Ueberzug (c), hinter welchem die lichtbrechen- den Medien des Bulbus lagern. Diese Gornea fehlt bei Nautilus; auch eine Linse wird vermisst. Die Augenkapsel setzt sich daher vorne unmittelbar in eine mit dem Integumente des Augenstieles zusammenhängende Mem- bran fort, die eine pupillenartige, ins Innere des Bulbus führende Oeff- nung trägt. Diese directe Communication des Binnenraums des Bulbus mit dem umgebenden Medium ist bei den Dibranchiaten durch das Vorkommen einer Linse (Z) aufgehoben; da aber der durchscheinende Theil der Augenkapsel bei manchen (Loligopsis, Histiotheutis etc.) ganz fehlt oder von einer Oeflnung durchbrochen ist (Se- pia, Loligo, Octopus), so wird die vordere Fläche des von der Kapsel umschlosse- nen Bulbus noch von Wasser bespült. Die- I. u Ü) ser nach aussen com- \ Sum Im > at U il munieirende Raum a Im setzt sich nicht nur durch das Sehloch zur Linse fort, son- dern dehnt sich auch in verschiedenem Maasse um den Bul- go bus. Bei Vielen bildet Fig: 188. Horizontalschnitt durch das Auge von Sepia (Schema). KK Kopfknorpel. © Cornea. Z Linse. ci Ciliarkörper der Linse. R Innere das Integument NUF Schichte der Retina. Re Aeussere Schichte. P Pigmentschichte. o Seh- ım Umkreise der nuerv. go Ganglion. %k Augapfelknorpel. ik Irisknorpel. w Weisser Cornea Falten , die Körper. «de Argentea externa. (Nach HEnsEn.) als »Augenlider« bald nur an beschränkter Stelle vorkommen, bald grösserem Umfange sich erheben, und dann mit Schliessmuskeln ausge - stattet zu einem Schutzapparate des Auges werden können. 376 ll. 7. Mollusken. Die Grundlage des Bulbus bildet eine knorpelige Kapsel (Fig. 188 /), welche in dem die Pupille umgr@@@enden Abschnitt des Bulbus als Iris- knorpel (ik) auftritt. Ausserhalb dieses Augenknorpels lagert hinten das Sehnervenganglion, in dessen Umkreis ein bald sehr weit nach vorne ra- gendes, bald beschränktes weissliches Organ (ww) sich findet. Darauf folgt eine Längsfaserschichte von Muskeln, sowie endlich eine bis zum Pupillen- vande sich fortsetzende silberglänzende Membran (Argentea externa ae, welche den Ueberzug des Bulbus gegen den vorerwähnten Raum bildet. Nach innen von ihr liegt die Aupenten interna. Am hinteren Umfange der knorpeligen Kapsel A) treten aus dem Ganglion (90) kommende Nerven- bündel durch mehrfache Oeflnungen des Knorpels zur Netzhaut, welche nach innen von der Knorpelkapsel sich bis nahe an den Rand eines die Linse tragenden Organes fortsetzt. Die Retina besteht im Wesentlichen aus denselben Schichten wie bei den Gasteropoden,, einer inneren Ri, den percipirenden Apparat enthaltenden, von einer äusseren (Re) durch eine Pigmentlage (P) geschieden. Von der Muskelfaserschichte aus setzt sich eine Bindegewebslamelle nach innen zur Linse (L) fort, und scheidet diese vollständig in zwei Theile, einen vorderen kleineren und einen hin- teren grösseren, welche beide zusammen einen ovalen Körper bilden, dessen Längsaxe der Augenaxe entspricht. Sowohl auf der vorderen als auf der hinteren Fläche jener Bindegewebslamelle lagern epitheliale Verdickungen, die zusammen ein am Rande der Linse in letztere umbie- sendes Lamellensystem vorstellen, den »Ciliarkörper« (ci) (Gorpus epithe- liale). Der Raum hinter der Linse wird von einer Flüssigkeit ausgefüllt. HEnsEN, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XV. Hörorgane. Die als Hörorgane zu deutenden Gebilde erscheinen von den schon bei Wiirmern getroflenen Bläschen, Otocysten, ableitbar. Sie umschliessen Otolithen, und zeigen an ihrer Innenwand Endapparate von Nerven, die aus epithelialen Modificationen bestehen. Diese Epi- thelien gehen aus dem Ectoderm bervor, denn die Otocyste nimmt ihre Anlage vom Ectoderm, wie bis jetzt bei Gasteropoden beobachtet wurde. Damit stimmen auch die für die Gephalopoden bekannten Thatsachen überein. n j Allgemein wird der Hörnerv vom Gerebral- ig. 189. Hörorgan von Ba ar ‚ Cyelas. c Gehörkapsel. ganglion entsendet. In der primitivsten Form ist das ‘ Wimpertragende Epi- Hörbläschen diesem angelagert, so dass erst bei thelzellen. o Otolith. ine Enke 3 Ce sahnai hi Aa (Nach Isssin,) einer Entfernung vom Gerebralganglion eın Acusli- cus unterscheidbar wird. Die Lagebeziehung der Otocyste ändert sich bei vielen, indem letztere zum Pedalganglion herab- rückt, wobei dann der Acusticus stets zum Gerebralganglion, zuweilen Sinnesorgane. 3717 durch die Gerebropedalcommissur verfolgbar’ ist. Zuweilen steht diese Lageveränderung mit einem Herabrücken der Cerebralganglien selbst in Zusammenhang. Die Lamellibranchiaten und SaHohallen besitzen die Hörbläschen dem Fussganglion angelagert, dicht, oder etwas entfernter (Najades) oder sogar weiter in den Fuss hinabgerückt (Cythera). Bei den Gasteropoden ist die Lage der Otocysten sehr verschieden, doch waltet der primäre Zu- stand, der Zusammenhang mit den Cerebralganglien, vor, und bei Hetero- poden und. vielen Opisthobranchiaten bleibt die Lage jenen Ganglien benachbart. Die Otolithen sind entweder zahlreich, aus kleinen krystallinischen Gebilden bestehend, bilden eine Otoconie, oder es besteht nur ein ein- ziger, sphärischer Otolith, der seine Entstehung von einer Zelle aus der Anlage der Wandung der Gehörblase nimmt, und ein concentrisch ge- schichtetes Concrement vorstellt. Otoconie besitzen Dentalium, die niederen Formen der Lamellibranchiaten und der. Gasteropoden, sowie alle Ptero- poden. In den Larvenzuständen dieser Mollusken tritt jedoch bald die Otoconie, bald aber auch der sphärische Otolith auf, der dann, wie es scheint, wieder verschwindet. Wo dagegen der ausgebildete Zustand durch den Otolithenbesitz sich auszeichnete, ist der Otolith schon in der Larve vorhanden, und hat niemals die Otoconie zum Vorläufer. Bezüglich des Baues der Endapparate in der Otocyste liegen bis jetzt nur vereinzelte Angaben vor. Von diesen ist die belangreichste, dass ein Theil des eilientragenden Epithels durch Zellen mit feinen stäbchenför- migen Fortsätzen repräsentirt ist, welche als Hörstäbchen zu deuten sind. Sie bilden das acustische Organ, und stehen mit dem Nerven in Zusamı- menhang, indess die in Büschel gruppirten, Cilien tragenden Zellen eine auf den Otolithen wirkende Accommodationseinrichtung vorstellen. Die Entstehung der Otocyste aus dem Ectoderm ist bei den Gephalo- poden noch im ausgebildeten Zustande nachweisbar, indem bei vielen ein feiner Canal aus den Gehörbläschen an die Körperoberfläche führt. Bei Nautilus liegen die Otocysten dem Kopfknorpel an; bei den Dibranchiaten sind sie vom Knorpel umschlossen. Damit ist ein häutiges und ein knor- peliges Labyrinth unterscheidbar, analog den betreffenden Theilen der Vertebraten. Die Form der Hörbläschen ist einfacher bei den Octopoden, durch Ausbuchtungen und Vorsprünge bei den Decapoden complicirter. Zugleich ist die Verbindung mit dem Knorpel inniger, während das Hörbläschen der Octopoden ziemlich lose in seiner Höhle liegt. Der in einer wässerigen Flüssigkeit befindliche Otolith ist verschieden gestaltet, bald flach, bald rundlich, und kann in kleinere, nadelförmige Stücke zerfällt werden. Die Endigungen der Hörnerven unterscheidet man an einer Verdickungsstelle des Epithels als »Hörplatte«, an der die Zellen haarförmige Fortsätze (Hör- haare) aussenden (Sepia), und dann als eine meist gebogen verlaufend »Hörleiste«, die ebenfalls modificirtes Epithel trägt. 378 II. 7. Mollusken. Lacaze - Durniens, Otocystes des Mollusques. Arch. de Zoologie, I. S. 97. — Raske, J., Das Gehörorgan @P bei Pterotrachea. Zeitschr. f. wiss. Zool. XXV. Suppl. — v. Juerıss, Die Gehörwerkzeuge der Mollusken. Erlangen 1876. — Sınrorm, Ueber die Sinnesorgane unserer einheim. Weich- thiere. Zeitschr. f. w. Zool. Bd. XXV1. Darmeanal. $ 275. Die bei allen Mollusken vollzogene Sonderung der Leibeswand von der Wandung des Darmcanals lässt den letzteren in eine Leibeshöhle gebettet erscheinen. Er liegt daselbst in Windungen oder bildet Schlingen, dla er immer länger als die Leibeshöhle ist; zugleich bietet er bezüglich seiner analen Mündung bemerkenswerthe Verhältnisse. Der Darmcanal durchzieht nämlich nur bei den Placophoren und Lamellibranchiaten den Körper, so dass das aborale Körperende zugleich das anale ist. Bei den Scaphopoden, Gasteropoden, Pteropoden und Cephalopoden bildet er stets eine Schlinge oder Windung, indem sein Ende vom aboralen Körperende entfernt liegt. Wenn wir annehmen, dass eine symmetrische Anordnung und damit die aborale Lage des Afters auch für den Darm das ursprüng- liche Verhalten bietet, so dass also jene Lageverschiedenheit der Anal- öffnung eine nach und nach erworbene ist, so muss dieses Verhalten in einer sehr weit zurückliegenden Periode sich getroffen haben, da es auch ontogenetisch nicht mehr besteht. Das Ca usalmoment dieser Lageveränderung muss in der allgemein verbreiteten Gehäusebildung gesucht werden. Die Entfaltung des dorsalen Mantels mit der Schale und die bei den Meisten asymmetrische Aus- bildung beider macht jenen Einfluss ver- ständlich. Dabei sind zwei Verhältnisse auseinander zu halten. Erstlich wird durch die dorsale Entfaltung eines von der Schale geschützten Körpertheiles dem sich ver- längernden Darmcanal hier Raum zu seiner Lagerung geboten, die sich einfacher oder complieirter in Schlingen oder in Windun- gen darstellt. Dadurch ist also zunächst nur die Ablenkung von einem geraden Verlaufe gegeben. Zweitens wird von der Fig. 190. Schematische Darstellung des Ausbildung einer Kiemenhöhle, deren Ent- Verhaltens des Darmeanals A bei Pte- stehung wieder an Mantel und Schale an- ropoden und B bei Cephalopoden. . i . n u ee knüpft, auch die Lage des Darms be br Kiemen. herrscht. Ist die Kiemenhöble hinten aus- gebildet, wie bei thecosomen Pteropoden und den Cephalopoden (Fig. 190), so ist die Afteröffnung relativ am wenigsten bezüglich ihrer Lage moditieirt. Sie Kann sogar mehr oder minder in der Medianlinie sich finden. Ist die Kiemenhöhle nach vorn Darmeanal. 379 gelagert, unter asymmetrischer Gestaltung, wie bei der Mehrzahl der beschalten Gasteropoden,, so tritt die Afteröffnung gegen diese hin, denn hier findet die Function des Afters am wenigsten ein Hinderniss. Die Sonderung des Darmrohrs in einzelne Abschnitte schliesst sich an die bei Würmern bestehenden Einrichtungen an. Obschon die ontogenetische Forschung noch zu keinem völlig über- einstimmenden Resultate gelangte, so scheint doch die Entstehung des Mitteldarms aus dem Entoderm und jene des Vorderdarms aus dem Ecto- derm die am meisten gesicherte. Mit der Bildung des Entoderms wird der Enddarm angelegt, der so mit dem Mitteldarm, gleiche Genese besitzt. $ 276. Bezüglich des Verhaltens in den einzelnen Abtheilungen zeigen die Placophoren mehrfache Windungen des Darmrohrs, aber die Lage des Afters erhält sich aboral, da die vorhin angedeuteten Bedingungen für eine Lageveränderung fehlen. Die Lamellibranchiaten schliessen sich gleichfalls an die niedersten Verhältnisse an. Der Mund — bei den Dimyariern zwischen Fuss- und vor- derem Schliessmuskel gelegen — setzt sich fort in ein kurzes, als Speise- röhre fungirendes Darmstück, das in einen erweiterten Abschnitt, den Magen, übergeht. In diesen als Magen bezeichneten Mitteldarm-Abschnitt münden die Ausführgänge der Leber. Bei vielen Blattkiemern ist der Ma- gen an seinem Pylorustheile durch eine blindsackartige, oft beträchtliche und durch eine Klappe verschliessbare Ausstülpung ausgezeichnet. In den Blindsackbildungen, oder, wo solche fehlen, im Darmceanale selbst, wird hei Vielen ein eigenthümliches Gebilde getroffen , welches unter dem Na- men »Krystallstiel« bekannt und als eine von dem Darmepithelium gebildete Absonderung zu betrachten ist. Der bei weitem den grössten Abschnitt des gesammten Tractus bildende Enddarm tritt nach einfacher oder mehr- facher Windung gegen den Rücken des Thieres und ist in der Regel von gleichem Durchmesser, doch auch zuweilen in engere und weitere Strecken gesondert. Er wird von anderen Organen (Leber, Geschlechtsdrüsen) des Eingeweidesackes dicht umlagert, verläuft mit seinem Endstück unter dem Schlossrande der Schale zum Hintertheile des Körpers und durch- bohrt auf diesem Wege bei einer grossen Anzahl von Blattkiemern Herz- beutel und Herz (Fig. 176.:), um dann hinter dem hinteren Schliessmuskel auf einem frei in die Mantelhöhle ragenden Vorsprunge am aboralen Körper ende in den After überzugehen (Fig. 181 r). Diese Lage des Afters steht wieder in Zusammenhang mit dem Verhalten der Schale, welche sich zu den zwei lateralen Klappen gestaltet hat. $ 277. Mit Ausnahme der Lamellibranchiaten ist bei allen Mollusken am Vorderdarme ein Abschnitt zum sogenannten Schlundkopf oder der 350 ll. 7. Mollusken. \ Buccalmasse diflerenzirt, ein meist voluminöses Gebilde, dessen Structur mit der auf Ergreife@@%hınd Zerkleinerung der Nahrungsstofle gerichteten Function in Einklang steht. Der die gesammte Einrichtung beherrschende Apparat besteht in einer von der unteren Wand sich erhe- benden Guticularmembran, auf der rückwärts gerichtete und in Quer- reihen angeordnete Zähnchen oder Häkchen sich erheben. Die Anordnung der Zähnchen (Fig. 191. abed), ihre Form und ihre Zahlenverhältnisse sind ausserordentlich mannichfaltig und wechseln nicht allein nach den grösseren Abtheilungen, sondern auch nach den Ordnungen, Fami- lien, bis auf die Arten herab, doch so, dass die Verwandtschaftsver- hältnisse auch in der Bildung dieser Theile ausgesprochen sind; man hat sie deshalb auch für die Syste- aa nl; _ matik verwerthet, In der Regel it seitliche Zähnchen. (Nach Grar.) eine mediane Längsreihe (a NAF= handen, an welche seitlich symme- trische Zähnchen (bed) sich anschliessen. Das aus der Summe dieser Häkchen gebildete Organ ist die Reibplatte, Radula. Es ragt bei man- chen (Turbo, Patella), von der sackartig ausgedehnten, durch Ausstülpung der Schlundwand gebildeten Scheide umschlossen, weit in die Leibes- höhle und kann sogar die Länge des Körpers übertreffen. Auch in die Breite kann das Organ entfaltet sein und auf die laterale Wand des Schlundkopfes sich erstrecken. Bei Heteropoden zeigt es insofern eine höhere Bildungsstufe,, als die äusseren der in Querreihen angeordneten Häkchen nicht allein von beträchtlicher Länge, sondern auch beweglich eingelenkt sind. Sie können so beim Hervorstrecken der Reibplatte sich aufrichten, um, beim Zurückziehen sich zangenartig zusammenschlagend, als Greiforgane zu wirken. Zur Bewegung der Reibplatte dient eine besondere Muskulatur, die ebenso wie der Schlundkopfwand eingelagerte Knorpel (S. 361) zur voluminöseren Gestaltung dieses Organs (Fig. 200. B) beiträgt. Die Ausbil- dung der Radula steht somit mit der Entfaltung jener Buccalmasse in engem Zusammenhang. Mit Ausnahme der Lamellibranchiaten ist das Organ in allen Abtheilungen der Mollusken verbreitet, wenn auch bei einzelnen wenig entwickelt (thecosome Pteropoden ). Selten fehlt die Radula und mit ihr der Schlundkopf ganz (Tethys,. Relativ unansehnlich ist die Reibplatte bei den Cephalopoden (Fig. 192. Cr), bei welchen feste Kiefer den Eingang des Mundes auszeichnen. Es sind zwei starke, einem Papageischnabel äbnliche, mit scharfen Rändern versehene Stücke Fig. 192. ©), von denen das untere (m’) über das obere (m) hinweggreift. Beide Kiefer werden nur an ihrer Wurzel von den weichen Lippenrändern bedeckt (Fig. 179. m. n). Darmcanal. 381 Auch unter den Gasteropoden kommen derbe Belege der Wandung des Mundes als Kieferbildungen vor. Ein oberes halbmondförmiges Stück an seinem freien Rande mit gezähnelten Leisten besetzt, findet sich bei Nephropneusten ver- breitet. Zu einem sol- chen unpaaren Stücke kommen bei manchen Branchiopneusten noch laterale Stücke, welche horizontal ge- geneinander wirken. Diese paarigen Kiefer- stücke treffen sich auch bei Prosobran- chiaten, am bedeu- tendsten bei Opistho- branchiaten in Ent- faltung. Die Mundöffnung wird bei den Gastero- poden von den Lip- pen umgeben, die vor e 7 2 dem Eingange in den ar Schlundkopf zusam- Fig. 192. A Schlundkopf eines Gasteropoden (Pleurobranchus)z menschliessen. Diese jun 4 durch eine senkrechte Linie angedenteten Stelle, de Ocaoe Lippen bilden Dupli- phagus. 7 Lippe. ” Reibplatte. %k Knorpel. € Schlundkopf eines eaturen des Integu- Cephalopoden (Leligo); senkrechter Längsschnitt. Eiärnie: m Oberes, m' unteres Kieferstück. ! Lippe. 9 Zunge. r Reibplatte. oe Oesophagus. mentes, die mit dem Schlundkopf sich ein- ziehen oder vorstülpen können. Bei einem Theile der Prosobranchiaten ist dieses Verhalten dahin ausgebildet, dass jene sonst die Lippen dar- stellende Duplicatur eine mehr oder minder lange Scheide bildet, im welcher ein den Schlundkopf bergender Rüssel sich bewegt. Beim Her- vorstrecken dieses Rüssels wird die innere Wand der ihn umschliessenden Scheide allmählich umgestülpt (Dolium, Cassis, Conus, Voluta, Bucei- num, Harpa, Murex etc.). So erhält dieser vorderste Theil des Tractus intestinalis eine besondere Ausbildung. $ 278. Aus dem Schlundkopf erstreckt sich bei den Gasteropoden der Vor- derdarm als Speiseröhre nach hinten, und bildet darauf einen weiteren Abschnitt, den Magen, von welchem derMitteldarm, häufig in Form einer einfachen Schlinge den Eingeweidesack durchsetzend, zu dem wenig scharf abgesetzten Endstücke verläuft. 382 Il. 7. Mollusken. Als Modificationen bestehen Erweiterungen einzelner Abschnitte der Speiseröhre und führen zur Bil& eines besonderen als Kropf fungiren- den Stückes. Dieser ist entweder ein spindelförmiger Abschnitt, den viele Prosobranchiaten besitzen 'sehr lang bei den Heteropoden), oder er er- scheint als einseitige Ausbuchtung, die sich zu einem blindsackartigen Anhang ausbilden kann (Lyınnaeus, Planorbis, Buceinum,. Auch magen- artige Erweiterungen des Vorderdarmes kommen vor, durch Einschnü- rungen von den benachbarten Strecken gesondert. Sie bilden hinter- einander gelegene Abtheilungen. Diese Sonderung entspricht sehr deutlich einer Theilung der Leistung, wie aus der verschiedenartigen Beschaffenheit der Guticularbildungen der einzelnen Abschnitte hervorgeht. So besitzt Aplysia einen Abschnitt mit pyramidal geformten Stücken von knorpelartiger Härte besetzt, einen an- deren mit festen Hornbäkchen ausgestattet. Solche Hakenbildungen finden sich auch im einfachen Magen von Tritonia, ein breiter Gürtel scharl- eckiger Platten in jenem von Scyllaea, sowie feste Reibplatten auch im Magen der mit rudimentären Mundtheilen versehenen Pteropoden vorhan- den sind. Das Vorkommen solcher Apparate beweist, dass den bezüg- lichen Abschnitten nur die Verdauung vorbereitende Functionen zu- kommen. Modificationen ergeben sich nicht minder an dem erweiterten Mittel- darm, sowohl was seine Gestalt betrifft, als auch hinsichtlich seiner Diffe- renzirung in einzelne Theile. Bei vielen ist derselbe wenig ausgezeichnet. Bei andern kommt es zur Bildung eines Magenblindsackes, wobei Gardia und Pylorus einander sich nähern und dieses ist die häufigere Form. Durch Theilung kann der Magen in mehrere Abschnitte zerfallen. So wird häufig Gardial- und Pylorusabschnitt durch eine in den Magen vor- springende Längsfalte geschieden (Littorina). Von Eigenthümlichkeiten des übrigen Darmrohrs ist eine dem End- darm häufig zukommende Erweiterung anzuführen. Bedeutendere Modi- ficationen erleidet der ganze Darm bei vielen Nudibranchiaten (Aeolidier), wo er in demselben Maasse Rückbildungen erfährt, als die Leber in seine Funetion übertritt und damit die bedeutende Verkürzung compensirt (siehe darüber unten S. 385). Mit der Analöffnung mancher Gasteropoden sind Drüsen verbunden. die zuweilen ziemlich ansehnlich (Murex, Purpura) aber in ihrer Bedeutung noch nicht erkannt sind. Die Lage des Afters ist in Zusammenhang mit der Gehäusebildung und der Entfaltung einer Mantelhöhle lateral oder dorsal. Beim Fehlen einer Schale und damit auch einer Mantelhöhle kann der After auf der Dorsalfläche, ja sogar in der Mittellinie derselben auftreten, wie bei einem Theile der Nudibranchiaten (Doris) (Fig. 200. «). Bei anderen erhält sich die durch das primitive Bestehen einer Schale erworbene laterale Lage des Afters (Aeolidia). Darmceanal. $ 279. 339 Bei den Gephalopoden geht aus dem Schlundkopf (Fig. 199. ph) eine enge Speiseröhre hervor, die nach ihrem Durchtritt durch den Kopfknor- pel entweder gleichmässig zum Magen herabläuft (Loliginen), oder auf ihrem Wege noch mit einer oft ansehnlichen kropfartigen Erweiterung versehen ist (Nautilus, Octopoden). Ein Magen (Fig. 193. v) wird durch eine ovale oder rundliche, zuweilen (Nautilus, Octopus) mit starken Mus- kelwänden versehene Erweiterung vorgestellt. Auf jeder der beiden Sei- ten findet sich eine radiär angeordnete Muskelschichte, in deren Mitte eine sehnige, besonders bei Nautilus bemerkliche Platte angebracht ist. Der neben der Gardia gelegene Pylorus führt in den mit einem Blind- darme versehenen Mitteldarm, der anfänglich auf seiner Innenfläche gleichfalls noch Längsfaltung zeigt. Er wendet sich meist in geradem Verlaufe (wenig gewunden ist er nur bei Nautilus und den Octopoden) nach vorne zu einem kurzen Enddarm (Fig. 193 i), der im Anfange des Trichters sich nach aussen öffnet. Um die Afteröffnung sind bei vielen Ce- phalopoden zwei bis drei Klappen oder doch klappenähnliche Vorsprünge, durch entwickelte Muskulatur ausgezeichnet, vorhanden. Die Coecalbildungen (Fig. 193. c) am Be- ginne des Mitteldarmes zeigen sowohl in ihrer äusseren Form, als auch in der Beschaffenheit der Innenfläche verschiedene Verhältnisse. Der Blind- darm ist entweder rundlich (Nautilus, Rossia, Loligopsis), oder in die Länge gedehnt und dann oft spiralig gewunden (Sepia, Octopus). Bei grös- serer Länge kommen mehrere Spiralwindungen zu Stande (ee). Seine Innenfläche zeigt bald blät- terartig angeordnete Vorsprünge (Nautilus) , oder auch circuläre, der Spiralform folgende Falten- bildungen. Zwei der grössten Falten nehmen die Ausführgänge der Leber auf und sind gegen das Darmlumen zu beträchtlich ausgebildet, so dass sie einen klappenartigen Verschluss herstellen können. Bezüglich der Function dieses Blind- darmes ist wahrscheinlich, dass er eine secreto- rische Rolle spielt, wie er denn auch bei einigen Fig. 193. Verdauungsapparat von Loligo sagittata. oe Speiseröhre. v Der Magen, der Länge nach geöffnet. = Eine durch den Pylorus ge- führte Sonde. c Anfang des Blinddarms. ee Spiraliger Theil desselben. © Enddarm. a Tintenbeutel. db Einmün- dung desselben in das Rec- tum. (Nach Home.) (Loligo vulgaris) der Falten entbehrend in seinen Wandungen reichliche Drüsen birgt. »s4 ll. 7. Mollusken. Anhangsorgagg® des Darmcanals. 1j Anhangsorgane des Vorderdarms. $ 280. Von den mit dem Darmceanal verbundenen Drüsenorganen sind Spei- cheldrüsen nur mit entwickeltem Schlundkopfe verbreitet, so dass ein Zusammenhang dieser Gebilde erkannt werden kann. Sie lagern bei den Gasteropoden stets an beiden Seiten des Vorderdarms und münden in den Schlundkopf aus. Sie erscheinen bald als kurze Blindschläuche (Ptero- poden), die sogar in der Masse des Schlundkopfs verborgen sein können manche Opisthobranchiaten). In weiterer Entwickelung verlängert sich der Ausführgang, so dass der secernirende Abschnitt weiter nach hinten zu liegen kommt, und da bald dem Oesophagus, bald auch dem Magen angelagert ist. Die Drüsen bilden dann rundliche, längliche, meist abge- plattete Schläuche (Prosobranchiaten, manche Pulmonaten), die sogar in einzelne Abschnitte zerfallen können, oder ‚auch als ramifieirte Organe erscheinen, wie die dem Magen aufliegenden Drüsen von Pleurobranchus. Nicht selten finden sich auch doppelte Paare, von denen entweder die Ausführgänge immer getrennt erscheinen, oder jene des hinteren Paares sich mit einander vereinigen. Auch bei nur einem vorhandenen Paare ist oft die Verschmelzung in eine einzige Masse zu beobachten, wobei die Duplieität durch die Ausführgänge bestimmt wird. Eine functionelle Difle- renzirung bieten die Speicheldrüsen mancher Prosobranchiaten (Dolium, Cassis, Gassidaria, Tritonium), bei denen ein Abschnitt in seinem Secrete freie Schwefelsäure erkennen liess. Aehnliche Sonderungen zeigen auch die Drüsen einiger Opisthobranchiaten (Pleurobranchus, Doris). Unter den Gephalopoden besitzt Nautilus eine noch innerhalb des Schlundkopfes gelegene paarige Drüsenmasse. Diese Drüsen sind auch bei manchen Dibranchiaten (Octopus, Eledone) und anderen, als kurze, dicht hinter dem Pharynx liegende Organe vorhanden, aus denen ein die Pharynxwand durchbohrender Ausführgang hervorgeht Fig. 199. gls s), der sich vor der Ausmündung mit dem der andern Seite vereinigt. Dazu kommen noch hintere, welche seitlich vom Oesophagus, hinter dessen Durchtritt durch den Kopfknorpel liegen. Sie sind entweder glatt oder gelappt und lassen ihre Ausführgänge in der Regel innerhalb des Kopf- knorpels zu einem einzigen Gange sich vereinigen, der vor dem Zungen- wulste in die Schlundhöhle einmündet (Fig. 199. gis i). Pıxcerı, P., Gli organi e la secretione dell’ acido solforico nei Gasteropodi. Atti della R. Accad. delle Sc. fisiche. Napoli. Vol. II. 2) Anhangsorgane des Mitteldarms. $ 281. Am Mitteldarm sind bei den Mollusken Anhangsgebilde in allgemeiner Verbreitung zu treffen; sie repräsentiren die »Leber« und sind Differen- Anhangsorgane des Darmcanals. 355 zirungen der Darmwand, aus der sie als Ausbuchtungen, durch Wuche- rungen des Entoderms eingeleitet, entstehen. Als eine den Magen und einen grossen Theil des übrigen Darmes umgebende Drüse tritt die Leber der Lamellibranchiaten auf. Sie bildet zahlreiche, in grössere Lappen vereinigte Acini, die an verschiedenen Stellen, theils in den Magen, theils in den folgenden Darmabschnitt münden. Aus einem Paare symmetrisch gelagerter, verzweigter Schläuche be- steht sie bei den Placophoren. Eine nicht minder ansehnlich entwickelte Drüse stellt sie bei den Gasteropoden vor. Bei den beschalten Gasteropoden nimmt sie den grössten Theil des im Gehäuse geborgenen Eingeweidesackes ein, immer aus mehreren grösseren Lappen zusammengesetzt und den Darm auf ver- schieden langen Strecken umlagernd. Die aus den Lappen hervortreten- den Gallengänge münden bald getrennt, bald vereinigt in den Anfang des Mitteldarms, zuweilen auch in die als Magen erscheinende Erweiterung. Die Zahl der gesonderten Leberpartieen ist, wie ihre relative Grösse, sehr verschieden. Doch lässt sich im Allgemeinen bei Vermehrung des Leber- volums eine mehr einheitliche Bildung erkennen, indessen die einzelnen getrennten Lappen um so kleiner sind, je zahlreicher sie vorkommen. Dieses Verhältniss der Vertheilung der Leber auf einen grösseren Abschnitt des Darmcanals führt bei einer Abtheilung der Opisthobran- chiaten zu Veränderungen jenes Darmstückes. Indem die Ausführgänge der einzelnen Leberlappen sich erweitern, bilden sie Ausbuchtungen des Magens und es entsteht an der Innenfläche des letzteren bei einer grösse-- ren Anzahl ausmündender Leberschläuche ein reticuläres Aussehen (Doris, Doridopsis). Durch diese aus der Genese der Leber leicht verständliche Umgestaltung erscheint der drüsige Theil der Leber wie ein Beleg jener unregelmässigen Ausbuchtungen. Hieraus geht der oben ($ 278) berührte Zustand des Verdauungs- apparates der Aeolidier u. a. hervor, und die Leber erscheint in Gestalt weiter, blind geendigter Anhänge, die von dem als Magen bezeichneten Mitteldarm (Fig. 194. m) entspringen. Die Verbindung ist entweder eine unmittelbare und die Anhänge münden direct in den Mitteldarm, oder sie ist mittelbar, wenn nämlich noch weite Ausbuchtungen des Mitteldarms vorkommen (Fig. 194), die übrigens gleichfalls aus Umbildungen eines Abschnittes der Leber hervorgegangen sein können. Diese Anhänge durchsetzen die Leibeshöhle und dringen beim Bestehen von Rücken- eirren in diese mit blinden Endigungen ein. Je nach der Anzahl der Anhänge bilden jene Fortsätze mehr oder minder reiche Verästelungen, welche sogar unter einander anastomosiren können. Wie die Zahl und die allgemeine Gestaltung der Darmanhänge wechselt, so sind auch ihre Dimensionen verschieden. Bald stellen sie sich nur wie Ausstülpungen des Darmes dar, und sind durch weite Oeffnungen mit letzterem in Com- munication, auch Speisemassen aufzunehmen im Stande; bald erscheinen Gegenbaur, Grundriss d. vergl, Anatomie. 2. Aufl. 95 356 II. 7. Mollusken, sie nur als enge Canäle, die an der Nahrungsaufnahme sich nicht direct betheiligen. Zwischen diesen Exgemen finden sich Uebergangsformen. Für die Auffassung dieser Darmbildung erscheint ein nie fehlender drü- siger Beleg von grosser Wichtigkeit. Da- durch stellen sich die Verästelungen nicht blos als physiologische Aequivalente einer Leber heraus, sondern wir müssen sie auch als Modificationen der Leber selbst betrach- ten, die hier durch Erweiterung der Lumina ihrer Canäle sich an der Vergrösserung des Darmcanals betheiligt hat. Dasselbe Organ, welches bei den anderen Gasteropoden als Leber erscheint, tritt also bei den Aeolidiern in den Darm mit über, und behält nur an seinen Wandungen oder doch an einem Theile derselben seine ursprüngliche Bedeu- tung bei. Die Theilnahme aus dem Darme entstandener Räume an der Darmfunction erklärt die bedeutende Kürze des eigent- lichen Darmrohrs. Auch in anderen Abthei- lungen der Opisthobranchiaten erscheint die J Leber in Form weiter Schläuche, z. B. bei De tn et Phyllirhoö, Limapontia etc. Dass in allen Mitteldarm mit A den nicht bis zum diesen Bildungen kein Anfangszustand der an eg: ersten Differenzirung einer Leber, sondern zn “OPFE eine Art Rückbildung gefunden werden darf, geht daraus hervor, dass die Entwickelung der Aeolidier sie von schalentragenden Gasteropoden ableiten lässt. Bei den Pteropoden ist die Leber in eine grosse Anzahl kleiner Blind- schläuche aufgelöst. Solche sitzen bei Pneumodermon in verästelten Grup- pen dicht beisammen und die weiten Mündungen ihrer Ausführgänge durchbohren fast siebförmig die Magenwand. Einfachere Acini besetzen einen Abschnitt des Darmes der übrigen Pteropoden und bilden eine dicht seschlossene Masse, durch welche der Darın hindurchtritt (Fig. 201. Ah). Die Leber der Gephalopoden ist immer eine ansehnliche, meist com- pacte Drüse, die bei Nautilus aus vier locker verbundenen Lappen be- steht. Jeder derselben entsendet einen Ausführgang. Bei den Dibran- chiaten finden sich nur zwei Lappen, die entweder deutlich getrennt (Sepia), oder nur theilweise verbunden sind (Rossia). Eine engere Ver- einigung beider Lappen besteht bei Sepiola und Argonauta, und bei den Loliginen und Octopoden stellen sie eine einzige vom Oesophagus durch- setzte Masse dar. In allen Fällen treten aus der Leber nur zwei Ausführ- zänge hervor, welche auf die beiden ursprünglichen Lappen hinweisen, und, ebenso wie bei Nautilus, stets in das Ende des Blinddarmes aus- münden. Anhangsorgane des Darmcanals. Leiheshöhle. 387 Sowohl an der Mündungsstelle in den Blinddarm, als auch innerhalb der Leber selbst tragen die Ausführgänge noch einen Besatz besonderer Drüsenläppchen, deren Bau von den Acinis der Leber verschieden ist. Man hat diese bald nur an der einen, bald an der anderen der genannten Stellen vorkommenden Drüsen für eine Bauchspeicheldrüse erklärt, wobei man jedoch den Mangel jeglicher näheren Verwandtschaft mit dem gleichnamigen Organ der Wirbelthiere beachten muss. Auch bei Gastero- poden (Apiysia, Doris) hat man in der Nähe der Leber noch besondere Drüsen beobachtet. 3) Anhangsorgane des Enddarmes. $ 282. Als hieher zu zählende Gebilde finden sich mancherlei erst bei Gaste- ropoden vorkommende Drüsenorgane von unbekannter Bedeutung. Bei den Gephalopoden wird der unter den Dibranchiaten verbreitete Tinten- beutel hier angeschlossen werden können, der bei manchen mit dem Enddarm ausmündet (Loliginen) und daher vielleicht als ein vom End- darme her entstandenes Gebilde sich herausstellt, wenn er auch bei an- deren Cephalopoden seine Mündung neben oder hinter der Analöffnung trägt. Er stellt einen länglichen, mit contractilen, lamellös ins Innere vor- springenden Wänden versehenen Sack vor (Fig. 193 a), der die bekannte schwarze Flüssigkeit absondert. Leibeshöhle. $ 283. Das Auftreten einer Leibeshöhle gehört zu den frühesten Sonderungs- vorgängen des Molluskenkörpers. Werden schon durch die Windungen des in das Cölom gebetteten Darmcanals und die von seiner Wandung sich differenzirenden Anhangsorgane Gomplicirungen der Leibeshöhle hervor- gerufen, so steigern sich diese mit dem Auftreten anderer Organe, vor- züglich des Geschlechtsapparates, so dass die Höhlung später in zahlreiche, weitere und engere Abschnitte zerlegt erscheint. In der Regel erstreckt sich die Leibeshöhle auch in die Fortsatzbildungen des Körpers, so in die Mantellamellen der Lamellibranchiaten, wie in den Gasteropodenmantel. Auch untergeordnetere Körperanhänge bieten häufig einen Zusammenhang mit der Leibeshöhle dar. Allgemein erscheint der offene Zusammenhang des Gefässsystemes mit der Leibeshöhle, die somit einen Abschnitt der Blutbahn vor- stellt. Dieses Verhalten tritt in verschiedenen Abstufungen auf, und je nach der Ausbildung des Gefässsystemes sind es weitere oder engere Räume, welche von der Leibeshöhle gebildet werden. Bei dem Zusam- menhange der weiteren Räume der Leibeshöhle mit dem Gefässsysteme 35° 388 Il. 7. Mollusken. erscheinen diese Strecken der Blutbahn als Lacunen; bei fortgesetzter Theilung dieser Räume, sei es du@feingelagerte Organe, oder durch die Wandungen verbindende Gewebszüge , gehen sie in enge oft gefässartige Ganäle über, welche oftmals eine regelmässige Anordnung aufweisen. Bei Lamellibranchiaten und Gasteropoden finden sich hiefür vielfach ab- gestufte Beispiele, indess bei den Gephalopoden das sehr vollkommene Blutgefässsystem rein lacunäre Räume grösstentheils auf den Eingeweide- sack beschränkt bestehen lässt. Durch die Exeretionsorgane ($ 289) com- municirt die Leibeshöhle wie bei vielen Würmern mit dem umgebenden Medium. Daraus entspringt eine Aufnahme von Wasser mit Zumischung desselben zum Blute. Ausser den durch die Exeretionsorgane vermittelten Verbindungen nach aussen, be- stehen noch besondere directe Communicationen durch Oeffnungen am Fusse bei Lamellibranchiaten undGasteropoden, wodurch der Auslass von Leibeshöhlenflüssigkeit besorgt wird. Solches ist sowohl bei Lamellibranchiaten |Mactra, Cardium, Solen) wie Gasteropoden Pyrula) mit Sicherheit nachgewiesen. Jene Flüssigkeit empfängt eine besondere Bedeutung für die Locomotion, indem das Thier durch Wassereinlass seinen Körper zu schwellen im Stande ist. Zurückgezogene Theile vermögen dadurch hervorgestreckt, schlaffe in den Zustand der Erection gesetzt zu werden, und die gesammte Muskulatur der Leibes- wand, vorzüglich jene des Fusses, vermag in grössere Wirksamkeit zu treten. Die Hervorstreckbarkeit gewisser in die Schale zurückgezogener Theile, besonders des Fusses, beruht auf diesen Beziehungen, die für La- mellibranchiaten und Gasteropoden, auch bei Pteropoden genauer gekannt sind, indess die Einfuhr von Wasser in die Blutbahnen bei den Gephalo- poden noch nicht völlig sicher ist. (kefässsystem. $ 284. Das Gefässsystem der Mollusken bietet, mit Ausnahme der Scapho- poden, in allen wesentlichen Punkten eine übereinstimmende Anordnung dar. Diese besteht erstlich in dem Vorkommen eines dorsalen Längs- stammes, an dem ein Abschnitt zu einem Gentralorgan Herzkammer) ausgebildet ist. Zweitens stehen mit dem Längsstamme Quergefässe in Verbindung, welche bei dem Vorkommen lateraler Kiemen von diesen das Blut zum Herzen führen und gleichfalls zu Organen der Blutbewe- sung differenzirt sind, indem sie zur Herzkammer sich als Vorhöfe verhalten. In dieser dorsalen Entfaltung der Haupt- theile des Circulationssystems ist eine Uebereinstimmung mit dem Gefäss- apparate der Würmer zu sehen (vergl. S. 179). Die symmetrische Anordnung der Vorkammern bei einander sonst sehr ferne stehenden Abtheilungen. lehrt darin eine tiefer begründete Gefässsystem. 399 Eigenthümlichkeit kennen, und durch das Bestehen von zwei Paaren hinter einander in die Kammer mündender Vorkammern bei den tetra- branchiaten Cephalopoden gibt sich sogar eine Metamerenbildung des Gefässapparates zu erkennen, wie sie bei den gegliederten Würmern durch die mehrfachen Querstämme ausgedrückt wird. Diese Gefässe besitzen hier noch soviel ihrer ursprünglichen Natur, dass man sie nicht als Vorhöfe des Herzens, sondern als Kiemenvenen be- zeichnet hat. Aus der Homologie der zwei Vorhofpaare mit zwei Querstämmen eines Dorsalgefässes (Fig. 195 A und B) ergibt sich ein primitiver Zu- Fig. 195. Schematische Darstellung zur Vergleichung der Circulationscentren bei den Mollus._ ken. A Theil des Dorsalgefässstammes und der Querstämme eines Wurmes. B.Herz und Vorhöfe von Nautilus, C eines Lamellibranchiaten oder Loliginen, D eines Oetopus. Z Herz und Vorhof eines Gasteropoden. v Herzkammer. «4 Vorkammer. ac Arteria cephalica. ai Arteria abdominalis. Die Pfeile zeigen die Richtung des Blutstroms. stand, der, die Nautiliden charakterisirend, auch mit den palaeontolo- gischen Beziehungen derselben zu den übrigen lebenden Gephalopoden im Einklang steht. Das Vorkommen nur eines Vorhofspaares erscheint dagegen als Rückbildung (Placophoren, dibranchiate GCephalopoden, La- mellibranchiaten und manche Gasteropoden), welche der Reduction der Kiemen entspricht. So finden wir also den Schlüssel zum Verständniss der Kammer- und Vorhofsbildungen bei den Mollusken, durch die Ver- gleichung mit einem indifferenteren Apparate. Wie ein Abschnitt des Dorsalgefässes zur Herzkammer umgewandelt ist, so bilden die davon ausgehenden Fortsetzungen Arterienstämme, die man da, wo sie ihren ursprünglichen Verlauf behalten haben, als vordere und hintere Aorta (Aorta cephalica und Aorta intestinalis oder abdominalis) unterscheidet (B C). Eine wichtige Lagerungsveränderung erscheint bei einem Theile der Gephalopoden, den Octopoden (D), wo der Stamm des Dorsaigefässes eine schlingenartige Krümmung vollführt hat, so dass beide arterielle Ab- schnitte (ac und ai) noch eine Strecke weit in Einer Richtung verlaufen. Dadurch nähern sich ihre Ursprungsstellen aus der Kammer. Aus einem ähnlichen Verhalten ist der Circulationsapparat jener Gasteropoden ableit- bar, bei denen der Ursprung eines einzigen Arterienstammes aus der Herzkammer charakteristisch ist (E). Dieser Eine Arterienstamm theilt sich in zwei in ihrem Verbreitungsbezirke genau den beiden Arterien- 390 II. 7. Mollusken. stämmen entsprechende Aeste (ac und ai), die bei den Cephalopoden und Lamellibranchiaten aus den beidgg® Enden der Kammer hervorgehen. Erstere dürften somit aus den beiden ursprünglich in der Richtung Einer Axe gelagerten Arterienstämmen entstanden zu betrachten sein. Die schliessliche Reduction der Vorhöfe auf Einen leitet sich gleichfalls von einer Rückbhildung der Kiemen ab, und verbindet sich mit der Vereini- gung des vorderen und hinteren Arterienstammes. Kammer und Vorkammer erscheinen somit aus diflerenten Abschnitten eines primitiven Gefässapparates hervorgegangen, der eine metamere Ein- richtung erkennen und im Zusammenhalte mit den Resten der Metamerie des Nervensystems (S. 363) für den Molluskenstamm gegliederte Orga- nismen als Vorfahren voraussetzen lässt. $ 285. Das Herz der Placophoren und Lamellibranchiaten (Fig. 196 v) liegt in der Medianlinie des Körpers dicht unter dem Rücken von einem Peri- cardium umhüllt und von zwei seitlichen Vorhöfen (a) Blut empfangend, während vorne und hinten die oben erwähnten arteriellen Gefässstämme aus ihm entspringen. Bei den Placo- phoren ist die Lage des Herzens ziem- lich weit hinten, so dass der vordere Arterienstamm von bedeutender Länge ist. Bei den meisten Muschelthieren spaltet sich das Herz in zwei den End- darm (?) umfassende Schenkel, die nach ihrer Vereinigung die vordere Körperarterie (Aorta) hervorgehen lassen. Dieses Durchbohrtsein vom Enddarm steigert sich bei Arca zu einer Duplieität der Herzkammer, in- dem diese durch zwei vollständig von \ einander getrennte Kammern, jede mit \ einem Vorhofe versehen, dargestellt 1% wird. Jede Kammer entsendet eine Fig. 196. _Senkrechter Querschnitt einer Aorta, die sich vor einer ferneren Ver- Anodonta. v Herzkammer, ‚a, Verhöfe., zweigung ‚mit den:anderseitigenuvgr- p p' Pericardialhöhle. © Enddarm. m Mantel. re . . Er bruEiombrhiN mise: einigt, so dass also dennoch ein ein- facher Arterien-Hauptstamm entsteht. Dasselbe gilt auch von dem hinteren Arterienstamme. Von den beiden Arterienstämmen verläuft der vordere bis in die Gegend des Mundes, um hier unter Verzweigungen sich in weite Blut- räume zu öffnen. Auch der hintere Arterienstamm, dessen Längen- entwickelung von der Ausbildung der hinteren, die Siphonen darstellen- den Manteltheile abhängig ist, geht schliesslich in Bluträume oder La- cunen über. Gefässsystem. 391 Solche wesentlich von Bindegewebe abgegrenzte Räume verzweigen sich nicht allein im Mantel, sondern finden sich auch zwischen den Ein- geweiden. Je nach ihrer Weite sind grössere oder kleinere Blutbehälter unterscheidbar, welche sowohl ein Capillar-, als ein Venensystem ver- treten. In regelmässigem Vorkommen bestehen grössere Sinusse an der Kiemenbasis, und ein mittlerer unpaarer, die Venenräume des Fusses sammelnder, erstreckt sich der Länge nach zwischen den beiden Schliess- muskeln. Alle diese Bluträume stehen unter sich in Zusammenhang und bilden ein in den verschiedenen Theilen verschieden weites Maschen- werk. Die beiden seitlichen Räume communieciren auch noch mit dem Bojanus’schen Organe ($ 290). Verfolgt man die übrigens in manchen Punkten noch nicht sicher gestellte Bahn, welche das aus den Arterien peripherisch vertheilte Blut zurücklegt, so trifft man einen Theil davon auf dem Wege zum Mantel, einen andern Theil zu dem Eingeweidesack. Von da strömt es theils in die Kiemensinusse und von hier aus entweder direct in die Kiemen, oder erst auf Umwegen durch die Bojanus’sche Drüse zu den Athmungsorganen. Letzteren Weg passirt die Hauptmasse des Blutes. Da aber zwischen den Blutbehältern an der Kiemenbasis und den Vorhöfen des Herzens auch noch eine directe Communication besteht, so wird ein, wenn auch kleiner Theil des Blutes, ohne in die Kiemen gelangt zu sein, zum Herzen zu- rückkehren. Hierzu kommt noch das Blut aus dem Mantel, welches gleich- falls direct in die Vorhöfe eintritt, jedoch wegen der respiratorischen Function der Mantellamellen nicht absolut als Venenblut betrachtet wer- den kann. Da in die Vorhöfe auch alles aus den Kiemen kommende Blut aufgenommen wird, so gelangt die ganze Blutmasse auf verschiedenen Wegen schliesslich wieder zur Herzkammer. Bemerkenswerth ist das Verhältniss des Kreislaufs zu den Bojanus- schen Drüsen. Diese Absonderungsorgane sind dem in die Kiemen tre- tenden, somit venösen Blute in den Weg gelegt, so dass durch sie eine Art Pfortaderkreislauf sich einleitet. $ 286. Bei den Gasteropoden besitzt das gleichfalls von einem Pericardium umschlossene Herz bei manchen noch zwei seitliche Vorkammern (Halio- tis, Fissurella, Nerita). Auch bei Trochus bestehen diese noch, die linke befindet sich aber im Zustande der Reduction, und bei den übrigen Gaste- ropoden ist, wie auch bei den Pteropoden, nur Eine Vorkammer vorhan- den (Fig. 197 v). Die Rückenlage des Herzens ist durch die asymmetrische Entfaltung des Eingeweidesackes modifieirt; immer ‘findet es sich den Athmungsorganen benachbart, gegen welche die dünnwandige Vorkam- mer gerichtet ist. Sie findet sich also bei den Prosobranchiaten nach vorne, bei den Opisthobranchiaten nach hinten gekehrt. Die bei Lamelli- branchiaten bestehende Beziehung zum Enddarme trifft sich bei manchen 392 II. 7. Mollusken. Prosobranchiaten wieder (Turbo, Nerita, Neritina), und geht sogar in eine Theilung der Kammer über (HalioWP Fissurella, Emarginula). Fig. 197. Organisation von Paludina vipipara. c Kopf. £ Tentakeln. p Fuss. op Operculum, o Auge. a Hörorgan. n Cerebralganglion. n' Pedalganglion. n" Kiemenganglion. n"' Buccalganglion. (Die Commissur vom Cerebralganglion ist nieht dargestellt.) pl Pharynx. oe Speiseröhre. br Kiemen. r Niere. s Venöser Sinus, sv Venöser Sinus an der Kiemenbasis. f Kiemenarterie. «at Vorhof des Herzens. v Herzkammer. ap Hintere Arterie (Eingeweidearterie). aa Vordere Arterie. (Nach Lerpıc.) Von der Kammer entspringt eine Körperarterie, die eine rückwärts verlaufende Eingeweidearterie (ap) abgibt, während der Stamm als Aorta cephalica (aa) sich fortsetzt. Diese verläuft gerade zum Vordertheile des Körpers und sendet meist einen starken Ast zum Fusse, der zuweilen als Fortsetzung des Hauptstammes erscheint. Ausserdem gibt sie auf ihrem Wege häufig noch Aeste zum Magen, zu den Speicheldrüsen u. s. w. und endet entweder einfach oder unter wiederholten Verzweigungen in der Nähe des Pharynx. Einen grössern Verbreitungsbezirk hat sie bei den Pteropoden, bei welchen der Fussast als die Fortsetzung des Hauptstam- mes erscheint, und im Kopfe in zwei grosse, in reichlicher Verzweigung in die Flosse eintretende Endäste sich spaltet. Die der hinteren Arterie der Lamellibranchiaten entsprechende Eingeweidearterie zeigt bei den Pteropoden und niederen Gastropoden nur geringe Verästelungen. Sie löst sich, wie die Kopfarterie, in grössere Bluträume auf. Sehr entwickelt und vielfach verzweigt erscheint sie bei den meisten Prosobranchiaten (ap), auch bei manchen Teetibranchiaten besteht sie (Pleurobranchus), bei anderen dagegen wird sie durch mehrere kleinere Arterien vertreten (Aplysia). Zweige des Hauptstamms repräsentiren die Eingeweidearterie bei Nudibranchiaten (Doris). Die rückführenden Wege sind nach der Zahl, Form und Lagerung der Athmungsorgane verschieden. Bei manchen Nudibranchiaten sammelt sich das Blut aus der Körperhöhle in der Nähe des Vorhofs. Bei anderen, mit Gefässsystem. 393 distineten Athmungsorganen versehenen, bestehen bestimmte Ganäle oder sogar mit besonderen Wandungen versehene Gefässe, welche das Blut aus den venösen Bahnen zu den Athmungsorganen hinführen. Von diesen tritt es im einfachsten Falle, ohne Dazwischentreten von Kiemenvenen, zum Vorhofe über. Bei reicherer Entwickelung der Kiemen sammelt sich das rückkehrende Blut in besondere Venenstämme, welche einzeln oder vereinigt in den Vorhof münden. Die Anordnung dieser Kiemenvenen ist immer der Ausdehnung wie der Lage der Kiemen angepasst. Bei vielen Nudibranchiaten (Aeolidia, Scyllaea, Tritonia), gehen von den Kiemen wirkliche Gefässe ab, welche sich zu grösseren Stämmen vereinigen und einen me- diauen oder zwei seitliche Kiemenvenenstämme her- stellen, die sich mit dem Vorhbofe des Herzens verbin- Dies ist auch bei den meisten Pteropoden der Fall. Br mr ren) den. Bei Vertheilung der Kiemen über eine grössere Körperoberfläche ist dies rückführende Kiemengefäss- system ausgebildet, bei Beschränkung der Kiemen dagegen reducirt (Doris, Polycera). Ersteres Ver- halten ergibt sich z. B. bei Tritonia (Fig. 198), bei Jder zwei laterale Kiemenvenenstämme (ss) durch einen Querstamm zum Herzen führen. Der Quercanal bildet eine Art von doppeltem Vorhof (a), der jedoch nur mit Einem Ostium in die Kammer (v) mündet. Die Wege, auf welchen das Blut zu den Kiemen gelangt, sind immer auf einem grösseren oder kleineren Abschnitt lacunär. Bei manchen Opis- thobranchiaten sammelt es sich aus der Leibeshöhle in Canäle, die im Integumente verlaufen, von wo es in die Kiemen vertheilt wird. Dahin gelangt jedoch nicht alles Blut, ein Theil wird, nachdem er in der Haut sich vertheilte, zum Herzen zurückgeführt. Bei Helix und Limax sind die in die Athemhöhlenwand tretenden Bluträume, also schon das zu den Athmungsorganen führende Canal- system, gefässartig ausgebildet. Sie lösen sich hier in ein reiches Netz auf, aus welchem mehrere grössere, bestimmter abgegrenzte Stämme hervorkommen und sich zu einer in den Vorhof tretenden » Lungenvene« vereinigen. Man kann sich das Netz der Lungengefässe auch als einen grossen, in der Lungenwand ausgedehnten Blutsinus vorstellen, der von Stelle zu Stelle von Substanzinseln unterbrochen wird. ZZ Fig. 198. Ein Theil der Circulationsorgane von Tritonia. s Venen- sinusse, geöffnet. Die Wandist von Mündungen der Kiemenvenen durch- setzt. vd Herzkammer. $ 287. Der Herz der Gephalopoden liegt im Grunde des Eingeweidesackes, durch eine rundliche oder quer-ovale Kammer gebildet (Fig. 195. B. C, Fig. 199. c), welche ebenso viele Kiemenvenen aufnimmt, als Kiemen 394 ll. 7. Mollusken. vorhanden sind. Bei Nautilus münden demnach vier, bei den übrigen Gephalopoden zwei Kiemenveneng@@ die Herzkammer. Vor der Einmün- dung zeigen die Kiemenvenen zumeist eine beträchtliche Erweiterung (Fig. 199. v. br), die der Vorkammer der Gastro- poden und Lamellibran- chiaten homolog ist. Vom Herzen entspringen regel- mässig zwei Arterien- stämme : ein stärkerer, der gerade nach vorne ver- läuft, Arteria cephalica Fig. 199. a), und entfern- ter davon ein meist nach hinten gerichteter kleinerer Stamm, Arteria abdomi- nalis (a). Aus dieser all- gemeinen Anordnung geht die Uebereinstimmung mit den beiden anderen Clas- sen klar hervor und es besteht namentlich zu je- nen Mollusken ein en- gerer Anschluss, welche durch die Duplieität der Vorkammern sich aus- zeichnen. Die Arteria cephalica gibt vor ‚Allem starke Zweige an den Mantel, Fig. 199. Anatomie von Octopus. Mantelhöhle und Ein- es geweidesack von der Bauchseite geöffnet. ph Schlundkopf. a auch an den Trae gls. s Obere Speicheldrüsen. gl s i Untere Speicheldrüsen. tus intestinalis,, sowie an o Auge. di Trichter. br Kiemen. ov Ovarium. od Eileiter. den Trichter; im Kopfe c Herz. v. br Kiemenvenen. a Arteria cephalica. vc Hohl- ook ( d venen. av Venenanhänge. (Nach MıLse-EpwArps.) anaf ö ommen, D sendet sie die Augenarterien, ver- sorgt die Mundtheile und spaltet sich nach der Anzahl der Arme in grössere Aeste. Bei einigen Gephalopoden gehen die Armarterien aus einem um den Anfangstheil der Speiseröhre gebildeten Ringgefässe her- vor. Die Arteria abdominalis bietet grössere Verschiedenheiten; während sie bei den Sepien (Fig. 202. a’) und Loliginen der Arteria cephalica gegenüber entspringt, und damit ganz ähnliche Beziehungen besitzt wie die Eingeweidearterie der Lamellibranchiaten, tritt sie bei den Octopoden neben der Aorta vom vordern Umfange des Herzens hervor (Fig. 199), und vertheilt sich sehr bald in mehrere Aeste für das Darmrohr und die Geschlechtswerkzeuge. Bei den Loliginen dagegen gibt sie noch zwei Aeste Gefässsystem. 395 für die Flossen ab, an welchren bei Ommastrephes noch eine besondere Erweiterung (vielleicht ein Hilfsorgan des Kreislaufs) beobachtet wurde. Der Uebergang der letzten Arterienverzweigungen in Venen wird durch ein überall reichlich entwickeltes Gapillarsystem hergestellt. Dieses vertritt wenigstens im grössten Theile des Körpers die bei den Anderen verbreitete lacunäre Blutbahn, und erscheint als eine Differenzirung der- selben. Die aus den Capillaren hervorgehenden Venenwurzeln sammeln sich in grössere Stämme, welche bald als wirkliche Venen erscheinen, bald in mächtige Räume ausgedehnt sind und so den Uebergang zu blossen La- eunen bilden. Bezüglich der specielleren Verhältnisse des Venensystems ist die Vereinigung der Armvenen in einen im Kopfe gelegenen Ringsinus anzuführen; dieser nimmt auch benachbarte kleinere Venenstämme auf und sendet einen grossen Blutcanal (Vena cephalica, auch als grosse Hohl- vene bezeichnet) (Fig. 202. vc), abwärts in die Gegend der Kiemen. Hier theilt er sich bei den Dibranchiaten in zwei, bei den Tetrabranchiaten in vier Venenstämme (Kiemenarterien), welche nach Aufnahme anderer, vom Mantel und den Eingeweiden kommender Venen (vc”’) sich zur Kie- menbasis begeben. Bei den Dibranchiaten bildet sich an den Kiemen- arterien durch Hinzukommen eines Muskelbeleges ein contractiler Ab- schnitt, das Kiemenherz (Fig. 202. vc’), welches durch rasche Pulsa- tionen als Hilfsorgan des Blutkreislaufs sich bemerklich macht. Vor die- sem Kiemenherzen sind an der Kiemenarterie noch besondere Anhangs- gebilde angebracht, Ausstülpungen der Gefässwandungen, welche von dem in die Kiemen tretenden venösen Blute in gleicher Weise bespült werden, wie die Bojanus’schen Drüsen der Muschelthiere (s. Excretions- organe $ 289). Wenn man auch in den erwähnten venösen Blutbehältern ein mit geschlossenen Wandungen versehenes Venensystem erkennen darf, so fehlen doch wirkliche Blutlacunen nicht. Sie zeigen sogar eine Verbrei- tung ähnlich wie bei den übrigen Molluskenclassen. Einen solchen Blut- raum stellt die Leibeshöhle vor; sämmtliche in ihr liegende Organe wer- den vom Venenblut gebadet. In diesen Blutraum münden verschiedene Venen ein, und ausserdem steht er durch zwei Canäle mit der grossen Hohlvene (Vena cephalica) in Verbindung. MıLnE-EDwArRDS et VALENCIENNES, Nouv. obs. sur la constit. de l’appareil de la eireulation chez les Moll. Mem. Acad. des Sc. T. XX. u. MıLne-Epw., Voyage en Sicile. T. I. $ 288. Die Blutflüssigkeit der Mollusken ist in der Regel farblos, häufig, mit einem bläulichen oder opalisirenden Schimmer, Doch spielt sie bei manchen Cephalopoden ins Violette oder Grüne, und einige Gasteropoden (Planorbis) besitzen rothes Blut, dessen Färbung vom Plasma herrührt,. 396 II. 7. Mollusken. Die Formbestandtheile der Blutflüssigkeit sind in allen Fällen farblos, erscheinen als indifferente Zellenggleren amöboide Bewegungen, wie bei Muschelthieren und Schnecken bekannt ist, mancherlei pseudopodienartige Fortsatzbildungen auftreten lassen. Ein bei Cephalopoden längs der Kiemenarterien sich erstreckendes wulstförmiges Organ ist noch räthselhaft. Vielleicht liegt in ihm ein Organ vor, welches für die Entstehung der Formelemente des Blutes Bedeutung besitzt. Exeretionsorgane. $ 289. Ausser den mancherlei bereits bei dem Integumente aufgeführten Organen, welche der Excretion dienen, bestehen noch andere auf der Oberfläche des Körpers mündende Organe, die in jener Hinsicht eine viel wichtigere Rolle spielen. Bei den Placophoren besteht ein nahe am After ausmündendes drü- siges Excretionsorgan, von dem jedoch ungewiss ist, ob es mit dem der Conchiferen vergleichbar. Innere Mündungen sind nicht bekannt gewor- den. Wir müssen daher dieses Organ für jetzt noch ausser der Reihe stehend betrachten, in welcher diese Organe sonst sich darstellen. Diese typischen Excretionsorgane der Mollusken sind den unter den Würmern verbreitet getroffenen Organen homolog, die dort als nierenartige bezeichnet wurden, und bei den Annulaten als Schleifencanäle erscheinen. Sie beginnen auch bei den Mollusken mit einer äusseren Oeflnung und münden nach kürzerem oder längerem Wege in die Leibeshöhle aus. Die innere Mündung ist meist durch besondere Vorrichtungen, am häufigsten, vielleicht allgemein, durch Wimperbesatz ausgezeichnet und erinnert da- mit wieder an die Wimpertrichter der Schleifencanäle der Würmer. Die Organe vermitteln eine Communication der Binnenräume des Körpers mit dem umgebenden Medium. Dadurch dienen sie der Wassereinfuhr in denKörper und können auch, wie ihre Homologa bei den Würmern, noch manchen anderen Verrichtungen vorstehen. Zu diesen gehört die Beziehung zu den Geschlechtsorganen, die bei einem Theile der Lamellibranchiaten noch nachweisbar ist, und auch für die Gephalopoden die Hypothese be- gründet, dass die Ausführwege der Geschlechtsproducte aus solchen Excre- tionsorganen entstanden. Ihre Beziehung zur Excretion ist daher keines- wegs exclusiv. Wo die letztere ihnen zugetheilt ist, treffen wir an den sonst einfacheren Canälen Umbildungen binsichtlich der Wandungen, an denen ein drüsiger Bau sich erkennen lässt. In solchen Fällen können sie zufolge der chemischen Constitution ihrer Producte als »Nieren « betrachtet werden. Die mikroskopische Untersuchung weist dann Secretionszellen Excretionsorgane, 397 nach, mit einem aus granulären oder concentrisch geschichteten Concre- menten gebildeten Inhalt, wie solche auch in den Harnausscheidungen anderer Thiergruppen eine grosse Rolle spielen. Die innere Mündung führt, wo sie nachgewiesen ist, in den Pericar— dialsinus, dessen Wand sie durchbricht. Wenn das Excretionsorgan von einem Schleifencanale ableitbar ist, so wird in hohem Grade wahrschein- lich, dass die Wand jenes Pericardialsinus aus einem Dissepiment hervor- ging, wie solche bei Anneliden gleichfalls die Mündungen der Schleifen- canäle tragen. Für die festere Begründung dieser Auffassung fehlen indess noch manche Thatsachen, zumal solche, welche die an jenem fraglichen Dissepimente vor sich gegangene Lageänderung erklären können. $ 290. Bei den Lamellibranchiaten ist das Excretionsorgan unter dem Namen der Bojanus’schen Drüse bekannt, und liegt als eine stets paarige, zuweilen in der Mittellinie zu Einer Masse verschmolzene Drüse an der Rückseite des Körpers, der Kiemenbasis zunächst. Seine Substanz wird von einem gelblich oder bräunlich gefärbten schwammigen Gewebe gebil- det, dessen Maschenräume häufig zusammenfliessen und meist einen grösseren centralen Hohlraum darstellen. Aus diesem führt jederseits eine Oeffnung in den Herzbeutel, eine andere stellt den Ausführgang vor. Dieser liegt entweder in der Nähe der Geschlechtsöffnung, oder ist mit der Geschlechtsöffnung gemeinsam, oder endlich die Geschlechtsorgane öffnen sich in das Bojanus’sche Organ, so dass die Geschlechtsproducte durch letzteres nach aussen entleert werden (Pecten, Lima, Spondylus). Ver- einigte Ausführgänge besitzen Arca und Pinna. Getrennte Oeffnungen für Excretions- und Geschlechtsorgan zeigen Gardium, CGhama, Mactra, Pec- tunculus, Anodonta, Unio u. a. Die faltig vorspringenden Wände oder das maschige Balkengewebe des Organes besitzen einen dichten Beleg von Secretionszellen, welche die erwähnten, bis jetzt freilich des charakte- ristischen Auswurfsstoffes der Harnsäure in vielen Fällen entbehrenden Concremente abscheiden. Ueber die Beziehung zum Gefässsystem siehe S. 391. Die Scaphopoden schliessen sich durch den Besitz eines paarigen Excretionsorganes an die Lamellibranchiaten an. $ 291. In grösserer Mannichfaltigkeit erscheint das Excretionsorgan bei den Gasteropoden. Ein paariges, den Vorläufer der bleibenden Niere bilden- des Excretionsorgan ist bei Pulmonaten nachgewiesen. An ausgebildeten Thieren ist das Organ in der Regel auf einer Seite vorhanden. Diese Duplieität der Anlage deutet auf eine Uebereinstimmung mit dem paarigen Organe der Lamellibranchier. Entschiedener erweist sich dieses durch 398 II. 7. Mollusken. die neuerliche Entdeckung eines paarigen Exeretionsorganes bei Haliotis, Fissurella und Patella, wobei je@#®h das linke mehr oder minder rudi- mentär ist. Die Rückbildung des einen Organs scheint mit Rückbildungen anderer paariger Organe, z. B. der Kiemen, in Verbindung zu stehen. Soweit nähere Untersuchungen vorliegen, mündet es mit einer Oeffnung in den Pericardialsinus, mit einer andern nach aussen. Bei der Mehrzahl der Gasteropoden ist in dem Organe Harnsäure nachgewiesen. Das gilt besonders von den Pulmonaten, deren zwischen Herz und Lungenvenen gelagerte Niere durch die meist weissliche oder gelbliche Färbung sich leicht zu erkennen gibt. Sie besitzt einen blättrigen oder schwammigen Bau und die sie zusammensetzenden Lamellen oder Balken tragen einen Beleg von grossen Secretionszellen, in denen sich verschieden geformte feste Goncretionen bemerkbar machen. Der lange, bei Helix weit hinten beginnende Ausführgang öffnet sich in die Lungenhöhle, die als ein er- weiterter Endabschnitt jenes Ganges erscheint. Bei den Prosobranchiaten liegt die Niere zwischen Kieme und Herz, eine ähnliche Lage besitzt sie bei einem Theile der Opisthobranchier. Ein Ausführgang läuft in der Regel nach vorne und begleitet den Enddarm, neben welchem er häufig nicht weit hinter der Analöffnung ausmündet. Bei manchen Opisthobranchiaten scheint die exeretorische Bedeutung zurückzutreten (z. B. bei Polycera), oder es findet eine Abscheidung in flüssiger Form statt. Die Niere erscheint hier (wie bei Phyllirho@, Actaeon etc.) in Gestalt eines länglichen glashellen Schlauches, der, nahe am Rücken in der Mitte des Körpers gelegen, sich vom Herzen aus ziemlich weit nach hinten erstreckt. Er besitzt eine mit Wimpern besetzte Oeffnung in den Pericardialsinus und eine andere, contractile, an der Oberfläche des Körpers. Ein von dem Organe ausgehender Blindsack empfängt bei vielen Opisthobranchiaten eine bedeutende Entfaltung, und geht, secundäre Ausbuchtungen (vergl. Fig. 200 R) absendend, allmählich in einen verästel- Fir. 200. Schema von Doris zur Darstellung des Excretionsorganes R. o Mund. ! Lippen. B Buccal- masse. oe Speiseröhre. v Magen. Darm. a After. at Vorhof. v Herzkammer. (Nach A. Hascock.) ten Schlauch über. Solche einer verzweigten Drüse ähnliche Bildungen sind bei Doris, Dendronotus, Scyllaea ete. bekannt. Von der pericardialen Mündung (r”) her setzt sich ein Canal /R’) ins Innere des Schlauches fort, Excretionsorgane. 399 hier sich öffnend (r’), so dass die Communication nach aussen erst auf einem Umwege erfolgt. Bei den schalentragenden Pteropoden, ebenso wie bei den Hetero- poden, theilt die Niere, abgesehen von der Uebereinstimmung ihrer bei- den vorerwähnten Mündungen mit jener der Prosobranchiaten die Eigen- Fig. 201. Organisation von Chreseis. pp Die Flossen. oe Speiseröhre. v Magen. r Enddarm. h Leber. a Vorhof. c Herzkammer. re Niere. x Innere Oeffnung. x' Aeussere Oeffnung. b Wimperorgan. g Zwitterdrüse. g' Zwittergang. 9" Ruthentasche. m Andeutung des Rückzieh- muskels. thümlichkeit eines spongiösen Baues. Unter den Heteropoden ist sie bei Carinaria mit einem deutlichen Be- lege von Secretionszellen versehen, der bei den anderen durch eine helle Zellenschichte vertreten wird. Das Balkengerüste der Niere erscheint starr, während es sowohl bei Atlanta als bei den Firolen contractil ist, und energische, Schluckbewegungen ähn- liche Actionen vollführt. Auch unter den beschalten Pteropoden ist die Niere in dieser Richtung thätig, z. B. bei Chreseis (Fig. 201 re). Da im Falle des Mangels concre- menthaltiger Secretionszellen die drüsige Natur dieses Organs zweifel- haft ist, darf um so grösseres Ge- wicht auf seine Beziehungen zur Ein- fuhr von Wasser gelegt werden, die in diesen Fällen am bestimmtesten beobachtet ist. Die vom Organe aus- geführten Bewegungen bestehen dann nicht nur in einem Oeffnen und Schliessen des äusseren Ostiums, sondern auch in einem Weitertreiben des aufgenommenen Wassers und Mischung desselben mit dem aus dem Körperkreislaufe zu den Ath- mungsorganen rückkehrenden Blute, in dessen Stromgebiete das Organ immer seine Lage hat. Wenn die Wasseraufnahme durch das Excre- tionsorgan nur bei den angeführten Abtheilungen direct beobachtet ward, so ist dadurch noch nicht ausge- schlossen , dass sie bei den übrigen. im Wasser lebenden Gasteropoden nicht ebenfalls bestehe. Nur bei den Nephropneusten dürfte das Verhältniss ein anderes sein. doch besitzt die Niere auch hier ganz ähnliche Beziehungen zum Blutcanalsystem, da eine 400 II. 7. Mollusken. Entleerung von Blutflüssigkeit durch die Ausmündung der Niere erweis- bar ist. e $ 292. Die bedeutende Mannichfaltigkeit des specielleren Verhaltens des Ex- eretionsorganes der Gasteropoden lässt es nicht befremdend erscheinen, wenn dasselbe Organ bei den Gephalopoden wieder mit anderen Modili- cationen auftritt. Bei allen Gephalopoden bestehen in den Eingeweidesack eingeschlossene Säcke, welche in der Mantelhöhle ausmünden. Da die Ausführwege der Geschlechtsproducte durch die Verbindung ihres die Keimdrüsen umschliessenden Abschnittes mit der Leibeshöhle sich in Uebereinstimmung mit Excretionscanälen zeigen, wird die Entstehung dieser Ausführwege aus ursprünglichen Excretionsorganen wahrschein- lich, so dass dann den CGephalopoden eine grössere Anzahl dieser Organe zukommen musste, von denen nur ein Theil in der primitiven Bedeutung sich forterhielt. Vier solcher Organe finden sich bei Nautilus, zwei bei den Dibranchiaten. Ihre Mündungsstelle liegt zuweilen auf einem papillen- förmigen Vorsprunge (Fig. 178. r). In diese Säcke ra- gen die grossen Kiemen- gefässstämme ein, wodurch die Wandungsverhältnisse sich unregelmässig gestalten. Die Wandflächen dieser Ge- fässe müssen aber, soweit sie in die Säcke einragen, als der Wand des letzteren zugehö- rig betrachtet werden. An den Kiemenarterien bietet die Wand jedes Sackes zahlreiche ins Lumen der letzteren vor- springende ramificirte An- Fig. 202. Circulations- und Excretionsorgane von Sepia. unge IRETEN NE Er ie br Kiemen. c Herz. a Vordere Körperarterie (Aorta). Fig. 202. re), welche durch a' Hintere Körperarterie. v Erweiterungen der Kiemen- blindgeendigte Ausbuchtun- venen, Vorhöfe des Herzens darstellend. v' Kiemenvene, > . o ; an der Kieme entlang verlaufend. vc Vordere grosse gen des Gefässes , und einen Hohlvene, ve Die Kiemenarterien (Aeste der Hohlvenen,. darauf liegenden Drüsenbeleg vc" Hintere Hohlvenen. re Schwammige Anhänge der gebildet sind. Bei Nautilus Hohlvenenäste. x Ausstülpungen derselben. Die Pfeile = R = 5 deuten die Richtung der Blutströme an. (Nach J. Huxter.) sind diese Anhänge der vier Venenstämme mit schlauch- förmigen Drüsen bekleidet, die in den betreffenden Sack geöflnet sind. Wie die an anderen, in den Pericardialsinus ragenden Blutgefässen vor- kommenden Anhänge aufzufassen sind, ist noch räthselhaft. Da jener Sinus indess mit der Mantelhöhle communicirt, stellen sie vielleicht ebenfalls excretorische Organe vor. Die Dibranchiaten lassen die Venenanhänge Geschlechtsorgane. 401 von etwas anderem Baue erscheinen. Vorwiegend aus phosphorsaurem Kalk gebildete Goncremente sind als die Producte dieses Apparates zu be- trachten, der besonders bei den Sepien (Fig. 201) eine bedeutende Aus- dehnung, auch auf kleinere Wurzeln jener Venen, besitzt. In dieser Einrichtung steht dieser Secretionsapparat in Beziehungen zu dem zu den Kiemen tretenden venösen Blutstrom und erscheint damit in denselben Beziehungen wie das Excretionsorgan der Lamellibranchiaten und Gepha- lophoren. Weniger sicher ist eine innere Communication der die excretorischen Venenanhänge bergenden Säcke. Während einige Autoren eine solche mit dem Blutgefässsystem, speciell mit dem Pericardialsinus statuiren, wird dies von andern in Abrede gestellt, so dass diese Apparate noch mancher Aufklärung bedürfen. Hancock, A., On the structure and homologies of the Renal Organ in the Nudi- branchiate Mollusca. Transact. Linnean Soc. Vol. XXIV. Geschlechtsorgane. $ 293. Die Fortpflanzung findet bei den Mollusken niemals mehr in einer jener ungeschlechtlichen Formen statt, die wir bei den Arthropoden auf dem Boden geschlechtlicher Differenzirung entstanden sahen. Sie ist aus- schliesslich an die volle Function von beiderleiGeschlechtsorganen geknüpft. Die Entstehung von beiderlei Organen aus verschiedenen Keimblättern ist bei mehreren Abtheilungen erkannt, indem Beziehungen der männlichen zum Ectoderm, der weiblichen zum Entoderm gefunden wurden. Diese Organe bieten für die einzelnen Glassen der Mollusken ziemlich selbstän- dige Einrichtungen, so dass die Ableitung’ von einer Allen gemeinsamen Grundform nur dann möglich ist, wenn letztere auf einer sehr niederen Stufe der Differenzirung gesucht wird. Bei den Placophoren ist eine unpaare Keimdrüse vorhanden, von der paarige Ausführgänge zu den seitlich und hinten gelagerten Genital- öffnungen führen. Durch diserete Ausführwege stellt sich die Einrichtung über jene der Lamellibranchiaten. Eine Trennung der Geschlechter scheint, bei der Mehrzahl vollzogen. Die Vereinigung beider Geschlechter in einem Individuum findet sich bei den Lamellibranchiaten nur auf einzelne, von einander ziemlich ent- fernte Gattungen, oder auch einzelne Arten beschränkt, welche dadurch den Ueberrest eines vordem der ganzen Glasse zukommenden Verhaltens repräsentiren. Bei den Austern besteht sogar noch ein Uebergang in die geschlechtliche Trennung darin, dass die bezüglichen Organe eines Indi- viduums nicht gleichzeitig, sondern alternirend bald nur als männliche, bald nur als weibliche thätig sind. Die Keimdrüsen sind paarig, auf beide Seiten vertheilt, münden auch getrennt von einander aus. Meist nehmen Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 36 402 ll. 7. Mollusken. sie einen grossen Theil der Leibeshöhle ein, oft anderen Organen innig verbunden. In dem Verhalten von beiderlei Keimdrüsen unter den Zwittern geben sich stufenweise Verschiedenheiten zu erkennen, den Weg bezeichnend, auf welchem die Trennung der Geschlechter vor sich ging. Bei einigen (z. B. bei Ostrea) ist die Keimdrüse Zwitterorgan im vollsten Sinne des Wortes. Ei- und samenbildende Follikel sind mit einander vereinigt, und die Ausführgänge für beiderlei Producte gemeinsam. Auch bei Pecten (P. varius) besteht noch das letztere Verhalten, allein die Keimdrüse selbst ist in einen männlichen und einen weiblichen Abschnitt gesondert. Er- sterer liegt vorne und oben, der letztere hinten und unten. Indem endlich bei anderen die getrennten Keimdrüsen getrennt ausmündende Ausführ- gänge besitzen, ist die Differenzirung auf einer höheren Stufe ange- langt (Pandora). Bei manchen Gattungen waltet die Zwitterbildung der einzelnen Arten vor, indess andere getrennten Geschlechtes sind (Gardium). Die Ausführgänge der Keimdrüsen sind wenig entwickelt und häufig sitzen die Drüsenläppchen noch nahe an der gemeinsamen Mündung. Da- mit fehlen auch alle accessorischen Organe. Die jederseitige Ausmündung findet auf verschiedene Weise statt. Bald vereinigt sich der Genitalcanal mit dem Excretionsorgane, erscheint damit als eine von. letzterem aus- gehende Differenzirung und die Geschlechtsproducte werden durch dieses nach aussen entleert (z. B. Pecten, Lima, Spondylus), bald vereinigt sich der Genitalcanal erst mit der Mündung jenes Organes (z. B. Arca, Mytilus, Pinna), bald endlich mündet der Genitalcanal für sich auf einer besonde- ren Papille (z. B. bei Ostrea, Unio, Anodonta, Mactra, Chama). Aus diesen Thatsachen ergibt sich, dass der excretorische Apparat auch hier für die Herstellung, der Ausführwege der Geschlechtsproducte eine bedeutungsvolle Rolle spielt. Der ins Excretionsorgan mündende Genitalcanal erscheint dabei als eine zu den Keimstätten der Zeugungs- stoffe ausgedehnte Differenzirung und die stufenweise erfolgende Tren- nung des Genitalcanals vom Excretionsorgane drückt eine weiterschrei- tende Sonderung aus, welche zu einer vollständigen Ablösung des Genital- canals, und damit der Geschlechtsorgane vom Excretionsorgane führt. Dieses bei den höheren Mollusken allgemein vorliegende Verhalten wird also von einer primitiven, functionellen Verbindung der Geschlechtsorgane mit den Excretions- organen abzuleiten sein, welche Beziehung später nur in der be- nachbarten Lagerung der äusseren Mündungen dieser Organe sich spur- weise ausdrückt. Indem die Lamellibranchiaten die Wege zeigen, auf denen die Difle- renzirung der Ausführgänge der Geschlechtsorgane geschah, entfernen sie sich in diesen Beziehungen nicht so gar weit von den Würmern oder den Brachiopoden, von denen ein Theil noch ähnliche Beziehungen aufweist, indess ein anderer, mit grossen und anscheinend selbständigen Complica- Geschlechtsorgane. 403 tionen der Ausführapparate ausgestattet (Plattwürmer), eine Aufklärung über diese Frage vorerst nur in grösserer Entfernung zeigt. $ 294. Die Geschlechtsorgane der Gasteropoden und Pteropoden bieten eine in mehrfacher Weise fortgeschrittene Differenzirung dar. Besteht auch wie bei Lamellibranchiaten eine »Zwitterdrüse « in grosser Verbreitung, so ist der Apparat doch beträchtlich complicirt, und verbindet sich in der Regel sogar noch mit Begattungsorganen. Ferner erscheint der Geschlechts- apparat immer unpaar, in asymmetrischer Lagerung und Ausmündung, so dass im Vergleiche zu den Lamellibranchiaten eine einseitige Rückbil- dung angenommen werden muss. Die Verhältnisse der Zwitterdrüse sind mannichfacher Art. In allen Fällen setzt sie sich aus zahlreichen Läppchen (Fig. 203. A) zusam- men, welche an ihren äus- sersten blinden Enden Ei- keime bilden (a), indess ent- fernter vom Ende Samen- massen entstehen (b). Diese Stellen sind jedoch nicht von einander getrennt, vielmehr ist der gemeinsame Hohl- raum eines Läppchens die Bildungsstätte der verschie- denen Producte. Somit sind zn Epithelialbildungen Fig. 203. Zwitterdrüsenfollikel von Gastero- ableitbare Zellen, welche an poden. A Von Helix hortensis. Die Eier a, a ent- der einen Stelle zu Eiern stehen an der Wand des Follikels, nach innen zu die Samen- massen db. B Von Aeolidia. Die samenbereitende Ab- sich gestalten, an der andern theilung (5) eines Follikels ist ringsum mit Eiersäckchen Samenfäden hervorgehen (a) besetzt. c Gemeinschaftlicher Ausführgang. lassen. Diese doppelte Pro- duction scheint in der Regel keine gleichzeitige zu sein, so dass dasselbe Läppchen oder dieselbe Drüse in dem einen Falle Eier, in dem anderen Sperma hervorbringt. Eine Differenzirung gibt sich an den Läppchen dadurch zu erkennen, dass die eibildenden Theile Ausstülpungen vorstellen (B. a), welche dann an dem samenerzeugenden mittleren Theile (b) rosettenförmig gruppirt sind und wie secundäre Aeini sich verhalten. Die Vereinigung der ein- zelnen Läppchen unter einander begründet verschiedene Formverhältnisse der Zwitterdrüse; so kann jedes Läppchen seinen eigenen Ausführgang besitzen und die gesammte Drüse erscheint als ein reich verästeltes Organ (Opisthobranchiaten) ; oder die Acini münden, reihenweise gestellt, an einer Seite eines Ausführganges, wie bei einigen Pteropoden (Gymbulia, Tiedemannia) ; oder sie gruppiren sich in traubenförmige oder lappige 26 * 404 Il. 7. Mollusken. Drüsenmassen, die entweder in Mehrzahl auftreten Phyllirho&) , oder eine einzige mehr oder mindergg@mpacte Drüse vorstellen (einige Ptero- poden, wie Pneumodermon, Hyalea, dann die meisten Opisthobranchiaten und Pulmonaten). $ 295. Hinsichtlich der Ausführgänge sind bei den hermaphroditischen Gasteropoden folgende Einrichtungen unterscheidbar. I) Es besteht ein gemeinschaftlicher Ausführgang für Samen und Eier, der somit Vas deferens und Eileiter vorstellt und von der Zwitter- drüse an bis zur Geschlechtsöffnung beiderlei Producte führt. Als Uterus erscheint eine blindsackartige Ausbuchtung, welche auch zur Aufnahme des Begattungsorganes dient. An der Geschlechtsöffnung tritt der Samen entweder direet auf das daneben liegende umstülpbare Begattungsorgan über, oder er wird bei entfernterem Ursprunge des letzteren durch eine wimpernde Rinne diesem zugeleitet. Einige Opisthobranchiaten sind mit dieser Einrichtung versehen, die alle thecosomen Pteropoden besitzen. 2) Der Ausführgang der Zwilterdrüse ist nur eine Strecke weit gemeinsam, dann erfolgt eine Theilung, und jeder Canal nimmt seinen besonderen Weg zur Geschlechtsöffnung. Da- bei kann er sich noch mit Nebenapparaten in Verbindung setzen, oder auch einfachere Diffe- renzirungen durch Kalibermodificationen ein- gehen. Letzteres Verhalten bietet auch der ge- meinsame Ausführgang vor seiner Trennung. Sehr häufig erscheint er bei Opisthobranchiaten auf einer grösseren Strecke erweitert, und kann damit für die auszuführenden Zeugungs- stoffe als Behälter dienen. Bei den Nephro- pneusten (Fig. 204) besteht am gemeinsamen Ausführgange eine Trennung in zwei Ab- schnitte. Während der obere (ve) aus der Zwitterdrüse (z) kommende einfach ist, er- scheint der untere auf einer ansehnlichen Strecke der Länge nach in zwei Räume ge- schieden, davon der eine engere, den weitern wie eine Halbrinne begleitend, zur Ausleitung des Sperma dient, indess der weitere (vw) dem weiblichen Apparate angehört. Er empfängt Fig. 204. Geschlechtsapparat von am seinem oberen Ende eine eiweissabson- Helix hortensis. s Zwitter- dernde Drüse (Ed) und ist bei Helicinen- mit es, WER Ausbuchtungen besetzt. In diesen empfangen drüsen. pc Pfeilsack. Rs Recep- die Eier ihre Umhüllung. Da der andere Canal taculum seminis. 4 Ausführ oegen diesen Uterus (x) zu nicht völlig abge- gang des Samens. p Ruthe. fl g 3 E 2 Poltscllonformiger Mulene. schlossen ist, besteht eine nur theilweise Tren- Geschlechtsorgane. - 405 nung. Erst am Ende des Uterus setzt sich das Vas deferens als selb- ständiger Canal (vd) zur ausstülpbaren Ruthe (p) fort, die hier einen Ab- schnitt der Ausführwege vorstellt. Die letztere Strecke des Canals liefert eine die Samenmassen zu einem Samenschlauche (Spermatophor) ver- einigende Substanz. Aus dem Uterus geht endlich ein als » Scheide « bezeichnetes Endstück des weiblichen CGanals hervor, der zur gemein- samen Geschlechtsöffnung seinen Verlauf nimmt, und noch mehrfache Anhänge (ps. d) tragen kann. Von den letzteren ist (bei den Helicinen) ausser einem Receptaculum seminis (Rs) eine Gruppe von grösseren Drüsenschläuchen (d) zu erwähnen, die mit einem dickwandigen Schlauche (ps) in Verbindung stehen. Letzterer ist umstülpbar und ent- hält ein als Abguss seines Binnenraumes erscheinendes spitzes Kalk- Concrement (Liebespfeil). Bei andern Zwitterschnecken findet die Trennung von beiderlei Wegen in der Regel schon früher statt, und der gemeinsame Canal ist nur unbedeutenden Modificationen unterworfen. Sehr mannichfaltige Modificationen bieten die getrennt verlaufenden CGanäle, von denen das Vas deferens bei den meisten Opisthobranchiaten eine ansehnliche Länge besitzt und demgemäss in zahlreiche Windungen gelegt ist. Ehe es zum Begattungsorgan tritt, verbindet es sich häufig mit einer zuweilen weiter oben angebrachten Drüse. Eine geringere Länge besitzt der Oviduct, dem nur selten beträchtliche Erweiterungen zukommen. Dagegen treten am Ende des weiblichen Ausführapparates mehrfache accessorische Ge- bilde auf. Die Mündung von beiderlei Ausführwegen liegt entweder in einem gemeinsamen, meist rechterseits nahe am Vordertheile des Körpers befindlichen Raum (Geschlechtscloake), oder beide Ganäle münden in eine wenig liefe Buchtung oder auch getrennt von einander auf der Ober- fläche des Körpers aus. $ 296. Die Anhangsgebilde des Genitalapparates können nach ihrer Zugehörigkeit in weibliche und männliche unterschieden werden. Von den weiblichen nimmt das Receptaculum seminis eine hervorragende Stelle ein. Es bildet eine rundliche oder birnförmige, mit hohlem Stiele der Scheide inserirte Blase, welche bei der Befruchtung den Samen aul- nimmt (Fig. 204 Rs). Zuweilen sind zwei solcher Anhänge vorhanden (Pleurobranchus), die dann auch entfernter von der Scheide, am engeren Oviducte vorkommen können (Doris). Bei den Pteropoden und Opistho- branchiaten besitzt die Scheide eine weite mit faltigen Drüsenwandungen versehene Ausbuchtung, die als Uterus fungirt. Ein besonderes drüsiges Organ mündet in ihn ein, in der Verrichtung der Eiweissdrüse gleich kommend. Wo letztere fehlt, scheint die Uteruswand sie functionell zu vertreten. Endlich ist noch der bei Pteropoden bestehenden Begattungs- tasche zu erwähnen, welche als Ausbuchtung der Scheide erscheint, und bei der Copula den Penis aufnimmt (Hyalea). 406 ll. 7. Mollusken. Aehnliche Organe kommen auch dem männlichen Apparate zu, und erscheinen in der einfachsten Foals erweiterte Stellen oder Blindsack- bildungen zur Ansammlung des Sperma. Die bereits oben erwähnte Ver- längerung des Vas deferens wird functionell hieher zu rechnen sein. So- wohl bei Gasteropoden als Pteropoden sind dergleichen Zustände verbreitet. Ferner gehören hieher die dem Vas deferens angelagerten Drüsenorgane, die man als Prostatadrüsen zu bezeichnen pflegt. Der männliche Apparat steht endlich mit einem Begattungs- organe in Verbindung, welches entweder das modifieirte und ausstülp- bare Ende des Samenleiters ist, und im Ruhezustande in die Leibeshöhle ragt, oder es ist ein besonderes, des directen Zusammenhanges mit dem Vas deferens entbehrendes Gebilde, welches einen im Ruhezustande ein- gestülpten Schlauch vorstellt. Das Organ ist entweder mit der Genital- mündung vereinigt, wie bei vielen Nudibranchiaten, oder liegt getrennt davon. Weit von der gemeinsamen Genitalöffnung entfernt mündet der Penis bei Tectibranchiaten (Aplysia, Bulla, Bullaea u. s. w.); eine wim- pernde Rinne leitet den aus der Geschlechtsöffnung hervortretenden Sa- men zum Begattungsorgane. Unter den Pteropoden ist der Penis bei Pneumodermon nur durch eine innerhalb der Geschlechtsöffnung liegende Papille vertreten, indess er bei den Thecosomen ein neben der Scheidenöffnung vorstülpbares Ge- bilde repräsentirt. $ 297. Bei vielen Zwitterschnecken ist ein Alterniren der Function der Keim- drüse nachweisbar, so dass sie bald als männliches, bald als weibliches Organ sich darstellt. Darin lässt sich die Andeutung einer Trennung der Geschlechter wahrnehmen, welche bei den meisten Prosobran- chiaten vollzogen ist. Ungeachtet der geschlechtlichen Trennung sind unter den Prosobran- “ehiaten die niedersten Befunde anzutreflen, indem der Apparat bei man- chen nur durch die Keimdrüsen repräsentirt wird. Damit wiederholen sich Verhältnisse, die an die Befunde der Lamellibranchiaten erinnern. Bei Haliotis und Patella fehlen Ausführgänge. Die Keimdrüse scheint wie manchen Lamellibranchiaten, sich durch das Exceretionsorgan zu entleeren. Dieses Verhalten hat bei Fissurella durch Verbindung des Ausführganges mit dem Excretionsorgane eine bestimmtere Gestaltung gewonnen. Die Geschlechtsorgane der männlichen und weiblichen Individuen zeigen zumeist eine grosse Uebereinstimmung in dem allgemeinen Ver- halten, so dass oft nur das Vorkommen von Begattungsorganen bei den Männchen gröbere Unterschiede bildet. Männliche wie weibliche Keim- drüsen liegen, ähnlich wie die Zwitterdrüse vieler hermaphroditischen Gasteropoden, zwischen der Leber versteckt, oder doch in der Nähe derselben. Geschlechtsorgane. 407 An den weiblichen Organen entspringt aus dem Eierstocke ein in der Regel gewundener Eileiter, der sich gegen den Enddarm wendet, um dort unter buchtiger Erweiterung einen Uterus darzustellen. Von diesem geht dann eine kurze Scheide zu der in der Nähe des Afters befindlichen Ge- schlechtsöffnung. — Accessorische Organe sind bei den getrenntgeschlecht- lichen Gasteropoden nur wenig verbreitet. Wo sie genauer bekannt, be- stehen sie aus einer langgestreckten Samentasche, die in das Ende des sackartigen Uterus einmündet, mit welchem der Ausführgang einer Eiweiss- drüse verbunden ist (Paludina). Bei den Heteropoden ist nur die Samen- tasche vorhanden, entweder dem Ende des Uterus angefügt (Atlanta), oder vor dem Uterus mit der Scheide vereinigt (Pterotrachea). Bei den männlichen Organen verläuft der Ausführgang (Vas deferens) entweder einfach zum Penis, oder er ist mit einer Anschwellung versehen, die als Samenblase fungirt. Das Ende des Vas deferens mündet auf der Oberfläche des Körpers rechterseits nach aussen. Ein Begattungsorgan fehlt bei Haliotis, Patella, Trochus. Sonst besteht es aus einem Fortsatze des Hautmuskelschlauches und stellt einen massiven, breiten, häufig an der Spitze gekrümmten Körper vor, welcher rechterseits am Leibe, oder auch am Kopfe an der Basis des rechten Fühlers, doch auch zuweilen (Heteropoden) in der Nähe des Afters angetroffen wird. Zu diesem Or- gane tritt ein häufig eine Strecke weit auf der Oberfläche des Körpers verlaufender flimmernder Halbcanal, der sich direct auf das Begattungs- organ fortsetzen kann, und auf ihm in Gestalt einer Rinne sich hinzieht (Dolium, Harpa, Strombus) oder das Begattungsorgan als Canal durch- setzt (Buccinum, Littorina, Paludina). $ 298. Die geschlechtliche Trennung ist bei allen Cephalopoden durchge- führt. Männliche und weibliche Organe zeigen in der allgemeinen Anord- nung mehrfache Uebereinstimmung; davon ist das Wesentlichste, dass die Keimdrüsen nicht unmittelbar in ikre Ausführgänge sich fortsetzen. Diese Thatsache ist deshalb von Wichtigkeit, weil darin die Ver- wendung eines den Genitalorganen ursprünglich frem- den Apparates angedeutet erscheint. Jedenfalls besteht in die- sem Verhalten eine ganz andere Einrichtung als bei den Keimdrüsen der Gasteropoden und Pteropoden, bei denen die secernirenden Abschnitte der Drüsen allmählich in die Ausführgänge übergehen (vergl. oben $ 292). Bei den Tetrabranchiaten sind die Ausführgänge noch nicht voll- kommen continuirlich. Eileiter wie Samenleiter führen in einen weiteren Raum, aus welchem von neuem eine Fortsetzung jener Wege beginnt. Von den weiblichen Organen wird der Eierstock durch eine gelappte Drüse gebildet, die von einem besonderen Sacke umhüllt und nur an Einer Stelle mit demselben verbunden ist. Der Ausführgang (Eileiter) ist in der Regel nur einfach vorhanden. Bei den Octopoden und bei Loligo 408 II. 7. Mollusken. sagittata findet er sich doppelt (Fig. 199 od od), weist somit auf eine ur- sprüngliche Duplieität hin, dieß# den übrigen — selbst bei Nautilus — durch Verkümmerung des einen Oviductes verloren ging. Der Eileiter ist an die Ovarialumhüllung befestigt; die Eier gelangen also erst aus dem von letzterer umschlossenen Raume in den Ausführgang. Die Ausmün- dung des Eileiters findet sich in der Regel im Anfange des Trichters; nur bei denen, deren Männchen mit einem Begattungsarme versehen sind, ist sie weit hinten in der Kiemenhöhle, und dazu bildet eben die Hectoco- tylie eine functionelle Anpassung. Das Oviduct besitzt an einer Stelle einen wulstartig gestalteten, ringförmigen Drüsenbeleg aus radial zur Axe des Eileiters gestellten Schläuchen (Octopoden). Dieselben Drüsen sind bei Nautilus in grösserer Ausdehnung vorhanden, bis nahe an die Mün- dung verbreitet. Wo diese Drüsenorgane fehlen, werden sie durch ähn- liche, dicht an der Mündung gelagerte Secretionsapparate ersetzt. Als accessorische Organe des weiblichen Apparates erscheint ein Paar » Nidamentaldrüsen « benannter Drüsen, die aus länglichen, lamellös gebauten Schläuchen bestehen, welche auf der Vorderseite des Thieres gelagert, ihre kurzen Ausführgänge zur Seite der Geschlechtsöffnung münden lassen. Ihr Secret scheint zum Zu- sammenkitten der Eier zu dienen, welche bei den meisten Cephalopoden in traubenförmige Gruppen vereinigt werden. Vor den Nidamen- taldrüsen trifft man noch ein Paar kleinere, aus dicht gewundenen Schläuchen bestehende Drüsenorgane , mit den vorigen wohl von ähn- licher Function. Eine Kapsel (Fig. 205. c), wie sie um das Ovarium sich findet, umschliesst auch den Ho- den (t’\, der aus mehrfach verästelten zu einem Büschel vereinigten Blindschläuchen sjch zu- sammensetzt. Diese sind gleichfalls an die Kapselwand befestigt, so dass auch hier die Keimstofle erst in die Kapsel gelangen, um in das aus letzterer sich fortsetzende Vas deferens SR überzugehen. Dieses ist ein vielfach gewun- Vu dener, allmählich sich erweiternder Ganal (ve, I \ Fig. 205. Männliche Geschlechts-- der damit eine Samenblase vorstellt. In die zane von Oc s. t' Hoden. y . organe von Octopus, 7 Hoden. Wandungen seines erweiterten Abschnittes c Hodenkapsel. ve Ausführgang. B „a k y € ve Erweiterung als Samenblaee Sind Drüsen eingebettet und in manchen Fällen dienend. g' Anhangsdrüse. 53N wird ein Theil der Wand zu einem grösseren Needham’sche Tasche. (Nach Dri " z N d di s Al a rüsenorgane umgestaltet, so dass diesem Ab- schnitte noch eine andere Function zu Theil wird. Bei verschiedenen Octopoden finden sich noch ein oder zwei dis- crete Drüsenanhänge (g). Alle diese drüsigen Differenzirungen der Wan- dung des Vas deferens liefern ein dem Sperma sich beimischendes,, zur Geschlechtsorgane. 409 Herstellung der eigenthümlichen Samenschläuche verwendetes Secret. Aus dem Ende des drüsigen Abschnittes oder nach Verbindung mit den erwähnten Drüsen wird der Samenleiter bedeutend erweitert oder ein- seitig ausgebuchtet (Sepia, Loligo), welche Modification sogar zu einem ansehnlichen Anhangsgebilde (b N) umgebildet sein kann (Octopus). Diese »Needham’sche Tasche« dient als Behälter für die im drüsigen Theil des Samenleiters geformten Samenschläuche: Spermatophoren. Der übrige Theil des Ausführganges setzt sich in meist gleichmässiger Weise ent- weder in einen papillenförmigen, linkerseits in der Mantelhöhle gelagerten Vorsprung fort (Fig. 178. g), oder mündet an der Basis einer solchen Papille nach aussen. In welcher Weise bei vielen Gephalopoden einzelne Arme in functionelle Verbindung mit dem Geschlechtsapparate treten, ist oben ($ 254) erwähnt. Die bei den Gasteropoden, wie bei andern Abtheilungen meist ver- einzelt vorkommende Erscheinung der Spermatophorenbildung,, ist bei der ganzen Glasse der Gephalopoden die Regel geworden und erreicht hier ihren vollkommensten Grad. Im Allgemeinen stellt ein solcher Samenschlauch ein langes cylindrisches Gebilde vor, an welchem mehrere Hüllen zu unterscheiden sind. Der Inhalt wird nur zum Theile ausSamen- masse gebildet, denn in jedem Spermatophor findet sich noch eine eigen- thümliche, den hinteren Abschnitt einnehmende Substanz, die wir als explodirende Masse bezeichnen können. Das Sperma wird von einer besonderen Hülle schlauchförmig umgeben und findet sich im vorderen Abschnitte des Spermatophors. Dahinter liegt das vordere, stempelför- mige Ende eines langen, spiralig aufgewundenen Bandes, welches einen grossen Abschnitt des Spermatophors durchzieht und am hinteren Ende in die äusseren Hüllen übergeht. Die Substanz dieses Spiralbandes ist die explodirende Masse. Mit Wasser in Berührung gekommen, beginnt das Spiralband sogleich sich zu strecken und treibt den samenumschlies- senden Abschnitt zum Vorderende des Spermatophors hervor. Achter Absehnitt. Tunicaten. Allgemeine Uebersicht. $ 299. Indem wir der früher allgemein den Mollusken zugerechneten Ab- theilung der Tunicaten den Werth eines besonderen Thierstammes zu- theilen, setzen wir damit die bedeutenden Eigenthümlichkeiten der Orga- nisation dieser Thiere in ihr Recht. Diese Eigenthümlichkeiten entfernen sie nicht nur gründlich von allen Glassen der Mollusken, sondern auch von den übrigen Thierstämmen, wenn auch zugestanden werden muss, dass einige, freilich nur entfernte, Beziehungen zu manchen Würmern, den Enteropneusti, bestehen, und dass nicht minder verwandtschaftliche Verhältnisse mit niedersten Vertebraten unschwer zu erkennen sind. Auf diese Beziehungen wird bei jenen zurückzukommen sein, und hier sei nur bemerkt, dass der Mangel einer klar ausgesprochenen Metamerie des Körpers einen Anschluss an die Vertebraten nicht gestattet, wie auch im- mer Andeutungen einer Bildung von Folgestücken an einzelnen Körper- theilen bestehen mögen. In der Lage der wichtigsten Organe und ihrem primitiven Verhalten prägen sich die Beziehungen zu den Vertebraten am deutlichsten aus. Das Nervensystem nimmt eine dorsale Lage ein. Darunter befindet sich der Darm, dessen vorderster Abschnitt zugleich als Athmungsorgan fungirt. Ein nur einer Abtheilung im ausgebildeten Zustande zukommender, bei anderen im Larvenstadium bestehender beweglicher Anhang des Körpers enthält das Stützorgan, welches mit dem primitiven Axenskelete der Ver- tebraten grosse Aehnlichkeiten besitzt. Als fernerer allgemeiner Charakter kann auch die hyaline Körperhülle gelten, die als »Mantel« oft eine be- deutende Mächtigkeit erreicht. | Die einzelnen Abtheilungen sind: Copelata!). (Appendiculariae). Oikopleura, Fritillaria. 