"i % propertyof Z. P. METCALF LIBRARY OF I685_IQ56 Grundzüge der Zoologie. Dritte Atifla^e. GRUNDZÜGE DER ZOOLOGIE. ZUM GEBRAUCHE AN UNIVERSITÄTEN UND HÖHEREN LEHRANSTALTEN SOWIE ZUM SELBSTSTUDIUM. Von D^ CARL CLAUS, 0. Ö. PROFESSOR DER ZOOLOGIE l'KD VERGLEICHENDEN ANATOUllE. DIRECTOR DES ZOOLOGISCH-ZOOTOMISCHEN INSTITUTS AN DER UNIVERSITÄT WIEN. DRITTE DURCHAUS UMGEARBEFTETE UND VERBESSERTE AUFLAGE MARBURG UND LEIPZIG. N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1876. Alle Rechte vorbehalten ! Die Verlagsbuchhandlung. Vorrede zur dritten Auflage. Obwohl ich bei der Bearbeitung der vorliegenden Auflage des Lehrbuchs von dem Bestreben geleitet wurde, den Umfang desselben durch Abkürzung des^speciellern, das systematische Detail behandelnden Abschnitte herabzusetzen, hat sich schliesslich leider eine wenn auch nur geringe Vermehrung der Bogenzahl als Ergebniss der Umarbeitung herausgestellt. AVährend sich nämlich zeigte, dass die beabsichtigte Beschränkung des systematischen Theils nur für einzelne, früher verhältnissmässig zu ausführlich behandelte Gruppen (wie besonders Coelenteraten, niedere Crustaceen, Annehden) in grösserem Masse ausführbar war, ergab sich andererseits sowohl in Folge der ausgedehnteren Behandlung des allgemeinen Theils als der Berücksichtigung zahlreicher Schriften und Werke jüngsten Datums insbesondere auf dem Gebiete der Entwicklungsgeschichte eine derartige Bereicherung des Stoffes, dass nicht nur für einzelne Abschnitte eine vollständige Umarbeitung, sondern auch eine beträchtliche Vermehrung des Textes nothwendig wurde. VI Vorrede zur dritten Auflage. Immeiilin glaube ich der früliern Auflage gegenüber sowohl eine gleichmässigere Behandlung der speciellen Tlieile erreicht, als durch den grössern Nachdruck, den ich anf die Bearbeitung der allgemeinen Capitel legte, den Werth und die Brauchbarkeit des Buches in seiner neuen Form nicht verringert zu haben und so empfehle ich dasselbe dem Publicum zu gleich günstiger Auf- nahme und nachsichtiger Beurtheilung, wie sie den frühern Auflagen in so reichem Masse zu Theil wurde. Wien im Januar 1876. Der Verfasser, Inhaltsübersiclit. Seite Vorwort V Allgemeiner Theil i- -136 Organische und anorganische Naturkörper 1 — 5 Thier uud Pflanze 6—12 Die Organisation und Entwicklung des Thieres im Allgemeinen . 12—54 Individuum. Organ 13 — 15 Zelle und Zellengewebe 15—25 Grössenzunahme und fortschreitende Organisirung, Arbeitstheilung und Vervollkomiunung 25 — 27 Correlation und Verbindung der Organe 27—29 Die zusammengesetzten Organe nach Bau und Verrichtung . . 29—42 Fortpflanzung 42—48 Entwicklung 48—51 Direkte Entwicklung und Metamorphose 51—52 Generationswechsel, Polymorphismus und Heterogenie . . . 52—54 Geschichtlicher Ueberblick 54—64 Bedeutung des Systems 64—136 Cuvier'scher Artbegriff 65 Varietät und Bastardbildung 66—68 Lamark und Geoffroy Saint Hilaire 69—70 Darwin's Selectionslehre 71—79 Migration , °" Einwände gegen Darwin 82—91 Wahrscheinlichkeitsbeweis der Transmutations- und Selectionslehre 91—136 Morphologie als Beweis 91—98 Bedeutung rudimentärer Organe 94—95 Bedeutung der Entwicklungsgeschichte 95—98 VIII Inhaltsübersicht. Seite Geographische Verbreitung als Beweis 98 — 113 Geologische Aufeianderfolge als Beweis 113 — 131 Unvollstilndigkeit der paläontologischen Reste . . . ,118 Uebergangsformen verwandter Arten 121 — 124 Paläontologische Entwicklung der Hufthiere 124—129 Fortschreitende Vervollkommnung 129—131 Zurückweisung einer Vervollkommnungstendenz .... 132 Zurückweisung einer sprungweise fortgerückten Entwicklung der Arten 135 Specieller Theil 137 I. Typus. Protozoa, Urthiere 137 Schizomyceten (Bacterien) 138 Myxomyceten 140 Flagellaten 141 Katallakten 145 Labyrinthuleen 145 Gregarinen 145 1. Classe. Rhizopoda, Wurzelf üssler 147 1. Ordnung. Rhizopoda reticularia 149 2. Ordnung. Radiolaria 154 2. Classe. Infusorien, Infusionsthierchen 160 1. Ordnung. Suctoria 175 2. Ordnung. Holotricha 175 3. Ordnung. Heterotricha 176 4. Ordnung. Hypotricha 176 5. Ordnung. Peritricha 178 II. Typus. Coelenterata , Zoophyta 180 1. Classe. Spongiae = Porifera, Schwämme .... 186 1. Ordnung. Fibrospongiae 193 2. Ordnung. Calcispongiae 196 2. Classe. Anthozoa, Korallenthiere ...... 198 1. Ordnung. Alcyonaria, Octactinia 207 2. Ordnung. Zoantharia, Polyactinia 210 3. Classe. Hydromedusae, Polypomedusen 216 1. Ordnung. Hydroidea, Hydroiden 219 2. Ordnung. Siphonophorae , Schwimmpolypen 232 3. Ordnung. Acalephae, Scheibenquallen 240 Inhaltsübersicht. IX Seite 4. Classe. Ctenophorae, Rippenquallen 248 1. Ordnung. Eurystomeae 253 2. Ordnung. Saccatae 253 3. Ordnung. Taeniatae 254 4. Ordnung. Lobatae 254 III. Typus. Echinodermata. Stachelhäuter 255 1. Classe. Crinoidea, Haarsterne 274 1. Ordnung. Brachiata, Armlilien 278 2. Ordnung. Blastoidea 279 3. Ordnung. Cystidea 279 2. Classe. Asteroidea, Seesterne 280 1. Ordnung. Asteridae 282 2. Ordnung. Ophiuridae 284 3. Classe. Echinoidea, Seeigel 288 1. Ordnung. Regularia, Seeigel 291 2. Ordnung. Clypeastridea , Schildigel 294 3. Ordnung. Spatangidea, Herzigel 295 4. Classe. Holothurioidae, Seewalzen 297 1. Ordnung. Pedata 301 2. Ordnung. Apoda 303 IV. Typus. Vermes, Würmer 304 1. Classe. Platyhelminthes, Plattwürmer 311 1. Ordnung. Cestodes, Bandwürmer 312 2. Ordnung. Trematodes, Saugwürmer 324 3. Ordnung. Turbellaria, Strudelwürmer 332 2. Classe. Nemathelminthes, Rundwürmer .... 346 1. Ordnung. Acanthocephali , Kratzer 347 2. Ordnung. Nematodes, Padenwürmer 350 Chaetognathes (Sagitta) 367 3. Classe. Bryozoa, Moosthierchen 368 1. Ordnung. Lophopoda, Armwirbier 376 2. Stelmatopoda, Kreiswirbier 377 4. Classe. Rotifera, Räderthierchen 381 5. Classe. Gephyrei, Sternwürmer 388 6. Classe. Annelides, Ringelwürmer , 394 1. Unterclasse. Hirudinei, Blutegel . . ... ■ • • 397 2. Unterclasse. Chaetopodes, Borsten würmer 404 Inhaltsübersicht, 1. Ordnung. Oligochaeta 2. Ordnung. Polychaetae . 7. Classe. Onychophorae . V. Typus. Arthropoda, Glieder füssler 1. Classe. Crustaceae, Krebse . 1. Ordnung. Cirripedia, Rankenfüsser 2. Ordnung. Copepoda, Ruderfüsser 3. Ordnung. Ostracoda, Muschelkrebse . 4. Ordnung. Phyllopoda, Blattfüsser Poecilopoda, Molukkenkrebse 5. Ordnung. Arthrostraca , Ringelkrebse 6. Ordnung. Thoracostraca, Schalenkrebse 2. Classe. Arachnoidea, Spinnenartige Thiere 1. Ordnung. Liuguatulida , Zungenwürmer 2. Ordnung. Acarina, Milben 3. Ordnung. Tardigrada, Tardigraden 4. Ordnung. Phalangida, Afterspinnen . 5. Ordnung. Araneida, Spinnen . 6. Ordnung. Pedipalpes, Scorpionspinnen 7. Ordnung. Scorpionidea, Scorpionen . 8. Ordnung. Solifugae, Walzenspinnen . 3. Classe. Myriopoda, Tausendfüsse . 1. Ordnung. Chilognatha, Chilognathen . 2. Ordnung. Chilopoda, Scolopender 4. Classe. Hexapoda, Insekten . 1. Ordnung. Orthoptera, Geradflügler 2. Ordnung. Neuroptera, Netzflügler }l^6 /^/^fl.3. Ordnung. Rhynchota, Schnabelkerfe . 4. Ordnung. Diptera, Zweiflügler 5. Ordnung. Lepidoptera, Schmetterlinge 6. Ordnung. Coleoptera, Käfer 7. Ordnung. Hymenoptera, Hautflügler . VI. Typus. Mollusca, Weichthiere 1, Classe. Lamellibran ''hiati, Muschelthiere 1. Ordnung. Asiphonia .... 2. Ordnung. Siphoniata .... 2. Classe. Scaphopoda, Scaphopoden Inhaltsübersicht. XI 3. Classe. Gas 1. Unterclasse. 1. Ordnung. 2. Ordnung. 2. Unterclasse. 1. Ordnung. 2. Ordnung. 3. Ordnung. 3. Unterclasse. tropoda, Bauchfüsser . , Pteropoda, Flossenfüsser Thecosomata Gymnosomata , Gastropoda, Bauchfüsser Opisthobranchia , Hinterkiemer Prosobranchia , Vorderkiemer Pulmonata , Lungenschnecken Heteropoda, Kielfüsser . 4. Classe. Cephalopoda, Kopffüsser 1. Ordnung. Tetrabranchiata , Vierkiemer 2. Ordnung. Dibranchiata , Zweikiemer . Brachiopoda ..... VII. Typus. 1. Classe. Tethyodea, Ascidieji 1. Ordnung. Ascidiae copelatae 2. Ordnung. Ascidiae compositae . 3. Ordnung. Ascidiae simplices 4. Ordnung. Ascidiae salpaeformes 2. Classe. Thaliacea, Salpen VIII. Typus. Vertebrata, Wirbelthiere 1. Classe. Pisces, Fische 1. Unterclasse. Leptocardii, ßöhrenherzen 2. Unterclasse. Cyclostomi, Rundmäuler 3. Unterclasse. Euichthyes, Echte Fische 1. Ordnung. Chondropterygii, Knorpelfische 2. Ordnung. Ganoidei, Schmelzschupper 3. Ordnung. Teleostei, Knochenfische 4. Ordnung. Dipnoi, Lungenfische 2. Classe. Amphibia, Lurche 1. Ordnung. Apoda, Blindwühler 2. Ordnung. Caudata, Schwanzlurche 3. Ordnung. Batrachia, Frösche . 3. Classe. Reptilia, Reptilien . 1. Unterclasse. Plagiotremata, Lepidosaurii 1. Ordnung. Ophidia, Schlangen 2. Ordnung. Saurii, Eidechsen XII Inhaltsübersicht. 2. ünterclasse. Hydrosauria , Wasserechsen 1. Ordnivig. Enaliosauria, Meerdrachen 2. Ordnung. Loricata, Crocodile 3. Ünterclasse. Chelonia, Schildkröten 4. Classe. Aves, Vögel . 1. Ordnung. Natatores, Schwimmvögel 2. Ordnung. Grallatores, Stelzvögel 3. Ordnung. Gallinacei. Hühnervögel 4. Ordnung. Columbinae, Tauben 5. Ordnung. Scansores, Klettervögel . 6. Ordnung. Passeres, Gangvögel 7. Ordnung. Raptatores, Raubvögel . 8. Ordnung. Cursores (Ratitae), Laufvögel 5. Classe. Mammalia, Säugethiere 1. Ordnung. Monotremata, Kloakenthiere 2. Ordnung. Marsupialia , Beutelthiere 3. Ordnung. Edentata, Zahnarme Thiere 4. Ordnung. Cetacea, Walfische 5. Ordnung. Perissodactyla, Unpaarzeher 6. Ordnung. Artiodactyla, Paarzeher . 7. Ordnung. Proboscidea, Rüsselthiere 8. Ordnung. Rodentia, Nagethiere 9. Ordnung. Insectivora, Insektenfresser 10. Ordnung. Pinnipedia, Flossenfüsser 11. Ordnung. Cai-nivora, Raubthiere 12. Ordnung. Chiroptera, Fledermäuse 13. Ordnung. Prosimii, Halbaffen 14. Ordnung. Primates, Affen , Der Mensch . Allgemeiner Tlieil. Organische und anorganische Naturkörper. in der Körperwelt, welche sich unseren Sinnen offenbart, macht man die erste und allgemeinste Unterscheidung in organische, lebende und anorganische, leblose Körper. Die erstem, die Thiere und Pflanzen, erscheinen in Zuständen der Bewegung, sie erhalten sich unter mannich- fachen Veränderungen ihrer gesammten Erscheinung und ihrer Theile unter stetem Wechsel der sie zusammensetzenden Stoffe. Die anorga- nischen Körper dagegen befinden sich in einem Zustande beharrlicher Ruhe, zwar nicht nothwendig starr und unveränderlich, aber ohne jene Seih ständigheit der Beivegung, tvelche sich im Stoff ivechsel qfenhart. Dort erkennen wir eine Organisation, eine Zusammensetzung aus ungleichartigen Theilen (Organen), in denen die Stoffe in flüssiger und gelöster Form wirksam sind, hier beobachten wir eine mehr gleichartige, wenn auch nach Lage und Verbindungsweise der Moleküle nicht immer homogene (Blätterdurchgänge der Krystalle) Masse, deren Theile so lange in ruhendem Gleichgewichte ihrer Kräfte beharren, als die Einheit des Ganzen ungestört bleibt. Zwar sind auch die Eigenschaften und Veränderungen der lebenden Körper den chemisch-physikalischen Gesetzen der Materie streng unter- w^orfen, und man weist diese Abhängigkeit mit dem Fortschritte der Wissenschaft immer eingehender und schärfer nach, allein es müssen doch mindestens eigenthümliche, ihrer Natur nach unbekannte, materielle Anordnungen und besondere in ihrem Wesen unerklärte Bedingungen für den Organismus zugestanden werden. Diese Bedingungen, welche man als vitale bezeichnen kann, ohne desshalb ihre Abhängigkeit von materiellen Vorgängen bestreiten zu dürfen, unterscheiden eben den Claus, Zoologie. 3. Auflage. 1 2 Organische und anorganische Naturkörper. Organismus von jedem todten Körper und beziehen sich 1) auf die Art der Entstellung; 2) auf die Art der Erhaltung; 3) auf die Form und Struktur des Organismus. Die Entstehung lebender Körper kann nicht durch physikalisch cheniisclie Agentien aus einer bestimmten chemischen Mischung unter bestimmten I3edingungen der Wärme, des Druckes, der Electricität etc. veranlasst werden, sie setzt vielmehr erfahrungsmässig die Existenz gleichartiger oder mindestens sehr ähnlicher Wesen voraus, aus denen sie auf dem Wege der elterlichen Zeugung erfolgt. Eine selbständige, elternlose Zeugung {generatio aequivoca, Urzeugung) liegt zwar nicht im Bereiche der Unmöglichkeit, scheint aber bei dem Stande unserer Erfahrungen selbst für die einfachsten und niedersten Lebensformen als gegenwärtig wirksam in Abrede gestellt werden zu müssen, wenngleich in der jüngsten Zeit einzelne Forscher (Pouchet) durch Resultate be- merkenswerther aber zweideutiger Versuche zu der entgegengesetzten Ansicht geführt worden sind. Die Existenz der generatio aefßiivoca würde unserm Streben der physikalisch-chemischen Erklärung einen sehr wichtigen Dienst leisten, sie erscheint sogar als notliiv endig es Postulat, um das erste Auftreten der Organismen naturhistorisch zu erldären. Das zweite und wichtigste Merkmal des Organismus, an welches sich die Erhaltung alles Lebens knüpft, ist der beständige Verbrauch und Ersatz der den Leib zusammensetzenden Materie, der Stoffwechsel. Jede "Wachsthumserscheinung setzt Aufnahme und Veränderung materieller Bestandtheile voraus, jerle Bewegung. Absonderung und Lebensäusserung beruht auf Umsatz von Stoffen, auf Zerstörung und Neubildung chemischer Verbindungen. An die wechselnde Zerstörung und Erneuerung der Stoff- verbindungen knüpfen sich Nahrungsaufnahme und Ausscheidung als nothwendige Eigenschaften des Lebendigen. Vornehmlich sind es die (wegen ihres Vorkommens im Organismus so genannten) organischen Substanzen, die ternären und quateruären zusammengesetzten iro//7e?j?.9?!o/- Verbindungen (jene aus Sauerstoff, Wasser- stoff und Kohlenstoff, diese aussei- den drei Stoffen noch aus Stickstoff gebildet), und unter den letztern wiederum die -EmrissÄw/^er (Schwefel, Phos- phor), welche im Stoffwechsel einen Umsatz erleiden und entweder (Thier) unter dem Einflüsse der Oxydation in Substanzen einfacherer Zusammen- setzung gespalten oder (Pflanze) erst durch Substitution aus einfachem und in letzter Instanz anorganischen Substanzen aufgebaut werden. Wie aber die allgemeinen Grundeigenschaften (Elasticität, Schwere, Poro- sität) des Organismus mit denen der anorganischen Körper so durchaus übereinstimmen, dass es möglich wurde, eine allgemeine Theorie von der Constitution der Materie auszubilden, so finden sich auch sämmtliche der Qualität nach unterschiedenen, chemisch nicht weiter zerlegbaren Grundstoffe oder Elemente der organischen Materie in der anorganischen Organische uud anorganische Nuturkörper. o Natur Nvit'der. Ein dem Organismus eigenthümliches Element, ein Lehensstoff, exisfirt eben so wenig als eine ausserhalb der natürlichen und materiellen Vorgänge wirksame Lebensliraft Auch mit Rücksicht auf die Gesetze der Atomgruppirung hat man irrthümlich organische und anorganische Stoffe in scharfem Gegensatz aufgefasst und mit noch grossem) Unrecht jene weit zusammengesetzteren Kohlenstotfverbindungen lediglich als Producte des Organismus betrachtet. Mun aber hat es sich hängst gezeigt, dass beide nicht nur auf dieselben Gesetze der Atom- lagerung und Constitution zurückzuführen sind, sondern dass auch die ersteren in nicht geringer Zahl (Harnstoff, Weingeist, Essig, Zucker) künstlich aus ihren Elementen durch Synthese hergestellt werden können. Diese Thatsachen weisen auf die Wahrscheinlichkeit der synthetischen Gewinnung aller organischen Verbindungen und selbst der Ei weisskörper hin und weisen daraufhin, dass bei der Entstehung organischer Substanzen dieselbe Kraft wirksam ist, welche für die Bildung der anorganischen Körper massgebend ist. Immerhin wird man auf die Eigenschaften der Stofl- verbindungen, auf die complicirte molekulare Anordnung der lebendigen Materie — nicht aber auf eine mystische Lebenskraft — die dem Organismus eigenthümlichen Funktionen: Stoffwechsel, Bewegung und Wachsthum zurückzuführen haben. Aber freilich kann diese wichtige Eigenschaft des Lebendigen, der Stoffwechsel, unter gewissen Bedin- gungen , ohne dass der Organismus die Fähigkeit des Lebens einbüsst, zeitweilig unterdrückt und beseitigt werden. Durch Entziehung von Wasser oder auch Wärme wird es für eii;e Reihe niederer Organismen und deren Keime möglich , den Lebensprocess Monate und Jahre lang zu unterbrechen und dann durch Zufuhr von Wasser beziehungsweise Wärme die leblosen aber lebensfähig gebliebenen Körper wieder ins Leben zurückzurufen (Eier von Apiis, Ostracoden, Anguilhäa tntici, Rotiferen — Frösche, Wasserinsekten, Pflanzensamen). Sodann spricht sich die EigenthUmlichkeit des lebenden Körpers in seiner gesammten Form und in der Zusammenfügung seiner Theile — Organisation -• aus. Die Gestalt des anorganischen Individuums, des Krystalles, ist von geraden unter bestimmten Winkeln zusammen tretenden Linien (Kanten», Ecken) und ebenen, selten sphärischen, mathematisch bestimmbaren Flächen umgrenzt und in dieser Form unveränderlich, die des Organismus') dagegen in Folge des festweichen Aggregats- zustandes minder scharf bestimmbar und innerhalb gewisser Grenzen veränderlich. Das Leben äussert sich eben als eine zusammenhängende Reihe wandelbarer Zustände auch in der gesammten Erscheinung; den 1) Die Thatsache, dass es eine Menge von festen Absonderimgsproaucten im Organismus gibt (Schalen, Gehäuse), deren Form sich mathematisch bestimmen lässt, hebt natürlich den Unterschied nicht auf. 1* 4 Organische und anorganische Natnrkörper. Bewegungen des Stoffes gclit Wachsthum und Forniveränderung parallel. Es beginnt der Organismus — wie man im Allgemeinen behaupten darf — als einfache Zelle und entwickelt sich von dieser Anlage im Eie oder Keime unter allmählig fortschreitenden Differenzirungen und Umgestal- tungen seiner Theile bis zu einem bestiunnten Hiihepunkt mit der Fähig- keit der Fortpflanzung, um zuletzt mit dem Untergange als lebendiger Körper in seine Elementartheile zu zerfallen. Daher besitzt auch die Masse des organischen Leibes eine mehr oder minder fest-flüssige quellungsfähige Beschaffenheit, welche sowohl für die chemischen Um- setzungen der Stoffverbindimgen {corpora non agunt nisi soluta), als für die Umgestaltungen der gesammten Form nothwendig erscheint, sie ist nicht homogen und gleichartig, sondern aus festen, fest-weichen und flüssigen Theilen gebildet, welche sich als Zusammenfügungen eigen- thündich gestalteter Elemente darstellen. — Der Krystall zeigt zwar bei einer Zusammensetzung seiner Moleküle aus gleichartigen Atomgruppen eine nach den Richtungen des Raumes ungleiche Lagerung derselben (Blätterdurchgänge) und demgemäss eine ungleichmässige Struktur, besitzt aber keine verschiedenartig untergeordneten Einheiten, welche -wie die Organe des lebendigen Körpers als Werlseuge verschiedener Leistungen erscheinen. Die Organe erweisen sich wiederum ihrem feinern Baue nach aus verschiedenen Theilen, Geweben (oder Organen niederer Ord- nung) gebildet, welchen als letzte Einheit die Zelle zu Grunde liegt. Diese aber steht ihren Eigenschaften nach in direktem Gegensatz zum Krystall und vereinigt in sich bereits die Eigenschaften des lebendigen Organismus. Dieselbe ist ein Klünipchen einer iveichflüssigen eiweiss- haltigen Substanz (Frotoplnsma), in der Regel mit eingeschlossener fester oder bläschenförmiger Differcnzirung, dem Kern, häufig mit einer peri- pherischen strukturlosen jMembran. In dieser organischen Grundform, aus welcher sich alle Gewebe und Organe des Thieres und der Pflanze aufbauen, liegen bereits alle Charaktere des Organismus ausgesprochen, die Zelle ist daher in ge- wissem Sinne die erste Form des Organismus und selbst der einfachste Organismus. Während ihr Ursprung bereits auf vorhandene gleichartige Zellen hinweist, wird ihre Erhaltung durch den Stoffwechsel ermöglicht. Die Zelle hat ihre Ernährung und Ausscheidung, ihr Wachsthum, ihre Bewegung, Formveränderung und Fortpflanzung. Unter Betheiligung des Zellkernes erzeugt sie durch Theilung oder endogene Bildung von Tochterzellen neue Einheiten ihrer Art und liefert das sich organisirende Material zum Aufbau der Gewebe, zur Bildung, Vergrösserung und Ver- änderung des Leibes. Mit Hecht erkennt man daher in der Zelle die hrsondere Form des Lehens und das Leben in der Thätiglceit der Zelle. Man wird diese Auffassung von der Bedeutung der Zelle als Crücrinm der Organisation und als einfachste Grundform des Lebens Orgaiiisclie und auorgauische Naturkörper. o nicht etwa durch die Thatsache bekämpfen können, das« der Kern in vielen Fällen fehlt (Pilzzellen, Furchungskugeln der Ctenophoren, Psoro- spermienbildende Gregarinen) und dass es homogene, unter den stärksten Vergrösserungen strukturlos erscheinende Körper gibt (die so- genannten Moneren), welche ihren Lebensäusserungen nach unzweifelhaft Organismen sind, obwohl sie nichts von Organisation besitzen. Manche der einfachsten Organismen sind so klein (Mikrococcus), dass es schwer hält, dieselben in einzelnen Fällen von molekularen Niederschlägen zu unterscheiden, zumal sie nur Molekularbewegung zeigen. Ebenso wenig wie die Zellmembran ist der Zellkern ein nothwendiger Charakter der Zelle (Brücke). Es ist vielmehr das lebendige Protoplasma mit seiner nicht näher bekannten inolekidareu Anordnung das ausschliesslich be- stimmende Criterium der Zelle. Liegt nun auch in den erörterten Eigenschaften dem Begriffe nach ein wesentlicher Gegensatz des Lebendigen zu den anorganischen Körpern ausgesprochen, so wird man doch bei der Beurtheilung des Verhältnisses zwischen Organismen und Anorganen nicht aus dem Auge zu verlieren haben, dass es bei den kleinsten und einfachsten Körpern, welche sich durch ihre Fortpflanzung auf dem Wege der Theilung und durch den Stoffverbrauch als Organismen erweisen , mittelst der stärksten Ver- grösserungen unmöglich ist, eine Organisation zu entdecken und dass bei zahlreichen niederen Lebewesen durch Entziehung von Wärme und Wasser Stoffwechsel und Lebensthätigkeit unbeschadet der Lebensfähig- keit völlig unterdrückt werden können. Um so mehr werden wir der Hypothese volle Berechtigung zugestehen, dass die einfachsten Lebewesen zu irgend einer Zeit aus Anorganen, in welchen dieselben chemischen Elemente als in den Organismen vorkommen, sich hervorbildeten. Immerhin aber werden wir nicht vergessen dürfen, dass wir über die natürlichen Bedingungen und physikalischen Kräfte, welche zur Bildung der ersten und einfachsten Lebewesen führten, nichts wissen. Von einer fundamentalen Uebereinstimmung für Krystall und Monere in der Entstehung und in der Art des Wachsthums kann desshalb bei dem gänzlichen Mangel eines Beweises zur Zeit keine Rede sein. Thier iiud PHanze. Thier und Pflanze). Die Unterscheidung der lebendigen Körper in Tliiere und Pflanzen berulit auf einer Reihe unserm Geiste frühzeitig eingeprägter Vor- stellungen. Bei dem Thiere beobachten wir freie Bewegungen und selbständige aus Innern Zuständen entspringende Handlungen, welche Bewusstsein und Empfindung wahrscheinlich machen; bei der meist im Erdboden befestigten Pflanze vermissen wir die Lokomotion und selbst- ständige auf Empfindung hinweisende Thätigkeiten. Daher schreiben wir dem Thiere willkürliche Bewegung und Empfindung, sowie als Sitz derselben eine Seele zu. »Plantae vivunt, animalia vivunt et sentiunt«. Indessen sind diese Begrifl"e nur einem verhältnissmässig engen Kreise von Geschöpfen, den höchsten Thieren und Pflanzen unserer Umgebung entlehnt. Mit dem Fortschritte unserer Erfahrungen drängt sich uns die Ueberzeugung auf, dass der herkömmliche Begriff von Thier und Pflanze in der Wissenschaft einer Erweiterung bedarf. Denn wenn wir auch nicht in Verlegenheit gerathen, ein Wirbelthier von einer phanerogamen Pflanze zu unterscheiden, so reichen wir doch mit demselben auf dem Gebiete des einfachem und niedern Lebens nicht mehr aus. Es gibt zahlreiche niedere Thiere ohne freie Ortsveränderung und ohne deutliche Zeichen von Empfindung und Bewusstsein, dagegen Pflanzen und pflanzliche Zu- stände mit freier Bewegung und Irritabilität. Man wird daher die Eigen- schaften von Thieren und Pflanzen näher zu vergleichen und hierbei die Frage zu erörtern haben, ob überhaupt ein durchgreifendes Unter- scheidungsmerkmal beider Organisationsformen besteht, eine scharfe Grenze beider Naturreiche anzunehmen ist oder nicht. 1) In der gesaimnten Gestalt und Organisation scheint für Thiere und Pflanzen ein wesentlicher Gegensatz zu bestehen. Das Thier besitzt bei einer gedrungenen äussern Form eine Menge innerer Organe von compendiösem Baue, während die Pflanze ihre ernährenden und aus- scheidenden Organe als äussere Anhänge von bedeutendem Flächen- unifange ausbreitet. Dort herrscht eine innere, hier eine äussere Entfaltung der endosraotisch wirksamen Flächen vor. Das Thier hat ein« Mundöffnung zur Einfuhr fester und flüssiger Nahrungsstofte, welche im Innern eines mit mannichfachen Drüsen (Speicheldrüsen, Leber, Pankreas etc.) in Verbindung stehenden Darmes verarbeitet, verdaut und resorbirt werden. Die unbrauchbaren festen Ueberreste 1) Vergl. C. Gegenbaur, de animalinm plantariunque regni termiuis et differentiis. Lipsiae. 1860. — C. Claus, über die Grenze des thierischen und pflanz- lichen Lebens. Leipzig. 1863. — E. Haeckel, Generelle Morphologie. Berlin. 1866. Bd. I. pag. 198-238. Thier und Pflanze. 7 der Nahrung treten als Kothballen aus der Afteröftiuuig aus. Dit.' stickstoffhaltigen Zersetzungsprodukte werden durch besondere Harn- organe, Nieren, meist in flüssiger Form ausgeschieden. Zur Bewegung und Circulation der resorbirten Ernährungsfiüssigkeit (Blut) ist ein pulsirendes Pumpwerk (Herz) und ein System von Blutgefässen vor- handen, während die Eespiration bei den luftlebenden Thieren durch Lungen, bei den Wasserbewohnern meist durch Kiemen vermittelt wird. Das Thier hat endlich innere Fortpflanzungsorgane, sowie zur Auslösung der Empfindung ein Nervensystem und Sinnesorgane. Bei der Pflanze hingegen zeigt der vegetative Apparat eine weit einfachere Gestaltung. Die Wurzeln saugen flüssige Nahrungsstoffe auf, während die Blätter als respiratorische Organe Gase aufnehmen und austreten lassen. Die coraplicirten Organsysteme des Thieres fehlen, und ein mehr gleich- artiges Parenchym von Zellen und Bohren, in denen sich die Säfte bewegen, setzt den Körper der Pflanze zusammen. Auch liegen die Fortpflanzungsorgane peripherisch, und es fehlen Nerven und Sinne. Indessen sind die hervorgehobenen Unterschiede keineswegs durch- greifend, sondern nur für die höheren Thiere und höheren Pflanzen gültig, da sie mit der Vereinfachung der Organisation allmählig ver- schwinden. Schon unter den Wirbelthieren, mehr noch bei den Weich- thieren und Gliederthieren reducirt sich das System der Blut-Getässe und Respirationsorgane. Die Lungen oder Kiemen können als gesonderte Organe fehlen und durch die gesammte äussere Körperfläche ersetzt sein. Die Gefässe vereinfachen sich und fallen sammt dem Herzen vollständig hinweg, das Blut bewegt sich dann in mehr unregelmässigen Strömungen in den Räumen der Leibeshöhle und in den wandungslosen Lücken der Organe. Ebenso vereinfachen sich die Organe des Ver- dauungssystemes; Speicheldrüsen und Leber verschwinden als drüsige Anhänge des Darmes, dieser wird ein bhnd geschlossener, verästelter oder einfacher Schlauch (Trematoden) oder ein centraler Hohlraum, dessen Wandung mit der Leibeswand verbunden ist (Coelenteraten). Auch kann die Mundöfihung fehlen (Cestoden) und die Aufnahme flüssige)- Nahrungsstoffe ähnlich wie bei den Pflanzen endosmofisch durch die äussere Körpertiäche erfolgen. Endlich werden Nerven- und Sinnesorgane bei zahlreichen niedern Thieren vermisst. Bei diesen Reductionen des Innern Baues erscheint es begreitiich, dass sich auch in der äussern Erscheinung und in der Art des Wachsthums die einfachem und niedern Thiere (Siphonophoren, Cestoden), oft in hohem Grade den Pflanzen annähren, mit denen sie in früherer Zeit namentlich dann verwechselt wurden, wenn sie zugleich der freien Ortsveränderung entbehren (Pflanzenthiere, Polypen, Hydroiden). In solchen Fällen bietet aber auch für Thiere die Feststellung des Individualitätsbegrifles ähnliche Schwierigkeiten wie im Pflanzenreich. 8 Tbier und Pflanze. 2) Zwischen thierischen und pflandiclien Gewehen besteht eben- falls im Allgemeinen ein wichtiger Unterschied. Wcährend in den pflanzlichen Geweben die Zellen ihre ursprüngliche Form und Selbst- ständigkeit bewahren, erleiden dieselben in den thierischen auf Kosten ihrer Selbstständigkeit die mannichfachsten Veränderungen. Daher er- scheinen die ptianzlichen Gewebe als gleichartige Zellencomplexe mit wohl erhaltenen scharf umschriebenen Zellen, die thierischen als höchst ver- schiedenartige Bildungen, in denen die Zellen selten als scharf um- schriebene Einheiten nachw'eisbar bleiben. Der Grund für dieses ungleiche Verhalten der Gewebe scheint in dem verschiedenen Baue der Zelle selbst gesucht werden zu müssen, indem die Pflanzenzelle im Umkreis ihres Primordialschlauches (der verdichteten Grenzschicht des Protoplasmas) von einer sehr starken dicken Haut, der Cellulosekapsel, umgeben wird, während die thierische Zelle eine sehr zarte stick- stoffhaltige Membran oder statt derselben nur eine zähere Grenz- schicht ihres zähflüssigen Inhalts besitzt. Indessen gibt es auch Pflanzenzellen mit einfachem nackten Primordialschlauch (Primordialzellen) und andererseits thierische Gewebe, welche durch die Umkapselung der selbstständig gebliebenen Zellen den pflanzlichen ähnlich sind (Chorda dorsalis, Knorpel). Man wird auch nicht, wie dies von mehreren Forschern geschehen ist, die Vielzelligkeit als nothwendiges Merkmal des thierischen Lebens betrachten können. Allerdings gibt es zahlreiche einzellige Algen und Pilze, aber auch zahlreiche thierische Organismen, welche auf die Form der einfachen Zelle zurückzuführen sind, und ist überhaupt nicht einzusehen, wesshalb kein einzelliges Thier existiren könne, zumal die Zelle der Ausgangspunkt auch für den thierischen Körper ist (Vrotozoen). 3) Am wenigsten kann in der Foripflansung ein Criterium gefunden werden. Bei den Pflanzen ist zwar die ungeschlechtliche Vermehrung durch Sporen und Wachsthumsprodukte vorherrschend, allein auch im Kreise der niederen und einfach gebauten Thiere erscheint dieselbe Art der Vermehrung weit verbreitet. Die geschlechtliche Fortpflanzung aber beruht im Wesentliclien bei Thieren und Pflanzen auf den gleichen Vor- gängen, auf der Vermischung männlicher {ßamenhörper) und weiblicher Zeugungsstofte {Eizellen), deren Form in beiden Reichen eine grosse Analogie und bei niederen Pflanzen sogar eine grosse Uebereinstijnmung mit manchen Thieren zeigen kann, jedenfalls überall auf die Zelle zurück- zuführen ist. Der Bau und die Lage der Geschlechtsorgane im Innern des Körpers oder als äussere Anhänge bietet um so weniger einen Anhaltspunkt zur Unterscheidung von Thier und Pflanze, als in dieser Hinsicht in beiden Reichen die grössten Verschiedenheiten möglich sind. 4) Die chemischen Bestandtheile und Vorgänge des Stofftvechsels sind bei Thieren und Pflanzen im Allgemeinen sehr verschieden. Früher Thier und Pflanze. « glaubte man auch in der chemischen Constitution des thierischen und pflanzlichen Leibes einen wesentlichen Gegensatz zu erkennen, da die Pflanze vorzugsweise aus ternären Verbindungen, das Thier vorwiegend aus quaternären stickstoffhaltigen Verbindungen besteht, und man schrieb mit Recht für jene dem Kohlenstoft", für dieses dem Stickstoff eine vor- wiegende Bedeutung zu. Indessen sind auch für den thierischen Körper die ternären Verbindungen, die Fette und Kohlenhydrate, von grosser Bedeutung, während andererseits die quaternären Proteine in den thätigen, zur Neubildung fähigen Theilen der Pflanze eine grosse Rolle spielen. Das Frotoplasma , der Inhalt der lebenden Pflanzenzelle, ist stickstoff"reich und von eiweissartiger Bescliafi'enheit, den mikrochemischen Reaktionen nach mit der Sarcode, der contraktilen Substanz niederer Thiere, übereinstimmend. Zudem werden die als Fibrin, Albumin und Casein unterschiedenen Modifikationen der Eiweisskörper auch in Pflanzentheilen wiedergefunden. Auch gelingt es nicht Stotte namhaft zu machen, welche ausschliesslich der Pflanze oder dem Thiere ange- hören und in denselben überall nachweisbar sein müssten. Das Chloro- phyll (Blattgrün) konmit auch bei niederen Thieren vor [Stentor, Hydra, Bonellia), fehlt dagegen den Pilzen. Die Cellidose, eine der äusseren Membran der Pflanzenzelle eigenthümliche stickstofflose Substanz, wurde in dem Mantel von Weichthieren (Ascidien) nachgewiesen. Das Cholestearin und einige die Nervensubstanz charakterisirende Stotte sind auch in Pflanzentheilen (Leguminosen) aufgefunden worden. Von weit grösserem Werthe ist der Unterschied in der Ernährung und im Stoffwechsel. Die Pflanze nimmt neben bestimmten Salzen (Phosphorsaure und schwefelsaure Alkalien und Erden) besonders Wasser, Kohlensäure und Ammoniak auf und baut aus diesen binären anorgani- schen Substanzen die organischen Verbindungen höherer Stufe auf. Das Thier bedarf ausser der Aufnahme von Wasser und Salzen einer orga- nischen Nahrung, vor allem Kohlenstoff- Verbindungen (Fette) und der stickstofl'haltigen Eiweisskörper, welche im Kreislauf des Stoftwechsels wieder zu Wasser, Kohlensäure und zu Stickstoff-haltigen Spaltungs- produkten (Amiden und Säuren), Kroatin, Leucin, Harnstoff etc., Harn- säure, Hippursäure etc. zerfallen. Die Pflanze scheidet, indem sie durch die Thätigkeit chlorophyllhaltiger Zellen unter Einwirkung des Lichtes aus Kohlensäure, Ammoniak und Wasser organische Substanzen bildet (Assimilation), Sauerstoff aus, den wiederum das Thier zur Unterhaltung des Stoßwechsels durch seine Respirationsorgane aufnimmt. Die Richtung des Stoffwechsels und der Respiration ist daher in beiden Reichen eine zwar sich gegenseitig bedingende, aber genau entgegengesetzte. Das Thierleben beruht auf Analyse zusammengesetzter Verbindungen und ist im Grossen und Ganzen ein Oxydationsprocess, durch welchen Spann- kräfte in lebendige verwandelt werden (Bewegung, Erzeugung von Wärme, 10 Thier und Ptlaiize. Licht). Die Lebensthätigkeit der Ptlanze dagegen basirt, soweit sie sich auf Assimilation bezieht , auf Synthese und ist im Grossen und Ganzen ein Reduktionsprocess, unter dessen Einfluss Wärme und Licht gebunden und lebendige Kräfte in Spannkräfte übergeführt werden. Jedoch zeigt sich auch dieser Unterschied nicht für alle Fälle als Criterium verwendbar. Die Schmarotzerpflanzen und Pilze haben nicht das Vermögen der Assi- milation, sondern saugen organische Säfte auf, sie zeigen eine dem Thiere entsprechende Respiration, indem sie Sauerstoff aufnehmen und Kohlen- säure ausscheiden. Schon durch Saussure 's Untersuchungen steht es fest, dass die Aufnahme von Sauerstoff in bestimmten Intervallen für die Pflanzen nothwendig ist, dass an den nicht grünen, des Chlorophylles entbehrenden PÜanzentheilen und bei mangelndem Sonnenlicht, also zur Nachtzeit auch an den grünen Theilen eine dem Thiere analoge Einathmung von Sauerstoff und Ausathmung von Kohlensäure stattfindet. Ln Pflanzen- körper besteht neben dem sehr ausgedehnten Desoxydationsprocess ganz regelmässig eine dem thierischen Stoffwechsel analoge Oxydation, durch welche ein Theil der assimilirten Substanzen wieder zerstört wird. Das Wachsthum der Pflanze ist ohne Sauerstoffaufnahme und Kohlensäure- abgabe unmöglich. Je energischer dasselbe vorschreitet, um so mehr Sauerstoff wird aufgenommen , wie in der That die keimenden Samen, die sich rasch entfaltenden Blatt- und Blüthenknospen in kurzer Zeit eine grosse Menge von Sauerstoff' verbrauchen und Kohlensäure aus- scheiden. Hiermit im Zusammenhange sind die Bewegungen des Proto- plasmas an die Einathmung von Sauerstoff" geknüpft. Auch die Erzeugung von Wärme (Keimung) und selbst von Lichterscheinungen {Agaricus olearius) tritt bei lebhaften SauerstoffVerbrauch ein. Endlich gibt es Organismen (Hefezellen — Bacterien), welche zwar Stickstoff', aber nicht Kohlensäure assimiliren, den nothwendigen Kohlen- stofi" vielmehr fertigen Kohlenhydraten entziehn (Pasteur, Cohn). 5) Die willUlrliche Bewegung und Empfindung gilt dem Begriffe nach als der Hauptcharakter des thierischen Lebens. In früherer Zeit hielt man das Vermögen der freien Ortsveränderung für eine nothwendige Eigenschaft des Thieres und betrachtete desshalb die festsitzenden Polypenstöcke als Pflanzen, bis der von Peys sonn eil geführte Nach- weis von der thierischen Natur der Polypen durch den Einfluss be- deutender Naturforscher im vorigen Jahrhundert allgemeine Anerkennung erlangte. Dass es auch Pflanzen und pflanzliche Entwicklungszustände mit freier Ortsveränderung gibt, wurde erst weit später mit der Ent- deckung beweglicher Algensporen bekannt, so dass man nun auf Merk- male, aus welchen die Willkür der Bewegung gefolgert werden konnte, zur Unterscheidung der thierischen und pflanzlichen Beweglichkeit sein Augenmerk richten niusste. Als solches galt längere Zeit gegenüber den gleichförmigen, mit starrem Köi-per ausgeführton Bewegungen der Tliier und Pflanze. 11 Pflanze die Contraktilität der Bewegung. Anstatt der Muskeln, welche bei niedern Thieren als besondere Gewebe hinwegfallen, bildet hier eine ungeformte eiweisshaltige Substanz, Sarcode, die contraktile Grundsub- stanz des Leibes. Allein der als Protoplasma bekannte zähflüssige Inhalt der Pflanzenzelle besitzt ebenfalls die Fähigkeit der Contraktilität und ist in den wesentlichsten Eigenschaften mit der Sarkode') gleich. Beide zeigen die gleichen chemischen Reaktionen und stimmen in dem häufigen Auftreten von Wimpern, Vacuolen und Körnchenströmungen nberein. Auch pulsirende Räume, contractüe Vacuolen, sind nicht aus- schliessliches Attribut der Sarcode, sondern können ebenso in dem Protoplasma der Pflanzenzelle vorkommen (Gonium, Chlamydomonas, Chaetop)liora'). Während die Contraktilität des Protoplasma's allerdings in der Regel durch die Cellulosemembran gehemmt wird, tritt sie an den nackten Schwärmzellen der Volvocinen, Euglenen und Saprolegnien, vollends an den amöbenartigen Entwicklungsformen der Schleimpilze, Myxomyceten, in gleicher Intensität mit der Sarkode der Infusorien und Ehi&opoden auf. Bei den gleichartigen Bewegungserscheinungen niederer Thiere und Pflanzen suchen wir vergebens nach einem Cri- terium der Willkür, deren Deutung dem subjectiven Ermessen des Beob- achters unterworfen bleibt. Das Vermögen der Empfindung, welches überall da, wo es sich um willkürliche Bewegung handelt, vorausgesetzt werden muss, ist keineswegs bei allen thierischen Organismen mit Sicherheit nachzuweisen. Viele niedere Thiere entbehren des Nervensystems und der Sinnesorgane und zeigen auf Reize geringe und nicht gerade intensivere Bewegungen als vegetabilische Organismen. Die Irritabilität aber erscheint auch auf dem Gebiete höherer Pflanzen weit verbreitet. Die Sinnpflanzen bewegen ihre Blätter auf mechanische Reize der Berührung {Mimosen, Dionaea). Viele Blüthen öffnen und schliesscn sich unter dem Einflüsse des Lichtes zu gewissen Tageszeiten. Die Staubfäden der Centaureen verkürzen sich auf mechanische und elektrische Reize in ihrer ganzen Länge und nach ähnlichen Gesetzen als die Muskeln der höhern Thiere. Demnach erscheint die Irritabilität ebenso wie die Contraktilität als Eigenschaft auch der pflanzlichen Gewebe und des Protoplasmas der Pflanzenzelle, und es ist nicht zu bestmimen, ob Willkür und Empfindung, die wir an diesen Erscheinungen der Pflanze ausschliessen, bei den ähnlichen Reizungs- und Bewegungsphänomenen niederer Thiere mit im Spiele sind. Wir finden daher in keinem der besprochenen Merkmale thierischen 1) Vergl. W. Schulze, das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflauzen- zellen. Leipzig 1863. — W. Kühne, Untersuchungen über das Protoplasma und die Contraktilität. Leipzig. 1864. 12 Die Organisation und Entwicklung und pflanzlichen Lebens ein durchgreifendes Criterium und sind nicht im Stande, das Vorhandensein einer scharfen Grenze beider lieiche nach- zuweisen. Thiere und Pflanzen entwickeln sich von dem gemeinsamen Ausgangspunkt der contraktilen Substanz') allerdings nach ver- schiedenen Richtungen , die bei dem Beginne ihrer Entfaltung noch mannichfach in einander tibergreifen und erst mit der vollkommenem Organisation in ihrem vollen Gegensatze deutlich werden. In diesem Sinne wird man, ohne eine scharfe Grenze zwischen beiden Organisations- reihen statuiren zu wollen, den Begriff des Thieres durch die Zusammen- fassung der jene Richtung bezeichnenden Merkmale umschreiben können. Man wird demnach das Thier zu detiniren haben: als den frei und willkürlich beweglichen, mit Empfindung begabten Organismus, der seine Organe im Innern des Leibes durch innere Flächenentfaltung entwickelt, einer organischen Nahrung bedarf, Sauerstoff einathmet, unter dem Einflüsse der Oxydationsvorgänge im Stoft'wechsel Spannkräfte in lebendige Kräfte umsetzt und Kohlensäure nebst stickstoffhaltigen Zersetzungsprodukten ausscheidet. Die Wissenschaft, welche die Thiere zum Gegenstand hat und die- selben in ihren Form- und Lebenserscheinungen sowie in ihren Beziehungen zu einander und zur Aussenwelt zu erforschen sucht, ist die Zoologie. Die Orgaiiisalioii und Entwicklung des Thieres im Allgemeinen. Der zur Feststellung des Begriftes »Thier* vorausgeschickte Ver- gleich von Thier und Pflanze hat bereits auf die grosse Mannichfaltigkeit und auf zahlreiche Abstufungen der thierischen Organisation hingewiesen. Wie sich aus der- Eizelle in allmähliger Ditferenzirung der complicirte Organismus aufbaut und oft auch während des freien Lebens Zustände durchläuft, welche in aufsteigender Reihe zu einer immer höhern Ent- faltung der Theile und zu vollkommenem Leistungen der Organe führen, so offenbart sich auf dem grossen Gebiete der thierischen Lebensformen ein ähnliches Gesetz der allmählig fortschreitenden Entwicklung, des 1) Die Aufstellung eines Zwischenreiches für die einfachsten Lebeustornien ist weder wissenschaftlich gerechtfertigt, noch aus praktischen Kücksichten erfor- derlich. Im Gegentheil würde die Annahme eines Protistenreiches die Schwierig- keit der Grenzbestimmung nur verdoppeln. des Thieres im Allgemeinen. IB Aufpteigens vom Einfachen zum Mannichfaltigen sowohl in der Form des Leibes und in der Zusammensetzung seiner Theile als in der Voll- •kommenheit der Lebenserscheinungen. Allerdings leiten sich die Abstufungen der thierischen Organisation nicht wie die des sich entwickelnden Individuums in einer einzigen continuirlichen Reihe auseinander ab, sondern die Parallele der Ent- wicklungsstufen des Thierreichs als Gesammtheit und der verschiedenen Zustände der einzelnen Lebensform weicht in so fern auseinander, als wir gegenüber der einfachen Entwicklungsreihe des Individuums eine Anzahl zwar hier und da mehrfach in einander übergreifender aber doch in ihrer höhern Entfaltung wesentlich verschiedenartiger Kreise (Typen) der thierischen Organisation zu unterscheiden haben. Individuum. Organ. In der Regel tritt der thierische Organismus als eine nach Form (morphologisch) und Lebensthätigkeiten (physiologisch) bestimmt begrenzte und untheilbare Einheit, als »vollkommenes Individuum« auf. Abgeschnit- tene Glieder oder losgelöste Theile ergcänzen sich nicht zu neuen Thieren, wir können meist nicht einmal Stücke des Leibes entfernen, ohnedasLeben des Organismus zu gefährden, denn nur als Complex sämmtlicher Theile des Leibes erhält sich derselbe in voller Lebensenergie. Nicht ganz ohne Beziehung auf die Eigenscliaft der Untheilbarkeit, vornehmlich aber mit Rücksicht auf die sich ergänzenden und gegenseitig bedingenden Leistungen der einzelnen Theile des Körpers, redet man von Organen und versteht unter Organ jeden Körpertheil, welcher als eine der höhern Einheit des Organismus untergeordnete Einheit eine bestimmte Form und Begrenzung zeigt, sowie eine bestimmte Function ausübt, somit eins jener zahlreichen Werkzeuge ist, auf deren ineinandergreifender Arbeit das Leben des Individuums beruht. Freilich gibt es unter den einfachem Thieren gar Viele, welche sich dem herkömmlichen Begriff von Indivi- duum nicht recht unterordnen lassen; dieselben haben zwar eine be- stimmte, der Entwicklung nach als individuell zu bezeichnende Form und repräsentiren somit morphologisch die Individualität, sind aber in grosser Zahl auf gemeinsamen Leibe vereint, gewissermassen zu einem Thierstock verbunden und verhalten sich physiologisch zu diesem wie Organe zu einem Organismus. Dieselben erscheinen demnach als unvollkommene oder morphologische Individuen, welche für sich geson- dert meist nicht fortbestellen können, namentlich dann aber stets als Einzelwesen zu Grunde gehen, wenn sie untereinander nach Form und Leistungen differiren, sich bei verscliiedenartiger Gestaltung ihres Baues in die Arbeiten theilen, welche der p]rhaltung der Gesammtheit erfor- 14 Die Organisation in;d Entwicklung derlich sind. Solche pohjmorphe^) Thierstocke gewinnen ganz das Aus- sehen und die Eigenschaften eines Individuums, während sie niorpho- logiscli Vereinigungen von Individuen sind , die sich physiologisch wie" Organe verhalten. Nicht jedes Organ findet sich im Thierkörper in nur einfacher Zahl vor, häufig wiederholen sich gleichartige Organe in bestimmter, in- dessen verschiedener Zahl, je nachdem der Organismus eine radiäre oder bilateral symmetrische und gegliederte Gestaltung zeigt. Bei den radiär gebauten Thieren sind wir im Stande zwei einander gegenüberliegende Puncte des Körpers, gewissermassen als Pole, durch eine Hauptaxe zu verbinden und den Körper durch mehrfache (2, 4, 6 etc., 5, 7, 9 etc.) Schnittebenen in congruente, beziehungsweise spiegelbildlich gleiche Hälften zu zerlegen. Die einfach vorhandenen Organe fallen in die von der Hauptaxe durchsetzte Mitte des Leibes, während sich die übrigen Organe mehr peripherisch gelagert, nach der Zahl der Hauptstrahlen wiederholen (2strahlig, 6strahlig, östrahlig etc.)- Lagerungsstörungen ein- zelner Organe können freilich die streng radiäre Bauart beeinträchtigen '^'). Somit liegen im Umkreis der gemeinsamen Körperachse übereinstimmende Gruppen gleichartiger Organe einander gegenüber, so dass man im Stande ist, den Körper in mehrere gleichartige Gegenstücke oder Antimeren abzutheilen. Bei der bilateralen symmetrischen Architectonik, die wir als einen speciellen Fall aus der radiären abzuleiten vermögen, ist durch die Längsachse nur eine Ebene, Medianehene , denkbar, mit der Eigenschaft, den Körper in zwei spiegelbildlicii gleiche (rechte und linke) Hälften oder Antimeren zu zerlegen. Wir unterscheiden an dem bilatei-alen Körper ein Vorn und Hinten, ein Rechts und Links, eine Rücken- und Bauchseite. Die unpaaren in nur einfacher Zahl auf- tretenden Organe fallen in die Medianebene, zu deren Seiten in beiden Körperhälften die paarigen Organe einander gegenüber lagern. Indessen können sich auch in der Längsrichtung die Organgruppen sowie gleich- artige Theile derselben Organe wiederholen. Der Körper gewinnt dann eine Gliederung und zerfällt in einzelne hinter einander gelegene Ab- schnitte, Segmente oder Metameren, in denen sich die Organisation mehr oder minder gleichartig wiederholt {Anneliden). Sind die hinter ein- ander folgenden Theilstücke einander nach Bau und Leistung vollkommen gleichwerthig , so repräsentiren sie eine untergeordnete Individualität, ein Individuum niederer Ordnung, das durch Trennung von dem Ver- bände zur Selbstständigkeit gelangen und längere oder kürzere Zeit 1) Vergl. R. Leiickart, Ueber den Polymorphismus der Individuen oder die Elrscheiüung der Arbeitstheilung in der Natur. Giessen. 1851. 2) Vergl. die betreffenden Erörterungen in den Abschnitten über Coelen- teraten, RippemptaUcn und Echinodcnne)-). des Thieres im Allgemeinen. 15 lebendig bleiben kann (Cestoden). Bei höherer Organisirung freilidi erscheinen die Segmente in einem viel festern Verbände und in gegen- seitiger Abhängigkeit, büssen dafür aber auch die volle Homonomität ein. In demselben Maasse als die Metameren eine ungleiche Gestaltung ge- winnen und mit dieser eine verschiedenartige Bedeutung für das Leben des gegliederten Organismus verbinden, verlieren sie an Selbstständigkeit und büssen den Werth der Individualität ein. Ganz analog der Segmentirnng des höheren Thieres erscheint die Metamerenbildung an polymorphen Thierstöcken , die an sich den Ein- druck der Individualität wiederholen. Hier folgen am Stamme hinter einander gleichartige Gruppen verschiedener Individuen, Gruppen, welche einzeln für sich (morphologisch) die Bedingungen der Existenz erfüllen und somit von dem gesammten Thierstocke getrennt als Thierstöckchen niederer Ordnung zu leben vermögen (^Diphyes, Eudoxia — Monophyes, Diplophysa). Auch für die Organe gilt die Unterscheidung höherer und niederer Stufen. Es gibt Organe, welche sich auf die Zelle, beziehungsweise auf einen Complex gleichartiger Zellen zurückführen lassen und solche, an deren Bildung verschiedenartige Zellencomplexe und Zellengewebe br- theiligt sind, welche sich häufig zugleich in verschiedene, nach Bau und Leistung ungleichwerthige Abschnitte gliedern. Für die zusammen- gesetzten Organe höherer Ordnung fungiren die einzelnen Abschnitte und für diese wiederum die Zellenaggregate und die Complexe von Zellen- derivaten als untergeordnete Organe, für welche schliesslich die Zelle und das derselben entsprechende Territorium als das letzte einfachste Organ dasteht. Andererseits fasst man Organe verschiedener Ordnung, welche mit Rücksicht auf ihre Hauptfunktion in näherer Beziehung stehen, als ''Organsysteme (Gefässsystem , Nervensystem) und Organapparate (Verdauungsapparat) zusammen, ohne dass es möglich ist, diese Begriffe von dem des zusammengesetzten Organes scharf zu trennen. Zelle und Zellengewebe ^). Unter Geweben verstehen wir Organtheile, in sofern sie eine be- stimmte mit Hülfe des Mikroskopes erkennbare, auf die Zelle und deren 1) Tb. Schwann, Mikroskopische Untersuchnngon über die Uebereinstim- mung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 18.i9. A. Koiliker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 5. Auflage. Leipzig. 1867. Fr. Leydig, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. Frankfurt a, M. 1«57. S. Stricker, Handbuch der Lehre von den Geweben des Menschen und der Thiere etc. Leipzig. 1871. 16 Die Organisation nnd Entwicklung Derivate zurückzuführende Struktur besitzen. Dieselben haben physio- logisch eine der besondern Struktur entsprechende Funktion, welche die Gesammtfunktion des Organes bestimmt, und können daher auch als Organe niederer Ordnung betrachtet werden. Die letzte Einheit oder das Elementarorgan, aus welchem sich die Gewebe aufbauen, ist die Zelle, für die wir bereits hervorgehoben haben, dass weder die Membran noch auch der Kern den Werth entscheidender und den Begriff bestim- mender Merkmale haben. Das Wesentliche der Zelle liegt in dem Proto- plasma mit seiner besondern molekularen Anordnung und den Funktionen der selbständigen Bewegung, des Stoffwechsels, der Fortpflanzung. Das was man Kern oder Nucleus der Zelle nennt, ist entweder eine feste solide Einlagerung des Protoplasmas oder ein Gebilde mit fester Hülle und flüssigem Inhalt, welches wiederum meist ein oder mehrere solide Körperchen (Nucleolus) umschliesst. Eine wichtige und sehr allgemeine Eigenschaft des Protoplasmas ist die Contraktilität. Die lebendige Masse zeigt im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel Bewegungs- erscheinungen, welche sich nicht nur in Verschiebungen und Wanderungen fester Partikelchen und Körnchen ihres zähffüssigen Inhalts, sondern in Formveränderungen der gesammten Zelle äussern. Ist freilich durch Verdichtung der peripherischen Grenzschicht des Protoplasmas, beziehungs- weise einer hellen ausgeschiedenen Zone desselben eine helle Zellmembran entstanden, mit andern Worten, hat die Zelle Bläschenform gewonnen, so werden die Veränderungen der Formunirisse beschränkt sein müssen, im andern Falle aber geben sich die Verschiebungen der Theile in einem langsamen oder raschern Formenwechsel der peripherischen Grenzen kund. Die Zelle zeigt dann sog. amöboide Bewegungen, sie sendet Fortsätze aus, zieht dieselben wieder ein und vermag mittelst solcher Verschie- bungen der Protoplasmatheile sogar ihre Lage zu ändern. Es sind vor- nehmlich jugendliche noch indifferente Zellen, welche in dieser membran- losen Form mit der Fähigkeit der Gestaltveränderung auftreten, im weitern Verlaufe ihrer Entwicklung bilden sie in der Regel eine Zell- membran, die somit nicht, wie man früher glaubte, eine nothwendige Eigenschaft der Zelle an sich, sondern nur ein Merkmal der weiter fortgeschrittenen Ausbildung, der aus dem Zustand der Indifferenz her- vorgetretenen Zelle ist. Wir haben bereits oben darauf hingewiesen, dass in dem Leben der Zelle die Grundeigenschaften des Organismus zum Ausdruck kommen. Die Zelle leitet ihren Ursprung, soweit unsere Erfahrungen reichen, von andern Zellen ab; eine freie Zellbildung, im Sinne Seh wann 's und Schleiden's, bezeichnet durch vorausgegangene Entstehung von Kernen [Cytoblast's) in einer bildungsfähigen organischen Materie, ist nicht nacligewiesen. Beschränken wir jedoch die bildungsfähige Substanz auf das Plasma der Zelle oder das verschmolzene Plasma zahlreicher Zellen des Tliieres im Allgemeinen. 17 (Plasmodien), so haben wir eine freie Zellbildung anzuerkennen (z. B. Sporenbildung der Myxomyceten) , wenngleich dieselbe von der Neu- bildung innerhalb der Mutterzelle nicht scharf abzugrenzen und als eine Modifikation der sog. endogenen Zellen-Erzeugung zu betrachten ist. Diese aber gestattet eine Zurückführung auf die so sehr verbreitete Vermehrung der Zellen durch Theilung. Nachdem die Zelle im Zusammenhang mit der Aufnahme und Verarbeitung von Nährstoffen bis zu einer gewissen Grösse herangewachsen ist, sondert sich das Protoplasma — meist nach voraus eingetretener Kerntheilung — in zwei nahezu gleiche Portionen, von denen jede einen Kern aufnimmt. Zuweilen scheint jedoch eine Neubildung des Kernes vorauszugehn. Sind die Theilungsprodukte un- gleich, so dass man die kleine Portion als ein abgelöstes Wachsthums- produkt der grössern betrachten kann, so nennt man die Fortpflanzungs- form Sprossung. Bei der endogenen Zellvermehrung endlich handelt es sich um Neubildung von Tochterzellen innerhalb der Mutterzelle. Das Protoplasma theilt sich nicht auf dem Wege fortschreitender Einschnürung und Abtrennung in 2 oder mehrere Portionen, sondern ditferenzirt sich im Umkreis von neugebildeten Kernen, neben denen der ursprüng- liche Zellenkern fortbestehen kann, in Protoplasmaballen. Die Eizelle, welche wir als Ausgangspunkt für die Entwicklung des Organismus zu betrachten haben, erzeugt auf verschiedenem Wege der Zellenvermehrung das Material von Zellen, welches zur Bildung der Gewebe Verwendung findet. Gruppen von ursprünglich indifferenten und gleich- gestalteten Zellen sondern sich und nehmen eine veränderte Gestaltung an ; die zugehörigen Elemente erleiden eine unter einander gleichartige Differen- zirung und erzeugen aus sich und ihren Derivaten eine bestimmte Form von Zellengewebe, welches eine der Besonderheit seiner Struktur entsprechende Funktion übernimmt. Mit der Sonderung und Uinbildung der Zellengruppen zu differenten Geweben bereitet sich zugleich die Arbeitstheilung der Organe vor, die man ebenso wie die sie zusammen- setzenden Gewebe nach der allgemeinsten Unterscheidung der Funktionen des thierischen Organismus in vegetative und animale eintheilen kann. Die erstem beziehen sich auf die Ernährung nnd Erhaltung des Körpers, die animalen dagegen dienen zur Bewegung und Empfindung, zu den dem Thiere ausschliesslich (im Gegensatz zur Pflanze) eigenthümlichen Arbeiten. Die vegetativen Gewebe wird man zweckmässig in 2 Gruppen 1) in Zellen und Zellaggregate (Epitelien) und 2) in Gewebe der Binde- substanz sondern und die animalen in Muskel- und Nervengewebe unter scheiden. Freilich handelt es sich mehr um eine die Uebersicht der Gewebsformen erleichternde sowie zur Beurtheilung der Verwandtschaft brauchbare Eintheilung, die nicht auf absolut scharfe Abgrenzung ihrer Gruppen Anspruch machen kann. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 2 l,s Die Organisation und p]ntwickliuig 1. Zellen und Zellaggregate. Die Zellen sind als solche erhalten und treten entweder in flüssigen Medien frei und isolirt oder als neben ein- ander gelagerte Aggregate auf. Zu den erstem gehören die Zellen des Blutes, des Chylus und der Lymphe. Sowohl das in der Regel farb- lose Blut der Wirbellosen als das mit seltenen Ausnahmen rotlie Blut der Wirbelthiere besteht aus einer flüssigen eiweissreichen(Gerinnung,Faserstoft; Serum) Plasma und zahlreichen in demselben suspendirten Blutkörperchen. Diese sind bei den Wirbellosen unregelmässige oft spindelförmige Zellen mit der Fähigkeit amöboider Bewegungen. Bei den Wirbelthieren finden wir im Plasma rothe Blutkörperchen (entdeckt von Swammerdam beim Frosch) in so grosser Zahl und dichter Häufung ver- theilt, dass das Blut für das unbewaftnete Auge das Aussehn einer homogenen rothen Flüssigkeit gewinnt. Es sind dünne Scheibchen von ovalen, nahezu elliptischen oder kreisförmigen (Säugethiere, Petromyzon) Umrissen, im erstem Falle kernhaltig, im letztern kernlos (Entwicklungs- zustände ausgenommen). Dieselben enthalten den Blutfarbstoff", das Haemoglobin, welches beim Austausch der Athemgase eine grosse Rolle spielt und gehen wahrscheinlich aus den farblosen Blutkörperchen her- vor, die im normalen P)lute stets in viel geringerer Menge auftreten. Die weissen Blutkörperchen sind echte Zellen von überaus veränder- licher Form mit amöboiden Bewegungen (Auswanderung in die Gewebe, Neubildungen etc.) und stanmien aus den Lymphdrüsen, in denen sie nls Lymph-Chyluskörperchen ihre Entstehung nehmen, um mit dem Lymphstrom in das Blut zu gelangen. Aus Zellenaggregaten bestehen die sogenannten Epitelien- oder Epüelialgeviebe, welche in einfacher oder mehrfacher Schichtung ihrer Zellenlagen die äussere sowohl als die innere Fläche des Körpers, sowie die Binnenräume der letztern überkleiden. Nach der verschiedenen Form der Zellen unterscheidet man Cylinder-, Flimmer- und Pflasterepitelien. Ln er- stem Falle sind die Zellen durch Vergrösserung der Längsachse cylindrisch, im zweiten Falle tragen sie auf der freien Fläche schwingende Wimpern oder Flimmerhaare, deren Substanz mit dem lebendigen Protoplasma der Zelle in Continuität steht. Bei den Pflasterepitelien handelt es sich um flache abgeplattete Zellen, die, wenn sie in mehreren Schichten auf- treten, in den tiefern mehr und mehr der rundlichen Zellenform weichen. W'ährend die untern Lagen ihren weichflüssigen Charakter bewahren und in lebhafter Zelltheilung und Wucherung begrifien sind, zeigen die obern eine festere Beschaffenheit, verhornen allmählig und stossen sich als Schüppchen oder zusammenhängende Plättchen ab (Epidermis), um durch die Neubildungen der untern Lagen ersetzt zu werden. Auch gibt es Zellenlagen, deren freie Oberfläche sich durch eine besonders starke Verdickung der Zellmembran auszeichnet. Die zur Membran- bildung verwendete erhärtete oder ausgeschiedene Protoplasmaschicht des Thiores im Allgemeir.cn. IH erscheint an der freien Fläche zu einem dicken Saume verstärkt, der bei ungleichmässiger Absonderung senkrechte Streifen als Ausdruck feiner Porenkanäle gewinnen kann (Dünndarmepitel, Epidermiszellen von Petromyzon). Fliessen die verdickten Säume zu einer continuirlichen Lage zusammen, so erhalten wir die sog. Cuticularmembranen, die, ob- wohl ihrer Entstehung nach homogen oder geschichtet, doch mancherlei Sculpturverhältnisse zeigen können. Sehr häufig bleiben an denselben die den einzelnen Zellen entsprechenden Bezirke als polygonale Felder umschrieben, und neben den sehr feinen Porenkanälchen treten grössere durcli eingeschobene Fortsätze der Zellen erzeugte Porengänge auf. Diese führen wiederum allmählig zu dem Auftreten mannichfacher Cuticularanhänge über, die sich als Haare, Borsten, Schuppen etc. auf Porengängen erheben und als Matrix je ihre besondere Zelle oder deren Ausläufer umschliessen. Cuticularmembranen können eine sehr bedeutende Dicke und durch Aufnahme von Kalksalzen einen hohen Grad von Festigkeit und Härte erlangen [Chitinpanzer der Krebse), so dass sie als Skeletgewebe Verwerthung finden, wie sie überhaupt eine scharfe Abgrenzung von gewissen Geweben der Bindesubstanz nicht gestatten Erscheinen die Cuticularbildungen als feste Absonderungsprodukte, welche zu stützenden und formbestimmenden Gewebstheilen im Organis- mus verwendet werden, so gibt es wiederum zahlreiche aus Zellen hervor- tretende flüssige Absonderungen, welche sich auf den Werth von formlosen aber in chemischer Beziehung oft bedeutungsvollen Sekreten beschränken. Hiermit wird das Epitelium zum Drüsengewebe. Im einfachsten Falle ist die Drüse aus einer einzigen Zelle gebildet, welche durch den freien Theil ihrer Membran oder durch eine Oeflnung Stoffe austreten lässt. Gehen zahlreiche Zellen in die Bildung der Drüse ein, so gruppircn sich dieselben im einfachsten Falle um einen centralen das Secret aui- nehmenden Raum; die Drüse erscheint dann in Form eines Blind- schlauches, der gewissermassen als Einsenkung der Epitelien in die tiefern Gewebe entstanden ist und sowohl an Epitelien der Innern als der äussern Körperfläche gebildet wird. Grössere und complicirtere Drüsen von sehr verschiedener Gestalt sind aus jener Grundform auf dem Wege fortgesetzter, gleichmässiger oder ungleichmässiger Ausstülpung abzuleiten. Dieselben sind wohl allgemein durch Umgestaltung des ge- meinsamen Abschnitts zum Ausführungsgang charakterisirt , wenngleich eine ähnliche Arbeitstheilung auch schon an einfachen Drüsenschläuchen, ja sogar an der einzelHgen Drüse auftreten kann. 2, Die Gewehe der Binde substayis. Man begreift in dieser eine grosse Zahl sehr verschiedenartiger Gewebe, die morphologisch in dem Vorhandensein einer mehr oder minder mächtigen zwischen den Zellen (Bindegewebskörperchen) abgelagerten Inter zellular ?,\x\)^iA\ri. überein- 20 Die Organisation und Entwicklung Stimmen und grossentheils zur Verbindung und Umhüllung anderer Gewobstlieilc, zur Stütze und Skeletbildung verwendet werden. Die Interzellularsubstanz nimmt ihre Entstehung von den Zellen aus, durch Abscheidung peripherischer TJieile des Protoplasmas, ist also genetisch von der Zellmembran und deren Ditierenzirungen , wie wir sie in den Verdickungsschichten und Cuticularbildungen antreffen, nicht scharf ab- zugrenzen. In der Regel gelangt sie in der ganzen Peripherie der Zelle zur Absonderung und erscheint im Einzelnen morphologisch und chemisch überaus verschieden. Bleibt die intercellulare Grundsubstanz auf ein Minimum beschränkt , so erhalten wir die zellige oder die grosshlasige Bindesubstanz, die namentlich bei Mollusken und Gliederthieren, minder verbreitet bei Wirbelthieren(6'Aorf?a(?orsaZi5) auftritt und sich nicht scharf vom Knorpelgewebe abgrenzen lässt. Offenbar steht sie der embryonalen Form des Bindegewebes, welche aus dichtgedrängten noch indifferenten Embryonalzellen hervorgeht, am nächsten. Als Schleim- oder Gallertgeivebe bezeichnet man Formen von Bindesubstanz, welche sich durch die hyaline, gallertige Beschaffenheit der Grundsubstanz bei einem überaus verschiedenen Verhalten der Zellen charakterisiren. Häufig entsenden diese zarte Fortsätze, selbst verzweigte Ausläufer, die mit einander anastomosiren und Netze darstellen. Daneben aber können sich auch Theile der Zwischensubstanz in Bündel von Fasern differenziren (Wharton'sche Sülze des Nabelstranges). Solche Gewebsformen treffen wir bei wirbellosen Thieren, z. B. bei den Hetero- poden und Medusen an, deren Gallertscheibe freilich bei Reduktion oder völligem Ausfall der Zellen überführt in eine homogene weiche oder er- härtete Gewebslage, welche ihrer Entstehung nach als einseitige Ausscheidung von Zellen, von Cuticularbildungen nicht scharf zu trennen ist (Mantel der Schwimmglocken der Siphonophoren). Aehnlich verhält es sich wahrscheinlich mit dem sog. Sekretgewebe (Kowalewski) der jugendliciien Rippenquallen, in welches freihch Zellen einwandern, um dann als Bindegewebskörperchen zu fungiren. Eine bei Wirbelthieren sehr verbreitete Form der Bindesubstanz ist das sog. fibrilläre Bindegewehe mit vorwiegend spindelförmigen oder auch verästelten Zellen und einer festern ganz oder theilweise in Faserzüge zerfallenden Zwischensubstanz, welche die Eigenschaft besitzt, beim Kochen Leim zu geben. Wird das Protoplasma der Zellen grossentheils oder vollständig zur Faserbildung verbraucht, so entstehen Fasergewebe mit eingelagerten Kernen an Stelle der ursprünglichen Zellen, Sehr häufig zeigen die Fasern eine wellig gebogene Form und sind in nahezu gleicher Richtung ziemlich parallel geordnet (Bänder, Sehnen). In andern Fällen freilich kreuzen sie sich winklig in verschiedenen Richtungen des Raumes (Lederhaut) oder sie zeigen eine netzförmige Anordnung (Mesenterium). Während die gewöhnlichen Fibrillen und Bündel von des Thieres im Allgemeinen. 21 Fibrillen, nach deren mehr oder minder dichten Gruppirung wir straflere und lockere Formen von fibrillären Bindegewebe erhalten, bei Behandlung mit Säuren und Alkalien aufquellen, erscheint eine zweite Form von Fasern jenen Reagentien gegenüber resistent. Diese sog. elastischen Fasern, wie sie wegen der Beschaffenheit der vornehmlich aus ihnen gebildeten elastischen Gewebe genannt werden, zeigen eine Neigung zur Verästelung und zur Bildung von Fasernetzen und erlangen oft eine bedeutende Stärke (Nackenband, Arterienwand). Auch können dieselben verbreitert und zu durchlöcherten Häuten und Platten verbunden sein (gefensterte Membran). Eine andere Gewebsform der Bindesubstanz ist der Knorpel, charakterisirt durch die meist rundliche Form der Zellen und die feste Chordrin-haltige Zwischensubstanz, welche die Rigidität des Gewebes bestimmt. Ist dieselbe nur sehr spärlich vorhanden, so ergeben sich Uebergänge zu dem zelligen Bindegewebe. Nach ihrer besondern Be- schaffenheit unterscheidet man Uyalinhiorpel und FaserJcnorpel (be- ziehungsweise Netshiorpel mit elastischen Fasernetzen), welcher wiederum Uebergänge zu dem fibrillären Bindegewebe gestattet. Die Zellen lagern in meist rundlichen Höhlen der Intercellularsubstanz, von welcher sich verschieden starke, die erstem umlagernden Partieen kapselartig sondern. Diese sogenannten Knorpelkapseln betrachtete man früher als der Zellulosekapsel der Pflanzenzelle ähnliche Membranen der Knorpelzellen, eine Auffassung, die im Hinblick auf die Entstehung der Kapseln als Sonderungen aus dem Protoplasma keineswegs schlechthin zurückzuweisen ist. Indessen stehen die Kapseln in näherer Beziehung zu der schon vorher auf demselben Wege erzeugten Interzellularsubstanz, welche sie häufig durch Verschmelzung verstärken. Häufig findet man in den Knorpel- höhlen verschiedene von besondern Kapseln umgebene Generationen von Zellen in emander eingeschachtelt. In solchen Fällen sind die aus- geschiedenen Kapseln von der Interzellularsubstanz getrennt geblieben und keine Verschmelzung mit derselben eingegangen, üebrigens gibt es auch Knorpel mit spindelförnügen, zuweilen in zahlreiche Fortsätze aus- strahlenden Zellen. Auch können in der Zwischensubstanz Kalkkrümel in spärlicher oder dichter Häufung abgelagert werden; es entsteht auf diese Weise bald mehr vorübergehend bald persistirend der sog. in- crustirte Knorpel oder Knorpelknochen. Bei der Rigidität des Knorpels erscheint es begreiflich, dass wir denselben als Stützgewebe zur Skelet- bildung verwendet sehen, minder häufig bei Wirbellosen (Cephalopoden, Sabella, Coelenteraten), sehr allgemein bei Vertebraten, deren Skelet stets Knorpeltheile enthält, bei Fischen sogar ausschliesslich von den- selben gebildet sein kann (Knorpelfische). Einen noch höheren Grad von Rigidität zeigt das Knochengewebe, dessen Interzellularsubstanz durch Aufnahme kohlensaurer und phosphor- 22 Die Organisatiou und Entwicklung saurer Kalksalze zu einer harten Masse erstarrt ist, während die Zellen (sog. Knochenkürperchen) mit ihren zahlreichen feinen Aus- läufern untereinander anastomosiren. Die Zellen füllen natürlich ent- sprechende Höhlungen der festen Grundsiibstanz aus , welche noch von zahlreichen engen Canälen durchsetzt wird. Diese. Canäle führen die ernährenden Blutgefässe, deren Verlauf und Verzweigungen sie genau wiederholen und stehen in Beziehung zu einer regelmässig concentrischen Schichtung und Lamellenbildung der Substanz. Sie beginnen an der Oberfläche und münden in grössere Räume (Markräume) aus, welche hei den Röhrenknochen die Achse einnehmen , bei den spongiösen Knochen aber in grosser Zahl und dichter Häufung auftreten. In einem zweiten wesentlich verschiedenen Knochengewebe werden nicht die gesammten Zellen, sondern nur ihre zahlreichen sein' langen und parallel gerichteten Ausläufer in die Zwischensubstanz mit einge- schlossen, die somit von einer grossen Zahl feiner Röhrchen durchsetzt ist. Die Zellen selbst bleiben ausserhalb der ausgeschiedenen und durch Aufahme von Kalksalzen erstarrenden Zwischensubstanz, die somit ein- seitig abgelagert wird und ihrer Entstehung nach an die ebenfalls Zellen- fortsätze in sich aufnehmenden harten Cuticularbildungen der Krebse und Insekten erinnern. Dieses von feinen parallelen Röhrchen durch- setzte Knochengewebe tritt bei den Knochenfischen und ganz allgemein als »Dentin« oder »Zahnbein« an den Zahnbildungen auf. Rücksichtlich seiner Genese wird der Knochen durch weiches Bindegewebe oder durch Knorpel vorbereitet. Im erstem Falle ent- wickelt er sich durch Umbildung der Bindegewebszellen und durch Erstarrung der Zwischensubstanz. Häufiger ist die Präformirung durch Knorpel, die für einen grossen Theil des Skeletes der Vertebraten Geltung hat. Früher legte man auf diesen Gegensatz der Entstehung grossen Werth und unterschied dieselbe als secundäre und primäre Knochenbildung, während in Wahrheit eine grosse Uebereinstimmung besteht. Denn auch im letztern Falle tritt im Zusammenhang mit einer vorausgegangenen Kalkinkrustirung und partiellen Zerstörung oder Ein- schmelzung des Knorpels vom Mark aus eine weiche bindegewebige Neu- bildung (osteogene Substanz) auf, deren Zellen (Osteoblasten) sich in Knochenkörperclien umgestalten, während die Zwischensubstanz zum Grundgewebe wird. Dazu kommt, dass auch die knorplig präformirten Knochen ein Dickenwachsthum vom Perioste aus besitzen, bei welchem also ein bereits vorhandenes Bindegewebe direkt in Knochensubstanz übergeführt wird. o. Muslelgewehc. Der thätigen Zelle an sich schreiben wir die Eigenschaft der Contraktilität zu und beobachten in Uebereinstimmung hiermit, dass die als Epiteliallagen ausgebreiteten Zellencomplexe bei kleinen Organismen schon einen Antheil an den Bewegungserscheinungen des des Tbieres im Allgemeinen. 23 Körpers haben können. Durch besondere Differenzirung des Protoplasmas bilden gewisse Zellen und Zellencomplexe das Vermögen der Contraktilität in höhern vollkommenem Grade aus und erzeugen die sog. Muskel- gewebe, welche ausschliesslich zur Bewegung dienen. Dieselben ziehen sich in den Momenten ihrer Aktivität zusammen, sie ändern das im Ruhezustand gegebene Verhältniss ihrer Längs- und Quer-Dimensionen der Art, dass sie die erstere verkürzen, während sie gleichzeitig breiter werden. Man unterscheidet zwei morphologisch und physiologisch diÖ'erentc Formen von Muskelgeweben, die glatten Muskeln oder contraktilen Faserzellen und die quergestreifte Muskelsubstanz. Im erstem Falle beobachten wir spindelförmige platte oder band- förmig gestreckte Zellen und Lagen solcher Zellen, welche auf den ein- wirkenden, in der Regel von Nerven veranlassten Reiz langsam reagiren. allmählig in den Zustand der Contraktion eintreten und in diesem länger beharren. Die contraktile Substanz erscheint meist homogen, indessen nicht selten auch längsstreifig und entspricht entweder nur einem Tlieil des Protoplasmas (Nematoden) oder dem gesammten Inhalt der Faser- zelle. Die glatten Muskeln haben die grösste Verbreitung auf dem Gebiete der wirbellosen Thiere, werden aber auch bei den Vertebraten zur Bildung der Wandungen zahlreicher Organe (Gefässe, Ausführungs- gänge der Drüsen, Darmwand) verwendet. Der quergestreifte Muskel besteht aus Zellen, häufiger aus zu- sammengesetzten vielkernigen sog. Primitivbündeln, und charakterisirt sich durch die Umwandkmg des Protoplasmas oder eines Theiles desselben in eine quergestreifte Substanz mit eigenthümlichen das Licht doppelt brechenden Elementen (Sarcous Clements) und einer zweiten jene ver- bindende einfach brechende Zwischenflüssigkeit. Physiologisch charakte- risirt sich derselbe durch eine im Momente der Reizung eintretende sehr energische und bedeutende Zusammenziehung, welche dieses Muskel- gewebe vornehmlich zur Ausführung kräftiger Bewegungsleistungen (Muskulatur des Vertebratenskelets) tauglich erscheinen lässt. Selten bleiben die Zellen einkernig und der Art vereinzelt, dass der ganze Muskel aus einer einzigen Zelle besteht (Augenmuskeln der Daphnie), ebenso selten ist die der glatten Muskulatur analoge Verbindungs- weise einkerniger spindel- oder bandförmiger Zellen zu Häuten (Siphono- phoren, Quallen), in der Regel bilden sich die Zellen unter Vermehrung ihrer Kerne zu langgestreckten Schläuchen (Primitivbündeln) um, an deren Peripherie eine Membran als Sarcolemma zur Differenzirung kommt. Entweder lagern die Kerne dem Sarcolemma an, zuweilen in einer peripherischen feinkörnigen Protoplasmaschicht, oder sie sind reihenweise in der Achse des Schlauches zwischen feinkörnigen nicht con- traktilen Protoplasmatheilen angeordnet. Durch Zusammenlagerung zahlreicher Primitivbündel und Verpackuncr derselben mittelst ßinde- V 24 Die Organisation und Entwicklung Substanz entstehen die feinern und grobem Muskelbündel, deren Faserung dem Verlaufe der Primitivbündel entspricht (Muskeln der Vertebraten). Endlich konnnt es vor, dass sowohl die einfachen Zellen als die aus ihnen entstandenen mehrkernigen Gebilde Vercästelungen bilden (Herz der Vertebraten, Darm der Arthropoden etc.)- 4. Nervengeivehe. Zugleich mit der Muskulatur tritt in der Regel das Nervengewebe auf, welches jener die Reizimpulse ertheilt und zu- gleich als Sitz der Empfindung und des Willens erscheint. Dasselbe enthält zweierlei verschiedene Formelemente, Nervenzellen oder Ganglien- zellen und Nervenfasern, die beide auch eine bestimmte chemische Be- schaffenheit und molekulare Anordnung besitzen. Die Ganglienzellen gelten als Heerde der Nervenerregung und finden sich vornehmlich in den Centralorganen, welche als Gehirn, Rückenmark oder schlechthin Ganglien bezeichnet werden. Sie besitzen meist einen feinkörnigen granulären Inhalt mit grossem Kern und Kern- körperchen und laufen in mehrere Fortsätze (unipolare, bipolare, multi- polaro Ganglienzellen) aus, welche als Wurzeln der Nervenfasern er- scheinen. Häufig liegen die Ganglienzellen in bindegewebigen Scheiden ein- gebettet, welche sich über ihre Fortsätze und somit auch über die Nervenfasern ausdehnen, sehr allgemein aber werden Complexe der- selben in bindegewebige Hüllen eingeschlossen. Die Nervenfasern, welche den in der Zelle erzeugten Reiz fort- leiten, von den Centralorganen auf die peripherischen Organe über- tragen (motorische) oder umgekehrt von der Peripherie des Körpers nach den Centralorganen hinführen (sensible Fasern), sind Ausläufer der Ganglienzellen und wie diese häufig von einer kernhaltigen Hülle {Schivann's^che Scheide) umschlossen. In grosser Zahl neben einander gelagert erzeugen sie die kleinern und grössern Nerven. Dem feinern Verhalten der Nei-vensubstanz nach haben wir wiederum zwei Formen von Nerven zu unterscheiden, die sog. markhaltigen (doppelt contourirten) und die niarklosen oder Achsencylinder. Die erstem zeichnen sich da- durch aus, dass beim Absterben der Nerven in Folge eines Gerinnungs- processes eine stark lichtbrechende fettreiche Substanz als peripherische Schicht zur Erscheinung tritt und scheidenähnlich als »MarJischeide« die centrale Faser, den sog. Achsencylinder umgibt. Jene verliert sich in der Nähe der Ganglienzelle, in deren Protoplasma ausschliesslich die zuweilen fibrilläre Substanz des Achsencylinders eintritt. Sie be- sitzen stets eine Schwann'sche Scheide (Cerebrospinalnerven der meisten Vertebraten). In der zweiten Form, in der marklosen Nervenfaser, fehlt das Nervenmark, wir haben es nur mit einem nackten oder von einer Scheide umlagerten Achsencylinder zu thun, der den gleichen Zusammen- hang mit der Ganglienzelle zeigt (Sympathicus, Nerven der Cyclostomen, Wirbellosen). Nicht selten finden wir aber, namentlich an den des Thieres im Allgemeinen. 25 Sinnesnerven, die Achsencylinder in sehr feine Nervenfibrillen aufgelöst und gewissermassen in ihre Elemente zerlegt. Endlich treten sehr häufig die Nerven wirbelloser Thiere als feinstreifige Fibrillencomplexe auf, an denen wir bei dem Mangel von Nervenscheiden nicht im Stande sind die Grenzen der einzelnen Achsencylinder oder Nerven- fasern zu erkennen. Die peripherischen am Ende der Sinnesnerven auf- tretenden Dift'erenzirungen ergeben sich theils aus Umgestaltungen von Nervenfasern in Verbindung von accessorischen Gebilden, welche aus Bindesubstanz (Tastorgane) oder aus Epitelzellen und cuticularen Ab- scheidungen hervorgegangen sind {Endapparate) ^ theils aus der Ein- schiebung von Ganglienzellen zwischen Endapparate und Nervenfasern. Grössenzunahme und fortschreitende Organisirung, Arbeitstheilung und Vervollkommnung. Bei den einfachsten niederen Thieren, wie z. B. den Gregarinen und parasitischen Opalinen, genügt die cäussere Leibeswand, ähnlich wie die Membran der Zelle, zur Aufnahme der Nahrungsstoffe und zur Entfernunu der Ausscheidungsprodukte, somit zur Vermittlung der vege- tativen Verrichtungen. Als Leibesparenchym fungirt das Protoplasma; in demselben vollziehn sich die vegetativen wie animalen Lebensthätig- keiten. Ohne in Organe und Gewebe differenzirt zu sein, besorgt das Protoplasma mit denselben Theilen, welche die aufgenommenen Stoffe assimiliren und Ausscheidungsprodukte erzeugen, zugleich die Bewegung und falls wir hier schon von Anfängen der Empfindung reden können, auch die Empfindung. Wir beobachten somit eine bestimmte Beziehung zwischen den Funktionen der peripherischen Fläche und der von der Oberfläche um- schlossenen Masse, an deren Theilen sich die Processe des vegetativen und animalen Lebens vollziehn, während die erstere beide Reihen von Vorgängen vermittelt. Diese Beziehung setzt ein bestimmtes Ver- bal tniss zwischen der Grösse der Oberfläche zur Grösse der Masse voraus, welches aber mit dem fortschreitenden Wachsthum geändert wird. Da nämlich die Zunahme an Volum im Cubus, die der Oberfläche nur im Quadrat steigt, so wird das Verhältniss zum Nachtheil der letztern ein anderes, oder was dasselbe sagt, mit zunehmender Grösse wird die Oberfläche eine relativ kleinere werden. Schliesslich wird dieselbe nicht mehr ausreichen, um die vegetativen Processe einzuleiten und desshalb, falls das Leben fortbestehen soll , durch Neubildung von Fläche ver- grössert werden müssen. Dies gilt aber nicht nur für die einfachen Zellen ähnhchen Organismen, welche sich wie die Zelle ernähren, son- dern für die Zelle selbst, die bekanntlich eine innerhalb bestimmter 26 Die Organisation und Entwicklung Grenzen üxirte Grösse einhält. Daher wird der Organismus mit zu- nelmiender Masse nicht nur eine Theilung des Protoplasma in mehrere, in zahlreiche Zelleinheiten erfahren, sondern diese werden eine derartige Gruppirung erlangen, dass sie sich nicht nur an der äussern Oberfläche, sondern auch an einer zweiten auf dem Wege der Einstülpung oder Aushöhlung gebildeten Innern Fläche als regelmässige Lagen anordnen. Mit dem Auftreten eines Innern Raumes ergibt sich zugleich eine Arbeits- theilung der Funktion. Die äussere Flache beschränkt sich auf die Vermittlung der animalen Funktionen und einer bestimmten, vornehmlich die Respiration und Ausscheidung betreffenden Reihe vegetativer Vor- gänge, während die innere Fläche (^verdauende Cavität) zur Nahrungs- aufnahme und Verdauung dient. Hiermit ist nicht nur die Nothwen- digkeit einer mit fortschreitender Grössenzunahrae auftretenden Organi- sation bewiesen, sondern auch zugleich das Wesen derselben charakterisirt. Es wird sich eine äussere und eine innere Zellenlage zur Begrenzung der beiden Flächen sondern müssen. Beide werden an einer Stelle des Körpers, an welcher sich die innere Cavität nach aussen öffnet, an der »Mundüffnung« in einander übergehn. Aeussere und mnere Zellenlage werden im Zusammenhang mit der verschiedenen Funktion beider Flächen, eine verschiedene Gestaltung der Zellen zeigen müssen. Die Zellen der äusseren Lage, welche vornehmlich die animalen Funktionen vermitteln, er- scheinen blass eiweissreich, cylindrisch und besitzen Wimpern, die der innern verdauenden Cavität haben eine mehr rundliche Gestalt und dunkelkörnige Beschaffenheit, können freilich auch Flimmerhaare zur Fortbewegung des Inhalts gewinnen. In der That erkennen wir die aus physiologischen Gesichtspunkten als nothwendig abgeleitete einfachste Form eines zellig differenzirten Organismus in den zweischichtigen Larven wieder, welche in allen Typen des Thierreichs — den Protozoentypus ausgenommen — als junge frei lebende Entwicklungsstadien auftreten können und im Coelenteratenkreise {Spongien') dem ausgebildeten fort- pflanzungsfähigen Formzustand nahe stehn. Die mit der weitern Grössenzunahme fortschreitende Coraplikation der Organisirung ergibt sich theils aus einer weitern durch sekundäre Einstülpungen erzeugten Flächenvergrösserung , theils aus dem Auftreten neuer zwischen beiden Zellenschichten gelagerten, intermediären Geweben. Die sekundären Flächeneinstülpungen übernehmen besondere Leistungen und gestalten sich zu Drüsen um, während die von einer oder von beiden Zellen- schichten aus entstandenen intermediären Gewebe in erster Linie den Körper stützen und somit das Skelet erzeugen, dann aber auch die Bewegungsfähigkeit des Organismus steigern und als »Muskeln« zu dem äussern (Hautmuskulatur) und auch zu dem innern Zellenblatt (Darm- muskulatur) in nähere Beziehung treten. Ein zwischen äusserem und innerem 2ellenstratum der Leibeswand primär vorhandener oder durch sekundäre lies Thieres im Allgemeinen. 27 Spaltung der intermediären Gewcbsschicht neu gebildeter Raum wird zur Leibeshöhle, in welcher durch Umbildungen intermediärer Zellen- gruppen das Blut, beziehungsweise das Blut-Gefässsystem hervorgeht. Mit dem Auftreten von Muskeln verbindet sich in der Regel die Diflferen- zirung eines Nervensystems durch Neubildungen des äussern Blattes. Endlich erheben sich symmetrische Auswüchse des Leibes und gestalten sich theils zu bestimmten aus dem Bedürfniss der Flächenvermehrung abzuleitenden Organen der Ernährung (Kiemen), theils zu Organen der Nahrungszufuhr und Bewegung um (Fangarme, Tentakeln, Extre- mitäten). Die zunehmende Mannichfaltigkeit der Organisation beruht demnach neben der Vergrösserung der vegetativen Flächen und neben der Ditferenzirung der animalen Organe auf einer fortschreitenden Ärbeits- theiluag, insofern sich die verschiedenen für den Lebensprocess erforder- lichen Leistungen schärfer und bestimmter auf einzelne Theile des Ganzen, auf Organe mit besonderen Functionen, concentriren. Indem die letztern aber ausschliesslich zu bestimmten Arbeiten verwendet werden, können sie durch ihre besondere p]inrichtung diese in reicherem Masse und vollendeterem Grade zur Ausführung bringen und unter der Voraussetzung des geordneten Ineinandergreifens der Arbeiten sämmtlicher Organe dem Organismus Vortheile zuführen, welche ihn zu einer höhern und vollkommenem Lebensstufe befähigen. Mit der Mannichfaltigkeit der Organisation steigt daher im Allgemeinen die Höhe und Vollkommen- heit der Lebensstufe, wenn gleich in dieser Hinsicht die besondere Form und Anordnung der Organe, wie sie in den bestimmten Thierkreisen (Typen) zum Ausdruck kommt, sowie die durch dieselbe beschränkten Lebensbedingungen als compensa torische Factoren in die Wagschale fallen. Auf diese Weise scheint der Weg bezeichnet zu sein, welcher zum Verständniss der zwischen Grösse, Organisation und Lebensstufe bestehenden Wechselbeziehungen führt. Correlation und Verbindung der Organe. Die Organe des Thierleibes stehen aber auch untereinander in einem sich gegenseitig bedingenden Verhältniss, nicht nur ihrer Form, Grösse und Lage nach, sondern auch bezüglich ihrer Leistungen; denn da die Existenz des Organismus auf der Summirung der Einzelwirkungen aller Theile zu einer einheitlichen Aeusserung beruht, so müssen die Theile und Organe in bestimmter und gesetzmässiger Weise einander angepasst und untergeordnet sein. Man hat dieses aus dem Begriffe des Orga- nismus als nothwendig sich ergebende Abhängigkeitsverhältniss sehr passend als >^Correlation« der Theile bezeichnet und ist schon vor vielen 28 Die Organisation und Entwicklung Decennien zur Aufstellung mehrerer Grundsätze geführt worden, deren vorsichtige Anwendung mancherlei fruchtbare Gesichtspunkte für eine vergleichende Betrachtungsweise lieferte. Jedes Organ muss mit Rück- sicht auf das bestimmte Mass seiner Arbeit, welche zur Erhaltung der gesamniten Maschine erforderlich ist, eine bestimmte Menge arbeitender Einheiten umfassen und demgemäss in seiner räumlichen Ausdehnung auf eine gewisse Grösse beschränkt sein , andererseits aber auch eine besondere theils durch seine Funktion, theils durch die gegenseitige Lage der Organe bedingte Gestalt besitzen. Vergrössert sich ein Organ in aussergewöhnlichem Masse, so geschieht die Massenzunahme auf Kosten benachbarter Organe, deren Formbildung, Grösse und Leistung modificirt, beziehungsweise beeinträchtigt werden. Somit ergibt sich das von Geoffroy St. Hilaire wenn nicht zuerst erkannte, so doch als solches bezeichnete »principe du halancement des organes«, mit Hülfe dessen jener Forscher sowohl zur Begründung der Lehre von den Miss- bildungen (Teratologie) als zu Erklärungsversuchen mancher Organi- sationseigenthümlichkeiten gewisser Thierformen geführt wurde. Indess sind die physiologisch gleichen, d. h. im Allgemeinen dieselbe Arbeit besorgenden Organe, wie z. B. das Gebiss oder der Darmcanal oder die Bewegungswerkzeuge, im Einzelnen grossen und mannichfachen Modi- fikationen unterworfen, und es hängt die besondere Ernährungs- und Lebensweise, die Art wie und unter welchen Verhältnissen das Leben jeder einzelnen Gattung möglich wird, von der besondern Einrichtung und Leistung der einzelnen Organe ab. Man kann daher nach der besondern Form und Einrichtung eines einzigen Organes oder nur eines Organ- theiles auf den besondern Bau sowohl zahlreicher anderer Organe als des gesammten Organismus schliessen und das ganze Thier seiner wesent- lichen Erscheinung nach gewissermassen construiren, wie das zuerst Cuvier für die Säugethiere der Vorzeit mit Hülfe spärlicher Bruchstücke von versteinerten Knochen und Zähnen in grossartigem Massstabe aus- führte. Stellt man nun das Leben des Thieres und die Erhaltung der thierischen Maschine nicht einfach als Resultat, sondern als Zweck der besonderen Einrichtung und Leistung aller einzelnen Organe und Theile hin, so ergibt sich das Cuvier 'sehe »principe des causes finales« (des conditions d'existence) und mit demselben die sog. teleologische Be- trachtungsweise, mit der wir freilich nicht zu einer mechanisch-physikalischen Erklärung gelangen. Im.merhin leistet jene unter der Voraussetzung, dass es sich nicht wie im Sinne Cuvier 's um einen ausserhalb der Natur ge- setzten Endzweck, sondern um einen anthropomorphistischen Ausdruck für die nothivendigen Wechselbeziehungen zwischen Form und Leistung der Theile und des Ganzen handelt, zum Verständniss der complicirten Correlationen und der harmonischen Gliederung des Naturlebens vor- treffliche und geradezu unentbehrliche Dienste. des Thieres im Allgemeinen. 29 Die Verbindungsweise der Organe und die Art ihrer gegenseitigen Lagerung jedoch ist keineswegs, wie Geoffroy St. Hilaire in seiner Theorie der Analogieen aussprach, im ganzen Thierreiche nach ein und demselben Schema durchgeführt, sondern lässt sich mit Cuvier auf verschiedene Organisations-Formen (nach der Anschauungsweise Cuvier's als »Pläne« bezeichnet), Typen, zurückführen, welche durch eine Summe von Characteren in der Gestaltung und gegenseitigen Lagerung der Organe bezeichnet sind. Li der gemeinsamen Grundform ihres Baues stimmen höhere und niedere Entwicklungsstufen desselben Typus überein, während ihre untergeordneten Merkmale in der mannichfachsten Weise abändern. Es ist die Aufgabe der Morphologie, das Gleichartige der Anlage unter den verschiedensten Verhältnissen der Oi'ganisation und Lebensart für die Thiere desselben Kreises oder Typus nachzuweisen. Diese Wissen- schaft hat gegenüber den Analogieen, welche in den verschiedensten Kreisen auftreten und die gleichartige Leistung, die physiologische Verwandtschaft ähnlicher Organe betreifen, z. B. der Flügel des Vogels und der Flügel des Schmetterlings, die Homologieen zu bestimmen, das heisst die Theile von verschiedenen Organismen desselben Typus, welche bei einer ungleichen Form und unter abweichenden Lebensbedingungen eine verschiedene Function erfüllen, z. B. die Flügel des Vogels und die Vorderbeine des Säugethieres, als gleichwerthige Theile auf die gleiche ursprüngliche Grundform zurückzuführen. Ebenso werden die Organe gleicher Anlage, welche sich an dem Körper desselben Thieres wieder- holen, wie die Vordergliedmassen und Hintergliedmassen, als homologe bezeichnet. Die zusammengesetzten Organe nach Bau und Verrichtung. Die vegetativen Organe umfassen im weitesten Sinne die Vorgänge der Ernährung, welche für jeden lebendigen Organismus nothwendig, Thieren und Pflanzen gemeinsam sind, bei den erstem aber in allmähliger Stufenfolge und im innigsten Verbände mit den immer höher vorschrei- tenden animalen Leistungen zu einer weit reichern und mannichfaltigern Entwicklung gelangen. An die Aufnahme von Nahrungsstoften schliesst sich beim Thiere die Verdauung der Nahrungsstoffe an; die durch die Verdauung löslich gewordenen , assimilirbaren Stoffe werden zu einer ernährenden den Körper durchdringenden Flüssigkeit (Blut), welche in mehr oder minder bestimmten Bahnen zu allen Organen gelangt und denselben Bestandtheile abgibt, aber auch von ihnen die unbrauchbar gewordenen Zersetzungsstoffe aufnimmt und bis zu deren Ausscheidung in bestimmten Körpertheilen weiter führt. Die zur Ausführung der ein- 30 Die Organisation und Entwicklung zelnen Functionen der Ernährungsthätigkeit allmählig zur Sonderung gelangenden Organe sind somit: der Apparat der Verdauung und Blnt- hüdimy, die Organe des Kreislaufs, der Respiration und die Excretions- organe. Der Verdammgsaijparat ist, falls nicht die gesammte äussere Körperhaut zur Aufsaugung der ernährenden Flüssigkeit dient (Opalinen, Acanthocepliulen , Cestoden), im einfachsten Falle eine vom Parenchym begrenzte Aush('.)hlung des Leibes, welche mit einer Mundöffnung beginnt. Bei den Intusorien freilich ist anstatt dieser Leibeshöhlung eine centrale weichflüssige Sarcodemasse (Innenparenchym) vorhanden, welche von der zähern peripherischen Sarcodeschicht sich abhebt. Indessen haben wir es bei den Infusorien überhaupt noch nicht mit Zellengeweben, sondern nur mit Differenzirungen innerhalb des Protoplasma's einer Zelle zu thun. Unter den Thieren mit zellig differenzirtem Parenchym fun-irt der innere Leibesraum (morphologisch keineswegs mit der Leibeshöhle der übrigen Thiire identisch) als verdauende Cavität und in seinen peripherischen, strahlig differenzirten Nebenräumen als Blut-führendes Canalsystem. Bei den grössern Polypen, sowie bei den Rippenquallen, hängt freilich von der Mundöffnung noch ein Rohr (ümstülpung des Mundsaums) in den Centraltheil der Verdauungshöhle hinein, welches man als Magen- rohr bezeichnet hat, obwohl es in der Regel nur zur Zuleitung dient, jedoch bei den Rippenquallen die Verdauung der Nahrungsstoff'e besorgt. Erhält die verdauende Cavität ihre selbständige von der Körperwandung abgesetzte und meist durch eine Leibeshöhle getrennte Wandung, so erscheint dieselbe im einfachsten Falle als ein blindge- schlossener, einfacher, gabiig getheilter oder verästelter Schlauch, häufig mit abgegrenztem Schlünde (Trematoden), oder als ein mit einer After- öffnung (After) ausmündender Darmcanal. Im letztern Falle tritt eine weitere Gliederung ein, welche mindestens zur Unterscheidung von drei Abschnitten führt, des Munddarmes (Speiseröhre) zur Einleitung der Nahrung, des Chylusdarmes zur Verdauung und des Enddarmes zur Ausführung der Speisereste. Schon bei diesen einfachen Formen der verdauenden Cavität treten Organe der Nahrungszufuhr auf, es sind vor dem Mund gelegene, radiär oder bilateral angeordnete Anhänge oder Fortsätze des Leibes, welche durch Herbeistrudeln kleiner Nahrungs- theile wirken oder als Arme fremde Körper ergreifen und in den Mund führen (Folypen, Quallen). Auch können solche zum Fangen der Beute dienende Anhänge von dem Mund entfernt liegen (Fangladen der Medusen, Siphonoj)horen , (JtenopJwren). Bei höhern Thieren wird in der Regel nicht nur die Zahl der Abschnitte eine grössere, sondern auch ihre Form und Ausstattung eine mannichfaltigere. Auch gestalten sich die Organe des Nahrungserwerbes complicirter. Am Munddarm grenzt sich eine Mundhöhle ab, vor oder des Thieres im Allgemeinen. 31 innerhalb welcher feste Bildungen als Kiefer und Zähne das Zerkleinern der Nahrungsstoffe besorgen, oder der Kauapparat rückt in einen Theil des Schlundes {Pharynx), ja selbst in einen erweiterten musculösen Ab- schnitt am Ende des Schlundes {Nematoden, Botiferen, Krebse) hinab. A.n dieser Stelle sondert sich ein Magen, welcher unter nochmaliger mechanischer Bearbeitung oder auch durch Absonderung von Secreten die Verdauung einleitet und den Speisebrei in den Chylusdarm überführt. Durch Erweiterungen und Ausstülpungen entstehen an der Mundhöhle Kehlsäcke, Backentaschen, am Oesophagus Kropfbildungen und ans Magen Blindsäcke, sämmtlich als Nahrungsreservoirs. Der mittlere Abschnitt des Verdauungscanais, den man als Magen- darm oder besser Chylusdarm zu bezeichnen hat, bringt die bereits durch den Zufluss von Säften der Mundhöhle (Speichel) und des Magens (Labdrüsen) eingeleitete Verdauung zum Abschluss; aus dem noch un- fertigen Nahrungsbrei {Chymus) werden durch weitere chemische Ein- wirkung zufliessender Secrete (Pancreas, Darmsaft) zur Resorption geeignete Nahrungssäfte in Lösung gewonnen und diese als Chylus von der Darmwandung aufgesaugt. Nicht selten gliedert sich der Mittel- darm wieder in untergeordnete Abschnitte verschiedener Beschatfenheit, wie man beispielsweise am Säugethierdarm ein Duodenum, Jejunum und Ileum unterscheidet. Der Afterdarm endlich, vom Mitteldarm nicht immer scharf ab- gesetzt, hat die Bedeutung der Ansammlung und Ausstossung der Koth- reste zu bewirken. Anfangs von nur geringer Ausdehnung, erlangt der- selbe bei höhern Thieren eine bedeutendere Länge, beginnt mit einem (Säugethiere) oder zwei Blinddärmen (Vögel) und kann sich wieder in mehrere Abschnitte (Dickdarm, Mastdarm) gliedern. Auf Ausstülpungen, welche sich durch weitere Differenzirung zu Anhangsdrüsen entwickelt haben, sind die Speicheldrüsen, die Leher und das Fancreas zurückzuführen. Die erstem ergiessen ihr Secret in die Mundhöhle und dienen zur Verflüssigung, aber auch bereits zur chemischen Veränderung der aufgenommenen Nahrung. Dieselben fehlen zahlreichen Wasserthieren und sind besonders mächtig bei den Pflanzen- fressern ausgebildet. Die auf einer höhern Entwicklungsstufe durch ihren sehr bedeutenden Umfang ausgezeichnete Leber ist das Organ der Gallenbereitung und findet sich als Anhangsdrüse am Anfang des verdauenden Dünndarmes oder Magendarnies. In ihrer ersten Anlage durch einen characteristisch gefärbten Theil des Leibesraumes oder der Darmwandung vertreten {Coelenteraten , Würmer), erhebt sie sich zuerst in Form kleiner blindsackähnlicher Schläuche (kleine Krebse) und erlangt durch weitere Verzweigung derselben eine complicirte Aus- bildung von Gängen und Follikeln, welche in sehr verschiedener Weise selbst zu einem scheinbar compacten Organe zusammengedrängt sein 32 Die OrganiFation und Entwicklung können. Immerhin muss man im Auge behalten, dass mit dem Namen »Leber« in den verschiedenen Typen der Thiere sehr verschiedene mor- phologisch und physiologisch nicht auf einander reducirbare Drüsen bezeichnet werden. Während bei den Wirbelthieren die Leber als gallen- bereitendes Organ keine nachweisbare wesentliche Beziehung zur Ver- dauung besitzt, dürften die Secrete mancher Anhangsdrüsen, die bei Wirbellosen als Leber gedeutet werden, auf Stärke und Eiweisstoffe eine verdauende Wirkung ausüben, wenn sie auch ähnliche Nebenproducte und Farbstoffe als die Galle der Vertebraten enthalten (Krebse, Mollusken), Der durch die Verdauung gewonnene Nahrungssaft verbreitet sich in einem System von Räumen nach allen Theilen des Körpers. Sehen wir von den Protozoen ab, deren aus Sarcode gebildeter Leib sich rücksichtlich der Vertheilung des Nahrungssaftes ähnlich wie die Gewebs- einheit, die Zelle, verhält, so ist es bei den Thieren mit zellig geson- derten Geweben im einfachsten Falle die Verdauungshöhle selbst, beson- ders in ihren peripherischen Partieen {Coelenteraten) , welche die Blut- flüssigkeit überall hinleitet (Gastrovasculartaschen der Polypen, sog, Gefässe der Medusen und Rippenquallen). Mit der Ausbildung eines gesonderten Darmcanales dringt die Ernährungsflüssigkeit durch die W^andungen desselben in das umgebende bindegewebige Leibesparenchym (parenchymatöse Würmer) oder in den zwischen Körperwandung und Darm entwickelten Leibesraum ein und erfüllt als Blut, in welchem oft schon zellige Elemente oder Blutkörperchen zur Sonderung gelangen, die Lücken und Gänge zwischen den verschiedenen Organen und Ge- weben. In diesen unregelmässigen Räumen bewegt sich das Blut an- fangs noch unregelniässig mit den Bewegungen des gesammten Körpers, z, B. bei manchen Würmern, hauptsächlich unter dem Einflüsse der Contractionen des Hautmuskelschlauches, oder es dienen Schwingungen und Bewegungen anderer Organe z. B. des Darmcanales zugleich zur Circulation des Blutstromes (Cyclops). Auf einer weiteren Stufe treten die ersten Anfänge von Organen des Kreislaufs auf, indem sich Ab- schnitte der Blutbahn mit einer besonderen Muskelwandung umkleiden und als pulsirende Herzen eine rhythmische und regelmässige Strömung des Blutes unterhalten. Entweder ist dieses Herz sackförmig mit seit- lichen, sowie mit vorderer (und hinterer) Spaltöffnung oder gefässartig verlängert, gekammert und mit zahlreichen Paaren von Spaltöffnungen versehen (In.ecten, Aims). Indessen gibt es zwischen beiden Extremen Zwischenformen mit schlauchförmigen Herzen und einer beschränkten Zahl seitlicher Spaltöffnungen {Isopoden, Spinnen). Von dem Herzen als dem Centralorgane des Blutkreislaufes aus entwickeln sich dann bestimmt umgrenzte Canäle zu Blutgefässen, welche bei den Wirbellosen meist noch mit wandungslosen Lacunen des Leibes wechseln, bei den Wirbelthieren aber als ein abgeschlossenes Gefässsvstem des Thieres im Allgeineiiieu. 33 die Leibesräume durchsetzen. Es kann auch vorkommen, dass bei fehlendem Herzen ein sehr entwickeltes System von Gefässen vorhanden ist und ein Theil der Gefasse selbst pulsirt {Anneliden, Amphioxiis). Tritt das Herz aber als ein durch Muskulatur und Pulsirung bestimmt begrenzter Abschnitt des Gefässsystemes auf, so unterscheidet man die vom Herzen ausgehenden, das Blut abführenden Bahnen als Arterien, die freilich erst viel später auftretenden zurückführenden Canäle mit meist schlafferer Wandung als Venen; beide können entweder durch wandungslose Räume und Lacunen, oder durch besondere zarte Canälchen. die Haargefässe oder CapiUaren, verbunden sein; im letztern Falle be- zeichnet man das Gefässsystem als vollkommen geschlossen (Wirhcl- ihiere) und unterscheidet dann in der Regel noch ein besonderes System von Chylus- und Lyinphr/efässen, welche als wandungslose Lücken zwischen den Geweben beginnend, das Blut durch Aufsaugung sowohl der vom Darm aus eingezogenen Nahrungsflüssigkeit (Chylus), als der durch die CapiUaren in die Gewebe hindurchgeschwitzten Säfte {Lymphe) ergänzen. Eigenthümliche in die Lymph- und Chylusbahnen eingescho- bene drüsenartige Organe, in welchen die helle Lymphe ihre körper- lichen Elemente empfängt, sind unter dem Namen Lymphdrüsen bekannt (Milz, Blutgefässdrüsen). Ausser der beständigen Erneuerung des Blutes durch aufgenommene Nahrungssäfte bedarf dasselbe zur Erhaltung seiner Eigenschaften der fortgesetzten Zufuhr eines Gases, des Sauerstoffes, mit dessen Aufnahme zugleich die Abgabe von Kohlensäure (und Wasserdampf), eines End- productes des Stoffwechsels im Organismus, verbunden ist. Der Aus- tausch beiderlei Gase zwisciien dem Blute des thierischen Körpers und dem äussern Medium ist der wesentliche Vorgang des Athinungsin-ocL'ssas und geschieht durch die Athmungs- oder ■ Besjnrationsoi'gaue , welche entweder für die Luftathmung oder für die Athmung im Wasser ein- gerichtet sind. Im einfachsten Falle besorgt die gesammte äussere Körperbedeckung den Austausch beider Gase, wie auch tiberall da, wo besondere Respirationsorgane auftreten, die äussere Haut bei der Ath- mung mit in Betracht kommt. Auch können innere Flächen, insbesondere die der verdauenden Cavität und des Darmes, sowie bei Ausbildung eines gesonderten ßlutgefässsystemes die gesammte Leibeshöhle {Echino- dermen) bei diesem Austausch betheiligt sein. Die Wasserathmung stellt sich natürlich weit ungünstiger für die Zufuhr des Sauerstoffes heraus, als die directe Athmung in der Luft, weil nur die geringen Mengen von Sauerstoff, welche der im Wasser vertheilten Luft zugehören, in Verwendung kommen können. Daher findet sich diese Form der Ath- mung bei Tiiieren mit minder energischem Stoflwechsel und tieferer Lebensstufe {Würmer, Mollusken, Fische). Die Organe der Wasser- athmung sind äussere, möglichst flächenhaft entwickelte Anhänge, welche Claus, Zoologie. 3. Auflage. 3 ')■[ Die Org;inisation und Entwicklung aus einfachen oder geweihföi-migen oder dendritisch verästelten Schläuchen oder aus lanzetförmigoi) dicht nebeneinander gedrängten, eine grosse Oberfläche bildenden Blät^clien bestehen, die sog. Kiemen. Die Organe der Luftathniung dagegen entwickeln sich als Einstülpungen im Innern des Körpers und bieten ebenfalls die Bedingungen einer bedeutenden Flächen Wirkung zum endosmotischcn Austausch zwischen Luft und den Blutgasen. Dieselben sind entweder Lungen und erscheinen dann ent- \Yeder als hohle dicht neben einander gestellte Fächer, welche im Blute schwimmen (Spinnen), oder wie bei den Wirbclthieren als geräumige Säcke mit alveolärer oder schwammiger, zahlreiche Septen und Balken erzeugender Wandung, welche ein äusserst reiches Netzwerk von Capillaren trägt, oder sie sind Luftröhren, Tracheen, und bilden als solche ein im ganzen Körper verästeltes System von Röhren, welche die Luft nach allen Organen hinführen; dort ist die Respiration localisirt, hier überall auf alle Gewebe und Organe des Körpers ausgedehnt, welche von feinen Tracheennetzen umsponnen werden. In die Organe der Luftathniung führen naturgemäss Oeffnungen der Körperwand, entweder in grösserer Zahl von Paaren und dann stets dii'ect und unmittelbar (Stigmen der Insecten, Spinnen), oder der Zahl nach beschränkt und mittelst coniplicirter zu manchen Nebenleistungen verwendeter Vorräume (Nasenhöhlen der Vertebraten). Indessen können bei wasserlebenden Insecten die Tracheen der Einmündungsöffnungen entbehren und an bestimmten Stellen des Körpers ihren Sauerstoff durch Kiemen-ähnliche mit dichtem Tracheen- netz erfüllte Anhänge aus dem Wasser aufnehmen {Kiementracheen, Ephenferu-, LibeUen\2iY\e etc.). Bei den höhern Thieren mit rothem Blute ist der Unterschied der Blutbeschaffenheit vor und nach dem Durchtritt des Blutes durch die Athmungsorgane eine so auffallende, dass man schon an der Färbung das Kohlensäure reiche Blut von dem Sauerstoff reichen sofort zu er- kennen vermag. Das erstere ist dunkelroth und wird schlechthin als venöses bezeichnet, das aus dem Kiemen oder Lungen ausströmende Blut hingegen hat eine intensiv hellrothe Färbung und führt den Namen arterielles Blut. Während wir oben die Bezeichnung venös und arteriell im anatomischen Sinne gebrauchten, um die Natur der Blutgefässe zu bezeichnen, je nachdem s=e das Blut zum Herzen hinführen oder dasselbe vom Herzen wegführen, haben wir hier den gleichen Namen im physiolo- gischen Sinne zu nehmen als Ausdruck für die beiderlei Blutsorten vor und nach dem Durchtritt durch das Respirationsorgan. Da dieses letztere aber entweder in die Bahnen der venösen oder arteriellen Gefässe eingeschoben ist, so muss es im erstem Falle venöse (Mollusken und Vertebraten) Gefässe geben, welche arterielles Blut, im letztern Falle (Vertebraten) arterielle Gefässe, welche venöses Blut führen. Für den Austausch der Gase ist der rasche W^echsel des den des Thieres im Allgemeiuen. 