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HARVARD UNIVERSITY

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GEOLOGICAL SCIENCES LIBRARY

ALEX. ACASSIZ.

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GRÜNDZÜGE

DER

PHYSISCHEN ERDKUNDE

VON

PROF. DR. ALEXATOER gUPAN,

HERAUtiGEBEB VON PETERMANNS GEOGRAPHISCHEN MITTEILUNGEN.

ZWEITE, UMGEARBEITETE UND VERBESSERTE AUFLAGE.

MIT 203 ABBILDUNGEN IM TEXT UND ZWANZIG KARTEN IN FARBENDRUCK.

LEIPZIG, VERLAG VON VEIT & COMP. ^"^ 1896.

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KÜMMEL LIBRARY

AUG 0 4 1986

HARVARD UNIVERSITY

Druck von Motz gor Je Wittig in Leipzig.

Vorwort.

^u der zweiten Auflage meiner Physischen Erdkunde habe ich nur wenige erläuternde Worte hinzuzufügen. Der ursprüng- liche Plan ist im wesentlichen beibehalten worden. In Bezug auf die Aufgaben der physischen Geographie haben sich meine Ansichten nicht geändert, und wer darüber noch nicht orientiert ist, und sich dafür interessiert, den muß ich bitten, das betreffende Kapitel in der ersten Auflage (S. 10) nachzulesen.

Im einzelnen hat das Buch eine völlige Umarbeitung erfahren. Dazu nötigten nicht bloß die großen Fortschritte der Wissenschaft im Laufe des verflossenen Jalirzehnts, sondern auch der Umstand, daß ich mich nun an eincHi^Qrte «s^i^dj in eiftör Stellung befinde, wo mir viel reichlicheres Material zuströmt, als es früher der Fall war.

Eine hoffentlich willkommene Neuerung sind die Litteratur- nachweise. Es lag mir dabei die Absicht fern, eine große Gelehr- samkeit zu entfalten, und ich wollte damit nur dem Studieren- den, der sich über diesen oder jenen Gegenstand eingehender unterrichten will, Fingerzeige geben. Wer die genannten Werke

IV Vorwort

ZU Bäte zieht^ wird darin weitere litterarische Hinweise finden. Nur in jenen Fällen, wo die Quellen schwerer zugänglich sind, sind auch einzelne Angaben mit Citaten belegt worden.

Großen Dank schulde ich meinem Verleger, Herrn H. Cbedneb, der der Erweiterung des Werkes und der Vermehrung der Ab- bildungen^ die ich für eine durchaus notwendige Beigabe zu jeder physischen Geographie halte, nicht den geringsten Widerstand ent- gegengesetzt hat; sowie auch Herrn Dr. C. E. M. Eohkbach für seine opferwillige und erfolgreiche Unterstützung bei der Korrektur.

Gotha, im Oktober 1895.

A. Snpan.

Inhalt.

Einleitniig:.

Di€ Gestalt und GrtfBe der Erde. S.l. Entwicklung der Erde. S.2. Gestalt der Erde. S. 3. Dimensionen der Erde. S. 5. Fl&chenberechnung. S. 5. Litteratur- nacbweise. S. 6.

Die Teile des Erdkörpers. S. 7. Der Erdkern. S. 7. Die Erdkruste. S. 12. Litteratumachweise. S. IS.

Die vier Enertliequelleii. S. 14. Die Wirkungen der unterirdischen Krftfte. S. 14. Die solaren Wirkungen. S. 15. Die Anziehung von Sonne und Mond. S. 17. Die Rotation der Erde. S. 17. Litteratumachweise. S. 18.

Gesdiidite der Erde. S. 19. Litteratumachweise. S. 22.

Die GrundzOge der Gestaltung der Erdoberfläche. S. 23. Verhältnis von Wasser und Land. S. 23. Einteilung des Ozeans. S. 26. Einteilung des Festlandes. S. 27.— Oberflächengestaltung des Festlandes. S. 80. Vertikaler Aufbau der Erd- lu-uste. S.34. Mittlere Höhen und Tiefen. S.36. Litteratumachweise. S.40.

Erster Abschnitt. Die LofthfiUe.

Die Höhe und Zusammensetzung der Luft. S.41. Höhe der Luft S.41. Zusammen- setzung der Luft. S.41. Litteratumachweise. S. 42.

Die Erleuchtung und Erwärmung der Erdoberfläche. S.42. Wärmequellen. S.42. Jahres- zeiten. S. 43. Wärmemenge. S. 45. Die Beleuchtungszonen. S. 46. Das Polarlicht. S. 48. Litteratumachweise. S. 52.

Die Abnahme der Temperatur mit der Höhe. S. 52. Wärmequellen der oberen Luftschichten. S. 52. Freie Atmosphäre. S. 53. Gebirge. S. 55. Wärmeumkehr im Gebirge. S. 58. Plateaus. S. 59. Reduktion der Temperatur auf das Meeresniveau. S. 61. Litteratumachweise. S. 62.

Die horizontale Verteilung der Temperatur. S.62. Normale Temperaturverteilung. S.63. Abweichungen. S. 65. Wärmeverteilung in den extremen Monaten. S. 67. Durchschnittstemperatur der Parallelkreise, Meridiane, Erdteile und Meere ; Isanomalen. S. 71. Temperaturzonen. S. 74. Litteratumachweise. S. 77.

Die Schwankungen und die mittlere Veränderlichkeit und Abweichung der Temperatur. S. 78. Die tägliche Wärmeschwankung. S. 78. Die jährliche Wärmeschwankung. S. 81. Temperaturveränderlichkeit. S. 83. Mittlere Abweichung. S.86. Litteratumachweise. 8. 87.

Windsysteme und Windgebiete. S. 88. Windgesetze. S.88. Allgemeine Luftzirkulation. 8. 90. Anticyklonen. S. 94. Cyklonen. S. 94. Passate. S. 99. - Litteratumachweise. S. 101.

VI Inhalt

Luftdruck" und Windverieilung in den extremen Jahreszetten. S.lOl. Die Isobarenkarten. S.lOl. Nördlicher Winter. S.102. Nördlicher Sommer. S.106. Mittlere monatliche Barometerschwankungen. 8. 109. Litteratumachwcise. S. 110.

Lokale Winde. S. 110. Lokale Wind Systeme. S. 111. Einfluß lokaler Verhältnisse auf die Winde S. 112. Litteratumachwcise. S. 116.

Der Wasserdampf in der Atmosphäre und die Ursachen seiner Kondensation. S. 116. Ver- schiedene Ausdrücke für die Feuchtigkeit der Luft. S.116. Die Winde als Verbreiter des W^asserdampfes. S. 119. Kondensation des Wasserdampfes. S. 119. Litteratumach weise. SS. 122.

Die Verteilung der jährlichen Niederschlagsmengen. S.122. Gesetze der Verbreitung der Niederschläge. S. 122. Nordkontinente und Sahara. S. 125. Sfid- kontinente. 8. 128. Mittlere Hegen Wahrscheinlichkeit. S. 129. Litteratur- nach weise. 8. 133.

Die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge. S.133. Periodische Regen. S. 184. Gleichmäßige Niederschläge. S. 137. Regengebiete. S. 138. Gewitter. S. 139. Hagel. 8. 140. Litteraturnachweise. 8. 141.

Verbreitung des Schnees. 8. 1 42. Verbreitung. S. 142. Die Schneegrenze. S. 143.— Verteilung der Schneegrenze. S. 147. Litteraturnachweise. 8. 149.

Gletscher. 8.149. Begriff und Einteilung der Gletscher. S. 150. Die Gletscher- zunge. S. 152. Gletscherkom. S. 154. Gletscherbewegung. S. 154. Gletschertheorie. S. 157. Struktur. 8. 158. Moränen. 8. 161. ~ Ab- schmelzung. S. 162. Litteraturnachweise. 8. 165.

Die geographische Verteilung der Gletscher. 8. 165. Die Tropen. S. 1 65. Gemäßigte Zonen. S. 166. Polare Zonen. S. 1 69. Eisberge. S. 1 7 1 . Litteraturnachweise. 8. 173.

Das Klima. 8. 173. Klimaprovinzen. S. 173. Die 35jährigen Schwankungen. S. 175. Säkulare Perioden. S. 181. Geologische Perioden. S. 182. Über- sicht der Schwankungen. S. 185. Klimaänderungen. S. 187. Ein- fluß des Waldes. 8. 1^9. Litteraturnachweise. 8. 190.

Zweiter Abschnitt. Das Meer.

Morphologie des Meeres. 8.191 Gliederung des Weltmeeres. S. 191. Unterseeische Böschungen. S. 194. Relief des Meeresbodens. 8. 196. Bedeckung des Meeresbodens. S. 200. Permanenz der ozeanischen Becken. S. 205. Litteraturnachweise. 8. 206.

Das Meerwasser. S.207. Das Meeresniveau. 8.207. Salzgehalt und spezifisches Ge- wicht. S. 212. Farbe. S. 217. Litteraturnachweise. 8. 219.

Die Wellenbewegung. S. 2 19. Windwellen. S.219. Krandung. 8.223. Stoß- und Ex- plosionswellen. S. 225. Stehende Wellen. S. 226. Litteraturnachweise. 8. 228.

Die Gezeiten. 8.228. Theoretische Gezeiten. S.229. Wirkliche Gezeiten. S. 233. Die atlantischen Gezeiten. 8.233. Gezeitenstrome. S.237. Fluthöhe. 8. 238. Litteraturnachweise. 8. 240.

Die Meeresströmungen. S.240. Nordatlantischer Ozean. 8.242. Die übrigen Ozeane. 8.246. Theorie der ozeanischen Strömungen. S.247. Anwendung der Trift- theorie auf die beobachteten Strömungen. S.251. Litteraturnachweise. 8. 255.

DieWärmeverleilung im Wasser. 8. 255. Die Oberflächentemperatur des Meeres. 8.255. Tiefentemperatur in Süßwasserseen. S. 257. Tiefentemperaturen im Salz- wasser. S.259. Atlantischer Ozean. S.262. Nördliches Eismeer. S.264. Übrige Ozeane. S. 266. Das Meereis. S. 268. Litteraturnachweise. 8. 271.

Inhalt. VII

Dritter Abschnitt. Die Dynamik des Landes.

Die Hauptformen der Dislokationen. 8. 272. Theorien. S. 275. Litteratui-nachweise. S. 278.

Moderne Niveauverändeningen.8.278. LitoraleNiveauveränderungen.S.278. —Theorie. S. 280. Skandinavien. S. 282. Höhere arktische Breiten. S. 288. Mittlere und niedere Breiten. S. 290. Schlußfolgerungen. S. 294. Binnenländische Niveauveränderungen. S. 296. Litteratumach weise. S. 297.

Die vulkanischen Ausbruche. S. 298. Eruptivprodukte. S. 299. Die vulkanischen Aus- bruche. S. 300. Überblick der Vulkanformen. S. 308. Erlöschen der Vulkane. S. 309. Geographische Verbreitung der Vulkane. S. 310. Theorie des Vulkanismus. S. 317. Schlammsprudel. S. 320. Litteratur nachweise. S. 322.

Erdbel»on. S.322. Instrumente. S. 324. Dauer. S. 325. Intensität und Wirkungen. S. 326. Areal. S. 328. Ursachen. S. 331. ~ Einteilung der Beben. S. 336. Tiefe des Herdes. S. 337. Erdbebenstatistik. S. 338. Litteratumachweise. 8. 340.

Obersidit der exogenen Wirkungen. S. 840.

Die Verwitterung. S.343. Der Verwitterungsprozeß. S.343. Bodenarten. S. 345. Gebiete vorherrschender Denudation. S. 346. Gebiete säkularer Ver- witterung. S. 352. Litteratumachweise. S. 353.

Das unterirdische Wasser. S.354. Verhalten des Bodens. S.354.— Das Karstphänomen. S. 356. Quellbildung. S 364. Einteilung der Quellen. S. 366. Geysir. S. 368. Litteratumachweise. S. 370.

Das fließende Wasser. S. 370. Wassermenge. S. 370. Bewegung des Wassers. S. 374. Die Arbeit der Flüsse. S. 376. Flußablagerungen. S. 378. Litteratur- nach weise. S. 381.

Tlialbndung durch Erosion. S. 381. Gesetze der Erosion. S. 881. Zeitliche und räum- liche Varationen des Erosionstypus. S. 383. Modeme Thalbildungen. S. 386. Klammen und Canons. S. 387. Terrassenbildung. S. 390. Tektonische und Abdämmun^tnfen. S. 394. Wasserfälle. S. 395. Gletschererosion. S. 397. Genetische Einteilung der Thäler. S. 898. Litteratumachweise. S. 401.

Deitabildungen. S.401. Mündungsformen der Flüsse. S. 401.— Bau, Gestalt und Ober- flächenform der Deltas. S. 403. Wachstum der Deltas. S. 404. Geographische Verbreitung der Deltas. S. 405. Litteratumachweise. S. 408.

DIeArheit des Windes. S. 408. Winderosion. S.408. Äoli8cheSandablagemngen.S.410.

Dünen. S.411. Staubablagerungen. S.413. Litteratumachweise. S. 415.

Die Arbeit des Meeres. S. 415. Begriff der Küste. S. 41 5. Charakter der Küste. S. 416.

Die Brandung. S. 417. Steilküsten. S. 417. Zerstörung der Flach- küsten. S. 421. Erosion durch Gezeitenströmungen. S. 423. Anschwem- mung. S. 423. Litteratumachweise. S. 426.

Die geographische Verbreitung der exogenen Wiricungen. S. 427. Bodenarten. S. 427. Faziesgebiete. S. 431. Litteratumachweise. S. 434.

Vierter Abschnitt. Morphologie des Landes.

Obersicht. S. 435. Orographisches System. S. 436. Hypsometrische Systeme. S. 437. Hypsometrie. S. 438. Orometrie. S. 440. Genetisches System. S. 441. Litteratumachweise. 441.

Die Oberflläehenformen der Flachschichtung. S.442. Das Tafelland. S.442. Ausgefüllte Landsenken. S.443. Peripherische Flachböden jugendlichen Altere. 8.446.-

VIII Inhalt.

Ergebnis. 8. 449. Umformune durch Denudation. S. 449. Umformung durch Bruch. S. 457. Obersichtder Umwandlungsformen der Flachschichtung. ö. 461. Litteratumachweise. 462.

Faltengebirge. S.463. Terminologie. S.463. Theorie. S.466. Querprofil einfacher Faltengebirge. S. 467. Querprofil zusammengesetzter Gebirge. S. 469. Längserstreckung. S. 473. Beziehungen der Faltengebirge zu einander. Abgrenzung und Einteilung derselben. S. 475. Beziehungen der Ketten- gebirge zum ungefalteten Vorlande. S. 477. Litteratumachweise. S. 479.

Umformung der Faltengebirge. S. 479. Umformung durch Bruch. S. 479. Umformung durch Destruktion. S. 483. Umgestaltung durch Destruktion und Bruch. S. 487. Vorkommen der Rumpfschollengebirge. S. 490. Orographie der BumpfschoUengebirgc. S. 491. Genetische Einteilung des Faltenlandes. S. 494. Litteratumachweise. S. 495.

Hexurgeblrge. S. 496. Geschlossene Flexurgebirge. S. 496. Theorie. S. 497. Aufgelöste Flexurgebirge. S. 498. Litteratumachweise. S. 499.

Vulkanische Berge. S. 500. Stratovulkane. 8.500. Umwandlung durch Denudation. S. 503. Homogene Vulkane. S. 504. Einteilung der vulkanischen Boden- formen. Ö. 506. Litteratumachweise. S. 506.

Gliederung derfiebirge. S.507. Alter derThfiler. S. 507.— Längs- und Querthäler.S. 507.

Wasserscheide. S.511. Durchgangsthftler. S. 511. ~ Thalwasserscheiden. S. 516. Aufschließung der Gebirge. S. 519. Litteratumachweise. S. 520.

DieFIÜS8e.S.520.Einteilung.S.520.~VerteilungderFlüsse.S. 521.— Flußvermischung und Wasserteilung. S. 523. - Bau der Flußsysteme. S. 525. Größe der Flüsse. S. 526. Veränderungen der Flüße. 8. 527. Litteratumachweise. S. 531.

Die Seen. S. 53 1 . Beckenformen. S. 53 1 . Dimensionen der Seebecken. Depressionen. S. 536. Seengebiete. S. 538. Süß- und Salzwasserseen. S. 542. Erlöschen der Seen. S. 544. Sumpf und Moor. S. 546. Litteratumachweise. S. 548.

Die horizontale Gliederung des Festlandes. S. 548. Die Halbinseln. S.548.— Inseln. S. 551. GenetischeEinteilung.S.552. Kontinentalinseln, geologischer Beweis. S.5o2.

Biologischer Beweis. S. 554.— Restinseln. S.558. Litteratumachweise. S.560.

Ursprüngliche Inseln. S. 560. Hebungsinseln. S. 560. Vulkaninseln. S. 560. Korallen- inseln. S. 561. Theorie der Koralleninseln. S. 565. Flora und Fauna. S. 571. Litteratumachweise. S. 574.

KUstenformen. 8.574. Haupttypen. S. 574. Detailformen. S. 576. Thalbuchten. S.578. Natürliche Seehäfen und Meeresstrassen. S. 583. Küstenentwick- lung und mittlerer Küstenabstand. S. 585. Litteratumachweise. S. 588.

Ffinfter Abschnitt. Die geographiselie Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

Allgemeine Bemerkungen über die Verbreitung der Pflanzen. S. 589. Abhängigkeit vom Boden. S. 589. Abhängigkeit vom Klima. S. 590. Pfianzenwandemngeu und Pflanzenverbreitung. §. 592. Litteratumachweise. S. 595.

Die Hauptzonen und Hauptregionen der Vegetation. S. 595. Tropische Pflanzenzone. S. 595. Gemäßigte Zone. S.599. Polare Waldgrenzen. S. 601. Polare Pflanzenzone. S. 602. Pflanzenregionen. S. 603.

Die wichtigsten Vegetationsformationen innerhalb der Waldgrenzen. S. 607. Tropenwald. S. 608.— Der Wald mittlerer und höherer Breiten. S. 610. Savane. S. 612. Grassteppen. S. 614. Wüstensteppen und Wüsten. S. 616. Buschland. S.618. Ausdehnung der Formationen. S.620. Litteratumachweise. S.621.

Inhalt. IX -

Die Entwicidiingsgeschlclite der Florenreiche. S. 621. Die tropische Florenzone. S. 621. Boreale Zone. S. 622. Australe Zone. S. 625. Floristische Einteilung des Landes. S. 627. Hochgebirgsflora. S. 628. Moderne Ver&nderungen. S. 680. Litteratumachweise. S. 632.

Die Nutzpflanzen. S. 632. Gerealien. S. 633. Andere Kulturpflanzen. S. 636. Litteratamachweise. S. 639.

Die Lebensbedingungen derTierwelLS.639. Beziehungen zwischen der Tier- und Pflanzen- welt S.640. Färbung. S. 641. ~ Abhängigkeit derTiere von der Temperatur. S. 642. Tropische Tierwelt S. 644. Arktische Tierwelt S. 645. Vertikale Verteilung. S. 646. Periodizität im Tierleben. S. 648. Be- ziehungen der Tiere zu einander. 8. 649. Litteratumachweise. S. 650.

Die EnlwlGiduiig der Faunenreiche. S. 650. Die australische Gruppe. S. 651. Süd- amerika. S. 658. Afrika. S. 655. Indisches Beich. S. 657. Die mitt- leren und höheren Breiten der Nordhalbkugel. S. 658. Faunengruppen und -reiche. S. 662. Litteratumachweise. S. 664.

Begister. 8.665.

Berichtigungen und Zusätze. S. 706.

Verzeichnis der Kartenbeilagen.

Tafel 1. Landhöhen und Meerestiefen.

2. Die morphologischen Hauptgebiete der Erde.

8. Jahres-Isothermen.

4. Januar-Isothermen.

5. Juli-Isothermen.

6. Thermische Anomalie im Januar und Juli.

7. Die Temperaturzonen der Erde.

8. Linien gleicher, jährlicher Wlirmeschwankung.

9. Isobaren und Winde im Winter.

10. Isobaren und Winde im Sommer.

11. Jährliche Niederschlagsmengen.

12. Jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge. 18. Verbreitung der Gletscher und des Treibeises.

14. Die Klima-Provinzen.

15. Meeresströmungen.

1 6 . Küstenverän derungen.

17. Korallenbauten, Vulkane, Erdbeben.

18. Vegetationskarte.

19. Die Florenreiche.

20. Faunengruppen und -Reiche.

Einleitung.

Die Gestalt und Größe der Erde.

Die einfache Naturanschauung betrachtet die Erde als ruhen- den Körper, den die Sonne in kreisförmiger Bahn umwandelt. Der alexandrinische Gelehrte Ptolemäus gab dieser Anschauung zuerst einen wissenschaftlichen Ausdruck und schuf damit ein Welt- system, das bis zum Anfange der Neuzeit seine Geltung bewahrte. Er machte die Erde zum Zentrum des Weltalls, und die von der Theologie beherrschte Wissenschaft des Mittelalters fand in diesem Systeme eine Bestätigung ihres Grundsatzes, daß der Mensch der Mittelpunkt und Zweck der Schöpfung sei. Erst Copernicus ver- bannte die Erde aus ihrer usurpierten Stellung und wies ihr einen bescheideneren Platz im Sonnensysteme an. Die Erde ist ein Planet, der sich in 24 Stunden einmal um seine Achse und, vom Monde begleitet, in einem' Jahre einmal um die Sonne bewegt, von der er Licht und Wärme empfängt.

Die Fortschritte in der Erforschung des Erdkörpers, seines organischen Lebens und seiner Entwicklung hatten eine gänzliche Umwandlung der Weltanschauung im Gefolge. Wir sehen in der Katur nicht mehr eine Aufeinanderfolge wunderbarer Schöpfungs- thaten, die jede Form fertig und unabänderlich aus dem Nichts oder aus dem Chaos hervorriefen, sondern einen nach ewigen Ge- setzen wirkenden Mechanismus, in dem die Formen in beständiger Umwandlung begriffen sind. Man mag darüber streiten, ob diese Anschauung der großen Fülle der Erscheinungen gerecht wird und ob wir von ihr die Lösung aller Welträtsel erwarten dürfen; aber keinem Zweifel unterliegt es, daß sie unendlich befruchtend auf die Wissenschaft gewirkt hat. Wenn wir annehmen, daß jede Form durch einen unerforschlichen und uns daher willkürlich erscheinenden Schopfungsakt entstanden ist, dann bleibt uns am Ende nichts übrig, als diese Formen zu beschreiben und zu klassifizieren;

SupAN, PhjBlacbe Erdkunde. 2. Aufl. 1

2 Einleitung.

nehmen wir aber an, daß alles auf natürlichem Wege sich ent- wickelt hat, so können wir diesem Prozesse nachspüren. Die Natur- wissenschaft schreitet von der Systematik zur Genetik fort, und damit erwachsen auch der Geographie ganz andere Auf- gaben, als sie früher zu lösen hatte.

Entwicklung der Erde. Kant und Laplace verknüpften auch die einzelnen Teile unseres Sonnensystems genetisch miteinander. Alle Körper desselben bildeten nach dieser Hypothese einst einen großen kugelförmigen Nebelfleck, der sich infolge der Abkühlung im kalten Weltenraume zusammenzog. Dadurch erhöhte sich die Rotationsgeschwindigkeit, die Abplattung an den Polen und die Aus- bauschung am Äquator wurden immer größer, und so lösten sich mit der Zeit am Äquator Teile los, die einen Ring bildeten. Dieser zerriß infolge ungleicher Beschaffenheit und Erkaltung und ver- anlaßte so die Entstehung planetarischer Nebelballen. Derselbe Prozeß wiederholte sich auch hier: erst Ringbildung, wie sie noch am Saturn beobachtet werden kann, dann Zerreißung derselben und Bildung der Monde. So erscheinen nach dieser geistvollen Hypothese alle Glieder des Sonnensystems als eine große Familie, deren Mutter die Sonne ist, wie sie auch noch jetzt alles Leben auf der Erde ernährt und erhält.

Noch einen Schritt weiter nach rückwärts führen uns die eng- lischen Physiker Thomson und Groll, die uns begreiflich machen wollen, wie der Umebel entstand, d. h. wie die Materie in diesen glühenden, gasigen Zustand geriet. Als ursprüngUch nehmen beide dunkle Massen an; nach Thomson sind diese ruhend und stürzen durch eigene Anziehung auf einander; nach Groll ^ besitzen sie von allem Anfang an eine ihnen eigentümliche Geschwindigkeit, und indem sie den Raum durchfliegen, stoßen zwei oder mehrere solcher Massen auf einander und die Bewegung setzt sich in Wärme um.

Durch fortgesetzte Abkühlung und Zusammenziehung wurde die Erde aus einem glühenden Nebelballen ein glühendflüssiger Körper, der sich endlich mit einer Erstarrungskruste umhüllte. Die Wasserdämpfe wurden kondensiert und sammelten sich in den Ver- tiefungen der Erdkruste als Meer an, über das die Erhöhungen als Kontinente emporragen. Der Gegensatz von Land und Wasser ist seit dieser Zeit ein bleibender Gharakterzug unseres Planeten, wenn auch die geographische Verteilung dieser beiden Grundformen dem Wechsel unterworfen ist.

Nun fühlen wir sicheren Boden unter den Füssen, denn die Zeugnisse der Erdgeschichte sind uns in den auf einander folgenden Gesteinsschichten, in den vielfachen Störungen derselben und in

Die Gestalt und Größe der Erde.

den begrabenen Lebewesen noch erhalten. Aber auch hier hat sich eine richtige Deutung erst allmählich herausgearbeitet. Zwar konnten es sich auch die älteren Geologen nicht verhehlen, daß der Erdkörper und sein organisches Leben yerschiedene Stadien durch- gemacht hat^ aber sie meinten noch, daß die einzelnen Perioden der Erdgeschichte durch allgemeine Katastrophen, die das Bestehende vernichteten, und ebensoviele Neuschöpfungen von einander getrennt seien. Erst Hoff* und Lyell' lehrten, daß die Veränderungen der Erdoberfläche sich nicht sprungweise, sondern allmählich vollzogen haben, in derselben Weise, wie wir sie auch in der geschichtlichen Gegenwart beobachten, und durch dieselben Kräfte, die noch jetzt thätig sind; wenn auch zugegeben werden mag, daß die Kraft- äußerungen in früheren Epochen eine größere Intensität besaßen. Lamabk und Darwin wendeten diese Theorie auch auf die organische Welt an, die von niederen zu höheren Formen fortschreitend, end- lich im Menschen gipfelt

(Gestalt der Erde. Als ein sicheres Zeugnis für die einstige flüssige BeschaflFenheit des Erdkörpers wird dessen Gestalt an- gesehen, aber mit Unrecht, denn jeder rotierende kugelförmige Körper, der nicht absolut starr ist, muß an den Enden der Rotations- axe, d. h. an den Polen sich abplatten und am Äquator sich aus- bauschen: mit anderen Worten: die Kugel muß ein Sphäroid werden. Die sphäroidale Gestalt der Erde ist direkt durch Pendel- beobachtungen und Gradmessungen erweisbar, indirekt auch auf astronomischem Wege.

Die Pendelbeobachtungen ergaben als Resultat, daß die Länge des Sekundenpendels (d. h. eines Pendels, das in einer Sekunde eine Schwingung ausfuhrt) vom Äquator nach den Polen zunimmt^ Diese Thatsache kann ihre Erklärung nur darin finden, daß die Schwer- kraft an den Polen am größten, am Äquator am kleinsten ist. Der Grund ist ein doppelter. Einerseits erreicht die Fliehkraft, die der iSchwerkraft direkt entgegenwirkt, am Äquator ihren größten Wert, während sie an den Polen gleich Null ist; anderseits ist man wegen der

X Zur Illustration dieses Gesetzes greifen wir aus Helmerts Tabelle einige

Stationen in Abständen von ca. 10^ B. heraus:

Lftnge des i Lflnge des

Sekunden- | Sekonden-

pendels pendeis

N. B. in mm. ' N. B. In mm.

Gaussah Lout . . . 0^ 2' 991,o55

Trinidad 10° 39' 991,o9i

Mauwi 20<»52' 991,79*

Ismailia SO'^öÖ' 992,249

Hoboken New York 40« 45' 993,i9i

Bonn 500 44' 994,072

Unst 60<^45' 994,959

Hammerfest. . . .700 40' 995,55?

Spitzbergen . . . .79*50' 996,o«7

Einleitung.

Abplattung dem Erdmittelpunkte, dem Sitze der Schwerkraft, an den Polen am nächsten, und ist am Äquator am weitesten davon entfernt Einen noch augenfälligeren Beweis für die Abplattung der Erde liefern die Gradmessungen. In Fig. 1 ist rechts ein halber kreis- förmiger, links ein halber elliptischer Meridian dargestellt; P be- ziehungsweise F ist der Pol, und die Horizontallinie der Durchschnitt der Äquatorialebene. Wählen wir auf dem Ereisquadranten zwei Paare von Punkten, von denen a und h nahe dem Äquator, c und d nahe dem

Pole sich befinden. Die Vertikalen (oder Normalen), die wir in diesen Punkten errichten, sind Halb- ^ messerund schneiden sich daher in o; der Winkel aoh ist = cod = 10®, ebenso ist der Bogen ah = c</, oder mit anderen Worten: auf einer Eugel entspre- chen gleichen Winkelabständen der Normalen gleiche Meridianbogen.

Anders auf dem Sphäroid. Die Normalen schneiden sich nicht mehr im Zentrum, die Winkelabstände von a und h\ c und i sind zwar gleich (= 10"), wovon wir uns sofort überzeugen können, wenn wir mit dem Radius ao von o' und o" aus Ereise beschreiben (die Bogen a"6" z=^ c" i' ^ cd = ah)\ aber die ihnen entsprechenden Meridianbogen sind ungleich {a'b' < cd), weil die Erümmung der Ellipse gegen den Pol hin sich verflacht. Auf dem Sphäroid nimmt also die Länge eines Meridiangrades vom Äquator gegen die Pole zu.

Indem die große französische Gradmessung in der Mitte des vorigen Jahrhunderts für die Länge eines Meridiangrades in Lapp- land 111949, in Frankreich 111212, in Peru 110608 m fand, er- brachte sie den unumstößlichen Beweis für die sphäroidale Gestalt der Erde. Als aber die folgenden, in verschiedenen Gegenden aus- geführten Gradmessungen und Pendelbeobachtungen verschiedene Werte für die Abplattung ergaben, gelangte man zur Erkenntnis, daß die Gestalt der Erde der Regelmäßigkeit entbehrt. Und dies gilt nicht bloß von der Landoberfläche mit ihren Erhebungen und Vertiefungen, nicht blos von der wirklichen Meeresoberfläche, die

Abplattung der Erde.

Die Gestalt und Große der Erde.

wechselnden Umgestaltungen unterliegt; auch das sogenannte Geold, d. h. die idelle, unbewegte, nur unter dem Einflüsse der Schwerkraft stehende Meeresfläche, die man sich durch ein System von Kanälen Yon der Küste in das Innere der Kontinente gefbhrt denkt, ent- spricht nicht einem regelmäßigen Sphäroid, sondern zeigt Abnahmen und Zunahmen mit konkaver Krümmung nach dem Erdinnem zu. Es ist die Aufgabe der großen europäischen Gradmessung, diese Abweichungen in Bezug auf Europa festzustellen und zugleich ihre Ursachen zu erforschen.

Dimensionen der Erde. Die nächste praktische Folge dieser Unregelmäßigkeit ist die, daß man, um die Dimensionen der Erdoberfläche zu berechnen, ein ideelles Sphäroid zu Grunde legen muß, das sich den Ergebnissen der Grad- und Pendelmessungen möglichst anschmiegt. Unter diesen Berechnungen hat die von Bessel, obgleich sie sich nur auf zehn zuverlässige Gradmessungen stützt, weitaus die größte Verbreitung gefunden und kann auch heute noch als ausreichend für geographische Zwecke erachtet werden. Die Hauptwerte sind folgende^:

ÄquatorialhalbmesBer (a) = 6377,4 km. Polarhalbmesser (b) = 6356,i km.

Abplattung = ^ =259'

Umfang des Äquators = 40 070 km.

Umfang im Meridian = 40 003 km.

Oberfläche der Erde = 509 950 714 qkm.

Körperinhalt der Erde » lOSS Milliarden cbkm.

Neben den BEssELschen Werten haben sich in neuester Zeit auch die von Clarke und Faye vielfach eingebürgt. Die Abplattung wird hier beträchtlich größer angenommen, so von Clarke 1866 zu ^/jgg, 1880 zu V293» ^^^ F^YE sogar zu 7292- Helmert^ hält dagegen ^/,q^ für die oberste Grenze und gelangt auf einem wesent- lich anderen Wege, wie Bessel, zu dem gleichen Resultate (7299)* Dagegen steht es ziemlich fest, daß die BESSELSchen Werte für a und b zu klein sind; als wahrscheinlichste Länge des Äquatorial- halbmessers gilt jetzt 6378,2 km, und damit ändert sich natürlich auch die Oberfläche des Erdpshäroids, doch nicht so beträchtlich, daß wir die runde Zahl von 510 Millionen qkm nicht beibehalten könnten.

Flachenberechnnng. Die Fläche eines Landes kann entweder durch direkte Vermessung oder auf planimetrischem Wege, d. h. auf der Karte mit Hilfe des Planimeters ermittelt werden. Die letztere Methode wird weitaus am häufigsten angewendet, ja für halb oder ganz unzivilisierte Länder ist sie die einzig mögliche. Da kommt es

6 Einleitung.

nun in erster Linie darauf an, welche Dimensionen des Sphäroids der Messung zu G-runde gelegt werden, ob z. B. die BEss£Lschen, wie es in der Geographischen Anstalt Jüstüs Perthes in Gotha ge- schieht, oder die CLABEEschen, die Stbelbitzky bei seinen bekannten Flächenberechnungen Europas und des Russischen Reiches ange- wendet hat Unter sonst gleichen Umständen muß für ein und dasselbe Land die Fläche nach Clabke stets größer sein, als die nach Bessel; aber der Unterschied, der sich daraus ergiebt, ist in den meisten Fällen geringfügig gegenüber der Unsicherheit der Messung, die durch das mangelhafte Eartenmaterial, den Maßstab der Karte, die Ausdehnung des Papieres bei verschiedener Feuchtig- keit und die Beschaffenheit des Instrumentes bewirkt wird. Selbst bei Ländern mit so vortrefflichen Karten, wie Frankreich oder Italien sie besitzen, haftet den Flächenzahlen noch ein wahrschein- licher Fehler von ^2 ^^^ ^ Prozent des Areals an; und man mag daraus einen Schluß ziehen, wie es selbst mit den besten Flächen- zahlen dort bestellt ist, wo noch verhältnismäßig wenig Punkte durch gute Breiten- und Längenbestimmungen festgelegt sind, und jede neue größere Reise Verschiebungen des Kartenbildes zur Folge hat. Solche Länder werden infolge dessen meist in kleinerem Maßstabe abgebildet, und daraus erwächst wieder ein anderer Fehler, der bei sonst größter Sorgfalt bis zu 3 Prozent der Fläche sich steigern kann. Überdies ist auch zwischen der auf die Karte projizierten Bläche und der wahren Oberfläche zu unterscheiden. Dies wird sofort klar aus Fig. 2, die ein schematisches Gebirgsprisma darstellt Auf

der Karte erscheint nur die Grundfläche ab de und nur ihr Areal wird ermittelt, die wahre Oberfläche ist aber acfd + hcfe. Dieser Unterschied verschwindet nur auf völlig horizontalen Flächen und nimmt mit ^' ^' dem Böschungswinkel zu, so daß er in

Gebirgsländem einen ziemlich hohen Wert erreicht Für ein Ge- birge vom Typus des Böhmerwaldes hat z. B. Bene§^ berechnet, daß die wahre Oberfläche um 3,8 Prozent größer ist, als die projizierte.

Li tteraturnach weise. ^ Cboll, Stellar Evolution, London 1SS9. Hoff, Geschichte der durch die Überlieferung nachgewiesenen natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche. Gotha 1822—40. ' Lyell, Principles of Geology, London 1830—33. 12. Aufl. 1876. Darwin, The Origin of Species, London 1859. Letzte deutsche Ausgabe von Cabüs, Stuttgart 1883. ^ Haupt- werk Helkert, Die mathematischen und physikalischen Theorien der höheren Geodäsie. Berlin 1880 84. Günther, Handbuch der mathematischen Geographie, Stuttgart 1890. Hier sei auch das im Erscheinen begriffene Lehrbuch der Geographie von H. Waoneb (Hannover u. Leipzig, 1. Lief. 1894) erwähnt, für

Die Teile des Erdkörpers.

mathematiBche Geographie wohl der beste Leit^Eideiiy den wir besitzen. * H. Waomeb, Die Dimensionen des Erdsphäroids nach Bessbl; in Behks Geo- graphischem Jahrbuch, Bd. III, 1870. ' BeneS, Die wahre Oberfläche des BöhmerwaldeSy in dem Bericht des Vereins der Greographen an der Universitfit Wien, 1888.

Die Teile des Erdkörpers.

Wenn wir von den Dimensionen der Erde sprechen, so ver- stehen wir darunter nur die des festen Erdkörpers, schließen aber deren gasförmige Umhüllung, die Atmosphäre, aus, obwohl diese ebenso einen integrierenden Bestandteil des Erdkörpers bildet, wie die Gesteinshülle und der Erdkern. Die Gesteinshülle tritt ent- weder als Festland zu Tage oder ist als Grund des Meeres und der Seen unseren Blicken entrückt, so daß wir, ausgehend von den Erscheinungen der Oberfläche, von einer Gesteinshülle im engeren Sinne und einer Wasserhülle sprechen können.

Der Erdkern. Eine so scharfe Grenze, wie zwischen der Luft- und GesteinshüUe, besteht zwischen der letzteren und dem Erdkern nicht, und es ist schon aus diesem Grunde unmöglich anzugeben, bis zu welcher Tiefe die GesteinshüUe hinabreicht Das tiefste Bohrloch der Erde, das Schiadebacher bei Leipzig, durchfuhr sie nur bis 1748 m Tiefe; es ist also selbst an dieser Stelle vom Erd- innem nur der 3644. Teil des mittleren Halbmessers bekannt.

So unnahbar das Erdinnere auch der direkten Beobachtung ist, so sind uns doch zwei Thatsachen bekannt, die geeignet sind, etwas Licht über seine Beschaffenheit zu verbreiten.

Die mittlere Dichte der ganzen Erde^ beträgt nach den ver- läßUchsten Untersuchungen 5,6, d. h. die Erde ist ö^emal so schwer als eine gleich große Wasserkugel. Da die Gesteine, welche sich hauptsächlich an dem Baue der Erdoberfläche beteiligen, nur ein spezifisches Gewicht von etwa 2^3 bis 3 besitzen, so muß die mittlere Dichtigkeit des Lineren noch größer sein, als die der ganzen Erde. SüESS hat daher den Erdkern in zutreffender Weise die Barysphäre (ßcepvg = schwer) genannt, und sie der Lithosphäre oder Gesteins- hülle und der Atmosphäre gegenübergestellt Es ist auch sehr wahr- scheinlich, daß sich innerhalb des Erdkörpers die Stoffe vom Anfange an nach ihrer Schwere geordnet haben, und die schwersten daher den innersten Kern bilden. Nach Analogie der Meteoriten, jener Trümmer von Weltkörpem, die von Zeit zu Zeit auf die Erde fallen und teils aus Silikatgesteinen, teils aus gediegenem nickel- haltigen Eisen bestehen, hat man vielfach die Vennutung ausge- sprochen, daß der Erdkern aus Eisen bestehe.

8 Einleitung.

Einen Schluß auf die Wärme des Erdinnern gestatten die Beobachtungen bei den zahlreichen vertikalen und horizontalen Tiefbohrungen, die in allen Kulturländern zu technischen und industriellen Zwecken ausgeführt wurden. Die Temperaturschwan- kungen der Oberfläche dringen nur bis zu einer geringen Tiefe in die Gesteinshülle ein; schon in einer Tiefe von ca. 1 m wird die tägliche Schwankung nicht mehr fühlbar, und in unseren Gegenden beträgt nach Adolf Schmidts* Untersuchungen schon in einer Tiefe von 15 16 m der Unterschied der jährlichen Extreme nur mehr 0,1® C. In den Tropen, wo die jahreszeitlichen Gegensätze gering sind, dürfte die Schicht konstanter Temperatur schon in circa 6 m Tiefe zu finden sein. Von da an nimmt die Temperatur in allen Jahreszeiten und überall mit der Tiefe zu. Man nennt die Tiefe, die einer Temperatursteigerung von C. ent- spricht, die geothermische Tiefenstufe; sie beträgt nach den Schiadebacher Beobachtungen zwischen 1266 und 1716m Tiefe den weitaus zuverlässigsten in dieser Beziehung, da die künstlichen Fehlerquellen hier nahezu ganz vermieden wurden 39,6 m. Wenn an anderen Orten andere Werte gefunden wurden (in Liverpool z.B. 66,4 71,9, dagegen in NeujQfen Um), so ist dies nur lokalen Wärmeherden (chemische Prozesse in Bergwerken, Thermen u. s. w.) zuzuschreiben, und diese bewirken auch, daß die Zunahme scheinbar ungleichmäßig erfolgt, je nachdem man sich ihnen nähert oder von ihnen entfernt. So betrug im 610 m tiefen Fermanschacht in Nevada mit einer mittleren geothermischen Stufe von 18,i m die Zunahme zwischen 400 und 500 e. F. 4®,9, zwischen 1800 und 1900 e. F. aber nur 0^, iind zwischen 300 und 400 F. &nd sogar eine Abnahme um l®,i statt. Die Beobachtungen in den großen Alpentunnels lehren, daß die geothermischen Tiefenstufen von der Thalsohle gegen das Innere des Berges größer werden. So z. ß. im St. Gotthardtunnel:

Tiefe des Tunnels 301 558 1026 1165 m

Geothermische Stufe 24,o 42,3 51,8 52,5

Die Flächen gleicher Erdwärme wiederholen also die Konturen der Oberfläche, indem sie im Innern der Gebirge ansteigen, aber unter einem flacheren Winkel als die Böschungen. Nehmen wir an, ein Berg B erhebe sich 2000 m über die Ebene A (Fig. 3). Die mittlere Jahrestemperatur betrage hier 10°, und auf dem Berggipfel 0°; die geothermische Tiefenstufe sei unter A 39,6 und unter B 52,6 m. Es wird dann unter dem Berggipfel im Niveau der Ebene das Thermo- meter 39® zeigen, während wir unter A diese Temperatur erst in

Die Teile des Erdkörpera- 9

1148m Tiefe erreichen. Diese Thatsache ist von größter prak- tischer Wichtigkeit, denn da der menschliche Körper trockene Wärme nur bis 50® und feuchte nur bis 40® ertragen kann, so sind Tunnelbauten durch sehr hohe Gebirge ebenso unmöglich, wie Bergwerke in großen Tiefen.

Es kann femer keinem Zweifel unterliegen, daß im Innern der großen Massenerhebungen der Gesteinshiille, die wir Kontinente ^ nennen, die Isothermenflächen in ähnlicher Weise ansteigen, wie im Innern der Gebirge. So fand z. B. die Challengerexpedition im südatlantischen Ozean in 4846 m Tiefe Wasser von nur Wärme, und wir müssen annehmen, daß unter dem afrikanischen Boden in gleicher Tiefe bereits eine Temperatur von 146® herrscht

Da aber die geothermischen Tiefenstufen unter den Erhebungen größer sind, als unter der Ebene, so muß allmählich ein Ausgleich erfolgen, indem die Geoiso- thermen immer flacher werden, wie Fig. 3 versinnlicht. In diesem Falle muß bereits in 4500 m unter dem Niveau der

Ebene sowohl untere, wie unter VzWi^\\''''''][^''''^'''^^^^^^^^

B die gleiche Temperatur ••••^iV//.V.'--;;!w>!!;;'---V;:;;;--.5^.

herrschen, und es ist anzu- .•.V.W.*.*'- ioö' -.'i.'l'v^^'

nehmen, daß von da an keine ^'l-^Af----.. y^J; •••''•'".*.V.'7?iI.'

weitere Störung im gleich- Zl^lci^isothe^en ^^"

mäßigen Verlaufe der Geoiso- Fig. 3. Geoisothermen.

thermen eintritt, und die geo-

thermische Tiefenstufe nicht mehr von den Keliefverhältnissen der Erdoberfläche beeinflußt wird.

Nimmt aber die Wärme stetig bis zum Mittelpunkte zu? Es ist dies die nach den Beobachtungen wahrscheinlichste Annahme, wenn auch nie exakt zu beweisen. Dagegen kann die Frage, ob überall, wo keine örtlichen Einflüsse störend eingreifen, die Temperaturzunahme in allen Tiefen gleichmäßig erfolge, nicht beantwortet werden. Alle zu diesem Zwecke aufgestellten Formeln haben nur innerhalb der Grenzen der Beobachtung Giltigkeit, und schon oben wurde darauf aufinerksam gemacht, daß selbst das Schiadebacher Bohrloch nur den 3644. Teil des Erdradius re- präsentiert Haben diejenigen Recht, welche annehmen, daß die Erde eine durch Wärmeleitung und Wärmeausstrahlung sich ab- kühlende Kugel ist, dann müssen die geothermischen Tiefenstufen gegen den Mittelpunkt zu immer größer werden. Foüioebs Rechnung und Bischofs Experiment mit einer Basaltkugel führen zu dem

10 Einleitung.

nämlichen Schlüsse. Letztere zeigte 48 Stunden nach dem Gusse folgende Temperaturen:

Entfernung vom Mittelpunkte 0 4,6" 6,75" 9"

Temperatur 192,5« 170,o» 165,3<» 187,5«

Thermische Stufe 0,200" 0,1«*" 0,no"

Das eine ist jedenfalls gewiß, daß die Temperatarzunahme sich nicht bloß auf die unserer Messung zugängliche Zone beschränkt, sondern auch in jene bedeutenden Tiefen hinabreicht, aus der die heißen Quellen und das geschmolzene Gestein der Laven an die Oberfläche kommen. Bleibt sich die geothermische Tiefenstufe gleich, so muß schon in einer Tiefe von 67 km die Temperatur der schmel- zenden Schlacke, d.h. 1700°, erreicht werden. Man hat daraus den Schluß gezogen, daß das Erdinnere eine glühendflüssige Masse ist, die von einer verhältnismäßig dünnen Kruste umschlossen wird, und es kann nicht geleugnet werden, daß diese Annahme eine einfache und befriedigende Erklärung der geologischen Thatsachen bietet.

Von Seiten einiger Physiker ist aber dagegen Widerspruch er- hoben worden, der sich hauptsächlich auf diejenigen Erscheinungen stützt, die durch die Anziehungskraft der Sonne xmd des Mondes bedingt werden. Unter dem Einflüsse dieser Gestirne kann zu- nächst die Erde wegen der polaren Abplattung ihre Rotationsachse nicht in unveränderter Lage erhalten, sondern dieselbe muß gewisse Bewegungen ausführen, die denen eines wankenden Kreisels nicht unähnlich sind, und von den Astronomen als Nutation und Prä- zession bezeichnet werden. Aber die darauf gegründete Schluß- folgerung Hopkins', daß die Erdkruste mindestens 1270 1590 km mächtig sein müsse, ist als unhaltbar erwiesen worden, indem der Aggregatzustand des Erdinnftm nach G.Dakwin auf jene Bewegungen keinen Einfluß ausübt. Das Hauptbedenken, das jetzt haupt- sächlich von den englischen Forschern Thomson und G. Darwin* gegen die Annahme eines feurig-flüssigen Erdinnern ins Feld geführt wird, stützt sich auf das Flutphänomen. Jene Bewegungen des Meeres, die unter dem Namen Ebbe und Flut allgemein bekannt sind, könnten nach der Ansicht jener Physiker nicht zu stände kommen, wenn das Erdinnere flüssig und die Kruste dünn wäre, denn dann müßte auch die Kruste sich heben und senken, also Land und Wasser, und wir würden die Gezeiten ebenso wenig wahr- nehmen, wie die Bewegung der Erde. Da aber das Wasser sich erfahrungsgemäß anders verhält, als die Kruste, so müsse die Erde mindestens den Starrheitsgrad des Stahles besitzen. Die Sammlung und rechnerische Bearbeitung des umfangreichen Beweismaterials ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber einige theoretische Bedenken

Die Teile des Erdkörpers. 11

sind doch schon ausgesprochen worden. Wenn Thomson meint, das Innere der Elrde müsse durch Druck starr geworden sein, so hält dem Siemens'^ die erfahrungsgemäße Thatsache entgegen, daß der Druck Quarz und quarzreiche Silikate nicht verfestige, sondern nur aus einem dünn- in einen zähflüssigen Zustand überführe, um aber eine zähflüssige Masse durch die Anziehungskraft der Sonne und des Mondes in Bewegung zu setzen, bedarf es natürlich mehr Zeit, als um den gleichen ESekt in einer Wassermasse zu erzielen; „es scheint daher wahrscheinlich, daß die Erdflut auch wenn man annimmt, daß der Kruste keine in Betracht kommende Starrheit oder Elastizität zuzuschreiben ist bei der Rotation der Erde soweit hinter der Meeresflut zurückbleibt, daß sie nur einen geringen vermindernden Einfluß auf dieselbe ausüben kann.<< Von anderen Gesichtspunkten ausgehend, hat 0. Fisheb* nachzuweisen gesucht, daß eine flüssige Unterlage, welche Gase gelöst enthält, nicht not- wendigerweise Fluterscheinungen zeigen müsse. Auch gegen die weitere Schlußfolgerung Thomsons, daß die Erde von innen nach außen erkaltet sei denn sobald sich eine Kruste gebildet habe, müsse sie als schwerer in dem flüssigen Körper untergesunken sein , sprechen mancherlei Versuche; das größte Experiment fuhrt uns die Natur selbst in der flüssigen Lava des Kilaueakraters, die eine feste Decke trägt, vor Augen.

Es stehen sich also noch immer zwei Hypothesen flüssiges oder wenigstens plastisches Erdinnere mit Kruste und vöUig feste Erde einander gegenüber; die Vermittlungsannahme einer flüs- sigen Schicht zwischen der festen Kruste und dem festen Erdkern hat keine Bedeutung mehr. Nur eine Modifikation der Flüssigkeits- Hypothese ist es, wenn Zöppkitz', auf den Untersuchungen von A. RiTTEB fußend, dafür eintritt, daß das Erdinnere sich in einem gasförmigen Zustande befinde. Wir wissen nämlich von einer Reihe von Körpern und es läßt sich auch von den andern an- nehmen — , daß sie oberhalb einer für jeden Körper bestimmten, der sogenannten kritischen Temperatur nur mehr als Gase existieren and durch keinen noch so hohen Druck in einen andern Aggregat- zustand übergeführt werden können. Da im Erdmittelpunkte die Temperatur jedenfalls 20000® übersteigen muß, so darf voraus- gesetzt werden, daß bereits sämtliche Körper die kritische Temperatur weit überschritten haben. In folgerichtiger Weise leitete Günther® daraus den Satz ab, daß der Erdkörper alle Aggregatzustände in ganz allmählichen Übergängen in sich vereinige. Die feste Erdkruste geht in eine plastische Zone, diese in eine zähflüssige, diese in eine flüssige, diese endlich in einen gasförmigen Kern über.

12 Einleitung.

Aber auch der letztere erscheint in diesem Systeme noch zweigeteilt Die äußere Zone nehmen Gase ein, die ihre Individualität noch bei- behalten haben (Günthers Zone der „gemischten" Gase); im innersten Kerne aber ist der molekulare Zusammenhang in Atome aufgelöst, und an Stelle der „gemischten**" treten die einatomigen Gase. Die Vorstellung, daß der innerste Kern das größte spezifische Gewicht besitze, ist mit Günthebs Hypothese sehr wohl vereinbar.

Die Erdkruste. Soweit die Erdkruste der unmittelbaren Be- obachtung zugänglich ist, besteht sie aus Gesteinen, die sich aus mehreren Mineralien zusammensetzen; nur wenige wie Quarzfels, Schwefel, Graphit und einige andere sind einfache Gesteine. Die Unterlage scheinen tiberall Gneiß und krystallinische Schiefer zu bilden, doch treten sie auch an vielen Stellen auf weite Er- streckungen zu Tage. Darauf ruhen mit wechselnder Mächtigkeit die geschichteten oder Sedimentgesteine, von denen Schiefer, Kalksteine, Dolomite, Sandsteine und Konglomerate die verbreitetsten sind. Eruptive Massengesteine durchbrechen vielfach die kri- stallinische Grundmauer wie den sedimentären Oberbau.®

Daß die Erdkruste nicht überall gleich mächtig ist, wird ziemlich allgemein angenommen. Nach Hennessy^*^ wächst die Exzentrizität

Fig. 4. Ein Teil der Erdkruste nach O. FiSHBB.

nach dem Innern, sodaß die Kruste am Äquator am dünnsten und an den Polen am dicksten sein müßte; die äußerste Schicht des flüssigen Erdkerns hat dieselbe Abplattung, wie die innerste Schicht der Kruste, dann nimmt die Exzentrizität nach dem Mittelpunkte wieder ab. 0. Fisher denkt sich die Kruste infolge seitlicher Zusammenschiebungen, wie sie im Laufe der geologischen Ent- wickelungsgeschichte eingetreten sind, derart gestaltet, daß alle Her- vorragungen an der Erdoberfläche in ebensolchen an der Untenseite der Kruste, gleichsam wie im Wasser, sich abspiegeln (Fig. 4). Als mittlere Mächtigkeit der Kruste ist dabei 40 km angenommen ; die „neutrale Zone**, von der beim Zusammenschub die Teilchen der Kruste nach oben und unten gepreßt werden, liegt in 16 km Tiefe. Damit stehen nun auch Dichtigkeitsunterschiede der oze- anischen und kontinentalen Krustenteile im Zusammenhange,

Die Teile des Erdkörpers. 13

zu deren Annahme man übrigens auch genötigt wird, wenn man auch nicht die Ansichten Fishers teilt. Wir haben oben (S. 3) gesehen, daß die Pendellänge nach dem Pole zu wächst. Aus einem ähn- lichen Grunde sollte man auch erwarten, daß unter gleicher geo- graphischer Breite die Pendellänge auf dem Festlande größer sein müsse, als auf dem offenen Meere, weil dort die anziehenden Massen größer sind. In der That scheint aber gerade das umgekehrte Ver- hältnis stattzufinden, wie man aus den Pendelbeobachtungen auf ozeanischen Inseln schließen darf. Das führt zu der wichtigen Folgerung, die früher schon von mehreren Forschem ausgesprochen und in neuester Zeit wieder von Helmert" bekräftiji^t wurde, „daß die Wirkung der Kontinentalmassen mehr oder weniger kompensieii; wird durch eine Verminderung der Dichtigkeit der Erdkruste unterhalb der kontinentalen Massen^. Auch die Schwere- messungen in den Alpen, im Himalaya und Kaukasus, die sehr beträchtliche Massendefekte, also eine geringere mittlere Dichtigkeit der gebirgigen Krustenteile im Vergleich zu den Ebenen ergaben, fuhren zn dem Analogieschlüsse, daß die ozeanischen Krustenteile dichter sind als die kontinentalen. Aus Erwägungen allgemeiner Natur hat Siemens die Wahrscheinlichkeit solcher Unterschiede dargethan. Die Höhendifferenz zwischen dem zentralasiatischen Hochlande und dem Boden des Pazifischen Ozeans beträgt mindestens 10000m; der erstere übt also auf den Erdkern einen um ein paar tausend Atmo- sphären höheren Druck aus, und die Folge davon müßte sein, daß das Hochland einsinkt und der Meeresboden sich hebt Da dies nicht der Fall ist, so kann das hydrostatische Gleichgewicht nur da- durch erhalten werden, daß der Meeresboden aus schwererem Gesteine besteht, als die Kontinente, oder daß die flüssige Unter- lage unter dem Meeresboden ein größeres spezifisches Gewicht besitzt.

Litteraturnachweise. ^ Einen guten Überblick über die verschiedenen „Methoden zur Bestimmung der mittleren Dichte der Erde*' giebt unter diesem Titel Fresdobf in der wissenschaftlichen Beilage zum Jahresbericht des Gymna- siums zu Wittenburg i. Elsaß 1894. * Ad. Schmidt, Theoretische Verwertung der Königsbeiger Bodentemperatnr-Beobachtungen, Königsberg 1892. * Hüyssen, Die Tiefbohrung im Dienste der Wissenschaft, in den Verhandlungen des VIII. Deutschen Geographentages, Berlin 1889. Eine umfangreiche Zusammenstellung von 530 Stationen giebt P^restwich in den Proceedings of the Royal Society, Bd. XLI, 1886. * Die Arbeiten von Thomson und G. Dabwin sind nur dem ge- wiegten Mathematiker yerständlich, einen elementaren Beweis für die Starrheit der Erde versuchte G. F. Begkeb im American Joum. of Science, 1890, Bd. XXXIX, S. 336. ^ Siemens in den Monatsberichten der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1878, S. 558. « Fisher, Physics of the Earth's Crust, 2. Aufl. London 1889. ^ Zöppritz in den Verhandlungen des I. Deutschen Geographen- tages, Berlin 1882, S. 15. ® Günther, Entwickelung der Lehre vom gasförmigen

14 Einleitung.

Zustande des Erdinnem, im XIV. Jahresberichte der Greographischen GreselUch&ft in München 1892. -- > Löwl, Die gebiigsbildenden Felsarten, Stuttgart 1893 (ein yortrefflichos, aber elementares Hilfsbüchlein). Kalkowsky, Elemente der Lithologie, Heidelberg 1886. Hennesst, Philosophical Magazin 1886, Bd. XXII, S. 231 und 828. " Helmebt, Die Schwerkraft im Hochgebirge. Berlin 1891. Von größter Wichtigkeit sind v. Stbbnecks Relative Schwerebestimmungen in Österreich-Ungarn (s. die letzte Abhandlung darüber in den Mitteilungen des K. u. K. Militärgeographischen Instituts, Bd. Xm, Wien 1894).

Die vier Energiequellen.

Die Veränderungen, denen die Erdoberfläche seit dem Beginne ihrer Geschichte fortwährend unterliegt, lassen sich unmittelbar oder mittelbar auf vier Energiequellen zurückführen: auf die Erdwärme, die Sonnen wärme, die Drehung der Erde und die Anziehungskraft von Sonne und Mond. Hier handelt es sich nur darum, das Ge- webe von Ursachen und direkten und indirekten Wirkungen, welche das Erdenlehen ausmachen, in seinen Grundzügen darzulegen und damit das Verständnis der nachfolgenden Betrachtungen anzubahnen.

Die Wirkungen der nnterirdisolien Kräfte. Wenn wir als erste Energiequelle die Eigenwärme der Erde genannt haben, so ist dies so zu verstehen, daß ein völlig erkalteter Körper nicht mehr im Stande wäre, aus eigner Kraft Veränderungen an der Oberfläche hervorzurufen. Solche Veränderungen haben sich aber im Laufe der geologischen Zeiträume wiederholt ereignet und ereignen sich noch fortwährend. Ihnen verdanken wir in erster Linie die ab- wechselungsreichen Formen der Landoberfläche und höchst wahr- scheinlich auch den Gegensatz von Land und Meer.

Die meisten Schichten, welche die Oberfläche des Festlandes zusammensetzen, sind ursprünglich auf dem Boden des Meeres horizontal oder mit sehr sanfter Neigung abgelagert worden. Es giebt zwar Ausnahmen, wo schon die ursprüngliche Lagerung unter- einem größeren Winkel erfolgt, aber sie treten in der Eegel nur in örtlich beschränkter Weise auf. Wo immer nun ehemaliger Meeres- boden in Festland umgewandelt wurde, müssen wir eine nachträg- liche Niveauveränderung annehmen. Dabei kann die ursprüngliche Lagerung der Schichten keine oder nur eine geringfügige oder aber eine erhebliche Störung erleiden: wir sprechen im erstem Falle von einfachen Niveauveränderungen (Hebungen und Senkungen), im letzteren von Niveauveränderungen mit Dislokation der Schichten oder von Dislokationen schlechtweg. Die wichtigsten dieser Schichtenstörungen sind die Faltung und die Verwerfung, und wir verstehen unter letzterer die Niveauveränderung eines größeren

Die vier Energiequellen. 15

oder kleineren Stückes der Erdoberfläche (Scholle) entlang yon Bruch- spalten. Eine dritte Wirkung unterirdischer Kräfte sind die vul- kanischen Ausbrüche, während wir die Erdbeben nicht als ein selbständiges Phänomen, sondern nur als eine Begleiterscheinung von Dislokationen oder vulkanischen Ausbrüchen zu betrachten haben.

Die 8olaren Wirkungen. Für die Gestaltung der Oberfläche ist aber die EJrdwärme nicht der einzige Faktor. Die Sonnenwärme tritt ihr als zweite Energiequelle ebenbürtig an die Seite. Ja auch das organische Leben ist im Grunde genommen nichts anderes, als umgewandelte Sonnenwärme.

Abgesehen von der Pflanzendecke wirkt die zugeführte Sonnen- wärme auf jeden Punkt der Landoberfläche zerstörend, und dieser Einfluß wird wesentlich erhöht durch ihre periodischen Schw^ankungen, zunächst durch die thermischen Gegensätze von Tag und Nacht, Sommer und Winter. Allerdings beruht der Verwitterungsprozeß zunächst nur auf der chemischen Einwirkung der Lufthülle auf das Gestein, und er würde nicht sofort zum Stillstande gebracht werden, wenn die Sonne plötzlich erlöschte. Nicht sofort, aber doch schon bald. Die Lockerung des Gesteins durch die Temperaturunterschiede würde aufhören, und das Wasser würde seinen Kreislauf einstellen.

Dazu kommt aber noch die ungleiche Verteilung der Temperatur. Sie setzt das Luftmeer in ununterbrochene Bewegung, es entstehen die Winde.

Die Winde erzeugen wieder zweierlei Bewegungen innerhalb der Wasserhülle: Wellen und Strömungen. Das bewegte Meer zer- stört die Küsten, und das Zerstörungsprodukt wird entweder im Meere abgelagert oder an anderen Stellen zur Vergrößerung des Landes verwendet. Auf dem Lande bewirkt der Wind direkt eine Umlagerung des losen Materials, wodurch er unter Umständen auch indirekt an der Abtragung des Gesteins mitarbeitet; eine noch ein- greifendere Rolle spielt er aber als Wasserverteiler.

Alles Wasser verdunstet unter dem Einflüsse der Sonnenwärme, am meisten natürlich das Meer. Die Winde führen den Wasser- dampf landeinwärts und lassen ihn hier als Begen oder Schnee niederfallen. Das Wasser dringt zum Teil in den Erdboden ein und fördert und unterhält den Verwitterungsprozeß; zum Teil fließt es ober- flächlich ab, schafft Thäler durch seine eigene zerstörende Kraft und durch die Fortführung fremder Zerstörungsprodukte, und entledigt sich an anderen Stellen wieder dieser jfremden Stoffe, durch die es das Land erhöht oder auf Kosten des Meeres und der Seen ver- größert In großen Höhen und unter polaren Breiten tritt das Wasser vorwiegend in der festen Form, als Eis aus, aber auch dieses wirkt.

16 Einleitung.

wenn auch in etwas anderer Weise, als das Wasser, zerstörend und neuschaffend.

Wenn wir also die geologische Thätigkeit der Sonnenwärme, die mit der letzteren periodischen Schwankungen unterliegt, noch einmal überblicken, so haben wir zu unterscheiden:

1. Förderung des Verwitterungsprozesses:

2. Wirkungen des Windes;

3. Wirkungen des Wassers und zwar

a) im Meere und in den Seen,

b) des fließenden Wassers;

4. Wirkungen des Eises und zwar

a) des Meereises,

b) des Landeises.

Jede dieser Wirkungen ist zugleich eine zerstörende, wie eine schaffende; beide Seiten ergänzen sich notwendigerweise, denn eben- sowenig, wie aus dem Nichts ein Etwas, kann aus dem Etwas ein Nichts werden. Aber die äußere Erscheinungsform wird eine andere. Lappabent^ schätzt das durchschnittliche jährliche Ergebnis der kon- tinentalen Zerstörung auf 10,43, der marinen auf 0,8o und der che- mischen auf 4,92 cbkm, die gesamte jährliche Abtragung also auf rund 16 cbkm. Um soviel verliert das Land imd gewinnt das Meer; das erstere wird um 0,iiomm erniedrigt, der Spiegel der letzteren um 0,044 mm erhöht; die Höhe des Landes, die wir ja vom Meeresniveau aus rechnen, nimmt also jährlich um 0,iio + 0,o44 == 0,i54 mm ab, oder in ca. 6500 Jahren um 1 m. Die Sonnenwärme wirkt somit der Erd- wärme entgegen; die Erhöhungen und Vertiefungen, die die unter- irdischen Kräfte schaffen, werden durch die Oberflächenkräfte wieder ausgeglichen. Aber diese Umlagerung von Material kann unter der Voraussetzung einer dünnen Kruste und einer plastischen Unterlage selbst wieder Niveauveränderungen hervorrufen, indem das erleichterte Land in die Höhe steigt und der beschwerte Meeresboden sich senkt

Zu den Ablagerungen irdischen Ursprungs gesellen sich über- dies noch kosmische Bruchstücke, von denen die Meteorsteine die bekanntesten sind. Nachgewiesen ist auch eine kosmische Beimengung der Tiefsee-Ablagerungen in Gestalt von braungelben Körnchen von ^/j mm mittlerem Durchmesser (Bronzitchondrite) und Kügelchen von Magneteisen*; dagegen ist es sehr unwahrscheinlich, daß kosmi- scher Staub in genügenden Mengen auf die Erde gelangt, um, wie NoBDENSKiöLD^ meint, unseren Planeten im Laufe geologischer Zeit- räume merkbar zu vergrößern. Was beglaubigt ist, sind nur ver- einzelte und örtliche beschränkte Fälle kosmischen Niederschlages,

Die vier Energiequellen. 17

die aaf die Entwicklung des Erdballs keinen nennenswerten Einfluß ausüben.

Die Anziehimg von Sonne und Mond. Durch die Anziehungs- kraft von Sonne und Mond erleidet die Erde periodische Gestalts- Teränderungen, die zunächst allerdings nur in der Ebbe und Flut des Meeres einen sichtbaren Ausdruck finden. Auch diese Bewegung wird unter Umständen ein bedeutsamer Faktor in dem Umgestaltungs- prozesse der Küsten. Daß auch die feste Erdkruste jener Anziehung unterliegt, war schon theoretisch yorauszusetzen, aber erst mit Hilfe eines so empfindlichen Instrumentes wie es das Horizontalpendel von Rebbüb-Paschwitz* ist, gelang es diesem sowohl auf Teneriffa, wie in Potsdam Bewegungen der Lotlinie nachzuweisen, die auf sehr geringe körperliche Gezeiten (nur mit einem Koefficienten von etwa 0,01") zurückzuführen sein dürften.

Die Eotation der Erde. Als letzte Energiequelle haben wir endlich die Rotation der Erde zu nennen, die alle in horizontaler Richtung sich bewegenden Körper auf der nördlichen Hemisphäre nach rechts, auf der südlichen nach links ablenkt. Die Ursache dieser Ablenkung ist eine doppelte; zunächst die Beibehaltung der Bewegungsrichtung. In Figur 5, die einen Erdquadranten vorstellt, bewegt sich ein Körper in einer gewissen Zeit von a nach b^ während er in derselben Zeit infolge der Rotation von a nach d gelangt Die Wirkung dieser Doppelbewegung ist dieselbe, als wenn auf der stillstehenden Erde die Bewegung von a! ausginge und parallel mit der ursprünglichen Richtung [ab) nach V gerichtet wäre. Die dadurch hervorgerufene Ablenkung nach rechts tritt in der Zeichnung deutlich hervor, indem der Winkel a' größer ist als a. Die Be- wegungsrichtung ist dabei ganz gleichgültig, und es muß besonders betont werden, daß auch die äquatoriale (d. h. ostwestliche oder westöstliche) der Ablenkung unterliegt.

Eine zweite Ursache der Ablenkung liegt in der Beibehaltung der Rotations- ^?' ^- Ablenkung durch die geschwindigkeit (Fig. 6). Ein Körper be- ** '"'richtung. *^®^^*^ wege sich z. B. vom 40. zum 50. Breiten- grade, also in meridionaler Richtung nach Norden. Er würde von a nach b gelangen, wenn sich nicht inzwischen a nach d und b nach V fortbewegt hätte. Es läßt sich wieder annehmen, daß die

SrPAH, Phjrsiacbe Erdkunde. 2. AufL 2

18

Einleitung.

Erde ruhe und die Bewegung von d ausgehe; wir setzen femer der Einfachheit wegen voraus, daß die erstgenannte Ursache der

Ablenkung nicht vorhanden sei. Wird dann der Körper in V anlangen? Nein, denn die Geschwindigkeit des Punktes a ist größer als die von h (fe : a = 1 : 1,«), und mit dieser größeren Geschwindigkeit er- reicht a den 50. ParaUel. Er wird daher dem Punkte H vorauseilen und den Punkt c treflfen, d. h. die aus Süd kommende Bewegung wird in eine aus SW. kommende ver- wandelt Diese Ablenkung ist bei meridionalen Bewegungen am größten, wahrend äquatoriale dadurch nicht beeinflußt werden. Die Größe der Ablenkung ist proportional dem Sinus der geogra- phischen Breite, erreicht somit an den Polen ihr Maximum und wird am Äquator gleich Null.

Die Ablenkung der Bewegungen erfolgt also im Sinne der Pfeile:

Fig. 6.

Ablenkung durch die Beibehaltung der Botationsgesch windigkeit.

N. NO.

Nördliche HemisphAre.

m >-

SO. S. SW. W. NW. N.

SOdliche HemiBphflre.

Wenn auch alle horizontalen Bewegungen dieser Ablenkung unterliegen, so leisten ihr doch nur die Luft- und Meeresströmungen, solange sie nicht auf einen kräftigen Widerstand stoßen, in so sicht- barer Weise Folge, daß jeder Zweifel ausgeschlossen ist In Bezug auf die Flüsse sind aber die Meinungen geteilt; d. h. die Ablenkung kann zwar nicht geleugnet werden, wohl aber ihre geologische Be- deutung.

Litteraturnachweise. ^ de Lapparent, La mesure du temps par les ph^nomönes de Sedimentation, im Bulletin de la Society g^logique de France, Bd. XVIII. ' MüRRAY et Renard, Les caraetöres microscopiques des cendres ▼olcaniques et des ponssiöres cosmiques, im Bulletin du Mus^e R. de Thistoire naturelle de Belgique, Bd. lU, 1884. ' Nordenskiöld, Studien und Forschungen, Leipzig 1885. * v. Rebeür-Paschwitz, Über Horizontalpendel-Beobachtungen in Wilhelmshaven etc., in den Astronomischen Nachrichten 1892. Bd. GXXX.

Geschichte der Erde. 19

Geschichte der Erde.

Die Geschichte der Erde ist Gegenstand einer eigenen Wissen- schaft, der Geologie,^ die aber zur physischen Geographie in so engen Beziehungen steht, daß wir es uns nicht versagen können, hier wenigstens die Hauptmomente anzudeuten.

Jede Schicht der Erdkruste entspricht einem gewissen Zeit- abschnitte, dessen absolutes Maß wir freilich nicht kennen. Nur ihr relatives Älter läßt sich teils aus den Lagerungsverhältnissen, teils aus den organischen Einschlüssen ermitteln. Schichten mit Über- resten gleichartiger Lebewesen fassen wir zu Stufen oder Etagen, die Etagen zu Serien, die Serien zu Formationen oder Systemen, die Formationen wieder zu Formationsgruppen zusammen. Zeit- lich entspricht die Formation einer Periode, die Formationsgruppe einem Zeitalter.

Solcher Zeitalter unterscheidet die Geschichte der Erde fiinf. Aus der Urzeit oder dem archäischen Zeitalter stammen die Gneiße und krystallinischen Schiefer, die nur zweifelhafte Spuren organischen Lebens enthalten. Mit dem Auftreten einer reichen Tierwelt, der sich später echte Landpfianzen zugesellen, beginnt das Altertum der Erde, das primäre oder paläozoische Zeitalter, aber eine weite Kluft trennt die organischen Typen jener fernen Epoche von denen der Gegenwart. Fische und Amphibien sind fast bis zum Schlüsse die einzigen Vertreter des Kreises der Wirbel- tiere; die Meere beleben zahllose Armfüßer (Brachiopoden), besonders aus den ausgestorbenen Familien Spirifer und Productus. Im Mittel- alter der Erde, im sekundären oder mesozoischen Zeitalter, erscheinen schon die Vorläufer der jetzigen Lebewelt, aber unter den Landtieren spielen noch die Reptilien, unter den Seetieren die Ammoniten und ihre Verwandten die erste Rolle. In der Neuzeit der Erde, im tertiären oder känozoischen Zeitalter, nehmen Tier- und Pflanzenwelt modernen Charakter an und die Säugetierfauna gelangt zu immer reichlicherer Entwicklung. Die geologische Gegen- wart oder das quartäre Zeitalter endlich kann kurzweg als das Zeitalter des Menschen bezeichnet werden.

Zum bequemen Nachschlagen in zweifelhaften Fällen lassen wir hier eine Übersicht der wichtigsten geologischen Haupt- und Unter- abteilungen von den ältesten bis zu den jüngsten folgen. L ArehUsche Formationsgruppe, n. Pal&ozolsehe Formationsgruppe:

1. Cambrische Formation;

2. Silur;

2*

20 Einleitung.

3. Devon;

4. Karbon oder Steinkohlenformation:

a) Unter-Karbon (Kulm),

b) Ober-Karbon (produktive Steinkohlenformation);

5. Permische Formation oder Dyas:

a) Rotliegendes.

b) Zechstein.

III. Mesozoische Formationsgruppe:

1. Trias:

a) Buntsandstein,

b) Muschelkalk,

c) Keuper;

2. Jura:

a) liias,

b) Dogger oder brauner Jura,

c) Malm oder weißer Jura;

3. Kreide oder kretacelsche Formation:

a) Untere Kreide:

a) Neocom und Wealden, ß) Gault;

b) Obere Kreide:

a) Cenoman, ß) Turon, /) Senon.

IV. Eänozolsche Formationsgruppe:

1. Alt-Tertiär oder Eogen:

a) Eocän,

b) OUgocän;

2. Jung-Tertiär oder Neogen:

a) Miocän,

b) Pliocän. V. QuartSre Formation:

a) Diluvium,

b) Alluvium.

Diese Formationen sind weder tiberall in lückenloser Reibe, noch dort, wo sie vorkommen, in gleicher Weise entwickelt. Es herrschten zu allen Zeiten ähnliche Verhältnisse, wie in der Periode, in welcher wir leben: im AUuvium. Die eigentlichen alluvialen Ab- lagerungen sind in den Meeren zu suchen, aber auch hier sind sie im offenen Meere anderer Art, als in der Nähe der Küste. Das Land ist vorwiegend eine Stätte der Zerstörung; die Ablagerungen

Geschichte der Erde. 21

der Flüsse, Gletscher, Seen und des Windes und die vulkanischen Neubildungen sind von verhältnismäßig geringer Ausdehnung. Es geht daraus auch hervor, daß Ablagerungen innerhalb gleicher Zeit- räume sehr verschiedene Mächtigkeit besitzen können. So besteht z. B. das oberste Triasglied, der Eeuper, in Deutschland aus sandigen, thonigen und mergeligen Gesteinen, die eine Gesamtmächtigkeit von etwa 300 m erreichen, während in den Ostalpen in derselben Periode Kalksteine und Dolomite bis zu ein paar tausend Meter Mächtigkeit zur Ablagerung gelangten. Und anderseits, während in Deutschland und in den Alpen alle drei Glieder der Trias ent- wickelt sind, fehlt in England der Muschelkalk, und der Keuper ruht unmittelbar auf Buntsandstein, so daß man es hier vorzieht, die ganze Formation als New Red Sandstone zu bezeichnen.

Trotzdem läßt sich, wenn man die Maximalmächtigkeiten der Formationen miteinander vergleicht, der Gedanke nicht abweisen, daß das, was wir geologische Perioden nennen, Zeiträume von sehr verschiedener Dauer repräsentiert In noch höherem Grade gilt das von den geologischen Zeitaltern, und man darf mit einiger Sicher- heit die Behauptung aussprechen, daß sie um so kürzer werden, je junger sie sind. In der sog. „Weltgeschichte" ist es ja auch nicht anders. Da umfaßt das Altertum reichlich 4000, das Mittelalter aber nur etwa 1100 Jahre. Auch in einer andern Beziehung finden wir eine Analogie zwischen der „Welt-" und der Erdgeschichte. Wie die Gliederung der ersteren nur auf den europäisch-medi- terranen Kulturkreis anwendbar ist, aber nicht auf die Geschichte anderer Kulturvölker, so paßt das herrschende geologische System zunächst nur auf die Verhältnisse in Mittel- und Westeuropa, d. h. im Heimatlande der geologischen Wissenschaft Zwar läßt es sich auch auf das übrige Europa und auch auf Nordamerika übertragen, aber jenseits des Äquators versagt es stellenweise. Das innere Südafrika baut sich nach Schenck* aus drei Formationen auf: der Primär-, Kap- und Karruformation; erst die Schichten, die iu einigen Küstengegenden auf den Karrubildungen liegen, lassen sich mit der nordhemisphärischen Kreide identifizieren. Auf der vorindischen Halbinsel' entspricht der Karruformation das Gond- wana-System, aber wahrscheinlich nur zum Teil. In die Sprache der europäischen Geologie übertragen, umfaßt das Gondwana den Un- geheuern Zeitraum vom oberen Karbon bis zum oberen Jura, also ))aläozoische, wie mesozoische Formationen; und die bedeutungsvolle Grenze zweier europäischer Formationsgruppen trennt in Indien nur zwei Etagen der unteren Gondwana-Serie. Steigen wir in immer tiefere Horizonte hinab, so folgt auf die Gondwana die Vindhya-

22 Einleitung.

und auf diese die Cuddapahformation; es bleibt aber noch ganz unsicher, wie sie sich zeitlich zur südafrikanischen Kap- und zu den älteren paläozoischen Systemen der Nordhalbkugel verhalten.

Es ist oben gesagt worden, daß unsere gebräuchliche geologische Einteilung auf den organischen Einschlüssen beruht Nun tritt aber, dank den epochemachenden Untersuchungen von Süess^ immer deutlicher hervor, daß die Umgestaltungen im Bereiche der Lebe- welt mit wichtigen geographischen Veränderungen der Vorzeit nicht zusammenfallen. Solche Veränderungen sind die Transgressionen oder XJberflutungen und die Gebirgsfaltungen.

Zu wiederholten Malen ist der Boden der heutigen Festländer trocken gelegt und vom Meer überflutet worden. So liegt z. B. die obere Kreide nicht überall normal auf der unteren Serie, sondern vielfach auf Jura, Trias, ja sogar auf paläozoischen und archäischen Formationen. In der Mitte der Kreideperiode trat also das Meer über seine bisherigen Ufer hinaus und eroberte weite Landgebiete. Transgressionen von beschränktem Umfange gehören zu den ge- wöhnlichen Ereignissen der Erdgeschichte, ausgedehnte sind aber verhältnismäßig selten; die mitteldevonische, unterkarbonische, mittel- jurassische und oberkretacelsche sind die bekanntesten. Die letztere scheint die größte gewesen zu sein, denn ihre Spuren lassen sich über die ganze Erde verfolgen.

Zu wiederholten Malen war auch das Festland ein Schauplatz gewaltiger Gebirgsfaltungen. Zwar sind die Äußerungen der inneren Erdkräfte an keine bestimmten Perioden gebunden und, wie die Erdbeben uns lehren, eine geradezu alltägliche Erscheinung, aber trotzdem hat es uns Suess im hohen Grade wahrscheinlich gemacht, daß sie in gewissen Zeitabschnitten eine größere Intensität erlangten. Solche Faltungsepochen waren in nacharchäischer Zeit das jüngere Silur, das jüngere Karbon und das Tertiär. Die meisten unserer Kettengebirge stammen aus der letzten Epoche, aber wiederholt werden wir auch den Überresten älterer Schöpfungen begegnen.

Das Ergebnis des sicher Millionen von Jahren dauernden geo- logischen Entwicklungsprozesses sind die heutigen Formen der Erd- oberfläche, deren Grundzüge wir im nächsten Abschnitte zu schildern versuchen werden. Aber nicht als ein endgültiges Ergebnis sind sie aufzufassen, sondern auch nur als ein Durchgangsstadium. In An- betracht der Ungeheuern Länge geologischer Zeiträume sind unsere Karten kaum mehr, als Momentphotographien.

Litteratnrnachweise. * Besonders empfehlenswerte Lehrbücher der Geologie sind H. Credneb, Elemente der Geologie, 7. Aufl., Leipzig 1891; Neümatb, Erdgeschichte, Leipzig 1887 (neue Auflage im Erscheinen begriffen);

Die Grundzüge der Gestaltung der Erdoberfläche. 23

Kat«eb, Lehrbuch der Geologie, Stuttgart 1891 93. Von fremdsprachigen Lehr- büchern sei besonders auf de Lappasent, Trait^ de Gr^ologie, 8. Aufl., Paris 1893, wegen seiner außerordentlichen Beichhaltigkeit und steten Rücksichtnahme auf die Bedürfhisse des Geographen, und auf Dana, Manual of Geologj, 4. Aufl., New York und London 1895, wegen der Berücksichtigung amerikanischer Ver- hältnisse aufrnerksam gemacht. * Schenck, Die geologische Entwicklung Südafrikas, in PsTEBMAinis Mitteilungen, 1888. ' Oldham, Manual of the Geology of India, 2. Aufl., Calcutta 1893. * Süss, Das Antlitz der Erde, Wien 1885 u. 1888.

Die Grondzug^e der Gestaltung der Erdoberfläche.

(Siehe Karte I und ü.)

Verhältnis von Wasser und Land. ^ Die bekannten Landmassen schätzt man nach den neuesten Quellen auf rund 135 Mill. qkm. Die Zahl ist beständigen und ziemlich beträchtlichen Veränderungen unterworfen, da das Kartenmaterial, worauf die Flächenberech- nungen sich gründen, mit dem Fortschreiten unserer geographischen Kenntnisse sich fortwährend verbessert Es giebt ja noch große Eaimie, die, soweit die historische Kunde reicht, noch kein Mensch betreten hat Im arktischen Gebiete erreichte Peehy 1827 unter ca. 20» 0. 82M5'B., Patee 1874 unter ca. 58V,« 0. 82« 5' B., Mabkham 1876 unter ca. 63« W. die höchste Breite: 83« 20'; auf der anderen Seite, unter 156« W., kam die unglückliche „Jeanetten-Expedi- tion nur bis 77«14'B. Im ganzen schätzt man hier die noch unbe- kannte Fläche auf 6,8 Mill. qkm. Um den Südpol beträgt sie sogar 16,2 Mill. qkm; Weddell drang hier 1823 unter 45« W. nur bis 74«15', Ross 1842 unter ca. 162« W. bis 78«10'B. vor. Wenn wir diese 22,6 MilL qkm unbekannten Landes von der Rechnung ausschließen und der letzteren die BESSELSchen Dimensionen der Erde zu Grunde legen, so erhalten wir für die Meeresfläche 352^2 Mill. qkm. Das Land nimmt also nur 27,8 Prozent der bekannten Erde ein und verhält sich zum Meere wie 1 : 2,6. Je nachdem wir jene unbekannten Räume dem Wasser oder Lande zuweisen, schwankt der prozentische Anteil des Landes zwischen 26,6 und 31,o, und das Verhältnis des Landes zum Wasser zwischen 1 : 2,8 und 1 : 2,2. Als wahrscheinlichste Werte nimmt Wagneb neuerdings an:

Land 144 449 000 qkm = 28,8 Proz. Wasser 365 501000 =71,7

woraus sich ein Verhältnis von Land zu Wasser = 1 : 2,64 ergiebt.

Land und Wasser sind aber ungleichmäßig verteilt Die

nördliche Halbkugel hat 40, die südliche im günstigsten Falle

nur 17 Prozent Land, und in demselben Gegensatze stehen die

24

Einleitung.

Östliche Hemisphäre mit 85 und die westliche mit 20 (nach Ttllo mit 19) Prozent Land. Die nachstehende Tabelle zeigt uns ein Über- gewicht des Landes nur zwischen 70 und 40^ n. B. Dann beginnt die Herrschaft des Meeres; zunächst freilich nur allmählich, und zwischen 10® N. und 30® S. bleibt das Verhältnis von Wasser und Land nahezu konstant Zwischen 80 und 60® S. liegt die eigentliche Wasserzone;

Tabelle der Verteilung der Land- und Wasserflächen inner- halb der 10®-Zonen, in Prozenten.

nach Heiderich

nach

We8tl.H Land

albkugel Meer

östl. Halbkugel Land | Meer

Ganze Erde r^and Meer

Waoneb

Tiand

90-80° N

1

: (25)

80—70

39,8

60,2

25,6 74,4

32,7

67,8

1 28 8

70—60

58,9*

41,1

83,4*

16,6

71,5*

28,5

71,4

60—50

40,9

59,1

73,2*

26,8

57,0*

43,0

56,9

50—40

33,8

66,2

70,7*

29,8

52,2*

47,8

52,3

40—30

27,a

72,8

59,7*

40,8

43,5

56,5

42,8

30—20

17,1

82,9

57,5*

42,5

37,8

62,7

87,6

20—10

15,6

84,4

37,7

62,8

26,7

73,8

26,3

10—0

16,4

83,6

29,5

70,5

23,0

77,0

22,5

0— lOS

23,7

76,3

21,9

78,1

22,8

77,2

2R,6

10—20

20,6

79,5

24,5

75,5

22,5

77,5

22,1

20—30

13,4

86,6

32,5

67,5

22,8

77,2

i 23,1

30—40

9,1

90,9

11,2

88,8

10,1

89,9

11,*

40—50

4,8

95,2

1,^

98,8

3,8

96,7

3,2

50—60

2,1

97,9

0,0

100,0

1,0

99,0

' 0,8

60—70

1,8

98,2

4,6

95,4

3,2

96,8

(5)

70—80 80—90

__

(50)

zwischen 50 und 60*^ S. herrscht das Meer viel entschiedener vor, als zwischen 60 und 70^ N. das Land. Die Abnahme des Landes nach S. ist auch der gemeinsame Charakterzug beider, durch den Meridian von Greenwich getrennter Halbkugeln, in beiden tritt aber ein dop- peltes Maximum deutlich hervor; das Haupt-Maximum fallt zwischen 70 und 60^ N., das sekundäre liegt im W. zwischen 0 und 10^ S., im 0. aber zwischen 20 und 30^ S. Eine eigentliche Landzone (mit mehr als 50 Prozent Land) hat aber die Westhemisphäre nur zwischen 70 bis 60® N., während sie auf der Ost-Halbkugel über 50 Breitengrade, von 70 bis 20® N. sich ausdehnt Nur in drei Zonen, 80 bis 70® N., 10 bis N. und 40 bis 60® S. übertriflft die westliche Landfläche die östliche, am meisten steht sie hinter letzterer zurück zwischen 20 und 30® nördlicher und südlicher Breite.

Die Grundzüge der Gestaltung der Erdoberfläche.

25

Fig. 7. Erdkarte in Stetnhaüsebs Stemprojektion.

Man hat die Erde auch in eine Land- und eine Wasserhalbkugel geteilt; im Pole der ersteren, die beinahe alles Tockene der Erd- oberfläche enthält, liegt London, im Pole der letzteren die Antipoden- insel bei Neuseeland. Kreisförmig umlagern die großen Kontinental- massen das arktische Binnenmeer: Amerika dringt bis 7P50', Eu- ropa bis TPIO', Asien bis 77^42' B. Tor; von da an strecken sie mit abnehmender Breiten- entwickelung polypen- artig ihre Arme nach Süden aus, um auf der südhchen Hemisphäre in drei Spitzen zu enden : Südamerika in 56®, Au- stralien mit Tasmanien in 43*^ 40', Afrika sogar schon 34^51' B. Dagegen hat der Ozean seine Heimat auf der süd- lichen Halbkugel, wo das Antarktische Eismeer, die Sildsee und der Indische Ozean den Stamm einer zusammenhängenden Wasserfläche bilden, die in zwei Armen, dem Nordpazifischen und dem Atlantischen Ozean mit dem Arktischen Meere, auf die Nordhemisphäre über- greift.

Im Gegensatze zur ununterbrochenen Meeresfläche erscheint das Trockene allerdings in der Form von getrennten Massen, Kontinenten und Inseln, von denen aber die letzteren nur 7.2 Prozent der ganzen bekannten Landfiäche eine verhältnismäßig untergeordnete Bolle spielen. Doch ist es, dank der nahen Aneinanderrtickung der Kontinente an ihrer arktischen Breitseite, möglich, von jeder Süd- spitze eines Südkontinentes zu den beiden anderen zu reisen, ohne das Land aus den Augen zu verlieren. Die Beringstraße, die Asien von Amerika trennt, ist nur 1 Y2 Längengrade (111 km) breit. Zwischen Neufundland und Irland erstreckt sich allerdings der Ozean über 48 Längengrade oder 3300 km, aber zwischen Grönland und Nor- wegen engt er sich schon auf 1500 km ein. Wie ganz anders ge- stalten sich die Verhältnisse an den Ausläufern der Kontinente! Das Kap Hoom ist vom Kap Agulhas 89, das letztere vom South Cape 137, und dieses vom Kap Hoom 144 Längengrade entfernt

26 Einleitung.

EiBteilnng des Ozeant. Gewöhnlich unterscheidet man fünf Kon- tinente und fünf Ozeane. Untersuchen wir, ob dies in der Natur begründet ist Die offizielle Einteilung des Weltwassers grenzt zunächst die beiden Eismeere von den übrigen Ozeanen durch die Polarkreise ab; und da die südlichen Festländer schon in niederen Breiten enden, so werden die kontinentalen G-renzen des Atlan- tischen, Indischen und Großen oder Pazifischen Ozeans durch die Meridiane der drei Südspitzen (GT^W., 20^ und 146^ 0. Gr.) bis zum südlichen Polarkreise ergänzt.

Aber Meridiane und Polarkreise sind keine natürlichen Grenzen, und doch lassen sich morphologische Gesichtspunkte, die uns bei der Einteilung des Festlandes leiten, auch hier zur Geltung bringen. So ist die Südgrenze des Arktischen Meeres durch eine Reihe von untersee- ischen Bodenanschwellungen gegeben, und wir werden in einem späteren Kapitel nachweisen, welchen Einfluß sie auch auf die Verteilung der Tiefentemperaturen haben. Auf der pazifischen Seite ist die Bering- straße schon oberflächlich eine gute Grenze, ihre Bedeutung wird aber noch verstärkt durch ein submarines Plateau, das sich vom asiatischen Ostkap über die Diomedes- und Krusenstem-Insel zum Kap Prinz von Wales hinüberzieht. Auf der atlantischen Seite finden wir solche Bodenschwellen unter dem Polarkreise zwischen Bafiin- land uud Grönland, und eine zweite, besonders wichtige, die von der grönländischen Ostküste über Island und die Färöer zu den Shet- land-Inseln hinüberstreicht; von hier bis zur Südwest-Spitze Norwegens ist die Grenze freilich nur eine künstliche. Die Nordgrenze des Antarktischen Meeres wird morphologisch durch die Loxodromen^ gebildet, die die Südspitzen der drei südlichen Erdteile miteinander verbinden. Dieses Meer ist das einzige, das ohne kontinentale Schranken und wahrscheinlich nur von kleineren Inseln unterbrochen die ganze Erde umgiebt, es ist der circumterrane Ozean im Gegen- satze zu den interkontinentalen.

Für einen physiologischen Einteilungsgrund trat Kümmel* ein. Danach giebt es nur drei Ozeane mit selbständigen Systemen von Meeresströmungen. Die Grenzmeridiane der offiziellen Einteilung werden beibehalten, aber bis zum Südpol oder bis zu den Spitzen des hypothetischen Kontinentes am Südpol verlängert Das Südliche Eismeer verschwindet somit ganz aus der Liste der Ozeane, während das Nördliche zu einem Dependenten des Atlantischen Ozeans herab- sinkt. Da wir aber über das Antarktische Meer und seine Strö-

X Die Lozodromen, die alle Meridiane unter gleichem Winkel schneiden, erscheinen nur auf Karten in Mercatobs Projektion als Grerade.

Die Grundzüge der Gestaltang der Erdoberfläche. 27

mungen noch wenig wissen, so empfiehlt sich diese Einteilung derzeit noch nicht

Karstens^ verdanken wir eine neue Berechnung des Flächen- inhaltes der einzelnen Ozeane innerhalb der offiziellen Grenzen. Er fand für das Arktische Eismeer 12,8, für den Atlantischen Ozean 90, für den Indischen 74, für den Pazifischen 175,4, und für das Südliche Eismeer 15,6 Mill. qkm. ^ Der Pazifische Ozean ist also fast um das Areal Asiens, des gewaltigsten Kontinentes, größer, als das gesamte Festland der Erde. Es bedeckt am Äquator die Hälfte unseres Planeten, ist noch unter 44® S. 11300 km breit, verengt sich aber am Nordende auf 111 km. Der Indische Ozean wiederholt im ab- geschwächten Maße die Gestalt der Südsee, während der Atlan- tische thalformig zwischen der alten und neuen Welt eingebettet ist. Seine Breite ist ziemlich gleichmäßig, wenn man sie nach Parallel- graden mißt; nach km gemessen, zeigen sich aber erhebliche Unter- schiede. So betraf die Breite unter 35® S. 6800, unter 25® N. 7800, unter 65 ® N. aber nur 3800 km, und außerdem wird hier die Meeres- fläche noch durch Grönland unterbrochen.

Einteilimg de8 Festlandes. Die Weltkarte zeigt uns zwei große zusammenhängende Kontinentalmassen, eine West- und eine Ost- feste, wovon die erstere 31, die letztere 69 Prozent alles Trockenen umfaßt. Wir zählen zur letzteren auch Australien, das trotz seiner insularen Lage mit der alten Welt durch eine ununterbrochene Inselkette verbunden ist Neben dem Gegensatze der alten und neuen Welt fällt uns aber auch sofort der zwischen den Nord- und Südkontinenten in die Angen; sie werden durch eine große Bruchzone (s. Fig. 7), die vom europäischen Mittelmeere zu den west- und ostindischen Inselmeeren hinüberführt, voneinander ge- schieden. Dies führt uns zur Frage nach den Grenzen der Erdteile, wobei wir vorläufig von dem insularen Zugehör absehen wollen.

Von allen Kontinenten ist nur Australien ringsum von Meer umflossen und bildet gleichsam ein Mittelglied zwischen Insel und Erdteil. Diese Isolierung verleiht ihm eine ausgeprägte Individualität, und dieser Charakterzug wird noch durch den Umstand verschärft, daß die Abtrennung von Asien wahrscheinlich schon vor der Tertiärzeit erfolgte, wie man aus der altertümlichen Tracht seiner Säugetierwelt schließen darf. Wohl ist auch Amerika, irrtümlich als ein einziger Erdteil bezeichnet, allseitig von Wasser umgeben, aber schon ein flüchtiger Blick auf die Kart läßt ihn als Doppelkontinent er-

^ Die daraus sich ergebende Summe ist um 8,8 Mill. qkm großer, als die von Waqneb (S. 23) angenommene, was sich aus abweichenden Ansichten über die Aosdehnong der polaren Länder erklärt.

28 Einleitung.

kennen. An yerschiedenen Stellen des Mittelgliedes wird der west- liche Hochgebirgswall vollständig unterbrochen; die granitischen Gresteine und krystallinischen Schiefer verschwinden^ und an ihre Stelle treten vulkanische Gesteine mit submarinen Eonglomerat- und Tufifbildungen und jungen Anschwemmungsmassen. Die Wasser- scheide erniedrigt sich auf der Landenge von Tehuantepec auf 208, beim Hafen von Brito auf 46 (13 m über dem Nicaragua- See), zwischen Aspinwall und Panama auf 87, auf dem Isthmus von Darien zwischen dem Caquirri und der Paya auf 142, in der Provinz Choco zwischen dem Mittellaufe des Rio Atrato und der Mündung des Rio Jurador auf 154, endlich im Westen Ton Cupica auf 186 m. So trennen die Isthmen von Tehuantepec und Panama mit dem zentralamerikanischen Zwischenstücke Nord- und Südamerika nicht minder scharf, wie die Landenge von Sues Afrika und Asien; nur ist die Hoffnung, daß wie hier, so auch hei Panama ein Kanal, statt der nur 72,6 km langen Eisenbahn heide Ozeane verbinden werde, leider in weite Feme gerückt. Daß noch in junger geologischer Vergangenheit natürliche Kanäle beide Kon- tinente schieden, Kanäle, die durch submarine Eruptionen in der Tertiärzeit und durch Hebungen (worauf die 16 34® starke Neigung der Tertiärschichten im Innern der Panamaenge hindeutet) verstopft wurden, das beweist die auffallende Übereinstimmung der Seefische und die nahe Verwandtschaft der Meeres-MoUusken zu beiden Seiten des Isthmus von Panama. Morphologisch endet Nordamerika schon bei der Enge von Tehuantepec, und auch der faunistische Charakter Zentral- Amerikas, das seine Tierwelt hauptsächlich vom Südkontinente empfing, führt zu dieser Grenzbestimmung.

Zwischen Europa, Asien und Afrika liegen Teile der großen Bruchzone, das Mittelmeer und die Grabensenkung des Roten Meeres, und nur im Sues-Isthmus findet ein schmaler Landzusammenhang statt Nach Th. Fuchs'* genauen Untersuchungen besteht dieser Isthmus aus rezenten Bildungen von meist lockerer Beschaffenheit, wodurch die Anlage des Kanals, der nur südlich von den Bitterseen eine feste Gipsbank durchbricht, wesentlich gefördert wurde. Den nördlichen Teil bedecken Ablagerungen des Mittelmeeres, den süd- lichen Ablagerungen des Roten Meeres, zwischen beiden schiebt sich ein Streifen von Nilsedimenten ein. Der zur Hälfte ausgetrocknete Mensaleh-See und die in Marschland verwandelten Seen von BaUah sind ebenso abgetrennte Stücke des Mittelmeeres, wie die Bitterseen, die bis zur Durchstechung des Kanals trocken lagen, Reste des Roten Meeres sind, mit dem sie vielleicht noch in geschichtlicher Zeit verbunden waren. Alles drängt uns zu dem Schlüsse, daß die Ver-

Die Grandzüge der Gestaltung der Erdoberfläche. 29

einigong yon Asien und Afiika erst in der geologischen Gegenwart sich vollzog. Aber dem widerspricht die fundamentale Verschieden- heit der Faunen des Boten und Mittelmeeres, die erst seit der Eröffiiung des Kanals durch Hin- und Herwanderungen zu schwinden beginnt ein Beweis, daß nicht verschiedene Lebensbedingungen, sondern nur ein feste Barriere die frühere Vermischung verhinderte.

Während Australien völlig isoliert ist, Asien und Afrika wie Nord- und Südamerika nur durch schmale Landbrücken zusammen- hängen, erscheint der fünfte Kontinent, Europa, nur als eine große asiatische Halbinsel. Fügen wir noch hinzu, daß er die Flora und Fauna mit den benachbarten Gegenden Asiens teilt, so scheint er jede Berechtigung seiner kontinentalen Selbständigkeit eingebüßt zu haben. Li der That verdankt er seine Würde zunächst nur der eigenartigen und hohen Kultur seiner Bewohner, und es wäre ebenso kleinliche Pedanterie, wie vergebliche Mühe, wollte man ihn jetzt zum asiatischen Anhängsel degradieren. Die Landesgrenze, die mit der Kultur immer weiter nach Osten rückte, ist freilich schwankender Natur. Eine gute Marke bildet nur das Uralgebirge, während der Uraliiuß lediglich nur eine konventionelle Grenze ist Ln Südosten ragt zwar auch ein Gebirge empor, aber mit besseren Gründen, als auf den Kamm des Kaukasus, verlegen wir die Grenze in die Manytsch-Niederung, wo die Wasserscheide zwischen dem Schwarzen und Kaspischen Meere nur 10 m über dem Spiegel des ersteren liegt, und noch in junger geologischer Vergangenheit ein natürlicher Kanal beide Wasserbecken verband.

Um die Selbständigkeit Europas auch morphologisch zu be- gründen, hat man darauf hingewiesen, daß es wie Asien in drei Halbinseln ausläuft Man hat dies überhaupt als einen gemeinsamen Zug der Nordkontinente bezeichnet, aber schon die Ungleichheit des Baues und der Entwickelungsgeschichte der asiatischen und euro- päischen Halbinseln belehrt uns, daß die Dreizahl nichts mehr ist als eine Zufälligkeit; abgesehen davon, daß man sie bei Nordamerika nur dadurch retten kann, daß man Mexico erst bei dem Zusammen- schlüsse mit Südamerika seine Halbinselnatur einbüßen läßt. Auffallen- der ist die Zuspitzung Südamerikas und Afrikas; nur bei Australien wurde durch die Abtrennung Tasmaniens diese Eigentümlichkeit etwas verwischt. Auch sonst haben die Südkontinente manche ge- meinsame Züge. So entspricht die flache Bucht von Arica dem Busen von Guinea und dem Australischen Golfe, und es ist be- merkenswert, wie die Größe dieser Einschnitte gegen Osten stetig zunimmt.

Sehen wir von dem insularen Zubehör vorläufig ganz ab, so

30 Einleitung.

erhalten wir für die Areale der Kontinente folgende abgerundete Zahlen:

Nordamerika 20,o Mill. qkm. Europa 9,2

Asien 41,» ,,

Nordkontinente 70,7 .,

Südamerika 17,6 Mill. qkm.

Afrika 29,2

Australien 7,6

Sttdkontinente 54,« .,

(56 Prozent). (44 Prozent).

In Bezug auf die geographische Lage entspricht stets ein Nord- kontinent einem Siidkontinente. Aber in ihren gegenseitigen Größen- yerhältnissen weicht jedes Paar von den anderen ab. Europa-Afrika und Asien-Australien stellen die Extreme dar, zwischen denen die fast gleich großen amerikanischen Zwillinge vermitteln.

Oberfläohengestaltnng des Festlandes. Wie sehr die üblichen Grenzen zwischen Europa, Asien und AMka nur konventionelle sind, ersieht man am besten daraus, daß die Hauptformen ihrer Bodengestal- tung sich darüber hinwegsetzen. Der hervorstechendste Zug der alten Welt ist der große Hochlandgürtel, der in ostwestlicher Richtung die drei Erdteile miteinander verbindet, die große Achse dieser zu- sammenhängenden Festiandsmasse. Er beginnt im W. mit dem iso- lierten Felsengebirge der Pyrenäen und zerbrochenen Gliedern des europäischen Alpensytems, dessen Aste sich nach W. über die Apenninen nach dem Atias und der südspanischen Sierra Nevada verzweigen, während im 0. die Gebirge der westlichen Balkanhalbinsel, die Karpaten und der Balkan fester mit ihm zusammenhängen. Dann folgt, abermals nach einer Unterbrechung, der Kaukasus mit dem taurischen Jailagebirge und endlich die gewaltigen Hochländer Asiens, von mächtigen Gebirgen umschlossen und zum Teil auch erfüllt, nach 0. an Ausdehnung, wie an Seehöhe wachsend. Die Glieder dieser zusammenhängenden Zone sind das kleinasiatische Hochland, im S. vom Taurus begrenzt, das armenische Hochland, das iranische Dreieck und endlich Zentralasien. Ein verhältnismäßig schmaler Gebirgsarm, der Hindukusch, verbindet es mit Iran; aber gerade hier, im W., verschlingen sich mehrere Gebirge auf das engste, um dann nach verschiedenen Richtungen auszustrahlen: der Himalaja mit seinem Parallelzug, dem Karakorum, das höchste Gebirge der Erde; der Kuenlun, die Pamir und der Tianschan. Himalaja und Kuenlun schließen die tibetanischen Hochflächen ein, die größte Bodenanschwellung unseres Planeten, fast so hoch gelegen, wie die Spitze der Jungfrau und der anderen Kolosse des Bemer Oberlandes. Niedriger (800 1000 m) ist die nördliche Stufe Centralasiens, für die jetzt der chinesische Name Hanhai (das Meer) sich eingebürgert hat Auch ist hier, der Gebirgsrahmen nicht so hoch und lücken-

Die Grondzüge der Gestaltung der Erdoberfläche. 81

hafter, und zwischen den scherenfÖrmig auseinander tretenden Tianschan und Altai öflEhet sich im W. ein bedeutsames Völkerthor. Kleinasien -Armenien hat unter 40® 0. eine Breite von 400 km (Distanz Berlin-Frankfurt a. M.), Iran unter 60® 0. eine Breite von 1300 km (Distanz Berlin -St Petersburg), Zentralasien unter 90® 0. eine Breite von 8000 km (Distanz Berlin bis zum Ural unter gleicher Breite). Dieses immer weitere Auseinandertreten der Gebirge endet im 0. mit einer großen gabelförmigen Teilung, indem das sibirische Gebirge nach NO. bis zum Ostkap an der Beringstraße, das hinter- indische nach S. und endlich auf Sumatra und Java über SO. nach 0., dann nach S. sich wendet und mit Neuseeland abschließt Inner- halb dieser Gabel liegen die zerrissenen Gebirgsbogen der ostasiati- schen Inselwelt

Zentralasien und Iran umschließen weite trockene Hochflächen. Dieser Teil des Hochlandgürtels ist zugleich Wüstengürtel. Das schmale Eleinasien steht schon unter günstigeren Bedingungen, aber abflußlose Becken zeugen noch immer vom binnenländischen Mangel an Niederschlägen. Erst im Bereiche des Mittelmeeres tritt völlige Auflösung ein, und nur in den Donausenken finden wir noch schwache Anklänge an asiatische Verhältnisse. An die Stelle des Hochlandgürtels tritt ein anderes orographisches Element als tren- nende Schranke: die große Wüstentafel, die Arabien, Syrien und die Sahara samt Ägypten umfaßt

Diese breite Zone voll hoher Gebirge und ausgebreiteter Wüsten, die nur im Roten Meere und in der Suesenge eine Unterbrechung erleidet, scheidet die alte Welt in drei große Abschnitte: den mitter- nächtigen, den mittägigen und den morgenländischen. In jedem hat sich eine eigenartige Kultur entwickelt: die antik-christliche, die indische und die chinesische. Erst die entwickelte ozeanische SchiiT- fahrt des 15. Jahrhunderts bewältigte die Wüstenschranke, indem sie sie umging; mit diesem Zeitpunkte, der zugleich auch die atlan- tische Schranke durchbrach und uns Amerika schenkte, beginnt eigentlich erst die weltgeschichtliche Entwicklung der Menschheit Den mitternächtigen Abschnitt erfüllt das große paläark- tische Flachland, das man wohl auch das russische nennen dürfte, weil es mit ganz geringfügigen Ausnahmen unter dem Szepter des Zaren steht Es umfaßt den größten Teil des europäischen Rußlands, Sibiriens und Turans. Gerade unter jenen Längengraden, wo es am tiefsten nach S. eingreift, erhebt sich daraus das üralgebirge, aber ohne es völlig in zwei Hälften zu trennen. Das westliche Europa ist verhältnismäßig niederes Bergland oder Ebene, aber die Berge sind anders gestaltet, als die langen Faltenzüge des Hochland-

32 Einleitung.

gürteis, denen äußerlich, an Länge und Höhe, nur das skandi- navische Gebirge nahekommt. Die Zerteilung in kleine Berg- massen und Bergketten mit eingestreuten Ebenen und Hügelländchen, die stellenweise bis zur insularen Auflösung fortgeschritten ist, ver- leiht dem westlichen Europa einen hohen Grad der Aufgeschlossen- heit, und dazu kommt noch, daß abermals mit Ausnahme des skandinavischen Gebirges die Bergzüge mehr oder weniger senk- recht zur Küste streichen und der Meeresluft ungehinderten Eingang gewähren.

Die mittägige Seite umfaßt zwei alte Festlandmassen, das tafelförmige Australien mit aufgebogenem Ostrande und die indisch-afrikanische Provinz, die jetzt in drei Hauptstücke zer- fällt: Dekan, Madagaskar und Afrika jenseits des Äquators. Das letzere besteht aus den vier Becken des Niger, des Tsadsees, des Kongo und dem Sambesi-Kalahari-Becken. Am schärfsten ist diese Beckennatur im äquatorialen und südlichen Afrika ausgebildet, wo eine breite, über 1000 m hohe Landschwelle den Kongo und Sambesi trennt Bald ist der West-, bald der Ostrand höher; die Flüsse, die sich im Innern breit entwickeln, gelangen nur durch schmale, stufenförmig abstürzende Thäler zum Meere; und so gesellt sich zur plumpen, gliederlosen Gestalt ein schweres orographisches Hindernis, das erst die kühnen Entdeckerthaten der letzten vierzig Jahre über- wanden.

Die östliche Randzone, vom Polarkreise bis über den Äquator sich erstreckend, hat keine einheitlichen orographischen Züge. Auf den ochotskischen Küstenstrich folgt das mandschurische Becken und endlich das chinesische und hinterindische Bergland mit seineu breiten Anschwemmungsebenen am Unterlaufe der Flüsse. Einheitlich ist nur die horizontale Gliederung, das tiefe Eindringen des Meeres und die Inselguirlanden, die eine fast ununterbrochene Vorposten- kette des größten Festlandes gegen den größten Ozean bilden.

Auch die neue Welt hat ihren Hochlandgürtel, aber dieser erstreckt sich, entsprechend der Hauptachse des amerikanischen Fest- landes, in meridionaler Eichtung, und nicht ununterbrochen durch beide Kontinente, wie schon auf S. 28 ausführlicher dargelegt wurde. Es erinnert einigermaßen an alpine Verhältnisse, wenn wir sehen, wie die Cordillere von Columbia fächerförmig auseinandertritt und mit ihrem vielfach zerstückelten Ostarm einen großen Bogen über die Küstenkette von Venezuela, die Antillen und die westlich strei- chenden Bergzüge von Guatemala beschreibt. Auch in Amerika schwillt der Hochlandgürtel stellenweise bedeutend an, indem sich, wie in Asien, Hochflächen zwischen die ßandgebirge einschalten;

Die Grandzüge der Gestaltung der Erdoberfläche. 88

aber während er sich in der alten Welt konstant nach einer Bich- tung verschmälert, erreicht er in der neuen Welt zwei Breiten- maxiina, in jedem Kontinent eines. Aber keine Anschwellung kann sich mit der zentralasiatischwi messen. Die nördliche, unter 40^ N., die das abflußlose wüste „Große Becken^' und das Coloradoplateau einschließt, ist nur 1600 km (Distanz Berlin Moskau), die südliche oder bolivianische, unter 20® S., sogar nur 750 km (Distanz Berlin Triest) breit Der entschiedenste Unterschied zwischen den beiden Hochlandgürteln der Erde besteht aber darin, daß der amerikanische fast unmittelbar aus dem Ozean emporsteigt: fast alles Festland dacht sich zum Atlantischen Ozean ab, die pazifische Seite ist nur ein schmaler Küstenstrich. Dafür fehlt hier ein so scharfer klima- tischer Gegensatz zwischen der gemäßigten und kalten Mittemachts- und der tropischen Mittagsseite, wie er die alte Welt auszeichnet

Steigen wir in Südamerika von der Cordülere nach Osten herab, so gelangen wir in eine breite wasserreiche Tiefebene, dann erhebt sich der Boden wieder und senkt sich endlich zur östlichen Eüste. Die atlantische Seite hat also die Form einer Mulde, deren tie&te Teile unter dem mexicanischen Golf und der Caribischen See be- graben liegen. So scharf ist diese mittlere Furche ausgeprägt, daß selbst die Wasserscheiden zwischen den nach Norden und Süden fließenden Strömen fast oder ganz verschwinden. Aber der Ostrand der Mulde, Brasilien-Guyana, ist nicht nur wesentlich niederer als der westliche Hochlandgürtel, sondern auch durchbrochen, und zwischen den einzelnen BAndstücken tritt die mittlere Tiefebene in breiten Streifen bis an das atlantische Gestade und leitet die Haupt- ströme in dieser Bichtung ab.

Die Oberfläche Nordamerikas ist sehr ähnlich geformt, nur kann man hier mehr von einer mittleren Furche, als von einer breiten Mulde sprechen. Mississippi und Mackenzie nehmen, nach entgegen- gesetzten Seiten strömend, diese Furche ein. Östlich steigt der Boden der Prärien allmählich bis zum Fuße des Felsengebirges, der in beträchtlicher Seehöhe liegt, an; im Osten unterscheiden wir eine Appalachen- und eine Hudson-Provinz. Die erstere ist eine mäßige Hochfläche, östlich begrenzt von den AUeghanies, die der Lage nach zwar den brasilianischen und Guyana-Hochmassen ent- sprechen, aber zum unterschiede von diesen ein Kettengebirge sind. Nach Osten folgt dann eine breite Küstenebene. Die Hudson-Provinz zeigt eine aufiiallende Ähnlichkeit mit Skandinavien; beide bestehen aus den ältesten Gesteinen und umschließen flache, mit Wasser erfüllte Senken, die Hudsonbai und die Ostsee. Suess hat diese Greländeform treffend mit der Innenseite eines Schildes verglichen.

SopAir, PhjdBche Erdkimde. 2. Aufl. 3

84 Einleitung.

Zu den bisher genannten morphologischen Provinzen kommen noch drei insulare: die Südsee, die arktische und die antarktische. Nur die letztere enthält wahrscheinlich auch einen Kontinent.

Diese Einteilung, die unserer Darstellung auf Karte 11 zu Grunde liegt, sieht von den üblichen Kontinentalgrenzen völlig ab, ohne sie verdrängen zu wollen. Die Anregung dazu haben wir aus SuEss^ epochemachendem Werke über das „Antlitz der Erde^ empfangen, doch sind wir dabei in erster Linie von morphologischeii Gesichtspunkten ausgegangen, und wir werden dies in einem späteren Abschnitte ausführlicher zu begründen haben. Die morphologische Gleichartigkeit wird aber bedingt durch ähnliche entwicklungsge- schichtliche Schicksale. So sind, wie wir später sehen werden, die Hoch- landgürtel der Hauptsache nach groBe Faltungszonen, wenn auch der Faltungsprozeß nicht in allen Teilen sich gleichzeitig vollzogen hat Manche Provinzgrenzen mögen freilich noch anfechtbar sein, so be- sonders der Umfang unserer ostasiatischen Provinz, die vielleicht besser in eine kontinentale und eine insulare zu scheiden wäre. Trotzdem konnten wir uns nicht entschließen, die Zahl der Pro- vinzen zu vermehren; denn je spezieller Einteilungen werden, desto mehr verlieren sie an Übersichtlichkeit, und das wäre gerade den Zwecken unseres Buches wenig förderlich.

Neben dem Gegensatze der alten und neuen Welt tritt auch der zwischen der atlantischen und pazifischen Welt deutlich hervor. Von der Cordillerenkette bis zum Nordflügel des ostasia- tischen Fächers reicht die atlantische Welt, auch Afrika öfihet seine Hauptpforten dem atlantischen Meeresgebiete. Wie schmal sind da- gegen die kontinentalen Bezirke der pazifischen Welt^ und nachdem sie sich im Norden fast berührt haben, fliehen sie dann immer weiter auseinander. Zwar ist kein Ozean reicher an Inseln, wie die Südsee, aber auch sie schlagen keine Brücke von einem Gestade zum anderen. Niemals drang ein Kulturstrahl von China zu den Völkern Mexicos und Perus; erst Europa hat Amerika erobert

Vertikaler Aufbau der Erdkruste. Die neuen Erdkarten mit Linien gleicher Höhe (Isohypsen) und Tiefe (Isobathen) (vgl. Karte 1) eröffiien uns einen sehr lehrreichen Einblick in den Aufbau der Erd- kruste. Setzen wir die ganze Erdoberfläche = 100, so erhalten wir für die einzelnen Höhen- und Tiefenstufen folgende Prozentzahlen:* 8840—4000 m über dem Meeresnivean 0,» Proz.

1>' »

V >} ^>* »»

1000- 200 18,0

200- 0 10,J

Die Grnndzüge der Grestaltnng der Erdoberfläche.

35

0 200 m unter dem Meereeniveau 6,3 Proz« 200-1000 3,2

1000—2000 3,4

2000-3000 6,6

3000—4000 14,8

4000—8515 37,0

Wir können diese Zahlen in folgender Weise graphisch darstellen. Wir nehmen den Meeresspiegel als Abscissenachse und tragen auf derselben die den einzelnen Stufen entsprechenden Strecken auf. Dann errichten wir in jedem Teilpunkte Ordinaten, für das Land nach oben, für das Meer nach unten, geben ihnen die betreflfenden Hohen (8844, 4000, 3000 etc.) und verbinden endlich ihre Endpunkte mit einer Kurve, die den allmählichen Übergang, wie er in der Natur Regel ist, zum Ausdruck bringen soll. Die Endpunkte dieser hypso- graphischen Kurve sind die größte Landhöhe (Gaurisankar 8840 m) und die größte bekannte Meerestiefe (bei Japan 8515 m). Ihr Verlauf ist sehr wechselnd: von 8840m bis 2000 m Seehöhe steil, dann sich

Fig. 8. Hypaographische Kurve der Erastenoberfläche.

Terflachend, besonders zwischen 200 m und dem Meeresspiegel, und in derselben Weise bis 200 m Tiefe sich fortsetzend. Hier erst hört die Kontinentaltafel auf. Dann folgt bis etwa 3000 m Tiefe ein Steilabfall, denwiralsKontinentalböschung (arktische Region) auf- fassen können, endlich die Tiefenregion (abyssische Region), flach bis 6000 m, dann wieder steil. In Prozenten der Erdoberfläche kommen diesen drei Hauptteilen der Kruste folgende Werte zu:

Kontinentaltafel, + 8840 bis - 200 m 35,8 Proz.

Kontinentalböschung, - 200 3000 m 13,2 Tiefenregion, - 3000 - 8515 m 51,5

Mehr als die Hälfte der Erde nimmt also der Tiefboden des Weltmeeres ein.

Den vertikalen Aufbau der einzelnen Kontinente und Ozeane

86

Einleitang.

nach den drei Höhen-, bezw. Tiefenstufen zeigt in Prozenten der betreffenden Einheiten die nachstehende Tabelle.

Höhenstufen

HochBtafe (über 2000 m) Mittelstufe (200— 2000 m) Unterstufe (unter 200 m)

08

9*

H

1,5

14.1

41,7

60,5

56,B

25,4

c

a

.2

£

J

<

3

_<

2,4

0,8

82,2

68,3

15,4

36,0

6,0

61,6

82,4

9,0 48,4 42,6

a

62,i 29,t

Tiefenstufe

Kontinentalstufe (0— 200 m) . . . Kontinentalböschung (200—8000 m) Tiefenregion (über 8000 m) . . .

Atlanti- scher J}zean

11,5

25,5 63,0

, Indischer . Großer Ozean Ozean

4,6 21,2

74,2

5,4 14,6

80,1

Meer

19,2

73,7

Auf dem Festlande herrscht überall die Mittelstufe vor, mit Ausnahme von Europa, dem nur Südamerika nahe kommt Die Hochstufe ist am meisten in Asien und Südamerika entwickelt Der massige, auch vertikal wenig gegliederte Bau Afrikas findet in obigen Zahlen einen treffenden Ausdruck. Die ozeanischen Becken sind noch gleichartiger als die Festländer, doch tritt die Eigenart des Atlantischen Ozeans in der relativ großen Ausdehnung der beiden oberen Stufen deutlich hervor.

Mittlere Höhen und Tiefen. Die Ausmessung der Flächen zwischen den Isohypsen und Isobathen bildete in neuester Zeit auch vielfach die Grundlage von Berechnungen der mittleren Höhe des Festlandes und mittleren Tiefe des Meeres, sei es, daß man dabei nur rechnerisch verfuhr, wie Mubeay^ und der Verfasser*, oder sich der hypsographischen Kurve bediente, wie Penck.* Diese Kurre schließt eine unregelmäßige Fläche ab, die an den geraden Seiten von den Ordinaten der höchsten Erhebung und der größten Tiefe und von der, der Ausdehnung des betreffenden Kontinentes oder Ozeans entsprechend langen Abscisse (dem Meeresspiegel) begrenzt wird (vergl. Fig. 8). Der Quotient dieser Fläche und der Länge der Abscisse ist die gesuchte mittlere Höhe, bezw. Tiefe. Neben dieser planimetrischen Methode hat Heiderich ^ sich auch der Profil- methode bedient, und in neuester Zeit hat Kabstens* auch wieder die ältere Feldermethode, die aber nur für die Ozeane ange- wandtwird, zu Ehren zu bringen gesucht Uns scheint Penoks Methode den Vorzug zu verdienen, schon deshalb, weil sie auf kontinentale

Die Graodzüge der Gestaltung der Erdoberfläche.

37

und ozeanische, auf große und kleine Gebiete in gleicher und ein- facher Weise anwendbar ist, wenn sie auch bei der Konstruktion der Kurve Willkürlichkeiten nicht ganz ausschließt. Doch dürfen wir von diesen Mittelwerten nicht zuviel verlangen; sie bieten uns bequem zu handhabende Vergleichszahlen, aber sie vermögen nur auf indirekte Weise zu Vorstellungen über die Hauptzüge der Oberflächen- gestaltung und die Ausdehnung der Gebirge, Hoch- und Tiefebenen zu führen. Wie große Fortschritte unsere Kenntnis von den Relief- verhältnissen des Landes in den letzten 50 Jahren gemacht hat^ ersieht man am besten aus einem Vergleiche der HuMBOLDTSchen Schätzung der mittleren Höhe mit den neueren Ermittelungen. Hum-

ÖO*

Flg. 9. Mittlere Höhe des Landes und mittlere Tiefe des Meeres.

BOLDT hatte 300 m gefunden, jetzt darf man rund 700 m als wahr- scheinlichsten Wert annehmen. Für das Meer ist die entsprechende Zahl 3500 bis 3700 m; halten wir an der ersteren als wahrschein- lichen Minimalwert fest, so erhalten wir als Volumina für die Fest- landmassen bis zum Boden des Meeres 606,7 und für das Wasser 1279,8 Mill. cbkm. Das Land verhält sich zum Wasser wie 1 :2,i; das ist annähernd derselbe Wert, wie wir ihn für die Ober- flächen gefunden haben. Würden wir die Landmassen abtragen und gleichmäßig über den Boden des Meeres ausbreiten, so würde dieses noch immer mit einer mittleren Tiefe von 2500 m den Erdball Unflaten.

38

Einleitung.

Obwohl die mittlere Meerestiefe fünfmal größer ist, als die mittlere Landhöhe, sind die größten bekannten Tiefen und Höhen doch nahezu gleich. Schon daraus müßte man den Schluß ziehen, daß auf dem Lande die geringen Höhen und im Meere die großen Tiefen vor- herrschen, und wir haben bereits gesehen, daß dieser Schluß yöllig gerechtfertigt ist.

Nach Breitenzonen sind die mittleren Höhen und Tiefen von Heiderich ^ undTiLLO® berechnet worden. Die Zahlen des ersteren lieferten das Material für das Diagramm in Fig. 9, das die mittleren Höhen, bezw. Tiefen der Landes- und Meeresprofile von 5 zu B. darstellt. Das Land zeigt eine wellenförmige Gestaltung mit Anschwellungen in 80 <> N., 35" N., 15" S. und 45" S., die gegen Süden hin stetig an Höhe abnehmen, ein Satz, der freilich nur bis 60" S. gilt, da im unbekannten Südpolargebiete vielleicht noch hohe Landmassen liegen. Das Tiefbecken des Meeres erstreckt sich von 50" N. bis 50" S., gegen die Pole hin steigt der Meeresboden an, so daß allerdings nicht in regelmäßiger Weise die Abplattung der Kruste dadurch gemildert erscheint. Einen ziiBFermäßigen Ausdruck dafür bietet in nachstehender Tabelle die letzte Columne, wo die Mittelhöhe der Kruste in Bezug auf den Seespiegel (-f über, unter demselben) durch die vollständige Ausebnung aller Er- hebungen und Vertiefungen gewonnen wurde. Diese Tabelle zeigt

Nach \

\ TiLLO

Nach Heiderich

Mittlere Land- höhe

Mittlere Meeres- tiefe

Mittlere Land- höhe

Mittlere Meeres- tiefe

Mittlere

Rrusten-

höhe

80—700 N.

550

630

1044

510

+ 0

70—60

360*

890

492

718

-f 138

60-50

470

2130

480*

1801

- 461

50—40

770

3650

652

3762

. - 1454

40—30

1350

4150

1472

3986

-1612

30-20

740

4150

750

3647

-2010

20—10

520*

4100

576*

3872

-2685

10— 0

690

4020*

618

3489* 1 -2544

0-10<> S.

! 550

4100

622

3535

-2586

10—20

1 830

4200

907

3789

-2732

20—30

600

4420

735

3898

-2860

30—40

470

4120

528

3666

-3242

40-50

540

4210

623

3732

-3590'

50—60

400*

8690

393*

2945

-2910

60-70

1 510

2850

843

2651

-2589

Die Gnindzflge der Gkstaltang der Erdoberflftcbe.

39

aber auch, daß im einzelnen die Berechnungen noch immer etwas problematisch sind. Die Maxima und Minima fallen zwar mit einer einzigen Ausnahme hei beiden Berechnern in die gleichen Zonen, aber die Zahlen selbst dififerieren doch noch erheblich. Es erklärt sich dies zur Genüge aus der Ungleichheit des Kartenmaterials und der Berechnungsmethode, sowie aus abweichenden Grenzbestimmungen. Wenn man dies im Auge behält, so wird man von der Überein- stimmung der neueren Ergebnisse betreflfs der mittleren Höhe des Festlandes überrascht sein, während in Bezug auf die einzelnen Kontinente die Angaben zum Teil noch schwankend sind:

Autoren

t

g

flS

1 ll

TS

»

^

3 ^J

-^

1

HuiooLDT (1844) ...

205

851

1

228

845

307

(£iiizelbereclmmigen) . .

297

662 *<>

DE Lapparkht (1888) " .

292

879

612

862

595

537

646

MüiiRAT (1888)' ....

286

972

616

245

575

688

686

SüPAM (1889)» ....

290

940

620

260 ' 610 610

680

Pbkck (1889)» ....

280

950

650

280

600 ' 630

j 705

V. TiLLO (1889)" . . .

317

957

612

240

622

617

' 693

Heidbbich (1891)1 , , ,

875

920

602

470

830

760

744

Pbhck (1893)» ....

830

1010

660

310

650

650

735

Als mittlere Tiefe d<

3r Ozeane ^

rird angegeben:

Autoren

1 Atlanti- sches Gebiet

Pazifi- sches Gebiet

1

ndische Gebiet

sll ^

?7elt- meer

Kbümmkl (1879)x« . . .

8180

8650

3310

3440

DE Läfpaxkxt (1888)" .

1

4260

KEümcBL (1886) x " . .

8070

3650

3310

3320

MüRRAT (1888) X' . . .

3510

4140

3820

3800

SüPAH (1889)» ....

3830

8870 1 8600

8650

Pehck (1889)» ....

3290

3870 8590

3650

V. TiLLO (1889)" . . .

4020

4380 8670 3800

Heidshich (1891)1 . . .

3440

Kaeoteks (1894)» . . .

81

60

383C

>

3590

3500

Vertikale und horizontale Ausdehnung scheinen im geraden Verhältnisse zu einander zu stehen,^* obwohl wir den ursächlichen

^ Die Zahlen für die Einzelozeane habe ich, um Yergleichbarkeit zu er- zielen, nach den Zahlen der betreffenden Autoren und nach deren Methoden berechnet

40 Einleiinng.

Zusammenhang nicht aufzudecken vermögen. Die HEEDESiCHschen Zahlen widersprechen ührigens zum Teil auch dieser Vermutung.

Litteraturnachweise. ^ Heiderich, Die mitÜeren Erhebnngs Verhält- nisse der Erdoberfläche, Wien 1891. Nach Breitenzonen giebt neue Zahlen H. Wagneb in Pbtekhanms Mitteilungen 1895, S. 48 (die ausführliche Abhand- lung ist erst während der Drucklegung dieses Buches im II. Bande von Gerlakds Beiträgen zur Geophysik, Stuttgart 1895, erschienen); nach Längszonen v. Tnxo ebendaselbst S. 96. * Rrühmbl, Versuch einer vergleichenden Morpholo^e der Meeresräume, Leipzig 1879. ' Karsteivs, Eine neue Berechnung der mittleren Tiefen der Ozeane, Kiel 1894. * Fuchs, Die Landenge von Suez, in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaften, mathem.- naturw. Klasse 1877. ^ Nach Penck in Petermanits Mitteilungen 1889, S. 17. (Daselbst auch die Berechnung von Supan.) * Pencks Moi-phologie der Erd- oberfläche, Bd. I. ^ MüRRAT im Scottish Geographical Magazine, 1888, S. 1. ^ V. TiLLo in Petermanns Mitteilungen 1889, S. 48. Leipoldt, Die mittlere Höhe Europas, Plauen i.V. 1874. " Chavanne, Die mittlere Höhe Afrikas, in den Mitteilungen der Wiener Geogi-aphischen Gesellschaft, 1881. " de Lap- parent, Trait6 de Geologie, Paris 1883. " v. Tillo in den Iswesstijä der Russischen Geographischen Gesellschaft, 1889, S. 118. *• KattifMEL, Der Ozean, Leipzig 1886. ** v. Tillo in Petebmanns Mitteilungen 1889, S. 49.

Erster Abschnitt.

Die Lufthülle/

Die Höhe und Zusammensetzung der Luft.

Höhe der Luft. Die Lufthülle umgiebt den festen Erdkörper in der Form eines Hohlsphäroides. Ihre Höhe hat man nach dem ersten Aufleuchten der Sternschnuppen auf 180 km berechnet Aber auch darüber hinaus erfüllen wie aus den neuesten Forschungen über die „leuchtenden Wolken" hervorgeht^ verdünnte Gase den ßaum zwischen dem Planeten und der Sonne; Gase, welche man im Gegensatz zur Erdenluft als Himmelsluft bezeichnet hat, und die sehr wohl zu unterscheiden sind von dem Äther, jenem ange- nommenen Medium, das uns die Lichterscheinungen vermittelt. Während die Erdenluft noch an der Bewegung der Erde teilnimmt, verharrt die Himmelsluft in relativer Euhe oder bewegt sich nach verschiedenen Eichtungen, begleitet aber zugleich das ganze Planeten- system auf seiner Wanderung durch den Weltraum. Wir haben es hier nur mit den meteorologischen Erscheinungen zu thun, und diese beschränken sich auf eine verhältnismäßig geringe Höhe. Die Atmo- sphäre ist, wie alle Körper, schwer; eine bis zum Meeresniveau herab- reichende Luftsäule hält im Mittel einer 760 mm hohen Quecksilber- saule das Gleichgewicht Mit der Höhe nimmt der Luftdruck ab, denn die auf dem Barometer lastende Luftsäule wird kleiner. Dem Luftdrucke ist aber auch die Dichte proportional, denn jede Schicht drückt auf die untere und preßt sie zusammen. Schon in 5513 m Seehöhe ist die Luft um die Hälfte dünner, als im Meeres- niveau (Dichte = 1), und in einer Höhe von 59 400 m ist der Baro- meterstand schon auf ^^ mm und die Dichte auf 0,ooo3 herabgesunken.

Zusammensetzung der Luft. Die Atmosphäre ist ein Gemenge von Stickstoff und Sauerstoff, die in der Eegel im Volumver- hältnis von 79 : 21 stehen. Der letztere ist der wichtigste Bestandteil, da er den Atmungsprozeß des tierischen Organismus unterhält, dessen Existenzfähigkeit aufhört, wenn der Sauerstoffgehalt auf 1 7,2 Prozent

42 Die LufilifiUe.

sich yermindert hat Da dünnere Luft weniger Sauerstoff enthält^ als dichtere, so ist dem tierischen Lehen eine Höhengrenze gesetzt, die 10 000 m nicht beträchtlich übersteigt. Die sogenannte „Bergkrank- heit", die fast jeden in bedeutender Seehöhe befallt, wird weniger durch die geringe Dichtigkeit der Atmosphäre, als durch die Abnahme des Sauerstoffgehaltes verursacht; erhielt sich doch Bebsok noch in 9150m Höhe die größte Höhe, in der bisher eine wissenschaft- liche Beobachtung gemacht wurde (4. Dez. 1894) durch künstliche Zufuhr von Sauerstoff frisch bei Kräften. In den Tropen ist die Luft oxygenärmer, als in unseren Breiten; aber man hat noch nicht untersucht, ob dieser Unterschied beträchtlich genug ist, um im menschlichen Organismus größere Veränderungen hervorzurufen.

Unter den zufälligen Bestandteilen spielt die Kohlensäure, die Ernährerin der Pflanzen, eine hervorragende Rolle, wenn sie sich auch im Mittel nur mit ca. 0,08 Prozent an der Zusammensetzung der Atmosphäre beteiligt Noch geringer ist der Ammoniak geh alt Wasser dämpfe sind zwar immer und überall vorhanden, aber ihre Menge ist außerordentlichen Schwankungen unterworfen. Staub, gasformige Fäulnisprodukte und mikroskopische Organismen, die häufig die Träger ansteckender Krankheiten sind, verunreinigen überall die Luft. In Palermo beträgt der Gehalt an organischen Substanzen vom Februar bis Mai 0,io3 und steigert sich im trockenen Sommer auf 0,i6o Volumprozente. Der Regen wäscht also gleichsam die Atmosphäre und ist daher von eminenter sanitärer Bedeutung.

Litteraturnachweise. * Allgemeine Werke über Meteorologie und Klim^tologie: Hann, Astronomische und physische Geographie, in der Allgemeinen Erdkunde von Hann, Hocbstbtteb und Pokornt, Prag -Leipzig 1886; Mohk, Grundzüge der Meteorologie, Berlin 1887; Günther^ Die Meteorologie, München 1889. Für Witterungskunde ist ein Hauptwerk: van Bebbrr, Handbuch der ausübenden Witterungskunde, Stuttgart 1885—86. Das theoretische Pendant dazu ist: Spbuno, Lehrbuch der Meteorologie, Hamburg 1885. Die umfang- reichsten klimatologischen Darstellungen sind: Hann, Handbuch der Klima- tologie, Stuttgart 1883, und Woeikow, Die Rlimate der Erde, Jena 1887. Die vollständigste kartographische Darstellung bietet Hanns Atlas der Meteorologie in Berqhaus' Physikalischem Handatlas, Gotha 1887. Förster, Die Er- forschung der obersten Schichten der Atmosphäre, in den Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde. Berlin 1891.

Die Erleuchtung und Erwärmung der Erdoberfläche.

WäimeqneUen. Licht und Wärme bedingen das organische Leben. Die ungleiche Erwärmung der unteren Luftschichten ist die letzte Ursache aller meteorologischen Prozesse, die ihrerseits wieder die Oberfläche der Erde umgestalten. Und alle diese Wirkungen gehen

Die Erlenchtang und Erwärmuiig der ErdoberflSche. 43

von der Sonne aus, unserer Licht- und Wärmequelle. Die Eigen- wärme der Erde ist ohne Einfluß auf die Oberfläche, und die Wärme, die die Fixsterne aussenden, kommt uns nur indirekt zu Gute, indem sie die Temperatur des Weltraumes erhöht.

Die Sonne ist ein glühendflüssiger Körper, umgeben von einer ebenfalls glühenden Atmosphäre, die für uns allein sichtbar ist Auf ihrer Oberfläche bemerkt das bev^afi'nete Auge wechselnde Flecken, über deren Wesen die Meinungen noch geteilt sind. Rudolf Wolf er- kannte in ihrem Auftreten eine gewisse Regelmäßigkeit, indem von einem Maximum bis zum nächsten durchschnittlich ein Zeitraum von 11 Jahren verstreicht Wir werden sehen, wie diese Fleckenperiode auch in einigen irdischen Phänomenen sich vriederspiegelt

Ein kleiner Teil der Wärmestrahlen, die die irdische Lufthülle passieren, wird von ihr gleichsam verschluckt; von den senkrecht auf die Erde fallenden ca. Y^, von den schief einfallenden aber mehr, weil sie einen längeren Weg durch die Atmosphäre zurück- legen. Nun wäre zwar auch dann, wenn die Lufthülle fehlte, die Erwärmung jedes Punktes der Erdoberfläche zunächst ab- hängig von der Bestrahlungsstärke, d. h. von dem Winkel, unter dem ihn die Sonnenstrahlen trefi'en, aber dieses Grundgesetz wird durch die genannte Eigenschaft der Atmosphäre noch verstärkt Die Wärmedurchlässigkeit oder Diathermanität der Luft vermin- dert sich mit zunehmender Feuchtigkeit, und es ist jedermann be- kannt, wie sehr dichter Nebel oder eine ununterbrochene Wolkendecke die Bestrahlung verhindern.

Die Erdoberfläche strahlt die empfangene Wärme, die nur lang- sam und nur bis zu einer geringen Tiefe in den Boden eindringt (vgl. S. 7), wieder in den kalten Weltraum zurück; aber auch jetzt wirkt die Luft wie ein schützender Mantel, der zu rasche und zu starke Wärmeabgabe verhindert. Infolge der Achsendrehung der Erde wechseln Tag und Nacht, d. h. ein Zeitraum, wo die Wärme- zufuhr die Ausstrahlung überwiegt, und ein anderer, in dem nur Ausstrahlung stattfindet Der Tag ist daher wärmer als die Nacht, und die Temperatur ist einer 24 stündigen Periode unterworfen.

Jahreazeiten. Würde die Bahn, auf der die Erde die Sonne umwandelt, mit der Aquatorialebene zusammenfallen und die Erdachse senkrecht auf derselben stehen, so würde jeder Punkt der Erdober- fläche das ganze Jahr hindurch die Sonnenstrahlen unter dem gleichen Winkel empfangen, Tag und Nacht wären immer und überall von gleicher Dauer, und es gäbe keine Jahreszeiten und keine jährliche Temperaturperiode. Nun bildet aber die Erdbahn mit der Äquato- rialebene einen Winkel von 23^3^ und die Erdachse, die während

44

Die Lufthülle.

des ganzen Umlaufes mit sich selbst parallel bleibt, ist unter einem Winkel von 66 ^g® gegen die Erdbahn geneigt. Die beistehenden Figuren zeigen die Stellung der Erde zur Sonne in den vier Epochen des Jahres. Die Sonnenstrahlen können wegen der großen Entfer- nung beider Himmelskörper voneinander als parallel gedacht werden. Fig. 10 stellt die Erde am 21. Dezember dar. Nur der Wende- kreis des Steinbocks, 23 7^^ südl. vom Äquator, wird von senkrechten Strahlen getroffen. Die ganze Kalotte innerhalb des nördlichen Polar- kreises (66^3 B.) faUt in die unbeleuchtete, die ganze Kalotte inner- halb des südlichen Polarkreises in die beleuchtete Erdhälfle. Die süd- liche Hemisphäre hat den längsten, die nördliche den kürzesten Tag; auf jener beginnt der astronomische Sommer, auf dieser der Winter, und zwar einerseits wegen der Fig.io. Stellung der Erde am 2i.De£ember. Kürze des Tages, anderseits weü

jeder Punkt der Nordhalbkugel die Sonnenstrahlen unter einem spitzeren Winkel empfängt, als ein unter gleicher Breite befindlicher Punkt auf der südlichen Hemisphäre.

Am 21. März und 23. September steht die Erde in den Schnitt- punkten der Bahn und Äquatorialebene (s. Fig. 11). Senkrechte Strahlen treffen nur den Äquator; der Winkel, unter dem die Strahlen auf die beiden Hemisphären einfallen, ist unter gleicher geographischer Breite gleich. Ebenso ist auf der ganzen Erde (mit Ausnahme der Pole) Tag und Nacht gleich lang. An diesen beiden Tagen beginnen die astronomischen Übergangsjahreszeiten Frühling und Herbst

Fig. 11. Stellung der Erde am 21. März und 23. September.

Fig. 12. SteUung der Erde am 21. Juni.

Fig. 12 zeigt die Stellung der Erde zur Sonne am 21. Juni. Senkrechte Sonnenstrahlen fallen auf den Wendekreis des Krebses (2372® ^- ß-)- ^^^ nördliche Hemisphäre hat den längsten Tag und Sommeranfang, die südliche den kürzesten Tag und Winteranfang; und ebenso yerhalten sich die beiden polaren Kalotten gerade um- gekehrt, wie am 21. Dezember.

Die Erleuchtung und Erwärmung der Erdoberfläche.

45

Von den vier astronomischen Jahreszeiten weichen die meteoro- logischen in Bezug auf die Begrenzung und Dauer etwas ab:

Nordhemisphlre Sfidhemisphflre Dezember Februar Winter Sommer

März— Mai Frühling 9erbBt

Juni August Sommer Winter

September November Herbst Frühling.

Wärmemenge. Da die Wärmezufuhr einerseits von dem Mnfalls- winkel der Sonnenstrahlen, anderseits von der Tageslänge abhängig ist, so nimmt siemitderBreiteab, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß die Linie senkrechter Einstrahlung, also größte Wärmezufuhr im Laufe eines Jahres zwischen den beiden Wendekreisen sich ver- schiebt Denken wir uns die Erde ohne atmosphärische Hülle, und setzen wir die Wärmemenge, die ein Punkt empfangen würde, wenn er die Sonne das ganze Jahr hindurch im Zenith hätte, = 1000, so erhalten wir nach Wienebs^ Berechnung folgende Wärmemengen für die verschiedenen Breiten:

Breite

Sommer- halbjahr

Winter- halbjahr

Jahr

153

153

306

10

162

139

301

20

166

123

289

30

166

102

268

40

1 161

80

241

50

153

56

209

60

U2

32

174

70

132

13

145

80

128

3

131

90

127

0

127

Diese Zahlen gelten natürlich für die nördliche, wie für die süd- liche HalbkugeL In einer anderen Beziehung besteht aber zwischen beiden ein Gegensatz. Das astronomische Winterhalbjahr dauert auf der südlichen 186 Tage (2 L März bis 23. September), auf der nördlichen nur 179 Tage (23. September bis 21. März), und dem entsprechend ist das nördliche Sommerhalbjahr um 7 Tage länger als das süd- liche. Der Grund dieser Ungleichheit ist in der elliptischen Gestalt der Erdbahn zu suchen. Die Sonne steht, wie Fig. 13 zeigt, in einem Brennpunkte, und die Erde befindet sich daher einmal des Jahres in der Sonnennähe (Perihel) und einmal in der Sonnenfeme (Aphel). Während die Erde im Mittel in 24 Stunden einen Bogen von 59' 8" zurücklegt, rückt sie im Perihel um 61' 10", im Aphel nur um 57'

46 Die Lufthülle.

12'' vor. Da die Erde jetzt am 1. Januar im Perihel und am 2. Juli im Aphel steht, so gelangt sie rascher vom Herbst- zum Frühlings- punkte, als vom Frühlings- zum Herbstpunkte, woraus die längere Dauer des südlichen Winters und nördlichen Sommers sich erklärt. Das Perihel hat aber keine konstante Lage. Etwa 4000 Jahre V. Chr. fiel es mit dem Herbstpunkte zusammen und infolgedessen waren beide Halbjahre gleich lang. Bis jetzt hat es einen Bogen von nahezu 101® zurückgelegt und wird im Jahre 6470 den Frühlingspunkt

erreicht haben, d. h. die

öJSp^= ^ Sommer- und Winterhälfte

des Jahres werden wieder gleich sein. Von da an wird die Südhemisphäre die begünstigtere sein, und in ca. 10 500 Jahren werden Perihel und Aphel ihre Plätze gewechselt haben, und der nördliche Winter Fig. 13. Die Erdbahn. länger Sein als der süd-

liche. In einem Zeiträume von ungefähr 21 000 Jahren vollflihrt somit die Apsidenlinie {PÄ in Fig. 12) einen Umlauf.

Auf die Wärmezufuhr haben diese Veränderungen jedoch keinen Einfluß, selbst wenn einmal der Unterschied von Sommer- und Winter- halbjahr seinen äußersten Grenzwert von 33 Tagen erreicht haben wird. Unter allen Umständen erhält jede Halbkugel im Winterhalb- jahr 37 und im Sommerhalbjahr 63 Prozent der jährlichen solaren Strahlenmenge, und nur darin besteht ein Unterschied, daß sich die konstante Wärmezufuhr auf verschieden lange Perioden verteilt, daß also, wenn die Zahl der Tage eines Halbjahres größer ist, durch- schnittlich weniger Wärme auf einen Tag entfallt, als im entgegen- gesetzten Falle.

Die Beleuchtnngzonen. So entscheidend nun auch die geogra- phische Breite für die Wärmezufuhr ist, so ist sie für die endgültige Temperaturverteilung doch nicht der einzige Faktor, und es wider- streitet daher durchaus den thatsächlichen Verhältnissen, wenn man die, aus den Zeiten der griechischen Naturphilosophie uns über- kommene Einteilung jeder Hemisphäre in drei Klimazonen, die durch die Wende- und Polarkreise voneinander getrennt werden, noch auf- recht erhalten will. Dagegen behalten diese Zonen noch ihren vollen Wert, wenn man sie ausschließlich auf die Beleuchtungsverhält- nisse anwendet; nur muß man ihnen dann andere, als die üblichen

Die Erleuchtung und Erwftrmnng der Erdoberfläche. 47

Namen beilegen. Wir nennen den Gürtel zwischen Äquator und Wendekreis die Tropen-, den zwischen Wende- und Polarkreis die mittlere und den Kugelabschnitt innerhalb des Polarkreises die polare Zone. Nur bis zur Grenze der Tropenzone treflFen senk- rechte Strahlen die Erdoberfläche, und zwar zweimal des Jahres und nur an den Wendekreisen einmal. Die mittlere Zone hat mit der tropischen nur den regelmäßigen Wechsel von Tag und Nacht inner- halb 24 Stunden gemein.

Vom Äquator, wo Tag und Nacht immer gleich sind, bis zu den Polen, wo ein halbjähriger Tag mit einer halbjährigen Nacht wechselt, nimmt im Sommer die Tages-, und im Winter die Nacht- länge stufenweise zu:

Tropische und mittlere Zone:

G. B. lO» 20» 90» 40» 60» 60» 60»/,»

Längster Tag 12»»0" 12*'35» IS'^IS"» 13^56» 14^51" 16''9" IS^'BO«' 24»'0'»

KürzesterTag 12 0 11 25 10 47 10 4 9 9 7 51 5 80 0 0

Unterschied 0 0 1 10 2 26 3 52 5 42 8 18 18 0 24 0

Nordpolare Zone:

G. B. 66*/,» 70» 80» 90»

Die Sonne geht nicht unter 1 65 184 186 Tage. Die Sonne geht nicht auf 1 60 127 179

Für die südliche Hemisphäre sind die Zahlen umzukehren. Am antarktischen Pol geht z. B. die Sonne 179 Tage nicht unter und 186 Tage nicht auf.

Die astronomische Dauer der Nächte wird aber durch die Dämmerung beschränkt Indem die Lichtstrahlen in immer dich- tere Luftschichten gelangen, werden sie gebrochen, so daß man Sonne und Sterne schon über dem Horizonte sieht, wenn sie sich that- sächhch noch unter demselben befinden. Die volle Nacht dauert nur solange, als der Stand der Sonne unter dem Horizonte mehr als 16^ beträgt Je größer der Winkel, unter dem Sonnenstrahlen einfallen, desto länger die Dämmerung; ihre Dauer wächst also mit der geographischen Breite. In der Tropenzone gehen Tag und Nacht fest unvermittelt ineinander über. Dagegen giebt es von 50^/j^ B. an zur Zeit des höchsten Sonnenstandes keine eigent- Uchen Nächte mehr, indem Abend- und Morgendämmerung ineinander fließen. In der Breite von St Petersburg z. B. dauern diese hellen Nächte vom 27. April bis 15. August Für die polare Zone erweist sich die Dämmerung, die die monatelange Nacht verkürzt, als eine besondere Wohlthat Unter 70® B. währt der Tag vom 20. Mai bis 23. Juli, aber die Nächte vorher vom 30. März angefangen und nachher bis zum 12. September werden ganz von der Dämmerung erfuUt Am Nordpol beginnt die Morgendämmerung am 4. Februar,

48 Die Lufthülle.

die Sonne geht am 21. März auf und am 23. September unter^ und am 6. November erlischt auch die Abenddämmerung. So wird die volle Nacht auf 90 Tage eingeschränkt

Das Polarlicht.^ Die polare Wintemacht wird auch zeitweise von jenen eigentümlichen und rätselhaften Lichterscheinungen er- hellt, die wir unter dem Namen Polarlichter zusammenfassen uod

Fig. 14. Geographische Verbreitung des Nordlichtes nach Fritz.

je nach der Hemisphäre, auf welcher sie auftreten, als Nord- und Südlichter bezeichnen. Das erstere, das natürlich häufiger be- obachtet und eingehender studiert wurde, ist besonders in einem 5 10 Meridiangrade breiten Gürtel in der Nähe des Polarkreises heimisch, wo es ein fast tägliches Phänomen ist, und wird nach Norden wie nach Süden immer seltener. Fig 14 verbindet die Orte gleicher Häufigkeit der Nordlichter durch Linien von entsprechender Breite, die sich in kreisähnlicher Gestalt um den magnetischen Nordpol gruppieren. Da letzterer im arktischen Archipel von Nord- amerika unter ca. 70^ B. und 96® w. L. von Greenwich sich befindet, so erklärt es sich leicht, daß die Linien gleicher Häufigkeit in der neuen Welt viel weiter gegen den Äquator herabsinken als in der alten, und somit die Parallelkreise schneiden. Nur ausnahmsweise ist das Polarlicht auch in niederen Breiten sichtbar, wie das große

Die Erleuchtung und Erwärmung der Erdoberfläche.

49

Nordlicht vom Jahre 1859 fast bis zum Äquator; und auch von der südlichen Hemisphäre wissen wir, daß den Bewohnern der alten Incastadt Cuzko unter 12^2^ dieses Phänomen nicht unbekannt ist Am glänzendsten zeigt es sich aber stets nur in der Maximal- zone, wo es hauptsächlich in zwei Grundformen, als Band- und Strahlenlicht, auftritt. Das erstere besteht aus nebeneinander gereihten senkrechten Lichtstreifen, die den Eindruck von in der Luft fliegenden Bändern oder herabhängenden Draperien machen {Fig. 15). Die zweite Form ist ein leuchtender Bogen am nördlichen Himmel, dessen Enden sich auf den Horizont stützen (Fig. 16). Er umsäumt ein völlig dunkles Kreissegment; aber der umstand,

Fig. 15. Band-NordUcht nach J. PaY£R.

daß es hellere Sterne durchscheinen läßt, beweist uns, daß die Finsternis nur eine durch den Kontrast hervorgerufene optische Täuschung ist Aus dem Lichtbogen schießen Strahlen in den mannigfachsten Farben hervor, um sich nicht selten über dem Scheitel des Beobachters zu einer glänzenden Krone zu vereinigen. Manchmal erscheint auch ein Bogen über dem anderen. Nur eine Modifikation des Strahlenlichtes ist der gewöhnliche Nordlicht- bogen ohne Bewegung und ohne Strahlen, der in den höheren Breiten jenseits der Maximalzone am häufigsten ist; manchmal er- scheint hier aber noch ein zweiter Bogen im Süden und beide tauschen Strahlen aus. Im innersten Polarraume wird meist nur ein heller Nebel am südlichen Horizont sichtbar, und die ge- ringe Lichtentwickelung erklärt es, daß man hier Nordlichter nur

SüPiLH, Physische firdkonde. 2. Aufl. ^

50

Die Lufthülle.

selten beobachtet hat. In unseren Breiten wird zumeist nur eine mattrote Wolke oder eine rote Beleuchtung des nördlichen Himmels wahrgenommen; doch ist sie in den Perioden größter Häufigkeit intensiv genug, um das Lesen zu gestatten und Schattenwurf zu erzeugen. Gewöhnlich ist aber die Lichtstärke auch in höheren Breiten so gering, daß Sterne I. und II. Größe durchschimmern, und selten wird die Leuchtkraft des Vollmondes übertroflFen, daher auch die Häufigkeit der beobachteten Polarlichter zur Vollmondszeit ein Minimum erreicht.

Wie die Erscheinungsweise und Intensität, ist auch die Höhe der Polarlichter verschieden, doch scheinen sie in höheren Breiten

Fig. 16. Strahlen-Nordlicht zu Bergen in Norwegen nach H. Sattler.

der Erde näher zu sein. Bald sind sie nur innerhalb enger Grenzen sichtbar, bald beleuchten sie einen beträchtlichen Teil der Hemi- sphäre; bald dauern sie nur wenige Minuten, bald ganze Nächte ja manchmal erstrecken sie sich sogar über einen größeren Zeit- raum, wie das Nordlicht, das vom 28. August bis 7. September 1859 dauerte. Es gilt als Regel, daß große Erscheinungen sich allmählich entwickeln und allmählich verschwinden.

Über die Natur des Polarlichtes haben Lemströms Experimente den lange gewünschten Aufschluß gebracht Am 29. Dezember 1882 gelang es ihm durch ein mit Spitzen versehenes Drahtnetz, das auf dem Gipfel der kegelförmigen Pietarintunturi bei Kultala in Finn- land aufgestellt wurde, ein wirkliches Nordlicht zu erzeugen , und

Die Erlenchtung and Erwärmung der Erdoberfläche.

51

die Untersuchungen der folgenden Jahre haben die Theorie wesent- lich vervollständigt Die elektrische Natur des Polarlichtes ist nun außer Zweifel gestellt; vertikal abwärts fließende elektrische Ströme sind es, die nach Lemstböms Auffassung die Luft zum Glühen bringen, und es ist nach Paitlsen anzunehmen, da& diese Ströme erst in der eigentlichen Polarlichtzone zur Erdoberfläche herab- steigen. Dieser Umstand in Verbindung mit dem Dichteunterschied der Luftschichten bewirkt in den höheren Breiten eine ganz andere Entwickelung des glänzenden Phänomens, eis wir es in unseren Gegenden kennen.

Am häufigsten sind die Polarlichter 1 bis 2 Stunden vor Mittemacht, nur in der Nähe des magnetischen Nordpoles verspäten sie sich etwas. Über die jährliche Periode giebt Fig. 17 Aufschluß. Die Kurve aa stellt die Periode der NordUchter dar, bb die der Süd- lichter (beide in Prozenten der Jahres- mengen) und ce die mittlere tägliche Variation der Deklinationsnadel in München und Hobart (in Minuten). AUe drei Kurven zeigen Maxima zur Zeit der Nachtgleichen (März und Okto- ber) und Minima zur Zeit des höchsten und tiefsten Sonnenstandes (Juni und Januar). Es zeigt sich darin unleugbar em Zusammenhang mit dem Erdmagnetismus, aber man darf nicht übersehen, daß in den höheren Breiten jenseits der Maximal- zone der jährliche Gang ein anderer ist. An der Westküste von Grönland z. B. nimmt die Zahl der Nordlichter stetig vom September bis zum Dezember oder Januar zu und dann wieder ab. Und noch in anderer Beziehung besteht ein bedeutsamer Gegensatz. Während nämüch in den niedereren Breiten die Polarlichter am häufigsten in den Jahren der Sonnenfleckenmaxima und am seltensten zur Zeit der Fleckenminima auftreten, also dem gleichen Gesetze unterliegen, wie die magnetische Variation, zeigen sie in der inneren arktischen Zone ein gerade entgegengesetztes Verhalten. Ob sich darin regel- mäßige Verschiebungen der Maximalzone, sowohl innerhalb des Jahres wie im Verlaufe einer Sonnenfleckenperiode, aussprechen, wieWEYPBECHT meinte, mag noch fraglich bleiben; aber auch, wenn diese Zone unveränderlich bleiben sollte, muß man zugeben, daß eine lebhaftere Entfaltung des Nordlichtes in niedereren Breiten mit einer Abschwächung dieses Phänomens in den höheren Breiten Hand in Hand geht

Flg. 17.

Jährliche Periode des Polarlichtes.

52 Die Lnftihülle.

Litteraturnachweise. ^ Wieneb in der österr. Meteor. Ztschr., 1879, S. 113. Fritz, Das Polarlicht, Leipzig 1881; Lemstböm, L'aurore boreale. Paris 1886; Pjiulsen, Aurores bor^ales observees k Godtbaab, Kopenhagen 1891.

Die Abnahme der Temperatar mit der Höhe.

Wärmequellen der oberen Luftschichten. Die erwärmte Erd- oberfläche teilt ihre Temperatur zunächst den unteren Luftschichten mit. Für die höheren Schichten der freien Atmosphäre giebt es verschiedene Wärmequellen. Sie behalten zunächst einen Teil der sie durchstrahlenden Sonnenwärme zurück (s. S. 43), sodann empfangen sie auch von der Erdoberfläche ausgehende Wärmestrahlen. Von weitaus größerer Bedeutung sind aber die aufsteigenden Luft- ströme. Indem die untersten atmosphärischen Schichten erwärmt werden, dehnen sie sich aus und steigen in die Höhe, während kältere Luft von oben ihren Platz einnimmt. So schreitet allmäh- lich — wie Hann sich ausdrückt die Erwärmung der Luft durch das Spiel aufsteigender wärmerer und niedersinkender kälterer Luft- säulchen von unten nach oben fort, und das Werk des einen Tages wird nach nächtlicher Unterbrechung am anderen wieder fortgesetzt

Nach den Prinzipien der mechanischen Wärmetheorie kühlt sich aufsteigende trockene Luft um V C. für je 100 m Erhebung ab, und es ist sowohl die Anfangstemperatur, wie die Höhe, vod wo aus das Aufsteigen stattfindet, ohne Einfluß darauf. Umgekehrt wird herabsinkende trockene Luft um 1^ für je 100 m erwärmt. Anders verhält sich die mit Wasserdampf gesättigte Luft Einerseits kühlt sie sich bedeutend weniger ab, weil der Wärme- verlust zum Teil durch die bei der Kondensation des Wasserdampfes frei werdende Wärme ersetzt wird; anderseits ist die Temperatur- abnahme um so geringer, je höher das Niveau, von wo das Auf- steigen stattfindet, und je höher die Anfangstemperatur ist.^

Ist die aufsteigende Luft nicht mit Wasserdampf gesättigt, so verhält sie sich bis zum Zeitpunkte, wo Kondensation eintritt, wie trockene, dann wie gesättigte Luft.

Unter allen Umständen muß die mittlere Jahrestempe- ratur mit der Höhe abnehmen, einerseits weil die Entfernung von ihrer Hauptquelle, der Erdoberfläche, wächst, anderseits weil die Lufthülle immer dünner wird und dadurch die Ausstrahlung begünstigt. Es ist aber zu betonen: die mittlere Jahrestemperatur, weil wie es sich jetzt mit immer größerer Bestimmtheit heraus-

X Anfangstemperatur -10<» 10« 20« 30«

Wärmeabnahme für 100 m H. 0,70® 0,68° 0,54® 0,4i« 0,»8®

Die Abnahme der Temperatur mit der Höbe.

53

stellt zu gewissen Tageszeiten und unter gewissen Witterungs- verhältnissen die Temperatur wenigstens in den unteren Luftschichten überall mit der Hohe zunimmt.

Freie Atmospliare. Durch die Einrichtung des bekannten Eiffel- turms in Paris für den meteorologischen Dienst ist zum ersten Male die Möglichkeit geboten worden, regelmäßige Beobachtungen über den Zustand der freien Atmosphäre anzustellen. Die Instru- mente sind in 2, 123, 197 und 302 m über dem Boden aufgestellt und an den drei letzteren Stellen somit TöUig dem unmittelbaren Einflüsse des Bodens entrückt, während anderseits die luftige Bauart des Turmes selbst eine Störung der Instrumente durch Strahlung ausschließt^ Bei Tage erreicht die Wärmeabnahme einen überraschend hohen Wert, besonders bis 200 m Höhe im Frühjahr und Sommer, wo sie sogar über den Maximalwert für aufsteigende trockene Luft hinausgeht. Das erklärt sich dadurch, daß in den Mittagsstunden der Erdboden überhitzt wird und seine Wärme nicht rasch genug den oberen Luftschichten mitteilen kann. In der Nacht tritt der umgekehrte Fall ein; der Boden kühlt sich rascher ab, als die Luft, die noch einen Wärmefond vom vorhergehenden Tage bewahrt hat Daher nimmt in allen Jahreszeiten die Temperatur bis 200 m zu, und wenn auch dann Abnahme eintritt, so ist es doch auf der Höhe des

Temperaturänderung für je 100m Höhe.

Eiffelturm (300 m)

|i Mitternacht I: bis 4^ früh

Mittag bis 4»* N.M.

24 stund.

Mittel 1890—92

Schaf beig (1776 m) Sonnblick (3105 m).

Winter Frühling Sommer Herbst

i +0,19«

-0,02 + 0,06 + 0,41

-0,78° -1,10 -1,00 -0,87

-0,18« -0,51 -0,50 -0,14

Mittel (red.) 1851—90

-0,59« -0,64 0,83 -0,58

Jahr +0,16 —0,95 —0,82 | 0,6i

Eiffelturmes meist immer noch wärmer, als auf dem Erdboden. Aber die Abnahme bei Tage ist größer, als die Zunahme bei Nacht, die mittlere Tagestemperatur nimmt also in der Kegel ab.

Um von der durchschnittlichen Temperaturabnahme in den höheren Schichten der Atmosphäre eine Vorstellung zu gewinnen, müssen wir die zwei benachbarten Gipfelstationen der Salzburger Alpen, den Schafberg und den Sonnblick, zu Rate ziehen. Allerdings wirkt hier neben dem Zuflüsse von unten auch die eigene Wärme- aufnahme und Ausstrahlung des Bodens, und aus dem Vergleiche

54 Die Lufthülle.

der Beobachtungen der Müncbener Luftscbiffer mit den gleichzeitigen Temperaturablesimgen anf den bayerischen Höhenstationen können wir entnehmen, daß die Unterschiede zeitweise recht beträchtlich sind.^ In der freien Atmosphäre sind die Schwankungen geringer; daher ist sie in der Nacht und im Winter wärmer, als die Luft über den Berggipfeln, bei Tage und im Sommer (wenigstens bei normaler Witterung) aber kälter. Im langjährigen Mittel mögen sich diese Unterschiede ausgleichen, und damit Gipfelstationen auch für die Verhältnisse in der freien Atmosphäre verwendbar werden; wegen ihrer freien Lage eignen sich dazu keine Beobachtungspunkte besser, als die oben genannten.^ Wie am Eiffelturm, so ist auch in der Luftschicht zwischen dem Schaf berg und Sonnblick die Tempe- raturäbnahme im Frühling und Sommer größer, als im Herbst und Winter, aber diese jahreszeitlichen Gegensätze sind in der untersten Luftschicht, die noch ganz unter dem Einflüsse des Erdbodens steht, ungleich größer. Daher ist hier die Temperaturabnahme im Jahres- mittel fast um die Hälfte geringer, als in den hpheren Schichten. Aus Glaish£bs berühmten Ballonbeobachtungen in den sechziger Jahren, die bis 8000 m Höhe reichten, hat man geschlossen, daß die Temperaturabnahme nach oben sich verlangsamt Nun sind aber alle älteren Beobachtungen dieser Art, vielleicht die von Wklsh (1852) ausgenommen, gänzlich unbrauchbar; erst seit der Einführung des AssMANNSchen Aspirationspsychrometers haben die Temperatur- beobachtungen im Ballon den notwendigen Grad von Zuverlässigkeit erlangt Allerdings haftet ihnen der unvermeidliche Fehler an, daß sie nur Augenblicksbilder liefern, nur den Zustand der Atmosphäre unter wechselnden Witterungsverhältnissen uns kennen lehren. Es werden noch viele Fahrten unternommen werden müssen, ehe man daran gehen kann, aus widerspruchsvollen Einzelbeobachtungen nor- male Mittelwerte abzuleiten. Aber auch jetzt schon haben die Hoch- fahrten des Berliner Vereins für Lüftschiffahrt unsere Vor- stellungen von der senkrechten Wärmeverteilung wesentlich berichtigt Zwei Sätze stehen wenigstens fest: 1) daß die Atmosphäre bis in be- trächtliche Höhen in scheinbar regelloser Weise aus verschieden tempe- rierten Schichten besteht,^ 2) daß die Temperaturabnahme auch in

^ Als Beispiel diene die von Kremser bearbeitete Fahrt des Ballons „Humboldt" am 1. März 1893. Die Temperaturabnahme für je 100 m betrug:

0— 1000m Höhe 0,w^ 2600— 3100 m Höhe 0,88«

1000—1600 0,88 3100—3400 0,6?

1600—2000 0,70 3400—3700 0,48

2000—2300 0,58 3700—4300 0,66 2300—2600 0,90

Die Abnahme der Temperatur mit der Höhe.

55

großen Höhen viel rascher erfolgt, als man bisher annahm. Während man früher für die Grenze der Atmosphäre Temperaturen von 34 bis 49 ® berechnete, sind jetzt schon Höhentemperaturen bis 67 ® durch Messung festgestellt.^ Aber diese Temperatur ist keines- wegs die tiefste, die auf unserem Planeten registriert wurde. Am 15. Januar 1885 zeigte das Weingeistthermometer auf der ostsibiri- schen Station Werchojansk 68°; das würde an dem gewöhnlichen Luftthermometer einer Temperatur von 76® entsprechen.* Bis zu mehr als doppelter Gaurisankarhöhe muß man sich also erheben, um in der freien Atmosphäre Temperaturen wiederzufinden, die in Ostsibirien unter dem Einflüsse intensiven Wärmeverlustes des Erd- bodens schon in einer Seehöhe von 50 m zu stände kommen! Aber in jenen Luftregionen dürfte sich die Temperatur kaum jemals be- deutend von 60° entfernen; in Werchojansk hat man schon Maxima von 30® beobachtet.

Oebirge. Je massiger ein Gebirge ist, desto mehr gewinnt die Wärmeaufrahme und Ausstrahlung der Thalböden, Böschungen und Gipfel an Bedeutung gegenüber der Wärmezufahr aus den unteren Regionen. Meist vergleicht man Ebenen- oder Thalstationen mit Gipfelstationen, und in diesem Falle wird das Endergebnis häufig durch klimatische Eigentümlichkeiten getrübt, die mit der absoluten Höhe nichta zu thun haben. Namentlich die in den Niederungen stagnierende kalte Winterluft drückt den Durchschnittswert für die Temperaturabnahme manchmal erheblich herab. Es ist dies im Auge zu behalten, wenn man nachstehende Tabelle durchmustert, welche die vertikale Wärmeabnahme flir je 100 m in einigen Ge- birgen Europas, Asiens, Nordamerikas und der Insel St. Helena zeigt.

X Übersicht der höchsten Ballonfahrten und der beobachteten Minimal- temperatoren. Die Höhen in Klammem sind nur rohe Nfiherungswerte.

LaftacUffer Gross Gross Berson Welsh Barral-Bixio

TiBSANOIER

Glaisber

Gross

Bbbsom

Datum 19. Okt. 1S93

14. März 1893 6. Sept 1894

10. Nov. 1852 27. Juli 1850

15. April 1875 5. Sept. 1862

11. Mai 1894 4. Dez. 1894

Seehöhe Temperatur

6060

6105

6220

(6900)

(7000)

7400

7650

7700

9150

(14000)

15600

?

Die drei letzten Fahrten wurden von unbemannten Ballons mit Registrier- apparaten ausgeführt

„UA6rophile" 21. März 1893 „Cirrus** 7. Juli 1894

„Cinus" 6. Sept 1894

-26,0»

-27,6

-26,0

-22,8

-39,7?

-11,0?

-20,7?

-36,5

-47,9

55,0

-53,0

-67,0

7930 m -32,8^

16325 18450

-52,0

?

56

Die Lufthttlle.

.G«g«nd

Schottland (Ben Nevis) .... Norwegen (bei Kristiania) . . .

Harz

Erzgebirge, Nordseite ....

Südseite

Raube Alp

Nördliche Schweiz

Südliche Schweiz

Ostalpen', Nordseite

Tirol u. Tessin . . .

Kärnten

Pyrenäen (Pic du Midi) . . . Serra da Estrella

Nördlicher Kaukasus

Südlicher Kaukasus

Bengalen

Indische Nordwest-Provinzen . .

Ceylon

Insel Hongkong

Mt. Washington (New-Hampshire) Felsengebirge

St Helena

Winter FrQhling Sommer Herbst

0,60«

0,05

0,48

0,48

0,S0

0,26

0,84

0,47

0,84

0,50

0,96

0,50

0,53

0,26 0,89 0,56 0,47 0,57 0,62

0,40 0,55

0,84

0,72»

0,72

0,67

0,60

0,74

0,53

0,65

0,64

0,60

0,66

0,57

0,61

0,72

0,48 0,54 0,5i 0,64 0,58 0,47

0,59 0,71

Jahr

0,68

0,91

0,70

0,64

0,72

0,55

0,61

0,66

0,62

0,67

0,58

0,56

0,71

0,51 0,58 0,47 0,57 0,62 0,67

0,68«

0,52

0,51

0,54

0,60

0,42

0,47

0,56

0,47

0,57

0,42

0,56

0,63

0,88 0,48 0,57 0,59 0,59 0,66

0,67 0,69

0,90 0,07

0,52 0f50

0,88

0,««

0,S6 0,ft8 0,65 0,68 0,44 0,52 0,58 0,51 0,60 0,46 0,56 0,65

0,41 0,40 0,52 0^6 0,59 0,60

0,55 0,64

0,93

Die mittlere Jahrestemperatur nimmt ferner in Indien um 0,43 bis 0,60^, im Himalaja um 0,46 0,48®, in Tibet um 0,46°, im Kuenlun uni 0,48®, in Mexico um 0,63®, und in den Andes um 0,4i 0,6a® för je 100 m Erhebung ab.

Man ersieht aus dieser Zusammenstellung, daß die Abnahme der mittleren Jahrestemperatur auf der ganzen Erde ziemlich gleichmäßig ist, im Mittel 0,6® für 100 m, wenn wir St. Helena von der Rechnung ausschließen. Aber gerade die abnormen Verhältnisse auf St Helena sind sehr lehrreich. Die untere Station, Jamestown, ist außerordentlich trocken, und die von hier aufsteigende Luft befolgt im Frühjahr und Sommer (Regenmenge 6 und 22 mm) nahezu das Gesetz der Temperaturabnahme dampfleerer Luft Im Herbst steigt die Regenmenge auf 49 mm, und dem entsprechend sinkt die Wärmeabnahme auf 0,88®; im Winter endlich erreicht die Niederschlagshöhe ihr Maximum (68 mm) und die Wärmeabnahme ihr Minimum. Dieses Beispiel beweist, daß für isolierte Anhöhen die aufsteigende Luft die fast ausschließliche Wärmequelle ist.

Die Abnahme der Temperatar mit der Höhe.

57

während sie in ausgedehnten Gebirgen gegenüber der Wärmearuf- nahme und Ausstrahlung der Abhänge und Thalflächen naturgemäß etwas zurücktritt

Im Winter ist die Luft in der Regel viel feuchter, als im Sommer; schon aus diesem Grunde muß die Temperatur im Winter am lang- samsten, im Sommer am raschesten mit der Höhe abnehmen. Wenn Bengalen davon eine Ausnahme macht, so erklärt sich dies daraus, daß hier der Sommer den Winter an Feuchtigkeit übertriflft. Auch die tägliche Periode ist überall scharf ausgeprägt. Aus dem Ver- gleiche der nahe benachbarten, frei gelegenen Bergstationen Sonn- blick und Kolm-Saigum ermittelte Tbabebt^ für die Nachthälfte eine mittlere Abnahme von 0,66®, für die Tageshälfte eine solche von 0,66« für je 100 m.

Die folgende Tabelle giebt als Beispiele des Bergklimas die mittleren Monats- und Jahrestemperaturen der drei höchsten, unter verschiedenen Breiten gelegenen Beobachtungsstationen. Zum Ver- gleiche fügen wir Upemivik an der grönländischen Westküste, die nordlichste Station der Erde mit langjährigen Beobachtungen, bei.

Alpen*

Sonnblick

Geogr. Breite Höhe m

Dezember Janaar . Februar .

März April Mai

Juni Juü August .

September Oktober . November

Jahr . .

47» 3' N. 3105

-12,4« -12,9

-13,0*

-11,8

- 8,0

- 4,«

- 1,0

1,5

- 1,0

- 4,.

- 9,7

- 6,3

Felsengrebirgre.l Andes.

Pikes Peak , Antisana

38<> 50' N. 4308

-14,80 -16,4* -15,6

-13,4 -10,4

- 5,8

0,«

4,*

3,t

0,a

- 5,8 -11,8

- 7,1

0'>21' S. 4060

6,0 0

6,2

5,1

5,6

5,.

5,5

4,»

3,»»

3,0

4,0

5,0

5,5

4,0

Grönland.

Upernivik

72'» 47' N.

-14,t0

-21,1

-23,6*

-21,1 -13,1

- 3,7

1,« 4,0 0,0

- 4,2

- 8,8

- 8,2

Es ist eine landläufige Vorstellung, daß das Bergklima in größeren Höhen einen polaren Charakter annehme. Nun findet man allerdings die mittleren Jahrestemperaturen des Sonnblick oder des Pikes Peak in der arktischen Zone wieder, aber selbst

58 Die Lufthülle.

das durchschnittlich kältere Upernivik hat einen wärmeren Sommer und Herbst, als die Hochgipfel der Alpen und des Felsengebirges. Ebenso auffällig ist der Kontrast von Antisana und Westeräs an der schwedischen Küste unter 50^37'. Die Jahrestemperatur ist an beiden Orten dieselbe, aber die tiefste Monatstemperatur ist an letzterem 4,e^ und die höchste 16,3^ Das Höhenklima unterscheidet sich also vom polaren wesentlich durch kühle Sommer und verhältnis- mäßig milde Winter.

Aber es besitzt noch einen anderen Vorzug, der selten ent- sprechend gewürdigt wird. Die mittleren Temperaturen einer Be- obachtungsstation sind Schattentemperaturen; in den alpinen Hochthälem ist aber bei vorwiegend heiterem Himmel und Wind- stille die Insolation außerordentlich kräftig, und daher im Winter der Unterschied zwischen Sonnen- und Schattentem])eratur, der in der polaren Nacht natürlich wegfällt, sehr bedeutend. In Davos (1650 m hoch) stieg z. B. die Lufttemperatur am 30. Dezember 1873 nicht über —12,8®, aber in der Sonne zeigte das Thermometer um 9 Uhr Morgens 25,6« und um Vf^ Uhr Nachmittags 38,6®. Von dem bekannten Kurorte Meran sagt Fuchs, daß vom Dezember bis März die Nächte Winter, die Tage aber sommerliches Frühjahr seien. Auch im Sommer ist der Unterschied zwischen Sonnen- und Schattentemperatur bedeutender als in der Ebene. Er beträgt nach H. Hoffmann ^ im Juli und August in den Alpen 16,4«, in Gießen (an den gleichen Tagen gemessen) dagegen nur 4,9®. Im Gebirge ist die Luft trockener und reiner, während im Tief lande der größere Dampfgehalt, die größere Dichtigkeit und die Trübung der untersten Luftschichten einen beträchtlichen Teil der eingestrahlten Sonnen- wärme absorbiert.

Wärmeumkehr im Gebirge. Die Beobachtungen auf dem Eiffel- türme haben uns gelehrt, daß in der Nacht der Boden regelmäßig so stark erkaltet, daß eine Wärmeumkehr, d. h. eine vertikale Temperaturzunahme eintritt, die aber viel geringfügiger ist, als die Abnahme in den Tagesstunden. In Gebirgsländem kann sie jedoch im Winter ein dauernder Zustand werden, der bei Tag wie bei Nacht wirksam ist. Grundbedingung ist ein hoher Barometerstand, der heiteres, ruhiges Wetter erzeugt; günstig wirkt auch eine dichte Schneedecke, da diese durch Ausstrahlung außerordentlich intensiv erkaltet. Diese Temperaturemiedrigung teilt sich nur den untersten Luftschichten mit, die bei vorherrschender Windstille sich ruhig über dem Thalboden lagern. Zwar erkalten auch die Berggehänge und Gipfel, aber hier ist die Luft immer etwas bewegt, und die dem Boden unmittelbar auflagernden kalten Schichten können sich

Die Abnahme der Temperatur mit der Höhe.

59

mit den wärmeren der freien Atmosphäre mischen. Dann ragen die Bei^e als Wärmeinseln aus dem kalten Meere der Thäler und Ebenen hervor, und es können Wochen vergehen, bis der normale Zustand wieder hergestellt ist Solche Umkehrperioden tragen natür- lich auch dazu bei, die mittlere winterliche Temperaturabnahme zu erniedrigen, wenn wir die Beobachtungen an Ebenen- oder Thal- stationen der Berechnung derselben zu Grunde legen.

Geographisch bedeutsam wird die Wärmeumkehr aber nur dort, wo sie auch in langjährigen Mittelwerten zum Ausdrucke kommt, also zum habituellen klimatischen Charakter gehört. In den Alpen sind, wie Hann ^ zififemmäßig nachwies, alle Thäler, welche gegen die herr- schende Windrichtung abgeschlossen sind, durch diese Abnormität ausgezeichnet, und daraus erklärt es sich, daß die menschlichen Wohnstatten mit auffallender Begelmäßigkeit selbst breite, frucht- bare Thalsohlen meiden und sich auf die Gehänge zurückziehen. Das Engadin und das kärntnische Drauthal sind schon lange bekannte klassische Beispiele dafiir. Sils im Engadin (1810 m hoch) ist im Januar ( 8,0 ^ fast ebenso kalt als der St. Bernhard in 247 8 m H. ( 8,3), und Bevers, nur 1715 m hoch gelegen, hat sogar —9,7^, ist also um 4,9® kälter als der 75 m höhere, aber isolierte Eigi. Im Drauthale nimmt in der Regel die Temperatur normal mit der Höhe ab, im Winter sind aber noch die Stationen in 1 600 m H. wärmer als die 1000 m tieferen Thalsohlen.^ Im Gebiete des ostsibirischen Kälte- pols rufen dieselben Ursachen dieselbe Wirkung hervor. Auf dem ca. 2200 m hohen Alibertberge ist nach Wobikow die Temperatur im Januar um höher als im benachbarten Irkutsk (460 m h.), da- gegen im Juli in ganz normaler Weise um 6,6® und im Jahresmittel um 5,1® tiefer.

Plateaus. Über ausgedehnten Plateaus, die stellenweise, wie z. B. im südlichen Zentralasien, zu alpiner Höhe ansteigen, werden die untersten Luftschichten in derselben Weise erwärmt, wie über

X

Stationen

Höhe m

Januar

April

Juli

Oktober

Jahr

Klagenflirt

440

-6,.«

8,.»

18,.«

8,.»

7,«»

Kappel

560

-5,.

6,T

17,4

8,1

6,.

Fellach

805

-4,0

5,.

15,.

7,5

6,.

ünterschfiff-

1er Alpe

1063

-3,6

4,.

15,1

6,»

5,»

Obirl

1230

-4,»

4,5

14,0

6,1

4,'

Obirll

1612

-5,1

8,1

12,,

5,»

3,7

Hoch-Obir

2047

-6,.

1,»

9,«

2,»

0,.

60 Die Lufthttlle.

dem Tief lande. Von einer Wärmemitteilung durch aufsteigende Luft- massen aus der Tiefebene kann keine Rede sein, am wenigsten bei den großen, gebirgsumschlossenen Tafelländern der Erde. Man könnte daraus schließen, daß hier die Seehöhe ohne Einfluß auf die Tempe- ratur sei. Allein die Beobachtungen beweisen, daß hier dasselbe Gesetz zu Recht besteht, wie für die freie Atmosphäre und das Ge- birge, nur ist die Ursache eine andere. Die Luft über den Hoch- ebenen ist dünner als über dem Tief lande, daher wird der Boden und die untere Luftschicht zwar rasch erwärmt, aber ebenso rasch abgekühlt. An hellen 8ommertagen mag es hier ebenso heiß sein^ als wenige Meter über dem Meeresniveau, aber die Nächte sind be- deutend kälter, und dieser Gegensatz steigert sich mit der Seehöhe. Daher muß die letztere auch in der Tagestemperatur zum Ausdrucke kommen, denn diese ist ein 24 stündiges Mittel, oder wenigstens auf ein solches reduziert

Es wäre für den Geographen von höchster Wichtigkeit, das Maß der Temperaturabnahme auf den Hochebenen festzustellen. Leider stoßen wir hier auf zwei bedeutende Hindernisse. Von den großen Tafel- ländern der Erde besitzen wir mit Ausnahme des nordameri- kanischen — nur spärliche und kurze Beobachtungen. Wir sind femer meist darauf angewiesen, Plateau- und Tieflandstationen mitein- ander zu vergleichen, aber diese liegen häufig weit entfernt vonein- ander und stehen unter verschiedenen klimatischen Bedingungen. Ein Vergleich der Stationen auf dem Prairienplateau und am Mississippi ergiebt folgende Temperaturabnahme für je 100 m:

Winter 0,54**, Frühling 0,87®, Sommer 0,!ii^, Herbst 0,«®, Jahr 0,88®.

Die jährliche Periode nimmt also den umgekehrten Verlauf, wie im Gebirge, weil im Sommer auch die Erwärmung der Hochflächen eine bedeutende ist, und die Abnahme der mittleren Jahrestemperatur ist etwas geringer. Ein etwas anderes Resultat liefert der Vergleich von Hasaribag und Barhampur in Bengalen:

Winter 0,4i®, Frühling 0,i8®, Sommer 0,87®, Herbst 0,m®, Jahr 0,8t®.

Wie die Wahl der Vergleichsstationen die höchste Vorsicht er- fordert, zeigt folgendes Beispiel. Valparaiso und das um 489 m höher gelegene Santiago, nur 110 km voneinander entfernt, scheinen zu einer Untersuchung über die vertikale Temperaturänderung vollkommen geeignet zu sein. Santiago ist im Juli (Winter) um 4,3® kälter als Valparaiso, von November bis März dagegen wärmer, im Januar sogar um 2,3®. Ist da der Schluß gestattet, daß die Temperatur im Sommer mit der Seehöhe zunimmt? Keineswegs, denn Valparaiso repräsentiert das unter dem Einflüsse der kalten Meeresströmung

Die Abnahme der Temperatur mit der Höhe. 61

stehende Küstenklima, Santiago das Binnenklima; sie sind daher nicht miteinander vergleichbar. Santiago wäre jedenfalls noch viel wärmer, wenn es tiefer läge. Nördlich vom 27° B. zeigen die chilenischen Inlandstationen auch im Winter eine scheinbare vertikale Tem- peraturzunahme, die in der Wärmeausstrahlung der kahlen Felsen und in der Abwesenheit der Eüstennebel begründet ist

Aeduktion der Temperatur auf das Meeresniveau. Von den großen Faktoren, die die mathematische, d. h. allein von der geo- graphischen Breite abhängige Wärmeverteilung auf der Erdoberfläche modifizieren, haben wir den am meisten wechselnden, die Seehöhe, soeben kennen gelernt Wir können ihn ausschließen, indem wir die beobachteten Temperaturen auf das Meeresniveau reduziren; wenn wir sodann die Orte mit gleicher Temperatur durch Linien (Isothermen) miteinander verbinden, so gewinnen wir ein einfaches und übersichtliches Bild, das uns die Ursachen der thatsächlichen Wärme Verteilung sofort verrät

Die Frage nach dem besten Reduktionsmaßstabe dürfte wohl kaum jemals mit Sicherheit zu beantworten sein. Für die beiliegen- den Isothermenkarten wurden die von Wild benützten Werte (Ab- nahme für 100 m im Jahresmittel 0,47*^, im Januar 0,36®, im Juli 0,69®) angewendet Sie empfehlen sich deshalb, weil es sich ja meist um Plateaustationen handelt und hier die Wärmeabnahme etwas langsamer stattfindet als im Gebirge. Eine andere Frage ist die, ob ein einheitlicher Maßstab für die ganze Erde angewendet werden darf. Solange wir über die Temperaturabnahme auf Hochebenen nicht besser unterrichtet sind, als jetzt, ist dies Verfahren jedenfalls nicht nur das bequemste, sondern auch sicherste. Denn wollte man 2. B. fiir Nordamerika und Vorderindien die auf S. 60 angegebenen Werte benützen, so müßte man erst untersuchen, ob sie nicht bloß lokale Bedeutung haben und auf große Länderkomplexe angewendet werden dürfen. Wollte man aber fiir jeden einzelnen Fall ein eigenes Reduktionsmaß berechnen, so käme man zu demselben Resultate, wie wenn man alle Stationen mit größerer Seehöhe ausschließen würde. Ein einheitlicher Maßstab liefert zwar nur ein ideales, aber jedenfalls ein einheitliches Bild. Er muß aber auch dann in An- wendung kommen, wenn thatsächUch die Temperatur mit der Höhe zunimmt; denn nur auf diese Weise wird z. B. die Kälte des Thal- bodens im Draugebiete auf der Isothermenkarte des Januar klar her- vortreten, während eine umgekehrte Reduktion alle örtlichen Eigen- tümlichkeiten verwischen würde. Man muß sich nur stets vor Augen halten, was das Isothermenbild eigentlich darstellen will. Es sagt uns nicht, so würde die Wärmeverteilung sich gestalten, wenn die

62 Die Lufthfllle.

ganze Erdoberiläche eine ununterbrochene Ebene im Meeresniveau wäre; sondern es setzt die wirklichen Terrain Verhältnisse mit allen ihren modifizierenden Einflüssen voraus, und elimiert nur die ther- mische Wirkung der Seehöhe.

Litteraturn achweise. ^ Anoot, Sur la d^croissance de la temperator dans Tair avec la bauteur, in den Comptes rendus der Pariser Akademie d. Wissensch. Bd. CXV, 1892. ' Finstebwaldeb u. Sohncke in der Meteoro- logischen Zeitschrift 1894, S. 361. Vgl. auch Sohnckes akademische Festrede ,,Qber die Bedeutung wissenschaftlicher Ballonfahrten", München 1894. ' Hanh, Studien über die Luftdruck- und Temperaturverhältnisse auf dem Sonnblick- gipfel, in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie d. Wissenschaften, Math.- naturwiss. Klasse, 1891, Bd. C. ^ Meteorologische Zeitschrift 1 886, S. 178. ^ Hank, Die Temperaturverhältnisse der österreichischen Alpenländer, in d. Sitz.-Ber. d. Wien. Akad. d. Wiss., Matb.-naturw. Kl. 1884—85, Bd. XC, XCl u. XCII. Hanns Werte für die Ostalpen, aus der Combination sämtlicher Temperaturmittel nach der Methode der kleinsten Quadrate gewonnen, sind wohl die zuverlässigsten, welche jemals für ein Gebirge berechnet winden. ^ Trabert, Der tägliche Gang der Temperatur und des Sonnenscheins auf dem Sonnblickgipfel, in den Denkschriften der Wiener Akademie d. Wissensch., Math.-naturwiss. Kl. Bd. LIX, 1892. Die Arbeit bietet auch in theoretischer Beziehung viel beachtenswertes. ^ Hoffhann in der Zeitschrift der oster- reichischen Gesellschaft für Meteorologie, 1882, S. 123.

Die horizontale Verteilung der Temperatur.

(Vergl. Karten HI bis VIL)

Wir haben oben (S. 45) die relativen Wärmemengen kennen gelernt, welche die verschiedenen Breiten von der Sonne empfangen würden, wenn die Erde nicht von Luft umhüllt wäre. Es muß nun einen Schritt weiter gegangen, es muß der Wärmebetrag festgestellt werden, den die Luft bei dem Durchgange der Sonnenstrahlen absorbiert; und es muß endlich festgestellt werden, wie sich die verschiedenen Erd- oberflächen zu derjenigen Wärmemenge, die bis auf den Boden ge- langt, verhalten. Denn Land und Wasser empfangen, wenn sie auch unter gleicher Breite liegen, wegen der ungleichen Reflexion der Sonnenstrahlen verschiedene Wärmemengen, und zwar wie Zenksb^ nachgewiesen hat, das Wasser überall weniger als das Land. Mit der Polhöhe steigert sich dieser Gegensatz, weil die Reflexion mit dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen wächst. Daß die Luft über dem Lande in der Regel trockener ist, als über dem Meere, und daher mehr Wärme durchläßt, kommt noch als weiterer umstand hinzu. Entscheidend ist aber nicht die Wärmeaufnahme, sondern die Art und Weise, wie die Wärme festgehalten wird, luid in dieser Beziehung ist das Wasser im Vorteile. Auf dem Lande wird nur eine dünne Schicht erwärmt und die Wärme rasch wieder an die

Die horizontale Verteilung der Temperatur. 63

Luft abgegeben; das Wasser wird dagegen schon direkt bis zu grö- ßeren Tiefen von der Sonne durchstrahlt, und außerdem gestattet die Beweglichkeit der einzelnen Teile den während der Nacht und im Winter erkalteten oberen Schichten, als den schwereren, zu Boden sinken und wärmeren Schichten ihren Platz einzuräumen. Das Land erhält viel Wärme, aber es geht verschwenderisch damit um; das Wasser hält seinen geringeren Vorrat sparsam zusammen und speichert Wärmemengen für die kalten Perioden auf. Daraus folgt unmittelbar: 1) daß die Temperatur über dem Wasser bei Nacht und im Winter höher und bei Tag und im Sommer niedriger ist als auf dem Lande, oder mit anderen Worten, daß das Landklima größeren täglichen und jährlichen Schwan- kungen unterworfen ist, als das Seeklima; 2) daß die mitt- lere Jahrestemperatur in höheren Breiten, wo die kalten Perioden lange andauern, auf der See, in niederen Brefiten auf dem Lande höher ist

S'ormale Temperaturverteilung. Wir haben bisher nur von rela- tiven Wärmemengen gesprochen; aber diese müssen erst in die gemein- verständliche Sprache der Temperaturgrade übersetzt werden, um für die klimatologische Betrachtungsweise überhaupt brauchbar zu wer* den. Das ist der heikle Punkt der modernen Methode, denn es giebt kaum eine meteorologische Station, von der wir mit Bestimmt- heit behaupten können, daß sie reines See- oder Landklima besitze; und es ist daher begreiflich, wenn Zenker, der sich mit diesen Untersuchungen hauptsächlich beschäftigt, noch immer bestrebt ist, seine Werte zu verbessern. Die zuletzt gefundenen sind folgende:^

»reite

Landklima

Seeklima

Unterschied (Landklima-Seeklima)

0^

sejs«»

26,1»

+ 10,««

10

35,3

25,t

+ 9,.

20

30,9

28,0

+ 7,.

30

24,0

19,.

+ 4,'

40

14,7

14,»

+ 0,*

50

3,T

8,4

- 4,T

60

- 8,^

1,0.

-10,1

70

-18,1

- S,i

-14,,

80

^22,7

- 5,»

-16,.

90

-24,3 .

- 6,'

-17,5

Am Äquator ist das Landklima dem maritimen am meisten über- legen; dann nähern sich beide Elimate immer mehr, bis sie unter 42^ B. einander gleich werden; von da ab ist das Seeklima wärmer, und es wird immer wärmer, je mehr wir uns dem Pole nähern, freilich unter einer Voraussetzung, die in der Natur nicht erfüllt wird:

64

Die Lufthalle.

daß nämlich das Wasser nicht gefriert Wir nennen die Zone zwischen 0 und 42^ B. die innere und die Zone zwischen 42 und 90^ B. die äußere. Die mittlere Temperatur der Erde würde ihren höchsten Grad erreichen, wenn die innere Zone nur aus Land und die äußere nur aus Wasser bestünde, und im umgekehrten Falle ihren niedrigsten Wert erlangen. Es ist leicht einzusehen, daß beide Extreme für die Be- wohnbarkeit der Erde durch Landorganismen gleich ungünstig wären. In Wirklichkeit liegen zwischen 80*^ N. und 50** S. Land und Wasser in meridionalen Streifen nebeneinander, und nun tritt nicht bloß, wie unter allen Umständen, ein Wärmeaustausch in meridio- naler, sondern auch in ostwestlicher Richtung ein, denn stets müssen verschieden temperierte Räume, die miteinander korrespondieren, einen Ausgleich anstreben. Selbst wenn wir annehmen, daß im innersten Teile

J/tf*r»

Land

Mr^r

Litifd

Fig. 18. NormaMsothermen.

der Land- und Meeresstreifen reines Land- bezw. reines Seeklima sich noch erhalten könnte, so wird doch gegen die Ränder hin stets eine Mischung eintreten und die beiden Klimate sich immer mehr einander nähern. Dieser einfachste Fall ist in Fig. 18 dargestellt Land und Meer sind als regelmäßige Streifen zwischen 80 ^N. und 50 ^S. gedacht Im mittleren Meridian dieser Streifen sind den Temperaturen von 5 zu 5^ diejenigen Stellen angewiesen, die ihnen nach dem Solar- klima zukommen, und die Orte gleicher Temperatur sind durch Linien (sog. Isothermen) miteinander verbunden. Das sind die Normaliso- thermen unter der Voraussetzung, daß Land und Wasser in meridio-

Die horizontale Verteilung der Temperatur. 65

nalen Streifen nebeneinander lagern; sie weichen mit Ausnahme der Isotherme in 42® B. (in der Figur annähernd die 15® Isotherme) überall von dem Verlaufe der Parallelkreise ab, indem sie in der inneren Zone vom Meere gegen das Land, in der Hußeren vom Lande gegen das Meer polwärts ansteigen. Auf dem Lande treten in der äquatorialen und polaren Zone sogar in sich geschlossene Isothermen- sYsteme auf. Aber obwohl Wärmeänderungen auch in ostwestlicher Richtung sich Yollziehen, so bleibt doch stets das Grundgesetz des solaren Klimas gewahrt, indem in jedem Meridian die Temperatur vom Äquator gegen die Pole hin stetig abnimmt.

Abweichungen. Vergleichen wir dieses Normalbild mit der Karte der Jahresisothermen (Karte III), so werden wir von dem hohen Grade der Übereinstimmung beider überrascht sein, soweit es die Grundgesetze der Temperaturabnahme mit wachsender Breite und der IsothermenkrOmmung betrifft Aber neben der Übereinstimmung gewahren wir auch auffallende Abweichungen von dreierlei Art Winde und Meeresströmungen bewirken Wärmeverschiebungen, ab- norme Elrwärmungen auf der einen und damit notwendigerweise Erkaltungen auf der anderen Seite. Es ist eine der wichtigsten physikalischen Thatsachen und auch für die Entwicklung des Menschengeschlechts yon weitest tragender Bedeutung, daß fast die ganze nördliche gemäßigte und kalte Zone wärmer ist, als ihr der Breite nach zukommt, und daß die heiße Zone, vor allem die süd- liche, diesen uns so erwünschten Wärmezuschuß deckt In die nörd- lichsten Teile der Kontinente dringt das Seeklima so weit ein, daß mit Ausnahme des inneren eiserfiillten Grönlands selbst die niedrig- sten Jahrestemperaturen höher sind, als die den betreffenden Breiten entsprechenden Werte des solaren Landklimas; offenbar eine Folge davon, daß das Land in den höheren Breiten abbricht Würde Asien über den Pol mit Amerika zusammenhängen, so würden in 60 und 70° B. viel niedrigere Temperaturen auftreten, als es thatsächlich der Fall ist Auch in der Tropenzone löst sich das Land auf, auch hier siegt das See- über das Landklima, und selbst die höchsten beobachteten Jahrestemperaturen erreichen nicht die Wärmegrade des reinen solaren Landklimas, das einen großen Teil der Kontinente unbewohnbar machen würde. Auf dem Indischen Ozean bewirkt die große kontinentale Umrahmung eine deutliche Wärmeerhöhung; hier hat sich der Ausgleich zwischen Land- und Seeklima wirklich vollzogen, indem das erstere erniedrigt, das letztere erhöht wurde, während im südtropischen Teile des Atlantischen Ozeans die Strömimgen den Einfluß des umgebenden Festlandes so sehr unterdrücken, daß es entschieden als zu kalt erscheint. Da-

SiTAX, PbjBlaohe Erdkunde. 2. Aufl. 5

66 Die Lufthülle.

gegen ist der ganze Norden zu warm, und diese Abnormität tritt besonders in den höheren Breiten schärfer hervor. Die Isothermen dringen hier mit den warmen Meeresströmungen durch eine offene Pforte viel weiter gegen Norden vor, als im abgeschlossenen Pazifischen Ozean. Diese größte Meeresfläche endlich wird von dem Landklima nur wenig beeinflußt, die Strömungen sind nicht sehr energisch entwickelt, und die Wärmeverteilung dürfte hier am meisten den theoretischen Voraussetzungen entsprechen.

Die Scheitel unserer Normalisothermen in Fig. 18 liegen in der Mitte der Festländer und Meere, und die Krümmung verläuft regel- mäßig. Bei den wirklichen Isothermen ist dies nicht der Fall, die Scheitel sind alle nach Osten verschoben, in die Nähe der Ränder der Kontinente und Meere, und infolge dessen sind sie am Westrande des Festlandes mehr oder weniger scharf geknickt, während sie am Ost- rande in sanftem Schwünge verlaufen. Die innere und äußere Zone unterscheiden sich nur insofern, als dort die polwärts, hier die äquator- wärts gerichteten Scheitel geknickt sind; dort liegt die abnorme Stelle an der Vorderseite, hier im Rücken der herrschenden Winde, aber in beiden Fällen sind die Winde die Ursachen der Verschiebung.

Diese Isothermengestaltung ist nur der Ausdruck des Gesetzes, daß die Westküsten in höheren Breiten wärmer, in niederen Breiten kälter sind als die Ostküsten. Theoretisch sollten ja beide Küsten nahezu gleich warm sein, unter dem Einfluß der Westwinde verschiebt sich aber in der äußeren Zone unserer Halbkugel das Seeklima im Westen weit in das Land hinein, und ebenso verschiebt sich das Landklima gegen die Ostküste und macht seinen erkältenden Ein- fluß noch weit in das Meer hinaus geltend. In der Zone der Passate sind auch die von diesen Seewinden getroffenen Küsten die wärmeren, aber die Verkettung von Ursache und Wirkung ist hier eine andere. Hier schiebt sich ein Zwischenglied ein, das wir erst später genauer kennen lernen werden: die Erkaltung des Meerwassers an den Westküsten Afrikas und des tropischen Amerikas durch Auf- steigen von Tiefenwasser imd Zufluß polaren Wassers. Wo dieses kalte Küstenwasser fehlt, wie in Australien, da ist die Ostküste die kühlere, weil sie vom Seewind überweht wird und das tropische Seeklima ja kälter ist als das Landklima.

Die dritte Unregelmäßigkeit besteht endlich in der stellenweisen Wärmezunahme mit wachsender Breite. Der Grund liegt in der horizontalen und vertikalen Gliederung des Festlandes, im Wechsel von Land und Wasser längs eines Meridians, in Vegetationsverhält- nissen, in Meeresströmungen u. s. w. Verbindet man, wie es auf Karte VII geschehen ist, die heißesten Punkte der Meridiane mitein-

Die horizontale Verteilang der Temperatar. 67

ander, so erhält man den thermischen Äquator, der in höchst unregelmäßiger Weise zwischen 26® N. und S. hin und her schwankt und den mathematischen Gleicher stellenweise kreuzt Daß er im Pazifischen Ozean auf die Südhemisphäre hinübertritt, ist wohl in den Strömungsverhältnissen begründet, sonst liegt er aber fast durchaus auf unserer Halbkugel und bewegt sich auf den Fest- ländern am weitesten polwärts. Warum er in Afrika, wo am wirk- lichen Äquator doch auch breites Land ist, so weit nach Norden sich verschiebt, mag auffallen, ist aber ohne weiteres erklärlich, wenn man erwägt, daß er eine Wüste durchzieht, die im Sommer außerordentlich sich erhitzt und ihre Wärme den untersten Luft- schichten mitteilt, während am Gleicher das Land mit Vegetation bedeckt ist Deshalb liegt auch in Amerika die heißeste Stelle nicht im üppig bewaldeten Äquatorialstreifen, sondern im trockenen Binnenlande Mexicos.

Ob die Pole die kältesten Punkte der Erdoberfläche sind, wie es das solare Klima verlangt, wissen wir nicht In Bezug auf den Südpol läßt sich nicht einmal eine Vermutung aussprechen, auf der nördlichen Halbkugel deutet manches darauf hin, daß der thermische Pol etwas gegen Amerika verschoben ist Der kälteste Ort, von dem wir eine zusammenhängende Beobachtungsreihe haben, ist die Lady Franklin-Bay an der Ostktiste von Grinnellland (82^ 27' N.) mit einer mittleren Jahrestemperatur von —20*^. Außer dem hypothe- tischen Kältepole giebt es aber noch ein paar Kältezentren, wo nach allen Seiten, auch gegen Norden die Temperatur abnimmt: das eine im grönländischen Inlandeise, das andere in Ost- sibirien, das aber auf unserer Karte nicht zur Darstellung gelangt, weil die geschlossene Isotherme von 17® im Janagebiete in das von uns adoptierte Dezimalsystem nicht hineinpaßt Auffallender- weise finden wir in Nordamerika kein Gegenstück dazu; es erklärt sich das, wenn auch noch keineswegs zur vollen Befriedigung, aus der winterlichen Wärmeverteilung, zu deren Besprechung wir jetzt über- gehen.

Wärmeverteilung in den extremen Monaten^ Die mittlere Jahres- temperatur ist eigentlich ein imaginärer Wert, denn die Sonne wandert im Verlaufe eines Jahres von einer Hemisphäre zur anderen, und mit ihr das ganze Isothermensystem, der Wärmeäquator sowohl, wie die beiden Grenzlinien zwischen der inneren und den äußeren Zonen. Nur in den XJbergangsjahreszeiten nähert sich die Wärmeverteilung dem mittleren Zustande, im Januar und Juli weicht sie am meisten davon ab. Aber nicht im gleichen Sinne. Alles was wir früher als Abweichung vom Normalen bezeichnet haben, gelangt in der

68 Die Lufthülle.

inneren Zone im Sommer, in der äußeren im Winter zur höchsten Entfaltung. In diesen Jahreszeiten bleibt fllr die betreflFende Zone der Charakter der Jahresisothermen zwar gewahrt, ist aber bis zum Extrem verzerrt. Man ersieht das am besten aus der Knickung der Isothermen, die immer einen schroffen Übergang vom See- zum Landklima unter gleicher Breite anzeigt Im Sommer schwächt sich in der äußeren und im Winter in der inneren Zone der Gegensatz von Wasser und Land ab, und der Einfluß der Polhöhe gewinnt an Bedeutung.

Der thermische Äquator liegt im Januar (s. Karte IV) zum größten Teil in der Südhemisphäre, am weitesten ausgebuchtet auf den Kontinenten, wo in den trockenen Gebieten die Hitze über 30*^ steigt, in Südamerika allerdings nur im westlichen Argentinien, wäh- rend das innere Australien ein wahrer Glutofen ist, ähnlich wie die Wüstendistrikte Nordafrikas und Vorderasiens im Juli. Die innere Zone umfaßt alle südlichen Festländer, auf unserer Halbkugel be- ginnt die äußere Zone aber schon zwischen 10^ und 20^ B. Unsere Aufmerksamkeit wird hier weniger durch die pazifischen Verhält- nisse gefesselt, als durch jene im Umkreise des Atlantischen Ozeans vom Felsengebirge bis zum Ostrande Asiens. Hier wirkt der Golf- strom in der That als Warmwasserheizung, aber nur das europäische Gestade überfluten die herrschenden Westwinde mit lauen atlan- tischen Lüften, an der Ostküste der alten und neuen Welt kommen sie als kalte Landwinde an. Der Gegensatz von West und Ost wird noch dadurch verschärft, daß die Seewinde an den Westküsten feucht sind: der bewölkte BUmmel hindert die Ausstrahlung, die bei der Kondensation des Wasserdampfes frei werdende Wärme erhöht die Temperatur. Die entgegengesetzte Wirkung hat das trockene klare Wetter an der Ostküste Asiens. Dagegen sind die kalten Polarströme an den Ostseiten der Nordkontinente von geringerer thermischer Bedeutung. Sie sind schmal, und ihre Temperatur wird nicht durch die herrschenden Winde den benachbarten Küsten- strichen mitgeteilt, wie die der warmen Strömungen den westlichen Gestaden. Nur in der nordostasiatischen Inselwelt, die an der Westküste von einem Zweige des warmen Kuro Schio und an der Ostküste von einer kalten Strömung aus dem Ochotskischen Eis- meere berührt werden, entstehen Gegensätze, die im Kleinen den Kontrast zwischen den West- und Ostseiten der Kontinente wieder- holen. Noch gewaltiger ist der Unterschied zwischen dem winter- lichen Land- und Seeklima. Der Ostschenkel der atlantischen Iso- thermenknickung nimmt einen meridionalen Verlauf, ja wendet sich zum Teil sogar widersinnig gegen Südwesten und Westen. So wird

Die horizontale Verteilung der Temperatur.

die Wärmeabnahme in der alten Welt von West nach Ost stärker als Ton Süd nach Nord. Zwischen der südlichsten und nördlichsten Stadt Europas, Tarifa und Hammerfest, beträgt sie durchschnittlich für 100 km 0,44^, dagegen zwischen Europa und Westsibirien, auf das gleiche Maß reduziert, im 56. Parallel 0,6i^ und im 63. sogar 0,82®. Die 0^- Isotherme tiberschreitet an der norwegischen Küste den Polarkreis, sinkt im östlichen Asien bis zum 34. Breitengrade herab, steigt dann in Japan wieder bis 40^ und an der amerikanischen Westküste bis 59®, um im Innern der Union bis 38® herabzusinken und die Ostküste unter ca. 40® B. zu erreichen. Schanghai unter der Breite von Alexandrien hat dieselbe mittlere Januartemperatur wie Thorshaven auf Färöer unter 62® B. und die amerikanische Ost- küste in der Breite von Sizilien. Am schroffsten sind die Gegen- satze an den atlantischen Gestaden, wo in Eristiansund und Aale- sund an der norwegischen Küste die mittlere Tagestemperatur nie unter sinkt, während an der amerikanischen selbst die mittlere Monatstemperatur auf —20® und darunter fällt

Alle Isothermenkarten verzeichnen in Ostsibirien ein Eälte- zentrum von enormer Tiefe. In Breiten, wo die Lufttemperatur auf dem Atlantischen Ozean sich über dem Gefrierpunkte hält und die norwegische Küste so warm ist, wie das pontische Gestade Süd- rußlands, beträgt die mittlere Jahrestemperatur in Jakutsk (62® N.) —42,8®, sie sinkt in Werchojansk am Janaflusse auf —52,7® und steigt in Ustjansk an der arktischen Küste wieder auf —41,4®. Dies ist die Gegend, wo überhaupt die tiefsten Temperaturen beobachtet wurden: so in Irkutsk —62® und in Werchojansk —68®, während als absolutes Minimum auf der westlichen Hemisphäre (am Floeberg Beach) bisher nur —58,7® notiert wurde. Indes hat Woeikow Zweifel an der lüchtigkeit der üblichen Darstellung, der auch wir gefolgt sind, ausgesprochen. Er hat darauf aufinerksam gemacht, daß die Stationen hier alle in den Thälem liegen, und daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Temperatur im Winter mit der Höhe zunimmt Die tiefsten geschlossenen Isothermen müßten also schmale Kältebänder entlang den Flußläufen umsäumen, anstatt in weiter Ausdehnung Berg und Thal zu umschließen. Aber selbst wenn wir uns dieser Auffassung anschließen, eines ist unzweifelhaft, die außer- gewöhnliche Erkaltung Ostsibiriens im Vergleiche zu den Binnen- landschaften Nordamerikas in gleicher Breite. Wir werden bei Besprechung der Luftdruckverteilung in Ostsibirien ebenso abnorme Verhältnisse ausgebildet finden, und unzweifelhaft besteht zwischen beiden meteorologischen Elementen eine Wechselbeziehung. Schon an der Grenze zwischen West- und Ostsibirien sinkt das Thermo-

70 Die LufthüUe.

meter bei Windstille im Winter außerordentlich tief, während alle stärkeren Winde die Temperatur erhöhen, gleichgültig aus welcher Himmelsrichtung sie wehen. Bei Windstille stagnieren die durch die heftige Ausstrahlung des schneebedeckten Bodens erkalteten unteren Luftschichten, und es kommt, um sehr tiefe Temperatur- grade zu erzeugen, nur darauf an, daß Kalmen vorherrschen. Das ist nun in Ostsibirien der Fall. Die hügelige Natur des ganzen Landes, die ziemlich hohe Scheidewand, die das Stanowoi-Gebirge zwischen Ostsibirien und dem Pazifischen Ozean aufrichtet, hindern den Abfluß der kalten Tiefenluft zu den umgebenden Gebieten niederen Barometerstandes; während die Luft des canadischen Mackenzie- beckens, das sonst unter ähnlichen Bedingungen steht, wie Ostsibirien, nach Norden, Osten, Süden freie Bahn findet.

Ein zweites Eältezentrum bildet die Eiswüste Grönlands, wo Nansen in Seehöhen von über 2000 m schon im September 1888 Nächte erlebte, in denen sein nur bis —30® gehendes Thermometer völlig versagte. Mohn* berechnete auf konstruktivem Wege ein Minimum von —45®! Es dürfte also das grönländische Kälte- zentrum dem ostsibirischen nicht viel nachgeben, ja vielleicht es sogar übertreffen, aber trotzdem möchten wir es vermeiden, beide Gegenden, wie üblich, als Kältepole zu bezeichnen, solange wir über die Verhältnisse um den mathematischen Pol noch gänzlich im Unklaren sind. Sicher befindet sich auch hier ein Kältezentrum, aber welches von den dreien oder ob alle drei den Namen Kältepol verdienen, das zu entscheiden muß der Zukunft vorbehalten bleiben.

Ln Juli (s. Karte V) steigt der Wärmeäquator weit in unsere Hemisphäre hinauf, besonders in Asien und Nordamerika, wo er dem 30. Parallel sich nähert, vielleicht ihn sogar überschreitet Auch hier sind wieder Mitteltemperaturen über 30^ an die vege- tationsarmen Gebiete gebunden; am heißesten ist die Sahara. Die Grenze zwischen der inneren und äußeren Zone liegt in Australien und Südamerika in ca. 20^ B., auf der nördlichen Halbkugel um- faßt die innere Zone die Kontinente bis über 70^ B., mit Ausnahme von Grönland. Überall ist das Meer kälter als das Land, die Isothermen steigen auf dem Festlande polwärts an, und senken sich auf der See äquatorwärts, aber die Wärmeunterschiede sind im allgemeinen doch nicht so groß als die entgegengesetzten im Januar; nur im westlichen Nordamerika zeigen die dichtgedrängten meridionalen oder sogar übergekippten Isothermen eine beispielslos rasche Wärmezunahme von der Küste nach dem Inneren des Landes an. San Diego am californischen Gestade, das unter dem Einflüsse einer kühlen Meeresströmung und vorherrschender Seewinde steht,

Die horizontale Verteilung der Temperatur. 71

hat eine mittlere Jahrestemperatur von 21,3^, das nur 240 km davon entfernte Fort Yuma in der Coloradowüste dagegen 34,i*^. Das ergiebt in östlicher Richtung eine Wärmesteigerung von 1^ für nicht ganz 19 km.

Das sibirische Eältezentrum ist verschwunden, selbst Werchojansk hat eine mittlere Julitemperatur von 14,4® und ist beträchtlich wärmer als Nordamerika unter gleicher Breite, das schutzlos den polaren Winden preisgegeben ist Man beachte besonders, wie die tief eindringende Hudsonbai, die erst spät ihr Eis verliert, die Iso- thermen nach Süden zurückdrängt So wird Labrador, in der Breite von England und Norddeutschland, eines der unwirtlichsten Länder, denn nicht die mittlere Jahrestemperatur und die Winterkälte ist entscheidend für den Kulturwert eines Landes, sondern die Sommer- wärme. Abgesehen vom Pole dürfte die kälteste Gegend das Eis- plateau des inneren Grönlands sein, denn obwohl hier die Wärme- zufuhr eine beträchtliche ist, so geht sie doch größtenteils im Tau- prozesse wieder verloren, so daß die Luft niemals dauernd über 0^ erwärmt werden kann. Soweit aber sonst die Beobachtungen reichen, sinkt die mittlere Monatstemperatur nirgends unter den Gefrierpunkt, während auf der südlichen Hemisphäre Boss im Jahre 1843 schon in der Breite von Island einen Januar mit —0,7^ Mitteltemperatur verlebte.

Auf dieser Halbkugel nehmen die Isothermen einen einfacheren Verlauf als im Sommer, weil die Kontinente nicht in hohe Breiten hineinreichen. Die West- und Ostküsten von Afrika und Süd- amerika zeigen dasselbe thermische Verhalten wie im Januar, nur ist die Wärmedifferenz in der Nähe des Äquators größer, weiter gegen Süden aber kleiner als im heißesten Monat Den schärfsten Gegensatz bilden die brasilianische und die peruanische Küste. Lima unter 12*^ B. und 172 m ü. M. hat eine mittlere Julitemperatur von 14,7®, die im Osten erst unter 27® B. erreicht wird. Der Unter- schied von 15 Breitengraden wird zwar auf der Nordhemisphäre übertroffen, aber nirgends finden wir wieder eine so niedrige Tem- peratur so nahe dem Äquator.

Bnrclischnittstemperatiir der Parallelkreiie, Meridiane, Erdteile vnd Keere; Iianomalen« Nach den Isothermenkarten hat zuerst Doye die „Normaltemperaturen", richtiger gesagt, die Durchschnitts- temperaturen der Parallelkreise berechnet, und in neuester Zeit hat Spitaler mit Zuhilfenahme des inzwischen reichlich ange- wachsenen Beobachtungsmaterials, wie es in Hanns Isothermenkarten niedergelegt ist, diese Operation wiederholt* Ich füge seinen Ergeb- nissen nur noch einige Berichtigungen hinzu, die die neueste

72

Die Lufthülle.

Konstruktion der Grönland-Isothermen

durch M

ohn not

wendig

machten.

Durchschnittstempera

turen d(

3r

Breitengrade.

Breite

Jahr Januar

Juli

Breite

Jahr

Januar

Juli

80 «N.

-17,0^ -32^

2,40

lO^N.

26,4

25,7

26,7

70

-10,2 -26,1

6,8

0

25,9

26,2

25,5

60

- 0,8 -16,0

14,1

10 S.

25,0

25,9

24,0

50

5,. - 7,2

18,1

20

22,7

25,»

20,5

40

14,0 3,9

23,8

30

18,5

22,8

15,»

30

20,s 13,9

27,4

40

11,8

16,1

9,7

20

25,7 21,7

28,1

50

5,9

8,1

3,2

Der Gegensatz zwischen den beiden Halbkugeln springt aus diesen Zahlen sofort in die Augen, nur muß man den nördlichen Januar mit dem südlichen Juli und umgekehrt vergleichen. Im wärmsten Monat ist die ganze nördliche Hemisphäre wärmer, als die südliche, im kältesten aber nur vom Äquator bis 26,3® B., und im Jahresmittel nur zwischen 0 und 45,3® B. In den höheren Breiten, wenigstens bis zum mut- maßlichen anarktischen Festlande, liegt das thermische Übergewicht auf der südlichen Halbkugel, in deren ununterbrochenen Wassergürtel hier nur noch ein schmaler Ausläufer der neuen Welt hineinragt Was wir oben (s. S. 63) über das Verhältnis von Land- und Seeklima in verschiedenen Breiten sagten, findet also hier wieder seine Be- stätigung. Im kältesten Monat hat die nördliche, vorwiegend Land- hemisphäre eine Mitteltemperatur von 8,0®, die südliche, ozeanische eine solche von 12,3®; im wärmsten Monat hat die erstere 22,6°, die letztere nur 17,6®. Im Jahresmittel gleichen sich die Gegensätze wahrscheinlich ganz aus^ so daß die Durchschnittstemperatur jeder Halbkugel etwa 15® beträgt

Man hat auch sog. Durchschnittstemperaturen ftir die ein- zelnen Breitenzonen (Spitaleb, v. Tillo®), für die Meridiane (Buys- Ballot^ und für die Erdteile und Meere (v. Tillo®) berechnet; alle diese Zahlenreihen variieren nur das Grundgesetz von dem Gegensatze des Land- und Seeklimas. Noch deutlicher kommt dies auf den Isa- nomalenkarten zum Ausdrucke.

Die Berechnung der fälschlich sogenannten Normaltemperaturen führte Do VE zur Aufstellung des Begriffes der thermischen Ano- malie. Man versteht darunter die Abweichung der Temperatur eines Ortes von der Durchschnittstemperatur seiner Breite. Ist die Ano- malie positiv, so gilt der betreffende Ort als zu warm, im entgegen- gesetzten Falle als zu kalt. In neuerer Zeit hat auch Spitaler* Karten entworfen, auf welchen die Orte gleicher Anomalie durch Linien, sogenannte Isonomalen miteinander verbunden sind. Auf Taf. Yl

Die horizontale Verteilung der Temperatur.

73

ist die Anomalie in beiden extremen Monaten zur Darstellung ge- bracht

Konstant zu warm sind die Westseiten der nordhemisphärischen Festländer, aber aus orographischen Gründen in sehr verschiedener Ausdehnung. Denn während in Amerika das Cordillerensystem der Seeluft nicht gestattet über den schmalen pazifischen Küstenstrich

lecf*

Fig. 19. Thermische Anomalie in 50 <* N. B.

Pö«

W. (f

Fig. 20. Thermische Anomalie in 20 ^ 8. B.

In Fig. 10 und 20 bedeutet N die Durchschnittstemperatur des betreffenden Breiten- grades, + bedeutet positive, negative Anomalie. Anomalie im Januar.

Anomalie im Juli.

binnenwärts vorzudringen, werden im ofiFen liegenden Westeuropa ausgedehnte Länder derWohlthat der atlantischen Winterwärme teil- haftig. Zu kalt sind die Ostseiten, und auch darin zeigt sich wieder die Bevorzugung der alten Welt. In den übrigen Gebieten wechselt die thermische Anomalie im Laufe des Jahres ihre Zeichen: die Meere sind im Winter zu warm und im Sommer zu kalt, das Innere der Kontinente ist im Sommer zu warm und im Winter zu kalt So ordnen sich etwa nördlich von 20^ N. die vier Arten der ther- mischen Anomalie in meridionalen Streifen an. Aus Fig. 19. wird dies noch deutlicher, wir ersehen daraus aber auch, daß die winter- lichen Anomalien viel größer sind, als die sommerlichen. Umgekehrt verhält es sich aber in den Tropen (vgl. Fig. 20), wo die Erhitzung

74 Die LufthüUe.

des Festlandes durch die senkrechten Sonnenstrahlen entscheidend wirkt Aber im großen und ganzen entspricht die Temperaturrer- teilung in den Tropen viel mehr dem solaren Klima, als in unseren Breiten ; es gilt der allgemeine Satz, daß die Anomalie um so großer wird, je mehr die Isothermen von den Parallelkreisen abweichen. Innerhalb des circumterranen Ozeans können nur Meeresströmungen kleine Anomalien hervorrufen.

Auch in den Tropen wechseln die vier oben genannten Arten der Anomalien miteinander ab; aber die permanent kalten Gebiete liegen nun im Westen, die permanent warmen Gebiete im Osten der Festländer, Australien ausgenommen. Bemerkenswert ist der große Gürtel beständiger positiver Anomahe, welcher sich zwischen 10 und 20^ S. fast um die ganze Erde schlingt, nur unterbrochen durch die verhältnismäßig kalten Meeresräume im Westen Afrikas und Südamerikas.

Temperaturzonen. Wenn wir das, was über die horizontale Wärmeverteilung bisher gesagt wurde, überblicken, so ergiebt sich, daß das wirkliche Klima zwar auf dem solaren beruht, aber stellen- weise mehr oder minder beträchtlich von demselben abweicht Die alten Klimagürtel (s. S. 46) aufrecht zu erhalten, ist unter solchen Umständen vergebliches Bestreben, denn was nützt eine Regel, wenn die Ausnahmen überwiegen? An die Stelle von Wende- und Polar- kreisen, die die mathematischen Zonen begrenzen, sind also Iso- thermen zu setzen (s. Taf.VII).

Für die Polargrenzen der warmen Zone eignen sich am besten die Jahresisothermen von 20^ Sie fallen im großen und ganzen zusammen mit den Polargrenzen der Palmen, die Gbisebach den reinsten Ausdruck des Tropenklimas nannte, und auch mit jenen der Passatwinde, die wie wir später sehen werden für die warmen Erdgegenden so sehr charakteristisch sind. Für die Abgren- zung der gemäßigten von den kalten Zonen habe ich ursprünglich die Jahresisotherme von 0^ vorgeschlagen. Dieselbe hat allerdings zunächst nur theoretische Bedeutung, aber praktisch doch auch in- sofern, als innerhalb der 0 ^-Isotherme beständiges Bodeneis vor- kommt Nach Wilds Annahme tritt es dort auf, wo die Jahres- temperatur — beträgt; in der That ist aber seine Verbreitung von einer Reihe anderer Umstände abhängig, unter denen, wie Wobikow gezeigt hat, der Schnee am wichtigsten ist Als schlechter Wärme- leiter schützt die Schneedecke den Boden vor Ausstrahlung, und ein Eisboden entwickelt sich erst dort, wo die Jahrestemperatur unter 5^ herabsinkt; während dort, wo sie fehlt, wie z.B. in weiten Gebieten Zentralasiens, der Boden schon bei höheren Mitteltem-

Die horizontale Verteilung der Temperatur.

75

peraturen in einer gewissen Tiefe dauernd gefriert. Es ist auch mit Becht der Einwurf erhoben worden, daß jenseits der Nulliso- therme sehr verschiedene Elimate existieren, verschieden nämliche wenn wir den Einfluß des Klimas auf die Pflanzenwelt und damit auch auf den Menschen berücksichtigen. Allen Anforderungen einer guten Grenze entspricht dagegen die 10^-Isotherme des wärmsten Monats. Die Sommerwärme ist für die Vegetation entschei- dend, die Winterkälte ist ohne Einfluß. Wo die Mitteltemperatur des wärmsten Monats 10^ nicht mehr erreicht, da ist Wald wuchs und Getreidebau ausgeschlossen, und damit nehmen die menschlichen Eolturformen eine andere Gestaltung an.

Den Unterschied der mathematischen Klimagürtel und unserer Temperaturzonen entnimmt man deutlich aus folgenden Zahlen:

Grenze zwischen der

nördl. kalten u. gemäß. Zone . nördl. gemäß, u. warmen Zone südl. warmen u. gemäß. Zone sudl. gemäß, u. kalten Zone .

Mathem. Zonen

Temperatm^onen

Mittlere Lage

66«

27' N.

67 3' N.

23

27

30 31

23

27 S.

26 58 S

66

27

47 58

Extreme

72« 54 V,' 38 22*/6 36 12 54V« 44

Aus der mittleren Lage der Grenzisothermen können wir die Flächen der Temperaturzonen berechnen:

Mathem. Zonen

Temperatur- Zonen

Mill. qkm

21,24

20,26

132,61

105,67

101,12

129,04

101,12

115,21

132,61

73,79

21,2«

65,97

Nördl. kalte Zone . . Nördl. gemäßigt« Zone Nördl. warme Zone . Südl. warme Zone Südl. gemäßigte Zone SfidL kalte Zone . .

Die warmen Temperaturzonen sind ausgedehnter als der Gürtel zwischen den Wendekreisen, eine Folge der großen Entwicklung der Kontinentalmassen zu beiden Seiten des Äquators. Aus dem- selben Grunde nimmt auch die südliche warme Zone eine kleinere Flache ein, als die nördliche. Das entscheidende ist aber die ge- waltige Ausdehnung der südlichen kalten Zone. Das ist die Wirkung des circumterranen Meeres. Wo Südamerika weiter in dieses Meer

76 Die Lufthülle.

hinausragt, da springt auch die 10<^- Isotherme weiter als irgendwo anders gegen den Pol vor. Nun haben wir allerdings einigen Grund anzunehmen, daß um den antarktischen Pol sich ein Festland lagert, aber für die Temperaturzonen bleibt dies gleichgültig. Kontinente sind machtlos, wenn sie nicht in einem breiten Zusammenhange mit dem Festlande der gemäßigten und warmen Zone stehen. Wenn ein großes Südpolarland existiert, so ist es unter einer Eisdecke begraben, wie das Innere Grönlands.

Von wesentlich anderen Gesichtspunkten ging Köppbn ® bei der Aufstellung seiner Wärmezonen aus. Er begrenzt dieselben nicht durch Isothermen, sondern berücksichtigt nur die Dauer gewisser Temperaturen, und zwar ohne Reduktion auf das Meeresniveau. Als Schwellenwerte sind 20® und 10® angenommen; über 20® nennt Koppen heiß, 10—20® gemäßigt, unter 10® kalt

Im tropischen Gürtel Köppens sind alle Monate heiß, im subtropischen wenigstens 4, höchstens 11. Der gemäßigte Gürtel charakterisiert sich dadurch, daß wenigstens 4 Monate ge- mäßigt sind; eine üntereinteilung in drei Gürtel wird hier für notwendig erachtet. Der konstant gemäßigte kommt nur auf den Ozeanen, der sommerheiße nur auf dem Festlande vor; nur der dritte, mit ge- mäßigtem Sommer und kaltem Winter breitet sich, von einer großen Unterbrechung in Sibirien abgesehen, rings um die Erde aus. Auf den gemäßigten Gürtel folgt der kalte, in dem höchstens 4 Monate gemäßigt, die übrigen kalt sind; endlich der polare Gürtel: alle Monate kalt.

Der polare Gürtel Köppens fällt also mit unserer kalten Zone zusammen, die 20®- Isotherme durchschneidet aber verschiedene Dauergebiete. Zwischen der einen und der anderen Einteilung zu wählen, liegt kein Grund vor; man kann beide mit Nutzen neben- einander gebrauchen. Unsere Einteilung hat den, besonders in didaktischer Beziehung nicht zu unterschätzenden Vorzug der Ein- fachheit, sie schließt sich den althergebrachten Klimazonen möglichst an, und endlich kommt den Grenzlinien, wie wir gesehen haben, auch eine reelle Bedeutung zu. Dagegen ist Köppens Gesichtspunkt für viele, namentlich pflanzengeographische Untersuchungen im hohen Grade fruchtbringend, wenn wir uns auch nicht verhehlen können, daß seine Einteilung einer viel größeren Spezialisierung fähig ist und diesem Schicksale auch nicht entgehen wird, freilich um sich damit immer mehr von der Forderung klarer Übersichtlichkeit zu entfernen. Man wird dann anfangen, Karten für die Dauer ver- schiedener Schwellenwerte gesondert zu entwerfen, wie das für Europa bereits geschehen ist® Überhaupt sucht man jetzt in der Küma-

Die horizontale Verteilung der Temperatur. 77

tologie nach neuen Methoden. Es möge hier nur eine erwähnt werdeD. Wir arbeiten jetzt ausschließlich mit arimethischen Mittehi der Temperatur, des Begens u. s. w. Neben denselben lassen sich aber aus den meteorologischen Beobachtungen noch andere Werte ableiten, und unter diesen hat der Scheitelwert, der vorherrschende oder wahrscheinlichste Wert, unzweifelhaft eine bedeutende Zukunft in der Klimatologie.^^ Um das Verhältnis des Mittelwertes (M) zum Scheitelwert (S) klar zu legen, habe ich nach Meyer die Temperaturen zu Breslau, 6** früh, für die Periode 1876—85, zusammengestellt

Jan. Febr. März April Mai Joni Juli Aug. Sept Okt. Noy. Dez.

M. -3,0 -0,8 0,2 4,4 8,9 13,9 15,4 14,8 11,1 6,4 1,9 -1,1

8. -0,e 1,5 0,4 2,2 8,0 12^2 ^1 4,i 13,2 11,2 6,5 l,a 0,4

M-S. -2,4 -2,s -0,2 +2,2 +~0,9 +1^1"+ 1,8 +1,1 -0,1 -0,1 +0,6 ^^5

Die Scheitelwerte sind also höher in der kalten, die Mittelwerte in der warmen Jahreszeit Im Januar z. B. kommen Temperaturen zwischen 2,i bis —3® nur in 5,8, Temperaturen von 0,i bis aberiiilO,2Prozent aller Fälle vor. Mit anderen Worten: von allen Tempe- raturen ist in Breslau im Januar um 6** früh nicht die Mitteltemperatur von —3®, sondern eine viel mildere, nämlich 0,e® die wahrscheinlichste.

Eine kartographische Darstellung der mittleren Maxim a und Minima hat van Bebber" versucht Das Bild der Januar- und Julüsothermen kommt hierin in verschärfter Weise zum Ausdrucke. Mittlere Maxima von 40^ und Minima von —50^ kommen aus- schließlich auf dem Festlande vor.

Litteratarnachweise. * Zenkeb, Die Verteilung der Wärme auf der Eidoberflftche, Berlin 1888. ' Zenker in der Meteorologischen Zeitschrift 1892, S. 336 TL 380; 1893, S. 340; in Petermanns Mitteilungen 1898, S. 39. ' bothennenkarten für alle Monate hat seit Dove erst wieder Buchan (im Challenger- Werk, Physics and Chemistry, ü. Bd.,London 1 889), leider im Fahrenheit- Maße veröffentlicht * Mohn und Nansen, Nansens Durchquemng von Grönland, Gotha 1892 (105. Ergänznngsheft zu Petermanns Mitteilungen). ' Spttaler, Die Wftrmeverteilung auf der Erdoberfläche, in den Denkschriften d. Wiener Akademie d. Wissenschaften, math.-naturwiss. GL, 1886, Bd. LI. laanomalenkarte des Jahres in Petermanns Mitteilungen 1887, des Januar und Juli ebendas. 1889. Neue „Normaltemperaturen^' hat Precht (Meteorologische Zeitschrift 1894, S. 81) unter der Voraussetzung berechnet, daß Land und Wasser aberall gleich verteilt sind. Es sind dies also völlig imaginäre Werte. Auf die Bezeichnung Normaltemperatureu haben nur die auf S. 64 mitgeteilten An- spruch. — V. TiLLO, Recherches sur la r^partition de la temperature et de 1& pression atmosph^rique k la surface du globe, St Petersburg 1887. ' Buys-Ballot, Verdeeling der Wannte over de Aarde, Amsterdam 1888. 'Koppen, Die W&rmezonen der Erde, in der Meteorologischen Zeitschrift 1884. * SüpAN, Die mittlere Dauer der Wärmeperioden in Europa, in Petermanns Mit- teiloogen 1887. -— *• H. Meter, Anleitung zur Bearbeitung meteorologischer Be- obachtungen, Berlin 1891. ** van Berber in Petermanns Mitteilungen 1893, S. 273.

78 Die Lufthülle.

Die Schwankungen und die mittlere Veränderliohki und Abweichung der Temperatur.

* (Siehe Karte VIII.)

Die tägliche Wärmeschwankung. Das Klima eines Landes w nicht bloß durch die mittleren Temperaturen des Jahres und ( Monate, sondern auch durch die Schwankungen und die Veränd lichkeit der Wärme charakterisiert. Wie alle meteorologischen 1 mente hat auch die Temperatur eine dreifache Periode, e tägliche, eine jährliche und eine cyklische; von der letzteren wen wir bei einer anderen Gelegenheit sprechen.

Das tägliche Minimum und Maximum fällt nicht mit d

tiefsten und höchsten Sonnenstande zusammen, sondern versp^

sich um ein paar Stunden. Das Minimum tritt ein, wenn die A

Strahlung der tagsüber empfangenen Wärme ihren Höhepunkt errei

ji hat, im Seeklima 1 2^ vor Sonnenaufgang, an kontinentalen Or

l' dagegen bei Sonnenaufgang oder einige Minuten nachher.

;; Maximum erreicht die Wärme auf dem Meere und an den Küs

^ zwischen 12 und 1^ mittags und im Sommer etwas früher als

'jl Winter, auf den Kontinenten dagegen zwischen 2 und 3^ nachmitt

und im Sommer etwas später als im Winter.

1 Den mittleren Unterschied zwischen der höchsten und tiefs

' Tagestemperatur, wie sie am Maximum-Minimum-Thermometer

gelesen werden können, nennt man die unperiodische täglic

1 Wärmeschwankung (Amplitude), die Differenz zwischen

I größten und kleinsten Ordinate der mittleren Tageskurve dagc|

r , die periodische. Unmittelbar läßt sich diese nur durch wenigst

j{ stündliche Beobachtung finden, mittelbar durch geeignete Inl

polation der fehlenden Beobachtungen. Die unperiodische Schwanku

die stets größer ist als die periodische, kennen wir von vie

Stationen, da sie leicht zu ermitteln ist, während die periodis<

nur für verhältnismäßig wenig Orte berechnet wurde. Die Schwiei

keit besteht nun in der Vermengung des nicht streng miteinander ^

gleichbaren Materials, daher auch die Lehre von der geographiscl

f Verbreitung der täglichen Wärmeschwankung leider noch auf keii

allseitig gesicherten Basis ruht. Doch treten jetzt schon die Grui I Züge deutlich hervor.

Im allgemeinen steigt die tägliche Temperaturschwankung i abnehmender und fällt mit zunehmender Bewölkung, da letztere wohl die Insolation wie auch die Ausstrahlung vermindert. Sie daher in unseren Breiten im Winter kleiner als im Sommer, verh

Die Schwankungen und die mittlere Veränderlichkeit der Temperatur. 79

sich aber in Ostindien, soweit die Winter trocken sind, gerade um- gekehrt Auf dem Meere beträgt sie einerseits infolge der größeren Bewölkung, anderseits wegen der geringen thermischen Leitungs- fahigkeit des Wassers nur 1 2®; an den Küsten ist sie etwas größer, und noch größer im kontinentalen Tieflande. So steigert sie sich im Jahresmittel auf dem 55. Breitengrade von 3,7® in Kopen- hagen auf 4,8® in Moskau und 5,i® in Kasan. In der turanischen Niederung, wo der vegetationslose Boden sich rasch erwärmt und abkühlt, erreicht sie unter 41 42® B. 12® und darüber. Noch größer ist sie in den australischen Ebenen, selbst in geringer Entfernung vom Meere. So hat z. B. HoUow in Queensland, nur 40 km von der Küste entfernt und ca. 60m hoch, eine unperiodische Schwankung Yon 13,1®, und Deniquil im Murray gebiete eine solche von 19,s®; es ist also auch die periodische im letzteren Falle unzweifelhaft größer als in Turan. Die höchsten Werte erreicht sie aber auf regenarmen Hochebenen, wo die dünne, trockene Luft die Ein- und Ausstrah- lung der Wärme außerordentlich befördert. So groß auch die Temperaturschwankung in der aral-kaspischen Steppe ist, so ist sie doch im August und September um 9 bis nahezu 12® kleiner als auf den Plateaus und in den Hochthälem der Pamir. Auch auf dem Karakorumplateau fand Shaw im September eine durchschnitt- liche Amplitude von 19,6®, im Karakaschthale aber bei trübem Wetter nur 13®. Im westlichen Tibet beobachtete Przewalski selbst noch im Dezember eine mittlere Differenz von 17,8® zwischen den Tempe- raturen um 8^ früh und 1^ nachmittags und ein Maximum von 26,6®. Schon diese Beispiele belehren uns, daß die tägliche Amplitude auf dem zentralasiatischen Hochlande selbst die in den Sandwüsten der Sahara übertrifft, welche man bisher als die Gegend der extremsten Wärmeschwankungen ansah. Allerdings sank in der Oase Mursuk während des Aufenthaltes von Rohlfs im Winter 1865/66 die Tempe- ratur in der Nacht mehrere Male unter den Q-efrierpunkt, sogar bis 5®, aber selbst in der libyschen Wüste beobachtete Jobdan im Mittel von 21 Tagen im Dezember und Januar nur eine Amplitude von 13,6®, während sie in Kairo in derselben Zeit nur 10,i® betrug. Zwischen Mursuk und Schimmedru fand Nachtigal sogar zur Zeit des Zenithalstandes der Sonne und bei heiterem Bummel nur eine mittlere Schwankung von 22,4®. Die größte Differenz in der afrika- nischen Wüste, die Babth unter 27,8® B. und in 300 m Seehöhe erlebte, beträgt allerdings 35®, aber sie wird in Schatten gestellt durch die Beobachtungen auf den westlichen Plateaus von Nord- amerika. So betrug die Schwankung zu Wickenburg in Arizona (34® N., 112,7W., 620 m hoch) am 28. Juli 1877 38,9®, am 31. 42,2®

80

Die LufthflUe.

4

und am 1. August 40^. Das sind einzelne Fälle; aber auch c stündlichen Beobachtungen der amerikanischen Vermessim^ ingenieure auf den Plateaus des Felsengebirges zwischen 35 m 42® B. ergaben für die Seehöhe von 1500 1600 m so enorm ho monatliche Mittelwerte (Juli 24,2®, August 20,8 und November 19. wie sie kaum noch irgendwo vorkommen dürften. Dieser Charakt^ zug ist übrigens auch den tropischen Hochebenen insofern eigen, i die Wärmeschwankung hier größer ist als im benachbarten Tieflanc So beträgt sie z. B. auf dem Plateau von Guatemala (1480 m I 9,6®, in Belize an der Küste aber nur 2,9®.

Im Gebirge ist die tägliche Temperaturschwankung in d( Hochthälem größer als in der Ebene, auf den Berggipfeln dagegi kleiner; und der Satz, daß sie mit der Höhe abnehme, findet dah nur auf die letzteren Anwendung. Nachstehende, von Woeikc entlehnte Tabelle ist in dieser Beziehung sehr lehrreich. Man ve gleiche nur Altstätten mit dem benachbarten Gäbris oder Beve mit dem nur wenig höheren Kigi. Nicht bloß die größere Trocke heit der Atmosphäre in den Thälem, sondern auch die starke Abkühlung in den Wintemächten, wenn die schwere kalte Luft \ den Gehängen herabfließt, um sich ruhig über dem Thalboden : lagern, begünstigt die Steigerung der Wärmeschwankung. Die Päss nicht so frei wie die Berggipfel, aber auch nicht so eingeschloss< wie die Thäler, vermitteln zwischen diesen Extremen.

Höhe m

Jahr

Winter

Somm«

Hochebene

Bern

574

7,0«

4,oO

9,.«

Altstätten

; 478

6,3

3,0

9,3

Hochthal

1

Bevers

1715

10,6

7,.

11,.

Paß.

St Bernhard

2478

4,8

2,»

5,i

Gipfel

1

Gäbris

1250

3,8

2,3

4,T

Rigi

1 1784

2,8

1,3

3,5

Zunächst ist also die tägliche Wärmeschwankung von d( topographischen Verhältnissen abhängig. Der Einfluß d Polhöhe kommt erst in zweiter Linie in Betracht An den Küste Stationen in der Nähe des Äquators ist die Amplitude nicht groß als in unseren Breiten, und nur darin besteht ein wesentlich Unterschied, daß sie dort wie die Tageslänge das ganze Jal

Die Schwankungen und die mittlere Veränderlichkeit der Temperatur. 81

hindurch ziemlich gleich bleibt. In St Thom6 {0<>20'N.) beträgt sie ß^y zu TschintBchoscho (5^9' S.) 6,4 ^ zu Sansibar (6<> 10' S.) 4,1 ^ in Batavia (6 Ml' S.) 5,9 » und auf Ascension (7<>55' S.) S,!». Auf den Kontinenten tritt unter übrigens gleichen Verhältnissen ihre Abnahme mit der Breite schärfer hervor. So ist sie z. B. in Lugan um 2,9^ größer als in Moskau, und selbst noch in Odessa um 1,4®, trotz der Nähe des Meeres. Ihr Maximum erreicht sie auf den Hochplateaus zwischen 30 und 50^ B., während weiter im Norden die Insolation in den kurzen Wintertagen und die Aus- strahlung in den kiurzen Sommernächten zu geringfügig ist, als daß die Wärme innerhalb 24 Stunden beträchtlich variieren könnte. Im polaren Gürtel mit seinen monatelangen Winternächten und ebenso langen Sommertagen ist sie naturgemäß sehr gering. So auf Nowaja Semlja unter 73Vj<» und auf der Sabine-Insel unter li^J^^B. 2,6®, in der Mosselbai (79,9« B.) 0,9 « und in der Polarisbai (81,6® B.) 1,6 ». An den Polen, wo ein halbjähriger Tag mit einer halbjährigen Nacht wechselt, fallt die tägliche Wärmeschwankung mit der jähr- lichen zusammen.

Die jährliche Wärmesohwankung^ Aus demselben Grunde wie in der tägUchen, fallen auch in der jährlichen Temperatur- periode Maximum und Minimum nicht mit dem höchsten und tie&ten Sonnenstande zusammen, sondern treten etwas später ein. In den mittleren und höheren Breiten des nördlichen Festlandes ist der Juli der wärmste und der Januar der kälteste Monat, auf dem Meere sind dagegen im allgemeinen Februar und August die extremen Monate. In der tropischen Zone steigt das Thermometer am höchsten, wenn die Sonne den Scheitelpunkt erreicht; so ist in Columbia der März, in Zentralamerika der April und in Mexico der Mai der wärmste Monat Während sonst überall die mittleren Monatstemperaturen eine einfache Kurve darstellen, zeigt diese in der Äquatorialzone, wo die beiden Zenithstände der Sonne weit auseinanderliegen, zwei Erhebungen. Doch ist dies keineswegs eine allgemeine Erscheinung. Deutlich ausgeprägt ist das doppelte Maximum z. B. im südäquatorialen Teile des malaischen Archipels, dagegen in Singapore nur in einer leisen Hebung der Kurve im Oktober angedeutet In Westafrika tritt es scharf an der Elfenbein- küste und in Tschintschoscho, also unter 5^N. und S. hervor, aber undeutlich am Äquator, und schon in Sansibar unter 6^S. ist die einfache Kurve wieder hergestellt

Die Differenz der extremen Monatstemperatiuren nennen wir die jährliche Wärmeschwankung (s. Klarte VHI). Vom Äquator, wo sie durchschnittlich 1,8^ beträgt und auf den ostindischen Inseln

SoPAH, Fhyaiflcbe Erdkunde. 2. Aufl. 6

82 Die Lufthülle.

sogar auf 0,8^ herabsinkt, nimmt sie gegen die Pole zu, gleichzei aber auch von den Küsten gegen das Innere der Kontinente, i Klima mit einer mittleren Jahresamplitude bis höchstens 15^ 1 zeichnen wir als Äquatorial-, beziehungsweise Seeklima, \ 15 20® als Übergangsklima, von 20 40** als Landklima u über 40® als exzessives Landklima. Das Seeklima wird du] warme Winter und kühle Sommer, das Landklima durch ka Winter und warme Sommer charakterisiert Das erstere ist i unserer Hemisphäre nördlich vom 30. Parallel nur auf die We küsten beschränkt, wogegen die Ostküsten wegen der bedeutend Winterkälte Landklima haben. Auch in den höheren Breiten i Ausnahme von Grönland und in den mittleren Breiten der Si halbkugel ist die jährliche Schwankung an den Westküsten kleii als an den östlichen, imd dem gleichen GFesetze begegnen wir den Gestaden der südeuropäischen Halbinseln und Vorderindie Das Landklima nimmt auf den Südkontinenten wegen ihrer niedei Breite nur ein verhältnismäßig kleines Areal ein, während es d weitaus größten Teil der nördlichen Festländer umfaßt Der Geg^ satz der ozeanischen und kontinentalen Erdhälfte macht sich wie( geltend; schon unter 40® N. ist die Jahresschwankung durchschni lieh um 10,4® größer als auf dem entsprechenden südlichen Parall und die Differenz steigert sich mit der Annäherung an die Pc Durch exzessives Landklima ist die Umgebung der winterlicl Kältecentren ausgezeichnet; das Maximum erreicht die jährlic Temperaturschwankung in Ostsibirien (Werchojansk 67,i®). über in der gemäßigten und kalten Zone erscheinen die Linien gleid Amplitude abhängig von den Winterisothermen, im warmen Gür dagegen von den Sommerisothermen; sie verhalten sich also ebei wie die Kurven gleicher Jahrestemperatur.

Auf isolierten Berggipfeln ist die Jahresschwankung klen als in der Ebene, weil die Wärme im Winter langsamer mit c Höhe abnimmt, als im Sommer. Der Einfluß des Land- und S< klimas macht sich aber auch hier geltend:

H. m

Winter

Sommer

DiffeK

3000

-8,5»

II,.»

20,.

2996

-4,.

5,.

10,1

Pikes Peak, Pelsengebirge 38,8® N. Casa inglese, Ätna 87,8 N.

In den Hochthälern ist die jährliche Schwankung nicht nur 1 trächtlicher als auf freien Berggipfeln in gleichem Niveau, sende auch größer als in der Ebene. Folgende Tabelle giebt auch i Ursache dieser Erscheinung an:

Die Schwankungen und die mittlere Veränderlichkeit der Temperatur. 83

H. m

Kältester M.

Wärmster M.

Difierenz

Rigi 1790

-4,.«

9,1»

14,.»

Bevers 1715

-9,7

11,.

21,.

Basel 278

0,t

19,.

18,.

Für die Plateaus läßt sich ein präzises Gesetz noch nicht aufstellen. Auf einigen difiFerieren die extremen Monatstemperaturen etwas mehr, auf anderen etwas weniger als im kontinentalen Tief lande; aber nirgends ist der Unterschied so bedeutend, daß man auf eine be- stimmte Abhängigkeit von der Seehöhe schließen könnte.

Vergleichen wir die Verteilung der jährlichen Wärmeschwankung mit der der täglichen, so gelangen wir zur Aufstellung folgender klimatischer Typen:

1. Das Äquatorialklima. Auf dem Meere und auf dem Lande in nicht beträchtlicher Seehöhe sind beide Schwankungen gering, aber die tägliche ist größer als die jährliche. Erstere be- tragt im Mittel der auf S. 81 angeführten Stationen 5,6^, letztere nur 2,8®; und lediglich in diesem Sinne ist der bekannte Satz auf- zufassen, daß die Nacht der Winter der Tropen sei.

2. Im Seeklima der mittleren und höheren Breiten sind beide Schwankungen gering, aber die jährliche größer als die tagliche. Landeinwärts nehmen beide zu. Die jährliche Variation nimmt unter übrigens gleichen Verhältnissen auch mit der Breite zu, die tägliche aber ab.

3. Das Polarklima mit großer jährlicher und kleiner täglicher Schwankung.

Mit Bezug auf die Seehöhe lassen sich folgende Typen unter- scheiden:

1. Das Bergklima. Beide Schwankungen sind kleiner, als im benachbarten Tieflande. Das Bergklima gleicht somit dem Seeklima.

2. Das Plateau- und Hochthälerklima hat dagegen einen streng kontinentalen Charakter. Die tägliche Temperaturschwankung ist unter allen Umständen und unter allen Breiten größer als im Tieflande, während die jährliche von der in den Niederungen nicht beträchtlich differiert

Temperatnrveranderliohkeit. Ein klimatologisches Moment von eminent geographischer Bedeutung, aber bislang noch wenig ge- würdigt, ist die mittlere Veränderlichkeit der Temperatur von einem Tage zum andern. Schon Hann,* dessen bahnbrechende Untersuchungen bereits in mehreren Ländern Nachahmung ge- fimden haben, machte darauf aufmerksam, wie die größere Wärme- yariabiütät in Nordamerika, Australien und Neuseeland auf den körperlichen Habitus wie auf den Charakter der europäischen Ein-

84

Die Lufthülle.

H <

Wanderer merklich einwirkt, und wir fügen die Vermutung hiü daß der erschlaiFende Einfluß des Tropenklimas hauptsächlich in < geringen Veränderlichkeit begründet ist. Einen Einfluß auf die Ste lichkeit, die sowohl in der geographischen Verteilung wie im jährlicl Gange mit der Temperaturveränderlichkeit wächst, hat Ebemsi wenigstens für Norddeutschland sehr wahrscheinlich gemacht liegt femer auf der Hand, daß auch die Verbreitung der Pflan; zum Teil von diesem Momente abhängt, und es ist nur zu bedauc daß Untersuchungen in dieser Richtung noch nicht eingeleitet wurd Infolge des Wechsels der Jahreszeiten nimmt die Tagest( peratur bis zum Maximum zu und dann wieder ab. Das ist periodische Element in der Veränderlichkeit Nebstdem wir! aber auch Winde, Bewölkung, Niederschläge u. s. w., und das ist unperiodische Element, welches sich schon dadurch als das m gebendere erweist, daß die Werte für die mittlere Veränderlich! sich nicht erheblich ändern, wenn man den Einfluß des periodisa Elements eliminiert Daraus erklärt es sich, daß in der Zone regelmäßigen Winde, in den Tropen, die Tagestemperatur weni variiert (in Georgetown z.B. durchschnittlich nur um 0,8^, als im biete der wechselnden Luftströmungen. Die mittlere Veränderlich] nimmt daher mit der Breite zu, aber in ganz unregelmäßiger We wie folgende Tabelle in der letzten Kolumne zeigt:

Mittlere Breite

Dez.

bU

Febr.

MSrz

bis

Mai

Juni

bis

Aug.

Nov.

Ji

Arktisches Nordamerika

71,.»

8,4«

2,««

1,."

2,5^

2

AmerikaDiscbe Westkttste

47,4

2,0

1.«

1,1

1,5

1

Westliches Plateau

40,j

8.«

2,.

2,.»

2,«

2

Inneres von Nordamerika

43,0

*,'

3,.

2,i»

3,s

3

Östliches Nordamerika

42,.

4,1

2,»

2,.'

2,7

2

Südöstliches Nordamerika

30,«

2,,

1,0

!,••

1,»

1

Plateau von Mexico

19,j

1,'

1,«

0,,'

0,T

1

England

58,7

2,1

1,6

!,«•

1,»

1

Mitteleuropa

49,«

2,2

1,»

1,«

1,T*

1

Europisches Rußland

56,«

8,J

2,6

2,,*

2,s

2

Westsibirien

56,0

4,e

3,1

2,7*

3,1

3

Ostsibirien

57,1

8,8

2.«

2,1*

2,T

2

Ostasien

50,j

2,8

2,<

1,T*

2,3

2

Westliches Mittclmeer

42,1

1,3

1,3

1,4

ly

1

östliches Mittelmeer

35,«

1,6

1,7

1.«

1,1*

1

Südliche Halbkugel 33,8 1,9 1,5* 1,7 2,o 1

Die nördliche Hemisphäre hat zwei Maximalbezirke, von denen n allen Seiten, auch gegen die Pole hin, die Veränderlichkeit abnim

Die Schwankungen und die mittlere Veränderlichkeit der Temperatur. 85

Der eine liegt im Innern von Nordamerika und umfaßt wahrschein- lich die nördlichsten Teile der Vereinsstaaten und den südlichen und mittleren Teil der Hudsonbai-Länder; der andere liegt in Westsibirien, etwas nördlicher als der amerikanische, und auch etwas schwächer ausgebildet. Der Gegensatz der Ost- und West- küsten tritt auch hier wieder zu Tage, indem die erstere eine etwas yariablere Temperatur hat (europäische Westküste 48,7^ N. 1,6 ^ asiatische Ostküste 47,8® N. 2^; es ist dies wahrscheinlich eine Folge davon, daß hier die Wärme im Winter rasch mit der Breite zunimmt Wenn auch die Veränderlichkeit in der Regel landeinwärts sich steigert, so darf man doch nicht dem Seeklima als solchem einen mildernden Einfluß zuschreiben, denn in diesem Falle müßte sie auf der südlichen Halbkugel geringer sein, als auf der nörd- lichen, während doch thatsächlich das Umgekehrte stattfindet Den durchschnittlichen Wert von 1,8®, der jenseits des Äquators schon in 33,8 B. erreicht wird, finden wir auf unserer Erdhälfte im Mittel erst unter 49,8® B.. Mit der Höhe wächst die Veränderlichkeit, und zwar zum Unterschiede von den Schwankungen, gleichmäßig auf Berggipfeln, wie auf Plateaus. In Zürich (480 m) beträgt sie im Jahresmittel 1,8®, auf dem Ütliberg (874 m) 2,o® und auf dem Rigi (1784 m) 2,4®. In Stuttgart (270 m) betraf sie 1,8®, in München (479 m) dagegen 2,i®. Im Erzgebirge nimmt sie durchschnittlich um 0,03® für je 100 m zu.