1) Die vorgenommene Trennung in zwei Classen hat nach deren Bezeichnung den Besitz oder den Mangel eines Ruderschwanzes zur Grundlage. Ich habe das bei- Literatur. 411 Acopa, 1) Ascidiae. Simplices. Cynthia, Phallusia, Molgula. Sociales. Clavellina. CGompositae. Amarroecium, Botryllus. 2) Luciae. Pyrosoma. 3) CGyelomyaria. Doliolum. 4) Thaliadae. Salpa. Literatur, Huxey, Observations on the structure of Salpa and Pyrosoma. Transact. Royal Soc. Lond. 1854. — Vogt, C., Recherches sur les animaux inferieures de la mediter- ranee, II. M&moires de l’Institut de Geneve. 4852. — Ganis, Zeitschr, f. w. Zool. Bd. XXV. Copelata: GEGENnBAUR, Zeitschr. f. w. Zool. VI. — Huxrey, Further observations etc. Quarterly Journal of Microscop. 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Viel tiefer ist die Scheidung beider Abtheilungen nach dem Verhalten der Spiracula, Bei den Copelaten öffnen sich diese nach aussen. Bei den Acopen sind sie in einen Raum geöffnet, der aus einem Theile der Anlage der Copelaten-Spiracula hervorgeht. Das ist das wesentlichste Gharakteristikum. 412 Il. Ss. Tunicaten. Kögperform. $ 300. Die Körperform der Tunicaten erfährt in den einzelnen Abtheilungen so bedeutende Modificationen, dass diese Zustände, in ibren extremen Befunden betrachtet, kaum verwandt zu sein scheinen. Bei den Gope- laten, den bis jetzt bekannten niedersten Tunicaten, bietet der Körper zwei Abschnitte dar, der eine enthält die wichtigsten Organe, indess der andere einen bedeutend verbreiterten und langen beweglichen Anhang, den Ruderschwanz, vorstellt. Den vorderen Körperabschnitt nimmt der Tractus intestinalis, sammt seinem zur Athemhöhle umgewandelten Ah- schnitte ein. Der Darm öffnet sich mit dem ventral gelegenen After nach aussen. Zwei Spalten durchbrechen von der Athemhöhle her die Körper- wand. Im Ganzen herrscht eine bilaterale Symmetrie und demzufolge sind zwei Antimeren unterscheidbar. Der bei den Gopelaten ventral an- gefügte Schwanztheil des Körpers setzt sich ziemlich scharf vom Vorder- theile ab, und gewinnt dadurch mehr das Ansehen eines blossen Anhanges. Wie die früheren Stadien dieses Verhalten darstellen, muss abgewartet werden. Eine diesem Zustande nahe stehende Form besitzen die Larven der Ascidien, bei denen der Schwanz einfach eine Verlängerung des aboralen Körperendes bildet, und darin scheint vielmehr ein ursprünglicher Be- fund sich auszusprechen. Ein ähnlicher Fortsatz kommt auch bei Jungen von Doliolum vor, wodurch auf eine allen Tunicaten gemeinsame Ab- stammung von solchen, mit einem schwanzartigen Körperabschnitte ver- sehenen Formen hingewiesen wird. Bei Doliolum wird mit der Ausbil- dung des Schwimmvermögens durch Modification der Athemhöhle ete. das Ruderorgan rückgebildet. Bei den Ascidien geht die Freiheit der Bewe- sung unter Rückbildung des Ruderorgans verloren. Die ausgebildeten Thiere haben eine festsitzende Lebensweise angetreten. Bei grösserer Complication der Structur des Organismus erscheinen die äusseren Ver- hältnisse einfacher. Der schlauchförmige Körper bietet zwei einander ge- näherte Oeflnungen. Die Eingangsöffnung entspricht jener der Copelaten. Eine zweite Oeflnung führt in einen als Cloake erscheinenden Raum, der durch eine von den primären Athemspalten ausgehende Umbildung ent- stand. Diese Verhältnisse gelten auch für die höheren Abtheilungen, von denen die Cyelomyarier und Thaliaden als schwimmende, durch die Action ihrer Körperwand sich fortbewegende Organismen erscheinen. Der im Allgemeinen cylindrisch gestaltete Körper besitzt an einem Pole seiner Längsaxe die Eingangsöflnung, die aus der Cloake führende Oefl- nung ist an den aboralen Pol gerückt. g 301. Complicationen der äusseren Erscheinung der Tunicaten treten mit der bei ihnen sehr verbreiteten ungeschlechtlichen Fortpflanzung auf, Körperform. 413 ® welche Thierstöcke hervorgehen lässt. Die Sprossung bildet den Grundprocess. Er herrscht bei den Acopa. Bei manchen Ascidien sprosst vom Körper des ausgebildeten Thieres ein neues hervor, indem ersterer einen Ausläufer (Stolo) entsendet, der aus Formelementen des Ectoderms und Entoderms des Mutterthieres gebildet wird. Daraus differenzirt sich allmählich ein dem Mutterthiere gleichartiger Organismus. So entstehen Colonien von Aseidien (Aseidiae sociales). Bei Anderen erscheint dieser Vorgang in seine einzelnen Stadien zusammengezogen sehr frühzeitig, und dann sprosst an der Körperanlage einer Ascidie eine zweite hervor Didemnum). Dadurch erscheinen zwei Personen mit einander verbunden. Hieraus leiten sich jene Zustände ab, in denen das festsitzende Junge eine Mehrzahl von Personen hervorgehen lässt (Botryllus). Es folgen sich hier mehrere Generationen, die alle aus Sprossung entstehen. Aus der ersten geht eine Knospe hervor, die wie bei Didemnum zwei Personen sprossen lässt, aus denen dann wieder je vier entstehen. Nach dem Untergange des Mutterthieres stehen die acht Sprösslinge durch die Cloake unter ein- ander in Zusammenhang, und bilden eine rosettenförmige Gruppe. Solche und ähnliche Vorgänge produeiren jene Thierstöcke, welche die A. compo- sitae vorstellen. Die Vereinigung der einzelnen Gruppen geschieht durch ein dem Integumente angehöriges Gewebe, welches an den einzeln leben- den Personen den sogenannten »Mantel« (äusseren Mantel) darstellt. Durch besondere Gruppirung bilden die Personen der Luciae zapfen- förmige Stöcke. Die Wand des hohlen Zapfens wird von den ascidien- artigen Personen und deren gemeinsamer Umhüllung gebildet. An der Aussenfläche des Zapfens finden sich die Eingangsöffnungen, denen ge- genüber, in den Binnenraum des Zapfens mündend, die Auswurfsöffnun- gen stehen. Die Vermehrung der Personen des Stockes erfolgt durch Sprossung. Die Bildung neuer Thierstöcke wird durch die geschlechtliche Vermehrung vermittelt. Aus dem Eie entsteht ein Embryo, an welchem wieder vier Personen hervorsprossen. Sie bleiben vom Mantel des ersteren umhüllt, und repräsentiren nach ihrer Geburt einen neuen Thierstock. Indem die aus einem Eie hervorgegangenen Personen bei den zusam- mengesetzten Ascidien niemals Geschlechtsorgane entwickeln, da diese vielmehr erst bei den durch Sprossung entstandenen Personen sich bilden, ergibt sich hier die als Generationswechsel bekannte Erscheinung. Was bei den Ascidien vom Körper ausgehende Fortsätze leisten, be- sorgt bei den Gyclomyariern und Thaliaden ein besonderes Organ: der Keimstock (Stolo prolifer). Er besteht auch bei den Luciae, aber in geringerer Leistungsfähigkeit. Bei den Gyclomyariern erscheint er als ein meist von der dorsalen Körperfläche nahe an der Auswurfsöffnung entspringender Fortsatz; bei den Salpen wie bei den Pyrosomen entsteht er ventral, und bietet nur anfänglich übereinstimmende Momente dar, um, anstatt nach aussen vorzusprossen, auf verschiedene Weise sich innerhalb eines meist in der Nähe des Darmes gelegenen Hohlraumes zu lagern. Auch in seiner Beziehung zur Knospung verhält sich der Keim- 414 Il. 8. Tunicaten. ” stock der Salpen verschieden von jenem bei Doliolum. Bei letzterem sprossen am Keimstocke rei ‚eise angeordnete, zuweilen sogar dimorphe Knospengenerationen, welche mit dem Keimstocke durch kurze Fortsätze im Zusammenhange stehen. Bei den Salpen entstehen gleich- falls am Keimstocke Sprossen, aber jede derselben umfasst mit ihrer Basis die Hälfte des Umfangs des ersteren, so dass bei der Bildung von zwei Reihen solcher Sprossen, das Material des Keimstockes selbst in den Kör- per der letzteren übergeführt wird. Die Reife der kettenförmig unter einander verbundenen jungen Sprösslinge (Fig. 205. n) geht demzufolge mit einer Auflösung des betreffenden Keimstockabschnittes einher. Fig. 206. Ungeschlechtliche Form von Fig. 207. Geschlechtliche Form von Salpa pinnata Salpa pinnata (solitäre Form). (Kettenform). £ Verbindungszapfen. a Eingangsöffnung. n Nach aussen tretende Embryonen- b Auswurfsöffnung. ce Ganglion. d Kieme. / Herz. h Bauch- kette. furche. r Leberschlauch. e!m Embryo mit Embryonal- organen. (Beide Figuren nach C. Vocr.) Diese Einrichtung führt zu einem » Generationswechsel«, indem die mit solchen Keimstöcken ausgestatteten Formen stets geschlechtslos blei- ben. Aus der Vergleichung der hier stattfindenden Vorgänge mit jenen bei Ascidien ergeben sich in jenen Keimstöcken proliferirende Aus- läufer, ähnlich wie bei den Ascidiae. Ein solcher Ausläufer ist hier auf eine bestimmte Körperstelle beschränkt. Bei Pyrosoma ist ein in den Mantel gerichteter Keimstock vorhanden, an dem je nur eine einzige Knospe sich bildet; daneben bestehen noch Geschlechtsorgane. Es kann also nicht daran gedacht werden, dass der Keimstock zum Geschlechtsapparat ge- hört. Bei den Salpen und Doliolum bilden die Keimstöcke im Gegensatze zu Pyrosoma reiche Generationen von Knospen. Damit trifft aber der Mangel des Geschlechtsapparates zusammen, der als rückgebildet zu betrachten sein wird. Diese sexuelle Rückbildung ist aus der Entfaltung des reichen Sprossungsprocesses am Keimstocke ableitbar. Bei den Salpen sind die Abkömmlinge der ungeschlechtlichen Generation stets Integument. 415 geschlechtlich entwickelt, und so entsteht eine reine »alternatio genera- tionis«, indess bei Doliolum die ungeschlechtliche Fortpflanzung erst nach mehrfachen keimstocktragenden Generationen erschöpft wird. Dennoch nähert sich das Verhalten der Cyclomyarier mehr der ursprünglichen Aseidienknospung ; sowohl durch den äusserlichen Keimstock, als durch die Art der Verbindung der Sprossen mit dem Keimstocke. Der innere Keimstock der Salpen dagegen entfernt sich ebenso durch seine Lagerung von dem Ausgangspunkte, wie durch den Verbrauch des Keimstock- materials durch die Sprossen. Integument. $ 302. Die Körperhülle der Tunicaten wird im primitivsten Zustande durch eine aus dem Ectoderm gebildete Zellenschichte vorgestellt. Sie beharrt in diesem Befunde bei den Copelaten, bei denen sie sogar, wenigstens theilweise, die Körperwand zu repräsentiren scheint. Die abgeplatteten Zellen bilden hier eine einzige Lage. Dieses einfache Verhalten macht in den höheren Abtheilungen einer Complication Platz, indem es sich nur vorübergehend in früheren Entwickelungsstadien vorfindet. Eine von den Zellen des Ectoderms abgesonderte Schichte bildet eine den Körper um- schliessende, als »Mantel« bezeichnete Hülle. Diese Erscheinung ist nicht gänzlich unvermittelt, denn es ist bei manchen Copelaten bereits ein Vor- läufer dazu nachzuweisen. Die Zellen in der Umgebung der Eingangs- öffnung erreichen nämlich bedeutende Dimensionen und secerniren eine schleimige, aber mit der Bildungsstätte zusammenhaftende Substanz, welche, in bedeutender Menge gebildet, allmählich ein den Körper mehr oder minder vollständig umgebendes, napfförmiges Gebilde von relativ beträchtlichem Umfange vorstellt. Es ist von älteren Forschern als »Haus« beschrieben worden, und fungirt als Schutzorgan des Körpers (Oikopleura). Die hier nur an einer beschränkten Stelle der Körperoberfläche sich äussernde secretorische Thätigkeit ist bei den übrigen Tunicaten auf die gesammte Oberfläche ausgedehnt. Ihr Product bildet den äusseren Mantel, der in seinen einfachsten Befunden den Cutieularbildungen sich anschliesst. Indem vom Eetoderm her Formelemente in ihn eintreten, reiht sich das damit entstandene Gewebe den Bindesubstanzen an. Diese anfänglich homogene Schichte wird damit zu einer Intercellularsubstanz. Die in ihr befindlichen Zellen bieten sehr verschiedene Verhältnisse. Häufig erhält dieser Mantel das Uebergewicht über alle anderen Organe, und zeigt sich bei einer gewissen Rigidität auch als Stützorgan für die umschlossenen Theile. Die CGonsistenz dieser Hülle variirt von gallertiger Weichheit bis zu knorpelartiger Härte. Sie ist meist glasartig durchschei- nend, bei Ascidien nicht selten auf mannichfache Art gefärbt. CGomplica- 416 II. Ss. Tunicaten. tionen der Mantelstructur entstehen durch Blutgefässe, die ihn bei man- chen Ascidien (Phallusia) in groggge Anzahl durchsetzen. Eigenthümlich ist die Umbildung des Mantels zu zwei nach Art der Lamellibranchiaten- Schale beweglichen Klappen, die sich zu öflnen und zu schliessen im Stande sind (Chevreulius). Bei den Stöcke bildenden Formen ist diese Mantelschichte allen Personen gemeinsam, indem sie dieselben zusammen umschliesst. Während mit der Mantelbildung die Differenzirung anderer Organe des Integumentes zurückgedrängt wird, kommt es bei den Gopelaten zur Bildung von mancherlei anderen Integumentalorganen, einzelligen Drü- sen, haarartigen Fortsätzen etc. — Aus dem Ectoderm geht auch ein Zellenhaufen hervor, der paarig in der Nähe der Eingangsöflnung gelagert bei den Pyrosomen das Leuchtorgan vorstellt. HertwisG, O., Ueber den Bau und die Entwickelung des Tunicatenmantels. Jenaische Zeitschr. Bd. VII. Skelet. $ 303. Bei der Mehrzahl der Tunicaten fungirt der Mantel durch seine Rigi- dität als Stützorgan des sonst weichen Körpers. Ausserdem treflen wir aber noch ein besonderes Organ von grösserer morphologischer Wichtig- keit. In dem schwanzartigen Ruder der Appendicularien besteht nämlich ein bis zum Vorderkörper des Thieres sich fortsetzendes Axenorgan. Es wird aus Zellen gebildet, die einen von continuirlicher Scheide umgebe- nen, ziemlich resistenten, aus homogener Substanz bestehenden Strang abscheiden, dem sie später noch in Resten auflagernd getroffen werden. Dieser Strang wirkt durch seine Elastieität, indem er den durch die Mus- kelaction bewegten Ruderschwanz in seine frühere Stellung bringt. Ein solches Axenorgan (Fig. 208 ch) erhält sich bei allen jenen Tunicaten- larven, welche den beweglichen Ruderschwanz besitzen, somit bei Asci- dien und Gyclomyariern. Mit dem Schwanze geht es verloren. Seine Lagerungsbeziehungen lassen in der Chorda dorsalis der Wirbelthiere ein Homologon erkennen, wir dürfen daher auch dieses Gebilde als Chorda bezeichnen. Muskelsystem. $ 304. Die Verbreitung der Muskulatur ergibt unter den Tunicaten sehr verschiedene Verhältnisse. Die Gopelaten besitzen nämlich nur am Ruder- schwanze eine ausgebildete Muskelschichte mit longitudinalen Zügen. Sie zerfällt in ein verschieden breites dorsales und ein ventrales Band, von beiden genannten Seiten her die Chorda bedeckend. Am vorderen, die Eingeweide bergenden Abschnitte des Körpers fehlen Muskeln gänzlich. Nervensystem. 417 Unter den Ascidien bildet die Muskulatur einen unterhalb der Ecto- dermschichte liegenden Schlauch, der bei Cynthia in mehrere durch den Faserverlauf untenschaidbäne Lagen gesondert ist. Bei andern ist die Muskelschichte schwächer, aus sich durchkreuzenden Zügen zusammen- gesetzt (A. compositae). Den Pyrosomen kommen nur um die Ein- und Ausgangsöffnung des Körpers Muskeln zu. In einzelne isolirt verlaufende Ringbänder ist die Muskulatur bei Gyclomyariern aufgelöst, und bei den Salpen bildet sie gleichfalls Reifen, die aber theilweise unter einander in Zusammenhang stehen. Diese Reifenbildung entspringt der Differenzirung einer anfänglich continuirlichen Muskelschichte. In dieser auftretende Lücken werden allmählich grösser, woraus die Auflösung der Schichte in die einzelnen Reifen hervorgeht. An Eingangs- und Auswurfsöffnung erscheint die Muskulatur auch bei den Ascidien in vorwiegend ringför- miger Anordnung und hat die Bedeutung eines Sphincter. Die Formelemente der Muskulatur sind quergestreift. Nervensystem. $ 305. Der centrale Apparat dieses Organsystems besitzt bei allen Tunicaten eine dorsale Lage und geht, nach den bei Ascidien und Salpen bekannt gewordenen Verhältnissen, aus einer Differenzirung des Ectoderms hervor. In den allgemeinen Beziehungen der Lage ergeben sich Ueber- einstimmungen mit niederen Würmern. Die Einsenkung des Ectoderms bildet einen eine Zeit lang offenen Schlauch, der sich abschnürt und bei Ascidienlarven (Molgula) in einen auf den Schwanz sich erstreckenden Strang fortsetzt (Fig. 208. n). Ein Centralcanal durchsetzt den letzteren, Fig. 208. Ascidienembryo mit nur einem Theile des Schwanzes ©. N Nervencentrum, vorne eine Höhle N' bildend, hinten in n, einen Nervenstrang, fortgesetzt. O0 Auge. a Gehörorgan. K Anlage der Kiemenhöhle, d des Darmes, o des Mundes. ch Chorda. (Nach KuPrrrer.) und ist in die grössere vordere Masse (N) verfolgbar. Eine Scheidung der letzteren in drei aufeinander folgende, durch ungleiche Verdickung der Wand des Schlauches gebildete Abschnitte, davon !der vordere bei Ascidien und Salpen mit der Genese des Sehorgans in Zusammenhang Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 97 418 II. 8. Tunicaten. steht, ist auch bei den Copelaten angedeutet, bei denen die bei Ascidien- larven gegebene Anlage eine W#ere und bleibende Ausbildung erfährt. Wir treffen dann das Nervensystem aus einem vorderen länglichen Ganglion (Fig. 209. n) gebildet, welches drei Anschwellungen aufweist (App: flagellum), nach hinten in einen Strang (n’) zur Basis des Schwan- zes sich fortsetzt, und längs desselben bis zum Ende der Chorda verläuft. An der Basis des Schwanzes liegt eine Ganglienanschwellung im Verlaufe des Stranges, und dieser ‚folgen noch zwei andere (A. furcata). Die erstere scheint die constantere zu sein. Diesen, wie bei Ascidien her- vorgebt, in der Anlage continuirlichen Apparat werden wir als Gentralorgan beurtheilen müssen, zumal er bei Gopelaten vom vordern Ganglion bis zum Ganglion an der Schwanzbasis einen Canal einschliesst. Die centralen Elementartheile sind aber nicht gleichmässig vertheilt, sondern bilden eben die Ganglien, zu welchen sich die übrigen Strecken des Stranges als Längscommissuren verhalten. Die Fortsetzung des Nervenstammes am Schwanze liegt links von der Chorda, wenn man die beiden Flächen des Schwanzes, wie die Beziehung zum übrigen Körper verlangt, als dorsale und ventrale deutet. Diese Asym- metrie kommt bei Ascidienlarven erst später oder, gar nicht zur Ausbil- dung, so dass ein dorsal verlaufender Nervenstrang als pri- mitiver Zustand angenommen werden darf... Die Form dieses Nerven- centrums ist demnach eine höchst beachtenswerthe, die bei keiner an- dern Abtheilung der Wirbellosen repräsentirt ist, da bei diesen alle Fort- setzungen der centralen Organe ventralwärts stattfinden. Peripherische Nerven treten vom vordern Ganglion ab, seitlich um die Eingangsöffnung der Kiemenhöhle sich verzweigend. Andere treten nach hinten zu der Spiracula.. Am Schwanze gehen von den Ganglien Nerven ab, wie auch bei Ascidienlarven solche am Gaudalstrange beob- achtet sind, und terminal trifft sich eine allmähliche Verzweigung. $ 306. Die Rückbildung des Schwanzes oder dessen gänzliches Fehlen ruft im Connexe mit der Ausbildung der vorderen Körpertheile durch die Kie- menentfaltung eine Veränderung des Nervencentrums hervor. Bei den Aseidien scheint der caudale Abschnitt sammt dem Nervenstamme zu schwinden und bei Pyrosomen und Salpen beschränkt sich die Anlage nur auf den vorderen Theil, der um so voluminöser sich darstellt. Die noch bei Salpen bestehende Anlage dreier blasenartiger Abschnitte weicht einer einheitlichen Ganglienmasse. Die Ascidien besitzen dieselbe zwi- schen Eingangs- und Auswurfsöffnung (Fig. 210 n), und die homologe, dem Rücken zugehörige Stelle besitzt es auch hei den übrigen Acopa. Während der Abgang peripherischer Nerven bei den Ascidien sich mehr auf den vorderen und hinteren Abschnitt des nicht selten Jänglichen Ganglions beschränkt, treten bei den Gyclomyariern und Pyrosomen auch von den Sinnesorgane. 419 Seiten Nervenäste ab, und bei den Salpen strahlt das Ganglion ringsum zahlreiche Nerven aus. Die Anordnung des ganzen Apparates entfernt sich weit von dem der höheren Würmer, der Gliederthiere und Mollusken, um erst bei den Vertebraten wieder Anschlüsse erkennen zu lassen, welche dort hervor- zuheben sind. Sinnesorgane. $ 307. Als Sinneswerkzeuge indifferenter Natur, vielleicht dem Tastsinne dienend, sind im Integumente mancher Tunicaten (Salpa) Nervenenden darstellende Zellen beschrieben. Von solchen Zellen erstrecken sich fadenförmige Fortsätze nach der Oberfläche, z. B. an die Zacken der Eingangsöffnung von Doliolum, und an den Rand derselben Oeflnung der Salpen. Die vielen Ascidien zukommenden Fortsatzbildungen, welche um die beiden Körperöffnungen stehen, sind wohl ebenfalls Träger von sol- chen Sinnesorganen. Ein differenzirteres Sinnesorgan ist die sogenannte Flimmer- srube, welche an der der Kiemenhöhle zugekehrten Fläche des Gan- glions sich bildet (Salpen, Pyrosomen) und bei allen Tunicaten mit dem Nervencentrum in einem sehr frühzeitig gewonnenen Zusammenhang bleibt, wenn sie auch etwas vor dem Ganglion sich lagert. Durch Erhebung der Ränder dieser der Athemhöhle zugekehrten Grube kommen mancherlei, sogar gestielte Formen zu Stande, und Buchtungen der Grube rufen Mo- dificationen anderer Art hervor. Die Bedeutung dieses mit Geisselzellen ausgekleideten Organes dürfte die eines Riechorganes sein, oder doch eines Organes, dem die Prüfung des in die Athemhöhle gelangenden Was- sers zukommt. Mit grösserer Bestimmtheit sind Sehorgane zu unterscheiden. Sie sind sowohl bei Larven von Ascidien, wie bei Pyrosomen und bei Salpen beobachtet. Sie entstehen in dem vorderen blasenartig erweiterten Theile des Centralnervensystems (Fig. 208 N’) und zwar am dorsalen Abschnitte der Wand dieser Blase. Eine in die Wand eingesenkte dunkle Pigmentmasse trägt einen halbkugeligen lichtbrechenden Körper, über den noch ein zweiter gestülpt ist. In der Umgebung der Pigmentmasse sind die Zellen radiär zu ihr angeordnet und repräsentiren so einen zum Auge gehörigen Abschnitt des Gentralnervensystems (z. B. A. mentula, Fig. 208 O). Wahrscheinlich sind Fortsätze jener radiären Zellen in die Pigmentmasse eingesenkt, und gegen den dieser aufsitzenden lichtbrechen- den Körper gerichtet. Bei den Pyrosomen erscheint das Sehorgan wie ein Abschnitt des Ganglions, ein pigmentumbüllter Vorsprung. An einer pig- mentfreien Stelle des letzteren liegt gleichfalls ein mehrschichtiger licht- brechender Apparat. 377 420 Il. 8. Tunicaten. Obschon ebenfalls dem Ganglion aufsitzend erscheint das Auge der Salpen bedeutender erhaben , va in mehrfache Abschnitte geson- dert. Ob hier derselbe Typus vorliegt, wie bei den Larven der Ascidien ist noch nicht sichergestellt. Hörorgane sind bei den Copelaten, Cyclomyariern und manchen Ascidienlarven bekannt. Bei ersteren liegt ein mit einem Otolithen ausge- stattetes Bläschen der linken Seite des vorderen Ganglions angeschlossen, und hat an seiner Wandung feine, den Otolithen fixirende Härchen »er- kennen lassen. Gleichfalls linkerseits aber in grösserer Entfernung vom Ganglion liegt ein solches Bläschen bei einer Generation der Cyclomyarier. Ein Nerv tritt vom Ganglion an das Bläschen heran. Bei Ascidienlarven ist in dem die Augenanlage bergenden Binnenraume des Ganglions gleich- falls das Vorkommen eines Otolithen beobachtet, der durch feine Härchen getragen wird (Fig. 208 a). M. Ussorr, Beitr. z. Kenntniss der Organisation der Mantelthiere. Bericht der K. Ges. der Freunde der Naturforschung. Moskau 1876. (Russ.) Darmeanal. $ 308. Dieses Organsystem bildet den für den Tunicatenstamm eigenthüm- lichsten Theil des Körpers, der gegen die meisten übrigen Abtheilungen des Thierreiches eine scharfe Grenze ziehen lässt. Jene Eigenthümlichkeit liegt in der Ausbildung der vordersten Darmstrecke zu einem Athem- organe, ähnlich wie wir es bei den Enteropneusten unter den Würmern sahen. Das aufgenommene Wasser führt also nicht blos Nahrungsstoffe herbei, sondern dient auch zur Respiration, wobei es durch besondere, die Wand dieser Darmstrecke durchbrechende Oeflnungen (Spiracula) seinen Ausweg findet. Dabei bestehen eigenthümliche, die Zuleitung der in die Athemhöhle eingetretenen Nahrungsstoffe zu dem Anfange des eigentlichen Darmrohrs fördernde Einrichtungen. Die Anlage des ge- sammten Darmes erfolgt durch das Entoderm, welches jedoch zuerst nur die Anlage des respiratorischen Abschnittes vorstellt, von dem aus erst secundär der eigentliche Darm hervorsprosst. Wir betrachten daher diese beiden Abschnitte des ursprünglich einheitlich angelegten Darmcanals ge- sondert von einander, zumal bedeutende Modificationen der Athemhöhle auch auf die Körperform modifieirend einwirken. Respiratorische Vorkammer (Kiemenhöhle). $ 309. Die einfachsten, bei den Copelaten bestehenden Einrichtungen müs- sen zum Ausgangspunkte dienen. Die einer Mundöffnung homologe Ein- gangsöffnung (Fig. 209 0) nimmt den vordersten Körpertheil ein, und Respiratorische Vorkammer (Kiemenhöhle). 421 führt in einen rasch sich erweiternden, auf dem Querschnitte dreieckig gestalteten Raum (%). Die breitere Ventralfläche ist abwärts etwas vorge- Fig. 209. Eine Appendicularia in seitlicher Ansicht. » Nervencentrum. n’ Nervenstrang. ot Oto- cyste. o Eingangsöffnung. k Athemhöhle. e Bauchrinne. f Flimmersaum. i Darm. «a After. k' Spira- culum. £Hoden. ovOvar. c Anfang des Schwanzes. (Nach H, For.) buchtet, so dass zu ihren Seiten zwei Rinnen sich bilden. Diese senken sich je nach einem röhrenförmigen Fortsatze hin, welcher ventralwärts die Körperwand durchbricht (4), und eine Kiemenöffnung (Spiraculum) vorstellt. Die dorsale Fortsetzung der Athemhöhle verlängert sich ohne scharfe Abgrenzung in den Anfang des eigentlichen Darmes (r). Die beiden zur Ausleitung des Wassers dienenden Kiemenöffnungen sind cylindrische Röhren, die aus einer Ausstülpung der die Athemhöhle bildenden Wandung und einer ihr entgegenkommenden Einstülpung der äusseren Körperwand hervorgehen. Ein Ring'’von Wimperzellen hält die Röhren besetzt, und erzeugt einen Wasserstrom, der, willkürlich, bald von dem Munde durch die Athemhöhle und die Spiracula nach aussen, bald in umgekehrter Richtung von aussen durch die Spiracula und den Pharynx nach dem Munde bewegt wird. Mund und Spiraculum dienen somit hier sowohl als Eingangs- wie als Auswurfsöffnung für das Wasser. An der ventralen Fläche der Athemhöhle findet sich eine tiefe, mit schmaler Spalte gegen die Athemhöhle geöffnete Rinne, die Bauch- rinne (e). Vorne gehen zwei den Eingang der Höhle umziehende und dorsalwärts tretende Wimperstreifen (f) davon aus, welche Bildungen sämmtlich mit der Nahrungsaufnahme in Connex stehen. $ 310. Die Anlage der Kiemenhöhle oder des Kiemendarmes lässt bei den Acopa hochgradige Differenzirungen ausgeben, welche mit dem Verhalten der Copelaten im Einklange stehen. Wie bei diesen zwei Aussackungen sich bildeten, welche erst secundär durch Einwachsen des Ectoderms nach aussen in Communication treten, so entstehen bei den Ascidien zwei laterale Schläuche durch Abschnürung von dem Kiemendarme. Sie 422 11. 8. Tunicaten. communieciren eine Zeit lang I letzteren , sondern sich alsdann von ihm, und umwachsen dorsalw sich ausbreitend die Wandung des- selben, bis sie sich unter einander vereinigen. Damit findet sich um die Kiemenhöhle ein vom Lumen jener Schläuche gebildeter Raum, der Peri- branchialraum (Perithorakalraum der Autoren). Eine Einsenkung der Oberfläche des Leibes nähert sich der Verbindungsstelle der beiden Hälften des Peribranchialraumes, und bildet nach geschehenem Durch- bruch eine Communication nach aussen, die Auswurfsöffnung. Ventral persistirt die Trennung der beiden Räume. Mit der Vereinigung der bei- den, die Kiemenhöhle umwachsenden Schläuche und der äusseren Ein- senkung wird auch die Afteröffnung in den Bereich dieses Raumes gezogen. Dieser Abschnitt bildet dann die Cloake (Fig. 210. cl). In der Wandung der Kiemenhöhle entstehen Durchbrechungen nach dem Peribranchial- raum, Kiemenspalten, welchen somit eine ganz andere Bedeutung zu- kommt, als den beiden primären Spiracula. Allmählich bildet sich die ganze Wandung der Athemhöhle zu einem Gitterwerk um, dessen feine, in Reihen geordnete Spalten von Wimpern umsäumt sind. In den Stäben des Gitterwerks verlaufen Blutbahnen. Das durch die Eingangsöflfnung einströmende v2 Wasser tritt durch die Spalten in den durch das R Auswachsen der vorerwähnten Schläuche gebil- deten Peribranchialraum, von wo es zur Gloake, und von da zur gemeinschaftlichen Auswurfs- öffnung geleitet wird. Bei den zusammenge- setzten Ascidien sind die Auswurfsöffnungen einer Anzahl von Individuen zu einer gemein- samen Höhle vereinigt, so dass jede dieser Thier- gruppen eine einzige im Centrum gelegene, von den Eingangsöffnungen umgebene Auswurls- öffnung besitzt. Der Eingang in die Athemhöhle wird beson- ders bei den Ascidien von Tentakelbildungen um- Fig. 210. Schema einer Asci- geben, die theils äusserliche Fortsätze vorstellen, die. o Eingangsöffnung. kKie- theils entfernter vom Eingange angebracht sind, en ee und gegen die Oeffnung gerichtet werden kön- g Geschlechtsorgan. nen. Das Gitterwerk der Kieme bietet theils in der Anordnung der es zusammenselzenden Stäbe, theils in der Form und Zahl der Spaltenreihen ausserordentliche Verschiedenheiten, sowie auch Vorsprünge mannichfacher Art, die bald leistenförmig, bald in Form von Papillen von ihm ausgehen, und durch anastomosirende Fortsatzbildungen zahlreiche Complicationen hervor- rufen. Am auffallendsten sind die bei Ascidien und Pyrosomen vorkom- menden zungenförmigen Fortsätze (»Languets«), welche in einer dorsalen Längsreihe stehen. Ihnen gegenüber liegt die bereits oben erwähnte » Bauchrinne «. Respiratorische Vorkammer (Kiemenhöhle). 493 Die Kiemenhöhle der Ascidien ist nach dem Geschilderten ein bezüg- lich des Baues seiner Wandung von jenem der Appendicularien sehr ver- schiedenes Organ, das erst in Folge zahlreicher Umformungen sich bildete. Dasselbe gilt im Wesentlichen für die übrigen Acopa. Die sonst den Ascidien sehr nahe ‚stehenden Pyrosomen zeigen die aborale Lage der Cloakenöffnung in Zusammenhang mit der Anordnung der einzelnen Per- sonen in den einen hohlen Zapfen darstellenden Stöcken. Die in der Wandung eines solchen Zapfens vertheilten Einzelthiere ragen mit der Eingangsöffnung an der Aussenfläche vor, indess die Cloaken in die Höh- lung des Zapfens sich öffnen, dessen an einem Ende angebrachte Aus- mündung somit als gemeinsame Oeflnung sämmtlicher Cloaken fungirt. Bei den Cvelomyariern bietet der im ausgebildeten Zustande tonnen- förmige Körper einen weiten Binnenraum dar. Die schräg diesen Raum durchsetzende Kieme, eine von Spaltenpaaren durchbrochene Membran, theilt diesen Binnenraum in einen vorderen und hinteren Abschnitt. Der vordere ist die Kiemenhöhle, in welche die Eingangsöffnung führt, der hintere Raum, gegen welchen auch die Eingeweide von der Leibeswand her vorragen, stellt die Cloake vor, und entspricht dem bei den Aseidien um die primitive Kiemenhöhle her eingewachsenen Raume. Aehnlich verhalten sich die Salpen. Die Kieme ist jedoch hier vollständiger von der Wand der Kiemenhöhle abgelöst und stellt einen. vorne von der Dorsal- wand der Athemhöhle schräg nach hinten zur ventralen Wand ziehenden Balken vor (Fig. 212 br), zu dessen beiden Seiten die Athemhöhle mit dem hinteren eine Cloake repräsentirenden Raume in weiter Communica- tion steht. Die hiervon ausgehende Auswurfsöffnung erscheint mehr in dorsaler Lage, nicht selten röhrenförmig verlängert (Fig. 212 b). Bei der hier bestehenden Reduction der Kieme auf jenen Balken kommt es nicht zur Ausbildung von Kiemenspalten , und das in die Kiemenhöhle aufge- nommene Wasser strömt seitlich an dem medianen Kiemenbalken vorüber in die Cloakenhöhle. Die Wasseraufnahme und die Entfernung des Wassers aus dem Kör- per steht bei Gyclomyariern wie Thaliaden in enger Beziehung zur Lo- «omotion. Diese ist also hier an die Athmung geknüpft, wobei die Lage der Eingangs- und Auswurfsöffnung von Belang wird. Das vorne aufge- nommene Wasser wird, nachdem es die Athemhöhle passirte, zur aboral gelegenen Auswurfsöffnung durch die Action der Muskelreifen der Kör- perwand ausgetrieben , und jeder ausgetriebene Strom wirkt als vis @ tergo, und bewegt den Körper stossweise vorwärts. In dem Verhalten der Kiemenspalten tritt bei den Acopa eine wohl beachtenswerthe Erscheinung hervor, die nur bei den Salpen durch die dort bestehenden Eigenthümlichkeiten verwischt ist. Es ist die An- ordnung dieser Spalten, die als metamere Gebilde auf- treten. Zwei Reihen querer Durchbrechungen bilden sie bei Doliolum, 424 II. 8. Tunicaten. und auch bei Pyrosomen und Aseidien ist ihre transversale Anordnung wahrnehmbar, wenn auch bei letzteren mehrere oder viele Spalten einer Querreihe zukommen. Ad@fssert sich dieses Verhalten zwar nur am Darme, oder einer Strecke desselben, so kann doch in ihm ein Zustand erkannt werden, der für die Deutung dieser Erscheinung als einer Meta- merie von Belang ist. Er zeigt sie uns hier ohne Betheiligung des Ge- sammtorganismus, und lässt verstehen, wieunter bestimmten Bedingungen auch andere Körpertheile daran theilnehmen mögen. $ 311. Die nahe Verwandtschaft der Organisation aller Tunicatenabtheilun- gen findet einen ferneren Ausdruck in dem Bestehen besonderer, der Athemhöhle zukommender Organe, die mit der Ernährung des Thieres in Zusammenhang stehen. Es sind das die Bauchrinne und die Wimper- streifen. Die Bauchrinne (Hypobranchialrinne) (Fig. 211 Bn), auch A AN SR N Bi Fig. 211. Schematische Darstellung des Verhaltens der Kiemenhöhle zur Bauchrinne. A bei Balano- glossus. B bei Tunicaten. r Kiemenhöhle. n Bauchrinne. * Bauchfalten. als Endosty| bezeichnet, ist eine in der ventralen Medianlinie der Kie- menhöhlenwand befindliche, vorspringende Ränder (*) (Bauchfalten) be- sitzende Rinne, welche an ihrem vorderen wie hinteren Ende in eine blinde Buchtung ausläuft. Die Wände der bei Salpen anfänglich sehr breiten, später wie bei den Uebrigen schmalen Rinne senken sich nicht gleichmässig in die Tiefe, sondern bilden in den einzelnen Abtheilungen sich verschieden verhaltende Vorsprünge, die man sich als Längsleisten parallel mit der Rinne zu denken hat. Dazwischen sind mehr oder min- der tiefe Furchen vorhanden, so dass die Contur der Rinne auf dem Quer- schnitte jederseits durch eine mehrfach gebogene Linie dargestellt wird. Das Epithel der Kiemenhöhle zeigt schon am freien Rande der Rinne be- deutende Modificationen an. Die Zellen bilden vorspringende Längswülste. Im Grunde der Rinne, zwischen den beiden am tiefsten eingebetteten Wülsten finden sich Zellen mit längeren Wimperhaaren besetzt, welche sogar bis in die Kiemenhöhle vorragen können. Die Copelaten verhalten sich bezüglich dieses Organs am einfachsten. Bei manchen besteht nur ine Darm. 425 ein einziger Zellenwulst. Zwei sind bei Doliolum bekannt. Drei kommen mit anderen Complicationen bei Ascidien und Salpen vor. Die Ränder der Rinne liegen in der Regel aneinander, so dass die Rinne bis auf eine Stelle am vordersten Ende geschlossen ist. An dieser Stelle beginnen die den Eingang der Kiemenhöhle umziehenden Wimperstreifen. Es sind mit cilientragenden Zellen besetzte seichte Furchen, welche , dorsal- wärts verlaufend, entweder zum Oesophagus ziehen (Copelata), oder in der Nähe des grossen Ganglions in eine Spiraltour auslaufen (Doliolum), oder in einer wimpernden Grube enden (Salpen). Eine ähnliche Sonde- rung des vordersten Abschnittes des Tractus intestinalis bestand bei den Enteropneusti (Fig. 211. A). Zwei Längsfalten (*) scheiden diesen Theil in einen respiratorischen (r) und einen nutritorischen (n). Der letztere scheint der Bauchrinne der Tunicaten verglichen werden zu dürfen, die anfänglich gleichfalls einen viel ansehnlichern Abschnitt vorstellt. Die Function der Bauchrinne ist die eines Drüsen- organs. Die Zellenwülste sondern eine schleimige Substanz ab, welche durch die Cilien des Rinnengrundes nach vorne zum Ausgange der Bauch- rinne bewegt, und von da längs der Wimperstreifen weiter befördert wird. Indem die Schleimmassen fetzenartig von den Wimperstreifen ins Lumen der Kiemenbhöhle einragen, gerathen mit dem Wasser aufgenom- mene Nahrungspartikel in sie, und werden mit ihnen zu einem in den Oesophagus tretenden Strange geformt. Da auch die freien Ränder der Bauchrinne mit Cilien besetzt sind, und eine Wimperreihe sich bis zum Oesophagus verfolgen lässt, wird auch aus der Spalte der Rinne vortre- tender Schleim von den Wimpern erfasst und mit den ihm anhaftenden Nahrungspartikeln zum Oesophagus geleitet. Die Bauchrinne secernirt also Schleim, der die im Wasser suspendirten Nahrungstheile aufzufangen hat, und mit diesen durch die Wimperstreifen zum Oesophagus befördert wird. Die gesammte Vorrichtung hat somit eine nutritorische Be- deutung. H. For, Ueber die Schleimdrüse etc. der Tunicaten. Morph. Jahrb. I. S. 223. DE3a5r m. $ 312. Im Grunde des zur Kiemenhöhle modificirten vordersten Abschnittes des gesammten Tractus intestinalis beginnt der ausschliesslich der Ernäh- rung dienende Darm. Er lässt meist mehrere Abschnitte durch Verschie- denheit der Weite erkennen. Ein vorderer, meist engerer Theil bildet einen Oesophagus, der bei Copelaten trichterförmig beginnt. Ein zweiter, meist weiterer Abschnitt wird als Magen aufgefasst, und entspricht einem Mitteldarm. Er ist bei Ascidien durch zahlreiche Falten und pfeilerförmige Vorsprünge der Wand in zahlreiche kleinere Räume geschieden, bei den Copelaten mit einer blindsackartigen Ausbuchtung versehen. Solche Ge- 426 ll. 8. Tunicaten. bilde bestehen auch am Magen mancher Salpen. Der daraus hervor- gehende Abschnitt ist meist wg beträchtlicher Länge bei den Ascidien und bildet eine Schleifentour, aus welcher der Enddarm hervorgeht. Diese beiden Abschnitte sind bei Copelaten von ziemlicher Kürze, ebenso bei Gyclomyariern, wo sie zugleich wie bei Ascidien wenig von einander differenzirt sind. Bei vielen Ascidien lagert sich die einfache oder dop- pelte Darmschlinge (Fig. 240 d) seitlich an der Kiemenhöhle in den dort dieselbe umgebenden Leibeshöhlenraum ; andere zeigen den Darm nur hinter der Kiemenhöhle, deren verschiedene Ausdehnung diese Verhält- nisse zu beherrschen scheint. Die Salpen besitzen den Darm mit seinen Adnexis in einer Masse vereinigt (Nucleus). VonAnhangsorganen des Darmrohrs sind ausser den schon auf- geführten Ausbuchtungen noch drüsenartige Schläuche in allen höheren Abtheilungen erkannt, die in den als Magen geltenden Abschnitt sich öffnen. Dass sie ein bei der Verdauung verwendetes Secret liefern, dürfte nicht zu bezweifeln sein. In Form und Anordnung bieten sie ein ver- schiedenes Verhalten. Zuweilen bilden sie netzförmige Anastomosen. Tu. CuanpeLon, Rech. sur une annexe du tube dig. des Tuniciers. Bull. Acad. Belg. XXXLX. Gefässsystem. $ 313. In den Einrichtungen der Kreislaufsorgane zeigen sich die Tunicaten nach ihren beiden grossen Abtheilungen verschieden. Bei den Copelaten ist nur ein Herz bekannt, das sogar einer Gattung fehlt. Es bildet einen kurzen, mit seinen Enden zwischen zwei Zellen befestigten Schlauch, dessen dünne Wand zwei einander gegenüberliegende Längsspalten be- sitzt. Durch die Pulsationen dieses Schlauches wird der Kreislauf des Blutes besorgt, das, ohne dass Gefässe beständen, in den Räumen der Leibeshöhle in bestimmten Richtungen seine Ströme erkennen lässt. Bei den Acopa besteht ein mit dem Herzen in Zusammenhang stehendes Ge- fässsystem, welches stellenweise einen lacunären Charakter trägt. Es scheint dann ein Rest der primären Leibeshöhle zur Blutbahn verwendet. Bei den Ascidien liegt das langgestreckte Herz in der Nähe der Ver- dauungsorgane und biegt sich an beiden Enden in je ein Gefäss um, von welchen das eine, in ventraler Richtung verlaufend, in ein das Kiemen- gerüste durchsetzeudes Gefässnetz übergeht, indess das andere zum Darme wie zu den Geschlechtsorganen verläuft, und daselbst sich ver- zweigt. Derselbe Gefässstamm sendet auch einen Ast zum Mantel und Zweige zur Leibeshöhlenwand. Von diesen Theilen aus bestehen auch directe Gefässverbindungen mit den Wänden der Kiemenhöhle. Das in diesen kreisende Blut sammelt sich auf der Dorsalseite des Kiemensackes wieder in einen Längsstamm , der auch Gefässe vom Darme und den Ge- Gefässsystem. 427 schlechtsorganen her aufnimmt. Ob diese bei einfachen Aseidien beobach- teten Verhältnisse allgemeinere Geltung besitzen, ist noch festzustellen. Bei den Salpen ist der kurze, dünnwandige, meist durch Einschnü- rungen abgetheilte Herzschlauch (Fig. 212 c) an einem Ende mit einem grossen an der Bauchseite ver- laufenden Gefässcanale (v) in b v br Verbindung, sowie er an dem | andern Ende sich gleichfalls in LAN einen Gefässcanal fortsetzt; der NE 7 essen letztere geht bei den mit einem \ LEN sogenannten Nucleus (vi) ver- nn | i sehenen Formen in ein diesen BR RE A . durchziehendes Hohlmaschen- Fig. 212. Circeulationssystem von Salpa maxima. t üb ala abet a Eingangsöffnung. b Auswurfsöffnung. br Kiemen- system uber, welches dıe Varm- balken. br' Ansatz der Kieme. vi Eingeweideknäuel gefässe der Ascidien repräsen- (Nucleus). e Herz. v Bauchgefässstamm. v' Rücken- tirt. Bei den übrieen Salpen soll gefässstamm. v 1 Verbindende Quergefassstämme. . 2 = (Die feineren Verästelungen der Gefässe sind nicht er sich in mehrere, nach dem angegeben.) (Nach MıLxe-EpwarDs.) Rücken verlaufende Zweige thei- len die in einen Längscanal sich fortsetzen. Dieses Rückengefäss (v’) steht durch eine Anzahl vielfach unter einander anastomosirender Quer- canäle (v”) mit dem Bauchstamme in Verbindung. Zwischen dem vor- deren Theile des Rückengefässes und dem hinteren aus dem Herzen her- vorkommenden Gefässe besteht noch eine directe Communication , die durch mehrere die Kieme durchziehende und dort sich vertheilende Gefässe hergestellt wird. Als wichtigste Eigenthümlichkeit wird bei den Tunicaten das Be- stehen der beiden längs der Kiemenhöhle ziehenden Längsstämme gelten müssen, die beide weiter nach dem Darme zu sich erstrecken. Stellt man sich nämlich, etwa von den Ascidien ausgehend, den Darm in der Richtung der Längsaxe seines vorderen Abschnittes, des Kiemensackes, fortgesetzt, so dass der After dem aboralen Körperpole zukäme, so wäre die Anordnung des Gefässapparates ähnlich wie bei vielen Würmern, indem auch die Aeste der beiden Längsstämme sich in viscerale zu Kiemenhöble und Darm) und parietale (zur Leibeswand) schieden. Dem ventralen Längsstamm gehört das Herz an. Es stellt einen differenzirten ‘Abschnitt desselben vor. Darin spricht sich eine besondere Verschiedenheit von allen übrigen Wirbellosen aus, bei denen das Centralorgan des Kreislaufs eine Sonde- rung aus dem dorsalen Gefässstamm vorstellt. Allein in der Anlage des ganzen Apparates ist ein Zusammenhang mit jenem der Würmer nicht zu verkennen. Allen Tunicaten eigenthümlich ist die wechselnde Richtung des vom Herzen in Bewegung gesetzten Blutstromes, so dass also von einem arteriellen oder venösen Abschnitte der Blutbahn 428 II. 8. Tunicaten. nicht wohl die Rede sein kann, Wenn das Herz eine Reihe von Pulsa- tionen nach der einen Richtun@Rin vollführt hat, tritt plötzlich ein Mo- ment des Stillstandes ein und die peristaltischen Bewegungen des Herz- schlauches beginnen nach der entgegengesetzten Richtung. Auch dieser Zustand der Indifferenz verbietet den engeren Anschluss des Gefäss- systems der Tunicaten an eine der anderen grossen Abtheilungen,, erin- nert jedoch an die bei Gephyreen (Phoronis) vorkommende gleiche Er- scheinung der Umkehr der Blutbewegung. Die Blutflüssigkeit ist allgemein farblos. Sie entbehrt bei den Copelata der Formbestandtheile, die den Acopa zukommen. Excretionsorgane sind bis jetzt bei Tunicaten nur in beschränk- ter Weise erkannt worden. Bei manchen Ascidien (Molgula, A. conchi- lega, complanata) findet sich ein nahe der Kiemen- höhle, oder auch weiter hinten im Körper gelagertes, schlauchförmiges Organ, welches unter anderen concrementartige Zellen erkennen liess. Bei einer Art ergab sich Murexid-Reaction. Mündungen des Organs sind unbekannt, so dass die Einrichtung jenen Zustand zu repräsentiren scheint, in welchem Excretstoffe im Organismus sich ablagern und Con- cremente bilden, die nicht nach aussen entfernt werden. Geschlechtsorgane. $ 314. Nur ein Theil der Tunicaten ist allgemein mit Geschlechtsorganen versehen: die Copelata. Bei den übrigen ist in Folge der ausgebildeten ungeschlecht- lichen Vermehrung ein grosser Theil ohne Ge- schlechtsorgane, deren Fehlen durch eine, eben durch die Vermehrung mittels Sprossung entstandene Keimbildung zu erklären sein wird. (Vergl. S. 413.) Fig. 213. Organisation Die bei den Tunicaten verbreiteten Zwitterbil- einerAscidie(Amaree- dungen lassen sich zum Theil auf sehr niederer a Stufe erkennen. Die Appendicularien entbehren für Darın. c Herz. tHoden. ihre bald paarigen, bald unpaarigen Keimdrüsen der vd Ausführgang des Ho- Ausführgänge. Bei den Acopa werden die Zeugungs- dens. o Ovarium. o' Eier . : e x R in der Leibeshöhle. Die Stoffe in die Gloake entleert. Die männlichen Organe Pfeile bedeuten die Stro- repräsentirt ein samenerzeugender Blindschlauch, mung des Wassers an der bei Doliolum, auch bei manchen Aseidien, in den Körperöffnungen. R \ B 7 . . (Nach Mirse-Eowarps.) (dieser einfachen Form sich erhält, bei Pyrosoma in Geschlechtsorgane. 429 eine rosettenartig gestaltete Form übergeht, indess er bei den meisten Ascidien wie bei den Salpen in Verästelungen sich fortsetzt und damit eine Art von gelappter Drüse bildet. Bei manchen Ascidien (Molgula) umlagern die Hoden als eine Anzahl discreter Drüsen jedes der beiden ÖOvarien, und münden mit einzelnen Ausführgängen aus. Auch den Ova- rien kommt häufig eine gelappte Gestalt zu, wenigstens bei vielen Asci- dien, bei anderen werden sie nur durch eine Gruppe auf verschiedenen Ausbildungsstufen stehender Eier vorgestellt, deren jedes von einer Art von Kapsel umgeben wird. Bei manchen zeigen sich nur wenige solcher, schliesslich mit einem gemeinsamen Stiele verbundener Eier, und bei den Salpen und Pyrosomen ist gar nur ein einziges Ei vorhanden, dessen Stiel während früher Stadien besteht, um sich allmählich zu verkürzen. Die Entwickelung der Geschlechtsproducte erfolgt hier zu verschiedenen Zeiten, indem die männlichen Organe erst nach bereits eingetretener Entwickelung des Eies zum Embryo ihre Reife erlangen. Die Ausbildung der Ausführwege der Geschlechtsproducte scheint von der grösseren oder geringeren Entfernung der Keimdrüsen von der Cloake abzuhängen. Der gesammte Apparat bedarf aber noch vielfach genauerer Untersuchung. Neunter Abschnitt. Wirbelthiere. Allgemeine Uebersicht. $ 345. Der Besitz eines die Längsaxe des Körpers durchsetzenden Skelets, sowie die Gliederung des Körpers in eine Mehrzahl von Metameren (Ur- wirbel) bildet die wesentlichsten Charaktere der Wirbelthiere. Durch die Metamerie scheiden sie sich von den Tunicaten, zu denen, als der einzigen Abtheilung unter den Wirbellosen, nähere Beziehungen nachweisbar sind. Entferntere bestehen zu Würmern, die ja auch für die meisten übrigen Stämme Verknüpfungen erkennen lassen. Das Axenskelet scheidet einen dorsalen und ventralen Körpertheil. Ersterer birgt das centrale Nervensystem, letzterer umschliesst den aus einer respiratorischen Vorkammer sich fortsetzenden Nahrungscanal, der sammt den von ihm aus diflerenzirten Organen in eine Leibeshöhle ein- gebettet ist. Damit sind zwei längs des Körpers ausgedehnte Gebiete un- terscheidbar, ein oberes, neurales, und ein unteres, gastrales, welch’ letzterem auch das Canalsystem für die ernährende Flüssigkeit in seinen Hauptstämmen zugetheilt ist. Die einzelnen Abtheilungen ordnen sich in folgender Uebersicht: A. Acrania. Leptocardii, Amphioxus. B. Graniota. I. Gyelostomata!). Myxinoidea. Bdellostoma, Mvxine. Petromvyzontes. Petromyzon. 4) Die Cyclostomen verdienen den übrigen Cranioten gegenüber gestellt zu werden, da ihre Gesammtorganisation auf eine sehr frühzeitige Abzweigung von den Cranioten schliessen lässt, Allgemeine Uebersicht. 431 Il. Gnathostomata. a) Anamnia. 4) Pisces. Selachii. Squali. Hexanchus, Heptanchus, Acanthias, Scymnus, Galeus, Seyllium, Squatina. Rajae. Raja, Torpedo, Trygon. Holocephali. Chimacra. Dipnoi. Monopneumones. Ceratodus. Dipneumones. Protopterus, Lepidosiren. Ganoidei!). Sturiones. Acipenser, Spatularia. Polypterini. Polypterus. Lepidosteini. Lepidosteus. Amiadini. Amia. Teleostei. Physostomi. Abdominales. Clupea, Salmo, Esox, Cyprinus, Silurus, Mormyrus. Apodes. Muraena, Conger, Gymnotus. Physoclysti. Anacanthini. Gadus, Pleuronectes. Pharyngognathi. Belone, Hemirhamphus, Chromis, Labrus. Acanthopteri. Perca, Labrax, Trigla, Scropaena, Anabas, Mugil, Scomber, Zeus, Trachypterus, Gobius, Cyclop- terus, Blennius, Lophius. Plectognathi. Ostracion, Diodon, Orthagoriscus. Lophobranchii. Syngnalhus, Hippocampus. 4) Jede der aufgeführten Ganoiden -Abtheilungen betrachte ich als eine sehr selbständige. Sie stellen die letzten Ausläufer sehr divergenter Formenreihen vor, von denen die der Polypterini manches Verwandte mit den Dipnoi besitzt, die Amiaden dagegen als nächste Verwandte der Teleostier (Clupeiden) sich darstellen. Sie würden wohl am besten ganz von den Ganoiden getrennt. Den Selachiern zeigen sich die Störe am meisten verwandt. Die Selachier selbst muss ich als die der Stammform der gnathostomen Wirbel- thiere am nächsten stehende betrachten. Davon erscheinen sowohl die Holocephali, Dipnoi und Ganoiden abgezweigt, während die Teleostier wieder eine Abzweigung vom Ganoidenaste vorstellen. 432 II. 9. Wirbelthiere. 2) Amphibia!). Urodela. Perennibranchiata. Siredon, Menobranchus, Proteus. Caducibranchiata. Derotremata. Cryptobranchus, Menopoma. Salamandrina. Triton, Salamandra. Anura, Pelobates, Bombinator, Hyla, Ceratophrys, Rana, Bufo. Gymnophiona. Coecilia. b) Amniota. 1) Sauropsida. 1. Reptilia?). Chelonii. Sphargis, Trionyx, Chelonia, Chelys, Chelydra, Emys, Testudo. Saurii. Ascalabota. Platydactylus, Hemidactylus. Rhynchocephala. Sphenodon. Lacertina. Iguana, Calotes, Draco, Phrynosoma, Uromastix, Lacerta, Ameiva. Monitores. Monitor, Psammosaurus. Scincoidea. Seincus, Seps, Anguis. Chalcidea (Ptychopleura). Chaleis, Zonurus. Chamaeleonida. Chamaeleo. Amphisbaenida (Annulata). Amphisbaena, Lepidosternum. I) Die lebenden Amphibien bilden eine nur sehr kleine, in vielen Stücken be- deutende Rückbildungen aufweisende Gruppe, der mit Sicherheit auch nur wenig fossile Formen beizuzählen sind. Die paläöntologischen Urkunden sind für den Amphibienstamm im höchsten Grade lückenhaft. Bestehen auch manche Gründe, ihnen die Archegosaurier beizuzählen, so besitzen diese doch wieder vieles, welches an Reptilien Anschlüsse bietet. 2) Die einzelnen Abtheilungen dieser Classe erscheinen als sehr divergente Endzweige eines in der Vorzeit überaus reich verzweigten Astes der Vertebraten. Manche der zu den Reptilien gerechneten fossilen Abtheilungen, wie die Enalio- saurier, scheinen sich jedoch schon vor den Amphibien vom Vertebratenstamm ab- gezweigt zu haben. Bei einer Gruppe anderer fossiler Saurier bestehen Uebergangs- zustände zu den Vögeln namentlich in der Bildung des Fussskeletes ausgeprägt. Es sind die Ornithosceliden. Eine Vereinigung der Reptilien mit den Vögeln einer Ab- theilung der Sauropsiden, wie sie von Huxrey aufgestellt wurde, trägt jenen Ver- hältnissen Rechnung. E Allgemeine Uebersicht. 433 Ophidiil). Eurystomata. Python, Boa, Coluber, Tropidonotus, Dryophis, Dipsas, Hydrophis, Crotalus, Trigonocephalus, Vipera. Stenostomata. Typhlops, Uropeltis. Crocodilini. Alligator, Crocodilus, Ramphostoma. 9. Aves?). Ratitae. Struthio, Dromaeus, Apteryx. Carinatae. Gallinaceae. Megopodius, Penelope, Crax, Crypturus, Lagopus, Tetrao, Pavo, Numida, Gallus, Phasianus, Columbae. Columba. Grallatores. : Otis, Dicholophus, Grus, Ardea, Ciconia, Vanellus, Charadrius, Scolopax, Fulica, Gallinula, Rallus. Natatores (Palmipedes). Procellaria, Sterna, Larus, Phaöton, Plotus, Pelecanus, Carbo, Anser, Anas, Cygnus, Phoenicopterus, Mormon, Uria, Alca, Aptenodytes. Passeres (Insessores). Fringilla, Alauda, Turdus, Sylvia, Motacilla, Parus, Muscicapa, Lanius, Sturnus, Corvus, Hirundo, Cer- thia, Trochilus, Upupa, Coracias, Alcedo, Buceros. Picides. Picus, Yunx. Psittacides. Psittacus, Strygops, Nestor. Rapaces. Gypogeranus, Falco, Buteo, Aquila, Gypa&tus, Vultur, Catharles, Harpyia, Surnia, Strix. 2) Mammalia. Ornithodelphia (Monotremata). Ornithorhynchus, Echidna. Didelphia3) (Marsupialia). Botanophaga. Halmaturus, Dendrolagus, Phascolomys, Phascolarctus, Phalangista. 4) Die Ophidier stellen eine den Sauriern zunächst stehende, von diesen ab- stammende Abtheilung vor, die mit diesen zusammen den Schildkröten oder den Crocodilen gleichwerthig ist; wie sie denn von Srannıvs als Streptostylica zusammen- gefasst wurden. 2) Die aus reptilienartigen Formen hervorgegangene Classe der Vögel bildet eine in den wichtigsten Verhältnissen der Organisation in sehr wenig divergente Gruppen sich theilende Classe, denn die Charakteristik der Unterabtheilungen gründet sich auf viel unwesentlichere Merkmale als bei anderen Vertebraten-Gruppen. Durch die Saururi (Archaeopteryx) bestehen unmittelbare Verknüpfungen mit den Ornitho- sceliden. 3) Die Abtheilung der Marsupialia fasse ich als eine den monodelphen Säuge- (hieren deshalb gleichwerthige auf, weil nicht nur in ihr Repräsentanten der meitsen Gegenbaur, Grundriss d, vergl. Anatomie. 2. Aufl. 98 434 Il. 9. Wirbelthiere. Zoophaga. Perameles asyurus, Thylacinus, Didelphys, Chi- ronect Monodelphia (Placentalia). Edentata!). Myrmecophaga, Manis, Chlamydophorus, Dasypus, Bradypus. Ungulata. Artiodactyla. Sus, Dicotyles, Moschus, Camelopardalis, Cervus, Antilope, Capra, Ovis, Bos. Tylopoda. Camelus, Auchenia., Perissodactyla. Tapirus, Rhinoceros, Equus. Sirenia. Manatus, Halicore. Prosimii?). Stenops, Lemur, ÖOtolienus, Tarsius, Galeopithecus, Chiromys. Rodentia. Sciurus, Arctomys; Mus, Hypudaeus, Cricetus, Georhy- chus, Spalax, Pedetes, Dipus, Lagostomus, Myopo- tamus, Castor, Hystrix, Coelogenys, Cavia, Lago- mys, Lepus. Proboscidea). Elephas. Lamnungiad). Hvrax. Fera. Carnivora. Felis, Hyaena, Proteles, Canis, Herpestes, Viverra, Lutra, Mustela, Meles, Nasua, Procyon, Ursus. Pinnipedia. Phoca, Otaria, Trichechus. Cetacea). Delphinus, Physeter, Balaenoptera, Balaena. Ordnungen der Monodelphen sich finden, sondern weil auch für die Monodelphen mehrfache auf eine Entstehung aus didelphen Formen hinweisende Befunde bestehen. Die Marsupialia, oder mit den Monotremen zusammen, die Implacentalia, stellen sich damit als die Vorläufer der Placentalia dar. 4) Die Mannichfaltigkeit der Placentarverhältnisse der Edentaten lässt eine Ein- theilung der Placentalia nach der Beschaffenheit der Fruchtbüllen als wenig sicher erscheinen, wenn auch die einzelnen Ordnungen meist durch übereinstimmendes Verhalten der Placenta ausgezeichnet sind, 2) Die Prosimii bilden eine Stammgruppe, in der sich bei den einzelnen ihnen zugetheilten Abtheilungen Eigenthümlichkeiten erhalten haben, die wir über die folgenden Ordnungen vertheilt sehen. So bestehen Charaktere, denen wir bei Insecti- voren, Rodentia, Carnivoren und Primaten wieder begegnen, 3) u. 4) Die Probosceidea und Lamnungien stellen Repräsentanten voh Ord- oungen dar, die ihre Verknüpfungen mit andern nur sehr wenig vollständig erkennen lassen, Sie bieten verwandtschaftliche Verhältnisse zu den Rodentia. Hyrax über- dies noch Beziehungen zu den Ungulaten. 5) Die Celaceen erscheinen durch fossile Formen (Zeuglodon) mit den Pinni- Literatur. 435 Insectivora. Chrysochloris, Talpa, Sorex, Myogale, Erinaceus. Chiroptera. Pteropus, Rhinolophus, Glossophaga, Vespertilio, Ves- perugo. Primates. Hapale, Callithrix; Ateles, Mycetes, Cebus; Cynoce- phalus, Inuus, Cercopithecus; Troglodytes, Hylo- bates, Pithecus; Homo. Literatur. Owen, R., On te Anatomy of Vertebrates. Vol. I—III. London 1866—68. — HuxLe£y, A Manual of the anatomy of vertebrated animals. London 1871. Leptocardier: Mürzer, J., Ueber den Bau u. die Lebenserscheinungen des Bran- chiostoma lubrieum. 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Unter äusserlichem Zurücktreten der Metamerie sind dorsale und ventrale Flächen allgemein unterscheidbar, dem vorderen Pole der Längs- axe des Körpers nahe liegt die Eingangsöffnung des Nahrungscanals in ventraler Stellung, und ebenso ventral, aber vom aboralen Pole mehr oder minder weit entfernt, findet sich die Afteröflnung. Von grösseren Körper- abschnitten sind drei auch in den niedersten Abtheilungen unterscheidbar. Der vordere birgt eine respiratorische Vorkammer des Nahrungscanals und ist demgemäss durch seitliche Durchbrechungen der Leibeswand ausge- Körperform. Gliedmassen. 457 zeichnet. Er trägt die höheren Sinnesorgane und lässt bei den Granioten durch Concrescenz und Differenzirung den Kopf entstehen. Der zweite Abschnitt, beiAmphioxus am dorsalen Theile ohne’scharfe Grenze dem vorhergehenden sich anschliessend, bildet den die Leibes- höhle mit ihren Contentis bergenden Rumpf, der nur durch die Analöffnung vom letzten oder caudalen Körpertheil abgegrenzt ist, und damit diesen äusserlich wenig gesondert erscheinen lässt. Diesen Abschnitten sind wir schon bei den Tunicaten begegnet. Bei den Ascidienlarven (vergl. Fig. 208) besitzt der vorderste, später zum Haupttheile des Körpers sich ausgestaltende Abschnitt die Anlage der Athemhöhle, und den die Sinnesorgane tragenden Theil des Nerven- systems. Daran schliesst sich eine wenig gesonderte Strecke mit dem Darmrohr, und geht ohne scharfe Grenze in den caudalen Abschnitt über. Die erste Ausprägung der Anlage des Kopfes oder seines Aequivalentes bei allen Vertebraten lässt ihn als den phylogenetisch ältesten Körpertheil deuten, und gibt einen Fingerzeig auf jene Zusammenhänge ab. Mit der Ausbildung des Kopfes und der in ihm und an ihm differen- zirten Organe empfängt der Wirbelthierkörper ein ihn von Wirbellosen auch äusserlich schärfer sonderndes Attribut, dessen Werth schon aus der beträchtlich grösseren Zahl in ihm aufgegangener Metameren hervor- leuchtet. Fernere Sonderungen treten mit der Bildung paariger Glied- massen auf; die hinteren geben bei den Gnathostomen für Rumpf und Schwanz eine schärfere Grenze ab, und das Gleiche wird für den Kopf und Rumpf durch die Vordergliedmassen geleistet. Die Ablösung der Vordergliedmassen vom Kopfe, unter den Fischen bereits bei Selachiern ausgeführt, sondert vom Rumpfe einen Halsabschnitt als Verbindungsglied mit dem Kopfe. Wir begegnen diesem Verhalten von den Amphibien an. Weitere Sonderungen betreffen den Rumpf, der bei den Amnioten in eine Hals-, Brust- und Lendenregion getheilt wird. Der Gaudalabschnitt des Leibes unterliegt einer allmählichen Verän- derung. Bei Fischen kaum abgegrenzt, schliesst er sich bei Amphibien (Urodelen) und Reptilien (Eidechsen, Crocodile) zwar durch die Hinter- gliedmassen vom Rumpfe geschieden, doch durch bedeutenderes Volum an letzteren enger an. Nachdem er bei den Vögeln sich rückgebildet zeigt, empfängt er erst bei den Säugethieren durch bedeutende Minderung seiner Stärke selbst bei ansehnlicher Länge den Charakter eines Körper- anhanges. Gliedmassen. $ 317. Die vom Körper der Wirbelthiere ausgehenden , vorwiegend als Be- wegungsorgane fungirenden Gliedmassen müssen wir in paarige und un- paarige sondern. Die unpaaren entstehen aus einer senkrechten, den 488 ll. 9. Wirbelthiere. Körper vom Kopfe bis zum After umziehenden Membran, einer Fortsatz- bildung des Integumentes. Ind in dieser Membran feste Gebilde und besondere Muskeln auftreten, gestaltet sich der blosse Hautsaum zu einer Flosse. Dieses Organ behält entweder die ursprüngliche Continuität der Anordnung bei (Fig. 214, A), oder sondert sich durch Rückbildung einzelner Strecken und Ausbildung der bestehenbleibenden in mehr- fache Abschnitte. Diese wer- den nach ihrer Lagerung in Rücken-, Schwanz- und Afterflosse (Fig. 214. B,d, Fig. 214. Schema der unpaaren Flossen. A Primitiver Zu- 6, 0) unterschieden. Sie fun- .. B eg ne d en, Abe abe giren vorwiegend als Steuer- flosse.). ce Caudal-, « Analflosse, p Brust-, v Bauchflosse. ‘ ruder und nur der Schwanz- flosse kommt insofern auch eine höhere locomotorische Bedeutung zu, als der Schwanztheil des Körpers bei der Ortsbewegung eine wichtige Rolle spielt. Diese den Fischen allgemein zukommenden Gebilde sind auch bei den Amphibien in frühen Entwickelungsstadien, bei einem Theile (vielen Urodelen) sogar bleibend vorhanden, ohne dass in ihnen Stütz- apparate entstehen. Bei den Reptilien sind nur noch Andeutungen des senkrechten Haut- saumes wahrnehmbar, den meisten fehlt die Einrichtung gänzlich , wie sie denn ebenso den höheren Classen abgeht, denn das bei manchen CGe- taceen erscheinende senkrechte Flossengebilde ist als eine erst innerhalb der Ordnung erworbene Organisation zu beurtheilen. Das gilt auch von der horizontalen Schwanzflosse dieser Säugethiere. $ 318. Im Gegensatze zu vielen Abtheilungen der Wirbellosen, deren paa- rige Gliedmassen entweder auf Alle oder doch auf eine grosse Zahl von Metameren vertheilt sind, trifft sich bei den Wirbelthieren eine bis jetzt ausnahmslose Beschränkung dieser Gliedmassen auf ein vorderes und ein hinteres Paar. Sie geben sich als homodyname Organe zu erkennen, die im Ein- klange mit der Verschiedenartigkeit ihrer Leistungen sich allmählich ver- schieden gestalten. Sie sind wahrscheinlich aus umgebildeten respirato- rischen Anhängen des Kopfes (Kiemenbogen und deren Strahlen) ent- standen, daher keine absolut neuen Einrichtungen. Den Acrania wie den Cycelostomen fehlen sie, dagegen bestehen sie bei den Gnathostomen allgemein. Wie.auch innerhalb einzelner Abthei- lungen derselben eine Rückbildung dieser Gliedmässen Platz greift, so ist dieses stets ein secundärer, den vollkommen entwickelten Zustand vor- Gliedmassen. 439 aussetzender Befund. Das bezeugen die mannichfachen Stadien der Ver- kümmerung der Gliedmassen und ihrer Theile. Der bei den Fischen bestehende niedere Zustand lässt die Glied- massen als ein einheitliches, der äusseren Gliederung in einzelne grössere Abschnitte entbehrendes Ganze erscheinen, dessen Oberflächenentfaltung bei der Ruderfunction des Organes von Bedeutung ist. Vorder- und Hin- tergliedmassen, hier als Brust- und Bauchflossen unterschieden, sind im Wesentlichen von übereinstimmendem Bau, doch hat in der Regel die Brustflosse in Zusammenhang mit ihrer Lage am voluminöseren Theile des Körpers eine bedeutendere Grösse. Ihr kräftigerer Bau wird auch aus der ihr zukommenden Initiative und dem darin liegenden functionellen Uebergewicht im Vergleiche zur hinteren Gliedmasse erklärbar. Entsprechend einer gleichartigen Bewegungsweise im Wasser kamen auch die Gliedmassen der fossilen Enaliosaurier, wie uns deren Skelet- reste lehren, mit den Flossen der Fische, wenigstens durch den Mangel einer queren Gliederung überein. Unter den Amphibien tritt eine transversale Gliederung der Glied- massen auf, indem nunmehr einzelne Abschnitte scharf von einander ge- trennt sind. Wir unterscheiden an der vorderen: Oberarm, Vorderarm und Hand, denen Oberschenkel, Unterschenkel und Fuss an der Hinter- gliedmasse entsprechen. Diese Scheidung steht in Verbindung mit der grösseren Längenentfaltung der beiden ersten Abschnitte, welche zu ein- ander in das Verhältniss von Hebelarmen treten und damit eine Winkel- stellung gegeneinander eingehen. Zu der hierin sich aussprecbenden Sonderung tritt eine Differenzirung der Endstrecke, an der von nun an eine meist auf 5 beschränkte Zahl von Endgliedern in den Fingern und Zehen unterscheidbar wird. Da ein am meisten nach aussen ragender Körpertheil modifieirenden Einwirkungen in höherem Grade ausgesetzt ist als ein anderer, so begegnen wir hier zahlreichen Anpassungen und wenig Körpertheile bieten so mannichfache Veränderungen als jene Endabschnitte der Gliedmassen: Hand und Fuss. Die primitive Vereinigung der Finger wie der Zehen in eine durch Hand und Fuss repräsentirte Ruderplatte erhält sich in der Schwimmhaut auch bei manchen Reptilien, bei vielen Vögeln an der Hintergliedmasse und sogar bei einer Anzahl von Säugethieren, immer in Anpassung an die Function der betreffenden Gliedmasse als Ruderorgan. Die mit der Ortsbewegung auf dem Lande erlangte, aber bei der Locomotion im Wasser noch vielfach verwendete Winkelstellung gestaltet sich allmählich für beiderlei Extremitäten verschieden, der Verschieden- heit der Function entsprechend, welche Vorder- und Hinterextremität bei der Bewegung auf dem Boden besitzen. Bei den Amphibien (B) sind diese Verhältnisse bereits deutlich wahr- nehmbar, aber die Verschiedenheit der Stellung zwischen Ober- und Unterarm, Ober- und Unterschenkel, ist minder beträchtlich. Oberarm und Oberschenkel sind fast gleichartig nach aussen gerichtet. Eine 440 II. 9. Wirbelthiere. bedeutendere Differenz prägt sich " den Reptilien (C) aus, und erreicht bei den Säugethieren eine noch ıere Stufe, indem die Ebenen, in denen die Winkelstellung beiderseitiger Gliedmassen stattfindet, zur senkrechten Medianebene des Kör- A pers eine parallele Stellung neh- men. Daraus entspringt eine grös- a Ra er sere Selbständigkeit der Glied- massen, die nunmehr zu Stützen B des Körpers geworden sind, in- dem sie ihn vom Boden erheben. Durch jene Aenderung in der Stel- lung der Ebene, in welcher der von der Extremität gebildete Winkel liegt, kommt für die Säugethiere (D) eine totale Verschiedenheit der Winkel zwischen den gleichwerthi- gen Abschnitten zum Ausdruck, und diese verhalten sich an Vorder- und Hinterextremität in umgekehr- D tem Sinne. Der Winkel zwischen Ober- und Unterarm ist nach vorn, jener zwischen Ober- und Unter- schenkel nach hinten offen. Innerhalb des Rahmens dieser allgemeinen Modificationen der Gliedmassen finden auf engere Ab- Fig. 215. Schematische Darstellung der Difte- renzirung und der veränderten Axenrichtung der Gliedmassen der Wirbelthiere. A Fisch. B Amphibium (die zum Vergleiche mit den An- dern nothwendige Seitendarstellung gibt den An- schein einer Erhebung des Körpers, ebenso wie in der nächstfolgenden Figur. € Reptil. D Säugethier. a Schultergürtel. p Beckengürtel. theilungen beschränkte, aus der speciellen Verschiedenheit der phy- siologischen Leistung erklärbare Veränderungen statt. Die Hinter- gliedmasse übernimmt in überwie- gender Ausbildung die complieir- tere Function eines Sprungorganes, wie bei den Fröschen, oder sie kann sich vorwiegend zum Stützorgane des Körpers gestalten, so dass dadurch die Vordergliedmasse, wenigstens für die Ortsbewegung auf dem Boden, eine untergeordnetere Rolle spielt oder in dieser Richtung oanz ausser Function tritt. Dieses Verhältniss führt sich nach mancherlei bei fossilen Reptilien erkannten vorbereitenden Stufen bei den Vögeln ein, deren Vordergliedmasse unter den Carinaten die Bedeutung eines Flugorganes gewonnen hat. Integument. $ 319. Im primitiven Zustande erscheint als Körperhuülle auch bei den Wir- belthieren eine Zellschichte, das äussere Keimblatt — Ectoderm. Integument. 441 Mit der weiteren Entwickelung wird jener Zellenschichte noch eine aus dem Mesoderm entstandene Bindegewebeschichte zugetheilt, beide zusam- men repräsentiren nunmehr das Integument der Wirbelthiere, und sind gleichmässig an dem Aufbau und der Ausbildung verschiedenartiger Or- gane betheiligt. Diesem Integumente (Cutis) kommen also seiner Genese gemäss zwei Straten zu: eine oberflächliche, den Epithelialbildungen der Wirbellosen homologe Oberhaut (Epidermis), unmittelbarer Abkömmling des Ecto- derms, und eine tiefer liegende Bindegewebsschichte, die Lederhaut (Corium), die mit ihren tiefsten, lockeren Schichten das Unterhautbinde- gewebe vorstellt. Mittels Durchflechtung der Faserzüge wird der Leder- haut eine derbe Beschaffenheit. In ihr verbreiten sich die Blutgefässe, ebenso die Nerven der Haut, mit mannichfaltigen sensorischen Apparaten wie mit Drüsenorganen in Verbindung stehend. Häufig ist die Lederhaut der Sitz von Pigmenten. Sowohl an Dicke als in der feineren Textur bietet sie zahlreiche Verschiedenheiten. Von diesen ist eine lamellöse Schichtung in der Haut der Fische, Amphibien und Reptilien bemerkenswerth, wobei senkrechte Faserzüge die Schich- ten in Abständen durchsetzen. Als eigenthümliche Bildungen erscheinen warzenarlige Erhebungen ihrer Oberfläche, die von niedrigen Hügelchen bis zu langen konischen Fortsätzen variiren. Diese Hautpapillen wer- den in den einzelnen Abtheilungen der Wirbeltbiere zum Ausgangspunkt einer Reihe mannichfaltiger complicirterer Organe. CGontractile Formelemente (glatte Muskelfasern) finden sich gleichfalls in der Lederhaut bei Vögeln und Säugethieren vor. Eine andere Modifi- cation der Cutis geht durch Texturveränderung vor sich, indem sich Theile derselben durch Verknöcherung in Hartgebilde umwandeln, entstehen in die Haut eingebettete Knochenplatten der verschiedensten Form und setzen ein Hautskelet zusammen. Endlich stehen mit der Cutis Drüsenorgane in Verbindung, die von der Epidermis her gebildet und deshalb den Epidermoidalorganen beizuzählen sind. $ 320. Die Epidermis ist eine einfache Lage bei Amphioxus, sonst be- steht sie aus mehrfachen Zellschichten , welche die Lederhaut mit allen ihren Erhebungen und Einsenkungen überkleiden. Als ein Erbstück aus niederen Zuständen tritt auch noch bei Wirbelthieren ein Wimperepithel auf, beschränkt sich aber auf Embryonalstadien bei Fischen, und kommt bei Amphibien nur im Larvenzustande an gewissen Körperstellen vor. Von den einzelnen Schichten erscheinen die unteren, der Lederhaut näher liegenden, als jüngere, welche verloren gegangene Theile der . oberflächlichen Schichten wiederersetzen. In der Consistenz, der Ver- bindungsweise und der Form bieten die Epidermiszellen zahlreiche Ver- schiedenheiten. Pigmentführende Zellen sind nicht selten zwischen den 442 I. 9. Wirbelthiere. anderen vertheilt. Durch die Bewegungserscheinungen ihres Protoplasma vermögen sie zuweilen einen Mhenwechsel zu verursachen (Ghromato- phoren), der bei Fischen wie bei Amphibien beobachtet ist. Bei den im Wasser lebenden Anamnia ist die gesammte Epidermis locker, und die Weichheit ibrer Elemente verleiht der ganzen Schichte häufig eine gallert- artige Beschaffenheit, so dass sie sogar lange Zeit für eine von Drüsen secernirte Schleimschichte gehalten ward. Dem Zustande der Epidermis der Anamnia stellt sich ein anderer gegenüber, durch Verhornung der Zellen charakterisirt, bei Anıphibien beginnend, bei den Amnioten verbreitet. Die Zellen bilden resistente Plätt- chen oder Fasern, die, ineinander geschoben, in verschiedenen Maasse abgegrenzte. feste Theile vorstellen. Der Verhornungsprocess betrifft immer nur die oberflächlichen Schichten, die tieferen bleiben auch hier indiffe- rent. Mit stärkerer Verdickung der verhornten Schichten entstehen man- nichfaltige Formationen von Platten, Höckern und schuppenartigen Gebil- den (Reptilien). Die Lederhaut nimmt an diesen Gebilden Antheil, indem sie fast immer jenen Epidermisformationen entsprechende Erhebungen besitzt, die aus vergrösserten Papillen hervorgehen. Die Schuppen von Eidechsen und Schlangen sind somit Fortsätze der gesammten Cutis. Die- ser verhornte Ueberzug hat sich bei den Vögeln nur an beschränkteren Körpertheilen erhalten, an den Kiefern als Schnabelscheide, wie an den Füssen in Form von Tafeln, Plättchen, Höckern u. s. w. In Verbindung mit einem knöchernen Hautskelete finden sich grössere Hornplatten bei den Schildkröten, unter den Säugethieren in einzelnen Familien der Eden- taten. Die in einzelnen Abtheilungen oder in noch engeren Kreisen vor- kommende Verhornung der Epidermis ist nicht direct auf die bei Reptilien bestehende Organisation zu beziehen, sie ist vielmehr aus Anpassungen an bestimmte äussere Verhältnisse hervorgegangen. Dagegen treffen wir an manchen Körperstellen Horngebilde der Epidermis, die bei ihrer grossen Verbreitung und Beständigkeit als vererbte Einrichtungen gelten ınüssen. Es sind die Nägel und Klauenbildungen an den Enden der Gliedmassen. Schon bei den Amphibien Salamander) finden sich Andeu- tungen hiefür; bei Reptilien und Vögeln erscheinen sie allgemein; selbst an einzelnen Fingern der zum Flugorgan verwendeten Hand der Vögel haben sich nicht selten solche Nägel erhalten. In der Hufbildung vieler Säugethiere erlangten sie eine voluminösere Entfaltung. Epidermoidalgebilde. $ 321. Ausser den erwähnten Horngebilden gehen noch andere Differen- zirungen aus der Epidermis hervor. Von diesen nehmen Federn und Haare durch ihre Verbreitung in den beiden oberen Classen der Wirbel- thiere, wie auch durch ihre eigenthümliche Erscheinung eine hervor- Epidermoidalgebilde. 443 ragende Stelle ein. Man pflegt beide als sehr nahe verwandte Organe anzusehen, da sie manches Uebereinstimmende bieten. Dennoch ergeben sie sich als divergente Bildungen. Die erste Anlage für Feder wie Haar stellt eine Verdickung der Epidermis, dann einen höckerförmigen Vorsprung (Fig. 216 A) vor, in welchen eine Cutispapille einwächst. Beim Haar ist dieser Vorsprung unan- sehnlich, mächtiger bei der Feder. Sie sind jenen Erhebungen ähnlich, die bei I» Reptilien verbreitet sind. Zur Anlage der Feder wachsen die Höcker in pa- pillenförmige Fortsätze (BC) aus |Feder- zotten), die aus einer äusseren Epi- dermislage (C e) und einer darunter befindlichen Papille zusammengesetzt sind. Auch die Anordnung dieser ersten Federanlagen in bestimmt abgegrenzte Felder (Federfluren, Pterylien) verweist auf Verhältnisse, die bei den Reptilien in der Anordnung der Schuppen be- stehen. Die Feder ist in jenem ein- fachen Zustande somit ein blosser Fort- , ,, ar E . Fig. 216. Schemata für die ersten Anlagen satz der Epidermis und der darunter yon Feder und Haar. Durchschnitte. 4 Ver- liegenden Cutis. Die Einsenkung der diekung der Epidermis. B Erhebung zu die Gutispapille tragenden Federanlage an Re in die Haut und die damit entstehende anlage. F Haarbalg mit Haar. e Epidermis. Bildung eines »Federfollikels« ist eine 27 Haar. p' Wurzel des Haars. ws Wurzel- e A c 2 scheiden. g Talgdrüsen. Der Antheil der spätere Erscheinung, ebenso wie die Lederhaut ist schraffirt dargestellt. Differenzirung der Feder in Schaft und Fahne. Diese Trennung erfolgt erst nach Abstossung der Federscheide, einer aus der ersten Anlage stammenden Epidermisschichte. In den Form- verhältnissen der Feder ergeben sich je nach der Ausbildung des Schaftes oder der Fahne zahlreiche unseren Zwecken fernerstehende Verschieden- heiten. Die bei der Federentwickelung erst spät auftretende Bildung eines Follikels, der den als »Spule« bezeichneten Abschnitt des Federschaftes und die in denselben sich verlängernde gefässreiche Papille umschliesst, charakterisirt das erste Auftreten des Haares. Für dieses ist die papillen- artige Epidermisverdickung ein sehr frühe und rasch vorübergehender Zustand; denn das Haar legt sich nicht in jener ersten Erhebung, son- dern immer in einem von der Epidermis aus in die Cutis eingewucherten Follikel (vergl. Fig. 216 DE) an, in dessen Grund sich dann die Cutis- papille (F) erhebt. Aus der eingewucherten Epidermis differenzirt sich unter Verhornung der Zellen der Schaft des Haares (F ws), andere zellige Theile des Follikels bilden die Wurzelscheiden. Die verschiedenen Formen der Haare, mögen sie als Wollhaare oder 444 II. 9. Wirbelthiere. Contourhaare, Borsten oder Stacheln erscheinen, sind nur Modificationen eines und desselben Zustandes@@r ersten Anlage. $ 322. Die aus der Epidermis differenzirten Drüsen ergeben sich im ein- fachsten Zustande als Modificationen einzelner Zellen, deren Protoplasma in feine Körnchen sich sondert, die nach aussen entleert werden. Diese zwischen den anderen Epidermiszellen vertheilten Schleimzellen (Becherzellen) stellen einzellige Drüsen vor (Fische). Sie finden sich noch bei Amphibien, bei denen bereits complieirtere Drüsenorgane ver- breitet sind. Diese erscheinen als flaschenförmige über das Integument verbreitete Schläuche, in mehreren Formen unterscheidbar. In vielen Fällen erreichen sie eine bedeutende Grösse und bilden höckerförmige, die Haut rauh oder warzig gestaltende Hervorragungen (Kröten und Sala- mander). Zuweilen sind grössere Massen von Hautdrüsen gehäuft und werden für bestimmte Körperstellen charakteristisch (Parotiden). In geringerem Grade sind Hautdrüsen bei Reptilien verbreitet. Bei den Eidechsen führen die sogenannten »Schenkelporen« in Drüsen, welche als zusammengesetzte Schläuche erscheinen, deren Secret erhärtende, das Lumen der Drüsen ausfüllende Zellen sind. Bei den Vögeln ist das Vor- kommen von Hautdrüsen in hohem Grade beschränkt. Ein Aggregat von Drüsen stellt die besonders bei Schwimmvögeln sehr ansehnliche Bürzel- drüse (Glandula uropygii vor, deren Secret zum Einölen des Gefieders dient. Bei den Säugethieren scheiden sie sich in zwei scharf getrennte Gruppen: Schweiss- und Talgdrüsen, die vielfach mit den Haarfollikeln verbunden sind. Beiderlei Drüsen sind mehr durch die anatomische Be- schaffenheit als durch die Qualität des Secretes, welches nur für einzelne Fälle näher bekannt ist, zu unterscheiden, wie denn eine und dieselbe Drüsenform an verschiedenen Localitäten verschiedene Verrichtungen be- sorgt. Als Schweissdrüsen werden einfachere, terminal gewundene Schläuche bezeichnet, während die Talgdrüsen mehr gelappte Bildungen vorstellen. Häufig vereinigen sich mehrere derselben an einem Haarbalg, sie können sogar im Verhältniss zu letzterem so ansehnlich entwickelt sein, dass der Haarbalg als ein Anhang der Drüse sich darstellt Ausser- ordentlich zahlreiche Modificationen erleiden die Talgdrüsen in Form, Zahl, Grösse, wie auch in der Qualität des Secretes. Sehr verbreitet lie- fern beide Drüsenapparate specifische Riechstoffe verschiedener Art, die in der Oekonomie der Thiere eine bedeutende Rolle spielen. Solche Drüsen erscheinen in vielen Säugethierordnungen an den verschiedensten Loca- litäten der Körperoberfläche ausgebildet. $ 323. Die wichtigste Differenzirung von Hautdrüsen erfolgt bei allen Säugethieren in der Bildung von Milchdrüsen, Epidermoidalgebilde. 445 die zur Geschlechtsfunction in Beziehung treten. Sie finden sich regel- mässig an der ventralen Körperfläche meist in symmetrischer Lagerung. Jede »Milchdrüse« besteht aus einem Complexe einzelner Drüsenschläuche, die entweder getrennt bleiben, oder ihre Ausführgänge vereinigen. Bei den Monotremen treten diese Organe noch wenig aus der Reihe anderer Hautdrüsen. Jeder der beiden hier bestehenden Apparate wird durch eine Gruppe von Schläuchen gebildet, die einzeln die Haut durch- setzen. Das die Mündungen tragende Feld ist nur durch mangelnde Be- haarung ausgezeichnet und liegt bei Ornithorhynchus in der Ebene des benachbarten Integumentes. Bei Echidna findet es sich in je einer taschen- förmigen Einsenkung (Mammartasche), die zur Aufnahme des Jungen zu dienen scheint. Bei den übrigen Säugethieren treten in der Bildung der Zitzen besondere, wohl durch das Säugegeschäft allmählich ausgebildete Vor- richtungen auf, welche dem Jungen eine günstigere Verbindung mit dem . Milchdrüsenapparat gestatten, und zugleich jeden einzelnen Milchdrüsen- complex äusserlich unterscheidbar machen. In der Bildung der Zitzen ergeben sich zwei sehr verschiedene Zu- stände. Für beide erscheint vor der Entstehung der Zitze ein gleichmäs- siges indifferentes Stadium (Fig. 217. A), indem, ein ziemlich flachesDrüsenfeld (b) an seinem Boden einzelne in die Lederhaut wachsende Drüsen aufweist, und durch eine ringförmige Erhebung («) vom benachbarten Integu- mente sich abgrenzt. Diese Einrichtung entspricht der Mammartasche bei Echidna. Bei der Mehrzahl der Säuge- thiere besteht sie nur vor- übergehend, vielmehr flacht sie sich frühzeitig ab und das Drüsenfeld erhebt sich in seiner die Drüsenmündungen tragenden Mitte (B) zu einer Papille oder Zitze, auf deren Fig. 217. Schematische Darstellung der Zitzenbildungen 8 x Eahlarr auf senkrechten Schichten. A Indifferenter Zustand bei Spitze stets eine Anza VON ehenem Drüsenfelde. B Erhebung des Drüsenfeldes zur Drüsengängen ausmündet. Zitze. C Erhebung des Drüsenfeldwalles zur Pseudo- an zitze. a Wall des Drüsenfeldes.. 5b Drüsenfeld. gl In der anderen Einrich- Een tung persistirt die Mammar- tasche. Durch fortgesetzte Erhebung des Drüsenwalles (a) senkt sich das Drüsenfeld immer tiefer, der Rand der Mammartasche wächst zu einer 446 - ll. 9. Wirbelthiere. Pseudo-Zitze aus, von deren Spitze dann ein einfacher Ganal zum Drüsen- feld hinführt (©). ee } Dieses Verhalten ist bei einem Theile der Ungulaten beobachtet. Uebergangsformen zwischen beiden Befunden der Bildung der Zitze lassen sich bei Beutelthieren (Halmaturus) und Nagern (Murina) wahrnehmen. Die Zahl der durch die Zitzen unterscheidbaren Milchdrüsen ist für die einzelnen Abtheilungen verschieden. Sie entspricht im Allgemeinen der Zahl oder doch dem Maximum der Zahl der gleichzeitig erzeugten Jungen, Sie schwankt selbst innerhalb einzelner Ordnungen; auch die Lagerung ıst verschieden. In der Regel bilden sie zwei Reihen, die bei grösserer Zahl von der Inguinal- bis zur Pectoralregion reichen (Carnivoren, Schweine). Bei manchen Didelphen sind sie kreisförmig am Abdomen angeordnet. Bei geringer Zahl nehmen sie entweder eine abdominale Stellung ein, wie bei manchen Didelphen, oder sie sind nur in der Leistengegend vorhan- den (Einhufer, Wiederkäuer, Cetaceen), oder sie sind endlich auf die Pectoralregion beschränkt (Elephant, Sirenen, manche Prosimii, Chiropte- ren und Primaten). Beim Vorkommen von mehr als einem Zitzenpaar werden zuweilen einige Drüsen abortiv, so dass neben den ausgebildeten und functionsfähigen rückgebildete Organe bestehen, durch rudimentäre Zitzen erkennbar. Aehnlicherweise rückgebildet ist der ganze Apparat bei den Männchen. Als eine Anpassung des Integumentes an die durch Milchdrüsen ge- leistete Ernährung der Jungen sind die bei Beutelthieren bestehenden Hautduplicaturen hervorzuheben, durch welche ein die zitzentragende Fläche des Abdomens umschliessender Sack, das Marsupium, gebildet wird. Seine Ausbildung scheint zu dem Grade der Reife der neugebore- nen Jungen im umgekehrten Verhältnisse zu stehen. Hautskelet. $ 324. Durch Erzeugung von Hartgebilden erhöht sich die Leistung des In- tegumentes als Schutzorgan für den Körper, und bei voluminöserer Ge- staltung jener Theile kann es sogar ein Hautskelet hervorgehen lassen. Die hier in Betracht kommenden Gebilde sind zwar in manchen Fällen be- züglich ihrer Genese unvollständig erkannt, allein sie dürfen doch alle den knöchernen Bildungen beigezählt werden, denen sie in. den höberen Abtheilungen sogar vollständig entsprechen. Den Ausgangspunkt für mannichfache Formen bieten die Hautzähnchen (Placoidschüppchen), die bei Sela- chiern über das ganze Integument verbreitet sind. Man unterscheidet an ihnen eine_der Lederhaut inserirte meist rhomboidal ge- staltete Basis und einen davon sich erhebenden meist in schräg gerichtete Spitzen auslaufenden Abschnitt, der von Epidermis überkleidet wird. An Epidermoidalgebilde, i 447 einzelnen Stellen, wie z. B. am Kopfe, besitzen sie häufig eine gewölbte Oberfläche und liegen unregelmässig, indess sie am Rumpfe nicht selten in 0 EHE © (@) aa) = O @ Fig. 218. Senkrechter Schnitt durch die Haut eines Hai-Embryo. CLederhaut. c, c, ce Straten der- selben. d Oberste Lage. p Papille. E Epidermis. e Cylinderzellenschichte derselben. o Schmelzschichte. ganz regelmässigen schrägen Reihen (Fig. 219) sich vorfinden. Sie ent- stehen auf Papillen der Lederhaut (Fig. 218 p), über welche eine von der Epidermis gebildete Schichte sich hinweg- zieht, die auf dem vorspringenden Theil der Papille eine schmelzartige Substanzlage ab- scheidet, indess der Körper der Papille von der Spitze her ossifi- ceirt. Epidermis und Corium betheiligen sich also gleichmässig an diesen Gebilden. Die ossifieirte Papille bietet einen centralen Hohlraum dar, von dem aus feine verzweigte Canäle nach der Oberfläche ausstrahlen. Das Placoidschüppchen zeigt somit den Bau des Zahnbeines, von Schmelz überzogen, an der Basis in eine aus Knochengewebe ge- bildete Platte fortgesetzt, und darf in dieser Uebereinstimmung mit Zahngebilden als Hautzähnchen bezeichnet werden. Bei den Rochen sind diese Gebilde entweder ganz verloren gegangen (Zitterrochen) oder sie werden durch grössere Gebilde vertreten, die in Form von Stacheln oder grösseren Knochenzähnen gehäuft oder vereinzelt vor- ü kommen (Stachelrochen) } Fig. 219. Hautzähnchen von Centro- Die Hautzähnchen der Haie sind bei ?"°""" PER SEHEN ka den Ganoiden ziemlich allgemein in grössere Knochenplatten umgewandelt, die bei den Rhombiferen am Körper nicht nur die gleiche Anordnung, sondern auch einen im Wesentlichen über- 448 II. 9. Wirbelthiere. einstimmenden feineren Bau besitzen. Grössere Knochentafeln mit klei- neren wechselnd finden sich gi den Stören. Sie besitzen meist noch vollständig die Rhombenform, die bei anderen Ganoiden (den Cyecliferen) verloren ging. Daran reihen sich die meist flachen und dünnen Schuppen der Teleostier. Sie erscheinen durch Mancherlei von den Ganoidschup- pen verschieden, und repräsentiren ein durch die Mannichfaltigkeit der Formen charakterisirtes Auslaufen des bei den Ganoiden bestehenden, von den Selachiern ableitbaren Typus. Bei vielen Teleostiern erleidet die Beschuppung eine Rückbildung bis zu gänzlichem Schwinden. Andererseits entstehen von der Schuppen- bildung einigermassen verschiedene, aus Verschmelzung von Hautzähnchen hervorgehende Theile, wie die Platten und Stacheln der Plectognathen, bei denen es unter festerer Verbindung der Platten zu einer zusammen- hängenden Panzerbildung kommen kann (Panzerwelse, Ostracion, Lopho- branchier). Gleichfalls aus Concrescenzen von Hautzähnchen ableitbare Stücke erscheinen in dem die Gliedmassen überziehenden Integumente bei Ganoiden und Teleostiern. In Compensation des rückgebildeten inneren oder primären Skeletes der Gliedmassen bilden diese Knochenstückchen reiche, terminal oft dichotomisch verzweigte Strahlen und setzen dann einen Stützapparat der Flossen zusammen (secundäres Flossenskelet). Häufig ist der den Vorderrand der Flosse einnehmende Strahl massiver, oder stellt einen mächtigen, sogar dem inneren Skelete verbundenen Stachelstrahl vor, der nicht blos die übrigen Radien überwiegen, sondern auch, wie bei den Panzerwelsen, sogar die gesammte Brustflosse reprä- sentiren kann. HErTwIG, O., Ueber d. Bau u. die Entw. der Placoidschuppen u. der Zähne der Selachier. Jen. Zeitschr. Bd. VIII. — Derselbe, Ueber das Hautskelet der Fische. Morph. Jahrb. Il. $ 325. Von besonderer Wichtigkeit werden die Össificationen des Integu- mentes an jenen Körperstellen, wo Theile des inneren Skeletes an die Oberfläche treten. Die hier vorhandenen Össificationen bilden sich auf dieselbe Weise wie die Knochentafeln an anderen Stellen der Körperober- fläche und sind wieder von einem in den Hautzähnchen gegebenen in- differenten Zustande ableitbar. Während den mannichfachen über den Rumpf verbreiteten Hautknochen eine auf die Fische beschränkte Bedeu- tung zukommt, besitzen andere einen höheren Werth: es sind in bestimmter Anordnung erscheinende Knochenplatten,, die besonders am Kopfe mit Beständigkeit auftreten und dort die Anfänge des knöchernen Schädels, zunächst des Schädeldaches vorstellen (vergl. Fig. 220). Diese Hautknochen gehen durch Vererbung auf alle mit m a SE Ze Epidermoidalgebilde. 