35 Sauerstoff tragenden Mediums, welches die respiratorischen Flächen um- gibt, von der grössten Bedeutung. Wir treffen daher sehr häufig besondere Einrichtungen an, durch welche sowohl die Entfernung der bereits verwendeten , des Sauerstoffs beraubten und von Kohlensäure gesättigten Theile bewirkt, als der Zufluss neuer Sauerstolf-haltigen und von Kohlensäure freier Mengen des respiratorischen Mediums herbei- geführt wird. Im einfachsten Falle kann diese Erneuerung wenn auch minder vollständig durch die Bewegung des Körpers oder durch con- tinuirliche Schwingungen der Kiemenanhänge herbeigeiührt werden, durch Bewegungen, welche nebenher noch nicht selten, falls die respiratorischen Flächen in der Umgebung des Mundes angebracht sind, als Strudelung (Anneliden) zur Herbeischaffung der Nahrung in Verwendung kommen. Sehr häufig sitzen die Kiemen als Anhänge den Bewegungsorganen z. B. den Schwimm- oder Gehfüssen an (Krebse, Anneliden). Complicirter gestatten sich die Einrichtungen, wenn die Kiemen in besonderen Räumen eingeschlossen liegen (Fische, Decapoden) oder wenn die Athmungsorgane selbst, wie dies für die Tracheen und Lungen gilt, innere Höhlungen des Leibes sind, die in mehr oder minder regelmässigem Wechsel aus- gepumpt und mit frischer Luft erfüllt werden müssen. Hier wie dort sind es Bewegungen benachbarter Körpertheile (Decapoden, Fische) oder rhythmische Verengerungen und Erweiterungen der Lufträume, sog, Athemhewegungen, welche die Erneuerung des respiratorischen Mediums reguliren. Von diesen vornehmlich bei den Luft-athmenden Thieren zu- nächst in die Augen fallenden Bewegungen ist die Bezeichnung Athmung oder Respiration auf den erst secundär von der Luft-Einfuhr und Aus- fuhr abhängigen endosmotischen Process der Sauerstoff-Aufnahme und Abgabe übertragen worden und in diesem Sinne streng genommen um so weniger zutreffend, als es sich bei den Respirationsbewegungen der mit Kiemenräumen versehenen Thieren um Ein- und Ausströmung von Wasser handelt. Die Intensität der Athmung steht, wie bereits hervorgehoben wurde, in geradem Verhältniss zur Energie des Stoffwechsels. Thiere mit Kiemenathmung und spärlicher Sauerstoffaufnahme sind nicht im Stande, grosse Mengen von organischen Bestandtheilen zu verbrennen und können nur ein geringes Quantum von Spannkräften in lebendige Kräfte um- setzen. Dieselben erzeugen daher nicht nur verhältnissmässig wenig Muskel- nnd Nervenarbeit, sondern produciren auch in nur geringem Maasse die eigenthümlichen als Wärme sich darstellenden Molekular- bewegungen. Thiere aber mit spärlicher Wärmebildung, deren Quelle nicht etwa, wie man früher irrthümlich glaubte, in den Respirations- organen, sondern in den thätigen Geweben zu suchen ist, vermögen nicht ihre selbsterzeugte Wärme den Temperatureinflüssen des umgebenden 3* •>'' Die Organisation und Entwicklung Mediums gegenüber selbständig zu bewahren. Und dies gilt auch für Luft-atlnncnde Thiere mit intensivem Stoffwechsel und reichlicher Wärme- bildung, wenn sie in Folge ihrer sehr geringen Körpergrösse eine be- deutende Wärme-ausstrahlende Oberfläche darbieten (Insecten). Bei dem beständigen Wärmeaustausch zwischen thierischem Körper und um- gebendem Medium muss bei Thieren mit geringer Wärmeproduktion, sowie auch bei solchen mit grösserer Wärmeerzeugung aber von geringer Körpergrösse und nicht wärmeschützender Oberfläche die Temperatur des äussern Mediums massgebend sein für die Temperatur des thierischen Körpers und diese mit jener bald steigen bald sinken. Daher erscheinen die meisten sog. niederen Thiere als Wechselivarme ' ) oder wie man sie minder treffend bezeichnet hat, als Kaltblüter. Die hohem Thiere da- gegen, welche bei hoch entwickelten Respirationsorganen und energischem Stoffwechsel eine bedeutende Menge von Wärme erzeugen und durch Körpergrösse wie durch Behaarung oder Befiederung der Haut vor rascher Ausstrahlung geschützt sind, vermögen sich einen Theil der erzeugten Wärme unabhängig vom Sinken und Steigen der Temperatur des umgeben- den Mediums als constante Eiyemvürme zu erhalten. Man bezeichnet daher diese Thiere als Homöothernie oder Warmblüter. Die Athmungsorgane stehen in gewisser Beziehung vermittelnd zwischen den Organen der Ernährung und Ausscheidung, indem sie Sauerstoff aufnehmen und Kohlensäure abgeben. Ausser diesem Gas werden aber eine Menge von Auswurfsstoffen des Organismus, welche aus der Körpersubstanz in das Blut eintreten, aus demselben meist in flüssiger, aber auch in fester Form ausgeschieden. Diese Function besorgen die Excrationsorgane, Drüsen von einfachem oder complicirtem Baue, welche als Einstülpungen der äussern Haut oder der Innern Darmüäche sich auf einfache oder verästelte Röhren, auf traubige und aus Läppchen zusammengesetzte Schläuche zurückführen lassen. Unter den mannichfachen Stoffen, welche mit Hülfe der Epitelial- auskleidung der Drüsenwandungen aus dem Blute entfernt, zuweilen auch noch zu verschiedenen Nebenleistungen verwendet werden, er- scheinen die stickstoffhaltigen Zersetzungsproducte des Körpers besonders wichtig. Die Organe, welche diese Endproducte des Stofi'wechsels ausscheiden, sind die Harnorgane oder meren. Unter den niedern Würmern durch die sog. Wassergefässe vertreten, erscheinen dieselben bei den Gliederwürmern als schleifenförmig gewundene und nach den Segmenten sich wiederholende Drüsengänge und Canäle, welche von der Haut aus ihre Entstehung nehmen und dieser zugehören. Aehnlich verhalten sich die sog. Schalendriisen der Krebse. Bei den Luft-ath- 1) Vergl. Bergmann und Leuckart, Anatomisch physiologische üebersicht des Thierreichs. Stuttgart. 1852. des Thiercs im Allgemcincii. 37 menden Arthropoden sind die Hariiorgane Anhangscanäle des Dariii- canales (Malpighische Gefässe) , während sie bei den 3Iolliiskeii und Wirbelthieren als Nieren zu einer grössern Selbstständigkeit gelangen und meist in besonderen Oeffnungen, bei den Wirbelthieren häufig mit dem Geschlechtsapparat vereinigt nach aussen münden. Sehr allgemein vermittelt die äussere Körperfläche besondere Aus- scheidungen, die freilich häufig noch wichtige Leistungen für den Haus- halt des Thieres besorgen und vornehmlich als Waffen zum Schutze und zur Vertheidigung in Verwendung kommen können, wie dies aber auch für Excretionen gilt, welche von Anhangsdrüsen am Anfangs- oder Endtheil der Darnifläche abgesondert werden (Speicheldrüsen, Giftdrüsen, Sericterien, Analdrüsen). In die Kategorie der Hautdrüsen gehören in erster Linie die Schweiss- und Talgdrüsen der Säugethiere, von denen jene in Folge der leichten Verdunstung des flüssigen Secretes auch für die Abkühlung des Körpers von Bedeutung sind, diese das Integument und seine besondere Bekleidung weich und geschmeidig erhalten. Als eine dichte Anhäufung der letztern kann man die Bürzel- drtisen der Wasservögel in Betracht ziehen, deren Aufgabe es ist, das Gefieder einzuölen und beim Schimmen des Thieres vor Durchtränkung zu schützen. Auch die einzelligen und gehäuften Hautdrüsen, welche sich in so grosser Verbreitung bei Insekten finden, gehören grossentheils in die Kategorie der Oel- und Fettdrüsen. Kalk- und Pigment-absondernde Zellenanhäufungen finden sich vornehmlich in dem Körperintegumente der Weichthiere verbreitet und dienen zum Aufbau der so schön gefärbten und mannichfach geformten Schalen und Gehäuse. Auch zum Nahrungs- erwerbe können Drüsen und Drüsencomplexe der Haut Beziehung haben (Spinndrüsen der Äraneen). Animale Organe. Unter den animalen Verrichtungen, welche dem Thiere als solclieiu im Gegensatze zu der Pflanze eigenthümlich sind, fällt zunächst am meisten die Locomotion in die Augen. Die Thiere führen zum Zwecke des Nahrungserwerbes und um Angriffen zu entgehen, Bewegungen ilires Körpers aus, im einfachsten Falle durch die Contractilität des gleich- artigen Parenchyms {Protoplasma, Sarcode). Zur Unterstützung der Bewegung im Wasser treten dann als die einfachsten Anhänge des Körpers Cilien auf, sowohl bei Thieren, deren contractiles Parenchym Sarcode ist (Infusorien) als bei vorgeschrittenerer Diflerenzirung der bewegenden Leibessubstanz. Dieselbe erscheint auf einer bereits höheren Stufe als Muskelgewebe differenzirt, dessen Formen wir bereits oben betrachtet haben. Die zunächst zur Locomotion des Leibes in Verwen- 38 Die Organisation und Entwicklung dung kommende Musculatur erscheint in der Regel und namentlich bei den einfachem Formen der Bewegung mit der äussern Haut innig ver- webt und bildet einen Hautm uskel schlauch (TFwrmer), dessen abwechselnde Verkürzung und Verlängerung den Körper fortbewegt. x4uch kann die Musculatur auf einen Theil der Haut, welclier die Lage der Bauchfläche bestimmt, besonders concentrirt sein und einem fuss ahn liehen Bewegungs- organ seine Entstehung geben [Mollusken), oder in verschiedene sich hintereinander wiederholende Muskelgruppen zerfallen {Anneliden, Arthro- poden, Vertehraten). Der letztere Fall bereitet schon eine rasche und vollkommnere Bewegungsart vor, indem sich feste in der Längsachse aufeinander folgende Abschnitte der Haut, oder auch eines innern er- härteten Gewebsstranges als Segmente oder Ringe sondern, welche durch die Muskelgruppen verschoben werden und feste Stützpuncte zu einer kräftigen Muskelwirkung darbieten. Mit dem Auftreten dieser Skeletbildungen, welche theils als äussere Ringe durch Erhärtung der Körperhaut {Chitin) ihren Ursprung nehmen, theils im Innern des Körpers {Knorx)el, Knochen) als Wirbel zur Ent- wicklung gelangen und in beiden Fällen eine Gliederung in der Längs- achse des Rumpfes nothwendig voraussetzen, überträgt sich allmählig die zur Locomotion erforderliche Musculatur von der Hauptachse des Leibes auf Nebenachsen desselben und gewinnt auf diesem Wege die Bedingungen zur Ausführung der schwierigsten und vollkommensten Formen der Fortbewegung. Die festen Theile in der Längsachse des Ilumpfes verlieren dann ihre ursprüngliche gleichartige Gliederung, er- halten eine verschiedenartige Form, verschmelzen theilweise und bilden verschiedene feste Regionen (Kopf, Hals, Brust, Leib etc.), im Allgemeinen durch ein ziemlich starres Skelet in der Hauptachse des Körpers aus- gezeichnet, welches durch die ausgreifenden Verschiebungen paariger Extremitäten oder Gliedmassen in weit vollendeterm Grade fort- bewegt wird. Natürlich besitzen auch die Gliedmassen ihre festen Stützen für die Muskelwirkung als äussere oder als innere, mit dem AchsensJcelet mehr oder minder fest verbundene, meist säulenartig ver- längerte feste Hebel. Die Empfindung, die wesentlichste Eigenschaft des Thieres, knüpft sich ebenso wie die Bewegung an bestimmte Gewebe und Organe, an das Nerv enst/ Stern. Da wo sich ein solches noch nicht aus der gemein- samen contractilen Grundmasse {Sarcode) oder den gleichartigen Zellen- parenchym des Leibes gesondert hat, werden wir die ersten Anfänge einer dem Organismus zur Wahrnehmung kommenden Reizbarkeit vor- aussetzen dürfen, die wir kaum als Empfindung bezeichnen können, denn die Empfindung setzt das Bewusstsein von der P^inheit des Körpers voraus, welches wir den einfachsten Thieren ohne ein gesondertes Nerven- system kaum zuschreiben werden. Mit dem Auftreten von Muskeln des Thieres im Allgomeiiu'ii. äO werden in der Regel auch die Gewebe des Nervcnsystenies zur Soti- derung kommen; ob wir die erste Diff'ereiizirung dieser Gewebe in den sog. Neuromuskelzellen der Süsswasserpolypen zu erkennen haben, werden spätere Untersuchungen entscheiden müssen. Die Anordnung des Nervensystems lässt sich auf drei Grundformen zurückführen: 1) die radiäre der Strahlthiere ; 2) die bilaterale der Gliederthiere und Mollusken; 3) die bilaterale der WirheltUere. Im erstem Falle wiederholen sich die Centralnrgane in den Radien, bei den Ecliinodermen als sog. And)ulakralgehirne, und werden durch eine um den Schlund verlaufende ebenfalls Ganglien enthaltende Conimissur ver- bunden. Die bilaterale Anordnung des Nervensystems setzt eine un- paare oder paarige Ganglienmasse voraus, welche am vordem Körper- pole über dem Schlünde liegt und schlechthin als oberes Schlundganglion oder Gehirn bezeichnet wird. Von diesem Centrum strahlen im ein- fachsten Falle {Turhellaricn, niedere Mollusheii) Nerven in seitlich symmetrischer Vertheilung aus. Auf einer höhern Stufe tritt ein Ncrven- ring um den Schlund und ein zweites unter dem Schlünde gelegenes Ganglion hinzu, welches auch mit dem Gehirn zu einer gemeinsamen Ganglienmasse verschmolzen sein kann (einige Gliederthiere, Mollusken). Endlich bei auftretender Gliederung des Körpers vermehrt sich die Zahl der Ganglien, und es kommt zum Gehirn ein Bauchmark, entweder als Bauchstrang {Sipunculideri) oder als homononie {Amieliden') beziehungs- weise heteronome {Arthropoden) Ganglienkette hinzu. Auch hier kann wieder eine grössere Concentration der Nervencentra durch Verschmel- zung des Gehirnes und Bauchmarkes herbeigeführt werden (zahlreiche Arthropoden). Bei den Wirbelthieren endlich ordnen sich die Nerven- centra auf der Rückenseite zu dem als Rückenmark bekannten Strange an, dessen Gliederung in der mehr oder minder gleichmässigen Wieder- holung der austretenden Nervenpaare ihren Ausdruck erhält. Der vor- derste Theil des Rückenmarks erweitert und differenzirt sich mit Aus- nahme von Aniphioxus zu der Bildung des Gehirnes. Als ein verhältnissmässig selbständiger Theil des Nervensystemes sondert sich bei den höher organisirten Thieren das sog. sympathische oder Eingeweidenervensystem (^Sympathicus). Dasselbe bildet Ganglien und Geflechte von Nerven, welche zwar in inniger Verbindung mit den Centraltheilen des Nervensystemes stehen, aber vom Willen des Thieres unabhängig, die Organe der Verdauung, Circulation und Respiration. sowie die Geschlechtsorgane innerviren. Das Nervensystem besitzt sodann noch peripherische Apparate, deren Function es ist, gewisse Verhältnisse der Aussenwelt als Eindrücke einer bestimmten Qualität zur Perception zu bringen, die Sinnesorgane. Gewöhnlich sind es eigenthümlich gestaltete Anhäufungen von Haar- oder Stäbchen-förmigen, mit Ganglienzellen in Verbindung stehenden Nervenenden 40 Die Organisation und Entwicklung durch welche unter dem Einflüsse äusserer Einwirkungen eine Bewegung der Nervcnsubstanz eingeleitet wird, welche, nach dem Centralorgan fortgeleitet, in diesem als specifische Sinnesempfindung zum Bewusstsein gelangt. Natürlich werden dieselben sich ganz allniählig aus dem Gemeingefühle (Dehagen, Unbehagen, Kitzel, Wollust, Schmerz) abheben und erst auf einer höhern Entwicklungsstufe mit den Sinnesperceptionen unseres eigenen Körpers der Qualität nach verglichen werden können. Am meisten mag unter den Sinnen der Gefühl- und Tastsinn verbreitet sein. Derselbe liegt theils über die gesammte Körperoberfläche verbreitet, theils auf Verlängerungen und Anhängen derselben concentrirt. Diese erheben sich bei den Coelenteraten, Echinodermen und Acephalen als Tentakeln in der Peripherie des Leibes, bei den Thieren mit ge- sondertem Kopfe sind sie contractile oder starre und dann gegliederte Fortsätze des Kopfes, sog. Fühler oder Antennen, welche sich bei den Würmern als paarige Girren an allen fjeibessegmenten wiederholen können. Bei einer höhern Ausbildung des Nervensystems ist man auch im Stande, besondere Nerven der Haut und der Tastorgane mit ihren Endigungen nachzuweisen; bei den Arthropoden sind es meist Borsten oder Zapfen, welche als Cuticularanhänge über der gangliösen End- anschwellung eines Tastnerven liegen und den mechanischen Druck von ihrer Spitze nach dem Nerven fortpflanzen, bei höheren Wirhelthieren sind es Papillen der Haut, iu welchen die als Tastkörper bekannten Gebilde mit den Enden der Tastnerven liegen. Ausser dem allgemeinen Gefühle und der Tastempfindung tritt beiden höhern Thieren das Unterscheidungs- vermögen der Temperatur als besondere Form des Gefühles hinzu. Von dem Gefühl- und Tastsinn hebt sich ab die Schallxierception, vermittelt durch das Gehörorgan. Dasselbe erscheint in seiner ein- faclisi^en Form als eine geschlossene, mit Flüssigkeit und meist beweglich zitternden kalkigen Concrementen {Otolithen) erfüllte Blase, deren W'andung der empfindenden Nervensubstanz, einem Ganglion des Nerven- centrums ( Würmer, Mollushen), oder einem besonderen Nerven {Nervus acusticus) anliegt. Bei den im Wasser lebenden Thieren kann auch die Blase geöffnet sein, und ihr Inhalt mit dem äussern Medium direct coramuniciren {Ctenophoren , Becapoden). Bei den Decapoden stehen die Fasern des Gehörnerven mit eigenthümlichen Stäbchen und Haaren in Verbindung, welche der Wandung der Blase aufsitzen und den Riech- haaren der Antennen vergleichbar die Nervenerregung einleiten. Bei höherer und vollkommener Ausbildung treten Schall-leitende und Schall- verstärkende Einrichtungen hinzu, wie andererseits die Ausbreitung und Endigung des Gehörnerven eine sehr complicirte wird {Wirbelthiere). Anders freilich gestaltet sich die Form des sog. Gehörorganes bei den Gryllen und Heuschrecken unter den lusecten, da hier direct Lufträume für die Einwirkung der Schallwellen auf die Nervenenden verwendet sind. des Thieres im Allgemeinen. 41 Die Gesichtsorgane oder Augen sind neben den Tastwerkzeugen am allgemeinsten und zwar in allen möglichen Abstufungen der Voll- kommenheit verbreitet. Im einfachsten Falle befähigen sie nur zur Unterscheidung von Hell und Dunkel und bestehen dann aus einem Pigmentflecken mit hinzutretendem is'erven. Zur Perception eines Bildes sind lichtbrechende Apparate vor der Endausbreitung {Beünd) des Seh- nerven [Nervus opticus) nothwendig. Zur Brechung des Lichtes dient die gewölbte und oft linsenartig verdickte Körperbedeckung (^Cornea, Cornealinse) , durch welche die Strahlen in das Auge einfallen, ferner hinter der Cornea liegende Körper {GlasJcörper , Linse) und selbst die vordem Abschnitte der eigentliümlichen Stäbchen-artigen Nervenenden {Krystallkegel). Durch die lichtbrechenden Medien werden die von den einzelnen Puncten der Lichtquellen nach allen Richtungen sich verbrei- tenden Lichtstrahlen mittelst Refraction wieder in entsprechenden Puncten auf der Retina, der Endausbreitung des Sehnerven gesammelt. Diese besteht aus den stäbchenförmigen Enden der Nervenfasern (meist in Verbindung mit mehr oder minder complicirten gangliösen Bildungen), deren Zahl und Feinheit die Schärfe des erzeugten Bildes bedingt. Zur Absorption überflüssiger und für die Sonderung des Bildes schädlicher Lichtstrahlen dient das Augenpigment, welches sich tlieils in der Umgebung der Retina als Chorioidea, theils vor der Linse als ein quergestellter, von einer Verengerungs- und Erweiterungs-fähigen Oeffnung, Pupille, durchbrochener Vorhang, Iris, ausbreitet. Auf einer höhern Entwicklungsstufe wird in der Regel das gesammte Auge von einer harten bindegewebigen Haut, Sclerotica, umschlossen und hiermit als selbständiger Augenbulbus abgegrenzt. Soll das Auge aus verschiedener Entfernung und nach verschiedenen Richtungen deutlich zu sehen im Stande sein, so erscheint ein besonderer Accomodations- und Bewegungsmechanismus nothwendig, welcher so- wohl das Verhältniss der brechenden Medien zur Retina verändert, als die Sehrichtung nach dem Willen des Thieres modificiren kann. Lage und Zahl der Augen variiren namentlich bei den niederen Thieren ausser- ordentlich. Die paarige Anordnung derselben am Kopfe erscheint freilich im Allgemeinen als Regel, wenngleich auch zuweilen weit vom Gehirn ent- fernt an peripherischen Körpertheilen Sehorgane vorkommen, wie z. B. bei Euphausia, Pecten, S/^onchjlus und gewissen Anneliden. Minder verbreitet scheint der Geruchssinn zu sein, der sich freilich bei den wasserbewohnenden Thieren, welche durch Kiemen athmen, nicht scharf und überhaupt nur insofern vom Geschmack abgrenzen lässt, als dieser die Qualität von Nahrungsstoften , welche in die Mundhöhle ein- treten, zu prüfen hat. Die Geruchsorgane erscheinen in der einfachsten Form als bewimperte mit einem Nerven in Verbindung stehende Gruben ( Würmer und Mollusl-cn). Bei den Arthropoden werden blasse Cuticular- 42 Die Organisation und Entwicklung anhänge (Riechfäden) der Antennen, an welchen Nerven mit gangliösen Anschwellungen enden, als Geruchsorgane gedeutet. Bei den Wirbel- thieren ist es eine paarige Grube oder Höhlung am Kopfe (Nasenhöhle), deren Wandung die Enden des Geruchsnerven {Nervus olfactorius) in sich birgt. Die höhern hiftathmenden Wirbelthiere zeichnen sich durch die Coinnmnication diesem Höhlung mit der Rachenhöhle, sowie durch die Flächenvergrösserung ihrer vielfach gefalteten Schleimhaut aus, auf welcher die Enden der Nervenfasern zwischen den Epitelialzellen als feine mit Zellen verbundenen Fäden verbreitet sind. Eine besondere Empfindung der Mund- und Rachenhöhle ist der Geschmack. Derselbe wird erst bei den höchsten Thieren nachweisbar und knüpft sich an die Ausbreitung eines besonderen Geschmacksnerven {^Nervus glossophuri/ngeus), welcher beim Menschen die Spitze, Ränder und Wurzel der Zunge, die Vordertiäche des weichen Gaumens und den untern Theil des Gaumensegels zu Geschmacksorganen macht. Als percipirende Elemente sind die an besondern Papillen (Fapillae circum- vallcUae) haftenden sog. Geschmacksknospen mit ihren centralen Faden- zellen zu betrachten. Der Geschmack verknüpft sicii in der Regel mit Tast und Temperaturempfindungen der Mundhöhle sowie mit Geruchs- eindrücken. Fortpflanzungsorgane. Es bleibt noch ein System von Organen zu betrachten übrig, welches sich im Bau und Verrichtung dem Kreise der vegetativen Organe, ins- besondere den Excretionsorganen , innig anschliesst, insofern aber eine gesnndorfe Stellung beansprucht, als seine Bedeutung über die Erhaltung des Individuums hinausgreift und auf die Erhaltung der Art Bezug nimmt. Bei der zeitlichen Schranke, welche dem Leben eines jeden Organismus durch seine Organisation selbst gezogen ist, erscheint die Entstehung neuen Lebens für die Erhaltung der Schöpfung unabweisbar noth wendig. Die Neubildung von Organismen könnte zunächst eine spontane sein, eine Urzeugung {Generatio aeqiiivoca), welche denn auch früher nicht nur für die einfachen und niedern, sondern selbst für complicirtere und höhere Organismen unterstellt wurde. Aristoteles Hess Frösche und Aale spontan aus dem Schlamme ihren Ursprung nehmen, und allgemein wurde bis auf Redi das Auftreten der Maden an faulendem Fleische auf dem Wege der Urzeugung erklärt. Mit dem Fortschritt der Wissenschaft zogen sich die Grenzen dieser Zeugungsart immer enger und umfassten bald nur noch die Entozoen und Lifusions- thierchen. Doch auch diese Organismen wurden durch die Forschungen der letzten Decennien dem Gebiet^- der Generatio aequivoca fast gänzlich des Thieres im Allgemeinen. 43 entzogen, so dass gegenwärtig ausschliesslich die niedersten meist pflanz- lichen Formen faulender Infusionen in Betracht kommen, wenn es sich um die Frage der spontanen Entstehung handelt. Während der grössere Tlieil der Forscher '), gestützt auf die Resultate zahlreicher Experimente, auch für die letztern die Urzeugung verwirft, findet dieselbe vornehmlich in Pouchet-) einen hervorragenden und eifrigen Vertheidiger. Der Urzeugung steht die elterliche Zeugung, Fortpflanzung gegenüber, welche wir, wenn nicht als die einzig mögliche, so doch als die allge- mein verbreitete und normale Form der Zeugung zu betrachten haben. Dieselbe ist im Grunde nichts anderes als ein Wachsthura des Organismus über die Sphäre seiner Individualität hinaus und lässt sich denn auch überall auf die Absonderung eines körperlichen Theiles, welcher sich zu einem dem elterlichen Körper ähnlichen Individuum umgestaltet, zurück- führen. Indessen ist die Art und Weise dieser Neubildung ausserordentlich verschieden und lässt in gewissem Sinne niedere und höhere Formen der Fortpflanzung als Theilung, Sprossung, KeimUldung und geschlecht- liche Fortpflanzung unterscheiden ^). Die Theilung, welche zugleich mit der Sprossung und Keimbildung als ungeschlechtliche {mowogQWQ) Fortpflanzung bezeichnet wird, findet sich vorzugsweise bei den niedersten und einfachsten Thieren {Frotozoen) ver- breitet, wie sie denn auch für die Fortpflanzung der Zelle von besonderer Bedeutung ist. Dieselbe erzeugt aus einem ursprünglich einheitUchen Organismus durch eine immer tiefer greifende und zur Trennung führende Einschnürung des Gesammtleibes zwei Individuen derselben Art. Bleibt die Theilung unvollständig, ohne die Theilstücke zur völligen Sonderung gelangen zu lassen, so sind die Bedingungen zur Entstehung eines Thierstockes gegeben, der bei fortgesetzter unvollständiger Theilung der neugebildeten Individuen an Umfang und Individuenzahl oft dichotomisch fortschreitend zunimmt {Vorticellinen, Fohjpenstöche). Die Theilung kann in verschiedenen Richtungen, longitudinal, transversal und diagonal «rfolgen. Die Sx)rossung oder Knospung unterscheidet sich von der Theilung durch ein vorausgegangenes ungleichmässiges einseitiges Wachsthum des Körpers und durch die p]ntstehung eines für das Mutterthier nicht absolut nothwendigen und integrirenden Theiles, welcher sich zu einem neuen Individuum ausbildet und durch Abschnürung und Theilung zur Selbst- 1) Vergl. insbesondere Pasteur, Memoire sur les corpuscules organises, qui ■existent dans Tatmosphere (Ann. des sc. nat.) 1861, ferner Experiences relatives aux generations dites spontanees. Compt. rend. de l'Ac. des scienccs. Tom. 50. 2} Pouchet, Nouvelles experiences sur la generation spontanee et la re- sistence vitale. Paris. 1864. 3) Vergl. R. Leuckarfs Artikel: Zeugung in R Wagners Handwörterbuch der Physiologie. 44 Die Organisation und Entwicklung ständigkeit gelangt. Unterbleibt die Sonderung der gebildeten Knospe, so ist in gleicher Weise die Bedingung zur Entstehung eines Thierstockes gegeben {Pohjpenstöclce). Bald erfolgt die Knospung an verschiedenen Stellen der äussern Körperfläche in unregelmässiger Weise oder nach bestimmten Gesetzen [Äscidien, Folypenstöc'ke) , bald ausschliesslich in der Längsachse {Cestoden), bald auf einen bestimmten, als Organ (Keim- stock) gesonderten Körpertheil localisirt {Salpen). Die Ke'imhiläung characterisirt sich als eine Absonderung von Körpertheilen , welche als Zellen (Keimkörner') im Innern des Organismus zur Selbständigkeit gelangen und sich allmählig zu neuen Individuen organisiren. Selten löst sich die gesammte Leibesmasse des Muttertliieres in Keimkörner auf (Gregarinen), häufiger geht ein Theil des mütterlichen Körpers (Mesoderm), ähnlich bei pflanz- lichen Sporenbildungen, in Keimzellen über {Trematoden, Sporocysten), oder es sind bestimmte zur Fortpflanzung dienende Theile, Fort- pßanziwgskörper {Pseudovariefi) vorhanden, welche aus sich die Keim- körner oder Keimzellen hervorgehen lassen {^Infusorien, Cecidomyialarven, vivipare Aphiden). Die geschlechtliche (digene) Fortpflanzung endlich schliesst sich der Keinibildung zunächst und zum Theil so innig an, dass sie in ein- zelnen Fällen kaum scharf von jener abzugrenzen ist. Das Wesen der- selben beruht in der Erzeugung von zweierlei verschiedenen Keimen, — daher auch die Bezeichnung digene Fortpflanzung — deren gegenseitige Einwirkung zur Entwicklung eines neuen Organismus nothwendig ist. Die eine Form dieser Keime stellt sich als Zelle dar mit Bildungs- material zur Erzeugung des neuen Individuums und heisst Eizelle oder schlechthin Ei. Die zweite Form, als Samenzelle bekannt, erzeugt den befruchtenden Stofi", Samen oder Sperma, welcher sich mit dem Ei-Inhalt mischt und durch eine unbekannte Einwirkung den Anstoss zur Ent- wicklung des Eies gibt. Die FürtpflanzimgsMrper, in denen Eier und Sperma ihre Entstehung nehmen, werden aus später ersichtlichen Gründen Oeschleclitsorgane genannt und zwar die Eier erzeugenden tveihliche (Ovarien) und die Samen erzeugenden männliche Geschlechtsorgane {Hoden). Das Ei ist der iveibliche, das Sperma der männliche Zeu- gungsstoff. Der Bau der Geschlechtsorgane zeigt nun ausserordentlich ver- schiedene Verhältnisse und sehr zahlreiche Stufen fortschreitender Com- plication. Im einfachsten Falle entstehen die beiderlei Zeugungsstoffe in der Leibes wand ung, welche an bestimmten Stellen als Keimstätte für Samenzellen oder Eizellen fungirt {Coelenteraten). Hier ist es sowohl das Ectoderm als das Entoderm, aus welchem Zeugungszellen hervorgehen. Achnliches gilt auch für die marinen Polychaeten oder Borstenwürmer, deren Leibcshöhlen-Epitcl (Mesodcrin) die Samen- und Eizellen erzeugt, r des Thieres im Allgemeineu. 45 welche in die Leibeshöhle fallen. Bei anderen Thieren sind Ovarien und Hoden als einfache Drüsen gesondert, ohne dass sich weitere Leistungen als die Absonderung der beiderlei Zeugungsstoffe an die Geschlechtsorgane knüpfen (Echinoderme»). Li der Regel aber gesellen sich zu den Eier und Samen bereitenden Drüsen accessorische Anhänge und mehr oder minder complicirte Leitungsapparate, welche bestimmte Leistungen für das weitere Schicksal und die zweckmässige Begegnung beiderlei ZeugungsstoÖ'e übernehmen. Zu den Ovarien kommen Eileiter, Oviducte, und in deren Verlauf Drüsenanhänge mancherlei Art, welche cken). Durch diese Art der Fortpflanzung geht der Hermaphroditismus bei einseitiger Ausbildung der einen Form von Geschlechtsorganen unter gleichzeitiger Verkümmerung der anderen in die Trennung der Ge- schlechter über (Bistomum fiUcoUe und haetnatobium), bei welcher nicht selten Spuren einer hermaphroditischen Anlage zurückbleiben, wie solche auch noch wenigstens für die Ausführungsgänge der höchsten Thiere (Säugethiere) nachweisbar sind. Mit der Trennung der männlichen und weiblichen Geschlechtstheile auf verschiedene Individuen ist die voll- kommenste Stufe der geschlechtlichen FortpHaiiziing auf dem Wege der Arbeitstheilung erreicht, aber gleichzeitig auch ein allmählig fort- schreitender Dimorphismus der männlichen und weiblichen Individuen vorbereitet, deren Bau und Organisation von den differenten Geschlechts- functionen mehr und mehr wesentlich berührt wird und mit der höhern Ausbildung des Geschlechtlebens zur Ausführung besonderer, an die Ei- oder Samenerzeugung oft innig gebundenen Nebenleistungen umgestaltet wird. Männliche und weibliche Formen weichen nach verschiedenen Eichtungen, für welche eine Reihe von eigenthümlichen und wichtigen Aufgaben des Geschlechtslebens bezeichnend sind, auseinander. Die Ver- richtungen des Männchens beziehen sich hauptsächlich auf die Auf- suchung, Anregung und Bewältigung des Weibchens zur Begattung, daher im Durchschnitt die grössere Kraft und Beweglichkeit des Körpers, die höhere Entwicklung der Sinne, der Besitz von mancherlei Reizmitteln: als lebhaftere Färbung, lautere und reichere Stimme, endlich die Aus- stattung mit Haft- und Klammerwerkzeugen sowie mit äussern Capulations- organen. Das bei der Begattung mehr passive, das Bildungsniaterial der Nachkommenschaft in sich bergende Weibchen hat Sorge zu tragen für die Entwicklung der befruchteten Eier und für die weiteren Schick- sale der ins Leben getretenen Brut, daher die durchschnittlich schwer- des Thiercs im Allgemeineu. 47 fälligere Körperform und die Ausstattung derselben mit mannichfachen Einrichtungen zum Schutze und zur Ernährung der Brut, die entweder lebendig geboren wird oder sich aus den abgesetzten Eiern ausserhalb des mütterlichen Körpers entwickelt. Freilich können in Ausnahms- fällen auch vom Männchen Functionen übernommen werden, welche sich auf die Erhaltung der Nachkommenschaft beziehen, wie z. B. bei Älytes und den Lophohranclnern. Auch betheiligen sich die Männchen der Vögel oft neben den Weibchen an dem Nestbau, dem Auftuttern und Beschützen der Jungen. Dass Bruträume oder Nester ledigHch vom männlichen Thiere hergestellt und wie bei Cottus und dem Stichling (G-asterosteus) der Schutz und die Vertheidigung der Brut ausschliesslich dem Männchen zufällt, ist wiederum eine seltene Ausnahme, die aber um so nachdrücklicher dafür Zeugniss ablegt, dass die sexuellen Ab- weichungen sowohl in der Form-Gestaltung als in den besondern Leistungen als durch Anpassung erworben zu erklären sind. In extremen Fällen aber kann der Geschlechts-Dimorj)hismus zu einer derartigen Divergenz der zusammengehörigen Männchen und Weibchen führen, dass man dieselben bei ünkenntniss ihrer Entwicklung und sexuellen Beziehung in verschiedene Gattungen und Familien stellen würde. Solche Extreme treten bei Rotiferen und parasitischen Copepoden (Chondracanthen , Lernaeo- poden) auf. . Die Verschiedenheit der beiden die Art repräsentireu'len und erhaltenen Individuengruppen, deren Begattung und gegenseitige Ein- wirkung man lange Zeit kannte, bevor man sich über das Wesen der Fortpflanzung Rechenschaft zu geben im Stande war, hat zur Bezeich- nung »Geschlechter* geführt, denen wiederum die Bezeichnung geschlechtlich für die Oi-gane und die Art der Fortpflanzung entlehnt wurde. Im Grunde ist aber auch die geschlechtliche Fortpflanzung nichts anders als eine besondere Form des Wachsthums, die sich der Keim- bildung am nächsten anschliesst und von dieser aus entstanden zu denken ist. Wie bereits erwähnt, bestehen zwischen beiden Fortpflanzungsformen Uebergänge, welche die scharfe Abgrenzung derselben verwischen. Ä.uch das Ei ist nämlich unter gewissen Verhältnissen ähnlich wie die Keim- zelle spontan entwicklungsfähig, wie die zahlreichen besonders bei Insecten bekannt gewordenen Fälle von Parthenogenese bewiesen haben. Für den Begriff' der Eizelle fällt demnach die Nothwendigkeit der Befruchtung hinweg, und es bleibt zur Un^ei-scheidung derselben von der Keimzelle auch physiologisch kein durchgreifendes Criterium übrig. Man pflegt dann auf den Ort der Entstehung im ^Geschlechtsorgan« und im weib- lichen Körper {Bienen, Psychiden, Schildläuse, Rindenläuse) den ent- scheidenden Werth zu legen, ohne jedoch auch mit diesem morpholo- gischen Gesichtspunct in jedem einzelnen Falle zum Ziel zu kommen. 48 Dio Organisation uiul Entwicklniifr Wir haben bereits hervorgehoben, dass Ovarien und Hoden im einfachsten Falle nichts weiter als Zellengruppen aus dem Epitel der Leibesliöhle oder der äussern Haut darstellen, den Charakter als Geschlechtsorgane gewinnen sie aber auch bei einer höhern vorgeschrittenen Differenzirung erst durch den Gegensatz der beiderlei Sexualzellen und die Nothwen- digkeit ihrer gegenseitigen befruchtenden Einwirkung. Fällt die männ- liche Sexualzelle und mit ihr die Nothwendigkeit der Befruchtung hin- weg, so wird selbst in Fällen einer vorgeschrittenen nach Analogie der weiblichen Geschlechtsorgane erfolgten Gliederung desjenigen Organes, ■welches die entwicklungsfähigen Zellen producirt, die Entscheidung aus- bleiben, ob wir es mit einem Keimstock und einem sich ungeschlechtlich fort- pflanzenden Thiere, oder mit einem Ovarium und einem wahren "Weibchen zu thun haben, dessen Eier die Fähigkeit der spontanen Ent- wicklung besitzen. In der That gibt es nun unter den Blattläusen eine Generation von viviparen Individuen, welche von den begattungs- und befruchtungsfähigen Oviparen Weibchen zwar verschieden, aber mit ähn- lichen, nach dem Typus der Ovarien gebildeten Fortpflanzungsorganen versehen sind, deren Eigenthündichkeit vor Allem auf dem Mangel von Einrichtungen zur Begattung und Befruchtung beruht. Die Fortpflanzungs- zellen nehmen in jenen Organen, die man desshalb treffend Fseudovarien nennt, einen ganz ähnlichen Ursprung, wie die Eier in den Ovarien und unterscheiden sich von den Eiern besonders durch die sehr früh- zeitige Veränderung und Embryonalentwicklung. Man wird daher die viviparen Individuen ebensogut als eigenthümlich veränderte, auf den Ausfall der Begattung und Befruchtung organisirte Weibchen betrachten, als die Fortpflanzungszellen dem Begrifl"e von Keimzellen unterordnen können und im ersteren Falle von einer geschleciitlich parthenogenetischen, im letztern von einer ungeschlechtlichen Fortpflanzung reden. Ein ähn- liches Verhältniss besteht für die Cecidoimjiahrven , welche lebendige Junge erzeugen. Bei diesen bildet die Anlage der Geschlechtsdrüse unter Umformungen, welche sich an den Bau der Ovarien und an die Entstehungs weise der Eier anschliessen, sehr frühzeitig eine Anzahl von Fortpflanzungszellen aus, welche sich alsbald zu Larven entwickeln. Das Pseudovarium ist oft'enbar aus der Anlage der Geschlechtsdrüse hervor- gegangen, ohne diese aber vollkommen zur Ausbildung zu bringen. Das Ovarium fällt gewissermassen zur Bedeutung des Fortpflanzungskörpers zurück. Entwicklung. Nach den Thatsachen der geschlechtlichen Fortpflanzung wird man die einfache Zelle als den A^isgangspunkt des sich entwickelnden Or- ganismus betracliten. Der Inhalt der Eizelle beginnt spontan oder unter des Thieres iin Allgemoiuen. 49 dem Einflüsse der Befruchtung eine Reihe von Veränderungen, deren Endresultat die Anlage des Embryonalleibes ist. Diese Veränderungen beruhen — von den Protozoen ausgenommen — ihrem Wesen nach auf einem Zellenvermehrungsprocess , sei es nun, dass sich nach Auflösung oder auch unter Betheiligung des Keimbläschens ein Zellenhaufen im Innern des Dotters [Bothrioccphcdus) oder eine Zellenschicht in der Peripherie desselben bildet (Insecten), sei es, dass durch fortgesetzte Klüftung des Dotters ein Ballen kleiner Furchungskugeln und Embryonal- zellen hervorgeht. Der letztere als Furchungsprocess bekannte und sehr verbreitete Vorgang betrifft entweder den gesammten Dotter (^totale Furchung) und schreitet dann bald gleichmässig , bald mehr ungleich an den verschiedenen Theil des Dotters vor oder gestaltet nur einen Theil des Dotters in Dotterkugeln und Embryonalzellen um (partielle Furchung). Im letztern Fall haben wir einen scharf ausgesprochenen Gegensatz von Bildungsdotter und Nahrungsdotter, der indessen auch bei der totalen Dotterfurchung keineswegs hinwegfällt. Man kann die letztern der partiellen oder meroblastischen Furchung gegenüber nicht etwa in dem Sinne holoblastische nennen, als ob sännntliche Furchungs- kugeln direkt als Bildungszellen des Embryonalleibes in Verwendung kämen. Auch hier werden vornehmlich bei der ungleichmässig vor- schreitenden, indessen auch bei der regelmässigen totalen Dotter- klüftung entweder Gruppen von Furchungskugeln einer bestimmten Qualität oder wenigstens verflüssigte Dottertheile zur Ernährung der Embryonalanlage benutzt, so dass man schliesslich in dem Dotter des Eies selbst das zähe eiweissreiciie Plasma von den fett- und körnchen- reichen als ernährende Elemente dienenden Dottertheilen zu unter- scheiden hat. Das erstere ist seinem Ursprung nach aus dem Proto- plasma der primären Eizelle abzuleiten, während die fettreichen Dotter- elemente erst secundär mit dem fortschreitenden Wachsthum des erstem gebildet werden, nicht selten sogar als Sekretionsprodukte besonderer Drüsen (Dotterstöcke) zur Vergrösserung des Dotters hinzutreten. Bei den Rippenquallen z. B. sehen wir bereits in der ersten Furchungskugel die Bildungs- und Nahrungselemente des Dotters als centrale und peri- pherische Schicht des Dotters geschieden. Ebenso mannichfaltig als die Vorgänge der Dotterklüftung erscheint die Art und Weise, wie die aus den Furchungskugeln hervorgegangenen Zellen als Embryonalzellen zum Aufbau des Embryo's in Verwendung konnnen. Sehr häufig ordnen sich dieselben peripherisch in Form einer ein- schichtigen Keimblase, JBlastosphaera, an, welche als Hohlkugel verflüssigte Elemente des Nahrungsdotters umschliesst oder es sondern sich die Dotter- zellen sogleich als zwei Schichten mit einem flüssige Theile enthaltenden Centralraum. In zahlreichen Fällen, vornehmlich wenn bei relativ reichlich vorhandenem Dotter oder beständiger Nahrungszufuhr die Embryonal- Claus, Zoologie. 3. Auflage. 4 50 Die Organisation und Entwicklung entwicklung einen auf längere Zeit ausgedehnten complicirten Verlauf nimmt, erscheint die Anlage des Keimes als eine dem Dotter aufliegende Zellenschcibe , die sich frühzeitig in zwei Schichten oder Blätter son- dert, den Dotter aber erst nachher umwächst. Auch iui andern Falle bei primär gebildeter Keimblase schreitet nicht selten ein Theil dieser letztern in der weitern Dift'erenzirung rascher vor und erscheint als streifenförmige Verdickung, welche bilateral symmetrisch die Bauch- oder Rückenseite des Leibes bezeichnet. In der Regel aber kommt es nicht zur Bildung eines Keim- oder Primitivstreitens, indem sich die Anlage gleichmässig fort entwickelt. Früher legte man auf diesen Gegensatz grossen Werth und unterschied nach demselben eine Evolutio ex una parte und eine Evolutio ex omnibus partihus. Indessen sind beide Formen der Entwicklung weder scharf abzugrenzen, noch haben sie die ihnen früher als Gegensatz zugeschriebene Bedeutung, da sich selbst nahe Verwandte je nach der Menge des Dottermaterials und der Dauer der Embryonalentwicklung verschieden verhalten können. Eine allseitige und gieichmässige Entwicklung des Embryonalleibes, der jedoch, falls eine Dottermembran fehlt, gar nicht von einer Hülle umschlossen zu sein braucht, finden wir bei den Coelenteraten und Echinodermen, sodann bei niedern Würmern und 3Iollusken, aber auch hei Anneliden, selbst Arthropoden und Vertebraten (Amphioxits). Bei den letztern wird jedoch die Bildung des Keimstreifens, welcher mit der Anlage des Nervensystems in innigem Zusammenhang steht, später nachgeholt und vollzieht sich im Verlaufe der postembryonalen Entwicklung am Körper der frei schwimmenden, selbstständig sich ernährenden Jugendform {Amphioxus, Hiriidineen, Branchipus). Da wo die erste Anlage einen Keimstreifen darstellt, erhält der Embryo erst durch die Umwachsung des Dotters vom Primitivstreifen aus allmählig seine volle Begrenzung unter Vorgängen, mit welchen die vollständige Aufnahme des Dotters in den Leibesraum (Frosch, Insect) oder auch die Entstehung eines Dottersackes verbunden ist {Vögel, Säugethiere), der die vorhandenen Dotterreste nach und nach in den Körper des Erabry^'s überführt. Die allmählig fortschreitende Organi- sirung des letztern bis zu seinem Austritte aus den Eihüllen nimmt jedoch in den einzelnen Thiergruppen einen ausserordentlich mannich- fachen Verlauf, für den sich kaum allgemeine Gesichtspuncte als überall massgebend ableiten lassen. Man wird hier als in erster Linie be- deutungsvoll hervorheben, dass in der Anlage des Keimes zwei Zellen- lagen zur Sonderung kommen, ein das äussere Integument bildendes Ectoderm oder Ilautblatt und ein Entoderm oder Darmdrüsenblatt, weicht'S die Auskleidung der verdauenden Cavität, beziehungsweise des Dannkanals und seiner Auhangsdrüsen erzeugt. Zwischen beiden bilden sich entweder von dem obern oder von dem untern Blatte oder von des Thieres im Allgeiueiiieu. 51 beiden Blcättern intermediäre Zellenlagen, von welchen die Bildung der Muskulatur und der mannichfachen Gewebe der Bindesubstanz ausgeht. Aus den intermediären als Mesoderm oder mittleres Keimblatt unter- schiedenen, übrigens in den verschiedenen Typen keineswegs homologen Zellenstraten entstehen demnach das innere Skelet, die körperlichen Elemente der Lymphe und des Blutes, sowie die Wandungen der be- treffenden Gefässe; während die Leibeshöhle entweder einem zwischen Ectoderm und Entoderm gebliebenen Raum entspricht oder secundär durch Spaltung der Zellenlagen des Mesoderms entstanden ist. Das Nervensystem und die Sinnesorgane nehmen allgemein ihren Ursprung aus dem obern Blatt, sehr häufig durch grubenförmige oder rinnenartige Einsenkung mit nachfolgender Abhebung; dahingegen bilden sich die Harn- und Geschlechtsdrüsen sowohl aus äussern und Innern, als auch aus dem intermediären Blatte, welches ja selbst wieder aus einem der erstem und in letzter Instanz bei der grossen Verbreitung einer primären einschichtigen Keimblase aus dieser abzuleiten ist. Demgemäss entstehen im Allgemeinen zuerst die Haut- und Darmanlagen, auf welche sogar viele Embryonen beschränkt sind, wenn sie als sog. Flanula- oder GastrulcdovmQn mit einer zweischichtigen Zellwandung und einem Innern Gastralraum versehn, die Eihüllen verlassen. Dann folgt die Sonderung des Nervensystems und der Muskulatur — zuweilen zugleich mit derSkelet- anlage — vornehmlich da, wo es zuvor zur Bildung eines Primitivstreifens kam. Erst später difterenziren sich die Harnorgane und mannich- fachen Drüsenanlagen, sowie die Blutgefässe und Athmungsorgane. Immer- hin aber werden die ersten Jugendzustände, sowohl hinsichtlich der Körper- form und Grösse, als der gesammten Organisation in sehr ungleichen Verhältnissen der Ausbildung im Vergleich zu den ausgewachsenen fort- pfianzungsfähigen Lebensformen geboren. Directe Entwicklung und Metamorphose. Je vollkommener die üebereinstimmung des ausgeschlüpften Jungen mit dem Geschlechtsthiere ist, um so grösser wird sich die Zeitdauer, um so complicirter der Verlauf für die Bildungsvorgänge des Embryos erweisen müssen. Die Entwicklung im freien Leben beschränkt sich in diesem Falle auf ein einfaches Wachsthum und auf die Ausbildung der Geschlechtsorgane. Nimmt dagegen das Embryonalleben einen relativ (im Verhältniss zur Höhe der Organisation) raschen und einfachen Verlauf, wird mit andern Worten der Embryo sehr frühzeitig und auf einer relativ niedern Organisationsstufe geboren, so wird die freie Entwicklung eine Metamor- phose. Das neugeborene Junge erscheint dem ausgewachsenen Thiere gegenüber als Larve und wächst allmählig und keineswegs direct, sondern im Zusammenhang mit den Bedürfnissen einer selbstständigen 4* o2 Die Organisation und Entwicklung Ernährung und Vertheidigung, unter provisorischen Einrichtungen, ge- wissermassen auf Umwegen, zu der Form des Geschlechtsthieres aus. Für diese beiden allerdings durch Uebergänge verbundenen, aber bei schärferer Ausprägung bestimmt gegenüberstehenden Entwicklungs- formen erscheint die Quantität des dem Embryo zu Gebote gestellten Bildungs- und Nahrungsmateriales im Verhältnisse zur Grösse des aus- gewachsenen Thierleibes von massgebender Bedeutung. Die Thiere mit (Jirecter Enhvickhmg bedürfen einer reichern Ausstattung des Eies mit Nahrungsdotter oder besonderer accessorischer Ernährungsquellen für den sich entwickelnden Embryo, sie entstehen daher entweder aus relativ grossen Eiern (Vögel) oder bilden sich in inniger Verbindung mit dem mütterlichen Körper unter fortwährender Zufuhr von Nahrungs- stoffen aus (Säugethiere). Die Thiere dagegen, welche sich auf dem Wege der Metmnorphose entwickeln, entstehen durchweg in relativ kleinen Eiern und erwerben nach der frühzeitigen Geburt selbstständig durch eigene Thätigkeit das ihnen im Eileben gewissermassen vorent- haltene, für eine höhere Organisirung nothwendige Material. Jene bringen unter sonst gleichen Verhältnissen eine nur geringe, diese eine sehr grosse Zahl von Nachkommen aus der gleichen zur Fortpflanzung verwendbaren Menge von Zeugungsmaterial hervor; die Metamorphose erscheint daher als Entwicklungsform , welche die Grösse der Frucht- barkeit, das heisst die Menge der aus einer gegebenen Bildungsmasse erzeugten Nachkommen ausserordentlich erhöht. Generationswechsel, Polymorphismus und Heterogonie. Bei der directen Entwicklung sowohl als bei der Metamorphose kommen die verschiedenen Altersstadien des freien Lebens, mögen sie dem Geschlechsthiere gleichgestaltet sein oder als Larven durch pro- visorische Einrichtungen und Larvenorgane von demselben abweichen, an ein und demselben Individuum zum Ablauf. Es gibt aber andere Formen der Entwicklung, welche durch den gesetzmässigen W^echsel verschiedener fortpflanzungsfähiger Generationen bezeichnet werden, bei denen die Lebensgeschichte der Art keineswegs mit der Entwicklung eines einzigen Individuums zusammenfällt, sondern sich aus dem Leben zweier oder mehrerer auseinander hervorgehender Generationen zu- sammensetzt. Eine solche Entvvicklungsart ist der Generationsivechsel (Iletagenese), der gesetzmässige Wechsel einer geschlechtlich entwickelten Generation mit einer oder mehreren ungeschlechtlich sich fortpflanzenden Generationen. Die Geschlechtsthiere erzeugen Nachkommen, welche von ihren Eltern Zeitlebens verschieden bleiben, aber fortpflanzungsfällig sind und auf ungeschlechtlichem Wege als Ammen durch Kuospung oder Keimbildung eine Brut hervorbringen, welche entweder zur Form und des Thiercs im Allgemeinen. 03 Organisation der Geschlechtsthiere zurückkehrt oder sich ebenfalls un- geschlechtlich vermehrt und erst in ihren Nachkommen zu den Geschlechts- thieren zurückführt. Im letztern Falle nennt man die erste Generation der Ammen die »Grossanmien<^ und die von ihnen erzeugte zweite Ammengeneration »Ä^nmen«', das Leben der Art wird dann durch die Entwicklung von drei verschiedenen auseinander hervorgehenden Gene- rationen (Geschlechtsthier, Grossamme und Amme) zusammengesetzt. Die Entwicklung der zwei, drei oder zahlreichen Generationen kann eine directe sein, oder auf einer mehr oder minder complicirten Meta- morphose beruhen, und ebenso kann das Verhältniss von Ammen zur Geschlechtsgeneration bald mehr dem von ähnlich sich ernährenden und eine ähnliche Organisationsstufe vertretenden Thierformen {Salpen, Aphiden), bald dem von Larve und Geschlechtsthier {Trematoden, Ccstoden, Medusen) entsprechen. Demgemäss haben wir verschiedene Formen von Generationswechsel zu unterscheiden, die genetisch eine verschiedene Ableitung und Erklärung finden. In dem der Metamorphose analogen Verhältniss wird überall da, wo die Vermehrung der Larven-Amme auf einer Erzeugung von Keim- körnern beruht, und diese letztern aus einem dem Geschlechtsorgane morphologisch vergleichbaren Fortpflanzungskörper {Fseudovarium') ihren Ursprung nehmen, die Zurückführung der Ammen auf geschlechtlich und zwar parthenogenetisch sich fortpflanzende Larven nahe liegen, wie z. ß. bei Cecidomyia {Vaedogenesis). Im ersteren Falle dagegen wird unter gleichen Voraussetzungen aus dem Generationswechsel eine Fort- pflanzung werden, welche man passend als Heterogonie bezeichnen kann (Aphiden). Indessen erscheint durch die nahen Beziehungen und Ueber- gänge zu diesen Fortpflanzungsformen das Wesen des Generations- wechsels keineswegs etwa aufgehoben oder gar der Generationswechsel überhaupt beseitigt. Wie aber durch die Fortpflanzung auf dem Wege der Sprossung im Falle unterbleibender Trennung Colonien und Stöcke von Thieren ihren Ursprung nehmen, so können beim Generationswechsel Ammen und deren Sprossen, zu denen auch die Geschlechtsthiere gehören, mit einander zu polymorphen Thierstöchen vereinigt sein. Die Individuen derselben besitzen eine verschiedene Form, Organisation und Lebens- aufgabe, repräsentiren freilich keineswegs bloss die Ammen- und Geschlechtsthierform , sondern sind zu sehr verschiedenen Leistungen des thierischen Haushaltes umgestaltet {Siphonophoren'). Die erst in neuester Zeit näher bekannt gewordene Heterogonie characterisirt sich durch die Aufeinanderfolge verschiedener, unter ab- weichenden Ernährungsverhältnissen lebender Geschlechtsgenerationen {Chermes — Ascaris nigrovenosa — Leptodera appendiculata). Hetero- gonie und Generationswechsel stehen offenbar in naher Beziehung, un- !J4 Geschichtlicher Ueberblick. terscheiden sich jedoch durch die ungeschlechtliche und geschlechtliche Fortpflanzung der Zwischengenerationen. Da jedoch durch die Parthe- nogenese die Grenze von Keim- und Eizelle verwischt ist, so lassen sich beide Entwicklungsformen nicht scharf und für alle Fälle auseinander halten, indem z. B. die Fortpflanzungsweise der Blattläuse sowohl aut Heferogonie »die viviparen Aphiden sind eine besondere Generation parthenogenesirender Weibchen« als auf Generationswechsel »die vivi- paren Aphiden sind ungeschlechtlich sich fortpflanzende Ammen« bezogen werden kann. Geschichtlicher Ueberblick 0. Die Anfänge der Zoologie reichen weit in das Alterthum zurück, aber erst Aristoteles (im vierten Jahrh. v. Chr.) ist als der Begründer unserer Wissenschaft anzusehen, da er die zerstreuten Erfahrungen seiner Vorgänger sammelte und mit seinen eigenen ausgedehnten Beobachtungen in philosophischem Geiste wissenschaftlich verarbeitete. Ein Zeitgenosse von Demos then es und Plato (384 — 322) wurde er von Philipp von Macedonien zur Erziehung seines Sohnes, Alexander des Grossen, berufen und erhielt später von seinem dankbaren Schüler bedeutende Mittel zur Verfügung gestellt, um die von Alexander eroberten Länder durchreisen zu lassen und ein umfassendes Material zur Natur- geschichte der Thiere zu sammeln. Die wichtigsten seiner zoologischen Schriften^) handeln von der »Zeugung der Thiere«, von den »Theilen der Thiere« und von der »Geschichte der Thiere«. Leider ist uns das letzte wichtigste Werk nur unvollständig in zehn Büchern erhalten, und diese- sind nicht einmal alle echt, da nicht nur in den sechs ersten und in dem achten Buche eine grosse Anzahl von unechten Stellen einge- schoben sind, sondern sogar das siebente, neunte und zehnte Buch für völlig fremde Erzeugnisse gehalten werden. Man darf in Aristoteles nicht etwa einen ausschliesslich descriptiven Zoologen und in seinen Werken ein bis ins Kleinste ausgeführtes Thiersystem suchen wollen, dem grossen Denker und Philosophen musste eine solche einseitige Behandlung der Wissenschaft fern liegen. Aristoteles betrachtete das 1) Victor Carus, Geschichte der Zoologie. München. 1872. 2) Vergl. besonders Jürgen Bona Meyer's Aristoteles Thierkunde. Berlin. 1855. — Frantzius, Aristoteles Theile der Thiere. Leipzig. 1853. — Aubert und Wimraer, Aristoteles Fünf Bücher von der Zeugung und Entwicklung der Thiere abersetet und erläutert. Leipzig. 1860. — Aubert und "Wimmer, Aristoteles Thierkunde. Band I und IL Leipzig. 1868. Die Werke des Aristoteles. 55 Thier als lebendigen Organismus in allen seinen Beziehungen zur Aussen- welt, nach der Entwicklung, dem Baue und den Lebenserscheinungen und schuf eine vergleichende Zoologie im weitern Sinne des Wortes, die in mehrfacher Hinsicht als erste Grundlage unserer Wissenschaft dasteht. Sein Streben war darauf gerichtet, ein Bild von dem Leben der Thier- welt zu gewinnen, daher begnügt er sich nicht etwa mit einer Beschrei- bung der cäussern Erscheinung und der äussern Theile, sondern geht in vergleichender Weise auf den Bau der Innern Organe und auf die Ver- richtungen derselben ein, stellt die Lebensweise, Fortpflanzungs- und Entwicklungsgeschichte dar und würdigt die psychischen Thätigkeiten, Triebe und Instincte einer eingehenden Betrachtung, überall aus dem Einzelnen in's Ganze hinausschreitend, die Wechselbeziehungen und den Innern Zusammenhang der Erscheinungen feststellend. Das Werk unseres grossen Meisters wird also mit Aubert und Wimmer eine »Biologie der gesammten Thierwelt« zu nennen sein, »gegründet auf eine grosse Menge von Specialkenntnissen, belebt durch den grossartigen Gedanken, alles thierische Leben als einen Theil des Weltalls in allen seinen un- endlichen Modificationen zu einem einheitlichen Gemcälde zusammenzu- fassen und erfüllt von der Weltanschauung, für die Gesetze des natür- lichen Geschehens einen vernünftigen Endzweck vorauszusetzen«. Einer solchen Behandlungsweise musste die Eintheilung der Thiere in natür- liche Gruppen entsprechen, die mit Rücksicht auf das damals bekannte relativ spärliche Material mit bewundrungswürdigem Scharfblicke ge- bildet worden sind. Die Unterscheidung in BluWiiere {tvaifia) und Blutlose (avaifia), welche er keineswegs als systematische Begriffe gebrauchte, beruht freilich der Bezeichnung nach auf einem Irrthum, da der Besitz einer Blutflüssigkeit allen Thieren zukommt und die rotlie Farbe keineswegs, wie Aristoteles glaubte, als Kriterium des Blutes gelten kann, allein im Grunde stellte sie die zwei grossen Abtheilungen der Wirhelthiere und Wirbellosen gegenüber, wie auch bereits Aristoteles liir die Blutthiere den Besitz einer knöchernen oder grätigen Wirbel- säule hervorhebt. Die acht natürhchen Thiergruppen des Aristoteles sind folgende: J3lutthiere{svaifi.a)='\\^[vhe\thieYe. Blutlose {avaipa) = Wirbellose. 1) Lebendig gebärende Thiere 5) Weichthiere /laXdxia (Cepha- (Vierfüsser) (^woToxovvTa sv lopoden). dvToig'), neben welche als be- G) Weichschalthiere {{lalaxö- sonderes ybvog die Wale ge- Organa). stellt werden. 7) Kerfthiere (svTof.ia). 2) Vögel (oQvi^eg). 8) Schalthiere {daTQaxo6eQi.iaxa), 3) Eier legende Vierfüsser (rerQd- Echinen, Schnecken u.Muschel- TToda 7] dnoda woroxovvTa). thiere. 4) Fische (ix^ihg). 56 Geschichtlicher Ueberblick. In diesen Hauptabtheilungen (y^'vrj fisyiora), denen eine Reihe von Uebergangsgruppen , z. B. die Affen, Fledermäuse, Strausse, Schlangen, Einsiedlerkrebs etc. als Verbindungsglieder zur Seite gestellt wurden, unterschied Aristoteles Unterabtheilungen, ohne dieselben jedoch als Kategorien verschiedener Stufenordnung zu präcisiren. Der Begiiff, den er mit dem Ausdruck yarog verband, war ein sehr unbestimmter und dehnbarer, etwa unserem Ausdruck »Gruppe« vergleichbar, insofern er ebensowohl für Abtheilungen von allgemeinem Werthe, die wir jetzt als Ordnungen, Unterordnungen und Familien bezeichnen, als für die engere Gruppe unserer Gattung oder Sippe gebraucht wurde. Dem dehnbaren systematisch noch nicht schärfer analysirten Begriffe von ys'vog gegen- über gebrauchte Aristoteles den Ausdruck sl'Sog, um eine enger begrenzte Einheit zu bezeichnen , die jedoch keineswegs der Art oder Species vollkommen entspricht. Die Begriffe von y«i'og und sldog hatten in ihrer Anwendung noch keine so feste Beziehung, waren vielmehr wechselnde Verhältnissbegriffe. Als Erklärungsprincip verwerthete Aristoteles in ausgedehntestem Masse den Zweckbegriff und wurde hiermit zur teleologischen Betrachtungs- weise geführt. Ausgehend von der Voraussetzung eines vernünftigen Endzwecks, welchem er die Erscheinungen der Natur als zweckmässige unterordnete, erkannte er in dem Menschen den Mittelpunkt der ganzen Schöpfung. Diese mit der Teleologie innig verknüpfte anthropomor- phistische Anschauung ergab sich jedoch als nothwendige Consequenz der damals noch mangelnden physikalischen Erklärung. Da die Hülfsmittel der Beobachtung und Zergliederung zu unvollkommen waren, um eine exaktere zum Experiment hinführende Fragestellung zu gestatten, musste man bei dem vorhandenen Bedürfniss nach Erklärung oder wenigstens nach dem Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zur Teleologie seine Zuflucht nehmen. Nach Aristoteles hat das Alterthum nur einen namhaften zoolo- gischen Schriftsteller in Plinius dem Aeltern aufzuweisen, welcher im ersten Jahrhundert n. Chr. lebte und bekanntlich als Flottencapitain bei dem grossen Ausbruch des Vesuvs (79) seinen Tod fand. Die Natur- geschichte von Plinius, in 37 Büchern uns überkommen, behandelt die ganze Natur von den Gestirnen an bis zu den Thieren, Pflanzen und Mineralien, ist aber kein selbstständiges Werk von wissenschaftlichem Werth, sondern mehr eine aus vorhandenen Quellen zusammengetragene nicht immer zuverlässige Compilation. Plinius schöpfte aus Aristoteles in reichem Masse, verstand ihn aber oft falsch und nahm auch hier und da alte von Aristoteles zurückgewiesene Fabeln als Thatsachen wieder auf. Ohne ein eigenes System zu haben, unterschied er die Thiere nach dem Aufenthalte in Landthicre (Terrestria) , Wusscrthicre (Aquatilia) Die Naturfursclier des Mittelalters. 57 und Fluythierc (Volatilia), eine Eintheilung, die bis auf Gessner die herrschende blieb. Mit dem Verfalle der Wissenschaften gerieth auch die Natur- geschichte auf lange Zeit in Vergessenheit. In den Mauern christlicher Klöster fanden die Schriften des Aristoteles und Plinius ein Asyl, welches die im Heidenthum begründeten Keime der Wissenschaft vor dem Unter- gange schützte. Während im Laufe des Mittelalters zuerst der spanische Bischof Isidor von Sevilla (im 7. Jahrh.) und später Albertus Magnus (im 13. Jahrh.) Bearbeitungen der Thiergeschichte (ersterer noch nach dem Vorbilde von Plinius) lieferten, traten im 16. Jahrhundert mit dem Wiederaufblühen der Wissenschaft die Werke des Aristoteles wieder in den Vordergrund, aber es regte sich auch das Streben nach selbst- ständiger Beobachtung und Forschung. Werke, wie die von C. Gessner, Aldrovandus, Wotton zeugten von dem neu erwachenden Leben unserer Wissenschaft, deren Inhalt nach der Entdeckung neuer Welt- theile immer mehr bereichert wurde. Dann im nachfolgenden Jahr- hundert, in welchem Harvey den Kreislauf des Blutes, Keppler den Umlauf der Planeten entdeckte und Newtons Gravitationsgesetz der Physik eine neue Bahn vorzeichnete, trat auch die Zoologie in eine ihrer fruchtbarsten Epochen ein. Swammerdam in Leyden zergliederte mit bewundernswürdigem Fleisse den Leib der Insekten und Weichthiere und beschrieb die Metamorphose der Frösche. Malpighi in Bologna und Leeuwe nhoek in Delft benutzten die Erfindung des Mikroskopes zur Untersuchung der Gewehe und der kleinsten Organismen (Infusions- thierchen). Auch wurden von einem Studenten Hamm die Samen- körperchen entdeckt und wegen ihrer Bewegung als »Samenthierchen« bezeichnet. Der Italiener Redi bekämpfte die elternlose Entstehung von Thieren aus faulenden Stoffen, wies die Entstehung der Maden aus Fliegeneiern nach und schloss sich dem berühmten Ausspruch Ha rvey's »Omne vivum ex ovo« an. Im 18. Jahrhundert gewann vornehmlich die Kenntniss von der Lebensgeschichte der Thiere eine ausserordentliche Bereicherung, Forscher wie Reaumur, Kösel von Rosenhof, De Geer, Bonnet, J. Chr. Schaeffer etc. lernten die Verwandlungen und die Lebensgeschichte der Insekten und einheimischen Wasserthiere kennen, während zugleich durch Expeditionen in fremde Länder ausser- europäische Thierformen in reicher Fülle entdeckt wurden. In Folge dieser ausgedehnten Beobachtungen und eines immer mehr wachsenden Eifers, das Merkwürdige aus fremden Welttheilen zu sammeln, war das Material unserer Wissenschaft in so bedeutendem Masse angewachsen, dass bei dem Mangel einer präcisen Unterscheidung, Benennung und Anordnung die Gefahr der Verwirrung nahe lag und der Ueberblick fast unmöglich wurde. 58 Geschichtlicher Ueberblick. Unter solchen Umständen musste das Auftreten eines Systematikers wie Ccarl Linne (1707 — 1778) für die fernere Entwicklung der Zoologie von grosser Bedeutung werden. Zwar hatten schon vorher die syste- matischen Bestrebungen in Ray und Klein, die mit Recht Vorgänger Linne's genannt werden, eine gewisse Grundlage, indessen keine durchgreifende methodische Gestaltung gewonnen. Ohne sich gerade weitgreifender Forschungen und hervorragender Entdeckungen rühmen zu können, wurde Linne durch die scharfe Sichtung und strenge Gliederung des Vorhandenen, durch die Einführung einer neuen Methode sicherer Unterscheidung, Benennung und Anordnung Begründer einer neuen Richtung und in gewissem Sinne Reformator der Wissenschaft. Indem er für die Gruppen verschiedenen Umfanges in den Begriffen der Art (die übrigens schon von Ray auf die Fortpflanzung begründet war), Gattung, Ordnung, Classe eine Reihe von Kategorieen aufstellte, gewann er die Mittel, um ein System von scharfer Gliederung mit präciser Abstufung seiner Fächer zu schaffen. Andererseits führte er mit dem Principe der binären NomenUatur eine feste und sichere Bezeichnung ein. Jedes Thier erhielt zwei aus der lateinischen Sprache entlehnte Namen, den voranzustellenden Gattungsnamen und den Species- namen, welche die Zugehörigkeit der fraglichen Form zu einer bestimmten Gattung und Art bezeichneten. In dieser Weise begründete Linne nicht nur eine klare Sichtung und Ordnung des Bekannten, sondern schuf zur übersichtlichen Orientirung ein systematisches Fachwerk, in welchem sich spätere Entdeckungen leicht an sicherem Orte eintragen Hessen. Das Hauptwerk Linne's »systema natiirae<^ , welches in dreizehn Auflagen mannichfache Veränderungen erfuhr, umfasst das Mineral-, Pflanzen- und Thierreich und ist seiner Behandlung nach am besten einem ausführlichen Cataloge zu vergleichen, in welchem der Inhalt der Natur wie der einer Bibliothek unter Angabe der bemerkenswerthesten Kennzeichen in bestimmter Ordnung einregistrirt wurde. Jede Thier- und Pflanzenart erhielt nach ihren Eigenschaften einen bestimmten Platz und wurde in dem Fache der Gattung mit dem Speciesnamen einge- tragen. Auf den Namen folgte die in kurzer lateinischer Diagnose aus- gedrückte Legitimation, dieser schlössen sich die Synonyma der Autoren und Angaben über Lebensweise, Aufenthaltsort, Vaterland und besondere Kennzeichen an. Wie Linne auf dem Gebiete der Botanik das künsthche, auf die Merkmale der Blüthen begründete Pflanzensystem schuf, so war auch seine Classifikation der Thiere eine künstliche zu nennen, weil sie nicht auf der Unterscheidung natürlicher Gruppen beruhte, sondern meist vereinzelte Merkmale des iuncrn und äussern Baues als Charaktere be- nutzte. Bereits vor Linne hatte der Engländer Ray mit grossem Liiine's systoina iiaturae. 59 Scharfblick die Mängel der Aristotelischen Unterscheidungen aufgedeckt, ohne dieselben von Grund aus zu beseitigen und durch neue, richtigere Begriffe zu ersetzen. Linne brachte diese schon von Ray angedeuteten Verbesserungen in seiner Eintheilung zur Durchführung, indem er nach der Bildung des Herzens, der Beschaftenheit des Blutes, nach der Art der Fortpflanzung und Respiration sechs Thierclasson aufstellte. 1) Säugethiere, Mammalia. Mit rothem warmen Blute, mit einem aus zwei Vorkammern und zwei Herzkammern zusammengesetzten Herzen, lebendig gebärend. Als Ordnungen unterschied er: 1) Primates; 2) Bruta; 3) Ferae; 4) Glires; 5) Fecora; 6) J3el- lulae; 7) Cete. 2) Vögel, Aves. Mit rothem warmen Blute, mit einem aus zwei Vor- kammern und zwei Herzkammern zusammengesetzten Herzen, Eier-legend. Äccipifres, Ficae, Anseres, Grallae, Gallinae, Fasseres. 3) Amphihien, Amphibia. Mit rothem kalten Blute, mit einem aus einfacher Vor- und Herzkammer gebildeten Herzen, durch Lungen athraend. EepUlia [Testudo, Draco, Lacesta, Rana), Serpentes.. 4) Tische, Fisces. Mit rothem kaltem Blute, mit einem aus einfacher Vor- und Herzkammer gebildeten Herzen, durch Kiemen athmend. Apocles, Jugulares, Thoracici, Abdominales, Brandiiostegi, Choti- dropterygii. 5) Insecten, Insecfa*). Mit weissem Blute und einfachem Herzen, mit gegliederten Fühlern. Coleoptera, Uemiptera, Lepidoptera, Neuroptera, Hymenoptera , Diptera, Aptera. €) Würmer, Vermes. Mit weissem Blute und einfachem Herzen, mit ungegliederten Fühlfäden. Mollusca, Intestina, Testacea, Zoophyta, Injusoria. Linne's Einfluss betrifft vorzugsweise die descriptive Zoologie, für welche erst jetzt eine Uebersicht des Formengebietes und eine strenge Methode der Behandlung gewonnen war. Die systematische Anordnung entsprach freilich keineswegs überall der natürlichen Verwandtschaft, da einseitige, meist der äussern Form entlehnte Merkmale besonders zur Unterscheidung der Unterabtheilungen verwendet wurden. Es bedurfte einer genauem und besseren Kenntniss von dem Innern Baue, um durch Vereinigung einer grösseren Reihe äusserlicher und anatomischer Charaktere einem auf natürliche Verwandtschaft gegründeten Systeme den Weg zu bahnen. Während die Nachfolger Linne's die trockene und einseitig zoo- graphische Behandlung weiter ausbildeten, und das gegliederte Fachwerk 1) Bereits Ray unterschied die blutlosen Thiere des Aristoteles in Kleinere = Insecta und Grossere := Mollia, Crustacea, Testacea. 60 Geschiclitliclier Ueberblick. des Systems irrthümlich als das Naturgebäude ansahen, begründete Cuvier durch Verschmelzung der vergleichenden Anatomie mit der Zoologie ein natürliches System. Georg Cuvier, geboren zu Mömpel- gard 1769 und erzogen auf der Karlsakademie zu Stuttgart, später Professor" der vergleichenden Anatomie am Pflanzengarten zu Paris, veröffentlichte seine umfassenden Forschungen in zahlreichen Schriften, insbesondere in den »Legons d'anatomie comparee« (1805). In diesem Werke unterschied er noch neun Thierclassen: Mamraalia, Aves, Reptilia, Pisces als Vertebrata; Mollusca, Crustacea, Insecta, Vermes, Zoophyta als Evertebrata (Lamarck). Erst 1812 stellte er in seiner berühmt gewordenen Abhandlung') über die Eintheilung der Thiere nach ihrer Organisation eine neue wesentlich veränderte Classifikation auf, welche seit Aristoteles den bedeutendsten Fortschritt der Wissenschaft bezeichnete und als Grundlage des sog. natürlichen Systemes gelten kann. Cuvier betrachtete nicht, wie dies bisher von den meisten Zootomen geschehen war, die anatomischen Funde und Thatsachen an sich als Endzweck der Untersuchungen, sondern stellte vergleichende Betrachtungen an, die ihn zu allgemeinen Sätzen hinführten. Indem er die Eigenthümlichkeiten in den Einrichtungen der Organe auf das Leben und die Einheit des Organismus bezog, erkannte er die gegenseitige Abhängigkeit der ein- zelnen Organe und ihrer Besonderheiten und entwickelte in richtiger Würdigung der schon von Aristoteles erörterten »Correlation« der Theile sein Princip der nothwendigen Existenzbedingungen, ohne welche das Thier nicht leben kann (jmncipe des conditions d'existence ou caiises finales). »Der Organismus bildet ein einiges und geschlossenes Ganze, in welchem einzelne Theile nicht abändern können, ohne an allen übrigen Theilen Aenderungen erscheinen zu lassen«. Indem er aber die Orga- nisation der zahlreichen verschiedenen Thiere verglich, fand er, dass die bedeutungsvollen Organe die constanteren sind, die weniger wichtigen in ihrer Form und Ausbildung am meisten abändern, auch nicht überall auftreten. So wurde er zu dem für die Systematik verwertheten Satz von der Unterordnung der Merkmale (principe de la Subordination des characteres) geleitet. Ohne von der vorgefassten Idee der Einheit aller thierischen Organisation [geherrscht zu sein, gelangte er vornehmlich unter Berücksichtigung der Verschiedenheiten des Nervensystems und der nicht überall constanten gegenseitigen Lagerung der wichtigeren Organsysteme zu der Ueberzeugung , dass es im Thierreich vier Haupt- zweige {Emhranchemcnts) gebe, gewissermassen »allgemeine Baupläne, nach denen die zugehörigen Thiere modellirt zu sein scheinen und deren einzelne Unterabtheilungen, wie sie auch bezeichnet werden mögen, nur 1) Sur un nouveau iai)piüchement ä 6tablir entre les classes qui composent le regneanimal. Ann. des Musöum d'hist. nat. Tom. XIX. Die vier Typen Cuvier's. 61 leichte auf die Entwicklung oder das Hinzutreten einiger Thciile gegrün- dete Modifikationen sind, in denen aber an der Wesenheit des Planes nichts geändert ist«. Diese vier Baupläne {Typen, Blainville) Cuvier's, die nun in Classen, Ordnungen etc. zerfielen, sind folgende: 1) Wirbelthiere, Vertebrata. (Blutthiere des Aristoteles;. Gehirn und Rückenmark sind eingeschlossen in eine knöcherne Skeletsäule, Wirbelsäule, welche sich aus Schädel und Wirbeln zusammensetzt. Zur Seite der medianen Wirbelsäule heften sich die Rippen und höchstens vier Gliedmassen an. Alle besitzen rothes Blut, ein muskulöses Herz, einen Mund mit horizontalem Ober- und Unterkiefer und die vollständige Zahl von Sinnesorganen. Sie umfassen die vier Classen der Manmialia, Aves, Eeptüia, Pisces. 2) Weichthiere, Mollusca. Thiere ohne lokoniotives Skelet, von weicher contraktiler Körperbedeckung, in welcher sich häufig feste Schalen als Gehäuse einlagern. Das Nervensystem setzt sich aus mehreren durch Fäden verbuudei.eu Ganglienmassen zusammen, deren wichtigste (Gehirn) über dem Oesophagus liegen. Man unterscheidet Gesichts- und Gehörorgane. Ein Circulationssystem und besondere Respirationsorgane sind vorhanden. Als 6 Classen werden unterschieden : Cephalopoda {(lalaxia des Aristoteles), Gastropoda, Fteropoda, Acephala, Brachiopoda, Cirropoda. 3) Gliederthiere, Articulata. Das Nervensystem besteht aus zwei langen in Ganglien anschwellenden Fäden, Ganglienknoten. Der erste Ganglienknoten liegt als Gehirn über dem Oesophagus, die übrigen an der Bauchfläche. Die Körperbedeckung ist bald weich bald hart und zerfällt durch Querfalten in eine Anzahl Ringe, von welchen die Muskeln umschlossen werden. Häufig trägt der Rumpf an seinen Seiten Glied- massenpaare. Sind Kiefer in der Umgebung des Mundes vorhanden, so stehen sie seitlich. Als Classen werden unterschieden: Hexapoda, Arachnida, Crustacea, Armelides. 4) Badiärthiere , Badiata {Zoophyta e. p.). Die Organe liegen nicht symmetrisch bilateral, sondern wiederholen sich in radiärer Ver- theilung im Umkreis der Centralachse. Weder Nervensystem noch Sinnesorgane sieht man deutlich geschieden. Einige zeigen Spuren einer Blutcirculation. Ihre Respirationsorgane liegen immer an der Oberfläche des Leibes. Als Classen der Radiaten wurden aufgestellt: Echinoder- mata, Acalepha, Entozoa, Folypi, Infusoria. Den Anschauungen Cuvier's, der wie keiner seiner Zeitgenossen das anatomische und zoologische Detail übersah, standen allerdings lange Zeit die Lehren bedeutender Männer (der sog. naturphilosophischen Schule) gegenüber. In Frankreich vor allem vertrat Etienne Geoffroy St. Hilaire die bereits von Buffon ausgesprochene Idee vom Urplane 62 Geschichtlicher Ueberblick des thierischen Baues, nach welcher eine unterbrochene, durch cou- tinuirhche Uebergänge vermittelte Stufenfolge der Thiere existiren sollte. Ueberzeugt, dass die Natur stets mit denselben Materialien arbeite, stellte er die Theorie der Analogien auf, nach welcher sich dieselben Theile, wenn auch nach ihrer Form und nach dem Grade ihrer Aus- bildung verschieden, bei allen Thieren finden sollten und glaubte weiter in seiner Theorie der Verbindungen (principe des connexions) ausführen zu können, dass die gleichen Theile auch überall in gleicher gegenseitiger Lage auftreten. Als dritten Hauptsatz verwerthete er das Princip vom Gleichgewicht der Organe, indem jede Vergrösserung des einen Organs mit einer Verminderung eines andern verbunden sein sollte. Dieser Grundsatz führte in der That zu einer fruchtbaren Betrachtungsweise und zur wissenschaftlichen Begründung der Teratologie. Die Verall- gemeinerungen waren aber zu übereilt, indem sie über die Wirbelthiere hinaus nicht mit den Thatsachen stimmten, und beispielsweise zu der Ansicht, die Insecten seien auf den Rücken gedrehte Wirbelthiere, sowie zu vielen anderen gewagten Auffassungen führen mussten. In Deutsch- land traten Männer wie Göthe und die Naturphilosophen Oken und Schelling für die Einheit der thierischen Organisation in die Schranken, ohne freilich stets den Thatsachen in strenger und umfassender Weise Rechnung zu tragen. Schliesslich ging aus diesem Kampfe, der in Frankreich sogar mit Heftigkeit und Erbitterung geführt worden war, die Auffassung Cuvier's siegreich hervor, und die Prinzipien seines Systems fanden zuletzt um so ungetheilteren Beifall, als sie durch die Resultate der entwicklungs- geschichtlichen Arbeiten C. E. v. Baer's bestätigt wurden. Allerdings wurden durch die späteren Forschungen mancherlei Mängel und Irr- thümer seiner Eintheiiung aufgedeckt und im Einzelnen vieles verändert, allein die Grundanschauung von der Existenz der Typen erhielt sich und wurde gar bald durch die Resultate der sich ausbildenden Wissen- schaft von der Entwicklungsgeschichte der Thiere im Allgemeinen bestätigt. Die wesentlichsten der nothwendig gewordenen Modifikationen des Cuvier'schen Systemes beziehen sich unstreitig auf die Vermehrung der Typenzahl. Während man schon seit längerer Zeit die Infusorien von den Radialen trennte, und als Frotozoen den übrigen vier Bau- plänen zur Seite stellte, hat man neuerdings durch Trennung der Badiaten in Coelenteraien und Echinodermen , sowie der Articulaten in Arthropoden und Vermes die Zahl der Grundpläne auf 7 erhöht, ohne überall für die Unterscheidung der Unterabtheilungen ') zu einer befriedigenden Einigung gelangt zu sein. 1) Vergl. die zahlreichen Systeme jüngerer Zoologen inAgassiz's An essay of Classification. 1859. Unsere gegenwärtige Eiutlieilung. 63 In der neuesten Zeit hat jedoch die Cu vier 'sehe Auffassung auch darin eine Modifikation erfahren, dass die Vorstellung von der scharf gesonderten Isolirung, dem ohne CJebergänge begrenzten Abschlüsse eines jeden Bauplanes aufgegeben zu werden beginnt. Es haben sich bei eingehenderem Studium Verbindungsglieder und Verknüpfungen ver- schiedener Typen nach mehrfachen Richtungen hin nachweisen lassen, durch welche die scharfen Gegensätze der Organisationspiäne besonders für die ersten Anfänge und tiefsten Stufen ihrer Gestaltung gemildert werden. Man kennt Verbindungsglieder zwischen Protozoen und Wür- mern, zwischen Würmern und Echinodermen, zwischen Arthropoden und Würmern, zwischen Würmern und Molluscen, ja selbst Formen, über deren Einordnung in diesen oder jenen Typus man im Zweifel bleiben kann. Man hat selbst in der Entwicklungsgeschichte für verschiedene Typen übereinstimmende Larvenzustände beobachtet (Amphioxus, Coelenteraten und Ascidien) , die auf einen genetischen Zusammenhang derselben hinweisen. Aber eben so wenig wie die Uebergangsformen zwischen Thier und Pflanze die Unterscheidung der beiden allgemeinsten Begriffe im Reiche des Organischen aufzuheben im Stande ist, wird durche jene Verbindungsglieder die Idee verschiedener Grundformen widerlegt, sondern nur ein ähnlicher oder gemeinsamer Ausgangspunkt für die Ausbildung verschiedener Formreihen wahrscheinlich gemacht. Wir werden diese 7 Typen in folgender Weise zu charakterisiren haben : 1. Frotozoa. Geschöpfe von geringer Grösse und einfachem Baue, ohne zellig gesonderte Organe, mit vorwiegend ungeschlechtlicher Fortpflanzung. 2. Coelenterata. Thiere von radiärem nach der Grundzahl 4 oder 6 gegliederten Baue, mit einem für Verdauung und Circulation gemeinsamen Leibes- raum (Gastrovascularraum). 3. Echinodermata. Thiere von radiärem vorherrschend fünfstrahligen Baue, mit ver- kalktem oft stacheltragenden Hautskelet, mit gesondertem Darm und Gefässsystem , mit Nervensystem und Ambulacralfüsschen. 4. Vermes. Seitlich symmetrische Thiere mit ungegliedertem, geringeltem oder gleichartig (homonom) segmentirtem Körper, ohne geuliederte Segment- anhänge (Gliedmassen). Der Embryo bildet sich in der Regel durch Umwandlung des gesammten Dotters ohne voraus angelegten Primitiv- streifen. 5. Ärthropoda. Seitlich symmetrische Thiere mit heteronom segmentirtem Körper und gegliederten Segmentanhängen (Gliedmassen), mit Gehirn und Bauch- 04 Bedeutung des Systemes. ganglienkette. Die Bildung des Embryo's im Eie geschieht sehr oft mittelst A.nlage eines bauchständigen Primitivstreifens. 6. Mollusca. Seitlich symmetrische Thiere mit weichem ungegliederten Körper, ohne lokomotives Skelet, meist von einer einfachen oder zweiklappigen Kalkschale, dem Absonderungsprodukt einer Hautduplikatur (Mantel), bedeckt, mit Gehirn, Fussgangiion und Mantelganglion. 7. Vertehrata. Seitlich symmetrische Thiere mit einem Innern knorpligen oder knöchernen und dann gegliederten Skelet (Wirbelsäule), welches durch dorsale Ausläufer (obere Wirbelbogen) eine Höhle zur Aufnahme des Rückenmarks und Gehirnes, durch ventrale Ausläufer (Rippen) eine Höhle zur Aufnahme vegetativer Organe umschliesst, mit höchstens zwei Extremitätenpaaren. Die Anlage des Embryo's im Ei wird durch einen rückenständigen Primitivstreifen gebildet. Bedeutung des Systemes. lieber den Werth des Systemes ist man nicht überall und zu allen Zeiten gleicher Ansicht gewesen. Während im vorigen Jahrhundert der französische Zoolog Buffon, welcher in eleganter Sprache und geist- reicher Darstellung die Naturgeschichte der Säugethiere und Vögel bearbeitete, ein abgesagter Feind aller Theorie, das System für eine reine Erfindung des menschlichen Geistes hielt, glaubt in neuerer Zeit L. Agassi z allen Abtheilungen des Systemes eine reale Bedeutung zuschreiben zu können. Er erklärt das natürliche, auf die Verwandt- schaft der Organisation begründete System für eine Uebersetzung der Gedanken des Schöpfers in die menschliche Sprache, durch dessen Er- forschung wir unbewnsst Ausleger seiner Ideen würden. Offenbar aber können wir nicht diejenige Anordnung eine mensch- liche Erfindung nennen, welche als Ausdruck für die Verwandtschafts- stufen der Organismen aus den in der Natur begründeten Beziehungen der Organisation abgeleitet ist. Und ebenso verkehrt ist es, den sub- jektiven Antheil unserer Geistesthätigkeit hinwegleugnen zu wollen, da sich in dem System stets em Verhältniss der Thatsachen des Naturlebens zu unserer Auffassung und zum Stande der wissenschaftlichen Erkenntnis ausspricht. In diesem Sinne nennt Göthe treffend natürliches System einen sich widersprechenden Ausdruck. Speciesbcgrift'. 05 Das Reale, welches die Natur dem Forscher zur Aufstellung von Systemen zu Gebote stellt, sind die Einzelformen als Objekte der Be- obachtung. Alle systematischen Begriffe von der Art an bis zum Typus beruhen auf Zusanmienfassung von Gleichem und Aehnlichein und sind Abstraktionen des menschlichen Geistes. Die grosse Mehrzahl der Forscher stimmte allerdings bis in die neueste Zeit darin überein, auch die Art oder Spesies als selbstständig geschaffene und unveränderliche Einheit mit gleichen in der Fort- pflanzung sich erhaltenden Eigenschaften anzusehen. Man war bis in die neueste Zeit von dem Grundgedanken der Linne'schen Species- detinition, »Tot numeramus species quot ab initio creavit infinitum ens« im Wesentlichen befriedigt. Auch stand diese Anschauung mit einem auf dem Gebiete der Geologie herrschenden Dogma im Causal- nexus, nach welchem die aufeinander folgenden Perioden der Erdbildung durchaus abgeschlossene, jedesmal von Neuem geschaffene Faunen und Floren bergen und durch gewaltige, die gesammte organische Schöpfung vernichtende Katastrophen begrenzt sein sollten. Keine Lebensform, glaubte man, könnte sich über die Zeit einer vernichtenden Erdkata- strophe hinaus von der frühern in die nachfolgende Periode hinein er- halten haben, jede Thier- und Pflanzenart sei mit bestimmten Merkmalen durch einen besonderen Schöpfungsakt ins Leben getreten und erhalte sich mit diesen Eigenschaften unveränderlich bis zu ihrem Untergange. Diese Vorstellung war durch die Verschiedenheit der fossilen Ueberreste der Wirbelthiere sowohl (Cuvier) als Molluscen (Lamarck) von den jetzt lebenden Thieren bekräftigt worden. Da sich nun die von einander abstammenden Thiere und Pflanzen durch zahlreiche grössere und kleinere Abweichungen unterscheiden, so wird der Artbegriff' neben der Zugehörigkeit in den gleichen Generations- kreis nicht durch die absolute Identität, sondern nur durch die Ueber- einstimmung in den wesentlichsten Eigenschaften deflnirt werden können. Die Art oder Species ist demnach im engen Anschluss an die Cuvier 'sehe Definition der Inbegriff" aller Lebensformen, welche die wesentlichsten Eigenschaften gemeinsam haben, von einander abstammen und sich zur Erzeugung fruchtbarer Nachkommen kreuzen lassen. Indessen lassen sich dieser Begriffsbestinunung, welcher die Vor- aussetzung zu Grunde liegt, dass sich das Wesentliche der Eigenschaften durch alle Zeiten in der Fortpflanzung unveränderlich enthalten müsse, keineswegs alle Thatsachen des Naturlebens befriedigend unterordnen, und es weisen schon die grossen Schwierigkeiten, welche der Artbestim- mung in der Praxis entgegentreten und zwischen Art und Varietät keine scharte Grenze ziehen lassen, auf das Unzureichende des Begriffes hin. Die zu ein und derselben Art gehörigen Individuen sind unter- einander nicht in allen Theilen und Eigenschaften gleich, sondern zeigen Claus,' Zoologie. 3. Auflage. h üO Abarten und Rassen. ganz allgemein, wenn man es so ausdrücken darf, nach dem Gesetze der wdividuellen Variation, mannichfache Abänderungen, die bei ge- nauer Betrachtung zur Unterscheidung der Einzelformen hinreichen. Es treten auch im Kreise derselben Art Combinationen veränderter Merkmale auf und veranlassen bedeutendere Abweichungen, Varietäten, welche sich auf die Nachkommen vererben können. Man nennt die grösseren, mit der Fortpiianzung sich erhaltenden Variationen constante Varietäten oder Aharten, Rassen, und unterscheidet natürliche oder geographisch begründete Massen und Cidtiir- rassen. Die ersteren finden sich im freien Naturleben, meist auf bestimmte Lokalitäten beschränkt, sie sind, wie man annimmt, in Folge klimatischer Bedingungen unter dem Einfiuss einer abweichenden Lebensweise und Ernährung im Laufe der Zeiten entstanden. Die Culturrassen verdanken dagegen ihren Ursprung der Zucht und Cultur des Menschen und be- treffen ausschliesslich die Hausthiere. Leider ist freilich der Ursprung der meisten natürlichen und Cultur-Rassen in ein tiefes Dunkel gehüllt, welches die Wissenschaft schwerlich jemals vollkommen zu lichten im Stande sein wird. Was aber schwer in die Wagschale fällt, ist der Umstand, dass es für einige als Abarten geltende Varieiäten sehr zweifelhaft erscheint, ob sie als Abänderungen aus einer einzigen Art hervorgegangen sind, oder von mehreren Arten abstammen. Für die zahlreichen Varietäten des Schweines und Rindes, fefner für die Rassen des Hundes und der Katze ist die Herkunft von verschiedenen Arten ziemlich sicher erwiesen (Rütimeyer). Es können aber Varietäten, die mit mehr oder minder grosser Sicherheit auf die gleiche Abstammung von derselben Art zurückgeführt »Verden, unter einander sehr auffallend verschieden sein, und in wichtigeren Merkmalen abweichen, als verschiedene Arten im freien Naturlcben, z. B. erscheinen die Culturrassen der Taube, deren gemeinsame Ab- stammung von der Felsentaube (Columba livia) von Darwin sehr wahr- scheinlich gemacht worden ist, einer so bedeutenden Abänderung fähig, dass ihre als Purzeltauben, Pfautauben, Kröpfer, Eulentauben etc. be- kannten Varietäten von dem Ornithologen ohneKenntniss ihres Ursprungs für echte Arten gehalten und sogar unter verschiedene Gattungen ver- theilt werden müssten. Auch im freien Naturleben sind sehr häufig Varietäten der Qualität ihrer Merkmale nach von Arten nicht zu unterscheiden. Das Wesentliche der Charaktere pflegt man in der Constanz ihres Vorkommens zu finden und die Varietät daran zu erkennen, dass die sie auszeichnenden Merk- male variabeler sind als bei der Species. Gelingt es weit auseinander stehende Formen durch eine Reihe continuirlich sich abstufender Zwischen- i'nfruclitburkeit der Bastaide. (57 foriiieii zu verbinden, so hält man sie für extreme Varietäten tlerselben Art, während dieselben bei mangelnden Zwischengliedern, auch wenn die sie trennenden Unterschiede geringer, nur gehörig constant sind, als Arten gelten. Man liegreift unter solchen Umständen, wie anstatt eines objektiven Kriteriums der augenblickliche Stand der Erfahrung, das subjective Ermessen und der natürliche Takt der Beobachter über Art') und Varietät entscheidet und dass die Meinungen der verschiedenen Forsclier in der Praxis weit auseinandergehen. Dies Verhältniss haben Darwin und Hooker in eingehender Weise vortrefflich erörtert. Als Beispiel ist von Nägeli'^j angeführt worden, dass von den in Deutsch- land ^Yachsenden i/zeracie» über 300 Arten zu unterscheiden sind, Fries führt sie als 106, Koch als 52 Arten auf, während Andere kaum mehr als 20 anerkennen. Nägeli behauptet sogar: »Es gibt kein Genus von mehr als 4 Species, über dessen Arten alle Botaniker einig wären und es Hessen sich viele Beispiele aufführen, wo seit Linn6 die nämlichen Arten wiederholt getrennt und zusammengezogen wurden«. Wir werden daher zur Bestimmung des Wesentlichen an den Eigenschaften, wenn es gilt Arten von Varietäten zu sondern, auf den wichtigsten Charakter des Artbegriffes zurückgewiesen, der freilich in der Praxis fast niemals berücksichtigt wird, auf die gemeinsame Ab- stammung und die FähigJceit der fruchtbaren Kreuzung. Doch stellen sich auch von dieser Seite der Begrenzung des Artbegritfes unüberwind- liche Schwierigkeiten entgegen. Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass auch Thiere ver- schiedener Arten sich mit einander paaren und Nachkommen, Bastarde, erzeugen, z. B. Pferd und Esel, Wolf und Hund, Fuchs und Hund. Selbst entfernter stehende Arten, welche man zu verschiedenen Gattungen stellt, vermischen sich gelegentlich zur Erzeugung einer Nachkommen- schaft, wie solche Fälle von Schaaf und Ziege, Ziege und Steinbock zur Beobachtung gekommen sind. Allein die Bastarde erweisen sich in der Regel unfruchtbar, sie bilden Zwischenstufen mit gestörtem Generations- system ohne Aussicht auf Fortbestand, und auch im Falle der Zeugungs- fähigkeit, die man häufiger an weiblichen Bastarden beobachtet hat, schlagen sie in die väterliche oder mütterliche Art zurück. Indessen gibt es für die Sterilität der Bastarde Ausnahmsfälle, welche als wichtige Beweise gegen die Abgeschlossenheit der Art zu 1) Die Aufstellung des Begriifes der Subspecies oder Unterart, zu welchem die Systematik gedrängt worden ist, steht in vollständigem Widerspruch zu dem .Iri-begiiff der Schule und ist das sprechendste Zeugniss, dass die Systematiker selbst das Relative in der Unterscheidung von Art und Varietät anerkennen. 2) C. Nägeli, Entstehung und Begriff der JN'aiurhistorischen Art. München. 1865. 68 Fruchtbarkeit mancher Bastarde. sprechen scheinen. Man kennt ein Beispiel von vier Generationen der Bastarde von Hund und Wölfin. Is. G. St. Hilaire erhielt die Bastarde zwischen Schakal und Hund durch drei, Flourens durch vier Gene- rationen. Nach den in Frankreich in grossem Massstabe angestellten Züchtungsversuchen zwischen Hasen und Kaninchen scheint es, als wenn die zuerst von Roux in Angouleme für den Handel gezüchteten Hasen- kaninchen (Lievres-lapins) vollständig fruchtbar sind. Auch sind Halb- blut-Bastarde von Kaninchen und Hasen gezüchtet worden und haben sich durch viele Generationen auf dem Wege reiner Inzucht iruchtbar fortgepflanzt. Vollkommen fruchtbar scheinen die Bastarde von Pha- sianus colchicus und Ph. torqiiatns, ferner von Cervidns vaginalis und C. Beevesi zu sein, ebenso die Bastardgänse von Anser cinereus und An. cygnoides, welche in ganzen Heerden des Nutzens halber in Indien gehalten werden. Auch die Bastarde vom Ziegenbock und Schaf, in Chili wegen des Felles gezüchtet, sollen dort unter sich vollkommen fruchtbar sein. Ebenso haben sorgfältige Versuche über Bastardirung von Pflanzen, insbesondere die Beobachtungen von W.Herbert zu dem Ergebniss geführt, dass manche Bastarde unter sich so vollkommen fruchtbar wie die reinen Stammarten sind. Selbst im freien Naturlebcn beobachtet man Mischungsformen verschiedener Arten, die nicht selten für selbstständige Arten gehalten und als solche beschrieben wurden (Tctrao meclius, Bastard vom Auerhahn und Birkhuhn. Ahramidopsis Leulartii, Bliccopsis ahrainoriitilusn.a. sind nach v. Siebold Bastarde). Selbst im freien Naturlebeu vermag die Sterilität der Bastarde nicht als Gesetz zu gelten, da zahlreiche Arten wild lebender Pflanzen als Bastard-Arten erkannt worden sind (Kölreuter, Gärtner, Nägeli — Cirsium, Ctjtisus, Ruhus). Um so weniger erscheint es für die der menschlichen Cultur unterworfenen Thiere zweifelhaft, dass nach all- mähliger Gewöhnung und Umänderung aus ursprünglich verschiedenen Arten persistente Zwischentormen durch Kreuzung erzielt werden können. Schon Pallas sprach in diesem Sinne die Ansicht aus, dass nahe ver- wandte Arten, welche sich anfangs nicht mit einander paaren oder nur unfruchtbare Bastarde liefern, nach lange fortgesetzter Domesticirung fruchtbare Nachkommen zeugen. Und in der That ist es bereits für einige unserer Hausthiere wahrscheinlich gemacht, dass sie in vorhistori- scher Zeit auf dem Wege unbewusster Züchtung als die Abkömmlinge verschiedener Arten ihren Ursprung genommen haben. Insbesondere versuchte Rütimeyer diesen Weg der Entstehung für das Rind (Bos taurus) nachzuweisen, welches er als neuen Stamm durch die Kreuzung von mindestens zwei Stammformen (Bos irrimifjenius, hrackyceros) her- leitet. Auch für das Hausschwein, die Hauskatze, die zahlreichen Hunderassen kann die Abstammung von mehreren wildlebenden Stamm- arten als gesichert gelten. Unfruclitbarkeit von Blendlingen. t)9 Bei alledem wird man den erörterten Ausnahmsfallen j^eoenübor auf die stets vollkommene Fruchtbarkeit der Blendlinge, d. Ii. der durch Kreuzung verschiedener Rassen gleicher Art erzeugten Nachkommen, ein grosses Gewicht legen, doch gibt es auch hiervon einige Ausnahmen. Abgesehen von den Fällen, in welchen die Begattung verschiedener Rassen schon aus mechanischen Gründen unmöglich ist, scheinen sich nach den Beobachtungen zuverlässiger Thierzüchter gewisse Rassen nur schwierig zu kreuzen , ja sogar einzelne durch Zuchtwahl vom gemein- samen Stamme hervorgegangene Formen überhaupt nicht mehr fruchtbar zu begatten. Die von Europa aus in Paraguay eingeführte Hauskatze hat sich dort nach Rengger im Laufe der Zeit wesentlich verändert und eine entschiedene Abneigung gegen die Europäische Stammform gewonnen. Das europäische Meerschwein paart sich nicht mehr mit der brasilianischen Form, von der es wahrscheinlich abstammt. Das Porto- Santo-Kaninchen, welches im 15. Jahrhundert von Europa aus auf Por^o- Santo bei Madeira übertragen wurde, hat sich in dem Grade verändert, dass seine Kreuzung mit den Europäischen Kaninchen-Rassen nicht mehr gelingt. Wir können daher auch in Bezug auf Zeugung und Fortpflanzung behaupten, dass wohl ein bedeutender Unterschied, aber keine absolute Grenzlinie zwischen Art und Varietät besteht. Bei der offenbaren Schwierigkeit, den Artbegriff scharf zu definiren, waren schon am Anfange dieses Jahrhunderts angesehene und ausge- zeichnete Naturforscher, einerseits durch die fast ununterbrochene Slufen- reihe der Formen , andererseits durch die Resultate der künstlichen Züchtung zur Bekämpfung der herrschenden Ansicht von der Unab- änderlichkeit der Arten veranlasst. Lamarck stellte bereits im Jahre 1809 in seiner Philosophie zoolocjique die Lehre von der Abstammung der Arten von einander auf, indem er die allmähligen Veränderungen zum kleinen Theil von den wechselnden Lebensbedingungen, grossentheils aber von dem Gebrauche und Nichtgebrauche der Organe ableitete. Die Art und Weise seiner Erklärungsversuche stützte sich freilich nicht auf eine streng ausgebildete und tiefer durchdachte Theorie, sondern mehr auf eine zum Theil recht grobe Anschauungsform, die in einzelnen Fällen geradezu lächerlich er- schien, in andern wohl möglich sein, niemals aber bewiesen werden konnte. So sollte z. B. die lange Zunge der Spechte und Ameisenfresser durch die Gewohnheit dieser Thiere entstanden sein, die Nahrung aus engen und tiefen Spalten und Oeffnungen hervorzuholen. Der Hals der Girafl'e verdankte seine Länge dem beständigen Hinaufrecken nach dem Laube höherer Bäume. Die Schwimmhäute zwischen den Zehen bildeten sich in Folge der Schwimmbewegungen zahlreicher zum Wasserleben gezwungener Thiere. Neben der Anpassung legte Lamarck das grösste 70 • Lamarck. Geoffrciy St. Hilaire. Gewiclit zur Erklärung seiner Abstammungslelire auf die Vererbung, auf welche er die Aehnlichkeitsabstufungen der einzelnen Gruppen zurück- führte. Das Auftreten der einfachsten Organismen erklärte er auf dem Wege der Urzeugung und nahm an, dass anfangs nur die allerein- fachsten und niedrigsten Thiere und Pflanzen existirten. Geoffroy Saint-Hilaire sprach als Verfechter der Idee von dem einheitlichen Organisationsplane aller Thiere vor seinem Ge.uner Cuvier im Jahre 1828 die Ueberzeugung aus, dass die Arten nicht von Anfang an in unveränderter Weise existirt hätten. Obwohl im Wesentlichen mit der Lehre Lamarck's von der Entstehung und Transmutation der Arten in Uebereinstimmung, schrieb er der eigenen Thätigkeit des Organismus für die Umbildung einen geringern Einfluss zu und glaubte die Umbil- dungen durch die direkte Wirkung der Veränderungen der Aussenwelt fmonde ambiant) erklären zu können. So sollten in Folge der Vermin- derung des Kohlensäure-Gehaltes in der Atmosphäre aus Eidechsen-Vögel entstanden sein, indem, wie er sich dachte, der durch den grössern Sauerstofi'gehalt gesteigerte Athmungsprocess eine höhere Bluttemperatur und energischere Muskel- und Nerventhätigkeit bewirkt habe, und die Schuppen zu Federn geworden seien. Endlich ist Göthe ') in gewissem Sinne als Vorläufer der Trans- mutationslehre in Deutschland zu nennen, obwohl man nicht sagen kann, dass er je die Vorstellung einer factischen Umwandlung der Arten gehabt und verkündigt hat. Durch seine ganze Art, die Dinge der Umgebung zu betrachten, war er mehr zu einer geistreichen Verknüpfung des nebeneinander bestehenden Mannichfaltigen gedrängt, welches sich seinem geistigen Auge nicht nur in einer zweckmässigen Harmonie, sondern in »unauihaltsam fortschreitender Umbildung« darstellte. Während derselbe 1) Von deu bezüglichen Stellen, welche in der generellen Morphologie von E. Haeckel in grösserer Zahl zusammengestellt sind, mögen hier nur folgende angezogen werden. Alle Glieder bilden sich aus nach ew'gen Gesetzen, Und die seltenste Form bewahrt im Geheimen das Urbild. Also bestimmt die Gestalt die Lebensweise des Thieres Und die Weise zu leben, sie wirkt auf alle Gestalten Mächtig zurück, So zeiget sich fest die geordnete Bildung, Welche zum Wechsel sich neigt durch äusserlich wirkende Wesen. Aus der j, Metamorphose der Thiere*. Eine innere und ursprüngliche Gemeinschaft liegt aller Organisation zu Grunde; die Verschiedenheit der Gestalten dagegen entspringt aus den nothw en- digen Beziehungsverhältnissen zur Aussenwelt, und man darf daher eine ursprüng- liche, gleichzeitige Verschiedenheit und eine unaufhaltsome Umbildung mit Recht annehmen, um die ebenso constanten als abweichenden Erscheinungen begreifen zu können 'J'ransinutatioiislchie. i 1 in seinen naturwissenschafüiclien Arbeiten (die Metamorphose derPtlanzeu, Wirbeltheorie des Schädels, über den Zwischenkiefer des ^Menschen) von dem Gedanken erfüllt war, in der Mannichfaltigkeit der Erscheinungen die Einheit der Grundlage nachzuweisen, sprach er sich an zahlreichen Stellen seiner übrigen Schriften und Werke für eine unaufhaltsame Umbildung und für die Einheit des Lebendigen aus; doch blieben seine eben so schönen als bedeutenden Aussprüche mehr geistreiche Apergus, es fehlte ihnen das Fundament einer ausgebildeten auf Thatsachen ge- stützten Theorie. Auf die Ansichten dieser Forscher musste dann später die durch Lyell und Forbes herbeigeführte Umgestaltung der geologischen Grundanschauungen zurückzuführen. Anstatt durch die Cuvier'sche Lehre von grossen Erdrevolutionen und aussergewöhnlichen, alles Leben vernichtenden Katastrophen, suchte Lyell (Principles of Geology) die geologischen Veränderungen aus den noch heute ununterbrochen und allmählig wirkenden Kräften mit Benutzung sehr bedeutender Zeiträume zu erklären. Indem die Geologen mit Lyell die Hypothese von zeit- weise erfolgten Störungen des gesetzmässigen Naturverlaufes aufgaben, mussten sie auch die Continuität des Lebendigen für die aufeinander folgenden Perioden der Erdbildung annehmen und die grossen Ver- änderungen der organischen Welt auf kleine und langsam, aber während grosser Zeiträume ununterbrochen wirkende P^infiüsse zurückzuführen suchen. Die Veränderlichkeit der Art, die Entstehung neuer Arten aus älteren Stammformen im Laufe unendlicher Zeiträume wird demnach seit Lyell als nothwendiges Postulat von der Geologie in Anspruch ge- nommen, um auf natürlichem Wege ohne die Voraussetzung Aviederholtcr Schöpfungsakte die Verschiedenheiten der Thiere und Pflanzen für die aufeinander folgenden Perioden zu erklären. Indessen bedurfte es einer besser begründeten und durcii ein festeres Fundament gestützten Theorie, um der bereits durch Lamarck und Geoffroy Saint Hilaire vetretenen aber unbeachtet gebliebenen Transmutationshypothese grösseren Nachdruck zu verleihen, und es ist das Verdienst des grossen englischen Naturforschers Ch. Darwin, mit Benutzung eines umfassenden wissenschaftlichen Materiales für die Ent- stehung und Umwandlung der Arten eine Lehre begründet zu haben, welche in engem Anschlüsse an die Ansichten Lamarck 's und Geoffroy 's und im Einklang mit den von Lyell aufgestellten Voraussetzungen so- wohl durch die Einfachheit des Princips als durch die objektiv geistvolle und überzeugende Durchführung, trotz der Widersprüche mannichfaltiger Gegner, schon jetzt zu fast allgemeiner Anerkennung gelangt ist. Darwin ') geht in seinem \^ersuche, die Descendenz und Transrautations- 1) Ch. Darw^in, On the origin of species by meaus of natural selection. London. 1859, übersetzt von Broun. Stuttgart. 1860. Dasselbe bereits in sechster 72 Ch. Darwin. hypothese zu begründen, von dem Gesetze der Erblichkeit aus, nach welchem sich die Charaktere der Eltern auf die Nachkommen übertragen. Neben der Erblichkeit besteht aber eine durch die besondern Ernährungs- verhältnisse bedingte Anpassung, eine beschränkte Variabilität der Form- gestaltung, ohne welche die Individuen gleicher Abstammung identisch sein müssten. Mit der Vererbung des Gleichartigen verknüpft sich die individuelle Variation in den Eigenschaften der Nachkommen, und es entstehen auf diesem Wege Abänderungen, auf welche von Neuem das Gesetz der Vererbung Anwendung findet. Vornehmlich sind die Cultur- pflanzen und Hausthiere, deren Einzelwesen weit mehr variiren, als die im freien Naturzustande lebenden Geschöpfe, zu Abänderungen geneigt, und CuUurfäliigheit ist im Grunde nichts anderes, als die Fähigkeit, veränderten Bedingungen der Ernährung und Lebensweise den Organis- mus unterzuordnen und anzupassen. Es beruht die künstliche Züchttimj, durch welche es dem Menschen gelingt, mittelst zweckmässiger Auswahl bestimmte, seinen Bedürfnissen entsprechende Eigenschaften der Thiere und Pflanzen zu erzielen, auf der Wechselwirkung von Vererbung und individuellen Variation, beziehungsweise Anpassung, und es ist sehr wahrscheinlich, dass auf diesem. Wege die zahlreichen Hausthierrassen in früheren Zeiten grossentheils unbewusst vom Menschen geschaflen sind, wie heutzutage mit Absicht neue Abarten in immer grösserer Zahl gezüchtet werden. Aber auch im Naturleben wirken ähnliche Vorgänge, um Abänderungen und Varietäten ins Leben zu rufen. Es gibt auch eine natürliche Züchtung, welche durch den Kampf der Organismen um die Existenz ins Leben gerufen, bei der Kreuzung eine natürliche Aus- wahl veranlasst. Alle Thiere und Pflanzen stehen, wie bereits Decand olle und Lyell mit Scharfsinn erörtert haben, in gegenseitiger Mitbewerbung und ringen unter einander und mit den äussern Lebensbedingungen um ihre Erhaltung. Die Pflanze kämpft mit grösscrm oder geringem! Glück gegen die Verliältnisse des Klimas, der Jahreszeit und des Bodens, sie entzieht durch überreiches Wachsthum anderen Pflanzen die Möglichkeit des Fortbestehens. Die Thiere stellen den Pflanzen nach und leben in gegenseitigem Vernichtungskriege; die Fleischfresser nähren sich grossen- theils von den Pflanzenfressern. Dabei sind alle bestrebt, sich in starkem Verhältnisse zu vermehren. Jeder Organismus erzeugt weit mehr Ab- kömmlinge als überhaupt bestehen können. Bei einer bestimmten Grösse der Fruchtbarkeit muss jede Art einer entsprechenden Grösse der Zer- störung ausgesetzt sein, denn fiele die letztere aus, so würde sich die englischer Auflage erschienen, welche in der fünften Auflage der deutschen Aus- gabe von V. Carus übersetzt ist. Stuttgart. 