In den mittleren und höheren Breiten unserer Halbkugel er- reicht die Veränderlichkeit ihr Maximum im Winter und ihr Mini- mum im Sommer. Die geographische Anordnung bleibt aber das ganze Jahr dieselbe, nur sind im Sommer die Unterschiede beträcht- lich kleiner als im Winter. Die winterlichen Werte sind also für das Jahresmittel das Entscheidende, und das giebt uns den Schlüssel zur Erklärung der Maximalbezirke in die Hand. Sie liegen an den Grenzen der winterlichen Regionen hohen Luftdruckes, wo eine häufige Verschiebung der Windgebiete stattfindet. So gelangt z. B. Westsibirien bald unter die Herrschaft warmer Winde vom Atlantischen Ozean, bald unter die der kalten Luftströmung vom asiatischen Kältezentrum. Nordamerika, der kleinere und daher wärmere Kontinent, dessen meridionale Gebirge ein Abfließen der kalten Luft zu den Meeren im Osten und Süden gestatten, erfährt aus diesem Grunde (wie wir später ausführlicher erörtern werden) auch raschere Windwechsel, und die Tagestemperatur ist daher größerer Veränderlichkeit unterworfen. Man muß sich auch stets vor Augen halten, daß die Winde nicht nur direkt die Temperatur beeinflussen, sondern auch indirekt, indem warme Winde im Winter,

86

Die Lofthtflle.

weil sie meist von der See kommen, auch Bewölkung und Niedc schlage bringen, die kalten Landwinde aber Heiterkeit und trocke Luft; und wir haben schon gehört, daß das eine die Temperat erhöht, das andere sie erniedrigt

Örtliche Einflüsse spielen im Sommer eine viel größere Ro! als im Winter. Namentlich wird die Variabilität gesteigert, wenn der Nähe eines erhitzten Landstriches ein höheres Gebirge oder ei größere Wasserfläche sich befindet, wie an der Hudsonbai und i canadischen Seengebiete, oder auf der bayerischen Hochebene u im oberitalienischen Tieflande. Besonders auffallend ist im Somm die geringe Veränderlichkeit in den Polargegenden, die nicht grö£ ist als in den Mittelmeerländem. Auf der südlichen HemisphS sind Frühling und Herbst die extremen Jahreszeiten, und der Somm ist sowohl an den Küsten, wie im Binnenlande veränderlicher i der Winter.

Klimatologisch wichtig ist auch die Häufigkeit der Veränderung von bestimmter Größe. Auch hier wiederholt sich die geographisc Verteilung, die wir schon kennen gelernt haben, wenn auch mit einig Unterschieden. So sind z. B. Veränderungen von mehr als Ostsibirien seltener als im europäischen Rußland, geringere Änderung aber häufiger. In beiden Maximalbezirken sind Änderungen von 2 und darüber nicht sehr selten, und auch solche von 25^ kommen nc vereinzelt vor, aber der westsibirische Bezirk scheint öfter bedeutend Schwankungen unterworfen zu sein, als der inneramerikanische. I gegen reichen in Amerika die großen Temperaturwechsel viel wei nach Süden, als in der alten Welt, was Hann mit Recht den „North( zuschreibt, jenen von Norden kommenden Winterstürmen, die manc mal bis in den Golf von Mexico, also bis über die Grenze der warm Zone hinaus die binnenländische Kälte tragen.

Mittlere Abweichung. Wie in der mittleren Veränderlichk< so können wir wohl auch in der mittleren Abweichung ( Monats- und Jahrestemperaturen der einzelnen Jahrgänge von d< Mittelwerte ohne Rücksicht auf das Vorzeichen, wie sie Dove* : zahlreiche Stationen berechnete, einen Ausdruck für die unperiodiscl Störungen sehen, wenn auch wie aus späteren Erörterungen herv gehen wird ein periodisches Element darinnen steckt, das al aller Wahrscheinlichkeit nach von dem ersteren verdunkelt yn Ihre geographische Verteilung ist von großer klimatologischer 1 deutung. Es zeigt sich, daß Abweichung und Veränderlichkeit ni parallel laufen. Zwar gilt auch für erstere im allgemeinen < Gesetz, daß sie vom Äquator gegen die Pole und von den Küsl landeinwärts zunimmt. In der alten Welt, wie in Nordamerika, li'

I

Die Scliwiinkimgeii und die mittlere VerSiiderlicbkeit der Temperatur. 87

das Gebiet der größten Abweichung im Innern, und sind die Monats- and Jahrestemperaturen an der Ostküste variabler als an der west- lichen, aber damit hört auch der Parallelismus auf. Die neue Welt hat die größte Veränderlichkeit, die alte die größte Abweichung; die störenden Elemente, welche die Temperaturkurve von einem Tage zum anderen beeinflussen, sind in Amerika mächtiger, aber sie treten auch regelmäßiger von Jahr zu Jahr auf, als auf unserer östlichen Feste. Die Abweichung im amerikanischen Binnenlande ist nicht größer als im nördlichen Deutschland, und in den östlichen Yereinsstaaten sogar

Länder

Größte Abweichung

Kleinste | Abweichung |

Italien

England . . . . West-Europa . . Schweiz . . . . Süd-Deutschland . Nord- Deutschland Baltische Lfinder . Nordo8t-£uropa Inneres Bußland . Ural und Sibirien

Westliches Amerika Inneres Amerika . Östliches Amerika

Polarlftnder

Dez. 1,44^

Jan. 1,46

Jan. 2,36

Dez. 2,03

Jan. 2,51

Jan. 2,To

Jan. 2,13

Jan. 3,18

Dez. 8,50

Dez. 3,13

Jan. 2,1« Febr. 2,6s Febr. 1,89

Dez. 1,95

Aug. 0,90^ Sept. 0,89 Sept. 1,07 Okt 1,11 Sept. 1,16 Sept. 1,09 Sept. 0,87 Sept 1,01 Mai 1,41

Juli 1,17

Sept. 0,64

Aug. 1,13

Juli 0,90 Sept 1,19

Jahr

1,19^

1,«

1,44

1,46

1,65

1,"

1,4T 1,84

2,00

1,97 1,33

1,,.

1,59

geringer als in Westeuropa. Ebenso ist die Abweichung auf der südlichen Hemisphäre kleiner, als auf der nördlichen unter gleicher Breite. Alles das beweist, daß sie von der Kontinentalität des Klimas weit abhängiger ist, als die Veränderlichkeit. Dagegen nehmen beide mit der Höhe zu, aber die Abweichung nur um 0,007° für 100 m. In den einzelnen Monaten ist sie verschieden. Am größten ist sie im Winter, wo die Temperatur am meisten von den Winden abhängt; am kleinsten im Spätsommer; nur in Gegenden mit strengerem Landklima fällt das Minimum in den Anfang oder in die Mitte des Sommers.

Litteratnrnachweise. * Sufak, Die Verteilung der jährlichen Wärme- Schwankung, in der Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie, 1880, Bd. T. * Hann, Untersuchungen über die Veränderlichkeit der Tagestemperatur, in Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaften, Math.-naturwiss. Kl. 1875, Bd. LXXI, 11; Die Veränderlichkeit der Temperatur in Österreich, in den Denkschriften der Wiener Akademie d. Wissenschaften, Math.-naturwiss.

88 Die Lufthülle.

Kl. 1891, Bd. LVm. ' Kbehsbb, Die Verftnderlichkeit der Lafttempen in Norddeutschland, in den Abhandlungen des Preußischen Meteorologiscl Instituts, Bd. I, 1888. * Doye, Die mittlere und absolute Verftuderlich] der Temperatur, in den Abhandlungen der Berliner Akademie der Wisc Schäften 1867.

Windsysteme und Windgebiete.

Windgesetze. Zu wiederholten Malen hatten wir schon Greleg heit, den Einfluß der Winde auf die Wärmeverteilung kennen lernen. In einem späteren Kapitel werden wir erfahren, daß i Wind einer der wichtigsten Faktoren ist, die die Verteilung i Niederschläge regeln. Es ist daher nicht Überschätzung, wenn n den Wind als den eigentlichen Träger des Klimas bezeichnet, t zugleich da die klimatischen Verhältnisse das organische Lei und damit auch die Entwicklung der Menschheit bedingen eine Kulturmacht ersten Ranges.

Direkt erscheinen die Winde von der Verteilung des Luftdmcl abhängig. Ein ungleich yerteilter Luftdruck zeigt an, daß das Glei gewicht der Atmosphäre gestört ist, und die Winde haben die Ti denz, dasselbe wiederherzustellen. Dieses Grundprinzip der moden Meteorologie ergab sich unmittelbar aus den sogenannten sync tischen Witterungskarten, die den Zustand der Atmosphi über einem größeren oder kleineren Teile der Erdoberfläche (Euro nordatlantischer Ozean, Vereinigte Staaten von Amerika) in eii bestimmten Stunde (meist 7^ früh nach Ortszeit) darstellen. I diesen Karten sieht man die Orte gleichen Luftdruckes durch Lini die sogenannten Isobaren, miteinander verbunden. Um die 1 obachteten Barometerstände miteinander vergleichbar zu mach muß man sie auf das Meeresniveau reduzieren; und außerdem m man, da das Gewicht aller Körper, somit auch der Luft, mit < Polhöhe zunimmt, eine Schwerekorrektur anbringen, d. h. die un verschiedenen Breiten beobachteten Barometerstände auf einen j meinsamen Parallel (gewöhnlich den 45.) reduzieren. Der Verglei der Isobaren mit den Winden ergiebt nun folgende zwei Geset die nach ihren Entdeckern benannt werden:

1) Das BüYS-BALLOT'sche Gesetz: Die Luft strömt von der Gege höheren Luftdruckes nach der niederen Luftdruckes und wird dal durch die Erdrotation auf der nördlichen Hemisphäre nach recl und auf der südlichen nach links abgelenkt Man kann noch d Satz hinzufügen, daß jedes Windsystem aus zwei Strömungen beste aus einer unteren vom höheren Luftdruck zum niederen und eii

WindsjBteme und Windgebiete.

89

oberen in entgegengesetzter Eichtang. Beide werden durch die Achsendrehnng der Erde abgelenkt, die untere aber außerdem noch durch die verschiedenen Eeibungswiderstände an der Erdoberfläche. Ozeanische Winde unterliegen einer größeren Ablenkung als kon- tinentale, weil die letzteren auf dem unebenen Boden des Festlandes nicht Yöllig dem Einflüsse der Botation zu folgen vermögen. Stets aber bildet die Windrichtung mit dem Gradienten einen Winkel, der jedoch nie 90® erreicht

2) Das STBVBNSON'sche Gesetz lautet: Die Windstärke wird bedingt durch den barometrischen Gradienten, d. h. durch die Druckdifferenz, welche in der Richtung senkrecht zu den Iso- baren gemessen und auf eine Längeneinheit (jetzt allgemein am Äquator =111 km) bezogen wird. Je steiler der Gradient, desto dichter gedrängt die Isobaren, desto größer auch die Windgeschwindig« keit Aber auch sie wird durch die Beibung wesentlich modifiziert. LooMK^ ermittelte die Windgeschwindigkeit in Kilometer pro Stunde für folgende Gebiete, die wir in der Eichtung W. 0. anordnen.

Vereinigt

e Staaten

Nord- atlant Ozean

Europa

Binnen-

Ost-

West- Binnen-

land

küste

küste

land

Winter

18,7

18,0

53,1

22,8

14,1

Frühling ....

15,2

17,0

49,e

20,3

13,5

Sommer ....

11,2

12,.

41,0

18,6

10,6

Herbst

12,5

16,1

47,8

20,9

12,5

Jahr

13,1

15,9

47,9

19,8

12,7

In allen Jahreszeiten sehen wir hier die Windgeschwindigkeit vom Ozean gegen die Küste und von der Küste gegen das Binnen- land abnehmen, also genau in der Bichtung, in der die Reibungs- widerstände wachsen. Aus demselben Grunde nimmt die Windstärke mit der Höhe zu, und schon geringe Höhenunterschiede fallen da schwer ins Gewicht Ist doch schon auf dem 300 m hohen Eiflfelturme die Windstärke 3 4 mal größer als auf dem Ya km davon entfernten Turme des Meteorologischen Zentralbureaus in 21 m Höhe. Aber auch in der täglichen Periode unterscheiden sich Meer, Land und freigelegene Berggipfel wesentlich voneinander. Auf dem Meere ist eine tägliche Periode der Windgeschwindigkeit so gut wie gar nicht bemerkbar, Tag und Nacht weht es mit gleicher Stärke. Auf dem Festlande erreicht sie unter allen Breiten ihr Minimum in den ersten Morgenstunden und ihr Maximum ein paar Stunden nach Mittag; sie steigt und fällt also mit der Temperatur, und dieser Parallelismus

90 Die Lufthülle.

kommt auch darin zam Ausdrucke, daß sie an heiteren Tagen schäi ausgeprägt ist als an trüben. In den höheren Luftschichten dagegen der Wind bei Nacht bedeutend stärker als bei Tage, wie Beobachtungen nicht nur auf Berggipfeln, sondern auch schon dem Eiffeltürme zeigen. Die unteren Schichten werden also meisten zur Zeit der größten Erwärmung in die allgemeine Li Zirkulation hineingezogen, während sich diese in der Nacht hat sächlich nur auf die oberen Schichten beschränkt Koppen erk] dies dadurch, daß in den Mittagsstunden die unteren Luftschich sich ausdehnen und in die Höhe steigen, während die oberen, stär bewegten herabsinken. Infolge dessen findet ein stärkerer Austau zwischen den verschiedenen Niveaus statt und die horizontale ( schwindigkeit der ganzen Luftmasse wird eine gleichförmigere.

Allgemeine Lnftzirkulation. Ehe wir uns in eine Schilden der Hauptwindarten einlassen, richten wir unseren Blick auf Fundamentalsystem der Luftbewegung, wie es durch die großen Ges( der Wärmeverteilung geregelt wird. Denn in letzter Linie ist Luftdruck, d. h. das Gewicht der Luftsäule, die einer Quecksill Säule von entsprechender Höhe (als normal nimmt man im Meei niveau 760 mm an) das Gleichgewicht hält, eine Funktion der T< peratur. Allerdings auch des Dampfgehaltes, denn Wasserdampf leichter, als eine gleiche Quantität Luft, aber dieser Faktor sei hängt unter sonst gleichen Umständen lediglich von der Wärme Der Zusammenhang zwischen Luftdruck und Temperatur bedarf in noch einer weiteren Erörterung. Am Äquator wir lassen 1 überall der Einfachheit wegen den thermischen und mathematisc Äquator zusammenfallen am Äquator tritt unter dem Einfli beständiger hochgradiger Erwärmung eine Auflockerung der gan Luftmasse ein; die Flächen gleichen Druckes steigen in die H( d. h. sie entfernen sich weiter von der Erdoberfläche, als an Polen. Dadurch wird der Luftdruck noch nicht vermindert, sond erst durch die Folgeerscheinung. Es entsteht nämlich in den obe Luftschichten eine Strömung, die der Abdachung vom Äquator 2 Pole folgt. Vom Äquator wird Luft weggeflihrt und nun si hier der Luftdruck; an den Polen wird Luft angehäuft und i steigt hier der Luftdruck. Damit ist die Gleichgewichtstör aus den oberen Schichten in die unteren verlegt und erfon nun einen Ausgleich durch eine Etickströmung. Auf der ruh den Erde entstehen also zwei Meridional ströme: ein primi Oberstrom vom Äquator zu den Polen und ein sekundärer TJn Strom von den Polen zu Äquator, beide durch Vertikalströme 1 einander verbunden. In den höheren Breiten geht der Obersti

Windsysteme und Windgebiete. 91

durch eine absteigende Bewegung in den Unterstrom über, in den niederen Breiten der ünterstrom durch eine aufsteigende Bewegung in den Oberstrom. Damit ist der Kreislauf geschlossen. Allbekannt ist folgendes Experiment: man öffnet das Fenster eines geheizten Zimmers, und sofort entsteht eine Luftzirkulation; unten fließt die kalte Luft in das Zimmer hinein, oben die warme Luft in das Freie hinaus, wovon man sich durch die Bewegung einer Eerzenflamme unmittelbar überzeugen kann. Nur in Einem Punkte stimmt dieser Versuch mit den großen irdischen Verhältnissen nicht überein, darin nämlich, daß die äquatoriale Hitze und die polare Kälte nicht un- yermittelt aufeinander stoßen.

Auf der ruhenden Erde mit homogener Oberfläche würde sich also die Luftdruckverteilung genau an die Temperaturverteilung an- schließen, nur in umgekehrter Weise. Die Temperatur nimmt gegen die Pole hin stetig ab, der Luftdruck stetig zu.

Wenn wir aber aus den mittleren Jahresisobaren die Durchschnitts- barometerstande der Breitenkreise in derselben Weise ableiten, wie aus der Isothermenkarte die entsprechenden Durchschnittstempera- turen, so erhalten wir ein ganz anderes Bild. Statt Einer baro- metrischen Depression am Äquator und zwei Hochdruckgebieten an den Polen bestehen in den untersten Luftschichten vier Hochdruck- gebiete und drei Depressionen.^

Nordpolares (arktisches) Hochdruckgebiet

KördL subpolare (subarktische) Depressionszone

Nördl. subtropische Hochdruckzone

Äquatoriale Depressionszone

Südl. subtropische Hochdruckzone

Sudl. subpolare (subantarktische) Depressionszone

Südl. polares (antarktisches) Hochdruckgebiet

Daß die äquatoriale Depression auf der nördlichen Halbkugel liegt^ kann nicht auffallen, wenn man erwägt, daß der thermische Äquator ebenfalls nach Norden verrückt ist. Um so rätselhafter sind die subtropischen Hochdruck- und die subpolaren Depressionszonen.

Die alte DovESche Windtheorie, die von den Verhältnissen auf einer ruhenden Erde ausging, gab dafür keine genügende Erklärung. Man hatte, unmutig darüber, den Gegenstand schon ganz fallen ge- lassen, und erst in den letzten Jahren fing man an, das Problem von einer anderen Seite wieder in Angriff zu nehmen. Man erkannte den fundamentalen Einfluß der Erdrotation, die nicht bloß meridionale Strome ablenkt, sondern selbst Ströme in der Richtung der Parallelen

X Abgeleitet aus den FaaBEL'schen Zahlen durch graphische Interpolation.

Breite

Loftdruck

(90 »N.

760,7 mm)

66

758,2

34

762,4

8

757,8

28 S.

768,7

?

?

?

1

92 Die Lufthalle.

erzeugt, obwohl in der praktischen Anwendung dieser Erkenn die Wege auseinander gehen.

Febeel* und mit ihm die überwiegende Anzahl der Mete< logen gehen von dem Prinzipe der Erhaltung der Fläche aus. Ri wir uns noch einmal ins Gedächtnis zurück, daß die Zirkulation der ruhenden Erde einen primären Oberstrom vom Äquator : Pol verlangt Durch die Rotation der Erde wird er aus einem S in einen Südwest-, endlich in einen Westwind verwandelt Je we er in höhere Breiten gelangt, desto größer wird, entsprechend ( Flächensatze, seine Geschwindigkeit, und endlich so groß, daß Zentrifugalkraft die polare Anziehung überwiegt Dieser Umschw^ vollzieht sich beiläufig in 30 35® n. und s. Breite. Bis ds wächst der Luftdruck entsprechend dem Temperaturunterschiede, d i _ nimmt er wieder ab entsprechend der Zentrifugalkraft. Es entste

'1 also auf jeder Hemisphäre gleichsam zwei Wirbel: einer um

Äquator, wo der Unterstrom, weil aus höheren Breiten komm<

: nach Osten, und der Oberstrom, weil aus niederen Breiten komm(

I nach Westen abgelenkt ist; und einer um den Pol, wo oben und ui

^^V westliche Strömung herrscht An der Grenze beider Wirbel se

sich die Luft zu Boden, an den Grenzen der nord- und südhe

sphärischen Wirbel um den Äquator steigt sie in die Höhe.

! * beiden Zonen vertikaler Luftbewegung herrschen am Boden Wi

. stillen oder schwache Winde vor.

Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte v. Siemens', der den £ von der Erhaltung der Kraft in den Vordergrund seiner dedukti Untersuchung stellte. Die Energie, welche sich durch die Rotal der Luftmasse um die Erdachse ansammelt, muß unverändert bleil Nun wird aber durch die vorher erwähnten Meridianströme Luftmeer vermischt, und die Summe der lebendigen Kraft kann ] dann die gleiche bleiben, wie im Zustande relativer Buhe, w( überall die Rotationsgeschwindigköit von 379 m in der Sekunde, c die normale Rotationsgeschwindigkeit in 35*^ B. herrscht Polwf von 35** B., wo die Rotationsgeschwindigkeit sonst geringer wl eilt die Luft der Erddrehung voran, muß also auch, wie die Ei sich von Westen nach Osten bewegen; äquatorwärts von 35® wo die Rotationsgeschwindigkeit sonst größer wäre, bleibt die 1 hinter dem Erdkörper zurück, sie bewegt sich also in entgeg gesetzter Richtung, wie die Erde, von Osten nach Westen. An ( Grenzen beider Strömungen herrscht relative Ruhe, hier häuft s die Luft an, es entstehen die subtropischen Maxima.

In streng mathematischer Weise und mit Berücksichtigung > Reibung hat Obebbeck* das Problem behandelt, freilich ohne (

l^

Windsysteme und Windgebiete.

93

Xguafor

untere Luftschicht.

Obere Laftschicht.

thatsachlichen Verhältnissen in allen Punkten gerecht zu werden. Immerhin sind wir schon soweit gelangt, uns eine Vorstellung von der allgemeinen Luftzirkulation machen zu können, etwa in der Weise, wie ich sie in Fig. 21 darzustellen versucht habe. Wir sehen oben eine Hemisphäre in Polarprqjektion mit den beiden entgegengesetzten Wirbeln in den unteren und den beiden gleichlaufenden in den oberen Schichten und die breiten, dunkel gehaltenen Kalmen-Zonen mit vorherrschend vertikaler Luftbewegung. Das Verhältnis der ver- schiedenen Bewegungsrichtungen zu einander zeigt der untere Durch- schnitt durch das Luftmeer zwi- schen 60^ N. und 60® S. Warum wir an diesen Breiten Halt machten, hat seinen Grund darin, daß eine Erklärung der po- laren Hochdruck- gebiete noch aus- steht Das ark- tische ist sicher vorhanden, wenn auch wahrschein- lich nicht so in- tensiv wie die sub- tropischen ; die Existenz eines antarktischen läßt sich wenigstens

vermuten. Die Theorieen verlangen Abnahme des Luftdruckes bis zu den Polen, und schon in mäßigen Höhen der Atmosphäre scheint dies in der That der Fall zu sein. Einige Schwierigkeit bereitet auch noch die ZurtickfÜhrung der zu den Polen ab- strömenden Luft in niedere Breiten, weshalb wir auch diesen Punkt in unserer Darstellung imberücksichtigt gelassen haben. Auffallend ist der Gegensatz zwischen den nördlichen und südlichen subpolaren Depressionen; wir kennen zwar die Lage der letzteren nicht, aber wir können mit Sicherheit sagen, daß sie eine viel größere Tiefe erreicht, als die arktische. Febebl hat folgende Durchschnittsbaro- meterstände berechnet.

Fig. 21. Schematiflche DanteUung der allgemeinen LnftzirknlatioD.

f

s

if

94

Die Lufthülle.

B!ieil8

a^o

40<>

45

Ö0<> 55« 700 mm +

60 <>

65 0

70»

Nord

62,4

62,0

61,5

60,7 M^^i

58,7

58,2

58,6

Süd

62,4

60,6

57,8

53,2 48,2

^.'i.i

30,7

38,0

\

Wir erblicken in diesem Gegensatze, der in den angefuhj Zahlen in so drastischer Weise zu Tage tritt, einen Ausdruck verschiedenen Eeibungswiderstände in den mittleren und höhe Breiten beider Halbkugeln, denn über der südhemisphärise Wasserfläche muß der polare Wirbel zu viel kräftigerer Entfalt gelangen, als bei uns, wo Land und Wasser mehrfach wechseln.

Wir verlassen nun das Feld der Theorie, die ihren Aus allein von systematischen Ballonbeobachtungen erwarten darf, wenden uns den erfahrungsgemäß festgestellten Windverhältnisse den untersten Luftschichten zu.

Anticyklonen. Betrachten wir synoptische Witterungskarten größerer Ausdehnung, etwa die des nordatlantischen Ozeans, so kennen wir eine dreifache Art der Luftbewegung: eine pa tische, cyklonische und anticy klonische. Doch bestehen sie n unabhängig nebeneinander, sondern Passate und Cyklonen treten s in Verbindung mit Anticyklonen auf. Anticyklonen (Fig. 22) i kreisähnliche oder elliptische Gebiete hohen Barometerstandes, denen die Luft allseits von der Gegend des höchsten Luftdruc dem sogenannten barometrischen Maximum, ausströmt In halb des Gebietes steigt die Luft herab und dieser vertikale St wird durch horizontalen Zufluß in der Höhe ernährt Dafiir spr außer der Wolkenrichtung, die gegen das Maximum gekehrt ist, große Konstanz der Anticyklonen, die natürlich bald sich aufli müßten, wenn beständig nur Luft ausströmte; endlich auch vertikale Temperaturzunahme, von der bereits auf S. 58 die Rede Wenn auch Anticyklonen ihren Ort verändern, so ist ihnen c im Vergleich zu den Cyklonen eine gewisse Kühe und Stetig eigentümlich. Das Wetter ist meist ruhig, klar, im Sommer 1 im Winter meist kalt, aber nur in den untersten Luftschichten; der Höhe nimmt die Temperatur zu. Linerhalb der Anticylon^ der Wind meist schwach und schwankend; Kalmen sind häufig.

Cyklonen. Ganz anders ist der Charakter der Cyklonen. \ versteht darunter Gebiete niederen Luftdruckes von kreisähnli« oder elliptischer Gestalt; die Gegend des tiefsten Luftdruckes l das barometrische Minimum. Allseitig strömt ihm die Ld Spirallinien zu, einerseits vom Minimum angezogen, anderseits di die Erdrotation abgelenkt Eine von NNO. nach SSW. gezoj Linie \^y in Fig. 22) teilt die Cyklonen unserer Breiten in

Windsysteme und Windgebiete. 95

Hälften mit entgegengesetztem Witterungscbarakter, von dem Mohk folgende schematische Übersicht entworfen hat:

Hintere (linke) Seite: Vordere (rechte) Seite: Windrichtung ... 0. NO. N. NW. W. W. SW. S. SO. 0.^ Barometer .... steigt fällt

Temperatur, Feuchtig- keit und Bewölkung fallt steigt Niederschlag . . . nimmt ab in der Regel bedeutend. Die hintere Seite wird also durch kalte Polar-, die rechte durch warme Äquatorialwinde ausgezeichnet. Doch bezeichnen diese, für

/f^

Fig. 22 a. Anücyklonen und Cyklonen auf der nördlichen Halbkugel.

^^^ iri'^ ^^flf/f" VM/.

Fig. 225. Anticyklonen und Cyklonen auf der südlichen Halbkugel.

beide Hemisphären gleichmäßig anwendbaren Ausdrücke nicht etwa den Ort der Entstehung, sondern lediglich die Eichtung, aus der

X Für die südliche Hemisphäre ist Süden statt Korden und umgekehrt SU setzen.

96 Die LufthüUe.

I die Winde wehen. Wir werden im folgenden die hintere S<

1 der Cyklonen die Polar- und die vordere die Äquatorialse

\ nennen. Im Zentrum der barometrischen Depression sind die Wii

I veränderlich und Windstillen häufig. Der Gradient (und damit ai

J die Windgeschwindigkeit) ist nicht in allen Teilen der Cykloi

4 gleich; der größte liegt im nördlichen und westlichen Europa m(

f, im südlichen, der kleinste im nördlichen Quadranten; auf (

^4 ersteren sind daher die meisten europäischen St&rme beschräi

f Aber auch innerhalb eines Quadranten nimmt der Gradient y

i Zentrum gegen die Peripherie erst zu, dann wieder ab. Bei gleich

^ Gradienten sind in unseren Breiten die nördlichen und ösÜicl

h Winde stärker, als die südlichen und westlichen; und im Somi

j sind alle Winde stärker, als unter gleichen Verhältnissen im Wini

I Bis zu welcher Höhe die cyklonische Bewegung reicht, ist n<

wenig untersucht worden. In der Bai yon Bengalen vermögen Cyklonen nicht einmal die 300 600 m hohen Ostghats zu üb schreiten. In der östlichen Union erreichen sie selten die Höhe < Mt. Washington (1900 m), während in der westlichen selbst das ü 4000 m hohe Felsengebirge keine absolute Schranke für sie bil( Die ältere Theorie (Eonvektionstheorie), die auch heute m [i viele Anhänger zählt, erblickt in der Cyklonenbildung die erste ^

X anlassung zur atmosphärischen Gleichgewichtsstörung. An ül

\ wärmten Stellen entwickelt sich ein aufsteigender Luftstrom; s

\ Dampfgehalt wird dabei kondensiert, und die dadurch frei geword(

I Wärme verstärkt den Auftrieb, Oben fließt er nach allen Seiten

I und sinkt dann erkaltet zu Boden und erzeugt Anticyklonen.

i speist in den oberen Schichten die Cyklone die sie umgeben<

j Anticyklonen, und in den unteren Schichten ernährt die Ai

i, cyklone die Cyklonen.

'' Für die tropischen Cyklonen und einige engbeschrankte P!

.; nomene unserer Breiten, wie z. B. für die verheerenden Lufbwir

T; oder Tornados Nordamerikas wird diese Erklärung auch jetzt m

ziemlich allgemein festgehalten. Für die maßgebenden Witterun erscheinungen der gemäßigten und wohl auch der kalten Zone 1 sie aber ihre Geltung verloren, seitdem Hann nachgewiesen hat, c die mittlere Temperatur der gesamten Luftsäule innerhalb der Ai cyklone höher ist, als innerhalb der Cyklone.* Die letztere ks also nicht ein Produkt abnormer Erwärmimg sein. Man darf i nehmen, daß die erste Störung im Gleichgewichtszustande der L von der Anticyklone ausgeht; sie entwickelt sich an einer Ste wo ein Arm der allgemeinen Luftströmung nach dem Pole Boden sinkt und dadurch in der Nachbarschaft eine Vermindem

WindsTsteme nnd Windgebiete. 97

des Luftdruckes bewirkt Ist aber ^uf diese Weise au der Erdober- iiäcbe eiumal der Austoß zu einer cyklonaleu Bewegung gegeben, dann wird unter giinstigen Umständen das barometrische Minimum durch den um dasselbe entstehenden Luftwirbel immer mehr ver- tieft. Je mehr das Barometer im Zentrum sinkt, desto steiler wird der Gradient, desto heftiger der Wirbel, desto geringer auch der Luftdruck im Mittelpunkte. So trägt die Cyklone in sich selbst die Bedingungen ihres Wachstums, das aber erfahrungsgemäß zeitlich beachränkt ist

Von ihrer Geburt bis zu ihrem Erlöschen sind die Cyklonen in beständiger, bald schnellerer, bald langsamerer Wanderung be* griffen. Li der tropischen Zone bewegen sie sich nach Osten, biegen dann an der Polargtenze der Passate nach Norden, beziehungsweise Süden um, wobei sie an Tiefe verlieren, aber an Ausdehnung gewinnen, und schlagen in den mittleren und höheren Breiten einen westlichen Weg ein. Das letztere gilt auch von jenen Depressionen, die in den außertropischen Gegenden entstehen. Die Cyklonen be- wegen sich also, seltene Ausnahmen abgerechnet, stets im Sinne der allgemeinen Luftzirkulation; sie sind Wirbel, die von den großen Ost* und Westströmen weiter getragen werden. Genauer kennen wir bisher allerdings nur ihre mitüeren Zugstraßen zwischen dem Felsen- gebirge und Ural. In Nordamerika wandert die Mehrzahl unter ca. 45^ B. durch die Seenregion, während andere aus dem SW. auf den Atlantischen Ozean gelangen. Mehr als die Hälfte der nordamerika- nischen Minima durchkreuzt denselben in 4—6 Tagen und erreicht Europa. Die einen ziehen über Labrador oder enÜang der Küste nach Grönland und von da nach Osten; die Bahnen der anderen teilen sich in der Nähe von Neuschottland, um entweder über Island, oder quer über den Ozean oder nördlich von den Azoren nach Europa zu fuhren. Hier ist der Norden das Hauptdurchzugsgebiet der Minima. Eine Straße beginnt bei Island, zieht dem norwegischen Gestade entlang über den Polarkreis hinaus und führt von da entweder nordwärts in das Eismeer oder zum Weißen Meere oder nach SO. in das Innere von Rußland. Von den britischen Inseln und ihrer Umgebung wandern die Minima entweder über die Nordsee, Südschweden und die mitüere und südliche Ostsee nach den baltischen Provinzen und nach Finnland; oder jedoch in selteneren Fällen und im Sojnmer fast nie über Frankreich nach dem Mittelmeere. Hier vereinigt sich diese Zugstraße mit der vom westlichen Mittelmeer kommenden, um im weiteren Verlaufe teils nach SO., teils in das Schwarze Meer, teils nach NO. in das innere Rußland zu fahren. Besonders ausgezeichnet sind die Ereuzungspunkte der Zugstraßen,

SopAH, Phjsiscbe Erdkunde. IL Aufl. 7

98

Die LufthnUe.

5

f

wie die Lorenzomündung, die Gegenden in der Dayisstraße, s westlich Yon Island und bei den Lofoten, das südliche Schwei und der Atlantische Ozean zwischen 50 und 52^ N. und 34 i 38 ^W. Gr. Hier pflegen die Minima länger zu yerweUen und schlaj häufig auf kurze Zeit sogar eine retrograde Bewegung ein; hier bili sich auch die meisten, so einflußreichen stationären Depression Die mittlere 24standige Geschwindigkeit der Minima betr in Nordamerika 1097, auf dem nordatlantischen Ozean 696 und Europa 646 km. Daraus ergiebt sich ein bedeutungSToller Uni schied zwischen dem nordamerikanischen imd europäischen Eli] Denn die direkte Folge der fortschreitenden Gyklonen ist die V< änderlichkeit des Wetters; je rascher sie wandern, desto grö auch die Veränderlichkeit Die Punkte a und b in Fig. 22 a (S. gelangen, wenn die Cyklone nach rechts fortschreitet, Ton < Äquatorial* auf die Polarseite, wobei sich in a (entsprechend d sogenannten DovEschen Drehungsgesetze, das aber nur beschrän Geltung hat) der Wind im Sinne eines Uhrzeigers von- 80. ü SW. nach NW., in b aber im entgegengesetzten Sinne von SO. ü NO. nach NW. dreht

Innerhalb einer größeren Depression können sich auch seki däre oder Teilminima bilden, am häufigsten auf der Süd» derselben. Im ersten Stadium ihrer Entwicklung yerraten sie s durch eine seitliche Ausbuchtung der Isobaren. Unter günstij Bedingungen lösen sie sich yom Hauptminimum los und yerfolj selbständig ihren Weg.

. Die eigentliche Heimat der Cyklonen sind die subpolaren ] pressionszonen. ^ In einem schmalen Gürtel zu beiden Seiten Äquators fehlen sie ganz, denn hier ist die ablenkende Wirki der Erdrotation zu schwach, als daß Störungen des Gleichgewicl zustandes der Luft nicht bald ausgeglichen werden müßteu. dem übrigen Teile der Tropenzone fehlen sie zwar nicht, und s insofern wichtig, als sie meist von verheerenden Stürmen begle sind, aber sie sind nur einige Monate beschränkt Genauer beka sind nur die Hurricane des nordatlantischen Tropenmeeres, Teifune der Chinasee und die Cyklonen des Indischen Ozei Von den erstgenannten kommen nach Loomis 88 Prozent auf

^ Zahl der Stürme in Prozenten aller Beobachtungen auf dem n atlantischen Ozean:

0- 5<>N. 5—10 10—15 15—20

0,M

20—25» N.

1,«

40— 45'N. 10.»

0,1

25—30

8,,

45—50 14,0

0,.

80-35

7,7

50—55 16,0

1,1

86—40

18,1

55—60 80,5

Windsysteme und Windgebiete. 99

Monate August bis Oktober, wo der thermische Äquator am wei- testen Tom mathematischen sich entfernt Die niedrigste Breite ihres Vorkommens ist 10,s^N., das umbiegen der Bahn erfolgt im Sommer im Mittel in 30,e^, im September in 29,7^ B.; die durch- schnittliche tägliche Geschwindigkeit beträgt 460 km. Auch die Teifune sind in der warmen Zeit am häufigsten (72 Prozent in den Monaten Juli bis Oktober). Von den Wirbelstilrmen im Pazifischen und Indischen Ozean kommen 52 Prozent auf den Herbst (September bis November) und 43 Prozent auf den Frühling (April bis Juni): das sind die Zeiten der sogenannten Monsunwechsel, wovon wir im nächsten Abschnitte hören werden. Ihre niedrigste Breite ist 6,i^, die ümbiegung ihrer Bahn nach Norden vollzieht sich im Durchschnitt schon unter 19,8^ B., die mittlere Geschwindigkeit in 24 Stunden beträgt 310 km. Im südindischen Ozean sind die Monate Januar bis April die Sturmzeit.

Wir haben oben gesagt, Gyklonen seien hauptsächlich eine Er- scheinung der subpolaren Depressionszonen, und wir hatten dabei natürlich die subarktische, als die allein genügend bekannte, besonders im Auge. Die von der Theorie geforderten Westwinde kommen hier, wie ims die Bichtung der Cirrus -Wolken lehrt, nur in den höheren Schichten der Atmosphäre zu ungestörter Entwickelung, auf dem Boden des Luftmeeres treiben dagegen Gyklonen und Anti- cyklonen ihr wechselndes Spiel. Jeder Ort auf der Erdoberfläche in unseren Breiten gelangt bald in eine anticyklonische, bald in eine cyklonische Luftbewegung, bald auf die äquatoriale, bald auf die polare Seite der wandernden Gyklonen, und erleidet dadurch beständige Witterungsveränderungen. Selbst in langjährigen baro- metrischen Mittelwerten kommt dies zum Ausdrucke; niemals um- spannt eine kontinuierliche Depressionszone die ganze Erde, immer löst sie sich in Gyklonen und Anticyklonen auf, die in ostwestlicher Richtung neben einander lagern, geradeso wie die verschieden er- wärmten Land- und Wassermassen; und je schärfer dieser Temperatur- gegensatz ausgebildet ist, desto schärfer sondern sich auch die beiden barometrischen Systeme voneinander ab.

Geographische Eigentümlichkeiten sind es also, die von ca. 35^ n. B. bis in das arktische Meer hinein die allgemeine Luftzirkulation an der Erdoberfläche wesenüich modifizieren.

Passate. In den niederen Breiten zwischen den beiden sub- tropischen Hochdruckzonen entspricht dagegen die Bewegung in den untersten Luftschichten wenigstens auf den Meeren den theo- retischen Voraussetzungen. Es ist das G-ebiet der Passate, des nordöstlichen auf der nördlichen, des südöstlichen auf der südlichen

100

Die LufthüUe.

Hemisphäre. Sie unterscheiden sich von den Cyklonen vor all< dnrch ihre Beständigkeit, denn beständig ist auch die äquatoriale I pression, wenn sie sich auch mit dem Gang der Sonne verschiebt u dadurch ebenfalls Yerrückungen der beiden subtropischen Hochdru< Zonen bewirkt In nachstehender Figur, wo die Kurven die mittleren I rometerstände des Breitenkreise (nach der Berechnung von Teisseke deBoet®) in ihren positiven und negativen Abweichungen von d( als normal geltenden Luftdruck im Meeresniveau (760 mm) zur Di Stellung bringen, sind diese jahreszeitlichen Verschiebungen dui die punktierten Linien angedeutet. In der Nähe des mathematisch M* *o* ao' at^ /o* o' fo* 20'^' 4<f SO' Äquators kann also i

Punkt zeitweise Depressionsgürtel i seinen variablen W; den und Stillen (Ei mengürtel) liegen u zeitweise wieder niii die Herrschaft bald c NO.., bald des S( Passates gelangen. AI auch davon abgeseb bedarf die Vorstellu

Flg. 23. VerteiluDg des Luftdruckes. (Die Abstände ^^"^ ^er Gleichmaß

Yom mittleren Luftdrucke 760 mm in mm entsprechend keit Und Regelmäß

dem Barometerstande.) j^^j^ j^^ p^^^^^^ ^.^j^

Einschränkung. Das Nebeneinander von Wasser and Land auch hier störend. Von einem ununterbrochenen Passatban kann man daher auf der nördlichen Hemisphäre niemals und 2 der südlichen nur im Winter sprechen. Auch auf den Meeren der SO.-Passat, entsprechend der bedeutenderen barometrisch Höhe des südsubtropischen Maximums, besser entwickelt, als der N< Passat. Die äquatorialen Depressionen bilden hier keine gleichmäl breiten Bänder, sondern verschmälem sich von 0. nach W. beträchtli< und ebenso wenig ist der Luftdruck in den subtropischen Ho< druckzonen gleichmäßig verbreitet, sondern verdichtet sich in c Nähe der Westküsten der Kontinente zu scharf umrissenen An cyklouen. Daher kommt es, daß wir den Passat nur in den O hälften der Meere ganz regelmäßig ausgebildet finden, während im Westen eine rückläufige Bewegung annimmt Der SO. c Südhemisphäre, wo diese Erscheinung besonders kräftig ausgebilc ist, geht allmählich in 0., NO., NW., W. über, so daß dadurch i vollkommen geschlossener anticyklonischer Kreislauf um die sc

Luftdruck- und Wiudverteilung in den extremen Jahreszeiten. 101

tropischen Maxima entsteht, und die Passate selbst nur als ein ver- längerter Zweig desselben erscheinen. Daß auch die Passatzonen zeit- weiUg von CJyklonen durchfurcht werden, wurde schon oben erwähnt, und endlich unterliegen auch ihre polaren Grenzen häufigen un- periodischen Verschiebungen.

Über der passatischen Bewegung in den unteren Schichten zieht die antipassatische in den oberen Schichten in entgegen- gesetzter Eichtung, wodurch der vertikale Kreislauf geschlossen wird. Der Pic von Teneriffa, 3700 m hoch, ragt bereits in diese Eegion westlicher Winde hinein, und der Himalaja wird im Winter schon in 2000 m Höhe von denselben getroffen.

Litteraturnacliweise. * Loomis, im American Jonmal of Science 1885, Bd. XXX, S. 9. Zur Einführung (ohne Zuhilfenahme der höheren Mathematik) dient Febhel, A populär Treatise on the Winds, London 1889. ^ V. SiEJCEMB, Die Erhaltung der Kraft im Luftmeer der Erde, in den Sitzungs- berichten der Berliner Akademie der Wissenschaften 1886. * Obbrbeck, Über die Bewegungserscheinungen der Atmosphäre; ebenfalls in den Sitzungsberichten 1889 (S. 883 und 1129). Für die Theorie der allgemeinen Luftzirkulation sind femer wichtig Hblkholtz, Über atmosphärische Bewegungen, in den Sitzungs- berichten der Berliner Akademie der Wissenschaften 1888 und 1889; und Möllbb, Zur Dynamik der Atmosphäre, in der Meteorologischen Zeitschrift 1893. ^ Kann, Das Luftdruckmaximum vom November 1889, in den Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften, Math.-naturwiss. Klasse, Bd. LVII, 1890. Bezold, Zur Theorie der Cjklonen, in den Sitzungsberichten der Ber- liner Akademie der Wissenschaften 1890. 'Teisssbenc de Bobt, R^partition de la piession atmosph^rique k la surface du globe, in Comptes rendus d. Aca- d^mie des Sciences. Paris 1889 (S. 878).

Luftdruck- und Windverteilung in den extremen Jahreszeiten. ^

(Siehe Karte IX und X.)

Die Isobarenkarten. In derselben Weise, wie einst Doye die mittlere Temperaturverteilung in einzelnen Monaten und im Jahres- durchschnitt kartographisch durch Isothermen darstellte, hat Buchan Isobaren- und Windkarten entworfen, die uns die mittleren Zustände des Luftmeeres vor Augen fähren. Dieser Versuch ist für das Jahr und die extremen Monate (Januar und Juli) von verschiedenen Seiten, für alle Monate aber nur noch einmal und zwar von BüCHAN* selbst wiederholt worden. Indes leiden diese Karten an verschiedenen Mängeln. Hakn mußte 1886 das Geständnis ablegen, daß „die Kurven (mittleren Isobaren), die mit vorhandenem guten Material konstruiert werden können, so umfassender Interpolationen bedürfen, daß sie eigentlich mehr eine Darstellung unserer Vor-

102 Die Lufthttlle.

Stellungen von der Verteilung des Luftdruckes sind, als der A druck von Thatsachen". Trotz dieses skeptischen Urteils dür wir aber wohl sagen, daß die Isobarenkarten wenigstens im groJ und ganzen der Wirklichkeit entsprechen, wenn wir auch gena ganz zuverlässige Darstellungen nur von sehr wenigen Gegendi besitzen. Ein weiterer Übelstand liegt darin, daß wir die mittle Luftdruckverteilung mit den vorherrschenden Winden in Vergle setzen, also einen Mittelwert mit einem Scheitelwerte. Die 1 herigen Versuche, die mittlere Windrichtung eines Ortes fest stellen, haben zu keinem befriedigenden Ergebnisse geführt, i ebenso wenig sind wir im stände, die sehr maßgebenden ortlicl Einflüsse auf die Drehung der Windfahne zu beseitigen. In treten diese Übelstände mehr in Detailuntersuchungen störend Tage, als bei der Feststellung der Haupt -Windgebiete in i extremen Jahreszeiten, womit wir es hier zu thun haben.

Nördlicher Winter (Karte IX). Im Bande hohen Lu druck es, das sich vom Dezember bis zum März um unsere Hs kugel schlingt, liegen vier anticyklonische Zentren; zwei, ^ denen die NO.-Passate ausgehen, am Rande der Tropenzone x zvfSLT das atlantische im S. der Azoren, das pazifische nordöstl von Hawaii, die beiden anderen dagegen auf den Kontinenten in Nähe der Gebiete größter negativer Wärmeanomalie. Das ostsibirisi Maximum ist um 10 mm höher als das nordamerikanische, di dort sinkt die Temperatur um 24**, hier nur um 10^ unter < Breiten durchschnitt. Die Isobaren von 75 bis 65 mm buchten a auf der Ostfeste scharf nach W. aus, und ähnliche Krümmunj zeigen auch die Isanomalen.

Das äquatoriale Minimum liegt auf dem Atlantischen i Pazifischen Ozean nördlich vom Gleicher, nur auf dem warmen In sehen Ozean ist es mit der Sonne etwas nach S. gewandert

Hoher Luftdruck breitet sich über die ganzen Nordkontinente \ und umschließt zwei subpolare Gebiete niederen Baromet« Standes, deren Minima bei Island und den Aleuten, also in i Nähe der relativ wärmsten Gegenden unserer Hemisphäre lieg Auch hier ist wieder der Zusammenhang mit der Temperatur« teilung deutlich ausgeprägt. Die größere Tiefe des nordatlantiscl Minimums ist bedingt durch den höheren Grad der positiven A malie ; und auch die Biegungen der Isobaren sind in den Isanoma vorgezeichnet, wie beispielsweise das wichtige Teilminimum in Davisstraße.

Der thermische Gegensatz von West und Ost, der dasWinI klima unserer Halbkugel beherrscht, kommt auch darin zum A

Luftdruck- und WindverteUung in den extremen Jahreszeiten. 108

drucke^ daß in derselben Richtung Windsysteme von entgegengesetztem Charakter einander ablösen. Auf die nordatlantische Gyklone folgt die ostasiatische Anticyklone, dann die nordpazifische Cyklone und endlich die nordamerikanische Anticyklone. Eine Linie, die auf den Meeren ungefähr mit den 30. Parallel zusammenfällt, auf den Kontinenten aber wie Karte IX zeigt beträchtlich h(Uier ansteigt, bildet, gleichsam wie ein barometrisches Gebirge, die Hauptwindscheide zwischen den vier nördlichen und den südlichen Systemen.

Von jenen ist die nordatlantische Cyklone fbr uns am wich- tigsten, überdies auch am eingehendsten erforscht Eine Yon* den Bermudas gegen Island gezogene Linie trennt die Polar- von der Äquatorialseite. Auf der letzteren herrschen südliche und west- liche Winde Tor, welche die höhere Lufttemperatur des Golfstrom- gebietes, größere Feuchtigkeit und Niederschläge über das mittlere und polare Europa bis nach Westsibirien verbreiten, aber natürlich in immer geringerem Maße, je weiter sich die ozeanischen Winde von ihrer ürsprungsstätte entfernen, und je mehr kontinentale Luftmassen in den Wirbel gezogen werden. Die folgende Tabelle, welche die mittlere Differenz der Polar- (— ) und Äquatorial winde (+) in Pro- zenten fbr einige Gegenden angiebt, zeigt uns am besten den Kon- trast zwischen beiden Seiten der Cyklone.

Polartalte.

Neu-£ngland -31,4

Küflte von New York bis zur

Chaspeakbai -21,i

Kü8t« von der Chaspeakbai bis

Savannah 9,o

Hudflonthal 9.2

Seenregion +4,«

Ohio und Tennessee . . . +ll,o

Oberes Missisaippithal ... 4,o

iLquatorlalselte.

Irland +20,o

Schottland +26,»

England +7,»

Norwegische Westküste . . +SS,6

Norwegische SüdkÜBte . . . -15,o

Südschweden +9,5

Baltische NW.-Küate ... + 3,o

Belgien und Nordfrankreich . +22,2

Französische Westküste . . + 8,s Niederlande, Deutschland und

Dftnemark +26,2

Nord- Alpen (Bi^ nnd Schaf- berg) . . .' +21,5

Inneres Böhmen +15,o

Nordabhang der Karpaten . . +10,3

Ostseeprovinzen und Finnland +27,s

Nord-Rußland +21,o

Zentral-Rußland +23,5

Westsibirien +20,o

Man ersieht ans dieser Tabelle, daß in Europa nicht alle Gegenden gleichmäßig begünstigt sind. England nnd das südliche und östliche Skandinavien haben im Osten nnd Süden wärmere Meeresflächen,

die häufig der Schauplatz von Cyklonenbildungen sind, aber ohne

104 Die Lufthttlle.

auf unseren Isobarenkarten als Teilminima klar hervorzutreten. J<

Lokalitäten liegen daher oft auf der Polarseite von Barometerdepi

! l sionen. In Nordamerika nimmt die Häufigkeit der nördlichen Wii

I nach Süden rasch ab (und infolge dessen die Temperatur ebenso ra

; zu), ja stellenweise herrschen sogar die Iquatorialwinde, wenn a)

nicht bedeutend vor. Es erklärt sich dies aus der regelmäßij

Wanderung von Cyklonen aus dem Inneren der Yereinsstaaten gei

I Osten, wodurch ihre Zugstraßen, sowie die südlich davon gelegei

Landstriche häufig der Wohlthat äquatorialer Winde teilha

werden.

Die nordpazifische Cyklone unterscheidet sich von der

, lantischen in einigen wesentlichen Punkten. Sie umfaßt auf der eii

Seite die Ostabdachung Asiens, auf der anderen den schmalen p;

fischen Rand von Nordamerika. Ihre kontinental abgeschloss

! Nordseite ist viel ausgebildeter, als die offene der atlantischen Cjklo

j überall in der Umgebung der Beringstraße herrschen Polarwii

vor, wie die Vega-Expedition bestätigen konnte. Aus dem gleicl

- ' Grunde hegt das Minimum hier wenigstens 10 Breitengrade s

- ' lieber als im Atlantischen Ozean; Alaska befindet sich daher sei

auf der Polarseite, während Skandinavien noch auf der Äquator

j Seite liegt Die letztere ist also in der neuen Welt in nordsüdlic

I Richtung beschränkter, als in der alten Welt, aber auch gegen Os

j hin, weil Gebirge ein tieferes Eindringen nicht verstatten. Ein ebe

I bemerkenswerter Unterschied liegt in der gleichförmigen Entwic

lung der Polarseite bis an den Wendekreis. Eine Linie von (

Bonininseln zu den Aleuten trennt sie von den äquatorialen.

PolarBeite. Ochotskische Küste und Kam- tschatka —41,5

Sachalin, Japan und China . —46,7

Äquatorialselte. Pazifische Küste von Nord- amerika +

Oberes Columbia +

' Ein Vergleich mit den auf S. 103 mitgeteilten Zahlen zeigt i

deutlich, daß das östliche Nordamerika in den mittleren Breiten ungle begünstigter ist als das östliche Asien. Hier nimmt die Wärme ni so rasch nach Süden zu; Schanghai hat nur eine mittlere Janu temperatur von 3,2°. Noch schärfer tritt der Gegensatz in denNied

I Schlagsverhältnissen hervor, wie wir später sehen werden. Wo

dieser Unterschied? OflFenbar findet in Ostasien keine so lebhi I I Cyklonenbewegung statt, wie in den Vereinigten Staaten. Alle ]

' wegung nimmt in diesen Breiten eine östliche Richtung, und in die

^ 1 stößt sie auf hohe Gebirge. Ebensolche verhindern auch den Abf

der Luft nach Süden. So gewinnt die sibirische Anticyklo eine größere Festigkeit als die nordamerikanische, und daduj

Luftdruck- und WindverteÜung in den extremen Jahreszeiten. 105

ist wohl auch zum TeU die abnorme Höhe des Luftdruckes be- dingt

Außer den beiden genannten Anticyklonen dürfte noch eine dritte im Gebiete des amerikanischen Kältepols sich befinden. Darauf deuten die sehr bestandigen NW.- Winde hin, die das ganze arktische Amerika bis in die Baffinbai und Davisstraße überwehen.

An der Hauptwindscheide finden wir schwankende Strömungs- yerhältnisse, da die Grenzen der Windgebiete, der Beweglichkeit des Elementes ent^rechend, sich beständig verschieben. Je weiter wir aber gegen Süden Yordringen,^ desto mehr nimmt die Luftzirkulation einen passatischen Charakter an. Die Polargrenze des eigentlichen N0.-Pas8ates liegt im Osten und Westen des Atlatitischen Ozeans in ca. 26 ^B. und sinkt in der Mitte auf ca. 18^ herab; die westliche Sahara auf der einen Seite und Zentralamerika und der nördliche Teil Yon Südamerika auf der anderen gehören noch diesem Gebiete an. Auch im Pazifischen Ozean trefi^en wir den ausgebildeten Passat erst jenseits des 30. Parallels im Osten und des 21. 25. im Westen an. In der östlichen Sahara, in Arabien und in Mesopotamien zieht eine sehr beständige NW.-Strömung zum Indischen Ozean. In Zentral- asien beginnt das passatische System erst jenseits des Himalaja, der weit in die Begion der antipassatischen Strömung hineinragt; dies- seits desselben bis zum 50. Breitengrade ist ein Übergangsgebiet mit schwankenden Winden, unter denen aber doch die polaren Yorherrschen. Wie hier das Relief des Erdbodens die Passatgrenze nach Süden schiebt^ so rückt im Westen das Mittelmeer die Hauptwindscheide nach Norden. Auch hier nimmt der Luftdruck Yom Festlande gegen die See ab; aber das Yielfach gegliederte Mittelmeer beherbergt mehrere Minima, und die WindYcrhältnisse sind daher ziemlich kom- plizierter Natur. Doch herrschen an den nördlichen und westlichen Küsten im allgemeinen nördliche und an den südlichen südliche Winde vor.

Jenseits des Himalaja fließt die Luft den großen Thälem des Granges und Brahmaputra entlang zum Indischen Ozean, wo die Strö- mung erst die regelmäßige passatische Richtung annimmt. Überall, wo der Ealmengürtel im Süden des Äquators liegt, also im ganzen Indischen Ozean und in der westlichen Südsee, dringt der NO.-Passat auf die Südhemisphäre hinüber bis ca. 10 °B. und in Australien noch weiter. Er wird hier durch die Rotation in einen NW.- bis W.-Wind umgewandelt, und daher im malaischen Archipel und in Australien als NW.- oder Australmonsun bezeichnet Unter dem Ausdruck Monsun (yom arabischen mausim s= Jahreszeit) Yorsteht man einen mit den Jahreszeiten wechselnden Wind; so führt auch der indische

106 Die Lufthülle.

Passat den Namen NO.-Monsun, nur weil er im Sommer vom S Monsun abgelöst wird.

Auf der südlichen Halbkugel folgt ebenfalls auf den äquj rialen Depressionsgürtel eine Zone hohen Luftdruckes, die aber du die stark erwärmten Kontinente unterbrochen wird. Die Lufld lockerung schafft hier Minima, die ringsum Ton der kälte Umgebung Luft anziehen und in cjklonale Bewegung setzen. ^ haben also hier, entsprechend den drei Meeren, drei Passat^ biete, die durch die festländischen Cyklonen voneinander trennt werden.

Der SO.- Passat überschreitet in dieser Jahreszeit (Sommer) in den ösüichsten Teilen des Atlantischen und Pazifischen Oze den Äquator, während er sonst überall Ton dem nördlichen Pen bis ca. 10^ s. B. zurückgedrängt wird. Er erreicht seine höd. Breite (33 34^ im Grebiete der subtropischen Maxima, und von nähert sich seine Polargrenze immer mehr dem Äquator. Im Os wird er durch die benachbarten kontinentalen Minima in SW. i gewandelt (besonders deutlich ist diese Ablenkung an der a&ikanise Westküste ausgebildet), im Westen vollzieht sich, ebenfSeJls unter c Einflüsse jener Minima, die schon auf S. 100 geschilderte ümk< wodurch die anticyklonische Bewegung um die subtropischen Maxi geschlossen wird. Nirgends und niemals ist dieses Phänomen k tiger ausgebildet, als in dieser Jahreszeit auf der Südhemisphi Wir finden es sogar mitten in der Südsee wieder, wo das ostli Passatgebiet von dem schwächer entwickelten westlichen durch Band des rückkehrenden Passates getrennt wird. Von etwa 45 breitet sich bis in die unbekannte Südpolarwelt hinein die anta tische Windzone mit vorherrschenden westlichen und nordwestlic Strömungen aus.

Nördlicher Sommer. (Karte X.) Der April ist für die nördli Halbkugel ein Übergangsmonat Im Mai weicht schon die Z hohen Luftdruckes gegen N. zurück, und der äquatoriale Gürtel i deren Luftdruckes dringt von S. aus vor. Ln Juli und August die eigentümliche Verteilung des Barometerstandes, von dem sogleich sprechen werden, zur höchsten Ausbildung gelangt

Auf der südlichen Halbkugel liegen die Verhältnisse einfacl Die im Dezember und Januar getrennten Gebiete hohen Luftdruc schließen sich schon im Februar über dem südamerikanischen E tinent zu einem ununterbrochenen Bande zusammen und die Zustand erhält sich bis November. Die subtropischen Maxi liegen in ca. 30^ S.; auch auf den Kontinenten entwickeln sich sei in den Gegenden negativer Wärmeanomalie. Nördlich davon de

Luftdruck- und Windverteilung in den extremen Jahreszeiten. 107

die Passatzone aus, die sich nicht mehr auf die Meere allein beschrankt, wenn sie auch auf den Kontinenten weniger regelmäßig ausgebildet ist Die drei, bez. vier sommerlichen Passatgebiete lassen sich trotzdem auch jetzt noch unterscheiden, doch verschmelzen die beiden pazifischen, wenigstens im Norden, völlig miteinander. Die anticyklonische Bewegung um die subtropischen Maxima ist noch gut erkennbar, aber sie vollzieht sich erst in höheren Breiten. Auf- fällig dürfte in dieser Jahreszeit (Winter) die Ablenkung des Passates gegen die südafrikanische Westküste erscheinen; aber sie erklärt sich leicht, wenn man bedenkt, daß hier das Meer stets kälter ist als die Eüstenzone, und daß diese eine genügende Ausdehnung besitzt, um durch Lufkauflockerung den Seewind anzuziehen.

Die Polargrenze des eigentlichen Passates liegt in ca. 25^ B.; im Atlantischen Ozean reicht sie bis gegen 30^, in der mitt- leren Südsee zieht sie sich bis gegen 18^ B. zurück. Jenseits des 40. Parallel herrscht überall die westliche Strömung des antark- tischen Windgebietes. Hier hat sich im allgemeinen seit dem Sommer nichts geändert, nur der Gradient ist etwas steiler geworden.

Welcher Kontrast zwischen beiden Jahreszeiten tritt uns aber auf der nördlichen Halbkugel entgegen! Lassen wir die alte Welt vorläufig außer Betracht Das äquatoriale Minimum ist mit dem thermischen Äquator allenthalben nach Morden gerückt, im Mittel bis ca. 10® N., nur an den Westseiten der Festländer bis 15—20** N. Überall folgt ihm der SO.-Passat auf unsere Hemisphäre, und wird dabei in der Nähe des erhitzten östlichen Festlandes in SW. umgewandelt Auch das Gebiet hohen Luftdruckes ist auf dem Meere beträchtlich weiter gegen den Pol fortgeschritten, durchschnittlich bis 55** B. Ebenso liegen die subtropischen Maxima nördlicher als im Winter, unter ca. 40® B., und damit verschiebt sich auch die Haupt- windscheide in höhere Breiten. Auf den Kontinenten, die wärmer sind als das Meer in gleicher Breite, biegen sich dagegen die Isobaren nach Süden um, und der Luftdruck nimmt landeinwärts ab; daher sinkt die Hauptwindscheide in Amerika bis zum 20. Parallel und in der alten Welt verschwindet sie vollständig.

Es dürfte nun an der Zeit sein, einen vergleichenden Blick auf die horizontale Luftdruckverteilung im Sommer und Winter zu werfen. Auf den Meeren folgen in beiden Jahreszeiten aufeinander: das äqua- toriale Minimum, das subtropische Maximum, das subpolare Minimum und das polare Maximum (letzteres wenigstens auf unserer Halb- kugel). Die Festländer beherbergen dagegen im Winter Maxima und im Sommer Minima. Es besteht also ein fundamentaler Gegen- satz zwischen den marinen und kontinentalen Maxima und

108 Die Lufthülle.

Minima; jene sind permanent, wandern aber mit der Sonne, d sind periodisch.

Die nordhemispfaärische Passatzone reicht im Sommer nur der Saharaküste westwärts ungefähr bis zum Meridian Ton Sachs Ihre Polargrenze liegt auf den Meeren durchschnittlich in 28 steigt aber im Osten über 30® an. Die Nähe der erhitzten Eontii talflächen erzeugt eine vollständige anticyklonische Bewegung um subtropischen Maxima, wie wir sie bisher nur auf der Südhemispt beobachten konnten.

In den mittleren und höheren Breiten lagern vier cjklonis Windgebiele nebeneinander, nur das der alten Welt reicht aucl die Tropenzone hinein. Eine strenge Scheidung durch ausgedel anticyklonische Systeme findet nur in den mittleren Breiten statt den höheren treten die Windscheiden nur auf sehr detaillirten Isobai karten deutlich hervor. Überdies sind die Winde nicht so stark im Winter, denn die Druckdiflferenzen sind nach allen Richtungen geringer, ebenso wie die Temperaturunterschiede. Sie sind aucl den höheren Breiten von geringerer klimatologischer Bedeutung im Winter, weil die Verteilung der Temperatur hauptsächlich du die Insolation bedingt wird, und wir werden ihnen daher nur ( flüchtige Betrachtung widmen.

Im nordatlantischen Cyklonengebiete liegt das Minin östlich von Island. Amerika östlich vom Mississippi und von ei Linie, die man sich zwischen der Seenregion und der Hudsonbai n Nordwesten gezogen denkt, der Atlantische Ozean nördlich einer L von Florida bis Frankreich, die britischen Inseln, Frankreich und westliche Deutschland gehören dazu. Im Norden der Linie Jamesl Island herrschen Polar-, südlich davon Äquatorialwinde vor. Die N der großen ostkontinentalen Barometerdepression macht sich s auch hier insofern geltend, als in Westeuropa die Polarström häufiger ist, als im Winter. Über die Lage des Minimums in pazifischen Gyklone ist nichts genaues bekannt Die amc kanische Cy klone, zieht S.- und SO.- Winde aus dem GU)lf Mexico an, die das ganze Prärienplateau überströmen, und erze anderseits NW.- Winde an der pazifischen Küste. Weitaus am wi tigsten ist aber das Cyklonengebiet der alten Welt ] Hauptminimum verlegt Hanv nach Iran und in das Indusgel aber die Biegungen der Isobare von 755 mm verraten nicht min wichtige Teilminima, wie im westlichen Sibirien, in der Sah und in China. Überall ist in den weiten erhitzten Ebenen Geleg heit zur Bildung barometrischer Minima vorhanden, an allen Sei saugt der Kontinent Luft ein, wie er im Winter Luft ausaü

Luftdruck- und Windverteilung in den extremen Jahreszeiten. 109

Im Saden wird das einzige Beispiel dieser Art der indische NO- Passat YöUig unterdrückt und die Luft gezwungen, in entgegengesetzter Sichtung y als SW. -Monsun dem zentralasiatischen Minimum zu- zufließen. Thalaufwärts strömt sie in Hindustan bis zur großen Hima- laja-Barriere, ja yielleiclit in tieferen Einschnitten auch darüber hin- weg. Nach Westen herrscht dieser Monsun bis Arabien, nach Osten bis zu den Philippinen. In der Sahara dringt der SO.-Passat bis gegen 20 ®N. vor; in China, Japan und auf dem benachbarten Festlande löst der SO.- Wind den winterlichen NW. ab. Auf der anderen Seite des großen Depressionsgebietes herrschen vom östlichen Deutschland und der Balkanhalbinsel bis Sibirien und Turan polare Strömungen TOr.

Dasselbe Gesetz, das hier die Luftzirkulation über einem Drittel der Erdoberfläche regelt, macht sich auch im kleinen geltend. Skan- dinavien und die iberische Halbinsel sind ebenfalls abgeschlossene Cyklonengebiete, wie im Winter kleine anticyklonische Zentren. Auch Italien zieht Seewinde an, während im südlichen Mittelmeere nörd- liche Winde zur Sahara ziehen.

Die Änderungen vom Winter zum Sommer zeigt folgende schematische Übersicht der flauptwindgebiete:

Winter.

Nordpaziflsche Nordamerik. Nordatlantische Ostasiatische

Cyklone Anticyklone Cyklone Anticyklone

Nordpazififlches Nordatlantisches (Mittelmeer- Nordindisches

Passatgebiet Passatgehiet Gehiet) Paasatgehiet

West- u. Os^a- Südamerik. Südatlant Südafrikan. Südindisches Austral. züisches Passatgehiet Cyklone Passatgebiet Gyklone Passatgehiet Cyklone

Antarktisches Windgehiet

Sommer.

Nordpaziflsche Nordamerikanische Nordatlantische Cjklone Cyklone Cyklone

Nordpazifisches Nordatlantisches

Passatgehiet Passatgehiet

Cyklonengehiet der alten Welt

Südpazifisches Südatlantisches Südindisches

Passatgehiet Passatgehiet Passatgehiet

Antarktisches Windgebiet.

Mittlere monatliche Barometenchwankungen. Wie die Wärme- schwankungen, so sind auch die mittleren Schwankungen des

l

l.

110 Die Lufthülle.

^ . Luftdruckes ein bedeutungsvolles klimatisches Element, anc

ist ein großes Verdienst Köppens,^ dieselben zuerst kartograph

; / dargestellt zu haben. Je größer sie sind, desto unruhiger ist da

i . schnittliche das Wetter, desto steiler ist wahrscheinlich der G-radJ

und desto stärker sind die Winde. Auf der Nordhemisphäre nimmt durchschnittliche monatliche Barometerschwankung vom Äquato] zum 60. Parallel, der Gegend der subpolaren Minima, zu, dann wi« ab. Überall ist sie im Winter größer als im Sommer, aber die D renz der winterlichen und sommerhchen Schwankung ist in der Tro] Zone auf den Kontinenten und von 30^ B. ab auf dem Meere betra lieber. Vergleichen wir Meer und Festland miteinander, so erg sich ein sehr bemerkenswerter Gegensatz. Bis zum 20. Parallel das Wetter auf dem Meere im Gebiet des regelmäßigen Passates £ beständiger als auf den Kontinenten, nördlich Tom 30^ B. ist j gekehrt das maritime Wetter schwankender. Zwischen 20 und

ist eine Übergangszone. Mit der Polargrenze des Passates steigt Sommer der tropische Typus bis zu 30^ B. und sinkt im Winter - ' Typus der gemäßigten Zone bis 20® B. herab.

. I Auf der südlichen Hemisphäre ist dasselbe Gesetz der

hängigkeit von der Breite wirksam, wie auf der nördlichen, i j die Schwankungen sind dort beträchtlicher, namentlich wenn

die Sommer miteinander vergleichen. Die Maximalwerte uns«

1 Halbkugel werden jenseits des Äquators schon zwischen 50

55® B. erreicht ein Beweis, daß in der südlichen gemäßij

Zone Cyklonen- und Anticyklonenbildungen ebenso wechseln, I bei uns, und daß die barometrischen Gradienten steiler sind. In

* ' That berichten alle, die die antarktische See durchfuhren, von (

stürmischen Charakter der dort herrschenden Westwinde.

Litteraturnachweise. ^ Supan, Statistik der unteFen Luftstromun Leipzig 1881. ' Buchan, Monats- und Jahresisobaren im Challenger-V / cit. S. 77. ' Noch unerreichtes Muster ist Hann, Die Verteilung des I

druckes über Mittel- und Südeuropa. Wien 1887. Für die Methode der arbeitung mariner Beobachtungen ist Rüno, Rdpartition de la pressure ai sphörique sur Focean atlantique septentrional , Kopenhagen 1894, maßgeb * Koppen, Die monatlichen Barometerschwankungen, in den Annalen Hydrographie und maritimen Meteorologie 1882.

I

) Lokale Winde.

I I Die lokalen Winde können wir in zwei Hauptarten teilen,

ersten gehören die lokalen Winde in des Wortes strengster Bec tung, die nicht durch die allgemeine geographische Verteil des Luftdruckes, sondern durch örtlich beschränkte barometris

i «

Lokale Winde.

111

Unterschiede hervorgerufen werden. E^ ist selbstvertständlich, daß solche lokale Druckdififerenzen nur dann zur Geltung gelangen können, wenn die Atmosphäre nicht von beträchtlichen Störungen heimgesucht wird. Die Winde dieser Kategorie sind daher nicht nm* örtlich, sondern auch zeitlich beschränkt Die zweite Hauptart bilden jene Winde, die zwar Teile der aUgemeinen Luftzirkulation sind, aber in bestimmten Gegenden oder nur unter bestimmten Umständen eine lokale Färbung erhalten.

Lokale Windsysteme. Zur ersten Art gehören die Land- und See-, Berg- und Thalwinde. Die ersteren, deren Theorie Blakfohd^ ausgebildet hat, finden wir an den Gestaden aller größeren Wasserflächen, hauptsächlich aber an den Meeresküsten. Wenn in den Vormittagsstunden das Land sich erwärmt, steigen die Luftsäulen über demselben zu einer größeren Höhe an, als über dem kahleren Meere; es entsteht infolge dessen eine obere Strömung vom Lande zur See, und zum Ausgleich in den unteren Luft- schichten der Seewind. Die Zirkulation reicht in ziemlich bedeu- tende Höhen, wie die Beobachtungen mittels eines befestigten Ballons in der Bucht der Coneyinsel (New York) lehren. >< In den Abend- stunden gleichen sich die Druckunterschiede aus, und nach Mitter- nacht, wenn sich das Land mehr abgekühlt hat als das Meer, ent- wickelt sich die umgekehrte Bewegung: in den oberen Schichten ein Seewind, in den unteren ein Landwind.

Ein echter Tagesmonsun sind auch die Berg- und Thal- winde,* ein allen Gebii^ländem gemeinsames Phä- nomen, wenn auch kaum irgendwo großartiger und regelmäßiger ent- wickelt, als in Tibet und Easch- garien. Wenn mit

steigender Sonne dieLuft im Thale und an den Berghängen sich erwärmt, dehnen sich die Luftsäulen (Fig. 24) ab und cd bis b' und d' aus, und es entsteht nun ein Gradient von der freien Atmosphäre gegen den Berges-

Fig. 24. Berg- und Thalwinde.

Oberes Ende des Landwindes Unteres Ende des Landwindes Oberes Ende des Seewindes

0. Aug. 1879

10. Aug. 1879

13. Aug. 1879

lM9-p.m.

3M0»p.m.

ll'^öO^a.m.

270 m

330 m

320 m (?)

150

150

210

120

150

200

I I

112 Die Luftliülle.

1 hang hin. Dasselbe Resultat wird außerdem noch durch einen and

Umstand erzielt. Die Luft am Abhänge wird mehr erwärmt, al

der freien Atmosphäre im gleichen Niveau; jene strebt als spezi:

I leichter in die Höhe, und muß durch zuströmende Luft ersetzt wei

! So entwickelt sich bei Tag ein Steigungswind die Gehänge hinan,

zum Ersätze fließt Luft aus der Ebene thalaufwärts. Bei N

* ziehen sich die Luftsäulen ab und cd bis 6" und d" zusammen,

i dem neuen Gradienten folgt ein Fallwind an den Gehängen Ii

und thalabwärts ziir Ebene hinaus.

Wo die Berghänge mit Schnee und Eis bedeckt sind daher erkaltend auf die Luftschichten wirken, da entsteht auch Tag ein kalter Fallwind. Dieser Art sind z. B. die Nevados < Schneestürme auf dem mit hohen Bergen gekrönten Plateau Quito. ; Auch im oberen Engadin weht im Sommer bis nach Scanüs

; Tage ein Thalwind. Diese Anomalie bereitete der Theorie ei

, j Schwierigkeiten, bis sie BiLLWiiiiiEB durch die eigentümlichen

' ' graphischen Verhältnisse des Thaies befriedigend erklärte. A

' ! hier finden wir den regelrechten Steigungswind, aber der Ek

dafür kommt nicht von dem stark eingeengten unteren Thale, i I dern von dem ganz ofifenen oberen Ende.

\ Enge Nebenthäler, die von hohen und steilen Felswänden

I geschlossen und daher nur wenige Stunden von der Sonne beschic

; werden, senden oft, besonders im Sommer, kalte Winde in das

wärmere Hauptthal. Bekannt ist der Wisperwind, der, aus <

I Taunus kommend, manchmal das um 12 18^ wärmere Bhein

heimsucht. Eine ähnliche Wirkung erzeugt die Nachbarschaft Gebirge und Ebene, besonders im Frühjahr und Herbst; das Kl des bayerischen Plateaus und der Po-Ebene wird zum Teil di diesen Gegensatz bedingt. Zu den echten lokalen Winden gel auch jene eigentümliche und, wie es scheint, ganz abgeschlosf Luftzirkulation im Ghor, wo im Sommer Süd- und im Winter N< winde ausschließlich herrschen.

EinfluTs lokaler Verhältnisse auf die Winde. Zweige der gemeinen Luftbewegung können durch bestimmte lokale Verhältn in ihrer ursprünglichen Bichtung oder Stärke verändert wer oder auch einen eigentümlichen klimatischen Charakter erhal

^ So werden im meridionalen Champlain-Hudsonthal im Staate 1

York die winterlichen NW.- Winde in N.- und die sommerlic SW.-Winde in S.- Winde umgewandelt. Das von Nordwesten n Südosten ziehende Ebrothal kennt eigentlich nur zwei Lufts mungen: den Cierzo (Nordwesten) und Bochomo (Südosten). Ein gi

Lokale Winde. 118

artiges Beispiel dieser Art liefert auch Hindustan, wo der Winter- monsun thalabwärts und der Sommermonsun thalaufwärts fließt, und selbst die antipassatische Strömung in 2000 m Höhe im Winter genau den Bahnen des Sommermonsuns folgt. Auf wie weite Strecken hin ein Gebirge die Windrichtung zu bestimmen vermag, beweisen die Gegenden an der Ostseite der Karpaten, wo NW.- und SO.- Winde von Bessarabien bis in die Nähe Ton Lemberg entschieden vorherrschen.

In noch höherem Grade, als die Richtung, unterliegt die Stärke des Windes der lokalen Beeinflussung, besonders durch Temperatur- unterschiede, wie zwischen dem Meere und einem gebirgigen Hinter- lande im Winter, oder zwischen einem solchen und einer erhitzten Küstenebene im Sommer. Auf diese Weise erhält der Mistral,^ ein stürmischer N.- oder NW.- Wind, der die Küstengegenden von der EbromQndung bis in den innersten Winkel des genuesischen Golfs so häufig heimsucht, seinen eigentümlichen Charakter. Besonders heftig ist er in der Provence und Languedoc, wo die Gebirgsmauem der Gerennen und Alpen aneinander stoßen, und wo er regelmäßig auf- tritt, wenn ein Minimum sich im Süden oder Südosten der Provence befindet, während eine Anticjklone über dem mittleren und süd- westlichen Frankreich lagert Diese Druckverteilung ist im Winter die normale, daher auch der Mistral in dieser Jahreszeit am häu- figsten. Seine Heftigkeit erklärt sich dadurch, daß die Gegensätze nicht sofort ausgeglichen werden, indem die von Norden kommende Luft einige Zeit hinter dem Gebirge sich staut Ähnlich verhält sich die Bora^ an den gebirgigen Küsten von Triest, Dalmatien und Albanien. Man versteht danmter NO.- und 0. -Winde, die besonders im Winter durch Minima auf dem Adriatischen Meere erzeugt werden. Die zeitweise Stauung und das plötzliche Herein- brechen über die Pässe des Gebirges kommt in dem stoßweisen Wehen dieser oft gefährlichen Stürme zum Ausdrucke, die am wütendsten dort sind, wo der Gebirgskamm mindestens 800 600 m hoch und zugleich in horizontaler Richtung nur ein paar Kilometer von der warmen See entfernt ist Solche Borastürme kommen übrigens auch bei Noworossisk am NO.-Ufer des Schwarzen Meeres and am Fuße eines ca. 550 m hohen Ausläufers des Kaukasus vor, und MiDDiarDORPF berichtet von einer gleichen Erscheinung an der ochotskischen Küste.

Alle diese Winde sind kalt und trocken, und diese Eigen- schaft bedarf einer Auseinandersetzung. Ein Beispiel wird hier am schnellsten zum Ziele führen. An einem Januartage mit mittlerer Monatstemperatur bewege sich die Luft von Alessandria (Seehöhe

ScPAM, Phydiche Erdkunde. 2. Aufl. 8

1 i

. I

114 Die Lufthülle.

98 m, Temperatur —0,»^ über den Bocchettapaß (780 m hoch) na Genua (48 m hoch, Temp. 8®). Auf dem Bocchettapasse wird sich von -0,9« auf -3,6^ abkühlen (Abnahme für 100 m 0,4% b€ Herabsinken auf der anderen Seite aber nach der Theorie um für je 100 m erwärmen. In der That beträgt die Zunahme m Mohns Berechnung freilich nur 0,984 ", weil ein Teil der Wärme z Verdampfen des ausgeschiedenen Wassers verbraucht wird, al immerhin hat die Luftströmung am Südfuße des Apennin e Temperatur von 3,6^. Sie ist also wärmer wie in Alessandria i daher relativ trockener, aber in Genua erscheint sie dennoch relativ kalter Wind. Wäre aber der Bocchettapaß 2000 m ho dann würde ihre Temperatur auf demselben sich zwar auf —i erniedrigen, aber am Südfuße auf 10,7^ erhöhen, d. h. sie würde Genua als trockener und relativ warmer Wind, als sogenann Föhn ankommen.

Die Temperatur eines Windes hängt also unter übrigens gleicl Umständen 1) von der Wärmedifferenz der Anfangs- und Endstat ab, 2) von der Höhe des Gebirges, das er zu überschreiten hat

Der Föhn* ist eine zahlreichen Gebirgsländem gemeinsa Erscheinung, während man ihn früher nur auf die Nordalpen schränkt glaubte. Hier ist dieser warme und trockene Südw (SW SO), der sich zeitweise zum Sturme steigert, von Besan« am Jura bis Vorarlberg zu Hause, erreicht aber in seinen östHcl Ausläufern auch das untere Innthal und manchmal sogar Thäler von Salzburg und des Salzkammergutes. Er erzeugt, sonders im Frühling, oft plötzliche und gefährliche Schneeschmc und Überschwemmungen, ist aber auch von dauerndem Einflüsse das Klima ^ und ermöglicht die Maiskultur in Gegenden, von dei sie sonst ausgeschlossen wäre.

Nach Hann tritt der Föhn auf der Nordseite der Alpen di auf, wenn sich eine tiefere Barometerdepression auf dem AÜantiscl Ozean zwischen dem Golf von Biscaja und Nordschottland einst( Der Luftdruck ist dann am Nordfuße der Alpen viel tiefer, als Südfuße, weil die mächtige Gebirgsmauer eine Ausgleichung Dichtigkeit der unteren Luftschichten verhindert. Die Luft v durch jenes Minimum aus den nördlichen Thälem gleichsam i gepumpt, und zum Ersätze strömt nun Luft vom Südabhange ü die Pässe auf die Nordseite, wobei durch die Abkühlung der i

i:

X Höhe Winter

Zürich 470 m ~0,8<»

Altdorf (Föhngebiet) 454 l,i

«hUng

Sommer

Herbst

Ja]

8,.»

IV

8,.»

8,

9,.

17,.

10,.

9,,

Lokale Winde. 115

steigenden Luft am Südabhange häufig Niederschläge erzeugt werden. Daß bei der Föhnbildung die Höhe des Gebirges das maßgebende Moment ist, beweist der Nordföhn, der in den südlichen Thälem erscheint, wenn hier der Luftdruck beträchtlicher tiefer ist, als auf der Nordseite.

Heutzutage weiß man, daß der Föhn ein allgemein verbreitetes Phänomen ist Der sogenannte Scirocco auf der Nordseite der Pyrenäen und in Algier ist nach Hebert nichts anderes als Föhn. In Modena nimmt der SW.-, in Simferopol auf der Erimhalbinsel der SO.-, in Trapezunt und im Eurthal der SW.-, in Kutais dagegen der ONO.-Wind zeitweise einen föhnartigen Charakter an. Für die Westküste Japans hat erst kürzlich Enippino das Vorkommen des Föhns nachgewiesen. Auch an der Ostseite der nordamerikanischen Gebirge, der Bocky Mountains sowohl, wie der Alleghanies zeigt sich diese Windform häufig. In Neuseeland ist er besonders ent- wickelt auf der Ostseite der Südalpen. In Grönland ist er an beiden Küsten heimisch, je nachdem ein tiefes barometrisches Minimum westlich oder östlich von dieser Eontinentalmasse erscheint, nur daß hier nicht ein Überwehen des ganzen inneren Eisplateaus voraus- gesetzt werden darf, sondern ein Abströmen der Luft von demselben genügt, um ähnliche thermo-djnamische Wirkungen zu erzeugen, wie in schmalen Gebirgszügen. Von großer klimatischer Bedeutung ist der Föhn an der Westküste, wo er im Winter und Frühjahr die Tempe- ratur häufig über den Gefrierpunkt hebt. In Jakobshayn z. B. ist die durchschnittliche Zahl der Föhntage 16 (in der Schweiz 40). In Nischne-Kolymsk erwähnt schon Wbangbll einen trockenen und warmen Wind aus Südosten, wo ein Ausläufer des Stanowoigebirges liegt. WoEiKow hat auch den Föhn herangezogen, um manche Eigen- tümlichkeiten des ostasiatischen Winterklimas zu erklären. Wo der Gebirgsrand unterbrochen ist, bringt der herrschende Nordwest die Temperatur des sibirischen Kältezentrums bis an die Küste; wo er aber ein Gebirge übersteigen muß, erwärmt er sich beim Herab- sinken. Daher ist z. B. Ajan im Januar um 2,8^ wärmer als Niko- lajewsk und Peking um 4,8® wärmer als Niutschwang.

Die Trockenheit und Wärme hat der Föhn mit den Wüsten- winden^ gemein und lange Zeit hielt man ihn auch für einen solchen. Er erhält aber seinen Charakter durch lokale Verhältnisse und verliert ihn auch wieder, sobald diese zu wirken aufhören; während die Wüstenwinde ihn aus der Wüste, in der sie entstehen oder die sie passieren, mitbringen. So sendet die Sahara den Ehamsin nach Ägypten, den Harmattan nach Oberguinea und sogar über breite Meerestrecken den Leste nach Madeira und den

8*

116 Die Lufthülle.

Canarischen Inseln, den Levecfae an die spanische Ostküste y Kap Gata bis zum Kap Näo, und den Scirocco (nicht zu ^ wechseln mit den ebenso genannten feucht-warmen Winden in Ital und auf dem Adriatischen Meere) nach Sicilien. Ein Wüstenw ist femer der bekannte Samum im mittleren und nördlichen Arab: Auch von der Mohavewüste im westlichen Nordamerika sind sol Winde bekannt Aber keine sind heißer und trockener als die dem Inneren von Australien kommenden. Neümayer beobachl einmal in Melbourne, wie durch einen solchen Wüstenwind die A] an den Bäumen buchstäblich gebraten wurden. In Neu-Süd-Wf schwankt die Temperatur dieses Windes zwischen 27 und 43**, Binnenlande ist sie aber viel höher. So beobachtete Stüet Zentralaustralien am 21. Januar 1845 55^ im Schatten, und Dezember 1828 zerstörte ein heißer Wind am Hunt River auf Strecke von nahezu 50 km allen Weizen.

Litteraturnachweise. ^ Blanford, Land- und Seewinde an der R von Bengalen, in der Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Mete logie, 1877. " Hann, Zur Theorie der Thal- und Bergwinde, ebendasc 1879. ' Debsch, Der Ursprung des Mistral, ebendaselbst 1881. * Hj Klimatologie cit. S. 42 ^ Nieheyer, Die heißen Winde der Wüstengeb Meldorf 1891.

Der WasserdaxQpf in der Atmosphäre und die Ursacl: seiner Kondensation.

Verschiedene Ausdrücke far die Feuchtigkeit der Luft, i Wasserflächen und die Pflanzendecke entsenden fortwährend Wasi dampf in die Atmosphäre. Man mißt den absoluten Feuch keitsgehalt der Luft als Dunstdruck; die Höhe einer Que silbersäule (ausgedrückt in mm), die der Expansivkraft des Wasi dampfes das Gleichgewicht hält, gilt noch allgemein als Maßs desselben, obwohl die Angabe des Gewichtes des Wasserdam] in einem Kubikmeter Luft (ausgedrückt in Gramm) vorzuzie! wäre. Die folgende Tabelle zeigt aber, daß beide Ausdrücke ni sehr voneinander abweichen.

Die Erfahrung lehrt, daß die Luft bei einer bestimmten T( peratur nur eine bestimmte Menge Wasserdampf in sich aufiiehi kann:

Temperatur -10» —b^ b^ IC^ 15« 20<> i Maximaldunstdruck 2,i 3,i 4,6 6,5 9,a 12,t 17,4 1

Maximalgewicht 2,8 3,4 4,9 6,g 9,4 12,t 17,i *

Es ergiebt sich daraus, daß die Verdunstung mit der T( peratur steigt, wobei freilich auch der Wind insofern von Einfluß

Der Wasserdampf in der Atmosphäre u. die Ursachen seiner Kondensation. 117

ald er die feuchte Luft immer wieder fortführt und dadurch eine rasche Sätttigung verhindert Je größer die Verdunstung , desto größer ist die absolute Feuchtigkeit der Luft; sie muß daher, wie sie an jedem Orte mit der Temperatur steigt und fällt, auch in ihrer geographischen Verteilung sich an die der Wärme anschließen. Die Linien gleichen Dunstdruckes wiederholen in der That alle Biegungen der Isothermen^ und nur die regenarmen Gebiete der Kontinente machen begreiflicherweise davon eine Ausnahme. Die jährliche Schwankung des Dunstdruckes steigert sich wie die der Temperatur vom Äquator gegen die Pole und von den Küsten landeinwärts, wobei in unseren Breiten der Gegensatz von Ost- und Westküsten in derselben Weise hervortritt, wie auf der Karte der jährlichen Wärmeschwankung. Ebenso nimmt die absolute Feuchtigkeit mit der Höhe ab und zwar in der freien Atmosphäre rascher als im Gebirge, und hier (mit Ausnahme des Pic von Tene- riffa und vielleicht der ganzen Passatzone) unter höheren Breiten schneller als unter niederen. Schon in einer Höhe von 2000 m hat der Feuchtigkeitsgehalt um die Hälfte abgenommen und über 6500 m Höhe finden wir nur mehr ^/^^ des atmosphärischen Dampf- gehaltes.

Wenn auch für die Charakteristik des Klimas einer Gegend der Dunstdruck ein entscheidendes Element ist, so bedarf er doch stets zu seiner Erläuterung der Temperaturangabe und eignet sich daher wenig zu klimatologischen Vergleichen. Wenn wir auf die unten- stehende Tabelle ^ einen Blick werfen, so finden wir bei Königsberg und Breslau die gleichen Jahresmittel der absoluten Feuchtigkeit; ist aber wirklich die Luft in beiden Städten durchschnittlich gleich

X

Winter Frühling Sommer Herbst

Jah]

Absolute Feuchtigkeit (mm)

Königsberg

3,5*

5,3 10,4 6,2

6,5

Breslau

3,1*

5,« 10,« 6,8

6,5

Borkum

4,»*

6,5 11,6 8,2

7,8

Trier

4,5*

6,0 10,S 7,3 Relative Feuchtigkeit (Proz.)

7,0

Königsberg

87

76 74* 83

80

Breslau

83

71 69* 78

75

Borkum

91

84 82* 87

86

Trier

85

68* 69 80 Sättigungsdefizit (mm)

75

Königsberg

0,5*.

1,8 8,7 1,8

1,8

Breslau

0,7*

2,4 4,« 2,0

2,4

Borkum

0,5*

1,8 2,6 1,2

1,4

Trier

0,9*

2,8 4,6 2,0

2,6

118

Die LufthOlle.

feucht? Nein, denn die Temperatur ist verschieden, um beque Vergleichswerte zu schaffen, berechnet man daher entweder < prozentische Verhältnis des wirklichen Dunstdruckes {d) zu d der Temperatur entsprechenden Maximum (w), d. L die relati Feuchtigkeit (/), die in der Meteorologie schon lange eine herv ragende Rolle spielt; oder, nach Wilds Vorgange, das Sättigunj defizit (s), d. h. die Dampfmenge, welche der Luft unter ( gegebenen Temperaturverhältnissen zur Sättigung noch fehlt

Formeln ausgedrückt ist also /* = 100 und s = m (i. I^

wird sofort klar, daß Königsberg feuchter ist als Breslau. Aus < Formeln ergiebt sich auch, warum die jährliche Periode des Sättigun defizits denselben Verlauf nimmt, wie die des wirklichen Dunstdrucl während die relative Feuchtigkeit gerade das entgegengesetzte V halten zeigt. In unseren Gegenden ist die Luft im Sommer absc am feuchtesten, relativ aber am trockensten. Welches Element, relative Feuchtigkeit oder das Sättigungsdefizit, sich besser für Zwecke der Klimalehre eignet, ist noch eine offene Frage ' ; es unl liegt aber keinem Zweifel, daß das erstere manchmal irreleitet erweckt z. B. den Schein, als ob in Trier der Frühling trocke sei, als der Sommer, während doch, wie sich aus dem Sättigungsdei ergiebt, gerade das Umgekehrte der Fall ist Trotzdem ist relative Feuchtigkeit aus ihrer dominierenden Stellung noch ni verdrängt. Wenn wir oben sagten, daß ihre jährliche Kurve entgegengesetzten Sinne verlaufe, wie die der Temperatur, so bec dies insofern einer Einschränkung, als sie im asiatischen Mons gebiete und in den Polargegenden, wo die Winter sehr troc! sind, mit der Wäime steigt und fällt, obwohl dieser Parallelisi auf kein direktes Verhältnis zwischen beiden Elementen hindeutet "^ die absolute Feuchtigkeit nimmt auch die relative von den Küs (mit Ausnahme der asiatischen Ostküste) gegen das Innere Landes ab und ist am geringsten in den Wüsten und Stepp aber im Gegensatze zu jener ist sie in höheren Breiten durchschn lieh größer als in niederen. In vertikaler Richtung nimmt sie ur allen Umständen bis zu einer gewissen Höhe zu und dann bestän ab. Die Höhe dieser Maximallinie ist aber sehr schwanke Flammabion traf sie auf seinen Ballonfahrten am 10. Juni 1867 150 m, am 15. Juli aber in 1100 m H. an. Im Gebirge machen s lokale Einflüsse geltend. Am Antisana in den Andes von Quito, 4061 hoch, sinkt die relative Feuchtigkeit selten bis 74 herab und reicht meist den Sättigungspunkt. Doch war Mühkys Schluß, ( sich die ganze Äquatorialzone durch große Feuchtigkeit bis

Der Wasserdampf in der Atmosphftre n. die Ursachen seiner Kondensation. 119

einer Höhe von 5700 m auszeichne, voreilig, denn Jukghuhit belehrt uns, daß auf Java die relative Feuchtigkeit in 3400 m flöhe 48 und in 8700 m Höhe nur mehr 10 Prozent beträgt Das ist be- deutend weniger, als auf dem Gipfel des Montblanc (4810 m), wo ün August 55 Prozent gemessen wurden. Jedenfalls ist die rela- tive Feuchtigkeit im Gebirge größer, als im gleichen Niveau der freien Atmosphäre, weil dort au&teigende Luftströme, die wir als Bergwinde kennen gelernt haben, beständig Wasserdampf hinauf tragen.

Die Winde als Verbreiter des Wasserdampfes. Da die Luft in fortwährender Bewegung ist, so kann der an einem Orte erzeugte Wasserdampf auch anderen, oft weit entfernten Orten zu gute kommen. Die Begelung der Verteilung des Wasserdampfes und damit auch der Niederschläge ist die zweite Hauptaufgabe der Winde im Haus- halte der Natur. Seewinde sind selbstverständlich feuchter als Land- winde, büßen aber ihren Charakter immer mehr ein, je weiter sie landeinwärts vorrücken. Winde, die aus kälteren in wärmere Gegen- den kommen, sind relativ trocken, weil sich ihr Dampfgehalt immer weiter vom Sättigungspunkte entfernt; umgekehrt sind Luftströmungen (mit Ausnahme der von Natur trockenen Wüstenwinde) relativ feucht, wenn sie aus wärmeren in kältere Gegenden versetzt werden. Auf diese einfachen Sätze werden wir uns berufen, wenn wir von der geographischen Verteilung der Niederschläge sprechen werden.

Kondensation des Wasserdampfes. Es entsteht nun die Frage: unter welchen Bedingungen schlägt sich die Luftfeuchtigkeit nieder? Ofifenbar kann nur solange Wasser dampf aufgenommen werden, als die Luft noch nicht gesättigt ist; sobald aber die relative Feuchtig- keit 100 Prozent übersteigt und dies kann nur geschehen, wenn ganz oder nahezu gesättigte Luft mehr oder weniger rasch abgekühlt wird , so muß ein Teil des Wasserdampfes ausgeschieden werden. Wir haben uns also die Frage vorzulegen: unter welchen Bedingungen kann rasche Abkühlung der feuchten Luft eintreten?

Berührung feuchter Luft mit Körpern, deren Temperatur durch nächtliche Ausstrahlung unter die der umgebenden Atmosphäre herabgesunken ist, oder starke Verdunstung des Bodens und der Pflanzen in hellen, windstillen Nächten, wenn die unterste Luft- schicht kälter ist als der Boden eine von diesen Ursachen, meist aber beide zusammen erzeugen den Tau und Reif (gefrorenen Tau).^ Messimgen am Observatorium von Montsouris im Februar 1874 er- gaben für diese Niederschlagsform eine monatliche Höhe von 2,6 mm; in regenarmen Gegenden kann also der Tau eine nicht ganz un- bedeutende Rolle spielen. Eine andere Ursache der Kondensation

120 Die Lufthülle.

ist die Vermischung ungleich temperierter Luftmassen. Daher a die warmen, feuchten Winde in unseren Gegenden meist Reg bringer, besonders in der kälteren Jahreshälfte; aber auch k^ Winde können zu Niederschlägen Veranlassung geben, wenn plötzlich in eine dampfgeschwängerte Atmosphäre einbrechen. Quelle der reichlichsten Niederschläge sind aber die freiwillig o gezwungen emporsteigenden Luftströme. Zu den ersteren gehö die aufsteigenden Luftströme im Zentrum einer Barometerdepressi der Bergwind im Gebirge und alle jene emporsteigenden Luftströ die sich in den heißen Nachmittagsstunden windstiller Sommert lokal über größeren und kleineren Ebenen entwickeln. Die Üb hitzung des Bodens erzeugt im letzteren Falle einen labilen Glei gewichtszustand der Atmosphäre, d. h. einen Zustand, in dem Temperatur um mehr als 1*^ für je 100 m Höhe abnimmt, wc die Ballonfahrten der Münchener LuftschiflFer* zum ersten Male i thatsächlichen Beweis erbracht haben. ^ Die zweite Art bilden h( zontale Luftströmungen, welche durch orographische Hindemi besonders durch Gebirge gezwungen werden, sich aufwärts zu wegen, wodurch selbst relativ trockene Winde in Regenwinde i wandelt werden können.

Auch jede Abnahme der Geschwindigkeit eines horizonta Luftstromes muß, solange er sich nicht verbreiten kann, sei Querschnitt erhöhen, also ein Aufsteigen bewirken ; und solche T änderungen vollziehen sich nicht bloß dort, wo die Reibung zunim wie bei dem Übergange eines Luftstromes von dem Meere auf Land, oder von einer nackten Fläche auf eine mit Vegetation kleidete, oder von einer Grasfläche in den Wald, sondern auch mit auf dem Ozean.*

So lange der Wasserdampf gasförmig in der Atmosphäre ^

X Nehmen wir eine Temperatarabnahme von 1,2^ an, so wird die L temperatur, wenn wir unmittelbar über dem Boden 26^ haben, in M>( Höhe 20^ und in 1000 m Höhe 14^ betragen. Steigt ein Luftteilchen untersten Schicht in die Höhe , so wird es sich höchstens um 1 ^ für je 10< abkühlen, also in 500 m 2P und 1000 m 16° besitzen. In jedem Niv« ist es aber wärmer, als die umgebende Schicht und es findet Ruhe, wenn es eine gleich warme Schicht erreicht. Andererseits ist die s Ersatz von oben kommende Luft in jedem Niveau kftlter, als die Umgeb (1000 m 14^, 500 m 19^, 0 m 24^) und kann bis zum Boden gelangen. . diese Weise kann eine vertikale Luftzirkulation bis in beträchtliche Höhen i entwickeln. Das ist weder bei dem indifferenten (Temperaturabnahme noch bei dem stabilen Gleichgewichtszustande der Luft (Temperaturabnal weniger als 1 ^) möglich. Ein labiler G-leichgewichtszustand kann natürlich bei Windstille entstehen, da sonst Mischung der Luftschichten eintritt

Der Wasserdampf in der Atmosphäre u. die Ursachen seiner Kondensation. 121

teilt ist, ist er Yollkommen durchsichtig. Die blaue Farbe des Himmels ist ihm zuzuschreiben, daher sie um so dunkler erscheint, je höher der Standpunkt des Beobachters, oder je trockener die Luft ist® Kondensiert sich der Wasserdampf zu Tröpfchen, so erzeugt er Trübung und eine weißliche Färbung des Firmamentes. Eine örtliche Anhäufung von Wassertröpfchen verschiedener Größe oder in bedeu- tenden Höhen von Schneekrystallen ^ nennt man Wolken.® Nebel ist nichts anderes als Wolkenbildung in den untersten Luftschichten. Er tritt als eine beständige und daher geographisch wichtige Erschei- nung besonders an den Berührungsstellen kalter und warmer Meeres- ströme (z. B. an der Bank von Neufundland) auf, desgleichen auch aD den von kalten Meeresströmungen begleiteten tropischen Küsten. Ein geographisch wichtiges Element, dem aber bisher ver- hältnismäßig wenig Beachtung geschenkt wurde, ist der mittlere Grad der Bewölkung, ^^ da von ihr die Verbreitung mancher Pflanzenarten (z. B. der Dattelpalme) ebenso abhängig ist, wie von der Temperatur.^ Welch ein gewaltiger, tiefgreifender Gegensatz

Nord Süd

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Fig. 25. Mittlere Verteilung der Bewölkung auf der Erde. Bewölkung. Mittlerer jährl. Luftdruck.

besteht z. B. in dieser Beziehung zwischen den Wüsten und unseren heimatlichen Gegenden! Biskra am Nordrande der Sahara hat im Jahre durchschnittlich 264,4 heitere Tage, dagegen Berlin nur 30,5. Und der letztere Ort stellt nicht etwa ein Extrem dar, denn die Bewölkung nimmt in Europa in nordwestlicher Richtung zu und erreicht ihr Maximum auf den britischen Inseln und in Skandinavien. Teiüsebekc de Bobt hat die durchschnittliche Bewölkung der

X Diese Erfahrung verdanken wir der Ballonfahrt Bersons im Dezember 1894 (8. S. 55> Bisher hielt man die Cimiswolken für Anhäufungen von Eis- nadeln.

X X Ausgedrückt in Zahlen von 1 (ganz heiter) bis 10 oder bis 100 Cganz bewölkt).

122 Die LufthaUe.

Breitengrade ermittelt,^ und trägt mau seine Zahlen zusami mit den mittleren Barometerständen in ein Coordiuatensystem (s. Fig. 25), so erhält mau einen klaren Einblick in den Zusamn hang zwischen der Bewölkung und der allgemeinen Luftbewegi Wo die Luft in die Höhe steigt und sich abkühlt, wie im Ber der äquatorialon Depressionszone, da erreicht die Bewölkung ei hohen Betrag; dann folgen in der Breite des subtropischen H< druckgürtels, wo die Luft herabsinkt, Zonen mit heiterem Himi dann verfinstert er sich wieder, um sich gegen die Pole hin wi( etwas aufzuklären. Daß die Bewölkung der vorwiegend ozeanisc Südhemisphäre die der nördlichen übertrifft, ist ohne weiteres ständlich. Auf Elfbbts Bewölkungskarte von Mitteleuropa neben dem allgemeinen Gesetze der Zunahme nach Norden a der Einfluß des Geländes deutlich hervor, indem die Luvseiten Gebirgszüge immer bewölkter sind als die Leeseiten , und gebi umschlossene Gebiete sich meist eines verhältnismäßig heiteren Hinu erfreuen.

Der Eondensationsprozeß des atmosphärischen Wasserdam] der mit der Wolkenbildung beginnt, führt in seiner weiteren ] Wicklung zu Niederschlägen in der Form von Regen, Sei oder Hagel. Sie sind neben der Wärme und den Winden dritte klimatologische Hauptelement, von dem nicht bloß das o nische Leben, sondern auch die Formen der Erdoberfläche zum gr( Teil abhängig sind.

Litteraturn achweise. ^ H. Mateb, Jährlicher Gang der Luftfeuc keit in Norddeutschland, in der Meteorologischen Zeitschrift 1885. Hann, Luftfeuchtigkeit als klimatischer Faktor, in der Wiener klinischen Woc Schrift 1888. * Chistoni, Sülle cause della formazione della mgiada, in Annali di Meteorologia, I. Teil, 1880. « Citiert S. 62 Note 2. * Woe in der Meteorologischen Zeitschrift 1894, S. 401. * Pernteb, Die blaue F des Himmels, Wien 1890. Wolkenatlas, herausgegeben von Hildebbandi Koppen und Neumayeb, Hamburg 1890. ' Teissebenc de Bobt, Etüde la distribution moyenne de la n^bulosit^ k la surface du globe, in den Am du bureau central m^t^orologique de Paris. Erster Versuch von Bewölki: karten der ganzen Erde für alle Monate und das Jahr. ^ Teissebenc de ] im American Meteorological Journal 1890, S. 49. -— Elfebt, Die BewÖU in Mitteleuropa, in Petebmanns Mitteilungen 1890.

Die Verteilung der jährlichen Niederschlagsmenge

(Siehe Karte XI.)

Gesetze der Verbreitung der Niederschläge. Kein zweites me rologisches Element ist so sehr von lokalen Verhältnissen abhän keines wechselt so sehr von Jahr zu Jahr, als die Niederschli menge, und zwar zum Unterschiede von der Temperatur

Die Verteilung der jährlichen Niederschlagsmengen. 123

den Tropenländern ebenso, wie in der gemässigten Zone. Es sind dsiier zur Feststellung verlässlicher Mittelwerte langjährige Beob- achtungsreihen nötig, und wie wenig solche besitzen wir ausser Europa! Trotzdem sind die Hauptgesetze schon jetzt erkennbar und ist eine kartographische Darstellung möglich, vorausgesetzt, dass sie sich nur auf das Festland beschränkt und auf alle Details verzichtet^

Zunächst zeigt sich eine Abhängigkeit der jährlichen Nieder- schlagsmenge von der Breite. Mubbay' hat sie für die ein- zelnen Parallelzonen von je 10® nach Loomis Regenkarte berechnet; da aber die Zonen gegen die Pole zu immer kleiner werden, so müssen Relativwerte in unserem Falle cbm Niederschlag auf je ein qkm eingeführt werden, und man erhält sodann:

0 10 20 30 40 50 60 70 80

^ 10* 20® 30° 40° 50° 60° 70° 80° 90° NordL Hemisph&re 21,9 10,2 7,« 5,9* 6,i 5,9 4,o 3,8 8,e* Südl. HemisphÄre 20,8 13,a 7,i* 7,5 11,« 11,2 10^7*

Ein gewisser Parallelismus mit der Verteilung der Bewölkung und dem allgemeinen Ereislaufe der Luft ist unverkennbar, nur ist das äquatoriale Maximum hier beträchtlich grösser, als das der mitt- leren Breiten, und das polare Minimum übertrifffc wenigstens auf unserer Halbkugel das der Rossbreiten (subtropische Hochdruckzonen) um ein bedeutendes. Indeß würde sich die Niederschlagskurve viel- leicht noch enger an die Bewölkungskurve anschliessen, wenn wir uns nicht auf die kontinentalen Regenmengen beschränken müssten. Mittel- werte von mehr als 500 cm sind aus der gemässigten Zone nicht be- kannt, und über 100 cm steigt hier die Niederschlagshöhe nur an den Windseiten der Gebirge, während sie im Aquatorialgürtel nur stellen- weise darunter sinkt Die arktischen Gegenden sind, soweit wir sie kennen, regenarme Gebiete. Dagegen stehen die 24 stündigen Maxima der Regenhöhe in unseren Breiten den tropischen nicht nach.' Das grösste bekannte Maximum (1036 mm) weist zwar eine tropische Station, Tscharapundschi in Assam, auf, aber nicht sehr viel kleiner ist das zu Joyeuse am Ostabhange der Cevennen (792 mm). Tägliche Regenmengen von 200 mm und darüber sind auch in der warmen Zone nicht allgemein, und andererseits kommen solche auch in Eng- land, im südöstlichen Frankreich und in den Südalpen vor und ver- ursachen plötzliche Überschwemmungen.

Wir haben oben gesagt, dass der atmosphärische Dampfgehalt mit der Breite abnimmt, die relative Feuchtigkeit aber sich steigert Der Regen steht also wohl zu eraterem, nicht aber zu letzterem im direkten Verhältnisse. Noch ein anderes Beispiel zeigt uns, dass die Luft trotz beträchtlicher Feuchtigkeit wenig Regen liefern kann.

124

Die LuAhaile.

I

i

Die mittlere relative Feuchtigkeit beträgt in Port Said am Sueskj ebenso wie in Rom 67 Proz., trotzdem fallen dort durchschnitt nur 52 mm und hier 821 mm. Im Sommer ist die Luft in ] Said um 9 Proz. feuchter, als in Rom, aber trotzdem ist Port i regenlos, während Rom 80 mm Niederschlag aufweist. In polaren Gegenden ist wenig Veranlassung zu aufsteigenden L strömen vorhanden, und die feuchte Atmosphäre überschreitet se den Sättigungsgrad; in den kontinentalen Gebieten der niederen Bre können Mangel an orographischen Hindernissen und die starke hitzung der untersten Luftschichten, in denen die Regentropfen wi( verdunsten, ehe sie den Boden erreichen, den Widerspruch zwisc Feuchtigkeitsgehalt und Regenmenge erklären. Namentlich für zuletzt genannten umstand sprechen unmittelbare Beobachtun Pezewalskis auf dem Alaschanplateau.

Wenn auch die fliessenden und stehenden Gewässer, sowie Pflanzendecke des Festlandes, vor allem die ausgedehnten Urwä mancher Tropengegenden durch ihre Verdunstung der Luft Feuch keit zuführen, so bleibt doch immer das Meer die Hauptquelle derNie( schlage, und die letzteren müssen daher von der Küste landein wa abnehmen. Dies zeigt sich nicht nur im allgemeinen in den jl liehen Regensummen, sondern auch in der Häufigkeit der Niederschi und in der mittleren Dauer der nassen und trockenen Perioden

Von den Küsten müssen wieder jene regenreicher sein, die in Regel von Seewinden getroffen werden, also in höheren Breiten westlichen und im Passatgebiete die östlichen. Südamerika illustr dieses Gesetz in prägnantester Weise. Aus dem auf S. 120 Gesa^ ergiebt sich femer, dass das Relief des Erdbodens von massgebenc Einflüsse auf die Niederschlagsmenge ist. Sie nimmt mit der . näherung an das Gebirge zu und in diesem selbst mit der Hi aber nur bis zu einer gewissen Grenze. In Hindustan liegt n Hill die Maximalregion des Regens in 1270 m Höhe, d. h. dort, im Mittel eine von der Ebene aufsteigende Luftmasse den Sättigui punkt des Wasserdampfes erreicht. Der Mt. Owen Stanley auf N guinea, nur vom Äquator entfernt, ist bis 2400 m feucht, d erst trocken. In den bayrischen Alpen erreicht die Maximalzone Winter nur eine Höhe von 600 bis 1000 m, steigt aber mit zur mender Wärme immer höher. Es ist daher einleuchtend, wel wichtige Rolle die Gebirge, besonders in sonst regenarmen Gegen spielen. Selbst in der Sahara vermögen sie noch zeitweise kräf Flüsse zu entsenden, im regenlosen Sommer Südeuropas werden Gebirge immer noch benetzt, und in der Sandwüste am obe Hoangho ist der Alaschan mit einem Waldgürtel bekleidet

Die Verteilung der jährlichen Niederschlagsmengen.

125

Wenn ein Gebirgszug mehr oder weniger senkrecht steht zur Richtung der feuchten Luftströmungen, so ist die Windseite regen- reicher, als die Leeseite^ und dieser Kontrast steigert sich mit der Höhe des Gebirges. Sein Einfluss reicht auch noch weit über seine orographischen Grenzen hinaus, indem er kleineren oder grösseren Strecken des im Windschatten gelegenen Flachlandes Regen ent- zieht, bis eine abermalige Erhebung des Bodens eine abermalige Steigerung der Niederschläge hervorruft Darauf beruht die Be- deutung so vieler Gebirge als Wetter- und Klimascheiden.^

Hordkontinente und Sahara. Halten wir uns diese wenigen Hauptsätze vor Augen und erinnern wir uns an die Verteilung der Winde, so wird uns das Bild auf Karte XI sofort verständlich werden. Für Europa und Asien nördlich vom Hochlandgürtel ist der Atlantische Ozean der Regenspender. Daher die Abnahme der Niederschläge von Westen nach Osten, ein Gesetz, das ebenso zutage tritt, wenn wir den ganzen Festlandkomplex betrachten, wie wenn wir die West- und Ostküsten der Halbinseln und Inseln mit- einander vergleichen. Die größten Mengen finden wir an den west- lichen Küstengebirgen (Dommesten in Norwegen 195, Glenquoich in Invemess, Schottland, 275, Sierra Estrella 310 cm), an den Alpen- rändern, besonders am südlichen (Hermsburg in Krain 317 cm) und im dalmatinischen Gebirge (Crkvice 429 cm). Da die Terrain- gestaltung in der europäischen Westhälfte so mannigfaltig ist, so wechselt natürlich auch die Regenhöhe auf kurze Distanzen, aber im allgemeinen beträgt sie mehr als 50 cm. Unter dieses Maß sinkt sie nur in einigen Teilen von Schweden, im östlichen Teile des Seinebeckens, im gebirgsumschlossenen Böhmen und südlichen March- gebiete, vor allem aber in den inneren Plateaulandschaften (Sala- manca 27 cm) und an der SO. -Küste Spaniens, dem nieder-

X Wie dieser Gegensatz auch innerhalb eines Gebirgssystems sich geltend macht, zeigt folgendes Beispiel. Der Regen kommt hier, wie in ganz Europa, vom Westen.

1

1 '

Westseite

'

Ostseite

Bludenz

1

1

1 3

1

•s

i

1

1

Gerade £ntfemang von

i

Arlberg in km ....

80,4

10,.

9,0

5,1

1,2

3,8

26,6

Seehohe m

560

1062

1220 ' 1405

1790

1280

810

Niederschlag cm ... .

119

151

183

185

189

119

61

I

126

Die Lufthülle.

i \

I:

schlagsärmsten Gebiete von Westeuropa, wo nach Willkomm und mehr Jahre ohne einen einzigen anhaltenden Regen vergel die Bewölkung saharisch gering ist, und die Dattelpalme ihre Frü< reift.

In Osteuropa beträgt die jährliche Niederschlagsmenge fast all halben unter 60 cm, im mittleren Westsibirien ca. 40, im L< gebiete meist unter 30 und am Ochotskischen Eismeere, soweit n das Gebirge an die Küste herantritt, unter 20 cm. Mit der nähme nach Osten verbindet sich im russischen Reiche aber a eine Abnahme nach Norden und Süden, und die Regenmenge reicht ihr Minimum im turanischen Tieflande bis zum Kasp: einem echt kontinentalen Gebiete, das von allen Meeren entw« durch weite Flachlandstrecken oder Hochgebirge getrennt (Astrachan 16 cm, Petro Alexandrowsk am Amu Darja 6 cm).

Jenseits des asiatischen Hochlandgürtels liegt das pazifis indische Monsungebiet. Das östliche Kamtschatka, Japan, C1 südlich vom Jangtse-Kiang und fast ganz Ostindien haben Niederschlagsmenge von mehr als 100 cm. Da an der pazifisc Seite der sommerliche SO.-Wind der Regenbringer ist, so nimmt Niederschlag in nordwestlicher Richtung ab. Für die beiden dischen Halbinseln ist der SW.-Monsun der Regenwind, daher Westküsten 2 3 mal mehr Niederschläge empfangen, als die Ostküs In Hindustan weht dieser Monsun aus dem bengalischen Golfe t aufwärts und in gleicher Richtung nehmen die Niederschläge Im östlichen Bengalen beträgt ihre jährliche Höhe überall I 200 cm; am Südabhange des Khassiagebirges liegt in 1250 m £ der einzige bekannte Ort der Erde mit mehr als 10 m Regenl (Tscharapundschi 1204 cm). Im westlichen Bengalen schwankt Niederschlagshöhe zwischen 1 200 cm, in der Ebene am mittL Ganges und an der Dschamuna beträgt sie durchschnittlich 85 im südlichen Pandschab und am mittleren Indus sinkt sie s( unter 20 cm herab. Auf dem Plateau von Dekan dürfte sie Mittel etwas über 70 cm betragen.

Zwischen dem atlantisch - arktischen und pazifisch - indis( Regengebiete schieben sich die niederschlagsarmen Plateaufläc von Zentralasien, Iran und zum Teil auch Kleinasien ein, deren birgsumrahmung allseitigen Windschatten erzeugt Regenlos freilich auch die mongolischen Wüsten und Steppen nicht, Pbzewalski bezeugt, aber selbst der nördliche Gebirgsrand hat ca. 20 cm Niederschlag, und nur über das nordöstliche Tibet breitet der Sommermonsun noch reichlichere Benetzung. Im Im von Iran erreicht die jährliche Regenmenge nach St. John e

Die Yerteiliuig der j&hrlichen Niederschlagsmengen. 127

riel mehr als 12 13 cm. Dagegen verdankt jenes Wüstengebiet, das sich von Mesopotamien über Syrien, Arabien und die Sahara bis zum Atlantischen Ozean ausdehnt, seine Regenarmut lediglich den beständigen Nordvrinden, die, wenn sie auch vom Meere kommen wie im Sommer in der Sahara , wegen der höheren Tempe- ratur der Wüstenluft relativ trocken sind. Nur der Nordabhang des AÜas und die Libanonküste werden etwas ausgiebiger benetzt Von den Rändern dieses Gebietes (Biskra 20, Alexandrien 22, Jerusalem 55 cm) nimmt die Regenmenge nach dem Innern rasch ab: Bagdad 15, Port Said 5,s, Kairo Q,4y Sues 2,6 cm. Es zeigt sich also, daß selbst die unmittelbare Nachbarschaft des Meeres dieses Schicksal nicht zu wenden vermag.

In Nordamerika gestaltet sich die Regenverteilung infolge verschiedener orographischer Verhältnisse wesentlich anders. Der pazifische Regenbezirk, der dem atlantischen der alten Welt ent- spricht, reicht nur bis zur Eüstencordillere, dagegen ist der des mezicanischen Golfs und des Atlantischen Ozeans verhältnismäßig viel weiter ausgedehnt, als die entsprechenden südlichen und öst- lichen Gebiete Asiens. Das Hauptreservoir für die nordamerikanische Ostabdachung ist der Golf von Mexico, dessen warme und dampf- reiche Luft einerseits durch die, die Vereinigten Staaten durch- querenden Minima, anderseits durch die kontinentale Barometer- depression im Sommer landeinwärts gezogen wird, da keine Gebirge mit äquatorialer Richtung hindernd in den Weg treten. Daher ist das Areal, das trotz des Vorherrschens der Ebene über 100 cm jährlichen Niederschlags empfängt, hier größer, als irgendwo in der alten Welt nördlich vom 30. Breitengrade. Erst von Virginia an beginnt das eigentliche Regengebiet des Atlantischen Ozeans. In den nördlichen Territorien der Union und westlich von der Hudsonbai sinkt die Niederschlagshöhe unter 25 cm, entsprechend den trocke- nen G^enden von Turan und Ostsibirien. Auch Vertreter der beiden anderen Arten regenarmer Gebiete finden wir hier. Wo an der pazifischen Küste die Äquatorialwinde aufhören, werden, wie an der atlantischen Küste Nordafrikas, die Niederschläge immer seltener und dürftiger. Mogador an der marokkanischen und S. Diego an der califomischen Küste, nahezu unter gleicher Breite, haben auch fast gleichviel Regen (27 und 26 cm). Es ist das eine allen West- küsten im Rücken des Passates eigentümliche Erscheinung, aber trotzdem auffallend, weil hier Länderstriche angesichts des Ozeans verdursten. Die subtropischen Anticyclonen scheiden sie ebenso wirk- sam, wie ein hohes Gebirge, vom regenspendenden Meere; und wenn auch Seewinde in das Küstenland eindringen, so kommen sie doch

128 Die Lufthttlle.

nicht von weit her und müssen eine Zone kalten Küstenwas überwehen, so daß sie relativ trocken im wärmeren Lande anlan Mit Ausnahme der Sahara, deren klimatische Verhältnisse ei komplizierter sind, dehnen sich diese subtropischen Troci gebiete nirgends weit landeinwärts aus; die nahen Küstengeb setzen ihnen bald eine Grenze. So auch in Nordamerika; aber schließt sich unmittelbar daran eine von bedeutenden Bo« erhebungen eingeschlossene Windschattenregion, die nördlich 1 Nevada und östlich bis zum Felsengebirge sich ausdehnt In Coloradowüste ist der Niederschlag kaum reichlicher als in Sahara, denn Fort Mohave hat nur 6 cm und selbst Fort Yum der Nähe des Meeres nur 9 cm.

Südkontinente. Die Landstriche zu beiden Seiten '. Äquators haben mit wenigen Ausnahmen eine jährliche Nie

'r Schlagshöhe von mehr als 100 cm, so 1) der ostindische Archipel

der nördlichste Teil von Australien bis IS^s^B. am Überlandsi graphen und bis IS^s^ B. in Queensland; 2) das mittlere Af wo wahrscheinlich die ganze, in tropischer Pflauzenf&lle prang« Ä(iuatorialzone sehr regenreich ist, da die Messungen in der liehen Seenregion kaum minder hohe Resultate ergaben, als an Küsten; endlich 3) in der neuen Welt Zentralamerika, der gr Teil von Westindien, das nördliche Südamerika, mit Ausnahme zentralen Gegenden, die ganze Amazonasebene und sogar die ä torialen Hochthäler der Andes. Jenseits des Gleich^rs ändert die Begenverteüung aber bald und zwar auf allen drei Kontinente demselben Sinne. Niederschläge bringt hier der Passat, teils der n mäßige^ teils der rückläufige ; die Hauptregenquelle ist daher fbr Aus I lien die Südsee, für Südafrika der Indische und für Südamerika

Atlantische Ozean. Überall nimmt die Niederschlagshöhe nach Wc

ab, doch ruft die ungleiche Terrainbildung der drei Festländer greifende Unterschiede hervor. Südamerika, das seine lange dachung nach Osten kehrt, ist bis an den Fuß der Andes wohl bewäi t und nur das Innere des brasilianischen Massivs, die sogenan:

I Campos dürften etwas trockener sein. Weiter als sonst dehnt

I hier das subtropische Trockengebiet aus; der ganze pazifische Küs

strich von 5 30^ S. ist ein fast absolut niederschlagsloses [ wo Jahre ohne einen Tropfen Regen verfließen, was aber ehe

i wenig, wie in anderen Wüsten, gelegentliche wolkenbruchai

! Regengüsse (z. B. im Winter 1881 in der Atacamawüste)

.^ schließt. Das kalte Küsten wasser erzeugt im Winter dichte N

! (garüas), die aber nach Woeikows Angabe auf die Region

i 30ü 1000 m Seehöhe beschränkt sein sollen.

Die Verteiluiig der jährlichen Niederschlagsmengen. 129

Einen schroffen Gegensatz zu Südamerika bildet Australien. Die Lage des Gebirges am Ostrande beraubt die inneren Ebenen bis gegen die Westküste hin der pazifischen Feuchtigkeit Zwar hat das Flußgebiet des Darling und Murray noch immer eine mittlere Niederschlagsmenge von 40 cm und erst in den zentralen Niederungen zwischen 25 und 30^ B. sinkt sie unter 20 cm, aber Mittelwerte geben hier kein ganz zutreffendes Bild von den Begenverhältnissen. Der eigentliche Charakterzug derselben ist vielmehr die Unregel- mäßigkeit» der Wechsel von oft jahrelangen Dürreperioden und ver- heerenden Gewitterregen.

Aach Südafrika senkt sich nach Westen, aber der östliche Hochrand ist zwischen den Drakenbergen und dem Seenplateau mehrfach unterbrochen. Daher hat erst die Westhälfte Regen- mengen unter 50 cm, und selbst die Ealahariwüste erhält regel- mäßigere und nachhaltigere Niederschläge, als z. B. die Sahara. Fast regenlos ist nur die Eüstenterrasse vom Eap Negro (16® S.) bis über den Oranje hinaus; das ist die subtropische Wüste, der nur die dichten Winternebel etwas Feuchtigkeit bringen.

Wie mit einem Zauberschlage verändert sich die Situation, so- bald vrir über die Büiuptwindscheide in das Gebiet der vorherrschenden NW.- und W. -Winde treten. In Südamerika^ wird nun die West- seite der Andes regenreich und die Ostabdachung kommt in den Windschatten. An der Südküste des Eaplandes ist ebenfalls eine Begenabnahme nach Osten bemerkbar, und auf Neuseeland kommt der Gegensatz zwischen dem niederschlagsreicheren Westen und niederschlagsarmeren Osten zur vollen Geltung.

Kttlere Segenwahrscheinlichkeit^ Wir haben bisher nur von den jährlichen Regenmengen gesprochen, ohne auf die Eegendauer oder Begenwahrscheinlichkeit^^ Rücksicht zu nehmen. Da Menge und Dauer der Niederschläge aber nicht gleichmäßig wachsen und abnehmen, so müssen wir soweit es das Beobachtungsmaterial gestattet wenigstens einen flüchtigen Blick auf die geographische

X Den raschen Obergang an der chilenischen Küste macht folgende Tabelle ersichtlich:

0,8 cm jährl. Regenmenge 4 84 50 287 XX Der Quotient aas der Anzahl der Etegentage einer Periode (Monat, Jahr o. 8. w.) dividiert durch die Gesamtzahl der Tage der betreffenden Periode. Eine Begenwabrscheinlichkeit von 0,5o sagt also, daß von 100 Tagen 50 Begen- tage sind.

SuFAM, PhTiliche Erdkunde. 2. AnlL 9

CopUp6 Serena

27 » 29,t

YalparaTso Talca

88,9 85,4

Gonception

36,8

i

130 Die Lufthflne.

Verteilung der Regen Wahrscheinlichkeit werfen. Es erscheint um so notwendiger, als nur auf diesem Wege ein Vergleich Niederschlagsverhältnisse auf dem Meere und Festla möglich ist: ein Vergleich, bei dem man freilich stets im Auge halten muß, daß die marinen Mittelwerte auf ganz anderen Gr lagen beruhen, als die kontinentalen, die aus regelmäßigen, m jährigen Beobachtungen an einem und demselben Orte hei gehen.

Auf dem Atlantischen wie auf dem Indischen Ozean nimmt Regenwahrscheinlichkeit von der äquatorialen Kalmenzone i Norden und Süden ab, jenseits der Passatgrenze im Gebiete Aquatorialwinde wieder zu, im Norden der subarktischen Cyk aber jedenfalls wieder ab. Die Abhängigkeit von der Windvertei tritt somit ganz deutlich hervor, und was besonders beacht wert ist am öftesten regnet es nicht in der Äquatorialzone, dem in den mittleren Breiten. Man darf auch die Vermutung sprechen, daß die südlichen Ozeane mehr Niederschläge erha als die nördlichen, und angesichts der sehr viel grösseren Was bedeckung der Südhalbkugel ist dies auch nicht auffallend.

Atlantiseher Ozean naeh Kippen und Sprnngr.'^ Mittlere Besi

wahrscheinlich

Gebiet der Westwinde (40--50<' N.) 0,61

Übergangsgebiet (20— 40^ N.) 0,S5

Permanentes NO.-Passatgebiet (10—20 <> N.) 0,27*

Übergangsgebiet (5— 10® N.) . . . . . 0,45

Kalmenzone (0— 5<> N.) 0,50

Gebiet des permanenten SO.-Passates 0,2*2*

Gebiet des zeitweilig rückläufigen SO.-Passates .... 0,34

Jenseits 30* S über 0,4o

Jenseits 50<> S über 0,5o

Slldatlantiseher Ozean nach Sehlee.'

Dampferroute x Segelroute x

0—5 <> S. 0,52 0 7V2 0 S. 0,49

5 —12V, 0,51 VU—lb 0,50

12V,— 17»/« 0,58 15 —25 0,5«

I7V2— 30 0,46 25 —32V, 0,55*

30 —35 0,42* 32 V,— 42V2 0,64

42V,~55 0,7«

X Die Dampferroute von Europa nach La Plata geht dicht bei Arne vorbei, die Segelroute nach der Magellanstraße liegt etwas östlich da aber doch nicht im eigentlichen Passatgebiete. Es ist zu beachten, die Berechnungen von Schlee viel höhere Werte ergaben, als die von Köp und da sie auf reicblicherem Material beruhen, so darf man annehmen, sie der Wirklichkeit näher kommen.

Die Verteilung der jährlichen Niederschlagsmengen. 131

dstlleher Indiseher Ozean (80—120° 0.) naeh t* Danckelman. '

Mittlere Begen- wahrscheinlichkeit

Äquatorialgürtel (8— 0<> N.) . . . 0,5«

Äqaatorialgortel (0— 8<> S.) 0,64

Pasaatzone (8— 20° S.) 0,5i

Paasatzone (20— 30« S.) 0,45*

Übergangsgebiet (30—36° S.) . ^ 0,63

Gebiet der Westwinde (36—50° S.) 0,67

Auf den Kontinenten finden wir den marinen Typus der mit der Breite erst ab-, dann zu- und endlich wieder abnehmenden Regen- wahrscheinlichkeit nur an den Westseiten vollkommen ausgebildet, während an den Ostseiten eine ziemlich gleichmäßige Abnahme gegen die Pole stattfindet Zwischen 40*^ N. und etwa ebensoviel S. sind eben die regenarmen Küstengebiete nur auf die Westseite beschränkt

Auch auf dem Festlande ist die Aquatorialzone durch eine Begenwahrscheinlichkeit von mehr als 0,4o, stellenweise von über 0,50 ausgezeichnet Dann folgt in der alten Welt eine Zone von 0,30 0,40 Begenwahrscheinlichkeit, wozu die oberen Nilgegenden, die Malabarküste, das östliche Hinterindien und Südchina gehören. In Oberguinea, Bengalen und Nipon schwankt die Regen Wahrschein- lichkeit zwischen 0,3o und 0,3o und sinkt in Senegambien, in Vorder- indien mit Ausnahme der genannten Teile und des Pandschab und in den Ebenen von Peking auf 0,io 0,2o herab. Im Wüstengebiete beträgt sie weniger als 0,io, steigt aber von da wieder in nordwest- licher Richtung, Die Zone 0,io 0,2o umfaßt Syrien, Kleinasien, Mesopotamien und Turan; die von 0,2o— 0,3o das mediterrane Europa, Südrußland, die Kirgisensteppe und Sibirien; die Zone 0,so bis 0,4o das mittlere und südliche Frankreich, den Nordrand der Alpen und die Karpaten, femer Nord- und Zentralrußland; endlich die Zone 0,40 bis 0,6o Britannien, fast ganz Deutschland und Nor- wegen.

Eüne älmliche Anordnung finden wir an der schmalen Westab- dachung Nordamerikas, eine Wesentlich andere aber im Osten. In Zentralamerika und an der Golfküste von Mexico beträgt die Regen- wahrscheinlichkeit 0,80 bis 0,40y auf dem mexicanischen Tafellande und in den Vereinigten Staaten östlich vom Felsengebirge 0,3o 0,3o, stellenweise, wie in Virginien, Georgia und Carolina, sogar weniger als 0,20. unter diesem Mittelwerte bleibt sie auch im ganzen arktischen Gebiete. Auf den Südkontinenten erreicht sie nur in der Zone der Äquatorialwinde (Chile upd^ westliches Neuseeland) 0,4o und mehr^ scTEL^t hält sie sich fast überall unter 0,8o und in den regenarmen Gegenden unter 0,io.

9*

132

Die Lufthülle.

Schon aus dieser kurzen Beschreibung ergeben sich ; wichtige Gesetze: 1. Zwischen ca. 35^ N. und S. ist der Begei der Westküste seltener als an der Ostküste, jenseits dieser Gr parallelen werden aber die Westküsten häufiger von Regen hi gesucht Die beiden Küsten Terhalten sich also, in Bezug auf Häufigkeit (wie im allgemeinen auch bezüglich der Menge) Niederschläge ebenso zu einander, wie in Bezug auf die Erwärm 2. Die Regenwahrscheinlichkeit ist im allgemeinen auf dem M größer, als auf dem Festlande in gleicher Breite. Ganz beson gilt dies von der ozeanischen Passatzone im Vergleiche zu den Wüj Auf dem Atlantischen Ozean regnet es in diesem Gürtel eb häufig wie in Südeuropa, und im südindischen sogar ebenso wie in Norddeutschland. An und für sich ist allerdings der sat als ein aus höheren Breiten kommender Wind trocken, ; man darf nicht vergessen, daB seine Polargrenze von einem ^ zum anderen bedeutenden Schwankungen unterliegt, daß gelegen (besonders im südindischen Ozean) Cyklonen diesen Gürtel du schneiden, und daß seine Äquatorialgrenze ebenfalls jahreszeitli< Verschiebungen unterworfen ist. Der Passatzone der Südsee man zwar geneigt sein, wüstenähnliche Regenarmut zuzuschrei denn auf der Backerinsel (0,s®N.) beträgt die Regen wahrschein keit nur 0,ie (4 ^/^ monatliche Beobachtung) und auf der Maiden; (4^ S.) nach mehr als zweijähriger Beobachtung nur 0,io. i ITague erzählt, wie oft ein der Insel sich nähernder Regengu zwei Arme sich teilte, indem die Wolke durch die vom we Eorallensand aufsteigende erhitzte Luft gespalten wurde. Es reg also auf dem Meere öfter als auf der Insel.

Über die Niederschlagsmenge des Passatgürtels wissen wir lieh nichts sicheres. Anhaltender Regen kommt nicht vor, som nur vorübergehende „Passatschauer**, wie sie der deutsche Seen nennt Die Messungen der „Novara" zwischen 6 und 12® N., ein durchschnittliches Maximum von 5,3 mm pro Stunde erga beziehen sich leider nicht auf die eigentliche Passatzone, und \ die Beobachtungen auf den Inseln geben uns keine unzweidei Antwort auf unsere Frage, da orographische Verhältnisse Regenmenge beeinflussen. St Helena hat auf der Leeseite und auf der Windseite 105 cm, Ascension hat 8, Praia auf Capverdeschen Inseln 32, Maiden 34 cm. Es ist also wahrscl lieh, daß auch die Regenmengen der ozeanischen Passatzone die regenarmen Gebiete des Festlandes übertreflFen.

In den außerpassatischen Breiten ist dagegen die Regendicl keit auf dem Festlande infolge mannifaJtiger Terraingestaltung

Die jahreszeitliche Yerteilong der Niederschläge. 133

sommerlicher Platzregen, auf die wir noch zurückkommen werden, wohl durchwegs größer als auf den Inseln. ^ In den mittleren und höheren Breiten, wo die Zahl der Segentage auf dem Meere selbst die in den Tropen übertrifft, ist die Niederschlagsmenge doch ver- hältnismäßig gering. Dem Ozean fehlen, wie in Bezug auf die Temperatur, so auch in Bezug auf die Niederschläge die Extreme des Festlandes.

Littera in rn achweise. * Alle bisherigen Darstellungen beruhen auf Looms, Mean annual Bainfall for different countries of the globe, im American Journal of Science 1882, Bd. I, und 1888, Bd. I. ' Murray, The total annual Rainfall on the land of the glohe, im Scottish Geographica! Magazine 1887. * ZiEKER, Die größten Regenmengen eines Tages. Peterkanks Mitteilungen 1881. * KÖPPBK, Die jährliche Periode der Regen Wahrscheinlichkeit in der nördlichen Hemisphäre, in der Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie 1876. ^ Koppen und Sprung, Die Regenverhältnisse des Atlan- tifichen Ozeans, in den Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie 1880. * ScHLEE, Niederschlag etc. in einem Teile des Atlantischen Ozeans, in der Meteorologischen Zeitschrift 1892. ' y. Danckelkan, Die Regen- hSufigkeit auf dem Indischen Ozean, in der Zeitschrift der Gresellschaft für Erdkunde, Berlin 1886.

Die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge.

(Siehe Karte XU.)

Neben der mittleren Menge und Dauer der Niederschläge ist ihre jahreszeitliche Verteilung namentlich für das Pflanzenleben von größter Bedeutung. Karte Xu stellt ihre Haupttypen dar. Auf dem Atlantischen Ozean, nach dessen Muster sich wahrscheinlich auch die Begenverhältnisse auf der Südsee regeln, und auf dem sudindischen Ozean folgt auf eine schmale, äquatoriale Zone mit Regen zur Zeit des Zenithstandes der Sonne (Tropenregen) eine Zone vorherrschender Winterregen, und zwar in zwei Modifikationen: im Westen bis ca. 35 40® B. ist der Sommer arm an Niederschlägen (subtropischer Regen), während in den übrigen Teilen des Meeres keine Jahreszeit durch besondere Trockenheit sich auszeichnet Auf

Insel St. Paul im Beringmeer ThorBhavn, PÄroer .... Stanleybafen, Falklandinseln .

New- York

Florenz

Viktoria, Hongkong .... Tseharapimdschi

Begenwahr-

JihrUche Begenmenge

mm pro Tag

(Regendichtig-

kelt)

0,8*

109 cm

8,5

0,82

181

6,7

0,54

52

2,a

0,.4

118

8,5

0,27

108

11,5

0,..

288

20,3

0,5.

1204

68,4

ia4

Die Lufthülle.

den Kontinenten ist die Zone der Tropenregen mächtig entwic und daran schließt sich gegen die Pole hin die Zone des Rc zu allen Jahreszeiten mit dem Maximum im Sommer.

Winterregen sind also der ozeanische, Sommerri der kontinentale Typus. Im Westen schiebt sich das ozean: Regime in die Kontinente hinein, im Osten das kontinentale in Meer hinaus. Dieseits wie jenseits des Aquatorialgürtels bege wir also auch hier wieder einem scharfen Gegensatze der w liehen und östlichen Küsten.

Im allgemeinen kann man als Regel feststellen, daß für Gegend dann Regenzeit eintritt, wenn Gelegenheit zu aufsteige: Luftströmen durch die Bildung von Cyklonen oder bei lab Gleichgewichtszustande der Atmosphäre gegeben ist. Auf größten Teile des Meeres wird diese Bedingung besonders im W und Herbst erfüllt, während in der warmen Jahreszeit der 1 metrische Gradient sich verflacht. Die Hauptmassen der Kontii haben dagegen im Winter hohen Barometerstand, während sommerliche Luftauflockerung die Seewinde weit in das Land hii zieht, und die Erhitzung des Bodens an windstillen, heiteren T zu einem labilen Gleichgewichte der Luft führt, das örtlich schränkte, kurz dauernde, aber oft heftige Gewitterregen erzeu]

FeriodlBohe Bogen. Die Tropenregen sind streng period so daß darauf die Bewohner jener Zone, in der die gleichmi Wärme den Gegensatz von Winter und Sommer verwischt, die kl tologische Einteilung des Jahres in eine trockene und eine Rege gründen. Der Regen tritt im allgemeinen mit dem Zenitbst der Sonne ein, also in der Nähe des Äquators zweimal und g die Wendekreise hin einmal; hier beschränkt er sich auf ein Monate, dort dehnt er sich über einen größeren Teil des Ja aus, umsomehr, da die Zeit zwischen den beiden Regenperi auch nicht ganz der Niederschläge entbehrt.^ So kommt es,

X Als Beispiel diene Loanda an der Westküste A&ikas unter 8^49' wo mehrjährige Beobachtungen vorliegen. Die Sonne steht hier am 26. Fei und 17. Oktober im Zenith; dem ersteren Stande entspricht die kleine, letzteren die große Regenzeit

j . Boginn der kleinen

•^ Regenzeit

?

18. Febr.

5. Febr.

8. Febr.

Die mittlere Dauer der vier Perioden ' berechnet sich folgendermaßen: | Trockenzeit 164, große Begenzeit 107, kleine Trockenzeit 85, kle^ie Beg<

1879 1880 1881 1882 1883

Beginn der großen Trockenzelt

Beginn der großen Regenzeit

Beginn der kle Trockenzel

6. Mai

5. Okt

21. Dez.

29. April

4. Sept

29. Dez.

10. April

2. Dez.

27. Dez.

23. Mal

8. Okt

5. Mai

29. Nov.

?

Die jahreszeitliche Yerteilimg der Niederschläge. 135

in einigen äquatorialen Gegenden, besonders in der Amazonasebene, auf Sumatra und an der Südspitze von Malacca die Regenverteilung einen Charakter annimmt, der ihr sonst nur in höheren Breiten eigen ist.

Die Tropenregen hängen stets mit einer Änderung der Wind- richtung zusammen; der Passat hört auf und westliche Strömungen erhalten das Übergewicht. Insofern sind alle Tropenregen Monsun-, regen, wenn man auch diese Bezeichnung gewöhnlich nur auf die periodischen Niederschläge Ostindiens und Australiens anwendet, d. h. auf diejenigen Tropenländer, die äquatorwärts an ein Meer grenzen. Hier ist der Monsuncharakter mit typischer Schärfe aus«* gebildet; in ganz Indien ist Nordost der trockene, und Südwest der Regenwind. Im Pandschab dauert die Eegenzeit von Juli bis September, an der Malabarküste von Mai bis Oktober (dagegen an der Coromandelküste von Juli bis Dezember), und auf Ceylon finden wir schon eine doppelte Eegenzeit im Frühjahr und Herbst Regen- los sind im allgemeinen die Monate von November bis März, nur im Pandschab bringt der niedersinkende Antipassat auch im Winter Niederschläge.

Orographische Eigentümlichkeiten beeinflussen die jahreszeit- liche Eegenverteilung in den Tropen viel mehr als in unseren Breiten. Wo Küstengebirge vom marinen Passat getroffen werden, kommt es niemals zur Ausbildung einer völligen Trockenzeit, weil da auch im Winter die Möglichkeit zu Steigungsregen geboten ist Der Ostrand des tropischen Afrika ist daher ungleich bevorzugter, als der westliche, wo in der Regel drei, vier oder noch mehr Monate lang kein Tropfen Regen fäUt Ja unter Umständen kann der tropische Regencharakter ganz unterdrückt werden, wenn ein Eüstenort im Windschatten des sommerlichen Monsuns, aber dem winterlichen Passat offen hegt Finschhafen an der Nordostküste von Neuguinea z. B. bekommt dadurch eine ganz anormale Regenperiode, die der des Hatzfeldhafens an derselben Eüste gerade entgegengesetzt verläuft.^

Während sonst das tropische Regensystem, wie schon der Name besagt, den 30. Parallel nirgends beträchtlich überschreitet, reicht

59 Tage. Man beachte besonders die große Unregelmäßigkei im Beginne der Hanptregenzeit, den zeitweiligen Wechsel beider Regenzeiten (1881 dauerte die ,,große" Regenzeit nar 25 Tage, die darauf folgende „kleine^ aber 104) und das vollstfindige Fehlen der kleinen Perioden im Jahre 1882—83. Das alles zeigt deutlich, welchen Schwankungen der Tropenregen unterworfen ist. X Sommer Herbst Winter Frühling

Hatzfeldhafen 41,8 30,7 8,4 19,e Proz.

Finschhafeu 9,s 18,6 46,o 26,i

136 Die Lufthttlle.

es in OstaBien mit allen seinen Eigentümlichkeiten bis aber Amurmündung hinaus. Die Bodenständigkeit der winterlichen A cyklone in Ostsibirien bewirkt eine ebenso große, nahezu passatii Konstanz jener NW.- Winde, die nicht bloß die peripherischen Lan sondern auch einen großen Teil von Zentralasien &st von aller fuhr ozeanischer Feuchtigkeit abschneiden, während sich in Ni amerika aus schon erörterten Gründen die Verhältnisse wesent anders gestalten. In Japan hat der NW.- Wind schon etwas seiner Beständigkeit eingebüßt, und außerdem auf seinem Wege t das Meer Feuchtigkeit aufgenommen. Hier weist also die jährli Verteilung der Niederschläge keine strenge Periodizität mehr

Ebenso periodisch, wie die tropischen Regen, sind die subt pischen, nur im umgekehrten Sinne. Am reinsten ist dieser Tj in den subtropischen Trockengebieten ausgeprägt, wo der Som ganz regenlos ist und nur der Winter einige, wenn auch ungenüge Feuchtigkeit bringt Das hängt mit den Verschiebungen der i tropischen Anticyklonen zusammen; im Sommer rücken diese höhere Breiten und die besagten Trockengebiete gelangen d unter die strenge Herrschaft des Passates. Äquatorwärts sind Subtropenregen von den tropischen scharf abgegrenzt, polarw findet aber ein Übergang zu den ozeanischen Kegen höherer B|?ei statt, indem die Sommerregen immer reichlicher werden, aber o das Winter- und Herbstmaximum zu überflügeln.

Während der subtropische Regentypus sonst überall auf

Westküsten im polaren Grenzbezirke des Passates beschränkt ist,

streckt er sich zu beiden Seiten des Mittelmeers weit landeinwl

über die Sahara, Arabien, Syrien, bis nach Iran und Turan, wo

sich in Eleinasien und in den Südhalbinseln Europas ein Übergai

gebiet zu dem mittel- und westeuropäischen Regentypus anschli

Das ist eine Anomalie, die ihres Gleichen nur in der weiten I

dehnung der Tropenregen in Ostasien findet Doch hat es sich

genauerer Untersuchung^ herausgestellt, daß dieses weite Ge

keinen einheitUchen Charakter besitzt Gemeinsam sind nur

Winterregen und der trockene Sommer, in den übrigen Jahresze

1 verhalten sich aber die Küsten- und Binnenlandschaften ganz

weichend voneinander. Die ersteren haben, wie alle Küsten mittl«

, und höherer Breiten, Herbstregen, die letzteren Frühjahrsregen,

! wir glauben in diesen ein Äquivalent der Sommerregen höh(

I Breiten gefunden zu haben. In Vorderasien, im Inneren der p]

näischen Halbinsel, von Algier etc. steigt die Temperatur im Fr

I jähr sehr rasch; die Luft hat noch vom Winter her einige Feuch

i keit bewahrt, und damit ist die Möglichkeit zu Gewitterregen gegel

Die jahreazeitliche Verteilung der Niederschläge.

137

wie wir sie in unseren Gegenden im Sommer häufig erleben. Die heißeste Jahreszeit dörrt hier die Luft so aus, daß diese selbst in aufsteigenden Strömen keinen Regen mehr zu erzeugen vermag, und die gleichmäßig wehenden Polarwinde f^ren keine neue Feuchtig- keit zu.

OleichmaXsige Hiedersohlage. Den periodischen Begen der niederen Breiten stehen die gleichmäßigen Niederschläge der mittleren und höheren Breiten gegenüber, und zwar gleichmäßig nur in dem Sinne, daß keine Jahreszeit völlig trocken ist, wobei aber eine jährliche Periode mit dem Maximum im Winter- oder Sommer- halbjahr überall deutlich hervortritt Auch in der warmen Zone sind gewisse Gegenden durch gleichmäßige Niederschläge ausge- zeichnet; aber hier bleibt dieser Eegentypus stets eine Ausnahme, während er im allgemeinen jenseits des 30., in der alten Welt jen- seits des 40. Parallels und auf dem Meere sogar in noch niedererer Breite fast allein herrscht Ob auch in den polaren Gegenden, ist noch unentschieden. Jedenfalls empfiehlt es sich nicht die Umgebung der winterlichen Eältezentren als selbständige Gebiete mit trockenem Winter auszuscheiden; die wenigen Beobachtungen berechtigen nicht dazu, ja der kälteste Ort, Werchojansk, zeichnet sich besonders durch reichliche SchneefaDe aus.

Die einzelnen Typen gehen langsamer oder schneller ineinander über, aber ganz unvermittelt stoßen vielleicht nur Tropen- undSubtropen- regen zusammen. Wenn wir uns vom ostasiatischen Monsunbezirke nach Westen begeben, so wird das sommerliche Maximum immer kleiner, es verschiebt sich endlich auf den Herbst und am atlantischen Ge- stade auf den Winter. In gleicher Weise wächst das winterliche Minimum und wird endlich in den Frühling verlegt. Die folgende Tabelle zeigt auch, daß der Unterschied zwischen Maximum und Minimum gegen Westen immer kleiner wird, d. h. daß die Nieder- schläge sich immer gleichmäßiger über die Jahreszeiten verteilen.

Winter Frahllng | Sommer | Herbst

Prozente der Jahreemenge

Sibirien

Zentral-Rußland .... östlichee Norddeutschland . Westliches Norddentschland

England

Irland

9* 16* 19* 22 24 28

16

21

20

20*

20*

21*

53 37 36 31

26 24

22 26 25 27 30 27

Max.- Min.

44 21 17 11 10 7

Jenseits des Atlantischen Ozeans mit seinem ausgesprochenen Winter- maximnm finden wir in den östlichen Vereinsstaaten von Nordamerika

i

138

Die Lufthülle.

i I'

eine Regenverteilung ähnlich derjenigen in der westlichen Hälft Norddeutschland, und erst allmählich bildet sich das Sommer] mum schärfer aus. Begeben wir uns von Mitteleuropa übei Alpen in das subtropische Gebiet, so gelangen wir, wie die z Tabelle uns lehrt, fast unvermerkt aus dem Bezirke der Sommer

Winter FrQhling Sommer { Herbst

Prozente der Jahresmenge

16*

24

38

22

13*

22

36

29

17*

24

28

31

19*

25

25

31

21*

23

24

32

26

22

20*

32

32

23

10*

35

38

24

3*

35

72

18

0,4*

10

Nordalpen von Wien bis Bregenz Sädfaß der Zentralkette . . .

Sttdalpen

Oberitalienische £bene ....

£milia

Toskana, Umbrien und die Marken

Latium und Neapel

Sicilien

Malta

in den der Winterregen. Nur werden wir gewahr, daß höhere birge, wie die Alpen und der Apennin, den Übergang beschleui Am Südfuße der ersteren beginnen schon die Herbstregen, südlich vom letzteren wird plötzlich der Sommer die trock Jahreszeit

Nur nebenbei sei erwähnt, daß die höheren Stationen des sehen und zentralfranzösischen Gebirges dem ozeanischen Sj der Winterregen angehören. Eingehendere Untersuchungen w< lehren, ob die Seehöhe überall im Gebiete der Sommerregen Einfluß in gleicher Weise äußert. Es wäre dies ein weiterer J dafür, daß das Bergklima dem marinen ähnlich ist.

Eegengebiete. Überblicken wir noch einmal das in diesen dem früheren Abschnitte Vorgetragene, so gelangen wir zu folg« Einteilung der Erdoberfläche:

1. Gebiete dauernder Regenarmut:

a) Arktische Gebiete,

b) Innerkontinentale Gebiete,

c) Windschattengebiete,

d) Gebiete beständiger Polarwinde (subtropische Wüst

2. Gebiete periodischer Regenarmut:

a) Gebiet der Tropen- (Monsun-) Regen,

b) Gebiete der Subtropenregen ;

3. Gebiete gleichmäßiger Niederschläge:

a) Maximum im Sommerhalbjahr,

b) Maximum im Winterhalbjahr.

Die jahreszeitliche Verteilnng der Niederschläge. 1 39

Die geographische Verteilung dieser Gebiete ist ziemlich regel- mäßig. An den Westküsten gelangen wir, wenn wir vom Äquator gegen die Pole fortschreiten, aus den Tropenregen mit strenger Periodizität in die subtropischen Wüsten, dann in das Gebiet der sabtropischen Eegen, endlich in das Gebiet gleichmäßiger Regen mit winterlichem Maximum. An den Ostküsten gehen die Tro- penregen, die zum Teil wenigstens einen mehr gleichmäßigen Charakter annehmen, ohne subtropische Zwischenglieder in das Gebiet gleichmäßiger Niederschläge mit sommerlichem Maximum über. Im Inneren der Festländer vollzieht sich der Ausgleich des westlichen und östlichen Typus, aber so daß der letztere als kontinentaler weitaus vorherrscht, während der erstere Küstentypus bleibt Die innerkontinentalen Gebiete dauernder Regenarmut sind, wie schon der Name besagt, auf die zentralen Gegenden des Fest- landes beschränkt, die Windschattengebiete können aber überall vor- kommen, nicht bloß im Inneren, sondern oft unmittelbar an der Küste. Sie sind orographische, nicht meteorologische Erscheinungen. Gewitter. Aus der geographischen Verteilung' und jährlichen Periode der Gewitter kann man den Schluß ziehen, daß sie Begleit- erscheinungen des Kondensationsprozesses des Wasserdampfes sind. Die rein physikalische Frage, wie bei dieser Gelegenheit eine so hohe elektrische Spannung zu Stande komme, harrt noch der Lösung, ist aber glücklicherweise für unsere Zwecke nicht von Belange.

Wie die Regenmenge, nehmen auch die Gewitter mit der Breite ab. Nirgends tritt dieses Phänomen, das in seiner schauerlichen Schön- heit auf den Menschengeist stets einen tiefen Eindruck gemacht hat, häutiger und großartiger auf, als in den Tropen. In Abessinien sind jährlich im Mittel 424 Gewitter, die sich auf 216 Tage verteilen. Auf den Hochebenen von Mexico, Bogota und Quito ist durchschnittlich jeder dritte Tag ein Gewittertag. Natürlich ist die Begenperiode auch die gewitterreichste Zeit, aber die Beobachtungen lehren zugleich, daß nicht jeder Regenguß von Gewitter und nicht jedes Gewitter von Regen begleitet ist. In Europa, wo die Ver- teilung dieses Meteors am besten gekannt ist, zeigt sich neben der Abnahme nach Norden auch eine solche gegen Westen. Das legt uns die Frage nahe, ob es auf dem Meere überhaupt weniger wettere, als auf dem Festlande eine Frage, die Abaoo einst mit Ja be- antwortete. KiiSm, y. Danckelman^ u. a. haben diese Ansicht be- richtigt Für den tropischen Teil ist sie entschieden zurückzuweisen ; nur im Passatgebiete sind Gewitter selten, was mit der relativen B^genarmut dieser Gegenden übereinstimmt. In den höheren Breiten sind sie nach der allgemeinen Ansicht der Seefahrer hauptsächlich

140 Die Lufthülle.

an die warmen Meeressströmungen gebunden. Ziemlich frei ^ elektrischen Entladungen der Atmosphäre sind die Wüsten und polaren Gegenden, aber es ist eine Fabel, daß sie dort ganz i bekannt seien. Lima an der peruanischen Küste, das besond in diesem Rufe stand, erlebte am 31. Dezember 1877 ein hefti Gewitter, und ünterägypten und die algerische Sahara sind soj gewitterreicher als Norwegen. Lokale Verhältnisse sind in die Beziehung von großem Einflüsse, sonst wäre es nicht zu versteh warum es z. B. an der Südspitze der iberischen Halbinsel so auß ordentlich selten wettert. Allgemein ist bekannt, daß dieses PJ nomen in der Ebene minder häufig auftritt, als im Gebirge, besonders der Bergwind an ruhigen Sommernachmittagen Regen i Gewitter erzeugt. Bis zu einer Höhe von 1300 1400 m nehni sie zu, dann wieder ab.

Auf dem Meere der mittleren und höheren Breiten wiegen < Winter-, auf dem Festlande die Sommergewitter vor. Doch ze sich eine solche Übereinstimmung mit der jährlichen Niederschlai Periode nicht in jedem einzelnen Falle. Madrid und Biskra e regenarmen Sommern haben doch in dieser Jahreszeit am meist Gewitter und dasselbe gilt von Schottland, trotzdem daß auch hier d Maximum der Niederschläge in die kälteste Jahreszeit fallt. And< seits nehmen aber die Wintergewitter entschieden ab, je weiter v uns vom atlantischen Gestade in das Gebiet der Sommerregen begebe und in Osteuropa und Sibirien sind sie bereits ganz verschwundc

Die Unterscheidung von Wärme- und Wirbelgewitter, wie i Mohn aufgestellt hat, muß auch jetzt noch aufrecht erhalten werdei wenn auch bei den ersteren auf sehr detailliert gezeichneten Wettt karten manchmal eine örtliche beschränkte cyklonale Anordnung d Isobaren hervortritt. Die Wärmegewitter sind Folgeerscheinung des latenten Gleichgewichtszustandes der Luft; ihnen gehört c überwiegende Mehrzahl der Sommergewitter des Festlandes an, c weitaus am häufigsten in den Nachmittagsstunden eintreten u: in der Regel nicht weit über ihren ürsprungsort sich verbreite Dagegen sind alle Wintergewitter und überhaupt alle elektrisch Phänomene in den außertropischen Teilen des Ozeans Begleiter c großen Cyklonen, mit denen sie wandern und dadurch oft zu eii weiten Verbreitung gelangen.

Hagel. Nur kurz sei der Verteilung des Hagels gedacht, dieser wegen seiner verderblichen Wirkungen auch geographiscl Interesse bietet. Freilich ist die Statistik desselben ziemlich mang haft, und überdies werden nur von wenigen Beobachtern Ha(

\ (Eiskömer) und Graupen (kleine Schneeballen) auseinander gehalt(

Verbreitung des Schnees. 141

was freilich auch schwer möglich ist^ da beide Formen vielfach in- einander übergehen. So ist es noch nicht einmal mit Sicherheit festgestellt^ ob die mittleren Breiten die eigentliche Heimat dieses Phänomens sind, denn auch in den Tropen ist es nicht selten. Humboldts Ansicht, daß der Hagel hier nur in größerer Höhe vor- komme, da in den tieferen Niveaus die Eiskömer von der Hitze rasch aufgezehrt werden, hat wohl für das äquatoriale Südamerika Giltigkeit, aber weder für die Eüstenebene von Guatemala, noch für die tiefer gelegenen Flußthäler der brasilianischen Provinz Minas Geraes, noch endlich für Java und den Sudan, die heißeste Gegend der Erde, oder für das Innere von Australien im Sommer.

Als die Hauptbedingung der Hagelbildung erscheint eine- größere Menge von Wasserdampf. Daher schließt sich die jährliche Periode des Hagels enge an die des Regens an, enger sogar als die der Gewitter. Daher nimmt auch in Europa der Hagel- und Graupen- fall mit dem Begen von West nach Ost ab, aber die Zahl der reinen Hagelfälle steigt in derselben Sichtung. Selten ist dieses Phänomen in den polaren Gegenden und Wüsten. Lokale Einflüsse sind ganz besonders maßgebend, daher in jeder Gegend neben den Hagel- strichen Land liegt, das nur selten unter dieser Heimsuchung zu leiden hat. Das Beobachtungsmaterial genügt noch nicht zur Fest- stellung allgemein giltiger Gesetze, doch läßt es sich jetzt schon aussprechen, daß es im Gebirge häufiger hagelt als in der Ebene, und im Mittelgebirge häufiger als im Hochgebirge. Vom Kaukasus (vielleicht der hagelreichsten Gegend der Erde) sagt Abigh, daß alle zum Gebirge herbeiziehenden Ungewitter den Charakter verheerender Hagelstürme erst dort annehmen, wo die weiten Thäler in die Ebene münden, und von da ab gerne der Zone der niedrigen Vorberge folgen. Ähnlich ist es auch in den Alpen. In der Schweiz wird die Hochebene und der Jura am meisten durch HagelfäUe geplagt, in Kärnten das niedrige Bergland der Osthälfte, und ebenso in Steiermark das Hügelland gegen die ungarische Grenze hin.

Litteraturnachweise. ^ Supak, Die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge in Europa, Westasien und Nordafrika; in Petermanns Mit- teilungen 1890. ' Dürftige Tabellen von Klein und Fritz in Petermanns MitteUnngen 1870 (S. 427) und 1871 (S. 115). Das Beobachtungsmaterial ist in den letzten Jahren bedeutend gewachsen, aber noch nicht einheitlich verarbeitet worden. * v. Danckelkan, Kegen, Hagel und Gewitter im Indischen Ozean, im Archiv der Deutschen Seewarte 1880. ^ v. Bezold in der Meteorologischen Zeitschrift 1895, S. 121.

142 Die Lufthülle.

Verbreitung des Schnees«

Verbreitung ^ Unsere Gegenden gehören der Zone der g mischten Niederschläge an: in der kälteren Jahreszeit sehn es, in der wärmeren regnet es. Schon im mittleren Italien si Schneefälle in den Niederungen selten, aber immerhin hat noch £< durchschnittlich 1,4 Schneetage im Jahr. Jenseits des Atlasgebirf und der Südgrenze von Syrien ist der Schnee in der Ebene i bekannt, an der Ostseite der alten Welt aber rückt seine Äquator! grenze, den Winterisothermen folgend, weiter nach Süden, bis ül Canton hinaus (23® B.), und eine ähnliche Anordnung wiederh sich auch in Nordamerika.

Begeben wir uns nach Norden, so wird die feste Niederschlagsfoi in der Ebene immer häufiger. Mit Ausnahme von Norwegen dürfte c Grenze der sommerlichen Schneefälle sich in der Nähe des Poh kreises halten; schon auf Boothia Felix unter 70® ß. betragen i von Juni bis August 40 Proz. der Niederschläge, und auf ähnlie Verhältnisse deuten die Beobachtungen Nordenskiölds in d Nähe der Beringstraße. Auf der Südhemisphäre scheint die Gren des Sommerschnees schon in der Nähe des 50. Parallels zu liege Aber überall, soweit man auf den Polarkalotten vorgedrungen i regnet es auch in den warmen Monaten; und es ist ganz ungewi ob eine Zone des festen Niederschlags überhaupt existiert.*

Wie in horizontaler, so verändert sich auch in vertikaler Eie tung mit der abnehmenden Temperatur die Form der Niederschlag Während in unseren Gegenden die steigende Sonne den winterlicht Schnee in der Ebene und in den unteren Gebirgsregionen aufzehi bleibt er in den höheren Partieen das ganze Jahr liegen und wii noch durch gelegentliche sommerliche Schneefälle vermehrt Ub( die Veränderungen, welche die Schneedecke eines Gebirges im Lau eines Jahres durchmacht, haben wir langjährige Beobachtungen ni vom Säntis in der Schweiz und vom Innthale bei Innsbruck.' D letzteren sind insofern wichtiger, als sie sich sowohl über das Non wie das Südgehänge des Thaies ausdehnen, doch berücksichtigen s nur die steilen Böschungen, wo der Schnee leichter schmilzt, als den Mulden des Hochgebirges. Im Winter ist das ganze Th (570 m über See) mit Schnee bedeckt, dann zieht sich seine unte; Grenze bis zum Spätsommer in immer größere Höhen zurück, u im Herbste sich rasch wieder zu Thal zu senken.^

X März April Mai Juni Juli Aug. Sept Okt. Nov.

Südabhang 960 1270 1700 2190 2680 3130 3210 2150 1300 n

Nordabhan^ 720 1110 1540 2030 2470 2930 2760 1890 1010 n

Unterschied 240 160 160 160 210 200 450 260 290 n

Verbreitung des Scbnees.

143

Im heißesten Monat (Juli) kommen Schneefälle nur oberhalb 2100 m vor, aber auch in dieser oberen Region regnet es noch ziemlich häufig. Die meteorologische Station auf dem Sonnblick- gipfel in den Tauem (3100 m Höhe) verzeichnete im Sommer 1887 17 und im Sommer 1888 10 Regentage. Es ist also auch zweifel- haft, ob ein Gebirge in die Region beständig fester Niederschläge hineinragt.

Die Schneegprenze^. Der pulverig trockene Schnee, der in den höchsten Regionen unserer Alpen fällt, bleibt auf den steilen Graten und Abhängen nicht lange haften. Das Spiel der Winde und die eigene Schwere führen ihn jenen großen Mulden und kesseiförmigen

Fig. 26. Firnfeld des Gurgler Gletschers.

Vertiefungen zu, mit denen die Thäler nach oben enden, und häuft ihn hier, zusammen mit dem an Ort und Stelle gefallenen Schnee zu gewaltigen Massen an, die an den sanfteren Böschungen des um- gebenden Höhenkranzes, stellenweise bis an den Kamm desselben hinauf- ziehen, jedoch so, daß aus der weißen Fläche noch immer schneefreie Felseninseln aufragen (Fig. 26). Der Hochschnee nimmt hier unter dem E}influ6se wechselnden Abtauens an Sommertagen und nächtlichen Wiedergefrierens eine graupenförmig-kömige Beschaflfenheit an, er wird zum Firn. Nach unten geht dieser durch den Druck seiner eigenen Masse in Eis über; die Schneedecke, die darüber lagert, wird thalabwärts immer dünner und endet an jener Linie, wo die Somtnerwärme schon hoch genug ist^ um die Schneemenge des vorigen

•1

I ?

M

144

Die Lufthülle.

\

Winters und gelegentlichen Neuschnee aufzuzehren. Diese Lini< die Schnee- oder Firnlinie; beide BegriflFe können in unseren Hi gebirgen thatsächlich als identisch betrachtet werden, denn Schneegrenze wird immer an den Fimfeldem gemessen. Ober] derselben herrscht Anhäufung, unterhalb Abschmelzung vor.

Fimfeld reiht sich an Fimfeld; es ist selten eine auf w Strecken zusammenhängende Schneedecke, aber es sieht, von ii betrachtet, fast so aus. Wir können die einzelnen Firnlinien i die trennenden Kämme hinweg zu einer einzigen Linie verbind die dem Gebirge entlang laufend, im Sommer das vorwiegend schj bedeckte von dem vorwiegend schneefreien Lande trennt Das die wirkliche Schneelinie.

Aber diese Linie fällt nicht mit einer bestimmten Isohypse sammen, denn die Bedingungen zu dauernder Schneeanhäufung s nicht tiberall gleich. Die Höhe der Grenze hängt allerdings nächst von zwei klimatischen Faktoren ab: von der Sommer wäi und von der Niederschlagsmenge; aber selbst wenn innerhalb ei Gebirges von beschränkter Ausdehnung diese beiden Faktoren ni erheblich variieren, schwankt doch die Schneegrenze infolge oroj phischer Verschiedenheiten, die in der Lage und im Baue der Fi mulden begründet sind. Maßgebend ist vor allem die Lage an Sonnen- oder Schattenseite eines Gebirges und die Lage gegenü der herrschenden Windrichtung. Am Finsteraarhom-Massiv z. hat die Schneegrenze an der

Nordahdachung eine Seehöhe von 2850 m Ostabdachung ,. ,, 2860 ,,

Südahdachung ,, 3010

Westabdachung 2900

Der Gegensatz von Nord- und Südabdachung tritt in den AI] überall deutlich hervor, obwohl im allgemeinen der Niedersch auf der Südseite größer sein dürfte. Aber erst dann, wenn Südseite sehr erheblich feuchter ist, kehrt sich der Gegensatz i Wir werden noch später davon zu sprechen haben.

Selbst bei benachbarten Gletschern von gleicher Lage ki die Höhe der Fimgrenze sehr verschieden sein. Wählen wir wie ein Beispiel aus dem Finsteraarhom-Massiv. Dem großen Alets gletscher fließen rechts der Mittelaletsch-, der Triest- und der Ol aletschgletscher zu; bei dem ersten liegt die Schneegrenze in 30 bei dem zweiten in 3210, bei dem dritten in 2830 m Seehöhe, alle fließen nach SO. und doch schwankt die Schneegrenze um v( 380 m! Ein näheres Eingehen auf den Bau der Fimmulden klärt uns freilich diese Unterschiede; die Triester Mulde liegt <

Verbreitang des Schnees. 145

Mittagssonne ganz offen, während der Ober-ÄletschlSüm durch hohe Kämme beschattet wird.

Als klimatisches Phänomen ist die Fimgrenze natürlich auch Schwankungen von Jahr zu Jahr unterworfen. Eine einzige Messung hat daher nur beschränkten Wert Aber Messungen sind in den alpinen Gebirgen tlberhaupt schwierig und bieten nicht im entfern- testen jene Gewähr, wie an den Vulkankegeln des tropischen Süd- amerikas, wo die Schneelinie durch Regelmäßigkeit und Beständig- keit schon frühe die Aufmerksamkeit der Forschungsreisenden auf sich gelenkt hat Man Tersuchte daher, ihre Seehöhe zu be- rechnen, zunächst auf direktem Wege durch Einstellung klimatischer Mittelwerte, wie es t. Sonklab in umfassender Weise gethan hat Aber diese Methode konnte zu keinem befriedigenden Resultate fahren, weil die Grundlagen nicht gesichert sind. Die ältere Vor- stellung, daß die Schneegrenze mit der Höhenisotherme von 0^ zu- sammenfalle, wurde bald als unhaltbar erkannt In den letzten Jahren sind drei indirekte Methoden mit Erfolg angewendet worden. Die älteste derselben^ giebt eigentlich nur Grenzwerte; die obere Grenze stellen die Gipfelhöhen jener Bergmassen dar, die Gletscher entsenden, die untere bezeichnen jene benachbarten Gipfelhöhen, die trotz günstiger Lage keine großen Schneefelder mehr beherbergen. Man kann die Frage auch so steDen : welche Isohypse muß ein Berg übersteigen, um Gletscher bilden zu können? Diese Isohypse ist dann annähernd die Schneegrenze innerhalb eines größeren Gebirgs- abschnittes. Um zu Vorstellungen über die Seehöhe der eiszeitlichen Schneegrenze zu gelangen, ist dies die einzige bisher bekannte Methode und hat in dieser Beziehung schon gute Dienste geleistet Die orometrische Methode Bbügenebs^* geht von der Annahme aus, daß mindestens ^/^ einer Gletscherfläche über der Schneegrenze, d. h. im Sammelgebiete liege, und bestimmt nun, welcher Isohypsen- flache dieses Fimareal an Größe gleichkommt Die betreffende Isohypse stellt die Mazimalhöhe der SchneeUnie dar; die Maximal- hohe insofern, als das Verhältnis der Eiszunge zum Fimfelde mit Ausnahme der großen Thalgletscher sicher überschätzt ist, und weil innerhalb des ewigen Schnees schneefreie Partien sich befinden, die nicht in das Gletscherareal einbezogen werden. Die Ausdehnung dieser Partieen, die ihre Schneefreiheit nur ihrer Steilheit verdanken, kann aber unter Umständen eine sehr beträchtliche sein; für den Ankogel z. B. fand Richtee^ innerhalb der Höhenlinie von 2700 m 41 Proz. schneefrei. Als dritte Methode gesellt sich endlich die von KuBOWSKi® hinzu. Wenn so schließt er der Niederschlag proportional der Höhe, wächst und die Abschmelzung in gleichem

SoPAir, Vhjauche Erdkunde. 2. Aufl. 10

146 Die LufthOlle.

i I

Verhältnisse abnimmt, so muß die mittlere Höhe des Gletscl (Eiszunge und Firn) diejenige Linie sein, wo sich beide Fakte das Gleichgewicht halten, d. h. die Schneegrenze. In Wirklicli ist die gemachte Voraussetzung allerdings nicht ganz erfüll t, s trotzdem ist erfahrungsgemäß die mittlere Gletscherhöhe zwar et^ aber nur wenig größer als die Höhe der Schneegrenze.

Allein mag die Berechnungsmethode noch so fein sein, so c

wirkliche Schneegrenzen ebensowenig vergleichbare Größen, wie

Temperaturen von Orten in yerschiedener Seehöhe. Man hat da

einen neuen Begriff aufgestellt, den der klimatischen Sehn

grenze, d. h. jener idealen Schneegrenze, die lediglich durch

klimatischen Faktoren bedingt ist. Aber leider ist die Ausscheidi

der störenden orographischen Momente schwieriger, als die Beduki

der Temperatur auf das Meeresniveau. Man muß sich mit Mit

werten behelfen, indem man voraussetzt, daß sich die Gunst i

Ungunst der örtlichen Verhältnisse innerhalb eines . grösseren (

birgsabschnittes ausgleichen. Es liegt aber auf der Hand, daß c

nur zufällig geschehen kann, und erst die Heranziehung eines s

großen Zahlenmaterials wird uns in dieser Beziehung vor F<

Schlüssen einigermaßen bewahren. Man ist indeß auch noch imi

nicht darüber einig, was alles als orographisches Moment anzusel

sei. Richter, Bbückneb, Eübowsei u. a. faßen die klimatis«

Schneegrenze als die Schneegrenze auf einer supponierten horizc

talen Fläche auf, wo der Gegensatz von Sonnen- und Schatt

Seite wegfällt, und suchen diesem Begriffe dadurch gerecht zu werd

daß sie bei der Mittelziehung sämtliche Lagenverhältnisse berü

sichtigen. In der Finsteraarhomgruppe z. B. schwanken die wi

liehen Schneegrenzen nach der Berechnung von Kubowski zwiscl

2490 und 3210 m. Der Mittelwert ist 2950 m, und man nin

an, daß an dieser Stelle ein Hochplateau mit ewigem Schnee bede

wäre, wenn es sich über diese Grenze erhöbe. Es ist aber k

daß man dabei auch voraussetzt, daß die klimatischen Faktoren

allen Abdachungen die gleichen seien, und wir haben keinen Bew

daß diese Voraussetzung richtig ist. Es ist möglich, daß die S

Seite niederschlagsreicher ist, und daß dort die Schneegrenze n<

höher liegen würde, wenn die Schneeanhäufung nur ebenso g

wäre, als am Nordabhange. Wo die klimatischen Gegensätze zwiscl

den beiden Seiten eines Gebirges sich erheblich steigern, wie in vie

Gebieten der Erde, da wird das, was man als klimatische Sehr

grenze annimmt, nicht bloß ein idealer, sondern geradezu ein u

ginärer Wert Allein nicht bloß der Niederschlagsfaktor kann ds

zu kurz kommeni auch der Einfluß des Temperaturfaktors ^

Verbreitang des Schnees. 147

unserer Ansicht nach nicht richtig geschätzt Was wir Temperatur nennen, ist Luft- d. h. Schattentemperatur; darnach berechnen wir auch die vertikale Wärmeabnahme und berücksichtigen dabei die intensive Sonnenstrahlung an hochgelegenen Orten ganz und gar nicht Die Temperatur wirkt als klimatischer Faktor auf die Schnee- grenze also nur an der Schattenseite eines Gebirges; die Verhält- nisse an der Sonnenseite sind dagegen durchaus abnorme und nähern sich den normalen nur zur Zeit dichter Bewölkung. Wir definieren daher die klimatische Schneegrenze als die mittlere Schneegrenze auf der Schattenseite eines Gebirgsabschnittes mit mög- lichst gleichartigen Temperatur- und Niederschlagsver- hältnissen, und glauben uns damit auch, wenigstens der Haupt- sache nach, mit der AufÜBtösung Batzels in Übereinstimmung zu befinden. Wir müssen aber später noch eine wichtige Einschränkung machen.

Batzexi^ unterscheidet übrigens noch eine orographische Schneegrenze. Dauernde Schneeanhäufungen, teils wirkliche Fim- flecke, teils Lawinenreste kommen nämlich unter abnorm günstigen Bedingungen, an beschatteten Orten mit kellerartiger Temperatur, auch unterhalb der Schneegrenze vor. Die untere Grenze dieser vereinzelten Voikommnisse nennt Batzhl die orographische Schnee- grenze im Gegensatze zur klimatischen.

Verteilung der Sohneegranie.^® Die Liste der gemessenen und geschätzten Schneegrenzen in verschiedenen Teilen der Erde ist ziemlich reichhaltig, aber so außerordentlich ungleichmäßig, daß man am besten thut, auf eine Reproduktion derselben zu verzichten. Daß vereinzelte Messungen nur problematischen Wert haben, wurde schon oben erörtert, und die schätzungsweisen Angaben lassen sich nicht immer auf den Grad ihrer Zuverlässigkeit prüfen. Berechnungen auf indirektem Wege sind nur für unsere Alpen geliefert worden und überhaupt nur möglich in Ländern, von denen genaue Höhen- schichtenkarten existieren. Noch bedauerlicher ist aber die Verwirrung, die bis in die neueste Zeit in Bezug auf den Begriff der Schneegrenze bestand, sodaß man oft nicht weiß, ob sich eine Zahl auf die oro- graphische oder wirkliche oder klimatische oder eine andere Schnee- grenze bezieht) und in welcher Weise die klimatische Schneegrenze aufgefaßt wird. Ja bei manchen Gebirgen ist es überhaupt schwer zu entscheiden, ob man es mit rein orographisch oder mit kli- matisch bedingtem Firn zu thun hat Aber trotz aller Mängel des Zahlenmaterials lassen sich doch schon einige allgemeine Gesetze aufstellen.

Wenn wir von den Niederschlägen vorerst ganz absehen, so

10*

148 Die Lufthülle.

müssen wir voraussetzen, daß die Schneegrenze von dem thermisc] Äquator nach beiden Polen sich senkt und zwar rascher nach d Stidpole, weil auf der Stidhemisphäre die Sommertemperatur niedri ist, als unter entsprechenden nördlichen Breiten. Das ist auch der That der Fall. Im Kaskadengebirge Oregons ist die Schi grenze auf 2100 2400 m festgesetzt, in den stidchilenischen An unter 44^ B. liegt sie schon in 1400 m. Im streng ozeanisd Klima Südgeorgiens fand die deutsche Polarexpedition in der Br< des nordenglischen Gebirges am Boßgletscher, der an der Ostkii bis an das Meer herabsteigt, die Fimgrenze schon in 360 m Höhe, a beträchtlich tiefer als auf Jan Mayen unter 71 ^N. Aber in kein Polarlande, das man bisher besser kennen gelernt hat, sinkt klimatische Schneelinie bis an den Meeresspiegel herab, wohl al überall die orographische.

Die höchste Öeehöhe en^eicht die Schneegrenze zwar stets inn halb der innem Zone, wo das Landklima wärmer ist als das S klima, aber nicht unter dem Äquator, sondern in den trockensi Gegenden. Im westlichen Hochgebirgswalle Amerikas, der sich weg seiner Erstreckung durch alle Klimagürtel am besten zu Gletsch Studien eignet, aber in dieser Beziehung leider noch wenig bekai ist, liegt der Scheitelpunkt der Schneegrenzenkurve unter 18*^10' 6120m über dem Meeresspiegel. Die gemessene Stelle befindet si am Nordostabhange des Vulkans Pauchata; der benachbarte Vulk Sajama (18^7' S.) hat seine Fimgrenze in 5925 m, sodaß i ca. 6000 m als maximalen Näherungswert fiir die südamerikanisc Westcordillere annehmen dürfen. Auf der Ostcordillere aber, ( schon dem subtropischen Wüstenklima entrückt ist, liegt die Schn< grenze um ca. 1000 m tiefer, trotzdem daß der Sommer hier heißer i f^ muß übrigens darauf aufmerksam gemacht werden, daß innerht des Tropengürtels die Feststellung der klimatischen Schneegrei] mit großen Schwierigkeiten verknüpft ist, weil keine Abdachung oh besondere orographische Schutzmittel das ganze Jahr hindurch : Schatten liegt. Die alte Welt hat ihre höchste Schneegrenze : trockenen Tibet Das Karakorumgebirge unter 3573^ N. trägt a der Nordseite erst über 5700 m, auf der Südseite sogar erst üb 5900 m ewigen Schnee; die erstere Zahl repräsentiert nach unsei Auffassung die klimatische Fimlinie. Für den Himalaja reicht ab ^ unsere Definition dieser Linie nicht aus. Er trennt zwei Eüim

! extreme, der Süden ist enorm feucht, der Norden enorm trocke

I Daher der außergewöhnliche Fall, daß die Schneegrenze am Nor

I ' abhänge (5300 m) viel höher liegt als am Südabhange (4900 m). B

I solchen klimatischen Unterschieden darf natürlich nicht die nördlicl

Gletscber: 149

Schneelinie als die des ganzen Gebirges betrachtet werden, aber ebensowenig die südliche, Torausgesetzt» daß hier nicht Fimmulden gefanden werden, die durch besonders günstigen Bau vor dem direkten Eänüusse der Sonnenstrahlen stets geschützt sind.

Am genauesten kennen wir jetzt, dank den sorgfältigen Unter- suchungen Eduasd Bichtbbs, die Verteilung der klimatischen Schnee- grenze in den Ostalpen. Sie liegt hier

in den nördlichen Kalkalpen in 2500 m H.

in der Silvretta ,, 2650

im Innern der Ötzthaler Alpen 2900

in den nördlichen Verzweigungen derselben . ,, 2800

im Ortlergebiete 2900

im Venediger und GIockner-Massiv 2600

im Adamello 2800

in der Brentagruppe unter 2700

in der Marmolata in 2650

Überraschend ist hier die Senkung der Schneegrenze nach Osten, während man früher das Entgegengesetzte annahm, und femer ihre hohe Lage in den Ötzthaler und Ortleralpen, deren massiger Bau die vertikale Wärmeabnahme verlangsamt und deren zentrale Lage ver- mutlich eine geringere Niederschlagsmenge bedingt

Litteraturnachwelse. * Hans Fischer, Die Äquatorialgrenze des Schnee- falls, Mitteilungen d. Vereins für Erdkunde, Leipzig 1888. ' M. Fbiedrich, Niederschlftge u. Schneelagerung in der Arktis. Leipzig 1891. ' v. Kbrner, Die Schneegrenze im Gebiet des mittleren Innthales, in d. Denkschr. d. Wiener Akad. d. Wias. 1887. ^ F. Klenqel, Die historische Entwicklung des Begriffs der Schneegrenze, Mitteilungen d. Vereins für Erdkunde, Leipzig 1889. *E. Brückner, Die Vergletscherung des Salzachgebiets, Wien 1886. -— Brückner, Die Hohen Tauem u. ihre Eisbedeckung, in der Zeitschrift d. D. u. ö. Alpen- vereins 1886. ' E. Richter, Die Gletscher der Ostalpen, Stuttgart 1888. ^ L. KiTROwsKi, Die Höhe d. Schneegrenze, in d. Arbeiten d. geographischen In- stituts der Universität Wien, 1891. Fr. Ratzel, Zur Kritik der natürlichen Schneegrenze, in der Leopoldina, 1886. Heim, Handbuch der Gletscher- koode, Stuttgart 1885.

Gletscher.^

Wenn auch in der Region des ewigen Schnees der Verdunstungs- prozeß nicht stille steht, so fällt ihm doch nur ein geringer Bruch- teil der jährlichen Niederschlagsmenge zum Opfer, und das Wachs- tnin der Schneemassen wird dadurch nur wenig gehindert Es giebt aber ein wirksameres Gegenmittel: die Bewegungsfähigkeit desSc}inees. Er wird dadurch den wärmeren Regionen zugeführt und hier auf-

150 Die LnfthüUe.

^ f

n

gelöst, um entweder in den mütterlichen Schoß des Meeres zuru zukehren oder in Dampfform seinen Kreislauf wieder zu begini Die übliche Bezeichnung „ewiger Schnee^' ist demnach insofern unrichtige, als nicht die einzelne Schneelage, sondern nur die Schi bedeckung eine dauernde ist

Plötzlich gleitende Schneemassen nennt man Lawinen. Name lieh im Frühjahr sind solche häufig, wenn der erweichte Schnee den steileren Hängen nicht mehr haften kann. Der Schuß ei Jägers, der Pfiff einer Lokomotive, das Jauchzen eines sangfirol Älplers genügt dann, um den auf das Äußerste gespannten Griei gewichtszustand aufzuheben. Aber so gewaltige Massen auch dada dem Thale zugeführt werden, so verheerend auch eine solche Ka Strophe wirken kann, so trägt doch die langsame, aber stetige Tl bewegung des Gletschers unendlich mehr zur Entlastung der Ho gebirge bei und ist auch in ihren sonstigen Wirkungen eines wichtigsten erdphysikalischen Phänomene.

Begriff und Einteilung der Gletscher. Wir müssen uns zunäc über den Begriff des Gletschers verständigen, denn dieser Ausdruck w in sehr verschiedener Weise gebraucht, und dies giebt, wie es ni anders sein kann, zu vielen Mißverständnissen Veranlassung. Über wo dauernde Schneeansammlungen vorhanden sind, kommt es ai zur Eisbildung, denn der Schnee geht in seinen unteren Schich schon vermöge seiner eigenen Schwere in Eis über, und verschiec ist nur die Tiefe, in welcher dieser Übergang sich vollzieht A nicht überall tritt das Eis aus der Schneehülle zutage, oder ] anderen Worten, nicht überall dringt das Eis aus der Region < ewigen Schnees, wo es sich dauernd in der Tiefe befindet, in c jenige Kegion ein, wo die winterliche Schneehülle im Sommer schmi Firn- und Eisgrenze fallen dann zusammen, und wenn wir auch diese Eisbildung den Begriff Gletscher anwenden, so können wir passend als Firngletscher bezeichnen. Wir finden sie über wo nur einzelne regelmäßig gestaltete, ungegliederte Gipfel in Schneeregion hineinreichen, vorausgesetzt, daß die Abhänge sa genug sind, um überhaupt eine Schneedecke tragen zu könn Anders in jenen Gebirgen, die mit einem langgestreckten Kam über die Schneegrenze emporsteigen. Wir haben da große, ho« gelegene Sammelbecken, wie wir sie in den Firnmulden kennen lernt haben, und ein ausgebildetes Thalsystem, das dem Eisstrome c Weg in die Tiefe weist. Deutliche Scheidelinien grenzen h die einzelnen Gletscher voneinander ab; jeder Gletscher ist Individuum für sich, eine hydrographische Einheit; jeder besteht i zwei Teilen, aus Firn und Eiszunge, ja wir können sogar nc

Gletgcter. 161

als dritten Teil den dazu gehörigen Hochschnee anfügen. Je nach- dem die Eiszunge entwickelt ist, unterscheiden wir Gletscher erster und zweiter Ordnung. Die ersteren können wir als Thal- gletscher bezeichnen, denn ihre ausgebildete Eäszunge bewegt sich stromartig thalabwärts oft bis in die Wald-, ja sogar bis in die Eulturregion. Die anderen besitzen nur eine wenig entwickelte Eis- zunge, sie scheinen hoch oben, an den Abhängen der Thäler zu kleben, und man hat sie daher Hängegletscher benannt Diese und die Thal- gletscher sind Unterarten der alpinen Gletscher.

Wieder eine andere Gestaltung gewinnt das Gletscherphänomen, wenn eine breite, plateauartige Gebirgsmasse mit ewigem Schnee sich bedeckt Hoch- und Firnschnee verschmelzen dann zu ausgedehnten Schneefeldem, die entweder in gleicher Weise wie die Fimgletscher als Eismauer abbrechen oder Eiszungen in der Form von Thal- und Hängegletschem nach verschiedenen Seiten entsenden. Das ist die Erscheinungsform des Inlandeises. Der Unterschied vom alpinen Typus besteht darin, daß beim Inlandeise die Individualisierung ver- loren geht; es besteht aus einer Gletscherfamilie, die von einem gemeinsamen Schneefelde ohne erkennbare Fimscheiden gespeist wird. Den alpinen Gletscher können wir einem Gebirgssee mit einseitigem Abflüsse vergleichen der See entspricht in diesem Falle der Fim- mulde das Inlandeis ist einem See gleich, der eine flache Wasser- scheide bedeckt und nach verschiedenen Seiten hin entwässert

Als eine Mittelform zwischen dem alpinen Gletscher und dem Inlandeise bezeichnet Russell* den Vorland-Gletscher des Mount Elias in Alaska, den einzigen noch lebenden Repräsentanten einer Form, die in der Eiszeit weit verbreitet war. Die Gletscher- zungen verschiedener alpiner Fimfelder erstrecken sich hier über den Fuß des Gebirges hinaus und verschmelzen im Vorlande zu einem 3900 qkm großen Eisfelde, den Malaspina-Gletscher. Sein Nähr- gebiet hat also alpinen Bau, er selbst aber gleicht dem In- landeise.

Nach diesen Erörterungen können wir zu unserem Ausgangs- punkte zurückkehren. Der Ausdruck „Gletscher** wird für drei ver- schiedene Dinge gebraucht:

1. Für alle aus dem Schnee hervorgehenden dauernden Eis- bildungen auf dem Lande. In diesem Sinne spricht man z. B. Ton einer Vergletscherung Grönlands oder Norddeutschlands zur Eiszeit u. s. w.;

2. für die alpinen Gletscher und setzt dann Gletscher in bestimmten Gegensatz zum Inlandeise. Unsere Fimgletscher werden dann nicht als Gletscher umgesehen, und in diesem Sinne ist es

162

Die Lufthülle.

zu verstehen, wenn z. B. vereinzelten hohen Vulkankegeln Gletscl abgesprochen werden;

3. für die Eiszungen der alpinen Gletscher und des Inlai eises, und man unterscheidet dann streng zwischen Gletscher und Fi

Aus unseren Auseinandersetzungen dürfte schon hervorgegan^ sein, dass wir uns für den weitesten Begriff entschieden habi wir werden aber der nachfolgenden Schilderung hauptsächlich < alpinen Verhältnisse zu gründe legen, weil diese am besten bekai und am eingehendsten erforscht sind.

Die Gletflchersnnge. Wenn man Gletscher als Eisströme 1 zeichnet, so denkt man dabei zunächst an die großen Thalgletsch

Fig. 27. Mer de Glace.

Wie die Flüsse vereinigen sich mehrere derselben zu einem einzige Eisstrome. Wir nennen als Beispiel die berühmte Mer de Glac in der Montblanc-Gruppe, die den Arveiron zur Arve entsende Bei der Vereinigung ist der Eisstrom 2000 m breit, später wird e

Gletscher. 153

auf ca. 1000 m eingeengt Sein Ende erreicht dieser vielbesuchte Gletscher, der bis zu den Eiskatarakten des G^ant 9800 m mißt, in 1125 m Seehöhe, also nur 75 m über Chamonix. Das Sammel- gebiet hat eine Gesamtfläche von 3013 ha. (nämlich Glacier du G6ant 1600, G. de Löchaux 569, G. de Talefre 844); die Mer de Glace eine solche von 1165 ha.; das Verhältnis der Eiszunge zum Firn ist also 1:2,6 oder rund 1:3, und dies darf man auch als das durchschnittliche Verhältnis bei allen großen Thalgletschern der Alpen ansehen, wenn auch Schwankungen innerhalb ziemlich weiter

Fig. 28. Gorner Gletecher.

Grenzen selbst bei benachbarten Gletschern vorkommen. Bei Hänge- gletscbem ist das Verhältnis natürlich ein anderes. Man kann hier 1:8 als Eegel annehmen.

Meist ist der Eisstrom in der Mitte etwas höher als an den Ufern, wo er unter dem Einflüsse der erwärmten Berggehänge rascher schmilzt. Beim Aletschgletscher in den Berner Alpen betrug die Erhöhung der Mitte über dem Rande im August 1872 nahezu 60 m. Wo aber die Ränder eine dichte Schuttdecke tragen, während der mittlere Teil schutzlos der Wirkung der Sonnenstrahlen

154 Die LufthfUle.

preisgegeben ist, da ist der letztere tiefer eingesenkt, wie dies z beim Vemagtgletscher in Tirol der Fall ist In unseren Alpen beti die Mächtigkeit des Gletschers in seinen oberen Partien mehi hundert Meter, am Ende aber, besonders wenn es in die Kuli region hineinreicht, übersteigt sie kaum Baumeshöhe. Nienaals a läuft der Gletscher allmählich aus, sondern bricht stets als eine m oder weniger hohe Eismauer ab, die aus einem gewölbten Tt den Schmelzwasserbach entläßt Am reichlichsten ist dieser na1 lieh in der heißen Jahreszeit, aber bei den großen Gletschern Alpen versiegt er selbst im Winter nicht und ist in Grönland so kaum schwächer als im Sommer. Auch auf der Oberfläche Gletschers ruft die Sommersonne zahlreiche Bäche und Seen her aber die Nacht legt sie wieder in Eisfesseln, die erst der folge; Tag wieder sprengt.

Gletscherkom. Wenn wir nach dem wissenschaftlichen Spra gebrauche unter Gletscher Firn und Eiszunge zusammenfassen, unterscheiden wir doch streng zwischen Firn- und Gletscher und beschränken den letzteren Ausdruck auf das Material der Zur Vom Hochschnee zum Firn und vom Firn zum Firneis lassen s alle Übergänge beobachten; der Firn wird nach unten immer gr kömiger, und das Firnkom erscheint auch noch im Fimeise tiefen Schichten eingebettet in eine Masse trüben, mit Luftbläscl angefüllten Eises. Ganz anders ist das Gletschereis beschaffen. ] ganze Masse ist von einem dichten Netze von Haarspalten dar zogen und zerfällt dadurch in unzählige eckige Eisstückchen, man Gletscherkörner nennt Es sind Eiskrystalle, die sich ihrer Ausbildung gegenseitig hemmten, also etwas ganz anderes das Firnkorn, obwohl das Gletschereis durch Umformung aus d Firneis hervorgeht: ein Prozeß, der freilich noch nicht der Beoba tung zugänglich gemacht wurde. Die Gletscherkörner werden imr größer, je mehr wir uns dem Ende des Eisstromes nähern, oder ] anderen Worten: sie wachsen mit dem Alter eine Erschein u die bisher noch keine allseitig befriedigende Erklärung gefimc hat Die letzte Phase in dem Streite um das Gletscherkorn bezeich die Behauptung Hagenbach -Bischofps,^ daß alle größeren I kry stalle die benachbarten kleineren in sich aufnehmen, mag i das Eis in Euhe oder in Bewegung sein. Bislang hatten vi Forscher die Kömerstruktur mit der Bewegung in ursächlicl Zusammenhang gebracht

Gletscherbewegimg. Die einseitige Bewegung des Gletsch setzt eine Neigung des Bettes voraus, die wir aber in der Re nicht messen, sondern nur nach der Neigung der Gletscheroberflä^

Gletscher. 155

beurteilen können. Jedenfalls ist die letztere größer, weil die Mächtig- keit nach unten abnimmt Sie beträgt bei den Thalgletschem 3 6^, doch ist der Firn in der Eegel etwas steiler. Geringere Neigungen scheinen in außeralpinen Gebirgen sogar noch häufiger zu sein. Wie in den Flußthälem unterbricht auch in den Gletscherthälem oft eine steile Stufe die sanfte Abdachung; der Eisstrom löst sich bei seinem Sturze in ein Trummermeer auf, aber unterhalb schließen sich die Spalten meder, und in majestätischer Buhe zieht er weiter. Hänge- gletscher haben eine viel größere Neigung als Thalgletscher, und es kommt nicht selten vor, daß große Eisstücke abbrechen und als Gletscherlawine in das Thal herabstürzen. Geschieht dies regel- mäßig und ist die Materialzufuhr ausreichend, so wachsen die Eis- trümmer am Fuß der Gletscherwand wieder zusammen und bilden einen bewegungsfähigen regenerierten Gletscher, der keinen Zu- sammenhang mit der Fimregion hat. Vielleicht gehören die „halb- aasgebildeten'^ Gletscher Tibets, welche A. Schusteb als zusammen- gefrorene Schneemassen mit äußerst geringer Bewegung charakterisiert, in diese Kategorie, Auch Fimlager unterhalb der klimatischen Schnee- grenze können vereisen, wie beispielsweise das Blaueis am Hoch- kalter bei Berchtesgaden.

Eine eigentümliche und noch nicht ganz aufgeklärte Erscheinung sind die Nieve penitente, d. h. der Büßerschnee der argentinischen CordiUeren. Es sind ausgedehnte Schnee- oder Eisfelder unterhalb der Fimgrenze, die durch Sonne und Wind in merkwürdig aus- gezackte Figuren verwandelt sind. Von ferne betrachtet, nehmen sie sich wie ein Chor stehender oder knieender, in weiße Schleier gehüllter Frauengestalten aus. „Figur so schildert sie Güssfeld reiht sich an Figur, jede hoch und starr aufgerichtet, übermenschlich groß, eine jede von ihrem Nachbar verschieden, und alle scheinen, ver- steinerten Sündern gleich, auf ein erlösendes Zauberwort zu harren." Nach Bbackebüsch* kommen sie nur auf lockerem, wasserdurch- lässigem Boden vor, und er schließt daraus, daß sie nicht nach Art normaler Gletscher auf ihrer Unterlage sich abwärts bewegen, sondern passiv von der rutschenden Unterlage zu Thale gebracht werden. Dabei löst sich das Eis vom Firnfelde los, es entstehen Spalten und Klüfte, und die Eismasse zerfällt in Blöcke, die nun von den meteorischen Kräften in so seltsamer Weise modelliert werden.

Von derartigen abnormen Erscheinungen abgesehen, befinden sich Firn und Gletscher in ununterbrochener Bewegung thal- abwärts; unregelmäßige Bewegungen, wie sie aus den Messungen von Ppaff, Klocke und Koch hervorzugehen schienen, können nicht als erwiesen gelten, weil die Abweichungen noch innerhalb der Grenzen

\' 156 Die Lnfthülle.

^ der Beobachtungsfehler liegen. Dabei folgt das anscheinend spröde

I genau den Gesetzen des fließenden Wassers. Die Geschwindig]

}[ hängt auch hier von der Neigung des Bettes und von der Gp

^ und Konzentration des Querschnittes ab. Sie wechselt daher im

, halb eines und desselben Gletscherkörpers und nimmt bei normal

{ Thalbaue gegen die Mitte zu und dann gegen das Ende wie

? ab. Die Thalgletscher bewegen sich schneller als die Hän

. gletscher, obwohl die letzteren eine größere Neigung besitzen; a

^ die Thalgletscher sind mächtiger und überwinden leichter die B

i bung am Untergrunde. Wird die Eismasse in dem sich verengenc

( Bette zusammengepreßt, so wird die Reibung vermindert, währe

i der Querschnitt sich gleich bleibt, und die Geschwindigkeit steig

I sich. Zahlreiche Beobachtungen haben ferner gelehrt, daß sie ^

{ den Eändem nach der Mitte zunimmt, daß sie in gekrümml

\ Thälem am konvexen Rande stärker ist als am konkaven, und d

} dann die Linie größter Geschwindigkeit nicht genau in der Mit

! sondern näher dem konvexen Rande liegt Auch gelang es Tynda

I am Glacier de G^ant nachzuweisen, daß die Bewegung von c

I Oberfläche nach dem Grunde abnimmt

i Aber das Maß der Bewegung hält keinen Vergleich aus mit de

1 des fließenden Wassers. In den Alpen wie in Norwegen rücken e

[ Gletscher durchschnittlich in 24 Stunden nur 0,i bis höchstens 0,4 m v(

I Heim hat berechnet, daß ein Schneeteilchen etwa 450 Jahre braue!

j um vom Gipfel der Jungfrau bis zum Ende des Aletschgletsche

j zu gelangen! Die gewaltigen Gletscher des Himalaja bewegen si

allerdings viel rascher, im Sommer täglich 2 3,7 m, doch tiberstei

i in dieser Jahreszeit wie wir sehen werden auch die G

j schwindigkeit mancher alpinen Eisströme 1 m. Die lebhaftes

i Bewegung herrscht im nordwestlichen Grönland; Geschwindigkeitc

[ wie sie von Steensteüp, Helland, Hammeb, v. Dbygalski u. a. i den Ausläufern des Inlandeises nordwärts der Diskobai gemessi wurden, übersteigen noch weit das himalajische Maß, wenn s auch noch immer nicht größer sind, als die Geschwindigkeit klojn

I Schnecken! Ein Fortschreiten von 10, 20 bis 32 m in der Mitt( linie für je 24 Stunden ist sonst noch nirgends im normalen Z Stande beobachtet worden. Hier wirkt die gewaltige Masse d

' Binneneises als Treibkraft; im äußersten Süden, im Bezirke Julian

j haab, wo das Inlandeis schon beträchtlich sich verschmälert, ko

I statierte Steensteüp eine alpine Langsamkeit der Ausläufer, ui

1 dasselbe berichtet man von den selbständigen Gletschern der Ran zone. unter außergewöhnlichen, noch gänzlich unaufgeklärten B

i dingungen nehmen aber manche alpine Gletscher plötzlich eine u

i I

I i

Gletscher. 157

heimliche und verderbliche Geschwindigkeit an, um dann wieder in ihre gemächliche Gangart zurückzufallen. Der Vemagtgletscher in Tirol und der Dewdarokgletscher im Kaukasus sind durch derartige Aus- brüche bekannt Der erstere rückte z. B. in der Zeit vom 19. Mai bis 1. Juni 1845 täglich um 12,7 m vor, am 1. Juni sogar um 1,9 m in der Stunde!

Auch darin unterscheidet sich der Gletscher vom Fluß, daß seine Bewegungsfahigkeit einer strengen jahreszeitlichen Periode unter- worfen ist Diese Thatsache steht fest, wenn wir auch nur wenige vollständige Jahresbeobachtungen haben. ^

Auch von Jahr zu Jahr wechselt die Geschwindigkeit. Sie betrug nach Seelands Beobachtungen auf der Pasterze, einem der mächtigsten Eisströme der Ostalpen, von 1883 86 konstant 50,4 m pro Jahr, fiel 1887 auf 41,i, 1888 sogar auf 30,e, stieg dann wieder 1889—90 auf 41,4 und 1891 auf 51,o, und sank 1892 auf 48,7 m. Die mittlere tägliche Geschwindigkeit dieser zehnjährigen Periode ist nur 0,i26m.

Gletscherfheorie. Die Thatsachen, die wir vorgeführt haben, beweisen, daß der Gletscher nicht als Ganzes auf geneigtem Boden herabgleitet, sondern daß er fließt, d. h. daß die kleinsteu Massen- teilchen ihre gegenseitige Lage fortwährend verändern. Das setzt bei diesem anscheinend starren Körper einen hohen Grad von Plastizität voraus, und man kann sich davon überzeugen, wenn man sieht, wie er sich den wechselnden Formen seines Bettes anschmiegt An der Westküste Grönlands reicht unter 62® 40' B. ein Ausläufer des Binneneises in einen schmalen, nordöstlich streichenden See, den er in T-Form ausfüllt Von den Gletschern des Franz-Josef-Landes berichtet Payeb, daß die durch Bergvorsprünge geteilten Arme am Fuße der ersteren wieder zusammenfließen. Vielleicht den drasti-

X A l8 Beispiel mögen die Beobachtungen von Porbes an der Mer de Glace die

Jahr 1844-45

Mittlere

tägl. Geschwindigkeit

2. Okt 1. Nov.

0,747 m

2. Nov. 3. Dez.

0,466 .,

4. Dez. 6. Jan.

0,290

7. Jan. -17. Febr.

0,867

18.Febr.— 17. März

0,431

18. März— 16. April

0,4S0

n.April— 16. Mai

0,571

17. Mai -18. Juni

0,960

19. Juni 3. Juli

1,016

4. Juli 5. Aug.

1,278,,

6. Aug.— 7. Okt.

0,906

Jahresmittel 0,678 (Summe 251,6 m)

/

t

158

Die Lufthülle.

schesten Beweis liefert aber der kleine norwegische Gletscher Kaagan (70® B.), in dem Foebes die Form einer herabrinnei Thräne so schön ausgebildet fand.

Auch darüber sind die meisten Forscher jetzt einig , daß leitende Motiv der Gletscherbewegung, ebenso wie des fließei Wassers, die Schwerkraft ist, nicht wie man vielfach gern hat Kräfte, die im Eise selbst thätig sind. Nach Heims j fassung gehört das Gletschereis in die Kategorie der dickflüssi Körper, die auf Druck plastisch ausweichen und auf Zug zerrei Den Druck übt hier die eigene Masse aus, den Zug die thalabw gerichtete Komponente der Schwerkraft Die Art der Plasti: bedarf aber doch noch einer Erläuterung. Allerdings ist das wenn seine Eigentemperatur in der Nähe des Schmelzpunktes li plastisch und kann sich ohne Bruch umformen, aber diese Ei| Schaft reicht zur Erklärung nicht aus. Eine Bewegung, wie die Gletschers, ist mit Zerreißungen und Verschiebungen verbuni und der Eiskörper müßte sich endlich in ein Haufenwerk auflo wenn nicht eine zweite Eigenschaft zu Hilfe käme, die der Re lation. Sie besteht darin, daß tauende Eisstückchen an ihren rührungsstellen sofort wieder zusammenwachsen. Sie ist es, die Wunden heilt, die die kleinen Brüche wie die großen Spalten ' schwinden läßt, die zwei Gletscher zu einem einzigen Strome verbin Struktur. Mit der Bewegung des Gletschers hängt auch dej Struktur zusammen. Das Gletschereis ist keine gleichföm

_^ ^__ ._-^__ _ _ Masse, es besteht 1

-, ~ _ r- mehr auB wechsi

^ - - _ "-_ den, mehr oder

" - niger dicht gedrä

ten Bändern o Streifen von weiß Eis, das seine Fa den kleinen Luftl sen verdankt, denen es angef ist, und von blau

Fig. 29. Ein Stück Gletschereis, (a die Tischplatte, auf Eis, auS dem der das aus blauem und weißem Eis zusammengesetzte r nA-kloopri oiioapt Eisstück ruht.) ^

ben sind (Fig. Das erstere schmilzt wegen seiner größeren Porosität leichter i bildet Vertiefungen, das letztere dagegen Erhöhungen. Überbl: man den Eisstrom von einem erhabenen Standpunkte aus und günstiger Beleuchtung, so scheinen die zahllosen kleinen Erhebun

Gletscher.

159

ZiebnenpH*

lerer SeelenkogeL

^imkrerSeelnJtogel^

ZU Linien (Ogiven) zu verschmelzen, die quer über den Gletscher

hinlaufen, und in der Nähe des Firns kaum merkbar gekrümmt

sind, nach abwfixts aber, entsprechend der schnelleren Bewegung der

(jletschermitte, immer spitzere Bogen beschreiben. Jeder Zufluß

bringt sein eigenes Ogi-

yensjstem mit sich, so

daß nach der Vereinigung

mehrere solche Systeme

nebeneinander laufen, bis

sie endlich verschmelzen

oder bis die stärkere Ogive

die schwächere verdrängt

(Fig. 30).

Die gebänderte Struk- tur tritt mit voller Klar- heit an den Spaltenwän- den zu Tage. Daß die Bänder ganz verschieden smd von den Fimschich- ten, beweist eine Stelle am Furkagletscher, die Tyndall entdeckte. Hier beobachtete er deutliche horizontale Schichtung des Eises y die offenbar aus der Fimschichtung hervorging, und in lot- rechter Richtung verlau- fend die blauen Adern. Diese Entdeckung bewog ihn hauptsächlich, die Gletscherstruktur als eine Wirkung des Druckes zu erklären. Es ist eine Thatsache, daß der Schmelzpunkt des Eises durch Druck erniedrigt wird. Innerhalb des Gletschers übt jede nachfolgende Partie auf die vorhergehende einen Druck aus, es treten Verflüssi- gungen ein, die Luftblasen werden ausgetrieben, und das Wasser erstarrt dann wieder zu luftfreiem Eis. Daher stehen die blauen Bänder senkrecht auf der Druckrichtung und nimmt ihre Zahl und Größe thalabwärts zu. Eeicheren Aufschluß könnten die nordischen Gletscher bieten, da hier die Bandstruktur besonders schön aus- gebildet ist So bemerkt man z. B. auf Spitzbergen an frischen Querschnitten tiefblaue Adern bis zu IV2 ^ Dicke und 2 4 m Länge, die in verschiedenen Richtungen sich kreuzen, wobei jedoch die horizontale vorherrscht

Fig. 30. Botmooegletscher nach v. Sonklar.

160

Die Lufthfille.

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I

Der Gletscher ist oben als dickflüssiger Körper bezeichnet wor der dem Zuge gegenüber sich spröde verhält; die Folge davon isi Spaltenbildung, der Ausdruck des Kampfes der Kohäsion der Streckung, und daher stets senkrecht zur Spannungslinie. ^ Bergschrunde an, jener Spalte, die die Schneemasse des Firn der des Gipfelkörpers trennt, bis zum Gletscherende ist der E und Eiskörper in allen Gegenden vielfach zerklüftet, wenn a im allgemeinen die nordischen Gletscher elastischer erscheinen, unsere alpinen. Querspalten werden durch die verschiedene Neig des Bettes hervorgerufen, vernarben aber wieder, wenn das Gei sich vermindert. Eine eigentümliche Art der Querspalten sind Kandspalten (s. Fig. 28, r in Fig. 31), die einen Winkel von bis ca. 45® mit den Seiten einschließen durch die schnellere Bewegung der Mitte zeugt werden. Infolge dessen nimmt in Fig das Stück Ä nach einer gewissen Zeit Form Ä an, und das Quadrat a wird zi verzerrt Dadurch erfährt die Ldnie xy Streckung {xy\ der das Eis nicht folgen ka Es muß reißen und zwar senkrecht zur Li der größten Spannung (Spalte ss). Ist Bett gekrümmt, so ist die Spaltung an konvexen Seite stets größer, als an der k kaven. Längsspalten bilden sich, wenn Gletscher aus einem engen in ein weites I tritt, denn dann wirkt die Spannung in < Querrichtung des Gletschers.

Wenn im Sommer die an der Oberflät des Gletschers entstehenden Bäche in e Spalte hinabstürzen (sog. Gletschermühlc so höhlen sie mit der Zeit tiefe und beim zylindrische Löcher im Eise aus, die manchmal bis auf den Gn reichen. Gelangen Steine in ein solches Loch, so werden sie von c Sturzbächen in kreisende Bewegung gesetzt und können unter gl stigen Verhältnissen in dem Boden Vertiefungen, sog. Riesentö[ ausschleifen. Berndt fand zwei solche von 0,8 und 1,8 m Durchmes im verlassenen Bette des Rosenlauigletschers. Allerdings wandert Gletschermühle mit der Spalte abwärts, aber an gewissen Stel erzeugt die Unebenheit des Bodens immer wieder Spalten, und < Ausarbeitung des Riesentopfes, die die eine Kaskade begonnen, se einige Tage nachher eine andere fort Die schönsten Riesentöj

,U

Fig. 31. Randspalten.

aus der Eiszeit stammend, sieht man im Gletschergarten in Luze

Grletschet.

161

Koranen. Eine andere, mit der Gletscherbewegung zusammen^ hängende Erscheinung sind die Moränen. Die Oberflächen- moränen werden durch die größeren und kleineren Gesteinsstücke gebildet, die von den Felsen sich losbröckeln und auf den Gletscher herabfallen. Wallartig häufen sie sich an den beiden Seiten des Eisstromes an. Fließen zwei Gletscher zusammen, so vereinigen sich ihre inneren Seitenmoränen zu einer Mittelmoräne, und die Anzahl der letzteren giebt uns somit Aufschluß über die Zalü der Zuflüsse (Fig. 31 und 32). Erniedrigt sich die Oberfläche

Fig. 32. Moränen und Gletschertische.

des Gletschers durch Abschmelzung, so können die Seitenmoränen ganz oder zum Teil auf Felsgrund zu liegen kommen und werden damit dem Transporte entzogen. In diesem Stadium bezeichnet man sie als Ufermoränen.

Nicht alle Gletscher haben ausgebildete Oberflächenmoränen, wenn diese auch den Thalgletschem unserer Breiten nie ganz fehlen. Dagegen sind sie wie wir später eingehender besprechen werden in den polaren Gegenden selten. Keinem Gletscher fehlt aber die Grundmoräne. Dringt man durch die Höhle, aus der der Gletscherbach kommt, unter die Eismadse ein, so findet man, daß diese nicht unmittelbar auf dem Felsboden aufruiit, sondern von

SupAir, Phjaiflche Erdkunde. 2. Aufl. 11

162

Die LufthtOle.

demselben durch eine Lage von Sand, Grus und Schlamm mit gebetteten Gesteinsblöcken von verschiedener Größe getrennt Die letzteren sind mehr oder weniger gerundet, ihre Oberfläch geglättet und wenn das Gestein nicht besonders hart ist Schrammen und Kritzen bedeckt In gleicher Weise findet wenn man die Grundmoräne entfernt, den Felsboden poliert unc geradlinigen Kritzen in der Richtung der Gletscherbewegung bed Dasselbe Phänomen beobachtet man auch an den Seitenwänder Eisstromes; ihre ursprünglichen Unebenheiten sind abgerundet ihre Oberfläche ist blank gescheuert und geschrammt Durch Thatsachen sieht sich Heim genötigt, neben der fließenden Glets( bewegung auch eine gleitende anzunehmen, die aber gegenübei ersteren nur eine untergeordnete RoUe spielt

Aber selbst solche, die dem Gletscher die Kraft zuschre Seebecken auszuschaufeln, sprechen ihm ausdrücklich die Fähi^ ab, selbst abschleifend zu wirken. Dieses Geschäft besorgen mehr nach einer weitverbreiteten Ansicht teils jene Gesteinstrün die zvnschen der Thalwand und dem Gletscherrande auf den G gelangen, teils Stücke der Oberflächenmoräne, die durch Spalten ii tiefer und tiefer sinken und endlich den Grund erreichen. Man c sich mit anderen Worten die Seiten- und die Unterfläche des < Sehers mit eingebackenen Gesteinsblöcken wie mit Zähnen bei und diese polieren und kritzen die Felsen und werden dabei e zermalmt Das Endprodukt dieses Prozesses ist eine schlan sandige Masse, die zum Teil die Grundmoräne bildet, zum Teil d den Gletscherbach („Gletschermilch" wegen seiner trüben F herausbefördert vrird.

Wir werden später sehen, daß diese Theorie zur Erklärung Grundmoränen der polaren Gletscher nicht ganz ausreicht

Während der Gletscher die Oberflächenmoräne auf se Rücken thalabwärts trägt, schiebt er unter sich auch die Gi moräne vorwärts. An seinem Ausgange lagert er beide als 1 moräne ab, die bald als ein schmaler niedriger Stein wall, als eine weite Schlamm- und Kiesfläche uns entgegentritt, is mächtige Felstrümmer zwischen kleinen unregelmäßigen Schutthi zerstreut liegen. Mit dem transportierten Material vermischt manchmal der vom Gletscher zusammengeschobene lockere E des Vorlandes.

AbiohmeLning^. Außer der Bewegung ruft auch die Absch zung Veränderungen im Eiskörper hervor, und zwar Abschmel von oben durch die Sonnenstrahlen, warme Winde und Regen von unten wahrscheinlich durch die Erdwärme. Oberfläcb

Gletscher.

163

Massenanhäufungen schützen Teile des Grletschers vor diesem Zer- störungsprozesse. Die Mittelmoräne befindet sich auf einem Eiswulste; einzelne größere Steinblöcke scheinen gleichsam aus dem Eise her* vorzuwachsen. So entstehen die bekannten, stets nach der Mittagsseite geneigten Gletschertische (Fig. 32), denen freilich auch nur eine vergängliche Existenz beschieden ist. Die Sandkegel, die oft eine Höhe von mehreren Metern erreichen, ruhen ebenfalls auf geschützten Eiserhöhungen. Dagegen sind dünne Sand- und Schlammlagen, wie sie von den Abhängen herabgeschwemmt oder durch den Wind her- beigeführt werden, nicht nur kein Schutzmittel, sondern geradezu Beförderer der Abschmelzung. Sie sammeln sich als sogenannte Schmutzbänder in den Ogiven und in den Vertiefungen, welche die zusammengewachsenen Querspalten unterhalb eines Gletscher- falls bezeichnen, und verharren in ihrer Lage, indem sie sich immer tiefer in das Eis hineinfressen. Allgemein herrscht in den Alpen- ländem die Überzeugung, daß der Gletscher fremde Körper aus- stoße; und dies ist auch insofern richtig, als jeder Körper, der in eine Spalte fällt, an einem thalabwärts gelegenen Punkte infolge der Abschmelzung wieder an die Oberfläche kommt Auf diese Weise können sich auch Teile der Grundmoräne den Oberflächen- moränen beigesellen.

Die Abschmelzung nimmt mit der Temperatur thalabwärts zu. Wo sie durch die Zufuhr von oben nicht mehr ersetzt wird, dort muß der Gletscher enden. Ist die Zufuhr bedeutend, so rückt der Gletscher immer weiter vor; übersteigt der Betrag der Abschmelzung schon weiter oben den der Zufuhr, so wird das Gletscherende immer weiter thalaufwärts verlegt: der Eisstrom zieht sich zurück, er schrumpft ein.

In diesem Zu- stande befinden sich seit dem Beginne der fünfziger Jahre die Gletscher der Alpen, Pyrenäen,des Kauka- suSjNorwegens, über- haupt alle Gletscher, von denen genauere geschichtliche Nach- richten vorliegen. Über die Alpen sind wir am besten unterrichtet; hier sind die Gletscher unter strenge Aufsicht gestellt; der Ehone-

11*

■OT AlteMorane

MorciJiFVJai8

- - 1836

GUtst3ter rundtsn

f882

Fig. 33. Rückgang des Rhdnegletschen (nach A. Hbim).

164

Die Lufthülle.

gletscher wird seit 1874 regelmäßig vermessen. Den älteren S zeigen die Moränen an; wir ersehen aus Fig. 33, wie beträchtlicl] Gletscher seit 1856 zurückgegangen, und eine wie große Fläche eisfrei geworden ist Es ist aber weder die Längen-, noch Arealabnahme entscheidend für das Maß des Kückganges, som nur der Volumverlust, und dieser nimmt absolut mit der G des Gletschers zu; doch scheinen auch relativ die großen Glets mehr Einbuße erlitten zu haben, als die kleinen.^

Die Periode allgemeinen Gletscherrückganges nähert sich reits ihrem Ende und auch aus der früheren Zeit wissen wir, Vorstoß- und Rückzugsperioden miteinander wechselten. Der W rungscharakter des einzelnen Jahres ist darauf ohne Einfluß; findet ebenso oft in kalten und nassen Jahren ein Rückzug, wi warmen und trockenen Jahren ein Vorstoß statt.

Nach FoBEL® hängt die Länge des Gletschers von seiner schwindigkeit ab, und diese wieder von der Mächtigkeit des E Je dicker es ist, desto schneller fließt es. Wir haben also i den Ursachen der wechselnden Mächtigkeit des Gletscherkörpen fragen, und diese sind ofl'enbar die Abschmelzung und die Speis durch den Firn. Die erstere wird zwar durch die Mitteltempen des Sommers bedingt, aber diese wirkt nicht sogleich auf die D des ganzen Eisstromes ein. Ist sie nur vorübergehend sehr ^ oder sehr gering, so wird sie auf die Lage des Gletscherendes Schlüsse des betreffenden Sommers wenig Einfluß haben; vieln entscheidet darüber unter sonst gleichen Verhältnissen der dui schnittliche Gesamtcharakter einer größeren Reihe früherer Somi

In zweiter Linie kommt die Niederschlagsmenge in Betra denn von ihr hängt die Mächtigkeit des Firns und damit der trag der Zufuhr ab. Forel zeigte, daß diese Ursache von o nach unten ihre Wirkung steigert Nur mit etwas geminde Mächtigkeit gelangt z. B. das Fimeis bis zu einem gewissen Pur

)< Einer Zusammenstellung von Finstebwaloeb und Schukck* entneh wir folgende ostalpine Fälle mit Angabe des Rückgangs in allen Dimensic seit dem Maximalstande bis zum Beobachtungsjahr:

Gliederferner (—1887) Homkees (—1884) Alpeinerfemer (—1886) Suldenerferner (—1886) Obersulzbachfemer (—1880) Gepatschfemer (—1887) Pasterze (—1882)

Fläche

Lftngenabnahme

Arealrerlost

Volamr

ha

m

ha

Mül. c1

893

806

47

29

497

350

ca. 17

34

720

200-650

46

40

953

1350

68

50

1570

500

46

65

2200

460

72

129

3015

unter 100

gering

218

Die geographische Verteilatig der Crletscher. 165

des oberen Gletscherthales. Die ITolge davon ist Abnahme der Gre- schwindigkeit und Zunahme der Abschmelzung. Schon stärker Ter- mindert fließt die betreffende Eispartie weiter thalabwärts und zwar mit noch geringerer Geschwindigkeit und daher noch mehr dem Abschmelzungsprozesse preisgegeben. In einer gewissen Anzahl von Jahren kann diese eine Ursache die ganze Länge des Gletschers durchwandert haben und dann erst auf die Lage des Gletscher- endes bestimmend einwirken. Nicht die Niederschlagsmenge des betreffenden Jahres ist also daftir maßgebend, ob der Eisstrom ▼orrQckt oder zurückgeht, sondern das Mittel der Schneemassen, die in den letzten Jahrzehnten gefallen sind. Wir werden darauf noch später zurückkommen.

Auffällig ist das ungleiche Verhalten selbst benachbarter Glet- scher, aber Forel, der seit einer Reihe von Jahren regelmäßige Beobachtungen über die Veränderungen der Alpengletscher sammelt, gelang es auch diesen Widerspruch zu lösen.^ Je größer der Gletscher und je geringer seine Neigung, desto beständiger ist er. Die kleinen und stark geneigten passen sich zuerst den veränderten klimatischen Bedingungen an. Schon 1875 zeigte im Montblanc- Massiv der Glacier des Bossons den Beginn der Vorstoßperiode an, aber 15 Jahre dauerte es, bis alle Gletscher dieses Gebirges von der neuen Bewegung ergriffen wurden, und zuletzt der größte der- selben, der Glacier des Bois.

Litteraturnachweisc. * Hauptwerk Heims Gletscherkunde, cit S. 149. Ferner Richter, Ostalpen, cit. S. 149. Russell, The Malaspina Glacier, im Journal of Geology, Chicago 1893. Hagembach-Bischoff, Weiteres über Gletschereis, in den Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, 1889. * Brackebusch, Die Penitentesfelder, im Globus, 1893, Bd. LXIII. ^ Finsterwaldeb u. Schunck, Der Gepatschfemer, in der Zeitschrift d. D. u. Ö. Alpenvereins, 1888. * Forel, Essai sur les variationes p^riodiques des glaciers, in d. Archives des sciences phjsiques et naturelles, Genf 1881. ^ Forel im Jahrbuch des Schweizer Alpenklub, 1893—94, 8. 243.

Die geographische Verteilung der Gletscher.

(Siehe Karte XUI.)

Die Tropen. Die beiliegende Karte zeigt, daß die Gletscher vorzugsweise ein polares Phänomen sind. Penck schätzt die vereisten Gebiete der Nordhemisphäre auf 2^4 und die der südlichen Halb- kugel auf etwa 14 Hill, qkm, die Existenz eines antarktischen Kon- tinentes vorausgesetzt. Aber die Gletscher sind an keine Zonen ge- bunden; man kann nur sagen, daß ihre orographischen Ansprüche um so größer werden, je höher die klimatische Schneegrenze sich

166 Die Lufthülle.

erhebt Auch in den Tropen fehlen sie nicht; da aber hier einzelne Vulkanriesen in die Region des ewigen Schnees hineinra so ist das Gletscherphänomen meist nur in der Form der Fi gletscher entwickelt Der Kibo, der 6000 m hohe Westgipfel Kilimandscharo (3® s. B.) hüllt sich nach Hans Meyers^ S( derung in einen Eismantel, der auf der Nordostflanke nur bis 5 auf der Südwestseite aber bis 3800 m herabreicht Hoch- und F Schnee vereinigen sich zu einem einzigen Gürtel. Nur dort, tiefere Mulden sich einsenken, entwickeln sich kleine Gletscherzui nach Art der alpinen Hängegletscher, ein längerer nur im Südwes der aus der großen Kraterspalte herauszukommen scheint. E ähnlichen Ausbildungsweise begegnen wir im tropischen Ameri Die Forschungen von Reiss, Stübbl, Whymper u. a. haben uns s hier eine verhältnismäßig reiche Schneewelt enthüllt, aber meist ! es nur Eismäntel, die sich den höchsten Vulkankegeln anschmie i^{| zum Teil geschützt durch eine Aschendecke, dann kleine Häi

gletscher, und nur unter besonders günstigen orographischen "^ hältnissen Eisströme von alpinem T}'pus, wie am nicht vulkanisc Sara urcu in Ecuador, wo sie bis 4200 m Seehöhe herabsteigen Oemäßigte Zonen. In den gemäßigten Zonen sind schon v Kammgebirge mit ewigem Schnee bedeckt, und der alpine Gletsch typ US gelangt dadurch zu einer fast ausschließlichen Herrscl Dies gilt wenigstens für die Hochländer bis in die Nähe des 60. rallels; darüber hinaus entwickeln sich schon Übergangsformen, denen später die Rede sein soll. Der Alpengürtel, der die alte \^ durchzieht, ist in allen seinen höheren Teilen eine Stätte hen ragender Gletscherbildungen. Auf der iberischen Halbinsel fin wir allerdings erst rudimentäre Anläufe. Selbst die Pyrenf beherbergen meist nur Hängegletscher und vorwiegend nur auf Nordseite; der Maladettagletscher endet hier schon in 2300 m H( Ein kleines Eisfeld soll auch die Sierra de Gredos besitzen. ] südlichste Eisstrom unseres Erdteiles ist der Corralgletscher am Nc abhänge der Sierra Nevada in 2800 2900 m Höhe, unser h( liebstes Schneegebirge sind, von Skandinavien abgesehen, die Alp In der Schweiz sind 1839, in den Ostalpen* 1462 qkm vergletsch» die kristallinische Zone, als das höchste und kompakteste G^bi ist die eigentliche Heimat der Eiswelt, ^ und hier vor allem Montblanc-Gruppe, das Bemer Oberland, die Penninischen und ( thaler Alpen. Dreizehn Gletscherzungen sind über 10 km la

^ In den Ostalpen haben die Centralalpen nach Richter 141S07ha, nördlichen Kalkalpen 2693, die südlichen 16S7 ha Gletscherareal.

Die geograpbiBche Verteilnng der Gletscher.

167

weitaus alle übertrifft der Aletschgletscher mit 16,6 (samt Firn 24) km Länge; er bedeckt in seiner Gesamtheit 129 qkm, d. h. mehr als das Doppelte der Fläche von San Marino. Sein Nachbar auf der anderen Seite des Fiescher Grates, der untere Grindelwaldgletscher, hat den Euhm, unter allen alpinen Eisströmen am tiefsten in die Kulturregion herabzusteigen; er endet jetzt in der Nähe des Dorfes Grindel wald in 1080 m Seehöhe, 1818 reichte er noch bis zur Höhen- linie von 983 m. Sonst liegt das Ende der großen alpinen Thal- gletscher durchschnittlich schon in 1900 m Höhe.

Das nächste Gletschergebirge ist der Kaukasus,* vor allem der zentrale Teil desselben. Er kann sich vielleicht mit den Alpen messen; jedenfalls ist seine Eisbedeckung bis auf die neueste Zeit

ß'iUsse

Fig. 34. Die Gletscher des Earakorom-Gebirges. ^ = Nagar, H~ Hispar, H.T, Hisparpaß, K = KorofaD, K^ Dapsang, 8620 m hoch.

unterschätzt worden. Der Karagamgletscher in der Adai-Choch- Gruppe ist 16 19 km lang und steigt bis 1740 m Seehöhe herab. Am gewaltigsten entwickelt sich das Gletscherphänomen in den hohen Randgebirgen Zentralasiens, im Himalaja, Karakorum, Hindukusch, Tian-schan, und schon bedeutend schwächer im Altai. Im Himalaja enden die meisten Thalgletscher in 3400 4200 m, der des Nanga Parbat in Kaschmir sogar erst in 2900 m Höhe. Noch gletscher- reicher ist der Karakorum, wo die Eisströme nicht nur den Hinter- grund der Querthäler einnehmen, sondern auch in die Längsthäler herabsteigen und in denselben sogar flache Wasserscheiden überfluten. Das merkwürdigste Beispiel hat uns Conways Expedition i. J. 1892 genauer kennen gelehrt (Fig. 34).^ Wenn wir von Nagar in einem Seitenthale des Gilgit aufwärts gehen, so erreichen wir bei Hispar in 3145 m Seehöhe das Ende des gleichnamigen Gletschers (60 km lang), der am Hisparpasse (5380 m hoch) ohne Unterbrechung in den

188

Die Lufthülle.

nach der entgegengesetzten Seite abfließenden Biafogletscher(51 kmla übergeht Dieser endet bei Korofan in 3000 m Seehöhe. Die Gesa] länge dieses gewaltigen Doppelgletschers entspricht dem Rhonethale y Rhonegletscher bis Martigny. Das Hauptfirngebiet des Biafogletsch bezeichnet Conway wegen seiner anscheinend völligen Flachheit „Firn-See" (Schneesee in Fig. 34); er bedeckt ein Areal von ca. 300 ql auf dem das Fürstentum Reuß ä. L. oder das Gebiet der Hansast Lübeck bequem Platz hätten. Die tibetanischen Gebirge sind, i Ausnahme des zentralen Kuenlun, zu trocken, um große Eisströ zu erzeugen. Am pazifischen Rande Asiens sind die orographiscl Verhältnisse der Gletscherbildung nirgends günstig; wie es schei selbst in Kamtschatka nicht, wo doch gewaltige Vulkankegel s: erheben. Kleine Fimfelder wurden vom nördlichen Korea und v< Ostabhange des japanischen Berges Tateyama (36** 35' N., 2900 hoch) gemeldet Wir müssen uns auf die amerikanische Seite I geben, um wieder echte Gletschergebirge zu finden. Die pazifisc Küstenkette wird von Alaska bis zur Südgrenze von Britisch-Colui bia durch reichliche Niederschläge benetzt, die die Schneegren stark herabdrücken. Noch im Takuflord in 58 ^ B. gehen die E ströme bis ans Meer herab, und unter 55 ^ B., also in der Polhö des südschottischen Gebirges, endet einer erst bei 400 m Seehöl Ein Hauptzentrum sind die St Elias-Alpen an der Ostgrenze Alaska des Malaspina-Gletschers haben wir schon auf S. 151 gedacl Würdig reiht sich ihm der Muirgletscher an, den Reib® in den letzt Jahren eingehend studiert hat Er l)edeckt ein Areal von 900 qki das siebenfache der Aletschfläche, und tritt mit einer Gesamtmächti keit von 280 m in das Meer hinaus. Dieser gewaltigen Masse ei spricht auch eine, weit über alpine Verhältnisse hinausgreifende G schwindigkeit von 2,i9 m pro Tag in der Mittellinie. In den Ve einigten Staaten sind die dem pazifischen Gestade zunächst liegende höheren Gebirge das Kaskaden-Gebirge und die Sierra Nevada. Au< über die Eiswelt dieser Höhenzone haben uns erst die Forschung« der letzten Zeit Aufklärung verschafi't^ Die mächtigen Vulkanber^ des Kaskadenzuges tragen echte Gletscher, der Mt Shasta (in 41 ® I 4423 m hoch) z. B. fünf zwischen 2,7 und 0,8 qkm Flächeninhalt, v( denen der Witungletscher erst in 2400 m Seehöhe endet Selbst d schon ziemlich trockene Sierra Nevada beherbergt zwischen 36^ und 38** B. nicht weniger als 17 Gletscher, freilich alle sehr kle: und unentwickelt, und nur bis ca. 3500 m herabreichend. Na< Osten nehmen Niederschläge und Eisentwicklung rasch ab. Je Davis Peak im Großen Becken hat nur einen kleinen Fimfleck i besonders günstiger Lage, und auch das Felsengebirge scheint inne

Die geographische Verteilimg der Gletscher. 169

halb der Vereinigten Staaten in der Gegenwart nur wenig bedeu- tende Hängegletscher zu erzeugen. Erst auf canadischem Boden, in den Quellgebieten des Saskatchewan und Athabaska treten echte Thalgletscher von alpinen Dimensionen auf, und auch die inneren Parallelketten, das SeUdrk- und Goldgebirge, entbehren dieses Schmuckes nicht

Das niederschlagsreiche Seeklima der südlichen Hemisphäre ist der Gletscherentwicklung besonders günstig. In den Breiten von Triest bis Hamburg steigen von den kaum 2600 m hohen An des Eisströme bis zum Meeresspiegel herab, an den Abhängen begleitet von Hochwäldern der antarktischen Buche und Birke. Kolibri und Papageien, die wir als tropische Vögel zu betrachten gewohnt sind, bewohnen hier Gletscherlandschaften. An der Westseite der neu- seeländischen Alpen enden der Franz-Josef- und Prinz-Alfred- Gletscher in der Breite von Florenz erst in 215 (bezw. 214) m Höhe, wo die mittlere Jahrestemperatur (10**) der von Wien gleicht, und eine üppige Tieflandvegetation von Nadelhölzern, Buchen, Baum- farnen und Fuchsiabüschen gedeiht An der trockeneren Ostseite liegt das Gletscherende durchschnittlich in 1200 m Höhe, also auch hier noch immer 700 m tiefer als in unseren Alpen. Auf den Kerguelen-Inseln in der Breite von Nürnberg und Prag senkt sich der Zeyegletscher bis ca. 210, der Lindenberggletscher bis ca. 75 und der Naumanngletscher bis ca. 60 m Seehöhe herab.

Polare Zonen. Wie in der heißen Zone der Firngletscher, in der gemäßigten der alpine Gletscher, so herrscht auf der polaren Kalotte das Inlandeis vor. Trotzdem sind diese verschiedenen Formen zunächst orographisch bedingt, und nur daß die Schnee- grenze gegen die Pole sich senkt, hat zur Folge, daß zuerst nur die höchst ragenden Gipfel, dann auch die Kämme der Hochgebirge, endlich auch niedriger gelegene Plateaus Eis erzeugen. Unter günstigen Umständen fehlt auch der alpine Typus im Polarlande nicht, wie^ z. B. auf Spitzbergen, ebensowenig wie die Form des Inlandeises, allerdings in sehr bescheidenen Dimensionen, den mitt- leren Breiten (z. B. auf dem Ewigen Schneeberg in den Salzburger Alpen). Schärfer ausgeprägt finden wir ihn allerdings erst im skan- dinavischen Hochlande von 60^ B. an. Das mächtigste Gletscher- gebiet ist hier der Jostedalsbrä von 61^3 bis gegen 62^ B. hin. Am Nordabhange des Sogne^ords erhebt sich dieser flachgewölbte Bergrücken, ein Fjeld, wie man es hier nennt; an den Rändern, wo die Thäler einzuschneiden beginnen, 1400 1800, in der Mitte 2038 m hoch. Den ganzen Rücken bedeckt ein ununterbrochenes Firnfeld, erst an den Rändern sehen einige steile Gipfel aus demselben hervor;

170

Die Lufthülle.

900 qkm, eine Fläche so groß wie eines der Schwarzburgisc Fürstentümer in Thüringen, liegt hier unter Schnee begraben. N allen Seiten steigen Eiszungen herab; man zählt allein 24 Glets< erster Ordnung. Sie enden in 300 600m Seehöhe, der Boi gletscher reicht aber bis 150 m, der Suphellagletscher sogar 50 m Seehöhe herab.

Die denkwürdige Reise Nansens® im Jahre 1888 hat uns Geheimnisse der grönländischen Eiswelt, der umfangreiche unserer Halbkugel, enthüllt Da finden wir das Inlandeis in sei typischesten Ausbildung. Nur die Ränder sind eisfrei, oder eig( lieh nur der Westrand, denn im Osten tritt das große Binnei das Sermerssuak der Eskimos, vielfach bis an den Küstenrand he und bricht hier in Steilmauern ab. Nach Westen sendet es gr Eisströme bis ins Meer hinaus; von ihrer außerordentlichen schwindigkeit haben wir bereits an anderer Stelle gesprochen, der Polhöhe der NANSENschen Durchquerung ist diese eisfreie Z etwa 100 km breit Auf das Sermerssuak entfallen 445 km, da 50 auf die westliche, 15 auf die östliche Randzone, 380 auf innere Schneeplateau in Höhen von mehr als 1000 m; Nansen ül schritt die Scheide zwischen beiden Abdachungen in 2716 m Hc Das Eismeer wölbt sich also flach von einer Küste zur andei und wie man vermuten darf, auch von Süden nach Norden. S Ende hat Peary in ca. 82® N. erreicht

In den beiden Randzonen ist der Schnee grobkörnig, m innen zu wird er immer feiner, endlich so „fein wie Staub". Tage taut nur die Oberflächenschicht etwas auf, um bei Nacht wiei zu einer dünnen Eiskruste zu gefrieren; kein Bächlein entsteht, nie geht durch Abschmelzung verloren, alles wird durch den Nachtfi wieder festgehalten. Die Trockenheit des Schnees verhindert Höhen von mehr als 2300 m sein Zusammenballen^ er kann dsL erst in sehr großer Tiefe in Eis übergehen. Dieser innerste 1 war auf einer Strecke von ca. 150 km so glatt wie ein Spiegel, ol andere Unebenheiten, als die Spuren, die die Reisenden zurückließ( eine unübersehbare Schneefläche ohne Staub, ohne Schmutz, ol irgend einen fremden Körper. Mit einem Wort: der innere 1 des Sermerssuak entspricht dem alpinen Hochschnee, die Ra: Zonen dagegen den alpinen Firnmulden. Nicht bloß der Schnee hier fimartig, es treten auch schon Spalten auf, die auf lebhaft Bewegung hinweisen; einzelne Berggipfel, hier Nunatakken genai ragen inselartig aus dem Schnee hervor (s. Fig. 35). Was das Inland von dem alpinen Gletscher unterscheidet, ist die ungeheuere A dehnung der Hochschneeregion im Vergleiche zur Firn- und eige

Die geograpbisclie Verteilung der Gletscher.

171

liehen Gletscherzone, d. h. derjenigen Zone, wo individualisierte Eisströme in das eisfreie Land vordringen. Diese sind zwar ungleich länger, breiter und mächtiger, als die alpinen Thalgletscher, aber doch nur zwergartige Anhängsel im Vergleiche zu den Dimensionen des Inlandeises, das mit seinem Flächeninhalte von ca. 2 Mill. qkm ganz Mittel- und Westeuropa überHuten würde. An und für sich sind die grönländischen Gletscherzungen, wie gesagt, gewaltige Ge- bilde; der größte derselben, der Humboldt-Gletscher, hat eine Länge von 110 km und endet mit einer 100 m hohen Eiswand.

Was das Inlandeis femer noch vom alpinen Typus unterscheidet, ist der Mangel an Oberflächenmoränen, die höchstens in den Rand- gebieten, aber auch da nur selten, von den Nunatakken erzeugt

Fig. 35. Grönländisches Inlandeis nach Jensen.

werden können. Dagegen fehlt die Grundmoräne nicht, ein deut- licher Beweis, daß fließendes Eis seine Unterlage zu erodieren vermag.

Die Form des Inlandeises verbreitet sich über alle größeren Inseln, die in der atlantischen Öfinung des arktischen Kalotte liegen, über Island (Gletscherareal nach Thoeoddsen 13400 qkm), Spitzbergen, Franz -Josef- Land; dagegen ist westlich von Grönland, wo kein warmer Golfstrom reichlichere Niederschläge erzeugt, das Gletscher- phänomen sehr dürftig entwickelt.

Eifllrerg^. Wenn ein polarer Gletscher in tieferes Meer hinaus- tritt, so erfolgt an der Stelle, wo das Eis leichter wird, als das von ihm verdrängte Wasser, ein Bruch von unten nach oben, und die abgerissenen Gletscherstücke setzen nun als Eisberge ihren Weg im Meere fort, häufig auch Erde und Felsblöcke Bruchstücke der Moränen mit sich führend. Zahlreiche Luftblasen verringern ihr spezifisches Gewicht, so daß meist noch ^r der ganzen Masse aus dem Meere hervortaucht. Es kann dabei leicht geschehen, daß sie vollständig umkippen, und dann statt der ursprünglichen wild zerklüfteten Gletscheroberfläche die mehr oder weniger ebene Sohle nach oben kehren. Durch die polaren Meeresströme nach Süden

172

Die Lufthülle.

entführt, werden diese großen Klötze mit meist senkrechten Wän von der Sommersonne zu phantastischen Gestalten umgeformt, sie endlich, in Trümmer zerfallen, mit dem Meereise verschmeL oder im offenen Ozean vergehen.

Grönland und Franz-Josef-Land sind die Hauptgeburtsstal der großen arktischen Eisberge, deren Masse in einzelnen Fa zu 21 MilL cbm bestimmt wurde. Dagegen fehlen sie an der gan West- und Nordküste von Nowaja Semlja, wie an der Südspitze Spitzbergen, weil hier das Meer an den Küsten zu seicht ist, i nur kleine Stücke von den Gletschern abbröckelt

^'

Fig. 36. Eisberg nach Payer.

Weitaus häufiger und größer, auch anders gestaltet, als Nordpolarmeere, sind die Eisberge in der antarktischen See. ] Naturforscher der „ChaUenger"- Expedition schildern sie als waltige Tafeln von 400 1000 m Durchmesser und 60 m Höh Die ebene, horizontale oder geneigte Oberfläche ist von zahlreicl Spalten durchschnitten, die senkrechten Seiten wände zeigen we^ selnde Lagen von blauem und weißem Eise in deutlichster Schichtn Nach unten werden die Schichten dünner und sind horizontal, oberen, die keinen Druck erlitten haben, sind leicht gebogen. Si diese Tafelberge Meer- oder Gletschereis? Heim hat sich für < erstere entschieden, und auch Nansen ist der Ansicht, daß üb einander getürmte Treibeisschollen Eisberge formen können. T können uns aber nicht davon überzeugen, daß jene geschichte etwa 60 m hohe Eismauer, an der Ross mehrere hundert Kilome

Das Klima. 173

weit entlang fuhr, ohne ihr £nde zu erreichen, etwas anderes gewesen sein könnte, als die Bruchfiäche eines kolossalen Gletschers.

Litteraturoachweise. ^ Hans Meter, Ostafrikanische Gletscherfahrten, Leipzig 1890. * Schwarze, Verbreitung der Gletscher in den Westgebiigen Amerikas, im „Ausland" 1891. E. Richter, Ostalpen, cit S. 149. * Fresh- FiELD, The Peakes, Passes and Glaciers of the Caucasus, in den Proceedings of the B. Geographica! Society, Loiidon 1888. ^ Gonway, Climbing and Ex- ploration in the Karakorum Himaiayas, London 1894. Die Karte wurde 1894 von der R. Geographica! Society in London herausgegeben. Unsere Fig. 34 ist nach einem Kärtchen im Alpine Journal entworfen. ® Reid, Studies of Muir Glacier, im National Geographica! Magazine, Washington 1892. ' Russell, The existing G!aciers of the United States im 5. Jahresbericht des Geological Survey of the ü. S., Washington 1885. ® Mohn u. Nansen cit S. 77. ■— * I. Bd. des Challenger-Report: Narrative of the Gruise, London 1885.

Das Klima.

Klimaprovinzen (s. Karte XIV). Unter Klima eines Ortes ver- stehen wir den mittleren Zustand der Atmosphäre, wie er uns durch langjährige meteorologische Durchschnittswerte repräsentiert wird. Als die Hauptfaktoren haben sich Wärme und Niederschlag erwiesen, in- direltt auch die Winde und die orographischen Verhältnisse, da sie die Verteilung der beiden ersteren Elemente wesentlich mitbedingen. Es ist nun die Aufgabe der physischen Geographie, das Zusammenspiel dieser vier Faktoren in den einzelnen Lokalitäten zu untersuchen, gemeinsames zusammenzufassen, und nach dem vorherrschenden Witterungstypus Klimaprovinzen aufzustellen. In jeder dieser großen Abteilungen lassen sich noch eine Reihe von Klimabezirken, oder wie man sie sonst nennen will, unterscheiden, und in manchen Gegenden wird das Beobachtungsmaterial noch eine weitere ünter- einteilung gestatten. Es liegt in der Natur der Sache, daß über die Zahl und Grenzen der Haupt- und Unterabteilungen wohl niemals eine, alle Zweifel ausschließende Übereinstimmung erzielt werden dürfte; und auch Karte XIV, die sich nur auf die Darstellung der Provinzen beschränkt, ist lediglich als ein Versuch aufzufassen.^

Von den 34 Klimaprovinzen unter diese Zahl dürfte keine Einteilung herabgehen entfallen 21 auf die östliche Landfeste mit Polynesien, 12 auf die neue Welt und 1 auf die Nordpol-Zone. Wir müssen uns, um Wiederholungen zu vermeiden, auf eine kurze, aphoristische Schilderung derselben beschränken.

östliche Kontinente und Inseln»

1. Westeuropäische Provinz. Milde Wintertemperatur unter dem Ein- flnase der westlichen Winde und des Golfstromes. Jährliche Wärmeschwankung

174

Die LnfthttUe.

IV.

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onter 15^. Reichliche Niederschläge mit ziemlich gleichmäßiger Verteiiung t die Jahreszeiten. Smnmen sehr variabel, da die Terraingestaltung außerord lieh wechselvoll ist. Überhaupt wechseln die klimatischen Verhältnisse oft kurze Distanzen, und es wird daher eine eingehende Untersuchung zur i Stellung zahlreicher Unterabteilungen fähren.

2. Osteuropäische Provinz. Es beginnt schon das Grebiet des Lj klimas. Vorherrschen der Ebene, daher Unterschiede hauptsächlich nur der geographischen Breite abhängig. Die^Niederschläge sind geringer, al der 1. Provinz, und nehmen nach Südosten ab; ausgeprägtes Sommermaxim

3. Westsibirische Provinz. Die Grenze gegen die osteuropäii Pro\'inz liegt dort, wo die positive Jahresanomalie, die Europa auszeich aufhört; und es ist zu betonen, daß sie fast genau mit der Urallinie 2usamn föllt Im übrigen unterscheidet sich diese Provinz von der vorhergenani nur durch ein schärferes Hervortreten aller Charaktereigentümlichkeiten. Gi Temperaturveränderlichkeit.

4. Ostsibirische Provinz. Jenseits des Jenissei beginnt eine gemeine Hebung des Landes, Tiefebene nur an den Flüssen. Gebiet ei winterlichen Kältezentrums. Jährliche Wärmeschwankung am größten. Nie< schlage im allgemeinen gering.

5. Kamtschatka-Provinz. Das Meer mildert die Temperaturextr« und führt reichlicheren Regen zu.

6. Chinesisch-japanische Provinz. Auf dem Festland relativ deutende Winterkälte und streng periodische Regen. In Japan treten di Eigentümlichkeiten etwas gemildert auf.

7. Die Asiatische Hochlandprovinz umfaßt alle gebirgsumschlosse] Hochländer, die im allseitigen Windschatten liegen ; daher sehr trocken. Win kälte durch die bedeutende Seehöhe gesteigert, Sommerwärme durch die k tinentale Lage. Tägliche Wärmeschwankung sehr bedeutend.

8. Aral-Provinz. Trockenes Tiefland; Niederschlagsmaximum im Nor im Sommer, im Süden im Winter. In Turan strenge Winter und sehr he Sommer.

9. Indus -Provinz, durch Trockenheit und Hitze ausgezeichnc Tiefland.

10. Mittel me er- Provinz. Große Mannigfaltigkeit wegen reicher h< zontaler Gliederung und wechselnder Oberflächenbeschaffenheit Mild ist Klima überall mit Ausnahme der inneren Hochländer. Winterregen.

11. Sahara-Provinz, bis nach Mesopotamien reichend, Gebiet trockenen Nordwinde, wahrscheinlich regenärmste Gegend der Erde. E tinentalität und vegetationsarmer Boden steigern die Sommerhitze außerord( lieh, jährliche und tägliche Wärmeschwankung beträchtlich.

12. Tropische Provinz von Afrika. Wärme auf dem inneren Ho land durch die Seehöhe gemildert, desto größer aber auf den schmalen Kiist ebenen. Tropenregen, nach Westen abnehmend.

13. Kalahari-Provinz, umfaßt das ganze regenarme Gebiet von S west- Afrika.

14. Kap-Provinz, subtropisch.

15. Ostindisch-australische Monsunprovinz. Mit Ausnahme ein! Gegenden im Archipel streng periodischer Regen mit SW.-Wind, bezw. N^ Wind. Temperatur ziemlich gleichmäßig trotz beträchtlicher Ausdehnung Provinz; Jahrßssch wankung sehr mäßig.

Das Klima. 175

16. Australische Binnenprovinz. Große Temperatureztreme ; unregel- mäßige Niederschläge, vorherrschend trocken.

17. Australische Südwest-Provinz, subtropisch.

18. Australische Ost-Provinz, bis an die Wasserscheide auch die SO.-Küste und Tasmanien umfassend. Niederschläge ergiebig und ziemlich gleichmäßig. Wärmeschwankung mäßig.

19. NeuseeländischeProvinz, wahrscheinlich auch die kleine ren Inseln in der Umgebung umfassend. Mildes Klima mit ziemlich gleichmäßigem Regen.

20. Poljnesische Tropenprovinz. Tropenklima, durch die See ge- mildert, eigentlich das ganze Jahr ein milder Sommer. Regen auf den hohen Inseln reichlich und mit tropischer Periodizität.

21. Hawaii-Provinz. Temperatur ebenfalls gleichmäßig mild. Regen subtropisch.

2. Amerika.

1. Hudson-Provinz. Zum größten Teile extrem es Landklima und wenig Niederschläge.

2. Nordwestliche Küstenprovinz. Regenreiches, mildes, gleich- mäßiges Klima.

8. Galifo mische Provinz. Verhältnismäßig kühl, besonders im Sommer. Streng subtropische Regenperiode.

4. Hochlandprovinz. Trocken, große jährliche und tägliche Wärme- schwankung.

5. Atlantische Provinz. Im Winter großer Temperaturgegensatz zwischen Norden und Süden, Landklima auch an der Küste. Regen reichlich und gleichmäßig über das Jahr verteilt Große Veränderlichkeit

6. Westindische Provinz, auch den Südrand von Nordamerika um- fassend. Gleichmäßige Wärme, Niederschläge zu allen Jahreszeiten, aber mit ausgesprochenem Sommermaximum.

7. Tropische Cordillerenprovinz. Im inneren Tafelland wegen beträchtlicher SeehChe ewiger Frühling. In Mexico und Zentralamerika aus- geprägte Zenithairegen, in Südamerika gleichmäßige Niederschläge.

8. Tropenprovinz von Südamerika. Der Gegensatz von Gebirgs- und Tiefland dürfte eine ziemliche Mannigfaltigkeit des Eüümas hervorrufen, doch wissen wir darüber nichts Sicheres.

9. Peruanische Provinz, auch einen Teil von Chile bis zum 30.** B. umfassend. Regenlos und abnorm kühl.

10. Nordchilenische Provinz, subtropisch.

11. Südchilenische Provinz, außerordentlich niederschlagsreich. Tem- peratur gleichmäßig, Sommer kühl.

12. Pampas-Provinz. Regen nicht reichlich; jährliche Temperatur- Schwankung, wenigstens im Norden, ziemlich groß.

Arktische ProTlns. Die Kigentümlichkeiten des polaren Klimas wurden schon mehrfach erCrtert Auch hier lassen sich viele Unterabteilungen unter- scheiden. Als Südgrenze auf den Kontinenten kann man die 10 ^-Isothermen des wärmsten Monats, die annähernd mit der Baumgrenze übereinstimmt, an- nehmen.

Sie SSjihrigen Sohwanknngen. Man hat schon lange darüber gestritten, ob das Klima eines Ortes konstant oder veränderlich ist. Der Begriff der Veränderlichkeit muß aber schärfer gefaßt werden;

176 Die Lufthülle.

wir haben zwischen dauernden Veränderungen nach einer Richti und periodischen Schwankungen zu unterscheiden, und es ist auch Frage zulässig, ob Bewegungen beider Art nebeneinander stattfind

Belehrt durch vielerlei Erfahrungen, sind wir jetzt zu der A fassung geneigt, daß die meteorologischen Prozesse regelmäßig Schwankungen unterliegen, und zwar in der Weise, daß jede Peric wieder in eine Reihe von Perioden kürzerer Dauer zerfällt We wir diese Schwankungen im Sinne ihrer gewöhnlichen graphiscl Darstellung (vgl. z. B. Fig. 37) als Wellen auffassen, so können i auch sagen, daß jede Welle sich in kleinere auflöst, diese wiet in kleinere u. s. w., daß aber dabei niemals ganz regelmäßige C stalten entstehen.

Wir haben die tägliche und jährliche Periode der Temperal bereits kennen gelernt. Wir können die erstere unterdrücken, we wir die mittleren Tagestemperaturen berechnen, und die Aneinand reihung der letzteren läßt uns die jährliche Periode erkennen. V können auch diese ausschalten, wenn wir das Jahresmittel berechn Das zweite maßgebende Elimaelement, der Regen, ist in seil Periodizität schwieriger zu behandeln, weil er nirgends eine dauern Erscheinung ist; doch ist auch er deutlichen jährlichen Schwankung unterworfen, wenn diese auch in verschiedenen Gegenden hi stärker, bald schwächer hervortreten.

In der täglichen, wie in der jährlichen Temperaturperiode si zwei Elemente deutlich zu unterscheiden. Das periodische l wirkt stetige Zunahme vom Minimum zum Maximum und da wieder ebenso stetige Abnahme, und nur die unperiodische nicht an bestimmte Zeiten gebundenen Veränderungen rufen in de streng regelmäßigen Verlaufe der Temperaturkurve Störungen he vor. In noch höherem Grade ist das bei der Regenkurve der Fa Gerade dieses unperiodische Element suchen wir durch langjährij Mittelwerte zu beseitigen, indem wir wenn auch nicht ganz z trefifend annehmen, daß es ebenso oft im positiven wie im neg tiven Sinne wirkt

Reihen wir nun die klimatologischen Jahresmittel eines Ort an einander. Kalte und warme, nasse und trockene Jahre wechse mit einander ab, scheinbar ohne Gesetzmäßigkeit Sind die Schwankungen von Jahr zu Jahr nur unperiodische, oder steckt au( ein periodisches Element darin?

Daß man das letztere so lange vergeblich suchte, hat sein( Grund offenbar darin, daß die unperiodischen Veränderungen m der Länge der Periode an Bedeutung wachsen. Zunächst fand nu Beziehungen zu der einährigen Sonnenfleckenperiode,*. die ai

li)

Das Klima. 177

den Erdmagnetismus und die Polarlichter von so entscheidendem Einflüsse ist Dagegen ist sie in den meteorologischen Erscheinungen nur schwach ausgeprägt oder gänzlich verwischt Am klarsten tritt sie noch in den Niederschlägen hervor, die mit der Zahl der Sonnen- Hecken steigen und fallen; aber nur in den Tropen ist diese Ab- hängigkeit von praktischer Bedeutung, insofern die Zeit der Flecken- minima Dürre und häufig sogar Hungersnot bringt Dagegen lassen die Temperaturbeobachtungen es noch immer im Zweifel, ob die fleckenarme Sonne der Erde mehr Wärme zusendet als die flecken- reiche; und außerdem ist diese Schwankung zu gering, als daß sie mehr als bloß theoretisches Interesse erwecken könnte.