449 knöchernem Schädel versehenen Wirbelthierg über, und verbinden sich mit anderen, erst später am Knorpel- schädel auftretenden Ossifica- ; tionen. So trifft es sich zuerst bei den Stören. Neben den grossen Knochentafeln finden sich zahlreiche kleinere, von denen der grösste Theil keine allgemeinere Bedeutung hat. Die specielleren Verhältnisse werden wegen dieser Beziehungen zum inneren Ske- lete bei letzterem auseinander gesetzt werden. Uebrigens sind es nicht Schä- delknochen allein, welche aus Össifica- tionen des Integumentes hervorgehen, auch andere Skelettheile (z. B. die Cla- vieula) besitzen einen ähnlichen Ur- sprung. Endlich nimmt noch eine Kategorie von Knochen ihre Entstehung auf die gleiche Weise aus Placoidschüppchen : die Knochen in der Begrenzung der Mundhöhle, als deren Aus- gangspunkt aus verschmolzenen Placoidschüppchen entstan- dene zahntragende Platten nachesewiesen sind Fig. 220. Kopf von Acipenser sturio = i von oben, die das schraffirt dargestellte knorpelige Cranium deckenden Knochen- schilder vorstellend. $ 326. Hautknochengebilde treffen wir in den höheren Classen, bei den Amphibien und zwar bei den fossilen Archegosauriern, deren Haut- knochen in Gestalt von schildförmigen Tafeln verbreitet waren. Nur in rudimentärer Form finden sich solche Hautknochen vereinzelt bei leben- den Ampbibien. Bei Geratophrys liegt ein Knochenschild in der Haut des Rückens, bei Brachycephalus sind drei mit mehreren Wirbeln verbunden. Scheinbar ausserhalb der Reihe dieser Gebilde stehen die unter den Cöci- lien ziemlich allgemein verbreiteten knöchernen Schuppen, die in taschen- artige Vertiefungen eingesenkt sind. Ausgedehnter sind sie bei Reptilien vorhanden, die sich hiedurch dem alten Amphibienstamme nähern. Bei den fossilen Teleosauriern wie bei den lebenden Crocodilen stellen Hautknochen über das ganze Integu- ment verbreitet eine Art Panzer her, und auch bei Scincoiden finden sich aneinanderschliessende knöcherne Platten im Integumente in allgemeiner Verbreitung. Aehnliche Hautossificationen bilden bei den Schildkröten Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 39 450 II. 9. Wirbelthiere. durch ihre Verbindung mit inneren Skelettheilen eine einseitig entwickelte aber sehr vollständige Form d@gHautskelets, sowohl an der dorsalen Fläche des Körpers als Rückenschild, wie an der ventralen als Bauchschild (Plastron). Am Rückenschilde ist eine mediane Reihe von Knochen zu unterscheiden, die mit den Wirbeldornen verschmolzen ist, wohl auch von ihnen ausgeht. Lateral folgep grössere mit den rippenartigen Quer- fortsätzen verschmolzene Platten, wozu noch rings um den Rand des Schildes besondere Marginalplatten kommen. Diese fehlen bei Trionyx. Am Plastron sind meist 4 paarige und ein unpaares Stück unterscheidbar. Alle diese Theile zeigen eine verschiedengradige Ausbildung in den ein- zelnen Familien. Während die Hautknochen derReptilien wahrscheinlich als eine Fort- setzung des Knochenpanzers der Fische gelten dürfen, müssen wir die bei den Edentaten vorkommenden Össificationen als selbständige, aus An- passungen hervorgegangene Einrichtungen beurtheilen. Inneres Skelet. $ 327. Von grösserer morphologischer Bedeutung als die vom Integumente gelieferten Skeletgebilde ist das innere Skelet, welches einerseits An- knüpfungen an die Einrichtungen Wirbelloser bietet, andererseits durch eine lange Reihe wechselvoller Befunde sich durch alle Abtheilungen der Wirbelthiere verfolgen lässt. Als erster Zustand erscheint das innere Skelet in Form eines die Länge des Körpers durchziehenden stabförmigen Gebildes, in ein- fachster Weise aus indifferenten Zellen zu- sammengesetzt und umgeben von einer aus Abscheidung dieser Zellen hervorgegangenen Cuticularbildung. Dieser primitive Stütz- apparat ist die Rückensaite (Chorda dorsalis, Notochord), die wir bereits bei Tunicaten trafen. (Vergl. $ 303.) Die von ihr gebildete Hülle ist die Chordascheide (cs). Die erste Anlage der Chorda findet un- mittelbar unter dem centralen Nervensysteme statt, und zeigt sich nicht überall in gleicher Or are Beziehung zu den Keimblättern, doch dürfte Rückgrat von Ammocoetes. ch die mittelbare oder unmittelbare Abstammung Chorda. cs Chordascheide. = yom Mesoderm abzuleiten sein. Das einheit- Bückenmark. a Aorta u Venen. ehe, anfänglich in allen Fällen jeder Gliede- rung entbehrende Verhalten der Chorda spricht für die Herleitung dieses Organes aus einem ungegliederten Zustande des Organismus, womit auch sein frühzeitiges Auftreten barmonirt. Inneres Skelet. 451 Die Chorda besitzt constante Lagebeziehungen zu den wichtigsten übrigen Organen. Ueber ihr liegt das centrale Nervensystem, unter ihr findet sich der respiratorische und nutritorische Apparat. Zur Um- schliessung des bezeichneten dorsalen und ventralen Raumes erstrecken sich, von dem die Chorda umgebenden Bindegewebe Fortsätze aus und senken sich zugleich in die Körpermuskulatur ein, die dadurch in eine Anzahl hinter einander liegender Abschnitte getheilt wird. Bei Amphioxus verhalten sich diese Abschnitte insofern asymmetrisch, als sie beiderseits alterniren. Der niedere Zustand des durch die Chorda repräsentirten Axenske- lets bleibt bei den Leptocardiern bestehen, eigenthümliche gewebliche Modificationen aufweisend. Bei allen übrigen Wirbelthieren erscheint die Chorda nur für die ersten Entwickelungsstadien als ausschliessliches Axenskelet, und neue Differenzirungen lassen sie allmählich in ihrem functionellen Werthe sinken. Solche treten sowohl an der Chorda als in dem sie umgebenden Gewebe auf, welches man wegen seiner Be- ziehungen zum späteren Skelete als »skeletogene Schichte« oder als »skeletbildendes Gewebe« bezeichnet. Die Chordazellen stellen ein dem Knorpel ähnliches Gewebe dar, und die Chordascheide gewinnt durch Verdickungen ihrer Schichten eine selbständigere Bedeutung für die Stützfunction. Mit der Bildung von Knorpel- gewebe /Fig. 221b. k) um die Chorda tritt die vorher nur angedeutete Gliederung des Axen- skelets in einzelne als Wirbel bezeichnete Ab- schnitte auf, welche als der am Axenskelete erscheinende Ausdruck einer Meta- merenbildung des Gesammtkörpers sich darstellen und durch ihre Reihenfolge die Wir- belsäule bilden. An jedem Wirbel unter- scheiden wir den die Chorda einschliessenden Abschnitt als Körper und mittelbar oder un- mittelbar davon ausgehende, den dorsalen und ventralen Binnenraum des Leibes umschliessende Spangenstücke als Bogen. Die letzteren unter- scheiden wir nach ihren Beziehungen zu jenen z, 21%. Querschnitt durch beiden Räumen als obere und untere Bogen. das Rückgrat eines jungen Mit der Gliederung des Axenskeletes bildet Lichses. CA Chorda. cs 2 h e E Chordascheide. m Rücken- bei den Cranioten am vordersten Abschnitte ein mark. kObere, k untere Bo- bestimmt abgegrenztes Stück das primitive Ora- genanlage. a Aorta. » Venen. nium. Ein unteres Bogensystem, welches den vordersten, als Athmungs- organ fungirenden Abschnitt des Tractus intestinalis umschliesst, wird als Kiemen- oder Visceralskelet unterschieden. Cranium und Visceralskelet bilden zusammen den vordersten Abschnitt des gesammten Skelets, das Skelet des Kopfes. Die hier sich anschliessenden übrigen 29* 452 II. 9. Wirbelthiere. Skeletbildungen werden durch die mehr oder minder gleichartig bis zum Schwanzende des Körpers v@ufende Wirbelsäule repräsentirt, deren obere Bogen in inniger Verbindung mit den Körpern fortbestehen. Von den unteren Bogen dagegen gliedern sich auf der die Leibeshöhle um- schliessenden Strecke bewegliche spangenförmige Stücke ab, dieRippen. Dazu kommen endlich noch Skelettheile der Gliedmassen, die durch besondere Apparate, den Brust- und den Schultergürtel, dem Rumpfskelete verbunden sind. Der knorpelige Zustand des primitiven Skeletes wiederholt sich all- gemein auch in den höheren Abtheilungen, spielt aber hier nur eine vor- übergehende Rolle, indem Knochengewebe allmählich an seine Stelle tritt, und die Skelettheile damit auf eine functionell höhere Stufe hebt. Dem entsprechend erscheint in den morphologischen Befunden eine rei- chere Diflerenzirung. Aber auch für das knöcherne Skelet kommt dem Knorpel noch eine grosse Bedeutung zu. Von Belang ist auch eine durch Kalkeinlagerung bedingte Modification des Knorpels, welche nicht blos der Ossification knorpelig angelegter Skelettheile vorausgeht, sondern auch, als meist oberflächliche Verkalkung an den Knorpelskeleten nie- derer Gnathostomen (Selachier) eine definitive Einrichtung bildet. Wirbelsäule. $ 328. Die Trennung des Rückgrates in Schädel und Wirbelsäule ist bei Amphioxus noch nicht vollzogen; das gesammte Axenskelet wird gleich- artig durch die Chorda repräsentirt. Bei den Cranioten ist die Scheidung eingetreten. Die niedersten Verhältnisse des Rückgrates bieten Cyclosto- men, deren weiterentwickelte Chorda sammt ihrer Scheide den Haupttheil der Wirbelsäule repräsentirt. Um die Chordascheide findet sich knorpel- artiges Gewebe, welches sich sowohl in seitliche Leisten, als auch in die Wand des dorsalen Canals fortsetzt. Dieses Gewebe ist eine continuirliche Differenzirung der skeletogenen Schichte und darf nicht mit den die Wir- belsegmente begründenden Knorpeln zusammengeworfen werden. Somit besteht hier, streng genommen, noch keine Trennung des Rückgrates in einzelne Wirbel, nur Spuren hiervon finden sich bei Petromyzon, bei welchem die Wand des dorsalen Canals am vorderen Abschnitte einzelne, oberen Bogen entsprechende Knorpelstücke umschliesst, sowie auch An- deutungen unterer Bogen vorkommen. Auch bei Chimären und Dipnoi persistirt die Chorda in ihrem ur- sprünglichen Verhalten. Bei den Chimären bilden ringförmige Verkalkun- gen der ansehnlichen Chordascheide die Andeutung einer Segmentirung des Chordarohrs, allein sie kommen in viel grösserer Anzahl als die Wir- belsegmente vor, welche nur durch der Chordascheide aufgesetzte Bogen- stücke vorgestellt werden. Am vordersten Abschnitte umwachsen sie die . Wirbelsäule. 453 Chorda und lassen , unter sich verschmelzend, ein grösseres einheitliches Stück hervorgehen. Bei den Dipnoi bildet sich um die primitive Chordascheide noch ein besonderes, aus der skeletogenen Schichte ent- standenes Rohr, welchem die knorpeligen, oberflächlich ossificirten Bogen- stücke aufgesetzt sind. In hohem Grade weiter ausgebildet erscheint das Axenskelet der Selachier. Um die Chorda treten die Anlagen oberer und unterer Knor- pelbogen auf, welche, die Chorda umwachsend, knorpelige, ringförmig gestaltete Wirbelkörper herstellen. Der die Chorda umschliessende Theil des Knorpels sondert sich von dem peripherischen in die Bogen sich fort- setzenden, und repräsentirt damit, ähnlich wie bei den Dipnoi, eine Art von knorpeliger Scheide (skeletogene Chordascheide), welche der cuticu- laren Scheide angelagert ist. Bedeutende Verschiedenheiten im Baue der Wirbelsäule der Selachier entspringen aus der Art des Wachsthums der Chorda und ihrer Scheide. Bald stellt der Knorpel ein cylindrisches Rohr vor, an welchem die Wirbel nur durch die Bogen und ringförmige Stücke der skeletogenen Scheide repräsentirt sind; bald zeigt sich ein intervertebrales Wachsthum der Chorda (Fig. 222 B), welche da, wo der Wirbel (v) mit der Entstehung Ce Fig. 222. Schematische Darstellung der Veränderungen der Chorda durch die skeletbildende Schichte. (Längendurchschnitte.) c Chorda. cs Chordascheide. s Skeletbildende Schichte. v» Wirbelkörper. iv Intervertebrale Partie. g Intervertebrale Gelenke. A Gleichmässig entwickeltes Chordarohr mit skeletbildender Schichte (Fische). B Intervertebrales Wachsthum der Chorda. Bildung bieoncaver Wirbelkörper (Fische). € Intervertebrale Einschnürung der Chorda durch Knorpel, mit Erhaltung eines vertebralen Chorda- restes (Amphibien). D Intervertebrale Einschnürung der Chorda (Reptilien, Vögel). E Vertebrale Einschnürung der Chorda mit Erhaltung eines intervertebralen Restes (Säugetliiere). der Bogenstücke sich zuerst um die Chorda angelegt hat, auf dem früheren Umfange bestehen bleibt. Aus diesem Verhalten entstehen biconcave, (amphicöle) Wirbelkörper (B), deren Vertiefungen von der intervertebralen Chorda ausgefüllt werden. Hiedurch sind die für den Bau der Wirbel fast aller übrigen Fische massgebenden Verhältnisse angebahnt. 454 II. 9. Wirbelthiere. $ 329. Bei den Ganoiden schliessen die niedersten Zustände der Wirbelsäule an die einfachste Organisation der Selachier sich an. Ausser den oberen, mit den Wirbelkörpern zusammenhängenden Bogen betheiligen sich bei den Stören wie bei Selachiern und Chimären noch besondere Schalt- knorpel am Verschlusse des Rückgratcanals. Die Chordascheide bildet bei den Stören ein ansehnliches Rohr, eine Scheidung in Wirbel wird nur durch die aufsitzenden Bogenstücke ange- deutet. Von dieser niedersten Form wird die Wirbelsäule der übrigen Ganoiden durch eine weite Kluft getrennt. Amia schliesst sich den Teleostiern an. An den Verbindungsstellen der Bogen mit den Wirbel- körpern erhält sich ein Knorpelrest, der bei Polypterus fehlt, so dass Bogen und Körper knöchern vereinigt sind. Am meisten verschieden zeigt sich Lepidosteus, bei welchem die Knorpelanlage des Wirbels intervertebrale Einschnürungen der Chorda erzeugt. An dem die Einschnürungen bildenden Knorpel entsteht eine intervertebrale Gelenkhöhle, so dass die opisthocölen Wirbelkörper mit einander artieuliren. Hierin bietet sich ein Anschluss an die Amphibien, doch geht der vertebrale Chordarest später verloren und es bildet sich ein knöcherner, mit den oberen Bogen continuirlich verbundener Wirbelkörper aus. An der Wirbelsäule der Teleostier wird eine Reduction der knorpeligen Anlage charakteristisch. Diese Reduction ist als eine allmähliche nachweisbar undsogar an einer und derselben Wirbelsäule lässt sich die von vorne nach hinten vor sich gehende Abnahme der Knorpelanlage in gewissen Entwickelungsstadien erkennen. In der Regel erscheinen um die Chorda vier, oberen und unteren Bogen zugehörige Knorpelstücke (Fig. 221 b. kA’), die sich in verschiedenem Masse an der Bogenbildung betheiligen. Nur selten werden voll- Fig. 223. Senkrechter Querschnitt durch die Mitte eines Wirbels von Esox lucius. ch Chorda. cs Chordascheide. k k' Knorpelkreuz, k den oberen, k' den unteren Bogenanlagen entspre- chend. A Knöcherner Querfortsatz. n Rück- gratcanal. ständige obere Bogen durch sie hergestellt. Mit dem Auftreten von Knochensubstanz werden diese Knorpel meist ins Innere des Wirbelkörpers eingeschlossen und stellen dann auf senkrechtem Querschnitte ein schräg stehendes Knorpelkreuz vor (vergl. Fig. 223. k A), dessen Schenkel gegen die knöchernen Bogen gerichtet sind. Immer findet sich interverte- brales Wachsthum der Chorda, welches den Wirbel- körper amphicöl erscheinen lässt. $ 330. Die Wirbelsäule der Fische ist nur in eine Rumpf- und eine Schwanzregion unterschieden. Beide sind durch das verschiedene Ver- Wirbelsäule. 455 halten der untern Wirbelfortsätze ausgezeichnet, während die oberen Bogen in Verbindung mit der Wirbelsäule ihr gleichartiges Verhalten bei- behalten und meist durch mediane Fortsätze (Proc. spinosi) ausgezeichnet sind. Die untern Bogen erscheinen am Rumpfe in Rippen und diese tra- gende Querfortsätze (Parapophysen) gegliedert. Am Schwanze erhalten sie sich bei Selachiern und Ganoiden mit dem Wirbelkörper in continuir- licber Verbindung, und laufen, ähnlich den oberen Bogen, in Dornfort- sätze aus. Bei den Teleostiern gehen die rippentragenden Querfortsätze unter allmählicher Gonvergenz am Caudalabschnitte in untere Bogenbildungen über, die, obwohl sie Dornfortsätze bilden, jenen der Selachier und Ganoiden nicht homolog sind. Das caudale Ende der Wirbelsäule läuft bei Chimären, Dipnoi und vielen Teleostiern unter gleichmässiger Verjüngung aus, zeigt aber bei den meisten Fischen bedeutende, mit der Entfaltung der Schwanzflosse zusammenhängende Modificationen. Diese betreffen zunächst die unteren Bogenstücke, welche bei den Haien terminal bedeutend verbreiterte Dornfortsätze bilden, denen die vorzüglich ventral entwickelte Schwanz- flosse verbunden ist. Bei manchen Haien, mehr noch bei den Stören, geht dieses Schwanzskelet eine sehr ungleiche Differenzirung ein. Die mächtigere Ausbildung der unteren Dornfortsätze ist nämlich von einer Rückbildung der oberen Dornfortsätze wie der oberen Bogen der letzten Gaudalwirbel begleitet, woraus eine Aufwärtskrümmung des Caudalendes der Wirbelsäule resultirt. Der bei den Haien untere Lappen der Schwanz- flosse empfängt damit eine terminale Stellung. * „ Bei den Teleostiern tritt noch eine Verkümmerung des Axentheils der Wirbelsäule hinzu. Indem eine Anzahl der letzten meist verschmelzen- den Wirbelkörper mit ihren oberen . En Bogen sich unvollständig oder gar IN d nicht mehr entwickelt, indess deren I TERN untere Bogenstücke erhalten bleiben, N N muss die Aufwärtskrümmung sich „eEz in demselben Masse steigern, als ES Zahl- und Volumsentfaltung der un- —x teren Bogenstücke über die oberen To Z das Uebergewicht gewinnt. Dieser Mo 9 : Zustand ‚Fig. 224) selzk sich durch Fig. 224. Ende der Schwanzwirbelsäule eines Rückbildung einer grösseren Anzahl jungen Cyprinoiden. » Wirbelkörper. n von Wirbelkörpern hier noch weiter Obere, A untere Bogen (die knorpeligen Theile d e BE sind punktirt. c Ende der Chorda. d Deckende fort, so dass nur Noc eren untere Knochenlamelle. * Knochenstrahlen der Bogen bestehen (Physostomen). Schwanzilosse. Endlich verschwinden die Wirbel völlig und die Reste der unteren Bogen des Schwanztheiles verbinden sich als senkrechte Platten mit einem einzigen, das Ende der Wirbelsäule darstellenden Wirbel, von dem 456 ll. 9. Wirbelthiere. ein aufwärts gerichteter griffelförmiger Fortsatz (Urostyl) das Ende der Chorda aufnimmt (Acanthopteri)® Mit diesen von der Wirbelsäule gebildeten Theilen verbinden sich vom Integumente gelieferte Stützorgane, die in die Schwanzflosse ein- gehen. Bei Selachiern sind das die sogenannten Hornfäden, bei Ganoiden und Teleostiern Ossificationen, welche die Strahlen der Flosse bilden. Wie die Schwanzflosse so erhalten auch die anderen unpaaren Flossen ihre Stützorgane theils vom Axenskelete, theils vom Integumente. Bei Selachiern treten von Dornfortsätzen abgegliederte Knorpelstücke in jene Flossenbildungen ein, und gewinnen allmählich eine selbständige Bedeu- tung. Bei Ganoiden und Teleostiern sind sie als » Flossenstrahlträger « discrete Knochenstücke geworden, aus dem Zusammenhange mit den Dornfortsätzen gelöst. Sie stehen mit den Flossenstrahlen in Verbindung, welche bald aus einzelnen Knochenplättchen zusammengesetzte geglie- derte Gebilde sind, bald durch solide Knochenstäbe (Stachelstrahlen) vor- gestellt werden. $ 331. Bei den Amphibienwirbeln umwächst die ‘knorpelige Anlage der Bogen die Chorda, und bildet an letzterer durch intervertebrale Wuche- rungen Einschnürungen (Fig. 222. C). Bei vielen wird an diesen Stellen die Chorda zerstört. Bei den Anuren persistirt die Chorda in Mitte des Wirbelkörpers, wovon nur jene eine Ausnahme bilden, deren Wirbel- körper über der Chorda angelegt wird (Hyla, Bombinator, Pelobates etc.). Aus dem intervertebralen Knorpel gehen mit dem Auftreten von Gelenk- höhlen die Gelenkenden der Wirbelkörper hervor. Unvollständig sind diese Intervertebralgelenke bei den meisten Urodelen, deren Wirbelkörper alle Stadien der Gelenkbildung erkennen lassen. Bei anderen Urodelen besitzt der intervertebrale Knorpel nur eine geringe Entwickelung, so dass die Chorda von ihm nur wenig oder auch gar nicht eingeschnürt wird. Sie erhält sich in der ganzen Länge der Wirbelsäule, abwechselnd eingeschnürt und erweitert bei Menobranchus, Siredon, Menopoma. Bei den letzteren tritt die Betheiligung des Knor- pels am Aufbau der Wirbel beträchtlich zurück und es lässt sich eine bei den Salamandrinen beginnende bis zu Proteus hinführende Reihe nach- weisen, in welcher der Intervertebralknorpel allmählich rückgebildet wird. In demselben Masse als diese Rückbildung stattfindet, wird der Wirbel durch Ablagerungen von knöchernen Schichten dargestellt, die sogar theilweise direct der Chordascheide auflagern können. Anlagen oberer und unterer Bogen sind am Rumpfe nicht mehr dis- ceret, vielmehr scheinen beide hier in einer gemeinsamen Knorpelmasse zusammengetreten zu sein. So geht von hier an ein bei Fischen erkenn- bares Verhalten verloren und die Anlage des knorpeligen Wirbels wird frühzeitig einheitlich gestaltet. Wirbelsäule. ' 457 Die Verkümmerung des hinteren Endes der Wirbelsäule bei den Anuren lässt eine geringe Wirbelzahl zur Entwickelung kommen. Mit dem Verschwinden des Schwanzes bildet sich dann aus einigen Wirbel- anlagen ein langes, dolchförmiges, gewöhnlich als Steissbein bezeichnetes Knochenstück (Fig. 225. c), so dass mit diesem höchstens zehn Wirbelsegmente unterscheidbar sind. In viel grösserer Zahl erscheinen sie bei den Urode- len, bei Amphiuma bis über 100, Menopoma 48, Salamandra 42, und bei den CGöcilien gegen 230. Von den Fortsätzen der Wirbel sind die Quer- fortsätze (tr) bei Salamandrinen wenig voluminös, die vorderen meist in zwei Schenkel getheilt, an- sehnlicher aber einfach sind sie bei Anuren. Obere Dornfortsätze bestehen nur rudimentär. Gelenkver- bindungen der Bogentheile der Wirbel finden sich unter Ausbildung paariger Gelenkfortsätze in allge- meiner Verbreitung. Durch die Verbindung. des Beckengürtels mit der Wirbelsäule trennt sich nicht nur der Caudal- abschnitt schärfer vom Rumpftheile, sondern es wird noch ein Sacralabschnitt durch einen Wirbel reprä- a aan 2 A ig. 225. Wirbelsäule sentirt, der meist durch mächtige Querfortsätze und Becken des Fro- (besonders bei Pipa) sich auszeichnet. sches. Zr Querfürteatze; 5 r : FR s Sacralwirbel. c Steiss- GEGENBAUR, Unters. über die Wirbelsäule der Amphibien. vyein. sl Ilium. is Scham- Leipzig 4861. Sitzbein. f Femur. $ 332. Um die Chorda dorsalis bildet sich bei den Sauropsiden die Anlage der Wirbelsäule, ähnlich wie bei den Amphibien. Knorpelige Wirbel- körper senden eben solche Bogenstücke aus, die den Rückgratcanal ab- schliessen. Auch die intervertebrale Einschnürung der Chorda besteht (vergl. Fig. 222. D), doch geht die ganze Chorda (mit Ausnahme bei den Ascala- boten) zu Grunde. Die Trennung der continuirlichen Anlage in einzelne Wirbelkörper geschieht ähnlich wie bei den anuren Amphibien, und bei Eidechsen und Schlangen gehen daraus procöle Formen hervor. Bei Cro- codilen und Vögeln werden die zwischen den Wirbelkörpern des Halses liegenden Knorpelpartieen der Anlage zu einem besonderen interverte- bralte Apparate verwendet. Von den oberen Bogen erstrecken sich Gelenkfortsätze zu den nächst vordern und hintern Wirbeln. Sie sind sehr entwickelt an der Hals- wirbelsäule der Schildkröten. Obere Dornfortsätze finden sich in ver- schiedenem Masse, besonders an den Rumpfwirbeln, bei den CGrocodilen und vielen Eidechsen auch noch an den Schwanzwirbeln vor. Querfort- sätze nehmen entweder vom Wirbelkörper selbst, oder doch dicht an 458 ll. 9. Wirbelthiere, diesem ihren Ursprung. Sie sind an der Rumpf- und Schwanzwirbel- säule der Crocodile ansehnlich gefaltet, am meisten jedoch bei den Schild- kröten, wo sie von den im Integumente entstandenen Knochenplatten des Fig. 226. Halswirbel von Vultur einereus. c Körper. p Bogenstücke. s Dornfortsatz. co Rippen- rudiment. Rückenschildes umwachsen werden. In einen oberen und unteren Theil gespalten erscheinen sie bei Schlangen. Rippen sind bei Reptilien und Vögeln längs des ganzen Rumpftheiles der Wirbelsäule vor- handen, und fehlen nur den Schildkröten. Die bei den Reptilien beweglichen Halsrippen verwachsen bei den Vögeln (Fig. 226. co) mit den Wirbeln und begrenzen mit letzteren ein Foramen, transversarium. Untere Bogen finden sich am Caudaltheile der Wirbelsäule bei Eidechsen, Schildkröten und Croco- dilen, wo sie sich immer zwischen zwei Wirbel- körpern befestigen und zur Herstellung eines Caudalcanals beitragen. Rudimentär sind sie bei den Vögeln vorhanden. Ganz verschieden hier- von sind untere Fortsätze, die bei Schlangen, Eidechsen und Vögeln direct von den Wirbelkörpern ausgehen. Fig. 227. Sacraltheil der Wir- belsäule eines Reptils mit den benachbarten prä- und postsacralen Wirbeln. Beide schematische Figuren gestellt und zeigen linkerse Figuren: a erster Sacralwirb Präsacralwirbel. 1', 2,3, 4’. Die Vergleichung mit den Amphibien lässt an der Wirbelsäule der Reptilien und Vögel eine reichere Gliederung wahrnehmen. Durch die Verbindung einer Anzahl von Rippen mit einem Brustbein son- dert sich sowohl ein Halstheil der Wirbel- säule, wie auch ein Len- dentheil schärfer. Der letztere umfasst die prä- sacrale, mit nur kurzen Rippen ausgestattete Wirbelgruppe und ist deutlich bei Eidechsen und Crocodilen. Die mangelnde Sternalver- Fig. 228. Saeraltheil der Wirbel- bindung bei Schlangen 1 ET SIE lässt Brust- und Hals- abschnitt indifferent er- sind von der ventralen Fläche dar- scheinen, wie auch eine its die Nervengeflechte. Für beide Lendenregion nicht un- el, db zweiter Sacralwirbel. 1,2,3,4... E 4 .. . Postsacralwirbel (Caudalwirbel). terscheidbar ist. Auch Wirbelsäule. 459 bei den Schildkröten bieten die Wirbel des Rumpfes ein gleichartiges Verhalten dar. Die Differenzirung jener Abschnitte ist keine scharfe, in- sofern bei Eidechsen und Crocodilen wie bei Vögeln die letzten Rippen des Halstheiles nur wenig an Länge von den nächstfolgenden an das Ster- num gelangenden verschieden sind. Aehnliches gilt vom Lendentheile der Eidechsen, der bei den Vögeln sogar mit dem eigentlichen Sacral- abschnitt sich verbindet. Der sacrale Theil der Wirbelsäule bietet eine Vergrösserung, indem bei Reptilien mindestens noch ein zweiter Wirbel (Fig. 227. a b) zu dem schon bei Amphibien vorhandenen tritt. Diese Wirbel gehen zugleich festere Verbindungen ein, und verschmelzen völlig unter einander bei den Vögeln, zu deren primitiven Sacralwirbeln (Fig. 228. a b) noch eine grössere Anzahl präsacraler und postsacraler Wirbel sich fügt, die alle mit dem Darmbein Verbindungen eingehen. Im so- genannten Sacrum der Vögel sind sowohl thorakale als lumbale wie caudale Wirbel zu erkennen, welche die Ge- sammtzahl bis auf 23 (bei Struthionen) erheben. Die beiden echten Sacralwirbel sind bei Hühnervögeln, vielen Schwimmvögeln, auch bei Raubvögeln sehr deutlich unterscheidbar. Die schwankendsten Verhältnisse bietet der CGaudalabschnitt, an welchem sowohl bei Schildkröten als Vögeln eine bedeutende Reduction sich ausspricht. Unter den Vögeln tritt bei den Carinaten ausser der Reduction der Zahl auch eine Verschmelzung von % — 6 discret angelegten Wirbeln ein, woraus der letzte, ein grösseres Stück darstellende, gewöhnlich als »Steissbein« oder »Pflugscharbein« bezeichnete Abschnitt der Wirbelsäule hervorgeht, der in Anpassung an die Beziehung zu den Steuerfedern meist in eine senkrechte Platte sich auszieht. $ 333. Bei den Säugethieren umwächst die knorpelige Anlage der Wirbel- säule die Chorda dorsalis und bildet an der je einem Wirbelkörper ent- sprechenden Stelle eine Einschnürung, so dass die Chorda sich interverte- bral länger erhält (Fig. 222 E). Aus dem sie hier umgebenden Gewebe bildet sich die intervertebrale Bandscheibe aus, in welcher der Chordarest als »Gallertkern« fortbesteht. Von den Wirbelkörpern aus erstreckt sich der Knorpel in die oberen Bogen. Sowohl im Wirbelkörper als an den Bogen entstehen selbständige Ossificationen und die von da aus ver- knöchernden Stücke verschmelzen erst nach Abschluss des Wachsthums. Die Bogen bilden an den meisten Wirbeln Dornfortsätze. Bei den langhalsigen Ungulaten (Giraffe, Kameel, Pferd) fehlen sie an der Hals- wirbelsäule, sind dagegen am Rumpftheile bedeutend entwickelt. Letz- teres gilt auch von den Cetaceen, an deren Caudaltheil sie noch ansehn- licher sind. Allgemein bestehen Gelenkfortsätze, die nur bei den Cetaceen Rückbildungen erlitten haben. Als Querfortsätze pflegt man sehr ver- 460 lI. 9. Wirbelthiere. schiedenartige Bildungen zu bezeichnen, die bald von den Wirbelbogen, bald von den Körpern entspring@@#® Den einfacheren Zustand bieten diese Processus transversi an der Hals- und Brustregion. An ersterer erleiden sie eine Complication durch die Verbindung mit Rippenrudimenten, die mit ihnen verwachsend ein Foramen transversarium umschliessen helfen. An der Brust tragen sie gleichfalls Rippen, die ihnen ventralwärts ange- schlossen sind. Doch können sie auch terminal Rippen tragen, wie die hinteren Brustwirbel der Getaceen. Beim Uebergang der Brustwirbel in den Lumbaltheil der Wirbelsäule erscheint in grosser Verbreitung eine Differenzirung der Querfortsätze in drei besondere Fortsätze. Nach vorne gerichtete, zuweilen sehr ansehnlich werdende Höcker bilden die Pro- cessus mamillares, die auch auf die Wurzel der vorderen Gelenk- fortsätze rücken können, Nach hinten und aufwärts gerichtete Fortsätze stellen die Proc. accessorii vor, und ein dritter Fortsatz ist lateral, häufig auch abwärts gerichtet, und bildet die Proc. transversi (Pr. laterales) der Lendenwirbel. Die einzelnen Abschnitte der Wirbelsäule sind bei den Säugethieren schärfer als bei den Reptilien und Vögeln differenzirt. Vornehmlich ist es die Halsregion, die, durch den constanten Besitz von 7 Wirbeln ausge- zeichnet, von dem Brustabschnitte sich bestimmter abgrenzt, indem ihre Rippenrudimente zu den Brustrippen nur ausnahmsweise allmähliche Uebergänge bieten. Eine Vermehrung der Halswirbel bei Bradypus auf 8 oder 9 erklärt sich aus dem Uebergange von Brustwirbeln in den Hals- abschnitt, ebenso wie eine Verminderung auf 6 bei Choloepus und dem australischen Manati aus einer vollständigen Entwickelung der Rippe des siebenten Halswirbels ableitbar ist. Die Lendenregion ist durch den Mangel beweglicher Rippen ausge- zeichnet. In der Sacralregion findet sich meist nur ein das Darmbein tragender Wirbel, dem sehr häufig noch ein zweiter sich ähnlich verhält. Seltener erstreckt sich die Darmbeinverbindung noch auf einen dritten Wirbel. Indem diese untereinander und noch mit einem oder einigen Caudalwirbeln verschmelzen, bildet sich ein einheitlicher Abschnitt als »Os sacrum« aus, an welchem wir also die echten Sacralwirbel von den unechten aus Caudalwirbeln entstandenen zu unterscheiden haben. Bei Edentaten wird die Zahl der Sacralwirbel durch Verbindung der Sitzbeine mit der Caudalwirbelsäule vermehrt. Auf diese Weise entsteht eine Aus- dehnung des Sacraltheiles über 8—9 Wirbel. Der Schwanztheil der Wirbelsäule ist auch bei den Säugethieren der variabelste, er bietet innerhalb der meisten Abtheilungen sowohl Zustände srosser Entwickelung, als auch bedeutende Rückbildungen. So erhebt sich die Wirbelzahl bei den Affen bis auf 30, um bei einigen selbst uuter jene Zahl zu sinken, welche noch beim Menschen sich erhalten hat. Wie sich dadurch der letzte Absehnitt dem vordersten oder Halstheil entgegensetzt, so ist der zwischen inne liegende bezüglich der Zahlen- verhältnisse minder constant als der Halsabschnitt, aber auch minder Wirbelsäule. 461 schwankend als der Caudaltheil der Wirbelsäule. Die Zahl der Dorsolum- balwirbel stellt sich sehr hoch bei den Halbaflen (23—24 bei Lemur), bei Choloepus (27), bei Einhufern (24) u. a., am höchsten bei Hyrax (29). Geringer ist sie bei den übrigen Abtheilungen. Innerhalb der grösseren Abtheilungen spricht sich die gemeinsame Abstammung der einzelnen Gattungen in einer ziemlich vollständigen Uebereinstimmung der Gesammtzahl der Dorsolumbalwirbel aus. Für die Beutelthiere und Artiodactylen ergeben sich durchgehend 19; und ebenso viel oder 20 herrschen bei den meisten Nagern, den Raubthieren (21 bei Paradoxurus und Procyon) und der Mehrzahl der Primaten, während sie bei einigen der letzteren auf 18 oder 17 sinkt, womit zugleich die meisten Chiropteren übereinstimmen. Die Verschiedenheiten innerhalb der Dorsolumbalregion entspringen dann aus dem Verhalten der Rippen, deren Rückbildung eine Vermehrung der Lumbalwirbel hervorruft. $ 334. Bei den mannichfachen Differenzirungen der Wirbel sind die extre- men Zustände in der Regel durch Uebergangsformen verknüpft. Nur an den beiden vordersten Wirbeln prägt sich eine ausschliesslich auf diese beschränkte Einrichtung aus, die aus der Verbindungs- und Bewe- gungsweise des Schädels an dem Rückgrate hervorgeht. Bei den Fischen bestehen in der Verbindung zwischen Schädel und erstem Wirbel zuweilen eigenthümliche Einrichtungen, bei Rochen sogar Gelenke, die auch bei Teleostiern an seitlichen Fortsätzen sich finden. An- dere Modificationen beginnen bei den Amphibien. Der erste Halswirbel ist ringförmig, indem er gewöhnlich der Querfortsätze entbehrt, die nur bei Verschmelzung mit dem folgenden Wirbel vorkommen (Pipa). Dieser erste Wirbel wird als Atlas bezeichnet. Bei den Reptilien bleibt der Körper des Atlas, vor jenem des zweiten, als Epistropheus unter- schiedenen Wirbel gelagert, von seinen Bogenstücken getrennt, und ver- bindet sich enger mit dem Körper des Epistropheus als mit letzteren. Da- bei entsteht unter diesem Körper ein besonderes, die Bogenstücke ventral vereinigendes Stück, und bei den Grocodilen findet sich noch ein dorsales Schlussstück des Bogentheils. Bei den Schlangen verwächst in der Regel der dem Körper des Atlas entsprechende Theil mit dem zweiten Hals- wirbel, und bildet dessen Zahnfortsatz, ebenso bei den Vögeln, bei wel- chen auch die ventrale Bogenverbindung im Vergleich zu jenem »Processus odontoides« eine bedeutendere Grösse erreicht. Das Verhalten bei den Reptilien repräsentirt bei den Säugethieren einen embryonalen Zustand, der bei den Monotremen länger währt, als bei den Uebrigen, und selbst bei Beutelthieren häufig durch Trennung des Atlaskörpers vom Epistropheus fortbesteht. Sonst geht der Körper des Atlas vollkommen in den Zahnfortsatz des Epistropheus auf. Die untere Vereinigung der Bogen wird bei Marsupialien nur durch ein Ligament 462 II. 9. Wirbelthiere. hergestellt oder es entsteht an dessen Stelle ein distineter Knochen, bei den Monodelphen eine knöchermgßrentrale Spange zwischen den beiden Bogenhälften. Rippen. $ 335. Als Rippen bezeichnet man Skelettheile, die aus den unteren Bogen- stücken der Wirbel hervorgingen, vorübergehend oder dauernd mit der Wirbelsäule beweglich verbunden sind, und in der Regel einen subverte- bralen Raum spangenartig umziehen. Dieser Raum zerfällt in zwei, so- wohl nach dem Umfange, als nach den eingelagerten Organen differente Abschnitte. Der vordere ist die Leibeshöhle. Der hintere Abschnitt setzt sich in den Schwanz fort und bildet den engen, zuweilen in zwei über- einander verlaufende Theile geschiedenen Caudalcanal. So sehen wir die Verhältnisse bei Fischen, bei denen auch in der Gliederung der Körper- regionen die indifferentesten Zustände walten. Die Vergleichung der Contenta der beiden Strecken des subvertebra- len Raumes lässt eine Verschiedenheit ihrer Volumzustände wahrnehmen. Während im Caudalcanal Blutgefässe oder höchstens noch Theile der Nie- ren eingelagert sind, in allen Fällen Organe von wenig variablem Volum, werden an den Organen der Leibeshöhle bedeutende, häufig in regelmäs- siger Folge von Füllung und Entleerung sich äussernde Volumschwan- kungen wahrnehmbar. Diesem Verhalten entsprechen die an den unteren Bogen wahrnehmbaren Einrichtungen. Sie erscheinen als unmittelbare Fortsätze der Wirbel am caudalen Abschnitt, und sind unbeweglich ; dagegen sind sie am abdominalen Abschnitte in Anpassung an den veränderlichen Umfang des von ihnen umspannten Raumes von den Wirbeln abgegliedert und mehr oder minder beweglich den Wirbel- körpern oder davon ausgehenden Fortsätzen (Querfortsätzen) angefügt. Somitbetrachten wirdieRippen alsDifferenzirungen des unteren Bogensystems, von welchem je nach der Ausdehnung der Leibeshöhle längs der Wirbelsäule eine verschieden grosse Zahl von Bogenstücken in die freiere Rippenform übergeht. Diese die Genese der Rippen erklärende Auffassung lässt dann die nach Art der Rippen sich verhaltenden, aber nicht mehr die Leibeshöhle umschliessenden un- teren Bogenbildungen nicht als primitive Gebilde beurtheilen, sondern als solche, die einmal Rippen waren, und somit eine bedeutendere Ausdeh- nung der Leibeshöhle nach hinten voraussetzen. $ 336. Nachdem die indiflerenten unteren Bogen bereits bei der Wirbel- säule ihre Beachtung fanden, liegen uns hier nur die Rippen und ihre Derivate vor. Sie fehlen nur den Leptocardiern und Cyelostomen voll- Rippen. 463 ständig, auch den Chimären. Bei den übrigen Wirbelthieren treffen wir sie bald in rudimentärer Form, bald ausgebildet und dann auch zu einem ventralen Abschlusse gelangend. Letzterer lässt ein besonderes Skelet- stück, das Sternum, hervorgehen. Sämmtliche Rumpfwirbel können Rippen tragen. Meist ganz gleich- artig erstrecken sie sich bei den Fischen bis zur Caudalregion. Niemals gehen sie untere, ventrale Verbindungen ein, denn wo sie hier mit ande- ren Skelettheilen zusammenhängen, gehören diese dem Hautskelet an (Clupeiden). Rudimentär treffen wir sie bei den Selachiern, meist nur durch kurze Knorpelstückchen vorgestellt, ansehnlicher sind sie bei den Stören (Acipenser). Sie finden sich nicht in der unmittelbaren Um- schliessung der Leibeshöhle,, sondern lagern mehr oder minder weit in der Muskulatur, wodurch die oben für die Entstehung der Rippen gege- bene Erklärung nicht beeinträchtigt wird. Die Ganoiden mit knöchernem Skelete besitzen die Rippen in voll- ständiger Ausbildung. Am Caudalabschnitte der Wirbelsäule gehen sie wie bei Selachiern und Stören allmählich in untere Bogen über, die an- fangs auf dieselbe Weise wie vorher die echten Rippen mit den Wirkelkörpern verbunden sind. Bei den Knochenfischen bieten sich bezüglich der Rippen sehr variable Verhältnisse. Häu- fig sind sie rudimentär oder feh- len vollständig (Lophobranchier, Gymnodonten u. a. m.). Dass auch untere Bogen Rippen tra- gen können (Fig. 229. C), ist aus derselben oben beurtheilten Fig. 229. Verschiedenes Verhalten der Rippen und der Querfortsätze bei Teleostiern. c Wirbelkörper. 0 Obere Genese der unteren Bogen der Bogen. « Querfortsätze. r Rippen. Teleostier verständlich. In ein- zelnen Abtheilungen der Physostomen erleiden die vordersten Rippen Umbildungen, indem aus ihnen mit der Schwimmblase sich verbindende Knochen hervorgehen, die eine zum Gehörorgane leitende Kette formiren (Cyprinoiden). Rippenartige Gebilde sind bei Polypterus zwischen dorsale und ventrale Seitenrumpfmuskeln eingelagert, bis zum Integumente sich erstreckend. Sie finden sich ebenso bei Amia und den Physostomen, zu- weilen sehr mächtig, so dass sie für die eigentlichen Rippen angesehen werden. Meist sind sie gleich vom Anfange an gabelig getheilt. Unter den Amphibien bieten die Gymnophiona die vollkommenst entwickelten Rippen, die nur dem ersten und dem letzten Wirbel ab- gehen. Rudimentär treten sie bei den Urodelen auf, als kurze, mit zwei Schenkeln beweglich angefügte Stücke, nach hinten in einfachere Formen übergehend. Wie schon bei Selachiern, erstrecken sie sich in die Musku- 464 II. 9. Wirbelthiere. latur. Auch der Querfortsatz des Sacralwirbels trägt ein Rippenrudi- ment, welches die Verbindgg@ mit dem Becken vermittelt. Bei den Anuren sind sie gleichfalls rudimentär, oder fehlen gänzlich. $ 337. Unter den Reptilien dürften sich die Schildkröten den anuren Am- phibien anreihen, Rippen fehlen am Halstheile der Wirbelsäule gänzlich, und von den rippenartigen Fortsätzen, die am Rumpfe mit Hautknochen sich verbinden, ist zweifelhaft, ob sie nicht den Querfortsatzbildungen zuzuweisen seien. Bei den übrigen Reptilien ist eine Verbreitung der Rippen an fast allen Rumpfwirbeln vorhanden. Eidechsen und Schlangen fehlt die Rippe des Atlas, bei ersteren auch wohl die des zweiten Hals- wirbels. Während bei ihnen ein Theil der Rumpfrippen mit einem Ster- num verbunden ist und dadurch eine grössere Scheidung der rippen- tragenden Abschnitte der Wirbelsäule bedingt, verhalten sich die Rippen der Schlangen vom zweiten Halswirbel an bis zum Rumpfende in ziem- lich gleichartiger Weise. Alle zeichnen sich durch sehr bewegliche Ver- bindung mit der Wirbelsäule aus. Die mit dem Sternum verbundenen Rippen der Eidechsen und Cro- codile sind immer in mehrere Abschnitte gesondert, von denen meist nur der obere, vertebrale, vollständig ossificirt. Die sternalen Enden bleiben Fig. 230. Hals- und.Brustwirbelsäule von Crocodilus. c Rippen. e' Rippe des Atlas. s? Sternum. in der Regel knorpelig und fügen sich nur zu wenigen Paaren direct dem Sternum an. Eine grössere Anzahl verbindet sich nicht selten zu einem dem hinteren Sternalende angefügten Knorpelbogen. Die Trennung einer Rippe in zwei Stücke kommt schon an den letzten Halsrippen vor und bildet damit einen Uebergang zu dem Verhalten der Brustrippen. Die Verbindung der Halsrippenrudimente mit der Wirbelsäule führt bei den Vögeln an dem grössten Theile der Halswirbelsäule zu einer völligen Verwachsung, dagegen ist ihre Verbindung an den letzten Hals- wirbeln freier, und bildet einen Uebergang zu den das Sternum erreichen- den Brustrippen. Die letzteren treffen sich, wie bei Eidechsen, in gerin- gerer Anzahl und sind gleichfalls in ein vertebrales und sternales Stück ‚Os sternocostale) geschieden. Die vertebralen Stücke sind durch rück- Rippen. 465 wärts gerichtete Fortsätze (Processus uncinati) ausgezeichnet, welche an den Körper der nächstfolgenden Rippe sich anlagern und dem Thorax ein festeresGefüge verleihen. Diese Einrichtung kommt auch manchen Sauriern (Sphenodon) zu und besteht auch bei Crocodilen. Diese Fortsätze sind nicht knorpelig angelegt, sondern sind secundäre Össificationen. Bei den Vögeln entbehrt der ins Sacrum aufgenommene Lumbaltheil der Wirbelsäule der Rippen, dagegen finden sich unzweifelhafte Rudimente an den echten Sacralwirbeln vor, so dass das Ilium auch hier nicht direct mit den Wir- beln, sondern mit den jenen angefügten Rippenrudimenten sich verbindet. Aehnliche Rudimente sind auch bei Crocodilen erkennbar. Bei entwickelter Schwanzregion bestehen an demselben die gleichen, den Caudalcanal um- schliessenden Gebilde, die oben als Rippenrudimente gedeutet sind. Bezüglich der Costo-Vertebralverbindung ist bei Sauriern, Crocodilen und Vögeln eine doppelte Anfügestelle verbreitet, indem die Rippe mit einem Capitulum ($#) am Körper, mit einem Tubereulum (a) am Querfortsatze artieulirt. Für die hinteren Rippen bahnt sich allmäh- lich eine einfache Verbindung an. Bei den Säugethieren sind die Halsrippen vollständig in die Wirbel aufgegangen und nur hin und wieder tritt am letzten Halswir- bel eine freie Rippe auf. Die in verschiede- Fig. 231. Thorsalwirbel von Buteo ner Zahl vorhandenen Brustrippen lassen die vulgaris. c Körper des Wirbels Trennung in die zwei oben erwähnten Stücke a Ra satz. io Rippe. a Tuberculum. darin erkennen, dass die Verknöcherung nie 8 Capitulum. die ganze Rippe gleichmässig ergreift, son- dern eine sternale Portion knorpelig lässt. Wenn auch diese verknöchert (Edentaten, Cetaceen), so bildet sie ein selbständiges Stück, welches bei Ornithorhynchus an den fünf letzten Rippen, ähnlich auch bei Manis, nochmals getheilt ist. Nur die vorderen Rippen erreichen das Brustbein. Die hinteren ver- binden sich entweder mit dem Sternalende nächstvorderer, oder sie laufen frei aus, und schliessen somit an rudimentäre Formen an, zu welch’ letzteren auch die bei Cetaceen vorkommenden, sogar der Ver- bindung mit der Wirbelsäule entbehrenden letzten Rippen gehören. In der Lendenregion sind die Rippen mit den Querfortsätzen verschmolzen. Dass der Querfortsatz selbst die Rippe repräsentire, ist jedoch nicht be- gründbar. Viel bestimmter sind Rudimente von Rippen an den 2 —3 ersten Saeralwirbeln nachweisbar, wo sie wie in den unteren Qlassen die Verbindung mit dem Darmbein vermitteln. Sie erscheinen hier unter der Form den Querfortsätzen angefügter ventraler Stücke. Endlich bestehen bei langgeschwänzten Säugethieren auch die als untere Bogen erscheinen- den Rippenrudimente. Die für die Halsrippen allgemeine doppelte Ver- bindung setzt sich auf den Brustabschnitt fort, vereinfacht sich aber für die hinteren Rippen. Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 30 466 II. 9. Wirbelthiere. Ss er. num. 8 338. Das Brustbein bildet den ventralen Abschluss des durch die Rip- pen dargestellten Bogengerüstes. Es entsteht aus einer mit den Rippen gleichen Anlage, als ein die betreffenden Rippen jederseits unter einan- der verbindender Knorpelstreif. Es erscheint somit als paariger Skelet- theil, aus dessen medianer Verschmelzung das spätere Verhalten hervor- geht. Wir treffen es erst bei den Amphibien. Es lässt also für diese einen Zustand voraussetzen, in welchem die Rippen zu einer sternalen Verbin- dung gelangt waren. Von diesem Zustande hat sich hier, ausser den Rippenrudimenten, nur der die Sternalanlage vorstellende Theil erhalten, dessen Conservirung durch die Verbin- dung mit dem Schultergürtel verständlich wird. So erscheint es bei den Salaman- drinen als eine breite dünne Knorpel- platte, die zur Aufnahme der Coracoid- stücke des Schultergürtels tiefe Falze zeigt. Bei den Anuren (Fig. 232. p) tritt Fig. 232. Sternum und Schultergürtel von es sogar an den hinteren Rand der unter BE A $ EI einander median vereinigten Coracoi- lare. co Coraooid, in der Medianlinie mt dea (co) und stellt einen theilweise ossi- dem der andern Seite verschmolzen s. fieirenden Anhang des Schultergürtels el Clavieula. e Episternum. Die knorpe- 2 R m, ligen Theile sind schraffrt. vor, an dem sich das hintere Ende als breite Knorpelplatte erhält. An die breiteren Sternalformen der Amphibien schliesst sich die Brustbeinplatte der Eidechsen und Grocodile an. Man trifft sie hier meist von rhomboidaler Gestalt und in ähnlichen Be- ziehungen zum Schultergürtel (Fig. 233. s). Dem häufig knorpelig bleibenden Sternum (Fig. 233. s) verbinden sich meist nur wenige Rip- penpaare und an seinem Hinterrande entsen- det es einen oder zwei gleichfalls Rippen auf- nehmende Fortsätze. In dem paarigen Vor- kommen dieses zweiten Sternaltheiles ist eine Fortdauer des embryonalen Verhaltens zu sehen. en RE ENNET Das stets ossifieirte Sternum der Vögel ist pes. s Sternalplatte, seitlien die weiter entwickelte Sternalplatte der Repti- Kippenpaare stützend, nach hin- Jjen, an welcher das hintere Stück nicht mehr ten wit zwei lortsätzen ver- . B n . . sehen. sc Seapula. co Coracoid, Sch ausbildet. Es nimmt gleichfalls nur we- cl Olavieula. tEpisternum. Die nige (bis 6) Rippenpaare auf. Als ein breites, knorpeligen Theile des Sternum yopne stark gewölbtes Knochenstück trifft man und der Coracoidea sind punktirt : i IL TE . dargestellt. es bei den Ratiten. Die Carinaten dagegen sind Sternum. 467 durch eine an der vorderen convexen Fläche des Brustbeins vorsprin- gende Crista (Fig. 234. ers) ausgezeichnet, welche als Oberflächenver- grösserung für Muskelursprünge dient. Die Gestalt des Sternums steht somit mit der Entfaltung der Muskulatur in Zusammenhang, wie auch der Umfang des Ster- nums und seiner CGrista der Aus- bildung des Flugvermögens ent- spricht. Das hintere Ende zeigt sehr häufig paarige, durch Mem- branen verschlossene Oeflnungen (Raub- und Schwimmvögel); durch Durchbruch der Umgren- zung dieser Oeflnungen gegen den hinteren Sternalrand entstehen Ausschnitte, zwischen denen die sogen. Processus abdominales vor- springen (Fig. 235). Auch durch seine Verbindung mit dem Schul- Fig. 234. Sternum von Fig. 235. Sternum von Buteo vulgaris (et- Numida meleagris was schräg von der Seite (von vorne). crs Crista gesehen). ers Crista sterni. f Fureula. e Coracoid. sterni. c Coracoid. tergürtel bietet das Sternum der Vögel enge Anschlüsse an die entspre- chenden Verhältnisse der Reptilien. Bei den Säugethieren scheint das Sternum von dem der vorhergehen- den Classen durch seine in der Össification ausgesprochene reichere Gliederung ausgezeichnet. Es setzt sich, wenn auch durch continuirlichen Knorpel angelegt, aus hinter einander gereihten Knochen zusammen, die nicht selten aus paarigen Ossifica- tionskernen entstehen und häufig zu einem Stücke verschmelzen. Von Einfluss auf die Gestaltung des Sternums ist die Beziehung zum Schultergürtel. Bei Verbin- dung mit Schlüsselbeinen zeichnet sich der vorderste Abschnitt durch grössere Breite aus, er bildet das Manubrium. Auf der Vorderfläche dieses Abschnittes bildet sich bei den fliegenden Säugethieren ein leistenförmiger Vorsprung aus (Fig. 236. c’), der functionell mit der Fig. 236. Sternum von Vespertilio muri- nus. s Sternum. dc Crista. cl Clavieula. c Rippen. Fig. 237. Sternum von se Rippenknorpel. Cervus capreolus. x Schwertfortsatz. Crista der Vögel übereinstimmt. Bei fehlenden Schlüsselbeinen ist das Vorderende des Sternums meist ansehnlich verschmälert. Das Hinterende läuft in allen Fällen in ein medianes, häufig knorpelig bleibendes Stück (Fig. 237 a) (Processus xiphoides) aus. 30 * 468 II. 9. Wirbelthiere. Mit dem Sternum erscheint zrosser Verbreitung ein besonderer Skelettheil, das Episternum, welches in zwei nach Entstehung und Verbindungsweise verschiedenen Formen vorkommt. In der einen wird das Episternum nur durch Knochengebilde vor- gestellt, welche der ventralen Fläche des Sternum aufliegen. So erscheint es bei den Reptilien als ein kreuz- oder T-förmiges Knochenstück (Fig. 233 t), dessen beide Aeste die Schlüsselbeine tragen, während das Mittel- stück sich an das Sternum schliesst, oder sogar mit ihm verwächst (Asca- laboten). Bei den Crocodilen sind mit den Schlüsselbeinen auch die Queräste des Episternums verloren gegangen, und bei den Chamäleonten fehlt das ganze Episternum. Auch bei den Vögeln wird es vermisst. Der zweite Typus dieser Bildungen besteht aus knorpelig präformir- ten Skelettheilen, die vor dem Sternum liegen. Die ungeschwänzten Am- phibien besitzen ein hieher gehöriges Gebilde (Fig. 232 e) als ein durch die Coracoidstücke vom Sternum getrenntes und somit vor dem Schulter- gürtel gelagertes Knochenstück. Bei den Säugethieren bildet das Episternum stets ein Zwischenglied zwischen Sternum und Schlüsselbein. Es erscheint bei den Monotremen, als ein dem Sternum angefügter, in zwei seitliche Aeste auslaufender Kno- chen. Bei den Beutelthieren (Didelphys bleiben die seitlichen Aeste (Fig. 238) beweglich, während das Mittelstück mit dem Sternum verschmilzt. Dadurch wird bei anderen eine Auflösung des Episternum herbeigeführt. Dann er- scheinen nur die seitlichen Stücke ent- weder als Knorpel , oder auch als knö- cherne Theile und schliessen sich dem Fig. 239. Episternum mit seinen Verbin. >ternalende der Glavicula an (Nage- dungen von einer jungen Beutelratte. thiere, Insectivoren , Edentaten). Bei st Vorderes Ende des Sternums (ossifleirt. Jen Primaten. bilden diese Episternal- ep Episternum (knorpelig). cl Clavieula. e 2 ? . - Bis Golden ersten Ringen. gebilde dieZwischenknorpel des Sterno- clavieulargelenks. GEGENBAUR, C., Ueber die episternalen Skelettheile und ihr Vorkommen bei den Säugethieren und beim Menschen. Jen. Zeitschr. I. — PARKER, W, K., Structure and developement of the Shoulder girdle and Sternum. Ray Soc. 4868. Kopfskelet. $ 339. Der indifferente Zustand eines Kopfes lässt bei den Acrania kein discretes Kopfskelet unterscheiden. Sowenig aber der Kopf der Cranioten als eine absolute Neubildung gelten kann, ebenso wenig kann dies vom Kopfskelet. - 469 Kopfskelet angenommen werden, und wenn bei Amphioxus der vordere respiratorische Körperabschnitt potentia dem Kopfe der Graniota ent- spricht, so müssen auch die dort vorhandenen Skelettheile einem Kopf- skelet potentia homolog sein. Dies betrifft jene Ghordastrecke sammt dem von ihr aus den vordern Abschnitt des Centralnervensystems umschliessen- den Gewebe, sowie das Gerüste der Athemhöhle. Bei den Granioten ist dieser vordere Körpertheil vom hintern nicht blos ventral, sondern auch dorsal different, und empfängt mit der Verände- rung seines functionellen Werthes durch Beziehungen zu zahlreichen anderen Organen bedeutende Eigenthümlichkeiten, die ihn als Kopf unterscheiden lassen und ihm damit eine Superiorität über den übrigen Leib zugestehen. Er steht in Beziehung zu dem Eingange des Nahrungscanals, trägt die wichtigsten Sinnesapparate und birgt den zum Gehirne entfalteten Theil des centralen Nervensystems. Diese Beziehungen sind ebenso viele Cau- salmomente für die eingetretene Umgestaltung. An dem Kopfskelet sind 4) der Schädel und 2) das Kiemenskelet unterscheidbar. 1) Als Schädel (Cranium) bezeichnet man den in der Fortsetzung des Rückgrats liegenden, ein Continuum bildenden Theil des Axenskelets. Er hat mit ersterem eine Reihe von Einrichtungen gemein, indem er einer Summe von Körpern und oberen Bogen von Wirbeln entspricht. Dieses findet sich nicht blos in der Textur, sondern auch in den Structurver- hältnissen ausgedrückt, sowie in Bezug auf das centrale und peripherische Nervensystem. Die Chorda dorsalis setzt sich in den Basaltheil des Gra- niums fort, bald dauernd, bald nur vorübergehend. Durch die Ausbil- dung höherer Sinnesorgane kommt dem Granium eine weitere Bedeutung zu. Ein hinterer Abschnitt umschliesst jederseits das Hörorgan und kann als Ohrkapsel unterschieden werden. Darauf folgt jederseits nach vorne zu eine die Augen beherbergende Einbuchtung (Orbita), indess am vor- dersten Theile Höhlungen zur Aufnahme des Riechorgans bestehen. Der ursprüngliche Zustand dieses Craniums ist knorpelig, er bildet das »Pri- mordialeranium«. 2) Mit dem knorpeligen Schädel verbindet sich ein den Anfang des Nahrungseanals umschliessendes, ursprünglich gleichfalls knorpeliges Bogensystem, die Kiemenbogen, eine den Rippen der Wirbelsäule im Allgemeinen ähnliche, aber doch nicht ganz damit homodyname Ein- richtung. Die einzelnen Bogen sind verschieden gestaltet, verweisen aber sämmtlich auf eine primitive Gleichartigkeit. Die Mannichfaltigkeit ihrer Form ist von einer aus verschiedenarligen Anpassungen hervorgegan- genen Diflerenzirung ableitbar. - $ 340. Die Beziehungen des Kopfskelets zur Wirbelsäule riefen Versuche hervor in ersterem eine Zusammensetzung aus einzelnen den Wirbeln 470 ll. 9. Wirbelthiere. gleichartigen Abschnitten nachzuweisen, wonach das Kopfskelet nur als eine Modification der Wirbelsäule erschien. Man glaubte dabei in dem Verhalten einzelner Segmente deg@nöchernen Schädels Anbaltepunkte zu jener Vergleichung zu finden, die sich jedoch in dem Masse unsicher herausstellte, als sie einen bereits sehr modificirten Zustand in Betracht zog. Zudem sind die den einzelnen 3, 4 oder 5 sogenannten » Schädel- wirbeln« zugetheilten Kopfknochen sehr verschiedenen Ursprungs, und grossentheils dem Schädel ursprünglich fremde Gebilde. Die Untersuchung der Primordialeranien niederer Wirbelthiere, be- sonders mit Bezugnahme auf die aus dem Cranium tretenden Nerven, lehrt, dass am Kopfskelete allerdings noch Spuren einer ursprünglichen Zusammensetzung aus den Wirbeln homodynamen Metameren erkennbar sind, aber eben dadurch wird dargethan,, dass diese Metamerie des Cra- niums mit der am knöchernen Granium theilweise angedeuteten Segmen- tirung nicht congruent ist. Diese andere Auffassung gründet sich vorzüglich auf folgende Ver- hältnisse : I) Es ist nachweisbar, dass die Bogen des Kiemenskelets dem Cra- nium angehörige untere Bogenbildungen vorstellen. 2) Zwischen den Kiemenbogen und den unteren Bogen der Wirbel- säule ist eine allgemeine Uebereinstimmung zu erkennen, folglich wird 3) das Granium einem Abschnitte der Wirbelsäule vergleichbar sein, der mindestens ebenso viele wirbelartige Abschnitte begreift als Kiemen- bogen an ihm vorkommen. 4) Am Granium selbst besteht eine Reihe von wichtigen Ueberein- stimmungen mit der Wirbelsäule. a) Die der Wirbelsäule zu Grunde liegende Chorda dorsalis durch- setzt das Granium in denselben Verhältnissen wie an der Wirbelsäule. b) Sämmtliche an diesem Abschnitte austretende Nerven ver- halten sich homodynam mit Rückenmarksnerven. c) Die Verschiedenheiten des Granium von der Wirbelsäule sind als Anpassungen an gewisse ausserhalb des Granium entstandene Einrichtungen , somit als erworbene Zustände erklärbar. Sie lassen also einen Befund voraussetzen, in welchem das Gra- nium noch nicht jene Eigenthümlichkeiten besass, somit noch nicht von der Wirbelsäule bedeutend verschieden war. 5) Die Differenzirung des Craniums erscheint dadurch aus der Gon- crescenz einer Summe von Wirbeln entstanden, wie solche Goneres- cenzen auch an der Wirbelsäule vorkommen. Modificationen des so con- tinuirlich gewordenen Abschnittes ergaben sich durch theils direct von aussen her, theils von innen her (durch die Entfaltung des Gehirnes) wirkende umgestaltende Eintllüsse. Kopfskelet. 471 6) Da nur an dem von der Chorda durchsetzten Abschnitte des Cra- niums das Verhalten der Nerven mit Rückenmarksnerven übereinstim- mend nachgewiesen werden kann, ist nur dieser Abschnitt von Wirbeln ableitbar, und diesem gehört zugleich das Kiemenskelet an. Dieser Theil des Graniums ist somit als vertebraler von dem vordern oder ever- tebralen zu sondern, der keine Beziehungen zu Wirbeln erkennen lässt, und wohl eine secundäre, aber vom vertebralen Abschnitte aus entstandene Bildung vorstellt. Die Zahl der in das Cranium eingegangenen Wirbel ist bis jetzt in ihrem Minimum auf 9 bestimmbar. Damit ist nicht ausgeschlossen , dass sie sogar noch viel beträchtlicher war. Mehrfache, auf eine stattgefundene Rückbildung von Visceralbogen verweisende Thatsachen im Gebiete der Verbreitung wie der Ursprungsverhältnisse der Nerven bei Selachiern verweisen auf jene Annahme. Nicht minder steht hiermit das Verhalten von Amphioxus im Einklang, wo noch eine beträchtliche Summe von Kiemenbogen fortbesteht. Der ganze längs des Kiemengerüstes sich erstreckende Abschnitt des primitiven Rückgrates (Chorda sammt peri- chordalem Gewebe) würde also dem bei den Cranioten ins Cranium übergegangenen Abschnitte des Axenskeletes homolog sein. GEGENBAUR, C., Untersuchungen zur vergl. Anat. der Wirbeltbiere. III. Das Kopf- skelet der Selachier als Grundlage zur Beurtheilung der Genese des Kopf- skeletes der Wirbelthiere. Leipzig 1872. Schädel. $ 341. Die Schädelbildungen der Granioten sondern sich in zwei weit von einander stehende Abtheilungen. Bei der einen ist das oben erwähnte innere Kiemenskelet ausgebildet und zeigt seine vordersten Abschnitte zu Kiefertheilen gestaltet, die durch directe oder indirecte Verbindung mit dem CGranium dasselbe in seiner Gestaltung beeinflussen. Diese Einrich- tungen bestehen bei den Gnathostomen. Die andere Form ist bei den Gyclostomen repräsentirt, bei denen zwar Spuren gleicher Einrichtungen des Kopfskelets wie bei den Gnathostomen sich erkennen lassen, allein die Veränderungen sind so bedeutend, dass sichere Vergleichungen nicht für alle Theile auszuführen sind. Die Chorda setzt sich in die Basis einer das Gehirn umschliessenden, im Vergleiche zu den übrigen dem Schädel zuzurechnenden Skelettheilen beträchtlich kleinen Kapsel fort. Bei Petromyzon sind dieser Kapsel (Fig. 239 d) seitlich zwei das Gehörorgan aufnehmende Ausbuchtungen (Gehörkapseln) (f) angefügt, unter welchen zwei divergirende, dann bogenförmig nach vorne verlaufende Spangen entspringen. Diese verbin- den sich vorne mit einem von der Hirnkapsel ausgehenden Fortsatze. Dem vorderen oberen Theile der letzteren sitzt eine unpaare, bei Myxi- 472 II. 9. Wirbelthiere. noiden und Petromyzonten sehr verschieden gestaltete Nasenkapsel |g) auf, und unter dieser entspringt eine breite Knorpelplatte, welche einen Fig. 239. Schädel und Anfang der Wirbel- säule vonPetromyzon marinus. A Im Medianschnitt. B Ansicht von oben. «a Chorda. b Rückgratcanal. ce Kudimente von Wirbelbogen. dKnorpeliges Schädelgewölbe. d' Membranöser Theil des Schädelgewölbes. ıplieirten, die Mundöffnung von oben her umschliessenden Apparat (ti. k. I. m als festen Rahmen des Gaumen-Schlund- gewölbes unter sich gelagert hat. Nach hinten setzt sich die Schädelkapsel in das Rückgrat fort. Die zweite Form des Schädels wird durch die Verbindung mit einem die Mundöffnung umschliessenden Apparate ausgezeichnet, der, aus einem Kiemen- bogen hervorgegangen, sich in ver- schiedenem Masse mit dem Schädel verbindet. Ein Abschnitt davon bleibt als Unterkiefer in freier Beweglichkeit (Gnathostomen) . Dieser Bogen ist in zwei als Kiefer e Basis cranii. f Gehörkapsel. g Nasen- kapsel. g' Nasengaumengang. gr Blindes Ende desselben. A Fortsatz des knöchernen Gaumens. i Hintere Deckplatte des Mun- des. k Vordere Deckplatte. Z Lippenring. m Anhang desselben. (Nach J. MüLLEr.) [fungirende Stücke diflerenzirt, ein obe- res, das Palato- Quadratum, und ein unteres, der knorpelige Unterkiefer. Das Palato - Quadratum artieulirt mit der Schädelbasis, setzt sich aber bei horizontaler Ausdehnung nach hinten auch mit dem zweiten Bogen in Zu- sammenhang, dessen oberes Stück gleichfalls mit dem Schädel beweglich verbunden ist. Den unteren Abschnitt dieses zweiten Bogens bildet das Zungenbein. Indem jenes obere Stück des zweiten Bogens häufig bedeu- tender sich entwickelt, gewinnt es den Anschein eines Trageapparates der beiden aus dem ersten Bogen hervorgegangenen primitiven Kiefertheile, und wird zum Hyomandibulare. Vor dem Kieferbogen liegen die Rudimente anderer Bogen in Ober- und Unterlippe ein- gebettet, die Lippenknorpel. Die vom Kiemenskelete in engere Beziehung zum Schä- del tretenden Theile sind also folgende: I) Die beiden Labialknor- pel (Fig. 240 a und b, ec), der vordere aus einem, der hin- tere aus zwei Stücken be- stehend. 2) Der Kieferbogen (7), aus einem oberen — Palato-Quadratum — (0) und einem unteren Stücke — Unterkiefer — (u) bestehend. N # Fig. 240. Schädel und Visceralskelet eines Selachiers (Schema). occ Oceipitalregion. la Labyrinthwand. orb Augenhöhle. eth Ethmoidalregion. n Nasengrube. a Er- ster, b, ce zweiter Lippenknorpel. o Oberer, x unterer Ab- schnitt des Kieferbogens I. II Zungenbeinbogen. III - VIII (1—6) Kiemenbogen. Schädel. 473 3) Der Zungenbeinbogen (/7), von dem nur das obere Stück (Hyo- mandibulare) nähere Beziehungen zum Schädel eingeht. An sämmtlichen Bogen (mit Ausnahme der Labialknorpel) finden sich einzelne nach hinten gerichtete Knorpelstäbchen angereiht, welche die Kiementaschen stützen, und als Kiemenstrahlen bezeichnet werden. Sie gehen vielfache Modificationen ein und treffen sich am Palato-Quadra- tum in beschränkter Zahl in der Wand des eine rudimentäre Kiementasche vorstellenden Spritzloches (Spritzlochknorpel). Während wir diese Theile des Kiemenskelets mit dem Schädel be- trachten, werden die übrigen Bogen (III—VIII) weiter unten ($ 353) vorgeführt. Das geschilderte Verhalten des Kopfskelets treffen wir bei den Sela- chiern. Alle Theile bestehen aus Knorpel, der in der Regel eine dünne verkalkte Schichte als Ueberzug hat, aber niemals verknöchert. An der knorpeligen Schädelkapsel bildet den vordersten Abschnitt die Ethmoidal- region. An ihrer Unterfläche lagert jederseits eine Nasengrube (n). Zwi- schen denselben sendet der Schädelknorpel häufig einen Fortsatz (Rostrum) nach vorne. Der darauf folgende Abschnitt bildet mit seinen Vertiefungen die Orbitae, von oben und von hinten her von einem Knorpeldache über- ragt. Der breiteste hierauf folgende Theil («) umschliesst seitlich das Ohrlabyrinth und geht an der hinteren Fläche in die Hinterhauptregion (occ) über, welche bei manchen Haien (Notidani) continuirlich in die Wirbelsäule sich forlsetzt. Sowohl an Palato-Quadratum als Unterkiefer sind im Schleimhaut- überzuge Zähne entfaltet, welche die mächtige Ausbildung dieser Knor- pelstücke erklären. Dem Palato-Quadratum ist hinten das Hyomandibulare angefügt, um entweder direct ins untere Stück des Zungenbeinbogens sich fortzusetzen (Notidani) oder gegen dasselbe eine freiere Beweglichkeit zu besitzen. Das Hyomandibulare gewinnt so unter den Haien eine grosse Ausbildung, und wird durch allmähliche Verbindungen mit dem Unter- kiefer zu einer Art von Kieferstiel. Das Hyoidstück erscheint dann nicht mehr als die Fortsetzung des Hyomandibulare, und verliert endlich bei den Rochen sogar die Verbindung mit demselben, welches dann aus- schliesslich die Kiefer trägt. Von diesem Verhalten weicht der Schädel der Chimären ab, indem eine continuirliche Verbindung der Palato-Quadratstücke mit dem Knor- peleranium besteht. Das mit einem Fortsatze des Graniums artieulirende Unterkieferstück ist das einzig bewegliche. Auch der zum Theile ossifi- eirte Schädel der Dipnoi bietet ähnliche Zustände. $ 312. Das Knorpeleranium persistirt bei den Stören am vollständigsten (Fig. 244), erhält sich auch zum Theile bei den übrigen Ganoiden und bei Teleostiern in verschiedenem Maasse, besonders bei Salmo und Esox. Am 474 ll. 9. Wirbeltbiere. meisten bleibt der ethmoidale Abschnitt knorpelig. Von da an ist durch den gesammten Wirbelthiersta in der ersten Anlage ein Knorpelera- num nachweisbar, das bei alfen Modificationen von dem primitiven Zu- stande sich ableiten lässt, und daher als ein Rest jenes Zustandes gel- ten darf. Die an diesem Primordialeranium auftretenden Rückbildungen sind zum grossen Theile durch Össificationen bedingt, welche an ihm Platz greifen. Knöcherne Theile, welche die Function als Stütz- und Schutzorgane besser erfüllen als der Knorpel, treten an des letzteren Stelle, und die Ausbildung solcher mit dem Knorpeleranium in Verbindung tretenden Knochen erklärt zugleich die Rückbildung des Knorpelgewebes, Ein höherer, vollkommenerer Zustand hat den niederen verdrängt. Wie mit dem Knorpeleranium, so treten auch mit den Knorpelstücken des Kiemenskeletes knöcherne Theile in Zusammenhang, so dass allmählich das gesammte Kopfskelet aus dem knorpeligen Zustande in den knöcher- nen übergeführt wird. Die sich hieran betheiligenden knöchernen Ele- mente sind fast alle von den Hautskeletbildungen ableitbar, die wir als Fig. 241. Kopfskelet von Acipenser sturio nach Entfernung der Deckknochen. # Rostrum. »ı Nasen- höhle. o Opticusaustrittsstelle. Zr Trigeminusaustrittsstelle. sp Dornfortsätze des vorderen mit dem Cranium verschmolzenen Abschnittes der Wirbelsäule. p Palato-Quadratstück. m Mandibel. Hm Hyo- ınandibulare. s Symplectieum. br Kiemenbogen. ce Rippen. Hautzähnchen bei den Selachiern treflen. Ein Theildieser Knochen tritt an der Aussenfläche desKnorpeleraniums auf, bildet die Deekknochen des Schädels (vergl. oben $ 325). Es sind das im Integumente gebildete, durch Vergrösserung von Placoidschüppchen entstandene Platten, von denen eine Anzahl bereits bei den Stören die Lagebeziehungen ein- nimmt, die ihnen von da an in den höheren Abtheilungen bleibt. Ein anderer Theil entsteht in der Schleimhaut der Mundhöhle, auf den in die Begrenzung der letzteren eingehenden Stücken der Knorpel- bogen des Kiefer- und Kiemenskeletes. Die Genese dieser Knochen ist bei den Amphibien aus Goncrescenz zahnartiger Bil- dungen nachgewiesen, die wieder mit den Hautzähnchen Schädel. 475 gleichartig sind, und gleichfalls beiden Selachiern in der Auskleidung derMund-undKiemenhöhle getroffen werden. Durch Verschmelzung einzelner Zähnchen entstehen zahntragende Platten, welche an den gebotenen primordialen Skeletunterlagen Stütz- punkte gewinnen, und allmählich mit jenen Verbindungen eingehen. Bei einem Theile dieser Platten erhalten sich die Zähnchen, bei einem ande- ren gehen sie verloren, oder kommen gar nicht mehr zur Entwickelung, so dass ihr Product, der Knochen, allein sich fortvererbt, und dann, den Knorpel bedeckend, oder auch umwachsend, als eine perichondrale Ossi- fication sich darstellt. So vermag ein grosser Theil des knöchernen Kop!f- skelets in seiner Genese aus den Beziehungen erklärt zu werden, welche Össificationen der äusseren Haut wie der Auskleidung der Mundhöhle zu ihm gewinnen. Für einen kleinen Theil der Kopfknochen dagegen ist die Phylogenie noch in Dunkel gehüllt. Herıwie, O., Ueber das Zahnsystem der Amphibien. Arch. f, mikr. Anat. Bd. XI. Supplement. $ 343. Bezüglich der einzelnen Knochenstücke zerlegen wir das Primordial- cranium in die oben unterschiedenen Regionen. Die Oceipitalregion wird aus vier Knochenstücken zu- sammengesetzt. In unmittel- barer Fortsetzung der Wir- belkörper findet sich das Oceipitale basilare (Fig. 242. Ob). Es besitzt eine mit der Chorda gefüllte hintere Gon- cavität, die der vorderen N i Concavität des ersten Wir- g belkörpers entspricht. Seit- lich schliessen sich die Oc- cipitalia lateralia (Ol) an, welche immer den grössten Theil des Hinterhauptloches, zuweilen es auch völlig um- grenzen. Von oben her tritt das Oceipitale superius (Os) ein, meist durch eine an- sehnliche senkrecht stehende Fig. 242. Schädel von Salmo Salar. 4 Seitliche An- : s D sicht. BS v Tedianschnitt. Die i il Leiste ausgezeichnet die Bent en SERTPEHIRT Medi Ann Bit: ni kupruehient Theile R & sind schraffirt, die aus dem Primordialeranium entstandenen sich den Dornfortsätzen der Knochen punktirt dargestellt. 0b Oceipitale basilare. 01 Wirbelsäule anschliesst. Oce. laterale. Os Occ. superius. Sy Sqamosum. EpO Oceip. 2 ext. PrO Petrosum. Sb Sphenoidale basilare. Als Ali- Der folgende Abschnitt sphenoid. OrS Orbitosphenoid. Fu Frontale anterius. Zp umschliesst wenigstenstheil- Frontale posterius. Fr Frontale. Na Nasale. Ps Parasphe- weise das Labyrinth wo- noid. Vo Vomer. Px Praemaxillare. gl Gelenkfläche für ’ a ag ne das Hyomandibulare. #th Ethmoidalknorpel. vag Austritts- nach die bezüglichen Kno- öfhung des Nervus ragns. Az 5 476 II. 9. Wirbelthiere. chen auch bezeichnet worden waren. Das beständigste und damit wichtigste Petrosum | Prootieuggge enthält die Durchtrittsstelle für den Nervus trigeminus, oder begrenzt sie doch von hinten her. Es reicht bis zu dem Basaltheile des Schädels und kann sich da auch mit dem ander- seitigen innerhalb der Schädelhöhle verbinden. Ein zweites Stück bildet das Oceipitale externum (Epiotieum), welches oben an die Oceipitalia late- ralia angeschlossen, meist einen Schä- delvorsprung vorstellt (Fig. 243). Ein drittes, Intercalare (Opisthoticum ), liegt meist seitlich vor dem Oceipitale laterale, und erscheint ausserordent- Fig. 243. Hinterer Abschnitt eines Craniums lich variabel (Fig. 243. 6). Dieses Stück aan, 1 Os besitzt in den meisten Fällen keine 5 Parasphenoid. 6 Intercalare. 6' Squamo- Beziehungen zum Labyrinth, sowie sum. 7 Oceip. ext. 15 Petrosum. 12 Post- Jetzteres auch sehr häufig noch andere frontale. 11 Frontale. c Einlenkestelle für z 2 s . e a Eros Knochen für sich in Anspruch nimnit, | z.B. die Oce. lat. Endlich gehört die- ser Region noch ein äusseres Belegstück des Primordialeraniums an, welches allmählich mit dem letzteren sich inniger verbindet. Es ist an der Artieulationsstelle des Hyomandibulare betheiligt, und bildet meist einen nach hinten und seitlich ausgezogenen Fortsatz. Es ist das Squa- mosum (Fig. 242. A. Sq, 243. 6). An dem folgenden Abschnitte sind in der Ausbildung der Knochen bedeutende Verschiedenheiten bemerkbar, in Zusammenhang mit dem Ausdehnungsgrad der Schädelhöhle. Erstreckt sich nämlich der Raum der Schädelhöhle weit nach vorne, so entspricht dem eine grössere Voll- ständigkeit der Wandungen des Primordialeraniums, während eine Re- duction jenes Raumes eine Verkümmerung seiner Wandungen und eine theilweise Substitution derselben durch membranöse Gebilde hervorruft. So findet sich in vielen Fällen ein membranöses Septum interorbitale oder es bestehen Rudimente von Knochen, die bei Andern ausgebildet sind. Als Össifieationen dieses Abschnittes erscheinen seitlich und hinten das Ali-Sphenoid (Sphenoidale laterale posterius), vorne das Orbito-Sphenoicd 'Sphen. later. anter.). Bei Amia bestehen letztere von einander getrennt, auch bei manchen Teleostiern, während bei Anderen die beiderseitigen Stücke am Boden der Schädelhöhle zusammentreten, endlich sogar zu einem Stücke verschmelzen, oder rudimentär werden. An der Basis dieses Ab- schnittes liegt ein aus dem Knorpel des Primordialeraniums hervorgegan- genes Basisphenoid als ein meist unansehnlicher Knochen, der oben mit dem Alisphenoid in Verbindung steht. Beim Bestehen eines die Schädel- basis von der Orbita her schräg nach hinten durchsetzenden Augenmus- kelcanals bildet jener Knochen einen Pfeiler zwischen den beiderseitigen Ganälen. Nicht selten scheint er ganz zu fehlen. An der Grundfläche Schädel. 477 erstreckt sich längs des Primordialeraniums das mächtige Parasphenoid (Fig. 242. Ps, 243. 5), welches bereits bei den Stören auftrat. Am Dache erhält sich das Primordialeranium nur selten vollständig; in der Regel bietet es eine von Deckknochen überlagerte Lücke. Zunächst der Hinterhauptregion liegen zwei Parietalia (Fig. 244. 7), die zuweilen durch einen vorderen Fort- satz des Occip. superius (3) von einander getrennt sind. Vor ihnen trifft man die Frontalia, häufig durch ein Frontale prineipale (11) vertreten. Seit- lich davon erstrecken sich die beiden Postfron- talia (12) bis zum Squamosum, und nehmen an der Gelenkverbindung für das Hyomandibulare theil. In der Ethmoidalregion besteht ein mittleres Stück : Ethmoidale medium (16) und zwei ihm seitlich angeschlossene Ethmoidalia lateralia (14) FAR (Frontalia anteriora Cuvier). Letztere bilden die 1°. ° og ee Unterlage der Nasenkapseln. Häufig erhält sich das superius. 4 Epiotieum. 6 Mittelstück der Ethmoidalia knorpelig. Als Beleg- Swwamosum. 7 Parietale- 11 - : Frontale medium. 12 Fron- stück der Grundfläche der Ethmoidalregion er- tale posterius. 14 Ethmoidale scheint der Vomer, nach hinten mit dem Para- laterale. 16 Ethmoidale me- sphenoid in Verbindung, paarig bei Lepidosteus. N $ 344. Der Kieferapparat der Selachier erhält sich bei den Ganoiden und Teleostiern nur theilweise, indem an seine Stelle knöcherne Gebilde treten. Eine Complication entsteht durch die Verbindung des Hyoman- dibulare mit den aus dem Palato-Quadratknorpel hervorgegangenen Kno- chen. Dabei lassen sich die ursprünglichen Verhältnisse, wie sie in den embryonalen Zuständen bestehen, aus den Einrichtungen der Selachier ableiten. Während die vorderen Enden der Palato -Quadrata bei Sela- chiern und bei den Stören ligamentös verbunden waren, sind sie bei den übrigen Ganoiden und den Teleostiern der Seite des Primordialcraniums angelagert, und werden durch die Ethmoidalregion von einander getrennt, welche mit ihrer Basalfläche in die Umgrenzung der Mund- höhle eintritt. Das Hyomandibulare (Fig. 245. Hm) bildet fast stets einen ansehn- lichen, mit Squamosum und Postfrontale artieulirenden Knochen. Ein von ‚ihm abgegliedertes, bei Selachiern durch einen Fortsatz dargestelltes, bei den Stören (Fig. 241. s) bereits selbständiges Stück bildet das Symplecti- cum, an dessen Verbindungsstelle mit dem vorigen sich der untere Ab- schnitt des Zungenbeinbogens inserirt. Aus dem Palatoquadratknorpel geht das Quadratum (Q) hervor, wel- ches das Unterkiefergelenk trägt. An das Quadratum fügt sich nach vorne 478 ll. 9. Wirbelthiere. das im Winkel gebogene Ektopigpvgoid (Ept) und zwischen diesem und dem Hyomandibulare findet st®M das platte, meist viereckige Metaptery- goid (Mt). Median von dem Ektopterygoid trifft man das Entopterygoid, und aus dem vordersten Ende des Palato-Quadratknorpels geht endlich das dem Schädel meist beweglich verbundene Palatinum hervor. Vor dem Palatinum liegen noch zwei nicht durch Knorpel vertretene Knochen, von denen der hintere, meist dem Palatinum angefügte als Maxillare (Fig. 245. Mir), der vordere Praemaxillare (Pr) benannt ist. Fir. 245. Seitliche Ansicht des Kopfskelets von Salmo salar. (Vergl. Fig. 242. A.) Fr Frontale N Nasale. n Nasengrube. Pa Parietale. Sq Squamosum. iii: Infraorbitalknochenring. Hm Hyoman- dibulare. Sy Sympleetieum (als von aussen sichtbar dargestellt). Mt Metapterygoid. Ept Ekto- pterygoid. 0 Quadratum. Mx Maxillare. Px Praemanxillare. Art Articulare. Ang Angulare. D Den- tale, Op Opereulum. PrOp Praeopereulum. Sop Subopereulum. Jop Interopereulum. lig Band. Sie erscheinen als neue Theile, die von nun an eine bedeutende Rolle spielen. Es wird aber in hohem Grade wahrscheinlich, dass die beiden oberen Lippenknorpel der Selachier die Grundlage für sie abga- ben. Bald sind sie selbständig beweglich, sogar vorstreckbar , bald schmiegen sie sich fester dem Schädel an. Das letztere gilt besonders für das Praemaxillare, welches häufig dem vordersten Theile der Ethmoidal- region fest verbunden ist. Beide begrenzen die Mundöflnung, doch kann bei längerer Gestaltung des Praemaxillare der Oberkieferknochen davon ausgeschlossen werden, sowie auch wieder die Verkümmerung des Prae- maxillare dem Maxillare einen überwiegenden Antheil an jener Beziehung zur Mundöflnung verleiht. Am Unterkiefer erhält sich die knorpelige Anlage als Meexer'scher Knorpel am vollständigsten. An ihr entsteht das den Knorpel scheiden- artig umfassende Dentale (D). Aus dem Gelenktheil des Knorpels bildet sich das Artieulare (Art) und unter diesem findet-sich das Angulare (Ang). An der Innenfläche des knöchernen Unterkiefers entsteht als Belegstück des Knorpels zuweilen noch ein besonderer Knochen, das Operculare. Schädel. 479 $ 315. Von den mit dem Kieferapparate verbundenen, jedoch ihm ursprüng- lich nicht zugehörigen Skelettheilen nimmt das Skelet des Kiemendeckels eine hervorragende Stelle ein. Bei den Selachiern finden sich an Stelle dieses knöchernen Skelets knorpelige, zuweilen verzweigte Stücke, bei- den Theilen des Zungenbeinbogens als Kiemenstrahlen ansitzend. Wie diese Knorpel, so umschliesst auch den knöchernen Apparat eine gemein- same Membran, dem letzteren angepasst, und ihn zu einer über die da- hinter liegenden Kiemenspalten sich erstreckenden Schutzvorrichtung gestaltend. Bei den Stören tritt zuerst der grösste dieser Knochen, das Oper- culum auf, dem sich bei den übrigen Ganoiden wie bei Teleostiern an- dere anfügen (Fig. 245). An dem Verbindungsknorpel zwischen Hyoman- dibulare und Sympleeticum nimmt das Praeopereulum (Pr Op) seine Ent- stehung. Häufig verbindet es sich inniger mit dlen genannten Theilen des Kieferstiels (Welse). Nach hinten vom Praeopereulum folgt das Suboper- culum (Sop), mit dem Operculum auch hei Ceratodus vorhanden, dann unten das Interoperculum (Jop), durch ein Band (dig) mit dem Unterkiefer in Zusammenhang. Als accessorische Knochen treten noch andere aus Theilen des Haut- skelets gebildete Stücke auf, von denen die Infraorbitalia die ansehnlich- sten sind (vergl. Fig. 245.7). Sie bilden eine den unteren Orbitalrand bogenförmig umziehende Reihe, in der das hinterste Stück dem Postfron- tale, das vorderste dem Ethmoidale laterale sich anschliesst. Eine ansehn- liche Grösse erreichen einige derselben bei den Cataphracten (Trigla). Auch die als Nasalia geltenden Stücke gehören wegen ihrer Unbe- ständigkeit hierher, und ebenso noch manche andere, als Modificationen von Schuppen mit dem sogenannten Schleimcanalsysteme in Verbindung stehende Stücke. VroLIK, A, J., Ueber die Verknöcherung u. die Knochen des Schädels der Teleostei. Niederländ. Archiv f. Zoologie. I. — Parker, W. K., Deve- lopment of the Skull in the Salmon. Philos. Transact. 1873. $ 346. Im Schädel der Amphibien erhält sich das Primordialeranium zu- weilen sehr ausgebildet. Doch verliert es sehr häufig seine Decke und auch noch den Boden, indem oben und unten Lücken im Knorpel ent- stehen. Mit dem Primordialeranium in unmittelbarer Verbindung steht das Palato- Quadratum, welches sich hinten an die Ohrkapsel des Schädels anfügt, und nach vorne, die Orbiten im Bogen umziehend, entweder frei ausläuft (z. B. bei Urodelen), oder in der Ethmoidalregion sich dem Cra- nium verbindet. Hinten und seitlich trägt es das Kiefergelenk. Damit sind 480 Il. 9. Wirbelthiere. Verhältnisse ausgeprägt, die u sich fanden, auch bei den Dipnoi, mit welch’ letzteren Mich manche Össificationen des Craniums der Amphibien übereinkommen. Aus dem Primordialeranium geht nur eine geringe Anzahl von Kno- chen hervor. In der Hinterhauptsregion bestehen nur Oceipitalia lateralia (Fig. 246), deren jedes einen Condylus (co) bildet. Die folgende Region Fig. 246. Schädel des Frosches. A von oben, B von unten, C von hinten, D seitlich. In A und B sind von der rechten Hälfte des Craniums die Deckknochen entfernt, so dass das Primordial- eranium mit seinen Össifieationen vollständig sichtbar wird, in A mit der Lücke am Dache der Schädel- höhle, Pa, Fr Parieto-Frontale. Na Nasale. Ps Parasphenoid. 7y Tympanicum. Pt Pterygoid. Pl Pala- tinam. Vo Vomer. J Jugale. Mx Maxillare. Pr Praemaxillare. o Oceipitale laterale. Pe Petrosum. co Condylus oceipitalis. Co Columella. fo Fenestra ovalis. Austrittslöcher von Nerven: O0 ÖOptieus. Tr Trigeminus. Vy Vagus. Am Unterkiefer: da Dentale. a Angulare. Art Artieulare. der Gehörkapsel bietet bedeutende seitliche Vorsprünge dar, welchen weiter nach aussen der hintere Abschnitt des Palato-Quadratum angefügt ist. Der vordere Theil dieses Abschnittes besitzt eine Össilieation, das Petrosum. Es birgt nur den vorderen Theil des Labyrinthes, dessen hin- terer Abschnitt vom Oceipitale laterale umschlossen wird, und lässt den Trigeminus durchtreten. Zuweilen finden sich Spuren eines Oceipitale externum, Eine Fenestra ovalis bildet an der Labyrinthregion eine Durchbrechung, welche von einem Knochenstückchen bedeckt wird. Die Orbitalregion zeigt im vordern Abschnitte theilweise Össifica- tionen von verschiedener Ausdehnung. Sie ergreifen nur die Seitenwand des Craniums 'Siredon), oder stellen ein ringförmiges Knochenstück her, welches Guvırr » Gürtelbein « genannt hat. Dieser Knochen kann in die Ethmoidalregion übergreifen und bis zum Grunde der Nasenkapseln dringen. Als Deckstücke finden sich paarige Scheitel- und Stirnbeine. Bei den Anuren verschmelzen diese jederseits zu einem Parieto-Frontale (Pa Fr). Schädel. 481 Vor diesem, durch die Stirnbeine von einander geschieden, liegen die Nasalia (Na), die hier zum ersten Male als beständige Stücke vorkommen. An der Schädelbasis besteht noch das Parasphenoid (Ps) in gleichem Ver- halten wie bei den Fischen, und vor diesem in der Ethmoidalregion ein paariger Knochen (vo), der als Vomer gedeutet wird. Bezüglich des Palato- Quadratum treten einfachere Zustände als bei den Fischen auf. Der ganze Abschnitt erhält sich zuweilen grossentheils knorpelig. Eine Verknöcherung an der Gelenkstelle mit dem Unterkiefer entspricht dem Quadratum der Fische. Bei manchen ist das Palato-Qua- dratum in einen vorderen und hinteren Abschnitt geschieden (Triton). Die Verbindung mit dem Cranium ist keine vollständige, denn am unteren Theile findet sich zwischen ihm und der Schädelkapsel eine deutliche Artieulationsfläche (Rana). | Am Palato - Quadratknorpel entstehen zwei Deckknochen; der obere (Ty), bei den Fröschen durch einen starken nach vorne gerichteten Fort- salz ausgezeichnet, entspricht vielleicht, jedoch nicht sicher, dem Squa- mosum der Fische. Da er das Tympanum tragen hilft, kann er als Tym- panicum bezeichnet werden. Der untere Knochen erstreckt sich als Ptery- goid (Pt) längs des Knorpelbogens nach vorne. Sein vorderes Ende erreicht das quer hinter dem Vomer liegende Palatinum (Pl). Bei einem Theile der Amphibien geht vor dem Unterkiefergelenk noch ein Knochen nach vorne ab, das sogenannte Jugale (Quadratojugale). Praemaxillaria (Px) und Maxillaria (Mc) erscheinen als Belegknochen des Primordialeraniums, für welches Verhältniss bei manchen Fischen vermittelnde Zustände sich vorfinden. Das Maxillare bietet verschiedene Grade seitlicher Ausdehnung, und erstreckt sich bei den Anuren in der Regel bis zum Jugale nach hinten. Die Verbindung des Praemaxillare mit dem Primordialeranium vermittelt ein zur medianen Nasengegend empor- ziehender Fortsatz. Diese Kieferstücke bilden nicht die ursprüngliche Begrenzung der Mundöffnung, wie durch das Vorkommen besonderer, vor dem Primor- dialeranium liegender Knorpel (Rostrale und Adrostale) von Anuren- Larven erwiesen wird. Im Unterkiefer besteht der primordiale Knorpel wie bei den Fischen, und ebenso bilden sich die knöchernen Theile im Wesentlichen jenen der Fische entsprechend aus. PARKER, W. K., Development of the Skull in the frog. Philos. Transact. 4874. — WIEDERSHEIM, R., Das Kopfskelet der Urodelen. Morphol. Jahrb. II. $ 347. Die Schädel der Sauropsiden bieten eben so viel Gemeinsames als sie sich von der Schädelbildung der Amphibien wie von jener der Säuge- thiere entfernt zeigen. Das an seinem Dache meist unvollständige Primordialeranium ossifi- eirt viel vollständiger als bei den Amphibien und die bedeutende Entfal- Gegenbaur, Grundriss d. vergl, Anatomie. 2. Aufl. . 3A 482 II. 9. Wirbelthiere. tung der an und aus dem Palato-Quadratknorpel entstehenden Knochen lässt nur einen kleinen Theilg@s eigentlichen Graniums zu Tage liegen Eine grössere Entfaltung der Schädelkapse! bei den Vögeln lässt die Theile derselben deutlicher wahrnehmen, als man sie bei den Reptilien antrift. In der Oceipitalregion sind die vier schon den Fischen zukommenden Knochen unterscheidbar. Von diesen nimmt das Oceipitale basilare mit den Oceipitalia lateralia Theil an der Bildung eines einzigen Condylus. Die Beziehung der Knochen zum Foramen magnum ist eine wechselnde. Bei den Schildkröten läuft das Oceipitale superius in eine ansehnliche Crista aus. Am der knöcher- nen Ohrkapsel besteht, wie schon bei den Am- phibien, eine Fenestra ovalis. Dazu kommt noch die membranös verschlossene Fenestra rotunda. Vor dem Oceipitale laterale liegt bei allen Repti- A a lien und Vögeln das Petrosum (Prooticum), dessen del von hinten. 1 Oceipitale Vorderer Rand durch die Austrittsstelle des dritten eye Aa DENE 3 Trigeminus-Astes markirt ist. Ein anderer Kno- n0id. S Sanamosum. 15 pe. Chen (Opisthoticum) begrenzt mit dem vorher- trosum. 17 Quadratum. gehenden den hinteren Theil der Fenestra ovalis, erhält sich aber nur bei den Schildkröten selb- ständig, indem er sonst mit dem Oceipitale laterale verschmilzt. Dazu treten noch einzelne, bei Vögeln sogar mehrfache, kurze Zeit selbständige Össificationen, die nicht bestimmt auf discrete Schädelknochen anderer Wirbelthiere beziehbar sind. Alle Theile der Ohrkapsel verschmelzen bei den Vögeln nicht nur unter sich, sondern auch mit den benachbarten Knochen. Als Squamosum (Sg) erscheint bei den Schlangen (Fig. 249. C) ein vorragender Knochen, der das Quadratum trägt. Bei den übrigen Repti- lien wie bei Vögeln besitzt es eine ähnliche Lage, ist aber mehr zwischen Ohrkapsel, Scheitelbein und Postfrontale, theilweise im Dache der Pauken- höhle, gebettet. Der sphenoidale Abschnitt bietet je nach der Ausdehnung der Schä- delhöhle sehr ungleich entwickelte Zustände. Ein Basisphenoid ist allge- mein vorhanden, ebenso wie das meist unansehnliche Praesphenoid, während das Parasphenoid nicht mehr entwickelt scheint. Doch können zwei an der Basis der Schlüfengegend bei Vögeln auftretende, mit ein- ander verschmelzende Knochen (Basitemporalia), auf ein Parasphenoid bezogen werden. Von den Theilen der seitlichen Schädelwand kommt den Vögeln sowohl ein Alisphenoid, als auch ein Orbitosphenoid zu, letzteres wenigstens beim Strausse. Auch die Crocodile ‚sind mit einem Alisphenoid versehen. Dagegen besteht bei den meisten Eidechsen ein membranöses Septum interorbitale, in welchem von jenem Knochen nur Andeutungen wahrnehmbar sind. Ein bei Eidechsen (Lacerta, Varanus, Podinema) vom Scheitelbein bis zum Pterygoid herabtretendes Knochenstück (Columella) (Fig. 248. A. co), wird bei den Schildkröten durch eine direct vom Parietale absteigende Schädel. 483 breite Knochenplatte repräsentirt, die bier zur Begrenzung der Schädel- höhle mit beiträgt, und bei den Schlangen ist eine ähnliche, die Schädel- höhle umschliessende Fortsatzbildung noch auf das Frontale ausgedehnt. Von Deckknochen bestehen Parietalia, bald paarig (Schild- kröten und Vögel), bald unpaar (Schlangen, Eidechsen, Croco- dile) (Fig. 248. Pa). Auch das Stirnbein ist bei den meisten Eidechsen und den Crocodilen unpaar (Fig. 248. B. fr). Paarig bei Lacerta, Monitor (A. fr), wie bei Schlangen, Schildkröten und Vögeln. Postfrontalia begrenzen bei Reptilien den hinteren Rand der Orbita (Fig. 248. Pf, 249. BrCnPpf). Die Ethmoidalregion bietet median ansehnliche Reste des Primordialeraniums (Schildkrö- ten). Ethmoidalia lateralia (Prae- frontalia) begrenzen bei den Reptilien den Vorderrand der % Orbiten, und bei den Vögeln Fig. 248. Schädel von Reptilien von oben. A Mo- scheinen sie sich mit dem mittle- nitor. B Crocodil. Os Oceipitale superius. C Con- ven Theile des Eihmord au vor- Me nit, A Pan, ABl 1 binden. Der Vomer ist bei Schlan- Sg Squsmosum. (0j Quadratojugale. Ju Jugale. 9 gen und Eidechsen, paarig (Fig. (Qnsäratum. Mz Maxillare. Pa Praemazillare. co 250. vo). Auf der oberen Fläche za treffen wir die bei den Schildkröten fast allgemein, und auch bei einigen Eidechsen fehlenden Nasalia. Ein neuer Deckknochen an der Aussenfläche der Ethmoidalkapsel ist das Laerymale der meisten Eidechsen, der Cro- codile und Vögel (Figg. 248. 2149. L). $ 348. Der primitive Palato-Quadratknorpel erleidet an seinem vorderen Ab- schnitte frühzeitige Rückbildung,, so dass die ihm angehörigen Knochen- stücke sich zum Theil direet am Schädel entwickeln. Der hintere Ab- schnitt des Palato-Quadratum besteht als Quadratum (Fig. 249 Q@) fort. Bei Eidechsen, Schlangen und Vögeln ist das Quadratum beweglich, während es bei Crocodilen und Schildkröten mit dem Schädel in feste Verbindung trat. Der ganze am Palato-Quadratknorpel differenzirte Kno- chencomplex ist innig und unbeweglich mit dem Cranium vereinigt, wäh- rend bei beweglichem Quadratbein mindestens ein Theil jener Knochen sich gleichfalls beweglich erhält. 31 * 484 II. 9. Wirbelthiere. Ein anderes Verhältniss steht in Zusammenhang mit der Entwicke- lung der Nasenhöhle. Siehe gel Mundhöhle.) Die bei Fischen zur Seite der Schädelbasis aufgetretenen Knochen gelangen gegen die Medianlinie, Fig. 249. Seitenansichten von Schädeln. A Struthio. A Crocodilus. C Python. Ol Oceipitale laterale. Os Oceipitale superius. Pt Pterygoid. Pal Palatinum. Tr Transversum. Col Columella. fov Fenestra ovalis. S Durchtrittsöffnung des N. trigeminus. Die übrige Bezeichnung wie in den vorhergehenden Figuren. sodass die Schädelbasis von der Begrenzung der Mundhöhle mehr oder minder ausgeschlossen wird. Die bei den Amphibien dicht am Vorder- rande des Schädels in die Mundhöhle führenden Nasenhöhlen zeigen ihre innere Oeflnung bei den Reptilien immer weiter nach hinten gelagert, indem horizontale Fortsätze von Oberkiefer, Gaumenbein, Flügelbein allmählich vor ihnen in mediane Verbindung gelangen. Damit scheidet sich die Nasenhöhle vollständiger von der Mundböhle ab, und bildet eine über dieser liegende Räumlichkeit, deren Boden als Dach der Mundhöhle den »harten Gaumen« vorstellt. Diese Veränderungen sind am wenigsten bei Eidechsen, Schlangen und Vögeln entwickelt, mehr bei Schildkröten und am vollkommensten bei Grocodilen. Die bei Fischen den Kieferstiel bildenden Stücke (Hyomandibulare mit Sympleeticum) haben ein ähnliches Schicksal wie bei den Amphibien erlitten, indem sie die Beziehung zum Kopfskelet aufgegeben haben. Aus Schädel. 485 ihrer Anlage scheint die Columella mit Adnexis gebildet: ein theils knöchernes, theils knorpeliges Skeletstück , welches in die Dienste des Hörapparates getreten ist. Bei beweglicher Verbindung des Quadratum mit dem Schädel (Ophi- dier, Saurier und Vögel) bestehen auch an den angeschlossenen Theilen des Oberkiefergaumenapparates verschiedengradig entwickelte Gelenke. Diese fehlen bei Grocodilen und Schildkröten, deren Quadratum zwischen Squamosum und den Knochen der Ohrkapsel sich eingefügt hat. Eine Uebergangsform zu diesem Zustande bildet Sphenodon, dessen Schädel zwar den Typus der Eidechsen zeigt, allein das Quadratum mit Pterygoid und Squamosum in einer festen Verbindung besitzt. $ 349. An das Quadratum schliessen sich, ähnlich wie bei den Amphibien, zwei nach vorne ziehende Knochenreihen. Medial findet sich das Ptery- goid (Fig. 250. Pt), bei Vögeln, Schlangen und Eidechsen an der Schädel- basis articulirend. Beide sind median durch eine Naht ver- bunden und zugleich der Schädelbasis fest angefügt bei Schildkröten und Crocodilen (Fig. 251. Pt), bei letzteren umschliessen sie die Choanen. Schlangen, Saurier und Croco- dile besitzen ein das Pterygoid mit dem Maxillare verbinden- des äusseres Flügelbein (Os transversum) Figg. 250. A. Tr, 251. B. Tr). Ob es dem Ek- topterygoid der Fische ent- spricht, ist unsicher. Vor dem Pterygoid liegen die Palatina (Pal), bei Schild- kröten und Crocodilen in me- dianer Nahtverbindung, bei Schlangen, Eidechsen und Vö- geln von einander getrennt und medial die Choanen begren- zend (Fig. 250. Pal). Am Schild- krötenschädel tritt der Vomer Fig. 250. Ansicht der Schädelbasis. A von Monitor, B von Struthio. Ob Oceipitale basilare. C Condylus (Fig. 251. 