1872; ferner Ch. Darwin, das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication, übersetzt von V. Carus. Bd. I. u. II 2. Auflage. Stuttgart. 1873. Seloctidus- und Transimitationslelirc. 73 Zahl ihrer Individuen in geometrischer Progression so ausserordentlich vermehren , dass keine Gegend das Erzeugniss ernähren könnte. Fiele umgekehrt der durch die Fruchtbai'keit, Grösse, besondere Organisation, Fcärbung etc. gegebene Schutz hinweg, so müsste die Art bald von der Erde verschwinden. Unter den verwickelten Lebensbedingungen und gegenseitigen Beziehungen ringen selbst die entferntesten Glieder (wie der Klee und die Mäuse) ums Dasein, aber der heftigste Kampf betrifft die Einzelwesen derselben Art, welche die gleiche Nahrung suchen und gleichen Gefahren ausgesetzt sind. In diesem Kampfe werden noth- wendig diejenigen Individuen, welche durch ihre besonderen Eigenschaften am günstigsten gestellt sind, am meisten Aussicht haben, zu überdauern und ihres Gleichen zu erzeugen, also auch die der Art nützlichen Ab- änderungen fortzupflanzen und in den Nachkommen zu erhalten, be- ziehungsweise zu vergrössern. Wie die künstliche Züchtung eine durch die Vortheile des Menschen bestimmte, absichtliche Auswahl trifft, um allmählig merkliche Al)änderungen zu schaffen, so führt die natürliche Züchtung in Folge des Kampfes um die Existenz zu einer natürlichen Auswahl, welche die der Thierart vortheilhaften Abänderungen ins Leben ruft. Da aber der Kampf ums Dasein zwischen den nächststehenden Lebensformen um so heftiger sein muss, je mehr sie sich gleichen, so werden die am meisten divergirenden die grösste Aussicht haben, fort- zubestehen und Nachkommen zu erzeugen, daher ist die Divergenz des Characters und das Erlöschen der Mittelformen nothwendige Folge. So werden durch Combinirung nützlicher Eigenschaften und durch Häufung ursprünglich sehr kleiner vererbter Eigenthümlichkeiten immer weiter auseinander weichende Varietäten entstehen, was Darwin an freilich erdachten Beispielen nachzuweisen sucht; es erklärt sich aber nun , wesshalb alles an den Organismen zweckmässig eingerichtet ist, um scheinbar die Existenz auf die beste Weise sicher zu stellen. Die grosse Reihe von Erscheinungen, welche man bisher nur teleologisch umschreiben konnte, ivird somit auf Gausalverhältnisse, auf nothivendig wirkende Ursachen zurückgeführt und in ihrem natürlichen Zusammen- hange zu erklären versucht. Diese Lehre von der natürlichen Züchtung {Selectionstheorie'), stützt sich einerseits auf die W^echselwirkung von Vererbung und An- passung, andererseits auf den überall in der Natur nachweisbaren Kampf ums Dasein, und erscheint als das Fundament der Darwin 'sehen Theorie. In ihrem Grundgedanken eine Anwendung der Populationslehre von Malt hu s auf das Thier- und Pflanzenreich, wurde sie gleichzeitig mit Darwin auch von Wallace') entwickelt, von Darwin aber in IJ Vergl. auch A. B. Wallace, Beiträge zur Theorie der natürlichen Zucht- wahl. Autorisirte deutsche Ausgabe von A. B. Meyer. Erlangen. 1870. "^4 Erscheinungen der Variabilität und Vererbung. der umfassendsten wissenschaftlichen Begründung durchgeführt. Freilich müssen wir eingestehn. dass die Züchtungslehre Darwin's, obwohl auf biologische Vorgänge und offenbar wirksame Gesetze des ISIaturlebens gestützt, doch weit davon entfernt ist, die letzten Ursachen und den physikalischen Zusammenhang für die Erscheinungen der Anpassung und Vererbung aufzudecken, da sie nicht die Gründe nachzuweisen vermag, wesshalb diese oder jene Variation als nothwendig bestimmte Folge veränderter Lebens- und Ernährungsbedingungen auftreten muss und wie sich die mannichfachen und wunderbaren Erscheinungen der Ver- erbung als Functionen der organischen Materie ergeben. Offenbar ist es eine starhe Uehertreihung ' ), wenn begeisterte Anhänger die Theorie Darwin's Newton's Gravitationstheorie als ebenbürtig an die Seite setzen, weil »dieselbe aut ein einziges Grundgesetz, eine einzige wirkende Ur- sache, nämlich auf die Wechselwirkung der Anpassung und Vererbung« gestützt sei. Sie übersehen aber ganz und gar, dass es sich hier nur um den Nachweis eines mechanisch causalen Zusammenhangs zwischen bioloy Ischen Erscheinungsreihen, nicht im entferntesten aber um eine physikalische Erklärung handelt. Mögen wir innnerhin berechtigt sein, die Erscheinungen der Anpassung auf Vorgänge der Ernährung und des Stofi'umsatzes zu beziehn, die Erblichkeit eine »physiologische iMinktion« des Organismus zu nennen, so muss uns doch klar sein, dass wir zur Zeit diesen Erscheinungen gegenüberstehn , wie der Wilde dem Linienschiffe. Während uns die mannichfachen Thatsachen der Vererbung - ) vollkon)nien räthselhaft bleiben, sind wir wenigstens für gewisse Ver- änderungen der Organe zuweilen im Stande, uns in allgemeiner Um- schreibung physikalische Gründe aus den veränderten Bedingungen des Stoffwechsels zu Recht zu legen; nur selten vermögen wir — wie im Falle der Wirkung des Gebrauchs uud Nichtgebrauchs — in mehr direkter Weise die vermehrte oder verminderte Ernährung, also eine chemisch-physikalische Ursache, für die Vergrösserung oder Verküm- merung der Organe einzuselm. Man hat Darwin mit Unrecht vorgeworfen, dass er in seinem Eiklärungsversuche für das Auftreten von Varietäten dem Zufall eine bedeutende Holle einräume, das ganze Gewicht auf die Wechselver- kettungen der Organismen im Kampfe ums Dasein lege, dagegen den direkten EinÜuss physikalischer Wirkung auf Formabweichungen unter- schätze. Dieser Vorwurf scheint mir jedoch aus einer unzureichenden 1) Vergl. E. Haeckel, Natürliche Schöpfungsgeschichte. 4. Auflage. Berlin. 1873. pag. 23, 25 etc. 2) Ebenso ist es ein Misshrauch mit dem Begriff des Wortes j,Gesetz*, wenn man die zahlreichen theilweise sich widersprechenden und beschränkenden Er- scheinungen der Vererbung als eben ^o \iclc Vererbungs-,^ Gesetze* darstellt. Entsteliuiii; neuer Aneu aus \'arietaleu. 75 Würdigung des ganzen Principes zu entspringen. Darwin sagt selbst, (iass der öfter von ilim gebrauchte Ausdruck Zufall — für das Auftreten irgend welch' kleiner Abänderung — eine ganz incorrekte Ausdrucksweise sei, nur geeignet, unsere gänzliche Unwissenheit über die physikalische Ursache jeder besondern Abweichung zu bekunden. Wenn Darwin allerdings durch eine Reihe von Betrachtungen zu dem Schlüsse kommt, den Lebensbedingungen, wie Klima, Nahrung etc. für sich allein einen nur geringen direkten EinÜuss auf Veränderlichkeit zuzuschreiben , da z. B. dieselben Varietäten unter den verschiedensten Lebensbedingungen ent- standen seien und verschiedene Varietäten unter gleichen Bedingungen auftreten, auch die zusammengesetzte Anpassung von Organisnms an Organismus unmöglich durch solche Einflüsse hervorgebracht sein können, so erkennt er doch den primären Änlass su geringen Abiveichungen der Struktur in der veränderten Beschaffenheit der Nahrungs- und Lebensbedingungen ; aber erst die natürliche Zuchtwahl häuft und ver- stärkt jene Abweichungen in dem Masse, dass sie für uns wahrnehmbar werden und eine in die Augen fallende Variation bewirken. Gerade auf der innigen Verknüpfung direkter physikalischer Einwirkung mit dem Erfolge der natürlichen Zuchtwahl beruht die ganze Stärke der Dar w i n'schen Beweisführung. Die Entstehung von Varietäten und Bässen, die sich mittelst der natürlichen Züchtung in ungezwungener Weise erklärt ist aber nur der erste Schritt in den Vorgängen der stetigen Umbildung der Organismen, Wie langsam und allmählig auch der Process der Zuchtwahl wirken mag, so bleibt doch keine Grenze für den Umfang und die Grösse der Veränderungen, für die endlose Verknüpfung der gegenseitigen x\npas- sungen der Lebewesen, wenn man für die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl sehr lange Zeiträume in Anschlag bringt. Mit Hülfe dieses neuen Faktors der bedeutenden Zeitdauer, welche nach den Thatsachen der Geologie nicht von der Hand gewiesen werden kann und in unbe- grenztem Masse zur Verfügung steht, fällt die Kluft zwischen Varieiäten und Arten hinweg. Indem die ersteren im Laufe der Zeit immer mehr auseinanderweichen — und je mehr sie das tliun und in ihrer Orga- nisation differenzirt werden , um so besser werden sie geeignet sein, verschiedene Stellen im Haushalte der Natur auszufüllen, um so mehr an Zahl zuzunehmen — so gewinnen sie schliesslich die Bedeutung von Arten, welche sich im freien Naturleben nicht mehr kreuzen oder wenigstens nur ausnahmsweise noch Nachkommen erzeugen. Die Varietät ist daher nach Darivin beginnende Art Varietät' und Art sind durch continuirliche Abstufungen verbunden und nicht absolut von einander getrennt, sondern nur relativ durch die Grösse der Unterschiede in den morphologischen (Formcharaktcren) und physiologischi-n (Kreuzungs- fähigkeit) Eigenschaften verschieden. 76 Zulässigkeit des Schlusses von der Varietät auf die Art. Dieser Schluss Darwin 's, welcher die Resultate der natürlichen Züchtung von der Varietät auf die Art ausdehnt, findet von Seiten der Gegner, welche meistens in Vorurtheilen befangen, den herkömmlichen Begrift'en die Erscheinungen des Naturlebens unterordnen, eine hart- näckige und oft erbitterte Bekämpfung. Wenn dieselben auch die That- saclien der Variabilität nicht läugnen können und selbst den Einfluss der natürlichen Zuchtwahl auf Bildung von natürlichen Rassen zuge- stehen, so bleiben sie doch dem Glauben an eine absolute Scheidewand zwischen Art und Abart treu. In der That sind wir jedoch nicht im Stande, eine solche Grenzlinie zu ziehen. Weder die Qualität der unter- scheidenden Merkmale noch die Resultate der Kreuzung liefern uns ent- scheidende Kriterien für Art und Abart. Die Thatsache aber, dass wir keine befriedigende Definition für den Artbegriff" ableiten können, eben weil wir Art und Varietät nicht scharf von einander abzugrenzen ver- mögen, fällt für die Zulässigkeit der Darwin'schen Schlussfolgerung um so schwerer in die Wagschale, als weder die Variabilität der Orga- nismen und der Kampf um das Dasein, noch die sehr lange Zeitdauer für die Existenz des Lebendigen bestritten werden können. Die Variabilität der Formen ist ein teststehendes Faktum, ebenso der Kampf ums Dasein 'j. Gibt man aber bei diesen beiden Faktoren die Wirksamkeit der natürlichen Züchtung zu, so wird man zunächst die Varietäten- und Rassenbildung zu verstehen vermögen, obwohl die direkte Beobachtung nicht einmal diese zu erweisen im Stande ist. Denkt man sich nun 1) P^s ist schwer zu glauben, dass selbst gegen den Kampf der Organismen um die Existenz von einem Gelehrten, der sich Naturforscher nennt, Einsprache er- hoben worden ist. Man vergleiche das gegen den Darwinismus gerichtete Buch von Wigaud , der Darwinismus und die Naturforschung Newton's und Cuviers'. Braunschweig. 1874. Der von seiner Exaktheit und Gedankenscbärfe stark über- zeugte Autor, welcher an mehr als einer Stelle Darwin's Kurzsichtigkeit und logische Schwäche wenigstens den tief empfundenen Ausdruck innigen Mitleids nicht versagt, glaubt sich zur Ehrenrettung der heutigen Zoologie und Botanik und zur Wieder- aufrichtung der Methode exakter Forschung berufen. ,, Durch eine möglichst all- seitige, erscliöpfende und zugleich streng angelegte zusammenhängende Kritik*' ver- meint der Naturforscher von ^ Wehrshausen" den Kampf auf der ganzen Linie wie durch einen Massenangriff aufzunehmen. Er will j>den Schaden, um ihn gänzlich zu exstirpiren, bis zu seinen letzten Ausläufern verfolgen", um ^nach vollständiger Ueberwindung des Transmutations- und Selectionsprincips das verkannte Princip der organischen Entwicklung in seiner wahren Gestalt zu rehabilitiren*. Beim Durchblättern des Buches blieb es mir durchaus zweifelhaft, ob der Autor nur eine ^köstliche Ironie" auf die Methode exakter Naturforschung oder allen Ernstes eine naturwissenschaftliche Argumentation etwa im Sinne und nach der Methode der modernen Unfehlbarkeitsverkündigung auf anderem Gebiete beabsichtigt habe. Zu- treffend ist das Motto, welches W. seiner Schrift als Signatur mit auf den Weg gibt: j,da seht, was aus dem Verstände werden kann*. Artbegriff nach Darwin. 77 aber denselben Process, welcher zur Entstehung von Varietäten führt, in einer immer grössern Zahl von Generationen fortgesetzt und während um vieles grösserer Zeiträume wirksam — und man wird in der Ver- wendung enormer Zeiträume um so weniger durch eine Grenze gebunden sein, als solche die Geologie zur Erklärung ihrer Erscheinungen fordert, — so werden sich die Abweichungen immer höher und zu dem Werthe von Artverschiedenheiten steigern. In noch grössern Zeiträumen werden sich die Arten bei gleich- zeitigem Erlöschen der Zwischenglieder und Aussterben mancher altern unter den neuen Verhältnissen des Kampfes um das Dasein nicht mehr entsprechend ausgerüsteten Arten so weit von einander entfernen, dass wir sie zu verschiedenen Gattungen stellen, in abermals grössern Zeit- räumen werden die von gleicher Abstammung herzuleitenden Gattungen nach dem Masse ihrer Verschiedenheiten in Gruppen zeifallen, welchen wir den V\^erth der Unterfamilie und Familie zuschreiben, und so weiter werden sich diese in Unterordnungen und Ordnungen, die Ordnungen in Unterclassen und Classen zerspalten, mit denen wir endlich zur Haupt- ahtheilung des Typus gelangen. So führen auch die verschiedenen Stammformen der Classen eines Typus schliesslich auf denselben Aus- gangspunkt zurück, und es waren ursprünglich sehr einfache Grund- formen, aus deren Nachkommenschaft der Gesammtinhalt der Typen ent- sprungen sein mag. Da aber auch die verschiedenen Typen durch mannich- faltige vornehmlich die einfachem Glieder verbindenden Uebergangs- formen mehr oder minder eng verknüpft sind, so wird sich die Zahl der ursprünglich vorhandenen Lebensformen ausserordentlich reduciren, und möglicherweise wird bei dem Zusammenhang zwischen Thier- und Ptianzon- reich die ungeformte contractile Substanz, Sarcode und Protoplasma, der Ausgangspunkt alles organischen Lebens gewesen sein. Demgemäss hat nach Darwin die Art die Bedeutung einer selbständig geschaffenen und unveränderlichen Einheit verloren und erscheint in dem grossen PJntwicklungsgesetz als ein vorübergehender auf kürzere oder längere Zeitperioden beschränkter und veränderlicher Formenkreis, als der Inbegriff der Zeugungshreise, ivelche bestimmten Existensbedi)igungen entsprechen und unter diesen eine gewisse Constaris der tvesentlichen Merkmale bewahren. Die verschiedenen Kategorien des Systems be- zeichnen den näheren oder entfernteren Grad der Blutsverwandtschaft, und das System ist der Ausdruck der genealogischen auf Abstammung gegründeten Verwandtschaft. Dasselbe niuss aber als eine lückenhafte und unvollständige Stammtafel erscheinen, da die ausgestorbenen Ur- ahnen der Organismen unserer jetzigen Periode aus der geologischen Urkunde nur sehr unvollkommen zu erschliessen sind, unzählige Zwischen- glieder fehlen, und vollends aus den ältesten Zeiten keine Spuren orga- nischer Ueberreste erhalten sind. Nur die letzten Glieder des unendlich 78 rnniöirliclikeit der directon Beweisfiiliriuig, umfassenden und verästelten Stammbaumes stehen uns in ausreichender Zahl zur Verfügung, nur die äussersten Spitzen der Zweige sind voll- ständig erhalten , während von den zahllosen auf das manniclifaltigste ramiticirten Zweigen und Aestchen nur hier und da ein Knotenpunkt erkannt wird. Daher erscheint es bei dem gegenwärtigen Stande unserer Erfahrungen ganz unmöglich, eine hinreichend sichere Vorstellung von diesem natürlichen Stammbaum der Organismen zu gewinnen, und wenn wir auch in E. Haeckels genealogischen Versuchen die Umsicht und Kühnheit der Speculationen bewundern, so müssen wir doch zugestehn, dass zur Zeit im Einzelnen einer Unzahl von Möglichkeiten freier Spiel- raum bleibt, und das subjektive Ermessen anstatt des objektiven That- bestandes zu sehr in den Vordergrund tritt. Wir werden uns daher vorläufig mit einer unvollständig erkannten mehr oder minder künst- lichen Anordnung begnügen, obwohl wir im Stande sind, den Begriff des natürlichen Systemes theoretisch festzustellen. Wenn wir die Beweisgründe der Darwin'schen Selectionstheorie und der auf dieselbe gegründeten Transmutationstheorie einer Kritik unterziehen, so kommen wir sehr bald zu der Ueberzeugung, dass eine direkte Beweisführung zur Zeit und vielleicht überhaupt für die Forschung unmöglich ist, da sich die Lehre auf Voraussetzungen stützt, welche der Controle der direkten Beobachtung entzogen sind. Während nändich für die Umwandlungen der Formen unter natürlichen Lebensbedingungen Zeiträume gefordert werden, die auch nicht annähernd menschlicher Beobachtung zur Verfügung stehen, sind anderseits die bestimmten und^ sehr complicirten Wechselwirkungen, welche im Naturleben die Lebens- formen im Sinne der natürlichen Züchtung zu verändern bestreben, nur im Allgemeinen abzuleiten, im Einzelnen aber so gut als unbekannt. Auch entziehen sich die in der freien Natur lebenden unter dem Ein- flüsse der natürlichen Züchtung stehenden Thiere und Pflanzen dem Experiment des Menschen vollständig und die verhältnissmässig wenigen Formen, welche der Mensch früher oder später in seine volle Gewalt gebracht hat, sind durch die künstliche Zuchtwahl verändert und um- gestaltet. Die Wirkung der natürlichen Züchtung im Sinne Darwin 's ist daher überhaupt nicht direkt zu beweisen, sondern selbst für die Entstehung von Varietäten nur an erdachten Beispielen zu beleuchten und wahrscheinlich zu machen. Immerhin geben uns die Resultate der künstlichen Züchtung, die zahlreichen und bedeutenden Umgestaltungen '), durch welche die Culturerzeugnisse in so mannichfacher Weise den Be- dürfnissen des Menschen angepasst wurden, um so werthvollere Hin- weisungen, als es sich ja auch hier um natürliche, das heisst aus der 1) Vergl. Darwin, Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Uebersetzt von V. Carus. I. u. II. Band. 2. Aufl. Stuttgart. 1872. Einwurt des Klüngels der Zwisclicnformen. 79 Natur des Organismus zu erklärende Anpassungen der Form an die veränderten Lebensbedingungen handelt. Indessen hat man zunächst gegen die Amvendbarkeit des Frineipes der natürlichen ZuchhvaJil, auf dem in letzter Instanz die von Darwin gegebene Begründung der Transmutationslehre beruht, eine grosse Zahl von Einwürfen erhoben, von denen die wichtigsten besprochen und einer Beurtheilung ihres Werthes unterzogen werden sollen. Man hat mit Recht gefragt, wesshalb wir nun nicht die unzähligen üebergänge, welche nach der Selectionstheorie zwischen Varietäten und Arten existirt haben, in der Natur aufzufinden im Stande sind und den Einwurf erheben, dass unter den erörterten Voraussetzungen statt der mehr oder minder wohl begrenzten Arten ein buntes Chaos von Formen zu erwarten sei. Dem ist jedoch folgendes zu entgegnen. Da die natürliche Zuchtwahl ausserordentlich langsam und mir dann ivirkt, iveim vortheilhafte Ähänderunf/en auftreten, von den Abänderungen aber stets die divergentesten Glieder für den Kampf ums Dasein am gün- stigsten ausgerüstet sind, so werden die zahlreichen kleinen Zwischen- stufen längst verschwunden sein, wenn im Laufe der Zeit eine als solche erkennbare Varietät zur Entwicklung gelangt ist. Natürliche Zuchtwahl geht stets mit Vernichtung der Zwischenformen Hand in Hand und bringt durch den Vervollkommnungsprocess nicht nur gewöhnlich die Stammform, sondern sicher in allen Fällen die allmähligen Üebergänge der Reihe nach zum Erlöschen. Nun sollte man wenigstens Reste von nähern oder entfernteren Mittelgliedern in den Ablagerungen der Erd- rinde eingebettet finden, und diese sind auch in der That. wie wir später zeigen werden, für eine Reihe von Formen bekannt geworden. Dass wir nur selten grössere und zusammenhängende Reihen continuirlich auf- einanderfolgender Abänderungen in umfassenderem Massstabe nachzu- weisen im Stande sind, erklärt sich aus der grossen Unvollständigkeit der geologischen Urkunde. Man sollte ferner überall da, wo auf zu- sammenhängenden Ländergebieten in verschiedenen Breiten und Höhen, unter abweichenden geographischen Verhältnissen der Bodenbeschaftenheit und des Klimas verwandte Varietäten oder stellvertretende Arten, welche von gemeinsamer Stammform ausgegangen sind, nebeneinander leben, in den Grenzbezirken die Existenz von Mittelformen erwarten. In Wirk- lichkeit aber sind geographische Varietäten und vicariirende Arten 'j 1) Ein merkwürdiges Beispiel von Uebergangsformen lebender Arten hat jüngst H. W. Bates mitgetheilt. „P^ine Allgemeine Aehnlichkeit der Species mit denen von Guayana ist einer der Hauptztige in der Zoologie des Amazoneutliales; aber in den Niederungen findet sich eine grosse Zahl lokaler Varietäten, und viele von ihnen sind so verändert, dass sie für besondere Species gelten können, was sie nach der angenommenen Definition von Art auch wirklich sind. In dem etwas trocknen Distrikt von Obydos haben die Formen grossere Aehnlichkeit mit ihren 80 Migration. gewöhnlich so vertheilt, dass sie an den Grenzen ihrer Verbreitungs- bezirke seltener werden und zuletzt ohne Zwischenformen ganz ver- schwinden, zuweilen kommen jedoch in den schmalen Grenzdistrikten Zwischonvarietäten in. beschränkter Individuenzahl vor. Wir müssen jedoch berücksichtigen, dass viele jetzt zusammenhängende Gegenden in früheren Perioden, wie manche Continentc noch zur Tertiärzeit als Insel- gruppen, von einander gesondert waren, andere Gebiete durch schwer zu überschreitende Schranken hoher Gebirge und breiter Ströme in Regionen gefheilt sind, in welchen der Verkehr für zahlreiche Organismen sehr gehemmt, die Ein- und Auswanderung schwer beweglieher Formen vollkommen abgeschnitten sein kann. Isolirung aber muss in hohem Grad die Entwicklung vicariirender Abänderungen und stellvertretender Arten in den getrennten Gebieten begünstigen , da die verschiedenen Lebensbedingungen die Verhältnisse der Concurrenz im Kampfe ums Dasein verändern, hingegen die Entstehung geographischer Mittelformen ganz unmöglich machen. In der That stimmt hiermit die bekannte Thatsache, dass isolirte Gebiete, wie besonders Inseln, reich an sog. endemischen Arten sind. So bedeutend immerhin der Eintluss sein mag, den die räumliche Isolirung auf Entstehung von Varietäten und Arten ausübt, so erscheint dieselbe doch keineswegs, wie neuerdings M. Wagner') in seiner Migrationslehre darzuthun glaubte, als nothivendiye Bedingung für den Erfolg der Zuchhvahl. Da sich die ersten unmerklich kleinen xVb- änderungen, welche den Anfang zur Entstehung einer Varietät bilden, im Kampfe mit einer TJeherzaU von unveränderten Individuen befinden, mit denen sie zusammenleben und in unbeschränkter Kreuzung ver- kehren, demgemäss also nichts vorhanden sei, was dem für den Thier- züchter so wesentlichen Principe der Isolirung entspreche, so würden guayanischen Urbildern behalten*. Wir scheinen hier einen Blick in die Bildung neuer Species werfen zu können. Von den Varietäten und nahe verwandten Species der dem tropischen Amerika eigenthümlichen Faltergattuug Heliconius ist H. Melpomene in Guayana, Venezuela etc. sehr verbreitet und schmückt die sandigen Gänge in den Wäldern von Obydos, während ihre Stelle in feuchten Wäldern des Amazonenthaies von H. Thelxiope vertreten wird. Nun kommen aber an zwei Stellen von Walddistrikten, welche zwischen den trocknen und feuchten Gebieten die Mitte halten, bastardähnliche Uebergangsformen in einer vollständigen Kette von Abstufungen vor, so dass es schwer hält, dieselben nach Varietäten zu sondern. Da sich jedoch beide Arten nicht paaren, wohl aber au verschiedenen andern Oort- lichkeiten mit einander in Berührung kommen, wo die Uebergangsformen fehlen, so scheint der Schluss berechtigt, dass beide Species ursprünglich dieselbe Species waren und H. Thelxiope von Melpomene abzuleiten ist. Vergl. H. W. Bates, der Naturforscher am Amazouenstrom. Leipzig. 1S66. 1) Moritz Wagner, Die Darwin'sche Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen. Leipzig. 1868. Uuzuliinglichkeit der Migrationslehre. 81 schon sehr früh die besondern Eigenschaften wieder verschwinden müssen, bevor sie sich zur Ausbildung einer bestimmt ausgeprägten Varietät hätten häufen und steigern können. Nur die Migration mit nachfolgender Colonisirung, die Auswanderung von Thieren und Pflanzen in räumlich getrennte, durch schwierig zu übersteigende Schranken gesonderte Ge- • genden und Ländergebiete schaffe die zur Varietätenbildung nothwendige Isolation und wirke um so sicherer, als in den neuen Bezirken die Nahrungs- und Concurrenz-Bedingungen die individuellen Abänderungen begünstigten. Die ersten veränderten Abkömmlinge solcher eingewan- derter Colonisten bildeten dann das Stammpaar einer neuen Species und ihre Heimath wurde zum Mittelpunkte des Verbreitungsbezirks der neuen Art. Dem ist jedoch von Weismann') mit Recht entgegnet worden, dass auch durch die Wanderung eines einzigen Paares über schwer zu passirende Schranken eine absolute Abschliessung gegen die Stammart keineswegs zu Stande komme, da ja unter den Nachkommen dieses Paares nur wenige die Anfänge zu neuen nützlichen Eigenschaften besitzen, die meisten aber mit der Stammform noch völlig übereinstimmen werden. Bei den ausgewanderten Colonisten tritt der die Variation be- günstigende Einfiuss veränderter Lebensbedingungen erst in den Tochter- und Enkelgenerationen zur Geltung, auch hier würden anfangs eine Ueberzahl von nicht abgeänderten mit der Stammart genau überein- stimmende Lidividuen dieselbe vermeintliche Schwierigkeit bieten. Für den Erfolg der hünstlidien Züchtung erscheint allerdings die Sonderling der Individuen unumgängliche Bedingung, indessen ist der einfache Schluss von der künstlichen auf die natürliche Zuchtwahl um so weniger zutreffend, als dort die für die Auswahl massgebenden Eigenschaften von der Neigung und dem Nutzen des Menschen bestimmt werden und keineswegs dem Thiere selbst Vortheil bringen. Wenn aber vortheilhafte Eigenschaften auch in noch so geringem Grade zur Er- scheinung treten, so bieten sie wahrscheinlich schon durch den Nutzen, den sie der Erhaltung der Lebensform gewähren, einen gewissen Ersatz für die bei der unbeschränkten Kreuzung fehlende Isolation. Durch die Nützlichkeit der vorhandenen Eigenschaft wird die Kreuzung mit den Individuen der Ueberzahl, wenn auch nicht gleich beseitigt, so doch beschränkt und die Eigenschaft über eine immer grössere Zahl von Formen ausgebreitet und verstärkt. Indem die abgeänderten Individuen in steter Zunahme begriffen sind, erfahren die unveränderten und minder vortheilhaft ausgerüsteten Formen eine fortschreitende Verminderung, bis i) Veigl. Weismamrs Vortrag ^Ueber die Berechtigung der Darwiu'scheu Theorie". Leipzig. 1868 Claus, Zoologie. 3. .vuflage. G 82 Abänderungen auf demselben Raumgebiete. sie schliesslich vollständig verschwinden. Immerhin werden wir zugeben, dass eine nur an einem oder wenigen Individuen plötzlich auftretende und bedeutende Abänderung — etwa dem Falle des Kiata-Rindes und Ancona-Schafes analog — im Naturieben nur ausnahmsweise, vielleicht niemals eine Varietät zu erzeugen im Stande ist. Auch eine andere, die Unzulänglichkeit der Wagner 'sehen Auf- fassung beleuchtende Betrachtung weist darauf hin, dass die Ideinen und nützlichen Abänderungen, wenn sie im Laufe von Generationen der natürlichen Zuchtwahl einen wirksamen Erfolg verleihen sollen, sogleich an zahlreichen Individuen hervortreten. Nach Wagner 's Migrationslehre, welche nur dem Räume nach getrennte Varietäten und Arten in's Augefasst, würde schwer einzusehen sein, wie neue Varietäten und Arten in zeitlicher Aufeinanderfolge auf demselben liaumc/ehiete während allmähliger geogra- phischer und klimatischer Veränderungen aus alten Arten hervorgehen könnten. Gerade ausgedehnte und zusammenhängende Gebiete sind für die rasche Erzeugung von Abänderung und für die Entstehung verbreiteter und zu einer langen Dauer befähigten Arten wegen der Mannichfaltigkeit der Lebens- bedingungen besonders günstig, wie Darwin treffend erörtert hat. Auch treffen wir recht oft in den verschiedenen Schichten ein und derselben Ab- lagerung an der gleichen Oertlichkeit zusammengehörige Varietäten, ja selbst Reihen von Abänderungen an. Wenn wir uns auch über die besondern Vor- gänge, welche im einzelnen Falle die auftretende kleine Abänderung irgend eines Organes veranlasst haben, in voller Unkenntniss befinden und dess- halb dem Worte Zufall einen häufigen Gebrauch einräumen, so werden wir doch als Ursache der noch so kleinen Variation die Wirkung be- stimmter wenn auch nicht bekannter physikalischer Bedingungen der Ernährung im weitesten Sinne des Wortes anzuerkennen haben. Für die letztern aber sind von grosser Bedeutung die besondern tellurischen und klimatischen Bedingungen, welche im Laufe der Zeiten nachweisbar einen langsamen aber mannichfachen Wechsel erfahren und mit dem- selben insbesondere die Concurrenzbedingungen der Organismen im Kampfe ums Dasein wesentlich verändert haben. Während der Perioden eines langsamen aber von bedeutenden Resultaten begleiteten Wechsels der Temperatur, der Bodengestaltung und des Klimas werden die näm- lichen Ursachen gleichzeitig und mit ähnlicher Intensität auf zahlreiche Individuen gleicher Art eingewirkt und durch den primären Anstoss zu kleinen Variationen gegeben haben, durch welche zahlreiche Individuen in gleicher Richtung, wenn auch anfangs in sehr geringem Grade, ab- geändert wurden. Nachher erst, nachdem durch den primären Anlass physikalischer Ursachen zahlreiche Lebensformen von der gleichen Variations-Tendenz ergriffen waren, wirkte die natürliche Züchtung für die Erhaltung und Steigerung bestimmter und nützlicher Modifikationen erfolgreich ein. Unzulänglichkeit der Migrationslehre. 83 Neuerdings hat sich M. Wagner'), nachdem ihm klar geworden war, dass das »Migrationsgesetz« die Negation des Principes der natür- lichen Zuchtwahl in sich schliesse, vollständig von dem Darwinismus losgesagt, oiine indessen die unhaltbare Lelire von der Artentstehung durch Separation und Colonienbiklung durch irgend einen neuen Gesichts- punkt zu stützen und an Stelle der natürlichen Zuchtwahl ein anderes die Transmutation erklärendes Princip zu setzen. Ein von mehreren Seiten erhobener, vornehmlich von Mivart'^) erörterter Einwand betrifft die Unzulänglichkeit der natürlichen Zucht- wahl zur Erklärung der ersten Anfangsstufen der Abänderungen, da diese in vielen Fällen noch keinen Nutzen gebracht haben können. Die Uebereinstimmung, welche zahlreiche Thiere in ihrer Färbung mit der Farbe des Aufenthaltsorts zeigen, die Aehnlichkeit vieler Insekten mit Gegenständen der Umgebung, wie z. B. mit Blättern, dürren Zweigen, Blüthen, Vogelexcrementen etc. w'ird mittelst der Selectionstheorie in der That nur unter der Voraussetzung erklärt werden, dass die in Frage stehende Eigenschaft bereits von vornherein bei ihrem ersten Auftreten 1) M. Wagner, j>Ueber den Einfluss der geographischen Isolirung und Colonienbildung auf die morphologischen Veränderungen der Organismen*. Sitzungs- berichte der K. Akademie zu München. 1870. W. spricht in dieser zweiten Schrift als tiefe Ueberzeugung aus, dass die ^natürliche Züchtung* neuer Arten etc. in dem von Darwin aufgefassten Sinne ein irrthum ist. Uebiigens gibt W. seiner Migrationslehre eine Gestalt, die im Grunde einer Authebung gleich zu erachten ist, wenn er nunmehr die für die Separation mass- gebenden Schranken zu so minimalen herabdrückt, dass sie alsHemmniss der Aus- breitung nur noch in der Idee Bedeutung behalten. Hält er doch die Buchten und Tiefen ein und desselben Süsswassersees als topographische Ursache für die periodische Bildung einer getrennten Colonie für ausreichend und glaubt er mit dieser Annahme unbegreiflicher Weise z. B. das Auftreten der 19 Valvata multi- formis Varietäten in den verschiedenen Schichten der ganz lokalen Süsswasser- ablagerung von Steinheim erklaren zu können. Vergeblich suchen Avir in W's. Theorie ein die natiuliche Züchtung ersetzendes Erklärungsprincip und müssen es als eine durchaus willkürliche in der Luft schwebende Vorstellung erklären, wenn W. den persönlichen Eigenschaften des Colonistenpaares sowie den individuellen Me:kmaleu ihrer unmittelbaren Ahnen den primiiren und massgebenden Einfluss für die Formgestaltung der neuen Art zuschreibt, während er den besondern physischen und lokalen Bedingungen des neuen Wohnorts einen nur secundären die Richtung der Abänderung bestimmenden Werth beilegt. Ueber die sich aufdrängende Frage, durch welche Verhältnisse die minimalen Individualitäts-Eigenthümlichkeiten, die ja überdies bei Männchen und Weibchen verschieden sind, im Laufe der Generationen zu Artcharakteren gesteigert werden, geht er durch Analogien-Schlüsse spielend hinweg. Wie wenig diese einseitige, vom Darwinismus emancipirte Migrations- lehre zu leisten vermag, ersehen wir auch aus Weismann's Schrift: j>Ueber den Einfluss der Isolirung auf die Artbildung. Leipzig. iST'i**. 2) Mivart, On the genesis et species. London. 1S71. 6* 84 Schwierigkeit tler l'^rkliuimg der Anfiingstufen. einen ziemlich hohen Grad der Uehereinstimmiing , eine gewisse rohe Aehnlichkeit mit äussern Naturobjekten dargeboten hat. Wenn wir bei Ciilturrassen , deren wildlebende Stammform, wie z. B. das Kaninchen, durch eine bestimmte offenbar nützliche Färbung sich auszeichnet, eine ganz ausserordentliche Variabilität der Farben des Pelzes beobachten, so werden wir wohl zu dem Schlüsse berechtigt sein, dass die Färbung des Pelzes auch bei dem wilden Kaninchen oder einer frühern Stamm- form desselben ursprünglich mehrfach variirte und dass sich dann aber graue Farben töne, weil sie als Schutzmittel den grössten Vortheil brachten, vorzugsweise erhielten und im Laufe der Generationen fixirt, zu der constanten Färbung führten. Indessen werden in gar vielen schon geringe Abänderungen Schutz und Nutzen gewähren. Gewiss hebt Darwin mit vollem Recht hervor, dass bei Insekten, welche von Vögeln und andern Feinden mit scharf ausgebildetem Sehvermögen verfolgt werden, jede Abstufung der Aehnlichkeit, welche die Gefahr der leichten Entdeckung verringert, die Erhaltung und Fortpflanzung begünstigt und bemerkt z. B. rücksichtlich des merkwürdigen Ceroxylus laceratus, welches nach Wallace einem mit kriechendem Moos oder Jungermannien überwachsenen Stabe gleicht, dass dieses Insekt wahrscheinlich in den Unregelmässigkeiten seiner Oberfläche und in der Färbung derselben mehrfach abgeändert habe, bis diese letztere mehr oder weniger grün geworden sei. In ähnhcher Weise sucht Darwin ' ) eine Reihe anderer Beispiele, welche von Mivart als Belege angeführt waren, dass die natürliche Züchtung die Anfänge der abgeänderten Charaktere nicht zu erklären vermöge, (die Barten der Wale, die unsymmetrische Gestalt der Pleuronectiden , die Lage beider Augen auf gleicher Seite, der Greifschwanz bei Affen, die Pedicellarien der Echinodermen, die Avicularien der Bryozoen u. m. a.) zu entkräften. Andere Gegner haben bestritten, dass überhaupt merkliche Ver- änderungen im Laufe der Zeit hervortreten und haben sich auf die Ueber- einstimmung berufen, welche die Mumien des Ibis und anderer Thiere aus der Zeit der ägyptischen Denkmäler mit den gegenwärtig an gleicher Oertlichkeit lebenden Arten zeigen. Dieselben Hessen zugleich die positiven Erfahrungen, die uns über geographische Abarten und über mannich- fache der Zeit nach aufeinander folgende Abänderungen vieler Thiere und Pflanzen vorliegen, ganz unberücksichtigt, und übersahen ausserdem, dass der Darwinisnms gar nicht die beständige Variation der Arten behauptet, sondern neben den relativ kurzen Zeiträumen der Variabilität Perioden der Constanz von sehr langer Zeitdauer voraussetzt. Dass manche Arten in einem noch dazu relativ sehr kurzem Zeitraum absolut die frühern geblieben sind, beweist noch nicht, dass andere Arten an andern 1) Darwin 1. c. 5te Auflage, pag. 248—269. Einwurf der Uuveränderlichkeit mancher Arten. 85 Oertlichkeiten in derselben Zeit Varietcäten gebildet und sicli mehr oder minder verändert haben. Diese Gegner würden besser gethan haben, auf die vielen Thierarten zu verweisen, welche seit dem Beginne der Eiszeit trotz des eingetretenen klimatischen Wechsels unverändert ge- blieben sind, oder auf die grossen Uebereinstimmungen, welche jetzt lebende Arten und Gattungen mit solchen aus der Tertiärformation oder gar aus der Kreidezeit zeigen. Indessen vermag auch die Thatsache, dass sich in weit grössern Zeiträumen selbst unter veränderten Bedin- gungen des Klima's und der Lebensweise viele Thiere und Pflanzen ihre frühern Charaktere im Wesentlichen erhalten haben, nicht etwa die Veränderlichkeit der Art überhaupt zu widerlegen. Ganz anderer Art sind die Einwürfe, welche Bronn, Broca und besonders Nägeli ') gegen das Nützlichkeitsprincip der natural selection vorgebracht haben. Dieselben legen ein grosses Gewicht darauf, dass manche Charaktere für ihre Besitzer überhaupt keinen Nutzen gewähren und desshalb nicht von der Zuchtwahl erzeugt oder überhaupt nur beeinflusst sein können. Darwin bemerkt dagegen mit Recht, dass wir über die Bedeutung und den Nutzen vieler Eigenschaften nur un- zureichend oder gar nicht unterrichtet sind, dass das was in der That jetzt keinen Vortheil gewährt, doch in früherer Zeit und unter andern Verhältnissen nützlich gewesen sein kann und weist besonders auf die Correlation der Organe und ihrer Abänderungen hin. Immerhin aber wird zugestanden, dass sowohl unbedeutende individuelle als tiefergreifende und bedeutende Varietäten ohne Beziehung auf irgend welchen Nutzen, bewirkt durch besondere physikalische Ursachen, an zahlreichen Indi- viduen auftreten und zu Modifikationen Anlass geben können. Von Darwin selbst vernehmen wir neuerdings diese wichtige Concession in den Worten: »früher unterschätzte ich die Häufigkeit und Bedeutung der als Folgen spontaner Variabilität auftretenden Modifikationen«. Selbstverständlich wird damit die Wirkung der natürlichen Zuchtwahl nicht im geringsten alterirt, zumal es unmöglich ist, die unzähligen Natureinrichtungen, welche auf zweckmässiger Anpassung beruhen, auf anderem Wege zu erklären. Dagegen finden wir in jener Voraussetzung ein Mittel, um die Anfänge auftretender Veränderungen ohne Beziehung auf Nützlichkeit begreiflich zu machen und vermögen dem Nützlichkeits- princip eine auch aus andern Gründen nothwendig erscheinende Be- schränkung zu geben. Vollkommen berechtigt erscheint die Frage Nägeli's, ob es überhaupt denkbar sei, dass die ganze complicirte Organisation der höchsten Pflanze und des höchsten Thieres bloss durch nützliche Anpassung sich nach und nach aus dem Unvollkommenen her- ausgebildet habe, dass das mikroskopische einzellige Pflänzchen bloss 1) C Nägeli, Entstehung und Begriff dernatiirhistorischen Art. München. 1865. 86 Nutzlosigkeit mancher Abänderungen. durch den Kampf ums Dasein nach unzähligen Generationen zu einer Phauerogamen-Pflanze, oder um von Thieren zu reden, dass die Amöbe zu einem Polypen, die Planula zu einem 'Wirbelthiere geworden sei. Dagegen möchte Nägel i's nachfolgende Betrachtung keine vollkommen zutreffende Antwort zu enthalten. Wenn dieser Forscher bemerkt, dass die beiden Momente, in denen sich die hohe Organisation kund thut, die mannichfaltigste morphologische Gliederung und die am weitesten durch- gefiüirte Theilung der Arbeit , in der Pflanze von einander unabhängig seien, während sie im Thierreiche in der Regel zusammen fielen, so möchte dieser Gegensatz in der zur Zeit noch unzureichenden Kenntniss von den Funktionen zahlreicher morphologischer Besonderheiten der Pflanze seine Erklärung finden. Auch bei Thieren kann die gleiche Funktion von morphologisch verschiedenen Organen besorgt werden, und dasselbe Organ kann physiologisch mehrere Verrichtungen vollziehn. Desshalb wird man aber doch nur in Ausnahmsfällen und vornelnnlich bei Organen, welche in Folge des Nichtgebrauchs eine Reduction erfahren haben, von Organen ausschliesslich morphologischen Werthes reden können und den Grund für die Existenz derselben in dem Vererbungsgesetze zu suchen haben. Schon mit Bezug auf die vermeintliche Nutzlosigkeit verschiedener Körpertheile hebt Darwin treff'end hervor, dass selbst bei den höhern und nm besten bekannten Thieren viele Gebilde existiren, welche so hoch entwickelt sind, dass Niemand an ihrer Bedeutung zweifelt, obwohl dieselbe überhaupt noch gar nicht oder erst ganz neuer- dings ermittelt wurde. Bezüglich der Pflanzen verweist er auf die merk- würdigen Strukturcigenthümlichkeiten der Orchideen-Blüthen, deren Ver- schiedenheiten noch vor wenig Jahren für rein morphologische Merkmale gehalten wurden. Durch die eingehenden Untersuchungen Darwin's ') ist nunmehr jedoch der Nachweis geführt worden, dass jene Besonder- heiten für die Befruchtung durch Insektenhülfe von der grössten Bedeutung und wahrscheinlich durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Ebenso weiss man jetzt, dass die verschiedene Länge der Staubfäden und Pistille, sowie deren Anordnung bei dimorphen und trimorphen Pflanzen von wesentlichem Nutzen sind. Sodann ist es nicht richtig, wenn Nägeli als Consequenz der Darwin'schen Lehre die Annahme ab- leitet, dass indifferente Merkmale variabel, die nützlichen dagegen con- stant sein müssten. Auch indifferente Eigenthümlichkeiten können durch die Vererbung im Laufe zahlloser Generationen so sehr befestigt sein, dass sie nahezu als absolut constant gelten dürfen, wie dies gerade für diejenigen Merkmale zutrifft, welche die systematischen Kategorieen 1) Ch. Darwin, Ueber die Einrichtungen zur Befruchtung Britischer und ausländischer Orchideen durch Insecten etc., übersetzt von Bronn. Stuttgart. 1862* Beschränkung des Niitzlichkeitsprincips. 87 höherer Ordnung bestimmen. Andererseits brauchen niitzhche') Eigen- schaften durchaus nicht bereits die äusserste Grenze des Nutzens, den sie dem Organismus gewähren, erreicht zu haben; dieselben dürften viehnehr zumal unter veränderten Lebensbedingungen noch weit nützlicher werden können. Wenn daher Nägeli auf die Stellungsverhältnisse und die Zusammenordnung der Zellen und Organe hinweist, die als rein morphologische Eigenthümlichkeiten am leichtesten abändern müssten, in der That aber sowohl in der Natur als in der Cultur die constantesten und Zähesten Merkmale sind, wenn er weiter hervorhebt, dass bei einer Pflanze, die gegenüberstehende Blätter und vierzählige Blüthenkreise hat, es eher gelingen würde, alle möglichen die Funktion betreffenden Abänderungen an den Blättern als eine spiralige Anordnung derselben hervorzubringen, so werden wir diesen Thatsachen aus den beiden oben bemerkten Gründen die von Nägeli vermeinte Bedeutung nicht beizu- legen im Stande sein. Einerseits wäre es sehr voreilig, von diesen sog. »morphologischen Charakteren«, welche uns jetzt nutzlos und daher im Kampfe um das Dasein gleichgültig zu sein scheinen, eine absolute Wcrthlosigkeit auch für die Zeiten ihres Auftretens zu behaupten, anderer- seits würden wir im Allgemeinen zu bedeutende Anforderungen an die Grösse und Gew^alt der Variabilität stellen, wenn wir von derselben Abänderungen tief befestigter und durch Vererbung zahlloser Generationen constant gewordener Merkmale, welche die Ordnung, Classe oder gar den Typus bestimmen, anders als ausnahmsweise und in ganz abnoruieu Fällen erwarten wollten. Die Kreuzstellung der Blätter in eine Spiral- stellung zu verwandeln, würde eine ähnliche Forderung sein, als etwa den östrahligen Seestern in eine bilaterale oder 4strahlige Form umzu- gestalten und tiefgreifende typisch gewordene Verhältnisse der Architek- tonikin die Beweglichkeit der Variabilitätserscheinungen eintreten zu sehn. ]) Desshalb können auch zwei andere Gründe Nägeli's gegen dasNützlichkeits- princip nicht zutreffend genannt werden. Der erste Grund ist der, dass unter der Voraussetzung des Niitzlichkeitsprincips die veränderte Art in die frühern Ver- l)ältuisse zurückversetzt, in die ursprüngliche Form zurückfallen müsse, was faktisch nicht geschieht; der andere, dass verwandte Arten unter die nämlichen, äussern Verhältnisse gebracht, in die nämliche Art übergehen müssten, da es eben für einen gewissen Kreis morphologischer und physiologischer Ausbildung und für einen Complex fremder Einflüsse nur eine nützlichste Form geben könne. Uns scheint weder die eine noch die andere Folgerung nothwendig. ßücksichtlich des erstem Grundes sieht man nicht ein , wesshalb nicht eine andere aus der neuen hervorgehende Variation besser als die ursprüngliche den alten Verhältnissen ent- sprechen sollte, da jeder Organismus unter den bestehenden Verhältnissen als einer Vervollkommnung fähig gedacht werden kann, im andern Falle aber wird man zu- gestehen müssen, dass eine Anpassung nach verschiedenen Richtungen gleich vor- theilhafte Abänderungen zu erzeugen vermag. 88 Einwürfe Nngeli's. Von weit grösserer Bedeutung ist ein Moment der Nägel i'schen Betrachtung, welches in der That die Unzulänglichkeit der Natural-Selection als ausschliessUchesEYkVäYüngsimnci]) darzuthun geeignet erscheint, nämlich die als Consequenz des Darwinismus abzuleitende Beschaffenheit der ur- sprünglichen Lebewesen. Im Anfange konnte es nur wenige Arten ein- facher aus Protoplasma und Sarcode bestehender Organismen von ein- zelligen Protophyten und Protozoen geben. Bei der Beschränktheit der Concurrenz, bei der Gleichmässigkeit der äussern Bedingungen, auf der ganzen Erdoberfläche fehlte es an Hebeln, welche die Entstehung nütz- licher Abänderungen bedingen mussten. Jedenfalls wird hiermit eine sehr dunkle und offenbar die schwierigste Frage der ganzen Descendenz- lehre berührt, auf welche eine nur sehr unvollständige Antwort gegeben werden kann. Wenn wir auch keineswegs mit Nägeli darin einver- standen sein können, dass die Nützlichkeitslehre überhaupt nicht zu erklären vermöge, warum zusammengesetztere und höher organisirte Wesen sich entwickelten, so müssen wir, die grosse Uebereinstimmung und Einförmigkeit der ursprünglichen einfachen Lebewesen zugestanden, immerhin den Mangel ausreichender und geeigneter Hebel zugestehn, um die Möglichkeit für die Entwicklung der grossen Mannichfaltigkeit höher organisirter Wesen einzusehn Mit Rücksicht auf den erstem Punkt bemerkt Darwin vollkommen zutreffend, dass schon die bestän- dige Thätigkeit der natürlichen Zuchtwahl die Neigung zur progressiven Entwicklung bei organischen Wesen zu erklären vermöge, denn die beste Definition, welche jemals von einem hohen Massstabe der Organisation gegeben wurde, ist die, dass dies der Grad sei, bis zu welchem Theile specialisirt oder verschiedenartig geworden sind. Und die natür- liche Zuchtwahl strebt diesem Ziele zu, insofern hierdurch die Theile in den Stand gesetzt werden, ihre Funktion wirksamer zu verrichten. Da- gegen setzt die Wirkung der natürlichen Zuchtwahl, als deren Folge eine mit Arbeitstheilung verbundene Specialisirung der Organisation als für die Erhaltung vortheilhaft keineswegs ausgeschlossen ist, eine bereits vorhandene Mannichfaltigkeit im Bau und in der Lebensweise der Organismen voraus, wie sie die ausschliessliche Existenz von wenigen und sehr einfach gestalteten Arten wenn auch unendlich zahlreichen Lebewesen unter gleichförmigen äussern Naturbedingungen nicht zu bieten vermag. Hier bleibt freilich dem subjectiven Ermessen und der individuellen Anschauung ein grosser Spielraum, und es wird lediglich zur Glaubenssache, der natürlichen Zuchtwahl einen grösseren oder beschränkteren Einfluss einzuräumen. yVus diesem sowie aus einem früher dargelegten Grunde möchten wir um so mehr die Unzulänglichkeit der natürlichen Zuchtwahl und der auf dieselbe gegründeten Nützlichkeitstheorie als ausschliessliches Er- klärungsprincip anerkennen, als es mit ihrer Hülfe unmöglich ist, die Zurückweisung der Vcrvollkommiiungstheorie. 89 Nothwendigkeit der bestimmten in den zahllosen mannicMaltigen Ab- stufungen der Organisation und Besonderheiten des Systems ausge- sprochenen Richtung des grossen Entwicklungsgesetzes zu verstehen. Daher erscheinen die von Seiten ausgezeichneter Forscher angestrengten Versuche begreiflich, die offenbar vorhandene grosse Lücke durch ein anderes Erklärungsprincip auszufüllen, nur wird es leider bei näherer Betrachtung sogleich ersichtlich, dass alle bisherigen Versuche der Art einer wahren und positiven Grundlage ermangeln und weiter nichts als Umschreibungen unerklärter Verhältnisse enthalten. Oben an steht die von Nägeli aufgestellte VervoUkommmmgstJieorie, welche die Annahme fordert, dass die individuellen Veränderungen nicht unbestimmt, nicht nach allen Seiten gleichmässig, sondern vorzugsweise und »mit bestimmter Orientirung« nach einer zusammengesetzteren vollkommeneren Organi- sation zielen, dass der Abänderungsprocess wie nach einem bestimmten Entwicklungsplane, wenn auch ohne übernatürliche Einwirkung, so doch durch eine dem Organismus immanente Tendenz der VervoUkonnnnung geleitet werde. Neben der natürlichen Züchtung, welche gewissermassen als Correktiv thätig sei und die Ausbildung der physiologischen Eigen- thümlichkeiten erkläre, müsse ein Vervollkonnnnungsprincip vorausgesetzt werden, welches die Gestaltung der morphologischen Charaktere beein- flusse. Man sieht jedoch alsbald ein, dass Nägeli bei vollkommen scharfer und richtiger Erkenntniss der vorhandenen Lücke, anstatt einer diese letztere beseitigenden Erklärung nichts als eine Phrase einführt , deren Aufnahme mit der Vorstellung verknüpft ist, als sei mit derselben etwas einer Erklärung Aehnliches gewonnen. In der That aber ist der Ausdruck Vervollkommnungstendenz und Vervollkonnnnungstheorie nichts anders als die Uebertragung der in früherer Zeit so üblichen und miss- brauchten Phrase des Bildungstriebes oder nisus formativus von der indi- viduellen Entwicklungsgeschichte auf die Phylogenie. Gleiches gilt von dem Principe der »bestimmt gerichteten Variation« oder der Entwicklung aus »inneren Ursachen«, wie wir sie in den Schriften von Askenasy') und A. Braun ^) ausgesprochen finden, von Forschern, welche über die Berechtigung Descendenzlehre ebenso übereinstimmen, als sie mit Darwin die Formverwandtschaft der Arten auf gemeinsame Abstam- mung zurückführen. Für einige Naturforscher liegt die Hauptschwierigkeit in der Vor- stellung, welche für Varietät und Art eine unübersteigliche Kluft voraus- setzt. Dieselben erkennen theilweise die Wirkung der natürlichen Zucht- 1) Askenasy, Beiträge zur Kritik der Darwin'sclien Lehre. Leipzig. 1872. 2j A. Braun, Ueber die Bedeutung der Entwicklung in der NaturgescLichte. Berlin. 1872. 90 Einwurf der scharfen Begrenzung der Art. wähl an, gestehen sogar zu, dass der Darwinismus in den klimatischen Varietäten thatsächlich erwiesen sei, berufen sich aber stets auf den Art- begriiT und die durch denselben bezeichneten Grenzen der Formbeständig- keit, welche niemals überschritten würden, so weit die Beobachtung reiche. Wenn wir uns indessen an die bereits früher erörterten Schwierigkeiten für die Bestimmung des Artbegriffes erinnern und aus der faktischen Unmöglichkeit, zwischen Art und Varietät eine scharfe Grenzlinie zu ziehen, die richtige und nothwendige Schlussfolgerung ziehen, so wird dieser Einwand die vermeintliche Bedeutung verlieren. Der durch direkte Beobachtung des Uebergangs einer lebenden Art in eine zweite zu führende Beweis ist ja schon durch die Selectionslehre selbst ausge- schlossen, so dass die Argumentation, welche aus der mangelnden direkten Beobachtung der Umwandlung diese überhaupt widerlegt zu haben glaubt, keiner weitern Zurückweisung bedarf). Die empirische Begründung für die Zulässigkeit der Schlussfolgerung von der Varietät auf die Art liegt vielmehr in dem thatsächlichen Verhältniss zwischen Arten und Varietäten, wie unter Andern Nägeli treffend erörtert hat. »Die Ragen, die auf künstlichem Wege erzogen wurden, verhalten sich ähnlich wie wirkliche Arten, sie haben einen analogen Formenkreis und eine analoge Constanz; sie zeigen bei der Bastardbildung ebenfalls eine ver- minderte Fruchtbarkeit und ihre Bastarde sind wie diejenigen der Arten eigenthümliche Formen, die sonst auf keine andere Weise ent- stehen können. Ebenso wenig lassen sich die in der Natur vorkom- menden Ragen von den Arten streng und scharf unterscheiden. Das «inzige absolute Merkmal für die Species, die Unveränderlichkeit, wird selbst von denen, die sie in der Theorie annehmen, in der Praxis preis- gegeben, indem sie von Mittelformen, von dem Uebergange der einen Species in die andere, von ihrem Ausarten, von ächten oder typischen und von abweichenden Formen einer Art, von bessern und schlechtem Arten sprechen. Diese Ausdrucksweisen sind allerdings der Wirklichkeit vollkommen angemessen, allein sie passen nur zu der Theorie der Ver- änderlichkeit. Der bisherigen Systematik wurzelte der Begriff' der Species m dem Gebiete des Glaubens; er war unzugänglich der wissenschaft- lichen Erkenntniss und (der Prüfung durch Thatsachen; er war der 1) Geht man freilich, wie z. B. W ig and, den zahlreichen Ergebnissen der neuern Forschung zum Trotz, von dem Begriffe der vollliommen selbstständigen und unveränderlichen Species aus und definirt man demgemäss die Si)ecies als den Formenkreis, welcher eine gemeinsame von andern Species verschiedene Abstam- mung hat, so hat man allerdings ein Bollwerk gegen den Darwinismus, nur dass dasselbe nicht auf den Tliutsachen des Naturlebens beruht, sondern eine denselben widersprechende Glaubeusilusserung ist. Mit jenem ersten Satze seines Buches überhebt uns der Autor im Grunde schon der weitern Mühe, auf den weitern Inhalt einzugehn. Prüfung der Transniutationshypothese. 91 Spielball des individuellen Gutfindens, des Taktes, der Willkühr. Der künftigen Systematik wird er eine wissenschaftliche Kategorie sein, für die es bestimmte in der Natur zu beobachtende, durch das Experiment zu prüfende Merkmale gibt«. Hier liegt aber der Cardinalpunkt für jede Transmutationstheorie. Mögen wir uns die Art und Weise, wie die Umbildung erfolgt ist, noch so verschieden denken, mögen wir der natürlichen Züchtung einen massgebenden Einfluss oder nur die Bedeutung eines Correktivs zugestehn, oder auch ihre Wirkung überhaupt bestreiten und allgemeine Phrasen, wie Umbildung aus Innern Ursachen, plötzlicher oder sprungweiser Umprägung der Formen anstelle einer Erklärung setzen, aus alten Arten müssen sich neue gestalten, wenn wir der Descendenz- oder Transmutationslehre überhaupt Berechtigung zugestehen wollen. Nennen wir die Transmutation der Art, weil wir sie nicht durch unmittelbare Beobachtung beweisen können, auch nur eine Hypothese, so besitzen wir für den Werth derselben einen Prüfstein in den That- sachen und Erscheinungen des Naturlebens. Je besser und befriedigender sich dieselben nach der zu Grunde gelegten Hypothese erklären lassen, um so grösser wird die wissenschaftliche Berechtigung derselben sein, um so mehr werden wir zu ihrer Annahme gedrängt werden. Auf diesem Wege lässt sich zunächst darthun, dass die gesammte Wissenschaft der Morphologie ein langer und eingehender Wahr- scheinlichkeitsbeweis für die Richtigkeit der Transmutationslehre ist. Die auf Uebereinstimmung in wichtigen oder geringfügigen Merkmalen gegründeten Aehnlichkeitsabstufungen der Arten, welche man schon längst metaphorisch mit dem Ausdruck »VerivandtschafU' bezeichnete, haben wie bereits dargelegt wurde zur Aufstellung der systematischen Kategorien geführt, von denen die höchste, Kreis oder Typus, die Gleichheit in den allgemeinsten auf die gegenseitige Lagerung der Organe bezüglichen Eigenschaften erfordert. Die Uebereinstimmung zahlreicher und mannich- faltiger Thiere in dem allgemeinen Plane der Organisation, wie z. B. der Fische, Reptilien, Vögel und Säugethiere in dem Besitze einer festen die Axe des Körpers durchsetzenden Säule, zu welcher die Centraltheile des Nervensystems rückenständig, die Organe der Ernährung und Fort- pflanzung bauchständig liegen, erklärt sich sehr gut nach der Selections- und Descendenztheorie aus der Abstammung aller Wirbelthiere von einer gemeinsamen die Charaktere des Typus besitzenden Stammform, während die Vorstellung von einem Plane des Schöpfers auf eine Er- klärung überhaupt Verzicht leistet. In gleicher Weise gewinnen wir ein Verständniss für die Gemeinsamkeit der Charaktere, durch welche sich die übrigen Gruppen und Untergruppen von der Classe an bis zur Gattung auszeichnen und sehen die Ursache ein, wesshalb wir im Stande sind, eine Subordination aller organischen Wesen in Abtheilungen unter Abtheilungen auszuführen, da die von einem Urahnen abstammenden 02 Die Morphologie als WaliischeiiilichkeitsLoweis. und abgeänderten Nachkommen bei der fortschreitenden Divergenz der Charaktere und der beständigen Unterdrückung der minder divergenten und minder verbesserten Formen in Gruppen und Untergruppen zerfallen müssen. Wie sich aber die Bedingungen der Classification aus der ge- meinsaincn Abstammung ableiten lassen, so erklären sich auch die Schwierigheiten derselben aus der Annahme, dass die Charaktere enger Verwandtschaft von gemeinsamen Ahnen vererbt sind, »dass die Nähe der Blutverivandtschaft und nicht ein unbekannter Schöjifungsplan das unsichtbare Band ist, welches die Organismen in verschiedenen Stufen der ÄehnlichJceit verkettete Die Systematiker der alten Schule, welche das Ideal eines Systemes in der scharfen Umgrenzung aller Gruppen erkannten, pflegten darüber bittere Klage zu führen, dass sie so oft mit paradoxen Zwischenformen und unbegreiflichen üebergangsstufen von der Natur »vexirt« würden. Dagegen erscheinen nach der Descendenz- lehre die Mängel einer scharf gegliederten Classificirung durchaus ver- ständlich. Unsere Theorie fordert sogar die Existenz von Uebergangs- formen zwischen den Gruppen näherer und entfernterer Verwandtschaft und erklärt aus dem Erlöschen zahlreicher nicht genügend ausgerüsteter Typen im Laufe der Zeit, dass gleichwerthige Gruppen einen so sehr verschiedenen Umfang haben und oft nur durch ganz vereinzelte Formen repräsentirt sein können, dass wir zuweilen gezwungen sind, für eine einzige noch lebende Art (Änqihioxus lanceolatus) oder Gattung (Limidus) eine Gruppe vom Wertlie einer Ordnung oder gar Classe aufzustellen. Auch für die mannichfachen und bedeutenden den besondern Leistungen angepassten Abweichungen zwischen männlichen und weib- lichen Individuen, sowie für das Vorkommen eigenthümlich gestalteter zu besondern Leistungen ausgerüsteter Individuengruppen (Arbeiter) neben den Geschlechtsformen finden wir eine sehr ansprechende Erklärung in der natürlichen Zuchtwahl. Die sexuellen Charaktere können sich zuweilen in dem Masse steigern, dass sie zu wesentlichen und tief- greifenden Modifikationen des Organismus, zu einem Dimorphismus im Kreise derselben Art führen (Zwergmännchen der Lernaeen, Rotiferen). In dem Kampfe zwischen den Männchen um den Besitz der Weibchen werden die am meisten durch die Organisation (Stärke, besonders Waffen, Stimmproduktion, Schönheit) bevorzugten Individuen siegreich sein,' von den Weibchen aber werden im Allgemeinen diejenigen ihre Aufgabe am besten erfüllen, welche die für das Gedeihen der Nach- kommenschaft besonders günstigen Eigenschaften besitzen. Indessen können auch auf mehr passivem Wege Verschiedenheiten in der Zeit- dauer der Entwicklung, in der Art des Wachsthums und der Form- gestaltung etc. unter den besondern Lebensverhältnissen der Art Nutzen bringen {Fentastomum, Zwergmännchen). Unter den gleichen Gesichts- punkt würden sich die Fillle von Dimorphismus und Polymorphismus Dimorphismus des Geschlechts. Mimikry. 'J3 des inännliclien oder weiblichen Geschlechts innerhalb derselben Art subsumiren. Dimorphe Weibchen wurden bei Insekten beobachtet, z. B. bei malayischen Papilioniden (P. Meninon, Feminon, Ormenus), bei einigen Hydroporus und Dytiscusarten, sowie bei der iVe^rop^erewgattung JSeitro- temis. In der Regel, aber nicht in allen Fällen, bietet die eine weibliche Form eine nähere Beziehung in Gestalt und Farbe zu dem männlichen Thiere, dessen Eigenthümlichkeit sie angenommen hat. Ebenso können zwei verschiedene Formen von Männchen mit ungleicher Gestaltung der zur Begattung bezüglichen Sexualcharaktere auftreten wie die durch Fritz Müller bekannt gewordenen »Riecher« und »Packer« einer Scheerenassel {Tanais dubius). Endlich konmien sogar im Larvenleben wie bei Schmetterlingsraupen und Puppen Fälle von Dimorphismus vor. Eine andere Reihe von Erscheinungen, welche sich sehr wohl auf nützliche Anpassung zurückführen lassen, betrifft die sog. Nachätfung oder 3Iimihry. Dieselbe beruht darauf, dass gewisse Thierformen andere sehr verbreitete und durch irgend welche Eigenthümlichkeiten vortheil- haft geschützte Arten in Form und Färbung zum Verwechseln ähnlich sehen, als wenn sie dieselben copirt hätten. Es schliessen sich diese Fälle von sog. Mimikry, die vornehmlich durch Bates und Wallace bekannt geworden sind, an die so verbreitete und bereits oben besprochene Uebereinstimmung vieler Thiere in Färbung und Körperform mit Gegen- ständen der äussern Umgebung unmittelbar an. So z. B. wiederholen unter den Schmetterlingen gewisse Leptaliden bestimmte Arten der südamerikanischen Gattung Heliconins, welche durch einen gelben un- angenehm riechenden Saft vor der Nachstellung von Vögeln und Eidechsen geschützt zu sein scheinen, in der äussern Erscheinung und in der Art des Fluges und theilen mit den nachgi-ahmten Arten Aufenthalt und Standort. Die vollständige Parallele finden wir in den Tropen der alten Welt, wo die Danaiden und Acraeiden von Papilioniden copirt werden {Danais niavius, Fapüio hippocoon — Danais echeria, Papilio cenea — Acraea gea, Fanopaea hirce). Sehr häufig sind ferner Fälle von Mimicry zwischen Insekten verschiedener Ordnungen. Schmetterlinge wiederholen die Form von Hymenoptern, welche durch den Besitz des Stachels geschützt sind (Sesia hontbyliformis — Bombus hortorum etc.), ebenso gleichen gewisse Bockkäfer, Bienen und Wespenarten {Charis mclipona, Odontocera odyneroides), die Orthopterengattung Condylodera tricondyloides von den Philippinen einer Cicindelagattung [Tricondyla). Zahlreiche Dipteren zeigen P'orm und Färbung von stechenden Sphegiden und Wespen. Auch bei Wirbelthieren (Scldangen und Vögeln) sind einzelne Beispiele von Mimicry bekannt geworden. In ähnlicher Weise, wie mit den systematischen Charakteren, die auf nähere oder entferntere Verwandtschaft hinweisen, verhält es sich nun überhaupt mit all' den unzähligen Thatsachen, welche die ver- 94 Vergleichende Anatomie. gleichende Anatomie (die Wissenschaft, welche als ein Theil der Morpho- logie die Verschiedenheiten der Organsysteme bis ins Einzelne auf Modifikationen desselben Gesetzes zurückzuführen strebt und die Ab- stufungen der natürlichen Gruppen begründet) zu Tage gefördert hat. Betrachten wir beispielsweise die Bildung der Extremitäten oder den Bau des Gehirnes bei den Wirbelthieren, so finden wir trotz der grossen, zuweikMi reihenweise sich abstufenden Verschiedenheiten eine gemeinsame Grundform, die aber in den Besonderheiten ihrer Theile, entsprechend den jedesmaligen Leistungen und Anforderungen der Lebensweise, in den einzelnen Abtheikmgen auf das Mannichfaltigste modificirt und in geringem! oder höherm Masse differenzirt erscheint. Der Flosse der Wale, dem Fkigel des Vogels, dem Vorderbeine des Vierfüssler und dem Arme des Menschen liegen nachweisbar dieselben Knochenstücke zu Grunde, dort verkürzt und verbreitert in unbeweglichem Zusammenliang, hier verlängert und nach Massgabe der Verwendung in verschiedener Art gegliedert, bald in vollkommener Ausbildung aller Theile, bald in dieser oder jener Weise vereinfacht und theilweise oder völlig ver- kümmert. Das so verbreitete Vorkommen rudimentärer Orgaue, welches der Schöpfungslehre ein Räthsel bleibt, erklart sich nach der Selections- theorie in befriedigender Weise aus dem Nichtgebrauch. Durch Anpassung an besondere Lebensbedingungen sind die früher arbeitenden Organe ganz allmählich oder auch wohl plötzlich ausser Funktion gesetzt und in Folge der mangelnden üebung im Laufe der Generationen immer schwächer geworden bis zur totalen Verkümmerung und ßUckbildung. Dass die rudimentären Organe im Haushalte des Organismus überhaupt nutzlos') wären, lässt sich durchaus nicht für alle Fälle behaupten, im Gegentheil haben dieselben oft eine andere wenn auch schwierig nach- 1) Oft erscheinen uns auf den ersten Blick Organstummel unnütz, während wir bei näherer Betrachtung ihren Nutzen einsehen oder wenigstens wahrscheinlich machen können, wie hei den Afterklauen der Kiesenschlangen, dem Brustbein- rudiment der Blindschleiche, den Zahnrudimenten im Embryonalleben der Wieder- käuer und Wale. In andern Fällen sehen wir den Nutzen rudimentärer Theile nicht ein, wie z. B. bei dem unter der Haut verborgenen Augenrudiment der Höhlenbewohner und sind desshalb geneigt, ihr Vorhandensein überhaupt für un- zweckniässig zu erklären, vergessen dann aber ganz, abgesehen von der L'nvoll- kommenheit unserer Einsicht, dass in der natürlichen Züchtung neben der An- passung auch die Vererbung eine Rolle spielt und die völlige Beseitigung gewisser Charaktere sehr schwierig, unter Umstiinden vielleicht unmöglich macht. Wir müssen daher in solchen Füllen folgerichtig in der Thatsachc der Rückbililung und Verkümmerung die Zweckmüssigkeit erkennen und dürfen nicht etwa in dem Vor- handensein des Restes eine Unzweckmüssigkeit suchen, selbst wenn derselbe in seltenen Ausnahmsfällen (Processus vermiformis) dem Organismus geradezu ver- derblich werden könnte. Bedeutung rudimentärer Organe. 95 weisbare Nebenfunktion (der primären Funktion gegenüber) für den Organismus gewonnen. So treffen wir z. B. bei einigen Schlangen (Riesenschlangen) zu den Seiten des Afters kleine mit je einer Klaue versehene Hervor- ragungen, Äfterldauen, an. Dieselben entsprechen abortiv gewordenen Extremitätenstummeln und dienen nicht etwa wie die Hinterbeine zur Unterstützung der Lokomotion, sondern sind wenigstens im männlichen Geschlecht Hülfswerkzeuge der Begattung. Die Blindschleichen besitzen trotz des Mangels von Vorderbeinen ein rudimentäres Schultergerüst und Brustbein vielleicht im Zusammenhang mit dem Schutzbedürfniss des Herzens oder eines Nutzens bei der Respiration. Wenn wir sehen, dass sich im Foetus vieler Wiederkäuer obere Schneidezähne entwickeln, die jedoch niemals zum Durchbruch gelangen, dass die Embryonen der Bartenwale in ihrem Kiefer Zahnrudimente besitzen, die sie bald ver- lieren und nie zum Zerkleinern der Nahrung gebrauchen, so liegt es weit näher, diesen Gebilden eine Bedeutung für das Wachsthum der Kiefer zuzuschreiben, als sie für durchaus nutzlos zu halten. Die Flügel- rudimente des Pinguins werden als Ruder verwendet, die der Strausse zur Unterstützung des Laufes und wohl als Wafi"en zur Vertheidigung, die Flügelstummel des Kiwis dagegen scheinen uns bedeutungslos. In anderen Fällen sind wir nicht im Stande, irgend welche Function und Bedeutung im rudimentären Organe nachzuweisen. So z. B. sehen wir den Nutzen nicht ein, welchen von der Haut bedeckte Augenrudimente unterirdisch lebenden Thieren gewähren, da sie niemals sehen können, wenngleich hier wie in andern ähnlichen Fällen die Anschauung nahe liegt, dass die Erhaltung des wenn auch noch so sehr reducirten Organes unter veränderten Lebensverhältnissen für neue Anpassungen bedeutungsvoll werden kann. Gleiches gilt von den Zitzen der männ- lichen Brust, von den Muskeln des menschlichen Ohres u, a. m, Uebrigens wird man, da der Nutzen der Eigenschaften von dem Princip der natür- lichen Züchtung gefordert wird, diesen schon in der Reduktion des nicht gebrauchten Organs erkennen und auf die Erscheinungen der Vererbung, des conservativen Faktors der natürlichen Züchtung als LIinderniss für die völlige Beseitigung des Ueberrestes hinzuweisen berechtigt sein. Auch die Resultate der ErdwicJdiwgsgcschichte d h. der individuellen Entwicklung vom Ei bis zur ausgebildeten Form, in welcher die moderne Forschung sclion seit Jahrzehnten den Schlüssel zum Verständniss der Systematik und vergleichenden Anatomie zu suchen gewohnt ist stimmen durchaus zu den Unterstellungen und Schlüssen der Darw in'schen Selections- und Descendendehre. Schon die Thatsache, dass die zu einem sog. Bauplan gehörigen Thiere in der Regel sehr ähnliche aus derselben Anlage hervorgegangene Embryonen haben und dass der Verlauf der Entwicklungsvorgänge 90 Entwicklungsgeschichte. überhaupt — von einigen benierkenswerthen Ausnahmen abgesehen — eine um so grössere Uebereinstmiraung zeigt, je näher die systematische Verwandtschaft der ausgebildeten Formen ist, unterstützt die Annahme gemeinsamer Abstammung und die Voraussetzungen verschiedener Ab- stufungen der Blutsverwandtschaft in hohem Grade. Sind in der That die engern und weitern Kreise, welche systematischen Gruppen ent- sprechen, genetisch auf nähere und entferntere Grundformen zu beziehen, so wird auch die Geschichte der individuellen Entwicklung um so mehr gemeinsame Züge enthalten , je näher sich die Formen der Abstammung nach stehen. Freilich gibt es zahlreiche und oft sehr bedeutende Aus- nahmen von diesem im Allgemeinen gültigen Gesetze, aber auch diese werden bei näherer Betrachtung zu mächtigen Stützen der Darwin'schen Lehre. Wir haben nicht selten die Thatsache zu constatiren, dass die nächsten Verwandten in ihrer individuellen Entwicklung einen differenten Gang nehmen, indem sich die einen mittelst Metamorphose oder gar Generationswechsel, die andern in direkter Continuität ohne provisorische Larvenstadien ausbilden und beiden Entwicklungsweisen nicht unbeträchtliche Abweichungen der Embryonall)ildung parallel gehn (Verschiedene Quallengattungen. Distomeen — Polystomeen. Süsswasser- krebse — Marine Decapoden etc.). Andererseits beobachten wir, dass bedeutender abweichende und unter sehr verschiedenen Existenzbedin- gungen stehende Thiere, in ihrer postembryonaien Entwicklung bis zu einer frühern oder spätem Zeit ausserordentlich übereinstimmen (frei lebende Copepoden, Schmarotzerkrebse, Cirripedien). Diese können aber wiederum, wofür dasselbe Beispiel Geltung hat, in der Bildungsweise des Fötus innerhalb der Eihüllen differiren, indem bei den einen der Embryonalleib in allseitiger Begrenzung, bei den andern von einseitig an- gelegtem Primitivstreifen aus seine Entstehung nimmt. Alle diese Fälle aber erklären sich theils aus den im Einzelnen abzuleitenden Erscheinungen der Anpassung, die nicht nur in dem Stadium der geschlechtsreifen Form, son- dern in jeder Entwicklungsperiode des Lebens ihren Einfluss ausübt und Veränderungen bewirkt, die sich in correspondirenden Altersstufen vererben, theils weisen sie auf den genetischen Zusammenhang sehr entfernt stehender Kreise, selbst auf den gemeinsamen Ausgangspunkt verschiedener Typen hin. Die mannichfaclien und wundervollen Erscheinungen der Metamor- phose liefern zahlreiche Belege für die Thatsache, dass die Anpassungen der Jugendformen an ihre Lebensbedingungen ebenso vollkommen als die des reifen Thieres sind; durch dieselben wird es sehr wohl verständlich, wesshalb zuweilen Larven mancher zu verschiedenen Ordnungen gehörigen Insekten untereinander eine grosse Aehnlichkeit haben, die Larven von Insekten derselben Ordnung dagegen sehr unähnlich sein können. Wenn sich im Allgemeinen in der Entwicklung des Individuums ein Fortschritt von einfacherer und niederer zu complicirterer, durch fortgesetzte Arbeits- Bedeutung der Entwicklungsgeschichte des Individuums. 91 thoilung vollkommenerer Organisation ausspricht — und wir werden zu diesem VervoUkomninungsgesetz der individuellen Entwicklung in dem grossen Gesetz fortschreitender Vervollkommnung für die Entwicklung der Gruppen eine Parallele kennen lernen — so kann doch in besondern Fällen der Entwicklungsgang zu mannichfachen Rückschritten führen, sodass wir das reife Thier für tiefer stehend und niederer organisirt erklären als die Larve, Auch diese als »regressive Metamorphose* bekannte Erscheinung, wie wir sie bei den Cirripedien und parasiti- schen Crustaceen finden , stimmt zu den Anforderungen der Züchtungs- lehre vortrefflich, da auch die Rückbildung und selbst der Verlust von Theilen unter vereinfachten Lebensbedingungen bei erleichtertem Nahrungs- erwerb (Parasitismus) für den Organismus von Vortheil sein kann. So führt uns auch die Entwicklungsgeschichte des Individuums zu den rudimentären Organen zurück, deren Auftreten bereits vorher durch die Würdigung der anatomischen Unterschiede verwandter Artengruppen in ähnlicher Motivirung beleuchtet worden war. Aber auch noch eine andere Betrachtungsweise ist geeignet, die Thatsachen der Entwicklungsgeschichte als Beweisgründe für die Descen- denzlehre ins rechte Licht zu setzen. An zahlreichen Beispielen lässt sich der Nachweis führen, dass sich in den auf einander folgenden Entwicklungs- phasen des Fötallebens Züge der einfachem und tieferstehenden sowie der vollkommener organisirten Gruppen desselben Typus wiederspiegeln. In den Fällen einer complicirten freien Entwicklung mittelst Metamorphose, deren Auftreten in der Regel mit einer ausserordentlichen Vereinfachung der fötalen Entwicklung innerhalb der Eihüllen verknüpft ist, wird die Beziehung aufeinander folgender Larvenstadien zu den verwandten engeren Formkreisen des Systemes, zu den verschiedenen Gattungen, Famihen und Ordnungen direkter und zutreffender. Gewisse frühe Embryonalstadien der Säugethiere wiederholen Bildungen, die zeitlebens bei niedern Fischen fortdauern, spätere Zustände zeigen Organisationseigenthümlichkeiten, welche persistenten Einrichtungen der Amphibien entsprechen. Die Metamorphose des Frosches beginnt mit einem Stadium, welches in P'orm, Organisation und Bewegungsweise an den Fischtypus anschliesst und führt durch zahlreiche Larvenphasen hindurch, in welchen sich die Charaktere der anderen Amphibienordnungen (Perennibranchiaten , Sala- mandrinen) und einzelner Familien und Gattungen derselben wieder- holen. Das Gleiche gilt vielleicht in noch höherem Masse für die Metamorphose der Crustaceen im Allgemeinen und die der Copepoden im Besondern. Die unbestreitbare Aehnliclikeit zwischen aufeinander- folgenden Stadien in der Entwicklungsgeschichte des luflividuums und verwandter Gruppen des Systemes berechtigt uns eine Parallele zu constatiren zwischen der Entwicklungsgeschichte des Individuums und der Entwicklungsreihe der Arten, welche freilich in den Beziehungen Claus, Zoologie. 3. Auflage. 7 98 Fälschung der geschichtlichen Urkunde. der systematischen Gruppen einen höchst unvollkommenen Ausdruck findet und erst aus der Urgeschichte, für die uns die Paläontologie bislang nur dürftiges Material lieferte, erschlossen werden kann. Diese Parallele, die natürlich im Einzelnen gar mancherlei grössere und gerin- gere Abweichungen zeigt, erklärt sich aus der Descendenzlehre, nach welcher, wie dies von Fr. Müller ') so trefflich erörtert wurde, die EntwicMungsgeschichte des Individuums als eine kurze und vereinfachte Wiederholung, gewissermassen als eine Rccapitidaiion des Entivichlungs- ganges der Arten erscheint. Die in der Entwicklungsgeschichte des Individuums erhaltene geschichtliche Urkunde rauss oft wegen der mannichfachen und zahlreichen Anpassungen während des jugendlichen, beziehungsweise Larvenlebens mehr oder minder verwischt und undeutlich werden. Ueberall da, wo die besondern Bedingungen im Kampfe um die Existenz eine Vereinfachung als nützlich erfordern, wird die Ent- wicklung einen immer geradern Weg vom Ei zum fertigen Thiere ein- schlagen und in eine frühere Lebenszeit bis schliesslich ins Eileben zurückgedrängt werden, bis durch den gänzlichen Ausfall der Metamor- phose eine Unterdrückung der geschichtlichen Urkunde eintritt. Da- gegen wird sich in den Fällen mit allmählig vorschreitender Verwandlung, mit stufenweise sich verändernden und unter '^j ähnlichen oder gleichen Existenzbedingungen lebenden Jugendzuständen die Urgeschichte der Art minder unvollständig ^) in der des Individuums wiederspiegeln. Gegenüber den Thatsachen der Morphologie ergeben sich aus der Betrachtung der geographischen Verbreitung für unsere Theorie grosse Schwierigkeiten, vornehmlich weil die Erscheinungen äusserst verwickelt und unsere Erfahrungen noch viel zu beschränkt sind, um die Aufstellung durchgreifender allgemeiner Gesetze möglich zu machen. Wir sind noch weit davon entfernt, uns ein nur annähernd vollständiges Bild von der Vertheilung der Thiere über die Erdoberfläche entwerfen zu können und müssen vor Allem unsere Unwissenheit über alle Folgen der klima- tischen und Niveauveränderungen, welche die verschiedenen Ländergebiete in der jüngsten Zeit erfahren haben, ebenso unsere Unkenntniss der zahlreichen und ausgedehnten, durch die mannichfachsten Transportmittel unterstützten Wanderungen von Thieren und Pflanzen eingestehn. Offenbar 1) Fr. Müller: Für Darwin. 'Leipzig. 1864. 2) Bei Larvenzuständen, die unter ganz besonderen und sehr abweichenden Lebensbedingungen stehen, liegt die Annahme einer erst secundär erworbenen Anpassung nahe. Vgl. z. B. die Metamorphose von Sitaris und zahlreicher anderer Insekten. 3) Vergleiche die Entwicklung von Peneiis, welche unter der Voraussetzung, dass die von Fr. Müller als jüngstes Larvenstadium beschriebene Naupliusfoi'm wirklich in die Eutwicklungsreihe von Peneus gehört, ein solches Beispiel liefert. Thatsachen der geographischen "Verbroitung. 99 ist die gegenwärtige Vertheilung von Thieren und Pflanzen über die Erdoberfläche das combinirte Resultat von der einstmaligen Verbreitung ihrer Vorfahren und der seitdem eingetretenen geologischen Umgestal- tungen der p]rdoberfläche, der mannichfachen Verschiebungen von Wasser und Land, welche auf die Fauna und Flora nicht ohne Einwirkung bleiben konnten. Demnach erscheint die Thier- und Pflanzengeographie zunächst mit dem Theile der Geologie, welcher die jüngsten Vorgänge der Gestaltung der Erdrinde und ihre Einschlüsse zum Gegenstande hat, innig verkettet, sie kann sich nicht darauf beschränken, die Verbi-eitungs- bezirke der jetzt lebenden Thier- und Pflanzenformen festzustellen, sondern muss auf die Ausbreitung der in den jüngsten Formationen eingeschlossenen Ueberreste, der nächsten Verwandten und Vorfahren der gegenwärtigen Lebewelt Rücksicht nehmen, um auf dem Wege der Entwicklungsgeschichte Erklärungsgründe für die erkannten Thatsachen zu finden. Obwohl in diesem Sinne die Wissenschaft der Thiergeographie noch am Anfange steht, sind doch zahlreiche und gerade die wichtigsten Erscheinungen der geographischen Verbreitung nach der Transmutations- theorie unter der Voraussetzung eingetretener Wanderungen und all- mähliger durch Zuchtwahl geleiteter Abänderungen gut zu erklären. Zunächst fällt die Thatsache schwer ins Gewicht, dass weder Aehn- lichkeit noch ünähnlichkeit der Bewohner verschiedener Gegenden allein aus den klimatischen und physikalischen Verhältnissen erklärlich ist. Sehr nahe stehende Thier- und Pflanzenarten treten oft unter sehr ver- schiedenen äussern Naturbedingungen auf, während unter gleichen oder sehr ähnlichen Verhältnissen des Klima's und der Bodenbeschaffenheit eine ganz heterogene Bevölkerung leben kann. Dahingegen steht die Grösse der Verschiedenheit mit dem Grade der räumlichen Abgrenzung, mit den Schranken und Hindernissen, welche freier Wanderung entgegen treten, in engem Zusammenhange. Alte und neue Welt, mit Ausschluss des nördlichsten polaren Gebietes vollkommen getrennt, haben eine zum Theil sehr verschiedene Fauna und Flora, obwohl in beiden rücksichtlich der klimatischen und physikalischen Lebensbedingungen unzählige Parallele bestehen, welche das Gedeihen der nämlichen Art in gleicher Weise fördern würden. Vergleichen wir insbesondere die Länderstrecken von Südamerika mit entsprechend gelegenen Gegenden gleichen Klimas von Südafrika und Australien, so treffen wir drei bis auf eine Reihe von Repräsentativgattungen bedeutend abweichende Faunen und Floien, während die Naturprodukte in Südamerika unter verschiedenen Breiten und ganz abweichenden klimatischen Bedingungen nahe verwandt er- scheinen. Hier wechseln im Süden und Norden Organismengrup])en, die zwar der Art nach verschieden, aber doch den gleichen oder nahe verwandten Gattungen mit dem eigenthümlichen eben für Südamerika charakteristischen Gepräge angehören. »Die Ebenen der Magellanstrasse 7* 100 Die Thierprovinzen. sind von einem Nandu {Rhea Americana) bewohnt und im Norden der Laplata-Ebene wohnt eine andere Art derselben Gattung, doch kein echter Strauss {Struthio) oder Emu (Dromaius), welche in Afrika und beziehungsweise in Neuholland unter gleichen Breiten vorkommen. In denselben Laplata-Ebenen finden sich das Aguti (Basyprocta) und die Viscache {Lagostomus) , zwei Nagethiere von der Lebensweise unserer Hasen und Kaninchen und mit ihnen in die gleiche Ordnung gehörig, aber einen rein amerikanischen Organisationstypus bildend. Steigen wir zu dem Hochgebirge der Cordilleren heran, so treffen wir die Berg- Viscache {Lagidium) ; sehen wir uns am Wasser um, so finden wir zwei andere Südamerikanische Typen, den Coypu (Myopotamus) und Capybara (Hydrochoerus) statt des Bibers und der Bisamratte. Nach dem allgemeinen Gepräge ihrer Land- und Sttsswasserbewohner wird die Erdoberfläche vielleicht am besten in acht Provinzen eingetheilt, welche sich räumlich durch Schranken ausgedehnter Meere oder hoher Gebirgsketten, weiter Sandwiisten etc. abgrenzen. Diese Provinzen sind 1) die circumpolare tür die nördlichste Erdhälfte. 2) die paläarktische für den Norden der alten Welt: Europa, Nordasien bis Japan. 3) die mediterrane oder Mittelmeerprovinz, welche den Südabhang von Europa und Nordrand von Afrika nebst Kleinasien, den Azoren und Canarischen Inseln umfasst. 4) die arktische für den Norden der neuen Welt. 5) die neotropische für Südamerika, Westindien und Mexico. 6) die äthiopische für Afrika südlich vom Atlas und Madagascar. 7) die in- dische, welche Südasien und die Westhälfte des malayischen Archipels einschliesst und 8) die polyneslsche, für Australien und Polynesien. Die Schranken sind freilich keineswegs für alle Erzeugnisse absolute, sondern gestatten für diese oder jene Gruppen Uebergänge aus dem einen Gebiete in das andere. Die Hindernisse der Aus- und Einwanderung erscheinen zwar hier und da für die Jetztzeit unübersteigUch , waren aber gewiss in der Vorzeit unter andern Verhältnissen der Vertheilung von Wasser und Land von der Gegenwart verschieden und für manche Lebensformen leichter zu überschreiten. Wenn man schon längst für ziemlich ab- geschlossene Verbreitungsbezirke den Ausdruck Schöpfungscen tragebraucht hat — wofür man freilich passender mit Rütimeyer die Bezeichnung Verbreitungscentra anwenden sollte — so liegt die Vorstellung von dem endemischen Auftreten bestimmter typischer Artengruppen und der all- mähhgen Ausbreitung*) derselben bis zu den Grenzen des betreffenden Gebietes zu Grunde, eine Vorstellung, welche sehr wohl mit der Lehre von der Entstehung der Arten durch allmählige Abänderung harmonirt. Auch für die Vertheilung der Meeresbewohner wiederholen sich die 1) Vergleiche die treffliche Abhandlung von Rütimeyer, lieber die Her- kunft unserer Thierwelt. Basel und Genf. Ib67. Vorkommen gleicher Arten an sehr entfernten Puucten. 101 nämlichen Gesetze, hier bilden ausgedehnte Festländer oder grosse offene und insellose Meere die Schranken, welche für die Verschiedenheit der Küstenfaunen massgebend sind. Beispielsweise differiren die Meeres- thiere der Ost- und Westküste von Süd- und Centralamerika so be- deutend, dass von einer Reihe von Fischen abgesehn, welche nach Günther an den entgegengesetzten Seiten des Isthmus von Panama vorkommen, nur wenige Thierforraen gemeinsam sind. Ebenso treffen wir in dem östlichen Inselgebiete des stillen Meeres eine von der West- küste Südamerikas ganz abweichende marine Thierwelt. Schreiten wir aber von den östlichen Inseln des stillen Meeres weiter westlich, bis wir nach ümwanderung einer Halbkugel zu den Küsten Afrikas gelangen? so stehen sich in diesem umfangreichen Gebiete die Faunen nicht mehr scharf gesondert gegenüber. Viele Fischarten reichen vom stillen bis zum indischen Meere, zahlreiche Weichthiere der Südseeinseln gehören auch der Ostküste Afrikas unter fast genau entgegengesetzten Meridianen an. Hier sind aber auch die Schranken der Verbreitung nicht unüber- steiglich, indem zahlreiche Inseln und Küsten den wandernden Meeres- bewohnern Ruheplätze bieten. Indessen giebt es eine Reihe von Thier- und Pflanzenarten, welche als Kosmopoliten auf allen Welttheilen vorkommen und andere, die durch scheinbar unübersteigliche Schranken getrennt, verschiedenen Provinzen angehören und an den entferntesten Punkten angetroffen werden. Diese Fälle erklären sich theilweise mit Hülfe der ausser- ordentlich mannichfaltigen , die Verbreitung leicht beweglicher Formen überaus begünstigenden Transportmittel und aus den geographischen und klimatischen Veränderungen, aus den Verschiebungen von Wasser und Land, welche sich nachweisbar in den jüngsten geologischen und auch in älteren Zeiten ereignet haben. Das Vorkommen gleicher Thier- und Pflanzenarten auf hohen Bergen, welche durch weite Tiefländer gesondert sind, die Uebereinstimmung der Bewohner des hohen Nordens mit denen der Schneeregionen der Alpen und Pyrenäen, die Aehnlichkeit beziehungs- weise Gleichheit von Pflanzenarten in Labrador und auf den weissen Bergen in den vereinigten Staaten einerseits und den höchsten Bergen Europa's andererseits scheint auf den ersten Blick die alte Anschauung zu unterstützen, dass die nämlichen Arten unabhängig von einander an mehreren Orten geschaffen worden sein, während die Selections- und Transmutationslehre die Vorstellung in sich einschliesst, dass jede Art nur an einer einzigen Stätte entstanden sein kann und dass die Indi- viduen derselben, auch wenn sie noch so weit getrennt leben, von der ursprünglichen Oertlichkeit durch Wanderung sich zerstreut haben müssen. Indessen findet jene Thatsache eine ausreichende Erklärung aus den klimatischen Zuständen einer sehr neuen geologischen Periode, in welcher über Nordamerika und Centraleuropa ein arktisches Klima herrschte 102 Der Einfliiss der Eiszeit auf die geographische Verbreitung (Eiszeit) und Gletsclier von gewaltiger Ausdehnung die Thäler der Hochgebirge erfüllten. In dieser Periode wird eine einförmige arktische Flora und Fauna Mitteleuropa bis in den Süden der Alpen und Pyrenäen bedeckt haben, die, weil von der gleichen Polarbevölkerung aus einge- wandert, in Nordamerika im Wesentlichen dieselbe sein musste. Nach- dem die Eiszeit ihren Höhepunkt erreicht hatte, zogen sich mit Zunahme der mittleren Temperatur die arktischen Bewohner auf die Gebirge und alhnählig immer höher bis auf die höchsten Spitzen derselben zurück, während in die tiefer liegenden Piegionen eine aus dem Süden kommende Bevölkerung nachrückte. Auf diese Weise erklären sich aber auch in Folge der Isolation die Abänderungen, welche die alpinen Bewohner der einzelnen getrennten Gebirgsketten untereinander und von den arktischen Formen auszeichnen, zumal da die besondern Beziehungen der alten Alpenarten, welche schon vor der Eiszeit die Gebirge bewohnten und dann in die Ebene herabrückten, einen Einfiuss ausüben mussten. Daher treffen wir neben vielen identischen Arten mancherlei Varietäten, zweifelhafte und stellvertretende Arten an. Nun aber bezieht sich die üebereinstimmung auch auf viele subarktische und einige Formen der nördlich-gemässigten Zone an den niederen Bergabhängen und in den Ebenen Nordamerikas und Europas, die sich nur unter der Voraussetzung erklärt, dass am Anfange der Eiszeit auch die Lebewelt der subarktischen und nördlich gemässigten Zone rund um den Pol herum die gleiche war. Da aber gewichtige Gründe mit Bestimmtheit darauf hinweisen, dass vor der Eiszeit während der Jüngern Pliocänperiode, deren Bewohner der Art nach theilweise mit denen der Jetztwelt übereinstimmten, das Klima weit wärmer als gegenwärtig war, so erscheint es in der That nicht unmöglich, dass zu dieser Periode subarktische und nördhch gemässigte Formen viel höher nach Norden reichten und in dem zusammenhängenden Lande unter dem Polarkreise, welches von Westeuropa an bis Ostamerika vorhanden ist, zusammentrafen. Wahrscheinlich aber haben in der nodi wärmeren altern Pliocänzeit ') eine grosse Zahl derselben Thier- und Ptlanzenarten die zusammenhängenden Länder des hohen Nordens be- wohnt und sind dann mit dem Sinken der Wärme allmählig in der alten und neuen Welt südwärts gewandert. Auf diese Weise erklärt sich die Verwandtschaft zwischen der jetzigen Thier- und Pflanzenbevölkerung Europas und Nordamerikas, welche so bedeutend ist, dass wir in jeder gross(;n Classe Formen antreffen, über deren Natur als geographische Rassen oder Arten gestritten wird, ebenso erklärt sich die noch nähere 1) In der noch ältercu Miocänzeit herrschte auf Grönland und Spitzbergen, die damals noch zusammenhingen, ein Klima, wie etwa zur Zeit in Norditalien, was aus den interessanten paläoutologischen Funden der Nordpolexpeditionen hervorgeht. Verwandtschaft zwischen der Fauna Europa's und Amerika's. 103 und engere Verwandtschaft der Organismen, welche in der jungem Tertiärzeit beide Welttheile bevölkerten. Hinsichtlich derselben bemerkt Rütimeyer über die pliocäne Thierwelt von Niohrara, dass die in den Sandsteinschichten begrabenen Ueberreste von Elephanten, Tapiren und Pferdearten kaum von den altweltlichen verschieden und dass die Schweine nach ihrem Gebiss zu urtheilen Abkömmlinge miocäner Paläochoeriden sind. Auch die Wiederkäuer, als Hirsche, Schafe, Auer- ochsen finden sich in gleichen Gattungen und theilweise in denselben Arten wie in den gleichwerthigen Schichten Europas. Nun aber sind auch manche Genera von exquisit altweltlichem Gepräge über den Isthmus von Panama, selbst weit herab nach Südamerika vorgedrungen und daselbst erst kurz vor dem Auftreten des Menschen erloschen, wie die zwei Mammutharten der Cordilleren und die südamerikanischen Pferde. Sogar eine Antilopenart und zwei horntragende Wiederkäuer [Lcpto- therium) fanden ihren Weg bis Brasilien. Heutzutage sind noch zwei Tapirarten, im Gebiss selbst für Cu vi er 's Auge kaum von den indischen uuterscheidbar , zwei Arten von Schweinen, welche den Charakter ihrer Stammform im Milchgebiss noch erkennbar an sich tragen, und eine Anzahl von Hirschen nebst den Lamas, einem erst in Amerika geborenen und spätem Sprössling der eocänen Anoplotherien , »lebende Ueherreste dieser alten und auf so langem Wege nicht ohne reichliche Verluste an ihren dermaligen Wohnort gelangten Colonie des Ostens<'. Auch dürfte man kaum bezweifeln, dass ein guter Theil der Raubthiere, welche im Diluvium von Südamerika altweltliche Stammverwandtschaft bewahren, auf demselben Wege dahin gelangten. Die Beutelratten liegen bereits in den eocänen Schichten Europa's begraben und der eocäne Caeno- pithecus von Egerkingen weist auf die heutigen amerikanischen Affen hin. Ebenso zeigen die altern (miocänen) Reste der Nebrasca eine grosse Uebereinstimmung mit tertiären Säugethieren Europas. Dort lebten die Palaeotherien fort, die in Europa nicht über die eocäne Zeit hinaus- reichten, ferner die dreihufigen Pferde (Änchitherium) , von denen die spätem einhufigen Pferde mit Afterzehen (Hipparion) und die jetzt- lebenden Einhufer ohne Afterzehe abzuleiten sind. Bis in die ältere Tertiärzeit lässt sich der geschichtliche Zusammenhang der die alte Welt und einen grossen Theil Amerikas bevölkernden Säugethiere zurttck- verfolgen, so dass Rütimeyer die filteste tertiäre Fauna Europas als die Mutterlauge einer heutzutage auf den Tropengürtel beider Welten, allein am entschiedensten in dem massiven Afrika vertretenen echt con- tinentalen Thiergesellschaft betrachtet. Indessen besitzt Südamerika neben diesen und seinen eigenthUm- lichen Typen von Nagern, zu denen sich die meisten Edentaten gesellen, auch Gattungen von Säugethieren und Vögeln, welche wie die oben genannten Struthioniden und wie die wenigen auch in Südafrika und 104 Vorkommen nhnlicher oder gleicher Arten Südasien auftretenden Edenlatengattungen {Ory der opus , Manis) auf eine einstmalige gemeinsame Colonisirung zugleich von einem südlichen Ausgangscentrum, auf einen verschwundenen südlichen Contincnt hin- weisen, von welchem das australische Festland ein üeberrest zu sein scheint. Von diesem würden möglicherweise die Beutelthiere Australiens und des südwestlichen Malayischen Inselgebietes, die Ameisenfresser und Schuppenthiere , die Faulthiere und Gürtel thiere, die ausgestorbenen Riesenvögel von Madagascar und Neuseeland und die Struthioniden, auch die Maki's von Madagascar abzuleiten sein. Auch liegt die Annahme nahe, dass die von dem Ausgangscentrum der nördhchen Halbkugel stammenden Einwanderer, als sie den Boden Südamerikas betraten, diesen schon mit den Vertretern einer südweltlichen Thierwelt reichlich besetzt fanden. Wie sich aus den diluvialen Thierresten ergibt, welche in den Knochenhöhlen Brasiliens und dem Alluvium der Pampas gesam- melt worden sind, machen die Edentaten-Arten fast die Hälfte der grossen Diluvialthiere Südamerikas aus und mochten somit im Stande gewesen sein, den später von Norden her eingewanderten Säugethieren so ziemlich das Gleichgewicht zu halten. Begreiflicherweise rückten auch Glieder der antarktischen Fauna nach Norden empor, und »wie wir noch heute die fremdartige Form des Faulthiers, des Gürtelthiers und des Ameisen- fressers in Guatemala und Mexico mitten in einer Thiergesellschaft an- treffen, die guten Theils aus noch jetzt in Europa vertretenen Geschlechtern besteht, so finden wir auch schon in der Diluvialzeit riesige Faul- thiere und Gürtelthiere bis weit hinauf nach Norden verbreitet. Mega- louyx Jeffersoni und Mylodon Harlenii, bis nach Kentucky und Missouri vorgeschobene Posten südamerikanischen Ursprungs, sind in dem Lande der Bisonten und Hirsche eine gleich fremdartige Erscheinung, wie die Mastodonten in den Anden und Neugranada und Bolivia. Mischmuj und JDurchdringtmg zweier voUkonmieu stammverscM edener Säugetliier- gruppen fast auf der ganzen ungeheueren Erstreckung beider Hälften des neuen Continents bildet überhaupt den hervorstechendsten Charakter- zuq seiner Thierwelt, und es ist bezeichnend, dass jede Gruppe an Reichthum der Vertretung und an Originalität ihrer Erscheinung in gleichem Masse zunimmt, als wir uns ihrem Ausgangspunkte nähern«. Erwägt man, dass die südliche Wanderung in den vorgeschichtlichen Zeitperioden auch für die Meeresbewohner Geltung gehabt hat, so wird das Vorkommen verwandter Arten au der Ost- und Westküste des gemässigtem Theils von Nordamerika, in dem Mittelländischen und Japanesischen Meere (vornehmlich Crustaceen und Fische) verständlich^ für das die alte Schöpfungslehre keine Erklärung zu geben vermag. Das Auftreten gleicher oder sehr nahe stehender Arten in ge- mässigten Tiefländern und entsprechenden Gebirgshöhen entgegengesetzter Hemisphären erklärt sich aus der durch eine Menge geologischer That- auf entgegengesetzten Halbkugeln. 105 Sachen gestützten Annalnue, Uass zur Eiszeit, für deren lange Dauer sichere Beweise vorliegen , die Gletscher eine ungeheuere Ausdehnung ' ) über die verschiedensten Theile der Erde auf beiden Halbkugeln ge- wonnen hatten, und die Temperatur über die ganze Oberfläche wenigstens der nördlichen oder südUchen Halbkugel bedeutend gesunken war. Am Anfange dieser langen Zeitperiode, als die Kälte langsam zunahm, werden sich die tropischen Thiere und Pflanzen nach dem Aequator zurückgezogen, ihnen die subtropischen und die der gemässigten Gegenden, diesen endlich die arktischen gefolgt sein. Wenn wir Croll's Schluss, dass zur Zeit der Kältezunahme der nördlichen Halbkugel die südliche Hemisphäre wärmer wurde und umgekehrt, als richtig betrachten, so werden während des langsamen Herabwanderns vieler Thiere und Pflanzen der nördlichen Halbkugel die Bewohner der heissen Tiefländer sich nach den tropischen und halbtropischen Gegenden der wärmern südlichen Hemisphäre zurückgezogen haben. Da bekanntlich manche tropische Bewohner einen merklichen Grad von Kälte aushalten können, mochten manche Thiere und Pflanzen, in die geschütztesten Thäler zurückgezogen, auch so der Zerstörung entgangen und in spätem Generationen mehr und mehr den besondern Temperaturbedingungen angepasst worden sein. Auch die Bewohner der gemässigten Regionen traten, dem Aequator nahe gerückt, in neue Verhältnisse der Existenzbedingungen ein und überschritten zur Zeit der grössten Wärmeabnahme in ihren kräftigsten und herrschendsten Formen auf Hochländern (Cordilleren und Gebirgs- ketten im Nordwesten des Himalaya's), theilwoise vielleicht auch in Tief- ländern (wie in Indien) den Aequator. Als nun mit Ausgang der Eis- zeit die Temperatur allmählig wieder zunahm, stiegen die gemässigten Formen aus den tiefer gelegenen Gegenden theils vertical auf Gebirgs- höhen empor, theils wanderten sie nordwärts mehr und mehr in ihre frühere Heimath zurück. Ebenso kehrten die Formen, welche den Aequator überschritten hatten, mit einzelnen Ausnahmen wiederum zurück, erlitten aber theilweise wie jene unter den veränderten Concurrenz- bedingungen geringe oder tiefgreifendere Modifikationen. Nach Darwin wird nun »im regelmässigen Verlaufe der Ereignisse die südliche Hemi- sphäre einer intensiven Glacialzcit unterworfen worden sein, während die nördliche Hemisphäre wärmer wurde; dann werden umgekehrt die südlichen temperirten Formen in die äquatorialen Tiefländer einge- Ij Groll hat zu zeigen versucht, dass das eisige Klima vornehmlich eine Folge der zunehmenden p]xceutricitat der Erdbahn und der durch dieselbe influirten oceanischen Strömungen sei, dass aber sobald die nördliche Hemisphäre in eine Kfilteperiode eingetreten, die Temperatur der südlichen erhöht sei und umgekehrt; er glaubt, dass die letzte grosse Eiszeit ungefähr vor 240,000 Jahren eintrat und etwa 160,000 Jahre währte. 106 Erklärung aus den kliniatischeu Veräuderuugen. w'andert sein. Die nordischen Formen, welche vorher auf den Gebirgen zurückgelassen worden waren, werden nun herabgestiegen sein und sich mit den südlichen Formen vermischt haben. Diese letztern werden, als die Wärme zurückkehrte, nach ihrer frühern Heimath zurückgekehrt sein, dabei jedoch einige wenige Formen auf den Bergen zurückgelassen und einige der nordischen temperirten Formen, welche von ihren Bergen herab- gestiegen waren, mit sich nach Süden geführt haben. Wir müssen daher einige Species in den nördlichen und südlichen temperirten Zonen und auf den Bergen der dazwischen liegenden tropischen Gegenden identisch finden. Die eine lange Zeit hindurch auf diesen Bergen oder in ent- gegengesetzten Hemisphären zurückgelassenen Arten werden aber mit vielen neuen Formen zu concurriren gehabt haben und etwas ver- schiedenen physikalischen Bedingungen ausgesetzt gewesen sein; sie werden daher der Modifikation in hohem Grade zugänglich gewesen sein und demnach jetzt im Allgemeinen als Varietäten oder als stellvertretende Arten erscheinen. Auch müssen wir uns daran erinnern, dass in beiden Hemisphären schon früher Gkcialperioden eingetreten waren ; denn diese werden in Uebereinstimmung mit denselben hier erörterten Grundsätzen erklären, woher es kommt, dass so viele völlig distinkte Arten dieselben weit von einander getrennten Gebiete bewohnen und zu Gattungen ge- hören, welche jetzt nicht mehr in den dazwischen liegenden tropischen Gegenden gefunden werden <'. So vermag man aus den erörterten P'olgen der grossen klimatischen Veränderungen, welche sich in ganz allmähligem Verlaufe während der sog. Eiszeit zugetragen haben, einiger- massen zu erklären, dass auf hohen Gebirgen des tropischen Amerika's eine Reihe von Pflanzenarten aus Europäischen Gattungen vorkommen, dass nach Hook er das Feuerland circa 40—50 Blüthenpflanzen mit Ländertheilen auf der entgegengesetzten Hemisphäre von Nordamerika und Europa gemeinsam hat, dass viele Pflanzen des Himalaya's und der vereinzelten Bergketten der Indischen Halbinsel, auf den Höhen Ceylon's und den vulkanischen Kegeln Java's sich wechselseitig vertreten und Europäische Formen wiederholen, dass in Neuholland eine Anzahl Europäischer Pflanzengattungen, sogar in einzeln identischen Arten auf- treten und südaustralische Formen auf Berghöhen von Borneo wachsen und über Malacca, Indien bis nach Japan reichen, dass auf den Abyssi- nischen Gebirgen Europäische Pflanzenformen und einige stellvertretende Pflanzenarten vom Cap der guten Hoö'nung gefunden werden, dass nach Hooker mehrere auf den Ca^weroo« Bergen am Golfe von Guinea wach- sende Pflanzen mit denen der Abyssinischen Gebirge und mit solchen des gemässigten Europas nahe verwandt sind. Aber schon vor der Eis- zeit müssen sich viele Thier- und Pflanzenformen über sehr entfernte Punkte der südlichen Halbkugel verbreitet haben, unterstützt theils durch gelegentliche Transportmittel, theils durch die besonderen, von Verbreitung der Snsswasserbewohner. 