Die Schwankimgen der Gletscher und des Niveaus abflußloser Seen wiesen aber doch allzu deutlich auf meteorologische Perioden höherer Ordnung hin, die mit den Sonnenflecken nicht in Einklang zu bringen sind. Hier setzte E. Bbückneb^ den Hebel an. Er untersuchte die Wasserstandsschwankungen einer größeren Zahl von abflußlosen Seen, Flußseen und Flüssen aus allen Gegenden der Erde, die Temperatur- und Begenmessungen, die bis in die Mitte, bezw. den Anfang des 18. Jahrhunderts hinaufführen; die Eisver- hältnisse der russischen Flüsse, deren Aufzeichnungen ebensoweit (betreffs der Düna bei Eiga sogar bis 1556) hinaufreichen; die sorgfältigen Aufzeichnungen über das Datum der Weinernte in Westeuropa, die sich bis zum Ende des 14. Jahrhunderts zurück- verfolgen lassen, und endlich die Nachrichten über kalte Winter, die das Material bis ca. 1000 n. Chr. ergänzen.

Das Ergebnis war die Entdeckung einer durchschnittlich 3 5j äh- rigen Periode, die zu der Häufigkeit der Sonnenflecken in keinen Beziehungen steht Jede Periode zerfällt in eine kalte und eine warme Hälfte; die Jahrestemperaturen steigen bis zu einem Maxi- mum an und sinken dann bis zu einem Minimum herunter, freilich noch unregelmäßiger, als die Tagestemperaturen innerhalb der Jahres- periode, weshalb es Bbückner vorgezogen hat, fünfjährige Durch- schnittszahlen zu verwerten, die in ihrem Wesen genau den Mooats- mitteln entsprechen. Die Zeit zwischen zwei Temperaturminima schwankt zwischen 20 und 50 Jahren, ebenso wie auch die Zeit zwischen zwei jährlichen Minima nicht immer 365 Tage beträgt; das Mittel von 35 Jahren ergiebt sich aber aus verschiedenen An- sätzen, so daß es wenigstens vorläufig als wahrscheinlichster Wert festgehalten werden muß.

Die Schwankung erscheint auf den ersten Blick nicht beträcht- lich, nach der Tabelle auf S. 178 nur höchstens 1 ® C, in der Periode 1836 70 sogar nur O,^**. Aber man muß beachten, daß bei der

Sdpam, Physische Enlkundo. 2. Aufl. 12

178

Die Lufthülle.

Klimaschwankungen. ^

^t

Jahre

Temperatur

Regen (Prozente)

Seen

Beginn

der Grletschei

bewe^ungen

1731—1735

- 0,84 0

- 4

1735 Forstoß

1736—1740

- 0,48*

+ 9

1740 Max.

1741—1745

- 0,85

-6*

1746—1750

+ 0,44

+ 6

1750 Rückzoi

1751—1755

+ 0,18

+ 5

1756—1760

-0,08

- 3

1760 Min.

1761-1765

- 0,10

+ 0

1766—1770

- 0,42*

-4*

1767 Vorstoß

1771—1775

+ 0,24

+ 7

1776—1780

+ 0,15

- 2

1780 Max.

1781—1785

+ 0,18

- 2

1786-1790

-0,11

+ 2

1791—1795

+ 0,46

- 2

1796-1800

+ 0,07

- 1

1800 Min.

1800 Rückgan

1801 1805

+ 0,26

- 4*

1806—1810

-0,18

+ 8

1811—1815

- 0,48*

+ 0

1814 Vorstoß

1816—1820

0,85

+ 0

1820 Max.

1821—1825

+ 0,66

-2

1823 Rfickgan

1826-1830

+ 0,14

-0

1831—1835

+ 0,08

- 8*

1885 Min.

1836—1840

- 0,89*

- 5

1840 Vorstoß

1841—1845

-0,00

+ 1

1846—1850

-0,08

+ 8

1850 Max.

1851—1855

+ 0,11

+ 1

1855 Ruckgan

1856—1860

+ 0,08

- 4

1861—1865

-0,06

- 5*

1865 Min.

1866—1870

+ 0,11

- 1

1871—1875

-0,04

+ 2

1876—1880

-0,07

+ 7

1880 Max.

1881-1885

- 0,08*

+ 6

X Mittel aus sämtlichen Gruppen der Erde; die positiven und negativ Werte stellen Abweichungen von der mittleren Temperatur bezw. Jahi menge des Regens dar, im letzten Falle in Prozenten der mittleren Jahi menge.

Das Klima.

179

•5 4

Zusammenfiwsung der Beobachtungsreihen einzeker Orte zu Gruppen- mitteln und dieser wieder zu einem Mittel für die ganze Erde viele Gegensätze sich ausgleichen. Wir können yermuten, daß im konti- nentalen Klima die Amplituden großer werden (im südwestlichen Rußland z. B. bis 2^, und mög- licherweise findet'auch eine Steige- rung mit der Breite statt Die DovBschen Werte für die mittlere Abweichung (s. S. 87) geben viel- leicht auch hierfür einen Anhalts- punkt ^ wenn sie auch für unsere Frage nur mit großer Vorsicht zu benutzen sind.

Diese Temperaturschwankun- gen treten gleichzeitig auf der ganzen Erde ein, die Ursache muß daher außerhalb der Erde liegen, und wir sind geneigt, sie in periodischen Veränderungen des Strahlungsvermögens der Sonne zu suchen, obwohl es den Astronomen bisher noch nicht gelungen ist, einen positiven Anhaltspunkt für diese Hypothese zu gewinnen. Mit der Temperatur schwankt auch der Niederschlag, aber im G-egen- satze zur ersteren nicht überall in dem gleichen Sinne. Auf den Land- flächen sind die kalten Hälften der 35jährigen Perioden zugleich naß, die warmen zugleich trocken; auf dem nordatlantischen Ozean und wahrscheinlich auf allen Meeren findet ein entgegengesetzter Zu- sammenhang statt Dies hängt mit den periodischen Veränderun- gen des Luftdruckes zusammen. Er sinkt in der trocken-warmen Hälfte auf dem nordatlantischen Ozean und steigt über* Europa; dort vertieft sich das subpolare Minimum, hier entsteht eine Anticyklone, die wirksamer als ein

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180

Die Lufthalle.

hohes Randgebirge uns von der Zufuhr feuchter Meeresluft i schneidet. In der feucht-kühlen Hälfte gleichen sich die Gegensä etwas aus; über dem nordatlantischen Ozean steigt das Baromel über Europa sinkt es.

Die feuchten und trockenen Periodenhälften decken sich nie ganz genau mit den kalten und warmen. Für Süddeutschland find wir z. B. auf graphischem Wege (vgl. Fig. 37):

Temperatur Max. 1777, warm 1773— 1781 x Min. 1785, kalt 1781 1788 x Max. 1796, warm 1788— 1809 X Min. 1816, kalt 1809—1824 Max. 1880, wann 1824—1836 Min. 1854, kalt 1836—1859 Max. 1866, wann 1859—1876

Regen

1815 feucht, 1809 Max. 1815-1839 trocken, 1824 Min. 1839—1851 feucht, 1844 Max. 1851—1869 trocken, 1862 Min.

Auch in der Tabelle für die ganze Erde zeigen sich Versch bungen und Unregelmäßigkeiten, namentlich scheint sich die Peric 1756 1805 durch fast permanente Trockenheit ausgezeichnet haben. Wir können aber noch nicht sagen, ob diese Anom« thatsächlich begründet ist, oder ob sie nur in der bedauerlicl Mangelhaftigkeit des Beobachtungsmaterials ihre Erklärung tinc Von der Größe der Regenschwankungen giebt uns jene Tabelle k richtiges Bild, weil in dem Mittel für die ganze Erde die eu päischen Stationen wegen ihrer großen Anzahl naturgemäß doi nieren und auch die nordatlantischen Gebiete einbezogen sind. Europa beträgt die Schwankung nur 14 20 Proz. in den e< kontinentalen Gebieten Asiens aber schon bis 36 Proz., in Barm in Sibirien z. B. über 100 Proz. der mittleren Jahressumme (18 bis 1865 durchschnittlich 150, 1881—85 460 mm!). Solche Geg< den, die ja an und für sich schon an Wasserarmut leiden, verändt in der Trockenzeit in der That ganz ihr Aussehen, und hier greil die Klimaschwankungen noch viel tiefer als bei uns in die mens< liehen Verhältnisse ein. Und doch fühlen wir ihren Einfluß sei in Deutschland schon schwer genug.

Von den in die physische Geographie einschlägigen Ersch nungen werden die Wasserstände der Seen und Flüsse, das Meer niveau, die Eisbildung auf den nordischen Flüssen und die Bewegu der Gletscher am meisten beeinflußt; der Zusammenhang tritt seh in der Haupttabelle deutlich hervor, noch besser aber, wenn wir <

X Möglicherweise muß auch in der Haupttabelle (S. 178) die lange Peri( 175G— 1805 in zwei Perioden 1756—1785 und 178G— 1805 aufgelöst werden.

Das Klima. 181

Alpengletscherepochen mit den Schwankungen in Süddeutschland in Vergleich setzen.^ Wir legen auf das Verhalten der Seen und Glet- scher das Hauptgewicht, weil sich darin auch noch größere Klima- perioden widerspiegeln. Ehe wir aber darauf eingehen, wollen wir nur noch eine wichtige Schlußfolgerung ziehen.

Wir haben schon wiederholt über die üngleichmäßigkeit der klimatologischen Mittelwerte geklagt Aus unseren Erörterungen über die 35jährige Periode geht klar hervor, erstens daß nur gleichzeitige Mittelwerte miteinander vergleichbar sind, zweitens daß kurze Beobachtungsreihen selbst in den Tropen ganz un- genügende Werte ergeben, weil sie dem auf- oder abwärtssteigenden Aste der Klimawelle angehören können. Mittel, die wirklich das Klima repräsentieren, sog. Normalwerte, müssen eine ganze Klima- periode umfassen, also auf etwa 30 35jährige Beobachtungen sich stützen. Aber wir werden noch sehr lange warten müssen, bis diese Forderung auf der ganzen Erde erfüllt ist; bis dahin müssen wir alle unsere Isothermen-, Isobaren-, Wind- und Regenkarten als ziem- lich rohe Skizzen betrachten.

Säkulare Perioden. Aus den Normalmitteln ist die 35jährige Periode eliminiert, wie aus den Jahresmitteln die jährliche, aus den Tagesmitteln die tägliche. Es entsteht nun die Frage, ob die Nor- malmittel, aneinander gereiht, eine ähnliche Schwankung zeigen, wie die Jahresmittel; ob noch Perioden höherer Ordnung bestehen. Ziffermäßig lassen sich diese nicht mehr nachweisen, denn wenn auch manche Temperaturreihen bis in die Mitte oder den Anfang des 18. Jahrhunderts hinaufreichen, so sind sie doch selten homogen und überdies zu spärlich verteilt, um Rückschlüsse auf Bewegungen auf der ganzen Erde zu gestatten. Aber mancherlei Anzeichen haben wir doch in den Aufzeichnungen über die Wasserstände des Kaspisees, die Eisbedeckung der Flüsse, die Weinernte, die Glet- schervorstöße, daß die 35jährigen Perioden nur Auszackungen größerer Wellen sind, die sich vielleicht über ein Jahrhundert und mehr ausdehnen und daher mit Recht säkulare genannt zu werden verdienen.^ Es ist auch wahrscheinlich, daß es säkulare Perioden verschiedener Ordnung giebt; diejenigen, die uns Blytt an der Vegetationsfolge in Norwegen und Schweden kennen gelehrt hat, dürften die der höchsten Ordnung darstellen.*

„Die Torfmoore des südlichen Norwegens," sagt Blytt, „be- stehen, wenn sie über der höchsten marinen Stufe liegen, aus vier

X Brückneb hat ursprünglich seine 35jährigen Schwankungen säkulare genaimt; es liegt aber auf der Hand, daß dies schon etymologisch unrichtig ist.

182

Die Lufthülle.

Torfschichten mit drei zwischengelagerten Waldschichten, nnd sind, seit sie sich anfingen zu bilden, jetzt zum vierten Male Wald bewachsen« Auf eine ähnliche Anzahl wechselnder Peria deuten auch die dänischen Torfmoore mit ihren vier Torfschichl welche zuweilen von Wurzelschichten geschieden werden. Torfino mit allen drei Wurzelschichten sind aus Dänemark bekannt, glei falls aus einzelnen Teilen Schwedens, Södermanland, Smaaland i Dalsland. Moore mit drei Wurzelschichten kennt man aus Schlesi aus England und Schottland und aus dem Juragebirge.''

Im norwegischen Gudbrandsdalen, unter 61 ^ 45' N., finden einen mehrfachen Wechsel von Tuflfen und Lehmschichten, die Bl^ in folgender Weise mit den Moor- und Wurzelschichten des s liebsten Norwegens und Dänemarks zu identifizieren versuchte:

Südlichste Gegenden

Gudbrandsdalen

4. Periode. Wald der Gegenwart Subatlantiflcher Torf (Buchen, Erlen)

Erde

3. Periode.

Subboreale Wurzelßchicht Atlantischer Torf (Eichen)

Kiefemtuff

2. Periode.

Boreale Wurzelschicht Infraborealer Torf (Kiefern)

Lehm und Dryastuff Birkentuff

1. Periode.

Subarktische Wurzelschicht Subglazialer Torf (Birken, Espen)

Lehm Moräne.

Wir haben also hier einen Wechsel von langen trocken-warn Zeiträumen mit Waldbildung und Lehmanhätifung und feucht-küh Zeiträumen mit Moor- und Tuffbildungen. Sie stellen vier gr( KlimaweUen dar, die von der Eiszeit bis in die unmittelbare Geg wart hineinreichen, denn der subglaziale Torf ruht auf Lehm i alpiner Silberwurz (Dryas), Polarweide u. dergl., und dieser wie^ auf der glazialen Grundmoräne. Aber jene südnorwegischen i dänischen Profile deuten zugleich auch auf Perioden noch höhe Ordnung hin. Die zweite Periode scheint wärmer gewesen zu s als die erste, die dritte wärmer als die zweite; in der letzte hat aber die Temperatur nach der Ansicht Blytts einen Höhepu erreicht, von dem sie in der vierten Periode wieder herabsank.

GeologiBche Perioden. Die BLYTTschen Perioden füllen, wie sagt, die geologische Gegenwart, das Alluvium, aus. Die vorl gehende Epoche, das Diluvium, zeigt uns in den Spuren, die sie hini

Da« Klima. 183

lassen hat, noch weit größere Elimawellen. Mit der Mehrzahl der heutigen Forscher nehmen wir in Europa drei Eiszeiten an, die durch wärmere Interglazialzeiten getrennt wurden. Die erste Biszeit war die intensivste; jede folgende war milder als die Yorher- gehende, aber auch die thermischen Gegensätze von Glazial- und Interglazialzeit scheinen sich successive abgestumpft zu haben. An- knüpfend an die erste BLYTTsche Periode haben wir: VI. Dritte Eiszeit, V. Zweite Interglazialzeit, IV. Zweite Eiszeit, in. Erste Interglazialzeit, n. Erste (Haupt-) Eiszeit, I. Gemäßigte (pliocäne) Periode.^ In Amerika unterscheidet man zwei, nach anderer Auffassung aber ebenfalls drei Eiszeiten.

Im Höhepunkte der Glazialperiode war das Gletscherphänomen mächtig entwickelt Wie heutzutage nur noch Grönland, war da- mals ganz Nord-Europa unter einer Eisdecke begraben (vgl. Taf. XIII), deren mächtigster Ausgangspunkt Skandinavien war. In der zweiten Kiszeit war diese Decke schon erheblich zusammengeschrumpft, in der dritten hatte sich das britische Gletscherzentrum vom skandi- nayischen bereits losgelöst In Nordamerika füllte den Raum zwischen der canadischen Küstenkette und dem Felsengebirge ein gewaltiger Gletscher aus, der von ca. 52 59 ^N. nach Nordwesten und Süd- osten floß. Oöstlich vom Felsengebirge strahlte das Inlandeis von der Gegend zwischen dem Mackenzie und der Hudsonbai und von Labrador aus und ergoß sich sogar bis in die nördlichsten Vereins- staaten, in Ohio und Indiana bis über den 40. Parallel, also weiter wie in der alten Welt, wo selbst in Rußland der 49. Breitenkreis wohl nirgends überschritten wurde. Alle Gebirge, die jetzt noch Gletscher tragen, waren damals bis in die Hauptthäler herab

X Von den schottischen Verhftltnissen ausgehend, hat J. Geikie* kürzlich sechs Eiszeiten unterschieden. Die erste ist älter, als die erste unserer Tabelle; ob damals große Landeisbildungen stattgefunden haben, erscheint uns aber noch nicht ausgemacht. Unsere erste, zweite und dritte Eiszeit entsprechen der zweiten, dritten und vierten Geikies; die fünfte und sechste fällt mit den Alteren BLYTTschen Perioden zusammen. Daß die feuchten Hälften dieser Perioden kälter waren, als die Gegenwart, lehren schon die Funde im südlichen Norwegen; Schottland erzeugte damals noch Gletscher, aber die Schneehöhe hob sich immer mehr (in der vierten Eiszeit lag sie in 300—500, in der fünften in 760, in der sechsten in 1070 m Seehöhe). Der GEiKiEschen Auffassung entspricht es, wenn man sagt, die heutigen Gletschergebiete haben die Eiszeit noch nicht ganz über- wunden. Zwischen Diluvium und Alluvium giebt es eben keine scharfe Grenze.

184 Die LafthüUe.

Ljlil

vereist; unsere alpinen Gletscher rückten bis an die nördlichen u südlichen Ebenen vor und lagerten hier ihre Moränen ab. A\ Gebirge, die jetzt schneefrei sind, erzeugten damals Gletscher, we auch nicht sehr mächtige; man hat berechnet, daß die Schneegrei damals 500 1300 m tiefer lag, was einer Temperaturemiedrign von 3 4^ entspricht Man braucht also nicht zu ungeheuei Wärmeschwankungen seine Zuflucht zu nehmen, um die Eisz zu erklären. Jedenfalls war aber der Niederschlag beträchtli größer, als in der Gegenwart, wenigstens auf den Landfläch« HuLiiS^ „Pluvialperiode", die das Tote Meer so anschwellen li( daß es das ganze Ghor erfüllte, trat aller Wahrscheinlichkeit na gleichzeitig mit der Glazialperiode ein; wir wissen auch, daß < Sahara einst wasserreicher war, daß Flüsse damals Thäler ausfurcht und in der Oase Chargeh Steineichen wuchsen. In Zentralasi hatten die Seen sich mächtig ausgebreitet, der Kaspisee stand no mit dem Schwarzen Meere in Verbindung. Die schlagendsten I weise für die Gleichzeitigkeit der Pluvial- und Eisperioden liefe aber die großen Seen auf dem trockenen Hochlande der westlich Vereinigten Staaten, der Bonne ville-See,® dessen kümmerlicher Ub< rest der Große Salzsee ist, der Lahontan-See® am Fuße der Siei Nevada u. a., die so deutliche Strandlinien hinterlassen haben , d man ihre einstige Fläche 109 300 qkm gegen 15 400 qkm in d Gegenwart ziemlich genau ermitteln konnte. Entscheidend i daß hier zwei Schwellungsperioden, entsprechend zwei Eiszeitc deutlich erkennbar sind, und daß in der Zwischenzeit die See bedeckung wahrscheinlich unter das gegenwärtige Maß herabsai Die Interglazialzeiten werden jetzt vielfach, wenn auch in nie ganz unanfechtbarer Weise, als Trockenperioden aufgefaßt, die selb Mitteleuropa in Steppen, ähnlich den heutigen südrussischen, ui schufen. Die Fauna des mitteleuropäischen Löß, für dessen int€ glaziales Alter vieles spricht, ist von Nehring als eine echte Steppe fauna erkannt worden. ^^

Wir bewegen uns bei allen diesen Untersuchungen freilich no( auf unsicherem Boden. Zunächst entsteht ja die Frage, ob d Eiszeit wirklich ein wiederkehrendes Phänomen ist, oder ob sie bi her einzig in der Geschichte der Erde dasteht. Und auch in let terem Falle sind die Aussichten in die Zukunft schwankend. Na( BrERMANNs^^ Ansicht haben wir keine neue Gletscherperiode mal zu befürchten, weil die Sonne mit fortschreitender Kontraktion einen wärmeren Zustand übergeht, der den Ausfall der Eigenwärn unseres Planeten zur Genüge deckt Zu einem ganz anderen Schlus gelangt Dübois, ^^ trotzdem daß auch er die Ursache der geologische

Das Klima. 185

Kümaänderungen in die Sonne yerlegt. Bis zur Tertiärzeit war unsere Wärmespenderin ein weißer Stern, dessen heißere Strahlen ein üppiges organisches Leben auf der ganzen Erdoberfläche ins Dasein riefen. Dann folgte eine verhältnismäßig kurze Übergangs- periode aus dem weißen ins gelbe Stadium, der die sich vollziehende Abkühlung der Erdoberfläche in der Tertiärzeit entspricht. Am Beginne haben wir in Mitteleuropa noch tropisches Klima, Grönland trug noch unter 70® B. eine reiche Waldflora von Sequoien, Cypressen, Eichen, Wallnußbäumen u. s. w., und diese verbreitete sich auch über Island und Spitzbergen. In der Miocänzeit ist das mitteleuropäische Klima schon subtropisch, in der Pliocänzeit schon gemäßigt, gleich dem gegenwärtigen. Nun ist die Sonne im gelben Stadium an- gelangt. Eigentümlich sind dieser Entwickelungsphase gewisse Schwan- kungen, die durch das Auftreten chemischer Verbindungen erzeugt werden. Dann erhält die Sonne eine rötliche Farbe, ihr Sirahlungs- vermögen nimmt ab, es beginnt die Eiszeit. Im Diluvium trat dieses Phänomen zum ersten Male auf, aber nun gehört es zum dauernden Inventar der Erde. Eiszeiten und Interglazialzeiten werden wechseln, bis die Sonne endlich dauernd rot geworden ist und end- lich ganz verdunkelt. Dann kommt die Nacht, auf die kein Tag mehr folgt.

Dieses Lehrgebäude würde zusammenstürzen, wenn es gelänge, fiir die vielfach behauptete Eiszeit gegen Ende der paläozoischen Epoche mehr Anhaltspunkte zu gewinnen, als es bisher leider der Fall war. Sie würde uns lehren, daß auch die tertiäre Tropen- periode, von der wir oben sprachen, nur eine Welle war, der nicht bloß eine tiefe Depression folgte, sondern auch voranging, und wir dürften erwarten, daß die Erde wieder einmal von einer warmen Hauptwelle überflutet werde. Dann würde das Wort Ben Akibas eine höhere Bedeutung gewinnen: „Es ist alles schon dagewesen." Aber wie gesagt, zu der Kette dieser Schlußfolgerungen fehlen noch viel mehr Glieder, als wir in Händen haben.

Übersicht der Schwankungen. Als erwiesen mögen dagegen folgende Ordnungen von Klimaschwankungen gelten:

Erster Ordnung sind die geologischen Wellen, wie sie sich von der Pliocänzeit bis in die Gegenwart deutlich verfolgen lassen. Wir können annehmen, daß jede dieser primären Wellen wieder in eine Reihe untergeordneter Schwankungen zerfallt, nachweisbar ist dies aber nur bei der letzten, zu der die Gegenwart gehört.

Zweiter Ordnung sind die säkularen Wellen, von denen die BLYTTschen wohl den höchsten Rang einnehmen; daß auch kürzere noch existieren, ist höchst wahrscheinlich, aber bisher weder

186

Die Lufthülle.

geognostisch noch zifiFerDmäßig sicher nachgewiesen, so daß wir läufig als Schwankungen

Dritter Ordnung die 35jährigen oder BBüCEKEBschen zeichnen müssea.

Vierter Ordnung sind dann die jährlichen und

Fünfter Ordnung die täglichen Schwankungen.

In einer Beziehung sind aher die täglichen und jährlic Schwankungen ganz anderer Art, als die längerdauemden. Da nämlich durch die verschiedene Stellung der Erde zur Sonne " vorgerufen werden, so tritt jede Phase immer nur auf der einen I hälfte auf, nicht gleichzeitig auf der ganzen Erde, wie wir es we stens von der 35jährigen Temperaturperiode annehmen müs Die säkularen Schwankungen sind bisher überhaupt nur für einen < begrenzten Eaum nachgewiesen worden, und was die großen Eüsze betrifift, so können wir zwar wohl sagen, daß sie überall dilu sind, aber nur vermuten, daß der Höhepunkt der Vergletscherung beiden Halbkugeln wirklich gleichzeitig eintrat. Die bisheri kosmischen Theorien, von denen die von Groll ^^ die bekannt ist und auch jetzt noch viele Anhänger zählt, erklären die Eis durch das Zusammenwirken der periodischen Störungen der I bahn, nämlich der Exzentrizität, der Schiefe der Ekliptik und Vorrückens des Perihels. ^ Darnach wäre die Eiszeit zwar i periodisch wiederkehrende Erscheinung, aber auf der nördlic und südlichen Halbkugel alternierend, wie die Jahreszeiten.

>^ Die für die Vergletscherung einer Halbkugel günstigsten Verhält] sollen dann eintreten, wenn sie den Winter bei größter Exzentrizität im Aphel Sie ist dann 160,S2 Mill. km von der Sonne entfernt und bat 200 Tage Wi (35 Tage mehr als das Sommerhalbjahr). Jetzt hat die Südhemisphäre Winter im Aphel, aber bei der gegenwärtigen geringen Exzentrizität (Entfen von der Sonne lb\,i2 Mill. km) ist ihr Winterhalbjahr nur 7 Tage länger als Sommerhalbjahr. Übrigens betrachtet Groll die kosmischen Verändenii nur als indirekte Ursachen der geologischen Klimaschwankungen. Sie bewi eine Verschiebung des Kalmengürtels, der jetzt zum großen Teil auf unj Halbkugel liegt, nach jener Hemisphäre, die den Winter im Perihel hat, und d auch eine Änderung im Regime der Winde und Meeresströmungen, die Landklima in so hohem Grade beeinflussen. Es ist beachtenswert, daß Bli der den Grundgedanken der CROLLSchen Theorie völlig teilt, wenigstens füi Atlantischen Ozean zu einer geradezu entgegengesetzten Ansicht gelangt, erzeugt nicht der perihelische, sondern der aphelische Winter höhere Wa denn er verschärft den Gegensatz von Land- und Seeklima und steigert dad die Windgeschwindigkeit und den Golfstrom. Freilich betrachtet Blttt die Ei nur als ein lokales atlantisches Phänomen, zu dessen Erklärung er nocl Absperrung des Golfstroms durch eine Landbrücke von Europa nach Gröi zu Hilfe ruft.

Dh8 Klima. 187

haben aber bereits (8. 46) erfahren, daß trotz aller Schwankungen der Erdbahn jede Halbkugel immer gleich viel Wärme erhält; und wenn sich die CnoLLsche Theorie trotzdem erhält, so findet dies darin seine Erklärung, daß sie mit bekannten Faktoren rechnet, während periodische Veränderungen, die auf die ganze Erde gleich- zeitig einwirken, sich unserer Beobachtung und Messung noch ent- ziehen.

Xlimaändernngen. Unter dem Gesichtspunkte der Elimaschwan- kungen betrachtet, gewinnen auch die verschiedenen, immer wieder anfbauchenden Nachrichten über die Änderung des Klimas einzelner Gegenden eine ganz neue Beleuchtung. Es wurde darüber ein zeitweise erbitterter Streit geführt, aber Gegner und Verteidiger können sich heute die Hand reichen, ohne ihre Ansichten gänzlich ändern zu müssen. Nur müssen die ersteren zugeben, daß das Klima in der That nichts konstantes ist, daß Änderungen von ver- schiedener Dauer stattfinden, und daß jede Generation solche Ände- rungen erfährt, die ihr bei oberflächlicher Betrachtung dauernd erscheinen können. Früher sagte man, das Klima ändere sich lokal, aber dauernd; jetzt sagen wir: die Klimaänderungen sind zeitlich beschränkt, aber allgemein. Da wir nur mit Normalwerten operieren, so können wir die Grenzen der Klimaprovinzen im großen und ganzen als konstant betrachten, vom Standpunkt der säkularen Schwankungen betrachtet, sind sie es aber wahrschein- lich nicht Nur muß man in dieser Beziehung größte Vorsicht walten lassen, weil die Nachrichten, aus verschiedenen Zeiten stammend, sehr leicht nur die BnüCKNEEschen Perioden widerspiegeln können, und daher nicht einfach aneinander gereiht werden dürfen. Es könnte dann leicht geschehen, daß wir nur die absteigenden Äste aufeinander folgender S^limawellen wahrnehmen, nicht aber die da- zwischen liegenden aufsteigenden, und dieß könnte zu ganz falschen Schlüssen führen. Selbst solche Zeugnisse, die gut in den Bahmen der säkularen Klimaschwankungen Blytts hineinpassen, müssen sorgfältig geprüft werden, und selten gelingt es, die Ursachen einer Veränderung reinlich voneinander zu scheiden. Hat, wie man von Zeit zu Zeit immer wieder behauptet, stetige Eegenabnahme Griechenland, Klein- asien, Syrien und andere Kulturstätten des Altertums zur Verödung und Barbarei verurteilt, oder ist nur die üntüchtigkeit der jetzigen Bewohner dafür verantwortlich zumachen? Wahrscheinlich das letztere, denn einerseits hat üngeb schon vor Jahren nachge- wiesen, daß jene Länder auch im Altertume an Wassermangel litten, und andererseits blüht die alte Fruchtbarkeit wieder auf, wenn wie bei Urfa, Aintab, Mess'r u. a. a. 0. der Boden durch ein

188 Die Lufthülle.

1

I

I ausgebreitetes Kanalsystem genügend benetzt wird. Für die Gebi

j an der Äquatorialgrenze der Subtropenzone glauben viele Forscl

* wie G. Fbitsch, Loew, Fbaas, Theobald Fischer u. a., eine Klic

\ änderung im Sinne zunehmender Trockenheit nachweisen zu könni

\ aliein alle Erzählungen laufen doch nur darauf hinaus, daß

^ Quellen und Flüsse an Wasserreichtum abgenommen haben 0(

4 ganz versiegt sind; und wir werden später sehen, daß auch die V

V nichtung von Waldbeständen und die Abnahme der Bodenkultur

j diesem traurigen Resultate führen kann, ohne daß die mittlere jährli<

» Niederschlagsmenge sich wesentlich zu verändern braucht Es ks

J dies namentlich der Fall sein in Ländern, wo keine winterli(

j Schneedecke allmählich das Wasser in den Boden versinken \l

i! und der Regen sich nur auf wenige Monate beschränkt AI

Zeugnissen gegenüber steht die durch Baudenkmäler verbürgte Tl 1 Sache fest, daß der tunesische Schott-el-Djerid in der römiscl

1 Kaiserzeit ebenso spärlich mit Wasser gefüllt war, wie heutzuta

\ Wie Reichelt ^^ urkundenmäßig nachwies, hatte der Weinbau

Deutschland um das Jahr 1000 seine größte Ausbreitung errei( selbst nach Niederbayern, Thüringen und Brandenburg war er v gedrungen. Hat sich seitdem das Klima verschlechtert? Nie j zwingt uns zu diesem Schlüsse. Der kirchliche Gebrauch

: Weines bei der Messe ließ es, besonders den Klöstern, wünsche

y wert erscheinen, ihn überall anzubauen, wo er in günstigen Jak

: eben noch fortkommt; die Güte des Erzeugnisses spielte da

j keine Rolle. Je mehr sich aber der Geschmack und die Verket

mittel verbesserten, desto mehr zog sich der Weinbau in Gegenc zurück, wo er noch als ein lohnender Zweig der Landwirtsch betrieben werden kann. Sehr oft werden Kulturen aufgegeben, ^ 1 sich ihr Erträgnis aus äußeren Gründen vermindert. So verschwim

allmählich der Maulbeerbaum aus Südtirol, weil die Konkurrenz i ostasiatischen Seide zu mächtig geworden ist, und in einigen Ja hunderten könnte ein Gelehrter daraus eine Klimaänderung folge wenn ihn nicht die zahlreichen Geschichtsquellen der Gegenw : über die wahren Ursachen belehren würden. Ganz in das Geh

der Sage gehören die Nachrichten vom einstigen Kornreichtu Islands, von skandinavischen Ansiedlungen an der Ostküste Gr< lands, von der Gangbarkeit alpiner Pässe, die jetzt vergletsch sind u. s. w. Sie sind alle teils durch Untersuchungen an Ort u Stelle wie in Grönland , teils durch die historische Kri widerlegt worden, was natürlich nicht verhindern wird, daß na sie von Zeit zu Zeit immer wieder einem leichtgläubigen Publiki auftischen wird.

Das Klima. 189

Sinflaß des Waldes. Die schwierigste und am meisten umstrittene Frage ist die nach dem Einflüsse des Waldes auf das Klima. Daß er als Windbrecher wirkt, ist eine tägliche Erfahrung; er bietet dadurch ebenso Schutz wie ein Gebirge, nur in geringerem Grade. Alle anderen Einflüsse werden aber vielleicht überschätzt. Jeden- falls haben die verschiedenen Untersuchungsmethoden verschiedene Ergebnisse geliefert Wenn man, wie es z. B. Woeikow that, große Waldgegenden mit unbewaldeten vergleicht, so scheinen überall die ersteren sich durch niedrigere Jahrestemperatur, geringere Wärme- schvrankungen und reichlichere Niederschläge vor den letzteren aus- zuzeichnen. Diese Methode ist aber nicht einwandfrei, weil man möglicherweise dem Walde zuschreibt, was in der That eine Wir- kung anderer Faktoren ist Es ist jedenfalls auffallend, daß die forstlich-meteorologischen Beobachtungen in Deutschland, Osterreich und Schweden einen so weit reichenden Einfluß nicht erkennen lassen. ^^ Es ist zwar festgestellt, daß die Lufttemperatur unter den Baumkronen etwas niedriger ist als in den Lichtungen und hier wieder etwas niedriger als an den benachbarten Freilandstationen, aber im Jahresmittel nur um etwa ^1^^. Auch sind die Schwan- kungen im eigentlichen Walde geringer, als in der Lichtung und im Freilande, denn das Laubdach schützt namentlich in der Vege- tationszeit vor intensiver Ein- und Ausstrahlung, und das echte Wald- klima nähert sich in dieser Beziehung dem Seeklima. Gerade die Eigenschaft des Windbrechers hindert aber das Innere des Waldes in klimatische Wechselbeziehung zum entfernten Freiland zu treten, nur die Temperaturverhältnisse der Baumkronen können durch Ver- mittelung von Luftströmungen auf größere Entfernung wirken, und zwar, wie die Erfahrung gelehrt hat, besonders in der kälteren Tageshälfte, wenn die Baumkronen bei klarem Himmel rascher er- kalten, als der nackte Boden. Im großen und ganzen ist also der Einfluß des Waldes auf die Temperaturverteilung, wenigstens in den Kulturländern imserer Breiten, ein sehr mäßiger; und niemand wird behaupten woUen, daß sich das Isothermensystem gänzlich umgestalten würde, wenn Europa und Asien von Ozean zu Ozean ein einziger Wald wäre. Noch zweifelhafter ist der Einfluß auf die Kegenmenge. Es ist allerdings wahrscheinlich, daß der Wald das Ansteigen horizontaler Luftströme durch Stauung begünstigt, und wir wollen auch nicht leugnen, daß die Verdunstung der Pflanzen ebenso wie der Landseen etwas zu den atmosphärischen Nieder- schlägen beiträgt, aber das ist doch wohl nur ein ganz kleiner Prozentsatz jener Feuchtigkeitsmenge, die das Weltmeer aushaucht. Wenn es anders wäre, könnte der Kegen nicht mit solcher Gesetz-

I A

1869—75

1875—83

Wald der Zentralprovinzen

1215

1369 mm

Ganz Indien

1072

1074

J 190 Die Lufthülle. Das Klima.

^1 mli£igkeit von den Küsten gegen das Innere der Festländer i

\ H nehmen. Es ist beachtenswert, daß die forstlichen meteorologiscl]

{Stationen die Lösung dieser Frage noch nicht zu fördern v mochten; fiir uns ein Beweis, daß es sich hier nur um minimi Einflüsse des Waldes handeln kann. Vielleicht ist es in den Trop anders. Blanford hat die Regenverhältnisse eines Gebietes v ca. 160000 qkm in den indischen Zentralprovinzen vor und na ' I der Bewaldung, die 1875 begann, untersucht, und um den Einfl

der Perioden dritten Ordnung auszuschließen, mit denen von gs \ Indien verglichen. Das Ergebnis war folgendes:

i .

Das betreflfende Gebiet war also vor der Bewaldung um nach derselben aber um 27 Prozent regenreicher als Indien Gesamtdurchschnitte. 14 Prozent könnten also auf Rechnung < Bewaldung gesetzt werden. Aber auch das erscheint uns noch ni( j ; ganz sicher, denn schon 1874, also vor der Wiederbewaldu]

begann dort die Regenkurve stark anzusteigen, und außerdem die mittlere Regenmenge eines Landes von so gewaltigen Geg< Sätzen, wie Indien, ein zu schematischer Wert, als daß er uns Vergleichsobjekt ein befriedigendes Gefühl der Sicherheit erwecl könnte.

Litteraturnach weise. * Von anderen Prinzipien ausgehend, als i

J bat HüLT eine klimatische Einteilung entworfen (in den Vetenskapliga M

^ delanden af geografiska f5reningen i Finland, I, 1892 93). Hahn, 1

] Beziehungen der Sonnenflecken zu meteorologischen Erscheinungen, Leip

I 1877. ' BattcKNEB, Rlimasch wankungen seit 1700, Wien 1890. * Richt

1 Geschichte der Schwankungen der Alpengletscher, in der Zeitschrift des D.

Ö. Alpenvereins 1891. ^ Blytt, Zwei Kalktuff bildungen in Gudbrandsdal«

Beiblatt .S6 zu Enolers Botanischem Jahrbuch 1892. J. Gbikie, The gr

Ice Age, London 1894. ^ Hüll, The Survey of Western Palestine, Lonc

1886. ® Gilbert, Lake Bonne ville, Washington 1890. Russell, Greologi

History of Lake Lahontan, Washington 1885. " Nehbing, Über Tundi

und Steppen der Jetzt- und Vorzeit, Berlin 1890. - " Biebmann, Zur Fn

nach den Ursachen der Eiszeit; im Gymnasialprogramm Klagenfiirt 1890.

" DüBOis, Die Klimate der geologischen Vergangenheit, Leipzig 1893.

" Groll, Climate and Cosmology, Edinburgh 1885. ** Blytt, Kurze Üb

sieht meiner Hypothese von der geologischen Zeitrechnung, in den schi

dischen Geologiska fSreningens fSrhandlingar, 1890, Bd. XII. " Rbichx

Beiträge zur Geschichte des ältesten Weinbaues in Deutschland, Reatlin^

1886. " Ebebmateb, Die klimatische Wirkung des Waldes auf seine ü

gebung, in der Meteorologischen Zeitschrift 1895.

ZT^eiter Abschnitt.

Das Meer.'

M'

Morphologie des Meeres.*

[it der Luft teilt das Wasser die Eigenschaft der Beweg- lichkeit seiner Teilchen, aber diese Beweglichkeit findet eine Schranke in der Gestaltung des Gefäßes, das das Wasser um- schließt.

GUedening des Weltmeeres. Die Gliederung des Landes spiegelt sich nur zum Teil in der des Meeres wieder. Wohl entspricht das Adriatische Meer der langgestreckten Gestalt Italiens und der Ben- galische Busen der Dreieckform Vorderindiens, aber zwischen der arabischen Halbinsel und den sie begrenzenden Meereseinschnitten finden wir keine morphologischen Beziehungen mehr. Ein so rudi- mentäres Glied, wie die Somalihalbinsel und der nordwestliche Vor- spmng des afrikanischen Festlandes, ist der Golf yon Guinea. Schärfer ausgeprägt sind schon die Arabischen und Bengalischen Meerbusen; wir können sie yergleichen mit jenen Halbinseln, deren Bergzüge sich ohne Unterbrechung im Festlandsrumpfe fortsetzen. Während aber der Boden der genannten Golfe allmählich zur Tiefsee sich absenkt^ ist er in der Bafßnbai trogförmig gestaltet, und eine Schwelle trennt ihn von dem Becken des ofifenen Atlantischen Ozeans. Ein Gegenstück dazu finden wir in jenen gebirgigen Halbinseln, die sich mittels eines Tieflandstreifens an den FesÜandsrumpf angliedern. Macht sich die Trennung auch oberseeisch geltend, indem sich die Verbindungsstelle zwischen dem ofifenen Ozean und seinem Neben- raume zu einer schmalen Pforte verengt, so entsteht ein Binnen- meer, das unter den großen Halbinseln der Gegenwart nur ein typisches Seitenstück findet: die Krim. Im übrigen sind auch die Binnenmeere sehr verschieden. Bald ist die Verbindungsstelle ein einziger schmaler Kanal, wie bei dem europäischen Mittelmeere mid Persischen Golf, bald ist sie durch insulare Mittelpfeiler in mehrere Eingänge geteilt, wie bei der Ostsee, Hudsonbai und dem

192 Das Meer.

Roten Meere; bald füllen diese Meere tiefe Einstürze der Erdkruste ; wie im Roten und Mittelländischen Meere, bald flach schüsselforn Einsenkungen, wie in der Ostsee und Hudsonbai. Ganz eigena sind die inselabgeschlossenen Meere in dem Bereiche : trümmerter Faltenzüge. Sie sind eine charakteristische Eigenti lichkeit der pazifischen Welt, die sie am West- und Nordra umsäumen: das Bering-, Ochotskische und Japanische Meer, Ostchinesische See, das Australasiatische Mittelmeer bilden < ununterbrochene Übergangszone zwischen dem größten Festla und dem größten Meere. Der Atlantische und Indische Oz haben nur je ein Glied dieser Art: das amerikanische Mitteln und das Andamanische Meer.

Die Binnen- und inselabgeschlossenen Meere fassen wir ui dem Namen Nebenmeere zusammen. Sie besitzen im Gegen» zu den offenen Busen eine gewisse Selbständigkeit, und zwar Binnenmeere in noch höherem Grade als die inselabgeschlosse] weil sie von den großen Meeresströmungen nicht berührt wer( Sie gleichen geschlossenen Häusern mit einem einzigen Th während die Meere, die durch Inselketten vom Ozean geschie werden, offenen Säulenhallen ähnlich sind, durch deren zahlrei Eingänge die Meeresströme ungehindert ein- und ausfließen körn sofern nicht die Tiefenverhältnisse Hindemisse bereiten. Die N< ;i See zählen wir nur aus konventionellen Gründen zu diesen Nel

j meeren; in Wirklichkeit ist sie nur ein Meerbusen mit durchboh

j Rückwand, der auch in seinem unterseeischen Relief keine S

von Selbständigkeit verrät.

Das Beringmeer und das Australasiatische Mittelmeer un scheiden sich von den übrigen Nebenmeeren dadurch, daß sie Durchgangsmeere zwei Ozeane miteinander verbinden. Sueskanal hat diese Eigenschaft auch dem europäischen Mittelm< wieder zuück gegeben und dadurch dessen Bedeutung außerordent gesteigert Überhaupt muß man zugestehen, daß die Nebenme so sehr sie auch räumlich hinter dem Ozean zurücktreten machen nur 6,4 Prozent des Weltmeeres aus und nur als geri fügige Anhängsel desselben erscheinen, die menschliche Entwickle in viel höherem Maße beeinflußten; gerade ihre verhältnisml kleinen Dimensionen befähigten sie dazu, die völkerverbindende K des Meeres früher zur Geltung zu bringen, als die ungeheuere Was wüste des offenen Ozeans. Je gegliederter diese Nebenmeere s um so besser konnten sie ihre Kulturaufgabe erfüllen. In di( Beziehung wird das europäische oder das Mittelmeer schlechtweg keinem übertroffen. Durch die italienische Halbinsel zerf&Ut et

Morphologie des Meeres.

193

zwei Hauptbecken; das östliche besitzt im Adriatischen und Ägäischen Meere zwei weitvorgreifende Glieder und spielt dem Schwarzen Meere gegenüber selbst wieder die Bolle eines Ozeans. Einen ganz anderen Tjpus repräsentiert das Australasiatische Mittelmeer. Ohne hervor- ragende Gliederung zeichnet es sich durch weitgehende Individuali- sierung seiner Teile aus; namentlich die östliche Hälfte gleicht einem Zellengewebe, das uns noch deutlicher wird, wenn wir die Tiefen- verhältnisse berücksichtigen. Die senkrechten und wagrechten Di- mensionen müssen eben stets im Zusammenhange betrachtet werden.

Fläche qkm

MiUlere Tiefe m

Größte

bekannte

Tiefe

Ozeane und Nebenmeere |

nach

nach

nach

1

Rabstems

Kabstens

MuaRAT

m

Arktisches Meer i

12 795 850

820

l 1150 J

4846

Hadsonbai j

1 222 609

130

202

Atlantischer Ozean . . . '

79 776 346

8760

4060

8341

Kanal ond irische See . . >

213 381

60

80 X

263

Nordsee !

547 623

90

110

808XXX

Ostsee 1

430 970

70

100

427

Earopäiscbes Mittelmeer . ^

2 963 035

1430

1310

4400

St Lorenz-Golf . . . . i

219 298

130

X X

572

Amerikanisches Mittelmeer .

4 584 567

2090

1970

6270

Indischer Ozean i

72 563 443

3650

3860

6205

Rotes Meer

448 810

460

690

2271

Persischer QoU . . . . .

236 785

35

50

90?

Andamanisches Meer . .

790 550

800

X X

3156

Großer Ozean

161 137 973

4080

4420

8515

Australasiatisches Meer

8 081 780

980

940

5120

Ostchinesisches Meer . .

1 242 480

140

190

1100?

Japanisches Meer . . .

1 043 824

1100

950

3000

Ochotskisches Meer . . . ,

1 507 609

1270

530

1300?

Beringmeer

2 264 664

1110

1160

3926

Golf von Califomien . .

166 788

990

X X

2904

Antarktisches Meer. . . .

15 630 000

1500

1150

3612

0£Fener Ozean

341 903 612

3670

4000

8515

Nebenmeere

25 964 773

1220

1100

6270

X Nur Kanal. ><^ Dem offenen Ozean zugezählt. xxx Im 8kagerrak.

Supah , Physische Erdkunde. 2. Aofl.

13

194 Daa Meer.

unterseeische Böschungen. Der ozeanographische Zweig c physischen Erdkunde war bis in die letzten Jahrzehnte ein seltsan Gemisch von wahren und falschen Vorstellungen, guten Beoba< tungen und willkürlichen Annahmen; und erst die wissenschaftliche mit zuverlässigen Apparaten ausgerüsteten Seeexpeditionen, die s den sechziger Jahren begannen, und unter denen die des britisch Kriegsschiffes „Challenger**(1872 76)^ besonders hervorragt hab eine wissenschaftliche Meereskunde begründet. Ihnen, sowie d zahlreichen Kabellegungen verdanken wir zunächst eine richtige Vorstellung von der Tiefe und Beschaffenheit des Meeresbodei Aber selbst unsere neuesten und besten Isobathenkarten* lass mehr ahnen, als sie wirklich darstellen, da die Lotungen nicht bl verhältnismäßig spärlich, sondern auch sehr ungleichmäßig verte sind. Sie drängen sich dichter in der Nähe der Küsten, wo d praktische Bedürfnis der Schiffahrer schon früh zu Tiefenuntc suchungen führte, während die weiten Flächen des offenen Ozea nur von vereinzelten Lotungsreihen durchfurcht sind. Glückliche weise wird dieser Übelstand dadurch gemildert, daß der Meere boden im großen und ganzen ebener ist als die Oberfläcl des Festlandes. Es fehlt dort das mannigfaltige Relief unsei Gebirgslandschaften, ja es ist fraglich, ob die faltende Kraft, c unsere Hochgebirge geschaffen hat, unter dem Wasser überbau thätig ist. Zwei andere Faktoren, die die Details der oberseeisch Bodenformen herausmodellieren, die Verwitterung und die Erosic fehlen dem Meeresboden ganz oder wirken doch in einer ander Weise. Die Verwitterung fehlt, denn der Meeresboden ist gänzli vor dem Einflüsse der Atmosphärilien geschützt; und wenn auch d Seewasser eine zersetzende und auflösende Wirkung auf den festi Meeresgrund ausübt, so geht dieser chemische Prozeß doch außc ordentlich langsam vor sich, und seine Produkte werden nicht dur« Winde und fließendes Wasser nach fernen Gegenden entführt, so dem lagern sich an Ort und Stelle wieder ab. Zwar ist auch d Meerwasser bewegt, aber seine mechanischen Wirkungen reiche nicht tiefer als bis 200 m, und sind auch anderer Art, als die d I Flüsse : sie gehen ins Breite und schaffen keine Sinnen. Mit Eine

I " Worte: die tieferliegenden Teile des Meeresbodens sind nicht e

; Eeich der Zerstörung, sondern der Ablagerung, und Ablagerui

i schafft in der Regel nicht neue Unebenheiten, sondern sucht d

I vorhandenen zu mildern und auszugleichen.

! Daher zeichnen sich die submarinen Erhebungen durch vo

1 wiegend sanfte Böschungen aus. Von der Küste sinkt der Meere

boden gewöhnhch langsam bis 200 m Tiefe, dann steiler bis 3000

Morphologie des Meeres. 195

und verlauft dann ganz allmählich bis zu noch größeren Tiefen. Als Beispiel diene ein Durchschnitt durch den Atlantischen Ozean in 10^ s. B. von Afrika bis zum Bande des westlichen Beckens.

Tiefe Böschung

Kfiste~200 m

14'

200-1000

1

50

1000—2000

1

9

2000-3000

1

9

3000-4000

0

34

4000-5000

0

11

Ostatiantisches Becken

-

-

5000—4000 m

0

4

4000—3000

0

10

Verbindungsrücken

-

-

3000— 4000 m

0

23

4000—5000

0

15

5000—6000

0

11

Westatlantisches Becken

Die größten Böschungen am afrikanischen Sockel entsprechen ungefähr dem Gefälle mäßig steiler Alpenthäler (SiUthal in Tirol z. B. 27'), die Abdachungsverhältnisse der Tiefsee aber denen unserer Tiefebenen; so senkt sich z. B. die Poebene vom Rande der Alpen unter einem mittleren Winkel von 0^ 8' gegen die mittlere Flußrinne, und die durchschnittliche Abdachung der westdeutschen Tiefebene zwischen dem Wiehengebirge und der Hadelnküste er- reicht kaum den Wert von 0** 1'. Eine so völlige Horizontalität mag wohl auch das ostatlantische Becken besitzen, das in unserem Durchschnitte so breit ist, wie Mitteleuropa zwischen Genua und Schleswig; als größte Tiefe wurde weiter südlich 5600 m gelotet. Der Verbindungsrücken erhebt sich zwar bis zu der ansehnlichen Höhe von 3000 m über die Becken, aber der Anstieg von Osten wie der Abstieg nach Westen verlaufen ganz allmählich, wenn auch der letztere etwas steiler ist Die Breite des Rückens selbst ist etwa gleich der Entfernung Berlin-Braunschweig, sein höchster bekannter Punkt in dieser Gegend liegt 2640 m unter dem Meeresspiegel.

Steilere Abfälle, als wir hier kennen gelernt haben, kommen aber an den Rändern der Festländer und ihrer unterseeischen Sockel häufig vor. Die britischen Inseln ruhen auf einer ausgedehnten Platte von 200 m Tiefe. Gehen wir von der westirischen Küste unter 55^ B. nach Westen, so finden wir den Rand jener Platte erst in 102 km Entfernung, was einem AbfaUswinkel von kaum 7' ent- spricht Dann ändern sich die Verhältnisse plötzlich; von 200 bis 500 m Tiefe beträgt die Böschung schon 43', von 500— 1000 m

13*

i

196 Das Meer.

2^ 52', von 1000— 2000 m sogar 43'. Da wir diese AbfäUe al Wahrscheinlichkeit nach als Bruchränder zu betrachten haben, denen die marinen Schollen in die Tiefe gesunken sind, so müB wir eigentlich noch höhere Böschungswerte erwarten, und ursprü] lieh mögen sie wohl auch höher gewesen sein, bis die ins M hinausgeführten festländischen Sedimente die Bruchflächen verhüllt

Nach DiETBiCHS Untersuchungen^ hat es den Anschein, ( die durch Bruch vom Festlande abgetrennten Inseln sich rascher Meer senken, als die Kontinente selbst; die steilsten unterseeiscl Böschungswinkel über 50**, wie sie selbst in den Gebirgen den Seltenheiten zählen finden wir aber nur bei den vulkaniscl und Koralleninseln. Auch mitten im Ozean begegnen wir manchi großen Tiefen unterschieden auf kurze Entfernung, teils an E brüchen, wie im Osten des Tongaarchipels (bis zu 7^, teils an i Herten Bergen, die wahrscheinlich vulkanische oder sedimenti Aufschüttungen auf dem Meeresboden sind. Der Südabhang ^ submarinen felsigen Faradayhügel (49 ^ N., 29 ^ W.), senkt sich ue Winkeln von 19 bis 35^, und die Daciabank an der marokkaniscl ' Küste (31® N., 1 3V2® W.) erhebt sich mit einer mittleren Böschung ^

I 27® aus dem 4000 m tiefen Boden bis zu 90 m unter dem Meeresspiei

Eelief des MeeresbodenB (s. Karte I). An das Festland schli sich zunächst der Strand, jener amphibische Gürtel, der bei Ho wasser Meeresboden und bei Niederwasser Land ist. Muiu schätzt die Länge aller Küsten auf 200000 km und die mittl Strandbreite auf 0,8 km; der Strand bedeckt also eine Fläche 1 160000 qkm, etwa 0,o4 Proz. der Meeresfläche in ihrer weites Ausdehnung. Dann folgt die Kontinentalstufe oder Flachsee 200m Tiefe, endlich die Tiefsee jenseits der Isobathe von 200 Der Gegensatz von Flach- und Tiefsee hat eine noch höhere ] deutung, als eine rein morphologische. Wir haben schon erwäk daß bis 200 m die mechanischen Wirkungen des bewegten S Wassers reichen, und wir können noch hinzufügen, daß auch ( Licht noch bis zum Boden der Flachsee eindringt und damit gl andere Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere schafft, als in der Tiefsee vorhanden sind.

Es ist, wenn auch nicht Gesetz, so doch Regel, daß die tiefe Einsenkungen nicht in der Mitte, sondern am Rande der Meei becken liegen. Im Pazifischen Ozean wurden Tiefen von mehr 8000 m nur im Westen gelotet:

W 55' N. 152<> 26' 0. 8515 m

11» 24' 148« 16' 8367,,

170 4' S. 172« 14' W. 8284,,

H

Morphologie des Meeres. 197

Im Atlantischen Ozean liegt die tiefste Lotungsstelle mit 8341 m dicht unter den Antillen in 19^ 39' N., 66® 26' W., im Indischen (6205 m) ebenso dicht an den Suda-Inseln unter 11<>22'S., 116® 50' 0.

Die allerdings spärlichen Lotungen südlich von 60® siidl. B. lassen vermuten, daß der Boden des antarktischen Meeres ein Plateau von kaum mehr als 1000— 1500 m Tiefe bildet Größere Tiefen wurden nur südlich vom Indischen Ozean gefunden, südlich vom Großen Ozean übersteigt nur eine Messung 2000 m, und jenseits des Polarkreises lotete Hess nur Tiefen von 350 1100 m. Von diesem antarktischen Plateau senkt sich der Boden nach Norden zu den eigentlichen ozeanischen Tiefbecken. Am einfachsten ist der Bau des indischen Beckens, das zwischen 1883 und 1887 mehr- fach durchquert wurde. Die 4000 m Linie umschließt beinahe den ganzen Ozean, soweit er vom Festlande eingerahmt ist; die Osthälfte liegt sogar unter 5000 m.

Nach der pazifischen Seite sendet das antarktische Plateau zwei große Ausläufer von weniger als 4000m Tiefe; das westliche schließt sich an Australien an und trägt die Mehrzahl der polyne- sischen Inseln, das östliche schließt sich an Südamerika an und ist nahezu inselleer; nur im Westen scheint es mit dem Sockel der Paumotu-Eilande zusammenzuhängen. Beide südpazifische Pla- teaus bergen Einsenkungen, aber das westliche viel mehr, wie es überhaupt ein mannigfaltigeres Relief besitzt, als irgend ein anderer Teil des offenen Weltmeeres. Auf dem Ostplateau sind namentlich die tiefen Einsenkungen in 25 und 26® S., unmittelbar an der chilenischen Küste, bemerkenswert; da mehr als 7000 m gelotet wurden, muß die Böschung des südamerikanischen Eontinental- massivs hier eine ganz ungewöhnliche Steilheit erreichen.

Zwischen den Plateaus liegt das pazifische Tiefbecken, das sich nördlich von 10 ®N. beträchtlich erweitert und nun von Amerika bis zu den asiatischen Inseln sich ausbreitet. Am Nordrande senkt es sich unter 6000, am Westrande sogar unter 8000 m.

Zwischen 25® N. und 19® S. und östlich vom 145. Meridian w. V. Gr. fehlten, mit Ausnahme der Küstengewässer, bis 1884 Lotungen gänzlich. Einige Andeutung gab nur der Verlauf der Flutwellen, die bei den Erdbeben von Arica (1868) und von Iquique (1877) von der peruanischen Küste ausgingen, durch den fraglichen Meeresraum sich fortpflanzten und endlich die hawaiischen Inseln erreichten. Aus der Geschwindigkeit dieser Wellen läßt sich mit Hilfe der Formeln von Lagrange und Rüssel die mittlere Tiefe des durch- wanderten Meeres berechnen. Die von F. v. Hoghstetteb^ und Geinitz^ gefundenen Werte sind folgende:

M

198 Das Meer.

Mittlere Tief Arica Hawaiische Inseln (Mittel aus zwei Berechnungen) 4691 m

Iquique— Hilo 4252 ,,

Iquique Honolulu 4060

Die Durchquerung dieses ausgedehnten Meeresteiles durch < italienische Kriegsschifif „Vettor Pisani" hat die Richtigkeit die indirekten Messung völlig bestätigt, denn das Mittel seiner Lotung zwischen Peru und Hawaii beträgt 4569 m. Über 4000 m steigt « Boden nur westlich von den Galapagosinseln an und unter 500( sank das Lot nur an einer Stelle.

Im Atlantischen Ozean trennt ein zusammenhängeni Rücken, der die S-förmige Gestalt des Ozeans wiederholt und ( Träger der meisten vulkanischen Inselbildungen ist, die beiden wc liehen vom östlichen Becken. Meist beträgt seine Tiefe nicht heblich mehr als 2000 m, und nur im Norden, wo er sich sU verbreitet, birgt er einige Einsenkungen. Eine Abzweigung die Rückens, die in der Nähe von Tristan d'Acunha vom Hauptkör] sich loslöst und zum afrikanischen Festlande hinüberzieht, schei das Eapbecken vom ostatlantischen.^ Wir werden später seh wie wichtig diese Anordnung für die ozeanische Wärmeverteüung Tiefen von mehr als 6000 m sind in allen Becken mit Ausnahme südöstlichen gefunden worden, die meisten und die ausgedehnte aber im nordwestlichen. Es läßt sich schon jetzt mit Bestimmtl aussprechen, daß der nördliche Seeboden ein mannigfaltigeres Re besitzt, als der südliche, und daß in gleicher Weise der westli' vor dem östlichen ausgezeichnet ist

Der nordatlantische Rücken geht endlich in das breite islf dische Plateau über, das von der flachen Nordsee nach Gr land hinüberzieht; seine höchsten Teile, südlich von den Fär und in der Dänemarkstraße, nähern sich bis auf 649, bezw. 66( dem Meeresspiegel. Jenseits dieser Erhebung setzt sich das lantische Thal im Eismeerbecken fort, das zwischen Sp bergen und Grönland seine größte bekannte Tiefe erreicht Di( atlantische Tiefenlinie ist die wahre Grenze zwischen ( alten und neuen Welt, während im Beringmeere eine Flach beide Landfesten verbindet Die größte Tiefe der Beringstraße trägt auf Dalls Messungslinie nur 52 m und damit hängt wohl a ihre geringe Breite im Vergleiche zu den drei isländischen Kana zusammen.

>< Da auf Karte 1 die Isobathen nur in Abstunden von 2000 m gezeic sind, kommen einige Erhebungen nicht zur Darstellung.

Morphologie dee Meeres. 199

Von den Reliefverh&ltnissen des übrigen arktischen Meeresbodens wissen wir nur wenig, aber dieses wenige läBt uns vermuten, daß die Flachsee hier außerordentlich große Räume einnimmt. Da nur yerhältnismäßig schmale Meeresströme das polare Wasser nach Süden entführen, so häufen sich die von den großen Flüssen, hauptsäch- lich Sibiriens, herbeigeführten Sedimente auf dem arktischen Meeres- boden wie in einem See an und erhöhen ihn beständig. Dazu kommen noch die Moränenlasten der Eisberge, über deren Massen man freilich nichts Näheres weiß, und Fetzen des Meeresbodens, die an das G-rundeis anfrieren, mit ihm in die Höhe steigen und wandern. Doch durften die Eisberge für das antarktische Meer von größerer Be- deutung sein, als für das nordpolare. Die über 700 km lange Neu- fundlandbank, die sich genau an der Stelle befindet, wo das von der polaren Meeresströmung mitgeflihrte Eis mit dem warmen Golfstrome zusammentrifft, wurde nach Rodman® mehr durch den Detritus des Feldeises aufgehäuft, und wächst noch in die Höhe. Andere Meeresräume mögen, wie Hahn auseinandergesetzt hat, ihre Flach- heit den Gletschern der Eiszeit direkt oder indirekt (durch Eisberge) Terdanken. Dieser Gesichtspunkt mag auf die Ostsee, auf die Hud- sonbai, auf das Meer bei Patagonien und vielleicht auch auf das Beringmeer und die Nordsee Anwendung finden (wenn sich auch wohl nie mit Bestimmtheit wird ermitteln lassen, bis zu welchem Grade diese Anwendung gestattet ist), aber keinesfalls auf die austra- lischen Flachseen y auf die Sundasee, das Ostchinesische und Per- sische Meer, zu deren Gestaden keine diluvialen Gletscher herab- stiegen.

Den soeben genannten flachen Nebenmeeren stehen die tiefen gegenüber, doch sind auch diese weniger tief, als die ozea- nischen Becken, und nur an wenigen Stellen sank das Lot über 4000 m. In der Regel sind sie trogartig gestaltet, so daB die ozea- nischen Ausgangspforten flacher sind, als der innere Eaum; ein Umstand, der für die vertikale Wärmeverteilung besonders wichtig ist. Am typischsten ist die Trogform im Roten Meere ausgeprägt; die tiefste Stelle liegt fast genau in der Mitte. In anderen Meeren ist der Boden unebener; am mannigfaltigsten ist das Relief des australasiatischen, amerikanischen und vor allem des europäischen Mittelmeeres. Das Eingangsthor zwischen den Kaps Trafalgar und Spartel ist meist weniger als 200 m tief, und nur einige Durchfahrten reichen unter 400 m hinab ; aber schon zwischen Gibraltar und Ceuta erreicht die Tiefe 800 m und darüber. Das Mittelmeer selbst gliedert sich in drei Becken von mehr als 2000 m Tiefe; das westliche er- reicht eine Maximaltiefe von 3149m, das tyrrhenische eine solche

200 Das Meer.

von 3731m, das östliche eine solche von 4400 m. Corsica mit 5 dinien und Italien mit Sizilien und dem tunesischen Landvorspru bilden die Scheidewände; in der sizilischen Straße beträgt selbst größte Tiefe nur 454 m. Das zur Hälfte Hache Adriatische IM (Maximaltiefe 1590 m) und der Pontus (2618 m) sind echte Bini meere, das Marmarameer (größte Tiefe 1344 m) ein solches mit i Ausgängen, das Ägäische Meer (größte Tiefe 2250m) eine du Inseln abgeschlossene Randbildung. Auch hier bestätigt sich sc das Gesetz, daß die Kandmeere Hacher sind als das Hauptmeei Das amerikanische Mittelmeer zerf&Ut durch Landvorsprö und Inseln, nämlich durch Yukatan Cuba und Mosquitolan Jamaica— Haiti, in drei Becken, von denen das mittlere eine T von 6270 m erreicht Ganz eigenartig ist das Relief des aust asiatischen Mittelmeeres. Zwischen den größeren Inseln und Ii gruppen sinkt der Boden zapfenförmig zu isolierten Tiefen von 4 bis 5120m hinab, während die Tiefe der sie untereinander und dem Ozean verbindenden Meeresteile nur zwischen 700 und 18C schwankt. Rasche Bodensenkungen von geringer Ausdehnung i zwar dem ganzen westpazifischen Ozean eigen, aber nii^ends dieser Charakterzug schärfer ausgeprägt, als zwischen Form Bomeo und Neuguinea.

Bedeckung des Meeresbodens.® Nur an wenigen Stellen berl das Lot Felsboden, meist ist der Grund des Meeres mit lockei Material bedeckt. Die geologische Arbeit nimmt eben imgestöi Fortgang; die Ablagerungen in den Meeren sind die eigentlic Alluvionen. Nach Ursprung und Beschafifenheit unterscheidet i ^ kontinentale und pelagische Ablagerungen. Das Material

den ersteren liefert teils die von den Meeres wogen beständig bem r. Küste, teils das Innere der Festländer, deren Zerstörungsprodi

j durch die Flüsse dem Meere zugeführt werden. Stets wird dasMatc

[ '1 einem natürlichen Schlemmprozesse unterworfen. Die gröberen Stil

1^ bleiben in der nächsten Nachbarschaft der Küste, der Sand \

i etwas weiter hinausgeführt, der Schlamm am weitesten. Die Küs

werden also in der Regel von Sandablagerungen begleitet. I wo sich zwei einander entgegenkommende sand- und schlai beladene Strömungen treffen, lassen sie ihre Last zu Boden fa und bauen jene für die Schiffahrt so gefährlichen Sandbänke ( Barren auf, die oft auf viele Kilometer Erstreckung den Küi entlang ziehen. Manche steigen dauernd über den Seespiegel ! por, manche nur zur Ebbezeit, manche und diese sind die

ftirchtetsten verbergen sich stets unter dem Meeresspi( Häufig werden sie von Einsenkungen unterbrochen, die den Schi

Morphologie des Meeres. 201

als Durchfahrten dienen, aber die Lage und Tiefe dieser Kanäle ist vielfachen Veränderungen unterworfen. Andere Barren sind nur zur Flutzeit und auch dann oft nur mit kleinen Fahrzeugen passierbar.

Eies, Sand und Schlamm bedecken den Strand und die Flach- see, die feinsten erdigen Massen oder der Schlick,^ an deren Zu- sammensetzung sich bereits auch Meeresorganismen in hervorragen- dem Maße beteiligen, treten aber schon in die Tiefsee hinaus, umsäumten die submarinen Abdachungen der Festländer und Inseln und erfüllen den Boden der tieferen Nebenmeere mit Ausnahme des amerikanischen. Es ist besonders beachtenswert, daß nicht bloß im nördhchen Eis- meere, soweit es üach ist, sondern auch im südlichen nur solcher Schlick gefunden wird, denn er kündet deutlich die Nähe eines antark- tischen Festlandes an. Weitaus am verbreitetsten ist der blaue Schlick, der seine Farbe der Beimengung von organischer Substanz und Eisensulfid verdankt Große Mengen von Glaukonitkömem. die meist Steinkeme von Foraminiferen bilden, färben den Schlick grün ; die ockerhaltigen Sedimente, die die großen südamerikanischen Ströme in das Meer führen, geben den Schlickablagerungen an der brasilianischen Küste eine rote Farbe. Vulkanische Gestade liefern grauen Schlamm und Sand, Korallenriffe eine amorphe kalkige Masse, in der organische Bestandteile in der Form von Korallentrümmem und Schalen größerer und kleinerer Meerestiere bereits überwiegen (vgl. Tab. S. 205).

Den eigentlichen Boden der Ozeane eine Fläche, doppelt ßo groß als das gesamte Festland bedeckt organischer Schlamm und roter Thon. Auch in Bezug auf die Verbreitung der marinen Lebewesen haben die Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten zu überraschenden Resultaten geführt. Allerdings erlischt das Pflanzen- leben mit dem Sonnenlichte schon ca. 200 250 m unter dem See- spiegel, aber das Tierleben kennt keine Tiefengrenzen, wenn es auch am reichlichsten in der obersten und in der untersten Begion ent- wickelt ist Die Tierleichen fallen zu Boden, und ihre festen Be- standteile schichten sich hier in so enormen Massen auf, daß z. B. der „Travailleur** an der tiefsten Stelle des biskayschen Meerbusens (5100 m) in einem Kubikcentimeter Schlamm 116 000 Foraminiferen und Radiolarien fand. Diese mikroskopischen Wurzelfüßer sind auch hauptsächlich die Baumeister des organischen Tiefseeschlammes, an dessen Zusammensetzung sich aber auch unorganische Massen, Mineral- partikelchen und feinster Schlamm, beteiligen. Diese Massen stammen

X Die Engländer unterscheiden Ooxe und Mud. Meist übersetzt man ersteres mit Schlamm, letzteres mit Schlick; andere bezeichnen Ooxe als Erde und Mud als Schlamm.

202 Das Meer.

4

zum Teil noch vom Festlande, ja nach Gümbels Untersuchui der von der „Gazelle" ^^ mitgebrachten Bodenproben scheint s< noch feinster Flußdetritus mit Hilfe der Meeresströmungen in den oflfenen Ozean hinaus zu gelangen. Auch den Winden eine wichtige Vermittlerrolle zu, indem sie Staub und vulkani Asche weit über die Ursprungsstätte hinaus verbreiten. Wohl nirg( spielen die ozeanischen Staubfälle eine größere Rolle, als im Gel der Capverdischen Inseln ; aber gelegentlich werden auch westlic' Gegenden heimgesucht Der küstenfernste Punkt, von dem bi roter Passatstaub gemeldet wurde, liegt in 40,9^ N. und 37,«® der Staubfall am 12. Februar 1882 bedeckte ein Areal von 527 300 qkm, fast von der Ausdehnung des Deutschen Reiches. W ] liehe Staubfälle kommen allerdings durchschnittlich nur acht bis ne

\ mal im Jahre vor, aber häutig ist die Luft über den capverdise

j Gewässern mit Staub erfüllt, und weiter gegen die afrikanis

} Küste zu sind die unerwünschten trockenen Nebel eine bestanc

/ Erscheinung. Seit Hellmanns und Dinklages^^ Untersuchun

I kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß der nordatlantis

< Passatstaub aus der Sahara stammt, nicht wie seiner Zeit Ehbenbj

annahm, aus Südamerika.

Einer noch größeren Verbreitung ist die feine Asche fähig,

1, bei vulkanischen Ausbrüchen oft in kolossalen Mengen in die 1

f geschleudert wird. Man schätzt die Totalmenge der Auswurfst

f bei dem berühmten Krakatau- Ausbruche im Jahre 1883 auf 18 1

Ionen cbm. Der Aschenfall, der bis zu 60 mm Mächtigkeit anschw erstreckte sich von Singapore im Norden, bis zu den Cocosins im Süden, und von Benkulen (Sumatra) im Westen bis Patuha (Ja im Osten, d. h. über ein Gebiet von 827 000 qkm. Ganz um gleichlich ausgedehntere Wanderungen imtemahmen aber jene feins Aschenmengen, die in die oberen Luftströmungen gelangten i von diesen zunächst über den ganzen Äquatorialgürtel und dt polwärts getragen wurden. Namentlich auf der Nordhalbkugel ^ die Luft nahezu vollständig mit Asche durchsetzt, und erzeu dadurch die prächtigen Dämmerungserscheinungen und 8onsti| optischen Phänomene im Herbste und Frühwinter 1883, wie ähnli( auch schon früher nach großen vulkanischen Ausbrüchen (1818 i 1831) beobachtet wurden. ^^

Solche gelegentliche kontinentale Spenden stehen aber in ih Bedeutung für die pelagischen Ablagerungen jedenfalls zurück ge{ die Stoffmengen, die die vulkanischen Ausbrüche auf dem Meei boden selbst liefern. Aus Rudolphs Untersuchungen,^' von dei wir bei einer anderen Gelegenheit ausführlicher sprechen werden, g

Morphologie des Meeres. 203

mit Bestimmtheit hervor, daß solche submarine Ausbrüche überall vorkommen, in der Flach-, wie in der Tiefsee, auf den Rücken und Plateaus, wie in den Becken des Meeresgrundes. Asche und Bims- stein bedecken oft weithin die Meeresfläche, manchmal in solchen Massen, daß sie Schiffe am Weiterfahren hindern, und sinken nur sehr langsam zu Boden. Erwähnt wurde schon, daß das Seewasser den Felsengrund des Meeres chemisch zersetzt; auch diese Zer- störungsprodukte, die der Verwitterungserde des Festlandes ent- sprechen, beteiligen sich am Aufbaue der anorganischen pelagischen Ablagerungen; und endlich gesellt sich dazu auch noch etwas kos- mischer Staub in der Form kleiner Kügelchen mit metallischem Kern oder krystallinischer Struktur. Das Wachstum dieser Sedimente geht äußerst langsam vor sich, jedenfalls viel langsamer, als das der kontinentalen Ablagerungen, und langsamer auch, als die Auf- schüttung auf den Erhebungen des Tiefseebodens. Denn hier tritt ja noch das organische Element hinzu. Allerdings bevölkern jene Myriaden winziger Organismen, die man jetzt unter dem Namen Plankton zusammenfaßt,^ gleichmäßig die tiefsten, wie die seichteren Gewässer, und ununterbrochen geht ein Regen von Kalkgehäusen zu Boden. Aber je tiefer sie gelangen, desto rascher verfallen sie der Zerstörung, da der Eohlensäuregehalt des Meerwassers mit der Tiefe zunimmt, und außerdem kohlensäurehaltiges Wasser unter hohem Drucke mehr kohlensauren Kalk aufnimmt, als unter dem gewöhnlichen Luftdrücke. Daraus erklärt es sich, daß der Kalk- schlamm nur die mäßiger tiefen Abgründe des offenen Ozeans bedeckt Die größte Verbreitung hat der Globigerinenschlamm, besonders im Atlantischen Ozean (58 MiU. qkm); auch im Indischen Ozean, wo er den Westen und Norden einnimmt, herrscht er noch vor, während er im Großen Ozean der Hauptsache nach auf die polynesischen Plateaus beschränkt ist Seinen Namen führt er von der Foraminiferengattung Globigerina, deren Schalen weitaus über- wiegen. Besonders gerne folgt sie den warmen Meeresströmungen, und ihre weite polare Verbreitung im Atlantischen Ozean verdankt sie nur dem Golfstrome.

X HicKEL teilt die Salzwasserorganismen nach ihrer Lebensweise in drei Klassen: das Benthos {ßiv&og = die Tiefe) umfaßt alle festliegenden, laufenden nnd kriechenden Organismen, die also an den Meeresboden gebunden sind ; das Plankton (TiXavaci = umherschweifen) alle schwimmenden Organismen, die widerstandslos den Bewegungen des Meeres folgen; das Nekton (vrjxjdg = schwimmend) endlich die kräftigeren Schwimmer, die auch gegen die Strömung sich bewegen kdnnen. Zu den pelagischen Ablagerungen trfigt das Plankton am meisten bei.

204

Das Meer.

-r:

. I

Auf dem mittleren Rücken des südatlantischen Ozeans nim der Globigerinenschlamm durch die massenhafte Anhäufung i Molluskenschalen, besonders von Pteropoden und Heteropoden, eii besonderen Charakter an. Man hat diese lokal beschränkt« Ab des Kalkschlammes als Pteropodenschlamm bezeichnet.

In den höheren antarktischen Breiten scheinen die feinen Kies panzer der mikroskopischen Algenordnung der Diatomaceen diese Rolle zu spielen, wie die Globigerinenschalen in den übrigen Meer Freilich ist es noch sehr fraglich, ob der Diatomeenschi am der übrigens auch einen großen Prozentsatz kohlensauren Kalkes e hält, wirklich ein ununterbrochenes breites Band um das südli( Eismeer schlingt, wie es Murrays marine Bodenkarte darstellt, er ja nur an fünf Stationen des „Challenger" beobachtet wurde. So hat man ihn nur noch in der Nähe der Kurilen gefunden.

In aUen diesen Ablagerungen bilden die anorganischen Bestai teile nur ca. ^g, im roten oder Tiefseethon aber ^lo ^®^ Prob Im Atlantischen Ozean bedeckt dieser die tiefsten Einsenkungen < Becken, während die Rücken und Plateaus wie schon erwähnt Globigerinenschlamm einnimmt; im Indischen Ozean nimmt der r bis schokoladenbraune Thon den tieferen Ost^n ein; im Pazifiscl Ozean gewinnt er aber seine größte Verbreitung (106 Mill. qk im Nord- und Ostbecken herrscht er nahezu ausschließlich, besitzt alle physikalischen und chemischen Eigenschaften eines echi Thones; er ist weich, plastisch, schmierig; seinem Hauptbestandtc nach kann man ihn als ein Thonerde-Silikat-Hydrat bezeichnen, i es aus der chemischen Zersetzung vulkanischer Auswürflinge herv geht. An einigen der tiefsten Stellen des Indischen und Gro£ Ozean mischen sich mit ihm die kugeligen Kieselgerüste der I diolarien oder Gittertierchen in solchen Mengen, daß man si genötigt gesehen hat, ihn als eigene Art unter dem Namen Radi larienschlamm auszuscheiden.

Übersicht der Meeresablagerungen.

Pelagische Ablagerungen

Bestandteile in Prozenten

Tiefengrenze m

Arej

haltige haltige Organismen Organismen

Anorgan. Ab-

Mill.q

Eoter Thon

7

2

91

4100—7200

133

Radiolarienschlamin . .

4

54

42

4300-8200

5

Diatomeenschlamm . . .

23

41

36

1100-3600

28

Globigerinenschlamm . .

64

2

34

700—5400

128

Pteropodenfichlamm . .

79

8

18

700—2800

1

Summe d. pelag. Ablag. .

1

296

Morphologie des Meeies.

205

Kontinentale Ablagerungen.

Blaaer Schlick . . . Roter Schlick . . . Grüner Schlick . . . Grüner Sand .... Vulkanischer Schlamm Vulkanischer Sand . . Korallenschlamm . . Korallensand ....

Summe d.kontinent Ablag,

Bestandteile in Prozenten

Kalk- Kieselsftiire- Anorgan. halüge I haltige | Ab- OrganiBmeD. Orgaoi8ineii|lageraDgeD

T

13 32 25 50 20 29 86 87

3 1

U 8 2 1 1 5

84 67 61 42 78 70 13 8

Tiefengrenze

200—5100 200—2200 200—2800 unter 1600 500-5100 200- 800 200—3300 unter 500

Areal Mill. qkm

37,6 0,8

} 2,6 j 1. 1 7>»

- ! 49,4

Permanenz der ozeanischen Becken. Da es auf dem Festlande keinen Punkt giebt, der nicht ein oder mehrere Male Meeresboden gewesen ist; da nachweisbar nach längeren Kontinentalperioden das Meer weite Festlandsräume überflutete (Transgression), so muß man erwarten, unter den Schichten, die unseren Boden zusammensetzen, sämtliche Vertreter der heutigen Meeresablagerungen wiederzufinden. Das ist bis zu einer gewissen Grenze in der That auch der Fall. Soweit unsere Sedimentgesteine nicht auf festländische Bildungen zurückzufuhren sind, lassen sie sich nicht nur als alte Strand- und Flachsee-, sondern auch als alte Kontinentalablagerungen der Tiefsee ohne Schwierigkeit erkennen. Schreibkreide und Nummulitenkalke sind höchstwahrscheinlich alte pelagische Ablagerungen, die sich unter denselben Verhältnissen niederschlugen, wie heutzutage der Globigerinenschlamm. Nur dem roten Thone ist man in keiner For- mation wiederbegegnet, und es ist dies um so auffallender, als er fast ein Drittel des ganzen Meeresbodens einnimmt Man hat daraus geschlossen, daß die ozeanischen Becken, wenigstens die von mehr als 4000 m Tiefe, von jeher mit Meer bedeckt waren; der Wechsel von Land und Wasser würde sich also nur auf ca. 68 Pro- zent der Erdoberfläche vollzogen haben und wohl auch in Zukunft darauf beschränkt bleiben.

Diese Annahme würde an Festigkeit gewinnen, wenn es sich bestätigen sollte, daß die ozeanischen Krustenteile dichter sind, als die kontinentalen (vgL S. 12).

Anderseits sprechen dagegen sowohl Thatsachen der Tier- und Pflanzenverbreitung, wie auch geologische Gründe. Die ersteren lassen zum Teil wenigstens auch eine Deutung im Sinne der Per- manenz der Ozeane zu, zwingender sind dagegen die letzteren. Die Bruchränder, die jetzt die Gestade des Atlantischen und westlichen

206 Das Meer.

Indischen Ozeans bilden, weisen darauf hin, daß Teile alter F länder in das Meer gesunken sind, und die Verteilung der oberju] sischen Organismen verlangt anscheinend ebenso gebieterisch von der gegenwärtigen wesentlich abweichende Anordnung Wasser und Land. Von so verschiedenen Gesichtspunkten 2 gehend, gelangten Süss^* wie Neümayk^^ zu demselben Schlu daß sowohl der Atlantische, wie der Indische Ozean jugendlia Alters sind und wenigstens in der Jurazeit zum großen Teil n von Land eingenommen wurden. Neumaybs kartographische E Stellung der Verteilung von Wasser und Land in der Juraperi zeigt an Stelle des nord- und südatlantischen Ozeans zwei F länder, in denen Teile der alten und neuen Welt miteinander ^ schmelzen. Sie werden in der Gegend jener großen Bruchzc die noch heute einer der charakteristischesten Züge im Antlitze Erde ist (s. Fig. 7 S. 25), durch das zentrale Mittelmeer geschiec von dem nur in den europäischen und amerikanischen Mittehnee noch dürftige Reste und auch diese nur in vielfacher Umgestalt erhalten sind.

Die Anhänger der Lehre von der Permanenz der Ozeane steJ sich die geologische Entwicklung der Erdoberfläche meist in Weise vor, daß die heutigen Kontinente im Laufe der Zeit immer größer und zahlreicher werdenden Inseln zusammenschmob Es läßt sich übrigens auch die Annahme, daß das Verhältnis von Wai und Land stets das gleiche geblieben sei, mit dem Lehrsatze I Permanenz sehr wohl vereinigen, denn es giebt genug seichte Meei

•* räume, besonders auf den Polarkalotten, die über den Wasserspi«

emporsteigen konnten, wenn das jetzige Land unter denselben versa I und umgekehrt. Ja selbst die Landkonstruktionen von Süess 1

I Neümayb stehen in keinem unlöslichen Widerspruche zu der Tl

' Sache, daß der rote Thon in den geologischen Formationen ni

vertreten ist, denn wir kennen weder das Maß des Wachsti ' und die Mächtigkeit dieser Tiefseeablagerung, noch die Länge

I geologischen Perioden. Der Schluß, daß diejenigen Meeresteile,

I heute im Niveau des Tiefseethones liegen, immer in demselben

] legen haben müssen, ist ein ganz willkürlicher. Das einzige, '

^! wir folgern dürfen, ist dies: daß der Meeresboden von d

f Zeitpunkte an, wo er sich mit rotem Thone zu bedecl

I begann, nicht mehr Land wurde.

Litteraturnachweise. ^ Hauptwerk v. Boqüslawski und Rbüm] ' Handbuch der Ozeanographie, Stuttgart 1884—87. Von fremdsprachigen

^ besonders Thoulet, Oc^anographie, Paris 1890, zu nennen. Bergbaus, A

^ der Hydrologie und Teile des Atlas der Geologie (in Bergbaus' Physikaliscl

ÜH

Das Meerwasser. 207

Atlas, Gotha 1891 ii.92). * Kbühmel, Morphologie, cit S. 40. * Das Chal- lenger-Werk (Report on the scientific Results of the Voyage of H. M. S. C hallenger; herausgegeben von C. W. Thomson u. J. Murbat), 1882—95, umfaßt 50 B&nde, von denen aber 40 zoologischen Inhalt haben. Die geographisch ^richtigen Teile werden an den geeigneten Stellen citiert werden. * Die größten Tiefenkarten sind 1. im metrischen Maße die ,, Weltkarte zur Übersicht der Meerestiefen^^, herausgegeben vom Deutschen Reichsmarineamt, Berlin 1893; 2. im englischen Maße die drei Karten im I. Bde. der Summarj of Results des Challenger Report, 1895. Die darin eingeführte Nomenklatur können wir in keiner Weise billigen. * Dietrich, Untersuchungen über die Böschungsver- hftltnisse der Sockel ozeanischer Inseln, Greifswald 1892. * v. Hochstetteb in PsTEBHAirNs Mitteilungen 1869, S. 222. ^ Geinitz ebendort 1877, S. 454. ' RoDMAN, Report on Ice and Ice Movements in the North Atlantic Ocean, Washington 1890. (Nr. 93 der Publikationen des U. S. Hydro^aphic Office.) MuRRAT u. Renard, Deep-Sea Deposits (Challenger Report), London 1891. Die Forschungsreise S. M. S. Gazelle, Berlin 1889 u. 1890. Bd. II enthält die ozeanographischen Ergebnisse. ^^ Dinklagb in den Annaleu der Hydrographie und maritimen Meteorologie 1886, S. 69 u. 113. " Symoks, The Eruption of Krakatoa, London 1888; Kiesslinq, Untersuchungen tiber DSmmemngserscheinungen , Hamburg 1888. '' Rudolph, Über submarine Erdbeben und Eruptionen, in Gerlands Beiträgen zur Greophysik, 1887. " Süss, Antlitz der Erde, cit. S. 23. " Neumayr, Verbreitung der Jura- formation, in den Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften, Mathem.-naturwiss. Klasse, 1885, Bd. L.

Das Meerwasser.

Das MeereBüivean. Im Gegensatze zu den starren Teilen der Erdkruste ordnen sich die leicht verschiebbaren Teilchen des Meeres nach dem Verhältnisse von Schwer- und Fliehkraft; seine Oberfläche repräsentiert die wahre Erdgestalt (das Geold), während die Land- fläche unter dem Einfluß ganz anderer Kräfte in unregelmäßigen Erhebungen und Vertiefungen verläuft. Allerdings wird auch der Meeresspiegel von Wellen bewegt, aber dies ist immer nur ein vor- übergehender Zustand, den wir durch eine zweckmäßige Pegelauf- stellung an der Küste eliminieren können. Femer unterliegt das Meer auch der Anziehungskraft von Mond und Sonne, seine Ober- fläche hebt und senkt sich, was wir freilich nur an der Küste, wo Bewegtes und Festes aneinander grenzen, beobachten können; aber aus den Ablesungen des wechselnden Wasserstandes am Pegel können wir das mittlere Niveau oder das Mittelwasser berechnen, und auf dieses beziehen wir unsere Höhenmessungen, während die Tiefenmessungen von dem augenblicklichen Meeresniveau ausgehen. Die daraus entspringende Ungleichheit der Tiefen ist indeß ohne Belang, weil der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser im

208

Das Meer.

,1'

l

oflfenen Ozean äußerst gering ist. Endlich ist noch zu beach daß das Meer infolge seiner eigenen Zusammendrückbarkeit n Taits Untersuchungen^ eine durchschnittliche Niveauemiedrig um 35 m erleidet.

Wäre die Erde ein regelmäßiges Rotationsellipsoid, wie i es bei allen Berechnungen ihrer Größe voraussetzt, so müßte Mittelwasser überall im gleichen Niveau liegen. Das könnte a nur unter der Bedingung einer ganz gleichmäßigen Massenverteil der Fall sein, denn jede Störung derselben verursacht eine "^ Schiebung des Schwerpunktes und dadurch eine Ablenkung des E lotes, die sich aus der Diflferenz der astronomisch und geodät gemessenen Entfernungen zweier Oberflächenpunkte ermitteln li Nun besteht aber die Erdoberfläche aus tiefen wassergefiillten Bec und mächtigen kontinentalen Anschwellimgen aus festem Grest An der Grenze dieser verschiedenen Teile wird, wie man zunä< voraussetzen muß, das Lot, das uns die Richtung der Schwerk anzeigt, gegen das Festland abgelenkt, und der Meeresspiegel, der Niveaufläche senkrecht zur Lotlinie sich stellen muß, wird hiei die Höhe gezogen, was zur Ausgleichung natürlich eine Senk anderer Teile der Meeresfläche zur Folge hat. Denken wir uns Einfachheit wegen alle Kontinente entfernt bis auf Europa-Aj und das Meer durch Kanäle unter dieses Festland fortgesetzt Zentrum des Kontinentes (48® N., 73® 0.) würde das Geold, b^ der Meeresspiegel' am höchsten ansteigen, aber auch an dem < gegengesetzten Punkte würde eine Niveauerhöhung eintreten, d hier wirkt die Anziehungskraft der Festlandmasse am wenigsl gleichzeitig wird aber auch der Schwerpunkt der Erde von i Mittelpunkt gegen das kontinentale Zentrum hin verschoben, daß an dem entgegengesetzten Meridian der Abstand zwisc Oberfläche und Schwerpunkt größer wird, als er es vor ] Schaltung des Festlandes war. Zwischen den beiden Erhebun liegen die Senkungen der Meeresfläche. Helmert* fand hie folgende Werte:

Abstand

vom

Festlandszentrum

Meridian (Greenwich)

Lage der deformierten Niveaufläche über(+) und unter ( ) dem nor- malen Niveau

180^

78 0 0. 143« 0. 0. 107« W.

+ 504 - 188 + 201

Das Meerwasser. 209

In Wirklichkeit liegen mehrere Festländer unregelmäßig zer- streut im Meere, und ihre Wirkungen auf das Geoid interferieren miteinander. Helmebt hat nach seinen Berechnungen eine Karte der Greoiddeformationen entworfen, die aber nur ein theoretisches Interesse in Anspruch nehmen darf. Unsere Kenntnis von der Massenrerteilung ist viel zu gering, als daß sich daraus schon zifPer- mäßige Ermittlungen jener Deformationen ableiten ließen; und da die Zahlen aller reellen Bedeutung entbehren, so schweben natür- lich auch alle jene weittragenden Schlüsse, die man vor einigen Jahren darauf baute, in der Luft. Die Pendelbeobachtungen, auf die schon einmal {S. 12) hingewiesen wurde, haben nach Anwendung der Kondensationsmethode Helmebts es im höchsten Grade wahr- scheinlich gemacht, daß durch Massendefekte in den Kontinenten einerseits, durch größere Dichtigkeit der ozeanischen Kruste anderer- seits eine Ausgleichung angestrebt, wenn auch vielleicht noch nicht erreicht wird; und 1891 konnte Helmebt seine Überzeugung dahin aussprechen, daß die Abweichungen des Geoids von dem Normal- ellipsoide nirgends ± 200 m übersteigend

Welche Gestaltsveränderungen auch immer der Meeresspiegel dadurch erleiden möge, sein Charakter als Niveaufläche wird nicht berührt Wohl geschieht dies aber durch eine Reihe anderer Ur- sachen, einerseits durch die Verschiedenheiten des Salzgehaltes, andererseits durch meteorologische Einflüsse. Eine genauere Kenntnis dieser Art von Störungen verdanken wir Mohns klassischen Unter- suchungen über das europäische Nordmeer zwischen Norwegen, Schott- land, Island, Grönland und Spitzbergen.* Es ist ohne weitere Erklärung verständlich, daß das Meer, sobald es durch äußere Kräfte in seiner Gleichgewichtslage gestört wird, bestrebt ist, durch Strömungen seinen ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, und daß, wenn jene Ejräfte dauernd wirken, auch die Strömungen dauernd erhalten werden. Den größten Einfluß üben die vorherrschenden Winde und die dadurch bewirkten Strömungen aus, die das nordatlantische Luftdruckminimum umkreisen. Hier, von 68<> N. 1^ W. bis 71 V^« N. 3^ 0., hat auch die Windfläche, d.h. die durch den Wind allein deformierte Meeres- fläche, ihren tiefsten Stand, über den sie bis 0,8 m an der europäi- schen Küste, bis 0,9 m bei Grönland, bis 0,6 m bei Spitzbergen und bis 0,3 m bei Island ansteigt. Das zweite Störungsmoment sind die Dichtigkeitsunterschiede, die von der Verteilung der Temperatur und des Salzgehaltes abhängen. Es ist bekannt, daß verschieden dichte Flüssigkeiten in kommunizierenden Röhren verschiedene Niveaus einnehmen, und zwar die dichteste das tiefste. Im Meere, wo die Gewässer von verschiedener Dichte sich vermischen können, wird

SUPAH, Phjraiscbe Erdkunde. 2. Aufl. 14

210 Daa Meer.

ein oberflächliches Stromgefälle yon dem höheren Niveau nach di

tieferen entstehen. Auch die Dichtigkeitsfläche (d.h. die durch c

Dichteunterschiede allein deformierte Meeresfläche) steigt im Noi

meere nach den Sandern an. Die Hauptdepressionen liegen nördli

; 1 Yon Färöer, östlich von Island (größte Einsenkung, 0,um unter de

^ l Normalniveau), östlich yon Jan Mayen und westlich von der Bare

insel, d. h. dort, wo niedere Temperatur und hoher Salzgehalt si

vereinigen. Bei Grönland steigt die Dichtigkeitsfläche auf 0,ä C

bei Spitzbergen auf 0,«, bei Norwegen auf 0,2 0,e m über c

Normalfläche. Aus Wind- und Dichtigkeitsfläche setzt sich nun c

wirkliche Stromfläche zusammen;^ dazu kommt noch als wer

; bedeutendes Störungsmoment der verschiedene Luftdruck, der d

j^ anderen Faktoren sogar entgegenarbeitet, weil er von der Mi1

J des Meeres gegen die Küsten hin steigt Das Enderzeugn

die wirkliche Meeresoberfläche, weicht nur wenig von der Stroi

i flFäche ab: sie bildet eine Mulde, deren tiefster Punkt in 6S^I^^

j' l^W. liegt und dann nach allen Seiten, zuerst langsam, da

> schneller ansteigt Das Eüstenwasser bei den Färöer liegt C

j bei Island, Jan Mayen und Spitzbergen 0,6, bei Finmarken (

1 , bei Schottland 1 l,i, bei Nowaja Semlja l,i, bei Grönland, Jl

I > land und im südlichen Norwegen 1,4 m über jener tiefsten Ei

Senkung.

Wenn meteorologische Vorgänge auf den Wasserstand besti] mend einwirken, so muß letzterer notwendig auch periodisch( Schwankungen unterworfen sein. Eine jährliche Periode ist i die Ostsee und das Schwarze Meer nachgewiesen. In der erster fällt das Maximum in den August, das Miuimum in den April; d Schwarze Meer hat den höchsten Wasserstand im Mai und Ju den niedrigsten im Februar. Die Anschwellung an den Eüst erfolgt also in der Regenzeit, wenn die Flüsse mehr Süßwasser i Meer fuhren und auf diese Weise nicht nur jene fast abgeschlossen Becken stärker füllen, sondern auch indirekt durch Verringern des Salzgehaltes das Niveau in die Höhe treiben. Die sekundär Maxima, das baltische im November und das pontische im Dezemb

X AIb Beispiele dienen folgende Stationen:

Beobachtungsstaüon (1,033.0. 10« 22' W. 5' W.

Höhe über, bez. unter (— ) dem Normalniveau. Windflftche .... 0,58om Ojuem 0,019 m

Dichtigkeitsfläche . . 0,218 0,112 0,«i6

Stromfl&che .... 0,793 0,o84 0,ooi

Das Meerwasser. 211

bleiben freilich noch unerklärt Bbückneb^ fand auch seine 35jährige Periode in den Pegelablesungen an der Ostsee und im Schwarzen ^feere ausgeprägt; ja selbst das Küsten wasser des offenen Ozeans steigt, wie die Beobachtungen an nordwestlichen Hafenplätzen Frank- reichs zeigen, in der feuchten Periodenhälfle an (in Ha vre bis 0,06 m) und senkt sich in der trockenen. Hier ist offenbar die Ver- ringerung des Salzgehaltes durch das Flußwasser das entscheidende Moment.

Die Thatsache, daB das Mittelwasser an den Küsten in yer- schiedenen Niveaus liegt, hat auch eine große praktische Bedeutung. Die Höhenmessungen der einzelnen Länder hören damit auf, streng vergleichbare Werte zu sein. Ja sogar innerhalb eines und desselben Staates können sich diese Unzukömmlichkeiten fühlbar machen. In Preußen wurden vor 1866 alle Höhenangaben in den östlichen Pro- vinzen auf den Nullpunkt des Pegels zu Swinemünde, und in den westlichen Provinzen auf den Nullpunkt des Amsterdamer Pegels bezogen. Als sich nun Preußen durch die Einverleibung Hannovers zu einer kompakten Ländermasse zusammenschloß, war jener hypso- metrische Dualismus unhaltbar geworden. Man verlegte den Aus- gangspunkt des Nivellements der Landesaufnahme seit 1879 in die Berliner Sternwarte, wo auf dem tief fundierten Nordpfeiler der ,^Normalhöhenpunkt" angebracht ist; genau 37 m unter demselben befindet sich die „Normalnull'', auf die alle neuen Höhenmessungen bezogen werden. Man glaubte ursprünglich, daß sie genau im gleichen Niveau mit dem Nullpunkte des Amsterdamer Pegels liege, in der That liegt sie aber nach den letzten Berechnungen 0,o4m unter demselben und 0,212 m über der Swinemünder Null. Die Schweiz, die keine Meeresgrenzen hat, wählte als Basis ihres Nivellements den Pierre du Niton bei Genf, dessen mittlere Seehöhe noch nicht mit Sicherheit ermittelt ist; man nimmt jetzt als solche 373,54 m an. In den übrigen Staaten geht man vom Mittel- oder Nieder- wasser an der betreffenden Küste aus, und die Aussicht auf eine gemeinsame europäische Normalnull dürfte sich nicht so bald ver- wirklichen, seit sich auch die internationale Erdmessungskommission dagegen ausgesprochen hat Denn unter allen Umständen müßte diese Normalnull an das Meer verlegt werden, sonst würde man auf jeden Vergleich der europäischen Höhen mit jenen anderer Festländer und der Liseln verzichten; aber mit der Wahl eines einzigen PegelnuUpunktes würde man für die entfernteren Länder noch größere Fehlerquellen eröffnen, als diejenigen sind, unter denen man jetzt leidet Selbst unsere feinsten Nivellements unterliegen nach BöBSCH noch einem mittleren Fehler von ± 4,42 mm auf das

14*

212

Das Meer.

Kilometer, und andererseits sind die Niveauunterschiede des Mitt€ Wassers an den verschiedenen Küsten jedenfalls nicht so groß, a man früher annahm. Sie dürften in den europäischen Meeren wo selten 0,6 m überschreiten und in den meisten Fällen nicht einm 0,1 m erreichen, doch lassen sich genauere Zahlen bis jetzt nur fi wenige Punkte geben. ^

Salzgehalt und speziflsches Oewioht 32 Elemente sind bi lang im Meerwasser nachgewiesen worden und es unterliegt keine

Zweifel, daß künftige ünte

suchimgen diese Zahl no< vermehren werden. Sie e scheinen als Bestandteile tei des Wassers selbst, teils d absorbierten Luft und Ko lensäure, zum größten T< aber der aufgelösten chen sehen Verbindungen. D letzteren bezeichnet man ihrer Gesamtheit als Sal gehalt; dieser ist es, der de Meerwasser den eigentüi lieh salzig bittem Oeschma und das hohe spezifische G wicht verleiht Im allgem< nen kann man 35 Promi als den normalen Salzgehj des offenen Ozeans betrac ten. Seine Zusammensetzu ist, wie auch die zahlreichen Analysen der Challenger-Proben neue dings wieder bestätigten, unter allen Breiten und Längen die gleicl und nur der Kalkgehalt nimmt mit der Tiefe etwas zu. Fobc HAMMEE fand im Durchschnitte in 1000 Teilen Wasser:

Fig. 38. Salzgehalt des Atlantischen Ozeans nach Krümmel^ und Schott ^

X Helmert sagt darüber: ,,Da8 Resultat dieser Arbeit (Kritik v 48 Nivellementspolygonen in Mittel- und Westeuropa) hat gezeigt, daß dasmittl« Niveau im Mittelländischen und Adriatischen Meer ca. 13 cm tiefer liegt, in der Ostsee, Nordsee und im Kanal, aber auch, daß Differenzen von d selben Ordnung entlang der nördlichen und südlichen KüBten vorkomm« Ein Teil dieser Differenzen ist sicherlich reell, wie z. B. die bis zu 15 betragenden für die Punkte an der holländischen Küste. Allein sobald sich um große Entfernungen von Stationen handelt, kann diese Realität nc nicht als erwiesen betrachtet werden."

Das Meerwasser. 213

Kochsalz 26,9 Teile \ Chlorverbindungen

Chlormagnesium . . . 3,2 > 30,7 oder 89,5 Proz.

Chlorkalinm 0,6 i des Bückstandes.

Bittersalz 2,3 ) Schwefelsäuresalze

Gips 1»3 »» J 3,5 oder 10,3 Proz.

Rohlensäuresalze etc. . 0,i ,, oder 0,2 Proz.

Salzgehalt 34,3 Teile

Der Unterschied zwischen dem Meer- und Flußwasser besteht aber nicht nur in dem weitaus größeren Salzgehalt des ersteren, sondern auch in der Zusammensetzung desselben. Im Meerwasser herrschen die Chlorverbindungen, im Flußwasser die Kohlensäuresalze ent- schieden vor; der Salzgehalt des ersteren kann also kaum von dem letzteren abgeleitet werden.

Die Ermittlung des Salzgehaltes durch feinere Methoden ist nur im Laboratorium möglich. Weitaus die meisten Untersuchungen sind aber an Bord des SchüBfes angestellt worden, und hier ist man im wesentlichen auf drei Methoden angewiesen: auf die Bestimmung des spezifischen Gewichtes mittels des Aräometers, auf die Feststellung des Chlorgehaltes, der in einem nahezu konstanten Verhältnisse zum ganzen Salzgehalte steht, und auf die Untersuchung des optischen Brechungsexponenten des Seewassers, der ebenfalls vom Salzgehalte abhängigt Die wichtigste und am meisten angewandte Methode ist die erstgenannte; ihr seien daher einige Worte gewidmet.

Das in der deutschen Marine und auch sonst gebräuchlichste Aräometer giebt unmittelbar das spezifische Gewicht des Seewassers bei seiner augenblicklichen Temperatur {t% bezogen auf destilliertes

Wasser von 17,6® (14^ R), oder um es kurz auszudrücken *S'[ oj*

Das spezifische Gewicht des Meerwassers, das man gewöhnlich, wenn auch nicht ganz korrekt, mit seiner Dichte identifiziert, ist außer vom Salzgehalte auch von der Temperatur abhängig, da das Meer- wasser, wie alle Körper, bei steigender Temperatur sich ausdehnt und dadurch leichter wird. Das spezifische Gewicht ist daher periodischen und unperiodischen Schwankungen unterworfen wie die Temperatur selbst. Wir können den Einfluß der Temperatur aus- scheiden, wenn wir alle Aräometerangaben auf gleiche Temperatur reduzieren, z. B. auf 17,6**, wie es bei uns üblich ist^ Dieses

X Die Engländer berechnen, um wieviel mal Seewasser von der Temperatur 15,56® (60® F.) schwerer ist, als ein gleich großes Volumen destilliertes Wasser

(15j0\ /0®\ /20°\

Q I. Andere Beduktionen sind '51— ^1 und 'S'I-jö"). Eine

internationale Regelung ist dringend erwünscht.

214 Das Meer.

reduzierte spezifische Gewicht 'S/rY*^] wird allein vom Salzgeha

bestimmt und kann direkt in denselben verwandelt werden,^ de ziehen es manche Darsteller vor, in ihre Karten nur Linien gleicl Dichte, bezw. gleichen reduzierten spezifischen Gewichtes e zuzeichnen. *

Obwohl sich das Aräometer auch schon auf Handelsschif eingebürgert hat, so haben doch eigentlich nur die wenigen wiss^ schaftlichen Expeditionen wirklich brauchbares Material geüefe und unsere Kenntnis von der Verteilung des Salzgehaltes den Oberflächenschichtfen ist daher noch eine recht mang hafte; selbst die Karten des Atlantischen Ozeans von Kbümmi und Schott® sind noch für viele Gegenden hypothetisch (Fig. l Indes tritt das Grundgesetz doch schon deutlich hervor. Im offen Ozean steigt der Salzgehalt von der Aquatorialzone bis gegen bis 30^ Breite und sinkt dann wieder polwärts, wobei wir es nati lieh unentschieden lassen müssen, ob sich dieses Verhalten bis die innersten Polarkalotten fortsetzt. Man erkennt sofort, daß Sa gehalt und Luftdruck im inneren Zusammenhange stehen, wenn ai] nicht im direkten, sondern durch Vermittlung der Winde. Dal fallen die Maximalgebiete des Salzgehaltes und Luftdruckes ni( zusammen, sondern die ersteren liegen in der Zone lebhaftes passatischer Luftbewegung, weil hoher Salzgehalt durch starke V( dunstung bedingt ist, und nichts so sehr die Verdunstung bef&rd( als regelmäßige, frische, trockene Winde. Die äquatoriale Minim Zone des Atlantischen Ozeans liegt im Windstillengürtel zwiscl 5 und 10® N. und erstreckt sich nur an der afrikanischen weiter nach Süden. Ob hier die ergiebigen Regengüsse der Aqua rialzone für die Verdünnung des Seewassers verantworlich zu macl seien, mag noch als unentschieden gelten. Dafür spricht jedenfs die Thatsache, daß in diesen äquatorialen Meeresgegenden die sa arme Schicht nur einen verhältnismäßig dünnen Überzug bild während in etwas höheren Breiten der Salzgehalt normal mit ( Tiefe abnimmt. Schott hat in neuester Zeit auf Grund seiner I fahrungen den Einfluß des Regens bestritten; nach seiner Ansi( ist hier der Salzgehalt vielmehr der normale und erfährt nur dan keine Steigerung, weil unregelmäßige, schwache Winde oder Stil] und feuchte Luft die Verdunstung hindern. Aus einem ähnlicli

X Salzgehalt in Promille ist = 1310 Is Uy^ " ^) » ^^®' ^^^ *^®^* lischen Reduktion = 1353 (s \^~f\ - l] .

Das Meerwasser. 215

Grunde yemngert sich der Salzgehalt stetig nach den mittleren und höheren Breiten zu, denn in gleicher Eichtung sinkt auch die Ver- dunstung infolge abnehmender Temperatur und zunehmender relativer Luftfeuchtigkeit. Die Meeresströmungen vermögen dieses Gesetz nicht YöUig zu durchbrechen, aber sie rufen doch Störungen hervor, die sich in starken Ejümmungen der Linien gleichen Salzgehaltes kundgeben. Wo polare Ströme, wie an den Ostküsten Amerikas, weit in niedere Breite vordringen, verringern sie den Salzgehalt merklich, während warme Ströme ihr salzreicheres Wasser mehr oder minder weit in höhere Breiten fähren. Am weitesten der Golf- strom, in dessen Bereiche ein Salzgehalt von 35 Promille noch den 70. Parallelkreis überschreitet. Nichts Ahnliches weist sonst die Meereskunde unserer Tage auf Im südaÜantischen Ozean reicht die 35-Linie nur im Brasilstrome bis 43^ B. und zieht sich sonst bis gegen 36® B. zurück, und ein gleiches Verhalten zeigen, soweit unsere Kenntnisse reichen, auch die übrigen Südozeane. Im nordpazifischen Ozean liegt die äußerste Polargrenze dieses Salzgehaltsgrades ebenfalls in 36 ® B. Schon dies vermag uns eine Vorstellung zu geben von der Macht des Golfstromes, dem in der That kein anderer gleichkommt.

Wir haben bisher die Eüstenzone von unserer Betrachtung aus- geschlossen. Wo große Ströme einmünden, zeigt sich ihre ver- dünnende Wirkung oft noch in ziemlich großer Entfernung von der £üste. Oft, aber nicht immer. Daß das äquatoriale Minimum im Atlantischen Ozean an der afrikanischen Seite so weit nach Süden herabreicht, ist, wenigstens zum Teil, dem Niger und noch mehr dem Kongo zuzuschreiben; aber Orinoko und Amazonas fuhren noch größere Mengen Süßwassers dem Meere zu, und doch erlahmt ihr Einfluß schon knapp an der Küste, gegen die die Passatströmungen salzreiches Wasser hinwälzen. In den polaren Zonen gelangt das festländische Süßwasser in der Form von Eisbergen noch weiter in das Meer hinaus, aber auch das schmelzende Meereis ist nur schwach salzig und kann zur Verdünnung der Oberflächenschichten beitragen.

Die geographische Verbreitung des Salzgehaltes im Indischen und Pazifischen Ozean weicht in den Grundzügen von dem atlan- tischen Bilde nicht ab. Auch daß der Indische Ozean nur ein Maximalgebiet, nördlich von 30** S., besitzt, kann uns nicht über- raschen, wenn wir beachten, daß er nur in seinem südhemisphärischen Teile von beständigem Passat überweht wird. Die Verteilung ist also in allen Ozeanen dieselbe, aber in den absoluten Werten be- stehen große Unterschiede. Der nordatlantische Ozean ist weitaus der salzreichste, der nordpazifische sicher der salzärmste Ozean. ^^ Als Maxima werden angenommen im nordatlantischen Ozean 37.6,

216 Das Meer.

im südatlantischen ebenfalls 37,e, im Indischen 36,4, im nordpaziiische 35,7 Promille.

Die Nebenmeere zeigen ein sehr verschiedenes Verhaltei Zunächst ist entscheidend, ob sie von den großen Meeresströmunge berührt werden oder nicht Im ersteren Falle ist der Salzgeha von dem Charakter der Strömung abhängig, aber immer etwi geringer als im benachbarten offenen Ozean, weil Nebenmeere yei hältnismäßig mehr Flußwasser empfangen. Die inselabgeschlossene Meere am Ostrande Asiens haben 34 bis 34,6 Promille Salzgehal wenn sie von warmen, und 30 32 Promille, wenn sie von kalte Strömungen durchzogen werden. Im australasiatischen Mittelmeei ist der unterschied zwischen der verhältnismäßig salzarmen Banlu und Javasee und den salzreichern Gewässern im Norden und Non Osten besonders auffallend, und die Annahme Schotts, daß d: letzteren noch pazifisches Wasser erhalten, scheint uns das ßichti« zu treffen. Dagegen ist der geringe Salzgehalt der Javasee (ca. 'S Promille) auffallend, wenn man die niedere Breite berücksichtig und wir können die Vermutung nicht zurückweisen, daß reichUcl Zufuhr von Regenwasser hier auch mit im Spiele ist In de Binnenmeeren regelt sich der Salzgehalt der Oberflächenschicht« ausschließlich nach dem Verhältnisse von Verdunstung und Süßwasse Zufluß. In einem warmen und trockenen Elima erreicht er eii Höhe, wie selbst im Ozean nicht Das Rote Meer ist wohl di salzreichste (40 Promille), aber selbst das europäische Mittelme< hat noch über 37 Promille. Das Schwarze Meer wird dagegc schon stark durch die einmündenden großen Flüsse ausgesüßt (ca. 1 Promille), und noch weit mehr die Ostsee, wo auch die niedei Temperatur der Verdunstung hinderlich ist Während die Nordse die mit dem Ozean in offener Verbindung steht, noch im Ostc 32,6 Promille Salzgehalt besitzt, sinkt dieser im Skagerak sehe auf 29, im westiichen Teile der Ostsee auf 8, im nördlichen Bottnische Busen schon unter 3 Promille. Auch noch in einem anderen Punki unterscheiden sich die Binnenmeere wesentlich vom offenen Ozeai in den ersteren nimmt der Salzgehalt mit der Tiefe zu, im letztere aber ab, wenigstens bis gegen 2000m Tiefe; und wenn er dar auch wieder etwas zu steigen scheint, so ist er doch stets am Grunc geringer als in den Oberflächenschichten. Die Konzentration d( Seewassers unter dem Einflüsse der Verdunstung vollzieht sich ; nur an der Oberfläche. Aber da das Wasser dadurch schwen wird, so sinkt es unter und kann in den Binnenmeeren unter d€ hier obwaltenden Temperaturverhältnissen (von denen später au führlicher die Rede sein soU) wirklich bis zum Boden gelange

Das Meerwasser. 217

während im kalten Ozean schon in Tiefen von etwa 200 m eine Dichtigkeit herrscht, die kein weiteres Einsinken des salzreichen Oberflächenwassers gestattet

Indem wir vom Salzgehalte sprachen, sprachen wir zugleich auch von den Verbreitungsgesetzen des reduzierten spezifischen Gewichtes. Anderen Gesetzen unterliegt das absolute spezifische Gewicht, das nicht nur vom Salzgehalte, sondern auch von der Temperatur ab- hängig ist und auf destilliertes Wasser von bezogen wird (also

S )• Leider hat man es bisher selten in den Kreis der Unter-

suchimgen gezogen, obwohl es als einer der Faktoren der Meeres- strömungen sicher die größte Beachtung verdient. Soviel wir wissen, nimmt es von der Äquatorialzone gegen die Pole und an jedem Ort^ mit der Tiefe zu. Die Wirkungen des sich verringernden Salz- gehaltes werden also durch die Temperaturemiedrigung mehr als ansgeglichen.

Farbe. Mit dem Salzgehalte und der Temperatur hängt bis zu einem gewissen Grade auch die Farbe des Meeres zusammen. Wenn man absieht Ton allen jenen Beflexerscheinungen an der Ober- fläche des Seespiegels, die die Himmelsfarbe, die wechselnde Be- wölkung, die Sonnenhöhe und das Mondlicht hervorrufen, so kann man die Meeresfarbe als blau bis grün bezeichnen. In kleinen Mengen betrachtet, ist allerdings das Seewasser ebenso farblos, wie destilliertes Wasser; jene Färbung kommt nur dem Meere als ganzes zu, und schon daraus kann man schließen, daß auch sie eine Keflex- erscheinung ist, die aber in größeren Tiefen ihren Sitz hat. Daher erscheinen auch weiße Gegenstände, wenn man sie in das Meer taucht, zuerst grün und nehmen eine immer blauere Färbung an, je tiefer man sie versenkt, bis sie dem Auge gänzlich entschwinden. Die größte Sichttiefe, die man bisher beobachtet hat, betrug 66 m (in 31^44'N., 43®38'W.). Daß aber die chemisch wirksamsten Strahlen der blauen und violetten Seite des Spektrums noch tiefer eindringen, lehren Untersuchungen mittels der photographischen Camera. Die sorgfältigsten wurden von Fol ^^ zwischen Corsica und der Eiviera angestellt; photographische Platten wurden in 461m Tiefe noch belichtet, in 480 m aber nicht mehr; zwischen diesen Niveaus muß also für jene Strahlen die Grenze liegen. Dagegen werden die roten und gelben Strahlen sehr bald vom Wasser ab- sorbiert, und dies ist unzweifelhaft der Grund, weshalb Meer und Seen, wenn sie nicht verunreinigt sind, blau oder grün erscheinen. Die blauen Strahlen werden wahrscheinlich durch die auch im an- scheinend reinen Wasser vorkommenden feinen Trübungen reflektiert;

^

218 Das Meer.

je weiter sie in das Meer eindringen, desto blauer ist die Yi je kürzer ihr Weg ist, desto mehr gelbe Strahlen sind ihnen gemengt, d. h. desto grüner ist die Farbe.

Es ist daher ohne weiteres verständlich, daß an der Küste über Bänken das Wasser grün ist, und in der tiefen See die B umsomehr dem Blau sich nähert, je reiner und durchsichtigei Wasser ist Hier ist der Punkt, wo Salzgehalt und Temperatu maßgebende Faktoren eingreifen. Mehrfache Untersuchungen h ergeben, daß die Trübung um so rascher zu Boden sinkt, je reicher und wärmer das Wasser ist

Daß ein solcher Zusammenhang wirklich besteht, lehrt die Farbenkarte des nordatlantischen Ozeans von EBüMMSii, einzige dieser Art, die bisher gezeichnet wurde.^ Möglich w eine solche Darstellung erst durch die FoBELsche Skala, alle Abstufungen vom tiefsten Kobaltblau bis zum dunkelsten ( durch das prozentische Verhältnis einer blauen und einer g( Lösung in exaktester Weise unterscheiden läßt Ule hat diese S noch erweitert, indem er dem Grün (Forels Nr. XI, 35 Proz. und 65 Proz. gelb) noch yerschiedene Prozentsätze einer brai Lösung hinzufügte."

Zwischen 10^ S. und 40** N. ist der Atlantische Ozean ko blau, doch bestehen einige Ausnahmen. Grünlich-blau sind Küstengewässer um die Canarischen Inseln und der östliche Teil Äquatorialzone, in den noch Ausläufer des kalten Benguelastrc einzudringen scheinen; tief kobaltblau und von größter Transpa ist die sog. Sargassosee, die nur zum Teil mit dem Maximalgel des Salzgehaltes zusammenfällt. Zwischen 40 und 50® N. hen die grünlich-blaue, jenseits 50® im Gebiete des Golfstromes 8( eine ausgeprägt grünblaue Farbe, während die Polarströme an amerikanischen Seite und die seichte Nord- und Ostsee dunkelgr Wasser führen. Im großen und ganzen ist, wie oben bemerkt, Zusammenhang zwischen Farbe einerseits und Salzgehalt und 1 peratur andererseits wohl Yorhanden, aber im einzelnen giebt es < yiele Ausnahmen, die noch ihrer Erklärung harren. Wir dürfen j nicht vergessen, daß es kalte Süßwasserseen giebt, die sich d herrliche blaue Färbung auszeichnen.

Außergewöhnhche Meeresfärbungen, wie milchweiß, blutrot, f lieh- oder schiefergrau, ohvenbräunlich, nennt der Seemann bez< nenderweise „Miß-" oder „Verfärbung". Sie treten immer nur radisch und örtlich begrenzt auf und werden meist von massei auftretendem Plankton erzeugt Mancher Meeresname mag d zusammenhängen. So heißt das Gelbe Meer sicher von den ]

Die Wellenbewegung. 219

massen, die der Hoangho ihm zuführt^ während andere Namen^ wie Weißes und Schwarzes Meer, ebenso sicher mit der Färbung nichts zu thun haben. In Bezug auf das Kote Meer sind die Ansichten geteilt. Milliarden mikroskopischer Tierchen sind es auch, welche jenes wunderbar schöne, besonders den Tropenmeeren eigentümliche Phänomen erzeugen, das als Meeresleuchten bekannt ist

Li tteraturnach weise. ^ Challenger Report, Physics and Chemistry, Bd. n, 1889. Helmebt cit. S. 6. Helhert cit S. 13. * Mohn, Nordhavets Dybder, Temperator og Ströminger, Kristiania 1887. * BbOcknbb cit. S. 190. * Helmebt, Le Z^ro des altitudes, in den Verhandlungen der permanenten Kommission der internationalen Erdmessung in Florenz 1891. 7 ELbümmel, Greopbysikaliscbe Beobachtungen der Plankton-Expedition, Kiel 1893. * ScHoiT, Wissenschaftliche Ergebnisse einer Forschungsreise zur See 1891 und 1892, Gotha 1893. (109. Ergänzungsbeft zu Petebmaiins Mitteilungen.) * Bughan, Report on the Oceanic Circulation (Appendix zum Cballenger-Report), 1895. *<^ Makabow, Le „Vitiaz" et l'Oc^an pacifique, St Petersburg 1894. Vergl. auch EIbümmel in Petebmanns Mitteilungen 1893, S. 85. " Fol in den Comptes rendus de TAcad^mie des sciences de Paris 1889, Bd. CIX, S. 323. ÜLE in Petebmanns Mitteilungen 1892, S. 70; vergl. dazu die Bemerkungen y. Dbtoalskis, ebendas. S. 286.

it

Die Wellenbewegung.

Windwellen. Von der strömenden unterscheidet sich die Wellen- hewegung dadurch, daß nur die Form der Bewegung, der Wechsel von Berg und Thal, fortschreitet, während das einzelne Wasser- teilchen seine Lage im Räume wenig oder gar nicht verändert Wir können uns durch den Augenschein davon überzeugen, wenn wir irgend einen leichten Gegenstand auf das Wasser werfen: er hebt und senkt sich nur, während Berg und Thal unter ihm hinwegeilen. Jedes Wasserteilchen bewegt sich dabei wie ein sich drehendes Bad in einer kreisähnlichen Vertikalebene: aufwärts und zugleich in der Richtung der bewegenden Kraft nach vorwärts, dann hinunter und zugleich gegen die Richtung der bewegenden Kraft nach rückwärts. Man nennt dies eine Orbitalbewegung. Das Profil fortschrei- tender Wellen ist am besten mit einer Trochoide^ vergleich- bar, und die Erfahrung hat gelehrt, daß die Trochoidenformeln auch auf die Wellen, wenigstens auf solche in tiefem Wasser, sich anwenden lassen. Die Hauptmaße: die Wellenlänge (L) oder die Entfernung von einem Wellenkamme zum andern, die Periode (T)

X Bollt ein Bad auf einer horizontalen Fläche weiter, so beschreibt ein beliebiger Punkt der Peripherie eine Cjkloide, ein solcher an einer Bad- speiche aber eine flachere Kurve oder eine Trochoide.

220 Das Meer.

oder die Zeitdauer zwischen zwei aufeinanderfolgenden Wellenber und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit {G) der Welle in der Seki stehen im inneren Zusammenhange, so daß, wenn eines dieser mente durch die Beobachtung gegeben ist, die anderen sich di die Trochoidengleichungen rechnungsmäßig ableiten lassen. ^ ist dabei nicht zu vergessen, daß Beobachtungen auf einem fahrei Schiffe die eigene Geschwindigkeit und den Winkel zwischen I linie und Wellenrichtung berücksichtigen müssen. Das vierte Hauptmaße, die Wellenhöhe oder der Vertikalabstand zwischen J und Thal, kann dagegen nur durch unmittelbare Beobachtung gestellt werden, und da man dafür leider noch kein sicheres I verfahren ausfindig gemacht hat, so ist begreiflicherweise auch geübteste Seemann vielfachen Täuschungen ausgesetzt, und es erl sich daraus zur Genüge, daß Höhe und Steilheit der Meereswe in Wort und Bild so häufig übertrieben werden.

Es ist nicht schwer, zu erklären, warum um irgend einen Ge\ stand, der die Wasserfläche trifft, konzentrische Wellen entste An dieser Stelle wird das Wasser herabgedrückt, seine leicht schiebbaren Teilchen weichen aus, und indem sie dadurch e Druck auf alle benachbarten Wasserteilchen ausüben, wird um Depressionsstelle eine Erhöhung des Wasserspiegels, ein W^ellenl erzeugt. Dieser sinkt wieder in sich zusammen, schwingt aber möge des Gesetzes der Trägheit noch über seine Gleichgewichts hinaus, und so entsteht an der Stelle des früheren Wellenbe ein kreisförmiges Wellenthal, das an seiner äußeren Peripherie wi< einen Wellenberg erzeugt. Auf diese Weise pflanzt sich die wegung fort, bis die Keibung die bewegende Kraft aufgezelirt Der Wind dagegen ist eine kontinuierlich und horizontal wirke Kraft und sollte die Wasserteilchen vor sich hersclüeben. Und ist in der That auch der Fall, der Wind erzeugt ebenso Strömur wie Wellen, und die Frage ist nur die, wann erzeugt er die e wann die andere Bewegungsart, und wie gehen beide ineinander ül Sobald die völlig ruhige See von einem Winde mit mehr als C Geschwindigkeit in der Sekunde getroffen wird, entsteht eine lei

0 V 9 9

Fügen wir für n (LuDOLPische Zahl = 8,142) und g (Beschleunigung Schwere = 9,806) die Werte ein, so erhalten wir nach Schott folgende ein! Gleichungen :

C = 1,25}/^" = l,5cr L = 0,M (7* = 1,5«

T = 0,80 l/ZT = 0,64 C,

Die Wellenbewegung.

221

Kräuselung des Wasserspiegels. Die Oberflächenschicht, die sich hei jeder Flüssigkeit in mancherlei Hinsicht wie eine selbständige Membran verhält, legt sich in Falten, wie die Haut am Handrücken, wenn man mit dem Finger über denselben hinwegstreicht. Die glättende Wirkung des Öles auf die Wellenbewegung beruht nur darauf, daß die Olschicht, die sich über das Wasser ausbreitet, neue Spannungsyerhältnisse schafft. Die oben beschriebenen Fältchen oder die kapillaren Wellen, wie Scott Russell sie nannte, sind es nun, die dem Winde neue Angriffspunkte bieten und immer höher zu wirklichen Wellen anwachsen. Je größer der Raum und die Wassermasse ist, desto ungehinderter kann diese Entwicklung vor sich gehen; das Meer ist daher der eigentliche Schauplatz großer W'ellenbildungen. Dabei wird, wenn der Wind lang genug aus einer und derselben Richtung weht, die Tendenz immer größer, die Wasser- teilchen in dieser Richtung auch wirklich weiterzubewegen, so daß die Orbitalbahnen nicht mehr geschlossene Kurven bilden, und jedes Wasserteilchen am Ende einer Schwingung von seiner früheren Lage etwas abgerückt ist. Daraus entstehen die Triftströmungen, auf die wir bei einer andern Gelegenheit noch zurückkommen werden.

Aus Schotts Wellenmessungen heben wir folgende beobachtete Werte hervor:

Greogr.

Geogr.

Breite i Länge

70

11 29 29

Wind- stftrke 0—12

Greschwin-

digkeit m pro Sek.

Länge m

Periode Sek.

Atlantisches Passatgebiet.

4,» 5,0

6,6

6,0

15» W.

5

7.«

36,«

10

4—5

7,.

37,5

9 0.

5

8,8

58,8

» »

5

10,j

61,.

Höhe m

1,0

1,8—2,0

4,0

4,5

]

ndisches

Passatge

biet.

26» S..I48<>0.

5

7,»

32,8

4,.

0,8

26

48

6

8,j

44,.

5,»

2,5

n

72

8—9

14,7

130,t

8,8

7—8

Böschung

50

9 11 13

40 10 10

Je stärker der Wind ist, desto größer sind alle Wellendimen- sionen^ aber auch bei gleichbleibender Windstärke entwickeln sie sich immer voller, wofür die beiden Beobachtungen Schotts in 29^ S. 9^0., die am gleichen Tage gemacht wurden, ein gutes Beispiel bieten. Aber diese Abhängigkeit tritt bei den einzelnen Dimensionen in yerschiedenem Grade zu Tage. Am veränderlichsten ist jedenfalls die Höhe, aber sie bildet sich nicht ruhig bis zu dem der Windstärke entsprechenden Maximum aus, weil bei zunehmender

222

Das Meer.

]

Luftbewegung die Kämme abbrechen und sich in das vor ihi liegende Thal stürzen. Auf stürmischem Meere sind diese „Sta Seen" den Schiffen äußerst gefährlich. Gleichzeitig verändert s mit der Windstärke auch das Verhältnis von Höhe und Länge, o< mit anderen Worten der Böschungswinkel der Wellenberge, der i so steiler wird, je heftiger der Wind weht^ Über das Verhält der Wind- und Wellengeschwindigkeit sind die Ansichten gete nach den einen laufen die Wellen schneller, nach den anderen lai samer als der Wind. Dieser Widerspruch rührt davon her, daß m bei der ümwandlimg der beobachteten Windstärke in Windgesch"w digkeit verschiedene Reduktionsfaktoren anwendet. Bei mäßig Winde bewegen sich die Wellen nicht schneller, als die grof Segelschiffe und die meisten Dampfer, imd selbst bei Sturm erreicl sie nur selten die Geschwindigkeit von Schnellzügen (ca. 19 m ] Sekunde im deutschen Flachlande). In Schotts Beispielen si freilich nur die ruhigeren Passatgebiete vertreten, und es unterli( keinem Zweifel, daß die Zonen der Westwinde, besonders die st liehe, viel ausgebildetere Wellen besitzt, wie aus den zahlreicl Messungen von Paris hervorgeht. ^ ^ Als höchste beglaubigte Dim< sionen können folgende angesehen werden:

Geschwindigkeit ... 28 m in der Sek.

Länge 500 m

Periode 18 Sek.

Höhe 15 m, jedenfalls nicht über 18 m.

Wie das Wasser, in das wir einen Stein geworfen haben, : folge seines großen Trägheitsmomentes und seiner geringen innei

X Nach Schott beträgt bei

Windstärke 5 (mäßig)

6—7 (stark)

9 (Storm)

WeUenböschung ß^

10**

110

XX Beobachtete Mittelwerte:

Geschw.

Linge

Perlode

Höh

m

m

Sek.

Mittel 1

Atlantisches Passatgebiet . ,

11,2

65

5,8

1,»

Indisches Passatgebiet . .

12,6

96

7,6

2,.

Südatlantische Westwinde . |

14,0

133

9,6

4,3

Indische Westwinde . . .

15,0

114

7,6

5,. 1

Ostchinesisches Meer . . 1

11,.

79

6,g

3,2

Westpazifischer Ozean . . '

12,4

102

8,2

3,.

Maximum

6 5

7

11,5 6,5

7.5

i

Mittic

5 6

8

7 5V,

Es darf indes nicht verschwiegen werden, daß in neuester Zeit gegen allgemeine Zuverlässigkeit der Messungen von PAeis schwerwiegende Beden] erhoben wurden.

Die Wellenbewegung.

223

Reibung nur allmählich zur Ruhe kommt ^ so wogt das Meer auch dann noch, wenn sich der Wind schon gelegt hat Diese Bewegung nennt der Seemann Dünung, im Gegensatze zu den unmittelbaren Windwellen oder „Seen". Nichts bietet dem Neuling ein geheimnis- ToUeres Schauspiel, als wenn auf windstiller Fläche Welle auf Welle heranrollt, von den Seen durch nichts unterschieden, als durch sanf- tere Böschung und abgerundete Form der Kämme. Die alte Be- wegung dauert manchmal noch fort, wenn schon neuer Wind aus anderer Richtung sich erhoben hat; alte und neue Wellen durch- kreuzen sich dann nach den Gesetzen der Interferenz, als ob jede nur für sich da wäre; und es steigert sich bis zum tollen Win'warr, wenn eine tiefe Cyklone mit ihrer rasch wechselnden Windrichtung über das Meer zieht. Dann kann die Dünung dem Schiffer schon einige Zeit vorher den kommenden Sturm verkündigen. Am reinsten und großartigsten gelangt die Dünung in den Zonen der regelmäßigen Passate imd im äquatorialen Kalmengürtel zur Ausbildung; die ge- waltigen Wellen, die die Weststürme höherer Breiten erregen, dringen sogar nicht selten von einer Halbkugel in die andere vor. ^

Brandung. Nach den experimentellen Untersuchungen der Ge- brüder Wbbeb reicht die Wellenbewegung bis zu einer Tiefe, die dem 350 fachen Betrage der Wellenhöhe gleichkommt Bei den höchsten Wellen würde also erst das Wasser jenseits der Isobathe von 6300 m in Ruhe verharren. Aber mit der Tiefe nimmt die A\'ellenhöhe rasch ab, die Orbitalbahnen nehmen eine elliptische Gestalt mit immer mehr sich verkürzender Yertikalachse an, so daß in größeren Tiefen die Wellenbewegung eigentlich nur mehr in einem Hin- und Herschieben der Wasserteilchen besteht Schon in einer Tiefe, die gleich ist der Wellenlänge, beträgt nach der Theorie die Wellenhöhe nur mehr den SOOsten Teil der oberflächlichen. Indeß genügt diese Bewegung, um den festsitzenden Tiefentieren fort- während Nahrung zuzuführen, ja sie ist in mäßiger Tiefe bis circa 200 m noch im stände, feste Teilchen in Bewegimg zu setzen, wie man aus den Kräuselungen des Sandes nachweisen kann. Auf seichtem Grunde wird also ein Teil der lebendigen Kraft in Arbeit umgesetzt, und dieser Vorgang wird noch dadurch befördert, daß hier die

X Beispiele zweier starker Dünungen nach den Beobachtungen von Schott:

SQdl. ! östL Breite Lftnge

Wlnd- Richtang Stftrke

DQoang auB

Geeohw. m pro Sek.

Länge m

Periode Sek.

="'• BÖMhung m

19« 0^ 28 ' 39

SO.

0 5

SW.

SW.

17,4

23,5

174,0 341,7

10,0

4,0

7,6 4

224

Das Meer.

OrbitaJgeschwindigkeit nicht bloß mit der Wellenhöhe, sondern mit der Verminderung der Wassertiefe zunimmt, wenn sie wolil kaum jemals ihr theoretisches Maximum, den halben Wert der Pflanzungsgeschwindigkeit der Wellenform, erreichen dürfte. Zuj wird die Welle, wenn sie aus tiefem Wasser in flaches tritt, küi und diese doppelte Umgestaltung macht sich auch dann geltend, wenn die Seen über eine Bank im offenen Ozean i Wenn sie dagegen an sanft ansteigenden Eüstenabdachungen hi laufen, so erleiden die untersten Wasserschichten außerdem ( Reibung eine wesentliche Verzögening; die Kämme verlieren symmetrische Form, neigen sich nach vom und stürzen Man bezeichnet diesen Yorgang als Brandung; sie tritt an Küsten auf, die allmählich in das Meer verlaufen, am großarti aber wohl an der Guineaküste Afrikas, wo sie unter dem N

Kalema bekannt ist und durc heftige und häufige Westdünun südatlantischen Ozeans erzeugt Aber nicht bloß die Form, soi auch die Richtung der Wellen ä sich etwas infolge ungleicher Keil wie dies Fig. 39 schematisch stellt Die Wellen ab, die in ei Entfemimg vom Ufer in der Ricl des Windes verlaufen, machen u Nähe des Landes eine Schwenl weil die a-Hälften sich auf tief Grunde und daher rascher bew als die 6-Hälften. Bei heftigen lange andauernden, gegen das Land gerichteten Stürmen verb sich mit der Brandung der Windstau, eine Erhebung des Wa spiegeis, die besonders in trichterförmig sich verengenden Bu( den Betrag von mehreren Meter erreichen kann und die Flüss zwingt, aufwärts zu fließen. Solche Sturmfluten setzen fl Küstenländer oft weithin unter Wasser und gehören daher zu verheerendsten Phänomenen.

Wesentlich verschieden von der Strandbrandung ist Klippenbrandung. Trifil die Woge eine steil bis zu gröl

^ Die Formeln vodLaqranoe (manchmal auch als Airys Formeln bezei( für flaches Wasser, in denen ein neuer Faktor h = Wassertiefe eintritt, la

Linien gleicher Tiefe. -< mt WindrichtUTig.

Fig. 39. Wellen am Ufer.

Über eine weitere Anwendung dieser Formel s. S. 197.

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r

Die Wellenbewegung.

225

Tiefe abfallende Wand, so wird sie von dieser zurückgeworfen, d. h. sie erfahrt eine Gegenwirkung, als ob eine Welle von gleicher Form und Geschwindigkeit ihr entgegenliefe. Dadurch wird sie gleichsam zusammengepreßt; sie erhebt sich, da sie nur nach aufwärts aus- weichen kann, zu beträchtlicher Höhe (bis zu 30 m), und ein Wogen- chaos macht dann das Ufer oft unnahbar. Einsame Felseninseln und Leuchttürme sind vor allem dieser Klippenbrandung ausgesetzt, aber nur wenn der Wind stark und auflandig ist, entfaltet sie sich in ihrer ganzen furchtbaren Größe.

Stoß- und Explosionswellen. Zu den fortschreitenden Wellen des Meeres gehören außer den Windseen auch jene Fluterscheinungen, die häufig im Gefolge von heftigen Erderschütterungen auftreten und die man daher als Erdbebenfluten bezeichnet hat. Die bekanntesten Vorkommnisse dieser Art knüpfen sich an die beiden peruanischen Beben von Arica (13. August 1868) und Iquique (9. Mai 1877); mehrere Wellen durcheilten den Pazifischen Ozean von Amerika bis nach Australien, im Jahre 1877 sogar bis zu den japanischen Inseln und richteten stellenweise bedeutende Verwüstungen an. Von den Windseen unterscheiden sie sich durch ihre gewaltigen Dimen- sionen; die Gescbwindigkeit steigert sich auf 150 200 m und dar- über, die Länge auf 400 900 km, die Periode erweitert sich auf eine halbe Stunde und darüber; nur die Höhe ist verhältnismäßig gering und übersteigt jedenfalls nicht beträchtlich die der Windseen. Dieser eigentümliche Charakter gestattet nicht mehr die Anwendung der Trochoidenformeln; da die Wellenlänge die Wassertiefe bedeutend übertrifft^ so ist hier (wie schon einmal, S. 224, bemerkt wurde) die Geschv^indigkeit nur von der letzteren abhängig. Einen tieferen

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Fig. 40. WaBsentandsYerandeningen in Sydney 14. 16. August 1S6S nach den Auf- zeichnungen des selbstregistrierenden Flutmessers. (Reduktion nach d. Taf. in den Sitz..Ber. d. Wien. Akad. d. Wiss., Math.-nat. Kl. Bd. LX. 1S69.) (Höhen in engl. Fuß.)

Einblick in das Wesen dieser Wasserbewegung gewähren die Auf- zeichnungen selbstregistrierender Flutmesser, die durch ihre Auf- stellung ja nur dem Einflüsse der kurzen Windwellen entrückt sind. Wir ersehen aus der Flutkurve von Sydney (Fig. 40), daß die in

SuPAK, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 15

226 Das Meer.

Frage stehenden Wellen durchaus nicht mächtig genug sind, Wechsel der Gezeiten zu unterdrücken, sondern nur als un geordnete Störungen erscheinen, die der Kurve ein gezähntes 1 sehen verleihen. Am 14. August ist die Kurve noch ziemlich re mäßig; am 15. August nach 2 Uhr morgens beginnt die Wel bewegung, gegen 7 Uhr tritt die Hauptstörung ein: eine ^ von etwa ^/g m Höhe und einer Periode von 40 Minuten. Dann fol| bis zum 19. August noch eine ganze Reihe von Oszillationen gelegentlichen Ruhepausen; die Zahl sämtlicher Wellen belief auf ungefähr 170.

Die Hauptwelle wurde von F. von Hochstetter direkt als < Wirkung des Erdbebenstoßes in Ärica aufgefaßt, aber schon Schi hat die ünhaltbarkeit dieser Annahme dargethan. In letzter ! hat Rudolph' alle Phänomene dieser Art einer kritischen Prüi unterzogen und ist dabei zu folgendem Ergebnisse gelangt El sowenig wie alle heftigen Erdbeben in Ktistengegenden, sind Seebeben, d. h. Erschütterungen des Meeresbodens, von Flutwe begleitet Es ist durch zahlreiche Beobachtungen erwiesen, SchiflPe plötzlich einen Stoß verspürten, als ob sie auf Grund gefahren wären, auch daß sie emporgehoben wurden und dann wie einsanken, ohne daß der Meeresspiegel irgend welche Veränder erlitt Die Stoßwelle pflanzt sich also vom Meeresboden de die ganze Wassermasse fort, erzeugt aber keine Oberflächenwel Dazu bedarf es noch eines anderen Faktors, und diesen fir Rudolph, namentlich durch die Beobachtungen bei den gro Sprengarbeiten im Hafen von San Francisco geleitet, in den kanischen Eruptionen auf dem Meeresboden und in den damit ' bundenen Gas- und Dampfexplosionen, so daß wir jetzt nicht m von Erdbeben-, sondern von Explosionsfluten zu sprechen hal Man hatte zwar früher auch an plötzliche Einstürze auf dem Mee: gründe gedacht, nach denen das Wasser von allen Seiten 1 drängt, aber kein einziger zuverlässiger Schiflfsbericht läßt eine sol Deutung ungezwungen zu. Auch für die Krakatauwelle (Au^ - 1883) scheint sie nicht zuzutreffen. Diese Explosionsflut (

der großartigsten, die die Geschichte kennt überschwemmte ' { beerend alle Küsten der Sundastraße, und machte sich nicht l

1 . im ganzen Umkreise des Indischen Ozeans bemerkbar, sondern

\ auch in den Atlantischen Ozean ein, wo sie an so entfernten Or

wie in Südgeorgien, an der Panamaenge und an der französisc Küste (Rochefort) von den Flutmessem verzeichnet wurde. ! Stehende Wellen. Plötzliche Anschwellungen des Wassers

I den Ufern ohne sichtbare Ursache kommen in Binnenseen

Die Wellenbewegung. 227

ibgeschlossenen Meeresteilen hänfig vor. Man nennt sie im Genfer

$ee Seiches ein Name^ der sich jetzt allgemein für diese Er-

icheinnBgen eingebürgert hat , an der Ostsee Seebär (Verstümme-

nng von Bare = Woge), an der sizilianischen Küste Marrobbio,

n Nordspanien Eesaca n. s. w. Soweit es sich am die Seiche der

Binnenseen handelt, kann das Problem dank besonders den Be-

nühnngen Forels* als gelöst betrachtet werden. Rasche Ver-

üidenmgen des Luftdruckes, plötzliche Windstöße von den Bergen

lerab. Stürme und andere gewaltsam, aber lokal wirkende atmo-

iphärische Störungen rufen sowohl in der Längs- wie in der Quer-

ichse des Genfer Sees stehende Wellen hervor, eine eigentümliche

Schaukelbewegung des Wassers, so daß das Niveau, während es am

dnen Ufer steigt, an dem entgegengesetzten fällt. Wird bei B ein

)lötzlicher Druck ausgeübt, so nimmt der Seespiegel {ÄKB) die

Form ÄKB, dann die Form Ä'KB" an,

vie die Wasseroberfläche in einem Gefäße,

las man bald auf die eine, bald auf die

mdere Seite neigt Dieses Spiel kann sich

stundenlang wiederholen. K ist der Euhe-

3unkt oder Knoten; die Mehrzahl der Seiches

dnd wohl einknotige (uninodale) Wellen von ^.

iem oben beschriebenen Typus, doch kommen ^ig. 4i. stehende Wellen.

luch zweiknotige (binodale) vor, bei denen

rieh der Spiegel AGB in ÄCB\ dann in Ä'C'B" u. s. w. de-

brmiert

Ob auch auf jene marinen Flutwellen, die ihrem ganzen Wesen lach nicht als Dünxmg gedeutet werden können, entweder weil ihre Periode zu lang ist, oder weil sie (wie der baltische Seebär) nach turzer S^eit ebenso plötzlich verschwinden, wie sie erschienen waren, ob, sage ich, auch auf diese Wellen die Seichetheorie in ihrem ganzen Umfange Anwendung findet, muß noch als offene Frage gelten. Nur soviel darf als sicher betrachtet werden, daß jene Wellen aicht Explosionswellen sind, sondern ebenfalls atmosphärischen Ein- äüssen ihr Dasein verdanken. Für den Seebären hat R Crednbe üese Ursache wenigstens sehr wahrscheinlich gemacht*

Eine befiiedigende Erklärung durch die Seichetheorie haben lie rätselhaften Bewegungen im Euripus gefunden.® Nach den Wasserstandsbeobachtungen im Nordhafen von Chalkis treten zur Zeit der Mondviertel anstatt der regelmäßigen Gezeiten 8 9 Wellen innerhalb 12 Stunden mit einer Durchschnittshöhe von 5 6 cm und einer mittleren Periode von 1^ 25™ auf; und diese letztere stimmt, wie ilie Seichetheorie es verlangt, mit den Dimensionen des talantischen

15*

228

Das Meer.

Euripus gut überein. ^ Im Südhafen sind die Niveauschwankan permanent; man zählt in 12 Stunden 7 8 Wellen von 8 18 cm H und einer mittleren Periode von 1^36". Sind auch diese letzt« stehende Wellen^ so muß man sich den chalkidischen und eretrise Euripus als ein einheitlich bewegtes Becken vorstellen, um die nöti Maße zu erhalten.

Litteraturnachweise. * Schott, cit. S. 219. PAris in der Ri maritime et coloniale, Paris 1871, Bd. XXXI, S. 111. " Rudolph, cit S. * FoREL, Die Formel der Seiches, in den Archives des Sciences, Grenf 1 u. 1885. * R. Credner, Über den Seebär der westlichen Ostsee, im Jahrl der Geographischen Gesellschaft in Greifswald 1887 88. Günther, Über rhythmischen Schwankungen des Spiegels geschlossener Meeresbecken, in Mitteilangen der Geographischen Gesellschaft in Wien 1888. * KeC^m Das Problem des Euripus, in Peteemakks Mitteilungen 1888.

Die Ghezeiten«

Das Meeresniveau ist einem periodischen Schwanken un worfen, indem es innerhalb eines Mondtages von 24** 50°* zwei fällt und zweimal steigt. Beistehende Figur versinnlicht uns B( achtungen am Pegel von Cuxhaven zwischen 5** früh und 8** abe]

Fig. 42. Gezeiten zu Cuzhaven.

Der höchste Wasserstand (Hochwasser) tritt ein, wenn der den Meridian des Ortes passiert (obere Kulmination) und wenn 180^ davon entfernt ist (untere Kulmination), das Niedrigwas

Die halbe Schwingungsdauer (in Sekunden) t =

l

Wh'

l « Lftnge

Beckens (in m), h = mittlere Tiefe desselben (in m), g (Beschleunigung Schwere) = 9,806.

Die Gezeiten.

229

er ungefähr zur Zeit des Mondauf- und -Unterganges. Daher hatte ixhaven am 19. August 1866 Hochwasser früh und abends, und edrigwasser mittags und um Mittemacht, während sieben Tage äter der umgekehrte Fall eintrat. Das Steigen des Wassers nennt Em Flut, das Fallen Ebbe; beide Bewegungen zusammen Tiden ler Gezeiten. Aus dem angefahrten Beispiele ersieht man, daß e Zeitdauer von Ebbe und Flut nicht immer gleich ist, ebenso e Hoch- und Niedrigwasser nicht immer den gleichen Punkt am 5gel berühren. Von größter Wichtigkeit für die Schiffahrt ist die ^Stimmung 1) der Hafenzeit, d. i. des Zeitunterschiedes zwischen !m Meridiandurchgange des Voll- und Neumondes und dem darauf- Igenden Hochwasser, und 2) der Flutgröße oder des Höhenunter- hiedes zwischen Hoch- und Niedrigwasser.

Theoretische Gezeiten. Nach dem NEwroNschen Gesetze besitzen [e Körper Anziehungskraft, die im geraden Verhältnisse zu ihrer

Fig. 43. EntstehaDg der theoretiBcheD Gezeiten.

asse und im umgekehrten zum Quadrate ihrer Entfernung steht > wird nicht bloß der Mond von der Erde, sondern auch die Erde m Monde angezogen; und die Gezeitenbewegung wäre eine ebenso afache als regelmäßige Erscheinung, wenn die Erde flüssig oder n einem Meer von gleichmäßiger Tiefe bedeckt wäre, das den iziehenden Kräften sofort Folge zu leisten vermöchte. Befindet zh der Mond in der Äquatorialebene (Fig. 43), so wird der Punkt Ä tt meisten, G weniger, B am wenigsten angezogen. A wird also n C, und C von B entfernt, oder mit anderen Worten: der Durch- esser AB zu AB verlängert. Dadurch wird notwendigerweise der orchmesser OW verkürzt, und die Aquatorialebene AOBW nimmt e Gestalt ÄC/BW an. Nördlich und südlich von A und B werden

230

Das Meer.

die Teilchen nicht bloß von G entfernt, sondern auch nach Ä i hinübergezogen, so daß z. B. D nach Lf gelangt; und infolge d muß auch eine Verkürzung der Achse NS eintreten. A und j wegen sich also nur in vertikaler Richtung, alle übrigen Pi aber auch horizontal gegen A und B hin, und die horizc Bewegungskomponente nimmt von A und B gegen 0, Wy N jx immer mehr auf Kosten der vertikalen zu. Das Niedrigwass den Meridianen NOS und NWS und das Hochwasser in den '. dianen NAS und NBS bedingen sich ebenso gegenseitig, wie und Berg in der Windwelle. In der That haben wir es auch mit zwei großen Wellen zu thun, die dem scheinbaren Mondum

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Fig. 44. Mondesphasen.

folgend, in 24** 50" einmal die Erde umkreisen, so daß in A das Hochwasser das Niedrigwasser (7, dann das Hochwassei endUch das Niedrigwasser W folgt. Dasselbe geschieht auf Parallelkreisen, imd nur an den Polen ^ bleibt der Wassers unverändert

Neben dem Monde übt aber auch die Sonne eine merk Anziehungskraft auf die Erde aus, aber wegen ihrer 387 mal gröfl Entfernung verhält sich das von ihr erzeugte Hochwasser zu vom Monde erzeugten nur wie 4:9, obwohl ihre Masse um ( 26YamilHonmal die des Mondes übertriflFt. In 24** umkreisen

X In der Figiir 43 ist Hoch- und Niedrigwasser der Deutlichkeit weg übertriebener Größe dargestellt.

Die Grezeiten.

231

wei Sonnenwellen und in 24** 50" zwei Mondwellen von Ost nach

i^est die Erde. Mond- und Sonnenwelle vereinigen sich zu einer

inzigen Welle, deren Höhe und Eintrittszeit von der wechselnden

tellung beider Gestirne zu einander abhängt (Fig. 44). In der Phase

es Neumondes passieren diese gleichzeitig den Meridian, und das

onnenhochwasser tritt gleichzeitig mit dem Mondhochwasser ein.

>as wirkliche Hochwasser stellt die Summe beider dar, und ebenso

as wirkliche Niedrigwasser die Summe beider Niedrigwasser. Der

mgehrte Fall tritt im ersten Viertel ein; wenn A Sonnenhochwasser

at, hat es Mondniedrigwasser

nd umgekehrt, und die wirk-

chen Gezeiten sind gleich dem

Interschiede. der Mond- und

onnentiden. Zur Zeit desVoll-

londes trifft die untere Kul-

lination des Mondes mit der

beren der Sonne zusammen,

nd das Resultat muß das-

elbe sein wie bei Neumond.

nnerhalb eines Monats erreicht

Iso die Fluthöhe zweimal ihren

ochsten (Springtiden) und

weimal ihren niedersten Wert

taube oder Nipptiden ^);

iie Übergänge zwischen diesen

Extremen stellt Fig. 45 dar.

ian hat die Mondflut theo-

etisch zu 563 mm, die Son-

lenflut zu 246 mm berechnet;

üe Springflut steigt daher zu

►63 + 246 = 809 mm, die taube

riut aber nur bis 563 246 = 317 mm an. Den Unterschied zwischen

len Fluthöhen zur Zeit der Syzygien und Quadraturen nennt man

Ke halbmonatliche Ungleichheit

Die größte Fluthöhe fällt stets in die durch die Mittelpunkte ier Erde und des Mondes, bezw. der Sonne gelegte Ebene, in fig. 43 also in die äquatoriale. Da aber die Mondbahn um ca. 28^ ind die Ekhptik um ca. 23^2^ gegen die Ebene des Äquators geneigt (ind, so muß das Maximum der Mondfluthöhe innerhalb eines halben

BcanMtwcJlt

Fig. 45. Sonoe- uod Mondwelle.

^

>< Der Ausdmck „Nipptiden" ist eine Verstümmelung der englischen Be- eichnong neap Hdes.

232

Das Meer.

i <

Monats zwischen 0 und 28^ B. und das der Sonnentiuthöhe ini halb eines halben Jahres zwischen 0 und 23^/2^ B. oszillieren, betrachten hier nur den einfachsten Fall: die Deklination bei Himmelskörper betrage 23^2^ N. (Fig. 46). Am Äquator ist Vergleich nzu Fig. 43) zwar die Fluthöhe gesunken, aber Ebbe Flut dauern noch immer gleichlang (H^N^ =zN^H^ = H^N^ == N^^. Wesentlich anders gestalten sich aber die Verhältnisse nördlich südlich davon. In 40^ n. Br. z. B. ist das Hochwasser bei oberen Kulmination (fl"^) größer als bei der unteren {H^) und ehe differieren die niedrigsten Wasserstände. Femer ist die Dauer Ebbe zwischen H^ und N^ bedeutend länger, als die der dar; folgenden Flut {N^H^, worauf dann wieder eine kurze Ebbe {H^

Mond Sonne

Fig. 46. TagUche Ungleichheit der Gezeiten.

und eine lange Flut {N^H^) folgen. Man nennt diese ünterschi die tägliche Ungleichheit.

Endlich hängt die fluterzeugende Kraft der Sonne und Mondes auch von ihrer wechselnden Entfernung von der Erde Die Mondflut schwankt nach der theoretischen Berechnung zwisc 647 und 465 mm, die Sonnenflut nur zwischen 259 und 234 i Die höchste Springflut ist also 906, die niederste taube Flut 231 r Diesen Unterschied nennt man die parallaktische Ungleichh

Fassen wir das bisher Gesagte noch einmal in Kürze zusamn Die Flutgröße und die Hafenzeit hängen ab: 1) von der Stelli des Mondes zur Sonne, 2) von der Deklination beider Gestirne, i 3) von der Entfernung derselben von der Erde. Die theoretisci Gezeiten ändern sich ferner mit der Breite. Am Äquator findet ke tägliche Ungleichheit statt, unter den übrigen Breiten aber nur d;

im

Die Gezeiten. 283

icht, wenn die Deklination von Mond und Sonne = 0 ist Jenseits j .

er Breiten 28° N, und S, nimmt die Flutgröße stetig gegen die ^

^ole ab. An den Polen selbst wechseln Ebbe und Flut innerhalb {

ines halben Monats einmal. ,

Wirkliche Gezeiten. Die Bedingungen^ die die Theorie steUt^ r^

rerden aber in der Natur nicht erfüllt. Die Trägheit gestattet dem ^5*

Nasser nicht, den anziehenden Kräften sofort Folge zu leisten. Die J

Jngleichmäßigkeit der Meerestiefen erlaubt es ferner der Flutwelle ;^

icht, mit dem scheinbaren täglichen Umlaufe der Sonne und des *^

londes gleichen Schritt zu halten. Von noch entscheidenderem '^

ünflusse ist die Unterbrechung der ozeanischen Fläche durch Fest- mdmassen, und die theoretischen Entwicklungen von Newton und iAPLACE, die von der Voraussetzung einer allgemeinen Meeres- edeckung ausgehen, haben insofern keinen praktischen Wert, als ich daraus für keinen Ort der Erde Hafenzeit und Fluthöhe rech- erisch ableiten lassen.

Whewell war der erste, der seine Theorie den beobachteten lafenzeiten anzupassen suchte. Wenn man die gleichen Hafenzeiten, ezogen auf den Meridian von Greenwich, durch Linien (Cotidal tnes, Flutstunden- oder bloß Flutlinien) miteinander verbinde, so lüssen diese das war Whewells Ansicht die Kämme der ^rtschreitenden Flutwellen darstellen. Für seichtes Meer ist diese mnahme zulässig, und für die britischen Gewässer ist seine Dar- tellung, wie wir sehen werden, auch heute noch giltig, aber die Verlängerungen dieser Flutiinien in das offene Meer hinaus ist rie der Autor später selbst zugab lediglich ein Phantasie- emälde. Auch war Whewell der Ansicht, daß die Südsee die igentliche Geburtsstätte der Gezeitenbewegung sei, und die Flut- welle erst von da aus in den Atlantischen Ozean eindringe, und uchte damit zu erklären, daß hier in der That die Springtiden rst 1^2 2^2 Tage nach den Syzygien eintreten. Aber auch diese lypothese ist durch die Erfahrung widerlegt, daß nicht nur Binnen- aeere, wie das Mittelländische und die Ostsee, sondern auch von iüeT ozeanischen Verbindung abgeschlossene, große Becken, wie der dichigansee, Ebbe und Flut besitzen.

Die atlantischen Gezeiten. Die neueren Theorien suchen vor Jlem die Unregelmäßigkeiten der atlantischen Gezeiten zu er- :lären. Ost- und Westküste zeigen einen auffallenden Mangel an Übereinstimmung, namentUch im nordatlantischen Becken. Die Flut- löhe ist selbst unmittelbar am ozeanischen Gestade üben-aschend loch, und auf der Ostseite höher als an der westlichen, während in der üdhemisphärischen Hälfte das umgekehrte Verhältnis stattzuhaben

234

Dafl Meer.

scheint. Die Hafenzeit verspätet sich an der Ostküste, je w< wir von Süd nach Nord fortschreiten, immer mehr, als ob die I welle in dieser Richtung fortschreiten würde, oder vielmehr als ob z Wellen sich nach Norden bewegten, denn Orte, die nm 60 65 Brei grade von einander entfernt sind, haben gleiche Hafenzeit. An Westküste begegnen wir nur bis zu den kleinen Antillen ähnlichen Anordnung, von den Jungfern-Inseln bis Neu-Schottlaji( 24 Breitengrade Unterschied! schwankt aber die Hafenzeit zwischen 0^ 3™ und 1*^ 47™, tritt also die Springflut fast üb< gleichzeitig ein.^

Auf die ungleichmäßige Ausbildung der periodischen Gezei Schwankungen an beiden Gestaden werden wir noch später zur kommen.

Nach Fitzboy, Dovb und Febbel lassen sich die Gezeiten nordatlantischen Ozean durch die Annahme einer meridiom stehenden Welle, einer Seiche im großartigsten Maßstabe erkla Eine solche konnte unter günstigen Umständen durch Interfei zustande kommen, indem die ursprüngUche, von den Gestirnen zeugte Flutwelle von den Küsten zurückgeworfen wurde. Das W< einer solchen stehenden Welle besteht wie schon darge wurde darin, daß die beiden Ufer abwechselnd Hoch- Niederwasser haben. Das amerikanische Gestade hat in der 1

^ Auszug aus einer Tabelle von B5BGEN^ Nur Orte mit möglichst h Lage wurden gewählt Die Hafenzeiten sind, um vergleichbar zu sein, Greenwicher Zeit reduziert

Breite

580 N.

46—48

41

86—37

31—82

26—27

14

4- 5

6— 7 S.

12

26—27

84-40

54

Westküste

Ostküste

Ort

Hafenzeit

Fluthöh»

Ort

Hafenzeit

FTuI

(Qreenwich)

m

(Qreenwich)

St Kilda . .

6h 4m

Kap Race

lOh 82m

1,8

Ouessant . .

3 52

Block Insel .

0 22

1,0

Oporto . . .

3 4

Kap Henry .

0 44

l,a

Lagos . . .

2 42

Ossabaw Sd..

1 43

2,2

Funchal . . .

1 56

Abaco . . .

1 9

0,9

Ferro ....

1 42

Martinique

8 5

0,4

Gorr^e . . .

9 18

Cayenne . .

7 45

1,8

Kap Palmas .

5 1

Parahyba . .

7 29

3,0

Kongo . . .

3 41

Bahia . . .

7 0

2,4

Benguela . .

2 51

S. Catherina.

5 59

1,8

Angra Pequena

1 30

Rio Negro .

3 11

3,e

Tafelbai. . .

1 27

Staten Island

1 8 45

2,4

-

Die Gezeiten. 235

oahezu überall gleichzeitig Fiat, am europäischen aber müßte sich oach der Ansicht Febbels die stehende Welle infolge der wechseln- den Tiefenverhältnisse in eine fortschreitende verwandeln.

Wir haben oben (S. 228) die Seicheformel kennen gelernt Wir können berechnen, ob die Länge und mittlere Tiefe des atlantischen Beckens mit der Periode der Flutwelle (12^ 25°^) übereinstimmt, und iamach den Wert der Theorie bemessen. Die Prüfung, die Böbgen vorgenommen hat, ergab kein günstiges Eesultat

Atry hat in seiner Kanal- oder Wellentheorie den maßgebenden Eünfluß der Eeibung auf das Gezeitenphänomen würdigen gelehrt. [n einem gleichmäßig tiefen Kanal erzeugt die Anziehungskraft des Sfondes eine Welle von der Periode eines halben Mondtages und ?^on der Länge des halben Erdumfangs (^ TTO in Fig. 43), die Höhe ist aber abhängig von der Tiefe des Kanals und steht zu dieser im geraden Verhältnisse. Sobald an irgend einer Stelle des Kanals die Breite oder Tiefe sich ändert, so daß die primäre Welle in ihrer Fortbewegung gehindert wird, entsteht als Ausdruck der neuen Grleichgewichtsstörung eine sekundäre Welle von derselben Periode wie die primäre, aber von verschiedener Länge, die, weil sie unter EiUen Umständen die Tiefe weit übertriflft, nach der LAGRANGESchen Formel im direkten Verhältnisse zur Tiefe steht ^

Die Annahme eines regelmäßigen Kanals ermöglicht die Rech- nung, entspricht aber natürlich nicht den Formen der Meeresbecken, rrotzdem läßt sich die Theorie bis zu einem gewissen Grade auch auf üe natürlichen Verhältnisse anwenden; jedenfalls ist sicher, daß die Ekn den Küsten beobachteten Gezeiten, wenn sie wirklich fort- schreitende Wellen sind, nur sekundäre Wellen sein können.

Darauf baut Böegen weiter. Die atlantischen Hafenzeiten deuten an, daß die Flutwelle von S. nach N. fortschreitet Zwei Orte im N. und S. mit gleicher oder ähnlicher Hafenzeit, wie z. B. St Catherina in Brasilien und St Kilda in Schottland sind dann, wie man an- aehmen darf, nur eine Wellenlänge von einander entfernt Stimmt die wirkliche Entfernung mit der aus der Periode und mittleren Tiefe berechneten überein oder doch wenigstens nahezu überein, so wird man fllr jene Annahme eine wesentliche Stütze gewonnen haben. Kreldel* glaubt sogar, dass es einst möglich sein werde, aus den TiefiMi und Hafenzeiten die Lage der Flutlinien im offenen Ozean zu berechnen; für die südatiantische 12 Uhr -Linie hat er einen

>< Man nennt die primftren Wellen auch gezwungene, weil sie unter der unmittelbaren Herrschaft der wellenerzeugenden Kraft stehen, die sekun- dftren dagegen freie. Windseen sind z. B. gezwungene, Dünungen freie Wellen.

236

Das Meer.

solchen Versuch bereits gewagt Ihr Kamm verläuft wegen wechselnden Tiefe nicht den Breitenkreisen parallel, sondern eilt tieferen Wasser schneller vorwärts, als im seichteren. ünt«r 12 verlegt ihn Kreidel nach 3572^ ^'> unter 44^ W. aber nach 43^4 Es darf übrigens nicht verschwiegen werden, daß auch d neuesten Versuche, dem Gezeitenphänomen theoretisch beizukomr nur in verhältnismäßig wenigen Fällen wirklich befriedigende Re täte erzielt haben. Das kann auch nicht wunder nehmen, denn Flutwelle unterliegt auch noch anderen Einflüssen außer dem Tiefe. Zunächst dem der Erdrotation, die sie nach links dräi und es mag damit wohl auch zusammenhängen, daß im südat

Fig. 47. „Cotidal Unes" nach Whewell.

tischen Ozean das Westufer, im nordatlantischen das Ostufer bedeutendere Fluthöhe aufweist. Noch entscheidender, namentl auf die Hafenzeit, wirken die verschiedenen Interferenzen ( BöEGKN nimmt neben der großen Flutwelle, die von S. nach N. verläi auch eine kleinere an, die in ostwestUcher Richtung sich fortpflan und außerdem kann die Hauptflutwelle selbst unter gewissen ü ständen, namenthch durch den Verlauf der Küsten gezwungen, e rückläufige Bewegung annehmen. Genauer sind eine Reihe solcl Interferenzen in den britischen Gewässern und in der Nords bekannt; die auffaUende Verteilung der Hafenzeiten in dieser Gege

Die Gezeiten.

237

ib Whewell zuerst Veranlassung, Flutlinien zu konstruieren, die ch hier auch bewährt haben und durch die neuesten Erfahrungen ir im Einzelnen korrigiert wurden (Fig. 47). Nach dieser Dar- ellung erreicht die Flutwelle zuerst die iberischen, dann die fran- ►sischen Küsten, dringt sodann in den Kanal und in die Irische je ein und umzieht Irland und Schottland, so daß sie an der nord- tlichen Küste Schottlands und in der Themse gleichzeitig (Green- icher Mittag) eintrifft. Zwischen diesen beiden Punkten ist aber e Hafenzeit kleiner und nimmt von Norden nach Süden zu. ^HEWELL erklärte dies durch die Annahme, daß die Flutwelle in eser Gegend nur eine Fortsetzung der vom nördhchen Schottland »mmenden sei. An der Themsemündung trifft also die Kanal- 3lle mit der zwölf Stunden älteren schottischen Welle zusammen, ler mit anderen Woften: in der Zeit, als eine Flutwelle Schottland nzieht, um bis London zu gelangen, passieren zwei Wellen die raße von Dover. In ähnhcher Weise treffen sich zwei Flut- jllen in der Irischen See, während die norwegische Welle in den :agerak eindringt, ohne für die deutschen Küsten Bedeutung zu iwinnen.

Geseitenströme. Wenn die Auffassung des Gezeitenphänomens 3 fortschreitende Welle richtig ist, so ergibt sich daraus die Er- ärong der Gezeitenströme. Man braucht sich nur vor Augen L halten, daß jedes Wasserteilchen eine Orbitalbewegung ausführt id dazu genau soviel Zeit braucht, als die Wellenperiode beträgt; in Lserem Falle also sechs Stunden nach vorne und sechs Stunden irch rückwärts sich bewegt. Die gleichzeitige Bewegung nach oben id unten macht sich nicht fühlbar; überdies nimmt auch die rbitalbahn umsomehr die Gestalt einer flachen ElUpse an, je nger die Welle ist.

In einem Punkte scheinen aber die Gezeitenströme der Wellen- eorie zu widersprechen. Man muß nämhch voraussetzen,, daß jr Stromwechsel oder das Kentern des Stromes jedesmal statt- idet, wenn das Niveau des Mittelwassers (mm in Fig. 48) er- icht wird; in Wirklichkeit aber vollzieht er ch meist bald nach Hoch- und Niederwasser r und N in Fig. 48), nachdem eine kurze Bit völliger Stillstand geherrscht hat. Dieses morme Verhalten läßt sich auf den Einfluß *s ansteigenden seichten Meeresgrundes zu- Lckführen, wodurch der vordere Schenkel ir Welle eine Verkürzung erleidet. Das Einsetzen des Ebbestromes imittelbar nach Hochwasser entspriclit dem Branden der Windseen.

Fig. 48. Bahn der

Wasserteilchen in der

Flutwelle.

vi

238 Das Meer.

t ^

Wo günstigere Verhältnisse obwalten, nähert sich der Zeitpunkt * Kenterns auch mehr der theoretischen Forderung.

L Wie wir ebenfalls im vorigen Kapitel schon hervorgehoben hs

biegt der Wellenkamm, wenn er eine sanfte Böschung hinanfl ^ parallel zur Küste um. Daher geht der Flutstrom stets senki

t auf das Land zu und fließt der Ebbestrom ^ ebenso vom Lande

/ welche Eichtung sie auch immer in größerer Entfernung Ton

Küste verfolgen mögen. ; Fluthöhe. Mit dem Wellencharakter der Gezeiten häng

femer auch zusammen, daß die Fluthöhe an den Küsten des I landes viel beträchtlicher ist, als auf dem offenen Meere; ern sie doch selbst an den ozeanischen Eilanden Hawaii und Tahiti 0,3 bis 0,6 und auf St. Helena nur 0,9 m. Besonders günstig erwe sich dreieckige Buchten, deren Boden aUmälilich ansteigt, in hier die Flutwelle an Höhe gewinnt, was sie an Breite verl So sind an der europäischen Küste besonders der Bristol -K und die Bai von St. Michel durch hohe Flutwellen (15,9, b 11 m) ausgezeichnet, und auf der amerikanischen Seite erre die Flutgröße in der Fundybai sogar 21,8 m. In trichterfon Flußmündungen eindringend, schiebt sich das schwere Salzwa keilförmig unter das Flußwasser ein, so daß dieses thatsächlich ei Stunden aufwärts fließt. Die Vorderseite der Flutwelle ist hier sonders steil, daher die Flut kürzer dauert als die Ebbe. Schwe ./ günstige orographische Verhältnisse die Flutgröße beträchtlich

und finden sich ausgedehnte Untiefen vor, so entwickelt sich id- imposante aber gefährliche Flutbrandung. (Bore des Gan

Mascaret der Seine vor ihrer ReguUerung, Pororoca des Amazoi Stroms). In mächtiger Brandung stürzt sich das Wasser über flachen Uferbänke, während in der Mitte des Stromes die Flutw als ungebrochener mauerartiger Wall aufwärts fortschreitet I wo die Gezeitenbewegung aufhört, ist die eigentUche Grei zwischen Fluß und Meer; an ihr haben sich zahlreiche der deutendsten Handelsstädte entwickelt. Sie liegt z. B. in der W< 67, in der Elbe 148, in den Hauptarmen des Ganges ca. 250, Jangtse-Kiang über 800, am Amazonas nahezu 1000 km landeinwl

An den Tiden nehmen aber nur die ozeanischen Flüsse In den Binnenmeeren ist die Fluthöhe so gering, daß man ih dies Phänomen früher sogar ganz abgesprochen hat. An der Ostki der Adria beträgt sie z. B. durchschnittlich nur 0,ie m und in Ti

X Die Küstenbewohner gebrauchen dafür kurzweg die Ausdrücke und Ebbe.

Die Grezeiten.

239

und Venedig 0,7 m; nur in den Syrien steigt sie bis 2 m. In den Selten und im Sund schwankt sie zwischen 0,o6 0,62 m und an der deutschen Ostseeküste sogar zur Zeit der Syzygien nur zwischen 0,01 und 0,11 m. Bei Chicago am Michigansee erreicht die Spring- flut 0,07 m. Es muß übrigens nochmals betont werden, daß auch Stürme den Wasserstand wesentlich beeinflussen, indem sie Wasser zur Küste hintreiben (Windstau) oder von ihr entfernen; die beobachtete mittlere Flutgröße ist also nicht allein das Resultat der Gezeitenbewegung.

Die periodischen Veränderungen der Fluthöhe vollziehen sich nicht überall in gleicher Weise; aber unsere Theorien sind zu unvollkommen, als daß es ihnen bereits gelungen wäre, diese merk-

Fig. 49. Gezeiten zu Liverpool nach Lbntz.

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Fig. 50. Gezeiten zu Peterpaulowsk nach Lentz."

würdigen örtlichen Verschiedenheiten aufzuheUen. So ist z. B. im nordatlantischen Ozean die halbmonatliche Ungleichheit an der ameri- kanischen Seite nur halb so groß, als an der europäischen. Die täg- liche Ungleichheit ist an beiden Gestaden gering; am amerikanischen wächst sie aber rasch nach S. zu, und im Golf von Mexico ist die kleine Ebbe schon völlig verschwunden und innerhalb 24 Stunden wechseln Flut und Ebbe nur einmal. Solche Eintagstiden haben auch die Golfe von Tongking und Manila. Im nordpazitischen Ozean ist die tägliche Ungleichheit ebenfalls kräftig entwickelt, wie der Ver- gleich der Fig. 49 und 50 lehrt. Die halbmonatliche Ungleichheit

240

Das Meer.

- i

9

i

ist an beiden Orten gut erkennbar, die tägliche ist aber in L pool (nordatlantischer Typus) kaum merkbar, obwohl der Mon( 1. Mai das Maximum der Deklination erreicht, dagegen sehi deutend in Peterpaulowsk (nordpazifischer Typus), obwohl die il deklination am 21. Juni = 0 ist. ^ Bis zum 19. Juni ist das mittägige Hoch- und Niedrigwasser das größere, vom 19. Jui aber das nachmittagige. Man beachte auch, wie an beiden ( die Eintrittszeit von Hoch- und Niedrigwasser sich allmählich schiebt

Daß wir das Wasser an den Küsten steigen und fallen S( beweist schon, daß es der Anziehungskraft des Mondes unen leichter folgt, als die feste Erde. Aber deshalb darf die let; doch nicht als gänzlich gezeitenlos betrachtet werden, wie s auf S. 17 erörtert wurde, und der Nullpunkt des Pegels, auf man Hoch- und Niedrigwasser bezieht, ist daher selbst kein Punkt. Wenn am 26. August 1866 der Wasserstand zu Cuxh von 1,82 auf 4,96 m stieg (s. Fig. 42), so entfernte sich das Meeresni nicht bloß um 3,i3 m vom Erdmittelpunkte, sondern um 3,i3 m dem Betrage, um welchen der Pegelnullpunkt selbst gestiegen

Die beobachtete Flutgröße ist also gleich der wirklichen I große des Wassers weniger der Flutgröße der festen Erde, oder anderen Worten: die beobachteten Tiden sind Different tiden. Wie groß die Erdflut ist, läßt sich vielleicht einma Bezug auf die halbmonatlichen Schwankungen ermitteln; bedeui ist sie jedenfalls nicht und kann nur theoretisches Interesse b spruchen.

Litteraturweise. ^ Segelhandbuch des Atiantischeu Ozeans, heraiu von der deutschen Seewarte, Hamburg 1885. * Rreidel, Untersuchu] über den Verlauf der Flutwellen in den Ozeanen, Frankfurt a. M. 188? Lentz, Flut und Ebbe, Hamburg 1879.

Die Meeresströmungen.

(Siehe Karte XV.)

' Strömungen können durch verschiedene Ursachen bewirkt wer Von den sogenannten Gezeitenströmungen wurde bereits sprochen; sie beherrschen das Meer oft bis in beträchtliche ] femung von der Küste, wie in den britischen Gewässern, in Hudsonstraße und im Lorenzgolf, in den seichten Gebieten

^ Die tägliche Ungleichheit ist nach der Tlieorie proportional dem S der doppelten Deklination.

\

Die Meeresströmungen. 241

australasiatischen Mittelmeeres oder im Golf Ton Carpentaria. In engen Meeresstraßen geben sie Veranlassung zu Wirbelbildungen, von denen der Maelstrom bei den Lofoten und die Scylla und Charybdis in der Meerenge von Messina die bekanntesten Bei- spiele sind. Zwischen Binnenmeeren und dem Ozean entstehen Strömungen zur Ausgleichung des Salzgehaltes. Vom salz* reicheren Meere geht ein Unterstrom zum salzärmeren und zum Ersatz dafiir ein Oberstrom in entgegengesetzter Sichtung. So fließt das Wasser der Ostsee oberflächlich zur Nordsee ab, während ein Tiefstrom aus der Nordsee in die Ostsee eindringt, der in der Eadettenrinne zwischen Darßerort und Gjedser sein Ende flndet Atlantisches und pontisches Wasser strömt oberflächlich in das salz- reiche Mittelmeer ein, von dem wieder Tiefströme zum Ozean und zum Schwarzen Meere gehen.

Wesentlich anderer Art sind die großen ozeanischen Strö- mungen, die im Haushalte der Natur eine so bedeutsame ßoUe spielen. Flußartig und scharf begrenzt, wie sie in der schematischen Darstellung der meisten Karten erscheinen, sind sie freilich nicht; meist werden wir wie bei Flüssen von sehr schwachem Gefälle nur durch indirekte Anzeichen belehrt, daß die Wasserteilchen in einer bestimmten Eichtung fortschreiten. Amerikanisches Treibholz gelangt z. B. nach Island und Norwegen; Flaschen, welche einen Zettel mit genauer Angabe der Stelle und Zeit des Aussetzens ent- halten, werden an weit entlegenen Orten wieder aufgefunden. Die Geschichte erzählt uns, daß GABBAii im Jahre 1500, als er nach Ostindien segeln wollte, von den Strömungen nach Westen entfiihrt und so der unfreiwillige Entdecker Brasiliens wurde. Vor allem aber ist die Temperatur- und zum Teil auch die Salzgehaltsverteilung im Meere ein sicherer Beweis flir das Vorhandensein von Strömungen sowohl an der Oberfläche, wie in der Tiefe des Ozeaus.

Auf dem offenen Meere ermittelt man die Strom- ^^ Versetzung des Schiffes durch den Vergleich des aus dem Kurs und der Fahrgeschwindigkeit berechneten („gegißten" d. h. geschätzten) Standortes mit dem astronomisch bestimmten („Besteck'*) im Verlaufe eines „Etmals'' (Zeitraum von einem Mittag zum anderen).

Folgendes Beispiel, einer Abhandlung von Schott^ a^- c

entnommen y wird uns über das Wesen dieser Be- stimmung aufklären. Ein Schiff befindet sich an einem g^myeraetOTmir Mittag in 0. (Fig. 51); 31 M5' N., 186« 20' 0. Am nächsten Mittag sollte es sich nach der Schiffsrechnung in A. (29^ 29' N., 134® 20' 0.) befinden, ist aber, wie die astronomische Beobachtung

SCPAK, Phjsiflche Erdkunde. 2. Aufl. IB

242 Das Meer.

' zeigt, thatsächlich in B. (29« 48' N., 134M7' 0.), wurde also ^

^, rend seiner Fahrt durch eine Strömung {AB) etwas nach NO.

' gelenkt. Der Breitenunterschied zwischen dem gegißten und a

' nomischen Besteck (BC) beträgt 19' oder 19 Seemeilen, der Län

unterschied (-4(7) 27' oder (nach der mittleren Breite von A ui '^ berechnet) 23 Seemeilen. In dem rechtwinkeligen Dreiecke ABC

i '. nun die beiden Katheten bekannt; daraus läßt sich ermitteln 1.

i Weg AB, den die Strömung in 24 Stunden zurückgelegt hat,

ihre Geschwindigkeit, 2. der Winkel ABC = dem Winkel a, die Stromrichtung mit dem Meridian (NS) einschließt. Im vorlie den Falle ergiebt sich flir die Strömung die Richtung N. 52 ^ O. ; eine Geschwindigkeit von 30 Seemeilen pro Tag = 0,6 m pro i

also eine bedeutend geringere als die Wellengeschwindigkeit, I dadurch entzog sie sich der direkten Beobachtung.

Es ist klar, daß diese Methode, die Strom Versetzung zu stimmen, an großen Übelständen leidet, denn das Resultat hl ganz von der Zuverlässigkeit der Schiffsrechnung und der astn j mischen Positionsbestimmung ab. Temperatur- und Salzgehs

, messungen müssen daher immer ergänzend mitwirken; nament

letztere betrachtet Schott als das sicherste Mittel, um über polare oder äquatoriale Herkunft einer Wasserprobe zu entscheic Aber jede Beobachtung gilt zunächst nur flir die Jahreszeit, in sie gemacht wurde; stellt man alle zusammen, so erkennt man, sowohl die Richtung wie die Stärke der Meeresströmungen stel]

' weise erheblichen jahreszeitlichen Schwankungen unterwoi

sind. Auch aus diesem Grunde sind unsere Stromkarten nur s , schematisch.

Xordatlantischer Osean. Am besten kennt man begreiflicl

; weise die Strömungen im Atlantischen Ozean. In der Z

zwischen ca. 20^ N. und 10® S. fließen die beiden Äquatori

Strömungen nach Westen, die nördliche in ihren Grenzen et

schwankend, die südliche stets über den Äquator auf unsere ]

misphäre übersetzend. Ihre Geschwindigkeit ist am größten, w

i ', die Sonne in den Wendekreisen steht, nimmt aber stets vom Äquj

f gegen die Ränder ab. Im Mittel beträgt sie in der nördhchen Si

-. : mung 24, in der südlichen 30 km pro Tag. Zwischen beiden be^

1 * sich die Guineaströmung mit einer durchschnittlichen Gesch?

f ^ digkeit von 28 km in entgegengesetzter Richtung. Stets breitet

I sich fächerg^rtig gegen Osten aus; ihr Anfang liegt nach Kbüic

im Jahresmittel in 35 ^2^ W., schwankt aber zwischen 25 und 50®

und ebenso schwankend ist ihre Breite im Osten.

i Über den weiteren Verlauf der Äquatorialströmungen und ih

Die Meereströmungen. 243

Zusammenhang mit dem Golf- oder Floridastrome ^ haben die syste- matischen Untersuchungen der amerikanischen Marine seit 1883, die an verschiedenen Punkten von einem verankerten Schiflfe aus vor- genommen wurden, helles Licht verbreitet. * Am südamerikanischen Kap S. Roque teilt sich der südUche Äquatorialstrom. Der Nordarm vereinigt sich mit der nördlichen Äquatorialströmung, und beide fließen nun teils als Antillenstrom an der Außenseite der westindischen Inseln nach NW., teils dringen sie durch die vielen Passagen zwischen den Inseln St. Vincent und Antigua in das Karibische Meer ein, kehren aber zum Teil als ünterstrom wieder in den Ozean zurück. Am kräftigsten ist der Strom zwischen St. Vincent und St. Lucia; süd- lich von Grenada herrschen wechselnde Strömungen, westlich von Antigua, im Umkreise der Großen Antillen, nur Gezeitenströme. Aber nicht die ganze Wassermenge, die durch die Floridastraße in den Ozean sich ergießt (89872 Mill. Tons pro Stunde), stammt von jenen Zuflüssen der Äquatorialströmung her; auch nordhemisphärisches Wasser, das der Passat durch die Antillenpassagen in das Karibische Meer hineintreibt, mag einen erhebhchen Beitrag leisten. In diesem Meere ist der Strom im Anfange an der Oberfläche kaum erkennbar, wächst aber nach W. zu rasch an Geschwindigkeit und tritt endlich durch die Yucatan- Straße in den Golf von Mexico ein. Auch hier verliert sich wieder der oberflächliche Zusammenhang, die Strö- mungen sind schwach und wechselnd; erst am Eingange in die Flo- ridastraße, etwa in 85® L., ist die östliche Richtung deutlich aus- geprägt Diese Straße durcheilt der herrliche, 55 km breite und 800 m mächtige Floridastrom mit einer mittleren täglichen Geschwindig- keit von 134 km, die sich zeitweise bis zu 220 km steigert, also die des Oberrheins bei mittlerem Wasserstande sogar noch übertrifit Auch darin bleibt die Analogie mit den festländischen Flüssen ge- wahrt, daß die Geschwindigkeit in oder nahe der Mitte am größten ist und gegen die Ränder abnimmt In den periodischen Schwan- kungen der Richtung, Breite, Geschwindigkeit und Temperatur zeigt sich aber ein deutlicher Zusammenhang mit dem Gezeitenphänomen. Mit steigender Deklination des Mondes breitet sich der Strom auSj wird aber flacher; die Geschwindigkeit nimmt an den Rändern zu, in der Mitte aber ab, wodurch sich auch die Temperaturgegensätze zwischen diesen Stromteilen abschwächen.

In den Ozean hinaustretend, bewegt sich der Floridastrom,

X Der Name Floridastrom war bis Franklin (1772) allein üblich, und KsüHMEL hat in neuester Zeit versucht, ihn wieder einzubürgern, weil man unter dem Namen Golfstrom vieles zusammenfaßt, was nicht strenge zusammen- gehört.

16*

244 Das Meer.

durch bedeutenden Salzgehalt, tiefblaue Färbung und hohe Ten ratur von der Umgebung, besonders im W., scharf sich abheb( entlang der 200 m- Linie und parallel mit der nordamerikanisc Küste, nach NW. bis zum Kap Hatteras. Von da entfernt er s seine frühere Richtung beibehaltend, immer weiter vom Festlande endet ungefähr in 40^ oder 45® W. Dabei wird er immer bre: flacher, langsamer, kälter;^ am Ende zerfasert er sich in kalte warme Bänder. Ein solches Vorkommen deutet aber nicht i wendiger Weise darauf hin, daß hier Strömungen von verschiede Temperatur auf einander stoßen und sich gegenseitig dnrchdrin^ I ein solcher Schluß ist vielmehr erst dann vöUig gerechtfertigt, w

1 sich zu den Gegensätzen der Temperatur auch solche des SalzgehaJ

i vielleicht auch der Färbung gesellen.

Die Antillenströmung bewegt sich parallel mit dem Floridastrc nach Nordwest und dann nach Nordost. Als eine Fortsetzung bei kann jener Arm betrachtet werden, der in östlicher Richtung i Ozean durchquert, an der afrikanischen Küste nach Süden umbit und endlich in die nordatlantische Aquatorialströmung einläuft, der meridionale nordafrikanische Strom von höheren in nied Breiten fließt, wirkt er abkühlend auf die Meeresoberfläche.

Innerhalb des großen nordatlantischen Stromwirbels breitet s eine verhältnismäßig ruhige See aus. Hier sammeln sich die i den westindischen und karibischen Felsenküsten losgerissenen v von Flüssen herbeigeführten Tange vom Sargassumgeschlechte an, i sich vermöge ihres Reichtums an Luftblasen in ihren oberen Tei! im Wasser aufrecht erhalten.

Jene beiden Krautbänke, die nach Humboldts Ansicht s Jahrhunderten an ihrer Stelle verharren, sucht der Seefahrer freil vergebens, aber ebensowenig entspricht es den Thatsachen, we KuNTZE die Ekistenz eines Sargassomeeres kurzweg leugi Keümmel^ wendet diesen Namen auf jenes Gebiet an, wo treibei Tangmassen in 10 und mehr Prozent aller untersuchten Fälle an troffen wurden; es erstreckt sich von 39 bis 75^ W. und von 21 34® N., umfaßt also eine Fläche von nahezu 47^ MilL qkm.

X Temperaturen nach v. Boouslawski:

FloridaBtraOe Kap Hatteras Sadl. y. NeuschotUand

16,7« 19,4

25,0 20,0 20,4

N. B.

25 <>

350

Winter

25,0 0

22.3«

Frühling

25,6

22,8

Sommer

2S,8

26,7

Herbst

27,8

24,4

Jahre

26,7

24,0

Die Meeres8tr5mnngeii. 245

Unmittelbar an den Floridastrom und die Ausläufer der Antillen- strömung schließt sich jene berühmte nordöstliche'* Strömung an, die für das Klima unseres Kontinentes so außerordentlich wichtig ist, und auf die wir nach Petermanns Vorgange den Namen Golf- strom beschränken. Ihr Zusammenhang mit den tropischen Ge- wässern ist durch Treibprodukte aus Westindien, ja sogar aus dem Meerbusen von Guinea außer allem Zweifel gestellt Auch fließt nicht bloß eine oberflächliche Schicht warmen Wassers dem arktischen Meere zu; liegt doch noch beim Felseneilande Rokall (57,e® B.) die Tiefenisotherme von 5^ um 650 m tiefer als im atlantischen Äqua- torialgürtel. Im Sommer erreicht der Golfstrom seine größte Aus- dehnung. Ein Ausläufer dringt vielleicht in die Baffinbai ein, aber höchstens bis zum 75. Parallel; ein zweiter bespült die West- und Nordküste Spitzbergens und gelangt dann nach Kükenthal* von N. her in die Hinlopenstraße; ein dritter erreicht NowajaSemlja, hat aber (nach einer Messung im Jahre 1881) am Einlange in die Matotschkin- straße nur mehr eine Mächtigkeit von höchstens 2 m. Dieß ist wohl der östlichste Punkt des Golfstromes^ denn wenn auch im Spätsommer, wenigstens im September, eine eisfreie Rinne die Schififahrt vom Jenissei bis zum Kap Tscheljuskin ermöglicht^ so verdankt man dies den großen sibirischen Flüssen, deren Gewässer nach dem Austritte in das Meer durch die Erdrotation nach Osten abgelenkt werden.

Im Winter erlischt der Golfstrom schon in geringerer Polhöhe, aber noch immer umgiebt er Island und Norwegen mit einem warmen Mantel

An drei Stellen trifft er mit Polarströmen zusammen, die im Sommer Eisberge und Meereis nach Süden entführen. Der Labra- dorstrom, der aus der Baffinbai kommt und durch zahlreiche Zu- flüsse aus dem arktischen Archipel von Nordamerika verstärkt wird, begegnet dem Floridastrome bei Neufundland, und weicht ihm, durch die Erdrotation abgelenkt, nach liuks aus. Er bildet den sogenannten „kalten Wall" an der Ostküste der Vereinigten Staaten und dringt auch wie der Verlauf der Tiefenisothermen in Fig. 54 (S. 262) lehrt unter die warme Strömung ein. Daß übrigens ein Teil des kalten Wassers schon bei Neufundland unter den Floridastrom unter- taucht und direkt nach Süden fließt, ergiebt sich daraus, daß ge- legentlich Eisberge den letzteren durchqueren. Ähnlich verhält sich die o st grönländische Strömung, ehe sie an der Südspitze Grönlands nach Norden umbiegt, zum Golfstrome bei Island, nur daß hier im

^ Im Gegensätze zur Richtung der Winde bezeichnet man die der Meeres- strömungen nach der Himmelsgegend, nach welcher sie fließen.

246

Das Meer.

Sommer das kalte Wasser nicht bloß unterseeisch unter das wa eindringt, sondern auch oberflächlich dasselbe überflutet, weil spezifisches Gewicht durch das Schmelzwasser des Eises verrin wird. Eine dritte arktische Strömung begegnet dem Golfstrome Sommer bei der Bäreninsel und teilt ihn in zwei Arme. Über Verhalten dieses, sowie des vorhergenannten Polarstromes im Wi wissen wir nichts Sicheres.

Die übrigen Ozeane. Der südliche Arm der atlantischen Ä< torialströmung fließt nach den Untersuchungen von Krümil£l. Brasilstrom der Küste von Südamerika entlang bis 48^ 8. biegt dann nach Osten um, um im Vereine mit einem Auslii der großen antarktischen Ostströmung als Benguelastrom in Äquatorialströmung wieder einzumünden. Zwischen dem Brasilsti und der Küste zieht der Falklandstrom, ein Ausläufer der arktischen Strömung und somit ein Gagenstück des Labradorstro bis Rio Janeiro.

Demselben Kreislaufe begegnen wir auch in den übrigen Oze; zwischen 50^ N. und S.: zwei äquatoriale Strömungen, die d eine Gegenströmung getrennt werden; warme Ströme, die als . läufer der äquatorialen an den Ostküsten der Kontinente höh Breiten zueilen (der Kuro Schio entspricht dem Florida-, ostaustralische und Agulhasströmung dem Brasilstrome); biegung dieser Ausläufer nach 0. und Stauung an den östli^ Festländern, an deren Westseiten kühle Ströme gegen den Aqu vordringen, um sich mit der äquatorialen Strömung zu verein (californisch-mexicanische Strömung, Perustrom und w australische Strömung, letztere aber ausnahmsweise durch e warmen Stromarm von der Küste getrennt). In der Mitte der Sti ringe dehnen sich verhältnismäßig ruhige Gebiete aus.

Ist aber auch diese Anordnung allen Ozeanen gemeinsam hat doch jeder wieder seine Eigentümlichkeiten. Im Indisc Ozean und in der Chinasee ist die nördliche Äquatorialströn und die Gegenströmung nur zur Zeit des Nordost- Monsuns au bildet, im Sommer bleibt aber von dem regelmäßigen System noch der südliche Aquatorialstrom übrig, der, sobald er in nördl Breiten übertritt, dem Südwest-Monsun folgt und nach Nordost biegt. Im Pazifischen Ozean fällt namentlich die streifenartige ] Wicklung des Gegenstromes gegenüber der keilartigen im Atlantis( Ozean auf, aber wir dürfen nicht vergessen, daß die Beobachtm dort mangelhaft sind. Im Osten linden wir manche Anklänge atlantische Verhältnisse. Der Kuro-Schio ist wie der Flor Strom eine kräftige, warme, salzreiche, blaue Strömung. Wie

Die MeereBstrdmungen. 247

den Arbeiten von Schott hervorgeht, tritt die Äquatorialströmung bei Formosa in die nördliche Chinasee ein und fließt westhch von den Riu-Kiu-Inseln bis zur Van Diemenstraße, wo sie sich teilt. Ein Nebenarm begleitet die Westküste Japans, der Hauptarm aber, der eigentliche Kuro-Schio, ergießt sich in den Ozean, verfolgt zunächst die Ostküste Japans und wendet sich dann nach Osten. Wie der Florida- mit dem Labradorstrome an der Neufundland-Bank, so stößt der Kuro-Schio mit der kalten Kurilen-Strömung zusammen; nur verschiebt sich hier die Berührungsstelle mit den Jahreszeiten, von 38® B. im Februar bis 50® B. im August Auch ein Gegenstück der Antillenströmung fehlt nicht; wir erblicken es im Bonin ströme östlich von der Riu-Kiu-Kette. Was dem Großen Ozean aber fehlt, ist ein Golfstrom; ein solcher kann sich hier nicht entwickeln, denn in der Breite, in welcher jener im Atlantischen Ozean erst beginnt, liegen die Aleuten und jenseits derselben steigt der Meeresboden rasch zur seichten Beringenge an. Kein Ausläufer des Kuro-Schio dringt über den Aleutengürtel vor, wie Dall nachgevriesen hat, und ebenso wenig dringt ein Strom aus dem arktischen Meere durch die Beringstraße in den Stillen Ozean ein. Wohl kommen aber kalte Strömungen aus dem Bering- wie aus dem Ochotskischen Meere, die im W^inter weit nach Süden ausgreifen: der schon genannte kuri- lische längs den Küsten von Kamtschatka bis nach Nipon, der sachalinische an der Ostseite Sachalins und die Amur-Liman- Strömung, die an der Festlandsküste wahrscheinlich bis nach Korea gelangt. Selbst das Gelbe Meer sendet einen kühlen Strom bis in die südliche Chinasee.

Theorie der ozeanischen Strömungen ^ Man hat als erzeugende Kraft der Meeresströmungen bald die Erdrotation, bald die Winde angenommen.

Denken wir uns, eine von Meer bedeckte Erde ohne atmosphä- rische Hülle und ohne Temperaturunterschiede beginne sich um ihre Achse zu drehen. In diesem Moment werden unzweifelhaft Strömungen beginnen, aber nur solange dauern, bis überall das Gleichgewicht zwischen Schwer- und Fliehkral't hergestellt ist. Das ilndergebnis ist die sphäroldale Gestalt; es ist aber nicht einzusehen, wie die heutigen Strömungen mit der Erdrotation als primäre Ursache zusammenhängen sollen. Ihr Einfluß beginnt erst wieder, sobald aus irgend einer anderen Ursache das Gleichgewicht gestört wird, wie wir bei der Erörterung der modernen Windtheorie ge- sehen haben.

Solche Störungsmomente finden sich auch im Ozean, nämlich Un- gleichheiten der Erwärmung und des Salzgehaltes, mit einem Worte,

248

Das Meer.

Dichteunterschiede. Daß diese eine Deformation der Meei Oberfläche und damit auch Strömungen erzeugen, haben wir im u Schlüsse an Mohns Monographie des europäischen Nordmeeres sei auf S. 209 dargethan Es unterliegt keinem Zweifel, daß abgesel von den Gezeiten der Ozean auch dann keine bewegungsl Masse wäre, wenn die Lufthülle in ewiger Ruhe verharrte; a ebenso unzweifelhaft geht aus Mohns Rechnungen hervor, daß di Ausgleichsströmungen in ihrer Ej*aft und Bedeutung weit zurü treten hinter die Windströmungen. In diesem Sinne darf man sa^ der Wind ist der Hauptmotor der ozeanischen Ströme. I zwischen beiden Phänomenen ein innerer Zusammenhang beste! müsse, drängt sich schon bei der vorurteilslosen Betrachtung ei Karte der Meeresströmungen auf und war schon längst die Ül Zeugung der Seefahrer und seekundigen Männer.

Es ist dabei freilich noch nicht ganz klar, wie zwei so ^ schiedenartige Bewegungen, wie die wellenförmige und strömer durch eine und dieselbe Kraft in einem und demselben Medi hervorgerufen werden können. Uns erscheint die Strömung als e Steigerung der Wellenbewegung, etwa in dieser Reihenfolge: ka lare Wellen, ausgebildete Wellen, oberflächliche Trift, tiefer greifen Meeresstrom; über die Art und Weise, wie die eine Bewegungsfc sich in die andere umsetzt, liegen aber unseres Wissens noch ke Beobachtungen vor. Zunächst müssen wir uns mit der Thatsa( begnügen, daß Winde Strömungen erzeugen. Sehr lehrreich sind dieser Beziehung die Beobachtungen auf dem deutschen Feuersch „Adlergrund" zwischen Rügen und Bomholm, die ersten Beoba tungen dieser Art von einem festen Punkte aus und in genügen« Entfernung vom Lande®. In 86 Prozent aller Fälle lief die Strömt mit dem Winde des betreflfenden Tages, und der Einfluß des Wint erstreckte sich schon in kurzer Zeit bis 5 m Tiefe. Die Strc richtung fiel aber nicht genau mit der Windrichtung zusamm sondern wich im Durchschnitte um 30® nach rechts ab. Waren i Winde veränderlich, so war die Strömung für das ganze Etmal i Resultante aller Winde; und nur dann, wenn die Luftbewegi schwach war, konnte es vorkommen, daß der Strom nicht mit di Winde oder sogar gegen denselben lief.

Was der allgemeinen Anwendung der Trifttheorie auf ( Meeresströmungen hindernd im Wege stand, war die Ansicht, d der Wind nur die Oberflächenschicht des Wassers in Bewegu setzen könne, aber nicht in die Tiefe dringe. Diesen Irrtum 1 seitigt zu haben, ist das unsterbliche Verdienst von Zöppbitz. seiner, 1878 erschienenen Abhandlung^ gelangte er allerdii

Die Meeresströmungen. 249

unter der Voraussetzung eines unbegrenzten und gleichmäßig tiefen Ozeans zu folgendem Ergebnisse. Wenn sich die oberste Wasser- schicht aus irgend einem Grunde mit gegebener Geschwindigkeit in ihrer eigenen Ebene fortbewegt^ so erhält die zweite Schicht infolge ihres molekularen Zusammenhanges mit der obersten einen Antrieb zur Bewegung in gleicher Sichtung, und ihre Geschwindigkeit muß sich der der ersten Schicht immer mehr nähern, wenn die gleich- förmige Bewegung fortdauert In gleicher Weise pflanzt sich die Bewegung bei genügend langer Dauer auf die dritte, dann auf die vierte Schicht fort, und endlich bis zum Boden. In einem 4000 m tiefen Ozean wird unter der Voraussetzung, daß der Wind an der Oberfläche mit konstanter Sichtung und Geschwindigkeit weht, die Schicht in 100 m Tiefe in 41 Jahren Yio ^^^ ^^ 239 Jahren die halbe Oberflächengeschwindigkeit erreichen. In ca. 200000 Jahren wird der stationäre Zustand hergestellt sein, in welchem die Ge- schwindigkeit von der Oberfläche bis zum Boden proportional der Tiefe abnimmt

In Wirklichkeit bleibt sich allerdings weder die Richtung noch die Gcischwindigkeit des Windes immer gleich. Aber auch die Ver- änderungen pflanzen sich nur mit großer Langsamkeit nach der Tiefe fort, sodaß rasch vorübergehende nur die obersten Schichten beein- flussen. Die tieferen Schichten werden dagegen im Laufe der Zeit eine Bewegung in der Richtung der vorherrschen- den Winde annehmen, und ihre Geschwindigkeit wird durch die mittlere Geschwindigkeit an der Oberfläche bestimmt. Mit anderen Worten: Die großen Meeresströmungen der Gegenwart sind ein Produkt aller Winde, die seit ungezählten Jahrtausenden *über die betreffenden Gegenden des Ozeans hinweggestrichen sind. Diese durch den Wind an Ort und Stelle erzeugten Strömungen nennt Eoiümhel gezwungene.^ Infolge der ihm eigenen Bewe- gungsenergie setzt aber jedes Wasserteilchen seinen einmal einge- schlagenen Weg fort, solange die Reibung mit den ruhigen Wasser- teilchen, die es ebenfalls in Bewegung setzen muß, seine Geschwindigkeit nicht aufgezehrt hat Die durch einen bestimmten Wind, z. B. den Passat, erzeugte Bewegung kann sich also auch außer- halb seines Bereiches fortsetzen. Dieser Fall tritt ein, wenn der Strom auf ein festes Ufer stößt. Nehmen wir mit Zöppritz der Einfachheit wegen eine Vertikalwand an, so muß sich der Strom in zwei teilen, die dieselbe Geschwindigkeit, wie die Mutterströmung, aber nur mehr ihre halbe Breite besitzen. Diese Ströme nennt

X Vgl. dazu S. 285 Anm.

250

Das Meer.

Krümmel freie. Umgekehrt vereinigen sich zwei gleiche Strc die entlang einer Wand einander zufließen, zu einem einzigen, mit der Geschwindigkeit und doppelten Breite der Stammströmui im rechten Winkel von der Wand abfließt

So weittragend aber auch die Schlußfolgerungen der Triftthe sind, so erschöpfen sie doch nicht die Fülle des natürlich Gegebe Sie bedürfen einer Ergänzung, und diese gab Krümmel.^

Das Wasser ist nämlich eine zusammenhängende, unelastii Flüssigkeit, die jeden Mangel an einer Stelle durch Zufluß von a Seiten auszugleichen strebt. Der Satz des alten Vareniüs: W ein Teil des Ozeans sich bewegt, so bewegt sich der ganze Oz gilt in seinem vollen Umfange. Hier knüpfte Krümmel mit se ebenso einfachen wie sinnreichen Experimenten an. In dem ^ eckigen Wassergefäße in Fig. 52a rufen die beiden Triftströme,

Fig. 52a.

Krümmels Stromexperimente.

Fig. 52 b.

durch kräftige Pfeile dargestellt sind, ein ganzes System and( Ströme hervor, die alle nach der Stelle hineilen, wo Wasser v geblasen wurde. Der Gegenstrom in der Mitte und die Stromri zu beiden Seiten der Triftströme sind deutlich zu erkennen. Dii eingesetzte Blechwände lassen sich ähnliche unregelmäßige U gestaltungen erzielen, wie sie in der Natur vorkommen; Fig. I giebt z. B. den Aquatorialausschnitt aus dem Atlantischen Oz( und die Strömungen zeigen in der That auch eine überrasche Ähnlichkeit mit unserem Kartenbilde auf Taf. XV.

Das System der Windströmungen besteht also stets 2 Teilen:

1. Ströme der direkten Wirkung, primäre oder Triftströmung

Die Meeresströmaugen. 251

a) gezwungene Strome,

b) freie Ströme;

2. Ströme der indirekten Wirkung, sekundäre oder Kompen- sationsströme.

Auf jeden Strom wirkt die Erdrotation ablenkend; über das Maß dieser Ablenkung gehen aber die Ansichten auseinander. Jeden- falls ist zu beachten, daß die Geschwindigkeit der Strömungen um sehr vieles geringer ist, als die der Winde; so berechnete Mohn, daB im Durchschnitte ein Wind von 10 m pro Sekunde nur eine Strömung von ü,os m erzeugen könne! Eine so langsame Bewegung ist, so sollte man meinen, dem Einflüsse der Erdrotation nicht in hohem Grade unterworfen. Andererseits ist aber doch ein starkes West- drängen der polaren und ein stiirkes Ostdrängen der äquatorialen Strömungen unverkennbar; wir werden indeß sogleich sehen, daß hierbei zum Teil auch andere Umstände mitwirken.

Anwendung der Trifttheorie auf die beobachteten Strömungen. Etwa zwischen 40^ N. und ebensoviel S.B. vollzieht sich die strö- mende Bewegung des Meeres in einer Weise, die allen Anforderungen der Triftthe(^rie entspricht. Die Äquatorialströmungen stehen ganz unter dem Einflüsse der Passate; der südliche ist kräftiger entwickelt und tritt im Atlantischen Ozean über den Äquator hinüber, genau so wie der Passat; im nordindischen Ozean wechseln die Ströme mit den Monsunen. Wie die Äquatorialströmungen typische Bei- spiele gezwungener Triften sind, sind die Gegenströmungen reine Eompensationsströme. An den Westküsten der Ozeane entwickeln sich aus den Äquatorialströmungen durch Teilung freie Ströme, aber diese nehmen bald einen gemischten Charakter an. Einerseits ge- langen sie in die Gebiete des rückläufigen Passates wie man besonders deutUch im südatlantischen Ozean sieht und werden dadurch zu gezwungenen Strömen, andererseits wirkt das Kompen- sationsbedürfnis an der Ursprungsstätte der Passate anziehend auf die nach Osten sich umbiegenden Ströme. Aus diesem Ineinander- greifen verschiedener Kräfte erklärt es sich, daß die Kerne der Stromringe nicht mit den subtropischen Anticyklonen zusammenfallen.

In den mittleren und höheren Breiten herrschen äquatoriale Südwest-, bezw. Nordwestwinde vor. Von dem nordpazifischen Ozean sehen wir aus schon erörterten Gründen hier ab ; im nordatlantischen Ozean folgt aber der Golfstrom in der That.der vorwaltenden Wind- richtung; seine Herkunft aus den Tropen ist, wie wir wissen, außer Zweifel gestellt Auch hier haben wir also allem Anscheine nach eine wirkliche Trift.

Die Nordwestwinde der mittleren südlichen Breiten sind noch

, 252 Das Meer.

1 ^—

stärker, noch regelmäßiger als die nordischen Südwestwinde. E

sollten wir also auch Golfstrome erwarten, die Wärme in die t

arktische Zone hineintragen; und doch werden wir enttäuscht AI

1 dings umspannt eine gewaltige, zusammenhängende Ostströmt

j den ganzen circumterranen Ozean jenseits des 40. Parallels, a

4 sie stammt nicht aus dem warmen Erdgürtel. Wenn auch die C

•^ richtung im großen und ganzen den Winden entspricht, so ist d

i von den beiden anderen Komponenten die nördliche entschieden

I ^ kräftigere, nicht die südliche, wie die Trifttheorie es erfordert. -

% weite Strecken hin sind nordöstliche Versetzungen durchaus

herrschenden. Noch überzeugender spricht für die Beimischi

eines polaren Stromelementes die Wassertemperatur ^ und das s

arktische Treibeis, das bis 40^ B., ja stellenweise sogar darü

hinaus gelangt. Nichts ähnlichem begegnen wir in den nordiscl

Meeren, mit einziger Ausnahme der Neufundlandbank, wo Golf- i

\ Labradorstrom sich begegnen. Aber ungleich großartiger, wahrsch«

i lieh einzig in seiner Art ist das Schauspiel des fingerförmigen

einandergreifens warmer und kalter Strömungen, das uns der w<

liehe Indische Ozean in 40® S. bietet. Verschiedener Salzgehalt i

abwechselnd blaue und grüne Färbung beweisen, daß hier wirk]

Tropen- und Polarwasser um die Herrschaft ringen. Als Sch<

im Sommer 1891 diese Gegend durchfuhr, beobachtete er zwiscl

10 und 70^0. nicht weniger als 16 warme und kalte Bänder y

1 70 bis 850 km Breite, in denen Temperatursprünge bis zu v

kamen. An ein paar Stellen scheinen warme Ströme wirklich

höhere Breiten durchzubrechen, wie man es vom Kerguelenstroi

sicher annimmt, aber wie ärmlich ist auch dieser gegenüber d

Golfstrome !

>< Die nachstehende Tabelle, ans Kbümmels Karten der Meeresisotherm abgeleitet, liefert dafür das Beweismaterial in übersichtlicher Form. Es e die arktischen Augusttemperaturen mit den antarktischen Febmartemperatu und umgekehrt in Vergleich gesetzt.

Sommertemperatur Wintertemperatur

Breite 30 « 40 <> 50 <> 30 ^ 40 <> 50

Pazifischer Ozean N. B. (+) 24,7^ 19,70 11,40 18,«o 10,4« 4,3«

S. B. (-) 22,8 17^8 9^ 17,8 12,2 7,s

Ditt

+ 1,.

+ 2.«

+ 1,5

+ 1,'

-M

-S,.

AtlantiBcher Ozean

N.

B.

(+)

25,1

22,7

15,0

20,1

15,2

7,«

S.

B.

(-)

22,,

17,0

6,.

17,1

11,0

8,1

Diff. +2,9 +5,7 +8,2 +2,9 +8,6 +4,8

Die MeeresstrÖmuDgen. 253

Ein Erklärongsversuch dieser anscheineDd abnormen Verhält- nisse anf der südlichen Halbkugel wäre verfiüht, solange unser Wissen Yon dieser Erdzone noch in seiner gegenwärtigen Dürftigkeit ver- harrt Namentlich muß zunächst festgestellt werden, ob polares Wasser sich gleichmäßig dem Oststrome beimengt, oder, wie es den Anschein hat, nur in einzelnen Strömen in die mittleren Breiten gelangt. Da wir auch von den Winden der südpolaren Zone so gut wie nichts wissen, so ist es immerhin möglich, daß jene hypothe- tischen Ströme mit der Trifttheorie ebenso in Übereinstimmung stehen, wie der ostgrönländische und Labradorstrom, deren Richtung übrigens wohl auch durch das Eompensationsbedürfois und die Erd- rotation mitbestimmt wird.

Daß polares Wasser aus dem antarktischen Ozean entlang den Westküsten der Festländer bis in die äquatoriale Zone gelangt, ist eine traditionelle Vorstellung, die auf allen Strömungskarten zum Ausdrucke gelangt. Allerdings sind, wie die Isothermen der Meeres- oberfläche zeigen (vgl. z. B. Fig. 55 auf S. 262) innerhalb des tro- pischen Stromwirbels die Ostseiten kälter, als die Westseiten, aber dieß gilt auch für die nördliche Hemisphäre, obwohl wir doch be- stimmt wissen, daß weder der nordafrikanische noch der califomische Strom vom Pole kommen. Sie sind die Fortsetzungen der relativ warmen östlichen Verbindungsströme, verändern aber ihren ther- mischen Charakter, sobald sie sich aus höheren in niedere Breiten bewegen, indem sie dann im Vergleiche zu ihrer Umgebung als kühl erscheinen. Groß kann aber dieser Unterschied nicht sein, weil die Ströme sich langsam bewegen und dadurch Zeit gewinnen, sich den neuen Wärmeverhältnissen anzupassen. Als die bedeutendsten Ströme gelten der Peru- und Benguelastrom. In Bezug auf den ersteren hat schon Hettneb^® nachgewiesen, daß er an der westpatagonischen Küste keine Temperaturemiedrigung bewirkt, was doch der Fall sein müßte, wenn er aus dem Eismeere käme. Gegen die polare Ab- stammung des Benguelastromes spricht sein hoher Salzgehalt (35 bis 36 Promille); man vergleiche ihn nur mit dem Falklandstrome, dessen Salzgehalt 34 Promille nicht übersteigt

Es giebt aber für die Westküsten zwischen 40® N. und S. eine viel wirksamere Kältequelle: das aufsteigende Tiefenwasser. Es ist ein allgemeines Gesetz, daß an den Luvküsten Wasser aus der Tiefe aufsteigt, um das vom Winde weggetriebene Wasser zu ersetzen. In der Passatzone liegen die kontinentalen Westküsten an der Luvseite; eine Kompensation findet nicht nur oberflächUch von den Seiten her statt, sondern auch von unten. So leicht ver- standlich auch dieser Vorgang ist, so wenig wurde er beachtet,

254

Das Meer.

't

.1 r

obwohl DiNKLAGE scboii 1875 darauf aufmerksam gemaclit hi Vollgiltige Beweise brachten erst die Beobaclitungen an Uferste mit zeitweise ablandigen Winden, wie wir solche in den let: Jahren an der afrikanischen Ostktiste kennen gelernt haben. ^^ Zeit der Südwestmonsune haben hier weite Küstenstrecken auffalJ kaltes Wasser, wie zwischen Warschekh und dem Kap Guardi im N. und 0. der Insel Sokotra, und an ein paar Stellen der bischen Südküste. Bei Nordostmonsun verschwinden diese ka Zonen, aber im Golf von Aden, wo die Strömung nach W. und 2 geht, erscheint eine neue zwischen Kap Guardafui und Bas -AI] An polares Wasser ist in allen diesen Fällen natürlich nicht denken. Noch überzeugender sind die Beobachtungen Muhray; den Fjorden und Süßwasserseen Schottlands." Wir greilen nur Beispiel heraus: den Loch Lochy, der, von NO. nach SW. erstreckend, den südwestlichen Teil des caledonischen Grabens erf Die nachfolgenden Zahlen sprechen von selbst: das warme Wa zieht mit dem Winde; es sammelte sich am 7. September 1887 Nordostwinde (Stärke 1) am Südwestende und zwei Tage später Westsüdwestvrind (Stärke 5 6) am Nordostende an.

7. September

9. September

Tiefe

Nähe des

Mitte

Nähe des

Nähe des

Nähe d

Faden

SW.-Eudes

NO.-Endes

SW.-Endes

NO.-En<

Wind ^

Wind >-

0

13,70

isy

12,60

12,tO

12,«o

5

13,4

13,2

12,4

12,7

12,8

10

13,4

12,»

12,1

11,5

12,.

20

8,4

8,4

9,0

30

7,^

7,8

7,8

Daß es sich bei dieser Wärmeschichtung wirklich um Aufstei von Tiefenwasser handelt, zeigte am deutlichsten das Verhalten Fjord (Loch) Striven im Dezember, wo die Temperatur in abnon Weise mit der Tiefe zunimmt, denn hier war die Luvseite wj und die Leeseite kalt.

Auch in anderer Richtung sind diese Beobachtungen sehr le reich. Man stellt sich die Vertikalzirkulation häufig so vor, ( das Tiefenwasser nur unmittelbar an der Luvküste aufquelle, w rend man niedere Temperaturen etwas abseits davon immer n geneigt ist, kalten Obertiächenströmen zuzuschreiben. Die Isotherc im Loch Lochy am 7. September, wo auch in der Mitte gemes wurde, biegen aber nicht am Nordost ende plötzlich in die Hc sondern steigen bis gegen 20 Faden Tiefe allmählich von S

Die Meeresströmungen. 255

nach NO. an. Genau denselben Verlauf finden wir im Nordatlan- tischen Ozean zwischen 20 und 40^ B., bis zu ca. 1000 m Tiefe;

Faden: 100 200 800 400 500 600

West 32«54N. 63«22'W. 23,3« 18,4° 17,4« 16,90 12,2» 7,7« Ost 33 46 jy 19 17 15,& 14,3 12,6 10,4 10,6 9,«

Eine kalte Küstenzone zeichnet die Ostseiten aller Passatmeere aus, mit einziger Ausnahme von Westaustralien. Krümmel erklärt dies durch die geringe meridionale Entwicklung dieses Erdteiles, die ihm gestattet, das fortgeführte Meerwasser durch eine Strömung von N. her zu ersetzen. Wahrscheinlich sind auch die rätselhaften Stromkabelungen, heftige und geräuschvolle, kurzwellige Wasser- bewegungen, auf solches Aufsteigen von Tiefenwasser zurückzuführen.

In seinen klimatischen und sonstigen Eigenschaften unterscheidet sich das kalte Auftriebwasser durchaus nicht von kalten Oberflächen- strömungen. Es erzeugt ebenfalls ein rauhes, wenn auch ziemlich gleichmäßiges Küstenkhma, indem es besonders die Sommertempe- ratur stark herabsetzt; es hüllt sich in dichte Nebel, während es gleich- zeitig die Regenbildung hindert.^ Wie alles kühlere Meerwasser, beherbergt es auch eine ungeheure Planktonfülle, die eine reiche Fischfauna ernährt. Das „Dunkelmeer*^ an der afrikanischen Nord- westküste ist wahrscheinlich ein nicht minder ergiebiger Fischerei- grund, wie die Neufundlandbank oder das Gebiet der Falkland- strömung.

Litteraturnachweise. 'Schott cit. S. 219. " Pillsbuht, The Gulf Stream, im Report der N. S. Coast and Greodetie Survey für 1889—90. Washing- ton 1892. ^ RRtJMMEL, Die nordatlantische Sargassosee, in Fetebmanns Mit- teilungen 1891. ^ Kükenthal, Bericht über die Reise nach Ostspitzbergen 1889, in Peterhanns Mitteilungen 1890. * Eine gute Übersicht gibt Pahde, I>ie theoretischen Ansichten über die Entstehnng der Meeresströmungen, im Jahresberichte dea Realgymnasiums zu Krefeld 1888. Dinklaoe, Die Ober- flächenströmangen im sudwestlichen Teil der Ostsee, in den Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie 1888. ^ Zöppritz, Zur Theorie der Meeresströmungen, in den Annalen der Physik 1878, Bd. III. ^ KRttMMEL, cit. S. 206. * Krümmel, Die Temperaturyerteilung in den Ozeanen, in der Zeitschrift für wissenschaftliche Greographie, Bd. VI, 1887. Hettnee, Das Klima von Chile und Westpatagonien, Bonn 1881. " Pufp, Das kalte Auf- triebwasser, Marburg 1890. " Murray, im Scottisch Geographica! Magazine 1888, S. 345.

Die Wärmeverteilung im Wasser.

. Bie Oberflächentemperatur des Meeres. ^ Die Oberfläcbentempe- ratar des Meerwassers ist im allgemeinen etwas höher als die der untersten Luftschichten, namentlich stets über warmen Strömungen

X Vgl. S. 66 u. 127.

256

Das Meer.

und im Winter auch meist über kalten. * ^ In einzelnen Tages- Jahreszeiten kann dieser Unterschied ziemlich beträchtlich wer weil die Wassertemperatur viel geringeren Schwankungen unterwo ist, als die Lufttemperatur; im Jahresdurchschnitte ist er aber ( gering, wie bei der innigen Berührung von Luft und Wasser und der großen Wärmekapazität des letzteren nicht anders zu erwa ist. Genügt doch die Temperaturemiedrigung eines cbm Wa um 1®, um die Temperatur von 3000 cbm Luft um zu erhö Die Luftisothermen haben daher überall das Bestreben, sich i liehst enge den W^asserisothermen anzuschließen; die letzteren aber, außer von der geographischen Breite auch von der 1 zontalen und vertikalen Wasserzirkulation abhängig (vgl. Fig. Daher ist zwischen ca. 40*^ N. und 40® S. das Meer im Osten kl und jenseit dieser Parallelen wärmer als im Westen. Die Mäcl keit des Golfstromes verrät sich durch die weit nach Norden schwungenen Isothermenkurven, und das Zusammenrücken Wärmelinien bei Neufundland ist ein Werk der Labradorstrom Für den Atlantischen, wie ftlr den Großen und Indischen 0 gilt das gemeinsame Gesetz, daß die nördlichen Partien wärmer als die entsprechenden südlichen. ^ ^ Dieser Gegensatz ist in lei

>< Als Mittel der Differenz Luft minus Wasser aus je vier Beisp können angeführt werden:

Winter Fühling Sommer Herbst J

Wanne Strömungen -2,i<> -0,»*^ -0,8<^ -1»^^ -

Kalte -0,4 +0,8 +0,« +0,i +

XX Die nachfolgenden Durchschnittstemperaturen der Meeres fläche zwischen 50° N. u. S. sind aus dem Isothermenkarten von Kbümmx geleitet. Als jährliche Temperatur wurde annähernd das Mittel aus extremen Monaten angenommen.

Breite

50» N. 40 30 20 10 0

10 S.

20

30

40

50

Februar

August

Jahr

AUant.

Paxif.

Ind.

AUant.

Pazlf.

Ind.

AÜant.

Parif.

Ozean

Ozean

Ozean

Ozean

Ozean

Ozean

Ozean

Ozean

(

7,.«

4,2^

1 15,0»

u,.»

- 1

11,.«

7,.»

15,»

10,4

22,7

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19,.

15,.

20,1

18,9

25,8

24,t

.

23,.

21,.

24,.

23,5

24,8 0

1 27,8

26,1

27,0»

26,0

25,1

25,5

26,7

26,5

1 27,5

28,.

27,1

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27,.

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26,0

26,.

26,.

26,.

28,7

1 22,7

25,.

26,1

24,.

26,1

23,.

25,9

26,8

1 20,0

22,.

22,7

21,.

24,1

22,.

22,8

22,9

17,2

n,.

18,8 1

20,0

20,1

17,0

17,8

16,1

11,*

12,»

12,7

14,.

14,T 1 ]

, 6,»

9,9

5,6

3,1

7,.

4,0 :

5,0

8,t

Die Wfirme Verteilung im Waaser.

257

Linie eine Folge der stärkeren Entwicklung des Südostpassates. Die südliche Äquatorialströmung, die im Atlantischen Ozean beständig, im Indischen aber nur zur Zeit des Südwestmonsuns den Äquator überschreitet, führt unserer Hemisphäre eine Menge erwärmten Wassers zu, und dieses ernährt wieder die mächtigen warmen Ströme der nördlicheren Breiten. Die Ozeane der südlichen gemäßigten Zone erhalten dagegen nicht nur weniger Tropenwasser, sondern stehen überdies noch mit dem Eis- meere in offener Verbindung. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund der ziemlich gleich- mäßigen Temperaturvertei- lung jenseits des 30. Süd- parallels. Diesseits desselben sind die Gegensätze bedeutend größer. Innerhalb des Tropen- gürtels (20^ N. bis 30« S.) ist der Indische Ozean am wärm- sten, der Atlantische am kältesten. Dagegen ist nörd- lich von 20« N. der Atlan- tische Ozean beträchtlich wärmer als der Pazifische, ob- wohl dieser vom Eismeere abgesperrt ist: wieder ein Beweis für den hohen Vor- rang des Golfstromes vor dem Kuro Schio.

Tiefentemperatur in SüB- wasserseen. Wie in der Luft- hülle unseres Planeten die

Temperatur mit der Höhe abnimmt, so in der Wasserhülle mit der Tiefe. In derselben Eichtung vermindert sich auch die Wämie- schwankung, die in den Schweizer Seen in 150 m Tiefe völhg er- lischt^^ sodaß in den tieferen Schichten das ganze Jahr hindurch eine gleichmäßige Temperatur herrscht.

Während aber die Atmosphäre hauptsächlich von unten erwärmt wird, empfängt das Wasser seine Wärme von oben, und die Tempe- raturverteilung in einer Wassersäule gestaltet sich dalier wesenthch anders, als in einer Luftsäule von gleicher Höhe. Die Süßwasser- seen erwärmen sich am Tage und im Sommer durch Durchstrahlung und Leitung und kühlen sich nachts und im Winter durch Leitung

SüPAN, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 17

Fig. 53. Isothermen der Oberfläche des atlantiscbeu Ozeans nach der Darstellung der deutschen Seewarte.

'4

f

258 Das Meer.

i und vertikale Wasserzirkulation ab. Die direkte Sonnenwirkung

I einflußt nur eine dünne Obei-flächenschicht; nach Gbissingebs M

I sungen im kärtnischen Weißensee* reichte sie anfangs Septeml

j nur bis 12 m Tiefe. Die vertikale Zirkulation wird dadurch herv

^ gerufen, daß das Oberflächenwasser sich abkühlt, dadurch schwe

wird und untersinkt, bis es eine Schicht von gleicher Tempera '. und Dichte erreicht hat. Wärmere Tiefenschichten steigen s

/ kühlen sich wieder ab, sinken wieder unter, und dieses Spiel dau

'^^ solange, bis das gestörte Gleichgewicht wieder hergestellt ist Wi

die Dichte des Süßwassers nur von der Temperatur abhängig,

müßte in jenen Tiefen unserer Seen, in welche die Sommerwär durch Leitung nicht mehr einzudringen vermag, das Wasser e Temperatur besitzen gleich der mittleren Januartemperatur der treffenden Gegend. Bekanntüch erreicht aber das Süßwasser se größte Dichte schon bei 4^ über Null, und in der That finden j diese Temperatur auch in allen unseren tieferen Alpenseen, vora

I gesetzt daß sie nicht durch warme Quellen auf dem Grunde gespi

, werden. In der Regel steht aber die Tiefentemperatur einige Zehr

Grad über 4; es ist dieß dem Einflüsse der Erdwärme und d wärmeerzeugenden Fäulnisprozesse der auf dem Boden lagemc \ Organismen zuzuschreiben.

I In den Sommermonaten nimmt die Temperatur beständig ^

oben nach unten ab; beständig, aber nicht gleichmäßig. Wir hal vielmehr 5 scharf getrennte Schichten zu unterscheiden, die all dings nur bei sehr detaillierten Messungen erkennbar sind. Als I spiel mögen die beiden Temperaturreihen Grissingebs im Weissen am 7. September 1891 dienen:

8ha. m

.

4*» p. m.

rflächei

itemperatur

18,8 0

19,8*

chicht

Tiefe

Abnahme

Tiefe

Abnahme

m

ganze

pro m

m

ganze pro

I.

0- 8

1,70

0,.o

0— 8

1,0» O,»

IL

8—10

5,7

2,9

8—11

7,4 2,5

III.

10—15

4,9

1,0

11—14

3,e 1,2

IV.

15—40

2,1

0,1

14—34

2,5 0,2

V.

40— Grund

0,0

0,0

34— Grund 0,o 0,q

Das größte Interesse nimmt die Schicht II oder die Sprungschic wie sie ihr Entdecker, Ed. Richter nannte,* in Anspruch. Daß täglichen Verschiebungen unterliegt, zeigt schon das obige Beisp noch größer sind natüriich die jahreszeitlichen, ^ie aus denMessnnj im elsässischen Weissensee® hervorgeht, ja zeitweise verschwindet

Die Wärmeverteilung im Wasser. 259

ganz. Jedenfalls ist sie im Sommer am schärfsten ausgebildet nnd nimmt das höchste Niveau ein. Ihre obere Grenze bezeichnet den Endpunkt der vertikalen Zirkulation, die durch die nächtliche Ab- kühlung der Oberflächenschicht erzeugt wird und bis zu jener Tiefe sich erstreckt, in der die Temperatur gleich ist der nächtlichen Oberflächentemperatur. Die auf- und absteigenden Schichten ver- mischen sich nun so innig, daß sie am darauffolgenden Morgen eine gleichmäßige Temperatur annehmen. Diese ist natürUch an der oberen Grenze der Zirkulationsschicht tiefer als die Temperatur des vorhergehenden Tages, an der unteren aber höher, und statt der früheren gleichmäßigen Abnahme findet nun ein Sprung statt. So trägt, so paradox es auch klingen mag, die nächtliche Abkühlung die Wärme in die Tiefe, und zwar um so tiefer, je größer die täg- liche Wärmeschwankung ist.

Den sommerlichen Zustand nennen wir mit Fobel^ die regel- mäßige Wärmeschichtung; im Winter dagegen herrscht in den tieferen Seen unserer Alpen die umgekehrte Schichtung. Im Momente des Überganges hat die ganze Wassersäule ca. 4^. Werden die oberflächlichen Schichten kälter, so sinken sie nicht mehr ein. Die Temperatur der tieferen Schichten erniedrigt sich nur durch Ausstrahlung; sie nimmt nach der Tiefe zu, bis die konstante Schicht von 4^ erreicht ist. ^ Die Eisbildung beginnt daher stets an der Oberfläche und schreitet langsam nach unten fort. Aber niemals können unsere tieferen Landseen bis auf den Grund gefrieren, und so kann ihr organisches Leben auch den Winter überdauern.

Auf diese Verhältnisse hat Forel seine thermische Ein- teilung der Süßwasserseen gegründet. Ln tropischen Typus herrscht das ganze Jahr hindurch die regelmäßige, im polaren die umgekehrte Schichtung. Der gemäßigte Typus hat im Sommer die erstere, im Winter die letztere Schichtungsart. Jede Haupt- kategorie zerfallt in tiefe und seichte Seen, je nachdem sie über die Tiefengrenze der jährlichen Wärmeschwankung hinabragen oder nicht.

Tiefentemperaturen im Salzwasser. Li zwei Punkten unter- scheiden sich hinsichtlich ihres thermischens Verhaltens die salzigen von den Süßwasserbecken. Mit steigendem Salzgehalte verschiebt sich nämlic]i auch der Gefrierpunkt und das Dichtigkeitsmaximum nach

X Die Temperatorverteüung im Züricher See war am 25. Januar 1880 nach FoBEL folgende:

Tiefe m 0 20 40 60 80 100 120 183 Temp. 0,2^ 2y 3,5 ^ 3,7 3,8 <> 3,9 « 4,0^ 4,o<>

17*

260

Das Meer.

abwärts, ^ und damit ändert sich das Minimalmaß der Tiefenteni ratur. Sie kann im Süßwasser nur bis -f 4*^, in 1 prozentigem S wasser aber schon auf + 2^, im 2prozentigen auf 0,5® sinl natürlich immer vorausgesetzt, daß die klimatischen Verhältnisse Erzeugung so niedriger Wärmegrade gestatten. Sobald aber und dieser Fall tritt schon bei einem Salzgehalte von 30 Prom ein das Dichtigkeitsmaximum tiefer liegt, als der Getrierpui wird die untere Temperaturgrenze der Tiefenschichten nur m von dem letzteren bestimmt. Die Eisdecke, mit der sich der Wasi Spiegel überzieht, schützt als schlechter Wärmeleiter jene Schiet vor intensiverer Erkaltung, und daher kann selbst das Bodenwaj polarer Meere nicht kälter sein als —2 bis 3^

Der zweite Unterscheidungspunkt ist folgender. Die tiefe Süßwasserschichten erwärmen sich hauptsächlich durch Leitung, die vertikale Zirkulation nicht weit hinabreicht. Um Wasser der Oberfläche in die Tiefe zu führen, giebt es hier nur ein Mit die Abkühlung; im Salzwasser dagegen noch ein zweites: die wärmung. Indem das erhitzte Obertiächenwasser verdunstet, v es relativ salzreicher, schwerer, und sinkt unter. Um die ungehei Bedeutung dieses Faktors zu würdigen, vergleiche man nur Temperaturen im Mittelmeere und in den oberitalienischen Seen. I unter 1 50 m Tiefe schon überall Temperaturen von 4,6 bis 6**, ( selbst an den tiefsten Stellen noch eine Temperatur von 13^* Dieser Wärmegrad entspricht ungefähr der mittleren Januartemp< tur der Luft in diesen Gegenden und herrscht mit geringen Sch\^ kungen in der ganzen, mehrere 1000 m mächtigen Wassersch jenseits der 500 m-Isobathe. Die vertikale Temperaturabnahme trägt hier nur ein paar Zehntel Grad.

Das Mittelmeer ist ein nahezu abgeschlossenes Becken. AI dings empfängt es einen atlantischen Unterstrom, aber die Gibral schwelle ist zu seicht, als daß das kalte ozeanische Tiefenwa

X Karsten (Gazellewerk, II, S. 53) gibt als wahrscheinlichste Vi folgende an:

Salzgehalt (Promille) 0 10 20 80

Gefrierpunkt 0^ -0,8^ -1,5** -2,3^

Dichtigkeitsmaximum +4° +2'^ -0,5 -4*'

XX Zwischen Korfu und Ben Ghäsi (Tripolis) war die durchschnitt] vertikale Wärmeverteilung nach den Messungen der „Pola" im September folgende:

Tiefe 0 10 50 100 500 Boden (bis 3700 m)

Temperatur 24,8^ 23^ isy 15,5° U^ 18,4-13,7 ^

An der tiefsten bekannten Stelle des Mitlelmeeres (4400 m) fand „Pola" 13,5<'.«

Die Wärmeverteilung im Wasser. 261

eintreteD könnte. Maßgebend für die Tiefentemperatur der Nebenmeere ist also die Tiefe und auch die Breite der Kanäle, die sie mit dem Hauptmeere verbinden. Daß wir auch die Breite als einen Faktor für den Grad der Vermischung zweier Gewässer anfuhren, bedarf keiner w^eiteren Erörterung.

Im Gebiete des Schwarzen Meeres ist das Klima, besonders das winterliche, beträchtlich kälter als im Mittelmeere, und dement- sprechend müssen wir hier Tiefentemperaturen von etwa erwarten. Das ist in der That auch der Fall. Die russische Forschungsexpe- dition im Sommer 1890 fand nordöstlich von der Donaumündung 6^ in 38 m Tiefe, an der Südküste der Krim O,?» in 60 m Tiefe, in der Nähe des Bosporus 6,7® in 57 m Tiefe und in dem tiefsten Becken des Pontus 7,2® in 55 m Tiefe. Von da ab nimmt aber die Temperatur bis zum Boden wieder um zu,^ offenbar erwärmt durch das Mittelmeerwasser, das als Unterstrom durch den Bosporus in das Schwarze Meer fließt. Aber auch die auffallend rasche Wärmeabnahme in den obersten Schichten ist lehrreich; je geringer die Verdunstung ist, desto matter ist die veiükale Zirkulation. Sie erlischt hier schon in 55 m Tiefe, d. h. in der Schicht der niedrigsten Temperatur.

Auch im Ozean verlangsamt sich die Wärmeabnahme gegen den Boden zu. Selbst die Messungen in Abständen von 100 bis 200 m lassen eine Dreiteilung fast überall erkennen : rasche Abnahme in der Oberflächenschicht, die bis 200 oder auch bis 400 m hinab- reicht; langsamere zwischen 200 bezw. 400 und ca. 1000 m Tiefe, aber immerhin noch im Betrage von ^j^ bis P pro 100m; endlich sehr langsame, fast unmerkliche Abnahme jenseits der 1000 m-Tiefe, kaum 0,1** pro 100 m. Soweit reicht die Analogie mit den Nebenmeeren. Aber zum Unterschiede von diesen erstreckt sich der Ozean über alle öimagürtel, und seine einzelnen Teile stehen in mehr oder minder freier Verbindung mit einander. Diese beiden Momente wirken sich entgegen; an der Oberfläche herrscht noch der Unter- schied der Breite, und die Temperatur bewegt sich noch in Diff'e- reiizen von 33^, zwischen 30® in einigen wenigen Teilen des tro- pischen Ozeans und 3^^ im Polarmeere. Das Bodenwasser der tieferen Becken ist dagegen überall nahezu gleich kalt und schwankt nur zwischen + 2 und 2,5®.

X Nach WoEiKows Bericht* ist die Wärmeschichtung über dem Tiefbecken folgende:

Tiefe m 0 10 55 100 500 1000 2158 23,2<> 21,2^ 7,2^ Sy 8,90 9,0° 9,3°

262

Das Meer.

Vertikale Temperaturverteilung im Atlantischen Ozea (Nach den Beobachtungen des „Challenger**, 1872—73 u. 1876.)

wtsii 2\j(ni j^ijg 'U^cKj xt^o i

Fig. 54. Tiefeniflotbermen des Atlantischen Ozeans zwischen 30 und 40^ N.

Fig. 55. Tiefenisothermen des Atlantischen Ozeans zwischen 30 und 40^ S.

Atlantisoher Ozean. Berücksichtigt man die Durchschnittstem ratur der ganzen Wassermasse, so ist der Atlantische Ozea

X Vergleichende Übersicht der Temperatur der Ozeane.

Atlantischer Ozean.

Tiefe: Faden

0

50

100

200

300

500

1000

1500

Meter

0

91

183

366

549

914

1829

2743

40—20« N.

21,2«

17,8«

16,«»

14,.»

12,7«

v

3,.»

2,5»

20-0

25,4

16,4

14,,

10,.

7,«

4,»

3,3

2,.

0-20 S.

24,8

18,8

13,2

9,2

6,5

4,.

3,.

2,.

20-40

19,1

16,8

14,1

10,.

6,»

3,.

2,.

2,2

stiller Ozean.

40-20« N.

20,8«

16,8«

13,.«

9,.»

6,2»

3,.»

1,,»

l-i"

20-0

26,7

24,8

n,a

9,.

1,«

4,.

2,.

1,«

0—20 S.

26,6

25,8

21,2

11,5

7,.

*,*

2,.

1,»

20-40

20,2

18,s

16,5

12,4

8,.

5,.

2,.

(1,0

Indischer Ozean.

10—20« S.

25,4«

18,2»

12,2»

8,2»

5,2»

20-40

20,4

15,0

10,.

9,.

6,.

Die Wärmeverteilung im Wasser.

263

(s. Fig. 54 56) zwischen 30 und 40® N. der wärmste Teil des ganzen Weltmeeres. Über einer Fläche von ca. 4 Mill. qkm lagert eine 500 m mächtige Schicht von mehr als 1572^ mittlerer Temperatur. Hier ist die Geburtsstätte jener allgemeinen nordöstlichen Wasserbewegung zu suchen, die wir als Golfstrom bezeichnen. Selbst im Tropen- gürtel ist das Wasser schon in 200 m Tiefe beträchtlich kälter, ja in den mittleren Schichten der südlichen Hälfte (0 20® S.) sogar

MOO " oooo -»ooo «ooo ■»».

Fig. 56. Meridianaler Durchschnitt durch den Atlantischen Ozean.

kälter, als zwischen 20 und 40® S. Auf die Gegensätze zwischen West und Ost haben wir schon aufmerksam gemacht Bis zu einer Tiefe von rund 500 m ist der nordatlantische Ozean im Gebiete des Aus- läufers der Äquatorialströmung wärmer, als im Osten; in den unteren Schichten aber kälter, weil durch die untergesunkenen Polarströme abgekühlt Auch im südatlantischen Ozean sind die oberen Partien der Westhälfte durch höhere Wärme ausgezeichnet. Anderer Art sind die merkwürdigen Gegensätze, die die Bodentemperaturen der westlichen und östlichen Becken zeigen:

NW.-Becken

Nordhälfte des Ost-Beckens

1,8« bis 1,8 0

1,6« bis 2,7 0

SW.-Becken

Südhftlfte des Ost-Beckens

Norden 0,2*^ bis

oy

2,1 ö bis 2,4 <>

Mitte 0,6

0,8

Soden 0,«

-0,6

Kap-Becken 0,50 bis 1,0«

Es ist klar, daß diese niederen Temperaturen nicht an Ort und Stelle entstanden sein können. Ein anderes Beispiel wird dies noch besser zeigen. Nur neun Bogenmindten nördlich vom Äquator (unter 30,3° W.) beobachtete der „Challenger'' folgende Temperaturen:

OberflSche

25,»»

Tiefe 500 Faden 914 m

4,."

Tiefe 50 Faden 91 m

19,«

1000

1829

3,.

100 188

18,.

1500

2743

2.T

200 366

8,>

2275

4160

1,.

300 549

5,.

(Boden)

Wir haben hier eine Wassermasse von fast 4000 m Mächtigkeit^ deren Temperatur niedriger ist, als die tiefste hier mögliche Luft-

264

Das Meer.

temperatur. Wir schließen daraus, daß das Tiefenwasser Polarmeere stammt und daß es durch eine dauernde un seeische Strömung beständig erneuert wird, da es ja : bereits eine höhere Temperatur hätte annehmen müssen

Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, daß das äquatc Tiefenwasser antarktischen Ursprungs ist, denn nur nach S sinkt die Bodentemperatur, während sie nach Norden hin s Wir werden hier aufmerksam auf die hohe Bedeutung des u seeischen Reliefs. Am ungehindertsten ergießt sich das polare W; in das südwestüche Becken, wobei noch zu beachten ist, daß < Strömung infolge der Ablenkung durch die Rotation der Erde I haupt die Tendenz hat, sich nach Westen zu wenden. Auch in Kap-Becken gelangt noch Wasser von weniger als 1®, in die anc Becken, die durch zusammenhängende Bodenanschwellungen von südwestlichen geschieden sind, aber nur das wärmere Wasser j Schicht, die mit dem submarinen Rücken in gleicher Höhe Aus demselben Grunde bleiben die nordatlantischen Tiefen vor Eindringen des arktischen Wassers geschützt, wie die von Kbümi berechneten Zugangsdimensionen beweisen:

Zugangsbreite Zugangstiefe Zugangsqaerschnitt Arktische 1521 km 585 m 890 qkm

Antarktische 9186 2740 25170

Vördliohes Eismeer. In der Fortsetzung des atlantischen Tl liegt das nördliche Eismeerbecken. Die Temperatur nimn den Polarmeeren wenigstens im Sommer nicht überall r mäßig mit der Tiefe ab ; häufig ist eine kalte Schicht zwischen wärmeren ^ ^ oder aucli eine warme Schicht zwischen zwei kalt eingeschlossen. ^ ^ ^ Nachstehende Durchschnitte werden uns übe vertikale Wärmeverteilung Aufschluß geben. Im Süden des Gi plateaus, das hier bis 649 m aufsteigt, breitet sich das warme a tische Wasser aus, während im Eismeerbecken und in dessen lieber Fortsetzung, der Färöer-Shetlands-Rinne, die warme Sei die offenbar aus dem Atlantischen Ozean stammt, verhältnisn dünn ist (Fig. 57). Unter ihr hat das Meer Minus -Temperati aber ohne den Gefrierpunkt des Salzwassers zu erreichen;

X Die Breite multipliziert mit der Tiefe. XX Z. B. ßsy N., 15,7 0. (19. Juni 1878, nach Mohn)

Tiefe m 0 18 37 73 110 146 183 366 624 (Bo

Temp. 0 10,7 8,0 5,7 4,4* 5,i 5,8 5,9 6,4 6,5 XXX Z. B. 76,4 «N., 45,5^0. (31. Juli 1878, Beob. „W. Barents")

Tiefe m 17 34 51 68 85 102 119 136 153 170 187 204

Temp. ® 2,0 1,5 0,5 -0,i -0,5 -0,c* -0,4 0,o 0,3 0,5 0,a 0,o -

Die Wärmeverteilong im Wasser.

265

Bodentemperaturen schwanken zwischen 1,3® und 1,7®. Eine Vermischung beider verschieden warmen Wassermassen verhindert das Plateau. Im folgenden Durchschnitt (Fig. 58), der senkrecht zum ersten gezogen ist, sehen wir, wie die warme Golfstromschicht von Westen nach Osten an Mächtigkeit zunimmt. Die 0®-lsotherme

Fig. 57. Vertikale Temperaturverteilung im europäischen Nordmeer nach Mohn.

liegt in der östlichen Hälfte zwischen 500 und 1200 m und im Mittel in 860 m Tiefe. Dieser Gegensatz erklärt sich dadurch, daß der Golfstrom sowohl durch die westlichen Winde wie durch die Erd- rotation nach Osten gedrängt wird.

Der norwegischen Küste sind mehr oder weniger breite Bänke vorgelagert, in die der beckenartige Boden der Fjorde eingesenkt

Fig. 58. Vertikale Temperaturverteilung im europäischen Nordmeer nach Mohn.

ist. Niemals gefriert das Wasser der letzteren, selbst nicht unter den höchsten Breiten. Ihre Bodentemperatur ist durchschnittUch um 8,7® höher als die mittlere Januartemperatur der Luft, ja nörd- lich vom 62. Parallel sogar um 2,2® höher, als die mittlere Jahres- temperatur. Es ist dies wieder ein augenscheinlicher Beweis dafür, daß das norwegische Küstenwasser seinen Wärmevorrat aus niederen Breiten bezieht; die Bänke schützen aber die Fjorde vor dem Ein-

h

266

Das Meer.

dringen des kalten Wassers des Eismeerbeckens. Auf so mai fachen Bedingungen beruht also die abnorme klimatische Begünstij des nordwestlichen Europa.

Die warme Oberflächenschicht wurde an der Westküste Spitzbergen bis über den 80. Parallel und östlich von der B^ insel bis ca. 75® B. verfolgt. In der Barentsee sinkt die 0°-l8oth( nur noch an einer Stelle bis 200 m Tiefe herab, nähert sich im Norden schon bis auf 12 m dem Meeresspiegel. Nördlich nordöstlich von Nowaja Semlja ist das ganze Meer unter 0*^ abgek Nur an einigen Stellen wird bei Windstille die Oberfläche durcl Sommersonne vorübergehend stärker erwärmt, aber schon von l an findet man eine nahezu konstante Temperatur von 2,o bis und merkwürdigerweise im Winterhalbjahr um ca. 0,7® höher al Sommer. Im sibirischen Eismeere beobachtete man schon in 30 Tiefe - 1 bis - 2,4®.

Es liegt also der Schluß nahe, daß das kalte Wasser des meerbeckens und der Färöer-Einne arktischen Ursprungs ist. widerspricht aber der für polares Wasser erfahrungsgemäß zu Salzgehalt und andererseits der geringe Stickstoflfgehalt ^ dessel denn wir wissen, daß die Luftmenge, welche das Seewasser von Atmosphäre aufnimmt, im umgekehrten Verhältnisse zu seiner Tei ratur steht. In der That finden wir auch im Gebiete der unzw< haft polaren ostgrönlöndischen Strömung geringeren Salz- und hol Stickstoffgehalt, als am Boden des Eismeerbeckens. Wir mi daher annehmen, daß das kalte Wasser des letzteren wenigstens Teil aus dem Atlantischen Ozean stammt, oder mit anderen Wo daß hier der Golfstrom in einer absteigenden Bewegung begriffe]

Übrige Ozeane. Im Großen Ozean ist die vertikale Tei raturverteilung im allgemeinen zwar ähnlich der im Atlantis Ozean, doch bestehen auch einige wichtige Unterschiede. Der käl Teil ist der außertröpische nördliche Ozean. Am wärmsten ij den oberen Schichten die äquatoriale Zone und in den mittleren südliche Teil jenseits von 20® südl. B. In größeren Tiefen hen weitaus mehr thermische Übereinstimmung als im Atlantischen 0: Ebenso fehlen auch die verhältnismäßig bedeutenden Extreme atlantischen Bodentemperaturen, denn im nördlichen Teil schwai sie im allgemeinen nur zwischen 0,5 und 1,6® und in der zwischen 0,e und 1®.

Wie sehr die Mächtigkeit der nordatlantischen warmen f

X Die Stickstofiinenge des Wassers nimmt man als Maß der gesa Luftmenge^ da der Sauerstoffgehalt zum Teil von ZafUlligkeiten abhängig

Die Wärmeverteilung im Wasser. 267

mang die der nordpazifischen übertrifft, zeigen die Beobachtungen des „Challenger** in beiden Meeren zwischen 32 und 38** N.

Mittlere Tiefe der Isothermen 20^ 15° lO**

Atlantischer Ozean 20— 70° W. 40 m 430 m 790 m Stiller Ozean 170° W. 140° 0. 20 120 350

Dagegen ist bis ca. 1000 m Tiefe der tropische und südliche Stille Ozean wärmer als der Atlantische in gleicher Breite, in größeren Tiefen aber entschieden kälter, wenn auch nirgends so tiefe Boden- temperaturen gefunden wurden, wie zwischen Südamerika und Tristan d'Acunha.

Eigentümlich ist die Wärmeverteilung in den isolierten Boden- senkungen der westlichen Südsee und des austral-asiatischen Mittel- nieeres. In der Celebessee (zwischen dem Sulu- Archipel und Celebes) beträgt z. B. die Temperatur von 1460 m bis zum Boden (in 4755 m Tiefe) gleichmäßig 3,8^. Eine Barriere von 1190 m Tiefe sperrt nämlich das kältere Tiefenwasser des offenen Ozeans von dieser Bodensenkung ab. In der benachbarten, allseitig abgeschlosse- nen Sulusee, die nur indirekt durch die China- und Celebessee mit dem Ozean in Verbindung steht, hat die Wassersäule von 730 bis 4664 m Tiefe (Boden) sogar eine konstante Temperatur von 10,3*^. Das sind weitere Beweise für die Annahme, daß die ozeanische Tiefenkälte vom Südpol stammt.

Auch im Indischen Ozean erreicht kaltes Bodenwasser deu Aquatorialgürtel. Weiter als irgendwo anders drang hier der „ChaUenger" gegen die antarktische See vor. Zwischen 52 und 54® B. beträgt die Temperatur an der Oberfläche selbst im Sommer nur 3®, in 200 m Tiefe nie mehr als P, und am Grunde in 3566 m Tiefe 0,e^ Welcher Gegensatz zwischen dem südlichen und nörd- lichen Ozean! Selbst in dem verhältnismäßig kalten nordpazifischen Ozean fand man unter gleichen Breiten an der Oberfläche um 5,?^ und in 200 m Tiefe um 2,i^ wärmeres Wasser, und auch die Boden- temperatur ist dort höher. Es müssen also die warmen Strömungen in den höheren südlichen Breiten wenigstens im Süden des Indischen Ozeans viel unbedeutender sein, als in den nördhchen Meeren. Gerade dieser Umstand regt eine Reihe hochwichtiger Fragen an, die noch ihrer Lösung harren. Es ist Thatsache, daß eine Wasserzirkulation zwischen dem Nordpol und dem Äquator durch das atlantische Thor mittels Oberflächenströmungen, die allerdings auch in beträchtliche Tiefen hinabreichen, stattfindet. Ob außer dem Falklandstrom noch andere echte südpolare Oberflächen-

268

Das Meer.

9 J

f

0

Strömungen bis in die Tropenzone hinaufgehen, ist zweifelhaft; ; sicher ist, daß eine submarine antarktische Strömung den Aqu erreicht und auch auf die nördliche Hemispliäre hinübertritt, ist zwar außerordentlich langsam und verrät sich nur dem Thei meter, aber jedenfalls verdient sie den Namen einer Strömung, ( sie bewirkt eine Wasserversetzung. In welcher Beziehung stehl nun zu den Oberflächenströmen? Und auf welche Weise erhält südliche Polarmeer Ersatz? Denn nur dann, wenn ebensoviel Wa zufließt, als abfließt, kann sich eine konstante Strömung entwicl Ist es endlich wahrscheinUch, daß die schwachen warmen Oberfläc Strömungen der Südhemisphäre diesen Ersatz leisten?

Wyville Thomson, der Leiter der „Challenger"-Expedi stellte die Hypothese auf, daß auf der Wasserhalbkugel die Nie schlage größer seien als die Verdunstung, während auf den Me der Landhalbkugel, auf dem Atlantischen, nordindischen und n pazifischen Ozean die Verdunstung den Niederschlag übens-iege. antarktische Strömung gleiche nun dieses Mißverhältnis aus. bestechend auch diese Erklärung auf den ersten Blick erschein erweist sie sich doch bei näherer Betrachtung als ziemlich haltlos sie auf ganz willkürlichen Annalimen beruht. Nach dem „Challeni Hauptwerke ^2 stammt das tropische Tiefenwasser von der Oberfl zwischen 40 und 55® S., und die aus den warmen Gegenden 1 mende Ersatzströmung glaubt man in jener warmen Schicht, die unter 65® S. in 550 m Tiefe fand, entdeckt zu haben.

Das Meereis. Während die übrigen Meere die Kontinente i verl}inden als trennen, sind die Polarmeere, als der Schauplatz i ausgedehnten und regelmäßigen Eisbildung, auch für das tauglic Scliiff ein ernstliches Verkehrshindernis, das jeder Berechnung spc Wie viele Opfer hat es gekostet, ehe man den Gedanken auj durch die Nordwestpassage in den Stillen Ozean zu gelangen; wenn auch die Nordostpassage von Nordenskiöld glücklich i wunden wurde, so ist doch auch diese ruhmreiche That ohne f tische Folgen für den atlantisch -pazifischen Verkehr. Die m^ Eisbildung ist überdies auch von hoher klimatischer Bedeut denn das Eis verhält sich gegen die Wärme wie Land, erkaltet im Winter durch Ausstrahlung rasch und intensiv, und ruft E metermaxima und polare Winde hervor, während es in der som: liehen Tauperiode Wärme verbraucht und dadurch ebenfalls ab lend auf die Umgebung wirkt.

Eisbildung von polarem Charakter findet auch im Bering- Ochotskischen Meere statt. Auch das Asowsche Meer und Ostsee nördUch von der Linie Stockholm-Osel gefrieren jeden Wi

Die Wärme Verteilung im Wasser. 269

teilweise oder ganz, was offenbar durch den geringen Salzgehalt begünstigt wird.

Das Eis der Polarmeere besteht aus Eisbergen, Flußeis, das aber nur in den sibirischen Küstengegenden einige Bedeutung gewinnt, und Eisfeldern. Die ersteren stammen fast ausschließlich von Gletschern her (s. S. 171), doch können auch Teile der auf- gebrochenen Eisdecke eines Flusses durch Aufeinanderpressung wahre Berge bilden und wie das Gletschereis Gesteinsmaterial mit sich tuhren. Das Eisfeld ist marinen Ursprungs; Stücke desselben nennt man je nach ihrer Größe Flarden, Schollen oder Brocken. Die Vorposten gegen das offene Meer bilden lose Eismassen, das sog. Treibeis, während das innere Polarmeer mit schwerem Packeis besetzt ist, das aber freilich auch nicht eine ununterbrochene Eis- masse bildet. Vielmehr werden die einzelnen größeren und kleineren Felder durch Stellen offenen Wassers, sog. W^acken, von einander getrennt.

Verfolgen wir nun die Bildung und Umformung des Polareises an der Hand der klassischen Schilderung von Weypkecht.^^ Beim Beginne der kalten Jahreszeit ist noch altes Eis vorhanden, dazu kommt nun neue Eisbildung. Vom Sommer her hat das Polarmeer ein gewisses Wärmequantum, das ihm durch warme Strömungen, durch das Schmelzwasser des Eises, und (auf unserer Hemisphäre) durch die Flüsse zugeführt wurde. Die erkalteten Oberflächen- schichten sinken unter, die warmen steigen in die Höhe. Eigentlich könnte die Eisbildung erst beginnen, wenn die ganze Wassermasse unter 2^/^^ abgekühlt ist, aber in der That gefriert das W^asser an der Oberfläche schon, ehe die warmen Schichten heraufkommen. Bei rascher Eisbildung an der Oberfläche wird nur ein Teil des Salzgehaltes ausgeschieden, bei langsamer, nach unten fortschreitender aber der ganze ; dadurch werden die nächsten Schichten salzreicher, ihr Gefrierpunkt wird herabgesetzt und die vertikale Zirkulation geht rascher vor sich. Erfahrungsgemäß beträgt die größte Dicke des in einem arktischen Winter gebildeten Eises nur 1 2^2 in. Ursprüng- lich hat es eine glatte Oberfläche, aber bald entstehen infolge der Bewegung der Felder durch Wind und Strömungen, infolge von Gleichgewichtsstörungen und Temperaturdifferenzen zwischen Luft und Wasser Eisse und Sprünge. Sofort schießt in den Offnungen Wasser empor und treibt die Stücke des Feldes auseinander, wird aber bald selbst von jungem Eise bedeckt. Die hin und her ge- triebenen Felder schieben sich über und unter einander (Eis- pressung, Fig. 59), und ven^^achsen endlich durch Begelation und Ausfrieren der Zwischenräume zu einer kompakten llasse. Aber

270

Das Meer.

auch jetzt sind dem Wachstum Grenzen gesteckt: nach unten, das Eis den Taupunkt erreicht, und auch nach oben, dei massenhafter es wird, desto seltener werden Brüche und Schiebungen. Nach Weypbecht kann Salzwassereis nur eine keit von 10 m erreichen, und wenn höheres beobachtet wurde 25 m hohes im Smithsund), so war es nur durch unterschobene Massen gehoben worden.