4. Vo) zwischen den oceipitalis. O1 Oceipitale laterale. Spb Sphenoidale beiden Palatina zum Dache der basilare. Q Quadratum. Pf Pterygoid. Tr Transver- z 7 } i . V Vomer. 0@j Quadratojugale. r währ sum. Pal Palatinum Mundhöhle he ab , ährend Ju Jugale. M& Maxillare. Mx' Medialer Fortsatz des- über der Nasenhöble beide selben. Px Praemaxillare, 486 ll. 9. Wirbelthiere. Gaumenbeine an der Basis cranii sich vereinigen. Meist als lange und platte Knochen erscheinen die@umenbeine der Vögel (Fig. 250. B. Pal), mit ihrem vorderen Ende legen sie sich einem Fortsatz des Oberkiefer- | knochens (Mr) an oder A B treten auch mit einem Fortsatz des Praemaxil- lare zusammen. Die Praemaxillaria (Pr) sind bei den mei- sten Sauriern [unter den Schildkröten bei Chelys) wie bei den Vögeln verschmolzen, und bei letztern durch lange Frontalfortsätze ausgezeichnet. Ihre Ausdehnung steht hier im Verhältniss zur Länge des Schnabels, an des- sen Gestaltung sie be- deutenden Antheil neh- men. Rudimentär er- scheinen sie bei den Schlangen (Fig. 249. C. Px), und bei den Schild- kröten sind sie unan- Fig. 251. Ansicht der Schädelbasis A von Chelonia, 3 vonCro- sehnlich. Der Hauptan- EBENE. 1 ey ee eh m oh Pr theil an der Begrenzung Pterygoid. Pal Palatinum. Vo Vomer. Q Quadratum. Qj Qua- des Oberkieferrandes drato-Jugale. 7r Transversum. Mx Maxillare. Pr Praemaxillare. kommt somit dem Maxil- Pa Parietale. Pfr Postfrontale. [#r Frontale. 0% Choanae. E Tuba lare-{Maslı 2 al Eustachii. are (/ x) zu, welches bei Grocodilen und Eidechsen, am meisten aber bei Schlangen eine beträchtliche Ausdeh- nung, und hei den letzteren zugleich eine grosse Beweglichkeit besitzt. Eine laterale Reihe von Knochen beginnt am Quadratum mit dem Quadrat-Jochbein, welches den Schlangen abgeht. Bei den Sauriern entspringt es vom Quadratum an dessen Verbindungsstelle mit dem Schä- del. Es setzt sich vorne in ein zweites Stück fort, welches theils mit dem Postfrontale, theils mit einem den unteren Orbitalrand umziehenden Ju- gale sich verbindet. Bei den Vögeln ist das Quadrato-Jugale (Fig. 250 B. Q)) ein dünnes Knochenstück, lateral vom Mandihulargelenk des Qua- dratum entspringend. Schildkröten und Crocodile besitzen es mit einer grösseren Strecke des Quadratum verbunden und das Jugale stützend, welches die Orbita begrenzen hilft. Der Unterkiefer artieulirt in allen Fällen mit dem Quadratbein, und Schädel. 487 besteht noch aus denselben Theilen wie bei Fischen. und CGomplementare tritt hinzu. Bei Schildkröten und Vögeln verschmelzen beide Dentalia sehr früh- zeitig, und bei den Vögeln erhalten sich für die andern Knochen meist nur Spuren der ursprünglichen Trennung. Beide Hälften sind bei den weitmäuligen Schlangen gegeneinander beweglich verbunden. Ein Supraangulare PARKER, W. K., Structure and development of the skull in the ostrich tribe. Philos. Transact. 4866. — Derselbe, On the structure and develop. of the skull of the common Fowl. Phil. Transact. 4869. $ 350. Am Säugethierschädel erscheint das knorpelige Primordialeranium meist nur an seinen basalen Theilen ausgebildet, und auf frühe Entwicke- lungszustände beschränkt. Der aus dem Knorpeleranium entstehende Theil des Schädels ist auch hier von den aus anderen Elementen hervor- gegangenen Abschnitten unterschieden, geht aber mit diesen innige Ver- bindungen ein. Als Gehirnkapsel weist er mit einer grösseren Ausdeh- nung auch eine grössere Anzahl zur Umschliessung beitragender Knochen auf. Seine Scheidung in einzelne Segmente tritt deutlicher als in den niederen Abtheilungen hervor, muss aber als eine secundäre Anpassung beurtheilt werden ($ 340). Am Oeceipitalsegment bilden die seitlichen Stücke (Fig. 252 Ol) mit je einem Theile des Oceipitale basilare (Fig. 253 Ob) die Gelenkköpfe des Hinter- hauptes und begrenzen mit jenem das Foramen magnum indem sie oben das Ocecipi- tale superius (Os) zwischen sich fassen. Letzteres kann auch von dem Rande des Foramen magnum ausge- schlossen sein. Eine Ver- wachsung der vier Stücke zu Einem ist eine fast regel- mässige Erscheinung, doch können sie auch lange ge- trennt bleiben (Beutelthiere).. Bei vielen Säugethieren (manchen Beutelthieren, Un- gulaten etc.) steigen von den Oceipitalia lateralia lange Fortsätze (pm) herab (Pro- cessus paramastoidei).. pn Fig. 252. Seitliche Ansicht des Hirntheils eines Ziegen- schädels. 0/ Oceipitale laterale. Os Oceipitale superius. Jp Interparietale. Pa Parietale. Pe Petrosum. $q Squamo- sum. 7y Tympanicum. Sph Basisphenoid. As Alisphenoid. Ors Orbitosphenoid. Ar Frontale. Na Nasale. Z Lacrymale. Ju Jugale.. Mx Maxillare superius. Pal Palatinum. Pt Pterygoid. pm Processus paramastoideus. sl Processus styloides. In der Region der Gehörkapsel finden sich nur im frühesten Zustande discrete Ossificalionen von Knorpelpartien. Sie bilden Knochenkerne, 488 Il. 9. Wirbelthiere. welche theilweise den bei Fischen und Reptilien bestehenden Knochen entsprechen und verschmelzemg@hld zu einem einzigen Stücke, dem Pe- trosum (Pe), dessen grösserer Abschnitt mit der lateralen Ausdehnung der Schädelhöhle an die Basis eranii rückt. Der laterale Theil des Petrosum erhält Anlagerungen von anderen, aus dem umgebildeten Kiemenskelete stammenden Knochen und wird zur medialen Wand der Paukenhöhle, an welcher sich ausser einer Fenestra ovalis noch eine Fenestra rotunda vor- findet. Der hintere, gleichfalls mit einem selbständigen Knochenkerne ossificirende Abschnitt des Petrosum ist in seitlichem Anschluss an die Oceipitalia lateralia und wird als Pars mastoidea unterschieden, da er beim Menschen den Process. mastoides trägt. Oben fügt sich an das Pe- trosum das Squamosum (Sq), welches zuweilen mit dem Petrosum zum Schläfenbein (Temporale) verschmilzt, dessen »Schuppe« es bildet. Bei Einigen ist es ganz von der Schädelhöhle ausgeschlossen, bei Anderen tritt nur ein kleiner Theil zur Innenfläche des Schädels (Getaceen, Wie- derkäuer). Erst bei den Primaten ist dieser Theil beträchtlicher und führt zu dem für den Menschen bekannten Verhalten. Ein nach vorne gerichteter Fortsatz (Processus zygomaticus, des Squamosum trägt zur Bildung des Jochbogens bei. Die vor der Schläfenbeinregion befindliche Sphenoidalregion wird aus zwei vollkommen entwickelten Segmenten zusammengesetzt. Das Basalstück des hinteren Segınents (Spbenoidale ba- silare, Basisphenoid) (Fig. 253. Spb) stösst unmittel- bar an das Oceipitale basi- lare, und trägt seitlich die Alae temporales (Alisphe- noid). Vor dem Basisphe- noid liegt das Praesphenoid (Ps) mit den Alae orbita- les (Orbitosphenoid). Die beiden medianen Stücke bleiben bei den Säuge- Be Me ae Sk hieren sel oder doch sehr rechte Platte des Siebbeins, deren vorderer Rand in die hier lange getrennt. Beim Men- entfernte knorpelige Nasenscheidewand sich fortsetzt). Eth' schen verschmelzen sie Muscheln des Ethmoid. Vo Vomer. s Sinus frontalis. Die übrige Bezeichnung wie in der vorhergehenden Figur. frühzeitig zum sogenann- ten Körper des Keilbeines. Am Schädeldache treffen sich wieder die bekannten Deckstücke, die bei bedeutender Ausdehnung der Schädelhöhle an Umfang gewinnen. Die Parietalia (Figg. 252, 253 Pa) sind häufig (bei Monotremen, manchen Beu- telthieren, den Wiederkäuern und Einhufern) unter einander verwachsen. Zwischen sie fügt sich von hinten her ein an das Oceipitale superius srenzendes Knochenstück,, das Interparietale, welches meist wie bei den Schädel. 489 Primaten mit dem Oceipitale superius (Figg. 252, 253 Jp), aber auch mit den Parietalien (bei Nagern und Wiederkäuern) verschmilzt. Die Frontalia (Fr) im Anschlusse an die Alae orbitales sind immer paarig, bei einzelnen verwachsen sie, z. B. bei Elephas, Rhinoceros, auch bei den Prosimiae, Insectivoren und Chiroptern und den Primaten. Der vorderste Abschnitt des Primordialeraniums bietet die bedeu- tendsten Modificationen. Er entfaltet sich zur Wandung der Nasenhöhle, unter Bildung mannichfacher lateral einragender Vorsprünge. Von unten her lagern sich an ihn Skelettheile des Kiefergaumenapparates, gegen welche eine mediane Knorpellamelle, als Scheidewand der Nasenhöhle, herabsteigt. An dieser entsteht als Belegknochen der Vomer (Fig. 253 Vo). Durch Verknöcherung beider Seitenhälften des Ethmoidknorpels und der davon ausgehenden lamellösen Fortsätze (Muscheln) entstehen zwei Eth- moidstücke. Sie begrenzen einen Theil der Schädelhöhle vor dem Praesphenoid, und sind zum Durchlass des Olfactorius durchbrochen. Bei Ornithorhynchus sind hier nur zwei Oeflnungen, dagegen finden sich zahlreichere bei den Uebrigen, jenen Abschnitt zur Siebplatte gestal- tend. Durch Verschmelzung beider seitlichen Hälften mit dem medianen Stücke (Fig. 253 Eth) [Lamina perpendicularis] geht ein unpaarer Knochen hervor. Die Muscheln bieten ausserordentliche Verschiedenheiten und tragen durch reichverzweigte Lamellenbildung zur Oberflächenvergrösserung der Nasenräume bei. In der Regel wird der Ethmoidalabschnitt von anderen Knochen, vorzüglich jenen des Kiefer-Gaumenapparates, so überlagert, dass kein Theil seiner Oberfläche zu Tage tritt. Ausser bei einigen Eden- taten, gelangt nur bei den Primaten ein Theil der seitlichen Fläche in die mediale Begrenzung der Orbita als »Lamina papyracea.«. An der Aussenfläche der Ethmoidalregion finden sich als Beleg- knochen die Laerymalia und Nasalia. Erstere (L) sind minder beständig und scheinen mit benachbarten Knochen zu verschmelzen, so dass sie als discrete Theile vermisst werden (Pinnipedier). Auch den Delphinen fehlen sie. Wie bei den Reptilien und Vögeln bilden sie einen Theil der vorderen Begrenzung der Orbita, und treten gleichfalls auf der Antlitzfläche des Schädels vor, von der sie sich bei Primaten an die mediale Orbitalwand zurückgezogen haben. Bezüglich der Nasalia (Na) bestehen nur untergeordnete, theils durch eine Rückbildung (Cetaceen), theils durch beträchtliche Volumsentfaltung ausgedrückte Verschiedenheiten. Ihre Ausdehnung entspricht der Nasen- höhle, und steht mit einer Verlängerung des Gesichtstheiles des Schädels in Zusammenhang. Klein sind sie bei den Primaten. $ 351. Die bedeutendsten Eigenthümlichkeiten des Säugethierschädels er- weisen sich an dem vom primitiven Kieferskelete gebildeten Abschnitte. 490 II. 9. Wirbelthiere. Ein dem Quadratum entsprechender Knochen lagert an der Aussenfläche der Ohrkapsel. Er bildet ein GeM®knöchelchen, den Ambos. Die vor dem Quadratum längs der Schädelhasis entwickelten Skelet- theile sind innig mit dem Cranium verbunden. Die Pterygoidea (Fig. 253 Pl) sind meist platte Knochenstücke, welche der Innenfläche besonderer vom Basisphenoid entwickelter Fortsätze sich anlagern. Sie umschliessen seitlich die Choanen und können sogar, im Gaumengewölbe sich vereinigend, die Choanenöffnung auch unten be- grenzen (bei Echidna, Dasypus, auch bei einigen Cetaceen). Bei den meisten Säugethieren erhalten sie sich getrennt, und auch bei den Pri- maten bleiben sie es längere Zeit, bevor sie mit den genannten Fortsätzen des Keilbeines sich vereinigen, um die medialen Lamellen der absteigen- den Keilbeinfortsätze (Processus pterygoidei) vorzustellen. — Die Palatina bilden am häufigsten die untere Choanenumschliessung und den hinter- sten Abschnitt des harten Gaumens. Die Maxillaria erscheinen nach Maassgahe der Länge der Antlitzregion ausgedehnt, sind immer die an- sehnlichsten Kieferstücke. Bedeutendere Verschiedenheiten bieten die Praemaxillaria, welche in der Regel gleichfalls zur seitlichen Begrenzung der Nasenhöhle beitragen. Rudimentär, oder im Verhältniss zum Maxillare schwach entwickelt sind sie z. B. bei manchen Chiroptern und Edentaten. Sie begrenzen das Foramen incisivum. Bei den Affen verwachsen sie mil den Maxillaria, und gehen diese Verbindung beim Menschen sogar so frühzeitig ein, dass man lange Zeit an ihrer Existenz zweifeln konnte. Die bei Sauropsiden vorhandene, äussere, vom Quadratum zum Maxil- lare ziehende Reihe ist bei den Säugethieren auf das Jugale redueirt, wel- ches den Jochfortsatz des Squamosum mit dem Maxillare zum Jochbogen verbindet. Wenigen fehlt das Jugale (Sorex), oder es erreicht, vom Ober- kiefer ausgehend, keinen Anschluss am Jochfortsatz (Myrmecophaga, Bra- dypus). Indem es sich mit einem Fortsatze des Stirnbeins verbindet, stellt es eine hintere Orbitalumgrenzung her, und trennt damit die Orbita von der Schläfengrube, wofür viele Stadien unterscheidbar sind. Am vollständigsten ist dieser Vorgang bei den Primaten vollzogen, deren un- tere Orbitalfissur den Rest der bei den anderen Säugelthieren weiten Communication zwischen Orbita und Schläfengrube vorstellt. An der Aussenfläche des Petrosum entsteht bei den Säugethieren als Rahmen für das Trommelfell das Tympanicum. Ob es mit dem bei Am- phibien ebenso genannten Knochen homolog ist, ist ungewiss. Immer erscheint es zuerst als ein knöcherner, nicht vollständig geschlossener Ring (Annulus tympanicus) (Fig. 254 al), der in mannichfaltige Formen auswächst. Als einfacher Annulus bleibt es bei Monotremen und Beutel- thieren, auch manchen Insectivoren u. a. Häufig erhält es sich vom Pe- trosum getrennt, am losesten bei den Walfischen mit ihm verbunden. Es bildet bei vielen eine knöcherne, in den äusseren Gehörgang fortgesetzte Kapsel. Eine solche Bulla ossea findet sich besonders bei Beutelthieren, Nagern, Ferae, auch bei den Artiodactylen, vor. Bei manchen Beutel- Schädel. 491 thieren, deren Tympanicum nicht über das ringförmige Stadium hinaus gelangt, findet sich eine anscheinend gleiche Bulla, die aber hier von einer Ausdehnung der Basis der Alae temporales gebildet wird (Dasyu- rus, Petaurista, Perameles). Indem das Tympanicum mit dem Petrosum und Squamosum verschmilzt, hilft es das Schläfenbein zusammensetzen (Primaten). $ 352. Der primitive Unterkieferknorpel ändert bei den Säugethieren schon frühzeitig die Richtung der bei den übrigen Wirbelthieren eingeschlagenen Differenzirung. Der sonst das Articulare bildende a7 Theil wird zu einem Gehör- knöchelehen, dem Hammer (Fig. 254 m), von dem der nicht weiter sich entfaltende Meckel’sche Knorpel (p) aus- geht. An der Aussenfläche des Meckel’schen Knorpels entsteht als Belegknochen das Dentale. Es bildet mit dem anderseitigen median zusammenstossend den ae Fig. 251. Seitliche Ansicht des Schädels eines menschlichen sammten, an der unteren Fötus mit den Gehörknöchelehen. Ein Theil der oberen Be- Fläche des Jochfortsatzes renzung der Paukenhöhle sowie das Trommelfell ist weg- genommen. at Annulus tympanicus, von welchem ein oberer des Squamosum seine Arti- Theil entfernt ist. m Hammer, »na Manubrium des Hammers. eulationsstelle mit dem p Processus Meckelii, an der Innenseite des Unterkiefers Schädel findenden Unterkie- sich hinziehend. ö Ambos. s Steigbügel. st Processus sty- loides. /st Ligamentum stylohyoideum zum vorderen Horn fer. Somit liegt hier eine des Zungenbeins ziehend. # Foramen mastoideum. neue Bildung vor, während die ursprüngliche keineswegs verschwunden ist, sondern in anderen func- tionellen ‚Beziehungen fortbesteht. Der Meckel’sche Knorpel (p) erbält sich noch einige Zeit an der Innenfläche des knöchernen Unterkiefers, schwindet aber dann, und nur die innerhalb der Paukenhöhle bis zur Glaser’schen Spalte gelangende Strecke bleibt durch Verknöcherung als Processus folia- nus des Hammers fortbestehen. Die frühzeitige Differenzirung, sowie die relativ bedeutende Grösse der genannten Gehörknöchelchen bestätigen, dass in ihnen auf niederen Zuständen voluminöser entfaltete Skelettheile zu erkennen sind. Beide Hälften des Unterkiefers bleiben bei einer grossen Anzahl von Säugethieren getrennt, bei anderen verschmelzen sie bald (Perissodactyle, Chiroptern, Primaten). Niedere Formzustände sprechen sich im geraden Verlauf des Unterkiefers der Monotremen aus, denen ein deutlicher Pro- cessus coronoides fehlt, der auch bei Anderen nur angedeutet ist (Getaceen). 492 II. 9. Wirbelthiere. Das aus dem oberen rn des primitiven Zungenbeinhogens hervorgehende Stück (HyomandiMflare der Fische) scheint die Anlage für ein drittes Gehörknöchelchen, den Stapes, abzugeben. Kiemenskelet. $ 353. Mit dem vordersten Theile des Axenskeletes steht ein ventrales Bo- gensystem in Verbindung, welches für den als Athemhöhle fungirenden Abschnitt des Nahrungscanals die Stützorgane bildet. Die Zahl der Bogen und damit die Ausdehnung des Apparates nach hinten hängt von der Ausdehnung jenes respiratorischen Raumes ab. Diese Gebilde treten in zweisehr verschiedenen Typen auf. Der erste Typus besteht bei den Acrania (Amphioxus). Hier be- sitzt jenes Gerüste an seinem vordersten Theile einen die Mundöflnung umziehenden Knorpelbogen, der mit nach vorne gerichteten Knorpelstäb- chen besetzt ist. Der übrige Apparat ist aus einer homogenen Substanz gebildet, welche ähnlich wie bei Balanoglossus (vergl. $ 112) ein compli- cirtes Gitterwerk vorstellt. Das Kiemengitter jeder Seite besteht für sich, ohne ventralen Zusammenhang. Auf diese Einrichtung kann der bei den Cranioten bestehende zweite Typus nicht unmittelbar bezogen werden. Er wird in seinem ersten Zu- stande nur durch knorpelige Theile dargestellt, die eine geringere Zahl von Bogen bilden, und bei streng symmetrischer Vertheilung einen ven- tralen Abschluss mittels einer Gopula besitzen. Bei den Gycelostomen besteht das Kiemenskelet aus complieirteren, jederseits sowohl oben zur Seite des Rückgrates, als unten unter sich in Zusammenhang stehenden Knorpelleisten, deren oberflächliche Lagerung sie als äusseres Kiemengerüste bezeichnen lässt. Von diesem sind auch noch bei Selachiern zuweilen sehr deutliche Spuren vorhanden, ob- gleich bereits ein anderer, innerer Stützapparat besteht, welcher von da an durch die ganze Reihe der Wirbelthiere sich fortsetzt. Die einzelnen Bogen be- sitzen deutliche Spuren ur- sprünglicher Gleichartigkeit. die durch allmähliche Aende- rung der functionellen Be- ziehungen in Folge einer Ar- beitstheilung einer Mannich: faltigkeit wich. Von diesen Bogen mussten einige bereits Fig. 255. Schädel- und Kiemenskelet eines beim -Granium besprochen Selachiers (Schema). abc Lippenknorpel. I Kiefer- werden deren hier nur ın bogen. o Oberer, ı: unterer Abschnitt. // Zungenbeinbogen. 2 III— VIII Kiemenbogen. Kürze gedacht werden soll. Kiemenskelet. 493 Der erste umzieht den Eingang in den Nahrungscanal und ist in zwei Stücke gegliedert, ein oberes, das Palato-Quadratum (Fig. 255. 0), ein unteres Stück, der primitive Unterkiefer (uw). Die folgenden Bogenpaare erhalten sich entweder in ihrer urprünglichen Function als Stützen der Kiemen- bogen oder sie gehen eine Reihe anderer Modificationen ein. Diese sämmtlichen Bogen lassen sich als ursprünglich gleichartig fun- girende nachweisen. Die Beziehung zum Athemapparat scheint nicht blos an den vorderen Bogen durch deren Umwandlung zu Kiefern verloren gegangen, sondern auch von den hinteren Bogen her fanden allmählich functionelle und auch anatomische Rückbildungen statt, so dass die Wahr- schemlichkeit besteht, dass in diesen Befunden nur die Enderscheinung eines Reductionsprocesses vorliegt, der an einer viel beträchtlicheren Bogen- zahl begann. Das Kiemenskelet der Cranioten wäre demnach der Ueberrest eines an Bogen ursprünglich viel reicheren Apparates. Diese Auffassung wird unterstützt durch die Vergleichung mit Amphioxus, sowie durch Erwä- gungen, deren bei dem Kiemenapparate und beim peripherischen Nerven- system gedacht wird. Von den Fischen bis zu den Amphibien ist an diesem Apparat eine allmähliche Entfremdung seiner ursprünglichen Beziehungen bemerkbar, und von den Reptilien an geht die Verbindung mit den Athmungsorganen gänzlich verloren. $ 354. Sämmtliche Kiemenbogen. stehen in ventraler Verbindung durch un- paare Stücke, die Copulae. Die einzelnen Bogen bieten stets eine Gliede- rung in mehrfache, meist beweglich unter einander verbundene Abschnitte. Sowohl der Kieferbogen als der obere Theil des Zungenbeinbogens gewin- nen, wie oben dargelegt, Beziehungen zum Cranium, und lösen sich damit aus dem Verbande mit den übrigen Bogen, denen nur der untere, oder Hyoidabschnitt des zweiten oder Zungenbeinbogens sich anschliesst. Die folgenden Bogen haben die Verbindung mit dem CGranium gröss- tentheils aufgegeben, oder stehen mit ihm nur in unmittelbarem Zusam- menhange, entweder der Schädelbasis, oder bei grösserer Ausdehnung sogar dem Anfangstheile der Wirbelsäule angeheftet. Bei manchen Sela- chiern ist der Zungenbeinbogen mit den Kiemenbogen noch gleichartig gestaltet (Fig. 255 //). In der Regel zeigt er eine Vergrösserung seiner Co- pula, die eine Stütze der Zunge abgibt. Bei den Selachiern und Chimären besitzt dieser Bogen noch seine ursprüngliche Bestimmung als kiemen- tragender Skelettheil. Diese Beziehung ist sowohl bei den Ganoiden als Teleostiern zurückgetreten , da jene Kieme rudimentär ward und die Ra- dien des in Hyomandibulare und Symplecticum umgewandelten oberen Stückes durch den Opercularapparat vorgestellt werden (S. 479). Der untere Abschnitt des Zungenbeinbogens oder das Hyoidstück trägt dann an der Stelle der Knorpelradien knöcherne Strahlen (Fig. 256 I, r) (Radii branchiostegi), zwischen denen eine den gesammten Kiemen- 494 II. 9. Wirbelthiere. apparat deckende Membran sich ausspannt. Aus dem Zungenbeinbogen geht somit ein Schutzorgan des mungsapparates hervor. Fig. 256. Zungenbein und Kiemenbogen von Perea fluviatilis. Z/—YV/ Bogenreihen; der jerste Bogen (/) zum Tragapparat des Zungenbeins umgewandelt, die vier nächsten (I/—V) als Kiemenbogen und der letzte (V/) die unteren Schlundknochen vorstellend. a, b, c, d Glieder der Bogen. Das oberste Stück (d) der Kiemenbogen stellt die Ossa pharyngea superiora dar. » Radii branchiostegi. fgh Copulae. (Nach Cvvier.) Die in respiratorischen Beziehungen stehenden Bogenpaare finden sich zu fünf, selten sechs oder sieben (Notidani). Erstere Zahl ist die ausschliessliche bei Knochenfischen. Während die ersten Bogen (I. IH. III) sich noch regelmässig an CGopulae (f. g) ansetzen, sind die letzten meist zu mehreren Paaren (/V. V) mit einem Stücke (a) vereinigt und bieten immer, sowohl in Zahl wie an Volum, Rückbildungen dar. Das letzte, nur aus einem einzigen Stücke jederseits bestehende Paar (VT), trägt gar keine Kieme mehr, auch am vorletzten kommt häufig nur ein ein- seitiger Besatz mit Kiemenblättehen vor; dagegen gewinnen am letzten Zahnbildungen eine bedeutendere Entfaltung, welche diesen Theil nicht selten als Kauapparat fungiren lassen. Eine Verschmelzung der beider- seitigen letzten Bogenrudimente zu einem Stücke besteht bei den Pha- ryngognathen. Andere Modificationen der hinteren Kiemenbogen werden bei den Labyrinthobranchiern sowie bei manchen Clupeiden getroffen, und be- ruhen auf der Umbildung einzelner Bogenglieder zur Umschliessung von Wasser aufnehmenden Räumen. Aehnlich wie der Zungenbeinbogen der Selachier mit Knorpelanhän- gen ausgestattet war, bieten auch die folgenden Bogen einen Besatz knor- peliger, die Wandung der Kiementasche stützender Strahlen. Auch diese Kiemenskelet. 495 Gebilde sind bei den Ganoiden und Teleostiern rudimentär geworden, und erscheinen als feine Knorpellamellen zwischen den Reihen der Kie- menblättchen. $ 355. Eine bedeutende Reduction betrifft das Kiemenskelet der Amphibien, von denen die einer Metamorphose unterworfenen mit einer Rückbildung der Kiemen die allmählicbe Umwandlung auch dieses Apparates wahr- nehmen lassen. Bei den Perennibranchiaten erhält sich derselbe, und auch bei den Derotremen erleidet er nur geringe Veränderungen. Er wird aus vier oder fünf Bogenpaaren gebildet, von denen das erste, wie bei den Fischen, einen Zun- genbeinbogen (Fig. 257 b) vorstellt. Die folgenden Bogen vereinigen sich in eine gemeinsame Üo- pula. Die letzten erreichen selbst diese nicht selb- ständig, sondern sind jederseits unter sich ver- bunden. Zu der Reduc- 408 tion der Bogen tritt somit Fig. 257. Zungenbein und Kie- Fig. 258. Zungenbein von eine noch bedeutendere menbogen einer Larve von Bufo einereus. a Zun- Salamandra maculosa. 5b genbeinkörper (Copula). db der Copulae. Von dieser Zungenbeinbogen. ce c' Kiemen- Hörner des Zungenbeins. c Einrichtung bleibt nach bogenträger. d Anhang der Reste der Kiemenbogen. der Metamorphose nur ine ae das Hyoidstück (Fig. 258 b) vollständig. Es verbindet sich mit der meist ansehnlichen Copula (a), welche zum Körper des Zungenbeins wird. Vom zweitenBogen erhält sich bei den Salamandrinen ein grösseres Stück, und vom dritten ein kleines, indess bei den Anuren eine jederseits die sämmt- lichen Kiemenbogen aufnehmende Knorpelplatte mit der Gopula zu Einem Stücke zusammentritt. Diesem sind dann aus den Enden der ursprüng- lich paarigen Platte entstehende stabförmige Stücke (Golumellae) ange- fügt (Fig. 258 c). Die mit der Aenderung seiner Verrichtung wahrnehmbaren Um- wandlungen des Kiemenskelets geben ein sprechendes Beispiel ab für den mächtigen Einfluss der Anpassung an äussere Lebensbedingungen auf die innere Organisation. y„ 1 $ 356. Die bei einem Theile der Amphibien im Individuum auftretende Rückbildung erscheint in den höheren Classen als ein vererbter Zustand. Ausser den zum Gehörorgan getretenen Theilen wird Alles, was vom reichen Kiemenskelet der Fische sich sonst noch entwickelt, zu dem als Zungenbein bezeichneten Stützorgane der Zunge. Die Gopula bildet 496 IL. 9. Wirbelthiere. dessen »Körper«, an dem die Bogenreste als »Hörner« befestigt sind. Meist sind die Reste von zwei Bogen MN erwendung, nämlich das Hyoidstück (des primitiven Zungenbeinbogens und Theile des ersten Kiemenbogens. Der einfache, selten aus mehreren Stücken bestehende Körper ist bei den Reptilien mit zwei bis drei, oft sehr rudimentären Bogenstücken besetzt. Sie sind entweder einfach oder in zwei Stücke getheilt. Am reichsten sind die Bogen bei den Schildkröten, wo deren bis drei vorkommen, dann bei den Eidechsen ; bei den Crocodilen besitzt der breite gewölbte Zungenbeinkörper nur ein ein- ziges Bogenpaar. Nur auf einen knorpeligen Bogen- rest redueirt, erscheint der Apparat bei den Ophi- diern, von denen manche sogar auch diese Spuren verloren haben (Tortrix, Typblops ete.) Zwei Bogen- paare sind bei den Vögeln nachweisbar. Der rudi- mentäre erste Bogen verschmilzt zu dem sogenannten Os entoglossum (Fig. 259. 2), hinter dem die eigent- liche Zungenbeincopula liegt. Der zweite Bogen da- gegen erfährt eine bedeutende Ausbildung und stellt Nie N Zungensein- die aus zwei ansehnlichen Gliedern gebildeten Hör- apparat des Haushuhnes. o 1 Zungenbeinkörper (Co- ner (&—5) vor, die meist hinten um den Schädel, pula). 2 05 entoglossum. aber ohne directe Verbindung mit demselben, herum- 3 Kiel. 4 Vorderes 5 e . . : Hinteres Glied des Zun. Ziehen. Hinter der Copula tritt noch der Rest einer genbeinhornes, zweiten als Kielstück (3) auf. Bei den Säugethieren bleiben zwei Bogen mit dem einfachen Zungen- beinkörper verbunden. Die vorderen Hörner sind die ansehnlichsten und treten, ‚aus mehreren (3) Gliedern zusammengesetzt, mit dem Petrosum in Zusammenhang. Indem das mittlere Glied nur durch ein Ligament ver- treten wird, kommt eine Trennung dieses Theiles zu Stande, so dass dann das oberste Stück, wenn es, wie beim Orang und beim Menschen, mit dem Petrosum verschmilzt, als Griffelfortsatz des letzteren sich darstellt. In diesem Falle wird der übrige Theil durch das Ligamentum stylo- hyoideum gebildet, und am Zungenbeinkörper bleibt der Rest des Bogens als ein unansehnliches, häufig nicht einmal verknöcherndes Stück befestigt. Die hinteren Hörner sind, immer nur durch ein einziges Glied gebildet, bei den meisten Säugethieren die kleineren. selten fehlen sie ganz, wie bei manchen Nagern und Edentaten. Bei den Primaten übertreffen sie die vorderen Bogenreste an Grösse. Sie besitzen Verbindungen mit dem Kehl- kopf, dessen Schildknorpel ihnen durch Bänder angefügt ist. Skelet der Gliedmassen. $ 357. Die zwei Gliedmassenpaare der Wirbelthiere bieten in dem Verhalten ihres Skeletes, bei aller Verschiedenheit der Ausbildung in den einzelnen Skelet der Gliedmassen. 497 Fällen, gemeinsame Einrichtungen, die uns in ihnen homodyname Gebilde erkennen lassen. Wir unterscheiden einen im Rumpfe liegenden bogen- förmigen Abschnitt, der auf der niedersten Stufe eine Knorpelspange vorstellt, und nach seiner Lagerung als Brust- ‘oder Schulter-) und Beckengürtel unterschieden wird. An dem Extremitätengürtel ist das Skelet der freien Gliedmasse be- festigt. Dieses erscheint in seinen einfachsten Befunden durch Knorpel- stäbe (Radien) dargestellt, in verschiedener Ausdehnung, Gliederung und Beziehung zu einander. Einer dieser Radien ist mächtiger als die anderen, und trägt von diesen noch eine Anzahl seitlich angereiht. Ich bezeichne die Grundform des vom Extremitätengürtel in die freie Gliedmasse treten- den Skeletes als Archipterygium. Der Hauptstrahl ist der Stamm dieses Urflossenskelets, dessen Verhalten uns zugleich den Weg für die Ableitung des Gliedmassenskeletes zu zeigen vermag. Mit Radien besetzte Knorpelbogen bilden das Kiemenskelet. Darauf lassen sich die Skelet- formen der Gliedmassen beziehen, und es eröffnet sich die Möglichkeit, sie sich von solchen aus entstanden zu denken. Am Kiemenskelet der Selachier sind die Knorpelspangen mit einfachen Radien besetzt (Fig. 260 ab). Bei manchen ist ein mittlerer mächtiger entfaltet. Indem die be- 3222 Fig. 260. Schemata zur Bois; der TERS des Extremitäten-Skeletes mit jenen der Kiemen a, b, c, d. Kiemenbogen von Selachiern. e Archipterygiumform. nachbarten schwächeren dem stärkeren näher rücken (c) wird ein Ueber- gang zu dem gleichfalls realisirten Befunde geboten, in welchem der stär- kere Mittelstrahl einige schwächere Radien trägt (d). Diese Differenzirung Eines Radius, der damit auf eine höhere Stufe tritt, ist mit der primitiven Form des Gliedmassenskelets verknüpfbar, und wie wir den Gliedmassen- sürtel mit einem Kiemenbogen vergleichen, so ist der Mittelstrahl mit seinem secundären Radienbesatze dem Skelete der freien Gliedmasse ver- gleichbar. Grössere Schwierigkeiten erheben sich bei der Prüfung der Lage- verhältnisse der Gliedmassen. Wenn aus der Vergleichung des Skeletes eine Uebereinstimmung mit dem Kiemenskelete hervorgeht, und darauf eine Ableitung von Kiemenhogen möglich wird, so kann das nur unter der Voraussetzung geschehen, dass beide Gliedmassen ursprünglich ra- dientragende Kiemenbogen waren, die eine von den übrigen Kiemenbogen verschiedene Differenzirungsrichtung einschlugen, und vom Kiemenappa- rate sich lösten. Die hintere entfernte sich mehr, die vordere weniger Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 39 498 ll. 8. Wirbelthiere. von der ursprünglichen Stätte, unter Veränderungen, die selbstverständ- lich auch den übrigen Organismw@ßßetrafen. Die vordere Gliedmasse zeigt noch Beziehungen zum Kopfe durch Muskeln, die von Gerebralnerven versorgt werden, und liegt bei den Fischen mit ihrem Bogen sogar dicht hinter den Kiemenbogen. Vollkommen selbständig erscheint in dieser Hinsicht die hintere Gliedmasse. Für sie muss eine weite Wanderung vorausgesetzt werden, wenn die aus der Vergleichung des Skeletes gefol- gerte Homodynamie richtig ist. Bedeutende Lageveränderungen sind jedoch auch für die vordere Gliedmasse ins Auge fallend, wenn man be- achtet, wie sie von den Fischen an bis zu den Vögeln immer weiter nach hinten tritt, indem die Zahl der Halswirbel immer mehr anwächst. Da aber eine Neubildung von Wirbeln, die nur durch Einschiebung neuer Metameren des Körpers auftreten könnte, keine Thatsache für sich sprechen hat, muss jene oflenliegende Lageverschiedenheit aus einem successiven Hinterrücken der Gliedmasse erklärt werden, und daraus ergibt sich zu- gleich derselbe Prozess, den wir für die Hintergliedmassen postuliren. So sehen wir also bier vorerst nur die Möglichkeit einer Ableitung der Glied- massen, und stehen dabei vor vielen Fragen, für welche erst nach verglei- chender Prüfung der den Gliedmassen zugehörigen Muskeln und Nerven eine sichere Beantwortung zu erwarten ist. GEGENBAUR. C., Zur Morphol. der Gliedmassen der Wirbelthiere. Morphol. Jahrb, II. Vordere Gliedmassen. Brustgürtel. $ 358. Der Brustgürtel tritt in der einfachsten Gestalt als ein Knorpelstück auf, welches bei Selachiern einen ventral geschlossenen, dicht hinter. dem Kiemenapparate gelagerten Bogen bildet. Durch Beziehungen zu Mus- keln der Gliedmassen erhält der Bogen eine bestimmte, am meisten bei den Rochen ausgeprägte Sculptur. Die Trennung des Knorpelbogens in zwei Hälften vollzieht sich bei den Ganoiden, und mit dem durch den Knorpel vorgestellten primären Schultergürtel verbindet sich aus ursprünglich dem Integumente angehörigen Knochenstücken ein neuer Apparat, der im Verlaufe seiner fernern Differenzirung bis zu den Säugethieren eine wichtige Rolle spielt. Wir haben also ausser dem primären auch einen secundären Schultergürtel zu unterscheiden. Ersterer bleibt bei den Stören knorpelig; auf ihm entwickeln sich einige Knochenplatten des Integu- mentes, von welchen ich die beiden unteren als Clavicula und Infra- clavieulare, die beiden oberen als Supraclavicularia gedeutet habe. Am primären Schulterknorpel sind aus den bei den Selachiern vorkommenden Canälen weitere Räume geworden. Bei den übrigen Ganoiden und Te- leostiern bleibt meist nur ein Theil noch knorpelig, ein anderer ossificirt, Brustgürtel. 499 doch erscheint das gesammte Stück dem Volumen nach in Rückbildung. In der Regel gehen aus ihm bei Teleostiern zwei Knochen (fe) hervor, mit denen sogar Theile des Flos- senskelets sich inniger verbinden können. Dagegen hat die bei den Stören noch unansehnliche Glavi- culaan Ausdehnung zugenommen (Fig. 261 c). Sie verbindet sich in der ventralen Medianlinie mit jener der anderen Seite, sowie durch Supraclavieularia (a b) mit dem Schädel. Bei der eingetre- tenen Rückbildung des primären Schultergürtels, der ihr wie ein blosser Anhang angefügt ist, bil- det die Clavicula die Hauptstütze der vorderen Extremität. $ 359. Fig. 261. Rechte Brustgürtelhälfte und Brustflosse von Gadus. d. Accessorisches Stück. g Basalia der Flosse. h Strahlen des secundären c Clavicula. a b Supraclavicularia. e Coracoid. f Scapula, Flossenskelets. Die bei den Fischen am knorpeligen Schultergürtel entwickelte Gla- vicula erleidet bei den höheren Wirbelthieren eine Reduction. empfängt der primäre Apparat einen höheren Werth durch seine Verbindung mit dem Brustbein wie durch grössere Beweglichkeit seines obersten (dorsalen) Abschnittes, der nicht mehr mit dem Axenskelete sich fest verbindet. Die Verbindungsstelle mit dem Skelete der freien Gliedmasse bezeichnet eine den Gelenkkopf des Humerus aufneh- mende Pfanne, von der aus der primäre Schultergürtel sich in zwei Abschnitte theilt. Der dorsale Abschnitt stellt die Scapula vor, der ventrale sondert sich in ein hinteres Stück, das Coracoid, und ein vorderes, welches bei auftretender Verknöcherung von der Scapula aus ossifieirt, das Procoracoid. Unter den Amphibien erscheint der Schultergürtel bei den Urodelen jederseits als ein grösstentheils knorpeliger, nur in der Nähe der Gelenkpfanne ossificirender Skelet- theil. Das verbreiterte Dorsalende der Sca- pula, Suprascapulare, bleibt meist knorpelig oder zeigt eine selbständige periostale Ossi- fication. Von der knöchernen Scapula erstreckt sich die Ossification zuweilen auf das Proco- Dagegen Fig. 262. Schultergürtel: A vom Frosch, Bvon einer Schildkröte, C von einer Eidechse. s Scapula. s' Suprascapulare. co Procoracoid. co' Coraeoid. cl Clavieula. c Epister- st Sternum. Die knorpeligen Theile sind durch Punktirung unter- schieden. 3237 num. 500 II. 9. Wirbelthiere. racoid. Bei den Anuren sind die beiden ventralen Fortsätze (Fig. 262. A co, c0') des Schultergürtels je seits mit ihren Knorpelenden in Ver- bindung, welche auch in eine mediane Vereinigung eingehen kann |Rana). Der ventrale Abschnitt des Schultergürtels umschliesst somit jederseits eine Oeffnung. Selbständig verknöchert das Coracoid (co), während das Procoracoid in nähere Beziehungen zu der Glavicula (d) tritt. Jede Hälfte des Schultergürtels der Reptilien bietet gleichfalls ein einziges Stück dar, in seiner Form dem der Amphibien enge angeschlossen. Das meist breite Coracoid ist nicht selten von fensterförmigen Oeflnungen durchbrochen (Eidechsen). Ein bei den Amphibien nur angedeuteter Fortsatz der Scapula wird als Verbindungsstelle mit der Clavicula (Fig. 262. C. d) zum Acromion. Bei den Schildkröten erscheint die Scapula als ein meist eylindrisches Knochenstück (B. s), welches am Schulter- gelenke in einem Winkel unmittelbar in das Procoracoid (B. co) sich fort- setzt. Das Ende des letzteren steht mit dem knorpeligen Ende des Cora- coid durch ein Ligament in Verbindung. Gänzlich |ist das Procoracoid bei den Crocodilen verschwunden, so dass nur Scapula und Coracoid den Schultergürtel zusammensetzen. Daran reihen sich die Vögel, deren schmale, leicht gekrümmte Scapula an der Gelenkpfanne mit dem starken Goracoid verbunden ist, welches, wie bei den !Reptilien, der Sternalplatte sich einfügt. Durch das Vor- handensein der Andeutung eines Procoracoid bieten die Ratiten eine nähere Verwandtschaft mit Sauriern dar. Von den Säugethieren besitzen nur die Monotremen ein vollständiges Coracoid. |Bei den übrigen schwindet es bis auf einen von der Gelenk- pfanne entspringenden Fortsatz der Scapula (Processus coracoides), und nur in seltenen Fällen persistirt auch das Sternalende des Coracoid, wie ich es als ein dem Manubrium sterni jederseits ansitzendes Knorpelstück bei Sorex und Mus auffand. Der scapulare Coracoidrest betheiligt sich zwar gleichfalls noch an der Bildung der Gelenkpfanne, allein auch diese Beziehung tritt zu Gunsten der Scapula zurück, die so zum ausschliess— lichen Träger der vorderen Extremität sich ausbildet und derselben damit eine grössere Freiheit der Bewegungen sichert. An dem Reste des Cora- coid äussert sich die ursprüngliche Selbständigkeit durch den Besitz eines besonderen Knochenkernes, bis die vollständige Verschmelzung mit der Scapula eintritt. Die Form der Säugethierscapula nähert sich jener der Reptilien , ist aber durch das Auftreten neuer Theile nicht unwesentlich davon verschie- den. Bei den Monotremen besteht die Andeutung einer Spina scapulae, die mit einem Acromion ausläuft. Bei den übrigen Säugethieren ist der laterale Rand jener breiten Kante in eine bedeutendere Leiste entwickelt, welche nunmehr durch die Ausbildung auch des medialen Randes in eine vorspringende Knochenplatte als Spina scapulae eine Ober- und Unter- grätengrube unterscheiden lässt. Immer entwickelt sich das Vorderende der Spina zu einem Acromialfortsatz. Unter den übrigen Verschieden- Vordere Extremität. 501 heiten ist die bei Chiropteren und Primaten auftretende Verbreiterung der Basis scapulae hervorzuheben. N 360, Durch die Entfaltung des primären Schultergürtels tritt der secun- däre, die Clavicula vorstellende Apparat ($ 358) entweder gänzlich in den Hintergrund oder er wird zu Leistungen verwendet, welche seinen bei den Fischen bestehenden Verhältnissen fremd sind. Unter den Am- phibien besitzen nur die Anuren eine CGlavicula (Fig. 262 A d), als Deck- knochen des Procoracoid. Selten löst sie sich vom Brustgürtel, wie dies vollständiger erst bei den Reptilien eintritt (B d). Sie bildet dann einen den Acromialfortsatz der Scapula mit dem Episternum (B c) in Verbin- dung setzenden Knochen. Bei den Vögeln erscheint die Clavicula in ähn- licher Weise, ist bei Dromaeus unansehnlich, und fehlt den übrigen Ra- titen, indess beide Glaviculae bei den Carinaten frühzeitig zu einem unpaaren Knochen, der Furcula, verwachsen, und mit der Crista sterni ligamentös verbunden sind (Fig. 234 f}. Das selbständige Auftreten dieses ursprünglich als Belegknochen eines Knorpelstückes entstehenden Skelettheiles führt bei den Säuge- thieren zu einer histiologischen Aenderung, indem die Clavicula sich hier grossentheils aus einer knorpeligen Anlage bildet, in vielen Punkten ähn- lich wie jeder andere knorpelig vorgebildete Knochen. Dieser Knochen erhält sich jedoch nur bei einem Theile der Säugethiere, jenen, deren Vordergliedmasse eine freiere Verwendung empfängt. Er ist spurlos bei den Ungulaten verschwunden und erscheint bei Anderen in Rudimenten, die zuweilen nur durch Bandmassen vorgestellt sind (Carnivoren). Vordere Extremität. $ 361. Die höchst mannichfaltigen Skeletformen der freien Gliedmassen lei- teten sich von einer nur in vereinzelten Fällen noch bestehenden Grund- form ab, welche den ersten und damit niedersten Zustand des Flossen- skelets vorstellt, das Archipterygium. Dieses wird durch einen aus gegliederten Knorpelstücken bestehenden Stamm gebildet, der, dem Schultergürtel angelenkt, an zwei Seiten mit meist gleichfalls gegliederten Radien besetzt ist. Ausser den am Stamme befindlichen Radien finden sich noch solche direct dem Gliedmassengürtel angefügt (vergl. Fig. 260 d). Geratodus bietet eine solche Form des Flossenskelets in einem bise- rial mit Radien besetzten Flossenstamm. Dagegen fehlen die Radien am Schultergürtel. Auch dieser biseriale Radienbesatz des Flossenstammes erleidet nun verschiedenartige Modificationen. Unter den Dipnoi erhält sich bei Protopterus nur die mediale Radienreihe, in Gestalt dünner Knorpelstäbchen, indess die laterale bei den Selachiern zu einer bedeu- 502 ll. 9. Wirbelthiere. tenden Entfaltung gelangt. Von der medialen Reihe bestehen meist nur unansehnliche Reste ‘Fig. 263.499, die aber immerhin deutlich genug sind, um der Annahme einer einstigen ausgedehnteren biserialen Anord- nung der Radien das Wort zu reden. An den Stamm schliessen sich noch Radien an, die mittels grösserer Plattenstücke (p. ms) sich dem Sehultergürtel verbinden. Zuweilen sind die Gliedstücke der Radien in polygo- nale Platten aufgelöst, die gleichfalls unter einander verschmelzen können, wie solche Conerescenzen auch an den die Flossen- basis darstellenden Stücken |p. ms) ersicht- lich sind. Indem wir die solchen Basal- stücken angefügten freibleibenden Radien jenen zurechnen, lassen sich am gesammten Flossenskelete drei Abschnitte unterschei- den: das Pro-, Meso- und Metapterygium. Das Metapterygium mt) stellt den Stamm des Archipteryeium vor, sammt den die- sem ansitzenden Radien. Propterygium 'p) und Mesopterygium (ms) sind aus den am Fig 208 Brastöossenskelet von Schultergürtel sitzen gebliebenen Radien her- Acanthias vulgaris. p Basale E des Propterygiums, mt des Metapte- Vorgegangen nachweisbar. tygiums. B medialer Flossenrand. Durch bedeutende Entfaltung des Pro- Ki a wer al pterygiums entsteht die eigenthümliche Flos- an. Die punktirtenLinienentsprechen senform der Rochen, zu welcher das Verhalten den Radien, die grösstentheils lateral yon Squatina hinleitet. Ein Radius ist hier (RR) und nur in Rudimenten auch E re & Tea Gh ungae. zu einem Träger von Radien geworden und bildet, allmählich sich nach vorne richtend, einen Stamm für dasPropterygium, ähnlich’wie ihn das Metapterygium im Stamm des Archipterygium besitzt. Im Wesentlichen kommen mit den Haien auch die Ghimaeren überein. $ 362. Von einem dem Brustilossenskelet der Haie ähnlichen Zustande ist das bezügliche Skelet der Ganoiden ableitbar, welches eine peripherische Reduction des ersteren vorstellt \vergi. Fig. 264). Verbältnissmässig nur wenige Radien lenken dem Flossenstamme |B) an, und ebenso sind die am Schultergürtel sitzenden rudimentär gebildet. Die Reduction des peri- pherischen Flossenskelets ist bei den Teleostiern noch weiter vorge- schritten, und der ganze primäre Stützapparat der Brustflosse besteht meist aus vier bis fünf häufig sich gleichartig verhaltenden Elementen (Fig. 261 g), welchen eine sehr wechselnde Anzahl kleiner, immer knor- pelig bleibender Stückchen peripherisch angefügt ist. Diese dienen dann Vordere Extremität. 503 als Stützen für das secundäre Skelet der Flossenstrahlen (h). Basalstücke lassen sich nur bei Wenigen (Welse), und auch da nur schwierig auf ihre ursprüngliche Bedeutung zurückführen. Nach dem bei den Ganoiden an- getroffenen Befunde müssen wir in jenen Stücken als constantesten Bestandtheil das Basale des Meta- pterygium, sowie die Basalia einiger Radien erken- nen. Der gleichartigen Function gemäss sind diese Theile einander ähnlich geworden, so dass nur die Rückführung auf das Ganoidenskelet den Zusammen- hang mit dem primären Zustand aufdeckt. In vielen Abtheilungen der Teleostier treten ausser ferneren Reductionen in derZahl jener Stücke noch hbedeutendere Umwandlungen ein. Hieher gehört der. enge Anschluss an den Schultergürtel und die Fig. 261. PrimäresBrust- unbewegliche Verbindung mit dessen Bestandtheilen vet von ER ko) penser ruthenus (Cataphracti). nach Entfernung eines Auf diese Weise lässt sich von dem reich ent- Teiles des secundären E A ß Skelets. B Basale des falteten Flossenskelete der Selachier bis zu jenem der wetapterygiums. R Knö- Teleostier eine continuirliche Reihe erkennen, deren cherner Randstrahl des wichtigste Veränderungen in allmählichen Reductio- Ne ee nen kleinerer oder grösserer Abschnitte bestehen. senskelets. Die Reduction schreitet von der Peripherie zur Basis vor, so dass letztere den beständigsten Theil bilde. Was das primäre Flossenskelet dadurch an Volumentfaltung einbüsst, wird compensirt durch das Auftreten von ÖOssificationen des Integumentes, welche, wie an den unpaaren Flossen, bald gegliederte, bald auch starre, auf beiden Flächen der Flosse entwickelte Knochenstrahlen vorstellen. GEGENBAUR, C., Untersuchungen zur vergleich. Anatomie der Wirbelthiere. II. Leipzig 1865. $ 363. Am Skelete der Vordergliedmasse höherer Wirbelthiere ist vom Ar- chipterygium der Stamm mit einseitig an ihm aufgereihten Radien er- kennbar, aber ausser dem Stamme sind keine Radien dem Gliedmassen- gürtel angefügt. Die Anordnung der Radienglieder in schräg zum Gliedmassenstamme geordneten Reihen — eben der Richtung der primitiven Radien entsprechend — ist durch die erfolgte transver- sale Umgliederung verwischt, kann aber in den niedersten Formen nicht unschwer erkännt werden. Aus der Umgliederung gehen neue Abschnitte hervor, indem quere Reihen von Radiengliedern mit dem entsprechenden Gliedstücke des Stammes zu längeren Stücken sich ent- wickeln. Diese Veränderung ist aus der geänderten Function ableitbar, der gemäss die Gliedmasse aus einem Ruderorgan in einen zusammen- gesetzten Hebelapparat sich umgebildet hat. 504 ll. 9. Wirbelthiere. Zuerst erscheint unter den Enaliosauriern bei Ichthyosaurus das Ba- sale des Archipterygiums als ein gg9sserer Knochen von der übrigen Masse meist gleichgrosser Stücke der Gliedmasse gesondert, und darf als Hu- merus bezeichnet werden. Bei Plesiosaurus sind zwei darauffolgende, bei den ersteren noch indifferente Stücke gleichfalls voluminöser geworden, und entsprechen den Unterarmknochen: Radius und Ulna; darauf folgt eine doppelte Querreihe kleinerer Stücke, die einen Garpus vorstellen, und auf diese folgen wıeder längere Knochenreihen, welche Metacarpus und die Phalangen der Finger repräsentiren. Die nach Auflösung von Stamm und Radien in einzelne Stücke auftretende Umgliederung lässt sich hier in einzelnen Stadien erkennen. Daran schliessen sich die bei Amphibien nachweisbaren Einrichtungen, die wir bei der bier bestehenden Verkümmerung eines Fingers aus dem an der Hintergliedmasse vollständigen Befunde ergänzen können. Hienach ist der Stamm des Archipterygiums in einer lateralen Reihe von Skelettheilen zu suchen, die vom Humerus durch Ulna zum fünften Finger ver- läuft und im Carpus zwei Stücke besitzt. Auf die hieran gereihten Strahlen vertheilen sich die übrigen Skelettheile. Ein Strahl beginnt mit der Speiche (Radius) und läuft in den er- sten Finger aus. Ein zweiter, dritter und vier- ter beginnt im Garpus, um im 2—4. Finger zu enden. Der primitive Garpus setzt sich demzu- folge aus 10 Stücken zusammen, fünf CGarpalia tragen die Finger, drei schliessen sich den Vor- Fig. 265. Schema der Vordergliea- (derarmknochen an: Radiale, Intermedium, masse eines Amphibiums. Die Ulnare, und zwei Gentralia (cc) werden von keinen den dei diesen und jenen eingeschlossen. pterygium verbleiben. Die Functionsänderung dieser Gliedmasse erscheint in Verbindung mit einer Axen- drehung des Humerus, die in den höheren Abtheilungen auch ontoge- netisch nachweisbar ist. Sie bedingt zunächst eine Verschiedenheit der Stellung der Gliedmassen im Vergleiche zu jener niederer Formen. $ 364. Von der vom Archipterygium abgeleiteten Grundform des Glied- massenskeletes erhält sich ein mehr oder minder vollständiges Abbild, und gerade von den charakteristischen Verhältnissen bleiben oft in allen Abtheilungen der Wirbelthiere unverkennbare Spuren bestehen, gegen welche die zahllosen, grösstentheils in Reductionen und Concrescenzen sich aussprechenden Abweichungen zurücktreten. Diese Modificationen Vordere Extremität. 505 erklären sich aus der Mannichfaltigkeit der Verwendung der Gliedmasse, sowie gänzliche Rückbildungen einzelner Theile oder sogar der ganzen Gliedmasse wieder von einer Aussergebrauchstellung abhängig sind. Bei den Amphibien sind die beiden oberen Abschnitte in bedeuten- der Ausbildung, bieten jedoch ausser der Verschmelzung von Radius und Ulna bei den Anuren keine so bedeutenden Differenzen als der Carpus sie aufweist. | Von den primitiven Garpalstücken verschwinden einzelne in der distalen Reihe mit der häufigen Verkümmerung von Fingern, die meist auf 4 beschränkt sind, oder es können auch Verschmelzungen von zwei bis drei distalen Carpalstücken eintreten (Frösche etc.). Ebenso sind an den proximalen Carpalstücken Goncrescenzen nachweisbar. Am Armskelet der Reptilien bestehen die einzelnen Abschnitte am wenigsten verändert bei den Schildkröten, welche nicht nur 9 Carpal- stücke, sondern auch die 5 Finger vollständig besitzen. Von den drei Carpalien der ersten Reihe sind bei den Eidechsen zwei mit einander verschmolzen, sowie auch jene der zweiten Reihe auffällige Modificationen und beim Schwinden einzelner Finger eine Reduction aufweisen. Bedeu- tender ist die Veränderung des CGarpus bei den Crocodilen. Das Radiale hat hier das Uebergewicht über das Ulnare erhalten, und die zweite Car- palreihe wird nur durch einige zum Theile knorpelig bleibende Elemente repräsentirt. Dabei bieten die zwei ulnaren Finger eine Verkümmerung gegen die drei radialen dar. Rückbildungen der Gliedmasse finden sich bei den schlangenartigen Sauriern in den verschiedensten Stadien ausge- prägt. Gänzlicher Mangel dieser Theile zeichnet die Schlangen aus. Reductionen der Hand sind bei den Vögeln, bei welchen die gesammte Vorderextremität zum Flugorgan umgewandelt ist, noch weiter ausgeprägt. Im Carpus bilden sich nur zwei Knochen (Fig. 266 cc’) bedeutender aus, c' >V c Fig. 266. Armskelet von Ciconia alba; I Humerus. # Ulna. r Radius. c c' Carpus. m Metacarpus pp'p" Phalangen des 1—3 Fingers. indess ein der zweiten Garpusreihe entsprechender Knorpel mit den Basen des Metacarpus frühzeitig verwächst. In der Hand bleiben drei Finger mehr oder minder ausgebildet, die sich bei den Saururen discret erhalten, indess bei Ratiten und Garinaten das Metacarpale (m) des zweiten und dritten, meist auch noch jener des ersten, zu Einem Knochenstücke ver- wachsen. Am dritten Finger kommt noch das Rudiment eines 4. vor. In der Zahl der Phalangen ergeben sich von den Eidechsen bis zu den Vögeln Rückbildungen. Vom ersten Finger der Radialseite bis zum 506 Il. 9, Wirbelthiere. vierten besteht eine Zunahme der Phalangen von zwei bis fünf, nur der fünfte enthält eine geringere Zi. Bei den Crocodilen ist diese Zunahme nur bis zum dritten Finger vorhanden; bei den Vögeln besitzt meist der zweite Finger zwei Phalangenstücke |p'), der erste und dritte nur eines N (p p’), selten besteht am ersten und zweiten Finger eine Phalange mehr. FÜrrkInGER, M., Die Knochen und Muskeln der Extremitäten bei den schlan- genartigen Sauriern. Leipzig 1870. $ 365. Die grössere Mannichtfaltigkeit der Anpassungsverhältnisse an ver- schiedene Verrichtungen spricht sich bei den Säugethieren in bedeutenderen Verschiedenheiten im Bau des Armskelets aus. Die Elemente des letzteren lassen bezüglich der Zahl der Carpalia an die niederen Zustände, wie sie etwa bei Schildkröten bestehen, anknüpfen. Wenn auch durch Verküm- merung einzelner Finger viele Modificationen der Hand bestehen, so ist doch der Extremität, selbst in unteren Abtheilungen der Säugethiere, ein mehrseitiger Gebrauch erhalten. Eine freiere Beweglichkeit der beiden Knochen des Vorderarms, sowie die Verbindung der Hand mit einem derselben (dem Radius), enthebt die Vorderextremität ihrer niederen Function als blosser Stützapparat, und lässt sie zum Greiforgane sich um- gestalten. Die letztere Erscheinung kommt sowohl bei Didelphen als auch bei Monodelphen zum Ausdruck und erreicht'ihre höchste Form bei den Primaten. Der Garpus besitzt die drei primitiven Stücke der ersten Reihe. Nicht selten kommt auch noch ein Gentrale vor (Nager, Inseeti- voren , Halbaffen, beim Orang und, frühzeitig schwindend, beim Men- schen). Die distalen Carpalknochen bieten eine Verschmelzung der beiden ulnaren zu einem Hamatum dar (vergl. Fig. 268. /. IT). Eimen besonderen, dem Ulnarrand des Carpus angefügten Knochen, bildet das Pisiforme, das bei vielen eine sehr bedeutende Grösse erreicht. Es findet sich schon bei Reptilien und ist als einziger Rest einer bei Enaliosauriern reicheren Reihe nachweisbar. Die aus dieser Formenreihe hervorgebildeten Modificationen stehen in. engstem Connexe mit der Verrichtung. Wir treffen in ihnen sowohl beträcht- liche Verlängerungen einzelner Abschnitte bei der Verwendung des Armes zum Flugorgane ‚Chiroptera), sowie auch Verkürzungen und massivere Gestaltung einzelner Theile in vielen Fällen, wo der Arm gleich- | falls in vorwiegend einseitige Verwendung, wie beim Mg. 207, Vordere Pb Graben ete, kommt, wofür Monotremen, manche mität eines jungen Del- ’ ) phin. s Scapula. AHu- Edentaten, Talpa ete. Beispiele liefern. Der Aus- merus. 7 Radius. „Ulma. bildung, welche hier die einzelnen Theile des Arm- c Carpus. m Metacarpus. e r ® x r bh Baklankin skelets darbieten, stellen sich die Rückbildungen Vordere Extremität. 507 entgegen, welche der Vordergliedmasse der CGetaceen geworden sind. Sie bildet ein in seinen einzelnen Abschnitten wenig bewegliches Ruder, dessen einzelne Elemente sogar jede Gelenkverbindung verlieren können und zu einer ungegliederten flossenarligen Masse vereinigt sind (Fig. 267). Bei einer anderen Reihe wird die Vorderextremität blosses Stütz- und Bewegungsorgan, unter Rückbildung einzelner Finger. Dass hier kein primärer Zustand vorliegt, ergibt sich aus der relativen Stellung der Vorderarmknochen, die einen Pronation und Supination besitzenden Zu- stand voraussetzen lässt. Mit der einseitigen Verwendung der Gliedmasse geht jene Bewegung verloren, Radius und Ulna werden unbeweglich ver- bunden, was zu einer Rückbildung einzelner Theile dieser Knochen und völliger Verwachsung derselben führen kann. So erscheinen sie bei den Artiodactylen, unter denen bei den Wiederkäuern das distale Ende der Ulna rudimentär wird. Bei den Tylopoden und Einhufern ist letzteres ganz geschwunden und der obere Theil der Ulna ist mit dem Radius zu Einem Knochen vereint. In dem Verhalten der Finger lassen sich zwei Reihen von Zuständen unterscheiden. Beiden fehlt der erste Finger, der schon bei den digiti- geraden Carnivoren ausser Function tritt (Fig. 268 //). Von den übrigen Fig. 265, Handskelete von Säugethieren. Z/Mensch. MY Hund. III Schwein. IV Rind. V Tapir. VI Pferd. r Radius. « Ulna. a Scaphoid. 5 Lunare. c Triquetrum. d Trapezium. e Trapezoid. j Capitatum. y Hamatum. p Pisiforme. aber ist bei den Artiodaetylen der dritte und vierte vorwiegend entfaltet (III. IV), so dass die beiden anderen (2 und 5) oft nicht zur Berührung des Bodens kommen (Schweine, Moschusthiere). Dann geht der fünfte Finger verloren, so dass nur der dritte und vierte entwickelt sind und der zweite einen unansehnlichen Anhang vorstellt ‘Anoplotherium). Das Uebergewicht des dritten und vierten Fingers wird noch bedeutender 508 Il. 9. Wirbelthiere. durch die Verschmelzung der beiden Metacarpalien (/V \, indess der zweite und fünfte Finger rudimentärgggird (Rinder, Schafe, Hirsche ete.\. Die Reihe der Perissodactylen beginnt gleichfalls mit vierfingerigen Formen, aber hier besitzt nur Ein Finger (der dritte), das Uebergewicht (Tapire) (V,. Mit Rückbildung des fünften schon im letzten Falle kleinsten Fingers (Palaeotherium schliesst sich der zweite und vierte dem dritten als An- hang an (Hipparion) und durch die Reduction der beiden seitlichen Finger auf ihre blossen Metacarpalstücke, die als »Griffelbeine« dem ansehnlichen Metacarpus des dritten Fingers angelagert sind (V7), wird der letztere zur einzigen Stütze der Gliedmasse (Equus). Die Zahl der Phalangen der einzelnen Finger bietet nur bei den Wal- thieren eine Vermehrung, bei allen Uebrigen ist sie für den ersten Finger auf zwei, für alle anderen auf drei festgestellt. Hintere Gliedmassen. Beckengürtel. N 366. Die Verhältnisse des Beckengürtels stehen wieder mit der Ver- schiedevartigkeit der Leistungen der Extremität in Zusammenhang. Die Homologie beider Skeletabschnitte wird daher um so vollständiger zu er- kennen sein, je gleichartiger die Function beider Extremitäten und je nie- derer die Stufe der Differenzirung ist. Auch dem Beckengürtel liegt ein einfaches Knorpelstück zu Grunde. Dieses besitzt bei den Selachiern nur selten eine dorsale Ausdehnung. Bei den Ganoiden und Teleostiern sind beide Hälften des ossificirten Skelet- theiles in medianem Zusammenhang. Sie erleiden bedeutende Lagever- änderungen, indem sie verschieden weit nach vorne gegen den Schulter- gürtel gerückt sein können (Pisces thoraeici), und endlich sogar mit diesem sich verbinden (Pisces jugulares). Bei den Amphibien treten beide Beckenknochen mit der Wirbelsäule in Verbindung; zugleich lassen sich an der Verbindungsstelle mit dem Femur zwei Abschnitte unterscheiden: der dorsale, einem Querfortsatze (resp. einem Rippenrudimente) angeheftete, wird als llium, der ventrale, median mit dem der anderen Seite verbundene als Scham-Sitzbein be- zeichnet (Urodelen). Es besteht aber Grund zur Vermuthung, dass er nur einem Sitzbein (Ischium) entspricht. Eine Modification erleidet diese Form bei den Anuren (vergl. Fig. 225), indem die langen und schmalen Darm- beine (il) sich mit den zu einer senkrechten Scheibe umgewandelten und unter einander verschmolzenen Scham-Sitzbeinen (is) vereinigen. Bedeutender entfaltet sich das llium der Reptilien, bei Chamaeleo ist es einer Scapula ähnlich, und in ein einem Suprascapulare vergleichbares Stück fortgesetzt. Mehr in die Länge gestreckt ist es bei Eidechsen (Fig. 269. Jl), kürzer und breiter bei Crocodilen (Fig. 270. J/. Die Rich- tung desKnochens geht nach vorne, so dass seine Becken- Beckengürtel. 509 verbindung hinter dem Acetabulum liegt. Bei Eidechsen und Schildkröten geht der ventrale Theil des Beckens vom Acetabulum her in zwei divergente Stücke aus Fig. 269), die eine weite Oeffnung (Foramen obturatum) umschliessen. Der vordere Schenkel wird als Schambein (P), der hintere als Sitzbein (Js) benannt. Beide Knochen jeder Seite zeigen verschiedene Grade der medianen Verbindung unter sich, die sogar auf- Fig. 269. Linksseitige Ansicht des Beckens von Fig. 270. Linksseitige Ansicht des Beckens von Monitor. Jl Darmbein. Js Sitzbein. ? Scham- Alligator lucius. x y Zwei Aeste des Sitz- bein, a Hinteres Ende des Darmbeines. D Vor- beines, welche mit rs, zwei Fortsätzen des Darm- derer Höcker desselben. beines eine im Pfannengrund befindliche Durch- brechung o umschliessen. Uebrige Bezeichnung wie in nebenstehender Figur. gehoben sein kann. Hievon ist das Becken der Crocodile (Fig. 270) in manchen Punkten verschieden, indem von der Pfanne ein einziger Knochen (Js) ventralwärts abgeht, der mittelst zweier Fortsätze (x. y) mit dem Ilium sich verbindet. Er scheint nur ein Sitzbein vorzustellen, und ein ausserhalb des Acetabulums liegender, mit dem Sitzbeine artieuliren- der Knochen (p) mit dem anderseitigen in die vordere Bauchwand con- vergirend, stellt sich als Schambein dar. Hieran reihen sich die Becken fossiler Dinosaurier, deren llium durch einen nach vorne gerichteten Fortsatz ausgezeichnet ist, von welchem die lebenden Saurier wie die Crocodile nur eine Andeutung |b) zeigen. Die Pfanne erscheint gleichfalls durchbrochen und verbindet sich mit einem langen, schräg nach hinten und abwärts gerichteten Sitzbeine, das mit dem anderseitigen nicht vereinigt ist. Vom vorderen Pfannenrande geht ein langes, gleichfalls frei endendes Schambein aus, in parallelem Verlaufe mit dem Sitzbein. In diesem Verhalten birgt sich schon das Wesentliche des Vogel- beckens (Fig. 271). Das Darmbein (J!) erstreckt sich hier nicht nur weit nach hinten (aa), sondern lässt auch den vorderen Fortsatz zu einer breiten Platte (bb) sich gestalten. Diese dehnt sich längs des Lendenabschnittes der Wirbelsäule, sogar noch auf den thoracalen aus, und zieht dadurch eine beträchtliche Anzahl von Wirbeln in den Bereich des Beckens. Von der 510 II. 9. Wirbelthiere. durchbrochenen Pfanne aus tritt das Sitzbein (Js' ziemlich parallel mit dem hinteren Darmbeinstück@#hach hinten und ähnlich verläuft das schwache, mit einem klei- nen Abschnitte an der Pfanne betheiligte Scham- bein (P. dessen das Sitz- bein überragende Enden meist convergiren und bei Struthio sogar eine Sym- physe bilden. Zwischen Fig. 271. Linksseitige Ansicht eines Vogelbeckens. Der Darm- und Sitzbein , wie punktirte Abschnitt bezeichnet den durch Knorpelwachsthum zwischen diesem und dem sich nach hinten verlängernden Theil der drei Stücke des Schambein treten ver- Beckens. Die punktirte Linie grenzt deu ohne Betheiligung von Knorpel nach vorne wachsenden Theil des Darmbeines (bb) ab. Bezeichnung wie in den vorhergehenden Figuren een eın. schiedenartige Verbindun- Bedeutend verschieden ist das Becken der Säugethiere. Die pri- mitive Sacralverbindung liegt stets vor der Pfanne. Das Iium ist aber von vorne nach hin- ten gerichtet, und der bei Vögeln hintere Rand des Iliums entspricht dem vorderen des Säugethier- Darmbeines. Von den Amphibien aus entstehen demnach zwei diver- gente Darmbein-Stellungen. Bei den Amphibien ist es von der Sa- cralverbindung lateral und abwärts gerichtet: bei Reptilien und Vögeln schräg vorwärts, und bei Säugern dagegen schräg caudalwärts. Der ventrale Theil des Beckens um- schliesst ein Foramen obturatum, Fe P2 Te Arie enden und bilder. mit. dem anderseiligen Vorletzter Lumbalwirbel. vc Caudalwirbel. einen ventralen Abschluss. Der primitive Beckenknorpel lässt das Ilium und Ischium hervor- gehen: das Schambein entsteht aus einer gesonderten Anlage, die mit der Darm-Sitzbein-Anlage in der Pfanne sich verbindet (Mensch). Daraus ergibt sich ein Grund für die Auffassung des Schambeins als eines selb- ständigen Skelettheiles, der bei den Crocodilen in dieser Selbständigkeit beharrt. Das Darmbein der Säugethiere verbindet sich mit wenigen Wir- beln. Auch das Sitzbein kann mit falschen Sacralwirbeln Verbindungen eingehen (Dasypus, Bradypus'. Die Verbindung der beiden ventralen Schenkel in einer Scham-Sitzbeinfuge bei den Beutelthieren,, vielen Na- gern, Artiodactylen und Perissodaetylen bedingt eine langgestreckte Form des Beckens. Bei Insectivoren und Garnivoren beschränkt sich die Ver- Hintere Extremität. 5rt bindung mehr auf die beiden Schambeine, und in den höheren Ordnun- gen findet dies noch entschiedener statt. Als eine selbständige Anpassung besteht bei Manchen (Insectivoren und Chiroptern) an der Stelle der Schambeinsymphyse eine blosse Band- verbindung, welche bei weiblichen Individuen sogar eine bedeutendere Ausdehnung erhalten kann {Erinaceus). Bei dem Mangel einer hinteren Extremität erliegt auch der Becken- gürtel einer Rückbildung. Rudimente von ihm finden sich bei den Cetaceen. Vor den Schambeinen finden sich bei Monotremen und Beuteithieren noch zwei nach vorne gerichtete Knochenstücke, die Beutelknochen (Ossa marsupialia), bei Thylacinus zu unansehnlichen Knorpelrudimenten rück- gebildet. GEGENBAUR. C., Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Vögel. Jen. Zeitschr. VI. — Horrwans, C.K., Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Amphibien u. Reptilien. Niederländ. Arch. Ill. Hintere Extremität. $ 367. Die für die Vorderextremität geschilderten Einrichtungen greifen in ähnlicher Weise auch für die hintere Gliedmasse Platz. Sie bildet bei den Fischen die Bauchflosse. Ihr Skelet zeigt bei den Selachiern eine ähn- liche Beschaffenheit wie jenes der Brustflosse und als bedeutendste Ver- schiedenheit kann im Vergleiche mit jener ein einfacheres Verhalten der Radien angeführt werden. Gewöhnlich ist das Basale des Flossenstammes beträchtlich verlängert. Die dem Basalstück folgenden Glieder gehen bei den Männchen eine besondere Veränderung ein, die sie zu einem Begat- tungsorgane umbildet. Aus einer der Reduction des Brustflossenskelets sehr ähnlichen peri- pherischen Rückbildung ist das Skelet der Bauchflosse bei Ganoiden ab- leitbar, und von diesen jenes der Teleostier. Doch zeigt sich entsprechend der geringeren Entwickelung der gesammten Bauchflosse meist eine be- deutende Vereinfachung, sowohl im Volum als in der Anzahl der einzelnen Stücke. In beiden Abtheilungen findet dieselbe Betheiligung des Haut- skelets an der Flächenvergrösserung der Bauchflosse statt, wie es für die Brustflosse aufgeführt ward. Bezüglich der Vergleichung der Hinterextremität der höheren Wir- belthiere mit der Bauchflosse der Fische muss wieder vom Archiptery- gium ausgegangen werden, welches wie dort als der niederste Zustand erscheint. Die Gliederung der Extremität in einzelne sich folgende Abschnitte bildet eine Wiederholung des am Armskelete getroffenen Verhaltens. Wir unterscheiden Femur, Tibia und Fibula, endlich am Fusse: Tarsus, Metatarsus und die Phalangen. Die vier inneren Zehen lassen sich mit den 512 ll. 9. Wirbelthiere. sie tragenden Skelettheilen gleichfalls als Glieder von Radien betrachten, die von einer vom Femur dw Fibula zur Aussenzehe verlaufenden Knochenreihe ausgehen. Zehn Stücke setzen den Tarsus zusammen, drei davon schliessen an den Unterschenkel an, Fibulare, Intermedium, Tibiale. Zwei stellen Gentralia vor, und fünf distale Tarsalia tra- sen die Metatarsusknochen. (Vergl. Fig. 265.) Bei den Enaliosauriern bilden die Skelet- theile der Hinterextremität eine vollständige Wiederholung jener der vorderen, und selbst bei einem Theile der Amphibien (den Urode- len) treffen wir im Hauptsächlichsten ein gleiches Verhalten, so dass es einer speciellen Aufführung nicht weiter bedarf. Da sich bei den meisten Urodelen die Fünfzahl der End- stücke oder Zehen der Hintergliedmassen er- hält, so ist die Uebereinstimmung mit der primitiven Form noch deutlicher als am Armskelete. Bei Cryptobranchus, Menopoma u. a. bestehen sogar die beiden Centralia. Dagegen ist bei den Anuren eine bedeuten- dere Veränderung ausgeprägt: Tibia und Fi- bula verschmelzen. An der Stelle der proxi- malen drei Tarsalstücke treffen wir zwei lange aber an den Enden häufig verschmolzene Knochen , die gewöhnlich als Astragalus und Calcaneus bezeichnet werden. Auch die distale Reihe der Tarsalia bietet bedeutende Reductionen. Endlich ist noch das Vorkom- men des Rudimentes einer sechsten Zehe be- achtenswerth. Fig. 273. Hintere Extremität einer N 368. Larve von Salamandra macu- losa. Die punktirten Linien sind Bei den Schildkröten ist bei unwichtigen Se ae “° Modificationen der grösseren Stücke der Ex- tremität eine allmähliche Conerescenz ein- zelner Knochen des Tarsus bemerkbar, welche für das Verständniss des Fussskelets sowohl der übrigen Reptilien als auch der Vögel belangreich ist. Ein Intermedium ist mit dem Tibiale zu einem Astragalus vereinigt, und diesem ist noch das Centrale angeschlossen, oder auch völlig mit ihm verschmolzen. Ebenso stellt das vierte und fünfte Tarsale einen einzigen Knochen, das Cuboid, vor. Durch die Entstehung Eines Knochenstückes aus Knochen der ersten Tarsalreihe und durch die feste Verbindung dieses Stückes mit Tibia und Fibula ergibt sich eine eigenthümliche Articulations- weise desFusses. Erbewegt sich ineinem Intertarsalgelenk. Hintere Extremität, 315 Etwas verschieden gestaltet sich das Fussskelet der Crocodile. Tibia und 'Fibula artieuliren hier mit zwei Knochen, davon der fibulare die grösste Beweglichkeit besitzt. Der der Tibia ver- bundene grössere Knochen entspricht jenem der Schildkröten. Ihm articulirt ein Knorpelstück , das sich enger mit dem Metatarsus verbindet, während mit dem Fibulare ein Cuboid artieulirt. Durch die Selbständigkeit des Fibulare wird eine erst bei den Säugethieren wieder auftretende Eigenthümlichkeit dargestellt. Bei Eidech- sen zeigt der aus vier primären Elementen hervorgegangene Tarsalknochen (Fig. 274. A. ts) in seiner Anlage keine Andeutung seiner einzelnen Bestandtheile mehr. Er verbindet sich unbeweglich mit Tibia und Fibula, indess die distalen Tarsusstücke (ti) in verschiedenem Masse dem Metatarsus sich anschliessen. Am vollständigsten scheint dies bei fossilen Sauriern (Orni- thosceliden) der Fall gewesen zu sein. In diesen Einrichtungen sehen wir eine Vorbildung des Baues des Vogelfusses, der im embryonalen Zustande (Fig. 273. B) die bei manchen Reptilien bleibend gege- benen Verhältnisse zeigt. Die Fibula (p) reicht bis zum Tarsus. Letzterer legt sich aus zwei Knorpelstücken an, das obere (£5) ir. 274. Fussskelet eines Bentilk ist zweifellos dem bei Reptilien aus vier (Eidechse) (A) und Vogels (B), letzte- Elementen sich zusammensetzenden Kno- _*s im embryonalen Zustande darge- 4 S stellt. / Femur. it Tibia. p Fibula. is chen homolog , das untere (di) entspricht Oberes, £i unteres Tarsusstück. m Mit- der distalen Reihe von Tarsusknochen. telfuss. 7—V Metatarsalstücke der Den Metatarsus bilden ursprünglich gleich- rn falls fünf discrete Knorpelstücke, von denen aber nur vier (B. /—IV) Zehen tragen, indess das fünfte sehr unansehnliche völlig mit dem unteren Tarsusstück verschmilzt. Die Veränderung des embryonalen Ver- hältnisses zeigt sich am Unterschenkel in einer Rückbildung der Fibula (Fig. 275. 5’), welche später wie ein unansehnlicher, niemals den Tarsus erreichender Anhang (b’) der Tibia (b) ansitzt. Mit der Tibia verwächst der obere Tarsalknorpel und bildet ihren Gelenkkopf, der untere Tarsal- knorpel vereinigt sich mit dem durch Verschmelzung der drei längeren Metatarsusknochen entstehenden einheitlichen Stücke (c), an welchem Trennungsspuren meist nur noch am distalen Ende in den einzelnen Capitula fortbestehen (Fig. 275. c’). Das Metatarsale der ersten oder Innenzehe erhält sich selbständig und bleibt meist ein kleiner, dem Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. ?. Aufl. 33 4 514 Il. 9. Wirbeithiere. grossen »Laufknochen « (Tarso-Metatarsus) angefügter Anhang. Am Vogel- fusse sind somit bei den Reptilägg ausgesprochene Einrichtungen weiter entwickelt, indem die Theile, welche dort nur feste Verbindungen zeigten, verschmolzen, aber die Bewe- gung des Fusses findet in demselben Intertarsalgelenk statt. Bezüglich der Zehen treffen wir die Fünfzahl auch bei Reptilien vorherrschend; erst bei den Vögeln sin- ken sie auf vier oder drei, sogar auf zwei (Struthio). Die Phalangen der Zehen zeigen im Allgemeinen eine Zunahme von der aus zwei Stücken bestehenden Innenzehe an bis zur vierten Zehe, an der man fünf Phalangen zäblt. Dies gilt für Eidechsen, Grocodile und Vögel. Eine geringere Zahl besitzen Amphibien und Schildkröten. Unter den Reptilien sind Re- ductionen der Gliedmasse bei schlangenartigen Sau- riern verbreitet, allgemein bei Schlangen. bei denen nur die Peropoda noch Rudimente besitzen. GEGENBAUR, C., Untersuchungen zur vergleich, Anat. I Leipzig 1864. $ 369. Fig. 275. Hintere Ex- R R a Far . tremität von Buteo Die eigenthümlichen Differenzirungen des Skeletes vulgaris. @ Femur. der Hintergliedmasse der Reptilien und Vögel stellen b Tibia. db’ Fibula. c F E7 ? ä Tarso-Metatarsus. .' die Säugethiere ausser Anschluss. Im Allgemeinen Dasselbe Stück isolirt Sind die Umgestaltungen weniger mannichfaltig als an ger der Vordergliedmasse. Das Femur ist bei den Perisso- dactylen, manchen Nagern u. a. durch einen dritten Trochanter ausgezeichnet. Am Unterschenkel erhält die Tibia die Haupt- rolle, die Fibula wird häufig, ‚besonders bei den Ungulaten, rudimentär. Bei den Artiodactylen erhält sich das distale Endstück, welches mit der Tibia wie mit dem Tarsus (Astragalus) articulirt, und anscheinend dem letzteren zugetheilt wird. Auch Verwachsungen der vollständigen Tibia und Fibula kommen vor (z. B. bei Nagern, Insectivoren). Den am meisten charakteristischen Abschnitt bildet der Tarsus, der mit 2 Stücken sich dem Unterschenkel anschliesst, aber meist nur mit Einem (Astragalus) das Sprunggelenk bildet. An dem zweiten Knochen (Calcaneus) ist die bei Grocodilen angedeutete Fortsatzbildung weiter ent- wickelt. Das Centrale erhält sich selbständig, rückt aber als Naviculare an den inneren Fussrand vor. Mit dem Calcaneus bildet es bei einigen Prosimiae eine bedeutende Verlängerung Macrotarsi). Von den fünf dista- len Knochen sind die zwei äusseren stets nur durch das Cuboid vertreten, die drei inneren bleiben zumeist getrennt 'Keilbeine). Mit der Verminde- rung der Zehen tritt häufig auch an den letzteren eine Reduction ein, sie können sogar mit dem Metatarsus verschmelzen. wie z. B. bei Bra- Muskelsystem. 515 dypus. Auch das Cuboid kann mit dem Naviculare vereinigt sein (Wie- derkäuer). Aus der ursprünglichen Function eines Stütz- und Bewegungsorganes bildet sich auch für den Fuss die Function eines Greiforganes heraus, und dadurch nähert sich der Fuss auch in manchen Formerscheinungen dem Ende der Vordergliedmasse: der Hand. In allem Wesentlichen seines Baues hat er dabei nicht aufgehört Fuss zu bleiben, wenn wir an den anatomischen Begriffen von Hand und Fuss festhalten und nicht die func- tionellen Verhältnisse in den Vordergrund stellen. in welchem Falle auch der Rüssel des Elephanten eine »Hand« wäre. Jene Umbildung des Fusses besteht bei manchen Beutlern, den Halb- affen und den Primaten. Ihr Schwerpunkt liegt in der Ausbildung der ersten Zebe in einer dem Daumen der Hand analogen Weise. Auch beim Menschen bestehen Andeutungen dafür, dass sein Fuss früher ein Greif- organ war. Wird diese Function aufgegeben, so ist eine Verkümmerung jener Innenzehe in dem Maasse die Folge, als der Fuss bei der Locomotion nicht mehr mit der ganzen Sohlfläche auftritt. Die kürzere Innenzehe ist dann ausser Function gesetzt (Digitigrade Garnivoren). Ganz geschwunden ist sie demgemäss bei den Ungulaten, deren Gliedmassen ausschliesslich der Locomotion dienen und Stützen des Körpers sind. Das Verhalten des Metatarsus und der Zehen bietet jenem der Vordergliedmasse parallele Be- funde bei Artio- und Perissodactylen. Bei letzteren ist die allmähliche Umwandlung des Fusses aus einem vierzehigen in einen einzehigen in einer ähnlichen palaeontologischen Reihe erkannt wie das schon bei der Vordergliedmasse erwähnt ward. Muskelsystem. $ 370. Das Muskelsystem der Wirbelthiere sondert sich in der Embryonal- anlage aus dem Mesoderm und bietet eine der Metamerie des gesammten Körpers entsprechende Gliederung dar. Vor der Diflerenzirung des Skelets stellt die unter dem Integumente lagernde Muskulatur mit jenem einen Hautmuskelschlauch vor, jenem gegliederter wirbelloser Thiere in vielen Beziehungen ähnlich, wenn auch nicht geradezu von einem sol- chen ableitbar. Die Beziehungen zum Skelete, die Bildung einer Skeletmuskulatur, sind somit in dem Maasse erworben, als sie an die Ausbildung des Skelets geknüpft sind. Bei Amphioxus, dessen Skelet wesentlich in der Chorda dorsalis besteht, ist das Muskelsystem , wenigstens am Rumpftheile des Körpers, ohne jene Beziehungen und nur an dem die Athemhöhle um- schliessenden Körperabschnitte scheinen Verbindungen mit dem Visce- ralskelet zu bestehen. Die gesammte Muskulatur ist in zwei seitliche, dorsal und ventral durch Bindegewebe getrennte Längsmassen geordnet. 33% >16 II. 9. Wirbelthiere. Diese Längsmuskelzüge sind durch bindegewebige Septa in eine Reihe von Metameren Myocommata) ig A und jene Septa dienen ebenso zum Ursprunge wie zur Insertion der zwischen ihnen gerade verlaufenden Fasern. Während diese Muskelmasse dorsal sich längs des ganzen Kör- pers erstreckt, wird sie ventral am vorderen Körperabschnitte durch die Beziehungen zum Kiemenskelet modifieirt. Auch bei den Cyelostomen ist der grösste Theil der Muskulatur noch ohne unmittelbare Verbindung mit dem Skelete, indem die oberflächlichen Lagen wieder®nur mit Bindegewebe in Zusammenhang stehen, und jene Metameren bildenden Septa über den ganzen Rumpf- und Caudaltheil des Körpers vertheilt vorkommen. Doch erscheint sowohl am Kopfe wie am Visceralskelet eine selbständige Sonderung einzelner mit Skelettheilen verbundener Muskeln. Die Ausbildung des Skelets ruft eine Verbindung mit der Muskulatur hervor, indem Skelettheile zwischen Muskelmassen, den bindegewebigen Septis folgend, einwachsen. Damit wird die primitive Gleichartigkeit der Muskulatur des Körpers aufgelöst, und es beginnt eine Scheidung, welche sich einerseits in dem Auftreten einer Skeletmuskulatur, andererseits in der eigenartigen Entfaltung des nicht mit dem Skelete sich verbindenden Restes des Gesammtmuskelsystems zu einer Hautmuskulatur ausspricht. Das gesammte Muskelsystem bedarf noch sehr der methodischen Un- tersuchung, bevor es die Stufe erreicht, auf der unsere Kenntnisse des. Skeletes sich befinden. Wir müssen uns deshalb in dieser Darstellung. auf eine Skizze mit wenig sicheren Linien beschränken. Hautmuskeln. $ 371. Indem wir die Hautmuskeln als ursprünglich mit jenen des Skelets einen gemeinsamen Complex bildend ansehen, sind jene Muskeln davon zu trennen, welche dem Integument als solehem angehören. Unter den Cyclostomen erscheint ein Theil der Rumpfmuskulatur durch mangelnde Verbindung mit Skelettheilen im Wesen als Hautmus- keln, und selbst bei den niederen Gnathostomen steht ein bedeutender Theil der grossen seitlichen Rumpfmuskelmassen nur durch die vom Skelete ausgehenden sehnigen Zwischenbänder mit diesem in Zusammenhang, ist daher noch nicht zur Skeletmuskulatur in dem Sinn geworden, dass Ur- sprung und Ende eines Muskelbündels Skelettheilen angefügt ist. Aus diesem mehr indifferenten Verhalten wird das Fehlen gesonderter Haut- muskeln begreiflich. Doch erscheinen wenigstens in der äusseren Wand der respiratorischen Vorkammer bei Selachiern deutliche Hautmuskellagen als Theile eines gemeinsamen Constrictors. Auch an manchen anderen Körperstellen finden sich nicht mit den grossen Seitenmuskeln zusammenhängende subcutane Muskeln, denen Muskelsystem. 517 eine längs der Seitenlinie der Teleostier verlaufende, durch intensivere Färbung ausgezeichnete Schichte beizuzählen sein wird. Bei den Am- phibien treten Hautmuskeln theils am Kopfe zur Bewegung der Nasen- öffnungen, theils — bei Anuren — in der Nähe des Steisses auf. Die an den äusseren Nasenöffnungen liegenden Muskeln kommen reicher ent- wickelt auch den Reptilien zu. Eine functionell bedeutende Wichtig- keit erreichen Hautmuskeln bei den Schlangen, indem sie eine bei der Locomotion wirksame Bewegung der Schuppen bewerkstelligen. Die Vögel besitzen grössere platte Hautmuskeln an verschiedenen Körpertheilen ; wie bei Reptilien (Chelonier) ist eine continuirliche Muskel- schichte am Halse verbreitet, andere Hautmuskeln nehmen ihren Ursprung vom Skelete, wie z. B. die in die Flughaut tretenden , dieselbe spannen- den Musculi patagii. Auch die zur Bewegung der Armschwingen und der Steuerfedern dienenden Muskeln gehören in diese Kategorie. In höherem Grade ist die Hautmuskulatur der Säugethiere entwickelt. Meist lagert unter dem Integumente des Rumpfes ein grosser, den Rücken- theil des Körpers bedeckender und von da auch auf Hals und Kopf sich fortsetzender Muskel, der an verschiedenen Stellen der Haut mittelst seh- niger Theile sich inserirt und von seinen vorderen Partien auch eine Insertion an den Humerus abgibt. Er ist am meisten bei Echidna, bei Dasypus und beim Igel entwickelt, bei welchen er das Zusammen- kugeln bedingt. Bei den meisten Affen besitzt der grosse Hautmuskel die- selbe Ausdehnung wie bei den übrigen Säugethieren, in grösserer Selb- ständigkeit erscheint er jedoch am vorderen Abschnitt. Beim Orang und Chimpanse ist letzterer durch eine die Seitentheile des Halses einneh- mende und von da auf das Gesicht sich fortsetzende Muskelplatte vorge- steht, die beim Menschen auf das Platysma myoides beschränkt ist. Muskulatur des Skelets. $ 372. Die aus der Verbindung des Muskelsystems mit dem Skelete ent- springende Differenzirung der Muskeln steht mit jener des Skeletes im engsten Zusammenhange, wie sich denn beide Theile stets in einem aus ‚der gemeinsamen Function entspringenden gegenseitigen Anpassungsver- hältnisse darstellen. So ist grösseres Volum eines Skelettheiles mit einer Volumszunahme der bezüglichen Muskeln verbunden, und die Rückbil- dung eines anderen Skeletstückes entspricht der Verkümmerung seiner Muskulatur. Ebenso ist die grössere functionelle Selbständigkeit der Mus- keln an eine bedeutendere Differenzirung geknüpft. Aus dieser Sonderung entstehen einzelne Muskelsysteme, deren jedes wieder in untergeordnete Complexe mehr oder minder discreter Muskeln zerfällt. Als solche Systeme können die Muskeln des Rumpfes, die Muskeln des Kopfskelets und die Muskeln der Gliedmassen unterschieden werden. 518 II. 9. Wirbelthiere. Die Muskeln des Rumpfgs, Seitenrumpfmuskeln, bilden die bereits oben erwähnte primiMVe Muskulatur. Sie bestehen aus zwei, die Seitentheile des Körpers einnehmenden , vom Kopf bis zum caudalen Ende verlaufenden Muskelmassen /M. laterales), welche in der Median- linie des Rückens, wie in jener des Bauches von einander geschieden sind. Unter den Gyelostomen erscheint der ventrale Theil dieser Muskel- massen bei den Myxinoiden durch einen schrägen Verlauf seiner Fasern ausgezeichnet. Ob dadurch ein neues System vorgestellt wird, ist zweifel- haft. Jede Hälfte zerfällt in eine dorsale und ventrale Partie, welche in einer horizontal durch die Wirbelsäule gelegten Ebene von einander ge- schieden sind, so dass im Ganzen vier Seitenmuskeln bestehen. Jeder der vier Seitenrumpfmuskeln wird bei den Fischen durch eine den Wirbeln entsprechende Anzahl von sehnigen Blättern Ligamenta intermuscularia) in einzelne Abschnitte geschieden, welche auf der Ober- fläche durch die als Inseriptiones tendineae zu Tage tretenden freien Ränder jener Blätter leicht unterscheidbar sind. Da die Muskelfasern zwischen je zweien der Sehnenblätter stets parallel verlaufen, so bieten letztere Ursprung wie Insertion für einen Abschnitt dar. Die Muskeln stehen dadurch nur in mittelbarer Ver- bindung mit dem Skelete. Der Verlauf der sehnigen Septa ist anfänglich plan, ändert sich aber in einen gebogenen, und zwar in der Weise, dass in jedem dor- salen Muskel eine untere aus in einander steckenden, mit der Spitze nach vorn gerichteten Kegeln Fig. 276. 4. a) gebil- dete, und eine obere aus Kegelstücken bestehende Schichte 'b) erkannt werden kann. Die Spitzen dieser unvollständigen Kegel sehen nach hinten. An den ven- Fig. 276. A Durchschnitt der Schwanz- muskeln von Scomber a Obere, a’ untere Seitenrumpfmuskeln. scomber. b und 5’ Durchschnitt unvollständiger oberer und unterer Kegelmäntel. d Wir- belkörper. B Zickzacklinien der ober- flächlichen Enden der Ligg. intermuseu- laria am Schwanze von Scomber. (Nach J. MÜLLER). tralen Muskeln ergibt sich insofern ein umgekehrtes Verhalten, als die Kegel |a’) oben, die Kegelstücke |b’) nach unten ge- lagert sind. Auf einem senkrechten Quer- durchschnitte am Schwanze eines Fisches sieht man daher jederseits zwei an ein- ander stossende Systeme concentrischer Ringe |die durchschnittenen Hohlkegel), und über dem oberen wie unter dem unteren noch kürzere oder längere Bogenlinien (die Durchschnittsbilder der unvollständigen Kegelstücke). Aehnliche Verhältnisse bestehen im Wesentlichen noch für die Seiten- muskeln der Perennibranchiaten wie der Larvenzustände der übrigen Amphibien , so dass dieselbe Zickzacklinie der Ligamenta intermuscularia nur in weniger scharfen Biegungen zu beobachten ist. Bei dem mehr ge- raden Verlauf der Ligamenta intermuseularia ist die Kegelbildung verloren Muskelsystem. 519 gegangen. Bei den ausgebildeten Salamandrinen ist der Bauchtheil des Seitenmuskels am Rumpfe umgewandelt und nur noch am Schwanze zeigt sich zwischen oberer und unterer Hälfte eine symmetrische Bildung; der persistirende Rückentheil dagegen verhält sich ganz fischähnlich durch Ligamenta intermuseularia in einzelne Abschnitte getrennt. 8 373. In den Amnioten sind aus dem Bauchtheil der Seitenmuskulatur des Rumpfes andere Muskeln hervorgegangen, dagegen besteht er am Schwanze der Reptilien und Säugethiere unter*Modificationen noch fort, und erleidet ähnliche Umwandlungen wie der Rückentheil, der sich gleichmässig auch über den Schwanz erstreckt. Während bei den Eidechsen eine Trennung des dorsalen Seitenmus- kels durch Ligamenta intermuscularia noch erkannt werden kann, hat eine weiter gehende Differenzirung bei den Uebrigen eine Reihe discreter Rückenmuskeln entstehen lassen. Wir treffen diese bei Säugethieren in eine oberflächliche und eine tiefe Partie getrennt. Die erstere umfasst den nur auf den Halstheil beschränkten Splenius, der theils am Schädel, theils an Querfortsätzen vorderer Halswirbel inserirt. Dann gehört jener oberflächlichen Partie noch der Sacrospinalis an, der in eine mediale und laterale Portion zerfällt (Iliocostalis und Longissimus). Beide besitzen ge- meinsame vom Kreuzbein und Darmbein entspringende Fleischmassen. Accessorische Ursprünge treten in der ganzen Länge des Muskels bis zum Schädel auf, theils von den Rippen, theils von den Querfortsätzen kom- mend. Die Insertionen gelangen vom lliocostalis und vom Longissimus an Rippen, von letzterem auch noch an Querfortsätze. Die tiefe Lage wird vom Transversospinalis gebildet, der aus einem von Querfortsätzen ent- springenden, zu Dornfortsätzen gelangenden System von Bündeln darge- stellt, und nach verschiedenen Schichten bald mehr bald minder gesondert ist 'Semispinalis, Multifidus). Die zum Hals gelangenden Abschnitie dieser Muskeln zeigen meist eine der Beweglichkeit dieses Theiles entsprechende voluminösere Entfal- tung, die sie auch als besondere Muskeln hat beschreiben lassen. Dasselbe gilt von den selbständiger ausgebildeten zum Schädel gelangenden Enden. Die Schädelportion des Longissimus ist der Trachelomastoideus, die des Semispinalis ist der Biventer und Gomplexus. Endlich gehören zu dieser Gruppe die Musculi spinales und die Interspinales. Den vordersten Spi- nalis bildet der Rectus capitis post. major; der Rectus capitis p. minor ist der erste Interspinalis. Kleine, die senkrechten Flossen der Fische bewegende Muskeln werden aus den primitiven Seitenrumpfmuskeln hervorgegangen anzusehen sein. $ 374. Als eine aus den Seitenrumpfmuskeln hervorgehende Gruppe müssen die Intercostalmuskeln betrachtet werden. Bei den Fischen ist diese 520 ll. 9. Wirbelthiere. noch nicht diflerenzirt, insofern die zwischen den Rippen und ihren Aequiva- lenten befindlichen Muskeln nockg@heile der Seitenmuskeln sind; die Rip- pen selbst liegen in den Ligamenta intermuscularia. In den höheren Wirbel- thierabtheilungen findet eine schärfere Sonderung statt. Am mächtigsten entwickelt sind diese Muskeln bei den Schlangen. Auch die zwischen den mit Wirbeln verschmolzenen Rippenrudimenten oder zwischen Querfort- sätzen vorkommenden Muskeln (Intertransversarii) gehören der inter- costalen Gruppe an. Ferner gehören hieher die Levatores costarum, sowie die an der Innenfläche der Thoraxwand liegenden Muskeln (Thoraeici- in- terni) und die Scaleni. Die Ausbildung aller dieser Muskeln erleidet je nach dem Umfange und der Beweglichkeit der Rippen bedeutende Ver- schiedenheiten und zu den Hebern können, wie bei den Schlangen, noch besondere Rückzieher hinzukommen. Dem Systeme der Intercostalmuskeln werden wahrscheinlich auch die breiten Bauchmuskeln beigezählt werden dürfen, welche an den Rip- pen entbehrenden Stellen der Bauchwand zu finden sind. Sie bestehen aus dem M. obliquus externus, obliquus internus und transversus abdo- minis. Der Obliquus externus entspricht dem Intercost. ext., der Inter- nus dem Intercost. internus. Die bei manchen Amphibien wie bei den Eidechsen bestehenden Inscriptiones tendineae haben als Reste der primi- tiven Zwischenmuskelbänder zu gelten. Der Ursprung des Obliq. externus ist meist weit über den Thorax ausgedehnt, und bei Reptilien in mehrere Schichten gesondert. Auch ein Transversus abdominis besitzt schon bei den Amphibien eine bedeutende Ausdehnung, ebenso unter den Reptilien mit Ausnahme der Schlangen, denen er fehlt. Er erstreckt sich bis vorne in die Brust- gegend. Bei den Vögeln reicht er bis zum hinteren Sternalrande, dagegen findet er sich bei Säugethieren in grösserer Ausbreitung vor. Als ein verhältnissmässig wenigst veränderter Rest der primitiven Muskulatur erscheint der Rectus abdominis, welcher den Längsver- lauf seiner Fasern beibehält und in seinen Inscriptiones tendineae wie- derum Spuren primitiver Septa besitzt. Er tritt erst von den Amphibien an allgemein vom Brustbein bis zum Becken, jedoch bei geringerer Länge des Sternums continuirlich in den Sternohyoideus übergehend (Amphibien). Bei den Grocodilen ossifieiren die queren Sehnenstreifen, und stellen die sogenannten »Bauchrippen« vor. Zu den geraden Bauchmuskeln muss auch der M. pyramidalis gezählt werden, der den Salamandrinen, Groco- dilen, Straussen und endlich vielen Säugethieren zukommt. Monotremen und Beutelthiere besitzen ihn in besonderer Ausbildung, so dass er, von einem Rande des Beutelknochens entspringend, nahe bis ans Brustbein reicht, und dabei den Rectus überlagert. $ 375. Das bei den Fischen bestehende Kiemenskelet besitzt ein besonderes zwischen den einzelnen Abschnitten sich wiederholendes System von Muskelsystem. 