107 den jetzigen abweichenden Verhältnisse der Vertheilung von Wasser und Land, theils durch frühere Glacialperioden ; nur so wird man das Vor- kommen ganz verschiedener') Arten südlicher Gattungen an entlegenen Punkten, die ähnliche Gestaltung des Pflanzenlebens an den Südküsten von Amerika, Neuholland und Neuseeland zu begründen vermögen. Gegen die Theorie gemeinsamer Abstammung mit nachfolgender Abänderung durch natürliche Zuchtwahl scheint auf den ersten Blick die Verbreitungsweise der Süsswasserbcwohner zu sprechen. Während wir nämlich mit Rücksicht nuf die Schranken des trocknen Landes er- warten sollten, dass die einzelnen Landseen und Stromgebiete eii?e besondere und eigenthinnliche Bevölkerung besässen, finden wir im Gegentheil eine ausserordentliche Verbreitung zahlreicher Süsswasserarten und beobachten, dass verwandte Formen in den Gewässern der gesammten Überfläche vorherrschen. Sogar dieselben Arten können auf weit von einander Continenten vorkommen, wie nach Günther der Süsswasser- tisch Galaxias attemiatus Tasmanien, Neuseeland, den Falklandsinseln und Südamerika angehört, ein Fall, der wiederum auf ein einstmaliges antarktisches Ausgangscentrum hinweist. Die Phyllopodengattungeii Estheria und Limnadia finden sich in allen Welttheilen vertreten. Gleiches gilt von zahlreichen Süsswassermollusken. Indessen kann man die Verbreitung von Süsswasserbewohnern theils dem Einflüsse der Niveauveränderungen und Höhenwechsel während der gegenwärtigen Periode zuschreiben, theils aus der Wirkung ausserordentlicher Transport- mittel erklären. Zu den letztern gehören weite üeberschwemmungen und Fluthen, Wirbelwinde, welche Fische und Pflanzen und deren Keime von einem Flussgebiet in das andere übertrugen. Mit dieser Erklärungs- weise steht im Einklang, dass auf entgegengesetzten Seiten von Gebirgs- ketten, welche schon seit früher Zeit die Wasserscheide gebildet haben, verschiedene Fische angetroffen werden. Auch die passive Ueberführung von Süsswasserschnecken, feiern, Pflanzensamen durch flugfähige Wasser- käfer und wandernde Sumpfvögel scheint für die Verbreitung der Süss- wasserbevölkerung von grossem Einfluss gewesen zu sein. Endlich können auch vom Meere aus Seethiere in verschiedene Flussgebiete eingetreten sein und sich allmähhg an; das Leben im süssen Wasser gewöhnt haben. In der That sind wir im Stande, eine Anzahl Süsswasserbcwohner von Seethieren abzuleiten, die langsam und allmählig an das Lebcni zuerst im Brackwasser und dann im süssen Wasser gewöhnt und später theilweise oder vollständig vom Meere separirt wurden. Nach Valenciennes gibt es kaum eine Fischgruppe, welche vollkonnncn aut das Leben in Flüssen und Landseen beschränkt wäre, in vielen 1) In dem Grade abweichend, dass die Zeit von Beginn der Eiszeit zur Starke der Abänderung nicht wohl ausgereicht haben kann. 108 Verwandtschaft von Süsswasserbewohnern und Seethiereu. Fällen treten sogar die nächsten Verwandten — und gleiches beobachten wir bei lOfüssigen Krebsen — im Meere und im süssen Wasser auf, in andern Fällen leben dieselben Fische im Meere und in Flüssen (Mugi- loidecn, IHeuronectiden , Salmoniden etc.). Von besonderm Interesse aber siod eine Reihe ausgezeichneter Beispiele, welche das Schicksal und die Veränderungen von Fischen und Krebsen in allmählig oder plötzlich vom Meere abgesperrten und zu Binnenseen umgestalteten Gewiässern beleuchten. Von Loven wurden diese für die Thiere des Wenern- und Wetternsees, welche mit denen des Eismeeres eine grosse Debereinstinnnung zeigen, von Malmgreen für die des Ladogasees erörtert. Die italienischen Landseen enthalten eine Anzahl von Fisch- und Crustaceenarten , welche den Charakter von Seethieren des Mittel- meeres, beziehungsweise der Nordsee an sich tragen (Blennius vulgaris, Ätherina lacustris, TelpJmsa fluviatiUs, Palaemon lacustris == varians, Sphaeroma fossarum der Pontinischen Sümpfe), so dass der Schluss einer vormaligen Verbindung mit dem Meere und einer spätem durch Hebung bewirkten Absperrung überaus nahe liegt. Auch in Griechen- land, auf der Insel Cypern, in Syrien und Egypten leben in süssen Wassern vereinzelte Crustaceentypen des Meeres (Telphusa fluviatiUs, Orchestia cavimana, Gammarus marinus var. Veneris) und in Brasilien finden wir eine noch grössere Zahl von marinen Crustaceengattungen als Süsswasserbewohner ' ) wieder. Eine andere Reihe von Thatsachen, welche der Theorie gemein- samer Abstammung mancherlei Schwierigkeiten bieten, jedoch ebenfalls unter einigen Voraussetzungen grossentheils mit derselben im besten Einklang stehen, betrifft die Eigenthuralichkeiten der Inselbevölkerung und ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung der nächstliegenden Fest- länder. Ihrer Entstehung nach haben wir die Inseln entweder als die höchstgelegenen aus dem Meere allmählig oder plötzlich emporgetretenen Gipfel unterseeischer Ländergebiete aufzufassen, an deren Aufbau die Korallen wesentlich betheiligt sein können, oder als Bruchstücke von Continenten zu betrachten, die erst in Folge säculärer Senkung durch das überfluthende Meer getrennt wurden. Im letztern Falle werden meistens die nächst gelegenen Continente eine nach w^eisbare Beziehung bieten, doch ist es zuweilen wahrscheinlich , wie bei Madagascar und den Seychellen , dass Inseln einem andern als dem benachbarten und zwar einem längst zerrissenen und geschwundenen Festlande angehörten. Nun ist es eine durch- 1) Nach Martens finden sich dort die Süsswasserkrabben (gewissermassen die altweltlichen Telphusen wiederholend): Trichodactylus quadratm, Sylviocarcinus panoplus, Düocarciniis multidentatus-, die Süsswasseranomure Aeglea laevis. Als Makruren werden — abgesehn von den mit dem Hummer so nahe verwandten Astaciden - angeführt: Palaemon Jamaicensis , spinimamis, forceps, sodann von Asseln Cymothoe Henseli. Eigenthümlichkeiten der Tnselbevölkcrungen. 109 greifende Erscheinung, dass die Inseln eine relativ nur geringe Zahl von Arten enthalten, unter diesen aber oft, wenigstens für bestimmte Gruppen, unverhältnissmässig viele endemische Formen aufzuweisen haben. Nach Darwin erklärt sich diese Thatsache ungezwungen, insofern Arten, welche in ein neues mehr oder minder isolirtes Gebiet eintreten oder auf einen bestimmten Bezirk abgeschlossen werden, unter den veränderten Bedingungen der Concurrenz vornehmlich dann Modifikationen erfahren müssen, wenn sie nicht durch fortwährendes Nachrücken unveränderter Einwanderer mit dem Mutterlande in Continuität erhalten werden. Zu- dem werden auf Inseln, welche aus dem Meere emporgetreten sind, nur schwimmende und fliegende oder sonst durch passive Wanderung mittelst der mannichfachen Transportmittel übertragene Formen gefunden werden können, während im andern Falle der Inselbildung zahlreiche Arten der Festlandsbevölkerung zu Grunde gegangen sein müssen. Unter den 26 Landvögeln der Galopagosinseln sind beispielsweise 21 oder gar 23 eigen- thümliche Arten, dagegen gehören von 11 Seevögeln, welche leicht hierher gelangen, nur 2 dieser Inselgruppe ausschliesslich an. Die Vögelfauna der Insel Bermuda, welche gelegentlich von Nordamerikanischen Vögeln besucht wird, zeigt aber nicht eine einzige ihr eigen thümliche Art. Aehnlich verhält es sich mit den Vögeln von Madeira, die theils Afrikanischen theils Europäischen Arten entsprechen, während die Fauna der Landschnecken (nicht aber der Seeschnecken) und Käfer auf dieser Insel eine ganz eigenthümhche ist. Manchen Inseln fehlen gewisse Classen von Thieren, wie z. B. den Galopagosinseln und Neuseeland die Säugethiere, deren Stelle hier durch die Riesenvögel, dort durch ReptiUen vertreten wird. Ueberhaupt vermisst man auf zahlreichen von dem Continent entfernter gelegenen Inseln eigentliche Landsäugethiere, obwohl kein Grund vor- liegt, die Existenzfähigkeit wenigstens kleinerer Arten in Zweifel zu ziehen, dagegen finden sich fast auf jeder Insel fliegende Säugethiere und zwar häufig in ganz besonderen Species. Für die Fledermäuse aber wird die Wanderung durch das Flugvermögen ausserordentlich begünstigt, während die Landsäugethiere nicht über weite Meeresstrecken hinüberzukommen vermögen. Merkwürdig ist der allgemeine Mangel von Fröschen, Kröten und Mulclien auf fast allen oceanischen Inseln, obwohl eingeführte Batrachier auf einigen derselben so gut fortkommen, dass sie bald zur Plage werden. Indessen erklärt sich diese Thatsache einigermassen aus der Schwierigkeit, welche der Transport des in Meeres- wasser rasch absterbenden Laiches bietet. Am wichtigsten erscheint die Verwandtschaft der Inselbewohner mit denen des nächstliegenden Festlandes. Für die Fauna der aus- gedehnten australischen Inselwelt wurde von Wallace gezeigt, dass sie durchaus keinen selbstständigen Charakter trage, vielmehr auf den grossen asiatischen Continent, sowie zum Theil auf Australii'u zurückzuführen 110 Fauna der australischen Inselwelt. sei. Von dem erstem sind Sumatra, Borneo, Java nebst Bali östlich von Java nur dm'ch ein seichtes Meer geschieden, in gleicher Weise Neuguinea nebst den benachbarten Inseln von Australien. Dagegen trennt eine weit tiefere Einsenkung des Meeresbodens die beiderseitigen Insel- gebiete und zwar in der Weise, dass Celebes und Lombok der südlichen Gruppe zugehören, während noch die Philippinen auf den asiatischen Continent zu beziehen sind. Als losgelöste vielfach zerrissene Endtheile zweier einander genäherter Continente werden sie völlig verschiedene Launen bergen, deren Abgrenzung mit der Trennung der beiden ehe- maligen Festländer zusammenfallen muss. In der That trifft nun dieses Verhältniss in überrascher.der Weise zu. »Wenn wir die Fauna der nördüchen Inselgruppen betrachten, so finden wir einen überzeugenden Beweis, dass diese grossen Inseln einst dem grossen Continent angehört haben müssen und erst in einer sehr jungen geologischen Epoche von ihm getrennt sein können. Der Elephant und Tapir von Sumatra und Borneo, das Nashorn von Sumatra und die ähnliche javanische Art, das wilde Rind von Borneo und die javanische Form, die man so lange für eigenthümlich hielt, von allen weiss man jetzt, dass sie da oder dort auf dem Festland von Südasien vorkommen. Es ist unmöglich, dass einst diese grossen Thiere die Meerengen überschritten, welche jetzt diese Länder trennen und ihre Anwesenheit beweist klar, dass als die Arten entstanden, eine Landverbindung existirt haben muss. Eine be- trächthche Anzahl der kleinen Säuger sind allen Inseln und dem Fest- lande gemeinsam; aber die grossen physikalischen Veränderungen, die vor sich gegangen sein müssen seit der Ablösung und vor dem Unter- sinken so grosser Strecken haben den Untergang einiger auf verschie- denen Inseln herbeigeführt, und in einigen Fällen scheint Zeit genug zu Artumwandlungen gewesen zu sein. Vögel und Insekten bestätigen diese Ansicht; denn jede Familie und fast jede Gattung dieser Gruppen, welche man auf einigen Inseln findet, gehören auch dem asiatischen Festlande an, und in einer grössern Anzahl von Fällen sind die Arten völlig gleich«. »Die Philippinen stimmen in vieler Hinsicht mit Asien und seinen Inseln überein, bieten aber einige Abweichungen, welche an- zuzeigen scheinen, dass sie in einer frühern Peiiode abgetrennt wurden und seitdem einer Reihe von Umwälzungen in ihren physikalischen Ver- hältnissen unterworfen waren«. (Wallace). »Wenden wir uns nun zu dem übrigen Theil des Archipels, so linden wir, dass alle Inseln östlich von Celebes und Lombok zumeist eine ebenso auttallende Aehnlichkeit mit Australien und Neuguinea zeigen als die westüchen zu Asien. Es ist bekannt, dass die Naturerzeugnisse Australiens') von denen Asiens mehr abweichen als die der vier altern 1) Für die Pflanzen und Schmetterlinge tz'itft die Abgrenzung weniger zu, da Fauna der australischen Inselwelt. 111 Erdtheile von einander. Wirklich steht Australien für sich. Es hat keine Alfen, Katzen, Wölfe, Bären oder Hyänen; keine Hirsche oder Antilopen, Schaf oder Rind; weder Elephant noch Pferd, Eichhörnchen oder Kaninchen: kurz nichts von jenen FamiUentypen der Vierfüsser, die man in jedem andern Theile der Erde findet. Statt dieser besitzt es nur Beutler, Kängurus und Opossums und das Schnabelthier. Auch seine Vogelwelt ist fast ganz eigenthümlich. Es besitzt weder Spechte noch Fasanen, Familien die überall sonst vorkommen. Statt derselben hat es die erdhügelbauenden Fusshühner, die Honigsauger, Kakadus und pinselzungigen Lories, die sonst nirgends leben. Alle diese auf- fallenden Eigenthümlichkeiten finden sich auch auf den Inseln, welche die südmalayische Abtheilung des Archipels bilden«. »Der grosse Gegensatz zwischen den beiden Abtheilungen des Archipels tritt nirgends so plötzlich in die Augen, als wenn man von der Insel Bali nach Lombok übersetzt, wo die beiden Regionen sich am engsten berühren. In Bali haben wir Bartvögel, Fruchtdrosseln und Spechte; in Lombok sieht man diese nicht mehr, aber eine Menge von Kakadus, Honigsaugern und Fusshühnern, die ihrerseits wieder in Bali und allen westlichem Inseln unbekannt«. »Reisen wir von Java oder Borneo nach Celebes oder den Molukken, so ist der Unterschied noch auffallender. Dort sind die Waldungen reich an Affen, Katzen, Hirschen, die Flora von Neuseeland mit der von Südamerika eine grosse Verwandtschaft zeigt und die Schmetterlinge von Australien und Polynesien so sehr den Charakter der indischen Falter tragen, dass sie zu der Continental-asiatischen Falterfauna bezogen werden müssen. Auch manche Vögel und Fledermäuse sind mit denen Ostindiens verwandt. Man erkennt hier deutlich den Einfluss des Flugvermögens als Transport- mittel zur Ueberwindung der durch Meerengen gesetzten Schranken. Dagegen sind die eigentlichen Landthiere und schwerfälligen Echsen und die Schlangen und Schnecken grossentheils eigenthümliche Formen des Landes wenn auch mehr oder minder auf die Nachbarschaft ausgebreitet. Die Monotremen gehören ausschliesslich Tasmanien und der gegenüberliegenden Festlandsküste an. Dagegen erscheint Neuseeland von Australien abgeschlossen und mit einer ganz eigenthümlichen Fauna versehn, die sich bei dem Mangel echt einheimischer Säuge- thiere, Schlangen und Schildkröten vornehmlich durch die flügellosen Vögel vom Kiwi bis zu den Moas von Riesengrösse auszeichnet. Indess ist das Gebiet der fiugunfähigen Vögel ein viel grösseres, die Casuare (Casuarius) breiten sich von den Molukken über die polynesischen Inseln nach Neu-Guinea, Neubritanien und dem Nordraud von Australien und die Emu's (Dromams) selbst bis nach Tasmanien aus. Andererseits haben xifrika und Südamerika ihre Straussengattung. Bezüglich der Vertheilung der Säugethiere Australiens, die mit Ausnahme von 2 möglicher- weise einheimischen Nagethiergattungeu {Hydromis , Haxjolotis) Beutelthiere sind, so erstrecken sich dieselben durch den malayischen Archipel bis nach Celebes; umge- kehrt gehen Säugethiere des asiatischen Continents über die Sundaiuseln bis zu den Molukken; auch Rütimeyer leitet also die Säugethierbevölkerung der Inseln zwischen Australien und Asien von beiden Continenten ab. 112 Fauna der Galopagosinselu. Zibethkatzen und Ottern und man begegnet zahlreichen Formen von Eichhörnchen. Hier — in Besitz von schwingenden Wimpern, Haaren, Borsten etc. dem Thiere die Möglichkeit einer raschen, durch Contraktionen der Leibessubstanz unterstützten Lokomotion gewährt. Selten, wie bei den parasitischen Opalinen, werden Flüssigkeiten endosmotisch durch die Haut aufge- nommen oder durch die Oeühungen von Saugröhren eingesogen {Acinetcn), in der Regel findet sich an einer bestinnnten Körperstelle eine Mund- öffnung, durch welche feste Nahrungskörper in das Innere des Leibes eintreten, und an einer andern Stelle eine Afteröffnung zum Austritt der Verdaunngsüberreste. In der Leibessubstanz treffen wir eine pidsirenäe VacHoh und eigenthümliche als Nuclei und Ishideoli bekannte Körper an, die Organe der Keimbildung und Fortpflanzung. Ausser den Rhisopoden ind Infusorien, welche wir für Thiere zu halten berechtigt sind und als Classen der Protozoen unterscheiden, gibt es eine Menge niederer Organismen, welche zwar früher haupt- sächlich wegen der Fähigkeit der freien Ortsveränderuug mit den In- fusorien vereinigt wurden und für Thiere galten, nach den Ergebnissen neuerer Untersuchungen jedoch eine viel nähere Beziehung zu niederen Pflanzen, insbesondere den Pilzen und Algen haben. Es sind das vor Allem die Schisomyccten, Myxomyceten, FlagclJaten (ßlonuden, Vol- vocinen, Euylenen, Perldinien und Noctihtcen), Katallahtcn , Lahyrin- tJmleen und Gregurinen. 1. Die Schizomijceten ^) (Bactcrien) sind sehr kleine, kuglige, stäbchen- förmige, mitunter gedrehte Körper, welche sich in verwesenden Substanzen, ins- besondere an der Oberfläche faulender Flüssigkeiten finden und hier die Entstehung 1) F. Cohn, Ut'ber Organismen der Pockenlymphe. Virchow's Archiv. 1S72. Derselbe, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Heft 2. Untersuchungen über Schizomyceten. 139 schleimiger Häute veranlassen. Ihrer Form nach stehen sie den Hefepilzen ain nächsten, mit denen sie auch in den Bedingungen ihres Ernährungsprocesses (Ammoniak und C.-haltige organische Verbindungen zu verbrauchen) übereinstimmen. Aehnlich wie diese erregen und unterhalten sie durch Entziehung von Sauerstoff oder Anziehung desselben aus der Luft (Reductions- oder Oxydationsfermente) den Gährungs- beziehungsweise Verwesungsprocess organischer Substanzen, unterscheiden sich jedoch von denselben wesentlich durch die Formentwicklung, indem sie sich durch Theilung in zwei Hälften vermehren, während die Hefepilze {Saccharomtjces, Hormisciiim) Ausstülpungen bilden und als Sporen zur Abschnürung bringen. Auch ist bislang der bei den Hefepilzen aufgefundene Fruktifikationsprocess (Bil- dung von Asci mit 2 oder 3 Sporen) für die Schizomyceten nicht nachgewiesen worden. Am besten reihen sie sich den allerdings grössern Chlorophyll-führenden Fhijcochromaceen (Chroococcaceen , Oscillarien, Nostocaceen) an und rej)räsentiren gewissermassen die Chlorophyll-freie Parallelgruppe zu denselben. Sie besitzen einen stickstoftlialtigen in der Regel farblosen meist mit glänzenden Kügelchen und Körnchen versehenen Inhalt und (Colin) eine Membran, die der Cellulose oder einem andern Kohleuhydrat nahe steht. Bei manchen Formen ist dieselbe zart und gestattet dem fiexilen Protoplasma Biegungen und Streckungen, bei andern formbeständigen Bacterien ist sie starr. Die Quertheilung erfolgt, nachdem sich die Zellen in die Länge gestreckt, durch Einschnürung des Protoplasma und durch Ausscheidung einer rxueren Scheidewand. Bald trennen sich die Tochterzellen sofort, bald bleiben sie vereinigt und erzeugen durch neue Theilung Fäden (Faden- bakterien). Bald werden die Zellgenerationen durch eine gallertige Zwischen- substanz verbunden und erzeugen so unregelmässig geformte Gallertmassen (Zoo^/^oea), bald bleiben sie frei und in Schwärmen zerstreut. Auch in Form eines pulverigen Niederschlages können sie sich am Boden absetzen, sobald die Nähi-stoife in einer Flüssigkeit erschöpft sind. Die meisten besitzen einen beweglichen und einen unbeweglichen Zustand ; im ersteren rotiren sie um die Längsachse, können sich aber auch beugen und strecken, niemals aber schlängeln. Die Beweglichkeit scheint an die Gegenwart von Sauerstoff gebunden zu sein. Die Abgrenzung der Bacterien in Gattungen und Arten ist um so weniger durchführbar, als eine geschlechtliche Fortpflanzung vcr- misst wird, man wird sich begnügen müssen, in mehr künstHcher Weise Form- species und physiologische Arten oder Abarten aufzustellen, ohne ihre Selbst- ständigkeit stets beweisen zu können. F. Cohn unterscheidet 4 Gruppen als Kugelbakterien mit Micrococcus {Monas, Mijcoderma), Stäbchenbakterien mit Bacterium, Fadenbakterien u)it Bacillus und Vibrio, Schraubenbakterien mit Spiril- lum und Spirochaete. Die Kugelbakterien sind die kleinsten Formen und zeigen nur Molekular- bewegung; sie erregen verschiedene Zersetzungen, aber nicht Fäulniss. Man kann sie nach der verschiedenen Formentwicklung in chromogene (der Pigmente), zymogene (der Fermente) und pathogene Arten (der Contagien) sondern. Die ersteren treten in getarbten Gallertmassen auf und vegetiren in Zoogloeaform, z. B. M. prodigiosus Ehr. auf Kartoffeln etc. Zu den zymogenen gehört M. ureae, Bacterien. 187'2. Oestel, Experimentelle Untersuchungen über Diphterie. Deutsches Archiv für klinische MecUcin. 1871. Vergl. ferner die Arbeiten von Eberth und Klebs. ^^^ Myxoiii5'coten. Harnferment, zu den pathogenen, M. vaccinae, Pockenbakterie, M. septicus der Pyämie, M. diphtericus der Diphteritis. Die Stäbchenbakterien bilden keine Ketten oder Fäden und zeigen namentlich bei hinreichender Nahrung und Anwesenheit von Sauerstoft' spontane Bewegungen. Hierher gehört das in allen thierischen und pflanzlichen Aufgüssen verbreitete Bacterium Tcrmo Ehr., welches in ähnlicher Weise das nothwendige Ferment der Fäuhiiss ist, wie Hefe das der Alkoholgährmig ; rcrnei- B. LineoJa Ehr. von be- deutenderer Grösse in Brunnenwasser und stehendem Wasser auch ohne Fäulniss- produkte, ebenso wie jenes mit Zoogloeagallert. Als Ferment der Milchsäure gilt nach Hoffmann eine andere Bacterienform. Von den Fadenbakterien veranlasst die bewegliche Bacillus ( Vibrio) subtilis Ehr. die Buttersäuregährung, findet sich aber auch in Infusionen zugleich mit B. termo. Sehr nahe verwandt und kaum unterscheidbar, aber unbeweglich ist die Milzbrandbakteridie Bacillus AntJiracis. Durch formbeständige Wellenbiegungen des Fadens charakterisiren sich Vibrio rugiila und serpens; diese führen endlich zu den Schraubenformen, von denen Spirochaete eine flexile und lange aber eng- gewundene, Spirillum eine starre kurze und weitläufige Schraube darstellt. Spirochaete plicatilis. Spirillum tenue, Undula, volutann, letztere mit Geissein an beiden Enden. Hierher gehört wohl auch Mycoderma aceti, die sog. Essigmutter. Eine Unzahl kurzer, stabförmiger, kaum ^ j,'g „ mm. breiter und oft beweglicher Körperchen, die sich in der Quere theilen und oft in Ketten vereinigt bleiben, sind durch eine homogene Gallerte zur Bildung einer schleimigen Haut an der Oberfläche der Essigmischung zusammengehalten und vermitteln, wie Pasteur zeigte, die Oxydation des verdünnten Alkohols zur Essigsäure. 2. Die Myxomyceten ') oder Schleimpilze bilden im Zustand ihres reifen Fruchtkörpers (Sporangien) runde oder längliche oft gestilte und lebhaft gefärbte Blasen von Erbsengrösse , selten cylindrische oder platte napfl'örmige Schläuche, deren Innenrauin von zahlreichen Sporen (oft zwischen einem eigen thümlichen Geflechte von Fasern (dem sog. Capillitium) erfüllt ist {Bhysarum, Trichia, Didy- mium, Stcmonites etc.). Der Fruchtkörper des bekanntesten Schleimpilzes, der sog. Lohblüthe {Jethalium septicum), ist ein polsterförmiger Kuchen von bedeutender Flächenentfaltung und stellt im Wesentlichen ein Geflecht schlauchförmiger von kalkiger (gelber, später blasser oder zimmetfarbiger) Rinde umgebener Physarum- Sporangien dar. Die Sporen keimen bei Zutritt von Feuchtigkeit, indem das Protoplasma anschwillt, die Membran zum Platzen bringt und langsam amöben- ähnlich aus der OefFnung hervorkriecht. Der ausgeschlüpfte Inhalt mit seinem Zellkerne streckt sich unter Aus- und Einziehn spitzer Fortsätze, treibt am vor- dem Ende eine lange schwingende Cilie und bewegt sich schvnmmend oder kriechend als Schwärmer umher. Nachdem sich die Schwärmer durch mehrfach fortgesetzte Zweitheilung fortgepflanzt, ihre peitschenförmigen Cilien verloren und eine aus- schliesslich kriechende Bewegung angenommen haben, verschmelzen sie unter Verlust ihrer Kerne zu grössern beweglichen Protoplasmakörpern, den sog. Plas- modien, welche von schleimartiger Consistenz zur Bezeichnung »Schleiuipilze« Ver- 1) A. de Bary, Die Mycetozoen. 2. Aufl. Leipzig. 1864, sowie dessen Mor- phologie und Physiologie der Flechten, Pilze und Myxomyceten. Leipzig. 180(3. Cienkowski, Zur Entwicklungsgeschichte der Myxomyceten. Pringsheim's Jahr- bücher etc. III. Flagellaten. 141 anlassung gaben. An diesen beweglichen, netzförmig verzweigten oder dünnen mehr vereinzelten Strängen, die meist im Innern faulender Pflanzen leben, unter- scheidet man eine festere Parietalschicht und eine weichflüssigere Grundsubstanz, in der theils stabile theils abwechselnd wieder verschwindende Vacuolen auftreten und zahlreiche Körner (zum Theil aus kohlensaurem Kalk gebildet) zerstrevit liegen. Die Bewegung der Masse ist ein allmählig strömendes Fortrücken der Substanz, verbunden mit Ausstrecken und Wiedereinziehn von Pseudopodien und mannich- faltigen Verschmelzungen der vorgestreckten Aeste. Feste Körper, wie Stärke- körner, Pflanzenreste etc. werden ähnlich wie bei den Rhizopoden umflossen und in das Innere als Nahrungsmittel aufgenommen, die grösseren auch wieder vor der Sporangienbildung ausgestossen. Bei der Sporangienbildung formt sich das Plasmodium zuweilen unter Theilung in mehrere Stücke, in andern Fällen unter Zusammenfliessen zahlreicher Plasmodien, die Zellschicht wird trocken, es beginnt die Sonderung des Sporenplasmas und die Entwicklung des CapilHtiums. In der Hauptmasse des Plasmas treten Zellkerne in rasch wachsender Zahl auf, dann sondern sich rundliche Portionen der Substanz um die einzelnen Kerne und er- halten eine äussere Membran. Ausserdem kommen in dem Entwicklungscyclus der Myxomyceteyx, aber nicht als nothwendige Glieder, Ruhezustände vor, in welche die Schwärmer (Mikrocysten) und Plasmodien (derbwandige Cysten und Sclerotien) übergehn können, falls Aus- trocknung die normale Fortbildung hindert. 3. Die Flagellaten^). Infusorien-ähnliche Organismen, deren Bewegungs- organe von einem oder mehreren peitschenförmigen Wimpern, selten zugleich von einer accessorischen Wimperreihe gebildet werden. Viele haben einen Ruhezustand und schüessen sich sowohl ihrer Entwicklung nach als in ihrer Ernährungsweise niedern Pilzen und Algen an. Immerhin gibt es einige Geisseiträger, über deren Stellung zu den Pflanzen oder Thieren man zweifelhaft sein kann. In der That nehmen denn auch einzelne Forscher den grössten Theil der Flagellaten unter den Infusorien auf, deren Bau jedoch weit complicirter ist. Was ausgezeichnete Forscher wie Stein, Claparede, Cohn veranlasste, die Flagellaten für Thiere zu halten, ist die vollkommene Con- traktilität des Körpers, in der sie freilich die Schwärmzustände der Myxomyceten nicht übertreffen, sodann die ContraktiUtät der Geissein, die scheinbar zweckmässige und willkürliche Bewegung, das Vorkommen contraktiler Vacuolen und selbst, wie für einzelne Fälle constatirt ist, das Eindringen körperlicher Elemente durch eine am Grunde der Geissei gelegene Oefthung in das Innere des Körpers. In- dessen sind diese Erscheinungen keineswegs Kriterien thierischer Natur, wie oben 1) Ehrenberg, Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. 1838. F. Cohn, Ueber Stephanos2)haera pluvialis. Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie. Bd. IV. Derselbe, Naturgeschichte des Protococciis pluvialis. Nova acta vol. XXII. Derselbe, Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der mikroskopischen Algen und Pilze. Nova acta vol XXIV. 1854 und XXVI. 1856. Perty, Zur Kenntniss kleinster Lebensformen etc. Bern. 1852. Claparede und Lachmann, Etudes sur les Infusoires et les Rhizopodes. Geneve. 1858—1861. Carter, Annais and Magazin of natural history. 1858. Vol. I et 11. N. Frings heim, Ueber die Paarung von Schwärmsporen. Berlin. 1869. 142 Monaden. bereits ausführlich dargelegt wurde. Uebersieht man die als Flagellaten bezeich- neten Organismen, so wird man zunächst einen «^ros.s'^n Thoil der Monaden als Schwärmezustände niederer Pilze sondern können. Für eine Anzahl sog. Monaden ist indessen der Entwicklungsgang noch nicht bekannt geworden, so z. B. für die parasitischen im menschlichen Körper beobachteten Cercomonaa urinarius, intesti- nalis, Trichomonas vaginalis u. a. PJine andere Gruppe von Monaden ' ) erweisen sich als selbständige Organismen mit einer den Myxomyceten ähnlicher Entwicklung. Diese mögen als »Monaden'^ g. str. nach dem Vorgange Cienkowski's als eigne Gruppe niederer Organismen zusammengefasst.werden. Es sind einzellige, chlorophyllfreie Wesen, deren Schwärm- sporen meistens in Amöben-zustand übergehn und dann, nach aufgenommener Nahrung, in einen durch den Besitz einer derben Zellmembran charakterisirten Ruhestand eintreten. Eine Anzahl derselben {Monas, Fseudospora, Colpodella), die sog. Zoosporeen, sind bewimperte Schwärmer ganz vom Aussehn der Myxomyceten- schwärmer, welche mit Ausnahme von Colpodella zu kriechenden spitze Pseudo- podien treil)enden Amöben auswachsen. Man könnte dieselben auch schlechthin als kleine Plasmodien betrachten, zumal da bei Monas amyli mehrere Schwärmer zur Bildung der Amöbe zusammenfliessen. Dann nehmen sie — bei Colpodella ohne zuvor in Amöbenzustand einzutreten — Kugelform an, während ihre Ober- fläche eine Membran bildet, und zerfallen innerhalb der Cyste durch Theilung des Protoplasmas in eine Anzahl von Segmenten, welche ausschlüpfen und als Schwärmer den Entwicklungsgang wiederholen. Colpodella pugnax auf Chlamydomonas. Pseudospora voloocis. Die zweite Gruppe von Monaden, die sog. Tetraplasten ( Vampyrella, Niiclearia) entbehren des Schwärmzustandes, dagegen erzeugt das Protoplasma des encystirten Ruhestadiums durch Zwei- oder Viertheilung ebensoviel Actinophrysartige Amoeben, welche theils wie Colpodella aus Algenzellen (Spirogyren, Oedogonien, Diatoma- ceen etc.) ihre Nahrung aussaugen, theils fremde Körper umfiiessen. In Nahrungs- weise und Bewegungsart schliessen sich die Monaden den Rhizopoden, aber auch niedern Pilzformen wie Chytridium an, in dem gesammten Entwicklungscyclus stimmen sie am meisten mit einzelligen Algen und Pilzen überein, obwohl di(; Analogie zum Entwicklungsvorgange mancher Infusorien, Amphileptus , nicht von der Hand zu weisen ist. Cienkowski, Lieberkühn u. a. sind der Meimmg, dass die Monaden Thiere sind, die durch Zoosporen bildende Zellen den Uebergang in das Pflanzenreich vermitteln. Eine etwas abweichende Entwicklung und Cysten- bildung zeigt die Cienkowski'ache Spumella vulgaris, welche feste Nahrung aufnimmt (mit Hülfe der Vacuole) und an einem Faden festsitzt, ebenso die Chro- midina nebulosa Cnk. Neuerdings sind von E. Haeckel ') die Gattungen Monas (als Fiotomonas) und Vampyrella desshalb, weil sie des Kernes (Cytoblastes) entbehren, von den andern Monadengattungen getrennt und mit mehreren ebenfalls kernlosen rhizo- podenähnlichen Formen, wie Protogenes, Protomyxa, Myxastrum, Myxodielyon, 1) L. Cienkowski, Beiträge zur Kenntniss der Monaden. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. I. 1865. Derselbe, Ueber Palmellaceen und einige Flagellaten. Ebendas. Tom. VI. 1870. 2) E. Haeckel, Monographie der Moneren. Jenaische Zeitschrift. Bd. IV. Volvocinen. Astasiaeon. Peridinien. 143 als Moneren zusammengestellt worden. Indessen möchte doch gewiss der Mangel des Kernes nicht die Bedeutung erreichen, welche die Uebereinstiinmung in der Ernährungs- und Entwicklungsweise mit den übrigen Monadengattungen für das Urtheil über natürliche Verwandtschaft besitzt; allerdings erinnert die bei Pro- tormjxa aurantiaca beobachtete Fortpflanzungsweise auffallend an die Entwicklungs- geschichte der Monaden und auch die Fortpflanzung von Myxastrum steht zu der- selben in naher Beziehung, dennoch aber möchte die Uebereinstimmung dieser grossen Haeckel'schen Formen mit dem Sarkodekörper der Rhizopodcn für die Zusammenstellung derselben mit den Rhizopoden sprechen. Endlich gibt es Monaden-ähnliche Organismen, welche in Gallerthaufen ver- senkt zusammenleben und schild- oder schlauchförmige Colonieen bilden. Phalan- sterium Cnk. , Ph. consociatum Fr., Ph. intestinum Cnk. Die Dinohryinen {Dino- hryum) und Hydromorinen {Spondylomorum) sind pflanzliche Gebilde, ebenso werden Volvocinen wohl allgemein zu den Algen (Protococcaceen) gestellt, obwohl für sie der Besitz contraktiler Vacuolen unzweifelhaft ist. Eine andere Gruppe sehr contraktiler Flagellaten, die Astasiaeen {Astasiaea und Euglena) sehliessen sich in ihrer Entwicklung und in ihren Lebensvorgängen den Volvocinen und Palmellaceen an. Was die Astasiaeen und Volvocinen dem pflanzlichen Leben näher führt, ist die Art der Entwicklung, der Wechsel von ruhenden und beweg- lichen Zuständen, der Besitz einer Cellulosekapsel in den erstem, die Ausscheidung von Sauerstott' und der Reichthum an Chlorophyll sowie an pflanzlichen roth oder braun gefärbten Oelen. Während die Astasiaeen im Zustande des Schwärmens als Einzelzellen leben, bilden die Volvocinen Colonien von Einzelzellen, welche durch gemeinsame Gallerte vereinigt sind. Wähi-end des freien Umherschwärmens besitzen beide die Fähigkeit der Fortpflanzung, indem sich die Zellen in gesetz- mässiger Weise theilen und bei den Volvocinen zu Tochtercolonien innerhalb der Muttercolonie werden. Auch eine geschlechtliche Fortpflanzung ist für die Vol- vocinen nachgewiesen. Einige der Mutterzellen vergrössern sich und zerfallen in zahlreiche den Samenkörpern entsprechende Mikrogonidien , andere wachsen zu grossen Eizellen aus , welche von den erstem befriichtet werden , sich dann mit einer Kapsel umgeben und als grosse sternförmige Zellen zu Boden senken. Auch während des Ruhezustandes pflanzen sich die Astasiaeen und Volvocinen durch Theilung innerhalb der Cellulosekapsel fort, während zugleich ein Wechsel der Farbe stattfindet. Von den bekanntesten Volvocinen ist hervorzuheben: Volvox globator, Gonium pectorale, Stephanosphaera pluvialis, Eudorina elegans, von Astasiaeen die Euglena viridis und sanguinea. Letztere sollen nach Stein eine für Flüssigkeit zugängliche Mundöffhung und Schlundröhre besitzen. Der Kern soll sich zu gewissen Zeiten theilen und in 7—10 Ballen zerfallen, welche sich bald in eiartige Körper ambihlcn, bald eine geisticUörmige Wimper erhalten. Eine andere Gruppe der Flagellaten, die man wohl auch als Cilioflagellaten sondert, zeichnet sich durch den Besitz einer Wimperreihe aus, welche den harten Hautpanzer neben den Geissein bekleidet. Die hierher gehörigen Peridinien, zum Theil von absonderlicher Gestalt mit grossen hornförmigen Fortsätzen der Schale, sehliessen sich, soweit ihre Entwicklung bekannt geworden ist, am nächsten den Euglenen an. Ausser den beweglichen und gepanzerten Formen gibt es auch solche ohne Locomotionsorgane und Schale, ferner encystirte Zustände, in deren Imierm eine Menge kleiner Jugendformen ihren Ursprung nehmen sollen. Ceratiiim cornutum. Peridinium pidvisculus, sanguineum. 144 Noctilucen. Den Flagellaten -wird man endlich auch die Noctilucen ' ) zurechnen können, eine Gruppe kleiner leuchtender Meeresthiere , deren pfirsich förmiger von fester Haut umgrenzter Körper einen geisaeKörmigen Anhang trägt. An der Basis desselben findet sich eine tief rinnenförmige Einbuchtung mit der durch den Besitz eines zahnartigen unbeweglichen Vorsprnngs und einer an eine flügelartige Lippe angehefteten schwingenden Wimper ausgezeichneten Oetfnung. Der Weich- körper besteht aus einer unregelmässig gestalteten Masse contraktiler Substanz, welche einen glashellen Körper {Nucleus) umschüesst und in der Peripherie zwischen hyaliner Flüssigkeit zahlreiche Sarkodestränge und anastomosirende Sarkodefäden mit Körnchenströmung nach der Innenseite der Haut entsendet, wo dieselben durch feine Netze verbunden sind. Die contraktile Substanz erstreckt sich auch in die Geissei hinein und nimmt hier ein quergestreiftes Ansehn an. Die Nahrung, aus Diatomaceen bestehend, gelangt durch die Mund- öffnung in den centralen Sarcodeleib und auch, von einer grossen Menge con- traktiler Substanz umschlossen, in die peripherischen Stränge. Darm und After- öffnung, welche Huxley beschrieb, scheinen zu fehlen, die Entleerung der ver- ]u-auchten Reste erfolgt durch die Mundöfthung. Die Bedeutung eines dreikantigen der Haut angelagerten Stabes, dessen verdicktes Ende zwei kleine höckerförmige Hautvorsprünge veranlasst, ist nicht klar. Mehrfach wurde die Regeneration der Haut — nach Austritt des gesamuiten Sarcodeleibes mit dem stäbchenförmigen Körper — beobachtet. Die Fortpflanzung erfolgt durch Theilung (Brightwell) hauptsächhch im Winter und Frühjahr, wie es scheint unter Betheiligung des Nucleusartigen Körpers. Eine zweite Vermelirungsart geschieht durch innere Keime (Zoosporen). Durch Einziehn oder Abstreifen der Geissei gestaltet sich die Noctiluca in eine glatte Kugel um, in welcher das Staborgan verschwindet. Solche gewibsermassen eingekugelte Noctilucen erzeugen nach Cienkowski Zoosporen. Nach dem Schwunde des Nucleus zerfällt der Sarcodeinhalt in 2 bis 4 nicht scharf von einander gesonderte Klumpen, denen entsprechend sich die Blasenwand in ebensoviel flügeLförmige Ausstülpungen her vortreibt. Diese bilden zahbeiche Hügel und warzenförmige Erhebungen, die Anlagen der Zoosporen, welche sich tiefer von der Blasenwand abschnüren, während der Noctilucenkörper die Gestalt einer Scheibe gewinnt. Die Hügel und Warzen entstehen also auf Kosten des proto- plasmatischen Inhalts der Scheibe, der sich mit der Zoosporenbiklung mehr und mehr erschöpft. Dieselben schnüren sich endlich von der Blase ab und werden als kleine Schwärmer mit Nucleus, Stachel, Warzen und cylindrischem Anhang frei — um wahi-scheinlich unter noch nicht näher beobachteten Umgestaltungen in dieNoctilucenformüberzugehn. Auch Copulationsvorgänge finden nach Cienkowski sowohl zwischen normal gebauten als eingekapselten Formen statt. Stets legen 1) Suriray, Description du Noctiluca miliaris. Guerin, Magazin de Zoo- logie. 1836. A. de Quatrefages, Observations sur les Noctiluques. Annales de sciences naturelles. 3. Ser. Tom. 14. W. Busch, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte einiger wirbellosen Thiere. 1851. Huxley, On the structure of noctiluca miUaris. Quat. Journ. of Microsc. Sciences. Vol. III. Woodham Webb, On the Noctiluca miliaris. Ebendas. 1855. Brightwell, On SeU-Division in Noctiluca. Ebendas. 1857. L. Cienkowski, lieber Noctiluca miliaris. Arch. für mikrosk. Anatomie. 1871 und 1872. Katallakten. Labyrinthuleen. Gregarinen. 145 legen sich die beiden Individuen mit den dem Nucleus am nächsten liegenden Thcilen zusammen und verschmelzen nach Resorption der Berülu-ungswand und Vereinigung der Protoplasmamasse nebst Nuclei zu einem Gesammtkörper. Es ist kaum zweifelhaft, dass durch die Copulation wohl im Zusaiumenhang mit der be- schleunigten Ernährung die Zoosporenbildung begünstigt wird. Auch wird man in derselben wie bei der Copulation der Diatomaceen- und der Volvocinen-zoosporen einen mit der geschlechtlichen Fortpflanzung verwandten Vorgang zu erkennen haben DiQ. Noctüucen verdanken ihren Namen dem Leuchtvermögen, welches sie allerdings mit zahlreichen höher organisirten Seethieren, insbesondere den zarten hyalinen Quallen, Pyrosomen etc., theilen. Unter geeigneten Bedingungen steigen sie aus der Tiefe an die Oberfläche des Meeres in so ungeheurer Menge empor, dass die Meer- oberfläche auf weite Strecken hin eine schleimige Beschaffenheit und einen röth- lichen Schein gewinnt, nach Sonnenuntergang aber und vornehmhch schön am Abend bei bedecktem Himmel, die prachtvolle Erscheinung des Meerleuchtens bietet. Die in der Nordsee und im atlantischen Ocean verbreitete bekannteste Art ist N. miliaris. 4. Als Katdllakten ^) bezeichnet man die von E. Haeckel entdeckten marinen Flimmerkugeln, welche aus einer Anzahl birnförmiger mit ihren spitzen Enden im Mittelpunkte der Kugel vereinigter Wimperzellen bestehn. Nach Auflösung der Kugel schwimmen die Zellen Infusorien-ähnlich frei umher, fallen dann unter Einziehn der Wimpern zu Boden, um in Form von Amöben umherzuki-iechen. Später kapseln sie sich ein, zerfallen durch fortgesetzte Zweitheilung in ein Aggregat von Zellen, die wiederum Flimmerhaare gewinnen und die Kapsel durch- brechend als neue .Generationen von WimperkugeLa umherschwimmen. Mago- sphaera planula E. Haeck., Norwegische Küste. 5. Die Labyrinthuleen {Labyrinthuleae) wurde von Cienkowski =") an Ptählen (Hafen von Odessa) entdeckt und sind Haufen von gekernten Zellen, welche sich durch Theilung vermehren und einen gewissen Grad von Contraktihtät besitzen. Merkwürdigerweise scheiden sie eine faserige Substanz aus, die zu einem Netze von verästelten Fäden erhärtet. Auf diesem Gerüste gleiten sie wie auf einer Fadenbahn wandernd umher, vereinigen sich von Neuem in Haufen und treten in einen Cystenzustand ein, indem jede Zelle eine harte Hülle erhält, während zugleich alle von einer Rindensubstanz umschlossen werden. Aus jeder Cyste gehn nach längerer Ruhe vier ZeUen hervor, die sich wahrscheinlich wieder in junge Labyrinthuleen verwandeln. Der einseitigen Ausscheidung und Entwicklung nach scheinen sie mit manchen Palmellaceen am nächsten verwandt {Antliophysa). Labyrinthula vitellina, wacrocystis Cnk. 6. Gregarinae ^) , Gregarinen sind zellähnliche Organismen mit Kern und nackter Haut, welche am Darm und in Innern Organen niederer Tliiere parasitisch 1) E. Haeckel, Studien über Moneren und andere Protisten. Leipzig. 1870. 2) L. Cienkowski, lieber den Bau und die Entwicklung der Labyrinthuleen. Archiv für miki-osk. Anatomie. Tom, III. 1867. 3) A. Frantzius, Observationes quaedam de Gregarinis. Wratislav. 1846. F. Stein, Ueber die Natur der Gregarinen. Müller's Archiv. 1848. Kölliker, lieber die Gattung Gregarina. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. 1848. A. Schmidt, AbhaudL d. Senkenb. Ges. Bd. I. 1854. N. Lieberkühn, Evolution des Gregarines. Mem. cour. d. l'Acad. de Belg. 1855. Derselbe, B-^itrag zur Keuntniss der Gregarinen. Archiv für Anat. und Physiologie. 1865. Th. Eimer, Claus, Zoologie. 3. Auflage. 10 146 Gregarinen. leben. Der Leib der Gregarinen, welche eine Zeit lang irrthümlich für unent- wickelte Eingeweidewürmer gebalten wurden , ist im Allgemeinen wurmförmig gestreckt, aber von sehr einfacher Organisation. Eine zarte, durch keinerlei Oeff- nungen durchbrochene Hülle bildet die Umgrenzung einer körnigen, zähflüssigen, schwach contraktilen Grundmasse, in welcher ein rundlicher oder ovaler heller Körper, der sogenannte Kern, eingebettet liegt. Indessen kann Hülle sowohl als Kern fehlen, was für die Psorospermien bildenden Formen gilt. Die unbestreitbare AehnUchkeit vieler Gregarinen mit einer einfachen Zelle wird jedoch durch weitere Differenzirungen gestört, indem sich häufig das Vorderende von der Hauptmasse des Leibes, in welcher der Kern liegt, durch eine quere Scheidewand absetzt. Der vordere Körpertheil gewinnt auf diese Art das Aussehen eines Kopfes, zumal sich an ihm hier und da durch Widerhaken und Fortsätze Einrichtungen zum Anheften ausbilden. Mund, Darm und After fehlen, die Ernährung geschieht endosmotisch durch die äussere Wandung, während die Bewegung auf ein langsames Fortgleiten des sich schwach contrahirenden Körpers beschränkt ist. Schon Lieberkühn hat unterhalb der Cuticula mehrerer Gregarinen eine streifige Schicht unterschieden, die einer Muskellage zu vergleichen sein dürfte, und neuerdings hat E. van Beneden eine Lage transversaler Muskelfasern bei der riesigen Gregarine des Hummers nachgewiesen. In der Jugend leben die Gregarinen stets als Einzel- wesen, im ausgewachsenen Zustand trifft man sie häufig in zweifacher oder mehrfacher Zahl aneinandergeheftet an. Diese Zustände der Verbindung gehen der Fortpflanzung voraus und leiten eine Art Conjugation ein. Die beiden mit der Längsachse hinter einander liegenden Individuen contrahiren sich, umgeben sich mit einer gemeinsamen Cyste und zerfallen nach einem dem Furchungsprocesse ähnlichen Vorgang , in einen Haufen kleiner Bläschen, welche zu sinndelförmigen kleinen Körperchen (Pseudonavicellen) werden. Die in der Umgebung der copulirten Individuen, selten im Umki-eis eines einfachen In- dividuums ausgeschiedene Cyste wird zur Pseudonavicellencyste, durch deren Platzen die spindelförmigen Körper nach aussen gelungen. Jede Pseudonavicelle erzeugt aus ihrem Inhalte ein amöbenartig bewegliches Körperchen, wie man schon nach Lieberkühn 's Beobachtungen an Psorospermien des Hechtes zu folgern berechtigt war. Dieser Körper gestaltet sich jedoch nicht direct in eine kleine Gregarine um, sondern erzeugt, wie E. v. Beneden gezeigt hat, zwei Gregarinen. Unter Verlust der frühern Beweglichkeit treibt derselbe zwei Fortsätze, von denen der grössere und beweglichere sich abschnürt, der kleinere den Rest des Mutterkörpei-s in sich aufnimmt. Beide werden zu fadenförmigen jungen Gregarinen (Pseudo- filarien) und erzeugen erst später den Kern. Eine grosse Aehnlichkeit mit den Pseudonavicellencysten haben die schon längst als Psorospermien bekannten Gebilde aus der Leber der Kaninchen im Darmschleim und Epithelzellen, aus den Kiemen der Fische und aus den Muskehi mancher Säugetliiere etc., ohne dass man über deren Natur vollständig ins Klare gekommen wäre. Ebenso verhält es sich mit den Mischer 'sehen oder Rain ey 'sehen Schläuchen aus den Muskeln z. B. des Schweines, nicht minder erinnern die parasitischen Schläuche von verschiedenen Asseln und Krebsen, welche von Cienkowski als Amoebidium parasiticum zu Ueber die ei- oder kugelförmigen Psorospermien der Wirbelthiere. Würzburg. 1870. Ed. van Beneden, Reeherches sur l'evolution ' des Gre'garines. Bulletin de l'Acad. roy. de Belgique. 2. Ser. XXXI. 1871. R. Lankester, Remarks on the structure of the Gregarinae etc. Quaterl. Journ. mikr. Soc. 1872. 1. Classe. Rhizopoda, Wurzelfüsser. 14'? den Pilzen gerechnet werden, durch ihre Fortpflanzungsart an die Gregarinen und deren Cysten. Wir unterscheiden mit Stein drei Familien. 1. Farn. Monocystidae. Körper ohne Scheidewand zwischen Kopf und Leib, einzeln oder zu zweien verbunden. Monocystis agilis im Hoden des Regenwurmes. 2. Farn. Gregarinidae. Körper mit abgeschnürtem Kopfe. Gregarina gigantea E. V. Ben., im Darm des Hummers, 16 mm. lang. Gr. Blattarum, clavata etc., Actinocephalus Lucani, Stylorhynchus longicollis im Darm von Blaps. 3. Fam. Didymophides. Der Körper zerfällt in Kopf, Vorderleib und Hinter- leib. Sind vielleicht copulirte Formen. Didytnophyes. I. Classe. Rliizopoda ')? Ikt^iirzelfiiNi^ei*. Protozoen ohne äussere Umhüllung shaut, deren Sarcodeparenchym Fortsätze ausstreckt und Körnchenbeivegiingen geigt, gmveilen mit pulsir ender Vacuole, in der Regel mit ausgeschiedenem Kalkgehäuse oder Kieselgerüst. Die Leibessubstanz dieser Thiere, deren Gehäuse schon seit langer Zeit vor Kenntniss des lebenden Körpers als Foraminifcren oder Poly- thalamien bezeichnet wurden, ist die Sarcode in freier, durch keine Umgrenzungshaut gebundener Form. Das körnchenreiche auch Pigmente tragende Parenchym, in rascher oder langsamer Contraktion begriffen, enthält mit Flüssigkeit gefüllte Räume, Vacuolen, und sendet breite und leicht fliessende Fortsätze oder feine haarförmige Fäden zähflüssiger Natur, Pseudopodien, aus, welche sowohl zur Fortbewegung als zur Nahrungsaufnahme dienen. An diesen werden oft langsame, aber regel- mässige Körnchen-Wanderungen von der Basis nach der Spitze und umgekehrt bemerklich, Bewegungen, deren Ursache in der Con- 1) D'Orbigny, A., Tableau me'thodique de la classe des Cephalopodes. Annales des sciences naturelles. 1826. Dujardin, Observations sur les Rhizopodes. Comptes rendus. 1835. Ehrenberg, Ueber noch jetzt zahlreich lebende Tliier- arten der Kreidebildung und den Organismus der Polythalaraien. Abhandl. der Akad. zu Berlin. 1839. Max S. Schnitze, Ueber den Organismus der Polytha- lamien. Leipzig. 1854. Derselbe, Ueber das Protoplasma der Rhizopoden und Pflanzenzellen. Leipzig. 1863. Kölliker, Icones histologica. L Leipzig. 1865. Reichert, Ueber die contraktile Substanz imd ihre Bewegungserscheinungen etc. Monatshefte der Berliner Academie. 1865 und Schriften der K. Academie zu Berlin. 1866. E. Haeckel, Ueber den Sarcodekörper der Rhizopoden. Zeitsclmft für wiss. Zoologie. 1865. De»selbe, Monographie der Moneren. Jenaisehe Zeitschrift. Bd. IV. 1870. 10* 148 Bau der Rhizopoden. traktilität der umgebenden Sarcodetheilchen zu suchen ist. Daneben aber ziehen sich auch kleine knotenförmige Verdickungen der Substanz wellenförmig an den Fäden aufwärts (sogenannte Contractionswellen). Selten finden sich in der Sarcode ein oder mehrere contraktile Vacuolen, z. B. bei Diffliigia, Äctinophrj/s, Arcella, Formen, welche durch diese Differenzirungen dem Infusorienbau näher treten. In nur wenigen Fällen, wie bei den Amoeben, bei Protogenes, Froto- mijxa, Myxastrum, Actinophrijs bleibt die Leibesmasse nackt, ohne feste Einlagerungen oder Umkapselungen. Meistens scheidet die Sub- stanz feste Kalk- und Kieselgebilde ab, entweder als feine Nadeln und hohle Stacheln, welche vom Centrum aus in gesetzmässiger Zahl und Anordnung nach der Peripherie gerichtet sind oder gegitterte, oft Spitzen und Stacheln tragende Behälter {Radiolarien) , oder endlich einfache und gekammerte Schalen mit fein durchlöcherter Wandung {Foramini- feren) und mit grösseren Oeffnungen. Durch diese letzteren und die zahlreichen Poren der kleinen Gehäuse, welche früher wegen ihrer Äehn- lichkeit mit Nautilus etc. von D'Orbigny für Cephalopoden gehalten wurden, treten die zarten Fäden der Sarcode nach aussen hervor; in ihrer Form, Grösse und Zahl ununterbrochen wechselnd, laufen sie theils zu feinern Fäden aus, theils fliesscn sie zu zarten Netzen und Geweben zusammen. Durch langsam kriechende Bewegungen auf festen Gegenständen vermitteln diese als Pseudopodien bekannten Ausläufer die Locomotion, während sie andererseits dadurch, dass sie kleine pflanzliche Organismen wie Bacillurien umfliessen und völlig in sich einschliessen, zur Aufnahme der Nahrungsstoffe dienen. Bei den Gehäuse tragenden Formen erfolgt dieser Vorgang der Aufnahme und Verdauung von Nahrungsstoffen ausserhalb der Schale in den peripherischen Fäden und Sarcodenetzen, indem jede Stelle der Oberfläche in gewissem Sinne vorübergehend als Mund und ebenso wiederum durch den Austritt des aufgenommenen Körpers als After fungiren kann. Die Rhizopoden leben vorwiegend im Meere und tragen durch die Anhäufung ihrer Gehäuse nicht unmerklich zur Bildung des Meeres- sandes und zur Ablagerung selbst mächtiger Schichten bei, wie auch eine Unzahl fossiler Formen aus verschiedenen Formationen bekannt geworden sind. Wir unterscheiden als Ordnungen die Foraminiferen und Jtiadio- larien. 1. Ordnung. Foraminifera. 149 1. Ordnung: Foraminifera^) (Rhizopoda Reticularia Carpenter) Foraminiferen. Hieils nacHe, theils Schalen tragende jRliisopoden ohne Central- Icapsel, deren Gehäuse vorzulegend aus Kalk bestehen und fneist von feinen Poren mmi Austritt der Pseudopodien durchbrochen sind. Die Schale besteht in der Regel aus einer an organische Stoffe ge- bundenen Kalkablagerung und ist entweder eine einfache, gewöhnlich mit einer grossen Oeffnung versehene Kammer (J/o»o^/m?a«jien) oder aus zahl- reichen nach bestimmten Richtungen aneinander gereihten Kammern zu- sammengesetzt, deren Räume durch feinere Gänge und grössere Oeffnungen der Scheidewände untereinander commwmdMQW^^Polythcdamien'). Wichtiger als die systematisch nicht verwendbare Sonderung der Schale in Kammern ist die Textur und feinere Struktur der Schale, die entweder porzellan- artig opak oder glasartig hyalin erscheint oder auch aus feinen durch organischen Kitt verbundenen Sandpartikelchen oder Spongiennadeln gebildet ist. Neben inner grössern Oeffnung, aus welcher der Sarkode- inhalt hervortritt, finden sich häutig zahlreiche feine oder gröbere Poren an der Oberfläche ebenfalls zum Hervortreten von Sarcodefäden, zuweilen aber (^Nunwiidinen) ist die Schalensubstanz von einem com- plicirten System verzweigter Gänge durchsetzt. Auch die von den einzelnen Kammern umschlossenen Theile des lebendigen Sarcodeleibes stehen durch Ausläufer und Brücken, welche durch die Gänge und grössern Oeffnungen der Septa hindurchtreten, in unmittelbarem Zusam- menhang. Die Beschaffenheit der Leibessubstanz, die Art der Bewegung und Ernährung schliesst sich eng an die als charakteristisch für die Ordnung geschilderten Verhältnisse an. Ueber die Fortpflanzung sind unsere Kenntnisse bislang unzureichend geblieben. Für die Gehäuse -tragenden Foraminiferen beobachtete St. Wright eine Vermehrung hei SpiriUina vivipara und Max Schultze 1) Williamson, On tlie recent Foraminifera of Great Britain. London. Ray Society. 1858. W. B. Carpenter, Introduction to tlie study of the Fora- minifera. London. Ray Society. 1862. Reuss, Entwurf einer systematischen Zu- sammenstellung der Foraminiferen. Sitzungsber. der Akademie der Wissenschaften in Wien. 1861. Parker und Jones, On the nomenclature of the Foraminitera. Annals and Mag. of nat. hist. 1858-1865. M. Schultze, Ueber Polytrema nunia- ceum. Archiv für Naturgeschichte. XXIX. Parker imd Jones, On some J^ora- minifera from the North Atlantic and Arctic Oceans etc. Phil. Transactions roy. Soc. 1866. St. Wright, On the Reproductive Elements of the Rliizopoda. Ann. of nat. history. 1861. Brady, The foraminifera of tidal rivers. Ann. and mag. of nat. hist. Tom. VL 1871. 150 Fortpflanzung. Verbreitung. Eozoon canadense. bei Miliola und Rotalina. Die erstere Gattung erzeugt einkammerige, die letztere dreikamraerige Junge, welche lebendig geboren werden. Wahrscheinlich bilden sich diese nach den Untersuchungen Wright's aus Eiern im Innern der Kammern heran. Nach Pourtales sollen Glohigerlnen die Nachkommen von OrhuUnen sein, da sehr häufig die Schalen der letzteren eine Globigerina, mit zarten Nadeln an der Innen- seite befestigt, einschliessen. AuchKrohn hat eine ähnliche Beobachtung gemacht, und M. Schnitze glaubt zu der Deutung berechtigt zu sein, dass Orhulina nichts anderes als die letzte frei gewordene Kammer von Globigerina sei. Carpenter dagegen vermochte die Auffassung von Pourtales nicht zu theilen und \üi\t Orbulina als selbständige Gattung aufrecht. Endlich fand Semper bei einer Nummuline (vielleicht Orbi- tolites?), dass sich der Inhalt der grossen Randkammern in ein ein- kammriges Thier verwandelt, um welches sich erst nach dem Austreten neue Kammern in unregelmässiger Spirale anlegen sollen. Trotz der geringen Grösse beanspruchen die Schalen unserer ein- fachen Organismen eine nicht geringe Bedeutung, indem sie theils im Meeressande in ungeheurer Menge angehäuft liegen (M. Schul tze berechnete ihre Zahl für die Unze Meeressand vom molo di Gaeta auf etwa 1| Millionen), theils in verschiedenen Formationen, namentlich in der Kreide und in Tertiärbildungen fossil gefunden werden und ein wesentliches Material zu dem Aufbau der Gesteine geliefert haben. Schon in sehr alten Gesteinen der laurentischen Formation Canada's tief unterhalb des Silurischen Systems kommen Bildungen vor, die man fiir fossile Foraminiferen hält, die ältesten bis jetzt bekannten Reste von Organismen. Dieselben wurden als Eozoon canadense ^) beschrieben und sind auch in Deutschland und Schottland gefunden worden. Kieselige Steinkerne von Polythalamien finden sich sehr zahlreich in den Silurischen und Devonischen Formationen. Die auffallendsten, durch ihre colossale Grösse vor allen hervorragenden Formen sind die Num- muliten in der mächtigen Formation des Nummulitenkalkes. Ein Grob- kalk des Pariser Beckens, welcher als vortrefflicher Baustein benutzt wird, enthält die Triloculina triyonula {Miliolidenkallc). Wenige Formen leben im süssen Wasser, mehr schon im Brakwasser, an das sich zahlreiche marine Foraminiferen gewöhnt haben. Die meisten Foraminiferen sind marin und bewegen sich kriechend auf dem Meeresgrunde. Jüngere 1) Carpenter, On the sti-ucture and affinities of Eozoon canadense. Proced. roy. Soc, 1864. Gegen die Deutung des Eozoon als Reste eines Organismus ist von mehrfacher Seite, insbesondere von Carter, Widerspruch erhoben. Dagegen hat Carpenter neuerdings die Foraminiferenstructur (Kalkkammern mit Canälen ausgefüllt von Serpentin), sehr entschieden aufrecht erhalten (Ann. and Mag. of nat. hist. 1874) und auch Max Schnitze hat sich ähnlich ausgesprochen. Bathybius. Pelobiiis. 151 Formen von Globigerinen und auch Orbulinen sind übrigens auch an der Meeresobertiäclic tlottirend angetroffen. Auch in sehr bedeutenden Tiefen ist der Meeresboden von einer reichen Rliizopodenfauna bedeckt (Thompson, Carpenter), namentlich von sehr kleinen Formen ver- schiedener Gattungen und insbesondere von Globigerinen. Diese be- dingen durch Anhäufung ihrer Schalenreste eine fortdauernde Bildung von Ablagerungen, welche eine auffallende Uebereinstimmung mit den altern Kreidebildungen zeigen. Ueberraschend aber ist die als Resultat der Tiefseeforschungen ermittelte Thatsache, dass der Meeresboden in grosser Ausdehnung von einer eiweisshaltigen schleimigen Masse durch- setzt ist, die vonHuxley a\s Bathi/bitis bezeichnet, für ein aus amöben- artigen Organismen erzeugtes Plasmodium gehalten wird. Die in der- selben eingeschlossenen als Coccolithen und Coccosphären bezeichneten Kalkkörper werden als Erzeugnisse, gewissermassen als Skeletbildungen derselben gedeutet, während 0. Schmidt geneigt ist, diese Gebilde für selbstständige Organismen zu halten. Uebrigens hat es sich heraus- gestellt, dass auch der Schlamm des Süsswassers Protoplasmaklumpen bedeutender Grösse birgt, welche von ihrem Entdecker Greeff als Pelobius bezeichnet worden sind. Während Max Schnitze die Foraminiferen nach Zahl und Ordnung der Kammern — in Monothalamia und Polythalamia (Soroideen, Rhab- doideen, Helicoideen) — eintheilte, legt Carpenter, im Wesentlichen mit Reu SS übereinstimmend, den grössten Werth auf die Struktur der Schalen und unterscheidet zwei grosse Abtheilungen der Gehäuse-tragenden Foraminiferen, als Imperforata mit undurchbohrter und Perforata mit durchbohrter Schale, zu denen dann noch die Süsswasserformen hinzu- kommen würden. Die umfassenden Untersuchungen Carpenter 's aber haben ausser andern wichtigen Resultaten zu der für die Darvvin'sche Lehre bedeutungsvollen Auffassung geführt, dass weit auseinander weichende Typen als die Endglieder zusammenhängender Formenreihen dastehen, dass Arten nach der üblichen Speciessonderung gar nicht zu unter- scheiden und Gattungen nur als allgemeine Typen ohne scharfe Charakterisirung aufzustellen sind. Die einzig natürliche Classifikation der chaotischen Masse von auseinander weichenden Formen würde viel- mehr eine Anordnung sein, welche die besondere Richtung und den Grad der Divergenz von einer geringen Zahl hauptsächlicher Familien- typen zum Ausdruck bringt. Auch ist nach Carpenter's Forschungen die genetische Continuität zwischen den Foraminiferen der aufeinander- folgenden Formationen und denen der Jetztwelt so evident als nur möglich, ein Fortschritt aber für die Gestaltung der Foraminiferentypen von der Paläozoischen Zeit bis zur Gegenwart nicht nachweisbar. 152 1. Unterordnung. Sphygmica. 1. Unterordnung. Sphygmica '^). Araöbenähnliche mit pulsirender Vacuole versehene Rhizopoden, deren Körperparenchym aus holler zäher Rindenschicht und körnchenreicher flüssiger Marksubstanz gebildet ist und fingerförmige seltener feinstrahlige Pseudopodien entsendet. In der Regel findet sich im Parenchym eine oder mekrere pulsirende Vacuolen, nicht selten auch ein Nucleus-artiger Körper, DifFerenzirungen, welche eine Annäherung an die Infusorien beweisen. In der That hatte man nach dem Vorgange Joh. Müller 's die mit pulsirenden Vacuolen versehenen Formen als besondere Protozoen-Gruppe {Splujcjmica) von den Foraminiferen getrennt und mit den ebenfalls pulsirende Blasen enthaltenden Actinophryiden vereinigt. Die zähere Rindenschicht entsendet meist breite fingerförmige und gelappte, selten strahlige Pseu- dopodien, welche keine Anastomosen bilden. Zuweilen wie bei Peiaiopws ist es nur eine bestimmte Stelle des KöriDers, von welcher Pseudopodien ausgehn, in einem andern Falle beobachten wir neben den Pseudopodien zur Kriechbewegung einen kurzen dicken Fortsatz mit langer als Fangorgan dienender Geissei (Podostoma). Häufig bildet die Sarcode Gehäuse {Arcella, PseiidocJilamys) oder aus fremden Körperchen verkittete incrnstirte Schalen {Difflugia, Echinopyxis). Die ungeschlechtliche Vermehrung durch Theilung ist häufig. Auch Verschmelzungen und Conjugatiouen von zwei oder mehreren Individuen kommen vor. Ob die von Carter hei Amoeba princeps und villosa, von Greeff bei Amoeba terricola nachgewiesene Differenzirung des Nucleus in Kügelchen, welche sich zu jungen Amoeben entwickeln sollen, auf eine geschlechtliche Fortpflanzung zu beziehen ist, erscheint mehr als zweifelhaft, ebenso wie die Natur der haarförmigen in Ballen zusammenliegenden Fäden, welche Greeff beobachtete, als Spermatozoiden. Immerhin mögen die Kügelchen der Nucleussubstanz die Bedeutung von Keimen haben, welche entweder als solche austreten oder bereits als junge Amöben ausschlüpfen. 1. Fam. Amoebidae, Amoebiden. Die Formen mit unbeschaltem Körper lassen sich schwer von amoebenartigen Entwicklungszu ständen mancher Pilze und der Myxomyceten etc. trennen. Protamoeba E. Haeck., ohne Kerne und pulsirende Vacuole. Amoeba = Autamocba E. Haeck. Die Selbstständigkeit, welche in der Bezeichnung der Gattung ihren Ausdruck finden soll, dürfte wohl nur für wenig Amoeben annähernd feststehn. Zahh-eiche Formen des süssen Wassers sind von Ehrenberg, Dujardin, Auerbach, Carter etc. als A. princeps = villosa, radiosa, crassa, bilimbosa, quadrilineata etc. beschrieben. Von besonderm Interesse ist das Vorkommen von Amoeben in der Erde und im Sande, bei denen die hyaline Aussenschicht eine viel festere Consistenz hat. A. terricola Greeif, in Form eines vieleckigen mit starren Fortsätzen und tiefen Einbuchtungen versehenen Körpers in der Erde unter Moos. Der eigenthümliche gelegentlich auftretende Zotten- 1) Vergl. ausser den Werken von Ehrenberg, Dujardin, Perty, Car- penter, E. Haeckel u. a.: Auerbach, lieber die Einzclligkeit der Amoeben. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. VII. 1856. Claparedo uiul Lachmann, Etudes sur les Infusoires et Rhizopodes. Geneve. 1858—1859. R. Greeff, Ueber einige in der Erde lebende Amoeben und andere Rhizopoden. Arch. für mikr. Anat. Bd. IL 1866. Archer, On some freshwater Rhizopoda, new or little nown. Quaterl. Journ. of mikr. soc. 1869 und 1870. Ferner die Arbeiten von Carter und Wallich. 2. Unterordnung. Imperforata. 153 anhang wird als Haftorgan gedeutet. Ein solcher Zottenanhang kommt auch gelegentlich bei Wasseramöben A. villosa (Wallich) als Form der A. princeps (Carter) vor. Femer kommen in der Erde vor: A. granifera, gracilis, wurmförmig sich schlängebid, mit hinterer, Zotten tragender Haftscheibe etc. Hier schliesst sich der im Meeresgrunde vorkommende mit Coccolithen erfüllte Bathybius Huxl. und der im Süsswasser lebende Pelobius Greeff an. Petalopus Clap. Lachm. Körper nackt, nur von bestimmter Stelle Pseudopodien entsendend. P. diffluens Clap. Lachm. Podostoma Clap. Lachm. Körper nackt, mit kurzem dicken geissel- tragenden Fortsatz und Pseudopodien zur Kriechbewegung. P. fiUgerum Clap. Lachm. AmpMzonella Greeff. Mit zarter kugliger Schale und aus derselben her- vortretenden Schwert- und fingerförmigen Pseudopodien. A. digitata, flava, violacea, zwischen Sandkörnchen in der Erde. Pseudochlamys Clap. Lachm. Körper von biegsamer napfförmiger Schale umschlossen. P. patella. Aredia Ehbg. Körper von einer festen schildförmigen Schale bedeckt, deren abgeplattete Fläche eine centrale Oeffnung besitzt. A. vulgaris Ehbg., mit chagrinirter Oberfläche der Schale, im süssen Wasser. A. arenaria Greeff, ohne diese Zeichnung der Schale, im Sande. A. {Eehinopyxis) aculeata Ehbg. (Das Gehäuse zugleich mit röhren- förmigen Fortsätzen zum Durchtritt der Pseudopodien). Trinema Duj., Euglypha Duj., Pleurophrys Clap. Lachm. Difßugia Ehbg. Schale länglich oval, aus in- crustirten fremden Körpern gebildet, mit endständiger Oeffnung. Z). proteiformis Ehbg. Viele Arten leben im Brakwasser. '2. Unterordnung. Imperforata. Die Schale entbehrt der feinen Poren, besitzt dagegen an einer Stelle eine grössere einfache oder sieb- förmige Oeffnung, aus welcher die Pseudopodien hervortreten. Zuweilen ist sie durch eine hautige Blase ersetzt. Pulsirende Vacuolen fehlen stets. L Fam. Gromidae. Körper mit häutiger chitinartiger Schale. Gromiaovi- formis Duj., Lagynis baltica M. Seh., Ostsee. Lieberkilhnia Wageneri Clap. Lachm., Süsswasserform. Körper von einer ganz zarten kaum als Membran nach- weisbaren Hülle umgeben, die nur an einer Stelle, da wo die Pseudopodien austreten, unterbrochen ist. Es schliessen sich hier einige ganz hüllenlose Formen an, die mit den Amoebinen nicht direkt vereinigt werden können. Protogenes primordialis E, Haeck. Sollten die von E. Haeckel als Protomyxa aurantiaea und Myxastr%im radians beschriebenen Formen hierhergehören, so würde eine an die Monaden anschliessende Vermehrungsweise für die einfachsten Rhizopoden nach- gewiesen sein. Vielleicht könnte man auch das Colonie bildende, an die zusammen- gesetzten Radiolarien erinnernde Myxodictyon soeiale Haeckel's zu den schalen- losen Foraminiferen stellen. 2. Fam. MilioUdae. Schale porzellanartig, ein- oder vielkammerig. Cor- nuspira M. Seh. Schale flach scheibenförmig, nach Art von Planorbis gewunden, mit grosser Oeffnung am Ende der Wandung. G. planorbis. Miliola M. Seh. (Miliolites Lam.). Schale insofern von Cornuspira abweichend, als jede Windung der Spirale an den zwei entgegengesetzten Enden mehr oder minder ausgezogen ixnd durch eine Einschnürimg mit nachfolgender Erweiterung abgetheilt ist. So liegen um eine kuglige Mittelkammer synnnetrisch geordnete Seitenkammern, von denen die letzte am grössten ist und mit einer Oeffnung endet. D'Orbigny unterscliied nach der besondern Anorthiung der Kammern Uniloculina, Bilociilina, Triloculina, Quinqueloculina, Spiroloctilina etc. M. cyclostoma M. Seh. 154 2. Ordnung. Radiolaria. Einzelne Brakwasseribrmon mit dünnerer Schale ja sogar Chitinartigen Uiuklei- dung, -wie Quinqueloculina fusca. Andere hierher gehörige Gattungen sind: Nubecularia, Vertcbralina , Pene- roplis, Spindina, Orbiculina, Alveolina, Orbitolites etc. 3. Farn. Litnolidae. Mit Gehäusen, die durch Verkittung fremder Par- tikelchen mittelst eines organischen Cementes gebildet sind. Trochammina incerta (Spirillina arenacea Williamson.) Carp. Tr. inflata Brady. Brakwasserform mit Chitinschale. Andere Gattungen sind: Liluola, VahuUiia, sowie die grossen Sandforaminiferen Parkeria Carp., Loftusia Carp., Batellina Carp. Einzelne Formen enthalten zugleich Schwammnadeln, wie Squamulina scopula und varians Cart. 3. Unterordnung. Ferforata. Die meist kalkige Schale wird von zahlreichen feinen Poren zum Durchtritt der Pseudopodien durchsetzt und enthält häufig ein verwickeltes System enger Canäle. Pulsirende Vacuolen fehlen stets. 1. Farn. Lageniäae. Gehäuse hartschalig gerippt, mit einer grössern von gezäimeltem Lippenrande umgebenen Oeffnung. Lagena Williamson. Flaschen- förmig mit terminaler Oeffnung. L. vulgaris. Nodosaria D'Orb. Die lang- ^^estreckte Schale besteht aus einer Reihe von Segmenten, welche durch Ein- schnürungen getrennt in linearer Anordnung folgen, ümfasst zusammenhängende Reihen sehr verschiedener als Gattungen gesonderter Endglieder, von denen Cristellaria spiralig aufgerollte Kammern besitzt. N. hispida. {Dcntalina, Vagi- nula, Dimorpliina, Lingulina, Frondicularia, Polymorphina etc.). 2. Fam. Globigerinidae. Mit hyalinen von groben Poren durchsetzten Schalen, mit einfach schlizförmiger Oeffnung. Emkammerige Formen sind: Orbulina d'Orb., Spirillina Ehr., Ovcolites La,m. Die vielkammrigen werden in 3 Unterfamilien vertheilt. 1. Subf. Globigerinae mit den Gattungen Globigerina d'Orb., Pullenia Park, et Jon., Sphaeroidina d'Orb., Carpenteria Gray, letztere mit Kieselnadeln, welche von Carpenter auf Einlagerungen des Sarcodekörpers bezogen werden. 2. Subf. Tcxtularinae mit Textularia d'Orb., Balimina d'Orb., Cassidu- lina u. a. 3. Subf. Rotalinae mit Planorbulina Williamson, Eotalia d'Orb., Calcarina Patellina, Polytrema u. a. 3. Fam. Nmmnulinidae. Die grössten und complicirtesten Foraminiferen mit sehr fester Schale und Zwischenskelet, in dem sich ein Canalsystem verzweigt. Amphistegina d'Orb., Operculina d'Orb., Polystomclla Lam., Nummulina d'Orb. u. a. G. 2. Ordnung: Radiolaria 0 ? Radiolarien. RMzopoden mit complicirter differensirtem Surcodeleib, mit Cenfral- kapsel und radiärem Kiesdskelet. Die Sarcodemasse {Mutterhoden') enthält eine häutige Kapsel, die Centralkapsel, in welcher constant eine schleimige feinkörnige Substanz 1) Joh. Müller, Ueber die ThalassicoUen, Polycystinen und Acanthometren. Abhandlungen der Berl. Academie. 1858. E. Haeckel, Die Radiolarien. Eine Bau der Radiolarien. 155 mit Bläschen und Körnchen {intrahapsuläre Sarcodc), ferner Fetttropfen und Oelkugeln, seltener Krystalle und Concretioncn , zuweilen auch noch eine zweite innerste dünnwandige Blase {BinnenUase) eingebettet liegen. In der die Kapsel umgebenden Sarcode, welche nach allen Seiten in einfache oder verzweigte und anastomosirende Pseudopodien mit Körnchenbewegung ausstrahlt, finden sich gewöhnlich zahlreiche gelbe Zellen, zuweilen auch Pigmenthaufen und in einzelnen Fällen wasserhelle dünne Blasen, Alveolen, letztere meist als peripherische Zone zwischen den ausstrahlenden Pseudopodien eingelagert. Bei manchen Formen ist die Neigung der Pseudopodien zur Anastomosenbildung sehr gross, bei andern gering. Da sich nach A. Sehn ei der 's Beobachtung die aus der Sarcode befreite Centralkapsel von IhalassicoUa nucleata durch Um- lagerung von neuer Sarcode zu einem vollständigen Thiere zu ergänzen im Stande ist, so folgt die Bedeutung der intrakapsulären Sarcode als wesenthcher Theil der Leibessubstanz. Die Porosität der meist dünnen Kapselwand, sowie die durch dieselbe vermittelte Wechselwirkung der äussern und Innern Sarcode, war bereits Haeckel bekannt, welcher sogar an lebenden Acanthometren die radiären Körnchenstreifen inner- halb der Kapselwand nach den von der Kapselwand ausstrahlenden Pseudopodien verfolgte, ohne freilich das Durchtreten von Formelementen zuzugestehn. In der Jugend fehlt anfangs noch die CentralJcapsel, wie auch viele Süsswasser-Radiolarien derselben überhaupt entbehren. Indess zeigt auch hier die centrale Masse des Sarcodekörpers eine besondere Ge- staltung und wird häufig durch den Besitz kernhaltiger Zellen bezeichnet. Ebenso scheint bei den monozoischen Radiolarien der Inhalt der Central- kapsel Zellen zu erzeugen, welche als Sporen zur Fortpflanzung dienen. • Viele Radiolarien sind colonienbildend und aus zahlreichen Einzcl- körpern zusammengesetzt. Bei diesen herrschen die Alveolen in dem gemeinsamen Mutterboden vor, welcher nicht wie bei den monozoischen Radiolarien eine einfache Centralkapsel, sondern zahlreiche Kugeln (Nester) in sich birgt. Nur wenige Arten bleiben nackt und ohne feste Einlagerungen, in der Regel steht der Weichkörper mit einem Kiesel- skelet in Verbindung, welches entweder ganz ausserhalb der Central- kapsel liegt (Ectolithia), oder zum Theil in das Innere derselben hin- einragt {EntliolWiia). Im einfachsten Falle besteht das Skelet aus kleinen vereinzelten, einfachen oder gezackten Kieselnadeln (spicula), die zuweilen um die Peripherie des Mutterbodens ein feines Schwamm- werk zusammensetzen, z. B. Physematium; auf einer höhern Stufe treten Monographie. Berlin. 1862. A. Schneider, Archiv für Anatomie 1858, femer: Zur Kenntniss des Baues der Radiolarien. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1867. ^^^ 1. Unterordnung. Heliozoa. Stärkere hohle Kieselstacheln auf, welche vom Mittelpunkte des Körpers in gesetzmässiger Zahl und Anordnung nach der Peripherie ausstrahlen, z. B. Äcanihometra ; zu diesen kann sich ein feines peripherisches Nadelgerüst hinzugesellen, z. B. Äulacantha; in andern Fällen finden sich einfache oder zusammengesetzte Gitternetze und durchbrochene Gehäuse von äusserst mannichfacher Gestalt (Hehii, Vogelbauer, Schale etc.) abgelagert, auf deren Peripherie sich wieder Spitzen und Nadeln, selbst äussere conceutrische Schalen ähnlicher Form erheben können, z. B. Folycystinen. Ueber die Fortpflanzung ist leider bislang nur weniges bekannt geworden. Ha e ekel wies die Vermehrung durch Theilung bei den Polyzoen nach. Hier führt die Einschnürung und Theilung der Central- kapsel zur Bildung von Nestern, und es lösen sich einzelne Nester als selbständige Colonien ab. Auch durch künstliche Theilung kommt eine Vermehrung zu Stande (CoUo^oum). Wahrscheinlich bilden sich zuweilen im Innern der Centralkapsel Keime, indem der gesammte Sarcodeinhalt in zahlreiche Portionen zerfällt, welche sich mit einer Membran umgeben und nach dem Platzen der Kapsel als Tochtercolonien frei werden. Auch monadenähnliche bewegliche Körperchen sind bei Collozoum und Collosphaera im Innern der Centralkapsel beobachtet worden. Dieselben tragen je 2 Wimpern, bergen einige üeltröpfchen und verhalten sich wie zum Schwärmen bestinnnte Zoosporen. Die Radiolarien sind vornehmlich Meeresbewohner und schwimmen an der Oberfläche der See, vermögen aber auch in die tiefern Wasser- schichten zu sinken. Sie sind pelagischeThiere, bevölkern aber nicht, wie Ehrenberg glaubte, die bedeutendsten Tiefen des Meeres; in- dessen leben auch zahlreiche kleine und einfacher gestaltete Radiolarien im süssen Wasser. Einige derselben {Äctinuphrpiden) wiederholen die Bildung contraktiler Vacuolen, die wir bei den Amoebiden hervor- gehoben haben. Auch fossile Radiolarienreste sind durch Ehrenberg in grosser Zahl bekannt geworden, z. B. aus dem Kreidemergel und Polirschiefer von einzelnen Küstenpunkten des Mittelmeeres [Caltanisetta in Sicilien, Zante und Aeyina in Griechenland) , besonders aus Gesteinen von Barbados und den Nicobaren, wo die Radiolarien weitausgedehnte Fels- bildungen veranlasst haben. Ebenso haben sich Proben von Meeressand, die aus sehr bedeutenden Tiefen stammten, reich an Radiolariengehäusen erwiesen. 1. Unterordnung. Heliozoa^ ), Sonnentliicrchon. Siisswasser- radiolarien von geringer Grösse, zuweilen mit pulsirender Vacuole, nicht 1) A. Kölliker, Ueber Actinoijhrys sol {Eichhornii). Zeitschr. für Actinophryiden, 157 selten mit Kieselausscheidungen. Die Leibessubstanz entsendet meist feine Pseudopodienstrahlen, welche auch Anastomosen bilden können und eine wenn auch träge langsame Körnchenströmung zeigen. Ziemlich allgemein beobachtet man centrale Dift'eronzirungen, die die Stelle der Ccntralkapsel vertreten, von einigen Forschern auch geradezu als solche betrachtet worden sind. Bei Acünosphaerium Eiclihornii findet sich eine centrale zahlreiche Kerne einschliessende Marksubstanz und eine peripherische Vacuolen -reiche blasige Rinden- schicht, welche die Pseudopodien entsendet. Diese aber differenziren sich in eine körnchenreiche Aussenschicht und in einen zähen hyalinen Achsenfaden, welcher bis in die Markmasse hinein zu verfolgen ist. Greeff glaubt sich überzeugt zu haben, dass die sog. Markmasse eine von derber Membran umgebene Centralkapsel sei und dass die Axen- faden zarte Nadeln darstellen, welche die Ccntralkapsel durchsetzen und sich bei Actinophrys sol im Innern der Blase vereinigen. In einigen Fcällen wie bei Äcanthoajstis ist das Vorkommen eines radiären, aus zarten Nadeln gebildeten Kieselskelets unzweifelhaft, sodass man diese Form geradezu mit den Acanthometriden vereinigen könnte, in andern Fällen sind Gitterkugeln ausgeschieden (ülathruUna, Astrodisculus). Bezüglich der Fortpflanzung wurde die Verschmelzung von zwei oder mehreren Individuen bei Actinophrys beobachtet. Umgekehrt kommt Theilung nicht selten vor, zuweilen bei Adinosphaerium unter Cysten- bildung, die an die Fortpflanzung der Monaden erinnert. In diesem Falle zieht der Leib die Strahlen zurück und scheidet eine scharf con- turirte Hülle aus, in welcher sich die Körpersubstanz unter Verlust der alveolären Beschaffenheit gegen das Centrum verdichtet und eine centrale Kugel bildet, die bald in zwei und später in zahlreiche Kugeln zer- fällt ; dann verschwindet die Hülle mit sammt der peripherischen Schicht und jede Kugel bildet eine fein gefaltete Membran, die später unter dem Einfluss einer beträchtlichen Anschwellung des Inhalts platzt, während die ausschlüpfende Substanz blasig wird, eine contraktile Vacuole zeigt und Pseudopodienstrahlen entsendet. Nach A. Schneider sollen die Cysten beider Kugeln aus Kieselsabstanz bestehn, die weiche Innen- Zool. Tom. I. 1848. Focke, üeber schalenlose Radiolarien des süssen Wassers. Ebendas. Tom. XVIII. 1868. Grenacher, Bemerkmigen über Acanthocystis vii-icUs. Ebendas. Tom. XIX. 1868. Derselbe, Ueber Actinophrys sol. Verh. der phys. med. Gesellsch. Würzburg. N. F. Tom. I. 1869. Cienkowski, Ueber Clathru- lina. Ai-chiv für mikr. Auat. Tom. III. 1867. Derselbe, Ueber Schwärmerbildimg bei Radiolarien. Ebendas. 1871. R. Greeff, Ueber Radiolarien und Radiolarien- artige Rhizopoden des süssen Wassers. Arch. für miki-. Anat. Tom. V. 1869. A. Schneider, Zur Kenntniss der Radiolarien. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXI. 1871. Er. E. Schulze, Rhizopodenstudien. Aixhiv für mikrosk. Anatomie. Tom. X. 1874. 158 2. Unterordnung. Thalassicollea. masse aber eine Anzahl Kerne enthalten, welche später wieder ver- schwinden. Nur ein grosser solider Kern mit Kernkörperchen sei in jeder Kugel, aus der später nach Zerfall der Cystenwand ein kleines vielkerniges Actinosphaerium hervortritt. Bei • Clathrulina wurde von Cienkowski ein Vermehrungsakt durch beweghche Schwärmzustände nachgewiesen. Zunächst theilt sich der Sarkodeleib in zwei oder vier Stücke, welche die Kugelform annehmen und innerhalb des Gittergehäuses encystiren. Nach Ablauf einer gewissen Ruhezeit schlüpft der Inhalt der Cyste als eiförmiger mit Nucleus versehener Körper aus dem Gitter- werk hervor und schwärmt eine Zeit langsam in grossen Halbkreisen umher. Später nach Verlust der Schwärmbewegung nimmt derselbe Kugelform an, sendet Pseudopodien aus und scheidet einen Stil zum Fest- setzen und ein zartes Gittergehäuse ab. l.Fam. Actinoiihnjidae, Sonnenthierchen. Mit pulsirender Vacuole, Central- bläschen oder einer centralen zahlreiche Kerne einschliessenden Masse,. ohneKieselskelet. ActinO'plirys Ehbg. Körper kuglig, nackt, aus Centralbläschen. A. sol Ehbg. Actinosphaerium Stein. Körper kuglig, nackt, mit einer kernhaltige Zellen ein- schliessenden Centralsubstanz und vacuolenreicher blasiger Rindenschicht, welche die Pseudopodien entsendet. A. Eichhornii Ehbg. 2. Farn. Acanthocystidae, Süsswasserradiolarien mit Kieselstäben, den Acan- thometriden ähnlich. Acanthocystis Cart. A turfacea Gart., A. pallida Greeff. Bhaphidophrys Arch., Heterophrys Arch., Cysto^jltrys Arch. 3. Farn. Glathrulinidae , Süsswasserradiolarien mit Gitterschale und Kiesel- substanz. Gl. elegans Cienk. Astrodisculus Greeff, Hyalolampe GreefF. 2. Unterordnung. Tlialassicollea (Colliden E. Haeck.). Einzel- thiere, deren Skelet fehlt oder aus einzelnen zusammenhangslosen rings um die Centralkapsel zerstreuten Spicula oder aus einem lockern Geflecht unregelmässig verbundener Nadeln und Stäbe besteht. Niemals setzt sich das Skelet in die Centralkapsel fort. l.Fam. T/iaZassicoüKdae. Ohne Skelet. T7ia?«.sszcoZ?a Huxley. Centralkapsel kuglig, mit Binnenblase und äusserm Alveolenmantel. Th.pelagica Haeck., nucleata Huxley. Tholassolampe. Mutterboden ohne Alveolenzellen. MyxohrachiaE.Usieck. Sarcodekörper in armartige Fortsätze verlängert, mit zahlreichen Alveolen in der Umgebung der Centralkapsel. M. rhopalum E. Haeck. 2. Fam. Thalassopjhaeridae. Das Skelet besteht aus mehreren einzelnen un- verbundenen Stäben, welche die Centralkapsel in ta-ngentialer Richtung umgeben. Physematium Mülleri Schneider. Thalassospliaera morum E. Haeck. 3. Fam. Aulacanthidae. Die Stücke des Skelets umgeben theils in tangen- tialer, theils in radialer Lagerung die Centralkapsel. Aulacantha scolymantha E. Haeck. 4. Fam. Acanthodesmidae. Skelet ein Geflecht unrogelmässig verbundener Nadeln. Acanthodesmia , Placiacantha , Lithocircus etc. 3. Unterordnung. Polycystinea. Das Skelet bildet eine sehr ver- schieden gestaltete Gitterschale, die häufig durch longitudinale oder 4. Unterordnung, Acanthometrida. 159 quere Einschnürungen in mehrere Glieder zerfällt und eine Längsachse mit Apicalpol und Basalpol besitzt {Cystiden Haeck.). Oft sind mehrere sphäroide Schalen eingeschachtelt und durch radiale Stäbe verbunden {Ethmosphaeriden Haeck.), oder es tragen starke radiale Hohlstacheln ein System tangentialer Netzbalken anstatt des Gittergehäuses {Ätdo- sphuerida). 1. Farn. Cyrtidae. Gittergehäuse mit Längsachse, Scheitelpol und Mündungs- pol. Die Centralkapsel ist im obern Theile der Schale eingeschlossen und gegen den unteren in mehrere Lappen gespalten. Die zahlreichen Gattungen, nach den Unterfamilien der Monocyrtiden, Zygocyrtiden, Dicyrtiden, Stichocyrtiden, Polycyr- tiden gruppirt, bilden — die Zygocyrtiden ausgeschlossen — Ehrenbergs Poly- cystina soUtaria. Litharachnium. Mit gabelförmiger Gitterschale und radialen Rippen ohne Gliederung. L. tentorium E. Haeck. Lühocampe. Gitterschale mehr- gliederig ohne Gipfelstachel, mit einfacher aber nicht übergitterter Basalmündung. L. australis Ehbg. Eucyrtidimn. Die mehrgliedrige Gitterschale ohne Anhänge an den Seiten und an der nicht übergitterten Mündung, aber mit einfachen Gipfel- stachel. E. galea Haeck. 2. Fam. Ethmospheridae. Skelet aus einer oder mehreren kugligen und durch Radialstäbe verbundenen Gitterschale gebildet, von denen die innerste die schwebend getragene Centralkapsel umschliesst. Beide Pole verhalten sich, wenn überhaupt eine Centralaxe angedeutet ist, völlig gleich. Ethmosphaera , Hello- sphaera, Arachnosphaera etc. 3. Farn. Äulosphaeridae. Skelet aus radialen Stacheln und tangentialen zu einem System von Netzbalken verbundenen Rölu-en gebildet, mit schwebender kugliger Centralkapsel. Äulosphaera elegmitissima E. Haeck. 4. Unterordnung. Acanthometrae. Das Skelet besteht aus radialen nach bestimmten Gesetzen angeordneten Stacheln, welche die Central- kapsel durchbohren und in deren Innern sich vereinigen, häufig auch noch durch Fortsätze eine äussere Gitterschale bilden. Durch diese letztern Bildungen wird es unmöglich, zwischen Acanthometren und Pohjmjsfinen eine scharfe Grenze zu ziehn, wie ja auch eine Anzahl von Familien {Disciden, Sponyuriden , Ommatideii) zu den Polycystinen (P. composita Ehrenberg) bezogen wurde. 1. Fam. Acantlinmetridae. Ohne Gittorschale. Die extrakapsulären gelben Zellen fehlen. Die zahlreichen Gattungen vertheilen sich auf die Unterfamlien der Acanthostauriden, Astrolithiden, Litholophiden , Acanthochiasmiden. Acantho- metra Mülleri, eompressa etc. Xiphacantha, Astrolithium , Litholoplms, Acantho- chiasma u. a. Hier schliessen sich die Familien der Coelodendriden, Cladococciden und Diploconiden an. 2. Fam. Ommatidae. Das Skelet wie bei den Ethmosphaeriden , aber die Centralkapsel von radialen Stäben durchbohrt, welche von der innern Gitterschale aus centripetal verlaufen. Die zahlreichen Gattungen vertheilen sich auf die Unter- famihen der Dorataspiden, Haliommatiden und Actinomatiden. Dorataspis. Skelet aus zwanzig radialen Stacheln zusammengesetzt, welche gitterfönuige und ver- ästelte Querforsätze bilden und sich untereinander zu einer durch bleibende Nähte 160' n. Classe. Infusoria. in zwanzig Stücke getrennten extrakapsulären Gitterschale verbinden. Diese Gattung verbindet die Polycystinen mit den Acantliometriden. D. costataE.B.a.eck. Haliommatidium J. Müller. Skelet wie bei Dorataspis, jedoch ist die Schale ohne Nähte vollkommen geschlossen. H. Mülleri E. Haeck. Haliomma, Tetraptfle u. a. 3. Fam. Sponguridae. Skelet ganz oder theilweise schwammig, aus einem gehäuften Aggregat lockerer Fächer oder unvollkommener Kammern gebildet, Centralkapsel von dem schwammigen Skelete durclizogen. Die zahlreichen Gattungen vertheilen sich auf die Unterfamilieu der Spongosphaeriden, Spongodisciden und Spongocycliden. 4. Fam. Discida. Das Skelet stellt eine flache oder Hnsenföi-mige Scheibe dar, aus zwei durchlöcherten Platten gebildet, zwischen 'denen mehrere concentrische Ringe oder die Windungen eines Spiralbalkens verlaufen. Die letztern werden durch radiale Balken geschnitten, so dass regelmässige cychsch oder spiralig geord- nete Reihen von Kaumiern entstehen, welche zum Theil die scheibenförmige Centralkapsel durchsetzen. Die zahlreichen Gattungen vertheilen sich auf die Unterfamilien der Coccodisciden, Trematodisciden, Discospiriden. Lithocyelia ocellus Ehbg. , Trematodiscus orbiculatus E. Haeck., Hymeniastrum, Stylodictya, Discospira u. a. G. Hier schliesst sich die Fam. der Litheliden an. 5. Unterordnung. I'olyajttaria , Meerqualstern. Radiolarien mit zahlreichen Centralkapseln , sog. Nestern , oft von ansehnlicher Grösse, bald ohne Skelet {CoUo^ocn\ bald mit spärlichem Netzwerk von Nadeln {Spliaerozoeii) , bald mit Gitterkugeln in der Umgebung der Central- kapseln (Collosphaeriden). Sie erscheinen als Gallertklumpen von kughger, stabförmiger oder kranzförmiger Gestalt. l.Fam. Sphaerozoidae. Skelet fehlt (Collozoum) oder besteht aus einzelnen zusammenhangslosen um die Centralkapsel zerstreuten Spicula {Sphaerozoum). Collozoum inerme E. Haeck. Sphaerozoum spinulosum und punctatum Joh. Müller. 2. Fam. Qollosphaeridae. Skelet aus einfachen Gitterkugeln gebildet, von denen jede eine Centralkapsel umgibt. Gollosphaera Huxleyi, Siphonosphaera tubulosa Joh. Müller. IL Classe. Infusoria')? luftisorien^ lufaisionistliierclieu. Protozoen von bestimmter Form, mit einer äusseren, von Cilien, Borsten, Griffeln überJcleideten Körperhaut, mit Mund- und After- öffnung, mit pulsirender Vacuole und Nucleus, aus dessen Substanz Schwärmev hervorgehn. Die Infusorien wurden gegen Ende des 17. Jahrhunderts von A. von Leeuwenhoek, welcher sich zur Untersuchung kleinerer Organismen 1) 0. Fr. Müller, Animalcula infusoria. 1786. Ehrenberg, Die Infusions- thierchenals vollkommene Organismen. Berlin. 1838. Duj ardin, histoii-e naturelle des Infusoires. Paris. 1841. Fr. Stein, Die Infusionsthierchen auf ihre Entwicklimg n. Classe. Infusoria, Infusionsthierchen. 161 des Vergrösserungsglases bediente, in einem Gefässe mit stehendem Wasser entdeckt. Ihr Name kam aber weit später im Laufe des vorigen Jahrhunderts durch Ledermüller und Wrisberg in Gebrauch, ur- sprünglich zur Bezeichnung aller kleinen, nur mit Hülfe des Mikroskopes erkennbaren Thierchen, welche in Aufgüssen und stehenden Flüssigkeiten leben. In späterer Zeit erwarb sich dann ein grosses Verdienst um die Kenntniss der Infusorien der dänische Naturforscher 0. Fr. Müller, welcher sowohl ihre Conjugation als Fortpflanzung durch Theilung und Sprossung beobachtete und die erste systematische Bearbeitung aus- führte. Freilich fasste auch 0. Fr. Müller unter seinen Infusorien ein viel grösseres Gebiet von Formen zusammen, als wir heut zu Tage^ indem er alle rückenmarklosen, der gegliederten Bewcgungsorgane ent- behrenden Wasserthierchen von mikroskopischer Grösse, die Anguillulidcn, Rotiferen, Cercarien und zahlreiche Pflanzen, in diese Thiergruppe stellte. Erst mit Ehren berg's umfassenden und classischen Untersuchungen beginnt für die Kenntniss der Infusorien ein neuer Abschnitt. Das Hauptwerk dieses For. chers »Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen«, ein Muster von Arbeitskraft und Fleiss, deckte einen kaum geahnten Reichthum von Organismen auf. welche in allen Einzeln- heiten ihres Baues unter der stärksten Vergrösserung beobachtet und abgebildet wurden. Noch jetzt sind eine nicht geringe Zahl der Ehrenberg'schen Abbildungen mustergültig und kaum von andern späteren Darstellungen übertroffen, allein die Deutung der beobachteten Verhältnisse hat durch die Untersuchungen zahlreicher jüngerer Forscher wesentliche Berichtigungen und Umgestaltungen erfahren. Auch Ehren- untersucht. Leipzig. 1854. N. Lieberkühn, Beiträge zur Anatomie der In- fusorien. Müllers Archiv. 1856. Lachmann, Ueber die Organisation der In- fusorien, insbesondere der Vorticellinen. Müllers Archiv 1856. Fr. Stein, Der Organismus der Infusionsthiere. Leipzig. I. Abtheilung 1859. IL Abtheilung 1867. Balbiani, Note sur l'existence d'une generation sexuelle ches les Infusoires. Journ. de la Phys. Tom. I. Derselbe, Etudes sur la reproduction des Protozoaires. Journ. de la Phys. Tom. III. Derselbe, Recherches sur les phenomenes sexuels des Infusoires. Ebendas. Tom. IV. 1861. Claparede und Lachmann, Etudes sur les infusoires et les rhizopodes. 2 vol. Geneve 1858—1861. W. Engelmann, Zur Naturgeschichichte der Lifusorien. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. 1862. F. Cohn, Neue Infusorien in Seeaquarieu. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Bd. XVI. 1866. Schwalbe, Ueber die con- traktilen Behälter der Infusorien. Ebendas. A. Wrzesniowski, Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. Archiv für mikrosk. Anatomie. Bd. V. 1869. Derselbe, Ueber Infusorien aus der Umgebung von Warschau. Zeitschr. für wissensch. Zoo- logie. Tom. XX. 1870. R. Greeff, Untersuchung über den Bau und die Natur- geschichte der VorticelHnen. Archiv für Naturg. 1870-1871. E. Everts, Unter- suchungen über Vorticella nebulifera. Zeitschr. für wisaensch. Zoologie. Tom. XXIU. 1873. Vergl. ferner die Arbeiten von v. Siebold, Kölliker, Cohn, d'Udekem, Schneider, Metschnikow, Kühne, J. Clark, Carter, Fresenius, Zenker u.a. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 162 Körperbedeckung, Häutung. berg fasste das Gebiet der Infusorien in viel zu grosser Ausdehnung fast im Sinne und Umfange 0. Fr. MüUer's auf und zog nicht nur die einfachsten und niedersten Pflanzen, wie Monadinen, Biatomaceen, Desmidiaceen, Volvocinen etc. als Folygastrica anentera heran, sondern auch die viel höher und complicirlev organisirten Rotiferen, die wir jetzt zu den Würmern oder Arthropoden stellen. Indem er die Organisation dieser letzteren zur Basis seiner Deutungen wählte, wurde er bei dem Principe, überall eine gleich vollendete Organisation nachzuweisen, durch unglückliche Analogien im Einzelnen zu zahlreichen Irrthümern verleitet. Ehrenberg schrieb den Infusorien Mund und After , Magen und Darm , Hoden, Samenblase und Ovarien, Nieren, Sinnesorgane und ein Gefässsystem zu, ohne für die Natur dieser Organe zuverlässige Beweise geben zu können. Gar bald machte sich denn auch ein Rückschlag in der Auf- fassung des Infusorienbaues geltend, indem sowohl der Entdecker der Sarcode des Rhizopodenleibes, Dujardin, als v. Siebold und KöUiker, letztere mit Rücksicht auf den sog Nucleus und Nucleolus, für den Körper der Infusorien die Structur der einfachen Zelle behaupteten. Durch die neuesten umfassenden Arbeiten von Stein, Clapar6de, Lachmann und Balbiani sind wir allerdings von dem Vorhandensein mannigfaltiger Differenzirungen überzeugt worden. Die äussere Körperumgrenzung stellt meist eine glashelle zarte Membran, eine Cutimla, dar, deren Oberfläche mit schwingenden und beweglichen Anhängen mancherlei Art in regelmässiger Anordnung be- kleidet wird. Die Wimpern sitzen indessen der Cuticula nur scheinbar auf und gehören tiberall der Leibessubstanz selbst an (Kölliker). Auch Stein kam durch die Beobachtung einer förmlichen Häutung bei den Opercularien zu der üeberzeugung, dass die Cilien Fortsätze des contractilen Aussenparenchyms sind. Je nach der verschiedenen Stärke der äussern Hülle, die zuweilen überhaupt nicht als gesonderte Membran nachweisbar ist, sowie nach dem verschiedenen Verhalten des peripheri- schen Parenchyms erhalten wir metabolische, formbeständige und gepan- zerte Formen, von denen die ersteren mannichfache Formveränderungen ihres Körpers, Verlängerungen und Zusammenziehungen bis zur Kugel- form zeigen. Die häufigsten der lokomotiven Cuticularanhänge sind zarte Wim- pern und Cilien, die oft in dichten Reihen die gesammte Oberfläche bedecken und derselben das Ansehen einer zarten Streifung verleihen. Gewöhnlich werden die Wimpern in der Nähe des Mundes stärker und gruppiren sich hier zu einem Saume grösserer Haare, zu einer adoralen Wimperzone, welche beim Schwimmen eine Strudelung erregt und die zur Nahrung dienenden Stofle in die Mundöffnung hinleitet. Eine noch höhere Entfaltung erlangen die Strudelorgane bei festsitzenden Infusorien, z. B. Glockenthierchen , deren Oberfläche einer gleichmässigen Bewim- Bewimperung und die auf dieselbe begründete Eintheilung Stein's. 163 perung entbehrt und bald ganz nackt ist, bald ein zartes äusseres Gehäuse zum Schutze abscheidet. Hier sitzen ein oder mehrere Kränze ansehnlicher Cilien an; Rande einer deckelartig erhubenen einstülpbaren' Klappe, auf welche nach dem Munde zu ein unterer Wimpersaum folgt. Bei den frei schwimmenden Infusorien kommen oft zu den zarten Cilien und Wimperzonen noch dickere Haare und steife Borsten, spitze Grifllel und gekrümmte Haken hinzu, die gewissermassen als Gliedmassen zum Kriechen und Anklammern, Rudern, Schwimmen und Tasten verwendet werden und wie es scheint vom Willen des Thieres abhängig sind. Viele Formen entbehren der freien Bewegung und sind am hintern Ende oder auf besonderen Stielen an fremden Gegenständen festgeheftet, vermögen sich aber zeitweise zu lösen und frei umherzuschwärmen. Bei den parasitisch lebenden festsitzenden Infusorien (Acinetinen) erheben sich an der Oberfläche gestilte Saugröhrchen von überaus grosser Contractilität, welche nicht immer eine als Fortsetzung der Cu- ticula zu deutende Hülle (mit Faltungen bei den Bewegungen) zu be- sitzen scheinen, sondern zuweilen durch Struktur und Beweglichkeit an die Pseudopodien der Rhizopoden erinnern. Die Art und Weise der Hautbekleidung und der Anordnung der Wimpern und Borsten an der Oberfläche ist systematisch von grosser Bedeutung und von Stein sehr glücklich zur Bezeichnung und Charakte- risirung der natürlichen Abtheilungen als Holotricha, Heterotricha, HypotricJia und Peritricha benutzt worden. Bei den ersteren wird der Körper gleichmässig von Wimpern bedeckt, welche in Längsreihen an- geordnet, kürzer als der Köi'per sind. Zuweilen finden sich zwar in der Nähe des Mundes längere Wimpern, niemals aber eine wahre adorale Wimperzone. Die heterotrichen Infusorien charakterisiren sich ebenfalls durch eine gleichmässige, in Längsreihen angeordnete, feine Bewimperung, besitzen aber eine adorale Zone von Borsten oder grifielförmigen Wim- pern. Die hypotrichen Formen sind dagegen nur partiell bewimpert. Ihre Rückenseite ist nackt, die Bauchseite dagegen, auf der sie sich bewegen, bewimpert oder mit zerstreuten, aber bestimmt angeordneten Borsten und Grifieln besetzt. Die peritrichen Infusorien endlich besitzen einen drehrunden, grösstentheils nackten Leib, an welchem meist lang- haarige oder borstenförmige Wimpern eine Spiralzone zur Mundöft'nung oder einen queren ringförmigen Gürtel zusammensetzen. Dazu konnnen noch als 5te Gruppe die parasitischen Acinetinen mit ihren geknüi)ften Saugstilchen und ten takeiförmigen Saugröhren. Die Nahrungsaufnahme erfolgt selten auf endosmotischem Wege durch die gesammte Körper- bedeckung, wie z. B. bei den parasitischen Opalinen. Saugend ernähren sich die Acineten, welche beim Mangel einer Mundöftiiung keine festen Körper in sich aufnehmen können, dagegen mittelst ihrer contractilen Haftstilchen und Saugröhren fremde Organismen festhalten und aus- 11* 164 Nahrungsaufnahme und Verdauung. saugen. Bei weitem die meisten Infusorien besitzen eine Mundöffnung, meist in der Nähe des vordem Poles, und eine zweite als After fun- girende Oeffnung, welche während des Austrittes der Faeces an einer bestynmten Körperstelk; als Schlitz erkennbar wird. / Das von der Haut umgrenzte Körperparenchym zerfällt in eine körnige zähflüssige Rindenschicht und in das flüssigere hellere Innen- parenchym (mich Claparede, Lach mann und Greeff Chymusgefüllter Leibesraum), in welches vun (U-r Mundöfl'nung aus häufig eine zarte, seltener durch feste Stäbchen {CMlodon, Nassula) gestützte Speiseröhre hinein- ragt. Auf diesem Wege gelangen die Nahrungsstoffe, im Schlünde zu Speiseballen zusammengedrängt, in das Innenparenchym, um unter dem Einflüsse der Contractilität des Leibes in langsamen Rotationen umher- bewegt, verdaut und endlich in ihren festen unbrauchbaren Ueberresleu durch die Afteröfihung ausgeworfen zu werden. Ein von besonderen Wandungen umschlossener Darmcanal existirt ebensowenig, als die zahl- reichen Magen, welche Ehrenberg, durch die Nahrungsballen getäuscht, seinen »Infusoriu polyyastrica<' zuschrieb. Da wo ein Darmcanal be- schrieben worden ist, hat man es mit eigenthümlichen Strängen und Trabekeln des Innenparenchyms zu thun, welche zwischen ihren Lücken helle, mit Flüssigkeit erfüllte Räume umschliessen. ^ Das festere zähflüssige Aussenparenchym, das übrigens ohne Grenze in das Innenparenchym übergeht, haben wir vorzugsweise als die be- wegende und empfindende Grundlage des Leibes anzusehen, in welcher auch zuweilen muskelähnliche Streifen auftreten, die man geradezu Muskeln nennen kann./ Streifen wurden schon von Ehrenberg bei vielen ringsum mit Wimpern bekleideten Infusorien beobachtet und als Muskeln gedeutet, welche die über ihnen stehenden Wimperreihen in Bewegung setzen sollten. Bestimmter haben 0. Schmidt und Lieber- kühn gewisse Körperstreifen der Stentoren u. a. Infusorien für con- tractile Muskelfasern erklärt, in deren Richtung die Körpercontractionen erfolgen. Insbesondere wurde von 0. Schmidt hervorgehoben, dass diese den Muskelfasern analogen Streifen aus einer homogenen hellen Grundsubstanz bestehen, iu welche viele winzig kleine Körnchen und Pigmente eingebettet Hegen. Neuerdings wies Kölliker sogar eine Querstreifung an den Sarcodestreifen nach, die auch von 0. Schmidt und Stein bestätigt wurde. Den eingehenden Untersuchungen des letztgenannten Forschers endhch haben wir manche Detailangaben über den Verlauf der Streifenzüge und über die Verbreitung ihres Vor- kommens bei den Infusorien zu verdanken. Sehen wir von dem Stilmuskel der Vorticellen ab, der schon von Leydig in dieser W^eise aufgefasst wurde, so kommen Muskelstreifen vor- nehmlich bei den Holotricheu und Heterotrichen, dann aber auch an der Bauchfläche weniger Hypotrichen {Chlamydodonten, Erviliinen) und Muskelstreifen und Nesselorgane. 165 selbst bei oinigen Peritrichen vor. Bei vielen Arten wie bei Prorodon verlaufen sie in gerader Richtung durch die Länge des Körpers; bei den Stentoren, die zur Ucähern Untersuchung der Streifen vor- züglich geeignet sind, verbreitern sich dieselben nach dem erweiterten Körperende zu, während sie an dem entgegengesetzten Ende sich zuspitzen und theilweise unter einander verschmelzen. Hier kommt aber, wie bei Climacostomum , noch ein zweites Stystem von Strei- fen hinzu, welche als Peristomstreifen in ihrem Verlaufe dem Peristom folgen und gegen den Mund hin convergiren. In schiefer Richtung zu der Körperachse verlaufen die Muskelstreifen bei Spi- rostomiim, indem sie einen Theil einer weitausgezogenen links- gewundenen Spirale beschreiben. Stein hat sowohl hier als bei den Stentoren die dunkeln Körnchen-reichen Streifen für Muskeln ausgegeben, während nach früheren Beobachtungen Lieberkühn's die hellen band- artigen Zwischenstreifen jener die contractilen Fasern sind. Diese neuer- dings von Greeff vertheidigte Auffassung scheint die richtige zu sein. Auch für die Streifen der Vorticellinen (F. microstoma), welche den Eindruck einer Querringelung machen, glaubte Stein die deutliche Anordnung einer ganz flachen Spirale erkannt zu haben. Indessen handelt es sich hier wahrscheinlich nur um Cuticularstreifen , während dagegen, wie Greeff mit Recht hervorhebt, Längsmuskeln im hintern Körper- theile der Vorticellinen aufti-eten. Selten wird das Aussenparenchym der Sitz kleiner stäbchenförmiger Körper z. B. Paramaecien, Bursaria leucas, Nassula, welche von Stein für Tastkörperchen gehalten w^erden, obwohl sie bei Zusatz concetrirter Essigsäure als lange Fäden hervorschiessen. Mit grösserem Rechte stellt man dieselben, mit ü. Schmidt, All man, Claparede und Lachmann, K Olli k er u. a., den Nesselorganen der Turbellarien in Form und Bedeutung an die Seite. Als eine weitere Differenzirung der Rindenschicht erweisen sich die contractilen Vacuolen, Bildungen, welche in einfacher oder mehr- facher Zahl an ganz bestimmten Stellen des Körpers auftreten. Es sind | helle, mit Flüssigkeit gefüllte, meist runde Räume, die sich rythmisch | zusammenziehen und verschwinden, allmählig aber wieder sichtbar ! werden und zur ursprünglichen Gi'össe anwachsen. Eine besondere Wandung kann für dieselben gewiss nicht in Anspruch genommen werden, zumal da z. B. Trachelius lamella, Bursaria cordiformis nach v. Siebolds Entdeckung, welche vun Stein für zahlreiche andere Fälle bestätigt wurde, bei der Systole mehrere kleine peripherische Räume rosettenförmig zum Vorschein kommen, die bei der Diastole wieder zu dem contractilen Behälter zusammenfliessen (wie bei Anioeba terricola). Wahr- scheinlich ist eine besondere Beschaffenheit der den Behälter umgrenzenden Sarcodeschicht für die bestimmte Lokalisirung desselben massgebend und die Zusammenziehung der scheinbaren Blase durch die Contraktion des um- 166 Nucleus und Nucleolus. gebenden Parenchyms bedingt. Nicht selten stehen die pulsirenden Vacuolen mit einer oder mehreren gefässartigen Lacunen in Verbindung, welche während der Contraction der Vacuole deutlich anschwellen. Auch über die Funktion der pulsirenden Räume herrscht keineswegs volle Klarheit. Während dieselben von Claparede und Lach mann für Analoga von Gefässen mit Ernährungsflüssigkeit ausgegeben werden, entsprechen sie nach Stein und 0. Schmidt dem Wassergefässsystem der Rotiferen Turhellarien und sind Excretionsorgane , welche die Producte des Stoff- wechsels nach aussen befördern. Die letztere, vielleicht natürlichere Auffassung wird vornehmlich durch die Thatsache unterstüzt, dass die contractilen Vacuolen durch eine feine Oeftnung (heller Fleck) der Oberfläche auszumünden scheinen. Auch die als Nuclei und NucleoU unterschiedenen Gebilde finden ihre Lage in dem Aussenparenchym des Infusorienleibes. Der Nucleus, in früherer Zeit dem Kerne der einfachen Zelle verglichen, ist ein ein- facher oder mehrfacher Körper von sehr verschiedener Form und be- stimmter Lage. In einzelnen Fällen rund oder oval, in andern Fällen langgestreckt, hufeisenförmig oder bandförmig ausgezogen und in eine Reihe von Abschnitten eingeschnürt, enthält derselbe eine feinkörnige zähe von einer zarten Membran umgrenzte Substanz, welche Eier oder Keimkugeln aus sich erzeugt. Vielleicht sieht man den Nucleus mit Recht seiner ursprünglichen histologischen Bedeutung nach als eine Zelle an, da derselbe nicht nur zuweilen einen einfachen Kern enthält, sondern zahlreiche kernartige Bläschen umschliesst, welche später zu Kernen der einzelnen Eier (Balbiani) und Keimkugeln (Stein) werden. Der Nucleolus, der übrigens erst bei einer verhältnissmässig geringen Zahl von Infusorien nachgewiesen worden ist, wechselt ebenfalls nach Form^ Lage und Zahl bei den einzelnen Arten mannichfach. Stets ist derselbe weit kleiner als die weibliche Geschlechtsdrüse, in der Regel länglich und glänzend und dem Nucleus dicht angelagert oder gar in eine Ca- vität desselben eingesenkt. Mehrere Infusorienforscher haben den Nucleolus für die Samendrttse ausgegeben und die Ansicht vertreten, dass derselbe unter bestimmten Bedingungen anschwelle, einen granulirten Inhalt gewinne und aus demselben länghche spindelförmige Fäden, die männlichen, den Samenfäden entsprechenden Zeugungsstoffe hervorbringe. Indessen ist die Deutung der in dem Nucleolus und auch in dem Nucleus beobachteten Gebilde als Spermatozoiden keineswegs festgestellt. Job. Müller, welcher zuerst lockenförmig gekräuselte Fäden im ver- grösserten Nucleus von Paramaccium aurelia beobachtete und von ähn- lichen Funden Lachmann's und Glaparedes {Nucleus von Chilodon cucullus), sowie von der Beobachtung Lieberkühn's über das Vor- kommen von Fäden im Nucleolus von Colpodaren Kenntniss hatte, äusserte sich sehr zurückhaltend über ihre Natur; dagegen betrachtete Fortpflanzung durch Theilung und Schwärmer. 