Von dieser Art ist also das winterliche Packeis: ein besi sich bewegender und umformender Trümmerhaufen aus alten jungem Eis, dessen Oberfläche noch dazu durch Schneestürme während verändert wird. Ihre Unebenheit macht auch weite Schi reisen unmöglich.

Fig. 59. Eispressung nach Payeb.

Ende Mai beginnt es in den arktischen Gegenden zu t Die steigende Temperatur, vor allem aber Nebel und Regei schleunigen diesen Prozeß. Es entstehen Seen und Flüsse, die Meere Süßwasser zuführen. Die Wacken erweitem sich, und Sei und Brocken schwimmen darin herum. Die Polarströmungen fi die losen Massen in wärmere Gegenden. Die äquatoriale Ti eisgrenze (s. Karte XIIl) schwankt auf der südlichen Halb zwischen 56^ B. im Süden von Amerika und 35^ B. am Kap guten Hoffnung, selbst das Packeis überschreitet unter dem G wicher Meridian den 50. Parallel, d. h. die Breite von Prag!^* E arktisches Treibeis betritt nur den westlichen Atlantischen 0 während den Golfstrom bis über den 70. Breitengrad hinauf

Die Wärmeverteilung im Wasser. 271

Eisstiick zu passieren vermag. Nach einer allerdings nicht ganz sicheren Berechnung von Böbgen ist am Ende der warmen Jahres- zeit ^/g der Gesamtoberfläche des Eisgebietes eisfrei. Aber der kurze Sommer vermag nicht alles zu zerstören, was der lange Winter geschaflfen hat. Es müßte sich daher in den Polarmeeren immer mehr Eis anhäufen, wenn es nicht thatsächlich nur so lange wachsen würde, bis die winterliche Zunahme genau gleich ist dem sommer- lichen Verluste.

Die Geschichte der Polarfahrten lehrt, daß die Eisgrenzen von Jahr zu Jahr großen Schwankungen unterworfen sind. Sie sind weniger von der Sommerwärme, als von den Wind- und Strömungs- verhältnissen innerhalb des ganzen Polarbeckens abhängig; daher sind im arktischen Meer die Ostküsten stärker belagert als die west- lichen, die Nordküsten stärker als die südhchen. Traurige Erfah- rungen haben den Glauben an ein oifenes Polarmeer zerstört Doch hiüt NoRDENSKiöLD uoch daran fest, daß es kaum jemals bis in be- deutendere Tiefen und abseits vom Lande dauernd gefriert. Jenseit des sibirischen Küsteneises wurden auch im Winter breite eisfreie Stellen (sog. Polynia) beobachtet. Aber von praktischem Werte sind alle diese Öffnungen nicht, denn launenhaft verschheßen sie sich dem einen Schiffe, während sie sich dem anderen öffnen. Viel- leicht ist es dem Luftballon noch vorbehalten, in diesen Gegenden eine große Eolle zu spielen.

Litteraturnachweise. * Kbümmel, cit. S. 255, n. 9. - 'Koppen, Das Verhältnis der Temperatur des Wassers u. der Luft an der Oberfläche des Ozeans, in den Annalen der Hydrographie u. Maritimen Meteorologie 1890. * Fobel, La faune profonde des lacs Suisses, Basel 1885. ^ Gtrissinger in Petebmanns Mitteilnngen, 1892, S. 153. * Richter, Die Temperaturverhältnisse der Alpen- seen, in den Verhandlungen des IX. Deutschen Geographentages in Wien 1891. Heroesell, Langenbeck u. Rudolph, Die Seen der Südvogesen, in den Geographischen Abhandlungen aus Elsaß-Lothringen, 1892, Bd. I. ^ Forel, Classification thermique des lacs d'eau douce, in den Comptes rendus de Tacad^mie des sciences de Paris, 18. März 1889. ® Berichte der Com- mission für Erforschung des östlichen Mittelmeeres, in den Denkschriften der Wiener Akademie der W^issenschaften, Mathem.-naturwiss. Classe, Bd. LIX— LXI, 1892 94. » WoEiKOw in Petermanns Mitteilungen 1891, S. 88. ^^Buchan, Report on Oceanic Circulation, Appendix zum Challenger-Report, 1895. Temperaturkarten von 0—1000 Faden Tiefe für je 100 Faden, dann für 1500 und 2200 Faden und größere Tiefen. " Krümmel, cit S. 40. ^* Narrative, Bd. I. ** Weyprecht, Die Metamorphosen des Polareises, Wien 1881. " Fricker, Die Entstehung und Verbreitung des antarkischen Treibeises, Leipzig 1898.

Dritter Abschnitt.

Die Dynamik des Landes.'

A'^

Die Hauptformen der Dislokationen.^

Is endogene Wirkungen, d. h. als Wirkungen von Kräften, die ihren Sitz im Erdinnem haben, wurden auf S. 14 Niveauveränderungen und vulkanische Ausbrüche genannt

Die Niveauveränderungen, oder um genauer zu sprechen, die endogenen Niveauveränderungen können wir nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen :

1. der Zeit nach in instantane, die plötzlich eintreten, und in säkulare, deren Wirkungen erst nach längeren Zeiträumen zur Wahniehmung gelangen;

2. der Ausdehnung nach in regionale oder ausgedehnte und in lokale oder örtlich beschränkte. Eine scharfe Grenze ist zwischen beiden in der Theorie nicht zu ziehen, in der Praxis aber wird man selten im Zweifel sein, welcher Kategorie man die beobachtete Niveau Veränderung zuzählen soll;

3. die Niveauveränderungen können sich mit oder ohne sicht- bare Schichteustörung (Dislokation) vollziehen; die ersteren nennen wir kurzweg Dislokationen, und mit diesen haben wir uns hier zu beschäftigen.

Die Dislokationen lassen sich auf horizontal oder vertikal wirkende Kräfte zurückführen. Über die beiden Formen der Horizontal- dislokationen, Faltung und Blatt, können wir rasch hinwegeilen. Zwar ist es hauptsächlich die Faltung der Oberäächenscliichten, die die meisten und wichtigsten Kettengebirge der Erde geschaffen hat, aber bei der Besprechung der letzteren wird sich uns bequemere Gelegenheit bieten, auf die verschiedenen Arten der Falten näher einzugehen. Von geringem Einflüsse auf die Beschaffenheit des Ge- ländes scheint dagegen das Blatt zu sein. Man versteht darunter eine Horizontal Verschiebung der Schichten entlang einer Bnichspalte; ein Vorgang, der besonders deutlich bei dem großen zentral-

Die Hauptfonnen der Dislokationen.

273

Fig. 60. Falten.

japanischen Erdbeben vom 28. Oktober 1891 beobachtet wurde. ^ Bei Midori z. B. schnitt die Spalte eine Chaussee entzwei, und die Ost- hälfte wurde um 4 m nach N. verschoben ; damit verband sich auch eine Senkung oder Verwerfung des West- liügels um 6 m (Fig. 61). Besonders auffällig tritt das Blatt dann her- vor, wenn sich entlang der Spalte ein Thal entwickelt hat, und die Gehänge nun nicht mehr zusammenpassen. Im allgemeinen scheint diese Dislokationsform an gefaltete Gegenden gebunden zu sein.

Die Hauptform der Vertikaldislokation ist die Verwerfung, worunter man jede Vertikalverschiebung ursprüngHch zusammen- hängender Schichtenteile entlang einer Bruchspalte versteht (Fig. 62). Sie kann in hori- zontalen wie in ge- neigten Schichten vorkommen ; die

Verwerfungs- spalte kann ver- schiedene Lagen zum Horizont ein- nehmen, die Art der Verschiebung, wie das Maß der- selben — die sog.

Sprunghöhe

kann ebenfalls sehr verschieden sein. Häutig treten Verwerfungsspalten in beträchlicher Ausdehnung und in großer Zahl auf und zerlegen einen Schichtenkomplex in einzelne Schollen. Sie können dabei mehr oder weniger parallell verlaufen, als sog. Tafelbrüche (Fig. 63), oder sie bilden Bruchnetze, die aus einem System sich durchkreuzender peri- ^ ^ pherischer Brüche und Eadialsprünge C '__ bestehen (Fig. 64). Auch die einzelnen "^ Schollen können sich verschieden ver- halten. In Fig. 62 fallen sie z. B. gleich- sinnig nach einer Richtung ab, und wir sprechen dann von einemStaffelbru che; häutig ragt aber eine Scholle als sog. Horst über die Umgebung hervor (Fig. 65), oder senkt sich als Graben unter die Nachbarschollen hinab (Fig. 66). Diese Erscheinungen gehören hauptsächlich den Ge- bieten der Tafelbrüche an, während die Einstürze von rundlichem

Fig. 61.

Verschiebung (Blatt) und Verwerfung bei Midori, nach KOTO.

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Fig. 62. Verwerfung.

SuPAir, PhTsiBche Erdktmde. 2. Aufl.

18

274

Die Dynamik des Landes.

oder polygonalem Umrisse, die man, wenn sie klein sind, als Kessel- brtiche, und, wenn sie größeren Umfang besitzen, als Senkungs- becken bezeichnet, durch Bruchnetze erzeugt werden.

Manchmal kommt es nicht zum Bruche, obwohl die Teile eines Schichtenkomplexes ebensolche^ oder ähnliche Niveauveränderungen

Fig. 63. Tafelbrüche nach Heim.

I RtuiialapaUm

Flg. 64. Bnichnetse nach Heim.

erleiden, wie bei der Verwerfung. Statt des Bruches entsteht dann eine Schichtenbiegung, weshalb man diese Form der Vertikaldislokation

Fig. 65. Hont nach Heim.

Fig. 66. Grab^ nach Heim.

als Flexur bezeichnet (Fig. 67). Sie tritt mit Verwerfungen vergesell- schaftet auf, und zwischen beiden Arten bestehen mannigfache Über-

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Fig. 67. Flexur nach Heim.

Fig. 68, Zerrissene Flexur nach Heim.

gänge, von denen Fig. 68 die häufig vorkommende zerrissene Flexur mit „geschleppten" Schichtenenden an der Biegungsstelle vorführt

Die Haaptformen der Dislokationen. 275

Wir haben also, wenn wir noch einmal rückwärts blicken, im Ganzen vier Hauptformen der Dislokation:

Durch vorwiegend horizontal | 1, Falte,

wirkende Kräfte entstanden: J 2. Blatt,

Durch vorwiegend vertikal 1 3. Verwerfung,

wirkende Kräfte entstanden: J 4. Flexur.

In der Eegel treten diese Dislokationsformen regional auf. Es giebt weite Gebiete, wo die Schichten ihre ursprüngliche horizontale Lagerung beibehalten haben, und Störungen nur eine untergeordnete, örtlich beschränkte Kolle spielen. Es giebt weite Gebiete, wo die Schichten in Falten gelegt, und wieder andere, wo sie in Schollen aufgelöst sind. Wohl kommen neben Falten auch Verwerfungen, neben Verwerfungen auch Falten vor, aber immer ist es Eine von diesen beiden Hauptformen, welche einer bestimmten Gegend ihr Gepräge verleiht, so daß wir mit Eecht von Falten- und Schollen- ländern sprechen dürfen. Dieser regionalen Anordnung der Schichten- störungen ist es zu danken, daß Berge und Ebenen nicht wirr durcheinander, sondern in geschlossener Weise auftreten, und daß geographische Provinzen entstehen, die durch ihren einheitlichen Bau auch die Entwicklung ihrer menschlichen Bewohner beeinflussen.

Theorieen. Dem Geographen gentigt es, wenn es ihm gelingt, eine bestimmte Oberflächenform aus ihrer Bauart zu erklären; den letzten Grund der endogenen Erscheinungen aufzusuchen, tiberläßt er neidlos den Geschichtsschreibern der Erde. Aber ganz können auch wir nicht den theoretischen Erörterungen nicht aus dem Wege gehen; wir können nun einmal nicht des geistigen Bandes entbehren, das die beobachteten Thatsachen zusammenhält. Doch beschränken wir uns hier nur auf einige allgemeine Gesichtspunkte, die uns später das Verständnis der Eünzelphänomene erleichtern sollen.

Daß Bodenbewegungen und vulkanische Ausbrüche in irgend einem ursächUchen Zusammenhange mit dem heißen Erdkern stehen, ist jetzt die vorherrschende Ansicht der Geologen. Nur vereinzelt taucht noch die Meinung auf, daß Veränderungen innerhalb der Kruste selbst, außergewöhnlicher Wärmeverlust oder außer- gewöhnliche Wärmeerhöhung durch mechanische oder chemische Vorgänge, genügen, um Hebungen und Senkungen, Gebirgsbildung und Eruptionen zu erklären.* Aber diese Stimmen verhallen fast ungehört. Jahrzehnte hindurch herrschte die plutonistische Theorie, die dem heißfltissigen Erdinnem eine aktive Wirksamkeit zuschrieb und alle tektonischen und vulkanischen Phänomene als Re- aktion des explosiven Erdkerns gegen die erstarrte Kruste auffaßte.

18*

276 Die Dynamik des Landes.

Das genauere Studium der Faltengebirge hat diese Anschauung er- schüttert und der Kontraktionstheorie den Weg gebahnt. Diesi» beruht auf der Voraussetzung, daß das Erdinnere rasclier erkaltet und sich zusammenzieht, als die Kruste, so daß zwischen beiilen ein Hohlraum entsteht. Wie ein Gewölbe an seiner schwächsten Stelle sich senkt und endlich zusammenbricht, so auch die Kruste : aber da ihr Umfang zu groß ist fiir den zusammengeschrumpften Erdkern, so muß durch die Zusammenpressung oder Faltung schwacher Piir- tien erst Raum geschaffen worden fiir die starreren Schollen, dit* nun ebenfalls dem Zuge der Schwerkraft folgen können. Süss, der diese Theorie bis in ihre äußersten Konsequenzen ausgebildet liat kennt nur Einen Fundamen talakt: die Senkung. Ungleichmäßige Senkung der Krustenstücke schuf Festländer und Meere. Es gieM nur Eine Art der Hebung, die durch Faltung, aber auch diese i«jt nur eine Wirkung der Schwerkraft, die sich örtlich in eine tangen- tial wirkende Kraft umsetzt. Die vulkanischen Ausbrüche sinken zu untergeordneten Begleiterscheinungen des großen Zusammen- bruches der Erdrinde herab, denn dieser Vorgang öffnet die Spalten, durch die die Dämpfe und die Lava ihren Weg nach der Ober- fläche finden.

Im Gegensatze zu Stiss hält de Lapparent die Faltungf ür die ursprüngliche Folge der Erdkontraktion und den Bruch und die Schollensenkung fiir den sekundären Vorgang.® Auch die Verein- barkeit faltungsloser Hebung mit der Schrumpfungstheorie wird neuer- dings behauptet.®

Immer mehr häufen sich die Beweise dafür, daß unter den Hochgebirgen ein Massendefekt vorhanden ist, der entweder diireh Hohlräume oder durch eine geringere Dichtigkeit der Tiefengest^iue bewirkt sein kann. Diese Thatsache bereitet der Kontraktionstheorie allerdings einige Schwierigkeiten, denn man erwartet, daß die Faltuu.s eine größere Dichtigkeit in der Tiefe erzeugt. Dies ist hauptsächlich der Grund, weshalb Eothpletz die Kontraktionstheorie durch ihr Gegenteil, die Expansionstheorie, ersetzt wissen will.^ Seltsam klingt es freihch, daß die Erde sich durch Wärmeverlust ausdehne, wie Wasser und Wismut; man will es damit begründen, daß feste Massen weniger zusammpreßbar sind als flüssige. Die Aktion geht von der mittleren Zone zwischen Kruste und Kern aus; indem diese erstarrt, dehnt sie sich aus und ist bestrebt, die Kruste zu heben. Die Vorgänge, die nun folgen, spielen sich in derselhen Weise ab, wie bei der Kontraktion, nur daß wir statt „Senkung** „Hebung" zu setzen haben. Schwächere Teile der Mittelzone dehnen sich stärker aus und bewirken Hebung der aufgelagerten Krustenscholle

Die Hanptformen der Dislokationen. 277

und Streckung und Zerreißung derselben. In die Spalten dringen eruptive Gesteinsmassen ein. Durch die Ausdehnung spezifisch leichter geworden, erleiden jene Partieen der Mittelzone nun aber auch einen seithchen Druck durch die sich fortgesetzt ausdehnenden stärkeren Partieen und dadurch soll auch Faltung in den gehobenen Krustenschollen eintreten können.

Ein anderer Gegner der Kontraktionslehre, 0. Fishee,® hat in letzter Zeit eine eigenartige Theorie entwickelt, die freilich fast nur auf Hypothesen aufgebaut ist, aber doch nicht mit völligem Still- schweigen übergangen werden darf.

Wie schon airf S. 12 dargethan wurde, denkt sich Fisher die Erdkruste als eine verhältnismäßig dünne Schicht auf einer leicht- flüssigen Unterlage. Ozeanische Becken und kontinentale Massen sind von Anfang an geschieden, wenn auch mancherlei Grenzverschiebungen im Laufe geologischer Zeiträume stattgefunden haben. Die ozeanische Kruste sinkt tiefer in das Magma (die leichtflüssige Unterlage) ein und ist dichter als die kontinentale, wobei die Dichte mit der Tiefe zunimmt. Dagegen ist das Magma unter den Ozeanen weniger dicht als unter den Festländern. Diese Unterschiede geben Veranlassung zu Ausgleichsströmungen, die fortwährend Wärme von unten nach oben führen, und eine Umlagerung der Massen bewirken. Unter den Ozeanen, gegen deren kalte Tiefen eine starke Wärmeabgabe stattfindet, steigen im Magma fortwährend Ströme auf, um jenen Wärmeverlust zu ersetzen ; unter den Kontinenten befinden sich ab- steigende Ströme. Dieses Spiel auf- und absteigender Ströme erfordert einen Ausgleich durch horizontale Ströme; in den oberen Schichten der Magmas geht eine solche Strömung von den Ozeanen gegen die Ränder der Kontinente, in den unteren Schichten von den Kontinenten zu den Ozeanen. Die ersteren können nun vermöge der Eeibung an der Unterseite der Kruste, besonders dort, wo die unteren Aus- bauchungen des Festlandes Widerstand leisten, die Kruste zusammen- pressen, falten so entstehen Gebirge an der Grenze von Land und Meer (die amerikanischen Cordilleren!). Stellenweise muß die ozeanische Kiniste dem Anpralle des aufsteigenden Magmas nach- geben; es bilden sich Spalten und Vulkane mitten im Weltmeere. Die Ungleichmäßigkeit jener Ströme giebt auch zu vulkanischen Er- scheinungen Veranlassung. Unter gewissen Erdstellen werden sie energischer und schmelzen die Unterseite der Kruste ab; diese wird dünner, es entstehen Spalten, und die betreffende Gegend wird von vulkanischen Ausbrüchen heimgesucht.

Neben den Strömungen des Magmas wirkt aber noch seine ungleiche Belastung als formbildendes Element. Zwischen

278 Die Dynamik des Landes.

den kontinentalen und ozeanischen Krustenteilen muß Gleichgewicht herrschen (vgl. S. 13), und dieses wird durch die verschiedene Dichte hergestellt. Aber das Gleichgewicht wird sofort gestört, wenn die Oberfläche des Festlandes durch die zerstörenden Kräfte abgetragen und Teile desselben durch das fließende Wasser in das Meer ge- führt werden. Die belastete ozeanische Kruste muß tiefer in das Magma einsinken, das entlastete Festland muß steigen.

Diesen Gedanken hat Dutton® zu seiner isostatischen Theorie ausgebaut, die er aber nur auf die Faltengebirge angewendet wissen will. Wir werden daher bei einer späteren Gelegenheit darauf zu- rückzukommen haben.

Litteraturnachweise. ^ Hauptwerke: Süss, Das Antlitz der Erde, cit. S. 28; V. RiCHTHOFSN, Führer für Forachungsreisende, Berlin 1886; Pknck, Morpho- logie der Erdoberfläche, Stuttgart 189 t; Peschel, Neue Probleme der vergleichen- den Erdkunde, 3. Aufl., Leipzig 1878; zwar inhaltlich z.T. veraltet, aber in der Dar- stellung noch immer unerreichtes Muster. Zu den auf S. 22 genannten Lehrbüchern der Geologie sind hier noch hinzuzufügen Rever, Theoretische Geologie, Stuttgart 1888, u. Walther, Lithogenesis der Gegenwart, Jena 1894. Bergbaus, Atla^ der Geologie, Gotha 1892, z. T. auch Atlas der Hydrographie, 1891, in Bebohauf' Physikalischem Atlas. 'De Marqerie u. Heim, Die Dislokationen der Erd rinde (französicher u. deutscher Text; Synonyma in französischer, deutscher o. englischer Sprache; unentbehrliches Hilfsbuch), Zürich 1888. Koto, The Cause of the Great Earthquake in Central Japan, 1891, im Journal of College of Science, Univcrsity of Japan 1893. * Vgl. z. B. v. Fritsch, Allgemeine Geologie, Stuttgart 1888. * De Lapparent, IjQ sens des mouvements de l'ecorce tcrrcstrc, im Bulletin de la Society g6ologique de France 1887, Bd. XV'. * Vgl. Kavser, Lehrbuch d. Geologie I, S. 458. Rothpletz, Ein geo logischer Querschnitt durch die Ostalpen, Stuttgart 1894. * Ftsher, cit, S. 13. DüTTON, Some of the greater problems of physical Geology, im Bulletin of the Philosophical Society, Washington 1892, Bd. XL

Moderne Niveauveränderungen.

(Siehe Karte XVL)

Litorale Niveanveränderungen. Es ist eine alte Erfahrung, dafi die Grenze zwischen Land und Meer Verschiebungen erleidet, nicht bloß periodische durch Ebbe und Flut, sondern auch dauernde. Hier ist anscheinend die günstigste Stelle, um endogenen Niveauveränder- ungen nachzuspüren ; im Meeresspiegel glaubt man eine sichere Marke zu haben, an der sich auch kleine, langsame Höhenveränderungen des Festen messen lassen. Aber es bedarf nur einer kurzen Er- wägung, um zu erkennen, daß wir auch hier mannigfachen Täuschungen ausgesetzt sind, und daß die Verschiebung der Strandhnie ein reclit kompliziertes Phänomen ist.

Moderne KiyeaaTerftndeningen. ä7d

Das Land kann nicht nur durch Hebung in das Meer hinaus- wachsen, sondern auch durch Anschwemmung; Insehi können dadurch landfest werden, Häfen versanden, einstige Seestädte, wie Eavenna, vom Meere, ihrem Lebenselemente, abgeschnitten werden. Wenn das Meer gegen das Land vorrückt, so ist man noch immer nicht ohne weiteres zu dem Schlüsse berechtigt, daß das Land sinke. Die sturmbewegte See hat genug Küstenstriche und flache Inseln ver- .schlungen, ohne daß eine Niveauveränderung stattgefunden hätte. Lange Zeit hindurch galten unterseeische Wälder und Torfmoore als untrügliche Zeichen der Landsenkung; heute wissen wir, daß sie auch durch einfache Abrutschung, durch Einbrüche der Sturmfluten und Zerstörung natürlicher Deiche in ihre gegenwärtige Lage ver- setzt werden können. An Schwemmlandküsten, besonders in Deltas, wird häufig wirkliche Senkung beobachtet, aber diese kann nur eine Folge der Zusammensackung der lockeren Massen sein und mit eigentlichen Krustenbewegungen nichts zu thun haben.

Wo wir aber Spuren der Zerstörung durch das brandende Meer oder Ablagerungen mit marinen Organismen außerhalb der Grenze der Sturmfluten finden, werden wir auf eine Niveauver- änderung schließen dürfen. Freilich auch da ist Vorsicht nötig, denn manche Muschelhaufen sind nichts anderes als Beste mensch- licher Mahlzeiten aus vorgeschichtlicher Zeit, und am Ende werden wir noch immer vor die Fi*age gestellt sein, welches Element sein Niveau verändert habe, die Oberfläche des Landes oder der Spiegel des Meeres.

Auch das Mittelwasser des Meeres ist, wie wir erfahren haben, eine veränderhche Größe. Lassen wir selbst die Geoid- veränderungen durch die Anziehungskraft des Festlandes, auf die man einige Zeit so großes Gewicht gelegt hatte, als einen noch nicht abschätzbaren Faktor bei Seite, so müssen wir doch jene Niveau- veränderungen berücksichtigen, die im Gefolge der Klimaschwank- ungen nicht nur in Binnenmeeren, sondern auch an ozeanischen Küsten auftreten. Das sind Ursachen, die den Meeresspiegel lokal be- einflussen; Verminderung der Wassermenge und räumliche Ver- änderungen der Meeresbecken sind dagegen Ursachen, dieimganzen Weltmeere gleichzeitig sich geltend machen. Verminderung der Wassermenge muß überall eine Senkung des Spiegels bewirken. Es kann nicht geleugnet werden, daß durch die Hydratisierung der Eruptivgesteine, durch das Eindringen von Wasser in die Haar- spalten der Felsen und durch dauernde Eisbildung viel Wasser teils für immer, teils auf lange Zeit dem Meere entzogen wird; aber es unterliegt ebensowenig einem Zweifel, daß Teautschold^ diese

280 Die Dynamik des Landes.

Faktoren in ihrer Bedeutung ganz außerordentlich überschätzt hat Kommt der vulkanische Dampf, wie es wahrscheinlich ist, nicht aus dem Meere, so führen überdies die Ausbrüche der Feuerberge auch wieder Wasser dem Meere zu. Die räumlichen Veränderungen der Meeresbecken hat Süss als eustatische Bewegungen bezeichnet. Senkt sich der Meeresboden oder verschwindet Festland unter dem Meere, so sinkt überall der Meeresspiegel, während ihn die Aufhäufung von Sedimenten am Meeresgrunde überall hebt.

Wir haben eine Eeihe von möglichen Ursachen kennen gelernt, die bei der Verschiebung der Strandlinie mitwirken, und jede der- selben kann entgegengesetzte Wirkungen, sowohl Landgewinn wie Landverlust, erzeugen. Wir haben zunächst diejenigen Verschiebungen auszuscheiden, die nur auf mechanische Ursachen, auf die Thätig- keit des Meeres und der Flüsse zurückzuflihren und mit keiner eigentlichen Niveauveränderung verbunden sind. Wir haben ferner auszuscheiden die oberflächlichen Niveau Veränderungen durch Gleitung von Küstenschollen und Zusammensackung ange- schwemmter Massen, und erst das, was übrig bleibt, können wir als wirkliche litorale Niveauveränderung betrachten. Und nun haben wir zu untersuchen, ob die Niveauveränderung auf senk- rechten Verschiebungen des Meeresspiegels oder des Landes beruht.

Diese Unterscheidung ist aber in vielen Fällen so schwierig, dafs man überhaupt darauf verzichten mufs. Man wird dann eine Entscheidung nur auf Grund seiner theoretischen Ansichten treflFen können, und diese Ansichten sind verschieden und haben im Laufe der letzten 150 Jahre schon mehrfach gewechselt. Süess schlug daher vor, für die beiden Arten der litoralen Niveauveränderung neutrale Bezeichnungen zu gebrauchen: negativ für Senkung des Meeresspiegels oder Hebung des Landes, positiv fiir Steigung der Meeresniveaus oder Senkung des Landes. Diese Namen haben seit- dem in der wissenschaftlichen Litteratur fast überall Eingang ge- funden, obwohl sie nicht ganz so neutral sind, wie sie aussehen, und auch keine sinnlichen Vorstellungen erwecken. In beiderlei Hinsicht wären nach unserer Meinung die Ausdrücke kontinentale Strandverschiebung, wenn diese zu Gunsten des Landes erfolgt, und marine Strand verscliiebung, wenn das Meer dabei gewinnt, vor- zuziehen.

Theorieen. Als man im vorigen Jahrhundert zuerst dem Prob- leme der schwedischen Niveau Veränderung näher trat, nahm man an, der Wassersi)iegel sinke und das Land bleibe fest. Diese Theorie vertrat besonders CELsnrs. Zu Beginn unseres Jahrhunderts, als die plutonistische SchultT ihre Siegeslaufbahn begann, wurde die

Moderne Niveauveränderungen. 281

entgegengesetzte Theorie, hauptsächlich gestützt durch die gewaltige Autorität Leopold v. Büchs, die herrschende; nun wurde der Meeresspiegel konstant und das Land beweglich. Die dritte Phase knüpft sich hauptsächlich an den Namen Süss. Die Veränderlich- keit des Meeresniveaus wird wieder anerkannt, aber auch das Land ist beweglich. Nur Hebung ohne Faltung sei undenkbar, und was wir bisher als Küstenhebung gedeutet haben, müsse in Wirklichkeit auf eine Senkung des Meeresspiegels zurückgefiihi-t werden.

Für uns Geographen ist die Frage insofern wichtig, als Ver- schiebungen der Strandlinie durch Niveauveränderungen noch immer fortdauern; für den Geologen hat sie aber eine noch viel umfassen- dere Bedeutung, denn sie ist auf das innigste verknüpft mit dem Problem der Transgressionen. Süss vermuthete eine Oszillation des Ozeans zwischen den Polen und dem Äquator, und fügte schüchtern hinzu, daß dies vielleicht mit periodischen Schwankungen der Fliehkraft zusammenhänge.* Auch Blytt vertritt diese An- sicht.* Es sei daran erinnert, daß die Gestalt der Erde das Pro- dukt von Schwerkraft und Fliehkraft ist. Je größer die Drehungs- geschwindigkeit, desto größer die Fliehkraft, desto abgeplatteter die Erde. Die Drehung von W. nach 0. wird aber verzögert durch die Fluthwelle, die sich von 0. nach W. bewegt. In den Perioden hoch- gradiger Exzentrizität der Erdbahn soll die Flutwelle verstärkt werden, dadurch wird die Drehung verlangsamt, die Fliehkraft ver- mindert, und die Gestalt der Erde nähert sich wieder der Kugel. Der deformirenden Kraft folgt zunächst das Meer, sein Spiegel sinkt in der Äquatorialzone und hebt sich gegen die Pole hin. In den Perioden intensiv entwickelter Fliehkraft wächst dagegen die Abplat- tung, dann erniedrigt sich das Meeresniveau in den Polargegenden und steigt im Äquatorialgürtel. Blytt hält es sogar für mögUch, daß mit der Zeit auch die feste Erdkruste der Deformation unterliegt.

Zugegeben, daß die Flutwelle die oben geschilderte Wirkung ausübt, so weiß man doch nichts über das Maß dieser Wirkung. Thatsache ist, daß sich seit den Zeiten des Hipparch, also seit zwei Jahrtausenden, die Dauer des Stemtages sich nicht um mehr als 0,4* verändert haben kann. Die Hauptfrage lautet aber: besteht wirklich zwischen dem Äquator und den Polen ein Gegensatz der Niveau- veränderungen, eine Schaukelbewegung im großen Stile? Der Be- weis dafür kann natürlich nur fttr die Gegenwart erbracht werden, aber wir werden sehen, daß man ihn schuldig geblieben ist.

Eustatische Bewegungen betrachtet Süss nur als von neben- sächUcher Bedeutung, während Löwl sie zum Mittelpunkte seiner Theorie machte.* Die ozeanischen Becken seien durch Beinbruch

282

Die Dynamik des Landes.

entstanden, und ihre Sohle sinke fortwährend tiefer ein. Wenn trotzdem der Meeresspiegel nicht an allen Küsten gleichmäßig sinke, an manchen in Ruhe verharre, an andern sogar zu steigen scheine, so sei dies dadurch zu erklären, daß nicht bloß jene Scholle, welche den Meeresgrund bildet, sondern auch die benachbarte Küsten- scholle sich senke, und daß beide Bewegungen nicht im gleichen Tempo sich vollziehen. Es ist klar, daß das Vorhandensein solcher Küstenschollen und ihr eigenartiges Verhalten in jedem einzelnen Falle festzustellen ist, ehe man zu Löwls Theorie seine Zuflucht nehmen darf.

Fig. 69. Doppelte Strandlinie bei Grötnes mit entsprechenden Terrassen an dem Thalausgang in der Mitte nach Mohn.

Fig. 70. Strandlinie zwischen Yang und Skaarliodden nach Mohn.

Skandinavien. Skandinavien ist das klassische Land der Strand- verschiebungen; hier wurden die ersten und bis auf den heutigen Tag sorgfältigsten Beobachtungen angestellt, hier wurden alle Theorien zuerst erprobt.

An der steilfelsigen ozeanischen Westküste ^ finden wir Muschel- bänke, Terrassen und „Seter", was man im Deutschen mit der sonst im allgemeinem Sinne gebrauchten Bezeichnung „Strand- linien" übersetzt hat. Man versteht darunter horizontale wege- artige Einschnitte im festen Gestein, die an den Steilwänden der Fjorde und Sunde und an freiliegenden Inseln sich hinziehen. Ihre Länge schwankt zwischen ^/g und 22 km., ihre Seehöhe reicht bis 180 m. Häutig treten mehrere über einander auf. Richard

Hau

Moderne Niveauveränderongen.

283

Lehmann zählte deren bei Kverve (nördlich von Aalesund, 6273® N) nicht weniger als fünf, die er genau gemessen hat® Von der Ge-

Seehöhe des

Uogefihre

Abfallswinkel

unteren Bandes

oberen Randes

Mittlere SeehShe

Breite

8ur

der Stufe

der Stufe

der Stufe

nichsten Stufe

I.

28,1 m

81,1 m

29,ain

66 m

30®

II.

19,7

21,7

20,7

40

27

III.

14,G

12,s

26

IV.

9,i

18

40

V.

4,2

6,.

4,'

85

demllch stell zur See hin.

Steinsbeschaffenheit und Schichtenstellung zeigen sie sich völlig un- abhängig, im Norden sind sie aber im Allgemeinen lülutiger und besser ausgebildet, als im Süden. Während die Gehänge, an denen sie auf- treten, mit Gletscherstreifen und -Schrammen bis zum Meeresspiegel bedeckt sind, tragen sie selbst keine Spuren eiszeithcher Abschleifung, sind also jedenfalls nachglazialen oder wenigstens spätglazialen Alters. In inniger Gesellschaft mit den Seter erheben sich stufenförmig an den Flußmündungen die Terrassen, ebene, sanft gegen das Meer sich neigende Flächen, aus Sand- und Thonschichten aufgebaut.

Fig. 71. Norwegische Terrassen nach Ejerülf.

Die schematische Darstellung in Fig. 71 macht die Beziehung der Terrassen des Hauptthaies 1 und 2 mit der des Nebenthaies und den weißen Strandlinien klar. Kjerulp deutet sie als submarine Deltas, deren Bildung sich noch unter dem gegenwärtigen Meeres- spiegel als Stufe 5 fortsetzt. Die Erosion des Flusslaufes (die ge- strichelte Linie in Fig. 71) hat die Terrassen entzweigeschnitten, so daß wir sie vom heutigen Thale aus hoch oben an den Gehängen erbUcken.

Strandlinien und Terrassen sind alte Wasserstandsmarken. Bis in das letzte Jahrzehnt war auch ihr mariner Ursprung unangefochten, sie galten als sichere Beweise einer nachglazialen Landhebung. Aber schwierig war zu erklären, warum diese Marken selbst in benach- barten Fjorden in verschiedenen Seehöhen auftreten, und warum das Meer nur in den verhältnismäßig ruhigen Fjorden und vSunden die Kraft hatte Strandlinien in den Fels zu schneiden, und nicht

284

Die Dynamik des Landes.

auch an der freien Küste, inmitten heftigster Brandung. Einen ent- scheidenden Einfluß gewann die Entdeckung echter Seter im süd- norwegischen Binnenlande durch Hansen i. J. 1885.^ Sie liegen zwischen 657 und 1090 m Seehöhe, also außerhalb des höchsten Meeresstandes. Hansen erklärte sie für Uferlinien eines Sees, der durch Eis abgedämmt war, und diese Hypothese wandte nun Sii^> auch auf die Seter an der Küste an. Die Fjorde und Sunde bil- deten darnach in der zweiten Eiszeit Seen, eingeschlossen im W. durch die Gletscher, die von den hohen Inseln und Küstengebirgen ausgingen, im 0. durch das Inlandeis, dessen Ausläufer die inneni Ende der Fjorde berührten. Ähnliche Verhältnisse zeigt noch jetzt die Westküste Grönlands, doch finden sich hier nur an einer einzigen Stelle Terrassen. Für den Romsdalsfjord hält überdies Sandler ^ die SuEsssche Hypothese nicht für zutrefi'end und ersetzt den Eisdamm durch eine gewaltige Endmoräne, die jetzt zu Schäreu zerbrochen ist.

Wie immer es sich mit der Entstehung der Strandlinien auch verhalten möge, so scheint in ihrer Anordnung doch eine bestimmte Regelmäßigkeit zu bestehen. Nach Hansen® lassen sie sich nämlich in zwei Linien einreihen, die gegen das Innere des Landes an- steigen, und zwar die obere Linie mehr als die untere^. Das ist genau dasselbe, was Brav Ais schon vor einem halben Jahrhundert von Hammerfest durch den Varö-Sund bis zum Hintergrunde des Altenfjords beobachtet hatte, und dessen Richtigkeit später so viel- fach angezweifelt wurde. Wir werden später noch darauf zurück- kommen.

Als drittes Phänomen der norwegischen Küste wurden oben die Muschelbänke bezeichnet. Sie sind die unantastbaren Zeu^jen

X Aus den Diagrammen ergiebt sich folgendes:

Fjorde

Seeböhe m

Westliche Neigung in Sek.

Obere Linie | Untere Linie

Obere Linie | Untere Linie

Altengord-Hammerfest Tromsöfjord .... Romsdalsfjord . . .

Söndmöre

Nord^ord

Sündfjord

SogneQord ....

25— 68 23- 66 36—146 30—102 28-100 28— 52 49—155

13—28 15-25 28-54 17—32

21-29 30—55

122"

150

281

211

230

102

147

50" 51 74 40

39 36

Es muß übrigens betont werden, daß doch recht viele Seter sich dem Liniensysteme nicht fugen.

Moderne Niveauverftnderungen. 285

einer doppelten Strandverschiebung. Die oberen (in 170 140 125 m Seehöhe) sind die altern, denn sie enthalten nur Organismen kälterer Meere, während in den untern (in 50 40 15m Seehöhe) nur Arten der jetzigen Küstenfauna vorkommen. Es fand also in der Kiszeit oder bald darauf eine positive Niveauveränderung statt, dann eine negative, dann unter den gegenwärtigen klimatischen Ver- hältnissen eine positive, aber von größerem Betrage als die erste, und endlich wieder eine negative. Denselben Anzeichen begegnen wir auch in Schweden.

Hier hat de Geeb^® eine neue Methode angewendet, die zu überraschenden Resultaten führte. Er stellte nicht nur womit man sich bisher begnügt hatte die Verbreitung der Meeresablagerungen mit quartären Fossilien fest, sondern auch die Höhe des Meeres- spiegels an den, den betreffenden Fossilfunden benachbarten Hügeln, deren Moränendecke noch unverkennbare Spuren der einstigen Meeres- wirkung trägt. Die auf diese Weise ermittelte spätglaziale Strandlinie steigt gegen das Innere des Landes an, aber und dies ist der entscheidende Punkt ohne Rücksicht auf die heutigen Isohypsen. An der baltischen Küste von Schweden hegt sie z. B. bei;

Burtrfisk .

. 640 30' N.

in

193 m

Seehöhe,

Hudiksv&li

. 61 50

»

213,,

}}

Norrköping

. 58 44

130,,

71

Broms . .

. 56 20

V

65

V

Stenshufud

. 55 40

»

32

»

Das stimmt mit dem Ergebnisse von Bbavais an der Küste von Finnmarken völlig überein. Die höhere Linie, die hier in Be- tracht kommt, liegt bei Hammerfest in 28,6 m und im Innern des AltenQords in 67,4 m Seehöhe. Auch die neuesten Untersuchungen Hansens,® von denen ebenfalls schon die Rede war, fügen sich völlig ein in den Rahmen des neuen Bildes.

Nach dem Beispiele Gilbebts wurden die Punkte gleicher Strandhöhe mit Linien verbunden, die de Geer Isobasen oder Linien gleicher Deformation nannte. Die Maximalzone, von der Isobase von 180 m umschlossen, fällt mit dem Gebiete größter Eisanhäufung zusammen, die Isobase von Om schließt sich ziem- hch enge den Grenzen der skandinavisch - finnischen ürgebirgs- masse an.

Es entsteht nun die Frage: ist die ungleiche Höhe der Strand- linie ursprüngHch oder war die Strandhnie ursprünglich horizontal und erlitt erst später Veränderungen? Im ersteren Falle muß sich

286

Die DyoMnik des Landes.

der Meeresspiegel ungleichmäßig gesenkt, im letzteren das Land ungleichmäßig gehoben haben.

Den erstem Fall hatte Penck^^ schon 1882 ins Auge gefiißt, indem er behauptete, daß die Attraktion der skandinavischen Eis- massen eine ungleichmäßige Anschwellung des Meeresspiegels an

den Küsten bis zu 200 m be- wirkt habe. Wir brauchen uns bei dieser Hypothese nicht länger aufzuhalten, weil ihre Unhaltbarkeit fast gleichzeitig von Herge- sell ^^ und von Drygal- SKi ^* auf Grund der neuen HELMERTSchen Untersuch- ungen dargethan wurde. Beide gelangten zu dem Schlüsse, daß auf dem Höhepunkte der Eiszeit das Meeresniveau durch Bindung beträchtlicher Wassermengen eine Sen- kung (nach Hergesell um 70 m) erfuhr, und daß es an den Küsten der Inlandeisfiächen sich zwar hob, aber nur um einen nicht nennenswerten Be- trag (bei einer Mächtig- keit des Eises von 1000 m an der skandinavischen Küste nach Hergesell um 4 m, nach v. Drygalski um 6 m und an der nord- amerikanischen Küste um etwa 12 m). Damit stimmen auch die Ergebnisse der Arbeiten Woodwards^* überein.

Es bleibt also nichts übrig, als die spätglaziale Strandverschiebung Skandinaviens und Finnlands als wirkliche und zwar ungleich- mäßige Landhebung anzuerkennen. Vielleicht war es dieser Vorgang, der die Ostsee völlig absperrte und in einen Süßwassersee verwandelte, worauf Ablagerungen mit der gemeinen Flußna])f- schnecke (Ancylus fluviatilis) hinweisen. In nachglazialer Zeit, nach Blytt in der Epoche der Atlantischen Torfbildung (vergl. S. 182), trat wieder eine Senkung ein, der eine Hebung folgte; für die südlichen baltischen Gegenden hat de Geer auch die Iso- basen dieser Niveauschwankung gezeichnet. Sie nehmen denselben

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Fig. 72. Spätglaziale Isobasen von Skandinavien in Abstanden von 60 zu 60 m nach de Geer.

Moderne Niveauveränderungen. 287

Verlauf, wie die spätglazialen, aber das Maximum der Hebung er- reicht hier nur mehr 60 m.

So gelangen wir in die Gegenwart. An den finnischen und schwedischen Gestaden dauert die kontinentale Strandverschiebung noch fort Schon im vorigen Jahrhundert war man darauf aufmerk- sam geworden und hat durch Anbringung von Wassermarken an geeigneten felsigen Eüstenstellen ein ziffermäßiges Maß für diese Bewegung zu erlangen gesucht.^* Mehr Gewicht legt Sieger^® mit Recht auf die Pegelaufzeichnungen ^ , mit denen die Höhe der langjährigen, meist aus dem vorigen Jahrhundert stammenden Wasser- marken über dem jetzigen Seespiegel eine leidliche Übereinstimmung zeigen. Siegee verarbeitete das ganze kritisch gesichtete Beobachtungs- material zu einer lehrreichen Isobasenkarte, aus der wenigstens für Schweden und Finnland südlich von 62^ B. mit großer Wahr- scheinlichkeit hervorgeht, daß die negative Niveauveränderung von der Mitte der Ostsee und des Kattegats nach der Küste zunimmt Die Isobasen schmiegen sich allen Biegungen der Küst« an und wenden sich im Finnischen Meerbusen nach 0, ähnlich den Isobasen de Geebs. Diese Bewegung scheint erst in der geschicht- Uchen Zeit begonnen zu haben und seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts an Intensität abzunehmen. Der Hauptsitz der Be- wegung scheint, wie in den älteren Zeiten, im Innern der Halb- insel zu liegen.

Dem gegenüber steht die ältere, von Süss wieder aufgenommene Hypothese von der Entleerung der Ostsee. Eine solche könnte nur durch eine Elimaänderung bewirkt werden, aber keine An- zeichen deuten darauf hin. Die schwedischen Seen zeigen entweder gar keine Strandverschiebung, oder wo eine solche vorhanden ist, eine beträchtlich geringere, als an der Meeresküste. Femer, wenn der baltische Spiegel sinkt, warum nur an der schwedischen und finnischen, und nicht auch an der deutschen Küste?

Brückner ^^ hat die Pegelbeobachtungen zu Stockholm, an zwei

X Streng vergleichbar sind nachfolgende aus der Periode 1852—75 (wir beginnen mit der schwedischen Westküste und gehen dann, von S. nach N. fortschreitend, auf die Ostküste über. Die beigesetzten Zahlen geben das Sinken des Seespiegels in cm in der ganzen Periode).

HäUö . . Vinga. . UtkUppan Öland. . Stockhelm

6»»B.

11 cm

Grönakfir . .

. 59 V.' B- 3< cn»

68 V,

81

Svartklubben .

60 V, 22

67 V.

«„

DjuTsten . . .

60 V, 13

56

67

Storjongfiran

. 61 64

67 V,

23

Malöm . . .

65 V. 13

69 V.

80

288

Die Dynamik des Landes.

^^Sj^i^^vt^^gl^'^S^^^

tinnischen und acht deutschen Stationen, zu Lustrenmitteln ver- einigt, graphisch dargestellt. In Übereinstimmung mit der von ihm entdeckten Periode schwankt der Wasserstand an der deut^Nchen Küste entsprechend dem Regenfalle in Deutschland und der Zufulir von Flußwasser. Ganz anders geartet sind die schwedischen und tinnischen Kurven, sie senken sich, wenn auch nicht gleichmäßig, so doch fast kontinuirlich. Damit ist der Beweis erbracht, daß die Wasserschwankungen hier nicht allein vom klimatischen Elemente

abhängig sind, wie an der deutschen Küste, sondern daß noch ein iuideres, fremdarti«?es hinzutritt Man könnte ja zunächst an eine Zunahme des Salzgehaltes an der schwedischen und tinnischen Küste denken, aber um jenen Effekt zu erzielen, müßte hier die Ostsee si^it dem Ende der 50er Jahre mehr Salz aufp- nommen haben, als sie im Ganzen besitzt K^ bleibt also nichts übrig, als eine seil) ständige Hebung des Landes anzunehmen. In trockenen Perioden wird dieses Element durch das klimatische verstärkt, in nassen wird es abgeschwächt, ja stellenweise sogar vöUij: verschleiert um einen Teüstrich entepricht An dieser Hebung muB uatürhcli auch

einem Steigen des Wassers Norwegen teilnehmen. DiePegelbeobachtungen

um 25 mm u. einer Zunahme ® . , , ^

desRegenfanes um 5 Prozent, lassen hier allerdings eine solche Bewegung ^di^^T ^"^^^"J*^**^"^" nicht erkennen, aber das erklärt sich leicht

aus den starken Gezeiten. Sobald wir im N. in die ruhige Bucht des Weissen Meeres gelangen, stellen sich sofort wieder die Spuren einer kontinentalen Strandverschiebung an den Solowezk} -Inseln ein.

Die skandinavische Frage kann vorläufig als abgeschlossen be- trachtet werden. In ein neues Stadium wird sie erst treten, wenn das neue, durch Nivellement verknüpfte und mit selbstregistrierenden Instrumenten ausgerüstete Pegelnetz eine genügende Reihe von Jahren funktioniert haben wird.

Höhere arktische Breiten. Erhöhte Bedeutung gewinnt das skandinavische Phänomen durch seine weite Verbreitung in den höheren Breiten unserer Halbkugel. Die britischen Inseln tragen vom Kanal bis nach Schottland die deutlichsten Spuren negativer Niveauveränderungen in vorgeschichtlicher Zeit. In Schottland reichen die Muschelbänke mit arktischer Fauna bis 160, auf Island bis 40 m Seehöhe. Spitzbergen, Franz-Joseph-Land und Nowaja-Semlja

^i^ipii/

Fig. 73. Wasserstandkurven von Stockholm, Hango und Lökö und an der deutschen Ostseeküste nach Brückner. (Ein Ansteigen der Kurve

Moderne Niveauverftnderungeii. 289

haben prächtig ausgebildete Küstenterrassen. In Grönland linden sich Reste noch jetzt hier lebender Muscheln in um so größeren Höhen, je weiter wir nach Norden fortschreiten: unter 61 ^'B. in 3 5 m, unter 64«' B. in 18 m, unter 72® B. in 60 m Höhe. In Grinnellland rücken sie bis 300 m, an der Polarisbai unter 81 ® 40 N. sogar bis gegen 600 m Höhe empor. Im östlichen Teile Nordamerikas fand de Geeb die ihm aus der schwedischen Heimat bekannten Erscheinungen genau wieder; er konnte seine Methode auch hier anwenden und wenigstens Bruchstücke von Isobasen in die Karte einzeichnen.^® Die Boden- bewegung begann fast genau an der Südgrenze des diluvialen In- landeises und nahm sowohl nach Norden wie auch vom At- lantischen Ozean gegen das Innere des Landes rasch an Intensität zu. Nördlich vom Ottawa erreicht die Hebung bereits einen Wert von 218 m.

Auch die nordrussische Ebene war in nachglazialer Zeit bis in das Quellgebiet der Dwina und bis an den Fuß des Ural mit Meer bedeckt; wie weit diese boreale Transgression nach Westen reichte, ist noch nicht untersucht. Die thonigen und sandigen Ablagerungen ent- halten gekritzte Geschiebe und eine Fauna ähnlich derjenigen, wie sie noch jetzt an der murmanischen Küste lebt, und entsprechen der spätglazialen skandinavischen Schicht mit Yoldia arctica. Die Strand- linie hatte eine Verschiebung um ungefähr 150 m erlitten.^® In vSibirien sind arktische Konchylien am untern Ob und Jenissei ge- funden worden; die sog. Holzberge, die die höchste Erhebung an der Südküste Neusibiriens bilden und von Middkndorfp einst für diluviales Treibholz gehalten wurden, haben sich dagegen als ältere Ablagerungen erwiesen und dadurch ihre Beweiskraft für eine Hebung eingebüßt. ^^ Am pazifischen Gestade Nordamerikas sind spätglaziale Meeresablagerungen bis nach Vancouver herab bekannt; auf dieser Insel erreichen sie noch 20 m Seehöhe.

Diese weite Verbreitung quartärer negativer Niveauveränderungen um den Pol herum war es hauptsächlich, die zu dem Glauben einer großartigen Wasseroszillation zwischen dem Äquator und den Polen verleitete. Andere Theorien bringen sie in direkte Beziehungen zum Inlandeise. Ausgehend von der Vorstellung einer hochgradigen Elastizität der Erdkruste, haben eine Reihe englischer und skandi- navischer Forscher auch de Geer und Hansen zählen zu diesen die Ansicht verfochten, daß das diluviale Inlandeis die Land- massen, die es bedeckte, herabgedrückt habe; als es schwand, seien diese, von einer schweren Last befreit, wieder in die Höhe gestiegen. E. v. Drygalski^^ schreibt dagegen die Hebung einer Änderung der Wärmeverhältnisse der obersten Erdschichten seit dem

SüPAN, Physiflche Erdkunde. 2. Aufl. 19

290 Die Dynamik des Landes.

Rückzüge des Inlandeises zu. Die Obertiäche eines vereisten Landes nimmt nämlich die konstante Temperatur von an, die Geoisc»- thermen senken sich, die Erkaltung bewirkt Zusammenziehung, der Boden senkt sich. Nach dem Verschwinden des Eises tritt der umgekehrte Vorgang ein: die Ausstrahlung der Erdkugel ist an dieser Stelle nun nicht mehr gehemmt, die Geoisothermen steigen an, und die allgemeine Erwärmung bewirkt Ausdehnung und Hebung.

Auf die für uns wichtigere Frage, ob an den arktischen Küsten auch jetzt noch, wie in Schweden, Bewegung stattfinde, können wir leider keine Antwort geben. Für Südengland ist es z. B. entschieden verneint, für das südwesthche Grönland dagegen bejalit worden. Hier soll sich eine positive Niveauveränderung bemerkbar machen; her solange ein so gründlicher Kenner der grönländischen Geologe, wie Steensteup, sich gegen diese Annahme skeptisch verhält, haben wir keinen Grund, für dieselbe einzutreten.

Mittlere und niedere Breiten. Wenn wir die zahlreichen An- gaben über Niveauveränderungen, wie wir sie in den Sammlungen von Hahn^^ und Issel*^ angehäuft finden, in eine Karte eintragen, so erhalten wir zwischen ca. 50^ N. und 30^ S. ein Bild, in dem positive und negative Verschiebungen in buntester Regellosigkeit mit- einander abwechseln. An der atlantischen Küste Frankreichs ver- zeichnet GiRABD nicht weniger als 3 Hebungs- und 8 Senkungsfelder! Wenn es sich in Wirkliclikeit um Bewegungen so eng begrenzter Schollen handeln würde, dann müßte doch in irgend einer Weise auch das Hinterland merkbar davon beeinflußt werden. Davon ist aber keine Rede.

Zunächst müssen wir alle jene Fälle ausscheiden, wo mecha- nische Ursachen zur Erklärung der Strandveränderungen ausreichen. Es ist das freilich nicht immer leicht, es werden manche zweifel- hafte Fälle übrig bleiben, aber besser ist es, sie als solche zu be- zeichnen, als sie mit Bestimmtheit der einen oder anderen Kategorie zuzuweisen.

Ist diese Arbeit gethan, so wird das Bild ebenso einförmig, wie es früher bunt war. Wir sehen dann in der ganzen Zone fast nur vereinzelte oder mehr oder minder zusammenhängende Spuren einer negativen Bewegung in der Form von Terrassen und marinen Ab- lagerungen, unter denen die trocken gelegten KorallenriflFe des warmen Erdgürtels eine besonders wichtige Rolle spielen. Selbst Ostaustrahen, das noch Süss von der allgemeinen Regel ausnehmen zu sollen glaubte, ist von solchen Anzeichen nicht frei.** Ob das Land sich gehoben, ob das Meer sich gesenkt hat, ist in keinem

Moderne Niveauverftndenuigen. 291

Fcille mit Sicherheit erwiesen, etwa in der Weise, wie für Skandi- navien und das nordöstliche Amerika. Wo die Meeresablagerungen nur in geringer Seehöhe auftreten und die Beobachtungen nicht in langen Zeiträumen wiederholt wurden, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß wir es nur mit einer vorübergehenden Erniedrigung des Meeres- spiegels zu thun haben. Ebenso schwierig ist die Frage nach dem Alter der Bewegung. Wir können die tertiären Vorkommnisse aus- scheiden, aber wir können nicht sagen, daß das, was wir als quartär bezeichnen, auch wirklich gleichzeitig ist Vom streng morphologi- schen Standpunkte betrachtet, mag dies gleichgültig erscheinen, aber um so schwerer empfindet es der Theoretiker. In den niederen Breiten fehlt eine so feste Marke, wie sie die Eiszeit uns für die arktischen Küsten bietet. Das gilt bis zu einem gewissen Grade selbst für die Gegenden jenseits des 30. südlichen Parallels, ja selbst Tür diejenigen, die auch eine diluviale Eiszeit erlebt haben. Merk- würdig bleibt es allerdings, daß überall an den Südenden der Kontinente die Strandlinien mit ebensolcher Regelmäßig- keit auftreten, wie im hohen Norden. So auf Neuseeland, in der Victoria-Kolonie Australiens, im Kaplande, in Patagonien und Chile. Südlich vom la Plata bis zur Südspitze Amerikas ist der Stufenbau fast nicht minder scharf entwickelt, wie in Grönland; oft folgen 5 })is 9 Terrassen landeinwärts aufeinander. Die nachglazialen Muschelbänke Doerings querandinische Stufe liegen am la Plata 20 bis 30 m über dem Meere und steigen nach Süden immer höher an bis 100 m. An der pazifischen Küste reichen die Terrassen von Chile bis nach Peru hinein; manche haben hier eine moderne Hebung von ein paar tausend Meter angenommen. Soweit es sich um einen so enormen Betrag handelt, sind die Beweise jedenfalls un- zureichend, aber am Cerro Gordo unter dem Wendekreise steigen ([uartäre Muschelbänke doch bis nahezu 500 m empor. Sie müssen ebenso wie die übrigen, in weit entlegener Zeit entstanden sein, aber, weil sie neben Vertretern der heutigen Fauna auch Arten enthalten, die hier nicht mehr vorkommen. Genauere Altersbeziehungen zur nordischen Eiszeit lassen sich jedenfalls nicht feststellen.

Wir kennen nicht den Zeitpunkt, wo die Küstenfaunen ihr heutiges Gepräge erhielten, und jedenfalls vollzog sich diese letzte Wandlung in verscliiedenen Meeren zu verschiedenen Zeiten. Eine sicherere Basis gewinnen wir aber, wenn uns geschichtliche Zeug- nisse zu Hilfe kommen. Junge Meeresablagerungon wurden z. B. an verschiedenen Punkten des pontischen und propontischen Ge- stades gefunden; am Hellespont enthielten sie ein Eeuersteinmesser: ein Beweis, daß zu jener Zeit schon Menschen hier wohnten. An-

19*

292 Die Djnamik des Landes.

dererseits haben sorgfältige Untersucliungen dargethan, daß die Niederungen der Krim und am Asowschen Meere seit der Zeit, da PoLYBius und Strabo sie beschrieben, keine nennenswerten Verän- derungen erhtten haben. Damit ist das Alter jener marinen Niveau- veränderung mit genügender Schärfe festgestellt Aber trotzdem daß die historische Kunde im Mittelmeergebiete weiter in das AIt<^r- tum zurückreicht, als irgendwo sonst, konnte SuESS nur zwei Stellen bezeichnen, wo in geschichtlicher Zeit unzweifelhafte nega- tive Niveauveränderungen stattgefunden haben: an der Küste von Pozzuoli und an der Ostküste Kretas. Von der erstem werden wir später sprechen ; an der letzteren entdeckte Spratt neben zahlreichen Strandlinien und Löchern der Bohrmuschel die Kestt^ des künstlichen Hafens von Phalasama, den der Periplus von Skylax im 4. Jalirhundert v. Ch. erwähnte, 90 m von der Küste entfernt und 7 m über dem Meeresspiegel (Fig. 74). Als dritte Stelle können wir die westlichste Insel der italienischen Ponzagruppe, Palmarola, hin- zufügen. Vergleicht man die Kartenbilder und Beschreibungen von ScROPE i. J. 1822 und von Dölter i. J. 1875 miteinander, so wird man von dem außerordentlichen Wachstume dieses nur gelegent- lich bewohnten, steilen Felseneilandes überrascht sein. Emmons,

der es 1892 besuchte, ^^yj/^^g^ A^'T^X^^l^A konstatierte eine negative

J^^^Aö^^ Pf^ii^f^^^^^^ p/nur Niveauveränderung von

Fig. 74. Ruinen von Phalasama, noch Spratt. ^^ °^' ^ ^' ^^^ ^^ ^^

pro Jahr.^^ Daß man hier nur von Landhebung sprechen kann, versteht sich von selbst; aber fast nehmen wir Anstand, sie als „säkulare" zu bezeichnen. Hier scheinen wohl vulkanische Kräfte mit im Spiele zu sein.

Positive Niveauveränderungen sind anscheinend viel seltener als negative, aber jedenfalls nur scheinbar. Wir dürfen nämhcli nicht vergessen, daß negativ verschobene Strandlinien vor aller Augen liegen, soweit sie nicht durch Wind und Wetter zerstört worden sind, während die positiv verschobene Küstenlinie sich unter dem Meere verbirgt. Nur dort, wo ein Gestade unter scharfer Kon- trolle steht, wird sich ein langsames untertauchen erkennen lassen. Es ist hier auch besonders schwierig, die tektonischen Verschiebungen von den mechanischen zu trennen. Versunkene Wälder und Torf- moore mit Kulturresten aus der jüngeren Stein- und Bronzezeit, z. T. sogar aus der römischen Periode, begleiten die Küste der Nordsee und des Kanals von Jütland bis zur Normandie. Süess hat alle diese Vorkommnisse auf ßutschungen und Sturmfluten zurück- geführt, und zum Beweise dafür sich auf die Thatsache berufen,

Moderne Niveauveränderungen. 293

daß außerhalb der Dünen römische Bauwerke in Gegenden vor- kommen^ wo Torfmoore, die mit Meeressand bedeckt sind, römische Münzen bis 270 n. Ch. bergen. Mit Recht macht 'er auch geltend, daß bei langsamem Vorrücken des Meeres die Brandung den Torf' zerstört und die Bäume entwurzelt hätte. Ein zweites Gebiet, wo unterseeische Moore und Wälder häufig vorkommen, ist die atlan- tische Flachküste der Vereinigten Staaten. Wie an der Nordsee- und Kanalküste hat auch hier das Meer stellenweise weite Bezirke erobert, aber trotzdem muß man billig bezweifehi, daß hier wirk- lich eine positive Niveauveränderung im Spiele ist. Denn neben diesen Senkungsspuren begegnet man auch, wie schon Cook^® zugiebt, trocken gelegten Austernbänken ; und Chesteh,^^ der sonst der Senkungs- hypothese zustimmt, macht für die Delaware -Halbinsel eine ent- schiedene Ausnahme, da hier die Strandlinie noch jetzt landeinwärts wandere. Eine zweifelhafte Stelle ist femer das Mündungsgebiet des Amazonenstroms; sollte der enorme Landverlust hier wirklich nur der zerstörenden Kraft des Meeres zuzuschreiben sein? Wir können darauf keine bestimmte Antwort geben, selbst dann nicht, wenn wir berücksichtigen, das westlich ^^ und östlich davon negative Niveauveränderungen bemerkbar sind, denn es ist nicht bekannt, ob diese nicht einer schon längst abgeschlossenen Periode angehören. Von der Zusammensackung der Schwemmstoffe wurde schon gesprochen. Aus dem Podelta werden zahlreiche Beispiele solcher örtlichen Senkungen gemeldet.

Auf der anderen Seite der Adria, an der istrischen und dalma- tinischen Küste hört man Sagen von versunkenen römischen Städten und Bauwerken. Hilbeb^® hat die Strecke zwischen Grado und Pola sorgfältig untersucht und kam zu dem Schlüsse, daß eine allge- meine Senkung dieses Küstenstriches nicht erweisbar sei. Allerdings hat das Meer seine Grenzen ei'weitert, aber durch eigene Kraft. Die so häufig zitierten „versunkenen" Molen sind nichts anderes, als die unterseeischen Fundamente von Molen, deren obere Teile die Brandung zerstört hat. Örtliche Senkungen sind dagegen aller- dings vorgekommen und können in einem so jungen Einsturzgebiete, wie es die nördliche Adria ist, und auf einem von Höhlen so sehr unterminierten Boden nicht auffallen. 1890 wurden 2 300 m süd- Hch vom Felseneilande St. Giovanni in Pelago bei Eovigno, 26 m unter dem Meere, durch einen Taucher die Eeste einer Stadt ent- deckt, die man mit der seit 679 verschollenen Inselstadt Cissa iden- tifiziert'® hat Von ähnlichen Ereignissen meldet auch die griechische Geschichte; Städte, die auf Schwemmland erbaut waren, rutschten mit diesem in die Tiefe der See, wenn es sich infolge von Erd-

294 Die Dynamik des Landes.

erschütterungen von seiner festen Unterlage losgelöst hatte. Das sind aber alles instantane, örtlich beschränkte Niveauveränderungeu ; in vulkanischen öegenden, wie am Golfe von Neapel, sind indes seit dem Altertum auch säkulare Senkungen vorgekommen und setzen sich bis in unsere Tage hinein fort. Aber auch sie sind an enge Grenzen gebunden; nirgends ist eine moderne positive Niveauverände- rung auf weite Strecken hin mit Sicherheit nachgewiesen worden. Damit soll aber die Mögliclikeit einer solchen nicht geleug- net werden. Wer sich zur DARWiN'schen Kifttheorie bekennt, findet in den Korallenmeeren der Südsee und des Indischen Ozeans Senkungs- felder von solcher Ausdehnung, daß sie den Hebungszonen wohl das Gleichgewicht halten. Indes sind, w^ie wir später sehen werden, über diesen Punkt die Meinungen sehr geteilt. Eine andere Streit- frage betrifft die sogenannten unterseeischen Thäler, mehr oder minder scharf eingeschnittene Rinnen im Meeresboden, die genau in der Fortsetzung überseeischer Thäler liegen. ^^ Man kennt sie z. ß. am Hudson, am Kongo^ an der ligurischen Küste, aber auch in SüB- wasserseen, wie im Genfer- und Bodensee. Die einen fassen sie als untergetauchte Thalstücke auf, die anderen führen sie auf Strömungen zurück, die das Flußwasser nach seinem Eintritte in djis Meer oder in den See verhindern, gerade in seinem Stromstriche die Sedimente abzulagern. Allgemeinere Zustimmung linden als indirekte Beweise positiver Niveauveränderungen die Fjorde und die ihnen verwandten Erscheinungen, ferner die abgegliederten Halbinseln und endheh diejenigen Inseln, die vermöge ihres geologischen Baues und ihrer Lebewelt als einstige Zugehörige des Festlandes zu betrachten sind. Ebenso werden wir später die angegliederten Halbinseln und die echten Reliktenseen als Anzeichen negativer Bewegungen kennen lernen. Schlußfolgenmgen. Es ist das unbestreitbare Verdienst von Süss, die Nachrichten von Verschiebungen der Strandlinie zum erst4?n Male einer scharfen, wissenschaftlichen Kritik unterzogen zu haben; und es muß auf das nachdrücklichste jeder Versuch bekämpft werden, in den alten Scldendrian wieder hineinzugeraten. Die Schluß- folgerungen, zu denen Süss gelangte, sind aber nicht haltbar. An vielen Orten mag der Meeresspiegel sich auf- und abwärts bewegt haben, wir haben aber auch unzweifelhafte endogene Niveauverände- rungen des Landes kennen gelernt und zwar von verschiedener Art: instantane und säkulare, regionale und lokale. Was vor der Kritik nicht Stand hält, sind nur die Schaukelbewegungen, die einst eine so hervorragende Rolle in den Lehrbüchern spielten. Man glaubte vielfache Beweise gefunden zu haben, daß Länder an der einen Seite sich erheben und gleichzeitig an der anderen sich senken;

Moderne Niveau verftnderungen. 295

Schweden, Grönland, Kreta, Neuseeland waren besonders beliebte Beispiele. Aber teils beruhte diese Annahme auf falschen oder un- richtig gedeuteten Beobachtungen, teils ging sie insofern zu weit, als die Gleichzeitigkeit der entgegengesetzten Bewegungen nicht zu erweisen ist.

Viele, vielleicht die Mehrzahl der quartären Niveauveränderungen haben sich in der vorgeschichtHchen Zeit vollzogen und sind zur Ruhe gelangt, andere mögen in die historische Epoche hineinreichen, wieder andere gehören ganz der geschichtlichen Gegenwart an. Ja eine und dieselbe Erdstelle hat verschiedene Phasen durchgemacht. Skandinavien erlebte seit der Eiszeit eine Reihe von Oszillationen, die vielleicht durch Ruhepausen getrennt waren. Sombrero, ein kleines Felseneiland Westindiens, bestellt aus sechs Kalkbänken mit rezenten Konchylien; die Spalten sind mit Phosphaten ausgefüllt, die ofl'enbar von alten Guanolagern herrühren. Mindestens dreimal müssen solche Guanobildungen entstanden sein und mindestens ebenso oft muß das Inselchen vor seiner letzten negativen Bewegung über den Meeresspiegel emporgetaucht und wieder unter demselben ver- schwunden sein. Gerade solche drastische Thatsachen waren es, die der Hebungstheorie Gegner erweckten, denn derartige Oszillationen traut man leichter dem beweglichen Element des Meeres zu, als dem Boden, mit dem man unwillküriich den Begriff der Festigkeit verbindet. Indes giebt es eine Erdstelle, wo selbst Süss zur x^nnahme endogener Bodenbewegungen sich gezwungen sieht. Es ist der vielbesprochene Serapistempel von Pozzuoli am Golf von Neapel. Die drei auf- rechtstehenden Säulen sind in einer Höhe von 3 oder 3^/g bis 6 m über dem Boden des Gebäudes ringsum von Bohrmuscheln angenagt. Nach SüESS folgte hier auf eine langsame Senkung eine plötzliche Hebung bei dem Ausbruche des Monte Nuovo i. J. 1538; in beiden Fällen aber war die Bewegung eine lokale. Jetzt soll die Küste wieder in langsamer Senkung begriffen sein. ^

Auf die Frage> ob die endogenen Niveauveränderungen der Küste von wahrnehmbaren Schichtenstörungen begleitet sind, können wir eine auf Beobachtung gegründete Antwort nicht geben. Indes ist die Bewegung eines Teiles der Erdkruste geradezu un- denkbar ohne Schichtenbiegung oder ohne Randspalten, es kann aber in dem ersteren Falle die Spannweite der Falte solche

X Nach Bbauns' Ansicht (Leopoidina 1888) war das Serapeum ein Profan- bau zur Zucht von Meerestieren und daher mit Seewasser gefüllt. Diese, durch kerne äußeren Gründe unterstützte Hypothese würde allerdings die negative Bodenbewegung überflüssig machen; die positiven sind aber anderweitig be- glaubigt

296 Die Dynamik des Landes.

Dimensionen annehmen und in dem letzteren die Scholle so groß sein, daß die Dislokation selbst unserer Beobachtung entgeht. Dieser Art scheinen die regionalen Hebungen Skandinaviens und Nordamerika-s zu sein. Dagegen dürften die Spalten, an denen eng begrenzte Küsten- schollen in die Tiefe fahren, von aufmerksamen Beobachtern wohl vielfach noch festgestellt werden können.

Bümenländische Siveauveranderungen. Daß im Verlaufe der Quartärzeit auch die Oberfläche des Festlandes mancherlei Verände- rungen durch endogene Kräfte erlitten hat, ist schon an vielen Orten durch Beobachtung festgestellt oder wenigstens wahrscheinlich ge- macht So sind beispielsweise nach den Ausführungen v. Koenens ^^ mehrere Spalten westlich und südwestlich vom Harz, die zur Bildung von Einbruchsthälem und Seebecken Veranlassung gegeben haben, erst nach der Eiszeit entstanden; ja sogar der Abstand zwischen dem Harz und rheinischen Schiefergebirge und die Längsachse des Harzes selbst sollen durch einen Schub von Osten nach Westen verkürzt worden sein. An den einstigen Ufern des erloschenen BonneviUe-Sees, von dem schon auf S. 184 die Rede war, lernen wir dieselben Deformationen der alten Strandlinien kennen, die uns de Geeb an der schwedischen Küste gezeigt hat. Auch dort haben die Strandlinien ihre horizontale La^je verlassen und steigen um so höher an, je weiter wir uns vom Rande dem Zentrum des alten Sees nähern; der Seeboden hat hier an- scheinend eine beulenartige Auftreibung von etwa 40 m erfahren, und man hat auch dieselben Theorien, wie bei Skandinavien, Ent- fernung der Wasserlast oder Ansteigen der Geoisothermen zur Er- klärung herangezogen. ^^

Daß ähnliche Vorgänge auch in unseren Tagen sich abspielen, darf man voraussetzen, seitdem sich die Ansichten über das skan- dinavische Hebungsphänomen geklärt haben. Würde nur die Küste emporsteigen, das Innere des Landes aber stabil bleiben, so müßten die Flußläufe schon Verschiebungen erhtten haben. Der direkten Beobachtung sind aber nur örtlich begrenzte, instantane Bewegungen, z. B. bei Erdbeben, zugänglich; in Bezug auf säkulare Veränderungen ist mau im Binnenlande aber noch mehr Täuschungen ausgesetzt, wie an der Küste. Namentlich sind alle Nachrichten über Ver- änderungen der Aussichtsweite z. B. in der Umgebung von Jena*^* und im Ainthale im französischen Jura'^^ mit großer Vor- sicht aufzunehmen, leinen gleichen Fall in der piemontesischen Provinz Cuneo konnte Sacco lediglich auf Gleitung und Rutschung zurückführen. In den letzten Jahren machte eine scheinbar exakte Beobachtung von Bewegungen des französischen Bodens Aufsehen. Aus dem Vergleiche der älteren Bou&DALOU^schen Nivellierung, dem

Moderne Niveau Veränderungen. 297

sog. Nivellement g6ii6ral de la France, und dem neuen Präzisions- nivellement glaubte man schließen zu dürfen, daß der Boden in der Richtung von Marseille nach Calais bis zu 78 mm sich gesenkt habe; jetzt sind aber alle beteiligten Kreise darüber einig, daß diese DiflFerenz systematischen Fehlem zuzuschreiben ist. Auch in der Schweiz glaubte man aus den bisherigen Aufnahmen kleine Ver- schiebungen innerhalb des Gebirgsdreiecks Rigi-Lägem-Napf zu er- kennen, aber auch diese sind in den Messungen nicht begründet. ^^ Allerdings sind geodätische Arbeiten zu diesem besonderen Zwecke noch nirgends unternommen worden. Erfolg würden sie namentlich in denjenigen Ländern versprechen, wo man fortdauernde Gebirgs- bildung aus anderen Gründen vermuten kann; vielleicht wäre keine Gegend dazu geeigneter, als die turanische Ebene, gegen die nach Griesbachs Ansicht die Faltung vom nördlichen Afghanistan her noch jetzt fortschreitet.^®

Liittera turn achweise. ^ Tbaütschold, Über säkulare Hebungen und Senkungen, im Bulletin de la Society des Naturalistes de Moseou, 1869. ^ Vgl. Süss' erste Schrift über „die vermeintlichen säkularen Schwankungen** etc., in den Verhandlungen der Wiener Greologischen Reichsanstalt 1880. * Blytt cit. S. 190 (n. 14). * Löwl» Die Ursache der säkularen Verschiebungen der Strandlinie, Prag 1886. ^ Kjebulf, Die Geologie des südlichen und mittleren Norwegen, Bonn 1880. ^ R. Lehmann, Über ehemalige Strandlinien in Nor- wegen, Halle a. S. 1879. ' Hansbn, On Seter in Central Norway, in Nature, London 1886, Bd. XXXIII. ' Sandler, Strandlinien und Terrassen, in Peter- manns Mitteilungen 1890. 'Hansen, Strandlinje- Studier, im Archiv for Mathematik og Naturvidenskab , Bd. XIV (1890) und XV (1892). »<> De Geer, Om Skandinaviens niväförändringar under qvartärperioden , in den Ver- handlungen der Stockholmer Greologischen Gesellschaft, Bd. X und XII, 1888 und 1890. Quatemary Changes of Level in Scandinavia, im Bulletin der Geological Society of America Bd. IH, 1891. " Penck, Die Schwankungen des Meeres- spiegels, im Jahresbericht der Geographischen Geseilschaft in München, Bd. VII. '* Hergesell, Die Änderung der Gleichgewichtsflächen der Erde durch die Bildimg polarer Eismassen, in Gerlands Beiträgen zur Geophysik, Bd. L 1887. *■ V. Dryoalski, Die Geoiddeformationen der Eiszeit, in der Zeit- schrift der Berliner Gesellschaft für Erdkunde 1887. " Woodward, On the form and position of the Sea Level, im Bulletin of the U. S. Geological Survey, Nr. 48, 1888. *^ Holmström, Om Strandliniens förskjutning k Sveriges Rüster, in d. Abhandlungen d. schwedischen Akademie der Wissenschaften, Bd. XXII, 1888. ** Sieger, Seeschwankungen und Strand Verschiebungen in Skandinavien, in der Zeitschrift der Berliner Gesellschaft für Erdkunde, 1893. - *^ Brückner, Ober Schwankungen der Seen und Meere, in den Verhandlungen des Deutschen Geographentages zu Wien, 1891. ** De Geer, Pleistocene Changes of Level in Eastem North America, in the Proceedings of the Boston Society of Natural History, 1892. *• Tschernyschew, Apercu sur les d^pots posttertiaires au nord et k Test de la Bussie d'Europe; in d. Schriften d. kais. Gesellschaft für Natur- wissenschaften in Moskau 1892. •" Schmalhausen u. v. Toll, Tertiäre Pflanzen der Insel Nensibirien, in den Memoiren der Eussischen Akademie der Wissen-

298 Die Dynamik des Landes.

Schäften 1890. '^ v. Dryoalski, Über Bewegungen der Kontinente zur Eiszeit in den Verhandlungen des VIII. deutschen Geographentages zu Berlin, 18-^9. " Hahn, Untersuchungen über das Aufsteigen und Sinken der Küsten. Leipzig 1879. " IßSEL, Le osciiiazioni lente del suolo, Genua 1883. •* Vgl. JArn und Etheridoe, Geology of Queensland, Brisbane 1892. '* Emmons im Neuen Jahrbuch für Mineralogie etc. 1892, Bd. II, S. 88. '* Cook, Subsidence along the Sea-coast of New Jersey, im Americal Journal of Science 1857, Bd. IL " Chestee, The Gravels of the Southeni Delaware Peninsula; ebendas. 18s5. Bd. I. '* Für Surinam s. Martin, Reise nach den niederländ.-westindischeu Besitzungen in der Revue coloniale internationale, 1885. " Hilbeb, Geolo- gische Küstenforschungen zwischen Grado und Pola, in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaften, Mathem.-Naturwiss. Classe, 1889. '^ Bericht in den Mitteilungen der Wiener Geographischen GescIUchaft 1b90. S. 383. ^^ Eine Zusammenstellung des Beobachteten findet man in Likhardt. Unterseeische Flußrinnen, im Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft in München, 1892. " v.Koenen, Über Dislokationen westlich und südwestlich vom Harz, im Jahrbuch der Pi'eußischen Geologischen Landesanstalt für 1884. " Gilbert, cit S. 190. " Berichte von Kahle, Pfeiffer u. Gerke in den Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Jena, 1886, 1887 u. 1888 ^^ Berichte von Girardot und Romiedx im Bulletin geographique historique et descriptive, 1890. '• Sacco, Des ph^nom^nes altim^triques dans rinterieur des contiuents, im Bulletin der französischen geologischen Gesellschaft 18b5 ^ti. Bd. XIV. ^^ Messerschmidt, Die wichtigsten Beziehungen zwischen Geologie u. Geodäsie, im Jahresbericht der physikalischen Gesellschaft in Zürich lt>il2. Brückner, Über die angebliche Änderung der Entfernung zwischen Jura und Alpen, im Jahresberichte der Geographischen Gesellschaft in Bern 1893. ^^ Griesbach, Field-Notes from Afghanistan, in den Records of the Geological Survey of India, 1886.

Die vulkanischen Ausbrüche.^

Kein Phänomen führt uns deutlicher vor Augen, daß die Kräfte des Erdinnern noch immer thätig sind, als der Ausbruch eines Vul- kans. Aber so großai-tig dieses Schauspiel auch ist, so steht es doch in seinen Wirkungen weit zurück hinter den langsam, unmerkhar sich vollziehenden Veränderungen, denen die Erdoberfläche unaus- gesetzt unterworfen ist. Für die geologische Gegenwart wenigstens gilt der Satz, daß der Vulkanismus nur eine Erscheinung von ört- licher Bedeutung ist. Aber in einem Punkte unterscheidet er sich von allen andern Phänomenen: er schafft, wo er zu voller Entfaltung gelangt, wirkliche Neubildungen, während sonst überall eine Um- formung oder Umlagerung schon vorhandener Oberflächenmassen statt- findet. Aus unbekannten Tiefen wird neues Material, im Schmelz- flüsse befindliches Silikatgestein oder Magma, wie man es jetzt all- gemein benennt, zu Tage ge{()rdert. Den Ort, wo dieses Magma bereitet wird, bezeichnet man als Lavaheerd. Wo zwischen einem Lavaheerde und der Erdoberfläche durch einen Kanal eine Verbindung

Die vulkaniBchen Ausbrüche. 299

hergestellt ist, entsteht ein Vulkan. Zahlreiche solcher Kanäle aus finihem geologischen Perioden, mit Eruptivgesteinen ausgefüllt und durch die Denudation bloßgelegt, sehen wir die geschichteten Gesteine durchbrechen. Nicht immer erreichten sie die Oberfläche, und die Ei-uption spielte sich dann in der Tiefe ab; ein Vorgang, den wir am besten als Krypto Vulkanismus bezeichnen kömien. Seine Bildungen gewinnen erst dann geographische Bedeutung, wenn ihre Decke zerstört ist und sie nun unverhüllt zu Tage treten. Aber auch oberirdische Ausbrüche führen nicht immer zu Neubildungen. Gelangen sie über das embryonale Stadium nicht hinaus, so werden nur die Trümmer der durchbrochenen Kruste ausgeworfen; an der ()l)ei-fläche bildet sich ein kreisartiges oder ovales Loch, die Trümmer- gesteine verstopfen den Kanal, und nach diesem einmaligen Ver- suche stellt der Vulkan seine Thätigkeit ein. So entstehen die Maare, über deren Bau erst jüngst die Untersuchungen Brancos^ im Schwäbischen Jura helles Licht verbreitet haben, obwohl man solche Gebilde aus der Eifel, der Auvergne, Zentralamerika, Ost- indien und Japan schon lange kannte. Nur heftigere oder wieder- holte Eruptionen erzeugen oberirdische Anhäufungen von magmati- schem Material.

Eruptivprodukte. Das Magma ist eine Mischung verschiedener Verbindungen, unter denen die Kieselsäure stets die erste Rolle spielt. Aber in verschiedenen Mischungen doch in verschiedenem Grade, so daß man danach saure und basische Eruptivgesteine unter- scheiden kann. Die tertiären und der Gegenwart angehörigen ordnen sich in folgende Reihe:

RhyoUth, Kieselsäuregehalt mindestens 75 Proz., Trachyt, 65 Proz. und darüber,

Andesit, über 50 Proz.,

Basalt, 40—50 Proz.

Diese Reihenfolge gilt auch für den Grad der Schmelzbarkeit. Basalt schmilzt unter gewöhnlichem Luftdrucke schon bei einer Tem- peratur von 1100—1370« C.

An der Erdoberfläche erscheint das Magma entweder in zu- sammenhängenden, heißttüssigen Massen als Lava oder in locke- ren Auswürflingen, die auf ihrem Wege durch die Luft einen großen Teil ihrer Wärme einbüßen und meist erkaltet zu Boden sinken. Je nach der Größe unterscheidet man Blöcke, die bis zu 1 m Durch- messer erreichen; Bomben, die durch Drehung in der Luft eine kugelige, keulen- oder fladenförmige Gestalt annehmen; Lapilli von Hasel- oder Wallnußgröße, vulkanischen Sand und endlich Asche.

300

Die Dynamik des Landes.

Die letztere, ein feines Pulver, vermischt sich mit Wasser zu Schlamm, der in erhärtetem Zustande die sogenannten Tuffschichten bildet; besser ist es indes, diese Bezeichnung nur für die unterseeischen Schlammablagerungen zu gebrauchen, für die Schlammströme des Landes aber wie Löwl rät den in der Eifel gebräuchlicheD Namen Trass anzuwenden.

Das Magma ist kein trockener Schmelzfluß, sondern imprägniert mit zahlreichen Gasen, von denen mindestens 99 Proz. Wasser- dampf sind. Unter den übrigen Gasen nimmt schweflige Säure die erste Stelle ein, nieht bloß wegen ihrer Menge, sondern auch des- halb, weil sie keinem Vulkane fehlt.

Fig. 75. Der Vesuv während des Ausbruches im Jahre 1822.

Die vulkanischen Ausbrüche. Es darf als Regel gelten, daß die Vulkane intermittierend thätig sind, sei es, daß der Kanal zeitweise sich verstopft, sei es, daß das Eruptions-Material sich er- schöpft oder auch, daß nicht immer diejenigen Kräfte wirksam sind, die das Magma zum Aufsteigen nötigen. Nur wenigen Vulkanen ist eine gleichmäßige Thätigkeit eigen, und auch diese bildet eigent-

Die vulkanischen Ansbrücbe. 301

lieh nur eine vorübergehende Phase. Stromboli, eine der Liparischen Inseln, ist das bekannteste Beispiel dieser Art. Seit den frühesten Zeiten des Altertumes ist er ununterbrochen thätig. Ähnlich wie bei Geysiren, wiederholen sich die Eruptionen in regelmäßigen Pausen von 5 15 Minuten; die eine Öffnung des Gipfelkraters stcißt in Intervallen von wenigen Minuten Dampf aus, was etwa eine Minute dauert, während in der anderen Lava in Perioden von 10 15 Mi- nuten steigt und fällt und beim Steigen eine Schlackengarbe empor- schleudert. Erst 1889 machte sich eine lebhaftere Erregung be- merkbar und trat Lava aus. Auch der Mt. Yaaowa auf Tana (Neue Hebriden) und der Izalco in Zentralamerika zeigen ein ähnliches Verhalten, und seit dem vorigen Jahrhunderte ist auch der Sang- uay in Quito in die Phase der Strombolithätigkeit eingetreten.

Der Charakter der Eruption hängt im wesentlichen einerseits von der chemischen Zusammensetzung und dem Dampfgehalte des Magmas, andererseits von der Beschaffenheit des vulkanischen Kanals ab. Wir können verschiedene Typen unterscheiden, aber wir können noch nicht sagen, welcher der normale ist. Indes darf man doch den Vesuvtypus als denjenigen bezeichnen, wo die einzelnen Akte des Eruptionsdramas am vollständigsten und gleich- mäßigsten entwickelt sind.

Fig. 76. Idealer Durchschnitt des Vesuvs nach von Hochstetter.

n die Somma, b gemischter Kegel, c Aschenkegel, d kleine parasitische Schuttkegel, e hypothetischer innerer Lavaraum.

Der Vesuv ist ein doppelgipfeliger Vulkanberg. Auf der rechten Seite unseres Bildes (Fig. 75) sehen wir den jetzt thätigen, aus Asche und Lava bestehenden Vulkankegel, gekrönt von einer trichterförmigen Einsenkung oder einem Krater, der. das obere Ende des Haupt- eruptionskanals darstellt Der Gipfel oder richtiger die wallartige Er- hebung zur linken Hand, die Somma, ist der Rest eines vorgeschicht- lichen Tuffkegels, in dessen ausgeweitetem Krater sich der neue Kegel, der moderne Vesuv seit d. J. 79 aufgebaut hat. Einen idealen Durch- schnitt zeigt obiges Bild (Fig. 76), nur muß bemerkt werden, daß das Innere des Vulkans lediglich hypothetisch als ein weiter, von Lava

302 Die Dynamik des Landes.

erfüllter Raum eingezeichnet ist. Man kann sich an dessen Stelle auch einen schlotformigen Eruptionskanal vorstellen.

Bis zur furchtharen Katastroi)he im Jahre 79, der die Stüdte Pompeji, Herculanum und Stabiae zum Opfer fielen, galt der Ve- suv für erloschen. Bis 1631 meldet die Geschichte nur 17 Aus- brüche, wiederholt blieb der Berg mehr als 1 Jahrhundert, zweimal sogar mehr als 2 Jahrhunderte ruhig; seit dem 12. Jahrhundert be- deckte er sich wieder mit reicher Waldvegetation. Der Ausbruch von 1631 übertraf an Schreckhchkeit noch jenen zur Zeit des Kaiser«» Titus, und seitdem hat der Vulkan seinen Charakter verändert- Die Ruhepausen wurden kürzer, aber die Thätigkeit verlor an Intensität, w^enn auch heftige Eruptionen Paroxysmen, wie Sceope sie nennt zeitweise noch immer sich ereignen (1760, 1794, 1822, 1872). Auch bei anderen Vulkanen hat man diese Erfahrung gemacht; es kann als Regel gelten, daß je länger die Ruhe, desto heftiger die darauf folgende Eruption ist. Es muß, wie man vermuten darf, eine gewaltige Dampfmenge im Lavaherde sich ansammeln, um durch den in der Ruhezeit verstopften Kanal oder an anderer Stelle einen neuen Weg sich zu bahnen. Erdbeben leiten meist als äußere Zeichen dieses Kampfes die bevorstehende Katastrophe ein, ja manchmal hebt sich der Boden, um dann wieder zu sinken, w4e durch Beobachtungen bei dem Vesuvausbruche im Dezember 1861 festgestellt wurde. Immer mächtigere Dampfmassen entsteigen dem Krater, bis dieser berstet, und eine hohe Aschensäule, die sich oben pinienartig ausbreitet, emporsteigt (Fig. 75). Ein feiner Aschenregen beginnt, der durch den Wind oft weithin ge- führt wird ; so bei dem Ausbruche des Coseguina (in Nicaragua) am 20. Januar 1835, einem der schrecklichsten Phänomene dieser Art in den letzten Jahrhunderten, 2000 km in die See hinaus und bis zu dem 350 km entfernten Guatemala. Nachts erscheint an der Stelle der Rauchpinie eine imposante Feuersäule von wechselnder Helle. Da sie auch im heftigsten Sturme unbeweghch bleibt und selbst Sterne von schwacher Leuchtkraft durchscheinen läßt, so ist sie nur als der Wiederschein der glutfiüssigen Lava im Kanal zu betrachten. Aber auch wirkhche Flammen, erzeugt von brennbaren Gasen, wurden manchmal beobachtet; doch sie sind schwach und von geringer Hohe. Gewaltige Schlackenraketen verkünden das Aufsteigen der Lava. Der Ootopaxi schleuderte i. J. 1 533 Felsstücke von 3 m Dicke 900 m hoch und über 22 km weit. Heftige Eruptionen werden von Gewittern begleitet. Die Wasserdämpfe erhalten nämlich wie Palmteri nachwies durch schnelle Verdichtung positive, die Asche aber beim Fallen in diesem Medium negative Elektrizität: wahrscheinlich ist auch der ganze Berg elektrisch geladen. Gewöhnliche meteoro-

Die vulkanischen Ausbräche. 303

logische Begleiterscheinungen sind Sturm und Regengüsse; diese oder der geschmolzene Schnee erzeugen, mit Asche vermischt, die Schlamm ströme, die oft verheerender wirken als die Lavaströme. Den Schluss des Eruptionsaktes bildet meist der Austritt von Lava-j seltener aus dem Gipfelkrater als an den Abhängen, wo sich eine radial auf die Achse des Kegels stehende Spalte öflfnet; ja, oft spielt sich die ganze Eruption am Abhänge ab, wie 1861 am Vesuv, während der Hauptkrater nur durch eine intensivere Gasentwick- lung daran teilnimmt. Meist fließt die Lava in ruhigen Strömen, die auch bei starker Neigung noch zusammenhängende Gesteins- schichten zu bilden vermögen. Das hängt wesentlich von ihrer chemischen Beschaffenheit und dem Grade ihrer Durchtränkung mit Wasserdampf ab; sie kann bei 35^ noch erstarren und bis 10^ Neigung noch fließen. Die Masse der ausgeworfenen Lava ist eine sehr bedeutende; sie betrug z. B. bei der Eruption des Vesuvs i. J. 1872 20 und bei der des Bourbon-Vulkans i. J. 1787 900 Mill. cbm. Der Skaptar Jökull auf Island sandte im Jahre 1783 zwei Ströme aus, von denen der westliche 80, der östliche 45 km lang war. Sie bedeckten 900 qkm, eine Fläche, so groß wie eines der Fürstenthümer Schwarzburg, erfüllten die Skaptaschlucht bis einer Höhe von 100 200 m und erreichten eine mittlere Mächtigkeit von 30 m. Das ergiebt die erstaunhch große Masse von 27000 Mill. cbm. Geht der Eruptionsprozeß rasch und unter bedeutender Dampfentwickelung vor sich, so zerfällt der Lavastrom in einen Trümmerhaufen (Block- oder Schollenlava); im anderen Falle geht er durch das Zwischenstadium der Zähflüssigkeit aus dem tlüssigen in den festen Zustand über und bildet dann die zusammen- hängende Fladen- oder Gekröslava.

Aus manchen Vulkanen, wie aus einigen javanischen oder aus dem Demawend in vorgeschichtlicher Zeit, tritt die Lava nicht in ffussigem Zustande, sondern halb erkaltet als ein Gewirr von Blöcken aus. Dagegen scheint nach Th. Wolf die Nachricht von den süd- amerikanischen „Kotlaven" nur auf ungenauer Beobachtung zu ba- sieren. Es sind einfache Schlammströme, die am Cotopaxi neben echten Lavaströmen vorkommen.

Erdbeben, Aschenauswurf, Lavaerguß sind die drei Akte, in die gewöhnlich das Eruptionsschauspiel beim Vesuvtypus vom Beginne bis zu seinem Höhepunkte zerfällt. Sie können sich in verhältnismäßig kurzer Zeit abspielen, aber auch wochen- und monatelang mit kurzen Ruhepausen wiederholen und wir sprechen im letzteren Falle von einer Eruptionsperiode, wie z. B. der Vesuv eine solche vom Januar 1871 bis zum April 1872 durchlebte.

304 Die Dynamik des Landes.

Das veränderlichste Moment sind die Erdbeben. Sie fehlen oft ganz, wie bei den meisten Ausbrüchen des Cotopaxi oder stehen wenigstens in keinem Verhältnisse zur nachfolgenden Katastropht^, wie bei der Krakatau-Eruption i. J. 1883. Der Ätnaausbruch i. .1. 1865 wurde durch geUnde Erschütterungen eingeleitet, aber gegen alle Regel durch eine sehr heftige abgeschlossen.

Von viel gri'jßerer Wichtigkeit ist es aber, ob das Magma über- haupt und in welcher Form es an die Oberfläche gelangt. Bei dem Vesuvtypus geschieht dies, wie wir gesehen haben, sowohl in der Form lockerer Auswürflinge, wie in der von Lavaströmen. Aber gerade die Geschichte der letzten Jahrzehnte hat uns eine Reibe anderer Typen kennen gelehrt.

Der Bandaisan in Japan, seit Menschengedenken erloschen, hatte am 15. Juli 1888 eine furchtbare Dampfexplosion, die die ganze Nordseite des Gipfels wegsprengte und an deren Stelle einen

Fig. 77. Profil des Bandaisan vor und nach der Eruption nach Sekiya.

gewaltigen Krater von 383 ha Flächeninhalt schuf. Beistehendes Profil (Fig. 77), in dem die alte Gestalt durch eine punktierte Linie an- gedeutet ist, veranschaulicht diese Veränderung. Magma trat nicht zu Tage; das ausgeworfene Material, das man auf 1213 MilL cbm schätzt, entstammte nicht der Tiefe, sondern dem abgesprengten Teile des Berges, dessen Gesteine schon vorher durch Gasausstromungen zersetzt worden waren.'

Wasserdampf spielte offenbar auch die Hauptrolle bei zwei anderen Katastrophen der letzten Jahre, bei den Ausbrüchen des Krakatau*, eines Inselvulkans der Sundastraße, am 27. Augast 1883 und des Tarawera* auf der Nordinsel Neuseelands am 10. Juni 1886. Der erstere hatte seit 1680 geruht, der letztere war, soweit die Tradition reicht, nicht mehr thätig gewesen. In beiden Fällen hatte die Eruption einen explosiven Charakter, zum Unterschiede vom Bandaisan wurden gewaltige Mengen von Asche und Bims- stein (schaumig aufgeblähte Lavafetzen) ausgeworfen, aber kein Lavastrom ergoß sich aus den Spalten.

Die vulkanischen Ausbrüche.

305

JHERA

Viel seiteuer sind dagegen mehr oder weniger reine Lava- eruptionen. Hawaii stellt den basaltischen, Santorin den andesi- tischen Typus vor.

Die Inselgruppe Santorin® in den ägäischen Gewässern besteht aus vulkanischen Bildungen verschiedenen Alters. Die Hauptinseln Thera und Therasia mit dem Eilande Aspronisi sind die Trümmer eines zerbrochenen Kraterwalles aus vorgeschichtlicher Zeit Inner- halb desselben entstanden durch neue Ausbrüche die kleinen Kameni- Inseln: 198 v. Ch. die Palaea-Kameni, 1573 die Mikra-Kameni, 1707 12 die Nea- Kameni, 1866 die Inseln Georgios und Aphroessa, die rasch anwachsend mit der Nea - Kameni ver- schmolzen. Diese letzte Eruption bot nun zum ersten Male die erwünschte Ge- legenheit, die Ent- stehung von Andesit- bergenzu beobachten . Am Beginne vollzog sich das Schauspiel in ^ößter Ruhe, ohne Erdbeben, ohne Ex- plosionen, ohne unterirdisches Ge- räusch. Erst päter nahm die Eruption

einen heftigeren Charakter an. Steine

wurden emporgeschleudert und mächtige, mit Asche geschwängerte Dampfsäulen erhoben sich, aber dies alles bildete nur nebensäch- liche Momente; der eigentliche Charakterzug des Santorin- Ausbruches besteht darin, daß sich über der unterseeischen Öffnung des Kanals der zähe Lavabrei wulstartig anhäufte, indem immer neue Massen aus der Spalte sich hervordrängten und die alten in die Höhe und zur Seite schoben. Sehr passend wurden d\6 neugebildeten Inseln mit „riesigen Schwämmen" verglichen. „Mit eigenen Augen", * schreiben Reiss imd Stübel,^ „haben wir eine, an manchen Stellen bis zu 200 m mächtige, von steilen Böschungen begrenzte Lava^

ScPAjr, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 20

Fig. 78. Santorin im Jahre 1866 nach v. Seebach.

306 Die Dynamik des Landes.

masse entstehen sehen, deren Oberfläche kaum irgend welche Schlackenbildung zeigte, und der jeder Aschen- oder Schlacken- kegel fehlte.*' „Diese Lava", heißt es an einer anderen Stelle, „war so zähflüssig und von einer so mächtigen, in große glasi^^^ Blöcke zerteilten Erstarrungskruste bedeckt, daß die flüssiu»- Lava selbst niemals an der Oberfläche sichtbar wurde." Währeml lockere Massen sich wallartig um die Ausbruchsöffhung anhäuften, wurde diese verdeckt, daher war auch anfangs ein Krater nicht bemerkbar; erst nach der Explosion am 18. Juli, die den mitt- leren Teil der Georgsinsel zerstörte, enstand an dieser Stelle eine kraterähnliche Vertiefung, wo sich Lava ansammelte und Ausbrüche stattfanden. „Die anfangs flach gewölbte Gestalt der Insel formxe sich allmählich zu einem regelmäßigen stumpfen Kegel."

Hawaii® ist eine aus vier oder fünf Basaltkegeln zusammen- geschweißte Insel. Das nordwestliche Hörn bildet die Kohala-Kette (1678 m h.), der Überrest des ältesten Vulkans; im Westen erhebt sich der Hualalai (2522 m h.), seit 1801 ruhig; die Mitte nehmen di^- beiden Bergriesen, der seit langem erloschene Kea (4208 m) und der noch thätige Loa (4168 m), ein. Am Ostabhange des letzteren öffnet sich, in 1231 m Seehöhe, der ungeheuere Krater Kilauea. der ebenso, wie der Krater Mokuaweoweo auf dem Loagipfel, vou den senkrecht abstürzenden Bruchrändern nahezu horizontal ge- schichteter Lavaströme eingeschlossen wird. Dutton* erklärt dies- großen Vertiefungen nicht für echte Krater, sondern für Einsturz- becken, und will dafür den Namen Caldera angewendet wissen. Inner- halb derselben liegen die berühmten, mit flüssiger Lava erfüllten Seen, ein einzig dastehendes Phänomen. Es muß eine gewaltige und vor allem eine kontinuierlich wirkende Kraft sein, die die Magma- säule beständig in dieser Höhe zu erhalten vermag. Allerdings wirkt sie nicht gleichmäßig; auch die hawaiischen Vulkane sind inter- mittierend thätig. Aber da ihre basaltische Lava sehr dünnflüssig ist, so staut sie sich nicht, wie die andesitische Santorins, über der Ausbruchsöffnung an, sondern fließt ruhig über. Der See entleert sich und der Boden des Kraters stürzt über dem Hohlräume eiu. Der Dampf kann ohne viel Widerstand entweichen, er vermag daher die Projektile nur wenige Meter in die Höhe zu werfen, und diese fallen, ohne sich abzukühlen, an der gleichen Stelle wieder nieder und bauen Miniaturkegel von 4 18 m Höhe auf, „Dribblet-cones^ wie Dana sie bezeichnend nennt. Manchmal finden allerdings hef- tigere Eruptionen statt und dann werden glühende Lavafontänen 60 200 m hoch emporgeschleudert. Asche, Lapilli, Bomben spielen auch hier nur eine untergeordnete Rolle.

Die Tiilkanischen Ausbrüche. 307

Ein Vulkan ist aber durchaus nicht immer an einen be- stimmten Eruptionstypus gebunden. Die Eilauea hatte i. J. 1789 einen gewaltigen Aschen- und Steinausbruch; der Krakatau ist aus wechselnden Lagen Yon Aschen- und Lavaschichten aufgebaut ein Beweis, daß er jßrüher genau nach dem Vesuvtypus sich verhielt. Eichtig ist es aber, daß, wenn auch ein Vulkan zeitweise seinen Emptionscharakter ändert, er doch in der Kegel einen bestimmten Typus bevorzugt.

Femer haben wir zu beachten, daß alle diese verschiedenen Eruptionsarten ein Moment gemeinsam haben, indem sie nämlich alle von einem Zentrum ausgehen, um das sie die Auswurfsmassen mehr oder minder kreisförmig anhäufen. Das Endprodukt ist in diesem Falle immer ein Berg. Daneben kennen wir aus früheren Erdepochen aber auch Lavaergüsse aus langgestreckten, lippen- förmigen Spalten, die teils Gebirgszüge, teils wenn die Lava dünnflüssig war und in großen Mengen ausfloß ausgedehnte Tafeln schufen. Die Hargita in Ungarn ist ein Beispiel eines solchen Gebirgszuges, die Basaltdecke im nordwestlichen Dekan, die das Königreich Preußen an Flächeninhalt übertrifil, ein Beispiel einer vulkanischen Tafel.

Um nun den Beweis zu fähren, daß zwischen den Zentral*- und Labialeruptionen kein fundamentaler Unterschied besteht, müssen wir zunächst an die Thatsache erinnern, daß auch die Zentralvulkane in der Regel eine reihenweise Anordnung zeigen und daß man diese mit Recht auf langgestreckte Spalten zurückgeführt hat. Allerdings sind diese Spalten nicht sichtbar, aber wir über- tragen hier nur ins große, was uns die Erfahrung im kleinen wiederholt kennen gelehrt hat, wie bei den Ätna- Ausbrüchen i. J. 1669 und 1865 oder bei der Tarawera-Eruption i. J. 1886. In dem letzteren Falle entstand eine von Nordosten nach Südwesten ziehende Spalte von 14 km Länge und innerhalb derselben eine Reihe von Kratern, die ebensovielen Eruptionszentren entsprachen. Auch die dazwischenliegen- den unzerstörten Brücken wurden von engen Vertikalspalten durchsetzt Wir dürfen also mit Thomas^ annehmen, daß zuerst entlang einer Linie der Boden sich spaltete und daß dann die unterirdischen Kräfte an demjenigen Punkten einsetzten, wo entweder die Gesteins- beschaffenheit den Ausweg erleichterte, oder größere Dampfzufuhr die Explosionskraft vermehrte. Würde sich aus den eng benach- barten Kratern Lava ergossen haben, so hätten sich die Ströme leicht zu einer Gesamtmasse vereinigen können, die die einzelnen Ausbruchs- stellen verdeckt hätte, oder es hätten auch die einzelnen Zentren- selbst, wenn sie noch näher aneinander gerückt wären, miteinander

20*

308 Die Dynamik des Landes.

verschmelzen können. Man sieht also, zwischen Zentral* und Labialeruptionen sind Übergänge vorhanden, beide beruhen im wesentlichen auf demselben Vorgange.

Besonders lehrreich ist in dieser Beziehung Island, dessen Erforschung wir in neuester Zeit hauptsächlich Thoboddsen ver- danken ^°. Hier finden wir verschiedene Typen vertreten: echte ge- schichtete Vulkane, aus wechselnden TuflFen und Lavaströmen be- stehend, wie der Vesuv; Lavavulkane, ganz nach hawaiischem Muster, nur kleiner, flache schildförmige Erhebungen mit einer tellerartigen Vertiefung am Gipfel; endlich Labialbildungen in verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung. Am häufigsten ist die Anfangsfoim: entlang einer Spalte treten eine Reihe noch wohl individualisierter länglicher Krater auf; seltener sehen wir der Spalte entlang lange, aber doch noch an vielen Stellen durchbrochene Wälle von Schlacken und Lavastücken; am seltensten ist die ausgebildete Form einer völligen Vereinigung der Zentren, die nach beiden Seiten dünn- flüssige Lava ergossen haben.

Überblick der Vulkanformen. Jeder Vulkan ist das Produkt seiner eigenen Thätigkeit, und da diese Thätigkeit sich in so mannigfacher Art äußert, so müssen natürlich auch die Produkte mannigfach sein. Lediglich von diesem Gesichtspunkte aus einmal die Vulkanformen zusammenzufassen, empfiehlt sich deshalb, weil die spätere morpho- logische Betrachtungsweise noch andere Momente zu berücksichtigen haben und damit auch zu einem anderen Systeme gelangen wird.

Wo der Ausbruch lediglich in einer Dampfexplosion besteht, wie bei dem Bandaisan, kann natürlich von Neubildungen keine Rede sein, sondern findet nur Zerstörung statt Wo die Eruption zwar einen explosiven Charakter zeigt, zugleich aber auch neues Material zu Tage fördert, wird sowohl »erstört wie geschafi'en, und es hängt ganz von den näheren Umständen ab, welche Wirkung die Oberhand gewinnt. Bei dem Ausbruche des Tarawera wurden zwar 1500 MilL cbm Asche ausgew^orfen, aber etwa 230 Mill. wurden in das Meer getragen und 1270 MilL verteilten sich auf eine Fläche von der Größe Badens. Die Heftigkeit der Explosion war so groß und es fand eine so vollständige Zerstäubung statt, daß es nicht zur Bildung eines Aschenkegels kommen konnte. Indes ist nicht bloß die Ex- plosion an sich für die Zerstörung verantwortlich zu machen. Indem Material aus der Tiefe entfernt wird, entstehen hier Hohlräume und der darüber befindliche Boden stürzt ein. Die vier Inseln der Krakataugruppe hatten vor der Katastrophe von 1883 ein Areal von 4020 ha; durch Einsturz verloren sie 2291 ha, durch Neubildung gewannen sie 1305 ha; das ergiebt ein Defizit von 986 ha. Ein kleines

Die vulkanischen Ausbrüche. 809

Eiland, das den sonderbaren Namen „Der polnische Hut" trug, ver- schwand ganz, die Hauptinsel wurde um die Hälfte kleiner, Verlaten Eiland wuchs dagegen um das dreifache.

Die Eruptionen können wir einteilen in einfache und ge- mischte. Die einfachen produzieren entweder nur oder doch vor- herrschend nur lockeres oder festes Material. Wir unterscheiden demnach Locker- und Lavaeruptionen.

1. Bei zentralen Lockereruptionen ist der Grad der Fein- heit des Auswurfsmaterials von Wichtigkeit. Asche kann, wie beim Tarawera, lediglich zur Erhöhung des Bodens beitragen, während die Ausbruchsstelle selbst nur durch eine Vertiefung im Boden ge- kennzeichnet wird. Dasselbe ist auch der FaU, wenn nur eine ein- zige Eruption an der betreffenden Stelle stattfindet und dabei nicht beträchtliche Mengen von Lockermaterial ausgeworfen werden. Das Resultat ist also eine negative Bodenform. Dazu gehören auch die Maare.

Als positive Bodenformen gehen aus diesen Eruptionen auf dem festen Lande Aschen- oder Schlackenkegel, auf dem Boden des Meeres Tuffkegel hervor.

2. Als Erzeugnisse labialer Lockereruptionen sind die langen Schlackenwälle in Island zu betrachten.

3. Gemischte Zentraleruptionen schaffen ebenfalls ter- restrische oder submarine geschichtete Kegel, die sich von den Aschenkegeln nur dadurch unterscheiden, daß die Beteiligung von Lavaströmen ihnen größere Festigkeit verleiht. Beiden ist femer gemein, daß sie einen Krater auf ihrem Gipfel besitzen. Ge- mischte Labialeruptionen sind nicht bekannt

4. Zentrale Lavaeruptionen erzeugen Berge ohne Krater oder nur mit kraterförmigen Vertiefungen am Gipfel. Ihre Böschungsverhältnisse hängen wesentlich von dem Flüssigkeitsgrade der Lava ab.

5. Labiale Lavaeruptionen fuhren zur Bildung langgestreck- ter Gebirgszüge, wenn die Lava zähe, und zu der von Tafeln oder Plateaus, wenn die Lava dünnflüssig ist.

Erlöschen der Vulkane. Nach einer Eruptionsperiode versinken die intermittierenden Vulkane wieder einige Zeit in einen Zustand der Erschöpfung, der durch die sogenannte Solfatarenthätigkeit charakterisiert wird. Man versteht darunter das Ausströmen von Wasserdampf in der Gestalt kleiner Säulen (Fumarolen) und von Gasen sowohl aus dem Krater, wie aus den Rissen der Abhänge. Manche Vulkane, wie die Solfatara von Pozzuoli, der Demawend in

310 Die Dynamik des Landes.

Persien u. a., verharren immer in diesem Zustande. Fluor und Chlor, die das intensivste Eruptionsstadium charakterisieren, sind aus den Gasexhalationen verschwunden; endlich verschvrinden auch die schwefligen Gase, die Temperatur nimmt ab, die Fumarolen hören auf; und nur die Kohlensäure^ die entweder als Gas ausströmt (Mofetten) oder mit Wasser vermischt erscheint (Sauerquellen), und manchmal auch Thermen erinnern an die einstige vulkanische Thätigkeit der betreflfenden Erdstellen.

Da aber wie die Geschichte lehrt selbst jahrhunderte- lange Ruhe keine Gewähr für die Zukunft bietet^ so ist es ganz willklirlich, wenn z. B. Karti Fuchs alle jene Vulkane, die seit 300 Jahren nicht mehr thätig waren, als erloschen bezeichnet. Das gilt wenigstens für Gegenden, wo neben ruhenden auch tiiätige Vul- kane vorkommen. Hier ist die Ruhe vielleicht nur Schlaf, nicht Tod. Dagegen können wir den Puy de Come in der Auvergne oder den Fönnerich der Eifel mit einigem Rechte erloschene Vulkane nennen, weil die vulkanischen Gebiete, in denen sie liegen, seit Menschengedenken keinen Ausbruch mehr erlebt haben. Statt thäti- gen und erloschenen Vulkanen unterscheiden wir also beser thä- tige und erloschene Vulkangebiete; die ersteren enthalten zu- weilen nur thätige, in der Regel aber thätige und sclilafende Vul- kane, die letzteren dagegen nur erloschene Vulkane.

Ctoographische Verbreitung der Vulkane (s. Karte X^ni). Die Statistik von Karl Fuchs zählt 325 Vulkane, die in den letzten drei Jahrhunderten thätig waren: eine Zahl, die jedenfalls zu niedrig gegriflfen ist. Von diesen kommen 102 auf die asiatische und 113 auf die amerikanische Seite des Stillen Ozeans, und 25 sind in dem- selben zerstreut. Das ergiebt eine Summe von 240 (74 Proz.); die pazifische Welt ist somit in der Gegenwart der Hauptsitz der vulkanischen Thätigkeit. Dagegen kommen auf den Atlan- tischen Ozean nur 30, auf den Indischen 5, auf das südliche Eis- meer 2, auf Europa mit dem Mittelmeere 7, auf Afrika 27 und auf das asiatische Festland 12.

Die älteren Theorien legten besonders darauf Gewicht, daß die meisten Vulkane im Meere oder in der Nähe desselben sich befinden, und brachten dies mit der Erfahrung, daß Wasserdampf eines der Hauptprodukte der Ausbrüche ist, in ursächliche Verbindung. Meer- wasser, so folgerte man, müsse zu den unterirdischen Feuerherden dringen, um das Magma eruptionsfähig zu machen. Diese Theorie läßt aber zweierlei unerklärt Erstens die Thatsache, daß Vulkane auch fem vom Meere vorkommen. Leider wissen wir zu wenig von jenen zentralasiatischen Vulkanen, die Bonvalot und Prinz Heinrich

Die Tulkanischen Ausbrüche. 311

VON Orleans in 87^ ö. L. und 35 bis 3672^ n. B. entdeckten, um uns auf sie hier berufen zu können; dagegen können wir anflihren di^ mandschurischen Feuerberge südöstlich von Mergen, also über SOO km von der Küste gelegen, die nach der Angabe v. Bicht- HOFENs noch am Anfange des 18. Jahrhunderts in Thätigkeit waren, ferner die in jüngster Zeit von L. v. Höhnel und Stühlmann ent- deckten, noch thätigen Vulkane Zentralafrikas: den Virungo, südlich vom Albert Edward -See und den Teleki -Vulkan am Südende des Rudolfsees, die 1100, bezw. 750 km vom Meere entfernt sind. Die zweite Thatsache, welche die ältere Theorie ignoriert, ist die, daß ausgedehnte Küstenstrecken vulkanlos sind. Von Grönland bis zum Feuerlande fehlen die Vulkane mit einziger Ausnahme von West- iiidien, und das gegenüberliegende Gestade des Atlantischen Ozeans hat nur einige wenige Vulkanbezirke in Afrika. Gehen wir um das Kap der guten Hoffnung herum, so finden wir dieselbe Armut bis mich Hinterindien. Hier ändern sich die Verhältnisse mit einem !Male. Der große vulkanische Sundabogen leitet uns in den Stillen Ozean hinüber. Nirgends drängen sich die Feuerberge enger an einander, als an seiner Westseite. Von der Nordinsel Neuseelands über die Neuen Hebriden, den Bismarck- Archipel, die Philippinen, Formosa, die Riu-Kiu, Japan, die Kurilen, Kamtschatka reiht sich fast ununterbrochen Bogen an Bogen. Den Norden schließt die Aleuten- reihe ab, dann folgen im Osten die amerikanischen Vulkane innerhalb des Hochlandsgürtels. Die thätigen Hauptgebiete der Gegenwart sind das mexicanische, zentralamerikanische, äquatoriale, peruanische und chilenische. Daß aber Nordamerika einst nicht zurückstand, beweist das Kaskadengebirge, das zum großen Teil aus übereinandergelagerten Lavaströmen von stellenweise mehr als 1000 m Mächtigkeit besteht, deren Ausbruch in die nach tertiäre, zum Teil sogar in die nach- glaziale Zeit fällt; und nicht minder deutlich spricht das große Lavafeld des Columbia und Snake-River, das sich über fünf Längen- und drei Breitengrade ausdehnt In der geschichtlichen Gegenwart beschränkt sich die wie es scheint, durchaus gemäßigte Thätig- keit auf die Vulkane der Alaska- Halbinsel, auf den Elias- und Wrangell-Berg und auf einige Gruppen am Nordende des Kaskaden- Gebirges und der Sierra Nevada. Der jüngste Aschenkegel des Lassen Peak-Gebietes dürfte erst im 17. Jahrhundert entstanden sein.^^ Diese Verteilung der Vulkane an den Festlandsrändem wurde uns erst verständlich, seit Süess den inneren Zusammenhang der vulkanischen Erscheinungen mit den großen Dislokationen aufge- deckt hat. Die pazifischen Ränder werden von jungen Faltengebirgen gebildet, die atlantischen und indischen von abgebrochenen Schollen.

812 Die D3mamik des Landes.

Nur Westindien und Hinterindien mit den Sundainseln machen eiie Ausnahme im pazifischen Sinne^ und wir haben gesehen, daß diese Gebiete auch durch lange Vulkanreihen ausgezeichnet sind. "Wir können somit den Satz aussprechen, daß der pazifische Rand- typus den Vulkanismus fördert, der atlantische ihn hemut.

Thätige und erloschene Vulkane letztere allerdings in der Mehrzahl begleiten auch jene jugendlichen Faltengebirge, dif die alte Welt in westlicher Eichtung durchsetzen, aber gerade die löch- sten asiatischen Ketten, vor allem der Himalaja sind frei davoi. Im Osten beginnen diese Reihen mit dem Demawend des Elbursgtbirges, dann folgen die kaukasischen, armenischen, kleinasiatiscbdn und griechischen Vulkane, endlich die der einzelnen Zweige dei Alpen- systems.

Die Beziehungen zwischen den Vulkanen und den Fsltenzügen sind sehr mannigfaltige. Die meisten Cordillerenvullane sind dem Gebirgskamme aufgesetzt. In Quito, südlich von 2*S., liegen sie zwischen beiden Cordilleren, überlagern aber sowohl las krystal- linische Schiefer- wie das Porphyrgebirge, und Th. Wolf spricht die Ansicht aus, daß sie erst nach dem älteren Diluvium auf den- selben Spalten entstanden, aus welchen der alterupäve Porphyr aufgestiegen war. In Mexico durchziehen die Vulksne quer das Plateau, und in Zentralamerika schneidet die Vulkanreihe zwischen 8^48' und 16^10' die Hauptachse der Cordilleren, indem sie im Süden auf der atlantischen Abdachung, dann auf dem Scheitel des Gebirges und endlich auf der pazifischen Seite auftreten. Die vul- kanische Linie ist also gegen Nordwest bis Westnordwest gerichtet, aber die Feuerberge erheben sich in Guatemala aif Querlinien, die nahezu senkrecht die HaupÜinie schneiden; und auf jeder Querlinie ist der thätige Vulkan in der Regel der dem Ozean nächste. Es findet also hier eine Verschiebung der Ausbruchsstellen gegen den pazi- fischen Rand statt. In Nordamerika liegen Lassen Peak und Mount Shasta zwar im Streichen der Sierra Nevada, aber nicht auf dem Kamme, sondern an jenen Stellen, wo das ganze Gebirge einen Ein- bruch erlitten hat.

Ahnliche Beispiele liefert auch die alte Welt Die kaukasi- schen Vulkane sind ebenso dem Gebirge aufgesetzt, wie die Üema- wend-Solfatara dem Eiburs; letzteres Gebirge wird aber nach Teetze auch an seinem südlichen Bruchrande von trachytischen Hügel- reihen begleitet. Das vulkanische Gebiet des Hegaus liegt in einem Einsturzfelde des Jura zwischen Thayngen und Arfüngen. Auch die Canarischen Inseln liegen im Streichen des Atlas.

In Europa waren die inneren Senkungsfelder jener Kettenge-

Die vulkanischen Ausbrüche. 313

birge, deren krystalUnische Zone nur mehr in Bruchstücken vor- handen ist, ein Hauptschauplatz der vulkanischen Thätigkeit. Am inneren Eande der Apenninen ziehen Vulkane von Toskana bis Sicilien. Solche sind die Trachytberge Monte Amiata und Monte CiminOy die Kraterseen von Bolsena, Vico und Bracciano, das Albaner- gebirge bei Rom, das vielleicht noch in geschichtlicher Zeit thätig war; die acht Vulkane des Hemikerlandes bei Frosinone, deren Entstehung nach Branco in die vor- oder altalluviale Periode fällt; die Rocca monfina, die tertiären Vulkane der Pontinischen Inseln, die phlegräische Gruppe mit der Solfatara und dem Monte nuovo, die Inseln Procida, Vivara und Ischia mit dem Epomeo, der 1302 den letzten Ausbruch erlebte; der Vesuv und endlich die Liparischen Inseln, von denen Stromboli, Vulcano und Lipari noch thätig sind. Nur der Ätna und der erloschene Vultur liegen an der Außenseite der Apenninen und bilden nach Suess die Endpunkte radialer Erd- bebenlinien. Am mediterranen Bruchrande des Atlas finden sich ebenfalls insulare und kontinentale Vulkane, und in gleicher Weise ist die Innenseite des bätischen Gebirgssystems von Cabo de Gata bis Cabo de Palos mit jungen Eruptivbildungen besetzt. Den inneren Rand der Karpaten begleiten die vorwiegend trachytischen Ge- birge von Schemnitz und Eremnitz, von Gran, der Matrastock^ die weinberühmte Hegyalja, der Vihorlat- Gutin -Zug und die ketten- förmige Hargita. Auf der östlichen Bruchseite der Alpen mangeln trachytische und basaltische Ausbruchstellen nicht gänzlich, und die Wiener Thermenlinie ist ein anderer Zeuge des gewaltigen Einsturzes dieser Gebirgskette. An der Südseite des böhmischen Erzgebirges fanden mächtige Basaltergüsse in der Neogenzeit statt (böhmisches Mittelgebirge, Duppauer Gebirge), und hier liegen auch die welt- berühmten Thermen von Teplitz und Karlsbad. Der Balkan hat ebenfalls an seiner Bruchseite junge Eruptivgesteine und warme Quellen. In ähnlichen Beziehungen steht wohl die erloschene Vulkanreihe vom Argäus bis zum Kara-Dagh zum Taurus und stehen vielleicht die armenischen Feuerberge zum Kaukasus.

Genauere Beziehungen zwischen dem Auftreten von Vulkan- reihen und den orographisch-geologischen Verhältnissen lassen sich auch im griechischen und westindischen Archipel nachweisen. Die 15 Cykladen-Vulkane, die sämtlich trachytische Luven zu Tage förderten, ziehen von Nisyros über Santorin und Milo nach Methana und Ägina, also am Außenrande des zu Inseln zerstückelten Gebirges und entlang einer Verwerfungsspalte, wo das seichte Agäische Meer zu bedeutenden Tiefen absinkt. Wir verdanken diese Deutung dem österreichischen Geologen Neümayr; dagegen hat die Lage der

314

Die Dynamik des Landes.

Antillenvulkane schon L. v. Buch richtig aufgefaßt, ohne zu seiner Zeit viel Beachtung zu finden, obwohl seine Auffassung die moderne Theorie schon im Keime enthält. Die Vulkanreihe zieht in einem Bogen von Grenada über Martinique nach St Christoph; an der konvexen Außenseite liegen von Tabago im Süden bis St Martin im Norden nur Inseln, die aus Kalkstein bestehen. Sie sind

die Reste eines Gebirges, an dessen Innenrande, wie bei den Apennin en oder Karpaten, die vulkanische Thätigkeit sich mächtig entfaltete. Schon diese Beispiele zeigen uns, wie oeben Faltungs- zonen auch Bruchfelder von vulkanischen Kanälen durchzogen werden. Aber auch jugendliche Senkungen allein, ohne Fal- tung, erweisen sich als günstig.

Eines der interessantesten Ergebnisse der jüngsten Afrikaforschung ist die Ent- deckung der großen ostafrikanischen Grabeneinstürze. dieSuESS in genialer Weise mit den erythräischen und Syrischen Brüchen verknüpft hat^- Diese Bruchzone, die größte, die wir kennen, erstreckt sich über 60^ Breiten- grade, vom Nordende S)Tiens bis zum Sambesi. Das syrische Glied beginnt mit der Bekaa zwischen dem Libanon und Antilibanon, setzt sich dann fort in der typischen Grabensenke des Ghor, die unter dem Spiegel des Meeres liegt, und endet mit dem Golfe von Akaba. Hier stößt der Nordnordost streichende syrische Graben auf den Nordwest streichenden erythräischen, der durch den Golf von Sues und das Rote Meer ausgefüllt ivird. Dazu rechnet Süess auch noch die niedrige Landschaft Afar, die neben er- loschenen auch noch mehrere thätige Vulkankegel besitzt Auch die Inseln sind hier vulkanisclie Schöpfungen, und die gegenüber liegende Küste Jemens, sowie die Hadramauts an dem Grabeneinbruche des Golfes von Aden sind ebenfalls umfangreiche, wenn auch zum größten Teil erloschene Vulkangebiete. Mit steilem Bruchrande stürzt das abessinische

Pig. 79. Schematische Dar- steUuDg der syrischen, erythrä- ischen u. ostafrikanischen Brüche. ( •* Graben , mit Wasser be- deckte Grabenteile, o Vulkane).

Die vulkanischen Ausbrüche. 315

Hochland nach Afar ab; vom Vulkan Dofane bei Ankober führt SuEss die Bruchzone hypothetisch weiter bis zum Eudolfsee, wo die Entdeckungen v. Höhnels beginnen, die weiter im Süden durch die Baumanns ergänzt werden. Der große ostafrikanische Graben reicht mindestens von N. bis S., vielleicht noch darüber hinaus bis zum Njassasee. Er ist durch eine Beihe abflußloser Seebecken ausgezeichnet, hat aber den orographischen Charakter einer Graben- senke z, T. dadurch eingebüßt, daß er mit jungeruptiven Gesteinen ausgefüllt wurde. Der thätige Teleki-Vulkan ist schon früher ge* nannt worden; erloschene Vulkandome, wie der Ngai, Meru und die beiden Bergriesen Kenia und Kilimandscharo erheben sich hier oder auf Seitenzweigen des Einsturzgrabens. Noch deutlicher prägt sich der zentralafrikanische Graben in der Bodengestaltung aus; er enthält die Seen Tanganika, Albert Edward- und Albert-See, und zwischen den beiden erstgenannten liegt die schöne Gruppe der Mfumbiro- Vulkane, von denen wir den Virungo ebenfalls schon kennen gelernt haben.

Diese eigenthümliche Verteilung der Vulkane auf den Fest- ländern und an deren Rändern und ihr Auftreten in Reihen legen die Vermutung nahe, daß in den weitaus meisten Fällen die Erup- tionen praeexistirende Spalten benutzten. Wir dürfen zwar an- gesichts der Experimente Daube^jes^^) nicht schlechtweg läugnen, daß hoher Gasdruck von unten allein Kanäle öifnen könne, aber in der Regel wird das Magma dort aufsteigen, wo durch Dislo- kationen das Gefüge der Erdkruste zerüttet ist Wo Schichten auf weite Strecken niemals eine Störung erlitten haben, wie in der russichen Ebene, oder wo junge Tiefländer allmählich in das Meer verlaufen, wie an den arktischen Küsten, da fehlen auch Vulkane. Selten sind sie auch in älteren Dislokationsgebieten, wo die meisten Wunden bereits vernarbt sind, wie uns die atlantischen und indischen Küsten zeigen. Beispiele, wie die Vulkane der Eifel und des fran- zösischen Zentralplateaus, deren Ausbrüche bis in die geologische Gegenwart hineinreichen, z. T. vielleicht noch vom Menschen mit- erlebt wurden, dürfen nicht als Ausnahmen betrachtet werden, denn wir wissen, daß diese Massive, obwohl Bruchstücke alter Gebirge, noch in der Tertiärperiode vielfachen Bewegungen unterworfen waren.

Wir haben bisher die ozeanischen Vulkane außer Acht ge- laßen, weil uns ihre Beziehungen zu der Tektonik des Untergrundes natürlich verborgen bleiben. Aber so wenig wir auch von ihnen Ibissen, so dürfen sie in einem Gemälde der vulkanischen Erscheinungen doch nicht fehlen, denn schon der gewaltige Anteil, den lockere Eruptivmassen an der Zusammensetzung der Tiefsee-Ablagerungen

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Die Dynamik des Landes.

nehmen, spricht für ihre Häufigkeit Wenn sie trotzdem auf unsem Karten sehr in den Hintergrund treten, so erklärt sich dieß einfach daraus, daß wir von unterseeischen Ausbrüchen nur zufallig durch ein vorüberfahrendes Schiff Kenntnis erhalten. Die spärlichen Be- obachtungen in dieser Beziehung hat Rudolph gesammelt^* Wir ersehen daraus, daß sich diese Ereignisse unter dem Meere in gleicher Weise abspielen wie auf dem Lande; die eigentümlichste Erscheinung, die mehr oder weniger hohen Wassersäulen, die sich über der Aus- bruchsstelle erheben, ist durch die Besonderheit des Schauplatzes bedingt. Auch Bodenerschütterungen fehlen nicht, die sich dem Schiff als Stösse fühlbar machen ; dumpfes Brüllen macht sich vernehmbar, Rauch und Flammen erheben sich über das Wasser, Asche und

Fig. 80. Submarine Eruption bei PanteUaiia in der Straße von SiciUen im Oktober 1891, nach Ricco.

Bimssteinmassen werden herausgeschleudert, manchmal sieht man auch große Stücke Lava umhertreiben (Fig. 80). Es ist schon an früherer Stelle dargethan worden, daß die sog. Erdbebenflutwellen von unterseeischen Eruptionen herrühren.

Auch auf dem Boden des Meeres bauen die zentralen Aus- brüche Kegel auf, die wenn die Auswurfsmassen in einem gün- stigen Verhältnisse zur Wassertiefe stehen endhch als Inseln über den Meeresspiegel emporsteigen. Aschen- und Schlackenhaufen fallen freihch bald wieder der Brandung zum Opfer, wie beispiels- weise die Insel Ferdinandea i. J. 1831, und nur eine Untiefe erinnert dann noch an ihren einstigen Bestand. Lavaergüße verleihen ihnen aber grössere Festigkeit und sichern ihre Existenz. Von den Inseln

Die vulkanischen Ausbrache. 317

<ler liparischen Gruppe (bei Sicilien) entstanden wahrscheinlich mehrere in der geschichtlichen Zeit; mit Bestimmtheit weiß man dies freilich nur von der Insel Vulcanello (ca. 200 v. Chr.), die im Mittel- alter mit Vulcano verwuchs. Andere Beispiele sind die Inseln Joanna Bogoslowa bei den Aleuten (1796) und Didica nördlich von den Phi- lippinen (1856). Die jüngste Inselbildung, von der wir Kenntnis haben, die 1885 entstandene Falkeninsel in der Südsee (20*^ 19' S., 175*^ 21^2' W.), dürfte wohl schon wieder verschwunden sein.

Gebland hat in seinen „Vulkanischen Studien"^* nachzuweisen versucht, daß sich die vulkanischen Kräfte auf dem Meeresboden in anderer Weise äußern, als auf dem Festlande. Seine Ausführungen beruhen aber hauptsächlich nur auf der Annahme, daß alle Korallen- inseln auf unterseeischen Vulkanbergen ruhen. Zwingende Gründe für eine solche Annahme sind aber, wie wir an späterer Stelle sehen werden, nicht vorhanden, und damit entfällt auch die Folgerung, daß die Vulkane des Meeresbodens in einer anderen Beziehung zum Erdinnem stehen, als die kontinentalen. Auch die Frage, ob der Grund des oflfenen Ozeans oder die Räuder der Festlandsmassen mit ihren insularen Vorposten in der Gegenwart der Hauptschauplatz der vulkanischen Thätigkeit seien, muß noch als völlig unentschieden dahingestellt bleiben.

Theorie des Vulkanismus. Über zwei Punkte hat die Theorie Auskunft zu geben: über die Herkunft des Magmas und über die Kraft, die es zum Aufsteigen in der Spalte nötigt

Die ältere Theorie betrachtet das Magma einfach als den Ausfluß des heißflüssigen Erdkerns. Dieser Ansicht kann auch der- jenige beipflichten, der einen festen Zustand des Erdinnern annimmt, denn dieser aktuelle Zustand ist nur eine Folge des Druckes der darüberliegenden Gesteinsmassen und muß in den flüssigen über- gehen, sobald Entlastung durch Spaltenbildung eintritt ^' Diese Er- klärung wird unterstützt durch die geographische Verteilung der Vulkane, nötigt aber dem Magma eine ganz passive Rolle auf und betrachtet die Vulkane lediglich als sekundäre Begleiterscheinungen der Dislokationen. Viel schwieriger ist es, das Magma von einem gasförmigen Erdkern abzuleiten. Die Hypothese ftihrt, wie wir an früherer Stelle (S. 11) auseinandergesetzt haben, zur Annahme eines allmählichen Überganges vom festen Zustande an der Erdoberfläche durch die Zwischenstufen des plastischen und flüssigen zum gas- förmigen Zustande im Innern; und die plastische Zwischenstufe, die keine Spaltenbildung gestattet, schließt den Erdkern von jedweder Verbindung mit der Oberfläche ab. Günther'^ verlegt daher ganz

318 Die Dynamik des Landes

folgerichtig die Laraherde in die Erdkruste selbst Auch aus zwei anderen Gründen glaubte man abgesonderte Lavaherde an- nehmen zu müssen. Zunächst lehrt die Erfahrung, daß selbst benach- barte Vulkane sich in ihrer Thätigkeit gegenseitig nicht beeiniiusseD. Ein drastisches Beispiel bieten der Loa und Kilauea, die, wie wir gesehen, doch TöUig zu einem einzigen Berge verschmolzen siml Seit 1832 hatte jeder Vulkan neun Eruptionen, von diesen waren aber nur drei, der i. J. 1868 streng und die i. d. J. 1832 und 185) nahezu, gleichzeitig. Sind auch diese seltenen Fälle nur Zufall oder treten beide Lavaherde zeitweilig mit einander in Verbindung? Die letztere Annahme ist bei zwei Kamtschatka -Vulkanen, der Klju- tschewskaja Sopka und dem Schiweljutsch, trotz ihrer beträchtlichen Entfernung von einander, unabweisbar. Ihre Eruptionen i. J. 1814 wechselten so exakt mit einander ab, daß man keinen Zweifel he^ea kann, daß die Lava bald durch den einen, bald durch den anderen Schlot einen Ausweg fand.

Wurzeln sämtliche Vulkane im Erdkern, so liegt der Schluß nahe, daß Laven der gleichen Periode die gleiche, Laven verschie- dener Perioden aber verschiedene mineralogische BeschaflFenheit be- sitzen müssen. In Wirklichkeit findet aber das gerade Gegenteil statt. „Erinnern wir uns", sagt v. Fritsch, „daß in den Jahren 1865 67 auf dem engbegrehzten Gebiete des Mittelmeeres viererlei Lava floß, jede von der anderen wesentlich abweichend, jede aher im allgemeinen dem Charakter der letzten Ausbrüche dessell)eD vulkanischen Gebietes entsprechend, nämlich die Ätnalava von 1865. die Santorinlava von 1866, die Vesuvlava vom März 1866 und von 1867 68, und gleichzeitig mit allen diesen die fortdauernden kleinen Ergüsse des Stromboli." Der Vesuv hat basaltische, die Phlegräi- sehen Felder haben trachytische Lava ; von den beiden eng benacli- barten Eruptionspunkten des Monte Cimino forderte der eine augil- andesitische, der andere nephelin- und leucithaltige Gesteine zutage. Die Beweiskraft solchfer Thatsachen für die Annahme gesonderter Lavaherde wird indes etwas vermindert durch die andere Thatsaclie, daß auch der Lavacharakter eines und desselben Vulkans in man- chen Fällen dem Wechsel unterworfen ist. Der Vesuv z. B. hatte früher eine trachytische Periode, ja Hekla und Krafla auf Island werfen abwechselnd saure und basische Laven aus, und es ist BuNSEN gelungen, nachzuweisen, daß die auf Island neben normal- trachytischen und normalbasaltischen Gesteinen vorkommenden Über- gänge sich in der That auf Mischung der beiden NormaUaven zu- rückführen lassen. In den älteren Eruptionen entdeckte v. Kicht- HOFEN das seitdem mehrfach bestätigte Gesetz, daß Propylitgesteine

Die vulkanischen Ausbrüche. ' 319

die Ausbruchsthätigkeit eröffneten, darauf Andesit folgte, endlich bei abnehmender vulkanischer Thätigkeit Trachyt, Rhyolith und Basalt. Die Annahme abgeschlossener Lavaherde beseitigt zwar manche Schwierigkeiten, giebt uns aber dafür neue Rätsel auf. Wir müssen uns große Hohlräume in verhältnismäßig geringer Tiefe, gefüllt mit Magma, denken. Ist das Magma ein Überrest aus der Zeit der Erstarrung, und aus welchem Grunde konnte es sich flüssig erhalten? Oder wird es an Ort und Stelle neu gebildet, und durch welche Vorgänge? Sind chemische Prozesse, an die man besonders gedacht hat. oder tektenische Veränderungen wirklich ausreichend, um ört- lich solche Wärmegrade zu erzeugen, wie sie die Lava erfordert? Wir müssen leider mit diesen Fragezeichen schließen.

In Bezug auf die zweite theoretische Grundfrage herrscht mehr Übereinstimmung. Von den meisten wird wenigstens die große Rolle anerkannt, die der Wasserdampf bei den explosiven Ausbrüchen spielt, und nur vereinzelt erheben sich noch Stimmen, die auch dies in Abrede stellen.^® Die Spannkraft des Wasserdampfes ist es, die die ursprünglichen Spalten erweitert oder neue öffnet und Teile der Lava mit sich fortreißt, um sie als Bomben, Lapilli, Sand oder Asche fallen zu lassen. Zum Teil dürfte das Wasser wohl von außen stam- men, vom Grundwasser, vielleicht auch, aber nur bei denjenigen Vulkanen, die sich sehr nahe der Küste befinden, vom Meere. Dazu bedarf es nicht großer Spalten, es genügen auch die feinsten Poren, wie sie jedes Gestein durchziehen. Selbst dann, wenn das Wasser in Tiefen gelangt, wo es vermöge der Hitze sich in Dampf verwan- deln muß, kann es noch durch Diffusion das Magma durchdringen, wie uns Versuche mit glühenden Metallen lehren. Es wird dann vom Magma absorbiert, während kaltes Wasser, das während eines Ausbruches mit der Lava in Berührung kommt, sich sofort von ihr sondert und dann explodiert Ein Teil des Wassers mag vielleicht schon ursprünglich im Magma vorhanden sein, und als noch wahr- scheinlicher gilt dies von den übrigen Gasen. Schon der Umstand, daß sie bei dem Erstarren der Lava in einer bestimmten Reihen- folge entweichen, belehrt uns, daß sie sich nicht indifferent gegen das Magma verhalten, sondern von diesem absorbiert sind.

Aber weiter dürfen wir wohl nicht gehen und dem Dampfe die Fähigkeit zuschreiben, eine Lavasäule aus unergründlichen Tiefen oft mehrere tausend Meter über den Meeresspiegel emporzutreiben. Sind doch gerade die Lavaemptionen dadurch ausgezeichnet, daß dabei verhältnismäßig wenig Dampf mitwirkt! Auch hier stehen wir wieder vor einem ungelösten Rätsel. Es ist die Vermutung aus- ge3prochen worden, daß die Kontraktion der Erdrinde das Magma

320 « Die Dynamik des Landes.

gewissermaßen ausquetsche, und damit wäre eine weitere Erklärung dafür gewonnen, daß Vulkane besonders häufig an den Bändern der »Senkungsfelder auftreten.

SchlammBprudeL Neben den echten Vulkanen nennt der Sprach- gebrauch auch „Schlammvulkane", für dieGüMBBL^® die passendere Bezeichnung Schlammsprudel (Fig. 81) Torgeschlagen hat Man versteht darunter Hügel, die, wie die echten Vulkane, das Pro- dukt ihrer eigenen Thätigkeit sind, aber nur aus thonigem Schlamm bestehen, der bei starkem Regen oft so völlig erweicht wird, daß der ganze Hügel zerfließt. Auf dem Gipfel befindet sich der, zur Zeit der Ruhe meist mit schlammigem Wasser gefüllte Krater mit den Eruptionsöffnungen. Die Höhe ist in der Regel außerordentlich ge- ring im Vergleiche zum Umfange, auf Trinidad z. B. nur 1,3 m. Zu den höchsten gehören der Macaluba auf Sizilien (49 m) und vor allem die Schlammvulkane * der kaspischen Region, wo dieses Phänomen am großartigsten entwickelt ist. Neben hunderten von kleinen Eru]>- tionspunkten zählt man zwischen Baku und der Eurmündung etn'ä 30 große Schlammberge und 6 vulkanische Inseln. Der Kegel des Osman Dagh mißt sicher 300 m Höhe, und der Krater des 150 m hohen Agh-Sibyr hat einen Durchmesser von 900 m.**^ Perioden der Ruhe, in denen nur Gas ausströmt, wechseln mit solchen heftiger Thätigkeit. Dann steigen in dem breiartigen Schlamme des Kraters große Blasen auf, und zerspringen unter donnerartigem Getöse, wobei Schlamm, manchmal auch Steine ausgeworfen werden. Der Ausbruch des Lok-Botan im Bakugebiete am 5. Januar 1887 war von einer prächtigen Lichterscheinung begleitet, indem sich die entzün- deten Gase zu einer Feuersäule von 600 m Höhe erhoben. Der Schlammstrom, der sich aus dem Krater ergoß, war 300 m lang, 200 m breit und durchschnittlich 2 m mächtig. Erdbeben sind als Begleiterscheinungen nicht selten, auch spaltet sich manchmal der Boden, und es tritt sogar Senkung ein.

Unter dem Begriff „Schlammsprudel" hat man zwei, in ihrer orographischen Erscheinung zwar gleiche, genetisch aber verschiedene Phänome zusammengefaßt. Die eine Art, die man als warme Schlammsprudel bezeichnen kann, wird durch eine beständig hohe Temperatur und durch das Ausströmen großer Mengen von Wasser- dampf charakterisiert. Sie sind nur vulkanische Begleiterscheinungen: Solfataren in der thonreichen Umgebung von Feuerbergen, nament- lich im Gebiete der Tuffschichten, und als solche nur auf vul- kanische Gegenden (Island, Zentralamerika, Celebes, Luzon, Neusee- land) beschränkt.

Die kalten Schlammsprudel oder Salsen stehen dagegen mit

Die vulkanischen Ausbrüche.

321

dem Vulkanismus in keinem direkten Zusammenhange. Ihre Tem- peratur erhöht sich nur zur Zeit heftiger Eruptionen, und auch nur dann wird Wasserdampf in größerer Menge ausgestoßen. Sonst aber bildet Kohlenwasserstoff 90 bis 95% ^'Uer exhalierten Gase. Solche Schlammsprudel sind die unter dem Namen „Mudlumps" be- kannten Inselchen an den Mündungen des Mississippi, die der Zersetzung der, in den Deltaablagerungen aufgehäuften organischen Substanzen und der damit Hand in Hand gehenden Gasentw^icklung ihre Exi- stenz verdanken. Andere Schlammsprudel sind in ihrem Vorkommen an das Vorhandensein von Naptha und Thonschichten gebunden; ihr Hauptgebiet finden wir am Südabhange des Kaukasus, auf den Halbinseln Taman und Kertsch und in der Umgebung von Baku. Das Naphta, ein verschiedenartiges Gemisch flüssiger Kohlen- wasserstoffe, entsteht nach der herrschenden Anschauung durch die

Fig. 81.

Die Schlammsprndel von Turbaco bei Carthagena (ColumbieD) nach A. von Humboldt.

Verwesung organischer, zumeist thierischer Reste. Die Erfahrungen in den Petroleum distrikten der alten und neuen "Welt haben aber gelehrt, daß im gefalteten Gelände die Aussichten für die Erbohrung von Naphtaquellen auf den Schichtensätteln viel günstiger sind, als in den Schichtenmulden, und damit steht die Thatsache in Ver- bindung, daß die kaspischen Schlammvulkane mit Ausnahme eines einzigen alle reihenweiße auf Sattellinien liegen. So stehen also auch die Salsen, wie die echten Vulkane und die solfatarischen Schlammsprudel in innigen Beziehungen zu den Dislokationen.

SupAK , PhTsische Erdkunde. 2. Aafl. 21

822 Die Dynamik des Landes.

Litteraturnachweise. * Sgrope, Über Valkane, Berlin 1872 (ncth immer ein klassisches Werk); C. W. Fuchs , Vulkane und Erdbeben, Lieipzig 1875; Dana, Characteristics of Volcanoes, New York 1890. Braacu, Schwabens 125 Vulkan-Embryonen, Stuttgart 1894. " Sekiya u. Klkdciii, TLe Eruption of Bandai-san, im Journal of the College of Science, Tokio 18S9.

* Verbeek, Rrakatau, Batavia 1884 (vgl. auch Petebhakns Mitteil. 1886, S- lOi.

* Smith, The Eruption of Tarawera, Wellington 1887; Thomas, Report of the Eruption of Tarawera and Rotomahana, Wellington 1888. Foüqü£, Santoriu et ses eruptions, Paris 1879. ^ Reiss u. Stübel, Geschichte u. Beschreibung der vulkanischen Ausbrüche bei Santorin, Heidelberg 1868. ® Dana, s. h. Anm. *. * DuTTON, Hawaian Volcanoes, im 4. Jahresberichte des U- S. Gi^.- logical Survey, Washington 1884. **^ Thoroddsen , Die Vulkane im nord- östlichen Island, in den Mitteilungen der Wiener Geographischen Gr«sell9ohaft. 1891. " Diller, A late Volcanic Eruption in Northern California. Bulleiit of the ü. S. Geological Survey 1891, Nr. 79. " v. Hohnel, Rosiwal, Toila und Süss, Beiträge zur geologischen Kenntnis des östl. Afrika, in den Denk- schriften d. Wiener Akad. d. Wiss. 1891. Baümann, Durch Massailand zur Nilquelle, Berlin 1894. " Daübr^e, in Nature, London 1893, Bd. XLVIIL S. 226. -- ** Rudolph, cit. S. 207. ** Gerland, Vulkanische Studien, in den Beiträgen zur Greophysik 1894. " Reyer, Physik der Eruptionen u. Eruptiv- gesteine, Wien 1877. ^^ Günther, Gedanken über das Wesen des Vulkanis- mus, im „Ausland" 1892. "Vgl. Bornemann (Über Schlackenkegel u- Laven, in: Jahrbuch der preußischen geologischen Landesanstalt 1887), der sich auf analoge Vorgänge beim Schmelzprozesse der Schlacken in Hochöfen beruft. " GChbei^ Das Eruptionsmaterial der Schlammvulkane von Patemo, in den Sitzungs- berichten der bayerischen Akademie der Wissenschaften, Mathem.-physik. Klase^r 1879. Sjögren, Diie Thätigkeit der Schlammvulkane in der kaspischen Region 1885—87, in den Verhandlungen der russischen mineralogischen Gesell- schaft, St. Petersburg 1887.

Erdbeben.^

Erschütterungen der Erdoberfläche können auch durch plötz- liches Niederfallen großer Massen auf dieselbe, z. B. durch Berg- stürze, erzeugt werden; aber man ptiegt nur solche Erschütterungen als Erdbeben zu bezeichnen, deren Ursache unter der Oberfläche gelegen ist. Halten wir daran fest, so müssen wir auch, yorläulig wenigstens, jene Zitterbewegungen ausschließen, die sich nur an sehr feinen Instrumenten bemerkbar machen und die man daher auch als mikroseismische Bewegungen bezeichnet hat Man kennt sie noch nicht seit langer Zeit^ und hat ihnen bisher nur in Italien und Japan ein systematisches Studium gewidmet. Die Zahl dieser Er- zitterungen ist außerordentlich groß 1887 zählte man z. B. in Tokio 222 mikroseismische Tage ; es scheint, als ob die Elrd- oberfläche fast fortwährend in Bewegung ist, während die landläufige Vorstellung das feste auch für das unbewegliche hält Über das Wesen dieser Oszillationen sind die Ansichten noch geteilt; während

Erdbeben. 323

italienische Forscher den Ausgangspunkt unter die Oberfläche ver- legen und zwischen Erzitterungen und Beben ^ nur einen graduellen Unterschied zulassen, dabei aber auch den großen Einfluß der Luft- druckschwankungen be- tonen^ ist man in Japan zur Überzeugung ge- langt, daß der Wind den Erdboden und damit auch das Instrument (Tremometer) inSchwin- glingen versetzt. Ist Fig. 82. Erdbebenwellen,

diese Theorie richtig,

so gehören die mikroseismischen Bewegungen ausschließlich in die Kategorie der exogenen Wirkungen.

Wir wenden uns nun jenen Erschütterungen zu, die unzweifel- haft von einer Stelle unter der Erdoberfläche ausgehen. Wir nennen diese Stelle das Zentrum des Erdbebens oder den Erdbeben- herd. Die Bewegung, die hier plötzlich eintritt, pflanzt sich wellen- förmig nach allen Seiten fort, wie Fig. 82 schematisch, unter der Voraussetzung, daß die Erdkruste eine homogene Masse sei, im Querschnitte darstellt Die erste Welle, die an die Oberfläche (00) gelangt, triflFl diese genau in dem Punkte senkrecht über dem Zen- trum, im sog. Epizentrum (E). Indem dann die Wellen fortschreiten, werden die Oberflächenpunkte I, IT, HI u. s. w. berührt. Die Stoß- richtung wird durch die Radien der Wellenkreise repräsentiert; der Winkel, den sie mit der Erdoberfläche einschließen, heißt der Emergenzwinkel («', e", €'"u. s.w.). Dieser erreicht im Epizentrum den Wert von 90® und wird nach Außen hin immer kleiner. Nur im Epizentrum ist der Stoß vertikal, in jedem andern Punkte des erschütterten Gebietes aber läßt sich die Stoßrichtung in zwei hori- zontale (N.S. und O.W.) und eine vertikale Komponente zerlegen, und je weiter der betreffende Punkt vom Epizentrum entfernt, oder mit anderen Worten, je kleiner der Emergenzwinkel ist, desto mehr über- wiegen die horizontalen Komponenten die vertikale, und damit ändert sich der Charakter der Bodenbewegung, wie er an der Oberfläche zur Wahrnehmung gelangt. Wo die vertikale Komponente noch bedeutend ist, ist die Bewegung eine stoßförmige oder sukkussorische, bei spitzem Emergenzwinkel erscheint sie uns wellenförmig oder undulatorisch. Die erstere maoht sich als Stoß fühlbar, wodurch

^ Tremors und Eartbquakes nach dem wissenschaftlichen Sprachgebrauche der Engländer.

21»

324 Die Dynamik des Landes.

oft Häuser und Menschen emporgeschnellt und Leichen aus den Gräbern herausgeworfen werden. Die wellenförmige Bewegung schreitet nach einer bestimmten Richtung fort, manchmal dem Auge direkt sicht- bar, meist aber nur erkennbar aus der Sichtung der Bisse und Spalten in Gebäuden, aus der Lage umgeworfener Gegenstände u. dgl. Aus der drehenden Verschiebung der Steine an Pfeilern, Obeüsken u. s. w. glaubte man früher auch auf eine rotatorische Bewegung schließen zu müssen: es hat sich aber herausgestellt, daß in all diesen Fällen der Schwerpunkt und der Haftpunkt der Steine nicht in einer senkrechten Linie lagen, und unter solchen umständen muß auch ein rein seitlicher Stoß eine Drehung der Steine bewirken.

Bisher haben wir nur die seismische Hauptwelle, die vom Zentrum ausgeht, berücksichtigt; jeder Punkt der Oberfläche, der von einem Stoße getroffen wird, wird aber dadurch selber wieder der Ausgangspunkt einer neuen Bewegung, einer Neben welle, die sich in einer homogenen Masse ebenfalls kreisförmig nach allen Seiten fortpflanzt. Sie ist in Fig. 82 durch Pfeile gekennzeichnet, und man ersieht daraus, daß das Epizentrum nicht blos Wellen aussendet, sondern auch solche empfängt.

lüBtrumente. Wir sind bisher, um einige Hauptbegrifl'e zu er- örtern, unter gewissen vereinfachenden Voraussetzungen von der Tiefe ausgegangen und haben daraus die Erscheinungen an der Erdoberfläche konstruiert Die Erdbebenforschung geht aber den umgekehrten Weg, denn zur Beobachtung gelangen nur die Ober- flächenphänomene, und daraus muß man auf die Vorgänge in der Tiefe schließen. Erst in neuester Zeit hat man angefangen, in dieser Beziehung systematisch vorzugehen. Italien, Japan, die Schweiz waren die ersten Länder, die sich mit einem Netze seismischer Be- obachtungsstationen überzogen, und immer weiter breitet sich der Ge- brauch von Listrumenten aus, die allein exakte Daten zu liefern vermögen. Die älteren Instrumente beruhen auf der Bewegung von Flüssigkeiten. Viel empiindlicher ist aber das Pendel, das jetzt den Hauptbestandteil der feineren Instrumente bildet Am einfachsten sind die Seismoskope, die lediglich die Thatsache, daß ein Erd- beben stattgefunden hat und die Richtung desselben anzeigen. Das Seismometer giebt die wichtigsten Bewegungsmomente nach den drei Komponenten an und ist in der Regel mit einem Seismo- graphen verbunden, der die aufeinanderfolgenden Bewegungen selbstthätig aufzeichnet Automatische Vorrichtungen an Uhren dienen dazu, die Eintrittszeit der Beben genau zu fixieren.

Das wichtigste Ergebnis der Instrumentalbeobachtung ist der Nachweis, daß die seismische Bewegung eine äußerst komplizierte

Erdbeben. 325

ist. Bei dem Beben in Tokio am 15. Januar 1887, das wir als Beispiel anführen wollen, waren alle drei Komponenten deutlich entwickelt, aber die vertikale und die horizontalen erreichten nicht gleichzeitig ihren Höhenpunkt, ja die vertikale Bewegung hörte nach 72 Sekunden beinahe ganz auf, während die horizontalen noch fort- dauerten; von diesen erlosch zuerst die ostwestliche und erst nach längerer Zeit auch die nordsüdliche. Auch ihre Maxima fielen nicht immer in die gleiche Zeit, und die östliche bezw. westliche Bewegung war bald mit der nördlichen, bald mit der südlichen verbunden. Sekiya hat nach den Aufzeichnungen dieses Seismographen die Bahn eines Erdteilchens wähi^end der ersten 72 Sekunden des Bebens durch ein Modell in großem Maßstabe dargestellt; es bildet einen höchst seltsam verschlungenen Knoten, zu dessen Erklärung das Zusammen- und Gegenwirken von Haupt- und Nebenwellen kaum ausreicht. Vor allem geht daraus hervor, daß die Angaben der Stoßrichtung, auf die man früher so großes Gewicht gelegt hat, in der Regel nur von problematischem Werte sind.

Dauer. Die Dauer eines Stoßes beträgt meist nur wenige Sekunden, aber es vergehen oft mehrere Minuten, bis das Zittern des Bodens aufhört und die Ruhe völlig wiederhergestellt ist. Selten besteht das Erdbeben aus einem einzigen Stoße, wie das rheinische im Jahre 1846; auch das berühmte Beben von Caracas am 26. März 1812, wo nur drei Stöße unmittelbar auf einander folgten, gehört zu den seltensten Ausnahmen. In der Regel treten zahlreiche sekundäre Erschütterungen ein, die dem Hauptstoße teils vorangehen, teils folgen. Erstrecken sie sich auf eine größere Zeitdauer, so spricht man von einer Erdbebenperiode. Eine solche war das Jahr 1783 für Calabrien; ja, die schwachen Erschütterungen dauerten noch über ein Jahrzehnt fort. Das Großgerauer Beben am Mittel- rhein dauerte von 1869 1873; vom Oktober bis Ende 1869 zählte man über 600 Stöße. In Yokohama traten vom 1. bis 6. Mai 1870 123 Stöße ein, und in Hawaii betrug im März 1868 allein die Zahl der stärkeren Stöße über 2000.

Über die Abgrenzung einer Erdbebenperiode können Zweifel entstehen. In Agram erwachte z. B. die seismische Thätigkeit nach fimig^riger Ruhe am 12. November 1877. Das darauffolgende Jahr verfloß ohne Erschütterung, 1879 brachte aber schon drei Beben. Am 9. November 1880 trat der Hauptstoß ein; darauf folgten in demselben Monat noch zehn Erdbebentage. Der Dezember hatte deren acht, der Januar 1881 sieben, der Februar zwei, der März drei, der April einen. Vom 9. November bis zum 12. April dauerte die längste Pause nur 28 Tage, nachher traten solche von mehreren

326 Die Dynamik des Landes.

Monaten ein, aber zeitweise schwoll die unterirdische Erregung wieder an, wie im August, September und Oktober 1883. Man kann in diesem Falle die Periode mit dem 12. April 1881 abschließen oder sie auch auf die nächsten Jahre ausdehnen; beide Auffassungen lassen sich verteidigen, aber die erstere ist unzweifelhaft die stren- gere und darf daher auf allgemeinere Zustimmung rechnen. Das Agramer Beispiel lehrt uns auch, daß innerhalb einer Periode die Intensität mehrfach wechseln kann.

Intensität und Wirktingen. Meßbar ist die Intensität nur an den Kurven, die der Seismograph zeichnet; für gewöhnlich muß man sich auf eine rohe Schätzung nach dem Gefühl und nach den Wirkungen auf bewegliche und unbewegliche Gegenstände beschrän- ken. Diesem Zwecke dient die FoEELsche Skala, die zehn Inten- sitäten unterscheidet. Der erste Grad kommt den mikroseismischen Bewegungen zu, auch der zweite macht sich nur an Instrumenten bemerkbar. Grad 3 wird von dem Menschen nur unter besonders günstigen Verhältnissen, Grad 4 aber auch mitten in der Thätigkeit beobachtet. Beben von der Intensität 5 sind schon im stände, be- wegliche Gegenstände zu verschieben; der sechste Grad äußert sich im Umwerfen solcher Gegenstände und in der Erzeugung von Kissen an den Wänden und Decken der Häuser. Steigert sich die Inten- sität bis zum siebenten Grade, so werden Gebäude schon in ernst- licherer Weise beschädigt und Kamine stürzen ein. Bei Erschüt- terungen vom achten Grade werden Hütten und Stadeln umgeworfen, bei solchen vom neunten Grade auch fest gebaute Häuser demoliert. Hier liegt der wunde Punkt der FoBELschen Skala. Die Zerstörung von Gebäuden ein Merkmal, das überdies nur auf bewohnte Gegenden Anwendung findet ist nicht allein von der ursprüng- lichen Intensität des Stoßes, sondern auch von dem Material und der Orientierung der Gebäude, sowie von der Beschaffenheit des Untergrundes abhängig. Es ist ein durch zahlreiche Erfahrungen gestütztes Gesetz, daß Erdbeben in lockerem Boden viel zerstörender wirken, als in festem, vorausgesetzt, daß die Aufschüttungsmassen nicht eine bedeutende Mächtigkeit besitzen. Ist letzteres der Fall, so wird der Stoß gleichsam gedämpft und dringt nur abgeschwächt an die Oberfläche. Das zeigte sich z. B. ganz klar bei dem Charlestoner Erdbeben vom 31. August 1886, dem größten, das die Vereinigten Staaten seit ihrem Bestehen erlebt haben. Sobald die seismischen Wellen das Alluvialland des Mississippi erreicht hatten, nahm die Intensität rasch ab. Ist die Erschütterung schwach, so genügt auch eine leichte Decke lockeren Materials, um den Stoß aufzuhalten, so daß man sagen kann: Unter sonst gleichen Verhältnissen hat Fels-

Erdbeben. 327

boden mehr, aber schwächere Beben, als seichter Aufschüttungs- boden; Aufschüttungsboden von großer Mächtigkeit dagegen wenig und schwache Beben. ^

Erdbeben vom höchsten Intensitätsgrade (10) lassen auch dauernde Spuren im Boden zurück. Spaltenbildung ist eine gewöhnliche Er- scheinung. Grundwasser und Schlamm bricht häufig aus den Spalten hervor und baut Schlammkegel auf, die bei Laien die Meinung er- wecken, es handle sich hier um vulkanische Eruptionen. Längs- spalteo, oft von beträchtlichen Dimensionen, sind am häufigsten; bei Einstürzen unterirdischer Hohlräume bilden sich auch Radialspalten. Wind und Wasser füllen diese Öffnungen zum Teil wieder aus; manchmal schließen sich diese selbst, wobei eine Horizontalverschie- bung der Ränder bemerkbar wird. Infolge von Spaltenbildungen versiegen Quellen oder neue brechen hervor, und Thermen verändern ihre Temperatur. Auch zu Bergstürzen geben Erderschütterungen häufig die letzte Veranlassung. Das Beben von Wernoje im Jahre 1887 entkleidete die Thalgehänge ihrer Verwitterungsdecke, die bei den heftigen Regengüssen in mächtigen Schlammströmen sich über den Thalboden ausbreitete, so daß nicht bloß die Vegetation ver- nichtet, sondern auch die Physiognomie der Thäler völlig verändert wurde. Beim Erdbeben von Katsch, 1819, sank eine Fläche von ca. 520 qkm und wurde in einen See verwandelt, teilweise üfer- senkungen traten 1865 am Züricher See und 1867 am Lago Mag- giore ein, und 1865 verschwand bei einem Beben plötzlich eine Insel der Maledivenreihe. Dies sind nur einige zufällig herausge- griffene Beispiele von Bodensenkungen, während die Nachrichten von Hebungen bei Erdbeben einer sctiärferen Kritik nicht Stand halten. Höchstens die tropischen Cyklonen und plötzhche Überflutungen der Küsten bewirken ähnliche Verheerungen, wie die Erdbeben. Nach einer amtlichen Zusammenstellung wurden in Italien selbst im verhältnismäßig ruhigen Jahre 1870 durch Erdbeben 2225 Häuser zerstört, 98 Menschen getötet und 223 verwundet. In Südamerika verloren 1868 ca. 70 000 Menschen bei Erderschütterungen das Leben. Noch frisch ist die Erinnerung an jene furchtbare Kata- strophe, die am 28. Oktober 1891 die gartenähnliche Ebene von Owari-Mino in Zentral-Japan betraf. 7279 Menschen wurden ge- tötet, 17393 verwundet, 197 850 Gebäude ganz, 78296 halb zerstört, und 6379 gingen dabei durch Feuer zu gründe. Der Gesamtschaden beziffert sich auf mehr als 90 Mill. Mark.^ Das alles war das Werk weniger Sekunden!

Manche Beobachtungen sprechen dafür, daß die Intensität mit der Tiefe abnimmt In den Bergwerken von Essen spürte man

328 Die Dynamik des Landes.

das rheinische Beben vom Jahre 1 828 nicht, und das große Agramer Beben im Jahre 1880 machte sich in den Gruben von Wies in Steiermark nur bis zu einer Tiefe von 28 30 m, aber nicht mehr in Tiefen von 60 120 m fühlbar. Um diese Frage zur Entscheidung zu bringen, wurden 1887 1890 an der Station Tokio und in einer unmittelbar daneben befindlichen Grube von ö^j m Tiefe systema- tische Beobachtungen, die sich aber nur auf die Horizontalkompo- nenten beziehen, angestellt Bei schwachen Erschütterungen ver- hielten sich die Instrumente an der Oberfläche und in der Tiefe ganz gleich, und auch die Hauptwellen bei stärkeren Beben machten sich an beiden Stellen in gleicher Weise bemerkbar. Ein Unter- schied bestand nur in Bezug auf die kleinen und raschen Vibrationen, die den Hauptstößen vorangehen, indem sie die Tiefe viel weniger berührten, als die Oberfläche.*

Areal. Das Gebiet größter Intensität an der Oberfläche nennt man das pleistoseiste; von da nimmt die Intensität mehr oder minder regelmäßig nach allen Seiten ab. Bei dem oben erwähnten zentral-japanischen Beben von 1891 gelang es, die Areale der ein- zelnen Intensitätsgrade genauer von einander zu scheiden:

Intensität 10 ll 111 qkm

7—9 44 907

,, 6 52 315

4--5 134 722

Gresamtareal 243 055 qkm

Man sieht, die Areale wachsen mit abnehmender Intensität Da aber die zerstörende Wirkung, wie wir gesehen haben, von verschie- denen umständen abhängt, so kann es uns nicht Wunder nehmen, daß selbst nahe benachbarte Orte in verschiedener Weise betroffen werden, und auch im pleistoseisten Gebiete verhältnismäßig ruhige Stellen vorkommen können. Man nennt solche Örtlichkeiten, wo sich die Gewalt der seismischen Wellen infolge felsiger Bodenbe- schalfenheit, vielleicht auch infolge von Interferenzerscheinungen gleichsam bricht, Erdbebeninseln oder -brücken.

Die wirklichen Grenzen eines Erdbebenareals lassen sich nicht mit Sicherheit ziehen, denn außerhalb der deutlich erschütterten Fläche giebt es immer vereinzelte Orte, wo das Beben noch wahr- genommen wurde, und die äußersten Spuren lassen sich nur am empfindlichsten aller Instrumente, am Horizontalpendel, wahrnehmen.* Erreichten die Ausläufer der japanischen Beben von 1891 und 1894 doch sogar die Observatorien von Wilhelmshaven und Potsdam! Diese Unsicherheit der äußeren Grenzen macht es erklärlich, daß man sich früher in Bezug auf die Ausdehnung mancher Beben übertriebenen

Erdbeben. 329

Vorstellungen hingab. So soll das berühmte Lissaboner Beben von 1755 ein Gebiet von 3872 ^^^ ^^ betroflfen haben; hier sind offenbar auch jene Küstengegenden mitgerechnet, wo nur große Flut- wellen beobachtet wurden, und Höbnes reduziert jene enorme Zahl mit Becht auf ca. 16^2 MiU« qkm. Aus denselben Gründen ver- dient auch die Angabe von ca. 20 Mill. qkm für das Neuseeländer Beben von 1855 kein Vertrauen. Das ausgedehnteste Erdbeben der letzten Jahre war das Gharlestoner von 1886, das eine Fläche von 2,3 MiU. qkm, viermal so groß als das Deutsche Reich, in Bewegung versetzte.

Areal und Intensität einer Erschütterung stehen nicht immer, wie man vermuten könnte, in geradem Verhältnisse zu einander. Oft sind schwache Beben viel ausgedehnter^ als starke. Jenes von Ischia am 28. Juli 1883 z. B., das Casamicciola vollständig zerstörte, reichte nicht über die kleine Insel hinaus, während das mitteldeutsche Erd- beben von 1872, das kaum irgendwo den 6. Intensitätsgrad über- schritt, eine Fläche von 1 70 000 qkm in Mitleidenschaft zog.

Zeichnet man die Verbreitungsgrenzen eines Erdbebens auf eine Karte ein, so erhält man verschiedene Gestalten, je nach der Ober- Hächenbeschaffenheit der betreffenden Gegend und der Gestalt des Epizentrums. Ist das letztere ein Punkt, so erhält das seismische Gebiet eine mehr oder weniger kreisförmige Gestalt, und wir sprechen dann von einem zentralen Beben. Ist das Epizentrum eine Linie, so entsteht ein lineares Beben mit mehr oder weniger eliptischen Verbreitungsbezirken. Kreisförmige, bezw. elliptische Gestalt müssen unter der Voraussetzung gleichmäßiger Fortpflanzungsgeschwindigkeit der seismischen Wellen auch die Homo- oder Isoseisten haben, jene geschlossenen Kurven, welche die Orte gleichzeitiger Erschütterung miteinander verbinden. Freilich nur unter der Voraussetzimg völlig exakter Zeitangaben, eine Voraussetzung, die solange frommer Wunsch bleibt, als nicht einmal die Eisenbahnen- und Telegraphenuhren einen gleichmäßigen Gang besitzen. Viel wichtiger ist aber, daß auch die Voraussetzung betreffs der Fortpflanzungsgeschwin- digkeit nur in einer vollständig homogenen Erde zutrifft. Eine solche giebt es aber nicht. Sobald die Welle aus einem Gestein in ein anderes übertritt, verändert sich wie zahlreiche Versuche lehrten ihre Geschwindigkeit Aber einem bestimmten Gestein kommt nicht etwa eine bestimmte Fortpflanzungsgeschwindigkeit zu, denn diese ist wieder abhängig von der Intensität des Stoßes und wächst mit derselben; und außerdem erzeugt, wie aus den Experi- menten von FouQtifi und LfiVY hervorgeht, ein einziger Stoß mehrere Wellen von verschiedener Geschwindigkeit, In Gebieten mit ge-

330 Die Dynamik des Landes.

neigten Schichten pflanzt sich die Welle in der Streichrichtung der Schichten schneller fort, als senkrecht zu derselben, und hier könneii die Homoseisten eine elliptische Gestalt annehmen, selbst wenn das Beben ein zentrales ist. Namentlich hohe Gebirge stellen sich der seismischen Bewegung häufig als fester Wall entgegen; so bew^iren sich die Andes von Südamerika stets als Schutz gegenüber den häufigen Erschütterungen an der pazifischen Küste.

Für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit hat uns das bisherige Studium der Erdbeben, wie nicht anders zu erwarten ist, nur rohe Näherungswerte geliefert. Sie schwanken zwischen 260 und 5200 m in der Sekunde; der letztere (Charlestoner Beben, 1886) bildet aber eine Ausnahme, und sieht man davon ab, so dürfte die mittlere Fortpflanzungsgeschwindigkeit zwischen 600 und 700 m liegen. Das gilt aber nur für das unmittelbare Erdbebengebiet; in größeren Entfernungen pflanzen sich die Stöße rascher fort Bei dem japanischen Beben am 22. März 1894 wurde die Lage des Epi- zentrums in 43® N., 146^0. ermittelt; von da erreichte die Welle Tokio mit einer mittleren Geschwindigkeit von 2770 m, Südrußland mit einer solchen von 10020 m, Mittelitalien mit einer solchen von 10 390 m. Rebeub-Paschwitz schließt daraus, daß sich die seis- mischen Wellen nicht gleichmäßig vom Zentrum nach allen Seiten fortpflanzen, sondern nach der Tiefe schneller, als nach der Ober- fläche zu.®

Wir müssen hier nochmals auf die schon angedeutete Einteilung der Beben zurückgreifen. Wir haben zu unterscheiden

1. zentrale Beben: die Bewegimg geht von einem Punkte aus und pflanzt sich wellenförmig nach allen Seiten fort;

2. lineare Beben: entlang einer* Linie tritt die Erschütteruug gleichzeitig ein, wie z. B. am 26. März 1872 an der Ostseite der cali- fomischen Sierra Nevada vom 34. bis zum 38. Parallel. Gerade dieses Beben griff aber auch zu beiden Seiten der Hauptlinie auf die benachbarten Gegenden über, und nur innerhalb dieser seit- lichen Gebiete kann von einer Fortpflanzungsgeschwindigkeit ge- sprochen werden. In diesei* zweiten Kategorie unterscheidet man ¥deder

a) Längsbeben, parallel mit dem Streichen der Schichten und Gebirge;

b) Qu er beben, die die Streichrichtung in einem spitzen bis rechten Winkel durchschneiden.

3. Flächenbeben: die ganze seismische Fläche wird gleich- zeitig oder nahezu gleichzeitig erschüttert Hier kann weder von

Erdbeben. 331

einem Epizentrum, noch von einer oberflächlichen Fortpflanzungs- geschwindigkeit mehr die Rede sein. Die schweizerischen Beben der letzten Jahre scheinen alle dieser Kategorie anzugehören, denn noch niemals ist es gelungen, ein Epizentrum in imgezwungener Weise zu finden.

ürBachen. Die Erkenntnis der soeben erwähnten Verschieden- heiten ist die wichtigste Errungenschaft der modernen Erdbeben- forschung. Denn nur die oberflächliche Betrachtungsweise früherer Zeiten, die allein an den gleichartigen Wirkungen haftete, konnte annehmen, daß alle Erdbeben einander gleich seien, und daß sie da- her auch alle eine gleiche Ursache haben müßten; und es lag nichts näher, als sie ebenso wie die vulkanischen Eruptionen, die sie in der Regel begleiten, auf das heißflüssige Erdinnere zurückzuführen.

VoLGEB war der erste, der den modernen Grundsatz aussprach, daß Erdbeben durch verschiedene Vorgänge im Innern der Erde erzeugt werden können. Als solche Ursachen hat man jetzt drei erkannt: den Vulkanismus, den Einsturz unterirdischer Hohlräume, die durch die auslaugende Thätigkeit . des Wassers in Kalk, Salz und Gips entstanden sind, und Dislokationen.

Damit sind wir aber erst einen Schritt weitergekommen. Eine volle praktische Bedeutung erhält die genetische Einteilung in vulkanische, Einsturz- und Dislokationsbeben erst dann, wenn man in jedem einzelnen Falle mit Bestimmtheit die Ursache angeben kann. Von diesem Ziele sind wir einstweilen noch ziemlich weit entfernt

Wenn ein Vulkan und seine nächste Umgebung vor seinem Ausbruche erschüttert wird, so können wir diesen Vorgang allerdings mit Sicherheit als vulkanisches Beben bezeichnen. Aber schwan- kender wird unser Urteil, wenn ein Erdbeben von gleichen Eigen- schaften, d. h. ein zentrales und örtlich beschränktes, zwar auch in einer vulkanischen Gegend auftritt, aber ohne gleichzeitigen Aus- bruch, oder gar in einer Gegend, wo die vulkanische Thätigkeit schon als erloschen gelten darf. Jene beiden Eigenschaften, mit verschiedenen Intensitätsgraden verbunden, kommen auch den Ein- sturzbeben zu, und in der That sind die Ischiaer Erdbeben in der ersten Hälfte der 80 er Jahre von Lasaulx und Palmieei als Ein- sturz-, von Mebgalli u. a. als vulkanische Beben gedeutet worden. Ja, es ist nicht einmal ausgemacht, ob nicht auch Dislokationen zentrale und lokale Beben hervorrufen können, und es wird uns daher nicht wunder nehmen, wenn z. B. Neumatb das Kaiserstuhl- Erdbeben V. J. 1882 für ein vulkanisches, Knop dagegen für ein Dis- lokationsbeben hält, oder wenn Lasaulx das Großgerauer Beben

332 Die Dynamik des Landes.

(1869) auf Einsturz und andere Forscher es auf Schichtenstörung zu- rückführen. Seitdem wir wissen, daß vulkanische Elruptionen manch- mal gar nicht bis zur Oberfläche gelangen, sondern in der Tiefe stecken bleiben, und da wir vermuten dürfen, daß auch diese Vor- gänge Erdbeben erzeugen, müssen wir mit R. Hörnes den vulkanischen Beben noch kryptovulkanische anreihen, aber in der Praxis fehlt uns dafür jedes Erkennungszeichen.

Die linearen und Flächenbeben sind so eigenartig, so gänzlich verschieden von den nachweisbar vulkanischen und Einsturzbeben, daß man sie einer anderen Ursache zuschreiben muß. Die heutige Wissenschaft sieht in diesen Erscheinungen einen Beweis dafür, daß Verschiebungen in der Erdkruste noch immer ihren Fortgang nehmen. Begründet wird diese Annahme 1. durch thatsächliche Dislokationen bei Erdbeben, 2. durch die Existenz von Stoß- oder Schütterlinien, die wiederholt den Ausgangspunkt von Erdbeben bilden, 3. durch die geographische Verbreitung der Erdbeben.

Von Spaltenbildungen und Senkungen ist schon auf S. 327 ge- sprochen worden. Man kann allerdings einwenden, daß man hier Ursache und Folge miteinander verwechselt, und in vielen Fällen ist es in der That schwer zu entscheiden, ob das Beben durch die Dislokation oder die Dislokation durch das Beben erzeugt wurde. Einige FäUe aus der jüngsten Vergangenheit sind aber in dieser Beziehung so lehrreich, daß wir sie nicht mit Stillschweigen über- gehen können.

Bei dem Belutschistaner Erdbeben am 20. Dezember 1892 ent- stand parallel mit dem Ehadschakgebirge, an dessen Westfuße, eine über 20 km lange Spalte, die gleichzeitig mit Verschiebung und Ver- werfung verbunden war. Man konnte dies um so genauer konsta- tieren, als die Spalte die Eisenbahn kreuzte. Diese neue Dis- lokationslinie fällt nahezu zusammen mit einer alten, die durch eine Bodensenkung und das Hervortreten zahlreicher Quellen mar- kiert ist.®

Noch deutlicher spricht die 112 km lange Spalte, welche sich bei dem großen, schon mehrfach erwähnten japanischen Erdbeben am 28. Oktober 1891 öffnete. Sie durchschneidet quer das Gebilde und war ebenfalls mit Verwerfung und Verschiebung verbunden (s. Fig. 61 auf S. 273). Für die Annahme, daß sie Ursache, nicht Folge des Bebens war, spricht die bandartige Gestalt des pleistoseisten Gebietes zu beiden Seiten dieser Spalte und seine geringe Breite im Gebirge (nur ca. 10 km).

Bei dem lokrischen Erdbeben im April 1894 entstand eine etwa 60 km lange Spalte, welcher entlang eine ausgedehnte Scholle des

Erdbeben.

333

niittelgriechischen Festlandes gegen den Kanal von Atlanti absank. Die Spranghöhe der Vervirerfung schwankt zwischen einigen Zenti- metern und 2 m/ Es war also dieses schwere Erdbeben nur eine kleine Phase in dem großen Zerstücklungsprozesse, der im südöst- lichen Europa schon seit vorgeschichtlicher Zeit im Gange ist

Noch verdient eine Beobachtung in Sumatra Erwähnung, wo bei dem Erdbeben am 17. Mai 1892 Triangulationspfeiler bis zu 1 m verschoben wurden.® Auch hier zeigt sich wieder, wie geringfügige Dislotationen heftige Erschütterungen erzeugen können.

Viele solcher seismischen Linien sind habituelle Stoß- oder Schütterlinien. In den Ostalpen und in Unteritalien sind zwei Arten solcher Stoßlinien erkannt worden. Eine peripherische Linie zieht an der Südseite der !J.tLv,3^.r,

Alpen vom Gardasee über Udine und Görz bis Fiume; Er- schütterungen sind in diesen Gebieten sehr

häufig und hängen offenbar mit der, auch im Gebirgsbaue klar zu Tage tretenden, all- mählichen Ab- senkung der Süd- alpen zusammen.

Noch schärfer tritt der tektonische Charakter der peripherischen Erdbebenlinie in Calabrien und Sicilien {AB in Fig. 83) hervor. Wir werden später ausführlicher auseinandersetzen, wie die ganze krjstallinische Innenzone der Apenninen bis auf wenige Reststücke zerbrochen und versunken ist Das größte dieser Reststücke ist das calabrisch-peloritanische Gebirge, und hier hegt die Schütterlinie zwischen dem Monte Cocuzzo, den vatikanischen Bergen und dem Scyllafelsen im Westen und dem Silawalde und Aspromonte im Osten; in SiciUen umzieht sie das Peloritanische Gebirge. Innerhalb des kreisförmigen Senkungsfeldes, dessen Peripherie jene Stoßlinie bildet, liegen die liparischen Vulkane, von denen transversale (radiale) Schütterlinien ausgehen (a f in Fig. 83); an dem Endpunkte einer

Trtipt-iJH'

Fig. 83. Die Erdbebenlinien in Unteritalien nach Süss.

334 Die Dynamik des Landes.

derselben befindet sich der Ätna. Charakteristisch fiir die periphe- rische Linie ist es, daß die Stoßpunkte wandern. Während de? calabrischen Erdbebens im Jahre 1783 befand sich das Zentrum am 5. Februar in Oppido, am 7. in Soriano, am 28. in Polia und am 28. März in Girifalco, war also langsam nach Norden vorgerückt. Dann sprang es nach Süden zurück und befand sich am 5. Juni wieder in der Nähe von Oppido, bei Badicena.

Eine Reihe von Transversal- oder Querlinien sind auch iu den Alpen nachgewiesen, z. B. die Garda- und Etschünie, die Lmie von Venedig bis Villach, die in ihrer Verlängerung die Mürzliiiie trifft, die Linie Triest-Littai u. s. w. Man ist vielfach der Ansicht daß diese Linien horizontalen Verschiebungen entsprechen.

Der kräftigste Beweis für die tektonische Natur der meisten Erdbebenliefert deren geographische Verbreitung (s. Karte XYIP. Allerdings sind unsere Kenntnisse in dieser Beziehung äußerst lücken- haft und die meisten bisherigen Versuche einer kartographischen Dar- stellung roh und unbeholfen:® allerdings können wir von keiner Gegend der Erde mit absoluter Sicherheit behaupten, daß sie toII- . kommen bebenfrei sei; aber soviel steht fest, daß die Häufigkeit und Intensität der Erdbeben in verschiedenen Gegenden sehr verschieden ist, und daß die Hauptgebiete der seismischen Thätigkeit gerade die- jenigen sind, welche in verhältnismäßig junger Vergangenheit großen tektonischen Umwälzungen unterworfen waren. Wohl sind auch die Vulkane vorzugsweise an diese Gebiete gebunden, aber die Erd- bebenzonen umfassen viel größere Flächen, ja manche der intensivsten Erschütterungsgebiete sind gänzlich frei von vulkanischer Thätigkeit.

In Europa liegen die seismischen Hauptgebiete innerhalb der alpinen Zone: die Alpen und Karpaten, besonders das innerkarpatische Senkungsfeld, Griechenland, sowohl die ägäische wie die jonische Seite; Italien, besonders Calabrien, die Umgebung des Vesuv und Ätna und der mittlere Apennin; das Atlasgebirge, die Sierra Neva^Iu und die Pyrenäen. Ausserhalb liegen das Lissaboner Gebiet und der junge oberrheinische Graben.

Auch in Asien fäUt eine seismische Hauptzone mit dem Hoch- landgürtel vom Kaukasus bis zum Himalaja zusammen; häufige Er- schütterungen suchen auch die Umgebung des syrischen Grabens heim, und es ist beachtenswert, daß die einzigen namhaften Erdbeben, die uns aus Afrika südlich vom Atlas gemeldet wurden, im zentral- afrikanischen Graben, am Tanganika, vorkamen.

Anderseits ist es ebenso beachtenswert, daß auf der ungestörten russischen Tafel, besonders in der jungen arktischen Tiefebene und in Westsibirien Erschütterungen sehr selten und schwach sind.

Erdbeben. 335

Der indisch-pazifische Faltenrand, der wie wir sahen der Hauptträger der vulkanischen Thätigkeit in der Gegenwart ist, ist wohl zugleich auch der Hauptschauplatz seismischer Erschütterungen. Japan, wo man im Durchschnitte jährlich auf 600 Erdbeben rechnen kann; Zentralamerika, wo das Thal von San Salvador bezeichnender Weise die Hängematte heißt; der pazifische Küstenstrich im tro- pischen Südamerika haben ihresgleichen nicht. Aber gerade hier tritt die Unabhängigkeit der Erdbeben von den thätigen Vulkanen vielfach in prägnanter Weise zu Tage. In Japan ist diese Thatsache schon lange bekannt, die vornehmsten Schüttergebiete, unter denen die Gegenden westlich und nördlich von Tokio den ersten Platz behaupten, liegen an der Ostseite, dort, wo das Land steil zur größten bekannten Meerestiefe abstürzt. Im vulkanreichen Zentral- amerika sind nach Montessus die Städte in der Nähe thätiger Feuerberge minder bedroht, als die in der Nachbarschaft erloschener; und fiir Chile hat Domeyko nachgewiesen, daß gerade der nörd- liche Teil, wo es keine thätigen Vulkane giebt, am schwersten unter dem seismischen Ungemach zu leiden hat.

Die atlantischen Seiten der beiden Landfesten sind zwar durch- aus nicht bebenfrei, stehen aber in dieser Beziehung doch weit liinter den pazifischen zurück.

Noch viel weniger, wie von der Verbreitung der Erdbeben, sind wir von den Seebeben, d. h. den seismischen Erschütterungen des Meeresbodens unterrichtet. Das wenige, was wir darüber wissen, hat Rudolph^** in übersichtlicher Weise auch kartographisch zu- sammengestellt und einige wichtige Schlüsse daraus gezogen. Ihrer Wirkung nach sind zwei Kategorien zu unterscheiden: Seebeben mit und ohne Flutbewegung. Die ersteren treten nur in Gesellschaft von unterseeischen Explosionen auf, sind also vulkanischer Natur; 'die letzteren erzeugen keine sichtbare Bewegung, aber der Stoß pflanzt sich durch das Wasser fort und wird von einem zufällig daselbst befindlichen Schiffe auch als solcher empfunden. Nur wenn er senk- recht zur Meeresfläche gerichtet ist, vermag er Wasserstrahlen empor- zuschleudera. Daß viele Seebeben dieser zweiten Kategorie durch Dislokationen verursacht werden, scheint daraus hervorzugehen, daß es auch Seebeben mit ausgesprochen linearer Verbreitung giebt; Ru- dolph hat einen dieser Fälle, das Seebeben zwischen den Azoren und Madeira am 22. Dezember 1884 eingehender erörtert. Manchmal greift das Seebeben auf das Land über, das Epizentrum liegt dann im Meere, wie so häufig bei den japanischen Beben.

Ebenso wie die Seebeben fügen sich auch die Simultanbeben der genetischen Dreigliederung ein. Diese von Reyer glücklich

336 Die Dynamik des Landes.

gewählte Bezeichung besagt nichts anderes^ als daß in zwei oder mehreren entlegenen Gegenden gleichzeitig Erdbeben eintraten, ohnt- daß in den dazwischenliegenden Gegenden Erschütterungen wahrge- nommen wurden. Drei Fälle sind hier denkbar: 1. die Simultan- beben sind völlig unabhängig voneinander, und die Gleichzeitigkeit ist lediglich Zufall, 2. das eine Erdbeben wird durch das andere erzeugt, 3. beide werden durch eine gemeinsame Ursache hervorgerufen. Der häutig gebrauchte Ausdruck Relaisbeben paßt ausschließlich für den zweiten Fall; aber auch zugegeben, daß manche Simultanbeben Relaisbeben sind, so dürfen die letzteren doch keineswegs als eine vierte Kategorie in die genetische Einteilung eingefügt werden. An dem Orte des sekundären oder Relaisbebens war die Disposition zu einem vulkanischen Ausbruche, einem Einstürze oder einer Dislokation jedenfalls schon vorhanden, und das primäre Beben gab nur den letzten Anstoß zur Lösung einer Spannung^ die ohne denselben noch längere Zeit sich erhalten hätte.

Einteilung der Beben. Wir wiederholen nochmals die Einteilung der Beben nach den verschiedenen Einteilungsprinzipien:

1. Nach dem Orte: Erd- und Seebeben;

2. Nach der Form der Erdbebenfläche, bezw. des Epizentrums: Zentrale, lineare und Flächenbeben.

3. Nach der Ursache: vulkanische, Einsturz- und Dislokations- beben.

4. Nach der Intensität: schwache (Grad 2 4 der FoRKLschen Skala), mittelstarke (Grad 5) und starke Beben (Grad 6—10).

Kombinieren wir die ersten drei Einteilungen, wobei wir Ton den beiden ersten, als den am leichtesten erkennbaren, ausgehen, so erhalten wir als bisher beobachtete Formen:

1. Zentrale Beben:

a) Zentrale vulkanische £rdbeben, a) Zentrale volkanisohe Seebeben

b) Zentrale Einsturz-Erdbeben, ?

c) Zentrale Dislokations-Erdbeben, ?

2. Lineare Beben:

d) Lineare Dislokations-Erdbeben, ß) Lineare Dislokations-Seebeben

3. FiSehenbeben:

e) Flächen-Dislokations-Erdbeben, ?

Jede Kategorie kann man dann wieder weiter in schwache, mittel- starke und starke Beben einteilen, wobei man aber, wenn es sich um die Charakteristik eines Erdbebens in seiner Gesamtheit han- delt, stets nur die Intensität im pleistoseisten Gebiete zu berück- sichtigen hat.

Erdbeben. 337

Tiefe des Herdes. Als einen weiteren Beweis für die tekto- nische Natur der meisten Erdbeben wird noch häufig angeführt, daß nach allen bisherigen Berechnungen der Herd oder das Zen- trum der Bewegung in sehr mäßiger Tiefe liegt, jedenfalls noch innerhalb der Kruste und daß der Erdkern daher in keinerlei Weise an diesem Phänomen beteiligt sei. ^

Aber alle bisher angewendeten Methoden zur Ermittlung dieser Tiefe haben sich als unzulänglich erwiesen.

Mallet geht von der Voraussetzung aus, daß die Spalten in den Mauern auf der Stoßrichtung senkrecht stehen. Eine Anzahl auf diese Weise ermittelter Stoßlinien müssen sich im Zentrum schneiden. Aber abgesehen davon, daß die Spaltenrichtung auch durch die Bauart und das Baumaterial beeinflußt wird und daß man daher stets eine mehr oder minder willkürliche Wahl unter den be- schädigten Gebäuden treffen muß, ist auch, wie Wähner dargethan hat, die Grundvoraussetzung Mallets nicht zutreffend. Durch jede Erd- bebenwelle wird der Boden deformiert und mit ihm neigen imd heben, neigen und senken sich auch alle mit ihm festverbundenen Gegenstände, wie ein ruhendes Schiff auf dem wellig bewegten Wasser. Diese Be- wegung der festen Gegenstände, sagen wir z. B. eines Turmes, unter- scheidet sich von der pendelförmigen dadurch, daß die Geschwindigkeit mit der Entfernung von der Gleichgewichtslage wächst In dem Augen-

X Obersicht der bisherigen Berechnungen:

Lokalität und Jahr (Autor) Tiefe in m (abgerundet)

Rheinland 1S46 (Sghmii>t) 88 800

Calabrien 1857 (Mallet) 9 300

Sillein 1858 (Schmidt) 26 300

Mitteldeutschland 1872 (v. Ssbbaob) 18 000

Herzogenrath 1873 (v. Lasaulx) 11 100

Herzogenrath 1877 (v. Lasaulx) 27 100

Westdeutschland 1878 (v. Lasaulx u. Schxtmachbb) 8 900

Jokohama 1880 (Milnb) 5 250

iBchia 1881 (Johw-Lavm) 520

Ischia 1888 (John-Lavis) 530

Ischia 1888 (Palmibbi) 3 000

Andalusien 1884 (Tabamblu) 12 000—13 000

Andalusien 1884 (Fouqu^) 11 000

Kaschmir 1885 (Johbs) 12 100

Bengalen 1885 (Middlbmis) 72 400

Charleston 1886 (Dütton) 19 300

Ligurien 1887 (Tabaiielli) 17 500

Wemoje 1887 (Muschketow) 5 000—8 000

Amuri 1888 (Hutton) 82 000

Bauhe Alb 1890 (A. Schmidt) ca. 100

Konstantinopel 1894 (Eginitis) 34 000

SupAV, PhysiBCiie Erdkunde. 2. Aufl. 22

338 Die Dynamik des Landes.

blicke, wo der nach rechts geneigte Turm nach links in seine Gleich- gewichtslage wieder zurückkehren soll, hat er das größte Bestreben, sich weiter nach rechts zu bewegen und dieser Widerstreit kommt io der Lockerung des Baumaterials, in Spaltenbildung, oder wenn die Bewegung intensiv genug ist, im Einstürze des Gebäudes zum Aus- drucke.

Y. Seebachs Methode gründet sich auf Zeitbestimmungen, also schon an und für sich auf sehr mangelhafte Daten. Femer ist sie nur auf zentrale Beben anwendbar, und endlich macht sie die in der Natur durchaus unerfüllte Voraussetzung, daß sich die Erdbeben- welle mit gleichmäßiger Geschwindigkeit nach allen Seiten fort- pflanze.

Falb benutzt das mehr oder weniger starke, oft donnerartige Geräusch, das die Erderschütterungen begleitet und bestimmt die Tiefe des Zentrums aus dem Zeitunterschiede zwischen dem Ge- räusche und dem Stoße. Man kennt aber weder die Fortpflanzungs- geschwindigkeit der Erdbebenwellen, noch die des Schalles im Boden.

Auch DüTTONs^* Methode findet nur auf zentrale Beben Anwen- dung. Die Intensität bietet auch hier die Handhabe zur Berechncmg, aber in anderer Weise wie bei Mallbt. Sie wird nur von zwei Faktoren abhängig gedacht: von der Gesamtenergie der Bewegung und von der Tiefe des Ausgangspunktes. Eine ein&che mathematische Überlegnng führt dann zu dem Satze, daß die Intensität in der unmittelbarsten Nähe des Epizentrum langsam, dann gegen die Peripherie zu immer schneller, endlich wieder langsam abnimmt Die Schlußformel ist sehr einfach. Setzen wir den Abstand desjenigen Oberflächenpunktes, wo die Abnahme der Intensität ihr Maximum erreicht, vom Epi- zentrum = ic, so ist die Tiefe des Zentrums = x ^/g. Auch in dieser Methode sind Voraussetzungen gemacht, die in Wirklichkeit nicht zutreffen; die sekundären Faktoren, die die Intensität an einem Orte modifizieren, bleiben unberücksichtigt und damit ist bei der Be- stimmung von X nicht nur dem Irrtum, sondern auch der Willkür Thür und Thor geöffnet.

Erdbebenstatistik. Lange Zeitglaubte man, wie z.T. auch heute noch; der Statistik der Erdbeben die Gesetze dieses Phänomens entnehmen zu können. Unglücklicherweise leidet auch diese Methode an einigen erheblichen Mängeln. Nur aus den dichter bevölkerten Kultur- ländern, die ja nur einen kleinen Prozentsatz der ganzen Landfläche ausmachen, erhalten wir auch von schwächeren Beben Kunde, aus den übrigen Ländern aber nur von den heftigsten Erscheinungen dieser Art, und die Seebeben entziehen sich fast ganz unserer Be- obachtung. Die Nachrichten aus den früheren Jahrhunderten sind

Erdbeben. 339

nicht nnr außerordentlich mangelhaft, sondern in manchen Fällen geradezu gefälscht, wie Th. Wolf in Bezng auf alle sogenannten vulkanischen Ereignisse in Südamerika nachwies.

Man hat in der zeitlichen Verteilung der Beben kosmische und meteorologische Einflüsse zu erbUcken geglaubt PsfiBBY suchte nach- zuweisen, daß sie bei den Syzigien häufiger seien, als bei den Quadra- turen des Mondes, und gründete darauf die Theorie, daß die Beben nichts anderes seien, als Fluterscheinungen des heißflüssigen Erd- kerns. J. Schmidt kam aber zu einem wesentlich anderen Schlüsse. Das Maximum tritt allerdings bei Neumond ein, aber ein zweites Maximum auch zwei Tage nach dem ersten Viertel; zur Zeit des Vollmondes (also ganz im Gegensätze zu dem Flutphänomen) nehmen die Beben ab und sind am Tage des letzten Viertels am seltensten. Zwar ist im Hinblicke auf die Gezeitenbewegung der festen Erde (s.S. 17), die bei besonderer Stärke der fluterregenden Kräfte Spannungen in den oberen Teilen der £!rdkruste zur plötz- Uchen und gewaltsamen Auflösung bringen kann, die Fluttheorie nicht kurzweg von der Hand zu weisen, aber ein alle Zweifel aus- schließender Beweis ist dafür noch nicht erbracht worden.

Eine jahreszeitliche Periode tritt zwar überall hervor, ist aber nur in gewissen Gegenden schärfer ausgeprägt. Streng vergleichbar sind allerdings nur die Länder, wo ein regelmäßiger Beobachtungs- dienst die Vollständigkeit der Aufzeichnungen verbürgt, wie die Schweiz und Japan:

Winter FrOhling Sommer Herbst

Schweiz, 1880—91 S7,s 22,8 15,t* 25,o Proz.

Japan, 1885—90 24,9 25,8 24,o* 25,s

Betrachtet man diese Zahlen, so erhält man den Eindruck, daß es sich mit den seismischen Erscheinungen ebenso verhält, wie mit den Niederschlägen in den Gebieten gleichmäßiger Verteilung: die Ursachen sind- immer vorhanden, aber in manchen Zeiten kommt ein gewisses Plus hinzu, das die Häufigkeit steigert. Woh^ kommt dieses Plus? Zur Eiitscheidung wäre eine ganz zuverlässige Beben- statistik südhemisphärischer Länder notwendig. Ist nämlich dort auch der nördliche Sommer die bebenärmste Jahreszeit, so kann man an eine Plutwirkung der erdnahen Sonne denken; fällt aber worauf die Statistik einiger chilenischen Städte hindeutet das Südhemisphärische Minimum in den südlichen Sommer, so liegt der Schluß nahe, daß die Verteilung des Luftdruckes mit im Spiele ist Man könnte dann sagen: Ungleichmäßig verteilter Luftdruck, d. h. starke Gradienten, wie sie in mittleren und höheren Breiten den kälteren Jahreszeiten eigentümlich sind, begünstigen die Aus-

22*

340 Die Dynamik des Landes.

lösung vorhandener Spannungen innerhalb der Erdkruste. Wir haben oben gesehen^ daß diese Hypothese auch auf die mikroseifimischen Bewegungen Anwendung fand.

Litteraturnachweise. ^ Hörnbs, Erdbebenkunde, Leipzig 1893. - ' Vgl. die Beobachtangen in Tokio in den Transactions of the Seismological Society of Japan, 1890, Bd. XITI, S. 41. » Koro, cit S. 278. Transactior^ of the Seismological Society of Japan, 1892, S. 19. ^ v. Rebbub-Paschwttz. Über die Aufzeichnungen der Fern Wirkungen von Erdbeben, in Petkbmasxs Mitteilungen 1893. Europäische Beobachtungen des japanischen n. venezolaEi- sehen Erdbebens 1894, ebendas. 1895. Vgl. den Bericht Greesbachs in d. Records of the Geological Survey of India, 1893, S. 57. ' Sküphos, Die zw^i griechischen Erdbeben in Lokris 1894, in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin, 1894. * Seismische Boden Verschiebung, in Peteiuiaks.« Mitteilungen 1895, S. 97. Den ausfuhrlichsten Erdbebenkatalog lieferte Mallet (Earthquake Catalogue, London 1850), för die Periode 1865—85 Fuchs (in den Sitz.-Ber. d. Wiener Akad. d. Wiss., Math.-nat KL, 1886, Bd. 92, Ab- teil. I); eine wichtige Ergänzung bildet der Erbebenkatalog des russischeo Beiches von Muschketow u. Oblow (St. Petersburg 1893). Grenauere Erdbeben- karten existieren nur für Italien (von Tarahelli in den Annali dell' Ufficio centrale meteorologico italiano, 1886, Bd. 8, 4. Teil) und Japan (von Supik in Petermanns Mitteil. 1893). In der seismischen Kartographie fehlt es noch an einem einheitlichen, wissenschaftlichen Prinzipe, das allerdings eine genaue Erd- bebenstatistik zur Voraussetzung hat Ein darauf bezüglicher Versuch Ton F. de Montessüs de Ballobe (in den Archives des sciences physiques et naturelles, Genf 1892 u. 94) dürfte kaum auf allgemeine Zustimmung rechnen können. " Rudolph, cit S. 207. " Dutton, The Charleston Earthquake of August 31, 1886, im IX. Jahresbericht des U. S. Geological Survey, Washington 1889.

Übersicht der exogenen Wirkungen.

Die endogenen Erscbeinangen, die wir bisher kennen gelernt haben, sind zwar auch vielfach mit Zerstörung verbunden, aber hauptsächlich wirken sie doch aufbauend und halten damit jenen Agentien das Gleichgewicht, die, von außen auf die Oberfläche wirkend, die Erhöhungen abzutragen, die Unebenheiten auszugleichen trachten.

Dieser Prozess zerfällt in drei Akte: Zerstörung, Abfuhr, Ab- lagerung. Zerstörung und Abfuhr sind aber zum Teil notwendig mit einander verbunden, und wir fassen sie in dem Begriffe Destruktion zusammen. Die destruktiven Kräfte sind die Wärme, die Luft, das Wasser und die organische Welt

1. Die Destruktion.

a) Ausschließlich zerstörend wirkt nur die Verwitterung; ihr yerfällt alles, wenn auch in verschiedenem Grade, am langsamstes

ÜberBicht der exogenen Wirkungen. 341

wohl der mit Wasser bedeckte Boden. Die Verwitterungsprodukte bleiben entweder an Ort und Stelle liegen oder werden fortgeführt. Auf diese Abfuhr der Verwitterungsprodukte beschränken wir den Ausdruck Denudation, wie es auch seiner Etymologie entspricht.^ Denudierend wirken die Schwerkraft, das bewegte Wasser und Eis und die bewegte Luft.

b) Erosion im weitesten Sinne des Wortes ^^ nennen wir die Arbeitsleistung des hewegten Wassers in flüssiger und fester Form und der bewegten Luft. Auch sie ist, wie die Verwitterung, teils ein chemischer, teüs ein mechanischer Prozeß. Die chemische Auflösung wird ausschließlich durch Wasser bewirkt, und steht an Bedeutung weit zurück hinter der mechanischen Erosion, d. h. der gewaltsamen Loslösung von Gesteinsteüchen durch die Stoßkraft der denudierendeu Agentien. Eine genauere Betrachtung dieses Pro- zesses führt zur Unterscheidung von Ablation und Corrasion. Zu- nächst werden nur lockere Bestandteile des Bodens, die dem Wasser, Eise oder Winde im Wege liegen, mitfortgerissen (Ablation), aber diese dienen dem betreffenden Agens nun gleichsam als Feüe, um durch Beibung auch das feste Gestein innerhalb seiner Bahn abzu- schleifen und zu zerstören (Corrasion). Von der Verwitterung unterscheidet sich die Erosion schon dadurch wesentlich, daß ihre Zerstörungsprodukte niemals an Ort und Stelle liegen bleiben; auf die Loslösung folgt unmittelbar die Abfuhr, und be- stünde diese auch nur in einer Verschiebung um einige Millimeter.

Von den drei Destruktionsprozessen bewirkt die Verwitterung an und für sich keine Veränderung der Oberflächenform; morpho- logische Vorgänge sind nur die Denudation und die Erosion. Alle erosiven Kräfte sind zugleich denudierend, denn die Denudation bildet ja nur einen Teil jenes Prozesses, den wir oben als Ablation bezeichnet haben; andererseits wirken aber nicht aUe Denudations-

X Wenige Begriffe sind so schwankend, wie der der Denudation, und das fuhrt zu schweren Mißverständnissen. Anfangs glaubten wir diesen Ausdruck im allgemeinsten Sinne gebrauchen zu können; was uns aber schließlich doch bewog, dafür die neue Bezeichnung Destruktion einzuführen, war der Umstand, daß die meisten unter Denudation nur das subaSrische Zerstörungswerk zu- sammenfassen und die Abrasion durch die Brandung dazu in Gegensatz stellen. Üusere späteren Erörterungen über die „Destruktionsflächen'' werden unser Vorgehen rechtfertigen.

^ >( Im engem Sinne spricht man nur von einer Erosion des fließenden Wassers. Pur die Arbeit der Brandung ist der Ausdruck Abrasion schon vielfach im Gebrauche. Die Winderosion nennt Waltheb Deflation, die Gletschererosion Exaration; wir würden Detrition (von deterere = abreiben) vorziehen.

342 Die Dynamik des Landes.

kräfbe zugleich erosiy, so die Schwerkraft und der spulende Regen.

2. Die Ablagerung

ist die Kehrseite der Zerstörung; beide bedingen sich gegenseitig. Wir unterscheiden:

a) Eluviuin, Verwitterungsschutt auf ursprünglicher Lager- stätte ;

b) Alluvium, Verwitterungs- und Erosionsprodukte, die durch die denudierenden Kräfte an anderer Stelle abgelagert werden.

Die Denudation ist periodischen und unperiodischen Ver- änderungen unterworfen, wie die Elemente selbst, die dabei im Spiele sind. Anders vollzieht sie sich nachts, als am Tage; anders im Winter, als im Sommer; anders in den feucht-kühlen Perioden als in den trocken-warmen. Tiefgreifender als diese zeitlichen süid die räumlichen Unterschiede, in denen sich die großen kUmatischeo Gegensätze der Länder widerspiegeln. Tropen- und Polargürtel. Regengebiete und Wüsten werden in verschiedener Weise denudiert, und verschieden gestaltet sich darnach ihre Oberfläche. Penck schließt aus der Thatsache, daß die höchsten Gebirge den Tropen angehören, auf das Vorhandensein eines absoluten oberien Denu- dationsniveaus, über das kein Gebirge hinauswachsen könne, weil es dann sofort der Abtragung unterliege, und verlegt dieses Niveau in eine Höhe von 2 3000 m über der Schneelinie. Klimaperioden von langer Dauer oder völlige Veränderung des Elimas eines Landes sind daher von größter morphologischer Bedeutung. Aber wenn auch die Art der Denudationsarbeit rasch sich ändert, so braucht es doch lange, bis der ihr entsprechende Kelieftypus den alten ver- drängt. Noch begegnen wir allenthalben in höheren Gebirgen und unter größeren Polhöhen den Spuren der Eiszeit, in Wüsten den Spuren einstiger ßegenfüUe, in niederschlagsreichen Gegenden den Spuren ehemaliger Trockenheit.

Als absolutes unteres Denudationsniveau bezeichnet Pekck das Meeresniveau, und in der That kann kein Fluß, kein Gletscher eine Erhebung unter den Meeresspiegel erniedrigen, nur dem Winde kann man unter besonders günstigen Umständen eine solche Fähig- keit'zuerkennen. Auch jede Veränderung der Meereshöhe muß daher die Denudationsarbeit beeinflussen. Von den absoluten Denudations- niveaus sind die wirklichen zu unterscheiden, die durch den höch- sten und tiefsten Punkt einer bestimmten Landerhebung repräsentiert werden; aber stets bleiben die wirklichen Denudationsniveaus inner- halb der absoluten.

Die Verwitterung. 343

Die Verwitterung.

Der Verwittenmgsproseß. Die Verwitterungskräfte dringen nicht nur aUmählich von der Oberfläche in das Innere einer Gesteins- masse vor, sondern finden ihren Weg auch durch zahkeiche Spalten und Risse, die in verschiedenster Ausdehnung jedes Gestein durchsetzen. Bei Felsmassen, die durch Ablagerung im Wasser entstanden sind, werden die einzelnen Schichten durch mehr oder minder weite Klüfte voneinander getrennt; besonders zahlreich sind aber die Spältchen zwischen den dünnen Lagen der geschieferten Gesteine^ und namentlich dann eröfinen sich den zersetzenden Agen- tien viele Eingangsthore, wenn die Schieferung die Schichtung schneidet Eruptivgesteine werden von Absonderungsklüften durch- zogen, und ebenso werden sie, wie die Sedimentgesteine, häufig von Dislokationsspalten durchsetzt Infolge von Temperaturschwan- kungen dehnen sich die Massenteilchen aus und ziehen sich dann wieder zusammen, und zwar um so intensiver, je dunkler die Farbe und je rauher die Oberfläche ist Risse und Sprünge sind das Re- sultat dieser Volumveränderungen; ja in tropischen Wüstengebieten erweist sich die große tägliche Wärmeschwankung als kräftig genug, große Gesteinsmassen völlig zu zertrümmern. In den höheren Breiten und in den Hochgebirgen der warmen Zone spielt der Frost eine ähnliche Rolle. Das gefrierende Wasser in den Spältchen und Klüften des Gesteins dehnt sich aus und löst dieses in scharfkantige, unzersetzte Fragmente, oft von kolossalen Dimensionen auf. Von geringem Einflüsse ist der Blitz, der nur Löcher und Schrammen- steme erzeugt, ohne sich weiter an der Zertrümmerung der Felsen zu beteiligen.^

Hand in Hand mit dieser mechanischen Auflösung geht die chemische Zersetzung, d. h. die Veränderung der Substanz des Ge- steins durch die Einwirkung von Sauerstoff, Kohlensäure und Wasser. Wir nennen diesen Vorgang mit Roth^ die einfache Verwitterung. Keine Kalksteine und Dolomite, Anhydrit und Gips, Salz (Chlor- natrium) und andere Mineralien, die aber beim Baue der Erdrinde sich nicht in so hervorragender Weise beteiligen, werden durch kohlensäurehaltiges Wasser vollständig gelöst und fortgeführt Von den anderen Mineralien werden nur einige Bestandteile entweder direkt aufgelöst oder in lösliche Verbindungen umgewandelt, während ein unlöslicher Rest als Verwitterungserde zurückbleibt, und nun unter Umständen der mechanischen Abtragung unterliegt. Diesem

344 Die Dynamik des Landes.

Prozesse unterliegen vor allem die thonerdehaltigen Silikatgesteine, die neben den kalkigen Gesteinen einen Hauptbestandteil der Erdkruste bilden. Der Rückstand ist mehr oder weniger reine Thonerde, die allein der Vegetation eine dauernde Wohnstätte bieten kaniL Es muß übrigens betont werden, daß auch der Kalkstein in zahl- reichen Fällen Beimengungen von Thonerde enthält, die bei der Ver- witterung ebenfalls zurückbleibt

Die durch die einfache Verwitterung erzeugten Lösungen wirken ebenfalls zersetzend auf die Gesteine ein. Roth nennt diesen Vor- gang die komplizierte Verwitterung. Auch die Pflanzen betei- ligen sich in hervorragendem Maße an dem Zerstörungsprozesse. Im lebenden Zustande sind ihre Wurzeln imstande, vermöge ihrer orga- nischen Säuren durch Endosmose mineralische Bestandteile zur Nahrung in sich aufzunehmen. Beim Absterben entwickeln sich die sog. Humussäuren, die sich mit den im Pflanzenkörper vorhande- nen Alkalien zu humussauren Alkalien verbinden und ebenfalls lösend und zersetzend auf das Gestein einwirken. Auch scheinbar nackte Felsen unterliegen ihrem Einflüsse. In den Alpen und Pyre- näen, in den Vogesen utid in der Auvergne fand Muntz' nicht bloß die Felsflächen, sondern sogar die feinsten Gesteinsporen mit mikroskopischen Organismen bedeckt, die ihren Kohlen- und Stickstofi'bedarf unmittelbar der Luft entnehmen und bei ihrem Ab- sterben diese Stoffe dem Gestein üborlassen. Das Faulhom in der Schweiz ist von solchen nitrifizierenden Organismen bis in den Kern hinein durchfressen. Auf diese Pioniere der Humusbildung folgeu nun niedere Pflanzen, die ihren Stickstoff bedarf aus dem Boden beziehen. Winde führen die Keime von Schorfflechten herbei, die an der befeuchteten Felsfläche kleben bleiben und ohne eigentiiche Wurzeln festen Fuß fassen. Bald bedecken diese den Felsen mit farbigen, staubartigen Überzügen und zerstören allmählich durch ihre Verwesungsprodukte ihren mütterlichen Boden. So arbeiten viele Gene- rationen mikroskopischer Organismen an der Herstellung einer Erd- krume, die endlich auch weniger genügsame Pflanzengeschlechter ernähren kann, während die ursprüngliche Vegetation immer mehr an Boden verliert. Je mächtiger die Erdkrume wird, desto dichter und mannigfaltiger wird die Pflanzendecke, bis endlich auch B&iune sich ansiedeln, die durch ihre tieftreibenden Wurzeln teils mecha- nisch, teils chemisch das Zerstörungswerk vollenden.

So arbeiten Luft, Wasser und Pflanzen seit ungezählten Jahr- tausenden gemeinsam an der Umgestaltung der Erdoberfläche. Modi- fiziert wird aber dieser Prozeß durch die verschiedenen klimatischen Bedingungen und durch die Lagerungsverhältnisse des Gesteins. J^

Die Verwitterung. 345

geneigter die Schichten, je reicher die Eruptivgesteine an Absonde- rongsklüften sind, desto rascher geht die Verwitterung vor sich. Die Gebirge sind daher vor allem der Sitz der zerstörenden Kräfte, auch deshalb, weil sie unter allen Umständen regenreicher sind als die Ebenen. In den Eisregionen der Hochgebirge und in der Polar- zone schützt die Gletscherdecke vor den Angriffen der Atmosphä- rilien, aber in um so höherem Grade unterliegen die nackten Felsen der zertrümmernden Gewalt des Frostes. . In der warmen Zone fehlt dieses Agens, aber um so kräftiger wirken hier die tropischen Regengüsse und die dichte Vegetation. Wo die Niederschläge ge- ring sind, ist der mechanische Einfluß des Temperaturwechsels um so größer, während anderseits die geringe chemische Zersetzung stellenweise auch die Erhaltung der feinsten Oberflächenformen möglich macht. Th. Fuchs fand z. B. auf dem Isthmus von Snes noch Wellenschlagspuren in der Umgebung der Bitterseen, und Bäderspuren im Sande des Eabretplateaus waren noch nach zwölf Jahren unverwischt So hat jedes Klimagebiet seine eigentümliche Verwitterungsform, die dem Relief ein charakteristisches Gepräge verleiht

Bodenarten.^ Unter allen Umständen ist es aber das Ziel der Verwitterungskräfte, den festen Felsen in Steinschutt (Blöcke, Ge- rolle, Grus und Sand) aufzulösen. Dieser bildet^den sog. Geröll- oder Schuttboden. Schreitet die chemische Zersetzimg weiter fort, 80 entsteht die pulverartige Erdkrume, das letzte Verwitterungs- produkt aller thonerdehaltigen Mineralien. Steinschutt in Verbin- dung mit Erdkrume giebt den sog. Mineral- oder Rohboden, der nach seiner Zusammensetzung und daher auch nach seiner landwirt- schaftlichen Brauchbarkeit in mehrere Arten eingeteilt wird. Be- steht die ganze Bodenmasse aus mindestens 80 Prozent Sand, so nennt man ihn Sandboden. Thonboden enthält wenigstens 65 Prozent Thonsubstanz, Lehmboden ist ein Gemenge von Thon und sehr feinem Sand, und Mergelboden ein Gemisch von höchstens 75 Prozent Thon und wenigstens 15 Prozent Kalk nebst verschie- denen anderen Beimengungen. Mit dem Rohboden vermischen sich mehr oder weniger Pflanzenreste; besteht wenigstens die Hälfte des Bodens aus festen Humussubstanzen und der Rest aus anderen Erd- arten^ so wird er als Humusboden bezeichnet. Bei der Bildung desselben sind wie Dabwin* nachgewiesen hat die Regen- würmer in hervorragender Weise beteiligt Indem sie unglaubliche Massen Erde, mit Vegetabilien gemischt, verschlingen und wieder ausscheiden, werden immer neue Oberflächen der Einwirkung der Kohlen- und Humussäuren preisgegeben und die Zersetzung wird

H46 Die Dynamik des Landes.

dadurch außerordentlich gefördert^ In den Tropen geht dieser Prc>- zeß mindestens dreimal so schnell vor sich, als in England. Ameisen sind die eifirigsten Helfershelfer der Regenwürmer, namentlich in trockenen Gegenden, und auf den Eoralleninseln üben verschiedene Krebse dieselbe geologische Thätigkeit- aus.® Nicht kultur&hig ist der allerdings selten vorkommende, reine Kalkboden, ebenso wie der nur aus Quarzsand zusammengesetzte Boden, denn unter allen Umständen ist der Pflanzenwuchs an das Vorhandensein von Thon- erde gebunden. Die Mächtigkeit des Gesamtbodens (Humus- und Rohbodens) ist sehr verschieden; für die meisten Kulturgewächse sind nur die obersten 30 60 cm maßgebend, nur die Waldbäume treiben ihre Wurzeln beträchtlich tiefer.

Gebiete vorherrschender Denudation. Auf völlig horizontalem Felsboden häufen sich die Verwitterungsprodukte an; nur die feinsten können vom Winde fortgeführt werden. Ist der Boden aber wie dies in der Regel der Fall ist geneigt, so bemächtigt sich das fließende Wasser (und das Eis) des Schuttes, und bei stärkerer Neigung auch die Schwerkraft Davison beobachtete auch ein langsames Äbwärtskriechen des Gehängeschuttes, das er auf Ausdehnung und Zusammenziehung infolge wechselnder Tempe- ratur zurückführt.' Man unterscheidet daher eine trockene und eine nasse Abfuhr, wenn auch in der Natur gewöhnlich beide zu- sammenwirken. Das Endziel des Denudationsprozesses ist die Bloß- legung des verwitterten Felsbodens, wodurch den Atmosphärilien wieder neue Angriffspunkte geboten werden.

Es giebt Gebiete, in denen die Abtragung der V^erwitt^nmg das Gleichgewicht hält und es daher niemals zur Bildung eines Ver- witterungsbodens kommen kann. Reichliche Niederschläge und starke Neigung des Bodens sind notwendige Vorbedingungen dieses Vorganges, der daher hauptsächlich nur auf die steilen Abhänge der Gebirge be- schränkt ist In den gebirgigen Teilen des Festlandes finden die zer- störenden Kräfte den freiesten Spielraum.® Schafft die Erosion die Gegensätze von Berg und Thal, so arbeitet die Verwitterung vorwiegend an der Form der Gipfel und Gehänge. Je steiler die Schichten aufge- richtet sind, je zahlreicher die Spalten, je verwitterbarer die (Jesteine, desto ruinenhafter erscheinen die Kämme und Gipfel. Bei der unend- lichen Mannigfaltigkeit ihrer Formen muß man freilich auf einfache morphologische Gesetze verzichten, nur von einigen besonders auf-

^ So wurde z. B. in der Nähe von Maer-Hall innerhalb zehn Jahren ein sandigeB Grasfeld mit einer 50 mm dicken Humassehicht fiberkleidet

Die Verwitterung.

347

lallenden Typen kann hier die Rede sein. Wirkt die Verwitteining gleichförmig in allen Richtungen, und setzt ihr das Gestein keinen großen Widerstand entgegen, so entstehen die schönen, regelmäßig gebildeten Kuppenformen, wie sie manche Massengesteine (Porphyre. Granite, Gabbros u. s. w.) zeigen. Sind die Klüfte aber zahlreich, so lösen sich die Gipfel häufig in unförmige Blockhaufen auf (Fig. 84). Felsenmeere nennt man sie, wenn sie eine größere Ausdehnung er- reichen. Die große Mehrheit der Pyre- uä^ngipfel sind nach

Leymerie solche Trümmerhaufen; nicht bloß die Granit-, son- dern auch die Kalk- berge. Werden im Laufe der Zeit Blöcke

weggeführt, so bildet pj^ g^ Schwarzhorn im Wallia (3207m) nach Heim. der Rest oft Säulen- ruinen, wie z. B. der Plöckensteingranit im Böhmer Wald (s. Fig. 85) oder der Sandstein in den Vogesen und der Sächsischen Schweiz. Manche Bergspitzen sind so verwittert, daß man um mit

Fig. 85. Königstein.

Heim zu reden „mittels Hebeeisen den ganzen Gipfel schleifen könnte, ohne einen zusammenhängenden festen Block von einem Meter Durchmesser zu finden". Mit Recht tragen viele derselben Namen, wie „Fauler**, „Faulberg*', „Faulhom" und dergleichen. In den Zonen der oft senkrecht stehenden krvstallinischen Schiefer

348

Die Dynamik des Landes.

sind wild zerrissene Kämme und kühn geformte Gipfel sehr hautig (Fig. 86), aber es fehlt auch nicht an Beispielen vom entgegen-

Fig. 86. Aclettagrat nach Heim. gesetzten Extrem. So bildet der leicht verwitterbare Thonschiefer

Fig. 87. Mythen nach Heim, (a* fester Kalkstein, b Schiefer oder Flysch.)

in*der spanischen Sierra Nevada langgezogene Bücken, über die sich

die beiden höchsten Punkte (Veleta und Mulhacen) kaum merklich erheben. Wechsehi Gesteine von verschiedener Widerstandskraft mit einan- der ab, so werden die här- teren durch die Verwitterung gleichsam herausmodelliert, wie zwei drastische Beispiele aus der Natur in Fig. 87 und 88 zeigen. Fig. 89 belehrt uns endlich, welche Kamm- form gebogene Sediment- schichten annehmen können. In Bezug auf dieGehänge- form unterscheiden sich die

Fig. 88. Aus dem Colorado-Gebiet (zwei Trachyt- Sedimentgesteine wesentlich

gäoge im horizontalen Sandstein n) nach Hayden. h. . i

von den krystalliniscnen Schiefem. Der Böschungswinkel ist unter sonst gleichen Umständen wie Lagerung, Zerklüftung, Verwitterungsgrad und klimatische Ver-

Die Verwitterung.

349

hältnisse bei verschiedenen Felsarten verschieden. Seine Steilheit kann nur bis zu einer gewissen Grenze, die Heim die Maxim al- böschung nennt, zunehmen; wird diese überschritten, so brechen die oberen Massen schneller oder langsamer nach, stürzen herab und Kamm und Gipfel werden erniedrigt. So haben die nach oben fortschrei- tenden Schluchten den ursprünglich gerade verlaufenden Grat der Chur- firsten in 9 11 Zacken zerschnitten (Fig. 90).

Im allgemeinen ist. die Maximal- böschung am größten bei Kalksteinen und Dolomiten, kleiner bei Sand- steinen und Quarziten, am kleinsten bei Schiefem. Da nun bei einem aus verschiedenen Sedimentgesteinen bestehenden Berge die Maximalböschung von Schicht zu Schicht wechselt, so entstehen ungleichmäßig geneigte Abhänge mit sog. Bandstruktur, d. h. mit flach geneigten Verwitterungsterrassen, die den weicheren

Fig. 89. Sichelkamm nach Heim.

Fig. 90. Die Churfirsten nach Heim.

Schichten entsprechen -(Fig. 91). Bei den krystallinischen Schiefem bleibt dagegen in der Regel die Maximalböschung den ganzen Ab- hang entlang die gleiche. Als eines der schönsten Beispiele nennt Heim den Bristenstock (in der Schweiz), wo mit Ausnahme einer ganz unbedeutenden Einbiegung der ganze Abhang unter einem Winkel von 36^ geneigt ist. Die krystallinischen Schiefer nehmen übrigens eine ähnliche Verwitterungsform an wie die Sedimentge- steine, wenn sie flach gelagert sind; anderseits tritt auch bei den Sedi- mentgesteinen die Bandstruktur zurück, wenn sie steil aufgerichtet, dünnschichtig oder schieferig sind.

Es muß übrigens bemerkt werden, daß die wirkliche Böschung

350

Die Dynamik des Landes.

nicht immer der Maximalböschung entspricht Sie ist gröi5er, wenn das fließende Wasser durch Abtragung und Unterwaschung so rasch arbeitet, daß die Verwitterung nicht gleichen Schritt halten kann; sie ist kleiner im umgekehrten Falle. Senkrechte oder überhängende

Fig. 91. Verwitterungsterrnssen im Qlärnisch-Gebirge nach Baltzeb.

Wände sind verhältnismäßig selten und stets örtlich beschrankt;

wenn trotzdem häufig solcher Erwähnung geschieht, so kommt dies

daher, daß das unge- übte Auge nichts so sehr überschätzt, als Böschungswinkel. Oft wird die Böschung am Fuße eines Ab- hangs plötzlich sanfter: das sind ent- weder Schutt- halden, die meist auf trockenem We^e sich bildeten und gewöhnlich nurunt^r 3 10° geneigt sind,

oder vom Wasser abgelagerte Schuttkegel, die meist einen Winkel

von 30® erreichen.

Die ausserordentliche Gewalt des spülenden Regens in lockeren

Massen illustrieren am besten die Erdpyramiden, die aus dem

Fig. 92 a. Erd Pyramiden bei Bozen in Südtirol (8 30 m H.).

Die Verwitterung 851

Gebirgsschutt ausgewaschen werden (Fig. 92a). Die an der Ober- Hache oder im Schutt befindlichen Steinblöcke dienten dabei als Schutz gegen die fortschreitende Erosion, wie Fig. 92b erläutert.

Solche Bildungen findet man bei Bozen, n^ im Visp- und Bergun- thaie im Kanton Wal- lis, in den Pyrenäen bei Luchon, am Ufer von

Boumemouth und im Fig. 92 b. Darcfaachnitt snr Erklanmg der Bildimg der

großartigsten Maßstab ^^Py^^unlden nach Lybll. abo die Wände und die Sohle

: TT- 1 T j ^^ ^™ Porphyr ursprünglich ansgewaflohenen Thaies, dfe

im Munalaja. in der dieAasfuUnng des Thaies durch den Moränenschutt eines

Umgebung von Mel- ^^o. Gletschers, gbh jetziger Thaleinschnitt mit'Erd-

1 i 1 Pyramiden zu beiden Seiten.

boume wird der lehmige Sandstein in

ähnlicher Weise ausgewaschen, so daß nur noch vertikale Säulen unter vorspringenden Teilen der Kalkdecke stehen bleiben.

Neben der regelmäßigen Denudationsarbeit, die den Verwitterungs- schutt zu Thale fUhrt, um ihn allmählich mit Hilfe des fließenden Wassers in die Ebene hinauszuschaffen, giebt es auch katastrophen- artige Ereignisse, welche große Massen auf einmal Ton den Anhöhen in das Thal befördern. Nach lange andauernden Regengüssen ver- wandeln sich die Wildbäche nur allzuhäufig in gewaltige Schlamm- und Schuttströme (sog. Muren), die weite Thalstrecken übeirschütten. Durch solche Muren wurden z. B. in den Jahren 1874 und 1875 bei Eied im Oberinnthal 320000 kbm Schutt angehäuft Seltener, aber noch verheerender sind die Berg- und Felsstürze, wodurch das oft Jahrhunderte lang angehäufte Verwitterungsmaterial, manch- mal auch kolossale, durch den Frost losgelöste Felsblöcke, oft durch anbekannte Ursachen aus dem Gleichgewichte gebracht, in eine stür- zende Bewegung geraten. Erdbeben geben häufig Veranlassung dazu; dies war der Fall beim Abstürze der Schlaggendorfer Spitze in der Tatra (1662), wodurch dieselbe ca. 300 m an Höhe verlor, und beim Einstürze der Südseite der ViUacher Alpe (25. Januar 1348), wodurch 13 Dörfer begraben wurden. Entlang von Schicht- oder Eluftflächen, die gegen das Thal einfallen, können nicht nur lose, sondern auch Felsmassen abrutschen, wenn ihre Eohäsion durch Spaltenbildungen gelockert und ihre Unterlage durch starke Regen- güsse oder abgelenkte Quellen durchweicht ist. Der Sturz des Roß- berges am 2. September 1806, wodurch vier Dörfer verschüttet worden, ist eine der bekanntesten Katastrophen dieser Art. Leider treten sie in nassen Jahren im Gebirge sehr häufig ein. Nach Aretin

352 Die Dynamik des Landes.

schweben in Tirol 300000 Menschen in steter Lebensgefahr, und SiMONY veranschlagt den jährlichen Schaden auf durchschnittlich eine Million Mark. Der Unverstand der Menschen unterstützt oft noch die zerstörenden Kräfte, indem natürliche Widerlager, die die zum Rutschen geneigten Massen stauen, leichtsinnigerweise weg- geräumt werden. So veranlaßte z. B. die Anlage von Steinbrüchen bei Elm jenen furchtbaren Bergschlipf am 11. September 1881, der nicht bloß den Thalboden, sondern auch den unteren Teil der gegenüberstehenden Lehne mit einer Schuttmasse von zehn Millionen Kubikmetern bedeckte. In manchen Gegenden setzen sich kleinere Kutschungen durch Jahrhunderte hindurch fort In Thälem, die das Wasser im lockeren Material ausgegraben hat, sind Be- wegungen der Massen infolge ihrer eigenen Schwere eine regelmäßige Erscheinung.

Gebiete säkularer Verwitterung. Gegenüber diesen Gebieten einer kräftigen Denudation, wo die Verwitterung stets neue Angrife- punkte findet, giebt es auch weite Erdräume mit warmfeuchtem Klima, wo unter dem Schutze einer dichten, tiefgreifenden Wald- vegetation, die die Abfuhr der Verwitterungsprodukte hindert, der Zersetzungsprozeß von den Klüften und Fugen konzentrisch gegen das Innere des Felsbodens fortschreitet und diesen im Laufe langer Zeiträume bis zu einer bedeutenden Tiefe in ein Haufenwerk von eckigen Gesteinsfragmenten, Gruß und sandigen und thonigen Massen verwandelt, während der Denudationsprozeß sich hauptsäch- lich auf die Fortführung der Karbonate beschränkt Pümpellt, der auf diesen Vorgang besonders aufoierksam gemacht hat, bezeichnete ihn als säkulare Verwitterung. Die Gebiete derselben teilt VON RiCHTHOFEN in Regionen der Lateritbildung und in solche der lehmigen Zersetzung. Der Laterit, der nur im Tropen- gürtel vorkommt, unterscheidet sich von den lehmigen Verwitterungs- produkten der gemäßigten Zone oder der ihr entsprechenden Gebirgs- regionen der warmen Zone hauptsächlich durch den hohen Gehalt an Eisenoxyd und die dadurch hervorgerufene ziegelrote Farbe des Zerreibungsmehles. Seine Beschränkung auf die Tropen führte J. Walther darauf zurück, daß bei den zahlreichen Gevrittem dieses Erdgürtels in der Luft genügend viel Salpetersäure entstehe, um in hohem Grade oxydierend auf die Gesteine einzuwirken, und in der That hat die Analyse des Regenwassers von Caracas den hohen Salpetersäuregehalt tropischer Gewitterregen bestätigt^® In Vorder- und Hinterindien, im brasilianischen Gtebirge und in Afrika von Senegambien bis zum Kapland ist diese Bodenart außerordent^ lieh häufig und erreicht stellenweise eine Mächtigkeit bis zu 60 m.

Das unterirdische Wasser. 353

In der gemäßigten Zone sind hauptsächlich die östlichen Staaten der Union im Süden der diluvialen Gletschergrenze von einer mächtigen Verwitterungsrinde, dem Produkte des einstigen Urwaldes, hedeckt

In einigen Gebieten säkularer Verwitterung wurde das Felsen- gerust infolge von Klimaschwankungen in vorgeschichtlicher Zeit oder von Niveauveränderungen, die eine erhöhte Erosionsthätigkeit hervor- riefen, wieder bloßgelegt und zeigt nun eigentümliche unregelmäßige Oberflächenformen, einen Wechsel von Erhöhungen und Vertiefungen, die der Verbreitung widerstandsfähiger und leicht zerstörbarer Ge- steine entsprechen. In der Mongolei gab wahrscheinlich eine starke Verminderung der Niederschläge die Veranlassung dazu. Die Vege- tation starb infolgedessen ab, und der Wind bemächtigte sich der feineren Verwitterungsprodukte, während der gröbere Schutt zurück- blieb. Auch die Grundmoränen diluvialer Gletscher wurden von Ptjmpbllt für umgearbeiteten Verwitterungsschutt gehalten. ^^ Hier betreten wir aber bereits das Gebiet der reinen Hypothese, wie ja überhaupt in Bezug auf die Eluvialbildungen die Ansichten noch sehr der Klärung bedürfen.

Litteratarnachweise. ' Heik, im Jahrbuch des Schweizer Alpenklub, 1886, Bd.XXI, S.342. ' Roth, Lehrbuch der chemischen Geologie, Bd.I, Berlin 1879.— 'MuKTz, in den Comptes rendus de TAcad^mie des Sciences, Paris 1890, BdrCX, S. 1370. * Sbnpt, Fels u. Erdboden, München 1876. * Dabwin, Die Bildung der Ackererde durch die Thätigkeit der Würmer, Stuttgart 1882. * Keller, Reisebilder aus Ostafrika und Madagaskar, Leipzig 1887. Haacke, Über die geologische Thätigkeit der Ameisen, in „Zoologischer Garten'^ Frankfurt a. M. 1886. Lknz, Die Bedeutung der Termiten für Erdbewegung, in den Mit- teilungen der Wiener Gkographischen Gesellschaft 1894. ^ Dayisov, im Geo- logical Magazine 1889, S. 255. Hbdc, Über die Verwitterung im Gebirge, Basel 1879. Heim, Über Bergstürze, Zürich 1882. Neumate, Über Berg- stürze, in der Zeitschrift des D. u. ö. Alpenvereines, 1889. ^^ Müntz und Mabcamo, Über den Salpetersfiuregehalt tropischer Regen, in der Meteoro- logischen Zeitschrift 1889. " Pümpbllt, im American Journal of Science 1879, Bd. I, S. 188.

Das unterirdische Wasser.^

Von den Niederschlägen fließt ein Teil oberflächlich ab, ein Teil yerdunstet; ein Teil wird Ton den Organismen aufgenommen und kehrt erst nach deren Tode wieder in den Kreislauf des Wassers ziuück; etwa ein Drittel versinkt in den Erdboden und kommt stellenweise als Quelle wieder zu Tage; und nur ein kleiner Bruch- teil wird für längere Zeit, vielleicht dauernd, der großen Wasser-

BoTAM, PhTiiMlM Erdkunde. 3. Aufl. 23

354 Die Dynamik des Landes.

Zirkulation (von der Erdoberfläche in die Atmosphäre und von der Atmosphäre auf die Erdoberfläche zurück) entzogen^ indem er bei der Umwandlung wasserfreier in wasserhaltige Mineralien aufge- braucht wird.

Verhalten des Bodens. Nicht alle Bodenarten verhalten sich gleichmäßig gegenüber dem Wasser. Undurchlässig sind ThoiL Mergel, Lehm und die meisten krystallinischen Gesteine, freilich auch nicht absolut undurchlässig, denn selbst die mikroskopischen Poren fester Gesteine sind noch häufig mit Feuchtigkeit (sog. Berg- feuchtigkeit) durchtränkt. Aber immerhin spielen sie eine wesent- lich andere EoUe im Haushalte der Natur, als lockerer, poröser oder zerklüfteter Boden, dem die Eigenschaft der Durchlässigkeit in hohem Grade zukommt

Besteht die Oberfläche aus undurchlässigem Boden, so kommt es zu keiner Quellenbildung. Ist sie eben, so versumpft sie; ist sie geneigt, so fließt das Wasser rasch ab; bei Dürre versiegen die Bäche und Flüsse, bei heftigen Niederschlägen schwellen sie zu Wild- strömen an.

In durchlässigem Boden versinkt das Wasser, nachdem es die Kapillarräume der obersten Schicht gefüllt hat, in die Tiefe, bis es auf eine undurchlässige Schicht stößt, und es kann als Regel gelten, daß heftige Niederschläge ihm weniger Nahrung zuführen, als schwacher Regen oder schmelzender Schnee. Wesentlich verschieden verhält sich aber lockerer und poröser Boden einerseits, zerklüfteter anderer- seits. Der erstere saugt das Wasser auf, wie ein Schwamm, und wird in seinen untersten Teilen, über der undurchlässigen Schicht, mehr oder weniger durchtränkt. Das ist das Grundwasser, fiir

das flächenhafte

Ausbreitung charakteristisch i;^t. Liegen die Schichten

Fig. 93. Becken mit zwei Grundwaaserschichten (i u. 3) 1^0rizontal,80 bildet

und zwei undurchlässigen Schichten {2 u. 4), a artesischer CS gleichsam einen

Brunnen, b gewöhnUcher Brunnen. g^^. gjj^^ siegenei^,

SO bewegt es sich langsam in der Richtung der Abdachung. Im letzteren Falle finden wir meist mehrere Grundwasserniveaus übereinander, durch un- durchlässige Schichten voneinander getrennt. In Fig. 93, die uns die Lagerungsverhältnisse eines Beckens schematisch vor Augen führt, führen z. B. die Schichten 1 und 3 Grundwasser, denn die letztere, die unter a und b tief im Boden begraben liegt, streicht an anderen Orten zutage und erhält hier direkt atmosphärische Niederschlag.

Das unterirdische Wasser.

355

Die oberste Gnmdwasseretage (1) ernährt unsere gewöhnlichen Brunnen, DaubbSe nennt sie daher die phreatische Schicht (von ffQiuQ = Brunnen). Manche Schriftsteller wenden auf sie allein die Bezeichnung Grundwasser an; wie überhaupt der Begriff Grund- wasser zu denjenigen gehört, über die in der Litteratur die größte Verwirrung herrscht.

In den Brunnen erscheint das Grundwasser als Wasserspiegel, dessen Höhe sich von einer Jahreszeit zur anderen, von einem Jahre zum anderen ändert. Diese Schwankungen sind vor allem von zwei Faktoren abhängig, die sich einander ent- gegenarbeiten: von dem Niederschlage und der Verdunstung; und seine jährliche Periode richtet sich nach demjenigen Faktor, der größeren jahreszeitlichen Schwankungen unter- „.

s\tt 94 Gn]DdwftS86r ftn

werfen ist ^. Die Niederschläge sind aber nicht der 'Küste. Meeresoiveau ausschließlich die Ernährer des Grundwassers, b«i Ebbe, t bei Flut; gg' denn in den Klüften nnd Poren des Gesteins ^"^^rS^ÄTt! zirkuliert auch Luft und kondensiert hier

im Sommerhalbjahr, wo die Bodentemperatur bis 30 m Tiefe niedriger ist wie die Luftwärme, seinen Lihalt an Wasserdampf ^ Außer der atmosphärischen Feuchtigkeit dringt auch Fluß- und Seewasser in die durchlässigen Uferwandungen ein und durchnäßt ein größeres oder kleineres Gebiet. In manchen Küstengegenden fallt und steigt

X Als Repräsentanten der beiden Typen führt Sotka' München und Berlin an. In nachstehender TabeUe ist die Yerdunstang durch das Sättigungsdefizit ausgedruckt, die Grundwasserhöhe ist die Höhe des Wasserspiegels über dem Meere. Die jahreszeitlichen Werte sind als Abweichungen vom durchschnitt- lichen Monatsmittel gegeben, um den ParaUelismus klarer hervortreten zu lassen. Man beachte besonders das gegenteilige Verhalten der Stationen im Winter und Sommer; in München steigt und fällt das Grundwasser mit dem Regen, in Berlin ist es dagegen von der Verdunstung abhängig. Im Frühling schwillt es durch die Schneeschmelze an.

Mün

chen 185

~ Ver- ' dunstung

8—85

Berlin 1870-

-85

Nieder- schlag

Grund- wasser- hohe

Nieder- schlag

Ver- dunstung

Grund- wasser- höhe

Monatsmittel .

[66,1 mm

1,60 mm

515;4« m

47,6 mm

2,71 mm

32,04 m

Winter . . .

-29,5

-1,M

-0,07 1

- 7,2

-1,07

+ 0,08

Frühlmg . .

- 5,5

+ 0,11

+ 0,04 1

- 8,1

+ 0,08

+ 0,27

Sommer . .

1+42,4

+ 1,M

+ 0,18

+ 15,6

+ 2,49

-0,08

Herb0t . . .

1- 7,.

-0,4.

-0,08

- 0,0

-0,54

23*

-0,32

356 Die Dynamik des Landes.

das Brunnenniveau mit Ebbe und Flut; Fig. 94 zeigt uns, wie da.«; Grundwasser, das bei Ebbe einen Ausfluß zum Meere hat^ bei Flut gestaut wird.

So geartet sind die Verhältnisse in den breiten Alluvialthälem der Gebirge und auf den weiten Ebenen, die mit lockeren Massen bedeckt sind. Das sind aber gerade die am dichtesten besiedelten Gebiete der Erde, und daraus erhellt, welche Bedeutung dem Grund- wasser zukommt.

Wesentlich anders gestaltet sich die unterirdische Wasserzirku- lation im zerklüfteten Boden. Auch hier wandert es in die Tiefe, bis es durch eine zusammenhängende undurchläßige Schicht gehenunt wird, aber es breitet sich nicht flächenartig aus, sondern bewegt sich durch die Spalten und Schichtungsfugen wie in Kanälen. Darin besteht' die Eigentümlichkeit des Kluftwassers gegenüber dem Grundwasser.

Das Karstphänomen.^ Es ist vorauszusetzen, daß auch das Kluft- wasser seine erodierende Kraft bethätigt., indem es seine Kanäle allmählich erweitert; aber größere Veränderungen ruft es doch nur dort hervor, wo sich zu der mechanischen Wirkung eine ausgiebige chemische gesellt. Das ist vor allem der Fall in Salz, Gips und Kalkgestein, die durch kohlensaures Wasser aufgelöst und fortgeführt werden. Dadurch werden die ursprünglichen Klüfte zu mehr oder minder großen Gängen und Hohlräumen erweitert Am weitesten fortgeschritten ist dieser Prozeß im Karste, jenem Kalkgebirge, das sich von der Laibacher Ebene über Istrien, Dalmatien, Bosnien, die Herzegowina und Albanien bis nach Griechenland erstreckt, weshalb man jetzt alle hierher gehörigen Erscheinungen unter dem Namen Karstphänomen zusammenzufassen pflegt Das Charakteristische desselben besteht darin, daß die Erosion hauptsächlich unter die Oberfläche verlegt ist, wodurch eine starke Zerklüftung und Durch- löcherung des ganzen Geländes erzeugt wird. Die weitverzweigten Höhlen kann man ftlglich als unterirdische ThSler bezeichnen. Wie in oberirdischen Thälern wechseln auch hier oft Engen und Weitungen, findet man auch hier Seen und Wasserfälle. Wenn viele Grotten keine Flüsse beherbergen, so erklärt sich dies daraus, daß die Eröffnung neuer Klüfte (z. B. infolge von Erdbeben) das Wasser von seiner ursprünglichen Bahn abgelenkt hat Häufig münden Seitenhöhlen in die Haupthöhle, wie Nebenthäler in das Haupt- thal, oder die Zweiggänge eines Grottensystems sind nur verlassene Wege des Hauptflusses. Manche Grotten bestehen aus mehreren, etagenartig übereinander liegenden Höhlen, deren unterste in der

Das unterirdische Wasser. 357

Regel von einem Bache durchflössen wird. Ein berühmtes Beispiel dieser Art ist die Lueger Grotte in Erain.

Sind die Höhlen, einerseits ein Produkt der zerstörenden Kraft des Wassers, so sind sie andererseits auch ein Schauplatz von Neu- bildungen. Kies und Lehm werden [vom fließenden Wasser abge- lagert, während die Tropfsteine von dem durch die Decke sickernden Eegenwasser gebildet werden. Dieses scheidet den Kalk, mit dem es sich auf seinem Wege beladen hat, bei der Verdunstung zum Teil an der Decke, zum Teil an dem gerade darunter liegenden Pimkte des Bodens aus. Die herabhängenden Tropfsteine oder Stalaktiten und die vom Boden aufsteigenden Stalagmiten vereinigen sich end- lich bei ungestörtem Wachstum zu Säulen (Fig. 95). Neben den

Fig. 95. Aas der Adelsberger Grotte in Krain.

Zapfen und Kegeln, die dem tropfenden Wasser ihre Entstehung verdanken, giebt es auch schwammartige Kalkbildungen, die aus größeren Wassermengen abgelagert sind, und oft einen zauberhaften Anblick gewähren, wie z. B. die Draperien an den Wänden, die durch Niederschläge aus den Überrieselungen der Wandflächen ent- stehen. Ist der Kalk rein, so sind alle diese Bildungen wasserhell; häufig werden sie aber durch Beimengung von Metalloxyden, beson- ders von Eisen, gefärbt. *

In den sog. Eishöhlen vertritt Eis die Stelle des Tropfsteins. Es sind diess stets Sackhöhlen, d. h. ihr Eingang liegt höher, als der übrige Höhlenraum. In diesem sammelt sich die schwere kalte Winterluft, wie in einem Gefäße, und wird, da sie nicht abfliessen kann, von der warmem Luft im Frühjahr und Sommer nicht ver- drängt Eishöhlen können daher nur in Gegenden vorkommen, wo die winterliche Temperatur dauernd unter den Gefrierpunkt sinkt. ^

358

Die Dynamik des Landes.

Manche unterirdischen Flüsse des Karstes treten niemals zu Tage und münden unterirdisch in das Meer. An solchen Stellen hat das Seewasser geringen Salzgehalt Wir begegnen diesem Phänomen an allen Ealkküsten. In den dalmatinischen Gewässern hat z. B. die Hertha-Expedition das Vorhandensein zahlreicher Orundquellen festgestellt Die Quelle von Cannes mündet 162, die von S. Bemo 190. die am Kap St Martin sogar 700 m unter dem Meeresniveau. Anderer- seits tritt auch das Meerwasser in die E^lüfte des Kalksteines ein und bricht nach unterirdischem Laufe als Quelle hervor. Bekannt

JaJBoboriiMKo

'^frlsber^

Fig. 96. Flußsystem der Laibach in Erain, nach Urbas xl a. »^— Oberirdiache, unterirdische Flnßlanfe.

sind die beiden Quellen bei Argostoli auf Eephalonia, die stark genug sind, um Mühlen zu treiben; und einen ähnlichen Fall hat vokLokekz in Istrien beobachtet

Die Mehrzahl der Karstflüsse fließt aber teils in unterirdischen, teils in oberirdischen Thälem. Ein bekanntes Beispiel bietet der Laibachfluß (EHg. 96), der als Poik seinen Anfang nimmt, dann bei Adelsberg in die berühmte Grotte eintritt, als ünz wieder zu Tage kommt, abermals verschwindet und endlich unter dem Namen Lai- bach das oberkrainische Thalbecken betritt Von den 85 km seiner Gesamtlänge kommen 20 auf den unterirdischen Lauf^ und in gleicher

Das unterirdische Wasser. 359

Weise verhalten sich auch viele seiner Nebenflüsse. Das Verschwinden geschieht entweder plötzlich in eine Spalte oder in eine im Niveau der Thalsole sich befindende Höhle.

Soweit die oberirdischen Thalstücke eng und gewunden sind, dürften sie nichts anderes sein, als eingestürzte Höhlen. In vielen FäUen läßt sich dieser Ursprung noch direkt nachweisen, wenn Reste der alten Decke in der Form von Tunnels oder natürlicher Brücken noch erhalten sind. Doch werden Brücken dieser Art auch durch herabgestürzte, große Felsblöcke gebildet, die sich zwischen den unteren Thalwänden einklemmen; und eine dritte Ent- stehungsart, durch Uberwucherung mit Travertinablagerungen, hat KeijLJBB an einem Beispiele aus der Provinz Umbria erläutert.®

Eine andere Bewandtnis dürfte es aber mit jenen breiten ober- irdischen Thalstücken, wie denen von Planina und Zirknitz, haben, fiir die sich am besten der in Bosnien übliche Namen Polje (Feld) eignet. Auch sie sind von allen Seiten geschlossene, langgestreckte Becken oder Wannen, wie sie Penck genannt hat, oft von bedeutender Ausdehnung; das von Livno mißt z. B. 379 qkm. Der Mehrzahl nach streichen sie parallel mit dem Gebirge und den Schichtenfalten nach Nordwest, und damit hängt auch ihre reihenweise Anordnung zu- sammen. Soweit unsere Kenntnisse reichen, kommen sie nur in dis- lozierten Gebieten vor, und Martel betrachtet sie mit Eecht als alte Seebecken und führt ihre Entstehung auf dieselben Bodenbewegungen zurück, die auch in anderen Gebirgen die Bildung von Seebecken veranlaßten; nur daß bei den letzteren der oberirdische Abfluß an einer Seite eine Ofihung geschaffen hat Manche Poljen beherbergen noch abflußlose Seen, wie das von Janina in Epirus oder das Vrana- becken auf der Insel Gherso; andere werden nur noch periodisch mit Wasser gefüllt Der Zirknitzer See ist das am besten studierte Beispiel dieser Art^. Das seebüdende Wasser kommt in allen Fällen hauptsächlich von unten, aus den mit Geröll bedeckten Spalten und Löchern am Fuße des Gebirges oder am Boden der zeitweilig wasser- bedeckten Thalebene, und verschwindet dann auch wieder in den- selben. Alle diese Sauglöcher führen nach Tietze zu einem verti- kalen Spaltensysteme, das einerseits mit unterirdischen Wasser- behältern, andererseits mit der Oberfläche in Verbindung steht Bei anhaltendem Regen oder bei Schneeschmelze werden diese Adern mit Wasser gefüllt, und aus den in tieferem Niveau mündenden muß dann das Wasser nach dem Gesetze der kommunizierenden

X Ein Seitenstück d&zu ist der Bauemgraben oder Hungersee am Süd- abhange des Harzes (vgl. Petermanns Mitteilungen 1864, S. 48 u. 191).

360 Die Dynamik des Landes.

Gefäße hervortreten und das Thal erfüllen. Wird durch irgend ein Ereignis dem Wasser ein anderer unterirdischer Weg angewiesen, so hört die Seebildung ganz auf, wie in der Ebene von Verdoletsch

in Kroatien oder wie auch in manchen Poljen Inner- krains. Nun ist das Polje trocken, und es hängt ganz von der BeschafTen- -^ ~~~'-^'- - heit des ehemaligen See-

Fig. 97. Doppeldoline bei Leseteche im Karst bodens, von der Verteilung

der Sauglöcher und von den Beziehungen zu benachbarten Höhlen ab, ob es von einem oder mehreren verschwindenden Flüssen bewässert wird oder ganz des Wassers entbehrt. Die Poljen von Zirknitz und Planina (s. Fig. 96) z. B. sind in das Abflußsystem der Laibach einbezogen.

Noch einer anderen Eigentümlichkeit des Karstes muß gedacht werden. Nicht bloß die Oberfläche des Karstplateaus, sondern auch die Abhänge der Berge sind mit Schüssel- oder trichterförmigen Ver- tiefungen bedeckt, für die die deutsche Wissenschaft die slovenische Be- zeichnung Doli nen angenommen hat Sie treten vereinzelt oder gesellig auf, und sind häufig so dicht neben einander (oft 40—50 auf 1 qkm!), daß die Karstoberfläche in der That einem blatternarbigen Gesichte, womit man sie so oft verglichen hat, ähnlich sieht Die Form dieser Löcher ist bald kreisrund, bald unregelmäßig, ihre Tiefe variiert zwischen 2 und 20 m, ihr Durchmesser von 10 bis 120 m. Selten besteht der Boden aus nacktem Fels, meist ist er mit Zersetzungs- lehm bedeckt, hier und da auch mit Wasser und in den höheren Regionen auch mit dauerndem Schnee gefüllt Von diesen geschlos- senen Felsendolinen sind die Naturschachte und Schwemni- landdolinen zu unterscheiden. Die ersteren sind FelsendoHnen, die entweder mittels einer verbreiterten Spalte zu einer blinden Höhle oder mittels eines breiten Schlotes zu einem unterirdischen Fluß- thale führen (Fig. 100). Die Schwemmlanddolinen treten im lockeren Boden auf, sei es auf dem Lehmboden großer Felsendolinen, sei es auf Thalböden. Nur von ihnen gilt, was Pilak vom kroatischen Grenzbezirke berichtet, nämlich daß die Neubildung von Dohnen so rasch vor sich gehe, daß mancher Bewohner, der nach einigen Jahrzehnten in seine Heimat kam, dieselbe kaum mehr zu erkennen vermochte, denn Häuser waren infolge von Einstürzen verlegt, neue Wege waren gebahnt, Obstgärten waren verschwunden. Hier finden^ das liegt auf der Hand, Einstürze über breiten Spalten im Unter- grunde statt Dieselbe Entstehungsweise schrieb man auch des

Das unterirdiBche Wasser.

361

Felsendolinen und Naturschachten zu, und in manchen Fällen dürfte diese Erklärung zutreffend sein. Zwischen dem Tartarusarm der Adelsberger Grotte und der Höhle von Ottok breitet sich ein großes Trümmerfeld aus und gerade über ihm befindet sich die Doline Stara Apnenca. Hier ist offenbar, wie aus Fig. 98 erhellt, die Decke des ehemaligen Hohlraumes, der den Tartarus mit der Ottokgrotte verband, eingestürzt Dagegen können wir in anderen

Fig. 98. Die Einsturzdoline Stara Apneoca in Krain, nach Martbl.

Fällen direkt nachweisen, daß ein derartiger Vorgang nicht statt- gefunden hat Der Bau einer 3 m tiefen Doline bei ünterloitsch ist durch einen Eisenbahneinschnitt völlig aufgedeckt (Fig. 99). Hier ist die Doline in festen Fels eingesenkt, der Boden ist wie die Zeichnung durch Punktierung andeutet bis zu einer gewissen Tiefe durch Verwitterung mürbe gemacht oder aufgelöst, am tiefsten unter dem Boden der Doline, von wo sich enge Spalten nach der Tiefe ziehen. Hier kann von Einsturz keine Bede sein ; die einzige Erklärung, die uns übrigbleibt, ist die durch chemische Erosion des Kalksteins, die das Wasser entlang vorhandener Spalten bewirkte. Wir dürfen annehmen, daß dieser Prozeß sich auf diejenigen Stellen konzentrierte, wo besonders viele Vertikalspalten der Zersetzung vorgearbeitet hatten und die Abfuhr der Zersetzungsprodukte nach der Tiefe begünstigten. Mit der Zeit wurden diese Spalten verstopft und die Verwitterungserde konnte sich nun auf dem Boden der Doline ansammeln. Auch viele Naturschachte sind nichts anderes, als durch chemische Erosion erweiterte Vertikal- spalten; ein nicht mißzuverstehendes Beispiel dieser Art aus dem französischen Karstgebiete bietet uns Fig. 100.

Den Dolinen nahe verwandt sind die geologischen

Fig. 99. Eroaionsdoline bei Ünter- loitsch in Krain, nach CviJic.

362

Die Dynamik des Landes.