521 Muskeln. Da die primären Kieferstücke gleichfalls diesem Skelete ange- hören, so werden die ihnen zukommenden Muskeln als Differenzirungen des Muskelapparates des Kiemenskelets zu gelten haben. Ein Theil der Muskulatur des letzteren entspringt vom Schädel, ein anderer gehört den einzelnen Bogen an, und noch andere Muskeln besitzen eine quere An- ordnung und bedingen eine Annäherung der beiderseitigen Bogen. Von den Kiemenbogen gehen Muskeln zu den Kiemenstrahlen. Bei den Sela- chiern sehr entwickelt, sind sie bei den Knochenfischen rudimentär, und erscheinen am Zungenbeinbogen in die Muskulatur des Kiemendeckels und der Kiemenhautstrahlen umgewandelt. Den Amphibien kommt wäh- rend des Larvenzustandes eine ähnliche Muskulatur zu, sie ist zum Theile aus jener der Fische ableitbar, und erhält sich bei den Perennibranchiaten. Mit dem Verschwinden des Kiemengerüstes und der dabei wachsenden Selbständigkeit des Zungenbeins geht ein Theil der Kiemenmuskulatur an dieses über. Was die Kiefermuskeln betrifft, so ist ein Adductor der beiden Stücke des Kieferbogens bei den Selachiern in ziemlicher Differenzirung in meh- rere Theile als die Anlage des Kaumuskelapparates zu erkennen. Mit der Befestigung des Palato-Quadratums oder der an ihm gesonderten Knochen am Cranium erhalten diese Muskeln ihren Angriffspunkt am Unterkiefer. Bei Amphibien und Reptilien hat sich von der Kaumuskelmasse eine innere Portion als Pterygoideus gesondert, die selbst wieder in zwei Ab- theilungen (Pt. externus und internus) zerfallen kann (Saurier); auch die Scheidung des Temporalis und Masseter ist durch Schichtenbildung ange- deutet. Das Herabziehen des Kiefers besorgt in beiden Classen ein Muskel, der einen kurzen aber mächtigen Bauch am Hinterrande des Unterkiefers bildet. Er entspricht dem hinteren Bauche des Digastricus der Säuge- thiere. Eine Vermehrung der Muskeln zeichnet die Schlangen aus, indem sowohl Adductoren der Unterkieferhälften als besondere, das Quadratbein und einzelne Knochen des Gaumengerüstes bewegende Muskeln bei den Eurystomata in nicht unbedeutender Entwickelung getroffen werden. Aehnliche Muskeln, als Heber der Flügelbeine und des Quadratbeins be- stehen auch noch bei den Vögeln und bewirken die Bewegung des Ober- kieferapparates. Von den eigentlichen Kiefermuskeln hat der Temporalis die grösste Ausdehnung, und der in den unteren, mit beweglichen Kiefer- hälften versehenen Abtheilungen vorhandene Adductor wird durch einen quer zwischen den Kieferästen ausgespannten Muskel von anderer Bedeu- tung vertreten. Die Kaumuskeln der Säugethiere stimmen in Zahl, Ursprung und Insertion mit der menschlichen Bildung überein und weichen ausser einem allgemein grösseren Volumen nur in jenen Verhältnissen ab, die durch Form der Ursprungs- und Insertionsflächen an den betreffenden Knochen gegeben sind. 29 Il. 9. Wirbelthiere. PN 376. Von den paarigen Gliedmassen besitzen die Flossen der Fische sowohl an ihrem Gürtel als an dem freien Abschnitte eine Anzahl von Muskeln, die mit denen der übrigen Wirbelthiere noch keineswegs er- folgreich verglichen werden können. Sie scheiden sich in Muskeln, die zum Gliedmassengürtel treten, und in solche, die der Gliedmasse selbst angehören. Mit der Umgestaltung der Gliedmassen tritt eine Veränderung bezüg- lich der Muskulatur ein, und zwar zunächst eine Vereinfachung der Zahl, aber auch eine Vermannichfachung der Leistung in Folge der grösseren Freiheit und Selbständigkeit der Skelettheile. Als bedeutendste Verschiedenheit gegen die bei den Fischen vor- handenen Einrichtungen ist die bei höheren Wirbelthieren stattfindende Ausbreitung der Muskulatur des Brustgürtels und der Vorderextremität über die dorsale und ventrale Körper- fläche hervorzuheben. Die aus den oberen Seitenrumpfmuskeln hervor- gegangene Muskulatur wird von zur Gliedmasse gelangenden Muskeln überlagert, die bei den Fischen durch eine vom Kopfe entspringende Muskelpartie vertreten sind. Diese sind weniger bei den Perennibran- chiaten, mehr bei den Cadueibranchiaten gesondert; und lassen die Muskeln erkennen, welche in den höheren Abtheilungen den Gucullaris mit dem Sterno-Cleidomastoideus vorstellen. Sie empfangen Nerven vom Kopfe. Dazu kommen Muskeln, die vielleicht aus der Rumpfmusku- latur hervorgingen, und theils vom Rücken, theils von der Brust her zur Gliedmasse treten. Die übrigen, den Gliedmassen selbst zukommenden Muskeln leiten sich von den bei Fischen mehr gleichartigen Schichten ab, welche die dorsale und ventrale Fläche des Brustflossenskelets bedecken. Mit der Reduction des letzteren und den Modificationen seiner einzelnen persisti- renden Theile kommt auch der Muskulatur eine bedeutende Aenderung zu, und daraus erwächst die der functionellen Mannichfaltigkeit des Werthes der Gliedmassen gleichlaufende Verschiedenheit des anatomi- schen Verhaltens der Muskulatur in den einzelnen Abtheilungen. Für die hintere Gliedmasse bestehen zunächst durch die Verhältnisse des Beckengürtels zum Axenskelete die Muskulatur beeinflussende Fac- toren. Der Mangel eines Zusammenhanges jener Skelettheile lässt bei den Fischen eine grössere Selbständigkeit «les Beckengürtels auftreten, die bezüglich der Muskulatur durch die Indifferenz der letzteren compensirt wird. Die innigere Verbindung des Beckengürtels mit dem Axenskelete bei den Amnioten lässt gleichfalls die Beweglichkeit zurücktreten, und damit die Ausbildung einer dieser vorstehenden Muskulatur. Die der Gliedmasse selbst angehörige Muskulatur besitzt theils ihren Ursprung am Beckengürtel, theils am Gliedmassenskelet, und erscheint im Grossen in Elektrische Organe. 523 ähnliche Gruppen gesondert wie jene der Vordergliedmasse, mit den aus der functionellen Verschiedenheit beider resultirenden Modificationen. $ 377. Eine besondere Gruppe bilden die subvertebralen Muskeln. Solche, welche unterhalb der Wirbel und ihrer lateralen Fortsätze , somit am thoracalen Abschnitt innerhalb des Thorax liegen. Einen vorderen Abschnitt der unteren Muskeln der Wirbelsäule bildet der Musculus longus, der bei Reptilien zuerst erscheint und meist schon innerhalb der Brusthöhle beginnend sich längs der Halswirbelsäule bis zum Schädel erstreckt. Er zerfällt in mehrere, nach ihrer Insertion als Longus colli et capitis unterschiedene Portionen. Eine andere subvertebrale Muskulatur scheint zur Bildung des Zwerchfells zu führen. Eine solche Einrichtung fehlt den Fischen, und auch bei den Amphibien ist es noch fraglich, ob einzelne die Speise- röhre umgreifende Muskelbündel als Anfänge eines Zwerchfells betrachtet werden dürfen. Unter den Reptilien besitzen Schildkröten einen musku- lösen Beleg der die Lungen umschliessenden Peritoneallamelle, theils von Wirbelkörpern, theils von den rippenarligen Querfortsätzen entspringend. Bei den Crocodilen fehlt ein Zwerchfellmuskel, da man in der sehr ent- wickelten Peritonealmuskulatur schon wegen ihres Ursprungs von der vorderen Beckenwand keine direct hieher beziehbare Bildung wird er- kennen dürfen. Andeutungen einer muskulösen Bedeckung der Lungen bestehen bei Vögeln, am meisten bei Apteryx ausgebildet. Erst bei den Säugethieren erscheint ein ausgebildeter Zwerchfell- muskel als Scheidewand zwischen Bauch- und Brusthöhle. Die schräge Stellung des Muskels bei Reptilien und Vögeln setzt sich damit in eine quere um. Die fleischigen Partieen entspringen theils von Wirbelsäule, theils von Rippen, und gehen in ein Centrum tendineum über, das selten fehlt Delphine). tHumPpHRYy, G. M., Observations in Myology. Cambridge and London 1872. — FÜRBRINGER, M,, Vergl. Anat. der Schultermuskeln. Jen. Zeitschr. VII. VIII. Morphol. Jahrb. II. — ve Man, Vergl. myolog. u. neurolog. Stud. Leiden 1873. — VETTER, B., Vergl. Anat. der Kiemen- u. Kiefermuskulatur der Fische. Jen. Zeitschr. VII. Elektrische Organe. $ 378. Eigenthümliche, nur einer kleinen Anzahl von Fischen zukommende Apparate stellen die sogenannten elektrischen Organe vor, die in anato- mischer Hinsicht durch die in ihnen stattfindende Endigung mächtiger Nervenmassen, in physiologischer aber durch die Entwickelung von Elek- trieität wichtig geworden sind. Die Nerven bieten in ihren Endapparaten 524 ll. 9. Wirbelthiere, mit jenen der motorischen Nerven in den Muskelfasern übereinkommende Verhältnisse, und auch aus d@@Benese dieser Organe ergibt sich manches, was auf ihre Abstammung aus umgewandelten Muskeln hindeutet. Es besteht deshalb zureichender Grund, diese Organe dem Muskelsysteme anzureihen, wenn uns auch ihr früherer Zustand, in welchem sie wahr- scheinlich Muskeln vorstellten, noch unbekannt ist. Die mit diesen Organen ausgestatteten Fische gehören zu den Gat- tungen Torpedo und Nareine unter den Rochen, Gymnotus uuter den Aalen, Malapterurus unter den Welsen; auch Mormyrus besitzt ähnliche Organe. Ein pseudo-elektrischer Apparat ist bei Raja vorhanden. Obwohl in Lage wie in dem gröberen anatomi- schen Verhalten in den einzelnen Gattungen sehr von einander abwei- chend, kommen die er- wähnten Organe darin überein, dass sie aus verschiedenartig gestal- teten, durch Bindegewebe abgegrenzten und mit einer gallertartigen Sub- stanz gefüllten »Kästchen« zusammengesetzt er- scheinen. Zu der einen Fläche dieser »Kästchen« treten die Nerven heran, um feine Netze zu bilden, aus denen schliesslich eine die Nervenendigun- gen darstellende »elektri- sche Platte« hervorgeht. Das Verhalten dersel- ben zum gesammten Ap- parate, sowie die Be- ziehungen zu den Nerven ergibt sich in Folgendem für den Zitterrochen (Torpedo. Das elektri- sche Organ (oe) liegt hier zwischen dem Kopfe, den Fig. 277. Ein Zitterrochen (Torpedo) mit dem präparirten elektrischen Organe. Rechterseits ist das Organ (oe) blos an der Oberfläche frei gelegt. Aufder linken Seite sind die zum elek- trischen Organe tretenden Nervenstämme präparirt, und eine Strecke weit ins Organ verfolgt. Die geöffnete Schädelhöhle zeigt das Gehirn: I Vorderhirn, II Zwischenhirn, /I/ Mittel- hirn, ZF Lobus eleetricus. v Nervus vagus. Zr Nervus trigemi- nus. Zr' Elektrischer Ast desselben. o Augen. / Spritzloch. t Gallertröhren der Haut. b» Kiemen, rechts sämmtliche Kie- mensäcke mit einer gemeinsamen Muskelschicht bedeckt, links die einzelnen Kiemensäcke. Kiemensäcken (Fig. 277. br) und dem Proptery- sium der Brustflosse, die ganze Dicke des Körpers Nervensystem. 525 durchsetzend und von einer sehnigen Membran umhüllt, welche oben wie unten vom Integumente überzogen wird. Jedes Organ setzt sich aus zahl- reichen, parallel stehenden Prismen zusammen, die ihrerseits wiederum aus einer Reihe aufeinander geschichteter Elemente, den oben erwähnten Kästchen, bestehen. Letztere sind durch Bindegewebe inniger unter einander vereinigt; alle empfangen die in die Prismen eindringenden Nerven von unten her, und die freien Flächen der elektrischen Platten "sind dorsal gerichtet. Zum Organe treten fünf starke Nervenstämme, Rami eleetrici, welche verschiedenen Kopfnerven, vorzüglich dem Vagusbezirke angehören, und zwischen den Prismen sich vertheilen. Bei den übrigen elektrischen Fischen besitzen die bezüglichen Organe zwar einen mit dem Geschilderten bezüglich der feineren Verhältnisse übereinstimmenden Bau, allein in der Oertlichkeit ihres Vorkommens, auch im Verhalten der »Kästchen« ergeben sich Verschiedenheiten. So liegen beim Zitteraal die Organe am Schwanztheile des Körpers dicht un- ter der äusseren Haut. Beim Zitterwels ist das Organ unter dem Integu- mente über die Oberfläche des Körpers verbreitet, und bei den Mormyren finden wir wieder den Schwanz damit ausgestaltet. Entsprechend ver- schieden verhalten sich auch die Nerven, woraus man schliessen darf, dass die genannten Organe trotz ihrer histiologischen und physiologischen Uebereinstimmung morphologisch verschieden sind. SchULTZE, M., Zur Kenntniss d. elektr. Org. d. Fische. Abh. d. Naturforsch. Gesellsch. Halle 1858. Nervensystem. $ 379. Die CGentralorgane des Nervensystems lagern über der Axe des Rückgrates, in dem von dem oberen Bogensystem des Axenskelets um- schlossenen Canale. Sie bestehen aus symmetrisch angeordneten Nerven- massen, die nur bei den Acrania in der ganzen Länge ein mehr gleich- artiges Verhalten darbieten, während sie bei den CGranioten in zwei grössere Abschnitte, das Gehirn und dasRückenmark, gesondert sind. Wenn auch in letzterem einige Aehnlichkeit mit der bei wirbellosen gegliederten Thieren bestehenden Ganglienkette nicht zu verkennen ist, so kann doch das Rückenmark von dieser keineswegs abgeleitet werden: vielmehr ist das centrale Nervensystem der Wirbelthiere als eine inhohem Maasse weiter entfaltete Ausbildung der oberen oder Cerebralganglien wirbelloser Thiere anzusehen. Die erste Anlage erfolgt aus einer Differenzirung des Ectoderm. Während die daraus entstehende »Medullarplatte« bei den Wirbellosen sich nicht in der ganzen Länge der Körperanlage ausdehnt, oder wenn auch anfänglich von soleher Länge, doch mit dem weiter wachsenden Körper nicht mehr gleichen Schritt hält (Ascidien), so findet ihre Ausdehnung bei der Wirbel- thieranlage in einer deren Längewachsthum adäquaten Weise statt, und 526 ll. 9. Wirbeithiere. bedingt damit für das Gentralnervensystem eine der Gesammtlänge des Körpers entsprechende Ausdehnung. Aus der Medularplatte SH mit Erhebung ihrer in das benachbarte (Fig. 278. h Ectoderm (Hornblatt sich fortsetzenden Ränder w) eine Rinne hervor, die allmählich zu einem Rohre sich abschliesst. Die- ses rückt von der Oberfläche all- mählich in die Tiefe, indem nicht nur das Hornblatt. sondern auch Fig. 278. Schematischer Querschnitt durch die R A r Embryonalanlage des Hühnchens (Ende des ersten RP dem Mesoderm gesonderte Brüttages). ch Chorda. u Urwirbel. sp Seiten- Theile darüber wachsen. Das so w u. h Hornblatt. d (Nach RENaK.) m Medullarrinne, Darmdrüsenblatt. Rlgkren: gebildete Medullarrohr bleibt bei Amphioxus als ein gleichartiger Strang bestehen, an dem der vorderste Abschnitt eine Erweiterung seines Centralcanals besitzt. Bei den Granioten dagegen treten noch vor voll- ständigem Schlusse des Rohres am vordersten Abschnitte Ausbuchtungen (Fig. 279. a) auf, welche die Anlage des Gehirnes abgeben, in- dess der übrige Theil des Medullarrohrs unter gleichartiger Differenzirung als Anlage des Rückenmarks erscheint. Ausser der für die Vergleichung überaus wichtigen Lage hat die Anlage des Nervencen- trum der Vertebraten mit jenem mancher Everte- braten noch gewisse Beziehungen zu höheren Sinnesorganen (vorzüglich zum Sehorgan) ge- mein, und hier sind es vor Allem die Tunicaten, die nähere Anschlüsse darbieten. Wie bei die- sen schliesst sich auch bei Vertebraten das Medullarrohr nicht gleichmässig, sondern es bleibt am cerebralen Abschnitte einige Zeit eine Communication nach aussen bestehen. Bei der Fig. 279. Embryonalanlage des Hundes, vom Rücken her ge- sehen, mit der Anlage des cen- tralen Nervensystems, von wel- chem die Medullarplatte (5) eine nach oben offene Rinne bildet. a Die Anlagen der drei primiti- ven Hirnblasen. a' Sinus rhom- boidalis der Lendengegend. «€ Seitenplatten, die Leibesanlage abgrenzend. d Aeusseres und mittleres Keimblatt. f Darm- drüsenblatt. (Nach Bıscuorr.) Vergleichung mit dem Nervensystem der Tu- nicaten ist der aus-dem eigentlichen Central- organe bei Ascidienlarven und Appendicula- rien ($ 417, dorsal sich fortsetzende und auf den Schwanz übergehende Strang von Bedeu- tung, der, durch ganglionäre Einlagerungen ausgezeichnet, den Weg anzudeuten scheint, auf welchem der hintere Abschnitt des Gentral- nervensystems der Vertebraten sich phylogenetisch ausbildete, und allmäh- lich zum Rückenmarke ward. Da dort zwischen dem eigentlichen Gentral- organe und jenem Strange jedenfalls so weit eine Differenz besteht. dass letzterer nicht die gleichartige Fortsetzung des ersteren, nicht einen blos durch seine Lage verschiedenen Abschnitt desselben vorstellt. muss ange- Nervensystem. 327 uommen werden, dass das Gehirn, oder bei Amphioxus der vorderste Ab- schnitt des Medullarstranges, den primitiveren Theil des Nervencentrums vorstellt, wie er denn auch der in der Anlage zuerst erscheinende ist. Die Gleichartigkeit der Rückenmarksanlage mit jener des Gehirns wäre dann ein erst von den Vertebraten erworbener Zustand, welcher phylogenetisch einen von dem primären Nervencentrum sich fortsetzenden Strang, den wir heute noch bei Tunicaten wahrnehmen, zum Ausgange hat. Nach dieser Auffassungsweise würde das gesammte Medullarrohr phylogene- tisch nicht aus einer einfachen Ausdehnung eines kürzeren Nervencen- trums in die Länge, sondern aus der allmählichen Ausbildung eines an- fänglich nur einen peripherischen Apparat vorstellenden Nervenstranges hervorgegangen sein. Die Verschiedenartigkeit des Verhaltens von Gehirn (exclusive Medulla oblongata, einerseits und Rückenmark andererseits be- züglich der Vertheilung von grauer und weisser Substanz kann zur fer- neren Begründung dieser Deutung dienen, für die übrigens auch noch andere Thatsachen sprechen. A. Centralorgane des Nervensystems. a Gehirn. $ 380. Aus der Anlage des Gehirnes entstehen an- fänglich drei (Fig. 280. a) auf einander folgende blasenförmige Abschnitte, deren Binnenräume unter sich zusammenhängen. Der letzte davon setzt sich in das ihm folgende Medullarrohr ohne scharfe Grenze fort. Diese primitiven Gehirn- blasen lassen neue Abschnitte hervorgehen, so dass man bald deren fünf unterscheidet. Den ersten bezeichnet man als Vorderhirn (Fig. 280. a), der darauf folgende stellt das Zwi- schenhirn (b) dar: eine dritte Erweiterung bildet das Mittelhirn (B. Cc), auf welches das Hinterhirn (d), sowie das unmittelbar ins Rückenmark übergehende und mit dem Hinter- hirn zusammengehörige Nachhirn (e) folgen. Das Hinterhirn erscheint als der vorderste Theil Fig. 250. Senkrechte Median- des Daches des Nachhirnes, so dass er keines- a wegs die Selbständigkeit der übrigen Hirnblasen seiachier (Heptanchus ). theilt. Anfänglich in dieser Reihe hintereinander 2 Vom Embryo der Natter. gelagert, erstrecken sich die Blasen in der Fort- ar ee setzung der Längsaxe des Rückenmarks, um schenhirn. e Mittelhirn (in 4 jedoch sehr bald gegen letzteres in Winkelstellung *" ? sehörig). d Hinterhirn. 3 3 E % e Nachhirn. s Primitiver Hirn- zu treten. Diese wird durch ungleiche Wachs- chi Erpashr 528. ll. 9. Wirbelthiere. thumserscheinungen am oberen und am unteren Abschnitte bedingt, indem die oberen Theile bedeutender au Volum zunehmen. Minder voluminös sich entwickelnde Partieen werdeff@lurch Ausdehnung einzelner Strecken der oberen Theile bedeckt. Zwischen Vorder- und Zwischenhirn bildet sich unter Verdünnung der Wand eine spaltähnliche Stelle, an welcher von den Umhüllungen des Gehirns ein Fortsatz ins Innere sich erstreckt. Sie ist keine eigentliche Lücke, sondern wird nur durch eine allmähliche Ver- dünnung der Wandung dieses Abschnittes dargestellt. Aus einem Theile dieses Daches entwickelt sich die Epiphysis (Glandula pinealis). Der untere Abschnitt des Zwischenhirns stellt den Boden der zweiten Hirnblase dar und bildet eine allen Cranioten gemeinsame als Trichter bezeichnete Ausbuchtung. Gegen sie wächst von der Unterseite des Kopfes her eine Einsenkung des Ectoderms, welche, später sich abschnü- rend, einen Theil des dem Trichter angefügten Hirnanhangs (Hypophysis) vorstellt. Die bis gegen den Eingang in die Mundhöhle rückende Stelle der Hypophysis-Einsenkung lässt in der ganzen Bildung ein dem Nerven- system ursprünglich fremdes Organ erscheinen, über dessen Bedeutung für jetzt nur Vermuthungen bestehen können. Aehnlich wie zwischen Vorder- und Hinterhirn tritt auch am Dache des Nachhirnes eine Verdünnung der oberen Wandung auf, so dass hier nur noch die äusserste gefässreiche Schichte des Nervencentrums, die Pia mater, als Decke sich erhält. Der dadurch überdeckte ansehnliche Binnen- raum bildet die Rautengrube. Wie die Räume der Gehirnblasen unter einander communiciren , so stehen sie auch später als Hirnkammern oder Ventrikel der aus den Hirn- blasen hervorgegangenen Abschnitte mit einander in Zusammenhang. Das Gehirn der Cyclostomen bietet die einfachste Form dar, und unter diesen nehmen die Myxinoiden die niederste Stufe ein, indem die einzelnen Abschnitte ziemlich gleichartig sich darstellen. Ein vom Vorderhirn aus gebildeter, die Riech- nerven entsendender Abschnitt 'Bulbus oder Lobus olfactorius) erscheint meist als ansehnlicher, bei den Selachiern durch einen verschieden langen Tractus olfactorius mit dem Gehirne verbundener Lappen (Fig. 281. h). Der Binnenraum des Vor- derhirns setzt sich in sie fort. Auch Verschmel- zungen mit dem Vorderhirn kommen vor. Das Vorderhirn selbst bietet bei den Selachiern (g) eine die übrigen Abschnitte übertreffende Volums- entfaltung und zeigt Spuren einer Theilung in Br Es . zwei, vier, und mehr paarige Abschnitte. Auch Aare an eins 7 bei Ganoiden (Fig. 282. g) wird es ansehnlich olfactorii. g Vorderhirn. d getroffen, indess es bei vielen Teleostiern gegen Zwischen- und Mittelbirn. 5 andere Hirntheile an Volum bedeutend zu- Hinterhirn. a Nachhirn. o 3 x Nasenkapseln, (Nach Busch.) rücktritt. Nervensystem. 529 Das Zwischenhirn ist bei den Selachiern (Fig. 281 d) deutlich vom Mittelhirn getrennt, bei vielen Teleostiern mit diesem enge verbunden. Der vordere Theil seines Daches trägt die oben erwähnte Spalte, und dieser Abschnitt ist nicht selten zu einer ansehnlich in die Länge gezoge- nen Strecke ausgebildet, die wie eine Längscommissur zum Vorderhirn verläuft. (Manche Haie und Ganoiden.) Der Rest des ursprünglichen, den hinteren Theil der Spalte abschliessenden Daches ist zuweilen sehr an- sehnlich und in zwei Hemisphären getheilt, so bei Selachiern und vielen Teleostiern. Der das Infundibulum umfassende Boden dieses Abschnittes bildet an der Hirnbasis Lobi inferiores, bei den Cyelostomen einfach und auch bei den Selachiern nur Andeutungen einer Trennung zeigend. Erst bei Teleostiern sind sie bedeutender entfaltet. Das folgende Mittelhirn erscheint unansehnlich bei den Myxinoiden, mehr bei Petromyzon ent- wickelt. Bei den Selachiern soll es mit dem Zwischenhirn vereinigt sein, während man einen ihm wenigstens durch die Lagebeziehungen ent- sprechenden Theil als Gerebellum deutet. Dieses erlangt hier eine volu- minöse Entfaltung, so dass es die vor oder hinter ihm liegenden Hirntheile deckt (Fig. 281 b). Eine verhältnissmässig bedeutende Grösse erreicht dieser Gehirntheil bei den Teleostiern, bei denen er zuweilen als eine nach vorne oder in die Höhe gerichtete Protuberanz erscheint. Der hinter dem Mittelhirn liegende übrige Theil des Gehirns muss als Gan- zes betrachtet werden. Als Ur- sprungsstätte der meisten Hirnnerven kommt ihm eine besondere Wichtig- keit zu. Sein Dach ist ungleich- artig ausgebildet. Am hinteren grösseren Abschnitte bildet es sich nämlich frühzeitig zurück, so dass der nach vorne zu erweilerte Binnenraum (Sinus rhomboidalis) nur membranös geschlossen wird. Der Rand der Rautengrube er- scheint bei Selachiern und Chi- Fig. 282. Gehirn von Polypterus bichir. A mären nach vorne zu stark Von oben. Z Seitlich. € Von unten. A Lobi olfac- a chin anne Bei Ganoiden und Teleostiern ist N. olfaetorius. o N. optieus. (Nach J. MÜLLER.) er einfacher. Bei allen aber tritt er median in eine quere Lamelle über (Fig. 282 b. ec), welche die Rauten- grube von vorne her deckt und bei stark voluminösem Mittelhirn von die- sem überragt wird. Diese Querlamelle scheint dem Gerebellum der höhe- ren Wirbelthiere zu entsprechen, indess Boden und seitliche Theile der Rautengrube durch das Nachhirn (Medulla oblongata) gebildet sind. Von den Selachiern zu den Teleostiern ist eine Abnahme des Volums der Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Anfl. 34 530 Il. 9. Wirbelthiere. Medulla oblongata bemerkbar, die bei vielen Haien den längsten Abschnitt des Gehirns vorstellt. Sie ons damit einem primitiven Zustande, in welchem sie mit dem Mittelhirn der bedeutendste Theil des gesammten (rehirnes ist. Bei beträchtlicherer Entfaltung geben sich in den Seitentheil der Rautengrube einragende Anschwellungen kund, die in einer Reihe gela- gert den Ursprungsstellen der Vaguswurzeln entsprechen (Lobi nervi vagi). Aehnliche, aber über die verengerte Rautengrube zusammenschliessende Differenzirungen sind die Lobi electriei der Torpedines. (Vergl.Fig. 277 ıv.) $ 381. Das Gehirn der Amphibien schliesst sich in vielen Punkten jenem der Fische an. Das Vorderhirn (Fig. 283 b) erscheint in zwei llemisphären ge- theilt und zeigt Andeutungen einer Ausdehnung nach hinten. Der von ihm umschlossene Raum trennt sich nach beiden Hälften in die Seiten- ventrikel, die sich nach vorne in die Lobi olfac- -torii |a) fortsetzen. Letztere erscheiner anfäng- lich an der Seite des Vorderhirns (b) und sind diesem unmittelbar angefügt, können aher auch mit dem Vorderhirn sowie unter sich unmittelbar verschmolzen sein. Von ihrer unteren Fläche, schon weit hinten gegen das Vorderhirn beginnt y der Olfactorius abzutreten. Das Zwischenhirn E differenzirt sich während des Larvenzustandes \ aus einem mit dem Mittelhirn gemeinsamen Ab- | schnitte. Vor ihm findet sich der Hirnschlitz, welcher in verschiedenem Grade sich aufs Zwi- schenhirn fortsetzt und die Epiphysis trägt. Er führt nach vorne in die von den beiden Hemi- sphären des Vorderhirns üumschlossenen Seiten- Fig. 2881 dahin und Bneken: ventrikel. Die Unterfläche dieses Abschnittes mark des Frosches. A Vm Wägt eine den Lobi inferiores entsprechende Er- oben. B Von unten. a Lobi habenheit. olfaetorii. 5b Vorderhirn. ce . . . . = . ne Das Mittelhirn bleibt bei den Urodelen auf Nachhirn. ö Infundibulum. s einer von den Anuren durchlaufenen Stufe, und Kantengrube. m Rückenmark. erlangt erst bei den letzteren ein beträchtlicheres t Filum terminale desselben. E . . . Volum und eine Theilung in zwei Hälften (ec). Das Hinterhirn hält sich dagegen in seiner primitiven Form als eine über die Rautengrube sich brückende Lamelle (d). Am Gehirne der Reptilien tritt die bereits bei den Fischen vorhan- dene, durch bedeutendere Entwickelung der oberen Theile bedingte Beu- gung in der Region des Zwischen- und Mittelhirns stärker hervor und bewirkt eine Lageveränderung, die sich in die höheren Abtheilungen fort- „. ge en Jr — SDRILINNS Nervensystem. 551 setzt. (Vergl. die Durchschnitte in Fig. 280.) Das Vorderhirn bietet sich in ansehnlicher Entwickelung in Gestalt von zwei das Zwischenhirn decken- den Hemisphären dar, die ihre grösste Breite am hinteren Abschnitte be- sitzen. Ihnen unmittelbar angeschlossen finden sich die Lobi olfactorii. Fig. 254. A Gehirn einer Schildkröte (nach Bosants). B eines Vogels. Senkrechte Median- schnitte. / Vorderhirn. Z/IT Mittelhirn. IV Hinterhirn. V Nachhirn. ol Olfactorius. o Opticus. h Hypophysis. a (in A) Verbindung beider Hemisphären des Mittelhirns. c Commissura anterior. Bedeutend gross sind die Seitenventrikel, die am Hirnschlitze mit dem „wischen den Hälften des Zwischenhirns gelagerten dritten Ventrikel com- municiren, der ein ansehnliches Infundibulum besitzt. Eine Furche theilt (das Mittelhirn in zwei zuweilen sehr stark vortretende Hemisphären. Das Hinterhirn zeigt bedeutendere Verschiedenheiten; bei Schlangen und Eidechsen bleibt es als schmale aber senkrecht erhobene Lamelle auf nie- derer Stufe; bei Schildkröten (Fig. 284 A, ır) und Crocodilen ist es breiter geworden und bei den letzteren ist ein medianer Abschnitt durch bedeu- tendere Grösse ausgezeichnet. Dieser Zustand verknüpft die Reptilien mit den Vögeln, die durch ein Ueberwiegen des Vorderhirns sich auszeichnen , dessen Hemisphären häufig sehr in die Breite entwickelt sind. Sie stehen durch eine schmale vordere Commissur in Zusammenhang (Fig. 284 B. c), und umschliessen eine von der seitlichen Wand her einra- gende Ganglienmasse, welche die pri- mitive Höhle in einen engen, von dem dünnwandigen Hemisphären - Dache bedeckten Raum verwandelt, und Fig. 285. Gehirn des Haushuhns. A Von den grössten Theil des Vorderhirns oben. B Von unten. «a Bulbi olfactorii. d He- darstellt. Sie sind bereits bei den misphären des Vorderhirns. e Mittelhirn. d 1.» B E Hinterhirn. d' Seitentheile desselben. e Amphibien nachweisbar und bei den Nschhirt! (Näch’ 6. G. CArvs.) Reptilien sogar sehr ansehnlich (Fig. 286 A. si). Das kleine, von den Hemisphären des Vorderhirns völlig bedeckte Zwischenhirn ist an seinem Dache gespalten. Das beim Embryo sehr grosse Mittelhirn ist in zwei zur Seite gedrängte Hälften getheilt (Fig. 285 c), in welche sich der gemeinschaftliche Binnenraum fortsetzt. 34 * 532 Il. 9. Wirbelthiere. Am Gerebellum bietet der ansehnliche mittlere Abschnitt quere Lamellen und deckt durch sein Volum (Mas ganze Nachhirn. $ 382. Das Gehirn der Säugethiere bietet nur in seinen frühesten Zuständen unmittelbare Anknüpfungen an niedere Formen (vergl. Fig. 280), indem es sich durch eigenthümliche Differenzirungen vom Vogel- und Reptilien- zehirne weiter entfernt. Die umfassendsten Veränderungen zeigt das Fig. 2856. Differenzirung des Vorderhirns. A Gehirn einer Schildkröte. B eines Rinderfötus. C einer Katze. In Aund 2 ist linkerseits das Dach der Vorderhirnhöhle abgetragen, rechterseits auch noch der Fornix entfernt. In € ist rechterseits der ganze seitliche und hintere Abschnitt des Vorder- lirns abgetragen, und auch linkerseits soweit, um die Krümmung des Ammonshorns nach abwärts dar- zustellen. In allen Figuren bezeichnet / Vorderhirn, // Zwischenhirn, //I Mittelhirn, Z/V Hinterhirn, V Nachhirn. ol Bulbus olfactorius (in A in Communication mit der Vorderhirnhöhle dargestellt). s? Cor- pus striatum. / Fornix. A Pes hippocampi major. sr Sinus rhomboidalis. 9 Kniehöcker. Vorderhirn, mit dessen Unterfläche die in der Regel hohl bleibenden Lobi olfactorii zusammenhängen, und je nach der Ausbildung der Vorderlap- pen minder oder mehr von diesen bedeckt werden. Beide Hemisphären des Vorderhirns sind immer durch einen auch vorne tiefgehenden Ein- schnitt getrennt. Ihre Verbindung geschieht anfänglich durch eine vor dem primitiven Hirnschlitze gelagerte Commissur, und durch jene Oefl- nung gelangt man in die Räume des Vorderhirns, die Seitenventrikel. Mit der ferneren Ausbildung entfalten sich die hinteren Theile der Hemisphä- ren, die anfänglich wenig bedeutende Spalte wird in die Breite gezogen, und verschwindet dabei von der Oberfläche, indem die hintere Wand der nach hinten und seitlich ausgedehnten Seitenventrikel sie vollständig deckt. Damit steht eine Differenzirung der primitiven Commissur zu einem Commissurensysteme in Zusammenhang, wobei Monotremen und Marsupialia den niedersten Zustand repräsentiren. ‘Die primitive Com- missur differenzirt sich zunächst in einen unteren und einen oberen Ab- Nervensystem. 533 schnitt; ersterer stellt die Commissura anterior vor, letzterer bildet eine schmale über den Vorderrand des Zwischenhirns sich lagernde Brücke, unter welcher jederseits der Eingang zum nach hinten und unten ausge- dehnten Seitenventrikel liegt. Im vorderen Raume der letzteren springt das Corpus striatum wulstarlig vor (Fig. 286 B C st), und in dem hinte- ren Raume findet sich ein mit dem oberen Theile des CGommissurensystems in Zusammenhang stehender gewulsteter Vorsprung, welcher den Rand der immer mehr über das Zwischenhirn sich lagernden Spalte von hinten umgrenzt (Ammonshorn oder Pes hippocampi major) (C, h). Eine Umbildung der oberen Gommissur ergibt zwei differente aber zusammenhängende Gebilde. Das eine umzieht mit seinem seitlichen Rande den Eingang in die Seitenventrikel von oben her, um seitlich und abwärts in einen Streif überzugehen, der dem Hippocampus major sich anlagert. Dieses Gewölbe (Fornix) (B C f) beginnt vorne mit aufsteigen- den Schenkeln (Säulen), legt sich etwas verbreitert über das Zwischen- hirn weg, und setzt sich in die hinteren absteigenden Schenkel fort. Es steht oben im Zusammenhang mit einem anfänglich mit dem Fornix ver- bundenen Theile des Gommissurensystems, dem Balken, der sich vorne von ihm abhebt. Die Ausdehnung dieser Commissuren nach hinten zu hängt von der Entwickelung der Hemisphären des Vorderhirns ab, welche bei Nagethieren, Edentaten, Insectivoren noch wenig entfaltet sind. In dem Grade ihrer Volumsentfaltung nimmt die Commissura anterior an Umfang ab. Bei Monotremen und Didelphen sehr beträchtlich, wird sie zu einem dünnen vor den Säulen des Fornix lagernden Strange. Nach Maassgabe ihrer Ausdehnung nach hinten überlagern die Vorderhirn- Hemisphären die folgenden Abschnitte. Bezüglich der Oberfläche des Vorderhirns bieten viele Säugethiere durch die glatte Beschaffenheit der Hemisphären einfache, dem embryo- nalen Verhalten entsprechende Zustände, die sich durch Windungen und Furchen complieiren. Die Windungen treten in regelmässiger Weise und in symmetrischer Anordnung auf, um erst bei reicherer Entfaltung eine Asymmetrie einzugehen, wie sie z. B. beim Menschen sich darstellt. Aber selbst da lassen sich die Windungen in Gruppen sondern, deren Grenzen von den zuerst auftretenden und bei anderen Säugethieren allein persistirenden Furchen vorgestellt sind. Für diese Windungen bestehen nur in den ersten Zuständen einige gemeinsame Verhältnisse. Mit ihrer CGomplication erscheinen für die einzelnen Abtheilungen der Säugethiere selbständige Befunde, die dem Grade näherer oder entfernterer Ver- wandtschaft Ausdruck geben. Das Zwischenhirn scheidet sich in zwei unmittelbar hinter den Strei- fenkörpern der Seitenventrikel des Vorderhirns liegende Massen: die Seh- hügel (Thalami optiei). Am Hinterende der sie trennenden Spalte lagert die Epiphysis. Die Höhle dieses Abschnittes redueirt sich auf einen zwischen beiden Sehhügeln liegenden schmalen Raum, dessen Fortsetzung abwärts in das vom Tuber cinereum getragene Infundibulum führt. 554 lH. 9. Wirbelthiere. Das eine Zeit lang den grössten Abschnitt des Gehirnes vorstellende Mittelhirn (vergl. Fig. 280 C c) lässt seinen primitiven Binnenraum all- mählich in einen engen Ganal GM uacducius Sylvii) verwandeln, der den dritten Ventrikel mit dem vierten verbindet. Die Oberfläche ist durch eine seichte Längs- und Querfurche in vier Hügel (Fig. 286 B C III) ge- schieden, daher als Gorpus bigeminum, Vierhügel, bezeichnet. Sehr schwach ist diese Scheidung bei den Monotremen. Am Hinterhirn (Cerebellum) bleibt das mit Fischen und Amphibien übereinstimmende Verhalten nur während früher Embryonalperiode. Die einfache Lamelle entwickelt sich zu einem anschnlichen Gebilde, an wel- chem, wie bei Grocodilen und Vögeln, der mittlere Abschnitt zuerst sich differenzirt. Doch stellt derselbe bei den Beutelthieren längere Zeit eine dünne Quercommissur vor, indess die seitlichen Theile schon voluminöser gestaltet erscheinen. An beiderlei Theilen entstehen quere, in verschie- dene Gruppen geordnete Lamellen. Der mittlere Abschnitt bleibt über- wiegend bei den Monotremen, ansehnlich auch noch bei Beutelthieren, Edentaten, Chiroptern. Erst bei den Carnivoren und Ungulaten treten die Seitentheile als »Hemisphären des CGerebellum« voluminöser auf, und bei den meisten Primaten präponderiren sie derart, dass das mittlere Stück, als »Wurm« bezeichnet, dagegen zurücktritt. Durch die Ausdehnung des Vorderhirns werden die übrigen Ab- schnitte des Gehirns allmählich überdeckt. Bei manchen Beutelthieren, auch bei Nagern (vergl. Fig. 287 A) und Insee- tivoren ist dies noch nicht für die Vierhügel eingetreten, und selbst bei den meisten übri- gen Säugethieren bleibt das Hinterhirn ganz oder doch grossentheils (rei, indess bei Prima- ten auch dieser Ab- schnitt völlig unter die Fig. 257. Gehirn!des Kaninchens. AVon oben. 2 Von unten. Hinterlappen der Hemi- lo Lobi olfaetorii. Z Vorderhien. 217 Mittelhirn. ZV Hinterhirn. sphären des Vorderhirns v DaHNEUEN, h ByRoghyeis. ? Opticus. 3 Oeulomotorius. 5 Tri- tritt, worin die an- geminus. 6 Abducens. 7. 8 Facialis und Acustieus. In A ist das = 5 : Dach der rechten Hemisphäre abgetragen, so dass man in den thropoiden Allen sich Seitenventrikel blickt, und dort vorne den Streifenkörper, dahin- dem Menschen am näch- ter den Fornix mit dem Anfang des Pes hippocampi major wahr- 5 ne sten stellen. Mit der Ausbildung der Hemi- sphären des Hinterhirns entsteht an der unteren Fläche des primitiven Nachhirns eine Quercommissur, die Varolsbrücke, welche den vorderen Abschnitt des Nachhirns als mit dem Gerebellum inniger verbunden u Nervensystem. erscheinen lässt. 535 Diese Brücke ist wenig bei Monotremen und Marsupia- lien, am meisten bei den höheren Primaten entwickelt. MınAukovics, V. v., Entwickelungsgesch. des Gehirns. Leipzig 1877. bh) Rückenmark. 8 383. Das aus der Medulla oblongata continuirlich sich fortsetzende Rücken- mark entsteht durch Entwickelung der seitlichen Hälften der Wand des primitiven Medullarrohrs. In dem Maasse als die lateralen Theile ihr Volum entfalten, bildet sich eine vordere Längs- spalte aus. Der primitive Hohl- raum des Rohbrs wird zum Gentralcanal. Die centralen Apparate des Rückenmarks nehmen die inneren Theile ein, und bil- den eine graue Markmasse, welche auf dem Querschnitte in Gestalt seitlicher, nach hinten und nach vorne gehen- der Säulen (Hörner) erscheint (Fig. 288 d. e)., Durch die Vertheilung der centralen Apparate im Innern des Rückenmarks, in den von der Nachbarschaft des Gen- traleanals (c) ausgehenden Fig. 258. Querschnitt des Rückenmarks eines Kalbes. a Vordere, b hintere Längsspalte. c Centraleanal. d Vor- dere, e hintere Hörner. / Substantia gelatinosa. g Vor- derstrang der weissen Substanz. A Seitenstrang. © Hinter- strang. k Quercommissuren. grauen Säulen, findet sich die weisse, aus Nervenfasern bestehende Markmasse, vorwiegend nach aussen davon, und bildet, theils durch die vorderen und hinteren Längsfurchen (a. b), theils durch die Austrittsstellen der Nervenwurzeln von einander geschiedene Längsstränge (g. h. i). Darin ergibt sich eine Eigenthümlichkeit des Rückenmarks und ebenso ein bedeutungsvoller Unterschied von dem Bauchmarke der Annulaten und Arthropoden. Das Rückenmark erstreckt sich bei den Gyclo- stomen bandartig platt, ähnlich auch bei Chi- mera, sonst mehr ceylindrisch geformt, durch den Rückgratcanal, gegen das Ende sich allmäh- lich verjüngend. Den Ursprüngen stärkerer Nerven entsprechen häufig besondere Anschwellungen, bei Arten von Trigla (vergl. Fig. 289 B) auffallend Fig. 289. A Gehirn und Rückenmark von Orthago- riscus mola. (Nach Ar- saKr.) B Gehirn und Anfang des Rückenmarks von Tri- gla adriatica. (Nach TIEDEMANN.) 536 Il. 9. Wirbelthiere. entwickelt, und in geringer Zahl das ausnehmend kurze Rückenmark von Orthagorisceus u. a. zusammensetzend (A). Wie die vom Rückenmar# entspringenden Nervenmassen dessen Volumsverhältnisse influenziren, zeigt sich in den vier höheren Wirbel- thierelassen, bei denen die bedeutende Entwickelung der Extremitäten und die dahin gelangenden mächtigen Nervenstränge mit einer an einzel- nen Abschnitten sich äussernden voluminösen Bildung des Rückenmarks in Zusammenhang steht. Dadurch entsteht eine Hals- oder Brust- und eine Lendenanschwellung, die in einzelnen Fällen, z. B. bei Schildkröten und Vögeln, sehr beträchtlich sind. Durch Offenbleiben der in den Gen- tralcanal sich fortsetzenden primitiven Medullarhöhle entsteht an der Len- denanschwellung der Vögel ein Sinus rhomboidalis, jenem ähnlich, wel- cher dem verlängerten Marke allgemein zukommt. Er findet sich auch bei Embryonen von Säugethieren vorübergehend vor (Fig. 279. d). In der Regel verläuft das Rückenmark durch den ganzen Rück- gratcanal, doch zieht es sich bei Amphibien (Anuren), Vögeln, am auf- fallendsten aber bei manchen Säugethieren durch die Ungleichmässigkeit der Entwickelung der umschliessenden und umschlossenen Theile mehr nach vorne, so dass die für die hinteren Körperpartieen von ihm abgehen- den Nerven eine Strecke weit im Rückgratcanal verlaufen, ehe sie ihre Austrittsstelle erreichen. c) Hüllen des centralen Nervensystems. $ 384. Da der Binnenraum des Schädels an das von ihm umschlossene Ge- hirn sich anpasst, so füllt letzteres anfänglich stets die Schädelhöble aus. Das Gleiche gilt vom Rückenmarke für den Rückgratceanal. Die Oberfläche des gesammten centralen Nervensystems wird dabei von den vom Skelete gelieferten Wandungen durch Theile getrennt, die entweder dem Skelete oder dem Nervensystem angehören oder interstitieller Natur sind. Es sind das die Hirn- und Rückenmarkshüllen. Die periostale Auskleidung der bezüglichen Skeleträume lässt die Dura mater entstehen. Diese Membran ist in den unteren Abtheilungen als blosse Periost- (resp. Perichondrium-) Schichte nachweisbar, und em- pfängt erst von den Reptilien an eine bedeutendere Mächtigkeit, womit sie len Anschein einer selbständigen Bildung gewinnt. In der Schädelhöhle bildet sie bei Vögeln einen Fortsatz zwischen die Hemisphären des Vor- derhirns (Hirnsichel), der auch bei Säugethieren allgemein vorkommt, und hier mit einem besonders in den höheren Abtheilungen ausgebil- deten, zwischen Cerebellum und Hinterlappen des Vorderhirns eindrin- genden Fortsatze — dem Tentorium cerebelli — zusammenstösst. Bei vielen Säugethieren (Garnivoren, Einhufern ete.) verknöchert das Tento- rium. — Der Rückenmarksabschnitt der Dura mater bietet geringere Nervensystem. 537 Kigenthümlichkeiten. Bei Säugethieren ist er schon vom Foramen oceipi- tale an vom Perioste gesondert und bildet einen das Rückenmark lose umschliessenden Sack. Die dem Nervensystem angehörige Pia mater ist eine ersteres überkleidende Bindegewebsschichte,, in welcher die Blutgefässe der Ner- vencentren verlaufen. Sie dringt in die Vertiefungen zwischen den ver- schiedenen einzelnen Abschnitten ein. Vom grossen Gehirnschlitze aus sendet sie, mit der Decke der Spalte verbunden , Gelässconvolute (Ader- geflechte) ins Innere der Seitenventrikel des Vorderhirns. Ueber den Sinus rhomboidalis des Nachhirns erstreckt sie sich dachförmig hinweg, häufig gleichfalls Plexus bildend. Die grösste Mannichfaltigkeit bietet die Arachnoides. Bei Fischen erscheint sie, so lange das Hirn die Schädelhöble ausfüllt, als eine dünne Bindegewebsschichte, die kaum den Namen einer Membran verdient, da sie mit Pia wie mit Dura mater gleich innig zusammenl'ängt. Mit der Ent- stehung eines weiteren Raumes zwischen Hirn und Schädelwand geht aus jenem Gewebe entweder ein Iympbherfülltes Netzwerk hervor (Squatina), oder es wandelt sich in Gallertgewebe um (Sceymnus), oder lässt Fettzellen entstehen (viele Teleostier). Die höheren Wirbelthiere zeigen die Arach- noides meist als zarte Bindegewebsschichte, bei den Säugethieren in der vom Menschen bekannten Differenzirung. B. Peripherisches Nervensystem. $ 385. Die aus den Centralorganen tretenden Nerven werden nach beiden Abschnitten in Rückenmarksnerven und Hirnnerven unterschieden, die bei den Acrania noch gleichartig sind. Nur ein vorderer stärkerer Stamm ist bei Amphioxus durch seinen Verlauf wie durch reichere Verästelung am vorderen Körperende ausgezeichnet. Er ist wohl einem der Hirnner- ven der höheren Wirbelthiere vergleichbar, doch muss hiebei beachtet werden, dass in der Gesammtorganisation des Amphioxus den CGranioten gegenüber der Zustand der Indifferenz gegeben ist. Die übrigen Nerven des Medullarrohrs (jene für Riechgrube und Auge ausgenommen) bieten das Verhalten von Rückenmarksnerven dar, und zeigen das Eigenthüm- liche des Alternirens im Abgange vom Medullarstrange. Die Gleichartig- keit dieser Nerven lässt annehmen, dass die bei den Cranioten bestehende Verschiedenartigkeit der Gerebral- und Spinalnerven ein mit der Entfal- tung des Kopfes erworbener Befund sei. Die Nerven entbehren der Gan- slien und werden durch einfache Wurzeln gebildet, worin wieder eine bedeutende Kluft gegen die Cranioten zu erkennen ist. Da bei Amphioxus kein »Kopf« in dem Sinne besteht, wie wir solchen bei den Granioten kennen, kann folgerichtig auch eine Scheidung in Kopf- und Spinalnerven nicht vorgenemmnen werden. Wir können höchstens die bis zur hinteren 538 II. 9. Wirbelthiere. Grenze der Kiemenhöhle abgehenden Nerven als die indiflerenten Aequi- valente der Kopfnerven der Granioten gelten lassen, und die übrigen fol- senden Nerven als SpinalnervManschen. a) Rückenmarksnerven. $ 386. Die zuerst in der Bildung von Urwirbeln auftretende Metamerie des Wirbelthierkörpers äussert sich nicht minder in dem Verhalten der Rücken- marksnerven und ihrer Vertheilung. Je einem Wirbelabschnitte entspricht ein Nervenpaar. Jeder Nerv kommt durch die Vereinigung von zwei von den Seitenhälften des Rückenmarks austretenden Wurzeln zu Stande. Die obere oder sensible Wurzel bildet vor ihrer Vereinigung mit der unte- ven oder motorischen ein Ganglion, und die daraus hervortretenden Fasern vermischen sich mit denen der unteren, um den Stamm eines Spinal- nerven herzustellen. Bei den Selachiern treten untere wie obere Wurzeln getrennt durch besondere Oeflnungen des Rückgratcanals. In der Regel verlassen die Nerven den Rückgratcanal zwischen zwei Bogen Jeder Spinalnerv theilt sich in zwei Hauptäste, ein Ramus dorsalis versorgt Muskulatur und Haut des Rückens, ein Ramus ventralis begibt sich an die Seitentheile und die Bauchwand des Körpers und sendet einen Ramus visceralis zu den Eingeweiden. Dieser letztere stellt die Verbin- dung des sogenannten sympathischen Nervensystems mit dem cerebro- spinalen her. Bei den Fischen treffen die Spinalnerven immer auf ein Ligamentum intermusculare. Sie folgen genau der Metamerie des Leibes, so lange die- selbe noch ausgesprochen ist. Die Stärke der Nerven entspricht der Ausbildung der von ihnen ver- sorgten Theile. Mit dem Auftreten von Extremitäten erlangen die be- treffenden Rami ventrales eine besondere Mächtigkeit, und dann bildet eine Anzahl Rami ventrales vorderer Spinalnerven (CGervicalnerven) ein Geflecht (Plexus brachialis), aus welchem die Nerven der vorderen Extre- miltät sich ablösen, sowie aus weiter nach hinten vor dem Becken oder im Becken gebildafen Geflechten (dem Plexus lumbalis u. Plexus sacralis) die Nerven der hinteren Extremität herv orgehen. Diese Getlechtbildungen stehen wohl mit den Lageveränderungen in Zusammenhang, welche die Gliedmassen eingegangen sind. (Vergl. S. 497 u. 498.) Drei bis vier Nerven bilden den Plexus brachialis der Amphibien (bei Fröschen der 2., 3. und 4. Spinalnerv). Bei den Reptilien wird der Plexus brachialis meist aus dem 6.—9. Gervicalnerven zusammengesetzt, der 7.—10. bildet ihn bei Varanus, und bei Alligator kommt noch der erste Thoracalnerv hinzu. Die Vögel zeigen ihn aus dem letzten Gervical- und ersten Thoracalnerv oder aus dem 41. und 12. Gervical- oder 12. Thora- ealnerv gebildet. Bei den Säugethieren betheiligen sich die 3, 4 oder Nervensysiem. 539 5 letzten Cervicalnerven und der erste, zuweilen auch noch der zweite Thoracalnerv an der Plexusbildung. Die für die Hinterextremitäten bestimmten Nerven gehen bei den Amphibien aus einem meist durch drei Nerven gebildeten Geflechte her- vor. Ein daraus entstehender vorderer Nerv bildet den Nervus cruralis, ein stärkerer, aus fast allen in den Plexus eingehenden Ramis sich zu- sammensetzender Nerv stellt den Ischiadicus vor, welcher auch bei den höheren Wirbelthieren den Hauptnerv der Extremität bildet. Gesonderter erscheinen Plexus cruralis und Plexus sacralis bei den Reptilien und Vögeln. Bei ersteren gehen meist 4 Nerven in diese Geflechte ein. Die Vögel bieten zumeist 7—8 grösstentheils für den Ischia- dieus bestimmte Nerven, während er bei den Säugethieren wieder aus einer viel geringeren Zahl sich zusammensetzt. b) Hirnnerven. $ 387. Die von der beschreibenden Anatomie der Reihe nach aufgeführten Gerebralnerven sondern sich bei vergleichender Prüfung nach wichtigen anatomischen Verhältnissen in zwei scharf getrennte Abtheilungen. Die eine, grössere, begreift mehr oder minder mit Spinalnerven übereinkom- mende oder doch von solchen ableitbare Nerven, die andere dagegen solche, welche auch nicht die geringste Aehulichkeit mit Spinalnerven besitzen. Die letztere Abtheilung umfasst zwei spezifische Sinnesnerven, den Olfactorius und den Opticus. Der Olfactorius wird aus einem Complexe von Nervenfädchen gebildet, die aus dem Lobus olfactorius entspringen, und in der Riech- schleimhaut ihre Verbreitung nehmen. Je nach der Lagerung des Lobus in grösserer oder geringerer Nähe der letzteren setzen diese Nerven jeder- seits einen Stamm zusammen (wie bei vielen Fischen, auch bei Amphi- bien, Reptilien und Vögeln, unter den Säugethieren bei den Monotremen), oder sie verlassen einzeln die Schädelhöble, indem sie eine »Lamina cri- brosa« durchbohren (Selachier und Säugethiere). Der aus dem Zwischen- und Mittelbirn stammende Opticus bildet sich mit einem Theile des Auges aus einer vom primitiven Vorderhirn entstehenden Blase (der Augenblase), deren Stiel .er vorstellt. Nach Difle- renzirung der Vorderhirnblase ist er mit dem Zwischen- und Mittelhirn in Zusammenhang. Bei den Gyelostomen verläuft der Opticus jeder Seite zum betreffenden Auge, und nur dicht an der Austrittsstelle ist eine Ver- bindung zwischen den beiderseiligen Nerven zu erkennen. Bei den Gna- thostomen dagegen tritt eine grössere Strecke der Optieus an der Hirnbasis hervor, und es wird hier eine Durchkreuzung der Fasern (Chiasma) er- sichtlich. Die bis zu dieser Stelle verlaufenden Faserstränge stellen den 540 II. 9. Wirbelthiere. Tractus n. optiei vor und bilden einen Theil des Gehirns, der bei den Gyelostomen noch nicht an die ang hervorgetreten ist. Das Ghiasma ist also keine Neubildung, son@@rn eine Diflerenzirung. Die Kreuzung ist eine vollständige bei den Knochenfischen: Der Optieus des rechten Auges tritt zum linken, der des linken zum rechten, indem der eine über oder unter dem andern hinwegläuft. Seltener tritt der eine Optieus durch eine Spalte des anderen (Clupea), oder es besteht ein mehrfacher Durchtritt einzelner Nervenbündel. Bei Selachiern und Ganoiden scheint eine theil- weise Kreuzung vorzukommen, und so verhalten sich auch im Allgemeinen die höheren Wirbelthiere. Wie diese beiden Sinnesnerven keinen einzigen der für die Spinal- nerven aufgeführten Charaktere erkennen lassen, sind sie auch nicht auf Metameren beziehbar. Sie gehören auch jenem Theile des Graniums zu, der nicht aus Conerescenz von Wirbelsegmenten ableitbar ist (vergl.$ 340), und dürften jenen Nerven entsprechen, die wir bei Wirbellosen zu den gleichen Organen gehen sehen, $ 388. Die zweite Abtheilung umfasst die nach dem Typus der Spinalnerven sich verhaltenden Nerven. Sie lassen zum Theile zwei Wurzeln unter- scheiden; ihr Ramus dorsalis ist häufig sehr gering entwickelt, in Zusam- menhang mit dem unansehnlichen Verbreitungsbezirke. Der Ramus ventralis ist dadurch der Hauptast, der an den Kiemenbogen und deren Derivaten sich verzweigt. Der Ramus visceralis tritt zur Schlundwand. Die hieher gehörigen Nerven entspringen am Boden der Rautengrube, theilweise auch in deren Fortsetzung zum Aquaeduct. Sylvii, treten aus dem Nachhirn hervor und verlassen die Schädelhöhle, indem sie den vertebralen Theil des Graniums durchsetzen ($ 340). Während diese Verhältnisse an den dem primitiven Zustande am nächsten stehenden Kopfnerven der Selachier am vollständigsten sich erkennen lassen, treten um so bedeutendere Veränderungen ein, je weiter der Organismus von jener tiefen Stufe emporstieg oder in anderer Richtung sich diflerenzirte. An den einzelnen Nerven, d.h. so wie sie als mit Spinalnerven homodynam aufzufassen sind, nehmen wir versthiedene besondere Er- scheinungen wahr. Einzelne Aeste eines Nerven erscheinen im Ueber- gewichte über andere, die dagegen rückgebildet sind, oder die Wurzeln eines Nerven schlagen eine selbständige Bahn ein und bieten den Schein selbständiger Nerven. Während in diesem Falle ein Nerv sich aufgelöst hat, so ist an anderen Nerven eine (oncrescenz aufgetreten, so dass ur- sprüngliche Nervencomplexe wie ein einziger Nerv sich darstellen. Letzteres Verhalten zeigt sich an zwei Gruppen der vorzuführenden Hirnnerven,, die ich nach den in ihnen vorherrschenden Nerven als Tri- geminus- und Vagus-Gruppe unterschieden habe, Nervensystem. 541 $ 389. Die Trigeminusgruppe versorgt den vordersten und grössten Theil des Kopfes. Ihr gehören zu: erstens der Trigeminus als bedeutendster Nerv der Gruppe, der, einer mächtigen Differenzirung der Endgebiete entsprechend, einem weiter entfalteten Spinalnerven homolog ist (Fig. 290 Tr). Als Ramus dorsalis besitzt er den Ramus ophthalmicus, der die Orbita wie die Ethmoidal- region versorgt. Ein bei Teleostiern vorkommender Schädelhöhlenast hat wohl gleichfalls als Ramus dorsalis zu gelten. Der Ramus maxillaris su- perior verläuft stets am Boden der Orbita und verbreitet sich mit sensiblen Zweigen in der Oberkieferregion. Sein Infraorbitalast ist besonders bei Säugethieren der bedeutendste. Der R. max. sup. stellt mit dem Ramus maxillaris inferior einen Ramus ventralis vor, der bei Selachiern sehr klar als Nerv des Kieferbogens sich erkennen lässt, und dadurch als der bedeutendste Abschnitt des Trigeminus erscheint. Seine Verbreitung geschieht zu den Kiefermuskeln wie zum Integumente und einem grossen Theile der Mundhöhlenschleimhaut (Ramus lingualis). Den Ramus inte- stinalis repräsentirt ein Ramus palatinus des zweiten Astes, bei Fischen direct zum Gaumen tretend, bei höheren Wirbelthieren erst nach Verbin- dung mit einem sympathischen Ganglion (Ganglion sphenopalatinum) dort- hin gelangend. Dem Trigeminus im Ursprungs- und Verbreitungsgebiete zugehörig und wie abgelöste Theile derselben sich darstellend, erscheinen die Augen- muskelnerven, namentlich der Oculomotorius und Trochlearis.. Wenn auch die Angaben, dass bei Lepidosteus und Lepidosiren die Augen- muskelnerven vom R. ophthalmicus trigemini abgegeben würden, und bei Salamandrinen der Trochlearis von einem Zweige jenes Nerven ver- treten sei, noch sehr der Bestätigung bedürfen, so dass jenen Fällen viel- leicht mehr ein Anschluss der Augenmuskelnerven an den Trigeminus als ein gänzliches Fehlen derselben zu Grunde liegt, so ist doch damit die Annahme, dass in dem discreten Austritte jener Nerven aus dem Nachhirn Sonderungsvorgänge wirksam waren, nicht zurückzuweisen. Dass der R. I. trig. der motorischen Elemente entbehrt und dass die in seinem Bereiche befindlichen Muskeln durch selbständig erscheinende Nerven versorgt werden, bleibt immer ein schwer wiegendes Factum. Der zweite der Trigeminusgruppe beizuzählende Nerv ist der Facialis mit dem Acusticus. Der letztere scheint einem ausschliesslich sensiblen Ramus dorsalis eines Spinalnerven homolog, und ist mit seinem Endge- biete von dem nothwendig vorauszusetzenden ursprünglichen Verbrei- tungsniveau auf der Kopfoberfläche in dem Maasse in die Tiefe gerückt, als das Labyrinthbläschen vom Integumente sich abschnürte und in die Tiefe der Schädelwand eingetreten ist (vergl. unten über das Hörorgan). Wenn dieses den ursprünglichen Verlauf eines Ramus dorsalis aufwärts 542 II. 9. Wirbelthiere. durch die Schädelwand voraussetzt, so harmonirt damit der Verlauf dor- saler Aeste anderer Kopfnerl. selbst der des Ramus ophthalmieus trigemini. Der Facialis (Fig. 290 Fa) verhält sich als ein dem Zungenbeinbogen angehörender Ramus ventralis. Ausser der Muskulatur dieses Abschnittes versorgt er auch Hauttheile, ist somit anfänglich gemischter Natur. Bei den Teleostiern geht er Verbindungen mit dem Trigeminus ein, und schon bei manchen Haien verschmilzt er mit demselben. Ebenso erscheint er bei den ungeschwänzten Amphibien mit dem Trigeminus vereinigt. Diese Verbindung findet jedoch erst im Verlaufe der Ontogenie statt. Bei den Urodelen wie bei den höheren Wirbelthieren erhält er sich selbständig und bei den Säugethieren hat er seine sensiblen Elemente anscheinend eingebüsst. Hier empfängt er durch die Ausbildung der Gesichtsmusku- latur ein bedeutenderes Verbreitungsgebiet, während sein Ramus stape- dius, Ramus digastricus und stylohyoideus dem ursprünglichen Zungen- beinbogen-Gebiete zugehören, wie auch der Ramus auricularis. Als Ramus visceralis erscheint der bei Fischen vorhandene Ramus palatinus, der bei den Säugern durch den N. petrosus superficialis major vorgestellt wird, und durch das Ganglion sphenopalatinum zur Muskulatur des Gau- mensegels tritt. Einen schon bei Fischen bestehenden Verbindungszweig des Facialis mit dem dritten Aste des Trigeminus bildet die Chorda tympani. Dem Facialis muss auch noch ein Augenmuskelnerv, der Abducens, beigezählt werden, wie aus dem Verhalten des Ursprungsgebietes hervor- geht. Er versorgt den Rect. ext. allgemein, bei Petromyzon auch noch den Reet. inferior. Die Lage des Rectus externus macht verständlich, dass er einem anderen Nervengebiete angehört. $ 390. In der Vagusgruppe bietet deren erster Nerv, der Glossopharyn- geus, die einfachsten Befunde. Bei den Selachiern ist er diseret, und scheint auch bei den Teleostiern sich allgemein so zu verhalten, dagegen verlässt er bei Chimära die Schädelhöhle mit dem Vagus, mit welchem er auch bei Cyclostomen wie bei Lepidosiren verbunden ist. Achnlich verhält es sich bei den Amphibien, indess er bei den Amnioten in allge- meiner Selbständigkeit sich trifft. Er besitzt bei Fischen (manchen Haien) einen Ramus dorsalis, der im CGranium emporsteigend sich oberflächlich verästelt. Der Hauptstamm (Fig. 290 Gp) erscheint damit als ventraler Ast, der längs des ersten Kie- menbogens sich verbreitet und als Eingeweideast einen Ramus pharyngeus zur Schlundwand schickt. Dieses Verhalten wird mit der Umwandlung des ersten Kiemenbogens dahin modifieirt, dass der Ramus pharyngeus mit dem in der Zungenschleimhaut endigenden Ramus lingualis den Haupt- theil des Nerven vorstellt. Nervensystem. 543 An den Glossopharyngeus reiht sich im Austritte aus dem Nachhirn unmittelbar der Vagus an, dessen Beurtheilung die Kenntniss seines ein- fachsten Verhaltens voraussetzt, wie es am vollständigsten bei Naien zu erkennen ist (vergl. Fig. 290). Der Vagus wird hier von einer grossen Fig. 290. Kopfnerven von Hexanchus griseus. Rechterseits sind sämmtliche Kopfnerven in ihren von oben her siehtbaren Bahnen dargestellt. Die Schädelhöhle ist geöffnet, ebenso der Rückgratcanal, so dass Gehirn und Rückenmark blosliegen. Das rechte Auge ist mit seinen Muskeln entfernt. Links ist nur das Dach der Orbita weggenommen, so dass der Bulbus mit den Muskeln sichtbar ist. Die rechts- seitige Labyrinth- und Oceipitalregion des Craniums ist bis auf das Niveau der hier durchtretenden Nervenstämme abgetragen. A Vordere Schädellücke. N Nasenkapsel. Bo Bulbus olfactorius. 7’r' Erster Ast des Trigeminus. « Endzweig desselben auf der Ethmoidalregion. 7r" Zweiter Ast. 7’r"' Dritter Ast. ir Trochlearis. Fa Facialis. @p Glossopharyngeus. Vy Vagus. 4 Ramus lateralis. J Ramus intestinalis. os Muse. obliq. oc. sup. »Ü M. rectus internus. re M. rectus externus. rs M.rectus superior. S Spritzloch. Pg Palatoquadratum. Am Hyomandibulare. » Kiemenstrahlen. 2—6 Kiemenbogen. br! — br V Kiemen. Anzahl diseret vom Nachhirn bis ziemlich weit hinter der Rautengrube hervortretender Wurzeln zusammengesetzt, von denen die vorderen, dicht hinter dem Glossopharyngeus austretenden, die stärkeren sind. Daran schliessen sich nach hinten zu immer schwächere an. Die letzteren sammeln sich nach vorne verlaufend zu einem den vorderen sich an- 544 II. 9. Wirbelthiere. fügenden Stämmcehen. Der hiervon gebildete gemeinsame Stamm verlässt die Schädelhöhle in schräg ngg hinten und aussen gerichtetem Verlaufe und sendet auf diesem Wege einen schwachen Ramus dorsalis zur Occi- pitalregion empor. Aus dem CGranium getreten lässt der Vagusstamm eine der Zahl der Kiemenbogen entsprechende Zahl von Kiemenästen abgehen (Fig. 290). Der erste Kiemenast |br?) verläuft zum zweiten Kiemenbogen und sendet noch einen feinen Zweig zum ersten. Darin kommen die Rami branchiales des Vagus mit dem Glossopharyngeus wie mit dem Facialis überein, die gleichfalls zu den nächst vorhergehenden Bogen feine Zweige entsenden. An der Theilungsstelle jedes Kiemenastes tritt ein Ramus pharyngeus ab. Die Fortsetzung des Vagusstammes tritt als Ramus intestinalis (J) auf den Darmcanal und verzweigt sich an Schlund und Magen, gibt auch Aeste zum Herzen. Vor der Abgabe der Kiemenäste geht vom Vagusstamme ein ansehnlicher Ast dorsalwärts nach hinten, der als Ramus lateralis (Z längs der Seitenlinie des Körpers an die Haut bis zum Schwanze sich verzweigt. Während die den Vagusstamm zusammensetzenden Nervenwurzeln in einer Reihe das Nachhirn verlassen, gehören dem Vagus noch andere Wurzeln zu, die unterhalb der vorgenannten als höchstens fünf, meist nur 3 oder 2 Fädchen aus dem Nachhirn austreten, und jedes durch einen besonderen Canal in der Schädelwand nach aussen gelangen. Sie gehen theils zu Muskeln, theils verbinden sie sich mit den ersten Spinalnerven, und können als untere Vaguswurzeln bezeichnet werden, während die vorbenannten obere sind. Die Austrittsöffnungen der unteren liegen in gleicher Reihe mit den Austrittsöffnungen der unteren Wurzeln der Spinalnerven, die Austrittsstelle des Complexes der obe- ren Wurzeln liegt höher und fällt in eine Linie mit den Durch- lässen der oberen Wurzeln der Spinalnerven. $ 391. Aus den vorhin aufgeführten Thatsachen ergibt sich für den ge- ammten Vagus die Auffassung als eines Gomplexes zahl- seicher mit Spinalnerven homodynamer Nerven. Dafür rsprechen einmal die mehrfachen getrennt austretenden unteren Wurzeln, dann aber vorzüglich die Verbreitung des aus den oberen Wurzeln sich bildenden Stammes. Indem jeder Ramus branchialis des Vagus sich völlig gleich verhält einem Ramus ventralis eines Spinal- nerven, indem ferner die von ihm versorgten Kiemenbogen als ur- sprünglich dem Granium angehörige Bogen zu gelten haben (vergl. $ 340) und da endlich jeder der anderen Bogen (Kiefer-, Zungenbein- und I. Kiemenbogen) ebenso von je einem Nerven versorgt werden, wie ein Metamer.des Rumpftheiles von einem Spinalnerven, so erscheint auch die Summe jener oberen Wurzeln des Vagus als das Aequivalent einer Summe Nervensystem. 545 einzelner Nerven, deren Betrag mindestens der Maximalzahl der von ihnen versorgten Kiemenbogen entsprechen muss. Diese von mir gegebene Deu- tung des Vagus findet ihre Bestätigung in der Ontogenie dieser Nerven, wie sie bei Haien neuestens aufgedeckt ward. Da Gründe zur Annahme be- stehen, dass schon bei den Selachiern eine bedeutende Rückbildung der Zahl ursprünglich vorhandener Kiemen stattfand, wie ein solcher Vorgang, wenn auch nur in kleinem Maasse, noch innerhalb des Selachierstammes zu beobachten ist, so ist die Fortsetzung des Vagus auf eine Strecke des Darmrohrs weniger aus einem Uebergreifen des Nerven auf ein ihm ur- sprünglich fremdes Gebiet, als aus dem Uebergange einer ehedem der Kie- menspalten tragenden Wandung des Schlundes angehörigen Strecke in einen ausschliesslich der Nahrungsaufnahme dienenden Abschnitt des Tractus intestinalis zu erklären. Auch für die Herzäste findet sich nichts Befremdendes, sobald die Entstehung des Herzens zum Theile innerhalb des vom Vagus versorgten Gebietes gebührend gewürdigt wird. Was den Ramus lateralis betrifft, so erscheint in demselben ein sen- sibler Ast des Vagus, der wohl erst allmählich mit der Ausdehnung des von ihm versorgten Sinnesapparates der Seitenlinie sich in diesem Maasse entfaltet hat. Im gesammten Vagus tritt uns also, ganz ähnlich wie es in kleinerem Maassstabe fürandere Nerven, z. B. den Facialis und Trigeminus der Amphi- bien, erweisbar war, eine Vereinigung von Nerven entgegen, die sowohl in ihrem Austritte, wie im peripherischen Verhalten noch die Spuren eines ursprünglich discreten Bestandes erkennen lassen, und so gelangt diese Auffassung des Vagus mit der Deutung des hinteren Theiles des Graniums in engste Verbindung. Die Erscheinung der Goncrescenz discreter Nerven setzt sich am Va- sus der Selachier noch weiter fort, und hebt, indem bei den meisten (allen Rochen) die einzelnen Wurzeln diehter an einander treten, die Andeutung einer Selbständigkeit auf, welches Verhalten auch für die übrigen Fische vorwaltet. Eine Umbildung einzelner Verhältnisse erleidet der Vagus bei Te- leostiern. Von den hinteren Wurzeln desselben sind nämlich einige Fäcd- chen mit einer unteren Wurzel zusammengetreten und bilden einen be- sonderen das CGranium verlassenden Nerven, der zu der Muskulatur des Schultergürtels verlaufen soll. Die Verhältnisse dieses Nerven bedürfen genauer Prüfung. Das übrige peripherische Verhalten des Vagus kommt mit dem oben geschilderten überein. Ein einem Theile der Teleostier zukommender Dor- salast des Vagus verdient besondere Erwähnung. Derselbe verbindet sich mit einem aus dem Trigeminus kommenden Dorsalast |R. recurrens) und verläuft, von einzelnen Spinalnerven Verbindungszweige empfangend, zur Basis der Rückenflosse. . Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 35 546 Il. 9. Wirbelthiere. PN 392. Bei den Amphibien verhält sich der Vagus für die Dauer des Beste- hens der Kiemen in einer mit den Fischen übereinkommenden Weise und sendet sogar einen Ramus lateralis ab, der bei den Gadueibranchiaten nach Rückbildung der Kiemen mit den Kiemenästen gleiches Schicksal theilt. Die Amnioten besitzen den Vagus nur aus dem vorderen Abschnitte der bei den Selachiern als obere Wurzeln beschriebenen Reihe, und der daraus gebildete Stamm nimmt seine Vertheilung am Tractus intestinalis bis zum Magen herab, nachdem durch den Mangel von Kiemen die Kie- menäste verschwanden, oder, was wohl richtiger, theilweise in Rami pha- ryngei umgebildet sind. Wie bei den Fischen die aus dem Darmrohre differenzirte Schwimmblase Vaguszweige empfängt, so erhält auch der eine gleiche Genese besitzende Athmungsapparat der Amphibien wie der Amnioten Nerven vom Vagus, von denen sich einzelne mit der Ausbil- dung eines Kehlkopfes und seiner Muskulatur zu constanten Zweigen ge- stalten. Auch die Beziehungen zum Herzen erhalten sich fort, und mit der allmählichen Entfernung des intestinalen Endgebietes des Vagus vom Kopfe gestaltet sich derselbe zu einem langen Nervenstamm. Der hintere Abschnitt der bei den Selachiern in den Vagus eingehen- den Wurzeln schliesst sich bei den Amnioten zu einem Nervenstämmchen zusammen, dem Accessorius Willisii, theilweise mit dem Vagus ver- bunden theilweise zu Muskeln des Schultergürtels vertheill. Die den Nerven bildenden Wurzelfäden reichen mit ihrem Ursprunge aus der Me- dulla besonders bei Säugethieren weit nach hinten, zwischen die Austritts- stelle der oberen und unteren Wurzelreihen von Spinalnerven gelagert, und zwar beim Menschen bis zum 6. oder 7. hinab. Endlich formiren auch die unteren Wurzeln des Vagus-Gebietes bei den Amnioten einen besonderen Nervenstamm, den Hypoglossus, der die Muskeln der Zunge versorgt. Von seinem primitiven Verhalten behält er die Zusammensetzung aus mehreren und zwar getrennt aus dem Schädel tretenden Wurzelfäden bei, die auch noch bei Säugethieren zu zweien sich vorfinden. Somit triflt sich für den hinteren aus dem Nachhirn austretenden Nervencomplex die grösste Summe von Umgestaltungen. Wahrscheinlich aus einer den ursprünglichen Kiemenbogen entsprechenden Anzahl von discreten Nerven entstanden, erscheint er noch am indifferentesten bei den Selachiern, sondert bei Teleostiern einen hintern Abschnitt als besondern Nerven ab, indess bei den Amnioten aus jenem Complex drei verschie- dene Nerven gebildet sind: Vagus, Accessorius und Hypoglossus. GEGENBAUR, C., Ueber die Kopfnerven von Hexanchus und ihr Verhältniss zur „Wirbeltheorie des Schädels. Jen. Zeitschr. Ba. VI. Sinnesorgane. 547 ec) Eingeweidenervensystem. $ 393. Nach dem Abgange aus den CGerebrospinalnerven stehen die Einge- weideäste durch Verbindung mit den nächst folgenden unter sich in Zu- sammenhang, und bilden damit eine längs der Wirbelsäule verlaufende, auch an die Schädelbasis sich fortsetzende Commissur: den Grenzstrang des Eingeweidenervensystems oder des Sympathicus. An den Verbin- dungsstellen mit den Rami viscerales der Cerebrospinalnerven finden sich Ganglien, die Ganglien des Grenzstranges, und von da aus setzen sich die aus den dem Sympathieus eigenen Fasern und Cerebrospinalfasern be- stehenden Nerven zu ihren Verbreitungsbezirken fort. Die einzelnen, sei es direct zu den Eingeweiden tretenden, sei es erst den Grenzstrang durch- setzenden Nerven, sammeln sich meist in grössere für die Hauptabschnitte der Eingeweide bestimmte Stämme, die als Nn. cardiaci, splanchnici ete. bekannt sind. Sie bilden zahlreiche Ganglien enthaltende Geflechte, wie denn auch vereinzelte Ganglienzellen vielfach in dem Verlaufe der sympa- thischen Nervenbahnen eingeschaltet sind. Die Verbreitung dieser Geflechte findet am Darmrohr und allen aus demselben hervorgehenden Organen, sowie am Gefässsystem und den Uro- genitalorganen stalt. Den Acrania scheint dieser Theil des Nervensystems zu fehlen, und unter den Cyclostomen wird er bei den Myxinoiden vermisst, wo der Va- gus wenigstens das Darmgebiet des Sympathicus versorgen soll. Von den Fischen an bestebt dagegen allgemeine Verbreitung dieses Nervensystems, wenn auch mit zahlreichen Modificationen. Die dem Sympathicus zukom- menden Fasern stellen auf einer niedern Entwickelungsstufe bleibende Elemente vor, ähnlich wie die Fasern der Cerebrospinalnerven der Gyclo- stomen. Sinnesorgane. $ 394. Für alle Sinnesorgane der Vertebraten bestehen Differenzirungen des Integumentes. Die Art der Betheiligung des letzteren ist nach der Qualität des Organes verschieden. ‘Wie bei den Wirbellosen scheiden wir die Sinnesorgane in solche, welche specifischen Wahrnehmungen vorste- hen als höhere Sinnesorgane, und in solche, welche indifferenterer Natur verschiedenartigen Wahrnehmungen zu dienen scheinen, die man sämmtlich dem Gefühlsinne unterstellt. Da unter den nicht zu den bekannten specifischen Sinnesorganen zu zählenden Apparaten manche durch eine hochgradige Differenzirung sich auszeichnen, ohne dass die Einrichtungen erlaubten, sie als einfach dem »Tastsinn« dienende Organe anzusehen, ist es nicht ungerechtfertigt, ausser den bekannten noch andere specifische Sinnesorgane anzunehmen. $ 35 * ll. 9. Wirbelthiere. or _ [v ) Die grösste Mannichfaltigkeit der hieher bezüglichen Organe waltet bei den Fischen, und scheint miggelen Leben im Wasser in Zusammenhang zu stehen, da manche dieser Einrichtungen bei Amphibien wiederkehren. Die wichtigsten Organe dieser Art sind folgende: 5 I. Becherförmige Organe. In die Epi- dermisschichte eingebettete, grössere, von langen, spindelförmigen Zellen umgebene Gebilde, welche stäbchenförmige Endapparate von Nerven bergen. Sie sind in der Haut von Teleostiern und vom Stör beobachtet und scheinen auch bei Amphibien ver- breitet zu sein. Auch am Kopfe von Reptilien kommen sie vor. 2. Schleimcanäle. Ein am Kopfe von Fischen in regelmässiger Form sich verzweigendes Röhrensystem verläuft in der Lederhaut und öffnet sich an bestimmten Stellen mit Seitenzweigen nach aussen. Nahe der Mündung enthält die Röhre den Endapparat eines Nervenzweigs. In gleichem Big. 301: Becherförmige Or- Verhalten vom Kopfe aus erstreckt sich ein Canal gane aus der Gaumenschleim- lüngs der Seite des Körpers bis zum Schwanze. ee TER ek Sowohl an dieser Seitenlin ie wie am Kopftheile na des Röhrensystems erhalten die Nervenendisungen bei Ganoiden und Teleostiern einen vom Haut- skelete gelieferten Schutzapparat, indem sie entweder in modifieirte Schuppen oder sogar auf Strecken in den Deckknochen des Kopfes einge- bettet smd. Die bei den Amphibien (Larven und Perennibranchiaten) be- stehende Verbreitung becherförmiger Organe oder diesen ähnlicher Bil- dungen längs der Seitenlinien deutet auf einen Zusammenhang dieser Organe mit den »Schleimcanälen« der Fische hin. 3. Gallertröhren. Verschieden lange mit Gallerte gefüllte dünn- wandige Röhren münden mit feinen Oeflnungen aus, und tragen am ent- gegengeseizten Ende in einer ampullenartigen, mannichfaltig gestalteten Erweiterung gleichfalls Nervenendigungen. Diese Organe sind am Kopfe der Selachier in grosser Menge, meist in die Nähe des Rostrums gelagert, aber auch an entferntere Theile, so z. B. bei den Rochen bis über die Brustflossen erstreckt (Fig. 277. ). Bei den höheren Wirbelthieren erscheinen die Nervenendigungen im Integumente, mit minderen Complicationen, wie die in den Gutispapillen gelagerten Tastkörperchen, die schon von den Amphibien an beobach- tet sind. Modifieationen verschiedener Körpertheile in Verbindung mit Ausbil- dung der dem bezüglichen Integumentüberzuge zukommenden Endorgane der sensiblen Nerven lassen besondere als Tastorgane fungirende Appa- rate entstehen. Die einzelnen Vorrichtungen dieser Art sind ausserordent- Sinnesorgane. 549 lich mannichfach, und gehören zu den aus speciellen Anpassungen ent- standenen Bildungen, daher sie nur kurz zu erwähnen sind. Bei den Fi- schen werden solche Organe durch die bei vielen in der Nähe des Mundes stehenden »Barteln« vorgestellt, an denen Häufungen der Becher-Organe sich vorfinden. Sie treffen sich bei Stören, Welsen, manchen Cyprinoi- den ete. Bei den Triglen fungiren einige von den Brustflossen abgelöste nervenreiche Strahlen vorzugsweise als Tastorgane. Bei den Vögeln hat der Tastsinn nicht selten seinen Sitz in der weichen Spitze des Schnabels: so bei den Schnepfen, Enten etc. Dann finden wir bei den Säugethieren als Tastapparate steife, borstenähnliche, an der Oberlippe oder auch über den Augen stehende Haare, die nicht allein beträchtlich verlängert sind, sondern auch durch den Nervenreichthum ihrer Follikel von den übrigen Haarbildungen sich auszeichnen. Endlich dienen bei vielen Säugethieren die Gliedmassen selbst, sowohl durch den Nervenreichthum ihrer Volar- und Plantarfläche, als durch die Beweglichkeit ihrer Endglieder zu solchen Verrichtungen. Levoig, Ueber Organe eines sechsten Sinnes. N. A. Acad. Leop. Garol. Vol. NXXXIV. — JoBERT, Les organes du toucher. Ann. sc.nat. Ser. V. Tom. XV. $ 395. Da der Geschmackssinn sich unserer Beurtheilung in dem Maasse ent- zieht, als ein Organismus dem menschlichen entfernt steht, wird über Ge- schmacksorgane der meisten Wirbelthiere mit wenig Sicherheit zu urtheilen sein. Es können daher nur im Allgemeinen die in der Mund- schleimhaut gelegenen Endorgane von Nerven hieher zählen. Diese bieten bei Fischen nichts Spezifisches dar, sind vielmehr mit den auch im äussern Integumente verbreiteten becherförmigen Organen in Uebereinstimmung, was aus der Genese der Mundhöhle leicht begreiflich wird. Am genaue- sten sind sie von der Gaumenregion bekannt (vgl. Fig. 291), an der bei den Cyprinoiden die Schleimhaut mit reichen Muskelfasern durchwebt ist. Bei den Amphibien erscheint die Zunge als der vorzugsweise Sitz jener Gebilde, die man auch als »Schmeckbecher« bezeichnet hat, und wenn die Zunge bei Reptilien und Vögeln in der Regel jenen Beziehungen entfremdet er- scheint, so findet sie sich doch wieder bei den Säugethieren mit denselben Schmeckbechern ausgestattet, die an den Seitenflächen der Papillae circum- vallatae angebracht sind. Riechorgane. $ 396. Riechorgane treten bei allen Wirbelthieren als flache, am Kopfe gelegene Gruben auf, in denen der Olfactorius mittelst stäbchenförmiger Endapparate vom umgebenden Medium Erregungen zu empfangen im Stande ist. Es ist also eine differenzirte Strecke des Integumentes, welche 550 Il. 9. Wirbelthiere. das Sinnorgan vorstellt. Wenn wir auch bei den im Wasser Lebenden — Fischen und Amphibien — kei\vegs im Stande sind, diesen Gebilden genau dieselbe Function zuzuschreiben, die sie bei den in der Luft leben- den nachweisbar besitzen, so muss es doch gestattet sein, sie wenigsiens mit dem Namen jener Organ zu bezeichnen, da wir sie in continuirlicher Folge zu den complieirteren, bestimmt Ger uchswahrnehmungen dienenden Organen der höheren Wirbelthiere übergehen sehen. Bei den Leptocardiern ist jene Riechgrube unpaar. Ebenso erscheint das Organ bei den Cyelostomen, jedoch in einen tieferen Schlauch (Fig. 230 g’) umgewandelt, der bei Petromyzon blind geendigt (gr), bei den Myxinoiden in einen den Gaumen durchbohrenden Canal umgestaltet ist, dessen Wandungen ein Rohr von Knorpelringen stützt. Die Gnathostomen besitzen paarige Riechgruben. Bei den Fischen bleiben sie meist in diesem Zustande bestehen oder erscheinen nur wenig vertieft. Vom Rande her ragen bei den Selachiern zwei Fortsätze gegen einander, durch welche die ursprünglich einfache Oeffnung in eine ein- und eine ausleitende zer- legt wird. Die Knochenfische zeigen dies Verhältniss noch weiter gestaltet, indem über die Grube eine Hautbrücke gespannt ist, und beide getrennte Oeflnungen zuweilen sogar weit auseinander rücken. Beide Oeflnungen, am häufigsten die vordere, können röhrenförmig vorspringen. Die aus- kleidende Schleimhaut bildet bald radiäre bald parallele Falten, welche beträchtliche Oberflächenvergrösserungen eingehen können. Die gesammite Fläche nimmt die Endigungen des Riechnerven auf. In einer andern Mo- difjeation erstreckt sich die Riechschleimhaut über eine papillenartige Vor- ragung, wobei unter Entfaltung der Oberflächenvergrösserung nach : aussen hin, die Grubenbildung aufgehoben wird. Viele Selachier und die Chimären besitzen eine Verbindung der Riech- srube mit der Mundöffnung, indem eine von ersterer ausgehende Rinne (Nasenrinne) zum Mundwinkel führt (Fig. 292). Die Rinne wird häufig von einer medianen Hautfalte überlagert, und gestaltet sich nicht selten zu einem tieferen Canale (Rochen). In dieser Einrichtung erkennen wir einen Schritt zu dem Verhalten der übrigen Wirbel- thiere, deren Riechgruben nur während einer frühen Embryonalperiode ober- flächlich gelagert sind. Die bei den Kir 202. Untere Fläche des Kopfes von Fischen bleibende Einrichtung geht hier Seyllium. m Mundspalte. o Eingang zur Nasengrube. n Nasenklappe in natürlicher vorüber, und ein während der Weiter- ehe Dafanlealrhenitegen Sülrickelung sich ähspislender Praoeas Aachener, lässt die Nasengruben in die Tiefe tre- ten. Dies geschieht durch bedeutendes Wachsthum der die Gruben median, vorne und lateral begrenzenden Theile, und indem auch die Ränder der Nasenrinne gegeneinander Sinnesorgane. 551 _ wachsen, entsteht ein Canal, der von der Riechgrube, und damit von aussen nach innen, zur primitiven Mundhöhle führt, und hinter dem Kieferrande sich öffnet. Dieses Verhalten repräsentiren Dipnoi und Amphibien. Die innere Oefinung des Nasencanals liegt bei den ersteren wie bei den Perenni- branchiaten sogar noch innerhalb des weichen Mundrandes. Bei Salaman- drinen und Änuren ist sie von festen Kiefertheilen umgrenzt. Die primitive Nasengrube selbst ist mit der Bildung eines Nasencanals in die Tiefe gerückt. Die Fläche der Nasengrube complicirt sich dabei durch Vorsprünge des Ethmoidalknorpels (Muscheln). Bei den Amnioten kommen fernere Complicationen zum Vor- schein, durch welche der obere Theil der primitiven Mundhöhle zu einem die Nasen- erube aufnehmenden Raume sich gestaltet, in dessen oberem Abschnitte die Riech- schleimhaut ausgebreitet ist. Die primitive Riechgrube ist dabei nicht mehr als deutlich abgegrenztes Organ unterscheidbar, so dass die neue Einrichtung der Nasenhöhle am besten mit der Mundhöhle betrachtet wird. — In der Schleimhaut der Nasenhöhle diffe- renziren sich Drüsen, die bei Amphibien eine relativ bedeutende Mächtigkeit besitzen, auch bei Säugern nicht fehlen. Mit dem die primitive Nasengrube weit ins Innere ver- Fig. 293. Querschnitt durch Nasen- legenden Vorgange steht die Bildung eines A te en b sn Septum. (Nach J. v. LACERTA.) Organes in Zusammenhang, welches als ein von der Nasengrube abgelöster Theil erscheint. Es ist das Jacobson’sche Organ. Ein am Boden der Nasenhöhle liegender, hinten blind geendigter Schlauch (Fig. 293./), in dessen Wandung Olfactoriusfasern Endapparate besitzen. Diese Organe finden sich bei Reptilien und Säugethieren, und münden durch die Stenson’schen Gänge in die Mundhöhle aus. Sehorgane. $ 397. Das Auge der Wirbelthiere erscheint im Wesentlichsten ähnlich ge- baut wie bei höher entwickelten Abtheilungen niederer Thiere, allein schon in der Ontogenie des Organes spricht sich ein anderer Typus aus, der nicht minder in der feineren Structur wiederkehrt. Wir haben deshalb keine unmittelbare Verknüpfung mit den relativ ausgebildeten Zuständen des Sehorganes anderer Thierstämme und treffen nur bei Tunicaten An- deutungen hiefür. Auch bei Ascidienlarven wird das Auge nicht direct vom Ectoderm her, sondern vom vorderen Abschnitte des Gentralnerven- 552 ll. 9. Wirbeltbiere. systems angelegt. Viel tiefer steht das was man bei Amphioxus als Auge bezeichnet: einen dem vorderggnde des Gentralnervensystems aufge- lagerten variablen Pigmentlleck. An der Zusammensetzung des Auges betheiligt sich zunächst das cen- trale Nervensystem und secundär das Integument. Ersteres lässt die licht- percipirenden, letzteres die lichtbrechenden Apparate hervorgehen. Als erste Anlage des Auges erscheint eine seitlich vom Vorderhirn sich ent- wickelnde Ausbuchtung (Fig. 294 A. a), die sich zu einer durch einen Stiel (b) mit der Hirn- anlage (c zusammen- hängenden Blase ge- staltet. Die »primitive Augenblase« liegt unter dem Ectoderm von dem eine die vordere Wand der Blase gegen die hin- Fig. 291. A Senkrechter Querschnitt durch die Kopfanlage eines tere einstülpende Wu- Fisthes. c Gehirn. a Primitive Augenblase. b Stiel derselben. cherung ausgeht (B d Hautschichte. 3 Bildung der secundären Augenblase. p Aeussere, yr ® sr mno r innere Schichte der primitiven Augenblase. e Hornblatt (Epider- Unter dieser W ucheı "ne mis) in die seeundäre Augenblase die Linse / sich einsenkend. Da- wächst vom Mesoderm hinter Glaskörper. (Nach S. Scnexk.) her ein Fortsatz gegen die Augenblase, wel- cher auch deren seitliche Wand mit der vorderen Einstülpung in Zusam- menhang bringt. Die vordere und hintere Wand der primitiven Augen- blase werden durch diese Vorgänge gegen einander gelagert, und das Ganze erhält als secundäre Augenblase die Gestalt eines Bechers, dessen Rand die vom Ectoderm gelieferte Wucherung umfasst. Letztere bildet die Anlage der Linse (l). Hinter derselben geht mit der Umbildung des Stieles der primären Augenblase in den Sehnerven, in diesen mit einge- schlossenes Gewebe in eine allmählich den grössten Theil der seeundären Augenblase füllende Substanz über, welche den Glaskörper vorstellt. Von dem die secundäre Augenblase umlagernden Gewebe wird die innerste Schichte zu einer gefässhaltigen Haut, der Chorioidea, indess ausserhall der letzteren eine festere Faserschichte als Sclerotica die secundäre Augen- blase umhüllt, und nach vorne zu gegen die Verbindung der Linse mit dem Eetoderm auswächst. Die Fortsetzung dieses Vorganges bedingt die Abschnürung der Linse, und ein vor derselben gelagerter durchsichtiger Abschnitt der Faserhaut bildet die Gornea, die gleichzeitig mit der vor ihr liegenden Integumentanlage (Conjunctiva) sich verbindet. Wir finden so das Auge als rundliche Kapsel (Bulbus oculi), deren Hülle (Selerotica) sowohl über den Sehnerven, und von da zur Dura mater sich fortsetzt, als auch vorne in die Cornea übergeht. Im Innern dieser Kapsel liegt die aus der eingestülpten primären hervorgegangene secun- Sinnesorgane. 553 däre Augenblase, durch die Chorioidea von der Sclerotica getrennt. Die secundäre, durch das Einwachsen des »Glaskörpers« mit einer seitlichen Spalte versehene Augenblase umfasst vorn die Linse. Ihre beiden an die- sem Vorderrande wie an der seitlichen Spalte (Fig. 295. s) in einander umbiegenden Schichten (a. b) gehen eine verschiedene Differenzirung ein, indem die innere (b) schon sehr frühzeitig bedeu- tend verdickte, mit ihrem hinteren Abschnitte zur Retina, die äussere dünne (a) dagegen zum Ta- petum nigrum wird. An der untern inneren Seite der Anlage des Augapfels wird mit dem Auftreten des Pigmentes im Tapetum nigrum ein heller Streifen deutlich, der vom Sehnerv bis zum freien Vorderrande der Chorioidea sich erstreckt. Er entspricht der durch das Einwachsen der Glas- körperanlage an der secundären Augenblase auf- Fig. 295. Durchschnitt durch die secenndäre Angenblase eines Fischembryo, senk- recht auf die »Chorioideal- spalte« s. a Aeussere, c in- Lamelle der Augen- blase. ce Glaskörper. d Linse. (Nach S. Scnhexk.) nere tretenden Spalte (s), die somit Retina und die Pigmentschichte der Chorioidea (Tapetum nigrum) betreffen muss (Cho- rioidealspalte). An dieser Anlage des Auges ergeben sich mannichfache fernere Ver- änderungen. Der Vorderrand der secundären Augenblase wächst mit dem die Anlage der Chorioidea bildenden Gewebe zur Iris aus, welche die Pu- pille umgrenzt. Mit dem Eindringen des Gutisfortsatzes in die secundäre Augenblase, gelangen (bei Säugethieren) Blutgefässe in den Binnenraunı und verbreiten sich in der Peripherie der Glaskörperanlage, wo ihnen ein bedeutender Antheil an Ernährung und Wachsthum dieses Gebildes zu- erkannt werden muss. Auch die Linse wird bei Säugethieren von einer gefässführenden Bindegewebskapsel umgeben, die vor der Geburt, bei manchen sogar erst später, wieder verschwindet. MürLer, W., Die Stammesentwickelung des Auges der Wirbelthiere. Leipzig 4875. — Kesster, L., Zur Entwickelung des Auges der Wirbelthiere. Leipzig 1877. $ 398. Bezüglich der Formverhältnisse des Bulbus ergibt sich für die Fische (Fig. 296) eine bedeutende Abflachung des vorderen Segmentes. Unter den Amphibien besitzen die im Wasser lebenden einen vorne abgeflachten Bulbus, während unter den Reptilien bei Schlangen und Crocodilen eine bedeutendere Wölbung der Cornea charakteristisch ist. Bei den meisten Vögeln (Fig. 298) wird der Bulbus in ein vorderes und hinteres Segment getheilt, wovon das erstere die stark convexe Cor- nea trägt. Diese Augenform erscheint am meisten bei Raubvögeln ausge- prägt, dagegen besteht bei Schwimm- und Stelzvögeln eine Abflachung der Gornea. Auch unter den Säugethieren herrscht bei sphärischer Form des Bulbus doch eine grosse Mannichfaltigkeit. 554 ll. 9. Wirbelthiere. Die Sclerotica kann durch verschiedene Formen der Bindesubstanz dargestellt sein und wird bald augBindegewebe, bald aus knöchernen Thei- len oder aus Knorpel gebildet®Letzteres Verhalten findet sich bei Sela- Fig. 296. Auge von Esox lu- Fig. 297. Auge von Monitor. Fig. 298, Auge von Falco chry- cius. Horizontalschnitt. c Horizontalschnitt. c Cornea. p saötos. MHorizontalschnitt. p Cornea. p Processus falecifor- Processus faleiformis. Kamm. (Nach W. SönsmeErıngG.) mis. s' s'’ Verknöcherungen der Sclerotica. chiern, Chimären und Ganoiden, ferner bei Amphibien vor. Bei den Kno- chenfischen sind diese Verhältnisse am mannichfaltigsten. Bei Eidechsen, Schildkröten und Vögeln wird der vordere, an die Cornea stossende Theil der Sclerotica durch einen Kranz flacher Knochen- stücke |Scleroticalring, gestützt Fig. 296. s’). Mit Ausnahme der Monotremen ist die Sclerotica der Säugethiere aus Bindegewebe dargestellt, bei Walfischen Fig. 299. s) von bedeutender Stärke. Die Chorioidea setzt sich aus mehreren Schichten zusammen, die im Ganzen mit den vom Menschen bekannten übereinstimmen. Vorne bildet sie die faltigen,, bei Selachiern und Ganoi- den (Stör) wenig entwickelten, bei den meisten Fig. 299. Auge von Balaena Teleostiern fehlenden Ciliarfortsätze und setzt bee us. Horizontal sich von da als Iris fort, die mit ihrem Innen- schnitt. (Nach W. SÖMMERING.) rande die verschieden gestaltete Pupille begrenzt. Eine eigenthümliche Modifieation der Chorioidea bildet das Tapetum lueidum, welches eine meist grünliche oder bläuliche, metallisch schim- mernde Stelle von verschiedener Ausdehnung vorstellt und bald durch Gruppen nadelförmiger Krystalle in den Zellen der Tapetenschichte (Se- lachier), bald durch ein faseriges Gewebe carnivore Säugethiere und Wiederkäuer) dargestellt wird. Sie bedingt das Leuchten der Augen im Dunkeln. Ein der Chorioidea der Fische äusserlich anliegender Gefässplexus stellt die sogenannte Chorioidealdrüse vor. Am vorderen Abschnitt der Chorioidea bildet eine muskulöse Schichte den als Ligamentum ciliare be- kannten Ring. Von da aus setzt sich die Muskulatur in die Iris fort, in der radiäre und eirculäre Fasern vorkommen. Bei Fischen, Amphibien und Säugethieren besteht diese Muskulatur aus glatten Fasern; aus querge- streiften bei Reptilien und Vögeln. Sinnesorgane. 