167 Balbiani zuerst den Nucleolus von Paramaecium hursaria mit Rück- sicht auf seinen Inhalt als Samenkapsel, und Stein schloss sich dieser Ansicht von der Bedeutung des Nucleolus als des zur Entwicklung von Spermatozoen bestimmten Organes auf Grund seiner eingehenden Unter- suchungen an. Erwägt man indess das gelegentliche Vorkommen von parasitischen Vibrioniden in Infusorien, so wird man um so mehr zum Zweifel geneigt, als Balbiani sowohl die im Nucleus von P. aurelia beobachteten Fäden als die später zu erwähnenden Bäusche lockenförmig gekräuselter Fäden, welche ebenfalls im Innern von P. aurelia auftreten, für Vibrioniden ausgiebt. Dazu kommt, dass es niemals gelungen ist, im Nucleolus eine zellige Structur nachzuweisen, die bei der Bedeutung der Samenfäden als kleine einstrahlige Wimperzellen für den Beweis als Hoden unerlässlich ist. Die Fortpflanzung der Infusorien erfolgt übrigens zum grossen Theile auf ungeschlechtlichem Wege durch Theilung. Bleiben die neu erzeugten Organismen untereinander und mit dem Mutterthiere in Ver- bindung, so entstehen Colonien von Infusorien, z. B. die Stöckchen von Epistylis und Carchesium. Am häufigsten ist die Theilung eine Quer- theilung (rechtwinklig zur Längsachse), wie bei den Oxytrichinen, Sten- toren etc. und erfolgt nach ganz bestimmten Gesetzen unter Neubildung der Wimpern nach vorausgegangener Verschmelzung und Theilung der Nuclei. Minder häufig geschieht die Theilung in der Längsachse, wie bei den Vorticellinen , Trichodinen und Ophrydinen. Oft geht der ungeschlechtlichen Fortpflanzung eine Einkapselung voraus, welche für die Erhaltung der Infusorien bei Eintrocknung des umgebenden Wassers von grosser Bedeutung ist. Das Thier contrahirt seinen Körper zu einer kugligen Masse, zieht Wimpern und Cilien ein und scheidet eine anfangs weiche, dann erhärtende Cyste aus, in welcher der lebendige Inhalt, gewissermassen als Keim, auch in feuchter Luft überdauert. In der Regel wird die Encystirung von nachfolgender Theilung begleitet. Der Inhalt zerfällt in eine Anzahl von Theilstücken, welche zu je einem Individuum werden und beim Platzen der Cyste ins Freie gelangen. Umgekehrt kann der Theilung eine Encystirung folgen, wie bei dem los- gelösten und umherschwimmenden zweiten Individuum der Voriicella nehidifera. Daneben aber erzeugen manche Infusorien wie die Acinetinen aus Theilstücken des Kernes Schwärmsprösslinge, welche die Wandung des Mutterth'eres durchbrechen, umherschwärraen und sich dann als kleine Acinetinen festsetzen. Auch manche Vorticellinen, wie bei Epistylis pli- catilis zuerst von Lachmann und Claparede beobachtet wurde, bilden aus der Substanz ihres Nucleus Schwärmer, die nach Stein jedoch nur nach vorausgegangener Conjugation zweier Individuen unter Vorgängen entstehen, welche von diesem Forscher auf geschlechtliche Fortpflanzung bezogen werden. Die Vorticellen (F. nebulifera) erzeugen 168 Geschlechtliche Fortpflanzung nach Balbiani und Stein. aus dem Nucleus Kugeln, welche frei werden, einen Kern erhalten und nach Everts zu einer Trichodma werden, die sich spcäter in eine Vorticella umgestalten soll. Daneben soll nun insbesondere nach den Darstellungen Bal- biani's und Stein's eine geschlechtliche Fortpflanzung bestehen. Nach Balbiani wird dieselbe durch eine Conjugation zweier Individuen ein- geleitet. Diese legen sich zur Zeit der geschlechtlichen Reife mit ihren Mundflächen fest aneinander und verwachsen sogar zum Theil unter Resorption bestimmter Körpertheile. Während dieses früher allgemein für Längstheilung gehaltenen Conjugationsaktes , der mehrere Tage dauert, erleiden die Nuclei und Nucleoli beträchtliche Veränderungen. Vor der Trennung der conjugirten Individuen sollen die aus den Nucleolis hervorgegangenen Samenballen gegenseitig ausgetauscht werden, wahr- scheinhch durch Oeffnungen besonderer Geschlechtswege, die neben der Mundöffnung nach aussen führen. Der Austausch wurde allerdings von Balbiani keineswegs direkt beobachtet, sondern nur aus dem Umstände erschlossen, dass die Samendrüsen bald nach der Begattung vollständig schwinden. Aus dem vergrösserten Ovarium entstehen durch Theil- stücke eine grössere oder geringere Anzahl Eier, welche in einer nicht näher bekannten Weise befruchtet und abgelegt werden. Indessen ist auch die Eierlage von Balbiani nicht direkt beobachtet worden. Der- selben soll dann der Schwund des Ovariums folgen, und es sollen nicht nur an die Stelle der geschwundenen Nucleoli, sondern auch der Nuclei Neubildungen auftreten und zwar als feinkörnige, mit bläschenförmigen Kernen versehene Körper, welche die einfache Zellnatur der beiderlei Geschlechtsorgane beweisen. Auch Stein, welcher den Ansichten Balbiani's in wesentlichen Stücken widerspricht, hält die seitlichen Vereinigungen (^Syzygien), in denen er früher Längstheilungen zu erkennen glaubte, für Conjugation zum Zwecke geschlechtlicher Entwicklung, keineswegs jedoch für eine gegenseitige Begattung. Dieselbe habe vielmehr gleich der Copulation niederer Pflanzen die Aufgabe, die bis dahin unthätigen Fortpflanzungs- organe zur völligen Entwicklung und Reife ihrer Producte zu führen. Erst nach erfolgter Trennung der copulirten Individuen soll die völlige Reife der Samenfäden eintreten; es sollen sich auch die beiden Indi- viduen gesondert, jedes durch Eintritt der in ihm erzeugten Samenfäden in den eigenen Nucleus befruchten. Wenn dann nach erfolgter Tren- nung die Ovarien vergrössert und befruchtet sind, sondern sich aus ihnen Keimkugehi, welche wiederum durch Abschniirung und Theilung die Embryonalhigeln erzeugen. Erst diese bringen durch Äbgliederung unter Betheiligung des Kernes der Kugel die Embryonen hervor. Gegen- über der von Balbiani behaupteten Eierlage, lässt Stein die Em- bryonen meist im Innern des Mutterthieres sich entwickeln und lebendig Conjugation der Oxytrichinen. 169 geboren werden. Dieselben enthalten einen Kern und eine pulsirende Vacuole nnd tragen auf ihrer Oberfläche Wimpern und zuweilen ge- knöpfte Saugrührchen, In dieser Weise ausgestattet, treten sie durch die GeburtsöfFnung aus dem mütterlichen Körper aus, schwärmen eine Zeitlang freischwimmend umher, setzen sich fest, verlieren die Wimpern und werden zu kleinen Äcinetenarügen Organismen, welche sich wiederum durch Schwärmsprösslinge ungeschlechtlich vermehren können. Nach Stein sind demnach die kleinen Acineten ») Entwicklungszustände auch der frei schwimmenden Infusorien und überhaupt nicht selbständige Lebensformen, WahrscheinUch aber sind die acinetenartigen Embryonen, wie dies zuerst Balbiani für die Paramaecien, Stylomjchia mytilus und ürostyla grandis behauptete , nichts anders , als von aussen ein- gedrungene parasitische Infusorien, Entwicklungszustände der Acineten- gattung Sphaerophrya. Metschnikow glaubt für Paramaecium aurelia direct nachgewiesen zu haben, dass die für Embryonen gehaltenen Schwärmer bald nach ihrem Austritt in andere Paramaecien eindringen und zu den als Sphaerophrya beschriebenen acinetenartigen Parasiten werden, welche den Inhalt der Vorticellen und Stylonychien aussaugen und während des Ernährungsprocesses sich durch dichotomische Theilung vermehren. Die nähern Verhältnisse der Conjugation, mit nachfolgender Fort- pflanzung, wie sie in Stein 's neuesten Untersuchungen dargestellt werden, sind (für die Stylonychien mit Engelmann im Wesentlichen übereinstimmend) folgende: Während die Paramaecien, Euploteen, Stentoren, Spirostomeen bei der Conjugation ihre Bauchflächen anein- anderlegen, conjugiren sich die Infusorien mit endständiger Mundöffnung an ihren vordem Körperenden, also terminal unter dem Anschein der Quertheilung , {Enchelys, Halteria, Coleps etc.) Viele mit plattem Körper und seitlichem Mund, wie die Oxytrichinen, Aspidiscinen, Chilodonten, gehen eine laterale Copulation ein, bei der die Mundöffnung frei bleibt. Auch bei den Vorticellinen , Ophrydinen nnd Trichodinen kommt eine laterale Copulation vor, zuweilen zwischen ungleich grossen Individuen, die den Anschein' der Knospenbildung bietet (knospen- förmige Conjugation. Die Acinetinen conjugiren sich mit den ver- schiedensten Punkten ihrer Oberfläche. Die Conjugation selbst besteht nicht, wie Balbiani glaubte, in einer blossen Aneinanderlagerung zweier 1) Schon früher wurden von Stein u. a. die Acineten als Entwicklungs- zustände zu den Vorticellen gezogen, ohne dass es freilich gelungen wäre, die Umwandlung der encystirten Vorticellinen zu Acineten und das Auswachsen der Acineten-Schwärmsprösslinge in Vorticellinen nachzuweisen. Seitdem durch die Beobachtungen Claparede's, Lachmann's u. a. festgestellt wurde, dass die Schwärmsprösslinge der Acinetinen wiederum zu Acinetinen werden, fiel die Acineten- theorie in der ursprünglichen Fassung. ^'^ Knospenförmige Conjugation der Vorticellinen. Individuen und Verbindung derselben durch einen Klebstotf, sondern in einer wahren Verschmelzung unter Vorgängen der Resorption und Neu- bildung. Wo die Verschmelzung nicht zu weit vorschreitet, trennen sich die Individuen wieder, da aber, wo bei den Oxytrichinen eine wahre Fusion der Körper zu Stande kommt, werden im „Bahnen der Syzygie" zwei neue Individuen angelegt. Es bilden sich dann in jedem freien Schenkel unter Resorption der alten Bewimperung die Gritlei und adorale Wimperzone eines neuen Individuums, welches sich auf Kosten der Substanz der Syzygie vergrössert und schliesslich selbständig wird. Waren die Individuen in der ganzen Länge verwachsen (2. Form der Conjugation bei den Oxytrichinen, die nach Engelmann nicht mit ge- schlechtlicher Fortpflanzung in Beziehung steht, so erhält sich das Peristom des linken Individuums, und die Neubildung erfolgt in etwas abweichender Weise. Endlich gibt es Copulationsformen bei den Stylo- nychien und Vorücellen, bei denen die vollständig verschmolzenen Thiere niemals wieder zur Lösung kommen. Die Vorticellinen, deren Conjugation zuerst von Claparede und Lach mann bei Vorticella microstoma, auch Epistylis brevipes und Garchesium polypinum beobachtet worden war, beginnen in der Mitte der sich berührenden Seitenwandung zu verwachsen. Wenn die Ver- schmelzung bis zum hintern Ende fortgerückt ist, so bildet sich um dieses in ähnlicher Weise, wie bei dem einfachen Thiere, welches sich zur Lösung anschickt, ein hinterer Wimperkranz, mittelst dessen sich die inzwischen auch nach vorn verwachsenen Körper von ihren beiden Stilen trennen, um das hintere Ende beständig vorankehrend wie ein einfaches Thier im Wasser umherzuschwimmen. Weit häufiger aber ist für die Vorticellinen, Ophrydinen {Vaginicola, Lagenophrys) und Trichodinen eine andere Copulationsweise, welche bisher für Knospung gehalten wurde. Bei dieser Form sucht ein kleineres durch schnell nacheinander wiederholte Theilungsakte entstandenes Individuum (Mikro- gonidie) ein grösseres auf, setzt sich an dieses mit seinem hintern Ende an und fliesst mehr und mehr mit der Substanz des Trägers zusammen. Hier wie in vielen andern Fällen beschränkten sich aber die Fort- pflanzungsvorgänge auf Umgestaltung und gegenseitige Einwirkung der Nuclei, da der Nucleolus fehlt. Die Veränderungen, welche die Fortpflanzungsorgane während und nach der Copulation erleiden, konnten von Balbiani und Stein vor- nehmlich an den Oxytrichinen, dann aber auch an den Euploteen und Paramaecicn sowie au Stcntor und Spirostomum verfolgt worden. Bei Stijlonychia vergrössert sich jeder Nucleus und zerfällt nach den über- einstimmenden Angaben beider Forscher in zwei Segmente, sodass nun jedes Individuum statt der zwei Nuclei vier ähnliche gestaltete Körper (Eier nach Balbiani) enthält, denen in der Regel je ein vergrösserter Veränderungen des Nucleus und Nucleolus. ^ '1 wasserheller Nucleolus anliegt. In der Substanz der letztern wächst dann auf einem kernartigen Gebilde ein kegelförmiges Büschei sehr zarter Fäden hervor, die sich später strahlenförmig um den Rand des Kerns ausbreiten und sich zuletzt zu zwei prallen Bündeln in der ov.al gewordenen Samenkapsel anordnen. Erst wenn die Neubildung der Individuen erfolgt ist, sollen nach Stein die frei gewordenen Samen- läden die Nucleussegmente befruchten. Die aus der Theilung hervor- gegangenen Individuen aber entbehren der Samenkapseln und enthalten einen grossen durchsichtigen Nucleusartigen Körper, nebst einer ver- schiedenen Anzahl ungleich grosser Kugeln, von denen Stein annahm,, dass sie nach Zusammenschmelzen der vier befruchteten Körper zu einer gemeinsamen Masse (Placenta) von dieser als Keimkugeln ausgeschieden sind. Bei St. mytikis sollen die Keimkugeln direct zu Embryonalkugeln werden, dagegen bei St. pustulata und histrio aus dem Körper in die Aussenwelt treten und erst hier zur weiteren Entwicklung gelangen. Aehnlich wie die Stylonychien verhält sich während der Copulation Kerona polyporum. Etwas abweichend gestalten sich die Veränderungen der Fort- pflanzungsorgane bei den copulirten Paramaecien, die ebenfalls sowohl von Balbiani als von Stein zum Gegenstande eingehender Unter- suchungen gemacht worden sind. Hier geht die Umgestaltung des Nucleus erst nach der Trennung der Individuen vor sich, während die Bildung der Samenfäden des Nucleus, aus dem durch Theilung oft zwei oder vier Samenkapseln hervorgehn, während der Copulation erfolgt. Die Befruchtung tritt nach aufgehobener Copulation ein. Man trifft dann Paramaecien (P. aurelia) mit 1 bis 4 Bäuschen lockenförmig ge- kräuselter Fäden und andere, deren Nucleus von zahlreichen nach allen Richtungen ausgestreckten Fäden (nach Balbiani Vibrioniden) ") durch- setzt wird. Zunächst zerfällt dann der Nucleus in eine Anzahl von Segmenten. Später enthalten die reifen Paramaecien neben einer grössern oder geringern Zahl opaker Körper 4—12 (nach Balbiani 4 Eier) helle eiähnliche Keimkugeln, die durch Entwicklung einer contraktilen Blase und eines Kernes zu Erabryonalkugeln werden. Bei den Stentoren, von denen vornehmlich St. Roeselii verfolgt werden konnte, zerfällt nach der bereits von Balbiani beobachteten Conjugation der Nucleus in eine Anzahl von Keimkugeln, die wahr- scheinlich von Samenfäden befruchtet werden. Indessen wurden weder 1) Auch der bei P. aurelia häufig zu beobachtende ausserhalb des Nucleus gelegene Bausch lockenförmig gekräuselter Fäden, nach Stein freigewordener Inhalt der Samenkapsel, wird nach B. auf Vibrioniden im ausgedehnten Nucleus bezogen, da der Inhalt der Samenkapseln?, worin St. zustimmt, viel zartere nicht geschlängelte und in feine Spitzen ausgezogene Fäden bildet. Zudem sind bei P. bursaria weder Fäden im Nucleus noch die Fadenbäusche beobachtet worden. 172 Fortpflanzungsvorgänge der Vorticellinen. Nucleoli noch Samenfäden gesehen und die Navicula ähnlichen spindel- förmigen Körper im Nucleus als Parasiten gedeutet. Die Keimkugeln verwandeln sich dann in Embryonalkugcln, die in knospenden Tochter- kugeln Embryonen entwickeln. Gleich nach dem Auftreten der ersten Embryonen wird wahrscheinlich ein neuer Nucleus angelegt, der sich in dem Masse vergrössert, als sich der Fortpflanzungsprocess seinem Ende nähert. Die (zuerst von Eckhard, dann von Claparede beobachteten) Embryonen sind walzenförmig und durch eine Einschnürung in zwei Abschnitte getheilt, von denen der (bei der Bewegung) vordere zwei Wimperkränze, der hintere eine Anzahl geknöpfter Saugröhrchen besitzt, sie schwärmen durch eine auf der Rückenseite des Mutterthieres ge- legene Geburtsöffnung aus , und scheinen sich nur kurze Zeit mittelst der Saugröhrchen von den Säften anderer Infusorien zu ernähren und dann durch einfache, aber nicht näher beobachtete Metamorphose in die Gestalt des Mutterthieres zu verwandeln (?). Die Veränderung, welche der Nucleus der conjugirten zu einem einzigen Thiore verschmelzenden Vorticellinen erleidet, sind von Stein an Vorticella campanula verfolgt worden. Hier sollen beide Nuclei zu einem einzigen verschmelzen (Befruchtungsakt) und dann in eine Anzahl von runden Körpern zerfallen, von denen 3—8 Keimkugeln dar- stellen. Diese erzeugen theils Embryonalkugeln, wie solche auch von Engel mann für die Vorticellinen beobachtet wurden, theils vereinigen sie sich mit den andern Körpern wieder zur Bildung eines Nucleus. Aus den Embryonalkugeln aber entwickeln sich durch Knospung Embryonen, welche einen Wimpcirgürtel ohne Tentakeln erhalten und zwischen Peristom und Wirbelorgan ausschwärmen. Bei der sehr ver- breiteten auch von Greeff bestätigten knospenförraigen Conjugation, welcher die Entwicklung kleiner Rosetten von (meist zu 4 oder 8 auf einem Stile sitzender) Theilungssprösslingen vorangeht, kommt es nach der Conjugation zu der Bildung von Placenten {Zoothamnium arbuscula, Carchesium aselli, Epistylis plicatilis) , die durch Verschmelzung der beiderseitigen Nucleussegmente entstehen. Die grössern aus dem Con- jugationsprocess hervorgehenden Individuen von Zoothamnium lösen sich dann vom Stocke und sollen durch fortgesetzte Theilung eine besondere Generation von Stöcken erzeugen, deren Individuen durch den Besitz von Placenten ausgezeichnet sind und dann später bei fortschreitender Vergrösserung des Stockes mit Individuen mit strangförmigera Nucleus wechseln. Die erstem enthalten neben den Placenten Embryonalkugeln, die aus den Keimkugdu der Placenten hervorgebn, bis sich diese wieder in den gewöhnlichen Nucleus verwandeln. Die tentakellosen Embryonen entstehen, wie überall, aus einer Portion der Substanz der Embryonal- kugel und einem Antheil des Kernes und gelangen durch eine besondere Geburtsötfnung in die Aussenwelt. Lebensweise der Infusorien. 173 In keinem einzigen Falle gelang es jedoch bis jetzt das weitere Schicksal der schwärmenden Embryonen, ihre Metamorphose und Umbildung zur eiterlichen Form zu verfolgen. Der Nachweis dieser Metamorphose muss freilich zum vollgültit^en Beweise für die Natur der Schwärmer als Sprösslinge verlangt werden. Indessen auch dann, wenn derselbe ge- geben, würde die Auffassung von der geschlechtlichen Erzeugung der Embryonen mehr durch den vorausgegangenen Conjugationsprocess als auf Grund der sehr unwahrscheinliclien Befruchtung des Nucleus durch die fadenförmigen Produkte des Nucleolus zu stützen sein. Selbst dann, wenn die vermeintlichen Samenfäden von parasitischen Vibrioniden, deren Vorkommen im Infusorienkörper ausser Zweifel steht, scharf zu scheiden wären, würden dieselben doch bei den Stentorineu und sämmt- lichen Vorticellinen vollkommen fehlen. Bei diesen erkennt Stein in der Fusion der beiderseitigen Nuclei beziehungsweise in der Vermengung von Theilstücken den eigentlichen Befruchtungsakt, stützt denmach hier die Vorstellung der geschlechtlichen Fortpflanzung auf einen ganz anderen Vorgang, bei dem das Auftreten eines Nucleolus und aus demselben erzeugter vermeintUcher Spermatozoen ausgeschlossen bleibt. Wollen wir bei dem gegenwärtigen Stande der Erfahrungen die Vorstellung einer geschlechtlichen Fortpflanzung der Infusorien aufrecht erhalten, so möchte dieselbe ausschliesslich durch den Copulationsakt ziveier Individuen nach Analogie der Conjugation niederer Pflanzen gestützt werden können. Mag derselbe in manchen P'ällen durch Wasser- mangel veranlasst sein, sicher folgen ihm häufig eigenthümliche Um- gestaltungen des zur I'ortpflanzung dienenden Nucleus, in dessen Sub- stanz kernähnliche Bläschen erzeugt und Eizellen vergleichbare Keiuj- kugeln gebildet werden. Auch die aus solchen Keimen entweder noch im Innern oder erst ausserhalb des Mutterkörpers hervorgegangenen Schwärmsprösslinge sind vielfachen Zellen gleichwerthig, welche ausser dem Kerne eine pul- sirende Vacuole und äussere Wimperhaare, beziehungsweise geknöpfte Saugstilchen gewonnen haben Von der Gestaltung aber des jugendlichen Infusorienkörpers dürfte aiicli die Oruaiiisntion des ausgebildeten Körpers zu beurtheilen und auf Diflerenzirung innerhalb des Protoplasmas der ur- sprünglich einfachen Zelle ' ) zurückzuführen sein. Dass wir ein peripherisches Parenchym von einem centralen flüssigen unterscheiden, widerspricht dem Begriffe der Zelle ebensowenig als die Wimperbekleidung der Membran und der Besitz einfacher Oeftnungen. Die Bildungen, welche man als Schlund und Afterdarm bezeichnet, lassen sich den im Innern mancher Zellen ausgeschiedenen Röhren und Ausführungsgängen ver- 1) Vergl. C. Claus, lieber die Grenze des thierischen und pflanzlichen Lebens. Leipzig. 1863. pag. 9. 174 Lebensweise der Iniusorien. gleichen (einzellige Hautdrüsen von Insekten). Die contractile Blase mit ihren Verzweigungen findet in der contractiieu Vacuole, die als Attribut der einfachen Zelle auftritt, ihr Analogon. Auch die complicirte Struktur des Aussenparenchyms, welches stäbchenförmige Körper enthält und eine der Muskelsubstanz ähnhche Struktur darbieten kann, widerstrebt nicht dem Inhalte der einfachen Zelle, denn die Angelorgane der Tur- bellarien und Coelenteraten, mit denen man jene Körper zu vergleichen hat, nehmen ebenfalls in der Zelle ihren Ursprung, und in der jungen Muskelfaser höherer Thiere ist die Peripherie des Protoplasma bereits echte Muskelsubstanz, während die centrale Partie noch unverändertes Protoplasma darstellt. »Der Infusorienleih bietet demnach einen Complex von Diferensirunyen , die wir einsein als Attrihute echter Zellen auf- treten sehn.« Dennoch ist es unrichtig, die Infusorien schlechthin für einzellig zu erklären, da die als Nuclei bezeichneten und zur Fort- pflanzung dienenden Gebilde weder überall in einfacher Zahl auftreten, noch auch genau dem Kerne einer Zelle entsprechen, vielmehr als Er- zeuger von Keimkugeln und Schwärmsprösslingen selbst die Bedeutung einer Tochterzelle haben. Die Lebensweise der Infusorien ist ausserordentlich verschieden. Die meisten ernähren sich selbstständig, indem sie fremde Körper durch Strudelung nach der Mundöffnung hinleiten und oft grosse Körper selbst höher organisirter Thiere verschlingen. Einige wie Amphileptus wählen sich festsitzende Infusorien, vornehmlich Epistylis plicatilis und Car- chesium polypinum zur Beute; dieselben würgen ein solches Thier bis zur Ursprungstelle am Stil in ihr Inneres und scheiden dann gewisser- massen auf dem Stile aufgestülpt eine Kapsel aus, in welcher sie nicht selten während der Verdauung in zwei bald ausschwärmende Individuen zerfallen. Einige haben einen Saugnapf-ähnlichen Haftapparat und klettern an der Oberfläche fremder Thiere umher (Trichodina pediculus) oder sind Schmarotzer, z. B. in der Harnblase der Tritonen. Andere wie die nmndlosen Opalkien kommen im Darmkanal oder ebenfalls in der Harnblase verschiedener Thiere vor. Die Acinetinen saugen den Leibesinhalt von Infusorien durch ihre sehr beweglichen oft rasch vor- streckbaren Saugröhrchen ein und siedeln sich parasitisch an der Körper- bedeckung kleiner Wasserthiere auch auf Vorticellinenstöckchen an. Einzelne Arten derselben wie Sphaerophr^ja scheinen auch in das Innere von Infusorien eindringen zu können. Die Infusorien leben vornehmlich im süssen Wasser, kommen aber auch und zwar in ganz ähnlichen Formen im Meere vor. Ihr plötzliches und oft massenhaftes Auftreten in scheinbar abgeschlossenen Flüssigkeiten, welches man früher durch die Annahme der Urzeugung erklärte, wird durch die Verbreitung ein- gekapselter Keime in feuchter Luft und durch die rasche Vermehrung auf dem Wege der Theilung leicht verständlich. Suctoria. Holotricha. 175 1. Unterordnung. Suctoria. Körper im erwachsenen Zustande wimpernlos, mit tentakelartigen selten verästelten Saugröhrchen, welche meist zurückgezogen werden können. Leben parasitisch von andern Infusorien. Farn. Acinetidae. Coüjugation schon von Clap. und Lachm. beobachtet. Podophrya Ehbg. Körper gestielt mit Büscheln von geknöpften Tentakeln. P. cyclopum, quadripartita Clap. Lachm., letztere auf Epistilis plicaülis. P. Pyrum, cothurnata u. a. Spliaerophrya Clap. Lachm. Körper ungestielt freischwimmend, in andere Infusorien eindringend. Trichophrya Clap. Lachm. Körper stiellos fest- sitzend. Tr. epistylidis. Äcineta Ehbg. Körper gestielt in einem Gehäuse. A. mystacina, patula, cucullus u. a. Hier schliesst sich Solenophiya an, ferner Den- drosoma Ehbg. Verästeiter Acinetenstock. Dendrocometes St. Saugröhren ver- ästelt, nicht contraktil, und Ophryodendron Clap. Lach. Die Saugröhren entspringen auf langem retraktilen Stamm. 2. Unterordnung. Holotricha. Der Körper, ist über die ganze Oberfläche dicht mit feinhaarigen Wimpern bedeckt, die stets kürzer sind als der Körper und in Längsreihen zu stehen scheinen. Adorale Wimperzonen fehlen, wohl aber können einzelne längere Wimpern oder Klappen in der Nähe der Mundöffnung stehen. 1. Farn. Opalinidae. Mund- und Afterlose parasitische Infusorien, deren Selbstständigkeit von manchen Forschern (M. Schnitze, Kölliker) noch bezweifelt wird. Opalina uncinata M. Seh. und recurva Clap. Mit Klammerhaken. Bewohner von Planarien. 0. lineata M. Seh. und prolifera Clap. Bewohner von Naideen, letztere Proglotiten-ähnliche Glieder abstossend. 0. ranarum Park et Jon. Mit lichten Blasen anstatt der contraktilen Vacuole und kernartigen Gebilden, im Darm der Frösche. Von Stein werden die 4 Gattungen Opalina, Hopletophrya, Anoplophrya, Haptophrya unterschieden. 2. Farn. Trachelidae. Mit metabolischem Körper, der sich in einen hals- artigen Fortsatz verlängert, mit bauchständigem Mund ohne längere Wimpern. Amphüeptus Ehbg. Mund rechts neben der convaven Bauchkante des halsartigen Vorderendes, ohne Schlund. J.. /asci'coZa Ehbg. TracheliusWahg. Mund etwas hinter der Halsbasis mit fast halbkugligem innen fein längsgestreiften Schlund. Innen- parenchym von Sarkodesträngen durchsetzt. Tr. Ovum Ehbg., Dileptus Duj., D. margaritifer , anser, gigas. Loxodes Ehbg. Loxophyllum Duj. 3. Fam. Enchelyidae. Mit endständigem Mund und sehr verschiedener Con- sistenz der Cuticularsubstanz. Prorodon Ehbg. Körper oval, lang bewimpert mit borstenförmig bezahntem Schlund. P. teien Ehbg. Holophrya Ehbg. Der kuglig ovale Körper lang bewimpert ohne Schlund. Hier schliessen sich die Gattungen Actinobolus St., Urotricha Clap. Lachm., Perispira St., Plagiopogon St. an. Coleps Ehbg. Mit gepanzertem Körper und kurzem längsfaltigen Schlund. C. hirtus Ehbg. Enchelys 0. Fr. Müll. Der ovale Körper mit spitzem schräg abgestutzten Mundende, kurz bewimpert, ohne Schlund. E. farcimen Ehbg. Enchelyodon Clap. Lachm. Mit bezahntem Schlund. Lacrymaria Ehbg. Der metabolische Körper an dem Endtheil des Halses, der köpfchenartig abgeschnürt ist, mit längern über den Mund hinausragenden Wimpern. L. olor Ehbg. Phialina vermicularis Ehbg. Trachelocerca sagitta Ehbg. Trachelophyllum pusillum Clap. Lachm. 4. Fam. Paramaecidae. Mit bauchständigem Mund und längern Wimpern in einem Peristomausschnitt. Paramaecium 0. Fr, Müll. Mit stark vertieftem Peristom, 176 Heterotricha. schrägelliptischer Mundöffnung und kurz bewimpertem Schlund. P. bursaria Focke. Körper gedrungen mit sehr breit beginnendem Peristom, After am Hinter- ende. P. aurelia Ehbg. Körper gestreckt, Peristom lang und eng. After in der Mitte des Körpers. Colpoda 0. Fr. Müll. Mund in einer Vertiefung, am unteren Rande des- selben ein Büschel längerer Wimpern. C. cucullus Ehlg. Nassula Ehbg. Körper meta- bolisch mit bezahntem fischreusenförmigen Schlund. N. elegans Ehbg. Hier schliesst sich Cyrtostomum St. an. C. leucas Ehbg. Ferner Ptychostomum St., Concho- phtirus St., Isotricha St. 5. Farn. Cinetodiilidae St. Mit bauchständigem, rechtsgelegenem Mund vmd undulirenden Hautklappen, die entweder im Innern des Schlundes liegen oder äusserlich in der Nähe des Mundes stehen. Leucophrys Ehbg. Mit häutiger Platte im Schlünde. L patula Ehbg. Hier schliessen sich Fanophrys Duj. und Colpi- dium St. an. Ophryoglena Ehbg. Körper oval mit Tastkörperchen, Mimd von 2 zitternden Hautfalten eingefasst. 0. acuminata Ehbg. Glaucoma Ehbg. Zwei augenlidartige zitternde Klappen fassen den elliptischen Mund ein. Gl. scintillans Ehbg. Cinetochilum Perty. Mit nur einer solchen Klappe und 2 langen Borsten am Hüiterende. C. maryaritaceiim Perty. Trichoda Ehbg. Mit unduKrender Mem- bran vor der Mundötfnung. T. pura Ehbg., pyriformis Ehbg. Hier schliessen sich Pleurochilidium St. und Plagiopyla St. an. Pleuronema Duj. Mit rinnenförmigem Peristom am rechten Seitenrande, welches hinter der Körpermitte zu einem den Mund enthaltenden Ausschnitt führt. Im Peristom ist eine breite unduürende Membran befestigt, welche entfaltet weit über den rechten Körperrand hinausragt, am freien Innenrande des Peristoms ist noch eine zweite undulirende Membran. P. natans Clap. Lachm. Cyclidium 0. Fr. Müll. In der Peristomfurche, welche bis zur Mitte des Körpers reicht, liegt nur eine undulirende Membran. C. glaucoma Ehbg. Lembadion buUinum Perty. 3. Unterordnung. Heterotricha. Der Körper ist auf seiner ganzen Oberfläche dicht mit feinhaarigen Wimpern bekleidet. Daneben zieht sich eine adorale Reihe längerer stärkerer querstehender, in rechts- gewundener Spirale, in gerader oder schräger Längszone angeordneter Wimpern zu dem mehr oder minder weit nach rückwärts auf der Bauch- seite gelegenen Mund hinab, der stets am Grunde eines entwickelten Peristoms liegt. After meist am hintern Körperende. 1, Farn. Bursaridae St. Die adoralen Wimpern bilden eine gerade oder schräge nicht spiralig gewundene Längslinie und umsäumen nur den linken Seiten- rand des Peristoms, das nur ausnahmsweise den Linken Rand der Bauchseite ein- nimmt. Sie setzen sich in den meist sehr entwickelten Schlund hinein fort. Der ovale, formbeständige Körper meist stark comprimirt. Plagiotoma Duj. Peristom ohne Ausschnitt, bloss aus einer am linken Seitenrande herabziehenden adoralen Wimperzone gebüdet. PI. lumbrici Duj. Balantidimn Clap. Lachm. Peristom in das vordere Körperende auslaufend, spaltförmig, nach vorn erweitert, mit rudi- mentärem Schlund oder ohne Schlund. B. entozoum Clap. Lachm. B. coZi Malmst., im Dickdarm und Blinddarm des Schweines und des Menschen. B. duodeni St., im Darmkanal des Wasserfrosches. Hier schliessen sich die Gattungen Metopus Clap. Lachm. imd Nyctoiherus Leidy an, deren Peristomanfang in einiger Entfernung vom Körperende liegt. Bursaria 0. Fr. MüU. Peristom in das vordere Körperende aus- laufend, weit, taschenfömiig, mit einem queren vorderen und spaltförmigen seitUchen Eingang, mit sehr entwickeltem Schlünde. B. truncatella 0. F. Müll. Hypotricha. 177 2. Farn. Stentoridae. Der metabolische Körper langgestreckt, nach vorn zu trichterförmig erweitert, am hintern Ende fixirbar oder beständig im Grunde einer abgesonderten Hülse festsitzend. Der ganze Rand des terminalen Peristoms, welches das vordere Körperende einnimmt, mit rechts gewundener adoraler Wimper- spirale besetzt. Mund an der tiefsten Stelle des Peristomfeldes. After nahe hinter dem Peristoiü, linksseitig gelegen. Stentor 0. Fr. MüJl. Peristom flach, mit ringsum gleichförmigem, nur auf der Bauchseite eingebogenem Rande, in der linken Hälfte taschenförmig vertieft, Mund excentrisch. St. pohjmorphiis 0. F. Müll., coeruleus Ehbg., igfieus Ehbg., niyer Ehbg., multiformis Ehbg. Freia Clap. Lachm. Peristom in 2 lange ohrförmige Fortsätze ausgezogen, tief trichterförmig ausgehöhlt, im Grunde einer Hülse festsitzend, marin. F- elegans, mnpulJa Clap. Lachm. 3. Fam. Spirostomidae. Der meist plattgedrückte, selten di-ehrunde Körper mit linksseitigem ventralen Peristomausschnitt , der am vordem Ende beginnt und an seinem hintern Winkel zum Munde führt. Die adoralen Wimpern nehmen den Aussenrand des Peristoms ein und beschreiben eine rechts gewundene Spirale. Der After liegt am hintern Körperende. Climacostomum St. Körper breit, plattgedrückt, vorn abgestutzt mit kurzem harfenförmigen Peristom. C. virens St., x>atula Duj. Spiroslomum Ehbg. Körper sehr gestreckt, walzenförmig oder etwas abgeplattet, vorn abgerundet, mit langem rinnenförmigen Peristom. S. teres Clap. Lachm., ambiguum Ehbg. Hier schliessen sich Blepharisma Perty und Con- dylostoma Duj. an, deren Peristom eine undulirende Membran besitzt. 4. Unterordnung. Hypotricha. Bilaterale Infusorien mit con- vexer nackter Rückentläche und flacher Bauchfläche, welche feinhaarige und borsten-, grifl'el- und hakenförmige Wimpern trägt. Der vom vor- dem Körperende weit entfernte Mund liegt ebenso wie die Afteröff"nung auf der Bauchseite. 1. Farn. CUamydodontidae. Mit gepanzertem oder wenigstens form- beständigem Körper, dessen Bauchfläche ganz oder theil weise mit dichtstehenden feinhaarigen Wimpern besetzt ist, Schlund fischreusenförmig, mit stäbchenförmigen Zähnen bewaff'net. Phascolodon St. Körper last drehrund, mit schmaler nach vorn schräg gegen den Rücken aufsteigender Bauchfläche. P. vorticella St. ChUodon Ehbg. Körper plattgedrückt mit ebener Bauchfläche, die ganz bewimpert ist. Ch. CMCwZZjts Ehbg. Opistliodonniemeccensis^i. Chlamydodon Ehhg. Die ebene Bauch- fläche nur' in dem Mittelfelde bewimpert. C. Mmmosyne Ehbg. Hier schliessen sich die Ervilimen Duj. an, mit beweglichem Grifiel am Hinterende und glattem starren Schlund. Ervilia monostyla Ehbg., Trochilia palustris St., Huxleya crassa Clap. Lachm. Auch die zu einer eignen Familie erhobene Gattung Peridromus mit Peristom und ohne fisclu-eusenförmigen Schlund. 2. Fam. Asp)idiscidae. Der gepanzertej schildförmige Körper am rechten Rand der Bauchseite wulstförmig verdickt, längs des linken Randes ein weit nach hinten reichender adoraler Wimperbogen, 7 zerstreut stehende grifi"elförmige Bauch- wimpern und 5 oder 10—12 griff'elförmige Afterwimpern. Aspidisca Ehbg. A. lynceus Ehbg. A. costata Duj. 3. Fam. Euplotidae. Der gepanzerte Körper mit weitem oftenen Peristomaussclmitt an der linken Bauchhälfte, welcher sich meist über den ganzen Vorderrand des Körpers bis zum rechten Seitenrande hin ausbreitet, mit wenigen aber starken grifielförmigen Wünpern. Euplotes Ehbg. Bauchfläche mit einem erhabenen Mittelfelde, mit Bauch- und Afterwimpern und 4 isolii-ten Randwimpern. Claus, Zoologie. 3. Auflage. itÖ Peritricha. E. Charon 0. Fr. Müll., patellaO. Fr. Müll. Styloplotes St. (Schizoims Clap. Lachm.) hat eine ausgehöhlte Bauchfläche und 5 Randwimpern. St. appendiculatus Ehbg. TJro- nychia St. Ohne eigentliche Bauchwimpern , dagegen mit sehr genäherten grifi'el- förmigen After- und Randwimpern. {Campylopus Clap. Lachm.). U. transfuya Müll. 4. Farn. Oxytrichmidae. Im vordem Theile der linken Bauchseite ein offener, nach hinten am meisten vertiefter und zugespitzter Peristomaussclmitt, dessen Aussenrand von einer adoralen Wimperreihe eingcfasst wird, die sich vorn bis zum rechten Seitenrande fortsetzt. Bauchseite jederseits mit einer continuir- lichen Randwimperreihe und mit griffel-, haken- oder borstenförmigen Wimpern. Stylonychia Ehbg. Mit 5 griffeiförmigen in 2 Längsreihen stehenden Bauch- wimpern und 8 ringförmig gruppirten Stirnwimpern, ohne seitliche borstenförmige Bauchwimpern. St. mytilus, pustulata, histrio Ehbg. Onychodromus St. Mit 3 bis 4 Längsreihen von Bauch wimpern und 3 Längsreihen von Stirnwimpei'n , ohne seitliche borstenförmige Bauchwimpern. 0. grandis St. Pleurotricha St. Mit griffeiförmigen Wimpern und seitlichen borstenförmigen Bauchwimpern. P. lan- ceolata Ehbg. Kerona Ehbg. Körper nierenförmig mit 6 schrägen Reihen kurz- borstiger Bauchwimpern , ohne After- und Stirnwimpern. K. polyporum Ehbg. EQer schliesst sich SticJiotricha an, deren Körper halsartig verlängert ist und eine einzige schräge Längsreihe von kurzborstigen Bauchwimpern trägt. Urolepttis Ehbg. Körper metabolisch mit 2 Längsreihen dicht stehender kurzborstiger Bauch- wimpern und 3 griffeiförmigen Stirnwimpern, ohne Afterwimpern. U. museulus Ehbg. Bei der Gattung Psilotricha St. ist der Körper gepanzert, die Bauchwimpern sehr langborstig und Stirnwimpern fehlen. P. acmninata St. Hier schliessen sich Gastrostyla Engelm. und Epiclintes St. mit sehr langem schwanzförmigen Hinterleib an. Oxytricha Ehbg. Körper metabolisch, mit After- und Stirnwimiiern und 2 medianen Längsreihen von borstenförmigen Bauchwimpern. 0. gibha 0. Fr. Müll., 0. pellionella Ehbg. u. a. Die Gattung Urostyla Ehbg. unterscheidet sich vornehmlich durch den Besitz von 5 oder mehr Längsreihen von Bauchwimpern. U grandis Ehbg. 5. Unterordnung. Feritricha. Körper drehrund nackt, nur aus- nahmsweise mit totalem Wimperkleide, mit oder ohne queren halb- ringförmigen Wimperbogen oder hintern VVimpergürtel mit adoraler Spiralzone von meist langhaarigen oder borstenförmigen Wimpern. Viele wie insbesondere die Vorticellinen pflanzen sich durch Längs- theilung fort, die nach Einziehung der Wimperspirale an dem ver- breiterten Körper allmählig eintritt. Die vermeintliche Knospenbildung (schon Spallanzoni bekannt) ist knospenförmige Conjugation. 1. Fam. Halter iidae. Körper nackt, kuglig, mit Peristom am vordem Körperpole und adoraler Wimperspirale. Diese bildet entweder zugleich das einzige Locomotionsorgan {Stromhi.diim) , oder es kommt in der Aequatorial- gegend noch ein Kranz langer und feiner borstenförmiger Wimpern hinzu {Hal- teria Duj.), mittelst deren sich die Thiere plötzlich weithin forLböhnellen. Halteria volvox Clap. Lachm., grandinella Duj., Stromhidium turbo Clap. Lachm., acumi- natum, urceolare St., in der Ostsee. 2. Fam. Tintinnidae. Der glockenförmige Körper steckt in einer Gallerthülse, mit der er durch die Wimperbewegung der hervorragenden Vorderhälfte frei umherschwärmt. Diese besitzt ein vorderes ausgehöhltes Peristom, dessen Boden eine gewölbeartig vorspringende Kuppe bildet, während der Vorder- rand desselben die sehr laugen und ki-aftigen bis in den Schlund sich erstrecken- Peritricha. 179 den acloralen Wimijern trägt. Tintinnus Schrank. Mit nacktem Körper. T. in- quilinus 0. Fr. Müll., Ostsee. T. fluviatilis St. Tintinnopsis St. Körper mit zarter längsreihiger Bewiniperung, mit zwei concentrisclien Reihen von Peristom- wimpern. T. beroidea St. Zu den von E. Haeckel beobachteten Tintinnoideen mit gitterförmiger Kiesclhülle gehören die marinen Dictyocysta cassis E. Haeck., Codonella galea E. H. Die von Claparede und Lachmann beschriebenen Tintinnusähnlichen Formen bedürfen noch einer genauem Untersuchung. 3. Fam. Trichodinidae {Urceolarklae) St. Ohne ein- und ausstülpbares Wirbelorgan, mit persistentem hintern Wimperkranz und eigenthümlichem Haft- apparat am hintern Körperende, mit horizontaler adoraler Wimperspirale. Nach Everts sollen aus den Keimkugeln der encystirten Vorticella nebuUfera Tricho- dinen (Tr. grandinella) hervorgehn, die sich dann später zu Vorticellinen umge- stalteten. Trichodbia Ehbg. Körper nackt mit hornartigem, von einer quer- gestreiften Membran eingefasstem , mit Zähnen bewaffnetem Ring als Haftapparat. T. pediculus Ehbg. Urceolaria St. Hornring ohne Zähne. U. mitra. Tricho- dinopsis St. Die Seitenwandungen des Körpers sind bis in einiger Entfernung von dem hintern Wimpernkranze mit kurzen und zarten Wimpern dicht bekleidet, mit festem Schlundrohr. T. paradoxa Clap. Lachm., im Darmkanal und Lunge von Cyclostoma elcgans. Hier schüessen sich die Gyrocoriden {Gyrocoris St.) und Cyclodinen St. mit drehrundem, nacktem, von 1 oder 2 transversalen Wimperreifen umgürtetem Leib, Urocentrum Ehbg., Dulinium St., Mesodinium St. an, die der adoralen Wimperspirale entbehren. 4. Fam. Vorticellidae. Der zusammenschnellbare Körper mit linksgewun- dener adoraler Wimperspirale , welche die deckelartige , ein- und ausstülpbare Wimperscheibe umläuft, mit zeitweiligem beim Ablösen auftretenden hintern Wimperkranz. Mund und After liegen in gemeinsamer Höhlung im Grunde des Vestibulums. Vorticella Ehbg. Einzelthiere mit Stielmuskel. V. microstoma, campanula, nebuUfera Ehbg. Carchesium Ehbg. Thierstöckchen mit Stielmuskel für jeden Zweig. C. polypinum Ehbg. u. a. Zoothanmium Ehbg. Thierstöckchen mit Stielmuskel, der sich durch den ganzen Stock verzweigt. Z. arbuscula Ehbg., Z. parasüa St. u. a. Epistylis Ehbg. Thierstöckchen mit starren Stielen ohne Stielmuskel. E. pUeatills Ehbg. u. a. Nahe verwandt ist die Gattung Öpercu- laria St. Gerda Clap. Lachm. Stiellos, festsitzend, ohne Wulst am Hinterende. G. yla7is. Scyphidia Lachm. Ohne Stiel mit einem ringförmigen Wulste fest- sitzend. S. limacina, S. physarum Lachm, Antylozoon Eng. Mit 2 Schnellborsten am Hinterende. Durch eine Gallerthülse charakterisiren sich die Ophrydiinen. Ophrydium Ehbg. Die Thiere sitzen in einer kugligeu Gallerthülle. 0. versatile Ehbg. Cotlmrnia Ehbg. Mit dem hintern Ende in einem Gehäuse steckend, welches durch einen kurzen quer eingeschnürten Stiel angeheftet ist. C. imberbis Ehbg., C. astaci St. Vaginkola Ehbg. Gehäuse ohne oder mit kurzem glatten Stiel an- geheftet. V. crystallina Ehbg. Lage)wphrys ampulla Ehbg. vermehrt sich durch diagonale Theilung. Hier schliesst sich die von Stein zu einer besondern FamiUe erhobene Gattung Spirochona St. an mit rechtsgewundener adoraler Wimperspirale und starrem, vorn in ein spiraltrichterförmiges nicht contraktiles Peristom er- weitertem Körper, ohne Wirbelorgan. S. gemmipara St. 5. Fam. Ophryoscolecidae. Körper nackt, am Vorderende mit einem um- stülpbaren Wirbelorgan. Leben im Pansen der Wiederkäuer. Ophryoscolex St. Mit querem halbringförmigen Wimperbogen in der Körpermitte. 0. inermis, Purkinjei St. - Entodinium St. Der plattgedrückte Körper entbehrt des Wimper- bogens. E. caudatum, bursa St. u. a. — 12* 180 , II. Coelenterata , Pflanzenthiere. IL Typus. Coelenterata, CoeleDterateö. (Zoophyta, Pflanzenthiere). Thiere mit zellig differensirten Organen, von vorwiegend radiärem Körperbau, mit centralem Verdauungsraum und peripherischem in denselben einführenden Canalsystem. Der Ausbildung differenter, aus Zellen zusammengesetzter Gewebe und Organe, deren Mangel für die Protozoen so charakteristisch ist, begegnen wir zuerst bei den Spongien oder Poriferen, einer formen- reichen Gruppe vorwiegend mariner Organismen, über deren Natur und Stellung bis in die neueste Zeit viel gestritten wurde. Unter den jun- gem Forschern war es vornehmlich R. Leuckart, welcher die bereits von Cuvier vertretene Ansicht von der nahen Verwandtschaft der Spongien und Polypen auf Grund der inzwischen näher bekannt ge- wordenen Organisationsverhältnisse zur Geltung zu bringen suchte. Freilich zeigen die Polypen wie die übrigen mit ihnen näher oder ent- fernter verwandten Zoophyten (Medusen, Siphonophoren, Rippenquallen) eine weiter vorgeschrittene Ditferenzirung der Gewebe, indem neben den äussern und Innern Zellschichten und Cuticularbildungen mannichfache Skeletformen von gallertiger Consistenz oder horniger und kalkiger Beschaffenheit aus dem Gewebe der Bindesubstanz, glatte und quer- gestreifte Muskeln, selbst Nerven und Sinnesorgane (Medusen und Rippenquallen) auftreten, üeberall aber beobachten wir eine innere verdauende Höhlung des Leibes, die mit einem einfacher oder compli- cirter gestalteten peripherischen Canalsystem in Verbindung steht. Wir vermissen noch die Sonderung von Leibeshöhle, Darmcanal und Blut- gefässen, die Arbeitstheilung der Innern Flächen in Verdauungs- und Kreislaufsorgane. Die vegetativen Verrichtungen knüpfen sich vielmehr im Wesentlichen an die continuirlich zusammeuhängende Fläche eines Innern Leibesraumes, welcher sowohl die Verdauung, d. h. die Herstellung einer ernährenden Flüssigkeit, als die Circulation derselben im Körper besorgt und desshalb mit Recht für die Polypen und Quallen als Gastrovascidarii:diW.vü. bezeichnet wurde. Diese Einrichtung der Leibes- höhle — der Mangel eines abgeschlossenen mit eigenen Wandungen versehenen Darmkanals und Gefässsystems — , die im Wesentlichen auch Körperbau der Coelenteraten. 181 für die Spongien Geltung hat, war es gerade, durch welche R. Leuckart») die Sonderung der Cuvier'schen Strahlthiere in die Typen der Echino- dermen und Coelenteraten begründete und die Aufstellung eines beson- deren Typus der Coelenteraten stützte. Gelangt man mit Leuckart durch die Parallele des Canalsystems der Spongien und des Gastro vascularapparates der Polypen zu der Ueberzeugung, dass auch die Spongien Coelenteraten sind und die einfachste und am tiefsten stehende Organisationstorm dieses Typus repräsentiren , so weist doch ein näherer Vergleich auf nicht unwesentliche morphologische und physiologische Unterschiede der Innern Canalsysteme beider Gruppen hin, die uns in Verbindung mit anderen wesentlichen Abweichungen berechtigen, die Spongien sämmtlichen anderen Coelenteraten gegenüber zu stellen. Der gesammte Körperbau der Coelenteraten wird im Allgemeinen mit Recht ein radiärer genannt, obwohl bei den meisten Spongien die strahlige Anordnung der Theile weniger hervortritt, auch durch Unregel- mässigkeiten des Wachsthums vielfach gestört ist, und andererseits bei den Siphonophoren und Rippenquallen Uebergänge zur bilateralen Sym- metrie unverkennbar sind. In der Regel liegt der Numerus 4 oder 6 für die Wiederholung der gleichartigen Organe im Umkreis der Leibes- achse zu Grunde, und es sind von jedem Punkte derselben ebensoviele Radien nach der Peripherie zu ziehn, deren Theilungsebenen den Körper in congruente Hälften zerlegen. Reducirt sich die Anzahl der Theilungs- ebenen bei 4 vorhandenen Radien auf zwei, in rechtwinkliger Kreuzung durch die Achse hindurchgehenden aber ungleichen Ebenen (zweistrah- lige Rippenquallen), so bedarf es nur einer ungleichmässigen Entwick- lung der in eine dieser Ebenen fallenden gleichartigen Körpertheile, um die andere zweite Ebene als Theilungsebene auszuschliessen. Die erstere wird zur Medianebene, indem sie den Körper in eine rechte und linke, nun nicht mehr congruente, sondern spiegelbildlich gleiche Hälfte zer- legt. Aus dem zweistrahlig radiären Körper ist ein seitlich symme- trischer geworden (Schwimmglocken der Siphonophoren, Siphonophoren- stamm). Die Gestaltungsformen, denen wir im Kreise der Coelenteraten begegnen, sind die der Spongie, des Polypen, der Scheibenqualle oder Meduse und der Rippenqualle. Die Spongie erscheint in ihrer ein- fachsten individuellen, die wesentlichsten Eigen thümlichkeiten des Spongien- baues repräsentirenden Grundform als cylindrischer, festsitzender Hohl- schlauch mit grösserer Ausströmungsöffnung (Osculum) am freien Pole. Die contractile von einem Nadelgerüst gestützte Wandung wird von zahlreichen, kleinen Einströmungslöchern durchbrochen, welche Wasser 1) R. Leuckart, Ueber die »Morphologie und Verwandtschaftsverhältnisse niederer Thiere«. Braunschweig. 1848. 182 Schwamraindividiium. Polyp Scheibenqualle. und Nahrungsstoftc in den Innern bewimperten einer verdauenden Cavität entbehrenden Centralrauni einführen. Sowohl durch Verschmelzung ur- sprünglich gesonderter Individuen als durch Neubildung auf dem Wege der Knospung und Sprossung, sowie durch Ausbildung bewimperter Nebenräume der verdauenden Cavität entstehen sehr mannichfach ge- staltete mit einem complicirten Canalsystem ausgestattete Spongicnstöcke, deren Natur als polyzoische Organismen meist durch die Anwesenheit mehrerer oder zahlreicherer Oscula erkennbar wird. Der Polyp stellt einen cylindrischen oder keulenförmigen Hohl- schlauch dar, welcher ebenfalls am hintern Pole seiner Längsachse an- geheftet ist und an dem entgegengesetzten freien Pole eine grössere Oeffnung, die Mundöffnung, besitzt. Diese ist von einem oder mehreren Kränzen von Fangarmen umgeben und führt entweder in eine einfache cylindrische Leibeshöhle {Hydroidpohjpen) oder mittelst eines kurzen Mundrohres in einen complicirteren mit peripherischen Taschen ver- sehenen Leibesraum (^Äntho&oen) , mit welchen ein System feiner durch Poren ausmündender Canäle der Körperwand in Communikation steht. Uebrigens kann sich der Polyp bei Mangel der Fangarme zu einer noch einfachem sog. polypoiden Form reduciren. Durch Knospung und Sprossung entstehen auch hier polyzoische, aus zahlreichen innig ver- bundenen Lidividuen zusammengesetzte Polypenstöcke. Die frei schwimmende Scheibenqualle ist eine abgeflachte Scheibe oder gewölbte Glocke von gallertiger bis knorpliger Consistenz, an deren unterer Fläche ein centraler hohler Stiel mit der endständigen Mundöftnung herabhängt. Häufig setzt sich dieser Mundstiel in der Um- gebung des Mundes in mehrere umfangreiche Lappen und Fangarme fort, während von dem Scheibenrande eine grössere oder geringere An- zahl fadenförmiger Tentakeln oder Fangfäden entspringt. Der Central- rauni des Leibes, in welchen der hohle Mundstiel einführt, ist die Magen- höhle, von welcher peripherische Taschen, einfache oder ramificirte Radialcanäle nach dem Scheibenrande verlaufen und hier in der Regel durch ein Ringgefäss verbunden werden. Diese Canäle führen wie die peripherischen Taschen der Anthozoen die Ernälirungsflüssigkeit und repräsentiren das Gefässsystem. Die muskulöse untere Fläche des glockenförmigen Körpers besorgt durch abwechselnde Verengerung und Erweiterung ihres concaven Raumes die Locomotion der Qualle, indem der Rückstoss des Wassers in entgegengesetzter Richtung forttreibend wirkt. Auch bei den Scheibenquallen kommen mehr oder minder redu- cirte Formen als sog. »Medusoidcv« vor. Für die Rippenqualle erscheint als Grundform die mit 8 Meridianen von Platten (Rippen) besetzte Kugel, welche durch die Schwingungen ihrer als kleine Ruder wirkenden Platten im Wasser bewegt wird. Auch bei den Rippenquallen liegt die Mundöftnung an dem einen Pole Rippenqualle. Gestaltung der Leibeshöhle. 183 der Leibesa rhsp und führt durch ein enges aber langgestrecktes am hintern Ende verschliessbares Magenrohr in den centralen Leibesraum. Von diesem erstrecken sich einfache oder verästelte Canäle in zwei- strahlig symmetrischer Vertheilung nach den Rippen, laufen unterhalb derselben in den Meridianen fort und werden zuweilen noch durch ein Ringgefäss am Mundpole vereinigt. Nach den erörterten Gestaltungsverhältnissen ergeben sich für die morphologische und physiologische Ausbildung der Innern Flächen mehr- fache, eine höhere pjitwicklung anbahniMule Abstufungen. Bei den Spon- gien sind die zahlreichen Hautporen die Mundöffnungen, welche in das iüiicre Cunalsystem und die Centralhöhle des Leibes führen; ob wir aber die letztere auch physiologisch als verdauende, einen Nahrungssaft bereitende Magenhöhle aufzufassen berechtigt sind, oder als eine der ver- dauenden Cavität zwar entsprechende, diese jedoch nur vorbereitende Ernährungseinrichtung zu betrachten haben, in welcher die kleinen ein- gestrudelten Nahrungstheile mit den umgebenden Amoeben -Zellen in Berührung treten, um von diesen direkt incorporirt zu werden, ist durch die gegenwärtigen Erfahrungen nicht bestimmt zu entscheiden. Mag auch die grosse als Osculura bezeichnete Auswurfsöffnung unter Um- kehrung der Strömungsrichtung gelegentlich fremden Körpern den Eintritt in den Centralraum gestatten, immerhin bleibt ein nicht unwesentlicher Unterschied in den Ernährungseinrichtungen der Spongien. Bei den übrigen Coelenteraten fungirt die centrale Leibeshöhle als unzweifelhafte verdauende Cavität, welche eine freilich mit Seewasser gemischte verdünnte Ernährungsflüssigkeit bereitet, die als Nahrungssaft oder Blut in die peripherischen Räume und gefässartigen Canäle gelangt und vornehm- lich durch Wimpereinrichtungen in diesen inneren Flächen bewegt und umher geführt wird. Bei den Korallenthieren, den Polypen der Äntho^oengni^^e, sowie bei den Rippenquallen wird sogar die Sonderung der verdauenden und blutführenden Leibesräume dadurch vorbereitet, dass ein kürzeres oder längeres an seinem Ende verschliessbares Magenrohr in dieGastrovascular- höhle hineinhängt, dessen Wandungen meist noch die Aufgabe der Nahrungs- Zuleitung, bei den Rippenquallen jedoch auch die der Verdauung zufällt. Das Körperparenchym besteht bei den Spongien vornehmlich aus dicht aneinander gelagerten amoebenäluilichen Zellen und Geisselzellen, die durch ein Gerüst von ein- oder mehrarmigen Kalk- und Kieselnadeln oder von Hornfasern gestützt, eine so grosse Selbständigkeit bewahren, dass man eine Zeitlang die Spongien als Aggregate von Amoeben be- trachten konnte. Bei den Hydroidpolypen bilden contractile, ebenfalls zumTheil bewimperte Zellen das mehr pflanzenähnliche, zusammenhängende Leibesparenchym. Bei zahlreichen Polypen, insbesondere den Anthozoen, 184 Nesselorgane. Skeletbildungen. Nervensystem. sowie bei den Scheibenquallen und Rippenquallen treten in der Regel glatte, seltener quergestreifte Muskelfasern, ferner Gewebe der Binde- substanz und selbst die Elemente des Nervensystems hinzu. Bei den Coelenteraten mit Ausschluss der Spongien sondert sich als Oberhaut eine Lage von Zellen, welche meist Flimmerhaare tragen und eigenthümliche, in der Haut des Menschen ein lebhaftes Gefühl des Brennens und Nesseins hervorrufende Gebilde, die Nessel- oder Ängelorgane, in sich erzeugen. Es sind kleine, in Zellen entstandene Kapseln, gefüllt mit einer Flüssigkeit und einem spitzen, spiralig aufgerollten Faden, welcher unter gewissen mechanischen Bedingungen, z. B. unter dem Einflüsse des Druckes bei der Berührung plötzlich nach Sprengung der Kapsel hervorschnellt und entweder in den Gegenstand der Berührung mit einem Theile des flüssigen Inhaltes eindringt, oder an demselben nur innig klebt und haftet {MoeUus). An manchen Körpertheilen , ganz besonders an den zum Fangen der Beute dienenden Tentakeln und Fangfäden häufen sich diese kleinen mikroskopischen Waffen in reichem Maasse an, oft in eigenthümlicher Anordnung zu Batterien von Nessel- organen (Nessellcnöpfe) vereinigt. Neben den aus Nadeln und Fasern zusammengesetzten Skeleten der Spongien beobachten wir im Körper der Coelenteraten Skeletbildungen von sehr verschiedener Beschaffenheit, bald gallertige, knorpelige, selbst hornige und verkalkte Zellausscheidungen, bald Einlagerungen fester Kalkkörper in das bindegewebige Mesoderm oder auch Bindesubstanz- formen von gallertiger bis knorpliger Beschaffenheit (Gallertscheibe der grössern Scheibenquallen). Ein Nervensystem ist bisjetzt keineswegs überall nachgewiesen. Von Fritz Müller wurde am Scheibenrande kleiner Medusen aus der Hydroidengruppe ein das Ringgefäss begleitender Strang aufgefunden, welcher an der Basis der Tentakeln und zwischen denselben Anschwel- lungen bildet und von diesen zarte und scharf begrenzte Fäden entsendet. Dieser Strang gilt insbesondere nach den histologischen Untersuchungen E. Haeckels mit um so grösserer Wahrscheinhchkeit als Nervenring, als seine Anschwellungen die als Sinnesorgane zu deutenden Rand- körperchen tragen. Bei den Rippenquallen liegt das Nervencentrum als ein einfaches muthmassliches Ganglion an dem hintern Körperpole. Für Sinnesorgane werden die RandMrper der Scheibenquallen und ein frei vorragendes Bläschen am Ganglion der Rippenquallen gehalten. Die ersteren stellen entweder einfache, auch mit lichtbrechenden Körpern versehene Pigmentflecke, Äugenflcde, dar oder Bläschen mit einem oder mehreren glänzenden Concremeuten, Gehörhläschen. Das auf dem Ganglion aufsitzende Gehörbläschen der Ctenophoren ist mit einem zit- ternden, durch zarte Fäden befestigten Häufchen von glänzenden Con- cremeuten (Otolithen) gefüllt und an der Innenwand theilweise bewimpert. Fortpflanzung. Generationswechsel. 1"5 Zum Tasten und Fühlen mögen neben der gesammten Körperoberfläche insbesondere die Tentakeln und Fangarrae dienen. Bei der im Ganzen gleichartigen Beschaffenheit der Gewebe er- scheint die ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Knospung und Theilung sehr verbreitet. Bleiben die auf diesem Wege erzeugten Einzelformen untereinander vereinigt, so entstehen die bei den Spongien und Polypen so verbreiteten ThierstöcJce, welche bei fortgesetzter Vermehrung ihrer Individuen im Laufe der Zeit einen sehr bedeutenden Umfang erreichen können. Ueberall aber, vielleicht mit Ausnahme der Spongien, tritt auch die geschlechtliche Fortpflanzung hinzu, indem in den Geweben des Leibes, meist in der Umgebung des Gastro vascularraumes, an ganz bestimmten Stellen des Leibes Eier oder Samenfäden erzeugt werden. Sehr häufig treffen die Eier erst ausserhalb ihres Entstehungsortes mit den Samenfäden zusammen, sei es nun schon in dem Leibesraum, sei es ausserhalb des mütterlichen Körpers in dem Seewasser. Nicht selten nehmen die beiderlei Zeugungsstoffe in dem Körper des nämlichen Indi- viduums ihre Entstehung, wie z. B. bei den Spongien, vielen Anthosoen und den hermaphroditischen Rippenquallen. Dagegen gilt für die An- thozoenstöcke im Allgemeinen die monöcische Vertheilung der Geschlechter als Regel, indem die Individuen des gleichen Stockes theils männUch, theils weiblich sind. Diöcisch sind z. B. Veretülum, Diphyes, Äpolemia. Die Entwicklung der Coelenteraten beruht grossentheils auf einer mehr oder minder complicirten Metamorphose, indem die aus dem Eie schlüpfenden Jugendformen von dem Geschlechtsthiere in Gestalt und Bau des Leibes abweichen und als Larven allmählig sich umgestaltende Zustände mit provisorischen Organen und Verrichtungen durchlaufen. Die meisten verlassen das Ei in Gestalt einer flimmernden Larve, deren Körper aus einer äussern (Ecfoderm) und Innern Zellschicht (Entoderm) besteht, erhalten Mund beziehungsweise Osculum und Leibesraum, sowie Organe zum Nahrungserwerb, sei es unter den Bedingungen einer freien Locomotion oder nach ihrer Anheftung an festen Gegenständen des Meeres. Gewinnen die von dem Geschlechtsthiere verschiedenen Jugend- zustände zugleich die Fähigkeit der Sprossung und Knospung, so führt uns die Geschichte der Entwicklung zu interessanten Formen des Gener ationsivechsels *). Die Brut der grössern Scheibenquallen stellt bewimperte Larven dar, welche sich später festsetzen, in kleine Polypen umgestalten und durch eine Anzahl von Theilstücken ihres Leibes eine Reihe kleiner Quallen die jugendlichen Zustände der spätem Geschlechts- thiere, hervorbringen. In andern Fällen wächst die anfangs freibeweg- hche Larve durch Knospung und Sprossung in einen kleinen Polypenstock 1) J. Steenstrup, Ueber den Generationsweclisel oder die Fortpflanzung und Entwicklung durch abwechselnde Generationen. Kopenhagen. 1842. 186 Spongien. Poriferen. aus, dessen Individuen vorzugsweise die Aufgabe zufällt, NahrungsstolTe zu erwerben und zu verarbeiten. Später knospen dann an diesen Stöckchen der Hydroidpolypen , bald am gemeinsamen Stamme, bald an verschiedenen Theilen einzelner Individuen die Geschlechtsthiere als medusoide Anhänge oder wirkliche kleine Medusen hervor. Indem aber oft die ungeschlechtlich erzeugten Individuen der Jugendgeneration mit einander vereinigt bleiben und sich in die Arbeiten des gemeinsamen Thierstockes theilen, auch verschiedene, den besonderen Leistungen entsprechende Einrichtungen in ihrem Baue zeigen, kommt es zu einer zweiten mit dem Generationswechsel nicht selten verbun- denen Erscheinung , zum Folymorphismus • ). Die iwlumorphen Thier- stöcke, z. B. die Si/)honophoren, sind aus verschiedenen Individuen- gruppen zusammengesetzt, von denen die einen diese, die anderen jene besonderen Verrichtungen übernommen haben. Als Folge dieser Arbeits- theilung aber erhält nothwendig der gesannnte Thierstock den Charakter eines einheitlichen Organismus, während die Individuen physiologisch zu der Bedeutung von Organen herabsinken; auch die Generation der Geschlechtsthiere bleibt dann meist auf der Stufe medusotder Gemmen zurück, die nur hier und da zur selbständigen Isolirung kommen und morphologisch die Form der Meduse erlangen. Fast alle Coelenteraten sind Meerthiere, und nur wenige, wie unter den Spongien die Spongillen und unter den Hydroidpolypen die Gattungen Hydra und Cordylophora, gehören dem Süsswasser au. I. Classe. §])OBi§iae^). Porifera. l§i)Oiigieii. I^cliwäiiiiiie. Körper von meist schivammiger Consistenz, aus Aggregaten membran- loser, amoehen artiger Zellen gebildet, in der Hegel mit einem aus Horn- fäden oder Kiesel- und Kalkgebilden bestehenden, festen Gerüste , mit einem innern Canalsystem, zaJdreichen Hautporen und einer oder mehreren Auswurfsöffnungen (Oscula). Die Spongien, deren Stellung bis in die jüngste Zeit zweifelhaft war, müssen gegenwärtig, nachdem durch eine Reihe eingehender Unter- 1) Vergl. R. Leuckart, Ueber den Polymorphismus der Individuen. Giessen. 1851. 2) G. D. Nardo, System der Schwämme. Isis. 1833 und 1834. Grant, Observations and Experiments on the struct. and tunct. of Sponges. Edinb. phil. Journal. 1825—1827. Bowerbank, On the Anatomy and Physiologie of the Spongiadae. Philos. Transact. 1858 und 1862, ferner A Monograph of the Brit. Spongiadae. Ray Soc. London, vol. I u. II. 1864 u. 1866. Lieberkühn, Beiträge Spongienkörper. Skelet. 187 suchungen über den Bau, die Gewebe und die Fortpflanzung Licht ver- breitet ist, als Coelenteraten betrachtet werden. Sie bestehen aus einem contractilen Gewebe, welches meist auf einem festen, aus Fäden und Nadeln zusannuengesetzten Gerüst in der Art ausgebreitet ist, dass an der äusseren Peripherie grössere und kleinere Oetinungen, im Innern der Masse ein System von engern und weitern Canälen entsteht, in welchen eine continuirliche Strömung des Wassers unterhalten wird. Die Spon- gien sind die ersten unter den niedern thierischen Organismen, welche eine Zusammensetzung aus vielen zelligen Elementen nachweisen lassen, bei denen es bereits zur Sonderung differenter Zellen, Zellcomplexe und Gewebe gekommen ist. Amoebenartige Parenchymzellen, zu- sammenhängende Sarcodemassen, netzförmige Sarcodehäute, Flimmer- zellen, Faserzellen, Eier, beziehungsweise Sporen und Samenfäden und endlich geformte Zellausscheidungen treten als Theile des Spongien- körpers auf. Das contractile Parenchym aber besteht stets aus körnchen- reichen beweglichen Zellen, welche nach Art der Amoeben, ohne eine feste äussere Membran zu besitzen, Fortsätze ausstrecken und wieder einziehen, auch fremde Gegenstände durch Umflie.ssen in sich aufnehmen können. Das feste Gerüst oder Skelet, welches wir nur bei den weichen und ganz unregelniässig geformten Halisarcinen vermissen, wird ent- weder aus Hornfasern oder Kiesel- und Kalknadeln gebildet. Die Horn- fasern erscheinen fast ausnahmslos als Netze und Geflechte von sehr verschiedener Dicke und zeigen meist eine streifige, auf Schichtung hin- weisende Struktur. Sie entstehen wahrscheinlich, wie zuerst 0. Schmid t aussprach, als erhärtete Saicodetheile im Parenchym. Die Kalknadeln sind einfache oder drei- und vierstrahlige Spicula und nehmen ebenfalls zur Entwicklungsgeschichte der Spongillen. Müller's Archiv. 1856. Zur Anatomie der Spongien. Ebendaselbst. 1857, 1859. Die Bewegungserscheinungen bei den Schwämmen. Ebendaselbst. 1863. Beiträge zur Anatomie der Kalkspongien. Eben- daselbst. 1865. Ueber das contraktile Gewebe derselben. Ebendaselbst. 1867. Carter, On the ultimate Structure of Spongilla. Ann. of nat. liist. 1857. Max Schnitze, Die Hyalommen. Ein Beitrag zur Naturgeschichte der Spongien. Bonn. 1860. 0. Schmidt, Die Spongien des adriatischen Meeres. Leipzig. 1862. Derselbe, Supplement dieses Werkes. I. IL IIL Leipzig. 1864. 1866. 1868. Der- selbe, Grrundzüge einer Spongienfauna des adriatischen Meeres. Leipzig. 1870. A. KöUiker, Icones histiologicae. Leipzig. 1864. F. Müller, Heber Darwinella aurea etc. Archiv für mikrosk. Anatomie. Bd. I. 1865. S. Loven, lieber Hyalo- nema boreale. Archiv für Naturg. 1858. C. Claus, Ueber Euplectella Asper- gillum. Marburg. 1868. E. Haeckel, Die Kalkschwämme. 3 Bde. Berlin. 1872. E. Metschnikoff, Zur Entwicklungsgeschichte der Kalkschwämme. Zeitschr. füi- wiss. Zoologie. Tom. XXIV. 1874. Vergl. ferner die Arbeiten von Ehrenberg, Johnston, Hancock, Gray, Barboza, Miklucho-Maclay, Ray Lankester, Karting, Eimer, V. Thomson, Kent, Leidy u. a. 188 Skeletgebilde. Organisation der Larve. als Ausscheidungsproducte im Innern von Zellen ihren Ursprung. Die Kieselgebilde, welche eine ganz üimliche Entstehung nehmen, bieten die grösste Mannichfaltigkeit von Formen und sind theils zusammenhängende Gerüste von Kieselfasei'n , theils freie Kieselkörper, meist mit einfachem oder verästelten! Centralfaden und Centralkanale. Als solche treten sie in der Form von Nadeln, Spindeln, Walzen, Haken, Ankern, Rädern und Kreuzen auf und entstehen in kernhaltigen Zellen wahrscheinlich durch Umlagerung einer organischen Erhärtung (Centralfaden). Diese isolirt entstandenen Kieselnadeln können eine sehr bedeutende Länge erreichen und auch durch geschichtete Häute von Hornsubstanz oder selbst Kiesel- substanz {Euplectella) umschlossen und untereinander verbunden sein. Wichtig dürfte für das Verständniss der Skeletnadeln und ihrer Formen die von Harting gemachte Entdeckung von der künstlichen Darstellung specifisch geformter Kalkkörper werden. Die Anordnung des beweglichen Parenchyms auf dem festen Gerüst ist nun stets eine solche, dass ein einfacher oder complicirt verzweigter mit W^impereinrichtungen versehener Leibesraum entsteht, in welchen zahlreiche Poren der äusseren oft als Hautschicht abgegrenzten Paren- chymlage einführen, während eine oder mehrere grössere Oeffnungen (Oscula) vornehmlich als Auswurfsöft'nungen fungiren. Um die sehr mannichfachen Abweichungen, welche sowohl die äussere Formgestaltung als die Entwicklung des Innern Canalsystemes darbietet, morphologisch zu begründen und als Modifikationen einer einheitlichen Organisations- reihe darzulegen, wird man zu einer vergleichenden Untersuchung des Baues, der Entwicklungs- und Wachsthumsvorgänge der einfachem und complicirtern Spongienformen verwiesen. Als Ausgangspunkt nehmen wir die frei bewegliche flimmernde Larve der viviparen Kalkschwämme. Dieselbe ist aus zwei nahezu gleichgrossen Abschnitten gebildet (Lieb erkühn), von denen der eine aus flimmernden Cylinderzellen, der andere aus nackten Kugelzellen besteht. Die aus den letztern gebildete, wiraperlose hintere Hälfte ge- staltet sich während des Festsetzens der Larve in die äussere Skelet- nadeln erzeugende Wandung um und umwächst die vordere bewimperte Hälfte, welche sich in das Innere einzieht und gewissermassen einstülpt (Metschnikoff). Später bildet sich der innere Hohlraum aus und öffnet sich als Mundöffnung, sodass wir jetzt einen aus Ectoderm und Entoderm zusammengesetzten Hohlschlauch haben. Das Ectoderm zeigt im Allgemeinen eine mächtigere Entfaltung, bleibt auch nur bei den kleinern Kalkschwämmen eine einfache Zellenlage, producirt in seinen Zellen die Skeletgebilde und gewinnt sei es durch scheinbare oder wirkliche Verschmelzung seiner Zellen das Ansehn von ungeformten mit Kernen und Nadeln durchsetzten Sarcodemassen. Mikroskopisch kleine Hautporen oder Einströmungsöffnungen, welche sich schliessen, Bau von Leucosolenia, Sycon, Leucon. 189 verschwinden und durch neugebildete ersetzt werden können, entstehen als Parenchynilücken durch das Auseinanderweichen der Zellen des Ectoderms und führen direkt das Wasser in den Leibesraum. Eine ein- fache mit Hautporen versehene Spongie mit endständigem Osculum wird durch die Olynthusi'orm und durch die stockbildende aus zahlreichen Hohlcylindern zusammengesetzte Leucosolenia (Grantia) repräsentirt, deren Bau bereits von Lieberkühn in dieser Weise eingehend dar- gestellt wurde. Complicirter gestaltet sich der Leibesraum bei den Syconiden, deren CentraUKihle sich in peripherische, oft kegelförmig her- vorragende, innen von Geisseizellen ausgekleidete Nebenräume ausstülpt, in welche die Einströmungsöffnungen einmünden. Indem die Zellen des Centralraums ihre Geissein verlieren, bereitet sich für die Innern Flächen eine Arbeitstheilung vor; der centrale Raum repräsentirt die einer ver- dauenden Cavität homologe Leibeshöhle, die peripherischen radialen Hohlkegel stellen Wimperhöhlen zur Zufuhr der Nahrung dar. Andere Stjconen besitzen ebenfalls noch eine einfache Körperhöhle, die Leibes- wand aber zeigt neben den W^imperhöhleu noch unbewimperte Canäle {Syconella, Kölliker), deren Entstehung durch partielle Verschmelzung der bei manchen Syconen frei hervorragenden Kegel zu erklären ist. In andern Fällen (Leuconiden) gestalten sich die radialen Wimpercanäle zu unregelmässig nach der Peripherie verästelten Parietalcanälen, in welche die Poren der Wandung einführen. Complicirter gestalten sich die Spongienformen durch Stockbildung, indem die ursprünglich einfache aus einer einzigen Wimperlarve hervor- gegangene Spongie auf dem Wege der Knospung, Sprossung und un- vollständigen Theilung einen polyzoischen Schwammkörper erzeugt, oder, indem mehrere ursprünglich gesonderte, aus je einer Larve entstandene Formen durch Verschmelzung zu einem zusammenhängenden Schwamm- complexe verwachsen. Beiderlei Wachsthumsvorgänge wiederholen sich in ganz ähnlicher Weise und in denselben Modifikationen bei den Polypen- stöcken. Wie die fächerförmigen Netze der sog. Fächercorallen {Rhipi- dogorgia flahellum) durch vielfache Verwachsung von Aesten unter Anastomosirung ihrer Gastrovascularräume entstehen, so bilden sich auch hier aus verästelten Spongien netzförmige und selbst knäuelförmig verschmolzene Stöcke durch Concrescenz. Hier gewinnt das Canalsystem, an welchem sich die an den Einzelschwämmen hervorgehobenen Ab- weichungen wiederholen, eine grössere Complication, theils durch Anasto- mosenbildung, theils dadurch, dass unregelmässige Lücken und ver- schlungene Gänge zwischen den verwachsenen Stockästen hinzutreten und Räume bilden, welche in die wimpernden Canäle einführen. Die Oscula der stockbildenden Schwämme entsprechen entweder ihrer Zahl nach genau den in die Bildung des Schwammcomplexes eingegangenen Indi- viduen {Leucosolenia) oder sind theilweise rückgebildet, auch gruppen- 190 Complicirtere Schwammstöcke. Nanloa. Auloplegmaform. Spongilla. weise verschmolzen (Tarrusform') und dann stets in geringerer Zahl vorhanden. In andern Fällen münden sämmtliche CentrallKihlcn der durch laterale Knospung entstandenen und im Jugendzustand mit hesondern Osculis versehenen Individuen nach erlangter Keife in eine einzige Aus- strömungsröhre mit gemeinsamen Osculum ein. Aus der Leucosolcnia- form entwickelt sich durcli allnicählige Zwischenglieder der Tarrusiorm schliesslich die sogenannte Nardoa. Andererseits kann auch die ur- sprünglich vorhandene Ausströmungsölf'nung bei solitären Spongien, sowie durch Obliteration völlig verloren gehn, und ebenso Spongienstöclce ihre sämmtlichen Oscula einbüssen {AuloplegmaioYm'). Auch sollen nach E. Haeckei die aufeinanderfolgenden, jenen künstlichen Gattungen {Olynthus, Leiicosolenia, Tarriis, Nardoa} entsprechenden Formzustände derselben Spongie sämmtlich durch die Produktion reifer Sporen als fortpflanzungsfähig erscheinen. In ähnlicher Weise soll bei dem Nor- wegischen Kalkschwamm Sycometra comx)ressa derselbe Schwammstock nicht weniger als acht reife, verschiedenen Gattungen entsprechende Formen tragen, wodurch bewiesen worden ist, dass die früher als Gattungs- charaktere verwendeten Merkmale ihrer Bedeutung nach auf Wachsthums- und Entwicklungsmodalitäten zu beschränken sind, dass also die zu Grunde gelegten Namen keine systematische Kategorien, sondern nur Formzustände vviss ii DedinL'Uiigcn als kleine von einer Haut umschlossene Kügelchen, deren Inhalt im Wesentlichen aus Schwammzfllen und Nadeln gebildet ist und nach längerer oder kürzerer Zeit der Ruhe nach Zerreissen der Haut austritt. Die geschlechtliche Fortpflanzung beruht auf der Entstehung männlicher und weiblicher ZeugungsstofiFe, und wurde von Lieb erkühn zuerst bei den Spongillen mit Sicherheit festgestellt. Die Samenkörper sind stecknadelförmig und liegen in kleinen ursprünglich aus Zellen hervorgegangenen Kapseln. Ebenso wie die Samenkapseln entsprechen auch die P^ier veränderten Zellen des Parenchyms und zwar nach E. Haeckel Geisseizellen des Entoderms. Dieselben sind nackte, amoebenartig bewegliche Zellen und 192 Fortpflanzung. Schwärmende Larven gelangen in das Canalsystem. Hier erfahren sie eine totale Furchung und gestalten sich dann zu den bewimperten Embryonen oder Larven. heran, welche im Innern bereits Nadeln des Skeletes besitzen, eine Zeit lang frei umherschwärmen, sich festsetzen und einen neuen Schwannn- körper bilden. Einzelne Schwämme, wie unter den Kalkspongien die Syconen, sind vivipar. Bei diesen verwandeln sich die Keimzellen im Innern des Schwammkörpers durch eine Art Klüftungsprocess in Zellen- conglommerate mit einer peripherischen Lage von Geisselzellen. So entstehen die bewimperten Embryonen, deren Körper später ein Osciilum für die centrale Höhlung gewinnt. Dieselben verlassen dann als Lnrven den mütterlichen Körper, um sich nach kürzerer oder längerer Schwarm- zeit festzusetzen und in der oben bereits dargestellten Weise in die Spongie auszuwachsen. Die Frage, ob die Spongien als Einzelwesen oder Thierstöcke auf- zufassen sind, findet gegenwärtig ihre Erledigung in einem ganz anderen Sinne als früher, wo einzelne Forscher auch die amoebenartige Schwamm- zelle als das Individuum ') des Spongienkörpers betrachten konnten. Trotz der relativ grossen Selbständigkeit der Spongienzelle wird mit dem Nachweise der verschiedenartigen Elementartheile des Schwamm- körpers, seiner gesannnten Lebensvorgänge und Fortpflanzung die Beant- wortung der Frage nur insofern eine Meinungsverschiedenheit gestatten, als es sich darum handelt, in der Spongie mit einheitlichem Canalsystem und einfacher Auswurfsöfi'nung monozoische, in denen mit zahlreichen Auswurfsöffnungen polyzoische Organismen zu erkennen. 0. Schmidt hat sich zuerst mit Recht für diese Unterscheidung ausgesprochen, welche wesentlich durch die Analogie der Polypen und Polypenstöcke, zu denen die Spongien so nahe Beziehungen darbieten, gestützt wird. Mit Ausnahme der Gattung SpougiUa gehören die Spongien dem Meere an, wo sie unter sehr verschiedenen Verhältnissen und in weiter Verbreitung angetroffen werden. In bedeutenden Tiefen leben die Hyaloncmen, HoUenien, Äsconemen u. a. Auch finden sich in ver- schiedenen Formationen, namentlich in der Kreide, petreficirte Ueber- reste von Spongien erhalten , die von den meisten gegenwärtig lebenden sehr verschieden sind. Dagegen stimmen die Glasschwämme der Tiefsee theilweise so sehr mit Formen der Vorwelt, dass dieselben als eine un- mittelbare Fortsetzung der letztern erscheinen. Ihre Bedeutung für den Haushalt der Natur und die Bedürfnisse des Menschen dürfte nicht sehr hoch anzuschlagen sein. Merkwürdig erscheinen die bohrenden Schwämme (^Vioa, Thoassa), welche sich vielleicht mit Hülfe ihrer Kieselnadeln in 1) Neuerdings noch wurden die Si^ongien von Clark als Monadencolonien aufgefasst. FibrospoBgiae. 193 Molluskengehiiusen , Kalksteinen und Corallen Röhren und Canälo ein- graben. Kine besondere Wichtigkeit für den Menschen haben die als Bade- und Waschschwännne bekannten weich elastischen Hornschwännne (Enspongia), deren Auffischung aus dem Grunde des Meeres zahlreiche Schitüt!, namentlich im Mittelmeere (Sinyrna, Greta), beschäftigt. Wegen ihres Jodgehaltes werden die gerösteten Abfälle von Spongien auch medicinisch als Kropfmittel verwendet. Nicht selten findet man das Spongiengewebe von Paiasiten (Oscillatorien und Algenfüden) durch- setzt, die um so leichter zu Täuschungen Veranlassung geben können, als gelegentlich Algen wie Cladophora sponijioniorpha als Spongien beschrieben worden sind. Die ältere Eintheilung nach der Beschaffenheit des Skeletes in Hornschwännne, Kieselschwämme, Kalkschwämme ist in neuerer Zeit vornehmlich in Folge der Untersuchungen 0. Schmidt 's verändert worden. Immerhin bleibt die systematische Gruppirung eine pro- visorische, da bislang kein durchschlagendes Prinzip zur natürlichen Grupi)irung, nicht einmal zurCharakterisirung der Familien und Gattungen aufgestellt werden konnte. Ist doch der Nachweis geführt worden, dass die als systematischen Charaktere verwertheten Merkmale einer grössern oder geringern Wandelbarkeit unterliegen, wie die gesammte Form, Beschaffenheit derOscula^ Individualitätsgestaltung etc. Am constantesten zeigen sich die Nadelformen und Gewebe des Skelets, die somit für die Charakterisirung der Gattungen, ebenso wie die Beschaffenheit des Canalsystems in erster Linie in Betracht zu ziehen sind. 1. Ordnung. Fihrospo^igiae, Faserschwämme. Ein Skelet fehlt entweder noch ganz, und der Leib ist, was für die Schleimschwämme gilt, ausschliesslich aus contraktilem Parenchym gebildet oder es sind bereits hornige Erhärtungen als Sponginfasern, ferner zugleich oder auch ohne Hornfasern verschieden gestaltete Kieselkörper aufgetreten; in andern Fällen werden Kieselspicula durch verkieselte Umhüllungschichten zu Kieselnetzen verbunden. 1. Farn. Halisarcidae , Gallertschwämme. Weiche Schwammmassen ohne jegliches Skelet. Halisarca Duj. H. lohularis 0. S. von dunkel violetter Farbe. Sebenico. H. Dujardinii Johnst. bildet weisse Ueberzüge auf Laminarien der Nordsee. Die Gattung Sarcomella von gallertiger Consistenz enthält jedoch ein- fache Nadeln. 2. Farn. ChondrilUdae [Gummineae), Lederschwämmo. Runde oder lappige Spongienmasseu von kautschukartiger Consistenz, auf frischen Schnitten ein speck- artiges Aussehn gewährend. Das Rindengewebe ist bräunlich oder schwärzlich pigmentirt. Die Struktur der Gewebe wird durch das Vorkoumien feiner verfilzter Fasern charakterisirt. Zuweilen treten bestimmt geformte Kiesel- gebilde auf. Eine scharfe Abgrenzung von den Halisarciden ist nicht möglich Claus, Zoologie. 3. Auflage. 13 1§'4 Spongidae. Chalinidae. Renieridae. Suberitidae. Chondrosia Nardo. Ohne dem Schwämme eigenthümliche Kieselkörper, daher von den Halisarcinen kaum zu trennen. C. tuberculata 0. S., Adria, gliricauda 0. S., reniformis Nardo (ecaudata 0. S.), Adria. Chondrilla 0. S. Schwammkörper minder compakt, mit Einlagerungen von Kieselnadeln. C. nucida 0. S. Osculina 0. S. Mit sehr zahlreichen von Papillen umstellten Osculis und einfachen Kieselnadeln. 0. polystomella 0. S., Küste von Algier. 3. Fam. Spongidae, Hornschwämme. Polyzoische Spongien, deren Skelet aus elastischen Hornfasern besteht, die zuweilen fremde Einschlüsse enthalten, niemals aber Kieselnadeln erzeugen. Spongelia Nardo. Von sekr lockerm Gefüge der schwachen, röhrigeu, fremde Einschlüsse bergenden Hornfasern. S. elegans Nardo, farblos {Spongia tupha). S. fistidaris, pallescens 0. S., violett, Adria. Hier schhesst sich Darwinella F. M. an. Cacospongia 0. S. Die meist soHden Fasern zeigen eine grössere Festigkeit. C. mollior , scalaris, cavernosa 0. S., Adria. EuspongiaO.S. Mit sehr elastischem gleichmässig starken Fasergerüst, meist als Wasch- und Badeschwämme verwendbar. E. adriatica 0. S., eqiiina 0. S., Pferdeschwamm von Laibform, zimocca 0. S. , im griechischen Archipel, molis- sima 0. S., Levantinerschwamm von Becherform. Filifera Lbkn. [Filiferidae) {Hircinia Nardo und Sarcotragus 0. S.). Mit dem Gerüste der starken Hornfasern hängen äusserst feine geknöpfte Hornfäden zusammen. F. {Hircinia) hirsuta, ßavescens 0. S. , fasciculata {Spongia fasciculata Esp.) F. {Sarcotragus) aus sehr dichtem fast unzerreissbarem Gewebe und schwarzer leder- artiger Haut, spinulosa 0. S., Adria. Aplysina 0. S. Mit grobmaschigem Skelet, dessen Fasern eine Rinden- und Achsensubstanz unterscheiden lassen. A. aerophoba 0. S., im Quarnero. 4. Fam. Chalinidae. Vom Habitus der Spongien, mit Hornfasern, in denen einfache Kieselnadeln von Spindelform liegen. Hierher gehören die von 0. Schmidt aufgestellten Gattungen Fseudochalina 0. S. Gewebe wie bei Euspongia mit ganz leicht verkieselten Centralf aden. Chalina 0. S. vom Habitus der Euspongia nitens, C. oculata {Halichondria oculata Johnst.), limhata, Britisches Meer, digitata 0. S., Quarnero. Cacoclialina 0. S. , vom Habitus der Cacospongia, Rothes Meer. Clialinula 0. S. , vom Habitus der Reniera, mit einfacher Nadebeihe. C. renie- roides 0. S., Algier. Siphonochalina coriacea 0. S. , Algier. Cribrochalina 0. S., BhisochaUna 0. S. , Pachychalina und Balsamo-C'rivelU's Lieberkühnia {Esperia calyx Nardo, Bescher schwamm des Mittelmeeres). 5. Fam. Eenieridae. Spongien mit lockerem Netze, durch welches die kurzen Nadeln verbunden werden. Beniera Nardo. Incrustirende Formen von geringer Consistenz aus ziemlich regelmässigem Netzwerk, zu welchem die Kiesel- nadeln vereinigt sind, theilweise Brakwasserschwämme. B. porosa 0. S. Bei Amphorina 0. S. liegen die Radeln unregelmässig durcheinander. A. genetrix 0. S., Grönland, Fellina 0. S. Die unregelmässig grux^pirten Nadeln werden nur durch eine vollständig entwickelte Oberhaut zusammengehalten. P. bibtda 0. S., Kattegat. Euinastia 0. S., Foliolina 0. S. u. a. G. Hier schliessen sich die Spongillen des süssen Wassers an mit der Gattung Spongilla Lam. und mehreren als S. lacustris, fluviatilis etc. von Lieberkühn unterschiedenen Arten. 6. Fam. Suberitidae. Schwämme von massiger Form mit geknöijften Kiesel- nadeln, die in der Regel in netzartigen Zügen liegen. Suberites Nardo. S. do- muncula Nardo, Adria, Mittelmeer. S. tubercidosus 0. S., Florida. Fapillina O.S., Oscula auf den Spitzen papillenförmiger Fortsätze. Badiella 0. S., Tethya Lam., Ancorinidae. Lithistidae. Hexactinellidae. 195 T. Lyncureum Johnst. Hier schliessen sich die Bohrschwämme an. Vioa Nardo. V. typica, an Austerschalen. 7. Farn. Desmacidonidae. Aestige und massige Schwämme mit überaus wandelbaren Kioselkörpern , die bald in lockerm bald in festem Zusammenhang vereinigt sind. Desmacella 0. S. Enthält ausser gestreckten Nadeln nur Bogen- und Spangeimadeln. ]). pumilio 0. S., Florida. Desmacidon Bbk. Mit dreizähnigen symmetrischen Doppelhaken. D. cadiicum 0. S., Algier. Esperia Nardo. Mit eigen- thümlichen Kieselkörpern von Hakenform. E. massa 0. S., Adria. Myxilla 0. S. 8. Farn. Chalinopsidae. Derbere strauchförmige Schwämme mit oder ohne Fasergewebe, ohne die Bogen und Haken der Desmacidoniden. Axinella 0. S. Mit festerer Axe von longitudinalem Netzwerk, welches lange Kiesebiadeln umschliesst. Im äussern Parenchym fehlen die Hornfasern. A. cinnamonea, faveolaria {Grantia cinnamonea, faveolaria Nardo), intensiv schwefelgelb gefärbt, verrucosa, cannahina {Spongia verrucosa, cannabma Esp.), pjolypoides 0. S., Adria. Baspailia Nardo. Dunkel gefärbte biegsame Schwämme, welche sich auf einer dünnen Kruste als Basis in Form schlanker unverzweigter oder dichotomischer Ruthen federkieldick erheben. B. typica Nardo, stelUgera 0. S., Quarnero. Baspaigella entbehrt der deutlichen Hornfasern ganz und schliesst an Beniera an. Clathria 0. S. Von Grund aus verzweigt, ein dichtes Netzwerk bildend. Die Nadeln theils vollständig in der Hornsubstanz eingeschlossen, theils mit den spitzen Enden in die unregel- mässigen Maschenräume liineinragend. C. coralloides {Spongia clathrus Esp. = Grantia coralloides Nardo), oroides, pelligera 0. S. Hier schliessen sich die Gattungen Acanthella, Dictyonella, Chalinopsis 0. S. an. 9. Farn. Geodiidae. ßindenschwämme mit Ankernadeki und mit Kiesel- gebilden in der Rinde. Caminus 0. S. Die spröde Rinde besteht fast nur aus Kieselkugeln, das Parenchym aus einfachen Kieselnadeln. G. vulcaniO. S., Sebenico. Geodia Lam. Höckrige, von unregclmässigen Canälen durchsetzte Rindenschwämme, in deren Rinde ausser Kieselkugeln verschieden geformte Nadeln liegen. G. placenta, gigas, tuberosa 0. S., Quarnero. Pyxitis 0. S. 10. Fam. Ancorinidae. Rindenschwämme, deren Rindenschicht ohne Sternchen und Kugeln von frei hervon-agenden Ankernadeln durchsetzt wird. Ancorina 0. S. A. cerebrum, verrucosa 0. S., Quarnero. Steletta 0. S., Pachastrella 0. S. u. a. G. 11. Fam. Lithistidae, Steinschwämme. Scheinbar regellose Gewirre von zu- sammenhängenden Kieselfäden und Kieselnetzen, zugleich mit Ankernadeln. Scheinen die nächsten Verwandten der fossilen Kreidespongien mit sog. wurm- förmigen Gewede {Vermiculaten) zu sein und leben in bedeutender Tiefe. Leio- dermatium 0. S. entbehrt isolirter Kieselkörper. L. ramosum 0. S., Florida. CoralUstes 0, S. enthält zugleich Szähnige Anker. C. typus 0. S. Lyidium 0. S. 12. Fam. Hexactinellidae (Hyalospongiae), Glasschwämme. Mit zusaumien- hängenden Kieselgerüsten und geschichteten sechsstrahlige Kieselkörper ver- kittenden Fasernetzen von Kieselsubstanz , häufig mit isolirten Nadeln und Büscheln von Kieselhaaren zur Befestigung. Leben grossentheils in sehr be- deutenden Tiefen und sind den fossilen Scyphien und Ventriculitiden nahe verwandt. Das Skelet besteht aus einem netzförmigen Geflecht von Kiesel- fasern. Dactylocalyx Bbk. Netzwerk unregelmässig aus cylindrischen Fasern gebildet. B. pumicea Stutchb., Barbados. Aphrocallistes Gray. Verästelte Stöcke. A. Boccagei P. Wr. , Farrea Bbk. , Lanuginella 0. S. u. a. G. Euplectella Owen. 13* 196 Calcispongiae. Das zierliche Netzwerk der cylindrischen Wand steht mit einem Schopf von Kieselhaaren in Verbindung, welche mit zahlreichen Widerhäkchen besetzt, mit einem Ankerknopfe endigen und fremde Gegenstände umschlingen. Am freien Ende des Cy linders liegt die Auswurfsöffnung, von siebförmig gegitterter Platte bedeckt. Zahlreiche uiannichfaltig gestaltete Kieselsterne liegen zwischen dem Balkennetze. E. aspen/älum Ow., Philippinen. Im Leibesraume des Glasschwammes leben Aega spongijjhila und ein kleiner Palaemon. [E. cuctimer Ow., speciosa G., corbicula Valenc). Hier schliessen sich Holtenia (Fheronema) Carpenteri W. T. von den Faroer-In.seln an. Polyzoische Glasschwämme sind Hyalothauma lAide- kingi Herkl. Marsh, und Eurete Schultzei Semper, von den Philippinen (mit Aega hirsuta). Durch die letztere Form wird der Uebergang zu der merkwürdigen Gattung Hyalonema gebildet. H. Sieboldii Gray, Japan. H. boreale Loven, Nordmeer. 2. Ordnung. Calcisjwnglae, Kalkschwämme. Meist farblose, selten rothgefärbte Spongien und Spongienstöcke, deren Skelet aus Kalknadeln besteht. Entweder sind dieselben einfache Nadeln (die zuerst entstan- denen der Jugendforni) oder lärmige oder 4armige Kreuznadeln. Sehr häutig aber treten zwei oder alle drei Nadelformen in derselben Spongie auf. Die Variabilität ist überaus mannichfaltig. Individuen und Stöcke treffen wir innerhalb der gleichen Art; ebenso wechselt die Beschaffen- heit der Oscula. Am constantesten ist die Beschaffenheit des Canal- systems und der Nadelforinen. Nach der erstem werden die 3 Familien zu charakterisiren sein. Innerhalb derselben aber sind in erster Linie die Nadelformen zur Charakterisirung der Gattungen von E. Haeckel sogar ausschliesslich verwendet und nach den 7 möglichen Combinationen je 7, also im Ganzen 21 Gattungen (sog. natürliche?) Gattungen unter- schieden, deren Namen mit entsprechenden Endungen — yssa (einfach), etta (dreistrahlig), illa (vierstrahlig) , ortis (einfach und dreistrahlig), ulmis (einfach und vierstrahlig), altis (dreistrahlig und vierstrahlig), andra (einfach, dreistrahlig und vierstrahlig) gebildet worden sind. Freilich werden auch hier alle Zwischenformen als connexive Varietäten beschrieben. Früher hatte E, Haeckel eine grosse Zahl von Gattungen nach Individualität oder Stockbildung, nach der besondern Beschaffenheit der Mündungen, beziehungs^Yeise nach der Abwesenheit der letztern auf- gestellt und behaui)tet, dass ein und derselbe Schwamm allen diesen verschiedenen Gattungen zugehören könne, an demselben Stock z. B. die reifen Formen von 8 verschiedenen Gattuiigcn trage (^Syco- nietra compressa). Diese vermeintlichen Gattungen werden nunmehr von Haeckel als Kategorieen eines künstlichen Systems den natürliciien auf die Nadelform gegründeten Gattungen gegenübergestellt (!!). 1. Farn. Leucosolenidae {Asconeii), Kalkschwämme mit einfachen Poren- gängen der Wandung. Grantia Lbkn. {Leucosolenia ßbk.) Wird nach der Gestaltung der Kalknadeln oder Spicula von E. Haeckel in die 7 Gattungen Leuconidae. Syconidae. 197 Ascyssa, Ascctfa, Ascilla, Ascortis, Asculmis, Asealtis, Ascandra eingetheilt. Gr. (Asojssa) troglodytes E. Hacek, lebt in Stöcken der orangerothen Astroides caly- cularis (blaue Grotte der Insel Capri) und ist in solitärer nacktmündiger Form (ülynthus) und in Form verzweigter Stöckchen beobachtet worden. Gr. pulchra 0. S. {Ascetta primordialis E. Haeck.), bald weiss, bald roth und gelb, von der Adria bis nach Australien verbreitet, wurde als die Stammform der ganzen Gruppe betrachtet (?). Gr. dathrus 0. S., Adria; tritt in Stöcken von Tarrus und Aulo- plegma-Form (ohne Osculum) auf. Gr. botryoides Lbkn. {Ascandra complicata E. Haeck.), Helgoland, in Olynthus, Soleniscus und Tarrusform beobachtet mit Gr. Lieberkilhnii 0. S. aus dem Mittelmeer und der Adria nahe verwandt. 2. Fam. Leuconidae {Grantiidae, Leiiconen), Kalkschwämme mit dicker Wandung, welche von verästelten Canälen durchsetzt wird. Leuconia Grt. Wird von E. Ha ecke 1 nach der Gestaltung der Kalknadeln in die 7 Gattungen Leucyssa, Leucetta, Leucilla, Leucortis , Leiiculmis , Leucaltis, Leucandra eingetheilt. L. {Leucetta) primigenia E. Haeck. Ue heraus polymorph. Mittehneer bis Australien. L. {Leucaltis) pumila Bbk. Ueber beide Hemisphaeren verbreitet, bislang nur in solitären Formen mit nacktem oder rüsselförmigem Osculum oder ohne Osculum beobachtet. L. {Grantia) solida 0. S. In solitären Formen mit meist nacktem oder geschlossenem Osculum und Stöcken von zwei selten mehr als vier Individuen, Adria. L. {Leucandra) Gösset Bbk. Mit glatter Dermalfläche und sehr wechselnder äusserer Gestaltung, bald in solitärer Form mit nacktem oder rüsselförmigem Osculum, bald als Stock mit wenigen Individuen, mit mehreren oder einer einzigen nackten oder rüsselförmigen Mündung oder ganz ohne Osculum. L. {Leuculmis) echiniis E. Haeck. Mit kolossalen Stabnadeln der Haut, welche wie Stacheln her- vorstehen in Individuen von kugliger Form mit nacktem Osculum (etwa 4—6 Mm. im Durchmesser), bei Bergen beobachtet. 3. Fam. Syconidae {Syconcn). Meist solitäre Kalkschwämme mit dicker Magen wand, welche von geraden Radialröhren durchsetzt wird. Die letztern setzen sich an der Oberfläche meist in kegelförmigen Erhebungen der Wandung fort. Sycon Risso. Wird von E. Haeckel nach der Form der Kalknadeln in die 7 Gattungen Sycyssa, Sycetta, Sycilla, Sycortis, Syculmis, Sycaltis, Sycandra ein- getheilt. S. {Sycetta) primitiva E. Haeck. Individuen mit vollständig frei vor- stehenden Radialkegeln und nacktem Osculum, Australien. S. {Sycetta) stauridia E. Haeck. Radialkegel völlig verwachsen, ohne Zwischencanäle , in Stockform mit nackten Oscula der Individuen, Rothes Meer. S. {Sycortis) quadrayigulata 0. S. Individuen mit nacktem, rüsselförmigem, bekränztem Osculum oder ohne solches, Adria, Atl. Ocean. S. {Sycandra) capillosa 0. S. {Ute capillosa). Solitäre Spongien von ansehnlicher Grösse, mit prismatischen Radialtuben und engen dreiseitig prisma- tischen Zwischencanälen , ohne Distalkegel, Adria. S. {Srjcandra) ciliata 0. Fabr- {Spongia ciliata). Individuen und Stöcke von überaus variabeler Gestaltung, mit cylmdrischen Radialtuben und schlanken nur an der Basis verwachsenen Kegeln, Helgoland, Nordatl. Ocean. S {Sycandra) raphanus 0. S. Einzelformen und Stöcke mit nackten , bekränzten oder rüsselförmigen Oscula. Radialtuben meistens sechs- seitig in ganzer Länge bis zu dem niedrigen Distalkegel verwachsen, mit engen dreiseitigen Zwischencanälen, Adria. 198 Authozoa, Corallenthiere. II. Classe. AtitliozoR ■) — Polypi, Choral leiitliiere. Polypen mit Magenrohr und Mcsenterialf alten , mit innern Gesclilechtsorg einen {ohne medusoide Jugend gener ation), häufig Stöcke bildend, ivelche durch Kalkahlagerungen die Cor allen erzeugen. Die hierhergehörigen Polypen zeichnen sich vor den Polypen und polypoiden Formen, welche wir im Kreise der /fyrZrometZifseM antreffen, nicht nur in der Regel durch eine viel bedeutendere Grösse, sondern auch durch eine complicirtere Bildung des Gastrovascularraumes aus. Der letztere ist nicht etwa eine einfache Aushöhlung des Leibes, sondern zerfällt durch zahlreiche radiale Scheidewände, Ilesenterialf alten, in ein System von senkrechten Taschen. Diese .conimuniciren untereinander am Grunde der Leibeshöhle und stehen meist mit einem Systeme in den Wandungen des Körpers verzweigter saftführender Gänge in Ver- bindung. In ihrem obern Verlaufe schliessen sich die Taschen zu canal- artigen in die Tentakelhöhlungen einführenden Räume, indem die Ränder der Mesenterialfalten mit der Wandung des vom Munde herabhängenden Mund- oder Magenrohres verwachsen. Nach A. Schneider soll jedoch bei den Ilexactinien noch ein den Mund umfassender Ringcanal vor- handen sein. Das Magenrohr ist seiner Bedeutung nach wesentlich nur Speise- röhre und besitzt an seinem hintern Ende, da wo die peripherischen Taschen in den Centralraum ausmünden, eine verschliessbare Oeffnung, 1) Vergl. ausser Linne, Spalanzani, Lamarck etc. Pallas, Elenchus Zoophytormn. 1766. Esper, Die Pflanzen tliiere. 1788— 1806. Rapp, lieber Polypen im Allgemeinen und Actinien im Besonderen. Ehrenberg, Beiträge zur physio- logischen Kenntniss der Corallenthiere im Allgemeinen und besonders des rothen Meeres, desgl. über die Natur und Bildung der Corallenbänke. Abh. der Berl. Academie. 1832. Ch. Darwin, The Structure and Distribution of Coralreefs. London. 1842. Dana, United States Expl. Expedition, Zoophyta. Philadelphia. 1846. M. Edwards et Jul. Haime, Recherches sur les Polyjiiers. Ann. scienc. natur. 1848—52. M. Edwards, Histoire naturelle des Corailliaires. 3 Tom. Paris. 1857 — 1860. Lacaze-Duthiers, Histoire naturelle du Corail. Paris. 1864. Memoire sur les Antipathaires , Histologie du polypier des Gorgones, Deuxieme memoire sur les Antipathaires. Ann. scienc. natur. 1864 und 1865. Developpement des Corailliaires. Arch. de zool. exper. Tom. I. und IL 1872 und 1873. Kölliker, Icones histologicae IL Leipzig. 1865. A. Schneider und Rötteken, Ueber die Struktur der Actinien und Corallen. Sitzungsber. der Oberh. Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde. 1871. Pourtales, Deep Sea corales. Cambridge. 1871. C. Semper, Ueber Generationswechsel bei Steincorallen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXII. 1872. Kölliker, Anatomisch-systemat. Beschreibung der Alcyonarien. I. Die Peunataliden. Abh. der Senkenb. Gesellsch. Tom. VII u. VIH. 1872. Organisation. 1 99 durch welche sein Inhalt mit dem der Gastrovascularhöhle in Communi- cation steht. Die vordere Oeffnung desselben im Centrum der *Mund- scheibe« fungirt zugleich als Auswurfsörthung und lässt unverdaute Speise- reste, ferner die Sekrete (?) knäuelartig gewundener Bänder und freier Fäden, der Mesenterialfilamente, sowie die Geschlechtsprodukte aus dem Körper austreten. Bei Cerianthus kommt freilich auch am hintern Körperpole eine Oeffnung vor. Der Polypenleib besteht aus einer äussern Zellenlage (Ectoderm, zuweilen mit abgeschiedener Cuticula (Zoanthus) oder selbst verkalkter Epithecalschicht), aus einer Innern die Gastralräume auskleidenden ZelleTiFchicht (Entoclerm) und aus den intermediären Gewebslagen (Mesoderni), die wohl auf Differenzirungen des ursprünglich einfachen Ectoderm's zurückzuführen sind. Das Mesoderm erscheint überall als Bindesubstanz, seltener in Form des Gallertgewebes, häufig als feste von Spindel- und sternförmigen Zellen durchsetzte oder derselben ver- lustig gegangene homogene {^Alcyoniden, Gorgoniden) Bindesubstanz, die sich jedoch auch zu fibrillärem Bindegewebe umgestalten kann und zum Sitz der Kalkablagerungen wird. Auch Muskelfasern treten im Mesoderm, zuweilen selbst als Ring- und Längsmuskellage auf. Bei der von Lacaze-Duthiers genau untersuchten Edelcoralle sind die Zellen des Ectoderms klein und wie wohl überall mit zahlreichen Nesselkapseln erfüllt. Dagegen erweisen sich die Zellen des die Leibeshöhle und deren Canalsystem auskleidenden Entoderms als grosse Flimmerzellen mit grob- körnigen, theilweise fettigem Inhalt. Ein Nervensystem ist noch nicht sicher nachgewiesen worden, doch machen gewisse Erscheinungen das Vorhandensein eines solchen nicht unwahrscheinlich. Dahin gehört das Vorkommen von »Randkörpern« bei den Actinien , welche nach A. Schneider lichtbrechende Zapfen und Linsen enthalten sollen, sodann die Erscheinung der Fortleitung des lichterregenden Reizes an den Leuchtorganen derPennatuliden, welche zu leuchten beginnen, auch wenn der Reiz den Stamm des Stockes trifft. So ist es möghch, dass die von Kölliker als Nerven in Anspruch ge- nommenen Fasergruppen in der That diese Bedeutung haben. Die Geschlechtsstofe entstehen an den Rändern oder Seitenflächen der Mesenterialfalten in bandförmigen oder krausenartig gefalteten Verdickungen. Bei Corallium hängen den Scheidewänden der Leibes- höhle gestilte Kapseln an, welche die Gcschlechtsstoffe einschliessen und im Zustand der Reife durch Dehiscenz austreten lassen. Häufig sind die Geschlechter getrennt, indessen werden oft gleichzeitig hermaphroditische Formen angetroffen, selten sind alle Individuen hermaphroditisch, z. B. Cerianthus. Bei stockbildenden Polypen herrscht bald die Ver- einigung männlicher und weiblicher Thiere, bald wie bei den Älcyonarien die Trennung derselben auf verschiedene Stöcke vor. 200 Geschlechtliche Fortpflanzung. Die Befruchtung erfolgt stets innerhalb des mütterlichen Körpers, meist wie es scheint sogar im Ovarium. Ebenso wird die Entwicklung der Embryonen und Larven bis zu einem frühern oder spätem Stadium {Actinien) im Mutterkörper durchlaufen. Bei der radiären Architektonik des Polypenkörpers hat man lange Zeit einen entsprechenden radiären Entwicklungsmodus annehmen zu können geglaubt, obwohl sowohl für die Octactinien als Hexactinien {Foly actinien) von mehrfacher Seite auf die zweiseitig symmetrische Vertheilung der Strahlen hingewiesen worden war {Ccrkmthus, Antipathes, PennatuUden). Bei den Octactinien werden die aus den befruchteten Eiern hervorgehenden Larven lebendig geboren und besitzen im Innern ihres aus bewimperten Ectoderm und Entoderm zusammengesetzten Körpers einen Leibesraum, welcher an dem bei der Bewegung nach hinten gerichteten Pole mittelst einer Mund- öfinung zum Durchbruch gelangt. In solcher Gestalt setzen sich die Larven nach längerm Umherschwärmen mit dem geschlossenen Pole fest und treiben die acht Fangarme hervor, nachdem Mundrohr und Mesenterial- falten gebildet worden sind. Bei den Polyactinien, deren Fangarme und Mesenterialtaschen sich auf ein Multiplum der 6-Zahl zurückführen lassen, glaubte man bisher mit M. Edwards irrthümlich, dass zuerst 6 primäre, dann zwischen denselben 6 secundäre Septenzur Entwicklung gelangten, hierauf 12 dritter, 24 vierter Ordnung etc. gebildet würden , dass also die Septen gleicher Grösse gleichalterig seien und je einem zu gleicher Zeit gebildeten Cyclus angehörten. Man hielt an dieser Vorstellung fest, obwohl J. Haime für Cerianthus längst nachgewiesen hatte, dass zuerst 4, dann 6 Fang- arme auftreten, und Kowalewsky für die Gastralräume der Actinien ähnliche Anfangsstufen beobachtet hatte. Nun wiesen auch A. Schneider und Semper an den Septen der Actinien und Corallenpolypen auf die Unhaltbarkeit des M. Edward 'sehen Gesetzes hin und Lacaze- Duthiers lieferte für beide Gruppen den eingehenden Nachweis, dass ein ganz anderes Wachsthumsgesetz die Zunahme der Septen und Fang- arme bestimmt, dass in beiden Fällen eine durchaus seitlich symmetrische Gestaltung zu Grunde liegt, aus der sich erst durch Egalisirung der alternirenden ungleichalterigen Elemente die Gseitig radiäre Architektonik ableitet. Die jüngsten Larven der Actinien {A. nieaemhryanthemnm, Sagartia, Bnnodcs) sind kleine sphäroidische mit Wimpern bekleidete Körper, deren hinterer etwas ausgezogener Pol einen Schopf längerer Cilien trägt. Das gegenüberliegende abgeflachte Leibesende ist von der Mund- öffnung durchbrochen, welche durch eine kurze wohl auf dem Wege der Einstülpung entstandene Oesophagealröhre in den engen Gastralraum führt. Die erste Differenzirung des Anfangs einfachen Leibesraumes besteht in dem Auftreten zweier einander gegenüber stehender Falten, Entwicklung der Actinien. 201 durch welche die Gastralhöhle in zwei freiUch un;^leich grosse Taschen- räume abgetheilt wird. Symmetrisch in beinahe rechtem Winl^el zur Richtung dieser primären Mesenterialfalten zieht sich die Mundötfnung mehr und mehr in Form einer longitudinalen Spalte aus, so dass man durch dieselbe die Lage einer Medianebene bestimmen kann. Bald er- lieben sich in dem grössern Tascheni-aume, den wir den vordem nennen wollen, zwei neue Falten symmetrisch zur Mittelebeue einander gegen- über, so dass nunmehr 4 Abtheilungen, eine vordere und hintere und zwei kleinere seitliche vorhanden sind. Nun entwickelt sich im hintern Räume ein drittes und in rascher Folge in den seitlichen Taschen ein viertes Faltenpaar, welches dem vorausgegangenen an Grösse nur wenig nachsteht. Nachher werden die an den primären Falten angrenzenden Räume abermals durch entsprechende Septen geschieden. Die 12 Gastro- vasculartaschen egalisiren sich nunmehr allmählig und können in ein unpaares in der Medianebene gelegenes Paar (1) und in fünf zu den- selben symmetrisch gestellte Paare (2-6) gesondert werden. Die vor- dere Tasche des ersten Paares, sowie das zweite, vierte und sechste Paar sind aus dem grössern primären Raum, die hintere Tasche sowie das dritte und fünfte Paar aus den kleinern primären Raum hervor- gegangen. Schon vor der Anlage des fünften und sechsten Septenpaares beginnt die Hervorsprossung der Tentakeln am ovalen Ende der Gastro- vasculartaschen und zwar erhebt sich zuerst der Tentakel des unpaaren vordem Taschenraums den nachfolgenden an Grösse vorauseilend. Dann treten der gegenüberstehende und die übrigen paarweise geordneten Tentakeln zuerst als kleine warzige Erhöhungen hervor. Nachdem sämmtliche 12 Fangarme gebildet sind, egalisirt sich die Grösse derselben in alternirendem Wechsel, so dass 6 grössere, zu denen die unpaaren Tentakeln der Längsachse gehören, mit eben so viel kleinern Fangarmen wechseln und zwei Kreise von je 6 Armen erster und zweiter Ordnung vorhanden sind. Von den krausenförmig gewundenen Bändern oder Mesenterialtilamenten entstehen zuerst die Bänder (cordons pelotonn^s) der primären Falten, nachher sym'.iietrisch zu denselben die des vierten und hier- auf die Filamente des zweiten und dritten Septenpaares. Auch die Ent- wicklung der 12, 24 48 etc. neuen Scheidewände und Arme erfolgt nach einem anderen Gesetze, als man seither auf die Autorität von M. Edwards und J. Haime hin glaubte. Die 12 zunächst entstehenden Septen bilden sich nicht etwa auf Kosten der Theilung eines jeden der 12 Gastrovasculartaschen , sondern zu 6 Paaren symmetrisch vertheilt in den Elementen des zweiten Cyclus. Die Grösse der neu gebildeten an- fangs kurzen Tentakeln regelt sich später in der Weise, dass die an die Tentakeln der zweiten Ordnung angrenzenden 6 Fangarme die erstem bald überragen und nun an Stelle jener scheinbar den zweiten Cyclus repräsentiren. Das gleiche Gesetz des Wachsthums mit nachfolgender 202 Knospung. Theilung. Bildung von Polypenstöcken. Egalisiriing und Substitution wiederholt sich nun im Verlaufe der weitern Entwicklungsvorgänge, unter denen der nunmehr am hindern Pole fixirte Polyp die Zahl .seiner Fangarme vcrgrössert. Neben Cöv geschlechtlichen Fortpflanzung besteht sehr allgemein die ungeschlechtliche Vermehrung durch Sprossung und Theilung. Knospen können an sehr verschiedenen Körperstellen, an der Seite, am Fussende, auf der Mundsclieibe entstehen und im letztern Falle unter dem Anschein einer Quergliederung sich ablösen {Fimglenstöclichen). Auch kann es hier ebenso bei Blastotrochus und FlaheUimi zu einer dem Generationswechsel analogen Fortpflanzung kommen, indem die Knospen erzeugenden Formen sich zu den von ihnen erzeugten Geschlechts- thieren verhalten etwa wie eine Strobila zu den sich loslösenden Quallen. Freilich ist für die knospenden Jugendformen nicht bewiesen, dass sie ausschliesslich Anunen'oedeutung haben und wahre Ammen sind, indem die Möglichkeit der Produktion von Geschlechtsstoflen keineswegs wider- legt und somit ausgeschlossen ist. Bei der Edelcoralle entstehen neue Individuen durch Zellwucherungen der oberflächlichen Schicht. Dieselben gewinnen einen Innern Hohlraum und eine endständige Oetfnung, in deren Umgebung der Tentakelkranz hervorsprosst. Bleiben die durch- Knospung und unvollständige Theilung erzeugten Individuen unter- einander verbunden, so kommt es zur Entstehung von Polypenstöcken, welche eine sehr verschiedene Form und bei fortgesetztem Wachsthura einen sehr bedeutenden Umfang erreichen können. In der Regel liegen die Individuen in einer gemeinschaftlichen Körpermasse, Coenenchym oder Sarcosom, eingebettet und communiciren mehr oder minder unmittelbar, gewöhnlich erst mittelst der Parietal- canäle, so dass die von den Einzelpolypen erworbenen Säfte dem ge- sammten Stocke zu Gute kommen. Lacaze-Duthiers unterscheidet an dem Canalsystem der Edelcoralle eine tiefer liegende Gruppe von meist gröbern Längscanälen, auf welche die Canellirung des sog. Achsen- skeletes zurückzuführen ist, und ein mehr oberflächliches engmaschiges Netzwerk, durch welches vornehmlich die Leibesräume der Polypen untereinander im Zusammenhang stehen. Peripherische Oeffnungen des Canalsystemes nach Art der Hautporen des Schwammkörpers sollen vollständig fehlen, dagegen die Mündungen junger noch tentakelloser Polypenknospen leicht zu der Deutung von Hautporen Veranlassung geben. Ein solcher Polypenstock bietet uns ein zutreffendes Beispiel für einen aus gleichartigen Gliedern zusammengesetzten Thierstaat, ohne Arbeitstheilung v.vA Polymorphismus seiner Individuen. Nur die Arbeit der Geschlechtserzeugnisse vertheilt sich in der Regel auf verschiedene Individuen, die aber sonst in gleicher W^eise organisirt, zugleich alle vegetativen und animalen Verrichtungen übereinstimmend besorgen. Indessen ist durch neuere Untersuchungen auch eine Art Polymorphismus Skeletbildungen. Achse. Rinde. 