Orgeln, kleine, kaminartige Löcher im thonigen Kalksteine^ die aber stets mit lockeren Massen bedeckt und ausgefiült sind und daher nur in Einschnitten zu Tage treten. Ein Oberflächengebilde anderer Art wie die Dolinen, aber ebenfalls durch chemische Erosion entstanden, sind die in den Kalkalpen wohlbekannten

Karren oder Schratten (Fig. 101). Sie treten bald allein, bald mit Dolinen vergesellschaftet auf, und zwar nur auf vegetationslosen Kalkflächen, wo das Eegen- und Schmelzwasser oberflächlich abfließen kann. Statt Löcher bilden sich dann zahl- reiche lange und parallele Furchen, die der Abdachung folgen, und zwischen welchen Bippen von verschiedener Breite, oft mit messerscharfer Kante und dann sehr gefähr- lich für den Wanderer, sich erheben. Be- sitzt die Oberfläche eine geringe Neigung, so herrschen unregelmäßige tiefe Löcher und kurze Furchen vor. Stets entsprechen die Vertiefungen den leichter, die Erhebungen den schwerer löslichen Partien; ist der Kalkstein unrein, so bilden sich zwar rauhe Oberflächenformen, aber keine Karren.^

Überblicken wir noch einmal alle die verschiedenen Elemente des Karstphänomens:

Fig. 100. Naturechacht Font- longae bei dem Dorfe Bidon, Dep. Ardßehe, nach Martbl.

1. Gebilde der Tiefenerosion:

a) primäre: Höhlen.

b) Sekundäre, durch Einsturz ent- standen:

a) aUe Schwemmlanddolinen, ß) Felsendolinen, zum Teü, y) Naturschachte, zum Teil, S) Offene Thalstücke.

X In neuerer Zeit wurde vielfach die Ansicht laut, daß die Karren durch die Schmelzwässer eiszeitlicher Grletscher geschaffen wurden, allein sie sind keineswegs auf alte Glazialgebiete beschränkt, sondern kommen in allen ELlimaten und in den verschiedensten Höhenlagen vor. Gletschererzeugnisse mögen aber Wühl jene breiten gewundenen Furchen sein, die durch gerundete Rücken von- einander getrennt werden, und auf die man leider auch die Bezeichnung Karren anwendet.

Das unterirdische Wasser.

363

2. Gebilde der Oberflächenerosion:

a) Im reinen Kalkstein.

a) Auf ebenem oder sanft geneigtem Kalkboden:

acc) Felsendolinen, zum Teil,

ßß) Naturschachte, zum Teil. ß) Auf stark geneigtem Kalkboden: Karren.

b) In unreinem Kalkstein: geologische Orgeln.

3. Tektonische Formen, durch die Tiefenerosion modifiziert:

Poljen. Nicht alle Elemente des Karstphänomens sind überall in gleicher Weise ausgebildet, am seltensten, wie es scheint, die Poljen. Die

Fig. 101. Ein Karrenfeld nach Hbim.

Gausses in Frankreich sind z. B. verhältnismäßig wenig höhlen- aber sehr dolinenreich, während umgekehrt der Wüstenkalk des Antilibanon zahlreiche Grotten birgt, der Dolinen aber gänzlich ent- behrt. Sieht man von der Vollständigkeit ab, so kann man sagen, daß das Karstphänomen eine allgemeine Verbreitung besitzt. Weder das geologische Alter noch die Lagerungsverhältnisse der Kalksteine sind darauf von Einfluß. Es kommt ebenso in Faltengebirgen wie in horizontal geschichteten Plateaus (z. B. in Livland oder in den Gausses) vor. Maßgebend ist nur die größere oder geringere Rein- heit des Kalksteines, und nur diesem Umstände ist es zuzuschreiben, daß die Caprotinen- und Kudistenkalke der Kreideformation die Hauptträger des Karstphänomens zu sein scheinen.

364

Die Dynamik des Landes.

In Europa sind neben dem Karstgebirge (im weitesten Sinne des Wortes) die Kalkplateaas der Gausses im französischen Zentral- massiv das ausgedehnteste und Dank den jahrelangen Forschnngen Mabtels bestbekannte Earstland. Von den zahlreichen außereuro- päischen Vorkommnissen wollen wir nur zwei nennen: Jamaica, ein echtes Karstland, dem auch die Poljen nicht fehlen, und das umfang- reiche Höhlengebiet der Vereinigten Staaten zwischen dem Alleghany- Gebirge und dem Missisippi. Die Mammuthöhle in Kentucky besteht aus nicht weniger als 203 Gängen mit einer Gesamtlänge von 240 km, gleich der Entfernung Berlin-Hamburg! Das läßt alles, was sonst von solchen Bildungen bekannt ist, weit hinter sich zurück, denn die nächst grösste Höhle der Welt, die Wyandotthöhle in Indiana, mißt nur 37,6 km und die längsten Grotten des Karstes haben nur 5 6 km.

Ob die Höhlen der gehobenen Koralleninseln auch in die Kate- gorie des Karstphänomens gehören, mag noch dahingestellt bleiben, da schon die lebenden RifiFe nicht massive Bauten sind. Kkaus zählt sie gerade so wie die Blasenräume in Eruptivgesteinen zu den ursprünglichen Höhlen.

Ouellbildung/ Wir haben das Wasser auf seinen unterirdischen Wegen begleitet, imd haben nun die Bedingungen zu untersuchen, unter welchen es oft weit von seinem Ursprungsorte als Quelle wieder zutage tritt Freilich nicht immer als scharf markierter Wasser-

faden. Häufig bezeichnen nur ein intensiveres Grün der Vegetation, Binsen, sumpfiger Boden oder dunkle Flecken inmitten ausgetrock- neter Felder die Stelle, wo Wasser aus dem Boden hervordringt; in diesen Falle versinkt es auch zum Teil wieder in die EJrde, um seinen Kreislauf von neuem zu beginnen.

Zwei Fälle sind zu unterscheiden: 1) die undurchlässige Schicht wird von einer Vertiefung an der Erdoberfläche durchschnitten und das Bodenwasser tritt in der Schnittlinie zutage. Das sind ab- steigende Quellen, die lediglich dem Gesetz der Schwere folgen. 2) Die undurchlässige Schicht liegt unter der Oberfläche und das Bodenwasser wird entweder durch hydrostatischen Druck oder durch

Das unterirdische Wasser. 365

komprimierte Gase (Kohlensäure oder Kohlenwa88er8toflF^)oder durch Wasserdampf in Spalten in die Höhe getrieben. Das sind auf- steigende Quellen.

An dem schematischen Durchschnitte in Fig. 102 sollen einige Arten der Quellbildung erläutert werden. AB ist die undurch- lässige Schicht mit flachwelliger Lagerung. Das Thal I schneidet in dieselbe ein. Ihr entlang bewegt sich das Bodenwasser sei es Grund- oder Kluflwasser auf der rechten Seite dem Thale zu und tritt in 6^ als Schichtquelle hervor. Daß dies nicht gleich- mäßig am ganzen Grehänge geschieht, hat seinen G-rund in den Un- ebenheiten der Unterlage oder in Spaltengängen, die dem Wasser bestimmte Bahnen anweisen. Dies ist ein Beispiel einer absteigen- den Quelle.

Im Thale II bleibt die linke Böschung aus schon erörterten Gründen trocken. Die rechte kann aber Quellen besitzen, denn zwischen 11 und IV bildet die undurchlässige Schicht eine Mulde, und sobald sie angeschnitten wird, preßt der hydrostatische Druck das Bodenwasser an beiden Schnittlinien als sogenannte Überfalls- qu eilen heraus. Solche finden sich in den Thälem 11 und 17 (w). Im Thale III kann das Bodenwasser ebenfalls durch seinen eigenen Druck in einer Spalte aufsteigen, wenn der Thalboden tiefer liegt als die Muldenränder der undurchlässigen Schicht. Solche* Quellen nennt man Spaltquellen [Sp) Dazu getören auch die arte- sischen Brunnen, bei denen die Spalte künstlich durch Bohrung erzeugt wird, wenn sie auch meist tiefere Etagen des Bodenwassers anzapfen (s. a. in Fig. 93). Verwandt sind ihnen auch die Quell- tümpel (in manchen Gegenden Seeaugen genannt), die dadurch entstehen, daß das Grundwasser bei hohem Stande eine Vertiefung der wasserführenden Schicht oder deren Decke, wenn eine solche vorhanden ist, völlig erfaUt Ein solcher Quelltümpel im großartigen Maßstabe ist der Neusiedler See, der infolge trockener Jahre 1865 ganz verschwand, aber seit 1867 sich wieder zu füllen begann.

Im Thale IV lernen wir noch eine andere Art der Quell- bildung, die Verwerfungsquelle {v) kennen. Die undurchlässige Schicht ist hier längs einer Spalte derart verschoben, daß ihr linker Flügel vor die durchlässige Schicht des rechten Flügels gebracht wird. Das Bodenwasser, das auf der rechten Thalseite abwärts fließt, wird dadurch plötzlich gehemmt und gezwungen, entlang der Verwerfangsspalte in die Höhe zu steigen. Spalten- und Verwerfiings-

X Die Eohlenwasserstofßquellen haben wir als Schlammsprudel schon kennen gelernt (s. S. 821).

366 Die Dynamik des Landes.

quellen sind die einfachsten Beispiele aufsteigender Quellen. Viel komplizierter liegen die Verhältnisse in stark disloziertem Boden, wo ein weitverzweigtes Netzwerk von Spalten die Quellen zutage forderL

Einteiliing der ftnellen. Die wichtigsten Eigenschaften der Quellen sind ihre Wassermenge, ihr Gehalt an festen Bestandteilen und ihre Temperatur.

Wie das Grundwasser, so sind auch die Quellen von den Nieder- schlägen abhängig. Spalten, die unter normalen Verhältnissen trocken sind, ergießen in sehr nassen Jahren die sog. Hungerbrunnen, die diese Bezeichnung deshalb führen, weil sie als Anzeichen einer schlechten Ernte betrachtet werden. In Gegenden mit periodischem Regen fließt auch die Mehrzahl der Quellen periodisch, überhaupt besitzen nur solche Quellen, die mit großen unterirdischen Wasser- reservoirs (z. B. in der Nähe von Seen) in Verbindung stehen, eine gleichmäßigere Wassermenge. Je ausgedehnter das Quellgebiet eines Ortes ist, desto unabhängiger wird es in den Wasserverhältnissen von seinem eigenen Klima, In regenlosen Gegenden treten die Quellen in weiter Entfernung von ihrem Ursprünge hervor. In den Oasen der libyschen Wüste, deren eine Kette parallel mit dem Nil zieht, während die andere den Südabhang des cyrenäischen Plateaus umsäumt, stammen sie nach Zittel aus dem tropischen Regengebiete von Afr&a. Auf den wasserdichten Schichten der nubischen Sand- steinformation fließt das Sickerwasser nach Nordosten, wo es sich in einer seichten Mulde westlich vom Nil ansammelt, da eine schwache Aufbiegung der Kreideschichten unter der nördlichen Oasenreihe den Abfluß zum Mittelmeere verhindert. Die ältere Hypothese, daß das Seihwasser des Nils die östlichen Oasen speise, erweist sich schon deshalb als unhaltbar, weil die Schichten gegen den Nil einfallen. Die Franzosen haben in der algerischen Sahara von dem erstaun- lichen unterirdischen Wasserreichtume der Wüste durch artesische Brunnenbohrungen den ergiebigsten Gebrauch gemacht

Je weitere unterirdische Bahnen eine Quelle durchwandert, desto mehr belädt sie sich mit festen Bestandteilen, unter denen Karbonate, Sulfate und Chloride die wichtigsten sind. Denn überall, nicht bloß in direkt löslichen Gesteinen, wirkt die chemische Erosion des kohlensäurehaltigen Wassers. Der Mineralgehalt der Quelle hängt zunächst von der Beschaffenheit des Muttergesteins ab. In England sind jene Quellen am reinsten, die aus dem Granit und Gneiß kommen; ihnen zunächst kommen die aus dem Silur und Kohlensandstein stammenden; am meisten verunreinigt sind jene, die ihren Weg durch den Dyaskalk und durch das Diluvium und Alluvium nehmen. Unter sonst gleichen Umständen sind Thermen

Das unterirdische Wasser. 367

reicher an festen Bestandteilen, als kalte Quellen, weil warmes Wasser eine größere Lösungskraft besitzt; doch giebt es auch ver- hältnismäßig reine Thermen, wie die von Pfäffers, Gastein, Plom- hieres und Bormio.

Je nach dem vorherrschenden Mineralgehalte unterscheidet man Kalk-, Kiesel-, Stahl-, Natron-, Schwefel-, Soolquellen u. s. w.; sind die Quellen sehr kohlensäurereich, so nennt man sie Sauerquellen. Viele von ihnen haben wegen ihrer Heilkraft große Bedeutung, einige wirken sogar auf die Oberflächengestaltung ein. Das gilt hauptsächlich von den kalk- und kieselsäurereichen Quellen; letzterer, die stets heiße Quellen sind, werden wir sogleich gedenken. Die ersteren lagern Travertin, oft in großer Mächtigkeit, ab. Aus Italien sind viele Beispiele davon bekannt; am berühmtesten sind die Ablagerungen des Anio bei Tivoli. Das an den Ufern wachsende Rohr wird inkrustiert, der Schaum des Wasserfalles bildet Stalaktiten, und die tiefe Schlucht, in die er sich stürzt, besteht aus horizon- talen Schichten von Tuffen und Travertin von 120 150 m Mächtig- keit, ist also zum großen Teil selbst ein Ablagerungsprodukt des Flusses. Noch weit großartiger sind die Travertinbildungen der Quellen auf dem kleinasiatischen Plateau Pambuk-Ealassi in der Nähe der alten Stadt HierapoUs.

Quellen, die dem Grundwasser entstammen, also aus mäßiger Tiefe kommen, haben eine Temperatur, die im allgemeinen der mitt- leren Jahreswärme des betreffenden Ortes entspricht, aber doch eine jährliche Schwankung zeigt. Kälter sind die absteigenden Quellen im Gebirge, die durch Schnee- und Gletscherwasser gespeist werden,^ und die unterirdischen Abflüsse tieferer Seen, deren Bodenschicht bekanntlich nur eine Temperatur von besitzt Als warme Quellen oder Thermen bezeichnet man jene, deren Temperatur die mittlere Jahreswärme der Luft an der Ausflußstelle übersteigt Man kann daher relativ und absolut warme Quellen unterscheiden, und als Grenzwert das höchste thermische Jahresmittel im Meeresniveau (30^ annehmen.^ ^ Ihre höhere Temperatur ist aber nach DAUBKfcBs

X Die höchsten, bisher bekannt gewordenen kalten QueUen liegen nach einer ZnsammensteUnng von ScHLAonnwEiT in Tibet 5379, im Himalaja 4852, in den Andes 4782 und in den Alpen 3182 m hoch (Petbbmammb Mitteilungen 1865, S. 867).

>cx Dampfquellen (100") hat Europa nur eine: die Soffioni in Toskana. Über S(^ haben die Bäder auf den Ldparen (97—100% Gurgitello auf l8chia(90"), die Kerobader (86") und Pisciarelli (84") bei Pozzuoli, Albano in den Euganeen (84,5"), ChaudesaigneB in Frankreich (Cantal, 88") und die Petersquelle im Terek- thale (89"). Berühmte Thermen in Mitteleuropa sind Burtscheid (78"), Karlsbad

368

Die Dynamik des Landes.

Ansicht nicht immer ein Beweis dafür, daß sie aus großen Tiefen stammen; sie können auch durch vulkanisches Gestein, das seine Wärme noch großenteils bewahrt hat, erhitzt worden sein. In der Regel sind sie aber wohl an ein tief hinabreichendes, vertikales Spaltensystem gebunden, also ebenso, wie die Vulkane eine Begleit- erscheinung beträchtlicher Schichtenstörungen. Daher entspringen heiße Quellen auch dort, wo es nicht zu vulkanischen Ausbrüchen kam. Daraus erklärt es sich auch, daß die in stark dislozierten Gegenden häufigen Erdbeben oft dauernd die Temperatur der Ther- men verändern, indem sie tiefere Spalten entweder öfl&ien oder schließen. Durch das Lissaboner Erdbeben (1755) wurde z. B. die Temperatur der Königinquelle zu Bagnferes de Luchon in den Pyre- näen von ca. 8 auf 50^ erhöht, und andererseits verwandelte das Erdbeben von 1660 die Thermen zu Bagneres di Bigorre in kalte Quellen. Auch ihr ziemlich gleichmäßiger Wasserreichtum weist darauf hin, daß ihr Sammelgebiet dem Einflüsse der meteorologischen Schwankungen fast ganz entrückt ist

GeyBir.® Kochend heiße Quellen kommen nur in vulkanischen Gegenden vor. Steigt ihre Temperatur über den Siedepunkt, so verwandeln sie sich zum Teil oder ganz in Dampf, wie die Karapiti auf Neuseeland. Die interessantesten Erscheinungen dieser Art sind die Geysire, intermittierende Springquellen, die in der Hegel große Quantitäten Kieselsinter um ihre Mündungsstelle absetzen. Dadurch entstehen meist allmählich ansteigende Kegel mit einem flachen

Becken in der Mitte, auf dessen Boden ein zylindrischer Kanal mündet So gebaut ist der Große Geysir auf Island (Fig. 103 u. 104), der dem Phänomen den Namen gab und bisher auch am eingehendsten studiert wor- den ist Vor der Eruption ist sein Becken mit krystallhellem, bläulichgrünem Wasser gefüllt, dessen Temperatur von oben nach unten zunimmt und gleichzeitig auch in jeder Schicht bis zum Zeitpunkte der Elmp- tion sich steigert, ohne irgendwo den Siede- punkt zu erreichen. Heftiger unterirdischer Donner kündigt den Ausbruch an, das Wasser beginnt zu wallen, kleinere Erup- tionen erfolgen, endlich schießt ein Strahl heißen Wassers, ca. S m stark und über 30 m (einmal sogar 70 m) hoch, von Dampfwolken

(74°), Gastein (71,6°), Wiesbaden (69°), Baden-Baden (67% Ofen(61<^Mehadia(55«), Aachen (55°), Leuckerbad (51°), Teplita (49°), Ems (47,b°) etc.

4Ä<^

Fig. 103. DurohBchnitt des Großen Geysirs auf Island in 1 : 1000 nach den Messungen von Coleb (1881). DieZahlen links sind beobachtete Tempe- raturen, die rechts die der Tiefe entsprechenden Siede- punkte. KS, =B Eieselsinter.

Dm nnterirdiache Wasser.

369

Tiingeben und manchmal auch von Steinen begleitet, herror. Von Zeit zu Zeit scheint der Strahl einzusinken , aber immer wieder erhebt er sich. Nach ca. 10 Minuten fällt er endlich in sich zu- sammen, das Becken ist leer und nur die Steigröhre ist noch bis 2 m unter der Oberfläche gefüllt Nach einer Pause von mehreren Stunden wiederholt sich dieses imposante Schauspiel in der eben ge- schilderten Reihenfolge.

Es ist klar, daß Dampf die Wassermasse im Kanal empor- schleudert, und die verschiedenen ElrklänmgsTersuche weichen nur in der Angabe der Örtlichkeit, wo die erste Dampfentwicklung stattfindet, von einander ab. Ältere und neuere Theorien verlegen sie in Hohlräume, die mit der Steigröhre in Verbindung stehen, BuNSEN dagegen in die Mitte der Steigröhre selbst Für den Großen Geysir ist diese Annahme auch durch Beobachtung erhärtet, denn Steine und ein Ther- mometer, die auf den Boden der Röhre versenkt wurden, wurden nicht aus- geschleudert, ja letzteres blieb sogar bei einer hef- tigen Eruption völlig un- Tersehrt In der That ersehen wir auch aus den Zahlen in Fig. 103, daß sich gerade in der Mitte des Kanales die Tempera- tur des Wassers am meisten dem Siedepunkte nähert; hier muß ein besonderer Wärmeherd liegen, und damit stimmt auch der Bau der Röhre, die nach Bbtsons Entdeckung in 13^/, m Tiefe eine ein- springende Leiste besitzt Die Wasserscbicht d mit 121,8^ braucht nur um 2 m, bis zum Niveau c,

wo der Siedepunkt schon bei 120,8* liegt, gehoben zu werden, um sich sofort in Dampf zu verwandeln. Diese Hebung wird durch die Erhitzung des ganzen Röhreninhaltes von unten her bewirkt; die Abkühlung von oben und die Zufuhr kalten meteorischen Wassers

SiTPAH, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 24

Fig. 104. Der Große Geysir nach Fuchs.

370 Die Dynamik des Landes.

wirken entgegen, und darauf beruht die Periodizität der Ausbrüche und ihre allmähliche Steigerung zu einer Haupteruption.

Eb ist keineswegs ausgemacht , ob diese Erklärung fiir alle Geysire ausreicht, da sie, und zwar selbst benachbarte, in yielen wichtigen Merkmalen voneinander abweichen. Jedenfalls ist Bunsens Annahme, daß ein Sinterbecken notwendig sei, nicht zutreffend, denn der Steamboot-Öeysir im Yellowstonegebiete zeigt erst die ersten Ansätze zu einer solchen Umrandung. Beachtenswert ist auch, daß es Malfboy in Neuseeland gelang, durch Ableitung einer Wasserschicht von 60 cm Mächtigkeit die Puia-Thenne in eine Springquelle von 9 12 m Höhe zu verwandeln.

In Island ist neben dem schon genannten Großen Geysir der Strokr, der erst 1784 während eines Erdbebens entstand, am be- kanntesten, auch dadurch, daß man ihn durch hineingeworfene Steine und Erde zur Eruption zwingen kann. Noch großartiger ist dieses Phänomen im Nationalpark im Felsengebirge (am oberen Yellowstone und Madison) entwickelt. Zahlreich sind hier die Dampf- quellen, Geysire und heißen Quellen; im oberen Geysirgebiete am Feuerlochflusse werden Wasserstrahlen von 70 80 m und Dampf- säulen von 300 m Höhe emporgeschleudert. Diesen beiden Be- zirken kann sich nur noch die Nordinsel von Neuseeland an die Seite stellen. ICinen wunderbaren Anblick boten einst die terrassen- förmig aufgebauten, marmorweißen Kieseltuffiiblagerungen des Teta- rata, bis sie durch den Tarawera - Ausbruch im Jahre 1886 völlig zerstört wurden. Sonst finden sich Geysire nur noch vereinzelt, wie in Califomien, nördlich von San Francisco, oder in Japan, wo Küktzb ein Vorkommen beschrieben hat.

Litteraturnachweise. ' Hauptwerk: DAUsaiE, Les eauz souterrames & r^poque actuelle, Paris 1887. ^ ' Sotka, Die Schwankungen des Grund- wassers, Wien 1888. Hann, Über eine neue Quellentheorie, in der Zeit- schrift der österreichischen Gesellschaft fQr Meteorologie 1880. ^ Cvuiö, Das Karstphänomen, Wien 1898. Mabtel, Les abimes, Paris 1894. Kraus, Höhlen- kunde, Wien 189-1. ^ Richter ^ Über Eishöhlen in Petericakiys Mitteilungen 1889. Keller, in Petermanns Mitteilungen 1881, S. 329, ' Haas, Quellenkunde, Leipzig 1895. ^ Hauptwerk: Holmes und Peale, Yellowstone National Park, Washington 1888 (im 12. Annual Report of the U. S. Survey of the Territories). Malproy in den Transactions of the New Zealand In- stitute 1891, Bd. XXIV, S. 579.

Das fliefsende Wasser.^

Wassermenge. Die Quellen, das oberflächlich abfließende Regen- wasser und das Schmelzwasser des Schnees und Eises vereinigen sich schließlich zu Wasserf&den, die wir je nach ihrer Größe als

Das fliefiende Waseer.

371

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Fig. lOö.

Wafiserstand der Memel bei Tilsit im Mittel der Jahre 1842-:-71.

Bäche, Flüsae oder Ströme zu bezeichnen gewohnt sind. Dem Gesetze der Schwere folgend, streben sie insgesamt dem tiefsten Niveau der Erdoberfläche, dem Meeresniveau zu, wenn auch nicht alle das Ziel erreichen. In regenarmen Gegenden ist ihre Waaser- menge zu gering, als daß sie der Verdunstung Widerstand leisten könnten, und so finden sie ein vorzeitiges Ende, indem sie entweder in einen See münden, oder in den Boden einsickern, oder von der Sonne aufgezehrt, spur- los verschwinden. Nur größere Ströme, wie der ägyptische Nil oder der Euphrat und Tigris, deren

Quellgebiete in einer

niederschlagsreichen Zone

liegen, oder die durch die

Schmelzwässer schneereicher Hochgebirge ernährt werden, dringen sieghaft durch Wüstendistrikte bis zum Meere durch.

Die Wassermenge, die den Ozean erreicht, schätzt Wobikow auf 600000 cbm in der Sekunde.

Die jährliche Periode (Fig. 105) und die Schwankungen des Wasserstandes der Flüsse werden in imseren Gegenden, wo kein Monat ohne Regen vergeht, mehr durch lokale Verhältnisse als durch die Niederschläge bedingt So verhält sich nach Hagen beim Rhein an der holländischen Grenze die geringste Wassermenge zur größten wie 1:6,6, bei der Mosel oberhalb Metz wie 1:98 und bei der Loire bei Briare wie 1 : 312,4. Diese Zahlen sind freilich nicht ganz sicher, aber immerhin lehrreich. Die Ursache der starken Schwankungen des Wasserstandes der Loire haben wir unzweifelhaft in der fortschreitenden Entwaldung ihres Gebietes zu suchen. Die Beobachtungen an den forstlich -meteorologischen Stationen in Bayern ergaben zwar keine Beweise für die weit verbreitete An- sicht, daß der Wald die Regenmenge erhöhe; aber jedenfalls ist es sichergestellt, daß im Waldboden mehr Wasser einsickert als im freien Felde, daß also mit der Entwaldung die Menge des ober- flächlich abfließenden Wassers zu- und die Zahl der Quellen ab- nimmt Zur Zeit heftiger Regengüsse müssen daher die Flüsse mächtig anschwellen, während in der Periode des Niedrigwassers die Ernährung durch die Quellen gering ist,. Am Niederrhein ist die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge eine, sehr gleichmäßige

24*

372

Die Dynamik des Landes.

denn im Sommer, wenn der Spiegel anderer Flüsse beträchlicfa sinkt erhält er reichlichen Zuschuß von dem schmehenden Schnee der Alpen. Außerdem wirken auch Seen und Ufersümpfe als Begola- toren, indem sie zur Zeit großer WasserfbUe einen Teil des Wassers zurückbehalten, um ihn in der Trockenzeit langsam wieder abzugeben. Daher ist das Verhältnis des tieüsten Wasserstandes des Rheines zum höchsten oberhalb des Bodensees in Graubünden = 1 : 70, bei Basd aber nur = 1 : 14.

Hoch- und Niedrigwasser treten bei großen Strömen nicht an allen Orten gleichzeitig ein.' Vom Bodensee bis Ketsch erreicht der Bhein seinen höchsten Stand im Juli, wenn der Schnee in den Alpen schmilzt, von Bacharach abwärts aber (wie die Weser) im Februar, weil hier die Nebenflüsse durch die Schneeschmelze am Beginne des Frühlings anschwellen. Das Frühlings-Hocfawasser ist besonders den großen Strömen der russischen und sibirischen Ebenen eigen, deren Schneedecke weit rascher schmilzt, als die im Gebirge (vergl. Fig. 105); hier tritt die jährliche Periode der Flußhdhe fast ebenso scharf hervor, wie in den subtropischen und tropischen Län-

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Fig. 106. Miniere NilwaaMntande bei den Bamges nnterhmlb Kairo 1849—78.

dem mit ihren ungleichmäßig Terteilten Niederschlägen. Die spa- nischen Plateauöüsse, die im Frühjahr zu brausenden Fluten an- schwellen, ziehen sich im Sommer zu unscheinbaren Wasserftden zusammen; und in den Gebieten regenloser Sommer rerschwinden in dieser Jahreszeit viele Ton den kleineren Flüssen (intermit- tierende Flüsse oder Fiumaren) ganz. Weniger schwankt der Wasserstand nur bei jenen subtropischen Flüssen, die aus dem Hochgebirge kommen, wie beispielsweise bei dem GuadalquiTir. Noch größer sind die Schwankungen in der Tropenzone, wo die Kegenzert mit der alpinen Sehneeschmelze zusammentnffib, wenn nicht andere Verhältnisse mildernd einwirken, wie beim Nil (Fig. 10«) oder Ganges. Das Qtiellgebiet des erstere» liegt im

Dm fließende Wasser.

373

Äquatorialgartel, wo der Gegensatz von Begen und Trockenheit nicht 80 schroff ist, und überdies wirken hier auch die großen Seen als Eegulatoren. Das Quellgebiet des Ganges und seiner nördlichen Nebenflüsse, der Eümalaja, erhält bekanntlich auch im Winter durch den Antipassat Niederschläge. Eine Ausnahmestellung nehmen die beiden Äquatorialströme ein. Im Gebiete des Amazonas selbst ver- geht kein Monat ohne Regen^ während seine Nebenflüsse in den entgegengesetzten Jahreszeiten, die nördlichen im nordhemisphärischen und die südlichen im südhemisphärischen Sommer anschwellen ; und die Gleichmäßigkeit der Wassermenge des Hauptflusses wird nur dadurch etwas gestört, daß die südlichen Zuflüsse größer sind, als die nördlichen. Ähnliche Bedingungen finden beim Kongo statt, so

Fig. 107. Wasserstande des Rheins bei Düsseldorf, 1800—1879.

daß man, schon lange vor Stanleys Entdeckung, die Existenz des nördlichen Eongobogens aus den Wasserständen im Unterlaufe des Stroms erschlossen hatte.

Die Wassermenge der Flüsse wechselt von Jahr zu Jahr mit den Niederschlägen (Fig. 107), am meisten in den Gegenden der unregelmäßigen Hegen, wie besonders im Innern Australiens. Die sogen. Creeks bestehen gewöhnlich nur aus einer Reihe unzusammen- hängender Teiche, die sich nur nach andauerndem Regen zu Flüssen aneinanderschließen. In den Jahren 1817 und 1870 breiteten sich Murray und Darling seeartig aus und das Hochwasser brauchte Monate, um abzufließen, während in trockenen Jahren zahlreiche Nebenflüsse nur ausnahmsweise den Hauptstrom erreichen. Für unsere Gegenden glaubte man aus Pegelbeobachtungen den Schluß ziehen zu dürfen, daß die Wassermenge der Flüsse abnehme; andere behaupteten, daß wenigstens der mittlere und niedere Wasserstand sinke, während die Hochwässer steigen; wir wissen aber jetzt, daß

874 Die Dynamik des Landes.

sich in diesen Schwankungen nur die 35jährigen Klimi4>erioden' wiederspiegehi, ebenso wie in der Dauer der Eishedeckung, die die Flüsse höherer Breiten oft monatelang in Fessehi sdilägt und dem Verkehre entzieht^

Außergewöhnliche Hochwässer, die Überschwemmungen ver- ursachen^ werden nicht nur durch heftige Regengüsse, plötzliche Schnee- schmelze und durch den Eisgang wenn die treibenden Schollen zu Barrieren sich aufstauen , sondern auch durch orographische Hindernisse im Flußlaufe hervorgerufen. Im letzteren Falle gehören sie zum geographischen Charakter größerer oder kleinerer Gebiete. Ungarn bietet uns ein lehrreiches Beispiel davon. Der Untergang Szegedins im März 1879 ist nur ein Glied einer langen Reihe ähn- licher Katastrophen, die, wie Stefanoviö nachwies, insgesamt durch Stauungen des Donauwassers in den Felsengen zwischen Bazias und Orsowa bewirkt wurden.

Bewegung des Wassers. Zunächst gilt für die Bewegung des fließenden Wassers dasselbe Gesetz, wie für jede Bewegung auf der schiefen Ebene, d. h. sie ist abhängig von dem Gefälle- Ist der Höhenunterschied zwischen der Quelle und einem Punkte a des Flußlaufes, bezogen auf die Längeneinheit = ^ so ist in a die Endgeschwindigkeit des Flusses v = yYgh {g der bekannte Wert für die Beschleunigung der Schwere). Daß aber diese Geschwindig-

^ Für folgende Flüsse betrfigt die mittlere Dauer der Eisbedeckung in Tagen:

Donau bei Gralatz (1836—75) 37,s

Elbe bei Hamburg (1816— 73) 39

Weichsel bei Warschau 60

Düna bei Riga 125

Newa bei St. Petersburg 147

Oka-Moskwa bei Moskau . . . . . 147

Wolga bei Kasan 147

Wolga bei Astrachan 101

Dwina bei Archangelsk 178

Ob bei Bamaul 168

Ob bei Tomsk 179

Jenissei bei Jenisseisk 170

Angara bei Irkutsk 87

Lena bei Kirensk 208

Amur bei Nikolajewsk 91

St. Lorenzostrom bei Quebeck (1815—68) . . 141

Erie-Kanal (1828—57) 136

Hudson bei Albany (1817—67) 92

Zu bemerken ist, daß diese Mittelwerte, weil auf verschiedene ZeitrSume sich beziehend, nicht unmittelbar miteinander vergleichbar sind.

Das fließende Wasser. 875

keit niemals erreicht wird, ist eine Folge der ßeibungswider* stände. Und zwar ist eine äußere und eine innere Beibung zu über- winden: die äußere vollzieht sich an der festen Begrenzung des Flusses, die innere entsteht durch das Vorübergleiten der einzelnen Flüssigkeitsläden aneinander, oder wie Boussinesq* für alle Fälle nachwies, wo die Geschwindigkeit groß oder das Bett etwas unregel- mäßig ist dadurch, daß der molekulare Zusammenhang zwischen den einzelnen Wasserschichten besonders in der Nähe der unebenen Wände zerrissen wird^ und abgelöste Wasserteilchen sich fortwährend wirbelartig durch die übrige Flüssigkeit hinbewegen. Nun ist aber klar, daß in einem Bette von gegebenem Gefälle . und Querschnitte eine größere Wassermenge, den Reibungswiderstand leichter besiegen wird als eine kleinere; femer daß unter sonst gleichen Umständen die Eeibung in einem breiten Bette größer ist, als in einem schmalen. Die wirkliche Geschwindigkeit eines Flusses steht also in einem geraden Verhältnisse zum Gefälle und zur Wassermenge und in einem um- gekehrten zur Breite des Bettes.

Je weiter ein Wasserfaden von der reibenden Außenfläche ent- fernt ist, desto freier kann er der Wirkung der Schwerkraft folgen. Daher nimmt die Geschwindigkeit von der Mitte gegen die Ufer und Ton oben nach unten ab, erreicht aber, wegen des Widerstandes der Luft, den höchsten Wert nicht an der Oberfläche selbst, sondern etwas unterhalb derselben, und zwar in der £«gel um so tiefer, je tiefer der Fluß ist (Fig. 108). Die Linie, welche die Punkte größter Ober- flächengeschwindigkeit verbindet, der Stromstrich genannt, bewegt sich im allgemeinen über der tiefsten Furche des Bettes, dem Thal- weg. Aus dieser Verteilung der Geschwindigkeiten erklärt es sich, daß die Oberfläche der Flüsse nicht eben ist. Bei Hochwasser wird der Mitte mehr Wasser zugeführt als den Bändern, und der Flußspiegel nimmt eine konvexe Gestalt an. Sinkt der Wasserstand,

so fließt in der Mitte die ^'«' ^^^' ^-'""'^ gleicher Geschwindigkeit innerhalb

des Querpronls eines Flußes.

größte Wassermenge ab,

und die Oberfläche wird

konkav, , bis wieder normale Verhältnisse eintreten und der Spiegel

sich ein wenig über der Horizontalebene emporwölbt. Beim Mississippi

betragen diese Oszillationen bis zu 2 m.

Die Reibung durch die innere Bewegung des Wassers steigert sich, wenn bedeutendere Hindemisse, wie Ufervorsprünge, große Sand- und Kiesablagerungen oder FelsrifFe vorhanden sind. Sie

376

Die Dynamik dee Landee.

erzeugen Seiten- und Gegenströme, die unter Umständen zur Wirbel- bildung ftihren und erst allmählich wieder in die normale Sichtung einlenken.

Würden die Flüsse vom Ursprünge bis zur Mündung auf glatten schiefen Ebenen sich bewegen^ so wäre ihr Lauf ein Töllig gerad- liniger. Aber diese Bedingung wird in der Natur nicht erf&llt. Mannigfache Hindemisse oft unscheinbarer Art sind vorhanden, und da das fließende Wasser stets den tiefsten Punkt au&ucht^ so wird es häufig von seinem geraden Laufe abgelenkt und gezwungen, in schlangenarügen Windungen (Serpentinen) sich zu bewegen. Diese werden um so zahlreicher, je geringer das Gefalle ist In jeder Biegung werden die am schnellsten sich bewegenden Wasserfäde:* gegen das konkave Ufer (a in Fig. 109) hingetrieben, taudien an ihm in die Tiefe hinab, wobei sie durch Eeibung einen Teil ihrer Bewegungsenergie einbüßen, und steigen am konvexen Ufer {b in Fig. 109) wieder in die Höhe. Der Stromstrich («« in Fig. 109) befindet sich daher nicht mehr in der Mitte, sondern schwankt von einem Hohlnfer zum anderen. Die unmittelbare Folge dieser Bewegungs- art ist die Vertiefung des Flußbettes in der Nähe des konkaven Ufers und die Unterhöhlung und Abnagung des letzteren, während in dem verhältnismäßig ruhigen Räume an der entgegengesetzten Seite (bei b) Sinkstoffe abgelagert werden. Diese Doppelthätigkeit vergrößert die Erümmung immer mdir, besonders wenn der herrschende Wind das Wasser gegen das Hohl- ufer treibt und die Versandung des Eonvexufers durch Treibmassen unterstützt. Ist der Isthmus zwischen den Bogenenden sehr enge geworden, so wird er häufig vom Hochwasser durchbrochen; auf diese Weise entstand z. B. die Insel Budsak bei Zenta (Fig. 110). In der Mehrzahl der Fälle muß aber der Mensch dieses fiegulierungs- werk ausfahren. Die Kurve, welche dann anfangs noch als Nebenkanal dient, versandet w^en des schwachen Gefälles und der geringen W^asser- zufuhr immer mehr^ besonders an der Aus- und Eingangsstelle, und wird endlich völlig vom Flusse abgeschnitten. Solche sichelförmige Seen (Altwasser), die nur noch bei Hochwasser vor- übergehend mit dem Flusse in Verbindung treten, sind in Tiefebenen sehr häufig (s. Fig. 111). Die Arbeit der niUse. Die Betrachtungen über die Serpentinen haben uns schon mitten in die geologische Arbeit der Flüsse hinein-

Fig. 109. Serpen tineD.

Das fließende Wasser.

377

Fig. 110. Thöß bei Zenta.

geführt Wie alle in Bewegung befindlichen Körper, besitzt auch das ffießende Wasser lebendige Kraft, gleich dem halben Produkte aus der Masse (Jf) und dem Quadrate der Geschwindigkeit (v).

Setzen wir in diese Formel (-0-) den Wert von v (s. S. 374) ein, so

erhalten wir für die kinetische Energie des Wassers den Ausdruck = JIhg. Maßgebend für die Arbeits- leistung eines Flusses an einem bestimmten Punkte ist also seine Wassermenge und die Fallhöhe. Diese Energie verwendet der Fluß zur Überwindung des

Widerstandes, den ihm die Kohäsion des Gesteins entgegen- setzt Dieser Prozeß ist nichts anderes, als die mechanische Erosion, von der wir auf S. 341 gesprochen haben. Daß lockere Massen leichter erodiert werden, als festes Gestein, ist bekannt;

ebenso bekannt ist, daß verschiedene Gesteine verschiedene Kohäsion besitzen, aber wir sind noch nicht im stände, dieselbe ziffernmäßig abzuschätzen. Die Erosion geht entweder in die Breite oder in die Tiefe oder nach beiden Eichtungen zu- gleich. Es ist aber noch wenig erforscht, in welchem Verhält- nisse die Seiten- und Tiefenerosion zu ein- ander stehen, denn die Erfahrung lehrt, daß manchmal das Bett noch verbreitert wird, wenn zur Tieferlegung keine Kraft mehr vorhanden ist, ja selbst dann, wenn das Bett durch Ablagerung erhöhtwird.

Der Fluß ist aber nicht bloß selbständiger Arbeiter, er ist auch Diener fremder Kräfte. Er hat nicht bloß seine eigenen Erosionsprodukte weiterzuschaffen.

Fig. 111. Altwasser der Thdß bei Kis-Korös.

378 Die Dynamik des Landes.

sondern auch das, was ihm die Schwerkraft, der spülende Begeii, der schmelzende Schnee an Verwitterungsschutt außerhalb des Be- reiches seiner Erosionssphäre zuführt Das Verhältnis der Last [L] zur Wasserkraft {K) an einer bestimmten Stelle des Flußlaufes kann nun ein dreifaches sein:

1. L < K: die Last wird fortgeführt und der Überschuß an

Kraft wird zur Erosion verwendet;

2. L = K: die Last wird fortgeführt, es findet aber keine Tiefen-

erosion statt;

3. L^ Kl ein Teil der Last wird transportiert, der Überschuß

wird abgelagert.

Beide Momente, die die geologische Arbeit des Flusses be- dingen, Last und Kraft, sind nach Ort und Zeit veränderlich. Wo Hochwasser eben noch erodieren kann, kann das folgende Nieder- wasser nur ablagern. Manchmal wird durch Bergstürze eine solche Menge Schutt auf einmal in das Flußbett geworfen, daß jahrelang an seiner Beseitigung gearbeitet werden muß und die Erosion auf ebenso lange Zeit brach gelegt wird. Bei Flüssen, die im Gebirge entspringen und dann durch Hügelland und Tiefebene ihren Lauf nehmen, hängt die Energie mehr von der nach unten abnehmenden Geschwindigkeit, als von der in gleicher Richtung zunehmenden Wassermenge ab, und in diesem Falle wird im großen und ganzen der Oberlauf durch Erosion, der Unterlauf durch Ablagerung charakterisiert. Ln Zwischenstücke oder im Mittellaufe ist die Geschwindigkeit im allgemeinen wenigstens bei Hochwasser eben noch groß genug, um die Sinkstoffe fortzuschaffen, reicht aber nicht mehr hin, um das Bett zu vertiefen. Dagegen bewirkt hier die seitliche Erosion durch Serpentinenbildung eine Verbreitung des Bettes. Einschneiden, Verbreitem und Erhöhen folgen sich also thalabwärts aufeinander, doch ist, wie gesagt, keine dieser Thätig- keiten ausschließlich auf eine der drei Abteilungen des Flußlaufes beschränkt.

Flußablagerungen. Der Fluß führt Sedimente, teils in ge- löstem Zustande, teils mechanisch mit sich fort. Die chemisch gelösten Mineralstoffe (kohlensaurer und schwefelsaiirer Ealk, etwas kohlensaure Magnesia und untergeordnet Kochsalz) bilden zwar nur ca. Veooo ^®^ Wassermenge, können aber im Laufe geologischer Zeit- räume einen hohen Betrag erreichen. Ein Teil dieser Stoffe wird bei Hochwasser im Inundationsgebiete abgelagert, ein anderer durch das Sickerwasser dem Boden zugeführt, der größte Teil aber ge- langt in das Meer. Warum das Meer trotzdem keine konzentrierte

Dfts fließende Wasser. 379

Xjösang von kohlensaurem Kalk und Gips ist, erklärt sich aus dem Verbrauch dieser Stofife durch die marine Tierwelt Das mechanisch mit- ^efuhrte Material wird einem Schlemmprozesse unterworfen. Größere Felsstücke können höchstens durch angeschwollene Wassermassen fortgeschleppt werden; so vermag z. B. die Linth bei Hochwasser ÖO kg schwere Blöcke weiterzubewegen. Aber in die Ebene gelangen sie nicht, sondern bleiben ebenso wie grobes GeröUe im Gebirge zur&ck. Weiter hinab werden Eies, Sand und am weitesten Schlamm geführt Der letztere wird schwebend erhalten, der Sand aber nur solange, als die innere Bewegung des Wassers eine bedeutende ist Im entgegengesetzten Falle sinkt er zu Boden und wird hier strom- abwärts geschleppt In geradlinigen Flußstrecken bilden sich wan- dernde Sandbänke (Untiefen), so daß das Flußprofil beständig sich IT erändert (ygl. Fig. 112), während die Ablagerungen an den konvexen Ufern der Serpentine verhältnismäßig stabil sind. Auch wenn die Ge- schwindigkeitdes Wassers sich nicht verändert, entsteht eine Sandab- lagerung an den Stellen, wo das Bett sich verbreitet. Ist das Gefälle beträchtlich, so können sich die Sedimente nur dort am Boden an- häufen, wo Rückstau eintritt also hinter einem festen Gegenstande im Flußbette und an den toten Stellen in den Biegungswinkeln eines plötzlich sich verengenden Bettes oder infolge von Scha- rung, d. h. beim Zusammentreffen zweier konvergierender Strömungen. So kann eine Insel durch Ablagerungen nach oben infolge von Rück- stau und nach unten infolge von Scharung vergrößert werden. Sand- inseln bilden sich nach den Erfahrungen der Hydrotechniker in den meisten Fällen aus stromabwärts gerichteten Landzungen, deren Verbindung mit dem Ufer durchrissen wurde, oder bei der Durch- brechung einer Serpentine (S. 376). Diese aus losem Material auf- gehäuften Gebilde können natürlich wieder vom Wasser verschlungen werden, wenn nicht der Pflanzenwuchs, namentlich tiefer wurzelnde

Bäume, Halt gewähren. Die p-~-^,„_— .

Pflanzendecke hält auch das [ *^ _^

immer neu herbeigeschaffte Material fest, so daß sich die

Inselendhchauch über den Hoch- Fig. 112. Profil des Donaubettes unterhalb Wasserstand erhebt In tro- ^^^ Reichsbrücke bei Wien, nach Penck.

pischen Flüssen veranlaßt ^^' '' ^^^'^•

häufig auch Treibholz die Ent- stehung von Inseln oder gar geschlosseneu Wehren, da wegen des größeren spezifischen Gewichtes des Wurzelendes die Bäume eine schiefe Stellimg im Wasser einnehmen und leicht im Grunde sich festsetzen können.

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380 Die Dynamik des Landes.

In den beschriebenen Fällen wird entweder das Flußbett erhöht oder eine Insel gebildet oder das Ufer vergrößert Ahnlicher Art ist die Ablagerung im sog. Inundationsbette wenig tief eingeschnittener Ströme, das sie nur bei Hochwasser überschwemmen. Setzt der Mensch wie z. B. im unteren Polande der Ausbreitung des Hochwassers durch Dammbauten Schranken, so wird alles Material im Flußbette zurückbehalten und erhöht dasselbe stetig, so daß das Flußniveau oft mehrere Meter hoch über der umgebenden Niederung liegt Natürlich müssen auch die Dämme immer höher wachs^i, aber leider können sie das Kulturland zu ihren Füßen nicht immer vor dem Einbrüche des Wassers schützen.

Gebirgsbäche, die aus steilen Seitenthälem kommen, lagern fast ihr gesamtes Material beim Eintritte in das sanfter geneigte Haupt- thal in der Form von Schuttkegeln ab. Nebenflüsse, die ihre Sinkstoffe bis zur Mündung mitführen, werden hier gestaut und ge- zwungen, das Material im inneren Winkel der Mündungsstelle fallen zu lassen. Je mehr die Ablagerung wächst, desto weiter wird die Mündungsstelle nach abwärts verschoben. Die Nebenflüsse des Po zeigen diesen Vorgang in besonders prägnanter Weise; ja die Landzunge zwischen der Etsch und dem Po ist so rasch gewachsen, daß der tirolische Fluß aus dem Klientel seines einstigen Haupt- stromes entlassen wurde und nun parallel mit diesem in das Meer fließt«

Die Sedimente, die am Lande keine Ruhestätte finden, werden endlich in einem See oder im Meere abgelagert Daß selbst die langsam fließenden Ströme der Tiefebenen noch im stände sind Ma- terial iortzuschaffen, hat seinen Grund darin, daß sie in der Begel bis zu ihrem Ende Zuflüsse empfangen, imd daß zwei Flüsse nach ihrer Vereinigung niemals ein Bett Ton doppelter Breite einnehmen. Das Bett des Hauptflusses behält entweder seine frühere Breite bei oder verengt sich sogar, wie z. B. das des Mississippi von 1400 m in der Nähe der Ohiomündung bis 750 m zwischen CarroUton und der Deltagabelung. Tritt aber auch keine Verschmälerung ein, so muß sich doch die größere Wassermenge jetzt rascher bewegen, als vor Au&ahme des Nebenflusses, um so mehr als jetzt nur mehr die Reibung von zwei, statt von vier Ufern zu überwinden ist Mit der Gre- schwindigkeit wird aber auch die Transportkraft des Wassers ge- steigert

Die Menge der Sedimente, die die Flüsse teils in gelöstem Zustande, teils mechanisch mitführen, giebt uns eine Vorstellung von der allmählichen Zerstörung des Festlandes. Die Elbe bei Lobositz enthält nach Breitenlohner in 1 cbm Wasser 91,2 g ge-

Thalbildung durch Erosion. 381

loste und 103,8 g suspendierte Stoffe. Für das Jahr 1866 wurde das Gewicht der bei Lobositz Torbeigef&hrten Stoffe auf ca. 1170 "Mill, kg berechnet Die BeuB setzt nach Heim an ihrer Mündung im Tierwaldstätter See jährlich durchschnittlich 150000 cbm Ge- seliiebe ab; jeder Quadratkilometer ihres Flußgebietes verliert also jäbriich 242 cbm Material^ wodurch die Gebirgsoberääche in 4 Jahren und 1 Monat um 1 mm erniedrigt wird. Für ganz England be- rechnete Beabe einen Höhenverlust von 1 mm in 42^2 Jahren. r>er Vergleich dieser Zahlen lehrt uns, wie rasch die Zerstörung im Hochgebirge vor sich geht Nach Guppt beträgt die Anzahl der Jahre^ die zur Abtragung von 1 mm im ganzen Flußgebiet notwendig ist^ beim Po 2,4, Hoangho 4,6, Bhone 5,i, Ganges 7^, Jangtsekiang 12^6^ Mississippi 20,i, bei der Donau 23^ der Themse 32^2, beim Peiho *84,7, und beim Laplata 98,4. Wohl mit Eecht sagt Hbim: „Schließlich bleiben wir nach solchen Messungen und Betrachtungen unentschieden, ob wir sagen sollen: Die Verwitterung und Erosion ist ein Vorgang, der mit staunenerregender Schnellig- keit und Gewalt an der Umformung der Gebirge arbeitet, oder sollen wir sagen: Sie ist ein Vorgang, der fast unmerklich langsam arbeitet Beides ist wahr den ersteren Eindruck erlangen wir bei Betrachtung des Schutttransportes durch die Ströme, den letzteren im Anblick der viel gewaltigeren Masse des Gebirges/*

Litteraturnach weise. * Am ausführlichsten werden die Flüsse iu hydrotechnischen Werken behandelt Besonders zu empfehlen sind Haoek, Handbuch der Wasserbaukunst, Berlin 1871, und Franzius und Soknk, Wasser- bau, Leipzig 1884. Ausftihrlich auch in Pekcks Morphologie cit. S. 278. ' WosiKow, KHmate, dt S. 42. " BaüCKVBR, Klimaschwankungen dt S. 190. * BoüssniBSQ, Essai sur la th^orie des eauz courants in den M^moirs der fran- zSsischen Akademie der Wissenschaften 1877. ^ Von einem Ausnahmefalle handelt Henkel in Petermanns Mitteilungen 1889, S. 176.

Thalbildung dnrcli Erosion.^

' Ctosetae der Srosion. Die ersten Anfänge der Thalbildung durch Erofflon können wir nach jedem Kegengasse im Gebirge beobachten. Das abfließende Wasser hat sich Rinnsale im lockeren Boden aus- gegraben, die, wenn die Böschung nicht allzn steil ist, nicht direkt Ton der Höhe ins Thal hinanterziehen, sondern diagonal einander Zulaufen, um sich endhch zu einer einzigen Rinne zu vereinigen. Die Produkte seiner Zerstörung lagert es als Schuttkegel am Fuße des Gehänges ab und fließt in weit Terzweigten Wasserfäden über den« selben hin. Der Schuttkegel bildet den Unterlauf, alles übrige den

382

Die Dynamik des Landes.

Oberlauf des Wildbaches, während der Mittellauf nur auf einen Punkt zusammengedrängt ist. Nach den nächsten Eegengüssen finden wir das Bett im Oberlauf vertieft, den Schuttkegel erhöht^ und gleich- zeitig hat sich das Quellgebiet nach rückwärts erweitert Die Ero- sion bewirkt also nicht nur eine Vertiefung des einmal entstandenen Bettes, sondern auch eine Verlängerung desselben nach rückwärts. Die Erfahrung lehrt femer, daß Thäler unter einfachen Verhält- nissen im Längsprofile die Form einei; nach unten verflachen- den Kurve annehmen, und es ist auch leicht einzusehen, warum dies geschehen muß. Selbst wenn ein Fluß ursprünglich in einem Kanäle mit gleichmäßigem Gefälle sich bewegen würde, könnte dieses nicht erhalten bleiben, denn die Wassermenge nimmt nach unten zu

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Fig. 113. Langsprofil des Litzerbachthales bei Laas (Tirol). LSxige und Höhe im gleichen Maßstabe (Meter).

und damit auch die Arbeitsfähigkeit Im untersten Teile beginnt der Fluß einzuschneiden, und die Erosion schreitet stetig nach oben fort, aber nach Maßgabe der Wasserkraft Danach richtet sich das neue Gefälle ; es wird zwischen den einzelnen Teilen des Thaies das Gleichgewicht hergestellt sein, wenn sich oben mit geringster Wassermenge ein stärkstes Gefalle, unten mit größter Wassermenge ein schwächstes Gefälle paart.

Wenn aber auch allgemein anerkannt wird, daß die Thalkurve ein Erzeugnis der Flußerosion ist, so sind doch in ein paar Haupt- punkten die Meinungen noch geteilt Nach unserer Ansicht hat die Kurve zwei Fixpunkte, den Flußursprung ujid die Flußmündung vorausgesetzt natürlich, daß die Höhenlage dieser Punkte keinen anderweitigen Veränderungen unterliegt oder mit anderen Worten: die Ausgestaltung der Kurve hängt unter sonst gleichen Verhältnissen von dem Höhenunterschiede der beiden Fixpunkte ab. Nach Pm- LippsoN ist dieser Unterschied aber gleichgültig und wird die Kurve lediglich durch die Wassermenge bestimmt, so daß ihr oberer End- punkt nicht immer mit der Wasserscheide zusammenfällt, sondern bald über, bald unter derselben zu liegen kommt; femer hat Phiuppson

ThalbUdnng durch Erosion. 383

diejenige Kurve, bei der in allen Punkten die Wasserkraft die gleiche ist^ als Erosionsterminante bezeichnet, indem er voraussetzt, daß nsLcli Erreichung derselben die Erosion so gut wie erlösche. Dem gegenüber hat Penck^ daraufhingewiesen, daß erfahrungsgemäß noch Ströme mit einem Gefälle von weniger als Proz. „erstaunliche Sandmassen transportieren und oft große Löcher auskolken'^. „Die Erosion," sagt er, „hört erst dann aut, wenn die Gewässer so träge dahinschleichen, daß sie nicht mehr die feinsten Partikel zu ver- schleppen vermögen, welche sich im Laufe der Zeiten durch das Zusammenwirken der verschiedensten Kräfte aus ihrem Boden los- ösen/^ Man kann dies zugeben, aber doch die Frage aufwerfen, ob in einem so weit fortgeschrittenen Stadium auch die Tiefen- erosion oder nur mehr die Seitenerosion infolge wechselnder Serpen- tinenbildung wirksam sei.

Mit der Gestaltung des Längsprofils hängt offenbar auch die des Grundrisses zusammen. Gehen wir ein Erosionsthal hinauf so durchschneiden wir zunächst einen kanalartigen Einschnitt, die Klamm, ^ und gelangen endlich in eine muldenförmige Erweiterung, das Kar,^ wo sich die einzelnen Quellarme zu dem Bache ver- einigen. Die Steilheit des Gehänges bringt die spülende Kraft des Regenwassers zur vollen Entfaltung, die Erhebungen zwischen den einzelnen Wasserrillen werden einfach abgeschwemmt Derselbe Vorgang gestaltet auch die ursprünglich senkrechten Wände der Klamm um; sie nehmen eine Neigung an, die der Maximalböschung des betreffenden Materials entspricht

Dreifach ist also der Charakter des Erosionsthaies: im Grund- riß die Trichterform, im Längsprotil eine nach oben konkave Kurve, im Querprofil die V-Form.

Die letztere erhält sich freilich nur solange, als die Seitenerosion nicht Zur Geltung kommt Diese schiebt die Wände zurück und

schafft einen Thalboden, das Profil X/ wird in das Profil \ /

übergeführt, die Klamm hat sich in ein wirkliches Thal ver- wandelt Auch dieser Prozeß schreitet von unten nach oben fort ZelÜiche und räumliche Yariationen des Erosioiistypus. Von den beiden Kräften, die miteinander ringen, der Kohäsion und der Wasserkraft, ist die erstere für jedes Thal ein für allemal gegeben, die letztere aber periodischen Änderungen unterworfen. Sie ist bekanntlich ein Produkt von Wsussermenge und Geschwindigkeit, und nach beiden ^Richtungen können Veränderungen eintreten. Die Wassermenge wechselt mit den Jahreszeiten; nur das regelmäßige Hochwasser

X Beide Ausdrücke stammen aus den Alpen«

384 Die Dynamik dm Landes.

ist für die GestaJtang der Endkurve maßgebend , außei^e wohnliche Hochwässer bringen nur vorübergehende Störungen, die Perioden des Niedrigwassers sind Perioden des Stillstandes; ja stellenweise kann sogar Ablagerung eintreten, die das nachfolgende Hochwasser erst beiseite schaffen muB, ehe es an die Fortführung seiner Ero- sionsarbeit gehen kann. Von größerer Bedeutung sind aber lang- dauernde Klimaperioden, wie wir später sehen werden.

Auch die Geschwindigkeit, d. h. das Ge&Ile, kann sich ändern. Für jedes Thal ist der Mündungspimkt zunächst ein Fixpunkt, die Erosionsbasis, unter die auch der kräftigste Fluß nicht heranter- gehen kann. Wird aber nehmen wir an, nach Vollendung der Gleichgewichtskurve der Mündungspunkt durch äußere Kräfte erniedrigt oder gehoben, so treten sofort andere Bedingungen ein. In dem ersten Falle wird die Wasserkraft am Ende des Thaies ge- steigert, von neuem beginnt hier die Erosion und schreitet thalauf- wärts fort, bis die neue Kurve fertiggestellt ist Im zweiten Falle wird die Wasserkraft vermindert und kann die Schuttzofohr nicht mehr bewältigen; der Thalboden wird ausgefüllt und auch dieser Vorgang macht sich im Längsprofil des oberen Thalabschnittes geltend. Die letzte Erosionsbasis sämtlicher Flüsse ist der Meeren Spiegel; jede Niveauveränderung weckt mit der Zeit auch ein Echo in den entferntesten Gegenden an der Hauptwasserscheide des Fest- landes oder der InseL Erst paßt sich ihr der Hauptfluß an, dann dessen Nebenflüsse, dann deren Zuflüsse u. s. w. Geht die Niveau- veränderung allmählich vor sich, so kommt die Thalbildung niemals zur Ruhe, denn jeder Tag schafft neue Bedingungen, die freilich nur in ihrer Summierung große Wirkungen erzeugen können.

Unzählig sind die räumlichen Variationen. Selten ist in einem größeren Thale die Widerstandskraft des Gesteins überall die gleiche, und anders vollzieht sich die Erosionsarbeit im hori- zontal geschichteten Boden als in aufgerichteten Schichten, anders^ wenn der Fluß die letzteren durchquert, als wenn er in ihrer Streich- richtung sich bewegt Eine der merkwürdigsten E^rscheinungen ist die diagonale Stromzerlegung, die nach Gilbebts und t. Sicht- HOFENs Ansicht dadurch entsteht, daß der Fluß ein aus aufgerid»- teten härteren und weicheren Schichten bestehendes System diagonal durchschneidet, wobei er das Bestreben hat, in den weicheren Schichten möglichst lange zu verharren und die harten Schichten auf möglichst kurzem Wege zu durchqueren, so daß der Grundiiß einen ziekzackformigen, aus vielen kurzen Längs- und Qnerstrecken bestehenden Thallauf zeigt (Fig. 114). Im allgemeinen ist aber der Einfluß des Gesteins auf die Thalbildung noch wenig erforscht^ nur

Thalbildung durch Erosion.

385

Fig. 114. Diagonale Strom- zerleguDg nach v. Richthofen. (A=» harte, PF^ weiche Schichten.)

das eine läfit sich behaupten, daß der Härtegrad des Gesteins die Thalbildung verzögern, aber nicht aufhalten kann. Ist nur genügend Zeit gegeben, so siegt die Erosion unter allen Um- standen, aber die Übergangsformen bis zur Erreichung des Endgefälles werden durch die Verschiedenheit des Gresteins außerordentlich mannigfaltige. Wir haben bisher die Wasser- scheide als den oberen Fixpunkt des Thaies angesehen, aber dies ist nur insofern richtig, als man sie als Linie betrachtet In der Regel ist aber die Wasserscheide ein mehr oder minder breiter Bücken oder bei einem Einzel- berge ein Kegel oder eine Platte. Inner- halb einer solchen Fläche ist die wasserscheidende Linie durch die rückwärtsschreitende Erosion sehr wohl verrückbar. Es kommt dabei vor allem auf die Verteilung der Thäler an. Sind sie an beiden Seiten einer Erhebung

wechselständig ange- ordnet, wie in Fig. 115, so sucht jeder Fluß sie zu er- obern, jeder drängt die ur- sprünglich gerade Scheide- linie {ab) zurück, so daß sie die zickzackförmige Gestalt ABC annimmt Sind die Ver- hältnisse auf beiden Seiten die gleichen, so wird die Endge- stalt eine mehr oder minder

regelmäßige sein, im umgekehrten Falle werden den stärkeren Flüssen größere Ausbuchtungen der Scheidelinie entsprechen. Ist die eine Seite sehr regenreich im Vergleiche zur anderen, so kann eine allgemeine Verschiebung der wasserscheidenden Linie nach der Trockenseite erfolgen. Bei gegenständiger Thalanordnung, d. h. wenn zwei entgegengesetzt verlaufende Thäler mit ihren Sammel- becken an der Wasserscheide zusammenstoßen, kann das kräftigere Thal in das Quellgebiet des anderen übergreifen und sich dasselbe dienstbar machen. Man muß sich dabei vor Augen halten, daß in diesem Falle der wasserscheidende Rücken durch die beider- seitige Erosion immer mehr zugespitzt wird und dadurch der Verwitterung und der Erniedrigung durch die Schwerkraft, das

QoTAX, PhydBChe Erdkunde. 2. Aofl. 25

Fig. 115. Zickzackförmige WaBseracheide.

886 Die Dynamik de« Landes.

spülende Wasser, den schmelzenden Schnee u. s. w. rascher zum Opfer fällt

Auf ungleiche Erosion fährt Hilbeb^ auch die so häutige Asymmetrie der Thalgehänge zurück, vorausgesetzt, daß sie nicht in der Schichtenstellung begründet ist (wie in den Isoklinal- thälem, wovon später die Rede sein soll). Fig. 116 stellt das Quer- profil durch eine Reihe von ParaUelthälern dar, von denen jedes folgende tiefer eingeschnitten ist, als das vorhergehende. Thal T,

hat einen sanften Abhang

y4v X'\ ^^^ ^^^ linken, einen stei-

/ j Ny / j \ leren auf der rechten Seite

^ i ^N^S/^"^ ' \ / (^-^>^^)5 ^'^^ Rücken A \ I ^"^ I N?ä/ senkt sich steil zu Tj, all-

"/ c " s ' D mählicher zu T^ ab. Dort

Fig. 116. Asymmetrische Thaler. Hegt die Erosionsbasis höher

als hier (7\F>r,^), auf dem Abhänge AT^ wird daher kräftigere Denudation herrschen imd die Wasserscheide A gegen 7\ verrückt werden. Das ist ganz der gleiche Vorgang, wie wir ihn oben bei den gegenstandigen und wechselständigen Thälern kennen gelernt haben; man wird daher im allgemeinen sagen können: die Wasserscheide rückt stets nach der Seite der schwächeren Erosion.

Moderne Thalbildongen. Das Entstehen von Thälem durch Erosion wurde in geschichtlicher Zeit mehrfach beobachtet Im Vispthale wurde am rechtseitigen Gehänge zwischen Visp und Salden 1855 eine eisenhaltige Quelle eröffiiet, die sich zwei Jahre darauf bereits eine Schlucht ausgegraben hatte. 1865 war diese nach Lyells Bericht schon beträchtlich erweitert und hatte sich gleichzeitig nach rück- wärts bis in einen Weingarten verlängert, den sie nun entzweischnitt Ihre Breite betrug hier 37 m und ihre Tiefe ca. 4^/^ m. Derselbe Geo- loge erzählt auch von einer Thalbildung bei Milledgeville im Staate Georgia, wozu allerdings Klüfte von ca. 1 m Tiefe im abgeholzten Thonboden Veranlassung gegeben haben. Innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren waren sie zu einer Schlucht von 17m Tiefe, 274 m Länge und 6 55 m Breite ausgearbeitet worden. Häutig wurden auch Auswaschungen in losen vulkanischen Massen beobachtet; auf diese Weise entstand 1824 am Vesuv ein Thal von 7^2 m Tiefe in drei Tagen. In Südrußland sind viele Fälle bekannt, wo Karren- geleise zu Schluchten von 30 50 m Tiefe und mehreren Kilometer Jjänge erweitert wurden. Das sind Thalbildungen in lockerem Bo- den; seltener sind natürlich historische Nachrichten von solchen Elrscheinungen im festen Gestein. Ca. 5 km oberhalb Ademo am

Thalbildung durch Erosion.

387

Westabhange des Ätna versperrte ein Lavastrom 1603 dem Simeto den Weg. Bis zu Lyells Besuche im Jahre 1828 hatte der Fluß im verfestigten Gestein ein neues Thal von 1 5 bis ca. 1 00 m Breite und 12 15 m Tiefe ausgehöhlt. Nach Hoff hat auch das Flüß- chen Caltabianco in einem 396 v. Chr. ergossenen Lavastrom ein 4,3 m tiefes Thal sich eingegraben, und ähnliche Fälle werden von den vorgeschichtlichen Lavaergüssen in Zentralfrankreich erzählt.

Klammen und Canons. Die Anfänge der meisten Thäler liegen aber v^reit jenseit der Grenzen historischer Erinnerung, und nur im Laufe geologischer Zeiträume konnten so tiefe Einschnitte in Gebirgen und Plateaus, wie wir sie jetzt beobachten, entstehen. Aber viel- fach treten uns noch ^sichtbare Spuren der Krosion entgegen, und

wir können das fließende Wasser bei seiner Zerstörungs- arbeit belauschen. Von den zahlreichen Kinnen mit spiegelglatt polier- ten Wänden und von verschiedener Tiefe, die unscheinbare Wasser- faden in der harten Nagelfluh des Kigi bei Vitznau ausgemeißelt, und dieKüTmEYER* so anschaulich beschrie- ben hat, bis zu den

tiefen Klammen unserer Alpen, Montenegros, des Thüringer Waldes bei Eisenach etc., giebt es alle möglichen Übergänge. Eine der lehr- reichsten Bildungen dieser Art ist die Liechtensteinklamm, die der (Troß-Arlbach vor seinem Eintritte in das Salzachthal durchströmt (Fig. 117). Die Thalsohle ist zugleich das Flußbett, und wir können bequem beobachten, wie das Wasser die Felswände bearbeitet. Es glättet sie und meißelt durch rückläutige Strömung Nischen aus (Fig. 118). Bis über 300 m steigen die nur 2 4 m voneinander entfernten Wände über den Flußspiegel empor, und ihre Polie- rung, sowie die Nischen, die stellenweise noch Geröll enthalten und weit über dem Hochwasserstande sich befinden, geben uns die

25»

Fig. 117. Lieohtensteinklamm.

388 Die Dynamik des Landes.

Gewißheit, daß der Bach einst in einem höheren Niveau geriosen ist und die Thalsohle allmählich vertieft hat Nicht immer erhalten sich solche Spuren; früher oder später, je nach der Gesteinsart fallen sie der Verwitterung anheim, und endlich faßt auch die Vege- tation auf den einst spiegelglatten Wänden Fuß, die letzten Spuren verwischend und verhüllend. Die Böschung der Abhänge nähert sich immer mehr ihrem natürlichen Maximalwerte, und kein direktes

\ßr - ^^^^ Zeichen verrätunsmehrdenUrsprungdes Thaies. f^^f Glücklicherweise hat uns die Natur alle mög- ^ ^^m liehen Übergangsformen zwischen der Klamni ^^^K^ und dem fertigen Thale erhalten. Die Kitz- lochklamm befindet sich bereits im ersten Ver- witterungsstadium und die Steilwände der Gasteinerklamm (zwischen jener und der Liechtensteinklamm) tragen bereits eine Nissen. "> Rkhtung Pllanzendecke, aus der aber hier und da, der Strömung. freilich nur dem aufinerksamen Beobachter

sichtbar, eine Erosionsspur hervorlugt. In der Kranabetter Klamm bei Innsbruck sieht man alle drei Stadien nebeneinander.

Gleiche Gebilde, wie hier in aufgerichteten Schichten, schafft die Erosion auch in ungestörten. Der große Canon des westlichen Colorado ist in leicht nach Süden geneigten festen Gesteinsschichten eingeschnitten. Nach Duttons^ Untersuchungen begann die Erosion am Ende der Kreide- oder am Anfange der Tertiärzeit. Die tertiären. Kreide-, Jura- und Triasschichten wurden durch Denudation entfernt, und am Ende derMiocänperiode begann der Colorado sein Bett in Carbon einzuschneiden und ist bereits bis zur granitischen Unterlage fort- geschritten. Das 1800 m tiefe Thal ist im Querschnitte trichterförmig, d. h. es besteht aus einem breiten oberen und schmalen unteren Teile, wie auch manche Klammen der Alpen. Die steilen, oft senk- rechten Wände zeigen Glättung und Nischenbildung, die Sohle ist oft so schmal, daß sie vom Flusse ganz überschwemmt wird, imd wie bei den Klammen hat die Thallinie die Serpentinenform mit aus- und einspringenden Winkeln (Fig. 119). Die Canons sind aber nicht bloß dem Colorado eigentümlich. Auch der obere Missouri, der Rio grande del Norte, der Red River und Arkansas fließen teil- weise durch solche gigantische Klammen, und endlich finden wir solche (von 1500 1800 m Tiefe) auch im Scottgebirge nordwestlich der Sierra Nevada. Dutton betrachtete die Canons ursprünglich als die Thalform regenarmer Gebiete; als er aber später dieselben Bil-

Thalbildung durch Erosion.

389

dungen auf den hawaiischen Insehi kennen lernte, mußte er selbst seine Kinschränkung fallen lassen. Überall, wo die Tiefenerosion viel inten- siver arbeitet, als die Seitenerosion , ent- stehen Schluchten. Klammen , Canons ; aber die Steilheit der Thalwände erhält sich nur dort, wo diese Tor Abspülung

bewahrt bleiben. Das ist der FaU in trockenen Erd- strichen, wie im west- lichen Nordamerika, aber wiePENCxmit Recht betonte auch

im durchlässigen Gestein, besonders in klüftigen Sand- und Kalksteinen, die den Begen ver- schlucken. Das schöne Elbthal im Quadersandsteinge- biete der Sächsischen

Schweiz unter- scheidet sich von den amerikanischen Ca- nons in nichts, als

in den Dimensionen und in der Gesteinsbeschafienheit der Wände. Vereinzelten Erosionsspuren in verschiedenen Höhen über dem heutigen Flußspiegel begegnen wir häufig, sowohl im gefalteten wie im flachgeschichteten Gelände. Im Himalaja kann man sie bei kleineren Flüssen bis 400 m, selbst bis über 600 m und im oberen Lauf des Ganges, Sutlej und Indus bis zu 900 m über dem jetzigen Wassemiveau verfolgen. An den Gehängen des Elbthales oberhalb Dresden liegen Schotterbänke in verschiedenen Höhen, und im Nilthale kommt die Cyrena fluvialis, die noch jetzt den Strom bewohnt, 37 m über der Fluthöhe vor. Das sind unmittelbare Be- weise dafllr, daß die Flüsse sich allmählich ihre Thäler ausgehöhlt haben, und man muß dies besonders betonen, weil bis in die jüngste

Fig. 119. Marble Canon.

390 Die Dynamik des Landes.

Zeit die Meinung herrschte, die Gebirgsthäler seien ursprüngliche Spalten, und DAUBRfiE selbst im nicht dislozierten Gelände in den Flußläufen nur ein Netz sich kreuzender Spalten zu erkennen glaubte. Terrassenbildung. Die Mehrzahl der Thäler kann aber direkte Zeichen ihres Erosionsursprungs nicht mehr aufweisen. Verwittenings- erde bedeckt die mehr oder minder sanft ansteigenden Gehänge, und Flußsedimente, Schutthalden, Ablagerungen von Bergstürzen u. s. w. verhüllen die felsige Unterlage der Thalsohle, die der Fluß höchstens bei außerordentlichem Hochwasser noch in der ganzen Breite überschwemmt. Glücklicherweise hat uns aber die Erosions- arbeit ungezählter Jahrtausende in den Terrassen und Thal- stufen ein untrügliches Merkmal hinterlassen, dessen theoretische Erkenntnis sich allerdings erst in unseren Tagen vorurteilslosen Forschern erschlossen hat.

Den Ausdruck „Terrasse" beschränken wir auf die mehr oder weniger horizontalen Stufen der Thalgehänge. Sie treten in zwei, genetisch verschiedenen Formen auf: als Ausfüllungs- und Fels- terrassen. Die einfachste Art der erstgenannten Kategorie sind die Inundationsterrassen, wie sie Fig. 120 in einem Querschnitte darstellt. Das Felsbett wurde einst mit Sedimenten ausgefüllt^ in welchen der zu neuer Erosionsarbeit angeregte Fluß ein Bett sich grub. Bei gewöhnlichem Wasserstande benutzt er die Rinne A, bei Hochwasser aber füllt er das Thal bis J und / aus. Nur auf einer oder auf beiden Seiten blieben Terrassen als Denudationsreste zurück, bald durch neue Absätze erweitert, bald durch seitliche Erosion

verkleinert. In vielen Thälem sind in den ehemaligen Flußabsatzen mehrere Terrassen übereinander ausgegraben, und die höheren reichen weit über die höchsten.

Flg. 120. iDundationsterrassen. . , . , , -«tt i '

jetzt vorkommenden Wasserstände des Flusses hinaus. Das Ausfüllungsmaterial dieser Diluvial- terrassen stammt aus der Eiszeit, und sie sind auch nur auf ehe- mals vergletscherte oder ihnen benachbarte Gebiete beschränkt. In einem großen Teile von Nordamerika innerhalb der Driftgrenze und etwas südlich davon wurden in der Champlainperiode, die die zweite Eiszeit abschließt, die Thäler (mit Ausnahme derjenigen im Hoch- gebirge) mit großen Massen von Sand und Schotter, die die Schmelz- wässer des Inlandeises herbeiführten, angefüllt. Die darauffolgende negative Niveauveränderung (vgl. S. 289) verlegte die Mündungs- stellen der Flüsse ruckweise in immer tiefere Niveaus, und zwang dadurch die Flüsse ihr Bett immer tiefer einzuschneiden, während

Thalbildung durch Erosion.

391

sie in ruhigen Zwischenpausen Zeit fanden, es zu erweitern. Solche Terrassen, wie sie Fig. 121 zeigt, erstrecken sich viele Kilo- meter weit an den Ufern der nordamerikanischen Flüsse, freilich nicht immer mit gleicher Regelmäßigkeit, sei es, daß die Ausfiillungs- inasse schon ursprünglich ungleichmäßig verteilt war, sei es, daß die

Fi^. 121. Terrassen des Connecticut, südl. von Hannover (New-Hampshlre),

nach Dana.

Erosion an einigen Stellen mehr zerstörte als an anderen. Auch in Mitteleuropa sind diluviale Schotterterrassen eine weitverbreitete Erscheinung. Sie sind nach Penck in den wasserreichen Perioden des Gletschervorstoßes abgelagert und in Perioden schwächerer Strom-

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Jf L v e- au

Flg. 122. I^ngenpro61 des Benßthales. Höhen Dl aßstab fünfmal großer als der LÄngenmaßstab.

thätigkeit wieder erodiert worden. In allen diesen Fällen erzählen uns die Terrassen nichts von der ursprüngUchen Geschichte des Thaies, sondern nur von einer Episode in der Entwicklung desselben. Durch die neubelebte Erosion wurde das frühere Niveau der Sohle nur zurückgewonnen, oder dieses Ziel wenigstens angestrebt .

392 Die Dynamik des Landes.

Etwas anderes lehren uns die Feister rassen und die ihnen entsprechenden Thal stufen, über deren Vorkommen in der Schweiz Heim und Bodmeb eingehende Untersuchungen angestellt haben.* Die Betrachtung der einzelen Profile wird uns zunächst über die thatsächlichen Verhältnisse aufklären. Wie zahlreiche Alpenthäler hat auch das Reußthal ein gebrochenes Längsprofil (Fig. 122), in dem sich das normale gleichsam mehrmals wiederholt Auf das breite sanft geneigte ürserenthal folgt die wilde Schellenenschlucht, dann folgen rasch Thalstücke mit wechselndem Charakter, und end- lich das ausgedehnte Auflagerungsgebiet von Amsteg bis zur Mün- dung der Reuß in den Umer See. In anderen Alpenthälem ist der

Fig. 123. Querprofile des Reußthales nach Heim, a nahe bei Ältdorf, b nahe

Gosehenen, c im IJnerenthal. (Die romischen Zahlen bedeuten Thalstnfen, wie in

Fig. 122) und die arabischen die ihnen entsprechenden Terrassen.)

Stufenbau noch ausgeprägter, so z. B. im Gasteinerthal, wo drei Stufen ^ mit sanftem Gefälle und beckenartiger Erweiterung mit ein- ander und mit der Mündungsstufe durch steile Klammen oder durch Gefällsbrüche und Wasserfälle verbunden sind. Dagegen zeigt uns das Reußthal an mehreren Stellen, wie. oberhalb Amsteg oder in der Schellenenschlucht (s. Profil b in Fig. 123), die Entstehung der Terrassen aus Thalstufen. Indem das Wasser^ durch irgend einen umstand zu erneuter Thätigkeit gezwungen, eine tiefe Schlucht in dem alten Thalboden ausarbeitet, bleiben Reste des letzteren als Terrassen an einem oder an beiden Gehängen zurück. Erlahmt die Erosionskraft, so hört die Tieferlegung der neuen Thalsohle auf, und es beginnt die Verbreiterung derselben, wodurch natürlich die Ter- rassen immer mehr beschränkt werden. Außerdem arbeiten auch Verwitterung, Seitenbäche, Muren, Bergstürze^ Lawinen u. s. w. an ihrer Zerstörung; und wir dürfen ims daher nicht wundem, wenn

Höhe der Stufe Mündung bei Land 687 m hoch

1. Stufe, Becken von Gastein , 840 208 m

2. ,, Böckstein 1080 240 8. Naßfeld 1640 560

Thalbildung durch Erosion. 398

^wrir diese Beste alter Thalböden nur noch stellenweise an den Ge- hängen finden. Ebenso ist es erklärlich, daß die oberen und daher älteren Terrassen weniger gut erhalten sind^ als die unteren und jtingeren.

Vereinigen wir die Terrassen und die etwa noch vorhandenen Thalstufen, die annähernd im gleichen Niveau liegen, miteinander, so erhalten wir verschiedene Thalböden, die unter sanften Winkeln thalabwärts sich neigen (die punktierten Linien in Fig. 122). Im Eeuß- thale unterscheidet man vier solche, in 2200—1900, 1600—1400, 1200—900 und 900— 600 m Höhe; der unterste Thalboden, von Amsteg bis Flüelen (in 536 437 m Höhe) hat natürlich noch keine Terrassen gebildet. Es würde das aber sofort geschehen, wenn die Mündungsstelle in ein tieferes Niveau verlegt würde. Wir können diesen Prozeß in den Seitenthälern des unteren Reußthales verfolgen. Die kleineren und daher wasserärmeren Nebenbäche konnten in ihrer Erosionsarbeit mit dem Hauptflusse nicht gleichen Schritt halten; ihre Mündungsstellen liegen daher in beträchtlicher Höhe über der Sohle des Hauptthaies, und zwar in um so größerer, je näher sie dem Ausgang des letzteren liegen. In Kaskaden und Wasserfällen stürzen sie in das Beußthal hinab. Aber indem die Erosion immer weiter nach rückwärts einschneidet, nähert sich das Niveau der Sohle im unteren Teile des Nebenthaies immer mehr dem der Mün- dungsstelle im Hauptthale.

Auf den Thalstufen herrscht jetzt Ruhe, in den Absätzen der- selben aber ununterbrochene Bewegung. Das Niveau V schreitet gegen IV, IV gegen III, III gegen II fort Das Endprodukt wäre eine normale Kurve. Gestört würde dieser Prozeß nur, wenn die Mündungsstelle schneller, als ihr die Erosion zu folgen vermöchte, durch Bodenbewegungen tiefer gelegt oder das Thal gehoben oder die Wassermenge des Flusses durch eine Klimaänderung vermehrt würde. Derartige Ereignisse müssen einst stattgefunden haben; höchst wahrscheinlich waren es absolute oder relative Niveauver- änderungen der Mündung, die (Fig. 122) von 1 nach 2 und so fort bis zur heutigen Stelle herabrückte. Die Stufen- und Terrassenober- flächen entsprechen Ruhepausen, die Absätze Bewegungsperioden. Die Nebenthäler nehmen selbstverständlich an den Veränderungen des Hauptthaies Teil, daher ihre Terrassen und Stufen denen des letzteren entsprechen, während verschiedene Flußgebiete in der Höhenlage und Zahl ihrer Stufen und Terrassen voneinander ab- weichen. Hier haben wir also, wenn die Deutung der Schweizer Geologen richtig ist, einen sicheren Beweis fiir die allmähliche Aus-

394 Die Dynamik des Landes.

höhlung des Thaies.^ Untersuchungen über die Verbreitung der Felsterrassenbildung werden eine der Hauptaufgaben der nächsten Zeit sein, da sie für die Thalbildungstheorie die wichtigsten Auf- schlüsse versprechen; leider scheinen manche Thäler, wie z. B. die Bosniens und Griechenlands, auch dieses Beweismittels gänzlich zu entbehren.

Manchmal vereinigen sich Fels- und Diluvialterrassen, wie z. B- im Unterinnthale in Tirol.' Am Südabhange erblicken wir eine breite Felsterrasse, die Dörfer (Laas) und Felder trägt; an den Nordabhang lehnen sich Diluvialterrassen und Reste eiszeitlicher Moränen. Die älteste Moräne (2) liegt hier in geringer Höhe über dem heutigen Innthale, an einer anderen Stelle im lliale selbst,

Fig. 124. Innthal bei Innsbruck nach Blaas. 1 Grundgebirge, 2 Untere Moräne. 3 Breccien und Konglomerate (untere Flußablagerungen und deren Äquivalente), 4 mitt- lere Flußablagerungen, 5 oberste Moräne, 6 obere Flußablagerungen, 7 moderne Flnß-

ablagerungen.

woraus, mit unzweifelhafter Gewißheit hervorgeht, daß die Felster- rasse von Laas einer sehr alten Zeit angehört und daß bei dem Ein- tritte der diluvialen Vergletscherung das Thal bereits seine jetzige Tiefe erreicht hatte. Ein mächtig angeschwollener Strom, der Vor- bote des heranrückenden Gletschers, verschüttete es mit seinen Sauden und Gerollen, über die dann der Gletscher seine Grundmoräne hin- wegschob, bis endlich nach seinem Schwinden ein geschiebearmer Fluß die alten Ausfüllungsmassen bis auf wenige Eeste an den Rändern wieder wegräumte. Dieser Prozeß hat sich seit Beginn der Eiszeit dreimal wiederholt

Tektonische und AbdämmongsBtnfen. Im Gegensatze zu den Verwitterungsterrassen nimmt die Bildung der Erosionsterrassen auf die Härte des Gesteins keine Rücksicht. Nur dort, wo die Erosion langsamer arbeitet, finden die härteren Gesteinspartien Zeit, ihre Widerstandskraft zur Geltung zu bringen. In diesem Falle ent- sprechen die steilen Thalengen den härteren und die Thalstufen den

X In neuester Zeit hat allerdings Löwl (in den Verhandlungeu der Wiener Geologischen Reichsanstalt, 1894, S. 470 f.) Bedenken gegen die Auffassung der Schweizer Geologen ausgesprochen. Es muß aber wohl noch die Antwort der letzteren abgewartet werden.

Thalbildung durch Erosion. 395

^weicheren Schichten. Diese tektonischen Stufen, wie Löwl sie nennt« sind zwar auch Zeugen der Erosion, aber sie vermögen Ter- rassen durch das ganze Thal hindurch nur dann hervorzubringen, wenn der Eiegel an der Mündung sich befindet. Wesentlich ver- schieden von den Stufen, die in der ursprünglichen Thalunterlage aixsgearbeitet wurden, sind die sehr häufig vorkommenden Abdäm- mnngsstufen. Bergstürze, alte Endmoränen, oder rasch wachsende Schuttkegel der Nebenbäche stauen den Hauptfluß zu einem See auf: ein Ereignis, von dem uns die Geschichte der Hochgebirgs- länder wiederholt erzählt. Ist der Damm solid genüge um dem Wasserdrucke dauernd Widerstand zu leisten, so wird der See all- mählich ausgefüllt und bildet dann eine Thalebene, die durch eine steile, in den Damm eingerissene Schlucht mit der nächsten Stufe in Verbindung steht. Im Vintschgau wiederholte sich dieser Prozeß nachweisbar viermal und erzeugte dadurch einen scharf ausgeprägten Stufenbau. ^ Werden diese Thalebenen später durchschnitten, so entstehen Terrassen, die mit den Ausfüllungsterrassen in allen wesent- lichen Punkten übereinstimmen.

Wasserfalle. Eines der landschaftlich bedeutsamsten Phänomene unfertiger Thäler, nämlich der Wasserfälle, wurde T)ereits vorüber- gehend gedacht. Man kann Mündungs- und Thalfälle unter- scheiden; der untere Gasteiner Fall gehört beispielsweise zur ersten, der obere zur zweiten Kategorie. Jeder Mündungsfall schreitet zu- rück, wird in ein hinteres Thalstück verlegt und dadurch zu einem Thalfalle. An dem unteren Qasteiner Falle kann man die Anfänge dieses Prozesses gut beobachten. Nicht alle Thalfälle aber waren einst Mündungsfälle, sondern sie können auch mit der Bildung tektonischer oder Ausfiillungsstufen zusammenhängen.

Der Wasserfall ist der Ausdruck des denkbar größten Gefälles. Stets ist aber fließendes Wasser bestrebt, das Gefälle zu mäßigen.

1. Stufe, Seen

Maiser Heide

2. Stafe, Glarnser Ebene

Schlanderser Kegel

3. Stufe, £bene zwischen Göflan und Latsch .

Tarscher Kegel

4. Stufe, Ebene zwischen Marein und Stäben .

Tablander Kegel

5. Stufe, Ebene zwischen Natums und Rabland

TöU-Kegel

MitUere

Seehdhe

in m

Abstand des höchsten Tom tiefsten Thal- punkt in m

Mitüeres GefSlle

1472

61

0*^23'

534

2 36

884

58

0 12

174

1 20

668

37

0 21

54

1 18

577

36

0 21

45

1 3

504

13

0 20

173

4 5

396 Die Dynamik des Landes.

die Gleichgewichtslinie der Thalsohle herzasteilen. Stark geneigt« Schichten setzen ihm in der Regel kein Hindernis entgegen. Indem es einerseits in den Boden einschneidet, anderseits den Band ab- schleift und abbröckelt, wird der Neigungswinkel der Sohle immer kleiner. Das Wasser, das irüher in einem einzigen Strahle über die senkrechte Felswand sich herabstürzte, löst sich in eine stufenförmige Reihe von Fällen Kaskaden auf, und da bei jedem einzelnen Fall dieselbe Arbeit sich wiederholt, so entstehen aus Kaskaden Katarakte. Haben sich endlich die Böschungen soweit gemildert^ daß das Wasser nicht mehr fällt, wohl aber noch pfeilschnell dahin- schießt, so ist der einstige Wasserfall bei dem letzten Akte seiner Ent- wicklungsgeschichte angelangt: bei dem Stadium der Stromschnellen. Solche können übrigens auch selbständig entstehen durch Fels- stürze, deren gewaltige Trümmer im Flußbette sich verbreiten.

In horizontalen oder schwach geneigten Schichten findet der geschilderte Umwandlungsprozeß nur dann statt, wenn das Material gleichmäßig ist oder die Härte der Gesteine von oben nach unten zunimmt. Der Geneseefall bei Rochester in Nordamerika (Fig. 125) ist bereits in das Stadium der Kaskaden eingetreten. Dagegen be- steht die 49 m hohe Felswand, über die der Niagara sich stürzt, in den oberen Partien aus hartem Kalkstein und in den unteren aus weichen Schiefern (Fig. 126). Diese werden durch die wirbelnden

Wassermassen am Fuße des Falles ausgewaschen, der Kalkstein bricht stückweise herunter, und -der Wasser- fall schreitet langsam thalaufwärts fort Bis jetzt hat er einen Weg von 12 km Fig. 125. Profil des Genesee-FaUes zurückgelegt und sich dadurch aus naohDANA. A;« Kalk, 5cA= Schiefer- einem Mündungsfalle (bei Queenstown) thon, g. ^g™« Band, s^ j^^ ^^^^^ Thalfall verwandelt^ Ana- loge Erscheinungen weist das esth- ländische Kalkplateau auf; die Fälle der Narowa, des Jagowal u. a. sind seit einem Menschenalter schon beträchtlich thalaufwärts gerückt Einige Wassertälle zeichnen sich durch ihre Höhe aus (als höchster gilt der Yosemitefall in der califomischen Sierra Nevada 680 m hoch), andere, wie der Rheinfall bei Schaffhausen, der Niagara^ faU, der Victoriafall des Sambesi u. a., durch ihre Wassermasse.

X Genauere Ennittelungen sind erst seit 1842 möglich, wo die Fille nun erstenmal sorgfältig aufgenommen wurden. Bis 1890 war der canadische Fall um 81,86, der amerikanische um 9,87 m zurückgegangen.' Eine Berechnung des Alters des Niagarafalles IftBt sich aber darauf nicht gründen, weil sich nicht voraussetzen läßt, daß der Rückgang gleichmäßig erfolgte.

Thalbildung durch Erosion. 397

Häufig greift die Erosion nicht gleichmäßig die Gesteinsunterhige an; es bleiben dann Felsreste im Bette zurück, und der Fall teilt sich in Arme (z. B. der Rheinfall). Unzählig sind solche Felsklippen in den Katarakten des Nil oder in den Stromschnellen des Orinoco bei Maypures.

Gletsohererosion. Neben dem fließenden Wasser schreiben viele Forscher auch den Gletschern thalbildende Kraft zu. Die Beob- achtung in yerlassenen Gletschergebieten lehrt uns, daß die Eis- ströme die Tendenz haben, die Unebenheiten zu beseitigen und die £cken abzurunden, und daß sie daher ihre Unterlage wie ihre Seiten wände glätten. Es leugnet auch niemand, daß sie auf die Form der Gehänge einen bestimmenden Einfluß ausüben; oberhalb der diluvialen Gletschergrenze sind die Formen eckig, unterhalb derselben gerundet Es muß aber auch jeder zugestehen, daß Po- lierung der Felsen mit Fortführung von Material, also mit Erosion verbunden ist Aus den Experimenten von Blümcke und Finstbe-

Nord. Süd.

Ontorio-See Queenstown NUgara-Fall Erie-See

Fig. 126. Der Niagaraflaß and seine Falle. s Weiche Oneida- and Medina-Sandsteine und Clinton-Orappe. i Weiche Niagara- Schiefer, k Harter Niagara-Kalkstein.

WALDBB* geht femer hervor, daß in Eis gebettete Gesteine unter wechselndem Drucke, der bald Gefirieren, bald Ver.flii8sigung des Eises bewirkt, sich genau so verhalten, wie Gesteine an der Oberfläche, d. h. es erfolgt nicht nur eine Zersprengung der Gesteine unter der Ein- wirkung des Gefrierens und Wiederauftauens des Spaltenwassers, son- dern es werden auch, wie bei der gewöhnlichen Verwitterung, feine Partikelchen losgelost Nimmt man an, daß ein und derselbe Punkt des Gletßcherbodens bei dem Vorüberschreiten des Eisstromes unter wechselnden Druck gelangt, so muß man zugestehen, daß die Verwitte- rung auch unter dem Gletscher noch fortarbeitet Man ersieht daraus, wases mit dem oft wiederholten Satze, daß der Gletscher konserviere, auf sich hat Die Verwitterungs- und Erosionsprodukte in Verbin- dung mit dem von den Oberflächenmoränen stammenden Schutte liefern die enormen Schlammmassen, die der milchigtrübe Gletscher- bach abwärts schafft, und Penck hat daraus berechnet, daß das Grebiet des Unteraargletschers in ca. 1 ^/^ Jahren um 1 mm erniedrigt wird. Kann also die erodierende Kraft der Gletscher nicht geleugnet werden, so muß man sich doch stets vor Augen halten, daß Gletscher

398 l>ie Dynamik des Landes.

anders arbeiten als fließendes Wasser. Jene bewegen sich ungleich langsamer, aber sie entfalten über einem Punkte eine größere Masse, wenn auch an eine Zerquetschung und Zertrümmerung der Gesteins- unterlage selbst durch den mächtigsten Eisstrom nicht gedacht werden darf. Der Fluß wirkt ferner nur entlang einer Linie ver- tiefend, der Gletscher aber auf Flächen. Niemals wird eine Eis- masse nach Art des grönländischen Inlandeises, die sich über eine schiefe Eben© bewegt, ein Thal aushöhlen können, vorausgesetzt, daß der Boden überall gleichen Widerstand bietet. Doch ist der Fall denkbar, daß entlang einer Spalte die Verwitterung bis in ziemliche Tiefen vorgearbeitet hat, und damit würde dem Eise die Möglichkeit geboten sein, seine erodierende Kraft auf eine Linie zu konzentrieren. Vielleicht sind manche polare Thalbildungen auf diese Weise zu erklären, aber jedenfalls nicht die Thäler unserer einst vergletscherten Hochgebirge. Diese sind mit Bestimmtheit älter, als die diluvialen Gletscher.^ Aber überall, wo ein Gletscher ein Thal vorfindet, wirkt er unzweifelhaft umgestaltend. Er erodiert zu- gleich nach der Tiefe und nach den Seiten, er ist gleichsam be- strebt, die Thalwände auseinanderzuschieben. Beide Medien stimmen aber darin überein, daß sie, je nach dem Gefälle, bald erodieren, bald ablagern. Das Vorhandensein loser Massen in verlassenen Gletscherbetten beweist also nichts gegen die Erosion.

Genetische Einteilung der Thäler. Die Allgewalt der Erosion findet ihren prägnantesten Ausdruck darin, daß an den Regenseiten der Kettengebirge die Thalbildung entwickelter ist und tiefer in das Gebirge eindringt, als auf der Leeseite. ^^ Je schärfer der klima- tische Gegensatz, desto ausgeprägter der Gegensatz der Gliederung. Während der Nordabhang des Eibursgebirges von tiefen Thälem durchfurcht ist, ist der südliche ein einziger schroflfer Abhang ohne eigentlichen Fluß. Selbst in unseren niederschlagsreichen Gegenden läßt sich der klimatische Einfluß auf den Erosionsprozeß manchmal nachweisen; so berichtet z. B. de Lamblabdie, daß alle Th&ler der hohen Normandie, die mehr oder minder senkrecht vom Begenwind getroffen werden, steiler und tiefer eingeschnitten sind, als die anderen.

Die Frage nach dem Ursprung der Thäler ist aber häufig mit der Frage nach der Ausbildung derselben verwechselt worden. Ursprüngliche Thäler, d. h. Hohlformen, die lediglich durch den Bau des Bodens bedingt sind und an deren Ausgestaltung die Erosion nur einen geringfllgigen Anteil hat, sind verhältnismäßig

X Man vergleiche, was auf S. 894 über das Innthal gesagt wurde.

Thalbildung durch Erosion. 399

selten. Wir kennen nur drei Arten: Mulden-, Senkungs- und

interkolline Thäler. Die ersteren, in den Mulden der Schichten-

falten gelegen, sind verhältnismäßig selten und wohl kaum je in

ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten, so daß man im Zweifel sein

kann, ob man sie zu den ursprünglichen Thälem rechnen darf.

Die Senkimgsthäler nehmen, wie beispielsweise das Oberrheinthal,

eine Mittelstellung zwischen Thal und Ebene ein und werden besser

der letzteren morphologischen Kategorie zugezählt. Interkolline

Thäler liegen zwischen zwei selbständigen Gebirgen, die niemals

oder wenigstens nie vollständig zusammenhingen. Sie sind also

im Gegensatze zu allen anderen Thälem primäre Gebilde, wie die

Gebirge selbst, die sie einschließen. So ist in der Wetterau ein

Teil der hessischen Senke als Thal übriggeblieben, als im Osten

des Taunus vulkanische Ausbrüche das Vogelsgebirge schufen. Auch

in diesen Fällen ist es manchmal schwierig, zwischen Thal und

Ebene zu unterscheiden.

Alle übrigen Thäler können wir als Erosions thäler bezeich- nen, insofern wir darunter Thäler verstehen, die ihre heutige Aus- bildung der Erosion verdanken. Als solche verraten sie sich namentlich durch drei Merkmale: 1). durch ein Längsprofil, das mehr oder weniger der Gleichgewichtskurve ähnlich ist Gebrochene Kurven sind, wie wir gesehen haben, nur Übergangsstadien; das Fehlen der Rückwand im Quellgebiet deutet, wie wir bei einer anderen Gelegenheit ausführen werden, auf gewisse Vorgänge in der Entwicklungsgeschichte des Thaies hin. 2). Durch den mehr oder weniger gewundenen Lauf des Thaies, so daß in der Regel das kulissenartige Ineinanderschieben der Seitengehänge uns hindert, das ganze Thal zu überblicken. Solch ein Verlauf entspricht ganz der Tendenz der Flüsse zu Umwegen, ja manche Thäler, wie be- sonders das der Mosel, zeigen ausgesprochene Serpentinen, und es fehlen dann auch nicht tote Thalstrecken, die im Gebirge das Alt- wasser der Ebene vertreten. 3). Durch die Verästelung im obersten Thalgebiete. Ein Thal löst sich am oberen Ende in zwei unter einem spitzen Winkel zusammenstoßende Quellthäler auf, diese wieder in zwei, diese abermals u. s. w. Ein solches Thal endigt also nicht mit einem, sondern mit mehreren Karen, aber die Ver- zweigung ist genau derselbe Vorgang, der zur Bildung eines Kars führt Keines dieser Merkmale läßt sich durch die Annahme er- klären, daß die Thäler tiefe Spaltenaufrisse seien.

Anders gestaltet sich aber das Problem, wenn wir die Frage stellen, warum ein Erosionsthal gerade an dieser Stelle sich entwickelt hat Es unterliegt keinem Zweifel, daß die ursprüngliche Anlage zahl-

400 Die Dynamik des Landes.

reicher Thäler im Bodenbaue begrilndet war, der den erodierenden Kräften eine bestimmte Richtung anwies. Neben diesen tek- tonischen Thälern giebt es aber viele andere, bei denen sich kein Zusammenhang mit geologischen Verhältnissen nachweisen läßt, wohl aber mit hypsometrischen, insofern sie der Hauptabdachung eines Gebirges oder einer schiefen Ebene folgen. Wir nennen sie Abdachungs- oder orographische Thäler. Es bleibt jedem unbenommen sich vorzustellen, daß gelegentliche Risse und Elüfte die ersten atmosphärischen Niederschläge da oder dort zu Wasser- fäden gesammelt haben, aber es muß betont werden, daß bei dem gänzlichen Mangel an oberflächlichen Klüften das fließende Wasser die gleiche Richtung nehmen und in derselben Thäler aushöhlen mußte. Es giebt aber endlich auch unzweifelhafte Elrosionsthäler. die sowohl mit den tektonischen, als mit den hypsometrischen Be- dingungen im Widerspruche stehen. Zur Erklärung dieser rätsel- haften Gebilde nimmt v. Ricbt- ^!^^^^:^==^^^ HÖFEN an, daß sie zu einer Zeit entstanden, als das heutige Gebirge noch mit einer flachen Sediment- decke verhüllt war. Die Flüsse folgten der Abdachung der alten Oberfläche ^^\}^L 5-''if """^If^^^ ^^"i^iit"^^^ und konnten sich in der ursprüng-

a 6 alte Oberflache, c(/ jetzige Oberfläche. t». v. t_ i

Das epigenetische Thal tf stammt aus liehen Richtung erhalten, wenn sie der Zeit von ab und folgte der Ab- gjch ZU der Zeit, da die Sedimentr

dachnng von a nach 6, entspricht aber j i i t\ j j^ r\ r

nicht derOberflacheoTTd, die zwei Thäler ^öcke der Denudation zum Opfer Ton tp nach o und d erfordern würde, flel, schon genügend tief in den alten

Untergrund, d. h. in die jetzige Ober- fläche eingefressen hatten (s. Fig. 127). v. Richthoekn nannte diese Thalbildung eine epigenetische.

Das System der Thäler ist also folgendes:

1. Ursprüngliche Thäler,

a) Muldenthäler,

b) Senkungsthäler,

c) Interkolline Thäler;

2. Erosionsthäler^

a) Orographische Thäler,

b) Tektonische Thäler,

c) Epigenetische Thäler.

Die Kategorie der Verwitterungsthäler, von denen wir bei der Gletschererosion sprachen, lassen wir vorläufig als problematisch außer Betracht.

Deltabildungen.

401

Litteraturnachweise. * Rütdieteb, Über Thal- u. Seebildung , Basel 1869. SupAN, Thalbildungen des östlichen Graubündens u. d. Tiroler Zentral- alpen, in d. Mitteilungen d. Wiener Geographischen Gesellschaft 1877. Löwl, Über Thalbildung, Prag 1884. Philippson, Ein Beitrag zur Erosionstheorie, in Petesmanns Mitteilungen 1886; Studien über Wasserscheiden in den Mit- teilungen des Vereins für Erdkunde in Leipzig 1886. De la Noe und De Margebie, Les formes du terrain, Paris 1888 (handelt hauptsächlich von der Eroaion und enthält sehr lehrreiche Abbildungen). Penck, Das Endziel der Erosion u. Denudation, in den Verhandlungen d. VUI. deutschen Geographen- tages, Berlin 1889. Hilbeb, Asymmetrische Thäler, in Petebmanns Mit- teilungen 1886. * ROtimeteb, Der Rigiberg, Basel 1877. * Dutton, Tertiary History of the Grand Canon District, Washington 1882. Heim, Die Erosion im Gebiete der Reuß, im Jahrbuch des Schweizer Alpenklub 1878 79. Bodmeb, Terrassen und Thalstufen der Schweiz, {Zürich 1880. ' Blaas, Die Glazial- formation im Innthale, Innsbruck 1885. ^ Über den Niagarafall s. Journal of the American Geographical Society, 1891, S. 212. BLttMCKE u. Finsteb- walder, Zur Frage der Gletschererosion, in d. Sitzungsberichten d. bayerischen Akademie d. Wissenschaften, Mathem.-physik. Klasse 1890. v. Dbtgalski, Ein typisches P^ordthal, in der RiCHTHOPEN-Festschrift 1893. " Krümmbl, Ein- seitige Erosion, im „Ausland^^ 1882.

Deltabildxingen. ^

Mündnngsformen der Flüsse. Wie sich in der Thalbildung die zerstörende Kraft des fließenden Wassers geographisch am wirk-

Fig. 128. Nildelta nach R. Cbbdner.

samsten äußert, so in der Deltabüdung seine aufbauende E^raft. Wenn ein Fluß in ein ruhendes Wasser mündet, so tritt nicht so-

SUPAX , Phjsische Erdkunde. 2. Aufl. 26

402

Die Dynamik des Landes.

gleich eine Vermischung ein, sondern er behält vermöge seiner Stoßkraft noch einige Zeit den Charakter einer selbständigen Masse bei. Im Meere und in Salzseen kommt noch der Umstand hinzu,

Fig. 129. Mississippidelta nach R. CitEDNBR.

daß das süße Flußwasser wie Öl auf dem schweren Salzwasser schwimmt Allmählich vermengen sicji beide Flüssigkeiten zu so-

Fig. 130. Petschoradelta nach B. Ceedneb. Fig. 131. Ebrodclta nach R. Cbedkbr.

genanntem Brackwasser, bis endlich unter fortdauerndem Einflasse der Wasserbewegung das Flußwasser völlig absorbiert wird. Vor der Kongomündung ist das Oberflächenwasser noch bis zu einer Ent-

DelUbildungen. 403

femung von 23 km süß, und die Zone des brackischen Wassers reicht noch 40 50 km weiter.

Mit der Geschwindigkeit des Flusses erlischt auch dessen Trag- kraft, und die Sedimente lagern sich am Boden des Meeres oder Binnensees ab, und bilden entweder Sandbänke, Untiefen und Barren, oder wachsen unter günstigen Verhältnissen über den Seespiegel empor. Es giebt also nach den eingehenden Untersuchungen von R. CsEDNEB nur zwei Mündungsformen: offene Mündungen mit unterseeischen Ablagerungen und Deltamündungen, wo- bei sich das Land auf Kosten des Meeres oder eines Sees ver- größert Man kann daher ozeanische und Binnendeltas unter- scheiden.

Die Bezeichnung Delta wurde ursprünglich nur auf den Unter- lauf des Nils angewendet (Fig. 128). Das Hauptgewicht legte man, dem Namen entsprechend, auf die Gabelung des Flusses in zwei oder mehrere Arme, und in diesem Sinne sprach man auch von einem Delta des Cooper Creek oder des Amazonas, obwohl in keinem dieser Fälle eine Schöpfung von Neuland durch Flußabsätze, die von rezenten Bildungen stehender Gewässer unterlagert werden, statt- findet. Gerade das betrachtet aber der moderne Deltabegriff als das wesentliche. Die Gabelung ist dagegen ein nebensächlicher Vorgang, die keineswegs immer mit dem Beginn des Deltalandes zu- sammenfällt, ja bei einigen echten deltabildenden Strömen, wie z. B. beim Ebro (Fig. 131), gänzlich fehlt.

Bau, Gestalt und Oberflächenform der Deltas. Das Baumaterial liefern hauptsächlich die Flußsedimente, bei größeren Flüssen feiner Sand und Schlamm, bei kurzen Küstenflüssen (besonders an Steil- ufern) auch Gerolle. Das gröbste Material fällt schon zunächst der Mündung, das feinere aber erst in größerer Entfernung zu Boden. Da aber das Hochwasser vermöge seiner größeren Transportfähigkeit die schwereren Sedimente weiter hinausfuhrt, als das Mittelwasser, und dieses wieder weiter als das Niedrigwasser, so entsteht zugleich eine Wechsellagerung von gröberem und feinerem Material. Die Lagerung ist im Meere gewöhnlich eine flach geneigte bis nahezu horizontale; nur in Binnenseen kann die Böschung des Schuttkegels, an dessen Zusammensetzung sich auch GeröUe in größerer Menge beteiligt, 35® erreichen. Neben den Flußsedimenten liefern auch Treibholz, das später in Torf oder Lignit umgewandelt wird, und in sehr untergeordneter Weise animalische Bestandteile Baustoffe zur Deltabildung. Die von Sand- und Schlammmassen bedeckten organischen Substanzen entwickeln bei ihrer Zersetzung Gase, die

26*

404 Die Dynamik des Landes.

in manchen Deltas (besonders in dem des Mississippi) genug Spann- kraft besitzen, um die Decke zu sprengen und kleine Schlamm- und Gasvulkane (sogenannte Mudlumps) zu erzeugen.

Die Mächtigkeit der Deltabildungen, über die uns Bohrungen Aufschluß geben, ist sehr verschieden. Beim Nil beträgt sie höchstens 15, beim Rhein über 60, bei der Rhone über 100, beim Po 173 m. Nicht in allen Fällen läßt sich die Grenze zwischen den Fluß- und Meeressedimenten mit Sicherheit ziehen, daher die Angaben z. B. in Bezug auf das Mississippidelta beträchtlich dififorieren.

Häufig entstanden Deltas in tief eingeschnittenen Meeresbuchten. Wenn es richtig ist, daß der blaue Thon, auf dem die modernen AUuvionen des Mississippi ruhen, nicht rein fluviatilen Ursprungs ist, so beginnt das Delta des amerikanischen Riesenstroms schon bei der Ohiomündung. In der Gegenwart können wir die Ausfül- lung von Meeresbuchten z. B. am Laplata oder am Dnjestr be- obachten. In manchen Fällen sind die Buchten durch Uferwälle (Nehrungen) abgeschlossen, wie an der Memelmündung, beim Nil dagegen durch eine Inselreihe, die nach Janko aus jungmarinem Kalke besteht.* Die Bucht ist hier bis auf einige Lagunen schon ausgefüllt. Die Poanschwemmung ist sogar über die Uferwälle hinausgewachsen, und hat sich damit aus einem Ausfüllungs- delta in ein vorgeschobenes Delta verwandelt Besonders drastische Beispiele der letzteren Art sind die Deltas des Ebro (Fig. 131), der Lena und des Mississippi (Fig. 129).

Die Deltaländer sind völlig horizontale Ebenen, die sich bei Hochwasser stetig erhöhen und gegen das Meer hin in ein sumpfiges Litorale übergehen. Nur wo das Delta nicht allseitig wächst, wie das der Rhone, werden am Strande Dünenreihen aufgeworfen, die aber mit den schon erwähnten präexistierenden Uferwällen nicht verwechselt werden dürfen. Da das Gefälle sehr gering ist, so ist der Flußlauf fortwährenden Veränderungen unterworfen, indem alte Kanäle versanden und neue sich bilden. Wenn die Gabelung unter einem spitzen Winkel erfolgt, wie am Nil, so erleidet die Spitze des dreieckförmigen Landes beständigen Abbruch und rückt tbal- abwärts vor.

Wachttom der Delta«. Am raschesten scheint das Delta des Terek zu wachsen, denn es rückt jährlich durchschnittlich 495 m in den Kaspisee vor. Unter den großen Stromdeltas dürfte sich das des Mississippi am schnellsten vergrößern, aber wie dies auch bei anderen Flüssen der Fall ist nicht gleichmäßig an

Deltabildungen. 405

allen Miindungsstellen, ohne daß die Wassermenge der einzelnen Anne (hier Pässe genannt) dafür verantwortlich gemacht werden könnte. ^

Am Podelta läßt sich der Einfluß des Menschen auf das Wachs- tum des Landes erkennen. Dieses betrug von 1600 bis 1804 pro Jahr 70 m, von 1200 bis 1600 aber nur 23 m, weil damals noch nicht ein umfassendes Deichsystem den Fluß zwang, den größeren Teil seiner Sinkstoffe in das Meer zu führen. Aus demselben Grunde rückt das Nildelta jährlich nur um 4 m vor, denn die regelmäßigen Überschwemmungen entziehen ihm eine Menge Sedimente, die im Binnenlande liegen bleiben. Wo eine positive Niveauveränderung stattfindet oder das stürmische Meer besonders heftig die Neuland- bildungen bekämpft, können sogar Deltas wieder zerstört werden. Das Narentadelta an der dalmatischen Küste verliert immer mehr an Umfang, und das Rheindelta, das schon zum großen Teil unter dem Seespiegel liegt, würde demselben Schicksal verfallen, wenn es nicht durch Dämme geschützt wäre. Das Emsdelta, das noch zur Römerzeit bestand, ist ganz verschwunden, und wir haben Ursache anzunehmen, daß auch die Weser, Elbe und Eider, wie der Hudson und Connecticut an der Ostküste der Vereinigten Staaten einst Deltas besessen haben.

Infolge des Wachstums können Deltas benachbarter Flüsse mit- einander verschmelzen, wie das des Rhein, der Maas und Scheide und das des Ganges und Brahmaputra; oder zwei Flüsse können sich zu einem Hauptkanal vereinigen wie Euphrat und Tigris; oder ursprün- lich selbständige Flüsse sinken zu Nebenflüssen herab. So wurde z. B. der Pruth der Donau und der Red River dem Mississippi tributär. Das Landfestwerden von Inseln, die Zweiteilung langge- streckter Seen durch seitlich einmündende Flüsse, die endliche Aus- füllung der Seen sind alles Folgeerscheinungen des Wachstums der Deltas.

Geographische Verbreitung der Deltas. Die unterseeischen Ab- lagerungen an offenen Flußmündungen zeigen häufig eine so ausge- sprochene Deltaform, daß wir sie geradezu als submarine Deltas bezeichnen können (vgl. Fig. 132 mit Fig. 130). Jedes Oberflächen- delta muß als submarines begonnen haben und kann wieder unter besonderen Umständen in ein solches verwandelt werden; zwischen

X SW.-Paß S.-Paß NO.-Paß Paß ä l'Outre

Wassermenge in Prozenten ... 84 8 22 23

Jährliches Wachstum in m ... 103 85 40

Die übrigen 13 Proz. der Wassermenge werden durch Nebenkanäle abgeführt.

400 Die Dynamik des Landes.

beiden Formen besteht also kein genetischer Gegensatz. Eis ent^ steht nun die Frage, unter welchen Bedingungen die Flußabla^e- rungen unterseeisch bleiben, unter welchen sie über den Meeresspiegel emporwachsen. Daß allgemein wirkende Ursachen dabei im Spiele sind, ergiebt sich schon aus dem geselligen Auftreten beider Mun- dungsformen. Deltaküsten sind z. B. die russische und ostsibirische

Eismeerküste, die

südostasiatische Küste vom Grelben Meere bis zum Golfe von Bengalen, der nördliche Teil der Ostküste von Süd- afrika, das Gestade

des Golfes von

Guinea, die Küsten

des Schwarzen und

Mittelländischen

Fig. 132. Submarines Delta des Mersey, 1847. Meeres, die Südost-

küsten der Bal- tischen See, die Küsten des amerikanischen Mittelmeeres u. s. w. Dagegen haben der Juba, die Kerka, der Bug u. a. offene Mün- dungen, obwohl sie sich an Deltaküsten in das Meer ergießen, und anderseits geben uns die Mündungen des Indus, Schat el Arab, Laplata, Rhein u. s. w. Beispiele von Deltabildungen an sonst deltafreien Küstenstrecken.

Es ist bisher kein einziger Fiaktor gefunden worden, der allein die eine oder die andere Mündungsform bedingt. Die Gironde, die 66 mal mehr Sedimente in das Meer führt, als die deltabildende Weichsel, hat trotzdem eine offene Mündung. Elbe und Weser haben ein stärkeres Gefälle, wie zahlreiche Deltaflüsse, und können daher auch mehr Material an der Mündung ablagern, aber trotzdem ohne sichtbaren Erfolg. Träge schleichen Nil und Donau dahin, einen großen Teil ihrer festen Bestandteile hissen sie im Binnen- lande zurück, und doch bauen sie Deltas. Im tiefen Meere schaffen die Küstenflüsse zwischen Toulon und Genua neues Land, während die Themse in einer Flachsee nur Sandbänke abzulagern vermag. Daß Uferwälle keine notwendige Bedingung der Deltabildung sind, beweist schon der Umstand, daß viele Deltas über dieselben hinaus- wachsen. Andererseits giebt es, wie an der Ostküste der Vereinigten Staaten, Lagunen mit Nehrungen, in die bedeutende Flüsse münden, ohne sie auszufüllen. Viele waren der Meinung, eine kräftige Ge-

Deltabildungen. 407

zeitenbewegung verhindere die Deltabildung, aber sie konnten durch den Hinweis auf die großen Deltas des Ganges, Indus, Niger u. a. leicht widerlegt werden. Im Gegensatze zu den genannten Flüssen haben Murray und Columbia offene Mündungen, obwohl diese von ebbe und Flut nur schwach bewegt werden. Wohl aber beeinflussen die Gezeiten die Form der Ästuarien, d. h. der Mündungsarme, in die sie eindringen. Indem das Flußwasser, durch die keilartig eindringende, spezifisch schwerere Flut nach oben gedrängt, an Breite zu gewinnen sucht, was es an Tiefe verliert, wird das Astuarium trichterförmig erweitert, gleichgültig, ob die Mündung eine offene oder eine Deltamündung ist. Nur darf man nicht alle trichterförmigen Buchten (wie beispielsweise die Laplata- Bai) als Flußschöpfungen betrachten und als Astuarien be- zeichnen.

Auch Küstenströmungen verhindern weder Deltabildungen, noch rufen sie sie hervor. Im Bereiche des Mozambiquestromes mündet der Sambesi mit und der Limpopo ohne Delta und ebenso verhalten sich Orinoco und Amazonas an der von der südäquatorialen Strömung bespülten Küste. Der Einfluß der Strömungen beschränkt sich darauf, daß unter umständen die Flußablagerungen durch Sedimente, die von fernher stammen, vergrößert werden. Winde verstärken die Strömung des Flusses und damit auch dessen Transportkraft, wenn sie thalabwärts wehen, während sie im umgekehrten Falle auf das Wachstum des Deltas verzögernd einwirken, aber ohne es verhindern zu können. Auch die Richtung der Mündungsarme ist oft eine Folge der vorherrschenden Windrichtung; die östliche Ablenkung der Ehönearme durch den Mistral (s. S. 119) mag als Beispiel an- geführt werden.

R. Cbedneb glaubte in den Niveauveränderuugen den Schlüssel zur Erklärung der geographischen Verbreitung der Deltas gefunden zu haben. Es ist auch einleuchtend, daß positive Niveauverän- derungen die Entstehung offener Mündungen und negative die Deltabildung im hohen Grade begünstigen müssen. Aber nicht immer gehen beide Phänomene Hand in Hand. Im Po-, Memel-, Rhein-, Ganges- und Mississippidelta fand man bei Bohrungen in mehr oder minder beträchtlichen Tiefen und wiederholt Torflager und Baumstämme in ungestörter Stellung. Es lassen sich diese Thatsachen kaum anders als durch die Annahme einer positiven Niveauveränderung erklären. Zwar ist es wahrscheinlich, daß wir es hier nur mit örtlich beschränkten Sackungsvorgängen zu thun haben, aber immerhin sind negative Niveauschwankungen hier aus- geschlossen. Andererseits sind unzweifelhafte Hebungsgebiete frei

408 Die Dynamik des Landes.

von Deltas, wie die pazifische Küste der neuen Welt oder das Mlin- dungsgebit des Amurs.

Das Zusammenwirken verschiedener Faktoren, unter denen die Niveauveränderungen jedenfalls auch eine Rolle spielen, bedingt also die geographische Verbreitung der Deltas^ ohne daß wir jetzt schon in jedem einzelnen Falle die Haupt- und Nebenursachen, die för- dernden und hemmenden Momente zu sondern vermöchten. Vielleicht werden uns eingehende Detailstudien der Lösung des Rätsels näher bringen, aber derzeit läßt sich noch nicht einmal die Vermutung aussprechen, ob es jemals gelingen werde, die Anordnung der offenen und Deltamündungen auf eine einfache Formel zurückzu- führen.

Litteraturnachweise. ^ R. Credner, Die Deltas, Gotha 1878 (Er- gänzungsheft Nr. 56 zu Petermanns Mitteilungen). * Jank6, Das Delta des Nil, im Jahrbuch der Ungarischen Geologischen Anstalt 1890.

Die Arbeit des Windes.^

Winderosion. Die geologische Bedeutung des Windes erkannt zu haben, ist das epochemachende Verdienst v. Richthofens. Daß diese Entdeckung erst so spät reifte, hat seinen Grund darin, daß der Wind in Kulturländern eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle spielt, ungeordnet jedenfalls mit Vergleiche zum fließenden Wasser. Wo der lockere Boden durch eine Vegetationsdecke geschützt ist, ist er der Ablation des Windes ebenso entrückt, wie wenn er mit Schnee oder Eis bedeckt ist, oder wie wenn seine Teilchen durch Feuchtigkeit fester mit einander verbunden sind. Die Wüste, wo nackter, trockener Lockerboden weite Flächen einnimmt, ist das eigentliche Reich des Windes, hier herrscht er beinahe unum- schränkt. Es kommt noch hinzu, daß über baumlosen Ebenen die untersten Schichten der bewegten Luft eine verhältnismäßig geringe Reibung erleiden, und die Windstärke somit schon unmittelbar am Boden einen hohen Grad erreicht. Welche Mengen Materials von der Luft transportiert werden, kann jeder ermessen, der eine Schil- derung jener gewaltigen Staub- und Sandstürme in Wüsten und Steppen, die die Sonne verfinstern, gelesen hat; ja in manchen Gegenden Zentralasiens ist die Luft so mit Staub erfüllt, daß sie sogar bei völliger Windstille den Sonnenstrahlen den Durchgang verwehrt.

Anders als die Ablationskraft des Wassers wirkt die des Windes,

Die Arbeit des Windes. 409

Das Wasser transportiert abwärts und nur ausnahmsweise auch auf- wärts; der Wind weht auf- und abwärts, er ist bis zu einem ge- wissen Grade unabhängig von der Schwerkraft, wie von der Be- schaflfenheit des Geländes. Das Wasser ist an gewisse Seehöhen gebunden und muß oberhalb derselben dem Eise weichen, das Eeich des Windes erstreckt sich über die ganze Erde, über alle Breiten, über alle Höhen. Das fließende Wasser wirkt linear und schafft Kinnen, der Wind denudiert Flächen und erzeugt nur ausnahms- weise Binnen, indem er Straßen mit gelockertem Boden in Hohlwege verwandelt.

Im Vergleiche zur Ablation durch den Wind oder zur Deflation, wie Waltheb sie nannte^, ist die Corrasion ziemlich geringfügig. Eine corradierende Thätigkeit übt der Wind nur dann aus, wenn er Sand gegen Felsen schleudert. Thoület hat auf experimentellem Wege die Bedingungen der Zerstörung durch Sandgebläse unter- sucht; sie hängt von der Sandmenge, der Windstärke, der Härte des angegriflfenen Gesteins im Vergleiche zu derjenigen der Angrifls- waffe, von der BeschaflFenheit des ersteren homogene Gesteine sind widerstandsfähiger als zusammengesetzte , von dem Winkel ab, unter dem der Luftstrom auffällt und der 60® übersteigen muß, wenn bedeutendere Wirkungen erzielt werden sollen, etc. etc.

An der Zerstörung der Felswüste arbeiten unausgesetzt Insolation und chemische Verwitterung, namentlich die erstere. Sie zersprengt den Fels in scharfkantige Stücke von verschiedener Größe; die kleineren trägt der Wind fort, die größeren läßt er liegen. Ist das Gestein spröde oder mangelt es an Sand, so entsteht aus der reinen Felswüste die Hammada, d. h. ein Felsboden, der mit zahllosen kantigen Absplitterungsstücken übersät ist. Die Hammada kann aber auch nur ein Ubergangsstadium zur Serir wie man die Kies - wüste in der Sahara nennt darstellen. Ist genügend viel Sand vorhanden, so wird auch der Hammadaschutt von dem Winde corradiert, die weicheren Bestandteile werden entfernt und nur der härteste unter den Hauptbestandteilen der Gesteine, der Quarz, bleibt zurück. Aber auch dieser geht nicht ganz siegreich aus dem Kampfe mit den zerstörenden Kräften hervor; er wird durch Sandgebläse ab- geschliffen und erhält jenen Firnisglanz, der ihn merklich vom Fluß- geröUe unterscheidet. Die Kieswüste, bedeckt mit gerundeten Quarz- stücken und dazwischen mit Quarzsand, ist das Endprodukt der Denudation der Felswüste. Ein drastisches Beispiel davon ist die

X Neuerdings hat er diesen Begriff erweitert, indem er auch die Corrasion einbezieht, was aber nicht mehr dem Wortsinne entspricht.

410 Die Dynamik des Landes.

Ealanscho-Serir zwischen Audschiia und Dschibbena, wo man nach RoHLFs stundenlang über linsen- und erbsengroße , dann wieder stundenlang über nußgroße Kiesel wandern muß.

Äoliflche Sandablag^emng^en. Die Transportkraft des Windes ist demselben Gesetze unterworfen, wie die des Wassers. Je leichter das Material, desto weiter der Transport Schreiten wir von der Serir in der Richtung des herrschenden Windes fort, so betreten wir zuerst Gebiete, wo Sand, dann erst solche, wo die feinsten Partikelchen verschiedener Gesteinsarten, die wir unter dem Namen Staub zusammenfassen, zur Ablagerung gelangen. Wechselt der Wind häufig, so kommt es auch zu keiner so strengen Sonderung der Denudations- und Ablagerungsgebiete; aber gerade in den Wüsten scheint nach den spärlichen Beobachtungen, die uns vorliegen, zu schließen die Windrichtung ziemlich beständig zu sein.

Der Sand wird entweder fiächenartig ausgebreitet das ist die Flugsandwüste , oder zu Hügeln und Hügelketten aufgeworfen das ist die Dünen wüste. Wenn wir von Wüste sprechen, so soll damit aber nicht gesagt sein, daß äolische Sandablagerungen nur auf die eigentlichen Wüstengebiete beschränkt sind. Sie kommen auch bei uns in Mitteleuropa in trockeneren Gegenden nicht selten vor. aber sie werden hier bald durch die Vegetation befestigt, während sie in der Wüste, zum Teil wenigstens, beständiger ümlagerung unter- liegen.

Wir unterscheiden Strand- und Binnenland-Dünen. Die Entstehungsweise ist in beiden Fällen dieselbe, aber die Herkunft des Baumaterials ist verschieden. Am Strande liefert es das Meer, woher aber stammen die ungeheuren Sandmassen der Wüste? Auch da dachte man an das Meer; und wo in jüngster geologischer Ver- gangenheit die Wüste von Meer bedeckt oder bespült war, wie z, B. die indischen Geologen von der Wüste Thurr behaupten, mag diese Ansicht auch richtig sein. Aber gerade für die größten Sandwüsten der Erde muß man nach anderen Sandquellen suchen, und mau glaubte sie in der Zersetzung von Sandsteinen gefunden zu haben. Der nubische Sandstein in Nordafrika und die mürben Sandsteine der Kreideformation in Zentralasien wurden längere Zeit für die haupt- sächlichsten Sandlieferanten gehalten. In Bezug auf den erstereu hat aber Walthee geltend gemacht, daß er schwer verwittere und auch nicht so weit verbreitet sei, als daß aller Sand der Sahara davon herstammen könnte. Seiner Meinung nach sind die krjstalli- nischen Gesteine, die durch die Insolation am meisten angegriffen werden, die vornehmsten ürsprungsstätten des saharischen und ara- bischen Flugsandes.

Die Arbeit des Windes.

411

I. Stadium.

II. Stadium.

Dünen.^ Um die Dünenbildung zu beobachten, begeben wir uns an den Strand. Der von der Brandung zurückgelassene Sand wird, sobald er trocken geworden, von dem Seewinde landeinwärts getragen. Da oder dort staut er sich vor einem Hindemisse auf, beispielsweise, ^wie in Fig. 133, vor einem Pflocke, den man absichtlich in den ßoden gesteckt hat, um daran die Art der Dünenbildung experi- mentell zu erweisen. Der Sandhügel wächst immer höher an, bis seine Böschung in eine Linie mit dem oberen Pflockende kommt, ^worauf der Sand sich auch an der Leeseite des Hindernisses an- häuft Endlich wird auch der leere Kaum, den die kleine Wirbel- bewegungdes Windes Tor dem Pflocke offen hielt, ausgefüllt; das Hindernis ist völlig mit Sand bedeckt, und die Düne kann nun weiter wachsen, soweit es das zuge- führte Material, also indirekt die Stärke

der Gezeiten und der Wind gestatten. Stets ist die Böschung auf der Windseite sanfter als auf der Leeseite, wo der Sand nur der Schwerkraft folgt. In den Landes steigen die Dünen unter einem Winkel von 5 12^ von der Seeseite an und fallen unter einem Winkel von 28 32^, stellenweise sogar unter einem solchen von 35** gegen das Land ab. An der Westküste der Sahara, wo der Passat Dünenhügel aufwirft, ist natürlich die Seeseite die steilere. Da die Feinheit des Baumaterials mit der Windstärke wechselt, so tritt auch Schichtung ein, wie wir in Fig. 133 (III. Stadium) ange- deutet haben.

In der Natur veranlassen die verschiedenartigsten Hindemisse, wie Baumstümpfe, Haufen ausgeworfener Muscheln und dergleichen, Sandansammlungen, vor allem aber Sträucher, die als Sandfänge dienen. Kein Hindernis ist zu kleli^, denn der Sand macht es selbst von Tag zu Tag größer. Sind sie dicht gedrängt, so entstehen statt einzelner Hügel ganze Dünen wäUe, die manchmal, halbmondförmig gebogen, ihre konkave Seite dem Lande zukehren. Menge und Korngröße des Sandes einerseits, die /mittlere Windstärke anderseits

III.

Fig. 133.

Stadium. Dünenbildung.

412 Die Dynamik des Landes.

bestimmen das Wachstum der Dünen. In Europa sind die der Landes die höchsten; sie erreichen 60 70 m, Lascour sogar 90 m, während sie an der Nord- und Ostsee stets unter 30 oder 40 m bleiben. Auch sind die Stranddtinen, soweit sie vegetationslos sind, beständigen Umbildungen unterworfen, der Sand der Luvseite wird auf die Leeseite getragen, und so wandert die Düne landein- wärts. Weite Strecken werden dadurch versandet, die menschlichen Wohnsitze zurückgedrängt und Wälder verschüttet, die, wenn sie auch ein günstiges Geschick wieder von ihren Fesseln befreit, ihre Lebenskraft doch unwiederbringlich eingebüßt haben. In den Landes rücken die Dünen im Durchschnitte jährlich 1 2 m landeinwärts, an manchen Stellen aber wie die Dünen von Teste und L^ge 20 bis 25 m; ferner in Schleswig 7, auf der Frischen Nehrung 3^ ^ bis 572 ^^^ auf der Kurischen Nehrung ca. 5^2 ^' So entstehen mehrere Hügelreihen hintereinander, landeinwärts stetig an Höhe zunehmend. In der Tropenzone, wo sogleich Pflanzen, besonders Mangrovebäume, von den Dünen Besitz nehmen, ist deren Beweglich- keit gering, und auch in Europa scheinen sie ehemals natürliche Wälder getragen zu haben, denn Montaigne berichtet im 16. Jahr- hundert, sie hätten erst seit kurzer Zeit zu wandern angeüangen. In unseren Tagen sucht man sie durch Anpflanzung von Gewächsen mit langen Wurzeln, wie Strandhalm, Strandhafer, Strandroggen und Strandweide, zu befestigen; hat sich dann aus den Abfallen der- selben eine dünne Humusschicht gebildet, so siedeln sich auch andere Pflanzen an, die die Seeluft vertragen.

In Binnenländern mit trockenem, warmem Sommer, wie im südlichen Rußland, finden wir in offenen, sandigen Flachtliälern die niedrigen Flußdünen. Gew^altiger tritt aber das Dünenphänomen in der Wüste auf. Höhen von 100 m und darüber sind keine Seltenheit, der Sandberg am Natronsee von Fessan soll 160 m er- reichen. Die gewöhnliche Form sind die langgestreckten Dünen mit konvexer Böschung an der Windseite und scharfem Grate, der nach der Leeseite zuerst steil abstürzt und dann mit konkaver Böschung sich allmählich verflacht. Daneben kommen in der Sahara, im Nefud, in der uralkaspischen Wüste und in Südamerika, aber nur auf völlig ebenen, vegetationslosen Strecken, auch niedere Bogendünen (Barchane) vor mit halbmondförmiger Krümmung nach der Leeseite, wie wir solche manchmal auch am iStrande be- obachten können. Die Wüstendünen scheinen aber beständiger zu sein, als die Stranddünen, sonst würden sie nicht besondere Namen tragen und könnten sich uralte Karawanenwege, Brunnen und ganze Oasenarchipele nicht erhalten. Die Beobachtungen in der algerischen

Die Arbeit des 'Windes. 413

Sahara lehrten, daß die Dünen im Innern feucht sind; diese JB^euchtigkeit kommt nach Coubbis von unten und giebt die erste Veranlassung zur Anhäufung von Sand an einer bestimmten Stelle, während Bollakd die erste Ursache der Dtinenbildung in der Un- ebenheit des Geländes erblickt, die den Flugsand an der Fort- bewegung hindert, und die Feuchtigkeit von den atmosphärischen Niederschlägen ableitet Möge die eine oder die andere Ansicht richtig sein, jedenfalls ist die innere Feuchtigkeit ein vortreffliches Verfestigungsmittel. Aber trotzdem darf man sich auch die saha- rischen Dünen nicht als völlig unbeweglieh^vorstellen; in der west- lichen Wüste mit ihren Nordwestwinden ist eine äußerst langsame Verschiebung der Sandmassen nach Osten und Süden aus verschie- denen Anzeichen zu erschließen.*

Staubablagenmgen. Staubniederschläge finden zwar überall statt, aber nur auf grasbedeckten Ebenen oder in abflußlosen Becken in der Nähe von Wüstenräumen, die besonders aus dem Zerfalle krystalli- nischer Gesteine viel Staub liefern, erreichen sie einen nennenswerten Betrag und wirken oberflächengestaltend. Auf stark geneigtem Boden spült sie der Regen wieder ab, und auf nacktem Boden erfaßt sie wieder der nächste Windstoß und trägt sie weiter.

Da der Staub sehr verschiedenartige mineralische (besonders thonige) und organische Bestandteile in sich vereinigt, so ist der äolische Aufschüttungsboden in der Eegel sehr fruchtbar, voraus- gesetzt, daß die klimatischen Bedingungen günstig sind. Ist die Trockenheit aber so groß, daß die Flüsse das Meer nicht erreichen, so beschränkt sie nicht bloß direkt den Pflanzen wuchs, sondern auch indirekt, indem die Salze, die derselben Quelle entstammen^ wie der Staub selbst, und durch Wind und fließendes Wasser überall- hin verbreitet werden, den Aufschüttungsboden imprägnieren. So ent- steht die Salzsteppe nicht bloß dort, wo das Meer sich erst vor kurzer Zeit zurückgezogen hat, oder wo Salzseen austrocknen, wenn auch in dem letzteren Falle der Salzgehalt des Bodens in der Eegel am größten ist; oft so groß, daß Salzkrusten wie frisch gefallener Schnee den Boden weithin bedecken.

Tritt aber eine Elimaänderung ein, sodaß der Niederschlag den Betrag der Verdunstung übersteigt, so bahnen sich die er- starkten Flüsse einen Weg zum Meere oder zu den nächsten ozeanischen Flüssen, graben tiefe Erosionsschluchten in das Becken der Salzsteppe ein, tragen die äolischen Ablagerungen dem Meere zu, befreien den Boden von seinem Salzgehalte und machen ihn dadurch dem Ackerbaue zugänglich. Die Steppengebilde werden auf diese Weise, nach v. Eichthofbns Theorie, in Löß verwandelt

414 Die Dynamik des Landes.

Man unterscheidet zwei Arten von Löß: Land- und Seelöß. Der erstere, die weitaus verbreitetste Art, ist eine nahezu homogene Masse aus lehmiger gelber Erde mit etwas Sand, etwas kohlensaurem Kalk und einigen leicht löslichen alkalischen Salzen. Feine Kanäl- chen, die Hohlräume ausgewitterter Wurzelfasem, durchziehen ihn, saugen das Wasser begierig auf und verhindern dadurch die Bildung von Seen und Sümpfen; wahrscheinlich bedingen sie auch den Hang des Lößes zu vertikaler Zerklüftung, die wie wir bei einer anderen Gelegenheit sehen werden landschaftlich so bedeutungs- voll wirkt. Wirkliche Schichtung fehlt; eine scheinbare Schichtung wird durch die lagerartig horizontale Anordnung von Mergelknollen (den sog. Lößmännchen) hervorgerufen; doch beweist ihre vertikale Stellung, daß sie an Ort und Stelle entstanden sind. Dieser Um- stand, sowie die eigentümliche Verbreitung des Lößes, die sich an kein Niveau bindet, und das fast ausschließhche Vorkommen von Landschnecken in demselben, werden als Beweise für den äolischen Ursprung dieser, durch außerordentliche Fruchtbarkeit ausgezeich- neten Ackererde angeführt. Der Seelöß wurde dagegen in Salzseen abgelagert; er ist geschichtet und ermangelt der Kapillarstruktur.

In Europa spielt der Löß eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle, wenigstens in morphologischer Beziehung. Am verbreitetsten ist er im Rhonethale, im Rhein- und Donaugebiete (im letzteren von Bayern bis Rumänien), in Thüringen, im nördlichen Böhmen, und besonders in Galizien und der Bukowina, von wo er sich über das wolhynisch-podolische Plateau bis in die Ukraine fortsetzt Seine Mächtigkeit beträgt aber nur 30 bis 60 m. Dagegen erreicht er im nordwestlichen China, wo er ein Areal von der Grösse des Deutschen Reiches fast ununterbrochen bedeckt, stellenweise eine Mächtigkeit bis zu 600 m. Kaum weniger entwickelt ist er auf dem nordamerikanischen Prärienplateau von Missouri bis Texas, wo noch Salzseen und weite sandige Strecken an den einstigen Zustand erinnern; ferner auf der gebirgsumschlossenen Hochebene der west- lichen Union, wo ihn Russell unter dem Namen Adobe beschrieben hat;* endlich in der südamerikanischen Pampasebene, die sich vom mittleren Bolivia bis Patagonien erstreckt

Die Frage, ob alle Bodenarten, die man jetzt unter dem Namen Löß zusammenfaßt, äolischen Ursprungs sind, harrt übrigens noch der Entscheidung. In Bezug auf den deutschen wie auf den Prärienlöß finden sich unter den Geologen noch immer energische Verteidiger der Ansicht, daß er ein wässeriger Niederschlag sei. Auch über die Entstehung der russischen und indischen Schwarzerden, die sich durch reichen Humusgehalt und daher durch große

Die Arbeit des Meeres. 415

Fruchtbarkeit auszeichnen, sind die Meinungen noch immer geteilt. T. RiCHTHOFEN betrachtet sie nur als Abarten des Löß, d. h. als äolische Ablagerungen, die die intensive Humifizierung ihrer oberen Schichten dem Einflüsse örtlicher Bedingungen verdanken. Die russische Schwarzerde oder Tschernosjom bedeckt ein weites Ge- biet vom Pruth bis zur Wolga in einer Mächtigkeit von 1 20 m und tritt auch im westüchen Sibirien wieder auf. Ihr ausgezeich- netster Kenner, Dokütschajew, erklärt sie für eine Eluvialbildung, entstanden durch die Verwitterung der darunter liegenden Urgesteine.^ Auch die unter dem Namen Eegur oder Cottonsoil bekannte Schwarzerde, die in Südindien nahezu ein Drittel des Bodens ein- nimmt, halten einige indische Geologen für eluvial, andere dagegen für eine Süßwasserablagerung; und man hat darauf hingewiesen, daß auch jetzt noch zahllose Sümpfe und Wasserlachen die östliche Küsten - ebene, besonders im Süden, bedecken.

Litteraturnachweise. * Eine weitere Ausführung der auf den Wind be- zuglichen Auseinandersetzungen in v.ßiCHTHOFENs Führer etc. ist Jon. Waltheb, Die Denudation in der Wüste, in den Abhandlungen d. Sächsischen Gesellschaft d. Wissenschaften 1891. ~ * Sokolöw, Die Dünen, Berlin 1894. ' Choisy, Documents relatifs k la mission dirig^e au sud de TAlg^rie, Paris 1890. Vgl. auch die zahlreichen Artikel über die Saharadünen von Courbis, Rolland, Blanc etc. in den Comptes rendus der Pariser Geographischen Gesellschaft, 1890. * Russell, Subaßrial Deposits of the Arid Region of North America, im Geological Magazine 1889. * Dokütschajew, Die russische Schwarzerde, St Petersburg 1888.

Die Arbeit des Meeres.^

Begriff der Engte. Unter Küste versteht man zunächst die Grenzlinie zwischen Meer und Land. Aber da das Meer ein bewegliches Element ist, so erleidet diese Linie beständig Verschie- bungen. Nur dort, wo die Küste unter einem rechten Winkel in die See abstürzt, erschÄnt sie in der Horizontalprojektion als feste Linie, in Wirklichkeit aber schwankt sie auf und abwärts, und die Küste ist auch hier nicht eine Linie, sondern ein mehr oder weniger breites Band. Li allen Fällen aber, wo das Land sich unter einem spitzen Winkel in das Meer senkt, ist die Küste eine Fläche, und in diesem Sinne wird auch der Ausdruck Strand gebraucht, wenn derselbe auch in der Eegel nur auf breitere, sandbedeckte Küsten- striche Anwendung findet.

Zwischen Land und Meer schiebt sich also eine Zone ein, die, obwohl dem Festlande angehörig, doch der umgestaltenden Arbeit

416 Die Dynamik des Landes.

durch das bewegte Meer unterliegt. Ihre Grenze gegen das Meer liegt dort, wo dauernde Wasserbedeckung stattfindet^ die Grenze gegen das Land aber noch weiter landeinwärts, als die Eüstenlinie zur Zeit des höchsten Wasserstandes, weil die Brandung Gesteins- material weiter, als sie selbst dringt, vorwärts zu schleudern vermag. In Meeren mit ausgeprägten Gezeiten wird der äußerste Saum der Küstenzone regelmäßig bei Flut von Wasser bedeckt und zur Ebbt* - zeit wieder trockengelegt.

Neben dem Meere wirken in der Küstenzone natürlich auch die übrigen exogenen Kräfte, besonders aber sind zwei Vorgänge wichtig: die Deltabildungen der Flüsse und die ebenfalls schon besprochenen Dünenbauten durch den Wind, wozu allerdings das Meer das Material liefert. Ein kombinierter Prozeß ist es auch, wenn das Meer als Transportmittel für Flußsedimente dient.

Charakter der Küste. Im allgemeinen wird der Charakter der Küste durch das Hinterland bedingt. Wir werden bei einer anderen Gelegenheit noch ausführlicher darauf zurückkommen, hier handelt es sich nur um die Umgestaltung der Küste durch das Meer, und dafür ist in erster Linie das Querprofil der Küste maßgebend. Wir unterscheiden in dieser Beziehung Flach- und Steilküsten. Wohl gilt im großen und ganzen die Regel, daß Tiefebenen mit Flachküsten enden, und Gebirge mit Steilküsten an das Meer heran- treten, aber im einzelnen giebt es doch viele Ausnahmen. Die Kreideküste zwischen der Seine- und Sommemündung gehört nach hypsometrischen BegriflFen einem Tief lande an, und ist trotzdem eine Steilküste mit ca. 100 m hohen senkrechten Wänden. Ebenso ist das östliche Gestade von Rügen eine prächtige Steilküste, obwohl das Vorgebirge Arcona nur 55 m über den Meeresspiegel ansteigt; auch die samländische Niederung endigt mit einer 30 50 m hohen Steilküste. Andererseits schieben sich häufig mehr oder weniger schmale Küstenebenen zwischen das Meer und den Gebirgsrand ein. So begleitet beispielsweise der sandige KtÄtenstrich Germesir den südlichen Steilabfall des iranischen Hochlandes und schafft ein flaches Gestade. Es ist ferner auch nur im großen und ganzen richtig, daß sich der Küstencharakter auch unter dem Meere fort- setzt, oder mit anderen Worten, daß die unterseeische Böschung an Flachküsten flacher ist als an Steilküsten. Wo z. B. die nor- wegische Steilküste südlich von Stavanger durch die ausgedehnte Ebene Jädern unterbrochen wird, ändert sich der unterseeische Steil- abfall nicht im geringsten, und schon in einer Entfernung von 3 4 km lotet man eine Tiefe von 235 m. Wohl ist die Zone der

Die Arbeit des Meeres. 417

Flachsee gewöhnlich nur an ebenen Küsten sehr breite aber vergessen 'wir nichts daß auch die Steilufer Dalmatiens und der britischen Inseln aus einem sehr seichten Meere sich erheben.

Die Brandung. Jede Küste befindet sich nach Pfapfs treff- lichem Ausspruche im Belagerungszustande, aber trotzdem finden ^'ir überall Küstenstellen ^ die vorwiegend unter Zerstörung leiden, neben anderen, deren Veränderung hauptsächlich durch Anschwem- mung erfolgt Unter den zerstörenden Kräften ist die Brandung jedenfalls die mächtigste. Wie groß ihre Gewalt ist^ läßt sich daraus entnehmen, daß sie vom Damme von Biarritz einen Felsblock von 34 000 kg 10 12 m und einen anderen von 43000 kg bei Barra- Head 1 ^j la weit fortbewegte. Auf den Leuchtturm von Bell-Eock übt sie einen Druck von 1 7 000 und auf den von Skerryvore einen Druck von 30 500 kg pro Quadratmeter aus. Selbstverständlich wächst die Kraft der Brandung mit der Windstärke, und ihren Höhepunkt erreicht sie, wenn der Sturm senkrecht die Küste trifft, denn die Wellenbewegung kombiniert sich dann mit dem Windstau. Daher bieten uns die steilen Westküsten höherer Breiten ein Bild völliger Zerrissenheit dar. Mit gleichmäßiger Stärke tobt die Bran- dung gegen die tropischen Gestade, teils durch die regelmäßigen Passate, teils durch die Westdünung erzeugt.^ Nicht bloß durch ihre Arbeitsleistung zeichnet sich die Brandung aus; sondern auch durch ihre Allgegenwart. Wir finden sie nicht bloß in allen Meeren, sondern auch in den Seen, allerdings geringer an Intensität, aber dem Wesen nach gleich. Was daher im folgenden über die Um- gestaltung der Meeresküsten gesagt wird, kann wenn man sich nur des Unterschiedes von groß und klein bewußt bleibt auch auf die Seeufer angewendet werden.* Auch jene wichtige Kraft, die man gewöhnlich als Küstenstrom bezeichnet, wird von neueren Forschern lediglich aus der Wellenbewegung abgeleitet Beschränkter ist die Thätigkeit der Gezeitenströille, und wir werden sie daher vorläufig außer acht lassen. In den polaren Meeren wird die Dy- namik der Küstenveränderung durch das Treibeis etwas modifi- ziert;' wo es in heftiger Bewegung ist, wie in der Klippenbrandung, wirkt es wie schweres Belagerungsgeschütz und fordert die Zer- störung; wo es sich anhäuft, schützt es die Küste und verhindert die Abfuhr der Erosionsprodukte.

Stellküsten. Denken wir uns eine steil ins Meer abÜEillende Felsenwand. Indem die Woge an dieselbe schlägt, preßt sie die in den. Spalten befindliche Luft zusammen und lockert dadurch das

X Vgl. dazu den Abschnitt über Brandong auf S. 223.

SuPAir, PhTBlBche Erdkonde. 2. Aufl. 27

418 Die Dynamik des Landes.

Gefilge. Zieht sie sich zurück, so wird die Luft nachgesogen und kleine Gesteinspartikelchen werden dadurch herausgeführt Ablation und Korrasion wirken beständig zusammen; durch den Stoß der Brandung werden kleine Teilchen vom Felsen losgelöst, die IScken werden abgebrochen, und größere Gesteinsstücke, in höheren Breiten auch Treibeis werden als Geschosse gegen die Felsenfestung ge- schleudert. Dabei ist zu beachten, daß die Brandung stets flä- chenhaft wirkt, wie der Wind, aber doch wieder grundverschieden von dem letzteren. Die Meereswoge ist an ein gewisses Niveau gebunden, der Wind an keines, aber daf&r arbeitet jene viel gründ- licher. Der Wind führt nur das lockere Material fort und schafft damit Unebenheiten, die im Laufe der Zeit allerdings verschwinden, die Brandung arbeitet aber von Anfange an auf Nivellierung hin, und man hat daher diesen Erosionsprozeß sehr passend als Ahra-

Fig. 134. Flg. 135.

Umgestaltung der Steilküste. „Der alte Hut'', Neiueeland, nach Dana.

sion bezeichnet Zimächst entsteht an der Steilküste eine hohl- kehlenartige Vertiefung innerhalb der Zerstörungszone, deren untere Grenze etwas über dem Niveau des Niedrigwassers und deren obere Grenze etwas über dem Niveau des Hochwassers liegt (s. c in Fig. 134). Aber auch oberhalb dieser Zone tritt die Küste immer weiter zurück, indem die unterwaschenen Partien, ihrer Stütze beraubt, endlich herabstürzen. Die feineren Zerstörungsprodukte werden fortgeführt, die gröberen schichten sich am Fuße der Steilküste auf und bilden meistens einen schmalen Schuttwall, der unter Umständen die Küste vor weiteren Angriffen schützt Nur solch einem natürlichen Wellen- brecher verdankt es z. B. der waldgekrönte Kreidefelsen der Stubben- kammer auf Rügen, daß er nicht schon längst in den Fluten ver- sunken ist. Fig. 134 führt uns die Umgestaltung einer Steilküste schematisch vor Augen. Das ursprügliche Profil aob hat sich in dtfb verwandelt Das Endergebnis der Abrasion ist eine Strand- terrasse, deren Plattform als sanft geneigte Ebene vom Niveau der Ebbe gegen die Rückwand ansteigt (s. e/" in Fig. 134). Die Bildung

Die Arbeit des Meeres. 419

solcher Terrassen hat Th. Wolf an der Küste von Ecuador*, Eich. Tjehmans bei der Poststation Böigen in Norwegen^ und Th. Sttjdek am basaltischen Gestade der Eergueleninsel^ beobachtet Ob das Meer schneller oder langsamer an Terrain gewinnt, hängt Yon der Starke der Brandung und der Widerstandsfähigkeit des Gesteins ab. An den Küsten des unruhigen Kanals wird das jährlich vom Meere fortgeführte Material auf 10 Millionen Kubikmeter geschätzt Rasch brechen hier die unterwaschenen Kreidefelsen zusammen, während der feste Kalkstein der ligurischen Küste überhängende Wände bildet Granit, Gneiß, Syenit, Basalt u. s. w. können lange der Brandung trotzbieten, aber auch sie sind nicht gegen die Zerstörung gefeit Leichtes Spiel haben dagegen die Wogen, wo sie eine aus lockerem Material aufgebaute Steilküste bespülen; so dringt z. B. bei Holder- ness in Yorkshire, wo Geschiebelehm das schroff abstürzende Gestade bildet, das Meer auf einer Länge von 58 km jährlich 2,8 3 m landein- wärts vor. Auch die Lagerungsverhältnisse sind von Bedeutung; jeden- falls geht die Zerstörung leichter vor sich, wenn der Küstenabbruch aus Schichtenköpfen, als wenn er aus Schichtenflächen besteht In leicht löslichem Kalksteine gräbt die Woge durch chemische Erosion tiefe Höhlen, Kammern und Gänge ein, vorausgesetzt, daß die Decke fest genug ist, um nicht einzustürzen. Von solcher Bildung ist bei- spielsweise die Küste der australischen Kolonie Viktoria in der Nähe des Kaps Otway. Li anderen, nicht löslichen Gesteinen scheint die Höhlenbildung an das Vorhandensein von Spalten gebunden zu sein, die vom Meere allmählich erweitert werden. Von solchen Erosions- erscheinungen am norwegischen Steilufer, die jetzt freilich infolge der Niveauveränderung dem Bereiche der Brandung entrückt sind, berichtet Eeüsch.^ Die Sjongheller-Grotte auf Valderö ist z. B. 142 m lang und am Eingange 38 m hoch, wird aber gegen die Tiefe zu immer niederer. Dieser Umstand, sowie die Glätte der Wände beweist, daß sie vom Meere ausgewaschen wurde. Weltberühmt ist die Lisel Torghat (65,4 ^ß.), deren Felsenkappe in einer Seehöhe von 110 125 m von einem gewaltigen Loche durchquert wird. Die Länge desselben beträgt 280 m, seine Höhe 20 75 m und seine Breite 11 28 m. Die glatten Wände dieses Rieseüthores weisen mit Bestimmtheit darauf hin, daß es ein Werk der Meereserosion ist Auch Eiesentöpfe wurden mehrfach auf ehemaligem Meeres- boden beobachtet Strömungen in engen Sunden erzeugen nischen- artige Vertiefungen in den Wänden, gerade so wie die Flüsse des Festlandes.

Der Wechsel von Schichten verschiedener Beschaffenheit bringt es mit sich, daß die Küste nicht überall gleichmäßig zurück-

27*

420 Die Dynamik des Landes.

weicht. Die St Brides-Bai im südwestlichen Wales ist in Karbon- schichten eingeschnitten, während die Eruptivgesteine zu beiden Seiten als Vorgebirge erhalten bliebeft; und dieselbe Ebrscheinung, daß weicheren Schichten Buchten, härteren dagegen Vorgebirge entsprechen, wiederholt sich an der ganzen britischen Westküste, soweit sie aus solidem Gesteine besteht.

Ein ausgezeichnetes Beispiel einer bogenförmigen Abrasions- küste hat Theobald Fischeb® bei Tipaza in Algier beobachtet Fast auf jeden Kilometer Küstenlänge kommt hier eine Bucht, in jede mündet ein Gießbach, und die Größe der Buchten steht im genauen Verhältnisse zu der Lauf länge und dem Wasserreichtume der betreffenden Bäche. Hier hat offenbar die Erosion des iließenden Wassers der Abrasion vorgearbeitet^ was sich auch dadurch erweist, daß doi% wo keine Bäche münden, die Küste geradlinig verläuft

Die Abrasionskraft arbeitet nicht bloß im horizontalen Sinne, sondern auch in die Tiefe. Sie korradiert die Oberfläche der Ter- rasse; und da die Wellenbewegung noch bis 200 m Tiefe im stände ist, loses Steinmaterial hin und her zu schieben, so darf man an- nehmen, dass die Korrasion erst in dieser Tiefe völlig erlischt, vor- ausgesetzt, daß sich die Terrasse nicht mit einer Schutt- oder Scuid- decke schützt Daraus erklärt sich wahrscheinlich, daß die Tiefen- linien bis zu 200 m die Gestalt der Küstenlinie wiederholen. Mit der Tieferlegung wächst auch die Breite der Terrasse, bis endlich die Welle auch zur Zeit des höchsten Wasserstandes, indem sie die schiefe Ebene hinaufläuft, durch Eeibung ihre Kraft völlig ein- büßt. Nur eine positive Niveauveränderung kann die zerstörende Thätigkeit wieder beleben, wie eine negative ihr vorzeitig Halt ge- bieten kann, indem sie die Strandterrasse dauernd trocken legt

Die Lage der Endlinie der Abrasion Abrasionsterminante, wie Philippson sie nennt hängt nur von der Stärke der Bran- dung ab, und nur die Dauer des Abrasionsprozesses auch von der Beschaffenheit der Küste. Denn über kurz oder lang siegt das Meer über jedes Hindernis, ebenso wie das fließende Wasser. Allerdings können Teile des Steilufers, die sich durch besondere Härte aus- zeichnen oder die schon früher durch Spaltenbildungen sich von ihrer Umgebung ganz oder teilweise losgelöst haben, als Inselpfeüer stehen bleiben, die einstige Küstenausdehnung verratend. Nament- lich die steilen Westküsten der höheren Breiten werden von dichten Schwärmen solcher Felseneilande und Klippen begleitet Aber auch diese Vorposten werden mit der Zeit vom Meere weggeräumt, um als blinde Klippen den Schiffen nur noch gefährlicher zu werden. So sieht man bei Arbroath an der schottischen Ostküste eine lange

Die Arbeit des Meeres.

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Riflfreihe aus festem Gestein bei Ebbe bloßgelegt. Ein anderes aus- gezeichnetes Beispiel ist das Sandsteinriff, das die Küste Brasiliens durch acht Breitengrade vom Cabo Frio bis zum Cabo do Calcanhar begleitet

Zerstömng der Flachküsten. Auch Flachküsten faUen der Meereserosion zum Opfer, wie die Geschichte des deutschen und englischen Nordseestrandes beweist. Aber nicht unablässig wirkt liier die Brandung zerstörend, wie an den Steilküsten, sondern haupt- sächlich nur bei Windstau, wenn das Meer weite Gebiete über- schwemmt; aber dann mit furchtbarer Gewalt. Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung die Geschichte der Zuidersee ® (Fig. 13G). Etwa ^/^ derselben, von der Inselreihe Wieringen -Ameland bis ungefähr zur Linie Edam-Kampen, war

Ter fi4;licnift^

noch zur Eömerzeit Land. Der südliche Teil bildete den Binnen- see Flevo; ihn durchfloß der Rheinarm Ijssel, der wahrschein- lich zwischen Vlieland und Ter Schelling mündete. Vom 4. Jahr- hunderte unserer Zeitrechnung an beginnt das große Zerstörungs- werk, das besonders durch Über- flutungen bei Nordweststürmen gefördert wurde. Am Ende des 7. Jahrhunderts waren Ter Schel- ling und Ameland schon Inseln. Im Jahre 1170 wurde alles Land zwischen Texel, Medemblik und Stavoren verschlungen, mit Aus- nahme der insularen Beste. 1237 erweiterte sich der Flevosee

beträchtlich, indem eine große Fläche zwischen Eukhuizen, Sta- voren und Kampen dauernd überflutet wurde. Im Jahre 1395 fiel endlich auch der schmale Isthmus zwischen Medemblik und Stavoren, und die nördliche Meeresbucht verband sich mit dem südlichen Binnensee. Den Landverlust seit der Zeit Cäsars schätzt man auf wenigstens 5813 qkm, wovon nur 3635 qkm durch Eindeichung dem Meere wieder abgewonnen wurden. Im Jahre 1218 schuf eine Sturm- flut den Jadebusen, und bis Weihnachten 1277 lag an der Stelle des heutigen Dollart das fruchtbare Reiderland. Auch den friesischen Inseln, dem alten Küstenrande Deutschlands, ist eine vergängliche Existenz beschieden. Borkum wurde im 9. Jahrhunderte in zwei

Fig. 136. Zuidersee.

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Die Dynamik des Landes.

Teile zerrissen ^ die nur noch bei Niedrigwasser zusammenhängen, und Langeoog im Laufe der Zeit in drei Stücke. Das Dorf auf der

Insel Wangeroog wurdedurch die Sturmfluten des Dezem- bers 1 854 zerstört, und Kirch- turm wie Leuchtturm werden jetzt von der Flut bespült Auch das steile Helgoland hat an umfang verloren, wenn auch nicht soviel , als man früher, verleitet durch ten- dentiöse Erfindungen des 15. Jahrhunderts, glaubte. ^^ Die Verluste der flachen nordfriesischen Inseln sind ebenfalls übertrieben worden, wenn sie auch noch groß genug sind. Man betrachte nur die Entwicklung Nord- strands, wie sie Fig. 137 darstellt. Für das 13. Jahr- hundert fließen allerdings die Geschichtsquellen zu dürftig, als daß sich die Umrisse der Inseln und des Festlandes genau zeichnen ließen. Aber noch vor der großen Sturmflut in der Nacht vom 11. zum 12. Ok- tober 1634 besaß Nordstrand eine ansehnliche Ausdeh- nung. Diese Katastrophe, die alle Deiche hinwegfegt« und 6408 Menschen das Leben kostete, ließ nur drei Eilande übrig ; allerdings hätte wie man nicht ver- schweigen darf recht- zeitige Hilfe noch manches Stück Landes retten kön-

(^ Oeest^ -Z-5--^ eingedeichtes Zaitd ■--•;. unbedeü^etesZaiuL

Fig. 137. Nordatrand um 1240, 1634 und 1892 nen." In ähnlicher Weise nach R. Hansen. i^^^ ^^ englische Nordsee-

Die Arbeit des Meeres. 42S

küste gelitten. An der Stelle, wo einst die Orte Autburn, Hartbnrn und Hyde standen, dehnen sich jetzt Sandbarren aus.

Erosion duroh Gezeitenströmungen.^' Wir haben uns bisher hauptsächlich auf die Wirkungen der Brandung beschränkt und die Oezeiten nur insofern in Betracht gezogen , als sie einßn wechseln- den Wasserstand bewirken. An den Küsten rufen diese aber auch alternierende Strömungen hervor, die zwischen Inseln, in Kanälen, trichterförmigen Küsteneinschnitten und Flußmündungen eine be- deutende Stärke erlangen. Da die Flutwellen um viele tausend Mal länger sind, als das Wasser tief ist, so bewegen sich die Wasser- teilchen von der Oberfläche bis zum Boden fast gleichzeitig und mit gleicher Stärke hin und her. Die Erosionskraft ist daher sehr be- deutend und wirkt, entsprechend der Art ihres Auftretens, linear, nicht flächenhaft wie die Brandung. Die Tiefenerosion beeinflußt den Meeresboden. Im- Südarme der Fundybai, in der Enge von Parrsboro, findet sich ausnahmsweise Felsenboden von mehr als 200 m Tiefe; der durch Einengung verstärkte Gezeitenstrom ist es, der nach Keümmels Erklärung hier jede Sedimentablagerung ver- hindert Auch die tiefen Einnen im friesischen Wattenmeere führt Kbümmel auf die Gezeitenströmungen zurück. Um kennen zu lernen, wie sie auch seitlich erodieren, muß man sich in die innersten Teile tief und schmal einschneidender Meeresbuchten begeben, die die Brandung nicht mehr erreicht Wir haben oben gesehen, daß dort, wo weiche und harte Schichten wechseln, die Abrasion eine Bogen- küste erzeugt Aber diese Bogen können nicht tief eindringen, weil die Welle durch Eeibung an den Seitenwänden zu sehr geschwächt wird. Das ist gerade ein willkommenes Arbeitsfeld für Gezeiten- strome. Was der Flutstrom losreißt, fuhrt der Ebbestrom ins Meer hinaus; und je tiefer die Bucht keilartig eindringt, desto kräftiger entwickelt sich die Strömung. Nirgends erreicht die Flutwelle eine größere Höhe, als in der Fundybai; zwischen Sackville und der Grünen Bai ist der Isthmus schon auf 20 km Breite eingeschrumpft; kein Zweifel, daß hier an der völligen Lostrennung Neu-Schottlands gearbeitet wird. Angesichts solcher Wahrnehmungen läßt sich der Gedanke nicht abweisen, daß auf diese Weise auch England einst zur Insel wurde. Haben doch die Untersuchungen anläßlich der Tunnelprojekte den ungestörten Schichtenzusammenhang zwischen Dover und Calais ergeben.

Anflchwemmung. Zerstörung und Neubildung gehen auch an der Küste Hand in Hand. Das lehren am deutlichsten die Gezeiten- ströme in engen Einfahrten und Flußmündungen, wo sie kräftig genug entwickelt sind. Die tiefe Fahrrinne liegt nicht in der Mitte,

424 Die Dynamik des Landes.

sondern ist nach links yerschoben; rechts dehnen sich die An- schwemmungen aus. Nach Kbümhels Erklärung haben wir hierin eine Doppelwirkung der Gezeiten unter dem Einflüsse der Erdrotation zn erblicken. Flut- und Ebbestrom werden nach rechts abgelenkt; der erstere erodiert, der letztere, beladen mit den Sedimenten des zurück- gestauten Wassers, lagert ab. Wichtiger sind jene marinen Neu- bildungen, die der Küste direkt zu gute kommen. Wir haben hier zwei Arten zu unterscheiden: Ablagerungen auf dem Strande selbst, und Ablagerungen auf dem Meeresboden, die durch Wachstum über- seeisch werden. Zur ersten Kategorie gehören vor allem die Sand- massen, die das Material zur Dünenbildung liefern. Häufig treten die Ablagerungen beider Kategorien yergesellschaftet auf, d. h. zu- nächst wächst das Neuland aus dem Meere empor, und dann erhöht es sich durch Übergußsedimente. Eine wichtige Rolle bei den Neu- landbildungen spielt die Vegetation. An 'der friesischen Küste wird das nur bei Niedrigwasser trockene Watt zwischen den Inseln und dem Festlande bei jeder neuen Flut durch hinzugefuhrte Schlammteilchen etwas erhöht Zwischen den Pflanzen, die sich darauf ansiedeln, bleibt immer mehr Schlamm zurück, bis endlich die gewöhnliche Flut die Fläche nicht mehr zu überschwemmen ver- mag. Neue Gräser und Kräuter erhöhen und verfestigen immer mehr den Boden, der schon als Weide benützt wird (Kelter), bis er, durch Eindeichung völlig vor dem Meere geschützt, als Polder ein fruchtbares Ackerland liefert In noch höherem Grade wirken die Mangrovebäume mit ihrem weit ausgesponnenen Wurzelgeflechte als Schlamm- und Sandfänger, sie sind die wahren Pioniere des Landes im Kampfe gegen das Meer. Wir finden sie überall am tropischen Gestade, wo der Boden thonreich und die Brandung nicht zu heftig ist

Von größter Wichtigkeit ist der Prozeß der Küstenversetzung, wie ihn Philippson nennt, d. i. der Transport der Zerstörungspro- dukte von der einen Küstenstelle nach einer andern, oft weit ent- fernten. Die Kraft, welche diese Umsetzung bewirkt, bezeichnet man als Küstenströmung; doch neigen manche Forscher zur Ansicht, daß jener Vorgang nur eine Wirkung schräg auflaufender Wellen ist, die Gerolle und Sande vor sich her stoßen (von a nach b in Fig. 138), während die rücklaufende Welle sie in einer zur Küsten- linie senkrechten Richtung wieder zurückführe (von b nach c in Fig. 1 38)« Auf diese Weise müßten die Sedimente zickzackformig weiter ge- schoben werden (in Fig. 138 z. B. von a bis d), wobei sie eine stetige Verkleinerung erleiden. Indes dürften doch wohl auch länger dauernde auflandige Winde wirkliche Küstendriften erzeugen, ganz abgesehen

Die Arbeit des Meeres. 425

von den Gezeitenströmen; und jedenfalls darf man den Ausdruck „Küstenströmung" noch weiter gebrauchen, wenn man sich nur stets des Gegensatzes zu den eigentlichen Meeresströmungen, in deren Bereich wohl nur mehr die feinsten Sedimente gelangen, bewußt bleibt Der Flutstrom ist es z. B., der die Abrasionsprodukte der Kalk- küste Yon Calvados nach der Seinebucht westlich von Honfieur führt. Der Detritus der spanischen Nordktiste wandert an den Strand der Gironde. Eine vom Golfe von Triest

nach Westen fließende Strömung ^^;^N k''n"k K f^a^ fangt die Sedimente auf, die die ^ N N n n \J \

Flüsse vom Isonzo bis zum Po von A/^« ^^

den Alpen bringen, und füllt da- ^«" ^38. KüstenvencteuDg.

mit die Lagunen aus. Mit den

Sinkstoflfen des Dnjepr, Dnjester und der Donau vergrößert eine Liitoralströmung die Küste der Dobrudscha, und in gleicher Weise kommt das Material, das die Rhone den Alpen entfährt, der Küste der Languedoc zu gute; Hoff giebt ihr Wachstum auf 1 2 m pro Jahr an.

Die Transportkraffc einer Strömung sinkt unter das der Last entsprechende Maß, wenn die Strömung mit einer anderen entgegen- gesetzt gerichteten zusammentrifft, oder durch Reibung auf seichtem Grunde. Im ersteren Fall, besonders in der Nähe von Flußmündungen, entstehen häufig Inseln, d. h. freie Anschwemmungen im Gegen- satz zu den Ansatzanschwemmungen, zu denen der zweite Fall Veranlassung giebt Ist der Grund tief genug, so tritt die Strömung bis an die Küste heran, an deren äußerstem Saume die Ablagerung erfolgt. Dies ist der Strandsaum, wie Philippson ihn nennt, der ihm den Strandwall gegenüberstellt Der letztere bildet sich in einiger Entfernung von der Küste, sei es, daß der Grund zu seicht ist, sei es, daß die Küste ursprünglich eingebuchtet ist und die darauf gerichtete Strömung durch Reibung an den Seitenwänden verhindert wird, das Innerste der Bucht zu erreichen. Unter den verschiedenen Formen der Strand wälle sind namentlich zwei be- sonders auffallend und häufig: die Nehrung und der Haken. Die Danziger Bucht zeigt uns beide Bildungen nebeneinander. In sanftem Bogen schwingt sich die Frische Nehrung von der einen Seite der Bucht zur anderen und trennt den innersten Teil derselben als Strandsee (hier Haff genannt) von dem Meere. Manche Nehrungen sind völlig geschlossen, andere hat eine gelegentliche Sturmflut oder der Mensch geöffnet Ein Haken er- streckt sich im Westen von Rixhöft bis Heia; es sind das freie in das Meer hinausragende schmale Landzungen, die von irgend

426 Die Dynamik des Landes.

einem testen Punkte an der Eiiste oder an einer Insel ans zu wachsen beginnen, zuerst in einer geraden Linie und am Ende haken- förmig sich umbiegend, genau wie die Strömung, der sie ihre Ent- stehung verdankt. Es ist wahrscheinlich, daß auch manche Neh- rungen als Haken begonnen haben, jedenfalls giebt es zwischen beiden Formen mancherlei Übergänge. Neben der langen schmalen 6estalt ist ihnen auch die glatte Außen- und die zerfranste Innen- seite gemeinsam; jene schneidet die Strömung ab, an dieser nagt ein unregelmäßig bewegtes Meer. Gemeinsam ist ihnen auch die allmähliche Erhöhung durch Dünenbildung. In den Strandseen finden die Sedimente der einmündenden Flüsse eine völlig geschützte Ablagerungsstelle ; sie füllen sie allmählich aus, und Seestädten. wie Ravenna, wird dadurch der Lebensnerv abgeschnitten. An der Außenseite des jungen Landes können wieder neue Nehrungen ent- stehen, und so schreitet die Landbildung siegreich gegen das Meer fort, aber nur zu häufig unterbrochen von Perioden mariner Reaktion, besonders wenn eine positive Niveauveränderung die letztere unter- stützt An der Stelle des Mensalehsees im Nildelta standen einst die Städte Tanis und Tennis, und der See von Abukir entstand erst 1784. Dagegen kann eine negative Niveauveränderung das ange- schwemmte Land dauernd vor Überflutungen schützen. Inseln wer- den durch Strandwälle landfest gemacht, wie beispielsweise Portland an der südenglischen, Giens an der südfranzösischen, S. Antioco an der sardinischen oder der Mte. Argentario an der toskanischen Küste. Aber die Neubildungen, so bedeutend sie auch an manchen Stellen erscheinen mögen, ersetzen nicht den Verlust; das beweist die große Ausdehnung der submarinen Küstenablagerungen, von denen auf S. 200 die Rede war. Das Ringen zwischen Meer und Land endet stets zu Ungunsten des letzteren.

Litteraturnachweise. * Philippson, Über Typen der RüstenformeD, in der v. RiCHTHOPEN-Festschrift, 1893. Gilbert, The Topographie Featares of Lake Shores, im Jahresberichte d. ü. S. Geological Survey 1883—84. ^ Hartmann, Der Einfluß des Treibeises auf die Bodengestalt der Polargebiete, in den Beiträgen zur Geographie des festen Wassers, Leipzig 1891. * Rick. Lehmann, Zur Strandlinienfrage, in der Zeitschrift für die gesamten Natur- wissenschaften 1880. * RiCH. Lehmann, Neue Beiträge zur Kenntnis der ehe- maligen Strandlinien, ebendas. 1881. Studer, Geologische Beobachtungen auf Kerguelensland, in der Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft 1878. ^ Reüsch im Neuen Jahrbuch für Mineralogie etc. 1879, S. 244. * Theob. Fischer in Petermanns Mitteilungen 1887, S. 1. Küypeb in Peter- MANNS Mitteilungen 1876, S. 284, und in der Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie 1883, Bd. IV, S. 105, mit lehrreicher Karte. ^^ Tittel, Die natür- lichen Veränderungen Helgolands, Leipzig 1894. ** R. Hansem in Petermakks Mitteilungen 1898, S. 177. " Krümmel in Petbrmanns Bütteiiongen 1889, S. 129.

Die geographische Verbreitung der exogenen Wirkungen. 427

Hie geographische Verbreitung der exogenen Wirkungen.

Bodenarten. Nach dem Schema v. Bighthofens hat Rohr- bach in Bebghaus' Physikalischem Atlas eine Bodenkarte der festen Erdoberfläche entworfen, nnd v. Tillo hat darnach den prozentischen AnteU der Bodenarten nach Kontinenten und Breitenzonen plani- metrisch bestimmt^

Etwas abweichend von der hier beliebten Einteilung unter- scheiden wir vier Hauptbodenarten: Eis-, Fels-, Wechsel- und Liockerboden. Den Korallenboden können wir nicht als einen selb- ständigen Typus gelten lassen, da er sich ungezwungen dem Locker- boden einreiht.

Das Eis tritt bodenbildend nur in den Regionen ewigen Schnees auf. Die oben genannten Autoren haben es nicht berücksichtigt, wir können aber nach einer Schätzung v. Tillos sein Areal auf etwa 2 Prozent der Festlandsoberfläche veranschlagen, wobei wir von dem hypothetischen Südpolarkontinente gänzlich absehen. Das einzige bekannte Land, wo der Eisboden nach allen Dimensionen eine große Mächtigkeit erreicht, ist Grönland.

Da das feste Gestein überall den zersetzenden Kräften der Verwitterung, des Frostes und der Insolation unterliegt, so kann Felsboden nur dort zu Tage treten, wo die Denudation die Zer- setzung überflügelt. Je nach der Denudationsart haben wir marinen, tiuviatilen, glazialen und äolischen Felsboden zu unterscheiden; die beiden ersten Unterarten werden auf Rohrbachs Karte nicht aus- geschieden, weil der Maßstab zu klein war; die beiden* anderen nehmen 11 Prozent des Festlandes ein, und zwar 6 Prozent der äolische, 5 Prozent der glaziale Felsboden.

Der äolische Felsboden ist der Wüste eigentümlich, sein Hauptverhreitungsbezirk ist die Sahara, so daß er nicht weniger als 14 Prozent von Afrika einnimmt Der glaziale Felsboden ist> wenn man von den Gletscherregionen der Hochgebirge aller Zonen ab- sieht, auf die gegenwärtigen und diluvialen Binneneislandschaften beschränkt. Im weiten Umkreise umgiebt er die Hudsonbai, das- jenige Gebiet, wo auch heute noch die kalte Zone in unserem ther- mischen Sinne (s. S. 71) am weitesten äquatorwärts herababsteigt. Ein volles Viertel des nordamerikanischen Festlandes ist glazialer Felsboden. Freilich dürfen wir dabei nicht vergessen, daß der Kartenzeichner rein schematisch verfuhr. Wenn hier die Riesen- fläche von etwa 5 Mill. qkm (das halbe Europa!) mit der Farbe

428

Die Dynamik des Landes.

der glazialen Denudation bedeckt wurde, so ist damit nicht gesagt, daß jede andere Bodenart ausgeschlossen sei. Entbehren ja doch jene Gegenden keineswegs gänzlich des Waldwuchses, und dieser setzt eine Bodenkrume voraus. Die Farbe soll nur das Vor- herrschen einer bestimmten Bodenart andeuten.

Übersicht der Verteilung der Bodenarten nach Erdteilen und Breitengtirteln nach v. Tillo (in Prozenten der betreffenden Erdteile

bezw. Breitenzonen).

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I. Eisboden

II« Felsboden

1. Durch glaziale Denudation

2. Durch äolische Denudation . !

III. Weehselboden

IT« Loekerboden:

1. Eluvialboden

a. Lehm

b. Latent

c. Gebirgsfichutt ....

2. Aufschüttungsboden . .

a. Marine Aufschüttung x x

b. Gletscherschutt ....

c. Alluvionen

d. Äolische Aufschüttung:

«. Flugsand

ß. Feinerdige Ablagerung y. LÖSS

e. Vulkanische Aufschüttung

|27 25

I 2

! 4

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nicht berücksichtigt

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36

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5

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1

Es giebt aber Gegenden, wo keine Bodenarten vorherrschen, oder wo nach v. Eichthüfens Ausdruck ein „Ebenmaß von Zer- störung und Fortschaflfung*' besteht. Als solche führt uns Rohrbachs Karte die höheren Gebirge aller Zonen vor. Das geforderte „Eben- maß" besteht nun hier nicht in dem Sinne, daß an jedem einzelnen Punkte die einander entgegenwirkenden Kräfte sich das Gleichgewicht halten; vielmehr finden wir da eine Reihe von Bodenarten vertreten,

X Mit Polynesien. XX Mit Hinzurechnung des Korallenbodens.

Die geographische Verbreitung der exogenen Wirkungen. 429

aber in buntem Wechsel, so daß keine auf weite Strecken hier das Überge^cht erhält. Daher nennen wir diesen Boden den Wechsel- boden. V. TiLLO hat dafär ein Areal von 4 Prozent berechnet Relativ am meisten vertreten Anden wir ihn in Südamerika (Andes) und in Europa (alpiner Gürtel, Mittelgebirge).

Mehr als fünf Sechstel des gesamten Festlandes ist mit Schutt, Gerolle, Kies, Sand, Erde bedeckt. Alles das fassen wir unter dem Namen Lockerboden zusammen.

Genetisch zerfällt er in zwei Hauptunterabteilungen. Die Decke des Felsengerüstes ist entweder an Ort und Stelle durch kumulative Verwitterung, Frostwirkung und Insolation entstanden und bUeb liegen, weil die denudierenden Mächte ihr nicht gewachsen waren das ist der Eluvialboden , oder sie ist von anderswo herüber- geführt — das ist der Aufschüttungsboden. In die genannten vier Fünftel teilen sich diese beiden Böden nach der Karte ungef&hr zu gleichen Hälften; es mag aber fraglich bleiben, ob der Auf- schüttungsboden dabei nicht zu kurz gekommen ist.

Unter den Eluvialbildungen sind Lehm und Laterit die wichtigsten ; ersterer ist den mittleren und höheren Breiten, letzfterer den Tropen eigentümlich. Der größte Verbreitungsbezirk des Lehms ist Sibirien; auch das südliche China, das ostaustralische Gebirge, die Vereinigten Staaten östUch vom Mississippi treten als Lehm- boden augenfälliger hervor, als uns begründet erscheint Laterit be- deckt Mexico und Zentralamerika, die krystallinischen Massengebirge im östlichen Südamerika das äquatoriale Afrika, Madagaskar, Ost- indien; mit einem Worte: ein volles Viertel des ganzen Festlandes. Zu den Eluvialbildungen ist femer auch der Gebirgsschutt abflußloser Becken zu zählen. Mächtige Schutthalden umsäumen hier die Gebirge, ja in manchen Gegenden, wie z. B. in Persien, hüllt sie ein Schuttmantel bis an den Kamm ein. Die Karte ver- zeichnet diesen Bodentypus nur in Zentralasien. Im strengen Sinne des Wortes muß auch die Hammada dazu gerechnet werden.

Aufschüttung lockerer Massen kann erfolgen einerseits durch die denudierenden Kräfte, anderseits durch vulkanische Ausbrüche. Den letzteren wird nur eine Fläche von 1 Prozent zuerkannt. Von den Ablagerungen der ersten Kategorie kommen die marinen auf KoHBBAOHS Karte so wenig zur Geltung, daß sie auf v. Tillos Liste nicht einmal 1 Prozent erreichen.^ Auch die Fluß- und Seen- anschwemmungen, auf die man gewöhnlich die Bezeichnung

X Sicher ist z. B. Nordmßland als marine Ablagerung zu betrachten, vgl. S. 289.

4 so Die Dynamik des Landes.

Alluvium anwendet, sind nach der Karte weniger verbreitet als man erwarten sollte. Ihre Hauptdomäne ist Südamerika, die un- geheuere Ebene des Amazonasgebietes. Es ist ein interessantes, aber vielleicht anfechtbares Ergebnis der Karte, daß das Gletscher- schuttland mehr Raum einnimmt, als die Alluvionen. Und doch ist es nur auf wenige Gregenden beschränkt Moderne Glazial- ablagerungen finden sich nur dort, wo Gletscher sich zurückziehen und das sind verschwindend kleine Flächen. Alle anderen stammen aus der Eiszeit; wieder ein Beweis dafür, welch gewaltigen Ein- fluß jene Klimaepoche auf die gegenwärtige Gestaltung der Erd- oberfläche ausübt In Nordamerika sind 23, in Europa sogar 86 Prozent des Areals mit Glazialablagerungen bedeckt. Zum Unter- schiede von anderen Aufschüttungen (die Dünen ausgenommen) ver- ebnen sie nicht immer, sondern schaffen sogar Niveauunterschiede. Die echte Moränenlandschaft besteht aus dicht aneinander ge- häuften Endmoränen; unregelmäßig verteilte Hügelwälle, die bald durch enge Schluchten, bald durch größere Depressionen mit Seen oder Mooren getrennt werden, bilden hier ein außerordentlich wechsel- volles Relief. Eine solche Moränenzone umgiebt den Nord- und Südrand der Alpen und dringt an den Ausgängen der großen, einst gletschererfüllten Thäler bogenförmig weit in die Ebene vor. Nur an ihren äußeren Rändern sind sie schon zum Teil der Denudation zum Opfer gefallen. Die in den österreichisch-italienischen Kriegen viel umkämpften Höhen von Custozza und Solferino sind solche Moränenwälle. Besonders schön ist der Bogen bei Ivrea; hier steigen die Hügel bis zu 330 m über die Ebene empor. Die Landrücken von Preußen, Pommern und Mecklenburg sind ebenfalls seenreiche Moräneniandschaften, und in noch größerer Ausdehnung finden wir sie in Nordamerika, besonders in Minnesota, Dakota u.s.w. Interessant sind die Asar, meist ausgedehnte, lineare Rücken, und die Kames oder Eskers, isolierte unregelmäßige Kuppen oder dammartig hinter- einander liegende Anhäufungen. Diese Bodenformen, die in Schweden und Finnland typisch ausgebildet sind, aber auch in Norddeutsch- land nicht fehlen, führt man auf die Schmelzwässer des diluvialen Inlandeises zurück, wenn auch in Bezug auf die Details der Ent- stehungen die Ansichten noch schwanken.^

Überraschend ist die ungeheuere Ausdehnung der äolischen Ablagerungen, zu denen ^ allerdings, wie wir an anderer Stelle bemerkt haben, manches gezählt sein mag, was nicht dazu gehört Das gilt weniger von den Sandwüsten (7 Prozent des Festlandes), als von den feinerdigen Ablagerungen, die mit 17 Prozent, und vom Löß, der mit 4 Prozent vertreten ist Die beiden ersteren Arten

Die geographiBche Verbreitung der exogenen Wirkungen. 431

charakterisieren vor allem die alte Welt, wo sie eine breite Zone von Zentralasien bis zur Sahara einnehmen. Beweglicher Sand be- deckt Flächen, die zusammen so groß, wie Rußland und Mittel- europa sind, und Staub ein Areal von der anderthalben Größe unseres Erdteiles. Australien ist mit 60 Prozent seiner Fläche ein äolisches Ablagerungsgebiet Dagegen übertrifft in Bezug auf Löß Amerika die Ostfeste nicht bloß relativ, sondern auch absolut. Mit den Pampas und dem westlichen Mississippigebiet kann sich nur das chinesische Lößland an Ausdehnung messen.

Paziesgeblete. ^ Die endogenen Kräfte sind überall die gleichen; ob sie in ihren Äußerungen einem zeitlichen Wandel unterworfen sind, mag noch dahingestellt bleiben. Die exogenen Kräfte variieren dagegen nach bestimmten, zum Teil schon klar erkannten Gesetzen örtlich wie zeitlich. Es ergeben sich daraus für die Umgestaltung des Bodens verschiedene Faziesgebiete, von denen nur die funda- mentalen hier kurz skizziert werden mögen.

Als erster derselben tritt uns die Küstenzone entgegen, und zwar die Küstenzone aller Breiten, obwohl klimatische Unterschiede wohl auch hier zu weiterer Einteilung Veranlassung geben können; jedenfalls steht die polare Küste unter etwas anderen Bedingungen, als die eisloser Gewässer. Das Charakteristische ist das Vorhanden- sein von Kräften, die dem übrigen Festlande gänzlich fehlen: der Brandung und der Gezeiten. Abrasion und marine Anschwemmung sind Prozesse, die nur hier sich vollziehen. Daneben sind nur noch die Verwitterung, die Deltablagerung und die Dünenbildung durch den Wind von besonders formgebender Bedeutung.

Das Festland außerhalb der Küstenzone steht vor allem unter der Herrschaft des Klimas, von dem wir wissen, daß es örtlich und zeitlich wechselt Doch kommen hier nur die langen Klimaperioden in Betracht, durch die beträchtliche, in ihren Wirkungen weit in die folgende Periode hinübergreifende Verschiebungen der Fazies- gebiete hervorgerufen werden. Wir können in dieser Beziehung geradezu Permanenz- und Mutationsgebiete unterscheiden. Beide haben seit dem Beginne der Quartärzeit Klimaänderungen durch- gemacht, aber in den ersteren blieben die geologischen Oberflächen- prozesse im wesentlichen immer die gleichen und erfuhren nur eine zeitweise Abschwächung oder Steigerung, während sie in den Mutationsgebieten totale Umwandlungen erlitten. Die Ursache solcher Mutationen kann eine doppelte sein: eine rein klimatische in den Grenzbezirken der großen Kh'mareiche, oder eine tektonische, wo- durch besonders die Begenmenge eines Landes beeinflußt wird. Als erstes Faziesgebiet haben wir diePolarländer zu nennen

432 Die Dynamik des Landes.

und zwar im Sinne unserer Temperaturzonen (s. Karte VII). Charakte- ristisch ist hier die geringe Bedeutung des fließenden Wassers und der Pflanzendecke. Die Verwitterung erfolgt hauptsächlich mecha- nisch durch Frostwirkung. Die vorherrschenden Bodentypen sind Eisboden, glazialer Felsboden und Gletscherschutt.

Die regenreichen Gebiete der gemäßigten und warmen Zone, soweit sie nicht einmal von Eis bedeckt waren, haben mit- einander gemein, daß Wasser und Pflanzen überall an der Ver- witterung des Gesteins arbeiten. Felsboden tritt daher nicht mehr auf weite Erstreckung zu tage, und wird weit mehr von Eluvial- bildungen, als von Aufschüttungsmassen verhüllt In zwei Punkten unterscheiden sich aber die beiden Zonen sehr wesentlich: 1). der Eluvialboden ist in der gemäßigten Zone Lehm, in der warmen Latent, 2). in der warmen Zone sind, entsprechend dem größeren Regei\reichtume , die fluviatilen Anschwemmungen beträchtlich aus- gedehnter wie in der gemäßigten.

Zwischen die polare und gemäßigte Zone schieben sich die glazialen Übergangsgebiete, die aus der Eiszeit noch glazialen Felsboden und Gletscherschuttland in die gegenwärtige Klimaperiode herübergerettet haben, Typen, die jetzt freilich der Verwitterung, Verwaschung und Zuschüttung allmählich anheimfallen.

Ein scharf gezeichnetes Faziesgebiet ist die Wüste. Auch hier fehlen fließendes Wasser und Pflanzendecke, wie im Polar- gürtel, aber es fehlt auch das Eis, und die Temperaturverhaltnisse sind andere. Die wichtigste destruktive Kraft ist hier die In- solation, die wichtigste denudierende Kraft der Wind. Äolischer Felsboden, Gebirgsschutt, Flugsand sind die vorherrschenden Boden- typen. Wir betonen: die vorherrschenden, aber nicht die aus- schließlichen, weil Waltheb* wenigstens in Bezug auf die Sahara in neuester Zeit die Hypothese aufgestellt hat, daß die Wüste seit ihrer Trockenlegung Wüste gewesen sei, und daß die Bodenarten wie die Oberflächenformen nur auf diejenigen Kräfte zurückzuführen seien, die wir heute noch daselbst thätig sehen. Die entgegengesetzte An- sicht erblickt in der Sahara eine junge Wüste, die sich einst eines viel feuchteren Klimas erfreute und noch Dokumente jener glücklicheren Periode bewahrt hat Es sind dies zunächst die Thäler und ge- waltigen Schottermaßen, zu deren Erklärung die heute vor- handenen Wasserkräfte nicht ausreichen. Wai/fheb hat das kühne Wagnis unternommen, auch die Wüstenthäler oder Wadis durch Deflation zu erklären. Ein derartiger Versuch mußte ao- befriedigend ausfallen und hätte überhaupt nur dann eine Be- rechtigung, wenn wir keine positiven Beweise für einen Klima-

Die geographische Verbreitung der exogenen Wirkungen. 433

Wechsel besäßen. Solche sind aber vorbanden. Am weitesten fort- geschritten ist die geologische Forschung in der algerischen und tunesischen Sahara. '^ Seit der Kreidezeit ist dieses Wüstengebiet Festland, die jüngeren Schichten sind Süßwasserablagerungen untermiocänen, pliocänen und quartäxen Alters. Die ersteren treten nur an wenigen Stellen im Norden zu Tage, um so ausgedehnter sind aber die beiden anderen. Sie erstrecken sich in einer Breite von ca. 350 km von Biskra bis El Biodh (700 km) und senden noch Ausläufer einerseits bis in die Kleine Syrte, andererseits bis gegen Figig. Erinnern wir uns daran, daß genau zur Eiszeit auch in dem trockenen Landbecken der westlichen Vereinigten Staaten gewaltige Seen existierten, so werden wir nicht fehlgreifen, wenn wir auch dem Quartärsee der Sahara ein glaziales Alter zuweisen. Aber auch nach seinem Verschwinden blieb das Klima noch feucht genug, um große Flüsse zu ernähren, und diese Flüsse schufen jene großen, in die Süßwasserbildungen eingeschnittenen Thäler: die Wadis Mia und Igharghar, die sich im Wadi Rir vereinigen, Wadi Suf, Wadi Djedi. Die Anordnung dieser Thäler, die gegen den tiefsten Punkt, das Schott Melrir, konvergieren, die Verzweigung nach oben und die häufigen Serpentinen sprechen deutlich für erosiven und gegen äolischen Ursprung. Das Längsprofil hat freilich eine Umwandlung erfahren; ein ununterbrochener Thalweg ist nicht mehr vorhanden, sondern nur mehr eine stufenförmige Aufeinanderfolge länglicher Becken, die durch Schwellen getrennt sind. Diese Umgestaltung gehört einer Zeit an, da die Flüsse vertrockneten und der Wind Alleinherrscher wurde.

Diese Ergebnisse, die durch Rolland in den letzten Jahren völlig sichergestellt wurden, haben nichts überraschendes. Verwand- lungen feuchter Landstriche in trockene sind ja schon vielfach bekannt geworden. Zu den nordamerikanischen Beispielen, deren wir mehr- fach gedachten, gesellt sich u. a. auch das große Ural-Kaspische Becken. In der That, war die Eiszeit ein allgemeines Phänomen, wie hätten dann so ausgedehnte Wüsteneien bestehen können, wie sie die Gegenwart aufweist?

Kehren wir wieder zu den Faziesgebieten zurück. An die Wüsten schließen sich dann als Übergangsform zu den feuchten Gebieten die Steppen an. Der äolische Denudationsboden tritt zurück, der äolische Aufschüttungsboden herrscht aber noch entschieden vor. Nur ist es nicht mehr Flugsand, sondern Thonstaub, der die felsige Unterlage verhüllt Wir müssen übrigens nochmals darauf auf- merksam machen, daß über die Deutung mancher hierher gehöriger Gebilde Zweifel bestehen, wie dasselbe ja auch von den Löß-

Sdpax, PhTsiBche Erdlrande. 2. Aufl. / 28

434 Die Dynamik des LaDdes.

gebieten gilt. Ist Richthofens Theorie allgemein gültig, so ge- hören auch die letzteren zu den Mutationsgebieten, nur daB sich hier die Klimaänderung im entgegengesetzten Sinne vollzog, wie in den Wüsten.

Litteratar nach weise. * v.Tillo, Petebhanns Mitteilungen 1893, S. IT.— Zur Orientierung s. Wahnschafpe. Grundrücken bei Lubarz, im Jahrbuch d. preußischen geologischen Landesanstalt 1890. ' Walther, Lithogenesis cit S. 278. * Walthbr, cit. S. 415. * Choisy, cit S. 415.

Vierter Abschnitt. Morphologie des Landes/

Übersicht.

Nachdem wir die einzelnen Kräfte kennen gelernt haben, gehen wir zur Betrachtung der Formen über, oder richtiger gesagt, zur Systematik der Formen, die wir als Endergebnis jener, teils gleich-, teils widersinnig wirkenden Kräfte verstehen zu lernen haben. Dieser genetische Gesichtspunkt in der Morphologie ist es haupt- sächlich, der die moderne geographische Auffassung von der früher herrschenden unterscheidet. Es ist derselbe ümwandlungsprozeß, den auch die übrigen beschreibenden Naturwissenschaften durchge- macht haben.

Jedwede Oberflächenform ist ein Individuum. Wie jeder Kon- tinent und jedes Meer seine eigentümlichen Züge hat, so auch jedes Gebirge, jede Ebene; denn sicherlich haben zwei Erdstellen, trotz Übereinstimmung im Grundcharakter, im Verlaufe ihrer Entwicklungs- geschichte nicht genau dieselben Schicksale erfahren. Es ist auch leicht erklärlich, daß der Individualismus mit der Schichten- störung zunimmt, und daß er daher am meisten in den Ketten- gebirgen ausgebildet ist. Diese Abwesenheit von allem Schema- tischen bedingt zum großen Teil die Mannigfaltigkeit des Völkerlebens.

In dieser Eigenschaft der Oberflächenformen ist auch die Zwei- teilung der Geographie in eine allgemeine und spezielle begrün- det Die letztere hat gerade die individuellen Züge zu erfassen, die erstere sieht von diesen ab und sucht das Gemeinsame. Die Aufgabe der geographischen Morphologie ist die Klassifi- zierung der Oberflächenformen auf genetischer Grundlage. Aber dies ist ein ideales Ziel, dessen Erreichung wir einer fernen Zukunft überlassen müssen. So groß ist noch die Lückenhaftigkeit unserer geographischen und mehr noch unserer geologischen Kennt- nis, daß wir uns mit der Aufstellung von Typen begnügen müssen.

Die Morphologie betrachtet 1. die Landmassen als Einzelwesen

436 Morphologie des Landes.

in ihren Beziehungen zu einander und zum Meere (Kontinente, Kon- tinentalinseln, ursprüngliche Inseln; Küstengliederung), 2. die Land- massen als Komplexe verschiedener Oberfiächenformen. Methodisch empfiehlt es sich, den zweiten Abschnitt zuerst zu behandeln.

Orographiflohes System. Die Reliefformen des Landes lassen sich nach drei Gesichtspunkten einteilen, nach der äußeren Er- scheinung, nach der Höhenlage und nach der Entstehungsweise. Wenn wir auch den letzteren Gesichtspunkt jetzt obenan stellen, so muß man doch daran festhalten, daß jedes dieser Systeme seine Berech- tigung hat, und daß es der Übersicht dienlicher ist, sie nebenein- ander zu stellen, als eines in das andere einzuschachteln.

Die orographischen Grundbegriffe sind Ebenheit und Uneben- heit; sie beziehen sich auf das Maß der Niveauunterschiede benach- barter Punkte. In ihrer räumlichen Anordnung gewahren wir eine große Mannigfaltigkeit: bald beherrschen sie als Flach- oder Ge- birgsland ausgedehnte Erdräume, bald durchdringen sie sich gegen- seitig, indem hier ein Berg oder ein auch äußerlich scharf indivi- dualisiertes Gebirge sich aus der Ebene, wenn auch nicht immer mit einem ganz deutlichen Fuße erhebt, dort eine Ebene als Land- senke von Gebirgen eingeschlossen erscheint

I. Der geographische Begriff der Ebenheit ist bekanntlich ein viel weiterer als der geometrische, weil Änderungen des Gefälles einen gewissen, aber keineswegs für alle Menschen gleichen Schwellen- wert erreichen müssen, um von dem Äuge bemerkt zu werden. Wo die Fläche langsam ansteigt, und nach der anderen Seite sich ebenso langsam wieder senkt, so daß eine Wasserscheide entsteht, da sprechen wir von einer Landschwelle.

IL Einen viel großem Formenreichtum zeigen die Uneben- heiten. Einzelerhebungen nennt man Berge, ausgedehntere Er- hebungen Gebirge, aber der Sprachgebrauch schwankt sehr häufig und es wäre vergebUche Mühe, wollte man ihn durch feste Maße in ein künstliches System zwängen. Nur die Gepflogenheit, auch hervorragende Punkte innerhalb eines Gebirges als Berge zu be- zeichnen, wollen wir aus der Sprache des Geographen verbannen.

Man kann folgende orographische Kategorien unterscheiden:

1. Kammgebirge zeichnen sich durch deutliche Längser- streckung und eine scharf ausgesprochene Kammlinie aus, sie ent- behren jedoch, im Gegensatze zum Kettengebirge, einer reichhcheren Gliederung durch Längsthäler. Unter den Einzelerhebungen ent- sprechen ihnen die Kegelberge.

2. Linearer entwickelt ist auch das Rückengebirge, aber statt

Übersicht. 437

eines scharfen Kammes krönt es ein breiter Rücken. Einen gleichen Gegensatz bildet der Kuppenberg zum Kegelberge.

3. Das Plateaugebirge ^ hat eine breite, wenigstens in ein- zelnen Teilen ebene Oberfläche. Unter den Einzelerhebungen kann ihm der Tafelberg zur Seite gestellt werden, aber eine scharfe Grenze läßt sich nicht ziehen, weil auch bei Plateaugebirgen häufig die Ausdehnung nach der einen Horizontaldimension niclit erheblich von der nach der anderen abweicht

4. An Massengebirge oder Massive stellen wir nur die Forderung, daß Breite und Länge nahezu gleich seien, die Gestaltung der höchsten Teile kann aber sehr verschieden sein. Das Ötzthaler Alpenmassiv besteht z. B. aus Kämmen, in anderen ist die Ober- fläche wellig, und nur dort, wo sie vorherrschend eben ist, werden wir die Bezeichnung Massiv besser mit der des Plateaugebirges ver- tauschen.

5. Kettengebirge bestehen zwar vorwiegend aus einer An- einanderreihung mehr oder weniger paralleler Kammgebirge, die durch Längsthäler getrennt sind, aber sie können auch, wie die Alpen, Massive und Plateaugebirge enthalten, doch zeigen auch diese eine deutliche Anordnung in der Längsrichtung des ganzen Gebirges.

6. unregelmäßige Anhäufungen von Bergen bilden ein Berg- land, und je nach der Form derselben kann man Kuppen- und Tafelgebirge unterscheiden.

7. Geht eine Fläche mit scharfer Biegung in eine andere, tiefer liegende über, so entsteht eine Landstufe, die im gewöhnlichen Sprachgebrauche häufig als Gebirge bezeichnet wird und daher hier nicht übergangen werden darf.

Hypsometrisohe Systeme. Dem Systeme der absoluten Höhe liegt der Gedanke zu Grunde, daß die Temperatur mit der Höhe abnimmt und damit die Lebensbedingungen der Organismen, wie das Wesen und Maß der zerstörenden Kräfte sich ändern. In der Wahl der Grenzisohypsen ist natürlich ein weiter Spielraum offen gelassen, denn selten bezeichnet eine bestimmte Höhenlinie auch einen Wechsel der Oberflächenform. Ob wir die Grenze zwischen Nieder- und Mittelgebirge bei 600 m, zwischen Mittel- und Hochgebirge bei 1300 m ansetzen, oder bei irgend einer anderen Seehöhe, ist in der Natur nicht begründet. In letzter Linie sind diese Einteilungen

^ y. RicHTHOFEN sprach sich gegen die Beibehaltung des Ausdruckes Plateau aus. Dieser ist aber so sehr eingebürgert, daß man ihn durch einen Machtspruch kaum wird entfernen können.

438 Morphologie des Landes.

nur unseren europäischen Verhältnissen angepaßt, aber Seehöhen von 1000 m oder 2000 m haben hier eine ganz andere Bedeutung als im polaren oder im tropischen Klima. Trotzdem möchten wir die Bezeichnungen Mittel- und Hochgebirge nicht missen-, die ge- rundeten Formen des ersteren, die zugespitzten des letzteren sind natürliche Unterschiede, aber nicht die Seehöhe ist dafür maßgebend, sondern der Abstand der beiden wirklichen Denudationsniveaus^ der Unterschied zwischen Gipfel- und Thalhöhe. An die Stelle des Systems der absoluten Höhen wollen wir daher mit Penck eiu solches der relativen Höhen setzen; die Grenze von Mittel- und Hochgebirge mag um den Höhenunterschied von etwa 1000 m schwanken, denn auch sie variiert mit dem Klima.

Dagegen hat sich von den absoluten Werten die Se^höhe von 200 m als Grenze zwischen Tief- und Hochland aUgemeiu eingebürgert. Der Grund liegt darin, daß über Y, der gesamten Landfläche unter 200 m liegt, und diese Höhenstufe selbst auf kleinen Karten deutlich zur Geltung kommt. Selbstverständlich ist das Tief- land vorwiegend Flachland; viele Flachländer steigen aber ganz un- merkbar in beträchtliche Seehöhen empor, wie z. B. die nordameri- kanischen Prärien im 39. Parallel von 30 bis über 2000 m, ohne daß sich irgendwo ein Gefällsbruch bemerkbar machte oder der Ab- stand zwischen zwei Isohypsen auf Gannetts schöner Relief Map (1892) irgendwo einem größeren Böschungswinkel als 16' entspräche. Solch ein geographisches Individuum in eine bestimmte Kategorie des absoluten Höhensystems einzureihen, ist natürlich unmöghch. Das- selbe gilt übrigens auch vom relativen System Pencks, soweit es das Flachland betrifft. Er unterscheidet 1. Ebenen mit seichten Flußeinschnitten, 2. Platten mit Thälem unter 200 m Tiefe, 3. Tafelländer mit tieferen Thälern. Es liegt auf der Hand, daß Tafelländer in Platten, Platten in Ebenen übergehen können. Der Verengerung des Begriffes Ebene ist nur zuzustimmen, aber die Grenze zwischen Platte und Tafelland ist ganz willkürlich gewählt Außerdem drücken die Namen Platte und Tafel keineswegs eine Zerschnittenheit des Geländes aus, sie sind im Gegenteil konzen- trierte Namen für ebenes Land, ganz abgesehen davon, daß Tafelland in der modernen Geologie einen ganz bestimmten Begriff' bezeichnet

Hypaometrie. Wenn auch hypsometrischen Systemen eine gewisse Willkürlichkeit anhaftet, so ist doch die Höhenmessung eine der unentbehrlichsten Grundlagen der geographischen Erkennt- nis, ebenso unentbehrlich, wie die Bestimmung der räumlichen Lage durch Breite und Länge.

Es giebt drei Methoden der Höhenmessung: die nivellitische,

.^*^

Übersicht. 439

trigonometrische und barometrische. Diese KeiheDfolge entspricht auch ihrer Eangordnung in Bezug auf die Genauigkeit*

Bei dem Nivellement wird der Höhenunterschied benachbarter Punkte durch horizontales Zielen nach senkrechten Maßstäben (Latten) bestimmt Die letzteren sind 2 4 m lange, geteilte Stäbe (a in Fig, 139); das Nivellierinstrument {b in Fig. 139) besteht aus einer Libelle und einem Femrohr, deren Achsen unter sich parallel und beim Gebrauche hori- zontal sind. Eine besondere Berücksichtigung der Erdkrümmung ist unnötig, weil sich ihr die Ziellinien an und für sich als Tangenten p.^ ^gg^ NiveUement. anschmiegen. Diese genaueste hypsometrische Methode ist, wenn sie sich über größere Räume erstrecken soll, äiißei-st zeitraubend und kostspielig, daher sie auch nur in Kultur- ländern zur Anwendung kommen kann. ^

Trigonometrisch mißt man Höhen mittels des Theodoliten, eines Instrumentes, das sich ebenso zur Bestimmung von Horizontal- wie von Höhenwinkeln eignet, und daher in der wissenschaftlichen Ausrüstung eines Forschungsreisenden eine wichtige Rolle spielt Haben wir die Höhe des Berges D (in Fig. 140), die durch die Vertikale I)C repräsentiert wird, zu messen, so genügt es nach den Gesetzen der Trigonometrie eine Basis [AB) auf ebenem Boden und von den beiden Endpunkten derselben die Höhenwinkel a und ß zu messen. ^^ Dabei macht man allerdings die Voraus- setzung, daß die Linien AB, AD und BD Gerade sind, und dies triflft ja in Wirk- lichkeit nicht zu. AB wird durch die Erdkrümmung, A B c

AD und BD werden durch Fig 140. Trigonometrische HöbenmessuDg.

die Strahlenbrechung ge- bogen, und namentlich die letztere ist eine nicht zu unterschätzende Fehlerquelle für die trigonometrische Höhenmessung. Begnügt man sich mit Höhenzahlen, die noch in ihren Einheiten (in Meter) richtig sind, so kann man den Einfluß von Erdkrümmung und Refraktion vernachlässigen, solange die Entfernung von der Höhenlinie {AC in Fig. 140) 5 km nicht übersteigt.

X Vgl. dazu S. 211.

^. _„, ^ r^ . . 1 j sin « sin 8

y X Pie Höhe OP ist dann =^ A B --^ "

öin {(} aj

440 Morphologie des Landes.

Die barometrische Höhenmessung gründet sich anf das Ge- setz, daß der Luftdruck in geometrischer Progression mit der Höhe abnimmt. Ist in einer bestimmten Zeit der Barometerstand und die Temperatur an der unteren Station B und T und an der oberen b und t, so ist nach Kühlmann die Höhendifferenz (in m)

= 18400 [ 1,00167 + 0,00367 -^ + '-] l0g|.

Allein diese Formel hat einen Mangel. Sie setzt fälschlich voraus, daB die mittlere Temperatur der Luftsäule zwischen beiden Stationen gleich

ist . Daher liefern die Barometerablesungen zu verschiedenen

Tages- und Jahreszeiten bald zu hohe, bald zu niedere Werte, und nur die Jahresmittel der meteorologischen Beobachtungen geben Höhen, welche sich von den wahren Werten nur wenig ent- fernen. Es ist klar, daß Höhenbestimmungen auf Grund von einigen wenigen, ja oft nur von einer einzigen Ablesung sehr unsicher sein müssen, besonders dann, wenn die Beobachtungen an beiden Stationen nicht gleichzeitig erfolgten, oder wenn die Seehöhe der unteren Station nicht völlig sichergestellt ist. Noch zweifelhafter wird das Resultat, wenn das Meeresniveau als untere Station angenommen wird, fiir die man nfich den Isobaren- und Isothermenkarten nur ganz vage Werte einsetzen kann. Trotzdem sind weitaus die meisten Höhenmessungen in unzivilisierten Ländern mittels des Barometers gemacht worden, besonders seitdem wir im Anerold, das den Luftdruck durch die Federkraft einer metallenen luftleeren Büchse anzeigt, ein außerordentlich bequemes Instrument besitzen. ^ Leider reicht der Grad seiner Zuverlässigkeit bei weitem nicht an die des Quecksilberbarometers heran, und eignet sich letzteres wegen seiner Zerbrechlichkeit wenig zur Mitnahme auf Reisen. Eine gute Kon- trolle bieten die neuen Kochthermometer aus Jenaer Glas, die in ihren Angaben konstanter sind als die Anerolde.' Auch dieses Instrument dient zur barometrischen Höhenmessung und beruht darauf, daß der Siedepunkt mit abnehmendem Luftdrucke herabrückt; so befindet er sich z. B. bei einem Barometerstande von 760 mm bei 100«, von 700 mm bei 97,7<>, von 600 mm bei 93,6^

Im allgemeinen ist das Urteil berechtigt, daß unsere Kenntnisse von den Höhenverhältnissen nicht bloß sehr lückenhaft, sondern auch sehr unsicher sind. Indes ist ein kräftiger Fortschritt nach beiden Richtungen unverkennbar.

Orometrie.^ Wir haben schon an früherer Stelle der Versuche gedacht, die mittlere Höhe bezw. Tiefe größerer Erdräume zu be-

X Das AneroXd oder Federbarometer wurde 1S47 von Viri erfanden.

Übersicht 441

x^chnen, Versuche, die bis auf Laplace zurückreichen, aber erst Tinter der Meisterhand Humboldts eine greifbare Gestalt annahmen. -Ans dieser Volumenberechnung entwickelte sich die Orometrie, clie es sich zur Aufgabe stellt, alle charakteristischen Formen- und Größenverhältnisse der Gebirge durch Mittelwerte zum ziff er mäßigen Ausdrucke zu bringen. Was man bisher mit Worten schilderte, soll nun mit Zahlen kurz, prägnant und ohne jeden subjektiven Bei- l^^eschmack zur Darstellung gelangen, v. Sonklar war der erste, der dieses Programm in ein System brachte, indem er die Begriffe der mittleren Kamm-, Gipfel- und Sattelhöhe, der mittleren Schar- tung, der mittleren Thal- und Sockelhöhe, der mittleren Neigungs- winkel der Thalböden und Gehänge u. s. w. feststellte. Es bedarf keiner weitläufigen Auseinandersetzung, daß wir für das ver- gleichende Studium der Gebirge aus der Orometrie die größte Belehrung schöpfen können, aber leider steckt dieser Zweig der geographischen Forschung noch ganz in den Kinderschuhen. So- lange sich noch jeder seine Methode selbst zurechtschneidet, können keine streng vergleichbaren Werte geliefert werden. Dazu kommt noch, daß der Orometer ausschließlich mit Karten arbeitet und von der Zuverlässigkeit derselben in seinen Resultaten ab- hängig ist

Genetisohes System. Um zu einem genetischen System zu ge- langen, müssen wir den entwicklungsgeschichtlichen Weg betreten; dieser Aufgabe sollen die nächsten Abschnitte gewidmet sein. Wir gehen dabei von der Wahrnehmung aus, daß die feste Erdoberfläche im wesentlichen aus zwei tektonischen Grundformen besteht: aus flach gelagerten und aus gefalteten Schichten. Die erstere bedingt Ebenheit, die letztere Unebenheit. Diese beiden Grundformen können aber Umwandlungen erleiden, einerseits durch Brüche und Massen- verschiebungen entlang derselben, anderseits durch die überall und zu allen Zeiten wirkende Destruktion; und unser Hauptaugenmerk soll darauf gerichtet sein, möglichst vollständige Umwandlungsreihen herzustellen. Eine fremdartige Zuthat liefern die vulkanischen Ergüsse; auch sie sind Umwandlungsprozessen unterworfen.

Litteraturn ach weise. * Hauptwerke wie für die Dynamik s. S. 278. * Jordan, Vermessungskunde, Bd. II, 1893. ' Vgl. v. Danckelman, in d. Ver- handlungen der Berliner Gesellschaft f. Erdkunde, 1888, S. 594. * Peuckbr, Beitrfige zur orometrischen Methodenlehre, Breslau 1890, woselbst die ziemlich ausgedehnte Litteratur übersichtlich zusammengestellt ist.

442 Morphologie des Landes.

Die Oberfläohenformen der Flachsohichtimg.

Den Ausdruck Fl ach Schichtung haben wir gewählt, weil völlig horizontale Lagerung verhältnismäßig selten ist Selbst dort, wo man eine solche voraussetzte, hat sich häufig bei enteile rtf,^- Beobachtung eine leise Neigung nach einer bestimmten Himmels- gegend herausgestellt. Solange diese Neigung aber keinen hohen Wert erreicht, erzeugt die Flachschichtung als Urform stets Flachland.

Das Tafelland. Wir mögen bezweifeln, daß es irgend eine Gegend der heutigen Landoberfiäche giebt, die stets flach war, aLer wir wissen bestimmt, daß ausgedehnte Räume seit langen geologischen Perioden Flachland sind. Das sind die Tafelländer.

Li Rußland^ finden wir, wenn wir von dem Dwina- und kaspischen Gebiete absehen, oberflächlich Ablagerungen der Eiszeit und jenseits ihrer Grenzen eine mehrere Meter mächtige Schiebt von Schwarzerde (vgl. S. 415). Aber nicht sie sind es, denen Rußland seinen orographischen Charakter verdankt. Vom Silur an ruhen alle Fonuationen flach auf granitischer Unterlage, dio in St. Petersburg und südwestlich von Nowopawlowsk im Gouverne- ment Woronesch erbohrt wurde und im südlichen Rußland in den Flußthälern wieder zu Tage tritt. Zwar felilen Störungen nicht ganz, aber sie sind un})edeutend und örtlich beschränkt. Endlos breitet sicli die Flädie aus, nur unmerkliche Erhebungen scheiden die Gewässer, sell)st die Waldaihöhe bringt geringe Abwechselung in das einförmige Bild; kein Punkt im Innern überschreitet die Seehöhe von 425 m. Nur im Kohlengebiete am Donez sind die karbonischen Schiefer, Sandsteine und Kalksteine in steilere Falten gelegt, aber horizontale Kreide- und Tertiärschichten verhüllen dieses unterirdische Gebirge, wenn auch nicht bis zu völliger Unkenntlich- keit, indem die Sättel der Karbonfalten als geradlinige, niedere Vor- sprünge oder Leisten an der Oberfläche sich bemerkbar machen und dieser einen flach-welligen Charakter verleihen.

Zu den ausgedehntesten Tafelländern gehört die Wüstenplatte der alten Welt. Soweit die Sahara^ nicht von modernen Ablagerungen verdeckt ist, und abgesehen von den Durchbrüchen der altkrystallinischen Unterlage, besteht sie zum großen Teil aus paläozoischen Schichten, dann im Osten aus Nubischem Sandstein, in der Mitte aus Gebilden der mittleren und oberen Kreide, und nur im Nordosten aus tertiären Ablagerungen. Aber so verschiedene Niveauveränderungen sie auch erUtten hat, die flache Lagerung der Sedimente wurde dadurch

Die Oberflächenformen der Flachschichtung. 448

niclit erheblich gestört Die saharische Tafel setzt sich nach Arabien fort, wo eine gewaltige Sandsteindecke Granit und alte Eruptiv- gesteine verhüllt^ Auch sonst ist in Afrika die Tafellagerung ^weit verbreitet, unzäHig sind die Schollen horizontaler Sandsteine, die wahrscheinlich der jüngeren Primär- und älteren Sekundär- periode angehören. Das Innere von Australien darf ebenfalls als Xa.felland bezeichnet werden. In Nordamerika breitet sich von den Alleghanies bis über den Mississippi eine paläozoische Tafel aus, und daran schließt sich im Westen bis zum Felsengebirge die schräge Kreidetafel der Prärien. Südamerika hat seine brasilianische Tafel, die sich allerdings auch mit Strichen von wesentlich anderem Cha- rakter zu einer orographischen Einheit verbindet, wie wir an einer späteren Stelle ausführlicher zu erörtern haben werden.

Die wesentliche Eigenschaft des Tafellandes ist seine Zusammen- setzung aus festem Schichtgestein höheren Alters. Daß sein oro- graphischer Charakter nur durch die Lagerungsverhältnisse bedingt ist, zeigt sich am deutlichsten dort, wo es an ein Gebirge von gleicher geo- gnostischer Zusammenset/.uug grenzt, und die bisher flach gelagerten Schichten sich nun in die Höhe richten. Soweit sich die Tafelländer aus Sedimentgestein aufbauen, in denen wohl auch maachmal Eruptiv- inassen eingelagert sind, können wir sie auch ursprüngliche Ebenen nennen und stellen sie jenen Flachländern ent/^'egen, die mit lockerer Aufschüttung jugendliche Störungsgebiete verhüllen und die wir als aufgesetzte Ebenen bezeichnen können. Nur jene aus- gedehnten Lavadecken, wie wir sie am Columbia und Snake River im Westen der Vereinigten Staaten und im nordwestlichen Dekan finden, machen davon eine Ausnahme. Der sog. Dekan trapp be- deckt eine Fläche von mehr als 400000 qkm und erreicht stellen- weise eine Mächtigkeit von 1800 m. Der Untergrund ist uneben, alte Thäler von mehr als 300 m Tiefe sind mit Lava ausgefüllt. Die Schichtung ist horizontal, die feste Gesteinsbeschaffenheit macht das Trappplateau zu einem echten Tafellande, seine Oberfläche zeigt alle charakteristischen Eigenschaften eines solchen, und trotzdem müssen wir es zu den aufgesetzten Ebenen rechnen. Man hat diese Flachländer Übergußtafeln im Gegensatze zu den Schichtungs- tafeln genannt

Ausgefüllte Landsenken. Sie sind ohne Ausnahme jugendliche Oberflächenformen, die ältesten reichen in das Tertiär zurück. Ihrer Umgebung gegenüber verhalten sie sich meist völlig fremd, wenn sie auch hier und da durch den fortschreitenden Faltungsprozeß in die Gebirgsbildung einbezogen und dadurch verfestigt wurden.

Man hat zwischen Anschwemmungsflächen und äolischen

444 Morphologie des Landes.

Aufschüttungen zu unterscheiden. Die oberrheinische Tief- ebene* ist eine der ausgezeichnetsten Typen eines Grabenbniches. Die große mesozoische Tafel, die einst von Schwaben bis nach Loth- ringen reichte, sank hier am tiefsten ein, und der Graben wurde in der mitteloligocänen Zeit vom Meere, im Miocän und Pliocän von einem Süßwassersee eingenommen und mit deren Ablagerungen ausgefüllt^ dann im Diluvium vom Rhein erobert, der seine Schotter und Sande darüber ausbreitete. Die Donauebenen bauten sich seit dem jüngeren Tertiär über gewaltigen Kesseleinbrüchen auf. Bohrungen in der niederungarischen Ebene haben die lehrreichsten Ergebnisse geliefert Westlich von Altofen erhebt sich der Dreihotterberg etwas über 400 m über das Meeresniveau, aus dem ältesten Gestein in dieser Gegend, dem triassischen Hauptdolomit bestehend. Ihm lagert sich im Osten oligocäner Mergel an, der sich von 200 bis 100 m Seehöhe senkt und dann unter der Donau verschwindet Auf der Magareteninsel fand man ihn unter der alluvialen Decke wieder und verfolgte ihn bis 19 m unter den Meeresspiegel. Nur 2,8 km da- von entfernt, im Stadtwäldchen, durchfuhr der Bohrer zunächst jüngere Tertiärschichten, erreichte erst in ca. 450 m Meerestiefe das Oligocän und in 700 m den Dolomit des Dreihotterberges. ^ Das ergiebt auf eine Entfernung von 7 km eine Niveaudifferenz von 1100 m! Auf den neogenen Rand folgen nach dem Innern des Alföld zu diluviale Ablagerungen, überdeckt mit Löß- und Flugsand und durchfurcht von alluvialen Flußniederungen. Nahezu in der Mitte des Beckens, in Szentes an der Theiß, wurde ein 314 m tiefer artesischer Brunnen gegraben, der bis 97 m unter dem Meeres- spiegel diluviale Sande und Thone mit SüßwasserconchyUen durch- bohrte und dann erst das Tertiär erreichte.® Vergleichen wir diese beiden Bohrungen, so können wir sagen, daß Niveauunterschiede von reichlich 200 m durch junge Anschwemmungen bis auf wenige Meter ausgeglichen wurden. Indes läßt sich vermuten, daß Senkung und Ausfüllung nicht zwei zeitlich getrennte Akte waren, sondern daß beide Prozesse wenigstens bis zu einem gewissen Grade Schritt mit einander hielten. Für einige aus Flußalluvionen bestehende Ebenen ist dies durch Bohrungen nachgewiesen: so wurde neuer- dings bei Porto vecchio in der Poebene in 215 m/ bei Lueknow in der Gangesniederung in 284 m unter dem Meeresniveau der Untergrund der modernen Anschwemmung nicht erreicht,® wenn man ihm auch im letzteren Falle schon ziemlich nahe gekommen zu sein scheint Es unterüegt natürlich keinem Zweifel, daß, als jene Tief- alluvionen abgelagert wurden, der Boden wie heute über dem Meeres- spiegel sich befand. Elrderschütterungen in jungen Schwemmgebieten

Die Oberflächenformen der Flachschichtang.

445

weisen übrigens darauf hin, daß die Senkung auch jetzt noch fort- dauert-

Ausgefüllte Seebecken, die einen unebenen Untergrund verhüllen, sind außerordentlich häufig und ebenso verschieden in Bezug auf Aus- dehnung, wie auf Seehöhe. Dem rheinischen und den Donaubecken, die dem Tieflande angehören, können wir die castilianischen oder die Hochflächen der Anden gegenüberstellen. Sie sind insgesamt Landsenken, aber es giebt daneben auch Landsenken, die durch Steppengebilde ausgefüllt sind. Ihre Verbreitung ist an klima- tische Grenzen gebunden: nur dort kommen sie vor, wo die geologische Kraft des Windes zur unumschränkten Herrschaft ge- langt, d. h. in trockenen Gegenden, oder in solchen, die früher regenärmer waren, als jetzt (vgl. S. 413). Eigentümlich ist ihnen die Beckenform. v. Richthofen* schildert die Lößmulden des nörd- lichen Teiles der chinesischen Provinzen Tschili und Schansi in folgender Weise: „Fast eine jede der großen Einsenkungen, wenn

Fig. 141. Querachnitt der Loßbecken am Südfuße des Wu-tai-schan nach v. RiCHT-

HÖFEN. Lange zur Höhe =1:8.

a festes Grebirge, b Löß, e See-Ablagerungen.

wir sie von einer Höhe überblicken, hat die Grestalt eines Steppen- beckens, indem eine Vertikalebene die Oberfläche in einer Kurve von der Form eines zwischen den beiden Gehängen schlaff ge- spannten Seiles durchschneiden würde (s. 2 und 3 in Fig. 141). Der Höhenunterschied zwischen den Rändern und der Mitte beträgt oft mehrere tausend Fuß; aber die Abdachung ist so allmählich, daß das Auge sich keine Vorstellung von der Größe dieser Diffe- renzen machen kann. Zunächst den Gehängen ist der Neigungswinkel am größten; gegen die Mitte hin nimmt er immer langsamer ab, bis sich der diesseitige mit dem jenseitigen Abfall in einer Ebene begegnet. Der obere Muldenrand geht bald unmittebar durch An- häufungen von eckigem Schutt in den aus festem Gestein bestehenden trennenden Gebirgsrücken über, bald lehnt er sich an Felswände, welche noch hoch darüber aufragen. . . . Neben diesen normalen Formen treten auch einseitige Lößmulden (1, 4 und 5 in Fig. 141)

446 Morphologie des Landes.

axif, bei denen die lange, geschwungene Abdachung sich nur von einer Flanke herabzieht, und wo von dem tiefsten Teile derselben entweder eine durch Seeausfullung entstandene, beinahe voUkommene Ebene bis an das jenseitige Gehänge hinanreicht, oder eine schmale Lößaufschüttung den zweiten Muldenflügel gewissermaßen nur an- deutet In allen solchen Fällen, soweit ich deren beobachtet habe, ruht der ausgebildete Muldenflügel auf einer im Durchschnitt sanft geneigten Fläche des unterliegenden Gesteins, während der rudi- mentäre Teil, oder der ebene Boden, an eine steile und im Ver- hältnis sehr hohe Felswand grenzt." Solche Lößländer sind in China die Provinzen Schansi, Nord-Tschili und Honan, aber noch all ge- meiner ist der Löß in Schensi und Kansu, wo er den eigentlichen Boden bildet und ihm Form und Farbe giebt. Eine Fläche Ton der Größe des Deutschen Reiches trägt hier eine fast kontinuierliche Lößdecke. Wir müssen indes die Frage offen lassen, ob es Flachen giebt, die ausschließlich äolischer Aufschüttung ihre Entstehung verdanken, wenn wir auch nicht daran zweifeln, daß der windbewegte Staub in trockenen Gegenden Mächtigkeit genug besitzt, um sich an der Gestaltung von Geländeformen zu beteiligen. Am wenigsten wäre solcher Zweifel in Bezug auf die ausgedehnten Hochflächen Zentralasiens berechtigt Doch bezeichnet Griesbach^® Tibet als ein Faltenländ, dessen breite Mulden mit jung- und nachtertiären Seenablagerungen (im Hundts-Plateau über 600 m mächtig) aus- gefüllt sind; und vom Tarimbecken und der Wüste Gobi wissen wir, daß hier seit dem Ende der Kreideperiode ein Meer flutete, das durch die Dsungarei mit dem aral-kaspischen Meere in Verbindung stand und dann, als das Klima immer trockener wnirde. der Ver- dunstung anheimfiel. Hier bilden also marine Sedimente die Unter- lage, über die sich atmosphärische Ablagerungen ausbreiten. Auch in den viele Kilometer breiten Flachmulden des westlichen Hochlandes von Nordamerika sind Seengebilde nachweisbar.

Peripherische Flachböden jugendlichen Alters. Wir haben bis- her nur die aufgesetzten Ebenen innerhalb der Festländer in den Kreis unserer Betrachtung gezogen, und es entsteht nun die B^^rage, ob jene jugendlichen Flachlandsgebilde, die an das Meer grenzen, auf gleiche Vorgänge sich zurückführen lassen. Wir antworten: ohne Zweifel in einzelnen Fällen, wo solche Ebenen buchtenformig in das Festland eindringen. Ein solches Senkungsfeld ist der alte Po -Golf, den Alpen- und Apenninenflüsse mit ihren Geröllmassen ausfüllten und noch ausfüllen. Was nördlich der Linie Pavia-Mantua- Verona-Udine liegt, ist diluvial, was südlich davon liegt, ist alluvial. Das chinesische Tiefland lehrte uns v. Richthofkn als Teil eines

Die Oberflächenformen der Flachschichtung.

447

ausg^edehnten Einbruchkessels kennen, den die Anschwemmungen des Hoangho in Land verwandelten, und die vorderindische Ebene, die von Meer zu Meer reicht, ist wohl auch nur eine konti- nentale Depression. Selbst das deutsche Tiefland scheint nur ein verdecktes Schollenland zu sein. Paläozoisches und mesozoisches Grundgebirge mit gestörtem Schichtenbau tritt noch mehrfach zu Tage, Rügen und Helgoland sind ebenfalls solche stehengebliebene oder gehobene Schollen. In der Tertiärzeit nahm das Meer von diesem Senkungsfelde Besitz, seine Ablagerungen verwischten die Höhenunterschiede, wenn auch nicht ganz, weil am Ende der Miocän- periode wieder neue Störungen eintraten. Daraus erklärt es sich, daß selbst nahe bei einander liegende Bohrungen sehr beträchtliche Niveauverschiedenheiten des tertiären Untergrundes verraten. Im Weich bilde Berlins schwankt wie man aus den 22 Messungen in Wahnschaffes Zusammenstellung^^ entnehmen kann die Mächtig- keit der Diluvialdecke zwischen 34 und 126 m, die Seehöhe der tertiären Basis zwischen +2 und 90 m, die Niveauunterschiede der gegenwärtigen Oberfläche betragen an den Bohrlöchern aber nur 7 m. So sehr hat die Eiszeit mit ihren Ablagerungen, die sie über den Norden Deutschlands ausbreitete, ausgleichend gewirkt. Aber eine völlige Ebene ist auch dadurch nicht geschaffen worden. Zwischen einem südlichen Landrücken, der sich von der schlesischen Platte über die Niederlausitz, den Fläming und die Lüneburger Heide nach Nordwest erstreckt, und der großen baltischen Seenplatte, die zuerst nach Südwest zieht und dann ebenfalls nach Nordwest um- biegt, liegt eine breite von Längsthälern durchfurchte Mulde, und die äußersten Höhenunterschiede betragen noch immer ein paar hundert Meter, ^ wenn auch Schwellen und Mulde sich allmählich ineinander verlieren. Über die Ursache dieses Bodenbaues sind ver- schiedene Ansichten geäußert worden, aber immer deutlicher scheint hervorzutreten, daß sich darin unterirdische Gebirgszüge wider- spiegeln.

Von den Gestaden des sibirischen Eismeeres zieht das Flach- land über die Obniederung bis in das Herz des asiatisch-europäischen

>^ Höchste Punkte der südl. Landschwelle m Lüneburger Heide 170 Fläming ... 200 Niederlausitz . . 280 Tamowitzer Platte (Mesozoisch) . 400

Thäler der Mulden- mitte

m Hamburg ... 3

Berlin 37

Küstrin .... 13 Bromberg ... 37

Höchste Punkte der nördl. Landsch welle m Holstein . . . 160 Mecklenburg . . 180 Pommern (Turm- berg) .... 330 Preußen ... 310

448 Morphologie des Landes.

Kontinentes. Aber der Lauf der Gewässer zeigt eine Zweiteilung an. Tobobk im Obgebiete liegt 109 m über See, die wasserschei- dende Eirgisensteppe steigt über 800 m an, auf der anderen Seite liegt der Aralsee 48 über, der Kaspisee 26 m unter dem Spiegel de» Schwarzen Meeres. Das junge aral-kaspische Tiefland ist also ohne Zweifel eine Landsenke, und die aus altem Gestein bestehenden Gebirgszüge, die inselartig aus den lockeren Oberäächengebilden auftauchen, machen es wahrscheinlich, daß es eine aufgesetzte Ebene über einem Schollenlande ist Ganze Schwänne solcher Gebirgsinseln durchziehen die Eirgisensteppe; wir schließen daraus^ daß die Wasser- scheide durch eine Erhebung des Untergrundes vorgezeichnet i>t. Dagegen fehlen uns Anhaltspunkte, um die Verhältnisse im sibiri- schen Tief lande zu beurteilen. Der nördliche Teil ist wahrscheinüch erst in der Quartärzeit aus dem Meere aufgetaucht, gerade so wie Nordrußland (Vgl. 289), nur können wir im letztem Falle vermuten, daß die nachglaziale Transgression sich nicht wesentlich von den früheren unterschied, d. h. nur eine neue Flachschicht den schon vorhandenen hinzufügte. Wir wollen, um einen neutralen Aus- druck zu wählen, alle diejenigen jugendlichen peripherischen Flach- böden, die durch Anschwemmung oder marine Strandverschiebung dem Lande zuwuchsen, und über deren Untergrund wir nicht unter- richtet sind, als angefügte Ebenen bezeichnen. Wir finden solche an den meisten Eüsten, wenn auch oft' nur auf einen schmalen Streifen beschränkt Die sanft zum Meere sich abdachenden Ebenen, die die Vereinigten Staaten an der atlantischen und G^lfseite um- säumen, und von New Jersey bis Georgia von 50 auf 300 km Breite anwachsen, sind ein ausgezeichnetes Beispiel dieser Eategorie. Seit der Ereideperiode hat hier das Land, trotz mannigfacher Schwank- ungen, eine stetige Vergrößerung erfahren.^* Nirgends ist die Form der Tieffläche ausgedehnter als in Südamerika; sie erreicht 1 1 Y2 Mill. qkm und nimmt */g des Eontinents ein. Aber wenn auch das ganze Flachland zusammenhängt, so bildet es doch keine genetische Einheit. Die Llanos des Orinoco sind tertiäre Meeres ablagerungen , die in jeder Regenzeit durch neue Flußanschwem- mungen erhöht werden. Die Amazonas - Ebene scheint nach den bisherigen geologischen Untersuchungen ein äuviatiles Anf- schüttungsgebiet zu sein, eine kolossale Deltabildung, deren Anfange bis in die Eocänperiode zurückreichen. In der argentinischen Ebene lagert unter dem ca. 1 m mächtigen Alluvium die sogenannte Pam- pasformation, eine Mergel- oder Lehmschicht mit Eesten von Land- säugetieren, die ihrem ganzen Charakter nach dem Löß entspricht Nach Santiago Roth^^ wechseln äolischer Löß, Flußlöß und See-

Die Oberflflcbenformen der Flachschichtung. 449

mergel wiederholt miteinander, und umfassen diese Bildungen, die man bisher für ausschließlich quartär hielt, den ganzen Zeitraum Tom Diluvium bis in das früheste Tertiär. Marine Ablagerungen unter dem Löß wurden nur bei Buenos Aires gefunden. An ver- schiedenen Stellen tauchen krystallinische Gebirgsinseln aus den jüngeren Schichten empor; möglich, daß auch hier ein altes Schollen- land begraben liegt

Ergebnis. Unsere bisherigen Erörterungen ergeben folgendes genetische System der Flachländer:

I. Ursprüngliche Ebenen oder Schichtungstafelländer (Hoch- und Tiefflächen).

II. Aufgesetzte Ebenen:

1. Übergußtafeln.

2. Locker geschichtete Flächen.

a) Landsenken (Hoch- und Tiefland).

a) Landsenken im Schollenlande, ß) Landsenken im Faltenlande.

b) Peripherische Tiefländer.

ä) Buchtenländer, ß) Angefügte Ebenen.

Natürlich ist dieses System noch einer weiteren Gliederung fähig so z. B. die Kategorie der aufgesetzten Ebenen nach der Art der Aufschüttung , aber uns kommt es nur darauf an, einige Haupttypen herauszugreifen und diese systematisch aneinander zu reihen. Einteilungen, die sich zu weit in Einzelheiten verlieren, erschweren die Übersicht, statt sie zu erleichtern.

Umformung durch Denudation. Überall, wo das fließende Wasser größere Kjraft erlangt, wird das flachgeschichtete Land von Thälern durchschnitten. Die Wasserkraft hängt bekanntlich vom Gefälle und von der Wassermenge ab; Siebenbürgen und die niederungarische Ebene mögen uns den .Einfluß des erstgenannten Faktors vor Augen führen. Zwei meridionale Flüsse durchziehen Niederungam: die Donau senkt sich von 103 m (bei Budapest) auf 83 m (bei Vukovar), die Theiß von 113 m (bei Tokaj) auf 79 m (bei Semlin); das Gefälle ist bei beiden ungefähr das gleiche: 1 : 12 000, wenn man von den Krümmungen absieht Zwischen Donau und Theiß erhebt sich die diluviale Kumaniersch welle durchschnittlich 30 40 m über die allu- vialen Thalflächen ; nur im Westen wird sie von einem Steilrande, ofi'en- bar dem alte Donauufer begrenzt; gegen die Theiß hin senkt sie sich un- merkhch. Ebenso unmerklich steigt das Gelände von der Theiß nach

SüPAif, PhTBuche Erdkunde. 2. Aufl. 29

450 Morphologie des Landes.

Siebenbürgen hin um 20 bis 30 m. Niveauunterschiede sind ako natürlich vorhanden, aber nur an wenigen Stellen werden sie dem Auge wahrnehmbar, sonst empfängt der Beschauer überall den Ein- druck einer horizontalen Ebene. Anders in Siebenbürgen. Das Innere ist mit flachgelagerten Sauden, lockeren Sandsteinen und Mergel der jüngeren Tertiärformation erfüllt; hier, wie im ungari- schen Tieflande ist der Straßenbau durch den Mangel an festen Steinen gehemmt Szamos und Marcs, die nach Ungarn entweichen, erreichen aber ein Gefälle von etwa 1 : 800, bezw. 1 : 1100, und dem entsprechen Thaltiefen von 200 m und darüber. Die Ausfüllungs- masse ist in eine Reihe von Höhenzügen zerschnitten, nichts erinnert mehr an das ursprüngliche, nach Westen sich senkende Flachland, als die nach dieser Richtung ziemlich regelmäßig abnehmende See- höhe der Berge.

Maßgebend für den Grad der Erosionskraft ist aber nicht die Seehöhe eines Flachlandes, sondern die Höhe über der Erosions- basis. Die Thäler der Szamos imd Marcs können nicht tiefer werden, als das Theißthal, und die Tieferlegung des letzteren hängt ab von der Ausgestaltung des engen Durchbruchsthaies von Orsova, das bei Hochwasser die Theiß oft genug staut und Überschwemmungen ver- ursacht Für Gebiete mit Abfluß ist freilich in letzter Instanz der Meeresspiegel die Erosionsbasis, die, wenn auch nicht jetzt, doch in Zukunft einmal zur Geltung kommen muß. Tiefländer sind daher in der Regel weniger durchfurcht, einförmiger, ungegliederter als Hochflächen. Aber abflußlose Hochflächen sind es nicht minder. Es ist ganz gleichgültig, daß der Westrand des Tarimbeckens in Kaschgar und Jarkand 1200 m über dem Meere liegt, denn seine Erosionsbasis, der Lob-nor, hat selbst eine Seehöhe von 800 m, und für das Gefälle kommt nur die Höhendifferenz von 400 m in Be- tracht Freilich entscheidender ist noch, daß es an Wasser selbst mangelt Nur unter besonders günstigen Verhältnissen überwindet ein Fluß die Gefahren der Wüste, wie der Nil, dessen Thal die ganze Saharatafel entzwei schneidet Auch stammt in der Wüste noch manches Thal aus der früheren, feuchteren Klimaperiode, das nun der Umformung durch den Wind unterliegt, bald weiter ausgearbeitet bald mit Sand verschüttet wird.

Welche Formen die Denudationskraft des Wassers schließlich erzeugt, hängt von der Gesteinsbeschaffenheit der Hochflächen, von dem Neigungswinkel der Schichten, von der Zahl der Thäler, von der Dauer der Erosionsarbeit ab. Bis zu 200 m tiefe Thäler, von denen einige jetzt trocken liegen, durchfurchen den schwäbischen Teil der oberdeutschen Hochebene, aber die breiten Zwischenstücke

Die Oberflächenformen der Flachschichtung.

451

haben ihren ursprünglichen Charakter gewahrt (Fig. 142). So ge- waltig sich auch die Denudation im Tafellande des Colorado ent- faltet hat so gewaltig, daß durchschnittlich 16 1800 m mächtige Deckschichten bis auf wenige Reste verschwunden sind , so ist

Fig. 142. Profil eines Teiles der schwäbischen Hochebene nach Penck. 1 Tertiär, 2 diluviale Nageifluh, 3 unterer Glazialschotter, 4 Moränen.

es doch noch immer eine geschlossene Masse. Wir haben seiner Canons schon gedacht; es sind deren verhältnismäßig wenige, weil das Klima an Trockenheit leidet, aber die wenigen lassen an Groß- artigkeit alle ähnlichen Bildungen der Erde weit hinter sich zurück.

Fig. 143. SeitencanoDS des Colorado.

Je nach der Widerstandskraft der Schichten sind sie in ü- oder V-Form bis zu 2000 m Tiefe in das Tafelland eingeschnitten. Sind die oberen Schichten härter als die unteren, so entstehen steilwan- dige Schluchten, die im Vergleiche zur Ausdehnung des Plateaus nur als unbedeutende Risse erscheinen (s.Fig. 119 S. 289), während im um-

29*

452

Morphologie des Landes.

gekehrten Falle die Gehänge sich sanfter und meist stufenförmig abdachen. Manchmal bestehen die Canons aus zwei Stockwerken, im Großen Canon ist das obere 8 9000 m breit und 600 m tief und endet unten mit einer rauhen Fläche, in die sich das schmale untere Thal, nur 1000—1200 m breit, 900 m tief einsenkt (vgl. Fig. 151 S. 459). Ein bekanntes europäisches Canongebiet ist die Sächsische

Fig. 144. Aussicht auf JLößschluchten durch eine ÖffnuDg in der Wand eines Hohl- weges am Paß Han-sin-ling in Schansi nach v. Richthofen.

Schweiz, wo die Durchlässigkeit und vertikale Zerklüftung des Qua- dersandsteines die Erhaltung der mauergleichen Felswände fordert. Selbst der lockere Löß eignet sich infolge seiner Neigung zu senk- rechter Spaltung zu dieser Thalform. Ein labyrinthartiges System von Thälern durchschneidet die chinesischen Lößplateaus nach allen Richtungen; die Wände sind senkrecht oder sogar tiberhängend, und verlaufen dort, wo horizontale Lager von Mergelknollen eine

Die Oberflächenformen der Flachschichtung.

453

scheinbare Schichtung hervorrufen, in regelmäßig zugehackten Ter- rassen (Fig. 144), ja einzelne Pfeiler lösen sich von den Lößmassen völlig los. Auch der Wind schafft Hohlwege entlang den Verkehrs- 'wregen, wo Karrenräder oder der Huf der Tiere den Boden ge- lockert hat So geht aus der monotonen Hochfläche abflußloser Gebiete, sobald mit einer Kliraaänderung das fließende Wasser seine Tbsttigkeit zu entfalten beginnt, eine Landschaft hervor, in der sich die größte Einförmigkeit, die, im Baumateriale begründet ist, mit

einer „endlosen Mannigfaltigkeit der Ciselierung" verbindet.

Sind die Thäler zahlreich im Verhältnisse zur Ausdehnung der

Fl&che, so schrumpfen die Zwischenstücke zu schmalen Rippen, oder

vereinzelten Erhebungsmassen zusammen; die zerschnittene Fläche

hat sich in ein Erosions gebirge aufgelöst.

Fig. 145. Ambas in Abessioien.

In lockeren Ausfiillungsmassen flachen sich die Böschungen der Berge und Bergzüge ab; im Neogenbecken Siebenbürgens nehmen sie stellenweise eine kammartige Gestalt an, und gerade dadurch ist die ursprüngliche Oberflächenform völlig verwischt worden.

Anders im Tafellande. Mit steilen, oft; stufenförmig sich auf- bauenden Abhängen erheben sich über dasselbe Tafelberge oder umfangreichere Plateaus, oben flach abgeschnitten. In der Regel ist die oberste Schicht veiderstandsfähiger, als die darunter liegende. Auf der Ereidetafel Südaustraliens sind sie stets mit einem gelben Feuerstein-Jaspisgestein oder mit einem harten porzellanähnlichen Sandstein und Quarzit gekrönt.^* Quarzitischer Sandstein deckt in Südafrika die Tafelberge der Kapformation, Diabas die der Karru- formation. Gesellig treten sie hier z. B. in den bogenförmig ange- ordneten Karree- und Prambergen südlich vom Oranje auf. Kluft- artige Thäler scheiden diese Hunderte von Bergen, deren Gipfel ohne Ausnahme ca. 300 m über der Hochebene liegen und deren Abhänge mit kolossalen Trümmern herabgestürzter Gesteinsmassen bedeckt sind. Lavadecken schützen besonders häufig die Tafelberge,

454 Morphologie des Landes.

SO in Arabien, so die Ambas Abessiniens (s. Fig. 145), die Mesas (Tische"; des Coloradoplateans (Fig. 151 S. 459). Hier ist die Auflösung durch Denudation stellenweise außerordentlich weit fortgeschritten, beson- ders im Gebiete der leicht zerstörbaren eocänen Sandsteine und Mergel, wo das Seltsame jener phantastisch ruinenhaften OberÖächen- gestaltung, die unter dem Namen der ,,bad land erosion*' berahmt geworden ist, noch durch die lebhaften, häufig wechselnden Gesteins- farben erhöht wird.^^

Die Tafelberge stellen ein altes Niveau des Tafellandes dar, und in diesem Sinne hat man sie auch „Zeugen" genannt. Die Steilabhänge sind entweder vertikale Eluftäächen, wie im Elbsand- steingebirge der Sächsischen Schweiz, oder sie sind dadurch ent- standen, daß die Zerstörung durch die Atmosphärilien oder durch die Insolation und den Wind in der weichen Unterschicht weiter nach innen fortschreitet, als in der harten Oberschicht, und daß diese dann über der Hohlkehle nachbricht Bedingung ist nur, daß die Unterschicht allseitig entblößt wird, und dies kann durch Thal- bildung oder Zerklüftung bewirkt werden.

Größere Schwierigkeiten bietet die Erklärung jener Land- stufen, die wir als Denudationsstufen bezeichnen wollen. Ein lehrreiches Beispiel ist die Schwäbische Alb, und sie ist doppelt lehrreich durch die Untersuchungen Beancos^® geworden.

UTÄTertüir ^^J/abn JS^ße^fff^ ^^tas ^^7>%au

Fig. 146. Die Schwäbische Alb. Maßstab der Länge 1:1000000, der Höhe 1:100000.

Von dem Donauthale in der oberdeutschen Hochebene erhebt sich das Plateau der Schwäbischen Alb ganz allmählich um etwa 300 m und stürzt im Norden steil 4 500 m zu den welligen Flächen des Neckarlandes ab, wo sich über triassische Ablagerungen eine leichte Decke von Lias ausbreitet (Fig. 146). Über dem Lias folgt an den Abhängen der Alb der Braune Jura (Dogger), ebenso wie der erstere vorwiegend aus thonigen und mergeligen Gebilden bestehend, dann, mit einer Steilmauer endend, der massige Kalkstein des Weißen Jura oder Malm. Die Schichten neigen sich leise nach Süden. Gegen das Tertiär der oberdeutschen Hochebene grenzt sie eine Verwerfung ab, im Norden ist aber nirgends ein Bnich be-

Die Oberflächenformen der Flachschichtung. 455

merkbar. Daß hier die Alb einst weiter in das Neckarland hinein- reictte und durch Denudation nach Süden gedrängt wurde, war schon lange Überzeugung, aber ein positiver Beweis wurde dafür erst von Branco gefunden. Die Tuffgänge der miocänen Maare ent- halten, wie wir auf schon S. 299 auseinander gesetzt haben, eine Samnalung aller durchbrochenen Gesteine; Dogger und Malm kommen selhstverständlich in den Tuffgängen der Alb vor, aber sie fehlen ebensowenig im Vorlande, wo sie nicht mehr anstehen; und ein Transport von fernher erscheint nach dem ganzen Sachverhalte als ausgeschlossen. Auch das nördlichste Tuffmaar, bei Schamhausen im Kerschthale gelegen {Ein Fig. 146), macht von dieser allgemeinen Regel keine Ausnahme; der Steilrand der Alb muß also in der Miocän- zeit wenigstens in der Gegend von Stuttgart (if in Fig. 146) gelegen haben, imd hat sich seitdem um etwa 23km zurückgezogen: eine sehr be- scheidene Leistung der Denudation, wenn man die ungeheuere Länge der Zeit in Betracht zieht Daß der isolierte Jurafetzen von Langenbrücken im Hheinthale, den eine Versenkung vor Denudation geschützt hat, einst mit der Alb zusammenhing, ist nun keine waghalsige Vermutung mehr. Die Steilwand der Alb ist keine Thalwand, sie steht mit der Bildung des Neckarthaies in keinem unmittelbaren Zusammenhange, denn sie setzt sich nach Nordost fort, während der Neckar nach Nordwest umbiegt Wie alle Denudationsstufen schneidet sie den Lauf der Flüsse senkrecht oder unter einem spitzen Winkel. Die Entstehungs weise ist dieselbe, wie bei den Tafel- bergen: Auswaschung der weichen Unterschicht und Abbröckelung der harten Oberschicht Auf Karten größeren Maßstabes erscheint der Steilrand keineswegs als eine gerade verlaufende Mauer, sondern zerfranst Zwischen den Thälem, die von der Alb ausgehen, springen Gebirgssporen halbinselartig vor, manchmal breit und abgerundet, manchmal schmal und spitz zulaufend. Nun kann die Erosion diese gefährdeten Vorposten auch von rückwärts angreifen; Thal- einschnitte trennen sie vom Mutterkörper ab, der Gebirgsvorsprung wird ein Tafelberg, und schutzlos preisgegeben verfällt dieser nun den allseitig eindringenden zerstörenden Kräften. Wie ein solcher Steilrand immer weiter zurückweicht, läßt sich beobachten, aber seine ersten Anfänge sind noch rätselhaft.

Das nordfranzösische Tiefland ist ein flachesBecken, in dessen Mitte, bei Paris, die vom Nord-, West- und Südwest-Eande kommenden Flüsse sich vereinigen. Vom Osten kommend, überschreiten wir im jurassischen Argonnenwalde die Wasserscheide zwischen Maas und Seine. Nun folgt die Kreideüäche der Champagne, die sich mit einem halbmondförmigen Steilrande von Laroche über Vitry-le-frangois,

456 Morphologie des Landes.

Ste. Menehould bis nach Rethel scharf von der Jura-Unterlage abhebt und sanft nach Westen senkt Noch schärfer ist die Grrenze zwischen der Kreide und dem Tertiär der Beckenmitte; diese Land- stufe, die sich von Monterau über Epemay nach Laon erstreckt, steigt 140 bis gegen 200 m über die sie durchbrechenden Flüsse an. Paris liegt 26 m über dem Meere; im Westen erhebt sich die Kreide- tafel der Normandie wieder über 200 m.

Zweierlei ist klar: 1) der Lauf der Flüsse ist durch die Becken- form bedingt, ihre Thäler sind reine erosive Abdachungsthäler; 2) zur Zeit, als die Thalbildung begann, muß die Oberflächen- gestaltung eine andere gewesen sein. Die Landstufen müssen jünger sein, als die sie durchbrechenden Flüsse. Das Zurückweichen der Tertiärstufe ist übrigens erwiesen durch ihre zahlreichen Reste« die dem Kreideringe im Osten und besonders im Westen auflagem.

Durch ebenso reizvolle Abwechslung zeichnet sich das englische Tiefland aus. Mit wenigen Ausnahmen sind hier die Lagerungsver- hältnisse der Schichten von der Triasformation angefangen ungestört (Fig. 147). In westöstlicher Richtung folgen aufeinander: das aus pri- mären Gesteinen bestehende Gebirge, die aus Trias und Lias zusammen- gesetzten Ebenen, welche vom Sevem und Mersey einerseits, Trent und

Berglana von Walca Tiefla^id

(SIIur-und.alter roter SazulBtein.) ^Äs^ Trla»-u.IlM Jura Ir<ia.c Xoci-n

Fig. 147. Geologisches Profil von England nach Ramsay.

Ouse andererseits bewässert werden; dann das Juraplateau, das sich von den Cotswold Hills über das sog. zentrale Tafelland und die Lincoln- Höhen nach Norden erstrekt; endlich das winkelförmig nach Osten geöflEnete Kreideplateau (Marlborough- und Chiltemhügel, die ostangli- kanischen Höhen, die Lincoln und York Wolds), welches das Eocän- becken von London einschließt Beide Plateaus, die steil nach Westen und sanft nach Osten abfallen, hielten nur wegen der Festigkeit ihres Materials der Denudation Stand, wenn auch nicht ganz. Denn einst be- deckten Jura und Kreide auch die Trias im Westen, wo sie aber bis auf wenige Überreste verschwunden sind; ihre westlichen Steilränder sind lediglich ein Produkt der zerstörenden Kräfte. Auf diese Weise erklärt sich nach Ramsay ^^ auch die Thalbildung der Themse, deren Quellgebiet niedriger liegt, als das Kreideplateau, das sie durchbricht Die Erosion begann oflFenbar schon damals, als die Kreide noch bis an den Ursprung dieses Flusses hinaufreichte. Aber gelöst ist das Rätsel der Stufenbildung damit noch nicht Die Richtung des Flusses war durch die Neigung der Schichten bedingt, aber hätte

Die Oberflfichenformen der Flachschichten. 457

die ursprüngliche Oberfläche dieselbe Neigung besessen, warum kam nicht ein einfaches tiefes Thal statt eines Stufenbaues zu stände? Wir müssen daher mit No£ und de Maegeeie^® von der aller- dings nicht weiter zu erklärenden Annahme ausgehen, daß die ur- sprüngliche Oberfläche sanfter sich neigte als die Schich- ten (Fig. 148). Nun streichen ab- wechselnd harte und weiche Schichten aus, die weichen Zonen werden rascher zerstört als die harten, die Ungleich- ^g- 148. EntetehuDgder LaDdstufen. ,.. .. -^ , «li «7 weiche Schichten, ab cd ursprüng-

lieit ist gescnafien und nun weicht uche Oberfläche, abeefd jetzige die Stufe, immer höher werdend, in Oberfläche.

der Fallrichtung der Schichten zurück.

ISine weitere Bedingung ist nur, daß der Fluß sein Thal in schnellerem Tempo vertieft als die Stufenbildung fortschreitet, da er sonst abgelenkt würde.

Eine der großartigsten Denudationsstufen der Erde, die Nieu- weveld-, Schnee- und Drakenberge, grenzt die große Karru von den inneren Hochflächen Südafrikas ab. Die wenig widerstandsfähigen Beauford-Schieferthone und Stormberg- Sandsteine werden durch Diabasdecken geschützt, wie die Tafelberge im Innern.^® Hier wird besonders deutlich, daß Landstufen und Tafelberge aus demselben Denudationsprozesse hervorgehen.