555 Die derChorioidea angelagerte Retina erstreckt sich bis zum Anfange des Ciliarkörpers nach vorne, auf letzterem wird sie abortiv. In ihr findet der Sehnerv seine Ausbreitung und Endigung. Die Vertheilung der Sehnerven- fasern nimmt die innerste, vom Glaskörper nur durch eine dünne Membran getrennte Schichte der Retina ein. Dann folgen mehrfache verschieden ge- baute Straten, bis endlich eine aus stäbchen- und zapfenförmigen Gebil- den zusammengesetzte Schichte, die Stäbchenschichte, den Abschluss bildet. Diese den Stäbchen des Auges der Wirbellosen ähnlichen End- apparate sind also hier der Oeffnung des Auges abgekehrt, und da- durch unterscheidet sich das Wirbelthierauge von den Sehwerkzeugen der Wirbellosen in einem sehr wesent- lichen Punkte, der bei der Beurtheilung verwandtschaftlicher Be- ziehungen nicht ausser Acht bleiben darf. Mit der Entstehung der secundären Augenblase hängt die Bildung eines besonderen Organes zusammen, welches von der Uebergangsstelle des Sehnerven in die Retina in den Glaskörper eindringt, und ohne directe Verbindung mit der Chorioidea einen gefässhaltigen, dunkel pigmentirten Fortsatz vorstellt. Ein solcher findet sich als Processus faleiformis im Auge mancher Teleostier (Fig. 296 p). Das bei manchen Fischen durch eine Schichte glatter Muskelfasern ausgezeichnete Ende bietet eine an den hin- teren Theil der Linsenkapsel befestigte Anschwellung (Campanula Halleri). Diese Fortsatzbildungen bestehen in etwas modificirter Weise auch im Auge der Reptilien und Vögel. Bei Eidechsen kommt eine kolbig ver- dickte, den Rand der Linsenkapsel erreichende Falte vor, die auch Wie- derholungen mehrerer Falten neben sich haben kann (Fig. 297 p). Im Auge der Crocodile ist dieses Gebilde wenig entwickelt. Bei den Vögeln ist es durch Vermehrung der Falten ausgezeichnet, und wird als »Kamm « unterschieden (Fig. 298 p). Bei manchen Schwimm- und Stelzvögeln er- reicht es die Linsenkapsel. Bei den Struthionen ist das Ende des Kammes beutelartig erweitert (Marsupium). Dem Apteryx fehit er ebenso wie den Säugethieren. Damit stehen Verschiedenheiten in der Eintrittsstelle des Sehnerven in Zusammenhang, die je nach der Ausdehnung der Basis die- ses Fortsatzes verschieden weit sich nach der Seite zu erstreckt. Hinsichtlich der Linse ist die nach den Medien wechselnde Form bemerkenswerth. Sehr gross und vollkommen sphärisch erscheint die Linse der Fische, auch bei Amphibien wiederholt sich die runde Gestalt und bei den im Wasser lebenden Säugethieren, indess sonst, wie bei Reptilien und Vögeln, mehr abgeplattete Formen, allerdings in verschie- denen Abstufungen, bestehen. Durch die Befestigung der Linse an den Ciliartheil der Chorioidea wird der Binnenraum des Auges in einen vor- deren und hinteren Raum geschieden. Den hinteren füllt der Glaskörper, der vordere, zwischen Vorderfläche der Linse und Cornea liegende ist häufig auf einen minimalen Abschnitt beschränkt. Ihn füllt der Humor aqueus. 256 Il. 9. Wirbelthiere, e 399. Mit dem Auge stehen Hilfsorgane in Verbindung, theils zur Be- wegung, theils zum Schutze des Bulbus dienend. Die Bewegungen des Augapfels werden allgemein durch sechs Muskeln vermittelt. Von die- sen sind vier als gerade, zwei als schiefe zu unterscheiden. Sie sind bei den Myxinoiden rückgebildet. Die geraden sind bei vielen Teleostiern in Anpassung an ihre durch bedeutenderes Volum des Bulbus bedingte Länge in einen Canal an der Schädelbasis eingebettet. Ihr Ursprung ist ziemlich weit hinter der Austrittsstelle des Opticus, erst in den höheren Abtheilungen werden Beziehungen zu dieser Stelle erlangt. Zu den vier geraden Augenmuskeln kommt bei Amphibien und Reptilien noch ein den Bulbus rückziehender Muskel. Dieser erhält sich auch bei den meisten Säugethieren und zerfällt in mehrere, von der Eintritisstelle des Sehnerven in die Orbita zum Bulbus tretende Abschnitte (bei Carnivoren in vier). Von den beiden vorne an der medialen Orbitalwand entsprin- senden Obliqui geht der obere bei den Säugethieren eine Aenderung ein. Er hat nämlich seinen Ursprung mit den geraden Augenmuskeln gemein, und sendet die Endsehne durch eine Gelenkrolle im Winkelverlaufe zum Bulbus. Von den Schutzorganen des Auges sind die Augenlider Duplica- turen des Integumentes. Die innere Lamelle dieser Falten ist eine Fort- setzung der auf den Bulbus sich erstreckenden CGonjunctiva, die am Rande ins äussere Integument übergeht. Solche Augenlidbildungen bestehen bereits bei Fischen. Zwei wenig vorragende und bewegliche Duplicaturen erscheinen bei Selachiern als Andeutungen eines oberen. und unteren Augenlides, und bei manchen Haien ist noch eine am vorderen Augen- winkel entstehende dritte Duplicatur vorhanden, die vor die Aussenfläche des Bulbus gezogen werden kann (Nickhaut). Ganoiden und Teleostier besitzen nur die unbeweglichen Falten oder auch nur Andeutungen da- von, und dann meist als vorderes und hinteres Augenlid unterschieden. Am häufigsten geht das Integument glatt an die Cornea über. Eine der- artige Verbindungsweise zeigt sich auch bei den Perennibranchiaten und Derotremen. Manche Salamandrinen und die Mehrzahl der ungesch wänzten Amphibien sind mit horizontal gelagerten Augenlidern versehen. von wel- chen das untere beweglichere als Nickhaut fungirt. Bei den Reptilien und Vögeln ist nicht nur die Nickhaut, sondern auch ein oberes und unteres bewegliches Augenlid vorhanden. Bei man- chen Sauriern (Ascalabotae) und den Schlangen werden Augenlider als eine ringförmige Falte angelegt, die weiter vorwachsend schliesslich eine vor dem Auge liegende pellucide Membran bilden, welche die Cornea von aussen gänzlich abschliesst. Der circulären Anlage dieser Bildung ent- spricht das kreisförmige Augenlid der Chamäleonten. Für die horizontalen Augenlider wie für die Nickhaut besteht ein Muskelapparat. Während die beiden horizontalen Augenlider bei Säugethieren fortbestehen, ist die Sinnesorgane, 557 Niekhaut Rückbildungen unterworfen. Sie besitzt wie die beiden anderen Augenlider eine Knorpellamelle als Stütze. Meist ist sie auf eine am vor- deren (inneren) Augenwinkel liegende Falte reducirt, die bei den Primaten als Plica semilunaris ihre ursprüngliche Bedeutung aufgegeben hat. Ein den Augenlidern zugetheilter Drüsenapparat kommt erst bei Amphibien und Reptilien zur Sonderung. Eine unter der Nickhaut aus- mündende Drüse (Harder’sche oder Nickhaut-Drüse) kommt bei Reptilien und Vögeln und ebenso bei Säugethieren vor, wo sie am inneren Winkel der Orbita gelagert ist; den Primaten fehlt sie. Ihr Secret ist ein von dem der Thränendrüsen verschiedenes. Die am äusseren Augenwinkel gelagerten Thränendrüsen er- scheinen erst bei den Reptilien, von geringerer Grösse als die Harder’sche Drüse, und verhalten sich in dieser Weise auch bei den Vögeln. Eine grössere Ausdehnung besitzen sie bei Schildkröten und Säugethieren (mit Ausnahme der Getaceen), deren Thränendrüse aus einem Complexe ein- zelner, meist in grössere Massen gruppirter Drüsen besteht. Für das unter das obere Augenlid abgesonderte Secret dieser Drüsen bildet sich ein besonderer Abführweg in die Nasenhöhle. Ein solcher durch eine Epithelialwucherung an der-Oberfläche des Kopfes sich an- legender Canal kommt schon bei Amphibien vor. Bei den Amnioten steht die Anlage des Thränennasenganges mit der Entwickelung des Gesichtes in Zusammenhang. Die zwischen dem Oberkieferfortsatze und dem äusse- ren Nasenfortsatze durch die Differenzirung dieser Theile gebildete, von der Gegend des inneren Augenwinkels gegen den Rand der Nasengrube führende Rinne, wird mit der Ausbildung jener Fortsätze mehr vertieft (Thränenrinne) und bald von ihren Rändern überwachsen,, so dass sie einen Canal vorstellt, der nach Entstehung der Nasenhöhle in letztere, und zwar unterhalb der unteren Muschel ausmündet. Bei Reptilien (La- certa) findet die Mündung gegen die Choanen statt. Am inneren Augen- winkel scheidet sich dieser Thränencanal in mehrere Thränencanälchen, von denen eine grössere am unteren Augenlide liegende Anzabl /3—8) bei Crocodilen, eine geringere (2) bei Vögeln und Säugethieren besteht. Hörorgane. $ 400. Das nur bei den Acrania vermisste Hörorgan der Wirbelthiere nimmt gleichfalls seine Entstehung aus dem Ectoderm, und wird wäh- rend der ersten Embryonalperiode als eine in der Höhe des Nachhirns nach innen sich erstreckende Wucherung angelegt. Ein solch’ oberfläch- liches, somit die Endigungen eines Hautnerven tragendes Organ muss als der Ausgangspunkt der hochgradigen, sehr frühzeitig eingeleiteten Sonde- rung gelten. Aus der ersten Anlage geht ein nach aussen communiciren- des Bläschen hervor, welches allmählich sich abschnürt (Fig. 300) und mit D5> Il. 9. Wirbelthiere. der Diflerenzirung der knorpeligen Schädelkapsel von deren hinterem seitlichen Abschnitte up wird. Die primitive Otoeyste ist die Anlage eines complieirten Hoßlraumsystemes, in dessen Wänden der Fig. 300. Entwickelung des Labyrinthes beim Hühnchen. Senkrechte Querschnitte der Schädel- anlage. A Labyrinthgrube. v! Labyrinthbläschen. c Anlage der Schnecke. /r Recessus labyrinthi. csp Hinterer Bogengang. cse Aeusserer Bogengang. vj Jugularvene. (Nach Reıssxer.) Acusticus mit Endapparaten in Verbindung steht. Aus ihm entsteht das häutige Labyrinth. Die es umgebenden Schädeltheile bilden das knor- pelige oder knöcherne Labyrinth. Der einfachste Zustand des Labyrinthes findet sich bei den Cyelo- stomen. Von dem primitiven Bläschen hat sich bei Myxinoiden eine an zwei Stellen mit ihm in Zusammenhang bleibende Strecke gesondert, die einen halbkreisförmigen Canal bildet, und so das ganze Labyrinth ring- förmig erscheinen lässt. Die Petromyzonten bieten zwei dieser Ganäle dar, jeder mit einer ampullenartigen Erweiterung beginnend, der übrige Theil des Labyrinthbläschens bildet den »häutigen Vorhof« (Vestibulum), an dem eine besondere Ausbuchtung als Anlage einer neuen Diflerenzi- rung auftritt. Bei den Gnathostomen kommt es noch zur Bildung eines dritten Canals, so dass von nun an drei halbkreisförmige Ganäle in den Vorhof münden. Bei der Einsenkung des Labyrinthbläschens bleibt die stielartige Verbindung bei Selachiern auf dem Schädeldache oflen und schwillt un- ter dem Integumente zu einem Saccus endolymphaticus an. Sie ent- spricht dem Recessus labyrinthi (Ductus endolymphaticus), der bei Tele- ostiern bis zum Schädeldach emporsteigt, und mancherlei Umbildungen eingehen kann. Dahin hat man die Ausdehnung dieses Theiles zu einem das Gehirn bei Urodelen bedeckenden, bei Anuren auch an die Basis ge- langenden Schlauches gerechnet. Schlangen und Eidechsen besitzen ihn bis zum Schädeldache gelangend, bei Embryonen mit Kalkkrystallen erfüllt und gleichfalls Erweiterungen bietend. Ausserhalb des Schädels mit Erweiterungen versehen findet er sich bei Phyllodactylus, wo er in die Halsgegend sich erstrecken kann. Der Zusammenhang dieser Bildun- gen mit dem primitiven Stiele der Olocyste wird in Abrede gestellt, so dass der Recessus labyrinthi eine selbständige Einrichtung vorstellt. Die meisten dieser Verhältnisse bedürfen jedoch genauerer Prüfung. Bei den Vögeln besteht derselbe ({r. /) nur vorübergehend als offener Raum, ähnlich auch bei den Säugethieren, wo er später den sogenannten Aquae- Sinnesorgane. 959 ductus vestibuli bildet. Vorhof und Bogengänge sind bei allen Fischen von beträchtlicher Grösse, bei Selaächiern und Dipnoi vollständig von den Schädelwandungen umgeben, während bei Teleostiern der mediale Theil frei in die Schädelhöhle sieht (Fig. 301). Von den drei Bogengängen sind zwei, ein vorderer (e) und ein hinterer (d), in der Richtung? von mehr Fig. 301. Gehörorgan von Cyprinus carpio. a Vestibulum membranaceum. b Ampulle des hinteren und äusseren halbkreisföürmigen Canales. c Vereinigter vorderer und hinterer Canal. d Hinterer, e vorderer, f Canalis sinus imparis. g Sinus auditorius impar. A Claustrum. Ö%k 2 Kette der Verbindungs- knöchelchen. mn Schwimmblase. o Luftgang. p q rs Dornfortsätze der ersten Wirbel. Die Zahlen bezeichnen die einzelnen Schädelknochen. 1 Oceipitale basilare, 2 laterale. 34 Oceipitale superius. 6 Petrosum. 7 Scheitelbein. 10 Alisphenoid. 11 Frontale,. (Nach E. H. WEBeEr.) oder minder senkrechten sich kreuzenden Ebenen gelagert, ein dritter, äusserer, liegt in einer mehr horizontalen Ebene, und ist am hinteren Schenkel mit einer Ampulle versehen. Die beiden senkrechten besitzen ein gemeinsames Einmündestück (c) in den Vorhof und an den beiden anderen Enden Ampullen. Der Vorhof des Labyrinthes sondert sich schon bei den Fischen in mehrere Abschnitte. Ein oberer steht mit den Bogengängen in unmittel- barem Zusammenhange (Utriculus, Alveus communis), sowie mit dem unter ihm gelegenen Sacculus. Sacculus und Utrieulus enthalten Otolithen von constanter, nach den Abtheilungen wechselnder Form, oft ansehn- licher Grösse. Sowohl an der Wand beider Räume als auch an den Am- pullen der ‘Bogengänge findet der Uebergang von Acusticus-Aesten im Endapparate statt, in den Ampullen liegen sie auf einer Querleiste (Grista acustica), in den Säckchen bilden sie die Maculae acusticae. Von zahlreichen Modificationen sind Verbindungen des häutigen Vor- hofes mit derSchwimmblase bemerkenswerth ; die Einrichtung selbst kommt auf verschiedene Art zu Stande, findet sich am einfachsten bei einigen Percoiden und Sparoiden, wo der Vorhof sich zu durchbrochenen, nur membranös geschlossenen Stellen des Schädels fortsetzt, an welche Ver- längerungen der Schwimmblase sich anlegen. Gomplicirter gestalten sich die Verhältnisse bei vielen Familien der Physostomen. Bei Cyprinoiden erstreckt sich der Sacculus (a) nach hinten, um sich mit dem der anderen Seite durch einen Sinus impar zu verbinden. Aus letzterem tritt jeder- seits ein häutiges Säckchen (Atrium sinus imparis) zu einer am hinteren Schädelabschnitte gelegenen Oeffnung, welche zum Theile von einem Kno- 560 l!. 9. Wirbelthiere. chenstückehen verschlossen wird. Dieses verbindet sich durch Bandmasse mit einer Reihe verschieden gggemter Knochenstückchen (i, k, !) von wel- chen das letzte und grösste dem vorderen Ende der Schwimmblase m) angeheftet ist. Diese Knöchelchen sind Umbildungen von Rippen, und bilden eine continuirliche Kette zwischen dem Vorhofe und der Schwimm- blase. In anderer Weise ausgeführte Verbindungen mit der Schwimm- blase besitzen Siluroiden und Clupeiden. $ 101. Das Labyrinth tritt von den Amphibien an im Umfang gegen die bei Fischen gegebenen Dimensionen bedeutend zurück. Relativ ansehnlich ist es noch bei den Amphibien, am wenigsten umfänglich bei Säugethieren. Verschiedenheiten liegen theils in der Art der Verbindung der beiden Vor- hofsräume, des Utrieulus und Sacculus, untereinander, sowie in dem Ver- laufe der vom Utrieulus entspringenden Bogengänge. Von den letzteren kann der hintere sich mit dem äusseren kreuzen (Vögel). Dem mehr gleichartigen Verhalten des geschilderten Abschnittes des Labyrinthes gegenüber stellt sich ein erst in den höheren Abtheilungen selbständig entfalteter Theil, der bei den Säugethieren nach seiner Gestalt als Schnecke (Cochlea) bezeichnet wird und von den unteren Abthei- lungen her eine continuirliche Reihe allmählicher Differenzirungen nach- weisen lässt. Bei Fischen findet sich hievon eine Spur in einer meist un- ansebnlichen Ausbuchtung des Saceulus. Sie führt bei den Selachiern viele kleine Otolithen, bei Teleostiern einen grösseren (Asteriscus). Bei den Amphibien ist diese Ausbuchtung des Sacculus selbständiger gewor- den, ohne die Verbindung verloren zu haben und Jiegt noch nach hinten gerichtet. Einen weiteren Schritt der Differenzirung zeigt dieser die Endigung eines Acusticuszweiges tragende Theil bei Reptilien und Vögeln, wo die ihn bildende Ausbuchtung (Fig. 300. ©. D. E. c) als ein’kurzer Kegel von der medialen Labyrinthwand mit dem anderseitigen convergirend ab- wärts gerichtet ist. Mit etwas aufgetriebenem Ende stellt es die »Lagena« vor. Unter den Säugethieren erscheint dasselbe Organ nur bei den Mono- tremen noch auf jener Stufe, die es bei den anderen durchläuft, indem es in einen spiralig gewundenen Canal auswächst. Anfänglich nur von einer Verlängerung des Vorhofs (Sacculus) gebildet, treten an ihm beson- (dere Diflerenzirungen auf, indem jener vom Sacculus ausgehende Ganalis cochlearis nur durch einen engeren Abschnitt (Canalis reuniens) mit dem Saceulus verbunden bleibt (Fig. 302). Das auf diese Weise selbständiger gewordene Organ wird auf seinem Verlaufe von zwei Seiten her von Iympha- tischen Hoblräumen umlagert, die es auf seinen Windungen begleiten und an der Kuppel der Schnecke in einander übergehen. Der eine ist mit dem knöchernen Vorhofe verbunden, der andere an seinem Beginne davon abgeschlossen und steht nur mittelbar, eben durch jene Communication Sinnesorgane. 561 am Ende der Schnecke, mit dem Vorhofsraum in Zusammenhang. Somit sind drei Räume in der Säugethierschnecke unterscheidbar, von denen aber nur einer, der Ductus cochlearis, mit dem Vorhofslabyrinthe in Ver- bindung steht. Die beiden andern bil- den die Scalae: die Se. vestibuli, "-.. und Sc. tympani. Beide Scalae um- fassen den nach der Peripherie der Windungen gela- gerten Schnecken- gang, an dessen Boden die End- apparate des Schneckennerven (Corti'sches Or- gan) sich ausbrei- ten. Da die Scalae Fig. 302. Schemata zur Erläuterung des Labyrinthes. I Fisch. ZI Vogel. als Lücken in dem 117 Säugethier. U Utrieulus. S Saceulus. US Utrieulus u. Saceulus. Or den Duetus coch- Canalis reuniens. AR Recessus labyrinthi. UC Anfangstheil der Schnecke. n t C Schnecke. L Lagena. K Kuppelblindsack. C Vorhofsblindsack des learis begleiten- Schneckencanals. (Nach WALDEYER.) den Gewebe auf- treten, so sind sie den Räumen gleich, welche zwischen den häutigen Bogengängen und ihren knöchernen Wandungen, oder auch zwischen häutigem und knöchernem Vorhofe sich bilden, und mit der Perilymphe erfüllt sind. In dem an der Aussenfläche des Graniums liegenden Theile der Wan- dung des knöchernen Labyrinths treten von den Amphibien an Lücken auf, welche eine auf verschiedene Weise zu Stande kommende Communi- cation mit anderen dem Gehörorgane sich zufügenden Einrichtungen ge- statten. Eine solche Durchbrechung des knöchernen Vorhofs bildet die stets durch einen plattenförmigen Skelettheil verschlossene Fenestra ovalis. Eine zweite erst bei den Reptilien bestehende, an die Ausbildung der Schnecke geknüpfte Oeflinung (Fenestra rotunda) liegt durch eine Mem- bran verschlossen in der Wand der Scala tympani. Beide Einrichtungen stehen mit dem Auftreten äusserer Leitapparate in Zusammenhang. Rerzıus, G., Anatom. Untersuch. I. Stockholm 4872. — Hasse, C., Anatomische Studien. Leipzig 4870 —1873. $ 402. An das Hörorgan schliessen sich allmählich andere Theile als Hilfs- organe an, die ursprünglich keinerlei Beziehung zu diesem Sinnesorgane Gegenbaur, Grundriss d. vorgl. Anatomie. 2. Aufl. 36 562 II, 9. Wirbelthiere. besitzen. Die erste, bei Selachiern und Ganoiden als »Spritzloch« fortbe- stehende Kiemenspalte tritt vo n Amphibien an in nähere Beziehung zum Labyrinthe. Indem sie an dessen Wand vorüberzieht, gestaltet sie sich zu einem Hohlraume, der an seinem weiteren, medial von der La- byrinthwand begrenzten Abschnitte die Paukenhöhle, an dem in die primitiveMundhöhle führenden Stücke die Tuba Eustachii vorstellt. An den Zustand des Spritzloches erinnert die anfänglich bestehende oflene Com- munication von aussen nach innen. Dann bildet sich jedoch ein Verschluss der Spalte, der zu verschiedenen Zuständen führt. Bei den Cöcilien und Urodelen bleibt die Spalte durch darüber sich lagernde Muskeln geschlossen, so dass eine Paukenhöhle fehlt. Die Anuren schliessen sich mit einer Ab- theilung hier an (Pelobatiden), bei welcher nur Andeutungen einer Ausstül- pung der Rachenhöhlenschleimhaut vorkommen. Dagegen setzt sich diese Ausstülpung bei den meisten Anuren weiter fort, und führt in eine Pauken- höhle, welche nach aussen durch das Trommelfell abgeschlossen wird. Bei den Reptilien fehlt den Schlangen und Amphisbänen die Paukenhöhle, die bei Chamäleo jedoch des Trommelfelles entbehrt, während diese Theile den übrigen Reptilien wie den Vögeln zukommen. Die inneren Oeffnungen der Eustachischen Tuben sind bei Crocodilen und Vögeln in einen gemeinsamen Canal vereint, wie es unter den Amphi- bien bei Pipa der Fall ist. Die mit der knöchernen Labyrinthwand in Verbindung tretenden Theile des Visceralskelets setzen den Apparat der Gehörknöchelchen zusammen, deren Homologien für die einzelnen Classen noch nicht fest- gestellt sind. Den ersten Abschnitt bildet ein die Fenestra ovalis ver- schliessendes, bei den Urodelen entweder plattes oder mit einem stiel- artigen Fortsatz versehenes Knöchelchen (Öperculum). Bald ist dasselbe knorpelig und sein Stiel knöchern (Siredon), bald trifft sich das umgekehrte Verhalten (Menopoma). Beide Theile sind bei den Göcilien verknöchert. Aehnlich verhalten sich die Schlangen (Eurystomata), bei denen ein Kno- chenstückchen (Columella) sich zum Quadratbein erstreckt. Beim Auftreten eines Trommelfells geht die Columella mit diesem eine Verbindung ein, indem deren knorpeliges, häufig durch Fortsätze eigenthümlich gestaltetes Ende in jenes sich einsenkt. Die Auskleidung der Paukenhöhle umfasst dann einen Theil der Columella, und lässt letz- tere in verschiedenem Grade in der Paukenhöhle gelagert erscheinen. Diese Einrichtungen beginnen mit den Anuren, und finden bei Sauriern, Cheloniern, Grocodilen und Vögeln eine weitere Ausbildung. Mit zwei Schenkeln verbindet sich der Stab der Columella mit seiner Platte bei einigen Vögeln (Dromaeus), während er sonst einfacher ist oder gegen die Platte zu nur eine Verbreiterung aufweist. Für die Säugethiere haben die Verhältnisse der Columella gleichfalls noch ihre Geltung, mit der Modification jedoch, dass sie sich niemals direct ans Trommelfell befestigt. Sie ist zum Stapes geworden, dessen Gestalt bei Monotremen und manchen Beutelthieren noch an die Golumella erin- Darmcanal. 563 nert. Bei den monodelphen Säugethieren waltet die Spaltung in zwei die Platte tragende Schenkel vor. Die anderen Gehörknöchelchen sind der mit dem Stapes verbundene Ambos, und der Hammer, der sich mil einem stielartigen Fortsatze dem Trommelfell einfügt. Was vorher ein- facher, durch die Columella allein, wird hier durch sie und zwei andere Knochen bewerkstelligt : eine Verbindung des Tympanum mit der Fenestra ovalis. Auch diese »Kette« von Gehörknöchelchen ist wenigstens zum grossen Theil in die Paukenhöhle gelagert, indem die vom Rachen her durch die Tuba sich fortsetzende Schleimhautauskleidung sie überzieht, Die Paukenhöhle selbst erhält jedoch eine andere Beziehung, da sie ausser der von der Labyrinthwand gebildeten Umgrenzung vorzüglich noch durch das Os tympanicum gebildet wird, welches als Rahmen für das Tympanum auftrat. $ 403. Aus einer Fortsetzung der Ränder der ersten Kiemenspalte geht das äussere Ohr hervor. Bei Amphibien, Reptilien und Vögeln fehlen der- artige Theile entweder vollständig, oder sie bestehen nur als vereinzelte, aus Anpassungen verschiedener Art entstandene Einrichtungen. So bildet bei CGrocodilen eine Hautfalte einen Deckel über dem Trommelfell, und auch bei den Eulen erscheint eine bewegliche häutige Klappe. Schon bei den Sauriern kommt das Trommelfell tiefer zu liegen, und so entsteht ein kurzer »äusserer Gehörgang«. Verschieden von diesem ist der äussere Gehörgang der Säugethiere, indem gerade sein tieferer Theil vom Tympa- nicum gebildet wird. Daran schliesst sich das äussere Ohr, welches mit knorpeliger Grundlage in einen engen knorpeligen Gehörgang übergeht. Es fehlt den Monotremen. Die »Ohrmuschel« bietet zahlreiche Modificatio- nen, theils in der Gestaltung, theils in den Beziehungen zu einem sie be- wegenden Muskelapparate. Ausser den, auch beim Menschen zuweilen noch sehr leistungsfähigen Muskeln, welche das gesammte äussere Ohr bewegen, finden sich noch Muskeln an dem Knorpel der Muschel selbst, welche theilweise, freilich als rudimentäre Organe, noch dem Menschen zukommen. Einer grösseren Rückbildung erliegt dieses äussere Ohr bei den im Wasser lebenden Säugethieren. Reducirt bei Otaria, ist es bei anderen Pinnipediern ganz geschwunden, und ebenso bei Sirenen und Walfischen. Darmcanal. $ 404. Der Darmcanal der Wirbelthiere bildet ein unterhalb des Axenskeletes verlaufendes Rohr, an welchem zwei Hauptabschnitte sehr frühzeitig so- wohl morphologisch als physiologisch gesondert erscheinen. Der vorderste Abschnitt steht unmittelbar mit der Leibeswand im Zusammenhang, und fungirt von Kiemenspalten durchsetzt als Athmungsorgan, indem an den 36 * 564 II. 9. Wirbelthiere. zwischen den Spalten liegenden, Blutgefässe tragenden Bogen respirato- rische Apparate zu Stande konn. Dieser Abschnitt gehört somit nicht m: nn N II .. NN \N\ ZN am —n m — „. SCHRITT \ \\ \N ausschliesslich den Verdauungsorganen an, wenn er auch zur Einführung von Nahrung verwendet wird. Er stellt eine Athemhöhle ‚vor, von deren Grunde erst der zweite Abschnitt als Nahrungscanal im engeren Sinne beginnt, durch die Pleuroperitonealhöhle von der Leibes- wand gesondert. Diese beiden Abschnitte des Darmrohrs haben die Wirbelthiere mit den Tunicaten gemein. Bei den Acrania umfasst die respiratorische Vorkammer des Darmrohrs einen sehr ansehnlichen Abschnitt, der ähnlich wie bei den Asci- dien einen grossen Theil des Körpers vorstellt. Bei den Cranioten empfängt dieser Raum eine allmähliche Be- schränkung, er behält zwar respiratorische Bedeutung, aber mancherlei andere Organe finden in ihm eine Son- derung; zum grossen Theile steilen sie Hilfsorgane für die Nahrungsaufnahme vor. Respiratorische Vorkammer (Kopfdarm). $ 405. Dieser Abschnitt erscheint bei Amphioxus in seinem vordersten Theile gegen den die Mundöffnung tragenden Raum durch einen Wimperapparat abgegrenzt und ebenda befindet sich eine Anzahl beweglicher Fortsätze, welche gegen das Lumen gerichtet werden und dadurch das Eindringen von Fremdkörpern verhindern. Die nahezu zwei Fünftheile der Gesammtlänge einnehmende Vorkammer (Fig. 303 d) ist an ihren Wandungen von einer grossen Anzahl schräg stehender Spalten durch- brochen, wodurch ein complicirtes Gitterwerk entsteht, dessen Stützen bereits oben (S. 492) erwähnt sind. Das durch die Mundöflnung (a) eingenommene Wasser ge- langt durch die Spalten anfänglich direct nach Fig. 303. Amphioxus lan- aussen. Da aber zwei seitliche Hautfalten all- ceolatus 2! mal vergrössert. a Mundöffnung von Cirren um- mählich über die spaltentragende Fläche ven- geben. bAfteröffnung. c Abdo- tralwärts sich fortsetzen und dort sich unter minalporus. d Kiemensack. eMa- oinander verbinden, so entsteht ein das Was- genartiger Abschnitt des Darms. / Blinddarm. 9 Enddarm. h Lei- ser ausleitender, durch einen besonderen Po- beshöhle. Chorda dorsalis, un- us (c) ausmündender Peribranchialraum. Wir ter welcher fast in der ganzen Länge die Aorta verläuft. k Aor- wollen hier erinnern, dass etwas ähnliches tenbogen. I Aortenherz. m An- auch bei Ascidien sich einleitet ($ 310). Es schwellungen derKiemenarterien. wäre aber irrig , darin eine morphologisch nn Hohlvenenherz. ; o Pfortader- herz. (Nach QUATREFAGES.) gleichartige Einrichtung wahrzunebmen. In Kiemen. 565 den Wandungen der Spalien verbreitet sich ein Gefässnetz, das da vor- beiströmende Wasser besorgt die Athmung, die Spalten fungiren als Kiemenspalten, und die gesammte Gavität stellt functionell eine Kiemen- höhle vor. . Zu diesem Verhalten kommen noch Manche Eigenthümlichkeiten, z. B. die asymmetrische Anordnung des Kiemengitters und die Unab- hängigkeit desselben von der Körpermetamerie, woraus eine bedeutende Verschiedenheit des ganzen Apparates von dem der Cranioten entspringt. Die von der Kiemenhöhle eingenommene Körperstrecke entspricht einem Kopfe, da die zu ihr sich begebenden Nerven bei den CGranioten aus dem Nachhirn hervorgehen. In dieser Beziehung repräsentirt die Kie- menhöhle einen Kopfdarm. Die nutritorische wie respiratorische Bedeu- tung desselben lässt an ihm mancherlei Differenzirungen entstehen, die theils für die Wirbelthiere eigenthümlich, theils als aus niederem Zu- stande ererbte Einrichtungen sich darstellen. Zu den letzteren gehört ausser den Kiemenspalten die an der ventralen Fläche der Kiemenhöhle sich bildende Bauchrinne (Hypobranchialrinne), die in ähnlichem Ver- halten wie bei den Tunicaten (vergl. S. 424) den Larven der Petromy- zonten eigen ist, eine von gewulsteten Rändern eingefasste rinnenartige Vertiefung (Fig. 304. h) vorstellend. Bei Amphioxus ist diese Bildung Fig. 304. Senkrechter Medianschnitt einer Petromyzonlarve. o Mund. v Velum. Ah Hypobranchial- rinne. n Rückenmark. ch Chorda. a Otocyste. c Herz. (Nach einer Zeichnung von CALBERLA.) gleichfalls vorhanden. Ihr in zahlreichen Umbildungsstadien verbreitetes Vorkommen bei allen Cranioten bringt diese sowohl unter sich in näheren Zusammenhang, wie sie auch für deren verwandtschaftliche Beziehungen zu Tunicaten ein nicht abzuweisendes Zeugniss ablegt. (Vergl. $ 416). Kiemen. $ 206. Bei den Cranioten ist allgemein eine bedeutende Minderung der Zahl der Kiemenspalten und damit entsprechend auch der Bogen des Kiemen- skeletes zu beachten. Diese Erscheinung darf als Rückbildung 566 Il. 9. Wirbelthiere. einer ursprünglich, ähnlich wie bei Amphioxus, grösse- ren Zahldieser Gebilde ee werden, und findet in der Ausbildung der das piratorische Gefässnetz tra- senden Flächen eine Compensation. Diese Ausbildung äussert sich in der Entfaltung von Kiemen, wodurch die bei den Acrania auf zahlreiche Bogengebilde vertheilten Blutgefässe auf kleinere Strecken be- schränkt, und damit auf eine geringere Zahl jener Bogen geordnet sind. Der wesentliche Charakter der Kiemenbildung liegt auch hier in einer gegen das die Respiration besorgende Medium gerichteten Oberflächen- vergrösserung, die entweder durch Blättchen oder durch cylindrische Fortsätze geschieht. Solche das reicher entfaltete respiratorische Blutge- fässnetz umschliessende Theile besetzen in mannichfaltiger Ausbildung die Kiemen- bogen. In einem eigenthümlichen an den Befund von Amphioxus wenig sich anschlies- senden Verhalten treten uns die bezüglichen Organe der Cyclostomen entgegen, bei denen der früheste Zustand am meisten an die Gna- thostomen sich anschliesst, da die Kiemen- spalten noch einfache Durchbrechungen der Leibeswand sind (Fig. 304). Sie diflerenziren sich zu Röhren, deren mittlerer Theil unter Erweiterung seines Raumes eine Kiementasche (Fig. 305 br) vorstellt. Von der Wand der Kiementaschen erheben sich die Kiemenblätt- chen als blättrige Falten, in denen das respi- ratorische Gefässnetz sich ausbreitet. Jede Kiementasche steht durch einen »inneren Kie- mengang« mit dem Anfangsstücke des Darm- rohrs in Verbindung. Nach aussen leitet ein äusserer Kiemengang (br’). In dem Verhalten dieser beiden, von jeder Kiementasche entsprin- genden Canäle bestehen manche Verschieden- heiten. Der innere Kiemengang mündet ent- weder für sich am Darmrohre nach innen (Bdellostoma, Myxine) (Fig. 305), oder alle vereinigen sich in ein unter dem Darm ver- laufendes medianes Athmungsrohr, welches, Fig. 305. Athmungsorgan von Myxine glutinosa von der sauchseite. o Oesophagus. i In- nere Kiemengänge. br Kiemen- taschen. br' Aeussere Kiemen- gänge, die sich zu einem gemein- schaftlichen bei s ausmündenden Kiemengange jederseits vereini- gen. c Ductus oesophago - cuta- neus. a Vorhof des Herzens. v Herzkammer. «.b Kiemenarterie, an jede Kieme einen Ast abgebend. d Seitenwand des Leibes nach aussen und rückwärts umgeschla- gen. (Nach Jon. MÜLLER.) vorne mit dem Darmrohr verbunden, den ein- zelnen Kiementaschen Wasser zuführt (Petro- myzon). Die äusseren Kiemengänge kommen entweder einzeln an der Seite des Körpers zur Ausmündung (Bdellostoma, Petromyzon), oder sämmtliche Gänge einer Seite vereinigen sich in einen hinter dem Kiemenapparate liegenden Kiemen. 567 Porus branchialis (s), wobei linkerseits noch ein besonderer, aus der Speiseröhre kommender Canal (Ductus oesophago-cutaneus) (c) hin- zutritt (Myxine). Diese verschiedenen Formen lassen sich aufeinander zurückführen und sowohl für das Verhalten der inneren als auch der äusseren Kiemengänge’ ist jener Zustand als der ursprüngliche zu erach- ten, welcher die directe Verbindung der respiratorischen Vorkammer mit der Körperoberfläche vermittelt. Dagegen ist die Bildung des Athmungs- rohrs, wie auch die Vereinigung der äusseren Kiemengänge das Ergebniss einer späteren Differenzirung. $ 407. Bei den Fischen stehen die Kiementaschen in engerer Beziehung zum Skelet. Die hier auftretenden Erscheinungen berechtigen zum Schlusse, dass jeder Bogen des ursprünglichen Kiemenskelets Kiemen trug. Der obere Theil des ersten Bogens (Kieferbogen) ist hiervon nicht ausge- nommen, wie aus der grossen Verbreitung einer Kieme an der bei vielen Selachiern vorhandenen, zwischen dem ersten und zweiten Bogen (Kie- ferbogen und Zungenbeinbogen) gelegenen Oeffnung, dem sogenannten Spritzloch, hervorgeht. Auf den eine rückgebildete Kiementasche dar- stellenden Spritzloch-Canal folgen die eigentlichen Kiementaschen, in der Regel fünf, selten sechs bis sieben (Notidaniden). Die Wand der ersten wird vorn vom Zungenbeinbogen, hinten vom ersten, d. h. dem dritten primitiven Kiemenbogen gestützt, und so verhalten sich ähnlich die übri- gen Taschen. Bei allen erstreckt sich ein von dem inneren Kiemenskelet ausgehendes, von Knorpelstrahlen gestütztes Septum (s) nach aussen und dient als Hinterwand einer vorhergehenden, als Vorderwand einer nach- folgenden Tasche. Wie die Taschen mit spaltförmigen, von den knor- peligen Kiemenbogen begrenzten Oeffnungen mit der Rachenhöhle com- municiren, so münden sie andererseits mit ebenso vielen Spalten an der Seite des Körpers, bei den Rochen auf der ventralen Fläche aus. An den Wandungen der Kiementaschen liegen die Reihen der Kiemenblättchen, von denen im embryonalen Zustande fadenförmige Verlängerungen, als äussere Kiemen, nach aussen hervortreten. Solche fehlen auch dem Spritzloch nicht. An der letzten Kiementasche ist nur die vordere Wand mit einer Kieme versehen (Fig. 306 A). Aus diesem Verhalten sind die Kiemeneinrichtungen der Ganoiden, und davon jene der Teleostier abzuleiten. Die Spritzlochkieme, die im ausgebildeten Zustande der Selachier nicht mehr respiratorisch fungirt, erleidet zunächst die bedeutendsten Rückbildungen. Bei einigen ein Spritzloch besitzenden Ganoiden (z. B. Acipenser) ist die Kieme zur Pseudobranchie umgewandelt, deren Polypterus und Amia entbeh- ren. Den Knochenfischen scheint sie zu fehlen, oder verlor alle Aehnlich- keit mit einer Kieme. Die am Zungenbeinbogen angebrachte vordere Kiemenblättchenreihe der Selachier kommt unter den Ganoiden als respiratorisch fungirende 568 Il. 9. Wirbelthiere, Kiemendeckelkieme gleichfalls noch vor (Acipenser, Lepidosteus). Ebenso besteht sie während w embryonalen Stadien der Teleostier, allein hier nur in ver- A PER Bean gänglicher Weise. Bald i \ LATE besteht sie aus einer A x am Kiemendeckel be- FEN N // festigten kurzen Blätt- N | chenreihe, bald ist sie an die Schädelbasis gerückt, zuweilen un- ter der Schleimhaut verborgen. Auch in diesem Zustande kön- nen noch knorpelige Stäbchen rudimentär in ihr vorkommen. Bei noch weiterer Rückbildung erscheint sie als ein drüsen- Fig. 306. Horizontalschnitt durch die Kiemenhöhle A von Seyl- artiges, aus einzel- lium, B von Barbus. Der Boden dieser Höhle ist sichtbar. “ 3 en ! Zunge. oe Speiseröhre. s Septa der Kiementaschen. b Kiemen. ce Läppehen az op Kiemendeckel. mengesetztes Gebilde Esox). Mit dem gänzlichen Verluste des äusseren Kiemenskeletes ist das bei den Selachiern von jedem inneren Kiemenbogen entspringende Septum geschwunden oder auf einen schmalen Saum reducirt. Dadurch kommen die Reihen der Kiemenblättchen bei Ganoiden und Teleostiern in unmittel- bare Beziehung zu den betreffenden Kiemenbogen und werden sich dem- nach in zwei Reihen (Fig. 306 B b) an allen zwischen zwei Kiementaschen verlaufenden Bogen vorfinden. Die vordere Kiemenblättchenreihe am Kie- menbogen eines Teleostiers oder Ganoiden entspricht somit der Kieme an der hinteren Wand der Kiementasche eines Selachiers, und die hintere Blättchenreihe einer Teleostierkieme der vorderen Kieme in der Kiemen- tasche eines Selachiers. Diese Beziehungen lassen sich in folgendem Schema ausdrücken, wobei b die indifferenten Zustände der Kiemenblattreihen, B ihre in den einzelnen Abtheilungen differenzirte Anordnung ausdrücken soll. 8 be- deutet eine in eine Nebenkieme umgewandelte Kiemenblättchenreihe. .„ Selachier: ß B! B2 B> Bi B5 Ganoiden ? bb bb bb b_b b (Stör, Lepidosteus) —_— u De u. Teleostier: — . f' BB B? B> Bi Durch Rückbildung der Kiementaschen-Septa wird der gesammte Kiemenapparat compendiöser, hat daher die Ausdehnung auf den Anfang der Rumpfregion, die er bei Selachiern aufwies, verloren, und lagert aus- Kiemen. 569 schliesslich an der Schädelbasis.. Während aber jedes vorspringende Septum (A. s) für die nächstfolgende Kiementasche ein Schutzorgan bildete, wird bei Chimären, Ganoiden und Teleostiern ein solches von einem ein- zigen Bogen, nämlich vom Zungenbeinbogen, geliefert, dessen Integument nach hinten zu auswachsend die sämmtlichen Kiemen bedeckt und bei Ganoiden wie Teleostiern in den Opercularapparat und die Membrana branchiostega mit ihren verschiedenen Stützorganen sich ausbildete ($ 354) (B op). $ 108. Gewöhnlich sind bei den Teleostiern vier Bogen mit Kiemenblättchen besetzt, der vierte Bogen nur mit einer einzigen Reihe, oder es bestehen nur drei Blättchen tragende Bogen. Mit dem Schwinden der Blättchen am vierten, sowie der hinteren Blättchenreihe am dritten Bogen schliesst sich in der Regel die vierte Kiemenspalte. Von den Modificationen der Blätt- chen selbst mögen die quastenförmigen Kiemen der Lophobranchier her- vorgehoben werden. Eine Umbildung der Kiemenbogen erscheint in ein- zelnen Abtheilungen der Teleostier aus einer auf das Zurückhalten von Wasser im Kiemenapparate abzielenden Anpassung ableitbar. Hieher gehören die Organe der Labyrinthobranchia; Modificationen einzelner Kie- menbogen oder Kiemenbogenglieder bilden gewundene, lamellenartige Vor- sprünge, durch welche ein über den Kiemen gelegener Abschnitt herge- stellt wird (Anabas, Polyacanthus). Ein anderer Apparat kommt bei man- chen Clupeiden vor, und besteht aus einem spiralig gewundenen, als Aus- stülpung der oberen Rachenschleimhaut erscheinenden Schlauche (Kiemen- schnecke). Dieser hängt meist mit dem oberen Gliedstücke des vierten Kiemenbogens zusammen und enthält in seinen Wandungen Fortsätze die- ser Skelettheile (Heterotis, Lutodeira, Meletta u.a.). Ferner.gehören hier- her dendritisch verzweigte Fortsätze von Kiemenbogen, die in besonderen Verlängerungen der Kiemenhöhle geborgen noch ein respiratorisches Ge- fässnetz tragen (Heterobranchus, Clarias). Gleichfalls mit der respiratorischen Bedeutung dieser Räumlichkeit stehen Ausbuchtungen der auskleidenden Schleimhaut in Zusammenhang. So erstreckt sich bei Saccobranchus jederseits ein langer Schlauch von der Kiemenhöhle bis in die Seitenrumpfmuskeln, und bei Amphipnous geht jederseits hinter dem Kopfe ein solcher Sack hervor, dessen Eingangs- öffnung oben über der ersten Kiemenspalte liegt. Beide Bildungen ent- halten respiratorische Gefässnetze. $ 409. Aeussere Kiemen sind als Integumentgebilde den Vertebraten ur- sprünglich fremd, wie denn die sog. äussern Kiemen der Selachierembryo- nen nichts anderes sind, als verlängerte, zur Kiemenspalte hervortretende Fäden innerer Kiemen. Aber es können Kiemen auch zur Oberfläche ge- langen, und sogar wie Integumentfortsätze sich ausnehmen. Dahin gehören 570 ll. ®. Wirbelthiere, Befunde bei Jugendzuständen von Polypterus, dann das Verhalten einer Kieme von Protopterus, und QUsemein die Kiemen der Amphibien. Die letzteren erscheinen als zwei Ms drei Paare verästelter Fortsätze, welche von ebenso vielen Kiemenbogen entspringen. Bei den Perennibranchiaten bleibt dieser Apparat in Function. Bei den übrigen Amphibien (Caduei- branchiaten) gehen diese äusseren Kiemen verloren, um bei den unge- schwänzten Amphibien, denen sie nur während einer kurzen Periode zu- kommen, einer Entfaltung kürzerer innerer Kiemen Platz zu machen. Eine von vorn nach hinten wachsende Membran deckt die Kiemen und lässt äusserlich eine einzige Ausfuhr-Oeffinung bestehen. Durch ferneres Aus- wachsen kommen die beiderseitigen Oeffnungen einander näher, um zu einer einzigen ventral zusammen zu treten. Mit der Beendigung des Larvenstadiums trifft die inneren wie die äusseren Kiemen der Derotremen und Salamander eine Rückbildung, und die Kiemenspalten schliessen sich bei letzteren wie bei den Anuren ganz, indess bei den Derotremen jederseits eine Spalte übrig bleibt. Nach Verlust der Kiemen wird die die respiratorische Vorkammer dar- stellende Kiemenhöhle zur primitiven Mundhöhle, in deren Begrenzung übrigens wesentlich dieselben Theile wie vorher zu finden sind. Kiemenspalten und Gaumen der Amnioten. Als eine wohl von kiemenbesitzenden Stammältern ererbte Einrich- tung erhalten sich auch bei den Amnioten die Schlundwand durchsetzende Spalten während gewisser Embryonalperioden. Das Auftreten dieser wie es scheint auf die Vierzahl beschränkten Kiemen- oder Visceralspal- ten erfolgt von vorne nach hinten, «doch so, dass mit dem Erscheinen der letzten, an den vorderen meist schon Veränderungen eingetreten sind. Allmählich erleiden sämmtliche eine Rückbildung, und verschwinden gänzlich, bis auf die erste, welche in Theile des mittleren und äusseren Ohres sich umgestaltet (vergl. oben $ 402). Indem schon mit der Rückbildung der embryonalen Kiemenspalten die Verbindung mit, den Anamnia sich lockert, tritt durch eine Differen- zirung der primitiven Mundhöhle eine neue Eigenthümlichkeit auf. Sie führt zur Bildung der secundären Nasenhöhle und der secundären Mundhöhle. Der dahinter gelegene, nicht in diesen Vorgang mit einge- zogene Rest der primitiven Mundhöhle stellt den Pharynx vor. Das bei den Amphibien breite, beide Nasenhöhlen trennende Ethmoidalknorpel- stück wächst bei den Amnioten zu einer dünnen senkrechten Lamelle aus (Fig. 307 e), der Nasenscheidewand. Zum Theile bleibt diese knorpelig, zum Theile gehen knöcherne Gebilde an und aus ihr hervor, deren beim Kopfskelete gedacht ward. Nasenhöhle. 571 Eine zweite Veränderung entsteht durch horizontale Leisten oder Fortsätze, die vom Oberkieferfortsatze des ersten Bogens ausgehen und allmählich eine, die primitive Mundhöhle in zwei Etagen theilende Platte (Fig. 307. p), den Gaumen, entstehen lassen. Dieser bildet für den oberen Raum, die Nasenhöhle (n), yi den Boden, für den unteren (m) das Dach. Indem or die Nasenscheidewand diese Gaumenplatten er- Bahr vöt ı R reicht, sondert sie zwei Nasenhöhlen von einander, ” Hey 2 und in jede mündet nunmehr der Nasencanal aus, 7 dessen äussere Oefinung mit jener der Nasenhöhle | yes] zusammenfällt. Die durch die Gaumenplatite von \ / der Mundhöhle, durch die senkrechte Nasen- scheidewand von einander getrennten hinteren Fig. 307. Schematische Dax- s % ei stellung der Sonderung der Oefinungen der Nasenhöhlen, Choanae, münden primitiven Mundhöhle in in den Pharynx ein. Nasenhöhle n, n» und secun- , \ m däre Mundhöhle m. p Gau- Das Verhalten dieser Gaumenplatten reprä- nenplatten. c Nasenscheide- senlirt sehr verschiedene Stadien. Bei Schlangen, wand. Sauriern und Vögeln ist jener Scheidungsvorgang minder vollständig, die Choanen erscheinen als eine Längsspalte, indem die Gaumenfortsätze nur vorne einander erreichen, nach hinten zu aber von einander getrennt bleiben. Zuweilen sind die Choanen bei Vögeln getrennt und dann bedeutend schmal. Bei den CGrocodilen sind sie am weitesten nach hinten gerückt, wie bei den Säugethieren öffnen sie sich nicht mehr in die secundäre Mundhöhle, sondern in den Pharynx. Dieser giebt durch die gleichfalls in ihn einmündenden, aus der ersten Vis- ceralspalte hervorgegangenen Tubae Eustachii als ein der ursprünglich respiratorischen Vorkammer angehöriger Abschnitt sich kund. Den Gaumen stützen bei Reptilien und Vögeln Skeletgebilde (s. oben), bei den Säugethieren wird der hintere Theil durch Weichtheile fortge- setzt, welche das »Velum palatinunm« bilden. Nasenhöhle. $ g 411. Während die Nasenhöhlen schon durch den vom Gaumen besorgten Abschluss von der Mundhöhle an Länge gewinnen, trägt hiezu noch die Ausdehnung des Gesichtstheiles des Kopfes nicht wenig bei, so dass sie in Länge wie in Höhe sich entfaltend, zu bedeutenden Räumen werden. Nur an ihrem oberen und hinteren Abschnitte findet die Endigung des Olfacto- rius statt (Regio olfactoria), während der untere und vordere vorwiegend als Luftweg dient,und damitzu den Athmungsorganen Beziehungen empfängt (Regio respiratoria). So zeigt sich denn auch die ganze Sonderung der Nasenhöhle in Gonnex mit der Ausbildung der Lungen, und deren höherem functionellem Werthe. Die Oberflächenvergrösserung des Binnenraums 572 Il. 9. Wirbelthiere., nimmt mannichfache Gestaltungen an. Immer betheiligt sich daran die vom Primordialeranium A laterale Wand der Nasenhöhle, deren lamellenartige, gefaltete und S@wundene Vorsprünge die Muscheln (Con- chae) sind. Den Reptilien kommt nur eine Muschel zu, die von einem mit der äusseren Nasenöffnung beginnenden Vorhofe aus meist in horizontaler Lagerung nach hinten zieht, und bei den Schildkröten wenig, am meisten bei den Crocodilen entfaltet ist. Diese Muschel findet sich bei den Vögeln in grosser Mannichfaltigkeit. Bald ist sie einfach (Tauben), bald durch Einrollung complicirter (Raubvögel), oder sie kann auch in mehrfache La- mellen sich spalten (Strauss). Vor und unterhalb dieser Muschel kommt ein muschelartiges Gebilde im Zusammenhang mit der Nasenscheidewand vor und dadurch von den stets lateralen Muschelbildungen unterschieden. Diese Pseudoconcha scheidet der Vorhof der Nase vom innern Nasenraume. Eine andere Vorsprungsbildung liegt über der Muschel, in der Regel am oberen blinden Ende der Nasenhöhle, und entspricht einer Einbuch- tung der Nasenhöhlenwand durch einen luftführenden Sinus. Auf diesem den Tauben fehlenden Vorsprunge endet ein Theil des Olfactorius. Bei den Säugethieren werden drei Muscheln unterschieden. Die untere ent- spricht der einzigen Muschel der Reptilien und Vögel und bietet zahlreiche Verschiedenheiten durch Ramification und mannichfache Windungen ihrer Lamellen, z.B. bei Garnivoren (am complicirtesten bei Lutra und Phoca). Am wenigsten entwickelt sind diese Muscheln bei manchen Beutelthieren (Macropus, Phascolomys), dann bei den Affen (am einfachsten bei den Platyrhinen) und beim Menschen. Eine Rückbildung der Nasenhöhle un- ter Verlust ihrer olfactorischen Bedeutung hat bei den Walthieren stattge- funden. Die auf der oberen Schädelfläche befindliche äussere Oeffnung führt in einen senkrecht absteigenden durch die Nasenscheidewand ge- theilten Canal, der durch einen Schliessmuskel von der Rachenhöhle ab- geschlossen werden kann und von Muschelbildungen keine Spur aufweist. $ a2. Der Nasenhöhle gehören accessorische Apparate an. Solche sind: 1) Nebenhöhlen der Nase. Diese entstehen durch Wucherung der Nasenschleimhaut in Theile der festen Wandung. Sie treten zuerst bei den Grocodilen auf, wo sich in der seitlichen Nasenhöhlenwand ein mit der Nasenhöhle communieirender Hohlraum findet. Bei Vögeln sind Verbindungen der Nasenhöhle mit Räumen benachbarter Knochen sehr verbreitet. Bei den Säugethieren communieirt die Nasenhöhle mit einer Anzahl in verschiedenen Knochen des Schädels liegender Höhlen, von denen die Sinus frontales hervorzuheben sind. Es sind im Stirnbein lie- gende. bald einfache, bald in kleinere Abschnitte getrennte Cavitäten, die bei Wiederkäuern mächtiger entwickelt sind. Andere Communicationen finden mit der Höhle des Keilbeins statt, sehr entwickelt z. B. beim Ele- Mundhöhle. 573 phanten, wo die Hohlräume sich sogar durch Scheitel- und Schläfenbeine bis in die Gondylen des Oceipitale erstrecken. Endlich bestehen auch Verbindungen zwischen der Nasenhöhle und dem Oberkiefer, den Sinus maxillaris bildend, der bei Beutelthieren und Wiederkäuern, sehr beträcht- lich bei Einhufern entfaltet ist. Bei Primaten minder umfangreich, fehlen sie dlen meisten Garnivoren, den Edentaten und Nagern. 2) Drüsen. Ausser den der Nasenschleimhaut im Allgemeinen zu- kommenden drüsigen Gebilden stehen noch grössere Drüsen mit der Na- senböhle im Zusammenhang. In entwickelterem Zustande können sie auch ausserhalb der Nasenhöhle Platz nehmen. Solche Nasendrüsen fin- den sich schon bei Amphibien, dann bei Schlangen, auch bei Eidechsen und den Crocodilen, bei den ersteren äusserlich dem Oberkiefer anlie- send, bei den letzteren in eine Höhle des Oberkiefers eingeschlossen. Eine bald auf den Stirnbeinen, bald auf den Nasenbeinen gelegene äussere Nasendrüse ist auch bei Vögeln vorhanden. Unter den Säugethieren ist eine lateral gelagerte Drüse gleichfalls verbreitet, wenn sie auch in man- chen Ordnungen fehlt. 3) Jacobson’sches Organ. Dies ist ein am Boden der Nasen- höhle meist im Anschluss an das Septum nasale liegender, am Gaumen mit der Mundhöhle communieirender, aber gegen die Nasenhöhle abge- schlossener Canal, dessen Wandung an einem mannichfach gestalteten Vorsprunge die Endigungen einiger am Septum herablaufender Olfacto- riuszweige trägt. Bei Schlangen und Eidechsen wird der Canal theilweise vom Vomer umschlossen, und bei den Säugethieren sind diese Organe mehr in die Länge gestreckt und setzen sich als Stenson’sche Gänge durch die CGanales ineisivi zur Gaumenfläche fort, vorzüglich bei Wiederkäuern und Nagern ausgebildet ‘$ 396). Mundhöhle. $ 313. Mit der durch die Gaumenbildung eingeleiteten Scheidung der pri- mitiven Vorkammer des Darmrohres in die Nasenhöhle und die Mundhöhle wird eine Anzahl der primitiven Einrichtung zukommender Organe der Mundhöhle zugetheilt, indess andere erst als spätere Gebilde sich dar- stellen. Zu ersteren gehören die Zähne, die Zunge und mancherlei Drü- senorgane. Als neu entstandenes Gebilde erscheint der weiche Gaumen oder das Gaumensegel, welches erst bei den Säugethieren auftritt. Dieser muskulöse Apparat bildet die hintere Grenze der Mundhöhle, die er vom Pharynx scheidet. Eine mediane Verlängerung des Gaumensegels stellt das Zäpfchen vor, eine wie es scheint erst den Primaten zukommende Ein- richtung. Die vordere und seitliche Begrenzung der Mundhöhle bilden bei Reptilien und Vögeln die vom Integumente überkleideten Kieferränder 574 ll. 9. Wirbelthiere. mit den diesen zukommenden Hartgebilden. Bei Eidechsen und Schlan- gen stellt das Integument vs Kieferrandes wulstartige Lippen vor. Bei den Säugethieren tritt mit Ausnahme der Monotremen das Integument von den Kieferrändern ab, und überkleidet eine von den Kiefern ent- springende, complieirte Muskelschichte, welche die Grundlage der Lippen bildet und dieselben beweglich erscheinen lässt. Dadurch entsteht ein vor der Mundhöhle liegender Raum, Vestibulum oris. Dessen seitliche Abschnitte erscheinen als Wangenhöhle, und stellen, grosser Dehnbarkeit fähig, bei vielen Säugethieren taschenartige Ausstülpungen (Backentaschen der Na- ger und Affen) her. Organe der Mundhöhle. $ Al. Von den Organen der Mundhöhle sind die zum Ergreifen und zu Zerkleinerung der Nahrung dienenden Hartgebilde mannichfacher Art. Ein Theil davon entsteht durch Verhornung von Epithelzellen. Die saug- napfartig gestaltete Mundöflnung der Cyclosto- men (Fig. 308) ist mit solchen Hornzähnen be- setzt, deren auch noch an einem zungenartigen Organe dieser Thiere vorkommen. Aehnliche Belege der Kieferränder bestehen auch bei Amphibien, theils im Larvenzustande als vor- übergehende Bildungen durch zahlreiche dicht nebeneinander gestellte Zähnchen gebildet (Anu- ren), theils bleibend bei Siren. Etwas verschieden von diesen Horn - Zahn- bildungen sind die ausgedehnteren Hornbelege der Kieferränder der Schildkröten, Vögel und Monotremen, im Zusammenhange mit dem Man- gel wirklicher Zähne compensatorische Ein- Fig. 308. Mundöffnung vonPe- Tichtungen darstellend.. Wie auch diese Ge- tromyzon marinusmitden bilde zur Zerkleinerung der Nahrung dienen, ARIORTERNERe KEIREN Hrexet so haben sie doch nichts mit den echten Zahn- bildungen zu thun, sind reine Epidermoidal- gebilde. Hieher gehören auch die Barten der Wale. Die wahren Zähne sind das Product der Mundschleimhaut, an deren Bildung sowohl die Bindegewebsschichte wie das Epithel betheiligt ist. Bei den Selachiern stimmen sie in Bau wie Genese vollkommen mit den Haut- zähnchen überein, mit denen auch grosse äussere Aehnlichkeiten bestehen, so dass bei der CGontinuität der Matrix beider, sowie bei der vielen Sela- chiern zukommenden Verbreitung derselben Integumentschüppchen über andere Strecken der Mundhöhlenwand, eine primitive Gleichartigkeit der Zähne mit jenen Schüppchen erschlossen werden kann. Die auf den Kieferrändern sich entwickelnden Zähne erscheinen dem- Mundhöhle. 970 gemäss nur als voluminöser gestaltete, häufig auch sonst differenzirtere Gebilde derselben Art, wie sie im Integu- mente vorkommen. Im Gegensätz zu letzteren sind ihre Veränderungen aus Anpassung an neue Functionen er- klärbar, deren ersteEntstehung wohl mit der Differenzi- rung des primitiven Kieferbogens zeitlich zusammenfiel. Die Ausbreitung dieser selben Gebilde in der primitiven Mundhöhle wird aus der Entstehung der letzteren durch eine von aussen her erfolgende Einstülpung verstanden. Die Anlage aller Zähne erfolgt im Wesentlichen auf die gleiche Weise, die bereits oben (S. 447) bei den Hautzähnchen der Selachier angegeben ward. Die bindegewebige Zahnpapille jässt aus einer epithelartigen Ober- flächenschichte (Odontoblasten) das Zahnbein hervorgehen, auf welchem eine Epithelschicht den Schmelz absetzt. Bei oberflächlicher Bildung der Zähne sind jene Schichten mit denen der benachbarten Schleimhaut con- tinuirlich. Wo die Zahnanlage in die Schleimhaut eingesenkt ist, bildet sich eine in diese einwachsende Epithelwucherung (Schmelzleiste), von welcher der die Zahnpapille überziehende Theil sich abschnürt und das Schmelzorgan bildet. Zu diesen zwei Substanzen kommt als dritte die sogenannte Cement- oder Knochenschichte. Wie die Verbreitung der Zähne in der Mundhöhle und ihre Anlage- rung an das Knorpelskelet der Wandung zur Entstehung von Knochen führt, ist oben (S. 47%) erwähnt. Diese Knochen leiten sich von zahn- tragenden Platten ab, daher kann jeder derselben Zähne tragen. Bei Ganoiden und Teleostiern finden ” \ sich so, ausser an den Kieferstücken, Zähne an den / Palatina, an Vomer, Parasphenoid, endlich an Zungen- bein und Kiemenbogen. Von den Kiemenbogen ist es meist der hinterste, der auf einfache Platten re- dueirt durch Zähne ausgezeichnet ist (Schlundzähne, Fig. 256. vz). An den oberen Gliedern der Kiemen- bogen sind Zähne in grosser Verbreitung vorhanden. Bei den Amphibien finden sich noch an Gau- menbein und Vomer Zähne, seltener am Parasphe- noid; Gaumenzähne und Zähne am Pterygoid be- stehen bei den Reptilien nur bei Schlangen und Eidechsen, während bei den Crocodilen die Zahn- bildung wie bei den Säugethieren auf die Kiefer- knochen beschränkt ist. Bei den Selachiern sind sie theilweise beweg- ZT _——— lich, in Serien verschiedenen Alters angeordnet. Bei Fig. 309. Schema für die den meisten Fischen behalten sie die oberflächliche I ak Lagerung, und wo festere Verbindungen zu Stande sich ein Fortsatz in die kommen, gehen diese aus Verwachsung mit den be- Schleimhaut, und bildet E 5 & über je einer Papille (p) treffenden Skelettheilen hervor. Solches trifft sich a 576 Il. 9. Wirbelthiere., auch bei den Amphibien, deren erste Zahnbildungen mit ihren Basen verschmelzend die er Knochen entstehen lassen. Bei den Reptilien entstehen die Zäfle wie die späteren Zahnbildungen der Amphibien, selbständig, bald als, blosse Anlagerungen (pleurodonte Sau- rier), bald finden Einsenkungen der sich entwickelnden Zähne in die betreffenden Kieferstücke statt. Bei einem Theile der Saurier sind die Zähne dem Kieferrande angefügt (acrodonte Saurier). Bei Geckonen und Schlangen, stets aber bei den Crocodilen, werden die sich bildenden Zähne von den Kieferrändern theilweise umwachsen und somit in Alveo- len gebettet. Bei den Säugethieren besteht ein ähnlicher Vorgang. Eine in die Schleimhaut des Kieferrandes einwachsende Epithelialmasse um- schliesst kappenförmig eine Papille, auf welcher die erste Zahnanlage erfolgt; indem diese follikelartige Bildung vom Kiefer umwachsen wird, nimmt der Zahn seine ganze Differenzirung innerhalb des Kiefers, um erst mit seiner allmählichen Ausbildung die Schleimhaut zu durchbrechen, von welcher das ihn erzeugende Säckchen sich abgeschnürt hatte. Die Gestaltung der Zähne bietet ausserordentlich verschiedene Ver- hältnisse, so dass von breiten plattenartigen Gebilden bis zu langen und feinen stachelartigen Formen alle Uebergangszustände bestehen; beson- ders bei den Fischen herrscht diese Mannichfaltigkeit. Grössere Gleich- artigkeit in der äusseren Gestalt bieten die Zähne der Amphibien, die wenigstens bei den lebenden Formen meist einfach konisch gestaltet sind, oder spärliche Zacken besitzen. Unter den Reptilien bieten die Saurier grössere Differenzen, auch theilweise die Schlangen, bei denen eine Ab- theilung eine Verbindung gewisser Zähne mit einem besonderen Gift- (drüsenapparate besitzt. Konische Form der Zähne herrscht auch bei den Grocodilen, bei welchen unter den bereits gebildeten Zähnen stets neue, von den älteren bedeckte entstehen. Den Vögeln fehlen die Zähne. Da aber fossile Formen, die Odontor- nithen (Ichthyornis, Hesperornis), erkannt sind, deren Kiefer einen Zahn- besatz trug, ist der Mangel eines Gebisses bei den gegenwärtig lebenden als ein erst innerhalb der Klasse erworbener anzusehen. Unter den Säugethieren tritt eine grössere Verschiedenheit der ein- zelnen Zähne hervor, so dass das gesammte Gebiss mannichfache Zahn- formen einschliesst. Diese theilen sich wieder in verschiedene Leistungen bei der Bewältigung der aufzunehmenden Nahrung und bieten zahlreiche, nach der Art der Nahrung wechselnde Eigenthümlichkeiten; nur bei den Delphinen bleibt der niedere Zustand der Gleichartigkeit aller Zähne fort- bestehen, und bei den Balaenen erfolgt nur eine Anlage von Zähnen, die in den Alveolarhöhlen sogar wieder rückgebildet werden. Ein Wiederersatz der verbrauchten und dann ausfallenden Zähne wird bei den Fischen durch fortgesetzte, neben den alten auftretende Neubildungen eingeleitet. Die Zahnbildung wird damit zu einem durch das ganze Leben des Tbieres fortlaufenden, sich- stets erneuernden Vor- gange. Auch bei den Amphibien und Reptilien treffen wir gleichfalls Mundhöhle. 577 Folgen von Zähnen, so dass continuirliche Neubildung das Gebiss voll- ständig erhält. Dieser Vorgang beschränkt sich bei den meisten Säuge- thieren auf einen nur einmaligen Wechsel, indem das erste Gebiss (Milch- zahngebiss) durch ein zweites und an Zähnen reicheres ersetzt wird (Diphyodontes). Eines solchen Zahnwechsels entbehren die Cetaceen (Monophyodontes). Bei den Beutelthieren ist das diphyodonte Verhalten nur rudimentär, indem es sich auf jeder Kieferhälfte auf einen einzelnen Zahn beschränkt. Aehnliches bietet sich auch bei manchen Anderen (Ele- phas, Halicore), sowie auch die Nagethiere sich hier anreihen lassen. Dadurch verbinden sich beide Reihen und der Zahnwechsel der Säuge- thiere kann als ein Vorgang betrachtet werden, der aus einem den Aus- gang bildenden polyphyodonten Zustand sich entwickelt hat. Towes, CH. S., Manual of dental anatomy, human and comparative. London 1876. Deutsch von HoLLAENDER. Berlin 1877. $ 415. Ein zweites Organ der Mundhöhle bildet die Zunge. Bei den Fischen ist sie meist ein durch den Schleimhautüberzug des Zungen- beinkörpers gebildeter, flacher, nur mit dem gesammten Kiemenskelet beweglicher Vorsprung, welcher wie an- dere Skelettheile der Wand jenes Binnen- raumes häufig einen Zahnbesatz trägt. Eine selbständige Muskulatur tritt in diesem Organe erst bei den Amphi- bien auf, wo es als ein dickes, bei vielen sogar vorstreckbares Gebilde er- scheint. Es ist bei Pipa und Dactylethra nicht ausgebildet. Meist ist nur das vor- dere Ende mit dem Boden der Mundhöhle verbunden, und das hintere erscheint in zwei Lappen ausgezogen als der beweg- lichere Theil. Eine muskulöse Zunge be- steht ‚gleichfalls bei den Reptilien, bei Schlangen und Eidechsen aus einer be- sonderen Scheide hervorstreckbar. Das Epithel der meist schmalen Zunge bildet in der Regel Schuppen und Höcker an der oberen Fläche, und das vordere Ende _ . . . . = . Fig. 310. Zungenbeinapparat mit Zunge zieht sich in zwei dünne Spitzen aus und Luftröhre von Varanus. e Medianes (Fissilingues) (Fig. 310. z). Breit und Stück des Zungenbeins. A’ Vorderes, flach ist die Zunge der Schildkröten und "9 ee a besonders der Crocodile. Bei den Vögeln ae ( ist das vordere Ende der Zunge in der Regel von einer verhornten Epithel- schichte bedeckt, zuweilen sogar mit seitlichen Widerhaken (Spechte) Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 937 578 II. 9. Wirbelthiere. oder feinen Borsten besetzt (Tukane), und nur bei Papageien bildet die Zunge ein massiveres fleischig@®rgan. Unter den Säugethieren finden wir die Zunge durch bedeutendere Entwickelung der Muskulatur von beträchtlichem Volum und zugleich bezüglich ihres Schleimhautüberzuges mit zahlreichen Differenzirungen von Papillen. Die Function des Organs ist in hohem Grade an der Nahrungsaufnahme betheiligt. Bei manchen Prosimii und Chiropteren, auch bei platyrhinen Aflen findet sich unter- halb der Zunge ein zuweilen sogar doppelter Vorsprung, die sogenannte Unterzunge. Mit der Mundhöhle verbundene Drüsenapparate entwickeln sich von der Schleimhaut der Mundhöhle aus, um dann bei voluminöserer Ausbildung und Lagerung ausserhalb der Schleimhaut nur ihre Ausführ- sänge dort einzusenken. Sie können somit als mächtiger entwickelte Drüsen der Schleimhaut betrachtet werden. Derartige grössere Drüsen sind bei Amphibien am Gaumen zwischen den Nasenkapseln gelagert, und können bedeutender ausgedehnt auf den Schädel sich erstrecken (Intermaxillardrüsen). Bei den Reptilien sind die längs der Kieferränder gelagerten Lippendrüsen zu nennen (Schlangen und Eidechsen). Ein mächtigeres Drüsenorgan bildet die Giftdrüse der Schlangen, die wohl ebenso aus einer Moditfication einfacher Drüsen hervorging. Bei den Schild- kröten kommt ein unter der Zunge gelagertes Drüsenpaar vor, welches man als Speicheldrüsen ansieht. Aehnliche Gruppen einzelner Drüsen besitzen auch die Eidechsen. Solche grössere, zur Bildung einer Mund- höhlenflüssigkeit beitragende Drüsen finden sich neben den an verschie- denen Stellen vertheilten, constant bei Vögeln und Säugethieren vor, und werden als Glandulae submaxillares, sublinguales und Parotides unter- schieden. Letztere münden bei den Vögeln im Mundwinkel aus, bei den Säugethieren im Vestibulum oris. Den Cetaceen fehlen diese Drüsen und bei den Pinnipediern sind sie gering entwickelt. Ihren bedeutendsten Umfang erreichen die drei Drüsenpaare bei Pflanzenfressern mit überwie- sender Ausbildung bald des einen, bald des anderen Paares. $ 416. Als eines aus der primitiven Kopfdarmböhle sich differenzirenden Örganes ist noch der Hypobranchialrinne und ihrer Derivate Erwäh- nung zu thun (vergl. S. 565). Am- phioxus besitzt sie in der Länge der Kiemenhöhle. Unter den Cyclostomen ist sie nur noch während des ersten Larvenzustandes von Petromyzon beobachtet (Fig. 304 A). Da sie nicht längs der ganzen Kiemenhöhle sich erstreckt, scheinen im Vergleiche zu Fig. 311. Querschnitte durch den Körper junger den Tunicaien schon Reductionen Petromyzonlarven zur Demonstration der Bauch- F 2 4 r rinne. d Kiemenhöhle. (NachfÜALBERLA.) vorzuliegen. Mit der Differenzirung Mundhöhle. 579 des als Zunge fungirenden Organs tritt die Rinne fernere Rückbildungen ein, und geht in einen allmählich vom oberen Raume sich abschnürenden Canal über (Fig. 314), der endlich sich vollständig trennt. Beim aus- gebildeten Thiere verwandelt er sich in einen vom zweiten bis vierten Kiemensackpaar sich erstreckenden Complex mit Epithel ausgekleideter Follikel, und bildet damit ein, in physiologischer Beziehung räthselhaftes Organ, die Gl.thyreoidea (Schilddrüse). Bei den Gnathostomen kommt es nicht mehr zur Bildung einer län- gere Zeit bestehenden Rinne, vielmehr schnürt sich an der homologen Stelle ein Fortsatz der Kopfdarmhöble ab und bildet einen unpaaren von Epithel ausgekleideten Follikel. Unter allmählicher Sprossung löst sich dieser in eine Summe einzelner Follikel auf, die durch Bindegewebe vereinigt bleiben. Bei Fischen liegt das Organ wenig weit von seiner Bildungsstätte entfernt am vorderen Ende des Kiemenarterienstammes zwi- schen diesem und der Copula des Zun- genbeinbogens. Bei den Amphibien findet man die Thyreoidea in der Kehl- gegend als paariges Knötchen (unpaar bei Proteus) an der inneren Fläche der hinteren Zungenbeinhörner, zuweilen in mehrfache Gruppen vertheilt. Unpaar, dicht vor den Aortenbogen liegend, er- scheint sie bei den Reptilien, paarig dagegen bei Vögeln (Fig. 312 z) in der Nähe des Ursprungs der Carotiden. In beiden Abtheilungen entfernt sie sich so- mit weit von der ersten Bildungsstätte, was durch das Zurücktreten der gros- sen Arterienstämme beeinflusst scheint. Unter den Säugethieren wird sie bei Monotremen,, vielen Beutelthieren und Fig. 312. Thymus (ih) und Thyrooiden (£) manchen Anderen gleichfalls in 2 Theile ne ee er getrennt, während sie sonst ihre bei- den seitlichen Massen durch eine mediane Querbrücke (Isthmus) ver- bunden zeigt. Immer liegt sie dicht unterhalb des Kehlkopfes auf der Luftröhre. Die Fortdauer dieses schon bei den niederen Wirbelthieren seine ur- sprüngliche Bedeutung aufgebenden Organs in der langen Reihe höherer Formen wird aus pbylogenetisch sehr frühzeitig erfolgter Vererbung ver- ständlich und zwar einer Einrichtung, deren Function bei Tunicaten mit der Nahrungsaufnahme in wichtiger Beziehung stand. MüLLeEr, W., Die Hypobranchialrinne der Tunicaten etc. Jen. Ztschr. Bd. VII. Ders., Entw. d. Schilddrüse, Jen. Ztschr. Bd. Vi. 3ER 580 ll. 9. Wirbelthiere. Eigentlicher nt (Rumpfdarm). $ 417. Aus dem hinteren Ende des Kopfdarmes beginnt der ausschliesslich der Aufnahme der Nahrung und ihrer Veränderung dienende Abschnitt des Tractus intestinalis, das Darmrohr im engeren Sinne, nachdem an seiner vorderen Grenze ein bei Fischen in indifferenterem Verhalten als Schwimm- blase, von den Amphibien an als respiratorischer, Lunge und Luftwege bildender Apparat, sich von ihm gesondert hat. Der vorderste Abschnitt des Nahrungscanals entbehrt der scharfen Abgrenzung gegen den Kopfdarm. Da er ebenso wie der letztere vom N. vagus versorgt wird, besteht zur Annahme Grund, dass er ursprünglich aus dem respiratorischen Theil des primitiven Darmrohrs, nach Rückbil- dung einer grösseren Anzahl hinterer Kiemenspalten hervorging, und da- mit dem hinteren Abschnitte der bei Amphioxus um Vieles ansehnlicheren respiratorischen Vorkammer entspricht. Bei den Cranioten entspringen nicht blos einige eigenthümliche Ver- hältnisse der Darmanlage sondern auch spätere Zustände der ÖOntogenie des Darmes aus den Beziehungen des Eies zur gesammten Embryonal- anlage und aus einer Vermehrung des Dottermaterials. Bei den Selachiern umwächst die Darmanlage den Dotter, aber nur der unter dem Axenskelete der Embryonalanlage befindliche rinnenförmige Theil der Gesammtanlage wandelt sich alsbald in den Darm um, und schliesst sich allmählich gegen den übrigen detterführenden Theil ab, welch’ letzte- rer dann als ein Anhang des Darms, als Dottersack, erscheint. Anfäng- lich scheinbar ausserhalb des Körpers gelagert, aber von einer Fortsetzung der Integumentschichte umhüllt, steht der Dottersack nur durch einen Stiel mit dem Darm in Verbindung (äusserer Dottersack) und wird allmäh- lich in den Leib aufgenommen (innerer Dottersack). Unter allmählichem Verbrauche des Dotters bildet der Dottersack sich zurück. Eine gerin- gere Quantität dieses embryonalen Ernährungsmaterials, wie es im Dotter gefunden wird, bieten die Teleostier (und Ganoiden) dar. Der voluminösere Dotter des Eies der Reptilien und Vögel bedingt einen ähn- lichen Gegensatz zwischen Darmcanal und Dottersack, doch empfängt der Dottersack keine Umhüllung vom Integumente, da die bei den Anamnia ihn umschliessenden Theile zur Bildung des Amnion und einer anderen fötalen Eihülle verwendet werden. Auch bei den Säugethieren, bei noch bedeutender Reduction des Eimaterials, schnürt sich die Darmanlage von der den Dottersack repräsentirenden Keimblase ab Fig. 319). Deshalb kann diese Einrichtung von einem durch reicheres Dottermaterial ausge- zeichneten Zustande abgeleitet werden. In der Entwickelung der Frucht im mütterlichen Organismus, und der mehr oder minder innigen Verbin- dung der Frucht mit dem Uterus ist die den Mangel eines reichlichen Dottermaterials compensirende Einrichtung zu suchen. Vom Dottersacke Vorderdarm. 581 erhält sich aber doch ein Rudiment als »Nabelbläschen«, welches als ein zur Ernährung des Embryo nichts beitragendes Gebilde auch nicht in die Leibeshöhle mit aufgenommen, sondern mit den Eihüllen nach der Geburt vom Körper getrennt wird. Die einzelnen Abschnitte des Nahrungscanals sind die auch bei Wir- bellosen unterschiedenen: Vorder-, Mittel- und Enddarm. Vorderdarm. $ 418. Die erste Strecke des eigentlichen Nahrungscanals erscheint bei Amphioxus als ein ausnehmend kurzer Abschnitt, unmittelbar vor einer nach vorne gewendeten Ausbuchtung, welche als Leber gedeutet wird. Beachtet man, dass die Leber stets aus dem als Mitteldarm zu deutenden Abschnitt hervorgeht, an dessen vorderer Grenze sie sich bildet, so ergibt sich auch noch bei Cranioten vielfach eine ganz unansehnliche Aus- bildung des Vorderdarms. Die Gyclostomen, Chimaera, auch manche Te- leostier repräsentiren dieses Verhalten. Dem gegenüber stellen sich die übrigen Cranioten, bei denen der Vorderdarm einen ansehnlichen Ab- schnitt vorstellt, der in Speiseröhre (Oesophagus) und Magen ge- schieden werden kann. Jedenfalls erscheinen diese Theile unter den Wirbelthieren erst bei den Gnathostomen erworben. Für ihre Entstehung ist die Verbreitung des N. vagus an ihrer Wandung von Wichtigkeit. Da- durch findet die Auffassung Begründung, dass die fragliche Darmstrecke aus einem ursprünglich dem Kopfdarme zugehörigen al sich hervor- gebildet hat. Die Reduction einer grössern Zahl von Kiemenspalten, wo- durch eine Strecke der respiratorischen Vorkammer der ausschliesslich nu- tritorischen Function zugetheilt wurde, steht damit wohl in engem Zusammen- hange. Andrerseits ist die Ausdeh- nung dieser Strecke, vorzüglich an dem den Magen vorstellenden Ab- schnitte, so wie ihre Lagerung in die Leibeshöhle von massenhaft aufgenom- mener Nahrung ableitbar. Die Abgren- zung des Magens vom Mitteldarm wird fast regelmässig durch eine Falte der Darmwand gebildet (Pylorusklappe). Bei den Fischen geht die sehr weite, mit Längsfaltungen derSchleim- Fig. 313. Darmeanal von Fischen. A Von bauaeseestatteter Speiserölte meist “obras meianoE Lomns. 2 Yon Halo; N o Oesophagus. v Magen. :i Mitteldarm. ap ohne scharfe Grenze in den Magen Appendices pyloricae. » Enddarm. A r 582 I!, 9. Wirbelthiere. über, der von letzterer nur durch andere Beschaffenheit der Schleimhaut zu unterscheiden ist. In der Regel bildet der Magen (Fig. 313) einen nach hinten gerichteten Blindsack, WW&fdem ein nach vorne umbiegender engerer Abschnitt als »Pylorusrohr« unterschieden sich zum Mitteldarm ({) begibt. So bei allen Selachiern und Ganoiden, auch bei vielen Teleostiern, indess andere durch den Mangel oder die beträchtliche Ausdehnung des Blind- sacks nach hinten mannichfache Differenzen darbieten. Unter den Amphibien finden wir bei Proteus eine niedere Stufe, in- dem hier das gerade verlaufende Darmrohr nicht einmal eine Magener- weiterung besitzt. Dagegen grenzt sich der Magen bei anderen Urodelen als ein weiterer Abschnitt ab, und dies bleibt auch für die Anuren, deren Magen zuweilen sogar in eine Querstellung übergeht (Bufo). Unter den Reptilien zeigt der Vorderdarm bei Schlangen und Eidech- sen durch grössere Weite des Oesophagus und geraden Verlauf des Magens niedere Zustände an. Doch ist bei den Eidechsen ein an das Pylorus- rohr der Selachier erinnerndes Verhalten bemerkbar, woraus eine all- mähliche Querstellung des Magens ableitbar wird. Bei Schildkröten und Crocodilen ist eine schärfere Sonderung des Oesophagus vom Magen auf- getreten, und bei ersteren zeigt sich durch bedeutendere Hebung des Pylorustheils eine grosse und kleine Gurvatur. Durch Näherung der Car- dia an den Pylorus erhält der Magen der Grocodile eine rundliche Gestalt, und wird noch durch eine auf jeder Fläche der Muskelwand liegende seh- nige Scheibe ausgezeichnet, wodurch eine Annäherung an den Magen der Vögel gegeben ist. Eine mehrfache Arheitstheilung bekundet A B . $; \ der Vorderdarm der Vögel. Der Einfluss der DON, N n Anpassung an die Lebensweise, hier speciell | an die Nahrung, tritt in der Mannichfaltig- keit der einzelnen Einrichtungen aufs deut- lichste hervor. Die der Länge des Halses entsprechende Speiseröhre erscheint in ihrem Verlaufe entweder gleichmässig oder mit einer erweiterten Stelle versehen (Fig. 314. A), oder sie zeigt eine blindsackartige, wie ein Anhang erscheinende Ausbuchtung (B). Solche auch durch Modificationen des Drüsenapparates der Schleimhaut charakterisirte Abschnitte (7) bildendenKropf (Jugluvies).. Fleischfressende und körnerfressende Vögel besitzen ihn am mei- sten ausgebildet, und zwar erscheint er bei ersteren meist als spindelförmige Erweiterung, Big. 34. A Vorderdarm eines Indess er bei letzteren als einseitige Ausbuch- Ranbvogels (Buteo), 3 eines tung auftritt, die zu einem blindsackartigen, Huhnes. oe Speiseröhre. i Kropf. ei manchen sogar ein engeres Verbindungs- +0 Drüsenmagen. v Muskelmagen. 5 m 0% a EN stück besitzenden Anhang diflerenzirt ist. Vorderdarm. 533 Der darauf folgende, meist engere Abschnitt der Speiseröhre geht in den Magen über, an welchem zwei Theile unterscheidbar sind; der erste Abschnitt wird als Vormagen (Proventriculus) (4. B. pv) bezeichnet, und empfängt durch eine Drüsenschichte eine ansehnliche Verdickung seiner Wand. Der zweite Abschnitt ist durch Ausbildung der Muskelschichte charakterisirt, deren Stärke je nach der Lebensweise der Thiere sehr ver- schieden ist. Wo sie mächtig entwickelt ist, bemerkt man jederseits eine Sehnenscheibe (A. B). Bei Raubvögeln, auch bei vielen von animalischer Nahrung lebenden Schwimmvögeln ist die Muskelschichte wenig entfaltet. Sehr stark wird sie bei Körnerfressern (Hühnern, Gänsen, Tauben, Sing- vögeln). Dieser zur Verkleinerung der Nahrung dienende, den Mangel von Kauorganen compensirende Abschnitt enthält noch weitere hierauf hinzielende Einrichtungen, indem seine Innenfläche mit einer hornartig festen Lage überzogen wird, welche, häufig von bedeutender Dicke, als Reibplatte fungirt. Sie ist die Abscheidung einer drüsigen Schichte, deren Secret in jenen festen, starren Zustand übergeht. Die Trennung des Vorderdarmes wird bei den Säugethieren durch die schärfere Abgrenzung der Speiseröhre vom Magen vollständiger als in fast allen übrigen Abtheilungen ausgeführt. Die Gestaltung des Magens reiht sich in manchen Fällen an niedere Zustände an. Er behält bei den Phoken die Längsstellung bei, während bei den übrigen eine Schräg- stellung vorwaltet. Als Anpassungsergebniss an die Nahrung muss eine Reihe von Eigen- thümlichkeiten betrachtet werden, die bald in einer Erweiterung des Bin- nenraumes, bald in einer Differenzirung des ursprünglich einheitlichen, und, wie es scheinen muss, gleichartig fungirenden Magens in mehrere functionell ungleichwerthige Abschnitte bestehen. Das erste Verhältniss gibt sich bereits bei der Schrägstellung des Magens kund, wobei die grosse Gurvatur eine bedeutendere Ausdehnung erlangt, und, sich besonders nach der Cardialportion ausbuchtend, den Magenblindsack (Fundus) hervorruft. Er fehlt den meisten Garnivoren, ist dagegen bei Monotremen, Beutelthieren, Nagethieren, sowie bei Eden- taten entwickelt und kommt den meisten Primaten zu. Die stärkere Entwickelung: des Magenblindsacks führt zur Scheidung in mehrere Abschnitte, welche Sonderung nicht selten nur an der Schleim- haut ausgedrückt ist (Equus). Weiter setzt sich dieses Verhältniss durch eine quere Einschnürung fort; so wird der Magen bei vielen Nagethieren in einen Cardial- und Pylorustheil getrennt, zu welchen noch kleinere Ausbuchtungen treten können. Aehnliche complicirtere Magen bieten manche Beutelthiere (Halmaturus) und die Walthiere dar. Der Magenblind- sack bildet immer eine bedeutende Erweiterung, auf welche bei den Wal- thieren eine Anzahl dem Pylorusabschnitte angefügter Divertikel folgt, welche den Magen aus vier bis sieben durch verschieden weite Verbin- dungsstellen communicirende Räume zusammengesetzt darstellen. Bei den Wiederkäuern ist die Complication durch Betheiligung des >84 II. 9. Wirbelthiere. Oesophagus entstanden, indem dessen Gardialende sich einseitig ausge- buchtet dem Magen ee zwei Abschnitte des letzteren hervor- gehen lässt. Der erste erschein erweiterter Magenblindsack, wird als Rumen (Jugluvies) (Fig. 315 7) bezeichnet, und fungirt wesentlich als Behälter für massenhaft auf- genommene Nahrungsstoffe. Dicht neben der Cardia steht er mit dem zweiten Ab- schnitte, dem Netzmagen (Re- ticeulum) (IT), im Zusammen- hange, auf welchen als dritter Abschnitt der den Traguliden und Tylopoden fehlende Blättermagen Oma- sus) (III) folgt. Diesem schliesst sich als letzter aus dem Pylorustheil gebildeter Abschnitt, der Labmagen Fig. 315. Magen einer Antilope. AVonvornegeschen. (Abomasus) an, dessen B Von hinten geöffnet. oe Speiseröhre. / Rumen. //7_ Schleimhaut die Labdrüsen Netzmagen. III a p Pylorus. enthalt nie vom Oesophagus in den Netzmagen gehende, durch einen faltenförmigen Vorsprung (Fig. 315 B. s) gegen die beiden ersten Abtheilungen des Magens abschliessbare Rinne (Schlundrinne) entspricht der Strecke desOesophagus, welche in dieMagenbildung mit einging, und die beiden ersten Abschnitte durch einseitige Ausbuchtung lieferte. Durch sie kann der aus dem Netzmagen in den Oesophagus und von da in die Mund- höhle gelangte Bissen nach vollzogenem Wiederkäuen unmittelbar in den Blätter- undLabmagen zurück gebracht werden, während das Offenstehen der Schlundrinne den Eintritt des Futters in Rumen und Netzmagen ge- stattet. Der Einfluss der Nahrung auf die Grösseverhältnisse der einzelnen Abschnitte ergibt sich aus der Verschiedenheit, die Rumen und Labmagen in verschiedenen Altersperioden zeigen. Der Labmagen bildet einen relativ grösseren Abschnitt beim Säugling, indess er später vom Rumen wohl zehnmal und mehr an Grösse übertroffen wird. Mitteldarm. $ 419. Der meist durch eine ringförmige Falte, die Pylorusklappe, vom Magen abgegrenzte Mitteldarm (Dünndarm) ist an seinem Anfangsstücke durch die Verbindung mit Drüsenorganen (Leber und Bauchspeicheldrüse) cha- rakterisirt. In seinen Längeverhältnissen ist er der variabelste Abschnitt des Darmrohrs. In geradem Verlaufe wird er bei den Cyelostomen, auch bei einigen Teleostiern und bei Chimaera getroffen. Bei letzteren ist er Mitteldarm. 585 durch eine spirale Falte ausgezeichnet, welche, bei den Selachiern bedeu- tender entwickelt, den grössten Theil des Mitteldarms in zahlreichen, bald dichteren, bald weiter abstehenden Umgängen durchsetzt (Fig. 316 0. vs). Als eine eingerollte Längsfalte erscheint sie bei Carcharias. Diese Spiral- klappe bleibt auch den Ganoiden, wo sie nur bei Lepidosteus fast bis zur Unkenntlichkeit rückgebildet ist, dagegen fehlt sie den Teleostiern. Am Anfange des Mitteldarms der Selachier ist eine Erweiterung be- merkbar, an welcher Stelle bei den Stören ein grosses, äusserlich mehr- fach gebuchtetes Drüsenorgan sich vorfindet, dessen Inneres in zahlreiche, den Buchtungen entsprechende Räume getheilt ist. Bei Lepidosteus sind die einzelnen Abschnitte schärfer von einander getrennt und erscheinen als Gruppen kurzer Blindschläuche, die den Pylorusabschnitt des Mittel- darms besetzen, und wie bei den meisten Teleostiern die Appendices py- loricae (Fig. 316 A. B. ap) vorstellen. Sie besetzen eine verschieden lange Fig. 316. Darmcanal von Fischen. A von ‚Salmo salvelinus. B von Trachinus radiatus. C von Squatina vulgaris. oe Oesophagus. vo Magen. dp Ende des Ductus pneumatieus. p Pylo- rus. ap Appendices pylorieae. d Duetus choledochus. vs Spiralklappe. i Mitteldarm. c Enddarm. x Anhang desselben. Strecke des Mitteldarms in wechselnder Zahl und Grösse. Bald mündet jeder gesondert in den Darm, bald vereinigen sich mehrere zu grösseren Stämmen, woraus verästelte Bildungen entstehen. Ueberaus zahlreich sind sie bei Gadiden und Scomberoiden. Bei manchen werden die ein- zelnen zu gemeinsamem Ausführgange verbundenen Schläuche noch durch Bindegewebe zusammengehalten, so dass sie dann das Ansehen einer compacten Drüse gewinnen (Scomberoiden), sowie auch schon durch die häufige Vereinigung der Mündungen die Verwandtschaft mit der Drüse der Störe ausgesprochen ist. Bei vielen Teleostiern übertrifft der Mitteldarm die ihm zugewiesene Strecke der Bauchhöhle um bedeutendes an Länge, und findet sich dann in Windungen (Fig. 316 B. i) oder durch mehrfaches Auf- und Absteigen in Schlingen gelegt. Darin spricht sich eine Anpassung an den Raum der 586 II. 9. Wirbelthiere. Leibeshöhle ebenso aus, wie das stets aus einer gerade gestreckten An- lage hervorgehende Auswachsen in die Länge wieder einer Anpassung an die durch die Ingesta beeinflug Leistung entspricht. Bei den Amphibien bleibt das einfache Verhalten des Mitteldarms nur selten bestehen |Proteus), meist bildet er Fig. 317 Ö), wie auch bei den Reptilien, ein längeres Rohr und demzufolge mehrfache Windungen, die am geringsten bei Schlangen, bedeutend bei Schildkröten und noch mehr bei Crocodilen ent- wickelt sind. Eine beträchtliche Längenausdehnung des Mitteldarms erfolgt bei den Larven der unge- schwänzten Amphibien , bei denen dieser Abschnitt eine in spiralige Windungen gelegte lange Schlinge vorstellt. Mit der Aenderung der Ernährungsweise geht in den letzten Larvenstadien eine Reduction vor sich, die den Darm wieder auf eine geringere Länge führt. Die Länge des Mitteldarms ist bei den Vögeln gleich- falls nach den Nahrungsverhältnissen beträchtlich ver- schieden. Er zeigt sich in Schlingen geordnet, von denen die erste |Duodenalschlinge ) am meisten ausge- bildet ist und immer die Bauchspeicheldrüse umfasst. Am Mitteldarm der Säugethiere erscheint das ver- Fig. 317. Darmcanalvon schiedene Verhalten der Länge nicht minder in deut- ie Re '% licher Abhängigkeit von den Nahrungsverhältnissen Vorderdarms mit dem und daraus ergeben sich für Fleisch- und Pflanzen- Pharynx. oe Speiseröhre. fresser verschiedenartige Zustände. R u pe Ausser der Längenentfaltung des Mitteldarms bieten sich für die Oberflächenvergrösserung mehr- fache, von der Schleimhaut ausgehende Einrichtungen dar. Während in den unteren Abtheilungen gröbere Faltungen auftreten (Spiralklappe der Selachier), sehen wir bei den Amphibien und Reptilien vorzüglich feine Längsfaltungen der Schleimhaut vorherrschend. Solche bestehen zwar auch noch bei den Vögeln, allein sie zeigen sich als ungleiche Erhebungen, die sogar durch Querfalten verbunden sein können. Feine, in Zickzacklinien angeordnete Falten kommen bei Amphibien und Reptilien vor, und fin- den sich auch am Mitteldarm der Vögel wieder. Bei den Säugethieren herrschen Längsfaltungen der Schleimhaut bei Walthieren; bei den meisten übrigen ist die Schleimhaut glatt, oder erhebt sich in Quer- falten, die sehr allgemein mit Zotten besetzt sind. Bei geringer ent- wickelter Faltenbildung finden sich solche Zotten auch bei Vögeln bedeu- tend entwickelt, während sie bei Anwesenheit von Falten nur kleinere Erhebungen vorstellen. Enddarm. $ 420. Der End- oder Hinterdarm erscheint in den unteren Abtheilungen als der unansehnlichste, nur durch ein kurzes, etwas weiteres Stück vorge- Enddarm. 587 stellte Abschnitt (Fig. 313.r.316.C.c). Einen eigenthümlich drüsigen An- hang besitzt er bei den Selachiern (Fig. 316.0. &). Erst bei den Amphibien empfängt er durch grössere Länge und Weite einige Bedeutung, behält jedoch ebenso wie bei Reptilien einen seiner Kürze entsprechenden geraden Verlauf bei, der ihn als »Rectum« bezeichnen liess. Gewöhnlich wird er vom Mittel- darm durch eine Querfalte oder Klappe geschieden. Ein blinddarmartiger Anhang kommt vielen Reptilien zu, wenig bei Schlangen, mehr bei Eidech- sen entwickelt. Eine grössere Beständigkeit erhalten Blinddärme bei den Vögeln, deren Enddarm gleichfalls noch kurz und gerade gestreckt ist (Fig. 320). Der Blinddarm ist meist paarig vorhanden, und wird nur in einzelnen Familien vermisst (z. B. bei den Spechten, Psittacus u. a.). Die Ausbildung dieser Coeca bietet sehr verschiedene Grade, so dass sie bald ganz kurze papillenartige Anhänge, bald sehr lange Schläuche (Apte- ryx, Hühner, Gänse) vorstellen. Die Längenentfaltung des Enddarms erreicht ihre höchste Stufe bei den Säugethieren, bei welchen dieser Theil als Dickdarm vom engeren Mittel- oder Dünndarm deutlich abgegrenzt erscheint. Seine bedeutendere Länge lässt ihn in Windungen lagern, so dass nur der letzte Abschnitt den geraden Verlauf des Enddarmes der übrigen Wirbelthiere besitzt. Der erstere bildet in der Regel eine von der rechten Seite der Bauchhöhle nach vorne und von da nach links und wieder nach hinten umbiegende, ins Rectum sich fortsetzende Schlinge, welche zuweilen wieder in secundäre Schlingen zerlegt wird. An der Grenze gegen den Dünndarm bestehen gleichfalls Blindsack- bildungen, selten zu zweien (Fig. 318. c. d), meist einfach vorhanden. Die Ausbildung dieses Blinddarmes lässt einen Zusammenhang mit der Nahrung erkennen. Bei Fleischfres- sern ist er kurz und kann sogar gänz- lich fehlen (Ursina, Mustelina); von bedeutendem Volumen tritt er bei Pflanzenfressern auf, wo seine Länge durch jene des Colons compensirt wird. h Fig. 318. Blinddarm und Colon von Lago- Am Blinddarm selbst ergeben mys pusillus. a Dünndarm. b Einmün- sich wiederum Differenzirungen. Das dung des grösseren (c) und des kleineren (d) Ende desselben ist häufig verküm- Blinddarms. ef g Divertikel des Colons. s ee (Nach ParLas.) mert (z.B. bei manchen Prosimiae und vielen Nagern) (Fig. 318.c). Auch bei manchen Primaten, wie beim Men- schen entwickelt sich das anfänglich mit dem übrigen gleichweite End- stück nicht in demselben Maasse wie der übrige Theil, und scheidet sich von dem letzteren, weiter werdenden Abschnitte immer deutlicher ab, bis es endlich einen blossen Anhang desselben, den Appendix vermifor- mis, vorstellt. Der Enddarm öffnet sich anfänglich mit den Harn- und Geschlechts- wegen in einen gemeinsamen Raum, die Cloake. Dieses bei Selachiern, 588 II. 9. Wirbelthiere. Amphibien, Reptilien und Vögeln bestehende Verhalten findet sich bei den Säugethieren nur bei den Monotggmen bleibend, bei den anderen auf em- bryonale Stadien beschränkt. D®f Darm öflnet sich dann mittels des Afters nach aussen. Anhangsorgane des Mitteldarms. $ 421. Mit dem Anfange des Mitteldarms stehen zwei grosse Drüsenorgane in Verbindung, Leber und Bauchspeicheldrüse, beide aus den Wandungen der Darmanlage differenzirt. Bei Amphioxus erscheint ein als Leber zu deutendes Organ in Gestalt eines nahe am Anfange des Nahrungscanals beginnenden, nach vorne ge- richteten Blindschlauches (Fig. 303.f), der eine grünlich gefärbte Epithel- auskleidung besitzt. Ein ähnlicher Zustand findet sich bei den Granioten in den ersten Bildungs- stadien gegeben, wo die Anlage der Leber als eine hinter der Anlage des Magens (Fig. 319. d liegende paarige Ausbuchtung (f, f) des Darm- rohrs erscheint. An ihr betheiligt sich die äussere aus einer Mesodermschichte gebildete, wie auch die Epithelschichte der Darmanlage (Entoderm). Da Reptilien, Vögel und Säugethiere hierin übereinstimmen, wird dieser Zustand als ein fundamentaler zu betrachten sein, derzugleich auf die Formverhältnisse des Leberorgans bei Amphioxus und vielen wirbellosen Thieren (Würmer, Mollusken) verweist. Durch Wucherungen des Darmfaserblattes Be OR aadz has Dern. und Verbindung desselben vorzüglich mit dem canals und seiner Anhangs- vVenösen Abschnitte des Gefässsystems, wie durch gebilde von einem Hunde- gleichzeitige Wucherungen des Darmdrüsenblattes Embryo, von der Ventral- R R 2 fläche dargestellt. a Ausbuch- Entstehen Verhältnisse, welche die Leber der tungen des Darmrohrs nach den Craniota von jener der Acrania sowohl als der ER en oa wirbellosen Thiere unterscheiden. Während die Anlage der Lungen, d.desMa- erste Anlage der Leber als eine Ausbuchtung gens, f der Leber. y Dotte- erscheint, gehen die späteren Differenzirungen 210 kr en, aus Wucherungen des Entoderm hervor, welche darm. (Nach Bıscnorr.) solide, in die Mesodermschichte und den in die- selbe eingebetteten Gefässapparat einwachsende Zellenstränge bilden, und, neue Sprossen treibend, sich schliesslich unter einander netzförmig verbinden. Diese anfänglich soliden Stränge stellen sammt ihren secundären etc. Ausläufern das Leberparenchym her, und lassen mit dem Auftreten intercellulärer, in der Axe der epithelialen Stränge verlaufender Gänge, die Gallenwege hervorgehen. Die beiderseitig Anhangsorgane des Mitteldarms. 