203 für manche Polypenstöcke der Anthozoen bekannt geworden. Schon V er rill erwähnt das Vorkommen rudimentärer Polypen (Zolden) bei den PennatuUden , und Kolli ker liefert den Nachweis, dass in der That an diesen Polypenstöcken neben den grössern Individuen mit ge- fiederten Armen, Geschlechtsorganen und 8 Mesenterialfilamenten kleinere Individuen ohne Tentakeln und Geschlechtsorgane mit nur 2 Mesenterial- filamenten existiren, welche nach der Ansicht jenes Forschers vornehmlich die Aufnahme und Abgabe des Wassers besorgen sollen. Da dieselben jedoch einen Gastrovascularraum mit 8 Scheidewänden und einem birn- förmigen Magenrohr besitzen, wird es wahrscheinlich, dass auch sie der Funktionen der Nahrungsaufnahme und Verdauung nicht völlig entbehren. Dazu kommt, dass bei einigen Pennatuliden ( Virgularia mirahilis u. a.) die unentwickelten noch tentakellosen Individuen der untern Blätter die Geschlechtsorgane besitzen und wahrscheinlich erst später zu Nährthieren werden. Von besonderer Bedeutung sind die Skeletbildungen der Polypen, die Polyparien. Während man früher mit Ehrenberg, Dana und vornehmlich M. Edwards für die Hartgebilde der Corallenthiere eine doppelte Form der Entstehung annahm und den Skeletcn der Unter- haut gegenüber die sog. Achsenskelete der Rindencorallen als Cuticular- bildungen auf Ausscheidungen oberflächlicher Zelllagen zurückführte, hat es sich in neuerer Zeit zuerst durch die Untersuchungen von Lacaze- Duthiers und dann durch die umfassenden Arbeiten Kölliker's her- ausgestellt, dass auch die letztern in der Bindesubstanz der Unterhaut ihre Entstehung nehmen. Nur in wenigen Familien, Actinien, Cerian- thiden und einzelnen Gattungen werden Skeletbildungen vollkommen vermisst. In der umfangreichen Abtheilung der Octactinien oder Alcijonarien ist das Auftreten von mannichfach geformten, glatten oder warzigen oft lebhaft gefärbten Kalkkörpern in der Grundsubstanz der bindegewebigen Unterhaut für die Skeletbildung überaus wichtig. Nur bei wenigen Alcyonarien {Virgularia mirahilis, Cornularia) wurden Kalkspicula vermisst. Dieselben bestehen aus einer chemisch noch nicht genügend bekannten, an nur spärliche organische Substanz gebundenen Kalkablagerung und können in allen Theilen des Polypenstockes, in der Achse sowohl als in dem Coenenchym, ja selbst in dem freibleibenden vorstreckbaren Leibesabschnitt der Einzelpolypen enthalten sein. In der Achse finden sich Kalkkörper nur bei den Gattungen Sderogoryia, Mopsea, Melithaea, Solandria und Coralliimi. Wo sie wie in dem vor- streckbaren Leibe der Einzelpolypen in spärlichen und wenn auch oft regelmässigen Gruppen auttreten, verleihen sie dem Parenchym eine etwas grössere Festigkeit, im Falle einer dichteren Anhäufung gewinnt das Gewebe je nach dem Verhalten der umschliessenden Grundsubstanz eine verschiedene, mehr lederartig biegsame, hornige oder feste ver- ■^"^ Skelet der Rindencorallen und Madreporarien. kalkte Beschaffenheit. Zuweilen nimmt das die Kalkkörper umlagernde von Ernährungscanälen durchsetzte Gewebe einen hornigen Charakter an und erscheint als ein Netzwerk von Fasern, dem Hornfasergerüst der Spongien vergleichbar (Rindenlage der weichen Glieder der Meli- thaeaceen, ungegliederte Achsen der Sderoyoryki). Indessen können die Kalknadeln auch untereinander zu grössern zusammenhängenden Hart- gebilden, sowohl durch unmittelbare Verwachsung, als unter Betheiligung einer verkalkten Zwischensubstanz' (harte Glieder und Centralstrang der Achsen von Melifhaeaceen und Gorallinen) verschmelzen und dann zu sehr festen und steinharten Skeletbildungen Veranlassung geben. In dem Achsenskelet der von Lacaze-Duthiers so genau untersuchten Edelcoralle {Corallium rubrum) unterscheidet man ein meist dreikantiges Centralblatt, welches von einer dicken concentrisch geschichteten Rinde umgeben wird. Jenes ist die erste Bildung des Skeletes und entsteht, wie man sehr bestimmt an jungen noch solitären Einzelpolypen erkennt, in der Tiefe als rinnenförmig gebogenes Blatt im Umkreis des Magens durch Verklebung ursprünglich isolirter Kalknadeln. Die dreikantige Form verdankt dasselbe dem nachfolgenden Wachsthumsprocesse, durch welchen aus dem Polyp mittelst Knospung eine kleine Colonie mit meh- reren in drei Längsreihen übereinanderstehenden Polypen hervorgeht. Die um den centralen Kern sich später ablagernden Kalkschichten werden ebenfalls aus zahlreichen durch Zwischensubstanz verkitteten Nadel- körpern gebildet. In gleicher Weise entstehen die mehr vereinzelten Kalkgebilde, welche in der Umgebung des steinharten Achsenskelets der Edelcoralle die rothe Färbung der weichen Rinde bedingen als Ab- lagerungen isolirter Nadeln im Sarcosom. Häufig nehmen jedoch die Kalkkörper an der Bildung horniger Achsen überhaupt keinen Antheil und es ist ausschliesslich die verhornte bindegewebige Substanz, welcher das Skelet seine Festigkeit verdankt (hornige Achsen der Goryoniden und Antipathichn) ^ in andern Fällen finden sich krystallinisch kalkige Einlagerungen in der Hornsubstanz (Plexaura), oder es verkalkt die Hornsubstanz selbst (Achse der Gorgonellaceen, Primnoaceen und Pen- natulidcn, sowie die harten Glieder von Isis). In allen diesen Fällen enthält das Achsenskelet einen abweichend aber sehr mannichfach ge- stalteten Centralstrang. Unter Ausschluss von Kalkkörpern entstehen endlich die festen Kalkskelete der Tulnporinen und sänmitUcher Madre- porarien, wahrscheinlich durch Verkalkung des Coenenchyms. Dieselben bestehen aus einer doppelbrechenden Kalksubstanz von fasriger Struktur und strahlig-krystnllinischem Gefiige, die nach dem Ausziehen der Erd- salze (kohlensaurer Kalk, Phosphate und Fluorverbindungen) nur ein Minimum eines organischen Rückstandes hinterlässt. Am Einzelthiere der Madreporarien erfolgt die Bildung des Skelets im Leibesgrunde und schreitet in der Weise fort, dass neben dem ver- Formen der Polyparien. 205 kalkten sog. Fusshlutt im unfern Theile des Polypcnkorpers ein melir oder minder becherförmiges Mauerhlatt entsteht, von welchem zahlreiche senkrechte Plättchen, der Anlage nach freilich selbständig gebildet, {Sepia) ausstrahlen. In dem becherförmigen Kalkgerüste des p]inzel- polypen wiederholt sich daher die Architektonik des Gastrovascularraumes doch so, dass die Septa den von den Mesenterialfalten umschlossenen Taschen und den Tentakeln der Lage nach entsprechen. Auch wächst die Zahl der Strahlen , wie die der Scheidewände und Tentakeln mit dem Alter der Polypen nach Gesetzen, die bislang keineswegs ausreichend festgestellt sind. Jedenfalls sind auch für die Kalksepten die von M. Edwards und Haime aufgestellten Schemata ungültig, wie Lacaze- D u t h i e r s gezeigt hat. Durch innere und äussere Difterenzirungen des Kalk- bechers und seiner Septa wird eine grosse Zahl von systematisch wich- tigen Modifikationen des Skeletes hervorgerufen. Zuweilen erhebt sich in der Achse des Bechers eine säulenartige Kalkmassc (Columclla), und in deren Umgebung, getrennt von den Strahlen des Mauerblattes, ein Kranz von Kalkstäbchen (Pali). Es können ferner zwischen den Seiten- flächen der Strahlen , Spitzen und Bälkchen als Synapticula oder auch horizontale Scheidewände {Dissepimenta) zur Ausbildung kommen , wie andererseits auch die Aussenfiäche des Mauerblattes mit einer besondern Epithecalschicht versehen sein kann und oft vorspringende Rippen (Costae), sowie zwischen diesen Dissepimente aufzuweisen hat. Die grossen und mannichfachen Formverschiedenheiten der Polypen- stöcke sind aber nicht allein durch die abweichenden Skeletbildungen ihrer Einzelpolypen bedingt, sondern das Resultat eines verschiedenen Wachsthums durch Sprossung und unvollkommene Theilung. Die Spros- sung erfolgt nach bestimmten Gesetzen von verschiedenen Stellen des Mutterthieres aus, sowohl an der Basis, als an der Seitenwandung und am Kelchrande des Polypen. Die unvollkommene Theilung findet meist in der Länge des Thieres statt und scheint damit zu beginnen, dass sich die Mundöffnung in eine Längsspalte auszieht und abschnürt. Zu- weilen wird die Theilung nicht einmal bis zur vollkommenen Abschnürung der Mundscheiben durchgeführt, und die verbundenen Individuen bleiben von einem gemeinsamen Mauerblatte umschlossen, in welchem lange und gewundene Thäler bemerkbar sind. In diesem besonders bei den Maeandrinen ausgeprägten Falle treten zwar zahlreiche Mundöffnungen und Magenschläuche auf, allein die Gastrovascularräume bleiben in unmittelbarer Communication, die Septalsysteme erstrecken sich in voll- ständiger Continuität über die ganze Länge der gewundenen Thäler hin. In anderen Fällen bleiben die mit gesonderten Mundscheiben und Septen versehenen meist wohl aber durch Sprossung neugebildeten In- dividuen durch die Verschmelzung ihres Mauerblattes in der ganzen Länge verbunden (Ästraeen). In andern Fällen setzt sich die Theilung 206 Lebensweise. Corallenriffe und Inseln. durch die ganze Länge des Thieres bis zur Basis fort, an welcher die Einzclpoiypen durch das verkalkte Coenenchyiii zusammengehalten werden. Während die beiden ersten Wachsthumsformen besonders die lamellösen und massigen Polypenstöcke erzeugen, bedingt die letztere die sogenannte Rasenform z. B. der Gattungen Eusmilia, Massa. Selten trennen sich die durch Theilung oder Knospung erzeugten Individuen vom Mutter- thiere los, eine Art der Vermehrung, welche z. B. bei den Actinien beobachtet wird. Die Anthozoen sind sämmtlich Bewohner des Meeres und leben vorzugsweise in den wärmern Zonen, wenngleich einzelne Typen der fleischigen Octactinien und auch Actinien sich über alle Breiten hinaus bis in den hohen Norden erstrecken. Auch eine Isidine (Isidella lofotensis) wurde von Sars im hohen Norden beobachtet. Die Polypen, welche Bänke und Püti'e erzeugen, beschränken sich auf einen etwa vom 28. Grade nördlicher und südlicher Breite begrenzten Gürtel und reichen nur hier und da über denselben hinaus. Auch ist die Tiefe, in welcher die Thiere unter der Meeresobertiäche leben, in der Kegel eine begrenzte und für die einzelnen Arten zum Theil verschiedene; die meisten Arten erstrecken sich von der Ebbegrenze bis zu 20 Faden Tiefe, viele aber leben auch noch weit unterhalb derselben. Zu den Tiefseeformen gehören vornehmlich Repräsentanten der Riffcorallen, freihch auch Antipatharier; unter den erstem die Turbinoliden und die nahe verwandten Eupsammiden, sodann Fungien, Astraeen und Oculiniden. Die Madreporen steigen weniger tief herab und sind auch der Zeitfolge nach die jüngsten Corallen. Oberhalb der Ebbegrenze vermögen die Thiere an den vom Wasser zeit- weise entblössten Orten nicht zu leben. Meist bauen dieselben in der Nähe der Küsten und erzeugen hier im Laufe der Zeit durch die Ab- lagerungen ihrer steinharten Kalkgerüste Felsmassen von kolossaler Ausdehnung, welche als Corallenriffe (Atolle mit Lagune, Damm- riffe mit Lagunenkanal, Küstenriffe) der Schiftfahrt gefahrbringend sind, oft aber zur Grundlage von Inseln werden können. Der Wirksamkeit der Corallenthiere kommt eine allmählige Niveau- veränderung, Hebung des Meeresgrundes zu Hülfe, wie andererseits auch die Ausbreitung der Corallenbänke in die Tiefe durch eine säculäre Senkung des Bodens herbeigeführt werden kann. Indessen haben auch die Strömungen des Meeres einen wesentlichen Eintiuss auf Gestaltung und Wachsthum der Riffe. Nicht selten betheiligen sich an der Bildung derselben verschiedene Arten, wie z. B. nach We Inland die Corallen- riffe an der Küste von Hayti in einer Tiefe von etwa 100' bis zu 50' aus Astraeen, weiter nach oben aus Maeandrinen bestehen und etwa 14' unter' dem Meeresspiegel zerbrechliche, viel verzweigte Madreporen und senkrechte Fachwerke zusammensetzende Milleporen enthalten. 1. Ordnung. Alcyonaria. 207 Dass man mit Unrecht den Corallen ein sehr langsames, erst im Laufe von Jahrliundertcn bemerkUchcs Wachsthum zugeschrieben hat, geht aus einer Beobachtung Darwins hervor, nach welcher ein im persischen Meerbusen versunkenes Schiff schon nach 20 Monaten mit einer 2 P'uss dicken Corailenkruste überzogen war. Jedenfalls ist der Antheil , den die Änthozoen an der Veränderung der Erdoberfläche nehmen, ein wesentlicher, und wie dieselben gegenwärtig theils die Küsten vor der zerstörenden Wirkung der Brandung beschützen, theils durch Condensirung gewaltiger Kalkuiassen zur Bildung von Inseln und festen Gesteinen beitragen, so waren sie auch in noch grösserem Um- fange in frühern geologischen Epochen thätig, von denen namentlich die Coralle.nbiklungen der Palaeozoischen und der Jurassischen Formationen eine sehr bedeutende Mächtigkeit besitzen. Die erstem zeigen nach den Untersuchungen von M. Edwards und Haime E>igenthiimlichkeiten in ihrem Bau, durch welche sie sich von allen andern sowohl spätem Formationen angehörigen als den jetztlebenden Corallen unterscheiden. Gegenüber dem neozoischen Typus charakterisiren sich die paläozoischen Corallen {Madreporaria rugosa) fast ausnahmslos durch die auf den Numerus 4 zurückführbare Zahl der Septalfächer, obwohl sie in der äussern Gestalt vielen Riffe bauenden Formen der Jetztzeit sehr ähnlich sehn. K u n t h , welcher durch seine Untersuchungen über das Wachsthums- gesetz der Rugosen einen wichtigen Beitrag zur Kenntniss des Rugosen- baues geliefert hat, wies die bilateral-synnnetrische Architectonik desselben nach. Freihch sollen nach Pourtales die jungen Rugosen 6 Scheide- wände haben, von denen die vordere unterdrückt wird. Jedenfalls werden die Rugosen trotz der vorheiTSchenden Vierzahl und der aus- gebildeten Symmetrie sich auf die Hexactinien mit Hülfe der Entwicklung zurückführen lassen, Missbildungen bei Corallen werden durch kurzschwänzige Krebse veranlasst. Nachdem sich der Krebs zwischen Zweigen (z. B. bei Focillo- pora cespitosa) festgesetzt hat, wachsen diese tiächenhaft aus und schliessen sich kugelartig oberhalb des Parasiten. Die systematische Gruppirung der Corallen ist noch in vieler Hinsiciit unvollkommen und künstlich , da sie vorwiegend auf die Gestaltung der Hartgebilde sich stützt und die Beschaffenheit der lebenden Thiere zu wenig berücksichtigt, 1. Ordnung. Alcyonaria') (Octactinia Ehbg.). Polypen und PolppensiöcJce mit acht gefiederten Fangarmen und ebensoviel mwerJcalkten Mesenterial falten. Die Kalkabscheiduhgen der Cutis führen zur Bildung von fleischigen 1) Vergl, ausser den Werken von M. Edwards und Jule Haime, Lacaze- 208 Alcyonidae. Pennatulidae. Polyparien oder minder festen zerreiblichen Rinden in der Umgebung eines bald weichen, bald hornigen, bald steinharten Achsenskelets oder zur Entstehung fester Kalkröhren [Tuhipora). Die Trennung des Ge- schlechts auf verschiedene Individuen und auf verschiedene Stöcke (diöcisch) gilt als Regel. Indessen können sich auch, wie bei der Edel- coralle Verhältnisse wiederholen, wie sie für die Linneische Pflanzen- classe Polyyamla charakteristisch sind, indem gleichzeitig Zwitterstöcke (raonöcisch) und wenngleich selten Zwitterindividuen zur Beobachtung kommen. 1. Farn. Alcyonidae. Festsitzende Stöclte ohne Achse mit fleischigem mir spärliche Kalkkörper enthaltenden Polypar. Die langen Leiheshöhlen der Einzel- thiere sind nach der Basis des Polypars gerichtet. 1. Subf. Cornularinae. Die Einzelthiere durch basale Sprossen und wurzel- iormige Ausläufer verbunden. Cornnlaria Lam. Polyp retractil. (7. erassa Edw., cornucopiae Schweig. , Mittelmeer. Bhizoxenia Ehbg. Polyp nicht retractil. B. filiformiü Sars, Norwegen. R. rosea Dana, Mittelmeer. Clavularia Quoy. Gaim. Sarcodictyon Forb. Anihelia Sav. Symi)odmm Ehbg. Einzelthiere sind: Haimea Edw. Hartea Edw. 2. Subf. Alcyoninae. Die Polypenstöcke entstehen durch laterale Knospung und bilden dann gelappte und ramificirte Massen unter reichlicher Coenenchym- entwicklung. Alcyonium L. Das gelappte oder fingerförmige Fortsätze bildende Polypar mit retractilen Polypen. A. pahnatum Pall., digitatum L., ßexibile Dan., confertum Dan., arhoreum Sars., letztere in bedeutenden Tiefen. Sarcophyton Sars. Ammothea Sav. Xenia Sav. Nephthya Sav. Spaggodes Less. Faral- cyonium Edw. 2. Farn. Pennatulidae, Seefedern. Polypenstöcke, deren nackte freie Basis (Stil) im Sande oder Schlamme steckt, meist mit hornig biegsamer Achse. Die langen Leibeshöhlen der Einzelthiere, welche bald um die gestilte Axe, bald an der Dorsalseite, bald an den Seiten gruppirt sind, stehen mit dem aus 4 oder 2 (Renillen) langen Canälen gebildeten Canalsystem in Verbindung. Viele Pennatu- liden leuchten, und zwar sind es strangartige Orgaue, welche das Licht ausstrahlen. Dieselben bestehen aus Zellen mit fettartig glänzenden Körnchenballen und liegen im Umkreis des Mundes. 1. Subf. Pavonarinae. Virgularia Lam. Polypar stabförmig, die Polypen sitzen auf schmalen Trägern, die in zwei Reihen angeordnet sind. V. juncea Pall. Funiculina Lam. Die entwickelten Polypen sitzen in Querreihen am stabförmigen Polypar. F.finmarchicaSsüVS., ChristiiK.D., q^uadrangtdaris Fvd\., '^onlische Meere. 2. Subf. Pennatulinae. Pennatula L. Das federförmige Polypar mit Seiten- zweigen, an welchen die Polypen sitzen. Die Hauptzoide an der Ventralseite des Kieles. An der Spitze des Stiles liegt eine feine Oeft'nung. P. rubra, phosphorea Ellis., Mittelmeer. — Pteroides Herkl. Hauptzoide an den Blättern. 3. Subf. VeretilUnae. Veretillum Cuv. Das cylindrische Paar trägt übei-all an allen Seiten retractile Polypen. V. cynomoriutti Pall., Mittelmeer. V. piisillum Duthiers, Kölliker u. a. Richiardi, Monographia della Famiglia delli Penna- tidarii. Bologna. 1869. Panceri, Gli organi luminosi e la luce delle Penatule. Napoli. 1871. Gorgonidae. 209 (Cavernularia Herkl.) Phil., Palermo. — TMuaria Val. (Mit bull)öser Basis des Staimnes). Sarcobelemnon Herkl. — KopJiobelemnon Asbj. 4. Subf. Benillinae. Renüla Laiu. Das nieventörniig abgeplattete Polypar wird von einem Stile getragen, welcher 2 übereinander liegende Canäle einschliesst. Diese fliessen am Ende zusammen und münden mittelst einer feinen Oeft'nung aus, Zoiden an der Dorsalseite. In der Mitte der oberen Seheibenfläche findet sich die Oeffnung einer grössern Zoide. B. reniformis PalL, violacea Quoy. Gaim., Amerika. Umbellularia groeiäandica Lam. 3. Farn. Gorgonidae, Rindencorallen. Festsitzende Polypenstöcke mit hor- nigem oder kalkigem, baumlormig verästelten! Achsenskelet, welches von einer weichern oder zerreibliehen, aus Körpern des Coenenchyuis gebildeten Kalkrinde überzogen wird. Die kurzen Leibeshöhlen der retraktilen Einzelpolypen stehen senkrecht zur Achse, durch Längsgefässe und verästelte Canäle communicirend. 1. Subf. Gorgoninae. Mit ungegliederter horniger oder verkalkter Achse, die eine Ausscheidung des Parenchyms ist. Die Aeste des Stockes verwachsen oft an den Berührungsstellen. Nach Valeneiennes und KöUiker kann man folgende Gruppen bilden: a) Primnoaceae. Mit oberflächlicher Lage stacheltragender Kalkkörper und dünnem Coenenchym. Einzelthiere papillenähnlich vorspringend. Primnoa Lauix. Achse verkalkt. F. lepadifera Lamx., Nordische Meere. F. ßabellum, verticillaris Ehbg. Miiricea elongata Lam., horrida Moeb., spinifera Lamx. Edii- nogorgia Köll. b) Flexauraceae (Euniceidae Köll.). Mit dickem an der Oberfläche nicht stachligem, aber mit einer Rindenlage von Keulen versehenen Coenenchym. Achse verkalkt oder hornig. Flexaura, mit verkalkter Achse. F. ßexuosa Lamx. Eunicea mammosa Lamx. Flexatirella Köll. c) Gorgonaceac. Mit glattem, dünnem Coenenchym, kleinen, vorvdegend spindelförmigen Kalkkörpern und horniger Achse. Gorgonia Edw. Die Einzel- thiere bilden auf dem verästelten Polypar vorspringende Warzen. G. verrucosa Fall., Mittelmeer. Leptogorgia Edw. H. Mit dünnem hautartigen Coenenchym ohne Warzen. L. vimmalis L. , Atl. Ocean. BMpidogorgia Val. Mit fächer- förmigem Polypar. R. flabellnm L., Antillen. Lophogorgia Edw. H. Das fächer- förmige Polypar mit mehreren Hauptästen am abgeplatteten Stamme. L. pahna Edw. Cap. Fterogorgia setosa, pinnata Edw. Xiphigorgia anceps PalL, setacea Edw. Hymenogorgia quercifoUa Val. Fhyllogorgia dilatnta Edw. Phycogorgia Val. d) Gorgonellaceae. Mit glattem dünnem Coenenchym, kleinen Kalk- körpern von der Form warziger Doppelkiigeln und verkalkter lamellöser Achse. Gorgonella Val. Achse lamellös radiarstreifig. G. grannulata Esp. Gorgonia reti- culmn Esp. Verruncella Edw. H. Juncella Val. 2. Subf. Briareinae. Gorgoniden, deren Inneres aus unverschmolzenen Kalkkörpern besteht. Briareum gorgomdeum Blainv. Faragorgia arborea Edw. [Alcyonium arboreum L.), Nordische Meere. Solanderia gracilis Duch. Mich. 3. Subf. Sderogorginae. Die ungegliederte Achse besteht aus Hornsubstanz und verschmolzenen Kalkkörpern. Sclerogorgia Köll. S. suberosa Esp., verru- ciilata Esp. 4. Subf. Isidinae. Die gegliederte Achse ist aus abwechselnd hornigen und kalkigen Stücken gebildet, von denen die letztern einen lamellösen Bau besitzen. Isis Lamx. Die Kalkglieder wechseln mit hornigen Stücken. I. liippurts Lam. 5. Subf. Milithaeaceae. Die weichen Gliederstücke der Achse bestehen aus getrennten Kalknadeln, die von Hornsubstanz und Bindegewebe umgeben sind, Claus, Zoologie. 3. Auflage. 14 2lO 2. Ordnung. 2oantharia. die harten aus verschmolzenen Kalknadeln. Melithaea Lam. Achse von zahl- reichen Ernährungscanälen durchzogen. M. ochracea, retifera Lam. — Mompsea Lamx. Achse ohne Ernähr ungscanäle. M. clichotoma Lamx., erythraea Ehbg. 6. Subf, Corallinae. Die ungegliederte steinharte Achse ist aus krystalli- nischer Grundmasse und mit derselben verschmolzenen Kalkkörpern gebildet. Corallmm Lam. C. rubrum, Edelcoralle, Mittelmeer. Das steinharte roth gefärbte Achsenskelet wird zu Schmucksachen verarbeitet und ist ein sehr geschätzter Gegenstand des Handels. Der Corallenfang wird vornehmlich an den Küsten von Algier und Tunis eifrig betrieben. Dort sammeln sich im Frühjahr und am Anfang des Winters wohl 200—300 Schiffe, aus denen grosse eigenthümlich ge- fertigte Netze ausgeworfen und an den Felsen hergezogen werden, um die Corallen in den Maschen zu verwickeln, abzureissen und emporzuschafien. Der Erwerbs- zweig ist so bedeutend , dass allein an den dortigen Küsten jährlich etwa 30000 Kilogramm Corallen im Werthe von circa 2 Millionen Francs gefischt werden. 4. Farn. Tubiporidae, Orgelcorallen. Polyparien einem Orgelwerke ähnlich. Die Polypen sitzen in parallelen durch niedere Scheidewände gesonderten und mittelst horizontaler Platten verbundenen Kalkröhren, welche von zahlreichen ein- fachen und gabhg getheilten Canälen durchsetzt sind. Ebenso sind die Innern Scheidewände und die äussern Verbindungsplatten mit einem complicirten Kanal- system versehen. Das Polyparium ist daher wahrscheinlich als innere von weicher Hautschicht überkleidete Skeletbildung des Ooenenchyms anzusehn, und die Röhren entsprechen den verkalkten Mauerblättern der Madreporarien. Die Polypen sind völlig retraktil. 5. Fam. Tubiporidae, Tubipora L. , Indischer Ocean, purpurea Dan., Rothes Meer. 2. Ordnung. Zoantharia > ). (Polyactinia Ehbg. exparte). Polypen und Polypenstöcke mit 6, 12, 24 und zalilreichen in Jort- schreitender Zahl vermehrten Fangarmen, die meist mehrfache alternirend gestellte Kreise um die Mundöffnung bilden, und einer gleichen Zahl von Taschen des Gastrovascularraumes entsprechen. Der Leib kann sowohl ganz weich sein und jeghcher Skeletbildung entbehren, als eine hornige und verkalkte Achse besitzen. In den 1) Als dritte Ordnung würden die Madrcporaria rugosa zu sondern sein. Paläozoische Corallen mit zahlreichen 7iach der Vierzahl (jri(ppirten Septen der Eitizelkelche, mit durchaus symmetrischer Anordnung, die an der vordem und hintern Hälfte verschieden ist. Während man früher die Corallen der ältesten Formationen mit den Madre- poren vereinigte oder gar nach dem Vorgange Agassiz's als Hydroidpolypen betrachten konnte, scheint es am natürlichsten, diese nur wenige Familien um- fassende Polypengruppe trotz der Vierzahl des Septalsystems den Hexactinien an- zureihen. Die Einzelthiere vermehren sich durch Knospung (selbst innerhalb des Kelchrandes) zur Bildung gemeinsamer Stöcke, für welche der vollständige Mangel des Coenenchyuis characteristisch ist. Mit M.Edwards undHaime unterscheidet Antipatharia. Actiniaria. 211 meisten Fällen aber (Madreporaria) erzeugt derselbe ein steinhartes verkalktes Polypariuiu von strahlig-fasrigeni , krystallinischem Gefüge. Auch hier gilt die Trennung des Geschlechtes als Regel, indessen kommen sowohl diöcische Stöcke {Gerardia) als auch hermaphroditische Formen (Actima) vor. Die Polypen bergen ziemlich allgemein ihre Jungen so lange Zeit in ihrem Gastrovascularraum, bis dieselben 8 bis 12 Strahlen und die Tentakelanlagen erlangt haben. Viele Madreporarien sind für die Entstehung der Corallenriße und Inseln von Bedeutung. 1. Unterordnung: Antipatharia. Der Entwicklung nach die am tiefsten stehenden Formen, welche Polypenstöcke mit weicher unverkalkter Rinde (zuweilen Kieselspicula von Spongien einschliessendj und mit hoi-niger Skeletachse wie die der Rindencorallen umfassen. Die Oberfläche mit einem Fhmmerüberzug. Die Einzelthiere besitzen meist nur sechs, in einigen Fällen jedoch auch eine grössere Zahl (24) von Fangarmen {Gerardia). 1. Farn. Antipathidae. Meist mit 6 stummeiförmigen Tentakeln, welche nicht eingezogen werden können. Von den sechs radiären Scheidewänden sind 4 abortiv und nur 2, den Ecken des langgezogenen Mundes entsprechende von nor- maler Grösse und mit MesenteriaLfäden versehen. Skeletachse hornig. Cirrhipathes Blainv. Die einfache Axe unverästelt. C. spiralis Blainv., Mittelmeer. Antipathes Fall. Schwarze Achse verästelt. A. suhpinnata, larix Ellis. Arachnopathes Edw. Die Aeste der schwarzen Achse verschmelzen zur Bildung eines buschartigen Balken- netzes. Bei Bhipidopathes Edw. liegen die Aeste in einer Ebene. Hyalopathes Edw. Mit halbdurchsichtigem Achsenskelet. Leiopathes Gray. 2. Fam. Gerardidae. Mit 24 cylindrischen Tentakeln von abwechselnder Länge. Neben monöcischen kommen auch diöcische Stöcke vor. Gerardia Lacz. Duth. Das glatte Achsenskelet mit dünner Kruste überzogen. G. Lamarcki H. 2. Unterordnung: Actiniaria')- (Malacodermata). Fleischpolypen. Der Körper der Polypen weich, ohne Hartgebilde. 1. Fam. Actinidae. Mit alternirenden Kränzen von Fangarmen, welche je einem perigastrischen Räume entsprechen. man die vier Familien der Stauridae, Cyathophyllidae , Cyathoxonidae und Cysti- phyllidae mit mehreren Unterfamilien und zahlreichen Gattungen und Arten. Nicht nur die Fungien-ähnliche Gattung Palaeocyclus , sondern auch Formen mit Deckel, wie die bisher zu den Brachiopoden gestellte Caleeola sandalina (Kunth) würden hierher zu stellen sein. Auch Deckelbildungen finden sich bei lebenden Formen als Lappen vor {Crypthelia pudica Edw.). Jedenfalls weist die Entwick- lung der Hexactinien Verknüpfungen mit der Rugosa nach. 1) Contarini, Trattato delle Actinie, ed osservationi sopra alcuni di esse viventi nei contorni di Venezia etc. Venezia. 1844. Gosse, Actinologica brittanica. London, 1860. Vergl. ferner die Schriften von L. Agassiz, Chiaje, J. Haime, Hollard, Lacaze-Duthiers u. a. 14* 212 Cerianthidae. Madreporaria. 1. Subf. Minyadinae. Mit blasig aufgetriebenem als hydi-astatischer Apparat wirksamen Fasse. Minyas Cuv. Mit kurzen einfachen Fangarmen und warzigem Körper. M. cyanea Cuv., Südsee. — Plotactis Edw. Nautactis Edw. 2. Subf. Actininae. Mit einfachen Fang'armen und scheibenförmigem Fuss. Anthea lohnst. Tentakeln nicht zurückziehbar, Körperwand glatt. A. sulcata Penn. {Anthea cereus Johnst.). Comactis Edw., Ceractis Edw. u. a. G. — Actinia L. Mit ziemlich gleichartigen zugespitzten und retractilen Tentakehi, nacktem Körper und Pigmenthöckern des Scheibenrandes. A. equina L. , A. viesemhryanthemum, A. crassicornis. Cereus Okeu. Mit warziger Körperwand, ohne Pigmeuthöcker des Scheibenrandes. C. coriaceus Edw. Bimodes Gosse, Sagartia Gosse u. a. G. 3. Subf. Fhyllactinae. Mit einfachen und zusanun engesetzten Fangarmen. Phyllactis Edw. Körperwand glatt. Die zusammengesetzten Tentakeln sitzen am Rande der Kopfscheibe. P. praetexta Dan. Ulactis Edw. Bhodactis Edw. 4. Subf. Thdlassianthinae. Tentakeln sämmtlich zusammengesetzt, ver- ästelt oder Papillentragend. Thalassianthus F. S. Lt. Die Zweige der Tentakeln schlank und vierfach gefiedert. T. aster F. S. Lt., Rothes Meer. — Actinodendron Blainv. Zweige der Fangarme verdickt, papillentragend. — Actineria Blainv. Die unverzweigten Tentakeln mit Fäden besetzt. — Phymantliiis Edw. Sarcophianthus Less. 5. Subf. Zoanthinae. Mit lederartiger fremde Körper einschliessender Unterhaut, durch basilare Ausläufer Stöcke bildend. Zoanthus Cuv. Breitet sich mittelst Stolonen aus. Z. sociatus Less. — Palythoa Lamx. Polypar flächenhaft ausgebreitet. 2. Fam. Cerianthidae. Der langgestreckte hermaphroditische Polypenleib, oft mit ausgeschiedener Hauthülse, trägt einen äussern marginalen und innern labialen Kranz von Fangarmen; dieselben alterniren nicht miteinander, indem je ein Rand- und Lippententakel zu einem geraeinsamen Interseptalraum gehören. Im Magenrohr finden sich zwei gegenüberstehende Furchen, von denen die tiefere durch den Verlauf von zwei sehr starken bis zum Grunde der Leibeshöhle reichen- den Scheidewänden bezeichnet wird. Die übrigen Septen enden schon in der Mitte der Leibeshöhle. Das zugespitzte Hinterende heftet sich im Sande an und kann {Cerianthus) durch einen Porus geöftnet sein. Die Larven besitzen zuerst vier Tentakeln, vermehren aber die Zahl derselben durch nebeneinander knospende Tentakeln auf sechs. So scheint der genetische Zusammenhang zwischen 4zähligen und Szähligen Polypen angedeutet. Cerianthus Delle Ch. Mit Hauthülse und hinterm Porus. C. membranaceus (Gmel.) H., cylindricus Ren., Mittelmeer. Sac- canthus Edw. Ohne Magenfurche und hintern Porus. S. purpurascens Edw., Nizza. 3. Unterordnung: Madreporaria'). Polypen und Polypenstöcke mit verkalktem Coenenchym. 1. Gruppe"^). Ferforata {Madreporen), Porencorallen. Mauerblatt ohne Rippen , ebenso wie das Sclerenchyni (Coenenchym) und die rudi- 1) Vergl. ausser M. Edwards und J. Haime Verril, Synopsis of the Polyps and Corals of the North pacific. Expl. Exped. Proc. Essex Inst. Tom. V und VI. Derselbe, Review of the Corals and Polyps ofthe west coast of America Transact. Connect. Acad, vol. I. 2) Die Gruppe der Tabulata (Milleporen, Seriatoporen , Favositiden) werden von Agassiz zu den Hydroiden gestellt, während Verrill nur die Milleporen in Eporosa. 213 mentären Septen von Poren durchbrochen. Die Poriten treten bereits im Silur auf. Niemals sind Querwände (planchers) völlig ausgebildet. Leibeshöhle meist ganz offen. 1. Farn. Poritidae. Das zusammengesetzte Polyparium besteht ganz und gar aus reticulirtem und porösem Coenenchym, die Individuen sind innig verschmolzen, sei es durch ihre porösen Mauerblätter oder erst indirekt durch das spongiöse Coenenchym, durch Knospung sich vermehrend. Septa niemals lamellär, nur aus Trabekelreihen gebildet. 1. Subf. Poritinae. Ohne oder mit nur spärlichem Coenenchym. Pontes Lam. Meist 12 Septa mit Pali in einfachem Kreis. P. conglommerata Lam. — Alveopora daedalea Blainv., Rothes Meer. 2. Subf. Montiporinae. Mit reichlichem Coenenchym. Montipora mo- nasteriata Forsk. 2. Fam. Madreporidae. Mauer- und Fussblatt vorhanden, aber porös. Die Hauptscheidewände porös lamellär. Mit sehr reichlichem Coenenchym. 1. Subf. Madreporinae. Von den 6 Hauptscheidevränden zwei sehr mächtig, in der Mitte zusammenstossend. Madrepora L. M. cervicornis Lam., Antillen. borealis Edw. Hier würden sich die Seriatoporiden mit Pocillopora u. a. G. an- schliessen. 2. Subf. Turbinarinae. Die Hauptscheidewände gleichmässig entwickelt. Turhinaria crater Edw. Astraeopora Blainv. 3. Fam. Eupsammidae. Sind nach Pourtales nahe Verwandte dei* Tur- hinoliden. Die Scheidewände des letzten Cyclus sind unvollständige Platten mit getheiltem Rande und gegen die des vorhergehenden Kreises gebogen. Columella vorhanden, Pali fehlen. ~ DendrophylUa Blainv. Polypar ästig. D. ramea Edw., Mittelraeer. — Astroides Edw. H. A. calycnlaris PalL, Mittelmeer. — BalanophylUa italica Edw. Fossil sind Eupmnimia, Leptopsammia, Endopsammia, Rhodopsamniia Edw. u. v. a. 2. Gruppe. Eporosa, Ptiffcorallon. Polypen und Polypenstöcke, deren Scheidewände wohl entwickelt von unregelmässigen Querbalken durchsetzt sind. Mauerblatt und Sclerenchym compact. Beginnen spärUch in der Trias und nehmen von da bis zur Jetztzeit zu. 1. Fam. Fungidae, Pilzcorallen. Von flacher scheibenförmiger Gestalt der Polypenzellen. Mauerblatt zu flacher Basalscheibe reducirt, auf welcher die stark entwickelten bedornten Septen ansitzen. Dieselben sind durch Synapticula ver- bunden und haben einen gezähnelten Rand. Vermehrung durch Knospung. 1. Subf. Fungmae. Basale Scheibe porös und fein bedornt. Fungia Lam. Einzelpolyp scheibenförmig und in der Jugend festsitzend. F. patella Ellis. (aga- riciformis Ehbg.), discus Dan., Ehrenbergii F. S. Lt. Ualomitra Dan. Polypen- stock stark convex, frei, mit deutlich strahligen Kelchen. H. pileus Dan., Südsee. Cryptobacia Edw. H., Herpetolitha F. S. Tit., PolyphylUa Quoy. Gaim. u. a. 2. Subf. Lophoserinae. Basale Scheibe weder porös noch echinulirt. Lophoseris Edw. H. , Polypenstock. Pachyserin Edw. H. Ctjcloseris Edw. H., diesem Sinne deutet, die Gattung Scriatopora, Pocillopora, Favosites, Qolumnaria aber zu den Madreporinen stellt. Die Gruppe der Röhrencorallen {TuhulosaEdi^.) mit Skelctröhren ohne Septen beschränken sich auf die paläozoische Zeit. Auloporidae, Aulopora, Pyrgia u. a. 214 Astraeidae. Einzelpolyp. Psammoseris Edw. H. u. z. a. 6. Hier schliesst sich die kleine Familie der MeruUnaceae Edw, (Pseudofungidae) an. 2. Farn. Astraeidae. Selten Einzelpolypen, meist Polypenstöcke, welche durch Verwachsung der Mauerblätter verbunden sind, mit sehr entwickelten lamellären Septen, deren tiefe Zwischenräume durch quere Lamellen getheilt sind. 1. Subf. Astraeinae. Der obere freie Septen rand eingeschnitten oder gezähnt. a) Astrangiaceae. Die Stöcke durch Sprossung aut Stolonen oder basalen kriechenden Ausbreitungen gebildet. Astrangia Edw. H. Mauerblatt nackt, sämmt- liche Septalränder gezähnelt. A. asiraeiformis. — Cyclia, Cryptangia, Bhizangia, Phyllangia u. a. G. b) CJadocoraceae. Die Knospung erfolgt lateral, die Stöcke daher niemals massig, sondern rasig oder verästelt. Cladocora Ehbg. Pali sind überall mit Aus- nahme des letzten Kreises. Die Einzelkelche frei. C. cespitosa L., Mittelmeer. Pleurocora, Goniocora. c) Astraeaceae. Die Stöcke entstehen durch Knospung und sind massig, indem die Individuen mit den Mauer blättern innig verschmelzen. Heliastraea Edw. Die Kelche in geringer Ausdelmung frei. Rippen wohl entwickelt. Rand der Septa gezähnelt. Columella vorhanden, Pali fehlen. H. cavernosa Edw., gigas Edw. H. , heliofora Lam. Brachyphyllia, Confusastraea, Cyphastraea, Ulastraea, Plesiastraea , Leptastraea u. a. — Astraea Lam. Einzelkelche durch die Mauer- blätter verschmolzen. Die Zähne der spongiösen Septa werden nach dem Centrum hin grösser. Columella in der inneren Partie compact. A. radians Pali., italica Defr. Prionastraea, Acanthastraea, Metastraea u. a. G. d) Faviaceae. Die durch Theilung vermehrten Einzelthiere trennen sich und bilden massige Stöcke. Favia Oken. Die Se^ita fliessen nicht zusammen, die Einzelkelche durch die Rippen vereinigt. E. denticulata Ellis., Sol. , affinis Edw. H., Goniastraea, Aphraestraea. e) Lithopliylliaceae. Die durch Theilung sich vermehrenden Einzelthiere bleiben solitär oder bilden rasenartige Polyparien mit reihenförmiger Anordnung der Kelche. Maeandrina Lam. Thiere zu langen Thälern vereinigt, ohne er- kennbare Kelche. M. filograna Esp., crassa Edw. H., sinuosissima Edw. H. Diploria, Leptoria, Coeloria u. a. — Sympliyllia Edw. H. Die Kelche bleiben er- kennbar. S. sirmosa Quoy. Gaim. Isophyllia, Ulophyllia u. a. — Miissa Oken. Die Polypen bleiben an den Enden gesondert und bilden rasige Stöcke. M. aspera, costata, corymbosa Dan. Dasyphyllia, Trachyphyllia. — LithophylliaEilw. Einzel- polypen mit breiter Basis festsitzend, mit wohl entwickelter Columella und Dorn- reihen statt der Rippen. L. lacera Pali. Circophyllia, Leptophyllia. 2. Subf. Eusmilinae. Mit schneidigem ungetheilten obern Septalrand. a) St.ylinaceae. Polypar durch Knospung gebildet. Galaxea Oken. Kelche am obern Theile frei. Columella ist rudimentär oder fehlt. G. niegularis Edw. H. — Fossil .sind DendrosmiUa, Stylocoenia. b) EuphylUaceae. Polypar durch Theilung gebildet. Euphyllia Dan. Stock rasig mit freibleibenden Einzelthieren , zahlreichen Septen ohne Columella. E. glabrescens Cham. Eis., Gaimardi Edw. H. — Emmilia Edw. H. Mit spongiöser Columella. E. fastigiata, aspera Dan. Haplosmilia D'O. — Dlchocoenia Edw. H. Polypar asträenförmig, Kelche nur am Ende getrennt. Columella vorhanden, ebenso Pali. J). porcata Esp.— TJendrogyra Ehbg. Einzelthiere verschmolzen, ssur Bildung mäandrinenähn lieber Thäler Veranlassung gebend, aber die Kelche als solche noch erkennbar. D. cylindrus Ehbg., Antillen. Gyrosmilia, Plerogyra Turbinolidae. 215 Edw. H. — Pectinia Oken. Die Kelche des massigen Stockes nicht mehr distinkt. P. maeandrites L., Indien. Pachyyrjra u. a. c) TrochosmiUaceae, Einzelpolypen. Coelosmilia Edw. H., ohne Columella. C. poeulum Edw. H. Lnphosmilia. Hier schliesst die kleine Familie der Ecliino- poridae (Pseudastraeidae) an. 3. Farn. Oculinidae Edw. H. , Augencorallen. Verästelte Polypenstöcke, welche durch laterale Knospung wachsen. Die stark entwickelten Mauerblätter stehen äusserlich mit reichlichem zu compakter Masse verkalkten Coenenchyni im Zusammenhang. Querscheidewände spärlich und unvollständig, Synapticula fehlen den lamellären wenig zahlreichen Septen. 1. Subf. Oculimnae. Coenenchym compakt, nie spongiös. a) Oculinaceae. Mit ungleichen Septen. Oculina Lam. Pali bilden mehrere Kreise, Columella papillös, Kelche unregeLiiässig vertheilt. 0. oiryinea Less., In- discher Ocean. Cyathohelia, Scerohelia. — Lophohelia Edw. H, Ohne Pali, Polypen ästig mit alternirenden Kelchen, ohne Coenenchym. L. proUfera Pali., Norwegen. — Amphihelia Edw. H. Coenenchym reichlich. A. oculata L., weisse Coralle, Mittelmeer. — Fossil sind Synhelia, Antrohelia u. z. a. b) Stijlasteraceae. Mit gleichen Septen. Stylastcr Gray. Mit stielförmiger Columella und wenig entwickelten Septen. S. roseus Gray, sanyuineus Val., Australien. Allopora Ehbg. 2. Subf. Stylophorinae. Coenenchym nicht compakt, zu den Asiraeen überführend. Stylophora Schweig. S.jnstUlataEap.ydiyitataFüll. Madraeis Edw. H. 4. Farn. Turbinolidae. Vorwiegend Einzelpolypen, die sich niemals durch Theilung, selten jedoch durch Knospung vermehren. Mauerblatt undurchlöchert, zuweilen von einer lamellösen Epithecalschicht bedeckt. Die Septa sind voll- kommene Lamellen, zuweilen mit granulöser Oberfläche, aber stets ohne Synapti- cula. Columella fehlt oft. 1. Subf. (Jaryophyllinae. Mit ein oder mehreren Kreisen von Pali zwischen Columella und Septen. a) Caryophylliaceae. Nur ein Kreis von Pali vorhanden. GaryophylUa Lam. {Cyathina Ehbg.). Columella mit blumenkohlartiger Oberfläche. C. cyathus Lamx., Mittelmeer. Smithü St., Schottland. — Coenocyathus Edw. H. Bildet durch laterale Knospung verästelte Stöcke. C. corcicus, anthophyUites Edw. H. Acan- thocyathus, Bathycyathus , Cyclocyathus u. a. G. b) Trochocyathaceae. Die Pali stehen in mehreren Kreisen. Paracyathus Edw. H. Columella besteht aus zahlreichen Stäbchen und ist kaum von den Pali abgesetzt. P. pulchellus, striatus Phil., Mittelmeer. Trochochyathus phiUppinensis Semp. — Deltocyathus, Tropidocyathus. 2. Subf. Turbinolinae. Ohne Pali und zuweilen auch ohne Columella. a) Turbinoliaceae. Mauerblatt nackt oder nur theilweise mit Epithecal- schicht. Turbinolia Lam. Columella stilförmig. T. sulcata Lam., fossil im Eocen. — Sphenotrochus Edw. H. Columella lamellös. S. pulchellus Edw. H., fossil im Eocen. S. Mac Andrewanus Edw. H., Irland. — Desmophyllum Ehbg. Ohne Colu- mella, mit breiter Basis befestigt. D. costatum Edw. H., Mittelmeer. Smilo- trochus, Platytrochus u. a. sind fossil. b) Flabellaceae. Mauerblatt ganz von Epithecalscliicht überzogen. Flabellum Less. Coluuiella besteht aus Bälkchen am Innenrand der Septa. F. anthophyllum Edw. H., Mittelmeer. — Bhizotrochus Edw. H. Columella fehlt. — Placotrochus Edw. H. Columella lamellös und isolirt. PI. laevis Edw. H. — Blastotrochus Edw. H, Polyp bildet seitliche Knospen, die sich bald trennen. 216 ITI. Classe. Hydromedusae. III. Classe. ilyilroiiiefliisae ') = F*oiy|>onic«liisüe, Hyilro- iiieclaiNeii. Polypen und Medusen, sowie StöcJcchen von Polypen, x>ohjpoiden und medusoiden Thieren, ohne Mimdrohr, mit einfachem oder in peri- pherische Canäle auslaufendem Gastrovascularraum. Wir fassen in dieser Gruppe die kleinen Polypen und Polypen- stöcke nebst den Scheibenquallen zusannnen, welche mit den erstem sehr häufig in den gleichen Entwicklungscyclus gehören. Durchgängig besitzen die Polypen einen einfachem Bau als die Anthozoen, hinter denen auch ihre Grösse meist bedeutend zurückbleibt; sie entbehren des Magenrohres, der Scheidewände und Taschen des Gastro vascular- raumes und bringen nur sehr selten (MUhporen) durch Verkalkung ein festeres, dem Polypar vergleichbares Kalkgerüst zur Entwicklung. Treten Skeletbildungen auf, so sind es in der Regel mehr oder minder verhornte Ausscheidungen der Oberhaut, welche als zarte Röhren den Stamm und dessen Ramificationen überziehen und zuweilen in der Um- gebung der Polypen kleine becherförmige Gehäuse bilden; auch kann im Innern des Körpers unter dem Ectoderm eine Scheibe von gallertiger bis knorpliger Consistenz {ScheibenquaUen, Schwimmglochen der Sipho- nophoren), oder eine zartere hyaline Lamelle {Hydroidpohjpen, Siphono- phoren) zur Stütze der beweglichen Weichtheile vorhanden sein. Solche Skeletbildungen tragen theils den Charakter homogener Cuticulargewebe, theils erscheinen sie als Formen einer hellen mit verästelten Zellen durch- setzten Bindesubstanz. Die Scheibenqualle vertritt ohne Zweifel morphologisch die höhere Form, zumal da sie als das zur Vollendung gereifte Geschlechts- individuum erscheint, während dem Polypen die Aufgabe der Ernährung und Vegetation zufällt. Aus der niederen und festgehefteten Form des Polypen bildet sich die frei bewegliche Scheibenqualle hervor, anfangs noch an die Existenz der erstem gebunden und wie ein sich zur Son- derung erhebendes Organ ausschliesslich der Fortpflanzung dienend. Auf vorgeschrittener Stufe aber zieht sie auch die vegetativen Functionen der Polypen in ihre Wirksamkeit, und weist nur durch die Entwicklung 1) Ausser den citirten Werken von Kbv^nbcrg, Dana u. a. Peron et Lesueur, Tahleau des caracteres generiques et specifiqueß de toutes les espcces de Meduses etc. Annalcs du Museum. Tom. XIV. Paris. 1809. Eschscholtz, System der Acalephen. Berlin. 1829. Lesson, Histoire naturelle des Zoopliytes. Paris. 1843. L. Agassiz, Contributions of the Natural history of the United States. Acalephae. Vol. 111. 18G0. Vol. IV. 1862. Generationswechsel der Hydroiden. .217 der Jugendform auf den ursprünglichen Ausgangspunkt zurück (Äcalephcn). Freilich bleiben oft die Polypen und Medusen an demselben Stocke durch Continuität des Leibes verbunden, auf einer tiefern Stufe der morpholo- gischen Differenzirung zurück und erscheinen theils als polypoide An- hänge, welche in Form hohler Schläuche ohne Tentakelkranz die Nahrung verdauen, oder die Geschlechtsthiere an ihrer Wandung aufammen, oder zu einer besondern Form des Schutzes oder Nahrungserwerbes dienen, theils als medusoide, die Geschlechtsstoffe einschliessenden Gemmen, welche an dem Stamme oder an Theilen der Polypen aufsitzen. In diesen Fällen erscheint die Individualität dieser Anhänge beschränkt; medusoide und polypoide Thiere (Zoiden) sinken physiologisch zu der Bedeutung von Körpertheilen oder Organen herab, während die gesammte Colonie einem Organismus näher kommt. Je vollendeter sich Arheitsiheihmg und Polymorphismus {Vo\ym?x\^v[ms) an den polypoiden und medusoiden Anhängen des Thierstockes ausprägen, um so höher wird die Einheit der morphologisch als Thierstock zu bezeichnenden Gesammtheit. Sprossung und einfaches Wachsthum fallen hier oft ohne Grenze zusammen. Neben der weitverbreiteten ungeschlechtlichen Vermehrung, welche zur Entstehung gleichartiger oder auch polymorpher Thierstöcke führt und auch die Entstehung der sessilen oder freischwimmenden Geschlechts- thiere veranlasst, ist die geschlechtliche Fortpflanzung überall nachweisbar, und zwar gilt die Trennung der Geschlechter fast als durchgreifendes Gesetz. Meist alterniren beide Formen der Fortpflanzung in gesetz- mässigem Wechsel zur Erzeugung verschiedener Generationen. Indessen gibt es auch Medusen (Aeginopsis, Pelagia), welche ohne Generatinquallen, kotumt die Individualität des Geschlechtsthieres zur vollen Geltung. Dagegen reducirt sich die Ammengeneration auf kleine Durchgangsstadien knospender Polypen von geringer Grösse und höchst beschränkter Dauer. Der flimmernde aus dem Eie geschlüpfte Embryo (Planula) mit Mund und Leibesraum befestigt sich mit dem apicalen 1. Ordnung. Hydroidea. 219 Pole und treibt am Rande der freien Mundscheibe 4, 8, 16, 20 Fang- arme. Der Embryo wird zu einem kleinen Polypen (Scyphistoma), dieser bildet sich durch parallele Einschnürungen, welche bald den Vorderleib in eine Anzahl gelappter Ringe theilen, in eine Tannenzapfen- ähnliche Form um, Strobila, von welcher sich die Ringe des Vorder- körpers trennen, um als kleine Scheibenquallen {Ephijra) in freier P^nt- wicklung auf dem Wege der Metamorphose die Organisation der Geschlechtsthiere zu erlangen. Die Hy dr 07110.(1 iisen nähren sich wohl durchgängig von thierischen Stoffen und bewohnen vorzugsweise die wärmeren Meere. Besonders die freibeweglichen Quallen und Siphonophoren leuchten zur Nachtzeit. 1 . Ordnung: Hydroidea ' ) , Hydroiden. Meist festsitzende Polypen und Folypenstöckchen von moosähnlicher oder dendritisch verzweigter Form, mit medusoiden Geschlechtsgemmen oder mit Ideinen Medusen {Hydro idquallen) als Geschlechtsthieren ; aber auch kleine mit Randsaum versehene Medusen ohne polypoide Ammengeneration. Die Polypen und polypoiden Formen repräsentiren die aufammenden und ernährenden Generationen und bleiben selten Einzelthiere wie Hydra, 1) J. F. Brandt, Ausführliche Beschreibung der von Hertens beobachteten SchinxKiuallen. Mem. Acad. S. Petersburg. 1835. Edw. Forbes, A Monograph of the British naked-eyed Medusae. London. (Ray Society), 1848. L. Agassiz, On the naked-eyed Medusae of the Shores of Massachusetts. (Mem. Amer. Acad.) 1850. Gegen bau r, Zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung der Medusen und Polypen. Verh. der med. phys. Ges. zu Würzburg. 1854. Derselbe, Versuch eines Systems der Medusen. Zeitschrift für wiss. Zoologie. B. VIII. 1857. R. Leuckart, Zur Kenntniss der Medusen von Nizza. Archiv für Naturg. 1856. Alder, A Catalogue of the Zoophytes of Northumberland and Durham. 1857. Fr. Müller, Polypen und Quallen von St. Catharina. Archiv für Naturgesch. 1859 und 1861. L. Agassiz, Contributions to natural History of the United states of America. Boston, vol. III. IV. 1860 u. 1862. A. Agassiz, North American Acalephae. Illustrated catalogue of the Mus. of Camp. Zool. N. II. Cambridge. 1865. P. J. Beneden, Recherches sur la faune littorale de Belgique (Polypes). Mem. de l'academie royale de Belgique. 1867. E. Haeckel, Beitrag zur Natur- geschichte der Hydromedusen. 1. Heft. Geryoniden. Leipzig. 1865. Th. Hincks, A History of the British Hydroid Zoophytes 2 vol. London. 1868. G. J. Allmann, A monograph of the Gymnoblastic or Tabularian Hydroids. VoL I u. IL London. 1871 u. 1872. Kleinenberg, Hydra. Eine anatomisch-entwicklungsgeschichtliche Untersuchung. Leipzig. 1872. Vergl. die zahlreichen Abhandlungen von Dal y eil. Allmann, Sars, St. Wright, Fr. Müller, Reichert, de Filippi, Kölliker, Hincks, A. Boeck, Clark, Kirchenpauer u. a. 220 Bau der Hydroidpolypen. sondern bilden kloine moosfönnige oder dendritische Stock eben, die häufig von chitinigen oder hornigen Röhren, Ausscheidungen des Ecto- derms {Perisarc), umhüllt sind. Diese Röhren können sich im Umkreis der Einzelpolypen oder Polypenköpfchen als becherförmige Zellen er- weitern [Hydrotheca). Stamm und ramificirte Zweige enthalten einen Achsencanal , welcher mit dem Leibesraum aller einzelnen Polypen und polypoiden Anhänge communicirt und den gemeinsamen Nalirungssaft in sich einschliesst. Nicht immer aber sind alle Polypen gleichartig, vielmehr finden sich häufig neben dem Ernährungspolypen proliferirende Polypen (Gonohlastidien) , welche die übrigens auch selbständig am Stamme und dessen Verzweigungen sprossenden Geschlechtsgemmen {Gonophoren) an ihrer Wandung erzeugen. Die sterilen Polypen können aber selbst wieder untereinander durch die Zahl ihrer Fangfäden und die gesammte Form verschieden sein, ebenso können verschiedene Arten proliferirender Individuen an demselben Stöckchen auftreten, so dass wir bereits bei den Hydroiden den Polymorphismus der Siphonophoren vorbereitet finden {Ilydractinia, Plunmlaria). Der Bau der Polypen erscheint im Allgemeinen weit einfacher, als in der Änt1iozoeng\:\x\i^Q . indem Magenrohr und Scheidewände der oft bewimperten Leibeshöhle fehlen, indessen können bei grössern Polypen, z. B. bei Tuhularia, Conjmorpha, anstatt der Gastrovasculartaschen peripherische gefässartige Räume vorhanden sein. Auch bleiben die beiden Zellschichten der Leibeswandung, Ectoderm und Entoderm, einfach und in der Regel durch eine zwischenliegende Stützlamelle gesondert, doch gehen auch aus Zellen der erstem Muskelfasern hervor, nach Kleinenberg bei Hydra als Ausläufer von sog. Neuromusl-eUellen. Die Zellen des zwischenliegenden Ectoderms zeigen häufig namentlich an den Stellen, an welchen Gruppen von Nesselkapseln liegen, zarte faden- oder borstenförmige Ausläufer, welche wahrscheinlich eine Art Tastempfindung vermittlen und den Reiz zur Sprengung der einge- schlossenen Nesselkapseln übertragen {Cnidocils — Palpocils). Da wo dieselben ein äusseres Cuticularskelet ausgeschieden haben, scheinen sie sich von diesem bis auf fadenförmige Ausläufer und Verbindungsbrücken, die den Anschein von Sarcodesträngen bieten, zurückziehen zu können. Die Gtschlechtsgennnen zeigen sich auf sehr verschiedenen Stufen der morphologischen Entwicklung, indem sie zuerst einfache mit Geschlechts- stoffen gefüllte Auftreibungen der Leibeswand (Hydra) bilden, auf einer weitern Stufe als hervortretende Knospen einen Fortsatz der Leibes- höhle oder des Arhsoncanales aufnehmen, in dessen Umgebung sich dann die Geschlechtsstoffe anhäufen (Ilydractinia echiiiaia, Clava nquamata), in einem abermals weiter vorgeschrittenem Stadium findet sich in der Peripherie der Knos[»e eine mantelartige Umhüllung mit mehr oder minder entwickelten Radiärgefässen (Tuhularia, coronata, Bau des Hydroidquallen. Nervensystem. 221 Eudendrium ramosuni Van Ben.), und eiullich kommt es zur Bildung einer kleinen sich lösenden Scheibenqualle mit, Mundöffnung, Schwimni- sack, Tentakeln und Randkörpern {Campannlaria yelatinosa Van Ben., Satsia tubulosa). Die Scheibenquallen, welche di(!(ieschlechtsgeneration der Hydroiden ausmachen, unterscheiden sich im Allgemeinen von den Aculephen durch ihre geringere Grösse und einfachere Organisation , sie besitzen eine geringere Zahl (4, 6 oder 8), ausnahmsweise selbst zweistrahlig ver- theilter {Diplenrosoma) Gefässe, nackte, nicht von Hautlappen bedeckte Randkörper (daher Gynmophthahnata. Forbes) und einen muskulösen Randsaum, Veliim (daher Cruspodota. Gegenbaur). Die hyahne Gallertsubstanz der Scheibenqualle, die sowohl die Grundlage des Schirmes als des Mundstiles bildet, ist in der Regel strukturlos und entbehrt zelliger Einlagerungen, kann aber von festern Faserzügen durch- setzt sein [Liriope). Bei einigen Geryoniden diüerenzirt sich aus der- selben am untern Theil des Schirmrandes ein cylindrischer oder halb- cylindrischer zu Knorpelzelien zusammengesetzter Ring, von welchem zuweilen kurze streifenförmigem Ausläufer in radialer Richtung empor- steigen und dann als » Manielsjiangen« dem Gallertgewebc eine festere Stütze gewähren. Auch in den Randtentakeln können ähnliche aus Reihen aneinanderliegender Knorpelzellen gebildete Knorpelstützen auf- treten. Muskeln finden sich häufig als spindelförmige Zellen und Fasern mit quergestreiftem Inhalt, seltener in der Wandung der von Ausläufern lies Canalsystems durchsetzten Tentakeln, regelmässig aber auf der untern Fläche des Schirmes entwickelt. An dieser letztern erscheinen sie unterhalb des tiberkleidenden Ectoderms als eine zusammenhängende Lage von Ringfasern {Suhumhrella) , welche sich in den ringförmigen Hautsaum des Scheibenrandes, das sog. Velum, fortsetzen. Auch radiale Muskelzüge können in beiden Theilen hinzukommen und von der Sub- umbrella aus an der Basis des Mundstils zur Bildung von longitudinalen Stilmuskeln zusammentreten. Ein Nervensystem wurde zuerst von L. Agassiz bei Sarsia, BougainviUia u. a. bcsclirieben und als ein unterhalb des Ringcanals verlaufender aus Zellen bestehender Nervenring mit 4 gangliösen An- schwellungen dargestellt, von denen Nervenfäden an der Innenseite der Radiärcanäle emporsteigen und sich im Grunde der Glockenwölbung durch einen zweiten Ring mit austretenden interradialen Nerven ver- einigen sollten. In etwas abweichender Weise beschreibt Fr. Müller das Nervensystem bei Liriope catharineusis als einen um das Ring- gefäss verlaufenden Strang mit länglichen Anschwellungen (an der Tentakelbasis und in der Mitte zwischen diesen Stellen), an denen die sog. Randbläschen aufsitzen und zarte Nervenfäden entspringen. Erst E. Haeckel gelanges, durch genaue Ermittelung der Strukturverhältnisse 222 Randkörper. Geschlechtsorgane. und durch Verfolgung der Sinnesnerven die Zweifel bezüglich der Existenz eines Nervensystems zu beseitigen. Nach demselben verläuft bei Glosso- codon {Geryoniden) zwischen Ringcnnal und Knorpelring, in eine obere Ilinne des letztern eingesenkt, ein blasser längsstreifiger Strang, der Nervenring, welcher an der Basis jedes der 8 Sinnesbläschen zu einem aus kleinen Zellen bestehenden Ganglion anschwillt. Von jedem der vier starken radialen, unterhalb der Einmündungssteile der 4 Radial- canäle gelegenen Ganglien gehen 4 Nervenfäden aus. Der stärkste Nerv begleitet den Radialcanai in seiner ganzen Länge bis zum Magen, ein zweiter schwächerer geht durch die radiale Mantelspange zur Basis des radialen Nebententakels, der dritte Nerv verläuft zum radialen Haupttentakcl und endlich der vierte kürzeste tritt als breiter Sinnes- nerv zum Randbläschen. Von jedem der schwächern interradialen Ganglien entspringen nur zwei Nerven, ein breiter Sinnesnerv des ent- sprechenden interradialen Randbläschens und ein Spangennerv , welcher durch die marginale Mantelspange zur Basis der interradialen Tentakeln verläuft. Die als Simiesorgane fungirenden Randkörper treten in doppelter Form auf, entweder als Randbläschen oder als Pigmentanliäufungen , in denen ein heller lichtbrechender Körper eingelagert sein kann. Die ersteren haben eine weit grössere Verbreitung und gelten für Gehör- bläschen. Sie liegen entweder wie bei den Geryoniden in der Substanz des Schirmrandes eingebettet und vom Ectoderm überdeckt oder ragen frei am Scheibenrande hervor. Die Innenfläche der geschlossenen Kapsel- wand ist mit einem Pflasterepithel ausgekleidet und umschliesst den hyalinen flüssigen Inhalt, in welchem ein oder auch mehrere geschichtete Concremente meist in eigenthümlicher Weise an der Wandung befestigt liegen. Während der Otolith bei Eucope von starren an der Bläschen- wand entspringenden Haaren getragen wird (V. Hensen), sind es bei den Geryoniden und Äeyiniden kuglige oder zapfenförmige Vorsprünge der Wandung, welche die Concretion umschliessen. Im letztern Falle scheint die Aehnlichkeit mit den Gehörblasen der Würmer, Weichthiere und Krebse gestört, wie denn in der That L. Agassiz und Fr. Müller dieser Form von Randkörpern die Bedeutung von lichtempfindenden Organen zuschreiben. Nach E. Haeckel sitzen die Randbläschen der Geryoniden an den Ganglienanschwellungen des Nervenringes und er- halten je zwei Nerven, welche im Bogen auseinander weichend an der Bläschenwand emporsteigen, sich aber wiederum vereinigen und in die den Otülithen tragende Zellenmasse (Sinnesganglion) eintreten. Die Geschlechtsorgane bilden sich in der Wandung der Radiär- canäle oder des Mundstiles aus dem Epithelialbelag (Entoderm), und nicht wie bei den Acalephen in besonderen Taschen und Aussackungen des Leibesraumes; indessen scheint es, als wenn auch dieser Unterschied Fortpflanzung. 223 ebensowenig wie die oben genannten Merkmale für alle Fälle ausreichten, und beide Gruppen überhaupt keine scharfe Begrenzung gestatteten, zu- mal hier wie dort der Generationswechsel durch eine continuirliche Ent- wicklung ersetzt sein kann. In der That werden denn auch neuerdings die Aecjiniden, welche man bisher den Medusen dieser Ordnung zu- rechnete, von Agassiz und Fritz Müller mit den Charybdaeiden zusannnengestellt und von ersterem Forscher als Äcalephen betrachtet, während es bei den nahen Beziehungen der Aeginiden zu den Geryoniden näher liegt, auch die Charybdaeiden hierherzuziehn. üeberall herrscht getrenntes Geschlecht, selten aber findet sich {Tubularia coronata) eine diöcische Vertheilung d(!r Geschlechtsgemmen auf verschiedene Stöcke. Während sich die Hydroidpolypen sehr häufig durch Knospung fortpflanzen, ist die Theilung ein seltener Vorgang. Zuweilen beobachten wir auch an den Medusen Knospenbiklung (^Sarsia prolifera) und selbst Theilung (Stomohrachlum mirahlle), E. Haeckel hat sogar beobachtet, dass ausgeschnittene Stücke von Thamnatitiaden, wenn sie nur einen Theil des Schirmrandes enthielten, in wenigen Tagen wieder zu vollständigen Medusen wurden; die Knospung kann sogar neben der geschlechtlichen Fortpflanzung bestehen und bei den Aeginiden (^Äegineta prolifera, Canina) im Magengrunde, bei den Geryoniden an einem kegelförmigen, in die Magenhölile hineinreichenden Fortsatz des Mundstiles erfolgen. Bei den erstem wurde die Knospung wahrscheinlich schon von Kolli ker {Eurystoma — Stenogaster}, so- dann sicher von Gegenbaur {Cunina prolifera') und Fr. Müller {Cunina Kölliheri) beobachtet. Neuerdings sind die Knospungsvorgänge der Cuninen von Mets chnik off verfolgt, welcher für C. rhododactyla nachgewiesen hat, dass die im Magen gebildeten und frei werdenden bewimperten Knospen (Mutterknospen) am aboralen Pole (wie an einem stolo prolifer) Tochterknospen erzeugen und während dieser Zeit 12 Tentakeln besitzen, aber weder Gallertsubstanz noch Mantel nebst Velum, noch Randkörperchen besitzen. Erst nachher bilden sich die noch fehlenden Theile aus, und die Mutterknospen werden zu wahren 12 (11-) bis IGstrahligen Cuninen. Bei Geryoniden beobachtete A. Krohn Medusenknospung im Magengrunde von Geryonia proboscidalis , und Fr. Müller sah eine Knospenähre aus dem Mundstil von Geryonia {Liriope) catharinensis hervorragen betrachtete dieselbe aber als ein fremdes von der Meduse verschlucktes Produkt einer anderen zu Cunina Kölliheri gehörigen Qualle. E. Haeckel glaubte jedoch die Bedeutung einer ähnlichen Knospenähre am Magen der geschlechtsreifen Geryonia {Carmarina) hastata in anderer Weise bestinnnen zu können und bemühte sich nachzuweisen, dass die der Aehre angehörigen ebenfalls achtstrahligen Medusenknospen zu Geschlechtsthieren der Cunina rhodo- dactyla werden. Indessen gelang es ihm keineswegs, den directen Ueber- 224 Schwierigkeit der Gruppenbildung. Metamorphose der Medusen. gang zu verfolgen, er schloss den Zusammonhang vielmehr aus der Aehnlichkeit in der Gestaltung. Dagegen sprach sich Metschnikoff sehr bestimmt gegen die Wahrscheinlichkeit jener Deutung aus, indem er niciit nur den Wechsel der Strahlenzahl und die Seltenheit der 8-Zahl bei Oimina rhodoäactyla hervorhob (somit auch den von Haeckel behaupteten Dimorphismus der Cuninen und ihrer Sprösslinge zurück- wies), sondern den ganz verschiedenen Modus der Knospenentwicklung bei jener Cuninaart als Beweisgrund benutzte. Die Schwierigkeit und Verwicklung der Systematik beruht nicht nur auf der zum Theil noch unvollständigen Kenntniss von der Ent- wicklung vieler Scheibenquallen und der geschlechtlichen FortpHanznng mancher Polypenstöckchen , sondern auch auf der Thatsache, dass die nächst verwandten Polypenstöckchen nicht selten sehr verschiedene Geschlechtsformen erzeugen , wie z. B. Monucaulus sessile Geschlechts- gemmen, Corymorpha sich loslösende Medusen {Steensfrupici) hervor- bringen. Umgekehrt können auch übereinstimmend gebaute Medusen, die man zu derselben Gattung stellen würde, von ganz differenten Hydroidstöckchen v(;rschiedener Familien aufgeammt werden {Isogomsmus), wie z. B. Boiigainvülia (Endcvdrnmi) und Nemopsls (Corymorpha), Leptoscyplms {Üampanuhiria). Daher erscheint es ebensowenig zulässig, der Eintheilung ausschliesslich die Geschleclitsgeneration zu Grunde zu legen, als die Ammengeneration ohne die erstere zu berücksichtigen. Die aus Eiern hervorgegangenen Medusen durchlaufen bis zur Erlangung der Geschlechtsreife eine mehr oder minder complicirte Metamorphose, die sich sowohl in der ganz allmähligen unter mannich- fachen Formveränderungen ausgeführten Gestaltung der gesammten Organisation, als auch vornehmlich in provisorischen Einrichtungen der Randtentakeln kundgibt. Bei den vierstrahligen (Glossocodon euryhia und Liriope cafharinetisis) und scchsstrahligen Geryoniden {Garmarina hastata) sind die jüngsten Larven kuglig und besitzen in einer gi-uben- förmigen Vertiefung die erste Anlage der Schwimmhöhle (Schwimmsack) und des Velums. Nach Metschnikoff ist jedoch bei G. hastata die Magenwandung schon früher entwickelt und durch Abhebung des mittelst Quertheilung von den Zellen der Keimblase aus gebildeten p]ntoderms entstanden. Im zweiten Stadium erheben sich am Rande der kleinen flachen Schwimmhöhle vier, beziehungsweise sechs starre Tentakeln, die radialen später verschwindenden Nebententakeln, während die Mund- öffnung zum Durchbruch konnnt. Dieselben treten entweder gleichzeitig oder paarweise nach ihrer Zusammengehörigkeit in derselben Radial- ebene auf. Später sprossen vier, beziehungsweise sechs interradiale Tentakeln hervor, entweder wie bei den vierstrahligen Formen die des einen Interradius früher als die des andern, oder wie bei den sechs- strahligen zu gleicher Zeit. Haben die rasch wachsenden interradialen Entwicklung der Hydroidstflckchen. 252 Tentakeln etwa die dreifache Länge der radialen erlangt, so erscheint die erste Anlage des Gastrovascularsystems , indem das Entoderm der Schirnihöhle einen breiten Randstreifen (Ringcanal) und vier beziehungs- weise sechs radiäre Ausläufer (Radiarcanäle) erzeugt. Nun erscheinen die Randbläschen an der Basis der interradialen Tentakeln, bei den vierstrahligen Formen die des einen Interradius früher als die des andern. Auch bildet sich der Magenstii durch röhrenförmige Verlängerung des wulstig aufgetriebenen Mundrandes, und während die Schirmhöhle einen inmier grössern Umfang gewinnt, entstehen die radialen Haupttentakeln und später die zu denselben gehörigen Sinnesbläschen. Mit dem weitern Wachsthum und der complicirtern Gestaltung des Gastrovascularraumes gehen die radialen Nebententakeln, dann auch die interradialen Ten- takeln verloren, die beide demnach nur den Werth provisorischer Larven- organe besitzen und auch in Bau und Verrichtung von den persistenten wurmförraig beweglichen Haupttentakeln wesentlich abweichen. Die Ausbuchtung der Radialcanäle und Bildung der Geschlechtsprodukte kann lange vor dem Abschluss des Wachsthums, zuweilen schon vor dem Verlust der interradialen Tentakeln eintreten. Auch die von Hydroidstöckchen aufgeammten Scheibenquallen er- fahren in der Regel nach ihrer Lösung eine mehr oder minder tief- greifende Metamorphose, die nicht nur auf einer Formveränderung des sich vergrössernden Schirmes und Mundstiles, sondern auch auf einer nach bestimmten Gesetzen erfolgenden Vermehrung der Randfäden beruht. Daher ist es für jeden einzelnen Fall erforderlich, die Wachsthums- vorgänge der losgetrennten Meduse bis zur Geschlechtsreife zu verfolgen, und die zu dem Hydroidstock gehörige Medusenart festzustellen. Die Entwicklung der Hydroidstöckchen ist ebenfalls mit einer Art Metamorphose verbunden, indem die aus den befruchteten Eiern der Medusoidgemmen oder Medusen hervorgegangenen Jugendformen als bewimperte Larven eine Zeitlang umherschwärmen, dann erst sich fest- setzen und in einen kleinen Hydroidpolypen auswachsen, aus welchem durch weitere Knospung das Hydroidstöckchen entsteht. Oft bilden sich die Eier bereits im Innern ihres Trägers zu bewimperten Embryonen aus {Campanularia volubilis, Sertularia cupressina), und zuweilen schwärmen diese erst als sog. Flanulae {Laomcdea flexuosa) oder, nach- dem sie eine radiäre Körperform und einen Tentakelkranz gewonnen haben, sog. Actinulae {Tuhularia coronata) aus. Als Parasiten werden in Hydroidstöckchen nicht selten die Larven von Pygnoyoniden und zwar sowohl in den Geschlechtsgemmen als in eigenthümlich deformirten Polypen beobachtet. In den Medusen leben zuweilen junge geschlechtslose Dlstomeen. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 15 226 tabulatae. Tubulariae. 1. Unterordnung. Tabulatae (^Madreporaria tabulata M. Edw.). Mit fest verkalktem Polypar, dessen Kelchräume von queren Scheide- wänden in übereinanderliegende Fächer getheilt sind. Nach L. Agassiz entbehren die Polypen von Millepora sowohl der radialen Magentaschen als des Mundrohres und werden desshalb als Hydroiden betrachtet, ohne dass bis jetzt die Art der geschlechtlichen Fortpflanzung fest- gestellt worden wäre. Die meist nach der Vierzahl ausgeführte Tentakel- gruppirung gleicht der mancher Coryniden. 1. Farn. Milleporiäae. Blättrige, massige Stöcke mit reichlich entwickeltem schwammigen Coer^nchym. Die Polypen treten in 2 Formen auf und sind ent- weder breit und mit 4 — 6 geknöpften Fangarmen versehen oder schlank, überaus beweglich und mit zahlreichen über die ganze Länge zerstreuten ebenfalls ge- knöpften Tentakeln besetzt. Millepora L. M. alcicornis L., Antillen. Heliopora Blainv. Fossil sind Fistulopora u. a. 2. Unterordnung. Tubulariae = Gymnoblastea {Ocellatae, Augen- fleckmedusen). Nackte oder von chitinigem Periderm überkleidete Polypenstöckchen ohne becherförmige Zellen (Hydrothecen) in der Um- gebung der Polypenköpfchen. Die Geschlechtsgemmen sind einfache Knospen von medusoidem Baue und sprossen selten unmittelbar an den Ramificationen des Stockes, meist am Leibe der Polypen oder besonderer Individuen. Die sich lösenden Medusen sind Augentieckquallen und gehören grossentheils zu der Medusengruppe der Oceanidae. Sie besitzen eine glocken- oder thurmförmige Gestalt, vier seltener acht Radiär- canäle, Augenflecken an der Basis der Randfäden und erzeugen die Geschlechtsstoffe in der Wand des Magenstils. 1. Fam. Hydridae (Eleutheroblastea). Einzelpolypen, welche sich durch Knospung an der Seiten wand, seltener durch Theilung (Protohydra) fortpflanzen und im Falle geschlechtlicher Entwicklung (Hydra) die beiderlei Geschlechtsstoffe in der knospenförmig aufgetriebenen Leibeswand erzeugen. Hydra L. Süsswasser- polypen mit fadenförmigen sehr dehnbaren Fangarmen in der Umgebung des Mundes. Heften sich mit dem hintern Pole willkürlich an. Theilstücke wachsen zu neuen Lidividuen aus. H. viridis, fusca, grisea L., Europa. H. graeilis, carnea Ag., Amerika. Die Hoden entstehen dicht unter den Tentakeha und sind kuglige Auftreibungen des Ectoderms, die Ovarien weiter abwärts mit je einem Ei. Protohydra Greeff. Schlauchförmig ohne Fangarme, durch Theilung sich fort- pflanzend (ob selbständige Form?). P. Levckarti Greeff, Nordsee. 2. Fam. Clavidae. Polypenstöckchen mit chitinigem Periderm. Die keulen- förmigen Polypen mit zerstreut stehenden, einfach fadenförmigen Tentakeln. Die Gesclilechtsgemmen entstehen am Polypenkörper und bleiben meist sessil. Clava 0. Fr. Müll. Geschlechtsgetumen sessil, unterhalb der Tentakeln am Leibe spros- send. C. {Coryne) squamata 0. Fr. Müll., Mittehneer, repens Wr., leptostyla Ag., Massachussets Bai, diffusa Allm. u. a. C. {Tubiclava) lucerna Allm. Cordylo- phora ') AWm. Stock verzweigt mit Stolonen, welche fremde Gegenstände überziehn. 1) Fr. E. Schulze, Ueber den Bau und die Entwicklung von Cordylophora lacustris. Leipzig. 1871. Hydractinidae. Corynidae. Dicorynidae. ßimeridae. Cladouemidae. Eudendridae. 227 Gonophoren oval, mit einer Bekleidung des Perisark verselin, diöcisch vertheilt. Im süssen Wasser. C. lacustris Allm., albicola Kirch., Elbe, Schleswig. Turris [Tarridae) Less. Der hohe glockenförmige Quallenkörper mit 4 Radiärcanälen, zahlreichen Randtentakeln, jeder mit bulböser Basis und Augenfleck. Mund vier- lippig. 7'. neglecta Forbes {Clavida Gossii Wr.), T. vesicaria A. Ag. Campaniclaca Allm. Geschlechtsgemmen entspringen an den Verzweigungen des Stammes und werden als Medusen frei. C. Gleodorae Ggbr. {Syncorijne Clen- dorae Ggbr.), Mittelmeer. Corydendrimn parasiticum Cav. 3. Fam. Hydractinidae. Polypenstöckchen mit flacher Ausbreitung des Coenosarks (Coenenchyms), an welchem feste hornige Skeletabscheidungen auftreten. Die Polypen sind keulenförmig mit einemKranze einfacker Tentakehi. Nach Wright gibt es auch lange tentakelförmige Polypoiden. Hydractinia Van Ben. Medusen- gemmen sessil an tentakellosen proliferirenden Individuen. H. lacteä, soHtaria Van Ben., echinata Flera., Nordsee, polyclina Ag. Podocoryne Sars. Die Geschlechts- gemmen entspringen an der freien Fläche des Coenosarks und werden als Oceaniden frei. B. areolata Aid. P. carnea Sars. Conjnopsis ÄJderi Hodge. 4. Fam. Corynidae ') = Sarsiadae. Die keulenförmigen Polypen besitzen zerstreut stehende geknöpfte Tentakeln imd entspringen auf ki-iechenden , von chitinigem Periderm überdeckten Verzweigungen des Coenosarks. Die Gonophoren oder Geschlechtsgemmen entspringen am Polypenkörper und bleiben entweder sessil, oder werden als Sarsiaden mit contraktilem Mundstil und 4 langen Fang- fäden frei. Coryne Gärtn. Mit sessilen Geschlechtsgemmen. C. pusilla Gärtn., ramosa Sars, fruticosa Hincks. Syncoryne Ehbg. {Syncorynidae). Die Medusen- gemmen gehören zur Gattung Sarsia. S. Sarsii Loven. mit Sarsia tuhulosa, ferner S. mirabilis Ag., pulchella Alhu. , eximia Ag., gravata Allm., S. {Gemmaria) ivi~ plexa Aid. mit Zanclea. Corynitis Agassizii Mc. Cr. 5. Fam. Dicorynidae. Polypen mit wirteiförmig gestellten Tentakebi. Gono- phoren in Form von zweiarmigen bewimperten Medusoiden. Dicoryne conferta Allm., auf Buccinum. 6. Fam. Bimeridae. Verzweigte mit Perisark umkleidete Stöckchen mit sessilen Geschlechtsgemmen. Polypen mit einfachem Tentakelkranz. Garveia nutans St. Wr. Bimeria vestita Wr. Stylactis Sarsii Allm. 7. Fam. Cladonemidae. Die Polypen, welche sich auf kriechenden und ver- ästelten mit chitinigem Periderm überkleideten Stöckchen erheben, besitzen wirtei- förmig gestellte Kreise von geknöpften Tentakeln. Die Geschlechtsgenmien werden Medusen mit verästelten Randfäden. Cladonema Duj. (Hydroidstöckchen denen von Stauridium ähnlich). Polypen mit 2 Kreisen von je 4 wirteiförmig gestellten Tentakeln. Medusen mit 8 Randcanälen und ebensoviel dichotomisch verästelten Randfäden und mit Nesselknöpfen am Mundstil. C. radiatum Duj., Mittelmeer. Hier scliliesst sich die Fam. der Clavatelliden an, deren Tentakeln geknöpft sind. Eleutheria Q,na,tr. (Hydroidstöckchen als Gl a v atell a Jlmcks beschrieben). E. dicJio- toma Quatr. Die kleinen Medusen pflanzen sich auch durch Knospung fort. 8. Fam. Eudendridae {Bougainvillidae). Die Polypen der verzweigten meist kriechenden von chitinigem Periderm überkleideten Hydroidstöckchen besitzen nur einen Kreis von einfachen Fangarmen in der Umgebung des vorstehenden Mund- rüssels (Proboscis). Geschlechtsgemmen bleiben sessil oder sind freie Medusen vom 1) Fr. E. Schulze, Ueber den Bau von Syncoryne Sarsii Loveu. Leipzig. 1873. 15* •228 Pennaridae. Tubularidae. Typus der Bougainvilliden mit 4 Bündeln von Randfaden, nebst 4 Büscheln dichotomer Anhänge des Mundstils. Eudendrium Ehbg. Die sessilen Geschlechts- gemmen sprossen am Körper nahe den Tentakeln. E. ramosum, E. ramemn Pall., dispar Ag., Jiumile Allm. , E. racemosum Cav. BougainvilUa Less. (Bougainvillidae). Die glockenförmigen Medusen sprossen am Coenosark und besitzen bei der Lösung einen kurzen Mundstil mit 4 Mundtentakehi , 4 Radiarcanäle und 4 Büschel von je 2 Randfäden. B. superciliaris Ag., Bostonbai. B. {Mergeiis Steenst.), ramosa Van. Ben. {Eudendrium ramosum Van Ben., Ttibularia ramosa Dal.), B. fruticosa Allm., Dipluva friüllaria'iiieQnair.) Ferigonimus yiavs. Geschlechtsgemmen sprossen am Coenosark und werden zu glockenförmigen Medusen mit 2 oder 4 Randtentakeln, 4 Radialgefässen. P. muscoides Sars, repens, sessilis Wr., minutus Allm. Hierher gehört auch Dinema Slahheri Van Ben. {Saphenia dincma Forb.). Hier schliesst sich die Medusengattung Lizsia an. Die Medusen mit 4 interradialen Tentakeln oder Tentakelbündeln zwischen den Bündeln der radialen Tentakeln. L. octo- punctata Forb. {Cytaeis octopunctata Sars.), Norwegen. L. grata Ag. , Massa- chussetts-Bai. L. Köllikeri Ggbr. {Köllikeria Ag.). 9. Fam. Pennaridae. Die Polypen der federartig verzweigten und mit chitinigem Periderm überzogenen Hydroidatöckchen besitzen zwei Kreise von Ten- takehi, von denen .'ie des Innern zur Proboscis gehörigen keulenförmig sind. Die zwischen beiden Kreisen sprossenden Medusen {Globicepis) erlangen eine sehr hohe 4- oder Sseitige Glockenform, haben 4 Radiarcanäle und ebensoviel rudimentäre Randtäden. Pennaria Goldf. Die Tentakeln der endständigen Gruppe zerstreut. P. Cavolinü Ehbg. = disticha Goldf. {Sertularia pennaria Cav.), gibbosa Ag. Globiceps Ayr. Die Tentakeln des distalen Kreises nicht zerstreut. G. tiarella Ayr. Heterostepliamis Allm., Einzelpolyp. Meduse mit einem langen und drei rudi- mentären Randfäden. H. annnlicornis Allm. Vorliclava Aid. Stnuridium Duj. 10. Fam. Tubularidae. Polypenstöckchen von chitiiiigem Periderm über- zogen; die Polypen tragen innerhalb des äussern Tentakelkranzes einen inneren, der Proboscis aufsitzenden Kreis fadenförmiger Tentakebi. Die Geschlechtsgemmen sind sessil und entspringen zwischen beiden Kreisen von Fangarmen oder sind freischwimmende Medusen der Oceanidengattungen Hijbocodon, Ectopleura, Steenstrupia u. a. Tubtdaria L. Die Hydroidstöchcken bilden ki-iechende Wurzel- verzweigungen, auf denen sich einfache oder verzweigte Aestchen mit den end- ständigen Polypenköpfchen erheben. Die Geschlechtsgemmen sessil. T. {Tham- nocnidia Ag.) coronata Abiig. {carynx), diöcisch. Die ausschwärmenden Planulae entwickeln sich nach der Befestigung zu jungen Polypen, welche der Gattung Ärachnactis Sars zu entsprechen scheinen, Nordsee. T. spectabilis, tenella Ag., 1\ calamaris Pall. {indivisa L.) u. a. Ectopleura Ag. Die auf Tubularia-ähnlichen Stöckchen sprossenden Medusen besitzen einen kurzen Mundstil mit einfacher Mundötfnung und zerstreuten Pigmentfleckchen an der Basis der 4 Randtentakeln. E. TJumortieri Van Ben. {Tubularia Dumortieri Van Ben.). Hybocodon Ag. Die endständige Gruppe kürzerer Tentakebi ist in zwei Kreise vertheili. Meduac glockenförmig mit einem einfachen unpaaren langen Randfaden am Ende eines der 4 Radiarcanäle und zahlreichen Medusenknospen an der bulbösen Basis des- selben. H. prolifcr Ag. Verwandt ist Sarsia proUfera Forbes. Corymorpha Sars. Der von gallertigem Periderm umhüllte Stil des solitären Polypen befestigt sich mit wurzeiförmigen Fortsätzen und enthält Radiarcanäle, welche in die weite Magenhöhle des Polypenköpfchens führen. Die frei werdende Meduse {Steenstrupia) glockenförmig, mit unpaaren Randfilden, aber bulbösen Anschwellungen am Ende der anderen Radiarcanäle. C. nutans Sars, C. {Halatractus) nana Alder. Bei nahe Canipanulariae. 229 verwandten Arten {Amalthea 0. S.) tragen die Medusen 4 gleiche Randtentakeln. C. uvifera Sars, Sarsi'i, Januarii Steenst. Monocaulus Allm. Unterscheidet sich nur von Corymorpha durch die sessilen Geschlechtsgemmen. M. glacinlis Sars, pendulus Ag. Nemopsis Ag. Das soütäre Polypar wie bei Corymorpha, aber ohne Periderm. Meduse von BougamvüliatjY>\is , daher die ausschliessliche Berück- sichtigung des Geschlechtsthieres zu der Stellung von Nemopsis in die vorher- gehende Familie führt. Endlich bleiben eine Anzahl Oceaniden zurück, deren Herkunft auf keine der frühern Familien bezogen werden kann. Tiara Less. {Oceania Forb.), pileata Forb., Nordsee und Mittelmeer. Oceania flavidula Per. Les., armata Köll. , glohu- losa Forb. Conis mitrata Brdt., Turritopsis nutricula Mc. Cr. u, a. 3. Unterordnung. Canipanulariae = Calyptohlastea ' } ( Vesicii- latae, Kandbläschenmedusen). Die Ramitikationen der Polypenstöckchen sind von einer chitinigen , hornigen Skeletröhre überzogen , welche sich in der Umgebung der Polypenköpfchen zu becherförmigen Zellen {Hijäro- fheJcen) erweitert. In diese kann das Polypenköpfchen Proboscis und Tentakeln meist vollständig zurückziehn. Die Geschlechtsgemmen ent- stehen fast regelmässig an der Wandung proliferirender Individuen, welche der Mundöifnung und der Tentakeln entbehren und sind bald sessil, bald sondern sie sich als kleine Scheibenquallen. Diese gehören — jedoch nicht ausnahmslos {Leptoscyphus, Liszia) — in die Medusen- gruppen der Eucopiden, Thaumantiaden und Äequoriden und sind meist durch den Besitz von Randbläschen und durch die Production der Geschlechtsstofte in den Radiärcanälen characterisirt. Auch ist wahr- scheinlich, dass einige der hier aufgenommenen Randbläschenmedusen eine direkte Entwicklung haben. 1. Fam. Plumularidae. Die Zellen der verzweigten Hydroidstöckchen ein- reihig, die Zellen der Nährpolypen mit kleinen von Nesselkapseln erfüllten Neben- kelchen (Nematocalyx). Die Gonophoren entstehen bei Äglaophenia in sog. Cor- bulae, metamorphosirten Zweigen, mit Nematophoren. Plumularia Lam. ütauun fiederartig verzweigt. Nematocalyces am Stamm. Gonotheken zerstreut. P. pin- nata, setacea Lam. Äglaophenia Lamx. Ein vorderer und 2 seitliche Nemato- calyces an jeder Hydrothei. Corbula vorhanden. A. Plmna {Plumularia cristata Lam.), pennatula Lamx. — Antennularia antennina Lam. Gonotheken achselständig. Europäische Meere. 2. Fam. Sertularidae. Verzweigte Hydroidstöckchen, deren Polypen in flaschenförmigen Zellen an entgegengesetzten Seiten der Aeste sich erheben. Ein Tentakelkranz in der Umgebung des Mundes. Die sessilen Geschlechtsgemmen entstehen an tentakellosen proliferirenden Individuen, welche in grössern Zellen, Gonotheken, sitzen. Bynamena Lamx. Zellen zweilippig, paarweise einander gegen- überstehend. D. pumila L. D. {Disphagia Ag.) rosacea, fallax Johnst. D. {Am- 1) Ausser Forbes, On the Morphology of the reprod. system in the sertularida und Conch's Ahandlungen vergl. Allman, Report on the present statc of our knowledge of the Hydroida. 1864. Kirchenpauer, Die Seetonnen der Eibmündung. Hamburg. 1862. üeber die Hydroidenfamilie Plumularidae etc. Abh. Naturw. Verein. Hamburg. 1872. 230 Campanularidae. Thaumantidae. phisbetia Ag.) operculata h., Nordsee. SertulariaL. Die Zellen stehen alternirend gegenüber. Die Zellen der proliferirenden Individuen mit einfacher Oeffnung. S. ahietina, cupressina L. S. {Amphitrocha Ag.), rugosa L. , Belgische Küste. Halecium Oken. (Halecidae). Die Polypen können sich nicht ganz zurück- ziehn. H. halecinum L. — Thuiaria thuia L. 3. Farn. Campanularidae = Eucopidae. Die becherförmigen Zellen sitzen vermittelst geringelter Stile auf, die Polypen besitzen unterhalb ihrer conisch vor- tretenden Proboscis einen Kreis von Fangarnien. Die Geschlechtsgemmen sind sessil oder lösen sich als flache oder glockenförmige Medusen der Eucopidengru-ppe. Campanularia Lam. Die Zellen der verästelten Stöckchen mit ganzem oder gezähneltem Rand ohne Deckel. Die proliferirenden Individuen sitzen den Ver- zweigungen auf und erzeugen fi'eie Medusen von glockenförmiger Gestalt mit kurzem 41ippigen Mundstil, 4 Radiärcanälen , ebensoviel Randfäden und 8 inter- radialen Randbläschen. Nach der Trennung bilden sich die Interradialtentakeln aus. C. (Clythia) Johnstoni Aid. = volubilis Johnst. Von Van Beneden wurde die Entwicklung der Hydroidstöckchen aus dem befruchteten Ei und der bewim- perten Larve verfolgt. C. dichotoma KöU. , Gegenbauri Sars., C. {Platypyxis Ag.) cylindrica Ag., bicophora Ag. Die Entwicklungsstadien der Meduse sind ähnlich den von Gegenbaur als Eucope campanulata, thaumantoides und affinis beschrie- benen Formen. Obelia Per. Les. Unterscheidet sich von Campanularia durch die Medusen. Dieselben sind flach scheibenförmig und haben zahlreiche Randtentakeln, aber ebenfalls 8 interradiale Bläschen. 0. dichotoma L. =. {Campanularia gelatinosa Van Ben.), geniculata L. ; ähnlich ist diaphana Ag. {Eucope diaphana A. Ag., deren gesammte Entwicklung bekannt ist). Laomedca Lamx. Die Geschlechtsgemmen bleiben sessil in der Zelle des proliferirenden Trägers. L. {Orthopyxis Ag.) volubiliformis Sars., caliculata Eincks., flexuosa Hincks., exigna Sars., L. Hinclcsia Ag.), tincta Hincks. Gonothyraea Allm. Geschlechtsgemmen sind unvollkommene Medusen mit einem Kreis fadenförmiger Tentakeln und rücken an die Spitze des proliferirenden Individuums. G. Loveni Allm., gracilis Sars. Calycella Hincks. Die an dem aufrechten Stamm mit kurzem Stil auf- sitzenden Becher enden mit einem deckelartigen Randsaum. Geschlechtsgemmen sessil. C. syringa L. {Campanularia syringa Lam. — Wrightia syringa Ag.). C. lacerafa Hincks. Campanulina Van. Ben. Polypenbecher mit zartem deckel- artigen Randsaum. Die Geschlechtsgemmen werden als Medusen mit 4 Radiär- canälen, 8 interradialen Randbläschen und 2 Randfäden frei. C. tenuis Van Ben. T— acuminata Aid. Merkwürdigerweise gibt es Cani^?aMw/ana-ähnliche Hydroidstöckchen, welche Ocean(de»-artige Medusen erzeugen. Die von AI Im an als Laomedea tenuis be- schriebene Gampanularide {Leptoi), (Seeigel. Kugelige, herzförmige oder scheibenförmige Echinodermen mit un- beweglichem ans Kalhtafeln susammengesetzten SJcelet, ivelches als feste Schale den Körper umschliesst und bewegliche Stacheln trägt, stets mit Mund und Afteröffnung, 7mt locomotiven und respiratorischen Ambu- lacralanhängen. Die Skeletplatten der Haut verbinden sich zur Herstellung einer festen, unbeweglichen (bei Lepidocentrus jedoch beweglichen) Schale, welche armförmiger Verlängerungen in der Richtung der Strahlen ent- behrt und bald regulär radiär, bald irregulär symetrisch gestaltet ist. Die Kalkplatten liegen mittelst Suturen fest aneinander und bilden bei den jetzt lebenden Formen 20 meridionale Reihen, von denen je zwei be- nachbarte alternirend in die Strahlen und Zwischenstrahlen fallen. Die erstem werden als Ambidacralplatten von feinen Porenreihen zum Durchtritt der langen Saugfüsschen durchbrochen und tragen ebenso wie die Interambulacralplatten kugelige Höcker und Tuberkeln, auf welchen die beweglichen, äusserst verschieden gestalteten Stacheln ein- gelenkt sind. Auf der meridianförmigen Anordnung der Plattenreihen bei gleichzeitiger Continuität der Interambulacralreihen beruht die Körper- form des Seeigels im Gegensatz zu der des Seesternes. Am Scheitel werden die fünf Doppelreihen der Interambulacralplatten durch 5 Scheitel- platten zum Abschluss gebracht, während zwischen dieselben einspringend 5 häufig in ihrer Lage etwas verschobene „Ocellarplatten" die Radien abschliessen. Der pentagonale oder gerundete Raum, welcher am Scheitel- pole zwischen den Scheitelplatten bleibt und bei den regulären Seeigeln von der Atteröffnung durchbrochen ist, wird in früher Jugend, bevor 1) Ch. Desmoulins, Etudes sur les Echinides. Bordeaux. 1835—1837. L. Aga.'^siz, Monograpliie de Echinodermes vivans et fossiles. 1—3. Lieferung. Neuchatel. _^838— 1843. L. Agassiz etE. Desor, Catalogue raisonne des familles, des genres et *les especes d'Echinides. Ann. Seien, nat. 3. Ser. 1847. J. Gray, Catalogue of the ^^'Ccent Echinida er Sea-Eggs in the collection of tlie British Museum. 1855. Lütke'i; Bidrag til kundskab om Echinoderme. Vidensk. Medde- lelser Kjöbenhavn. 1863. L. J- de Pourtales, Preliminary Report of the Echini and Star-fishes dredged in c^^ep water between Cuba and the Florida Reef. Bulletin of the Museum of Comp. .'^^ool. 3 Ser. 1869. S. Loven, Ueber den Bau der Ecliinoideen. Oefversigt af Kongl. Vetensk. Akad. Forh. 1871, übersetzt von Troschel. Archiv für Naturg. 1873. A. Agassiz 1. c. Vergl. ausserdem die Schriften von Lamarck, A. Agassiz, Verrill, Gray, Lütken, Loven, v. Martens, Troschel, Stewart, Grube, Peters, Bölsche etc. Ueber fossile Echinoideen handeln die Werke von Forbes, Desor und Th. Wright, Skelct der Seeigel. 289 der After zum Durchbrach Gjolangt ist, von einer einzigen Platte einge- nommen, welclie als Subanaljjlatte bezeichnet worden ist, weil die After- (dliiung nicht in ihrer Mitte, sondern cxcentrisch (gegen das hintere rechte Ambidacnnn gewendet) entsteht. Während der Rand der entsprechenden Scheitelplatten resorbirt wird, treten an der Subanalplatte neue Plätt- chen auf, deren Zahl meist sehr beti'ächtlich wächst und unter denen später die Subanalplatte noch an iiirer (irösse zu erkennen ist. Bei den Scäenidcn erhält sich diese selbsständige Centralscheibe in bedeutender Grösse, und es ist waiirscheinlich, dass sie bei den irregulären Seeigeln das vom Madreporiten eingenommene Mittelfeld repräsentirt, während sie bei den übrigen regulären Echinoideen von den zahlreichen secundär gebildeten Kalkplättchen des Periproct's mehr und mehr verdrängt wurde. Deragemäss stimmt die Disposition in der Anlage der apikalen Skeletplatten bei den Seeigeln so sehr zu den Calyx der Crinoiden, dass man beide als homolog auf einander zu beziehen im Stande ist und zumal mit Zuhülfenahme von Marsupites, eines fossilen stillosen Cri- noideen, in der Centralscheibe des jungen fkhinus die Centrodorsal- scheibe der Crinoideen, in den Scheitelplatten die Basalia, in den Ocellar- platten die Kadialia wiedererkennt. Freilich entstehen die Neubildungen für die wachsenden Ambulacren und Interradien an der Peripherie des Kelches, indem die Basilia den Endstücken der Interradien, die Ra- dialia denen der Ambulacren begegnen. Auf der Wiederholung der doppelten Plattenreihen in den Radien und Interradien beruht die schein- bar regelmässig strahlige Form des regulären Seeigels, die jedoch, wie die ge- naue Untersuchung lehrt, auf bilateraler, nicht genau symetrischer Anordnung beruht. Ganz besonders hat Loven's treffliche Erörterung gezeigt, dass für die Gestaltung der paaarweise nebengeordneten Platt enreihen der 5 Ambulacren bei den regulären Seeigeln dasselbe Gesetz wie bei den Spatangiden und Clypeastriden zur Geltung kommt, dass auch dort in einen Radius die Hauptebene fällt, durch deren Feststellung dieselbe Formel für die Ambulacralplatten des Peristomrandcs gewonnen wird. Diese nur für die Ambulacralplatten des BiviuuLS streng symetrische Ilauptebene fällt bei Acrodadia und Fodophora (Querigel) mit dem kürzern Durchmesser der Schale zusammen und wird ausser durch die erwähnte Formel durch die Lage der Madreporenplatte in der rechten vordem Scheitelplatte bestimmt. In der Tliat erscheint der radiäre Typus durch das V^erhalten der paarweise nebengeordnoten Platten- reihen des Sktilets, durch die Grösse der Peristoniplatten,dio Zahl und Lage der Poren aufgehoben und eine bilaterale für das Bivium symetrische, für das Trivium asymetrische Gestaltung bei allen Seeigeln obwaltend. Für die innere Organisation ist die Lage fler Nerven und Ambu- lacralgefässstämme unterhalb des Skeletes entscheidend. Zwischen den Claus, Zoologie. H. Auflage. 19 290 Bau und Organisation der Seeigel. Stacheln, besonders zahlreich in des Umgebung der Mundes finden sich Pedicellarien, bei einigen Echiniden auch verästelte Kienienschläuclie. Die mit Ausnahnie von Cidaris allgemein vorkommenden Sphae- ridien gehören den Ambulacren an und finden sich stets auf den peri- stomialen Platten, zuweilen freilich wie bei den Cassiduliden und Cly- peastriden von der Schalensubstanz überwachsen. Ihr Entdecker Loven hält dieselben für Sinnesorgane (Geschmacksorgane). Bei vielen sog. regulären Formen sind alle Ambulacralanhänge (P'üsschen) von gleicher Form und mit einer durch Kalkstückchen gestützten Saugscheibe ver- sehen ; bei andern entbehren die dorsalen Füsschen der Saugscheibe und sind zugespitzt, oft auch am Rande eingeschnitten. Die sog. irregulären Seeigel besitzen neben den Füsschen in der Regel Ambulacralkiemen auf einer von grössern Poren gebildeten Rosette der Rückfläche. Die locomotiven Füsschen werden bei den Clypeastriden sehr klein un, viele jedoch auch in bedeutender Tiefe , und ernähren sich langsam kriechend von Mollusken, kleinen Seethieren und Fucoiden. Einige Echinusarten be- sitzen das Vermögen , sich Höhlungen in Felsen zum Aufenthalte zu bohren. Fi; sile Seeigel finden sich schon im Silur, aber die paläo- lithischen') Formen weichen wesentlich von denen späterer Perioden und der Jetztzeit ab, vor Allem darin, dass zwischen je zwei ambulacralen Plattenreihen mindestens drei , ja meist sogar fünf oder sechs inter- ambulacrale Plattenreihen eingeschaltet sind. Erst die Echinoideen der Secundärzeit zeigen den Typus der jetztlebenden »echten typischen Seeigel.« 1. Ordnung: Regularia. Reguläre Seeigel. Reguläre Seeigel mit centralem Mund, mit Zähnen und Kaugerüst meist centralem, selten etwas verschobenem After, mit bandförmig von einem zum andern Pole verlaufenden Ambulacren ohne petaloide Bifferensirung. Die strenge Regularität ist eine nur scheinbare, die seitliche Sym- metrie aber überall sowohl durch die Bildung der Skeletplatten der Ambulacren und der Interradien wie durch die Lage der Madreporen- platte gestört. Auch erfolgt der Durchbruch des Afters nicht genau central, sondern ausserlinH) der Centralplatte. Die Mundhaut wird ent~ 1) Man hat daher die Fdlaechinoideen als Unterclasse gesondert und eine nähere Beziehung derselben zu den Cysüdeen nachzuweisen versucht. MeJonites, Froteehinus, Palaeehinus, Archaeocidaris etc. Mit der Peruiforniation hören die- selben auf {Eocidaris Kaiserlingii). 19^ ^92 Cidaridae. Arbaciadae. Diadematidae. weder, wie bei den Aiigustistellen , von zahlreichen schuppenförniigen aus den Anibulacren ansage tietenen Piiniärplatten bedeckt oder enthält wie bei den Latistellen nur zehn freie Porenplatten. Im erstem Falle sind die Auriculae nicht geschlossen und ruhen nur auf den Interradien. Hier dagegen leisten die geschlossenen Auriculae der im Wachsthum der Anibulacren gegebenen Bewegung Widerstand und bedingen nicht nur den geschlossenen Ring der peristomialen Ambulacralplatten, son- dern die mannichfache Verschiebung und Verschmelzung der primären Ambulacralplatten (mit einem Porenpaare) zu Grossplatten, die Aus- dehnung der letztern in die Breite und die secundäre Disposition der schrägen Porenreihen. Bei den Angustistellen erhalten sich überall die primären Porenplatten durch Nähte gesondert. Sie treten bereits in der Trias auf mit der Familie der Cidariden. 1. Fam. Cidaridae {Angustistellae), Turbanigel. Mit kugligem, aui MuikI- pole abgeflachtem Körper und apicalem After. Ambulacralfelder schmal, mit ein- fachen höchstens doppelten, in senkrechter Richtung geschlängelten Porenreihen. Primilrplatten der Aiubulacren bleiben durch Nähte gesondert. Interambulacral- felder breit mit 2 Reihen grosser perforirter Stachelwarzen und sehr grossen keulenförmigen Stacheln. Auriculae nicht geschlossen. Peristom ohne Einschnitte. Mundkiemen fehlen. Cidaris Lam. Interambulacra mindestens 4 mal so breit als die sehmalen Ambulacra mit 2 Reihen grosser Tuberkeln. C. hystrix Lam., C. Stockesi Ag., Mittelmeer. G. metularia Lam., Westindien. C. {Dorocidaris) papillata Flem., Europ. Meere. C. {Phyllacanthus) imperialis Lam., Südsee. Fossil sind C. pentagona, venusta (Keuper) u. a. Goniocidaris Desm. Mit zickzackförmigen Eindrücken in der Mitte der Ambulacra und Interambulacra. G. geranioides Desm., Neuholland. Hier schliessen sich Leiocidaris Desm. und die fossilen Bhabdocidaris, Procidaris etc. an. Als Unterfamilie schliessen sich an die Salenier. Ausgezeichnet durch die Entwicklung der Platten am Scheitelpole und die Versclimelzung der sog. Sub- analplatten mit den Genitalplatten. Lange Zeit waren sie nur als fossil bekannt, bis durch die Tiefseeuntersuchungen von Pourtales eine lebende Salenia, S. varispina A. Ag., bei Florida aufgefunden wurde. Morphologisch stehen sie jungen Echiniden und Cidariden sehr nahe, an denen eine Analplatte ebenfalls vorwiegend entwickelt ist. Die jurassischen Acrosalenier sind durch perforirte Stachelhöcker ausgezeichnet, während die Hyposalenier der Kreide wie die jetzt lebende Form undurchbohrte Stachelhöcker besitzen. 2. Fam. Arbaciadae. Ambulacra ziemlich schmal mit begrenzter Zahl von verticalen Tuberkelreihen ohne Miliartuberkeln. Auriculae unverbunden. Nur vier breite trianguläre Analplatten. Der Stachelbekleidung nach zwischen Cidariden. und Ecliiniden stehend. Arbacia {Echino cidaris Desm.) Gray. A. aequituberculata Blainv., Mittelmeer. ^. «( Echini'^ne. Ecliinometrirlae. 293 Savignyi Mich., Ostafrikanischc Küste. 1). europaeum Ag., Mittelmeer. 1). mexi- canum A. Ag. Astropyga Gray. Schale sehr dünn und zusammengedrückt, unten abgeplattet. Nur zwei Reihen von Höckern auf den Ambulacren. Ambulacren dorsalwärts wurmförmig erhoben. Stacheln nur massig lang. A. radiata Lesk. A. mossamhica Pet. Echinothrix Pet. Schale wie bei Diadema. Der glatte Theil des Ambulacralfeldes nicht gabelförmig getheilt. Die Tuberkeln der Ambulacral- platten sind viel kleiner als die der Interambulacralplatten und tragen zahlreiche kleine Tuberkeln mit feinen borstenförmigen Stacheln. E. calamaris Pall. [Echinus calamaris Pallas). E. turcariim Rumpf, beide in Ostindien. Savignyia Desm. Die Ambulacra besitzen unregelmässige Granula anstatt der Tuberkeln. S. Desorü Ag., Rothes Meer. Hier schliessen sich die fossilen Hemicidaridae an. Mit dicker Schale und kleinen gekerbten und perforirten Tuberkeln der Ambulacra, deren Poren in ein- fachen nur am Mundumfang in mehrfachen Reihen stehen. Enthält ausschliesslich fossile Formen, z. B. Hetnicidaris, Hemidiadema , Hypodiadema, Acrocidaris etc. 4. Fam. Echinidae (Latifttellae). Mit dünner Schale und breiten Ambulacren, welche zwei oder mehrere Reihen grosser gekerbter oder glatter, nicht perforirter Tuberkeln tragen, mit meist kurzen und pfriemenförmigen Stacheln. Peristom mit 10 Einschnitten und Mundkiemen. Auriculae geschlossen. Die Primärplatten zu breiten Hauptplatten mit mehreren Porenpaaren verwachsen. a) OUgopori. Mit nur drei Porenpaaren auf einer Ambulacralplatte. Echinus Lin. Mit verhältnissmässig kleinen, glatten und undurchbohrten , gleich grossen Tuberkeln, fast kreisförmigen tief eingeschnittenen Peristom. E. melo Lam., Mittelmeer. E. acutus Lam., Nordsee. E. esculentus L. {Psammechinus Ag.). Mit ungleich grossen, verticalen Reihen bildenden Tuberkeln. Ps. miliaris Ag., Nordsee. Ps. norvegicus Düb. Kor. Ps. microtuberculata Blainv., Mittelmeer. Ps. verruculatus Lütk., Japan. Amblypneustes Ag. Schale sehr hoch vmd dünn, mit Nahtporen zwischen Ambulacral- und Interambulacralplatten, mit kleinen un- regelmässigen Tuberkeln, deren kurze Stacheln keulenförmig sind. A. Ovum Ag., Südsee. Salmacis Ag. Mespilia Desm., beide mit Nahtporen. Temnopleurus Ag. Pleiir echinus Ag. Holopneustes Ag. b) Polypori. Gattungen mit vier und mehr Porenpaaren auf einer Am- bulacralplatte. Heliocidaris Desm. {Stomopneustes A. Ag.). Mit abgeplatteter dicker Schale und unregelmässig vertheilten Poren, die nur unten drei parallele Reihen bilden. H. oariolaris Desm., Südsee. Toxopneustes Ag. Mit ungleich grossen Tuberkeln und massig ausgeschnittenem Peristom. Die Poren bogenförmig angeordnet zu wenigstens 5 Paaren um je einen Tuberkel. T. neglectus Desm., Nordsee. T. lividus Lam. {Echinus lividus Lam.), Mittelmeer und Nordsee. T. Drochachiensis Düb. Kor., Scandinavien. Hier schliessen sich die Gattungen Sphaerechinus Desm. {Sp. granularis Lam., Adria), Hipponoe Gray {H. variegata Lesk.), Pseudoboletia Tr. an. 5. Fam. Echinometridae, Querigel. Mit oval elliptischer dicker Schale, un- durchbohrten Tuberkeln und quere Bogen bildenden Porengruppen, die in Reihen von mindestens 4 Paaren stehen , mit Mmidkiemen. Fossil nicht bekannt. Echi- nometra Klein. Längsdurchmesser der Schale schief zur Hauptebene gestellt, Füsschen untereinander gleich, mit Saugscheibchen. Stacheln gross pfriemenförmig. E. lucunter Ag. E. ohlonga Blainv., Südsee. E. rupicola A. Ag., Panama. Acro- cladia Ag. (Heterocentrus). Der unpaare Radius verkürzt. Stacheln sehr dick und gross, die der Mundseite kleiner. A. trigonaria, mamillata Ag. , Südsee. Podo- phora Ag. {Qolohocentrus). Der unpaare Radius verkürzt. Die Stacheln abgei^lattet. 294 2. Ordnung. Clypeastridon, Schildigel. an der Rückenseite zu polyedrischen mosaikförmig sich borülu-enden Tafeln um- gebildet. Die Füsschen am Rücken zugespitzt, ohne Saugscheibe. P. atrata Brdt., Seychellen. P. pedifera Brdt., Valparaiso. Hier würden sich die echten Galeritiden mit Kauapparat anschliesson. Die- selben besitzen eine kuglich pyramidale Schale mit aus dem Scheitelpol ver- drängtem After und gehören der jurassischen und Kreide-Formation an. 2. Ordnunc.; Clypeastridea, Schildig-el. Irreguläre Seelgel von schildförmiger nieäergedrücJcter Gestalt, mit centralem Mund nebst Zahnapparat und excentrischem After, mit Öhlüttriger Ambidacralrosette um den Scheitelpol. Der flache schildförmige Körper besitzt meist innere Pfeiler und Bögen zur Verbindung der dorsalen und ventralen Fläche. Die Madre- porenplatte liegt central und ist meist auf sämmtliche Scheitelplatten ausgedehnt, aus denen die Genitalporen in den Interradion herabrücken können. Auf der Bauchseite finden sich zahlreiche auch über die Inter- radien ausgebreitete Tentakelporen. Selten verhalten sich die 5 Ambu- lacren regulär, meist sind die Plattenpaare des Biviums und Triviums verschieden. Peristom mit 10 Ambulacralplatten, zu denen meist noch 5 interradiale Platten hinzukommen. 1. Fam. Chjpeastridae, Schildigel. Die mehr oder minder flach pentagonale Schale mit centralem Mund und Kauapparat, mit sehr breiter ambulacraler Rosette. Der After excenti-isch auf der ventralen Seite oder doch nahe am Rand. Madreporenplatte apical von 4 oder 5 Genitalöffnungen umgeben. Von den Echinocyamnsavten der Kreide abgesehn treten sie zuerst in der altern Tertiär- zeit auf. 1. Subf. Fibularinae. Kleine kuglige Formen mit rudimentären Ambula- cralblättern. Die Kiefer stützen sich auf je einen der fünf Auricularfortsätze. Echinocyamus Van Phels. Schale klein, platt und elliptisch, hinten abgestutzt, mit Innern Scheidewänden, mit langen offenen petaloiden Ambulacreu, mit nicht conjugii-ten Poren. E. angtdoms Leske, Nordsee. E. pusillus 0. Fr. Müll, {tnren- tinus Ag.), Mittelmeer. Fibularia Lam. Mit eiförmiger bis kugeliger Schale, ohne innere Scheidewände, mit langen offenen petaloiden Ambulacren, mit conjugirten Poren. F. Ovulum Lam., Mittelmeer. F. volva Ag., Rothes Meer. 2. Subf. Clypeastrinae. Grosse breite Schildigel mit innern Pfeilern und sehr entwickelten Blättern der Ambulacralrosette. Die Kiefer artikuliren auf den Auriculae. Chjpeaster Lam. Gl. humilis Lesk., scutiformis Gm. Cl. {Echinanthus) rosaceiis Lam., Westindien. o. Subf. Laganinae. Körper flach mit lanzetförmigen Ambulacralblättern imd sehr schmalen Interauibulacren der Bauchseite. Laganum Klein. Die grosse Schale platt mit Peristomrosette, ohne innere Scheidewände. Petaloide Ambulacra fast geschlossen. Interaiubulacralt'elder schmal , etwa halb so breit als die am- bulacraleu. L. orbiculare Ag. , Java. L. depressum Less., Australien. Rumphia Desm. Unterscheidet sich von Laganum durch che langen offenen Ambulacra. E. roötrata Ag. . 8. Onlniiiipr. Spatangidea, Ilerzigel. 295 2. Fciiu. ScutelUdae (Mellitina). Mit flacher scheibenföriuigcr , zuweilen durchlöcherter oder gelappter Schale, mit bogigen oder verästelten Ambulacral- furchen der Unterseite (Porcnfascien). a) Gattungen ohne Einschnitte oder Löcher. After nahe am Rande. JDendraster Ag. Scheitel weit nach hinten. Untere Ambulacralfurchen sehr verästelt, selbst auf die obere Fläche reichend. After näher dem Rande als dem Munde. D. excentricus Ag., Californien. Die von A. Agassiz aufgestellte Gattung Scapliecliinus unterscheidet sich durch den marginalen After, Echinaraclmius Van Phels. Mit weit offenen petaloiden Ambvilacren und 4 Genitalporen. Untere Ambulacralfurchen nur einmal verästelt. After marginal. E. xtarma Gray, Atl. Ocean. Arachnoides Klein. Die sehr flache Schale mit 5 geraden einfachen Am- bulacralfui-chen auf der Unterseite, mit 5 Genitalporen. L. placenta Ag., Südsee. Hier schliessen sich die fossilen Mortonia und Scutella an. b) Gattungen mit Löchern oder Einschnitten in den Radien, aber ohne Loch hinter dem After. Lobophora Ag. Einschnitte oder Löcher nur in den beiden hintern Radien, mit kurzen breiten petaloiden Ambulacren und 4 Genitalporen. L. bifora Ag., Madagascar. Sehr nahe verwandt ist die fossile Anipliiope Ag. Astrichjpeus Varr. {Criistulmn Tr.). Löcher in allen 5 Radien, mit 4 Genitalporen. A. gratulans Tr. c) Gattungen mit Löchern oder Einschnitten in den Radien und unpaarem Loch hinter dem nahe dem Munde gelegenen After. Mellita Klein. Petaloide Ambulacra breit und geschlossen, mit 4 Genital- poren. M. qiiinquefora Ag. M. hexapora Ag. M. testudinata Klein, Amerika. EncupG Ag. Die zwei hinteren petaloiden Ambulacra länger, mit 5 Genitalporen und einer Innern Wand um die Mundhöhle. E. siibclaiisa Ag., mieropora Ag. E. emarginata Ag., Amerika. Leodia Gray. Petaloide Ambulacra schmal und offen. Untere Ambulacralfurchen erst in der Nähe des Randes verästelt, mit Genitalporen. d) Gattungen mit Einschnitten am Hinterrande der Schale, unter denen ein unpaarer liinter dem After diesen näher an den Mund drängt. Botula Klein. Schale hinten durch tiefe Einschnitte gefingert, vorn mit Löchern durchbrochen, mit zweimal verästelten Ambulacralfurchen, mit 4 Genitnl- poren. B. Eamphii Klein, Afrika. Echinodiscas Breyn. Unterscheidet sich von Botula durch den Mangel der Löcher in der Schale. 3. Ordnung: Spatangidea, Herzig-el. Irregidäre Seeigel von nielir oder minder herzförmiger Gestalt, mit excentrisehem Mund und After, ohne Zählapparat, meist mit i)eta- loiden •migleichmässig gestalteten Amhidacren. Mund mit Lippenbildung. Mundhaut ohne Porenplatten. Die Anil)ulacralp]atten mit Ausnahme von peristomialen Platten bleiben primäre. Unpaares Ambulacrum abweichend, meist ohne Petalum. Oft linden sich auf der Schale bandförmige Streifen, sog. Semiten oder Fasciolen mit bewimperten Stachelchen. Ueberall fehlt die Genitaldrüse, sowie der Genitalporus des unpaaren Interradius, dessen Scheitelplatte 296 Cassklulidae. Spatangidae. vom Madreporiten cingenüinuicn wird. Dieser verbindet sich olme Naht mit der rechten Scheitelplatte, deren Genitalporus ausfallen kann (Schizaster). Schliesslich fällt auch der Genitalporus der vordem linken Platte hinweg, so dass nur 2 Poren übrig bleiben (Abatus, Palacostoma). Im Jugendalter ist das Peristom fünfeckig. 1. Farn. Cassidulidae. Bilden den Uebergang zu den Clypeastrülen, indem der Mund noch central liegen kann und die Fasciolen der echten Spatangen fehlen. 1. Subf. Echinoneinae. Von länglich elliptischer Form, mit einfachen Ambulacren (ohne Petala) und 4 Genitalporen, früher mit Unrecht zu den mit Kauapparat versehenen Galeritiden gestellt und erst an der Uebereinstimmung mit jugendlichen Echinolampas und Cassidulus als Cassiduliden erkannt. Echi- noneus Van Phel. E. seminidaris Lam., Westindien. Hier schliessen sich wohl die iossilen schon im Lias vorkommenden Dijsasteridae an. 2. Subf. CassiduUnae {Nucleolinae). Mehr oder minder ovale Formen, vornehmlich der Kreide- und Tertiärzeit, mit länglichen Ambulacralblättern und wenig excentrischem Mund. Echinolatnpas Gray. E. depressa Gray, Tiefseeform aus Westindien. Echinohrlssus Breyn. {E. recens). Bhynchopygus pacificus A. Ag. Nucleolites epigonus Mart., sowie der vivipare Anochanus sinensis Gr. 2. Fam. Spatanyidae, Herzigel. Mit ovaler oder herzförmiger dünner Schale und ungleichen petaloiden Ambulacren, mit excentrischem queren meist zwei- lippigen Mund, ohne Kauapparat. Semiten vorhanden. Treten bereits in der Kreidezeit auf, auf welche die meisten Ananchytiden beschränkt sind. Bei den Kreideformen begegnen sich nicht nur die Ocellarplatten des Biviums, sondern auch meist die hintern Scheitelplatten. 