Umformung durch Bruch. Aber nicht alle Landstufen haben den gleichen Ursprung; den Denudationsstufen müssen wir Bruch- stufen gegenüber stellen. Eine solche ist der Ostrand der abessi- nischen Tafel, die sich nach Aubbts^® Forschungen aus Triassand- steinen. Jurakalken und gewaltigen vulkanischen Auswurfsmassen über dem niederen DanakiUande ein paar tausend Meter hoch auf- baut. Wir haben dieses Bruches schon gedacht als eines Gliedes jener Grabenversenkungen, die sich von Syrien bis zum Njassa er- strecken (S. 314). Manchmal geht der Bruch in eine Flexur über; das Eibsandsteingebirge bricht gegen das krystallinische Gebirge der Lausitz mit einer Verwerfungsspalte ab, während es im Süden mit einer Schichtenneigung von 20° unter das böhmische Mittelgebirge sich senkt. Eine mächtige Flexurstufe ist das Nankou-Gebirge, das die Tiefebene von Peking im Nordwesten abschließt (Fig. 149), und solcher Beispiele finden sich noch viele in v. Richthofens klassischem China- werke. Manchmal löst sich die Senkung in Staflfelbrüche auf; in dem Karbonplateau von Süd-Schansi zählt man deren vom Rande des Tieflandes bis Ping-ting-tschou nicht weniger als neun, die ebenso vielen Landstufen entsprechen; die Schichten neigen sich etwas gegen das Plateau, so daß am Rande jeder Stufe der Eohlenkalk unter

458

Morphologie des Landes.

Kaukou

F^ gjalks/aivf der Sväschen Formation,

Fig. 149. Nankou-Gebirge in Nordchina nach V. Richthofbn.

der produktiven Steinkohlenformation, die sonst die Oberfläche bildet, zu tage tritt.*^ Auch unser Erdteil bietet eine Fülle von Beispielen ähnlicher Art, wenn auch in bescheidenerem Maßstäbe; man erinnere

sich nur an die Steilaln stürze, welche die Xoni- hälfte des oberrheinischen Grabenbruches begleiten. Wohl kaum ist aber irgend- wo ein frischer Bruchrainl zu beobachten, stets hat er durch die nie rastende Denudation Veränderungen erütteu, und oft können nur genauere geologische Untersuchungen eot- scheiden, ob man es mit einer Denudations- oder einer Bnichstufe zu thun hat

Allein Verwerfungen beschränken sich nicht auf die Rander flachgeschichteter Teile der Erdkruste, sie greifen auch in das Innere ein und können große Partien der Flachländer in Schollen zerlegen. Selbst aufgesetzten Ebenen bleibt dieser Umformungs- prozeß nicht fremd. Stufenförmig bricht das Wiener Becken nach dem Innern ab, aber der orographische Charakter erlitt dadurch keine wesentliche Veränderung, weil die Denudation in lockeren Massen die Niveauunterschiede leicht verwischt. Nur die Anordnung

Fig. 150. Profil des Wiener Beckens (Westhälfte) nach Karrbr. a Marine, 6 sarmatische, c Kongerienstufe der Neogenformation (T^pel, Sand u. Schotter. -

der Schichten wurde insofern beeinflußt, als nun vom Rande gegen das Innere des Beckens immer jüngere Bildungen aufeinander folgen (Fig. 150). Anders verhält es sich aber im Tafellande. Auch in diesem Punkte mögen uns die amerikanischen Geologen wieder als Ftihrer dienen (Fig. 151). Die unterste Scholle im Coloradoplateau entlang dem Großen Canon, das uns alle Geheimnisse der Tiefe aufschließt, ist die des Grand Wash, die durch die gleichnamige

Die Oberflächenformen der Flachschichtung. 459

Spalte im Osten (OTT in Fig. 151) begrenzt wird. Hier hat eine Versenkung von 1800 2100 m Sprunghöhe stattgefunden; die Denudation hat diese DiflFerenz gemildert, aber noch immer muß man 1000 m steigen, um auf das Sheavwits- Plateau zu gelangen (1600 m ü. M.). Hier herrscht schon der mächtige, widerstands- fähige Kohlenkalkstein. Eeste der permischen Schiefer haben sich nur erhalten, wo Lavaeinlagerungen sie schützten; ein paar aus- gedehnte Plateaus erheben sich bis 2100 m. Nun folgt die Hurri- cane-Spalte (H) mit leiser Flexurbeugung, und abermals steigen wir eine Stufe empor, zum Uinkaretplateau (2100 m], das den 2700 m hohen Tafelberg Mt Trumbull {Tb) trägt Die Toroweap-Spalte (7^)

^.B, ^ Sheopmts GWastL

H f Meeras NivBau

Lauf des Colorcudo

Fig. 151.

Profil des Colorado-Plateaus im Parallel des Großen Canon, nach DüTTON reduziert.

Maßstab der Länge 1:2000000, der Höhe 1:400000.

macht sich orographisch nicht sehr bemerkbar; das Kanabplateau, die umfangreichste aller Schollen dieses Profils, verharrt ebenfalls in Seehöhen von 1800 2100 m. Der Anstieg nach Westen ist aber unverkennbar, besonders in der vorkarbonischen Unterlage, die der Kanab-Canon {K. C.) bereits erreicht. Nun folgt die höchste Scholle, das Kaibabplateau (2700 m), nach Westen durch zwei Brüche (West- Kaibab-Spalte W,K. 1 u. 2) vom Kanab geschieden, nach Osten in einer sanften Flexur (0. Ä.)^ zur Marble Canon-Platte (1500 m) sich senkend. Noch einmal beugen sich die Karbonschichten in die Tiefe, und über ihnen erscheinen nun Perm und die mesozoischen Formationen bis zur Kreide, die vom ganzen Osten bis auf die ge- nannten Permreste abgeschwemmt sind. Die Echo CliflFs (2300 m) sind eine Denudationsstufe.

Alle diese tektonischen Veränderungen müssen sich vollzogen haben, als die Coloradotafel schon Land war und der Coloradofluß sein herrliches Thal schon zu vertiefen begann, denn unbekümmert setzt er seinen Weg fort, wenn auch die Schollenbewegung seiner Laufrichtung widerspricht

Li diesem Teile des Tafellandes sehen wir eine sanft; sich neigende

X Man beachte, daß in Fig. 151 wegen der 4 fachen Überhöhung alle Neigungen übertrieben sind!

460 Morphologie des Landes.

Ebene durch vertikale Niveauveränderungen der Schollen in ein Stufenland verwandelt Aber noch ist im großen und ganzen der Charakter der Fläche gewahrt Auch dieser kann verschwinden. Um das darzulegen^ folgen wir zunächst Russell,^* dem wir einen lehrreichen Bericht über die geologischen Verhältnisse von Süd-Oregon verdanken.

Das „Große Becken" zwischen dem Felsengebirge und der Sierra Nevada ist ein echtes Schollenland, aber die Südhälfte ist, wie wir später sehen werden, doch von wesentlich anderer Beschaffenheit^ als die nördliche. Hier breiten sich die großen vulkanischen Tafeln aus Basalten, Ehyolithen und deren Tuffen aus, und diese sind durch

Malheur ^ _ Stein ^ .

Bassin. ^ ' jSJSS^ ^^' KU "^ ^"TS

Fig. 152. Profile ans dem südöstlichen Oregon nach RüSSEix.

a Mittleres Alvordthal, h nördliches Alvordthal.

1 Vulkanische Ablagerungen, 2 moderne AusfuUungsmassen.

spätere Dislokationen vielfach zerstückelt worden. Fig. 152 a stellt uns den Bau im mittleren Älvordthale (42 7, «N., 118 V/ W.) ^^ Es ist ein einfacher Grabenbruch, ausgefüllt von Ablagerungen eines einst viel größeren Sees; das Steingebirge, das sich zu der ansehnlichen Höhe von 14 1500 m über der Thalsohle erhebt, ist eine einfache Bruchstufe, die nur an der Ostseite als Gebirge er- scheint, während sich nach Westen die Schichten ganz allmählich neigen. Die entgegengesetzte Neigung herrscht an der Ostseite des Grabens. Am nördlichen Ende des Alvordthales (Fig. 1526) werden die tektonischen Verhältnisse aber verwickelter. Die Bruchstufe der Stein Mountains ist zwar noch vorhanden^ aber innerhalb des Grabens liegen noch zwei SchoUen mit steiler Schichtenneigung nach Westen {Km Fig, 152ft), die wir als Keilschollen bezeichnen woUen, und am Ostrande löst sich von der Tafel des Barren Valley eine andere Scholle los (7 in Fig. 1526), die ihre Flachschichtung noch bewahrt hat, aber beider- seits als Berg über die Umgebung sich erhebt Das ist eine Tafel- scholle, man könnte auch sagen Tafelhorst, wenn festgestellt wäre, daß er allseitig von Brüchen begrenzt wird. Da aber dies häufig schwierig ist, und manchmal schon ein späterer Forscher einfache Auflagerung auf einer Seite beobachtete, wo ein früherer auch eine Verwerfung annehmen zu müssen glaubte, so woDen wir den seit Süss vielgebrauchten Namen „Horst" in unsere Terminologie nicht aufnehmen. Daß Tafel- und Keilschollen in typischer Ausbildung

Die Oberflächenformen der Flachschichtung. 461

sich, orographisch sehr wesentlich voneinander unterscheiden, lehrt ein Blick auf RussEUiS Profil. Die erstere gleicht mit ihrer Platte völlig einem durch Denudation herausgearbeiteten Tafelberge, die letztere erzeugt, wenn sie ausgedehnt genug ist, ungleichseitige Kamm- gebirge, mitunter, wenn die Schichten keine große Widerstandskraft besitzen, auch Riickengebirge; aber stets ist die Ungleichartigkeit der Böschung ein charakteristisches Merkmal dieser Gelandeform.

Daß der Zusammenhang der Schollen hier oberflächlich durch jugendliche Ablagerungen verhüllt ist, ist ein nebensächliches Moment Im hessischen Berglande (Fig. 153) ist eine solche Mas- kierung nur in untergeordneter Weise bemerkbar, aber auch hier sind die Schollen so stark gegeneinander verschoben, daß und dies ist das wesentliche die einstige Fläche sich in ein Bergland

Gebirge Wald BuchmlfeliL

f=^ BuJidsandsteiiL , P^^^ Zechsiei/i,

Q ffß/hUßiBs Gruivägeöirga , ■■ Basalt,

Fig. 153. WestosÜiclier Darchschnitt durch das hessische Bergland nach Penck. Maßstab der Lange 1:250000, der Hohe 1:25000.

verwandelt hat Indem die Gresteine in verschiedene Niveaus gertickt sind, wird der Denudationsprozeß außerordentlich verwickelt. Im großen und ganzen bleibt das tektonische Bild gewahrt; Schollen, die gehoben oder stehen geblieben sind, erscheinen als Berge und Gebirge, gesunkene Schollen als Vertiefungen. Im einzelnen kann aber die Orographie in direkten Widerspruch zurTektonik treten. Die Werra- senkung in Hessen ist unzweifelhaft eine gehobene Scholle, aber ent- weder hat die Denudation hier so kräftig gewirkt, daß die Trias gänzlich abgeschwemmt wurde, oder die Trias war hier schon ur- sprünglich wenig entwickelt.

Übersicht der ümwandlungsformen der Flachschiohtnng.

L Der ursprüngliche Charakter der Fläche vdrd verändert, aber nicht aufgehoben:

1. durch Erosion: zerschnittenes Flachland.

a) Im Tafellande,

b) im aufgesetzten Flachlande (castilianischer Typus);

2. durch Bruch: Tafelschollenland (Coloradotypus).

462 Morphologie des Landes.

n. Die Fläche kann als solche ihren Charakter wahren oder verändern, stellt sich aber durch eine Landstufe in scharfen oro- graphischen Gegensatz zum Vorlande:

3. Denudationsstufe (Albtypus).

4. Tektonische Stufe:

a) Bruchstufe (abessinischer Typus),

b) Flexurstufe (Nankou-Typus).

III. Die Fläche löst sich auf und wird Gebirge:

5. Durch Erosion: Erosionsgebirge.

a) Im Tafellände, Plateaugebirge (Elbsandstein-Typus),

b) in der aufgesetzten Ebene, Rücken- und Eammgebirge

(siebenbürgischer Typus).

6. Durch Bruch: Tafelschollengebirge (hessischer Typus).

IV. Einzelformen sowohl in den zerschnittenen, wie in den auf- gelösten Hauptformen:

7. Durch Denudation: Denudationsberge, teils Tafel-

berge, teils aber auch abgerundete oder zugespitzte Erhebungen.

8. Durch Bruch: Schollenberge.

a) Tafelschollenberge,

b) Keilschollenberge.

Die äußersten ümwandlungsformen sind jedenfalls die Flexur- stufe und die KeilschoUe,^ insofern als hier die Flachschichtung vollständig aufgehoben ist. Ihre innigen Beziehungen zur Flach- schichtung läßt es aber doch gerechtfertigt erscheinen, sie an dieser Stelle in das genetische System einzufügen.

Litteraturnachweise. * BLarpinsky, Übersicht der physiko- geogra- phischen Verhältnisse des europäischen Rußlands während der verflossenen geo- logischen Perioden; in den Beiträgen zur Kenntnis des Bnss. Beiches, ISST. V. TiLLOs hypsometrische Karte von Rußland 1889 (vgl. Petsrmanms Mitteil. 1890; S. 156). Neue geologische Karte 1892, in Reduktion in Petermanns Mit- teilungen 1895. Rolland, Geologie du Sahara alg^rien in Choisy, cit S. 415; L'histoire g^ologique du Sahara, in den Comptes rendus de TAcad^mie des Sciences 1890. ^ Doughty, Travels in Arabia Deserts, Cambridge 1888. * Lepsius, Die oberrheinische Tiefebene, Stuttgart 1885. * Bericht von Zaic- MONDY im Jahrbuch d. Wiener Geologischen Reichsanstalt, 1878, S. 659. ^ Bericht von Halavats im Jahrbuch d. ungarischen geologischen Anstalt, IdSS, S. 165. ^ Pantanelli, Le acque sotterranee nella Proviucia Modenese; in d Atti della Societä dei naturalisti di Modena 1888. * Oldham in d. Recorda of the Geological Survey of India 1890, S. 261. ^^ v. Ricbthofen, China, Bd. II. S. 387. Griesbach, Geology of Central Himalaya, in den Memoire

^ Dieser Begriff ist hier enger gefaßt, als in v. Richthofens Führer, wo auch einseitige Rumpfschollen dazu gezählt werden.

Faltengebirge.

463

of the Geological Survey of India 1891. " Wahmschaffe, Die Ursachen der Oberfiächengestaltung des norddeutschen Flachlandes, Stuttgart 1891. ^' Von der Greschichte dieser Küstenebene handelt ausführlich Mo Geb, The Lafayette formation, im 12. Aunual Eeport of the ü. S. Geological Survey, 1890—91. " S- ]RoTH in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, 1888, S. 375- ** Brown, The Mesozoic Plains of South Australia, 1888. " Um eine Vorstellung von diesen wunderbaren Formen zu gewinnen, betrachte man die meisterhaften Zeichnungen Duttous, die er seiner „Physical Geology of the Grrand Canon District" (im 2. Annual Report of the U. S. Geological Survey, 1882) beigab, besonders das Panorama von Point Sublime. Branco, eit- S. 322. " Ramsay, Physical Geology and Geography of Great Britain, London 1878. No8 und de Maeoebie, cit. S. 401. *• Schenck, Die geo- lo^sche Entwicklung Südafrikas; in PeterhaKns Mitteil. 1888. -*- ^^ Aübry im Bulletin de la Soci6t^ göologique de France 1885—86, Bd. XIV, S. 201. " S- das Profil in v. Richthofek, China II, S. 442. ** Russell im 4. Annual Report of the ü. S. Geological Survey, 1884.

Faltengebirge.

Terminologie. Man hat streng zu unterscheiden zwischen Faltenland und Faltengebirge; ersteres ist der weitere, letzteres der engere Begriff. Faltung ist ein weitverbreitetes Phänomen, aber nur dort, wo sie in ihrer Ursprünglichkeit noch soweit erhalten ist, daß sie der Erdoberfläche die ihr eigentümliche Form lang- gestreckter Wellen verleiht, kann man von einem Faltengebirge sprechen. Im großen und ganzen deckt sich der Begriff Falten- gebirge mit dem Begriff Kettengebirge. Jedenfalls sind die

a. Antikllnalkamm b, SynkÜDalthal c. Isoklinalkamm d. Ifloklinalthal e. ÄDtiklinalthal f. Synklinalkamm.

Fig. 154. Form und Orographie der Falten nach Heim.

meisten jener gewaltigen Kettengebirge, die die Hochlandszonen beider Welten zusammensetzen, durch Faltung entstanden, und das- selbe gilt von den beiden Kettengebirgen außerhalb jener Zonen, dem Ural und den Alleghanies.

Die einfachste Form ist die normale stehende Falte. Sie besteht aus zwei Teilen: dem Sattel, von dem Schichten beiderseitig abfallen (daher Antiklinale genannt), und der Mulde, zu der die Schichten beiderseitig sich zuneigen, und

464

Morphologie des Landes.

liegende Falle Fig. 155.

»etuefe Falte etehendM Falte

Lage der Falten nach Heim,

die man daher auch als Synklinale bezeichnet In seiner ein- fachsten Form schafft der FaltungsprozeB mehr oder minder lang- gestreckte Antiklinalkämme und Synklinalthäler {a und b in Fig. 154). Aber nur sehr selten ist diese ursprüngliche Form noch erhalten, wie in vielen Teilen des Schweizer Jura. Man liebt es, die Gebirge mit Ruinen zu vergleichen, aber man muß hinzufügen.

daß diese gewaltigen Bauwerke schon Hainen waren, ehe sie fertig ^^^'" dastanden, weil die ge- birgsbildenden Kräfte zu langsam arbeiten, als daß sie den zerstörenden einen großen Vorsprung abgewinnen könnten. Die Denudation kann die natürliche Anordnung des Faltenwurfes geradezu umkehren, so daß Synklinalkämme und Antiklinalthäler {/" und e in Fig. 154) entstehen. Ein anderes

Produkt der Zerstörung sind die Isoklinalkämme and Isoklinalthäler (c und d in Fig. 154), in welchen die Schichten beiderseits nach der gleichen Richtung fallen. Die genannten Kämme und Thäler verlaufen in der Bichtung der Falten und des Gebirges und sind da- her Längskämme und Längsthäler. Dagegen durchschneiden die Quer- thäler und Querkämme wie Fig. 156 zeigt die Schichten in ihrer Streichrichtung und bilden somit mit der Hauptrichtung des Gebirges mehr oder weniger rechte Winkel.

Neben stehenden Falten kommen auch schiefe und liegende Falten vor (s. Fig. 155). In letzterem Falle können wie z. B. am Glämisch die Schichten vollkommen horizontal liegen, und nur durch eingehende Untersuchungen ist dann die Dislokation nach- weisbar. Bei größerer Faltungsintensität entstehen die sogen. Iso- klinalfalten (Fig. 154\ in welchen die zusammengedrückten Mulden und Sättel im gleichmäßigen Schichtenfalle verschwinden. Selbstver- ständlich ist hier auch die Längsgliederung nur auf isoklinale Kämme imd Thäler beschränkt. Wahrscheinlich der Ausdruck der größten

Fig. 156. Längs- und Quergliederong der Hohen Taoren.

Faltengebirge. 465

Faltangsintensität ist die Fächerstruktur (Fig. 154), die der krystallinischen Zone der Alpen und auch anderer Gebirge eigen- tümlich ist. Die natürliche Ordnung erscheint hier gerade umge- kelirt, indem die Sattelkämme Synklinalen und die Muldenthäler antdklinalen Bau besitzen.

Je plastischer eine Schicht ist, desto leichter wird sie gefaltet Schiefer zeigen oft die merkwürdigsten Windungen, während massige Sandsteine und Kalksteine sich spröde verhalten, wenn nicht eine mächtige Faltungsintensität auch diesen Widerstand überwindet. Sonst gilt aber hier der Grundsatz: lieber brechen, als biegen. Je mehr man in das Studium unserer Alpen eindringt, um so mehr kommt man zur Überzeugung, daß Falten und Brüche in den meisten Fällen vergesellschaftet

auftreten. Daraus entstehen j^ . /^ .. _ f

die verwickeltsten Verhältnisse. /"y"/ ' /^--'/^ / / ''V

So die Schuppenstruktur, ////// / / /'

die wir an Fig. 157 erläutern .Ä5§fe^/ /^^?75»^>^ /L^ä^^. wollen. Es sei durch Petre- fakten festgesteUt, daß von "" Vg. TsT^ srhuppLtmk^r. der Schichtengruppe abcd a

die älteste, d die jüngste ist. Ihre wiederholte Aufeinanderfolge sucht man dadurch zu erklären, daß in der Sattelbiegung der ur- sprünglichen Isoklinalfalten Brüche entstanden, und die Falten an den Bruchflächen [B) hinauf geschoben wurden, wobei der ganze Muldenschenkel (zwischen Sattel und Mulde) durch Auswalzung ver- loren ging oder viel- mehr unkennbar ge-

macht wurde. Be- Gjmat///V.oy/y^^ denken wir, daß so Silwr

komplizierte Vor- ^«löSa. Profil durch das EiiBtianiathal nach Keilhatj. gänge nurin wenigen, von der Denudation

übriggelassenen «''««^1^^^^^^^^=^^^-^^^^^^ Bruchstücken zur Be- SüVwn

obachtung gelangen, '^^- l^^^- I>aMelbe Profil nao^ Kjebtjlf.

und daß selbst diese

zum größten Teil durch das Pflanzenkleid oder durch Schnee- und Eismassen unseren Blicken entzogen sind, so können wir uns eine Vorstellung machen von der mühevollen Arbeit des Geologen, der aus unzähligen Einzelbeobachtungen den inneren Bau- plan der Gebirge herzustellen sucht, und es darf uns nicht Wunder nehmen, daß manches geologische Profil mehr ein Phantasiege-

SuPAH, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 30

466 Morphologie des Landes.

mälde, als ein getreues Abbild der Wirklichkeit ist. Namentlich muß vor unkritischer Benutzung älterer Profile gewarnt werden, da die Erkenntnis der Faltungsphänomene als einer allgemeinen Erscheinung erst aus den letzten Dezennien stammt, und man früher nicht die Vorsicht gebrauchte, die Profile quer zur Längsachse der Falten aufzunehmen (vgl. Fig. 158 a und b).

Theorie.^ Zweierlei hat die Theorie der Faltengebirge zu er- klären: 1) die vielfach beobachtete außerordentliche Mächtigkeit und Grobkömigkeit der Sedimente innerhalb der gefalteten Zonen im Vergleiche zu den ungefalteten Nachbargebieten, 2) die Ursache der Faltung selbst

Um das erstere zu erklären, entstand in Amerika die Theorie der Geosynklinale. Die Geosynklinale ist eine trogformige Ver- tiefung des Meeresbodens in der Nähe der Küste, die unter dem Ge- wichte der sich anhäufenden Kontinentalablagerungen in immer größere Tiefen sinkt. Sie ist sozusagen der Mutterschoß des Gebirges.

Daß die Faltung, welche das Gebirge als solches schuf, nur durch eine seitlich wirkende Kraft zustande kam, wird heute all- gemein anerkannt. Sicherlich erlitt dadurch der Umfang der Erde eine Verminderung, nur müssen wir uns dabei stets vor Augen halten, daß auch die gewaltigsten Hochgebirge im Vergleiche zum Erdkörper klein erscheinen.^ Auf einem Kiesenglobus von 2m Durchmesser wurde selbst der höchste Berggipfel der Erde, der Gaurisankar, sich als eine kaum merkbare Erhebung von 1,8 mm Höhe darstellen. Es ist daher erklärlich, daß der Einfluß der Faltungen auf den Erdumfang verhältnismäßig geringfügig ist. Der Zusammenschub der Schweizer Alpen beträgt nach Heim nur 76,3 km (Breite vor der Faltung 158,2, jetzige Breite 82 km), der der Ostalpen nach Kothplbtz sogar nur 49,6 km. Selbst im ersteren Falle wurde der Erdumfang um nicht ganz 0,3 Prozent verkleinert, d. h. der frühere Erdradius von 6382 auf 6370 km verkürzt, wodurch eine Senkung der Erdoberfläche gegen den Mittelpunkt im Betrage von 12 km eintrat

Diese Schrumpfungserscheinung wird, wie auf S. 276 dargethan wurde, auf die Kontraktion der Erdrinde infolge allmählicher Er- kaltung zurückgeführt. Von den Gegnern der Kontraktionstheorie wurde an derselben Stelle auch bereits I^hek genannt Andere Theorien sind hier nur in Kürze zu erwähnen. NachMELLABDßEADE^ entstehen die Gebirge durch Ausdehnung infolge Erwärmung. In den mächtigen Sedimentmassen der Geosynklinale und in dem darunterliegenden Eindenstücke steigen nämlich die Geoisothermen in die Höhe (vgl. S. 289), und da eine horizontale Ausdehnung durch

Faltengebirge. 467

die der Temperaturerhöhung nicht unterworfenen Teile der Erd- kruste gehindert wird, so muß ein Ausquetschen der unteren Teile der Geosynklinale und ein Ausweichen nach oben stattfinden. Ebyer* erweiterte diese Thermaltheorie, die ihm zur Erklärung der -Falten nicht zu genügen scheint, dadurch, daß er noch die Gleitung der Schichten als wesentliches Moment hinzufügte. Die Gleitung setzt eine Neigung der Schichten voraus, und diese ist schon durch die thermische Emporwölbung der Sedimente gegeben. Dütton* fuhrt die Gebirgsbildung auf isostatische oder Gleichgewichtskräfte zurück. In einem ungleichartigen Körper, wie es die Erde ist, ist der Gleichgewichtszustand, die Isostasie, nur dann hergestellt, wenn die schwereren Krustenteile als Depressionen, die leichteren als Er- hebungen auftreten. Die Denudation stört das Gleichgewicht, indem sie die Festländer abträgt und die Ozeane ausfüllt. Ein Küsten- gebirge erzeugt von selbst in dem anliegenden Ozean eine Geosyn- klinale; die Geosynklinale sinkt immer tiefer, die Küste steigt immer höher, und daraus entwickelt sich eine Kraft, welche bestrebt ist, die Sedimente der Geosynklinale horizontal gegen die Küste zu schieben.

Diese kurzen Andeutungen genügen zur Orientierung; die Auf- gabe der Geographie, die äußere Erscheinung der Gebirge aus ihrem inneren Bau zu erklären, wird durch den Streit der Theorien kaum berührt

dnerprofil ein&oher Ealtengebirge. Im Querdurchschnitte he* stehen sämtliche Faltengebirge aus einer Aufeinanderfolge von Falten,

stA.

Fig. 159. Profil durch den westlichen Jura nach P. Choffat.

zu denen sich allerdings auch häufig Zonen gesellen, in denen Brüche vorherrschen.^ Dieses Moment wollen wir vorläufig außer Acht lassen.

Verlaufen die Falten nur im sedimentären Gestein, so nennen wir das Gebirge ein einfaches. Das bekannteste Beispiel dieser Kategorie ist der Schweizer Jura (Fig. 159). Jura-, Kreide- und Tertiärschichten sind in stehende oder nordwärts geneigte Falten gelegt Nach Heim beträgt die Zahl der Falten etwa 160; keine

X Darauf gründet v. Bichthofen seine Einteilung in homöomorpbe oder reine Faltengebirge und heteromorphe oder Faltengebirge mit Bruch - Zone. Wir werden die entsprechenden deutschen Ausdrücke gleich- und ungleich- f5rmig in einem wesentlich anderen Sinne gebrauchen.

30*

468 Morphologie des Landes.

derselben und dies scheint ein allgemein giltiges Gesetz zu sein erreicht die Länge des ganzen Gebirges (320 km), sondern sie streichen nur 12 90 km (eine sogar 162 km) weit uud tauchen dann unter, um anderen Platz zu machen. Auf dem Wege quer durch das Gebirge durchschneidet man etwa 10 12 Falten, die parallel neben einander herziehen; der tektonische Gegensatz zwischen dem südlichen Gebirgslande und dem nördlichen Plateau, die sich geognostisch in nichts unterscheiden, kommt in Choffats Protile trefflich zum Ausdrucke. Aber auch innerhalb der Faltenzone ent- hüllt es uns mancherlei Ungleichförmigkeiten. Vergleichen wir die zweite und dritte Antiklinale, Ton Süden an gerechnet, so finden wir, daß bei nahezu gleicher Schichtenneigung die Triasunterlage (weiß) sehr verschiedene Seehöhen einnimmt. Wir können die fal- tende Kraft in eine vertikale und eine horizontale Komponente zer- legen; von der ersteren hängt die Hebungsintensität, d. h. die Seehöhe, . bi« zu der eine bestimmte Tiefenzone emporgepreßt wurde, von der letzteren die Faltungsintensität oder der Fallwinkel der Schichten ab. In unserem Beispiele ist es ohne weiteres klar, daß bei nahezu gleicher Faltungsintensität die Hebungsintensität in der zweiten Antiklinale bedeutend größer war, als in der dritten. Die vertikale Komponente bestimmt die ursprüngliche Höhe einer Falte, doch ist ein strenger Vergleich nur zwischen Falten der- selben Kategorie stehenden, schiefen, geneigten möglich. Brüche und Senkungen können die ursprüngliche Ordnung stören, und die Denudation, deren Kraft sich nach oben steigert, mildert die hypso- metrischen unterschiede, aber im großen und ganzen ist die Hebungs- intensität doch der maßgebende Faktor für die Höhenverhältnisse der Faltengebirge. Sie war in den Alpen ungleich größer als im Jura, sie nahm im Jura selbst im Allgemeinen nach Nordwesten ab und bewirkte in derselben Richtung eine Erniedrigung der Ketten. Die Faltungsintensität ist in anderer Beziehung wichtig. Flache Falten gehen dem Gebirge einen plateauartigen Charakter, aber anderseits können auch stark geneigte oder unsymmetrische breite Falten die orographischen Eigentümlichkeiten der Flachschichtung hervorrufen. Werden die Falten stark zusammengepreßt, so unterliegen sie in ihren oberen Teilen leichter den zerstörenden Kräften, Schichten von verschiedener Gesteinsbeschaflfenheit werden nahe an einander gerückt und die ursprünglichen Unebenheiten werden gesteigert durch den raschen Wechsel der Denudationswirkungen. Indes unter- liegen solche allgemeine Regeln natürlich mannigfachen Modifica- tionen; der Individualismus der Gebirge kann nicht stark genug betont werden.

Faltengebirge. 469

Wir kehren zum Schweizer Jura zurück. Wir sehen hier eine Aufeinanderfolge von Ketten, die zwar an Höhe verschieden sind, aber nicht so sehr, daß eine Zone sich scharf von den andern ab- heben würde, weil alle Ketten aus denselben Formationen sich auf- bauen. Das sind die Eigenschaften eines gleichförmigen Gebirges in unserem Sinne.

Ungleichförmig nennen wir ein Gebirge, wenn es aus deut- lich unterscheidbaren Streifen von verschiedener Zusammensetzung besteht. Dieser zonale Aufbau ist das geographisch wichtigste Moment, denn er ist, sofern das Gebirge nicht später tiefgreifende Veränderungen erlitten hat, mit einem großen Wechsel der Szenerie verbunden. Auch einfache Gebirge können ungleichförmig sein. Man betrachte nur beistehendes Profil des Sulimangebirges, das sich zwischen Indien und Afghanistan erhebt (Fig. 160). Der Gegensatz der Hochgebirgszone (Takht-i-Suliman 3370 m) und des im Osten vorgelagerten Berglandes, wo nur einige Höhen 1500 1800 m er- reichen, ist so auffallend, daß man - sich weitere Worte ersparen kann. Aber auch die Ursache dieses Kontrastes ist ohne weiteres er- kennbar. Die Tektonik ist ja verhältnismäßig einfach: zwei Antiklinalen A^ und Ä^ schließen eine breite Synklinale (iS)ein. Und nun vergleiche man die beiden Antiklinalen ; Ä^ würde selbst bei vollständiger Erhaltung (wie die punktierte Linie anzeigt) kaum ein Drittel so hoch sein, als das Gewölbe der Sulimanskette {Ä^, obwohl hier die ganze eocäne Sedi- mentdecke durch Denudation schon entfernt ist. Mit anderen Worten: die Hebungsinten- sität war im Osten viel geringer als im Westen. Solche Unter- -^ ~ ^* ^v-'nn- a ^")^ q

schiede kommenallerdingS auch p.^ ^^^ Querprofil des Suliman-Gebirges

im Jura vor, und in der That nach La Touche.« a Korallenkalke der Kreide-

besteht zwischen gleich- und ^;^^o^> *' Belemnitensdiic^ten der Kreide-

1 A . -n fonnation; c mittlerea, d oberes Eocan; e Si-

ungleichförmigen Faltenge- walikschichten; /'Alluvium.

birgen in unserem Sinne nur

ein gradueller Unterschied; aber dieser ist so bedeutungsvoll, be- herrscht so sehr die ganze geographische Erscheinungsweise, daß wir mit vollem Eechte darauf eine Eiassifikation gründen können.

ftuerprofil zusammengesetzter Gebirge. Die Ungleichförmigkeit tritt noch prägnanter in zusammengesetzten Gebirge hervor, d. h. in Gebirgen, die einerseits aus Zonen alter krystallinischer Gesteine, andererseits aus Sedimentzonen bestehen. Auch innerhalb der letzteren ist eine stufenartige Anordnung noch dem Alter viel- fach bemerkbar.

470 Morphologie des Landes.

Begeben wir uns in die Schweizer Alpen (Fig. 161), Von Norden nach Süden treten immer ältere Gebilde zutage, und wird das Ge- birge stufenweise höher. Die innere und höchste Zone bilden krystallinische Schiefer und Massengesteine, und jüngere Sedimente haben sich nur noch in den Falt^nmulden vor der Denudation gerettet. In den daran sich schließenden Partien der Sedimentzone ist die krystallinische Unterlage noch stellenweise sichtbar, aber die Hauptmasse der Gebirge besteht schon aus Trias-, Jura-, Kreide- und Eocängesteinen. Dann verschwindet die krystallinische Unter- lage gänzlich unter der Sedimentdecke, und am äußeren Rande machen auch die älteren Schichtgesteine der miocänen Molasse Platz, die nur noch in der Nähe des Gebirges in Falten gelegt ist. Die Hebungsintensität nimmt also von der krystallinischen Zone nach außen ab und darauf beruht es, daß diese noch immer die höchste ist, obwohl sie ihre Sedimentdecke bis auf wenige Reste verloren hat Die Faltungsintensität erreicht allerdings auch hier ihr Maximum, denn Fächerstruktur ist nur dieser Zone eigen; da- neben kommen aber auch ganz flache Antiklinalen vor, wie im Tessiner Gebirge, und am Außenrande der Sedimentzone wirkte die horizon- tale Komponente noch einmal sehr energisch, wie die zusammen- gepressten, steilen, nach außen sich neigenden Falten zeigen.

Da die Alpen einen Bogen beschreiben, so können wir die krystallinische Zone auch als die innere, die Sedimentzone als die äußere bezeichnen; die faltende Kraft wirkte von innen nach außen, d. h. von Süden nach Norden, bezw. von Osten nach Westen. Wir nennen diesen Typus den asymmetrischen.

Die Ostalpen ^ sind im Gegensatze zu den schweizerischen symmetrisch gebaut, die krystallinische Zone wird hier beiderseits von Sedimentzonen eingefasst, und in den letzteren ist ebenfalls eine

Speer \ Jbgytnburg !36ußamh/' SeKK^t^ä^XT' ;'.-n'v

EüD Jh-tiärfbrnuMtüm^llInbiaiefbrmaiimu \aad9Simar7timiipn. WklMmmSÜBBtiü l^ÜfjatmOät^SiMi^k.

. Fig. 161. Profil durch die Schweizer Alpen nach HsiM.

Zonen weise Altersfolge von innen nach außen bemerkbar: erst paläo- zoische, dann mesozoische, endlich tertiäre Gesteine. Eine völlige Symmetrie ist aber nicht vorhanden. Westlich der Etsch streichen die Falten ganz abnorm nach Nordnordost statt nach Ost oder Ostnordost; schon hier treten große Brüche auf, und diese gewinnen östlich der Etsch immer mehr an Bedeutung, so daß die südlichen Kalkalpen in manchen Profilen mehr einem Schollen- als einem Falten-

Falteng€biige. 471

gebirge gleichen. Dazu kommt noch, daß hier wiederholt die krystalli- nische Unterlage in schmalen Zonen an die Oberfläche tritt, eine Erscheinung, die den nördlichen Kalkalpen ganz fremd ist Nur ^wenn beide Kalkzonen sich völlig entsprächen, wäre die Annahme berechtigt, daß die faltende Kraft von der Innenzone nach beiden Seiten hin die Schichten zusammengeschoben habe. Süss hält daher auch für die Ostalpen an einem einseitigen Schübe von Süden nach Norden fest, infolge dessen an der Außenseite Faltung, an der Innenseite Zerreißung und Einbruch erfolgte.

Wieder anders gebaut sind die Alpen zwischen Frankreich und Italien.^ Die schmalen Sedimentmulden innerhalb der schweize- rischen krystallinischen Zone entfalten sich hier zu einem breiten Gebirgsbande, so daß wir von dem italienischen Innenrande nach Westen fortschreitend vier Zonen durchqueren: 1) die krystallinische Zone der Cottischen und G-rajischen Alpen, 2) die Kalkzone des Bria^onnais, 3) die krystallinische Zone des Montblanc und Mont Pelvoux, 4) die Kalkzone des Dauphin^ und Savoyens. Diesen Typus nennen wir den zonalen.

Die genannten Unterarten des ungleichförmigen Gebirgsbaues sind weit verbreitet. Wir müssen uns hier nur auf je ein Beispiel beschranken. Asynunetrisch ist der Ural; die westliche krystallinische Zone trägt die Hauptwasserscheide, breitet sich aber nach Osten noch weit in das Flachland aus, allmählich in niedere Vorhöhen verlaufend; die Sedimentzone verflacht sich nach Westen. Spuren ehemaliger Symmetrie scheinen noch vorhanden zu sein. Symme- trischen Bau besitzen die Pyrenäen;® die mittlere Zone besteht aus paläozoischen Gesteinen mit durchbrechenden Granitkemen, dann folgen nach beiden Seiten die verschiedenen mezoischen Zonen, end- lich das Tertiär. Die äußeren Falten neigen sich nach außen, die nördlichen nach Norden, die südlichen nach Süden, geradeso wie in den Ostalpen. Aber weiter geht die Symmetrie auch hier nicht; es sei nur erwähnt, daß die südliche Sedimentzone viel entwickelter ist und zu größerer Höhe ansteigt, als die nördliche; steht doch der ihr angehörige Montperdu nur um wenige Meter dem Kulmi- nationspunkte des ganzen Gebirges, dem granitischen Aneto, nach. In der Sierra de Guara am äußersten aragonischen Eande führen sehr verwickelte Strukturverhältnisse noch einmal die mesozoische ßeihe zutage. Nach Westen laufen beide Sedimentzonen zusammen, und die paläozoische Mittelzone schrumpft zu einem schmalen Bande zusammen.

Das höchste Gebirge der Erde, den Himalaja,^^ bezeichnet Ltdekker als ein System nach Südwesten geneigter Isoklinalfalten,

472 Morphologie des Landes.

in dem stehende Falten und Verwerfungen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Nach Griesbagh sind Ton Südwesten nach Nordosten folgende Zonen zu unterscheiden: 1) der Yorhimalaja, im Pandschab 900 1200 m hohe Ketten, aus tertiären und zwar meist jungtertiaren^ Sandsteinen und Konglomeraten bestehend, die gegen die älteren Gesteine mit einer nach Nordost einfallenden Verwerfung enden, 2) der Niederhimalaja, .eine 80 100 km breite und selten über 4000 m hohe Zone aus paläozoischen Sedimenten mit Durchbrüchen archäischer und metamorphischer Gesteine. Diese Zone verschmilzt orographisch stellenweise mit der 3. Zone, in anderen Gegenden ist aber durch große Längsthäler (Kaschmir, Chandra) eine deutliche Scheidung durchgeführt 3) Die Zone der großen Gipfel oder die südkrystallinische Zone, eine fortlaufende, aber orographisch nicht geschlossene Eeihe von Schneegipfeln von 6 8000 m Höhe. Hochthäler in 4600 4900 m Seehöhe trennen sie von 4) der wasser- scheidenden Sedimentzone, die sich aus paläozoischen, meso- zoischen und sogar tertiären Ablagerungen aufbaut Im Quellgebiete des Ganges erreicht sie eine mittlere Höhe von 6000 m, Pässe in 5000—5800 m Höhe führen nach Tibet hinüber. Nur der Sutley und der Zanskar durchbrechen diesen geschlossenen Gebirgszug. Damit endet der Himalaja im gewöhnlichen Sinne des Wortes, und beginnt das tibetanische Gebirge, das aber z. T., besonders im Nord- westen^ sich enge an den Himalaja anschmiegt. Es folgt auf die wasserscheidende Sedimentzone die hohe krystallinische Indus- zone, endlich die paläozoische und mesozoische Sedimentzone des Karakorum. Diese Skizze dürfte trotz ihrer Dürftigkeit ge- nügen, nun uns eine Vorstellung von einem mehrfach zonalen Ge- birge zu geben.

Es war noch vor einem Jahrzehnt herrschende Überzeugung, daß die großen Faltungen sich zwar langsam vollzogen, aber doch auf eine bestimmte Periode sich beschickten. Die Geschichte der Alpen schied sich klar und sauber in zwei Hauptperioden: in eine lange der Sedimentablagerung und in eine verhältnismäßig kurze der Emporfaltung gegen das Ende der Tertiärzeit Immer mehr aber bricht sich die Überzeugung Bahn, daß diejenige Erdstelle, die wir heute Alpen nennen, wiederholt der Schauplatz von Gebirgsbildungen gewesen ist; und betreffs des Himalaja sprach sich Gbibsbach in bestimmtester Weise dahin aus, daß er nicht das Erzeugnis einer einzigen Faltungsepoche, sondern periodisch wiederkehrender Dislo- kationen sei, die allerdings am Ende der Miocänzeit ihre höchste

X Die sog. Siwalikschichten.

Faltengebirge.

473

Kraft entfaltet haben, aber auch heute noch nicht abgeschlossen sind. Natürlich gelingt es nur detaillierten Studien, solche Gebirgspalimp- seste zu enträtseln. In den Alpen erkannte man sehr deutliche Spuren einer jungpaläpzoischen und Andeutungen einer kretacelschen Faltungsphase. Die Hauptlinien der heutigen Alpen stammen aber unzweifelhaft aus der Tertiärzeit, und gegenüber dieser letzten Faltung Terhielten sich die alten Gebirgsreste anscheinend als todte ver- festigte Massen; aber auch durch ihren passiven Widerstand mußten sie die Neugestaltung beeinflussen. Wie die Falten stellenweise durch Brüche ersetzt werden, wurde schon oben angedeutet; neben

O Granwacke; ZJÜT Untere Trias (Werfener Schiefer, Steinsalz. Virgloria-Kalk); Obere

Trias; H Hallstätter Kalk, D Dachstein-Kalk; L Lias, J Oberer Jura.

Fig. 162. Profil des Dachstein-Gebii^s nach y. Hochstbtteb.

scharfen Kämmen erscheinen in den Kalkalpen ausgedehnte Plateaus, wie das Dachsteingebirge (Fig. 162), bedingt durch die flache Lagerung mächtiger Kalkschichten; in anderen Gebirgen gesellen sich spätere vulkanische Ergüsse hinzu, zwar als ein fremdes Element, aber doch als ein solches, das mit dem Faltenbaue zu einer oft untrennbaren Einheit verschmilzt Das treffende Wort, das v. Mojsi- sovics auf die Alpen anwandte: „ein gemeinsames Dach wölbe sich zwar über dem großen, mit uniformen Schnörkeln ausgestatteten Bau, aber die einzelnen Theile seien zu verschiedenen Zeiten, von ver- schiedenen Baumeistern und nach abweichenden Baustilen ausge- führt worden^', gilt von den meisten großen Kettengebirgen.

Längflerstreoknng. In Bezug auf ihre Längserstreckung kann man die Kettengebirge in geradlinige jand bogenförmige teilen; und es muß besonders betont werden, daß die Bogenform durchaus nicht an die üngleichförmigkeit gebunden ist, denn es giebt auch gleichförmige Bogengebirge, wie den Schweizer Jura, und ungleichförmige mit geradlinigem Verlaufe, wie die Pyrenäen oder den Kaukasus. Die Bogenform bietet ein schwieriges Problem, denn wenn auch aus der Annahme eines Horizontalschubes sich unmittel- bar ergiebt^ daß die Falten und Bergketten senkrecht zu der Richtung der faltenden Kraft verlaufen, so entsteht doch die Frage, was diese Kraft zu so auffallenden Drehungen veranlaßt haben kann.

474 Morphologie des Landes.

Süss dachte an einen Widerstand alter Massen an der Außen- seite der Falten. Für das Alpensystem bildeten nach seiner An- sicht das Gneißmassiv der Serre (bei Dole, südöstlich von Besanc^ODl der Schwarzwald und das große böhmische Massiv stauende Hinder- nisse; wo solche »fehlen, entwickeln sich die Falten freier und regel- mäßiger. Besonders klar tritt dies am Ostende des böhmischen Massivs hervor, indem die Alpenketten sich rutenförmig teilen und der Karpatenbogen weit nach Norden vorrückt. In neuester Zeit hat Frech ^^ die alten Restgebirge an der Innenseite der Falten, wie er solche in den südlichen Ealkalpen fand, für die Ablenkung des Horizontalschubes verantwortlich gemacht

Manchmal vollzieht sich die Umbiegung in geschlossener Ketten- form, selbst dann, wenn sie nahezu in eine Knickung übergeht, wie an der Südostecke von Siebenbürgen. Die hier beginnenden Transsil- vanischen Alpen setzen sich dann mit abermaliger scharfer Um- biegung im Balkan fort. Einem auffallend ähnlichen Baue begegnen wir am westlichen Ausgange des Mittelmeeres: das marokkanische Elf entspricht dem Balkan, das andalusische Gebirge den Transsil- vanischen Alpen, die Bucht von Gibraltar der jungen Tiefebene der Walachei ; aber an der Umbiegungsstelle ist hier ein Teil des Gebirges in die Tiefe gesunken und hat damit die Straße von Gibraltar eröfihet.

Bisher haben wir nur den Fall betrachtet, wo Veränderung in der Richtung des Horizontalschubes auch solche in der Streich- richtung des Gebirges hervorrufen. Wenn aber eine Erdstelle zu wiederholten Malen Faltung erleidet, so kann es vorkommen, daß sich innerhalb eines und desselben Gebirges zwei Bichtungen kreuzen. Das Taurische Gebirge hat nach Listows Untersuchungen^* einen solchen komplizierten Bau, aber das nordöstliche System bleibt das formgebende Element, das nordwestliche kommt nur in untergeord- neter Weise zur Geltung. Eines anderen merkwürdigen Beispiels möge noch gedacht werden, obwohl es kein Kettengebirge betrifft: es ist der östliche Teil von Schantung und das Gebirge von Liau- tung in China. Das alte krystallinische Gebirge strich nach Süd- südosten, wurde aber später samt den jüngeren Gebilden in ost- nordöstlich gerichtete Falten gelegt. Nur einzelne Massen widerstanden dem zweiten Zusammenschube, wie der gewaltige Zug des Hwang- schan, der die ältere Richtung beibehalten hat, während unmittelbar daneben Ketten dem zweiten System folgen. Daß ältere Falten und jüngere Brüche verschiedene Richtungen einschlagen, ist keine seltene Erscheinung, aber nur in umgeformten Faltengebirgen, wie wir später sehen werden.

Faltengebirge. 475

Benehnngen der Faltengebirge zn einander. Abgrenzung und Sinteünng derselben. Wenn sich ein Gebirge isoliert aus der Ebene erhebt, so kann über seine geographische Selbständigkeit und seine Grenzen kein Zweifel sich erheben. Solche Gebirge gehören aber meist anderen Kategorien an; von den echten Faltengebirgen unseres Festlandes nimmt nur der Ural eine solche isolierte Stellung ein; selbst die Abgrenzung des Kaukasus, die auf orographischen Karten kleineren Maßstabes so einfach erscheint, erfordert im Süden schon Vertrautheit mit den Einzelheiten des Gebirgsbaues. Den geraden Gegensatz zum Ural bildet das westliche Faltengebirge der Balkan- halbinsel. Im Westen ist natürlich das Meer die Grenze, im Osten tritt es aber ohne Einschaltung einer Ebene so nahe an Gebirge von anderer Struktur heran, daß auf genaue, allseitig befriedigende Scheidung überhaupt verzichtet werden muß. Schwierig ist auch die Aufgabe des Geographen, wenn Faltengebirge miteinander ver- wachsen, und dies ist innerhalb der Hochlandgürtel beider Welten sogar die Regel. Der Sprachgebrauch bietet einige Anhaltspunkte, aber keineswegs sichere; trotzdem läßt er sich nicht einfach ignorieren, soll nicht eine heillose Verwirrung einreißen.

Hier nur ein paar Beispiele.

Die Alpen zeigen uns zwei verschiedene Arten der Verwachsung. Der Schweizer Jura schmiegt sich an seinem Südwestende so enge an die Kalkalpen an, daß er geradezu als ein Teil derselben er- scheint, und erst in seinem' weiteren Verlaufe gewinnt er Selb- ständigkeit Der Apennin und Karst sind dagegen orographisch einfache , Fortsetzungen der Alpen. Im ersteren Falle leitet uns wenigstens der Richtungswechsel und die Veränderung in der geolo- gischen Zusammensetzung bei der Grenzbestimmung, obwohl noch bis zum heutigen Tage darüber gestritten wird, durch welche Thäler und über welchen Paß am besten die Grenze zu ziehen sei.^' Bei der Scheidung zwischen Alpen und Karst lassen uns orographische wie geologische Karten im Stiche; hier müssen wir noch tiefer in den Gebirgsbau eindringen, um einige Anhaltspunkte zu gewinnen. Wie auch viele andere Kettengebirge, treten die Alpen im Osten rutenförmig auseinander;* der Karst ist der Südflügel, die Kar- paten sind der Nordflügel; nur ist im letzteren Falle die Trennung auch äußerlich durch aufgesetzte Ebenen vollzogen. Aber gerade dieses Beispiel lehrt uns, daß die Natur manchmal äußerlich ge- trennt hat, was innerlich zusammengehört; und wenn es auch nie- mandem einfallt, den Karpaten ihre Selbständigkeit zu rauben, so müssen sie sich es doch gefallen lassen, als ein Glied dem alpinen System eingereiht zu werden (vgl. S. 30). Gebirgssysteme

476

Morphologie des Landes.

repräsentieren also eine höhere Ordnung als Gebirge, und zu einem solchen System fassen wir nicht bloß die äußerlich verbundenen Gebirge zusammen, sondern auch solche, welche entwicklungsgeschicht- lich zusammengehören, auch wenn jugendliche Oberäächengebüde diesen Zusammenhang verbergen.

Am Westende des zentralasiatischen Hochlandes verschlingen sich Himalaja, Karakorum, Kuenlun, die Pamirerhebung, der Hindu- kusch, der Tianschan zu dem gewaltigsten Gebirgsknoten der Erde, von dem sie fast nach allen Himmelsrichtungen ausstrahlen. Das ist Scharung, d. h. Zusammendrängung von Faltenzügen, die dann auseinandertreten, wie bei Alpen und Jura, aber zugleich auch

Endverwachsungy wie zwischen Alpen und Apenninen« indem der Übergang aus dem Himalaja in den Hindukusch durch Beugung und Verände- rung der Streichrichtung erfolgt. Eine andere Art von Scha-

Sinisciies System.

rung, die von der bisher

Fig. 163. Dm Zusammentreffen des dnischen geschilderten wesentiich ver- Q. des Knenlun-Systems nach v. Richthofen. schieden, ist hat V. RlCHTHOFKN

am Ostende des Kuenlun beob- achtet. Starr behält dieser seine Richtung bei und zwingt die auf ihn stoßenden Falten des offenbar jüngeren sinischen Systems sich ihm anzuschließen (Fig. 163). Ein ganz anderes Verhalten befolgen die beiden Kichtungssysteme des Atlas, das östliche des Kleinen und das nordöstliche des Großen Atlas; an der algerisch-tunesischen Grenze, wo sie sich begegnen, werden die Falten des ersteren von denen des letzteren glatt abgeschnitten.^*

Wie wir einerseits Gebirge zu Systemen zusammenfassen, so lösen wir sie andererseits in Haupt- und Untergruppen auf. Soll eine solche Einteilung über das Niveau eines schulm&ßigen Not- behelfs hinausreichen, so muß sie die inneren Gegensätze zum Aus- drucke bringen. Aber nicht minder wichtig ist die orographische Gliederung durch Tiefen linien; beide Gesichtspunkte müssen maß- gebend bleiben, und die Entscheidung wird in vielen Fällen nur durch ein Kompromiß erfolgen können, v. Mojsisovics war der erste, diBr den tiefgreifenden Unterschied zwischen der Ost- und Westhälfte der Alpen erkannte und sie durch die vom Bodensee zum Lago Maggiore sich erstreckenden Thallinien schied. Geographisch besonders wichtig ist die schon erwähnte Thatsache, daß nur die Ostalpen eine südliche Sedimentzone besitzen. Die großen Kalk-

Faltengebirge. 477

und Colomitmassen, welche hauptsächlich die nördliche Sediment- zone zusammensetzen^ sind in den Ostalpen obertriassischen Alters, während sie in den Westalpen der Jura- und Kreideformation angehören. Hier nehmen auch die eocänen Flyschschiefer und Sandsteine hervorragenden Anteil an der Gebirgsbildung. indem sie zonenartig zwischen den sekundären Gesteinen auftreten, während sie in den Ostalpen nur auf den äußeren Eand beschränkt sind; das unter dem Namen Nagelfluh bekannte neogene Konglomerat kommt nur in den Westalpen vor.^^

Ein anderes Beispiel von der Ungleichartigkeit innerhalb eines und desselben Gebirges bietet der Balkan.^® Westlich vom Isker- durchbruche liegt die krystallinische Zone, nur von einem schmalen Kreidebande am Nordfuße begleitet, im Norden, die Sedimentzone im Süden. Im zentralen Balkan, etwa vom 24^ 0. an, ist die Stel- lung eine umgekehrte; außerdem sind die paläozoischen Gesteine des Westbalkans versdiwunden, und unmittelbar auf die krystalli- nische Zone folgen nach Norden schmale Trias- und Jurabänder, endlich in reicher Entwicklung die Kalke und Sandsteine der Kreide- formation (zum Teil auch des Eocän). Je weiter vrir nach Osten fortschreiten, desto mehr senkt sich die krystallinische Zone, schon in der Gegend von Sliven hat die Kreide die Wasserscheide er- reicht, und im niedrigen Ostbalkan tiberschreitet sie dieselbe, breitet sich über den ganzen Südabhang aus und bedeckt alle älteren Bil- dungen. Zwischen dem zentralen und östlichen Balkan besteht nur ein beträchtlicher Unterschied in der Hebungsintensität, zwischen dem zentralen und westlichen aber ein noch tiefer greifender, der bis in frühe Erdepochen zurückreicht Die Grenze zwischen dem West- und Zentralbalkan wird jeder in das Iskerthal verlegen, ob- wohl es nicht genau mit der Veränderung des Baues zusammenfällt; zwischen dem Zentral- und Ostbalkan fehlt eine solche ausgezeich- nete geographische Linie, doch stimmen wir Theobald Fischer bei, wenn er den Eisernen Thor-Paß nördlich von Sliven als schicklichste Grenze bezeichnet.

Beziehimgen der Kettengebirge zum ungefEilteten Vorlande. Es ist eine häufig wiederkehrende Erscheinung, daß der eine Fuß eines Kettengebirges tiefer liegt, als der andere. Bogenförmige Gebirge werden in der Kegel an der konkaven Seite von Tiefebenen, an der konvexen von Hochflächen begleitet, selbst dann, wenn an der Innen- seite keine sichtbaren Spuren von Einstürzen vorhanden sind. Die einzelnen Glieder des Alpensystemes zeigen hierin eine bemerkens- werte Übereinstimmung, so die Alpen selbst, der Jura, die Karpaten. Der Atlas und das andalusische Gebirge grenzen an der Innenseite

478 Morphologie des Landes.

au das Meer und an der Außenseite an Land ; der Apennin hat das tiefere Meer an seiner konkaven, das flachere an seiner konvexen Seite. Auch bei geradlinigen Gebirgen, wie bei dem Ural und den Alleghanies, finden wir tieferes Vorland an der Seite, wo die Hebungsintensität am größten war. Aber es giebt auch Beispiele vom Gegenteile. So begrenzen den Himalaja an seiner Innenseite Ebenen von 4000 m See- höhe, an seiner Außenseite aber ein Tiefland, das selbst am Fuße des Gebirges nur ein paar hundert Meter über dem Meeresspiegel liegt: und das japanische Gebirge stürzt an seiner konvexen Seite zu gewaltigen Ozeantiefen hinab, während es sich an der anderen zur flach schüsselformigen Vertiefung des Japanischen Meeres senkt.

Sehen wir von den beiden letztgenannten Fällen vorläufig ab, so nehmen wir wahr, daß auch die geognostischen und tektonischen Beziehungen zum Hinterlande andere sind, als zum Vorlande (vgl. Fig, 159 und 161). Dieselben Schichten, die den äußersten Grebirgs- gürtel aufbauen, setzen sich mit horizontaler Lagerung in dem flachen Hinterlande fort; allmählich erstirbt die faltende Kraft, manchmal tauchen noch vereinzelte Antiklinalen auf, wie die Parmas im Westen des Urals. An der Innenseite dehnt sich junges, fremdartiges Schwemm- land aus, der eigentliche Gebirgsfuß liegt in der Tiefe verborgen. Solche Gebirge nennen wir einseitige Bandfaltungen. Möglich ist es, daß die Faltung in dem Hinterlande einiger Gebirge noch fortschreitet, wie dies z. B. Gkiesbach vom afghanisch-turkestanischen Grenzgebirge behauptet hat.

Fig. 164. Profil des Kuruk-tag bei Kurla (41ö40'N., 86<>35'0.) uflch Boodaxo- WITSCH. Q = Granit, D = Devon, d = Diabas. J = Jura und Kreide, q = Quartär.

Im Himalaja scheint der Fall einer doppelten Kandfaltung vorzuliegen. Auf der tibetanischen Seite sehen wir die sonst horizontal gelagerten jungtertiären Schichten am Südrande des Hund6s-Plat^us aufgerichtet.^^ Anders liegen die Verhältnisse am hindustanischen Fuße.^^ Hier brechen die jugendlichen Siwalikschichten, die den Vor- himalaja zusammensetzen, schroflf ab, aber in ihrem Gesteinscharakter stimmen diese Schichten mit dem Alluvium der angrenzenden Ganges- ebene so sehr überein^ daß man nicht daran zweifeln kann, daß sie in der That identische Bildungen sind. Der Siwalik war einst hori- zontale Anschwemmung, das heutige Schwemmland wird einst viel-

Umformung der Faltengebirge. 479

leicht Yorkette sein. Nur der Vorgang ist ein anderer, als im Norden oder in der Schweiz. Successive erfolgten die Dislokationen von Norden nach Süden; ein Bruch bezeichnete den jedesmaligen Gebirgs- fuß, der immer weiter nach Süden hinausrückte^ und die heutigen Formationsgrenzen innerhalb des Vorhimalaja waren im großen und ganzen auch die Grenzen der Ablagerung.

Ist ein Gebirge an allen Seiten von jüngeren Schichten um- geben, die an der Faltung keinen Anteil nehmen^ so kann man es ein durchgreifendes Gebirge nennen. Ist es nicht durch Brüche begrenzt, so muß man annehmen, daß die Eandfaltungen nur ober- flächlich verhüllt sind. Bei dem zentralasiatischen Gebirge, dessen Profil wir hier als Beispiel vorführen (Fig. 164), bedecken rezente Steppenablagerungen den Gebirgsfuß im Norden und Süden.

Liitteratnrnachweise. * Le Conte, Theories of the Origin of Moun- tains, im Joomal of Geology, Chicago 1893. Betre& der Mechanik des Faltnngsprozesses ist Heim, Mechanismus der Gebirgsbildung, Basel 1878, noch immer das klassische Werk, wenn auch z. T. schon überholt Über Faltungs- experimente 8. Willis, The Mechanics of Appalachian Structure, im 13. Annual Rej>ort of U. S. Geological Survey 1891—92. " Richtige Vorstellungen ver- mittelt das meisterhafte Erdprofil der Zone von 81 bis 65*^N. B. von Likoo, München 1886. ' Mellard Bbabe, The origine of Mountain Ranges, London 1886. ^Reteb, Ursachen der Deformationen undGebirgsbildung; geologische und geographische Experimente, Leipzig 1892. * Dutton, cit. S. 278. * La Touche in den Records of the Geological Survey of India, 1893. ^ RoTBPLFrz, Ein Querschnitt durch die östlichen Alpen, Stuttgart 1894. ^ DisNEB, Der Gebirgsbau der Westalpen, Wien 1891. ^ de Maboerie und Schradeb, Aper9u de la structure g^ologique des Pyren6es, Paris 1892. ^^ Grenauer bekannt ist nur der nordwestliche^ britische Teil; vgl. die Ab- bandlungen von Ltdekeeb u. Gbiesbach in d. Memoirs of the Indian Geological Survey, Bd. 22 (1888) u. 23 (1891). " Feech, Die Tribulaungruppe, in der RiCHTHOFEN-Pestschrift, Berlin 1893. " Listow, in d. Iswestija d. Russischen Geographischen Gesellschaft 1889, S. 270. " Vgl. Petebmanns Mitteil. 1893, S. 93. ^* RoTHFLETz, Das Atlasgebirge Algeriens, in Petebmanns Mitteilungen 1890. '^ Die Grundsätze einer wissenschaftlichen Einteilung erörtert Böhm, Einteilung der Ostalpen, Wien 1887. " Toula, Reisen u. geologische Unter- suchungen in Bulgarien, Wien 1890. " Middlemiss, Physical Geology of the Sub-Himalaya of Garhw&l and Kumaun; in d. Memoirs of the Geolog. Survey of India, XXIV, 1890.

Umformung der Faltengebirge.

Umformung durch Bruch« Brüche haben wir schon als eine ge- wöhnliche Begleiterscheinung der Faltung kennen gelernt, ja stellen- weise ersetzt geradezu die eine Dislokationsform die andere, wie im östlichen Südtirol. Hier haben wir aber nur diejenigen Fälle ins Auge zu fassen, wo Brüche einen gefalteten Gebirgskörper er-

480 Morphologie des Landes.

greifen, ihn seiner ursprünglichen Gestalt berauben, endlich ihn völlig auflösen.

Die Innenseite bogenförmiger Kettengebirge unterlag häuii«r einer weitgehenden Zertrümmerung und Umgestaltung. Ein erstes Stadium führt uns das andalusische Faltensystem vor Augen. ^ Eine Scholle der inneren Schieferzone finden wir bei Cartagena; weiter südlich treffen wir aber auf einen wohlerhaltenen Scbieferzng. der sich von der Sierra de los Filabres bis in die Provinz Malaga erstreckt und mit dem Serpentinstocke von MarbeUa endet. Noch hat sie ihren ursprünglichen hypsometrischen Rang nicht eingebüßt, denn die Sierra Nevada, deren einfachen antiklinalen Bau y. Dbascke anschaulich geschildert hat, ist noch immer die Königin der iberischen Gebirge. Im Norden wird die Schieferzone von einem Gürtel sekun- därer und tertiärer Gesteine begleitet, die den Gibraltarfels und die Gebirge bis zur Guadalquivirebene und nördlich von Lorca und Murcia zusammensetzen.

In den Karpaten und Apenninen ist dagegen nur noch die Außenzone vollständig erhalten. Die Trümmer der Innenzone ziehen in Ungarn in der Form zahlreicher kleinerer und größerer Insehi aus krystallinischem Schiefergestein und Granit von Preßburg bis Kaschau (die Hohe Tatra gehört dazu) und tauchen dann wieder nach einer langen Unterbrechung als zusammenhängende Kette im Südosten auf. Noch größer ist die Zerstückelung der apen- ninischen Innenzone, wie Süss gezeigt hat; ihre Überreste finden wir in den Apuanischen Alpen, auf den toskanischen Insehi, in der Catena metaUifera, im Circekap und auf der Insel Zannone; und nur im Süden hat sich noch ein zusammenhängender G^birgsrest in dem steil gegen Westen abfallenden calabrischen Gebirge erhalten. Während in den Karpaten die Granitkette der Hohen Tatra noch immer ihren hypsometrischen Vorrang behauptet hat, ist der Kulminations- punkt in den Apenninen bereits in die Sedimentzone gewandert.

Solche innere Bruchzonen mit ihren tiefgehenden Spalten waren oder sind noch ein bevorzugter Schauplatz vulkanischer Erschei- nungen. Karpaten und Apenninen bieten dafür lehrreiche Belege, den lehrreichsten aber wohl Japan.* Man unterscheidet hier zwei Gebirgsbogen, die durch tiefe Depressionen getr^int sind. Soweit die Innenzone am Japanischen Meere noch gut erhalten ist, wie im Berglande von Tschugoku am westlichen Vorsprunge Nippons, ist vulkanisches Gestein nur auf den marinen Rand beschränkt; von der Wakasabucht aber bis zur Tsugarustraße ist die Innenzone völlig aufgelöst, und nun reiht sich Feuerberg an Feuerberg zu einem der imposantesten Vulkangürtel der Erde.

Umformnng der Faltengebirge. 481

Im letzten Stadium vor der völligen Auflösung befindet sich die Sierra Nevada von Californien, jenes mächtige Kettengebirge, das das Sacramentothal von dem Großen Becken des amerikanischen Hochlandgürtels scheidet Eine intensive Faltung erfolgte zwischen der Jura- und Kreidezeit; gegen Ende der Tertiärzeit setzte die ^ebirgsbildende Kraft abermals ein, aber diesmal in der Form von Brüchen und senkrechten Verschiebungen. Nur betrafen diese neuen Veränderungen nicht das ganze Gebirge in gleicher Weise. Im Parallel des Monosees (38 % wo Reybe^ ein Profil aufiiahm, beginnt die Bruchzone erst im Osten des Granites der Hochsierra; sie löste das Gebirge von dem Hinterlande ab und schuf den Gegensatz zur Ebene. 2^4 Breitengrade nördlicher, im Parallel des Honey Lake, haben aber die Brüche die Granitzone selbst ergriffen. Ein Profil Dellees* zeigt uns hier das ganze Gebirge in drei Schollen zer- spalten, die nach Osten steil, nach Westen allmählich sich abdachen. In jeder Scholle folgen von Westen nach Osten Karbon, goldführende Schiefer, Granit Die jetzige Gestalt ist also nicht mehr die

Fig. 165. Profil des Oebirgee bei Eureka, Nevada, nach A. Hagfe in Sfacher

Überhöhung.

i. Cambrinm, 2, Silur, 3. Devon, 4. Karbon, 5. Eruptivgesteine.

M.H Mahogany HiHs 2420 m, S.M Spanish Mt. 2500 m, P.M Piospect Mt.

2790 m, Sp Spring Mt. 2300 m, C.P County Peak 2545 m, B.P Basalt Peak

2470 m.

ursprüngliche, aber die Kettenform ist trotzdem gewahrt geblieben. Solche Faltengebirge nennen wir gebrochene.

Faltenzüge, wie die Sierra Nevada, erfüllten einst das ganze Große Becken innerhalb der Staaten Nevada und Utah bis zum Wahsatch-Gebirge. Hier ist aber der tertiäre, bis in die Gegenwart andauernde Dislokationsprozeß bis zur völligen Auflösung ge- diehen. Was erhalten blieb, sind eine Reihe von Kammgebirgen, in ihren horizontalen Dimensionen etwa dem Thüringer Walde ver- gleichbar, aber nicht in ihren vertikalen, da einige Gipfel 3000 m Seehöhe erreichen und sogar übersteigen. Breite Thalebenen mit jugendlichen Ausfüllungsmassen umschließen sie. Vom Lone Peak im Wahsatch-Gebirge bis zur Westgrenze Nevadas wiederholt sich im 407,. Parallel auf eine Länge von 700 km der Wechsel von Ebene und Gebirge 19 mal; die ersteren haben, abgesehen von der 100 km breiten Großen Wüste, eine durchschnittliche Breite von 19,

Sdpav, Phyaische ErdlFaode. % AuB. 31

482 Morphologie des Landes.

die letzteren eine solche von 14 km. Fig. 165 veranschaulicht uns den verwickelten Bau dieser Trtimmergebirge nach neueren Unter- suchungen.* Nicht nur durch Randbrüche wurden sie isoliert, auch der Gebirgskörper selbst ist vielfach zerspalten und ungeformt Aber noch sind die Züge des alten Faltenbaues erkennbar, ja es gelingt sogar noch manchmal, aus den heutigen Bruchstücken die einstigen Faltenlinien herzustellen.

Solche Gebirge, wie das von Eureka, nennen wir Falten- schoUengebirge; wo sie gesellig auftreten, bilden sie ein Falten- schollenland. Das Große Becken vereinigt diesen Typus mit dem des Tafelschollenlandes, den wir bereits im südlichen Oregon kennen gelernt haben.

Außerordentlich lehrreich sind die tektonischen Verhältnisse Griechenlands, deren Verständnis uns im Laufe der letzten Jahr- zehnte durch die Forschungen der österreichischen Geologen® und Philippsons^ erschlossen wurde. Der Übergang aus dem Falten- gebirge ins FaltenschoUengebirge ist hier deutlich zu verfolgen. Das erstere beherrscht den Westen; Philippson setzt seine Entstehung in das Oligocän oder an die Grenze von Oligocän und Miocän. Das Pliocan ist ungefaltet, aber gebrochen und liegt in verschiedenen Höhen, die im Peloponnes im allgemeinen von Norden nach Süden abnehmen. Das be- weist, daß auch innerhalb des Faltengebirges nach der horizontalen Be- wegung eine vertikale eintrat. Schon im mittleren Griechenland bilden die nach verschiedenen Eichtungen verlaufenden Bruchlinien ein wahres Netzwerk, in Elis ist das Faltenland in der That schon in Schollen aufgelöst, aber im großen und ganzen wird das peloponnesische Gebirge doch noch durch die südöstliche Streichrichtung der Falten beherrscht In Thessalien und Mittelgriechenland stößt mit diesem System ein, wie es scheint, etwas älteres östlich streichendes FaJten- system zusammen, und dieses befindet sich im Stadium völliger Auflösung. Othrys, Oeta, Helikon, Kithaeron, Pames erwecken gleichsam noch den Schein von Faltengebirgen, weil die Bruchlinien mit dem Streichen der Falten parallel verlaufen wir nennen sie Längsschollen , aber im Pentelikon und Hymettos, auf Euböa und im östlichen Thessalien ist auch dieser Schein geschwunden. Im thessalischen Eüstengebirge, das sich vom Pelion bis zur Kam- pania von Saloniki fortsetzt, ist der Typus einer Querscholle auf das schärfste ausgeprägt; die Umrisse des Gebirges werden ausschließlich durch Brüche bestimmt, welche die alten Falten unter senkrechtem oder spitzem Winkel schneiden. Von den gewaltigen Veränderungen, die sich hier seit der letzten Phase der Tertiärzeit vollzogen und wie die zahlreichen tektonischen Beben lehren noch immer

Umformung der Faltengebirge. 483

keinen Abschluß gefunden haben, können wir uns nur eine sehr mangelhafte Vorstellung machen. Es ist, als wenn wir quer durch die Schweizer Alpen einen Streifen von etwa 20 km Breite heraus- schneiden würden und alles andere Gebirge im Westen und Osten in die Tiefe versänke, um von Wasser oder lockeren Ablagerungen be- deckt zu werden.

Umformung durch DeBtruktion. Die Höhe eines Faltengebirges ist das Ergebnis verschiedener Vorgänge, der Hebungsintensität einerseits, nachfolgender Senkungen und der Denudation anderer- seits. Aus dem Umstände, daß benachbarte Gipifel sich annähernd in gleicher Höhe halten, dürfen wir schließen und es ist auch im vorhinein nicht anders zu erwarten , daß die positiven wie die negativen Kräfte örtlich nahezu gleichmäßig wirken. Für die Anordnung der Gipfelhöhen innerhalb eines und desselben Gebirges ist der tektonische Faktor jedenfalls in erster Linie maßgebend. In den Alpen ist die krystaUinische Zone fast überall höher, als die Kalkzone. Die Reihe der 3000 m- Gipfel beginnt im Westen mit der Argentara, der Pelvoux eröffiaet den Reigen der 4000 m- Gipfel, der bis zum Bernina zieht Bis zum Montblanc (4810 m) ist Zunahme, dann wieder Abnahme bemerkbar. Jenseits des Bemina- Meridians herrschen wieder die 3000 m- Gipfel, sie schließen mit dem Sonnblick am Ostende der Hohen Tauem. Nun macht sich bereits die ungarische Senkung geltend. Die nördlichen Kalkalpen brechen steil im Wiener Becken ab und übertreflfen nicht un- beträchtUch die krjstallinische Zone, die allmählich sich senkend in die ungarische Ebene verläuft. Der östlichste 2000 m-Gipfel, der Schneeberg, gehört dem nördlichen Kalkgürtel an. In manchen Ge- birgen, wie im Kaukasus oder in den Andes, sind die höchsten Gipfel aufgesetzte Vulkankegel, und von diesen fremdartigen Ge- bilden müssen wir absehen, wenn wir von den Hebungsintensitäten verschiedener Faltengebirge eine Vorstellung gewinnen wollen.

Vergleichen wir aber verschiedene Gebirge miteinander, so müssen wir nicht bloß die tektonischen Vorgänge, sondern auch die Denudation als klimatischen Faktor in Rechnung ziehen. Penck hat namentlich auf die Bedeutung der Baumgrenze aufmerksam ge- macht, denn mit dem Schwinden der Vegetationsdecke ist den zer- störenden Kräften Thür und Thor geöffnet. Man kann sehr wohl annehmen, daß jedem Klima ein bestimmtes oberes Denudations- niveau entspricht, über das kein Berg hinauswachsen kann. Des- halb wäre es eine ganz irrige Vorstellung, wenn wir z. B. die einstige Höhe der Zentralalpen dadurch ermitteln wollten, daß wir alle Sedi- mente, die einst auf denselben abgelagert wurden, über sie auf-

31*

484

Morphologie des Landes.

türmten. Das wäre nur dann richtig, wenn das Gebirge mit Einem Eucke emporgehoben worden wäre, und auch dann nur für den Moment der Erhebung. Nach Pencks Tabelle sind in Fig. 166 drei Kurven entworfen worden, aus denen man den Schluß ziehen darf, daß Beziehungen zwischen Gipfelhöhe und Schnee- und Baumgrenze thatsächlich bestehen. Alle diese Kurven senken sich in höheren Breiten und erreichen ihre höchste Höhe zwischen dem 20. und 40. Parallel; auch die äquatoriale Depression ist tiberall deutlich ausgeprägt. Trotzdem giebt uns die Gipfelkurve nur eine Vor- stellung, wie etwa' das obere Denudationsniveau verläuft^ aber keine Auskunft über dessen absolute Höhe. Der Einfluß des tektc»- nischen Faktors ist entschieden der vorherrschende. Daraus erklärt es sich, daß sich auf der Südhalbkugel kein Himalaja erhebt, dat!' zwischen 50 und 70^ S. nur niedere Berge vorkommen, während der polare Erebus wieder eine Seehöhe von 3780 ra erreicht.

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Fig. 166. Graphische Darstellung der größten Gipfelhohen {aa\ obersten Schnee- grenze (66) und obersten Baumgrenze (ce) in den 10^- Zonen.

Neben dem tektonischen Momente spielt aber auch noch ein anderes eine hervorragende Rolle: das Alter der Gebirge oder mit anderen Worten: die Dauer der Zerstörung. Man bestimmt das Alter nach dem von Elie de Beaumont aufgestellten Grundsatze, wonach die Dislokation einer Schicht jünger ist, als die Schicht selbst, und älter, als die nächste ungestörte Schicht

Die meisten Kettengebirge sind allerdings jung, es giebt aber auch einige sehr alte. Der Ural und das Timangebirge sind meso- zoisch, die Alleghanies und das südchinesische Gebirge sind sogar paläozoisch; auch die Faltung des Kuenlun und Nanschan in Zentralasien und des Zuges der Drakensteen-, Bokkeveld-, Zwarte- und Zuurberge im Kaplande, die die große Karru im Süden ab- grenzen und sich durch auffallende Regelmäßigkeit auszeichnen, reicht weit über die Tertiärzeit zurück. Die Seehöhen der höchsten Gipfel sind allerdings sehr verschieden: Ural 1700, Alleghanies 2000, Kuenlun 6000 m. Aber dies ist nicht das Entscheidende, sondern das Verschwinden aller hervorragenden Gipfel, die ermüdende Gleich-

Umformung der Faltengebirge.

485

tormigkeit der Kämme, so daß, wenn man sich die Thäler ausgefüllt denkt, das Gebirge sich in ein Flachland verwandelt Auf Ketten- gebirge von solcher Gestaltung beschränken wir den Namen Rumpfgebirge.

Wenn man nebenstehendes Profil der Alleghanies mit dem der Alpen (Fig. 161, S. 470) vergleicht, wird man den Unterschied zwischen alten und jungen Kettengebirgen sofort erkennen. Auffallend ist zu- nächst, daß im Alleghanies-Profile die höchsten Punkte den Synklinalen, also den ursprünglichen Thälern an- gehören; aber dies ist nicht das Hauptmerkmal der Rumpfgebirge, da es auch in jungen Faltengebirgen nicht selten wiederkehrt Mehr Gewicht legen wir darauf, daß der Einfluß der Hebungsintensität nicht durch spätere Senkungen, sondern ausschließlich durch Abtragung völlig aufgehoben wurde. Sicher nahm einst die Faltenhöhe nach Nordwesten zu; jetzt sind alle Unterschiede ausgeglichen, die verschiedensten geologischen Horizonte sind nahezu in das gleiche Niveau gebracht, die untersilurischen Kalksteine im Nordwesten wie Devon und Karbon im Südosten. Aber wie groß auch die Umgestaltung ist, die Form des Kettengebirges ist noch erhalten; noch immer bestimmt die Streichrichtung der Falten die der Berg- züge, noch immer ist das Längsthal das Hauptelement der Gliederung.

Wir müssen uns jetzt nach dem Norden begeben, um noch weitere Fortschritte des Destruktionspro- zesses kennen zu lernen. Die Hudsonbai wird von einem 600 km und darüber breiten Bande stark dislo- zierter archäischer Gesteine umschlungen.® Eine Reihe großer Seen: der Bären-, Sklaven-, Athabaska-, Win- nipegsee und die canadischen Seen bezeichnen den Rand des Tafellandes, das aus flach gelagerten paläo- zoischen Kalken besteht und mit jüngerer Über- deckung bis an den Fuß des Felsengebirges sich er- streckt. Einzelne Reste dieser Kalkdecke sind auch auf der anderen Seite, am Westgestade der Hudsonbai erhalten die dazwischen liegende archäische Zone trägt aber keine anderen jüngeren Ablagerungen, außer hier und da glazialen Schutt oder Fluß- und Seenabsätze der Gegenwart Sorgfältigen Untersuchungen gelang es, die Alters-

((

486 Morphologie des Landes.

folge der krystallinischen Gesteine dieser Zone festzustellen, und damit war ein Anhaltspunkt zur Entwirrung der LageningSTerhält- nisse gewonnen. Alle Forscher stimmen darin überein, daß wir es hier mit den Fundamenten eines alten Faltengebirges zu thun haben. Im Lake of the Woods sah Lawbon den Gürtel der Keewatingest^ine in tausende von Inseln und Halbinseln zersplittert, aber noch lassen sich hier die Antiklinalen erkennen, die in bogenförmigem Verlaufe ihre konvexe Seite nach Norden kehren. Aber statt mächtiger Ge- birge finden wir hier ein Flachland, das sich von allen Seiten zur Hudsonbai neigt; Süess hat es, wie schon einmal erwähnt wurde, mit der Hohlseite eines flachen Schildes verglichen. Wenn wir Flach- land sagten, so sind wir uns dabei freilich bewußt, das Charakte- ristische dieses Geländes nur sehr unvollkommen zum Ausdrucke gebracht zu haben. Die Amerikaner haben jetzt dafür das Wort „Peneplain" erfunden, das wir etwa mit „Fastebene" übersetzen können. Für eine Ebene wechseln Erhebungen und Vertiefungen zu rasch, für ein Berg- oder auch nur für ein Hügelland sind die Höhenunterschiede zu gering (meist nur 10 30 m), för ein WeUen- land ist die Gestaltung zu unregelmäßig. Nicht die einstige An- ordnung der Schichtensättel und -mulden ist maßgebend für die heutige Orographie, sondern einzig und allein der Härtegrad der Gesteine; Granite, alte Gneiße u. s. w. haben der Zerstörung kraf- tiger widerstanden und bilden Eücken und Bergchen, abgerundet und gescheuert durch das Binneneis, das in der Glazialzeit darüber hinwegschritten war.

Kein Zweifel, wir stehen auf einem Schauplatze gewaltigster Zerstörung, die wie die flache Lagerung der silurischen Schichten beweist schon im frühesten Altertume der Erdgeschichte sich vollzogen haben muß. Aber welcher Art waren die zerstörenden Kräfte?

Hier stehen sich zwei Ansichten schroff gegenüber.

Englische Geologen, in Deutschland besonders v. Bichthofen, sprachen sich auf das entschiedenste dafür aus, daß eine solche totale Umformung von Gebirgen in Flachländer nur durch Abrasion durch die auf sinkendem Gestade immer weiter landeinwärts schrei- tende Brandung bewirkt werden könne. Wo Meeresablagerungen horizontal einer abradierten Fläche aufruhen, ist für diese Hypo- these ein positiver Anhaltspunkt gegeben; auch die Annahme, daß die paläozoischen Schichten hüben und drüben des canadischen Flächfaltenlandes einst zusammenhingen, hat nichts Unwahrschein- liches. Seine Entwickelungsgeschichte hätte dann folgende Haupt- phasen durchlaufen: 1) Faltung, Gebirgsbildung; 2) Senkung, Ab-

Umformung der Faltengebirge. 487

rasion, transgredierende Meeresablagerung; 3) Hebung; 4) Zerstörung der marinen Decke, Bloßlegung der Abrasionsfläche.

Wer dagegen der Erosion im Vereine mit der Denudation die Macht zutraut, Gebirge nahezu einzuebnen, kann der Abrasion allerdings entbehren. Diese Ansicht, über die wir uns schon auf S. 383 ausgesprochen haben, vertreten besonders amerikanische GeologQp. Wir halten diese Angelegenheit noch für zu wenig ge- klärty und wollen daher solche aus Faltengebirgen hervorgegangene Flächen ganz allgemein als Destruktionsflächen bezeichnen.

Es entsteht aber nun die Frage, welche Stellung das Rumpf- gebirge in der Entwicklungsreihe einnimmt Nach der Abrasions- theorie ist es eine durch Hebung bewirkte Wiederbelebung eines erloschenen Gebirges. Würde der canadische Schild so hoch an- steigen, daß das fließende Wasser wieder zu kräftiger Arbeit an- geregt würde, so entstände ein Erosionsgebirge, in derselben Weise wie im Tafellande, nur anders in seinen Endformen. Infolge des Faltenbaues sind harte und weiche Schichten zonenweise neben- einander gelagert, und indem die Erosion in den letzteren ihre Thäler ausarbeitet, während die ersteren als Berge gleichsam heraus- wachsen, entsteht der Schein, als wäre die Anordnung der Ketten und Thäler unmittelbar durch den Faltenwurf bedingt. Damach könnte man Bumpfgebirge als Erosionsgebirge in unge- brochenen Destruktionsflächen definieren.

Aber auch die Erosionstheoretiker kamen in letzter Zeit zu derselben Schlußfolgerung, auch sie betrachten das Rumpfgebirge nicht als ein Übergangsglied zwischen Faltengebirge und Destruk- tionsfläche. Sicherlich, sagt W. M. Davis® von den AUeghanies und den Gebirgen Neuenglands, fügen «ich ihre gleichförmigen Erhebungen zu einem Peneplain zusammen, aber ein solches konnte durch Denu- dation nicht in der jetzigen Seehöhe entstehen; das ist die Ober- flächenform eines fast bis zum Meeresniveau abgetragenen Gebirges. Diesem Schicksale waren die ostamerikanischen Gebirge in der Kreide- zeit verfallen, nur die White Mountains in New Hampshire und die Blue Mountains in North Carolina mit ihrer Fortsetzung im Blue Ridge von Virginia mochten der allgemeinen Verflachung einiger- massen entgangen sein. In ^ der Tertiärzeit trat Hebung ein, und aus der Ebene schuf die Erosion ein neues Gebirge. Man sieht, die Erosionstheorie bedarf, um das Problem der Rumpfgebirge zu lösen, eines nicht minder komplizierten Apparates von Niveau Ver- änderungen, wie die Abrasionstheorie.

ümgeBtaltung durch BeBtruktion und Bruch. Die meisten Destruk- tionsflächen sind aber nicht in der Form von Rumpf- sondern von

488

Morphologie des Landes.

Eumpfscliollengebirgea wieder belebt worden; sie haben auch eine Umgestaltung durch Brüche erfahren, und diese sind es, die ihre heutigen Umrisse ebenso bestimmen, wie die der Falten- Schollengebirge. Als Beispiel möge uns zunächst der Thüringer Wald dienen.

Auf der Südseite ist der Thüringer Wald fast geradlinig durch eine nach Nordwesten verlaufende Linie abgeschnitten^ der Nordrand bil- det aber einen nach Norden geöfifneten flachen Bogen von Eisenach bis Gera. Dadurch entsteht eine Zweiteilung in ein breites südöstliches Plateau und ein schmales nordwestliches Eammgebirge. Das ersiere hängt durch den Frankenwald und das Vogtland mit dem Fichtel- und Erzgebirge zusammen.

Der südöstliche Teil ist ein Schiefergebirge, dessen Baumaterial der älteren paläozoischen Periode, vom Cambrium bis ins untere

LU Archäische Gesteine d3 AUe Sc/ue/är

F^ HotUegendes LIZ3 yorwieffend Forpi^yr

min] Zeehsteui Flg. 168. Geognostische Skizze von Thüiiogen nnd Sachsen.

Karbon, entstammt Im Nordwesten treten die archäischen Gesteine, die unter den Schiefern des Südostens verborgen liegen: Gneiße, krystalli- nische Schiefer und Granite zu tage und bilden Erhebungen bis circa 600 m Seehöhe, dagegen fehlen die paläozoischen Formationen vom Cambrium bis zum Karbon, und kommt das Rotliegende, das im Südost- Teile nur an einer Stelle am Südwestrande gefunden wurde, zur mächtigen Entwicklung. Es besteht aus Sandsteinen und Konglo- meraten einerseits, aus gewaltigen Eruptivmassen, besonders Porphvr und Melaphyr, anderseits. Verschiedene Bausteine setzen also den Nord- westen und Südosten zusammen, aber darin ist der orographische Gegen- satz nicht begründet, denn der südösthche Gesteinstypus greift auch noch in den schmalen Teil bis zur Linie Ilmenau-Schleusingen über. Im südöstlichen Teile enthüllt sich uns der Eest eines alten Gebirges. Die Schichten sind stark gefaltet und streichen nach

Umformung der Faltengebirge. 489

Nordosten, wie im Erzgebirge; aber während im letzteren Gebirgs- und Faltenrichtung übereinstimmen, stehen sie im Thüringer wald senkrecht aufeinander. Solch ein Zustand läßt sich nur durch eine tektonische Umformung erklären. Gehen wir im Streichen der Schichten nach Nordost weiter, so stoßen wir am Rande des Gebirges auf ein Zechsteinband, und kommen dann in das Trias-Flachland. Glücklicher- weise haben sich aber auch noch ein paar spärliche Beste dieser jungem Formationen auf dem Kamme des Thüringer Waldes erhalten; dieser muß also einmal mit dem Vorlande in gleichem Niveau gelegen haben, und die jetzige Gestaltung muß jedenfalls erst nach der Ablagerung des Buntsandsteins erfolgt sein. Um ein genaueres Datum zu er- langen, müssen wir die Verhältnisse im Vorlande in Betracht ziehen, wo sich auf der herrschenden Trias noch Spuren jüngerer mesozoischer Ablagerungen finden, die ebenfalls durch Brüche Deformationen er- litten haben. Diese tektonischen Bewegungen haben sich in der Tertiärperiode vollzogen. Die Geschichte des Thüringerwaldes ist also in Kürze folgende:

1) Entstehung eines großen, Nordost streichenden Faltengebirges, dessen krystallinische Achsen z. T. noch im Frankenwalde, Erz- gebirge und im nordwestlichen Thüringer Walde sichtbar sind. Die Faltung erreichte ihren Höhepunkt in der jüngeren Steinkohlen- periode.

2) Denudation in der Zeit des Rotliegenden. Ihre Produkte wurden auf dem untergetauchten krystallinischen Gebirge des Nord- westwaldes abgelagert, zu gleicher Zeit erfolgten in diesem ältesten Bruchgürtel großartige Eruptionen.

3) Das ganze Gebirge senkt unter den Meeresspiegel und wird abradiert Im Saalethale sieht man die steil gefalteten Devon- und älteren Karbonschichten oben geradlinig abgeschnitten und von nahezu horizontalem Zechstein überlagert. Diese marine Periode dauert von der Zechsteinepoche durch die ganze Trias- und Jurazeit, vielleicht auch noch in der Kreidezeit

4) Wiedererstehung des Gebirges in der Tertiärperiode, aber in ganz neuer Form durch nordwestlich verlaufende Brüche, sei es, daß das Gebirge sich hob oder das Vorland sich senkte. Auf der Südwest- seite trennen die Brüche das paläozoische Gebirge von der Trias, auf der Nordostseite war die Bewegung intensiver und die Brüche verlaufen in der Triaszone. Zechstein, Buntsandstein und Muschel- kalk fallen flexurartig vom Gebirge ab und gehen dann in die flache Lagerung des thüringischen Vorlandes über.

5) Denudationsperiode der Gegenwart Zechstein und Trias sind von den Höhen des Gebirges abgeschwemmt und das letztere dadurch

490 Morphologie des Landes.

mindestens um 1200 m erniedrigt worden. Im Südosten wurde die alte Abrasionsfläche entblößt, im Nordwesten hat die Denudation di^ härteren Gesteine, besonders den Porphyr, aus den weicheren heraus- präpariert und dadurch mannigfaltigere Formen geschaffen.

Ähnliche Schicksale betrafen das Erzgebirge. Zwei große, nord- östlich streichende Antiklinalen, das eigentliche Erzgebirge im Süden und das sächsische Granulitgebirge im Norden, schließen ein Mulden- thal ein, in dem die produktive Steinkohlenformation der Reich- tum Sachsens zur Ablagerung gelangte, und das dann in der Periode des Rotliegenden zugeschüttet wurde. Die Tertiärzeit rief auch dies Gebirge wieder in das Leben zurück; aber doch in anderer Weise, als den Thüringerwald. Der Bruch, der es von der böhmi- schen SdioUe trennt, verläuft im Streichen der erloschenen Falten, ist also ein Längsbruch; und damit war vermutlich eine Hebung im Süden verbunden, denn im Norden taucht das Gebirge anscheinend ohne Bruch unter die jüngere Schichteofolge unter. So entstand eine schiefe Fläche mit Steilabsturz nach Süden, jedenfalls ein Ge- bilde, das der alten Faltungsoberfläche durchaus widerspricht Wohl ist das einstige Muldenthal wieder zum Vorscheine gekommen, aber nur dadurch, daß das Wasser mit der Ausfullungsmasse des Rotliegen- den leichteres Spiel hatte, als mit den archäischen Grenzgebieten.

Vorkommen der Eumpfschollengebirge. Die nordöstUche Falten- richtung, die wir im Erzgebirge und Thüringer Walde kennen gelernt haben, ist noch einer Reihe anderer Rumpfschollen gemeinsam- So dem Harz, dem niederrheinischen Schiefergebirge, dem Schwarzwalde und den Vogesen, dem zentralfranzösischen Plateau; überall fand die Faltung in der jüngeren Steinkohlenzeit statt Süss ÜBißt sie als Trümmer eines einst zusammenhängenden Faltengebirges auf, dem er den Namen des variscischen gab, während es von anderen als mitteldeutsche Alpen bezeichnet wurde. Schon im östlichen Erz- gebirge vollzieht sich die Schwenkung in die Südostrichtung der Sudeten. Nordöstliche Faltenrichtung herrscht auch im böhmischen Massiv, mit Ausnahme des nach Nordwest ziehenden Böhmerwaldes, dessen Beziehungen zum variscischen System noch der Aufklärung harren. In einer anderen Gruppe westeuropäischer RumpfschoUen im südhchen Irland, südlichen Wales, Comwallis und in der Bretagne, biegen sich die ebenfalls jungkarbonen Falten aus Ostnordost über Ost nach Südost um: Süss nennt sie das armorikanische Ge- birge und stellt dieses den Pyrenäen zur Seite, wie das variscische den Alpen. Er vermutet auch einen Zusammenhang mit den gleichalten Falten der iberischen Scholle, die aus der Süd- in die Ostrichtung übergehen. Die dritte westeuropäische Rumpfschollengruppe endlich

Umformung der Faltengebirge. 491

umfaßt das nördliche Irland und Wales^ Schottland und Skandi- navien; das ist Süss' caledonisches Gebirge, das beträchtlich älter ist, als die beiden anderen, denn die Faltung vollzog sich hier schon zwischen Silur und Devon.

Von außereuropäischen Vorkommnissen sind die Massive von Guayana und Brasilien, Dekan, die Australalpen besonders hervor- zuheben. Vielleicht ist ganz Afrika von der Wüstentafel bis zur kapländischen Faltenzone als eine einzige gewaltige Eumpfscholle aufzufassen. Schon aus diesen Angaben, die nur die wichtigsten Schollen berücksichtigen, erhellt die geographische Bedeutung dieser Geländeform.

Als gemeinsamer Charakterzug aller Rumpfschollengebirge kann nur ihre Zusammensetzung aus archäischen und paläozoischen Ge- steinsbildungen bezeichnet werden. Nur diese haben an der Faltung teilgenommen, alle jüngeren Formationen liegen flach oder nur durch Verwerfungen gestört auf den alten Destruktionsebenen. Kommen sie in größerer Ausdehnung und Mächtigkeit vor, so müssen wir sie als aufgesetzte Tafelländer ausscheiden; und gerade hierin zeigt es sich so recht, wie vorteilhaft es ist, tektonische und" orographische Begriffe auseinanderzuhalten. Das brasilianische Bergland ^^ ist un- zweifelhaft eine geographische Einheit, für die die orographische Bezeichnung Massiv wie geschaffen erscheint. Tektonisch haben wir es als eine Rumpfscholle mit aufgesetztem Tafellande zu defi- nieren. Rumpfschollengebirge sind nur das Küstengebirge und das wasserscheidende Gebiet zwischen dem Paranä und Tocantins, die aus Granit, Gneiß und krystallinischen Schiefern bestehen, und die wahrscheinlich silurischen Sandsteingebirge zu beiden Seiten des S. Francisco; nur diese haben eine Faltung erfahren. Zwei Drittel der Rumpfscholle ist aber durch eine Decke von horizontal oder nahezu horizontal gelagerten Sand- und Mergelgesteinen devonischen, karbonischen oder mesozoischen Alters verhüllt, und nur die Thäler sind zum Teil bis auf die archäische Unterlage eingeschnitten. Solche Vorkommnisse sind weit verbreitet, wenn sie auch häufig nur unter- geordnet auftreten und dann den Charakter des Rumpfschollenge- birges nur örtlich verändern. Ich erinnere z. B. an die silurischen Tafelreste Skandinaviens, an das nordböhmische Kreidegebiet, an die jurassischen Gausses des französischen Zentralplateaus, an den Alten Roten Sandstein Schottlands, an das mesozoische Gebirge am Ost- rande der iberischen Scholle, in dem Duero und Tajo entspringen, an verschiedene Vorkommnisse im Dekan, vor allem an die große Trappplatte, endlich an die Karruformation Südafrikas.

Oroprapbie der Eumpfschollengebirge. Man kann es als Regel

492 Morphologie des Landes.

aussprechen, daß^ je verwickelter der Umwandlungsprozeß ist, desto mannigfacher die daraus hervorgehenden Geländeformen sind. Für die orographische Erscheinungsweise der Rumpfschollengebirge sind die Anordnung der Verwerfungsspalten, die Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit der Gesteine und die Verteilung der Erosions- linien in erster Linie bestimmend.

Wie bei den Faltenschollen, giebt es auch hier Quer- und Längsschollen. Wird aus einer alten Destruktionsfläche ein längeres Stück quer zum Streichen der Schichten herausgeschnitten, so entstehen häufig Kamm- oder Rückengebirge. Den Thüringer Wald haben wir als solchen schon kennen gelernt; die Vogesen, der Schwarzwald sind andere naheliegende Beispiele; das skandinavische Gebirge dürfte wenigstens für seinen südlichen und mittleren Teil hier zu nennen sein ; in der australischen Kolonie Victoria streicbeii die Falten meridional, während der wasserscheidende Rücken auf eine Länge von beiläufig 500 km äquatorial verläuft Die Herausbildung eines fortlaufenden Kammes oder Scheitels ist hier ausschließlich das Werk der Erosion seit der Zeit, da die Scholle sich relativ oder absolut über die Umgebung zu erheben be- gann; indem die Thalentwicklung immer tiefer in die Scholle ein- drang, wurde die Wasserscheide immer schmäler. Für die Anord- nung der Thäler waren unzweifelhaft die Abdachungsverhältnisse zunächst maßgebend, in manchen Fällen aber wohl auch das Streichen der Schichten, wie man z. B. aus dem wechselnden Verlaufe der norwegischen Fjorde zu erkennen glaubt

Auch der Harz ist eine Querscholle, aber von kleinem Umfange. Hier sind die Thäler strahlenförmig angeordnet, daher kam es nicht zur Kamm- oder Rückenbildung, und so tritt der Harz als plateauartiges Massiv in scharfen Gegensatz zum benachbarten Thüringer Walde.

Als Längsscholle haben wir schon das Erzgebirge genannt Vergleichen wir es mit dem niederrheinischen Schiefergebirge, so finden wir darin einen gemeinsamen Zug, daß beide ihren Haupt- längsbruch im Süden haben und daher auch nur hier sich deutlich als Gebirge abheben, während sie nach Norden allmählich unter- tauchen. Diese Einseitigkeit kommt aber nur bei dem Erzgebirge auch orographisch zum Ausdrucke, die Kammlinie liegt am südlichen Bruchrande, Querthäler gehen nach Norden und Süden aus, die ersteren sind lang, die letzteren kurz. Dagegen ist das Schiefergebirge hydrographisch unselbständig, das Rheinthal schneidet es der ganzen Länge nach entzwei, und dadurch entstanden Abdachungen nach

Umformung der Faltengebirge. 498

Osten und Westen, denen die Längsthäler der Mosel, Ahr, Lahn, Sieg und Ruhr entsprechen.

Der Bau des schottischen Hochlandes erklärt sich aus einer

Kombination von Brüchen. Die Eandspalten, die die Umrisse

schufen, sind teils Längs-, teils Querbrüche; im Moray Firth stoßen

sie unter einem Winkel von etwa 40^ zusammen. Außerdem wird

das Gebirge selbst von zwei Senkungsgräben durchschnitten, von

dem schmalen Glen More mit dem caledonischen Kanal im Norden

lind von den breiten Lowlands im Süden. Der nördliche Bruchrand

(1er letzteren, der geradlinig vom Stonehaven nach dem Firth of Clyde

verläuft, ist in Fig. 169 {B) deutlich erkennbar. So löst sich die

vScholle in drei selbständige Gruppen auf, von denen jede einen

eigentümlichen orographischen Charakter besitzt Das nördliche

Hochland ist eine schmale LängsschoUe^ die Wasserscheide ist ganz

Fig. 160. Profil des mittelschottischen Hochlandes, nach A. GsiEiE."

(Länge auf die Hälfte reduzierti Höhe wie im Originale.)

7. Altpaläozoische Schiefer, 2, Altpaläozoischer Kalkstein, 3. Granit, 4. Alter roter

Sandstein (Devon), 5. Geschichtete vulkanische Gesteine (Devon), 6, Karbon.

CK Caledonischer Kanal; BN Ben Nevis (1342 m); BL Ben Lawers (1214 m);

B Brachlinie Stonehaven-Firth of Clyde; OH OchiU Hills.

nahe an die Westküste gerückt, an oder nahe an die Grenze zwischen Gneiß und Schiefer, ist aher kein zusammenhängender Kamm. Im strikten Gegensatze zum Faltenbaue, der nordöstlich ziehende Ketten verlangen würde, herrscht ostwestliche Parallelgliederung; die kurzen Bergzüge sind nur durch die Erosion herausgeschnitten worden. Überschreiten wir das caledonische Thal, so treten wir in einen Gürtel, wo Falten- und Kettenrichtung nahezu übereinstimmen, aber Fig. 169 zeigt uns, daß auch hier Denudation und Erosion die formbil- denden Elemente waren, indem sie Sattelbiegungen in Thäler und Mulden in Berge umschufen. Begeben wir uns weiter nach Osten, so sehen wir die Denudation durch das Auftreten granitischer Ge- steine beeinflußt. In der Nähe des Eruptivstockes Macdui teilen sich die Bergzüge gabelförmig, der eine nach Nordosten, der andere nach Osten, und schließen das Deethal ein. Solche mehr oder minder umfangreiche Eruptivmassen, die die fortschreitende Abtragung aus der Destruktionsfläche herausschält, tragen allenthalben dazu bei, Rumpfgelände mannigfaltiger zu gestalten. Die vier Einzelberge, die sich als weithin sichtbare Landmarken über das Harzplateau erheben, der Brocken (1142 m), der Ramberg (575 m), Auerberg

494 Morphologie des Landes.

(575 m) und Ravensberg (660 m), bestehen aus Granit, bezw. Por- phyr. Aber auch feste Sedimentbänke treten scharf aus der Um- gebung hervor, so die langgestreckten, quarzitischen Acker- und Bruchberge im Harz, die Höhenrücken des Taunusquarzites im sonst so eintönigen niederrheinischen Schiefergebirge, die phantastischen Felsenmauern aus mitteldevonischen Konglomeratbänken, die manche Gegenden der Ardennen schmücken, u. s. w. die Zahl solcher Beispiele ließe sich nach Belieben vermehren. Wo aber das Ge- steinsmaterial ziemlich gleichmäßig ist, und die Thäler weite Zwischen- räume lassen, hat die Destruktionsfläche ihren Charakter noch ge- wahrt. Wer vermöchte, wenn er über die Eifel (Fig. 170) wandert und wenn sein Auge nicht geologisch geschult ist, zu erkennen, daß er auf gefaltetem Lande steht? Wie im zerschnittenen Tafellande, so enthüllt sich auch hier der Gebirgscharakter nicht auf der Höhe,

Fig. 170. Profil der Eifel. b nnterdeyonische Graawacke, e Schiefer and Sandstein, d Kalk, m Buntsandstein.

sondern tief unten im Thale. Indes so sehr auch solche Rnmpf- schoUenplateaus den flachgeschichteten ähneln, im Einzelnen gewahrt man doch wesentliche Unterschiede. Denn eine völlige Gleichmäßig- keit ist innerhalb eines Schichtenkomplexes niemals vorhanden, und auf einem abgehobelten Faltengebirge sind die Härteunterschiede horizontal neben einander, in einem Tafellande vertikal unter einander gelagert

GenetiBche Einteilung des Faltenlandes. L Urform: Faltengebirge:

1. Gleichförmige,

2. Ungleichförmige.

a) Einfache,

b) Zusammengesetzte.

ä) Asymmetrische, ß) Symmetrische, y) Zonale. IL Umformung durch Bruch:

1. Faltengebirge mit zerbrochener Innenzone,

2. Gebrochene Faltengebirge,

3. FaltenschoUengebirge.

Umformung der Faltengebirge. 495

a) LängsschoUen,

b) Querschollen.

III. Umformung durch Destruktion:

1. Eumpfgebirge,

2. Destruktionsfläche.

IV. Umformung durch Bruch und Destruktion: Eumpf-

schoUengebirge:

1. Längsschollen,

2. Querschollen.

Wir können auch von orographischen Kategorien ausgehen und erhalten dann:

I. Kettengebirge:

1. Faltengebirge,

2. Faltengebirge mit zerbrochener Innenzone,

3. Gebrochene Faltengebirge,

4. Eumpfgebirge.

II. Schollengebirge: Kammgebirge, Massive:

1. Faltenschollengebirge,

2. EumpfschoUengebirge.

m. Flachland: Destruktionsflächen.

Mehr noch, als bei unseren Erörterungen über die Oberflächen- formen flachgelagerter Schichten, fühlen wir hier die Unzulänglich- keit der geologischen Erkenntnis. Es ist z. B. nicht möglich, die durchgreifenden Gebirge der Sahara oder des inneren Australiens und manche derselben sind von ansehnlichen Dimensionen mit Sicherheit in unserem System unterzubringen. Gerade deshalb und wir wollen es nochmals betonen muß man das orographische und das genetische System auseinanderhalten, wenigstens ist die Zeit zu einer Verschmelzung noch nicht gekommen. Wir haben zwar oben einige orographische Formen mit genetischen identifiziert, aber wir sind durchaus nicht sicher, daß wir auch nur in den Haupt- typen Vollständigkeit erzielt haben. Der Eeisende, der unbekannte Gegenden flüchtig durcheilt, wird gut daran thun, sich nur der orographischen Terminologie zu bedienen; die äußere Form ist dem geübten Auge leicht erkennbar, der innere Bau erfordert intensive Forschung. Selbst geologisch gut studierte Gebiete bieten uns noch manche Probleme; das wichtigste derselben werden wir im nächsten Kapitel kennen lernen.

Litteraturnachweise. * Vgl. Theob. Fischeb, Wissenschaftliche Oro- graphie der Iberischen Halbinsel , in Petermanns Mitteilungen 1894. * Nau- mann, Bau und Entstehung der japanischen Inseln, Berlin 1885; Geologische

496 Morphologie des Landes.

Karte in d. Mitteil. d. Wiener Geographischen Gesellschaft, 1887. Hajudi.. Die japanischen Inseln, Berlin 1890. ' Reteb, im IV. Beilage-Bande s. Neuen Jahrbuch f. Mineralogie etc. 1886, S. 291. * Diller im Bulletin of the U. ">. Geological Survey, Nr. 33, 1886. * Hague, Geology of Eureka District, im 3. Annual Report of the U. S Geological Survey, 1881—82. Im 40. Bde. der Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften, Math.-natunris». Klasse, 1880. ^ Philippson, Der Peloponnes, Berlin 1892. * Neuere Ar- beiten über dieses Gebiet von Bell, Lawson, Low, Dawsok s. in den Jahren berichten d. Geological Survey of Canada. ' Davis im Bulletin of th* Geological Society of America, 1891, Bd. II, S. 545. " Pröscholdt, Der Thüringer Wald, Stuttgart 1891. Regel, Thüringen, I. Bd., Jena 1892. - ** Derbt, Physikalische Geographie und Geologie von BrasRien, in d. Mit- teilungen der Geographischen Gesellschaft in Jena, 1886. *' Gezkie, Th^ Scenery of Scottland, London 1887.

Flexurgebirge.

Faltengebirge bestehen aus Antiklinalen und Synklinalen, Flexur- gebirge sind einfache Antiklinalen, Flexurstufen (s. S. 457) sind halbe Antiklinalen.

Geschlossene Flexurgebirge. Der Typus eines geschlossenen Flexurgebirges, d. h. eines solchen mit erhaltener Wölbung, sind die U in ta- Mountains, die quer durch das Tafelland des Colorado Tom Wahsatch- gegen das Felsengebirge hinüberstreichen. Ihre Länge beträgt 240 km, die Breite 50—60 km, in der Mitte steigen sie bis 4200 m über den Meeresspiegel, 2300 m über das Tafelland empor.

Fig. 171. Profil des Üinta-Gebirges von Powell. L Archäisch, 2. Uinta- Sandstein, 3. Karbon, 4 u. 5. Mesozoisch, 6, Tertiär,

V Verwerfung.

Es ist also nach allen Dimensionen ein bedeutendes Gebirge und doch von wunderbar einfachem Baue. Nur an der Nordseite tritt eine Verwerfung (F in Fig. 171) störend ein, und am Südschenkel, östlich vom Green River, zeigt sich in dreimaliger flachwelliger Schichtenbiegung ein schwacher Ansatz von Faltung.^ Der tekto- nischen Einfachheit entspricht die orographische ; Querthäler laufen von dem Sattelkamme nach Norden und Süden aus, und nur dem gewundenen Durchgangsthale des Green River verdankt das Gebirge eine reichere Gliederung. Aber auch dieses Thal ist ausschUeß- üch Erosionswerk.

Verwickelter ist der Bau des Felsengebirges. Wir wählen

J

Flezurgebirge. 497

zur Erläuterung ein Profil in etwa 40° B. Wir nähern uns dem Felsengebirge von Osten und erreichen in Boulder eine Seehöhe von 1609 m. Hier sehen wir die sonst flachgelagerten Ereideschichten steil emporsteigen; ihre Schichtenköpfe bilden parallele Vorketten, ▼oo den Amerikanern plastisch Hogbacks (Schweinsrücken) genannt Nun folgt die breite archäische Coloradokette, deren höchster Punkt hier, der Arapahoe Peak, 4120 m über dem Meere liegt. Im Westen senkt sich die Kette zu den flachen Depressionen des Parks, die mit Sedimenten ausgefüllt sind; die Thalböden haben hier 2200 bis

Colorado

^Z3 Are/idiseK ^i^Paldoxoisc/L cm Mesomoisch. \ Mkrtiar

Fig. 1 72. Geologisches Profil des Felsengebirges, nach Haydrn (Atlas yon Colorado).

2500 m Höhe. Von der zweiten archäischen Kette, der Parkkette (Lone Peak, 3440 m), sehen wir in unserem Profile nur einen schmalen Ausläufer. Den westlichen Abschluß macht die Biesenantiklinale des White Kiyer Plateau (höchster Punkt 3679 m); in den Grand Hog- backs biegt sich der paläo- und mesozoische Schichtenmantel in die Tiefe und yerschwindet unter den flachen Tertiärschichten des Green River Plateaus, das hier etwa 2600 m über Meer liegt

Theorie. Die amerikanischen Geologen, bisher nur an die regelmäßige Faltenaufeinanderfolge der Alleghanies gewöhnt, standen hier vor einem neuen Probleme. Die einfachen Schichtenbeugungen am Rande, die große Ausdehnung der krystallinischen Zonen, die gewaltigen Gewölbe das alles findet in den echten Faltengebirgen kein Analogen. Die Ansichten über die Entstehungsweise dieses Gebirge gehen daher ziemlich weit auseinander. Zunächst entsteht die Frage, ob die beiden Ketten des Felsengebirges einst ebenso von Sedimenten überlagert waren, wie jetzt noch das White River Plateau; und wer dieser Ansicht huldigt, wie es die älteren Erforscher, Hayden und Powell, gethan haben, muß zu vertikalen Dislokationen seine Zuflucht nehmen, sei es, daß man im Sinne der Amerikaner die Gebirge durch einfache Hebung über die Umgebung emporwachsen läßt, sei es, daß man mit Suess die Umgebung sich senkend denkt, während die heutigen Gebirge keilförmig stehen bleiben. Im letzteren Falle wäre das Flexurgebirge genetisch in dieselbe Kategorie zu stellen, wie die Flexurstufe und durch Bruch aus Flachschichtung hervorge- gangen. Daß dieser Prozeß sich thatsächlich im Coloradogebiete an

SUPAH, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 32

498 Morphologie des Liazides.

yerschiedenen Stellen abspielte (vergl. S. 459), hat die Verbreitong der SuESSschen Theorie jedenfalls begünstigt Die neueren Unter- suchungen sind aber zu wesentlich anderen Ergebnissen gelangt. Namentlich EImmons^ vertritt die Ansicht, daß die archäischen Massen der Colorado- und Parkkette und des Sawatch uralte Festlander sind und daß die Sedimente nur an den Rändern, also als Uferbildungen abgelagert und dann durch seitlichen Schub in Falten gelegt wurden. Nur waren diese Falten einseitig ausgebildet, mit sanft ansteigendem Ost- und steil abfallendem Westschenkel; dies erzeugte Einbrüche mit Senkung des Westflügels, wodurch eine Art Schuppenstruktur entstand. Nach dieser Theorie, die zunächst zur Erklärung der Lagerungsverhältnisse in der Moskitokette diente, ist also das Felsen- gebirge von Colorado nur eine Abart von Faltengebirgen; und in derThat, Übergänge aus der einen in die andere Form sind hier nicht selten. Wir verweisen auf die Erfahrungen in der Moskitokette, auf den höchst verwickelten Bau der Elk Mountains mit ihrer schoneD. liegenden Falte ; auf das plötzliche Auftreten echter Faltenzüge nördlich vom Wahsatchgebirge bis zur Basalttafel des Snake River. Ja das Felsengebirge selbst nimmt schon in Montana den Typus eines Faltengebirges mit antiklinalen Kämmen und Synklinalen Thälem an, wie Hayes schon 1871 richtig erkannt und PkatiE erst jüngst wieder bestätigte hat' Auf die echten Flexurgebirge nach dem Typus der üinta Mountains findet die EMMONSsche Theorie zwar keine Anwendung, indes sind auch hier, wie wir bereits erwähnten, Andeutungen von Faltung erkennbar. Noch ausgeprägter ist der Übergang im Libanon, dessen breite und flache Antikünale sich im Süden in eine Doppelfalte auflöst.* Erinnern wir uns daran, was auf S. 468 über die beiden Komponenten der faltenden Kraft gesagt wurde, so sind unserer Meinung nach die Beziehungen von Flexur- und Faltengebirgen nicht schwer zu deuten. Erstere entstehen dann, wenn die vertikale Komponente fast ausschließlich in Wirksamkeit tritt Das Wesen j^ier Kraft bleibt dabei freilich noch ganz im Dunkeh. Aufgelöste Flexurgebirge. Natürlich gilt von dem Flexurgebirge dasselbe, wie von allen anderen: sie sind Buinen. Selbst von der Uintakette ist nach Powells Schätzung eine mehr als 9000 m mächtige Sedimentmasse entfernt worden, aber trotzdem hat dieses Hochgebirge seinen geschlossenen Charakter noch bewahrt Wechseln dagegen Schichten von erheblich verschiedener Widerstandskraft, so wird das Flexurgebirge in Landstufen aufgelöst, und nur in der Anordnung der letzteren ist die einstige Gestalt noch wiederzuer- kennen. In den „Swells" des Colorado -Tafellandes, einseitigen, flachen Antiklinalen, die aus einem Sedimentmantel und einem

Flexurgebirge. 499

Granitkem bestehen, können wir verschiedene Stadien dieses Denu- dationsprozesses studieren.* Eine der merkwürdigsten Gebirgsbil- dungen sind die Black Hills von Süd-Dakota, eine beulenförmige Auftreibung der Erdkruste von 140 km Länge und 60 km Breite. Im Innern sehen wir ein altes Gebirge aus Granit und krystallini- schen Schiefem entblößt, von dem allseitig Potsdam- Sandstein, Kohlenkalk, Trias, Jura und Kreide abfallen, um dann in die flache Lagerung der Prärien überzugehen. Kohlenkalk und gewisse Granite, die der Denudation den größten Widerstand entgegensetzten, bilden jetzt die höchsten Erhebungen (ca. 1000 m über der Ebene), während die Zerstörung der triassischen Gesteine eine ringförmige Depression

Fig. 173. The Weald Dach RamsXy.

schuf, der die Indianer den bezeichnenden Namen „die Rennbahn" gegeben haben. Ein bescheidenes europäisches Gegenstück dazu liefert der wohlbekannte Weald im Süden des Londoner Beckens. Die Mitte nimmt der unterkretacelsche Hastingssand (a in Fig. 173), ein niederes Hügelland, ein, dann folgen die Ebenen des wenig wider- standsiähigen Wealdenthons {b), dann unterer Grünsand {c\ schwach hervortretende Landstufen bildend, endlich oberer Kreidekalk ((i), der sich als North und South Downs steil über das zerstörte Ge- wölbe erhebt Daß die Downs echte Denudationsstufen sind, unterliegt keinem Zweifel, aber die ursprüngliche Ofihung der Antiklinale, wodurch Schichten von wechselnden Härtegraden dem Spiele der Atmosphärilien preisgegeben wurden, schrieb Ramsat der Abrasion in der Eocänzeit zu. Man glaubte dieser Hypothese entbehren zu können und mit der Denudation auszureichen, aber merkwürdig ist es immerhin, daß die festländische Fortsetzung des Weald, die Schwelle von Amiens, noch geschlossen ist

Litteraturn achweise. ^ White, Geology and Phjsiograpby of a Portion of Northwestern Colorado, im IX. Jahresber. d. U. S. Greological ^urvey, 1887—88. " Emmons, Geology and Mining Industrj of Leadville, Washington 1886; Urographie Movements of the Bocky Mountains im Bulletin of the Geological Society of America, 1890. Peale im Bulletin of the U. S. Geo- logical Survey, Nr. 110, 1893. * Blanckenhorn, Die Strukturllnien Syriens, in der RiCHTHOFEK-Festschrift, Berlin 1898. ^ Dutton, Mount Taylor and the Zuni Plateau, im 6. Annual Report of the U. S. Geological Survey, 1885.

32 "

500 Morphologie des Landes.

Vulkanische Berge.

Auf S. 309 wurden diejenigen Bodenformen genannt, die ans vulkanischen Ausbrüchen hervorgehen. Von den negativen sehen wir hier ab, von den positiven Formen haben wir die Tafel schon im Kapitel über die Flachschichtung besprochen; es bleibt uns ali^o nur noch die Aufgabe übrig, vulkanische Berge und Gebirge in ihren morphologischen Eigenschaften kennen zu lernen.

Ihrem Baue nach unterscheidet man geschichtete oder Strato- vulkane und homogene Vulkane. Sind sie noch thätig, so erleiden sie schon dadurch mehr oder minder durchgreifende Veränderungen (vgl. Fig. 77 auf S. 304) und in diesen Beziehungen unterscheiden sie sich von allen anderen Bodenformen, die wir wenigstens im Vergleich zu unserer .Kurzlebigkeit als etwas gegebenes, starres zu betrachten gewohnt sind, an denen nur die destruktiven Kräfte arbeiten. Ja sogar von völligen Neubildungen, auch auf dem Lande, meldet uns die Geschichte. 375 v. Chr. ist das Geburtsjahr des Vulkans auf der griechischen Halbinsel Methana, der aber nicht mehr thätig ist, und in das Jahr 286 v. Chr. verlegt die Tradition die Entstehung des japanischen Vulkans Fusijama (3769 m hoch). Viel jünger ist der Monte Nuovo (139 m hoch) in den phlegräischen Feldern, der seit seiner Bildung im Jahre 1538 keinen Ausbruch mehr erlebte. In das Jahr 1759 fällt die Entstehung des Vulkans Jorullo in Mexiko (1309 m hoch); um 1793 entstand der Vulkan von Izalco in San Salvador, der eine relative Höhe von 292 m er- reicht. Einer der jüngsten^ vulkanischen Berge ist der von Leon in Nicaragua (14. November 1867), der etwas über 60m hoch, und dessen Krater ebenso tief ist Er stellt uns also die einfachste Form eines vulkanischen Berges, die einer wallartigen Umrahmung der Ausbruchsstelle dar.

Stratovulkane. Alle Stratovulkane sind aufgesetzte Boden- formen, und über der heutigen Erdoberfläche durch Aufschüttung entstanden. Ihre naturgemäße Gestalt ist der Kegel, der bei manchen Vulkanen, wie beim Cotopaxi oder beim Pic von Orizaba (Fig. 174), noch in wunderbarer Reinheit erhalten ist Aber die Erosion in den Zeiten der Ruhe und heftige Eruptionen (besonders seitliche, die einen Teil des Kegels zerstören) verändern meist die ursprüng- liche Gestalt, wenn auch selten bis zur völligen Unkenntlichkeit,

X Bebqhaüs' Geologischer Atlas (Blatt 3) führt noch ein paar NeabUdungen aus den SO er Jahren an, über die uns aber sonst nichts bekannt geworden ist

Vulkanische Berge.

501

wie beim Pinchincha in Quito, der dem Beschauer jetzt als eine breite Mauer mit vier Gipfeln erscheint Da die schwereren Aus- würflinge zunächst derEruptionsöfliiung niederfallen, die leichteren aber weiter getragen werden, so nimmt der Böschungswinkel der Gehänge in der Kegel von oben nach unten ab. Bei dem Vulkan von Pico (Azoren) beträgt er am Fuß 3®, weiter oben 6 12^ und in der Nabe des 2500 m hohen Gipfels 30—35^. Am flachsten sind die reinen Tuflfkegel.

Fig. 174. Pik von Orizaba (aus dem Wald von Jalappa gesehen) nach A. von Humboldt.

Den Gipfel krönt eine trichterförmige Einsenkung von kreis- ähnlicher oder ovaler Form: der Krater, auf dessen Boden sich die Mündungen des Eruptionskanals befinden, die aber in der Zeit der Ruhe verstopft sind. Bestehen die Wände des Kraters nur aus lockerem Material, so neigen sie sich trichterförmig flach dem Innern zu; die der Felskrater sind dagegen steil. ^ Der Durchmesser ist verschieden und steht in keinem bestimmten Verhältnisse zur Höhe des Berges. ^ Auch der Krater ist fortwährenden Veränderungen unter- worfen. Heftige Eruptionen können ihn zu einem großen Zirkus mit steilen, immer mehr einstürzenden Wänden erweitem, und eine ähnliche Form kann, auch die Erosion in langen Buhepausen er- zeugen. Mit der Erweiterung des Kraters geht aber seine Ver- flachung stets Hand in Hand. Auf diese Weise entstanden jene mächtigen Kinggebirge, die große Kesselthäler einschließen. Eines

^ Stromboli, 670, Ätna ca. 700, Rilauea ca. 4700, Tengger auf Java, der größte thätige Krater, gegen 4900 m.

502 Morphologie des Landes.

der berühmtesten Beispiele eines solchen Eesselthales ist die Caldera auf Palma, die durch eine schmale Schlucht (Barranco) entwassert wird.

Von größter Bedeutung für den Bau eines Vulkans ist es, ob die Eruptionsstellen konstant bleiben oder sich yerschieben. Vier Fälle sind möglich. Benutzt die neue Eruption den vorhandenen Kanal, so findet sie auf dem Boden des alten Kraters statt, und e> entstehen innerhalb desselben einer oder mehrere Auswurfskegel, die ebenfalls Krater besitzen, in denen sich unter gleichen Umständen wieder neue Kegel aufbauen können. Findet aber die neue Eruption auf einer Seite des alten Kraters statt, so wird ein Teil demselben zerstört, wie beispielsweise die Somma des Vesuv durch den Ausbruch von 79, ^ Solche Vulkane erscheinen dann doppelgipfehg (Fig. 75 u. Tt; auf S. 300 u. 301). Häufig suchen sich aber die vulkanischen Ge-

Fig. 175. Neapolitanischer Volkandistrikt.

walten an den Abhängen des Kegels neue Bahnen und bauen hier seitliche Eruptionskegel auf, die mit dem alten eine vielgipfelige Bergmasse bilden. Der Ätna hat mehrere hundert und der Ge- lungung auf Java mehr als tausend solcher Kegel. Findet aber auf beschränktem Terrain jede neue Eruption an einer anderen Stelle statt, so kommt es zwar zur Bildung von vielen, aber nur von kleinen Kegeln. Die Phlegräischen Felder bei Neapel zählen auf einer Fläche von ca. 220 qkm 27 (Fig. 175) und der Isthmus von Auckland auf einer ungefähr doppelt so großen Fläche 63 selb- ständige Ausbruchsstellen.

X Fbakco und Palmiebi vertreten die Meinung, daß die Südseite der Somma als die Wetterseite von jeher niedrigerer war.

Vulkanische Berge.

503

Die Höhe der Vulkankegei hängt einerseits von ihrem Alter, anderseits von der Art der Eruptionen ab. Maßgebend ist aber nur die relative Höhe ; und es ist dies besonders zu berücksichtigen bei den zahlreichen Andesvulkanen, die auf einem gewaltigen 6e- birgssockel ruhen. Als höchster Vulkan gilt die Kliutschewskaja Sopka auf Kamtschatka, 4900 m, die also noch den Montblanc an Höhe übertriflFL

Bei ruhiger, gleichmäßiger Thätigkeit und genügendem Lava- ergusse wächst ein Vulkan kontinuierlich ; wechseln aber Euhepausen, in denen die Erosion imgehindert arbeitet, mit Perioden heftiger Ausbrüche, bei denen nicht selten der ganze obere Teil des Berges weg- geblasen wird, so variiert die Höhe ziemlich stark. Der Vesuv war z. B. 1832 1140 m und 1855 1286 m hoch und sank am Ende dieses Jahres auf 1235 m herab, erreichte 1867 eine Höhe von 1387 m und maß nach 1872 nur mehr 1297 m.

Umwandlung duroh Denudation. Erloschene Vulkane sind fertige Oberflächengebilde, wie andere Berge, und nun gelangt die

Fig. ilß, Durchschnitt aus dem böhmischen Mittelgebirge nach JoKiLY. a Basalt-

strome, b Baaaltgang, c Taff- und Konglomerat, d Glanzkohle. zeigt den

einstigen Zusammenhang an.

Denudation zur Alleinherrschaft. Der Krater verfällt von selbst der Abtragung durch den Wind; Aschenkrater verschwinden völlig; Felskrater erhalten sich lange, doch häuft sich am inneren Fuße ein Schuttband an, das die schlotförmige Kratergestalt in eine kesseiförmige verwandelt.^

Das fließende Wasser schaflFt regelmäßige Rinnen, die mit zu- nehmender Breite und Tiefe vom Gipfel bis zum Fuß herabziehen und durch ebenso regelmäßige Rippen getrennt werden. Den Gunung Sumbing auf Java, an dem die radiale Thalanordnung besonders regelmäßig entwickelt ist, hat man sehr passend mit einem halb- geöffneten Regenschirm verglichen. Sehr anschaulich schildert Dana* die beiden hawaiischen Inseln Oahu und das später er- loschene Maui. Jede ist das vereinigte Werk zweier Vulkane, eines westlichen und eines östlichen. Ost-Maui hat durch Denudation

504 Morphologie des LandeB.

noch wenig eingebüßt; an der Windseite hat es enge Schluchten, an der Leeseite aber nur seichte Rinnen. West-Maui ist schon tiefer eingeschnitten, aber die Eegelform ist dadurch nur wenig alteriert worden. Dagegen existiert von dem Kegel Ost-Oahus nur mehr ein Teil, und noch mehr reduziert ist West-Oahu, so daß man über die Lage der Krater nur Vermutungen anstellen kann. Auch Lavaströme werden zu Erosionsgebirgen zerschnitten; so besteht z. B. das sogenannte Böhmische Mittelgebirge nach Jok£ly aus wechselnden Tuffschichten und Basaltlagen, die von jüngeren Basalten durchbrochen wurden. Diese letzteren erscheinen als iso- lierte Kegel oder als langgestreckte Bücken mit meist auffällig scharfen und zackigen Umrissen (Fig. 176).

Homogene Vulkane. Am leichtesten wird natürlich der Aschen- kegel zerstört, doch ist er bei einigen Vulkanen, die seit der vor- geschichtlichen Zeit ruhen, wie bei den Puys der Auvergne oder bei der Bocca Monfina zwischen Bom und Neapel noch erhalten. In der Mehrzahl der Fälle bleiben aber nur die lavagefullten Schlote, das feste Gezimmer des einstigen Vulkans^ übrig. Schon auf S. 301 wurde die Vermutung ausgesprochen, daß wenigsteu> manche geschichtete Vulkane einen Lavakem bergen. Eine direkte Beobachtung liegt freilich nur von Tahiti vor. Der große Vulkan- kegel im nordwestlichen Teile dieser Insel ist durch radiale Elrosion bis zu einer Tiefe von 600 1200 m aufgeschlossen. Während in den unteren Thälem die Gehänge aus wenige Meter mächtigen Lava- bänken in Wechsellagerung mit Tuffen und Konglomeraten sich auf- bauen, nehmen die Lavabänke thaJaufwärts an Mächtigkeit zu, und besteht der ganze zentrale Teil aus einer homogenen, ungeschicb- teten Lavamasse.' Wird die Aschen- und Schlackenhülle beseitigt 80 tritt der blanke Kern zutage und erweckt, wenn nicht zufallig noch Beste der geschichteten Massen vorhanden sind, den Schein eines ursprünglich homogenen Vulkanes, eines Lavakegels. Zahl- reiche steile Basaltkegel dürften als solche aufgedeckte Formen zu deuten sein.

Die Denudation beschränkt sich aber nicht bloß auf die Zer- störung der oberflächlichen Vulkanbildungen, sondern kann, indem sie die alte Oberfläche selbst Schicht für Schicht abträgt, auch die Wurzeln der Vulkane bloßlegen. Manche Teile des Tafellandes von Colorado werden von „Necks" geradezu durchschwärmt. Es sind Lavakegel oder Kuppen ohne Lavaströme, ohne Aschenkegel, ohne irgend welche lockere Auswürflinge, also offenbar aufgedeckte Ausfüllungsmassen vulkanischer Schlote; und von der Bichtigkeit dieser Erklärung kann man sich nirgends besser überzeugen, als

Yulkanifiche Berge.

505

gerade hier, wo alle Stadien der Ausschälung dieser einst unter- irdischen Kerne zu beobachten sind>

Neben solchen Denudationsbildungen giebt es aber unzweifel- haft auch ursprünglich homogene Vulkane^ die aus Lava- ernptionen hervorgegangen sind, wenn es auch nu)r durch eingehende Untersuchungen des inneren Baues gelingen kann^ sie von den denu- dierten zu scheiden. Verhältnismäßig leicht lassen sich^ wie Reyeb gezeigt hat, homogene Euppenberge als solche erkennen. Zähflüssiges und dampfarmes Magma zerstäubt nämlich nicht, sondern staut sich über der Ausbruchsstelle zu einem stumpfen, aber steilen Kegel an, über dem sich die nachdrängende glutflüssige Masse stromartig

Fig. 177. Profil eines homogenen Vulkankegels nach Reyeb.

ausbreitet Bei der Erstarrung sondert sich die Lava platten- förmig ab, in der Weise, wie es Fig. 177 im Durchschnitte darstellt Eine, an allen Seiten des Berges deutliche Zwiebelstruktur zeigt also wenigstens an, daß er nicht das Ende oder ein Teil eines mächtigen Lavastromes ist, sondern an Ort und Stelle aus dem Erdinnem hervorgequollen ist und sich zu einer Kuppe geformt hat, in derselben Weise, wie 1866 in Santorin die Inseln Georgios und Aphroessa ent- standen sind (s. S. 305). Echte Krater fehlen den homogenen Vul- kanen beider Kategorien, wenn auch kraterähnliche Vertiefungen vorhanden sind.

In der fiegel treten die homogenen Vulkane als vereinzelte Kegel oder gesellig in der Form mehr oder minder geschlossener Kuppengebirge, oder als umfangreichere Gebirgsstöcke (Massivs) auf. Seltener sind die vulkanischen Kammgebirge, die wir auf Labialeruptionen zurückgeführt haben. Eines der ausgezeichnetsten Beispiele ist die siebenbürgische Hargita, ein 1200 km langer, 30 km breiter und 1400 1800 m hoher Gebirgszug. Den Kamm bildet Andesitlava, die Flanken begleiten aber noch vulkanische Brec- cien, Konglomerate und Tuffe.

506 Morphologie des Landes.

Greift die Denudation noch tiefer, so können sogar krypt«> vulkanische Bildungen zu Tage gefördert werden. Trachytische Lakkolithen, die in der Gestalt unregelmäßiger großer Brode oder Kuchen weite Hohlräume des Erdinnem erfüllen, kennt man bisher allein im westlichen Hochlande von Nordamerika. Fig. 178 stellt

uns einen aus der Lakkolithengruppe ■'_^\sedim^^, der Henry Mountains dar; eine

^L.*<i, ^ ^ ^ weitläufige Erläuterung des Profiles

erscheint uns überflüssig, da die eigentümlichen Verhältnisse, unter denen sie vorkommen, kein geogra- phisches Interesse bieten. Süess hat Fig. 178. Mount HUiers in den Henry die Vermutung ausgesprochen, daß

Mountains (schwarz Trachyt, hell Sedi- , , .. i_ r> •.

mentgestein). *^^^ manche europäische Gramt-

stöcke, wie in den Vogesen und im

'Erzgebirge oder der Drammengranit im Gebiete von Kristiania

ursprünglich kryptovulkanisch waren, imd nannte sie Batholithen,

Einteilung der volkaniachen Bodenformen:

I. Urformen:

1. Kegel (Kuppengebirge, Massivs),

a) Geschichtete Kegel,

b) (Ursprünglich) homogene Kegel;

2. Kammgebirge,

3. Tafehi.

n. Denudationsformen:

1. Kemmassen geschichteter Vulkane (sekundäre homogene Kegel),

2. Bloßgelegte Gänge.

3. Lakkolithen und Batholithen.

Es erübrigt nur nochzu bemerken, daß im Gegensatze zu der be- scheidenen EoUe, die der Vulkanismus in der Gegenwart spielt, die Anteilnahme der Eruptivmassen an der Zusammensetzung des Ge- ländes einerseits durch die großen Tafeln, anderseits durch die De- nudationsformen eine sehr beträchtliche ist v. TrLLO ermittelte das Areal nur der jungem Eruptivgesteine mit nahezu 4 MilL qkm, d. h. 4 Prozent der geologisch bekannten Landoberfläche.

Litteraturnachweise. * Sapper, Kratertypen von Mexico u. Guatemala^ in Petebmanns Mitteilungen 1894. " Dana cit. S. 322. Daka, A dissected volcanic Mountain, im American Journal of Science 1886, Bd, XXXVÜ. * DuTTON cit. S. 499.

Gliederung der Gebirge. 507

Gliederung der Gebirge.

Alter der Thäler. Die heutige Thalbildimg begann in jedem Ge- birge mit dem Zeitpunkte, da es seine gegenwärtige Gestalt erhalten hat In Schollengebirgen leht sicherlich keine Thallinie aus der Periode der ursprünglichen Form noch fort, wenn sie auch hier und da eine bruchstückweise Wiederbelebung erfahren haben mag. Außer- ordentlich schwierig ist das Alter der Thäler in Rumpfgebirgen zu bestimmen, solange wir über deren mannigfachen Schicksale nicht besser aufgeklärt sind; ist doch, wie wir gesehen haben, in Amerika die Behauptung aufgestellt worden, daß die heutigen Alleghanies- thäler nicht über die Tertiärzeit zurückreichen.

Aus dem Satze, den wir an die Spitze dieses Kapitels gestellt haben, darf aber nicht abgeleitet werden, daß erst das Gebirge fertig dastand und dann die Thalbildung begann. Jede Oberflächenform entwickelte sich allmählich, und die Erosion setzte sofort ein, sobald sich das embryonale Gebirge über den Meeresspiegel erhob. Die Faltung setzte sich in unseren Alpen jedenfalls fort, als Thäler schon ausgegraben waren; und da uns die Geschichte dieser Gebirgs- bildung mit ihren Störungen nur ganz fragmentarisch bekannt ist, dürfen wir uns nicht wundem, daß so manches in der Gestalt und Anordnung der Thäler uns unverständlich bleibt

Längs- und Querthaler. Von Längs- und Querthälem im rein orographischen Sinne kann man zwar in allen Gebirgen sprechen, die nach einer bestimmten Richtung sich erstrecken, aber nur in Kettengebirgen verbinden sich mit jenen orographischen Begriffen auch tektonische, indem die Längsthäler nicht bloß in der Streich- richtung des Gebirges, sondern auch in der der Schichten verlaufen und die Querthäler die letzteren durchschneiden. Ja, das Längsthal hat auch eine genetische Bedeutung, wenn auch die ursprünglichen, Synklinalen Thäler seltener sind, als die antiklinalen und isoklinalen, die wir als Erosionsbildungen längs tektonischer Linien zu be- trachten haben. Einen solchen, wenn auch nur indirekten, Zusammen- hang mit der Faltung beweisen die großen Längsfurchen vieler Gebirge, durch die mehrere Flüsse, nur durch niedere Wasserscheiden ge- trennt, häufig in entgegengesetzter Richtung fließen. In den Alpen sind die bedeutendsten dieser Längsforchen folgende: 1) die Linie Martigny-Chur (Rhonethal, Furkapaß, ürserenthal, Oberalppaß, Rheinthal); 2) die Linie Feldkirch- Wörgl (Thäler der 111 und Alfens, Arlberg, Thäler der Rosanna und des Lin); 3) die Linie Zell am Ziller-Hieflau (Gerlosthal und -paß, Salzachthal, Arlthal, Sattel '^n

508 Morphologie des Landes.

Wagrein, Ennsthal); 4) die Mur-Mürzlinie; 5) die Linie Fraozens- feste-Marburg (Bienzthal, Toblacher Wasserscheide, Dranthal). In den Karpaten ist neben der Waag-Hernadlinie besonders jene breite Furche bemerkenswert, die in einem 140 km langen Bogen Ton Nameszto bis Nagy-Säros hinzieht und von der Arva, dem Dunajec, dem Poprad und der Tarcza entwässert wird. Sie fällt mit einem Kreide- aufbruche und mit einem der bedeutendsten Juraklippenzüge zu- sammen. Die größte Längsfurche (2200 km) bilden die oberen Thäler des Indus und Brahmaputra.

Der Bau dieser Faltungsthäler ist verschieden. Die Gehänge der echten SynkUnalthäler werden beiderseits von Schichtenflächen gebildet, sie steigen daher sanft an und sind queUenreicL Die Ge- hänge der Antiklinalthäler werden von Schichtenköpfen gebildet sie sind steiler, meist von Verwitterungsterrassen unterbrochen und quellenarm. Die Isoklinalthäler vereinigen beide Charaktere, indem die eine Seite Schichtenköpfe, die andere Schichtenflächen dem Thale zukehrt Sehr oft vereinigt ein Längsthal mehrere Formen in sich, wobei der Übergang aus der einen Form in die andere durch kurze Querthalstrecken vermittelt wird.

Neben Faltungslinien gaben auch Brüche Veranlassung zur Thalbildung. Schöne Beispiele bietet uns das südwestliche Tirol, wo die sogenannte Judikarienspalte das krystallinische Ortler-Ada- mellogebirge von dem östlichen Kalkgebirge trennt Entlang der- selben haben sich mehrere Thäler entwickelt: Valbuona, Val Rendena, Val Meledrio und das Maraun-Ultenthal. In den wasser- scheidenden Rücken, die Höhen von 800— 2400 m erreichen, hängen beide Gebirge zusammen ein Beweis, daß jene Thäler nicht primäre Spalten, sondern nur Erosionserzeugnisse entlang einer Verwerfungsspalte sind. Grabenthäler, die im Schollenlande so häufig sind wir erinnern nur an die oberrheinische Ebene, an die Rhone- Saöne-Furche, an das californische Thal, an das syrische Qhör sind aus Faltengebirgen nicht bekannt, wohl aber sind manche große Thalbecken, wie das Laibacher in den Südalpen, durch Kesselein- stürze entstanden. Ein intercollines Thal ist das der oberen Maritza und Aluta in Siebenbürgen, das auf der einen Seite von dem Steilrande der Karpaten, auf der anderen von dem später entstan- denen, vulkanischen Hargitagebirge begrenzt wird, und wahrscheinlich auch das Kur- und Rionthal im Süden des Kaukasus.

Die Querthäler gehören vorherrschend der Gattung der Ab- dachungsthäler an. Man erkennt dies daraus, daß die Schichten ohne sichtbare Störung von einer Thalseite auf die andere hinüber- streichen, und manchmal kann man auch beobachten wie Escheb

Gliederaog der Grebirge. 509

in der Taminaschlucbt daß der Fels einen fugenlosen Thalboden bildet In manchen Fällen entsprechen sich aber in den obersten Partien der Gehänge die Schichten nicht völlig. Im Engpasse des Guldal (südl. von Trondhjem) streichen nach Kjebulf die Schichten an der Ostseite in N. 30® 0. und an der Westseite in N. 40® 0. bis N. 50® 0. Ob diese Anzeichen gentigen, um daraus auf das Vor- handensein einer ursprünglichen Spalte zu schließen, ist noch frag- lich; Heim nimmt zur Erklärung ähnlicher Abnormitäten nachträg- liche Schichtenbewegungen an, und zu einem gleichen Ergebnisse gelangte Lxbbkkeb in Bezug auf die Himalajathäler.

Im allgemeinen sind die Querthäler steiler und enger, als die Längsthäler und gehen nach oben in kesselartige Erweiterungen, oft von mehreren Stunden Breite, über (Circus, cirque de n^v6), die im Hochgebirge die Fimmassen aufnehmen. Mit den wechselnden Formationen, die die Querthäler durchschneiden, ändert sich auch Gefälle und Physiognomie. Durchwandert man das Salzach- thal in südlicher Eichtung, so kommt man aus der engen, steil- wandigen Schlucht zwischen den Kalkmassen des Tännengebirges und der Palfenspitze in die Zone der Grauwackenschiefer, in der der Fluß eine breite Thalsohle und die Verwitterung sanfte Gehänge geschaffen hat Dagegen haben jene Thäler, die man orographisch zu den Quer- und geologisch zu den Längsthälem zählt, in der Kegel den Charakter der letzteren. Eine solche Zwitterbildung ist das Etschthal südUch von Bozen, das zur Bichtung des ganzen Gebirgssystems senkrecht steht, aber parallel mit den Schichten streicht.

Welche Thalformen in einem Kettengebirge vorherrschen und wie sie sich verteilen, hängt zum Teil wenigstens von der Zahl der Ab dachungen ab. Hat das Kettengebirge nur Querabdachungen, d. h, nur ein Gefälle senkrecht zum Streichen des Gebirges wie der Hima- laja— , so müssen sich alle Längsthäler mit Querthälem verbinden, um ihren Flüssen einen Ausweg zu verschaffen. Bricht aber das Gebirge an den Enden ab, so treten zu den Querabdachungen noch solche in der Längsrichtung. So dachen sich die Ostalpen nicht blos nach Nord und Süd, sondern auch nach Osten ab, und die Thäler der Drau und Save können ihren longitudinalen Charakter durchaus beibehalten. Das Karstgebirge der Balkanhalbinsel hat nur eine Quer- und zwei Längsabdachungen. Auch sonst herrscht große Mannigfaltigkeit in der GUederung der Kettengebirge. Der Tsinling- Schan im Süden des Hweiflußes, ein 140 km langer und ca. 3000 m hoher Gebirgszug, besitzt nach v. Eichthofens Schilderung trotz vollkommener geologischer Parallelstruktur kein einziges größeres

510

Morphologie des Landes.

Längsthal, und wird nur durch enge und wilde Querthäler gegliedert Die Pyrenäen haben an der Nordseite fast nur Querthäler, am Süd- abhange aber eine bedeutende Längs- und Querghederung; in den Alpen halten sich beide Thalformen so ziemlich das Gleichgewicht:

im Tianschan herrscht die Längsgliede- rung entschieden vor. Nur die kurze südliche Abdachung sendet einige groBere Querflüsse zum Tarim, während auf der Nordseite die drei großen Längsthäler des Naryn, Tschu (mit östlicher Fortsetzung im Tekesthal) und Ili nach Westen ziehen. Die Quergliederung ist entweder eine fieder förmige mit gleich- oder wechselständigen Thälem (vgl. Fig. 156, S. 464) oder eine strahlenförmige. In ihrer reinsten Form finden wir die strahlen- förmige Gliederung in den Vulkanbergen, aber auch in unregelmäßigen Schollen- ja sogar in Kettengebirgen (8. Fig. 179).

Fig. 179. Ötzthaler Alpen (strah lenformige Gliederung).

Fig. 180.

Die Längsgliederung ist entweder eine parallele oder rostförmige. Die erstere ist an die Längsabdachungen der Ketten-

Gliederung der Gkbirge. 511

gebirge gebunden (die Morawa-, Vardar- und Strumathäler der Bal- Icanhalbinsel); vorherrschend ist aber die rostförmige Gliederung, bei der sich in verschiedenster Weise Längs- und Querthäler zu einem Furchennetze verbinden, das das Gebirge nach allen Rich- tungen aufschließt. Ein ausgezeichnetes Beispiel dieser ni^r in Kettengebirgen vorkommenden Gliederungsart bietet uns der Schweizer Jura (Fig. 180).

WaBsersoheide. Den Abdachungen eines longitudinalen Gebirges entsprechen die Wasserscheiden. Sind nur Querabdachungen vor- handen, so giebt es auch nur eine einfache Hauptwasserscheide; sie teilt sich gabelförmig, wenn noch eine Längsabdachung hinzutritt In den Alpen liegt der hydrographische Knotenpunkt in der Drei Herren-Spitze, der Nordarm erweist sich aber als die gerade Fort- setzung der einfachen Hauptwasserscheide, die wir von da bis in die Apenninen hinein verfolgen können. Liegt die Hauptwasserscheide in oder nahezu in der Mitte des Gebirges, so verteilen sich die Thäler symmetrisch auf beiden Seiten, doch verläuft auch in diesem Falle die wasserscheidende Linie nur streckenweise gerade. Die Asymmetrie der Thalordnung hängt, wie wir schon auf S.398 be- tonten, in vielen Fällen mit der Regenverteilung zusammen, doch dürfen auch die Ausnahmen nicht übersehen werden. So ist in den Pyrenäen gerade die lange Abdachung (die Südseite) durch Trocken- heit ausgezeichnet.

Betrachten wir die Hauptwasserscheide in ihrem Verhältnisse zur Höhe, so können wir normale und anomale (durchgreifende nach v. Richthofen) Wasserteiler unterscheiden. Der normale ist an die höchste- Kette gebunden, und er ändert diesen Charakter auch nicht, wenn hier und da höhere Gipfel auf einem Nebenkamme sich erheben. Ist letzteres aber die Regel, wie im Himalaja oder in den Pamir, dann hat die Hauptwasserscheide eine anomale Lage. Ja, manches Gebirge wird sogar seiner ganzen Breite nach von einem Querthale durchbrochen; es hört dann, wenn auch nicht in seinem ganzen Verlaufe, so doch wenigstens stellenweise auf, eine Wasserscheide zu bilden. Damit haben wir eines der schwierigsten Probleme der physischen Geographie, das der Durchbruchs-, oder, wie v. Richthofen sie zu nennen vorzog, Durchgangsthäler berührt.

IhirchgangBtbäler. In den Kettengebirgen beobachten wir fol- gende drei Kategorien:

1) Das Quellgebiet des Durchgangsflusses liegt in der höchsten Kette (normale Wasserscheide), und es werden niederere Ketten durch- brochen, wie dies in den Alpen der Fall ist. Hier entsteht die

512 Morphologie des Landes.

Frage, warum der Fluß seinen Weg nicht durch die Längsthaler zwischen den Ketten genommen hat.

2) Das Quellgebiet liegt in einer niedereren Kette, als die durch- brochenen sind. Dies ist das Problem der anomalen Wasserscheide.

ß) Das ganze Gebirge wird durchbrochen; so z. B. der Balkan Yom Isker, das Banatagebirge von der Donau, die TranssilvamscheD Alpen von der Aluta, das catalonische Gebirge vom Ebro, die Alle- ghanies vom Susquehanna u. s. w.

Die Durchgangsthäler sind aber keineswegs auf die Ketten- gebirge beschränkt, sondern eine ganz allgemeine Erscheinung. Weder Flexur- und Schollengebirge, noch vulkanische Bildungen und Landstufen sind davon frei, ja wir finden sie sogar im Tieflande, wo z. B. Oder und Weichsel die ganz ansehnliche Barriere der baltischen Seenplatte durchschneiden.

HiLBEB^ zählt nicht weniger als neun Theorien auf, die zur Erklärung dieses merkwürdigen Phänomens ersonnen wurden. Die einfachste Lösung bietet wohl die Spaltentheorie, die einer Zeit entstammt, wo man überhaupt in allen Thälem nur Spalten sah, die bei der Aufrichtung der Gebirge entstanden waren. Noch Pbschel sah in der Thatsache, daß sich manchen Flüssen in unmittelbarer Nähe ihrer schmalen, tiefen Durchbruchsthäler viel bequemere Wege darbieten, einen Beweis für die Präexistenz von Thalspalten. Der Green Biver verläßt dreimal flaches Land, um sich ebenso viele Durchgänge durch das üintagebirge zu erzwingen ; und sein Neben- fluß, der Yampa, frißt sich dreimal in hartes Gestein ein, obwohl er es sich wenigstens zweimal durch ganz kurze Umwege hatte er- sparen können. Wenn nun auch zugegeben werden mag, daß manch- mal Spalten die Flüsse zu abnormen Bichtungsveränderungen nötigten, so tragen doch die meisten Durchgangsthäler so sehr den Charakter eines rein erosiven Ursprunges an sich, daß man zu anderen Er- klärungen greifen muß.

Positive Anhaltspunkte sind dort gegeben, wo hinter einem allseitig abschließenden Eiegel Seeablagerungen sich finden, wie im Egerthale sowohl oberhalb des Thonschieferrückens zwischen dem Kaiserwalde und Erzgebirge, als auch oberhalb des Basaltstockes zwischen Karlsbad und Kaaden. Hier sind alte Seebecken durch spätere Erosion der trennenden Rücken zu einem Thale verbunden worden. Aber diese Seentheorie findet auf die großen Durch- gangsthäler keine Anwendung, am wenigsten auf jene schon ge- nannten Fälle, wo ein hypothetischer See nach der heutigen Kon- figuration des Bodens unzweifelhaft nach einer anderen Seite hätte über- fließen müssen. Es ist nur zweierlei möglich: Entweder ist der Fluß

Grliedening der Gebirge. 613

alter oder jünger als die durchbrochene Erhebung. Die letztere Annahme erscheint auf den ersten Blick als allein zulässig, und ihr tragt LöwiiS Begressionstheorie Rechnung. Wie der Name verrät, beruht diese Theorie auf dem Gesetze der rückläufigen Erosion; sie läßt die Thalbildung am niederschlagsreicheren Außen- rande des Gebirges beginnen und allmählich bis zu der wasser- scheidenden Kette Ja über dieselbe hinaus bis an den entgegengesetzten Band des Gebirges fortschreiten. Namentlich jene Vorkommnisse, wo ein Längsthal mit mehr oder weniger scharfer Kniebiegung in ein Querthal übergeht, sollen dadurch erklärt werden; die Längs- thäler werden als die älteren Bildungen betrachtet, die von außen angezapft wurden.

Wenn man auch die Möglichkeit eines solchen Vorganges zu- geben muß, so schwebt doch ihre Anwendung in speziellen Fällen meist in der Luft Diesen h3rpothetischen Charakter teilt sie übrigens mit der Antecedenztheorie, die zuerst von indischen und ameri- kanischen Geologen ausgebildet wurde, in Deutschland besonders in TiBTZE einen eifrigen Vorkämpfer fand und jetzt jedenfalls mehr Anerkennung genießt, als irgend eine andere Theorie. Sie geht von der Ansicht aus, daß das Gebirge nicht zuerst fertig dastand und dann erst die Erosion begann, sondern daß das Wasser gleichzeitig mit der Gebirgsfaltung seine thalbildende Thätigkeit zu entfalten anfing. Besonders energische Flüsse, welche vom älteren Hinterlande aasgingen, konnten das anliegende jüngere Gebirge während dessen allmählichen Erhebung durchschneiden, so daß Faltung und Durch- sägung gleichen Schritt hielten. Penck hat in jüngster Zeit diesen Vorgang plausibel zu machen gesucht, indem er zwar zugestand, daß oberhalb der sich hebenden Schwelle der Fluß eine Stauung erfahrt und dadurch zur Ablagerung seiner Geschiebe gezwungen wird, zugleich aber scharf betonte, daß am unteren Ende der Schwelle das Gefälle gesteigert und dadurch die Erosionskraft vermehrt wird. Es kommt nur darauf an, daß die obere Geschiebeanhäufung nicht über den niedrigsten Punkt in der Umrahmung des oberen Flußgebietes hinaus- wächst, denn sonst würde der Fluß nach einer anderen Richtung ab- gelenkt worden. Noch schärfer drückt sich Löwii* aus, der die Ante- cedenztheorie nur in dem Falle gelten läßt, daß der Fluß schon früher ein Thal durchzog, das ihn auch während der Bodendeformation gefangen halt Das sei aber nur möglich, wenn der Betrag der Schollen- hebung oder Faltung die ursprüngliche Thaltiefe nicht übersteige.^

^ Wir haben es versucht, die Hauptstadien der Durchbmchsbilduug nach der modifizierten Antecedenztheorie in Fig. 181 graphisch vorzuführen. I. Vor- Supah, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 33

514 Morphologie des Landes.

Bisher kennen wir nur einen einzigen Fall, wo die Äntecedenz- theorie erwiesen ist: es sind die südlichen Vorketten des Himalaja» die sich aus den Ablagerungen derselben Flüsse auf bauen, von denen sie jetzt durchbrochen werden. Welche wichtige Aufschlüsse sich aus dem Studium der Sedimente ergeben, haben Föbstle' for den Bemer Jura und Futterer* für die Eamischen Alpen dargethan; und letzterer hat uns auch den Weg gezeigt, wie positive Anhalts- punkte für die Wahl zwischen der ßegressions- und Autecedenz- theorie zu gewinnen seien. Es sei W die wasserscheidende Kette, der sich später die Vorkette F angeschlossen hat Ein von W kommender Fluß durchbricht F und gelangt dadurch in die Ebene. Ging die Erosion von F aus und erreichte durch Begression ir, so müssen in der Ebene über den grobkörnigen DenudationsprodukteD von F die feineren (weil von weiterher stammenden) Denudation!^ erzeugnisse von W liegen. Ging aber die Erosion von W aas und überwand die Emporfaltung von F, so müssen in der Ebene die feinen TT-Gesteine von den gröberen F- Gesteinen bedeckt werden. Das letztere trifft in den Kamischen Alpen zu.

Verwandt mit der eben erörterten Theorie ist die epi gene- tische insofern, als auch sie dem Durchgangsflusse ein höheres Alter zuschreibt, als dem heutigen Belief. Den einfachsten Fall daß das durchbrochene Gebirge durch Denudation bloßgelegt wird, haben wir schon auf S. 400 durch die Fig. 127 erläutert Auf einen ähnlichen Vorgang läuft auch die Theorie von Jukes hinaus. Dieser machte im südlichen Irland die Wahrnehmung, daß am Knie der sich umbiegenden Längsthäler ein von der Hauptwasserscheide kommender Nebenfluß einmündet, dessen Thal die obere Fortsetzung des Durchgangsthaies ist. Die Betrachtung der Karte lehrt uns, daß diese Anordnung außerordentlich häufig wiederkehrt. So empfangt z. B. die Bhone die Drance, der Bhein den Oberhalbsteinerbach, die

Stadium vor der Faltung, AB CD Thalrand, ab cd Thalweg. II. Stadium der Deformation , Bildung einer Antiklinale R C b' c', Gerollablagerang oberhalb

der Falte in G'd!ef\ im unteren Falten-

. ^ p D Schenkel V t verstärkte Erosion, die nach

I Pemcks Annahme bei sehr langsamer Hebung

-Q 5 c 'S dieser das Gleichgewicht halten kann,

j^ B'^^ ''"■ C D* so daß keine Geröllablagerang mehr statt-

^^ C -^^^^^ ■^,_,_./' D findet, wenn auch die Hebung fortschreitet.

y^^^ ^ ff' III. Endstedium. Der Thalrand A"B' C W

A' B!^ .«£11 ül! zeigt die Deformation , während der alte

^ ^,, Thalweg a" h" c*' d" (wenn auch natürlich

^' ^ nicht genau in der früheren Lage) wieder

Fig. 181. DurchbrucfashilduDg. hergestellt ist.

Grliederung der Gebirge. 515

Salzach den Groß-Arlbach (Fig. 182), die Enns den Radmer- und Erzbach, die Mur den Tragosbach, die Adda die Mera und den Liro, die Tiber den Anio, der Alt den Cibinfluß, die Moldau den Hain- bach u. 8. w. Man kann vom morpholo- gischen Standpunkte aus das ganze Quer- thal als Haupt- und das Längsthal als Nebenthal betrachten, ohne sich um den Sprachgebrauch zu kümmern^ der überdies inkonsequent verfährt, indem er das Durch- bruchsthal bald mit dem Namen des Längsflusses (z. B. Salzach), bald mit dem des Querflusses (z. 6. Eisack unterhalb Brixen) bezeichnet Jükes verband mit dieser Auffassung auch eine genetische pig. 182. Thalsysteme der Vorstellung. Der von der Hauptwasser- Salzaoh und Saalaoh. scheide kommende Querfluß begann bereits ^/t^^^S^L^ ^If 'pu^J:

zu fließen, als die Längsthäler noch ausge- tierten Flächen sind alluviale füllt waren, und gab erst Veranlassung zur Thalflächen.

Trainierung der letzteren, eilte ihnen aber

in seiner Erosionsarbeit immer voraus, so daß er keine Ablenkung erfahren konnte. Es ist selbstverständlich, daß diese Theorie nur auf die Durchgangsthaler der ersten Kategorie Anwendung findet.

Im hohen Grade lehrreich ist die Geschichte des Salzachthales. Das Längsthal besteht aus zwei grundverschiedenen Teilen innerhalb einer und derselben Gesteinszone. Der obere ist eine breite, schwach- geneigte Thalebene, die sich nach Norden über eine unmerkhche, nur 15 m hohe Bodenschwelle zum Zeller See und in das Saalach- thal fortsetzt Aber anstatt diesen bequemen Weg zu wählen, stürzt sich die Salzach durch die Taxenbacher Schlucht nach Osten und wendet sich dann bei der Mündung des Groß-Arlbaches nach Norden. Wähnbr^ hat jüngst diese eigenartigen Abfluß Verhältnisse untersucht und ist zu folgenden Ergebnissen gelangt. Es bestanden bis über die Eiszeit hinaus zwei Thalsysteme, das der Pongauer Ache, deren westlichster Quellfluss die Gasteiner Ache war, und das der Pinzgauer Ache, deren östlichster Quellfluß die Bauriser Ache war. Die Wasser- scheide durchschnitt den heutigen Salzachlauf bei Taxenbach, wo 340 m über dem jetzigen Flußspiegel Reste eines alten Thalbodens sichtbar sind. Funde von krystallinischem GeröUe bei Reichenhall, die aus dem Glazialschotter stammen, beweisen den Zusammenhang des jetzigen Saalachlaufes mit dem Quellgebiete der Salzach in den Hohen Tauern; viel weiter in die geologische Vergangenheit zurück datiert das Mönchsbergkonglomerat bei Salzburg, das sich aus Fluß-

33*

516 Morphologie des Landes.

geröllen der Ponganer Ache zusammensetzt. Den Durchbruch bei Taxenbach, wodurch die Saalach selbständig, und die Pinzgauer und Pongauer Achen zur Salzach verknüpft wurden, schreibt Wahneb der Verstopfung der Thalöffhung am Zeller See durch mächtige Eismassen zu. Als sichergestellt erscheint also, daß das heutige Durchgan^thal der Salzach ein uraltes Querthal ist, dessen Wurzeln nicht am Vene- diger, sondern am Ankogel liegen. Das Problem der Umbiegung aus dem Längen- ins Querthal ist damit allerdings nur an die Lücke am Zeller See verlegt. Wähnbk löst es ganz im Sinne von Jukbs.

Daß diese Theorie auch auf die zahlreichen Durchgangsthäler in den Landstufen Anwendung findet, erhellt schon aus unseren Er- örterungen auf S. 456. Auch hier hat die Denudation die Gelande- formen umgestaltet, als die Thallinien schon gezogen waren. Ähn- lich in ihrem Endergebnisse, aber durchaus verschieden in ihrem Entwicklungsgange sind jene PäUe, wo nach Festlegung des Durch- gangsthales das Hinterland einsank. So erklärt man sich jetzt die merkwürdige völlige Zerschneidung des niederrheinischen Schiefer- gebirges durch den Rhein, die Mosel und Lahn; für die allmähliche Tieferlegung dieser Thäler hat man unzweifelhafte Belege in den Wahrzeichen alter Flußläufe in höheren Niveaus. Auch die auf- fallenden Durchbrüche des Green und Yampa River, von denen schon oben die Rede war, führt Emmons auf Mnsenkungen zurück: dieselben horizontalen Tertiärschichten, die das Flachland bilden, finden sich auch auf der Höhe des Yampa Peak, und man darf darans schließen, daß sie einst im gleichen Niveau lagen.

ThalwaBsencheiden. Wie einerseits die höchsten Kämme ohne Einfluß auf die Verteilung der Gewässer sein können, so können anderseits unmerkliche Bodenanschwellungen in einer Thalfurche die wichtigsten Wasserscheiden bilden. Wir nennen sie Thalwasser- scheiden im Gegensatze zu den Kamm Wasserscheiden. Auch sie sind eine weitverbreitete Erscheinung, die im Gebirge zwar be- sonders auffällig hervortritt, aber auch dem Flachlande nicht fehlt In den großen Thalzügen des ostdeutschen Tieflandes werden sie jetzt von Kanälen überschritten.

Kammwasserscheiden sind die Regel, aber manchmal werden sie sich den Thalwasserscheiden ähnlich. So das Pfitscher Joch (2224 m) in den Zillerthaler Alpen, das zwischen dem Hochpfeiler (3515 m) und der Hohen Wand (3286 m) eingesenkt ist, und das Pfitscherthal vom Zemmthale trennt. Im Reschenscheideck (Fig. 183) erniedrigt sich dagegen die Hauptwasserscheide der Alpen zu einer ganz flachen Bodenschwelle (1493 m ü. M.), von der der Stillenbach nach Norden zum Inn und die Etsch nach Süden fließt Sie wird aber

Gliederung der Grebii^.

517

durch einen FelsriegeL gebildet, während der Thalboden zu beiden Seiten aufgeschüttet ist; denken wir uns diese Schuttmassen entfernt^ so erhalten wir ein ähnliches Bild, wie am Pfitscherjoch. Ein noch bekannteres Beispiel einer Thalwasserscheide in der Querrichtung der Alpen ist der Brenner (1362 m ü. M.). In Norwegen fließt aus dem See Lesjeskogen (625 m hoch) nach Nordwesten die Bauma, nach Südosten der Lougen; es ist dies eines der großartigsten Doppelthäler der Erde, an beiden Seiten von mehr als 2000 m hohen Gebirgsmassen eingerahmt.

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Flg. 183. Profil des Reschenscheideck nach Philippson. : Reschenscheideck. Die obere Profillinie schneidet die östliche Thalwand in 2 km Entüarnung vom Flusse.

Häufiger sind die Thalwasserscheiden aber in den Längsthäleru. Aus dem Drauthale gelangt man ohne merkliche Steigung über das Toblacher Feld (1204m) zur Rienz und damit in das Etschgebiet.

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Fig. 184. Das Kaisergebirge im nordostlichen Tirol.

Folgende Straßen führen über die Thal Wasserscheiden des Kaisergebirges vom Groß-

Achen- in das Innthal: 1. Kössen— Walchsee— £bb8, 2. St. Johann— Ellmau Soll

Wörgl (das Weissachthal ist zu enge), 3. Kitzbüchel Kirchberg Wörgl

(Eisenbahn). Höhen in Meter.

Das Thal der Wurzener Save setzt sich bei Eatschach (850 m) flach und mit unverminderter Breite im Seebach-Thale fort, das zum Draugebiete gehört; und gehen wir in derselben Richtung nach Westen weiter, so überschreiten vdr bei Seifaitz (810 m) die ebenso unmerkbare Wasserseheide zwischen der Drau und dem Tagliamento.

518 Morphologie des Landes.

Solche tiefe Furchen, die entweder durch zwei in entgegengesetzter Richtung fließende oder sogar durch mehrere Flüsse bewässert werden. scheiden die Alpen nicht nur in zwei, beziehungsweise drei Zonen, die den geologischen nahezu entsprechen, sondern lösen auch im Verein mit den Durchgangsthälem die Zonen stellenweise in mehrere, völlig individualisierte Gruppen und Bergstöcke auf. Solche sind z.B. die Otzthaler Gruppe in der krystallinischen Zone (s. Fig. 179,S.5lOi und die zahlreichen größeren und kleineren Gruppen und Stöcke in der Kalkzone zwischen dem Inn und der Salzach (Fig. 184, 8.517).

Ursprüngliche Thalwasserscheiden darf man nur in Senkungs- thälern vermuten; eine solche ist sicher die nur 24 m hohe im cale- donischen Graben Nordschottlands und vielleicht auch die zwischen dem Orontes und der Lita (1158 m) im Libanon, auf der sich tiit^ Ruinen von Heliopolis erheben. Die übrigen Vorkonminisse sind wohl sekundäre Bildungen, wenn wir auch betreflfs der E^tstehungs- weise meist nur auf Vermutungen angewiesen sind.

Wo von einer Thalwasserscheide zwei Flüsse nach gerade entgegen- gesetzten Richtungen sich bewegen, mögen sie durch rückschreitende Erosion den trennenden Rücken abgetragen haben, und daraus ließe sich ihr besonders häufiges Vorkommen in tektonischen Thälem, wo wir uns die Erosionsbedingungen als besonders günstige vorzusteUen haben, erklären. Arbeitet ein Fluß rascher als der andere, so kann es vorkommen, daß der erstere dem letzteren einen Teil von dessen Gebiete entzieht. Auf diese Weise mußte der Oberengadiner Inn, wie Heim aus der Höhe der Thalterrassen nachwies, sein Sammel- gebiet an die rascher fließende Mera abtreten.

Eine andere Bewandtnis hat es jedenfalls mit jenen Thal Wasser- scheiden, die sich zwischen zwei mehr oder weniger senkrecht auf- einander stehenden Flußläufe einschieben. Sie lassen sich nicht anders deuten wie als verlassene Thalstücke. Als die Salzach ihren neuen Weg nach Osten einschlug, blieb ein Teil ihres alten Thaies trocken und bildet nun die Thalwasserscheide bei Zell a. See (s. Fig. 182, S. 515). Ähnlich verhält es sich mit der Wasserscheide von Sargans, über die einst der Rhein zum Wallen- und Züricher See abfloß. Thalwasserscheiden stehen sicherHch mit vielen kleineren Durchbrüchen in ursächlicher Beziehung. Wir verweisen nur auf das Kärtchen in Fig. 184 (S. 51 7). Was konnte ein so unansehnliches Ge- rinne, wie die Weißach, veranlaßt haben, zwischen den Stöcken des Belvenberges und Vorderkaisers zum Inn durchzubrechen, während sie sich ohne erhebliche Schwierigkeiten über die EUmauer Schwelle hätte nach Westen wenden können? Denken wir uns aber den Osten durch längere Zeit mit Gletschermassen verstopft, so wird uns diese

GliederuDg der Gebirge. 519

mit den heutigen orographischen Verhältnissen unvereinbare Thalanord- nung verständlich. Es ist unsere feste Überzeugung, daß die Eis- zeit in den von ihr betroffenen Gebirgen zahlreiche Stromverlegungen bewirkt hat, einerseits durch Gletscher anderseits durch mächtige Geröllanhäufungen; und daß die überwiegende Mehrzahl der Thal- wasserscheiden auf derartige Vorgänge zurückzuführen ist.

AufschlieAung der Gebirge. Am aufgeschlossensten von den großen Gebirgen der Erde sind diejenigen, die einen rostförmigen Bau besitzen, am geschlossensten die mit einfacher Quergliederung. Für den Verkehr über das Gebirge von Ebene zu Ebene sind an- scheinend die Durchgangsthäler der dritten Kategorie am günstigsten, in Wirklichkeit sind sie aber wegen ihres schluchtartigen Charakters häufig ohne Bedeutung. So blieb der Balkan trotz des Iskerdurch- bruchs eine Völker- und Staatenscheide, und bis zur Herstellung des Kuntersweges im 14. Jahrhundert zog man es vor, die schauerlichen Engen des Eisackthales auf dem östlichen Berghöhen oder über den Jaufenpaß zu umgehen. Vorherrschende Parallelgliederung ist un- günstig, weil mehrmals Kämme zu übersteigen sind; so muß die Rudolfsbahn in den Ostalpen dreimal Wasserscheiden übersetzen und ist natürlich zu Umwegen gezwungen, um bequemere Anstiege aufzusuchen. Viel bessere Chancen bietet die rostformige Gliede- rung, wenn die Hauptwasserscheide ein Längsthal kreuzt. Die Thal- wasserscheide wird dadurch zum Wechselpasse. Ein solcher ist der bei Gänsbrunnen {ff in Fig. 180, S. 510) im Schweizer Jura, der das Dünnem(Aare)-Gebiet mit dem der Birs verbindet; man ersieht aber auch aus unserem Kärtchen, daß solche Verkehrsstraßen weite Um- wege zu machen gezwungen sind. Am vorteilhaftesten ist es jeden- falls, wenn von beiden Seiten des Gebirges korrespondierende Durch- gangsthäler geradlinig und mit nicht zu starkem Gefälle bis zur Hauptwasserscheide hinaufführen; darauf beruht z. B. die Bedeutung der St Gotthard- Straße. Die Brennerlinie steht dagegen zurück, weil man hier erst das Längsthal des Inn zu passieren hat, um in die bayerische Ebene zu gelangen; daher schlug man im Mittelalter, um Westdeutschland rascher zu erreichen, von Innsbruck aus lieber den Weg über den Seefelder oder den Fernpaß ein. Günstig ist auch eine anomale Lage der Hauptwasserscheide, am unzuträg- lichsten aber eine Gliederung, wo man zur Hauptwasserscheide durch kurze, steile Thäler ansteigen muß, wie im Gebiete der Hohen Tauern. Solche Verhältnisse sind in Gebirgen aller Art sehr häufig, und wo sie die Regel bilden, ist das Gebirge in Wahrheit eine trennende Schranke, die erst die Technik unseres Jahrhunderts und auch diese nicht immer zu überwinden lernte.

520 Morphologie des Landes.

Unter allen Umständen sucht der Verkehr die niedrigsten Punkte der wasserscheidenden Kämme und Kücken auf, und auf diese will V. ßiGHTHOFBN die Bezeichnung Pässe beschränkt wissen. Indem wir seine Terminologie anwenden, unterscheiden wir Wallpässe, die über breite Scheitelflächen führen wie z. B. im Skandinavischen Gebirge , und Eammpässe in Eammgebirgen, und teilen letztere wieder ein in Sattel-, Scharten- und Lückenpässe^ je nachdem der Kammeinschnitt gerundet, schneidig oder scharf kerbenartig ist

Litteraturnachweise. ^ Hilbeb, Die Bildung der DarehgangsthAler, in Petbbmakns Mitteilungen 1889 (mit auafÜhrlichen Litteraturangaben)^ ' LöwL in den Verhandlungen der Wiener Greologischen Reichsanstalt 1894, S. 472. ' FöRSTLE, The Drainage of the Bemese Jura, in den Proceedings of the Boston Society of Natural Historj, 1892. * Füttebeb, Durchbraehs- thäler in den Südalpen, in der Zeitschrift der Berliner Gesellschaft für Erd- kunde 1895. ^ WXHinsB, Geologische Bilder von der Salzach, Wien 1894.

Die Flüsse.

Einteilung. Man kann die Flüsse nach verschiedenen Gesichts- punkten einteilen. Geläufig ist die Unterscheidung von Haupt- und Nebenflüssen, auf die wir später noch zurückkommen werden. Die Hauptfiüsse sind entweder marin oder kontinental, je nach- dem sie das Meer erreichen oder nicht In Bezug auf das Ver- hältnis der Flußrichtung zur Richtung der Wasserscheide kann man von Quer- und Längsflüssen sprechen. Beispiele von Querflüssen, die mehr oder weniger senkrecht zur Wasserscheide stehen, sind die sibirischen Ströme oder die Flüsse von Norddeutschland; zur zweiten Kategorie gehören z. B. Donau, Po und Ganges, die nahezu parallel mit der Wasserscheide fließen.

Wichtiger ist die Einteilung der Flüsse nach der Art ihres Baues. Wir haben auf S. 378 von einem Ober-, Mittel- und unter- laufe gesprochen und können diejenigen Flüsse als normale be- zeichnen, bei denen diese Abteilungen deutlich und nur je einmal entwickelt sind. Solche Flüsse sind aber verhältnismäßig selten, und für die Praxis eignet sich besser jene Einteilung, die Haase vor- schlug.^ Er unterscheidet nur Berg- und Flachlauf; der erstere ist durch hohe Ufer ausgezeichnet und kommt daher auch im zer- schnittenen Flachlande vor (z. B. Colorado); anderseits kann man auch da von Flachlauf sprechen, wo nur auf einer Seite das Gelände höher ansteigt, wie auf der Donaustrecke zwischen Bulgarien und der Walachei.

Damach zerfallen die Flüsse nur in zwei Hauptgruppen: gleich-

Die Fl&sse. 521

artige und ungleichartige, und jede Hauptgruppe wieder in zwei Untergruppen. Denn ^eichartig sind sowohl jene Flüsse, die nur Flachlauf besitzen, wie die meisten der Niederungen, wie auch solche ausschließlich mit Berglauf. Zu den letzteren gehören nicht bloß zahlreiche Nebenflüsse, sondern auch manche, wenn auch nur kurze Hauptflüsse, nämlich alle diejenigen Bäche, die sich direkt in das Meer stürzen, und deren Schuttkegel die Wasseroberfläche noch nicht erreicht hat Ungleichartige Flüsse haben Berg- und Flachlauf, und es sind hier zwei Fälle möglich, die auch in der Natur reichlich vertreten sind: Doppellauf und Wechsellauf. Bei dem ersteren folgt auf den Berg- der Flachlauf solche Flüsse haben wir oben als normale bezeichnet , bei dem letzteren wieder- holen sich diese Abschnitte mehrmals, wie beim Rhein oder bei der

Fig. 185. Die Hanptwassencheide der Erde, nach v. TiLLO.

Donau, vor allem aber bei den afrikanischen Strömen, die sich durch Wasserfälle in ihrem Unterlaufe auszeichnen. Wechsellauf deutet stets darauf hin, daß sich der betreffende Fluß aus mehreren, ursprünglich selbständigen Gewässern zusammensetzt und eine kom- plizierte Entwicklung durchgemacht hat.

Verteilimg der Flüsse. Unter den zahlreichen wasserscheiden- den Linien, die das Land netzartig überspannen, ist eine, die mit alleiniger Unterbrechung in der Beringstraße das gesamte Fest- land mit Ausnahme des abseits liegenden Australien in zwei Ab-

522 Morphologie des Landes.

dachungen teilt: eine atlantische und eine pazifisch - indiscLe. V. TiLLO* nannte sie die Hauptwasserscheide der Erde {ABC BEFGUIK in Fig. 185). Innerhalb der beiden Abdachungen liegen aber auch abflußlose Gebiete, die auf 23,7 Prozent der Festlandoberfläche geschätzt werden. Weitaus das größte ist das asiatisch -europäische Zentralgebiet, das mit seinen 13 MilL qkm Europa fast um die Hälfte an Ausdehnung übertrifft Afrika hat zwei solche Hauptgebiete: in der Sahara und Kalahari, Australien ist mehr als zur Hälfte abflußlos, dagegen ist Amerika arm an solchen trockenen Binnenlandschaffcen, und darin liegt einer der gewichtig- sten Vorzüge der neuen Welt vor der alten, ^ Aber auch zwischen die marinen Flüsse schieben sich, teils klimatisch, teils durch den Bodenbau bedingt, kleine Flächen ohne Abfluß ein; hat uns doch Eeilhack kürzlich ein solches auch in Deutschland auf der baltischen Seenplatte kennen gelehrt*

Betrachten wir jeden Eontinent für sich, so gewahren wir, daß jeder auch in der Verteilung des fließenden Wassers seine indivi- duellen Eigentümlichkeiten besitzt Jeden Eontinent durchziehen ein oder mehrere Hauptwasserscheiden, die zum Teil mit der Haupt- wasserscheide der Erde zusammenfallen, zum Teil sich von dieser abzweigen. Europa besitzt nur eine einzige Hauptwasserscheide, die am Ural unter 61^3^ N. beginnt, den Festlandsrumpf in süd- westlicher und die iberische Halbinsel in südlicher Richtung durch- zieht und hier unter 36® endet Die nordwestliche Abdachung ist die ozeanische, die südöstliche die mediterran-kaspische. In Asien finden wir, entsprechend der östlichen Rutenteilung des Hochland- gürtels, zwei senkrecht aufeinander stehende Hauptwasserscheiden: die äquatoriale, die die großen abflußlosen Gebiete umschließt scheidet den indischen und arktischen Bezirk; die meridionale grenzt die pazifischen Systeme gegen Westen ab. Afrika hat zwei primäre Wasserscheiden, von denen die eine meridional zwischen dem Indischen und Atlantischen Ozean nach Süden zieht, während die andere sich unter etwa S. abzweigt und, wie die Verteilung der Wadis erkennen läßt, über das Zentralgebirge der Sahara nach Nordwesten zieht, um die mediterrane von der atlan- tischen Abdachung zu trennen. In Amerika bildet das westliche Hochland die Scheide zwischen den atlantisch -arktischen und den pazifischen Strömen, doch wird diese anscheinend einfache Anord-

>< Abflußlos sind von Australien 51,9, von Afrika 32,9, von Asien 30,s, von Europa 17,i, von Südamerika 6,6, von Nordamerika 4,4 Proz. des betreffen- den Festlandes.

Die Flüsse.

523

nang durch das Auftreten großer Läugsströme (Mackenzie, Missis- sippiy Paraguay -Parana) etwas komplizierter, namentlich in Nord- amerika, wo ein Querduß (Saskatchewan) sich zwischen die beiden großen Längsströme einschiebt Ebenso einseitig, wie in Amerika ist die Flußverteilung in Australien, wo die Hauptwasserscheide an das ostliche Bergland sich knüpft; aber das abflußlose Gebiet ist zentral, wie in Asien, nicht exzentrisch wie in Amerika.

Aus der nachstehenden Tabelle (nach Penck) ersieht man die Ausdehnung der Abdachungsgebiete des Festlandes (in Millionen

1

'1 1

l| 3,0

'!

•g 10,0

0,7

OS

10,7

3,9

^1

^1

Festland

Atlantischer Ozean . . . Eismeer (und Hudsonbai) . Mittelländisches Meer . . Amerikanisches Mittelmeer .

2,0 6,»

5,0

15,, 0,.

31,.

18,« 7,0 6,.

Atlantisches Gebiet . . .

7,8 1 11,8 1 14,6

U,«

15,0 |{ 64,0

Großer Ozean

Indischer Ozean . . . .

'; - 9,* 1 - il 7,9 1 5,0

0,6 3,2

5,.

1,0 16,0 - 16,1

Pazifisch-indisches Gebiet .

1 - 1 11,3 i 5,0 3,7

5,1 j 1,0 :; 32,.

Marine Flußgebiete . . . Kontinentale Flußgebiete

,i 7,8 ! 28,0 , 19,0 ; 1,. ; 12,0 . 9,.

3,7

4,0

19,5

0,0

16,.

1.»

18,1

96,1 29,.

Festland

". 9,4

1 41,»

29,2

7,.

20,«

126,0

Quadratkilometern). Das Übergewicht der atlantischen Abdachung tritt mit großer Schärfe hervor; rechnet man noch die Inseln dazu, so erhalten wir für das atlantische Gebiet 51, für das pazifisch- indische 27, für die abflußlosen Binnengebiete 22 Proz. Die ent- sprechenden mittleren Regenhöhen sind nach Müeray* 96, 105 und 31 cm. Nur die abflußlosen Gebiete sind also klimatisch bedingt, die gewaltige Ausdehnung des atlantischen Flußgebietes ist aber ein tektonisches Phänomen.

nuÜBvennischimg und Wasflerteilung.'^ Im allgemeinen spielen die Hochgebirge bei der Verteilung der Flüsse nur eine untergeordnete KoUe. Der Himalaja steht ganz und die Alpen stehen zum größten Teü außerhalb der Hauptwasserscheide, und selbst in den Andes ver- läuft sie nicht immer auf dem höchsten Kamme. Ein großer Teil der primären Wasserscheiden liegt in der Ebene, und stellenweise (z. B. in Rußland) werden sie durch so sanfte Bodenanschwellungen gebildet, daß diese ohne besondere Schwierigkeiten von Verbindungs- kanälen überschritten werden können. Ja stellenweise werden zur

524 Moq^hologie des Landes.

Zeit des Hochwassers solche Kanäle auf natürlichem Wege herge- stellt, oder Teile verschiedener Flußsysteme treten bei völligem Fehlen der Wasserscheide sogar in dauernde Verbindung. Man nennt diesen Vorgang Gabelung oder Bifurcation; doch versteht man unter diesem Namen auch eine wesentlich andere Gruppe von Erscheinungen, nämlich die Teilung eines Flusses in zwei oder mehrere Arme, die Inseln einschließen oder sich nicht wieder ver- einigen, wie in den Deltas. Diese unrichtige Terminologie giebt zu manchen Mißverständnissen Veranlassung, und wir thun daher am besten daran, wenn wir neue Ausdrücke einfuhren. Treten zwei Flußsysteme während ihres Laufes miteinander in Verbindung, so nennen wir dies eine Flußverraischung; wird diese Verbindung aber an den Quellen hergestellt, indem Seen oder Sümpfe nach ver- schiedenen Seiten sich entwässern, so nennen wir dies mit Bkkghaus eine Wasserteilung. Das bekannteste Beispiel von Flußver- mischung bietet der Orinoco, der einen Arm (Casiquiare) zum Rio- Negro, einem Nebenüusse des Amazonas, entsendet Im kleinen wiederholt sich dieses Phänomen nördlich vom Teutoburger Walde, wo die Else, ein Arm der Haase (Emsgebiet), sich östlich zur Werre wendet; doch ist es fraglich, ob dieser Zustand nicht künstlich hergestellt wurde. Häufiger ist die Wasserteilung; im Staate Maine ist sie nach Ratzel eine gewöhnliche Erscheinung. Bei Hochwasser verbindet sich das Mississippisystem in der Seen- region von Minnesota mit dem Red River und Oberen See, und der Petit Lake stellt einen Wasserweg zwischen dem Michigansee und Illinois her. Die Rokitnosümpfe haben Abfluß sowohl zur Weichsel, wie zum Dnjepr, und die masurischen Seen im Regierungsbezirke Gumbinnen werden zugleich nach Norden in den Pregel und nach Süden in die Weichsel entwässert. Selbst Gebirgen ist dieses Phä- nomen nicht fremd, aber natürlich nur an Thalwasserscheiden ge- bunden. Den Lesjeskogen-See haben wir schon auf S. 517 erwähnt Der kleine See Les Dous in den Pyrenäen hat seinen Namen von den beiden Abflüssen, von denen der eine zur Tet, der andere zum Segre (Ebro) sich wendet Eine periodische Flußvermischung findet auf dem Two Ocean- Passe im Felsengebirge (2468 m) statt, indem vom Two Ocean Creek, der dem Mississippisystem angehört, bei vollem Wasserstande schwache Arme zum Pacifik Creek (Co- lumbiagebiet) ausgehen. In Kalkgebirgen kommen auch unter- irdische Flußvermischungen vor; zwei solche Fälle in Frankreich wurden von Reclus beschrieben, ein dritter ist die von Knop nach- gewiesene Verbindung zwischen dem Rhein und der Donau, von der ein Arm unterirdisch zur Aachquelle abfließt

Die Flüsse 525

Bau der ilufsBysteine. Flußsysteme entstehen durch die Ver- einigung mehrerer Flüsse, von denen einer durch den Sprachgebrauch zum sogenannten Hauptflusse gemacht wurde, nach dem das ganze System benannt wird. Diese Benennungsweise beruht zwar nicht auf ^wissenschaftlichen Prinzipien, ist aber trotzdem unschädlich, wenn man sich nur der Meinung entschlägt, daß der Hauptfluß das pri- märe und die Nebenflüsse das sekundäre seien; wenn man also die üblichen Flußnamen lediglich als Verständigungsmittel benutzt, ohne genetische Vorstellungen damit zu verbinden.^ Diese Forderung erscheint um so gerechtfertigter, als viele sogenannte Hauptflüsse in einem Teile ihres Laufes nur Fortsetzungen von Nebenflüssen sind, worauf wir bereits an einer anderen Stelle (S« 514) hingewiesen haben. Solche Verhältnisse finden wir bei der Bhöne-Saöne, bei der Elbe und Moldau, der unteren Weser und Aller, dem Amur und Sungari, dem Hoangho-Hweiho u. s. w.

Außerordentlich mannigfaltig ist der Bau der Flußsysteme, von <}enen jedes seine individuellen Züge hat, die sich nicht in ein allgemeines Schema einzwängen lassen; ja, die meisten größeren Systeme zeigen in verschiedenen Teilen verschiedene Anordnung. Nur einige Grundformen sollen hier besprochen werden.

Die einfachsten Systeme bestehen aus einem Haüptstrange, an den sich rechts und links Nebenflüsse rechtwinkelig oder mit ab- wärts gekrümmter Mündung wie Äste ansetzen. Der Po, der Ama- zonas, die Moldau, der Oberrhein und die untere Donau sind so gebaut Meist sind auch in diesem Falle die Nebenflüsse auf beiden Seiten nicht gleichwertig, und zwischen dem symmetrischen und einseitigen Bau lassen sich alle möglichen Übergänge beobachten. Dem Jenissei, Tigris, der Theiß, der unteren Garonne u. a. sendet die Gebirgsseite begreiflicherweise zahlreichere und größere Neben- flüsse zu, als die ebene Seite. Die Rhone empfängt ihre wichtigsten Nebenflüsse von den Alpen, wo nicht nur der Wasserreichtum größer, sondern auch die Wasserscheide viel weiter vom Thalwege des Haupt- stromes entfernt ist, wie auf der westlichen Seite, wo das franzö-

X WisoTZKi* suchte ein Prihzip aufzustellen, nach dem sich die Frage nach dem Hauptflusse in jedem Falle entscheiden ließe; ich habe bereits im Litteratur- berichte zu Petermanns Mitteilungen (1890, Nr. 1450) die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, dargelegt Die Frage Iftßt sich auch so stellen, wo ist die Hauptquelle eines Flusses? und wir halten es noch immer für das ein- fachste und sicherste Verfahren, diejenige Quelle dafür zu erklären, die in der Luftlinie am weitesten von der Mündung entfernt ist. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn Baühann für sich das Verdienst in Anspruch nimmt, die eigentliche Nilquelle (Kagera) entdeckt zu haben.

526 Morphologie des Landes.

sische Massiv mit einem Steilabfalle abstürzt. Der Lauf der Aare und oberen Donau bezeichnet die tiefste Rinne am Fuße des Jura, wo sich die den Alpen entstammenden und auf der voi^lagerten schiefen Ebene sich bewegenden Flüsse sammeln müssen, um in veränderter Richtung einen Ausweg zu finden.

Häufig ist der Fall, daß zwei oder mehrere nahezu gleich große Flüsse radial einander zuströmen und erst nach ihrer Vereinigung einen deutlich erkennbaren Hauptstrang bilden. Dieser Typus tritt in zahlreichen Variationen auf. Am einfachsten ist 9er Bau der Loire und des AUier, des Cauca- und Magdalenenstromes, des Parana- Paraguay, Ganges-Gagra, Murray-Darling, die selbst wieder nach demselben Gesetze gebaut sind, u. a. m. Aus der Vereinigung mehrerer Hauptarme entstehen der Dnjepr, die untere Seine und der untere Ob; auch im Mississippisystem läßt sich außer dem Mississippi und Missouri auch der Ohio als Hauptarm auffassen. Li kleinem Maß- stabe, aber mit seltener Schärfe ist diese Bauart in der Thaya aus- gebildet, besonders da jeder der drei Hauptarme dieselbe Bildnngs- weise, wie der vereinigte Fluß zeigt. Einen etwas komplizierteren Fall bietet das Indussystem, dessen beide Hauptarme (Indus und Sutlej) mit einem dritten, kleineren sich vereinigen. Aus zwei Längstiüssen, die einander zuströmen^ entsteht der Querfluß Dwina, imd in ähnlicher Weise verbinden sich Trent imd Ouse zum Humber.

Die großen Veränderungen der Laufrichtung lassen sich als eine Vereinigung verschiedener Systeme auffassen. Der Kongo und die Loire sind Beispiele der Verwandlung eines Längssystems in ein Quersystem durch einfache Umbiegung. Die Loire zeigt anfänglich die Tendenz, dem Pariser Becken zuzufließen, wie ja auch die übrigen Flüsse, die dem Rande desselben entspringen. Die Ablen- kung nach Westen, der auch die Bäche der Sologne, wie die größeren Flüsse Ober, Indre und Creuse-Vienne folgen, ist schon mioc&nen Alters; hier war der Abzugskanal der Gewässer des Seinebeckens. Das Quersystem der Wolga setzt sich nach Norden in dem der Kama fort. In der Petschora vereinigen sich zwei Quersysteme (obere Petschora und Ischma mit der unteren Petschora) mit einem Längs- systeme (Ussa und mittlere Petschora), in der Donau zwei Längs- systeme (obere Donau bis Waitzen und Drau -Save- untere Donau) mit einem Quersysteme. Diese Beispiele erschöpfen nicht im ent- ferntesten die Zahl der verschiedenen Fälle, aber sie geben uns doch eine Vorstellung von der außerordentlichen Mannigfaltigkeit in der Anordnung der Flußläufe innerhalb eines hydrographischen Gebietes,

Oröfse der Flüsse. Starke Niederschläge und lange Abdachungen sind die Bedingungen für die Entwicklung großer Ströme. Nicht die

Die Flüsse. 527

Länge des Flusses ist maßgebend für seine Bedeutung, sondern die Größe seines Gebietes. Der Amazonas ist zwar der mächtigste Strom der Erde, aber an Länge wird er vom Missouri-Mississippi um 800, vom Nil um 1500, ja sogar vom Jangtsekiang um 150 km über- troffen. Die Donau ist nur doppelt so lang als der Rhein, aber sie entwässert ein viermal größeres Areal; und die Dwina hat einen kürzeren Lauf, als der Guadalquivir, aber trotzdem ist ihr Gebiet sechsmal größer.

Zu einer Vorstellung von der hydrographischen Verschiedenheit der Erdteile gelangt man, wenn man berechnet, wie viele Prozente des Gesamtareals auf die Gebiete der großen Ströme (als Grenze haben wir ^/g MiU. qkm angenommen) entfallen:

Südamerika (4)x .... 67

Asien (13) 44

Afrika (5) ca. 43

Nordamerika (6) . ... 36

Europa (3) 30

Australien (1) 9

Südamerika ist also vor allem das Land der großen Ströme, wie es der Kontinent der Tiefebenen ist Die beiden kleinsten Erdteile nehmen in obiger Tabelle begreiflicherweise den letzten Platz ein ; bei Australien wirkt noch die Trockenheit des inneren Landes mit Asien besitzt zwar die größte Anzahl von Strömen, aber nur der Ob steht den amerikanischen würdig zur Seite; hier wirkt die große Ausdehnung und zentrale Stellung des Hochlandes der Entwicklung eines Ama- zonas entgegen, während in Südamerika die peripherische Lage der Andes mit der Eegenverteilung zusammenwirkt, um den mächtigsten unter den Riesenströmen der Erde zu erzeugen.

Verandenmgen der Flüsse. Flüsse und Flußsysteme sind aber veränderlich. Namentlich dort, wo ein schwach geneigtes und daher beständig sich erhöhendes Bett in lockerem Material liegt^ also haupt- sächlich im Unterlaufe verändern die Flüsse häufig ihre Sichtung; aber wohl keiner ist so starken Oszillationen unterworfen, wie „Chinas Kummer**, der Hoangho. Seine älteste und zugleich nördlichste Mündungsstelle liegt unter 89^/3^ B., seine südlichste, die er vom 13. Jahrhundert bis 1852 benutzte, unter 34° B. In den Jahren 1851 53 wandte er sich wieder nach Norden, 1887 aber brach er abermals

^ Die eingeklammerte Ziffer giebt die Zahl der Hauptströme mit mehr als Vi Mill. Q.-Kilometer Flußgebiet. Wir dürfen aber nicht verhehlen, daß die Zahlen für Längen und Gebiete der Flüsse sehr ungenau sind. Die um- fangreichste Zusammenstellung stammt von Klöden,^ aber auch sie ist wenig zaverll&Bsig.

528 Morphologie des Landes.

nach Süden durch, doch wurde er schon 1889 durch Menschenhand gezwungen, sein früheres Bett wieder aufzusuchen. In kleinerem Maßstäbe sind Veränderungen im Unterlaufe, wo die Flüsse nicht durch feste Ufer eingedämmt sind, außerordentlich häufig, wie z. B. Bunk^ bezüglich des Rheindeltas darthat; aber obwohl die Geschichtsquellen hier reichlich fließen, gelang es ihm doch nicht, alle dunkeln Punkte aufzuklären. Um- so schwieriger ist dies in Ländern, deren Geschichte sich mit Sagen verwebt Bis in die neueste Zeit war die Ansicht yerbreitet, daß sich der Amu noch im Mittelalter in den Kaspisee ergossen habe, und man hoffte, diese wichtige Wasserstraße wieder herstellen zu können. Erst die geologischen Untersuchungen und Nivellements der Russen um die Mitte der achtziger Jahre haben dieses Märchen zerstört.' Sicher ist nur, daß die Mündung des Amu einst im Saiy-Kamysch lag, und daß von hier aus eine Wasserverbindung mit dem Aralsee und durch den Usboi mit dem Kaspisee stattfand; doch war der Usboi kein eigentUcher Flußarm, sondern nur eine zusammenhängende Seenkette mit schwacher Wasserbewegung. 1878 füllte sich das Bett zum Sary-Kamysch wieder, aber dieser Zustand war nur ein vorübergehender. Auch gegenüber den Nachrichten von einer Ver- legung der Indusmündung infolge eines Erdbebens im Jahre 962 ist größte Skepsis geboten.

Sicher sind die Flüsse nicht bloß im Unterlaufe von Veränderungen betroflfen worden. Der Bodensee endigt im Westen in drei Zipfel; dem südlichsten entströmt jetzt der Rhein, die beiden anderen sind alte Aus- mündungstellen. Die geologische Untersuchung ergab die Existenz eines alten Bheinlaufes von Radolfszell über Singen und Eamsen, also im jetzigen Biberthale; und ebenso konnte nachgewiesen werden, daß der Rhein einige Zeit von Schafihausen direkt durch den Klett- gau nach Waldshut floß. Diese Terraiufurche benutzt jetzt die Eisenbahn.

Als eine allgemein wirkende Ursache von Laufveränderungen bezeichnete der berühmte russische Akademiker v. Baeb die Erd- rotation, welche auf der nördhchen Halbkugel eine Ablenkung nach rechts und auf der südlichen eine solche nach links zur Folge hat (vgl. S. 17). Soviel auch schon darüber geschrieben worden ist,^' so ist doch die Frage noch immer nicht zum Abschlüsse gebracht und es mag bilUg bezweifelt werden, ob eine Entscheidung überhaupt mög- lich ist Niemand leugnet mehr den Einfluß der Erdrotation, der sich auch nicht, wie v. Baeä meinte, auf meridionale Flüsse be- schränkt; aber man hält ihn vielfach füt' zu geringfügig im Vergleiche zu jenen Momenten, die wie Unebenheiten und Verschiedenheiten in der Härte der Unterlage die Geschwindigkeit und Richtung der Bewegung vorzugsweise bedingen.

Die Flüsse. 529

Die Botation drängt die schneller bewegten WasseriUden nach rechts (auf unserer Hemisphäre) und erhöht hier den Wasserspiegel. Aber diese Abweichung von der Horizontalen erreicht nur ganz minimale Werte; selbst bei einer ansehnlichen Breite von 1000 m und einer Geschwindigkeit von 3 m würde sie am Pole nur 44, unter 50** Breite nur 34, im 20. ParaUel sogar nur 15 mm betragen. Auch die Länge geologischer Perioden kann die Wirkung der Rota- tion nicht steigern, „denn ebenso lange'', sagt Zöppbitz, „wirken alle Unregelmäßigkeiten und, da sich das Flußbett durch Erosion und Sedimentfiihrung beständig ändert, fortwährend in anderer, völlig unübersehbarer Weise." Als einen Faktor von regionaler Bedeutung hat man auch den Wind erkannt, und Koppen machte be- sonders auf die Wichtigkeit der Sturmrichtung zur Zeit des Frtih- Ungshochwassers aufmerksam. ^^ Während sich der Einfluß der Rotation mit der Geschwindigkeit des sich bewegenden Körpers steigert, macht sich der des Windes gerade bei schwach fließenden Strömen besonders geltend, indem er eine Wasserversetzung nach dem luvseitig gelegenen Ufer bewirkt, namentlich dann, wenn der Flußlauf unter einem steilen Winkel von der vorherrschenden Wind- richtung getroffen wird. So vereinigen sich also verschiedene Fak- toren, um die Flüsse nach der einen oder anderen Seite abzulenken ; bald wirken sie im gleichen Sinne, bald arbeiten sie einander ent- gegen, und daraus erklärt sich zur Genüge der Widerstreit der Meinungen.

Daß die sibirischen Flüsse nach Osten drängen, hat noch in neuerer Zeit Poliakow bestätigt; ob dieses Verhalten den West- winden zuzuschreiben sei, kann noch bezweifelt werden, denn auch in Südrußland herrscht diese Windrichtung vor, ohne die Flüsse an ihrem westUchen Fortschreiten hindern zu können. Die östliche Ablenkung des Nüs beobachtete schon Minutoli und erwähnte Hoff, der das Vordringen des Sandes aus der libyschen Wüste dafär ver- antwortUch macht. Auch auf andere Flüsse wurde das BAEBsche „Gesetz" angewendet Dagegen zeigen die norddeutschen Flüsse ein ganz anderes Verhalten, und der Oberrhein wurde von den An- hängern, wie von den Gegnern Baers als Beweis für ihre Ansichten angeführt. Die Donau drängt in ihrem meridionalen Laufe in Ungarn stark gegen das Westufer, das steile Lößabstürze bildet, aber auch in den östUch gerichteten Teilen ihres Laufes zeigt sie, wo sie nicht durch felsige Ufer eingeschlossen ist, das Bestreben, nach rechts sich zu wenden; Süss vergleicht sie daher mit einer zwischen festen Punkten aufgehängten Kette. Besonders im Unterlaufe bilden das walachische Flach- und bulgarische Steilufer scharfe Gegensätze,

SüPAir, Pbyvtecbe Erdlcnnde. 2. Aufl. 84

580 Morphologie des Jjandes.

und eine Reihe blinder Arme zeigt den früher nördlicheren Lauf des Flusses an. Für die Strecke Galatz Reni nimmt Pbtebs die Stoßkraft des Pruth als Ursache dieser Erscheinung in Anspruch, und dieselbe Wirkung läßt sich wohl auch den von den Transsilva- nischen Alpen kommenden Flüssen zuschreiben, da diese bedeutend wasserreicher und kräftiger sind, als die bulgarischen. In ähnlicher Weise, wie die Donau, schreiten auch der Ganges und die DschamaDa nach Süden vor, und die indischen Geologen schreiben dies den größeren Sedimentmassen der Himalajaflüsse zu, wodurch die nord- liche Ebene höher aufgeschüttet wurde als die südliche.

Auch die Flußsysteme erleiden Veränderungen. Der einfachste Fall ist der, daß durch Erweiterung des Deltas mehrere selbständiiie Flüsse zu einem System verschmelzen. So verbanden sich Euphral und Tigris zum Schat el Arab, und der Aras, der im Altertume ic die Bai Kysylagatsch mündete, vereinigte sich mit dem Kur. Der Seihan und Dschihan, die sich in den Golf von Iskenderun ei^eßec, haben sich seit Xenophoks Zeiten dreimal vereinigt und dreimal getrennt. Durch das Fortschreiten des Donaudeltas sank der Pruth zu dem Range eines Nebenflusses herab. Erst in verhältnismäßig: junger Vergangenheit vergrößerte die Rhone ihr Gebiet durch die Aufnahme der Durance, die in der Zeit ihrer Selbständigkeit d^^ Geröllfeld La Crau schuf und bei Salon mündete. Eine Laufrer- änderung brachte den Sutlej in Abhängigkeit vom Indus; die Reste seines ehemaligen Laufes sind jetzt unter dem Namen Wahand und Narra bekannt. Umgekehrt wurde sein einstiger Nebenfluß Saraswati selbständig, indem ihn die nach rückwärts fortschreitende Dschamuna eines Teiles seines Quellgebietes beraubte, so daß er jetzt wegen Wasserarmut in der Wüste sich verliert Eine ebenso traurige Sell»- ständigkeit erlangten die einstigen Nebenflüsse des Murray: Avocii. Avon und Wimmera. Wie die Sedimentablagerung die Gebiete des Po und der Etsch trennte, wurde schon auf S. 380 berichtet- Das große Medianthal der norddeutschen Ebene weist auf eine, einst wesentlich andere hydrographische Anordnung zurück; die Weichsel floß über das Netzethal in die Oder, und diese setzte sich über die Spree- und Havelniederung in der unteren Elbe fort Dieser große Strom löste sich erst seit der Eröfihung der Durchgangsthäler der Weichsel und Oder durch den nördlichen Landrücken in drei Flüsse auf. Im Osten löste sich der Pregel von der Memel los, die nach Bebbndt einst das Insterthal benutzte und nur bei Hochwasser auch einen Seitenarm in d^ Kuiische Hafi" sendete.

Durch solche Systemveränderungen können selbst wichtige Wasserscheiden Verschiebungen erleiden. Der Oberrhein und

Die Seen. 531

Genfer See gehörten einst zum Donaugebiete; erst als das Durch- gangsthal zwischen Bingen und Bonn entstand, wurde der Bhein in die Nordsee abgelenkt Die Breite und der Geröllreichtum des oberen Minnesotathaies, die in keinem Verhältnisse zur gegenwärtigen Wassermenge stehen, legen die Vermutung nahe, daß einst der Red River dasselbe benutzte und somit der Winnipegsee zum Mississippi- gebiete gehörte, bis die negative Niveauveränderung der Hudsonbai den Nelson zu erhöhter Thätigkeit anregte. Das Quellgebiet des Nelson wurde immer weiter nach rückwärts verlegt, erreichte end- lich den Winnipegsee und zwang den Red River zur Umkehr. Sichere Beweise für solche Veränderungen lassen sich allerdings nur dort erbringen, wo blinde Thalstücke noch erhalten sind, wie dies besonders häufig in einigen Kettengebirgen (s. S. 518) der Fall ist, oder wo das Material der Flußablagerungen über deren Herkunft bestimmten Aufschluß giebt, oder wo historische Nachrichten vor- liegen; aber vermuten können wir wenigstens, daß besonders dort, wo die Wasserscheiden mannigfach gekrümmte Linien bilden, die hydrographischen Grenzen Wandlungen erlitten haben.

Litteraturnachweise. ^ Haase in Peterhanns MitteiluDgen 1891, S. 49. V. TiLLO in Peteruanns Mitteilungen 1887, S. 101. ' Keilhack in Petbbmanns Mitteilungen 1891, S. 38. ^ Mübray im Scottish Geographica! Magazine 1887, S. 65. * Haase, Über Bifurcationen, in Pbtermanns Mit- teilungen 1889. * WißOTZKi, Hauptfluß und Nebenfluß, Stettin 1889. ^ Klödbn in d. Zeitschrift d. Berliner Gesellschaft für Erdkunde 1885, S. 397. * Blink, Der Rhein in den Niederlanden, Stuttgart 1889. Bericht von KoNSCHiN in Peterhanns Mitteilungen 1887, S. 225 (bezw. 226). Eine Über- sicht der russischen Forschungen giebt v. Eckert im Ausland, 1892, S. 545. Bla.no (im Bulletin de la Soci^t^ g^ographique de Paris, 1892, S. 281) suchte einen Teil der alten Sagen noch zu retten. *<* B. Neumann, Studien über den Bau der Strombetten und das BAEasche Gesetz, Königsberg in Pr. 1898 ^8. hier die Litteratur). " Küppen in der Meteorologischen Zeitschrift 1890, S. 34 und 180.

Die Seen.

BeokenformeiL AUe Hohlräume, die von Seen erfüllt werden, lassen sich auf zwei Grandformen zurückführen. Entweder ist das Becken in den Boden eingesenkt (Fig. 186); oder die Vertiefung ist gleichsam nur eine scheinbare, d. h. sie entstand durch Aufschüttung eines Dammes oder Walles aus fremdem Material auf unveränderter Unterlage (Fig. 187). Die erstere Art nennen wir Eintiefungs-, die andere Aufschüttungsbecken.

Indem wir von Damm und Wall sprachen, haben wir bereits

34*

682 Morphologie des Landes.

die beiden Arten ?on Aufschüttung genannt: die einseitige, die einen Fluß zum See aufstaut (Fig. 187) oder einen Meeresteil ab- schnürt^ und die allseitige, wobei durch ungleichmäßige An- häufung ?on Gesteinsmaterial Becken entstehen. Wir erhalten also zwei Unterkategorien: Damm- uüd Wallbecken.

Außerordentlich mannigfaltig sind die Vorgänge, die zu Damm- seen Veranlassung geben können, und die jetzt so beliebte systema- tische Richtung kann sich nicht genug daran thun, immer wieder neue Klassen aufzustellen. Hier sollen nur einige Beispiele an- geführt werden, die uns zugleich zeigen, daß die Seenbildung auch in der Gegenwart noch fortschreitet Nur ephemere Bildungen sind

Fig. 186. Profil eines Eintieftinga- Fig. 187. Profil eines Aoisehnt-

beokens. tongsbeckens.

die Eis Seen. Der Gurgler Eissee entstand 1717 18, indem der rasch vorwärts schreitende Gurgler Gletscher den Abfluß des Lang- thaler Gletschers abdämmte. 1846 durchbrach er die Barriere und war 1865 ganz ausgetrocknet, sammelte sich aber später wieder. Seine Breite betrug nach v. Sonklar 632 m, und seine Tiefe bei vollem Wasserstand im Frühjahre am unteren Ende 95 126 m. Noch kürzer ist die Existenz jener Seen, die durch Schnee- und Eis- lawinen gestaut werden; ein solcher See von 210m Breite und ca. 60 m Tiefe bildete sich nach Lyells Bericht im Jahre 1818 im Tal Bagne (Drance). Von größerer Dauerhaftigkeit sind jene Dämme, welche durch Berg- und Felsstürze, durch die Schuttkegel der Seitenbäche, durch Endmoränen, oder durch gewaltige Schotterablagerungen flu- viatilen oder glazialen Ursprungs gebildet werden. Der Absturz von zwei Felshömem der Diablerets im Bemer Oberlande (1714 und 1749) erzeugte die drei Seen von Derborence, die noch heute be- stehen. Einem Bergsturze verdankt auch der Dorfersee im Kalser- thaJe (Tauem) seine Entstehung. Zwei mächtige Schuttkegel, die sich in der Mitte des Antholzer Thaies (Tauem) vereinigen, dämmen einen See ab, der ca. 1 km lang und ^^ l^^^i* ^^ Einseitige Schuttkegel lagern dem unteren Ende des Heider- und Reschensees im Etschthale vor. Im Tauferer Thale in Tirol ergoß der Schwarzenbach infolge heftiger Regengüsse und rascher Schneeschmelze im August 1878 gewaltige Schottermassen, die die Thalsoble bei St Martin auf große Strecken unter Wasser setzten. In allen diesen Fällen

Die Seen. 588

und dies ist in der Gegenwart der gewöbnliche Vorgang führten mächtige Ablagerungen von Seitenbächen, die von dem Hauptflnsse nicht sogleich fortgeschafft werden konnten, zur Seebildung im Haupt- thale. Der umgekehrte Vorgang erzeugte den berühmten Achensee in NordtiroL Nach Penoks eingehenden Untersuchungen gehörte das Achenthai einst zum System des Innthales und wurde durch die diluviale Schotterterrasse des Hauptflusses abgedämmt. Hinter ihr bildete sich der See, der nun durch die veränderten hypso- metrischen Verhältnisse gezwungen wurde, nach der entgegen- gesetzten Seite, nämlich nach Norden, abzufließen. Einen analogen Fall aus der Gegenwart, freilich nur in kleinem Maßstabe, lernte Penck im Saalachthaie (Salzburger Alpen) kennen.

Schon die Geschichte des Achensees ftihrte uns über die geo- logische Gegenwart hinaus in die Diluvialperiode. Dieser gehören auch jene zahlreichen Seen an, welche Gh. Mabtins als Moränenseen bezeichnet hat. Die Seiten- und Endmoränen der einstigen Gletscher erweisen sich als außerordentlich dauerhafte Dämme, die schon Jahr- tausende lang dem Drucke des Wassers, wie der Erosion Trotz bieten. Von diesen Moränendammseen sind die Moränenwallseen zu unterscheiden, die in unregelmäßig angehäuften Endmoränen verteilt, also allseitig von glazialem Material umgeben sind. Von sonstigen Wallseen nennen wir noch besonders die häufigen Kraterseen ruhender oder erloschener Vulkane.

An den Küsten erzeugt der Aufschüttungsprozeß die Strand- seen, Mitteldinge zwischen Meeresbuchten und Binnenseen; sie sind je nach der Breite und Anzahl der Kanäle, die in das Meer führen, bald den einen, bald den anderen zuzuzählen (vergL S. 425). Doch sind nicht alle Strandseen abgetrennte Meeresteile; sie entstehen anch (wie zum Teil in den Landes oder nach Hehl an der brasi- lianischen Küste zwischen 21 und 23^ S.) durch Ansammlung von Flußwasser hinter den Dünen, und ihr Salzgehalt rührt dann davon her, daß die Düne zeitweise durchbrochen wird und die Flut in die Seen eindringt Ein ungleichmäßiges Fortschreiten der Deltabildung kann ebenfalls bewirken, daß Meeresreste als Seen zurückbleiben, wie beispielsweise in der Umgebung von New Orleans. Mehrfach wurde in geschichtlicher Zeit die Umwandlung einer Meeresbucht in einen Binnensee durch das Delta eines seitlich einmündenden Flusses beobachtet So entstand das Loch Ewe in Schottland, der See Akiz an der kleinasiatischen Küste (der latmische Meerbusen der alten Geographie); der Hafen von Smyma scheint demselben Schicksal entgegenzugehen.

Die Gruppe der Eintiefungsbecken, die meist im festen Fels

5S4 Morphologie des Landes.

liegen^ umfaBt genetisch sehr verschiedene Gebilde. Die Eintiefimg kann Yon oben oder unten bewirkt worden sein, aber die Schwierig- keit einer befriedigenden Erklärung liegt darin, daß solche Vorgänge nur selten und in unzureichender Weise zur Beobachtung gelangen. Daß strudelndes Wasser selbst im harten Gestein tiefe Becken aus- höhlen kann Gsmirz nannte diesen Vorgang Eversion ist nicht zu bezweifeln, aber nach ihren horizontalen Dimensionen sind sie geringfügig gegenüber den mächtigen Seen. Man schreibt den Gletschern die Fähigkeit zu, Wannen auszuhobeln; Penck beob- achtete auch solche auf dem verlassenen Boden des unteren Grindel- Waldgletschers, aber auch das waren zwerghafte Gebilde, die man nicht ohne weiteres mit den Seen in Vergleich setzen darf. Pum- PBLLY sah in Zentralasien, wo keine Spuren einer Eiszeit vorhanden sind, echte mit eckigen Gesteinsfragmenten erfüllte Felsenbecken und gründete darauf seine Verwitterungstheorie, zufolge der die Becken durch die Zersetzung weicherer Schichten und spätere Ent- fernung des Verwitterungsschuttes durch den Wind oder in Glazial- gebieten durch Gletscher entstanden (vergl. S. 353). Alle diese Er- klärungsversuche, welche die Felsbecken auf oberirdische Kräfte, d. h. auf Ausräumung zurückführen, erheben sich nicht über das Niveau der Möglichkeiten, aber als solche muß man sie gelten lassen. Von unterirdischen Vorgängen, die Eintiefungsbecken zu schaffen vermögen, sind Einstürze über Hohlräumen und vulkanische Ex- plosionen zwar auch aus der Gegenwart vielfach bekannt, aber sie scheinen verhältnismäßig selten zur Seebildung Veranlassung zu geben. Auf Java soll nach Junghuhns Bericht ein See durch plötz- lichen Einsturz entstanden sein; und daß die Maarseen aller Wahr- scheinlichkeit nach in Explosionsbecken liegen, wurde schon auf S. 299 (u. 309) erwähnt. Als eine besonders wichtige Ursache von Ein- tiefungen betrachtet man die Bodenbewegungen, die wir aus tektonischen Veränderungen herzuleiten gewohnt sind. Erdbeben sind bekanntlich häufig von merklichen Niveauveränderungen begleitet So sank westlich von New Madrid am Mississippi 1811/12 ein aus- gedehntes Stück Land, das jetzt mit zahlreichen Seen und Sümpfen bedeckt ist; an der Stelle von Gotachi in Ecuador befindet sich seit dem furchtbaren Beben von 1868 ebenfalls ein See. In Tennessee entstand bei dem Beben von 1811 der Beelfoot Lake, indem durch eine Niveauveränderung der Abfluß eines Baches gestaut wurde. Solche Stauungserscheinungen bringt man auch mit dem Fal- tungsprozesse in Verbindung, aber da bisher nur fertige Faltungen der Beobachtung zugänglich sind, so lassen sich ftir jene Annahme nur indirekte Beweise beibringen.

Die Seen. 686

Viele Seen enthalten eine marine Fauna, andere sogenannte pelagische Tierformen, über deren Zugehörigkeit zu der echten Meeresfauna die Ansichten noch geteilt sind. Man schloß daraus, daß alle diese Seen, die man Reliktenseen nannte, einst mit dem Meere im Zusammenhange gestanden haben. Die Bedeutung dieses Beweismittels hat R. Credneb^ gründlich zerstört, indem er zeigte, daß häufige Einwanderungen aus dem Meere in das Süßwasser stattfanden, und daß viele Wassertiere sehr wohl imstande sind, sich veränderten Lebensbedingungen anzupassen. Trotzdem läßt Cbedkeb den Begriff der Reliktenseen nicht fallen, ja er setzt sie in direkten Gegensatz zu den „Festlands- oder echten Binnenseen", d. h. solchen, die „nachträglich auf bereits festländischem Boden entstanden''^ nur verlegt er die Beweisführung von dem biologischen auf das geo- logische Gebiet. Aber damit ist die ganze Frage verschoben. Für eine genetische Einteilung der Seen ist es gleichgiltig, wo die Vertiefungen entstanden; die Hauptsache ist, wie sie entstanden. In der Ge- schichte mancher Seebecken war die Senkung unter den Meeres- spiegel nur eine Episode, wie Pengk mit Recht in Bezug auf die südschwedischen Seen hervorhob. Selbst wenn von einer Eintiefung dargethan würde, daß sie ursprünglich eine Senke des Meeresbodens war und als solche bei der Hebung ihre Wasserfüllung behielt, wäh- rend die Umgebung trockenes Land wurde, wäre damit über die Natur jener Senke noch nichts ausgesagt In einem genetischen Seensystem können wir daher die Reliktenseen völlig entbehren.

Die wichtigsten Kategorien dieses Systems fassen wir nochmals übersichtlich zusammen:

I. Aufschüttungsbecken:

1. Dammbecken,

2. Wallbecken;

IL Eintiefungsbecken:

1. Ausräumungsbecken:

a) Evorsionsbecken,

b) Glaziale Erosionsbecken,

c) Becken der äolischen Ausräumung;

2. durch unterirdische Vorgänge entstanden:

a) Einsturzbecken,

b) Explosionsbecken,

c) Tektonische Becken:

a) Senkungsbecken, ß) Faltungsbecken.

536 Morphologie des Landes.

DimenBionen der Seebeoken. DepressioneiL Die Flache sämt- licher Seen schätzt Penck auf 27^ Mill. qkm, also nur auf 1,8 Proz. des gesamten Landareals. Eine völlig isolierte Stellung nimmt der Easpisee mit 438 690 qkm ein; er würde in Europa nahezu g&nz Schweden bedecken. In weitem Abstände folgt dann der Obere See in Nordamerika mit 81 380 qkm, dann folgen 4 Seen mit 60000 qkm (Victoria -Njansa, Aral-, Michigan- und Huronsee), dann nach einer weiteren Lücke folgt der Tanganika mit 35 130 qkm und erst Ton da an läßt sich eine ziemlich zusammenhängende Reihe bis hinunter zu dem kleinsten Weiher verfolgen. Seen mit beträchtlichen Wasser- standsschwankungen und flachen Ufern sind natürUch großen Areal- veränderungen unterworfen ; so erklären sich z. B. die abweichenden Angaben über den Tsadsee. Eine unendliche Mannigfaltigkeit herrsclit in Bezug auf die Umrissformen; zwischen runden und lang- gestreckten, geschlossenen und zerlappten Seeflächen giebt es alle möglichen Übergänge.

Viele Seen galten als unergründlich, solange man sie noch nicht ergründet hatte. Soweit die Lotungen reichen, haben nur zwei Seen Tiefen von 1000 ni: der Baikalsee 1373 m und der Easpisee 1098 m, von unseren Alpenseen senkt sich der tiefste, der Comosee, nur bis 409 m in den Boden ein. Nur einige flachen Band- und Binnen- meere können den Seen an die Seite gestellt werden.

Trotzdem reicht der Boden zahlreicher Seen unter den Meeres- spiegel hinab. Liegt die Oberfläche über dem Meeresniveau, so nennen wir solche Einsenkungen Kryptodepressionen. Ihre Zahl vermehrt sich fast von Tag zu Tag, je weiter die jetzt in er- freulichem Aufschwünge begriffene Seenforschung fortschreitet Der Baikal-, Aral-, Ladoga- und Onegasee, viele skandinavische und britische Seen, einige der italienischen Alpenseen, die canadischen Seen, der Lake Champlain, der Große Bärensee, mehrere Seen in Chile und Neuseeland mögen hier genannt werden, um eine Vor- stellung von der weiten Verbreitung dieses Phänomens zu geben.

Echte Depressionen sind dagegen jene, in denen auch die zu Tage Hegende Fläche unter dem Meeresspiegel liegt. Wir haben hier aber streng zwischen Küsten- und Binnendepressionen zu unterscheiden. Die ersteren finden sich an vielen Flachküsten hinter Dünen und Dämmen und sind meist vom Menschen erobertes Land. An der Ost- und Nordsee sind sie häufig; fast die Hälfte des König- reiches der Niederlande (14757 qkm) würde von der See dauernd überflutet werden, wenn es nicht durch Dämme geschützt wäre. Teile der toskanischen Maremmen und bessarabischen Küste und die Umgegend von Georgetown in Guayana gehören noch zu diesen

Die Seen. 537

Depressionen, die wohl selten mehr als 2 m eingesenkt sind. Ja^ manche würden, wie Pekck bemerkt, überhaupt nicht als Depressionen er- scheinen, wenn man den Nullpunkt der Höhenmessung in das Niedrig- wasser verlegen würde. In viel größere Tiefen reichen die Binnen- depressionen. In Afrika liegen solche im Süden des Atlassystems und des miocänen libyschen Plateaus. Eine Bodenschwelle von 52 m Höhe trennt das Schott el Dscherid, das noch 17 m über der See liegt, von dem Golfe vonGabes; dann folgen gegen Westen die Depressionen der Schotts Gharsa ( 20 m) und Melrir ( 31 m). Soweit könnte das Meer in die tunesisch-algerische Wüste hineingeleitet werden: ein Projekt, das die französischen Geographen und Techniker einige Zeit leb- haft beschäftigt hat. Auch das zweite saharische Depressionsgebiet besteht nur aus vereinzelten Senkungen, von denen die Aradsch- Oase ( 75 m) die tiefste ist. Das ägyptische Fayum hat 40, die Salzebene von Asale 60 m Tiefe. Beträchtlich tiefer ( 174 m) liegt die Oberfläche des Assalsees, eines abgetrennten Golfes des Roten Meeres. In der nordamerikanischen Mohavewüste senkt sich das Tote Thal (Death Valley) bis 33 und das Coahuillathal sogar bis 90 m unter den Seespiegel. Erst vor wenigen Jahren entdeckte man mitten im zentralasiatischen Hochlande, südlich von Turfan (43^ N., 90® 0.) eine Depression von ca. 90 m. ^ Asien besitzt übrigens das ausgedehnteste und das tiefste Senkungsfeld. Das ausgedehnteste ist der Easpisee und seine nördliche Umgebung bis zum 50. Parallel (736000 qkm), das tiefste ist das Ghör, jenes lange und breite Verwerfungsthal, das der Jordan durchfließt Der Meromsee liegt noch 2 m über dem Spiegel des Mittelländischen Meeres, der Tiberias- see aber bereits 208 und das Tote Meer 394 m unter demselben. Dann steigt der Boden im Wadi el Araba wieder über das Meeresniveau. Zwischen den Binnen- und Kryptodepressionen besteht, wie R. Credneb treffend bemerkte, lediglich ein klimatischer unter- schied. Die ersteren sind an trockene Gebiete gebunden; viele der- selben waren einst, wie man noch aus alten Wasserstandsmarken erkennt, bis zu größeren Höhen mit Wasser gefüllt, das in manchen fast ganz verschwunden ist Das Birket el Kerun im Fayum hat sich sogar in der kurzen Zeit von 1871 bis 85 aus einer versteckten in eine echte Depression verwandelt, und dasselbe Schicksal würde auch andere Kryptodepressionen betreffen, wenn einmal die Ver- dunstung über den Zufluß die Oberhand gewänne.

Die tiefsten Einsenkungen des Festlandes sind der Boden des Kaspisees 1124 m, der Boden des Baikalsees 896 m, der des Toten Meeres 793 m, und der des Gardasees 281 m unter dem Meeres- spiegel.

538 Morphologie des Landes.

Die vertikalen und horizontalen Dimensionen der Seebecken stehen in keinem genau gesetzmäßigen Verhältnisse zu einander. Wohl sind die tiefen Seen auch groß, aber nicht alle großen sind tief. Mnen ziffermäßigen Ausdruck gewinnen wir, wenn wir berechnen, um wie viel Mal die Quadratwurzel der Fläche größer ist ak die Maximaltiefe; und wenn wir die nachstehende Tabelle, die nur einige Beispiele enthält, mustern, so finden wir, daß gerade viele kleine Seen einen kleinen Quotienten aufweisen, d. h. verhältnis- mäßig sehr tief sind.

F t yFi t

Oberer See 81 380 qkm 307 m 929

Kaspisee 438 690 1 098 603

Ladogasee 18 129 ,, 256 ,, 526

Müritzsee 183 22 525

Wettersee 1 964 126 352

Baikalsee 34 932 1 373 136

Großer Plönersee 47 60 113

Genfer See 582 309 78

Totes Meer 914 394 77

Höftsee 0,8 19 30

Hallstätter See 8,6 125 23

Karsee 0,04„ 21 9

Wir werden die Bedeutung dieser relativen Tiefen sogleicb kennen lernen.

Seengebiete. Das wichtigste Moment für die Beurteilung der Entstehung der Seebecken ist derzeit unstreitig noch ihre geogra- phische Verbreitung. Denn wenn Seen auch überall vorkommen, so treten sie doch gesellig nur in ganz bestimmten Gegenden anf und stellenweise häufen sie sich so sehr, daß wir geradezu von Seen- landschaften sprechen können. Nur flüchtig erwähnen wir gewisse Strandgebiete, da hier die Erklärung der Seen keine Schwierig- keiten verursacht. Im Binnenlande fällt uns zunächst der außer- ordentliche Seenreichtum der eiszeitlichen Gletschergebiete auf. Im nordeuropäischen nimmt die Seenfläche 161000 qkm oder nahezu 4 Proz. des Landes ein, am meisten in Finland, wo sich der Anteil des stehenden Wassers auf fast 13 Proz. des Areals steigert Die Zahl der Seen ist überraschend, schätzte sie doch Geinitz nur in Mecklenburg auf 650 ! In Nordamerika diesseits des Felsengebirges rückt die nordische Seenzone mit den Grenzen des alten Inlandeises weiter nach Süden, als sonst irgendwo. Über die SeenfüUe Ganadas ist noch zu wenig bekannt, von den Vereinigten Staaten scheint Minnesota mit seinen 10000 Seen ähnliche Verhältnisse aufzuweisen

Die Seen. 589

wie Finland. Daß die Seenbildnog mit der Eisbedecknng in ursäch- lichem Zusammenhange stehen muß^ kann niemand mehr leugnen, aber in betreff des Wie sind die Ansichten noch nicht im entfern- testen geklärt Pence machte auf den Gegensatz der Zentral- und Handbezirke der alten Gletschergebiete aufmerksam; die ersteren sind die „R^ii^dhöckerlandschaften", wo die Erosion vorherrschte, wo abgeschliflfener Fels häufig zu Tage tritt, und viele echte Felsenbecken, manchmal parallel angeordnet, wie in Finland, vorkommen; die letzteren sind die an Seen verhältnismäßig ärmeren Moränengebiete mit ihren Wall- und Dammbecken. Allein gerade die Felsenbecken sind noch immer ein Gegenstand des wissenschaftUchen Streites, be- sonders die großen südschwedischen Seen, die in die von Gneiß umgebenen weicheren silurischen Schichten eingetieft sind. Die Frage, ob sie durch Gletschererosion entstanden sind, muß jedenfalls noch als eine offene bezeichnet werden. Anderseits kam Gbinitz* bei seinen eingehenden Untersuchungen des mecklenburgischen Randge- bietes des alten Inlandeises zu der Überzeugung, daß hier nicht alle Seen in Moränenbecken liegen, sondern daß ganz verschiedene Ursachen, sogar tektonische hier mitgespielt haben, wenn er auch die Eversion durch die Schmelzwässer des Eises für die wichtigste erklärte. Aus der Tabelle auf S. 538 ersehen wir, daß die größeren Seen der Glazialgebiete verhältnismäßig flach sind; daneben giebt es aber kleine Becken, wie den Höftaee, die sich in Bezug auf relative Tiefe mit den Gebirgsseen messen können, und auf diese könnte die Evorsions- theorie wohl Anwendung finden. Einen Beweis dafür, daß die See- becken Ostholsteins mit der Diluvialablagerung gleichzeitig entstan- den sind, sieht Ule^ mit Eecht darin, daß ihre Gestaltung immer im Einklänge steht mit der Oberfiächenbeschaffenheit der nächsten Um- gebung; und es wird dies noch durch die Wahrnehmung bestätigt, daß der glaziale Geschiebelehm gleichmäßig Höhen und Tiefen überkleidet und an den Ufern der Seen bis zuip Wasserspiegel herabsinkt

Für den großen Anteil, den die Eiszeit an der Seenbildung genommen hat, sprechen übrigens auch die Gebirgsseen. Es sind teils Moränenseen, teils echte Felsbecken, die hier in Betracht kommen, und die wir in allen Gebirgen finden, die einst ver- gletschert waren. Wir haben hier zwischen Hoch- und Thal- seen zu unterscheiden; nur die ersteren, meist kleine Becken auf den Berghängen, Pässen und in den Karen, sind ein all- gemein verbreitetes Phänomen. An relativer Tiefe übertreffen sie, wie uns der Karsee in unserer Tabelle auf S. 538 zeigt, viel- fach die großen Seen. Besonders bedeutsam ist aber die That-

540 Morphologie des Landes.

Sache, daß sie an gewisse Höhenzonen gebunden sind. In den Ost- alpen zählte Böhm* 2460 solcher Hochseen; abgesehen von den 224, deren Seehöhe nicht zu ermitteln war, liegen in

3000—2500 m Höhe 389

2500—2000 958

2000—1500 494

unter 1500 400.

Die Höhenzone mit reichlicherer Entfaltung des Seenphänomens findet sich auch in anderen Gebirgen, und es ist besonders beachtens- wert, daß sie vom Äquator gegen die Pole, wenn auch nicht regel- mäßig, sich senkt. Sie liegt im mittleren Norwegen in 1000 löüO, in der spanischen Sierra Nevada in 2900 3200, im Himalaja in 4 5000, in den peruanischen Anden in 4300 4600m Höhe; dagegen in den höheren südlichen Breiten, entsprechend der Senkung der Schneelinie, viel tiefer: in Patagonien unter 1000, auf Neuseeland in 600 1200 m Seehöhe. Daß auch hier eine ursächHche Ver- knüpfung mit der Vergletscherung vorliegt, ist schwer abzuweisen. Die Anhänger der Lehre von der Gletschererosion fuhren die

Seellsbcrg

He ere > ipi» g el

Fig. 188. Profil durch den Umer See nach Heim (in gleichem Verhältnisse von I^nge und Höhe).

untere Grenze des häufigen Vorkommens der Hochseen auf die letzte Phase der diluvialen Vereisung zurück, während die obere zum Teil durch die gegenwärtige Gletscherbedeckung, zum Teil durch die Steil- heit der Gehänge bedingt sein soll.

In den Alpen folgt auf die Hochseenzone eine seenanne, dann die Zone der großen Thal- und Randseen, die sich im Norden vom Lac du Bourget bis zum Traunsee, im Süden vom Lago d'Orta bis zum Gardasee erstreckt Die inneren Thalseen zeichnen sich vor den Randseen durch eine 3—4 mal größere relative Tiefe aus (vgl. Hallstätter und Genfer See auf S. 538), doch ist sie auch bei den Randseen noch immer bedeutender, als bei den Seen des Flach- landes. Daß jene Seen diluvialen Alters sind, wird jetzt auch von den Gegnern der Glazialtheorie zugestanden; im übrigen stehen sich aber die Meinungen noch schroff gegenüber. Die bedeutendsten

Die Seen.

541

Schweizer Geologen erklären sie für tektonische Becken und Heim schreibt sie neuerdings^ einem Rücksinken des ganzen Alpen- gebirges nach der ersten Eiszeit zu, wodurch die nach den'' Ebenen sich öffnenden Thäler ein widersinniges Gefälle erhielten. Die so entstandenen Seen wurden in ihren oberen Teilen mit Glazialschotter ausgefüllt, überdauerten aber wenigstens in ihren unteren Teilen die folgenden Eiszeiten, die sie durch Gletscherausfüllung vor Zu- schüttung schützten. Man beruft sich auf die Thatsache, daß diese Seen mit den Thälem auf das innigste verknüpft sind, und ferner, daß ihr Grund nicht, wie man früher glaubte, in bedeutende Tiefen hinabreicht, sondern eine fast ebene Thalsohle darstellt. Besonders interessant sind in dieser Beziehung die Messungen Heims im oberen Teile des Vierwaldstätter Sees (Urner See, Fig. 188), wobei sich folgende Zahlen ergaben:

Entfernung vom westlichen Ufer

m 65 Tiefe: m 203

125 204

255 205

Mitte

204

Entfernung vom östlichen Ufer

160 197

125 m 102 m

Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte Simony in Bezug auf die Seen des SaLzkammergutes; auch er betont die außerordentliche Gleich- förmigkeit des Bodens selbst kleiner Seen. Im Gmundener See fand er auf eine Länge von 2000 m und in 400 900 m Breite nur Niveaudifferenzen von 1 1^, m. Solch ein ebener Boden mit steilen Seitenwänden wird nach unseren Erfahrungen nur von fließendem Wasser geschaffen; er muß also geneigter Thalgrund gewesen sein^ ehe sich ruhende Wasserschichten über ihn ausbreiteten.

In Bezug auf die Seen, die an ihrem Ausgange nicht von jungen Bodenbewegungen getroffen wurden, oder die wie die bayrischen Vorlandseen in ungestörte Schichten sich einsenken, stößt die tektonische Theorie auf Schwierigkeiten. Eamsay erblickte auch in den großen Alpenseen Erzeugnisse der Gletschererosion, aber schwer vereinbar ist damit ihre geographische Verteilung, sowohl in den Alpen, wo sie manchen Betten großer Eisströme fehlen, wie in an- deren Gebirgen. Wohl sind Schottland, Norwegen, die Alpen Neu- seelands reich an Thalseen, aber andere Gebirge mit mächtiger dilu- vialer Eisdecke, wie die Pyrenäen, der Kaukasus, der Himalaja, ent- behren dieses Reizes. Die tektonische Theorie findet dagegen eine Erklärung fQr dieses Verhalten darin, daß seenbildende Boden- bewegungen und Vergletscherung räumlich und zeitlich nicht zusammen- fielen. Sie benötigt also der diluvialen Thalgletscher lediglich zur Konservierung der Seebecken. Indes bemerkt Penck mit Recht,

542 Morphologie des Landes.

daß eine einzige Theorie nicht für alle Thal- und ßandseen passe. Man sieht, auch in dieser Frage ist nur ein mäßiger Fortschritt zu verzeichnen.

Mit einem höheren Grade von Wahrscheinlichkeit hönnen vir im syrisch-ostafrikanischen Grahengehiete von tektonischen Seen sprechen. Dies gilt wenigstens von den Seen des Jordanthaies, dem Eudolfsee, Tanganika, Njassa und einigen anderen, während der in seinen umrissen ganz davon abweichende und, wie es scheint, flache Victoria-See nicht in einer Grabenversenkung liegt Messungen liegen nur vom Toten Meere vor, es ähnelt nach unserer Angabe auf Seite 538 in seiner relativen Tiefe den alpinen Randseen, würde sie aber bei weitem übertreflfen, wenn wir die ehemalige Höhe des Wasserspiegels der Berechnung zu Grunde legen wurden.

Ein anderes großes Seengebiet, das mit der Eiszeit in keinerlei Verbindung steht, ist das aral-kaspische, der letzte Überrest eines ausgedehnten Meeres, das sich in der jüngeren Tertiärzeit bis in das Wiener Becken erstreckte und seitdem stetig zusammenschmolz und noch weiter zusammenschmilzt Aber noch in der Quartärzeit hingen Kaspisee und Schwarzes Meer zusammen, erst später trat letztere? mit dem Mittelmeere in Verbindung. Die tiefe Südhälfte des Kaspi- sees erklärt Andbtjssow^ für ein Senkungsbecken, die Nordhälfte und die übrigen Becken sind ganz flache tellerförmige Vertiefungen, wie sie in Trockengebieten, z. B. in Zentralasien oder im Innern Australiens, so häufig sind. Viele davon nehmen keine selbstän- digen Vertiefungen ein, sondern bilden sich einfach an der tiefeten Stelle eines weiten Hohlraumes, wie solche aus der Ablagerung Ton Steppengebilden hervorgehen, durch die Ansammlung des fließenden Wassers. Solch ein Mtindungssee ist der Lob-nor Zentralasiens, das erweiterte Ende des Tarimlaufes.

Süß- und SalzwasBerseen. Meeresteile, die sich in Binnenseen verwandeln, haben selbstverständlich ursprünglich salziges Wasser; Seen, die nur durch meteorisches, Grund- und Flußwasser gefällt wurden, haben ursprünglich süßes Wasser, vorausgesetzt, daß sie nicht starke Soolquellen aufnehmen, wie die ehemaligen Seen bei Bs- leben. Ob der ursprüngliche Zustand gewahrt bleibt oder sich ver- ändert, hängt aber ganz davon ab, ob der See Abfluß hat oder nicht. Der Abfluß kann ober- oder unterirdisch sein oder beides zugleich, wie wahrscheinlich beim Königsee; er kann permanent sein oder periodisch, wie beim Tanganika. Hört er auf, oder war ursprüng- lich, wie bei den Mündungsseen, keiner vorhanden, so häufen sich die von den Flüssen herbeigeführten Salze im See an, da die Ver- dunstung, die den Zufluß paralysiert, nur Wasser entfernt, und der

Die Seen. 543

Säßwassersee verwandelt sich in einen salzigen. Umgekehrt werden Salzwasserseen ausgesüßt^ wenn Abfluß vorhanden ist Doch giebt es einige Ausnahmen von dieser Regel. Der Tsadsee und (nach Blanfobd) ein kleiner See bei Dastarjan, westlich von Schiras, ent- halten trotz ihrer Abflußlosigkeit Süßwasser. Ersterer hatte zwar früher und hat periodisch vielleicht jetzt noch einen Abfluß im Bahr el Ghasal, der sich in der Wüste verliert; aber immerhin ist seine Salzarmut auffallend, besonders, da in der Umgebung salzführende Ge- steine anstehen.

Der Salzgehalt ist nicht nur bei verschiedenen Seen sehr ver- schieden,^ sondern wechselt auch innerhalb eines und desselben Sees. Er beträgt im Kaspisee bei der Wolgamündung 0,i6, bei Baku 1.33, am Südende der Kaidakbai 5,6S und im flachen Golfe Earabugas, der nur durch eine schmale Oflfnimg mit dem übrigen See in Ver- bindung steht, 28,6 Proz. v. Baeb hat diese enormen Unterschiede darauf zurückgeführt, daß der See noch jetzt ausgesüßt werde, und daß sich alles Salz im Karabugas anhäufe, während Peschel den, im allgemeinen geringen, Salzgehalt des Kaspi- und Aralsees aus ihrer einstigen Verbindung mit dem Ozean zu erklären suchte und auf die Ostsee hinwies, die unter gleichen Verhältnissen nahezu aus- gesüßt wird.

Nicht bloß der Reichtum an Salzen, sondern auch diese selbst sind in verschiedenen Seen verschieden, und wechseln in ihren Ver- hältniszahlen auch in einem und demselben See, wie Abich vom Kaspisee nachwies. Man unterscheidet in dieser Beziehung Salz- seen im engeren Sinne, Natron- und Boraxseen. Bei den ersteren, die auch die zahlreichsten sind, herrscht meist Kochsalz vor; da- neben findet man Chlormagnesium, schwefelsaure Magnesia und schwefelsaures Natron. Im Eltonsee und im Toten Meere übertrifft, das Chlormagnesium alle anderen Salze. Zu den Natronseen ge- hören z. B. der Wansee, der Güsgundag, der See bei Ägyptisch- Theben und kleine Seen bei Szegedin und Debreczin. Hauptbestand- teile sind hier Kochsalz, kohlensaures und schwefelsaures Natron, von denen meist die erste, manchmal aber auch die zweite Verbin-

X Nach Roth beträgt der Salzgehalt in Prozenten (d. h. unter 100 Teilen Wasser):

Natronsee Palics (zwischen Szege- din und Theresiopel) .... 0,22

Kuku Nor 1,07

Aralsee . - 1,08

Wansee l,»i

Großer Salzsee, Utah (2 Mess.) 18,6o

ünniasee (3 Messungen) . . . 21, 05

Totes Meer (4 Messungen) . . 23,75

Eltonsee (3 Messungen) . . . 27,oe

Eoter See bei Perekop (2 Mess.) 32,87

Bitterseen des Sueskanals (2 Mess.) 5,37 Qüsgundagamkl.Ararat(2Mess.) 36,8o

544

Morphologie des Landes.

dung vorherrscht. In Ungarn kommt nach Petebs der Salzgehalt von den trachytischen Gemengteilen der Tief landsablagerungen. Sehr selten sind die Boraxseen, die neben Borax stets auch Kochsalz enthalten. Man kennt solche nur in Zentralasien, Persieo, Califomien imd Nevada.

Erlöschen der Seen. Die Seen gehören zu den vergänglichsteu Reizen einer Landschaft. Indem sich der Abfluß immer tiefer ein- schneidet, droht ihnen allmähliche Entleerung; und wenn dieser

Prozeß auch ein langsamer ist, so sind ihm doch sicher schon viele Bergseeu zum Opfer gefallen. Mit unheimlicher Schnelligkeit, die so manchen zu dem falschen Schlüsse einer sichtlichen Ver- schlechterung des Klimas verleitet hat gehen die Seen der Trockengebiete, wo die Verdunstung beträchtlich die Niederschlagsmenge übersteigt,^ an Abzehrung zu Grunde. In TurkestiiD und im angrenzenden WestsibirieD lassen sich diese Veränderungen in der geschichtlichen Zeit gut ver- folgen. Das Kärtchen in Fig. 189 überhebt uns weiterer Auseinander- setzungen, nur darauf möge auf- merksam gemacht werden, wie mit der Abnahme der Seenfläche die Zahl der Seen zunimmt Der Balkaschsee stand noch in geschichtlischer Zeit mit dem Alakul in Verbindung; jetzt istdiese große Wasserfläche in fünf Seen aufge- löst, von denen einer schon ausge- trocknet ist Nach Nikolskis Beobachtung sinkt der Spiegel des Balkaschsees in 15 Jahren um 1 m, was einer jährlichen Ver-

Fig. 189. Veränderungen des Abysch- kansees in Westsibirien , nach Jad- RINZEW.^ Die punktierte Seenfläche ist seit 1813->24, die schraffierte seit 1850 60 ausgetrocknet; schwarz be- deutet die Seenreste i. J. 1880.

X Folgende Beobachtungen stammen aus den Jahren 1875 79:

Stationen im aral-kaspischen Tiefland

Astrachan

Akmolinsk

Nukus |1

Petro-Alezandrowsk I

Durchschnittliche jährliche

mm

744 1085 1931 2321

mm

156

233

71

65

Di« Seen. 545

dunstung von 1,3 Mill. cbm entspricht, die Südhälfte bildet sich bereits in einen Salzsumpf um.' Auch die großen russischen Seen haben an Umfang verloren; am Onegasee ist ein altes Ufer noch 20 m über dem gegenwärtigen Spiegel sichtbar. Die australischen Binnenseen verdienen nur mehr die Bezeichnung Moräste; der Lake Eyre hat nur mehr eine Tiefe von 0,8 bis 0,9 m. Gewaltige Ver- änderungen hat auch Nordamerika seit der Eiszeit erlebt. Von seinen beiden Riesenseen auf dem westlichen Hochlande; dem Lahontan- und dem Bonneville-See (vergl. S. 184), sind nur noch spärliche Beste vorhanden, unten denen der Salzsee von Utah der bedeutendste ist; der Winnipeg- und eine Anzahl kleinerer Seen traten an die Stelle des Agassiz-Sees, und auch die canadische Gruppe bildete einst eine einzige Wasserfläche: den See Algonquin.

In regenreichen Gegenden wird die Existenz der Seen durch die Zuflüsse bedroht, die ihre Geschiebelasten im stehenden Wasser ablagern, und es ist leicht erkläi*lich, daß in Gebirgen dieser Prozeß sich rascher abspielt, als im Flachlande. Breite alluviale Thalebenen schließen sich an das obere Ende der meisten Alpen- seen an, deren einstige Ausdehnung verratend. So reichte der (jienfer See bis Bex, der Brienzer bis Meiringen, der Bodensee bis BendeiTi, der Umersee bis Erstfeld, der Lago maggiore bis Bellin- zona u. s. w. Seitwärts mündende Bäche schneiden durch Deltas die Seen entzwei; die Lütschine trennte beispielsweise den Thuner vom Brienzer See, die Adda den Como- vom Mezzolasee, die Linth vielleicht den Züricher vom Wallensee. Am St. Wolfgangsee bei Isclil oder an den Engadiner Seen läßt sich dieser Vorgang gut beobachten.

Wenn man aber, wie dies häufig geschehen ist, alle größeren Thalebenen flir zugeschüttete Seebecken erklärt, so geht man zu weit. Auch die seitliche Erosion schafft Thalweitungen und damit geht Hand in Hand die Auftragung von Alluvionen. Doch ist in zahlreichen Fällen jene Annahme richtig. Manche Gebirgsseen ver- schwanden erst in geschichtlicher Zeit völlig, wie 1817 der Novaledo- see und 1818 der Lago morto im Valsugana, oder der Kankersee in Krain seit dem 18. Jahrhundert. Von anderen kennt man zwar nicht das Todesjahr, aber Sagen des Volkes oder Ortsnamen haben ihr Andenken erhalten. Aus einem Vergleiche der ANiCHschen und HcEBEBschen Karte von Tirol und der neuen Spezialkarte ergiebt sich, daß in diesem Lande innerhalb eines Jahrhunderts 118 Seen verschwunden sind. Kleine Wasseransammlungen, sumpfige und moorige Stellen, saure Wiesen u. s. w. sind ziemlich sichere An- zeichen eines erloschenen Sees; und nicht minder zuverlässig ist

SuPAU, PhvBische Erdkunde. 2. Aufl. 35

546 Morphologie des Landes.

ein orograplüsches Merkmal, nämlich die rundliche Gestalt eine- Thalbeckens. Die größte Thalfläche innerhalb der Alpen, die nord- krainische Ebene (633 qkm), war in vordiluvialer Zeit ein See, den die Save und die übrigen alpinen Zuflüsse successive von Nordwesten nach Südosten mit mächtigen Kiesmassen zuschütteten, während dit Karstflüsse mit einer einzigen Ausnahme nur Sand und Schlamiu herbeiführten. Der südliche Teil blieb daher noch lange See, al- der nördliche schon ausgefüllt war; Pfahlbauten wurden in dem- selben gefunden, und noch jetzt i«t er eine 144 qkm große Moor- fläche (s. Fig. 96 S. 358).

Sumpf und Moor. Bei der Umwandlung der Seen in Land spielen neben den Flußsedimenten und den atmosphänschen Al>- lagerungen auch die Pflanzen eine hervorragende Bolle. Ihrt- Thätigkeit beschränkt sich aber hauptsächlich auf jene Seen, b*^i denen nur die oberste Wasserschicht durch Zu- und Abfluß bewegt wird, und deren windgeschützte Lage eine starke Wellenbeweguns verhindert. Nach Senfts Beobachtungen schreitet der Ver- moorungsprozeß entweder von oben nach unten, oder von unten nach oben fort, je nachdem der Boden reich an im Wasser löslicher Kieselsäure und kieselsaurem Kali, aber arm an kohlensaurem K;ilk ist; oder neben etwas Kieselsäure eine große Menge gelöster Kalfc- salze liefert. Der erste Vorgang wird also in kalkarmen Gegenden, der zweite hauptsächlich im Kalkgebirge stattfinden.

Im ersteren Falle beginnt die Vermoorung stets am Ufer, und zwar in feuchten Vertiefungen oder Löchern, die z. B. durch das Ausroden von Baumwurzeln entstehen. Hier siedeln sich zunächst gemeines Borstengras und das Sumpf- und Wassermoos (Sphagnum an: Gewächse, welche nicht nur die Bodenfeuchtigkeit festhalten, sondern auch den atmosphärischen Dampfgehalt an sich ziehen, und auf diese Weise ihre Unterlage, wie auch deren nächste Umgebun^^ immer mehr versumpfen und so sich selbst die Bedingungen zu immer ausgebreiteterem Wachstum schaffen. Namentlich die Wasser- moose, die in dichten Filzlagem beisammen wachsen und in ihren oberen Teilen noch fortvegetieren und sich vermehren, wenn auch die unteren schon abgestorben sind, verbreiten sich außer- ordentlich rasch, und zwar im vorliegenden Falle nicht bloß land- einwärts, sondern auch seewärts, indem sie den Wasserspiegel mit einer immer. dicker werdenden Decke zum Teil oder ganz über- ziehen. Konferven und andere Algen, Ried- und Wollgräser oder die Torfheide siedeln sich hier an und vergrößern das Gewicht der Decke, die immer tiefer unter den Wasserspiegel sinkt; und da immer neue Pflanzen die Überfläche einnehmen, so kann endlich

Die Seen. 547

die aus vielen Generationen aufgebaute Pflanzenschicht den Grund des Sees erreichen, womit der Prozeß der Landbildung abge- schlossen ist.

Im zweiten Fall wird zunächst die, an das Ufer grenzende seichte und schlammige Zone des Seebodens von Algen und schwim- menden Wasserpflanzen, dann von Schilfrohr, Binsen, Schein- und Wassergräsem; und zuletzt, wenn sich der Boden bereits so- weit erhöht hat, daß er nur mehr periodisch überschwemmt wird, von Bied- und Wollgräsern eingenommen. Da diese Ablagerungen wegen ihrer schlammigen Beschaflfenheit über ihren seewärts ge- legenen Eand hinausgepreßt werden, so rückt die Landbildung kon- zentrisch gegen die Mitte des Sees vor und kann ihn endlich, vor- ausgesetzt, daß er nicht zu tief ist oder daß Schotterablagerungen genügend vorgearbeitet haben, völlig in eine sumpfige Grasflur (Ried oder Moos) verwandeln.

Unter dem Wasser, das den Zutritt der Luft verhindert, ver- fallt die vegetabilische Masse einem langsamen Verkohlungsprozesse, der den Torf liefert. Da bei hoher Temperatur die Zersetzung der abgestorbenen Organismen sehr rasch vor sich geht, so sind im allgemeinen die Torfmoore nur auf die gemäßigte und kalte Zone beschränkt, und kommen im tropischen Erdgürtel nur dort vor, wo ähnliche Bedingungen, wie in unseren Gegenden, vorhanden sind. Sümpfe und Moore sind aber nicht immer das letzte Ent- wicklungsstadium eines Sees. Sümpfe können sich überall auf wasserundurchlässigem Boden mit geringem Gefälle bilden; sie be- gleiten viele Flachküsten und die Ufer großer Flüsse, besonders dann, wenn deren Niveau höher liegt, als das umliegende Land; oder sie verdanken ihre Entstehung dem austretenden Grund- wasser in einer Bodendepression, wie die Moose des Münchener Beckens. In der Regenzeit verwandeln sich viele Gebiete der tro- pischen Ebenen in Sumpf landschaften, die aber bald wieder aus- trocknen, während in den Gegenden mit gleichmäßigen Niederschlägen viele Sümpfe permanent sind.

Moore bilden sich auch auf trockenem Grunde, von dem das Wasser abfließen kann, wie beispielsweise im nordwesthchen Deutsch- land. Man nennt sie Hochmoore im Gegensatze zum Tiefmoor, das häufig an die Stelle der Seen tritt Haben in nassen Jahren oder bei hohem Grundwasserstande die Sphagnumarten allein oder im Vereine mit anderen torf bildenden Pflanzen an irgend einer Stelle festen Fuß gefaßt, so setzt sich der Vermoorungsprozeß in der schon oben geschilderten Weise unaufhaltsam fort, und einem gewölbten Riesenschwamme ähnlich überzieht das Hochmoor bald Berg und

35*

548 Morphologie des Landes.

Thal (Fig. 190). Manchmal zerreißt seine, durch Gase und Wasser straff gespannte vertilzte Decke plötzlich, und gewaltige Schlamm- ströme stürzen dann hervor, weithin das Land verwüstend. Nament- lich in Irland ist dieses Phänomen nicht selten; der Schlammstrom von Kinalady am 25. Juni 1821 riß Häuser und Wälder mit sich fort und bedeckte eine Fläche von mehr als 13qkm.

Fig. 190. Profil der östlichen Linie des Hunte- Ems-Kan als (Oldenbnig)

nach Schacht.*"

(Die Zahlen geben die Mächtigkeit des Untergmndes und des Hochmoores.)

Das Wachstum des Torfes hört auf, wenn er infolge der Ver- legung eines Flußlaufes, Eröffnung eines genügenden Ahflusses oder infolge anderer Veränderungen völlig austrocknet; oder wenn um- gekehrt der Wassergehalt so sehr zunimmt, daß der Boden in einen Morast verwandelt wird, der die Fortexistenz der torfhildenden Ge- wächse nicht mehr gestattet

Litteraturnachweise. * R. Credneb, Die Reliktenseen, Gotha 1887 SS (Ergftnznngshefte 86 u. 89 zu Petsrmanns Mitteilungen). ' Petermax^s Mit- teilungen 1894, S. 200. ^ Geinitz, Über die Entstehung der mecklenburgischen Seen, im Archiv des Vereins d. Freunde d. Naturgeschichte in Mecklenbnig 1885; Die Seen, Moore und Flußläufe Mecklenburgs, Güstrow 1886. Ule, Die Tiefenverhältnisse der ostholsteinschen Seen, im Jahrbuche d. preußischen geologischen Landesanstalt für 1890. ' Böhm, Die Hochseen der Ostalpea in den Mitteilungen der Wiener Geographischen Gesell^haft 1886. Hedc. Die Entstehung der alpinen Randseen, in der Vierteljahrsschrift der natur- forschenden Gesellschaft in Zürich, 1894. ^ Andbussow, in den Iswestija der Russischen Geographischen Gesellschaft, 1888, S. 91. ® Jadrinzew in den Iswestija der Russischen Geographischen Gesellschaft 1886, S. 53. Mit- teilung Venjükows in d. Comptes rendus d. französ. Akad. d. Wiss. 1886, S. 1045. " Schacht, Moore des Herzogtums Oldenburg, in Petermakits Mit- teilungen 188S.

Die horizontale Gliederung des Festlandes.

Die Halbinseln. Wie der vertikale Aufbau, so sind auch die Umrisse der Festländer in ihren Hauptzügen das Produkt einer langen Ent- wicklungsgeschichte. Strandverschiebungen spielen dabei die Haupt- rolle. In zutreflFender Weise hat man die Kontinente mit Organismen verglichen, und Halbinseln und küstennahe Inseln als Glieder be-

Die horizontale Gliederung des Festlandes. 549

zeichnet, die in der That auch wie Arme nach benachbarten Erd- räumen hinül)ergreifen.