589 entstandenen Leberlappen verschmelzen untereinander zu Einem Organe. Die zwei primitiven Ausbuchtungen stellen, nachdem sich die Gallenwege von ihnen aus ins Leberparenchym bildeten, und ins Netzwerk der Zellen- stränge desselben sich fortsetzten, die Ausführgänge der Leber vor. Die auf diese Weise vom Darme differenzirte Leber bildet ein ein- heitliches, meist sehr voluminöses Organ, welches in eine vom vorderen Abschnitt des Darmrohrs zur vorderen Bauchwand tretende Peritonäal- duplicatur eingebettet ist. Bei den Fischen treffen wir die Leber bald nur als eine einzige unge- lappte Masse, bald aus zwei oder mehr Läppen besteherd. Zwei grössere Abschnitte besitzt sie bei den Amphi- bien ; einfach ist sie meist bei den Schlan- gen, und nur am Rande gekerbt bei Sauriern, bei Grocodilen und Schild- kröten wieder in zwei Lappen getheilt, die bei den letzteren weit auseinander gerückt durch eine schmale Querbrücke vereinigt werden. Die Andeutung zweier Lappen bildet bald mehr, bald minder auch bei den Säugethieren die Regel. Zwar sind bei Garnivoren, Nagern, eini- gen Beutelthieren, Affen und Anderen, mehrlappige Formen vorhanden, diese lassen sich aber auf zwei grössere Haupt- lappen zurückführen. Im Verhalten der Ausführgänge ‚Ductus hepato-enterici) ergeben sich zahlreiche in Bezug auf die ursprüngliche Duplieität dahin aufzufassende Modifica- tionen, dass entweder der erstere Zu- stand fortbesteht, oder dass die beiden Ausführgänge allmählich mit einander verschmelzen, d. h. sich vom Darme her un Einem ‚Gange umwandeln 2 oder dass Fig. 320. Darmcanal von Arde’a cine- endlich eine Rückbildung der primären ea. i Oesophagus mit Kropf. pv Drü- Ausführgänge erfolgt, wobei CGanäle 1 U EIER RED: N PN secundärer Ordnung zu Ausführgängen ®, , guddarm. c Stück eines der werden, die dann in grösserer Anzahl beiden Blinddärme. cl Cloake mit Bursa vorkommen (bei Eidechsen und Schlan- Fabricii. h Leber. dh Ductus hepato- & ri = enterieus. f Gallenblase. p Bauch- gen). An diesen Ausführgängen findet speicheldrüse. dp Ductus pancreaticus. sich eine einseitige blindsackartige Aus- buchtung, die Gallenblase (Fig. 320. f), und zwar in sehr mannich- fachen Beziehungen und keineswegs als constantes Gebilde. Die Bauchspeicheldrüse entsteht auf eine ähnliche Weise wie die Leber, aus einer hinter der Anlage der letzteren sich bildenden Aus- 590 II. 9. Wirbelthiere. buchtung der Darmwand. Die Epithelschichte der Darmanlage bildet Wucherungen, aus welchen Sie Knospung die Drüsenläpp - chen mit ihren Ausführgängen eMfstehen, indess der Ductus pancreaticus aus der ersten Anlage der Drüse hervorgeht. Dieses nur in einzelnen Ah- theilungen der Fische vermisste, immer dem Anfange des Mitteldarms oder auch dem Magen benachbart gelegene Organ verbindet seinen Ausführ- gang häufig jenem der Leber, oder senkt ihn mit jenem in den Darmcanal ein. Nicht selten kommen zwei Ausführgänge vor (Schildkröten, Croco- dile, Vögel ‘Fig. 320) und einige Säugetbiere), von denen einer in der Regel mit dem Ductus hepato-enterieus verbunden ist. Mesenterium. $ 422. Mit der Bildung des Darmcanals entsteht die ihn überkleidende Peri- tonealduplicatur, durch welche er an die hintere Bauchwand befestigt wird. Diese den Darm umfassende Doppellamelle stellt das Mesente- rium vor, von dem der zum Magen tretende Abschnitt als Mesogastrium bezeichnet wird. Letzteres schlägt sich aber nicht einfach um den Magen, wie das Mesenterium des grössten Theils des Mitteldarmes, sondern geht mit seinen beiden Lamellen von dem Magen in eine zur vordern Bauch- wand sich fortsetzende Doppellamelle über, die erst an letzterer Stelle wieder mit dem Peritoneum der Bauchwand zusammenhängt. In dieser Fortsetzung des Mesogastriums zur vorderen Bauch wand ist die Leber auf- getreten, welche dadurch nicht nur gleichfalls einen Peritonealüberzug erhält, sondern auch durch denselben sowohl mit dem Darmrohr (speciell dem Magen und dem Anfange des Mitteldarms), wie mit der ventralen Wandung der Leibeshöhle in Zusammenhang sich findet. So lange das Darmrohr seinen ursprünglich geraden Verlauf behält, sind auch die Ver- hältnisse des Mesenteriums einfach, und Besonderheiten werden nur durch theilweise Resorption grösserer Strecken desselben, z. B. bei Fischen, her- vorgerufen. Auch die Volumentfaltung der Leber bedingt Veränderungen an der vom Magen zur vorderen Bauchwand tretenden Duplicatur, die als Verbindungsstück mit dem Magen als kleines Netz bezeichnet wird. Ihr vorderer zur Leibeswand tretender Abschnitt stellt das Ligamentum sus- pensorium der Leber vor. Andere Veränderungen werden durch die Be- ziehung zum Zwerchfell, durch Krümmung des Magens und durch die Ver- längerung des Mitteldarms hervorgerufen, welch’ letztere das Mesenterium in krausenartige Falten legt (Gekröse). Diese Verhältnisse treten bereits bei Fischen auf und zeigen sich noch einfach bei Amphibien, dann bei den Schlangen und Eidechsen, bei Schildkröten und Grocodilen besonders durch Veränderung der Lage und Form des Magens modificirt. Am bedeutendsten sind die Veränderungen des Mesogastriums der Säugethiere. Mit einer Lageveränderung des Magens wächst es in einen weiten Sack aus (Bursa omentalis), der entweder über die Schlingen des Mesenterium. 591 Mitteldarms herabhängt, wie bei den meisten Säugethieren, oder den Ma- gen theilweise umhüllt (Wiederkäuer). Das Mesenterium des Enddarms bleibt bei den Wirbelthieren mit kurzem Enddarm in seinem primitiven Zustande. Bei der bei den Säuge- thieren stattfindenden Längenentfaltung der als Colon bezeichneten Strecke des Enddarmes folgt das Mesenterium als Mesocolon mit, und rückt zu- gleich mit einem Abschnitte gegen die Wurzel des Mesogastriums empor, so dass beide dicht bei einander entspringen. Von da aus gehen nun bei den Primaten allmählich Verbindungen des Mesocolons mit der hinteren Doppellamelle des Mesogastriums vor sich, die mit der beim Menschen bestehenden Aufnahme eines Theiles des Colon (C. transversum) in die hintere Wand des Netzbeutels abschliessen. Zugleich verwächst die vordere und hintere Wand des Netzbeutels, wodurch das somit aus 4 Peritonäal- lamellen zusammengesetzte Omentum majus entsteht. Pneumatische Organe des Darmrohrs $ 423. Wie für Alles von aussen her Aufzunehmende das Darmrohr die Bahn bietet: für das zur Athmung dienende Wasser, ebenso wie für die im Organismus als Nahrung zu verwertbenden Substanzen, so vermag der Darmtract auch Luft aufzunehmen, die in besonderen von ihm aus diffe- renzirten, also Theile des primitiven Darmrohrs darstellenden Räumen gesammelt wird. Diese Aufnahme von Luft hat wenigstens ein zeitweiliges Emporsteigen zur Wasseroberfläche zur Voraussetzung, und bildet damit eine nicht unwichtige Uebergangsstufe von den ausschliesslich auf das Leben im Wasser angewiesenen Zuständen zu solchen, die auch ausser- halb dieses Mediums zu leben im Stande sind. Die mit der Aufnahme von Luft entstehenden Apparate werden als Schwimmblasen bezeichnet. Welcher Art die praktische Bedeutung dieser Organe für den Gesammtorganismus ist, ist noch unbestimmt, doch werden sie bei ihrer grossen Verbreitung als wichtige Theile angesehen werden müssen. Die Anordnung luftführender Räume im Körper im Wasser lebender Thiere kann nicht ohne Einfluss auf die specifischen Ge- wichtsverhältnisse des Körpers bestehen, daher wird die Annahme einer hydrostatischen Function für jene Organe begründet. In diesem Verhalten tritt mit Aenderung der Kreislaufsverhältnisse eine wichtige Umwandlung ein. Die Organe fungiren respiratorisch, in- dem die in ihnen befindliche Luft mit dem der Wand des Organes zuge- führten Blute einen Gasaustausch eingeht, so dass sauerstoffreicheres Blut abgeführt wird. Damit tritt das Organ in die Reihe der Athmungsorgane und wird Lunge benannt. Bei einem solchen Umwandlungsprozesse hat man sich den Ausgang nicht in einer Umgestaltung des Blutgefässappa- rates vorzustellen, sondern vielmehr in dem Beginne eines Austausches der Gase zwischen dem Blute der Wandungen des Organs und der in 599 II. 9. Wirbelthiere. letzterem enthaltenen Luft. Ein solcher muss eintreten, sobald das zuge- führte Blut minder Rn ist als die Luft des Organs. Erst daran werden sich die Veränderungefdles Gefässapparates knüpfen. Die pneumatischen Apparate des Darmrohrs sondern sich also in zwei functionell ausserordentlich verschiedene, aber morphologisch homologe Organreihen, deren jede für sich zahlreiche Differenzirungen eingeht. a ASchwimmblase. $ 424. Dieses Organ fehlt bei Amphioxus wie bei den Cyclostomen. Bei einigen Haien (Galeus, Mustelus, Acanthias) findet sich ein dorsal in den Schlund mündendes Divertikel der Wandung, welches als Rudiment einer Schwimmblase betrachtet werden darf. Den Ganoiden kommen Schwimm- blasen allgemein, den Teleostiern in grosser Verbreitung zu. Prüfen wir die bei Ganoiden bestehenden Einrichtungen näher, so treffen wir sie als einfache oder als paarige Säcke, die mit dem Schlunde durch einen kür- zeren oder längeren Luftgang in Verbindung stehen. Der Luftgang mündet an der oberen Wand des Vorderdarms aus, meist an derselben Stelle, wo bei den Selachiern der kurze Blindsack sich vorfindet. Sehr weit nach hinten ist die Ausmündung bei Acipenser gelegt, dessen Schwimmblase sich mit dem Magen verbindet. Bei Polypterus treffen wir eine paarige Schwimmblase (Fig. 321 A) mit Ausmündung an der ventralen Wand des Oesophagus, und bei Lepidosteus ist die dorsal gela- gerte, äusserlich einfache Blase durch sie durchsetzende Trabekel in zwei Längshälften getheilt, deren jede durch zahlreiche Vorsprünge und Balken wieder in kleinere zellige Hohlräume zerfällt, womit sie eine bedeutende Vergrösserung ihrer Innenfläche darbietet. Auch bei Amia ist die zel- lige Schwimmblase durch eine Falte getheilt und läuft vorne in zwei kurze Hörner aus. Die Ausmündung in den Darm geschieht bei den 3 letzterwähnten Ganoiden mit einem kurzen, etwas engen Ductus pneuma- ticus, der zu einer Längsspalte führt. Wir finden also bereits bei den Ganoiden eine Mannichfaltigkeit in dem Verhalten der Schwimmblase, welche Zustände aus dem Verhältniss der nur auf wenige lebende For- men beschränkten Abtheilung beurtheilt werden müssen. Bedeutungsvoll ist es, dass in den verschiedenen Zuständen der Schwimmblase der Ga- noiden alle wesentlichen Einrichtungen erkennbar sind, welche das Or- gan bei den Teleostiern noch als Schwimmblase, bei den höheren Wir- belthieren als Lunge zeigt. Der Luftgang erscheint in einer Abtheilung der Teleostier persistent 'Physostomen), bei anderen tritt er als vorübergehende Bildung auf, in- dem er nach der Entwickelung der Schwimmblase wieder verschwindet ‚Physoelysten), und endlich ist bei vielen die Bildung der Schwimmblase gänzlich sistirt. Dieses letztere Verhalten ist übrigens selbst innerhalb Pneumatische Organe des Darmrohrs. 593 einzelner Genera variabel. Von der Gattung Scomber z. B. besitzen einige Arten eine Schwimmblase, anderen fehlt sie. Die Verbindung des Luftganges mit dem Darm zeigt bedeutende Ver- ‘schiedenheiten. Die Einmündung kann sowohl oben als seitlich geschehen, und zwar an allen Abschnitten des Vorderdarms vom Schlunde an bis zum Ende des Magens. Bezüglich der Formverhältnisse besteht eine ausserordentliche Mannichfaltigkeit. Eine Quertheilung in zwei hinter einander liegende Ab- schnitte, von denen der letztere den Luftgang ab- sendet, besteht bei den Cyprinoiden (vergl. Fig. 304 mn). Bei Anderen kom- men seitliche Ausbuchtun- gen vor, die in einfache oder ramificirte Fortsätze übergehen können (Fig. 321 B. C.a). Bei den Phy- sostomen ist der häufig sehr enge und lange Luft- gang wenig geeignet Luft e.nzuführen und bei den Physoclysten kann von einer solchen Luftaufnahme er j e a B Fis. 321. Verschiedene Formen von Schwimmblasen. A von ohnehin keine Rede sein, Polypterus bichir nach J. MürLrLer. B von Johnius Die Luft der Schwimm- 1lobatus. C von Corvina trispinosa nach Cuvier und blase wird daher bei den VALENCIENNES. a Anhänge der Schwimmblase. b Mündung. Physoelysten als von den Wandungen der Blase abgeschieden aufgefasst werden müssen, und bei vielen Physostomen wird der Luftgang nur zu einem zeitweisen Auslassen dieser Luft dienen können. Die Wandung des Organes bietet in ihrer Textur ähnliche Verhältnisse wie die Darmwand, doch ergeben sich manche eigenthümliche, für unsere Zwecke unter- seordnete Differenzirungen. Dahin gehören auch die verschiedenen An- passungen der Schwimmblase an andere Apparate, wie z. B. die Verbin- dung mit dem Hörorgane bei vielen Physostomen (vergl. oben S. 559). Die Umwandlung der Schwimmblase in eine Lunge ist bei den Dipnoi vor sich gegangen. Wenn das Organ auch in seinen äusserlichen Verhältnissen noch mit einer Schwimmblase übereinstimmt, so ist durch das Auftreten zuführender Venen und abführender Arterien eine wesent- liche Aenderung aufgetreten, die von nun an dasselbe als Athmungsorgan erscheinen lässt. Bei Ceralodus, wo es wohl nur zeitweise als Lunge fun- girt, wird es noch durch einen einheitlichen, nur mit der Andeutung einer Längstheilung versehenen, in der ganzen Länge der Leibeshöhle dorsa! gelagerten Sack gebildet, bei Lepidosiren und Protopterus ist es in zwei llälften getheilt. Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 38 (4 594 Il, 9. Wirbelthiere, b Lungen. 25. Mit der Ausbildung der respiratorischen Form des aus der primitiven Darmwand gesonderten pneumatischen Anhangsorganes begegnen wir einer allmählichen Differenzirung des dem Ductus pneumatieus entspre- chenden Theiles, der die Luftwege hervorgehen lässt. Sie vermitteln die Communication der Lunge mit dem Pharynx, und gliedern sich in mehrere mit neuen Functionen ausgestattete Abschnitte, unter denen ein stimmerzeugender Apparat die hervorragendste Rolle spielt. Die Lungen selbst erscheinen als paarige Organe. Diese Duplicität beruht jedoch we- niger auf einer Weiterbildung der bei vielen Schwimmblasen angedeuteten oder auch ausgebildeten Theilung, als vielmehr auf der Entwickelung des Organes in Anpassung an seine Lage. Die stets ventrale Verbindung mit dem Pharynx macht begreiflich, dass ein von hier aus sich entfaltendes, luftführendes Organ, indem es eine gleichmässige Ausdehnung gewinnt, diese nach beiden Seiten ausbildet. Die Füllung mit Luft muss beide Hälften eine dorsale Lage anstreben lassen, und daraus resultirt mit Nothwendigkeit die Entstehung zweier völlig von einander getrennten Lungen, die nur durch die ventralen Luftwege unter einander verbunden sind. Für die Differenzirung der Luftwege haben wir als Ausgangspunkt einen kurzen, weiten, beide Lungen mit dem Pharynx verbindenden Canal. Dieser entfaltet bei grösserer Längenentwickelung in seinen Wandun- gen knorpelige Stützorgane und spaltet sich in zwei zu den Lungen führende Aeste. Alsdann ist an den Luftwegen ein paariger und ein unpaariger Abschnitt zu unterscheiden. Als Stützorgane dieser bei den Amphibien meist sehr Kurzen Canäle erscheinen zwei seitliche Knorpelstreifen (Fig. 322. A. a), die auf den Anfang der Lungen (b) sich fortsetzen (Proteus) ; bei Anderen (B) gliedern sich die oberen Enden (a) dieser beiden Stücke ab und bilden die Grundlage für einen besonderen Abschnitt, den wir nunmehr mit der Ver- richtung der Stimmerzeugung betraut sehen und als Kehlkopf (Larynx) bezeichnen. Dadurch ist also ein Fig. 322. Knorpel des Keblkopts Jheil von den übrigen Luftwegen different bei Amphibien und Reptilien. 4 geworden. Während die letzteren in dem un- VAREL el MO Ben paaren Abschnitte, der Trachea, und in dem Python. a Stellknorpel (Carti- paarigen, den Bronchen, mehr gleichartige Ver- Be hältnisse darbieten, ergeben sich für den Kehl- ae HELEN Ananas. Kopf bedeutendere Verschiedenheiten. — Bei tes der Luftwege bildend, bi» den Amphibien bilden jene beiden als Stell- blos vom Anfange des unpaaren kmorpel bezeichneten Knorpel (a) eine Stütze Abschnittes (der Trachea) darge- t ® N. + stellt. (Nach HExtLe.) für zwei den Eingang zum kehlkopf be ii Pneumatische Organe des Darmrohrs. 595 schliessende Falten. Die durch Muskeln bewirkte Lageveränderung der Knorpel bedingt Oeffnung oder Schliessung des Eingangs zum Kehlkopfe. Sie sind daher auch functionell von grösserer Bedeutung als die mehr in- difierenten als Stützen sich verhaltenden Theile. Jene Stellknorpel ruhen auf den vorderen Enden der beiden Längsknorpelieisten, welche bei Anderen durch quere, gegeneinander gerichtete Fortsätze ventralwärts sich verbinden und so bei vielen Amphibien einen unpaaren Abschnitt des Stimmladengerüstes entstehen lassen (C. c). Bei den Reptilien ist zwar die transversale Verbindung der beiden Längsleisten vollständiger, allein durch den contlinuirlichen Zusammen- hang derselben mit den Stellknorpeln wird besonders bei manchen Schlan- gen der niedere Zustand ausgedrückt. Bei Anderen ist die Ablösung jener Knorpel (D. a) vor sich gegangen. Auch bei Sauriern besteht dies Verhalten, nur dass hier der die Stellknorpel tragende Abschnitt sich zu einem meist geschlossenen Ringe umgeformt hat. Dadurch wird ein zwei- ter Theil des Kehlkopfs als ringförmiger Knorpel unterscheidbar, der be- reits bei den Amphibien (C. ce) in Bildung begriffen ist. Bei Schildkröten und Crocodilen ist dieser schärfer vom Trachealskelet abgesetzt und er- scheint mit seinem Vordertheile in beträchtlicher Verbreiterung. Nicht selten geben sich Andeutungen einer Zusammensetzung aus mehreren Knorpelringen an ihm zu erkennen. Bei den Vögeln wird dieses ringför- mige Stück aus einem vorderen breiteren und zwei hinteren schmalen Theilen zusammengesetzt, auf welch’ letzteren noch ein kleines aulsitzt, welches die Stellknorpel trägt. Bei den Säugethieren endlich ist das grosse Ringstück der Reptilien in zwei Abschnitte getheilt, indem die vordere hohe Platte den Schild- knorpel (Cart. thyreoides) vorstellt, während ein zweites, vorzüglich hin- ten sehr massives Stück ringförmig bleibt (Cart. cricoides) und an seinem hinteren höheren Abschnitte die Stellknorpel (Cart. arytaenoides) trägt. $ 126. Diesem Kehlkopfskelet verbinden sich noch andere mehr oder min- der zur Stimmerzeugung dienende Theile. Von solchen sind lateral im Eingange des Kehlkopfs gelagerte Schleimhautfalten bemerkenswerth, die bei straffer Ausspannung und Entfaltung von elastischem Gewebe zu Stimmbändern werden. Sie fassen eine Spalte zwischen sich, die Stimmritze, welche durch die Befestigung der Stimmbänder an den be- weglichen Stellknorpeln veränderlich ist. Stimmbänder finden sich bei den meisten Anuren und unter den Sauriern (Geckonen und Chamäleonten), dann bei den Crocodilen. Den Schlangen fehlen sie. Bei den Vögeln liegt der Stimmapparat in dem unteren Abschnitte der Luftiwege, dem sogenannten unteren Kehlkopf, welcher Einrichtung der Stimmbandmangel im eigentlichen Kehlkopfe entspricht. Unter den Säuge- thieren nur bei den Walthieren rückgebildet, bieten sie im Wesentlichsten Anschlüsse an die beim Menschen bekannten Einrichtungen. 38 * 596 ll. 9. Wirbelthiere. Mit der Differenzirung einzelner Knorpelstücke aus dem ursprüng- lichen Laryngotrachealknorpel trgjen gesonderte Muskeln zur Bewegung der frei gewordenen Abschnitte AM. Diese sind bei den Reptilien durch einen Verengerer und Erweiterer vertreten, die auch mit einigen Modi- fieationen bei den Vögeln vorkommen. Die Säugethiere bieten eine aus einer Differenzirung der bei Reptilien einfacheren Muskulatur hervorgegangene Complieation dar, die theils in der Zahl, theils in der Anordnung der Mus- keln sich ausspricht. Im Wesentlichen entsprechen sie jenen des Menschen. Eine den Eingang zum Kehlkopf von vorn her überragende Vorsprungs- bildung, Kehldeckel oder Epiglottis, ist bei Reptilien nur durch einen vom Stützknorpel ausgehenden, zuweilen nicht unansehnlichen Fortsatz ange- deutet. Er kommt auch bei Vögeln sehr entwickelt vor. Doch besitzen manche derselben eine besondere Epiglottis, deren Knorpel mit dem Stütz- knorpel nur durch Naht verbunden ist. Diese Einrichtungen vermögen aber niemals den Eingang zum Kehlkopf vollständig zu decken. Vollstän- «dig getrennt ist der Epiglottisknorpel bei den Säugethieren, wo er einen heim Vorbeigleiten des Bissens über den Eingang zum Kehlkopf sich legen- (len Schutzapparat bildet. Bei den Sirenen erfährt er eine Rückbildung, während er bei den Walfischen zu einem langen rinnenförmigen Stücke umgestaltet ist, das mit den gleichfalls verlängerten Stellknorpeln einen an die innere Nasenöflnung emporragenden Kegel bildet, durch welchen die Aufnahme und Ausströmung der Luft erfolgt. Der vom Kehlkopf beginnende Abschnitt der Luftwege sondert sich bei einem Theile der Amphibien deutlicher in die Trachea und ihre beiden Aeste, die Bronchi, welche letztere unmittelbar in die Wandun- zen der Lungensäcke übergehen. Dahin erstrecken sich auch die Enden der Laryngotrachealknorpel bald als feine Ausläufer (Menobranchus, Me- nopoma), bald als breitere, seitliche Fortsätze aussendende Stücke (Bufo . Indem am vorderen Ende jener Leisten die Queräste gegeneinander wach- sen (vergl. Fig. 322. C. b), stellen sich die Anfänge von Knorpelringen dar. Solche sind an der meist langen Trachea der Reptilien entwickelt, bald ungeschlossen, bald vollständig geschlossen. In der Verbindung der Ringe unter sich vermittelst Längsleisten wird bei Schlangen und Sauriern eine Spur des primitiven Verhaltens angedeutet. Die Trachea der Vögel ist immer durch beträchtliche Länge ausge- zeichnet und bietet die Sonderung der meist vollständig geschlossenen Ringe in ausgedehnterem Maasse. Denselben Bau besitzen die beiden Bronchi. An einzelnen Stellen finden sich an der Trachea nicht selten Er- weiterungen (Schwimmvögel), sowie auch Abweichungen vom geraden Verlaufe bei manchen Vögeln vorkommen. So bei Penelopiden, manchen Schwänen und beim Kranich. Bei den letzteren wird eine Trachealschlinge sogar vom Brustbein umschlossen. Am eigenthünnlichsten erscheint die den Garinaten zukommende Bil- dung eines unteren Kehlkopfes (Syrinx,, an welchem in der Regel das Ende der Trachea und die Anfänge der Bronchi betheiligt sind. Die Pneumatische Organe des Darmrohrs. 597 Formveränderungen dieser Abschnitte bestehen in einer seitlichen Gem- pression, oder in der Verschmelzung einiger Ringe des Trachealendcs, welches durch eine vom Theilungswinkel der Bronchi vorspringer.de knöcherne Leiste (Steg oder Bügel) halbirt wird und die Trommel bildet. An der medialen Fläche beider Bronchen ist bis zum Bügel eine Membran wie in einem Rahmen ausgespannt (Membrana tympaniformis interna). Zwischen dem letzten Tracheal- und dem ersten Bron- chialringe oder auch zwischen einem Paare von modificirten Bronchialringen spannt sich die Membrana tympaniformis externa aus. Blasenförmige, asymme- trische Erweiterungen der Trommel fin- Fig. 323. Unterer Kehlkopf. Singmuskel- den sich mannichf..ltig bei den Männchen upparat des Raben. A von der Seite, B der Anatiden. Bei den Singvögeln tritt von vornegesehen. a —f Muskeln zur Be- noch eine vom Bügel sich erhebende Falte """? 1° a a hinzu, die Menbrana semilunaris. Durch ie an beiden Bronchen vorhandenen Stimmmembranen, elastischen Falten der Schleimhaut, wird eine doppelte Stimmritze begrenzt. Die Thätigkeit einer besonderen Muskulatur ändert sowohl den Spannungszustand der Stimmbänder mannichfach und verengert oder erweitert zugleich die Stimmritzen. Mehrere Paare in die Luftröhre tretender Muskeln wirken als Niederzieher der ersteren und erschlaffen die Stimmbänder. Ausser diesen findet sich noch ein aus 5 bis 6 Paaren gebildeter Muskelapparat (Fig. 323 a—f), der Singvögel auszeichnet. $ 427. Die an den Enden der Luftwege beginnenden Lungen erscheinen von den Amphibien an als Athmungswerkzeuge der höheren Wirbel- thiere. Sie sind das nicht sofort ausschliesslich, da bei allen Amphibien entweder während des Larvenzustandes oder auch bleibend (Perenni- branchiaten) noch Kiemen bestehen. In ihrem anatomischen Verhalten bieten die Lungen eine Reihe ähnlicher Differenzirungen wie die zu ihnen führenden Luftwege. An die Stelle einfacher Säcke treten allmählich complicirte Organe, in denen die respiratorische Fläche durch Bildung kleinerer Binnenräume fortschreitend vergrössert wird. Unter den Amphibien schliessen sich die Lungen vollständig jenen der Dipnoi an; bei den Perennibranchiaten bietet ihr Inneres nur wenig Oberflächenvergrösserungen. Einfache, sehr lange, vorne wenig erwei- terte, dagegen mit einer Erweiterung endende Schläuche stellen sie bei Proteus und Menobranchus vor. Bedeutender sind die maschenförmigen Vorsprünge an den Wänden der Lunge von Gryptobranchus, sehr gering >98 II. 9. Wirbelthiere. dagegen bei Triton. Auch bei anderen Salamandrinen ist dies noch häufig der Fall, dagegen ist Dr Anuren eine Sonderung in kleinere Räume durch ein reiches MaseMennetz aufgetreten. Die Lunge wird dadurch geeignet, eine grössere Blutmenge dem Austausch der Gase aus- zusetzen. Dieses Verhältniss steigert sich bei den Reptilien. Obgleich viele ‘die meisten Saurier) sehr einfache Lungen besitzen, so ist doch sowohl bei Schlangen als bei Grocodilen und Schildkröten jede Lunge in eine Anzahl grösserer Abschnitte getheilt, die wieder in kleinere mehr- [acher Ordnung zerfallen. Bei den Schlangen zeigen die Lungen durch ihre lange Gestalt eine Anpassung an die gestreckte Körperform , auf welche auch die in verschiedenem Masse erscheinende Verkümmerung je einer Lunge bezogen werden muss. Die Verlängerung der Lunge ist von der Ausbildung einer Eigenthümlichkeit begleitet, dass nämlich der letzte meist beträchtlich ausgedehnte Abschnitt der Lunge unter Vereinfachung seines Baues nicht mehr respiratorisch ist. Solche aus der Athmungs- function tretende Abschnitte kommen auch bei Sauriern vor. Wie auch bei den Schlangen ist es hier der vorderste über die Verbindungsstelle mit den Luftwegen hinausragende Theil der ein dichteres Maschenwerk trägt, während das hintere Ende nur geringe Binnenflächenvergrösserungen aufweist. Von diesem Abschnitte gehen bei den Chamäleonten besondere Blindschläuche aus, die weit in die Leibeshöhle einragen. Sie deuten eine Einrichtung an, welche bei den Vögeln andere functionelle Be- ziebungen gewinnt. Hier entstehen während der Embryonalperiode gleichfalls zipfelför- mige Verlängerungen an der Oberfläche der Lunge, die sich aber mit an- deren Organen in Verbindung setzen und luftführende Hohlräume bilden. Dieser pneumatische Apparat wird schliesslich aus häutigen, zwischen die Eingeweide eingebetteten Säcken oder in die Skelettheile eindringenden Schläuchen dargestellt. Im letzteren Falle treten an die Stelle des schwindenden Knochenmarks lufthaltige Räume, welche eine bleibende Verringerung des specifischen Gewichtes des Thieres bedingen. Ebenso entsteht durch die Füllung der zwischen die Eingeweide gelagerten Sicke eine vom Willen des Thieres abhängige Gewichtsminderung, welche wie die erstere das Flugvermögen unterstützt. Bezüglich des feineren Baues wird für die Lunge der Vögel eine Verbindung der feinsten Räume unter einander angegeben. Das Lun- senparenchym besitzt eine spongiöse Beschaffenheit. Bei den Säugethieren ist der lappige Bau auf die kleinsten Abschnitte der Lunge fortgesetzt und gibt sich auch äusserlich in grösseren Lappen zu erkennen. In der Lagerung der Lungen ergeben sich bedeutendere Eigenthüm- ‘ichkeiten, Die Lungen der Amphibien sowie der Eidechsen und Schlan- gen ragen in die Leibeshöhle. Jene der Schildkröten und Vögel sind an die dorsale Wand des Thorax gelagert und werden an ihrer vorderen Fläche vom Peritonaeum überkleidet. Bei den Grocodilen liegt jede Lunge ın einem serösen Sacke, von dem sie einen Ueberzug erhält. Aehnlich Leibeshöhle. 599 verhalten sich die Säugethiere, deren Lungen, mit einem Pleuraüberzuge bedeckt, die seitlichen Hälften der Brusthöhle einnehmen. Leibeshöhle. $ 428. Bei allen Wirbelthieren trifft sich im Anschlusse an das Verhalten zahlreicher Wirbellosen die Sonderung eines den Rumpfdarm umgeben- den Hohlraumes, welcher durch Spaltung des mittleren Keimblattes her- vorgeht. Es ist also eine im mittleren Keimblatte auftretende Höhle, welche nach Maassgabe ihrer Ausbildung das Darmdrüsenblatt und die von ihm aus differenzirten Organe von den aus dem äusseren Keimblatte entstandenen Theilen trennt. Die Beschränkung dieses Sonderungsvor- sanges auf den Rumpftheil des Leibes scheint mit der Kiemenspaltenbil- dung am Kopfdarme in Zusammenhang zu stehen, indem letztere einer Annäherung jenes Vorganges nach vorne zu, wenigstens lateral eine Grenze setzt. Wie bei Wirbellosen stellt das Gölom eine einem Abschnitte des Gefässsystems zugetheilte Räumlichkeit dar, insofern sie mit dem Iymph- führenden Abschnitt desselben in Zusammenhang steht. Auch die bei vielen Wirbellosen bestehende directe Communication nach aussen fehlt nicht ganz, wenn sie auch nicht mehr in bedeutendem Maasse entwickelt ist. Sie findet sich in dem in der Nähe der Analöffnung gelegenen meist paarigen Porus abdominalis, der bei Gyclostomen, aber auch noch bei Gnathostomen vorkommt, wie bei den Selachiern, Chimären, bei Ge- ratodus, vielen Teleostiern, und in den Peritonealcanälen der Crocodile sein letztes, bei Schildkröten nur andeutungsweises Erscheinen findet. Auch ein offener Zusammenhang der Leibeshöhle mit dem excretorischen Apparat ist beachtenswerth, insoferne auch dadurch an niedere Zustände angeknüpft wird |s. Excretionsorgane). Die gesammte Innenfläehe des Cöloms besitzt eine Auskleidung von einer Epithelschichte, die an einer bestimmten Strecke besonders entfaltet das Keimepithel vorstellt. Von ihm aus geschieht die Sonderung der weib- lichen Keimdrüsen. Im vorderen Abschnitte des Cöloms ist in den nie- deren Abtheilungen Flimmerepithel an bestimmten Stellen verbreitet. In Verbindung mit einer unterliegenden Bindegewebsschichte constituirt das Epithel des Cöloms eine besondere Membran, das Peritonaeum, wel- ches sich von der Wandung her {als parietales Blatt) auf die im Raume des Göloms liegenden oder in ihn einragenden Theile (Eingeweide) fort- setzt und dieselben gleichfalls überkleidet (viscerales Blatt). Bei den Anamnia ist das Cölom eine einheitliche CGavität, und er- scheint ebenso noch bei den meisten Reptilien, doch ist bereits bei Groco- dilen die Scheidung eines vorderen Abschnittes vom hinteren angebahnt. Bei den Säugethieren ist sie vollzogen. Der Zwerchfellmuskel trennt den hinteren Abschnitt des Cöloms als Bauchhöhle von einem vorderen, der die beiden Lungen enthält, und durch eine mediane, auch den Herzbeutel 00 II. 9. Wirlelthiere. enthaltende Scheidewand in zwei seitliche, die Lungen umschliessen.e !lilften (Pleurahöhlen) getrennt ww C Gefässsystem. $ 429. Die ernährende Flüssigkeit der Wirbelthiere bewegt sich in abge- schlossenen CGanälen mit selbständiger Wandung und nur selten nimmt diese Bahn einen lacunären Charakter an. Dadurch unterscheidet sich die Bahn von jener der Mollusken, schliesst sich aber enger an die bei Wür- inern bestehenden Verhältnisse an. Ihre Hohlräume bilden ein System von Ganälen, ein Gefässsystem. Die Entstehung desselben knüpft ans mittlere Keimblatt an, sowie denn auch die Derivate desselben wesentlich die Träger der Gefässe sind. Die Hauptstämme besitzen eine mediar.e Lagerung und verzweigen sich nach der Gliederung des Körpers, in der allgemeinsten Anordnung an manche Einrichtungen Wirbelloser erin- nernd. Diese Beziehungen kann man in dem Verhalten der Längsstämme zum respiratorischen Abschnitte des Darmcanals noch weiter begründet finden. Eine bedeutende Verschiedenheit tritt mit der Ausbildung eines Gentralorgans für die Blutbewegung auf. Während dieses bei Arthropo- len und Mollusken wie bei den meisten Würmern aus dem Dorsalgefäss oder einem Theile desselben entsteht, sehen wir es bei den Wirbelthieren aus einem ventralen Abschnitte gebildet. Die Duplieität der ersten Anlage des Herzens, wie sie bei höheren Wirbelthieren erkannt wurde (Kanin- chen), kann nicht auf irgend einen bestimmten Gefässapparat bezogen werden, da uns ein solcher jenem ähnlicher nicht bekannt ist. In den beiden grossen Gruppen der Wirbelthiere bieten sich bezüg- lich der Bewegungscentren der ernährenden Flüssigkeit bedeutende Ver- schiedenheiten dar, so dass wir den bei Amphioxus vorhandenen Appaı at von jenem der Craniota trennen müssen. Bei dem ersteren erscheinen alle grösseren Gefässstämme contractil und erinnern dadurch an die bei Würmern bestehenden Einrichtungen. Die Fortbewegung des Inhaltes des Gefässsystems wird an vielen Stellen gefördert, ohne dass eine vor der andern bevorzugt wäre. Bezüglich der Anordnung dieser Gefässe ergibt sich Folgendes: Unter dem respiratorischen Abschnitte des Darm- canals zieht ein in regelmässigen Abständen Aeste zum Kiemengitter ent- sendender Längsstamm hin, diese Aeste sind Kiemenarterien. Sie samı- meln sich in einen über den Kiemen gelagerten Stamın, die Aorta, von wo aus weitere Vertheilungen im Körper vor sich gehen. Jede Kiemen- arterie besitzt an ihrem Ursprunge in einer contractilen Anschwellung eine herzartige Bildung. Das vorderste Paar der Kiemenarterien läuft in zwei den Mund umziehende, ebenfalls contractile Bogen aus und verbin- det sich zum Anfang jener Aorta. Von diesem Gefässstamme aus findel eine Vertheilung von arteriellen Blutgefässen in den Körper statt. Gefässsystem. 601 Die Kenntniss dieser die Blutflüssigkeit vertheilenden Bahnen ist noch wenig sicher und ebenso bedürfen die rückführenden Gefässe noch einer genaueren Untersuchung. Das Vorkommen contractiler Strecken auch an diesem Abschnitte des Gefässsystems scheint jedoch festzustehen. Jeden- falls bietet der gesammte Apparat nur ganz im Allgemeinen Anknüpfungs- punkte mit dem Gefässsystem der Granioten, und ist vielmehr der Aus- druck der auch sonst zwischen beiden Abtheilungen bestehenden Kluft. Die Blutflüssigkeit von Amphioxus ist farblos, und führt sehr kleine, indifferente Zellen als Formbestandtheile. $ 130. Die Granioten besitzen im Herzen ein einheitliches Organ für die Be- wegung der ernährenden Flüssigkeit, und sind überdies noch durch eine Differenzirung der Kreislaufbahnen ausgezeichnet. wodurch die ernäh- rende Flüssigkeit selbst in zwei Kategorieen geschieden wird. Ein Theil der beim Umlaufe durch den Körper in die Gewebe ausgetretenen, die- selben durchtränkenden Flüssigkeit sammelt sich in besonderen Bahnen, und wird dem Hauptstrome wieder zugeführt. Diese Flüssigkeit ist die Lympbhe, ihre Balın bildet das Lymphgefässsystem. Die von dem Herzen direct ausgehenden und in dasselbe zurückführenden Gefässe stellen das Blutgefässsystem vor. Die Lymphbahnen nehmen, so- weit sie in der Darmwand verbreitet sind, das durch den Verdauungs- prozess gebildete plastische Material, den Chylus, auf und führen ihn in den Blutstrom über. Sie liefern dem letzteren somit einen Ersatz für den auf dem Umlaufe durch den Körper in Folge des Stoffwechsels beständig stattfindenden Verbrauch. Das Lymphgefässsystem bildet damit einen wichtigen Abschnitt des gesammten Gefässsystems. Letzteres hat sich also hier wesentlich complieirt, und erscheint in dieser Gliederung in jene beiden Theile weit höher ausgebildet als die bei den Acrania und bei allen Wirbellosen bestehenden Einrichtungen. Mit der Scheidung der ernährenden Flüssigkeit in Blut und Lymphe seht auch eine Dilferenzirung der Förmbastindikeile dieser Flüssigkeiten Sinhen: Jene der Lymphe erscheinen als indifferente, den Bllilsallen der meisten Wirbellosen ähnliche Zellen. Die Formelemente des Blutes be- sitzen in ihrem ersten Entwickelungszustande die gleiche Beschaffenheit mit jenen, gestalten sich aber dann zu farbstoff halligen Körperchen von bestimmter, nach den einzelnen Abtheilungen verschiedener Form. Sie bedingen durch ihre Menge die Färbung des Blutes im Gegensatz zur farb- losen Lymphe. Abgesehen von Grösse-Differenzen kommen die Lymphzellen der Wirbelthiere mit einander überein. Dagegen bieten die an sich viel diffe- renteren Blutzellen auch unter sich ziemliche Verschiedenheiten. Den Zellen- charakter, soweit er aus dem Kerne hervorgeht, besitzen sie alle, wenn auch bei den Säugethieren nur in der Fötalperiode. Ebenso allgemein ist 602 II. 9. Wirbelthiere. den Blutkörperchen die platte, scheibenartige Gestalt. Bei Fischen, Amphi- bien, Reptilien und Vögeln sind sie dabei oval und biconvex, da die Mitte jeder.Fläche einen leichten vun. bildet. Biconcave runde Scheiben » stellen sie bei Säugethieren vor, doch bestehen bei einzelnen (z. B. Tylo- poden) auch ovale Formen. Bezüglich der Grösse sind jene der Dipnoi und Amphibien (besonders von Proteus, Siren u. a.) die bedeutendsten. Bei der wichtigen Rolle, welche den Blutkörperchen als Trägern der Gase in der Oekonomie der Wirbelthiere zukommt, ist deren Zahl, wie ihr Volum und die damit von ihnen repräsentirte Oberfläche von grösster Wichtigkeit. In den höheren Abtheilungen bietet die relative Blutmenge nur geringe Schwankungen, und ebenso erscheint das Volumverhältniss zwischen Plasma und Blutkörperchen in keinen bedeutenden Differenzen. Dagegen ergibt sich gemäss der Vertheilung der gesammten Blutkörperchensubstanz auf grössere oder kleinere Formelemente ein bedeutender Unterschied zwi- schen den kalt- und warmblütigen Abtheilungen und von den ersteren wieder zwischen Reptilien und Amphibien, von denen die letzteren auch in dieser Hinsicht sich bedeutend tiefer stellen. WELCKER, H., Zeitschr. f. rationelle Med. XX.p. 290; und Arch. f. Mikrosk. VII. Herz und Arteriensystem. $ 431. Das Herz aller Craniota besteht in einem gewissen Stadium aus einem einfachen Schlauche. Allmählich länger werdend als der ihm zugewiesene Raum, legt er sich in eine S-förmige Schlinge, und geht damit in die Form über, die dem Herzen später zukommt. Mit der Umformung verbindet sich die Sonderung in zwei Abschnitte. Davon empfängt der hintere das Blut und übergibt es dem vorderen, der es in Gefässbogen zu einem längs des Axenskeletes verlaufenden Arterienstamme leitet, von welchem die fernere Vertheilung im Körper ausgeht. Man bezeichnet den ersten Abschnitt des Herzens als Vorhof, den zweiten als Kammer. Ein besonderer, gleich beim ersten Auftreten des Herzens vorhandener Raum umschliesst Kam- mer und Vorkammer als Pericardialhöhle, deren Wandung den Herzbeutel ‚Pericardium) vorstellt. Diesen einfachen Zustand des Herzens treflen wir bei den Fischen. EineKammer undeineVorkammer bilden die beiden Haupt- abschnitte. Die letztere empfängt aus einem dicht hinter ihr, und nur zum Theil ausserhalb des Pericardiums gelagerten Sinus venöses Blut. Sie bietet in der Regel beiderseits Ausbuchtungen, welche gegen die vor ihr selegene Kammer sich verlängern (Auriculae). Ihrer Function gemäss ver- halten sich die Wände des Herzens. Eine nur dünne nach innen netz- förmig vorspringende Muskelschicht besitzt die Vorhofswand. Sie hat das Blut nur in die Kammer zu treiben. Bedeutender ist die Leistung der Kammerwand, die demgemäss ein mächtiges Maschenwerk von Muskel- Herz und Arteriensystem. 603 balken besitzt. Dieses springt nach innen vor und verkleinert damit den eigentlichen Binnenraum der Kammer. Dafür erfolgt eine Compensation durch den Zusammenhang der Maschenräume der Kammerwand mit der Höhle der Kammer. Zwei membranöse Klappen finden sich am Ostium atrioventriculare (Fig. 324. 0) und verhindern eine Rückstauung des Blutes. Eben- solche Taschenklappen finden sich meist zu drei am Ostium arteriosum der Kammer. Die mechanischen Vorrichtungen zur Direction des Blutstromes sind hiemit ursprünglich an beiden Ostien der Kammer wesentlich gleiche. Der Binnenraum der Kammer setzt sich in den von letzterer abgehenden Arterien- stamm fort, der mit einer Erweiterung (Bulbus arte- iosus) beginnt. Der hieran angeschlossene Theil der Kammer erscheint bei Selachiern und Chimären als eine Verlängerung, in deren Wand die Muskulatur der Kammer eine ringförmige Anordnung gewonnen hat. Dieser Abschnitt des Herzens ist der Conus arteriosus (B). Seine Abgrenzung vom Bulbus arte- gig.324. Herzvon Squa- riosus bilden drei taschenförmige Klappen. Hinter tina vulg. Die vordere diesen findet sich noch eine Anzahl in Längsreihen Ve a des Conus art. ist ent- geordneter Klappen im Conus arteriosus. Ein ähn- _ternt. A Vorhof. V Kam- liches Verhalten bieten auch alle Ganoiden. Bei den mer. B Conus arteriosus. Teleostiern dagegen ist der Conus arteriosus nur Brei a Kiemenarterien. selten mehr erkennbar, und von den Klappen be- stehen fast immer nur zwei an der Grenze gegen den Arterienbulbus. Geratodus besitzt Rudimente von zwei Klappenreihen hinter den vier an der Grenze des Conus stehenden Taschenklappen. Bei Protopterus bilden Längsfalten die Andeutung einer Scheidung des CGonus. Die Rückbildung des Conus arteriosus der Teleostier ist von einer Ausbildung des Bulbus begleitet, in dessen Wand eine Vermehrung des glatten Muskelgewebes stattfindet. Er gewinnt damit den Anschein eines selbständigen Abschnittes der mit dem Conus arteriosus nicht confundirt werden darf. Mit Ausnahme der Dipnoi führt das Herz der Fische aus- schliesslich venöses Blut. $ 132. Der Stamm der Kiemenarterie lagert bei allen Fischen unter dem Kiemengerüste, und entsendet längs der Bogen des letzteren seine Aeste. Diese gehen während früherer Entwickelungsstadien unmittelbar in ein jederseitsan der Schädelbasis verlaufendes Längsgefäss über, von welchem eine Arterie zum Kopfe, vorzüglich zum Gehirn und Auge sich fortsetzt (Garotis interna). Nach hinten vereinigen sich beide Längsstämme (Aorten- wurzeln) zu einem unpaaren Hauptstamme, der Aorta. Vergl. Fig. 325. Mit der Entwickelung der Kiemenblättchen an den Kiemenbogen entfaltet 604 II. 9. Wirbelthiere. sich allmählich in ersteren ein Gefässnetz von den Arterienbogen her. Mit der Ausbildung dieses Gefüssggpzes werden die Arterienbogen aufgelöst. Jeiler von ihnen wird durch ein Capillarnetz ersetzt, zu welchem ein Ast der Kiemenarterie tritt, und aus welchem eine Arterie als Kiemenvene hervorkommt, um in die Bildung der Aorta einzugehen. Das aus dem Magen durch die Kiemenarterien den Kiemen zu- geführte Blut ist aber venöses Blut, da es aus dem Körperkreislaufe zum Herzen zurückkehrte; mit der Vertheilung durch das Capillarnetz der Kiemen wird es wieder arteriell und gelangt als solches durch die Kiemenvenen in die Aorta und damit zum Umlauf durch den Körper. Die Zahl der aus dem Arterienbulbus kom- menden Kiemenarterien entspricht der Anzahl der in Thätigkeit befindlichen Kiemen. Bei den Cyclostomen und den Selachiern ist sie am a RN bedeutendsten. Fünf Paare kommen auch noch En ae RE bei Ganoiden vor, während bei den Knochen- a" Aorta. c Carotis. fischen nur- während des Embryonalstadiums eine grössere Anzahl (6—7) Arterienbogen vor- handen ist. Die beiden vordersten dem Kiefer- und Zungenbeinbogen angehörigen geben entweder keine Beziehungen zu Kiemen ein, oder die dem Zungenbeinbogen angehörige Kieme ist nur in vorübergehender Function (Opercularkieme ). Durch Verkümmerung der hinter- sten, dem rudimentär werdenden letzten Kiemenbogen angehöri- gen Kieme wird eine Minderung auf vier, ja sogar auf drei Paare gegeben. Die Vertheilung der Ursprünge dieser Kiemenarterien kommt auf Fig. 326. Kopf eines Teleostier-Embryo mit der mannichfache Weise zu Stande. Anlage des Gefässsystems. (Schema.) a Vorhof. v Kam- Sie entspringen entweder paar- ner, ir Kimenrlr Kati aha men weise vom einfachen, mit Abgabe Cuvieri. des letzten Paares endenden Hauptstamme, oder einige gehen jederseits aus eineım gemeinsamen kurzen Stamme hervor, wie dies be- sonders für die hinteren Kiemenarterien der Selachier, auch mancher Ganoiden und Teleostier der Fall ist, oder der Hauptstanım der Kiemen- arterie theilt sich gleich an seinem Ursprunge in zwei seitliche Aeste, von denen die einzelnen Kiemenarterien als Zweige hervorgehen |z. B. bei Bdellostoma unter den Myxinoiden'. Herz und Arteriensystem. 605 $ 433. Von grösstem umgestaltenden Einfluss ist das Auftreten von Lungen, welche durch Uebernahme der vorher von den Kiemen besorgten Function bedeutende Aenderungen in der Anordnung der grossen Gefässstämme hervorrufen. Nicht minder äussert sich diese Veränderung im Bau des Herzens, wofür die Dipnoi ein interessantes Beispiel liefern, in- dem hier eine Trennung der Räume des Her- zens beginnt. Bei Lepidosiren setzt sich von der Vorhofswand ein Maschenwerk von Muskel- balken als eine Art von Scheidewand durch den Vorhof fort. Letzterer zerfällt dadurch in einen rechten und linken Abschnitt, die beide jedoch zwischen den Balken viele Ver- bindungsstellen besitzen, und auch mit ge- meinsamer Oeffnung in die Kammer einmün- den. Der Venensinus mündet dann in die rechte Vorkanımer und in die linke senkt sich Fig. 327. Aortenbogen von Lepi- dosiren paradoxa. a Kiemen- eine Lungenvene ein. Muskulöse Vorsprünge arterienstamm. 123 Arterienbogen, lassen auch in der Kammer eine Scheidung a vereinigend. p Lungenarterie. b beginnen. Dem entspricht die Trennung des Ducetus Botalli. br Kiemenspalten. Lumens des Arterienbulbus in zwei Räume, 2r' Nebenkieme. ao Aorta. c Arteria von denen jeder besondere Arterien ent- lt a springen lässt. Diese bilden drei, längs der vordern Kiemenbogen hinziehende Gefässe, von welchen das vorderste jederseits mit dem zweiten sich verbindet, und mit dem anderseitigen eine Aorta herstellt (ao). Diese beiden Gefässe gehen keine Beziehungen zu Kiemen ein. Der dritte Bogen lässt Kiemenarterien entspringen, verbindet sich noch durch einen engen Gang (b) mit der Aortenwurzel, und setzt sich dann als Lungenarterie (p) fort. Dieser Bogen verhält sich somit als Arteria branchio-pulmonalis, und die beiden vordern Bogen stellen, da sie keine Kiemengefässe entsenden, Aortenbogen dar. In ähnlichem Verhalten treffen wir den Circulationsapparat der Am- phibien. An deren Vorkammer ist die Scheidung bei den meisten voll- zogen, bei manchen unvollständig, wie bei Proteus; auch bei Salamandra bleibt noch eine Oeffnung im Septum bestehen. Körpervenen münden in ‚den rechten, Lungenvenen in den linken Vorhof. Die Kammer ist einfach, und besitzt nur Andeutungen einer Scheidewand. Membranöse Taschen- klappen am Ostium atrioventriculare verhalten sich ähnlich wie bei den Fischen. Aus der Kammer entspringt ein muskulöser Arterienbulbus 'Fig. 328 ba), in welchem die bei Lepidosiren im Beginn getroffene Schei- dung sich vollzogen hat. Er entsendet anfänglich bis zu fünf Paaren Arterienbogen, die bis auf vier oder drei sich rückbilden. Wie bei den Fischen entwickelt sich vom Herzen aus ein Gefässnetz zu den Kiemen. 606 li. 9. Wirbelthiere. Damit scheidet sich der Arterienbogen in einen zu- und einen abführen- den Abschnitt : eine Kiemenargggie und eine Kiemenvene, zwischen denen das Gapillarnetz liegt. Die Een bilden die Wurzeln der Aorta. Jede Kiemenarterie steht jedoch mit der bezüglichen Kiemenvene durch einen Duectus arteriosus, eine Strecke des ur- sprünglichen Arterienbogens, in Zusam- menhang. Die letzte Kiemenarterie sen- det, mit der Entwickelung der Lungen, äbnlieb wie bei Lepidosiren, einen Zweig zur Lungenarterie, oder diese (p) ist die directe Fortsetzung jenes Gefässes. Die Rückbildung der Kiemen ruft bei einem Theile der Amphibien eine Aende- rung des bei den Perennibranchiaten fort- bestehenden Gefäss-Apparates hervor. Zunächst entwickeln sich die zwischen Fa 0b nee Kiemenarterien und Kiemenvenen bereits Larve von Triton. a Vorhof. » Kam- Destehenden directen Verbindungen mer. ba Arterienb Ss. _ ‚terien- [vero Pi - ini terin a N en SS arterien erscheinen. ce Carotis. p Lun- oO 5 em ERZEIE DE TERNE genarterie. ao Aorta. ıb Kiemenvenen. Aortenwurzeln sich fortsetzen. Der letzte. ae bereits die Pulmonalarterie entsendende Bogen entwickelt sich zum Stamme dieser Arterie und behält entweder nur unansehnliche Verbindungen (Ductus arteriosus) mit der Aortenwurzel bei, oder gibt auch diese auf und erscheint als selbständiges Gefäss. So verbinden sich ähnlich wie bei Lepidosiren mehrere Arterienbogen zur Aortenwurzel, indess einer der primitiven Gefässbogen zur Lungenarterie wird. Sowohl die Einrichtung des Herzens als auch das Verhalten der grossen Gefässstämme gestattet eine Mischung der beiden Blutarten. BrÜckE, E.. Denkschr, d. Wien. Acad. Il. $ 434. Ein bedeutender Schritt in der Diflerenzirung der Kreislauforgane geschieht bei den Reptilien, deren Herz seine Lage in grösserer Entler- nung vom Kopfe erhält. Es rückt von seiner Bildungsstätte aus allmählich nach hinten und wird in die Brusthöhle eingebettet, welche Lage es nun- mehr bei allen Amnioten behält. Der Kammerabschnitt besitzt meist eine längliche Gestalt, breit ist er bei Schildkröten (Fig. 330) und manchen Sauriern. Von beiden stets durch ein Septum von einander geschie- denen Vorhöfen nimmt der rechte wie bei den Amphibien die Körper- venen, der linke die Lungenvenen auf. Ersterer ist stets von grösserem Umfange. Die stark muskulöse Kammerwand setzt sich besonders bei Schlangen, Schildkröten und Sauriern in ein den Binnenraum der Kam- Herz und Arteriensystem. 07 mer verkleinerndes Maschenwerk fort, ähnlich wie bei Fischen und Am- phibien. Durch ein solches Maschennetz wird auch grösstentheils die Kammerscheidewand dargestellt, nur dass einzelne Muskelbalken hier stärker entwickelt erscheinen. Die rechte Hälfte der Kammer empfängt venöses, die linke arterielles Blut. und danach können beide Abschnitte unterschie- den werden. Die Unvollständigekeit der Trennung der beiderseitigen Räume wird durch mancherlei Einrichtungen wenigstens theilweise compensirt. Hieher gehört das Vorkommen einer Muskelleiste, welche den die Lungenarterie abgebenden Raum von dem übrigen Kammerraum partiell abschliessen kann. Vollständig ist die Scheidung der Kammer bei den Crocodilen. Die membranösen Klappen des Ostium atrioventriculare sind an der rechten Herz- hälfte bedeutender entwickelt. Bei den Cro- codilen ist rechterseits nur eine dieser Klap- pen vorhanden, die längs des Septum der Ventrikel sich erstreckt, die andere wird durch einen Vorsprung der lateralen Muskel- wand der Kammer vertreten. Der äusserlich Fig. 32%. Herz und Arterien einer a A 2 Schlange (Boa) d rechter, s einfache Arterienbulbus geht scheinbar aus jinker Vorhof. c Carotis. ad rech- der rechten Kammer hervor. Er ist jedoch ter, as linker Aortenbogen. p in mehrfache Canäle gesondert, die mit beiden a Kammern in Verbindung stehen. Am Ursprunge der Arterien sind Taschenklappen angebracht. Von den fünf primitiven Arterienbogen sind die beiden ersten ver- gänglich, und die übrigen erleiden nach den einzelnen Abtheilungen ver- schiedene Umgestaltungen. Bei den Sauriern bleibt jederseits der dritte bestehen und verbindet sich rechts mit dem vierten, der wie die beiden dritten, aus dem von der linken Kammer stammenden Gefässe hervor- geht. Der vierte linke, mit dem dritten seiner Seite verbundene Arterien- bogen correspondirt dagegen mit der rechten Herzkammer. Der fünfte Bogen wird jederseits zum Theile in die anfänglich nur aus ihm entsprin- genden Pulmonalarterien übergenommen, die mit der Differenzirung des primitiven Aortenbulbus vom Pulmonalarterienstamme abgehen. Somit entstehen jederseits zwei Aortenbogen, von denen einer, der zweite linke, venöses Blut führt. Er steht jedoch mit dem vorhergehenden in peripherer Verbindung, so dass eine Mischung der Blutarten stattfinden muss. Bei den Ophidiern ist die Verbindung des ersten persistenten Bogenpaares der Saurier mitdem zweiten meist vollständig verschwunden, wodurch dieser Abschnitt nebst seiner Fortsetzung zur inneren Carotis wird. Bei den Schild=- kröten ist der rechte arterielle (Fig. 330 ad) wie der linke venöse Aorten- 508 ll. 9. Wirbelthiere. bogen ‘as, mit den aus dem letzten primitiven Bogenpaare hervorge- gangenen Pulmonalarterien (pggps) durch einen Botallischen Gang in Zusammenhang. Dieser ist bet den Crocodilen verschwunden, so dass also hier aus der linken Kammer ein den rechten Aortenhogen und die Carotiden ent- sendender Gefässstamm entspringt, während aus der rechten Kammer ein linker Aorten- bogen und die Pulmonalarterie entspringen. Von der primitiven Verbindung dieser Gefäss- stämme erhält sich bei den Grocodilen im Arterienbulbus eine Communication zwi- schen dem arteriellen und venösen Stamme a's Foramen Panizzae. Für die Mischung der Blutarten ist dieses jedoch wohl nur von geringem Belange. Iın engeren Anschlusse an den Gefäss- apparat der Reptilien, besonders der Groco- dile, findet sich jener der Vögel. Aber es ! besteht bei diesen insoferne eine bedeutende Fiz. 330. Herz und Arterienstimme Weiterbildung, als sowohl im Herzen als einer Schildkröte (Chelydra). „uch in den grossen Arterienstämmen die Bezeichnung wie in voriger Figur. Q 2 = % Scheidung des arteriellen und venösen Blutes vollzogen ist. Am Herzen erscheinen die Vorhöfe kleiner durch geringere Ausbildung ihres vorderen (ventralen) Abschnittes. Die Musku- latur der Kammerwand ist besonders linkerseits bedeutend verstärkt. Die rechte Kammer legt sich mantelförmig um einen grossen Theil der linken. Die Atrioventricularklappe der rechten Kammer wird durch eine das Ostium von aussen her umziehende von der Kammerwand her einra- gende muskulöse Leiste (Muskelklappe) vorgestellt, indess die bei Croco- dilen noch bestehende zweite, membranöse Klappe selten in Spuren besteht. Am linken Ostium kommt eine mit der Kammerwand durch Sehnenfäden verbundene Klappe vor. Die Reductionen der primitiven Arterienbogen entsprechen jenen der Reptilien, vorzüglich der Schlangen und Grocodile. Allein der linke Aortenbogen gelangt nicht zur bleibenden Ausbildung. Es besteht demnach nur ein einziger, rechter, Aortenbogen, der aus der linken Kammer entspringt. Mit ihm entspringen zwei Arte- rienstämme, Art. brachiocephalicae, welche sich je in eine Carotis com- munis und eine Subelavia theilen. Reste eines linken Aortenbogens erhalten sich zuweilen bei Raubvögeln in Forın eines ligamentösen Stran- ses, der den Verlauf des Gefässes andeutet. Die aus dem letzten primitiven Arterienbogen hervorgegangene Pulmonalarterie ist somit der einzige aus der rechten Kammer entspringende Arterienstamm. Fritsch, G., Zur verzl. Anatomie der Amphibienherzen. Arch. f. Anat. u. Phy- sioloz. 1869. Herz und Arteriensystem. 609 $ 435. Das Herz der Säugethiere kommt in der vollkommenen Trennung beider Hälften mit jenem der Vögel überein. Allein aus seinem Bau, wie aus der An- ordnung der grossen Gefässstämme tritt doch eine bedeutsame Verschieden- heit hervor. Nur die Anlage sowohl des Herzens als des gesammten, gleich- falls eine Mehrzahl von Bogenpaaren besitzenden Arterien-Systemes ist ge- meinsam. Während des Embryonalzustandes erhält sich die Communication zwischen beiden Vorhöfen, bei den Beutelthieren durch eine schlitzförmige Oefinung, bei den placentalen Säugethieren durch eine grössere Lücke (Fora- men ovale) dargestellt. Diese Verbindung gestattet dem aus der Umbilical- vene durch die Vena cava inferior in die rechte Vorkammer gelangenden Blute den Eintritt in die linke Kammer und von da die Vertheilung in den Körperkreislauf durch die Aorta. Bei den Monodelphen wird die Oeffnung durch das Vorwachsen einer gegen den linken Vorhof gerichteten Scheide- wand (Valvula foraminis ovalis) allmählich geschlossen, so dass nach der Geburt eine vollständige Trennung der Vorkammern entsteht. Die Um- srenzungsstelle des ursprünglichen Foramen ovale bleibt als ein ringför- miger Wulst auch später unterscheidbar. Der vorderste (ventrale) Ab- schnitt des Raumes beider Vorkammern bildet bei den Säugethieren eine unansehnliche, beiderseits verschieden gestaltete Verlängerung, die »Herzohren«. Sie entsprechen dem grössten Theile der Vorhöfe der unteren Classen , indem der hintere Vorhofsraum wenigstens rechterseits aus einem bei jenen vom Vorhofe getrennten Venensinus gebildet wird (vergl. unter Venensystem). Die Herzohren der Säugethiere sind daher Rückbildungen des vorderen Vorhofsabschnittes. Wichtige Veränderungen bieten die Atrioventrieularklappen. An deren Stelle bestehen in sehr frühen Stadien einfache häutige Duplica- turen, wie sie bei Fischen, Amphibien und auch noch bei Reptilien fun- siren. Die Ventrikel zeigen bei verhältnissmässig kleinem Binnenraume ihre Wand aus demselben spongiösen Muskelgewebe gebildet, wie wir es in den vorhin genannten Glassen auch noch im ausgebildeten Zustande antreffen. Allmählich verdicken sich die Balken und ein Theil davon geht in die compactere Herzwand über. Der mehr nach innen zu verlaufende, das Lumen des Kammerraumes begrenzende Theil dieses Balkennetzes, welcher am Umfange des venösen Ostiums inserirt, setzt sich mit jenen Klappenmembranen in Verbindung. Indem der freie Rand der Klappe im Wachsthume zurückbleibt, und nur der mit den Muskelbalken zusammen- hängende Theil sich erhält, gelangt die Klappe in innige Beziehungen zur Kammerwand, so dass von letzterer her Muskelbalken in eine am Ostium entspringende Membran übergehen. Dieser bei den meisten Säugethieren vorübergehende Zustand bleibt bei Monotremen (Ornithorhynchus) in der rechten Kammer bestehen. Von der Ventrikelwand entspringende Muskel- balken gehen in eine membranöse Klappe über. Bei allen übrigen Säuge- thieren geht aus diesem Zustand ein anderer hervor. Die Muskelbalken Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 39 610 II. 9. Wirbelthiere., ziehen sich gegen die Kammerwand zurück, bilden sich damit zu den Papillarmuskeln aus, indess i#orderer zur Klappe verlaufender Theil durch Sehnenfäden (Chordae tendineae) vorgestellt wird. Die übrigen spongiösen Muskelnetze der Kammerwand bleihen als Trabeculae carneae bestehen. Die Atrioventrieularklappen sind somit sammt den Ghordae tendineae Differenzirungen eines Theiles des primitiven muskulösen Bal- ai welches mit primitiven Klappen sich in Verbindung gesetzt hat. Die gleichen Klappen in der linken Kammer des Vogelherzens neh- men auf die gleiche Art ihre Entstehung. Aus den Arterienbogen der Embryonalanlage differenziren sich bei den Säugethieren die grossen Ar- terienstämme in etwas anderer Anordnung. Die beiden ersten Bogen schwinden vollständig, der dritte stellt, wie sonst, einen Theil der Garotis her. Der vierte geht rechts in die Subelavia über, während er linkerseits den Aortenbogen hervorgehen lässt, von welchem die linke Subelavia selb- ständig entspringt. Carotiden und rechte Subelavia sind mit dem Anfange der Aorta vereinigt. Ein linker Aortenbogen ist also bei den Süuge- thieren der Hauptstamm des arteriellen Gefässsystems. Aus dem fünften Bogen bildet sich die Art. pulmonalis, die linkerseits während des Fötal- lebens durch einen Ductus arteriosus (Ductus Botalli) mit dem Aorten- bogen communieirt. Das in die rechte Kammer gelangende Blut der oberen Hohlvene wird dadurch von den Lungen ab und in die absteigende Aorta eingeleitet, die also bis zur Geburt gemischtes Blut führt. Nach der Ge- burt schwindet die Communication zwischen der Pulmonalarterie und Aorta descendens und der betreffende Abschnitt (b) jenes Gefässes wird in einen Strang (Ligamentum Botalli) umgewandelt. SABATIER, A., Etudes sur le coeur et la circulation centrale dans la serie des vertöbres. Montpellier 4873, $ 436. Die Körperarterien der Wirbelthiere nehmen bei Allen im frühe- sten Zustande ihren Ursprung aus dem Bulbus arteriosus. Bei den durch Kiemen athmenden wird das aus dem Bulhus entspringende arterielle Bogensystem (primitive Arterienbogen), wie bereits oben ($ 432) bemerkt, in die Gefässe des Kiemenkreislaufs aufgelöst, und erst aus den ausfüh- renden Gefässen der Kiemen (Kiemenvenen), geht das System der Körper- arterien hervor. Der anfänglich direct durch die Arterienbogen zur Aorta entsendete Blutstrom wird mit der Entwickelung der Kiemen in neue Bahnen übergeführt, und gelangt somit auf Umwegen, die ihn dem Ath- mungsprocess unterziehen, zu seiner Vertheilung im Körper. Bei den Myxinoiden vereinigen sich fast alle Kiemenvenen zur Bil- dung einer subvertebralen Aorta, die sich nach hinten als Hauptarterie des Körpers fortsetzt, aber auch nach vorne zu als »Arteria vertebralis impar« verlängert ist, Auf ähnliche Weise sammeln sich zwei seitliche Längsstämme aus den Kiemenvenen, welche vorne mit je einem Ast in 611: Herz und Arteriensystem. die Arteria vertebralis impar eingehen, mit einem anderen Aste dagegen eine Garotis bilden. Die beiden Carotiden theilen sich in einen äusseren und inneren Zweig, von welchen der Kopf versorgt wird. Bei Petromyzon fehlt die vordere Verlängerung der Aorta, so dass die auf ähnliche Weise wie bei den Myxinoiden entstehenden. Carotiden die einzigen vorderen Arterien sind. Bei den Selachiern und Chimären entstebt die Aorta aus einem jederseits durch die Vereinigung der Kiemenarterien hervorgehen- den Stamme. Achnlich ist das Verhalten bei den Ganoiden und Teleo- stiern. Die Carotiden nehmen ihren Ursprung aus der ersten Kiemenvene oder aus dem Vorderende des paarigen Arterienstammes, der jederseits als Aortenwurzel die Kiemenvenen sammelt und sich dann mit jenem der andern Seite zur Aorta vereint oder auch vorne eine solche Queranasto- mose eingeht, die einen arteriellen Circulus cephalicus an der Schädel- basis abschliesst. Eine besondere Augenarterie entsteht aus den Gefässen der Nebenkieme, in welche entweder ein directer Ast der ersten Kiemen- vene (Selachier) oder ein den Zungenbeinträger umziehender Zweig aus demselben Gefässe eintritt (Teleostier,. In dem Ursprunge und der An- ordnung der einzelnen Gefässe kommen viele Modificationen vor, wovon die bedeutendsten auf das Verhalten der Carotiden und der Augenarterie treffen. Dieser Abschnitt des Gefässsystems verhält sich in ähnlicher Weise noch bei Amphibien. Die Kopfarterien entspringen bei den Perennibran- chiaten aus dem vorderen Theile der Aortenwurzeln; beiden Gaducibran- chiaten aus dem bleibenden vor- dern Arterienbogen, oder sie sind die Fortsetzungen des vordern Bo- gens selbst (Fig. 331. c). Eine zur Zunge tretende Arterie (/) repräsen- tirt dabei eine (arotis externa. Nach deren Abgang findet sich bei Fröschen, auch bei Salamandrinen, eine Anschwellung (c) des Garotis- Stammes, die sogenannte Garotiden- drüse. Das Lumen des Gefässes ist bier von einem Balkennetz durch- - setzt, somit in zahlreiche engere Bahnen aufgelöst, ähnlich der Ein- schaltung eines Capillarnetzes in die Bahn einer Arterie. Aus einer solchen Einrichtung, der unvollstän- digen Rückbildung eines Kiemen- gefässnetzes, scheint die Carotiden- drüse hervorgegangen zu sein. Das folgende Bogenpaar stellt Aorten- Fig. 331. Arteriensystem des Frosches. ba Bul- bus arteriosus. c Carotis. C Carotidendrüse. ! Art. lingualis. ad Rechte, as linke Aorta. a Aortenstamm, m Eingeweidearterie. sd Rechte, ss linke Subelavia. oes Speiseröhrenäste. p Lun- genarterie. cut Hautäste derselben. occ Hinter hauptszweig. 3I* 612 II. 9. Wirbelthiere. bogen ad as) vor, die nach hinten convergiren, schliesslich in einen un- paaren Aortenstamm (a) zusamgentreten. Jeder Aortenbogen entsendet eine Subelavia (sd ss). Kurz vor der Vereinigungsstelle geht von der linken Aorta eine starke Eingeweidearterie (m) hervor. Einen letzten Arterien- bogen stellt die A. pulmonalis vor. Sie gibt bevor sie zur Lunge tritt |p) einen ansehnlichen Hautast ab (cut), der sich am Rücken und Nacken bis zum Hinterhaupte verzweigt, und für die respiratorische Funetion des Integumentes Zeugniss ablegt. Die Amnioten bieten in den ersten Zuständen unter sich viele über- einstimmende Verhältnisse des Arteriensystems. Die das Gehirn und das Auge versorgende Carotis interna (Fig. 332. A. B. c’) erscheint als eine nach vorne gehende Fortsetzung der jederseitigen Aortenwurzel. Die äussere Carotis ist ein Zweig des dritten primitiven Arterienbogens. Schwindet der Zusammenhang dieses Bogens mit dem vierten, so gehen beide Garo- tiden jederseits aus einem gemeinsamen Stamme hervor (C). Sie erscheinen im Allgemeinen als zwei an den Seiten des Halses mit dem N. vagus ver- laufende Stämme. Bei den Eidechsen hängen sie noch mit dem folgenden Arterienbogen zusammen und bewahren damit ihr ursprüngliches Verhal- ten. Die rechte gemeinschaftliche Carotis erleidet bei vielen Schlangen eine Rückbildung und kann sogar vollständig verschwinden. Ü ; B Fig. 332. Entwickelung der grossen arteriellen Gefässstämme, dargestellt an Embryonen A eines Reptils (Eidechse), 3 Vogels (Hühnchen) und ( Säugethiers (Schwein). Bei Allen sind die beiden ersten Arterienbogenpaare verschwunden. In Aund 2 bestehen der dritte, vierte und fünfte Bogen vollständig. Bei C sind nur die beiden letzten noch vollständig, und die Verbindung des dritten mit dem vierten ist gelöst. Vom fünften Bogen geht ein Ast (p) als Pulmonalarterie ab. Der Stamm von da bis zur Aorta bildet den Ductus Botalli. c Carotis externa. c' Car. int. Bei A und B vordere Fortsetzung der Aortenwurzel, bei © mit Carot. ext. gemeinsamen Stamm bildend. a Vorhof. v Kammer. ad Aorta descendens. s Kiemenspalten. m Anlage der Vordergliedmasse. n Nasengrube. (Nach H. Ratuke. ) Auch bei den Vögeln entspringt dieselbe Arterie mit einer Subelavia von einem gemeinsamen Stamme (Art. brachiocephalica) , verlässt aber ihre ursprüngliche Bahn und lagert sich median an die Unterfläche der Halswirbel, indess die linke ihren Verlauf beibehält. Indem bei Anderen Herz und Arteriensystem. 613 beide Carotiden diese Abweichung zeigen, wird ein Uebergang zu einer dritten Form gebildet, die durch eine Verschmelzung der beiden anein- ander gelagerten Gefässe sich ausspricht. Dabei schwindet der isolirt verlaufende Theil der rechten Carotis und es entsteht ein linkerseits entspringender median verlaufender Gefäss- stamm, der sich als sogenannte Carotis primaria zum Kopfe be- gibt. Dieses Verhalten besitzen manche Vögel mit den Crocodilen gemeinsam. Verschieden hievon istein bei Schlangen und manchen Sauriern bestehender unpaarer Garotidenstamm (Fig. 329 c) auf- zufassen, dergleichfalls vorne in zwei Kopfarterien übergeht. Diese Bildung geht aus der Annähe- rung der Ursprungsstellen beider Carotiden am rechten Aorten- bogen hervor. Aus der ver- einigten Ursprungsstelle entsteht ein gemeinsamer Arterienstamm. Eine andere Eigenthümlichkeit ist das Vorkommen einer un- paaren, vom rechten Aorten- bogen längs der Wirbelsäule nach vorne verlaufenden Sub- vertebralarterie (Fig. 329 sv). Unter den Säugethieren ergeben sich durch ähnliche Wandelungen der Gefässstämme während der Entwickelung gleichfalls vielerlei Modificatio- nen. Diese treffen unter andern besonders die beiden Endäste der: Garotiden, von denen die innere, wie auch bei manchen Sauriern und Vögeln keineswegs ausschliesslich für die Schädel- höhle und die Sinnesorgane be- stimmt ist. Fig. 333. Herz und grosse Gefüässe von Buteo vul- garis. Zr Trachea. © Kropf. «e Communication der Luftsäcke mit den Lungen. b Bursa Fabrieii. «ao Aortenbogen. a«d Art. anouyma dextra. «cas Art. an. sinistra. ps Art. pulmonalis sinistra. ce Carotis,. am Eingeweidearterie. vci Anfang der unteren Hohlvene. vom Vena eveeygeo-mesenteriva. Für die Arterien der Vordergliedmassen bestehen mehrfache, von einander sehr verschiedene Ursprungsstellen, so dass für die Genese dieses 614 II. 9. Wirbelthiere. Gefässes die Vererbung eine minder bedeutende Rolle zu spielen scheint als die Anpassung. Der Stamm der Aorta setzt sich in gleichmässigem Verhalten längs der Wirbelsäule fort, an dem für den Schwanztheil bestimmten Abschnitte als Arteria caudalis bezeichnet und bei verkümmertem Schwanze die Arteria sacralis media vorstellend. Der Endabschnitt liegt bei allen Wirbelthieren bei dem Vorhandensein sogenannter unterer Bogen in dem von diesen gebildeten Caudalcanal. Allein auch am Rumpfiheile des Körpers kann sie bei manchen Fischen in einen von Fortsätzen der Wirbelkörper gebil- deten Canal eingeschlossen werden, wie ein solcher z. B. beim Stör, aber auch bei manchen Teleostiern besteht. Die Aorta entsendet in regelmässiger Folge entspringende, für die Metameren des Körpers bestimmte Arterien (Arteriae intercostales), ausser- dem die zu den Eingeweiden tretenden und endlich bei der Ausbildung von Hintergliedmassen solche die sich an diesen vertheilen. Von den Arterien der Eingeweide besteht bei Fischen gewöhnlich nur ein Haupt- stamm (A. coeliaco-mesenterica), zu dem bei manchen noch eine hintere Mesenterialarterie tritt. Für die Nieren wie für die Geschlechtsorgane gibt die Aorta eine grössere Anzahl von Arterien ab. Wie bei den Amphibien entspringt auch bei den Reptilien ‘Saurier, Chelonier) die Art. coeliaco- mesenterica aus dem Ende des linken Aortenbogens, der mit dem rechten nur durch eine enge Strecke verbunden ist, oder cs bestehen mehrere Eingeweidearterien (manche Saurier), besonders zahlreich bei den Schlan- gen in Anpassung an «lie gestreckte Körperform. Auch bei den CGrocodilen kommen neben den vom linken Aortenbogen entsendeten Arterien noch selbständige Mesenterialarterien aus der unpaaren Aorta vor. Mit dem Schwinden der linken Aorta bei den Vögeln ist der Aorten- stamm die ausschliessliche Ursprungsstelle der Eingeweidearterien. Die Coeliaca und Mesenterica superior bilden bei den Säugethieren die Hauptarterien des Darmcanals. Eine Mesenterica inferior kommt als bedeutenderer Gefässstamm erst bei den placentalen Säugethieren zum Vorschein. . Die bei den Fischen mehrfachen Renalarterien bewahren dieses Ver- halten bei Amphibien wie bei den meisten Reptilien, selbst bei den Vögeln bestehen noch mehrere Nierenarterien, von denen eine mittlere aus der Arteria ischiadica entspringt. Ausnahmsweise aber keineswegs selten kommt die Mehrfachheit dieser Arterien auch noch bei Säugethieren vor. Die Arterien der hinteren Gliedmassen erscheinen erst nach der grösseren Ausbildung dieser Theile als directe Aeste der hinteren Aorta. Die beiden für diese Theile bestimmten Hauptstämme (Arteriae iliacae) sind nicht immer dieselben. Wie aus den Lagerungsheziehungen zum Becken hervorgeht, können verschiedene Aeste das Gebiet jener Arterien versorgen. Bei den Sauropsiden sind die Arteriae ischiadicae die Haupt- stämme der Hinterextremitäten, die bei den Säugethieren von der Arteria cruralis versorgt werden. Im specielieren Verhalten bestehen bei den Venensystem. 615 Säugethieren zahlreiche Modificationen, die hier von untergeordneter Be- deutung sind. Venensystem. $ 437. Das Venensystem der Wirbelthiere bietet durch zahlreiche, von den Fischen bis zu den Säugethieren hin wahrnehmbare Umwandlungen nicht minder wichtige Erscheinungen, als das arterielle Gebiet der Blutbahn. Für viele Punkte sind unsere Kenntnisse nicht völlig sicher. Das zum Herzen zurückkehrende Blut sammelt sich bei den Fischen in vier Längsstämmen, zwei vorderen und zwei hinteren. Die jeder Seite treten in einen Quer- stamm (Ductus Guvieri. Fig. 334. de) über, der mit jenem der anderen Seite in einen hinter dem Vorhofe des Herzens gelagerten Sinus (sv) einmündet. Das vordere, vorzüglich das Venenblut des Kopfes sam- melnde Paar bildet die über den Kiemenbogen gela- gerten Jugularvenen (j), das hintere Paar, wel- ches die Venen der Rumpfwand, der Nieren und auch der Geschlechtsorgane aufnimmt, die Cardinal- venen (c); eine unpaare Caudalvene verläuft unter Fig.334.Schema des der Arterie im Caudalcanal, sie theilt sich bei den BR ME IEBET- Gyelostomen und den Selachiern, auch noch bei vene. c Cardinalvene. manchen Teleostiern in zwei in die Cardinalvenen der de Puctus Cuvieri. 4 betreffenden Seite sich fortsetzende Aeste. Bei vielen u. 8 Sinus venosus. Teleostiern setzt sich diese Gaudalvene mit einem stärkeren Aste in die rechte, mit einem schwächeren in die linke, dann meist gleichfalls schwache Cardinalvene fort. Daraus leitet sich der Ueber- gang der ganzen Caudalvene in die rechte Cardinalvene ab, wie solches bei einer Anzahl von Teleostiern beobachtet ist. Indem die Caudalvene in die Niere Zweige absendet, die bald voll- ständig, bald theilweise in diesem Organe sich auflösen, bilden diese Venae renales advehentes, welche ihr Blut durch Venae revehentes in die Cardinalvenen senden. Sie bilden damit einen Pfortaderkreislauf der Niere. Ein zweiter, ähnlich sich verhaltender Gefässapparat wur- zelt am Darm, und führt das Venenblut desselben durch einen als Pfort- ader bezeichneten Gefässstamm zur Leber. Darin vertheilt, wird es durch meist zu mehreren Stämmen ‚vereinigte Lebervenen zum gemein- samen Venensinus geleitet. An dieser Anordnung des Venensystems der Fische können wir den paarigen, meist symmetrisch erscheinenden Abschnitt von dem nur durch die Lebervenen dargestellten unpaaren Abschnitt unterscheiden, und wol- len zunächst den ersteren in seinen Umwandlungen durch die Wirbel- thierreihe verfolgen, da er bei Allen wenigstens in den wesentlichsten 616 ll. 9. Wirbelthiere. Zügen sich in frühen Entwickelungsstadien als vererbte Einrichtung wieder vorfindet, und als die a, embryonalen Venensystems den Aus- gangspunkt für spätere Umgestaltungen abgibt. $ 438. Bei den Amphibien und Reptilien nimmt der Venensinus die beiden Jugularvenen auf, welche das gleiche Ursprungsgebiet wie bei den Fischen besitzen. Sie persistiren von da an bei allen Wirbel- thieren, während das hintere Venenpaar, die Gar- dinalvenen (Fig. 335. ve), nur während der ersten Embryonalperioden in einem mit den Fischen über- einstimmenden Verhalten vorkommt. Sie sind die Venen der Urnieren (U). Ihr vorderer Abschnitt ob- literirt, und ihr hinterer stellt, Venen anderer Gebiete aufnehmend, Venae renales advehentes vor. Schon vor dem Schwinden des in,die Guvier'schen Gänge / einmündenden Theiles der Cardinalvenen entstehen Fig. 335. Vorderer Ab- bei den Reptilien vier andere Stämme, welche vor- a ee züglich Intercostalvenen aufnehmen und als Venae Embryo.vHerzkammer. Vertebrales bezeichnet werden. Die vorderen und ba Bulbus arteriosus. c hinteren jeder Seite vereinigen sich und münden El a in die Jugularvene ihrer Seite ein. Die Verbindung »j Jugularvene. u Um- mit der linken Jugularvene schwindet später, worauf biliealvene. 7 Urniere. die linken Vertebralvenen unter Entwickelung von l! Labyrinthanlage. (Nach - . Br ee Queranastomosen mit den rechten sich vereinigen, und wie diese in die rechte Jugularvene einmünden. Mit dem Aufhören der Verbindung der Cardinalvenen mit den Gvvirr- schen Gängen erscheinen diese als Fortsetzungen der Jugularvenen, welche die von den Vordergliedmassen kommenden Subelavien aufnehmen, und als obere Hohlvenen bezeichnet werden. Die aus den Körperwan- dungen das Blut sammelnden Vertebralvenen sind nur während des Em- bryonalzustandes in grösserer Ausdehnung vorhanden und erleiden meist eine bedeutende Rückbildung. Auch ihre ursprünglich paarige Anordnung wird aufgegeben (Schlangen), und der grösste Theil ihres Gebietes ordnet sich der Vena cava inferior unter. Achnliche Einrichtungen treffen wir bei den Vögeln. Ein Paar Jugu- larvenen, häufig in ungleicher Ausbildung, bildet die Hauptstämme für das aus den vorderen Körpertheilen ‚rückkehrende Blut. An der Schädel- basis sind sie meist durch einen Querstamm mit einander verbunden, der gleichfalls vom Kopfe wie von der Halswirbelsäule Venen eintreten lässt. Mit der Rückbildung der linken Jugularvene bildet dieser Querstamm die Bahn für die Ueberleitung des Blutes in die rechte. Die Vertebralvenen sind dabei zu unansehnlichen Gefässen geworden - Die Jugularvenen ver- einigen sich mit den in die Subelavien zusammentretenden Venen der Venensystem. 617 Vorderextremität und die beiden dadurch entstehenden Stämme erscheinen wieder als obere Hohlvenen. Indem diese noch hintere Vertebralvenen aufnehmen, gibt sich ein Abschnitt von ihnen als aus den bei den Fischen persistirenden Querstämmen (Ductus Cuvieri) hervorgegangen zu erken- nen. Diese Hohlvenen münden jedoch getrennt in den rechten Vorhof ein, da der noch bei den Reptilien vorhandene Sinus hier (Fig. 336. I. sv) Fig. 336. Verhalten der grossen Venenstämme am Herzen. I Reptil (Python). ZI Vogel (Sarcorhamphus). I/II Beutelthier (Halmaturus). ZV Schwein. Sämmtlich von hinten darge- stellt. 2 Vena cava inferior. s Vena cava superior sinistra. d Vena cava superior dextra. ap Arterin pulmonalis. « Aorta. sv Sinus venosus. einen Theil des Vorhofs bildet. Was die Vertebralvenen betrifft, so neh- men dieselben bei den Vögeln ihren Verlauf in einem von den Rippen umschlossenen Canal, so dass sie sich dadurch schon als von den Cardi- nalvenen verschiedene Gefässe darstellen. $ 439. Die Anlage des Venenapparates der Säugethiere stimmt mit jenem der niederen Wirbelthiere vollkommen überein. Zwei Jugularvenen (Fig. 334) nehmen Cardinalvenen auf, und die jederseits gebildeten ge- meinsamen Stämme treten in einen Venensinus, der sich mit dem Vorhofe verbindet, und später in den rechten Vorhof aufgenommen wird. In letzte- ren münden alsdann zwei discrete Venenstämme, von denen jeder in einen vorderen stärkeren und hinteren schwächeren Stamm sich fortsetzt. In den vorderen (Fig. 337. A) senken sich mit der Bildung der Vorderextre- mitäten die Venae subelaviae (s) ein, und die beiden aus dieser Verbin- dung gebildeten Venenstämme werden als obere Hohlvenen (Venae cavae sup., unterschieden. Das Gebiet der Cardinalvenen wird mit der Entwickelung des Systems der unteren Hohlvenen allmählich beschränkt, indem ein Theil des durch die Cardinalvenen gesammelten Blutes der unteren Hohlvene zugeleitet wird. Dabei erleiden die Gardinalvenen selbst eine Rückbhildung durch Uebergang eines Theiles ihrer Wurzeln in neue Längsvenenstämme, die wie bei den Reptilien die Vertebralvenen vorstellen, und in das in den Guvier'schen Gang mündende Ende der Gardinalvenen fortgesetzt sind. 618 II, 9. Wirbelthiere. Durch die Minderung ihres Gebietes erscheinen diese Vertebralvenen Fig. 337. A. B. v.) wie Mr} aus den Cvvier'schen Gängen und den Juzularvenen entstandenen Stine, eben der oberen Hohlvenen. Diese bestehen bei Monotremen, c Beutelthieren, vielen Na- gern und Insectenfressern fort. Bei Anderen wird durch Entwickelung der (Jueranastomosen ein Theil des Gebietes der linken oberen Hohlvene B) der rechten \cs) zu- geführt, wobei der linke obere Hohlvenenstamm sich rückbildet (Nager, Wiederkäuer, Einhufer). Fig. 337. Schema der primitiven paarigen Venen bei Säuge- - ie & z thieren. 4 Die Vertebralvenen sind an die Stelle eines Theiles Bei vollständiger Ausbil- der Cardinalvenen getreten, welche durch punktirte Linien an- «une dieses Verhältnisses gedeutet sirzis B bie linke age ist an ihrem unteren ıchwinder der grösste Abschnitte rückgebildet, ihr Gebiet ist durch einen Querstamm i x 3 mit der rechten vereinigt. C Die linke Jugularvene ist bis auf Theil des Stammes dieser ein dem Herzen anliegendes Rudiment verschwunden. / Jugular- Vene und es besteht von vene. s Vena subclavia. cs Vena caya superior. c Cardinalvene. v Vertebralvene. cor Vena coronaria. «az Vena azygos. ihr nur der ursprünglich den linken Ductus Guvieri bildende, zwischen linker Kammer und Vorkammer gelagerte Endabschnitt (©. cor\, in welchen die Herzvenen münden, als Sinus der Kranzvene des Herzens fort. Eine halbringförmige Falte scheidet diesen Sinus auch beim Menschen von der eigentlichen Kranzvene, und die an seiner Mündung in die rechte Vorkammer befindliche Valvula Thebesii ist eine Zeit lang Klappe der linken oberen Hohlvene. Die rechte obere Hohlvene ist dann der ein- zige vordere Hauptstamm geworden (Getaceen, Garnivoren, Primaten). Mit der Reduction des linken oberen Hohlvenenstammes erleiden auch die Cardinalvenen oder die aus ihrem Gebiete hervorgegangenen Vertebralvenen bedeutende Veränderungen. Während sie im ersten Falle jederseits in die bezügliche Hohlvene münden (A), und auch im zweiten, durch Ausbildung einer rechten Hohlvene gegebenen Falle von der linken Seite her selbständig in den rechten Vorhof treten (B), wird mit der Re- duetion der direct zum Herzen führenden Bahnstrecke eine Verbindung mit der rechten Vertebralvene eingeleitet. Die linke Vertebralvene setzt sich durch Queranastomosen mit der rechten in Zusammenhang, und diese wird nach Auflösung der Verbindung des oberen Endes mit der linken oberen Hohlvene zur Vena hemiazygos, während die rechte in ihrem früheren Verhalten wenigstens der Lage nach fortdauernd, zur Vena azygos wird Fig.339). Beim Bestehen zweier oberer Hohlvenen bleiben die beiden Vertebralvenen nicht immer unverändert; vielmehr überwiegt auch hier nicht selten der eine Stamm über den anderen, der bis zum Venensystem, 619 Verschwinden reducirt sein kann. Dann entsteht eine von beiden Seiten her Intercostalvenen aufnehmende Vena azygos, welche bald in den linken, bald in den rechten oberen Hohlvenenstamm oder auch in die einzige obere Hohlvene einmündet, z. B. bei Carnivoren (Fig. 337. C. az). Bei den meisten Säugethieren werden die Wurzeln der Jugularvenen aus zahlreichen, von äusseren und inneren Kopftheilen kommenden Venen gebildet, von welchen eine einen Theil des Blutes aus der Schädelhöhle durch das Foramen jugulare ableitet. Sie stellt nur ein untergeordnetes Gefäss dar, indem die Hauptausfuhr jenes Blutes durch einen zwischen Petrosum und Squamosum oder nur in letzterem gelagerten Canal (Canalis temporalis) stattfindet. Unter Erweiterung des Foramen jugulare wird in anderen Fällen die dort beginnende Vene stärker und gewinnt allmählich über die anderen aus dem Schädel leitenden Bahnen die Oberhand, wobei sie sich zu der bei den Primaten vorkommenden Vena jugularis interna ge- staltet. Die übrigen Venen vereinigen sich allmählich zur Jugularis externa, welche bei den meisten Säugethieren die vorherrschende bleibt. $ 440. Das zweite grosse Venengebiet beginnt sehr unansehnlich bei den Fischen, indem es dort einzig durch die Lebervenen vorgestellt wird, die zu mehreren oder in einen Stamm vereinigt in den gemeinsamen Venen- sinus einmünden. Mit der Verminderung des Gebietsumfanges der Car- dinalvenen bildet sich im Zusammenhange mit den Lebervenen ein neuer Bezirk, jener der unteren Hohlvene (Amphibien). Derselbe Venen- stamm sammelt Blut aus der Niere und wird damit zur Vena renalis revehens (Fig. 338 A. ci). Das Blut aus den Hinterextremitäten tritt in eine Vena iliaca (A. ı), welche bei den urodelen Amphibien jederseits einen Ast der sich spaltenden Caudalvene aufnimmt. Sie bildet, in die Niere sich, auflösend, eine Vena renalis advehens. Ein Zweig der Vena iliaca tritt gegen die Medianlinie des Abdomen und nimmt von der soge- nannten Harnblase Venen (A.o) auf, worauf er sich mit jener der anderen Seite zu einem unpaaren zur Leber verlaufenden, und damit dem Pfort- adersystem sich verbindenden Stamm (a) Vena epigastrica (Vena abdomi- nalis) vereinigt. Die Venen des Darmcanals und der Milz sammeln sich zu einem Pfortaderstamme, der längs der Leber sich auflöst. Auch bei den Reptilien bilden Lebervenen und die rückführenden Venen der Nieren eine untere Hohlvene (B. ci), die unter der rechten oberen Hohlvene in den gemeinsamen Venensinus einmündet. In den einzelnen Abtheilungen der Reptilien bestehen jedoch mannichfache Mo- dificationen, und nur die Saurier und Ophidier zeigen noch manchen engeren Anschluss an die Verhältnisse des Venenapparates der Amphibien. Die Caudalvene theilt sich in zwei Stämme, welche bei den Eidechsen Venen der hinteren Extremitäten aufnehmen und Venae renales advehen- tes vorstellen. Mit diesen Venen verbinden sich Venen der Wirbelsäule. 620 Il, 9. Wirbelthiere. Aehnlich verhalten sich auch die Crocodile, deren Vena caudalis (B. c) gleichfalls sich theilt, dann abeygginen die Venae renales advehentes (ra) absendenden Querstamm bilde® Die Venae renales revehentes bilden bei allen diesen einen vor der Wirbelsäule verlaufenden Stamm und in der Niere besteht ein Pfortaderkreislauf, der nur bei den Schildkröten zu fehlen scheint. Ein anderes Venengebiet der Reptilien wird durch die Venae epi- gastricae oder abdominales dargestellt. Mit der Entwickelung der Fıg. 338. Hinterer Abschnitt des Venensystems.. A vom Frosch, B Alligator, C Vogel. R Nieren. c (unpaarer Stamm) Caudalvene. c Vena cruralis. ? Vena ischiadica. v Venae vesicales. a Vena epigastria (abdominalis). m Vena coccygeo-mesenterica. ra Vena renalis advehens. »r Vena renalis revehens. ci Vena cava inferior. A in Aund € Vena hypogastrica, in B Ende der Vena epigastrica in der Leber. Allantois bildet sich aus dem dieselbe begleitenden Gefässnetze ein Ve- nenpaar aus, welches anfänglich (nach Raruke bei der Natter) mit den Enden der Cuvier'schen Gänge zusammen ausmündet, Diese Venae um- bilicales nehmen von der Bauchwand her Venen auf, und stehen auch mit der Bildung des Pfortaderkreislaufs der Leber in Verbindung. Bei den Schlangen verschwindet diese Umbilicalvene, nachdem die in sie ein- mündenden Venen der Bauchwand sich in einen Plexus auflösten, dagegen bleibt bei den Eidechsen eine der Umbilicalvenen mit ihrem Endab- schnitte bestehen und bildet mit den in sie mündenden Bauchvenen eine Vena epigastrica, die auch von der Harnblase Venen empfängt und nach vorn zur Leber zieht. Bei Grocodilen und Schildkröten bleiben die Enden der zwei Um- bilicalvenenstämme bestehen und werden, da die Venen der Bauchwand sich in sie fortsetzen, zu Theilen der Venae epigastricae. Wie die ein- fachen Venen der Amphibien und Eidechsen treten auch sie zur Leber, Venensystem. 621 und verbinden sich bei den Crocodilen mit Aesten der Pfortader. Bei den Schildkröten vereinigen sie sich von beiden Seiten her in einen Querstamm, der die hier nicht zu einem Pfortaderstamme vereinigten, einzelnen Venae intestinales aufnimmt. In beiden Fällen vertheilen sie sich in der Leber, gehören somit zum Pfortadersysteme derselben. Bei «den Crocodilen wie bei den Schildkröten gehen die Venae epigastricae (B. «) aus den beiden Aesten der Caudalvene (c) hervor und nehmen die CGrural- vene (c) auf, sowie vorher die Venae ischiadieae. Da aber bei den Groco- dilen auch die Venae renales advehentes aus der CGaudalvene und der Vereinigung derselben mit den Venae ischiadicae entspringen, so wird ein Theil des aus dem hinteren Körperabschnitte kommenden Venenblutes in den Pfortaderkreislauf der Niere übergeführt, und das übrige in jenen der Leber. Bei den Schildkröten dagegen wird bei dem Mangel zuführender Nierenvenen das gesammte Blut aus dem hinteren Körperende in die Leber geleitet, indem in die Venae epigastricae auch noch Vertebralvenen einmünden. g tl. Manche der bei den Reptilien bestehenden Venen erscheinen bei den Vögeln als vorübergehende Bildungen. Die untere Hohlvene (Fig. 338. ©. ci) setzt sich zwar noch aus zwei aus den Nieren kommenden Stäm- men zusammen, aber diese nehmen die Venen der hinteren Gliedmassen (ec) auf und können bei der Grösse dieser Gefässe als deren Fortsetzung be- trachtet werden. Ausser den in den Nieren wurzelnden Zweigen ver- binden sich mit diesen Stämmen noch zwei Venae hypogastricae (h). Sie sind an der Wurzel des Steisses durch eine Queranastomose verbunden, welche von hinten her die Caudalvene (c) aufnimmt und nach vorne eine zur Vena mesenterica ziehende Vena coccygeo-mesenterica (m) abgibt. Die letztere ist auch bei den Crocodilen als ein weiter Venenstamm vor- handen, der mit dem die beiden Aeste der Caudalvene verbindenden Querstamme anastomosirt. Durch ihn wird ein Theil des aus dem Schwanze oder aus den Hinterextremitäten kommenden Venenblutes vom Nierenpfortaderkreislaufe abgeleitet. Bei den Säugethieren ist nichts auf einen Niereppfortaderkreislauf be- zügliches angedeutet. Die Verhältnisse der Umbilicalvenen und der Venae omphalo-mesentericae sind jenen der Reptilien ähnlich. Doch scheinen im Einzelnen, selbst für die grösseren Stämme manche Abweichungen zu bestehen. Sehr frühzeitig bildet sich die von den Nieren und den Keim- drüsen das Blut sammelnde untere Hohlvene (Fig. 339 ci) aus, welche mit den vereinigten Umbilicalvenen zusammentritt, und nach dem Schwinden der rechten Umbilicalvene die linke aufnimmt. Mit dem Ende des Hohlvenenstammes verbinden sich nach Auflösung der Gardinal- venen (c) die Venen des Beckens (hy) und der hinteren Extremität (dl), und ebenso die Caudalvene. Zur Zeit, da die Umbilicalvene den grössten 622 ll. 9. Wirbelthiere., Venenstamm vorstellt, erscheint die Gava inferior nur wie ein Zweig desselben. An der Eintritts@@Mle der Umbilicalvene in die Leber bilden sich Aeste in letzteres Organ, während je gleichzeitig ähnliche Zweige aus der Leber in die Vereinigungsstelle ‚der Umbilicalvene mit der Cava inferior treten; letztere stellen die Lebervenen vor. Dadurch wird der Pfortaderkreislauf in der Leber angebahnt. Indem das aus der Umbilicalvene dem Herzen zugeführte Blut den Umweg durch die =e Leber macht, bildet sich das zwischen ein- und ausführenden Venen liegende Stück der Umbilical- vene zurück, um den Ductus venosus Arantii vorzustellen. Das die Mesenterialvenen aufneh- mende Stück der Vena omphalo-mesenterica wird dabei zum Stamme der Pfortader, während die von der Umbilicalvene in die Leber gebildeten Aeste nach Öbliterirung des Ductus Arantii die Aeste der Pfort- ader vorstellen. So wird die untere Hohlvene zum N eye hinteren Hauptstamme, in welchen die Venen des Venensystems des Beckens, der hinteren Extremitäten, der Nieren und Menschen. cs Venacava der Geschlechtsorgane einmünden, indess die Venen sup. s Vena subelavia. des Darmcanals und der Milz die Pfortader bilden. je Jugularis externa. ji Jugularis interna. az Vena azygos. ha Vena N 42 hemiazygos. cAndeutung ie der (ardinalvenen. ei EER A r n gl 3 Vena cava inf. 4 Venae Die Vertheilung der Blutgefässe im Körper geschieht hepatieae. » Venae re- jn der Regel unter allmählicher Verästelung der ein- nales. ı] Vena iliaca. Ay 2 . - 7 Rn Vena bypogastriea, jelnen Stämme, bis dann aus den feinsten Verzwei- gungen der Arterien und Venen das System der Capil- laren hervorgeht, beiderlei Blutgefässe mit einander verbindend. Abgesehen von manchen eigenthümlichen Einrichtungen besonderer Organe herrscht im Blutgefässapparate mancher Körpertheile bezüglich der Vertheilung “der Gefässe eine vom Gewöhnlichen etwas abweichende Weise. Eine Vene oder Arterie theilt sich nämlich plötzlich in ein Büschel feiner Aeste, die mit oder ohne Anastomosen sich entweder in das Gapillarsystem verlieren, oder sich bald wieder in einen Stamm sammeln. Eine solche Gefässver- theilung bezeichnet man seit Langem als Wundernetz, Rete mirabile. Ihre Bedeutung liegt offenbar in einer Verlangsamung des Blutstroms und Vergrösserung der Wandoberfläche der Gefüssbahn,, woraus eine Verän- derung der Diffusionsverhältnisse der ernährenden Flüssigkeit resultiren muss. Geht aus einer solchen Auflösung eines Gefässes wieder ein Ge- fässstamm auf die gleiche Weise hervor, so nennt man das Wundernetz bipolar oder amphicentrisch, bleibt das Gefässnetz aufgelöst, so wird die Bildung als diffuses, unipolares oder monocentrisches Wundernetz be- zeichnet. Bald sind nur Arterien oder nur Venen (Rete mirabile simplex), Lymphgefässsystem. 