1. Subf. Ananchytinae. Von länglicher Gestalt mit länglichem Scheitel- schild und flachen nicht geschlossenen petaloiden Ambulacren. Umfasst ausser den lebenden Tiefseeformen: Pourtalesia miranda A. Ag., Homolampas fragilis A. Ag. die fossilen Gattungen Anancliytes, Holaster, Stenonia, Cardiaster, Henii- pneustes u. A. Den Uebergang zu den Spatanginen vermittelt Platybrissus Gr. PI. RoemeriGv. 2. Subf. Spatanginae. Das unpaare Blatt der Ambulacralrosette bis zum Munde verlängert, oft in einer Rinne gelegen. Scheitelschild kurz, Genitalplatten zusammengedrängt. Semitae vorhanden. a) Gattungen mit ausschliesslich subanaler Semite. Spatangus Klein. Herzförmig mit sehr breiten petaloiden Ambulacren, Interambulacralfelder mit grossen perforirten Stachel warzen, 4 Genitalöffnungen. S. purpureus 0. Fr. Müll., meridionalis Risso, Nordsee. Sp. Baschi Lov., Küste Norwegens. Sp. spinosissimus Dcsm., Mittelmeer. Eupatagus Ag. E. Valen- ciennesil Ag. Hier schliessen sich die fossilen Gattungen Micrastcr, Macropneiistes an. Bei anderen fossilen wie Hemipatagus, Epiaster, Toxaster fehlen die Semitae ganz. b) Gattungen mit innerer Semite an den Ambulacren. Amphidetus Ag. = Echinoeardium Gray. Herzförmig dünn. Sulnmale Semite vorhanden. A. cordattts Desm., mediterrancus Forb., Mittelmeer. A. lae- vigaster A. Ag., Amerika. Luoenia Desm. Schale verlängert. L. cordiformis Lütk. Brcynia Desm. Neben der subanalen ist zugleich eine peripetale Semite vorhanden. B. Auslralasiae Leach., Südsee. Hierher gehört auch die fossile Gualüeria Desm. IV. Classe. Holothiirioideae, Seewalzen. 297 c) Gattungen mit siibanaler und peripetalcr Semite. Brissus Klein. Eiförmig verlängert, ohne Furche von dem weit vorn ge- legenen Scheitel zum Munde. Paarige Bliltter der Ambulacralrosette ungleich, 4 Genitalporen. B. Scillae Ag., Mittelmeer. B. carinatus Lam. , Ostindien. B. columharis Abg., Amerika. Brissopsis Ag. Mit schwacher Furche von dem ziemlich medianen Scheitel zum Munde. Paarige Blätter der Rosette gleich. B. lyrifera Forb., Nördl. Meere. Hier schliessen sich die durch den Porenmangel des vor- dem Blattes der Rosette ausgezeichneten Gattungen Meoma Gray (M. ventricosa Lam.) und Kleinia Gray an. Bei den Gattungen Leshia Gray {Palaeostoma), Faorina Gray, die ebenfalls eine unvollständige Entwicklung des unpaaren Rosettenblattes characterisirt, sowie bei den fossilen Hemiaster (übrigens in einer Art: H. experyitus Lov. noch jetzt lebend gefunden) und Toxohrissus fehlt die subanale Semite. d) Gattungen mit peripetaler und lateraler Semite. Schizaster Ag. Herzförmig, hinten sehr hoch, mit fünf tiefen Furchen um den weit nach hinten gelegenen Scheitel, in denen die paarigen Blätter der Rosette liegen. Meist 3 Genitalporen. S. canalifems Ag., Mittelmeer. S. fragilis Düb. Kor., Nordsee. S. cnbensis D'Orb. Tripi/lut> Vhil. Tr. excavatus Fhil., Patagonien. Hier schliessen sich die Gattungen Ayassizia Val. (mit nur je einem Poren- gang in den paarigen Blättern), Moera Mich., Prenaster Desm. und die aus- schliesslich fossilen Periaster, Linthia, Pericosmus an. IV. Classe. Mol^ithiirioideae ' ) , Seews^lzeia. Wnrmförmifj gestreckte Echlnoderinen mit lederartiger, Kalk- Mrperchen enthcdtender KörperbedecJcung , mit einem Kranze meist retractiler Mundtentakeln und terminaler Afteröffnung. Die Holothurien nähern sich durch ihre walzenförmig langgestreckte Körperform und die mehrfach ausgesprochene bilaterale Synnnctrie den Würmern und besitzen insbesondere mit den Gephgreea {Sipanctdaceen) 1) Ausser den altern Werken und Schriften von J. Plancus, Bohadsch, Pallas, 0. Fr. Müller, Oken u. a. vergleiche besonders: G. F. Jaeger, De Holothuriis. Dissertatio inauguralis. Zürich. 1833. J. F. Brandt, Prodromus descriptionis aninialium ab H. Mertensio in orbis teiTarum circumnavigatione oli- servatorum. Fase. I. Petersburg. 1835. J. Müller, Ueber Synapta digitata und über die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Berlin. 1852. A. Baur, Bei- träge zur Naturgeschichte der Synapta digitata. 3 Abhandlungen. Dresden. 18G4. Kowalewsky, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Holothurien. Petersburg. 1867. Selenka, Beiträge zur Anatonde und Systematik der Holothurien. Zeitsch. für wiss. Zoologie. Tom. XVII und XVIII. E. Sem per, Reisen im Archipel der Philippinen. Tom. I. Leipzig. 1868. Dazu kommen die Werke und Abhandlungen von Delle Chiaje, Sars, Düben und Kuren, Dalyell, Krohn, Leydig, Quatrefages, Pourtales, Troschel, Forbes, Grube, Verrill, A. Agassiz u, a. 298 Integumeiit. Anibulacralfüsscheii. sclion äusserlich eine so auttallendo Aehnlichkeit, dass sie lange Zeit mit denselben zusammengeslellt wurden. Auch in der innern Organisation haben sich zwischen Holothurien und Gephyreen verwandtschaftliclie Beziehungen ergeben, und man konnte im Anschluss an die letzteren an der Hand entwicklungsgeschichtlicher Betrachtungen zu der irrigen Vor- stellung gelangen, die Urform beider Gruppen in einer Bhabdomolgus- ähnlichen Gestalt gefunden zu haben. Die Körperbedeckung bildet niemals eine feste verkalkte Schale, wie wir sie in andern Classen der Echinodermen finden, sondern bleibt weich und lederartig, indem sich die Verkalkung .auf Ablagerung zer- streuter Kalkkörper von bestimmter Form beschränkt. Die Kalkgebilde, die sich als Anker, Räder, Stühlchen darstellen, halten eine mehr ober- flächliche Lage ein, während andere, wie namentlich die verästelten Stäbchen, die durchlöcherten Scheibchen oder die grösseren Platten schwammigen Kalkgewebes einen tiefern Sitz in der Unterhaut einnehmen. Selten (Fsolus) treten grosse Schuppen in der llückenhaut auf, welche selbst stachelartige Fortsätze entwickeln können {Echinocucumis). All- gemein findet sich ein fester aus 10 alternirend radialen und interradialen Kalkstücken gebildeter Kalkring in der Umgebung des Schlundes als inneres Kalkskelet. Die bilaterale Symmetrie kommt nicht nur in Folge des Auftretens unpaarer Organe, sondern vornehmlich durch den oft scharf ausgeprägten Gegensatz von Bauch- und llückentiäche zum mehr oder minder deut- lichen Ausdruck. Nicht überall stehen die Ambulacralfüsschen gleich- massig in den fünf Radien, sondern sind unregelmässig über die ganze Oberfläche ausgebreitet (Sporadipode Deiidrochiroten), oder beschränken sich als Bewegungsorgane auf die Reihen des Triviums. In diesem Falle bewegt sich die Holothurie auf der mehr oder minder söhligen Bauch- fläche (Psolus). Im Allgemeinen besitzen die Füsschen eine cylindrische Form und enden mit einer Saugscheibe, auf der Rückenfläche des Körpers aber sind sie oft conisch und entbehren als Ambulacralpapillen der terminalen Saugscheib?. Die Tentakeln, welche ebenfalls mit dem Wassergefässsystem in Verbindung stehen und als eigenthümlich modi- ficirte Ambulacralanhänge gelten müssen , sind einfach cylindrisch oder schildförmig (Äspidochiroia) oder fiederartig getheilt und selbst baum- älinhch verzweigt (JDendrochirota). Bei einer Reihe von Formen fallen indess die Füsschen und mit ihnen sogar die Radialstämme des Ambu- lacralgefässsystems ganz hinweg {Synaptiden) und dann bleiben die Tentakeln als die einzigen Anhänge am Schlundringe übrig. Bei dem liolien Werthe, den die Ambulacralfüsschen für den Echinodermentypus besitzen, ist diese Reduktion von grosser systematischer Bedeutung und zumal bei dem frühen Auftreten der Radialstämme und Füsschen im Körper des jungen Echinoderuis, für die Bildung der Ilauptgruppen Nervensystem. Wasserluiiüfen und Wimpertrichter. "99 (Pcdata — Äpoda ') in erster Linie zu verwerthen. Für die Bewegung des Körpers kommt stets der bedeutend entwickelte Hautmuskelschlaueh in Betracht, dessen 5 je aus zwei Hälften bestehenden radialen Längs- muskeln sich an den radialen Stücken des Kalkringes selbst festsetzen oder besondere (Dendrochirota), die Leibeshöhle durchsetzende Bündel zur Befestigung an die Kalkstücke entsenden. Dazu kommt ein innerer das Corium continuirlich auskleidender Ringmuskelschlauch. Das Nerven- system liegt dicht an der Mundscheibe unter dem Kalkringe an und lässt seine 5 Stämme durch Oeünungen der 5 Radialstücke hindurch- treten. Diese Stämme entsenden Zweige zu den Füsschen und in die Haut. Als Gehörbläschen sind von Baur 10 am Urprung der Radial- nerven von Synapta befindliche bläschenförmige Gebilde in Anspruch genommen. Für das Wassergefässsystem kann als charakteristisch gelten, dass der meist einfache und dann dorsale Steinkanal frei in der Leibeshöhle mit einem der fehlenden Madreporenplatte vergleichbaren Kalkgerüst endet. Als ein Theil des Wassergefässsystems ist ein be- sonderer mit der Leibeshöhle communicirender Sinus anzusehen, welcher die Schlundwaiidung von dem Kalkringe trennt. Neben diesem con- stanten Schlundsinus wurden neuerdings noch ein Nebenschlund sinus und Geschlechtssinus als Nebenräume des Wassergefässsystemes unter- schieden. Die Oeflnangen, durch weiche das Seewasser in die Leibeshöhle gelangt, hegen wahrscheinlich in der Kloaken wandung.- Wahrscheinlich besteht auch ein Zusannnenhang des Wassergefässsystems mit dem Blid- (jefässsystem, wie er bereits von Delle Chiaje und M. Edwards be- hauptet wurde. Als Respirationsorgane gelten die baumförmig ver- ästelten Anhänge am Enddarme, die sog. Wasserlungen, welche von dem Kloakenraume aus mit Wasser gefüllt werden und deren linke Hälfte wenigstens bei den Aspidochirote.n von einem Blutgefässnetz innig um- sponnen wird. Dieselben fehlen jedoch bei den Synaptiden vollständig, während sich hier im Mesenterium isolirte oder gruppenweise vereinigte Wimpertrichter mit meist frei in die Bauchhöhle mündender Oefinung vorfinden, welche ähnlich gelegenen Wimpercanälen der Sipunculiden entsprechen und wie diese zur Erregung einer bestimmten Stromes- richtung der Leibesfliissigkeit beziehungsweise zur Excretion dienen möchten. Vielleicht sind auch die sog. Wasserlungen der Holothuricn Excretionsorgane. Als solche betrachtete man bisher allgemein ander- weitige freilich nicht constante (den Synaptiden durchweg fehlende) 1) Gegenüber d- tactes L., Nordeurop. Meere. C. PJanci Brdt. {€. doliohnn Aut.), Triest. C. cucumis Risso, Adria und Mittelmeer. G. Korenii Lütk. , Nordsee. Ocnus Forb. 10 Ten- takeln. Auf dem Rücken steht nur eine Reihe von Ambulacralfüsschen. Grosse Kalkschuppen in der Haut. 0. lacteus Forb., Norwegen. 0. minutus Fabr., Grön- land. 0. assimilis Düb. Kor., Ghristiansund. 0. Kirchsbergii Hell., Adria. Colo- chirus Tr. 10 Tentakeln. Auf dem Rücken nur Ambulacralpapillen, die Füsschen des Bauches in 2 deutlich getrennten Reihen. After mit Kalkzähnen. C. doliolum Fall., Mittelmeer und Adria. Echinocucumis Sars. 10 Tentakeln. Füsschen in 5 Reihen, Haut dicht mit langgestachelten Kalkschuppen bedeckt. E. typica Sars, Norweo'en. E. adversaria S. Bohul. Psolus Oken. Die Füsschen stehen in deut- lichen Reihen auf einer scharf begrenzten Bauchscheibe, fehlen aber am Rücken. Kalkkörper in Form grosser Kalkschuppen. Ps. phantapus Strussenfeldt , Nor- dische Meere. Ps. squamatus Kor., Sund, Grönland. Ps. Fabricii Düb. Kor., Nor- wegen. Ps. antarcticus Philip., Magellanstrasse. 2. Subf. Sporadipoda. Die Ambulacralfüsschen umgeben den Körper gleich- massig, ohne eine Anordnung in Reihen zu zeigen. Thyone Oken. 10 Tentakeln. After mit Kalkzähnen. Th. fusus 0. F. Müll., Mittelmeer, Nordsee u. A. Th. villosa S., Gebu. Th. raphanus Düb. Kor., Bergen. Th. {Stolus, After ohne Zähne). St. gibber Slk., Panama. St. firma Slk., Ghina. Thyonidium Düb. Kor. 20 Ten- takeln, 5 Paar grosse und 5 Paar kleine in alternirender Stellung. Füsschen stehen zuweilen minder dicht in den Radien gereiht. Th. pellucidiiim Vahl., Nord- europ. Meere. Th. Brummondii Thomps., Sund, Irland. Th. cebuense S. Orcula Tr. 15 Tentakehi, von denen 5 kleiner. After olme Bewaftnuug. 0. Barthii Tr., Labrador. 0. punctata Slk., Charleston. Phyllophorus Gr. Mit 12—16 Tentakeln, innerhalb derselben ein Kreis von 5—6 von kleineren. Die Radialstücke des Kalk- ringes sind wie bei den Synaptiden durchlöchert. Ph. urna Gr., Palermo, Neapel. Hier schliessen sich die Gattungen Hemicrepis J. Müll. {H. granulatus Gr.), Stereo- derina Ayr. iiu. 2. Ordnung. Apoda. Fiisschenloso Holothurien. B03 2. Ordnung. Apoda. Füssclienlose Holothurien. Holothurien ohne Füsschen, mit oder ohne Lnmjcn, theihveise oder sämmtlich (?) hermaphroditisch. 1. ünteiorilnung : Pneuiuonophora. Füsschenlose LungenholothuricMi mit cylindrischen oder schildför- migen oder gefingerten Tentakeln. Hermaphroditisch (?). 1. Farn. Molpadidae. Mit den Charakteren der Unterordnung. Molpaäia Cuv. Mit 12 bis 15 am Ende gefingerten Tentakeln und mit Retraktoren des Schlundes. M. borealis Sars, Nordische Meere. M. chilensis J. Müll., Chili. M. holothurioides Cuv., Atl. Meer. H. musculus Risse, Mittelmeer. Haplodactyla Gr. Mit glatter Haut und 15 oder 10 einfachen cylindrischen Tentakeln. H. mol- padiensis S., China, Cebu. H. mediterranea Gr., wurmförmig, Mittelmeer. Lio- soma Brdt. Mit kurzem cylindrischen Körper und 12 schildförmigen Tentakeln. L. arenicola Stimps. , San Pedro. L. sitchaecnse Brdt., Sitka. Caudlna Stimps. Körper hinten stark verschmälert. Haut durch zahlreiche Kalkkörper rauh. 12 fingerförmig getheilte Tentakeln. C. arenata Gould, Massachusetts. Embolus S\k. Mit 15 stummeiförmigen Tentakeln, ohne Kalkring. E. pauper Slk. Echinosoma S. Körper ascidienartig. Haut mit grossen bestachelten Schuppen bedeckt. 15 stummei- förmige Tentakeln. E. hispidum {Eupijrgus hispidus Barrett. ?), Norwegen. 2. Unterordnung: Apneumona. Ilermaphroditische Formen ohne Lungen, mit Wimpertrichtern und linearen, gefiederten oder gefingerten Tentakeln. 1. Faiii. Synaptidae. Mit gefiederten oder gefingerten Tentakeln, ohne Radiärgefässe in der Haut, mit eigenthümlichen trichterförmigen Wimperorganen und mit Kalkkörpern in Form von Rädern oder Ankern. Synapta Esch. 10 bis 25 gefingerte oder gefiederte Tentakeln, mit Kalkankern in der Haut. 8. digitata Mntg., Europ. Meere. Mit der Fähigkeit, sich in Stücke zu theilen. Parasitisch lebt in ihr Entochoncha Mülleri. S. inhaerens 0. F. Müll., Nord. Meere. Mittel- nieer. S. molesta S., Bohol. 8 Beselii Jag., Samoainseln, Philippinen u. v. a. A. Anapta S. Mit 12 kleinen fein gefiederten Tentakeln, mit kleinen Papillen besetzt. Die Kalkgebilde der Haut beschränken sich auf biscuitförmige Platten. A. gra- cilis S., Manila. Chirodota Esch. Mit schildförmigen gefingerten Tentakeln und Kalkrädern, die gruppenweise in Bläschen der Haut sitzen. Ch. vitiensis GräfFe, Viti-lnseln. Ch. pellucida Vahl., Nordische Meere. Ch. laevis Fabr., Grönland. Hier schliessen sich die Gattangen Myriotrochus Steenstr. (ilf. Einkn), Oligotrochiis Sars, 8ynaptiila Oerst. und wahrscheinlich die leider unvollständig bekannte, zweifel- hafte Gattimg Ehabdotnolgus Kef. an. Zweifelhaft sind die Familien der Eupyr- giden (Eupyrgus scaber Lütken, Grönland) und Oncilabiden. Für die merkwürdige von Gray entdeckte Ehopalodina lageniformis, welche den Holothurien am nächsten verwandt ist, aber doch durch den Besitz von 10 ambulacralen Radien, durch die Lage des Mundes und Afters im Centrum desselben Poles und durch das Verhältniss der 10 Radien zu dem Schlund und Enddarm sehr wesentlich abweicht, ist von Semper eine fünfte Echiaodermenclasse 304 IV. Typus. Vermes, Würmer. unter dem Namen Diplostomidea aufgestellt worden. Die Charactere dieser fünften Classe sind folgende: »Mund, After und wahrscheinlich auch die einfache Geschlechts- ötinung im Centrum des einen Poles, von den bis zum entgegengesetzten Pole laufenden Radialgefässen gehört die eine Hälfte dem Schlund, die andere dem Enddarm an ; Biviuju und Trivium fehlen, und die Radien stellen sich symmetrisch zu einer durch Mund und After bestimmten Ebene«. Der Körper von Rhopalodina, ist kuglig mit langem den Schlund und Enddarm aufnehmenden Stil , an dessen Spitze Mund und After liegen. Der erstere wird von 10 (?) gefiederten Tentakeln, der letztere von 10 radialen Papillen imd 5 interradialen Spitzen umstellt. In jedem der 10 ambulacralen Radien eine Doppelreihe kleiner Füsschen; am Anfang des Enddarms 4 Lungen. Die Darmwindungen bilden eine Spirale und doppelte Schlinge. Kalkringe des Schlundes und des Darmes vorhanden. Ein Geschlechts- gang zwischen Schlund und Enddarm, aus sehr zahh'eichen Follikeln kervorgehend. Fundort: Congo-Küste. IV. Typus. Vrrraes^), Würmer. Seitlich symmetrische Thiere mit ungeyliedertem, geringeltem oder gleich- artig (homonom) segmcntirtem Körper, mit seitlichen Excretionscanälen ( Wassergefässen), ohne gegliederte Segmentanhänge {Gliedmassen). Der Embryo bildet sich in der Hegel ohne voraus angelegten Primitivstreifen. Während Linne alle Wirbellosen mit Ausnahme der Insekten und Spinnen Würmer nannte und in Vermes intestina, mollusca, testacea und soophyta eintheilte, begrenzt man seit Cuvier die Würmer weit enger und vereinigt unter dieser Bezeichnung eine Reihe von Thiei-- classen, welche in der meist gestreckten, platten oder cylindrischen Körperform übereinstimmen und stets gegliederter Extremitäten ent- 1) Pallas, Miscellanea zoologica. Hagae comitum, 1766. 0. Fr. Müller, Von den Würmern des süssen und salzigen Wassers. Kopenhagen. 1771. Der- selbe, Vermium terrestrium et fluvatilium etc. historia. Hafniae et Lipsiae. 1773. Rudolphi, Entozoorum sive vermium intestinalium historia naturalis. 3 Bünde. Amstelodami. 1808—1810. v. Nordmann, Mikrographische Beiträge zur Natur- geschichte der wirbellusen Thiere. Berlin. 1832. Dujardin, Histoire naturelle des Helmin thes. Paris. 1845. J. Steenstrup, Ueber den Generationswechsel oder die Fortpflanzimg und Eutwickhmg durch abwechselnde Generationen. Kopenhagen. 1842. Van Reneden, Memoire sur les vers intestinaux. Paris. 1861. R. Leuckart, Die lueuschlichen Parasiten. Leipzig und Heidelbex-g. 1803—1868. Beziehungen der Würmer zu andern Typen. 305 behreii. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass die höheren Würmer mit segmentirtem Leibe — die Anneliden oder Gliederwürmer — ihrer Organisation und Entwicklung nach zu den Arthropoden in naher Be- ziehung stehen und mit denselben, ähnlich wie die fusslosen Fische und Schlangen mit den Säugethieren, als der gleichen Organisationsreihe angehörig betrachtet werden können. Auch giebt es eine Anzahl von Formen, in deren Bau Charactere von Würmern und Arthropoden in einer Weise vereint sind, dass man dieselben — Echinoderen, RoHferen— nicht anders als freilich den Würmern näher stehende Verbindungs- glieder beider Gruppen auffassen kann. Dennoch aber erscheint es aus mehrfachen Gründen gerechtfertigt, beide Thiergruppen vorläufig als Typen zu sondern. Zunächst fällt in die Wagschale, dass die niedersten Plattwürmer den Arthropoden sehr weit entfernt stehen, so dass es un- möglich wird, für dieselben irgend welche gemeinsame Merkmale — von d(Mn seitlich symmetrischen Baue abgesehn — aufzustellen. Dazu kommt die Annäherung der Gephpreen zu den Holothurien, die Aehn- lichkeit zwischen Wurm- und Echinodermenlarven , endlich selbst eine gewisse duixh die Bryosoen vermittelte Beziehung zwischen Wurm- und Molluskentypus, wodurch die systematische Stellung und Gliederung der Würmer eine ausserordentlich schwierige und verwickelte wird. Angesichts dieser Verhältnisse und bei der bunten Mischung von Formen, die man als Würmer in einem gemeinsamen Typus zu vereinigen augen- blicklich für das richtigste halten nuiss, wird man um so grössern Werth auf ein durchgreifendes gemeinsames Merkmal zu legen haben, aber sich vergebens nach einem solchen umsehen. Denn weder der für mehrere Wurmclassen allerdings in hohem Grade charakteristische als sog, Wassergefässsystem auftretende Excretionsapparat, noch die Gestaltung des Hautmuskelschlauchs kann als eine besonder« und durchgreifende Einrichtung bezeichnet werden. Im Allgemeinen ist die seitliche Symmetrie sowohl in der Form des Körpers als in der Lage und Anordnung der Organe durchgeführt, aber doch sind hier und da Andeutungen eines radiären zwei- oder vier- strahligen Baues unverkennbar. Die Form des weichen und contractilen, auf den Aufenthalt in feuchten Medien angewiesenen Leibes ist meist gestreckt, platt oder cylindrisch, bald ohne jegliche Ringelung, bald quergefaltet, bald geringelt, bald in Segmente (Metameren) gegliedert. Mit seltenen Ausnahmen unterscheiden wir eine Bauchfläche und Rücken- fläche, welche meist durch die Lage einzelner Organe bezeichnet werden ; auf der erstem bewegt sich in der Regel das Thier oder heftet sich an fremde Gegenstände an, hier findet sich auch gewöhnlich die Mund- r)ffnung meist an dem bei der Bewegung nach vorn gekehrten Ende. Der Unterschied des platten, mehr verkürzten und des cylindrischen, Claus, Zoologie. 3. Auflage. 20 306 Eintheilung. Integument. langgestreckten Leibes erscheint besonders für die nicht segmentirten Würmer von grosser Be enthält, in welchem ferner die reichen Ver- ästelungen und die Hauptstämme des Wassergefässsystems sowie die Geschlechtsorgane eingelagert sind. Sinnesorgane fehlen durchaus, in- dessen wird man der HautoberMäche, vornehndich der des Kopfes und der Sauggruben, ein gewisses Tastvermögen zuschreiben können. Ebenso fehlt ein gesonderter Verdauunyscanal vollständig. Die bereits zur Resorption fähige Nahrungstiüssigkeit dringt endosmotisch durch die gesannnte Körperwandung direkt in das Leibesparenchym ein. Dagegen findet sich ein Excrctionsapparat von ansehnlichem Umfang in Gestalt des vielfach ramiticirten , die ganze Körperlänge durchziehenden sog. Wassergefässsystcmes. Es sind in der Regel vier, zuweilen nur zwei, selten sechs oder acht an den Seiten verlaufende Längscanäle, welche im Kopfe durch Querschlingen in einander übergehn und in den einzelnen Gliedern durch Queranastomosen in Verbindung stehn. Je nach dem Geschl ech tsorgane. 815 Cüntractiunszustande der Leibesmuskulatur erscheinen diese Längsstämnic und Queräste bald gradgestreckt, bald wellen- oder zickzacktorniig ge- bogen, auch zeigt die Weite der C^anäle einen nicht unbedeutenden Wechsel, so dassman denGefässwandungen das Vermögen der Contractilitat zugeschrieben hat. Diese Längsstämnie sind jedoch nur als die Aus- führungsgänge eines sehr feinen in allen peripherischen Parenchymtheilen verzweigten Gefässnetzes zu betrachten, welches an verschiedenen Stellen durch dünnere Canäle in die Stcämme einmündet. An der Innenwand der feinern Gefässe finden sich in kurzen Abständen vornehmlich an den Spaltungsstellen zahlreiche Flimmerläppchen, welche durch ihre Schwin- gungen die Fortbewegung des wasserhellen flüssigen Gefässinhalts be- fördern. Auch Körnchen und weissliche kalkhaltige Ablagerungen kommen in den Canäien gelegentlich vor, und es ist sogar wahrscheinlich, dass die erwähnten concentrisch geschichteten Kalkkörperchen, wie ähnliche Gebilde der Trematoden, zu den Anfängen der Gefässnetze eine Beziehung haben, wie auch die Harnwerkzeuge mancher Insekten Crystalle von oxalsaurem Kalk und die Bojanus'schen Organe der Muschelthiere massenhaft gehäufte Concretionen von phosphorsauren Kalk enthalten. Die AusmUndungsstelle des Wassergefässsystemes liegt in der Regel am hintern Leibesende, beziehungsweise am Hinterrande des letzten GUedes, an welchem eine kleine pulsirende Blase mit Excretionsporus die Längs- stämme aufnimmt. An den vorausgehenden Gliedern bilden sich nach den Beobachtungen Leuckart's bei Tae}iia cucumerina die hintern Quercanäle durch allmählige Verkürzung und Annäherung der Längs- stämnic zu der Blase um, die nach Abstossung des nachfolgenden Ghedes eine Oeifnung erhält. Selten kommen auch im Vorderende des Band- wurms hinter den Sauggruben Oeftnungen des Gefässapparates hinzu. Erkennen wir bereits im Systeme der Wassergefässe eine den ein- zelnen Segmenten im Allgemeinen entsprechende Ghederung, so gilt eine solche in noch vollkommenerem Masse für die Geschlechtsorgane. Jedes Bandwurmglied hat seinen besondern männlichen und weiblichen Geschlechtsapparat und kann deshalb zumal bei der Fähigkeit der Isolirungals hermaphroditisches Geschlechtsindividuum betrachtet werden. Der männliche Theil besteht aus zahlreichen birnhirmigen Hodenbläschen, deren Stile als Vasa efferentia in einen gemeinsamen Ausführungsgang einmünden. Das geschlängelte Ende dieses letztern liegt in einem nuis- kulösen Beutel (Cirrushcutel) und kann aus demselben als sog. Cirras durch die Geschlechtsöifnung hervorgestülpt werden. Derselbe erscheint häufig mit rückwärts gerichteten Spitzen besetzt und dient alsCopulations- organ, welches bei der Begattung in die weibliche Geschlechtsöffnung meist desselben Gliedes eingeführt wird. Die weiblichen Geschlechts- organe bestehen aus Eierstock, TJottersföcJcen, Frachthehältcr, Samen- hlaac und Viujina, welche letztere in der Kegel unterhalb der männlichen 316 E;ier und P^mbryonen. GeschlechtsöffnuDg meist in einem gemeinsamen umwallten Geschlechts • porus, entweder auf der Bauchfläche des Gliedes {Bothriocephalus\ oder am Seitenrande {Taenia) und zwar alternirend bald an der rechten bald an der linken Seite nach aussen mündet. Indessen kommt es auch vor, dass beide Geschlechtsöflhungen in weitem Abstand getrennt liegen, dass die männliche Oeffnung am Seitenrande, die weibliche auf der Fläche der Glieder ihre Lage hat. Mit der Grössenzunahme der Glieder und der Entfernung derselben vom Kopfe schreitet die geschlechtliche Ausbildung allmählig von vorn nach dem hintern Ende, des Bandwurmes vor, in der Regel so, dass die männhche Geschlechtsreife etwas früher als die weibliche eintritt, dann die Begattung und Befruchtung, das heisst die Anfiillung der Samenblase {Receptaculiim seminis) mit Samen- fäden erfolgt und erst später die weiblichen Geschlechtsorgane zur vollen Reife und Entfaltung gelangen. Insbesondere erhält erst nachher der Fruchtbehälter seine endliche Form und Grösse, während die Hoden, und dann auch die Ovarien und Dotterstöcke mit der allmähligen Füllung des erstem mehr oder weniger vollständig resorbirt werden. Nur die hintern zur Trennung reifen Proglottiden haben die gesammte geschlecht- liche Entwicklung durchlaufen, und auch die Eier im Innern des Frucht- behälters umschliessen häufig bereits vollständig ausgebildete Embryonen. In der continuirlichen Aufeinanderfolge der Glieder erkennt man dem- nach das Entwicklungsgesetz für die Entstehung und allmählige Reife der Geschlechtsorgane und Geschlechtsproducte, und die Zahl der Band- wurmglieder von der Anlage der Geschlechtsorgane an bis zum Auftreten der ersten Proglottiden mit entwickeltem Fruchtbehälter kann einen Ausdruck für die Anzahl der Stadien abgeben, welche ein jedes Glied bis zur geschlechtlichen Ausbildung durchlaufen muss. Die Grösse des ausgewachsenen Bandwurmleibes erscheint daher im Allgemeinen für jede Art ziemlich tixirt, wenigstens vom Kopfe an bis zu den ersten reifen Proglottiden, wenn gleich allerdings wohl die geschlechtliche Ent- wicklung in dem einen Falle etwas rascher, in dem andern langsamer durchlaufen werden mag; vorzugsweise aber kommen die Schwankungen, welche bei derselben Art in der Länge des Bandwurmkörpers beobachtet werden, auf Rechnung der verschiedenen Anzahl reifer Proglottiden, welche noch nicht zur Isolirung gelangt sind. Die Bandwürmer sind ovipar, sei es nun dass sich die Embryonen bereits innerhalb des mütterlichen Körpers in den Eischalen ausbilden {Taenia), sei es dass dieselben erst ausserhalb der Proglottis z. B. im Wasser zur Reife ge- langen {JBothriocephaluü). Die Eier der Cestoden sind von runder oder ovaler Form und von geringer Grösse. Ihre Hülle ist einfach oder auch aus mehrfachen dünnen Häuten zusammengesetzt oder stellt sich als feste dicke Kapsel dar, welche wie bei den Taenien aus dicht neben einander stehenden Entwicklung. Generationswechsel. 317 durch eine Zwischensubstanz verkitteten Stäbchen gebildet wird und dem entsprechend ein granulöses Ansehn darbietet. In vieU'n Fällen fällt die Embryonalentwicklung mit der P^ildung des Eies zusammen, und das abzusetzende Ei enthält bereits einen fertigen sechs-, selten vierhakigen Embryo; indessen findet dieselbe bei manchen Gattungen ausserhalb der Progiottis statt und kommt erst nach längerm Aufent- halte der Eier im Wasser {Bothriocephalus) zum Ablauf. Die Entwicklung des Embryo's zum Bandwurm erfolgt wohl niemals auf directem Wege an demselben Aufenthaltsorte im Darmcanal des ursprünglichen Trägers. Als Regel kann eine complicirte mit Generationswechsel verbundene Metamorphose gelten , deren auf- einanderfolgende Stadien an verschiedenen Wohnplätzen leben, meist sogar in verschiedenen Thierarten die Bedingungen ihrer Ausbildung finden und durch theils passive, theils activn Wanderungen übertragen werden. Die Eier verlassen gewöhnlich mit den Proglottiden den Darm des Bandwurmträgers und gelangen auf Düngerhaufen, an Pflanzen oder auch in das Wasser und von hier aus mittelst der Nahrung in den Magen meist pflanzenfressender oder omnivorer Thiere. Nachdem in dem neuen Träger die Eihüllen unter der Einwirkung des Magensaftes zerfallen oder zersprengt worden sind, werden die Embryonen im Magen oder Darm ihres neuen Aufenthaltsortes frei und bohren sich mittelst ihrer sechs (selten vier) Häkchen, deren Spitzen über der Peripherie des kleinen kugligen Embryonalkörpers einander genähert und wieder entfernt werden können, hi die Magen- und Darmgefässe ein. In dem Gefässsysteme angelangt, werden sie unzweifelhaft passiv durch die ßlutwelle fortgetrieben und auf näheren oder entfernteren Bahnen in den Capillaren der verschiedensten Organe: Leber, Lunge, Muskeln, Gehirn etc. abgesetzt. Nach dem Verluste ihrer Häkchen wachsen die Embryonen, in der Regel von einer bindegewebigen Cyste umkapselt, zu grösseren Bläschen aus, mit wandständigem contractilen Parenchym und wässrig-flüssigem Inhalt. Die Blase wird allmählig zur Finne oder zum Blasemvurm, den man früher einer besondern Entozoenfamilie (Cystici) einordnete. Von ihrer Wandung aus wachsen nämlich in das Innere eine (Cysticercus ') oder zahlreiche [Coenurus) Hohlknospen, welche im Grunde der Höhlung die Bewaffnung des Bandwurmkopfes in Form von Saugnäpfen und doppeltem Hakenkranz erhalten. Stülpen sich diese Hohlknospen nach aussen um, so dass sie als äussere Anhänge der Blase erscheinen, so zeigen sie die Form und die Bewaffnung des Band- wurmkopfes nebst mehr oder minder entwickeltem Hals und selbst bereits sich gliederndem Bandwurmkörper. Es kann auch der Fall eintreten (Echinococcus), dass die unregelmässig gestaltete Mutterblase im Innern 1) Ausnahmsweise kommen zwei oder mehrere Köpfe bei manchen Cysticercus- formen vor. 318 Embryo. Cysticorciis, Sei. lex, Strobila, Proglottis. von ihrer Wandung- aus Tocliter-') und Enkelldasen erzeugt, und dass die ßandwurniköpfclien in besond(M-n kleinen I>rutka])seln an diesen Blasen ihren Ursi)rung nehmen. Dann ist natürlich die Zahl der von einem Embryo entsprossenen Bandwurinküpfe eine enorme, und die Mutterhlas(! kann einen sehr beträchtlichen Umfang, nicht selten die Grösse eines menschlich(!n Kopfes erreichen, dabei in Folge der äusseren Knospung eine sehr unregclmässige Form annehmen. In seiner Verbindung mit dem Körper des BlasenAVurmes und in dem Träger des letztern bildet sich der Bandwurmkopf, so weit bekannt, ni(>mals zu dem geschlechts- reifen Bandwurm aus, wenn gleich derselbe in manchen Fällen zu einer ansehnlichen Länge auswächst und nach seiner ilervorstülpung und Sohdification selbst die Glitidcrung des Bandwurmkörpers erhalten kann (Cysticercus fasciolaris der Hausmaus). Der Blasenwurm, der nicht etwa als ein verirrter, hyih'opischer Zustand, sondern als ein normales nothwendiges Entwicklungsstadium aufzufassen ist, muss zuvor in den Darmcanal eines neuen Thieres eintreten, um den Bandwurmkopt nach seiner Trennung von der Wandung des Blasenlvörpers in den Zustand des gcschlechtsreifen Bandwurmes übergehu zu lassen. Diese Ueber- tragung erfolgt durchweg mittelst der Ernährung, insbesondere durch den Oenuss des finnigen Fleisches und der mit Blasenwürmern inficirten Organe auf passivem Wege durch die Wechselbedingungen des Natur- lebens. Es sind daher vorzugsweise Ptaubthiere, Insektenfresser und Omnivoren, welche mit dem Leibe der zu ihrer Ernährung dienenden Thiere die Blasenwürmer in sich aufnehmen und die aus denselben hervorgehenden Cestoden im Darme beherbergen. Die Blase wird dann im Magen verdaut und der Bandwurmkoi)f als Scolex frei; dieser ge- schützt wie es scheint durch die zahlreichen Kalkconcremente vor der zu intensiven Einwirkung des Magensaftes, tritt alsbald in den Dünn- darm ein, befestigt sich mit seinem Haftapparate an der Darmwand und wächst unter allmähliger Gliederung in den Bandwurmleib aus. Aus dem Scolex geht die Kettenform, Strohila, durch ein mit Gliederung verbundenes Längenwachsthum hervor, welches aber auch als eine Form der ungeschlechtlichen Fortpflanzung (^Sprossung und Theilung in der Längsachse) aufgefasst werden kann. Indem es aber der Leib des Scolex ist, welcher das Wachsthum und die Segmentirung erleidet, erscheint es am natürlichsten, von der Individualität der gesannnten Kette auszugehn und dieser die Individualisirung der Proglottiden unterzuordnen. Dann ist die B;ind Wurmentwicklung als eine durch die Individualisirung bestinnner Entv.icklungszustände charakterisirte Metamorphose zu deuten. Hält mau sich jedoch an die Auflassung des Generationswechsels, so 1) Auch bei Cysticercen {C. loncficoUis, tcnuicolliH) kommt die Abschuürung iioHÜer Tocbterblasen vor. Vereinfachung der Entwicklunjj. Taeniadae. Cystotaeniae. 319 wird man die Entwicklungszustände, Embryo, Blasenwurm, Scolex, Strohila, Froglottis als besondere Generationen von Individuen und Thierstöeken betrachten müssen und zwar den Emhryo als Grossamme, den Scolex als Amme, die Froglottis als Geschleclitsthier, während der Blasenwurm die zu einem Thierstock verbundene Grossamme und Amme, die Strobila oder der Bandwurm den Complcx der Amme und der von ihr erzeugten Brut, der Geschlechtsthiere, repräsentiren würde. Indessen bietet die Entwicklung zahlnncher Bandwürmer bedeutende Verein- fachungen, welche zutreffend beweisen, dass es sich bei der Zurück- führung der Fortptlanzungsgeschichte auf Generationswechsel nur um eine Form der Anschauung handelt. Gar häufig sinkt an dem encystirten Finnenstadium die Blase bis auf einen verschwindend kleinen Anhang, der Cysticercus wird zu einem cysticercoiden Zustand oder der Blasen- theil fällt als solcher ganz aus, der Embryo erzeugt nicht durch ein knospenförmiges auf einen bestimmten Theil seines Körpers beschränktes VYachsthumsprodukt den Bandwurndvopf, sondern wird selbst unmittelbar zum Scolex, so dass dieser nicht einer besondern Generation zugeordnet werden kann, sondern der spätere Formzustand des Enibryo's scübst ist {Bothriocephalus). Aber auch die vom Scolex erzeugten Glieder zeigen einen ausserordentlich verschiedenen Grad der Individualisirung und schwinden schliesslich ganz als vom Kopte gesonderte Abschnitte. Kopf und Leib sind dann nicht scharf abzugrenzen und repräsentiren nur ein einziges auch durch die Einheit des Geschlechtsapparates charakterisirtes, dem Trematoden vergleichbares Individuum, Caryophyllaeus, dessen Entwicklung (in Tuhifcx rivulorum) offenbar als eine in der Continuität eines einheitlichen Körpers vorgeschrittene Metamorphose des Embryo's zu erklären ist. 1. Farn. Taeniadae. Der kuglige oder birnföniiige Kopf stets mit vier muskulösen Saugnäpfen, häufig noch mit einem einfachen oder doppelten Haken- kranze auf einem mehr oder minder vortretenden oft einziehbaren Stirnzapfen (Eostelhmi) der Scheitelflächc. Gliederung deutlich, die ausgebildeten Proglottiden meist länger als breit mit randständiger Geschlechtsöffnung; Vagina meist lang, vom Uterus getrennt, am Ende zu einer Samenblase erweitert. Jugendzustände, cysticerc oder cysticercoid , selten ganz ohne Schwanzblase, in Warm- und Kalt- blütern vorkommend. 1. Subf. Cystotaeniae, Blasenbandwürmer. Kopf mit vorspringendem, meist bewaffnetem Rostellum. Die Basis der Haken mit einem vordei-n und einem hintern längern Wurzelfortsatz. An dem Fruchtbehälter der länglichen Proglottiden unter- scheidet man einen medianen Stamm und verästelte Seitenzweige. Die Eischale dick und von granuUrter Beschaffenheit. Die Jugendformen sind als Finnen durch die bedeutende Grösse der Blase ausgezeichnet. Finnen und Bandwürmer leben in Säugethieren. Cystotaenia Lkt. Die Köpfe entstehen an der Embryonalblase selbst. T. solium L. Von 2 — 3 Meter Länge. Der doppelte Hakenkranz aus 26 Haken zu- sammengesetzt. Die reifen Proglottiden etwa von 9— 10 mm. Länge und 6— 7 mm. 320 Cystoideae. Breite, der Eierbehälter mit 7 — 10 dendritischen Verzweigungen. Lebt im Darm des Menschen, Der zugehörige Blasenwurm, als Finne, Cysticercus cellulosae, be- kannt, lebt vornehmlich in dem Unterhautzellgewebe und in den Muskeln des Schweines, aber auch im Köi-per des Menschen (Muskeln, Augen, Gehirn), in welchem bei Vorhandensein [der Taenia Selbstansteckung mit Finnen möglich ist, selten auch in den Muskeln des Rehes, selbst des Hundes und der Katze. T. serrata Goeze, im Darmcanal des Jagdhundes, mit dem als Cysticercus pisiformis bekannten Finnenzustand in der Leber des Hasen und Kaninchens. T. crassicollis Rud., der Katze mit Cysticercus fasciolaris, der Hausmaus, T. marginata Batsch., des Hundes (Fleischerhund) und Wolfes mit Cysticercus temiicollis, aus dem Netze der Wiederkäuer und Schweine, auch gelegentlich des Menschen {Cyst. visceralis). T. crassiceps Rud., des Fuchses mit Cysticercus longicollis aus der Brusthöhle der Feldmäuse. T. laticollis Rud., im Darm des Fuchses. T. intermedia Rud., im Darme des Marders und Iltisses. 2\ coenurus v. Sieb., im Darme des Schäferhundes mit Coenurn?, -cerehralls Quese, Drehwurm im Gehirn einjähriger Schafe als Finnen- zvistand. F. tenuicollis Und., im Darm des Wiesels und Iltisses mit einem Cysticercus , der nach Küchenmeister in den Lebergängen der Feldmaus lebt. T. saginata Goeze = mediocanellata Küchenm., im Darme des Menschen, bereits von altern Helminthologen als Varietät der T. solium unterschieden. Kopf ohne Hakenkranz und Rostellum, aber mit 4 um so kräftigern Sauggruben. Der Bandwurm wird 4 Meter lang und erscheint viel stärker iind feister. Die reifen Proglottiden circa 18 mm. lang und 7 — 9 mm. breit. Der Eierbehälter bildet 20—35 dichotomische Seitenzweige. Die zugehörige Finne lebt in den Muskeln des Rindes. Scheint vornehmlich in den wärmern Gegenden der alten Welt verbreitet, findet sich aber auch im Norden an manchen Orten vorherrschend. Echinococcifer Weinl. Die Köpfe sprossen an besondern Brutkapseln. T. echinococcus v. Sieb., im Darme des Hundes, nur wenige mm. lang, 3—4 Pro- glottiden bildend. Die Haken des Kopfes sehr klein , aber zahlreich. Der zuge- hörige Blasenwurm, durch die bedeutende Dicke der geschichteten Cuticula aus- gezeichnet, lebt als Echinococcus vornehmlich in der Leber und Lunge des Menschen {E. hominis) und der Hausthiere {E. veterinorum). Die erstere Form, wegen der häufigen Produktion von Tochter- und Enkelblasen auch als E. altricipariens be- zeichnet, erlangt meist eine viel bedeutendere Grösse und durch unregelmässige Aussackungen eine sehr mannichfache Gestaltung, während die der Hausthiere, als E. scolicipariens unterschieden, häufiger die Gestalt der einfachen Blase bei- behält. Uebrigens bleiben die Echinococcusblasen nicht selten steril, ohne Brut- kapseln, sog. Acephalocysten. Eine andere und zwar (Klebs) pathologische Form ist der sog. multiloculäre Echinococcus, der lange Zeit für ein Alveolarcolloid, Gallertkrebs, gehalten wurde. Sehr verbreitet ist die jEc/imococcMskrankheit in Island, wo ein guter Theil der Bevölkerung, nach Krabbe's Mittheilungen etwa 4 bis 5 Procent, an der durch diesen Parasiten erzeugten »Hydatidenseuche* leidet. 2. Subf. Cystoideae. Bandwürmer mit cysticcrcoidem Zustand. Der Finnen- ähnliche Jugendzustand von geringer Grösse und oline Ansammlung von wässriger Flüssigkeit in dem der Blase entsprechenden Abschnitt, oder auch ganz ohne den- selben. Bandwurmkopf klein, aber mit einem keulenförmigen oder rüsselartigen sehr schwache Haken tragenden Rostellum. Eier mit melii-fachen Hüllen. Em- bryonen meist mit grossen Haken. Die cysticercoiden Jugendformen leben vor- nehmlich in Wirbellosen, in Wege-Schnecken, Insekten etc., seltener in kaltblütigen Wirbelthieren (Schleihe). T. cucumerina Bloch, im Darm der Stubenhunde. Das Oysticercoid entbehrt der Schwanzblase ganz und lebt (nach M-elnikoff und R. Bothriocephalidae. 321 Leuckart) in der Leibeshöhle der sog. Hnndelaus, Trichodecte.i canis. Die In- fektion mit Cysticercoiden geschieht dadurch, dass der Hund den ihn belästigenden Parasiten verschluckt , während der Parasit die mit dem Koth an die Haut ge- riebenen Eier frisst. Nahe verwandt ist T. elliptica Batsch., im Darm der Katze, gelegentlich auch des Menschen. 7\ nana Bilh. v. Sieb., im Darm der Abyssinier, kaum von Zolllänge. T. ßavopunctata Weinl., im menschlichen Darm (Nordamerika). Die Cysticercoiden des Mehlwurms kommen wahrscheinlich im Darm der Mäuse und Ratten zur Ausbildung. Andere theilweise unbewaffnete Taenien, deren Geschlechtsorgane und Ent- wicklung noch nicht näher bekannt ist, sind: T. perfoliata Goeze und T. plicata Rud., Pferd. T. pectinata Goeze, Hase. T. dispar Rud., Frosch. Die zahlreichen, neuerdings vornehmlich von Krabbe untersuchten Taenien aus dem Darm der Vögel vertheilen sich nach der Form des Kopfes, der Zahl und Gestaltung der Haken, sowie nach der Genitalbildung auf verschiedene Gruppen. Durch den langen Rüssel, die geringe Zahl (meist 10) der in einfachem Kranze gestellten Haken, drei Hoden, die Weite des einfachen Uterus charakterisiren sich T. fasciata Rud. und setigera Fröhl. der Gans. Durch 2 mehr oder minder scharf abgesetzte Reihen von 12—32 Haken, vmregelmässig altornirende Geschlechtsöffnungen und cylindrischen Cirrus unter- scheiden sich eine Anzahl von Taenien aus Wald- und Schwimmvögeln, z. B. T. pyriformis WcdL, S. microrhi/nclta Krahha aus Machetes pugnax, T. platyrhyncha Krabbe aus Totanus calidris. Zu einem ähnlichen Bandwurm gehört der bekannte Cysticercus arionis der Wegeschnecke. Andere tragen 20 Haken, die in beiden Reihen eine verschiedene Form zeigen und sich nur unvollständig zurückziehn können. Dahin gehören T. uni- lateralis Rud., Reiher, T. macropeos Wedl. , im Darm des Nachtreihers (entwickelt sich aus dem Gryporhynchus des Schleihendarms), T. scolecina Rud., T. transfuga Krabbe aus Platalea ajaja. Einen halbkugligen Rüssel mit zahlreichen (über 100) kleinen zweizeilig gestellten Haken besitzen viele Taenien der Hühnervögel, z. B. T. infundibuliformis Duj., T. leptosoma Dies u. a. A. 2. Fam. Bothriocephalidae. Mit nur zwei schwachen und flachen Saug- gruben. Die Geschlechtsorgane münden in der Regel auf der Fläche der Proglottis. Isolirung der Proglottis unvollständig. Blasenwurmstadium wohl in der Regel durch einen eingekapselten Scolex repräsentirt. ' Bothriocephalus Brems. Bandwurmleib gegliedert. Kopf mit 2 flächen- ständigen Gruben, ohne Haken. Genitalöffnungen auf der Mitte der Bauchfläche. Der Jugendzustand meist in Fischen. B. latus Brems. Der grösste menschliche Bandwurm von 24 bis 30 Fuss Länge, vornehmlich in Russland, Polen, in der Schweiz und im südlichen Frankreich. Die geschlechtsreifen Glieder sind breiter als lang (circa 10 — 12 Mm. breit und 3—5 Mm. lang) und trennen sich nie isolirt, sondei'n in grössern Abschnitten vom Bandwurmleib. Die Glieder des letzten Abschnittes erscheinen jedoch schmäler und länger. Kopf keulenförmig, mit 2 spaltförmigen , aber flächenständigen Gruben. Die Seitenfelder des Körpers ent- halten in ihrer Rindenschicht eine Menge rundlicher Körnerhaufen. Dieselben gehören wahrscheinlich zu dem Geschlechtsapparate und sind im Zusammenhange mit den sog. gelben Gängen, welche nach Böttcher und Stieda in den Anfangs- theil des Fruchtbehälters einmünden, als Dotterstöcke (v. Siebold) aufzufassen. Die Genitalöifnungen liegen in der Mitte des Gliedes übereinander. Die obere grössere führt in den männlichen Geschlechtsapparat, zunächst in einen muskulösen Claus, Zoologie ?>. Auflyge. ~1 32^ Ligulidae. im sog. CiiTUsbeutel eingeschlossenen und als Cirrus ausstülpbaren Endabsclinitt des Samenleiters. Dieser erscheint unmittelbar vor seinem Eintritt in den Cirrns- beutel zu einer kugligen muskulösen Anschwellung aufgetrieben (Samenblase ?), verläuft dann mehrfach geschlängelt in der Längsrichtung des Gliedes an der Rückenfläche und erscheint in zwei Seitenäste gespalten. Dieselben nehmen die Aus- führungskanälchen (vasa eiFerentia) der zarten Hodensäckchen auf, welche die Seitenpartien der Mittelschicht erfüllen. Die weibliche Geschlechtsöffnung führt in eine, luiterhalb des Cirrusbeutels gelegene, häiifig mit Samen erfüllte Vagina, welche als ziemlich gerader Canal median an der Bauchseite herabläuft und durch ein enges kurzes Canälchen in den Ausführungsgang des Keimstockes einiaiündet. Derselbe fungirt zugleich als Reeeptaculum semmis. Nun kommt noch eine dritte Oeffnung in weitem Abstand von beiden obern hinzu, die Oeffnung des Uterus oder Fruchtbehälters, welcher als rosettenförmig gefalteter Schlauch in der Mitte des Gliedes eine eigenthümliche Figur {Wappenlilie, Pallas) erzeugt. Nahe dem Hinterrande des Gliedes münden in den engen gewundenen Anfangstheil des Uterus (Knäuel) die Ausführungsgänge der Dotterstöcke und der Keimstöcke zugleich mit den Zellen der Schalendrüse ein. Es liegen nämlich unterhalb der Uterusrosette, theil- weise zwischen den hintern Seitenhörnern derselben die sog. Knäueldrüse und zu deren Seiten die sog. Seitendrüsen (Eschricht). Die letztern sind (nach E seh rieht die Ovarien) nach Stieda die Keimstöcke, während sie R. Leuckart als Dotter- stöcke deutete; die Knäueldrüse (Leuckart's Ovarium), ein Conglommerat birn- förmiger Zellen, wird von Stieda, dem sich Landois und Sommer anschliesscn, als Schalendrüse gedeutet. Die Eier entwickeln sich meist im Wasser und springen mittelst einer deckelartigen Klappe am obern Pole der Eischale auf. Der aus- schlüpfende Embryo trägt ein Flimmerkleid, mittelst dessen er eine Zeitlang im Wasser umherschwärmt. Später häutet er sich und wirft das Flimmerkleid in toto ab. Durch diese Ausstattung des Embryonalkörpers und den Aufenthalt des- selben im Wasser wird es wahrscheinlich, dass die spätem Entwicklungsstadien in einem Wasserthier durchlaufen werden. Wie und in welchem Bewohner der mit 6 Häkchen bewaflfnete Embryo zum Scolex wird, ist unbekannt, und die Frage nach dem Import dieses Bandwurms in den menschlichen Körper — trotz der Versuche Knochs, welche den Nachweis der directen Uebertragung ohne Zwischen- wirth praetcndiren — nicht zur Entscheidung gebracht. B. cordahis Lkt. Mit grossem herzförmigen Kopf ohne fadenförmigen Halstheil, mit zahlreichen Ein- lagerungen von Kalkkörperchen im Parenchym, wird nur circa 3 Fuss lang, im Darm des Menschen und des Hundes in Grönland. B. prohoscideus, im Darm des Lachses. B. puntatus Rud., in Seefischen. Schistoeephalus Crepl. Der gespaltene Kopf jederseits mit einer Sauggrube. Bandwurmleib gegliedert. S. solidus Crepl., lebt im geschlechtsreifen Zustand im Darm der Wasservögel, unentwickelt in der Leibeshöhle vom Stichling. Triaeno- phonis Rud. Kopf nicht abgesetzt, mit 2 schwachen Sauggruben und mit 2 Paar dreizackigen Haken. Der Leib entbehrt der äussern Gliederung. Genitalöifnungen randständig. T. nodidosus Rud., im Hechtdarm, unreif in Kapseln der Leber von Cyprinus. 3. Fam. Ligulidae (Fseiidophyllidae). Ohne eigentliche Sauggruben, bald mit Haken, bald ohne Haken. Der Bandwurm ohne Gliederung, zuweilen selbst mit einfachem Geschlechtsapparat. Leben in Knochenfischen und im Darm von Vögeln. Ligula Bloch. Körper bandförmig, ungegliedert, aber mit Metameren der Geschlechtsorgane. L. simplicissima Rud., in der Leibeshöhle von Fischen und im Darm von Wasservügelu. L. Proglottis G. Wag., im Dickdarm von e lai lync luc. Tetraphyllidae. Ccaryophyllidae. 328 Scyninus. Miinnliche Geschlechtsöft'nung iiit^ . Schleihe. '^''^- ^- ^"^" v. Sieb., im Darm der 4. Farn. Tetrarhynchidae. Kopf mit 4 vorstülpljarcn, . Rüsseln. Geschlechtsöfthungen randständig, Leben im Jugendzusta'tft?'^ tragenden in Knochenfischen, als geschlechtliche Bandwürmer im Darm der Haie und'felJÖ'^elt In der Schwimmblase eingeschlossene Scolices wurden als Arten der Genus Antho- cephalus Rud. {Floriceps Cuv.) beschrieben. Tetrarhynclms Cuv. T. lingnalis Cuv., lebt als Jugendzustand im Schollen, ausgebildet im Darm von Galeus, Spinax, Baja. T. tetrabothrium Van Ben. T. longicollis, minutus Van Ben. u. a. A. 5. Farn. Tetraphyllidae. Kopf mit vier sehr beweglichen Sauggruben, welche meist als selbstständige Abschnitte zur Sonderung kommen und oft mit Haken imd Cliitinstützen bewaftnet sind. Leib gegliedert, Proglottiden abstossend. Geschlechtsöifnungen randständig, leben in Haifischen. 1. Subf. Phyllobothridae. Saugnäpfe ohne Haken und Stacheln. Ecliinei- bothrium Van. Ben. Die vier langgestilten Saugnäpfe durch Querleisten wie ge- fenstert. E. minimum, im Darm von Trygon und Baja, werden durch Gammarinen importirt. Phyllobothrium Van Ben. Die vier Sauggruben sessil, am äussern Rand gekerbt, sehr beweglich und gekräuselten Blättern ähnlich. P. lactuca Van Ben., im Darm von 31usteliis vulgaris., P. thridax Van Ben., im Darm von Squotina angehis. Bing ('kapselte Phyllobothrien sind in Delphinen gefunden. Anthobothrium Van. Ben. Die vier Sauggruben kelchförmig ausgehöhlt, auf langem protraktilen Stil. A. eornucopia Van Ben., im Darm von Galeus canis gemein. A. tnusteli Van Ben., im Darm verschiedener Haie. 2. Subf. Phyllacanthinae. Saugnäpfc mit je 2 oder 4 Chitinhaken be- waffnet. Acanthobothrium Van Ben. Jede Sauggrube ist mit zwei, an ihrer Basis vereinigten, an ihrer Spitze zweizinkigen Haken bewaffnet. A. coronatum Rud. Bujardinii Van Ben., in Haien und Rochen. (Jalliobothritim Van Ben. Jeder Saug- napf mit zwei Paar einfachen Haken , durch flache Leisten in 3 Querfächer abge- theilt. C. verticillatum Rud. , in Haien. C. Eschrichtii, Leuckartii Van Ben. Onclwbothrium Blainv. Jeder Saugnapf mit 2 einfachen, einer hufeisenförmigen Platte aufsitzenden Haken. 0. uncinatum Rud., in Haien. Hier schliessen sich die wohl als Familie zu sondernden Diphyllideen mit der Gattung Echinobothrium Van Ben. an, deren Kopf 2 Saugscheiben mit eben- soviel bewaffneten Stirnzapfen trägt, und deren Hals mit Stacheln besetzt ist. E. typus Van Ben., in Raja. 6. Farn. Caryophyllidae. Körper gestreckt und ungegliedert, mit gefranztem Vorderrande, ohne Sauggruben und Haken. Geschlechtsapparat einfach, im hintern Körperabschnitt entwickelt. Entwicklung eine vereinfachte Metamorphose. Der Wurmkörper scheint den Scolex in Verbindung mit einer Proglottis zu repräsen- tiren, da sich beide Theile von einander ablösen können. Caryophyllaeus mutabilis Rud., Nelkenwurm im Darm der Cyprinoiden. Die Jugendform mit Schwanz- anhang und Geschlechtsanlaj^ou lebt im Tubifex rivulorum. 21* 324 2. Ordnung. Trematodes. Sn ^ „ , Nematodes '), Saug Würmer. 2. Ordnung" ^* *= . . 7 -oiitärc Platttvürmer mit ungpfiiiedertem, meAst hlatt- ^r:(ien cylniclrischem Körper, mit Gchir)i(/au;/lion, mit Miind- i^VMg und gabiig gespaltenem Darmcanal, ohne Afteruffnung, oft mit hauchständigem Uajtorgan. Man hat die Trematoden, deren Bezeichnung dem Vorkommen einer oder mehrerer Haft gruben entlehnt ist, nicht mit Unreclit den Proglottiden der Taenien an die Seite gestellt und als höher organisirte, mit Mund, Darmcanal und selbstständigen Befestigungs- apparaten versehene Proglottiden betrachtet. Richtiger aber geht man, um beide Platodengruppen auf einander zurückzuführen, von Cestodenformen , wie der Gattung CaryopMjllaeus aus, bei welcher die Gliederung des Leibes unterblielien ist und die Ausstattung mit Mund, Darm, Gehirn und Nerven unmittelbar zu der Organisation eines Saugwurmes führen würde, wie denn auch in der That ähnlich gestaltete und organisirte Tr(Mnatoden, wie Amphilina (Monostomum foliaceum) und Amph.iptyclies, als Verl)indungsglieder zwischen beiden Gruppen da stehen. Der auch wohl in Folge der höhern Organisation entschiedener individualisirtc Leib streckt sich nicht mehr zu der be- deutenden Länge des Bandwurmkörpers und entbehrt der Gliederung. Auch hier ist die Grundsubstanz eine Bindegewebsmasse, die oft den grössten Theil des gesammten Körpers ausmacht und in manchen Fällen, 1) C. G. Carus, Beobachtung über Leucochloridium paradoxum etc. Nov. Act. vol. XVII. De Filippi, Memoire pour servir a l'histoire genetique des Trematodes. 1. 2. 3. 1853 — 57. Moulinie, Resume de l'histoire du developpcment des Tre- matodes. Mem. Institut Genevois. 1855. Pagenstecher, Trematodenlarven und Trematoden. Heidelberg 1857. G. Wagener, Beiträge zur Entwickhmgsgeschichte der Eingeweidewürmer. Haarleni. 1857. Derselbe, Ueber Gyrodactylus elegans. MüUer's Archiv. 1860. Diesing, Revision der Myzelminthen. Wiener Sitzungs- berichte. 1858. 1859. Van Beneden, Memoire sur les vers intestinaux. Paris. 1861. Van Beneden et Hesse, Recherches sur les Bdelloides ou Hirudinees et les Trematodes marins. 1863. R. Leuckart, Die menschlichen Parasiten. 1. Bd. 1863. Stieda, Ueber den angeblichen innern Zusammenhang der männlichen und weiblichen Organe bei den Trematoden. Müller's Archiv. 1871. Blumenberg, Ueber den Bau des Amphistoma conicum. Dorpat. 1871. v. Willenioes-Suhm, Helminthologische Notizen. Zeitschrift fiü- wiss. Zoologie. 1869, 1870 und 1873. E. Zeller, Untersuchungen über die Entwicklung und den Bau von Polystoma integerrimum. Derselbe, Untersuchungen über die Entwicklung des Diplozoum paradoxum. Ebendas. 1873. Vergleiche die Aufsätze und Werke von Creplin, v. Nordmann, Dujardin, V. Siebold, Blanchard, Kölliker, Walter, G. Wagener, De la Valette, ßtieda, Metschnikoff , O.Grimm, v. Linstow u. a. Nervensystem. Darmcanal Geschlechtsorgane. 325 z. ß. bei Bistomum hepaticum, aus grossen dichtgedrängten Zellen besteht. Die Haut und deren Muskelschlauch zeigt eine ähnliche Beschaffenheit als bei den Cestoden, nicht selten finden sich in derselben noch einzellige Hautdrüsen an manchen Stellen, z. B, am Mundsaug- napfe des Leberegels, besondei's angehäuft. Am vordem Pole des meist platten, oval gestreckten Leibes liegt die Mundöffnung, in der Regel im Grunde eines kleinen Saugnapfes, des eben erwähnten Mundsaugnapfes. Dieselbe führt in einen musculösen Pharynx mit mehr oder minder ver- längerter Speiseröhre, welche sich in den gabiig getheilten, häufig ver- ästelten, stets blind geschlossenen Darmcanal fortsetzt. Der Excretions- apparat besteht aus einem die Gewebe durchsetzenden Netzwerk feiner Gefässe und zwei grössern seitlichen Stämmen , welche mittelst einer gemeinsamen contractilen Blase am hintern Pole ausmünden. Der Inhalt desselben ist auch hier eine wässrige, von körnigen Concretionen durch- setzte Flüssigkeit, ein wahrscheinlich dem Harne höherer Thiere analoges Excretionsproduct. Blutgefässe und llespirationsorgane fehlen durch- aus. Dagegen findet sich das Nervensystem als ein dem Schlünde aufliegendes Doppelganglion, von welchem ausser mehreren kleinern Nerven zwei nach hinten verlaufende Seitenstämme austreten. Augen- flechen mit lichtbrechenden Körpern kommen zuweilen in jugendlichen, auf der Wanderung begriffenen Entwicklungslormen vor. Zur Locomotion dienen neben dem Hautmuskelschlauche die als Sauggruben und Klammer- haken auftretenden Haftorgane, deren Zahl, Form und Anordnung sehr zahlreiche Modificationen bietet. Im Allgemeinen richtet sich die Grösse und Ausbildung der Haftorgane nach der Lebensweise und besonders nach dem endoparasitischen oder ectoparasitischen Aufenthalt. Die Bewohner innerer Organe besitzen minder entwickelte Klammerorgane, gewöhnlich neben dem Mundsaugnapf einen zweiten grössern Saugnapf auf der Bauchfläche, bald in der Nähe des Mundes, Bistomum, bald an dem entgegengesetzten Körperpole, Ämphistonmm. Indessen kann dieser grössere Saugnapf auch fehlen, Monostomum. Die ectoparasitischen Polystomeen zeichnen sich dagegen durch eine weit kräftigere Bewaff- nung aus, indem sie ausser zwei kleinern Saugnäpfen zu den Seiten des Mundes eine oder auch zahlreiche grosse Sauggruben am hintern Körperende besitzen, die überdies noch durch Cliitinstäbe gestützt sein können. Ferner kommen oft Chitinhaken, besondei's häufig zwei grössere Haken zwischen den hintern Saugnäpfen in der Mittellinie hinzu. Die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane sind mit seltenen Ausnahmen in dem Körper desselben Individuums vereinigt. In der Regel liegen die beiden Geschlechtsöffnungen nicht weit von der Mittel- linie der Bauchfläche neben oder hinter einander, dem vordem Körper- ende ziemlich genähert. Auf die männliche Geschlechtsöffnung folgt der Cirrusheutel, ein das vorstülpbare p]ndstück (Cirrusj des Samenleiters 326 Geschlechtsorgane. Entwicklung. umschliessendcT Sack, dann der in zwei Aeste getheilte Samenleiter und zwei grosse einfache oder nielniappige Hoden. Das vermeintliche dritte Vas deferens, das nach v. Siebold von einem Hoden zum weiblichen Ge- schlechtsapparate verlauten und eine directe Befruchtung ohne Begattung verraittlen sollte, ist von Stieda als Scheide (Laurer'sclier Canal) zurück- geführt worden, welche auf der Riickenfläche nach aussen mündet, mit den Hoden aber in gar keinem Zusammenhang steht. Die weiblichen Geschlechtstheile bestehen aus einer mehrfach geschlängelten Scheide, die zugleich als Fruchtbehälter dient, und aus den Eier-bereitenden Drüsen, welche wie bei den Cestoden in einen Keimstock und zwei Dotterstöcke, zuweilen noch mit besonderer Schalendrüse, zerfallen. Die erstere, das eigentliche Ovarium, erzeugt die primitiven Eizellen und liegt als rundlicher Körper in der Regel vor den Hoden, die letzteren erfüllen als vielfach verzweigte Schläuche die Seitentheile des Körpers und secerniren die Dotterballen. Diese begegnen im Anfangstheile des Frucht- behälters den primitiven Eiern und gruppiren sich in grösserer oder geringerer Zahl um die einzelnen Eikeime zusammen, um noch von starken wahrscheinlich durch Secret einer besonderen Schalendrüse er- zeugten Hüllen umschlossen zu werden. Vor der Ablagerung der Schale scheint die Befruchtung stattzufinden, da sich in dem Anfangstheil des Fruchtbehälters oder in einem mit demselben verbundenen Receptacidum seminis Samenfäden finden. In dem Verlaufe des Fruchtbehälters häufen sich die Eier oft in grosser Menge an und durchlaufen bereits die Stadien der Embryonalbildung im mütterlichen Körper. Die meisten Trematoden sind f^ier legend. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen entweder (Polystomeen) die Form und Organisation der Eltern, oder durchlaufen einen complicirten, mit Metamorphose verbundenen Generationswechsel (Distomeen). Im erstem Fall sind die Eier von relativ bedeutender Grösse und werden an dem Aufenthaltsorte der Mutter befestigt. Im letztern Falle gelangen die kleinern Eier an feuchte Plätze, meist ins Wasser; die kleinen con- traktilen, entweder nackten oder bewimperten Embryonen schlüpfen nach kürzerer oder längerer Zeit aus und suchen sich auf dem Wege selbst- ständiger Wanderungen ein neues Wohnthier auf. In der Regel ist es eine Schnecke, in deren Inneres sie eindringen, um nach Verlust der Wimperhaare zu einer weitern Stufe der Entwicklung vorzuschreiten. Meistens besitzen sie bereits Anlagen des Wassergefässsystemes, seltener zugleich eine Sauggrube mit Mundötfnung und Darmschlauch. In dem neuen Trägei- nun wachsen die eingeführten Embryonen zu einfachen oder verästelten Keinischläuchen aus, zu Sporocysten (ohne Mund und Darm) oder Redien (mit Mund und Darm), deren Inhalt sich zu einer neuen Generation von Würmern umgestaltet. Die Keim.schläuche er- zeugen als »Ammen« durch Keimkörner oder Sporen die Generation Cercarien. 327 der geschwänzten Cercarien, oder auch als Grossanimen ') eine Tochter- brut von Keirascliläuchen , welche letztere dann erst die Ammen der Cercarien werden. Diese in früherer Zeit irrthümlich für selbstständige Thierarten ausgegebenen Cercarien sind nichts anderes, als die Distomeen- larven, die oft erst nach einer zweimaligen activen und passiven Wan- derung an den Aufenthaltsort der Geschlechtsthiere gelangen. Mit einem äusserst beweglichen Schwanzanhang und häufig einem Kopfstachel, auch wohl Augen ausgestattet, zeigen sie in ihrer übrigen Organisation bis auf den Mangel der Geschlechtsorgane bereits eine grosse Uebereinstim- mung mit den ausgebildeten Distomeen. In dieser Form verlassen die- selben selbstständig den Leib ihrer Annne (oft durch eine Geburtsöffnung der Redie austretend) und des Ammenträgers und bewegen sich theils kriechend theils schwimmend im Wasser umher. Hier linden sie bald ein neues Wasserthier (Schnecke, Wurm, Insectenlarvc, Krebs, Fisch, Batrachier), in dessen Gewebe sie, unterstützt durch die Bohrbewegungen des kräftig schwingenden Schwanzanhanges eindringen und nach Verlust des letztern eine Cyste im Umkreis ihres Körpers auscheiden. Die Cercarienbrut aus dem Innern der Schnecke zerstreut sich so auf zahl- zeiche Geschöpfe, und aus den geschwänzten Cercarien werden encystirte junge geschlechtslose Distomeen, die erst auf passivem Wege mit dem Fleisch ihres Trägers in den Magen eines andern Thieres und von da, ihrer Cyste befreit, in das bestimmte Organ (Darm, Harnblase etc.) gelangen, in welchem sie sich zur Geschlechtsreife ausbilden*). Wir haben somit in der Regel drei verschiedene Träger zu unterscheiden, deren Organe die verschiedenen Entwicklungsstadien der Distomeen, (Keimschlauch, encystirte Form, Geschlechtsthier) beherbergen. Die Uebergänge von dem einen zum andern werden theils durch selbststän- dige Wanderungen (Embryonen, Cercarien), theils durch passive Ueber- tragung (encysirte Jugendform) vermittelt. Indessen können in einzelnen Fällen Abweichungen von dem allgemeinen Bilde des Entwicklungscyclus eintreten. Die Embryonen von Monostomum flavuni und tmitahile ver- lieren mehr als die Wimperhaare, um in den Keimschlauch überzugehn, verhalten sich vielmehr zu demselben ähnlich wie die Pluteuslarven zum Echinoderm. Sie tragen bereits den spätem Keimschlauch wie einen Constanten Parasiten in ihrem Körper, welcher in der Schnecke angelangt, mit Wimperhaaren, Augenflecken, Tastwärzchen und Excretionsorganen 1) Bei Cercaria cijstophora aus Planorbis marginatus sind nach G. Wagen er die Grossamiuen Sporoeysten, die Ammen Bedien. 2) Ausnahmsweise kommt jedoch auch schon in den eingekapselten Trema- toden von Zwischenträgern geschlechtUche Entwickkmg vor. (Distomeen der Cercaria virgula in Ephemeralarven, Gasterostomum gracilc ccns in Cysten des Schellfisches). 328 1. Unterordnung: Distomeae. bis auf den centralen Keimschlauch zu Grunde geht. Manche Keini- schläuche erzeugen schwanzlose Cercaricn, das heisst jugendliche Disto- meen; gewisse Cercarien können sich, ohne in das innere von Thieren gelangt zu sein, an Pflanzen einkapseln, und endlich kommt es in seltenen Fällen vor, dass Cercarien mit Ueberspringung des encystirten Stadiums direct in den Wohnort des geschlechtsreifen Distomeen einwandern. Es gibt auch uneingekapselte junge Distomeen, welche an ihrem Aufenthalts- orte nie geschlechtsreif werden, da hingegen sind auch Fälle beobachtet (neuerdings noch von Li n stow bei B. agamos der Gammarinen), dass eingekapselte Distomeen geschlechtsreif wurden und wahrscheinlich nach Selbstbegattung Eier producirten. 1. Unterordnung: Distomeae, Distomeen. Saugwürmer mit höchstens zwei Sauggruben, ohne Hakenbewaffnung, welche in Innern Organen schmarotzen und sich mittelst Generations- wechsel entwickeln. Die Ammen und die Larven der Geschlechtsthiere leben vorzugsweise in Mollusken. a. Formen mit nur einem Saugnapf an oder im Umkreis des Mundes. Monostomiim Zeder. Saugnapf im Umkreis des Mundes, Plaarynx kräftig. GeschlechtsöfFnungen nur wenig vom Vorderende entfernt. M. mutabile Zeder, in der Leibeshöhle und Augenhöhle verschiedener Wasservögel, lebendig gebärend. M. flavum Mehlis , in Wasservögeln , entwickelt sich aus Cercaria ephemera der Planorbis. M. attenuatum Rud., im Darm der Ente imd des Sägers. M. lentis V. Nordm., Jugendliche Form ohne Geschlechtsorgane in der Linse des Menschen. M. bipartitum Wedl. , paarweise in Cysten, das eine Individuum vom lappigen Hinterleib des andern umwachsen. Holostomum Nitsch. Mit abgestutztem aus- gehöhlten Vorderende. Geschlechtsöffnungen mündeni am Hinterende. H. errati- cum Duj. = H. variabile Nitsch., im Schwan, Enten und Aken. Wahrscheinlich ist Diplostomum Nordm. aus dem Auge von Süss wasser fischen der Jugendzu- stand. Hemistomum Dies. Mit abgeschnürtem Vorderende , das saugnapfähnlich ausgehöhlt ist. Männliche Geschlechtsöfihung vorn, weibUche hinten. H. alatum Dies, im Darm des Fuchses. Amphilina G. Wag., darmlos. Rand des Körpers nach dem Bauche umgeschlagen. Vorn ein retraktiler Saugnapf. A. foliacca Rud. = Monostomum foliacenm Rud. Ämphiptyches G. Wag. {Gyrocotyle Dies), darmlos. Rand des Körpers gekräuselt. Vorn ein undurchbohrter Saugnapf. A. urna G. Wag., im Darm der Chimaera. Hierher gehört auch der Nematodenähnliche als Nematobothrium filarina beschriebene Parasit, welcher in Sciaena aquila lebt. b. Formen, bei denen zu dem vordem Saugnapf noch ein zweiter bauch- ständiger Saugnapf hinzukommt, dessen Lage sehr variirt. Distomum Rud. (Distoma). Mit zwei nicht weit von einander entfernten Saugnäpfen am vordem Körpertheil. Geschlechtsöffnungen meist dicht vor dem Bauchsaugnapf gelegen. JJ. hepaticum L., Leberegcl. Mit kegelförmigem Vorder- ende und zahlreichen stachelähnlichen Höckerchen an der Oberfläche des l^reiten blattförmigen circa 30 mm. langen Körpers. Lebt in den Gallengängen des Schafes und anderer Hausthiere und erzeugt die sog. Leberfäule der Heerden. Auch im Distomidae. ^29 Menschen kommt der Wurm gelegentlich vor und dringt sogar in die Pfortader und in das Gebiet der Hohlvene ein. Der langgestreckte Embryo entwickelt sich erst nach längerm Aufenthalt des Eies im Wasser, hat einen continuirlichen Wimperüberzug und einen xförmigen Augenfleck. Ueber die Ammen- und Cercarien- form ist ebensowenig etwas Näheres bekannt, als über den Zwischenträger und über die Art der Uebertragung. Vermuthungsweise hat man die Treutler'schen Hexathyridien als junge Leberegel gedeutet. (D. crassum Busk., aus dem Darm eines in London verstorbenen Laskar). D. lanceolatum Mehlis. Körper lanzetförmig langgestreckt, 8—9 mm. lang, lebt mit D. hepaticum an gleichem Ort. Der Embryo entwickelt sich erst im Wasser, ist birnförmig und nur an der vordem Hälfte bewimpert, trägt auf dem zapfenförmig vorspringenden Scheitel einen stilet- förmigen Stachel. D. ophthalmdbium Dies. Eine als Art zweifelhafte Form , von der nur 4 Exemplare in der Linsenkapsel eines 9monatlichen Kindes beobachtet worden sind. D. heterophyes v. Sieb. Bilh. Körper oval, vorn zugespitzt, nur 1—1,5 mm. lang, im Darm des Menschen in Aegypten. B. elavigerum Van Ben., im Darm des Frosches mit Cercaria ornata aus Planorbis. D. retusum Rud. = endolobum Duj. , ebendaselbst mit Cercaria armata aus Sporocysten in Lymnaeus und Planorbis. Die auswandernde Cercarie kapselt sich in Neuropterenlarven ein. D. cygnoides Zed., mit dicht am Mundsaugnapf anliegenden Pharynx, in der Harnblase des Frosches. Der bewimperte Embryo wird an den Kiemen von Cyclas oder Pisidium zur Grossamme und erzeugt hier Sporocysten. Diese produciren die in den Frosch direct einwandernde Cercaria macrocerca. 1). globiporum, im Darm des Frosches mit Sporocysten an den Kiemen von Cyclas und Pisidium. D. militare Van Ben. = echiniferum Pahidinae, im Darm der Ente und mehrerer Wasservögel mit Cercaria echinifera der Paludina. D. echinatum Van Ben., im Darm der Ente, aus Cercaria echinata, Lymnaei. D. tereticolle Zed,, im Hecht. Z>. goliath Van Ben., 80 Mm. lang, in Pterobalaena. Einen zurückzieh baren Schwanz (D. appendiculatum) haben folgende Arten: Distommn ventricosum Rud., im Magen von Clupeideen. D. excisum Rud., im Magen von Scomber. D. tor- natum Rud., im Magen von Coryphaena. D. rufoviride Rud., im Magen von Conger. Distomum filicolle Rud. (D. Okeni Köll.) findet sich paarweise in Schleim- hauteinsackungen der Kiemenhöhle von Brama Raji. Das eine Individuum ist drehrund, schmal und männlich entwickelt, das andere in der mittlem und hintern Leibesgegend sackförmig aufgetrieben und mit Eiern erfüllt. Vielleicht rührt die ungleichmässige Ausbildung beider Individuen daher, dass die Begattung keine Wechselkreuzung war, sondern nur zur Befruchtung des einen Individuums führte, welches nun seine weiblichen Geschlechtsfunktionen entfalten konnte. D. haema- tobium Bilh. v. Sieb. = Bilharzia Cob., Gynaecophorus Dies. Körper langgestreckt schlank, getrennt geschlechtlich, das Weibchen schmächtig, cylindrisch, das Männchen mit starken Saugnäpfen und rinnenförmig umgeschlagenen Seitenrändern , welche einen canalis gynaecophorus zur Aufnahme je eines Weibchens bilden. Leben paarweise vereint in der Pfortader, Milz, Darm- und Harnblasenvenen des Menschen in Abyssinien. Durch die in die Schleimhaut der Harnleiter, Harnblase und Dick- darm abgesetzten Eiermassen werden Entzündungen erzeugt, die oft Haematurie zur Folge haben. Wohl die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung ägyptischen Stammes (Fellah und Kopten) leidet an diesem endemischen Ue1)el. Blwpalophorus Dies. Mit 2 stachelbesetzten retraktilen Rüsseln neben dem Mundsaugnapf; sonst mit Distomum übereinstimmend. Bh. coronatus Dies., in Bidelphys. Gaskrostomum v. Sieb. Am Vordorrand des Mundsaugnapfes finden sich contractile Fortsätze. Geschlechtsöflhung am Hinterende. G. fimbriatum v. 330 2. Unterordnung. Polystomeae, Polystomeen. Sieb., im Darm des Hechtes, Aales etc., auch eingekapselt bei Cyprinus, entwickelt sich aus Biicephalus polymorplms. Amphiittomum Rud. {Diplodiacus). Der Bauch- saiignapf ist an das hintere Ende gerückt und tief grubonförmig ausgehöhlt. A. subdavatum Nitsch, im Dickdarm des Frosches mit Cercaria cUplocotylea als Jugend- form. A. conieum Rud., im Rind. 2. Unterordnung. Polystomeae, Polystomeen. Saugwürmer mit 2 kleinen vordem und einer oder mehreren hintern Sauggruben, zu denen häufig noch Hakenbewaffnungen, vornehmlich am hintern Körperende hinzukommen. Sie leben meist als Ektoparasiten, theilweise wie die Hirudineen, und entwickeln sich direkt ohne Generations- wechsel aus Eiern, die meist schon an dem Aufenthaltsorte des Mutter- thieres zum Ausschlüpfen kommen. Zuweilen freilich ist die Entwicklung eine Metamorphose {Pohjstomimi) und die jungen Larven leben an anderem Orte. Augenpaare sind häufig vorhanden. Bei einigen Arten gewinnt der langgestreckte Körper bereits eine Ringelung. 1. Fam. Tristomidae. Die Bewaffnung des hintern Körperendes beschränkt sich auf einen einzigen grossen Saugnapf. Tristoma Cuv. Die hintere Sauggrube mit permanenten Strahlen versehen, bauchständig. Tr. molae Blanch. Tr. coc- cineum Cuv., auf Xiphias gladius. Nitsschia V. Baer. Die hintere Sauggrube sehr gross, aber ohne Strahlen und Haken. N. elegans V. Baer., an den Kiemen des Störs. Epibdella Blainv. Der blattförmige Körper mit grossen hakenbewaffneten Sauggruben am hintern Ende. E. Mppoglossi Van Ben. = {PJiylline Oken) E. sciaenae Van Ben. Sehr nahe verwandt ist Phyllonella soleae Van Ben. Hesse. Hier schliesst sich die von Van Beneden zu einer besondern Familie er- hobene Gattung Udonella Johnst. an, deren Arten auf Caligusarten parasitisch leben. Der Körper mehr oder minder cylindrisch langgestreckt, mit grosser un- bewaffneter hinterer Saugscheibe und zwei membranösen sehr beweglichen Saug- gruben zu den Seiten des Mundes. U. pollaclm Van Ben. Hesse, auf Caligusarten des Merlangus pollachius. U. triglae, lupi, merluccii, sciaenae Van Ben. Hesse. Als besondere Gattungen werden von Van Beneden und Hesse auf Grund der Oesophagealbewatfnung Echinella und Pteronella unterschieden. 2. Fam. Folystomidac. Mit mehi-eren hintern Saugscheiben, die meist paarig in zwei seitlichen Reihen angeordnet sind und durch Hakenbewaffnungen in ihrer Wirksamkeit unterstützt werden. Genitalötthungen häufig von Haken umgeben. Viele Arten sind nur wenige Linien lang. Octostoma Kuhn. = Octobothrium Nordm. {Octocotyle Dies.). Sauggruben ohne Stil, dem zungenförmigeu Ende angelagert. 0. scombri Kuhn. 0. alosac Herrn. = 0. lanceolatum Duj., harenchi, pilgardi Van Ben. Hesse. Flettrocotylc scombri Grube, sowie zahlreiche von Van Beneden und Hesse aufgestellte Gattungen. Aspidogaster v. Baer. Darm einfach, Hinterende mit einer, zahlreiche Saug- näpfe tragenden Platte. A. concliicola v. Baer., auf Süsswasserfischen. Ancyroce- 2)halus Crepl. Das vordere Leibesende mit 4 Haken, das Hinterende mit 6 Saug- näpfen in einfacher Reihe. A. paradoxus Crepl., an den Kiemen des Sanders. Oncliocotyle Dies. Hinterende gespalten mit 2 Excretionsporen , in einiger Ent- fernung von denselben finden sich 0 Saugnäpfe, Vorderende ohne Saugnäpfe, ü. Gyroilactylidae. 3^1 appenclictilata Kuhn, an den Kiemen von Haifischen. 0. boreale Van Ben., auf Scymnus glacialis. Diplosooti Nordm. Zwei Einzelthieie zu einem Xförmigen Doppelthiere verschmolzen, dessen Hinterenden mit zwei grossen in 4 Gruben getheilten Haft- scheiben bewaffnet sind. Im Jugendzustand als Diporpa solitär lebend, besitzen sie Augenflecken und einen Bauchsaugnapf, sowie einen Rückenzapfen, der bei der Verwachsung vom Bauchsaugnapf des andern Thieres umfasst wird. I>. para- doxutn Nordm., auf den Kiemen zahlreicher Süsswasserfische. Polystomum Zed. Körper platt, ohne Saugnäpfe am vordem Ende, mit 6 Saugnäpfen und zwei grossen medianen bauchständigen Haken am Hinterende. Die Eier reifen im Winter und werden in das Wasser abgesetzt, wo die Embryonal- entwicklung durchlaufen wird. Die Gyodactylusähnlichen Embryonen mit 4 Augen- fleckchen und 16 Häkchen der Endscheibe ohne Sauggruljen sind bewimpert und wandern in die Kiemenhöhle der Kaulquappen, von wo aus sie später während oder nach der Verwandlung in die Harnblase des jungen Frosches gelangen. P. integerrimum Rud., m der Harnblase von Rana temporaria. Hier schliessen sich die Gattungen Plagiopeltis Dies. [PI. thynni) , Soleno- cotyle Dies. (& loliginis), Dielibothrium F. S. Lkt. {D. sturionis)^ Erpocotyle Van Ben. Hesse an. 3. Fam. Gyrodaetylidae. Sehr kleine Saugwürmer mit grosser terminaler Schwanzscheibe, welche einen selir kräftigen Hakenapparat einschliesst. Der Körper des hermaphroditischen Wurmes birgt Tochter- und in diesen eingeschachtelt Enkel- und Urenkelgenerationen, v. Siebold glaubte beobachtet zu haben, dass sich aus einer Keimzelle von Gyrodactylus elegans ein junger Gyrodactylus ent- wickelt und dass dieser während seiner Ent\vicklung trächtig wird; da er Samen bereitende Organe vermisste, betrachtete er den Gyrodactylus als Amme. G. Wagener aber wies nach, dass die Forti^flanzung eine geschlechtliche ist und gelangte zu der Auffassung, dass die Keime zu den eingeschachtelten Generationen aus Resten des befruchteten, das Tochterthier bildenden Eies hervorgehn. Da- gegen ist Metschnikoff der Ansicht, dass die Bildung von Tochter- und Enkel- individuum ziemlich gleichzeitig aus der gemeinschaftlichen Masse übereinstim- mender Emlaryonalzellen erfolgt. Gyrodactylus Nordm. Mit zwei Kopfzipfehi und 8 aus dem Munde vor- streckbaren Schlundkopfspitzen, in der Mitte der Schwanzscheibe zwei grosse Haken, an dem Rande derselben zahlreiche Häkchen. G. elegans Nordm., an den Kiemen der Cyprinoiden imd Süsswasserfische. Dactylogyrus Dies. Mit vier Kopf- zipfeln. Die Schwanzscheibe mit zwei grossen Haken und zahlreichen Randhäkchen, häufig mit einer kleinen centralen Scheibe. Eierlegend. D. amphibothrium G. Wag., an den Kiemen des Kaulbarsches. 1). fallax G. Wcig., auf Cyprinus rutilusi D. auriculatus Dies., an den Kiemen von Phoxinus u. v. a. A. D. aeqiians G. Wag., an den Kiemen von Labrax, wurde von Diesing zu einer besondern, durch eine abweichende Gestaltung des Haftapparates charakterisirten Gattung, Diplecta- mcm, erhoben, zu der Van Beneden noch eine zweite Art als D. sciaenae beschrieb. Calceostoma Van Ben. Vorderende lappenförmig ausgebreitet, Schwanzscheibe wie bei Udonella scharf aligesetzt, am Rande mit schee renähnlichen Haken. C. elegans Van Ben., an den Kiemen vcn Sciaena aquila. Tetraonchiis Dies. Mit vier cen- tralen Haken der Schwanzscheibe. T. monenteron G. Wag., an den Kiemen des Hechtes. 332 3. Ordnung. Tiirbellaria, Strudelwürmer. 3. Ordnung: Turbellaria'), Strudelwürmer. Freilebende PlaUivürmcr von oval gestrcclUer oder breiter blatt- förmiger oder bandartig verlängerter Leibesform, mit weicher flim- mernder Haut, ohne Haken und Sangnäpfe, mit Gehirnganglion, Mund und Darmcanal. Die Strudelwürmer schliessen sich in ihrer äussern Körperform theilweise den Trematoden (^Detidrocoelen), theilweise den Bandwürmern {Nmiertinen) an, besitzen im letzteren Falle freilich nur selten einen gegliederten Leib, zeigen aber in ihrem innern Baue theilweise eine grosse Uebereinstimmung mit den Trematoden, über die sie sich freihch noch bedeutend erheben können. Mit ihrem freien Aufenthalte im 1) A. S. Oerstedt, Entwurf einer systematischen Ein theilung und speciellen Beschreibung der Plattwürmer. Kopenhagen. 1844. De Quatrefages, Memoire sur quelques Planariees marines. Annales des sciences naturelles. 1845. 0. Schmidt, Die rhabdocölen Strudelwürmer des süssen Wassers. Jena. 1848. Ferner, neue Beiträge zur Naturgeschichte der Würmer. Jena. 1848. M. Schulze, Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. Greifswald. 1851. R. Leuckart, Mesosto- nnim Ehrenbergii. Arch. für Naturg. 1852. L. K. Schmarda, Neue wirbellose Thiere beobachtet und gesammelt auf einer Reise um die Erde. Bd. I. Turbellarien, Rotatorien, Anneliden. Leipzig. 1859. R. Leuckart und A. Pagenstecher, Untersuchungen über niedere Seethiere. Müllers Archiv. 1859. E. Claparede, Etudes anatomiques sur les Annelides, Turbellaries. Opalines et Gregarines observes dans les Hebrides. Memoires de la Soc. de Phys. et d'hist. nat. de Geneve XVI. 1861. Derselbe, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wir- belloser Thiere. Leipzig. 1863. 0. Schmidt, Die dendrocölen Strudelwürmer aus den Umgebungen von Graz. Zeitschrift für wiss. ZooL tom. X. 1860. Derselbe, Untersuchungen über Turbellarien von Corfu und Cephalonia. Ferner über Planaria torva. Ebendas. tom. XL 1862, W. Keferstein, Untersuchungen über niedere Seethiere {Nemertinen). Leipzig. 1862. Derselbe, Beiträge zur Entwicklungs- geschichte einiger Seeplanarien von St. Malo. Abhandl. der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1868. Knappert, Bijdragen tot de ontwikke- lings-geschiedenis der Zoetwater- Planarien in Naturk. Verband, uitgegeven door het Provinciaal Genootschap van Künsten en Wetenschapen. Utrecht. 1865. — Embryogenie des Planaires d'Eau douce communique par J. van der Hoeven. Archives Neerlandaises etc. Metschnikoff, Ueber Geodesmus hilineatus. Bull. Acad. Imp. St. Petersburg. 1865. — Zur Naturgeschichte der Rhabdocoelen. Arch. für Naturg. 1865. M'Intosh, ' Jn the structure of the British. Nemerteans. Transact. roy. Soc. Edinb. T. XXV. Ed. v. Beneden, Etüde zool. et anat. du genre Macro- stomum. Bj.ül. Acad. roy. Bruxelles. 1870. Ulianin, Die Turbellarien der Bucht von Sebastopol. Berichte des Vereins der Freunde der Naturw. zu Moskau. 1870. A. Schneider, Untersuchungen über Plathelminthen. Giessen. 1873. L. Graff, Zur Kenntniss der Turbellarien. Zeitschr. für wiss. Zoologie. T. XXIV. 1874. Vergleiche ausserdem die Werke und Schriften von 0. Fr. Müller, Duges, Blainville, Diesing, Grube, R. Leuckart, Leydig, v. Beneden, Stimpson, J. Müller, Girard, A. Boeck, llumbert u. a. Haut. Pigmente. Musculatur. Nervensystem. 333 süssen oder salzigen Wasser unter Steinen , im Schlamm und selbst in feuchter Erde steht sowohl der Ausfall der Saugnäpfe und Haftorgane (ein bauchständiger Hakenkranz wurde freilich bei Tiirhdla Kloster- manni von Graff beobachtet, von demselben auch die Papilhm an Monocelis agilis und Vortex inc.tus auf Haftorgane bezogen), wie die gleichmässige Bewimperung der Oberfläche im Zusammenhang, Die Haut besteht aus einer einfachen Zellenlage oder aus einer feinkörnigen, von Kernen durchsetzten Schicht, welche eine geschichtete Basalmembran zur Unterlage hat und an der ganzen Oberfläche, vielleicht überall, auf einer besondern homogenen, einer Cuticula vergleichbaren Grenzschicht Wimpern trägt. Als eigenthümliche Einlagerungen in der Haut treten nicht selten stab- und spindelförmige Körperchen auf, welche ebenso wie die Nesselkapseln der Coelenteraten, in Zellen entstehen und wenig- stens theilweise auch die gleiche Function haben mögen, wenngleich die- selben auch wegen ihrer Anordnung in der Umgebung der Ganglien und im Verlauf der Nervenstämme als Tastorgane aufgefasst werden. In der Oberhaut finden sich oft vei-schiedene Pigmente eingelagert, unter denen besonders die grünen, mit Chlorophyll identischen Farbstoif- bläschen z. B. bei 'Vortcx viridis bemerkenswerth sind, auch kommen in derselben birnförmige Schleimdrüsen vor. Unter der die Oberhaut stützenden Basalmembran breitet sich die Unterhaut aus, welche zwischen einer aus rundlichen oft geschwänzten und ramificirten Zellen gebildeten Bindesubstanz den mächtig entwickelten Hautmuskelschlauch birgt. Der- selbe besteht aus einer circulären und longitudinalen Faserlage, daneben aber auch aus zahlreichen dorsoventralen Faserzügen und vermag durch kräftige, wellenförmig fortschreitende Bewegungen, durch energische Contraktionen in der Länge und Querrichtung einen wesentlichen Ein- tiuss auf die Lokomotion des Körpers zu äussern. Eine Leibeshöhle zwischen Körperwand und Darmcanal ist meist nicht nachzuweisen, in vielen Fällen jedoch mit Bestimmtheit erkannt. Das Nervensystem besteht wie bei den Trematoden aus zwei, im vordem Körpertheile gelegenen, durch eine längere oder kürzere Querbrücke verbundenen Ganglien, welche nach mehrfachen Richtungen Nervenfäden aussenden, unter denen zwei nach hinten verlaufende Seitenstämme durch bedeutendere Stärke hervortreten. Bei den dendrocoelen Strudelwürmern liegt die starke Quercommissur an der Bauchseite, und es bleibt eine dorsale Furche zwischen beiden Gehirnlappen, durch welche eine Magentasche ihren Verlauf nimmt (^Lejjto^dana). Indessen wurde bei einzelnen Planarien- gattungen auch eine ringförmige Doppelcommissur am Gehirn nach- gewiesen (Polycelis, Sphyrocephalus') , und an den Seitenstämmen {Sphyrocephalus, Polycladits) ganglienähnliche Anschwellungen mit aus- strahlenden Nerven beobachtet. Bei den Nemertinen sind die Gehirn- ganglien am umfangreichsten entwickelt und in einzelne grössere läppen- 334 Sinnesorgane. Pharynx. Rüssel. Darm. förmige Abschniste gethcilt, dabei stets durch eine doppelte den sog. Rüssel unifass(!nde Quercommissur verbunden. Die Seiten- oder Längs- nervenstämme sind besonders mächtig, rücken zuweilen (Oerstcdtia) an der Bauchseite näher zusammen und zeigen auch in einzelnen Fällen gangli(mähnliclie Anschwellungen. Von Sinnesorganen treffen wir bei den Strudelwürmern ziemlich verbreitet dunkle Augenflechen, welche in paariger Anordnung entweder den Gehirnganglicn aufliegen , oder von denselben kurze Nerven erhalten. Häufiger treten grössere aber ge- wöhnlich auf die Zweizahl reducirte Augenflecken auf, in denen hcht- brechende Körper, sog. Krystallkegel , in die Pigmentmasse eingelagert sind. Sog. Otolithenhlasen scheinen seltener aufzutreten, z. B. unter den Nemertmen bei Oerstedtia pallida, wo sie in doppelter Zahl auf der Rückenseite jedes untern Gehirnganglions liegen , unter den Rhah- docoelen bei Monocelis in einfacher Zahl, ebenfalls dem Ganglion auf- liegend. Sicherlich ist die Haut als Sitz eines sehr entwickelten Tast- vennüyens anzusehn, und es mögen für diese Function auch die zwischen den Cilien hervorstehenden grössern Haare und steifen Borsten in Betracht kommen. Eigenthümliche Sinnesorgane scheinen zwei am Vorderende der Nemertmen vorkonunende Wimpergnihen und Seiten- oryane zu sein, an denen ansehnliche Nerven eine ganglienähnliche An- schwellung bilden. Mundöfl'nung und Verdauungsapparat werden niemals vermisst, doch rückt die erstere häufig vom vordem Körperendc auf die Bauch- fläche nach der Mitte zu, ja über diese hinaus in die hintere Körper- parte. Ein Magendarm kann jedoch (Metschnikoff , Ulianin) in manchen Fällen [Convoluta, Schisoprora) fehlen und ähnlich wie bei den Infusorien durch ein weiches Innenparenchym ersetzt sein. Die Mund- öflnung führt meist in einen muskulösen Pharynx, der meist nach Art eines Rüssels vorgestreckt werden kann {Pliaryngocoelen). Auch münden häufig drüsige Schläuche als Speicheldrüsen in den Schlund ein. Der innen häufig flimmernde Darmcanal ist entweder gabiig getheilt und dann einfach oder verästelt, ohne After {Dendrocoelen), oder stabförmig und blindgeschlossen {Rhahdocoelen), oder erstreckt sich als ein gerade verlaufendes Rohr durch die ganze Länge des Körpers und mündet am hintern Ende durch eine Afteröffnung {Nemertinen) nach aussen. Im letzteren Falle liegt im Vordertheile des Leibes über dem Darme ein kürzerer oder längerer, mehrfach geschlängelter Schlauch, Bussel, welcher vor dem Munde sich öffnet und meist in seiner ganzen Länge hervor- gestülpt werden kann {IViyncJiocoelen). Derselbe wird oft am hintern Ende durch besondere Muskeln (Retractoren) an der Leibeswandung befestigt und trägt nicht selten im Grunde eine stilctförmige Waffe, welche nach der Hervorstülpung an die äusserste Spitze des Rüssels zu liegen kommt und zum Einbohren und Verwunden dient. Das Wasser- Wassergefässsystem. Geschlechtsorgane. Eierablage. 335 gcfässsijstem besteht aus zwei seitlichen hellen Stämmen und zahlreichen verästelten Seitenzvvcigen, die hier und da frei in das Gefäss hinein- ragende sich schlängelnde Wimperläppchen tragen. In der Regel kommen mehrfache Mündungen an dem Hauptstanime dieses Excretionsapparates zur P)eobachtung. Blutgefässe kommen ausschliesslich den Nemertinen zu, in deren Körper man ein contractiles Rückengefäss und zwei eben- falls contractile Seitengetässe unterscheidet, welche sämmtlich im Kopfe schlingenförmig verbunden sind und auch im Hinterende in einander idiergehn. In dem erstem bewegt sich das meist farblose zuweilen röthliche selbst blutrothe Blut von hinten nach vorn, in den Seiteu- gefässen fliesst dasselbe in umgekehrter Richtung von vorn nach hinten. Die Fortpflanzung erfolgt seltener z. B. bei Derostomeen {Catenula) und Microstomecn auf ungeschlechtlichem Wege durch Quertheilung; in der Regel ist sie vinc geschlechtliche. Mit Ausnahme der Microstomeen und Nemertinen sind die Turbellarien Zwitter. Uebrigens scheint der Gegensatz von hermaphroditischer und getrennt geschlechtlicher Form keineswegs ohne Vermittlung dazustehn, da nach Metschnikoff bei Frostomum lineare bald die männlichen Geschlechtsorgane unter Ver- kümmerung der weiblichen, bald umgekehrt die weiblichen unter Ver- kümmerung der männlichen entwickelt sind. Auch bei Acmostomum dioec'um sind die beiderlei Geschlechtsorgane auf verschiedene Individuen vertheilt. Bei den hermaphroditischen Formen bestehen die männlichen Geschlechtsorgane aus Hoden, welche meist als paarige Schläuche in den Seiten des Körpers liegen, aus Samenblase und einem ausstülpbaren mit Widerhaken besetzten Begattungsorgan, die weiblichen aus Keim- stock, Dotterstöcken, Samentasche (receptaculum seminis), Vagina und Eierbehälter. Begattungsorgan und Vagina münden oft durch eine ge- meinsame Oeifnung auf der Bauchfläche. Indessen können auch wie z. B. bei Macrostomum Dotterstöcke und Eierstöcke vereinigt sein, in- dem dasselbe Organ in seinem blinden Ende die Eier erzeugt und in seinem untern Abschnitte Dottersubstanz ausscheidet. Wenn nach der Begattung Eikeime und Dottermasse in den Eierbehälter eingetreten sind und die Befruchtung erfolgt ist, so beginnt die Bildung einer harten, meist rothbraun gefärbten Schale in der Umgebung des ver- grösserten Eies. In solchen Fällen werden hartschalige Eier abgelegt, indessen werden oft wie unter den Rhabdocoelen bei Schi^ostomum und einzelnen Mesostomeen {M. Ehrenhergii) auch durchsichtige Eier mit dünnen farblosen Hüllen gebildet, welche sich im mütterlichen Körper entwickeln. Nach Schneider soll die Production der zarthäutigen oder Sommereier der Erzeugung der hartschaligen oder Wintereier stets vorausgehn, und für die Sommereier der Winterthiere normal Selbst- befruchtung stattfinden. In seltenen Fällen tritt in der Gestaltung des hermaphroditischen 336 1. Unterordnung; Rhabdocoela. Geschlechtsapparates eine an die Gestaden erinnernde Metamerenbildung ein (Alaurina composita), und es dürften diese Segmente um so eher als untergeordnete, den Proglottiden vergleichbare Individuen einer Thier- kolonie betrachtet werden, als ja, \m Derostomeen {Catcnula) das Vor- kommen bandvvurmähnlich(!r Individuenketten ausser Zweifel gestellt worden ist. Bei den getrennt geschlechtlichen Nemertincn entstehen Hoden und Ovarien als einfache Säckchen und Schläuche in der Leibeshöhle zwischen den Seitentaschen des Darmes und besitzen in der Körper- wandung besondere Oeffnungen. Aus diesen treten die Eier nach ihrer Reife aus und werden durch eine gallertige Schleimmasse zu Schnüren verbunden, aus denen das Thier seinen Köiper herauszieht. Indessen gibt es auch lebendig gebärende Nemertinen, wie z. B. Tetrastemma ohscurum und Prosoroehmis Claparedii. Die Turbellarien des süssen Wassers und auch viele marine Formen haben eine einfache directe Entwicklung und sind im Jugendzustande oft von Infusorien schwer zu unterscheiden. Andere marine Dendrocoelen entwickeln sich jedoch durch Larvenstadien, für welche der Besitz finger- förmiger Wimperlappen characteristisch ist. Einige Nemertinen durch- laufen eine der EchinüdermenveYWdmWvmg vergleichbare Metamorphose, indem die aus dem Ei geschlüpfte frei schwimmende Larve als PiUdium die Form eines Fechterhutes besitzt, mit Mund und Darm ausgestattet ist und eine rücklaufende Wimperschnur am untern Rande, sowie eine schwingende Geissei an der Spitze trägt. In dieser entsteht unterhalb des Magens eine kahnförniige ßildungsmasse , welche den Magen um- wächst, sich zu einem Nemertes umbildet und dann das Gewebe des PiUdium durchbricht. 1. Unterordnung: Khabdocoela. Rhabdocoele Strudelwürmer. Von rundlicher^ mehr oder minder platter Körperform, mit stah- förmigcm afterlosen Darm., dessen Einganystlieil in der Pegel einen vorstülpbaren Pharynx bildet, meist hermaphroditisch. Die rhabdocoelen Strudelwürmer sind die kleinsten und am ein- fachsten organisirten Formen, deren schlauchförmiger Darm der After- öttnung entbehrt. Die Microstomeen sollen freilich nach der Angabe der altern Autoren einen After besitzen, der jedoch von neuern Beobachtern nicht wieder aufgefunden wurde. Die Lage der Mundöffnung wechselt ausserordentlich und ist als vornehmlicher Charakter zur Bezeichnung der einzelnen Familien verwendet worden. Zuweilen münden Speichel- (hüsen in den Schlundkopf ein. Die meisten Rhabdocoelen sind Zwitter und besitzen eine gemeinsame Geschlechtskloake, und nur ausnahms- weise wie Mucroslomum und Couvolutu zwei von einandei' getrennte Opisthomeae. Derostomeae. 337 männliche und weibliche Geschlcchtsöffnungen. Indessen gibt es auch getrennt geschlechtliche Rhabdocoelen, wie z. B. Acinostonmm dioecum, Convohtta paradoxa, Frostomum lineare, letztere freilich mit verküm- merten Resten des andern Geschlechtsapparates oder ungleichzeitiger Geschlechtsreife. Ferner sind alle Microstomeen getrennt geschlechtlich. Dieselben wurden aus diesem Grunde und weil sie eine Afteröffnung besitzen, von den Rhabdocoelen, aber gewiss mit Unrecht, gesondert. Die Rhabdocoelen sind fast durchweg Süsswasserbewohner und in ihren jugendlichen Zuständen Infusorien ähnlich, da in diesem Alter der Darni- canal keineswegs immer scharf hervortritt und zuweilen durch eine verdauende Parenchymmasse ersetzt wird. Eine solche sollen nach Ulianin die Gattungen Convoluta, Schüoprora und Nadina zeitlebens besitzen. Die Rhabdocoelen legen hartschalige Eier ab, die einen, bevor die Entwicklung des Embryos begonnen hat, die andern mit bereits fertigen Embryonen. Einige erzeugen aber auch helle zarthäutige Eier, die sich bereits im Uterus entwickeln und sind dann lebendig gebärend. Die aus den hartschaligen oder Wintereiern hervorgehenden Winterthiere {Mesostomuiii Ehrenberg n)üo\\ei\ während der Erzeugung ihrer Sommereier einen noch sehr unentwickelten Penis haben und sich selbst befruchten. Sommerthiere, welche in isolirten Müttern aufwachsen, sollen nur Winter- eier erzeugen. Die Entwicklung erfolgt, soweit bekannt, ohne Metamor- phose. Eine ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Quertheilung ist namentlich bei Catemda, sowie Strongijlostomum coerulescens regel- mässig beobachtet. Sie leben von den Säften kleiner Würmer, Ento- mostraken- und Insectenlarven , die sie mittelst eines fadenziehenden von Stäbchen durchsetzten Hautsekretes umspinnen und aussaugen. 1. Farn. Opisthomeae. Der am hintern Körpertheil gelegene Mund führt in einen schlauchförmigen Schlund, der rüsselartig vorgestreckt werden kaim. Mono- celis Oerst. Die Schlundröhre entbehrt der Muskelbefestigung. Körper cylindrisch, langgestreckt, mit unpaarer Gehörblase und vor derselben zuweilen auch mit Pigmentfleck. M. anguüla 0. S., mit 2 Pignientflecken. M. agilis M. Seh. Penis papillenartig , ohne harte Theile. M. unipunctata , lineata Oerst. u. a. A. Opisthomum 0. S. Schlund durch seitlich sich ansetzende Muskeln in seiner Lage befestigt. Körper platt, langgestreckt, ohne Gehörblase und Augenfleck. 0. pallidum 0. S. Diotis Schm. (mit 2 Otolithen). D. megalops (Jamaica), AUo- stoma Van Ben. {A. pallidum). Enterostomum Clap. {E. Fingalianum). 2. Farn. Derostomeae. MundöfFnung etwas hinter dem Vorderrande. Schlund tonnenförmig. Derostomum Duges. Vordere Schlundöfihung eine enge Spalte. D. unipunctatum Oerst. — Sclimidtianum M. Seh., 1|— 2 Linien lang. Vortex PJhljg. Körper cylindrisch, nach hinten verjüngt. Vordere Schlundöfi'nung kreisrund. V. viridis M. Seh. = Hypostomum viride 0. S. Körper vorn abgestumpft, blatt- grün mit 2 schwarzen Augen, 1 — 1^ Linien lang. F. pictum O. S. Catenula lemnac Duges., in Kettenform aggregirt, durch Quertheilung ausgezeichnet. Hier schliessen sich an die Gattungen Pseudostomum 0. S. , Spirocyclus Claus, Zoologie. 3. Auflage. 22 338 Mesostomeae. Scliizostomeae. Prostomeae. Microstomeae. 0. S., Acmostomum Schm., Catasthia Gir., sowie das in Holothurien schmarotzende Anoplodium Schneiden Semp. 3. Fam. Mesostomeae. Mund ziemlich in der Mitte des Körpers. Schhind ringförmig, cylindrisch oder einem Saugnapf ähnlich. Mesostomum Duges. M. Ehrenbergii Oerst., mit 2 Augen. M. obtusum M. Seh. M. variahile Oerst. {Ty- phloplana Oerst.), augenlos. Strongylostomum Oerst. Mund vor der Mitte. St. radiatum 0. Fr. Müll. Schizostomum 0. S. Der Mund ist eine längliche Spalte vor den Augen. Auf der Bauchfläche ein saugnapfähnlicher Schlund. Seh. inoductum 0. S., in Regenpfützen. "Wahrscheinlich sind auch die Schmarda'schen Gattungen Mesopharynx und Chonostomum hierherzuziehn. 4. Fam. Macrostomeae. Mund eine Längsspalte oder Querspalte, nahe dem Vorderende. Ein muskulöser Schlund fehlt meist. Macrostomum Oerst. Körper mehr oder weniger cylindrisch. Mund längsoval, hinter den Augen. Dotterstock vom Keimstock nicht gesondert. Die beiden Geschlechtsöffnungen weit entfernt, M. hystrix Oerst. = Planaria appendiculata 0. Fabr., in Torfmooren. Die vielen stäbchenförmigen Körper geben der Haut ein stachliges Aussehn. M. mirita M. Seh. = Planaria excavata 0. Fabr. M. Schultzü Clap. St. Vaast. Orthostomum 0. S. 5. Fam. Convolutidae {Acoela). Ohne Darmkanal und mit nicht getrennten Keim und Dotterstöcken. Convoluta Oerst. Der quere vorn am Bauche hinter der Gehörblase gelegene Mund fühi-t in eine trichterförmige Mundhöhle. Darm durch weiches Parenchym vertreten. Augen fehlen. Seitenränder tutenförmig über die Bauchfläche geschlagen. Hoden vielfach verästelt, mit paai'igen Samen- blasen, 2 Ovarien. Die beiden Geschlechtsöfi"nimgen getrennt. C. paradoxa Oer.st., Nord- und Ostsee. (7. infundihuhim 0. S. Nadina Ul. Schizoprora 0. S. 6. Fam. Prostomeae. Der an der Bauchfläche gelegene Mund führt in einen muskulösen Schlund. Am Vorderende mündet ein vorstülpbarer mit Papillen be- waffneter Tastrüssel. Prostomum Oerst. (Gyrator Ehbg.). Mund auf der Bauch- fläche dem Vorderende ziemlich genähert. Pr. lineare Oerst. Mit einem spitzen Penisstachel am Hinterende, unvollkommen hermaphroditisch, häufig im Süsswasser. Pr. helgolandicim. Kef., vollkommen hermaphroditisch. Pr. Kefersteinü Clap. St. Vaast. Pr. immundum 0. S. , Neapel u. a. A. Ob Rhynchoprobolus Schmarda's generisch verschieden ist, bleibt festzustellen. Bh. papillosus, Brackwasser bei New- York. Orcus ül., Ludmila ül. u. a. G. Hier schliesst sich wohl auch die hermaphroditische ^Zaj/nwa Busch, an. Mit einem cilienlosen Tastrüssel am Vorder- ende und kräftigem Pharynx, afterlos. A composita Metschn., hermaphroditisch, mit 4 Metameren, Helgoland. 7. Fam. Microstomeae. Getrennt geschlechtliche Rhabdocoelen, deren kleiner aber sehr dehnbarer Mund in der Nähe des vordem Körperendes hegt. Darm imd Flimmergruben am vordem Körperende. Metamerenbildung und Quertheihmg kommt häufig vor. Microstomum Oerst. M. lineare Oerst. Darm über die Mund- öffnung blindsackförmig bis an das Vorderende verlängert, mit After. 2 Augen. Quertheilung schon von 0. Fr. Müller beobachtet. Ostsee. Stenostomum 0. 3. Ohne Augen, mit 2 Gehörbläschen (V). Auch soll ein besonderer Rüssel nach Art von Nemertes vorhanden sein, mit langem engen Oesophagus. St. leucops 0. S., Süsswasserform. Dinophilus 0. S. Afterlos, mit paarigen Ovarien. Quer- theilung nicht bekannt. D. vorltcoides 0. S., Nordsee. 2. Unterordnung. Dendrocoela. 339 2. Unterordnung. Dendrocoela. Dendrocoele Strudelwürmer. Von breiter platter Körperform, oft mit gefalteten Seitenrändern und tentahelähnlichen Fortsätzen des Vorderendes, mit versiceigtem afterlosen Barm und mnsJculösem zmveilen vorstülpbaren Schlund, in der Regel hermaphroditisch. In ihrer äussern Erscheinung nähern sich die grossentheils marinen, theilweise aber auch im süssen Wasser und auf dem Lande lebenden Dendrocoelen den Trematoden , mit deren grossem Arten sie die Ver- zweigungen des geradgestreckten oder gabUg getheilten Darmcanales gemeinsam haben. Den Rhabdocoelen gegenüber erlangen sie meist eine complicirtere Entfaltung der Organisation, eine bedeutendere P^nt- wicklung des zweilappigen Nervencentrums und bedeutendere Grösse der in verschiedener Zahl vorhandenen Augen. Gehörbläschen treten selten auf. Der Mund liegt meist in der Mitte des Körpers und führt in einen weiten und vorstreckbaren Schlund. Die Geschlechtsorgane sind fast allgemein in demselben Individuum vereint, und nur ausnahms- weise wie bei Planaria dioica Clap, auf verschiedene Individuen ver- theilt, zeigen aber in ihrer Gestaltung und namentlich in der Bildung des Begattungsapparates eine grosse Mannichfaltigkeit und bieten durch dire zahlreichen Besonderheiten treffliche systematische Anhaltspunkte zur Unterscheidung der Gattungen und Arten. Viele, wie namentlich die Süsswasserformen , besitzen eine gemeinsame Geschlechtsöffnung, während umgekehrt bei den Meeresbewohnern die Geschlechtsöifnungen in der Regel gesondert liegen. Auch gibt es Formen {Thysanosoon), deren männhcher Geschlechtsapparat aus zwei vollständig getrennten Hälften mit zwei Oeifnungen und ebensovielen Begattungsorganen besteht. Die Entwicklung beruht bei einzelnen marinen Formen auf einer Metamor- phose, wie die von J. Müller entdeckten und wahrscheinlich zur Gattung Stylochus gehörigen Larven beweisen ,' deren Leib in 6 fingerförmigen Wimperlappen provisorische Ausstattungen trägt. Andere marine Den- drocoelen, wie Polgcelis laevigatus, erinnern zwar, wenn sie die Eihüllen verlassen, in der Bildung des Darmes an die Einrichtungen der Rhab- docoelen, entbehren jedoch der Larvenorgane. Bei den Süsswasserplanarien erfolgt die Entwicklung, wie aus den Untersuchungen Knapp ert's hervorgeht, ganz allgemein direkt. Der von diesen Thieren abgelegte Cocon enthält 4—6 kleine Eier, deren Dotter nach Durchlaufen der Furchung eine peripherische Zellschicht zur Sonderung bringt, welche sich in ein oberes die Leibeswand und Muskulatur erzeugendes animales und ein unteres die Darrahaut bildendes vegetatives Blatt spalten soll. Die marinen Dendrocoelen legen die Eier häufig in Form breiter Bänder ab. 22* 340 Monogonopora. 1. Gruppe. Monogonopora Stimps. Dendrocoelen mit einfacher Geschlechtsöffnung. Hierher gehören vornehmhch die Land- und Süss- wasserplanarien. 1. Fam. Planariadae. Der langgestreckt-ovale und abgeflachte Körper oft mit lappenförmigen Fortsätzen, selten mit Tentakeln und in der Regel mit 2 Augen, in welchen Linsen eingelagert sind. Planaria 0. Fr. Müll. 2 Augen, Tentakeln fehlen, Schlund vorstülpbar und cylindrisch. Das Begattungsorgan liegt in dem gemeinsamen Vorraum der Ge- schlechtsöflnung. PI. torva M. Seh., mit einfach gerundetem Stirnrand. PI. polychroa 0. S., Stirnrand zugespitzt. PL luguhris 0. S., Stirnrand stumpfgerundet, an dem Vorhofe der Geschlechtsorgane fehlt die muskulöse Anhangstasche, sämmtliche Arten im süssen Wasser häufig. PI. maculata, fulginosa Leidy. PI coeca Duges., ohne Augen {Atiocelis Stimps.). PI. dioica Clap., getrennt geschlechtlich u. a. A. Dendrocoelum Üerst. Unterscheidet sich durch den Besitz von lappigen Fortsätzen des Kopftheiles, sowie durch die Bildung des in einer besondern Scheide liegenden Begattungsorganes. D. lactetim Oerst. X>. pulcherrimum Gir. Oligocelis Stimps. Mit sechs in zwei parallelen Gruppen geordneten Augen. O. pulcherrima Gir. Nordamerikanische Süsswasserplanarie. Pohjcelis Hempr. Ehbg. Mit zahlreichen randständigen Augen und cylindrischem weit vor- streckbaren Schlund. P. nigra, brunnea 0. Fr. Müll. Europäische Süsswasser- formen. P. aurantiaca Delle Gh., Mittelmeer, besitzt nach Kowalewski an den Kreuzungsstellen der netzförmig anastomosirenden Darmröhren verschHessbare flimmernde Oeffnungen, welche mit den Spalträumen des Körperparenchyms com- municiren. Gunda 0. S. Stirn ausgerandet mit ansehnlichen Ohrlappen; Gehirn unregelmässig gelappt; Penis unbewaffnet vor der Geschlechtsöifnung ; unmittelbar hinter derselben ein kugliger Behälter, welcher als Recej^taculum seminis und Uterus dient, und in welchen die vereinigten Eileiter direkt ein- münden. G. lobata 0. S. Marine Form, Corfu. Bei der marinen Cercyra 0. S. besitzt der Penis einen hornigen einer Lanzenspitze ähnlichen Fortsatz (C hastata), bei Haga 0. S. ist der Körper vorn abgerundet ohne Fortsätze, und besitzt einen langen in einer geräumigen Höhle eingeschlossenen Rüssel {H. 2^lebeja). 