Die Halbinseln, zu deren Betrachtung wir nun übergehen, sind sehr ungleichmäßig verteilt. Ihr Areal beträgt in Prozenten, der Gesamtfläche des Kontinentes (ohne die Inseln):

Nordkontinente

Europa 29,7

Asien 20,5

Nord- and Zentralamerika . . lO.s

Südkontinente

Australien 1,4

Südamerika 0,4

Afrika 0,0

Die Halbinselbildung ist also vorwiegend ein den nördlichen Festländern eigentümliches Phänomen, und von diesen ist wieder Europa am meisten gegliedert. Es besitzt überdies alle Haupt- formen der Halbinseln. Die mit dem Festlande innig verwachsene Bretagne, eigentlich nur ein scharf markierter Vorsprung desselben, stellt uns das kontinentale Extrem ; die Krim dagegen, die nur durch den 1 1 km breiten, sandigen Isthmus von Perekop mit dem Festlande zusammenhängt, das insulare Extrem dar. Übergänge finden wir in der Balkanhalbinsel, die sich zwar schon deutlich vom Kontinent abgliedert, aber doch nur ganz allmählich aus demselben hervor- wächst; in der italienischen, die nur mehr mit einem schmalen Ge- birgsstücke an das Festland gekettet ist; endlich in der orographisch selbständigen pyrenäischen Halbinsel, die als ein fremdes Anhängsel am europäischen Körper erscheint. Nur ist hier, im Gegensatze zur Krim, das Verbindungsglied eine breite Ebene.

Schon aus dieser kurzen Betrachtung ergiebt sich, daß Halb- inseln auf zweierlei Weise sich bilden können: durch Ab- und durch Angliederung; die erstere geschieht durch eine positive, die letz- tere durch eine negative Niveauveränderung. In deü abgegliederten Halbinseln setzt sich stets die Geländeform des benach- barten Festlandsteiles fort. Die beiden unteren Stufen des Karstes bilden die Halbinsel Istrien, und dasselbe Gebirgssystem zieht durch die ganze Westhälfte der Balkanhalbinsel bis in den Peloponnes fort Ebenso gehören das serbische und das Banater- gebirge geognostisch und orographisch zusammen. Zwei Gebirgszüge aus krystallinischem Gestein ziehen aus Armenien in die kleinasi- atische Halbinsel hinein, endigen am Kysyl Irmak und tauchen im Westen wieder aus der tertiären Ebene auf. Die Gebirge, die Hinterindien in südstidöstlicher Richtung durchziehen, beginnen nach V. RiCHTHOFENS Ansicht auf dem Kontinent schon unter 32® B. Das granitisch -vulkanische Gebirge des nördlichen Teiles der cali- fomischen Halbinsel endigt auf dem Festlandsnimpfe erst bei Los

550 Morphologie des Landes.

Angeles. Zu gleichen Ergebnissen dürfte wohl auch eine genaue geologische Untersuchung der Gebirge von Korea und Kamtschatka führen. Auch die Apenninen Italiens sind nur ein Ausläufer des alpinen Systems, während die Poebene erst in der Quartarzeit dem Meere abgerungen wurde. Italien gehört also nur scheinbar zu den abgegliederten Halbinseln mit breiter Basis. Noch schmäler als der Apenninen-Jsthmus ist das Verbindungsglied zwischen Neuschottland und Neubrau nschweig. Es besteht aus Karbonschichten, die vom Festlande auf die Halbinsel hinüberstreichen; und es unterhegt keinem Zweifel, daß die Gezeitenströmungen wesentlich znr Zer- störung der Landenge beigetragen haben (vgl. S. 423). Wo das Hinterland flach oder hügelig ist, finden wir dieselbe Geländeform auch auf den abgegliederten Halbinseln, so auf der jütischen und wahrscheinlich auch in Labrador und Arabien.

Die angegliederten Halbinseln sind dagegen geologisch und orographisch selbständige Individuen, und dieser Cha- rakterzug drückt sich auch meist in den geschichtUchen Schicksalen ihrer Bewohner aus. Eine Tiefebene von jugendlichem Alter stellt die Verbindung mit dem kontinentalen Bumpfe her. Der Anschluß der iberischen Halbinsel an Frankreich vollzog sich zugleich mit der letzten Aufrichtung der Pyrenäen; die miocänen Schichten, die die südj&ran- zösische Tiefebene bedecken und an der Gebirgsfaltung nicht mehr teilgenonmien haben, sind Süßwasserablagerungen. In gleicher Weise gewann Asien das altkrystallinische Massiv von Dekan bei der Aut- richtung des Himalaja, also ebenfalls in der Tertiärzeit, und seit- dem wurde die Verbindung durch die Aufschüttung von Flußsedi- menten in der hindustanischen Tiefebene eine immer festere. Erst in der Quartärzeit schloß sich die Krim mit ihrem isolierten Jaila- gebirge, und das aus altkrystallinischen Gesteinen bestehende finnisch- skandinavische Plateau an das Festland an. Der Ladoga- und Onegasee sind vielleicht noch Überreste der einst die Ostsee mit dem Weißen Meere verbindenden Wasserstraße.

Eine Kombination beider Arten ist Florida. Soweit es aus tertiärem Kalk besteht (d. h. der größte Teil der Halbinsel), ist es eine kontinentale Fortsetzung. Nach allen Seiten hat es sich aber durch Ansatz junger Muschel- und Korallenkalke vergrößert nament- lich im Süden, jenem eigentümlichen Mitteldinge von Sumpf und See, das nur P/^ 2 m über dem Meeresspiegel liegt Bei anderen abgegliederten Hsdbinseln sind die angegliederten Stücke orographisch noch viel schärfer markiert Die Stiefelgestalt Italiens ist das Pro- dukt einer solchen Kombination. An zwei Stellen (im Cratithal und zwischen den Buchten von S. Eufemia und Squillace) wird das kir-

Die horizontale Gliederung des Festlandes. 551

^tallinische Gebirge der Halbinsel Calabrien von horizontal gelagerten ileeresbildungen tertiären Alters, die von Küste zu Küste reichen, durchschnitten, und diesen geologischen Unterbrechungen entsprechen auch orographische Depressionen. Hier wurden also zwei Inseln angegliedert, die aber mit dem Apenninensjstem in einem inneren Zusammenhange stehen (vgl. S. 480). Dagegen ist der Sporn von Italien, der Mte. Gargano, ein den Apenninen ganz fremdes Gebirgs- stück und von jenen auch durch eine weite Ebene getrennt Seine Landschneckenfauna zeigt nach Kobelts Untersuchungen auch jetzt noch nicht den italienischen Charakter. Noch schärfer ausgeprägt sind die sekundären Halbinselbildungen der Balkanhalbinsel. Die mittlere und östliche Landzunge von Chalkidike sind erst in der jungtertiären Zeit angewachsen, während die westliche eine ab- gegliederte Halbinsel ist In die spätere tertiäre Periode fällt auch die Angliederung des Peloponnes, denn zwischen den aus Kreide- kalk bestehenden Bergen, der Geraneia in Megara (1370 m) und dem Oneion in Morea (582 m), bilden horizontal gelagerte, wenn auch von zahlreichen Verwerfungen durchsetzte Tertiärschichten, die mit marinem Pliocän abschließen, den 5900 m breiten Isthmus von Korinth, dessen Maximalhöhe nur 79 m beträgt. Malakka war ebenfalls eine Insel, wie jetzt noch Sumatra, dem es auch in seiner Gestalt sehr ähnlich ist; und seine Verwandlung in eine Halbinsel hat noch nicht seinen faunistischen Charakter verwischen können, denn noch jetzt gleicht seine Tierwelt der der Sundainseln, nicht der Hinterindiens.

Inseln. Im Gegensatze zu den großen Landmasseu oder Konti- nenten nennt man die kleinen von Meer umgebenen Landstücke Inseln.^ Diese Definition scheint auf den ersten Blick allerdings der nötigen Schärfe zu entbehren, in der That reicht sie aber aus, denn zwischen dem kleinsten Kontinent mit 7,6 Mill. qkm (Austra- lien) und der größten unzweifelhaften Insel mit 0,8 MiU. qkm (Neu- <Tuinea) ist doch ein gewaltiger Unterschied. Ein Mittelglied bildet allerdings Grönland mit ca. 2,i Mill. qkm, und manche mögen es vorziehen, dieses Landstück einen kleinen Kontinent zu nennen, wie man ja auch den Kaspisee, der eine ähnlich isolierte Stellung unter den Seen einnimmt, häufig als Meer bezeichnet Das Areal aller bekannten Inseln (Grönland ausgenommen) beträgt ungefähr 8,3 Mill. qkm, davon kommen 57 Prozent auf die 23 Inseln mit mehr als 50000 qkm und nur 43 Prozent auf die übrigen ungezählten

5< Hier werden nur die Meeresinseln berücksichtigt, da nur diese einen Gegensatz zu den Kontinenten bilden.

552 Morphologie des Landes.

Tausende von Eilanden, die zusammengenommen nur ^j^ des europäi- schen Bußlands bedecken würden.

Verhältnismäßig selten sind vereinzelte Inseln, wie St. Helena (123 qkm), Ascension (88 qkm) oder Sala y Gomez (4 qkm); meist treten sie gesellig auf. Entweder wird eine Hauptinsel nur toh einigen Klippen umgeben, wie Island, oder von größeren Eilander, wie Madagaskar. Zwei Hauptinseln enthalten die britische und die Spitzbergen -Gruppe. Doppelinseln sind Neuseeland und Nowaja- Semlja. Eine reihenweise Anordnung zeigen die Antillen, die Aleuten u.'a. Eine anscheinend unregelmäßige Anhäufung größerer und kleinerer Inseln, die aber meist nur aus mehreren Beihen bestehen, nennt man einen Archipel. Auch hier finden wir be- züglich der Größe wieder dieselben Unterschiede, wie bei den einzelnen Inseln. Der malaische Archipel hat 2,8 und der arktisch- amerikanische 1,8 Mill. qkm; auf beide zusammen entfallen als*' ca. 50 Prozent des gesamten Inselareals. Dagegen sind die 180 Bermudainseln (50 qkm) nicht einmal so groß, wie die Republik San Marino.

Gtenetisohe Einteilung.^ Wenn wir die Erfahrungen aus der Gegenwart zu Grunde legen, so können wir sagen, daß Inseln auf zweierlei Weise entstehen können: durch oberflächliche AbtrennuiiL' von der Küste oder durch Wachstum vom Meeresgrunde aus. Die weiteren Untersuchungen werden ergeben, daß diese beiden Kate- gorien der festländischen oder Kontinentalinseln einerseits und der ursprünglichen Inseln anderseits für die meisten bisher ge- nauer studierten Vorkommnisse ausreichen. Daß die Konlinental- inseln zu den GUedern des Festlandes zu zählen sind, bedarf keiner weitläufigen Erörterung, dagegen muß nachdrücklich betont werdeu, daß ursprüngliche und ozeanische Inseln nicht identisch sind, wie ältere Einteilungen annahmen. Es giebt ozeanische Kontinental- inseln, wie Neuseeland oder die Fidschi -Inseln, und es giebt ur- sprüngliche Inseln in solcher Festlandsnähe, daß man sie ebenso gut als parasitische Zuthaten zu den Kontinenten auffassen muß. wie z. B. Vulkankegel, die auf dem Lande selbst entstehen.

KontinentalinBeln, geologischer Beweis. Einen direkten Beweis für die kontinentale Herkunft einer Insel haben wir nur dann, wenn ihre Bildung in geschichtlicher Zeit sich vollzog, oder bei jenen amphibischen Landstücken, die, wie die friesischen Inseln oder der Mount St. Michael in der Mounts-Bai (Comwallis), zur Flutzeit Inseln und zur Ebbezeit Halbinseln sind. Solche direkte Beweise können aber natürlich nur selten erbracht werden; doch haben wir einen Ersatz dafür in indirekten Beweisen zuverlässigster Art. Die

Die horizontale Gliederung des Festlandes. 553

zahlreichen größeren und klemeren Felseneilande, die viele Steil- küsten umschwärmen, verraten sofort ihre kontinentale Abkunft, ehe man sich noch davon überzeugt hat, daß auch ihre geologische Be- schaflFenheit genau mit der der Küste übereinstimmt Ein Beispiel dafür sind die dalmatinischen Inseln, die aus demselben Ereide- kalk (mit untergeordneten Tertiärbildungen) bestehen, wie das dalma- tinische Gebirge. Von Veglia bis Zuri streichen sie nach Nordwesten, d. h. parallel mit der Eüste und dem Streichen der Schichten. Südlich von Sebenico liegt noch ein Stück vollständig erhaltenes Küstenland, und genau in der Richtung desselben liegt weiter nach Süden die Insel Solta. Dagegen sind die süddalmatinischen Inseln in äquatorialer Eichtung gestreckt, was durch eine Wendung im Streichen der Schichten bedingt ist, wie man auf der Halbinsel Sabbioncello gut beobachten kann. Die Cykladenreihenbis Sikinos, Nies und Naxos sind geologisch die Fortsetzungen von Attika und Enböa, die Spitzen eines untergesunkenen Gebirges. Nach den Forschungsergebnissen der österreichischen Geologen* haben wir es nämlich hier mit einer bedeutenden nachpliocänen Niveauveränderung des Landes zu thun, der das Agäische Meer seine Existenz verdankt. Durch denselben Prozeß, durch den Abgliederungshalbinseln ent- stehen, werden also auch an den Rändern derselben die flachen Teile unter Wasser gesetzt oder Einsenkungen durch die Erosion des Meeres erweitert und vertieft und dadurch die Erhebungen in Inseln verwandelt. Die jütische und die Balkan-Halbinsel, Italien, Hinterindien und das polare Amerika mit Labrador werden von solchen festländischen Inseln begleitet.

Senkung und Meereserosion sind die beiden Vorgänge, die bei der Entstehung der KontinentaUnseln in Betracht kommen; die letztere wirkt stets mit, aber mit Ausnahme der kleinen Küsteninseln wohl meist nur als sekundärer Faktor. In Meeren mit stärkerer Brandung muß die Senkung so rasch erfolgt sein, daß die Abrasion nicht gleichen Schritt halten konnte, oder es müssen die ehemaligen Bindegüeder tiefer eingebrochen sein, als die Inselschollen. Natürlich können wir auch hier Tafel-, Rumpf- und Faltenschollen unter- scheiden; die letzteren zeichnen sich durch ihre bogenförmige An- ordnung aus, wie die Antillen und die großen Inselbogen an der pazifischen Westseite. Manchmal sind von dem alten Faltengebirge nur mehr einige spärliche Lappen übrig geblieben, aber Vulkane, die sich darauf erheben, verraten noch die alte Gestalt, wie in den Ale Uten, Kurilen und Riukiu-Inseln. Der Unterschied zwischen kontinentalen und ursprünglichen Vulkaninseln muß strenge aufrecht erhalten werden.

554

Morphologie des Landes.

BiologlBoher Beweis.^ Neben dem geologischen dürfen wir aber auch den biologischen Beweis nicht außer acht lassen, wie e3 leider in den letzten Jahren in Deutschland Mode geworden ist Läßt doch die Pflanzen- und Tierwelt einer Insel bis zu einem gewissen Grade der Sicherheit auch auf die Zeit der Abtrennung vom Festlande schließen. Die britischen Inseln haben 2. B. die Flora und Fauna mit Westeuropa gemein, und wir schließen darau». daß sie noch in der geologischen Gegenwart mit dem Kontinent verbunden waren. Denn wenn auch die Samen mancher PflanzeL und manche Vögel über die zwar schmale, aber unruhige Meeres- straße von Frankreich nach Britannien gelangen konnten, so hätte diese doch für die überwiegende Mehrzahl der Organismen, nament- lich für die Säugetiere ein unüberschreitbares Hindernis ge- bildet. Die Annahme, daß der Mensch alle Pflanzen und Tiere ein- geführt habe, die nützlichen wie die schädlichen, ist ganz ab- gesehen von ihrer Unwahrscheinlichkeit schon deshalb nicht stichhaltig, weil der Reichtum der britischen Fauna in der historischen Zeit abgenommen hat; ja manche Tierformen, wie der Lowe, das Rhinozeros, das Mammut u. s. w., die in der vorgeschichtlichen Periode Britannien bevölkerten, sind gänzlich ausgestorben. Bestätiirt wird das geologisch gesprochen jugendliche Alter der Los- trennung durch die geringe Tiefe des Meeres und durch die geo- gnostische Identität der beiden Ufer der Doverstraße ; vielleicht fieW die letzten Reste der Landbrücke der Meereserosion zum Oi)fer, wie ja auch jetzt noch die Straße immer mehr erweitert wird.

Der Landzusammenhang wurde aber früher aufgehoben, ehe die ganze kontinentale Lebewelt in Britannien einwandern konnte^ und Irland war schon eine Insel, als die Brücke von Dover noch bestand. 5^ Auch deutet das Vorhandensein einiger eigentümlichen Arten auf längere Isolierung hin. Der insulare Endemismus läßt sich auf verschiedene Weise erklären. In den seltensten Fällen ist er ursprünglich, d. h. die betrefifenden Organismen (wohl nur Pflanzen

X Anzahl der Arten nach Wallace:

Festland

England

Irland

Säugetiere

Keptilien und Amphibien . .

1 Landvögel

Phanerogamen und Farne . .

ca. 90 (Deutschland) 22 (Belgien)

40

13

130 1425

22

4

110 970

Die horizontale Gliederung des Festlandes. 555

und niedere Tiere) waren nur auf einen kleinen Verbreitungsbezirk beschränkt, und dieser wurde vom Festland abgetrennt. Wahr- scheinlich ist der Reichtum der deutschen Insel Borkum an eigen- tümlichen Pflanzen darauf zurückzuführen. Häufiger ist der Fall, daß organische Formen unter günstigen Bedingungen auf einer Insel sich erhielten, während sie auf dem Festlande überhaupt oder wenigstens in dem Mutterlande im Kampfe ums Dasein zu Grunde gingen. In den meisten Fällen haben sich aber die eingewanderten Tiere und Pflanzen den neuen Lebensbedingungen allmählich an- gepaßt Veränderte Artenmerkmale konnten sich befestigen, weil eine Vermischung mit der Stammart nicht mehr möglich war. Wie rasch die insulare Abgeschlossenheit unter besonders günstigen Um- standen solche Veränderungen erzeugen kann, lehrt uns folgende Thatsache. Auf den Keelingsinseln wurden durch ein gescheitertes britisches Schiff Eatten eingeführt, und ihre Nachkommen unter- scheiden sich von den englischen Verwandten bereits dadurch, daß sie kleiner und heller gefärbt sind.

Der größere oder geringere Reichtum einer Insel an eigentüm- lichen Arten ist also l^is zu einem gewissen Grade ein Zeugnis für ihr relatives Alter. Berücksichtigen wir nur den Endemismus in den höheren Tierklassen, so erhalten wir beispielsweise nachstehende Reihenfolge: Die britischen Inseln mit 3 Vogelarten, Hainan mit einer Säugetierart und 20 Vogelarten, Forme sa mit 14 Säugetier- arten, 43 Vogelarten und sogar einem Vogelgeschlechte, endlich Ja- pan mit 25 Landsäugetieren (von 30), aber nur 11 Vögeln (von 165 dort lebenden). Alle übrigen Arten stimmen mit denen des benachbarten Festlandes überein, und auch die endemischen sind mit letzteren verwandt. Auf derselben relativen Altersstufe, wie Hainan, stehen die Falklandinseln, deren eigentümliche Arten: der Fuchs, einige Singvögel und ca. 30 Gefäßpflanzen, mit den patagonischen Arten sehr nahe verwandt sind. Trotzdem bezeichnet sie Süss als „ein dem nahen Festlande völlig fremdes, gefaltetes Bruchstück paläozoischer Sedimente". Wir sehen, es kann zwischen einer Insel und einem Kontinente eine zeitweise Landverbindung bestehen, ohne daß die erstere ein Abkömmling des letzteren zu sein braucht.

Einen Fall anderer Art lernen wir im Gebiete des ostindischen Ozeans kennen. Ceylons Säugetierfauna ist entschieden vorder- indisch, und weder durch eine größere Zahl endemischer Formen noch durch den Mangel hervorragender Geschlechter ausgezeichnet, aber für ihre lange Isolierung spricht die Erhaltung altertümlicher Typen, deren Verwandte in Hindustan nicht gefunden werden, wohl

556 Morphologie des lindes.

aber in den benachbarten Teilen von Dekan, das ja erst in der Tertiärzeit an das Festland angegliedert wurde. Gregenüber Dekan ist Ceylon also eine junge Insel, worauf schon die Küstennähe nnd noch mehr die geringe Tiefe der Palkstraße hindeutet, gegenüber dem Festlande aber eine alte Insel. Zu jenen altertümlichen Typen gehört das Fischgeschlecht Eutroplus, dessen Verwandte nur noch in Syrien, Afrika und Südamerika vorkommen, und besonders die Lemurengattung Loris. Wesentlich anders verhält sich Madagaskar mit seinen Inseltrabanten zu Afrika, von dem es ca. 400 km ent- fernt und durch eine Tiefsee getrennt ist. Außer sechs Lemuren- geschlechtem und der ihnen verwandten Familie der Aye-Aye er- hielten sich hier noch andere seltsame Tiergestalten, wie die ende- mische Familie der Cryptoproctidae, ein Kollektivtypus von Katze und Zibethkatze, oder die flugunfälligen Eiesenvögel oder die Riesenschildkröte auf der Insel Aldabra. Die Erhaltung dieser interessanten Faunareste erklärt sich aus der Abwesenheit der mächtigen Feinde, die erst nach der Abtrennung Madagaskars Afrika bevölkerten, wie der echten Affen, der meisten Insekten- fresser und Raubtiere, aller Huftiere mit Ausnahme des kosmo- politischen Schweines, und aller Zahnarmen und Nager mit Aus- nahme der ebenfalls kosmopolitischen Ratten und Mäuse. Auch die übrigen madagassischen Tierklassen zeigen bedeutende Lücken, und ebenso bürgt der Reichtum an endemischen Pflanzen fiir das hohe Alter der ganzen Inselgruppe.

Aus der Verbreitung der Lemuren, die sich außer auf Ceylon und Madagaskar noch in einigen Teilen Südasiens und in Süd- und Westafrika finden, schloß man einst auf die Existenz eines Fest- landes, das von Afrika bis Indien reichte, und das man Lemuria taufte. Mit Recht wies Wallace von seinem tiergeographischen Stand- punkte aus diese Hypothese als überflüssig zurück, da sich die Lemuren ja auch als Überreste einer weit verbreiteten Familie, die auch im Eocän Europas und Nordamerikas nachgewiesen wurde, an weit auseinander liegenden Punkten erhalten haben konnten, ohne daÖ diese jemals unmittelbar zusammenhingen. Dagegen haben die geologischen Untersuchungen der letzten Jahrzehnte den einstigen Landzusammenhang zwischen Dekan und Südafrika, der sich erst in der Tertiärzeit völlig löste, so wahrscheinlich als möglich gemacht. Während diese beiden Schollen mit der alten Welt in Verbindung traten, blieb das madagassische Zwischenstück isoliert und auf einem veralteten faunistischen Standpunkte stehen.

Einen weiteren Beleg dafür, daß der biologische Beweis der steten Unterstützung und Berichtigung durch den geologischen be-

Die horizontale Grliederung des Festlandee. 557

darf, liefert der ostindische Archipel. Die berühmte Wallace- Linie^ die zwischen Bali und Lombok, durch die Makassarstraße und Celebessee verläuft, trennt zwei verschiedene Tierwelten; hierher verlegte Wallace die Grenze zwischen Asien und Australien. Un- zweifelhaft ist die Fauna der drei großen Sundainseln Sumatra, Borneo und Java, die durch ein unterseeisches Plateau von nur 50 m mittlerer Tiefe an Hinterindien gekettet sind, ganz asiatisch; und wenn auf Java mehrere Säugetiere fehlen, die auf den beiden anderen Inseln vorhanden sind, so dürfen wir mit Recht schließen, daß Java sich zuerst losgelöst hat. Noch früher wurden die Philippinen, die auch außerhalb der 200 Meter-Linie liegen, in Inseln verwandelt. Auch hier ist nicht etwa ein besonderer Reichtum an endemischen Formen, sondern das Fehlen großer Affen-, Raubtier- und Huftier- geschlechter ein Beweis dafür. Kleinere Inseln führen nach Formosa und Celebes hinüber, und auf diesen Straßen fanden spätere Ein- wanderungen chinesischer und australischer Vogeltypen statt.

. Auf den östlichen Inseln mischen sich schon indische mit austra- lischen Elementen, und die letzteren gewinnen immer mehr Ober- hand, je weiter wir uns nach Osten wenden. Besonders merkwürdig ist das abenteuerlich gestaltete Celebes, das an drei Seiten von tiefen Meeresbecken umgeben ist, und noch Überreste einer uralten Fauna beherbergt (eine Affenart, Cynopithecus nigrescens, den wilden Stier Anoa depressicomis und die Schweineart Babirusa alfurus, nebst fünf Vogelgeschlechtem), deren Verwandte wie wir an- nehmen müssen sonst überall ausgestorben sind.

Trotzdem ist kein geologischer Grund vorhanden, alle Inseln östlich von der WALLACE-Linie Australien zuzuweisen. Ohne Unter- brechung setzt sich der sumatrisch-javanische Bogen über die Lom- bok-Straße nach den kleinen Sunda-Inseln fort; von den Südwest- Inseln läßt sich ein Vulkanbogen bis zu den Banda-Eilanden, von den Südostinseln ein zweiter nach den südlichen Molukken, von West-Halmahera und Nord-Celebes ein dritter und vierter nach Mindanao verfolgen. Dagegen zeigen Timor und Groß-Kei schon eine andere Streichrichtung, auch ihr geognostischer Aufbau weicht ^on dem der Sundainseln ab und stimmt in einigen wesentlichen Punkten mit dem Australiens überein. Man wird daher Maetin* zustimmen dürfen, wenn er erklärt, daß „im Westen von Groß-Kei und im Nordwesten von Timor eine natürliche, geognostisch wohl- begründete Trennungslinie zwischen den vom asiatischen und austra- lischen Kontinent abgegliederten Inseln" liege.

Auch in anderer Beziehung ist bei der biologischen Beweisführung Vorsicht geboten. Neuguinea und Tasmanien sind unzweifelhaft

558 Morphologie des Landes.

australische Kontinentalinseln und mit diesem Festlande auch doKh eine Flachsee verbunden. Als die jüngere Insel erscheint Tasmanien, aber auch hier fehlen einige Beuteltiergeschlechter und zwei sind endemisch. «Ähnliche Verhältnisse finden wir auf Neuguinea, wo aber auch das australische Schnabeltier fehlt Dagegen giebt es in seiner Vogelwelt zahlreiche indische Elemente, ebenso wie unter seinen Reptilien und Insekten, aber das weist noch nicht auf eine Landverbindung mit dem westlichen Archipel hin. Die Vögel und Insekten konnten sich in diesem inselreichen Meer, wo sich so viele Ruhepunkte ihnen boten, leicht verbreiten; und von den Schlänget, die auf Neuguinea hauptsächlich indischen Ursprungs sind, wissen wir, daß sie auf schwimmenden Baumstämmen und auf Schüfen längere Seereisen ausführen können. Dagegen sind die Amphibien, die mit seltenen Ausnahmen allein auf den Landweg angewiesen sind, insgesamt australisch. Im arktischen Meere läßt die Tiergeogra- phie fast ganz im Stiche. Der Eisbär kommt mit dem Treib- eise überall hin, die Rentiere unternehmen weite Wanderungen ober gefrorene Meeresstraßen, und auch der Polarfuchs, obwohl nicht sc kühn, kann doch gelegentlich mit Treibeis auf eine fem abhegende Insel gelangen. Ob auch der gemeine Fuchs, der in Spitzbergen gefunden wird, und die überall verbreiteten Lemminge ähnliche Reisen ausführen, ist uns nicht bekannt Dagegen ist das fossile Vorkommen von Mammut und Rhinozeros auf den Neusibirischen Inseln und der Fund eines großen Mammutzahnes im Innern des Wrangellandes ein stichhaltiges Zeugnis für den einstigen Land- zusammenhang. Um die Abstammung des nordamerikanischen Archipels zu erkennen, bedarf es allerdings keiner weitläufigen Be- weisführung; Nowaja-Semlja ist eine Fortsetzung des Paechoi-Gebii^es:* dagegen bleibt die Entwicklungsgeschichte der anderen Inseln, die durch tiefe Meere vom Festlande geschieden sind: Spitzbergens, König Karl- Landes, Franz Josef-Landes, selbst Grönlands, noch in Dunkel gehüllt Nur daß sie kontinentale Inseln sind, erkennen wir daraus, daß sie alle sedimentäre Gesteine, meist von hohem Alter, besitzen. Die silurischen Schichten sind noch gefaltet, die devonischen liegen flach. Süss hält diese Inseln für Reste eines alten atlantischen Festlandes. Sie würden somit einer Kategorie angehören, auf die wir sogleich zu sprechen kommen.

Restinseln. Ein doppelter Inselbogen begrenzt die ostaustralische Tiefsee: Neu-Mecklenburg, die Salomon-Inseln und Neuen Hebriden bilden den äußeren, das Hochgebirge Neuguineas, Neucaledonien und Neuseeland den inneren Bogen, der mit dem ostaustralischen Gebirge nahezu parallel verläuft, aber im Gegensatze zu diesem ans

Die horizontale Gliederung des Festlandes. 559

jungen Falten besteht. Die Lücken zwischen diesen drei Insel- schollen sind ungewöhnlich groß (1400 km), von dem nächsten Punkte der australisch-tasmanischen Masse ist Neucaledonien 1300, Neu- seeland 1500 m entfernt; Meerestiefen von 4000 m liegen zwischen ihnen und Australien. Von allen Kontinentalinseln der Erde ist Neuseeland die einsamste, ihrer Lage nach echt ozeanisch. Die Tier- und Piianzengeographie lehrt uns aber auch, daß sie die älteste Insel ist Während australische Beuteltiere noch nach Neucale- donien gelangten, erreichten sie Neuseeland nicht mehr. Bis zur Ankunft der Europäer besaß diese Doppelinsel nur einige fliegende Säugetiere und ein einziges Amphibium (die Froschart Liopelma), das mit Arten in Südamerika und Europa verwandt ist. Die Ab- wesenheit aller mächtigen Tiergeschlechter gestattete hier, wie auf den madagassischen Inseln, die Erhaltung großer flügelloser Vögel, die außerdem noch auf der Chatam-, Auckland-, Lord Howe- und Norfolkinsel vorkommen. Das sind die äußersten nachweisbaren Grenzen des einstigen neuseeländischen Festlandes, ob es nach Süden bis zur Campbellinsel reichte, bleibt nach Filhols Untersuchungen zweifel- haft. Bestand jemals eine Verbindung mit Australien, so muß sie sich schon in der Sekundärzeit gelöst haben. Allerdings ent- hält die neuseeländische Vogel- und Pflanzenwelt eine beträchthche Anzahl australischer Elemente, aber bezüglich jener erklärt Wallace und bezüglich dieser Engleb, daß sie nicht notwendig auf einen ehemaligen Landzusammenhang hinweisen. Vielleicht repräsentiert uns also Neuseeland mit seinen Trabanten eine eigene Art fest- ländischer Inseln, die KiEOHHOFF® im Gegensatze zu den Abgliede- rungsinseln verschiedenen Alters als Restinseln bezeichnet hat. Die Namen sind deuthch genug: Abgliederungsinseln sind selbständig ge- wordene Randgebiete bestehender Festlandsmassen, Restinseln sind Reste untergegangener Festländer.

Seit A. Wichmanns Untersuchung der Gesteine der Fidschi- inseln ^ ist die Frage aufgetaucht, ob nicht auch einige von den hohen polynesischen Inseln, denen man gewöhnlich vulkanischen Ur- sprung zuschreibt, zu den Restinseln zu zählen seien. Sicher ist, daß Viti-Levu neben tertiären Eruptivgesteinen und Tuffen alte massige Gesteine und krystallinische Schiefer besitzt. Paläozoische und mesozoische Schichten fehlen ganz, und dies deutet auf eine Festlandsperiode. Auf den Palauinseln werden sowohl am Meeres- strande wie in Höhen von 400 m Blöcke aus Granit und Diabas angetroff^en; und es ist wahrscheinlich, daß sie auch anstehend ge- funden werden. Endlich wird von den weit im Osten liegenden Marques as gemeldet, daß sie aus Granit und Gneiß bestehen.

560 Morphologie des Landes.

Diese letzteren Angaben sind allerdings noch nicht zuverlässig genug, um als Grundlage einer neuen Theorie über den Ursprung der hohen Inseln in der Südsee zu dienen, aber jedenfalls muß die Frage, ob diese Inseln oder wenigstens ein Teil derselben nicht als Reststüeke eines untergetauchten Kontinents zu betrachten seien, offen gelassen werden. Es ist jedenfalls bemerkenswert, daß die paläontologischen Untersuchungen Zittels die Wahrscheinlichkeit einer alten Land- verbindung zwischen Australien und Südamerika sehr nahe legen.

Litteraturnachweise. * Hahn, Inselstudien, Leipzig 1883. AuBerordenc- lich reich an Beobacbtungsmaterial, die Ergebnisse in Bezug auf die Einteilong können wir jedoch nicht annehmen. * cit. S. 496, u. 6. Wallace, Island Life, London 1880. * Martin, Die Kei-Inseln, in der Tijdschrift van der Neder- landsch Aardrijskundig Genootschap, 1890. * A. Wichmann, Zur Geologie von Nowaja-Semlja, in d. Zeitschrift d. Deutschen Geologischen Gesellschaft 1886. Kirchhoff, Das genetische Inselsystem, in der Zeitschrift far wissenschaftlicbe Geographie, Bd. III, 1882. ' A. Wichmann, Petrographie des Viti- Archipels, in TscHERMAKS mineralogischen Mitteilungen, Bd. V, 1883.

Ursprüngliche Inseln.

Alle ursprünglichen Inseln sind auf dem Meeresgrunde ent- standen und entweder durch eine negative Niveauveränderung oder lediglich durch Anhäufung an die Oberfläche gelangt

Hebungsinseln. Wenn wir hören^ daß in unseren Tagen an der esthnischen Küste zwischen Dago und Worms die Klippeninsel Harri- laid auftauchte, oder daß man die Golfstrominseln an der Nordseite von Nowaja-Semlja 1871 genau an der Stelle entdeckte, wo 1594 eine Sandbank von 33 m Tiefe gelotet worden war, so liegt die Annahme nahe, daß hier eine Hebung stattgefunden hat In anderen Fällen muß es unentschieden bleiben, ob Hebung oder Aufschüttung der inselbildende Vorgang war, wie bei der Insel Edmondstone zwischen der Mündung des Hugli und dem Kanal de la Baye (Gangesdelta), die nach einem Berichte von 1819 innerhalb von fünf Jahren aus einer Sandbank zu einem Eilande von 3 km Länge und ca. ^/^ km Breite heranwuchs und eine solche Höhe erreichte, daß sie nur noch von den höchsten Sturmfluten überspült wurde. Im allgemeineo scheinen reine Hebungsinseln außerhalb des Korallengürtels selten zu sein.

Yulkaninseln. Daß vulkanische Ausbrüche auf dem Boden des Meeres häufig sind und manchmal auch zur Bildung von Inseln führen, ist schon auf S. 316 erwähnt worden. Aber es muß in jedem einzelnen Falle erst entschieden werden, ob eine Vulkaninsel wirküch als eine ursprüngliche zu betrachten ist So besteht auf Santorin

.=^

Ursprüngliche Inseln. 561

(s. Fig. 78 S. 305) der Kern von Thera, der große St Eliasberg, ans krystallinischen Schiefem nnd Kalkstein, nnd erweist sich somit als ein echtes Glied der kontinentalen Inselgrappe der Cykladen. Ebenso ist Zannone, eine der Pontinischen Inseln, nach Dölter^ nur ein durch vulkanische Neubildung vergrößertes Reststück der inneren apenninischen Gebirgskette; und derselbe Forscher berichtet, daß die Vulkangruppe der Capverden einst den Westrand von Afirika gebildet habe, da sich, mit Ausnahme der westlichsten Insel, auch krystallinische Schiefer und andere Sedimentgesteine an ihrem Baue beteiligen.* Aber selbst dann, wenn eine küstennahe Insel nur aus vulkanischen Massen zusammengesetzt ist, kann man sich über ihre Vorgeschichte täuschen, wenn man nicht alle maßgebenden Momente berücksichtigt. Die drei Inseln im Guineagolfe bestehen aus Eruptiv- gesteinen, wie das Kamerungebirge an der Küste; aber im Gegen- satze zu S. Thomfe imd der Prinzeninsel beherbergt Fernando Po zahlreiche Säugetiere, und von diesen, wie von der übrigen Fauna ist wahrscheinlich keine Art endemisch. Fernando Po ist also eine festländische Insel von sehr jugendlichem Alter, während die beiden anderen ursprüngliche Inseln sind. Schwierig ist die Entscheidung bezüglich der Comoren, wo zwei endemische und zwei madagassische Landsäugetiere gefunden werden; aber Wallace läßt die Frage oflfen, ob sie nicht auf schwimmenden Bäumen hierher gebracht wurden. Dagegen sind die Maskarenen, die weder einheimische Landsäuger, noch Amphibien besitzen, sicherlich Meeresgeburten. Die größte aller ursprünglichen Inseln ist Island. Sie besteht aus- schließlich aus Laven und Tuffen, die bis in die Miocänzeit zurück- reichen.^ Um so mehr überrascht ihre Fauna, die auf den ersten Blick an die Verhältnisse von Kontinentalinseln gemahnt. Aber von den drei Säugetieren können der Polarbär und der arktische Fuchs, die eine circumpolare Verbreitung besitzen, auf Treibeis hierher gelangt sein, und die angeblich endemische Mausart gehört einer kosmopolitischen Familie an und wurde vielleicht durch die ersten Kolonisten ein- geführt. Von den Vögeln sind 3 endemisch, 20 europäisch und 2 amerikanisch; aber auch sie deuten nicht mit 'Notwendigkeit auf einen einstigen Landzusammenhang hin, denn noch jetzt besuchen alljährlich 45 europäische und 1 grönländische Vogelart die Insel. Auch daraus ersehen wir wieder, wie der biologische und der geo- logische Beweis immer zusammenwirken müssen, um uns zu einiger- maßen sicheren Schlüssen zu fuhren.

Koralleninseln.^ Zu den interessantesten Erscheinungen der Erd- oberfläche gehören die Koralleninseln. Die riff bildenden Korallen, diese unermüdlichen „Arbeiter des Meeres", sind gallertartige Zellen,

SuPAsr, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 36

562 Morphologie des Landes.

die eine kalkige Substanz ausscheiden. Die Vermehrung geschieht durch Enospung, wobei keine vollständige Trennung der Individuen eintritt, so daß jede Familie mit ihren lebenden^ wie mit ihren abgestorbenen Gliedern einen gemeinsamen Stock bildet F^ter Meeresgrund, ungetrübtes Salzwasser, genügende Nahrungszufuhr durch Wellenschlag oder Strömungen, und eine Temperatur, die selbst im Mittel des kältesten Monats nicht unter 20^ sinkt, sind die unerläßlichen Bedingungen ihrer Existenz. Aus dem letzteren Grunde sind sie einerseits an die Tropenmeere gebunden, und bleiben auch hier den Gebieten der kalten Meeresströme fern (s. Karte XVII). und sind anderseits nur auf die oberen Schichten des Meeres be< schränkt Leider ist ihre Tiefengrenze nicht genau festgestellt man hat bis zu 80 m Tiefe lebende Korallen gefunden, aber im all- gemeinen dürfte die eigentliche Biffzone mit üppigem Wachstume nicht tiefer reichen, als 30 40 m.

Meistens vereinigen sich in einer Kolonie mehrere Korallen- arten, von denen sich die einen, entsprechend ihren besonderen Lebensbedürfnissen, vorzugsweise auf die unteren, die anderen vor- zugsweise auf die oberen Wasserschichten beschränken. In dem Maße, in welchem die Ansiedler sich vermehren und die Individuen an der Basis oder im Innern des Baues absterben, wächst dieser iu die Höhe und Breite. Eine Grenze bildet nur das Niveau des Niedrigwassers; aber einige Korallen, die sich einer zeitweisen Be- sonnung ohne ernste Folgen aussetzen können, wachsen sogar darüber hinaus, etwa bis zu einem Drittel der Fluthöhe. Zu diesen gehören besonders die Poriten, das widerstandsfähigste aller Polypen- geschlechter, das sogar im getrübten Wasser noch leben kann. Die Korallenstöcke bilden aber nur das Skelett des Bififes; auch andere Meerestiere nisten sich in den Zwischenräumen desselben ein, vor allem aber ist es das Meer, das dem Baue Festigkeit verleiht Unablässig zerbröckelt es die Außenseiten des Biffes und zerreibt die abgerissenen Stücke zu Sand, den es einerseits in den Fugen des Bauwerkes ablagert, anderseits bei heftigen Stürmen auf der Oberfläche desselben aufwirft, so daß der Korallenfels allmählich über das Niveau des Hochwassers sich erhöht Wir haben dann zwei Teile zu unterscheiden, den unterseeischen oder das Riff, und den oberseeischen, aufgeschütteten, insularen Teil.^

X Die Terminologie ist übrigens schwankend. Manche verstehen unter Korallenriffen die die Rüsten der Kontinente und Inseln umsSomenden Korallenbildungen, und unter Korall eninse In die isolierten Korallenbildongen auf hoher See.

Ursprüngliche Inseln.

563

Über das Wachstum der Korallen lauten die Angaben ver- schieden. Eine sehr interessante Thatsache hat v. Lehnebt mitge- teilt^ Das große Bum-Bum-Eiff an der Nordostküste von Bomeo, das 1875 ganz nahe der Meeresfläche lag, erscheint auf den Plänen der Bum-Bum-lnseln, die Sir Edwabd Belcher im Jahre 1843 aufnahm, nicht einmal an- gedeutet; und da die Möglichkeit des Über- sehens wohl ganz ausgeschlossen ist, so muß das Rifif damals mindestens 6 m tiefer ge- wesen sein. Das ergiebt eine jährliche Höhen- zunahme von wenigstens 20 cm, oder, wenn man die Ausdehnung des ganzen Korallen- feldes (193 qkm) berücksichtigt, eine jährliche Vermehrung der Kalkmasse um ca. 39 MiU. ^2l:iZT^Zot

Kubikmeter. Gruppe). HöhenundTiefen

In Bezug auf die geographische Ver- * Metern,

breitung unterscheiden wir Saumriffe und

selbständige Riffe. Die einfachste Form der Saumrifife so genannt, weil sie Festländer oder Inseln umsäumen sind die Küstenriffe, die sich unmittelbar an das Gestade anschließen, mit Ausnahme jener Stellen, wo die Küste zu größeren Tiefen abstürzt, oder wo einmündende Flüsse oder Strömungen das

Fig. 192. Bolabola-Insel (Gesellschafts-Grappe) mit einem Teile ihres WaUriffes

nach Darwin.

Meerwasser trüben. Der Außenrand des Riffes ist meist etwas er- höht, weil hier, wo die Nahrungszufuhr am reichlichsten ist, die Korallen kräftiger gedeihen und rascher wachsen. Von dem Außen- rande gegen das Land hin vertieft sich das Rifif etwas und bildet einen schmalen, seichten Kanal, der durch das von den Wogen hineingeschleuderte Material bald ausgefüllt werden würde, wenn nicht eine rückläufige Strömung aus dem Kanal heraus für

36*

564

Morphologie des Landes.

seine Reinhaltung sorgte. Die Breite der Riffe schwankt zwischen ca. 45 und 90 m; ihre hei Ebhe kaum bedeckte Oberfläche ist hart und glatt; Inselbildungen sind selten. Sehr beträchtlich ist die Ent- fernung zwischen der Küste und den Wallriffen, ^ die die zweite Art der Saumriffe bilden. Besonders bekannt ist das Riff, das die Nordostküste Australiens in einer Entfernung Ton 30—50, stellen- weise von 80 140 km und in einer Länge von ca. 1770 km be- gleitet; die Tiefe des Kanals zwischen Riff und Küste betragt 20 80 m, und steigert sich im Süden sogar bis 110 m. Meist sind es aber einzelne Inseln oder Inselgruppen aus sedimentären oder vulka- nischen Gesteinen, die von Wallriffen umgeben werden (Fig. 191). Die Tiefe des Kanals variiert hier von ein paar bis über hundert Meter. Sein Boden ist mitKoraUensand und -Schlamm oder mit Riffen bedeckt. Öfihungen in verschiedener Anzahl, oft tief genug, um größeren Schiffen den Eingang zu gestatten, führen aus dem Meere in die ruhige Lagune, die dann einen natürlichen Hafen bildet. Der Durchmesser des Riffes schwankt zwischen 5 und 47 km. Größere und kleinere Inseln bedecken es, aber nur selten ist (wie in Fig. 192) ein beträchtlicher Teil des Korallenbaues in Land verwandelt.

ATOLL OTDLA. in den I^L/OIS HALL TN SEEN

MomAatob l:U>OaOOO VO'

Fig. 193. Atoll Otdia (MarshalMnsel). Tiefen in Metern.

ungefähr dasselbe gilt auch von den langgestreckten Atollen oder den selbständigen Korallenbildungen der Tiefsee, aus der sie sich steil erheben (Fig. 193). In der Regel umschließen sie eine Lagune, die nur bei wenigen kleinen Atollen fehlt, d. h. wahrscheinlich ausgefüllt ist. Das meist von mehreren Ofinungen unterbrochene Riff trägt Inseln, die an der Windseite am höchsten sind; nur in wenigen Fällen (Fig. 194) finden wir es in eine vollständige Ringinsel verwandelt

^ Andere Benennungen sind: Barriere-, Damm- und Kanalriffe.

Ursprüngliche Inseln.

565

Anch aus der bald seichten, bald bis zu 90 m tiefen Lagune steigen Inselchen empor, die beispielsweise in den nördlichen Malediven selbst wieder kleine Seen klaren Salzwassers enthalten. Fig. 195 stellt einen Durchschnitt durch eine Insel dar. ab ist eine Terrasse aus Korallenfels, ungefähr 90 m breit und nur bei Ebbe trocken. Darüber erhebt sich 2 2^2 ua hoch und gewöhnlich 250 360 m breit die aus Korallensand aufgeschüttete Insel, die die tropische Lebensfiille mit einer dichten Pflanzendecke bekleidet hat. „Die Unendlichkeit

Fig. 194. Pfingstinsel (Paumotu-Gruppe) naoh Darwin.

des Ozeans," sagt Dabwin, „die Wut der Wellen im scharfen Gegen- satze zur niedrigen Erhebung des Landes und zur Glätte des hell- grünen Wassers innerhalb der Lagune kann man sich kaum vorstellen, ohne dies alles gesehen zu haben." Aber nicht alle Koralleninseln sind flach, manche haben durch eine negative Niveauveränderung eine beträchtliche Höhe erlangt Daß die Existenz der niederen

OxeaxL

Lafimc

Fig. 195. Querschnitt durch ein Atoll nach Dana.

Inseln beständig gefährdet ist, und daß wohl kein Jahr vergeht, ohne daß eine oder die andere verschwindet, ist verständlich; und anderseits leuchtet es ein, daß Sturmfluten hierzu völlig aus- reichen und daß die Annahme einer positiven Bewegung ganz über- flüssig ist

Theorie der Koralleninseln. Wenn man aber an dieser An- nahme hartnäckig festhielt, so hat dies seinen Grund darin, daß sie eine mächtige Stütze der DAEWiNschen Theorie von der Entstehung

566 Morphologie des Landes.

der Koralleninseln bildete. Dabwin ging von der, zu seiner Zeit auch begründeten Voraussetzung aus, daß der ozeanische Steilabfall der Atolle und Wallriffe nur von Korallenmauern gebildet werden könne. Man gelangte infolgedessen zu der Vorstellung von einer bedeutenden Mächtigkeit der Wallriffe und Atolle. Für die ersteren suchte man in einigen Fällen die Mächtigkeit zu berechnen,^ und fand Beträge bis zu 600, ja bis zu 1000 m und darüber. Bringt man dieses Resultat in Verbindung mit der Thatsache, daß die Polypen nur bis zu einer gewissen Tiefe leben können, so kommen wir notwendigerweise zu dem Schlüsse, daß hier eine positive Niveau- veränderung stattgefunden hat, daß dieselbe aber so langsam war, daß die Fortfuhrung des Korallenbaues bis an den Meeresspiegel damit gleichen Schritt halten konnte. Jedes Atoll begann nach dieser Theorie seine Laufbahn als Küstenriff um eine Insel, wie es Fig. 197 im Durchschnitte darstellt. Steigt das Meeresniveau von w!m auf m"m" oder sinkt der Boden um denselben Betrag, so er- höht sich die äußere Korallenmauer und es entsteht zwischen ihr und dem Gestade ein breiter und tiefer KanaL Dauern diese Vor- gänge fort, so verschwindet endlich die zentrale Insel und wird von Korallen tiberwuchert; aber das Atoll behält die ursprüngliche Form des Wallriffes bei, und der Kanal schließt sich zu einer Lagune zusammen. Jedes Atoll ist also der Leichenstein einer begrabenen Insel.

Was bei dieser Theorie zunächst besticht, ist die genetische Verknüpfung der verschiedenen ßiffbildungen, die ja in der That alle möglichen Übergänge selbst in verhältnismäßig kleinem Saume aufweisen. Im Fidschi- Archipel® repräsentiert uns Koro das erste Stadium, das eng sich anschmiegende Küstenriff. Ngau ist im Osten von einem Küsten-, im Westen von einem Wallriffe begleitet

^ Da es wichtig ist, die Rechnungsmetbode kennen zu leinen, in deren Resultaten die DARWiNsche Theorie eigentlich ihre Begründung sucht, so möge

hier ein Beispiel von Dana folgen ;

^^X ^^ "^ ^f^ ^- 1^^> i** ^^^ ausge-

zogenen Linien dem der Be- obachtungen Zugänglichen , die punktierten Linien aber dem Hj- Fig. 196. Mächtigkeit der Korallenriffe. pothetiscben entsprechen, dient

zur Erläuterung. Bekannt ist nur der Böschungswinkel (p und die Entfernung (/) der Küste von dem Außen- rand des Riffes; angenommen wird 1) daß (p ^ q^\ und 2) daß die Inselbdschung sich als eine schiefe Ebene mit gleichmäßigem Gefälle unter dem Meeres- spiegel fortsetze, m (Mächtigkeit des Riffes) ist dann ^ ltg<p, Ist / = 1 engl. Meile (1609,3 m) und (p ^ S^, so ist m = 226 m.

Ursprüngliche Inselo. 567

Im benachbarten Nairai tritt das Riff schon allseitig von der Küste zurück. In den Exploring Isles ist der nichtkorallinische Kern schon stark zusammengeschmolzen^ in Yangasa Cluster sehen aus der Lagune nur noch ein paar Spitzen heraus; Bukatatanoa, die ßinggolds Isles u. a. sind endlich reine Atolle. Auch das Neben- einander verschiedener Entwicklungsstadien ist mit der DAswiNschen Theorie sehr wohl verträglich, man hat nur eine ungleichmäßige Senkung, eine Verbiegung des Meeresbodens, oder eine gleichförmige Niveauveränderung eines in seinen Erhebungen rasch wechselnden Geländes anzunehmen. Indes giebt es auch ungeheuere Flächen, wo die Atollform fast ausschließlich herrscht. Im Indischen Ozean

1. Stadima. ^.Stadium. 3.StAdi]i]iL.

Zäxtmrifr aOD WaBrUr nm7 Atoll UjU

^■i AmA aas aOndkardsdian, G^gtaxv, BBU KanMBänbüdjmym. * mitt yfetresspiegei .

Fig. 197. DARWiNsche Riff-Theorie.

bilden die Lakkadi ven, Malediven und Tschagos eine meridionale Kette; abseits liegt die Saya de Malha-Bank. In der Südsee er- streckt sich die Atollzone über 35 Breitengrade, von den Carolinen über die Marshall-, Gilbert-, Ellice-, Phönix-, Tokelau- und Manihiki- gruppe zur Inselwolke des Paumotu. Im Süden wie im Norden be- grenzen sie Gebiete mit vorherrschenden Küstenriffen. Auch diese regionale Anordnung ist der DABwiNschen Theorie im hohen Grade günstig.

Aber gerade im pazifischen Atollgürtel begegnen wir auch ge- hobenen Korallenfelsen, also sicheren Beweisen einer negativen neben angeblichen Zeichen einer positiven Niveauveränderung. Mit Aus- flüchten, wie daß diese Hebungen „lokal" oder daß sie „vulkanisch" seien, ist das Problem nicht aus der Welt geschafft. Gerland^ sah sich jüngst veranlaßt, der DARwmschen Hypothese eine neue hinzuzufügen, um die erstere zu stützen, indem er den unterseeischen Vulkanen, auf deren Gipfeln die Atolle nach seiner Ansicht auf- ruhen, die sonst unbekannte Fähigkeit zuschreibt, einzeln auf- und abzuschwanken.

Von den Schwierigkeiten, die die Hebungen boten, ging die

568 Morphologie des Landes.

Opposition gegen Darwin aus, die besonders Sempeb, Rbik, Mureat und GuppY vertreten. Die Anhänger der DABWiNschen Theorie geben übrigens selbst zu, daß diese auf die Riffbildungen der Flachsee keine Anwendung findet. Auf Bänken, die sich in tropischen Meeren bis zur Biffzone erheben, siedeln sich Korallen an, überziehen krusten- artig den Boden, wachsen in die Höhe, aber an den Bändern kraf- tiger, als in der Mitte, und so entstehen atollartige Bildungen, ohne jemals WallriflFe, und Wallriffe, ohne jemals Küstenriffe gewesen zn sein. Die westindischen Gewässer, die Umgebung der Philippinen, die Javasee, die Gegenden nördlich von Madagaskar und an der Nordwestküste Australiens sind Heimstätten solcher Krustenriffe, wie sie jüngst Penck getauft hat.

Warum sollte in der Tiefsee nicht ein gleicher Prozeß sich vollziehen? Am 15. Oktober 1885 entstieg der Südsee unter 20®29'^>- 175^21^2' W., wo 18 Jahre vorher eine Untiefe gelotet worden war. die vulkanische Falkeninsel.® Als das britische Kriegsschiff „Egeria- sie 1889 untersuchte, hatte sie durch die Meereswogen schon be- trächtlich gelitten, an der Windseite war eine Abrasionsplatte ent- standen, und man darf vermuten, daß die Zerstörung immer weiter fortschreitet. Die Insel verwandelt sich in eine seichte Bank, und ist einmal die vulkanische Kraft erloschen, so ist ein Nährboden für Korallen geschaffen. Hat doch auf Krakatau schon 6 Jahre nach dem verheerenden Ausbruche eine Korallenkolonie wieder Fuß ge- faßt!^ Auch nichtvulkanische Bänke, örtliche Sedimentanhäufimgen, wie man meint, hat uns die Tiefseeforschung der letzten Zeit kennen gelehrt, und wir haben Beispiele davon schon auf S. 196 genannt. Auch hier wäre in einer nicht zu fernen Zukunft die Möglichkeit zur Ansiedelung von Korallen geboten.

Was hier als Möglichkeit ins Auge geÜEißt wurde, hat sich in der That schon ereignet Die 364 m hohe Weihnachtsinsel (Christ- mas Island) südlich von Java ist ganz mit Korallenkalk überkleidet, der Körper der Insel besteht wahrscheinlich aus vulkanischem Ge- stein, von dem allerdings nur ein Bollstück gefunden wurde. ^^ Im Salomons- Archipel, dessen Untersuchung wir Güppy verdanken," ruht Korallenkalk entweder' auf Foraminiferen-Kalkstein oder direkt auf dem vulkanischen Kern. Die westindische Insel Barbadoes baut sich nach J ukes- Brown ^* aus drei Etagen auf: die unterste sind Sandsteine und Thone, ähnlich dem älteren Tertiär von Trinidad; dann folgt verfestigter Radolarien- und Foraminiferenschlamm (pliocän oder nachpliocän) und endlich Korallenriffe. Wir müssen uns daran erinnern, daß Foraminiferenablagerungen nur in der Tiefsee ent- stehen; die Salomonen und Barbadoes stiegen also aus der Tiefsee

Ursprüngliche Inseln. 569

in die Höhe, gelangten endlich in die Eorallenzone, schließlich an die Oberfläche.

Daran kann kein Zweifel sein: Atolle können sich auch in Ge- bieten ohne jede Niveauveränderung, wie in solchen mit negativer Niveauveränderung bilden. Aber damit ist die DABwmsche Theorie noch immer nicht aus ihrer letzten und eigentlichen Domäne ver- drängt Es handelt sich um die Erklärung der großen Atollzonen und der Wallriffe.

Der Beweis für die Senkung, den man aus der Mächtigkeit der Riffe herleitet, ist indes nicht einwandfrei. Allerdings kommen an Riffen steile Abstürze vor an der Masämarhu-Insel (18^,49' N. 38^45* 0) bis zu 77^** , aber gelegentlich finden sich solche auch bei Vulkaneilanden. Die Mittelwerte, die Dietmch ** berechnet hat, zeigen zwischen vulkanischen und korallinischen Inseln keine sehr erheblichen Unterschiede, um so größere aber zwischen diesen beiden Kategorien und den KontinentaUnseln. ^ Die Behauptung, daß alle steü abfallenden unterseeischen Partien gewachsener Korallen- fels sind, ist bis auf weiteres nur Behauptung. Wir betonen aus- drücklich „gewachsener** Fels, denn wohl ist davon zu unterscheiden der Kalkfels, der aus einem Gemische von Korallentrümmem und den Zuthaten anderer kalkabsondemder Meeresorganismen besteht. An überseeischen Riffen ließe sich wohl die Mächtigkeit prüfen, nur darf man diese nicht ausschließlich nach der Seehöhe beurteilen. Das Santa Anna- Atoll im Salomonsarchipel ist bis 140 m gehoben, aber die korallinische Kruste kann nach der Schätzung Guppys nicht viel mächtiger sein, als 45 m. Anderseits können aber, wie Penck treffend hervorhob, die Beobachtungen an gehobenen Inseln nicht ohne weiteres auf die angeblich sich senkenden angewendet werden. Nur Bohrungen könnten sicheren Aufschluß über die Mäch- tigkeit der Korallenbildungen geben, aber noch immer entbehrt die

^ Tiefe m

Kontinental- inseln

Vulkaninseln

Koralleninseln

0— 200

2^55'

10<» 53'

17022' (0-300 m)

200— 500

5 22

13 40

500—1000

6

11 45

11 3 (300— 1000 m)

1000—1500

6

8 40

11 32

1500-2000

6 14

8 27

13 21

2000-2500

5 29

7 24

10 39

2500—3000

5 20

8 9

11 36

3000—3500

5

9 7

10 22

3500-4000

2 46

9 23

8 2

4000—4500

2 19

8 24

7

570 Morphologie des Landes.

Wissenschaft dieses Beweismittels. Nur ein paAr Fälle sind uns bekannt geworden. In der Brandweinsbai bei Padang auf Sumatra wurde das Ktlstenriff an 15 Stellen durchbohrt, als man mit der Absicht umging, über dasselbe einen Hafendamm zu legen. An der Küste fällt Andesit unter 24^ in das Meer; man erwartete, daß da^ Biff auf diesem Gestein aufruhe und die übliche Berechnungsweise (vergl. S. 566 Anm.) ließ in 340 m Entfernung eine Mächtigkeit von etwa 150 m erwarten. Dagegen fand man, daß es selbst mit seinem^ im Schlamme versunkenen Fundamente nirgends über 15 m Tiefe hinabreicht, und daß der Untergrund nicht durch festes Ge- stein, sondern durch weichen vulkanischen Schlamm gebildet wird.^ Auf der Insel Oahu in der Hawaii-Gruppe hat man Korallenfels in Tiefen (251 und 319 m im James Campbeils Brunnen) gefunden- ^^ wo er nach unseren Erfahrungen nicht entstanden sein konnte; hier hat jedenfalls eine Senkung stattgefunden. Aber weiter ist dadurch nichts dargethan, als daß Korallenbildungen auch auf Böden mit positiver Niveauveränderung vorkommen können.

Während Mubray die AtoUe sich selbständig auf imterseeisohen Erhebungen entwickeln läßt, sieht auch er in den WaUriflFen Ab- kömmlinge von Küstenriffen, die nach auswärts in dem Maße fort- schreiten, als sich der Meeresboden durch die Anhäufung zertrümmerten Korallenfelses bis zur Eiffzone erhöht. Die so häufig beträchtliche Tiefe der Lagune führt er auf die chemische und mechanische Erosion der rückläufigen Strömungen zurück entschieden der schwächste Punkt seiner Theorie, da die Beobachtung mehr auf allmähliche Zu- schüttung, als auf Ausbaggerung der Lagunen schließen läßt Aber auch die ÜABWiNsche Theorie erklärt es nicht in befriedigender Weise, warum die Lagunen der Wallriffe und Atolle mit wenigen Ausnahmen nicht erheblich über die untere Grenze des Korallen- lebens hinabreichen, während an der Außenseite das Riff oft viele 100 m sich in die Meerestiefe senken soll. Pbnck ninmit an, daß zu der Zeit, als das Meeresniveau etwa 90 m tiefer stand, als heute, eine Ruhepause eintrat, die das vertikale Wachstum der Korallen unterbrach, aber ihnen gestattete, sich nach innen zu auszubreiten.

Auffallend ist auch der Mangel des Atlantischen Ozeans an Korallenbauten, abgesehen von den westindischen Gtewässem. Er hat keine WaUriffe und nur ein einziges AtoU: die Bermudas. Er ist aber überhaupt arm an ursprünglichen Inseln, im Gegensatze zum Reichtum der Südsee zwischen Asien und dem 130. Meridian west- lich von Greenwich. Die Kartenbilder dieses Gebietes sind freilich nicht ganz wahrheitsgetreu. Mit Ausschluß der kontinentalen Inseln und der beiden größten ozeanischen (Hawaii und Viti-Levu) haben alle

Ursprüngliche Inseln. 571

die unzähligen pazifischen Inseln, sowohl hohe als niedere, zusammen nur einen Flächeninhalt von 28000 qkm, d. h. nur soviel wie Böhmen, Da sie sich auf eine Meeresfläche von wenigstens 37 Millionen qkm verteilen, so kommt durchschnittlich auf ca* 13000 qkm Meer 1 qkm Laiidy oder um dies an einem Beispiele klar zu machen auf ein Meer von der Größe Europas ein Land von der Ausdehnung des Großherzogtums Hessen.

Plora und Fauna. ^^ Entsteigt eine Insel dem Meere, oder wird die Lebewelt eines abgegliederten Festlandsstückes durch katastrophen- artige Ereignisse vernichtet wie auf den flachen Halligen an der schleswigschen Küste durch wiederholte Sturmfluten , so kann eine Besiedlung nur durch Einwanderung erfolgen, und Flora und Fauna müssen daher viel dürftiger ausgestattet sein, als dort, wo ein Stamm ansässiger Organismen in das insulare Dasein herüber- genommen wurde. Auf St. Paul im Atlantischen Ozean fand Daewin keine Vegetation, nur zwei Vögel, wenig Insekten, aber zahlreiche Spinnen. Auf Ascension haben sich zwar schon einige Pflanzen angesiedelt, aber die Flora ist doch noch recht ärmlich. Von den Tieren sind die Säuger, mit Ansnahme der fliegenden und schwimmenden, und die Lurche fast völlig von den ursprünglichen Inseln aus- geschlossen. Ratten und Mäuse sind zwar auf den Färöer, den (Talapagosinseln und den Andamanen heimisch; aber da sie dem Menschen überallhin folgen, dürfen sie wohl eingeführt worden sein. Auf den letztgenannten Inseln wurde auch eine Schweine- art gefunden, aber die Andamanen sind wahrscheinlich vom Fest- lande abgetrennt worden, da die südlichen nach Kükz geologisch und floristisch ganz mit der Küste von Arakan übereinstimmen. Aus ihrer kontinentalen Vergangenheit stammt wohl auch ihre Amphibienfauna. Sonst bewohnen einheimische Lurche nur noch einige westpolynesischen Inseln,. aber alle gehören der Baumfrosch- famiUe der Polypedatidae an. Dagegen sind Landvögel allgemein ver- breitet Einige sind mit großer Flugkraft ausgestattet so be- suchen alljährlich 170 nordamerikanische Vögel die 1100 km ent- fernten Bermudas ; andere werden durch Stürme weithin ver- schlagen. Dasselbe widerfährt in noch höherem Grade den Insekten, die überdies noch eine Zeitlang den Wirkungen des Salzwassers widerstehen können, und deren Larven und Eier auch auf schwimmen- den Pflanzen weithin transportiert werden können. Eine genaue Analyse der Käferfauna von Madeira ergab, daß mit wenigen und gut zu erklärenden Ausnahmen nur jene europäischen Käfer fehlen, die flügellos sind oder eine geringe Flugkraft besitzen. Um so auf- fallender ist hier (wie auf den Kerguelen) die ungewöhnlich große

572 Morphologie des Landes.

Zahl flügelloser Insekten. Dabwin hat dies durch das Prinzip der natürlichen Zuchtwahl erklärt Bei jenen Insekten, die die Flügel nicht unbedingt brauchen^ trat eine Verkümmerung dieses Organs ein, da sie für den Aufenthalt auf einer stürmereichen Insel förderlich war. Bei den anderen mußte aber aus demselben Grunde das Or- gan sich stärker entwickeln, und in der That haben die geflügelten Arten auf Madeira meist größere Flügel, als ihre europäischen Verwandten.

Im Gegensatze zu den Vögeln und Insekten werden Kriocbtiere und Landschnecken nur zufälligerweise über die See verschleppt; aber ihre weite Verbreitung zeigt, daß diese Zufälligkeiten nicht aUzu selten eintreten. Reptilien findet man mit Ausnahme der Azoren, Madeiras, der Canaren, Färöer und der Revillagigedo-Gnipi>e fast überall. Seltener scheinen Landschnecken Seereisen zu unter- nehmen, weshalb gerade in dieser Tierklasse der insulare Endemismus so stark ausgebildet ist.

Pflanzen verfügen über verschiedene Transportmittel. Winde und Vögel scheinen dabei die wichtigste Rolle zu spielen. Manche Samen, die mit borstigen oder stacheligen Fortsätzen versehen sind, bleiben am Gefieder, andere in Verbindung mit erdigen Teilchen an den Fußen der Vögel haften. Noch bedeutungsvoller flir die Ptianzenverbreitung erscheint die Eigentümlichkeit dieser Tiere, manche genosseneu Früchte unverdaut wieder auszuscheiden, da die Keimkraft des Samens dadurch nicht nur nicht zerstört, sondern sogar erhöht wird. Sporen und kleine Samen, die oft nur Hunderttausendstel eines Grammes wiegen, können durch die Winde, andere Samen, die durch besonders harte Schalen geschützt sind und daher auch im Salzwasser ihre Lebensfähigkeit bewahren, durch Meeresströmungen weithin geführt werden. Die Aquatorialströmung brachte die ur- sprünglich amerikanische Kokospalme den Inseln der Südsee und verbreitete sie von da bis nach Madagaskar und zu den Seychellen. Im übrigen ist aber die Flora Polynesiens ostindischer Abkunft. also wahrscheinlich durch die äquatoriale Gegenströmung und die rückläufigen Passatströmungen der Luft und des Meeres verbreitet Madeira, die Canaren und Azoren sind durch den Passat mit Süd- europa verbunden, und von da stammt auch ihre Pflanzenwelt. Die meisten Gewächse der Bermudas sind mit dem Floridastrome aus Westindien eingewandert Eine lokale Strömung von der Pananra- bai zur Nordostseite der Galapagosinseln brachte dorthin zentral- amerikanische Pflanzen. Tristan d'Acunha liegt dem Kaplande um das Doppelte näher als dem südamerikanischen Kontinent, mit dem es aber westliche Winde und Strömungen floristisch auf das engste verknüpfen.

UrsprUDgliche Inseln. 573

Im allgemeinen sind aber Pflanzenwanderungen über weite oze- anische Strecken doch nur zufällige Ereignisse. Sie werden um so öfter eintreten, je stürmischer ein Meer ist, wie der Reichtum der Azoren oder der Bermudas im Gegensatze zu der Armut der Oalapagos (an Pflanzen wie an Vögeln) lehrt. Aber selbst die am besten aus- gestattete Flora einer ursprünglichen Insel ist ärmlich im Vergleiche mit den Floren der Kontinente und selbst der festländischen Bruch- stücke. Der Umstand, daß jene Eilande nur auf spärliche Almosen ange- wiesen sind, bewirkt einerseits, daß die Geschlechter meist nur durch wenige Arten vertreten sind, und begünstigt anderseits den Ende- mismus. Letzterer ist freilich auch von dem Alter der Insel ab- hängig, wie, unter übrigens gleichen Umständen, auch die Anzahl der Arten; vorausgesetzt natürlich, daß nicht Katastrophen ver- nichtend eingriffen, wie der große Ausbruch von 1883 auf Krakatau. Die Azoren und Madeira besitzen wie schon oben erwähnt wurde eine mediterrane Flora. Auf jenen kommen durchschnittlich 20, auf dieser 85 Gefäßpflanzen auf je 100 qkm; auf jenen sind 8,s, auf dieser 15,« Prozent endemisch, und die eigentümlichen Gewächse der Azoren sind viel näher mit den europäischen verwandt, als die Madeiras, trotzdem daß die ersteren weiter von unserem Erdteile entfernt sind als die letztgenannte Insel. Wir müsse» daraus schließen, daß Madeira älter ist als die Azoren. Die Bermudas sind ein junges Atoll, und ihre organische Welt stimmt fast ganz mit der nordamerikanischen überein. St. Helena, die Hawaii- Gruppe, die Galapagos sind Beispiele alter Vulkane. Die letzteren haben fast nur eigentümliche Tierarten; noch größer ist der Endemismus der Hawaii -Inseln, die sogar zwei eigenthümliche Familien (aus den Klassen der Vögel und Landschnecken) be- sitzen; am überraschendsten ist aber der Reichtum an eigen- tümlichen Formen auf St Helena, obwohl diese Insel sogar vom Fürstentum Liechtenstein an Ausdehnung übertroflfen wird. Das europäische Element seiner merkwürdigen Käferfauna weist darauf liin, daß die Einwanderung zu einer Zeit erfolgte^ als die Winde und Meeresströmungen wesentlich anders vertheilt waren als jetzt; und ein ähnliches Resultat liefert die Analyse der Flora in Bezug auf die südamerikanischen Bestandteile. Man muß noch hinzu- fugen, daß man die ursprüngliche Flora und Fauna nicht einmal ganz kennt Die eingeführten Ziegen haben den Urwald zerstört, und infolgedessen sind auch seine einheimischen Bewohner, Vögel und Insekten, zum großen Teil ausgestorben. Dasselbe Schicksal trifft übrigens jede ozeanische Insel, sobald der Mensch von ihr Besitz nimmt Er führt Nutztiere und Nutzpflanzen ein, ihnen

574 Morphologie des Liandes.

folgen auch andere Tiere und Unkräuter, und beide verdrängen di^ durch den langen Inselfrieden geschwächten einheimischen OrganismeiL So haben auf den Maskarenen die Zuckerpflanzungen die frühere Vegetation fast völlig vernichtet, so beschränken auf Neuseeland die siegreichen englischen Gräser die so merkwürdige alte Flora am immer kleinere Flächen, so wurde sie auf Madeira durch den Wein, das Zuckerrohr und den Pisang bis auf 650 m Höhe, und anf den Canaren durch den Wein und die Opuntien bis auf 1000 m Höht- zurückgedrängt.

Litteraturnach weise. ^ Dölter, Die Vulkangruppe der PontiDi$cL<ri) Inseln, im XXXVI. Bde. d. Denkschriften der Wiener Akad. d. Wiss. rMath.- naturwiss. Klasse) 1875. ' Dölter, Die Vulkane der Capvezden, Gm 1888. ' KsiLBACK, Beiträge zur Greologie der Insel Island, in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, 1886. ~ * Dabwin, Structore ui Distribution of Coral Reefis, London 1842 (neueste Ausgabe in the CameU Series, London 1890). Dana, Corals and Coral Islands, London 1S15. Murray, On the Structure and Origin of the Coral Reefs; im X. Bde. dtfr Proceedings of the Royal Society of Edinburgh 1879—80. Über die wdtew Litteratur s. Lakoenbeck, Die Theorien über die Entstehung der Koralleninseln. Leipzig 1890. ' v. Lehnert, Über Landbildungen im Sundagebiet; Deutsche Rundschau für Geographie, 1883, Bd. V. * S. die Karte der Fidschigruppc in Petermanns Mitteilungen 1882, Taf. 8. ^ Gerland cit S. 322. - S. Petbrhanns Mitteilungen 1890, S. 107. Slutfer in der Natuurkuodig Tijdschrift voor Nederlandsch-Indiß, 1889, Bd. XLIX, S. 360. (Das wichtig? Profil reproduzierte ich in Petbrmanns Mitteilungen 1891, Litteratorbericht S. 46.) " Wharton, Account of Christmas Island; in den Proceedings of the R. Geographical Society of London, 1888. " Guppy, The Salomon Islandi, London 1887. " Jukes-Brown in Nature, 1889, Bd. XLI, S. 55. " ^^. Nature 1887, Bd. XXXVI, S. 413. " Dietrich, cit S. 207. " Vgl. mem.T> Bericht in Petermanns Mitteilungen 1889, S. 200. ^^ Wallace cit S. 560.

Küstenformen.

Hanpttypen. Die Küstenformen hängen in erster Linie Ton dem Baue des Hinterlandes ab: erst in zweiter Linie kommen jene Vor- gänge in Betracht, die wir in Kürze als Kampf zwischen Land und Meer um die Herrschaft bezeichnen können. Es sind dies An- schwemmungen der Flüsse, Anschwemmung und Zerstörung durch das Meer, endlich Niveauveränderungen, die sich den Oberflächen- gewalten bald hemmend, bald fördernd zur Seite stellen.

Verfolgen wir die Umrisse des Landes in ihren Hauptzügen, nnd beginnen wir mit den pazifischen Gestaden.

Die Westküste Amerikas begleitet ein großes Faltengebirge, ihs mit allen seinen Biegungen den Verlauf der Küstenlinie bestimmt Solch eine Küste nennen wir eine konkordante. Auf der asiatisch-

Küstenformen. 575

australischen Seite haben wir zunächst zwischen einer Außen- und einer Innenküste zu unterscheiden. Die erstere bilden die Insel- bogen von den Aleuten bis Neuseeland. Auch sie ist konkordant^ und insofern hat Süss Recht, wenn er die Konkordanz kurzweg als pazifischen Typus bezeichnet Aber die kontinentale Innenktiste läßt verwickeitere Verhältnisse erkennen. Am Ochotskischen und Japanischen Meere ist sie vorwiegend konkordant, dann aber tritt die chinesische Tiefebene an die See heran. Wo die Umrisse durch flachgelagerte Schichten gebildet werden, kann natürlich von einer bestimmten Streichrichtung nicht die Rede sein; es entsteht eine neutrale Küste. Südlich vom Jangtse-Kiang herrscht wieder Ge- birgsküste, aber die Küstenhnie läuft nicht mehr parallel dem Ge- birge, sondern schneidet es unter einem spitzen Winkel, so daß das Meer abwechselnd die Ausläufer der Ketten und die Längsthäler bespült Das ist der Charakter des dritten Haupttypus: der dis- kordanten Küste.

Im Bereiche des Indisch-Atlantischen Ozeans ist die Diskordanz vorherrschend; Süss bezeichnete dies als atlantischen Küstentypus. Die große Gebirgszone der alten Welt erreicht das indische Gestade nur in Hinterindien und Iran, gegen den Atlantischen Ozean streicht sie senkrecht aus. Senkrecht dazu gestellt sind auch die alten Faltenzüge der europäischen Westhälfte, nur im nördlichen Skandi- navien verläuft die Küste nahezu parallel mit dem Streichen der Schichten, und ebenso im nördlichen Spanien, soweit das Cantabrische Gebirge reicht. Vielleicht kann auch die Küste Niederguineas als konkordante aufgefaßt werden. Denselben Charakter trägt auch die Küste Brasiliens zwischen Rio Janeiro und Pernambuco und die Neuschottlands. In Westindien wiederholt sich die Doppelküste Ostasiens mit einem äußeren konkordanten Faltenrande. Im großen und ganzen werden aber die Grenzen des Atlantischen und Indischen Ozeans mehr durch Bruchlinien, als durch Falten bestimmt; daher tritt die Bogenform zurück und geradlinige und geknickte Umrisse herrschen vor. Die verschiedenen Typen lösen sich im bunten Wechsel ab, im schroffen Gegensatze zu der Einförmigkeit der amerikanischen Westküste. Im Mittelmeere finden wir konkordante Küsten in größerer Ausdehnung, wie die zu beiden Seiten der Adria, das pontische Südgestade, die Atlasküste. Die phönizische Küste liefert uns, wie die Westküste Vorderindiens, ein anderes Beispiel von Konkordanz; auch hier zieht sich entlang der Küste ein Ge- birge, aber kein Falten-, sondern im ersteren Falle eine Art Flexur-, im letzteren entschieden ein Bruchgebirge.

Im arktischen Gebiete scheint der neutrale Typus vorzuherrschen.

576 Morphologie des Landes.

SetailformeiL Wir haben auf S. 416 nach dem Yertikalpro&le Steil-, Flach- und Strandküsten unterschieden. Die neutrale Küste kann in allen drei Formen auftreten, und damit kombiniert sich eine große Mannigfaltigkeit in den hosizontalen umrissen. Sie in ein System zu bringen, wäre jetzt, wo noch so wenige darauf be- zügliche Vorarbeiten vorhanden sind, ein müßiges Beginnen. Wir können allenfalls zwei Hauptkategorien aufteilen: die glatten and die gebuchteten Küsten. Die einfachste Form der glatten Küste ist die geradlinige, wie sie uns in der Flachküste der Landes und in der Steil- und Strandküste der Normandie entgegentritt In flachen Bogen, guirlandenförmig, umsäumt dagegen das deutsche Flachland die Ostsee. Glatte Formen deuten immer auf An- schwemmung hin, gebuchtete wenigstens häufig auf eine marine Strandverschiebung. Die unregelmäßige kleinbuchtige Gestalt die die französische Küste nördlich der Gironde annimmt, ist sicher darauf zurückzuführen; dafür zeugen schon die abgegliederten Insebi OWron und R6. Welche Bewandtnis es dagegen nut der Entstehung der großbuchtigen Neutralküsten Patagoniens und Sibiriens hat. ist noch unbekannt Einen Übergang zwischen glatten und gebuch- teten Formen zeigt uns die Boddenküste Vorpommerns und Mecklenburgs. Die Bodden fallen schon auf Karten kleineren Maß- stabes durch ihre abenteuerlich zerlappten Formen auf; sie sind ohne Zweifel Eroberungen des Meeres, aber zum Teil noch ivcht unvollständige, und in diesem Falle entstehen Doppelküsten. S*^ bilden die Halbinsel Darß und die kaum davon getrennte Insel Zingst die geradlinige x\ußenküste, hinter der, nur durch schmale Zugänge erreichbar, die zerfetzte Boddenküste von Barth und Ribnitz liegt. Den umgekehrten Entwicklungsgang nahm die Haffküste Preußen?. Die Haffe sind alte Buchten, die durch Nehrungen abgeschlosseu wurden. Aus der gebuchteten Küste entsteht eine geradlinige Doppelküste, wenn, wie in Preußen, das Haff vom Meere aus noch zu erreichen ist, oder eine geradlinig geschlossene Küste, wenn, wie in Hinterpommem, die Haffe völlig in Strandseen vorwandelt sind. Doppelküsten dieser Art gehören zu den häufigsten Erscheinungen. In Oberitalien heißen die abgesperrten Buchten Lagunen, in Süd- rußland Limane, und man hat den Vorschlag gemacht, den letzteren Namen auf alle jene Buchten zu übertragen, die im Gegensatze zu den langgestreckten Haffen und Lagunen senkrecht in die Küste einschneiden.

Eine andere Form der neutralen Doppelküste, die an ein be- wegtes Meer mit kräftigen Gezeiten gebunden ist, ist die Watten- küste. An der Westseite der jütischen Halbinsel können wir den

Küstenformen. 577

Xjbergang aus der gebuchteten Doppelküste verfolgen. Dünen be- gleiten sie von der Nordspitze bis Blaavands Huk, einige bodden- oder limanartige Buchten werden abgesperrt. Von Fanö an ist die Dünenkette zu Inseln zersplittert, die dahinter liegenden Buchten sind geöfihet; das niedrige Marschland, das einst durch die Dünen- kette geschützt war, wird zur Flutzeit überschwemmt Zwischen Heverstrom und Wangeroog fehlt die insulare Außenküste, und die geschlitzten Konturen der Festlandsküste zeugen von der Macht der Nordseebrandung. Dann folgt die friesische Doppelküste bis Texel, glatt bogenförmig an der Außen-, mehrfach gebuchtet an der Innenseite.

Geradlinig oder bogenförmig ist auch diekonkordante Küste, zwar wenig gegliedert, wie die cantabrische Küste oder die Ostküste Italiens von Pesaro bis Punta della Penna, aber doch nicht so glatt, wie neutrale Küsten. Kleine^ rundliche Buchten hat uns Theobald Fischer an der algerischen Küste kennen gelehrt^ kleine, zackige Einschnitte finden sich häufig an der japanischen. Ab und zu dringt das Meer tiefer ein, wo ein Einsturzbecken den Verlauf des Litoralgebirges unterbricht, oder schafft ein sediment- reicher Fluß ein vorspringendes Deltaland. Die ursprüngliche Ge- stalt kann aber erheblich verändert werden. Die Vo'rsprünge werden durch die Brandung zerstört, die Buchten mit Hufe der Küstenver- setznng oder durch anwachsende Deltas ausgefüllt. Flach- und Steil- küsten wechseln, die Küstenlinie wird geglättet, oder es werden durch landfest gewordene Felseninseln neue Buchten gebildet, wie die herrliche Bai von Kadzusa, in deren Nähe Japans Hauptstadt liegt. Das ist die Form der Ausgleichs-, oder besser gesagt, der ausgeglichenen Küste. An der toskanischen Küste hat sich diese Umwandlung zum TeU erst im Laufe der geschichtlichen Zeit voll- zogen. An die SteUe der großen Buchten von Pisa und Grosseto trat sumpfiges Schwemmland, und der Mte. Argentario, das G-ebirge von Piombino und die Monti dell' UcceUina führen uns die verschiede- nen Stadien im Verlandungsprozesse von Inseln vor Augen. Dieser Bachtenreichtum könnte an einer konkordanten Küste auffallen, aber man muß beachten, daß die italienische Küste an der Innenseite eines Faltengebirges liegt, wo große, kesseiförmige Einbrüche nicht selten sind. Die Golfe von Gaeta, Neapel, Salemo und Policastro sind noch erhalten, obwohl an der Ausgleichung gearbeitet wird. Auch die Westküste Koreas ist viel gegliederter, als die Ostküste.

Am gegliedertsten ist aber die diskordante Küste. Berge, Thäler, selbst größere Ebenen treten im bunten Wechsel an das Meer heran, und in demselben Maße wechselt auch das Spiel von

SuPAN, PhysiBChe Erdkunde. 2. Aufl. 37

578 Morphologie des Landes.

Zerstörung und Landbildung. Im allgemeinen entsprechen die Buchten den Hohlformen des Geländes und die Vorsprünge den abgeschnittenen Gebirgen; doch werden auch durch Einbrüche große Buchten gebildet Den höchsten Grad der Gliederung erreicht die Küste im Umkreise des jugendlichen Agäischen Meeres, wo ostwest- lich streichende Faltenztige stückweise in die Tiefe sanken. Aber auch im Bereiche der diskordanten Küste kann Ausgleichung eintreten, und dann können glatte Küsten entstehen, wie es die portugiesische ist, oder die Ostküste Vorderindiens oder die süd- amerikanische Küste Tom Kap S. ßoqtie bis zum Orinoco, wo die Flußsedimente mit Hilfe der Küstenversetzung in merkwürdig gleich- mäßiger Weise angeschwemmt werden.

Thalbnohten. .Unter dieser Bezeichnung fassen wir vorläufig alle thalartigen Buchten zusammen, die unter einem rechten oder steilen Winkel in das Land einschneiden, sich meist auch oberseeisch in einem Thale fortsetzen, und in der Regel gesellig auftreten. Sie sind nicht an eine von den drei genannten Hauptkategorien ge- bunden, aber ihre kräftigste Entwicklung finden sie an Gebirgs- küsten.

Die bekanntesten Thalbuchten sind die Fjorde.* In Verbindung mit dichten Schwärmen von Felseneilanden bestimmen sie den

Küstencharakter auf weite Strecken. Die Küstenentr Wicklung erreichthierihren Höhepunkt, ist doch z. B. A - die wirkliche Länge der

n^T'^^^^^l^^-^' a norwegischen Küste 7 mal ^fc '^^BS^ und die der Küste Ton

Fig. 198. Sogne-Fjord (Norwegen). ^^ine SOgar 13 mal größer

als die in gerader Linie ge- messene. Ein mehr oder minder scharf ausgesprochener ParaUelismus in der Anordnung der Einschnitte und Inseln yerleiht zwar der Fjordküste eine gewi^e Eintönigkeit, im einzelnen aber herrscht große Mannigfaltigkeit Den extremsten Typus steUt der norwegische Lyseflord dar. Er ist bei einer Länge von 41 km nur 600 1900 m breit, und seine Felswände erheben sich senkrecht oder stellenweise sogar über- hängend bis ca. 950 m Höhe. Dagegen begrenzen den größten Teil des Kristiania- und den südlichen und östiichen Teü des Trondhjem- Qordes sanft ansteigende Böschungen. Die Thalform zeigt in drastischer Weise der 187 km lange Sogne^ord (Fig. 198), ein aus einem Haupt- und mehreren Nebenj^orden bestehendes System. Die Vereinigung

-xi

Küstenformen.

579

mehrerer Fjorde zeigt auch Fig. 199. Im TrondhjemQord (Fig. 200) tritt der Parallelismus der Wände schon etwas zurück, und noch mehr im Laxe^ord (Fig. 201). Aber dasselbe ist ja auch bei Thälem der Fall, die sich bald verengen, bald erweitem. Würde das Meer

Fig. 199. Fjorde bei Kristiansund (Norwegen).

Fig. 200. Trondhjem-Fjord (Norwegen).

^y

Fig. 201. Laxe-Fjord (nördl. Norwegen).

Fig. 202. Fiske- und Aniggok-Fjord (West-Grönland).

bis ZU einer Höhe von 500 m die Nordalpen überfluten, so würde die keilförmige Thalbucht von Salzburg eine ähnliche Fjordgestalt annehmen, wie der Laxefjord. Es kann kein Zweifei sein, daß die Fjorde untergetauchte Thäler sind. Zwar scheint dagegen zu sprechen, daß viele Fjorde sich an ihrem Ausgange in mehrere Arme teilen (s. Fig. 199 und 202), allein schon HARTUNa hat diese Eigen- tümlichkeit befriedigend erklärt Zwischen den 1000 m und darüber hohen Bergen Norwegens führen tiefeingesenkte flache Pässe (Eide) aus einem Thale in das in entgegengesetzter Kichtung verlaufende.

37*

580 Morphologie des Landes.

Überstieg der Betrag der positiven Niveauveränderuug die Seehobe der Eide, die in manchen Fällen nicht einmal 100 m beträgt, sio mußten mehrere Thäler zu einem einzigen Fjordensystem ver- schmelzen, dessen Arme Gebirgsinseln einschließen. Ein ähnlicher Vorgang ist übrigens schon beobachtet worden. Auf der Insel Caviana im Mündungsgebiete des Amazonas gab es zwei entgegen- gesetzt laufende Flüsse. 1850 drang die Flut zum erstenmal in den östlichen Fluß ein und überschritt die Wasserscheide. Die^tr Vorgang wiederholte sich öfter, bis endlich die Insel durch einen Meeresann in zwei Teile getrennt war. Auf gebirgigem Terrain entstehen so Fjordstraßen mit parallelen Wänden, wie bei- spielsweise der Matotschkin Scharr zwischen der Nord- und Süd- insel von Nowaja-Semlja. Fjorde, Fjordstraßen, Fjordinseln sind zu- sammengehörige Phänomene.

Besonders charakteristisch sind für die Fjorde ihre unterseeischen Formen. Im Querprofil haben sie eine trogförmige, im Längsproül eine beckenförmige Gestalt. Der Boden des SogneQordes senkt sich von seinem obern Ende unter einem Winkel von 0^39' bis zu einer Tiefe von 1242 m und hebt sich dann wieder unter einem Winkel 1^2' bis 158 m Tiefe. Diese Schwelle fällt bald mit dem unteren Ende des Fjordes zusammen, bald liegt sie oberhalb im Fjorde selbst, bald unterhalb im vorliegenden Meere. In den meisten Fällen sind aber mehrere Becken vorhanden und in ihrem gegenseitigen Verhältnisse zeigt sich eine große Mannigfaltigkeit. Der Howe-Sund in Britisch Columbia zerfällt in zwei nahezu gleicli grobe und gleich tiefe Becken, der Hardanger Fjord in Norwegen in 5, die ebenso wie die Schwellen nach außen zu immer seichter werden, der Loch Hourn in Schottland beginnt mit einer Beihe kleiner Becken und endet mit einem großen.^ Die Tiefen unterschiede sind manchmal nicht bedeutend, aber stets ist das Vormeer seichter als die Fjorde (vgl. Fig. 58, S. 265). Wenn wir oben die Fjorde nach ihrer überseeischen Gestalt als untergetauchte Thäler bezeichnen konnten, so können wir sie jetzt auf Grund ihrer unterseeischen Formen als untergetauchte Thalseen betrachten. In dieser Schluß- folgerung werden wir unterstützt, wenn wir wahrnehmen, daß das Thal, welches den Fjord überseeisch fortsetzt, noch Seen beherbergt, die mit ihrer langgestreckten Gestalt und ihren steilen Gehängen völlig den Fjorden gleichen. Manche solcher Fjordseen sind iu Schottland, Norwegen u. s. w. vorhanden, viele freilich sind auch schon verschüttet. Auch ins offene Meer hinaus können wir manch-

^ Anm. X auf S. 581.

Küstenformen.

581

mal den Fjord als Rinne verfolgen und selbst diese läßt noch eine Trennung im Becken erkennen. ^^

In ihrer strengsten Form ist die Fjordküste auf höhere Breiten beschränkt Die atlantische Seite des skandinavischen Massivs, West- Schottland und das nordwestliche Irland, die arktischen Inseln, Grönland, Neufundland und Labrador, endlich die Westküste Nord- amerikas von Alaska bis zur Juan de Fucastraße sind die wichtig- sten Fjordbezirke unserer Halbkugel. Auf der Stidhemisphäre sind die Westküsten Patagoniens und der neuseeländischen Südinsel und die in höheren Breiten gelegenen Inseln zu nennen. Der Zusammenhang mit der diluvialen Eisverbreitung, den zuei*st Dana erkannte, liegt auf der Hand und bietet auch nichts auffälliges, wenn wir uns ins Gedächtnis zurückrufen, daß gerade die alten Gletscliergebiete außer- ordentlich reich an Seen sind. Nur muß man dabei zwei Fragen auseinanderhalten: 1) die Entstehung der Beckenform; in dieser Beziehung haben die verschiedenen Theorien über die Genesis der Seebecken auch auf die Fjorde Anwendung gefunden; 2) das Unter- tauchen. Diese letztere Erscheinung steht zur Eiszeit in keiner Beziehung, sondern ist ein Phänomen von allgemeiner Verbreitung.

Auch die Fjorde sind nicht ein völlig abgeschlossener Gestaltungs- kreis. Man spricht von Fjorden an der Küste von Maine und Neu- schottland und sogar an den Ufern der canadischen Seen, aber die Beckenform ist hier nur schwach ausgeprägt. Das mag zum Teil wohl auf spätere Zuschüttung, wofür hier auch geschichtliche Zeug-

X I

Iowe-Sund

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G

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1

1

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km

m

m

14,2

287

21,7

174

37,0

282

46,T

123

(49,7Ende)

1 Hardanger-Fjord

Loci

I «. ^

II km

S 1 Becken

il

§

m

o km

1 50

800

0,5

60

545

0,.

,' 86

669

3,1

91,3

507

8,.

102,3

564

4,*

113,7

436

5,5

118,1

506

7,.

124,5

259

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884

18,0

(166 Ende) 174,3

__

203

20,7 Ende

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1

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18

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49

10

35

9

49

13

183

101

5< X Z. B. die Fortsetzung des Stör- und Sulefjords in Norwegen 6278** ^ (s. die schöne Karte von Sandleb in Petermanns Mitteilungen 1890, Taf. 16).

582 Morphologie des Landes.

nisse vorliegen, zurückzuführen sein, denn nur jene Fjorde erhalten sich rein, deren Zuflüsse sich ihrer Sedimente in einem oberhalb gelegenen See entledigt haben. Aber selbst in jenen Teilen, wo da? Lot auf felsigen Grund stieß, sind die Maine^orde meist flach; auch ist zum Unterschiede von anderen Fjordgebieten die Umgebung niederes Hügelland, dagegen ist der Parallelismus deutlich entwickelt. Die Ostseeküste der skandinavisch-finnischen Rumpfscholle zeigt eine Art der Gliederung, die sich wieder einen Schritt weiter von den echten Fjorden entfernt Sie erscheint wie zerschlitzt; zahllose kleine, schmale Einschnitte, die sogenannten Fjärde, dringen mehr oder weniger tief in das niedrig gelegene Küstenland ein, zum Teil mit beckenartigem, zum Teil mit einfach abfallendem Thalboden. An vielen Stellen ist der äußere Küstenrand in hunderte von kleinen Felseninseln (Schären) zersplittert, aber meist in regelloser Weise, nicht in paral- leler Anordnung, wie die Fjordinseln. An den Neutralküsten 0?t- jütlands und der dänischen Inseln begegnen wir den vielgestaltigen För- den,^ bald breiten, bald schmalen Thalbuchten, von denen die ersteren sich dadurch auszeichnen, daß das tiefe Fahrwasser bis an die Spitze der Bucht reicht Haas erklärt die schleswig-holsteinischen Förden für Erosionsthäler der Interglazialzeit, die das vordringende Eis der zweiten Glazialzeit erweitert und vertieft hat*

Bis jetzt haben wir uns innerhalb der diluvialen Binneneisgrenzen gehalten. Außerhalb derselben liegen die teils gewundenen, t^ils keilförmigen Thalbuchten der diskordanten Küsten des südwestlichen Irlands, Cornwallis, der Bretagne, Galiciens und Südchinas, die v. RiCHTHOFEN uutor dem galizischen Namen Rias zusammenfaßte. Ihr hauptsächlichster Unterschied von den Fjorden besteht darin, daß ihr Boden in der Regel allmählich, ohne Unterbrechung durch beckenartige Einsenkungen in das Meer verläuft Auch sie sind Fortsetzungen oberseeischer Thäler, aber ihre eigentliche Aus- gestaltung und Vertiefung erklärte Rütimeyer* auf Grund seiner Studien in der Bretagne für ein Werk der Meereserosion. Man hat auch auf die sechs Keilbuchten im südwestlichen Irland (Kerry und Cork) hingewiesen, die genau den Karbonkalkmulden entsprechen, während der widerstandsfähigere devonische Sandstein die dazwischen befindlichen Halbinseln bildet Eine gewisse Ähnlichkeit mit Fluß- ästuarien läßt allerdings vermuten, daß bei der keilförmigen Erwei- terung die Flutwelle mit im Spiele ist, aber für die engen, gewun- denen Rias, wie das Odet in der Bretagne, reicht diese Erklärung

X In Dftnemnrk Fjorde genannt Manche derselben sind aber unzweifel- haft nichts anderes als Bodden, wie z. B. der AlbuenQord auf Laaland.

KOstenformen. 583

sicher nicht aus, abgesehen davon, daß an der diskordanten Küste Istriens^ wie an der konkordanten Küste Dalmatiens^ also in einem fast gezeitenlosen Meere, der Kiastjpus in der schönsten Weise entwickelt ist. So ist z. B. der Canale di Lerne 12 km lang und nur Ys ^^ breit, und die berühmte Bocche di Cattaro ähnelt in ihrer Gestalt dem EisQorde auf Spitzbergen und ist am Eingange auch unterseeisch durch eine kleine Schwelle abgeschlossen.

Indem wir die Thalbuchten als untergetauchte Thalenden auf- fassen, erblicken wir in ihnen ein ebenso wichtiges Dokument fiir positive Niveauveränderungen, wie in den abgegliederten Halb- inseln, in den Kontinentalinseln, vielleicht auch in den .Wallriffen und Atollanhäufungen. Allerdings finden wir gerade in dem Bereiche der Fjordküsten auch Anzeichen einer negativen Niveauveränderung, aber diese hat noch nicht einen so hohen Betrag erreicht, um den Effekt der älteren, entgegengesetzten Bewegung auszulöschen.

Vatürllohe Seehäfen und MeereBstraasen. Vom verkehrsgeo- graphischen Standpunkte aus hat v. Bighthofen die konkordanten Küsten treffend als Abschließungs-, die die diskordanten als wahre Aufschließungsküsten bezeichnet Das ist ohne weiteres ver- ständlich, wenn man die Verbindung zwischen der Küste und dem Binnenlande in den Vordergrund stellt Aber es gilt auch, wenigstens im Großen und Ganzen, in betreff des natürlichen Hafenreichtums der Küsten, wenn auch gerade konkordante Küsten manchen ausge- zeichneten Hafen besitzen.

Von natürlichen Häfen fordert man einen guten Ankergrund von etwa 10 bis 100 m Tiefe und Schutz vor Wellenbewegung. Ihre Zahl ist verhältnismäßig nicht sehr groß, so daß der ausge- dehnte Verkehr unserer Tage genötigt ist, auch offene Bheden zu be- nutzen oder sie in künstliche Häfen umzugestalten. Diese letzteren fallen natürlich außerhalb des Bereiches unserer Betrachtung.

Kbümmel^ unterscheidet genetisch drei Hauptarten von Seehäfen, betont aber, daß die meisten Häfen mehrere Typen in sich vereinigen.

Groß ist der Formenkreis der Aufschüttungshäfen, bei denen die Natur durch Anhäufung von Sedimenten, vulkanischen Auswürf- lingen oder durch korallinische Riflbildung einen Wellenbrecher geschaffen hat Haffe und verwandte Erscheinungen der Neutral- küsten bieten gute Hafenplätze, wenn der Eingang frei gehalten wird; an ausgeglichenen Küsten giebt das Landfestwerden vonlnseln manchmal Veranlassung zur Buchtenbildung ; durchbrochene Kraterwälle einsamer Vulkaninseln (Fig. 203) und die Lagunen der Wallriffe und Atolle ge- währen Schutz auch mitten im Ozean. Häufiger und vielgestaltiger sind die Einbruchsbäfen, die dadurch entstehen, daß das Meer infolge

584

Morphologie des Landes.

einer positiven Niveauveränderung in das Land einbricht Alle Rias- und Fjordhäfen gehören in diese Kategorie; nur muß hinzugefägt werden, daß viele Fjorde wegen zu großer Tiefe keinen Ankergnind

Fig. 203 a.

Fig. 203 b. St. Paul im indischen Ozean.

bieten, so daß z. B. in Norwegen manche Hafenplätze auf die vor- gelagerten Fjordinseln verlegt sind. Eüsteneilande schützten die alt^n phönizischen Häfen; an konkordanten Küsten öflFnen sich tief einge- schnittene Buchten, von denen manche wohl durch Kesseleinbrüche

Rüstenformen. 585

entstanden sind. S. Francisco, Rio de Janeiro, Sydney verdanken ihren Aufschwang solch natürlichen Ofihungen an sonst wenig zugänglichen Küstenstrecken. Einen Einschnitt in der Küste verursacht femer jede Flußmündung, und jeder größere Fluß ist zugleich eine bequeme Verbindungsstrasse nach dem Innern. An den meisten neutralen^ be- sonders an Schwemmlandküsten herrschen in der That die Mün- dungshäfen vor. Aber trotzdem besteht oft ein seltsamer Gegensatz zwischen der Größe eines Flusses und der Bedeutung seines Mün- dungshafens, auch dort, wo die kulturellen Verhältnisse der Hinter- länder nicht sehr verschieden sind. Das erklärt sich daraus, daß die Barre, die die Flußsedimente vor der Mündung aufschütten, der SchiflFahrt oft ernstliche Hindernisse bereitet. So ist z. B. der ge- waltige Amazonenstrom für Dampfer nur auf dem Umwege über die gewundene Wasserstrasse des Rio Parä erreichbar. Besonders tro- pische und suptropische Flüsse, deren Wasserstand großen Schwan- kungen unterliegt, sind in der Trockenzeit nicht fähig, ihre Barre zu beseitigen; und solch ein Übelstand zwang dazu, den Mündungshafen des Ganges, Calcutta, an einen Nebenarm zu verlegen, der hauptsäch- lich nur vom Gezeitenstrome beherrscht vdrd. Weitaus am günstigsten liegen die Verhältnisse bei jenen Flüssen, deren weite Trichtermün- dungen durch Ebbe und Flut immer oflfen gehalten werden. Hamburg, London, Amsterdam sind berühmte Beispiele solcher Astuariumhäfen.

Kufltenentwicklung und mittlerer Küstenabstand. Schon seit langem beschäftigen sich die Geographen mit der Frage: aufweiche Weise sich ein einfacher mathematischer Ausdruck für die horizon- tale Gliederung von Länderräumen finden ließe.

Die älteste Methode, die von Heinrich Bergbaus (1830), geht von dem Gedanken aus, daß bei gleicher FJäche diejenige Figur ge- gliederter ist, die den großem Umfang (Küstenlänge) hat, bei gleichem Umfange aber diejenige, die die kleinere Fläche hat; und Bergbaus setzt daher die horizontale Gliederung, die er Küstenentwicklung

nennt, = ,, ^ . Man hat dieser Methode vorgeworfen, daß sie zwei

unvergleichbare Werte, Fläche und Länge, miteinander vergleiche, aber schon Reüscble hat das Unberechtigte dieses Vorwurfes dar- gcthan, der nur dann am Platze wäre, wenn man z. B. sagte: der Um- fang von Europa verhalte sich zur Fläche wie 1:288, aber durchaus nichts Unlogisches enthalte, wenn man sich so ausdrücke: auf 1 km Küste kommen 288 qkm Fläche. Schwerer Ydegt der Übelstand, daß die Zahlen sich nach dem zugrunde gelegten Maße ändern, aber er kann beseitigt werden, wenn man irgend eine Küsten- entwicklung, z. B. die mittlere aller 5 Kontinente, gleich 1 setzt

586 Morphologie des Landes.

und alle anderen Zahlen in Teilen dieser Einheit giebt^ Die späteren Verbesserungsvorschläge fußen auf dem Grundsatze, dafi Längen nur mit Längen, Flächen nur mit Flächen verglichen werden dürfen. Um auf diese Weise einen passenden Ausdruck für die Küstenentwicklung zu finden^ benutzte man die Erfahrung, daß unter allen Figuren gleicher Fläche der Kreis bezw. da wir uns auf einer Kugel befinden die Kugelkalotte die denkbar regel- mäßigste ist und daher den kleinsten Umfang besitzt Je mehr der Umfang eines Erdteiles oder einer Lisel den einer inhaltgleichen Kalotte tibertriflPt, desto größer ist die Küstenentwicklung. Man übersieht aber bei dieser Methode die für unsere Zwecke sehr fatale Eigenschaft aller Figuren^ daß ihr Umfang viel langsamer wächst als ihre Fläche. Nicht nur^ daß infolgedessen die Methode kleinen Erdräumen günstiger ist als großen, sie fördert auch den oflfenbaren Widersinn zutage, daß die Küstenentwicklung Europa- Asiens größer ist als die Europas und Asiens für sich genommen, die Amerikas größer als die Nord- und Südamerikas, die aller Kontinente zusammen größer, als die jedes einzelnen! Noch ein paar andere Methoden kranken an diesem Übelstande und werden dadurch unfähig, wirklich vergleichbare absolute Werte fiir die Küstenentwicklung oder für die Zugänglichkeit eines Landes zu Kefem.

Einen anderen Weg schlug Rohbbach® ein. Er zeichnet in die Erdteile Linien gleichen Küstenabstandes ein und berechnet daraus mit Hilfe der graphischen Methode ^^ den mittleren Ktisten- abstand. In nachstehender Tabelle sind die wichtigsten Ergebnisse zusammengefaßt; sie bieten uns einen bequemen, zum Teil sogar über- raschenden Kommentar zur Karte. Namentlich der Prozentsatz der küstennahen Zone (bis 600 km) ist ein guter Maßstab für den Um- fang des legitimen Einflusses des Meeres auf das Klima der Erdteile und fiir die Bedeutung mancher orographischen Hindemisse, die diesen Einfluß abschwächen oder vernichten. Aber weder die Aus- dehnung der küstennahen Zone, noch der mittlere Küstenabstand sind ohne Karte ohne weiteres verständlich. Wenn einerseits Asien und Afrika, anderseits Europa und Australien nahezu gleichviel Prozent küstennahes Land haben, so wird das in dem ersteren Falle

X So ist z. B. die Küsten entwicklung Europas (e) im metrischen Maß 28$ im Meilenmaß 39 ; stellen wir diese Zahlen aber in Vergleich mit der mittlereo Küsteuentwicklung des gesamten Festlandes (/'=612 nach metrischem, 82 nach Meilenmaß), so erhalten wir in beiden Fällen e:f= 0,48.

X ^ Die chorigraphische Kurve Rohrbachs entspricht die hypsographiscben Kurve Pencks (vgl. S. 36).

Küstenformen.

587

nur durch die Differenz der horizontalen Gliederung , im zweiten aber trotz dieser Differenz bewirkt; im ersten Falle ist die Küsten- entwicklung, im zweiten die Fläche ausschlaggebend. In dem größeren mittleren Eüstenabstande Asiens gegenüber dem Afrikas kommt aber doch die beträchtlich größere Ausdehnung Asiens zur Geltung; da- gegen haben Europa und Australien nahezu gleichen mittleren Küstenabstand, obwohl es kaum zwei größere Länderräume giebt^ die in ihrer Umrißgestaltung so grundverschieden wären, wie diese. Für die Gliederung allein gewinnt man einen exakten Ausdruck,

1

Kastenabstand in km

Mittlerer Küsten- abstand

0—600

600— 1200|l200-1800|l800-2400| über 2400

1

Prozente

in km

£uropa . . .

81,»

15,6

2,8

340

Afiien . . . |

49,4

24,9

16,7

8,7

0,8

780

Europa- Asien .

55,1

23,2

14,4

7,1

0,2

700

Afrika . . . '

48,9

35,8

15,8

670

Australien . .

82,0

17,1

1

- 1

350

Nord-Amerika i

68,4

26,4

5,2

470

Süd-Amerika . .

1

59,7

31,5

8,8

1

550

Alte Welt . .

52,9

27,6

14,8

4,5

0,2

Neue Welt .

64,2

28,7

7,1

wenn man die Flächen der Halbinseln mit der des Rumpfes in Ver- gleich setzt; es ist dabei nur schwierig zu bestimmen, was alles als Halbinsel zu betrachten sei, und an welchen Stellen sie abzutrennen seien. Die Anzahl und Größe der Glieder ist übrigens für die Küstenentwicklung nicht allein maßgebend. Afrika und Südamerika sind beide Rümpfe ohne Glieder; da aber Südamerika sich sehr stark verschmälert, so kommen hier auf 1 km Küste nur 698 qkm, in Afrika dagegen 1128. Die EnBENBüRGsche Methode fuhrt aber zu einem ganz entgegengesetzten Resultate. Ehrenburg^ unterscheidet drei sphärische Kreise: 1) den Außenkreis (^) oder den größten Kreis, der noch alle Glieder des betreffenden Landraumes umfaßt; 2) den Innenkreis (/) oder den kleinsten Kreis, der dem Rumpfe eingeschrieben werden kann, und 3) den inhaltgleichen Kreis (F), und setzt die Flächen

dieser Kreise in Beziehung zueinander. Der Quotient -y ist unter

allen möglichen Kombinationen offenbar der reinste Ausdruck der horizontalen Gestaltung, und doch ist er für Afrika größer (5,e) als für Südamerika (5,i). Der Grund liegt in der großen Ausdehnung des Golfs von Guinea, den Afrika halbmondähnlich umzieht; dadurch

588 Morphologie des Landes.

wird der Außenkreis sehr groß und der Innenkreis sehr klein. An- gesichts solcher entgegengesetzten Ergehnisse kann mit Recht die Frage aufgeworfen werden, ob alle diese künstlichen Methoden der Geographie wesentliche Dienste leisten. Nur Rohrbachs Ausmessung der Küstenentfernungszonen und bis zu einem gewissen Grade aurl der mittlere Küstenabstand bieten uns reale Werte, die aber auch nur einseitige Verhältnisse zum Ausdrucke bringen. Das Kartenliild in eine Formel zu pressen, ist vergebliche Mühe.

Li tteraturnach weise. * Philippson cit. S. 426. Weule, Beitrag zni Morphologie der Flachküsten, in der Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie 1891, Bd. VIII. " DiNSE, Die Fjordbildungen, in der Zeitschrift der Berliner Gesellschaft für Erdkunde 1894. ' Haas, Studien über die Entstehung der Fjorden, in den Mitteilungen aus d. mineralogischen Institut d. Univeraitat Kiel. 1888. * RüTiMEYER, Die Bretagne, Basel 1883. * KbCmhel, Die Haupttjpen der natürlichen Seehäfen, im Globus, 1891, Bd. LX. ' Rohbbach, Über mittiere Grenzabstände, in Petbrmanns Mitteilungen 1890 (mit vollständiger Litteratur- angäbe über das Thema der Küstenentwicklung auf S. 92). ' Eheekvcbg. Studien zur Messung der horizontalen Gliederung von Erdrfiumen, Wüizborg 1891 (mit übersichtlicher Angabe sämtlicher bisher angewendeten Formeln).

Fünfter Abschnitt.

Die geographische Verbreitung der Pflanzen

und Tiere.

Allgemeine Bemerkungen über die Verbreitung der Pflanzen.^

Glücklicherweise ist der Teil des Festlandes, wo das Felsgerüste un verhüllt zu Tage tritt oder eine Eisdecke trägt, klein im Ver- gleiche zu jenem, der mit einem Pfianzenkleide geschmückt ist Hier >)eclingen nicht bloß die Terrainverhältnisse und Gewässer die Physiognomie der Landschaft, sondern auch die Vegetation, die schon aus diesem Gesichtspunkte das geographische Interesse in An- spruch nimmt, in noch höherem Grade aber deshalb, weil nicht nur die Existenz der Tiere, sondern auch die unsere darauf ge- gründet ist.

Vegetation und Flora sind verschiedene Begriffe. Der Reich- tum der Vegetation hängt von der Anzahl der Individuen, der der Flora von der Anzahl der Arten ab. Es giebt Gegenden, wie die Ebene des Amazonas, wo die Dichtigkeit der Pflanzendecke mit der Fülle der Pflanzenformen weiteifert; aber es giebt auch Gegenden, wo trotz der Ärmlichkeit der Vegetation der sammelnde Botaniker eine reiche Ausbeute findet So ist es in den vorderasiatischen Steppen, wo das Doppelgeschlecht Astragalus und Oxytropis in mehr als tausend Arten auftritt. Dagegen ist in Neuseeland die Vege- tation üppiger als in den Mittelmeerländern, aber die Flora ist hier ungleich reicher.

Abhängigkeit vom Boden. Die Pflanze ist zunächst abhängig vom Boden, dem sie ihre Nahrung entnimmt und der auch ver- möge seiner physikalischen Eigenschaften, wie Dichtigkeit, Wasser- durchlässigkeit und Wärmekapazität, einen mächtigen, wenn auch manchmal überschätzten Einfluß auf die Flora ausübt, die man in dieser Beziehung in Kiesel-, Kalk- und Salzpflanzen zu scheiden

590 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

pflegt Dieselben, durch eine matte, ins Graue spielende FärbuDg ihrer Vegetationsorgane ausgezeichneten Formen, welche die Küsten der Meere bewohnen, treten auch im Innern des Landes auf den. salzgeschwängerten Boden der Steppen auf. Die immergrünen Bäume und Sträucher, welche den hervorstechendsten Charakterzag der Mittelmeer-Flora bilden, kommen nach den Beobachtungen von Fuchs in Stidfrankreich, Italien, Griechenland, Südrußland und im nördlichen Kleinasien ausschließlich auf dem trockenen und wannten Kalkboden vor, während weiter südlich die Gesteinsbeschaffenheit der Unterlage ohne Einfluß bleibt Auf der pyrenäiöchen HalbinjJtf! ist die Steppe streng an die gipsführende Formation gebunden, uml die Grasfluren der argentinischen Pampas scheinen durch den mit Sand, salzigen und kalkigen Bestandteilen gemischten Liehmboden bedingt zu sein. Der Einfluß des Bodens zeigt sich namentlich iL Gebirgen, wo die Felsarten rasch wechseln. In der Schweiz findet man einige Pflanzen (z. B. Androsace lactea) nur auf Kalk, andere nur auf Sandstein, wieder andere, wie gewisse Moose und Famt- des Hochgebirges, nur auf krystallinischem Gestein. Als Beispiel absoluter Anpassung führt Christ* das Alpen- Windröschen (Ane- mone alpina) an, dessen weiße Form nur auf Kalk und dessen gelbe Form nur im Thon- und Quarzgebirge auftritt. Wo das eine Ge- stein allmählich in das andere übergeht, da finden sich auch Farben- übergänge in zahlreichen Abstufungen. Aber schon in den Vogesen hört diese strenge Scheidung auf, und ein ähnliches Verhalten läßt sich auch bei anderen Pflanzen beobachten. Die Lärche, die in der westlichen Schweiz nur das krystallinische Gebirge bewohnt und auf Kalk auch bei künstlicher Anpflanzung nicht gut gedeiht, zeigt sich in Oberbayern und Salzburg, noch mehr aber in den Karpaten, völlig gleich- gültig gegen die Gesteinsbeschaff'enheit ihres Standortes. Desgleichen kommt die Legföhre, die in den Alpen ein entschiedenes Kalk- gewächs ist, in den Karpaten auf jeder Unterlage vor. Im großen und ganzen tritt also die Abhängigkeit der Vegetation vom Boden nur in klimatisch gleichförmigen Gebieten scharf hervor, und außer den Salzpflanzen dürfte es verhältnißmäßig wenig Gewächse geben die überall an eine bestimmte Gesteinsart gebunden sind. Ob aber die che- mischen oder die physikalischen Eigenschaften des Bodens vor allem maßgebend sind, ist eine Streitfrage, die, wie wir sehen werden, bei der Behandlung des Steppenproblems eine weittragende Bedeutung gewinnt Abhängigkeit vom Klima. Licht, Wärme und Feuchtigkeit bilden die Grundbedingungen des Pflanzenlebens. Wir werden bei unsem Betrachtungen immer, wieder darauf zurückkommen, hier be- schränken wir uns nur auf einige allgemeine Bemerkungen.

Allgemeine Bemerkungen Über die Verbreitung der Pflanzen. 591

Das Wärmebedürfhis verschiedener Pflanzen ist verschieden, nicht nur in Bezug auf die Mitteltemperatur, sondern auch in bezug auf die Dauer der Zeit, in der ein gewisser, die Entwicklung des Pflanzenlebens ermöglichender Wärmegrad erreicht werden muß. Die Birke und Lärche können z. B. weiter gegen den Pol und in höhere Regionen vordringen, als die Buche und Eiche, denn bei jenen kann die Vegetationsperiode nicht unter drei, bei diesen nicht unter fünf Monate herabsinken. Aber trotzdem bilden die Iso- thermen keine unübersteiglichen Schranken, insofern Pflanzen kälterer Gregenden einen gewissen Wärmeüberschuß sehr wohl ertragen können. Empfindlicher sind die Pflanzen in ihrem Feuchtigkeits- bedürfhis, daher innerhalb eines Breitengrades Gebiete mit Trocken- heit liebenden Gewächsen oft sehr scharf gegen solche abgegrenzt sind, die von Feuchtigkeit liebenden Pflanzen bewohnt werden. Auf die verschiedenste Weise suchen sich die Pflanzen gegen trockenes Klima zu schützen und die Verdunstung der Blattorgane zu ver- ringern. Entweder sind die Blätter, wie bei den Eukalyptusbäumen Australiens, in senkrechter Stellung eingesetzt und kehren daher nicht ihre ganze Fläche der Sonne zu, oder sie sind verkleinert, oder mit Haaren oder Schuppen bekleidet, oder fleischig ausgebildet, oder in Domen verwandelt; ja bei einigen Bäumen und Sträuchem, wie bei den Casuarinen und dem Besenstrauche (Spartium), ist die Blattbildung völlig unterdrückt Den gleichen Zweck verfolgt die Ausscheidung von Harz oder ätherischen Ölen. Aber wenn auch derartig organisierte Gewächse in trockenen Gegenden ihre eigent- liche Heimat gefunden haben, so fehlen sie doch auch in feuchten Ge- bieten nicht ganz. Die domigen Astragalusarten bilden allerdings den wesentlichsten Bestandteil der Steppenflora der alten Welt, aber eine Art findet sich sogar in der Nähe von Gletschern. Die Kakteen, die in den regenarmen Landstrichen der neuen Welt die hervor- ragendste Rolle spielen, kommen auch in den feuchten Urwäldem Südamerikas vor, und ebensowenig sind die kaktusähnlichen Euphor- bien auf die trockenen Teile von Asien und Afrika beschränkt Der Baumfam und die Aloe, die beiden größten Gegensätze in Bezug auf das Feuchtigkeitsbedürfhis, bewohnen gemeinsam den indischen Teraiwald. Nicht immer haben also äußere, klimatische Verhältnisse eine eigenartige Organisation hervorgerufen, sondern diese ist zu- nächst durch innere Ursachen, die sich allerdings unserer Beobachtung entziehen, bedingt, und klimatische Einflüsse haben nur ihre Aus- bildung gefördert

HniDEBBAio)' stellte eingehende Untersuchungen über den Zu- sammenhang zwischen dem Klima und der Lebensdauer der Pflanzen

592 Die geographische Verbreitong der Pflanzen und Tiere.

an. Er wies nach, daß ein gleichmäßiges Klima nicht nur langlebige Gewächse, sondern auch die Andauer der Vegetationsorgane begünstigt Die einjährigen Pflanzen treten zurück und die Zahl der H0I2- gewächse nimmt außerordentlich zu; ja auf den Hawaiischen Inseln und auf St. Helena sind Familien, die sonst nur Kräuter und Stauden enthalten, durch Holzgewächse vertreten. Der Äquatorialzone fehlen einjährige Pflanzen ganz; wenn sie aber auch in tropischen Gegen- den mit langer Trockenheit verhältnismäßig selten sind, so er- klärt sich dies daraus, daß hier der Boden von Gewächsen längerer Lebensdauer zu sehr besetzt ist, um eine reichlichere Entfaltung ephemerer Existenzen zu gestatten. In unserem Klima ist ihre Zahl schon beträchtlich gewachsen, dagegen ist sie begreiflicherweise gering in Gegenden mit kurzer Yegetationszeit, also in Wüsten, in den alpinen Regionen und im polaren Gürtel,^ wo aber im Gegensatze zu den Tropen die langlebigen Pflanzen durch Dauerorgane unter der Erde oder durch kräftig geschützte oberirdische Organe aus- gezeichnet sind.

Überall, wo die klimatischen Elemente eine ausgesprochene jähr- liche Periode zeigen, verändert sich auch das Pflanzenkleid mit den Jahreszeiten. Die Winterkälte der mittleren und höheren Breiten und die Trockenzeit in den Gegenden mit streng subtropischem und tropischem Regen versenken die Vegetation in längeren oder kürzeren Schlaf. Aus den Beobachtungen über ihr allmähliches Erwadien hat sich sogar ein eigener Wissenszweig, die Phänologie, entwickelt, die besonders H. Hoffmann große Förderung verdankt; und phäno- logische Karten bilden eine umso erwünschtere Ergänzung unserer Klimakarten, als sie manche Unterschiede enthüllen, die die meteoro- logischen Mittelwerte nicht mit gleicher Schärfe erkennen lassen.* Manches bleibt freilich noch rätselhaft, wie das Verhalten des Öl- baums, der im Mittelmeergebiete seine Knospen schon entfaltet» wenn der Winter die Blätter am meisten bedroht, oder die Erscheinung, daß manche Bäume in Venezuela und Brasilien schon vor Beginn der Regenzeit ausschlagen.

Pflanzenwandemngen und Pflanzenverbreitong. Noch ein drittes Moment muß in Betracht gezogen werden, das historische. Die Ver- breitung einer Art aus der Pflanzen- wie aus der Tierwelt ist durch Wanderung von einem Entwicklungszentrum aus zu erklären;

X Die Zahl der einjährigen Pflanzen beträgt in der Dauphin^ in 200—600 m 600—1800 m über 1800 m Höhe

60 33 6 Proz.,

femer in Paris (49<^ B.) 45, in Kristiania (59,o<* B.) 30, in listad (61,4* B.) 26 Proz. der Gesamtflora.

...^-.^iiWUl «

Allgemeine Bemerkungen über die Verbreitung der Pflanzen. 593

die Verbreitungsmittel, über die die Pflanzen verfügen, wurden schon auf 8. 572 angeführt. Es muß hier aber auch darauf aufmerksam gemacht werden, daß ebenso, wie jedes Individuum, auch jede Art zeitlich beschränkt ist, wenn auch die Lebensdauer in dem einen wie in dem anderen Falle innerhalb weiter Grenzen variiert. Am Simplon bewohnt eine Glockenblume, Campanula excisa, einen wohl- abgerundeten Bezirk, über den hinaus sie noch nicht vorgedrungen ist; sie befindet sich gleichsam noch im Eindesalter, das an die Wiege gebunden ist Mit jugendlicher Vollkraft erobert dagegen das canadische Berufkraut weite Bezirke. 1655 wird es zuerst als Garten- pflanze im botanischen Garten zu Blois erwähnt 1674 war es schon in Südeuropa heimisch, aber noch 1763 giebt LiNNi: als Verbrei- tungsgebiet nur Amerika und Südeuropa an. Seitdem ist es, unter- stützt durch die Flugfähigkeit seines mit einem Fallschirm ver- sehenen Samens, nach Norden wie nach Osten vorgedrungen, und bat sich von England bis zum Altai und von Sizilien bis Schweden ansässig gemacht Unzähüg sind die Beispiele von Gewächsen, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung befinden, deren Wande- rungen aber der grauen Vorzeit angehören. Einen greisenhaften Zug besitzen jene Pflanzen, die jetzt nur an wenigen, weit vonein- ander entfernten Standorten gefunden werden; so die Monotropa uniflora und Phryma Leptostachya, die das östliche Nordamerika^ Japan und den Himalaja, letztere auch die Gegenden am Amur und westlich von Peking bewohnen. Diese Verbreitungsart läßt sich nur durch die Annahme erklären, daß die betreffenden Pflanzen an den Zwischenstationen ausgestorben sind, und Engleb faßt sie daher als die kümmerlichen Reste einer einst weit verbreiteten Tertiärflora auf. Zu demselben Schlüsse gelangen wir in bezug auf das Vor- kommen nahe verwandter, aber vikariierender Arten an weit ent- legenen Punkten. Das Geschlecht Liquidambar ist jetzt durch je eine Art in Kleinasien, in Japan und in den atlantischen Staaten von Nordamerika vertreten, aber in der Miocänzeit lebte es auch im übrigen Nordamerika, in Grönland, in Mitteleuropa und in Ita- lien. Zwei andere Geschlechter tiefem uns Beispiele eines noch fort- geschritteneren Verfalles. Das Genus Sequoia gliedert sich in 26 Arten, von denen aber nur noch zwei, S. gigantea (Wellingtonia oder Mam- muthaum, die größte Conifere der Jetztzeit) und S. sempervirens, im pazifischen Nordamerika von Califomien bis Oregon leben, während die fossilen Arten im ganzen nördlichen Waldgürtel und in der arktischen Zone gefunden werden. Die Blüteperiode des Gingko fallt in den mittleren Jura; schon im Tertiär zeigen sich deutliche Spuren des Niedergangs, wenn sich auch der Verbreittmgsbezirk

SupAir, Ph3rBiBche Erdkunde. 2. Aofl. 38

594 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

noch über den ganzen Norden ausdehnte, und in der Gegenwart i»t er nur auf des östliche Asien beschränkt

Die angeführten Beispiele belehren uns zugleich über die ver- ■schiedenen Arten des Endemismus. Endemische Gewächse sind sowohl die Glockenblume am Simplon, wie die Sequoia Califomiens: aber im ersteren Falle ist die Heimat zugleich das Entwicklungs- zentrum, in dem letzteren aber nur die Zufluchtsstätte der letzten Vertreter einer untergehenden Form.

Schon die bisherigen Erörterungen konnten uns von der Richtig- keit zweier wichtigen Thatsachen überzeugen: erstens, daß die Ent- wicklung der jetzigen Pflanzenwelt noch nicht abgeschlossen ist und zweitens, daß diese aufs innigste mit den Floren der früheren geologischen Perioden verknüpft ist Gerade die hervorstechendsten Eigentümlichkeiten der Florengebiete lassen sich nicht durch das Klima und noch weniger durch die Bodenbeschaffenheit erkläreiL Wir können den gegenwärtig bestehenden Verhältnissen keinen stich- haltigen Grund für die Thatsache entnehmen, daß die chinesischen und japanischen Eichen und Nadelhölzer von den nordasiatischen verschieden sind, daß in den Mittelmeerländern die Lippenblomen und Cistrosengewächse, oder unter den alpinen Kräutern die Primeln und Gentianen vorherrschen, daß an der Südspitze Afrikas plötzlich und auf einen engen Raum beschränkt eine ganz eigenartige, reiche und trotzdem fast nur aus endemischen Arten bestehende Flora auftritt, oder daß die Floren von Ost- und Westaustralien so sehr differieren, und daß der Endemismus des letzteren sogar den der festlandfemsten Inselgruppe, der Hawaiischen, übertrifft

Wie jetzt, so setzten auch in der Vorzeit klimatische Verschie- denheiten, Gebirge und Hochländer und endlich das Meer den Pflanzenwanderungen Schranken. Aber diese Faktoren, die bei der Verbreitung der Gewächse die wichtigste Rolle spielen, haben sich mehrfach geändert Namentlich erlitten in den mittleren und höheren Breiten die klimatischen Verhältnisse bei dem Übergänge aus der Tertiär- in die Eiszeit und aus dieser in die Gegenwart tiefein- schneidende Umgestaltungen; und nur jene Organismen, die Lebens- kraft genug besaßen, den veränderten Verhältnissen sich anzu- passen, konnten ihren Platz behaupten. Die Variationsfahigkeit ist also eine Grundbedingung für die größere Verbreitung einer Pflanzenform.

Die Aufgabe des Botanikers ist es, an der Hand systematischer und paläontologischer Untersuchungen dem Entwicklungsgange der Pflanzenwelt nachzuspüren. Unser Ziel ist nicht so weit gesteckt Einzelne Formen haben für uns nur dann Bedeutung, wenn sie die

H

Die Hauptzonen und Hauptregionen der Vegetation. 595

IPhysiognomie der Landschaft in charakteristischer Weise mitbestimmen, oder wenn sie als Mutzpflanzen in nähere Beziehungen zum Menschen treten. Unser Hauptaugenmerk richten wir vielmehr auf jene großen FHanzengemeinschaften, die Gbisebach Yegetationsformationen genannt hat, und deren Ausbildung und Verbreitung zum größten Teil durch das gegenwärtige Klima bedingt ist. Nach ihrer syste- matischen Verwandtschaft zerlegt oder vereinigt der Botaniker diese Oemeinschaften zu Florenprovinzen und bildet aus den Provinzen Florenreiche, aus den Kelchen Florengruppen, aus den Gruppen Zonen. ^ Die Resultate dieser Arbeit, in Verbindung und verglichen mit der zoologischen. Einteilung des Festlandes, hieten aber das höchste geographische Interesse, indem sie das Gemälde von der Srdoberfläche als einer allmählich gewordenen und in beständiger Umbildung begriffenen vervollständigen.

Litteraturnachweise. * Hauptwerke sind: Grisebach, Die Vegetation der Erde, Leipzig 1872 (für den Geographen noch immer unentbehrlich); Enoler, Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt, Leipzig, 1879; Dbude, Die Floreureiche der Erde (Gotha 1884) und Handbuch der Pflanzengeographie (Stattgart 1890), Atlas der Pflanzenverbreitung, Gotha 1887 (in Berqhaüs' Physi- kalischem Atlas). Christ, Pflanzenleben der Schweiz, Zürich 1879. Hilde- BRAMD, Lebensdauer u. Vegetationsweise der Pflanzen, in Enolers Botanischen Jahrbüchern, Bd. II. * Als Beispiel diene Hoffmanns phänologische Karte von Mitteleuropa, in Pstbbmanns Mitteilungen 1881.

Die Hauptzonen und Hauptreglonen der Vegetation.

(Siehe ELarte XVIIL)

Den drei Temperaturzonen entsprechen die drei Vegetations- zonen^ die tropische, gemäßigte und polare.

Tropische Pflanzenzone. Monokotyle Laubbäume, deren einfaches Holzgerüst eine ausgebreitete, riesige Blattrosette krönt, und unter diesen wieder die Palmen, sind der hervorstechendste Charakterzug der tropischen Vegetation. Als die äußersten Grenzen derselben können wir daher die Polargrenzen der Palmen betrachten, umsomehr als diese zum Teil wenigstens mit den Jahresisothermen von 20^ zusammen- fallen. Die höchsten nördlichen Breiten, die die Palmen in ihrer natürlichen Verbreitung erreichen, sind 35® in Amerika und 48,7® in der alten Welt (Nizza); in Südamerika liegt ihre äußerste Grenze in 38®, in Afrika in 34®, in Australien in 36® B. Weiter vom Äquator entfernen sie sich auf Neuseeland; östlich von Neuseeland, auf der Pittinsel, erreichen sie ihre größte Polhöhe in fast 45® S.

X Drude, dem wir sonst folgen, nennt die Zonen Gruppen und die Gruppen Untergruppen.

88*

596 Die geographische Verbreitung der PAansen and Tiere.

Dagegen bleiben sie den Galapagosinseln und den fjianden Ascen- sion und St Helena fem, aber wohl nicht aus klimatischen Granden, während die schmale und lange äquatoriale Ausbuchtung ihrer Polargrense in Südamerika durch die gewaltige Erhebung der Andes bedingt ist

Während an der antarktischen Grenze yerschiedene Palmen^ Kum Teil Ton hochstämmigem Wüchse, auftreten und der tropische Yegetationscharakter ziemlich rasch abbricht, gehören die nördlich- sten Palmen ausschließlich zur, Gruppe der Sabaleae, und zwar in der neuen Welt zum Sabal*, in der alten Welt zum Chamaerops- Geschlechte. Die Giltigkeit des Hauptgesetzes, daß unter sonst gleichen Umständen der Florenreichtum mit wachsender Breite ab- nimmty erwies Drudb, dem wir überhaupt die eingehendsten Unter- suchungen über die Verbreitung der Palmen verdanken, auch in Bezug auf diese Pfianzenfamilie. ^ Nur das höchste, in äquatorialer Richtung verlaufende Kettengebirge, der Himalaja, bildet eine schrofie Grenze, indem südlich davon die Palmen sogleich in großer Arten- zahl auftreten. Am üppigsten entfaltet sich die tropische Vegetation in der Ebene des Amazonas und im malaischen Archipel, also unter dem Äquator. Wenn Afrika nicht durch eine gleiche PalmenfuUe ausgezeichnet ist, so hat man dies zum Teil wenigstens der bedeu- tenden Erhebung über dem Meeresspiegel zuzuschreiben, denn die Palmen heben vor allem warmfeuchtes Tiefland und steigen nur ausnahmsweise iu größere Seehöhen empor (die Wachspalme in den Andes bis 3000 m). Daraus erklärt es sich auch, daß in Afrika die Palmen nur in der Guinea-Niederung einen hervorragenden An- teil an der Vegetation nehmen.

Die einzige einheimische Palme von Südeuropa, Chamaerops humilis, ist eine Zwergform. Der Stamm ist meist im Boden ver- steckt, und nur in den günstigsten Fällen erreicht er eine Höhe von

X Die Artenzahl beträgt:

a) in Amerika:

Prärien 3. Südöstliche Vereinsstaaten 6. Mezicanischefi Gebiet SO. Westindien 40. Südamerika diesseit vom Äquator 90. Amazotkas- ebene 180. Tropische Andes 70. Brasilianisches Gebiet 90. Chile 2. Nördliche Pampas 6.

b) im westlichen Teil der Osthemisphäre: Mittelmeerländer 1. Sahara und Vorderasien 3. Tropisches Afrika^ Westküste 17, Ostküste 11. Madagaskar 10. Südafrika 2.

c) im östlichen Teil der Osthemisphttre:

Südclüua 11. Vorderindien 50, Hinterindien 70. Malaischer Archipel 20(K Australische Nordküste bis zum Wendekreise 19. Australische Ostküste 6.

Die Hauptzonen und Hauptregionen der Vegetation. 597

4 6 m. Solche Zwerge finden wir aber auch gelegentlich in der Nähe des Äquators, besonders in höheren Regionen. Die meisten Palmen sind hier aber hochwüchsige Bäume, deren schlanker Stamm sich bei einigen südamerikanischen Arten bis zu 60 m über den Boden erhebt^ oder sie sind Schlinggewächse (Rotangs). Eine Ausnahme von der gewöhnlichen Palmform bilden die afrikanischen Dumpalmen, deren Stamm ein- oder mehrfach gabelförmig geteilt ist Die Blätter sind oft von erstaunlicher Größe; es giebt Fächer von 37^ Durchmesser und Fieder von 15 m Länge, Das ganerandige, steife Blatt der Manicaria saccifera besitzt eine Länge von 9 und eine Breite von 1 ^2 ni. Noch deutlicher zeigt sich die tropische Lebens- fülle in den Kletterpalmen, die besonders in Ostindien heimisch sind (die Geschlechter Calamus und Daemonorops), und deren Hokstamm eine Länge von 370 550 m erreicht Wäre ihr Stamm entsprechend dick, um aufrecht stehen zu können, so würde er viele Berge an Höhe übertreffen.

Aber nicht bloß ein unvergleichlicher Schmuck der Landschaft sind die Palmen, sie sind auch von unberechenbarem Nutzen. Ganze Liänder ernähren sich von den Früchten der Dattel- und Kokos- palme. Der Stamm der Sagopalme enthält reichliches Stärkemehl, das unter dem Namen Sago in den Handel kommt. Die Blattknospen einiger Arten werden als Gemüse genossen, oder man bereitet aus ihrem Safte den Palmenwein und durch Zusatz bitterer Kräuter und Wur- zeln, die die Gärung zurückhalten, ein bierartiges Getränk Gekocht und zur Verdunstung gebracht, liefert dieser Saft guten Zucker. Den Assai, ein dem Kaffee oder der Schokolade ähnliches Getränk, liefert die Frucht der südamerikanischen Euterpe oleracea. Die Betelnuß, die Frucht der Arecapalme, ist im ganzen südöstlichen Asien ein beliebtes Genußmittel. Das Palmöl, dessen Bedeutung für den Welthandel von Jahr zu Jahr steigt, gewinnt man aus dem Sameneiweiß einiger Palmen, besonders der westafrikanischen Ol- palmen. Unendlich mannigfaltig ist endlich die Verwendung der Blätter und des Holzes zu Flechtwerk, Hüten, Matten, Gefäßen, Kästen u. s, w. ; und wohl keine Pflanze ist mit den Sitten und Ge- wohnheiten der Tropenbewohner so innig verwachs^i, als die Palme; ja in bezug auf die Vielseitigkeit des Nutzens kommt ihr keine andere Pflanzenfamilie der Erde gleich.

Als Nahrungspflanzen sind auch die Musaceen von außer^ ordentlicher Bedeutung. Ihre saftreichen^ nicht sehr hohen Stämme tragen Blätter von außerordentlicher Größe, schöne Blüten und Fruchtbündel von 1 IY2 ^ Länge. Die Früchte der Bananen werden als frisches Obst, die des Pisangs (Paradiesfeige) meist ge^

598 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

kocht genossen. Eine beschränktere Verbreitung besitzt der Brot- baum, ursprünglich nur vom Sundaarchipel bis zu den fernsten polynesischen Inseln; aber gerade flir diese pfianzenarmen Eilande ist er das wertvollste Geschenk, um so mehr, als er keiner Kultur bedarf, und drei Bäume ausreichen, einen Menschen das ganze Jahr hindurch zu ernähren. Fast unabsehbar ist die Zahl der übrigen Bäume mit eßbaren Früchten. Hier sei nur noch der Bauyanen ge- dacht, die der Hindu als das Symbol unerschöpflicher Naturkraft ver- ehrt. Aus den Zweigen senken sich Luftwurzeln herab, die wieder za neuen Stämmen heranwachsen, so daß „Krone an Krone wie über einer gemeinsamen Säidenhalle sich ausbreitet", und ein einzige^ Individuum einen ganzen Wald erzeugen kann. Seltsam erscheineL auch dem an nordische Formen gewöhnten Auge die Gestalten des Pandanus und die Mangrovebäume, die alle tropischen Flach- küsten, welche nicht zu sehr der Brandung ausgesetzt sind, um- säumen. Die Luftwurzeln der letzteren entspringen aus den Früchteii, und die neuen Stämme lösen sich dann von dem Mutterkörper los. Am meisten fällt uns die Wachstumskraft der Tropen auf, wenn vrir innerhalb einer und derselben Familie tropische Vertreter mit denen höherer Breiten vergleichen. Zur Familie unserer Graser gehört das Bambusrohr, das am Fuss etwa 15 cm dick ist und nach oben sich zu einer Spitze verjüngt. Die glänzend - glatten Stämme vereinigen sich zu dichten Gruppen von 20 30, ja sogar 40 m Höhe, und treten somit in der Physiognomie der südasiatischeD Landschaft bedeutsam hervor. Seltener ist der Bambus in Süd- amerika, und in Afrika scheint er fast ganz zu fehlen. Unerschöpf- lich ist seine Verwendbarkeit zu Waffen, Leitern, Masten, Kähnen. Brücken, Matten, Schränken, Gefäßen, Möbeln; ja ganze Häuser werden aus diesem ebenso eleganten als leicht zu verarbeitenden Material erbaut Die Familie der Liliengewächse hat einige baum- artige Kepräsentanten, wie Yucca, Aloe und den berühmten Drachenbaum, einen der Biesen der Pflanzenwelt. Aus der Klasse der Farne, die in außerordentlichem Formreichtum und enormer Artenzahl die feuchten Urwälder bewohnen, ragt besonders der schöne, 6 10, manchmal 15 18 m hohe Baumfarn hervor. Auch der Ricinus erlangt baumartigen Wuchs und eine Höhe von 6 10 m. Die Familie der Arongewächse, die bei uns nur in kleinen Formen vorkommt, verliert zwar auch in den Tropen ihren krautartigen Charakter nicht, aber Stamm und Blätter erlangen kolossale Dimensionen. Viele Schling- und Schmarotzergewächse des Urwaldes gehören ihr an. Ein noch größeres Kontingent zu den epiphytischen Pflanzen stellen die Orchideen, die an Mannig-

Die Hauptzonen und Hauptregionen der Vegetation. 599

fs4,ltigkeit und Blütenschönheit alle anderen Familien übertreffen. A.'ber die prachtvollsten Blumen verschwinden im Dickicht des Ur- ^valdes oder bilden nur einen rasch vergänglichen Schmuck. Die Üppigkeit der tropischen Vegetation äußert sich überhaupt nicht in der Hervorbringung von entsprechend großen Blüten, ja gerade bei den gewaltigsten Pflanzen sind die Blüten verhältnismäßig un- scheinbar. Auch die größten Bäume von mehr als 1 20 m Höhe (Sequoia gigantea und Eukalypten) findet man nicht in der Tropen- zone; nur in Bezug auf den Umfang des Stammes kann sich der SLfrikanische Affenbrotbaum und der westindische Wollbaum, dessen Krone tausend Personen Schatten gewährt, und aus dessen Stamm Kanus für 180 Personen hergestellt werden, mit den Riesen Californiens und Australiens messen. Dagegen entwickeln sich ein- zelne Pflanzenteile in großartigster Weise. Die Kigelia trägt 60 cm lange, dicke Früchte, und der ebenfalls afrikanische Ensete-Pisang 6 m lange Blätter. Beiläufig ebensolang und 3 4 m im Durchmesser sind die Fächer der Palme Corypha umbraculifera auf Ceylon und in Malabar, die am Schlüsse ihres Lebens eine Blütenrispe von 10 m Höhe treibt Das abgerundete Blatt der Gunnera gigantea, einer Steinbrechart in Columbien, hat 6— 8 m im Umfang. Die kreisförmigen, oben hellgrünen, unten karminroten Blätter der Victoria regia, die im Durchmesser 1^2 2 m groß sind, schwim- men ausgebreitet auf dem Spiegel des Amazonas und seiner Neben- flüsse, und rechtfertigen den königlichen Namen dieser herrlichsten aller Wasserpflanzen. Die Eafflesia Arnoldi auf Sumatra genießt den Buhm, die größte aller bekannten Blüten zu besitzen, denn diese hat einen Durchmesser von nicht weniger als 1 m. Die Nüsse der Palme Lodoicea Sechellarum erreichen einen Durchmesser von 45 60 cm, und es dauert ein volles Jahrzehnt, bis sie zur völligen Reife gelangen.

GemäTsigte Zone. Wie die Palmen stellenweise über die Grenzen der warmen Zone hinausdringen, so auch andere Tropengewächse, wenn auch zum Teil in verkümmerter Form. Die Bambusen kommen in ganz China vor, aber es ist fraglich, ob sie nördlich vom Tsinling einheimisch sind. Arundarien, die sich zum Bambus in ähnlicher Weise verhalten, wie die Zwergpalmen zur Baumpalme, bewohnen die Kurilen und sind in den Vereinigten Staaten bis Illinois ver- breitet Zwergartige Lilienbäume reichen im westlichen Nordamerika bis 49*^ B. und im östlichen bis zur Chesapeakebai (27^B.). Tropisches Gepräge tragen der Tulpenbaum und Sassafraslorber, die sich bis Canada, der Persimanbaujoa und eine Magnolie, die sich bis New York, und der Trompetenbaum, der sich angeblich bis Illinois findet.

600 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

In den trockenen Gebieten Nordamerikas dringen die AgaTen zwar nur bis 35^ B. vor, desto weiter aber die Kakteen, die man noch jenseits des Missouri in 49^ B. antrifft Aber auch sie nehmen nach Norden rasch an Höhe ab, gerade so wie die Mimosenstraucher der südlichen Prärien.

Viel wichtiger, als vereinzelte Vorposten der Tropenwelt, sind die immergrünen dikotylen Laubbäume, die den südlichsten Gebieten unserer gemäßigten Zone, soweit milde Winter herrschen, also mit Ausschluß der grossen Bodenerhebungen, ein charakteristisches Gepräge verleihen. Im Westen der alten Welt erreichen sie ihre höchste Breite bei Görz (46% im Osten dringen die immergränen Eichen nur bis 36*^ vor, werden aber in Nippon noch bis 38® B. angepflanzt. In Nordamerika liegt ihre Polargrenze im Westen in ca. 47^ B. (Oregon), in Kentucky in 3672 ^^^ ^^^ Ostküste in 37® B.; hier, wie in der östlichen Hemisphäre folgt sie also den Winterisothermen. Weiter nach Norden reichen die immer- grünen Sträucher, am weitesten an der, vom Golf ströme bespülten atlantischen Küste Europas, wo z. B. die Erica cinerea von Portugal bis zu den Färöer und bis Bergen in Norwegen, also bis zum 62. Parallel sich verbreitet hat. Nur der Buchsbaum, der in West- und Südeuropa, in China und Japan ebenso, wie in den Steppen und auf den Gebirgen Hochasiens vorkommt, schlingt ein ununterbrochenes immergrünes Band um die alte Welt

Auf der Südhemisphäre umfaßt die immergrüne Zone, begünstig durch die große Gleichmäßigkeit des Klimas, das ganze aussertro- pische Festland. Auf unserer Halbkugel folgt aber darauf der Gürtel der sommergrünen Laubbäume, der im westlichen Eu* ropa bis 60^, im östlichen bis ca. 56^, im mittleren Sibirien bis 48—50° und in Kamtschatka wieder bis 60® B. reicht Für den atlantischen Teil von Nordamerika wird 54®, für das Binnenland ca. 47® B. als Polargrenze angegeben; darüber hinaus dehnt sich in der alten, wie in der neuen Welt die Koniferenzone bis zur Waldgrenze aus.

Auf ein Moment muß besonders aufmerksam gemacht werden. SchroflFe Gegensätze hat die Natur auch in der Anordnung der Vegetation insofern vermieden, als gewisse Hauptelemente bei dem Übergange aus der einen in die andere Zone allmäJblich teils zu-, teils afbnehmen. Im Tropengürtel herrschen monokotyle und immergrüne dikotyle Laubbäume. Periodisch belaubte Bäume, wie die Sykomore, und Nadelhölzer, wie die brasilianische Araukarie, kommen zwar vor, doch im allgemeinen selten, wenn wir von den höheren Gebirgen absehen. In der daran sich schliessenden Sub-

Die Hauptzonen und Hauptregionen der Vegetation. 601

tropenzone finden wir nur noch einige Ausläufer monokotyler Bäume; neben den immergrünen Laubbäumen aus der Klasse der Dikotyle- donen spielen die sommergrünen eine ebenbürtige Rolle; und auch die Koniferen, unter denen einige dem Norden fremde Formen, wie Cypressen und Pinien, sich befinden, treten schon bedeutsam hervor. Dann verschwinden die immergrünen dikotylen Bäume und nur solche mit periodischer Belaubung, gemischt mit Nadelhölzern, bilden die Wälder der mittleren nördlichen Breiten, bis endlich in den höheren Breiten die Konifere die Oberherrschaft erlangt. Endlich endigt auch der Nadelwald und die polare Vegetation beginnt.

Polare Waldgrenzen. Die arktische Waldgrenze folgt im allgemeinen der 10®- Isotherme des wärmsten Monats; jenseits der- selben ist die Vegetationszeit zu kurz, um Baumleben zu gestatten, und nur in geschützten Flußthälern dringt der Wald noch erheblich weiter gegen Norden vor. Im Janathale erreicht er z. B. 70^55', und im Thale der Chatanga im Taimyrlande seine höchste arktische Breite: 72^3®. In Alaska fanden Dall und Whympeb am Fort Jukon (67® 10' N.) noch einen stattlichen Wald, und bei Nulato 64*^ 40' N.) noch Bäume von 90 cm Durchmesser und 30 m Höhe. Die kalten Seewinde flieht der Baum, daher die Küstengegenden des Beringmeeres waldlos sind, und an der sibirischen Waldgrenze nach den Beobachtungen Middbndokffs die Bäume in regelmäßiger Stufenfolge kleiner werden, um endlich in verkrüppelten Zwergformen zu enden. Die Eisströmungen, die von Norden und Westen durch die Davis- und Hudsonstrasse zum Atlantischen Ozean abfließen, drücken mit der Sommerwärme auch die Waldgrenze auf Labrador bis gegen 52^ B, herab; die höchste und die tiefste Grenze des Baumlebens auf unserer Halbkugel differieren also um ca. 20 Breitengrade.

Daß die Baumgrenze, wenigstens in Sibirien, einst weiter nach Norden reichte, bezeugen die Waldinseln und die stehenden Wurzeln großer Bäume, die man noch in der Tundra findet Es wäre aber verkehrt, wollte man daraus auf eine dauernde Verschlechterung des Klimas schließen. Ohne daß die mittlere Jahres-Temperatur sich ändert, können mehrere aufeinander folgende ungünstige Winter mit trockenen Nordwinden die Waldgrenze rasch zurückdrängen, weil hier die Be- dingungen der Existenz grösserer Holzgewächse eben noch knapp erfüllt sind, und daher auch vorübergehende Änderungen sich fühlbar machen. Ein noch gefährlicherer Feind ist der Mensch, der z. B. in den Thälem Islands die einstigen Birken Waldungen bis auf eine einzige (bei Hallormstradur) vernichtet hat Nirgends ist, wie MiDDBNDOBF treffend bemerkt hat, der Wald so sehr sich selbst Schutz^ als an seinen äussersten Grenzen; jede Blöße, die das Beil

602 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

oder der Sturm geschaffen hat, gefährdet hier die Umgebuug. b^ Kärtchen XVIII zeigt deutlich, wie die polare Tundra zungenardg oder in vereinzelten Flecken schon weit in das Waldland eingreift

Die südlichen Kontinente liegen innerhalb der Waldgrenze. Auf einigen Inseln^ wie auf der Falklandgruppe, gestatten die häufigen Stürme keinen Baumwuchs oder, wie auf Tristan da Cunha, nur das Auf- kommen von Krummholz. Die Amsterdam-Insel besitzt einen WaM von Phylica arborea, völlig übereinstimmend mit Tristan d'Acunha, aber schon auf St Paul sucht man vergebens nach einem Holzgewächse, und ebenso auf den Kerguelen und der Marioninsel. Aber hier las^eL sich nicht die Stürme allein daftir verantworüich machen, denn die Flora dieser Inseln trägt einen entschieden polaren Charakter, in- sofern die Zahl der Moose die der Phanerogamen entschieden über- trifft. Es stimmt dies ganz mit der abnorm tiefen Sommertemperatur dieser Gegend überein. Ebenso wie in Labrador, greift auch hier die polare Flora zungenartig in die gemäßigte Zone ein, nur er- reicht sie hier den 38. Parallel, d. h. die Breite von Calabrien! Er- innern wir uns daran, daß in Südamerika bis zu ca. 55 ® B. immer- grüne Laubbäume an der Zusammensetzung der Wälder in hervor- ragender Weise sich beteiligen, und daß im Osten von Neuseeland hochwüchsige Palmen noch in 44 ® B. vorkommen, so werden wir zq unserem Erstaunen gewahr, welche Gegensätze innerhalb gleicher Breiten die anscheinend so einförmige, fast nur von Wasser bedeckte? Südhemisphäre in sich birgt.

Polare Fflanzenzone. Außerhalb des südamerikanischen Festlande^ fand man die letzte Staude (aus der Familie der Doldenträger) auf Süd-Georgien (54^ B.), das letzte Gras auf den Südshetland-Inseln (60 63 ®B.), weiter im Süden aber nur Kryptogamen, so auf der Insel Cockburn unter 64^ B., d.h. im Parallel von Trondhjem, und neuerdings (1895) auch in der Eis wüste des Victorialandes unter 72** B.

Wie ganz anders gestalten sich die Verhältnisse im arktischen Gürtel! Am ärmlichsten ist die Flora auf den nahezu wagerechten Ebenen, wo das sommerliche Schmelzwasser weder abfließen noch eindringen kann, und die Bodentemperatur wegen der Nähe des unterirdischen Eises sich nicht über den Gefrierpunkt erhebt. Das sind die Moostundren, die das Festland der alten Welt jenseits der Waldgrenze umsäumen. Wo festes Gestein der Oberfläche nahe liegt und der Boden einigermaßen trocken ist, wie im größten Teil des polaren Nordamerikas, entwickelt sich die Flechtentundra, die mit ihren Flechten, Heidel- und Krähenbeeren ein reicheres Tierleben er- nährt. Die Flußniederungen schmücken Wiesen mit Kräutern, Weide- gestrüpp und Gruppen kleinerer Holzgewächse; und auf geneigtem

Die Haaptzonen und Hauptregionen der Vegetation. 603

Boden zaubert der monatelange Sommertag anmutige Matten mit frischem Grün und prächtigen Blumen hervor, denn nur auf- fällig gefärbte Blüten können die wenigen Insekten, die die Be- fruchtung vermitteln, herbeilocken. Im östlichen Grönland wurden die Mitglieder der deutschen Expedition durch große, gleich- mäßig grüne Flächen, die bis zu einer Höhe von 300 m an- steigen, überrascht Herden von Renntieren und Bisamstieren be- lebten dieselben, und an manchen Stellen labte sich das Auge an dem schönsten Rasen mit Stauden und Erikensträuchern oder nie- derem Birkengestrüpp. In den höheren Regionen des eisfreien Küstenlandes, wo kein ozeanischer Nebel die Sonne verhüllt, steigt Papaver nudicaule bis 1500 m, viele Blütenpflanzen bis 1250 m Höhe an, und ein Vaccinium trägt noch in 660m Höhe reife Beeren. Selbst auf den Nunatakken des Binneneises (s. S. 170) fand Jensen grüne, wenn auch spärlich bewachsene Stellen; in beträchtlicher Entfernung von der Küste und in 1250 m Höhe sammelte er 27 Phanerogamen, und am Rande des Inlandeises bei Julianehaab empfing ihn eine üppige Vegetation von Gräsern und 3 4 m hohen Birken. Von den 386 Gefäßpflanzen, die Grönland besitzt, erreichen noch 88 den 83. Parallel. Auf GrinnelUand (82 «>B.) liefert eine mit Stauden gemischte Moossteppe noch genügendes Futter fiir die Tiere, und unter 82^ 50' wurden sogar noch 9 Blütenpflanzen gesammelt. Am ärmlichsten dürfte die Vegetation auf Franz-Josef-Land sein, denn vergebens sucht man hier nach einer geschlossenen Rasendecke, aber dichte Moospolster sind nicht selten und Flechten in Menge vorhanden. Solche Kontraste schafft der kontinentale Sommer der nördlichen und der ozeanische Sommer der südlichen Polarzone.

Fflanzenregionen. Die vertikale Temperaturabnahme bewirkt eine ähnliche Pflanzenanordnung mit wachsender Höhe, wie mit wachsender geographischer Breite. Es ist auf das Beiwort „ähn- liche" besonders Gewicht zu legen, denn nur in bezug auf den allgemeinen Vegetationscharakter entsprechen die einzelnen Pflan- zenregionen den Pflanzenzonen; und wenn auch in vielen alpinen Gebirgen arktische Formen wiederkehren, so läßt sich das wie später gezeigt werden soll nicht durch die heutigen Temperatur- verhältnisse erklären.

Im westlichen Himalaja reicht der echte Tropen wald nur bis 900 m Höhe. Dann nimmt er den Charakter der gemäßigten Zone an, wenn auch viele tropische Pflanzen in derselben eingesprengt erscheinen, denn erst in 2400 m Höhe verschwindet die mit Chamae- rops verwandte Palme Trachycarpus Martiana, also nur 1260 m unter der Waldgrenze. In den Andes von Columbia liegt die

604

Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

Tropengrenze in 1400 und die Grenze der gemäßigten Begion m 3400 m Höhe. In den Pyrenäen steigt die immergrOne Vegetation nur bis 400 m an, darauf folgt bis 1600 m der sommergrüne Laub- wald und von 1600 2400 m Höhe der Nadelwald, in einen Kni^- holzgürtel auslaufend, endlich bis zur Schneegrenze in 2750 m Höhe die alpine Vegetation. In den Schweizer Alpen, die in der sommer grünen Laubbaumzone liegen, unterscheidet Christ vier Regionen. In der unteren, die auf der Nordseite in 550, im Süden und Westen aber in 700 m Höhe endet, gedeihen noch Wein^ Obst und einige Gewächse von mediterranem Typus. Die zweite Begion ^ die des Laubwaldes, in der die Buche vorherrscht und die Kastanie auf der Südseite bis 900 m ansteigt, reicht in der Nordschweiz bis 135Um Höhe. Dann folgt der Gürtel des Nadelwaldes, der in den nörd- lichen und Tessiner Alpen in 1800 m, in den zentralen aber erst in 2100 m Höhe der alpinen Vegetation den Platz räumt

Breite

1

Tiefste Waldgrenie

Höchste Waldgrenze

Örtlichkeit

Norwegen, Westseite, 70*/«°

m

m

Örtliehkeit

74— 70°N.'

260

69—65

» n 6*7

360 1 700

Norwegen, Ostseite, ßT*

64-60 59-55

Ural 64«

555 llHO

Stanowoigebiiige 60*

Schottland 57"

810 ' 1220

Felsengebirge 56*

54-50

Han 52''

1040 1 2200

Sajanisches Geb. 50«

49—45

Vogesen 48<»

1300 |2600

AlaUu 45«

44—40

(Dalmatien 44«J

(970^1

White Mts. 44°

1330 3600

Pamir 40«

39-35

Pindue 39°

1800

3700

Neu-Mexico 35«

34—30

Libanon, Westseite, 34«

1950 '

4600

Tibet ca. 30«

29-25

Himalaja-Bhutan 28«

3250 I

4040

Geb. am Mekong 29»

24—20

'

19—15

Guatemala, niederste Grenze

3500

3850

Pic V. Orizaba

14—10

Küstengeb. v. Venezuela 10«

1500!

3800

Abessinien

9— 5

4— 0

0- 40s.

5— 9 10—14

S. Nevada de S. Marta

1900

3400

Cordillere v. Bogota

Pic V. Korintji, Sumatra

2500

3500

Ecuador, Ostseite

__

15-19

I

2800

Pic de Sorata 16«

20—24

1

25-29

'1

30—34

35—39

MtEgmont, Neuseeland 39»/,«

1070 '

40-44

Südalpen, 42«

1220

1460

Vulkan Osomo 41«

45-49

li

50-54

FeuerUnd 54«

450,

Die Hauptzonen und Hauptregionen der Vegetation. 605

Von besonderer Wichtigkeit ist die alpine Waldgrenze, über deren Höhe in den Gebirgen der Erde wir die vorstehende Tabelle zusammengestellt haben. Es braucht \vohl nicht betont zu werden, daß in denjenigen Zonen, wo nur eine Messung vorliegt, die Verteilung auf eine der beiden Kolumnen im Grunde willkürlich ist

Im allgemeinen ist die Höhe der Waldgrenze von denselben Bedingungen abhängig, wie die der Schneelinie. Sie sinkt vom Äquator gegen die Pole in immer tieferes Niveau, aber nur unter sonst gleichen Verhältnissen, denn im Bereiche des Seeklimas liegt sie überall tiefer, als in Gebieten des sommerwarmen Landklimas. Daher endigt das Baumleben auf der südlichen Halbkugel in ge- ringerer Höhe als auf der nördlichen in gleicher Breite; daher steigt es an der Ostseite des norwegischen Gebirges höher an als an der Westseite; daher erhebt sich die Waldlinie in der alten Welt von Westen nach Osten, erreicht in Zentralasien die größte Höhe, um dann wieder an der pazifischen Seite herabzusinken, und beschreibt in Nordamerika eine ähnliche Kurve. Über 4600 m Höhe (Tibet) ündet man nirgends Bäume, ebensowenig wie jenseits von 72^2® B- In den tropischen Gebirgen beschränkt nicht so sehr die Tempe- ratur, als die abnehmende Feuchtigkeit das Baumleben; daraus erklärt es sich, daß es in den gletscherlosen Bergen von Sumatra und Bomeo schon in einer Höhe erlischt, in der es im wasser- reichen Himalaja noch fröhlich gedeiht Auf Java fällt die Wald- grenze mit der Grenze des Püanzenlebens überhaupt zusammen, und auch in den chilenischen Andes nähert sich die erstere sehr der Schneelinie; doch ist hier gleichsam zum Ersätze fUr die Ein« schränkung der baumlosen Pflanzenregion die alpine Strauch- Vegetation stark entwickelt Wenn im Feuerlande Baum- und Sehnee- linie sich wieder weiter von einander entfernen, so liegt der Grund nur darin, daß hier der Wald in den stürmischen Höhen nicht ge- deihen kann.

Wie die Schneelinie, ist auch die Waldgrenze zum großen Teil von lokalen Verhältnissen, von der Besonnung und dem orographi- sehen Charakter des Gebirges abhängig. Je massenhafter dieses gebaut ist, desto mehr wird es erwärmt, und desto höher dringt die Baumvegetation vor, ohne jedoch immer ihre klimatische Grenze zu erreichen. Ihre geringe Seehöhe im dalmatinischen Gebirge erzählt uns von der unsinnigen Zerstörungswut des Menschen. Am Grofi^ glockner endet sie jetzt in 1900 m Höhe, aber noch in 2152 m Höhe entdeckte Sxxlani) einen HolzstrunL im 18. Jahrhundert waren am Südrande des Bernina in 2334 m Höhe noch Bäume zu sehen, wo jetzt echte Alpenpflanzen wachsen; und einzelne Wurzel-

606 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

Stöcke oder alleinstehende Tannen, Lärchen und Arven von koheni Wüchse jenseits der Waldgrenze beweisen uns, daß sich der Wald einst bis hierher ausgedehnt hat Auch von dem Zurückw^eichen der alpinen Waldgrenze gilt, was oben (S. 601) von der polaren Baum- linie gesagt wurde. In anderen Fällen schließt die Bodenbeschaffec- heit den Wald aus. Am Mauna Loa auf Hawaii, dessen oberer Teil ganz von Lavaströmen bedeckt ist, verschwindet schon in 2140 m Höhe alle Vegetation; dagegen kommt auf dem Mauna Kea, der aus lockeren Eruptionsprodukten besteht, der Manatibaum vereinzelt bis 3350 m Höhe vor.

Wie an der polaren Waldgrenze häufig zwerghafte Baumformen die äußersten Vorposten bilden, so auch in vielen Hochgebirgen. In den Karpaten und Sudeten tritt das Krummholz als selbständige Formation hervor. Meist vollzieht sich der Übergang zur alpinen Eegion allmählich, nur in den nordamerikanischen Hochgebirgen trennt ein scharfer Strich, die sogenannte „Timber line'^, den Hochwald vom Knieholzgürtel. Im Colorado-Gebirge z. B. endigt der Hochwald in 3350 m Höhe, und dann folgt ein aus gleichen Arten bestehender Zwergwald bis 8800 m Höhe.

Ausdauernde Arten mit verkürzten Stengelgebilden, vorläufigen großen Blüten und kleinen Blättern sind für die alpine Eegion charakterisch. Kryptogamen herrschen vor, wie in der polaren Flora; die Phanerogamen werden durch Sträucher, Stauden und Gräser vertreten. In vielen Punkten ist aber die alpine Region mehr begünstigt als die arktische Zone; denn wenn auch hier die Sommersonne nie untergeht, so erwärmen doch ihre schiefen Strahlen den Boden nicht so intensiv, wie im Hochgebirge, trotzdem daß die mittlere Lufttemperatur der höheren Regionen im Sommer geringer ist, als in den entsprechenden höheren Breiten. Dafür ist aber im Ge- birge die Vegetationszeit (Monate über 0®) länger; und während derselben taut der Boden bis zur Tiefe auf und gestattet den Wurzeln tiefer einzudringen. Der Unterschied in der Stärke der In- solation erklärt es nach Christs Ansicht, daß die alpinen Pflanzen in bezug auf Masse des Stoffes, Dicke des Stammes, Zahl und Stärke der Zweige und Laubteile den arktischen so sehr über- legen sind.

An der Schneegrenze hört zwar die zusammenhängende Vege- tation auf, aber es erlischt nicht alles Pflanzenleben. Etwa 500 m darüber sammelte Ball am Aletschgletscher noch 40 Arten, und am Montblanc fand man zwischen 3200 und 8400 m noch 24 Phanerogamen. Die höchsten Blütenpflanzen fand v. Schlagint- WEiT auf dem Ibi-Gamin-Paß in 6038 m Höhe. Auf schneefreien

Die wiehtigsten Vegetationsformationen innerhalb d. Waldgrenzen. 607

Felsen siedeln sich Flechten an, und auf dem Schnee selbst finden noch Algen ihre bescheidenen Lebensansprüche erftillt. Eine Art derselben, von mikroskopischer Größe, ruft die bekannte Erscheinung des roten Schnees hervor.

IMe wichtigsten Vegetationsformationen innerhalb der Waldgrenzen.

(Siehe Karte XVIII.)

Der Wald bedarf während der Vegetationszeit nicht nur eines gewissen Wärmemaßes, das ihm weder die polare Zone, noch die alpine Region gewährt, sondern auch der Feuchtigkeit. Das Baum- leben bleibt also auch den regenarmen Gebieten innerhalb der Wald- grenzen fem oder zieht sich hier auf die wohlbewässerten Abhänge der Gebirge zurück.

Nicht überall ist aber das Feuchtigkeitsbedürfnis des Waldes (las gleiche, und nicht überall wird es in gleicher Weise befriedigt. In der warmen Zone geht der Verdunstungsprozeß der Blätter viel rascher vor sich, als in unseren Breiten; so ist zu erklären, daß z. B. wie Bbandis gezeigt hat in Ostindien kräftige Wälder nur dort gedeihen, wo der Eegen eine jährliche Durchschnittshöhe von mehr als 100 cm, und Tropenwälder nur dort^ wo er eine solche von mehr als 190 cm erreicht, während die nördliche gemäßigte Zone ein einziges Waldgebiet ist, obwohl hier die mittlere jährliche Xiederschlagshöhe meist nur 25 50, ja in Ostsibirien und im nörd- lichsten Teile von Amerika weniger als 25 cm beträgt. Noch ein anderes Moment kommt dazu, das uns über den scheinbaren Widerspruch in der Verbreitung der Wälder diesseits und jenseits der Wendekreise aufzuklären vermag, und auf das Woeikow schon einmal aufmerksam gemacht hat. Es ist die winterliche Schnee- decke, welche eine bedeutende Niederschlagshöhe ersetzen kann. Denn das Schneewasser sickert langsam in den Boden ein und er- nährt die Vegetation gerade bei ihrem Erwachen im Frühling, während die stärksten sommerlichen Regengüsse zum größten Teil oberflächlich abfließen.

Waldland und waldlose Gebiete sind also die beiden Haupt- typen der Vegetation, wobei wir jene Gegenden, wo der Mensch den Wald ausgerodet hat, natürlich dem ersteren zurechnen. Innerhalb dieser beiden Hauptformationen giebt es eine unerschöpfliche Mannig- faltigkeit, und beide sind auch durch langsame Übergänge mit ein- ander verbunden. Tropischer Urwald und Wüste sind die Endglieder

608 Die geographisehe Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

der Formationsreihe, die in manchen Gegenden nahe bei eiBander liegen, während in den höheren Breiten der Reichtum und die Armut der Vegetation niemals in so schroffen, räumlich benachbarten Gegensätzen zum Ausdrucke gelangen.

Tropenwald. Der tropische Urwald unterscheidet sich von den Wäldern der gemäßigten Zone vor allem durch den gemischten Baumschlag. Selten gehören zwei benachbarte Bäume derselben Art an. Dikotyle Bäume mit starrem, inmiergrünem, ungeteiltem Laub oder mit einmal gefiederten Blättern herrschen vor; dazu gesellen sich Monokotyledonen, besonders Palmen, und in Mexico und Zentralamerika auch Koniferen, die hier ausnahmsw^se bis an das Meer hinabsteigen. Die durchschnittliche Höhe der gemischten Bestände beträgt nur 20—30 m, aber einzelne Bäme ragen darüber hinaus, „einen Wsdd über dem Walde" bildend. Dieser etagen- förmige Aufbau ist charakteristisch für den tropischen Urwald. Am Amazonas mischen sich stammlose Zwergpalmen, 3 4 m und 20 30 m hohe Palmen, sowie riesige Laubbäume, deren Kronen bis 80 und 100 m sich erheben. Das Unterholz ist übrigens in ver- schiedenen Gegenden verschieden; im ostindischen Dschungel besteht es z. B. aus Bambusen und Domgesträuchen. Ebenso bezeichnend für den tropischen Urwald sind die Lianen und Epiphjten, die schon in den subtropischen Breiten entschieden zurücktreten nnd weiter gegen Norden hin ganz verschwinden. Die Lianen, die von Baum zu Baum sich schwingen und frei von den Kronen herab- hängen, sind zum Teil Holzgewächse, wie die Eotangpalmen (S. 579); ihnen verdankt der Urwald hauptsächlich seine Unwegsamkeit. Die Epiphyten setzen sich auf den Bäumen fest, ohne sie zu umranken. Farne, Orchideen und Arongewächse, in Amerika auch die Ananas- gewächse, gehören vorwiegend zu diesen Pflanzen, die aber nicht in allen Fällen ein Schmarotzerleben führen, sondern häufig durch Luftwurzeln ihre Nahrung aus dem Boden ziehen. Der unendliche Reichtum an Schattengewächsen erklärt sich daraus , daß im tro- pischen Urwalde, trotz der Überfülle des Laubwerkes und trotzdem daß die Blätter vorherrschend undurchscheinend sind, doch ein mildes gedämpftes Licht herrscht. Auch dadurch unterscheidet er sich wesentlich nicht nur von unseren finsteren Nadelwäldern, sondern auch von unseren Laubwäldern. Denn im Gegensatze zu diesen, deren Laubdach zwar durchscheinend und weniger dichte aber wegen der großen Anzahl kleiner Zweige zusammenhängender ist» sind die Bestandteile des Tropenwaldes so gebaut, daß überall Zwiscbenräume den Lichtwellen in den Wald einzudringen gestatten.

Sind auch gewisse Charakterzüge allen tn^ischen Urwäldern

Die wichtigsten Vegetattonsformationen innerhalb d. Waldgrenzen. 609

gemeinsam, so finden sich doch auch sehr bemerkbare individuelle Eigenschaften, die sich nicht nur aus den Eigentümlichkeiten der verschiedenen Florengebiete erklären, sondern auch innerhalb eines aolchen durch lokale Verhältnisse bedingt sind. Der Igapowald im Überschwemmungsgebiete des Amazonas zeichnet sich z. B. durch eine Überfülle von Palmen, durch verhältnismäßig niedrigen Wuchs der Laubbäume und geringe Entwicklung der Lianen und Epiphyten aus. Im Etewald, der auch auf Thonboden steht, aber nicht mehr überschwemmt wird, herrschen die dikotylen Bäume mit lorbeerartigem Blatt entschieden vor, und ihnen gehören auch die höchsten Individuen an. Im Sandsteingebiete des Bio Negro endlich werden die Laubhölzer kleiner, Palmen und Lianen seltener, aber die epiphytischen Farren und Arongewächse wuchern in üppigster Fülle. Der Teraiwald, der den Südfuß des Himalaja begleitet, ist im Osten echter Tropenwald, aber gegen Westen, also in derselben Richtung, in der die Regenmenge abnimmt und das Klima kontinentaler wird, verhören sich die tropischen Charakterzüge und die Bestände werden einförmiger. Am reinsten ist der tropische Typus in jenen Gegenden ausgeprägt, wo sich gleichmäßige Wärme mit großer Feuchtigkeit paart, also besonders im Äquatorialgürtel, wie im malaischen Archipel und in der Amazonasniederung, wo sich der Urwald von Paranahiba bis Zamora in einer Länge von mehr als 4000 km (gleich der Entfernung von der Westspitze der Bretagne bis zum Aralsee!) erstreckt. In AMka haben uns erst die Forschungsreisen des letzten Jahrzehnts über die große Aus- dehnung des Urwaldes durch das Eongobecken bis an das östUche Seengebiet unterrichtet, wobei es freilich noch fragUch erscheint, ob er eine vöUig zusammenhängende Formation bildet. Nächst der Äquatorialzone sind die Windseiten aller tropischen Gebirge von Urwäldern bedeckt, so die Westghats, die Westseite von Hinterindien vom Himalaja bis Malakka, die madagassische Ostseite, die brasi- lianische Ostküste bis zur Wasserscheide gegen den St Francisco und Parana; die östliche Abdachung von Zentralamerika und Mexico, jedoch hier mit Ausnahme von Tabasko nur auf die Eegion von 1 000—2000 m beschränkt, während auf der pazifischen Seite gerade nur der untere Küstensaum bis 650m Höhe Urwälder trägt; femer die Windseiten der hohen polynesischen Inseln u. s. w. Wo eine aus- gesprochene Trockenzeit eintritt, nimmt der Tropenwald, ohne in seinen Bestandteilen sich völUg zu ändern, einen anderen Gesamt- charakter an; die unendliche Fülle der Formen macht einer größeren EinifBrmigkeit Platz, die immergrünen Gewächse versehen sich mit Schutzvorrichtungen gegen den Einfluß der Trockenheit, periodisch

SupjLX, Pbyilacbe Erdkunde. 2. Aufl. 39

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610 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

belaubte Dikotyledonen gewinnen die HerrschafL Diese regen- grünen Wälder, wie sie Dbüde im Gegensätze zu den Regen- wäldern (Urwäldern) genannt hat, übertreflFen die letzteren wahr- scheinlich an Ausdehnung, vielleicht auch im Reichtum an Nutz- hölzern. Aber auch in periodisch trockenen Grebieten yermag die Bodenfeuchtigkeit entlang den Ufern . der Flüsse echte Urwälder hervorzuzaubern. Das sind die Galeriewälder. ,^n ihrem Innern"* schreibt Schweinpübth „gewahrt man Säulengänge, ägyptischen Tempelhallen ebenbürtig, in ewig tiefen Schatten gehüllt und von aufeinander gelegten Laubdecken oft dreimal überwölbt Von außen betrachtet, erscheinen sie wie eine undurchdringliche Wand des dichtesten Blattwerkes, im Innern eröShen sich überall Laubgänge unter den Säulenhallen, voll murmelnder Quellen und Wasseradern.**

Wir sagten eben, die Mannigfaltigkeit sei das Merkmal des Tropenwaldes, aber stellenweise findet man auch in der warmen Zone ausgedehnte Bestände von geselligen Bäumen derselben Art Selbst die Palme tritt häufig waldbildend auf, wie die Dum- und Delebpalme in Afrika, die Ölpalmen in Verbindung niit Phoenix spinosa an der westafiikanischen Küste, ein paar Mauritiaarten im Gebiete des Orinoco und Amazonas, die Wachspalme in Gran Chaco, die Caranda-Palme in Paraguay, die Yatay-Palme in Uruguay und verschiedene Arten im malaischen Archipel. Andere bekanntere Beispiele sind die schon mehrmals genannten Mangrovewälder, die seltsamen Tjemoro Wälder in den Gebirgen der Sunda-Inseln, die ans Casuarinen mit blattlosen Zweigen bestehen, die Pisangw&lder an der Gambiamündung, die Tamarisken wälder am Blauen Nil, die schattenlosen und doch oft undurchdringlichen Akazienwälder in Südarabien und Afrika, die Araukarienwälder von Brasilien u. s. w.

Der Wald mittlerer und höherer Breiten. Nach Süden zu ver- liert sich der tropische Waldcharakter allmählich. Die Eüstenwälder vom brasilianischen Staate Sa. Gatharina bis zur Grenze von Uruguay unterscheiden sich von den tropischen nur durch niedrigeren Wuchs und geringere Mannigfaltigkeit; und ebenso macht sich im chilenischen Waldlande zwischen 34 imd 44® B. gegen Süden zu nur eine zu- nehmende Einförmigkeit bemerkbar, ohne daß das dichte Unterhok aus bambusartigen Gräsern und das Gtewirr von Lianen und Epi- phyten zurücktreten und den Wald 'zugänglicher machen würden. Dagegen ist die Baummischung auf Neuseeland kaum minder groß, als zwischen den Wendekreisen, und der Nordinsel fehlen auch die Lianen und Epiphyten nicht In Australien tragen noch die ge- mischten Wälder in den Creekthälem von Neu- Süd -Wales ein tropen- ähnliches Gepräge.

Die wichtigsten Vegetationsfonnatiönen innerhalb d. Waldgrenzen. 61 1

Dem echten subtropischen Walde fehlen zwar die Lianen und Epiphyten,und an die Stelle derMoncotyledonen treten die in den Tropen seltenen Nadelhölzer, aber immergrüne Laubbäume geben ihm doch einen von den Wäldern höherer Breiten abweichenden Charakter. Indes sind diese Bäume selten zu ganzen Waldungen vereinigt. In den JHfittelmeerländem tritt nur die immergrüne Eiche waldbildend auf; in Chile jenseits des 44. Parallels herrscht die periodisch belaubte Cache vor, wird aber von der immergrünen Buche und von Koniferen begleitet; auch in den südlichen atlantischen Staaten der Union sind nicht die immergrünen Bäume die vorwiegenden Waldbestand- teile, sondern überlassen die Herrschaft der langnadeligen Kiefer. Im chinesisch-japanischen Subtropengebiete giebt, soweit die Kultur den Wald noch nicht verdrängt hat, der Ahornbaum der Landschaft das eigentümliche Gepräge. Einen sonderbaren Anblick gewähren die offenen, schattenlosen Eukalyptenwälder Australiens, deren JBoden ein zusammenhängender Wiesenteppich mit schönen Blumen bedeckt Zur Zeit der Dürre erhält sich freilich nur in den Creekthälem eine üppigere Vegetation. Auf trockenem Untergründe haben sich Akazien und Casuarinen angesiedelt; im Norden gesellen sich zu den Eukalypten indische Holzgewächse, und hier bietet auch der Grasboden stellenweise das Bild einer echt tropischen Savane.

Der sommergrüne Laub- und der Nadelholzwald ist nur auf die nördliche Halbkugel beschränkt. In den Laubwäldern Ost^ asiens und der östlichen Vereinsstaaten Nordamerikas zeigt die größere Artenmischung noch einen Anklang an tropische Verhältnisse^ in Kuropa herrschen dagegen reine Bestände, vorwiegend von Buchen^ Eichen und Birken. Die Buchenwälder, die einer milden Winter- temperatur bedürfen, charakterisieren das westliche und mittlere, die Eichenwälder das östliche Europa.

Die statistischen Untersuchungen von Asa Gray bestätigen den großen Gegensatz der Ost- und Westseiten der Kontinente, ^ dessen Verständnis sich uns später, bei der Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung der heutigen Pflanzenwelt, erschließen wird. Die Zahl der Laubbaumarten ist an den Ostseiten fast um das Doppelte größer als in Europa, und nahezu viermal größer als im westlichen

Wftlder

des östlicben Nord- Amerika . . des pazifischen . . von Japan nnd der Mandschurei von ganz Europa

Anzahl der Arten von

Laubholz

Nadelholz

130

25

34

44

123

45

68

17

39*

612 Die geographische Veibreitong der Pflanien und Tiere.

Nordamerika. Ein anderer Gegensatz besteht zwischen der athm- tischen und pazifischen Seite der beiden Festländer. An der letzteren erreichen die Nadelhölzer ihre höchste Entwicklung, und im westr liehen Nordamerika bilden sie sogar 56^4^0 &Uer Waldbäume. Tannen sind am häufigsten und meist von hohepi Wüchse; die Douglastanne erreicht 60 80 m, doch übertrifft sie noch der Botholzbanm. die Zuckerkiefer, und Tor allem die bis 150 m hohe Sequoia gigante«. Mit Laubhölzem gemischt, bilden die Tannen und die Oregonceder die ausgedehntesten Urwälder, die wenigstens zum Theil noch ihre Jungfräulichkeit bewahrt haben. Sie schließen sich unmittelbar an den nördlichen Koniferengürtel an, an dessen Zusanunensetzung in Amerika yorzügUch die Weißtanne, in der alten Welt aber die Fichte und Kiefer und in Ostsibirien die Lärche Anteil nehmeiL Eine untergeordnete Rolle spielen die Laubbäume (Pappeln, Erlen, Weiden), die meist nur die Ufer der Flüsse begleiten; nur die Birke kann sich in der alten Welt den Nadelbäumen ziemlich ebenbürtig an die Seite stellen, und dringt auch überall bis zur Waldgrenze vor. Elin anderer unterschied zwischen den Wäldern der alten und neuen Welt, und zwar im Koniferen- wie im Laubholzgürtel* best^-ht darin, daß in Amerika das Unterholz und Strauchwerk einen höheren Wuchs und eine üppigere Entwicklung erreicht.

Savane. Unser Kärtchen zeigt innerhalb des Tropengürtels neben dem Urwalde die Savane. Die letztere ist aber nur als ein Kollektivbegriff wechselnder Formationen aufzufassen, und es er- scheint fragUch, in welcher Ausdehnung sie als ein Erzeugnis fi^i wirkender Naturkräfte zu betrachten oder der wüsten Raubwirtschaft, die die Bodenkultur niedrig stehender Völker kennzeichnet, zuza- schreiben ist Vielfach yerbreitet ist die Sitte, die bebauten Felder nach kurzer Zeit wieder aufzugeben und durch Vernichtung tob Waldstrecken neuen Boden zu gewinnen, während die yerlassene Pflanzung sich mit Gras und Buschwerk bedeckt Nur auf diese Weise erklärte es sich Pechuel-Lgesche, daß in Nieder- Guinea auf einem und demselben Boden, unter gleichartigen klimatischen Verhältnissen verschiedenartige Pflanzenformationen auftreten.

In Kürze kann man die Savane als Grasland mit eingestreuten Holzgewächsen definieren.

Das Grasland oder die Kampine unterscheidet sich von unseren Wiesen dadurch, daß die harten und steifen Halmgräser keinen ge- schlossenen Rasen bilden. Aber trotzdem ist das Wachstum h&ufig so dicht, daß man sich künstlich einen Weg bahnen muß, und auf solche Vorkommnisse beschränken einige Forschungsreisende den Ausdruck Savane. In diesem Falle erreichen die Gräser oft die an-

Die wichtigsten Vegetationsformationeii innerhalb d. Waldgrenzen. 618

selmUcbe Höbe Yon ein par bis zu 5 oder 6 m und gleichen dann in der Regenzeit, von weitem geseben, einem wogenden Getreidefelde. ^Mjt den beben miscben sieb aber aucb niedere Formen, und gerade dort, wo die letzteren vorberrscben, ist die Vegetation eine mannig- faltigere, indem Gesträucbe und blübende Stauden sieb beimiscben. So ist in den brasiUaniscben Campos die H5be des Grases keines- ^v^egs eine beträcbtUcbe, aber Kakteen, Agaven und bobe und niedrige Straucber bringen Abwecbslung in die offene Landscbaft, die in ihrem Blütenscbmucke einem Garten gleicbt. In der Trockenzeit freilieb bieten die Savanen in ibrer gelblicb-braunen Färbung nirgends ein freundUcbes Bild.

Neben solcben üppigeren Eampinen, die zum Teil wobl an die Stelle von Waldland getreten sein mögen, giebt es aber aucb ecbte Steppen mit niedrigem, büscbelförmigem Graswucbs, der überall die nackte Erde bervortreten läßt. Sie sind immer ein Merkmal minderwertigen Bodens oder dürftiger Bewässerung, aber mannigfacbe Übergänge verknüpfen sie mit den Eampinen der ersten Kategorie^ so daß eine Ausscbeidung auf den Karten docb bäufig auf Scbwierigkeiten stößt. Gebt man atif der bekannten Karawanen- straße von Bagamojo auf die ostaMkaniscbe Seenplatte, so kann man alle Abstufungen tropiscber Vegetation kennen lernen, von dem Waldlande der feucbten Küste bis zur wüstenartigen Landscbaft von Ugogo, die auf weite Strecken nur mit Fori, einem dem austraHscben Skrub äbnlicben Dorngebüscbe bewacbsen ist Die Scbilderungen der Reisenden werden übrigens bäufig durcb die Unbestimmtheit der botaniscben Formationsbezeicbnungen beeinträcbtigt. Die erste Bedingung wäre^ sieb über einige scbarf umgrenzte Begriffe zu verständigen, sollen die Vegetationsbilder an Klarbeit gewinnen.

Nicbt immer gesellt sieb zur tropiscben Kampine der Baum- wucbs; entbehren ibn docb die Alangfluren der Sunda-Inseln, und der Campo vero von Brasilien, ebne den Savanencbarakter einzu- büßen. Aber das sind Ausnahmen. Bald erbeben sich vereinzelte Holzgewäcbse aus der Grasfläche, bald schließen sie sich zu Busch- werk, Buschwald oder sogar regengrünem Hochwald zusammen. Schon daß ihr Vorkommen an kein allgemeines Gesetz gebunden ist, läßt erkennen, daß menschliche Eingriffe mitbestimmend gewirkt haben. Während z. B. die Loangoküste größtenteils Savane ist und die Wälder erst da beginnen, wo das Land ansteigt, ist umgekehrt an der Kongomündung die Niederung Wald und das hügelige Ge- lände Savane. Die flachen Llanos von Venezuela sind auf große Strecken baumlos oder werden nur von vereinzelten Proteaceen- oder Maipighiaceenbäumen oder von Gruppen von Fächerpalmen

£14 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

unterbrochen; aber dieser Charakter scheint nicht ursprünglich zu sein, denn zwei der jüngsten Reisenden, Sachs und Jonas, berichten, daß seit der Verringerung des Viehstandes die Zahl der Bäume beträchtlich zugenommen habe. Waldreicher sind die Savanen von Guayana, und das hängt offenbar mit der bergigen Beschaffenheit des Geländes, mit dem Wechsel der Bodenarten und der Be- wässerung zusammen. Die südlichen Campos von Brasilien in 600 bis 1300 m Höhe werden durch kleine, aber geselhge Lilienbäume b*»- lebt, an deren Stelle in den tiefer gelegenen nördlichen Campos eine ähnliche Zwergform aus der Familie der Ananasgewächse tritt Daneben kommen auch echte Wälder vor; inselartig zerstreut sind die Capoes, in denen die höchsten Bäume die Mitte einnehmen und immer kleinere Bäume in regelmäßiger Abstufung nach der Peri- pherie zu folgen; und an den Ufern der Flüsse dehnen sich die periodisch belaubten Catingas aus.

In außertropischen Breiten sind natürlich die floristischen Ele- mente andere, aber rein physiognomisch betrachtet, findet sich die Savanenformation wieder im caUfomischen Parklande, wo Waldungen mit offenen Flächen wechseln, und in manchen Gegenden am Amnr und auf Kamtschatka, wo der Basenteppich eine außerordenthche Höhe erreicht und Gebüsche und Bäume die Einförmigkeit der aus- gedehnten Grasfluren mildem.

Grassteppen. Steigen wir abwärts in der Reihenfolge der Pflanzenformationen, so haben wir nach der.Savane die Steppe und endlich die Wüste zu nennen.

Wenn man alle baumarmen Grasländer als Steppen bezeichnet so muß man sich stets bewußt bleiben, daß man damit sowohl physiognomisch, wie wirtschaftlich, wahrscheinlich auch genetisch sehr verschiedene Formationen in Einem Begriffe vereinigt. Zum mindesten müssen stets Gras- und Wüstensteppen strenge ausein- andergehalten werden.^

Auch in der Grassteppe bedeckt der Rasen niemals vöUig den Boden; die Zwischenräume nehmen aromatische oder stachelige oder wollige Stauden und Kräuter ein. Die Vegetation in der niederungarischen Pußta und in den südrussischen Steppen ist üppig und kann im Blütenschmucke des Frühlings sogar reizend genannt werden, aber schnell ermüdet der Anblick des eintönigen Bildes das Auge, das nirgends einen Ruhepunkt findet Wohl die größte ununterbrochene Grasebene der Erde sind die Pampas von

X Wir haben dieser Forderung auch auf dem Kftrtchen XV 111 durch dichtere Strichelung der Grassteppenflftchen Hechnung zu tragen veraacht

Die wichtigsten Vegetationsformationen innerhalb d. Waldgrenze. 615

Argentinien. Das harte Pfriemengras mischt sich hier mit zarteren und nahrhaften Gramineen; in den Vertiefungen wachsen sie ge- drängter, auf den Erhebungen aber in zerstreuten, dichten Büscheln. Gebüsche fehlen und Stauden sind selten. Mannigfaltiger sind die nordamerikanischen Prärien, wo das Gramma-, Büffel- und Büschel- gras, das eine treffliche Weide bietet, von Kakteen, Lilienbäumen und geselligen Stauden begleitet wird.

Mit Ausnahme der Pampas entbehren oder entbehrten die Grassteppen auch nicht des Baumwuchses. Die sogenannte Baraba- steppe, eine große Ebene im westlichen Sibirien zwischen dem Irtisch und Ob, besteht aus Mooren mit mannshohen Stauden, aber steppenartigem Graswuchs und einzelnen Waldinsehi. Die neue Karte von Tanfiljbw ^ zeigt uns zahllose kleine und größere Wald- flecke in die südrussische Steppe eingesprengt. Daß die nieder- ungarische Ebene einst reicher bewaldet war, ist eine gut beglaubigte Thatsache. Die östlichen Prärien haben allerdings weniger als 20 Proz. Wald, aber der Übergang vom Waldlande der östlichen Staaten zum baumlosen Lande am Fuße des Felsengebirges vollzieht sich allmählich.' Sicher ist es, daß hier überall die Steppengewächse im Kampfe ums Dasein günstigere Chancen haben, als die Bäume, aber betreffs der Ursache dieser Erscheinung sind die Ansichten geteilt Die einen schreiben sie dem trockenen Klima, die anderen dem Boden zu. Die Klimahypothese, deren Hauptvertreter einst Grisebach war^ zählt in Kußland und Amerika kaum noch An- hänger.' Daß die südrussische Grassteppe auf das Gebiet der Schwarzen Erde beschränkt ist, erklärt Tanfiljew durch den Salzgehalt des Bodens; wo dieser durch das fließende Wasser ausgelaugt ist, wie in den Flußniederungen und auf den Wasserscheiden, da gedeiht auch der Wald. In den forstlichen Anpflanzungsversuchen erblickt er einen experimentellen Beweis für die Richtigkeit dieser Ansicht, denn wo solche Waldungen abstarben, erwies sich das Grundwasser schon in geringer Tiefe als salzhaltig. Andere russische Forscher fuhren die Baumarmut auf die Feinerdigkeit des Bodens zurück, die das atmosphärische Wasser nicht tief genug eindringen läßt, und dieselbe Hypothese wandte Whitney auf die nordamerikanischen Prärien an. Die östliche Hälfte derselben ist fruchtbar, genügend benetzt, warum sollte hier kein Wald gedeihen können? Diese Frage beantwortet Miller Chbistt* mit dem Hinweise auf die großen Brände, die meist von Menschenhand herrühren und im Frühjahre imd Herbste oft ungeheure Flächen heimsuchen. Verbreitete sich doch ein solcher einst von 49 53** B. und von 98 108® L., d. h. über ein Areal, nahezu so groß, wie das Königreich Preußen! Wo

616 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

der Baumwuchs vor solchen verheerenden Einflüssen geschützt ist, wie auf den Farmen, findet er alle Existenzbedingungen erfoUt

WüBtentteppen und Wüsten. In den regenärmeren, zum größteo Teil abflußlosen Gegenden kommen Grassteppen nur dort vor, wo der Boden ohne Salzgehalt und mit etwas Humus bedeckt ist Aber sie sind hier ungleich dürftiger und gestatten abseits von den Flüssen nur nomadische Lebensweise. Wo der nackte Fels zu Tage tritt oder Sandmeere sich ausdehnen, in welchen auch die geringe Feuchtigkeit, die ihnen zu teil wird, ungenützt einsickert, oder wo der Boden von Salzen geschwängert ist, da entfaltet sich der Gras- wuchs noch kümmerlicher oder fehlt ganz, und blattlose Dom- sträucher, Saft- und Zwiebelgewächse sind die einzigen Repräsen- tanten der Pflanzenwelt Diese Sand- und Salzsteppen geben ganz allmählich in Wüsten über, die zwar auch nicht völlig vege- tationslos, aber doch im allgemeinen unbewohnbar sind. Die Be- griffe Wüste und Wüstensteppe auseinander zu halten, ist schvnerig, und auch der Sprachgebrauch trifft nicht immer das ßichtige. Auch die Wüste enthält stellenweise Weidegründe, die von den Viehherden der Nomaden besucht werden, und Oasen, in denen selbst eine seß- hafte Bevölkerung sich ansiedeln konnte. Es sind dies Stellen, die entweder von Flüssen oder von Grundwasser benetzt werden, und wo eine thonige Erdkrume sich bilden konnte. In der algerischen Sahara haben die Franzosen durch Anlage artesischer Brunnen manche Strecken in fruchtbare Gefilde verwandelt.

Auch aus der Wüstensteppe ist das Baumleben nicht völlig ver- bannt, wenn auch meist nur an die Flußufer gebunden; ja selbst in den Thälem des ödesten Teiles der Gobi fand man Gruppen von Ulmen und Pfirsichgebüsch; in den Wadis der Sahara wohnen neben Gräsern, Stauden und Sträuchem auch Bäume, imd vereinzelt er- heben sich solche auch aus der trostlosen westau^alischen Sandsteppe, die GiLES durchwandert hat Aber ausgedehntere Waldungen kommen in der Steppe nicht vor, mit Ausnahme der großen Kondensatoren der atmosphärischen Feuchtigkeit, der Gebirge; und auch diese entbehren zum Teil des Waldschmuckes, wie z. B. die peruanischen Andes an ihrer Westabdachung und die nordchilenischen zwischen 30 und 34^ S. sogar an beiden Seiten. Am Südabhange des Eiburs grenzt in ca. 2200 m Höhe die alpine Region unmittelbar an die Steppe, während die feuchtere Nordseite bis 2400 m Höhe mit Wald bekleidet ist Einen ähnlichen Gegensatz bilden die tibetanischen und indischen Gehänge des Himalaja. An der Nordseite des Kau- kasus schiebt sich zwischen Steppe und Wald ein Wiesengürtel als vermittelndes Zwischenglied ein, während auf der den Südwestwinden

Die wicbtigsten Vegetationsformationen innerhalb d. Waldgrenze. 617

zugekehrten Seite die Wälder bis zum Fuße hinabreichen. Der Tian- schan trägt Wälder nur in der Kegion der winterlichen Schnee- wolken zwischen 1500 und 3000 m Höhe; auf dem Inschan beginnt die Bewaldung ebenfalls erst in 1500 m Höhe, auf dem Alaschan sogar erst in 2400 m, und um ein Beispiel aus der neuen Welt hinzuzufügen in Colorado in 2130 m Höhe.

Ein zusammenhängender Steppen- und Wüstengtirtel durchzieht die alte Welt vom atlantischen Gestade bis nahe an das pazifische Weltmeer. Die gebirgsumschlossenen Hochebenen Asiens, die aral- kaspische Niederung, und die von beständigen Nordwinden bestrichene Wüstentafel sind die einzelnen Glieder dieser Zone: ungleich zwar in bezng auf die einzelnen Bestandteile ihrer Flora, ungleich auch in bezug auf die Bedingungen ihrer Wasserarmut, aber durch diese und durch ihren allgemeinen Vegetationscharakter zu einer geogra- phischen Einheit verbunden. Die Sahara gilt als das Prototyp der Wüste, aber völlig pflanzenleer ist nur der bewegliche Dünensand und stellenweise die Serir, wie z. B. zwischen Tuat und Tafilet Dagegen trägt selbst die Hammada einige Holzgewächse, und die Dünen- thäJer werden von Sträuchern und hochwüchsigen Pfriemengräsern bewohnt Die sogenannte Syrische Wüste ist vorwiegend Salzsteppe mit Halophyten, kümmerhchen Tamarisken und etwas Graswuchs. Noch mehr verdient die Arabische Wüste, vielleicht mit Ausnahme der südöstlichen Sandwüste Dehna, die Bezeichnung Steppe, denn selbst in Nefud trägt der Sandboden nach Blunts Bericht eine verhältnis- mäßig reiche Vegetation, die einen großen Teil des Jahres die Herden der Beduinen ernähren kann. Vielleicht noch trostlosere Einöden, als manche Teile der Sahara, sind diepersischenWüsten. Die große Salzwüste ist im strengsten Sinn des Wortes pflanzenlos, nur in der Nähe des Nordrandes erbUckte Buhse einmal einen einsamen Halophyten; und eine ähnliche Schilderung giebt Bukoe von der Wüste von Kirman. Viel besser sind die zentralasiatischen Hochebenen ausgestattet, obwohl hier die Geographen von aus- gedehnten Wüsten sprechen. In Nordamerika entspricht ihnen das ebenfalls von hohen Gebirgen umrahmte westliche Hochland, dessen Salzwüsten gerade so, wie in der alten Welt, von zerstreuten Gänsefuß- und geselligen Beifußgewächsen bewohnt werden, stellen- weise aber auch völhg vegetationslos sind. Die bizarren Formen der Kakteen und die als Nahrungsmittel wertvollen Agaveu, deren große, saftige Blattrosette auch dem dürrsten Felsboden entsprießt, geben aber den trockenen Gebieten der neuen Welt ein eigenartiges Gepräge.

Auf den südlichen Festländern greift im Windschatten des

618 Die geographische Verbreitiing der Pflanzen und Tiere.

Passates die Steppen- und Wtistenvegetation weit in die Tropenzone hinein. Am weitesten in der peruanisch-chilenischen Küsten- landschaft, die vom 34. bis zum 4.^ S. waldlos ist. In der Kegenzeit bekleidet sie sich wohl mit blühenden Stauden^ aber die sommerliche Dürre überdauern nur vereinzelte Gruppen von Saft- gewächsen und niedrigem Domgesträuch. Das hochgelegene Ata- camaplateau ist auf weite Strecken hin völlig vegetationslose Salz- wüste. Aber in einem Punkte unterscheidet sich die peruanischt» Steppe wesentlich von den Steppen der gemäßigten Zone: durch das allerdings nur zerstreute Vorkommen immergrüner Bäume. Jenseit> des 30. Parallels bessert sich die Vegetation zusehends, und reich- licher Graswuchs schaflFt ein gutes Weideland. Auch die Hochflächen der Cordilleren, die sogenannte Punaregion, nehmen an der Steppen- natur Teil. Die südwestliche Küste von Afrika ist ebenfalls bis über den Wendekreis hinaus eine traurige Sand- und Steinwüste mit niedrigem graugrünem Gebüsche und ärmlichem Graswuchse, und diese Vegetationsformation erstreckt sich mit einigen von der Bodon- beschaffenheit abhängigen günstigen Variationen, die Viehzucht g*^ statten, über das hochgelegene Damara- und Namaland bis znr an^^ gedehnten Sandsteppe der Kalahari. Den im Verhältnisse zum Areal des Festlandes größten Raum nehmen die Steppen und Wüsten Australiens ein, denn die östliche Randstellung des Hochlandei^ beraubt die inneren und westlichen Landschaften der Wohlthat regelmäßiger Befeuchtung. Aber so öde auch diese Gegenden in der Regel sind, so rasch belebt sich die Vegetation, wenn einmal, frei- lich oft nach jahrelanger Dürre, ein wolkenbruchartiger Regen nieder- fällt Doch unausgenützt fließen die Wassermassen ab, und die blumenreichen Gras- und Kräuterfluren verschwinden wieder, wie ein Trugbild der Fata Morgana. Die Eigentümlichkeit Australiens be- steht darin, daß der periodische Wechsel des Landschaftsbildes, dem alle Steppen unterworfen sind, in völlig regellosen Sprüngen sich vollzieht. Daher auch die scheinbaren Widersprüche in den Be- richten der Forschungsreisenden: ein Moment, das übrigens auch hei der Beurteilung der übrigen Steppen und Wüsten in Betracht gezogen werden muß und die Unbestimmtheit dieser Begriffe wesent- lich mit verschuldet hat. Streng genommen, läßt sich die Vegetation der einzelnen waldlosen Gegenden der Erde nur während der Regen- zeit mit einander vergleichen; aber freilich ist diese Periode nur kurz und den größten Teil des Jahres lastet selbst auf den begünstig- teren Steppen der Fluch der Unfruchtbarkeit

Butohland. Auf der südlichen Hemisphäre tritt manchmal an die Stelle der Steppe das Busc bland, ohne daß sich in allen

Die wichtigsten Vegetationsfbrmationen innerhalb d. Waldgrenze. 619

J^^ällen bestiiuint nachweisen ließe, au welche Bedingungen es im Gegensätze zum Graslande geknüpft ist. Es stehen sich übrigens diese Vegetationsformationen auch nicht unvermittelt gegenüber. Schon oben wurde darauf aufmerksam gemacht, daß Domsträucher einen vorherrschenden Bestandteil mancher Steppenfloren bilden, und im östlichen Südamerika können wir beobachten, wie streng die beiden Formen nach der Bodenbeschaffenheit sich scheiden. So- weit Lehmboden ist, dehnen sich die Pampas aus; dort aber, wo der patagonische Kiesboden beginnt, also am Rio negro, ändert sich mit einemmal das Pflanzenkleid, das nun aus niedrigem Dom- gehüsch mit vereinzelten Mimosen und magerem Graswuchse besteht; und „nur diejenigen Stellen'-, sagt Lorbntz, „die durch ihre niedere Lage besonders fruchtbar sind, vielfache Thäler und Vertiefungen zeigen einen eigentlichen Rasen und eine Vegetation, die an die Pampas erinnert". Ahnlich ist die Vegetation westlich von den Pampas, zwischen dem Meridian von Cordoba und den Andes. Dor- nige Sträucher, besonders der Chanar und eine Akazie, bedecken weite Flächen, aber der Graswuchs ist nicht ganz ausgeschlossen, und reiche Fluren wechseln mit ödem Buschlande. Auf der großen Kami des Kaplandes beherrscht zwar der mattgefärbte Rhinozeros- busch die Vegetation, aber im August kleidet sich die Hochfläche auf einige Wochen in üppigstes, blumenreiches Grün und ist dann ein ausgezeichneter Weideplatz. Auf der oberen Terrasse, die sich von den Roggeveld- und Nieuweveld-Bergen bis gegen den Oranje ausdehnt, fehlt aber aller Graswuchs, und der Boden ist nur mit niederem Gestrüpp von Korbblütem, dem sich einige Saftgewächse zugesellen, bedeckt. Weiter gegen Norden bilden Domsträucher aus dem Akaziengeschlechte undurchdringliche Dickichte. Am reinsten ist aber die Form des Buschlandes im australischen Skrub ausge- prägt Verschlungene Sträucher mit starrem, immergrünem Laube bedecken in dichten Gemeinschaften, nur gelegentlich von Bäumen unterbrochen, aber mit völligem Ausschlüsse von Gräsern und Kräutern, ausgedehnte Flächen des inneren Australiens. Kein Monat vergeht hier ohne Blüten, aber „jeder Monat sieht", wie Behr sich ausdrückt, „dasselbe wüste Gedränge starrer, saftloser und untereinander größten- teils übereinstimmender Formen". Trotz seiner Üppigkeit ist der Skrub die eigentliche australische Wüste, die ebenso die Fortschritte der Forschungsreisenden, wie der Kultur hemmt, denn mit un- besiegbarer Zähigkeit halten diese einförmigen Dickichte sogar dem Feuer Stand.

Seltener ist die Buschformation auf unserer Halbkugel. In Texas und im nördlichen Mexico wird sie von Mimosen, zum Teil im Ver-

620

Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

eine mit Dornsträuchern gebildet. Ein großer Teil von VcM*deriiidien wird von dichtem, oft undurchdringlichem Dschungelgebfiscli be- deckt, in dem Bambusen und Domsträucher vorherrschen. Aber schon hier ist es fraglich, ob diese Vegetationsform klimatisch be- dingt ist oder ob sie an die Stelle früherer Wälder trat. Da< letztere ist der Fall bei der Maquis, der pflanzenreichen. immer- grünen Strauchformation des Mittelmeergebietes, die besonders auf Corsica, im dalmatinischen Archipel und an der Nordküste des Ägäischen Meeres große Flächen einnimmt Unter ähnlichen klima- tischen Verhältnissen, die die Regenerierung des Waldes erschweren, erscheint sie an der caUfomischen Küste bei S. Diego and in den Berg- und Hügellandschaften des südlichen Chinas wieder, während auf Neuseeland eigentümliche Famfluren die Stelle zerstörter Wälder einnehmen. Ebensowenig, wie die Maquis, sind die Heideland- schaften Europas und die am £ap der guten Hofihung durch Trockenheit bedingt

Ausdehnung^ der Formationen. Um einen Anhaltspunkt in der Frage, wie viele Menschen auf der Erde wohnen konnten, zu ge- winnen, hat E. G. Ra VENSTEIN* den Flächeninhalt von drei Yege- tationskategorien ermittelt Obwohl sich diese Kategorien nur z. T mit unseren Formationen decken, können wir uns doch nicht ver- sagen, seine Ergebnisse mitzuteilen, weil bisher noch niemals für die ganze Erde eine derartige Arbeit unternommen worden ist Sein „fruchtbares^' Land umfaßt das ganze Waldland, die Savanen mit Ausnahme der brasilianischen Campos und den größten Teil der Grassteppen merkwürdiger Weise die südrussische ausgenommen. Die Polargebiete sind nicht berücksichtigt

|| Frachtbar Steppen Wüsten Fruchtbar Steppen Wosten 11 In 1000 qkm >| In Prosenten

Europa . . .

7 480

1727

81,s

18,8

-.

Asien . . .

24 034

10 955

3 108

63,1

28,7

8,2

Afrika . . .

14 918

9 187

5 765

50,s

30,.

19,«

Australasien .

8 022

3 908

1590

85,1

45,.

18^

Nordamerika .

1 12 810

3 639

246

76,1

21,.

1,*

Südamerika .

1 10 950

6 640

117

61,«

37,5

0,1

Alte Welt

49 454

25 722

10 463

57,7

80,1

12,1

Neue Welt .

23 760

10 279

363

, 69,0

80,0

!,•

Land . . .

73 214

36 001

10 826

61,0

30,.

V

Man entnimmt daraus, daß in der relativen Verteilung der Steppen die Kontinente am wenigsten voneinander abweichen. Der

Die EntwicklungBgeschicIite der Florenreiche. 621

HauptunterscUed beruht auf der Wtistenverteilung^ und der gewaltigen Ausdehnung dieser Formation in Afrika und Australien ist es zu- zuschreiben, wenn die alte Welt relativ viel unfruchtbarer erscheint, als die neue.

Litteraturnachweise. ^ Tanfiljew, Die Waldgrenzen in Südru£land (russisch mit deutschem Resum^), St Petersburg 1894. * Vgl. die Karte von Sasobmt in Peteruamms Mitteilungen 1886, Taf. l2. ' Krasnow, Die Gras- steppen der nördlichen Halbkugel (russ.)» Moskau 1894. (Einen ausführlichen Bericht von Woeixow s. Petermakms Mitteilungen 1895, Litteraturbericht Nr. 36). * Christy in den Proceedings of the R. Geographica! Society of London 1892, S. 78. * Ravehstein, ebendaselbst 1891, S. 27.

Die Entwicklungsgeschichte der Florenreiche.

(Siehe Karte XIX.)

Die tropische Florenzone. Aus ENaLEBs Tabelle der dikotylen Angiospermen gebt bervor, daß von den 3617 Gattungen, die in der warmen Zone vorkommen, 93^2 Prozent rein oder doch vorherrschend tropisch und nur 6^2 Prozent in höheren Breiten heimisch sind. Von den ersteren überschreiten nur ca. 20 Prozent die Tropenzone und ca. 73 Prozent sind nur innerhalb derselben verbreitet Die Statistik bestätigt also die Eigenart und den Seichtum der tropi- schen Flora; sie liefert aber auch den Beweis, daß die warmen Gegenden der alten und neuen Welt, trotz der Übereinstimmung der klimatischen Verhältnisse^ in bezug auf die Flora bedeutend von einander abweichen. Nur 12^/^ Prozent der dikotylen Angio- spermen haben beide Hemisphären gemeinsam, während 40 auf die westliche und über 47 Prozent auf die östliche Halbkugel beschränkt sind. Von den 458 gemeinsamen Gattungen sind nach EJnglbb 180 überall verbreitet, 204 kommen aber nur auf den Festländem und abgetrennten Inseln vor, und wanderten wahrscheinlich zu Lande, als die gemäßigte Zone noch wärmer war und Europa tropische Formen beherbergte. 17 Gattungen finden sich auch auf den ozeanischen Inseln, und es ist wahrscheinlich, daß sie den Seeweg benutzten, während bei 57 die Verbreitungsart sich nicht feststellen läßt Wie in der genannten Pflanzengruppe, so tritt auch in anderen der Gegensatz der alten und neuen Welt unverkennbar zu Tage. So hat Amerika keine Palmengattung mit Afrika und Asien gemein, und auch die Unterfamilien sind meist nur auf das westliche oder das östliche Festland beschränkt.

Es bestehen also zwei getrennte tropische Florengruppen« Innerhalb der südamerikanischen war die Entwicklung in den

622 Die geographiscbe Verbreitung der Pflanzen nnd TUxe,

feuchten östlichen Hoch- und Tiefländern eine andere, als im trockenen andinen Westen, ungleich mannigfaltiger ist aber, wie nicht anders zu erwarten, die Gliederung der östlichen Grup[>e. Afrika, das durch ein Meer und eine Wüste von Asien getrennt ist, wird durch eine verhältnismäßig geringe Zahl von Gattungen und Arten charakterisiert, und alle Forscher bestätigten die Armut seiner Flora, in der eine Keihe indischer Pflanzenfanulien fehlen. Der Westen und Osten treten hier in einen ähnlichen G^ensatz zu- einander, wie der Osten und Westen in Südamerika. Demselben Kontraste begegnen wir in Asien, wo die vorderindische Flora eine Mittelstellung zwischen der afrikanischen und der hinterindisch- malaischen einnimmt. Die späte Angliederung Dekans an das Festland hatte zur Folge, daß mehrere Formen, die vom Himalaja nach Hinterindien sich verbreiteten, in Vorderindien fehlen, selbst an der feuchten Westküste, wo doch alle natürlichen Bedingungen ihrer Existenz erfüllt wären.

Von Vorderindien bis zum Paumotu- Archipel, über 170 Längen- grade, stellt der Tropengürtel in bezug auf den allgemeinen Cha- rakter der Flora eine Einheit dar; und wenn ihn die Pflanzengeo- graphen trotzdem in mehrere Provinzen zerlegen, so leitet sie dabei nur die Bücksicht auf den Endemismus der einzelnen Teile, die durch die vorherrschende Insularität genügend gerechtfertigt ist Von besonderer Wichtigkeit für den Geographen ist nur die That- sache, daß die scharfe tiergeographische Grenze zwischen der indi- schen und australischen Welt, die den malaischen Archipel in nahezu gleiche Hälften teilt (S. 557), floristisch nicht existiert '^ Es erinnern daran nur einzelne australische Anklänge auf Neuguinea, Timor und den Molukken, aber spätere Pflanzen Wanderungen verwischten nicht nur den ursprünglichen Charakter bis zur Torresstraße, sondern verbreiteten indische Formen auch über die angrenzende australische Küste bis nach Neucaledonien und die Fidschi-Inseln, sogar bis aul die Nordinsel von Neuseeland.

Boreale Zone. Wenn die warme Zone vor der gemäBigt^^n durch einen ungleich größeren Pflanzenreichtum ausgezeichnet ist so läßt sich dies daraus erklären, daß dort seit der Zeit, als überall tropisches Klima herrschte, die Entwicklung einen ungestörten Fortgang genommen hat. „Die Araukarienwälder Südbrasiliens", sagt PaTiACKY,

^ Dbüde hat in seiner neuesten Einteilung aUerdings auch hierher eine Reichsgrenze verlegt , aber unter ausdrücklicher Anerkennung der Thatsache, daß die Bedeutung der floristischen Grenze nicht an die der faunistiscbeD heranreiche. Gerade aus diesem Grunde vermögen wir aber auch ein melane- sisches Florenreich nicht anzuerkennen.

Die Entwicklungsgeschichte der Florenreiche. 623

,,siud vielleicht seit der paläozoischen Zeit an derselben Stelle.^ In den höheren Breiten hat sich aber nicht nur das Klima seit der Tertiär- zeit wesentlich geändert, indem sich die Zonen allmählich in der Richtung gegen den Äquator yerschoben, sondern das große Inter- mezzo der Eiszeit hat die tertiäre Pflanzenwelt auch stellenweise vernichtet, so daß die davon betroffenen Länder in ihrer Entwicklung wieder von vom beginnen mußten.

Im schroffsten Gegensatze zu der tropischen Flora hat die ark- tische einen circumpolaren Charakter. Allerdings finden wir^ wenn wir von Europa über Asien nach Amerika fortschreiten, Unterschiede, aber diese sind nicht groß genug, um darauf eine Einteilung des arktischen Gürtels in mehrere Provinzen zu gründen. Dazu ist vor allem die sporadische Verbreitung vieler charakteristischer Arten eine zu unregelmäßige. Wanderungen konnten hier entlang den Küsten aus der alten in die neue Welt und umgekehrt ausgeführt werden, und mit Eülfe der Meeresströmungen konnten sich die Pflanzen auch leicht über die Inseln des Eismeeres verbreiten. In dem nordischen Waldgürtel machen sich zwar schon provinzielle Unterschiede geltend, aber noch umspannt Ein Beich die alte imd nene Welt Weiter im Süden löst sich auch der Keichsverband, an die Stelle eines Keiches treten vier.

Wir haben zu beachten, welche wechselnden Schicksale diese Länder in junger geologischer Vergangenheit betroffen haben. So war Mitteleuropa nach dem Schwinden der Eisdecke und nachdem das Elima wieder ein gemäßigtes geworden war, ein pflanzenarmes Land, das den einwandernden Gewächsen Saum genug zur Ansied- lung bot Seine Flora ist daher eine entlehnte, und es ist bezeich- nend, daß das deutsche Tiefland keine endemische Form besitzt, während die atlantischen Küstenländer, wo die Eiszeit nicht so ver- heerend gewirkt hat» 29 eigentümliche Pflanzen aufweisen. Andere tief- greifende Veränderungen haben die Steppengebiete Asiens erlitten. Die aral-kaspische Niederung und das Hanhai Zentralasiens wurden von der einstigen Wasserbedeckung befreit, und auch hier ward Platz für neue Ansiedlungen geschaffen. Aber das trockene Elima gewährte nur einer beschränkten Anzahl von Pflanzen die nötigen Existenzbedingungen, und die Einwanderer mußten sich zum Teil den veränderten Verhältnissen anpassen, um sich vor dem Unter- gange zu bewahren. Daher einerseits die Armut der Steppenflora, anderseits ihr Reichtum an endemischen Formen trotz ihrer Jugend- lichkeit

Es giebt aber auch Gebiete, wo die floristische Entwicklung seit der Tertiärzeit nicht so ungehemmt vor sich ging, wie in der

624 Die geographiflcbe Verbreitang der Pflanzen and Here.

Tropenzone, aber auch keine völlige Unterbrechung erlitt, wie in den von glazialer Eisbedeckung heimgesuchten Gegenden. Solche Grebiete sind die Mittelmeerländer, China und Japan. Hier begegnen wir einem ausgeprägten Endemismus. Im Mittelmeergebiete zählt Gbise- BAGH 2700 eigentümliche Pflanzenarten, von denen 816 auf Klein- asien und Syrien und 782 auf die iberische Halbinsel kommen. Im Vergleiche zum Areal sind aber Kreta, Corsica^ Sicilien und Grriecheo- land am reichsten ausgestattet. Japan, dessen Flora man genauer kennt, besitzt sogar 44 endemische Gattungen, was allerdings zum Teil auf Kechnung der Insularität kommt Ein zweiter Charakter- zug dieser Gebiete besteht in der Erhaltung tropischer Formen, die aus einer Zeit stammen^ als das Khma noch wärmer war. Im mediterranen Bezirke haben nicht nur kräftige Holzgewächae, wie die Zwergpalme, der Lorbeer, die Mjrte, der Öl- und Granatbanm. der Feigen- und Storaxbaum u. a. den Klimawechsel überdanert, sondern auch zartere Gewächse, wie der Jasmin oder der Akanthns. Noch zahlreicher finden sich die Beste der Tropenzeit auf den Azoren, Madeira und den Canaren (z. B. der bekannte Drachen- baum, der einer auf Südarabien, Sokotra und Abessinien beschrankten Species am nächsten verwandt ist), denn diese Inseln waren dem Einflüsse der kontinentalen Klimaänderungen völlig entrückt.

In Nordamerika macht sich ein starker Gegensatz zwischen den atlantischen und pazifischen Ländern bemerkbar. Die größere Hälfte der califomischen Arten ist endemisch; auf die ausserordentliche Ji^ntwicklung der pazifischen Koniferen wurde schon an einer früheren Stelle (S. 611) aufmerksam gemacht Auch von den Laubhölzem gehören 27 Arten nur dem Osten, 13 nur dem Westen an, und nur 30 sind beiden Teilen gemeinsam. Schon frühzeitige klimatische Unterschiede scheinen auf den Entwicklungsgang beider üoröi eingewirkt zu haben, und dazu kommt noch, daß die einstige Wasser- bedeckung der westlichen Steppen und später ihr trockenes Klima einen Austausch der Pflanzen verhindert hat

Dagegen steht die Flora der Vereinigten Staaten in innigen Beziehungen zu der Ostasiens. Wir sehen hier ab von den iden- tischen Arten in beiden Gegenden, die außerdem auch im arktischen Gebiete leben und also auch unter den gegenwärtigen Verhältnissen über die enge Beringstraße gewandert sein konnten. Anders ver- hält es sich mit jenen 140 Species, die einerseits im östlichen Asien oder auch auf dem Himalaja und anderseits in Nordamerika und zum Teil sogar nur in der ösüichen Hälfte dieses Kontinents gefunden werden, und deren Wärmebedürfrds zu groß ist, als daß sie in der Gegenwart eine Wanderung über die Beringstraße hätten unter-

Die EDtwicklnngsgeschichte cler Florenreiohe. 625

nehmen können. Ihre Verbreitung mußte daher Tor der Glazial* Periode erfolgt sein^ und zu einem ähnlichen Schlüsse gelangen wir in bezog auf jene (ca. 140) ostasiatischen Pflanzen, deren nächste Verwandten Nordamerika bewohnen, und zwar ca. 110 Arten nur das östliche und 7 nur das westliche Gebiet Enqlbb nimmt an, daß ihre Urformen einst weiter im Norden lebten, daß ein Aus- tausch über die Beringstraße stattfand, und daß sie dann in der Urheimat ausstarben, während in den jetzigen Verbreitungsbezirken vikariierende Arten sich ausbildeten.

Die neue und die alte Welt berühren sich an der Beringenge und gehen nach Süden immer weiter auseinander. Diese geogra- phische Anordnung spiegelt sich in den Floren beider Landfesten wieder. Im äussersten Norden eine circumpolare Provinz; dann ver- scliiedene Provinzen, aber noch ein circumpolares Reich; dann ver- schiedene Reiche, die aber doch unter einander und mit dem nor- dischen Reiche soviele Beziehungen zeigen, daß man sie zu einer Einheit höherer Ordnung, derborealenGruppe, zusammenfassen dar£ Innerhalb der tropischen Zone ist der Zug gemeinsamer Ent- wicklung schon schwächer ausgeprägt, die Gruppen der alten und neuen Welt treten in schärferen Gegensatz zu einander, und noch beträchtlich schärfer ist dieser Gegensatz in der nun folgenden austraten Zone entwickelt, wo ein ausgeprägter Endemismus auf hohes Alter und lange IsoUerung der einzelnen Florengebiete hin- weist. Man beachte sehr, daß die Florenzonen durchaus nicht gleichwertige Einheiten sind; das Band, das sie umschUngt, lockert sich nach Süden zu immer mehr. Nur in der borealen Welt fallen die Begriffe Zone und Gruppe zusammen.

Australe Zone. Australien besitzt eine eigentümliche Flora, zu deren bekanntesten Formen die Eukalypten, Gasuarinen oder Keulenbäume, Grasbäume u. s. w. gehören. Im allgemeinen kommen hier 425 endemische Gattungen von Gefäßpflanzen vor; anderseits fehlen 24 FamiUen, die sich über beide Hemisphären, und 7, die sich nur über die südhche Hemisphäre verbreiten. Alle diese Um- stände weisen darauf hin, daß Austrahen schon sehr frühzeitig von dem übrigen Festlande getrennt war. Der Gesamtcharakter der Flora ist auf dem ganzen Kontinent derselbe, aber in den Details weichen die einzelnen geographischen Provinzen wesentUch von einander ab. In Nord- und OstaustraUen beträgt die Gesamtzahl der endemischen Arten über 40 Prozent; unter den anderen Arten herrschen die tropischen, besonders die indischen Gewächse vor. In Victoria, Tasmanien und SüdaustraUen ist der Endemismus am wenigsten ausgebildet, und die Flora steht in inniger Beziehung zu der

SuPAK, PhysiBche Erdkunde. 2. Aufl. 40

626 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

Neuseelands und der südlichen gemäßigten Zone überhaupt. In West- australien endlich sind ^/^ aller Pflanzen eigentümlich. Kein kon- tinentales Land von gleicher Ausdehnung kann sich in Bezug aof endemische Erzeugnisse mit diesem Gebiete messen, ja nicht einmal eine ozeanische Insel mit Ausnahme von St Helena. fiS muß aber hervorgehoben werden^ daß in Westaustralien keine Familie vor- kommt, die nicht auch im übrigen Australien zu finden wäre; da- gegen fehlen zahlreiche ostaustralische Familien, besonders solche, die auf größere Feuchtigkeit Anspruch machen, während die übrigen z. T. reichlicher entwickelt sind. Westaustralien verhält sich alj^> zum übrigen Kontinent wie eine Insel, und eine solche wsf es auch in der Kreide- und vielleicht auch noch in der Tertiärperiode, al»» zu einer Zeit, als Australien mit den übrigen Ländern der südlichen Halbkugel und mit der Tropenzone Pflanzen austauschte.

Am Kap der guten Hoffnung finden wir auf beschränktem Areale eine merkwürdige Pflanzenwelt, die ebenfalls Zeichen eines hohen Alters an sich trägt Sträucher aus den Familien der Eri- caceen, Proteaceen, Diosmeen, Bruniaceen u. s. w. herrschen vor, und eine Menge von Lilien-^ Orchideen- und Irisgewächsen mit herrlichen Blüten lassen dies Ländchen fast als einen Ziergarten erscheinen. Von 548 Gattungen kommen nur 256 auch im übrigen tropischen Afrika vor; alle anderen sind endemisch. In Südamerika wurde das junge Gebiet der Pampas und Patagoniens hauptsäch- lich von Pflanzen der tropischen Andes und Brasiliens besiedelt dagegen zeigt das chilenische Waldgebiet neben stark entwickeltem Endemismus auch Beziehungen zu den Floren von Australien und Neuseeland. Nach Engler ist die Zahl der identischen Arten:

in Neuseeland und Australien 92

in Neuseeland, Australien, auf den südlichen Inseln oder

in Südamerika 84

nur in Neuseeland und auf den südlichen Inseln oder in

Südamerika 84

Dazu kommen noch 27 verwandte Arten in Australien, Neuseeland und Südamerika, und 14, die nur auf die beiden letzteren Gebiete beschränkt sind. Neuseeland mit seinen kleinen Inseltrabanten beherbergt also neben seinen eigentümlichen Formen, die 61,4 Prozent seiner Flora bilden, noch Formen von großer Verbreitung in der antarktischen Welt Schon früher wurde darauf hingewiesen, da£ der Wald der Amsterdam-Insel vollständig übereinstimmt noit dem Krummholze von Tristan da Cunha, und die Flora dieser Insel zeigt wieder Verwandtschaft zu der australischen, neuseelän- dischen und südchilenischen, ebenso wie die der Kerguelen zu den

Die EntwicklungBgeschicbte der Florenreiche. 627

beiden letztgenannten. Nur im äußersten Süden kehren also Ver- hältnisse wieder^ die wenigstens einigermaßen an die arktischen er- innern. Ob wir von einem circumpolaren antarktischen Florenreiche sprechen dürfen, erscheint uns freilich noch fraglich; zum mindesten sind die provinziellen Unterschiede stärker, als im nordischen Reiche. und es kann auch gar nicht anders sein ; ein Florenreich, das aus weit von einander entlegenen Inseln besteht, ist anderen Gesetzen unter- worfen, als ein kontinentales.

FloristlBohe Einteilung^ des Landet. Wir haben bereits ver- schiedene Einteilungen, die in ihren wesentlichen Grundzügen zwar übereinstimmen, in Einzelheiten aber sehr von einander abweichen. Was der eine als Provinz bezeichnet, erhebt der andere zu dem Range eines Reiches, und muß dann wieder eine höhere Einheit schaffen, um verwandtschaftliche Beziehungen zum Ausdrucke zu bringen. Noch mehr Schwierigkeiten verursachen die Grenzen. Scharfe Florengrenzen giebt es in der Natur nur dort, wo sie mit einem Hochgebirge zusammentreffen, sonst tritt überall an den Grenzen Mischung ein, und die Linien unserer Karten tragen not>- wendiger Weise den Stempel der Willkür und Unnatur. Auf Karte XIX sind einige solcher Mischgürtel hervorgehoben. Der Hauptsache nach folgen wir der letzten Einteilung von Drude (1890) unsere Bedenken gegen sein Melanesisch- Neuseeländisches Reich haben wir schon oben ausgesprochen:

A. Boreale Zone und Gruppe.

I. Nordisches Reich:

1. Arktische Provinz,

2. Mitteleuropftische Provinz,

3. Russische Steppenprovinz,

4. Sibirische Provinz,

5. Amnrprovinz,

6. Golumbische Provinz,

7. Canadische Provinz, n. Mittelmeer- und Orient-Reich,

III. Innerasiatisches Reich,

IV. Ostasiatisches Reich,

V. Mittel-Nordamerikanisches Reich.

Wichtig die pazifische Provinz.

B. Tropisehe Zone«

a. Palaeotropische Gruppe: VI. Afrikanisches Reich,

yn. Madagassisches Reich, VIII. Indisches Reich.

Wichtig die Provinzgrenze an der Wallace-Linie.

b. Neotropische Gruppe: IX. Neotropisches Reich.

40*

628 Die geographische Verhreitung der Pflanzen und Tiere.

lustrale Zone«

a. Gruppe:

X. Australisches Reich,

Westaustralische Provinz! XL Kap-Reich.

b. Gruppe:

XII. Andines Reich, XIII. Antarktisches Reich.

In bezug auf das Alter und die Entwicklung der Floren lassen sich unterscheiden:

1) Die alten Floren:

a) die tropischen Kontinentalfloren, die seit der Tertiärzeit sich ungestört entwickeln konnten;

b) alte Inselfloren, zu denen wir die australische und Kap- flora zählen.

2) Mischfloren in Ländern, deren Klima sich seit der Tertär- zeit allmählich geändert hat, wo aber die Entwicklung nicht ganz unterbrochen wurde {Mittelmeergebiet, Ostasien, atlantische Staaten von Nordamerika).

3) Junge Floren der Länder, welche nach der Tertiärzeit mit Eis oder Wasser bedeckt waren:

a) Floren, welche ganz entlehnt sind (z. B. die des nord- deutschen Tieflandes);

b) Floren mit eigentümlicher Entwicklung (Steppenfloren^

Hochg^ebirg^flora. Einer kurzen Auseinandersetzung bedürfen noch die Floren der alpinen Kegion. Erhebt sich ein Gebirge, so wird es zunächst von Pflanzen der umgebenden Niederung l»e- siedelt; es entstehen, den veränderten klimatischen Verhältnissen entsprechend, Varietäten, oder ältere Varietäten finden im Gebirgp . besonders günstige Existenzbedingungen und können sich, wie dip ersteren, im Laufe der Zeit zu Arten befestigen. Jede Hochgebirgs- flora — dies ergiebt die theoretische Betrachtung muß also ans zahlreichen endemischen Elementen bestehen, die aber mit der Flora des benachbarten Tieflandes eng verwandt sind. So verhält es sich in der That auch mit der Flora Abessiniens, des Kameron- gebirges, des Kilimandscharo, und der Gebirge von Australien, Tas- manien und Neuseeland.

Eine wesentlich andere Zusammensetzung zeigt die aus 693 Species bestehende alpine Flora unserer Alpen. Es lassen sich in ihr folgende Elemente unterscheiden: 1) Pflanzen, die aus den niederen Gebirgsregionen und Ebenen in die alpine, ja sogar in die

Die Entwicklungsgeschicbte der Florenreiche. 629

Schneeregion (2600 4200 m Höhe) hiDeinreichen; 2) endemische Species, im Ganzen 130 oder 19 Prozent; 3) Pflanzen, die erst in den alpinen Regionen anderer Gebirge und im hohen Norden wieder- kehren. */j der alpinen Pflanzen finden wir in den Karpaten, über die Hälfte in den Pyrenäen, ^4 fernen Altaigebirge, ^/^ im Kaukasus, einige sogar in Nordamerika. 92 Alpenpflanzen haben in der arktischen Zone eine circumpolare Verbreitung, 138 kommen nur in einzelnen arktischen Gebieten mit Einschluß des skandina- vischen Hochlandes vor.

Das erste Element bedarf keiner weiteren Erklärung. Das zweite muß als Überrest der alten Hochgebirgsflora aus der Tertiärzeit aufgefaßt werden, das dritte endlich deutet auf Wanderungen hin, die zu einer Zeit ausgefllhrt wurden, als die dazwischenliegenden Landstriche eine ähnUche Flora beherbergten und ein ähnUches Klima besaßen, wie jetzt die Hochgebirgsregionen. Wir begegnen also auch hier wieder den Spuren der Eiszeit Damals drang die arktische Flora von Norden, die tertiäre Hochgebirgsflora der Alpen von Süden nach Mitteleuropa vor und mischten sich hier im eis- freien Gürtel, ja konnten sogar mitten im Eise auf Moränen sich ansiedeln, wie auch jetzt noch die Moränen der Mt Elias-Gletscher in Alaska Sträucher und sogar Bäume tragen.^ Als das Klima wieder wärmer wurde, drangen von allen Seiten andere Pflanzen- elemente in die nordeuropäischen Niederungen vor, und die Glazial- tfora verschwand endhch aus der Ebene, denn sie scheut nichts so sehr, als die Konkurrenz mit Bäumen, gesellig wachsenden Sträuchem und rasenbildenden Gräsern. Daher reicht sie noch jetzt in Hoch- gebirgen an jenen Stellen, wo ihre Feinde nicht fortkommen, z. B. in den Kiesbetten der Flüsse, in tiefere Kegionen herab; so sogar in den Mooren und Heiden der deutschen Ebenen hinterließ sie noch einige Spuren. Auch im deutschen Mittelgebirge, im Jura, Schwarzwald und in den Vogesen, im Bayrischen Wald, in den Sudeten und im Harz ist sie von Wald und Wiese noch nicht völlig verdrängt worden; aber überall, wo die Viehzucht durch Düngung des Bodens den Graswuchs befördert, ist sie ebenso im Verschwinden 'begrifi'en, wie in den Mooren, wo künstliche Entwässerung den Boden für neue Pflanzenansiedelungen vorbereitet Nur im arktischen Ge- biete einerseits, in den Hochgebirgsregionen anderseits hat sie auf dem vom Eise verlassenen Boden günstige Lebensbedingungen gefunden; aber es ist nun nicht mehr eine rein alpine und eine rein arktische, sondern hüben wie drüben eine aus beiden Elementen gemischte Flora.«

Glazialpflanzeu, d. h. solche, deren Austausch in der Eiszeit

630 Die geog^aphlBche Verbreitang der Pflanzen nnd Tiere.

erfolgte, bewohnen alle europäischen Hochgebirge, aber je weiter wir nach Süden fortschreiten, desto seltener werden sie. In Griedien- land ist die Hälfte der alpinen Flora endemisch, 46 Prozent hat es mit den benachbarten Gebirgen oder mit den Alpen gemeinsam, und 4 Prozent sind glazial. Im marokkanischen Atlas finden sich nur noch sehr wenige filr die Alpen und Pyrenäen charakteristische Pflanzen und nur noch eine Glazialpflanze. Die Gebirge des tro- pischen Afrika haben, wie bereits bemerkt wurde, ihre eigene Flora.

Glazialpflanzen bewohnen auch die zentralasiatischen Oebirge. 75 finden sich noch auf dem Himalaja^ wovon 45 auch in den sibi- rischen Gebirgen und im arktischen Gebiete, und 27 auch in den mittleren europäischen Hochgebirgen Yom Kaukasus bis zu den Pyrenäen vorkommen. Es ist aber nicht in allen diesen Fällen an- zunehmen, daß das dazwischen liegende Land (und dasselbe gilt auch von Stideuropa) mit einer arktischen Flora bedeckt war. Alpine Pflanzen können einerseits auch im wärmeren Elima gedeihen, wenn sie nur vor starker Konkurrenz geschützt sind, und anderseits konnten sie auch über nicht allzu weite Zwischenräume von Gebirge zu Gebirge transportiert werden, ohne die Ebene zu berühren. Da- raus erklärt sich das zerstreute Vorkommen europäischer Pflanzen- arten und -Gattungen auf den Höhen von Ceylon und auf den Vul- kankegeln von Java; und noch leichter konnten solche Wanderungen auf dem fast ununterbrochenen meridionalen Hochgebirgswalle Ame- rikas ausgeführt werden. Auf den Rocky Mountains finden sick Glazialpflanzen in größerer Anzahl nur bis 37 ^ N., aber es kommen solche auch in Mexico vor, und auf den südamerikanischen Andes gehören einige Gewächse arktisch -alpinen Gattungen, wenn auch anderen Arten an. Eine bemerkenswerte Ausnahme machen Gentiana prostrata an der Magellanstraße und Trisetum subspicatuuL das sich bis zu den arktischen Inseln verbreitet hat Das sind die einzigen Fälle von Wanderungen von Glazialpflanzen über den Äquator hinaus. Im östlichen Nordamerika sind sie nur bis zu den Weißen Bergen in New Hampshire, also nur bis zum 44. Parallel vorgedrungen, aber hier machen sie noch 77 Prozent der alpinen Flora aus.

Hoderne Veränderungen. Wir haben gesehen, daß die gegen- wärtige Verteilung der Pflanzen in deren Entwicklungsgeschichte begründet ist. Diese ist aber noch nicht abgeschlossen, und auch die Verbreitungsgrenzen der Arten verschieben sich noch fortwährend. Eine der merkwürdigsten Veränderungen ist der säkulare Wald- wechsel, der für viele Gegenden Europas und Asiens außer allem Zweifel gesetzt ist. In Graubünden dringt die Fichte siegreich gegen die Lärche vor, und hier, wie im Jura, ist sie auch mit Elrfolg be-

Die Entwicklungsgeschichte der Florenreiche. 681

starebt, der Buche den Platz streitig zu machen. Man ist der An- siclity daß die Buche früher in gleicher Weise an die Stelle von ICicben, Föhren und Birken getreten ist, denn diese Bäume kommen jetzt nur mehr vereinzelt und in verkümmerten Exemplaren in den Scliiw'eizer Gebirgen vor. Für die dänischen Inseln ist übrigens dieser Vorgang sichergestellt; dort, wo jetzt Buchenwälder sich aus- delinen, war der Boden einst mit Birken in Gemeinschaft mit Eichen und Kiefern bestanden. In Westpreußen verdrängt die Baefer die Kiche und Birke, im russischen und sibirischen Nadelholzwalde er- obert die Birke (in Eußland im Vereine mit der Esche) immer größere Areale. Die Ursachen dieser Erscheinung sind noch keines- ^wegs genügend aufgeklärt, doch ist jedenfalls nicht immer ein Klima- ^wechsel dabei im Spiele. Manchen dieser Vorgänge kann man mit Cblbist als eine natürliche Brachwirtschaffc bezeichnen, indem der Boden, jahrhundertelang durch gewisse Päanzengattungen ausgesogen, diesen endlich nicht mehr die nötigen Existenzmittel gewähren kann, wohl aber anderen Gewächsen, die andere Ansprüche an ihren Stand- ort stellen.

Die auffallendsten Veränderungen, die im Laufe der historischen Zeit in der Verbreitung der Pflanzen stattgefunden haben, sind aber direkt oder indirekt ein Werk des Menschen. Die Physiognomie alter Kulturländer, wie Chinas, der hindustanischen Ebene und des Mittelmeergebietes hat sich gründlich geändert, aber kaum minder die jüngerer Kulturländer, wie des übrigen Europas, Westindiens, der östlichen Staaten Nordamerikas u. a., wo die kürzere Dauer des menschlichen Einflusses durch die Energie der Arbeit aufgewogen wird. Auch viele ozeanische Inseln, wie Madeira, die Canaren, St Helena, die Comoren, Maskarenen u. a. haben seit ihrer Koloni- sation ein völlig neues Pflanzenkleid angezogen. Fast überall be- gann die Thätigkeit des Kulturmenschen mit der Ausrodung der Wälder, an deren Stelle aber nicht immer Kulturland, sondern nur zu häufig auch Einöden traten. In Europa^ ist nur der nord- russische Wald noch zum größten Teil unberührt. Im Gouverne- ment Olonez bedeckt er noch 80 und im Gouvernement Wologda noch 92 Prozent der Gesamtfläche, und diese Verhältniszahlen dürften wahrscheinlich auch auf das sibirische Waldgebiet anwendbar sein.

>< Nach Donheb (ftir Griechenland nach Chloeos) beträgt die Waldfläche in Prozenten des Gesamtareals:

Großbritannien 3,3

Belgien . . ll,i

Schweiz . . 19,4

Schweden . 29,s

Dänemark . . 4,o

Griechenland 12,5

Italien . . 22,.

Österreich . 80,5

Niederlande . 5,8

Prankreich . 15,8

Deutschland 25,7

Norwegen . 31, i

Spanien . . 9,o

Rumänien . 17,o

Ungarn . . 26,t

Rußland . 89,9

632 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

Eine Vermischung der Floren ist die unausbleibliche Folge der Allgegenwart des Menschen. In den Mittelmeerländem gedeihen jetzt trefflich die amerikanischen Kakteen und Agaven, die afri- kanische Aloe und die australischen Eukalypten; namentlich dit letzteren, die erst 1854 eingeführt wurden und schon jetzt über die meisten Küstenstriche, bei deren Entsumpfung sie ausgezeichnete Dienste leisten, sich verbreiten. Die Savanen von Westindien sind nicht mehr im ursprünglichen Zustande erhalten, seit das Guinea- und Paragras zur Verbesserung der Weide eingeführt wurde- Süd- europäische Gewächse haben sich zwischen die Gräser der Pampas eingedrängt, und die Artischokendistel, deren Samen zuerst \m das Jahr 1769 in den Haaren eines Esels aus Spanien hierher ge- langte, bildet bereits auf Flächen von mehreren hundert Quadrat- kilometern zusammenhängende, undurchdringliche Dickichte von mehr als Manneshöhe. Zahllose fremde Unkräuter sind mit den Eultur- gewächsen nach Nordamerika, besonders in die atlantischen Staaten eingewandert: der gemeine Natterkopf hat z. B. in manchen Gegen- den von Virginien die einheimische Vegetation völlig verdrängt. Ahnliches ist in Australien der Fall, wo in der Umgebung von Sydney schon über 100 europäische Pflanzenarten, darunter viele schädhehe Unkräuter, sich ansässig gemacht haben.' Wie die Kolonisation, haben auch die Büege stets zur Florenvermischung beigetragen, und der rasch pulsierende Verkehr der Jetztzeit beschleunigt diesen Prozeß außerordentlicL Besonders bemerkenswert ist die Thatsache. daß entlang den Eisenbahnlinien neue Gewächse auftauchen, nnd zwar nicht bloß an den Ausladestationen, sondern merkwürdigerweise auch da, wo die Bahn Kurven beschreibt Welche Dimensionen diese Pflanzenverschleppung annimmt, geht schon daraus hervor, daß auf der Strecke Augsburg-Haspelmoor gelegentiich der Getreide- transporte 1868 80 44 neue Phanerogamen in die Flora eingeführt wurden.*

' Litteraturnachweise. ^ Dbudb, Die hypothetischen vegetationsloeeo Eiuödeu im temperierten Klima zur Eiszeit; in Petebmanns Mitteilungen 1889.— * Peteb, Ursprung u. Geschichte der Alpenflora; in der Zeitschrift d. Deutdcheu und Österr. Alpen Vereines 1885. * Ausführlich haben die Verftuderangen, dir der Mensch in der Flora Chiles und Califomiens bewirkte, Phiuppi u. Semlct geschildert (Prtebmanms Mitteilungen 1886 u. 1888). -— * Diese Angaben ver dankt der Verfasser der gütigen Mitteilung des Hm. Prof. A. Rikchhoff.

Die Nutzpflanzen.^

Ilngleicli wichtiger sind die Veränderungen, die der Mensch durch Züchtung und Veredlung von Pflanzen bewirkt hat, die ihm

Die Nutzpflanzen. 633

zur Nahrang und Bekleidung, als Genuß- oder Heilmittel dienen. „Es ist," sagt ÜNGEB,* ^eine auf keine Weise in Abrede zu stellende Tliatsache, daß fast keine einzige jener Pflanzen, deren Teile als Nahrung verwendet werden, in ihrem ursprünglichen Zustande an- genehm und wohlschmeckend war. Ihr vielfaltiger Anbau, die Ver- breitung auf Teile der Erde, die ihrer Ursprungsstätte ferne lagen, ihre sorgsame Pflege und die der Natur abgelauschten Operationen, wodurch sie selbst Veränderungen in Größe und Beschaffenheit, in Gewebe und chemischer Konstitution hervorbrachte, haben nach und nach eine Anzucht herbeigeführt, die von der ursprünglichen Be- schaffenheit in dem Grade abweichen mußte, als die Hand des Menschen über sie wachte. Dir danken wir es, daß das Getreide, die Knollengewächse nahrhafter, die Gemüsearten und das Obst wohlschmeckender geworden sind."

Allerdings ist es zxmächst Aufgabe der Anthropogeographie, sich mit den Kulturgewächsen zu beschäftigen, aber wir können uns nicht versagen, auf eüiige wichtige Punkte hinzuweisen, welche unsere bis- herigen Auseinandersetzungen ergänzen sollen. Zwei bedeutungsvolle Gegensätze treten uns da vor Augen: der Kontrast zwischen den Tropen und Polarländern, der aber durch allmähliche Über- gänge ausgeglichen wird, und der Gegensatz zwischen der alten und neuen Welt, den erst die neuzeitliche Kulturentwicklung der europäischen Menschheit verwischt hat

Cerealien. Weitaus die wichtigsten Nahrungspflanzen sind die Getreidearten, deren Anbau die Grundlage jeder höheren Gesittung ist; unter diesen sind wieder der Reis und Mais, der Weizen, der Roggen und die Gerste am verbreitetsten und die eigentUchen Er- nährer der ansässigen Menschheit.

Der Reis, dessen Heimat wahrscheinlich Indien ist^ der sich aber schon im hohen Altertum über die Kulturländer Süd- und Ost- asiens verbreitet hat, ist nach Rein für wenigstens ein Drittel des Menschengeschlechtes die vorwiegende täghche Speise. Die Araber brachten ihn nach Vorderasien, Europa und Afrika, und die Eng- länder und Portugiesen nach Anierika, wo er namentlich in Süd- carolina imd in Brasilien große Bedeutung erlangte. Sein großes Wärmebedürfois beschränkt ihn auf jene Gegenden, die ihm während seiner halbjährigen Entwicklungszeit eine Mitteltemperatur von wenig- stens 20® C. gewähren können. In der alten Welt erreicht er daher nur stellenweise den 45. Nordparallel, in Amerika aber nur den 38., und auf der südlichen Hemisphäre übersclireitet er nur selten den Wendekreis. Sein außerordentliches Feuchtigkeitsbedürfnis, das nur eine schlechtere Abart, der Bergreis, nicht teilt, macht überdies

634 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

seine Eultnr nur in den Niederungen möglich^ wo die Felder leicht bewässert werden können. Weniger empfindlich ist sein ameri- kanischer Vertreter, der Mais, die einzige Getreideart der neuen Welt, die sich in bezug auf Verbreitung mit den Cerealien der Ost- feste messen kann. Bald nach der Entdeckung Amerikas gelangte er in die Mittelmeerländer, nach Ostasien und nach Afirika, wo er das einheimische Sorghum (Durrha oder Mohrenhirse) fast zu verdrängen droht. In Europa gedeiht er nur südlich von 50 B. und nur am Ehein noch unter dem 52. Parallel, während er in seiner Heimat sogar noch am Red River, also unter 55** B. trotz des rauheren Klimas mit bestem Erfolge angebaut wird. Dieser Vorzug kann Amerika auch nicht durch die Kultur geraubt werden« denn jener nordische Mais besteht aus Abarten mit kürzerer Vege- tationsdauer, die eine Verpflanzung in fremde Erdteile nicht dulden. Neben Reis und Mais ist noch der Weizen, die edelste aller Cere- alien, auf die wärmeren Gegenden beschränkt, flieht aber anderseits auch große Hitze, daher er in den Tropen nur im Bereiche des See- klimas oder in größerer Höhe angebaut wird. Aus Vorderasien stammend, hat er sich schon in vorgeschichtlicher Zeit über die benachbarten Länder verbreitet, und in der Neuzeit seinen sieg- reichen Einzug in Amerika gehalten, wo er in den Vereinigten Staaten von 1849 80 um mehr als 9 Längengrade nach Westen vorgerückt ist Im Mackenziegebiete reicht sein Anbau bis 62 ® B. (Fort Simpson), aber im Westen nur bis 50® B.; in der alten Welt betritt die Polargrenze des Winterweizens die norwegische West- küste unter 65® B. und sinkt in Schweden und im westlichen Ruß- land auf 60, und am Ural auf 58 ® B. herab. Auch in den mittleren Breiten der Südhemisphäre begegnen wir seiner Kultur überall, in Victoria und Südaustralien, im Kaplande, bei Buenos Aires, besonders aber in Chile. Weniger Wärme als der Weizen beansprucht der Roggen, der flir das nördliche Europa und Asien der wichtigste Brotlieferant ist; und am weitesten gegen die Pole dringt die Gerste vor. Nur an der skandinavischen Westküste fällt unter dem Ein- flüsse des Golfstromes die Getreidegrenze mit der Baumgrenze (70^ B,)^ zusammen, dann aber entfernen sich beide Linien betracht- lich von einander, indem die erstere am bottnischen Meerbusen auf 65® sinkt, von da bis zum Ural zwischen 65 und 66^, und in Sibi- rien zwischen 61 und 62® liegt, dann entlang dem pazifischen Grenz-

te Neuere Anbauversuche von Gerste und Roggen am lapplftndisclien Enare8ce unter 69^ B. haben gute Resultate erzielt (Petermanus Mitteilungen 1S88, S. 188), man muß aber doch noch weitere £r£EÜirangen abwarten.

Die Nntzpflanzen.

685

gebirge nach Süden zieht, um die östliche Küste^ deren Sommer- temperatnr durch das Auftauen des ochotskischen Meereises stark erniedrigt wird, erst unter 50® B. zu berühren und in Kamtschatka wieder bis 57® anzusteigen. Im Gebiete des nordamerikanischen Kontinentalklimas reicht die G^treidegrenze bis 65® B.^ denn bei Fort Norman am Mackenzie gedeiht die Gerste noch iu guten Jahren. Der Sommer ist hier kühler als an der sibirischen Getreidegrenze, aber der Boden, dessen felsige Unterlage bald erreicht wird, taut bis zu größeren Tiefen auf und ist daher wärmer. Von Labrador

Höhengrenze des Getreidebaues.

Europa;

Norwegen . . . Schottland . . . Sudeten .... Vogesen .... Schwarzwald . .

Jura

Westalpen . . . Ostalpen . . . Pyrenäen . . . Apennin . . .

Ätna

Sierra Nevada

ZentralMlen:

Ostliches Sigangebirge

Altai

Knenlnn

Karakoroin . . . . Himaliga

Amerikanlsehes Hoehgebirsre:

Felsengebirge

Mexico

Costa Rica

Columbia

Quito

Bolivia

Peru

Nardliches ChUe .... Mittleres ChUe

W. 840, 0. 540 m

870

950-1270

910 1140 1200 1100—2050

950—1880

N. 1625, S. 1690 1580

N. 1170, S. 1790

N. 1880, S. 2470

1520—1620 m

1040

2960

4100

8600

1520 m

3050

2600

3000

3480 (östliche Kette)

3900

4270

W. 3480, 0. 2600

1700

schließt dieselbe Ursache, welche die Baumgrenze so weit herab- drückty auch den Getreidebau südlich yon 51 ^ B. aus. Aber während sonst überall die Kartoffel sich nicht mehr dem Pole nähert, als die

636 Die geographische Verbreitang der Pflanzen und Tiere.

Gerste^ kommt sie nach Missionsberichten noch in Hebron an der Ostküste von Labrador (58® B.) vor. Grönland Kegt jenseits der Getreidegrenze, die Färöer aber noch innerhalb derselben, nnd wahr- scheinlich auch Island, wo Gerste im ganzen Mittelalter gebaut wurde und auch neue Versuche wieder geglückt sind. ' In Südamerika werden noch bei Punta Arenas Roggen und Gerste gebaut; and doch ist hier der Sommer beständig trüb und der wärmste Monat hat nur eine Durchschnittstemperatur von 10,7®. Die MagellanstraBe gleicht hierin den Färöer, steht aber weit hinter dem getreideloses Nordsibirien ^ zurück. Aber hier ist der Boden nur oberflächlich aufgetaut und die frühzeitig eintretenden Nachtfröste gefährden die Existenz der Cerealien.

Daß aber unter sonst gleichen Verhältnissen doch die Sommer- wärme für den Getreidebau entscheidend ist, beweisen dessen Höhen- grenzen, über die uns vorstehender Auszug aus der Tabelle von Bebghaüs* Aufschluß giebt (S. 635).

Norwegen und Schottland zeigen uns, wie das trübe Seeklima die Getreidegrenze in derselben Weise, wie die Baum- und Schnee- grenze, herabdrückt. Daher steigt auch der Cerealienbau nirgends soweit im Gebirge hinan, als im kontinentalen Klima von Asien und in der regenlosen Zone der Andes, wo er 4000 m über- schreitet. Aus demselben Grunde liegt seine Grenze in Armenien am Wansee und Bingöl-Dagh in 2100 m, im umwölkten Kessel des Goktscha aber nur in 1800 m Höhe. In den Alpen senkt sich die Grenzlinie im allgemeinen in östlicher Richtung, weil die von Nacht- frösten freie Zeit im Osten kürzer ist,, als im Westen. Auch die Bauart des Gebirges ist von einschneidendem Einflüsse, denn davon hängt unter sonst gleichen Verhältnissen die Erwärmung des Bodens ab. Die klimatische Begünstigung der rhätischen Massenerhebung drückt sich deutlich in der abnormen Höhenlage der Getreidegrenze aus, die im Oberengadin 290, im Oberhalbsteiner Thale 200, im Eheinwalder 180 und im Davoser 110 m über die Getreidegrenze im unteren Rheinthale ansteigt

Andere Kulturpflanzen. Außer den Körnerfrüchten geben auch einige Knollengewächse Mehl, aber ihre kulturgeschichtliche Bedeutung ist viel geringer, weil sie weniger Pflege bedürfen und daher nicht im gleichen Maße, wie das Getreide, erziehend auf den Menschen einwirken. Nur die Kartoffel, neben dem Mais

y^ Temperatur des wärmsten Monats in Beresow (Westsibirien 64^ B.) 16,:* in Turuchansk (Mittelsibirien 66** B.), wo die Gerste nicht mehr reift, 15,»*, uud in Werchojausk (Ostsibirien 67V4* B.) 14,4«.

Die Nutzpflanzen. 637

das vdchtigate Geschenk Amerikas, hat eine Weltverbreitnng, wenn sie auch nur in den gemäßigten und kälteren Zonen als das ,,Brot der Armen" eine große Bedeutung erlangt hat Wichtiger sind noch die amerikanische Maniokpflanze und Batate und die in der alten Welt heimischen Arons- und Yamswurzeln, die sich z^war über beide Hemisphären verbreitet haben, aber im allgemeinen doch nur auf die Tropenzone beschränkt bleiben. Ziemlich mühelos ernähren sie hier eine träge Bevölkerung, der die Natur überdies noch eine Menge der köstlichsten Baumfrüchte bietet Schon auf S. 597 f. wurden die allerwichtigsten genannt, und ein längeres Ver- zeichnis würde den Leser njir ermüden. An die Zone der tropischen Xulturbäume schließt sich jene der sogenannten Südfrüchte an (im allgemeinen zwischen 34 und 44^ Br.). Etwas weiter polwärts rückt der W^eingürtel, dessen äußerste Grenzen im nördlichen Teile der alten Welt in 53 und 28® B. liegen, denn zwischen den Wende- kreisen gedeiht die Rebe nur in größeren Höhen. Noch weiter gegen Norden gehen die Obstsorten der gemäßigten Zone; nach Jessen reichen Kirschen und Äpfel in Westeuropa bis 65 ®, in Rußland und Sibirien aber nur bis 45® und im nordwestlichen Amerika nur bis 50® B. Dann folgt der Gürtel der Beerensträucher.

Die meisten der weit verbreiteten Fruchtbäume sind asiatischen Ursprungs. Aber auch Amerika besitzt deren eine große Zahl, wie es auch seine eigene wilde Rebe hat; einige tropische Gewächse, wie die Guayava und der Zuckerapfel, haben sich rasch in Asien heimisch gemacht. Doch gab auch in dieser Beziehung die alte Welt weit mehr, als sie empfing.