623 bald beiderlei Gefässe unter einander gemischt (Rete mirabile geminum seu conjugatum) an dieser Bildung betheiligt. Solche Wundernetze finden sich als arterielle in der Pseudobranchie, in der Chorioidea des Auges der Fische, dann sehr mannichfaltig an der Schwimmblase. Bei Vögeln und Säugethieren kommen Wundernetze im Bereiche der Carotiden und ihrer Zweige nicht selten vor. Sehr verbreitet sind sie an den Gliedmassen der Säugethiere (Monotremen, Edentaten). Auch im Bereiche der Eingeweidearterien bestehen Wundernetze sowohl an Arterien oder an Venen: so bildet beim Schwein die Art. mesenterica ein arterielles Wundernetz. Allgemein verbreitet sind arterielle Wunder- netze an den Endzweigen der Nierenarterien, wo sie die Marpıcarschen Glomeruli bilden. aus denen bekanntlich wieder eine Arterie zur Gapillar- vertheilung auf den Harncanälchen hervorgeht. (Vergi. Fig 343 B.) Lymphgefässsystem. $ 443. Das Vorkommen eines mit dem Blutgefässsystem verbundenen Canal- systems, in welchem die auf dem capillaren Abschnitie des ersteren aus- getretene ernährende Flüssigkeit nach Durchtränkung der Gewebe als Lympbhe wieder in den Blutstrom übergeführt wird, bildet eine beson- dere Einrichtung des Organismus der Granioten. Sie scheint mit weiteren Ausbildungen des Körpers verknüpft zu sein, da sie bei Amphioxus fehlt, und ontogenetisch relativ erst spät aufzutreten beginnt, nachdem das Blut- gefässsystem sowohl in seinem arteriellen als venösen Abschnitte differen- zirt und in Thätigkeit ist. Eine besondere Bedeutung hat der am Darm- canale wurzelnde Abschnitt des Lymphgefässsystems, der das durch den Verdauungsprocess aus dem Chymus bereitete Ernährungsmaterial als Chylus aufnimmt und der Blutbahn zuführt. Ausser der Rückleitung der Lymphe kommt diesem Ganalsysteme noch eine andere, seine anatomischen Verhältnisse complieirende Verrich- tung zu. In seine Bahnen sind nämlich die Keimstätten der Formelemente der Lymphflüssigkeit, der Lymphzellen, eingebettet, die dem Blute zuge- führt allmählich in die Formbestandtbheile des letzteren sich umwandeln. Dieses Lymphgefässsystem bietet in den unteren Abtheilungen der Wirbelthiere wenig Selbständigkeit dar, indem seine Bahn zum grossen Theile aus weiten, andere Organe, vorzüglich Arterien umgebenden Räumen vorgestellt wird. Die bindegewehige Arterienscheide umschliesst zugleich die Lymphbahn. Auch Venen können von weiten Lymph- gefässen umgeben sein; so liegt z.B. die Abdominalvene von Salamandra in ein Lymphgefäss eingeschlossen. Ausser den Blutgefässe begleitenden Lymphwegen finden sich schon in den unteren Abtheilungen solche mit selbständigerem Verlaufe, wie in der Haut oder auch an Abschnitten des Darms und anderen Eingeweiden. 524 ll. 9. Wirbelthiere. Peripherisch bilden die Lymphgefgsse durch zahlreiche Anastomosen Ca- pillarnetze oder diese repräsenfende Räume. Daraus gehen allmählich weitere Räume, entweder Canäle, oder unregelmässig abgegrenzte Sinusse i hervor, an deren Stelle erst bei den höheren Ab- theilungen in ihrem Baue mit den Venen ver- wandte Gefässe treten. Während die Lymphbahn von den niederen zu den höheren Wirbelthieren im Allgemeinen eine allmähliche Differenzirung aus dem Lacunen- system der Wirbellosen ähnlichen Räumen zu einem distinet gebauten Ganalsysteme wahrneh- men lässt, derart dass die interstitielle Natur der Lymphwege mehr nur den peripherischen Ab- schnitten zukommt: so erhält sich doch allgemein noch eine aus niederen Zuständen ableitbare Ein- richtung in der Bedeutung der Leibeshöhle als eines Lymphraumes. Die Leibeshöhle der Wir- a re a belthiere schliesst sich damit näher an das Cölom kröte (Chelydra) von einem vieler Wirbelloser an. Bei der bei manchen Lymphraum umgeben. a Fischen (Stör, Selachier) bestehenden Communi- an ET hi RN cation der Leibeshöhle mit der Pericardialhöhle, selbe entfernt, so dass das wird auch diese hierher gerechnet werden dürfen, Blntgefäss ebat Tr ebenso wie die Pleuralhöhlen der Säugethiere, die nur Differenzirungen des gemeinsamen Göloms sind. $ 444. Bei den Fischen erscheinen die Hauptstämme in Gestalt von Lymph- sinussen. Solcher finden sich meist zwei paarige vor, oder ein unpaarer unterhalb der Wirbelsäule. Der unpaare Stamm tbeilt sich nach vorne in zwei Aeste. In diese Stämme sammeln sich theils kleinere Sinusse, theils engere Ganäle als Lymphgefässe. Die Verbindung mit dem Venensystem geschieht meist an zwei Stellen. Ein Lympbsinus des Schädels mündet jederseits in die betreffende Jugularvene ein, und am Schwanze ver- binden sich zwei, Seitengefässstämme aufnehmende Sinusse durch eine am letzten Schwanzwirbel zusammentretende (Queranastomose mit der Caudalvene. Neben einem sehr entwickelten subeutanen Lymphraumsystem, welches besonders bei den ungeschwänzten Amphibien sich über einen grossen Theil der Oberfläche verbreitet, bildet der subvertebrale Lymph- raum der Amphibien einen gleich ansehnlichen Abschnitt. In ihn münden (die Lymphgefässe des Darmes (Chylusgefässe), wie der übrigen Einge- weide ein, sowie auch von den Extremitäten her Verbindungen mit Lymphgefässen bestehen. Bei den Reptilien (treten unter dem Fort- bestehen mannichfacher, häufig auch subeutaner Lymphräume engere Lymphgefässe. 625 Beziehungen zu den Arterien auf, die Lymphgefässe bilden bald weite, die Arterien umgebende und von Balken durchzogene Räume (Fig. 340), bald stellen sie jene Blutbahnen begleitende Geflechte dar. Durch stär- kere Ausbildung jener Balken wird der Lymphraum in einzelne unter einander anastomosirende Ganäle zerlegt. Der die Aorta umgebende Lymphraum theilt sich bei den Grocodilen und Schildkröten in zwei die Venen der Vorderextremität umgebende Stämme, in welche vom Kopfe und Halse wie von den Extremitäten Lymphgefässe einmünden. Aehnlich verhalten sich die Lymphstämme der Vögel, bei denen der vor der Aorta verlaufende Hauptstamm (Ductus thoracicus), wie auch die kleineren Ge- fässe eine grössere Selbständigkeit erreicht haben. Die Einmündung der Ductus thoraciei geschieht wie bei den Reptilien in die oberen Hohlvenen (Venae brachiocephalicae). Eine zweite Verbindung findet sich am An- fange des Schwanzes mit den Venae ischiadicae oder den zuführenden Nierenvenen, worin Amphibien und Reptilien übereinkommen. Bei den Säugethieren sind die Lymphgefässe hinsichtlich ihrer Wand noch bedeutender differenzirt, obgleich auch hier die Arterienscheide für Theile des Lymphstroms häufig die Bahnen abgrenzt. Sie bilden auf ihrem sonst meist die Blutgefässe begleitenden Verlaufe vielfache Anasto- mosen, weitmaschige Gefleehte, und sind, wie jene der Vögel, durch Klappen ausgezeichnet. Sowohl die Lymphgefässe der hinteren Extremi- täten, als die Chylusgefässe vereinigen sich noch in der Bauchhöhle in einen selten paarigen Hauptistamm , dessen Anfang häufig eine bedeu- tende Erweiterung (Cisterna chyli) auszeichnet. Daraus setzt sich ein in den Anfang der linken Vena brachiocephalica einmündender Ductus thora- cieus fort, und in dieselbe Vene münden beiderseitig die Stämme der Lymphgefässe vorderer Körpertheile (des Kopfes und der Vorderextre- mität) und der Brustwand. In der Nähe der Einmündung in Venen zeigen die Lymphgefäss- stämme meist beträchtliche Erweiterungen, deren Wand durch einen Muskelbeleg ausgezeichnet ist, und rhythmische Gon- tractionen ausführt. Man bezeichnet derartige Ein- richtungen als Lymphherzen. Sie sind in verein- zelten Fällen am Caudalsinus von Fischen beobachtet, genauer dagegen bei Amphibien (Fröschen) und Rep- tilien (Schildkröten) bekannt; bei ersteren sowohl an den vorderen als an den hinteren Einmündestellen vorhanden, indess bei urodelen Amphibien wie bei Reptilien nur hintere Lymphherzen nachgewiesen sind. Diese letzteren kommen unter den Vögeln nur noch Fig. 341. Caudalsinus aa. den Ratiten (Strauss, Casuar), und einigen Schwimm- Anastomosirender Quer- = . . . . stamm b. Seitengefässe ec vögeln zu, indess sie bei anderen ihren Muskelbeleg na Ursprung der Can- verloren haben und einfache blasenförmige Erweite- dalvene d. Von Silurus rungen vorstellen. Bei den Säugethieren endlich s1#"i°- Wach Hvar.) scheinen derartige Gebilde nicht mehr zur Entwickelung zu kommen. Gegenbaur, Grundriss d, vergl. Anatomie. 2. Aufl. La) 626 Il. 9. Wirbelthiere. 445. Was die Lymphzellen erzeugenden Apparate betrifft, so finden sich hiefür einfache Formen bei Fischen vor, wo im Verlaufe einzelner Lymph- gefässe Stellen bestehen, an denen eine Zellenproduetion in den Maschen reticulären Bindegewebes vor sich geht. Bei bedeutenderer Entwickelung dieser Einrichtung werden partielle Anschwellungen gebildet, die wegen der Beziehungen der Lymphgefässe zu den Arterien diese begleiten. Selbst bei den höheren Wirbelthieren besteht dieses Verhalten, wenn auch die Arterienscheiden nicht mehr beständig die Bildungsstätten sind. Vor- züglich ist es die Schleimhaut des gesammten Darmcanals, deren Lymph- bahnen mit solchen zellenerzeugenden Stellen in Verbindung sind, die follikelartige Anschwellungen herstellen. Sie finden sich zerstreut oder in verschiedenen Gombinationen gruppirt (geschlossene Drüsenfollikel). Am Anfange der Darmwand bilden Gruppen solcher Gebilde die bereits erwähnten Tonsillen, und auf einzelnen Stellen der Schleimhaut des Mitteldarms dichter bei einander stehend, bilden sie die sogenannten »Pryer'schen Drüsen«, die bereits bei Reptilien vorkommen, aber erst bei Säugethieren eine grössere Verbreitung besitzen. Die Vereinigung einer Anzahl solcher einzelnen Lymph - Follikel stellt grössere Gebilde, Lymphdrüsen, vor, die gleichfalls in die Bah- nen der Lymphe eingebettet erscheinen. Bei Fischen, Amphibien und Reptilien werden eigentliche Lymphdrüsen noch vermisst. Auch den Vögeln scheinen sie nur in beschränkter Weise (am Halse) zuzukommen, und erst bei den Säugethieren treten sie allgemeiner auf, sowohl an dem chylusführenden Abschnitte des Lymphsystems im Mesenterium, als auch im übrigen Körper verbreitet. Bei einigen Säugethieren (z. B. Phoca, Canis, Delphinus) sind die Mesenterialdrüsen zu einer einzigen Masse, dem sogen. Pancreas Aselli vereinigt. Zu den Iymphzellenerzeugenden Organen gehört auch die Milz, die in ihrem feineren Bau von den Lymphdrüsen nur dadurch verschieden ist, dass die in ihr gebildeten Lymphzellen direct in die Blutbahn über- treten. Der letztere Abschnitt wird durch ein zwischen ein- und aus- tretende Gefässe eingeschaltetes feines Lacunensystem hergestellt, welches den grössten Theil der sogenannten Milzpulpa bildet. Mit Ausnahme von Amphioxus ist die Milz bei allen Wirbelthieren vorhanden und lagert stets in der Nachbarschaft des Magens, meist zu- nächst des Gardialsackes. Sie erscheint bald als ein längliches oder rundliches Organ von dunkelrother Farbe, zuweilen, wie z. B. bei man- chen Selachiern, in eine Anzahl von kleineren Läppchen zerfallen, von denen auch sonst einzelne als Nebenmilzen mit dem grösseren Organe vorkommen. $ 446. Die allgemeine Verbreitung eines Organes, dessen Bau in einigen Punkten an Lymphdrüsen erinnert, während seine Beziehungen zum Excretionsorgane. 697 Lymphgefässsystem noch dunkel sind, gestattet für dasselbe kein gänz- liches Uebergehen, und so mag hier noch der Thymüs gedacht sein. Die- selbe erscheint als ein gleichfalls aus drüsenartigen Follikeln zusammen- gesetztes Gebilde, welches in grössere und kleinere Lappen getheilt ist und seine kleinsten Bläschen mit Zellen gefüllt erscheinen lässt. Bei den Selachiern liegt das Organ auf den Kiemensäcken, zwischen diesen und der Muskulatur des Rückens. Beim Stör und manchen Teleostiern hält man ähnliche an der hinteren oberen Grenze der Kiemenhöhle vorkom- mende Follikel für dasselbe Organ. Bei den Amphibien trifft man die Thymus als ein kleines Knötchen hinter dem Winkel des Unterkiefers. Aehnlich erscheint sie bei den Reptilien, , bei Schlangen und Schildkröten über dem Herzen an der CGarotis gelagert, und bei CGrocodilen in Ueber- einstimmung mit den Vögeln (Fig. 312. th) vom Herzbeutel bis zum Unter- kiefer emporreichend. Der untere Abschnitt ist bei Säugethieren der ent- wickeltere, so dass sie nur selten aus der Brusthöhle heraustritt. Bei allen ist sie in den Jugendzuständen am beträchtlichsten entwickelt, erleidet dann Rückbildungen und nur selten behält sie den früheren Umfang auch im erwachsenen Zustande der Thiere bei (Pinnipedier). Bis jetzt noch völlig räthselhaft ist ein unter den Wirbelthieren gleich- falls verbreitetes Organ , welches in den höheren Abtheilungen jederseits vor der Niere lagert und daher als Nebenniere (Glandula suprarenalis) bezeichnet ward. Bei den Anamia sind diese Gebilde durch die Umhül- lung sympathischer Ganglien mittels einer aus zellenhaltigen Schläuchen zusammengesetzten Corticalschichte vertreten, und als gelbliche oder weissliche Körper über eine grössere Strecke vertheilt, indess sie bei den Amnioten jederseits Eine Masse darstellen, und in ihrer Marksubstanz gleichfalls noch Nervenelemente wahrnehmen lassen. Bemerkenswerth ist ihr relativ bedeutendes Volum während der Fötalperiode bei Säuge- thieren. Die Bedeutung dieser Organe, welche mit der Unterstellung der- selben unter den durchaus unklaren und daher verwerflichen Begriff der » Blutgefässdrüsen « in nichts gefördert wurde, dürfte daher in jeder Hin- sicht noch festzustellen sein. Excretionsorgane. $ 447. Die als Excretionsorgane unter den Wirbellosen verbreiteten Ein- richtungen erscheinen in ihren wesentlichsten Verhältnissen auch bei den Wirbelthieren und lassen auch darin für den Wirbelthierstamm Ver- knüpfungen mit niederen, im übrigen weit entfernt stehenden Formen erkennen. Bei Amphioxus hat man zwar bis jetzt vergeblich nach solchen Organen gesucht, aber bei allen Granioten bestehen sie in gemeinsamem Typus. Dieser geht erst mit der allmählichen Differenzirung verloren und 40 * 628 Il. 9. Wirbelthiere. kann dann nur durch ontogenetische Prüfung erkannt werden. Den ein- fachsten Zustand repräsentirt eigggn der dorsalen Wand der Leibeshöhle verlaufender Canal, der hinten Wi. Nähe des Afters nach aussen, und vorne mit abdominalem Ostium in die Leibeshöhle ausmündet. Erkennt man in solchem Verhalten bedeutende Uebereinstimmungen mit den Ex- eretionsorganen der Würmer, so ist doch mit Hinblick auf die Metamerie des Wirbelthierkörpers die Eigenthümlichkeit nicht zu übersehen, dass dieser Urnierengang kein metameres Organ vorstellt, und damit auch zu den metameren Schleifencanälen der gegliederten Würmer kein vollstän- diges Homologon abgibt. Er wird demnach aus einem noch niederen, d.h. einem noch nicht in Metameren getheilten Zustand des Organismus abzu- leiten sein und repräsentirt damit, wie die gleichfalls ungegliederte Chorda dorsalis, eines der phylogenetisch ältesten Organe. Dieser Urnierengang ist aus dem Meso- En derm entstehend erkannt worden, in der ıR: Anlage bald als solider Zellenstrang er- scheinend, bald rinnenartig vom Epithel / ung der Peritonealhöhle sich differenzirend I WE (Teleostier). Von denselben Theilen aus m) | entsteht auch die Anlage von Ganälen (Fig. \ 1a} 342. 1), welche bald beständig, bald vor- EAN übergehend mit trichterartiger Mündung in /h s Be die Bauchhöhle sich öffnen, und anderer- seits mit dem genannten Gange in Zusam- menhang treten (Selachier, Amphibien). | Sie stellen, auf ihrem Verlaufe in geknäuelte e Drüsen auswachsend, den secretorischen Abschnitt der Urniere vor. Auf einer be- stimmten Strecke wächst in eine Aus- buchtung dieser meltamer angeordneten Canäle ein arterieller Gefässknäuel (Glo- merulus) ein und bildet ein in einer kap- von Pristiurus. g Umierengang. Selartigen Erweiterung liegendes Malpighi- t Anlage eines Trichterorgans. d Darm. sches Körperchen. . ‚Diese letztere Einrich- f ze ar auge tung Kehrt in allen Gestaltungen des Nie- renorganes wieder, wie auch immer es sonst im Bereiche der Wirbelthiere modificirt sein mag. Als Grundform dieser Urniere wird ein Längscanal, welcher quere, mit Wimpertrichtern in die Bauchhöhle geöffnete Canälchen aufnimmt, angesehen werden dürfen, wie die Anlage des Apparates wesentlich bei (len Selachiern erscheint. Die Verbindung mit der Leibeshöhle, deren epitheliale Auskleidung jedenfalls einen bedeutenden .Theil des Organ- systems hervorgehen lässt, erlaubt eine Vergleichung mit den Exceretions- organen mancher Würmer, und verweist weit zurück auf jene Formen, in denen «liese Organe die einzigen vom Mesoderm umwandeten Hohlraum- Fig. 342. Querschnitt eines Embryo Excretionsorgane. 629 bildungen sind (Plattwürmer). Die metamere Anordnung der oflenen Quercanäle bezieht sich auf die Metamerie des Gesammtorganismus der Vertebraten. Sie ist deshalb nicht mit Schleifencanälen der Anneliden zusammenzustellen, oder gar davon abzuleiten, weil diese an den Meta- meren selbst ausmünden ($ 145) und nicht in einen Längscanal. Dieser ist es, der bei den Wirbelthieren schon durch sein erstes Erscheinen den Typus des gesammten Apparates bestimmt. Wie aber die exceretorischen Organe einer grossen Anzahl von Wir- bellosen theilweise ihre Function aufgeben, um als Ausleitewege für die Geschlechtsproducte zu dienen, so begegnen wir auch bei den Wirbel- thieren einem solchen, bedeutende Umgestaltungen des primitiven exere- torischen Organsystems hervorrufenden Verhalten. Dadurch löst sich, meist schon sehr frühzeitig, die ursprüngliche Anordnung auf. Wo sie auch in der Anlage nicht mehr wiederkehrt, ist das wohl gleichfalls auf Rechnung der erworbenen neuen Beziehungen zu setzen. $ 448. Ein besonderer Abschnitt der Urniere tritt bei Cyclostomen, Teleostiern und auch bei Amphibien am vordersten Ende des Urnieren- sanges auf, und verdient eine besondere Be- achtung, da er nicht nur früher als die übrige Urniere erscheint, sondern von letzterer meist auch räumlich getrennt ist. Dieser Theil besteht aus einer geringen Anzahl mit Wimpertrichtern beginnender Canälchen, die meist knäuel- förmig gewunden sind. Auch ein einziges Canälchen kann vorkommen. Zuweilen ist an den Canälchen auch ein Malpighi’sches Körper- chen bemerkbar. Eine Rückbildung dieser Vorderniere tritt bei Amphibien ein, und bei den Amnioten scheint dieser Abschnitt gar nicht zur Anlage zu kommen. Dagegen per- sistirt er bei den Cyclostomen, wo er mit einem Büschel in die Bauchhöhle ragender Wimper- trichter ausgestattet ist. Die Urniere selbst zeigt sich aın einfach- sten unter den Gyclostomen bei Bdellostoma. Ein langgestreckter Canal (Fig. 343. ABa) ent- Fig. 343. A Ein Theil der Niere sendet von Strecke zu Strecke lateral verlau- von Bdellostoma. w Ham- {ende kurze Quercanälchen (b), deren blindes, \°\, len wo durch eine Einschnürung abgesetztes Ende (c) von stärker vergrössert. a, c wie einen Blutgefässknäuel (Glomerulus) (B) ein- vorhin. Inc ein Glomerulus, d . z & x a eintretende, e austretende Arte- schliesst. Die Quercanälchen bilden die secre- rie. (Nach J. Mürzer.) 630 II. 9. Wirbelthiere. torischen Apparate (Harncanälckge ), der Urnierengang selbst erscheint hier als Sammelröhre,, fungirt als Harnleiter. In voluminöserer Weise, allein mit ganz ähnlichem Verhalten der Harneanälchen, erscheinen die Nieren der Myxinen und Petromyzonten, die längs des hinteren Drittels der Leibeshöhle gelagert sind. Bei Beiden tritt der lateral verlaufende Harnleiter zum Bauchporus, bei den Petromyzonten, nachdem er sich mit dem anderseitigen zu einem unpaaren weiteren Abschnitte verbunden hat. Die Beziehung zu metameren Wimpertrichtern ist noch zu ermitteln. Bei den Selachiern ist das primitive Verhalten nur auf frühe Ent- wickelungsstadien beschränkt. Die Urniere erstreckt sich längs der Dor- salwand der Leibeshöhle, aus disereten CGanälchen angelegt, die mit Wimpertrich- tern (Fig. 344 i) von der Bauchhöble her beginnen. Jeder Trichtercanal setzt sich, nachdem er zur Aufnahme eines Glomeru- Jus (m) sich abgezweigt hat, zum Urnieren- gange fort. Durch längeres Auswachsen stellt jedes dieser Canälchen ein durch Windungen gebildetes Läppchen (r) vor, so dass jede Niere aus einer Reihe solcher in den Urnierengang (uw) sich sammelnder Knäuel zusammengesetzt wird. Der Ur- nierengang mündet in die Cloake. Sowohl am drüsigen Abschnitte dieser. Niere wie an ihrem Ausführwege treten Veränderun- gen ein. Der vordere aus einer Anzahl Läppchen gebildete Abschnitt erfährt keine bedeutendere Ausbildung, welche dagegen dem hinteren zu Theil wird. Dieser ge- staltet sich, aus einer verschieden grossen Anzahl primitiver Läppchen zusammen- Fig. 344. Ein Abschnitt der Niere „gesetzt (413 — 14 bei Acanthias), zu einem eines Acanthias-Embryo (Schema). voluminöseren Organe, in welchem auch i Wimpertrichter. nı Malpighi'sch eine Vermehrung der Canälchen durch a Ba Er Sprossung vorzukommen scheint. Dieser ; Theil behält seine Function als Niere, indess der vordere eine Rückbildung erleidet, und beim männlichen Geschlechte mit der Keimdrüse Verbindungen erlangt. Die Wimpertrichter (Nephro- stomen) bestehen nur bei einen Theile der Haie fort, sie sind bei allen Rochen und vielen Haien verschwunden. Wo sie sich erhalten haben ist ihre Zahl redueirt. Von den Veränderungen des primären Urnierenganges ist eine Spal- tung desselben von grosser Wichtigkeit. Sie beginnt an seinem vorderen Ende und schreitet nach hinten, so dass an seiner Stelle dann zwei Ga- näle sich finden. Der eine davon beginnt mit dem vorderen Abdominal- Excretionsorgane. 631 ostium des primären Ganges, und erscheint ferner ausser Beziehungen zur Niere. Es ist der Müller’sche Gang. Der andere Canal bebält die Verbindung mit der Urniere bei, es ist der secundäre Urnieren- gang. Auch für den secundären Urnierengang bestehen Veränderungen, insofern er bei den Männchen zum Samenleiter wird. Die aus dem hin- teren Nierenabschnitte kommenden Ausführgänge sammeln sich dann zu einem gemeinsamen Harnleiter, der in einen Sinus urogenitalis ausmün- det, oder es führen mehrere Harnleiter mit getrennten Mündungen dort- hin. Bei den Weibchen sind auch die aus dem vorderen abortiven Stücke der Urniere kommenden Ausführgänge mit dem Harnleiter verbunden. Ganoiden und Teleostier lassen die Niere in ähnlichen Lageverhält- nissen wahrnehmen. Die Urniere erscheint wesentlich den Volum nach weiter entfaltet, und die Ausführwege lassen zwar jene Sonderungsvor- gänge nicht in vollem Umfange erkennen, die bei den Selachiern eine bedeutende CGomplication hervorriefen, allein ein bei Ganoiden dem Aus- führgange angefügter Trichter mit weitem abdominalen Ostium spricht für die eingeleitete Sonderung eines Müller- schen Ganges, so dass der Harnleiter nicht mehr dem primären Urnierengange entspricht. Bei den Teleostiern tritt der secundäre Theil der Drüse am vorderen Abschnitte des Urnierenganges zuerst auf, und bildet jenen Abschnitt, der bei vielen bis zum Kopfe reicht (Kopfniere). Hieran schliesst sich der hintere später gebildete an. Das Ganze stellt ein com- pactes Drüsenorgan vor, welches vom Peritoneum überkleidet längs der Wirbelsäule sich hinzieht, in einzelnen Abschnitten mehr, in anderen min- der ausgebildet. Eine Sonderung in Lappen wird meist durch voluminösere Entwickelung einzelner Abschnitte ausgedrückt. Die Aus- führwege (Fig. 345. u) verlaufen bald an der vorderen Fläche, bald mehr am lateralen Rande und treten meist zu einem unpaaren Abschnitte zusammen, der unter oder hinter der Genital- öffnung mündet. An verschiedenen Stellen bieten ‘die Ausführwege Erweiterungen, bald pie. 345. Nieren von Salmo am gemeinsamen Abschnitte, bald am geson- fario. AR Nieren. « Ureter. derten; all’ diese Gebilde fungiren zwar als 7 "nsenartigs Frweiterung, vr R 3 usführgang derselben. rr Venae »Harnblasen«, haben aber morphologisch mit venales revehentes. d Ductus der Harnblase der höheren Vertebraten keine Cuvieri. s Vena subelavia. Gemeinsamkeit. re Für die Nieren der Amphibien finden sich Anschlüsse an die bei Se- lachiern bestehenden Befunde. Bei allen spielen Wimpertrichter für die Anlage der Harncanäle eine Rolle. Aus den primären Harncanälen bilden 632 Il. 9. Wirbelthiere, sich durch Aufknäuelung wiederum Läppchen. Bei den Cöecilien bleiben diese meist gleichartig, bei u und Anuren findet eine Ausbildung und Vermehrung der hinteren statt, so dass dieser Theil gegen den vor- ‚leren bedeutend überwiegt. An diesem Abschnitte ergibt sich zugleich eine ansehnliche Vermehrung der Wimpertrichter, welche eine persistente Einrichtung vorstellen. Der vordere Theil der Niere nimmt bei den Uro- delen die Ausführgänge des Hodens auf, während bei Cöcilien und Anuren verschiedene Theile der Niere in dieser Verbindung stehen. Eine am pri- mären Urnierengange auftretende Differenzirung lässt auch hier einen Müller’schen Gang und einen secundären Urnierengang entstehen (Fig. 348). Der letztere dient als Ausführweg für die Niere, wird Harnleiter bei den Cöcilien, Urodelen und allen weiblichen Anuren, indess bei den Männ- chen mancher der letzteren der primäre Urnierengang als solcher fortzu- [ungiren scheint. Die Ausmündung findet selbständig in die Cloake statt. MürLer, W., Das Urogenitalsystem der Cycelostomen. Jen. Zeitschr. IX. — SEMPER, C., Das Urogenitalsystem der Plagiostomen. Arbeiten aus dem zool. Institut zu Würzburg. Il — SPpENGEL, J. W., Das Urogenitalsystem der Amphibien. Ebenda. Il. $ 449. Bei den Amnioten kommt die Urniere gleichfalls zur Ausbildung. Sie erstreckt sich zu einer gewissen Zeit der Entwickelung durch die Lei- beshöhle , gegen welche sie von der dorsalen Wand her beiderseits vor- ragt. Der Urnierengang (Fig. 346 ug) ist auch hier das Erstgebildete. In ihn münden die Harncanälchen (u), die den drüsigen Theil des Organes vorstellen. Der stets in der gleichen Function bleibende hintere Abschnitt der Ur- niere hat sich bereits bei Selachiern, mehr aber noch bei einem Theile der Amphibien ausgebildet, sowohl durch Vermehrung der Harncanälchen , als auch durch Gewinnung selbständiger Ausführwege. Dadurch werden die bei den Amnioten bestehenden Ver- Fig. 316. ‚Querschnitt ‚durch den Embryo. hältnisse angebahnt.“”Bei''Reptilien eines Vogels (Hühnchen). 4 Amnionhöhle. am Amnion. ch Chorda. a Aorta, v Cardinal- Schliesst sich das nachträglich entste- vene. Urniere. ug Urnierengang. e Keim- hende Material von Harncanälchen zwar a ee ne Den, unmittelbar an den hinteren Theil der Urniere an (Lacerta), allein es verbindet sich nicht mit ihm zu Einem Organe, sondern stellt ein Neues vor, die blei- bende Niere. Diese besteht hier noch eine Zeit Jang mit der Urniere, hat aber Excretionsorganc. 635 selbständige Ausleitewege (Ureteren) gewonnen, und übernimmt die Function der Urniere, in dem Maasse als diese sich rückbildet oder für den Genitalapparat verwendet wird. Bei den Vögeln scheint die Anlage der bleibenden Niere selbständig zu erfolgen, und noch mehr ist das für die Säugethiere der Fall. In der Würdigung dieser Verhältnisse erscheint also die sogenannte bleibende Niere der Amnioten als ein an- fänglich an die Urniere sich anschliessendes , einen Theil derselben vor- stellendes Organ, das sich allmählich sowohl räumlich als zeitlich von ihr sondert. Eine Anlage von Wimpertrichtern ist nicht bekannt geworden. Auch die Scheidung des Urnierenganges besteht nicht mehr wie bei den Anamnia, vielmehr besitzt der Müller’sche Gang eine gesonderte Anlage. In Lage und Ausdehnung bieten die Nieren der Reptilien und Vögel manche an die Fische sich anschliessende Verhältnisse. Sie liegen weit nach hinten, der Cloake benachbart, nur bei den Schlangen weiter davon entfernt, und zugleich mehr in die Länge gestreckt. Durch die Bildung von Lappen bietet ihre Form grössere Mannichfaltigkeit. Beiden Vögeln sind sie in die Vertiefungen zwischen den Querfortsätzen der Sacralwirbel ein- gebettet, und zerfallen meist in drei zuweilen mit einander verbundene Abschnitte, die je einen verschiedenen Umfang erreichen können. Die Ureteren (Fig. 349 «) sind meist am Innenrande der Nieren gelagert, von Stelle zu Stelle grössere Harncanäle aufnehmend (Schlangen, Schildkrö- ten), oder sie werden vom Nierenparenchym umschlossen , um meist erst am Ende des Organs hervorzutreten (Saurier, Crocodile). Bei den Vö- geln verlaufen sie zum grossen Theil ausserhalb der Niere. Bei Allen münden sie gesondert in die Gloake aus, oder in einen auch die Ge- schlechtswege aufnehmenden Sinus urogenitalis. Die Nieren der Säugethiere bieten nach der: Sonderung der als »Nie- rencanal« bezeichneten Anlage vom Urnierengange mancherlei Veränderun- gen, besonders für die Mündung der Ureteren. Die am blinden Ende des »Nierencanals« entstehenden Nieren treten nach ihrer Differenzirung hinter die Urnieren. Sie scheinen anfänglich eine glatte Oberfläche zu besitzen, welche mit der Ausbildung des drüsi- gen Parenchyms in einzelne Lappen uneben wird. In jedem Lappen treten die Harncanälchen auf einen papillenartigen Vorsprung zusammen, an welchen sich der gemeinsame Ausführgang des Lappens anschliesst. Er bildet die Nierenkelche, und deren Vereinigung das Nierenbecken, welches den Ureter hervorgehen lässt. Sehr zahlreich (gegen 200) sind die discret bleibenden Lappen bei den Cetaceen. Eine geringere Zahl besitzen die Pinnipedier. Auch bei vielen CGarnivoren bleiben die Lappen getrennt (Ursus, Lutra), indess bei andern eine Verschmel- zung der Lappen stattfindet. Dadurch erhalten die Nieren eine höcke- rige Oberfläche (z. B. bei Hyaena, Bos, Elephas). Dies ist für Andere ein gleichfalls vorübergehender Zustand, und mit völliger Verschmelzung der Gortiealsubstanz der Lappen empfängt die Niere eine glatte Oberfläche, 634 ll. 9. Wirbelthiere. an der wohl noch einzelne Furchen die ursprüngliche Trennung in Lappen andeuten. Im Innerer Niere dagegen erhält sich die Tren- nung mehr oder minder vollständig, und man findet die Zahl der ur- sprünglichen Lappen in den verschiedengradig verschmolzenen Papillen ausgedrückt. Die Verschmelzung kann auch mehrere oder sämmtliche Lappen betreflen, so dass eine viel geringere Zahl von Nierenpapillen be- steht, die sogar in eine einzige zusammentreten können (Marsupialien, Edentaten, Nagethiere, manche Carnivoren und Primaten). Die aus dem Nierencanale gebildeten Ureteren senken sich nach ihrer Trennung vom Urnierengange anfänglich in den in der Bauchhöhle des Embryo verlaufenden , mit der primitiven Beckendarmhöhle verbundenen Abschnitt der Allantois ein (Urachus). Dieser bildet sich allmählich in ein spindelförmig erweitertes Organ um, die Harnblase, während die Fortsetzung des Urachus zum Nabel, und von da in den Nabelstrang, ob- literirt. Ersterer Abschnitt bildet das Ligamentum vesico-umbilicale me- dium. Die ursprünglich spindelförmige Gestalt der Harnblase erhält sich bei manchen Säugethieren (Robben), während sie bei anderen allmählich Modificationen erleidet, an welche Differenzen in den Einmündungsver- hältnissen der Ureteren sich knüpfen. So öffnen sich die Ureteren bei vielen Nagern weit oben an der hinteren Blasenwand (Fig. 354. C. u). Das fernere Verhalten der Ausführwege ist mit dem Geschlechts- apparate gemein und wird deshalb bei diesem Erwähnung finden. Geschlechtsorgane. $ 450. Die Organe der Fortpflanzung sind bei den Wirbelthieren auf ver- schiedene Individuen vertheilt; die Trennung der Geschlechter ist Regel, von der jedoch bei den Fischen manche Ausnahme vorkommt. Auch in höheren Abtheilungen bestehen manche Einrichtungen welche auf Herm- aphroditismus gedeutet sind. Es scheint mir aber, dass nur die Zeu- sungsstofle für jenes Urtheil massgebend sein können, und nicht das Ver- halten der Ausführwege, welche dem Geschlechtsapparat ursprünglich fremd sind. Von den Zeugungsstoffen ist die erste Genese der männlichen bis jetzt noch wenig sicher ermittelt, dagegen ist die Abstammung der weib- lichen aus der die Bauchhöhle auskleidenden Epithelschichte festgestellt. Damit erscheinen Verhältnisse wie sie bei Wirbellosen unter den Wür- mern bestehen. Bei Amphioxus bilden sich an zahlreichen Stellen der Leibeshöhle, oder in Räumen die mit letzterer zusammenhängen, follikel- artige, von einer Schichte des Epithels umgebene, und Ausbuchtungen der letztern darstellende Gebilde, die als die Keimdrüsen sich darstellen. Die Eier entstehen hier zwischen indifferenten platten Zellen, welche zugleich das Stroma des Organes vorstellen. Auch in diesem Punkte . Geschlechtsorgane. 635 stellt Amphioxus den Cranioten sich ferner, denn bei diesen ist es eine ganz bestimmte und beschränktere Localität, welche den Keimdrüsen Ursprung gibt. Die epitheliale Auskleidung der Bauchhöhle behält an einer der Urnierenanlage entsprechenden Strecke länger als an anderen Stellen ihren ursprünglichen Charakter, und kann von jenen als Keim- epithel unterschieden werden (Fig. 346. e). In grösserer oder geringerer Ausdehnung findet hier zur Seite des Mesenteriums durch Bindegewebs- wucherung eine faltenartige Erbebung statt, die Genitalfalte. Einsenk- ungen des Epithels stellen auf dieser die Anlage der Eier vor. Von einer einwachsenden Zellgruppe entfaltet sich eine Zelle zum Ei, die andern bilden eine das Ei umgebende Zellschichte, das Follikelepithel, welches mit der es umgebenden Bindegewebsschicht den Eifollikel bildet. Bald gibt jede Einsenkung des Keimepithels nur einem einzigen Follikel Entstehung, wie esbei den Anamnia sich trifft (Selachier), bald wuchern jene Zellgruppen weiter und bilden die Anlagen zablreicher Follikel wie bei den Amnioten. Die imEifollikel um die Eizelle lagernden Zellen bleiben meist indif- ferent und tragen sowohl zur Ernährung des Eies wie zur Bildung der das Ei umgebenden Dotterhaut bei. Mehr oder minder bedeutende Mo- dificationen betreffen theils das Ei, theils die dasselbe umgebenden Zellen des Follikels. Diese bilden unter gleichmässigem Wachsthume des Eies und des Follikels eine einfache epithelartige Schichte bei den Fischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln. Bei den Säugethieren dagegen ver- mehren sie sich bei relativ klein bleibender Eizelle und füllen eine Zeit lang den grössten Theil des Follikels aus. Unter Vergrösserung des letzteren entsteht allmählich in dessen Innern ein mit Fluidum gefüllter Raum, durch den die Zellschichte des Follikels an der Wandung sich ausbreitet (Membrana granulosa), wo sie an einer eiwas verdickten Stelle das Ei umschliesst. Die die Eizelle betreffenden Veränderungen gehen vom Dotter aus, und sind von einer Volumszunahme des Eies begleitet. Dieses trifft sich schon bei Teleostiern, deren Dotterkörnchen häufig bedeutende Verände- rungen eingehen. Aehnlich verhalten sich die Eier der Amphibien. In höherem Grade findet Vermehrung und eigenthümliche Differenzirung der Dotterkörnchen in den Eizellen der Selachier, Reptilien und Vögel statt. Ihre Menge verleiht dem reifen Ei eine bedeutende Grösse. Den männlichen Keimdrüsen dient die mit dem Keimepithel überkleidete Stelle gleichfalls als Bildungsstätte, aber es scheint, dass jenes Epithel nicht an dem Aufbau der Hoden direct betheiligt ist. Die erste Differenzirung der den Hoden zusammensetzenden Drüsenschläuche' (Samencanälchen) ist noch unbekannt, und die Annahme ihrer Ent- stehung aus einem Theile der Urniere führt die Schwierigkeit herbei, jene Hodenbildungen zu erklären, die keinerlei Verbindung mit der Urniere eingehen. Durch Differenzirungsvorgänge des Epithels der Samencanälchen ent- stehen die Formelemente des Sperma. Diese stellen bei allen 636 ll. 9. Wirbelthiere. Wirbelthieren bewegliche, von_einem verschieden gestalteten dickern Theile, dem sogenannten Köpfen ausgehende Fäden vor. Das Köpfl- chen ist bald scheibenförmig oder elliptisch , wie bei vielen Säugethieren und Fischen, oder es ist langgestreckt hei Selachiern, Amphibien, Vö- seln. Bei letzteren häufig korkzieherartig gewunden. Eine undulirende Membran zeichnet die Samenfäden mancher Amphibien (Salamandrinen und Kröten) aus. $ 451. Aus den als Genitalfalten bezeichneten Bildungen gehen die Keim- drüsen hervor. Bald ist es ein grösserer bald ein kleinerer Abschnitt der dadurch zum Ovarium oder zum Hoden sich gestaltet. Die Gyelostomen zeigen die einfachsten Befunde. Die Ovarien der Petromyzonten er- scheinen als paarige, längs der Leibeshöhle sich erstreckende, vielfach ge- faltete Lamellen, in denen die Eier entstehen. Aehnlich stellen sich die Hoden dar. Unpaar, der rechten Seite des Mesenteriums entspringend, triffi man die Keimdrüsen der Myxinen. Beiderlei Geschlechtsstofle werden in die Leibeshöhle entleert, von wo sie durch den Abdominal- porus nach aussen gelangen. An diese Einrichtung schliessen sich bei manchen Teleostiern die Ova- rien an, so z. B. beiden Salmonen, deren Eier gleichfalls in die Bauchhöhle serathen und durch einen Abdominalporus entleert werden. Unter den Selachiern ist dasselbe noch bei Laemargus borealis der Fall, wobei den Ovarien bei geringerer Grösse der Eier eine bedeutende Ausdehnung zu- kommt. Bei den übrigen Fischen bestehen für beiderlei Geschlechter Ausführwege , die grösstentheils — vielleicht sämmtlich — durch die an der Urniere aufgetretenen Differenzirungen (vergl. $ 448) hervor- gingen. Die Ganoiden stehen in dieser Beziehung auf einer niederen Stufe, indem ihre Keimdrüsen der direeten Ausführwege entbehren, und ihre Producte in die Leibeshöhle gelangen lassen. Hier dient ein dem Müller- schen Gang homologer Apparat in beiden Geschlechtern der Ausleitung, indem dem Harnleiter (secundären Urnierengang) ein verschieden langer mit trichterförmiger Oeffnung versehener Canal angefügt ist, der die Ge- schlechtsproducte aufnimmt. Harn- und Geschlechtswege sind somit eine Strecke weit gemeinsam. Es muss diese Thatsache als von besonderer Wichtigkeit angesehen werden, denn wir lernen durch sie den Müller- schen Gang als eine auch im männlichen Geschlechte verwendete Einrich- tung kennen. Das Auftreten dieses Ganges in beiden Geschlechtern ge- langt damit zum näheren Verständniss, und man hat nicht nöthig die Existenz jener Organe bei dem männlichen Geschlecht von einer ur- sprünglich bestanden habenden Zwitterbildung abzuleiten, welche in je- nem Zustande, wie er vorauszusetzen wäre, nicht erwiesen ist. Aus den bei den Ganoiden waltenden Einrichtungen lassen sich zwei andere Befunde ableiten. Der eine trifft sich bei der Mehrzahl der Te- Geschlechtsorgane. 637 leostier, der andere bei den Selachiern, und daran im Anschluss bei Am- phibien und allen Amnioten. Die männlichen Organe aller Teleostier und die weiblichen mit der oben berührten Ausnahme, erscheinen in Schlauchform. Die keimberei- tende Stätte ist häufig auf eine Stelle des Schlauches beschränkt, und bildet von da aus je nach dem Ausbildungsgrade ihrer Producte eine mehr oder minder bedeutende Einragung. Die beiderseitigen Ausführ- gänge dieser Genitalschläuche (Fig. 347. 11) verbinden sich zu einem 03 d - N E a Fie. 347. Geschlechtsorgane und Darmcanal von Clupea Harengus. oe Oesophagus. v Magen. ap Appendices pyloricae. © Darm. « Afteröfinung. vn Schwimmblase. d.pn Luftgang, s Milz. Zt Hoden. vd Ausführgang derselben. g Genitalporus. br Kiemen. (Nach Braxopr.) mit dem Genitalporus mündenden gemeinsamen Wege. Bei diesen Ein- richtungen sind die Keimdrüsen in der Regel nicht durch den ganzen Apparat, sondern nur durch die an der Innenwand der Schläuche vor- ragenden, oft gelappt oder auch ramifieirt erscheinenden Keimstätten vor- gestellt. Deren Umhüllung bildet wahrscheinlich der sich schlauchförmig umgestaltende Müller’sche Gang, was übrigens noch ontogenetisch fest- zustellen ist. Bei einer Anzahl von Teleostiern sind Zwitterbildungen beobachtet, indem dem Ovarialschlauch noch ein Hodenschlauch anliegt. Am bekann- testen in dieser Beziehung sind Arten der Gattung Serranus. $ 150. Unter den Selachiern hat sich die bei den Ganoiden bestehende Ein- richtung für das weibliche Geschlecht erhalten und weiter ausgebildet. Die Keimdrüsen bilden sich meist nur an einer beschränkten Strecke der Genitalfalte aus, während der übrig bleibende Theil durch Wucherung des Stroma in ein eigenthümliches Gewebe (epigonales Organ) sich um- wandelt. Die Ovarien sind in der Regel paarig, ziemlich weit vorne liegend. Bei manchen wird das linke rudimentär (Mustelus, Galeus, Seyllium, Pristiurus, Carcharias). - Die aus den Müller'schen Gängen ent- standenen langen Oviducte bilden mit ihren unter einander verschmol- zenen abdominalen Ostien eine weite, der bedeutenden Grösse der auf- zunehmenden Eier entsprechende Trichtermündung. Das hintere Ende 638 II. 9. Wirbelthiere. jedes Eileiters ist in einen durch grössere Weite und häufig auch durch stärkere Wandungen a ae bei den meisten als Uterus fun- eirenden Abschnitt differenzift, der in die Cloake ausmündet. Die Sonderung eines drüsigen Abschnittes nahe am abdominalen Ende des Eileiters kommt den Selachiern wie den Chimären zu, deren Geschlechts- organe, wie auch jene der Dipnoi, in den wesentlichsten Punkten überein- stimmen. "Die männlichen Organe werden in diesen Abtheilungen durch meist kleine Hoden repräsentirt, deren Ausführgänge mit dem vorderen Theile der Excretionsorgane sich in Verbindung setzten, so dass dieser Theil der Urniere sammt ihrem Ausführgange zum Ge- schlechtsapparate verwendet wird. Das Vas deferens begibt sich nach mehrfachen Windungen zur Cloake, nachdem es bei Chimära mit dem anderseitigen sich verbunden hat, n..M und mündet meist mit dem Harn- | 7 leiter gemeinsam in einen Sinus | | v urogenitalis, derauf einem papillen- I % artigen Vorsprunge in die Gloake | IL 1 sich öffnet. Vom Müller’schen Gange NG "rm : . . . EN bleibt ein Rest mit dem Ostium abdominale bestehen, an der ent- sprechenden Stelle, wo dieser beim Weibchen sich findet. Auch vom hinteren Ende scheint bei Man- chen eine Strecke in Verbindung mit der Gloake sich zu erhalten. In ansehnlicher Weise erhält sich der Müller'sche Gang bei Chi- mära. Theile der Hintergliedmasse sind bei den Männchen der Se- lachier und Chimärenin Begattungs- Fig. 348. Urogenitalsystem der Amphibien organe umgewandelt (S. 51). (Triton), Schema. 4A Weiblich. B Männlich. : ER » Niere. Auf deren Oberfläche sind die Nephro- Die Amphibien knüpfen bezüg- stomen angedeutet. sug Harnleiter. od Ovi- lich des Geschlechtsapparates enge duct. ım Mürrer’scher Gang. ve Ausführgänge der an die Selachier an. Die Ovarien Hoden. £ Hoden. ov Eierstock. « Urogenital- mündung. (Theilweise nach SrENGEL.) (Fig. 348 A. ov) bilden je nach der Zahl der in ihnen zur Reife kom- menden Eier verschieden mächtige Lamellen, die in die Bauchhöhle einragen. Sie umschliessen bei den Urodelen einen Hohlraum, der bei den Anuren in mehrfache Räume getheilt ist. Der Müller'sche Gang bildet den Eileiter (od), der weit vorne mit trichterförmiger Oeflnung EEE Geschlechtsorgane. 639 beginnt und immer selbständig in die Cloake ausmündet. Zur Zeit der Geschlechtsfunction bietet er meist eine ansehnliche Vergrösserung dar, die sich auch in reichen Windungen ausspricht. Bei lebendig gebäh- renden Arten (Salamandra) fungirt der letzte Abschnitt des Eileiters als Uterus. Die Hoden verhalten sich hinsichtlich ihrer Lage den Ovarien ähnlich. Sie stellen bald ein einheitliches Organ vor, bald bestehen sie aus einer Reihe grösserer oder kleinerer und darum auch zahlreicherer Körper. Letzteres ist bei manchen Cöcilien der Fall, während Andere Uebergänge zur einheitlichen Gestaltung darbieten. Ein longitudinaler Sammelgang nimmt die Ausführgänge der einzelnen Abschnitte des Hodens auf, und gibt wieder Quercanäle ab, welche ebensovielen primären Abschnitten der Niere entsprechen, und mit diesen sich verbinden. Die Niere ist so- mit Ausführweg des Sperma, welches durch den Harnleiter (secundärer Urnierengang) entleert wird. Auch bei den Anuren wird das Sperma aus dem Hoden durch ein zwischen diesem un«d der Niere liegendes Netz von Ganälchen letzterer zugeleitet. Aber die aus dem longitudinalen Sammel- gang in die Nieren eintretenden Canälchen durchsetzen (ie Niere, ohne mit Malpighi’schen Körperchen in Zusammenhang zu stehen, und mün- den direct in den Harnleiter. Nur Bufo macht eine Ausnahme, indem ein Zusammenhang der Vasa efferentia mit den Malpighi’schen Körperchen besteht. Die Urodelen lassen nur den vorderen Abschnitt der Niere (Ge- nitalniere) in Verbindung mit dem Geschlechtsorgane erkennen. Aus einem im oder am Hoden (B. £) liegenden Sammelgange führen Quer- canäle (v. e) durch das Mesorchium meist zu einem Längscanal, aus wel- chem wieder Ganäle entspringen, die in den genannten Nierentheil ein- führen. Das Sperma durchläuft also nur einen bestimmten Abschnitt der Niere, und tritt nur durch die aus jenem kommenden Ausführgänge in den gemeinsamen Harnleiter über, der aus dem secundären Urnierengang gebildet ist. In dem Maasse als dieser Theil der Urniere der Harnsecretion entfremdet ist, wird er dem Geschlechtsapparate zugetheilt, so dass dann nur im Harnleiter eine Mischung beider Secrete stattfindet. Der Müller’sche Gang persistirt auch bei den Männchen vorne frei, dann meist in dichtem Anschluss an den secundären Urnierengang. Er erscheint vollständig (m), sogar mit offenem Ostium abdominale, oder nur theilweise als Canal, und auf Strecken in einen soliden Strang umgewan- delt. Am meisten ist das bei den Anuren der Fall, unter denen er jedoch bei Bufo sehr ausgebildet anzutreffen ist. Bei den Cöcilien ist der hintere Abschnitt in seiner Wand mit mächtig entfalteten Drüsen versehen, welche diesen Theil noch in Function erscheinen lassen. An dem Hoden mancher Anuren (Bufo) liegt ein eigenthümliches, grosse, eiähnliche Zellen führendes Organ, welches früher als rudimen- täres Ovarium gedeutet wurde. Es ist in seiner Bedeutung ebensowenig sichergestellt als die sogenannten Fettkörper, die bei Anuren am Vor- derende der Keimdrüse angeheftet erscheinen. 640 il. 9. Wirbelthiere. Die Ausmündung des Geschlechtsapparates in die Cloake lässt diese auch bei der Geschlechtsfun@bn thätig sein. Bei weiblichen Urodelen Salamandra) nehmen die Cloakendrüsen Sperma auf, und fungiren als Receptacula seminis. Bei den Cöcilien vermag die Gloake der Männchen vorgestülpt werden und dient als Organ der Begattung. SENPER, C., Urogenitalsystem der Selachier. — SPEnGEL, Urogenitalsysiem der Amphibien. 1. ec. $ 153. Die Anordnung des Geschlechtsapparates der Sauropsiden wiederholt in den Grundzügen das für die Amphibien Geschilderte, und zeigt dabei eine Weiterentwickelung jener Einrichtungen. Die Ovarien lagern als traubige Gebilde vor der Wirbelsäule, oder ihr zur Seite, und bilden je nach dem Reifezustande der in dieser Abtheilung sehr voluminösen Eier verschieden grosse Organe. Bei den Schlangen sind die Ovarien in ver- schiedener Höhe vertheilt. Das rechte grössere liegt meist vor dem linken. Die Vögel bieten eine Verkümmerung des rechten Eierstocks dar. Gleich- mässig mit dem linken angelegt, bleibt er, indess der linke sich ausbildet, auf niederer Stufe stehen , und kann endlich ganz verschwinden. Rudi- mente davon finden sich bei Tagraubvögeln. Die Oviducte entstehen wieder aus den Müller’schen Gängen und erscheinen im ausgebildeten Zustande als ansehnliche , meist gewunden verlaufende Canäle, die mit weitem abdominalen Ostium beginnen. Die Schleimhautauskleidung bietet zahlreiche Längsfalten und ist am unteren, auch mit stärkerer Muskelwand versehenen Abschnitte vom übrigen län- geren Theile verschieden, besonders bei Vögeln durch bedeutendere Fal- ten- und Zottenbildung ausgezeichnet. Diese Differenzirung des Eileiters entspricht der Verschiedenheit der Function der einzelnen Strecken, von denen die längere vordere das Eiweiss secernirt, indess vom dickwandi- geren Endstücke die Schale gebildet wird. Dieser Abschnitt verbindet sich mittels einer kurzen engeren Strecke mit der Gloake. Der Rückbil- dung des rechtsseitigen Eierstockes entspricht bei den Vögeln die Rück- bildung des gleichseitigen Oviductes, von welchem nicht selten Reste in der Nähe der Gloake angetroffen werden. Während Schlangen und Kidechsen mit den Vögeln die Ausmündungsstellen der Oviducte gemein haben, findet bei den Schildkröten die Mündung in den Hals der soge- nannten Harnblase statt, dadurch erscheint ein Verhältniss vorbereitet, welches bei den Säugethieren typisch wird. Bei manchen Schlangen nimmt eine Ausstülpung der hinteren Cloakenwand die Ostien der Oviducte auf. — Hinter den Ovarien erhält sich (bei Eidechsen und Vögeln beobachtet) ein Rest der Urniere. Vom männlichen Apparate lagern die meist ovalen Hoden durch eine Bauchfellfalte befestigt an der Wirbelsäule, bald vor, bald median von den Nieren. Ihr Volum steht mit dem Zustande ihrer Funetion in engem Geschlechtsorgane. 641 Connex, was besonders bei den Vögeln hervortritt. Bei Schlangen neh- men sie eine den Ovarien entsprechende Lagerung ein. Die Vasa efle- rentia begeben sich zu einem meist nur aus wenigen Canälen bestehenden Nebenhoden, von dem ein Vas defe- rens sich zur Cloake erstreckt. In geradem Verlaufe findet es sich bei Grocodilen, zahlreiche kleinere Win- dungen beschreibt es bei Schlangen, Eidechsen und Vögeln, indess es bei den Schildkröten (Fig. 349. e) ein Convolut von Windungen darstellt. Sein Endabschnitt ist bei manchen Sauriern und Vögeln, sowie bei den Grocodilen erweitert. Die Vasa deferentia münden bei Eidechsen noch mit dem Harnleiter verbunden in die Gloake aus, bei den Cheloniern in einen Sinus urogenitalis, der durch den Hals der Harnblase gebildet wird. Die Ausmündestelle jedes Samenleiters befindet sich zu- weilen auf einer papillenartigen Vor- ragung (Eidechsen, Vögel). Fig. 349. Harn- und Geschlechtsorgane einer Vom Müller'schen Gange besteht SCANIdrAIn (hair arts 7 ein Rudiment in Gestalt eines vom hoden und Vas deferens. +y Oeffnung des Uro- vorderen Ende des Nebenhodens nach genitalsinus in die Cloake. cl Cloake, von B \ hinten geöffnet. p Ruthe. s Ruthenfurche. vorn verlaufenden Fadens (Eidechsen) ’ re Enddarm. c e'Blindsäcke der Cloake. sowie auch noch Reste des nicht zum Nebenhoden verwendeten Theiles des vorderen Abschnittes der Urniere zu erkennen sind. | $ 454. Bei den Säugethierenerleidetder Geschlechtsapparat durch Ausbildung der einzelnen Abschnitte der Ausführgänge und durch das Auftreten zahl- reicher accessorischer Gebilde bedeutende Veränderungen. Beim weib- lichen Apparate stehen diese zum grossen Theile mit den vom Embryo zum mütterlichen Organismus gewonnenen Beziehungen -im Zusammen- hang. Die geringere Ausprägung der letzteren bei Monotremen bedingt daher mindere Modificationen, und damit zugleich directe Anschlüsse an die niederen Abtheilungen der Wirbelthiere, speciell an die Sauropsiden. Die Oviducte (Fig. 350 {) münden getrennt in einen Sinus urogenitalis der mit der Cioake (cl) communicirt. Das untere Ende des Eileiters ist * «durch dickere Muskelwand ausgezeichnet, bildet einen Uterus (x) der aber Gegenbaur, Grundriss d. vergl. Anatomie. 2. Aufl. 44 642 Il. 9. Wirbelthiere. nur jenen Bildungen entspricht, Yggp uch bei manchen Anamnien und Sauropsiden als Uterus fungiren. Bei den Beutelthieren tritt eine äusserliche Verbindung der weib- lichen Ausführgänge auf, von denen jeder: Eileiter, Uterus, sowie als neuen Abschnitt eine Scheide hervorgehen lässt, welche in den Sinus urogeni- talis mündet. Der mit einem sehr weiten Orificium abdominale beginnende obere Abschnitt bildet ein Oviduet (Fig. 351 od), indess der folgende dick- wandige einen Uterus (w) vorstellt. Jeder der beiden Uteri mündet mit einenı papillenartigen Vorsprung in den äusserlich gemeinsamen Abschnitt. der Fig. 350. Weibliche Geschlechtswerkzeuge von Ornithorhynchus. 0 Ende des Eileiters mit Ovarium. ZEileiter. « Uterus. ' Stelle, in welcher Fig. 351. Weibliche Geschlechtsorgane von Ha!- oben das Ostium des Uterus einragt und dicht maturus, ov Ovarium. od Öviduct. » Uterus. darunter die Mündung des Ureters. vu Harnblase. cv Scheidencanäle. cug Sinus urogenitalis. vv sug Sinus urogenitalis. cl Cloake. Harnblase. 2 Harnleiter. * Blasenmündang. durch die Vereinigung der beiden Müller'schen Gänge entstand. Von diesem geht jederseits eine gebogen verlaufende Scheide ab '(Didel- phys) oder an der Stelle des Beginnes der Scheide findet sich ein nach hinten zu ausgesackter und innerlich durch eine mediane Scheidewand getheilter, oder in manchen Fällen auch ungetheilter Scheidenblindsack. von welchem aus die getrennt verlaufenden »Scheidencanäle« (ev henkelförmig gekrümmt zum Sinus urogenitalis (cug) verlaufen (Halma- turus,. Bei den monodelphen Säugelhieren werden die Urnierengänge mit den Müller'schen Gängen zu einem gemeinsamen Strange (Genitalstrang) verbunden. Bei ihnen kommt die bei Halmaturus ausgebildete Ver- bindung der Ausführwege auf der Mitte ihres Verlaufs, während der Embryonalperiode an den Müller’schen Gängen vor. An diesen bildet sich -eine Strecke weit eine Verschmelzung der Lumina, die vor und hinter dieser Stelle getrennt sind, und darin .liegt eine Andeutung des gemein- samen Sackes, der bei Beutelthieren die Scheidencanäle absendet. Die Geschlechtsorgane. 643 Verschmelzung der Lumina schreitet aber bei den monodelphen Säuge- thieren gegen das Ende des Genitalstranges vor, und formt damit einen einfachen Canal (Canalis genitalis), der in den Sinus urogenitalis sich öffnet. ‚Somit bestehen zwei von einander getrennt beginnende, aber dann in einen mehr oder minder langen unpaaren Abschnitt zusammen- tretende Canäle, die aus den getrennt angelegten Müller'schen Gängen hervorgingen. Durch verschiedenartige Differenzirung der Wandung ein- zelner Abschnitte entstehen die bereits bei den Beutelthieren unterschie- denen Theile, welche wesentlich durch die grössere oder geringere Ausdehnung ‘der Duplieität Modificationen darbieten. Dem durch die Beziehungen zur Frucht vielen Anpassungen unterworfenen Uterus fallen die meisten Variationen zu. Zwei völlig getrennte Uteri münden in eine’ Scheide bei vielen Na- gern (Lepus, Sciurus, A B [ Hydrochoerus etc.) und L ar bei Orycteropus (Fig. EN a 352 A). Bei anderen Na- AV SY 3 A: ; \ \ gethieren vereinigen sich x if beide Uteri nur auf einer | | | kleinen Strecke zu einer Fig. 352. Verschiedene Uterusformen A, B, C. u Uterus. gemeinsamen Ausmün- od Eileiter. v Scheide. dung in die Scheide (z. B. Cavia, Coelogenys, Mus). Daraus gehen die Verhältnisse des Uterus der Insectivoren, Carnivoren, Cetaceen und Ungulaten ne bei denen ein einfacher Uterus in zwei getrennte Hörner ausläuft (B), die in die Ovi- ducte sich fortsetzen. Hader Verlängerung des boirleinsähiien Uteruskör- pers erscheinen die Hörner verkürzt bei Chiropteren und Prosimiae, und bei den Affen ist wie beim Menschen ein einfacher Uterus (C) vorhanden, der jederseits einen Eileiter aufnimmt. Die Länge der Hörner des Uterus oder jene des gemeinsamen Uteruskörpers zeigt sich sehr verschieden, ebenso variirt auch die Länge der Scheide, deren Schleimhaut mannich- fache Modificationen bietet. EineStrecke weit behält dieScheide bei man- chen Nagern (Lagostomus) die primitive Duplicität. Ihre Mündungsstelle in den Sinus urogenitalis ist zuweilen durch eine vergängliche, als Scheiden- klappe (Hymen) unterschiedene Schleimhautfalte ausgezeichnet. Sie ist bei Widerkäuern, Carnivoren u. A. beobachtet, bietet aber erst bei den Atfen die beim Menschen vorkommenden Verhältnisse. Der ursprünglich our zur Ausleitung der Geschlechtsproducte dienende Müller'sche Ganz ist also unter Eingehen bedeutender functioneller Aenderungen in drei Abschnitte adsuhilere von denen nur der erste als Fallopi'sche Tuba die primitiven Ver hältnisse bewahrt. Die meist wenig umfänglichen Ovarien besitzen je nach dem Ver- halten der Eifollikel zum Stroma ovarii mannichfache Verhältnisse. Bei sehr vielen Säugethieren bieten sie eine traubige Form. Ihre primitive Lagerung bewahren sie selten, meist rücken sie w eiter gegen das kleine 44 * 644 ll. 9. Wirbelthiere. Becken hin oder treten mit den Eileiggan sogar vollständig in dieses ein- Zu den letzteren oder vielmehr zW deren trichterförmig erweitertem Östium abdominale besitzen sie immer nahe Beziehungen, indem ein Fortsatz des Ostiumrandes sich zum Ovar erstreckt. Die die Ovarien wie auch die Eileiter tragenden Bauchfellduplicaturen (Ligg. uteri lata) bilden nicht selten das Eileiterostium mit dem Ovar umschliessende Taschen z. B. bei Garnivoren). Vonden Urnieren und ihren in den Genitalstrang mit eingeschlossenen Ausführgängen erhalten sich Reste an der Seite des Uterus oder in den die Ovarien mit dem Uterus verbindenden Peritonealduplicaturen. Reste der Urnierengänge bilden die sogenannten Garrner’schen Canäle, die bei Echidna die Uteri begleitend, in den Sinus urogenitalis münden, sonst nur auf Strecken bestehen. Ein in der Nähe der Ovarien liegendes Ur- nierenrudiment wird als Nebeneierstock bezeichnet. $ 455. Am männlichen Geschlechtsapparate der Säugetbiere fin- den sich die Hoden anfänglich in gleicher Lage wie die Ovarien, am inneren Rande der Urnieren. Vom Urnierengange aus erstreckt sich ein Strang zur Leistengegend der Bauchwand (Leitband). Nach erfolgter Verbindung eines Theiles der Urnieren mit dem Hoden stellen erstere den Nebenhoden vor. Der Urnierengang ist wie beim weiblichen Geschlechte mit dem Müller’schen Gange zu einem Genitalstrang verbunden, welcher zu dem aus dem untersten Abschnitte der Allantois entstandenen Sinus urogenitalis tritt. Er bildet das Vas deferens, indess der Müller’sche Gang verkümmert, und meist nur mit seinem Endabschnitte in ein blei- bendes, einem Sinus genitalis entsprechendes Organ, dem sogenannten Uterus masculinus, übergeht, dessen Oeffnung in den Canalis urogenitalis in der Regel zwischen den Mündestellen der Samenleiter liegt. Der in dieser Weise gestaltete Apparat zeigt an allen seinen Theilen mannichfache Modificationen. Die Hoden bleiben nur bei den Monotre- men fast ganz in ihrem ursprünglichen Lagerungsverhältnisse vor den Nieren. Wenig nach abwärts gerückt oder unterhalb der Nieren gelagert sind sie bei den Walthieren, bei Hyrax, beim Elephanten und verschie- denen Edentaten zu treffen. Bei Anderen findet man sie in der Leisten- gegend der Bauchwand, durch welche sie hindurchtreten |bei vielen Na- gern, den Kamelen, und manchen Carnivoren |Lutra, Viverra|). Endlich gelangen sie bei Anderen durch den Leistencanal weiter von der Bauch- wand herab in eine vom Integumente gebildete Aussackung, das Sero- tum. Der bei der Wanderung des Hodens in das Serotum, von dem mit dem herabsteigenden Hoden auswachsenden Peritonaeum gebildete Raum (Canalis vaginalis) bleibt bei den meisten Säugethieren offen, und lässt so einen den Hoden umgebenden Hohlraum mit der Bauchhöbhle conımunici- ren. Mit dem Herabsteigen des Hodens durch den Leistencanal hat der- Geschlechtsorgane. selbe Theile der Bauchwand vor sich bergestülpt. 645 Bei offen bleibendem Scheidencanal vermag der Hoden wieder in die Bauchhöhle zurückzutre- ten, was bei vielen Säugethieren gewöhnlich zur Brunstzeit eintritt (z. B. hei Marsupialien, Nagern, Chir- optern, Insectivoren u. A.). Eigenthümlich ist die Lage des Serotums bei Beutelthieren vor der Geschlechtsöffnung. Es ist eine selbständige Bildung, wäh- rend bei den Monodelphen die Um- grenzung der primitiven Urogeni- talöffnung dazu verwendet wird. Das untere Ende des Vas de- ferens (Fig. 353 d) erhält sich einfach bei Monotremen und Beu- telthieren, Carnivoren und Üeta- ceen. Sonst gehen von ihm Drü- senbildungen aus, die man als »Samenblasen« bezeichnet, weil sich das Sperma in ihnen ansammeln kann (gl). Diese Or- gane sind sehr entwickelt bei Inseetivoren und vielen Nagern, bei ersteren häufig in mehrere grosse Lappen getheilt, bei letz- teren mehr durch Länge und Aus- buchtungen ausgezeichnet. Auch der Endabschnitt des Vas defe- rens ist häufig drüsig gebaut. Ausser den Samenleitern, deren die Samenbläschen auf- uehmender kurzer Endabschnitt als Ductus ejaculatorius bezeich- net wird, münden bei manchen Säugelhieren Rudimente der Mül- ler'schen Gänge in den Sinus urogenitalis. Sie bestehen entwe- der aus einer einfachen oder paa- Fig. 353. I Harn- und Geschlechtsorgane von Cri- cetus vulgaris. R Niere. « Ureter. v Harn- blase. 7 Hoden. Sp Vasa spermatica. d Vas defe- rens. gl Samenbläschen. gl' gl" Prostatadrüsen. m Muskulöser Theil des Sinus urogenitalis. ic Cor- pus cavernosum penis. De Corp. cav. urethrae. ce Cowrer’sche Drüsen. Z Txysox’sche Drüsen. p Praeputium. 4 Plans penis. II Blasenhals und Anfang des Sinus urogenitalis von vorne geöffnet. * Mündung der Ductus ejaeulatorii. III Glans penis von vorne gesehen. rigen Ausbuchtung, die einem rudimentären weiblichen Sinus genitalis oder vielmehr dem Scheidentheil desselben entspricht , daher die Bezeichnung als Uterus masculinus wenig genau ist. Zuweilen ist ein Abschnitt davon ‚dem männlichen Sinus genitalis angehörig, indem die Samenleiter in ihm zur Ausmündung gelangen. Am ansehnlichsten sind diese Gebilde bei Nagern (Fig. 354 g), doch fehlen sie auch Anderen nicht ganz, und «verden beim Menschen durch die Vesicula prostatica vorgestellt. 645 ll. 9. Wirbelthiere. Der Canalis urogenitalis ist endlich noch mit anderen Drüsenorganen ausgestattet, den Prostatadrüsen. Die können einen bedeutenden Um- fang erreichen, als paarige gelappte Bildungen sich dar- stellend (Nager, Elephas, Insectivoren [Fig. 353. gl!’ g!”)), oder sie sind durch zahlreiche kleinere Schläuche gebil- det, die durch Schichten glatter Muskelfasern zu einer der Wandung des Canalis urogenitalis angefügten Masse vereinigt sind. Durch Ausbildung der auch sonst diesen Drüsen zukommenden Muskulatur gestaltet sich die Pro- stata zu einem ringförmigen Körper. $ 456. Die Vereinigung der Ausführwege des Harn- und Geschlechtsapparates mit dem Endstücke des Darm- canals in den bereits oben (S. 587) als» Cloake« be- zeichneten Rau n findet sich in den unteren Abtheilungen verbreitet, es ist aber fraglich, ob dieses als primitiver Zu- stand anzusehen ist, denn eskönnte als solcher auch die ge- trennte Ausmündung der Urogenitalorgane und des Tractus intestinalis gelten, wie sie bei Cyclostomen, Ganoiden und Teleostiern besteht. Die Afteröffnuung findet sich da vor den Urogenitalmündungen gelagert, doch kommt, beson- ders bei Ganoiden deutlich, eine diese Oeflnungen auf- nehmende Vertiefung zu Stande, welche bereits die An- Fig. 354. Canalis uroge- deutung einer Cloake abgibt. Diese ist bei den nitalis mit Harnblasevon Selachiern ausgeprägt, und die sonst hinter der re TREE Afteröffnung liegenden Mündestellen des Urogenital- Wand des Uterus maseu- apparates finden sich hier an der dorsalen Wand der inus geöffnet. C Seit- Gioake. BE Ay Dieses Verhältniss bleibt von da an allgemein, menleiter. g Sinusgeni- und eineGloake besteht beiAmphibien, Reptilien und sy Kensis wege Vögeln in ziemlich gleichmässigem Verhalten, bei den letzteren mit einer der Hinterwand angefügten Aus- stülpung, der Bursa Fabricii \Fig. 333 b) ausgestattet. Für die Säuge- (hiere muss die Cloake gleichfalls als ein gemeinsames Erbstück gelten, das aber nur bei den Monotremen wenig modifieirt fortbesteht, indess es den übrigen wichtige Umbildungen eingeht. Von diesen ist die schon hei den Amphibien spurweise beginnende Betheiligung an der Sonderung der Begattungsorgane bemerkenswerth, und den Abschluss dieser Vorgänge bil- det die Herstellung einer vom After gesonderten Urogenitalöffnung. Von anderen von der Cloake aus differenzirten Organen muss die Allantois hervorgehoben werden, welche von der Vorderwand der Cloake resp. des sie darstellenden Theils der primitiven Enddarmhöhle entsteht. Bei Lepidosiren und den Amphibien bildet dieses Organ ein durch einen Geschlechtsorgane. 647 kurzen Stiel von der vorderen Cloakenwand entspringendes, bei den letzteren meist in zwei vordere Ausbuchtungen verlaufendes Gebilde, welches frei in der Leibeshöhle liegt. Man bezeichnet es als Harnblase, als welche es auch zu fungiren scheint, obschon die Ureteren entfernter von ihm münden. Auf seinen dünnen Wandungen verbreiten sich Blut- gefässe, davon die Arterien von jenen des Beckens stammen, die Venen zur Pforlader gehen. Bei den Amnioten empfängt dies Organ während der embryonalen Entwickelung eine bedeutende Ausbildung, und wird zu einem volumi- nösen, weit über die Embryonalanlage hinauswachsenden, reiche Gefäss- verzweigung tragenden Sacke, welcher den vom Amnion umschlossenen Embryo umhüllt. Bei den Reptilien und Vögeln bildet er sich allmählich mit dem Schlusse der Bauchwand zurück und verschwindet gänzlich. Nur bei den Eidechsen und Schildkröten erhält sich der in der Bauchhöhle be- findliche Theil der Allantois ‚ und erweitert sich zu einem nach beiden Seiten ausgebuchteten Sacke (Fig. 349 v). Anders gestaltet sich dieses Organ bei den Säugethieren in seinen Beziehungen zum sich entwickelnden Organismus. Es wächst wie bei Reptilien und Vögeln zu einer Blase aus, die durch einen engen, im Na- belstrange verlaufenden Stiel mit der Beckendarmhöhle communiceirt. Der in der Leibeshöhle verlaufende Abschnitt des Stieles (Urachus) wan- delt sich zum Theil in ein Band (Lig. vesico-umbilicale medium), zum Theil in die Harnblase und zum Theil in einen Sinus urogenitalis um, indem die Mündungen der Geschlechtsausführwege auf ihn übertre- ten. Bei Monotremen und Marsupialien scheint der peripherische Ab- schnitt sich ähnlich wie bei Reptilien und Vögeln zu verhalten , indess er bei anderen Säugethieren zur Bildung des »Chorion« beiträgt, welches sich vermittelst zottenartiger Erhebungen mit der Schleimhaut des Uterus verbindet. Durch weitere Entwickelung jener blutgefässhaltigen Zotten kommt fötales Blut in dem von der Allantois gebildeten Chorion zur pe- ripberischen Vertheilung. Dieses tritt in Wechselwirkung mit dem in der Uterusschleimhaut vertheilten Blute, tauscht mit diesem Stoffe aus. Durch innigere Verbindung mit Abschnitten der Uterusschleimhaut entsteht eine Placenta, bei der wieder je nach der Art und Ausdehnung der Verbin- dung des Chorion mit der Uterusschleimhaut und nach den Modificationen der letzteren mannichfache Verschiedenheiten entstehen. $ 157. Eine andere Reihe von Differenzirungsproducten der Gloakenwand stellen die Begattungsorgane vor. Während bei den Selachiern dem Geschlechtsapparate fremde Organe — Abschnitte der Hintergliedmassen — zu Organen der geschlechtlichen Gopula verwendet werden, und sich dem entsprechend modificiren, beginnt, bei den Amphibien durch eine innerhalb der Gloake vorragende Papille spurweise angedeutet, die Differen- 5148 ll. 9. Wirbelthiere. zirung neuer Organe. Diese sind nach zwei Grundformen zu unter- scheiden , davon eine die Organe Mer hinteren Cloakenwand in Ver- bindung zeigt, die andere dagegen mit der vorderen. Die eine davon herrscht bei Eidechsen und Schlangen. Die Begattungs- organe erscheinen zuerst als äussere Anhänge dicht hinter der Cloake und werden später schlauchförmig eingestülpt (Fig. 355 p). um erst bei der Begattung hervorzutreten. Im ausge- stülpten Zustande läuft jedes dieser Organe in zwei mehr oder minder stumpfe Enden von verschiedener Form aus. Auf der lateralen Seite verläuft eine etwas spiralig nach hinten, dann median gerichtete Rinne von der Cloake her und dient zur Ueberleitung des Sperma. Von den Muskeln sind die am blinden Erde der Schläuche inserirten Rückzieher die ansehnlichsten. Nahe an der Wurzel der Schläuche münden Drüsen (gl) aus. Die zweite Grundform umfasst mehrfach ver- Fig. 355. Cloake vonPy- schiedene aber stets von der vorderen Gloakenwand hon, von vorneherge- ausgehende Bildungen, die als Modificationen einer öffnet. R Enddarm. Nur . . Ureterenmündungen. gi Und derselben Einrichtung anzusehen sind. Eine Drüsen, bei * ausmün- Form dieser Organe findet sich bei den meisten a pesshäwels, Ratiten, dann bei Penelopiden und Schwimmvögeln ZU 'Anser). Sie besteht in einem durch zwei fibröse Körper gestützten Rohre, welches ausgestülpt eine aus der Gloake leitende Rinne bildet. Ein elastisches Band bewirkt die Retraction des Endstückes des Organes. Eine andere Form ist bei Schildkröten und Crocodilen sowie bei Stru- thio repräsentirt, und wird durch die mangelnde Ausstülpbarkeit von der vorigen unterschieden. Das Organ hat gleichfalls zwei eng mit einander verbundene von Schleimhaut überkleidete fibröse Körper zur Grundlage (Fig. 349 p). An der dorsalen Fläche befindet sich zwischen beiden eine Rinne (s), die bei Grocodilen und Schildkröten am Anfange, beim Strausse längs ihrer ganzen Ausdehnung mit cavernösem Gewebe ausgekleidet er- scheint. Indem dieses Gewebe vorn am Ende der fibrösen Körper (beim Strausse aus der Fortsetzung eines elastischen dritten Körpers, der unter den beiden fibrösen liegt, hervorgegangen) reichlicher wird, bildet sich ein schwellbarer Wulst, der eine Ruthe vorstellt. Besondere an die fibrö- sen Körper sich inserirende Muskeln wirken als Rückzieher der Ruthe, die bei Struthio noch eigene Hebemuskeln besitzt und in einer Ausbuch- tung der Gloake geborgen wird. Der zweiten Grundform gehören auch die Begattungsorgane der Säu- gethiere an, unter denen die Monotremen sich schärfer von den übrigen sondern. Ihre Begattungsorgane bestehen aus einem, von zwei Schwell- körpern gebildeten kurzen Penis, der in einer in die Cloake einmünden- den Tasche liegt. Vermittelst eines Muskels kann dieser dem Urogenital- geöffnet. Geschlechtsorgane. 649 canal genähert werden, und durch eine an seiner Wurzel in der Nähe der Mündung des Sinus urogenitalis befindliche Oeflnung Sperma aufneh- men. Aus einer einseitigen Diflerenzirung eines Theiles der Cloakenwand hervorgegangen tritt dieses Organ ausschliesslich in Beziehungen zum Ge- schlechtsapparate, indess der Harn durch die Cloake seinen Abfluss findet. Mit der Sonderung der Cloakenmündung in zwei Oeflnungen erlan- gen die Begattungsorgane engere Beziehungen zum Sinus urogenitalis. Während des embryonalen Zustandes beginnt um die Cloakenöffnung eine Falte sich zu erheben, und an der vorderen Wand der Cloake wächst ein Höcker hervor, der auf seiner hintern Fläche eine zur Mündung des Uro- genitalcanals führende Rinne trägt. Bei fortschreitendem Wachsthume des Embryo wird dieCloake seichter, und die Scheidewand zwischen der Oefl- nung des Enddarms und dem aus dem unteren Ende des Urachus gebilde- ten Ganalis urogenitalis tritt schärfer hervor. Endlich finden sich die früher im Grunde der Gloake befindlichen Oeffnungen an der Oberfläche. Die vor- dere an der Basis des Genitalhöckers gelegene Spalte bildet die Mündung des Sinus urogenitalis, die hintere Oeffnung stellt den Anus vor. Bei vielen Säugethieren bleiben beide Oefinungen nahe bei einander und werden so- gar noch von gemeinsamer Hautfalte umzogen, und beim weiblichen Ge- schlechte bildet die Nachbarschaft beider Orificien die Regel. Am meisten ist dies bei Beutelthieren (wo noch ein gemeinsamer Sphincter für Anus und Urogenitalöffnung besteht) und bei Nagern der Fall, findet sich bei diesen sogar noch beim männlichen Geschlecht verbreitet. $ 458. Der Sinus urogenitalis bietet in beiden Geschlechtern verschiedene, aus den Functionen des betreffenden Geschlechts hervorgegangene Aushil- dungszustände. Beim männlichen Geschlechte wächst der Sinus uroge- nitalis mit dem Genitalhöcker in einen engeren, aber meist langen Ganal (die sogenannte Harnröhre, Urethra) aus, mit dessen Wandungen sich Schwellorgane verbinden. Sie stellen den Penis dar. Sowohl für dieses Organ als für seine Schwellkörper bestehen beim weib- lichen Geschlechte die gleichen nur minder mächtig entwickelten Theile, durch welche ein dem Penis entsprechendes Organ, die Clitoris, gebildet wird. Die Schwellorgane werden bei den Beutelthieren durch zwei aus dem Genitalhöcker hervorgegangene, den CGanalis urogenitalis umfassende Gebilde herge- stellt, die theilweise mit einander verschmelzen, bei Fig. 356. Gespaltener Einigen auch an ihrem freien Ende getrennt sind (Fig. 356 « b) und mit diesem die Eichel des Penis bilden. Der Ganalis urogenitalis setzt sich auf jede Hälfte als eine Rinne (s) fort, die bei Aneinander- schliessen beider einen Canal herstellen kann. Bei Anderen (Halmaturus) verbinden sich diese Schwell- Penis von Didelphys philander. ab Hälften der Eichel. s Furche auf der Innenfläche dersel- ben. & Umgebung des hinter der Vorhautöft- nung gelegenen Afters. (Nach Orro.) 650 II. 9. Wirbelthiere. Geschlechtsorgane. körper mit zwei anderen und_begrenzen, mit ihnen einen eylindrischen Penis bildend, den Urogenital@@Mal. Die erst erwähnten Schwellkörper . verschmelzen bei den übrigen Säugethieren meist sehr frühzeitig zu einem, den Urogenitalcanal (Urethra) umfassenden Corpus cavernosum urethrae, dessen vorderstes, sehr verschieden gebildetes Ende die Eichel vorstellt. Die beiden anderen Schwellkörper (Corpora cavernosa penis), bei Beutelthieren noch ohne festen Zusammenhang mit dem Becken, ge- winnen Verbindung mit den Sitzbeinen und verlaufen über dem Cor- pus cavernosum urethrae, ohne in die Wand des Ganalis urogenitalis ein- zugehen. Bei den meisten Säugethieren erstreckt sich der so zusammen- gesetzte Penis von der Schambeinfuge längs der Medianlinie des Bauches nach vorne, und endet mehr oder minder weit vom Nabel entfernt; bei Anderen (Ghiroptera, Primates) ist er frei und hängt von der Schambein- [uge herab. In beiden Zuständen bildet das Integument einen Ueberzug des Penis, der vorne eine auf die Eichel sich umschlagende Duplicatur, das Praeputium, vorstellt. Beim weiblichen Geschlechte erreicht der Genitalhöcker niemals die Ausbildung, die er beim männlichen Geschlechte erlangt, er stellt die Glitoris vor, die auf ihrer unteren Fläche die von seitlichen Falten be- srenzte Oeflnung des Sinus urogenitalis trägt. Meist ist die embryonale Entfaltung der Clitoris bedeutender als im erwachsenen Zustande , indem sie aus der Schamspalte ragt, und später in dieselbe zurücktritt. Boch setzt bei manchen Affen |Ateles) die Glitoris ihre Ausbildung fort, und ge- staltet sich zu einem umfänglichen Organe. Zwei Schwellkörper (Corpora cavernosa urelhrae) liegen in der Wand des Sinus urogenitalis und um- fassen denselben bis zur@litoris, welcher ebenfalls ein Schwellkörperpaar zu Grunde liegt. Meist ist das Ende der Glitoris mit einer Eichel ausge- stattet, über welche gleichfalls ein Praeputium sich hinwegschlägt. Ein- zelne dieser Organe besitzen eine besondere Muskulatur die grossentheils wie die Muskeln der Schwellkörper aus einem gemeinsamen Schliess- ınuskel der Gloake sich gesondert haben, wie sich noch bei Beuteithieren erkennen lässt. Dazu treten bei vielen Säugethieren noch Hebemuskeln und Retractoren des Penis. In den Sinus urogenitalis beider Geschlechter münden Drüsen- organe ein. Von solchen finden sich ausser den (S. 646) erwähnten Pro- statadrüsen noch andere, die bald einfach , bald mehrfach, bis zu vier Paaren | Beutelthiere) vorkommen und am Anfang des Penis liegen (Fig. 353. ©). Sie verbinden sich als Gowrer’sche Drüsen mit dem vom Schwellkörper umschlossenen Abschnitt. Bei Manchen hat man sie ver- misst (Getaceen, Carnivoren). Beim weiblichen Apparat ınünden sie in den Scheidenvorhof aus (Duverxkv'sche oder BarrnoLın'sche Drüsen). — Der Vorhaut angehörige Drüsen {Tysox’sche Drüsen) entwickeln sich bei manchen Säugethieren zu ansehnlichen Apparaten, besonders bei Na- gern, unter denen die von Gastor am meisten entfaltet sind (Fig. 353 l). Abdomen der Gliederthiere 351. Ahdominalporus 599. Acalephen 99. Acrania 430. Adrostrale 481. Alisphenoid 476. 482. 488. Allantois 646, Ambulacralfüsschen 212. Ambulacralplatten 246. Ambulacralrinne 209. Ambulacrum 209, Ammoniten 353. Ammonshorn 533. Amöben 80. Amphibien 432. Amphidisken 143. Analogie 66. Angulare 478. Anneliden 434. Anpassung 8. 60, Antennen 252. 258. Anthropolomie 2. Antimeren 63. Appendices pyloricae 585. Arachniden 254. Arbeitstheilung 14 Archipterygium 497. 504. Arme der Cephalopoden 346. Arterien 54. Arthropoden 241. Articulare 478. Ascidien 212. Asteriden 209. Atlas 461. Atrioventricularklappen der Säugethiere,, Entstehung derselben 609. Auge der Cölenteraten 417. —— Würmer 165. —— Echinodermen 224, Arthropoden 278. Mollusken 373. Tunicaten 419. Vertebraten 551. Augenblase, primitve 552. Augenblase, secundäre 552. Register. Augenflecke 163, Augenlider 556. Augenmuskeln 556. Ausbildung des Organismus 57. 65. Ausführgänge der Drüsen 24. Avicularien 441. Axen des Körpers 61. Axencylinder 34. Basisphefoid 476. 482. 488. Basitemporale 482. ‘Bauchganglienkette 159. 60: Bauchgefäss 177. 179, Bauchmark 459, Bauchrinne 424. 565. 573. Bauchspeicheldrüse 588. Becherförmige Organe 548. Becherzellen 444. Beckengürtel 508, Belemniten 354. Bindegewebe 24. Bindesubstanzen 24, Blasenwürmer 439, Blättertracheen 307. Blinddarm 587. Blindschläuche des Darmes 168. 172. Blut 183. 296. 395. 428. Blutkörperchen der Wirbel- thiere 602. Blutzellen 30. Bogeneänge 559. Bojanus’sches Organ 397. Borsten der Würmer 149. Brachiopoden 324. Bronchi 596. Bryozoen 437. Buccalganglien 371. Buccalmasse 380. 388. Bürzeldrüse 444. Byssusdrüse 348. Capillaren 5%. Carpus 504. Centralkapsel der Radiola- rien 86. CGephaloconus 346. Cephalopoden 335. Cephalothorax 249, Cercarien 140. Cerebellum 534. Cestoden 437. Chelonier 432. Chitinpanzer 263, Choanae 571. Chorda 416. 450. Chordascheide 450. 453. Chorioidea 554. Chromatophoren Moll. 347. Vertebr. 442. Chvlusmagen 284. Cirren 443. 444. Cirripedien 249, Cirrusbeutel 193. Clavicula 501. Clitoris 650. Cloake 412. 587. 646. Complementare 487. Cölenteraten 95. Coelom s. Leibeshöhle. Coenenchym 107. Coenosark 107. Coenurus 140. Condylus oceipitalis 480. 482. 487. Conjugation 92. CGonjunctiva 552. Conus arteriosus 603. Coracoid 501. Corium 441. Cornea 552. Cornea-Linse 279. Corpus striatum 533. Correlation 59. Corti'sches Organ 561. Cranium 469. 47A. Crinoiden 244. Crustaceen 247. Cuticula 23. Cuticularbildungen Würmer 147. —— der Arthropoden 263. der n 65: t Culispapillen 443. Cuvier'sche Organe 230. Gyclostomen 430. Cssticercus 140, Cytode 45. Darmbein 508. Darmeanal 48. der Cölenteraten —— Würmer 166. Echinodermen 224, —— Arthropoden 283. —— Brachiopoden 329. —— Mollusken 378. Tunicaten 425. —— Wirbelthiere 563. Darınkiemen 474. Deckstück 102. Dentale 478. Dermalporen 449. 425. Differenzirung 14. Dimorphismus 404, Dissepimente 177. Dottersack 580. Dotterstock 194. 194. Drüsen 23. ‚ einzellige 23. Drüsengewebe 23. Drüsenmagen 583. Ductus endolymphaticus 558. Duodenum 586. Dünndarm 584. 118, Echinococeus 140. Echinodermen 205. Echinoiden 240. Ectoderm 36. Eierstock 55. Eifollikel 635. Eileiter 56. Eiröhre 318. Eizelle 56. Eingeweidenerven 461. Ektopterygoid 478. Elastisches Gewebe 26. Elektrische Organe 524. Elytren 443, Endapparate der Nerven 44. Enddarm 50. Endostyl 424. Entoderm 37. Entomostraken 248. Entopterygoid 478. Epidermis 441, Epiphysis 528. Epipodium 343. Episternum 468. Epistropheus 461. Epithelien 21. Ethmoidale 477. 483. 489. Excretionsorgane 48. Register. Excreliopsorgane der Wür- ne. —— Echinodermen 237. —— Arthropoden 403. —— Brachiopoden 3314. —— Mollusken 396. —— Tunicaten 428. —— Wirbelthiere 697. Faserknorpel 27. Faserzellen, contractile 32. Federn 443. Federfluren 443. Fenestra ovalis 480, Fettkörper 294. 639. Flagellum 22. 257. Flossen 438. Flossenskelet, 503. Flügel 261. secundäres . Flügeldecken 262. Flügelmuskeln 300. Foraminiferen 80. Fortpflanzung der zoen 92. Fortpflanzung, geschlecht- liche 54. ‚ ungeschlechtliche, der Cölenteraten 99. 402, Würmer 1438. —— Arthropoden 319. Tunicaten 413. Fortpflanzungsorgane 54. Frontale 477. 480. 482.489. Frontale anterius 477. posterius 477. Funiculus 491. Furchungsprocess 20. Furcula 504, Fuss /Moll.) 337. 351. der Wirbelthiere 515. Fussganglien der Mollusken 365. 367. Fussstummel 143. Proto- Gallertgewebe 24. Gallertröhren 548. Gallertscheibe 114. Ganglien 160. Ganglienzellen 34. Ganoiden 431. Gastraeatheorie 37. Gastralfilamente 126. Gastralsystem 148. Gastropoden 334. Gastroparietalband 329. Gastrovascularsystem 419. Gastrula 37. Gefässsystem 52. -—— ‚ler Würmer 177. —— Echinodermen 234. —— Arthropoden 295. Gefässsystem der Brachio- poden 330, Mollusken 388. Tunicaten 426. Wirbelthiere 600. Gehirn 49, 537. Gehirnganglien 455. Gehirnhüllen 536. Gehörknöchelchen 491.562. Geisselzellen 22. Generationswechsel 440. 349. 414. Genitalplatten 240, Gephyreen 434. Geschlechiscloake 405. Geschlechtsorgane der Cö- lenteraten 427. —— Würmer 400. —— Echinodermen 238. —— Arthropoden 308, Brachiopoden 332. —— \lollusken 401. Tunicaten 428. Wirbelthiere 634, Geschmacksorgane 45. Gewebe 24. (Gewölbe 533, Giftdrüsen 265. 578. Gliederung der Würmer 4138. Gliedmassen der Arthropo- den 351. der Vertebraten, vor- dere 501. ‚ hintere 544. Gonophor 400, Gregarinen 80. Grundformen der Thiere 61. 00. Haar 443. Hand 506. Harder’sche Drüse 557. Harnblase 634. 647. Harncanäle 292. Hauptaxe 61, Hautkieme 47. Hautknochen 448. Hautmuskelschlauch 41. Hautmuskeln 516. lHautskelet 214. 263. Hautzähne 446. Hectocotylus 347. Hermaphroditismus 56. Herz 53. 179. 181. 388. 497. 601. Hinterhirn 534. Hoden 55. Holothurien 212. Homodynamie 67. Homologie 66. Homonomie 67. Homotypie 67. Hörbläschen 46. Hörleiste 377. Hörorgane 46. Hörorgane der Cölenteraten 117. —— Würmer 166. Arthropoden 276. —— Mollusken 376. —— Tunicaten 420. Wirbelthiere 557. Hörplatte der Cephalopoden 311. Hornblatt 358. Hydroidpolypen 99. Hydranth 99. Hyoid 493. Hyomandibulare 473. 477. Hypophysis 528. Jacobson’sches Organ 551. 573. lleoparietalband 331. Infraorbitalia 479. Infusorien 80. Insecten 251. Integument 39. Integument der Cölentera- ten A410. —— Würmer 145. —— Echinodermen 244. Arthropoden 262. —— Brachiopoden 326. —— Mollusken 317. —— Tunicalen 444. Wirbelthiere 440. Intercalare 476. Intermaxillardrüsen 578. Interoperculum 479. Interparietale 488. Intervertebralknorpel 456. Jugale 486. Kalkskelet 245. Kammern der Cephalopo- denschalen 353. Kaumagen 283. 288. kKeimblätter 22. 35. Keimschlauch 144. Keimstock 413. Kern 15. Kiefer der Würmer 173. der Mollusken 380. Kieferfüsse 253. Kiemen 48. 51. 355. 420. 566. Kiemenbogen 493. 567. Kiemendarm 420. 424. Kiemendeckelkieme 568. Kiemenherz 481. 395. Kiemenhöbhle 565. Kiemenschnecke 569. Ahh. 254. Register. Kiemenspalten 570. Kiemenstrahlen 473. Kittdrüsen 321. 317. Knochengewebe 28. Knorpelgewebe 27. Kopf 64. 343. 436. Genese desselben 469. Kopfskelet 468. Kopfdarm 564. Kopfganglion 266. Kopfknorpel 361. Kropf 288. 382. 582. Krystallkegel 164. 279. Krystallstäbchen 164. Labialknorpel 472. Labyrinth 46. 558. Labyrintbläschen 558. Labyrinthkiemen 569. Lacrymale 483. 489. Lamellibranchiaten 334. Lamina papyracea 489. Larvenzustand 6. Larynx 594. Laterne des Aristoteles 228. Leber 51.175.290. 385.5 Lederhaut 441. Leibeshöhle (Coelom) 52. —— der Würmer 136. —— Echinodermen 230. Arthropoden 294. Brachiopoden 330. —— Mollusken 387. Wirbelthiere 599. Lemniscus 186. Leuchtorgane 295. 446. Liebespfeil der Pulmonaten 405. Y Linse 555. Lipogastrie 420. Lipostomie 120. Lophophor 143. Lucernarien 109. Luftgang 592. Luftsack 104. Luftwege 594. Lungen 52. 229. 307. 594. Lymphe 60%. Lymphbahnen 601. 623. Lymphdrüsen 626. Lymphherzen 625. Madreporenplatte 218. 234. Magen 50. Magenröhren 122. Malpighi’sche Gefässe 292. Malpighi'scheGlomeruli628, Mammartasche 445. Mantel d. Cirripedien 250. Brachiopoden 325. —— Mollusken 338. —— Tunicaten 415. Markscheide 34. Marsupium 446. Maxillare 478. 481. 486. Meckel’scher Knorpel 478. „9A. Medulla oblongata 529. 531. 534. Medusen 400. Medullarrohr 526. Mempbranen,undulirende®t0. Mesenterium 590, Mesoderm 38. Mesogastrium 590. Metamerie 64. Metapterygoid 478. Metazoen 72. Milchdrüsen 444. Milz 626. Mitteldarm 50. MNittelhirn 529. 530. 531. 534. Mollusken 332. Müller’scher Gang 631. 635. 640. Mundhöhle, primäre 570. secundäre 573. Muskelgewebe 31. 32. Muskelmagen der Würmer 173. Muskeln 40. Muskelmagen der Vögel 583. Muskelsystem der Cölente- raten A145. —— Würmer 151. Echinodermeu 221. —— Arthropoden 265. Brachiopoden 264. —— Mollusken 362. Tunicaten 416. Wirbelthiere 545. Myophane 85. Myriopoden 254. Nabelbläschen 584. Nachhirn 329. 534. 534. Nasalia 479. 480. 483. 489. Nasenhöhle 571. Nasenmuscheln 489. 572. Nasenrinne 550. Nauplius 247. Nebenaxen 62. Nebenhoden 641. 644. Nebenniere 627. Needham’sche Tasche 409. Nemathelminthen 434. Nemertinen 434. Nervengewebe 34. Nervensystem 42. —— der Cölenteraten 116. Würmer 454. —— Echinodermen 222. —— Arthropoden 266. 654 Nervensystem der Brachio- poden 328. Mollusken 363. Tunicaten 417. Wirbelthiere 525. Netzbeutel 594. Nesselzellen 441. 348. Nervus recurrens 275. Neuromuskelzellen 31. Nidamentaldrüsen 408. Niere 397. 628. Nickhaut 556. Nucleolus 93. Nucleus (der Infusorien) 93. Vccipitale basilare 475. 482, 487. Oceipitale externum 476. Oceipitale laterale 475.480. 482. 487. Oceipitale 482. 487. Odontoblasten 30. ÖOdontornithen 576. Öhrmuschel 563. Olfactorius 539. Ontogenie 2. Operculare 478. Operculum 479. Ophidier 433. Ophiuren 210. Opticus 539. Orbitosphenoid 488. Orsan 13. 35. Organapparat 39. Organismus 13. Organsystem 39. Östeoblasten 29. Ötoconie 377. Ötocysten 46. OÖtocysten der Würmer 166. Ololithen 166. 377. 420. ÖOvipositor 315. superius 475. 476. 482. Pallialnerven 364. Palato-Quadratum 472. 479. Parapodien 143. Parasphenoid 477. 484. Parietale 477.480. 482.488. Parieto-frontale 480. Parthenogenesis 319. Paukenhöhle 562. Paxillen 217. Pedicellarien 219. Penis 197. 3142. 405. Penisscheide 493. Perisom 214. Peristom 80. Petrosum 476. 482. Phragmoconus 354. Phylogenie 2. 5. Register. Pinnulae 2.7, Place 47. Placoidschüppchen 446. Placophoren 334. Plattwürmer 100. Pöcilopoden 243. Polfelder 418. Poli'sche Blasen 234. Polymorphismus 102, Polystomie 124. Porencanäle 23. Poriferen 98. Porus exeretorius 184. Postfronlale 477. 483, Praefrontalia 483. Praemaxillare 478.481. 486. Praeoperculum 479. Praesphenoid 488. Primordialeranium 473.469. Processus abdominales 467. accessorii 460. —— mammillares 460, —— mastoides 488. —— paramastoides 487. —— styloides 496. transversi 460. Procoracoid 501. Protisten 71. Protoplasma 15. Protozoen 72. Pseudobranchie 567. Pseudonavicellen 92. Pseudopodien 82. Pseudova 349. Pteropoden 334. Pterygoid 481. Pterylien 443 Pylorusrohr 582. uadrato-Jugale 486. Quadralum 477. 481. Querfortsätze 455. Radiärcanäle 423. Radiolarien 80. Radula 380. Randbläschen 417. Randkörper 117. Receplaculum seminis 405. Recessus labyrinthi 558. Redien 168. Reduction 58. Reptilien 432. Retina 555. Retinula 279. Rhabdom 279. Riechgrube 373. 549. Riechorgane 45. Rippen 462. Rostrale 48t. Rückbildung 58. Rückengefäss der Insecten 294. der Würmer 479, Rückenmark 44. 535. Rudimentläre Organe 9. 59. Rüssel der Nemertinen 449. Sacculus 559. Salpen 412. Samenleilter 56. Samenzellen 55. Sarkolemma 33, Sattel der Lumbriecinen 451. Saugmagen 288. Sausnäpfe 153. 346. Säugelhiere 433. Saurier 432. Scalae 561, Scaphopoden 354. Scapula 500. Schale 3214. 350. Schalendrüse der ceen 302. (der Cestoden) 194. Schambein 508. Scheidengang würmer 495. Schleifencanal 188 Schleimcanäle 548, Schleimgewebe 25. Schloss 351. Schlossband 351. Schlundganglien 43. Schlundkopf 50. Schlundring 455. 457. Schmeckbecher 549. Schnecke 560, Schultergürtel 498. Schweissdrüsen 444. Schwimmblase 592. Schwimmglocken 102. Scerotum 644. Segment 64. Sehhügel 533. Sehorgane 46. Seitenfeld 452. Seitengefässe 177. Seitenlinie der Fische 548. der Nematoden 152. Seitenrumpfmuskeln 518. Selachier 431. Semitae 214. Senkfäden 140. Sinnesorgane 44. Sinus rhomboidalis 529. 536. Sinus urogenitalis 647. Sipho 477. 342. 339. 354. Siphonophoren 102. Sitzbein 508. Skelet 40. der Protozoen 85. Grusta- der Platt- Skeletder Cölenteraten 112. Würmer A51. —— Echinodermen 214. Arthropoden 262. —— Brachiopoden 320. Mollusken 361. —— Tunicaten 446. Wirbelthiere 450. Solenogastres 139. Speicheldrüsen 50.175.289. 384. 587. Speiseröhre 50. 581. Spermatophoren 204. 409. Spiculum 412. Spinndrüsen 265. Spiralklappe der 585. Spritzloch 473. Sprossenbildung 54. Squamosum 476. 482. 488. Steincanal 234. Stemma 281. Stenson’scher Gang 573. Sternum 463. 466. Stigma 303. Stimmorgane der Insecten 264. Stockbildung 99. 107. Strobilation 106. Stützlamelle 114. Suboperculum 474. Subumbrella 123. Supraangulare 487. Sympathisches Nervensy- stem der Vertebraten 547. Symplecticum 477. Synceytium 48. Syrinx 596. Systematik 69. Fische 551. Talgdrüsen 444. Tapetum lucidum 554. nigrum 552. Register. Tarsus 512. Tastborsten 162. Taststäbehen 162. 275. Tastwerkzeuge 45. Teleostier 434. Temporale 488. Tentakel 108. Birch Theilung 17. Thränendrüsen 557. Thränenrinne 557. Thorax der Arthropoden 351. Thymus 627. Thyreoidea 579. Tintenbeutel 387. Träachea 596. Tracheaten 243. Tracheen 303. Tracheenkiemen 261. 306. Transversum 435. Trematoden 133. Trichocysten 8#. Trichter 125. 314. Trigeminusgruppe 541. Trommelfell 562. Tuba Eustachii 562. Tunicaten 440. Turbellarien 433. Tympanicum 481. Tympanum 278. Typus 69. ki. 349. Unterkiefer 472. 491. Unterzunge 578. Urachus 647. Ureter 631. Urniere 49. Urnierengang 628. Urorgane 38. Urosty! 456. Uterus 56. der Säugethiere 643. Utriculus 559. je2 oT [Si Vacuolen 94. Vagusgruppe 542. Varolsbrücke 534. Velum der Medusen 400. —— der Mollusken 333. 346. Venen 54. Venenanhänge der Cephalo- poden 400. Vererbung 4. Vergleichung 66. Verhornung 442. Vermehrung 47. Verwandtschaft 70. Vibracularien 144, Vögel 433. Vomer 477. 483. 485. Vorderdarm (Munddarım) 50, Vorderhirn 529. 534. 533. Wachsdrüsen 265. Wassergefässe 232. Wimperkammern 149. Wimperkranz 146. Wimperschnur 146. Wimperstreifen 425. Wimpertrichter 187. 488. Wimperzellen 23. Wirbeilbogen 451. Wirbelkörper 453. Wirbelsäule 452. Wirbeithiere 430. Wundernetz 622. Zähne 574. Zelle 46. Zitzen 445. Zootomie 2. Zunge 517. Zungenbeinbogen 473. Zwischenhirn 529. 531.53: Zwitterbildung 56. Zwitterdrüse 403. L Me, hr f Air 1 IE % % ua £ Ba A ‚nun aSa/1 222 5 ur) ira N in hr u ps re. Ay tot ns AT uyagı BTERINE re ATS TE aayynde: wi “ - Ana Kr Drau AR: Nhaskun lud Mt a Fe, alten at . BT ZU ERDE 1,1 froh. r sid ned 7 OBER due, ulsäral vanidmananeV ' EEE 14 ı. AL TWıE a, Dun #47 Kyattant © od IBurE, sure ae Smash \ ng? Webagerittl Ir raue re »MHNTF I e ß ’ ‚Ice j +4 N si 30 / t f FERNER Kerala . Ya ad ‚ hop, un AN ni ur BE TE TE INFOR Tn ur 107 N Ohr reiht urn TREE ar I ya nr SR Sad Ar = I F ya lauf ‘ Ar - isn orte F ur f FIN; ; aba Nr: ri (119 Rh an ’D ah UT OEN TEN u PETE PEChHiErG ran A ee a Katundtm nI® d 44 Tallaitım he P j t rn Pr PIET ur vi 1 * T ud Fr f Cs di 'k re " Druck von Bosisköpf und Härtel in Leipzig. llaemı BEN al rat" i . ‚ ra range] AR mug nager IT % e 17) 417% ; SE; ‚88 augyT.; TIEFE LTE; ar ee ; h E4 RO ern ÄnN j 13 Pnlaanlf N, ; « LTE IN: 2 . yE ‚ai »ıslayı Enke VAR yuanersiht: ran N Fr, chere I’ ME TIT IT b % I ER TU nr erde ei as Era ihbliksern ERLITT, . 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