Von den wichtigsten Genußmitteln lieferte Afrika den Kaffee, Ostasien den Thee, Amerika den Cacao und Tabak, Kaffee und Cacao sind auf die warme Zone beschränkt; der immergrüne Thee- strauch ist zwar keine tropische Pflanze, überschreitet aber den 40. Parallel nicht, und nur der Tabak ist größerer Verbreitung fähig. Das Zuckerrohr, dessen drei Arten aus dem tropischen Asien stammen, gedeiht in Südeuropa zwar bis zum 38.^ B., ist aber doch als ein echtes Kind der warmen Zone zu betrachten, wofür der gemäßigte Erdgürtel allerdings einen, aber nicht ebenbürtigen Ersatz in der Runkelrübe besitzt. Fügen wir noch hinzu, daß die Gewürze, die einst die Menschheit zu ebenso kühnen Unternehmungen an- spornten, wie Gold und Silber oder die Pelztiere des Nordens, nur den Tropen angehören; daß die Baumwolle, der wichtigste aller Pflanzenfaserstoffe, ursprünglich auch tropisch ist, wenn ihre Kultur auch nach amtlichen Erhebungen in den Vereinigten Staaten bis zum 43. Parallel mit Erfolg ausgedehnt werden könnte; so

638

Die geographische Verbreitang der Pflanzen und Tiere.

wird unsere Vorstellung von der überquellenden Prodoktionskrafl der Tropenwelt einigermaßen ergänzt Allerdings giebt es auch hier traurige Einöden^ aber mitten in den Sand- und Steinwüsten der Sahara liegen inselgleich die Oasen, wo das Wasser in großen, der Verdunstung entzogenen Vorräten sich sammelt, und im Schatten der Dattelwälder dichtgedrängt tropische und subtropische Kultur- gewächse gedeihen. Diese ^ durch Trockenheit erzeugten Einöden sind von ganz anderer Art, als jene der Polarzone, wo nur Treib- holz einen unzuverlässigen Ersatz für den Baumwuchs gewährt, wo einige Beeren, Flechten, Algen und Pilze die einzigen Nahrungs- mittel sind, die das Pflanzenreich bietet, und der streifende Mensch nur auf die Tierwelt angewiesen ist, die ihm Kleidung, Nahrunii und Thran für seine Lampe liefert, welche die lange Wintemacht kümmerlich erhellt

Die ursprüngliche Armut der neuen Welt an Nutzpflanzen, die um so mehr auffallt, als Amerika in Bezug auf die Gresamtzahl seiner Pflanzen im Verhältnisse zu seiner Größe die alte Welt viel- leicht übertrifit, ist in unserer Darstellung schon zur Grenüge hervor- getreten, trotzdem daß diese nur auf das allerwichtigste Eücksicht nahm. Noch prägnanter kommt sie in folgender, von Höck^ zu- sammengestellten Tabelle zum Ausdrucke:

Obstarten

Getreidearten

Knollen- u. Wurzelgewächse

Hülsenfrüchte

Gemüse

Pflanzen, die erregende Ge- tränke od. Narcotica liefern

Gewürzpflanzen ....

Arzneipflanzen ....

Technisch verwertbare Pflanzen

Öle und Fette liefernde

Pflanzen

Summe

Davon heimisch in der

Neuen

Welt

; Mit Berück- I sichtigung des ; Areals )( verhält

sich die neue Welt zur alten =

1 : 1,11

5,Tt 1,IT

8,-

0,74 3,S9 1,M

5,1t l,»e

2,-

5< Da die alte Welt der Fläche njich sich zur neuen Welt wie 9 : 4 verhält, so muß man, um ganz gerecht zu sein, die Beiträge beider Welten auf das Reiche

Die Lebensbedingangen der Tierwelt . 639

Auf der östlichen Halbkugel ist der australische Kontinent sehr SLvm an einheimischen Nutzpflanzen, und auch Afrika kann den Ver- gcleich mit Asien nicht aushalten. Zieht man auf einer Karte in Mlercators Projektion eine gerade Linie von Irland bis zu den Mo- luJkken^ so häufen sich um dieselbe^ wie Ungeb gezeigt hat, die meisten und wichtigsten Nahrungspflanzen an: die des malaischen A^rchipels, von Vorder- und Hinterindien, von Persien und Armenien, des Kaukasusgebietes und der Krim, von Griechenland, Italien und ^Mitteleuropa. Eine ebensolche, nach Nordwesten gerichtete bro- matorische^ Linie wies Ungeb auch in Amerika nach. Um sie gruppieren sich Brasilien, Guayana, Peru, Ecuador, Columbia, Zentralamerika, Mexico und Westindien; und nur die atlantischen Vereinsstaaten, die ebenfalls ein ursprüngliches Zentrum von Nahrungs- gewächsen sind, liegen abseits von jener Linie.

Litteratnrnachweise. ^ Candolle, Der Ursprung der Kulturpflanzen. Leipzig 1884. * ühoer, Botanische Streifisüge auf dem Gebiete der Kultur- geschichte; in d. Sitzungsberichten d. Wiener Akademie d. Wissenschaften, Math.-naturwiss. Klasse 1857. Bd. XXIII. » Vgl. Nature 1885, Bd. XXXII. S. 116. ^ Bbbghaus, Höhentafel von 100 bekannteren Gebirgen, in Bebms Greographischem Jahrbuch, Bd. I. 1866. ^ Hock, Die nutzbaren Pflanzen und Tiere Amerikas und der alten Welt, Ijeipzig 1884.

Die Lebensbedingungen der Tierwelt

Ebenso intim, wie die Beziehungen des Menschen zur Pflanzen- welt, ist sein Verhältnis zu den Tieren, von denen er sich einige zu Hausgenossen erzogen hat, während er andere der Nahrung oder des Pelzes oder einer anderen Beute wegen verfolgt oder als gefähr- liche Feinde bekämpft Im übrigen erregt aber die Faima in geringerem Grade, als die Flora, das Interesse des Geographen, denn selten tritt sie im Landschaftsbilde bedeutungsvoll hervor, und sie drängt sich nicht unmittelbar, wie die Vegetationsformen, dem Auge des Beobachters auf, sondern will erst gesucht werden. Dagegen ist ein anderes Moment, auf das wir bei unseren Betrachtungen über den Ursprung der Inseln schon wiederholt aufmerksam gemacht haben, von hervorragender geographischer Wichtigkeit Die Veränderungen der Erdoberfläche spiegeln sich in der Verbreitxmg einiger Tierklassen,

Areal reduzieren. Hock thut dies in der Weise, daß er die altweltlichen Arten mit 4, die neuweltlichen mit 9 multipliziert. Dann findet man z. B., dafi die alte Welt zwar absolut mehr Pflanzen, die erregende Getränke liefern, erzeugte, als Amerika, relativ aber weniger (6 x 9 : 10 x 4 » 1 : 0,7i). >< ßgiifia = Nahrung, oqos = Grenze.

640 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

vor allem der Landsäuger, getreuer wieder, als in der Verteilung der Pflanzen, denen sogar die meisten flugfähigen Tiere in Bezug auf die Verbreitungsmittel nachstehen. Es wird die Au%abe des nächsten Abschnittes sein^ auf diesen Punkt näher einzugehen, wäh- rend wir uns in diesem nur auf eine kurze Besprechung jener geo- graphischen Momente einlassen wollen, die das Tierleben bedingen. Es sind dies Tor allem die Nahrung und die Wärme.

Beziehungen zwischen der Tier- und Pflanzenwelt Im Gegen- satze zu den Pflanzen sind die Tiere hauptsächlich auf organische Nahrung angewiesen und daher durch die Pflanzenwelt bedingt^ ent- weder direkt, wie die Pflanzenfresser, oder indirekt, wie die Fleisch- fresser. Es gilt dies ebensowohl für die Landtiere, wie für die Tiere der hohen See, denn auch die Oberfläche des Meeres entbehrt nicht des Pflanzenlebens, wenn sich dieses auch nur auf die niedrigsten Formen, auf mikroskopische Algen beschränkt Wenn sich in den polaren Breiten die Sonne senkt, so tauchen unzählige Diatomeen- schwärme an der Oberfläche des Meeres auf, das sie in einen dicken Schleim, das „Schwarzwasser" der Nordpolfahrer, verwandela Ihnen folgen, wie Th. Fuchs ^ gezeigt hat, die Ruderschnecken und kleine Krebse, diesen wieder zahlreiche Fische, und diesen endUcb die Räuber der hohen See, die Delphine und Walfische. In wärmeren Meeren kommen Diatomeen hauptsächlich nur in der Nähe von Fluß- mündungen vor, meist werden sie aber durch Fadenalgen und Schwingfäden ersetzt, die im Indischen Ozean in so großen Mengen auftreten, daß das Wasser stellenweise einen sumpfigen Geruch annimmt Ja manche dieser Algen scheinen sogar des Lichtes entbehren zu können, denn die Plankton-Expedition i. J. 1889 fischte solche noch in Tiefen von 1000—2000 m auf.»

Es ist auch klar, daß zwischen den Pflanzen einerseits und den monophagen Tieren andererseits ein bestimmtes Zahlenverhältnis be- stehen muß, denn die Nahrung wird nicht völlig in Fleisch ver- wandelt, sondern zum Teil unverdaut ausgeschieden, zum Teil zur Erzeugung von tierischer Wärme, sowie zur Ausübung der tierischen Funktionen verbraucht. „Nehmen wir einmal sagt Sempeb' ganz willkürlich an, es sei das Verhältnis zwischen der vom Boden erzeugten Pflanzenmenge und der durch Umsetzung dieser ermög- lichten Masse von Pflanzenfressern wie 10: 1, so würden in dem Tor- hin angenommenen Areal von 1000 Einheiten Pflanzen nur 100 Ein- heiten (Individuen) pflanzenfressender Tiere leben können. Das Maximum von Nahrung, welche damit den monophagen Fleischfressern geboten wäre, würde nur noch 100 Einheiten betragen. Aber bei der Umsetzung dieser 100 Einheiten tierischer Nahrung in die Organe

Die Lebensbedingungen der Tierwelt 641

der Fleischfresser würde abermals ein sehr bedeutender Verlust ent- stehen; organische Substanz würde verbrannt, das Unverdauliche (Haare, Hufe, Homer) würde ausgestoßen werden; und wenn das Verhältnis wieder so wäre, daß 10 Einheiten tierischer Nahrung HUT eine Einheit tierischen Körpers bilden könnten, so würden von dem Maximum von Nahrung, wie es durch Pflanzenfresser darge- boten wäre, höchstens 10 Fleischfresser wirklich existieren können." In dem angenommenen Falle ist also das Verhältnis der Pflanzen zix den Pflanzen- und Fleischfressern gleich 1000:100:10. Da- mit stimmt die Thatsache überein, daß unter den Wirbeltieren nur die Pflanzenfresser in großen Herden leben, während die Kaub- tiere seltener sind und sich meist in kleine Familien absondern. £2s hängt femer damit zusammen^ daß die Zahl der Pflanzenfresser mit der Üppigkeit der Vegetation gegen den Äquator zunimmt^ wenn auch die Entwicklung der tropischen Fauna mit der der Pflanzen- welt nicht gleichen Schritt hielt

Es leuchtet auch ein, daß streng monophage Tiere von ihrer Vmgebung abhängiger, als die Vielfresser, sind und daher auch eine beschränktere Verbreitungsfähigkeit besitzen. Einschneidende Ver- änderungen in der Pflanzenwelt, wie solche sich in der geschichtliehen Zeit auf ozeanischen Inseln (s. S. 573) und in Kulturländern voll- zogen, haben stets auch faunistische Änderungen im Gefolge, wobei freilich nicht immer der Wechsel der Nahrung das entscheidende Moment ist. Denn abgesehen davon sind auch die Lebensgewohnheiten vieler Tiere an bestimmte Vegetationsformationen gebunden. Die Affen, viele Fledermäuse, die Hirsche, die Eichhörnchen, die meisten Raubvögel, alle Klettervögel, die meisten Tauben und Hühner u. s. w. leben z. B. nur im Walde; und die Vierfüßer unter denselben können weite baumlose Landstriche nicht überschreiten. Daß das russische Eichhörnchen in der Krim fehlt, hat daher v. Baeb mit Recht als einen Beweis für das hohe Alter der südrussischen Steppen ange- sehen. Für andere Tiere, wie für das Zebra, das Kamel, die Giraff'e, viele Antilopenarten u. s. w. bilden dagegen die W^älder feste Schranken, während wieder andere Tiere es sei hier z. B. an den Wolf erinnert den Wald ebenso, wie die Steppe durch- streifen.

Färbung. Noch eine andere Beziehung besteht zwischen vielen Tieren und ihrem Wohnort Es gereicht den Tieren zum Schutz, wenn sie sich durch die Färbung möglichst wenig von ihrer Um- gebung abheben, denn dadurch können sie sich am sichersten der Aufmerksamkeit ihrer Feinde entziehen. Die Tierfarbe der Polar- gegenden ist daher weiß, die der Wüsten isabellgelb, die der Steppen

SCPAK, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 41

642 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

dunkelgelb; auf Felsen lebende Tiere sind grau gefärbt; in gleicher Weise sind die grünen Vögel und Insekten der Tropenwälder tz— schützt. Selbst die gewaltigen Raubtiere, die außer dem MenNi h-u keinen Gegner zu fürchten haben, tragen die Farbe ihres Wohnort» -. denn diese macht es ihnen möglich, sich unerkannt dem arglo-. i. Opfer zu nahen. Der Löwe, der König der Steppe, ist gelb, nvji der Tiger zeigt sogar die Rohrstängel der Bambusdickichte in den schwarzen Streifen seines Felles. Diese Erscheinungen hat ii.:.:. unter dem Namen der Anpassung an den Wohnort zusamii:^::- gefaßt

Die Schutz färben sind also geographisch bedingt. Das i:± aber nicht von den anderen Farben der Tiere. Die auffallen« l-- Menge schön gefilrbter Tiere in den Tropen, besonders aus ihr; Klassen der Vögel und Insekten, verleitete zwar ältere Forscher /.i der Ansicht, daß die Farbe hauptsächlich vom Licht abhänge, al : die DARWiNsche Theorie hat auch in diesem Punkte, wie in so viebii anderen, zu richtigeren Anschauungen geführt Besonders Wallac i ' machte auf eine Reihe von Thatsachen aufmerksam, die sich mit d r älteren Erklärung nicht vereinbaren lassen, und seine Autorität wi/ti duröh zwölfjährige Beobachtungen in den Äquatorialgegenden l^»- stützt. Er giebt zu, daß die heiße Zone an prächtig gefarbt-u Tieren absolut reicher ist als die gemäßigte, ob aber auch reluti\. wagt er nicht zu entscheiden. Denn neben jenen, die dem Nonl- länder am meisten auffallen, giebt es dort nicht minder zalilrei«:.» einfarbige und mattgefärbte Tiere; manche Vögel, wie z. B. «li^ Drosseln, die Zaunkönige oder die Falken, erscheinen unter ihn senkrechten Strahlen der Tropensonne nicht in einem bunten^L Kleide , als in unseren Gegenden ; ja die arktischen Eiit^r. und Taucher sind schöner geschmückt, als ihre tropischen Vtr- wandten. Zu den prächtigsten Tieren gehören unstreitig die Goli- und Silberftisanen, obwohl ihre Heimat außerhalb der Wendekrti^«-. im nördlichen China und in der Mongolei liegt. Anderseits find»-! sich dort, wo das Licht am intensivsten wirkt, in der Saham, eine Fauna mit der einfachen Farbe des Wüstensandes, und die bun- testen Tiere leben im Halbdunkel des tropischen Ur^^aldes. Damit entfällt aber auch jeder Zusammenhang zwischen physikaliscb^-Ji Verhältnissen und jenen Farben, die Wallace als Trutzfarben, gf- schlechtliche und tyi)ische Farben bezeichnet; ihre Erklärung gehön ausschließlich in den Kreis der zoologischen Aufgaben.

Abhängigkeit der Tiere von der Temperatur. Die Abhängig'- keit des Tierlebens von der Wärme zeigt sich wie bei den Pflanzen, in einer allmähhchen Abnalime gegen die Pole. Die untensteheoilf

Die Lebensbedingungen der Tierwelt 643

Tabelle,^ die sich auf die Kataloge von Wallace stützt, giebt uns von dem faunistisclien Gegensatze der Tropen und höheren Breiten eine bessere Vorstellung, als lange Schilderungen es zu thun ver- möchten. Auch auf gleiche Flächen bezogen, ist der Artenreich- tum der Tropen ungleich größer, als in der gemäßigten und kalten Zone, und tritt auch in einigen Ordnungen, die in unseren Breiten grcit bekannt sind (wie z. B. in denen der Singvögel, Spechte und Tauben), mit überraschender Schärfe zu tage. Aber auch hier ist das Problem nicht einfach mit dem Hinweise auf die gegenwärtigen Temperaturverhältnisse zu lösen. Wir wissen nämlich, daß sich in der Tertiärzeit die jetzige tropische Fauna zugleich mit tropischen PÜanzenformen in höhere Breiten erstreckte, daß Europa damals von Elefanten, Nashörnern, Flußpferden, Affen und Halbafifen, Beutel- tieren und Zahnarmen Säugetieren (Edentaten) bewohnt war. Die Kiszeit unterbrach hier die normale Entwicklung, die in der warmen Zone, wo das Klima seit den früheren geologischen Perioden sich nicht wesentlich geändert hat, ungestört vor sich gehen konnte. „Der Kampf ums Dasein," sagt Wallace, „sofern er sich gegen die Xaturkräfte richtete, war hier stets leicht; Nahrung gab es in Unmasse und in ununterbrochener Zufuhr; Schutz und Obdach waren stets leicht zu haben; die Änderungen der physischen Bedingungen, welche nur durch kosmische Gesetze oder geologische Ereignisse veranlaßt wurden, waren notwendigerweise so langsam, daß Variation und Zuchtwahl sich ihnen anbequemen und die üppige Fülle von Organismen in einem schönen, hannonischen Gleichgewicht mit jenen Bedingungen erhalten konnten."

Noch auf einen anderen wichtigen Punkt muß aufmerksam ge- macht werden. Die Tiere sind in viel geringerem Grade, als die Ptianzen, von der mittleren Wärme abhängig; und dazu kommt noch, daß viele von ihnen in der ungünstigen Jahreszeit in wärmere Distrikte sich zurückziehen können. Die amerikanischen Kolibris, echte Tropenbewohner, verbreiten sich in einigen Arten an der Westküste bis zum 61.° N., in Canada bis zum 57.°, auf der süd- lichen Hemisphäre bis zum Feuerlande, wo sie selbst im Schnee-

X Klassen Rein tropische *aniio^ Gemeinsame

der Landwirbeltiere Familien Farnüien Familien

Landsäugetiere .... 37 5 82

Vögel 61 11 .61

Reptilien 28 4 27

Amphibien 8 5 9

Summa: 134 25 129

41*

G44 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

Sturme beobachtet wurden, und steigen auf dem Chimborazo bis zur Schneelinie (4900 m) empor. Die Purpurschwalbe verbreitet sich nach ToRELL von 9^ S. bis 67® N. Der Tiger und Panther, die wir in unserer Vorstellung stets mit einem beißen Klima verbinden, streifen bis in das südliche Sibirien; ob sie sich auch dauernd in Zentralasien aufhalten, ist nicht bekannt. Die Papageien reichen im neuseeländischen Distrikte, wo auch die Palmen ihre größte Pol- höhe erreichen (s. S. 595), bis zum 54. Breitengrade (Insel Macquarie'i und ein Experiment von Büxton belehrt uns, daß sie auch in den eng- hschen Wäldern im Freien überwintern und sich fortpflanzen können, denn selbst bei einer Temperatur von ging kein einziges Exemplar zu Grunde. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß einige tropische Tiere auch kältere Klimate ertragen können, aber in der Begel nur dann, wenn sie keinen großen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind. Das ist eben der Charakterzug, den das Seeklima dt-r höheren Breiten mit dem Aquatorialklima gemein hat (vgl Karte VIIl). Wir verstehen jetzt, warum tropische Tiere auf der südlichen Halb- kugel sich mehr dem Pole nähern, als auf der nördhchen; ander- seits kommen wir zur Erkenntnis, daß z. B. die Thatsache, daß Westeuropa keine Papageien beherbergt, nicht durch die Isothermen bedingt ist, sondern offenbar nur mit der Entwicklungs- und Ter- breitungsgeschichte dieser Ordnung zusammenhängt.

Tropische Tierwelt Trotz des faunistischen Reichtums des heißen Erdgürtels wird hier die Tierwelt von der üppigen Vegetations- fulle doch völlig erdrückt „Der erste Eindruck, den man in den Tropenwaldungen empfängt,'* sagt Wallace, „ist der, daß fast kein tierisches Leben zu finden ist Man will das Wild, das Geflügel, die Insekten sehen und späht gar oft vergebens nach ihnen aus,- Am meisten fallen nicht die großen Säugetiere, sondern die Tag- schmetterlinge auf, die sich durch Arten- und Individuenzahl, durch Größe und Farbenpracht von denen der gemäßigten Zone wesentlich unterscheiden. Bei Para (an der Amazonasmündung) allein hat man über 700 Arten gesammelt^ während England nur 54 und Deutsch- land nur ca. 150 besitzt Ebenso setzt die Größe mancher Artenden Reisenden in Erstaunen, denn einige Papilioniden und Morphiden messen mit ausgespannten Flügeln 15 20 cm. Von den übrigen Insekten , machen sich besonders die Ameisen durch ihre Allgegen- wart und Zerstörungswut unangenehm bemerkbar; manche dringen in die Häuser ein und fressen alles Genießbare, so daß man die Möbel auf Klötze oder Steine stellen und diese in wassergefiillte Behälter setzen muß, um sie vor der Invasion der Ameisen zu schützen. Zahlreich, groß und teilweise brillant gefärbt sind auch

Die LebensbedinguDgen der Tierwelt. 645

die übrigen Insekten, wie die Bienen, Wespen, Käfer, und von den un geflügelten Gliedertieren hauptsächlich die Spinnen, Skorpione nnd Tausendfüßer. Namentlich von den letzteren sieht man oft riesige Exemplare; aber es giebt auch Spinnen, deren Leib 5 cm lang ist, und die mit ausgestreckten Beinen 15 cm messen. Ihre G-espinste sind manchmal so stark wie Seide und können selbst grrößeren Tieren gefährlich werden; hat doch Bates beobachtet, wie eine Spinne aus dem südamerikanischen Geschlechte Mygale einen Vogel tötete. Die Größe der Insekten ist unstreitig geographisch bedingt, nämlich durch die reichliche Nahrung und die geringe Wärmeschwankung, die das Wachstum der Larven niemals unter- bricht.

Nach den Insekten sind die Yögel am zahlreichsten und, wie jene, durch glänzende Färbung ausgezeichnet. Außerordentlich häufig begegnet man auch den Eidechsen, die sogar in die Häuser dringen, wälirend die Schlangen glücklicherweise nicht in so großen Mengen auftreten und nur in trockenen Distrikten sehr lästig werden. Da- für zeugt aber die Größe mancher Arten aus dieser Klasse von der unerschöpflichen Lebensfülle der Tropenwelt. Ein Schlinger der alten Welt erreicht eine Länge von 8 m, aber er wird weit über- troifen von der südamerikanischen Anakonda, die 12 m mißt und selbst ausgewachsene Einder bewältigt und verzehrt Zu den her- vorstechenden Charaktertypen der Tropenfauna können auch die all- gemein verbreiteten Krokodile^ und ihre beiden Verwandten, der ostindische Gavial und der amerikanische Alligator, gerechnet wer- den, obwohl letzterer auch im unteren Mississippi und in Texas heimisch ist. Von den Amphibien sind nur die Kröten und Frösche häufiger, und von den Landsäugem sind die AfiFen und die Flatter- tiere, die zwischen den Wendekreisen den Höhepunkt ihrer Ent- wicklung erreichen, als tropische Repräsentanten zu nennen, denn die zahlreichen anderen Familien fallen entweder nicht auf oder sind nur auf kleine Bezirke beschränkt. Hinzuzufügen wären viel- leicht nur noch die Edentaten, insofern diese seltsamen Überreste einer alten Fauna, die sich nur in den warmen Ländern noch er- halten haben, den Zusammenhang der jetzigen tropischen Tierwelt mit der tertiären uns besonders klar vor Augen führen.

Arktische Tierwelt Betrachten wir nun das Gegenstück zu diesem Tropenbilde, die arktische Fauna. Die Familienzahl der Landsäugetiere, die in den südlichen Reichen 69 beträgt, ist hier auf 8 zusammengeschmolzen, und auch diese sind nur durch ca.

Im Sinne der Systematik von A. Günther.

646 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

16 Arten vertreten. Der König der Eiszone ist der Polarbär, der sich an Größe und Kraft mit den tropischen Katzen mohl messen kann; der Polarfuchs und Fjällfras (irrtümlich Vielfraß genannt) W- gleiten ihn durch das ganze Gebiet. Wölfe werden noch stellen- weise in arktischen Gegenden angetroffen, wenn sie auch nicht zu den eigentlichen Polartieren gehören, wie ein anderer Vertreter der Familie der Canidae, ein wollahnlicher Hund, von dem der Eskimo im nordwestlichen Grönland völlig abhängig ist. Die arktischen Ausläufer der Wiederkäuer sind das Rentier und der Bisamochs, der jetzt nur noch in Amerika und Grönland vorkommt, und die Nagetierordnung ist durch die Polarhasen, die niedlichen Lemminge und die kosmopolitischen Mäuse vertreten. Aber so dürftig auch die polare Säugetierfauna ist, so entbehrt doch, soweit man die Zone kennt keine Gegend derselben völlig. Rentiere trafen Kane und HAYE^ im nordwestlichsten Teil von Grönland, Fälirten dieses Wiederkäuers fand man in Franz- Josef-Land ; der nördlichste Eisbär wurde tol der österreichisch -ungarischen Expedition unter 81 Vj^' B. erleiT. Von Landvögeln verzeichnet Torell^ nur 45 Arten, während die Wat- und Schwimmv()gel durcli 114 Arten vertreten sind. Getren den Pol hin nimmt die Artenzahl rascli ab, denn während z. B. die Sperlinge südlich vom 68. Parallel noch in 20 Arten vorkommen, werden sie nördlich davon auf 4 und jenseits des 74.® B. auf 2 Arten reduziert. Die meisten Vögel wandern im Winter und kehren im Frühjahre wieder nach dem Norden zurück, um hier in großen Gesellschaften (sog. „Vogelberge") zu brüten. Selten finden sich Reptilien; die Insektenfauna ist besonders nördlich vom 73. Pa- rallel sehr ärmlich. In der letzteren herrschen die Zweiflügler, die für ihre ersten Entwicklungsstadien nur eine kurze Zeit bedürfen, entschieden vor; Mttckenschwärme hinderten John Ross' Mannschaft unter 70^ B. an der Arbeit; sie sind in vielen polaren Gegendon eine wahre Landplage. Das Tierleben tritt also auch hier zurück, wie in den Tropen, freilich aus einem ganz anderen Grunde und in ganz anderer Weise. Kein Laut stört die feierliche StiUe der nordischen Einöde, aber das muntere Tierleben des Meeres zeiun uns, daß wir auch hier noch nicht an den Grenzen der organischen Welt angelangt sind.

Vertikale Verteilung. Die Abnahme der Landtiere gegen die Pole kehrt selbstverständlich auch in vertikaler Richtung im Ge- birge wieder. Nur sind die Höhengrenzen der beweglichen Tiere selten so genau zu fixieren, wie diejenigen der Pflanzen, die an den Boden gefesselt sind; und es ist erklärlich, daß zeitraubende syste- matische Untersuchungen in dieser Richtung nur selten angestellt

Die Lebensbedingungen der Tierwelt. 647

ArV^^rden. Doch lassen sich aus den vorhandenen Beobachtungen in verschiedenen Teilen der Alpen einige Sätze von allgemeinerer Be- deutung ableiten. Hebe® zeigte, daß im Kanton Glarus die verti- kiUe Abnahme der Arten in der Tierwelt viel rascher erfolgt, als in tlor Flora. In der unteren Region (bis 800 m) ist die Zahl der Tier- itr-ten 2^4 uial größer als die der Pflanzenarten, aber in bedeuten- deren Höhen ist das Verhältnis ein umgekehrtes. In der Region der Alpensträucher kommt nur 1 Tierart auf l*/^ Pflanzenarten; dort, wo der Schnee schon sporadisch liegen bleibt, stellt sich das Verhältnis wie 1 : 6 und an der Grenze des organischen Lebens sogar -wie 1:25. Die Baumlinie übt auf die Verbreitung der Tiere im Tiroler Hochgebirge einen viel geringeren Einfluß aus, als die Grenze zwischen der Region der alpinen Wiesen (1700 2300 m) und der subnivalen Region (2300 2700 m); der faunistische Gegensatz dieser lieiden Höhengürtel ist eines der auffallendsten Resultate der Untersuchungen von Helleb^. Eine Zusammenstellung aus dessen Verzeichnissen ergiebt nämlich, daß von den 90 Hochgebirgsarten (und Varietäten) der Weichtiere in der alpinen Region noch 76, in der subnivalen aber nur 8 vorkommen; ferner daß von den 785 Sclimetterlingen 680 in der alpinen und nur 98 in der subni- valen Region leben; endlich daß von den 738 Käfern 730 in der Wiesen- und nur 106 in der subnivalen Region gefunden werden. Der Zusammenhang mit der Pflanzenwelt tritt hier sehr scharf zu Tage, wie er sich auch darin zeigt, daß die südlichen Gehänge von einer reicheren und mannigfaltigeren Fauna bevölkert werden, als die nördlichen, und daß dort die Höhengrenzen weiter hinaufrücken. Die obere Schneeregion (über 2700 m) beherbergt nur wenige flügellose Gliedertiere, die wohl den größten Teil des Jahres im Winterschlafe zubringen. Vielleicht am höchsten steigt der W^eber- knecht (Opilio glacialis), der selbst auf der obersten Spitze des Piz Linard (3480 m) gefunden wurde. Wohl dringen auch geflügelte Tiere, wie Schmetterlinge, Käfer, Fliegen u. a., entweder freiwillig bei ihrem Ausschwärmen oder vom Winde erfaßt, in die Fimwelt vor, aber sie gehen hier in der Regel bald zu Grunde. Der Sommer sieht hier auch Gestalten aus der höheren Tierwelt, aber der Winter scheucht die meisten bis in den Waldgürtel hinab.

Von besonderer Wichtigkeit sind die den Hochgebirgen eigen- tümlichen Tiere, die wir kurzweg als alpine Tiere bezeichnen wollen. Sie bewohnen in den Ostalpen die Region von ca. 1200 bis 2700 m Höhe. Ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Tieren des hohen Nordens oder zu denen anderer Hochgebirge führen uns wieder in die Eiszeit zurück, die in gleicher Weise in der Fauna

648 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

wie in der Flora einen Austausch zwischen den Organismen de* arktischen Gebietes und der südlicheren Gebirge, sowie zwischen einzelnen Gebirgen selbst möglich machte. Die alpine Fauna i^t ein Überrest einer einst auch in der Ebene verbreiteten Tierwelt und die Betraclitungen, die wir den Glazialpflanzen gewidmet hab^L (S. 628), gelten im allgemeinen auch hier.

Nur einige w^enige Beispiele aus der Säugetierwelt der Alpen mögen hier angeführt werden.' Der veränderliche oder Schneehase unseres Hochgebirges kehrt im Norden der alten Welt wieder; seine Heimat erstreckt sich hier von Irland und Schottland über Skandi- navien, Rußland und Sibirien bis Kamtschatka. Das alpine Murmel- tier, das in den Diluvialablagerungen von Mitteleuropa fossil ge- funden wird, hat nahe Verwandte in Sibirien, und ebenso findet die Schneemaus ihren Vertreter in der nordasiatischen Wurzelmaus. Der Steinbock, der freilich jetzt nur noch in wenigen Teilen der Alpen erhalten ist, ist sehr nahe dem pyrenäischen, kaukasischen und sibirischen Steinbocke verwandt, mit denen er in Bezug auf Lebensweise vollkommen übereinstimmt; andere Arten dieser Unter- gattung bewohnen auch die Sierra Nevada, die höchsten Felsregionen von Abessinien und die Gebirgsgegenden von Mittelägypten, Syrien und der Sinaihalbinsel. Nicht vergessen dürfen nvir endlich des elegantesten unter den alpinen Tieren, der Gemse, die in allen höheren Gebirgen von den Pyrenäen bis zum Kaukasus vorkommt und uns den Lehrsatz von der Vermischung verschiedener Gebirgs- faunen in der Eiszeit noch besser illustriert, als der Steinbock, da genau dieselbe Art in all den genannten Gebirgen wiederkehrt

Periodizität im Tierleben. Die Abhängigkeit des Tierlebens vom Klima zeigt sich auch, ähnlich wie bei den Pflanzen, in seiner jähr- lichen Periode. In den höheren Breiten, wo der Gegensatz zwischen der kalten und warmen Jahreszeit schärfer hervortritt, ist der Winter auch in der Tienvelt die tote Saison. Die Mehrzahl der Vögel ist in wärmere Gegenden abgezogen, viele Säugetiere, Insekten, Mol- lusken u. s. Yi. fallen in den Winterschlaf, zahlreiche niedere Tiere sterben ab, nachdem sie ihre Eier, die im nächsten Frühjahre sich entwickeln, gelegt haben. Die Ursache der winterlichen Elrstarrung und des Wandems mag wohl in zahlreichen Fällen ebenso der Mangel an Nahrung, wie die Kälte sein; und Nahrungssorgen dürften wohl hauptsächlich die nordischen Tiere, wie den Bisamochsen und den Lemming, zwingen, scharenweise ihre Heimat zu verlassen, in die sie beim Eintritte der milderen Jahreszeit wieder zurückkehren. Dagegen ist der zeitweilige Kälteschlaf einiger tropischen Tiere, wie mancher Schlangen und Eidechsen, jedenfalls nur klimatisch bedingt.

Die Lebensbedingungen der Tierwelt. 649

ebenso wie die Wanderungen einiger bengalischen Affen oder der Elefanten in Tenasserim oder der Rentiere, die in der heißen Zeit in die höheren Gebirgsregionen sich zurückziehen. In der warmen Zone beschränkt die gleichmäßigere Temperatur (mit Ausnahme der wenigen oben aufgezählter Fälle) das Tierleben ebensowenig vs^ie das Pflanzenleben, wohl aber äußert sich der Einfluß der Trocken- zeit in ähnlicher Weise, wie der des Winters in unseren Gegenden. Daß die Einwirkung auf den tierischen Organismus in beiden Fällen die gleiche ist, beweist schon der umstand, daß der aus fremden Ländern zu uns gebrachte Siebenschläfer, der in seiner Heimat zur Zeit der trockenen Hitze sein aktives Leben unterbricht, in der nordischen Fremde in den Winterschlaf verfallt. Aber die Beispiele einer Einschränkung der Lebensthätigkeit durch die jährliche Eegen- periode der Tropen sind in den höheren Tierklassen doch nur selten, und selbst von niederen Tieren findet man das ganze Jahr hindurch Eier, Larven und geschlechtsreife Individuen zu gleicher Zeit. Anderseits hat man aber auch häufig die Beobachtung gemacht, daß die Zahl der Larven beim Beginne der Regenzeit sich erheblich steigert, und man weiß auch, daß viele tropische Insekten in der trockenen Periode sterben. In den Mittelmeerländem verfallen die Landschnecken während der regenlosen Sommerzeit in einen Ruhe- zustand und unterbrechen auch ihr Wachstum; ja in der Sahara führen sie ein aktives Leben überhaupt nur in der Nacht oder am frühen Morgen, wenn Tau den Boden befeuchtet.

Beziehimgen der Tiere zu einander. Neben der Einwirkung der toten Natur und der Pflanzenwelt auf das Tierleben ist allerdings noch ein anderes Moment zu beachten: die Beziehungen der einzelnen Tiere zu einander. Hier stehen wir aber schon knapp an der Grenze des rein zoologischen Forschungsgebietes, die wir im Interesse unserer Wissenschaft nicht überschreiten werden. Zudem sind diese Beziehungen so komplizierter Natur, daß es schwer fällt, bei ihrer Beurteilung jeden Irrtum auszuschließen. Wir können uns an einem geographisch wichtigen Beispiele davon überzeugen. Der Stich der von Südafrika bis Senaar verbreiteten Tsetsefliege ist nach den Berichten zahlreicher Reisender für Ochsen, Pferde, Kamele und Hunde absolut tötlich, während er für den Menschen und alle wilden Tiere und ebenso für die Kälber, solange sie saugen, unschädlich ist. Dieser unscheinbare Zweiflügler schließt demnach aus seinem Ver- breitungsbezirke die Viehzucht aus. Er erscliwert auch in liohem Grade die Fortschritte der Forschungsreisenden, die durch ihn genötigt sind, die unzuverlässigen Eingebornen als Träger zu ver- wenden; und da dies außerdem sehr kostspielig ist, so hat man

650 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

mehrfach den Versuch gemacht, indische Elefanten einzuführen und als Lasttiere zu verwenden. Aber der Einfluß der Tseis^r- fliege auf unsere Haustiere ist noch keineswegs sichergestellt; schon Erskine zog ihn in Zweifel, und Mabno faßt, gestützt auf eine mehrjährige Erfahrung, seine Ansicht in folgenden Worten Zii- sammen: „Gewisse Gegenden Afrikas bieten, manche das ganze Jahr hindurch, andere im Charif (Regenzeit), den nicht einheimischen Haustieren nicht die zum Gedeihen nötigen klimatischen Bedingungen. Sie erliegen dann massenweise seuchenähnlichen Erscheinungen, wäh- rend ihr Untergang von den Eingeborenen der Tsetse oder Surreta. unter welchen Namen sie aber eine größere Artenzahl Fliegen ver- einen, zugeschrieben wird, welche in der That jedoch nur als eiL. vielleicht sogar untergeordneter Faktor der Erscheinung angeseheij werden muß."**

Litteratur nachweise. * Th. Fdchs, Die pelagische Flora und Fauna, in den Verhandlungen der Wiener Geologischen Reichsanstalt 1882. * Berirh' von K. Brandt in den Verhandlungen der Berliner Gesellschaft f. Erdkunde. 1^> ^ S 515. ' Sempee, Die natürlichen Existenzbedingungen der Tiere, Leipzig 1880. * Wallac'e, Die Tropenwelt, Braunschweig 1879. * Torelu l*h^T die physikalische Geographie der arktischen Region, in Petermanns Mitteilungen 1861. Historiscb-geographisch-statistisches Gemälde der Schweiz, Bd. VII, 1846. ^ Heller, Die Verbreitung der Tierwelt im Tiroler Hochgebirjre, iL den Sitzungsberichten d. Wiener Akademie d. Wissenschaften, Math.-naturvis*. Klasse, Bd. LXXXIII, 1. Abteil. (1881) und Bd. LXXXVI, 1. Abteil. (1862*. - * Petermanns Mitteilungen 1873, Ö. 249.

Die Entwicklung* der Faunenreiche. ^

(Vgl. Tafel XX.)

Bei allen Versuchen, die Oberfläche des Landes nach faunistischen Eigentümlichkeiten in Reiche und Provinzen, oder wie Wallace sie nennt, in Regionen und ünterregionen zu zerlegen, haben die Säuge- tiere .und Vögel in erster Linie Berücksichtigung gefunden. Die>e Tierklassen drängen sich zuerst dem Beobachter auf und sind daher auch am besten gekannt. Der tiergeographische Wert der Säuger beruht aber auch darauf, daß sie in ihrer Verbreitung vielmehr durch orographische als durch klimatische Schranken gehindert werden, sich also gerade umgekehrt verhalten wie die Pflanzen. Verände- rungen in der Verteilung von Wasser und Land kommen man mag sagen, was man will in der Säugerfauna am besten zum Aus- drucke. Aber nur bis zum Anfange der Tertiärzeit zurück, d. h. bis zu jener Epoche, deren Schichten die ersten unzweifelhaften Überreste von placentalen Säugetieren enthalten. Will man früheren Ver- änderungen nachspüren, so muß man sich an andere Tierklassen halten.

Die Entwicklung der Faunenreiche. 651

und nach v. Iheeing* sind die Süßwasserbewohner dazu am tang- lichsten. Es ist zu erwarten, daß fortgesetzte Studien auf dem Gebiete det Mikrofauna wichtige Beiträge zur Geschichte der Erd- oberfläche liefern werden, aber zur Stunde ist die Verarbeitung des massenhaften Materials von diesem Gesichtspunkte aus noch nicht ^o weit gediehen, als daß wir mehr als nur gelegentlich darauf zurückgreifen könnten.

Die australische Gruppe. Das Säugetier erscheint in reichlicher Fülle zum ersten Male in der unteren Triasformation; das wenige, was die mesozoischen Systeme uns liefern, besteht nur aus Zähnen und Knochenresten von Beuteltieren. Mit Beginn der Tertiärzeit treten in Europa und Nordamerika schon die placentalen Säuger auf, die Vorfahren unserer Eaub- und Huftiere, die Insektenfresser und Halbaffen. Die Beutlerfauna tritt dieser Schöpfung gegenüber immer mehr zurück, und verschwindet seit dem mittleren Miocän völlig von dem Boden Europas und Nordamerikas.

Wir mußten diese Erinnerungen wachrufen, um die ganze Eigen- art der australischen Säugetierfauna klar zu machen. Bis zur Ankunft des Europäers, also bis vor 100 Jahren, hat sie ihr mesozoisches Gepräge fast unverändert bewahrt. Das Beuteltier ist der echt australische Typus; von den sieben Familien desselben kommen sechs nur in- Australien und eine nur in Amerika vor; 24 Gattungen der ersteren sind nur auf das australische Festland ])eschränkt und nur neun verbreiten sich über die nördlichen Inseln. '-'3 aller australischen Säugetiere sind Beutler, und da unter ihnen sowohl Raubtiere als Insektenfresser und Nagetiere vorkommen, so «^rfüUen sie alle jene Aufgaben im Haushalte der Natur, die sonst i*il)erall verschiedenen Säugetierordnungen zufallen. Fast noch merk- würdiger ist das Schnabeltier, das nur in Australien vorkommt. Obwohl es noch nirgends im fossilen Zustande gefunden wurde, ist ♦^s jedenfalls ein Typus von sehr hohem Alter, denn es nimmt eine eigentümliche Mittelstellung zwischen der Vogel- und Säugetierklasse *än. Wir müssen daraus schließen, daß Australien schon im frühesten Tertiär den Zusammenhang mit der alten Welt verlor. Von den Placentalien, die hier im Laufe der Zeit zur alleinigen Herrschaft gelangten, verirrten sich außer Fledermäusen, die an Verbreitungs- tUhigkeit nahezu mit den Vögeln wetteifern, und Ratten und Mäusen, die sehr wohl mit dem Menschen eingewandert sein können, nur noch zwei nach dem abgeschiedenen Australien. Der Dingo ist nicht ein verwilderter Haushund, wie man früher meinte, sondern kommt schon in den diluvialen Ablagerungen mit ausgestorbenen Beutlem vor, und ebendaselbst entdeckte de Vis vor wenigen Jahren

652 Die geographische Verbreitung der Pflanzen iind Tiere.

auch Zähne einer dem südamerikanischen Pekari yerwandten Schweins- art, die sich aher nicht bis in die Gegenwart erhalten hat'

In der australischen Vogelwelt fehlen auch einige, sonst aUjje- mein verbreitete Familien, wie die Finken, Spechte, Geier und Fasanen, und andere, die in Ostindien besonders reich entwickelt sind. Daflir sind manche Familien nur auf das australische S^iil beschränkt oder tiberschreiten nur in wenigen Arten seine Grenzen, wie die Paradiesvögel, Honigsauger, Leierschwänze, StrauchvögeL Kakadus, Grassittiche, pinselzüngigen Papageien, Großfußhühner und Casuare. Besonders charakteristisch sind die Honigsauger, die durch das ganze Reich verbreitet sind. Die Papageien und Tauben erreichec hier den Höhepunkt ihrer Entwicklung, sowohl in Bezug auf ArteL- zahl, wie auch auf Schönheit der Formen und Farbenpracht Nament- hch ist die große Menge von Tauben ebenso lehrreich, wie die der Beuteltiere, denn beide verdanken ihre ungestörte Entwicklung nci der Abwesenheit der gefährlichen Feinde und der jüngeren Lebewelt des benachbarten Festlandes.

Im malaischen Archipel verbreitet sich die australische FauLa bis zu der schon wiederholt genannten WALLACE-Linie, aber in die Grenzbezirke sind schon einige indische Säugetierfamilien einge- drungen. Neuguinea hat nach Pascoe eine Käferfauna von ent- schieden indischem Ursprünge, die von der australischen wesentlieli verschieden ist. Jene Organismen also, die sich leichter, namentlicli mit Hilfe der Luftströmungen verbreiten können, stammen vom Westen, und diese neuen Einwanderungen haben die ursprünglicbe Lebewelt zum Teil verdrängt. In der Vogelfauna, die sich auf Neu- guinea durch eine größere Anzahl von prächtig gefärbten Arten. al< irgendwo anders, auszeichnet, überwiegt das australische, d. h. da^ alte Element schon bedeutend, und in der Säugetierfauna herrsch: es ausschießlich. Diese Abstufung ist außerordentlich lehrreich: wir sind hier Zeugen eines Prozesses, der, wie wir sehen werden, in Südamerika schon weiter gediehen ist und in Afrika zu einer völligen Umgestaltung der Tierwelt geführt hat

In Neuseeland wie im übrigen Polynesien fehlen Säugetiere gänzlich; die Vogelfauna besitzt mehr australische als indische Ele- mente, und aus diesem Grunde wies Wallace die Südseeinseln seinem australischen Reiche zu. Die niedere Tierwelt bewahrt aber Er- innerungen an eine längstvergangene Zeit Schon lange ist es auf- gefallen, daß die Amphibien, Süßwasserfische und Insekten Austra- liens in so innigen Beziehungen zu denen Südamerikas stehen, und in jüngster Zeit hat das Studium der geographischen Verbreitung der Flußmuscheln zu überraschenden Ergebnissen geführt^ die, wenn

Die Entwicklang der Faunenreiche. 653

sie auch noch keineswegs gesichert sind, doch eine weite Perspektive «^röflhen. Die Ansicht v. Ihebings^ ist in Kürze folgende. Süd- amerika, von Nordamerika vöUig getrennt, hestand bis zur Oligocän- zeit aus zwei von einander unabhängigen Teilen, von denen der eine, Archiplata, Chile, Argentinien, Uruguay und Südbrasilien, der andere, Archiguayana, Venezuela und Guyana umfaßte. Archiplata waj aber selbst nur ein Teil eines großen Festlandes, das über Neu- seeland uud Polynesien nach Australien reichte. Dieser Zusammen- hang muß sich aber schon in der mesozoischen Periode aufgelöst liaben. Von allen Landgebieten der Erde gewann Polynesien am frühesten insulare Selbständigkeit, zu einer Zeit, als noch nicht einmal Beutler die Erde bevölkerten; und dieser Thatsache geben wir Ausdruck, indem wir es als ein eigenes Faunenreich in die austra- lische Gruppe stellen. Der Charakterzug dieses Reiches ist freilich mehr negativer als positiver Art, aber das ist im Grunde genommen ja auch der Charakter der austraUschen Festlandsfauna.

Südamerika. Die Trennung Südamerikas vom nördlichen Fest- lande wird uns durch die merkwürdige Säugetierfauna der altter- tiären Santa .Cruz-Schichten von Argentien vollauf bestätigt. Sie besteht aus Beutlem und Zahnarmen; von den noch lebenden placen- talen Ordnungen sind nur die Nager, die unparzehigen Huftiere und die breitnasigen Affen vertreten. Gerade das, was damals den Faunen der nördlichen Festländer ihr charakteristisches Gepräge verlieh: die Halbaffen, Fledermäuse, Raubtiere, Insektenfresser, par- zehigen Huftiere, fehlt in den Santa Cruz-Schichten völlig. Genau dieselbe Zusammensetzung zeigt die Säugetierfauna der obermio- cänen Patagonischen Formation; erst im Pliocän vollzieht sich der Zusammenschluß von Nord- und Südamerika, und nun beginnt sofort die faunistische Vermischung. Schon in der Araukanischen Forma- tion Südamerikas erscheinen nordische Typen und in den vielleicht etwas jüngeren Equus- und Megalonyx-Schichten Zentral- und Nord- amerikas treten zum ersten Male südliche Einwanderer auf. In Zentralamerika und den mexicanischen Küstenländern haben sie den Sieg davongetragen, so daß Wallace diese Länder zum süd- amerikanischen Reiche rechnen durfte.

Anders in Südamerika selbst. Wie durch die spanisch-portu- giesische Eroberung dem alten Volkstum nur einige neue Elemente liinzugefugt wurden , ohne es vernichten zu können , so verhält es sich auch im Bereiche der Säugetierwelt Noch lebt hier die Beutelratte ; und wenn die Zahnarmen auch schon im Diluvium den Höhepunkt ihrer Entwicklung überschritten haben, so sind sie doch immer noch in ansehnlicher Weise durch die FamiUen der Ameisen-

654 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

baren, Faul- und Gürteltiere vertreten. Die Affen der neuen uihl der alten Welt sind noch immer streng voneinander geschieden, keine einzige Familie ist ihnen gemeinsam. Die Nager nehmen zwar überall mit Ausnahme von Australien in Bezug auf Artenzahl den ersten Rang unter den Landsäugern ein, aber Südamerika > hierin doch allen anderen Kontinenten voraus. Das trifft sogar in der kosmopolitischen Familie der Satten und Mäuse zu- Die Hnf- pfötler, die größte Form dieser Ordnung, die BaumstachelschwtiLt und Chinchillas sind ausschließlich amerikanisch, und die StraucL- ratten und Borstenferkel kommen sonst nur sporadisch vor. Dagegen sind die fremden Typen zu keiner hervorragenden Bedeutung gelauir. ausgenommen die Fledermäuse, von denen die Blattnasen wo/.. der berühmte blutsaugende Vampyr gehört sogar nur auf Amehkä beschränkt sind. Am auffallendsten ist das Fehlen der großen On''- nung der Insektenfresser, denn die Familie der Borstenigel komni: nur in Westindien vor, und die Spitzmaus betritt eben erst da< Reich im Norden. Von den Dickhäutern fehlen die Elefanten, <Ia- gegen hat sich der Tapir, ein uralter Typus, der nur noch im malaischen Archipel wiederkehrt, hier erhalten, und das kosm«:»- politische Schwein w^ird durch die schwanzlose ünterfamilie ihr Pekari ersetzt. Von den Wiederkäuern ist nur noch die Hirscii- gattung allgemein verbreitet, da die Antilopen ebenso, wie die Ein- hufer ausgestorben sind; und die Raubtiere stehen denen der allen Welt nicht nur an Artenreichtum, sondern auch an Größe uu^ Kraft nach. Der Jaguar und Puma sind nur schwächliche Vertreter des asiatischen Tigers und afrikanischen Löwen.

Unendlich reich ist die südamerikanische Vogelwelt; in jed<^r Ordnung der Landvögel mit Ausnahme der Kurzflügler übertrifft der westKche Südkontinent an. absoluter Artenzahl Afrika und Ostindien, und nur in Bezug auf die Papageien und Tauben steht er Australiei. nach. Im brasilianischen Schopf huhn besitzt er wahrscheinlich d( l letzten lebenden Repräsentanten einer ausgestorbenen Ordnung. Noch mannigfaltiger ist die Insektenfauna mit einem unerschöpfhchen Reichtum an schönen Formen; und es ist bezeichnend, daß seilet in dieser Tierklasse, die doch über so viele Verbreitungsmittel ver- fügt, der Endemismus stark ausgeprägt ist.

Wie in der Flora Südamerikas, so finden wir auch in der Fauna den Gegensatz zwischen dem trockenen andinen Westen und den. feuchten Osten wieder, und das andine Faunengebiet erstreckt sicL ebenfalls über die außertropischen Niederungen des Ostens. Hier fehlen die Affen, dagegen besitzt dieses Gebiet die Chinchillas mal die wichtigen Auchenien, die Vertreter des osthemisphärischeB

Die Entwicklung der Faunenreiche. 655

Kamels, zu denen die einzigen Haustiere von Südamerika (Lama lind Alpaka) gehören. Die Insektenfauna enthält P]lemente der nördlichen gemäßigten Zone, die wahrscheinlich längs der Andes ein- gt^wandert sind. Im großen und ganzen ist aber die Tierwelt in Süd- amerika sehr gleichförmig, trotz der verschiedenen Klimate und der großen meridionalen Ausdehnung. Waren also w^irklich einmal, wie wir oben als Ansicht v. Iherings mitteilten, Archiguayana und Archi- ]>lata einst getrennt, so ist jedenfalls eine weitgehende Faunenver- mischung eingetreten. Nur in Westindien hat sich möghcher- weise der Charakter der archiguayanischen Fauna noch erhalten. Das ist allerdings nicht zu beweisen, da wir von der letzteren keine fossilen Überreste besitzen. Aber merkwürdig genug ist die Fauna der Großen und Kleinen Antillen, namentlich die Säugetierfauna. So charakteristische Typen der archiplatischen Welt, wie die Beutler, Zahnarmen und Breitnasen fehlen hier völlig, desgleichen auch die nordischen Einwanderer, die Raub- und Huftiere. Das erklärt sich vielleicht daraus, daß die Abtrennung der Antillen früher erfolgte, als die Vereinigung der beiden hypothetischen Hauptstücke Südamerikas untereinander und mit Nordamerika. Ist dies richtig, dann ist viel- leicht auch der Borstenigel, der außer in Westindien nur noch in Madagaskar vorkommt, als ein Überbleibsel der archiguayanischen Fauna aufzufassen, denn auch andere Momente weisen auf eine alte Landverbindung zwischen Archiguayana und Afrika hin. v. Ihering betrachtet St Helena als den letzten Pfeiler der atlantischen Brücke. Afrika» Daß auf der südlichen Halbkugel die Verteilung von Wasser und Land einst eine andere war, ist geologisch nur für den afrikanisch-indischen Kontinent erwiesen. Wir könnten hoffen, hier ähnlichen faunistischen Verhältnissen zu begegnen, wie in Süd- amerika, und doch sind sie gänzlich verschiedener Art. Zudem wissen wir über die ältere Säugetierfauna Afrikas so gut wie nichts. Nur die Karruschichten bergen Reste der ältesten Beutlerformen (Allotherien), die in der älteren mesozoischen Zeit über die ganze Erde verbreitet gewesen zu sein scheinen; tertiäre Säuger sind gänz- lich unbekannt Es bleibt also nichts übrig, als aus der heutigen Fauna die Vorgeschichte Afrikas zu rekonstruieren.

Wir haben dabei zu beachten, daß der Landzusammenhang mit Dekan sich spätestens in der Tertiäri)eriode gelöst hat, daß aber Afrika durch die Wüstentafel, die ja wie wir schon auf S. 432 betont haben einst ein günstiges Klima besaß, mit der alten Welt in bequeme Verbindung trat Wir legen weniger Gewicht auf die Land- brücken von Gibraltar und zwischen Sicilien und Tunis, als auf den Zusammenschluß im Osten, der wahrscheinlich erst in der jüngsten

656 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

Tertiärzeit durch den Einbruch des Eoten Meeres gestört wurde. Für die Zuwanderung nordischer und orientalischer Organismen lagen also hier die Verhältnisse viel günstiger, als in Südamerika, und in der That: Flora und Fauna Afrikas zeigen in gleicher Wei?e ein durchaus altweltliches Gepräge. Wir wissen nicht einmal ob jene eigenartigen afrikanischen Familien, wie der insektenfiressende Goldmull und der hyänenähnliche Erdwolf, die nur in Südafrika leben, oder der Klippschliefer, eine Art Mittelglied zwischen Nagern und Dickhäutern, oder das Erdferkel, eine Familie der Zahnarmen, das nur noch das südliche und östliche Afrika bewohnt^ ob diese Tierformen, sage ich, Reste einer altafrikanischen Fauna oder Ab- kömmlinge von Einwanderern sind, die sich nur hier erhalten haben. Ist doch das Erdferkel auch in den obermiocänen Pikermischichten Griechenlands gefunden worden. Die einst weite Verbreitung der GirajBFen und Flußpferde über die alte Welt ist sichergestellt; auch diese Familien, die sich in der heutigen Säugetierschöpfung recht altmodisch ausnehmen, sind jetzt nur auf Afrika beschränkt.

Die Einwanderung erfolgte etappenweise. Als Madagaskar (vgl. S. 556) sich von Afrika trennte, war die Säugetierwelt noch eine recht ärmliche. Halbaffen, die im nordischen Ek>cän vorkommen, bilden den hervorragendsten Bestandteil der madagassischen Fauna ; die anderen Ordnungen, die fast ausschließlich auf den Landweg angewiesen sini sind nur durch wenige Familien vertreten. Erst spätere Einwande- rungen brachten die großen Typen, die jetzt in Afrika vorherrschen, aber auf Madagaskar fehlen, die Affen, die Löwen, Leoparden and Hyänen, die Einhufer (Zebra und Verwandte), die Elefant-en. Nas- hörner und Flußpferde, die Giraffen, Gazellen und Büffel. Dagegen vermissen wir die Bären und Maulwürfe, das Kamel (das in der Sahara erst vom Menschen eingeführt wurde), die Hirsche, Ziegen und Schafe, den wilden Ochsen (Bos) und das wüde Schwein (Susi: Tiergruppen, die in der alten Welt sonst überall verbreitet sind, fehlen hier also vollständig. Die Artenarmut, die die afrikanische Flora charakterisiert, zeigt sich auch in der im Vergleiche zum Areal geringen Artenzahl der Säugetiere sowohl, wie der YögeL

Die Florenprovinzen kann man in der Tierverbreitung recht gut wiedererkennen. Vier Säugetier-, eine Vogel-, acht Reptilien- und drei Amphibienfamilien, die im äquatorialen Westen vorkommen, fehlen im übrigen tropischen Afrika, und dieses hat wieder sechs Säugetier- und drei Vogelfamilien vor dem Westen voraus. Den Urwald Guineas bewohnen die großen menschenähnlichen Affen, der Gorilla und Scliimpanse, und diese, sowie das Zwergmoschustier Hyomoschus und einige Schlangen weisen auf Ostindien hin. Zvei

Die fintwicklung der Faunenreiche. 657

Schlangengattungen zeigen Beziehungen zu Südamerika, wie solche a.uch im Pflanzenreiche unverkennbar zu Tage treten.

Der tropische Osten und Süden zeichnet sich dagegen durch eine auffallende Gleichförmigkeit in Vegetation und Tierwelt aus; nur das abessinische Hochland und die Urwälder von Mozambique machen davon eine Ausnahme. Die Savanen sind die wahre Heimat der großen Huftiere und das ergiebigste Jagdgebiet des Löwen.

Den außertropischen Süden kennzeichnet auch faunistisch ein stark ausgeprägter Endemismus, sowohl unter den Säugetieren, wie Skuch in der Insektenwelt Es ist ein Anklang an die so merk- würdige Kapüora.

Indisches Beich. Wenn wir die Abkömmlinge der höheren Tierklassen der europäischen Tertiärzeit am vollständigsten beisammen finden wollen, so müssen wir nach Ostindien gehen. Dieses Tropen- reich besitzt relativ die meisten Säugetiere und Landvögel, und es unterliegt keinem Zweifel, daß es diesen Reichtum seiner dauernden Verbindung mit der großen asiatisch-europäischen Festlandsmasse, der Greburtsstätte der meisten modernen Tierformen, verdankt. In seiner Säugetierfauna dürfte als der eigentümlichste Charakterzug die be- deutende Menge von Raubtieren anzusehen sein; denn wenn auch in Afrika nahezu gleichviel Arten vorkommen, wie in Ostindien, so beträgt doch die mittlere Artendichtigkeit (auf die Mill. qkm berechnet) hier 10 und dort nicht ganz 4. Seine Vogelwelt ist in allen Ord- nungen mit Ausnahme der hier fehlenden Kurzflügler mai^nigfaltiger, als die afrikanische, und mit Ausnahme der Spechte und Papageien übertrifft sie auch die südamerikanische. Aber nicht alle Teile Ostindiens sind in gleicher Weise ausgezeichnet. Allen voran steht das hinterindische Gebiet, das sich bis nach Südcliina hinein erstreckt; und dies kann uns nicht überraschen, wenn wir bedenken, daß Südchina ein Teil des Festlandsrumpfes und Hinterindien eine abge- gliederte Halbinsel ist. Die Fauna des Südabhanges des Himalaja bis ca. 3000 m Höhe, wo das aussertropische Reich beginnt, ge- hört ebenso, wie seine Flora, zum hinterindischen Gebiete, während die Tierwelt der hindustanischen Ebene und der angrenzenden Pla- teaulandschaften von Dekan, ebenso wie die Flora, noch vielfach an Afrika erinnert. Manche altertümliche Züge weist die Fauna des südlichen Dekan und Ceylons auf; Formen kehren hier wieder, die nur noch im Himalaja und auf den malaischen Inseln gefunden werden, und besonders die Insekten zeigen verwandtschaftliche Be- ziehungen zum östlichen Archipel. Auf diesem letzteren hat endlich die Isolierung vom Festlande und die Auflösung in Inseln der Fauna

SDPA17, Physische Erdkunde. 2. Aufl. 42

658 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

ein eigentümliches Gepräge verliehen, wovon wir bereits zu sprechen Gelegenheit hatten.

Die mittleren und höheren Breiten der HordhalbkngeL In Ost- asien und im Mittelmeergebiete einschließlich Vorderasiens hat sich zwar das Klima seit dem Tertiär beträchtlich verändert, aber keine Eiszeit in unserem nordischen Sinne 'hat die Entwicklung der orgii- nischen Welt völlig unterbrochen. Einige tropische Formen konnten sich daher in der Tier- wie in der Pflanzenwelt erhalten. Zu den mediterranen Ausläufern der warmen Zone gehören eine kleine AfFengattung, Macacus, welche Nordafrika und den Felsen von Gib- raltar bewohnt, mehrere Fledermausgeschlechter, einige Antiloj)en- gattungen, darunter die Gazelle, die sich von Nordafrika bis Iran verbreitet, das Stachelschwein in Südeuropa und Palästina, die Zibeth- katze (Genette), die in Südeuropa, Nordafrika und Palästina gefunden wird, und mehrere Raubtiere, wie die Hyäne, der Löwe, Leopard, Serval und Gepard, die Nordafrika und zum Teil auch das mediterrane Asien durchstreifen. Weniger bekannt sind die Vögel doch weiß man, daß sie in Palästina und Persien einen entschieden außertropischen Charakter tragen. Im ostasiatischen Übei^ngs- gebiete treffen wir neben einer osttibetanischen Affenart, die ein dicker Pelz gegen die Kälte ihrer Heimat schützt, wieder den Macacus. der bis Japan hinauf geht, die Zibethkatze und das Stachelschwein an, femer die ostindische Wiederkäuergattung Nemorhedus und das ebenfalls ostindische Flughömchen. Die chinesisch-japanische Vogel- fauna, für die die Fasanen charakteristisch sind, unterscheidet sich von der mediterranen durch ihr vorwiegend tropisches (ostindisches) Gepräge, und ebenso sind die japanischen ReptiUen und Käfer stark mit Elementen der warmen Zone gemischt In der neuen Welt ist die califo mische Fauna durch einige tropische Elemente ausge- zeichnet, wie durch die Blattnasen und Hundskopf-Fledermause, durch mehrere südamerikanische Vogelgattungen und eine Python- schlange.

Im mittleren und westlichen Europa können wir an der Hand der paläontologischen Zeugnisse die allmähUche Umgestaltung des Klimas genau verfolgen. In der jungmiocänen Zeit war es noch tropisch, in der pliocänen gUch es schon dem gegenwärtigen, und doch war die Tierwelt viel reicher, als heutzutage. Viele Gattungen haben sich seitdem nach Indien und Afrika zurückgezogen. Selbst die vorglazialen Schichten enthalten noch Überreste von Elefanten, Gazellen und Antilopen. Die Eiszeit hat einen großen Teil dieser Fauna vernichtet und der Einwanderung nordischer Arten, vielleicht vom nordöstlichen Asien her, freies Feld geschaffen. In der Aus-

Die Entwicklung der Faunenreiche. 659

l>ildiing verschiedener Vegetationsformationen innerhalb der borealen Gebiete war ebenfalls ein Anlaß zur Entwicklung faunistischer Pro- vinzen geboten. So werden die Steppen und Wüsten des mittleren -A^siens durch zahlreiche Huftiere charakterisiert, von denen mehrere, >w-ie das Pferd, das zweibuckelige Kamel, der Jak, das Moschustier xind ein paar Antilopengattungen hier ihre Heimat haben, während die Nadelwaldzone durch Pelztiere, Rentiere und andere nordische formen ausgezeichnet ist Gewaltig sind endlich die Veränderungen, die der Mensch durch Ausrottung, Züchtung und durch die Um- j^cestaltung der Vegetation hervorgerufen hat. Daß er mit den großen Dickhäutern, dem Mammut und dem wollhaarigen Rhinozeros, sowie mit mehreren ausgestorbenen Raubtieren, wie dem Höhlenbären, Höhlen- t.iger (fälschlich Höhlenlöwe genannt), Höhlenwolf und der Höhlen- liyäne, in Europa zusammenlebte, ist durch mehrfache Funde sicher- gestellt; aber ihr völliger Untergang erfolgte schon zu einer Zeit, von der uns keine schriftliche Nachricht Kunde giebt. Viel später erlagen die großen Wiederkäuer, die noch im Nibelungenliede genannt werden: der Wisent (Bison), der Ur oder Auerochs, der Stammvater unseres zahmen Rindes, und der Scheich oder Riesenhirsch. Der Bisonstier kommt nur noch in einem Distrikte des Kaukasus und im Bialo- witzer Walde (russisches Gouvernement Grodno), .hier aber nur im gehegten Zustand vor. Der Ur lebte in Frankreich noch im 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, im Harz noch im 7., in Böhmen noch im 14. und in Polen noch im 16. Jahrhundert; die Aus- rottung schritt also mit der Kultur von Westen nach Osten fort Das Rentier bewohnte einst ganz Mittel- und Westeuropa, wurde aber aus Frankreich schon in vorgeschichtlicher Zeit verdrängt, während es in Deutschland noch zur Zeit Cäsars lebte und in Nord- schottland noch im 12. Jahrhundert gejagt wurde. Jetzt ist es in Skandinavien über den 60. Parallel zurückgedrängt, in Asien geht aber seine Aquatorialgrenze viel tiefer herab und erreicht an der Ostseite der alten und im Westen der neuen Welt 46^ B. Das Elen, das noch zur Zeit der sächsischen Kaiser die deutschen Wälder bewohnte, ist daraus verschwunden und kommt mit Ausnahme einiger preußischen Forste, wo es gehegt wird, nur noch in Skandinavien vor. Die Hasen, Hirsche, Rehe, Wildschweine und Gemsen ver- mindern sich zusehends; der Steinbock, früher im ganzen Alpen- gebirge zu Hause, findet sich jetzt nur noch am Monterosa. Not- wendig war der Vertilgungskrieg gegen die Raubtiere, von denen der Wolf, Luchs und Bär aus Mittel- und Westeuropa zum größten Teil verschwunden sind. Der Löwe, der noch zur Zeit der Perser- kriege über ganz Griechenland bis nach Thracien sich verbreitete,

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660 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

ist jetzt aus Europa gänzlich verwiesen. Im dicht bevölkerten China finden die Raubtiere selbstverständlich auch keinen Platz mehr. In Nordasien und in Nordamerika vermindern sich die Pelztiere stetig, und auch der nordamerikanische Bison, der manchmal in Herden von 20000 Individuen die Prärien durchstreifte, hat sich schon aus vielen Gegenden zurückgezogen.

Von größter Wichtigkeit ist die Thatsache, daß die höheren Faunen Nordamerikas und Eurasiens^ viel weiter von- einander abweichen, als ihre Floren. Ein einheitliches nor- disches Faunenreich selbst nur in der Ausdehnung des Detoe- schen Florenreiches, ist von keinem Tiergeographen mit Aus- nahme Heilpbins anerkannt worden. In ihren Typen sind allerdin^ beide Faunen gemeinsamer Abstammung, ja in der untereocänen Säugetierfauna ist überhaupt kein Gegensatz bemerkbar. Nord- amerika und Eurasien müssen damals in enger Landverbindong mit- einander gestanden haben. Aber schon im obem Eocän beginnt die Differenzierung, wenn auch in der Miocänzeit gelegenüicla Einwanderungen aus der alten in die neue Welt stattgefunden haben mögen.

In beiden nördlichen Reichen werden die einzelnen Ordnun^^n der Landsäugetiere durch folgende allgemein verbreitete Familien vertreten: die Flattertiere durch die echten Fledermäuse, die In- sektenfresser durch die Maulwürfe und Spitzmäuse, die Eaubtierf durch die Katzen (deren hervorragendster Repräsentant der Lach* mit verschiedenen Arten in beiden Hemisphären ist), die Wölfe und Füchse, die Wiesel und ihre Verwandten und die Bären; die Hnt- tiere durch die Schweine, Hirsche und hohlhörnigen Wiederkäuer, die Nagetiere endlich durch die Ratten und Mäuse, Springmäuse, Biber, Eichhörnchen und Hasen.

Innerhalb dieser Familien besteht ein auffallender Gegensatz zwischen Nordamerika und der alten Welt in Bezug auf die liohl- h()migen Wiederkäuer. Nordamerika besitzt davon nur 5, die alte Welt aber 52 Arten, also mehr als irgend ein anderes Reich mit Ausnahme des tropischen Afrikas. 32 Arten entfallen auf das Ga- zellen- und Ziegengeschlecht, von denen das erstere in Nordamerika ganz fehlt, und das letztere nur durch eine einzige Art vertreten ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die größere Ausdehnung der Steppen Eurasiens die ICntwicklung dieser Familien hauptsächlich

^ Europa und Asien werden jetzt liäufig als Eurasien zusammengefaßt: ein Ausdruck, den Viele abgeschmackt finden, der aber, weil die Gegner nicbts besseres vorschlagen, alle Aussicht hat, sicli einzubürgern.

Die Entwicklung der Faunenreiche. 661

förderte. Sonst ist Eurasien noch durch eine bedeutend größere Anzahl von Fledermäusen, Maulwürfen, Katzen, Hirschen und Spring- mäusen ausgezeichet; dafür besitzt Nordamerika beträchtlich mehr Spitzmäuse, Canidae und Eichhörnchen.

Dazu kommen noch einige charakteristische Familien, die nur in je einem der beiden Reiche allgemeiner verbreitet sind. So in Nordamerika die Taschenratten und die auch in Südamerika vor- kommenden Waschbären und Baumstachelschweine. Dagegen fehlen hier die Hufeisennasen, der Igel, die Maulwurfsratten und der Siebenschläfer, endlich auch die Pferde und Kamele, die aber noch in den jüngsten Tertiärablagerungen gefunden werden. Ja es ist sogar wahrscheinlich, daß der Kameltypus in der neuen Welt seinen Ursprung nahm.

Es sei hier nur noch erwähnt, daß wir in der Klasse der Landvögel ähnlichen Gegensätzen begegnen. Die in beiden Reichen allgemeiner verbreiteten Familien zählen mit Ausnahme der Schlüpfer und Kukuke in der alten Welt mehr Arten, als in der neuen; be- sonders auffallend ist dieser Unterschied in der Gruppe der Sänger, von denen Eurasien 126, Nordamerika aber nur 10 Arten besitzt, und in der der Lerchen, wo sich das Verhältnis wie 23:1 stellt.

Überblickt man den Faunenbestand in den zwei höchsten Klassen (mit Ausschluß der Wat- und Schwimmvögel),^ so erhält man als Kesultat, daß in beiden Reichen die gemeinsamen Familien überwiegen, während die gemeinsamen Gattungen erheb- lich zurücktreten, und dieß ist um so überraschender, als in der Pflanzenwelt Nordamerikas und Europas die gleichen Gattungen in der Regel nur durch verschiedene Arten vertreten sind.

Der Widerspruch zwischen den Ergebnissen der Pflanzen- und Tiergeographie löst sich zwar nicht ganz, wird aber gemildert durch

X Nach den Tabellen von Wallace:

Familien Gattungen Land- Land- Land- Land- säuger Vögel Säuger vögel

1.

Gemeinsame Fauna . . .

17

26

27

54

2.

Nur in Eurasien

13

13

62

123

davon a) endemisch ....

34

52

b) auch in den Tropen

der alten Welt . .

13

13

28

71

3.

Nur in Nordamerika . . .

6

8

34

114

davon a) endemisch ....

2

1

22

46

b) auch in den Tropen

der neuen Welt . .

4

7

12

6a

662 Die geographische Verbreitung der Pflanzen and Tiere,

die Beobachtung, daß in beiden Reichen das gemeinsame Element gegenüber dem endemischen und tropischen immer mehr in diu Vordergrund tritt, je mehr wir uns dem Pole nähern. Es ist aller- dings richtig, daß in Canada noch einige echt amerikanische Säag*^- tiere bis an die Ufer der Hudsonbai und bis in das nördüchi* Labrador vordringen, und daß auch südamerikanische Vögel, wie die Stelzen, der Königswürger und der Kolibri diese Gregenden !••- suchen; aber man darf auf diese Thatsache kein allzugroßes G*-- wicht legen, denn sie hängt mit der Beweglichkeit der Tiere im Gegensatze zu den an den Boden gefesselten Pflanzen zusammen, weshalb die Flora unter allen Umständen einen gleichförmigeren Charakter besitzt, als die Fauna. Um so beachtenswerter ist e> aber, daß von den streng arktischen Tieren 3 Säugetierge^chlechter (Fjällfras, Lemming und Rentier) und 2 Säugetierarten (Eisbär unil Polarfuchs), 3 Gattungen Landvögel und 6 Gattungen Wasservöirel eine circumpolare Verbreitung haben. In Torells Kaüdog der arktischen Vögel finden sich unter 159 Arten 69 (also 43 Prozent), die in Amerika und in Europa vorkommen. Die mitgeteilt<^n Zalderi imponieren allerdings nicht durch ihre Größe, aber man muß sie in Vergleich setzen mit der Dürftigkeit der arktischen Tierwelt, um ihre Bedeutung würdigen zu lernen. Für die Abtrennung eines arktischen Faunengebietes, die wir schon in der ersten Auflagi- dieses Werkes lebhaft empfohlen hatten, sind in der Folge auch Zoologen, wie Braueb*, Reichenow* und Möbiüs® eingetreten. Die Südgrenze ist durch die Baumgrenze gegeben; hier erfahren die Lebensbedingungen der Tiere eine völlige Veränderung, und in der That reichen auch nur bis hierher die Lemminge, während sich d:4> Verbreitungsgebiet des Rens noch weit in die Waldzone hinein- erstreckt. Aber nicht allein in der Circumpolarität der meisten Tiere liegt die Berechtigung zur Aufstellung eines arktischen Reiches, sondern auch wie Brauer treffend bemerkte darin, daß einerseits die Polartiere zum Charakter des Landes gehören, anderseits ihr Charakter sich aus dem des Landes erklären läßt

Fannengmppen und -reiche. Die Einteilung der Erde in 5 „Faunenregionen*', welche Sclater im Jahre 1857 auf Grund der Vögelverbreitung vorschlagen hat, wurde von Wallace auch für die Verteilung der Säugetiere als durchaus zutreffend befunden und gelanjrte dadurch zu hohem Ansehen. Wallace teilte seine „Regionen" weiter in „Subregionen", anderseits faßte auch er schon die Regionen nach ihren verwandtschaftlichen Beziehungen in Einheiten höherer Ord- nung zusammen. Zittel hat diesen Gedanken noch schärfer aus- gesprochen und kennt nur drei Säugetierreiche. Wir nennen sie, um

Die Entwicklung der Faunenreiche. 663

w^enigstens eüie gewisse äußere Gleichartigkeit mit der von uns adop- tierten Floreneinteilung zu erzielen, Gruppen, und teilen sie in Reiche; die letzteren können wieder in Provinzen aufgelöst werden, wofür sich Anhaltspunkte in unsem bisherigen Ausführungen ergeben. Die heutige Säugetierwelt und im Großen und Ganzen gilt dies auch von den übrigen höheren Tierklassen geht von drei Zentren aus: der Arktogäa, der nördlichen Halbkugel, Süd- amerika und Australien. Die arktogäische Fauna verbreitet sich nicht nur über alle Nordkontinente, sondern auch über Afrika. Diese Wanderung und die Unterbrechung der nordischen Entwick- lung durch die Eiszeit sind die beiden großen Ereignisse, die die tiergeographischen Verhältnisse der Gegenwart, wenigstens soweit es die höheren Formen betrifft, bedingen. Wir können darnach eine förmliche Altersreihe der Faunenreiche entwerfen:

Gruppe Arktogäa.

1. Diis arktische Reich \ ^ ^ av a

2. Das altboreale Reich } ' t?

3. Das neuboreale Reich J

4. Das indische Reich mit den Abkömmlingen der Tertiär- fauna ohne starke Beimischung nordischer Formen;

5. Das afrikanische Reich südlich der Wüste, mit mangel- hafter arktogäischer Tertiärfauna und einigen sonst aus- gestorbenen Formen;

6. Das madagassische Reich mit ärmlicher arktogäischer Zu- wandcnmg und alten Typen.

Südamerikanische Gruppe.

7. Südamerikanisches Reich, eine alte Fauna mit spärlicher arktogäischer Beimischung.

Australische Gruppe.

8. Australien mit einer Säugetierfauna von wesentlich meso- zoischem Charakter.

9. Polynesien ohne Säugetiere.

Die Differenzierung von Norden nach Süden, die die Floren- verbreitung beherrscht, finden wir auch in den tiergeographischen Erscheinungen wieder: erst ein circumpolares Reich, dann ver- schiedene Reiche, aber zu derselben Gruppe gehörig; endlich ver- schiedene Gruppen. Der Endemismus der südhemisphärischen Länder ist doppelt so groß, als der der nordhemisphärischen; altertümliche Tierformen, die als Zeugen einer längstentschwundenen Vergangen-

664 Die geographische Verbreitung der Pflanzen und Tiere.

heit in unsere Zeit hineinragen, finden wir mit wenigen Aasnahmen nur jenseits des Äquators. So die Ordnungen der Schnabeltiere, Beutler und Zahnarmen, die breitnasigen Affen und die meisten Halbaffen, den Borstenigel, den GroldmuU, den Erdwolf, das Borsten- ferkel, das Schopfhuhn, die merkwürdige Hatteria punctata Neusee- lands, die Eigentümlichkeiten der Eidechsen, Krokodile und Vögel in sich vereinigt, u. s. w. Nur auf die Südkontinente beschränkt sind auc!i die großen Laufvögel, die im Eocän auch Europa und in der Miocänzeit noch Vorderindien bewohnten, und deren Vorkommen anf eine lange Abwesenheit großer Raubtiere deutet In Afirika be- wohnt der Strauß nur die nördliche Wüste, wo er von Feinden weniger gefährdet ist; sein nächster Verwandter ist der südameiika- nische Nandu. Australien hat den Emu und gemeinsam mit den papuanischen Inseln die Casuare, und Neuseeland den KiwL Auf der letzteren Insel wohnten noch zwei andere Familien gigantischer Laufvögel, von denen die letzten wohl erst vom Menschen ausge- rottet wurden. Auch die Riesenvögel Madagaskars dürften erst in der geologischen Gegenwart ausgestorben sein.

So spiegeln sich in der organischen Welt die beiden großen geographischen Gegensätze wieder: die alte und neue Welt die Nord- und Südkontinente. Und überall begegnen wir auch hier im positiven, aber mehr noch im negativen Sinne den Spuren der Eiszeit, und nur in den beglückteren südlicheren Ländern finden wir noch Reste einstiger Tropenfülle.

Litteraturnachweise. * Willace, Die geographische Verbreitung der Tiere, Dresden 1876. Heilpbik, The geographica! and geological Distribution of Animals, New York 1887. Zittel, Rückblick über die geologische Ent- wicklung, Herkunft und Verbreitung der Säugetiere; in den Sitzungsberichten der bayerischen Akademie der Wissenschaften 1893. Marshall, Atlas der Tierverbreitung, Gotha 1887, in Bergbaus* Physikalischem Atlas. * Iheeik«. Die alten Beziehungen zwischen Neuseeland und Südamerika, im „Ausland'' 1891; Die Paläo-Geographie Südamerikas, ebendaselbst 1893. * Jack und ErHERiDQE, cit S. 298. * Brauer, Die arktische Subregion, in den Geo- logischen Jahrbüchern 1887. * Reichenow, Die Begrenzung geographischer Regionen vom omithologischen Standpunkt, ebendas. 1887. Möeius, Die Tiergebiete der Erde, Berlin 1891.

Register.

Die Autorennamen sind gesperrt gedruckt * bei der Seitenzahl bedeutet, daß auf der betreuenden Seite eine Litteraturnotlz sich findet.

Aachener Quelle 868.

Aachqnelle 524.

Aare 526.

Abaco, Gezeiten 234.

Abdachnngsthäler 4Q0.

xVbdfimmnngsstofen 395.

Abessinien, Grewitter 189, Morphologie 314, 457, Ambas 454, Waldgrenze 604, Flora 628, Fauna 657.

Abfloß der Seen 542.

Abflußlose Gebiete 522, 523.

Abgegliederte Halbinseln 549.

Abgliederungsinseln 559.

Abieh 141, 543.

Ablation 341.

Ablenkung horizontal sich bewegender Körper 17.

Abplattung der Erde 5.

AbraMon 341, 418, 486.

Abrasionsterminante 420.

Abschließnngsküsten 583.

Abschmelzung der Gletscher 162.

Absolute Feuchtigkeit 116.

Absolutes spezif. Gewicht des Meer- wassers 217.

Absteigende Quellen 864.

Abukir, See v., 426.

Abweichung der Temperatur 86.

Abyschkansee 544.

Abyssische Region 85.

Achenflee 533.

Ackerberge 494.

Adamello, Schneegrenze 149.

Adda 515, 545.

Aden, Golf v., 314.

..Adlergmnd*' (Schiff) 248.

Adobe 414.

Adriatisches Meer 191, 193, 200, 238.

A^rophile, Ballon 55.

Afar 814.

Äfften 645, 649, 654, 664.

Affenbrotbaum 599.

Afrika, höchste Breite 25, Grenzen 28, Areal 30, Oberfläche 32, Höhe 36, 39, Temperatur 66, 67, 68, 70, 71, 81, Luftdruck u. Winde 106, Regen 128, 129, 135, Regenwahrscheinlich- keit 131, Klimaprovinzen 174, Graben- gebiet 314ff., Vulkane 310, 311, 314, Erdbeben334, Laterit352, Deltas 406, Bodenarten 428, 429, Mor- phologie 443, 491, Flüsse 521, 527, Wasserscheiden 522, Abfluß- lose Gebiete 522, 523, Abdach- ungen 523, Depressionen 537, Seen 542, Halbinsehi 549, Küsten 575, Küs- tenabstand 587, Küstenentwickelung 587, Fahnen 595, 596, Urwald 609, Palmenwftlder 610, Savanen 612, 613, Steppen u. Wüsten 617, 618, Busch- land 620, yegetationsformationen620, Flora 622, Nahrungsgewächse 639, Verbindung mit Südamerika 655,

.. Fauna 655 f., 663.

Ägäisches Meer 193, 200, 813, 553, Küsten 558.

Agassizsee 545.

Agaven 600, 617, 632.

Agh Sibyr 320.

Ägina 813.

Agi-amer Erdbeben 325, 328.

Agulhasströmung 246.

Ägypten 31, Wüstenwinde 115.

Ahorn 611.

Ainthal, Veränd. d. Aussichtsweite 296.

Airy 235, Formel 224.

Akaba, Golf v., 314.

Akanthus 624.

666

Register

Akazien 610, 611, 620.

Akiz-See 533.

Akmolinsk, Verdunstung u. Kegen 544.

Aktische Region 85.

Alakui 544.

Alaschan, Regen 124, Waldgrenze 617.

Alaska, Vulkane 311, Waldgrenze 601.

Alatau, Waldgrenze 604.

Albaner Gebirge 313.

Albanien, Bora 113.

Albano 367.

Albert Edward-See 315.

Albert-See 315.

AlbuenQord 582.

Aldabra 556.

Aletsehgletscher 153, 167, Pflanzen 606.

Alenten 553.

Alexandrien, Regen 127.

Algen 546, 547.

Algier, Föhn 115, Regen 136, Küste 577.

Algonquinsee 545.

Alibertberg, Temperatur 59.

AUeghanies 83, Föhn 115, Beziehung zum Vorland 478, Alter u. Höhe 484, Bau 485, Geschichte 487, Durch- gangsthftler 512.

Aller 525.

Allier 526.

Alligator 645.

Allothorien 655.

Alluvium 20, 182, 183, 842, 428, 430, 432.

Aloe 591, 598, 632.

Alpaka 655.

Alpeinerferner 164.

Alpen, Schweremessungen 13, Unter- schied zwischen Sonnen- und Schat- tentemperatur 58, Föhn 114, Regen 123, 124, 125, 138, Hagel 141, Schnee- grenze 149, Gletscher 152ff., 156, 166, angebliche Klimaänderung 188, Vulkane 313, Erdbeben 334, höchste kalte Quelle 367, Klammen 387, Thalbildung 392, Moränenlandschaf- ten 430, Betrag des Zusammenschu- bes 466, Bau 465, 468, 470 f., Fal- tungsperioden 473, Richtung 474, Ab- grenzung 475, 476, Einteilung 476, Beziehung zum Vorland 477, Gipfel- höhe 483, Längsthäler 507, Gliede- rung 511, Durchgangsthäler 511 f., ThjJ Wasserscheiden 516 f., Verhältnis zur europ. Hauptwasserscheide 523, Seen 536, 540, Flora 590, 628, Vege- tationsgrenzen 604, Getreidegrenze 635, Fauna 647, (s. weiter Ostalpen, Schweiz).

Alpensystem 32, 475.

Alpen-Windröschen 590.

Alpine Flora 628.

Gletscher 151, 166. Pflanzenregion 606. Tiere 647. Waldgrenze 605.

Altai 635.

Altdorf, Temperatur 114.

Alte Floren 628.

Altenigord, Strandlinien 284.

Altertum der Erde 19.

Alte Welt s. Ostfeste.

Altstätten, tägl. Wärmeschwauknng 80.

Alttertiär 20. , Alvordthal 460. I Altwasser 376. j Aluta (Alt) 508, 512, 515.

Amazonas, Gezeitengrenze 238, Wa&^r- I menge 373, Mündungsform 403, 407. ' System 525, Größe 527, Barre 5H5.

Amazonasebene, Regen 128, 135, Strand- verschiebung 293, Bodenarten 430, Bau 448, Vegetation 596, 608, 609.

Ambas 454.

Ameisen 644, Humusbildung 346.

Ameisenbär 653.

Amerika, höchste Breite 25, Zweiteilunji 27, Oberflächenformen 32, Tempera- tur 66, 67, 73, 87, Temperaturab- weichung 87, Regen Wahrscheinlich- keit 131, Schneegrenze 148, Tropen- gletscher 166, Klimaprovinzen 175, Vulkane 311, Erdbeben 335, Deltas 406, Wasserscheiden 522, Küste 574, 575, Küstenabstand 587, Vegetations- formationen 620, Flora 621, 625, Nahrungspflanzen 638, 639.

Amerikanische Cy klone 108.

Amerikanisches Mittelmeer 192, Areal und Tiefe 193, Bodenrelief 200, Ge- schichte 206, Strömungen 243, Fluß- gebiet 523.

Amiens, Schwelle 499.

Ammoniakgehalt der Luft 42.

Amphibien 643, 645, Verbreitungsmittel 558.

Amsterdam-Insel, Flora 602, 626.

Amu 528.

Amur 374, 408, 525.

Amuri, Erdbeben 337.

Amurland, Savanen 614.

Amur-Liman- Strömung 247.

Anakonda 645.

Ananasgewächse 608.

Ancylus fluviatilis, Schichten d. 286.

Andalusien, Erdbeben 337.

Andalusisches Gebirge, Vulkane 313. Bau 474, 477, 480.

Andamanen 571.

Andamanisches Meer 192, 193.

Register.

667

Andes, Wärmeabnahme 56, Schnee- grenze 148, Gletscher 169, höchste kalte Quelle 367, Hochflächen 445, Gipfel 483, Wasserscheide 523, See- zone 540, Pflanzenregionen 603, Walderenze 604, 605, waldloser Teil 616, äpineFlora 630, Getreidegren- zen 635, 636.

.^desit 299.

Androsace lactea 590.

Andrassow 542, 548*.

Anemone alplna 590.

Aneroid 440.

Angara 374.

Angefügte Ebenen 448, 449.

Angegliederte Halbinseln 549, 550.

Angot 62*.

Angra Pequena, Gezeiten 234.

.\jiio 515.

Ankogel, schneefreies Gebiet 145.

S. Anna- Atoll 569.

Anoa depressicomis 557.

Anomale Wasserscheide 511, 512.

Anschwemmung des Meeres 423 fi^.

Antarktische Provinz 34.

Antarktisches Hochdruckgebiet 91, 93. Meer s. südl. Eismeer.

Plateau 197.

Windgebiet 106, 107.

Antarktische Waldgrenze 602.

Antecedenztheorie 513.

Antholzer See 532.

Anticyklonen 94.

Antiklinale 463.

Antiklinalkamm 464.

AntikUnalthal 464, 507, 508.

Antilibanon, Rarstphänomen 363.

Antillen 32, 552, 553, Vulkane 314, Fauna 655.

Antillenströmung 243, 244.

Antilopen 658, 659.

S. Antioco 426.

Antipassat 101.

Antipodeninsel 25.

Antisana, Temperatur 57, lel. Feuchtig- keit 118.

S. Anton, Begen 125.

Anziehungskraft von Sonne u, Mond 17.

Äolische Ablagerungen 410 ffi, 428, 430,

.. 432, 433.

Äolische Ausräumungsbecken 534, 535.

Äolischer Felsboden 427, 428, 432.

Apenninen 30, 475, 476, Vulkane 313. Erdbeben 334, Bau 478, 480, Ge- treidegrenze 635.

Aphel 45.

Aphroessa 305, 505.

Appalachen 83.

Apsidenlinie 46.

Apuanische Alpen 480.

Äquatoriale Gegenströme 246, 251.

Äquatoriale Pflanzenwelt 592-

Äquatorialer Regengürtel 128.

Äquatoriales Barometerminimum 91,

.. 102, 107.

Äquatorialhalbmesser 5.

Äquatorialklima 81, 82, 83.

Äquatorialseite der Cjklonen 96.

Äquatorialströmungen 242, 246, 251, 257.

Arabien 31, 550, Winde 105, 116, Regen 127, Vulkane 314, Bau 443, Tafelberge 454, Wüste und Steppe 410, 617.

Arabischer Meerbusen 191.

Aradsch-Oase 537.

Arago 139.

Aral-kaspisches Tiefland, tägl. Wärme- schwankung 79, Regen 126, 136, Klimaprovinz 174, Bodenbewegungeii 297, Dünen 412, Bau 448, Seen 542, 544, Pflanzenwelt 617, 623.

Aralsee 448, 536, 543.

Aräometer 213.

Axapahoe Peak 497.

Aras 530.

Araukanische Formation, Fauna 653.

Araukarien 600, 610, 622.

Arbroath, Riffreihe 420.

Archäisches Zeitalter (Formations- gruppe) 19.

Archiguayana 653.

Archipel 552.

Archiplata 653.

Arcona 416.

Ardennen 494.

Arecapalme 597.

Aretin 351.

Argastoli, Quelle 358.

Argäus 313.

S. Argentario 426.

Argentinische Ebene s. Pampas.

Argonnenwald 455.

Arica, Bucht v. 29, Erdbeben 197, 225.

Arkansas, Canon 388.

Arktische Inseln 558, 581.

Arktische Pflanzenzone 602, 623.

Arktische Provinz 34, Niederschläge 123, Klima 175, Küste 575.

Arktischer Archipel von Nordamerika 552, 558.

Arktisches Hochdruckgebiet 91, 93.

Arktisches Meer s. nördl. Eismeer.

Arktische Tierwelt 645, 662, 663.

Arktische Waldgrenze 601.

Arktogäa 663.

Arlberg, Regen Verteilung 125.

Armenien 30, Vulkane 313, Getreide- grenzen 636.

Armorikanisches Gebirge 490.

668

Register.

Arongewächse 598, 608.

Aronswurzel 637.

Artesische Bronnen 365.

Artischokendistel 682.

Arondarien 599.

Asa Gray 611.

Asale 587.

Asar 430.

Ascension 552, tägl. W&rmeschwan- kung 81, Regen 132, Flora 571, 596.

Aschenkegel 809.

Asien, höchste Breite 25, Areal SO, Ober- flftchenform 30, Höhe 36, 39, Tempera- tur 68» 69, 70, tägl. Wärmeschwankung 7«, Luftdruck und Winde 103 f., 107 ff.. Regen 125, 131, 180, Glet- scher 167 f., Klimaprovinzen 174, Vulkane 310, Erdbeben 334, Boden- arten 428, Abdachungsgebiete 523, Abflußlose Gebiete 522, 523, Wasser- scheiden 522, Flüsse 527, Halbinseln 549, Küste 574f., Küstenabstand 587, Palmen 596, Grenze der immer- grünen Bäume 600, sommergrüne Laubbäume 600, Vegetationsforma- tionen 620, Flora 622, Getreidegrenze 634, Zentren von Nahrungspnanzen ' 639, Fauna 657, 659, 660 tT, 663. i

Asowsches Meer, Eisbildung 268.

Aspiration spsychrometer 54.

Assai 597.

Assalsee 537.

Assmann 54.

Astrachan, Verdunstung u. Regen 126, 544.

Astragalus 591.

Ästuarien 407.

Astuariumshäfen 585.

Asymmetrische Faltengebirge 470, 494.

Asymmetrische Thäler 386.

Atacama, Regen 128, Vegetation 618.

Athabaskasee 485.

Atlantischer Küstentypus 575.

Atlantischer Ozean 25, 26, Areal 27, 193, Tiefe 39, 193, 197, Lufttem- peratur 65, Windgeschwindigkeit 89, Luftdruck und Wind 102 ff., 108, Regen 125, 127, 128, 130, 133, Bodenrelief 195, 198, Bodenbedeck- ung 202 ff., Alter 206, Sabsgehalt 214, Farbe 218, Wellen 221, 222, Gezeiten 233 ff., 239, Strömungen 242 ff., 251, Oberflächentemperatur 252, 256, 257, Tiefentemperatur 255, 262 ff., 267, Zuganesdimensionen 264, Vulkane 310, Flußgebiet 523, Inseln 570.

Atlantischer Torf 182.

Atlantische Welt 34.

Atlas 30, Regen 127, Vulkane 313,

Erdbeben 334, Richtung 476, Be- ziehung zum Vorland 477 , Flora 630.

Atmosphäre s. Luft

Ätna 304, 307, 334, 502, Erdbeben 384, Kraterweite 501, G^treidegrenze 635.

Atoll 564.

Aubry 457, 463*.

Auchenien 654.

Auckland, Vulkane 502.

Aucklandinsel 559.

Auerberg 493.

Auerochs 659.

Aufgelöste Flexurgebirge 498 f.

Aufgesetzte Ebenen 443, 449, 491.

Aufschließungsküsten 583.

Aufechüttungsbecken 531, 532 f., 535.

Aufschüttungsboden 428, 429, 432.

Aufschüttungshäfen 583.

Aufsteigende Luftstrome 52.

Aufsteigende Quellen 365.

Auftriebwasser 253 ff.

Ausfüllungsdelta 404.

AusfuUungsterrassen 390.

Ausgeglichene Küste 577, 578, 583.

Ausräumungsbecken 534, 535.

Anßenküste 575.

Äußere Zone 64, im Januar 68, im Juli 70.

Aussichtsweite, Veränderungen 296.

Australalpen 491, 492.

Austral-asiatisches Mittelmeer 192, 193, Areal und Tiefe 198, Bodenrelief 200, Sabsgehalt 216, Strömungen 241, Tiefentemperatur 267.

Austräte Florenzone 625 f., 628.

Australgolf 29.

Australien, höchste Breite 25, Grenzen 27, Oberflächenform 32, Höbe 36, 39, Temperatur 66, 68, 70, Wärme- Schwankung 79, Luftdruck u. Winde 105 f., Wüstenwinde 116, Regen 12S. 129, 135, Hagel 141, Klimaprovinzen 174, 175, NiveauveränderuDgen 290, 291, Flüsse 373, 527, Bodenarten 428, 429, 431, Bau 443, 453, 495, Ab- flußloses Gebiet 522, 523, Wasser- scheiden u. Abdachungen 528, Binnen- seen 542, 545, Halbinsebi 549, Küste 575, Küfltenabstand 587, Flora 594, 622, 625, 626, 632, Pabnen 595, 596, Eukaljptenwälder 611, Steppen u. Wüsten 616, 618, Skrub 619, Vege- tationsformationen 620, Fauna 651, 663.

Australische Flachsee 199.

Australisches Riff 564.

Australmonsun 105.

Auvergne 504.

Avoca 530.

Register.

669

Avon 530. Äye-Aye 656. Azoren 572, 573, 624.

Babimsa alfarus 557.

Backerinsel, Regen 132.

Baden-Baden 368.

Bad land erosiun 454.

T. Baer 528, 529, 543, 641.

Baersches Gresetz 529.

Baffinbai 191.

Bagdad, Regen 127.

Bagn^res'de-Luchon 368.

Uagn&reö-di-Bigonre 368.

Bahia, Gezeiten 234.

Bahr el Ghasal 543.

Baikalsee 536, 537, 538.

Baku, Schlammsprudel 320, 321.

Balkan 30, Vulkane 313, Bau 475,

Einteilung 477, DurchgaDgsthal 512,

Völkerscheide 519. Balkanhalbinsel 549, 551, 553. Balkaschsee 544. Ball 606. Ballah, Seen 28. Ballonfahrten 54 f. Baltische Länder, Temperaturabwei-

chung 87. Baltische Seenplatte 447, 522. Bambus 598, 599. Bananen 597. Banatergebirge 512. Bandainseln 557. Bandaisan 804, 308. Bsndlicht 49. Bandstruktur der Gletscher 158, der

Bergabhänge 349. Banyanen 598. Barabasteppe 615. Barbadoes 568. Barchane 412. BSren 656, 659, 660. Bärensee 485.

Barentsee, Tiefentemperatur 266. Bamanl, Regenschwankungen 180. Barometerschwankungen 109. Barometrische Höhenmessung 440. Barometrisches Maximum 94. Barometrisches Minimum 94. Barral-Bixio 55. Barranco 502. Barren 200, 403, 585. Barren Valley 460. Barriereriff 564. Barth 79. BaiysphSre 7. Basalt 299, 319.

Basel, jfthrl. Wärmeschwankung 83. Basische Eruptivgesteine 299. Batate 637.

Batavia, tägl. Wärmeschwankuug 81.

Bates 645.

Batholithen 506.

Bätisches Gebirge s. andalusisch. Geb.

Bauemgraben 359.

Baumann 315, 322*, 525.

Baumfam 591, 598.

Baumgrenze s. Waldgrenze.

Baumstachelschwein 654, 661.

Baumwolle 637.

Bayrische Hochebene Klima 112.

Bayrischer Wald 629.

de Beaumont 484.

V. Bebber 42*, 77*.

Becker, G. H., 13*.

Beelfoot Lake 534.

Beerensträucher, Zone der, 637.

Behr 619.

Beifußgewächse 617.

Bekaä 314.

Belcher 563.

Beleuchtungszonen 46.

Belgien, Wald 631.

Belize, tägl. Wärmeschwankung 80.

Bell 496*.

Beil-Rock 417.

Belutschistan, Erdbeben 332.

BeneS «, 7*.

Bengalen, vertikale Wärmeabnahme

56, 57, 60, Regen 126, Erdbeben 337. Bengalen, Meerbusen v. 191. Benguela, Gezeiten 234. Benguelastrom 246, 253. Ben Nevis, Temperaturabnahme 56. Benthos 203. Berendt 160, 530. Beresow, Sommertemperatur 636. Berg 436.

Bergfeuchtigkeit 354. Berg haus, Heinrich 585. Berghaus, Herrn., 206*, 278*, 500,

524, 636, 639*. Bergklima 57 f., 83. Bergkrankheit 42. Bergland 437. Berglauf 520. Bergreis 633. Bergschrund 160. Bergsturz 351.

Bergunthai, Erdpyramiden 351. Berg wind 111. Beringmeer 192, Areal u. Tiefe 193,

Bodenrelief 199, Eisbildung 268.. Beringetraße 25, 26, 198. Berlin, Zahl der heiteren Tage 121,

Grundwasser 355, Mächtigkeit des

Diluviums 447, Seehöhe 447. Berliner Verein f. Luftschiffahrt 54. Bermudas 552, 570, Flora und Fauna

571, 572, 573.

i

670

Register.

Bern, tÄgl. WärmcBchwankung 80. St. Bernhard 59, 80. Bernina 483, 605. Berson 42, 55, 121. Besenstrauch 591. Beßarabische Depressionen 536. Bessel 5, 6. Besteck 241. Bestrahlungsstfti'ke 48. Betelnuß 597. Beutelratten 653. Beuteltiere 651, 658, 664. Bevers 59, 80, 83. Bewölkung 121. V. Bezold, 101*, 141*. Biafogletscher 168. Bialowiteer Wald 659. Biber 660.

Biermann 184, 190*. Bifurcation 524. Billwiller 112. Bimsstein 304. Binnendelta 403. Binnen depressionen 536. Binnenlanddünen 410, 412. Binnenmeere 191, Salzgehalt 216, Ge- zeiten 238. Binodale Wellen 227. Binsen 547. Birke 591, 612. Birkeutuff 182. Birket el Kerun 537. Bisamochs 646, 648. Bischof 9. Biskra 121, 127. Bismarck- Archipel 811. Bison 659, 660. Bitterseen 28, 548. Blaas 401*. Black Hills 499. Blanc 415*, 531*. Blanckenhorn 499*. Blanford 111, 116*, 190, 543. Blatt (geologisch) 272, 275. Blattnasen 654, 658. BlauMs 155.

Blauer Schlick 201. 205. Blink 528, 531*. Block-Insel, Gezeiten 234. Blocklava 803. Bludenz, Eegen 125. Blue Mountains 487. Blümcke 397, 401*. Blunt 617.

Bly tt 181, 182, 186, 187, 190*, 281, 286. Blyttsche Klimaperioden 185. Bocche di Cattaro 583. Bochomo 112. Bodden 576. Bodenarten 345, 427 ff.

Bodeneis 74.

Bodensee 528, 545.

Bodmer 392, 401*.

Bogendünen 412.

Bogenförmige AbrasionskQsten 420.

Bogenförmige Faltengebirge 473.

Bogoslowa 317.

Bogota 189, 604.

V. Boguslawski 206*, 244.

V. Böhm 479*, 540, 548*.

Böhmen, Kegeu 125.

Böhmer Wald 847, 490.

Böhmisches Massiv 474, 490, 491.

Böhmisches Mittelgebirge 313, 504.

Boiumgletscher 170.

Bokkeveld-Berge 484.

Böigen, Strandterrasse 419.

Bolivia 83, 685.

Bolsena, Kratersee 313.

Bomben 299.

Boninströmung 247.

Bonn, Länge des Sekundenpendels 3.

Bonneville-See 184, 296, 545.

Bonvalot 810.

Boothia Felix, Niederschlfige 142.

Bora 113.

Boraxseen 543, 544.

Bore 238.

Boreale Flora 622, 625, 627.

Boreale Wurzelschicht 182.

Borgen 234, 235*, 271.

Borkum 117, 421, 555.

Bornemann 322*.

Bournemouth, Erdpyramiden 351.

Bomeo 557, 605.

Börsch 211.

Borstenferkel 654, 664.

Borstengras 546.

Borstenigel 654, 655, 664.

Böschungen auf dem Meeresboden und

Festland 194, im Gebirge 348 ff. Bosnien 394. Bourbon -Vulkan 303. Bourdaloue 296. Boussinesq 375, 381*. Bozen, Erdpyramiden 851. Bracciano, Kratersee v., 813. Brackebusch 155, 165*. Brackwasser 402.

Brahmaputra 405, Thal 508. i

Branco 299, 313, 322*, 454, 455. Brandis 607. i

Branjdt, K. 650*.

Brandung 223, 4^7. l

Brandweinsbai, Korallenriffe 570. Brasilianisches Sandsteinriff 421. 1

Brasilien, Gebirge 38, 448, 491, Lato- I

rit 352, Strandseen 538, Küste 576.

578, Wald 609, 622, Campos 613, 614. j Brasilstrom 246.

Register.

671

Hrauer 662, 664*.

Brauner Jura 20.

Brauns 295.

Bravais 284, 285.

Breitenlohner 380.

Brenner 517, 519.

Breslau 77, 117.

Brenta-AJpen, Schneegrenze 149.

Bretagne 490, 549, 582.

St Bridesbai 420.

Brienzer See 545.

Bristenstock 349.

Bristolkanal, Flutgröße 238.

Bn tische Inseln, Bewölkung 121, Niveanverfinderungen 288, Küsten 417, 420, 422, Seen 536, Alter und Fauna 554, 555, Wald 631.

Brito, Hafen v., 28.

Brocken 493.

Bromatorische Linien 639.

Bromberg, Seehöhe 447.

Broms, Strandlinie 285.

Bronzitchondrite 16.

Brotbaum 598.

Brown 463*.

Bruchberge 494.

Bruchnetze 273.

Bruchstufen 457, 462.

Bruchzone 27, 208.

Brückner 145, 146, 149*, 177, 181, 190*, 211, 287, 297*, 298*.

Brücknerache Klimaperioden 186, 211,

Bryson 369.

V. Buch 281, 314.

Buchan 77*, 101, 110*, 219% 271*.

Buche 591, 611.

Bachsbaum 600.

Bttchtenlfinder 446, 449.

Budsak 376.

Büffel 656.

Büffelgras 615.

Bugmündung 406.

Buhse 617.

Bakatatanoa 567.

Bum-Bum-Riff 563.

Bunge 617.

Bansen 318, 369, 370.

Buntsandstein 20.

Burträsk, Strandlinie 285.

Burtscheid 367-

Busch 613, 618.

Buschelgras 615.

Büßerschnee 155.

Buxton 644.

Buys-Ballot 72, 77*.

Buys-Ballotsches Gesetz 88.

Cacao 687.

Calabrien 480, 551, Erdbeben 325, 333, 334, 337.

Calamus 597. Calcutta-Hafen 585. Caldera 306, y. Palma 502. Caledonisches Gebirge 491. Caledonischer Kanal 483, 518. Califomien, Klima 175, Erdbeben 330,

Geysire 370, Thal 508, Seen 540,

Halbinsel 549, Vegetation 614, 620,

Flora 624, Fauna 658. Califomien, Golf v., 193. Califomisch - mexicanische Strömung

246, 253. Caltabianco 387. Cambrische Formation 19. Campanula excisa 593. Campbellinsel 559. Campos 613, 614, Regen 128. Canadische Destruktionsfläche 4|5. Canadisches Berufkraut 593. Canadische Seen 485, 536, 545, 581. Canale di Leme 583. Canaren, Wüstenwinde 116, Vulkane

312, Flora u. Fauna 572, 574, 624,631. Candolle 639*. Canidae 661.

Cannes, unterseeische Quelle 358. Canons 388, 451 f. Capoes 614. Caprotinenkalk 363. Capverdesche Inseln 561, Paasatstaub

202. Caracas, Erdbeben 325. Caraudapalme 610. Carolinen 567.

Carpantaria-Golf, Strömungen 241. Casa inglese, Wltrmeschwankung 82. Casiquiare 524. Castilien, Plateaus v. 445. Casuar 664.

Casuarinen 591, 611, 625. Catalonisches Gebirge 512. Catena metallifera 480. S. Catharina, Gezeiten 234. S. Catharina (Prov.) Wald 610. Catingas 614. Cauca 526.

Gausses 363, 364, 491. Caviana 580. Cayenne, Gezeiten 234. Celebes, 320, 557. Celebes-See, Tiefentemperatur 267. Celsius 280. Cenoman 20. Cerealien s. Getreide. Cerro Gordo, Niveau Veränderung 291. Ceylon, vertikale Wärmeabnahme 56,

Regenzeit 135, Fauna 555, 657, Ge-

birgsflora 630. Chalkidike 551. Challenger-Expedition 194, 207*.

672

Register.

Ghamaerops 596.

Champagne 455.

Champlain-Hudsonthal, Winde 112.

Champlainperiode 390.

Champlainsee 586.

Chanar 620.

Chargeh-Oase 184.

Charleston, Erdbeben 326, 329, 330, 337.

Chataminsel 559.

Chatangathal, Waldgrenze 601.

Chaudesaigues 367.

Chavanne 40*.

Chemische Erosion 341.

Chemische Verwitterung 343.

eher 526.

ehester 293, 298*.

Chile, scheinbare vertikale Wärmezu- nahme 60, Regen 129, Schneegrenze 148, Niveau Veränderungen 291, Vul- kaue 311, Erdbeben 335, Seen 536. Waldland 610, 611, Steppen 616, Flora 626, Getreidegrenze 635.

ChilternhQgel 456.

China, Gebirge 32, Luftdruck 108, Re- gen 126, Klimaprovinz 174, Löß 414, 431, 445 f., 452, Bodenarten 429, Tiefland 446, Küste 575, 582, Wald 611, Maquis 620, Flora 624, 631, Fauna 658, 660.

Chiuchillafl 654.

Chistoui 122*.

Chloros 631.

Choffat 468.

Choisy 415*.

Chorigraphische Kurve 586.

Christ 590, 595*, 604, 606, 631.

Christmas Island 568.

St. Christof, Regen 125.

St. Christoph-Insel 314.

Christy 615, 621*.

Churfirsten 349.

Cibinfluß 515.

Cierzo 112.

Circekap 480.

Circumterraner Ozean 26.

Cirkus 509

Cirque de n6ve 509.

„Cirrus**, Ballon 55.

Cirrus wölken 121.

Cissa 293.

Cistrosengewächse 594.

Clarke 5, 6.

Coahuillathal 537.

Cockburninsel 602.

Colorado, Tafelland 33, 451, 454, 458, 498, 504, Regen 128, Canon 388, Fluß 520, Vegetation 606, 617.

Coloradokette 497, 498.

Columbia (Fluß) 407, Lavafeld am C. 311, 443.

Columbia (Staat), Cordillerev.32, wärm- ster Monat 81, Getreidegrenze 635.

Comoren 561, 631.

Comosee 536, 545.

Conception, Regen 129.

Coneyinsel, Land- und Seewinde 111.

Connecticut (Delta) 405.

Conway 167, 168, 173*.

Cook 293, 298*.

Cooper Creek 403.

Copemikanisches Weltsystem 1.

Copiapo, Regen 129.

Cordilleren, Schneegrenze 148, Vulkane 312.

Cornwallis 490, 582.

Coromandel, Regenzeit 135.

Corralgletscher 166.

Corrasion 341.

Corsica, Flora 624.

Corypha umbraculifera 599.

Coseguina 302.

Costa Rica, Getreidegrenze 635.

Cotidal lines 233, 236.

Cotopaxi 302, 303, 304, 500.

Cotswold Hills 456. I Cottonsoil 415.

Courbis 412, 415*.

Cratithal 550.

Credner, H. 22*.

Credner, R. 227, 228*, 403, 4U7. 408*, 535, 537, 548*.

Creeka 373.

Creuse-Vienne 526.

Crkvice, Regen 125.

Croll 2, 6*, 186, 187, 190*.

Cryptoproctidae 556.

Cuddapahformation 22.

Cuneo, Aussichtsweite 296.

Custozza, Hügel 430.

Cviii6 370*.

Cykladen 553, Vulkane 313.

Cyklische Periode der Polarlichter 51, des Klimas 78, 185.

Cykloide 219.

Cyklonen 94, 97.

Cynopithecus nigrescens 557.

Cypressen 601.

Dachsteingebirge 473.

Daciabank 196.

Daemonorops 597.

Dali 198, 247, 601.

Dalmatien, Bora 113, Regen 125, Ni- veauveränderungen 293, unterseeische Quellen 358, Küsten 417, 583, Inseln 553, Waldgrenze 604, 605.

Damaraland 618.

Dammbecken 532, 535.

Dämmerung, 47, 202.

Dammriff 564.

Register.

673

Dampfquellen 367.

Dana 23*, 306, 322*, 508, 506*, 566, 574*, 581.

V. Danckelman 131, 133*, 139, 141*, 441*-

Dänemark, Wald 631.

Danziger Bucht 425.

Darien, Isthmus v. 28.

Darling 373, 526.

Darß 576.

Darwin, Chr. 3, 6*, 294, 345, 353*, 565, 566, 567, 568, 569, 570, 571, 572, 574*, 642.

Darwin, G. 11, 13*.

Dastarjan, See bei 543.

Dattelpalme 597.

Daubree 315, 322, 355, 367, 370*, 390.

Dauphine, Flora 592.

Davis, W. M. 487, 496*.

Davison 346, 353*.

DavoB, Klima 58.

DawBon 496*.

Death Valley 537.

Debreczin, Seen bei, 543.

Deflation 341, 409.

Dehna 617.

Dekan 32, Regen 126, Trappplateau 307, 443, 491, Massiv 491, Halbinsel 550, Flora 622, Fauna 657.

Delaware, Niveau Veränderung 293.

Delebpalme 610.

Delta 403 ff.

Deitaküsten 406.

Demawend 303, 309, 312.

Deniquil, tägl. Wärmeschwankung 79.

Denudation 341, 346.

Denudationsberge 462.

Deuudationsgebiete 346.

Denudationsniveau 342, 483, 484.

Denudationsstufen 454, 462.

Depressionen 536 f.

Derborence, Seen v., 532.

Derby 496*.

Dersch 116*.

Destruktion 340.

Destruktionsfläche 487, 495.

Detrition 341.

Deutschland , Temperaturabw cichung 87, Weinbau 188, Tiefebene 195, 447 , innere Niveauveränderuogen 296, Flüsse 529, Küsten 576 f., 582, Flora 623, 629, Wald 631, Schmetter- lingsfauna 644.

Devon 20, 22.

Dewdarokgletscher 157.

Diagonale Stromzerlegung 384.

Diathermanität der Luft 43.

Diatomeen 640.

Diatomeenschlamm 204.

Sopui, PhjBiflche Erdkunde. 3. Aufl.

Dichte der Erde 7.

Dichte des Meerwassers 213, 260, als Erzeugerin von Strömungen 241, 248.

Dichtigkeitsfläche 210.

Didica 317.

S. Diego, Temperatur 70, Regen 127.

Diener 479*.

Dietrich 196, 207*, 569.

Dikotyle Angiospermen 621.

Diller 322, 481, 496*.

Diluvialterrassen 390.

Diluvium 20, 182, 183, 185.

Dimensionen der Erde 5.

Dingo 651.

Dinklage 202, 207*, 254, 255*.

Dinse 588*.

Diskordante Küste 575, 577, 583.

Dislokationen 14, 272.

Dislokationsbeben 331, 332, 336.

Djorsten, Niveauveränderung 287.

Dnjepr 526.

Dnjestr-Delta 404.

Dobrudscha-Küste 425.

Doering 291.

Dofane 315.

Dogger 20.

DoKutschajew 415*.

Dolinen 360 f., 362, 363.

Dollart 421.

Dölter 292, 561, 574*.

Domeyko 335.

Dommesten, Regen 125.

Donau 520, 521, Eisbedeckung 374, Abtragung 381, Delta 406, Durch- bruchsthäler ' 512, Verbindung mit dem Rhein 524, System 525, 526, Größe 527, Ablenkung 529, Ver- änderung des Gebietes 531.

Donaubecken 444, 445.

Donez, Kohlengebiet am, 442.

Donner 681.

Doppelinseln 552.

Doppelküsten 576.

Doppellauf 521.

Doppelte Randfaltung 478.

Doppelthäler 517.

Dorfersee 523.

Domsträucher 608, 616, 619, 620. I Douffhty 462*.. I Douglastanne 612. ; Dove 71, 72, 86, 88*, 101, 179, 234, I Windtheorie 91, Drehungsgesetz 98.

Downs 499.

Drachenbaum 598, 624.

Drakenberge 457.

Drakensteenbeige 484.

Drammengranit 506.

Drance 514.

Draperien (Tropfstein) 357.

V. Dräsche 480.

43

674

Register.

Drauthal, vertikale Wärmezunahme 59.

Drei Herren-Spitze 511.

Dribbles-conefi 306.

Drude 595*, 596, 610, 622, 627, 632*.

Dryaatuff 182.

V. Drygalflki 156, 219*, 286, 289, 297*, 298*, 401*.

Dschamuna 530.

Dschihan 580.

Dschungel 608.

Dschungelgebüsch 620.

Dubois 184, 190*.

Dumpalme 597, 610.

Düna, Eisbedeckung 374.

Dünen 410, 411 ff.

Dünenwüste 410.

Dunkelmeer 255.

Dunstdruck 11 6, Linien gleichen D. 117.

Dünung 228.

Duppauer Gebirge 313.

Durance 530.

Durchbruchsthftler 511.

Durchgangsmeere 192.

Durchgangsthftler 511 ff.

Durchgreuende Gebirge 479.

Durchgreifende Wasserscheide 511.

Durchlässiger Boden 354.

Durchschnittstemperaturen der Breiten- grade 71, 72, der Zonen etc. 72.

Durrha 634.

Dutton 278*, 306, 322*, 387, 338, 340*, 388, 401*, 463*, 467, 499*.

Dwina 374, 526, 527.

Dyas 20.

£arthquakes 322.

Ebbe 229, 238.

Ebene (Ebenheit) 436, 438, 449.

Ebenmaß von Zerstörung und Fort- schaffung 428.

Ebermajer 190*.

Ebrodelta 403, 404.

Ebrothal 512, Winde 112.

Echo Cliflfe 459.

V. Eckert 531*.

Ecuador, Strandterrasse 419, Wald- grenze 604.

Edentaten 645, 653, 664.

Edmondstone 560.

Egerthal 512.

Eginitis 337.

Ehrenberg 202.

Ehrenburg 587, 588*.

Eiche 591, 594.

Eide 579.

Eichhörnchen 641, 660, 661.

Eidechsen 645.

Eiderdeita 405.

Eifel, Maare 299, Vulkane 310, 815, Bau 494.

Eiffelturm, Temperatur 53, Wind 90.

Einbruchshäfen 583.

Einfache Faltengebirge 467, 494.

Einfache Verwitterung 343.

Einseitig Randfaltnng 478.

Einsturzbeben 331, 336.

Einsturzbecken 534, 535.

Eintagstiden 239.

Eintiefungsbecken 531, 533 ff., 535.

Eis 15.

Eisack 515.

Eisbär 558, 646, 662.

Eisbedeckung der Flüsse 374.

Eisberge 171, 269.

Eisbildung in Süßwasserseen 259, im Salzwasser 260, 269.

Eisboden 427, 428, 432.

Eisbrocken 269.

Eisenbahnen, Einfluß auf die Pflanzen- verbreitung 623.

Eisfelder 269.

EisQord 583.

Eishöhlen 357.

Eismeerbecken 198.

Eismeere 26.

Eispressung 269.

Eisschollen 269.

Eisseen 532.

Eiszeit 183 ff., Einfluß auf die Ober- flächenformen 891, 519, 588, auf die Pflanzenverbreitung 623, 629, auf die Tierverbreitung 643, 647, 658.

Eiszunge 150.

Elbe 525, Gezeitengrenze 238, Eisbe- deckung 874, Sedimentftlhnuig 380, Mündung 405, 406, Veränderungen 530.

Eibsandsteingebirge s. Sächa. Schweiz.

Eibthal 389.

Elburs-Gebirge 312, 398, 616.

Elefanten 648, 650, 656, 658.

Elen 659.

Eifert 122*.

Elis, Bau 482.

Elk Mountains 498.

Ellice-Insehi 567.

Elm, Bergschlipf 352.

Else 524.

Eltonsee 543.

Eluvialboden 428, 429, 432.

Eluvium 842.

Emergenzwinkel 323.

Emmons, H. 292, 298*.

Emmons, S. F. 498, 499*, 516.

Ems 405.

Emser Quelle 368.

Emu 664.

Enaresee, Getreidebau 634.

Endemismus 554, 559.

Endmoränen 162.

Register.

675

Endogene Phänomene 272.

Endverwachsung von Faltengehirgen 476.

Enei^iequellen 14.

Engadin, vertikale Wärmezunahme 59, Berg- und Thalwind 112, Seen 545, Getreidebau 636.

England , Temperaturveränderlichkeit 84, Temperaturabweichuug 87, Winde 103, Eegen 123, 137, Niveauver- änderung 290, Mineralgehalt der Quellen 366, Abtragung 881, Küsten 422, Trennung vom Kontinent 423, Tiefland 456, Schmetterlingsfauna 644.

Engler 559, 593, 595*, 621, 625, 626.

Enns 515.

Ensete-Pisang 599.

Eocän 20.

Eogen 20.

Epigenetische Thäler 400, 514.

Epiphyten 608.

Epizentrum des £rdbebens 323.

Epomeo 313.

Equus-Schichten, Fauna 653.

Erdbahn 43, 45.

Erdbeben 15, 322ff., Bexgstürze 351, Temperaturänderung d. Quellen 368.

Erdbebenbrücken 328.

Krdbebenfluten 225, Berechnung der Meerestiefe 197.

Erdbebengebiete 334.

Erdbebenherd 323, 337.

Erdbebeninseln 328.

Erdbebeninstrumente 324.

Erdbebenperiode 325.

Erdbebenstatistik 338.

Erde, Gestalt 3, Dimensionen 5, Teile 7, mittiere Dichte 7, Geschichte 19, Verhältnis von Wasser u. Land 23, 24, 25.

Erdenluft 41.

Erdferkel 656.

Erdinneres, Temperatur 8, Beschaffen- heit lOf., Gezeiten 17, 240, 339.

Erdkrume 345.

Erdkruste 12, vertikaler Aufbau 34, mittlere Höhe 38.

Erdkunde s. Geographie.

Erdmagnetismus 51.

Erdpyramiden 350.

Erdrotation, Ablenkung 17, der Winde 88, der Flutwelle 236, Erzeu^ng der Meeresströmungen 247, Ablen- kung der Meeresströmungen 251, 264, Schwankungen 281, Ablenkung der Flüsse 528:

Erdwolf 656, 664.

Erebus 484.

Erica cinerea 600,

Eriekanal, Eisbedeckung 374.

Esker 430.

Erle 612.

Erloschene Vulkane 310, 503.

Erosion 341, 377, 381.

Erosionsbasis 384.

Erosionsgebirge 453, 462, 504.

Erosionsspuren 389.

Erosionsterminante 383.

Erskine 650.

Eruption der Vulkane 306 ff, 309.

Eruptionsperiode 303.

Erythräischer Graben 314.

Erzbach 515.

Erzgebirge, Wärmeabnahme 56, Tem- peraturveränderlichkeit 85, Vulkane 313, Bau u. Geschichte 489, 490, 492, Granit 506.

Escher 508.

Essen, Erdbeben 327.

Esthland 396.

Etage (geologisch) 19.

Etewald 609.

Etheridge 298*.

Etmal 241.

Etsch 380, 530.

Etschthal 509.

S. Eufemia-Golf 550.

Eukalypten 591, 599, 611, 625, 632.

Euphorbien 591.

Euphrat 405, 530.

Eurasien 660, Fauna 661.

Eurekagebirge 482.

Euripus-Strömun^en 227.

Europa, höchste Breite 25, Grenzen 29, Areal 30, Oberflächenform 30, Höhen- stufen 36, Mittiere Höhe 39, Tem- peratur 69, Windgeschwindigkeit 89, Gradient 96, Barometrische Minima 97, 98, Luftdruck u. Winde 103, 108f, Bewölkung 121, Regenwahr- scheinlichkeit 131, Gewitter 139, Ha- gel 141, Gletscher 166, 169, Regen- schwankungen 180, Eiszeit 183, Vul- kane 810, 312, Erdbeben 334, Dünen 412, Löß 414, Bodenarten 428, 429, Wasserscheide 522, Abflußloses Ge- biet 522,523, Abdachungsgebiete 523, Flüsse 527, Halbinsebi 549, Küste 575, Küstenentwicklung 585, 586, Küstenabstand 587, Palmen 595, 596, Grenze der immergrünen Gewächse u. sommergrünen Laubbäume 600, Wälder 611, Heide 620, Vegetations- formationen 620, Fora 623, 631, Ge- treidegrenzen 634, Obst 637, Zentren von Nahrungpflanzen 639, Tertiäre Fauna 643, 651, Umgestaltung der Fauna 658, Jetzige Fauna 660 f.

Europäische Gradmessung 5. 43*

676

Register.

Eustatische Niveau Veränderungen 280,

281. Euterpe oleracea 597. Eutroplus 556. Evorsionsbecken 584, 585. Ewiger Schnee 150. Ewiger Schneoberg 169. Exaration 841. Excessives Landklima 82. Exogene Wirkungen 340. Expansionsthorie 276. Exploring Isles 567. Explosionsbccken 534, 535. Explosionsfluten 226. Exzentiizität der Erde 186.

Fächerstruktur 465.

Falb 338.

Falkeninsel 317, 568.

Falklandinseln 555, 602.

Falklandstrom 246, 253, 255.

Falten 463.

Faltengebirge 463 ff., 494, 495.

Faltenland 275, 463, 494.

Faltenschollengebirge 482, 494, 495.

Faltenschollenland 482, 553.

Faltung der Schichten 14, 272, 275.

Faltungsbecken 535.

Faltungsepochen 22.

Faltungsintensität 468.

Faradayhügel 196.

Farben der Tiere 641.

Farne 598, 608.

Färöer 571, 572, 636.

Färöer-Shetlands-Rinne 266.

Fasanen 658.

Fastebene 486.

Faulhom 344, 347.

Faultier 654.

Faunenreiche 650 ff., 662, 663.

Faye 5.

Fayum 538.

Faziesgebiete 431 ff.

Feigenbaum 624.

Feinerdige äolische Ablagerungen 428, 430, 433.

Feldermethode 36.

Fellach, Temperatur 59.

Felsboden 427, 428.

Felsdolinen 360, 362, 363.

Felsengebirge, vertik. Wärmeabuahme ^6, Föhn 115, Gletscher 168, Bau 496 f., 498, Waldgrenze 604, alpine Flora 680, Getreidegrenze 635.

Felsenmeere 347.

Felssturz 351.

Felsterrassen 390, 392.

Ferdinandca 316.

Fermanschacht 8. .

Fernando Po 561.

Fernpaß 519.

Ferrel 91, 92, 93, 101*, 234, 23.5.

Ferro, Gezeiten 234.

Festland s. Kontinente.

Festländische Inseln 552 ff.

Feuchtigkeit der Luft 116.

Feuerland, Waldgrenze 604.

FjäUfras 646, 662.

Fjärde 582.

Fichte 612.

Fidschi-Inseln 552, 559, 566. 622.

Fiederförmige Gliederung 510.

Filhol 559.

Finnland 550, Niveauverändemngcn

286 ff., Moränenlandschaft 430, S^^cd

538, 539, Fjärde 582. Finschhafen, Regen 135. Finsteraarhom, Schneegrenze 144, 146. Finsterwaldcr 62*, 164, 165*, 397,

401*. Fjorde 578, 584. Fjordinseln 580. Fjordseen 580. Fjordstraßen 580. Firn 143. Fimeis 154. Fimgletscher 150, 166. Fimlinie 144. Fimsee (Karakorum) 168. Fischer, Hans 149*. Fischer, Theobald 188, 420, 426%

477, 495*, 577. Fisher, 0. 11, 12, 13*, 277, 466. Fitzroy 234. Fiumaren 372. ' Flachbogen-Küste 576. Flächenbeben 330, 832, 336. Flächenberechnung 5. Flachküste 416, 421. Flachland 426, 442, 495. Flachlauf 520. Flachschichtung 442. Flachsee 196. Fladenlava 303. Fläming 447. Flammarion 118. Flarden 269. Flaschenreisen 241. Flattertiere s. Fledermäuse. Flechtentundra 602. Fledermäuse 645, 651, 654, 660, 661. Flevosee 421. Flexur 274, 275. Flexurgebirge 496 ff. Flezurstufe 457, 462. Floeberg Beach, Temperatur 69. Flora 589, Einteilung 595, 627, Alter

und Entwicklung 628. Florenz, Regendichtigkeit 133. Florida 550.

Begister.

677

Floridastrom 243 f.

Flughömchen 658.

Fiagsand 428, 432.

Flugsand wüste 410.

FluBdunen 412.

Flüsse 371, 520ff., jährliche Periode und Schwankungen 371, Anschwem- mang 429, Yerfinderangen 527.

Flußeis im Eismeer 269.

Flußpferd 656.

Flußsedimente 378, 380.

Flußspiegel 375.

Flußsysteme 525, Veränderungen 530.

Flußufer, Veränderungen 376. .

Flußvermischung 524.

Flut 229, 238.

Flutbrandung 238.

Flutgröße (dföhe) 229, 232, 238.

Flutlinien (Flutstundenlinien) 233.

Föhn 114.

Fol 217, 219*.

Forbes 157, 158.

Forchhammer 212.

Förde 582.

Forel 164, 165*, 218, 227, 228*, 259, 271*, 326.

Forelsche Farbenskala 218, Erdbeben- skala 326, 336.

Formation (geologisch) 19.

Förmerich 310.

Formosa 555, Vulkane 311.

Förster 42*.

Förstle 514, 520*.

Forstlich -meteorologische Beobach- tungen 189.

Fort Jukon, Wald 601.

Fort Mohave, Regen 128.

Fortpflanzung der Erdbeben 329.

Fortschreitende Wellen 219.

Fort Yuma, Temperatur 71, Regen 128.

Fouqu6 329, 337.

Fourier 9.

Fraas 188.

S. Francisco, Hafen 585.

Franco 502.

Frankenwald 489.

Frankreich, Länge eines Meridiangrades 4, Fläche 6, Regen 123, Niveauver- änderungen 290, 296, Maare 299, Vulkane 310, 315, Tiefland 455, Zentralmassiv 490, 491, Küste 576, Waldfläche 631.

Franz- Josef-Gletscher (Neuseeland) 169,

Franz-Josef-Land 558, Gletscher 157, 171, 172, Niveauveränderung 288, Vegetation 603, Rentiere 646.

Pranzius 381*.

Frech 474, 479*.

Freie Strömungen 250, 251.

Freie Wellen 235.

Fresdorf 13*.

Freshfield 173*.

Fricker 271*.

Friedrich, M. 149*.

Friesische Inseln 421 f , 552.

Friesische Küste 576 f.

Frische Nehrung, Dünen 412.

Fritsch, G. 188.

Fritsch, K. v. 278*, 318.

Fritz 48, 52*, 141*.

Frosinone, Vulkane 313.

Fuchs 558, 660.

Fuchs, K. 310, 318, 322*, 340*.

Fuchs, Th. 28, 40*, 58, 345, 590,

640, 650*. Fumarolen 309. Funchal, Gezeiten 234. Fundybai, Flut 238, Zerstörung 423. Furkagletscher 159. Fusijama 500. Futterer 514, 520*.

6rabelung der Flüsse 524.

Gäbris, tögl. Wärmeschwankung 80.

Gaeta, Golf v. 577.

Galapagos-Insebi 571, 572, 573, 596.

Galeriewälder 610.

Galicia, Rias 582.

Ganges 372, 373, 520, Gezeitengrenze 238, Abtragung 381, Delta 405, 407, Ablenkung 530.

Gangra 526.

Gannett 438.

Gänsbrunnen, Paß 519.

Gänsefußgewächse 617.

Gardasee 537.

Garonnc: System 525.

Gai'uas 128.

Gastein 368, 388, S92, 395.

Gasteiner Ache 515.

Gault 20.

Gaurisankar 35.

Gaussah Lout, Länge d. Sekunden- pendels 3.

Gavial 645.

Gazelle 658, 660.

Gazelle-Expedition 207*.

G^ant, Glacier de, 156.

Gebirge 436, vertikale Wärmeabnahme 55, 58, tägl. Temperaturschwankung 80, jährl. Temperaturschwankung 82, Temperaturveränderlichkeit85,Wind- stärke 90, Regen 125, Wetter- und Klimascheiden 125, jahreszeitliche Regenverteilung 138, Gewitter 140, Hagel 141, Schneedecke 142, Ver- witterung u. Denudation 346 ff., Ver- änderungen der Höhe 468, 483 f, Einteilung 476, Alter 484.

Gebirgsfuß 436.

678

Register.

Gebirgsknoten 476.

Gebirgsland 436.

Gebirgsschutt 428, 429, 432.

Gebirgsseen 539.

Gebirgssysteme 475.

Gebrochene Faltengebirge 481, 494,495.

Gebuchtete Küsten 576.

de Geer 285, 286, 287, 289, 296, 297*.

Gefölle 874.

Gefrierpunkt v. Süß- u. Salzwasser 260.

Gegenständige Thäler 385.

Gegißter Standort 241.

Gehängeformen 348.

Geikie, Arch., 496*.

Geikie, J., 183, 190*.

Geinitz 197, 207*, 534, 538,539, 648*,

Gekröslava 303.

Gelbes Meer, Farbe 218, Strömung 247.

Gemäßigter Typus d. Süßwasserseen 259.

Gemäßigter Wärmegürtel 76.

Gemäßigte Zone 74, 75, Gletscher 167, Pflanzen 599, Wälder 610.

Gemischte Niederschläge 142.

Gemse 648, 659.

G^neseefajil 396.

Genetisches System d. Morphologie 441.

Genette 658.

Genfer-See 531, 538, 545.

Gentiana prostrata 630.

Gentianen 594.

Geographie, Entwicklung 2, 435, Zwei- teilung 435.

GeoYd 5, 207, 208, 209.

Geoisothermen 9, Veränderungen 290, 296.

Geologie 19.

Geologische Gegenwart 19.

Geologische Rlimapcrioden 182, 185.

Geologische Orgeln 361, 363.

Georgetown , Temperaturveränderlich- keit 84, Depression 536.

Georgios- Vulkan 305, 505.

Geosynklinale 466.

Geothermische Tiefeustufe 8.

Gepard 658.

Gepatschfemer 164.

Geradlinige Faltengebirge 473.

Geradlinige Küsten 576.

Geraneia 551.

Gerke 298*.

Gerland 317, 822*, 567.

Germesir 416.

Geröllboden 345.

Gerste 634.

Geschichtete Gesteine 12.

Geschichtete Vulkane 500, 506.

Geschlossene Flexurgebirge 496.

Gestalt der Erde 3.

GesteiushüIIe 7.

Getreide 633 ff.

Gewitter 139.

Gewürze 637.

Geysir 368 £F.

Gezeiten 17, 228, Einfluß auf d. Grund- wasser 356, auf die Deltas 407.

Gezeitenströme 237, 240, mechanische Wirkungen 417, 423, 424.

Gezwungene Strömungen 249, 251.

Gezwungene Wellen 235.

Ghör 314, 508, 537, Winde 112.

Gibraltar 474, 480.

Giens 426.

Gießen, Temperatur 58.

Gilbert 190*, 285, 384, 426*.

Gilbert-Inseln 567.

Giles 616.

Gingko 593.

Gipfelformen 346.

Girafie 656.

Girard 290.

Girardot 298*.

Gironde 406, 425.

Glaisher 54, 55.

Glämisch 464.

Glarus, vertikale Verbreitung der Tiere 647.

Glatte Küsten 576.

Glaukonitkömer 201.

Glaziale Erosionsbecken 534, 535.

Glazialer Felsboden 427, 428, 431.

Glaziale Übergangsgebicte 431.

Glazialpflanzen 629.

Glazialzeit s. Eiszeit

Gleichartige Flüsse 521.

Gleichförmige Faltengebirge 469, 494.

Gleichmäßige Niederschläge 137.

Gleichmäßige Vulkane 300.

Glen More 493.

Glenquoich, Regen 125.

Gletscher 149 ff., Verschiedene Begriffe 151, Verteilung 165, Erosion 397, Seebildung 534.

Gletscherbewegung 154, 162.

Gletschereis 154.

Gletschergarten von Luzem 160.

Gletscherkom 154.

Gletscherlawine 155.

Gletschermilch 162.

Gletschermühlen 160.

Gletscherschutt 428, 430, 431.

Gletscherspalten 160.

Gletscherstruktur 158.

Gletschertheorie 157.

Gletscherthor 154.

Gletschertisch 163.

Gletschervor- und -rückgang 163, 178.

Gletscherzunge 152.

Gliederfemer 164. I Gliedertiere 645, 647.

Register.

679

Globigeiinenschlamm 208, 204.

Gmundener See 541.

Gneiß 12.

Gobi 446, Vegetation 616.

Goldgebiige, Gletscher 169.

GoldmoU 656, 664.

Gol&trom 68, 243, 245, 251, Salzgehalt 215, Temperatur 256, 257, 265.

Golfstrom-Inseln 560.

Gondwana 21.

Goree, Gezeiten 284.

Gorilla 656.

Gomergletscher 116.

Gotachi, See 584.

St. Gotthard-Tonnel 8, -Straße 519.

Graben (geologisch) 273.

Grabenthfiler 508.

Gradient 89.

Gradmessiingen 4.

Grammagras 615.

Granatbaum 624.

Grand Wash 458.

Graner Gebirge 818.

Granu] itgebirge 490.

Grasbäume 625.

Grassittiche 652.

Grassteppe 614.

Graubflnden, Waldwechsel 630.

Graupen 140.

Green River-Plateau 497.

Green River-Thal 496, 512, 516.

Grenada-Insel 814.

Griechenland, Thäler 394, Angebliche Klimaftndemng 187, Erdbeben 334, Bau des Gebirges 482, Flora 624, 630, Waldfiftche 631.

Grindelwaldgletscher 167, 584.

Grinnellland,Niveau Veränderungen 289, Vegetation 603.

Griesbach 297, 298*, 840*, 446, 462*, 472 478 479*.

Grisebach 74, 595*, 615, 624.

Grissinger 258, 271*.

Grönland, Nordlichter 51, Temperatur 65, 70, 71, Föhn 115, Gletscher 154, 156, 157, 170, 172, Tertiäre Flora 185, Angebliche Klimaflndening 188, Niveauverftnderungen 289, 290, 295, Eisboden 427, Areal 551, Bau 558, f^orde 581, Vegetation 603, Flora 636, Fauna 646.

Grönskfir, NiveauverSnderung 287.

Groß 55.

Groß-Arlbach 515.

Großbuchtige Küsten 576.

Großer Bftrensee 536.

Großes Becken von Nordamerika 33, 460, 481.

Großer Geysir auf Island 368.

Großer Ozean s. Pazifischer Ozean.

Großer Plönersee 538.

Großer Salzsee 184, 548, 545.

Großfußhühner 652.

Großgerauer Erdbeben 325, 881.

Großglockner, Schneegrenze 149, Wald- grenze 605.

Grosseto, Alte Bucht v., 577.

Groß-Key 557.

Grotten s. Höhlen.

Grundmoräne 161, 353.

Grundwasser 354 f

Grüner Sand 205.

Grüner Schlick 201, 205.

Guadalquivir 872, 527.

Guatemala, Gebirge 32, tägl. Tem- peraturschwankung 80, Hagel 141, Vulkane 312, Waldgrenze 604.

Guayana Massiv 83, 491 , Küste 578, Savanen 614.

Guavava 637.

Gudbrandsdalen 182.

Guineagolf 29, 191.

Guineagras 632.

Guineaströmung 242.

Guldal 509.

Gümbel 202, 320, 322*.

Gunnera gigantea 599.

Gunung Sumbing 503.

Günther Siegm. 6*, 11, 13*, 42*, 228*, 317, 322*.

Guppy 381, 568, 569, 574*.

Gurgitello 867.

Gurgler Eissee 532.

Gürteltier 654.

Güsgundag 543.

Güßfeld 155.

Guyana s. Guayana.

Uaacke 353. Haas 370*, 582, 588*. Haase 520, 531*. Häckel 203. Hadramaut 314. Hafen 583. Hafenzeit 229, 232. Haff 425, 576, 583. Hagel 140. Hagen 371, 381*. Hagenbach-Bischoff 154, 165*. Hague, A. 496*. Hague, J. D. 132, 496*. Hahn 190*, 199, 290, 298*, 660*. Hainan, Fauna 555. Hainbach 515. Haken 425. Halavats 462'. Halbaffen 656, 664. Halbinseln 548 ff.

Halbmonatliche Ungleichheit der Ge- zeiten 231.

680

Hegister.

Halligen, Faima 571.

Hallö, Niveauveränderung 287.

Uallstätter See 538.

Ualmahera 557.

Hamburg, Seehöhe 447.

Hammada 409, 429, 617.

Hammer 156.

Hammerfest, Pendellänge 3.

Hängegletecher 151, 153, 155, 156.

Hanhai 30, Bau 446, Flora 623.

Hann 42*, 52, 59, 62*, 71, 83, 85, 87*, 96, 101*, 108, 110*, 114, 116*, 122*, 370*.

Hansen, A. M. 284, 285, 289, 297*.

Hansen, K. 426*.

Harada 496*.

Hardangar-Fjord 580, 581.

Hargita 307, 313, 505.

Harmattan 115.

Harrilaid 560.

Hartmann 426*.

Härtung 579.

Harz 317, Wärmeabnahme 56, Bau 490, 492, 493, 494, Waldgrenze 604, Glazialflora 629.

Hasen 659, 660.

Hatteria punctata 664.

Hatzfeldhafen, Regen 135.

Hauptflüsse 520, 525.

Hauptwasserscheide 522.

Hauptwindgebiete 109.

Hauptwindscheide d. nördl. Hemisphäre im Winter 103, im Sommer 107.

Havel 530.

' Hawaii 306, Klima 175, Fluthöhe 238, Erdbeben325, Canons389, Fauna573.

Hayden 497.

Hayes 498, 646.

Hebert 115.

Hebungen 280.

Hebungsinseln 560.

Hebungsintensität 468.

Heer 647.

Hegau 312.

Heeyalja 313.

Hehl 533.

Heide 620.

Heiderich 24, 36, 38, 39, 40*.

Heidersee 532.

Heilprin 660, 664*.

Heim 149*, 156, 158, 162, 165*, 172, 278*, 347, 349, 353*, 381, 390, 401*, 466, 467, 479*, 509, 518, 541, 548*.

Hekla 318.

St. Helena 552, 655, vertik. Wärme- abnahme 56, Regen 132, Fluthöhe 238, Organische Welt 573, 596, 631.

Helgoland 422, 447.

Helikon 482.

Heliopolis, Wasserscheide 518.

Heiland 156.

Heller 647, 650*.

Hellespont, Niveauveränderung 291.

Hellmann 202.

Helmert 3, 5, 6*, 13, 14*, 208, 209, 212, 219*, 286.

Henkel 381*.

Hennesj 12, 14*.

Henxy Mountains 506.

Hergesell 271*, 286, 297*.

Hermsburg, Regen 125.

Hemikerland, Vulkane 313.

Herzogenrather Erdbeben 337.

Hessisches Bergland 461.

Hettner 253, 255*.

Hilber293,298*, 386,401*, 512, 520'.

Hildebrand 591, 595*.

Hildebrandsson 122*.

Hill 124.

Himalaja 30, 812, 476, Schweremes- Bungen 13, vertikale Wärmeab- nahme 56, Antipassat 101, Schnee- grenze 148, Gletscher 156, 167, höchste kalte Quelle 367, Erdpfeiler 351, Ero- sionsspuren 389, Bau 471, Beziehung zum Vorland 478, Gliederung 509, 511, Verhältnis zur Hauptwasser- scheide 523, Seen 540, 541, Palmen- grenze 596, Pflanzenregionen 603, Waldgrenze 604, Vegetation 616, Flora 680, Gretreidegrenze 635, Fauna 657.

Himmel, Farbe 121.

Himmelsluft 41.

Hindukusch 30, 476.

Hindustan, Winde 113, Maximalregion des Regens 124, Regen Verteilung 126, Tiefenbohrung 444, Flora 631, Fauna 657.

Hinterindien 549, 553, Gebirgssjsteni 32, 549, Latent 352, Urwald 609, Fauna 657.

Hirsche 659, 660, 661.

Hispar^letscher 167.

Hoangho 525, 527, Abtragung 381.

Hobart, Deklination 51.

Hoboken, Länge d. Sekundenpendels 3.

Hochgebirge 437, 438.

Hochgebirgsflora 628.

Hochland 438.

Hochlandgürtel der alten Welt 30, 312, der neuen Welt 32, 311.

Hochland-Rlimaprovinzen, Asien 174, Amerika 175.

Hochmoor 547.

Hochobir, Temperatur 59.

Hochschnee 143.

Hochseen 539.

V. Hochstetter 197, 207*, 226.

Hochthäler-Klima 83.

Begister.

681

UochwaBser des Meeres 228.

Hock 638, 689*.

V. Hoff 3, 6*, 387, 425, 529.

Hoff mann, H. 58, 62*, 592, 595*.

Höftsee 538, 589.

Hogbacks 497.

Hühenmessung 211, 438.

Höhenstufen der Kontinente 36.

Hohe Tatra 480.

Höhlen 356, 362, 364, 419.

Huhlenbftr 659.

Hohlenhy&ne 659.

Höhlentiger 659.

Höhlenwolf 659.

V. Höhnel 311, 315, 322*.

Holdemeß, Küstenzerstörung 419.

Hohlhomige Wiederkäuer 660.

Hollow, t^l. Wärmescbwanknng 79.

Holmes 370*.

Holmström 297*.

Holstein, Seenplatte 447, 589, Förde

582. Holzberge 289.

Homogene Vulkane 500, 504 f, 506. Homoseisten 329. Hongkong, vertikale Wäi*meabnahmc

56, Regendichtigkeit 133. Honigsauger 652. Hopkins 10.

Horizontaldislokationen 272, 275. Horizontalpendel 17, 328. Hörnes, E. 329, 332, 340*. Homkees 164. Horst 273, 460. Howe-Snnd 580, 581. Haalalai 306.

Hndiksyall, Strandlinie 285. Hadson, Eisbedeckung 374, Delta 405. Hndsonbai 191, 192, Areal und Tiefe

193, Bodenrelief 199. Hudaonprovinz, Bau 33, 485, Klima 175. Hudsoustraße, Strömungen 240. Hudsonthal, Winde 112. Hufeisennasen 661. Hnfpfötler 654. Hüll 184. Hnlt 190*. Hamber 526.

V. Humboldt 37, 39, 141, 244, 441. „Humboldt", Ballon 54. Humboldt-Gletscher 171. Humusboden 345. Hnmussauere Alkalien 344. Humussäuren 344. Hundts-Plateau 446, 478. Hundskopf-Fledermäuse 658. Hungerbrunnen 366. llungeisee 359. Huronsee 5 3. Hurricane 98.

Hutton 337. Huyssen 13*. Hweiho 525. Hyäne 656, 658. Hvmettos 482. Hyomoschus 656. Hypsographische Kurve 35, 36. Hypsometrie 438. Hypsometrisches System 437.

Jack 298*.

Jadebusen 421.

Jädem 416.

Jadrinzew 544, 548*.

Jagowalfall 396.

Jaguar 654.

Jahreszeiten 45, Entstehung 43, in den Tropen 134.

Jährliche Periode der Polarlichter 51, der Temperatur 80, des Regens 133 ff., des Grundwasserstandes 355, der Flüsse 370, der Pflanzenwelt 592, der Tierwelt 648.

Jährliche Wärmeschwankung 81.

Jailagebirge 30, 550.

Jak 659.

Jakobshavn, Föhntage 115.

Jakutsk, Temperatur 69.

Jamaica, Karstphänomen 364.

Janathal, Temperatur 67, Waldgrenze 601.

Jangtsekiang, 238, 381, 527.

Janina-Polje 359.

Jank6 404, 408*.

Japan, Föhn 115, Regen 126, 135, Gletscher 168, Maare 299, Vulkane 311, Erdbeben 273, 324, 327, 328, 330, 332, 335, 339, Geysir 370, Gebirge 478, 480, Fauna 555, Wald 611, Flora 624, Fauna 658.

Japanisches Meer 192, 193.

Jasmin 624.

Java, relative Feuchtigkeit 119, Hagel 141, Vulkane 303, Seebildung 534, Fauna 557, Waldgrenze 605, Ge- birgsflora 680.

Javasee, Salz^halt 216.

Iberische Halbinsel 549, 550, Cyklonen 109, Wüstenwinde 116, Regen 125, 136, Gewitter 140, Hochland 490, 491, Küsten 575, 577, Flora 624.

Ibi-Gamin-Paß, Pflanzen 606.

Jeanette-Expedition 23.

Jeff Davis Peak, Firn 168.

Jemen 314.

Jena, Aussichts weite 296.

Jenissei 525, Eisbedeckung 374.

Jensen 603.

Jerusalem, Regen 127.

Jessen 637.

682

Register.

Igapowald 609.

Igel 661.

V. Ihering 651, 653, 655, 664*.

Ilithal 510.

Immergrüne Eicbe 611.

Immergrüne dikotjlc Laubbäume 590, 600.

Immergrüne Sträucber 590, 600.

Indifferentes Gleichgewicht der Atmo- sphäre 120.

Indisch-afrikanische Provinz 32.

Indische NW. -Provinzen, vertikale Wärmeabnahme 56.

Indischer Ozean 25, 26, Areal 27, 193, Tiefe 36, 39, 193, 197, Lufttempera- tur 65, Cyklonen 99, Luftdruck und Winde 102, 105, Regen 126, 128, 130, 131, 133, Bodenrelief 197, Boden- bedeckung 204, Alter 206, Salzgehalt 215, Wellen 221, 222, Strömungen 246, 251, 252, Anftriebwasser 254, Oberflächentemperatur 256, Tiefen- temperatur 262, 267, Vulkane 310, Flußgebiet 523, Korallenriffe 567.

Indisches Faunareich 657, 663.

Indre 526.

Indus 526, Delta 406, 407, Verände- rungen 528.

Indusprovinz, Klima 174.

Industhal, oberes, 508.

Infraborealer Torf 182.

Inlandeis 151, 169, £rosion 398.

Inn 394.

Innenküste 575.

Innere Zone 64, im Januar 68, im Juli 70.

Innthal, Veränderungen der Schnee- decke 142, Thalterrassen 518.

Inschan, Wald 617.

Insekten 645, 646, 647, 654, Verbrei- tungsmittel 571.

Insektenfresser 654, 660.

Insclabgeschlossene Meere 192, Salz- gehalt 217.

Inseln 25, 420, 425, 551, Landfest- werden 426.

Instantane Niveauveränderungen 272.

Instcrthal 530.

Interglazialzeiten 183, 184.

Interkolline Thäler 399, 400, 508.

Interkontinentale Ozeane 26.

Intermittierende Flüsse 372.

Intermittierende Vulkane 300.

Innndationsbett 380.

Immdationsterrassen 390.

Joanna Bogoslo wa 317.

St. John 126.

John-Lavis 337.

Jok61y 504.

Jokohama s. Yokohama.

Jonas 614.

Jones 337.

Jordan 79, 441.

Jorullo 500.

Jostedalsbrä, Inlandeis 169.

Jojeuse, Regeumaximum 128.

Iquique, Erdbeben 197, 225.

Iranisches Hochland 30, 31, Regen 126, 136.

Irische See 193, Grezeiten 237, Strö- mungen 240.

Irkutsk, Temperatur 69.

Irland, Regen 137, Gebirge 490, 491, Durchgangsthäler 514, Thalbuchten 581, 582.

Isanomalen 72.

Ischia 318, Erdbeben 329, 331, 337.

Ischma 526.

Isker, Durchgangsthal 512.

Island 552, Gletscher 171, Tertiäre Flora 185, Angebliche Klimaftnde- run^ 188, Niveauveränderung 288. Vulkane 808, 818, Schlammsprudel 320, Geysir 870, Bau und Fauna 561, Wald 601, Getreide 636.

Isländisches Plateau 198.

Ismaila, Länge des Sekundenpendels 3.

Isobaren 88.

Isobarenkarten 101.

Isobasen 285.

Isobathen 34.

Isobathenkarten 194.

Isohypsen 34.

Isoklinalfalten 464.

Isoklinalkamm 464.

Isoklinalthal 464, 507, 508.

Isoseisten 329.

Isostatische Theorie 278, 467.

Isothermen 61, Meeresisothermen 256.

Issel 290, 298*.

Istrien 549, Niveauverändemngen 293, marine Quellen 358, Rias 583.

Italien, Fläche 6, Temperatarabwei- chung 87, Regen 138, Vulkane 313, Erdbeben 324, 327, 333, 334, Halb- insel 549, 550, 553, Küsten 576, 577, Wald 631.

Juba-Mündune 406.

Judikarienspalte 508.

Jukes 514, 515, 516.

Jukes-Brown 568, 574*.

Junge Floren 628.

Junghuhn 119, 534.

Jun^rtiär 20.

Jura (Schweiz), Bau 467, 477, Ab- grenzung 475, Gliederung 511, 514, Wald Wechsel 630, Getreidegrenze 635.

Juraformation 20, 22, Verteilung von Wasser und Land 206.

Register.

683

Jotische Halbinsel 550, 553, 576, 582. Ivrea, Moränen 430. Izalko 301, 500.

Kaagan, Gletscher 158.

Kadettenrinne 241.

Kadzusa-Bai 577.

Käfer 647.

Kaffee 637.

Kagera 525.

Kahle 298*.

Kaibab-Plateau 459.

Kaidakbai 543.

Kairo, tägliche Wärmeschwankung 79, Regen 127.

Kaiserstahl, £rdheben 331.

Kakadu 652.

Kakteen 591, 600, 617, 632.

Kalahari 522, Regen 129, Klima 174, Vegetation 618.

Kalanscho-Serir 410.

Kalema 224.

Kalkboden 346.

Kalkowski 14*.

Kalkpfianzen 589.

Kalkreicbe Quellen 367.

Kalkschlamm 203.

Kalmen^rtel 100.

Kältepole 67.

Kalte QueUen 367.

Kalter Wall 245.

Kalter Wärmegürtel 76.

Kalte Schlammsprudel 320.

Kältezentren 67.

Kalte Zone 74, 75 (s. auch arktische und antarktische Zone).

Kama 526.

Kamel 656, 659, 661.

Kamerun, Hochgebirgsflora 628.

Kames 430.

Kammgebirge 436, 492, 495, 505, 506.

Kammpaß 520.

Kammwasserscheide 516.

Kampine 612.

Kamtschatka, Regen 126, Gletscher 168, Klima 174, Vulkane 311, Ge- birge 550, Savanen 614, Getreide- grenze 635.

Kanab-Plateau 459.

Kanal, Gezeiten 237, Strömungen 240. Strandyerschiebung 292, Küstenzer- störung 419.

Kanal der Korallenriffe 564.

Kanalriffe 564.

Kanaltheorie 235.

Kanarische Inseln s. Canaren.

Kane 646.

Kankersee 545.

Känozoisches Zeitalter (Formations- gruppe) 19, 20.

Kant 2.

Kap Agulhas 25.

Kapflora 626.

Kapformation 21.

Kap Henry, Gezeiten 234.

Kap Hoom 25.

Kapillare Wellen 221.

Kapland, Regen 129, Klima 174, Vege- tation 619, 620.

Kap St. Martin, unterseeische Quelle 358. Otway, Küstenzerstörung 419. Palmas, Gezeiten 234.

Kappel, Temperatur 59.

Kap Race, Gezeiten 234.

Kar 383.

Karabugas 543.

Kara-Dagh 313.

Karagamgletscher 167.

KarakaschthaJ, tägl. Wärmeschwankung 79.

Karakorum 30, 476, tägliche Wärme- schwankung 79, Schneegrenze 148, Gletscher 167, Bau 472, Getreide- grenze 635.

Karapiti 368.

Karbon 20, 22.

Karlsbader Thermen 313, 367.

Kamische Alpen, Durchgangsthäler 514.

Kärnten, vertikale Temperaturabnahme 56, Wärmeumkehr 59, Hagel 141.

Karpaten 30, Vulkane 313, Beziehun- gen zu den Alpen 474, 475, zum Vorland 477, Bau 480, Längsthäler 508, Krummholz 606.

Karpinsky 462*.

Karreeberge 453.

Karren 362, 363.

Karru 619.

Karru^ormation 21, 491.

Karsee 538, 539.

Karst 356, 364, 475, 509.

Karstens 27, 36, 39, 40*, 193.

Karstphänomen 356 ff.

Kartoffel 635, 636.

Kasan, tägl. Wärmeschwankung 79.

Kaschgarien, lokale Winde 111.

Kaschmir, Krdbeben 337.

Kaskaden 396.

Kaskadengebirge 311, Schneegrenze 148, Gletscher 168.

Kaspische Depression 537.

Kaspische Scblammsprudel 320, 321.

Kaspisee, ehemalige Ausdehnung 184, Seehöhe 448, Dimensionen 536, 537, 538, Geschichte 542, Salzgehalt 543.

Katarakte 396.

Katsch, Erdbeben 327.

Katzen 6G0, 661.

Kaukasus 30, Schweremessungen 13,

684

Register.

vertik. Wärmeabnahme 56, Hagel 141, Gletscher 167, Vulkane 312, Schlammspmdel 321, Abgrenzung 475, Gipfel 483, Seen 541, Vege- tation 616.

Kaymeni 305.

Kayser 23*, 278*.

Kea 306, Waldgrenze 606.

Keelingsinseln, Katten 555.

Kegelberge 436.

Keilhack 522, 531*, 574*.

Keilscholle 460, 462.

Keller, C. 358*.

Keller, Ph. 859, 370*.

Kelter 424.

Kenia 315.

Kentern 237.

Kerguelen, Gletscher 169, Strandter- rasse 419, Flora 602, 626.

Kerguelenströmung 252.

Kerkamündung 406.

V. Kerner 149*.

Kertsch, Schlammsprudcl 321.

Kesselbruch 274.

Kesselthäler 501.

Kettengebirge 437, 468, 495, Alter 484.

Keulenbäume 625.

Keuper 20.

Khamsin 115.

Kiefer 612.

Kiefemtuff 182.

Kjerulf 283, 297*, 509.

Kieselpflanzen 589.

Kieselsäurereiche Quellen 367, 368.

Kiessling 207*.

Kieswüste 409.

Kigelia 599.

Kikuchi 322*.

Kilauea 11, 306, 307. 318, 501.

St Kilda, Gezeiten 234.

Kilimandscharo 815, Gletscher 166. Flora 628.

Kinalady, Schlammstrom 548.

Kirchhoff, A. 559, 560*, 632*.

Kirgisensteppe 448.

Kirman 617.

Kithäron 482.

Kitzlochklamm 388.

Kiwi 664.

Klagenfiirt, Temperatur 59.

Klamm 383, 387.

Klein 139, 141*.

Kleinasien 30, 31, Regen 126, 136, angebliche Klimaänderung 187, Vul- kane 313, Halbinsel 549, Flora 624.

Kleinbuchtige Küste 576.

Kleine Sunda-Inseln 557.

Kiengel 149*.

Kletterpalmen 597.

Klima 173, Schwankungen 175 ff., 185,

Tabelle d. 35jähr. Schwankungen 17 ^>,

Änderungen 187. KlimaproWnzen 173, 187. Klimatische Schneegrenze 146, 147. Klippen 420. Klippenbrandung 224. Klippschliefer 656. Kljutschewskaja Sopka 318, 503. Klocke 155. Klöden 527, 531*. Klösterle, Regen 125. Kluftwasser 356. Knipping 115. Knollengewächse 636. Knop 331, 524. Knoten 227. Kobelt 551. Koch 155.

Kochthermometer, Höhenmessung 440. V. Koenen 296, 298*. Kohala-Kette 306. Kohlensäuregehalt der Luft 42. Kokospalme 572, 597. Kolibri 643, 662. Kombinierte Halbinseln 550. Kompensationsströmungen 251. Komplizierte Verwitterung 344. Kondensation, Ursachen 119. Konferven 546.

Kongo 373, 402, 526, Gezeiten 234. Kongobecken 32.

Koniferen 594, 611, Zone 600, 612. König Karl-Land 558. Königsberg, Feuchtigkeit 117. Königsee 542. Königswürger 662. Konkordante Küste 574, 577, 583,

584. Konschin 531*. Konstantinopel, Erdbeben 337. Kontinentalböschung 85, 36. Kontinentale Ablagerungen 200, 205. Kontinentale Flüsse 520, 528. Kontinentale Maxima u. Minima 107. Kontinentale NiYeauveränderungen280. Kontinentale Zerstörung 16. Kontinentalinseln 552 ff., 569. Kontinentaltafel 35, 36. I Kontinente 25, 27 ff. Kontraktionstheorie 276, 466. Konvektionstheorie 96. Kopenhagen, tägl. Wärmeschwankang

79. Koppen, W. 76, 77*, 90, 110*, 122»,

130, 133*, 271*, 529, 531*. Korallen 561. Koralleninseln 561 ff., 562, 569, Theorie

294, 565 ff. Korallenriffe 562, Mächtigkeit 566. Korallenschlamm u. -Sand 205.

Register.

685

Korea Y Gletscher 168, Gebirge 550,

Küste 575, 577. Korinth, Isthmus v., 551. Korintji, Pic v., Waldgrenze 604. Koro 566.

Körperinhalt der Erde 5. Kosmischer Staub 16, 203. Koster, Niveauverändenuig 287.

Kotlaven 303.

Koto 278*.

Krafla 318.

Krakatau 202, 304, 307, 308, Explo- sionswelle 226, Korallen 568.

Kranabetter Klamm 388.

Krasnow 621*.

Krat«r 301, 309, 501, 505.

Kraterseen 533.

Kraus 364, 370.

Krebse bei d. Humusbildung 346.

Kreidefonnation 20.

Kreidel 235, 236, 240*.

Kremnitz, trachytisches Gebirge 313.

Kremser 54, 84, 88*.

Kreta, Niveauveränderungen 292, 295, Flora 624.

Kretace'ische Formation 20, 22.

Kriechtiere, Verbreitungsmittel 572.

Krim 549, 560, Niveau Veränderungen 292, Fauna 641.

Kristiania, Flora 592.

Kristiania^ord 578.

Kristianiathal 465.

Kritische Temperatur 11.

Krokodil 645.

Krümmel 26, 39, 40*, 206*, 214, 218, 219*, 228*, 242, 243, 244, 246, 249, 250, 252, 255*, 256, 264, 401*, 423, 424, 426*, 583, 588*.

Krummholzregion 606.

Krastenriffe 568.

Kiyptodepressionen 536, 587.

Kryptovulkanische Erdbeben 332.

Kryptovulkanismus 299.

Krystallinische Schiefer 12.

Kuenlun 30, 476, vertikale Temperatur- abnahme 56, Höhe u. Alter 484, Ge- treidegrenze 635.

Kükenthal 245, 255*.

Kuku Nor 543.

Kulm 20.

Kuntze 244, 370.

Kappenberg 437.

Kuppengebii-ge 437, 505, 506.

Kur 530.

Kurilen 311, 553.

Kurilenströmung 247.

Karische Nehrung, Dünen 412.

Kuro Schio 68, 246, 257.

Kurowski 145, 146, 149*.

Karthal 508, Föhn 115.

Kuruk-tag 478, 479.

Kurz 571.

Küste 415, 574 ff., LÄnge 196.

Küstenabstand 586.

Küstendepressionen 536.

Küstenentwicklung 585.

Küstenformen 574 ff.

Küstenkette Amerikas, Gletscher 168.

Küstenriffe 563.

Küstenströmungen 417, 424, Einfluß

auf die Deltas 407. Küstenversetzung 424. Küstenzone 431. Küstrin, Seehöhe 447. Kuyper 426*. Kverve, Strandlinien 283.

Labialeruptionen 307, 308, 309.

Labiles Gleichgewicht der Atmosphäre 120.

Labrador 550, Temperatur 71, Fjorde 581, Waldgrenze 601.

Labradorstrom 245, 253, 256.

La Grau 530.

Ladogasee 536, 538, 550.

Lady Franklin-Bai, Temperatur 67.

Lago maggiore 327, 545.

Lago morto 545.

Jjagos, Gezeiten 234.

Lagrange, Formel 197, 224, 235.

Lagunen 576, in Oberitalien 425, der Atolle 564, 570, 583.

Lahnthal 516.

Lahontansee 184, 545.

Laibacher Becken 508.

Laibachfluß 358.

Ijake Eyre 545.

I^ake of the Woods 486.

Lakkadiven 567.

Lakkolithen 506.

Lama 655.

Lamark 3.

de Lamblardie 398.

Land, Areal 23, Verteilung 24, Höh(5u- stufen 36, mittlere Höhe 37, 38, 39, Volumen 36, Thermisches Verhalten 63, 73, tägl. Temperaturschwankung 78, Windstärke 89, Luftdruckvertei- lung 107, Barometerschwankuug 1 10, Regen 124, Regenwahrscheinlicnkeit 131, 132, ßegendichtigkeit 132, jah- reszeitl. Regen Verteilung 134, 35jähr. Regenperiode 179, Bodenarten 428, Abdachungsgebiete 523, Vegetations- formationen 620, Floreneinteilung 627.

Landeck, Regen 125.

Landes, Dünen 412, Etangs 533, Küste 576.

Landhalbkugel 25.

686

Register.

Landklima 63, 68, 72, 78, 82. Landlöß 414. Landsfiugetiere 643, 661. Landschnecken, Verbreitungsmittel 572. Landschwelle 436. Landsenke 436, 443 ff., 449. Landstufe 437, 454 ff., 462, 498. I^ndwind 111, 119. Langen, Regen 125. Langenbeck 271*, 574*. Langenbrücken, Jura 455. Langeoog 422. Längsabdachung 509. Längsbeben 830. Lftngsflüsse 520. Längsgliederung 510. Längskämme 464. Längsschollen 482, 492, 494. Längsspalten im Gletscher 160, bei

Erdbeben 327. Längsthäler 464, Bau 507. Languedoc, Mistral 113, Verände^

rangen 425. de La No6 401*, 457. Lapilli 299. Laplace 2, 233, 441. La Plata, Abtragung 381, Delta 404,

406, Bai 407. de Lapparent 16, 18*, 23*, 39, 40*,

276, 278*. Lappland, Meridiangrad 4. Lärche 590, 591, 612. Lasaulx 831, 337. Lascour 412. Lassen Peak 311, 3:2. Laterit 352, 428, 429, 432. Latmischer Golf 538. La Touche 479*. Laufvögel 664. Lava 299, 302. Lavablöcke 299. Lavadecken. 443. Lavaeruptionen 305, 308. Lavaherd 298, 318. Lavakegel 504. Lawinen 150. Lawson 486, 496*. Laxe^ord 579. Le Conte 479*. Legföhre 590.

Lehmann, Rieh., 283,297*, 419, 426*. Lehmboden 345, 428, 429, 432. Lehmige Zersetzung, Gebiete 352. v. Lehnert 563, 574*. Leierschwanz 652. Leipoldt 40*. Lemming 646, 648, 662. Lemström 49, 51, 52*. T^muren 556. Lemuria 556.

liCna, Eisbedeckung 374, Delta 404.

Lentz, 239, 240*.

Lenz 353*.

T^eon, Vulkan bei, 500.

Leopard 656, 658.

Lepsius 462*.

Lerchen 661.

I^s Dous 524.

Lesjeskogen 517, 524.

Leste 115.

Leuckerbad 368.

Leveche 116.

Levy 329.

Leymerie 347. i Lianen 608.

Lias 20. ; Liautung, Gebirgsbau 474. i Libanon, Regen 127, Bau 498, Wald- I grenze 604.

Libysche Wüste, tägl. Wärmeschwau- kung 79, Quelibildung 366. I Liechtensteinklamm 387.

Liegende Falten 464.

Ligurien, Erdbeben 337.

Lilienbäume 599.

Lima, Temperatur 71, Gewitter 140.

Liman 576.

Ldmpopo 407.

Lincoln-Höhen 456.

Lincoln- Wolds 456.

Lindenberggletscher 169.

Lineare Erdbeben 329, 330, 332, 336.

Lingg 479*.

Linhardt 298*.

Linn^ 593.

Linth 379, 545.

Liopelma 559.

Liparische Inseln 813, 317, 333, 367.

Lippenblumen 594.

Liquidambar 593.

Liro 515.

Lissaboner Erdbeben 329, 334, 368.

Listad, Flora 592.

Listow 474, 479*.

Lithosphäre 7.

Liverpool, Tiefentemperatur 8, Gezei- ten 240.

Livland, Karstphänomen 363.

Livno-Polje 359.

Llanos 448, 613.

Loa 306, 818, Waldgrenze 606.

Loanda, Regen 134.

I^b-Nor 450, 542.

Jjoch Ewe 533.

Loch Houra 580, 581.

Loch Lochj, Temperatur 254.

Loch Striven, Temperatur 254.

Lockerboden 428, 429.

Tx)ckereraptioiien 809.

Lodoieea Sechellarum 599.

Register.

687

Loew 188.

Ix)ire 371, 526.

lokale Niveauverftnderungen 272.

Lokale Winde 110.

Lok-Botan 820.

Lokris, Erdbeben 332.

London 25.

Londoner Becken 456.

Lone Peak 497.

Loomis 89, 98, 101*, 123, 133*.

Lorber 624.

Lord Howe-Inseln 559.

Lorentz 619.

Y. Lorenz 358.

St Lorenz-Golf 193, 240.

St Lorenzstrom, Eisbedeckung 374.

Loris 556.

Loß 413 f., 428, 430, 481, 433.

Loßmfinncben 414.

LoBmulden 445.

r^ßschluchten 452.

I^tablenkung 208.

Low 496*.

Lowe 642, 656, 657, 658, 659.

Löwl 14*, 281, 282, 297*, 300, 394, 395, 401*, 513, 520*.

I^wlands 493.

lioxodromen 26.

Luebs 659, 660.

Lückenpaß 520.

Laeger Grotte 357.

Laft 41, Abnahme der Temperatur 53, 54.

Luftdruck 41, 90, Verteilung im Winter 102, im Sommer 106, Schwankungen 109, Verteilung auf der Erde 121, 35jfihr. Periode 179, Verhältnis zu den Bodenbeweeunsen 323, 339.

Luftschiffahrten, Ergebnisse 54.

Luftzirkulation 90.

Lngan, tÄgl. Wftrmeschwankung 81.

Loneburger Heide 447.

Lütschine 545.

Lnzon, Schlammsprudel 320.

Lydekker 471, 479*, 509.

Lyell, 3, 6*, 386, 387, 532.

Lyse^ord 578.

Haare 299, 309, 534.

MacacuB 658.

Macalnba 820.

Macdni 493.

Mackenzie 523.

Mackenziebecken, Klima 70.

Macquarie-Inseln 644.

Madagaskar 32, 532, Bodenarten 429,

Fauna 556, 656, 663, 664, Urwald

609. Madeira, Wästen winde 115, Fauna

571, 572, Flora 573, 574, 624, 631.

Maelstroro 241.

Maer-Hall, Humusbildung 346.

Magdalenenstrom 526.

Magma 277, 298, 299, 300, Herkunft 317.

Magnetischer Nordpol 48.

Magnolien 599.

Maine, FluB Vermischung 524, Küsten- länge 578, Fjorde 581, 582.

Mais 634.

Makarow 219*.

Malabar, Regenzeit 135.

Malade ttagletscher 166.

Malaischcr Archipel, jÄhrl. Wänne- Bch wankung 81, Regen 128, Vul- kane 311, Areal 552, Entwicklungs- geschichte und Fauna 557, 657, Flora 596, Wald 609, Floren- und Faunen- grenzen 557, 622, 652.

Mahikka 135, 551.

Malaspina-Gletscher 151.

Maideninsel, Regen 132.

Malediven 567, Erdbeben 327.

Malfroy 370.

Mallet 337, 338, 340*.

Malm 20.

Malöm, Niveauverftnderung 287.

Malpighiacecnbäume 613.

Malta, Regen 138.

Mammut 659.

Mammutbaum 593.

Mammutliöhle 364.

Mandschurei 32, Wälder 611.

Mangrovebäume 424, 598, 610.

Manicaria saccifera 597.

Manihiki-Inseln 567.

Manila, Gezeiten 239.

Maniokpflanze 637.

Manytschniederung 29.

Maquis 620.

Maraunthal 508.

Marbella, Serpentinstock 480.

Marble-Ganon-Platte 459.

Marcano 353*.

Marchgebiet, Regen 125.

de Margerie 278*, 401*, 457, 479*.

Marine Ablagerungen 423, 428, 429, 431.

Marine Flüsse 520, 523. j Marine Maxima und Minima 107.

Marine Niveauveränderungen 280. ' Marioninsel 602. ' Maritzathal 508. I Markham 23. ' Marlborough-Hügel 456. ' Marmarameer 200.

Marmolata, Schneegrenze 149. I Marno 650. I Marquesas 559. I Marrobbio 227. I Marschland 577.

688

Register.

Marshall 664*.

Marshall-lDseln 567.

Martel 359, 364, 370*.

Martin 298% 557, 560*.

St. Martin (Tirol), Seebildung 532.

Martinique 314, Gezeiten 234.

Martins 533.

Masamarhu-Insel 569.

Ma8caret 238.

Maskarenen, Fauna 561, Floren Ver- änderungen 574, 631.

Massen gebirge 437.

Massengesteine 12.

Massiv 437, 495, 505, 506.

Mathematische Zonen 74, 75.

Matotschkinstraße 580.

Maui 508.

Mauwi, Länge des Sekundeupendels 3.

Maulwürfe 660, 661.

Maulwurfsratten 661.

Mauritiapalmen 610.

Mäuse 646, 651, 654, 660.

Maximalböschung 349.

Maypures, Stromschnellen 397.

McGee 463*.

Mechanische Erosion 341.

Mechanische Verwitterung 343.

Mecklenburger Seenplatte 430, 447, 538, 539.

Meer, Areal 23, Verteilung 24, 25, Ein- teilung 26, Tiefenstufen 36, Mittlere Tiefe 37, 38, 39, Volumen 37, ther- misches Verhalten 63, 73, tägl. Tem- peraturschwankung 78, 79, Wind- stärke 89, Luftdruckverteilung 107, Barometerschwankungen 110, Regen 130, 132, 133, 134, 179, Gewitter 140, Gliederung 191, Permanenz d. ozean. Becken 205, Salzgehalt, spezifisches Gewicht u. Dichte 212, 378, absolutes spezif. Gewicht 217, Farbe 217, Ge- zeiten 228, Temperatur 255 ff., 259 ff., Gefrierpunkt u.Dichtigkeitsmaximum 260, Stickstoffgehalt 266, Vulkane 315 f., geologische Arbeit 415 ff., Ab- lagerungen 423, 428, 429, organisches Leben 640.

Meereis 268, Küstenzerstörung 417.

Meeresboden 194, 196, Bedeckung 200.

Meeresleuchten 219.

Meeresniveau 207, Schwankungen 210.

Meeresströmungen 240 ff., Salzgehalt 215.

Meerwasser 207 ff.

Megaloyz-Schichten, Fauna 653.

Mehadia 368.

Mekong- Gebiet, Waldgrenze 604.

Melbourne, Sandsteinsäulen 351.

Memel, jährl. Periode 371, Delta 404, 407, Veränderungen 530.

Mensalehsee 28, 426.

Mera 515, 518.

Meran, Klima 58.

Mercalli 331.

Mer de Glace 152, 157.

Mergelboden 345.

Mergen, Vulkane 811.

Meridiangrad, Länge 4.

Meromsee 537.

Meru 315.

Mesas 454.

Mesopotamien 105, 127.

Mesozoisches Zeitalter (Format ions- gmppe) 19, 20.

M.esserschmidt 298*.

Meteoriten 7.

Methana, Vulkan 313, 500.

Mexico, vertik. Wärmeabnahme 56, Temperatur 67, 81, 84, Gewitter 139, Vulkane 311, 312, Bodenarten 429, Urwald 608,609, MimosengebOsch 6 1 9, Flora 630, Getreidegrenze 635, Fauna 653.

Mexico, Golf von. Regengebiet 127, Gezeiten 239.

Meyer, Hans 166, 173*.

Meyer, Hugo, 77*, 122*.

Mezzolasee 545.

Mfumbiro- Vulkane 315.

St Michel, Bai v., Fluthöhe 238.

Michigansee, 239, 536.

V. Middendorff 113, 289, 601.

Middlemiss 337, 479*.

Midori, Dislokation 273.

Mikroseismiscbe Beben 322.

Milledgeville, Thalbildung 386.

Milne 337.

Milo 313,

Mimosensträucher 600, 619.

MineraJboden 345.

Mineralquellen 366 f.

Minnesota, Seen 524, 538.

Minutoli 529.

Miocän, 20, 185.

Mischfloren 628.

MiBförbung des Meeres 218.

Mississippi 523, Flußspiegel 375, Fluß- bett 380, Abtragung 381, Delta 404, 407, Fluß Vermischung 524, System 526, Länge 527.

Missouri 526, Canon 388.

Mistral 113.

Mittelalter der Erde 19.

Mitteldeutsche Alpen 490.

Mitteldeutsches Erdbeben 329, 337.

Mitteleuropa, Temperaturverftnderlich- keit 84, Bewölkung 122, geologische Klimawechsel 186, Tliermen 367, Diluvialterrassen 890, Flora 623.

Mittelgebirge 437, 438.

Begister.

689

MitteUaaf der Flüsse 378.

Hittelmeer, (europäisches) 191, Gliede- roDg 192, Areal u. Tiefe 193, Boden- relief 199, Geschichte 206, Salzge- halt 216, Strömungen 241, Tiefen- temperator 260, Flußgehiet 523.

MittelmeerlSnder, Temperaturyerfinder- lichkeit 84, Winde 105, Klima 174, Niveau verftnderungen 291 f., Deltas 406, Küsten 575, Wälder 611, Maquis 620, Flora 624, 631, 632, Fauna 658.

Mittelmorfine 161.

Mittelwasser des Meeres 207, Schwan- kungen 279.

Mittlere Belenchtungszone 47.

Möbius 662, 664*.

Modena, Föhn 115.

Mofetten 810.

Mogador, Begen 127.

Mohavewüste, Winde 116.

Mohn 70, 72, 77*, 95, 114, 140, 209, 219*, 248, 264.

Mohrenhirse 634.

V. Mojsisovics 473, 476.

Mokuaweoweo 306.

Moldau 515, 525.

Möller 101*.

Molnkken 557, 622.

Monchsbergkonglomerat 515.

MoDdphasen 230.

Mondwelle 231, 232.

Mongolei 353.

Monokotyle Laubbäume 595.

Monotropa uniflora 593.

Monsan 105.

Monsunregen 185.

Montaigne 412.

Montblanc, relative Feuchtigkeit 119, Gletscher 165, Höhe 483.

Monte Amiata 313.

., Argentario 577.

,, Cimino 313, 318.

.. Gargano 551.

Montenegro, Klammen 387.

Monte nuovo 313, 500.

de Montessus 335, 340*.

Monti deir Uccellina 577.

Montsouris, Taumessung 119.

Moore 547 f.

Moos 547.

Moostundra 602.

Moränen 161.

MorSncnlandschaft 430.

Moränenseen 533.

Morawathal '511.

Morphologie 435.

Morphologische Provinzen 34.

Moschustier 659.

Mosel, Wasserstand 371, Thal 516.

Moskau, tägl. Wärmeschwankung 79.

Moskitokette 498.

SuPAJi,' Phyaiaohe Erdkunde. 2. Aufl.

Mosselbai, tägl. Wärmeschwankung 81. Mount Egmont, Waldgrenze 604.

Elias, Gletscher 151, 168, Vulkane 311, Moränenflora 629.

St. Michael 552.

Owen Stanley, Bogen 124.

Shasta 312, Gletscher 168.

Washington, Wärmeabnahme 56.

Yasowa 301. Mozambique, Fauna 657. Mud 201.

Mudlumps 321, 404. Mührv 118. Muir-Gletscher 168. Mulde der Falte 463. Muldenthäler 399, 400. Mulhacen 348.

München, Deklination 51, Temperatur- veränderlichkeit 85, Grundwasser 355. Münchener Luftschi&hrten 54, 120. Mündungsfälle 395. Mündungsformen der Flüsse 403. Mündungshäfen 585. Mündungsseen 542. Muntz 344, 353*. Mur 515. Muren 351. Müritzsee 538. Murmeltier 648. Murray (Fluß) 373, 407, 526. Murray 18*, 36, 39, 40*, 123, 133*, 193, 196, 204, 207*, 254, 255*, 523, 531*, 568, 570, 574*. Mursuk, tägl. Wärmeschwankung 79. Musaceen 597.

Muschelbänke iu Norwegen 284. Muschelkalk 20. Muschketow 337, 340*. Mutationsgebiete 431. Mygale 645. Myrte 624.

Nachtigal 79.

Nadelholz s. Koniferen.

Nagetiere 654, 660.

Nairai 567.

Namaland 618.

Nandu 664.

Nanga Parbat-Gletscher 167.

Nankou-Gebirge 457.

Nanschan 484.

Nansen 70, 77*, 170, 172.

Naphtha 321.

Narentadelta 405.

Narowafall 896.

Narra 530.

Narynthal 510.

Nashorn 643, 656.

Nationalpark^ Greysire 370.

Natronseen 543.

Natterkopf 632.

44

690

Register.

Natürliche BrQcken 859.

Naturechacht 360, 361, 862, 368.

Naumann 495*.

Naumanngletscher 169.

Neapel, Senkungen 294, Golf 577.

Nebel 121.

Nebenflüsse 520.

Nebenmeere 192, 198, Bodenrelief 199, Bodenbedeckung 208, Salzgehalt 216.

Necks 504.

Nefud 412, 617.

Negative Niveauveränderungen 280.

Nehring 184, 190*.

Nehrung 425.

Nekton 208.

Nelson 531.

Nemorhedus 658.

Neocom 20.

Neogen 20.

Nerobäder 367.

Neucaledonien 558, 559, 622.

Neue Hebriden 311, 558.

Neu-England, Gebirge 487.

Neue Welt s. Amerika.

Neuffen, Tiefentemperatur 8.

Neufundland 581.

Neufundlaudbank 199, Nebel 121, Fischreichtum 255.

Neuguinea, Fauna 557, 558, 652, Flora 551, 622.

Neumann, B. 531*.

Neumayer 116, 122*.

Neumayr 22*, 206, 207*, 313, 331, 353*.

Neu-Mecklenburg 558.

Neu-Mexico, Waldgrenze 604.

Neuschottland 550, 575, 581.

Neuseeland 552, 558, Föhn 115, Regen 129, 131, Gletscher 169, Klima 175, Niveauveränderungen 291, 295, Vul- kane 311, Schlammsprudel 320, Gej- sire 370, Seen 541, Flora und Fauna 559, 574, 622, 626, 628, 652, Fjorde 581, Palmen 595, Waldgrenze 604, Waldland 610, Famfluren 620.

Neusibirische Inseln 558.

Neusiedler See 365.

Neu-Süd-Wales, Wald 610.

Neutrale Küste 575, 576.

Neutrale Zone 12.

Neuzeit der Erde 19.

Nevada, Boraxseen 544.

Nevados 112.

Newa, Eisbedeckung 374.

New Madrid, Seebildung 584.

New Orleans, Strandseen 533.

New Red Sandstone 21.

Newton, J. 233.

New York, Regendichtigkeit 188.

Ngai 315.

Ngau 566.

Niagarafall 396.

Njassasee 315, 542.

Niedergebirge 437.

Niederguinea, Küste 575, Savane 612.

Niederlande, Depression 536, Wald 631.

Niederlausitz 447.

Niederungarische Ebene 444 , 449 f., 61 5.

NiederrheinLsches Schiefergebirge 490, 492, 494, Durch^ngsthäler 516.

Niederschläge 122 ff., sanitäre Bedeu- tung 42, jährl. Periode 133, 35jälir. Periode 178, 179, Salpetersäuregehair 352, Einfluß auf die Thalbildung 39^.

Niedrigwasser des Meeres 228.

Niemeyer 116*.

Nieuweveld-Berge 457.

Nieve penitente 155.

Nigerbecken 32.

Nigerdelta 407.

Nikolski 544.

Nil 372, 397, 527, Delta 403, 404, 40^, 406, Ablenkung 529.

Nilthal 389, 450.

Nipptiden 231.

Nischen 887, in den Sunden 419.

Nischne-Kolymsk, Föhn 115.

Nisyros 313.

Niveaufläche 208.

Niveauveränderungen 14, 16, 271, litorale 278 ff., binnenländische 296 f., Einfluß auf die Deltabildung 4(»:.

Nivellement 211, 439.

Nordafrikanische Strömung 244, 253.

Nordamerika, Grenzen 28, Areal 30, Oberflächengestaltung 82, 33, Höhe 36, 39, Temperatur 70, Temperatur- schwankung im wesäichen Hoch- land 79, Temperaturveränderlichkoit 84, 85, 86, barometr. Minima 97, 9^, Luftdruck und Winde 102, 103, 104, 107, 108, Regen 127, 131, 137, Schnee 142, Gletscher 168, Eiszeit lb3, Niveauverändemngen 289, 293, 296, Vulkane 311, Diluvialterrasscn 390. Löß 414, Bodenarten 427, 428. 430, Tafelländer 443, westliche Hoch- flächen 446, abflußlose Gebiete 522, 523, Abdachungen 523, FIfisse 52T, Seen 588, 545, Halbinseln 549, Fjorde 581, Küstenabstand 587, Palmen 595, 596, Grenze der immer- n. sommer* gränen Bäume 600, Wälder 611, Salzwüste 617, Vegetationsformatio- nen 620, Flora 624. 631, 632, Ge- treidegrenze 685, Obs^^renze 637, Fauna 651, 660, 661, 662.

Nordatlantiscbe Cyklone im Winter 103, im Sommer 108.

Nordatlantischer Ozean, Windceschwin- digkeit 89, Gescbtnndigkext der barometr. Minima 98, Stürme 98.

Register.

691

Xdrdckilenische KlimaproTinz 175.

Xorddeutschland 84, 87, 137.

Xordenskiöld 16, 18^ U2, 268, 271.

Nord^ord, Strandlinien 284.

Xordkuntinente 27, 80.

Nordkrainische Ebene 546.

Nr>rdliche Halbkugel, Wasser und Land 23, Durchschnittstemperatur 72, Dauer des Winterhalbjahres 45, Tageslänge 47, Luftdruck 94, Anti- cy klonen und Cyklonen 94, Luft- druck und Winde im Winter 102 ff., im Sommer 107, Barometerschwan- kung 110, Bewölkung 121, Begen 123, Gletscherareal 165, Flußgebiet 523, Flora 625, Fauna 663.

Nordliche Ealkalpen, Schneegrenze 149.

Nördliches Eismeer 25, Areal 27, 193, Tiefe 193, Bodenrelief 198 f., Strö- mungen 245 f., Tiefen temperatur 264 ff., Eisbildung 269 ff.

Nordlicht 48 ff.

Nordlichtbogen 49.

Nordmeer (europäisches), Niveau 209 f.

Nordost - Europa , Temperaturabwei- chung 87.

Nordost-Monsun 106.

Nordpazi£sche Cyklone im Winter 104, im Sommer 108.

Nordpol, unbekanntes Gebiet 23.

Nordpolares Hochdruckgebiet 91.

Nordsee, Areal und Tiefe 103, Boden- relief 199, Salzgehalt 216, Gezeiten 236, Strandverschiebung 292, Dünen 412.

Nordstrand 422.

Nordw^est-Monsun 105.

Norfolkinsel 559.

Normale 4.

Normale Wasserscheide 511.

Normalhöhenpunkt und Normalnull der preuß. Landesaufiiahme 211.

Normal-Isothermen 64.

Normaltemperaturen der Breitengrade 71, 77.

Normalwerte (meteorologische) 181.

Normandie, Thäler 398, Küste 576.

Norrköping, Strandlinie 285.

Norther 85.

Norwegen, vertik. Temperaturabnahme 56, Wintertemperatur 69, 265, Regen 125, Gletscher 156, Torfmoore 181, Niveauveränderungen 282 ff., 288, Küste 419, Fjorde 492, 578, 581, 584, Seen 540, 541, 580, Küstenlänge 578, alpine Waldgrenze 604, 605, Wald 631, Getreidegrenze 635, 636.

Novaledosee 545.

.Vowaja Semlja 552, 558, tägl. Wärme- 5chwankang81, Eisberge 172, Nivean- veränderung 288«

Noworossisk, Bora 113.

Nukus, Verdunstung und Regen 544.

Nulato, Wald 601.

Nunatak 170, Vegetation 603.

Nutation 10.

Nutzpflanzen 632 ff.

Oahu 504, 570. Oasen 616, 638. Ob 526, Eiftbedeckung 374. Oberbeck 92, 101*. Oberdeutsche Hochebene 450. Oberer See 536, 538. Oberfläche der Erde 5. Oberflächenformen 435 ff. Oberfiächenmoräne 161. Oberffuinea, Wüstenwinde 115. Oberhalbsteiner Thal 514, 636. Oberitalienische Ebene s. Po-Ebene. Oberlauf der Flüsse 378. Oberrheinische Ebene 399, 444, 445,

458, 508, Erdbeben 334. Obersulzbachfemer 1^4. Obir, Temperatur 59. Obst 637. Ochotskisches Meer 192, Areal und

Tiefe 193, Eis 268. Ochotskische Strömung 247, thermische,

Bedeutung 68. Oder, Veränderungen 530. Oderthal 512.

Odessa, tägl. Wärmeschwankung 81. Odet 582. Oeta 482. Ofen 368.

Offene Mündungen 403. Offener Ozean 193. Ogiven 159. Ohio 526.

Oka, Eisbedeckung 374. Öland, Niveauveränderung 287. Ölbaum 592, 624. Oldham 23*, 462*. 016ron 576. Oligocän 20. Olonez, Wald 631. Ölpalme 597, 610. Onegasee 536, 545, 550. Oneion 551. Ooze 201.

Opilio glacialis 647. Oporto, Gezeiten 234. Orbitalbewegnng 219. Orchideen 598, 608. Oregonceder 612. Organischer Schlamm 201. Orinoco, Delta 407. Orizaba, Pik v., 500, 604. Orleans, Prinz Heinrich y., 311. Orlow 340*.

Orographische Schneegrenze 147. 44*

692

Register.

Orographisches System 486.

Orographische Thftler 400.

Orometrie 440 f.

Ortler Alpen, Schneegrenze 149.

Osman Dagh 820.

Osomo, Waldgrenze 604.

Ossabaw, Gezeiten 284.

Ostafrika, Gräben 814, Seen 542, Vegetation 613.

Ostalpen, vertik. Temperaturabnahme 56, Schneegrenze 149, Gletscherareal 166, Stoßlinien 838, 884, Bau 470, Abdachungen 509, Hochseen 540.

Ostanglikanische Höhen 456.

Ostasien, morphologische Provinz 82, 84, Temperaturverftnderlichkeit 84, Winde 104, 109, Winterklima 115, Eegen 186, Schnee 142, Deltas 406, Flora 625, Fauna 658.

Ostaustralien, Niveauveränderung 290.

Ostaustralische Strömung 246.

Ostchinesisches Meer 192, Areal und Tiefe 198, Bodenrelief 199, Wellen 222.

Österreich, Wald 631.

Osteuropa s. Bußland.

Osteuropäische Klimaprovinz 174.

Ostfeste 27, Oberflächengestaltung 80, Temperatur 69, 78, 87, Begenwahr- scheinlichkeit 181, ELlimaprovinzen 173, Rttstenabstand 587, Wüsten- gürtel 617, Vegetationsformationen 620, Flora 621, 625, Nahrungspflanzen 688, 689.

Ostgrönländische Strömung 245, 253, 266.

Ostindien 185, tägl. Wärmeschwankung 79, Begen 126, Maare 299, Boden- arten 429, Wald 607, Fauna 657.

Ostindisch-australische Monsunprovinz, Klima 174.

Ostindischer Archipel s. malaischer A.

Ostküsten, Temperatur 66, 68, 71, thermische Anomalie 78, 74, jährL Wärmeschwankung 82, Temperatur- veränderlichkeit 85, Temperatur- abweichunff 87, Winde 102, Begen- wahrscheinlichkeitl 32, jahreszeitliche Begen Verteilung 134, 139.

Ostliche Halbkugel, Wasser u. Land 24.

Ostsee 191, 192, Areal und Tiefe 193, BodenreUef 199, Niveauschwankun- gen 210, Salzgehalt 216, Flutgröße 239, Strömungen 241, Eis 268, an- gebliche Entleerung 286 f., Geschichte 286, Dünen 412.

Ostsibirien, Wärmeumkehr 59, Tempe- ratur 67, 69, 70, 71, 82. Temperatur- veränderlichkeit 84, 86, Barometer- maxima 102, 104, Begen 126, Klima 174, Deltas 406.

Oszillierende Bodenbewegung 295.

Othiys 482.

ötzthaler Alpen, Schneegrenze 149,

Form 487, Gliederung 510, 518. Ouessant, Gezeiten 234. Ouse 526. Ozjtropis 589. Ozean s. Meer. Ozeanische Deltas 403. Ozeanische Inseln 552.

Pacific Creek 524.

Packeis 269, 270.

Pahde 255*.

Paläarktisches Flachland 31.

Palacky 622.

Paläozoisches Zeitalter (FormatiouS' gruppe) 19.

Palau- Archipel 559

Palermo, Verunreinigung der Lui^ 42.

Palics-See 543.

Palkstraße 556.

Palmarola, Niveauveränderung 292.

Palmen 595 ff.

Palmenöl 597.

Pahnenwein 597.

Palmenzucker 597.

Palmieri 302, 331, 337, 502.

Pambuk-Kalassi, Travertin 367.

Pamir 30, 476, tägliche Wärmeschwau- kung 79, Bau 448, Gliederung 511, Waldgrenze 604.

Pampas, Klima 175, Loß 414, 431, Vegetation 614, 619, Flora 626, 632.

Pampasformation 448.

Panama-Isthmus 28.

Pandanus 598.

Pandschab, Begen 135.

Pantanelli 462*.

Panther 644.

Papageien 644, 652, 654, 657.

Papaver nudicaule 603.

Pappel 612.

Para, Schmetterlingsfauna 644.

Paradiesfeige 597.

Paradiesvögel 652.

Paragras 632.

Paraguay, Fluß 523, 526.

Parahyba, Grezeiten 284.

Parallaktische Ungleichheit der Ge- zeiten 282.

Parallelgliederung 510.

Parana 523, 526.

Paris 222, 228*.

Paris, Flora 592.

Parkkette 497, 498.

Parks 497.

Parmas 478.

Pames 482.

Paroxysmen der Vulkane 302.

Parrv 23.

698

Pascoe 652.

Paß 520.

Passat 99, im Winter 105, 106, im

Sommer 107, 108. Passatschauer 182. Passatstaub 202. PSsse (MisBiflsippi) 405. Pasterze 157, 164.

Patagonien, Niveanveränderungen 291, Seen 540, Küstenform 576, Vegetation 619, Flora 626. Patagonische Flachsee 199.

Patagonische Formation, Fauna 653.

Pancnata, Schneegrenze 148.

St. Paal-Insel (Beringmeer), Kegen 138.

,, (Atlantischer Ozean) 571.

,, (Indischer Ozean) 584.

Panlsen 51, 52*.

Pamnotu-Archipel 567.

Payer 23, 49, 157.

Paafischer Küstentypus 575.

Pazifischer Ozean 25, 26, Areal 27, 193, Tiefe 36, 39, 198, 196, Lufttemperatur 66, 67, Cyklonen 99^ Luftdruck und Winde 102, 105, 106, 108, Regen 126, 127, 128, 129, Bodenrelief 196, 200, Bedenbedeckung 203 f., Salz- gehalt 215, Wellen 222, Gezeiten 239, Strömungen 246 f., 251, Ober- flSchentemperatur 252, 256, 257, Tiefentemperatur 262, 266, Vulkane 310, 311, Flußgebiet 523.

Pazifische Welt 34.

Pazifisch -indisches Monsimgebiet 126.

Peal 370*, 498, 499*.

Peary 170.

Pechuel-Lösche 612.

Peiho, Abtragung 381.

Pekari 652, 654.

Pelagische Ablagerungen 200, 204.

Pelagische Fauna 535.

Peloponnes, Bau 482, Halbinsel 551.

Pelvoux 483.

Pelztiere 659, 660.

Penck 36, 39, 40*, 165, 278*, 286, 297*, 342, 359, 381*, 383, 389, 890, 397% 401*, 438, 483, 484, 513, 523, 533, 534, 585, 536, 537, 539, 541, 568, 569, 570.

Pendelbeobachtnngen 3, 13.

Peneplain 486.

Pentelikon 482.

Perekop-Isthmus 549.

Perihel 45, 46.

Periodische Quellen 866.

Periodische Seen 359.

Periodische meteor. Veränderungen 176.

Periodische tSgl. Wärmeschwankung 78.

Peripherische Stoßlinien 333.

Peripherische Flachländer 446 ff., 449.

Permanenzgebiete 431.

Permische Formation 20.

Perndter 122*.

Perrey 389.

Persien, Bodenarten 429, Boraxseen 544, Wüsten 617.

Persimanbaum 599.

Persischer Golf 190, 198, 199.

Peru, Länge des Meridiangrades 4, Klima 71, 175, Vulkane 811, Vege- tation 616, Getreidegrenze 635.

Peruströmung 246, 253.

Peschel 278*, 512, 543.

Peter 682*.

Petermann 245.

Peters, 530, 544.

Petersquelle 367.

Petit Lake 524.

Petro-Alezandrowsk, Verdunstung und Regen 126, 544.

Petropaulowsk, Gezeiten 239, 240.

Petschora 526.

Peucker 441*.

Pfaff 155, 417.

Pfeiffer 298*.

Pferd 659, 661.

Pfitscher Joch 516.

Pflanzen, Anteil an der Zerstöning 344, an der Landbildung 424, 546, Verbreitungsmittel 572, Abhängig- keit vom Boden 589, vom Klima 590.

Pflanzenleben im Meer 201.

Pflanzenregionen 603 ff.

Pfriemengras 615.

Phänologie 592.

Phalasama, Strandverschiebung 292.

Philippi 632*.

Philippinen, Vulkane 311, Fauna 557.

Philippson 382, 401*, 420, 424, 425, 426*, 482, 496*.

Phlegräische Felder 318, 318, 502.

Phönixinseln 565.

Phönix spinosa 610.

Phönizische Häfen 584.

Phreatische Wasserschicht 355.

Phryma Leptostachya 593.

Phylica arborea 396.

Pic du Midi, vertikale Temperatur- abnahme 56.

Pico, Vulkan von, 501.

Pierre du Niton 211.

Pikermischichten, Fauna 656.

Pikes Peak, Temperatur 57, 82.

Pilar 360.

Pillsbury 255*.

Pinchincha 501.

Pindufl, Waldgrenze 604.

Pinien 601.

Pinselzüngige Papageien 652.

Pinzgauer Ache 515.

Piombino 577.

Pisa, alte Bucht v., 577.

694

Register.

Pisang 597, 610.

Piflciarelli, Thermen 367.

Pittinsel 595.

Piz Linard 647.

Planimeter 5.

Planimetrische Methode 36.

Planina-Polje 359, 360.

Plankton 203.

Plateauklima 83.

Plateaus 437, yertik. Wärmeabnahme 59.

Platten 438.

Pleistoseistes Gebiet 328.

Pliocän 20, 183, 185.

Pliickensteingraiiit, Gipfelform 347.

Plutonistißche Theorie 275.

Pluvialperiode 184.

Po 380, 520, 525, 530, Abtragung 381,

Delta 404, 405, 407. Po-Ebene 444, 446, Klima 112, Regen

138, Böschung 195. Polarbär s. Eisbfir. Polare Beleuchtungszouen 47. Polare Pflanzenzouen 602, 639. Polarer Typus der Süßwasserseen 259. Polarer Wärmegürtel 76. Polarfuchs 558, 646, 662. Polarhalbmesser der Erde 5. Polarhase 646.

Polarisbai, tägl. Wfirmesch wankung 81. Polarklima 83, tägliche Teraperatur-

schwankung 81 , Veränderlicbkeit 86. Polarländer, Temperaturabweichung 87,

Regen 137, Gewitter 140, Hagel 141,

Gletscher 169, Faziesgebiet 431. Polarlicht 48.

Polarseite der Cyklonen 96. Polarströmungen im Atlant. Ozean 245,

im Pazif. Ozean 247. Polder 424. Poliakow 529. Policastro, Golf von, 577. Polje 359, 363. Polnischer Hut 309. Polynesien 560, 567, 570, 653, Klima

175, Flora und Fauna 572, 652, 663. Polynia 271. Polypedatidae 571. Pommerischer Landrücken 430, 447. Pongauer Ache 515. Pontinische Inseln 313. Pontus s. Schwarzes Meer. Pori 618. Poriteu 562. Pororoca 238. Portland 426.

Port Said, Feuchtigkeit 124, Regen 127. Positive Niveauveränderungen 280, 292,

583. Powell 497, 498.

Pozzuoli, Niveauveränderungen 292,295. Praia, Regen 132.

Pramberge 453.

Prärieen 83, vertik. Wärmeabnahme 60, Löß 414, Terrain 438, 443, Ve-^- tation 615.

Präzession 10.

Precht 77*.

Pregel 530.

Prestwich 13*.

Preußen, Landrücken 430, 447.

Primäres Zeitalter (Fonnationsgrupp«?) 19.

Primäre Wellen 235.

Primäre Windströmun^en 250.

Primärformation Südamkas 21.

Primeln 594.

Prinz Alfred-Gletscher 169.

Prinzeninsel 561.

Procida 313.

Produktive Steinkolilenformation 20.

Profilmethode 36.

Propylit 318. ! Pröscholdt 496*. j Proteaceenbäume 613.

Provence, Mistral 113.

Pruth 405, 530.

P.rzewalski 79, 124, 126.

Pteropodenschlamm 204.

Ptolemäisches Weltsystem 1.

Puff 255*.

Puia-Therme 370.

Puma 654.

Pumpelly 352, 353*, 534.

Punaregion 618.

Punta Arenas, Klima u. Getreidebau 1>H»^.

Purpurschwalbe 644.

Pußta 614.

Puy de Cöme 310.

Pyrenäen 30, vertikale Temperatiu-- abnähme 56, Föhne 114, Gletscher 166, Erdbeben 334, Gipfelformeu 347. Erdpyramiden 351, Bau 471, Gliede- rung 510, 511, Seen 541, Vegetatioiis- regionen 604, Getreidegrenze 635.

Pyrenäische Halbinsel s. Iberische H.

Pythonschlange 658.

Quartäres Zeitalter (Formation) 19, 20.

Quellen 364 ff., Temperatur 367, Mi neralgehalt 366.

Quelltümpel 365.

Querabdachung 509.

Querandinische Stufe 291.

Querbeben 330, 334.

Querflüsse 520.

QuergUederung 510.

Querkämme 464.

Querschollen 482, 492, 495.

Querspalten im Gletscher 160.

Querthäler 464, 507, 508 f.

Quito, Gewitter 138, Vulkane 312, Ge- treidegrenze 635.

Register.

695

Radiale Stoßlinien 333.

Radialspalten bei Erdbeben 327.

Radiolarienschlaram 204.

Radmerbach 515.

Rafflesia Arnold! 599.

Eamberg 493.

Ramsay 456, 463*, 499, 541.

Rasdfaltungen 478.

Raudseen 540.

Randspalten der Gletscher 160.

Ratschacber Wasserscheide 517.

Hatten 651, 654, 660.

Ratzel 147, 149*, 524.

Raubtiere 654, 657, 659, 660.

Raulie Alb s. Schwäbische Alb.

Rauriser Ache 515.

Ravenna 426.

Ravensberg 494.

Ravenstein 620, 621*.

Re 576.

Reade, Meilard 381, 466, 479*.

V. Rebeur-Paschwitz 17, 18*, 330,

340*. Reclus 524. Red River 531.

(Nbfl. d. Mississippi) 405, Canon 388. Reduktion der Temperatur 61. Reduziertes spezif. Gewicht des Meer- wassers 214.

Regel 496*.

Kfgelation 158.

Kegelmäßige Wärmeschichtung 259.

Hegen s. Niederschläge.

Kegendichtigkeit 132, 133.

Regenerierte Gletscher 155.

Kegengebiete der Erde 138, 432.

Regengrüne W&lder 610.

Regen Wahrscheinlichkeit 129, 132.

Regen Wälder 610.

Regenwürmer, Humusbildung 345.

Regionale Niveauveränderungen 272.

Regressionstheorie 513.

Regur 415.

Rehe 659.

Keichelt 188, 190*.

Reichenow 662, 664*.

Reid 168, 173*.

Reiderland 421.

Reif 119.

Rein 568, 633.

Reis 633.

Reiß 166, 305, 322*.

Relaisbeben 336.

Relative Feuchtigkeit 118.

Reliktenseen 535.

S. Remo, unterseeische Quelle 358.

Renard 18*, 207*.

Rentier 558, 646, 649, 659.

Reptilien 572, 643, 646, 658.

Resaca 227.

Reschenseheideck 516.

Reschensee 532.

Restinseln 559.

Reusch 419, 426*.

ReuBchle 585.

Reuß, Abtragung 381, Thal 392.

Revillagigedo-Inseln 572.

Reyer 278*, 322*, 335, 467, 479*, 481, 496*, 505.

Rhätische Alpen, Getreidegrenze 636.

Rhein 521, 525, Schwankungen des Wasserstandes 371, 372, Delta 404, 405, 406, 407, 528, Verbindung mit der Donau 524, Größe 527, Verän- derungen 528, 530 f., Ablenkung 529.

Rheinfall 396, 397.

Rheinisches Erdbeben (1828) 328, (1846) 325, 337.

Rheinthal 516.

Rhinozerosbusch 619.

Rhone 525, 530, Abtragung 381, Delta 404, 407.

Rhönegletscher 163.

Rhönethal 508. I Rhyolith 299, 319. I Rias 582, 584.

I Richter, Ed. 145, 146, 149*, 165*, 166, 173*, 190*, 258, 271*, 370*.

V. Richthofen 278*, 311, 318, 352, 384, 400, 408, 413, 415, 427, 428, 434, 437, 445, 446, 457, 462*, 463*, 467, 476, 486, 509, 511, 520, 549, 582, 583.

Ricinus 598.

Ried 547.

Ried (Tirol), Muren 351.

Riedgräser 546, 547.

Riesenhirsch 659.

Riesentöpfe 160, in Steilküsten 419.

Rif 474.

Rig^, Temperatur 80, 83, 85, Wasser- rinnen 387.

Ringgolds Isles 567.

Rio de Janeiro, Hafen 585.

Rio Grande del Norte, Canon 388.

Rio Negro, Gezeiten 234, Waldland 609.

Rionthal 508.

Ritter, A. 11.

Riukiu-Inseln 311, 553.

Rocca Monfina 313, 504.

Rocky Mountains s. Felsengebirge.

Rodmann 199, 207*.

Roggen 634.

Rohboden 345.

Rohlfs 79, 410.

Rohrbach 427, 428, 429, 586, 588*.

Rokitnosümpfe 524.

Rolland 413, 415*, 483, 462*.

Rom, Feuchtigkeit und Regen 124, Schnee 142.

Romieux 298*.

RomsdalsQord, Strandlinien 284.

696

Register.

Bosenlauigletscher 160.

Rosiwal 822.

Ro88 28, 71, 172, 197.

Roßberg, Bergsturz 851.

Roßbreiten 128.

Rostförmiffe Gliederung 510, 511.

Rotangpaünen 597, 608.

Rotatorische Erdbebenbewegung 824.

Roter Schlick 201, 205.

Roter Schnee 607.

Roter See 543.

Roter Thon 201, 204.

Rotes Meer 192, Areal u. Tiefe 198, Bodenrelief 199, Salzgehalt 216, Farbe 2t9, Geologie 814.

Roth, J. 848, 344, 358*.

Roth, Santiago 448, 468*.

Rotholzbaum 612.

Rothpletz 276, 278*, 466, 479*.

Rotliegendes 20.

Rückengebirge 486, 492.

Rückstau 879.

Rudistenkalk 868.

Rudolfsee 815, 542.

Rudolph 202, 207*, 226, 271*, 816, 885.

Rüsen 416, 447.

Riihlmann 440.

Rumänien, Wald 681.

Rumpfgebirge 485, 487, 495.

Rumpfschollengebirge 488, 495, Vor- kommen 490 f., Urographie 491 f., Inseln 558.

Rundhöckerlandschaften 589.

Rung 110*

Runkelrübe 687.

Russell, J. C. 151, 165*, 173*, 190*, 414, 415*, 460, 461, 468*.

Russell, Scott 197, 221.

Rußland, Temperaturver&nderlichkeit 84, 86, Temperaturabweichung 87, Regen 126, 187, Gewitter 140. Tem- peraturschwankuneen 179, Eiszeit 188, Niveauverfinderungen 289, 292, Erdbeben 834, moderne Thalbildung 886, Deltas 406, Bodenarten 429, Bau u. (Schichte 442, 448, Haupt- wasserscheide 523, Flüsse 529, Rüsten 576, Wald 631.

Rutenförmige Teilung d. Gebirge 475.

Rütimeyer 887, 401*, 582, 588*.

Saalachthal 515, Seebildung 538. Sabaleae 596. Sabalpalme 596.

Sabine -Insel, tfigliche Wärmeschwan- kung 81. Sabioncello 558. Sacco 296, 298*. Sachalinische Strömung 247. Sachs 614.

Sächsische Schweiz, Gipfelformen 841» Thalbildung 889, 452, Tafelberge 454» Fleznr 457.

Sasopalme 597.

Si£ama, Schneegrenze 148.

Sahara 81, 522, Temperatur 70, 79. Luftdruck u. Winde 105, 108, 109, Regen 124, 127, 136, Gewitter 140, Klima 174, früheres Klima 184, 433, Quellen 866, Ablagerungen 410, Dünen 411, 412 f., Bodenarten 427, 431, 482, Oberflächenformen 432, Bau 442, Gebirge 495, Depressionen 587, Vegetation 616, 617, Fauna 642, 649, 664.

Sijangebirge, Waldgi-enze 604, Ge- treidegrenze 685.

Säkulare Klimaperioden 181, 185. Niveauverändernngen 272.

Säkularer Waldwechsel 630.

Säkulare Verwitterung 352.

Salamanca, Regen 125.

Saia 7 Gomez 552.

Salemo, Golf v., 577.

Salomoninseln 558, 568.

Salsen 320.

Salzachthal 509, 515.

Salzgehalt des Meerwassers 212, des Flußwassers 213.

Salzkammergut-Seen 541.

Salzpflanzen 589.

Salzseen 542 f.

Salzsteppe 418, Vegetation 616.

Sambesi 407.

Sambesi-Kalahari-Becken 32.

Samländische Küste 416.

Samum 116.

Sandbänke 200, 408, in Flüssen 379.

Sandberg in Fessan 412.

Sandboden 345.

Sandinseln in Flüssen 879.

Sandkegel auf Gletschern 163.

Sandler 284, 297% 581.

Sandsteppen 616.

Sandwüsten 410, 428, 430.

Sangay 301.

Sansibar, tägl. Wärmeschwankung 81.

Santa Cruz-Schichten, Fauna 653.

Santiago (Chile), Temperatur 60.

Santorin 805, 818, 560.

Saone 525.

Saonethal 508.

Sapper 506*.

Saraswati 530.

Sara urcu, Gletscher 166.

Sargans, Wasserscheide 518.

Sargassomeer 244, Farbe 218.

Sargent 621*.

SaiY-ELamysch-See 528.

Saskatchewan 523.

Sassafraslorber 599.

Register.

697

Sattel der Falten 468.

Sattelpaß 520.

Sättucongsdefizit 118.

Saaerquellen 810.

Saaerstoffgehalt der Luft 41.

Saamriffe 568.

Saure Eruptivgesteine 299.

Savane 612.

Savanenwälder 618.

Sawatch 498.

Saya de Malha-Bank 567.

Schacht 548^

Schafberg, Wärmeabnahme 58.

Schanghai, Wintertemperatur 104.

Schansi, Karbonplatean 457.

Schantang, Gebirgsbau 474.

Sehfiren 582.

Schartenpaß 520.

Schanmg im Flusse 879, der Gebirge

476. Schat el Arab 580, Delta 406. Schaukelbewegung des Bodens 294. ScheingrSser 547. Scheit^wert 77. Scheich 659.

Schemnitz, trachytisches Gebirge 818. Schenck 21, 28*, 468*. Schichtquellen 865. Schichtungstafeln 448, 449. Schiefe Falten 464. Schimpanse 656. Schiweljutsch 318. Schlackenkeeel 809. Schlackenwäle 309. Sehladebacher Bohrloch 7, 8. Schlaggendorfer Spitze, Einsturz 851. V. Schlagintweit, H. 367, 606. Schlammsprudel 820, 865. Schlammströme bei Vulkanen 803, bei

Mooren 548. Schlammvulkane 820. Schlangen 645. Schlee 130, 138*. Schleppung (geologisch) 274. Schleswig, Dünen 412. Schuck 201. Schmalhausen 297*. Schmetterlinge 644. Schmick 226. Schmidt, Adolf 8, 13*. Schmidt, A. 887. Schmidt, J. 889. Schmutzb&nder der Gletscher 168. Schnabeltiere 651, 664. Schnee 15, Verbreitung 142. Schneeberg (österr. Alpen) 488. Schneeberge (Südafrika) 457. Schneehase 648.

Schneelinie (Schneegrenze) 144, Me- thoden 145, Verteilung 147, 484, in d. Eiszeit 184.

Schneemaus 648.

Schollen (geologisch) 278, 458.

Schollenberge 462.

Schollengebirge 495, Thalbildung 507.

SchoUenlftnder 275.

Schollenlava 808.

Schopfhuhn 654, 664.

Schorfflechten 844.

Schott 214, 216, 219*, 220, 221, 222, 228, 241, 242, 247, 252.

Schott- el-Dscherid 188, 587. Gharsa 582.

Schottland, Temperatnrabnahme 56, Regen 125, Gewitter 140, Eiszeit 188, Niveauveränderung 288, Hochland 491, 498, Seen 541, 580, Thalbuchten

581, Waldgrenze 604, Getreidegrenze 635, 686.

Schott Mebrir 537.

Schrader 479*.

Schratten 362.

Schuhmacher 837.

Schunk 164, 165*.

Schuppenstruktur 465.

Schuster 155.

Schuttboden 345.

Schütterlinien 382, 833.

Schutthalden 350.

Schuttkegel 350, 380, in Binnenseen 403.

Schutzfarben der Tiere 642.

Schwäbische Alb (Jura), vertik. Wärme- abnahme 56, Maare 299, Erdbeben 837, Bau 454, Glazialpflanze 629.

Schwarze 173*.

Schwarzerde 414.

Schwarzes Gebirge 318.

Schwarzes Meer 195, Tiefe 200, Niveau- schwankungen 210, Salzgehalt 216, Name 219, Strömungen 241, Tiefen- temperatnr 261, Niveauveränderung 291.

Schwarzwald 474, 490, Glazialflora 629, Getreidegrenze 685.

Schwarzwasser 640.

Schweden, Regen 125, Niveauverände- rungen 285 ff., 295, Moränenland- schaft 480, Seen 585, 539, Fjärde

582, Wald 631. Schwein 660. Schweinfurth 610.

Schweiz, vertikale Wärmeabnahme 56, Temperaturabweichung 87, Föhntage 115, Hasel 141, Gletocherareal 166, angebliche Bodenver8chiebuneen297, Eitibeben 824, 881, 839, Abhängig- keit der Pflanze vom Boden 590, Pflanzenregionen 604, säkularer Waldwechsel 630, Waldfläche 631.

Schwemmland-Dolinen 860, 362.

Scirocco 115, 116.

698

Register.

Sclater 662.

Scottgebirge, Caüon 388.

Scrope 292, 302, 322*.

Scylla und Charybdis 241.

Sedimentgesteine 12.

Seeaagen 365.

V. Seebach 837, 338.

Seebär 227.

Seebeben 385, 336.

Seefelder Paß 519.

Seeland 157, 605.

Seelöß 414.

Seeklima 63, 68, 72, 78, 82, 83.

Seen 5316*., 35 jähr. Wasserstands- perioden 178, Tiefentemperatur 257, üferzerstörung 417, Anschwemmung 429.

Seengebiete 538.

Seentheorie der Durchgangstliäler 512.

Seewind 111, 119.

Seiche 227.

Seifnitzer Wasserscheide 517.

Seihan 530.

Seine 526.

Seinebecken, Regen 125.

Seismographen 324.

Seismometer 324.

Seismoskope 324.

Seitenmoräne 161.

Sekiya 322*, 325.

Sekundäre Minima 98.

Sekundäres Zeitalter (Formations- gruppe) 19.

Sekundäre Wellen 235.

Sekundäre Windströmungen 251.

Sekundenpendel 3.

Selkirk-Gebirge, Gletsclior 1G9.

Semler 632*.

Semper 568, 640, 650*.

Senft 353*, 546.

Senkungen 289, bei Erdbeben 327.

Senkungsbecken 274, 534, 535.

Senkungsthäler 399, 400.

Senon 20.

Sequoia 593, 599, 612.

Serena, Regen 129.

Serie in der Geologie 19.

Serir 409, 617.

Sermerßuak 170.

Serpentinen 376.

Serra da Estrella, Wärmeabnahme 56, Regen 125.

Serre 474.

Serval 658.

Seter 282, 284.

Shaw 79.

Sheavwits-Plateau 459.

Sibirien, Temperaturabweichung 87, Anticyklone 104, Regen 137, Ge- witter 140, Niveauveränderung 289, Bodenarten 429, Tiefland 448, Flüsse

529, Küste 576, Waldgrenze *;01, säkularer Wald Wechsel 631, Gt- treidegrenze 634, Obst 637.

Sicilien, Wüstenwinde 116, Regen 13^. Flora 624, Verbindung mit A&ika (;.'^:>.

Siebenbürgen 450, 453.

Siebenschläfer 649, 661.

Siedepunkt 440.

Sieger 287, 297*.

V. Siemens 11, 13*, 92, 101*

Sierra de Gredos, Gletscher 166. de los Filabres 480. Nevada (Califomien), Gletsclier

168, Vulkane 311, Bau 4SI. Nevada (Spanien) 30, Gletscher 166, Erdbeben 334, Gipfelformeu 348, Bau 480, Seenzone 540. Nevada de St. Marta, Wahi- grenze 604.

Silleiner Erdbeben 337.

Sillthal, mittl. Böschung 195.

Sils, Temperatur 59.

Silur-Formation 19, 22.

Silvretta, Schneegrenze 149.

Simeto, Thalbildung 387.

Simferopol, Föhn 115.

Simony 352, 541.

Simplon, Glockenblume 593.

Simultanbeben 335.

Singvögel 661.

Sinisches Gebirgssystem, Richtung 4 7t>.

Sjögren 822*.

Sjongheller Grotte 419.

Siwalikschichten 472, 478.

Skagerak, Tiefe 193, Salzgehalt 2H>.

Skandinavien 550, Gebirge 32, 491, 492, 520, Winde 103, Cyklone 109. Be- wölkung 121, Gletscher 169, Eiszeir 1 83, Niveauveränderungen 282 ff., 2:v). 296, Seen 536, Küste 575.

Skaptar JökuU 303.

Skerryvore, Brandung 417.

Sklavensee 485.

Skuphos 340*.

Sluiter 574*.

Smith 322*.

Smithsund, Eismächtigkeit 270.

Smyma, Hafen von, 533.

Snake-River, Lavafeld am, 311, 443.

Soffioni 367.

SogneQord 578, 580, Strandlinien 2>4.

Sohncke 62*.

Sokolöw 415*.

Solare Wirkungen 15.

Solfatara 309, 313.

Solfatarenthätigkeit 309.

Solferino, Moränen 430.

Sologne 526.

Solowezky -Inseln, Strand Veränderun- gen 288.

SoTta 553.

Register.

699

Sombrero, Oszillationen 295. Somma 301, 502.

Sommergewitter 140. Sommergrfine Laubbäume, Gürtel der, 6O0, 611.

Sommerregen 134.

Sondflord, Strandlinien 284.

Soiidmöre, Strandlinien 284.

V. Sonklar 145, 441, 532.

Sonnblick, Wärmeabnahme 53, 57, Temperatur 57, Niederschläge 143, Höhe 483.

Sonne 381*.

Sonne 43, Hypothese Biermanns 184, Hypothese Dubois 185.

Sonnenferne 45.

Sonnenßecken 43, Beziehungen zu den Polarlichtem 51, zum Klima 176.

Sonnennähe 45.

Sonnenwelle 231, 232.

Sorata, Waldgrenze 604.

Sorghum 634.

South Cape 25.

Soyka 355, 370*.

Spanien, Regen 125, Flüsse 372, Wald 631.

Spaltenbildung im Gletscher 160, bei Erdbeben 327, 332.

Spalten theorie d. Durchgangsthäler512.

Spaltquellen 365.

Spartium 591.

Spechte 652, 657.

Spezifisches Gewicht d. Meerwassers 213.

Sphagnum 546.

Sphäroid 3.

Spinnen 645.

Spitaler 71, 72, 77*.

Spitzbergen 558, Pendellänge 3, Glet- scher 159, 169, 171, Eisberge 172, Tertiärflora 185, Niveauverände- rung 288.

Spitzmaus 654, 660, 661.'

Spratt 292.

Spreethal 530.

Springmaus 660, 661.

Springtiden 231.

Sprung 42*, 130, 133*.

Sprunghöhe d. Verwerfungen 273.

Sprungschicht 258.

Squillace-Golf 550.

Stabiles Gleichgewicht der Atmosphäre 120.

Stachelschwein 658.

Staffelbruch 273.

Stalagmiten 357.

Stalaktiten 357.

Stanleyhafen, Regendichtigkeit 133.

Stanowoigebirge, Waldgrenze 604.

Stara Apnenca 361.

Staten Island, Gezeiten 234.

Staubablagerungen 413.

Steamboot Geysir 370.

Steenstrup 156, 290.

Stefanoviß 374.

Stehende Falten 468.

Stehende Wellen 226.

Steiermark, Hagel 141.

Steilküste 416, 417.

Steinbock 648, 659.

Steingebirge 460.

Steinkohlenformation 20.

Steinschtttt 345.

Stelzen 662.

Stenshufud, Strandlinie 285.

Steppen 614, Ablagerungen 433.

Steppenflora 623, 628.

Steppen tiere 641.

V. Stern eck 14*.

Stevenson'sches Gesetz 89.

Stickstoffgehalt der Luft 41.

Stiller Ozean s. Pazifischer Ozean.

Stockholm, Niveau Veränderung 287.

Storazbaum 624.

Storjungfrun, Niveauveränderung 28".

Stoßformige Erdbeben 323.

Stoßlinien 332, 333.

Stoßwelle 226.

Strahlenförmige Gliederung 510.

Strahlenlicht 49.

Strand 196, 415.

Strand brandung 224.

Stranddänen 410.

Strandlinien 282, Verschiebungen 27b ff.

Strandsaum 425.

Strandseen 425, 533.

Strandterrasse 418.

Strandwall 425.

Strato Vulkane 500 ff.

Strauchratten 654.

Strauchvögel 652.

Strauß 664.

Strelbitzky 6.

Strokr 370.

Strom 371.

Stromboli 313, 501.

Stromfläche 210.

Stromkabelung 255.

Stromschnellen 396.

Stromstrich 375

Strom Versetzung 241.

Stromwechsel 237. *

Struktur der Gletscher 15ö.

Strumathal 511.

Stubbeukammer 418.

Stübel 166, 305, 322*.

Stuben, Regen 125.

Studer, Th. 419, 426*.

Stufe (geologisch) 19.

Stuhlmanu 311.

Stürme 98.

Sturmfluten 224.

Sturt 116.

700

Register.

Starzseen 222.

Stuttgart, Temperaturverfinderlichkeit 85.

Sabantarktische Depreasionezone 91.

Subarktische Depressionszoiie 91.

Subarktische Wurzelschicht 182.

Subatlantischer Torf 182.

SubboreaJe Wurzelschicht 182.

Subglazialer Torf 182.

Submarine Deltas 405.

Strömungen 268.

,, vulkanische Ausbrüche 816.

Subpolare Depressionszonen 91, im Winter 102, im Sommer 107, 108.

Subtropische Hochdruckzonen 91, im Winter 102, 106, im Sommer 106, 107.

Subtropischer Regen 183, 186.

Subtropischer Wald 611.

Subtropischer Wärmegürtel 76.

Subtropische Trockeugebiete 128, 136.

Südafrika, Geologie 21, Regen 129, Winde 107, Tafelberge 458,Fauna657.

Südamerika, höchste Breite 25, Grenzen 28, Areal 30, Oberfiächengestaltung 32, Höhe 36, 39, Temperatur 68, 70, 71, Regen 127, 128, 131, Hagel UO, Schneegrenze 145, Gletscher 166, Klimaprovinzen 175, Vulkane 312, Erdbeben 327, 335, 339, Dünen 412, Bodenarten 428, 429, 430, Tiefebenen 448, abflußlose Gebiete 522, 523, Abdachungen 523, Flüsse 527, Halb- inseln 549, Rüstenabstand und -ent- wicklung 587, Palmen 595, 596, immeigriine Laubbäume 602, Flora

619, 621, 626, Vegetationsformationen

620, Elntwicklungsgeschichte 653, Fauna 653 f., 663.

Sudan, Hagel 141.

Südchilenische Rlimaprovinz 175.

Südchinesisches Gebirge 484.

Südchinesisches Meer, Strömungen 246, 247.

Südd eutschland , Temperaturabwei- chung 87, 35jähr. Klimaschwankung 180.

Sudeten, Krummholzregion 606, Glazial- pflanzen 629, Getreidegrenze 635.

Südeuropa, Regei^ 136, s. weiter Mittel- meerländer.

Südfrüchte, Zone der, 637.

Südgeorgien, Schneegrenze 148, Pflan- zen 602.

Südkontinente 27, Areal 30, Fauna 664.

Südliche Halbkugel, Wasser und Land 23, Temperatur 71, 72, Temperatur- veränderlichkeit 84, Schneegrenze 142, Dauer des Winterhalbjahres 45, Tageslänge 47, Luftdruck 94, Anti- cyUonen u. Ovklonen 95, Luftdruck u. Winde 106, Barometerschwankung

110, Bewölkung 121, Regen 123, Gletscherareal 165, Flora 625, Fauna 663.

Südliches Eismeer 25, Areal 27, 193, Eisberge 172, Tiefe 193, Bodenrelief 197, Bodenbedeckung 204, Strömun- gen 252, Tiefentemperatur 267.

Südlicht 48, jährliche Periode 51.

Südostinseln 557.

Südpazifische Plateaus 197.

Südpol, unbekanntes Gebiet 23.

Südrussische Steppen 614. 615.

Südsee s. Pazifischer Ozean.

Südseeprovinz 34.

Südshetland-Inseln, Pflanzen 602.

Südtirol, Maulbeerbaum 188.

Südwest-Monsun 109.

Sues, Regen 127.

Sues, Golf V., 314.

Sues-ilsthmus 28, Verwitterung 345.

Sueskanal 192.

Süß 7, 22, 23*, 88, 84, 206, 276,278% 280, 281, 284, 287, 289, 292, 294, 295, 297*, 311, 313, 314, 315, 322*, 460, 474, 480, 486, 490, 491, 497, 506, 529, 555, 558, 575.

Sukkusorische Erdbebenbewegung 323.

Suldenerfemer 165.

Suliman-G^birge 469.

Sulusee, Tiefentemperatnr 267.

Sumatra, Regen 135, Erdbeben 333, Fauna 557, Waldgrenze 604, 605.

Sümpfe 547.

Sumpfmoos 546.

Sundasee, Bodenrelief 199.

Sungari 525.

Supan 39, 40*, 77*, 87*, 110*, 141*, 340*, 401*.

SupheUagletscher 170.

Surreta 650.

Susqnehanna, Durchgangsthal 512.

Süßwasserseen 542, Tyen 259.

Sutiey 530.

Svartklubben, Niveauveranderung 287.

Swells 498.

Sydney, Flutkurve (Aug. 1868) 225, Hafen 585.

Sykomoren 600.

Symmetrische Faltengebirge 470, 494.

Symons 207*.

Synklinale 464.

Synklinalkamm 464.

Synklinalthal 399, 464, 507, 508.

Synoptische Witterungskarten 88.

Syrien 31, Regen 127, 136, angebliche Klimaänderung 187, Gräben 314, 344, Seen 542, Küsten 579, Flora 624.

Syrische Wüste 617.

Syrten, Flutgröße 289.

System in der Geologie 19.

Szegedin, Untergang 874, Seen 543.

Register.

701

Tabago 314.

Tabak 637.

Tafelbai, Gezeiten 284.

Tafelberge 437, 453.

Tafelbrüche 273.

Tafelgebirge 437.

TafeUand 438, 442 f.

TafelBcholle 460, 553.

TafelBchollenberge 462.

TafelBchollengebixge 462.

TafelachollenUnd 461.

Tftglicbe Periode der Temperatur 78,

der Windstärke 89. Tfigliche Regenmaxima 123.

Ungleichheit der Grezeiten 232.

,, Wftrmeschwankung 78.

T^Ui, Fluthdhe 288, Vulkan 504.

Taimyrland, Waldgrenze 601.

Tait 208.

TakuQord, Gletscher 168.

Talca, Regen 129.

Taman, Schlammsprudel 321.

Tamarisken 610.

Taminaschlucht 509.

Tanfiljew 615, 621*.

Tanganikasee 315, 334, 536, 542.

Tannen 612.

Tapir 654.

Taramelli 337, 340*.

Tarawera 304, 307, 808, 309, 870.

Tarimbecken 446, 450.

Tamowitzer Platte 447.

Taschenratten 661.

Tasmanien, Fauna 557, 558, Flora 628.

Tatejama-Gletscher 168.

Tau 119.

Tauben 652, 654.

Taube Tiden 231.

Taunusquarzit 494.

Taurisches Gebirge 474.

Taurus 30, Vulkane 313.

Tausendfüßer 645.

Taxenbach 515.

Tehuantepec, Landenge 28.

Teifun 98, 99.

Teilminima 98.

Teisserenc de Bort 100, 101», 121,

122*. Tekesthal 510.

Tektonische Becken 534, 535. Landstufe 462. Thäler 400. Thalstufen 395. Teleki-Vulkan 311, 815. Temperatur, vertikale Verteilung 52,

58, horizontale Verteilung 62, tSgl.

Periode 78, jährliche Periode 81,

Veränderlichkeit 83, Abweichung 86.

35 jähr. Periode 177, 178.

Temperatur des Erdinnem 8.

Temperaturzonen 74, 75.

TenerifiBä, Antipassat 101, Feuchtig- keit 117.

Tensger 501.

Tepützer Thermen 813, 868.:

Teraiwald 609.

Terekdelta 404.

Tertiäres Zeitalter 19, 22.

Tetarata 370.

Texas, Mimosengebüsch 619.

Thalbuchten 578.

Thäler, Bildung 881 ff., Einteilung 898, im Flachlande 449 ff., Alter 507.

Thalf&Ue 395.

Thalgletscher 151, 153, 155, 156.

Thalseen 589, 540.

Thalstufen 890, 392.

Thalterrassen 390, in Norwegen 283.

Thal Wasserscheiden 516.

Thalweg 375.

Thalwind 111.

Thätige Vulkane 310.

Thaya 526.

Theben (Ägypten), Seen 543.

Thee 687.

Theiß 525.

Themse, Abtragung 881, Mündungs- form 406, Thalbildüng 456.

Theodolit 439.

Thermaltheorie 467.

Thermen 310, 327, 366, 367.

Thermische Anomalie 72.

Thermischer Äquator, im Jahresmittel 67, im Januar 68, im Juli 70.

Thessalisches Küstengebirge 482.

Thomas 307, 322*.

St. Thomas (Thom6)-Insel, tägl. Wärme- schwankung 81, Fauna 561.

Thomson, C. Wyville, 207*, 268.

Thomson, William, 2, 10, 11, 13*.

Thonboden 345.

Thonerde 344.

Thorodssen 171, 308, 322*.

Thorshavn, Regen 133.

Thoulet 206*, 409.

Thuner See 545.

Thüringer Wald, Klammen 887, Bau 488 f., 492.

Thurr 410.

Tianschan 80, 476, Gliederung 510, Wald 617.

Tiber 515.

Tiberiassee 537.

Tibet 30, vertik. Wärmeabnahme 56, tägl. Wärmeschwankung 79, lokale Winde 111, Regen 126, Gletscher 155, höchste kalte Quelle 367, Bau 446, Waldgrenze 604, 605.

Tiden 229.

Tiefland 438.

Tiefenregion 35, 36.

702

Tiefenstufen des Meeres 86.

Tieftnoore 547.

Tiefsee 196.

Tiefseethon 204.

Tjemorowälder 610.

Tiere, im Meere 201, 203, Verbreitunjn- mittel der Landtiere 554, 571 f., Be- ziehnugen zur Pflanzenwelt 640, Ab- hängigkeit von d. Temperatur 642, Periodizität 648, Beziehungen der Tiere zu einander 649.

Tietze 312, 359, 513.

Tiger 642, 644.

Tigris 405, 525, 530.

V. Tillo 24, 38, 39, 40*, 72, 77*, 427, 428, 429, 434*, 462*, 506, 522, 531*.

Timangebirge 484.

Timber line 606.

Timor 557, 622.

Tipaza, Küste 420.

Tirol, vertik. Temperaturabnahme 56, Bergstürze 352, Seenabnahme 545, vertik. Verbreitung der Tiere 647.

Tissandier 55.

Tittel 426*.

Tivoli, Travertinablagerung 367.

Toblacher Wasserscheide 517.

Tobolsk, Seehohe 448.

Tokelau-Inseln 567.

Tokio, Erdbeben 322, 325, 328, 385.

V. Toll 297*.

Tongking, Gezeiten 239.

Torell, 644, 646. 650*, 662.

Torf 547.

Torfheide 546.

Torfmoore mit Wurzelschichten 182 f.

Torghat 419.

Tornados 96.

Toskana, Inseln 480, Marcmmen 536, Küste 577.

Totes Meer, ehemalige Ausdehnung 184, Höhe 537, Dimensionen 538, Entstehung 542, Salzgehalt 548.

Totes Thal 537.

Toula 322*, 479*.

Trabert 57, 62*.

Trachycarpus Martiana 603.

Trachyt 299, 319.

Tragosbach 515.

Transgression 22.

Transsilvanische Alpen 474, 512.

Transversale Schütterlinien 833.

Trapezunt, Föhn 115.

Traß 800.

Trautschold 279, 297*.

Travertin 367.

Treibeis 269, 270, mechanische Wir- kungen 417.

Treibholz 241, 379.

Tremometer 323.

Tremors 323.

Trent 526.

Trias-Formation 20.

Trichterförmige Buchten 407.

Trier, Feuchtigkeit 117.

Triest, Bora 113.

Triftströmungen 221, 250.

Trifttheorie 248, 251.

Trigonometrische Höhenmessong 439.

Trinidad, Pendellfinge 3, Schlamin- sprudel 320.

Trisetum subspicatum 630.

Tristan da Cunha 572, Flora 602, 62t>.

Trochoide 219.

Trompetenbaum 599.

Trondhjemfjord 578, 579.

Tropengürtel 47, Zusammensetzung diT Luft 42, Temperatur 65, 73, jährl. Temperaturperiode 81, Gewitter 139, Hagel 141, Gletscher 168, Flüsse 372, 379, Dünen 412, Brandung 417, Vegetation 595, 608, Flora 621, Nutzpflanzen 633, 687, Fauna 642, 643, 644.

Tropenregen 133, 134.

Tropfstein 857.

Tropische Beleuchtungszone 47. Cordilleren, Klima 175.

Florenzone 621, 625, 627.

Tropischer Typus d. Süßwasserseen 259.

Tropischer Urwald 608.

Tropischer Wärmegürtel 76.

Tsadsee 536, 543.

Tchagos 567.

Tscharapundschi, Regen 123, 126, 133.

Tschemosjom 415.

Tschernyschew 297*.

Tschinschoscho, tÄgl. Wllnneschwaa- kung 81.

Tschugoku, Bergland 480.

Tschuthai 510.

Tsetsefliege 649, 650.

Tsinlingschan 509.

TuflF 300.

Tuffkegel 309.

Tulpenbaum 599.

Tundren 602.

Tunnels (Karstthäler) 359.

Turanisches Tiefland b. aral-kasp. T.

Turfan, Depression bei, 537.

Turmberg 447.

Turon 20.

Turuchansk, Temperatur 636.

Two Ocean Creek 524.

Two Ocean-Paß 524.

Tyndall 156, 169.

Überfallsquellen 865. Übei^aagsklima 82. Übexgußtafehi 448, 449. Überschwemmungen 874. Ufermorfiae 161.

Register.

703

Uferwälle 404, 406.

ügogo 613.

Üinkaret-Plateau 459.

Uintagebirge 496, 498.

Ule 218, 219*, 539. 548*.

Ultenthal 508.

UmfaDg der Erde 5, des Äquators 5.

Umgekehrte Wärmesduchtang 259.

Undulatorische Erdbeben 323.

Undurchlässiger Boden 354.

Unebenheiten 436.

Ungarn, Überschwemmung. 374, Ebenen

443. Natronseen 544, Wald 631. Unger 187, 633, 639*. Ungleichartige Flüsse 521. Ungleichförmige Faltengebirge 469,

494. Uuinodale Wellen 227. Unperiodische tägliche Wärmeschwan-

kung 78. Unperiodische Veränderungen 176. Unst, Pendellänge, 3. Uuteraargletscher, Abtragung 397. Unterirdisches Wasser 353 AT Unteritalien, Stoßlinien 333. Unterlauf der Flüsse 378. Unterloitsch, Doline, 361. Uuterschäffler Alpe, Temperatur 59. Unterseeische Eruptionen 316. Unterseeische Moore u. Wälder 279,

292, 293. Unterseeische Thäler 294. Untiefen 402, der Flüsse 379. Upemivik, Temperatur 57. Ur 659. Ural 31, Bau 471, 475, Beziehungen

zum Vorland 478, Höhe u. Alter 484,

Waldgrenze 604. Urmiasee 548. Ürnersee 540.

Ursprüngliche Ebenen 443, 449. Höhlen 864.

Inseln 552, 560flF:

Thäler 898, 400.

Urzeit der Erde 19. üsboj 528. Ussa 526.

Ustjansk, Temperatur 69. Utklippan, Niveauveränderung 287. Ütliberg,Temperaturveränderlichkeit85.

Yaccinium 608.

Val Bagne, See 532.

Valbuona 508.

Val Meledrio 508.

Valparaiso, Temperatur 60, Regen 129.

Val Rendena 508.

Vampyr 654.

Vancouver, Niveauveränderung 289.

Vardarthal 511.

Varenius 250.

Variscisches Gebirge 490.

Vegetation 589.

Vegetationsformationen 595 ff.

Vegetationszonen 595 ff.

Veleta 348.

Venediger, Schneegrenze 149.

Venezuela-Gebirge 32, Waldgrenze 604.

Venjukow 548*.

Veränderlicher Hase 648.

Veränderlichkeit der Temperatur 83.

Verbeck 322*.

Verdoletsch, ehemaliger See 360.

Verdunstung 116.

Vereinigte Staaten, Windgeschwindig* keit 89, Niveauveränderungen 293, säkulare Verwitterung 353, Rarst- phänomen 364, Mündungsformen an d. atlant. Küste 406, Löß 414, 432; Bodenarten 429, Rüstenebene 448; Flora 624, Baumwolle 637.

Verfärbung des Meeres 218.

Verhältnis von Wasser u. Land 23, 24.

Verlaten Eiland 309.

Vermoorungsprozeß 546.

Vemagtgletscher 154, 157.

Verschiebung 272. I Verschwindende Flüsse 358.

Vertikaldislokationen 273, 275.

Verwerfung 14, 273, 275.

Verwerfungsquellen 365.

Verwitterung 15, 340, 343 ff.

Verwitterungserde 343.

Verwitterungsterrassen 349.

Verwitteruugsthäler 400.

Vesuv 301, 313, 318, 502, 503, Erdbeben 334.

Vico, Rratersee 313.

Victoria (Australien) Niveauverände- rung 291, Gebirge 492.

Victoria (Hongkong), Regen 133.

Victoriafälle 396.

Victorialand 602.

Victoria Njansa 536, 542.

Victoria regia 599.

Vierwaldstätter See, 541, 545.

Vihorlat-Gutin-Gebirge 313.

Villacher Alpe, Einsturz 351.

Vindhyaformation 21.

Vinga, Niveauveränderung 287.

Vintschgau, Stufenbaa 395.

Viiginien, Florenveränderung 632.

Virungo 311j 315.

de Vis 651.

Vispthal, Erdpyramiden 351, moderne 'Hialbildung 386.

Viti 440.

Viti-Levu 559.

Vivara 313.

Vögel 648, 645, 646, 652, 654, 657, 658, 661, 662, Verbreitungsmittel 571.

Vogelberge 646.

704

Register

Vogesen, Gipfelformen 847, Bau 490, Granit 506, Waldgrenze 604, Glaiial- pflanzen 629, Getreidegrenze 685. Volmer 381.

Vorderindien, Geologie 21, Regen- findening 190, Latent 352, Tiefebene 444, 447, Küste 575, 578, Dschungel- gebOsch 620, Flora 622. Vorgeschobene Deltas 404. VorTand-Gletscher 151. Vrana-See 859. Vulcanello 317. Vulcano 813. Vulkan 299, Einteilung 309, geograph.

Verbreitung 810, 480. Vulkanische Ablagerungen 428, 429.

Asche 299.

Ausbrüche 15, 800 ff.

Berge u. Gebirge 809, 500 ff.

Erdbeben 331, 336.

Explosionen 804.

Gase 300.

Gewitter 302.

Inseln 816, 560 ff., 569, 588.

Meeresablagerungen 202, 205. Vulkanischer Sand 299. Vulkanische Tafeln 809, 506. Vulkanismus, Theorie 276, 317. Vulkankegel 500, 506. Vulkanreihen 807. Vultur 313.

Wachspalme 596, 610.

Wacken 269.

Wadi el Arba 587.

Wadis 432, in der Sahara 438.

Wagner, H. 6*, 7*, 23, 24, 27, 40*.

Wahand 530.

WÄhner 515, 516, 520*.

Wahnschaffe 434*, 447, 468*.

Wahre Oberfläche 6.

Wald 607, 680, Einflußauf d. Klima 189, auf d. Wassermenge d. Flüsse 371.

Waldgrenze auf d. nördl. Hemisphäre 601, auf der südlichen 602, im Ge- birge 483, 484, 604.

Waldtiere 641.

Wales, Gebirge 490, 491.

Wallace 554, 556, 557, 559, 560*, 561, 642, 643, 644, 650, 652, 658, 661, 662, 664*.

Wallace-Linie 557, 622, 627, 652.

Wallbecken 532, 535

Wallensee 545.

Wallpaß 520.

Walhriffe 564.

Walther, Joh., 278*, 341, 852, 409 410, 415*, 431.

Wangeroog 422.

Wansee 543.

Wärme s. Temperatur.

Wärmedurchlässigkeit der Luft 43. Wärmegewitter 140. Wärmemenge 45. Wärmequellen d. Erde 42, d. oberen

Luftschichten 52. Warme Quellen 867.

Schlammsprudel 320. Wärmeumkehr 58. Warme Zone 74, 75. Wärmezonen Koppens 76. Waschbär 661.

Wasser, Areal 28, Verteilung 24. Wasserdampf 116, bei Vulluuieu 8CK),

819. Wasserfölle 395. Wassergräser 547. Wasserhalbkugel 25. Wasserhülle 7. Wassermoos 546. Wasserscheiden 385, im Gebiige 511,

Veränderungen 530. Wasserteilung 524. Watt 423, 424, 576. Weald, Bau 499. Wealden 20. Weber, Gebr. 223. Weberknecht 647. Wechselboden 428, 429. Wechsellauf 521. Wechselpaß 519. Wechselständige Thäler 8S5. Weddell 23. Weichsel, Eisbedeckung 374, Delta

406, Durchgangsthal 512, Verfto-

derungen 530. Weichtiere im Tiroler Hochgebiige64T. Weiden 612. Weihuachtsinsel 568. Weingürtel 637. Weißach 518.

Weiße Berge s. White Mountains. Weißensee (Elsaß), Temperatur 258. Weißensee (Kärnten), Temperatur 258. Weißes Meer, Name 219. Weißtanne 612. Weizen 684. Wellenberg 220.

Wellenbewegung des Meeres 15, 219 S. Wellenböschung 222. Wellenförmige Erdbebenbewegung 323. Wellengeschwindigkeit 220 ff. Wellenhöhe 220 ff. Wellenlänge 219 ff. Wellenperiode 219 ff. Wellenthal 220. Wellentheorie Airjs 235. Wellingtonia 593. Welsh 54, 55. Werchojansk, Temperatur 55, 69. 71,

636, jährl. WärmeschwankuDg 82,

Schnee 137.

Register.

705

Wernoje, Erdbeben 327, 337.

Werrathal 461.

Weser 525, Gezeitengrenze 238, Mün- dung 405, 406.

Westalpen, Bau 471.

Westaustralische Flora 626.

Westaustralisclie Strömung 246.

Westdeutsches Erdbeben 337.

Westeräs, Temperatur 58.

Westeuropa 31, Temperatur 73, Tem- peraturabweichung 87, Klima 173.

Westfeste s. Amerika.

Westghats, Urwald 609.

Westindien, Regen 128, Klima 175, Küste 575, Flora 631, 632, Fauna «55.

Westküsten, Temperatur 66, 68, 71, thermische Anomalien 73, 74, jährl. Wärmeschwankung 82, Temperatur- veränderlichkeit 85 , Temperatur- abweichung 87, Winde 102, Regen- wahrscheinlichkeit 132, Jahreszeit!. Regenverteilung 134, 139.

Westliche Halbkugel, Wassern. Land 24.

Westpreußen, säkul. Waldwechsel 631.

Westsibirien , Temperaturveränderlich- keit 84, 85, 86, Luftdruck u. Winde 103, 108, Regen 126, Klima 174, Erdbeben 334, Tiefebene 448, Seen 544.

Wetterau 399.

Wettersee 538.

Wetterveränderlichkeit 98.

Weule 588.

Weyprecht 51, 269, 270, 271*.

Wharton 574*.

Whewell 233, 237.

White 499*.

White Mountains 487, Waldgrenze 604, Glazialpflanzen 630.

White River Plateau 497.

Whitney 615.

Whymper 166, 601.

Wichmann, A. 559, 560*.

Wickenburg, tägl. Wärmeschwankung 79.

Wiener 45, 52*.

Wiener Becken 458. Thermenlinie 313.

Wies, Erdbeben 328.

Wiesbaden, Therme 368.

Wiesel 660.

Wild 61, 74, 118.

Wildbäche 881.

Wildschwein 659.

Willis 479*.

Willkomm 126.

Wimmera 530.

Winde 15, klimatische Bedeutung 119, Erzeuger der Meeresströmungen 248, Einfluß auf d. Zitterbewegungen 329.

SuPAN, Physische Erdkunde. 2. Aufl.

auf die Deltas 407, geologische Arbeit 408 ff., Einfluß auf die Flüsse 529.

Winderosion 408.

Windfläche 209. j Windgeschwindigkeit 89. ' Windgesetze 88. I Windstärke 89. I Windstau 224, 421.

Windströmungen, System 250. I Wind Verteilung im Winter 102, im I Sommer 106.

Windwellen 219 ff. I Winnipegsee 485, 531, 545. I W^intergewitter 140.

Winterregen 134. ' Wirbelgewitter 140.

Wirkliche Schneegrenze 144.

Wisent 659.

Wisotzki 525, 531*. I Wisperwind 112.

Witungletscher 168. I Woeikow 42*, 59, 69, 74, 80, 115, I 128, 189, 261, 271*, 371, 606. , Wolf 646, 659, 660. I W^olf, R. 43. , Wolf, Th. 303, 312, 339, 419.

St. Wolfgangsee 545.

Wolga 526, Eisbedeckung 374.

Wolken 121.

Wollbaum 599.

Wollgräser 546, 547.

W^ollhaariges Rhinozeros 659.

Wologda, Wald 631.

Woodward 286, 297*.

Wrangcll 115.

Wrangellberg 311.

Wrangelland 558.

Wurzelmaus 648.

Wüsten, Gewitter 140, Hagel 141, Exo- gene Erscheinungen 408, 432 f., Dü- nen 412, Pflanzen 616.

Wüstengürtel der alten Welt 31.

Wüstentafel 31, 442, Regen 127.

Wüstenwinde 115.

Wyandott-Höhle 364.

Tampa 512, 516.

Yamswurzel 637.

Yangasa Cluster 567.

Yataypalme 610.

Yokohama, Erdbeben 325, 337.

Yoldia arctica, Schichten d., 289.

York-Wolds 456.

Yoscmitefall 396.

Yucca 598.

Zahnarme s. Eden taten. Zannone 480, 561. Zebra 656. Zechstein 20.

45

706 Register.

Zeller See 515, Wasserscheide 518. ' Ziegen 656, 660. Zenker 62, 63, 77*. Ziemer 133*.

Zentralafrikanischer Graben 315. Zingst 576.

Zentralamerika 28, wärmster Monat 81, I Zirknitzer See 359, 360.

Regen 128, Maare 299, Vulkane 311, Zittel 366, 560, 662, 664*.

812, Schlammsprudel 320, £rdbeben Zitterbewegungen 322.

335, Bodenarten 429, Urwald 608, ' Zonale Faltengebiiige 471, 494.

609, Fauna 658. Zöppritz 11, 13*, 248, 249, 255 •, 529.

Zentralasien 30, 31, Tfigl. Temperatur Zsigmondj 462*.

Schwankung 79, Winde 105, 108, ' Zuckerapfel 637.

109, 408, Regen 126, Gletscher 167, i Zuckerkiefer 612.

Vulkane 310, Wüsten 410, 617, Bo- ' Zuckerrohr 637.

denarten 429, 431, Felsbecken 534, , Zuidersee 421.

Seen 542, 544, Getreidebau 635, i Zürich, Temperaturverfinderlichkeit 85,

636. Temperatur 114.

Zentrale Erdbeben 329, 330, 336. Züricher See 545, Tiefentemperatur

Zeutraleruptionen 307, 308, 309. 259, Erdbeben 327.

Zentrales Mittelmeer 206. 1 Zusammengesetzte Faltengebirge 4B9.

Zentrales Tafelland von England 456. I 494. Zerschnittenes Flachland 453, 461. Zuurberge 484.

Zeugen 454. i Zwarteberge 484. Zeyegletscher 169. Zweiflügler 646.

Zibethkatze 658. | Zwergpalmen 596 f., 624.

Berichtignngeii und Zusätze.

S. 3 Z. 14 y. 0. Zu Darwin ist der Litteraturvermerk * hinzuzufügen. .

S. 3. Z. 17 V. 0. Nach „Gestalt der Erde" ist der Litteraturvermerk* hinzu- zufügen.

S. 21 Z. 8 V. u. Statt vorindisch lies vorderindisch.

S. 23 Z. 19 V. o. Statt Perrt lies Parry.

S. 35, 193, 196. Die hier genannte größte ozeanische Tiefe von 8515 m (bei Japan) hat erst durch eine Messung des englischen Kriegsschiffes „Pengoin** im Sommer 1895 ihren Rang eingebüßt. Unter 20<> 40' S. 17ö« 10 W. (also ebenfalls im Pazifischen Ozean, vergl. S. 196) wurde bei einer Tiefe von 8960 m der Boden noch nicht erreicht Man kann also rund 9000 m als größte bekannte Meerestiefe betrachten. (Natura v. 3. Okt. 1895 S. 550. Auf der Karte I konnte diese Tiefe noch einge- tragen werden.)

S. 84 Z. 9 V. u. Statt Europisches lies Europäisches.

S. 122 Z. 19 V. u. Statt Mater lies Meyer.

S. 123 Z. 12 V. o. Die nachfolgenden Niederschlagswerte beziehen sich nicht auf je 1 qkm, sondern auf eine Fläche von je 10 qm. Sie lassen sich an- mittelbar in Regenhöhen verwandeln, z. B. 21,2 cbm = 212 cm.

S. 183 Z. 19 V. u. Statt Ööstlich lies östlich.

S. 221 Z. 20 V. o. Zu Schott ist der Litteraturvermerk ^ hinzuzufügen.

S. 222 Z. 20 v. o. Zu PAris ist der Litteraturvermerk ' hinzuzufügen.

S. 231 Z. 9 V. o. Statt umgehrte lies umgekehrte.

S. 234 Z. 7 V. u. Statt Gorr6 lies Goree.

S. 238 Z. 16 V. u. Nach Flutbrandun^ ist der Punkt zu streichen.

S. 305 Z. 8, 9, 11 u. 15 V. o. Statt Kameni lies Kajmeni.

S. 337 Z. 7 V. u. Statt Middlemis lies Middlexiss.

S. 397 Z. 8 V. u. Statt wases lies was es.

S. 429 Z. 17 V. u. Nach Südamerika ist Komma zu setzen.

S. 445 Z. 5 V. u. Statt unmittebar lies unmittelbar.

S. 461 Z. 7 V. o. Statt Böschung lies Böschungen.

S. 498 Z. 21 V. u. Statt bestätigte lies bestätigt

S. 512 Z. 6 V. 0. Statt Bauatagebirge lies Banatergebirge.

S. 542 Z. 4 V. o. Statt hönnen lies können.

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