2. Fam. Geoplanidae. Landbewohnende Planarien mit langgestrecktem und abgeflachtem durch den Besitz einer söhligen Fussfläche ausgezeichneten Leib. Mund meist hinter der Leibesmitte in der Nähe der Genitalöfthung. Oesophagus glockenförmig, vorstülpbar. Geoplana Fr. Müll. Mit zahlreichen randständigen Augen, Europa. G. lapidicola Stimps. Bhynchodesmus Leidy. Mit 2 Augen. Bh. terrestris Gm. {Fasciola tcrrestris 0. Fr. Müll.), Europa. Rh. histriatus, quadri- striatrus Gr., Fischerinseln. Bh. sylvaticus Leidy, Nordamerika. Geodesmus Metschn, Darmcanal einfach, mit kurzen Seitenzweigen, ohne besondere Darmwand. Der muskulöse Pharynx nicht protraktil, 2 Augen. G. bilineatus Metschn., mit Nessel- fäden in der Haut, in Topferde. Bipalium Stimps. {Sphyrocephalus Schmarda =r Dunlopea Wright. (V)). Kopftheil durch Lappenfortsätze halbmondförmig, mit zahl- reichen randständigen Augen. B. fttscatmn Stimps., Japan. B. univittatum Gr., Madras u. a. A. Polyeycladus Blanch. Augenlos. P. maculatus Darw. P. Gayi Blanch. u. z. a. A. 2. Gruppe. Digonopora. Dendrocoelen mit doppelter Geschlechts- Öffnung, fast durchweg marin. Clapar^de betrachtet die Darmäste als Stylochidae. Leptoplanidae. Cephaloleptidae. Euryleptidae. 341 Leberanhänge. Der Rüssel liegt oft vielfach gefaltet in einer besondern Tasche, wird beim Fressen vorgestülpt und breitet sich dann lappen- artig aus. Genitalötlnungen hinten. 1. Farn. Stylochidae. Der platte Körper ziemlich cUck, mit 2 kurzen Ten- takeln am Kopftheil und meist mit zahlreichen Augen an den Tentakeln oder am Kopf. Genitalöffnungen hinten. Meeresbewohner. Stylochus Hempr. Ehbg. {Stylo- choplana Stimps.). Zahlreiche Augen an der Basis der ziemlich genäherten Ten- takeln. St. ellipticus Gir. {Planocera Blainv.), augenlos, Nordamerika. St- macti- Za) = Polyzoii^ iflooMliierclicn. Kleine, meist su moosförmigen oder rindenartigen Stöckchen ver- einigte Thiere mit hcivimpertem Tentakelkranz, mit Darmkanal und einfachem Nervenknoten. Die Körperform und Lebensweise der Bryozoen nähert sich in hohem Grade den als Scrtularinen und Campamdarinen unterschiedenen 1) Van Beneden, Recherches sur l'anatomie, la physiologie et Tembryogenie des Bryozoaires qui habitent la cote d'Ostende. Mem. Acad. Roy. Bruxelles. Vol. XVfii. 1845. Van Beneden, Recherches sur les Bryozoaires fluviatiles de Bel- gique. Ebendaselbst. 1847. Dumortier et van Beneden, Histoire naturelle des Polypes composes d'eau douce. Mem. Acad. Roy. Bruxelles. 1850. Busk, Catalogue of marine Polyzoa in the collection of the British Museum. London. 1852—1854. Allman, Monograph of the Fresh-water Polyzoa. London. 1857. (R. S.). F. A. Smitt, Om Hafs-Bryozoernas utveckling etc. Stockholm. 1865. Derselbe, Kritisk ibrteckning öfver Skandinaviens Hafs - Bryozoer. Ofvers. königl. vetensk. akad. forhandl. 1865. 1366. 1867. Kowalewsky, Beiträge zur Anatomie und Ent- viricklungsgeschichte des Loxosoma neapolitanum. Mem. Acad. imper. St. Peters- bourg. Tom. X. 1866. Heller, die Bryozoen des adriatischen Meeres. Verh. der K. K. zoologisch-botanischen Gesellschaft. Tom. XVII. Wien. 1867. H. Nitsche, Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der phylactolaemen Süsswasser- bryozoen, insbesondere von Alcyonella fungosa PalL, Inauguraldissertation. Berlin. 1868. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Bryozoen. Zeitschr, für wiss. Zool. Tom. XX. 1869, sowie Neue Folge. 1871. A. Schneider, Zur Entwicklungs- geschichte und systematischen Stellung der Bryozoen und Gephyreen. Ai-chiv für mikrosk. Anatomie. Tom. V. 1869. Vergleiche ausserdem die Schriften von A. Farre, Ehrenberg, Milne- Edwards, Thompson, d'Orbiguy, Hinks, Sars, Busk, Claparede, Kefer- steia etc. Integument. Ectocyste. 369 Polypen, so dass man beide Thiergruppen lange Zeit mit einander ver- einigen konnte, eine antiquirte Auffassung den Verband derselben sogar noch heute festhält(Re i c li e r t). Die genauere Erforschung des gesammten Baues, der Nachweis gesonderter Darmwandungen mit Mund und After, sodann eines Ganglions und der von demselben ausgehenden Nerven möchte die Nothvvendigkeit einer Sonderung der Bryosoen von den Coelenteraten über allen Zweifel erheben. Indess hat man sich bislang über die systematische Stellung der Moosthierchen noch keineswegs einigen können. Einige Forscher, wie besonders Leuckart, Gegen baur u. a. bringen dieselben zu den Würmern, andere Zoologen wie Milne Edwards, Steenstrup, van Beneden, Hancock, Allmann glauben in der morphologischen Aehnlichkeit mit den Tunicaten entscheidende Anhalts- punkte zu finden, um die Moosthierchen den Mollusken zuzurechnen. Der letztere Forscher glaubt sogar an dem jungen Polypid von Rhah- dopleura ') das Aequivalent eines Mantels in Gestalt zweier Lappen an der Aussenseite der Tentakeln, die er als die Segel betrachtet, er- kannt zu haben. Auch hat man mehrfach eine nahe Verwandtschaft mit den Brachiopoden zu erkennen geglaubt [Hyatt, Morse). Den Namen Bryosoen verdanken unsere Thiere dem moosähnhchen, dendritischen x\ussehn ihrer Colonien, zu denen, die oft mikroskopisch kleinen Einzelthiere in sehr einfacher aber äusserst gesetzmässiger Weise vereinigt sind. Es können die Bryozoenstöckchen aber auch blattförmige, selbst massige, polyparienähnliche Formen darstellen, oder als rinden- artige Krusten fremde Gegenstände überziehen. Nur ausnahmsweise bleiben die Individuen solitär, wie das sonderbare auf üapitella (Röhren- wurm) schmarotzende Loxosoma, dessen Knospen sich ablösen. In der Regel besitzen die Stöckchen eine hornige oder pergamentartige, häufig auch kalkige, seltener gallertige Beschaffenheit, je nach der Natur der Gehäuse, welche durch die Erhärtung der Cuticula in der Umgebung der Einzelthiere entstanden sind. Jedes Einzelthier [Zooecium) ist von einer sehr regelmässig und symmetrisch gestalteten Zelle, Ectocyste umgeben, deren vordere, oft durch Fortsätze geschützte Oeffnung das Hervorstrecken des weichhäutigen Vorderleibes mit dem Tentakelkranz gestattet. Die mannich- fache Gestalt der Zellen, sowie die einem reichen Wechsel unterworfene Art ihrer Verbindung bedingt eine überraschend grosse Mannichfaltigkeit in den Formen der aus ihnen zusammengesetzten Colonien. Meistens sind die Zellen völlig von einander abgeschlossen, rücksichtlich ihrer Verbindung aber bald schief oder senkrecht aufgerichtet, bald wagrecht hingestreckt, 1) Quaterly Journ. of mikr. Sc. 1870. Vgl. auch M. Sars, On some remarkable fornis of aniinal lifo iVoni the great deeps of the Norwegian coast, Christiania. 1872. Claus, Zoologie, o. Auflage. 24 370 Endocyste. Verdauungsorgane. bald in einer Ebene nebeneinander ausgebreitet, bald reihenweise unter Bildung von Raniificationen an einander geordnet. Auch können sich dieselben aut besondern, die Zweige und Aeste der Colonie zusammen- setzenden Individuen (Stammgliedern) erheben. Ihre Mündungen kehren sich entweder nach einer oder nach zwei gegenüberstehenden Seiten zu oder dieselben liegen radiär im Umkreis einer gemeinsamen Achse in zahlreichen Strahlen. Der äussern chitinisirten und häufig inkrustirten zur Zelle gewordenen Cuticularschicht liegt die weichhäutige Körper- wandung als Endocyste mehr oder minder dicht an. Dieselbe besteht aus einer äussern Zellenlage, die man als die Matrix der Ectocyste aufzufassen hat und einem Netzwerk sich kreuzender, einer homogenen Membran anliegender Muskelfasern (äussere Ringfaser-, innere Längs- faserschicht) , an deren innerer, die Leibeshöhle begrenzender Fläche wenigstens bei den Süsswasserbryozoen ein zartes Innenepithel mit reichem Besatz von Flimmerhaaren dicht anliegt. An derOeffnung der Zelle stülpt sich die weichhäutige Endocyste nach Innen zurück und bildet von da an das ausschliessliche Integument des Vorderleibes, dessen basaler Theil (Duplicatur) bei den meisten Süsswasserformen durch die hintern sog. Parietovaginalmuskeln (abgelöste Längsmuskeln) zurückgehalten, einge- stülpt bleibt. Dagegen kann die Hauptmasse des Vorderleibes mit dem Tentakelkranze an der Spitze (Tentakelscheide) durch besondere die Leibeshöhle durchsetzende Muskeln eingezogen und hervorgestülpt werden. Die Tentakeln , die entweder wie bei den Loijliopoden auf einer zwei- armigen, hufeisenförmigen Scheibe {Lophophür) oder wie bei den Stehna- iopoden im Kreise angeordnet sind, stellen hohle äusserlich bewimperte mit Längsmuskeln versehene Ausstülpungen der Leibeswand dar, deren Hohlraum mit der Leibeshöhle communicirt und sich von dieser aus mit Blut füllt. Sie dienen daher sowohl zum Herbeistrudeln von Nahrungsstoften als zur Vermittlung der Respiration. Die Verdauungsorgane liegen in dem durch die Leibeswandung gebildeten Sacke frei suspendirt und sind an dem Integument nur an der Mund- und Afteröftnung, sowie durch den sog. Funiculus und durch Muskelgruppen befestigt. Man kann dieselben im Verein mit dem Tentakelapparat auf Grund ihrer Entstehung (als innere Knospe), als ein zweites eingeschachteltes Individuum betrachten und dem Wohngehäuse oder Cystid gegenüber als Folypid unterscheiden, beide zusanmien (Cysti- cercusblase -h Scolex) als Po%joc?/s^«? (Zooeci','««) bezeichnen. In der Mitte der kreis- oder hufeisenförmigen Scheibe, Mundscheihe, liegt die Mund- öffnung, oft {Phylactolaemata Allm.) von einem beweglichen Epiglottis- ähnlichen Deckel (Epistom) überragt. Dieselbe führt in einen mit selbst- ständigen Wandungen versehenen schlingenförmig umgebogenen Nalirungs- canal, an welchem man eine langgestreckte, bewimperte, oft zu einem muskulösen Pharynx erweiterte Speiseröhre, einen sehr geräumigen, Nervensysteni. ' ■ ^ 371 blindsackartig verlängerten und am Ende des Blindsackes durch einen Strang, Fumculus, an der Leibeswand befestigten Magendarm und einen verengerten nach vorn zurücklaufenden Enddarm unterscheidet. Der letztere führt in der Nähe der Mundscheibe aber meist ausserhalb derselben durch die rückenständige Afterötfnung nach aussen. Her£; und Gefässsystem fehlen. Die Blutflüssigkeit erfüllt den gesammten Innen- raum der Leibeshöhle und wird sowohl durch die Cilien der Leibes- wand als durch die Contractionen der Muskeln umherbewegt. Diese lassen sich im Wesenthchen auf drei Gruppen zurückführen. Die erste Gruppe umfasst die grossen Retractoren ') des Folypids (Darmtractus nebst Tentakelkrone), welche bilateral synnnetrisch an den Seiten der Leibeswandung entspringen, theilweise die Länge des Leibesraums durch- setzen und vorn am Schlünde sich anheften. Die zweite Gruppe, die sog. Parictovaginal-Muskeln , besteht aus einer grössern Zahl kurzer Muskelbänder, welche den basalen, nicht selten bleibend eingestülpten Theil des Vorderkörpers befestigen. Endlich sind als dritte Gruppe die sog. Parietal-Muskeln zu unterscheiden; dieselben haben den oben bereits beschriebenen Verlauf in der Leibeswand, die Muskelbänder der circularen Schicht bilden oft kleine Abschnitte von Reifen, deien Con- traction einen Druck zur Austreibung des Vorderkörpers veranlassen mag. Zur Respiration dürfte sowohl die gesanimte Oberfläche des aus- gestülpten Vorderleibes, als besonders die Tentakelkrone dienen, welche man (Van Beneden) morphologisch als dem Kiemensacke derAscidien entsprechend gedeutet hat. Das Nervensystem besteht aus einem oberhalb des Schlundes zwischen Mund und After gelegenen Ganglion (nach Hyatt'\) symmetrisch aus 2 Ganglien gebildet), welches bei den Lophopoden in der Höhle des Lophophors eingoschlossen liegt und durch einen zarten Schlundring (Nitsche) am Oesophagus befestigt, zahlreiche Nerven nach den Ten- takeln und nach dem Oesophagus entsendet. Sehr merkwürdig ist die zuerst von Fr. Müller *) für Serialaria nachgewiesene Einrichtung eines Colonialnervensystenis, welches den gesammten Stock durchzieht, die Einzelthiere verbindet und die gegenseitige Abhängigkeit in den Be- wegungen und in einander greifenden Leistungen der Einzelthiere zu bedingen scheint. Hier findet sich in dem Thierstocke gewissermassen »als Sitz der Colonialverwaltung« ein Nervensystem, welches die Thätig- keit der Einzelthiere beeinflusst und zum Zusannnenwirken bestimmen soll. 1) Von Reichert (Zoobotryoti pellucidus Abb. der Berl. Acad.) ebenso wie die Masse der Endocyste , als protozootische Substanz gedeutet ! ! 2) Hyatt, Proceed Essex Inst. vol. IV. 3) MüUer's Archiv. 1860. 24* 372 Colonialnervensystem. Polyraorphisnius. Jeder Zweig (Stengelglied) dieses tricliotomisch verästelten Thierstockes wird in seiner ganzen Länge von einem Nervenstamm durchsetzt, welcher mit einem ansehnlichen Ganglion am Grunde des Stengelgliedes heginnt und sich an seinem obern Ende zur Verbindung mit den Ganglien der benachbarten Stengelglieder in Äeste theilt. Dazu kommt ein dem Stamme aufliegender und aus den Ganglien hervorgehender Plexus, welcher den Zusammenhang mit dem Nervensysteme der Einzelthiere herstellt. Ein im Grunde jedes Einzelthieres gelegenes Ganglion nimmt einerseits Nerven des Plexus auf und gibt nach der anderen Seite einen nach dem Darm des Thieres verlaufenden Nerven ab. dessen Zusammen- hang mit dem Oesophagealganglion jedoch nicht erkannt werden konnte. Nach Claparede ') findet sich ein ganz ähnliches Colonialnervensystem^) bei Vesicularia, ferner Scrupocellaria scruposa und Bugiila (avicularia). Besondere Sinnesorgane sind nicht bekannt geworden. Uebrigens sind keineswegs überall sämmtliche Individuen eines Stockes gleichmässig gebaut und zu gleichen Leistungen befähigt. Die Bryozoen bieten uns vielmehr Beispiele eines sehr ausgeprägten Poly- morphismus. Die bereits für Serialaria erwähnten Stengelglieder (Stamm- glieder) stellen eine solche abweichende Individuenform vor; dieselben besitzen abgesehen von ihrer bedeutenden Grösse eine sehr vereinfachte Organisirung und werden zur Herstellung der ramificirten Unterlage für die ernährenden Zooecien verwendet. Ausser diesen eine besondere Cystidform repräsentirenden Stammgliedern gibt es hier und da Wurzel- glieder, welche als ranken- oder stolonenartige Fortsätze zur Befestigung dienen. Besonders verbreitet aber sind eigenthiimliche individuelle An- hänge mancher marinen Bryozoenstöcke, deren Bedeutung sich auf die Herbeischatfung der Nahrung zu beziehen scheint, die sog. Ävimlarien und Vibracularien. Die Avicularien oder Vogelköpfchen, wie man sie nach der Aehnlichkeit ihrer Form genannt hat, sind zweiarmige Zangen, welche den Zooecien in der Nähe ihrer Oeff'nungen ansitzen und sich zeitweilig öffnen und schliessen. Sie können kleine Organismen, z. B. Würmer schnappen, bis zum Absterben festhalten und die zerfallenen organischen Reste der durch die Tentakel-Wimpern veranlassten Strömung übergeben. Ein mit Tastborsten besetzter Knopf des Aviculariums ist möglicherweise morphologisch als Aequivalent eines Polypiden aufzufassen. Die Vibracula stellen ganz ähnliche Köpfchen dar, welche anstatt des Zangen- armes einen sehr langen äusserst beweglichen Borstenfaden tragen. Endlich 1) Ed. Claparede, Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Scabryozoen. Zeits. für wiss. Zoologie. Tom. XXI. 1871. 2) Nach Reichert als »communales Bewegungsorgan« gedeutet und als netzförmiges System hohler Röhren beschrieben, deren Substanz ebenfalls »proto- eootische* ist!! Fortpflanzung. Statoblasten. 373 wird eine besondere Individuentonn als Ovizelle (Ooecmm) unterschieden. Dieselbe erhebt sich oft heim- oder kuppelfönnig und wird von einem Eie ausgefüllt, welches aus der Körperhöhle aufgenommen wurde. Alle diese verschiedenen Zellen haben mit Rücksicht auf die gleichartige Entstehung die gleiche morphologische Bedeutung als Individuen, ähnlich wie die vielgestaltigen Anhänge der Siphono])horen. Merkwürdiger Weise erfahren oft die Polypids ohne Beeinträchtigung der Zooecien eine Rückbildung und liefern durch Zerfall braune Körper, die man wohl auch irrthümlich für Keimkapseln ausgegeben hat. Die Neubildung der Polypiden erfolgt von der Wandung aus durch eine nor- male Knospung der Endocyste. Die Fortpflanzung der Bryozoen erfolgt theils geschlechtlich, theils ungeschlecli'licli, im letztern Falle entweder durch die den Gemmulae der Spongillen vergleichbaren Keime, 'Statoblasten, und auf dem Wege der Knospung. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane reduciren sich auf Gruppen von Samenzellen und von Eiern, welche meist in dem- selben Thiere nebeneinander entstehen , seltener auf verschiedene Indi- viduen gesondert sind. Bei weitem die grösste Mehrzahl der Bryozoen scheint hermaphroditisch zu sein. Die mit zahlreichen Eizellen erfüllten Ovarien liegen der Innenfläche der vordem Körperwand an, während die Hoden mit ihren Samenkapseln entweder an dem obern Theile des vom Magengrunde entspringenden Bandes, Fimiculus, oder nahe der Insertionsstelle desselben an der Leibeswandung ihren Ursprung nehmen. Beiderlei Geschlechtsprodukte gelangen in die Leibeshöhle, wo die Be- fruchtung erfolgt. Vom Leibesraume aus gelangt das befruchtete Ei entweder in eine innere Knospe der Leibeswand {Älcyonella) oder wie bei marinen Bryozoen in ein äusserlich ansitzendes Ooecium. Als S^a^o6Zas^m ') bezeichnet Allman eigenthümliche Fortpfianzungs- körper, welche früher als hartschalige Wintereier gedeutet waren, von jenem Forscher aber als abfallende, einer Befruchtung ent- behrende Keime erkannt wurden. Dieselben entstehen als Zellenhaufen vornehmlich gegen Ende des Sommers an dem strangförmigen Funiculus der Süsswasserbi-yozoen, besitzen meist eine linsenähnliche, beiderseits tlachgewölbte Gestalt und werden von zwei uhrglasförmigen harten Chitinschalen bedeckt, deren Peripherie häufig mit einem flachen aus Lut't-haltigen Zellräumen bestehenden Ringe (Schwimmring) eingefasst ist, zuweilen auch (Cristatella) einen Kranz von hervorstehenden Stacheln zur Entwicklung bringt. Endlich spielt die Fortpflanzung durch äussere und innere Knospen , welche in dauernder Verbindung bleiben , eine grosse Rolle, dieselbe beginnt schon sehr frühzeitig, kann sogar schon 1) Ueber die Entstehungsweise derselben finden sich genaue Beobachtungen in den Schriften von Allman und besonders von Nitsche. 374 Metamorphose. Knospung im Körper des Embryos. Marine Larven. mit der Ausbildung des Embryos zusammenfallen und gibt zu der Entstehung der Colonien Veranlassung. Selten führt die Abschntirung einer Colonie durch Theilstücke zur Vermelirn.ng der Thierstöckchen (Cristatella, Loxihopus). Die Entwicklung ist bei den Phylactolaemen eine dem Generations- wechsel nahe stehende Metamorphose. Bei Alcyonella wird nach Metschnikoff das Ei bald nach seiner Lösung von einer Knospe an der Innenseite der Endocyste umwachsen (inneres Ooecium), um später als junges Zooecium durch dieselbe nach aussen durchzubrechen. Dasselbe ge- staltet sich nach Durchlaufen des Furchungsprocesses zu einem bewimperten Embryo, welcher einen Innern Hohlraum und an dem vordem Pole eine mit jenem conimunicirende Oeffnung enthält. Indem sich die innere Wandung des Hohlraumes abhebt und in ihrer hintern Partie durch die vordere Oeft'nung hervorstülpt, entsteht eine zapfenförmige, am Mündungsrande wie von einem Kragen umgebene Hervorragung, an welcher sich bald eine innere Knospe zeigt und zu dem eigentlichen Thier (Pohjpid) mit Darm- und Tentakelanlage heranbildet. Bei AlcyoneUa entsteht alsbald neben der ersten noch eine zweite Knospe, die sich in ganz übereinstimmender Weise zu einem zweiten Individuum differenzirt, so dass der noch von der Eihülle umschlossene bewimperte Embryo gewisser- massen schon ein Thierstöckchen mit zwei Individuen repräsentirt. In anderen Fällen [FlmnateUa) bleibt jedoch der Embryo einfach und ver- lässt mit nur einem Keime ausgestattet die P^ihüllen, um eine Zeitlang mittelst der Wimperbekleidung frei im Wasser umherzuschwärmen. Später fallen die Wimpern des Sprösslings ab, derselbe heftet sich fest und wird unter fortschreitender Neubildung von Sprossen zu dem sich rasch vergrössernden Thierstöckchen. Bei den marinen chilostomen Bryozoen gelangen die befruchteten Eier nach Huxley und Nitsche in besondere an der Mündung der Zooecien angebrachte Eierzellen, Ooeelen oder Ovizellen, welche aus einer helmförmigen Kapsel und einem blasenähnlichen Deckel bestehn. In diesem Behälter durchlauft das Ei die Furchung und entwickelt sich zu einem bewimperten Embryo, welcher als überaus contraktile Larve ausschwärmt und frei im Meere umherschwimmt. Die bewimperte Larve besitzt im Allgemeinen eine ptirsichförmige freilich oft mehr oder minder abgeflachte Leibesgestalt, trägt oberhalb der in einer tiefen Kerbe ge- legenen Mundöftnung einen Büschel längei'er Geisseifäden und gegen- über an dem obern Körperpole einen breiten cylindrischen einziehbaren Fortsatz, dessen oberer Rand mit einem Kranze von unbeweglichen Borsten besetzt ist. Auch können braune und rotho Pigmentflecken in bestimmter Zahl und in synimetrischer Lage am Körper vorkommen. Nach einiger Zeit setzt sich die Larve fest, wirft die Wimpern ab und gestaltet sich unter Verlust ihrer frühern Organisation zu einem von einer peripherischen Zellen- Cyphonautes. 375 läge umschlossenen Häufchen von Substanz um. Dieses formt sich in der Mitte des bedeutend verlängerten Behälters (bei Bugula flahellata) zu einem bräunlichen Körnerhaufen, der gewissermassen als Nahrungsdotter verwendet wird, während aus einer Einstülpung der äussern Zellenlage die Anlage des Darmtraktus und der Tentakelkrone hervorgeht. Das primäre Zooecium entsteht somit in derselben Weise, wie jedes andere Zooecium aus einer Knospe am Bryozoenstock. Das primäre Zooecium treibt nun bald durch Sprossung neue Zooecien, es bilden sich Avicularien und schliesslich, aber freilich erst nach dem Untergang der altern Zooecien, auch Wurzel- fäden, welche durch Ausbreitung auf der Unterlage zur Befestigung des Stockes wesentlich beitragen. Bei Fedicellina besitzen die schwärmenden Larven einen hufeisenförmig gekrümmten Darm und einen mit demselben verbundnen Flimmerkragen, der am Vorderende hervorgestülpt wird. Der Uebergang in den spätem Zustand ist mit einem Abwerfen des Cuticularskelets verbunden. Neuerdings wurde von A. Schneider dargethan, dass der in allen Meeren verbreitete beschalte Cyphonautes, über dessen Deutung sehr verschiedene Ansichten ausgesprochen waren, die Larve von Memhroni- pora pilosa ist. Der Körper dieser merkwürdigen Larve hat die Gestalt einer flachgedrückten Glocke, deren Höhle der Vorhof zur Mundöftnung ist. Aussen von zwei Schalenklappen bedeckt, die sich längs des einen Randes (Schlossrandes), verbinden, läuft derselbe vorn an der Spitze der Glocke in einen freiUegenden mit Wimpern besetzten Knopf aus, zu drni mehrfache Muskelfasern herantreten. Der im Grunde der Vorhofs- höhle gelegene Mund, nach welchen ein Wimperbesatz der Vorhofshöhle die Nahrungstheilchen hinleitet, führt in einen gerade am Kande nach hinten verlaufenden Darm, dessen Afteröifnung am Vorhofsrande von einer zwar geschlossenen aber aufwärts umbiegenden Wimperschnur um- säumt wird. An dem gegenüberliegenden Schlüssrande ragt ein kegel- förmiges Organ in den Vorhof hinein, welches ebenfalls von Wimpern umsäumt ist und einen mit längern Wimperhaaren besetzten zungen- förmigen Fortsatz nach aussen vortreten lässt. Noch ist ein paariges räthselhaftes Organ von elliptischer Form zu erwähnen, das von Claparede als Schliessmuskel gedeutet wurde. In seiner weitern Ent- wicklung setzt sich der Larvenleib mit Hülfe des kegelförmigen Organes fest und bildet sich zu einem flach viereckigen Körper um, den die aufgeklappten und im Schlossrande gespaltenen Schalen schildförmig bedecken. Darm und Wimperapparat sind verloren gegangen , der Leibesinhalt stellt eine scheinbar strukturlose körnige Masse dar, in der man einen undeutlich abgegrenzten ovalen Haufen unterscheidet. Schliesslich verwandelt sich der Körper innerhalb der beiden verschobenen Schalenklappen in eine gleichmässige zellige Scheibe mit zarter doppelt conturirter Wandung. Die Zellscheibe, anfangs quer 376 Loxosomalarve — 1. Ordnung. Lophopoda. oval, streckt sich jetzt bedeutend in der Längsachse und verändert ihre Dimensionen in umgekehrter Richtung , die Wandung verkalkt bis auf einen ovalen Raum am Vorderende und wird zur Bryozoenzelle, während sich aus dem Zellhaufen des Inhalts der Darmtraktus und der Tentakel- kranz nebst Tentakelscheide differenziren soll. Nach 48 Stunden ist aus dem Cyphonautes eine Membranipora pilosa geworden, welche nach Verlust der Larvenschale ihre Tentakel vorstreckt und bereits noch ehe sie fertig ausgebildet ist an vier Punkten Knospen zu treiben beginnt. Nach Metschnikoff, der ebenfalls die Metamorphose einer GyplwnauteS' form beobachtete, soll Tentakelscheide nebst Darm von der unverändert gebliebenen Hautschicht gebildet werden, während allerdings die Einge- weide der Larve zu Grunde gehn. Auch die merkwürdige Loxosoma entwickelt sich mittelst Metamorphose. Die Larven derselben besitzen wie manche Annelidenlarven einen Flimmerreifen unterhalb der Mund- öffnung und tragen auf dem Scheitel einen Cilienbüschel. Die Statohlasten entwickeln, nachdem sie den Winter mit latentem Leben überdauert, aus ihrem Inhalte wahrscheinlich stets einfache un- bewimperte Thierchen, welche bei ihrem Ausschlüpfen bereits alle Theile des Mutterthieres besitzen , sich sogleich bleibend befestigen und durch Knospung zu neuen Colonien auswachsen. Die Bryozoen leben grösstentheils im Meere und nur in verhältniss- mässig geringer Zahl im süssen Wasser. Sie siedeln sich auf den ver- schiedensten Körpern an und überziehen parasitisch sowohl Steine, Muschelschalen, Corallen, Tange als die Stengel und Blätter von Süss- wasserpflanzen. Nur einige Süsswasserformen , der Gattung Cristatella zugehörig, besitzen als Colonie eine freie Ortsveränderung. Hier sind die einer festen Entocyste entbehrenden Einzelthiere in drei länglich gestreckten concentrischen Reihen auf einer gemeinsamen contractilen Fussscheibe angeordnet, welche über Pflanzenstengel und feste Gegen- stände im Wasser fortkriecht. Wenige Bryozoen wie Terehripora und Spathipora bohren in Muschelschalen. Auch in der Vorwelt waren die Bryozoen überaus verbreitet, wie die zahlreichen von der Jurassischen Formation an zunehmenden Ueberreste beweisen. Die Eintheilung der Bryozoen stützt sich im Wesentlichen auf die Art der Anordnung der Tentakeln, das Vorhandensein eines Epistoms und die Gestaltung der Zellmündung. 1. Ordnung. Lophopoda, Armwirbler. Phylactolaemata Allm. JBrij020cn inii meist bilatenilem haf eisen fönnhjoi Teutalceltrüf/er und beweglichem Ep)istom, im süssen Wasser lebend. Die Lophopoden sind fast durchweg Süsswasserbryozoen (die marine lihahdopleura ausgenommen) und characterisiren sich vornehmlich durch 2. Ordnung. Stelmatopoda. 377 die zweiseitige Anordnung der sehr zahlreichen Tentakelfäden, welche sich auf einer zweiarmigen, hufeisenf()rmigen Mundscheibe {Lophophor) erheben. Ueberall findet sich über der Mundöttnung ein beweglicher zungenförmiger Deckel, dessen Vorhandensein AI Im an zur Bezeichnung dieser Ordnung als Thylactolaemata bestimmte. Die Thiere besitzen meist eine sehr ansehnliche Grösse und verhalten sich im Gegensatz zu den polymorphen Seebryozoen im Allgemeinen gleichartig; ihre Zellen communiciren häufig untereinander und bilden bald ramificirte, bald mehr spongiöse massige Stöckchen von überaus durchsichtiger, bald hor- niger, bald mehr weichhäutig lederartiger bis gallertiger Beschaffenheit. Die Fortpflanzung geschieht durch Eier und meist auch durch Stato- blasten. Bei Alcijonella gestaltet sich das Ei im Innern der Brutknospe (Metschnikoff) nach totaler Furchung in einen zweiblättrigen Zellen- haufen. Beide Blätter betheiligen sich an der Bildung des paarigen Polypiden, das untere Blatt erzeugt die Muskulatur, das Epitel der Leibeshöhle und die Geschlechtsprodukte. 1. Fam. Cristatellidae. Freibewegliche Stöckchen, auf deren oberer Fläche sich die Einzelthiere in langen concentri sehen Kreisen erheben. Cristatella Cuv. Das hyaline Stöckchen mit gemeinsamer Fussscheibe zur Lokomotion. Die Stato- blasten mit einem Schwimmring und Randdornen. PI. miicedo Cuv. 2. Fam. Plumatellidae. Festsitzende, massige oder verästelte Stöckchen von fleischiger oder pergamentartiger Consistenz. Pectinatella Leidy. Stöckchen massig. Ektocyste gelatinös. Statoblasten kreisrund mit Randdornen. P. magnifica Leidy Lophopus Dum. Ectocyste gelatinös. Statoblasten ohne Randdornen. L. crystal- linus Fall. Alcyonella Lam. Die röhrenförmigen Zellen vereint, die Ectocysten von pergamentartiger Consistenz. A. fungosa Fall. A. flabellum Van Ben. Plii- matella Lam. Die röhrenförmigen Zellen distinkt. Ectocyste von pergamentartiger Consistenz. PI. repens Lin., stricta Allm., elegans Allm. u. v. a. A. Fredericella Gerv. Die Arme des Lophophors verkümmert, so dass die Tentakeln in ziemlich geschlossenem Kreise stehn. Fr. sultana Blmb. 2. Ordnung. Stelmatopoda, Kreis wirbler. Gymnolaemata. Grosscntheils marine Bryozoen mit scheibenförmigem TentakeL- trücjer, in geschlossenem Kreise angeordneten Tentakeln und unbedecktem Mund. Mit Ausnahme der Urnatelliden und Paludicelliden sind die Stelma- topoden marine Bryozoen. Dieselben entbehren durchwe- des P^piglottis- ähnlichen Epistoms und besitzen einen geschlossenen Kreis von minder zahlreichen Tentakeln, welche einer runden Mundscheibe entspringen. Bei manchen Formen, wie bei Älcyonldium yelatinositm, Membraniporu p'dosa wurde ein fiaschenförmiger flimmernder Canal (Farre, Smitt) in der Leibeshöhle beobachtet, der neben den Tentakeln ausmündet und als Wassergefässcanal vielleicht den Schleifcncanälcn der Gliederwürmer 378 1. Unterordnunpt. Cyclostomata. entspricht. Statoblasten kommen nur selten vor (z. B. bei Paludicella), dagegen denselben entsprechende innere Knospen, die eine ungeschlecht- liche Vermehrung einleiten. Aus den Eiern gehen meist bewimperte Larven hervor. In einigen Gattungen wie Serialaria, Scrupocellaria und Bugula kommt ein Colonialnervensysteni vor. Die Stöckcheii sind meistens polymorph, oft aus Wurzel- und Stammzellen mit Vibracula und Avicularien zusammengesetzt. Die Ektocysten bieten einen ausser- ordentlichen Wechsel der Form und Verbindungsweise und .sind bald hornig fest, bald kalkig inkrustirt. 1. Unterordnung. Cyclostomata. Die weiten und endständigen Zellmündungen entbehren der beweg- lichen Anhänge. Die meisten Gattungen und Arten sind fossil, viele leben aber noch in den hochnordischen Meeren, a. Badicellata = Articulata. 1. Farn. Crisiadae. Die Stöckchen erheben sich aufrecht und sind gegliedert. Crisia Lanix. C. cornuta Lain. , Mittehueer und Nordsee. C. denticulata Lam., C. eburnea Lin. Ebendaselbst. b. Incrustata = Inarticulata. 2. Fani. Diastoporidae. Die Stöckchen sind in Form einer Oruste aus- gebreitet mit zerstreuten Zoöcien. Diastopora Lamx., I). repens Wood, Nordische Meere. D. simplex Busk., D. patina Lam., auf Seepflanzen im arktischen Meere. D. maeandrina Wood. {Mesenteripora Blainv.), Grönland. 3. Farn. Tuhuliporidae. Die Zoöcien stehen in zusammenhängenden Reihen. Idmonea Lamx. Das Stöckchen aufrecht nach Art eines verzweigten Stammes. I. aüantica Forbes, Arktisches Meer. I. serpens Lin., an der Westküste Skandinaviens. Phalangella Gray. Die Stöckchen kriechend, flächenhaft entwickelt. Ph. palmata Wood., Arktisches Meer, Ph. ßmbria L».m., Ph.flabellansYa.hr., beide in weniger bedeutenden Tiefen des arktischen und der nordischen Meere. Proboscina Aud. Stamm aufrecht mit verbreitei'tem Scheitel. Pr. incrassata D'Orb., pcnieillata Fabr. 4. Farn. Horneridae. Am Scheitel des aufgerichteten Stammes findet seitliche Knospung statt. Hornera Lamx. //. inolacea Sars. H. liche/noideslAw., Nordische Meere. 5. Fam. Lichenoporidae. Die Eandknospung erfolgt im Kreis, aus dessen Centrum die Zoöcien ausstrahlen. Discoporella Gray. D. verrucaria Lin., Arkti- sches Meer. c. Fasciculinea. 6. Fam. Frondipnridae. Die Zoöcien bündelweise vereinigt oder auf zu- sammengesetzte Reihen vertheilt. Die erste Knospung erfolgt seitlich. Frondi- pora Blainv. F. reticnlata Lin., Kamtschatka. 7. Fam. Corymboporidae. Unterscheiden sich von den Frondiporiden diirch die im Kreise erfolgende Eandknospung. Gorymhopora Mich. Die Zoöcien bündel- weise vereinigt. C. fungiformis Smitt, Scandinavien. Coronopora Gray. Die Zoöcien sind auf zusammengesetzte Reihen vertheilt. C. truncata .lameson. Bergen. Defrancia Bronn. Der Stamm einlach, nach Art eines Bechers ausgehölt und ausgebreitet. D. lucernaria Sars , Spitzbergen. 2. u. 3. Unterordnung. Ctenostomata. Chilostomata 379 2. Unterordnung: Ctenostomata. Die endständigen Zellmündungen werden beim Einstülpen der Tentakelscheide von einem Borstenkreis derselben deckelartig geschlossen. Stammzellen und Wurzelfasern kommen häufig vor. 1. Farn. Halcyonellidae. Zoöcien unter sich zu fleischigen Stöckchen von unregelmässiger Form vereint. Alcyonidium Lamx {Halodaciylm Farre). Aeussere Oberfläche der Zoöcien nackt. A. mytili Dal. A. hirsutum Flemng. A. gelatinosum Lin., Nordische Meere n. a. A. Cycloum Hass. Die äussere Oberfläche der Zoöcien mit Papillen oder Borsten besetzt. A. papitlostim Hass. 2. Fam. Vesieularidae. Die Zoöcien erheben sich als freie Schläuche auf dem verzweigten, kriechenden oder aufgerichteten Stöckchen. Vesicularia Thomps. ( Valkeria Flemng.). Die ovalen langgestreckten Zoöcien sessil. Die Thiere mit 8—14 Tentakeln. V. uva Lin. F. cuscuta, Ostsee und nordische Meere. Farrella Ehbg. Die Zoöcien gestilt. Die Thiere mit 10—16 Tentakeln. F. familiaris Gros. F. pedicellata Aid., Norwegen. Avenella Dal. Die cylindrisch linearen Zoöcien sessil. Die Thiere mit 18— 20 Tentakeln. F. /«sc« Dal. Serialaria Coutinhü Fv Müll Hier schUesst sich die bisher meist zu den Lophopoden zugezählte Famihe der Fedicellinen an, die von Nitsche mit Urnatella und Loxosoma als besondere Bryozoengruppe unter dem Namen »Entoprocta« zusammengestellt werden. Es sind marine Bryozoenstöckchen mit Stolonen, auf denen sich die langgestilten Einzelthiere mit ihren eingekrümmten Tentakeln erheben. Die Tentakeln stehen kreisförmig, aber auf einem Träger, der sich auf zwei an der Spitze verbundene Arme zurückführen lässt. After innerhalb des Tentakelkranzes. Die Leibeshöhle mit parenchymatösem Gewebe erfüllt, enthält paarige Hoden und Ovarien, deren Ausführungsgang in eine Bruttasehe mündet. Fedicellina ') Sars. P. belgica Van Ben. P. echinata Sars, Norwegen. Auch die Paludicelliden gehören hierher. Den Fedicellinen am nächsten verwandt ist die sonderbare Loxosoma Kef. Einzelthier mit 10 Tentakeln. Darmapparat mit einfacher von langen Cilien um- stellter Oeähung, die zugleich als Mund und After f ungirt. Getrennt geschlechtlich. Fuss-Ende mit Drüse und 4 paarweise gestellten Haftorganen. L. singulare Kef. L. neapoUtanum Kow. 3. Unterordnung: Chilostomata. Die Mündungen der hornigen oder kalkigen Zellen sind durch einen beweglichen Deckel, beziehungsweise Ringmuskel des Lippenrandes ver- schliessbar. Avicularien, Vibracula und Ovizellen werden oft angetroffen. a. Cellularina. Die Zoöcien hornig trichterförmig, ihr unterer Theil conisch oder röhrenförmig. 1. Fam. Aeteidae. Die röhrenförmigen Zoöcien mit apicaler aber seitlicher Mündung. Aetea Lamx. A. truncata Landsb., Britannien und Norwegen. A. an- guina Lin. Von Belgien bis Norwegen. 2, Fam. Cellularidac. Die konischen oder vierseitigen Zoöcien der verästelten Stöckchen aufrecht, mit seitlicher elliptischer oder ovaler Mündung. Avicularien, 1) Uljanin, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Fedicellina. Bullet. Soc. Imp. Moscou. 1869. 1870. 380 Flustrina. Escharina. Vibracula und Ovizellen sessil. Eucratea Lamx. Zoöcien in einer Reihe gestellt, unbewaffnet. Stamm kriechend oder schlaff erhoben. E. echdata Lin., Nördliche Meere. Cellularia Pallas. Zoöcien 2 oder Sreihig, meist mit Avicularien und Vibracula bewaffnet. Stamm gegliedert. C. ternata Sol. Von Belgien bis Spitz- bergen. C. scabra Van Ben. = Flustra scruposa Fabr. C. reptans Lin. In den- selben Meeren. Bei C. Peaehü Busk. fehlen Avicularien und Vibracula. Gemellaria Sars. Zoöcien zweireihig mit dem Rückentheil verwachsen, unbewaffnet. G. lori- cata Lin., Europ. und Arktische Meere. Caberea Lamx. Zoöcien zwei- bis viel- reihig, mit Avicularien und Vibracula, Stamm ungegliedert. C. Ellisii Flemng., Nördl. und Arktische Meere. 3. Fam. Bicellaridae. Die Zoöcien conisch oder vierseitig, gebogen, ihre seitliche Mündungsfläche elliptisch imd schräg zur Medianebene der Achse gelegen. Avicularien gestilt. Bicellaria Blainv. B. ciliata Lin. als Ueberzug auf Fucoideen und Sertularinen , an den Küsten Frankreichs, Belgiens und Englands. B. Älderi Busk. Bugula Oken. B. avicularia Lin., in den europ. Meeren bis Spitzbergen verbreitet. Beania Johnst. B. mirabilis Johnst., England. b. Flustrina. Zoöcien quadratisch mit ebener Aussenfläche. 1. Fam. Flustridae. Zoöcien rechteckig oder zungenförmig, die der leben- den Arten häufig zu einer breiten incrustirenden Fläche vereinigt. Flustra Lin. Fl. membranacea Lin., Nördl. atl. Ocean. Fl. securifrons Fall., Mittehueer und Atl. Ocean. Fl. papyrea Fall., Ebendaselbst. Fl. foliacea Lin. Von Frankreich bis Norwegen. 2. Fam. Cellaridae. Die Zoöcien setzen aufrechte und verästelte Colonien zusammen. Cellaria Lamx. {Salicornaria Johnst.). (7. borealis Busk., Grönland und Spitzbergen. C. fistulosa Lin., Mittelmeer. 3. Fam. Membraniporidae. Zoöcien mehr verkalkt, zu einer incrustirenden Colonie vereinigt. Membranipora Blainv. M. lineata Lin., Nördl. atl. Ocean bis zum Eismeer. M. nitida Johnst., England. M. pilosa Lin., Mittelmeer und atl. Ocean u. a. A. c. Escharina. Zoöcien meist verkalkt, quadratisch oder halboval, mit seitlicher Oeft'nung. 1. Fam. Eschariporidae. Die Oeft'nung der rhombischen bis cylindrischen Zoöcien halbkreisförmig, die Vorderseite gespalten oder durch einen medianen Porus durchbrochen. Escharipora D'Orb. Vorderseite der Zoöcien gespalten oder durch poröse Querfurchen gestreift. E. figularis Johnst., Nördliche Meere. E. an- nulata Fabr., Skandinavien. Porina D'Orb. Die Vorderseite der Zoöcien glatt porös mit einem runden oder halbmondförmigen Medianporus. P. Mahisü Aud. = Lepralia biforis Johnst., Nördl. Meere. P. ciliata Ball., Mittelmeer und Ocean bis Spitzbergen. Anarthropora Smitt. Die Zoöcien mit röhrenförmigem Mündungs- abschnitt und Medianporus. A. monodon Busk. A. borealis Busk., Norwegen bis Spitzbergen. 2. Fam. Myriozoidae. Zoöcien zuerst flach vierseitig oder weniger convex, dann rhombisch oder oval, zuletzt cylindrisch mit concav gekrümmten in der Mitte ausgebuchteten unteren Rand der Mündung. Escharella D'Orb. E. pori- fera Smitt, Arktisches Meer. E. auriculata Hass., Grönland und Spitzbergen. Mollia Lamx. M. vulgaris MollL, Spitzbergen. M. hyalina Lin., Arktisches Meer. Myriozoum Don. M. crustaceum Smitt, Arktisches Meer. 3. Fam. Echaridae. Die primitive Mündung der Zoöcien halbelliptisch oder IV. Classe. Rotatoria, Räderthiere. 381 halbkreisförmig oder rund, die secundäre nach dem untern Rand für das einge- fügte Avicularium verschmälert. Lcpralia Johnst. L. pallasiana Moll., Nördl. Meere. Forella Gray. F. laevis Flemng., Norwegen. Eschara Ray. E. verru- cosa Busk. , Arktisches Meer. E. eervicornis Fall. , von Norwegen bis Grönland. Escharoides M. Edw. E. rosacea Busk., Arktisches Meer. 4. Farn. Discoporidae. Zoöcien rhombisch oder oval mit halbelliptischer oder halbkreisförmiger Oeifnung, deren Unterrand einen stachelförmigen Fortsatz bildet. Discopora Smitt. D. seutiilata Busk., Grönland und Spitzl)ergen. D- coccinea Abildg., Nördl. Meere. d. Celleporina. Zoöcien verkalkt, rhombisch oder oval mit endständiger Mündung. 1. Farn. Cellcporidae. Colonie lamellär unregelmässig kriechend oder rundlich, zweigbildend und aufrecht. Cellepora Fabr. Avicularium median und schräg an dem Unterrandc der Mündung befestigt. C. scabra Fabr., Arktisches Meer, C. ramulosa Lin., Nördl, Meere bis Spitzbergen. (Jelleporaria Lamx. Ohne medianes Aviciilarium an der Mündung des Zoöciums. C. Hassalln Johnst., Nördl. Meere. 2. Fam. Beteporidac. Die oval-cylindrischen Zoöcien zu einem retikulirten Stock vereinigt. Retepora Lam. JB. cellulosa Lin., Mittelmeer bis Arktisches Meer. IV. Classe. Rotatoria) = Rotlferi, Rätlertliiere. Würmer von meist ungleichartiger Lcibesgliederung mit einem vor- stülpbaren Wimperapparate am vordem Körperende, mit Gehirnganglion, ohne Herz und Gefässsystem , getrennten Geschlechts. Die Räderthiere stehen entschieden den Würmern näher als den Arthropoden, da sie der Extreniitätenpaare durchaus entbehren und ein dem Wassergefässsysteme der Würmer entsprechendes Excretionsorgan besitzen. Der Körper der Räderthiere ist in der Regel äusserlich ge- 1) Ehrenberg, Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Leipzig. 1838. F. Dujardin, Histoire naturelle des Infusoires. Paris. 1841. Dalrymple, Phil. Transact. Roy. Soc. 1844. Brightwell, Ann. of nat. bist. 1848. H. Nägel i, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Räderthiere. Zürich. 1852. Fr. Leydig, Ueber den Bau und die systematische Stellung der Räderthiere. Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. VL 1854. F. Cohn, Ueber Räderthiere. Ebendas. Bd. VIL 1856, Bd. IX. 1858, Bd. XIL 1862. Gosse, On the structure, functions and homo- logies of the manducatory Organs of the class. Rotifera. Phil. Transact. 1856. E. Metschnikoff, Apsilus lentiformis, ein Räderthier. Zeitsclir. für wiss. Zoologie. Tom. XVI. 1866. E. Claparede, Miscellanees zoologiques. Ann. des sciences nat. Tom. VIII. 1867. H. Gren acher. Einige Beobachtungen über Räderthiere. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XIX. 1869. W. Salensky, Beiträge zur Ent- wicklungsgescliichte desBrachionus urceolaris. Zeits. für wiss. Zool. Tom. XXII. 1872. Vgl. ausserdem die Arbeiten vonPerty, Huxley, Williamson, Weisse, Davis u. a. 382 Körperform und Bau. Räderorgan. gliedert und zerfällt je nach der Stärke der Chitinhaut in mehr oder minder deutlich abgegrenzte Segmente verschiedenen Umfangs, ohne aber diesen entsprechende Segmente der innern Organe zu besitzen. Man unterscheidet einen Vorderleib, welcher oft der äussern Segmentirung entbehrt und die gesammten Eingeweide in sich einschliesst von einem beweglich abgesetzten fussartigen Hinterleib, der meist mit zwei zangen- artig gegenüberstehenden Borsten oder Stilen endet und theils zur Befestigung theils zur Bewegung dient. Dass dieser meist geringelte oder segmentirte Fuss als ein dem Vorderleibe continuirlich sich an- schliessender Leibesabschnitt aufzufassen ist und nicht etwa einem ver- schmolzenen Extremitätenpaare entspricht, geht unzweideutig aus den festsitzenden von Hülsen oder Gallertmassen umgebenen Tubicularien hervor; wollte man den Hinterleib von Conochüus und ähnlichen Formen als Extremität deuten , so würde man kaum einen Schritt weiter zu gehen haben, um aucii den Schwanzanhang der Cercarien in diesem Sinne aufzufassen. Ein wichtiger Charakter der Rotiferen liegt in dem am Kopfende sich erhebenden meist einziehbaren Wimperapparat, welcher wegen der Aehnlichkeit mit einem oder mehreren rotirenden Rädern als »Räder- organ^< bezeichnet wird. Nur in wenigen Fällen (Apsilus, Balatro) ist das Räderorgan geschwunden, bei Äpsilus in Folge regressiver Metamor- phose. In seiner einfachsten Form erscheint dasselbe bei Notommata tardigrada als bewimperte Mundspalte, dann als der in seiner ganzen Circumferenz mit Cilien bekleidete Kopfrand, z. B. Hydatina und NotommataMi. goneathrix , anten- niger Gosse), Hemidasys Clap. {H. Agaso Clap.)*). *) Vergl. E. Metschnikoff, Ueber einige wenig bekannte niedere Thier- formen Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XV. 1865. E. Claparede, Observations sur les Rotateurs. Ann. des scienc. nat, 5. Ser. Tom. VIII. 25* 388 V. Classe. Gephyrei, Sternwürmer. äusserlich segmentirte Körper ähnelt auf den ersten Blick kleineren linearen Cope- poden, wie Canthocamptiis staphylinus, von denen er sich aber alsbald durch den vollständigen Mangel von Gliedmassen unterscheidet. Der vordere Abschnitt, den man als Kopf bezeichnen kann, ist meist etwas aufgetrieben, abgerundet und mit zurückgebogenen Haken besetzt, die nachfolgenden drei Segmente sind ungetheilt, die übrigen aber in ein Tergalstück und zwei Sternalplatten gegliedert. Fusspaare fehlen, vielleicht n^r\A aber die paarigen Borsten, welche sich an der Bauchseite mehrerer Segmente erheben, als Spuren von Extremitäten aufzufassen. (Vergl. die Entwicklung von Cyclops, deren Larven an den Stellen , wo sich Fusspaare anlegen, anfangs einfache Borsten tragen). Das Endsegment setzt sich nach Art einer Furca in zwei gabiig auseinander weichende Schwanzborsten fort. Der stark bulböse und mit Haken besetzte Kopf kann wie der Rüs.sel der AcanthocepJialen vorgestülpt und wieder eingezogen werden. Auf seinem Scheitel liegt die rund- liche Mundöffnung, welche in einen ausstülpbaren mit 2gliedrigen Kieferzangen bewaffneten Schlundkopf führt. Der nachfolgende Theil des Darmkanals gleicht dem der Nematoden und besteht aus einem cylindrischen muskulösen Oesophagus und dem geradgestreckten am hintern Körperende ausmündenden Chylusdarm. Nach Greeff '), dem wir überhaupt die ausführlichsten Angaben über Ecliinoderen verdanken, besteht das Nervensystem aus einem hufeisenförmigen Gehirnganglion, welches dem Oesophagus umgreift und in der Regel mehrere Augenflecken trägt. Die weiblichen Geschlechtsorgane liegen paarig zu den Seiten des Darms und ent- halten Eier und Nematoden ähnliche Embrj'onen. lieber die männlichen Geschlechts- werkzeuge ist ebensowenig wie über die Entwicklung bislang Näheres bekannt geworden. Von der einzigen Gattung Echinoderes sind eine Anzahl von Arten beschrieben worden. E. Dujardinii Clap. E. setigera, lanuginosa Gi-eeff. V. Classe. OepliyreiO = §i|»iiiiciilacea^ §teriiM^iii*itier. Meeresbeivohner von meist cylindrischer Körperform, ohne äussere Gliederung, mit meist einstülpbarem Rüssel und endständiger oder bauchständiger Mundöffnung , mit Bauchstrang und Schlundring und meist mit Gehirn, getrennten Geschlechtes. Die Gephyreen schliessen sich zum Tlieii in ihrer Körporfonn den Holothurien so nahe an, dass sie lange Zeit mit denselben zusammen- 1) R. Greeff, Untersuchungen über einige merkwürdige Thiergruppen des Arthropoden- und Wurmtypiis. Berlin. 1869. Dujardin, Sur un petit animal marin, Echinodere, formant un type intermediaire entre les Crustaces et les vers. Annales des scienc. nat. 3. Serie. Tom. XV. 1851. Vergl. ferner die Aufsätze von Claparede und Metschnikoff. 2) Grube, Versuch einer Anatomie des Sipunculus nudus. Müller's Archiv. 1837. Quatrefages, Memoire sur l'Echiure. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. Tom. VII. Lacaze-Duthiers, Recherches sur le Bonellia. Ann. des scienc. nat. 1858. W. Keferstein und E. Ehlers, Zoologische Beiträge. Leipzig. 1861. E. Ehlers, Ueber die Gattung Friapulus. Zeitschr. für wiss. Zool. 1861; Ueber Halicryptus. Sinnesorgane. 389 gestellt wurden. Wie diese besitzen sie meist einen gestreckten cylin- drischen Leib, dessen Gestalt übrigens auch mehrfache Besonderheiten bieten kann und leben als Seewürmer in ziemlicher Tiefe im Sand und Schlamme unter Steinen. Was dieselben von den Holothurien scharf scheidet, ist der Mangel sowohl von Kalkbildungen der Haut, als des Ambulacralapparates. Dazu kommt die Anwesenheit eines meist mit einem obern Gehirnganglion verbundenen Schlundringes und eines Bauchstranges, welcher rechts und links zahlreiche Nerven entsendet. Indessen stehen die Sternwürmer wiederum durch die Einfachheit des Bauchstranges, der nicht in Ganglien anschwillt, sondern im ganzen Verlaufe eine äussere Zellenschicht enthält, auch zu den übrigen Anne- liden in einem bemerkenswerthen Gegensatz, zumal der Nervenstrang eine durch ?pino gnnze Länge verlaufenden Centralkanal umschliesst. Auch liegt derselbe innerhalb eines Blutgefässes (Krohn, Greeff) unmittelbar am Bauchg! fäss. Von Sinnesorganen sind Augenflecken hervorzuheben, welche bei einigen Sipunculiden direkt dem Gehirne aufliegen. Schwerlich dürften die rundlichen unter der Haut gelegenen Blasen der Sipunculiden (Hautdrüsen nach Kefer stein und Ehlers), deren Zusammenhang mit Nerven nachgewiesen wurde, aus diesem Grunde als Tastorgane zu deuten sein. Sicherer möchte man dem Rüssel und den Tentakeln die Funktion des Tastens zuschreiben können. Die Beschaffenheit der Haut schliesst sich streng an die der Wurmer an; die obere mächtige Cuticularschicht liegt auf einer zeUigen Matrix und erscheint nicht selten gerunzelt, quer und längs gefaltet, selbst in Ringel abgetheilt, ohne jedoch eine äussere Segmentirung zu bilden; die bindegewebige Unterhaut ist ebenfalls von ansehnlicher Stärke und umschliesst zahl- reiche Drüsenschläuche (mit Nervenendigungen), welche durch Poren der Oberhaut nach aussen münden. Dann folgt der mächtig entwickelte Hautmuskelschlauch, welcher sich regelmässig aus einer obern Schiebt von Ringfasern und einer untern Lage von breiten, mit den erstem jedoch auch durch Anastomosen netzartig verbundenen Längsfasern zu- sammensetzt und die Ringelungen und Felderungen der Cuticula veran- lasst. Auf die Längsmuskeln folgt wiederum eine innere Ringmuskel- schicht. Auch können zur Unterstützung der Bewegung Hakenborsten Ebendas. W. Kefer stein, Beiträge zur Kenntniss der Gattung Phascolosoma. Zeitsckr. für wiss. Zool. 1862. Derselbe, Beiträge zur anatomischen und syste- matischen Kenntniss der SipuncuMen. Ebendas. Tom. XV. 1865. Quatrefages, Histoire naturelle des Anneies. Tom. II. 1865. AI. Brandt, Anatomisch-histolo- gische Untersuchungen über den Sipunculus nudus. Petersburg. 1870. R. Greeff, Ueber die Organisation der Echiuriden. Marburger Sitzungsberichte. 1874. Kowa- lewsky, Schriften der Natuif. Gesellschaft zu Kiew. Tom. V. Vergl auch die Aufsätze von Quatrefages, Diesing, Semper, M.Müller, Grube, Schmidt, Jourdain etc. 390 Gefässsystem. am vordem und hintern Körperende reihenweise in der Haut eingelagert sein (Echiuriden). Fast üherall findet sich am Vorderleib ein rüssel- artiger Abschnitt, welcher entweder unbeweglich vorsteht oder durch besondere Retraktoren eingezogen werden kann, auch oft mit Papillen und Hornhaken bewaffnet ist. An der Basis des Eüssels an der Bauch- fläche (Echiuriden) oder an seiner Spitze (Sipuncididen) , im letztern Falle von bewimperten Tentakeln umstellt, liegt die Mundöffnung. Die- selbe führt in einen zuweilen ebenfalls mit Zähnen bewaffneten Schlund und einen innen und aussen bewimperten Darmcanal, welcher meist länger als der Körper in mehrfachen Windungen die Leibeshöhle durch- setzt, mit verschiedenen Anhangsdrüsen in Verbindung steht und in dem meist rückenständigen oft weit nach vorn gerückten After nach aussen mündet. Das Gefässsystem, dessen Räume wahrscheinlich mit der Leibes- höhle communiciren, besteht aus zwei Längsstämmen, dem Rückengefäss, welches wie bei den Anneliden den Darm begleitet und dem längs der Leibeswandung verlaufenden ßauchgefäss. Am einfachsten verhalten sich diese beiden Gefässstämrae bei den jungen SipuncuUden, bei denen sie noch in ein Gefässsystem der Tentakeln, welches vornehmlich der Respiration dient, führen. Die Hohlräume der Tentakeln stehen nämlich (Semper, Keferstein) mit einem Ringgefäss in Verbindung, zu welchem sich die Gefässstämme vereinigen. Auch in die Rüsselwandung und in die äussere Haut soll von hier aus das Blut eintreten. Bei den Echiuriden ist das Rückengefäss vielfach geschlängelt und setzt sich bis an das äusserste Ende des Rüssels fort. Auch das Bauchgefäss ver- hält sich hier complicirter , indem dasselbe zahlreiche Seitenzweige an den Darm entsendet und eine wenngleich unregelmässige den Darm umgreifen Leberanhänge« liegen bei der kleinen von Kowalewsky entdeckten Balanoglossus-art, B. minutus, jederseits in einfacher Reihe, bei Bälanoglossun claoigerus Delle Ch. dagegen in dichter Häufung. Der unuiittelljar über dem Eingangsabschnitt in den Darm angebrachte Kiemenkorb springt auf dem fast bandartig abgeplatteten Vorderleib in Form eines quergeringelten Längswulstes vor und enthält als Grestell ein System von Chitinplatten, welche durch Querstäbe in eigenthümlicher Weise verbunden sind. Das durch die Mundöftnung aufgenommene Wasser tritt durch besondere Oetfnun- gen, durch welche der vordere Darmabschnitt mit den einzelnen Kiemenalatheilungen comnmnicirt, in die flimmernden Kiemenräume, um durch die beiden Reihen der bereits erwähnten Seitenporen auf der Rückenfläche des Kiemenabschnitts wieder abzufliessen. Das Gefässsystem l)esteht aus zwei in den Medianlinien eingelagerten Längs- stämnien, welche zahlreiche Queräste an die Körper- und Darmwandungen abgeben und aus zwei sich zwischen jene einschaltenden Seitengefässen. Die Kiemen er- halten ihre reichen Getassverzweigungen ausschliesslich aus dem untern Stamme. Der obere Stamm, in welchem sich das Blut von hinten nach vorn bewegt, zer- fällt am hintern Ende der Kiemen in vier Aeste, von denen zwei seitliche zu den Seitentheilen des Vorderkörpei's treten. Die Geschlechtsorgane, deren Lage in den Seitenlappcn des V'orderkörpers bereits hervorgehoben wurde, erstrecken sich am Kiementheile nur in eintVicher, dahinter aber in doppelter Reihe und erreichen zur Brunstzeit eiue ausserordentliche Entwicklung. Diese fallt bei B. clavigerus in den Souimer, bei der kleinern Art in den Herbst. Männchen und Weibchen sind zur Brunstzeit leicht an der ver- schiedenen Färbung der Geschlechtscontenta zu unterscheiden. Die Eier liegen einzeln in einer mit Kernen versehenen sonst homogenen Kapsel und werden möglicherweise wie die der Nemertinen in Schnüren abgelegt. Rücksichtlich der Entwicklung hat zuerst Metschnikoff die Verwuidlung der früher als Echino- dermenlarve betrachteten Tornaria in einen Balanuglunnua-iihnlidicn Wurm dar- 444 V. Typus. Arthropoda, Gliederfüssler. gethan und AI. Agassiz die Vorgänge der Verwandlung eingehender erörtert und den Uebergang in Balanoglossus ausser Zweifel gestellt. Die Thiere leben in feinem Sande , den sie in ihrer Umgebung mit Schleim durchtränken , füllen ihren Darm mit Sand und bewegen sich, indem der Rüssel durch abwechselnde Verlängerung und Verkürzung den übrigen Körper nachschleppt. Beide bis jetzt bekannten Arten wurden ausschliesslich im Golf von Neapel gefunden. Neuer- dings hat Willemoes-Suhm eine dritte nordische Balanoglossus-ai't entdeckt und als B. Kupfferi beschrieben. V. Typus. A r f b r 0 p 0 d a'), G 1 1 e d c r f ü s s i e r. Seitlich symmetrische Thiere mit hcteronom seymentirtem Körper und gegliederten Segmentanhängen, sog. Gliedmassen, mit Gehirn und Bauch- marJc (Ganglienkefte). Die Bildung des Emhryos geschieht fast durch- gängig mittelst Anlage eines hauchständigen Frimitivstreifens. Der wichtigste Charakter, welcher die Arthropoden von den so nahe stehenden Gliederwiirmern untersclieidet und als Grundbedingung einer höhei-n Organisation und Lebensstute erscheint, ist der Besitz von gegliederten aus paarigen Segnientanhcängen hervorgegangenen Bewegungs- organen. Anstatt der kurzen und ungegliederten Fussstiimmel der marinen Chaetopoden treten hier gegliederte, zu einer vollkommenem Leistung befähigte Extreniitätenpaare und zwar nur an der Buuchflächc auf. Jedes Segment vermag ein bauchständiges Gliedmassenpaar her- vorzubringen. Freilich sind die Gliedmassen, soweit sie zur Fortbewegung des Körpers dienen, meist auf bestimmte Abschnitte des Leibes, ins- besondere auf den Mittelleib beschränkt, können sich indessen auch über die gesammte Körperlänge hin erstrecken. Während bei den Anneliden die Locomotion durch Verscliiebung der Segmente und Schlängelungen des gesammten Leibes zu Stande kommt, erscheint bei den Arthropoden die Function der Ortsbewegung von der Hauptachse des Leibes auf die Nebenachsen der seitlichen 1) Ausser den altern Werken von Redi, Swammcrdam, Malpighi, Leeuwenhoek, Rösel, Reaumur, De Geer und Linne vergl. Latreille, Histoire naturelle generale et particuliere des Crustaces et des Insectes. Paris. 1802—1805. J. C. Savigny, Memoires sur les animaux sans vertebres. Paris. 1816. Allgemeiner Korperbau. Segmentirung. 445 Segmentanhänge übertragen, hiermit aber auch zu einer weit grössern Vollkommenheit befähigt. Die Windungen und Krümmungen des Wurm- leibes passen nur für Schwimm- und Kriechbewegungen , für den Aufentlialt im Wasser und in der Erde, aber keineswegs zu dem Land- und Luftleben. Die Extremitäten aber gestatten den Arthropoden nicht nur ein leichteres und rascheres Schwimmen und Kriechen beim Aufent- halt in) Wasser und in der Erde, sondern führen auch zu mannich- faltigen Formen einer schwierigen Bewegung im Wasser, auf dem Lande und in der Luft, zum Laufen und Klettern, Springen und Fliegen. Die Arthropoden werden daher zu wahren Land- und Luftthieren. Im Larveuleben und ausnahmsweise auch im ausgebildeten Zustand (Pentastomiden) können jedoch die Extremitäten Stummel sein, deren Endglied als gewaltiger Klammerhaken das durch Chitinstäbe gestützte einfache Basalglied in dem Masse überwiegt, dass die Klammerwaffen eher den Chitinliaken von Eingeweidewürmern als Gliedmassen von Arthropoden vergleichbar erscheinen. Die höhere Entwicklung der GUedmassenpaarealsßewegungsorgane führt nothwendig zu einer zweiten eben so wesentlichen Eigenschaft, zu der Heteronomie der Segmentirung und der mit dieser verbundenen Erstarrung der äussern Haut zu einem festen Skelet. Eine heteronome Ausbildung der Segmente kommt freilich auch bereits bei den Poly- chaeten vor, wo sich ungleiche mit verschieden gestalteten Borsten und Fussstummeln besetzte Regionen geltend machen. Indessen haben dieselben nicht die unmittelbare Beziehung zur Uebertragung der Loco- motion auf Nebenanhänge und führen nicht zu Verschmelzungen von Segmenten und zur Bildung eines Hautpanzers. Soll aber die Leistung der Extremitäten eine vollkommenere werden und zum Landaufenthalt befähigen, so bedarf dieselbe eines beträchthchen Aufwandes von Muskeln, deren Stützpuncte nur an der Achse des Leibes in der Länge des Rumpfes gegeben sein können. Die Insertionen der Gliedmassen und ihrer Muskeln lassen starre Flächen am Leibe nothwendig erscheinen, welche theils durch innere chitinisirte Sehnen und Platten, theils durch die Erstarrung der Haut und Verschmelzung der Segmente zu grössern bepanzerten Abschnitten gewonnen werden. Nur bei einfachem Be- wegung.sformen , welche sich noch denen der Anneliden unmittelbar an- schliessen, bleiben alle Segmente des Rumpfes selbstständig und tragen gleichmässig Gliedmassenpaare in der ganzen Länge des Leibes (Insecten- larven, Myriopoden). In der Regel unterscheiden wir aber drei Leibesregionen ah Kopf, Brust oder Mittelleib (Thorax) und Hinterleib (Abdomen), deren Glied- massen einen verschiedenen Bau und Function besitzen. Der Kopf bildet den kurzen gedrungenen Vorderabschnitt mit festem Panzer, in der Regel ohne nachweisbare Segmente, er enthält das Gehirn und trägt 446 Cnticularpanzer nml Hypodermis. die Sinnesorgane und Mundtheile. Die Gliedmassenpaare dieses Ab- schnittes sind zu Fühlhörnern, Antennen, und zu Mtmdwerk&engen um- gestaltet, können indessen auch Bewegungsorgane (Ruderarme) oder Klammervverkzeuge sein. Der .Mittelleib oder Thorax zeichnet sich ebenfalls durch eine verhältnissmässig innige Verschmelzung einiger oder aller seiner Segmente, sowie durch die Festigkeit seiner Haut aus. In der Regel ist derselbe scharf vom Kopfe abgesetzt, doch auch nicht selten mit dem Kopfe zu einer grössern gemeinsamen Leibesregi(m {Gephalothorax) verschmolzen. Der Thorax trägt die Gliedmassen der Bewegung und schliesst fast durchgängig den Schwerpunkt der zu be- wegenden Masse ein. Der Hinterleib dagegen (auch Leib schlechthin genannt) zeigt die Zusammensetzung aus Leibesringen nn'hr oder minder unverändert und entbehrt in der Regel der Extremitäten vollständig. Sind dieselben aber vorhanden, so dienen sie theils als Hülfsorgane der Bewegung (Abdoniinalfüsse), theils zur Respiration oder zum Tragen der Eiersäckchen und zur Copulation. Seltener wie z. B. bei den Scor- pionen sondert sich das Abdomen in einen breitern Vorderleib, Frae- abdomen, und in einen engern und sehr beweglichen Hinterleib, Post- abdomen. In einigen Gruppen (Parasiten) kami jedoch am ausgebildeten Thiere die gesammte Gliederung des Leibes in Folge rückschreitender Metamorphose verloren gegangen sein {Lernaeen, Fentastomideii). Die Haut besteht aus zwei verschiedenen Schichten, einer äussern festen meist homogenen Chitinhaut und einer weichen aus polygonalen Zellen zusammengesetzten untern Lage {Hypodermis)^ welche die anfangs ebenfalls weiche Chitinhaut schichtenweise absondert. Diese erstarrt meist auch durch Aufnaiime von Kalksalzen in der chitinhaltigen Grund- substanz zu dem festen das Skelet bildenden Hautpanzer, der aber an den einzelnen Segmenten durch dünne Verbindungshäute unterbrochen ist. Die mannichfachen Cuticularanhänge der Haut, welche sich als ein- fache oder befiederte Haare, Fäden und Borsten, Dornen und Haken absetzen können, verdanken ihre Entstehung ähnlich gestalteten Fort- sätzen und Auswüchsen der zelligen Unterlage. Das gesammte chitinige Integument erfährt zeitweise vornehmlich im Jugendleben, bei Crustaccen aber auch im ausgebildeten Zustand eine Erneuerung und wird als zu- sammenhängende Haut abgeworfen (Häutungsprocess). Die Muskulatur bildet niemals mehr einen continuirlichen Hautmuskelschlauch, sondern zeigt sich mehr der Segmentirung entsprechend gegliedert. Die Rumpf- muskeln verbinden die einzelnen Segmente in longitudinalen und trans- versalen Zügen, erleiden übrigens mancherlei Unterbrechungen und werden durch umfangreiche Muskelgruppen , welche die Extremitäten bewegen , ergänzt. Durchgängig sind die Muskelfasern quergestreift. Die innere Organisation erinnert mehrfach direct an die der Glieder- würiuer, ohne jedoch eine durcligreifcude innere Segmenthuiig dar/.u- Darmcanal. ('irculation und Respiration. 447 bieten. Niemals nimmt der Darmapparat an der Gliederung des Leibes Antlieil. Die Individualität des Segmentes erscheint daher (wie auch schon bei den Rotiferen) aufgehoben. Ein selbstständiger Verdauimgmpparat tritt überall deutlich ge- sondert, aber in sehr verschiedener Gestalt und H()he der Ausbildung auf. Der Mund liegt an der untern Kopfliäche, von einer Oberlippe überragt und meist rechts und links von den sog. Mundwerkzeugen, welche als modificii-tc Extremitätenpaare entweder zum Kauen oder zum Stechen und Saugen eingerichtet sind, umstellt. Derselbe führt durch eine engere oder weitere Speiseröhre in den Magendarm, welcher ent- w^eder einfach gevadgestreckt in der Leibesachse liegt oder sich in mehr- fachen Windungen zusammenlegt. Speiseröhre und Magendarm (Chylus- magen) können selbst wieder in mehrfache Abschnitte zerfallen und sowohl Speicheldrüsen als Leberanhänge verschiedenen Umfanges besitzen. Dazu kommt als dritter Abschnitt ein Enddarm, welcher in der Afteröffnung am hintern Leibesende bald dorsal bald ventral nach aussen mündet. Ein Wassergefässsystem nach Art der Würmer wird überall vermisst, wohl aber kommen harnabsondernde Excretionsor gerne in weiter Verbreitung vor, in ihrer einfachsten Form als Zellen der Darmfläche (niedere Krebse) , auf einer höhern Stufe als fadenförmige Anhangsschläuche des Darms (Malpighische Gefässe) gesondert. Bei den Crustaceen treten indessen gesonderte Drüsen in der Schale (Schalen- drüsen) oder an der Basis der hintern Fühler auf, welche wahrscheinlich auch morphologisch auf Segmentalorgane zu beziehen sind und die Be- deutung von harnabsondernden Organen haben. Auch die Circulaüons- und Bespirationsoryane zeigen bei den sehr abweichenden Stufen der Organisation die grössten Verschieden- heiten. In dem einfachsten Falle erfüllt die helle, seltener gefärbte, oft mit Blutkörperchen versehene Blutflüssigkeit die Leibeshöhle und die Zwischenräume aller Organe und circulirt in mehr unregelmässiger Weise zugleich mit der Bewegung verschiedener Körpertheile. Nicht selten sind es ganz bestimmte Organe (Darm, schwingende Platten etc.), welche durch regelmässig wiederkehrende Bewegungen compensatorisch auf die Circulation des Blutes wirken und das fehlende Herz ersetzen {Achtheres und Cyclops). In anderen Fällen tritt auf der Rückenfläche oberhalb des Darmes ein kurzes sackförmiges Herz, oder ein längerer in Kammern abgetheilter, gefässartiger Schlauch, Rückengefäss, als blut- treibendes Organ auf. Von diesem aber können auch Gefässe, Arterien, entspringen, welche die Blutflüssigkeit in bestimmten Richtungen fort- führen und sich im Leibesraume öflnen. Endlich kommen auch rück- führende Gefässe, Veneti, hinzu, welche entweder ebenfalls im Leibesraum beginnen oder durch Capillargefässe aus den Enden der Arterien her- vorgehen, jedoch auch im letztern Falle mit dem Leibesraum in offener 448 Nervensystem. Sinnesorgane. Verbindung stehen. Vollständig gesclilossen scheint das Gefässsystem wohl niemals, da sich auch bei der vollkommensten Circulation lacunäre Räume der Leibeshöhle in den Verlauf der Gefässe eingeschoben linden. Die Athmung wird sehr häufig noch, besonders bei kleinern und zartern Arthropoden, durch die gesammte Oberfläche des Körpers verniittelt. Bei grössern und wenig complicirter gebauten Wasserbewohnern über- nehmen besondere schlauchförmige meist verästelte Anhänge der Extre- mitäten als Kiemen diese Function, während bei den luftlebenden Insocten,'" Myriopoden, Scorpionen und Spinnen innere mit Luft gefiillte verästelte Röhren {Tracheen) oder Taschen und Säcke (Lungensücke) zur Respiration dienen. D?L?, Nervensystem besteht fasl überall aus Gehirn, Schlundcommissur und Bauchmark, welches letztere meist in Form einer Ganglienkette unter dem Darmcanale herabläuft, zuweilen aber auch eine grosse Con- centrirung zeigt und selbst als gemeinsame ungegliederte Ganglienmasse unter dem Schlünde zusammengedrängt liegen kann. Die Gliederung der Bauchganglienkette erleidet im Speciellen die grössten Verschieden- heiten, im Allgemeinen aber entspricht sie der heteronomen Segmentirung des Körpers, indem in den grossem durch Verschmelzung von Segmenten entstandenen Abschnitten auch eine Annäherung oder gar Verschmelzung der entsprechenden GangMen stattfindet. Nur in einem Falle, bei den Fentastomiden, die auch nach Körpei-form und Lebens- weise auf die Stufe der Eingeweidewürmer zurücksinken, hndet sich anstatt des Gehirnes eine einfache obere Schlundcommissur, und die Centraltheile des Nervensystems erscheinen als gemeinsame untei-e Schlundganglien- masse zusammengedrängt. Li allen andern Fällen ist das Gehirn eine grössere dem Oesophagus aufliegende Ganglienmasse, welche sich durch den Schlundring mit dem vordem meist im Kopfe gelegenen Ganglion der Bauclikette, der unteren Gehirnportion oder dem unteren Schlund- ganglion, verbindet. Aus dem Gehirn entspringen die Sinnesnerven, während die Ganglien der Bauchkette Nervenstiinmie an die Muskeln, sowie an die Körperbedeckung entsenden. Neben diesem, dem cerebrospinalen Nervensystem der Wirbelthiere verglichenen System des Gehirnes und der Bauchganglienkette unterscheidet man bei den gröss(;rn und höher organisirten Arthropoden ein Eingeweidenervensystem {Sym- pathicus), welches besondere mit jenem verbundene Ganglien und Nerven- geflechte bildet, deren Verbreitungsbezirk besonders der Darmcanal ist. Dann unterscheidet man meist paarige und unpaare Eingeweidenerven, die beide im Gehirn ihren Ursprung nehmten. Von Sinnesorganen sind die vorzugsweise am Kopfe angebrachten Augen allgemein verbreitet und werden bei nur wenigen meist parasitischen Formen vermisst. Li der einfachsten Form sind es paarige oder unpaare dem Gehirne auf- liegende Augenflecken mit lichtbrechendem Körper ohne oder mit ein- Geschlechtsorgane und Fortpflanzung. 449 facher Linse. Weit häufiger sind die grössern zusammengesetzten Augen, welche sich durch Vorhandensein zahh-eicher lichtbrechender (Krystall- kegel) und empfindender Elemente (Nervenstäbe) charakterisircn. Diese unterscheiden wir in Augen mit glatter Hornhaut {Argulus, Daphnia), in solche mit geineinsamer Cornea-Linse (Punktauge der Spinnen) und in Facettenaugen, welche selbst als bewegliche Stile extremitätenähnlich vom Kopfe abgegliedert sein können (Podophthalmen). Ausnahms- weise hat man auch Nebenaugen an weit entlegenen Körperstellen, an den Kiefern und zwischen den Fusspaaren des Hinterleibes {Euphausia) beobachtet. Auch Gehörorgane kommen vor, am häufigsten bei den Krebsen, als Gehörblasen mit Otolithen in der Basis der vordem Antennen, selten in dem als Fächer bekannten An- hang des Hinterleibes. Auch bei den Insecten sind Gehörorgane freilich von sehr abweichendem Bau entdeckt worden. Ebenfalls sehr verbreitet sind Geruchsorgane, welche ihren Sitz an der Obertiäche der vordem Antennen haben und aus zarten Röhrchen oder eigenthünilichen Zapfen bestehen, unter denen die Sinnesnerven mit Anschwellungen enden. Als Tastorgane hat man sowohl die Antennen und Taster der Mundwerk- zeuge sowie wohl auch die Extremitätenspitzen, als eigenthümliche Borsten und Haare der Haut anzusehen, unter welchen wie unter ent- sprechenden Cuticularanhängen jener Gliedmassen Nerven mit Ganglien- anschwellungen enden. Die Fortpflanzung der Arthropoden ist vorwiegend eine geschlecht- liche und erfolgt in keinem Falle durch Theilung und Sprossung, wohl aber zuweilen durch Entwicklung unbefruchteter Eier {Parthenogenese'), oder von Keimen, welche innerhalb der noch nicht geschlechtlich difieren- zirten Anlagen der Genitaldrüsen zur Ausbildung gelangen. Im letztern Falle haben wir eine den Generationswechsel mit der Parthenogenese innig verknüpfende Form der Fortpflanzung (Äphiden — Cecidomyia- larven), welche zuweilen mehr der Heterogonie sich nähert. Mit Aus- nahme der hermaphroditischen Cirripedien und Tardigraden sind die Ge- schlechter getrennt; Männchen und Weibchen erscheinen in ihrer gesaramten Gestalt und Organisation häufig wesentlich verschieden. Selten kommt es wie bei den Schmarotzerkrebsen zu einem so ausgeprägten Dimor- phismus des Geschlechtes, dass die Männchen zwergartig klein bleiben und Parasiten ähnlich am Körper des Weibchens festsitzen. Während des Begattungsactes , der oftmals eine äu.ssere Vereinigung beider Ge- schlechter bleibt, werden häufig Samenballen, von mehr oder minder festen Hüllen umgeben, dem weiblichen Genitalsegment angeklebt oder durch das Begattungsorgan in die Vagina eingeschoben, von wo aus sie zuweilen in besondere Samenbehälter gelangen. Die meisten Arthro- poden legen Eier ab, indessen kommen in fast allen Gruppen auch Claus, Zoologie. 3. Auflage. 29 450 Entwicklung. Metamorphose. T. Classe. Crnstacea, Krebse. vivipare Formen vor; im erstem Falle werden die Eier häufig von dem Mutterthiere iimh ergetragen oder an geschützten, an entsprechender Nahrung reichen Plätzen abgesetzt. Die Entwicklung des Enibryo's im Ei characterisirt sich mit Ausnahme der kleinen gedrungenen Embryonen von Cyclopiden, Pentastomen und Milben durch die Anlage eines bauch- ständigen Primitivstreifens, aus welchem besonders die Ganglienkette und die Bauchtheile der Segmente hervorgehn. Dieser wichtigen Em- bryonalanlage schreitet bald eine totale oder partielle Dotterklüftung, bald auch die Entstehung eines blasenförmigen Blastoderms durch Auf- treten einer Zellenlage in der Dotterperipherie (Insecten) voraus. Meistens folgt auf die mehr oder minder complicirte Entwicklung des Enibryo's eine complicirte Metamorphose, während welcher die freilebenden Jugendformen als Larven einen mehrmaligen Wechsel der Haut erleiden. Nicht selten fehlen der eb( n geborenen Larve noch zahlreiche Segmente und Leibesabschnitte des Mutterthieres, z. B. Myriopoden, Fhyllopoden und Gopepodenlarven, in anderen Fällen sind die Segmente des letztern zwar sämmtlich vorhanden , aber nicht zu Regionen verschmolzen , und es gleichen die Larven durch die homonome Segnientirung des Leibes und auch der Innern Organisation, sowie durch Bewegung und Lebens- weise den Anneliden. Endlich kann die Metamorphose eine rück- schreitende sein, indem die freilebenden Larven mit Sinnesorganen und Extremitäten ausgestattet sind, während ihrer weitern Entwicklung aber parasitisch werden, Augen und Locomotionsorgane verlieren und zu un- gegliederten bizarren (Lernaeen) oder Entozoen-ähnlichen Formen sich umbilden (Pentastomiden'). Nach der Gliederung des Leibes, dem Aufenthalte, der Respirationsart und der gesammten Lebensweise ergeben sich folgende vier Classen der Arthropoden: \. Crnstacea. 2. Arachnoidea. 3. Myriopoda. 4:. Hexapoda. l. Classe. Crustacea ' ) ? Mrebse. Wasserbetvohnende , meist durch Kiemen athmende Arthropoden, mit zwei Fühlerpaaren, in der Regel mit vereinigtem Kopfbruststück und zahlreichen Fusspaaren am Thorax und meistens auch am Abdomen. Die Crustaceen, deren Namen von der häufig erhärteten und mit Kalk erfüllten krustenartigen Körperbedeckung entlehnt ist, indessen 1) Milne Edwards, histoire naturelle des Crustaces. 3 Vol. und Atlas. Paris. 1838—40. J. Dana, Crustacea of United States Exploring Expedition under Capt. Charles Wilkes. 2 Vol. und Atlas. Philadelphia. 1852. Fr. Müller, Für Darwin. Leipzig. 1864. Körperbau. Gliedmassen. 461 für die kleinern zarthäutigen Formen sehr wenig zutreffend erscheint, bewohnen fast dui'chgängig das Wasser, vermittehi jedoch bereits in ein- zelnen Grupp('n den Uebergang zum Landleben und bereiten in diesem Falle auch die Luftatlimung vor. Dieselben zeichnen sich durch die grosse Zahl von Extremitätenpaaren aus, welche an allen Segmenten und selbst am Kopfe zum Zwecke der Ortsveränderung verwendet sein können. In der Regel verschmilzt der Kopf mit der Brust (Cephalo- thorax) oder wenigstens mit einem oder mehreren Segmenten der Brust zu einem Kopfbruststück, auf welches dann die frei gebliebenen Segmente der Brust folgen ; jedoch gibt es auch Beispiele für die Sonderung sämmtlicher Brustsegmente. Selten stehen sich Kopf und Brust so scharf getrennt gegenüber, wie z. B. bei den Insecten, schon desshalb nicht, weil meist gewisse Gliedmassen, die s. g. Beikiefer oder Kieferfüsse, eine vermittelnde Function zwischen Kiefern und Füssen ausüben und dem entsprechend auf der Grenze beider Abschnitte sowohl dem Kopf als dem Thorax zugerechnet werden können. Die Verschmelzung der Leibessegmente kann aber auch eine sehr ausgedehnte sein , indem nicht nur Kopf und Brust vereinigt, sondern auch die Grenze von Brust und Abdomen ver- wischt wird , ja sogar die Gliederung des Körpers ganz und gar fehlt. Ueberhaupt zeigt die Körperform eine ganz ausserordentliche Variabi- lität in den einzelnen Gruppen; sehr häutig aber findet sich eine vom Kopf ausgehende, den Thorax seillich überwölbende, beziehungsweise den ganzen Leib umschliessende Hautduplicatur. Im Extrem stellt dieselbe eine mantelartige Umhüllung dar, welche durch Einlagerung verkalkter Blatten eine äussere Aehnlichkeit mit den Muscheln veranlassen {Cirri- pedien) kann. In anderen Fällen erinnert die Körperform bei völligem Verluste der Leibesgliederung an absonderlich gestaltete Würmer {Lernaeen). Am Kopfe heften sich gewöhnlich zwei Fühlerpaare an, die aber auch zuweilen als Bewegungsorgane oder zum Ergreifen und Anklam- mern dienen. Die von einer OöerZv^pi^e überragte Mundöffnung wird seit- lich von einem grossen Kieferpaare umstellt {Mandihulae), unter welchem häutig eine kleine als Unterlippe bezeichnete Platte {Faragnathen) liegt. Die Mandibeln sind einfache, aber sehr feste, erhärtete, meist bezähnte Kauplatten , häufig mit tasterartigem Anhang {Mandihulartaster). Es folgen dann noch ein oder mehrere Paare von schwächern Kiefern, die Unterkiefer (Maxillue) und ein oder mehrere Paare von Beikiefern oder Kiefertüssen, welche den Füssen mehr oder minder ähnlich sind und bei parasitischen Formen oft zum Anklammern verwendet werden. Bei diesen bilden sich Ober- und Unterlippe nicht selten zu einem Saug- schnabel um, in welchem die stilettörmigen Mandibeln als StechwaÖ'en liegen. Die Füsse der Brust, von denen in der Regel wenigstens fünf 29* 452 Nervensystem und Sinnesorgane. Kreislauf. Athmung, Paare vorhanden sind, zeigen je nach der Lebensweise und dem Gebrauche einen äusserst mannichfaltigen Bau; dieselben sind breite blattförmige Schwimmfüsse oder zweiästige Euderfüsse, sie können als Rankenfüsse zum Strudeln dienen, oder zum Kriechen, Gehen und Laufen verwendet werden. Im letztern Falle endigen häufig einige von ihnen mit Haken oder Scheeren. Die Gliedmassen des Hinterleibes endlich, welcher häufig in toto bewegt wird und zur Unterstützung der Locomotion dient, sind entweder ausschliesslich Locomotionsorgane, Schwimm- und Springfüsse und dann von denen des Mittelleibes meist verschieden, oder sie dienen mit ihren Anhängen zur Respiration, auch wohl zum Tragen der Eier und zur Begattung. Nicht minder verschieden als die äussere Form und der Körperbau verhält sich die innere Organisation. Das Nervensystem besteht bei den niedern Formen oft aus einer gemeinsamen nicht weiter gegliederten Schlundganglienmasse, welche sowohl dem Gehirn als der Bauchganglien- kette entspricht und alle Nerven entsendet; bei den höhern Krebsen aber beobachten wir ein grosses, deutlich gesondertes Gehirn und eine mächtig entwickelte, aber sehr verschieden gestaltete Bauchganglienkette sowie stets ein reiches Geflecht von Eingeweidenerven und Ganglien des Sympathicus. Von Sinnesorganen sind die Gesichtswerkzeuge am weitesten verbreitet, entweder als einfache Punctaugen (unpaare oder paarige) oder als zusammengesetzte Augen mit glatter oder facettirter Hornhaut (Facettenaugen) , im letztern Falle sitzend oder in bewegliche Stile des Kopfes hinein gerückt. Auch Gehörorgane kommen vor, meist im Basalgliede der Innern (vordem) Antennen, selten in den Schwanz- platten am hintern Leibesende {Mysis). Zur Vermittlung wahrscheinlich der Geruchsempfindung dienen zarte Haare und Fäden der vordem Antennen. Der Verdauungscanal erstreckt sich in gerader Richtung vom Mund zum After am hintern Leibesende und trägt am Magendarme meist einfache oder verzweigte Leberschläuche. Bei den grössern Formen erweitert sich die Speiseröhre vor dem Magendarme in einen häufig mit Kauplatten bewaftnoten Vormagen. Als harnabsondernde Organe hat man die sog. Schalendrüse niederer Krebse und die an der Basis der hintern Antennen ausmündende Drüse der Malakostracen zu betrachten. Der Kreislauf erfolgt unter sehr verschiedenen, bereits früher erwähnten Formen und erscheint in allen möglichen Stufen der Vervollkommnung von der grössten Vereinfachung bis zur höchsten Complication eines fast geschlossenen Systemes arterieller und venöser Gefässe. Das Blut ist meist farblos, zuweilen jedoch grün, selbst roth gefärbt und enthält in der Regel zellige Blutkörperchen. Äthmungsorgane fehlen entweder völlig oder sind verästelte Kiemenschläuche an den Brustfüssen oder an den Füssen des Abdomen, im erstem Falle oft von einer besondern Kiemenhöhle an den Seiten des Üephalothorax umscldossen. Fortpflanzung. 453 Mit Ausnahme der herinaphroditischen Cirripedien sind alle Krebse getrennten Geschlechtes. Männliclie und weiblich(; Geschlechtsorgane münden meist an der Grenze zwischen Thorax und Abdomen, entweder am letzten beziehungsweise drittletzten Brustringe oder am ersten Abdominal- segmente. Beide Geschlechter aber unterscheiden sich meist auch äusserlich durch eine Reihe von Merkmalen. Die Männchen sind häufig kleiner, zuweilen sogar zwergartig und dann einem Parasiten vergleichbar an dem Weibchen befestigt; dieselben besitzen fast durchweg Einrichtungen zum Festhalten des Weibchens und zum Ankleben der Samenschläuche während der Begattung. Die grössern Weibchen dagegen tragen häufig die abgelegten Eier in Eiersäckchen, deren Hüllen sie mittelst des Secretes besonderer Kittdrfisen gebildet haben, mit sich herum, in andern Fällen gelangen die Eier in besondere Bruträume des Leibes, seltener werden sie durch besondere Eigenschaften der Eihüllen geschützt an Wasserpflanzen ab- gelegt {Cypris, Argulus). Die Entwicklung erfolgt seltener auf directem Wege, indem die Jungen nur ausnahmsweise beim Ausschlüpfen bereits die Körperform der Eltern besitzen. Dagegen beobachten wir fast durchgehends eine complicirte und hei später eintretendem parasitischen Leben eine rück- schreitende Metamorphose. Als der Ausgangspunkt dieser Entwicklung ist die mit drei Gliedmassenpaaren versehene Naupliusform anzusehn, die freilich bei den höheren Crustaceen in der Regel übersprungen wird. Hier verlässt die Larve gewöhnlich auf einer höheren Stufe der Ge- staltung bereits mit 7 Gliedmassenpaaren als Zoeaiovm die Eihüllen. In einzelnen Fällen (Daphnien) ist die Entwicklungsfähigkeit unbefruchteter Eier (Parthenogenese) constatirt. Solche Eier unterscheiden sich als sog. Sommereier durch den Reichthum an Fettkugeln und die zarte Beschaff'enheit der Hülle von den der Befruchtung bedürftigen W^inter- eiern und sind deshalb wohl auch als Keimzellen betrachtet worden. Fast alle Crustaceen nähren sich von thierischen Stoffen, viele saugend von Säften lebender Thiere, an denen sie schmarotzen. Wir unterscheiden als Ordnungen: 1. Cirripedia. 2. Copepoda. 3. Ostracoda. 4. Fhyllopoda. 5. Arthrostraca (Ämphipoda, Isopoda). 6. Ihoracostraca {FodophtJudmata). Die beiden letzten Ordnungen, welche durch die gleiche Zahl von Leibessegmenten und Gliedmassen in näherer Verwandtschaft stehen, bezeichnet man auf Grund dieser morphologischen Uebereinstimmung als Malacostr alten (Aristoteles) und stellt denselben die übrigen Ordnungen als Entomostrahen (0. Fr. Müller) gegenüber, ohne diese letztern aber durch gemeinsame Charactere umschreiben zu können. 454 1. Ordnung. Cirripedia, Rankenfiissler. 1. Ordnung: Cirripedia '), Rankenfüssler. Festsitzende, grösstcntheüs hermaphroditiscJie Crustaceen, mit meist ungegliedertem von einer Hautduplicatur und verhalliten Schalenstücken umschlossenem Körper, in der Hegel mit 6 Paaren von Ilankenfüssen. Die Cirripedien wurden lange Zeit wegen der äusserlidien Aehn- liclikeit ihrer Schalen mit zweiklappigen Muscheln selbst von Forschern wie Cuvier für Mollusken gehalten, bis die p]ntdeckung der Larven durch Thompson und Burmeister ihre Crustaceennatur und ins- besondere ihre nahe Verwandtschaft mit den Entomostrahen unzweifel- haft maclite. Im erwachsenen Zustand sitzen die Cirripedien auf fremden Gegenständen der See, seltener tief in den Schalen von Weichthieren u. s. w. eingegraben und sind häufig von einer aus mehreren (4, 5 und mehr) Stücken zusammengesetzten muschelförmigen Schale umschlossen, welche durch Verkalkung der Chitinhaut einer mächtigen HautdupUcatur (Mantel) entstanden, auf der ventralen Fläche geöffnet und beim Zurück- ziehen des Thieres geschlossen werden kann. Das Thier ist stets an seinem vordem Kopfende, welches in einen langen, frei aus der Schale hervorstehenden Stil ausgezogen sein kann {Lepadiden) , festgeheftet. Bei den Balaniden, welchen dieser Stil fehlt, ist der Körper noch von einer äussern aus 6 Stücken gebildeten Kalkröhre umgeben, deren vordere Oeffnung von den nach innen liegenden Schalenstücken deckel- artig geschlossen erscheint. In beiden Fällen wird die Befestigung vor- nehmlich mittelst des erhärtenden Secretes einer Cementdrüse bewirkt, welche an einem saugnapfartig erweiterten Abschnitt der winzig kleinen (vordem) Antennen ausmündet. Der vom Mantel und dessen Schalen- stücken umhüllte Leib entbehrt mit seltenen Ausnahmen einer ausge- bildeten Segmentirung und liegt mit seinem hintern Theile in der Weise nach aufwärts gestreckt, dass die zum Strudeln dienenden Extremitäten- 1) Ausser den Werken von Latreille, Leach, .1. C. Gray vergl.: S. V. Thompson, Zoological researches. Tom. I. 1829. H. Burraeister, Beiträge zur Naturgeschichte der Rankenfüssler. 1832. Martiu St. Ange, Memoire sur l'organisation des Cirripedes. Paris. 1836. H. Rathke, Beiti-äge zur Fauna Norwegens. Nova acta. Tom. XX. 1843. Spence Bäte, On the development of the Cirripedia. Ann. of nat. hist. 1851. Ch. Darwin, A nionograph of the Sub- Class Cirripedia. 2 vol. London. 1851 — 54. A. Krohn, Beobachtungen über die Entwicklung der Cirripedien. Archiv für Naturg. 1860. A. Pagenstecher, Bei- träge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Lepas pectinata. Zeitschr. für wiss. Zool. 1863. C. Claus, Die Cypris-ähnliche Larve der Cirripedien etc. Marburg. 1869. Buchholz, Entwicklungsgeschichte von Baianus improvisus. Mit- theilungen aus dem natnrw. Vorein von Neu-Vorpommeru und Rügen. 1869. Van Beneden, Recherches sur l'embryogenie des crustaces. III. Developpement de Foeuf et de l'embryon des sacc\ilines. Bull. Acad. roy. Bruxelles. 1870. R. Koss- pxann, Suctoria und Lepadina. Würzburg. 1873. Körperbau. Mundwerkzeuge und Gliedmassen. 455 paare aus der schlitzförmigen Spalte der sich öffnenden Schale hervor- gestreckt werden können. Man unterscheidet einen Kopf mit Antennen und Mundwerkzeugen von dem die Rankenfiisse tragenden Leib {Thorax), ohne beide Abschnitte scharf abgegrenzt zu finden. Dem Thorax schliesst sich noch ein kleiner stummeiförmiger, oft nur durch zwei Plättchen bezeichneter Hinterleib an, an welchem die Afterötfnung liegt. Hintere Antennen fehlen stets, während die vordem auch im ausgebildeten Zu- stand als winzig kleine Anhänge nachweisbar bleiben. Die Mundwerk- zeuge sitzen einer ventralen Erhebung des Kopfabschnittes auf und bestehen aus Oberlippe liiit Lippentastern, zwei Mandibeln und vier Maxillen, von denen die zwei letzten zu einer Art Unterlippe sich ver- nnigen. Am Leibe erheben sich meist ü Paare vielgliedriger Rankenfiisse, ieron cirrenartig verlängerte, reich mit Borsten und Haaren besetzte ieste zum Herbeistrudeln der im Wasser suspendirten Nahrungsstoffe denen. Dieselben können sich jedoch auf 3 Paare reduciren (Alcippiden, Oyptophialiden), ja ganz hinwegfallen {Proteolepadiden, Peltogastriden). Dr stummeiförmige Hinterleib mit seinen Schwanzanhängen (Furcal- glßdern) entbehrt der Gliedmassen, trägt aber einen langgestreckten, zwschen den Rankenfüssen nach der ßauchfläche umgeschlagenen Cirrus, dat männliche Copulationsorgan. Uebrigens gibt es für die Gestaltung desgesammten Leibes zahlreiche und höchst sonderbare Abweichungen, weldie sich der parasitischen Lebensweise parallel entwickeln {Crypto- phididen, Froteolepadiden) und ihren Gipfelpunct in der Gruppe der Wur.elkrebse {Rkizocejihalen) erreichen. Es können nicht nur die Ver- kalkmgen des Mantels unterbleiben, und wie bereits bemerkt die Ranken- fiisse ihrer Zahl nach reducirt sein oder selbst ganz fehlen , sondern auch de Mundtheile und Gliedmassen verloren gehen {Peltogastriden), und da' Körper zur Form eines ungegliederten Schlauches, Sackes oder einer gelappten Scheibe herabsinken. Fir die äussere Gestaltung des Cirripedienleibes haben die ver- kalkten Schalenstücke des Mantels eine besondere Bedeutung, und man hat dieselben mit Recht als systematische Merkmale verwerthet. Am häufigste! treten bei den Lepadiden fünf Kalkplatten auf, die unpaare kahnförnig gewölbte Carina am Rücken des Thieres, paarige Smta an der Basif der Schale am Rand des fleischigen Stils und paarige Terga am hinten Ende und an der Spitze der Schale, beide mit ihrem ven- tralen Rmde den schlitzförmigen Spalt des Mantels begrenzend, aus welchem lie Girren der Füsse hervorgestreckt werden. In manchen Fällen bldben diese Schalenstücke ausserordentlich klein und auf die Form linarer Streifen reducirt, welche in weiter Entfernung von ein- ander der weich gebliebenen Chitinhaut eingelagert sind (Conchoderma aurita, Eunteri) , gewöhnlich aber erreichen sie eine so ansehnliche Grösse, diss sie mit ihren Rändern an einander stossen oder doch nur 456 Schalen der Lepadiden und Balaniden. Sinnesorgane. durch einen schmalen Zwischenraum der Chitinhaut getrennt sind. Bei Ihla fällt die Carina ganz hinweg und die 4 paarigen Stücke erleiden insofern eine Lagenveränderung, als Scuta und Terga neben einander liegen, so dass auch die Terga an der Begrenzung des Stilrandes Theil nehmen. Häufiger aber (FoUicipes, Scalpellum) wird die Zahl der Schalen- stUcke eine grössere, indem der Carina gegenüber zwischen die Scuta ein unpaares Schnabelstück (Rostrum) hinzutritt, und im Umkreis der 6 Hauptstücke eine Anzahl seithcher paariger Platten vom Stilrande sich erheben. Die ansehnlichsten dieser Seitenstücke [Lateralia superia) schieben sich zwischen Scuta und Terga ein. Von den übrigen (Lateralia) werden diejenigen, welche Rostrum und Carina von aussen stützen, als Subrostrum und Suhcarina bezeichnet. Denkt man sich nun bei gleich- zeitigem Schwunde des Stiles die Lateralia auf eine geringere Zahl beschränkt und mit Carina und Rostrum in mächtiger Entwicklung in Umkreis des von Scuta und Terga bedeckten Thieres als Schalenkran; erhoben, so ergibt sich der Schalenapparat der Balaniden, welcher aus einem äussern, von sechs selten acht oder vier verschmolzenen Plattei gebildeten Kranz und den die obere Oeffnung des letzteren als Deck3l (Operculum) schliessenden Scuta und Terga besteht. Bezüglich des Innern Baues besitzen die Cirripedien ein paariges Gehirnganglion und eine meist aus fünf Ganglienpaaren gebildete, zu- weilen aber auch zu einer gemeinsamen Ganglienmasse verschmolzene Bauchganglienkette (Balaniden). Ueberall sind die den Schlundiing bildenden Commissuren zwischen Gehirn und erstem Bauchganglion von ausserordentlicher Länge. Die beträciitliche Grösse des füiften Bauchganglions, welches nicht wie die vorausgehenden ein einziges, sondern zwei Paare von Nervenstämmen entsendet, möchte aif die Gleichwerthigkeit mit zwei Ganglien hinweisen. Während das (rehirn an das rudimeütäre Auge, an die Muskeln des Stils und des Mantels Nerven entsendet, gibt das erste (wohl auch aus mehreren zusammenge;ogene) Bauchganglion an die Mundwerkzeuge und das vordere Fusspaar, die ihrigen an die entsprechenden Fusspaare Nerven ab. Zwei Paare von Eingiweide- nerven, durch seitliche Ganglien verbunden, entspringen aus den Gehirn beziehungsweise dem Schlunrlringe und dem vordem Bauchgangliai. Von Sinnesorganen ist das verbreitete Vorkommen eines wenn auchrüdinentären dem unpaaren Naupliusauge entsprechenden Doppelauges hervoKuheben, welches wenigstens zur Perception einfacher Lichteindrücke befähig scheint. Bei den Balaniden sind zwei von einander getreimte seitliche Aigen vor- handen. Gehör- und Geruchsorgane sind nicht mit Sicherheit nachgewiesen, da die von Darwin als solche in Anspruch genommenen Bilduigen eine andere' Deutung (Oviducte, Drüsenöfihung) erfahren haben. Dagegen scheint die Körperbedeckung Sitz einer feinen Tastempfindung zu sein. Kin mit besonderer Wandung versehener Darmcanal tihlt den Darmcanal. Cementdrüsen. Kiemen. 457 Wurzelkrebsen und konnte bei FrotcoJepas nur in rudimentärer Form nachgewiesen werden. Bei den Lepadiden und Balaniden besteht der Eingangsabschnitt des Verdauungscanais aus einer engen aber musku- lösen Speiseröhre, welche von der Mundöft'nung aus aufwärts nach dem Rücken emporsteigt. Auf die Speiseröhre folgt ein sackförmig erweiterter als Magen bezeichneter Abschnitt, welcher sich sowohl durch die falten- artigen Längswülste seiner Wandung, als durch mehrere blinddarm- förmige selbst verästelte Anhangsdrüsen {Leber) auszeichnet. Bei weitem am umfangreichsten ist der langgestreckte längs der Rückenseite des Thorax verlaufende Chylusdarm, von dem der kurze Enddarm nur zu- weilen schärfer abgesetzt erscheint. Die Rhizocephalen, welche mittelst wurzelartiger Fäden die Eingeweide insbesondere Leber von Decapoden umstricken, entbehren des Darmes und nehmen durch Ausläufer ihres Parenchyms (wie bereits Anelasma) die Nahrungssäfte endosmotisch auf. Besondere den Cirripedien eigenthümliche Absonderungsorgane sind die an der Haftscheibe der Antennen ausmündenden sog. Cementdrüsen, durch deren Secret die Befestigung des Cirripedienleibes bewirkt wird. Nur die Bhüocephalen scheinen derselben ganz zu entbehren. Ein Herz und Gefässsystem konnte bisher in keinem Falle mit Sicherheit nachgewiesen werden, wohl aber wurden sowohl von Martin Saint Ange (der die Existenz eines Rückengefässes behauptet) als von Darwin regelmässige Bewegungen des Blutes, insbesondere ein dorsaler den Thorax von hinten nach vorn durchziehender Blutstrom beobachtet. Besondere Respirationsorgane fehlen in der Regel, indess hat man die cylindrischen oder lanzetförmigen Schläuche, welche an den vorderen oder an mehreren Rankenfüssen mancher Lepadiden auftreten, als Kiemen gedeutet, obwohl in dieselben Verzweigungen der Hoden eintreten. Ob die unpaarigen an der Rückenseite des zweiten und dritten Segmentes von Cryptophialus nachgi-wiesenen Schläuche in die Categorie dieser Bildungen gehören, muss zweifelhaft erscheinen. Bei den Balaniden sieht man zwei krausenartig gefaltete Lamellen an der Innenseite des Mantels, die bei Goronula den mächtigsten Umfang erreichen, als Kiemen an. Sicher ist die lebhafte mittelst der Rankenfüsse hervorgerufene Strudelung, indem sie beständig neue Wassertheile zuführt, für den Athmungsprocess von Bedeutung. Auch die Bewegungen der das Oper- culum der Balaniden bildenden Schalenstücke, durch welche Wasser in den Mantelraum aus- und eingepumpt wird, dürfte in gleicher Weise als respiratorische zu deuten sein. Die Cirripedien sind mit wenigen Ausnahmen Zwitter. Die Hoden liegen als vielfach verästelte Driisenschläuche zu den Seiten des Darmes, ihre in Samenblasen erweiterten Samenleiter erstrecken sich nach der Basis des cirrusförmigen Penis, in welchem sie sich zu einem gemein- samen an der Spitze des Cirrus mündenden Ductus ejaculatorius ver- ^•'8 Hermaphroditisinus. Zwergmäunchen. einigen. Bei den Rhizocephalen dagegen sind dieselben in der Regel zwei rundliche oder gestreckt ovale Körper mit entsprechenden wahr- scheinlich in den p]iersack ausmündenden Ausführungsgängen. Die Ovarien liegen bei den Balaniden in dem untersten Raum am Schalen- kranze, bei den Lepadiden rücken sie in die als Stil bekannte Verlän- gerung des Kopfes hinein, ihre Oviducte münden nach Krohn auf einem Vorsprunge am Basalgliede der vordem Rankenfüssc aus. Die aus- tretenden Eier sammeln sich zwischen Mantel und Leib in grossen platt- gedrückten zarthäutigen Schläuchen, welche bei den Lepadiden an einer Hautfalte des Mantels befestigt auf der Rückenseite des Thieres an- einanderstossen. Wie und von welchem Secrete die Hüllen der Eier- si^cke gebildet werden, ist nicht sicher ermittelt, wahrscheinlich aber (Krohn) liegen die bezüglichen Kittdrüsen au dem Endabschnitt der Oviducte (Gehörsack D a r w i n s). Die Befruchtung erfolgt wahrscheinlich während der Eierablage. Bei den Rhisocephalen, denen ein Copulations- organ fehlt, scheint das Sperma aus den Samenleitern direkt in den mit Eiern sich füllenden Mantelraum einzutreten. Trotz des Hermaphroditismus existiren nach Darwin in einzelnen (Gattungen {lUa, Scalpellum) sehr einfach organisirte Zwergmännchen von eigenthümlicher Form, sog. complemental males, welche nach Art von Parasiten am Körper des Zwitters haften. Nun gibt es aber auch getrennt geschlechtliche Cirripedien, für welche ebenfalls ein höchst auffallender Dimorphismus besteht. Wie bei den Schmarotzerkrebsen der Copepodengruppe sind auch hier {Älcippe, Cryptojjhialus , ferner Ibla Ciimingn und ScalpeMmn ornatum) die Männchen zwergartig klein, entbehren aber nach Darwiin der Mundöfihung. des Verdauungscanales und oft auch der Rankenfüsse. In der Regel sitzen zwei, zuweilen aber auch eine grössere Zahl von Männchen am weiblichen Körper. In seiner äussern Form erinnert das Männchen von Cryptophialus an das Stadium der befestigten Puppe. Der schalenlose Mantel des unregel- mässig kugligen mit 2 grossen Haftantennen fixirten Zwergniännchens jst zu einem Sacke mit hinterer Oeffnung verwachsen und der Innen- raum des Körpers mit dem grossen Hoden erfüllt, an dem sich ein enorm langer aus der Mantelötfnung vorstreckbarer Penis anschliesst. AehnUch erscheint das Mhnnchen von Alcippe unmittelbar nach dem Abwerfen der Puppenschale. Mit fortschreitendem Wachsthuin aber ändert dasselbe seine Gestalt, indem das Kopfende mit dem unpaaren Auge weit über die Haftfühler hinaus kolbenförmig auswächst. Dazu kommt die bedeutende Längsstreckung des übrigen Körpers , dessen Mittelabschnitt durch zwei seitliche flügelförniige Fortsätze des Mantels eine bedeutendere Breite gewinnt. Bei Ibla und Scalpellum sind die Männchen nicht nur verhältnissmässig grösser, sondern auch durch ihre Entwicklung. Naupliusformen. 459 Körpergestalt sowie durch den Besitz von Mundwerkzeugen und Ranken- füssen als Cirripedien kenntlich. Die Eier durchlaufen bereits in den Brutbehältern eine totale aber ungleichmässige Furchung, in deren Verlauf sich helle als Bildungs- elemente in Verwendung kommende Zellen von den grossen Kugeln des Nahrungsdotters sondern. Die erstem lagern sich um den Nahrungs- dotter in Form einer anfangs gleichmässigen Keiniblase, deren Bauch- seite sich jedoch bald nach Art eines Primitivstreifens (Ed. van Beneden) ansehnlich verdickt. Die aus den Eihüllen ausgeschlüpften Larven sind NaupliusioYmen von ovaler oder birnförmiger Gestalt mit unpaarem Stirnauge und drei Gliedmassenpaaren, von denen das vordere aus einem einzigen Ast besteht, die zwei nachfolgenden aber zwei Aeste mit reicher Ausstattung von Schwimmborsten tragen. Von der Naupliuslarve der Copepoden unterscheidet sich die junge Cii-ripedienlarve vornehmlich durch den Besitz von zwei seitlichen Stirnhörnern, in deren Innenraum mehrere mit zarten Cuticularfäden endende Drüsenzellen einmünden, gewöhnlich aber auch durch die ansehnlichere Streckung des Hinter- leibes, welcher gabiig in zwei Spitzen ausläuft und von einem Stachel- fortsatz des schildförmigen Rückensaumes überdeckt wird. Auch liegt im Gegensatze zu den Copepodenlarven der Mund am Ende eines langen vorstreckbaren Rüssels, durch welchen die während des Umherschwärmens aufgenommene Nahrung in den wohl ausgebildeten an der Basis des Hinterleibes ausmündenden Darm gelangt. Das Hinterleibsstück, das nur bei den Larven der Rhizocephaliden sehr kurz und abgerundet bleibt, wird mit der nachfolgenden Häutung, durch welche die liarve in das zweite Stadium eintritt, weit umfangreicher und gestaltet sich zu einem äusserst beweglichen, Thorax und Abdomen des spätem Ranken- füsslers repräsentirenden Leibesabschnitt, an dessen Basis ein neues viertes Gliedmassenpaar') (nach Art der Maxillcnanlage von Cyclops) auftritt und weiter abwärts die 6 Paare von Rankenfüssen unter der Haut ihre Entstehung nehmen. In diesem zweiten Stadium hat die Larve den Charakter der Naupliusform mit umfangreichen und stärker befie- derten Gliedmassen bewahrt. Die schildartige RUckenhaut tritt jetzt viel schärfer als eine ansehnliche mehr oder minder gewölbte Schale auf, deren Ränder in langen Stacheln und kurzem Dornfortsätzen Schutz- einrichtungen gewonnen haben. Auch werden meist zwei mediane Stirn- fäden beobachtet, welche wie die seitlichen Stirnhörner als Sinneswerk- zeuge, wahrscheinlich als Tastorgane aufzufassen sind. Die Mundtheile und Beine des spätem Cirripedienkörpers sind bereits angelegt. Mit der abermaligen Abstreifung '^) der Haut beginnt eine neue 1) Nach eigenen noch nicht publicirten Beobachtungen. 2) Uebrigens erleidet die Naupliusform mehrere Häutungen, wie z. B. nach Spence Bäte Baianus balanoides. 460 Cypris- oder Puppenstadium. Anheftung desselben. Entwicklungsphase, das Stadium der sog. Cifprisiorm oder Puppe. Anstatt des flach gewölbten Schildes bildet die Körperbedeckung eine seitlich comprimirte muscheiähnliche Schale mit klaffendem Bauchrand, an welchem die Extremitäten hervortreten können. Die beiden klappen- artigen Seitenhälften stehen längs des Vorder-, Rücken- und Hinter- randes in Continuität. Während die Gestaltung der Schale an die Ostracoden erinnert, nähert sich der Körperbau nach Gliederung und Extrf"iitätenbildung den Copepoden. Aus den vordorn Gliedmassen der Naupliuslarve ist eine viergliedrige Haftantenne hervorgegangen, deren vorletztes Glied sich scheibenförmig ausbreitet und die Mündung einer Kittdrüse enthält, während das Endglied ausser Tastborten ein oder zwei zarte lanzetförmige Riechfäden trägt. Als Reste der Stirnhörner finden sich zwei kegelförmige Vorsprünge in der Nähe des Vorderrandes. Von den beiden zweiästigen Extremitätenpaaren scheint das vordere völlig verloren gegangen, das hintere dagegen zur Anlage der Ober- kieferplatten an dem bereits angelegten aber geschlossenen Mundkegel verwendet, an welchem auch noch die Anlagen von Unterkiefer und Unterlippe bemerkbar sind. Auf den Mundkegel folgt der Brustabschnitt mit 6 zweiästigen Copepoden-ähnlichen Ruderfusspaaren und ein winziges dreigliedriges mit Furcalgliedern und Schwanzborsten endendes Abdomen. Die Larve trägt zu den Seiten des unpaaren Augenflecks ein grosses zusammengesetztes Augenpaar und hat eine freie behende Locomotion, bald mittelst der Ruderfüsse schwimmend, bald mit Hülfe der Haft- antennen schreitend und kriechend. Nahrungsaufnahme scheint nicht statt zu finden, das zum Stoffwechsel und zur weitern Umgestaltung nothwendige Material ist in Gestalt eines mächtig entwickelten »Fett- körpers« vornehmlich im Kopftheil und Rücken aufgespeichert. Nr^ch längerm oder kürzerm Umherschwärmen heftet sich die Puppe, we-^n unter ihrer Haut die Theile des Cirripedienleibes sichtbar werden, mittelst der Haftscheibe ihrer vorgestreckten armförmig gebogenen Antennen an fremden Gegenständen an, und es beginnt aus der schlauchförmigen Cementdrüse die Abscheidung eines erstarrenden Kittes , welcher die nunmehr dauernde Fixation des jungen Rankenfüsslers verursacht. Bei den Lepadiden wächst der über und zwischen den Haftantennen befind- liche Kopftheil so mächtig, dass er aus der Schalenhaut, unter denen die Kalkschilder der Cirripedienschale durchschimmern, hervortritt und nach Abstreifung der chitinigen Larvenhaut zu dem fleischigen die Be- festigung vermittelnden Stil sich umgestaltet. Mit dieser letzten Häutung ist die vieriri Entwicklungsstufe erreicht, und die junge Cirripedie frei geworden. Die paarigen Augen der schwärmenden Puppe sind mit der Larvenschale verloren gegangen, während der unpaare Pigmentfleck ver- bleibt. Die Mundwerkzeuge treten in voller Differenzirung ihrer Theile hervor, aus den zweiästigen Ruderfüssen sind kurze aber bereits viel- 1. Unterordnung: Rhizocephala. 461 gliedrige Strudelfüsse geworden, das rudimentäre Abdomen (Schwanz- anhänge) trägt an seiner Basis einen kleinen schlauchförmigen Anhang, den Penis. Auch die Wurzelkrebse durchlaufen die zweischalige Puppen- form , heften sich dann am Abdomen von Krabben an , verlieren aber mit dem Abstreifen der Haut Mundtheile und Füsse vollständig. Die Cirripedien sind Bewohner des Meeres und siedeln sich an sehr verschiedenen festen Gegenständen , z. B. Holzpfählen , Felsen, Muschelschalen, Krebsen, Haut von Wallfischen etc., meist colonienweise an. Einige wie Lithotrya, Älcippe und die Cryptophaliden vermögen sich in Muschelschalen und Corallen einzubohren. Indessen gibt es auch Brackwasserformen wie Baianus improvisus. Die ältesten bislang bekannten fossilen Reste gehören dem untern Oolith an. Die Kreide ist besonders reich an Arten von Scalpellum, die Tertiärzeit an Bala- niden. Sehr abweichend verhält sich die der Kreideformation zuge- hörige Gattung LorictUa. 1. Unterordnung: Ehizocephala ' ) (Suctoria), Wurzelkrebse. Körper ohne Seg-mentirung , ohne Ghedmassen und Mundöffnung, von der Form eines Schlauches oder einer gelappten Scheibe, mit engem kurzen Haftstil, in welchem lange, wurzelartig verzweigte Fäden ent- springen. Mantel sackförmig, mit enger verschliessbarer Oeffnung. Ein selbstständiger Darmapparat fehlt. Die meist paarigen Hoden liegen zwischen den Ovarien und münden in die Bruthöhle aus, Leben als Parasiten vornehmlich am Abdomen von Decapoden, deren Eingeweide sie mit ihren wurzelartigen Fäden umschlingen. 1. Farn. Peltogastridae. Peltogaster Rathke. Körper langgestreckt, mit Oeffnung am Vorderende. Haftsti] röhrenförmig, stark hervortretend. Paarige Hoden. P. paguri Rathke u. a. A. Apeltes Lillj., vornehmlich durch die Gestalt des Öinterendes mit dem un- paaren Hoden verschieden. A. paguri Lillj. , auf Pagurus Bernhardus. Sacculina Thomps. Körper sackförmig. Oeffnung vor der Mitte des Hinterrandee. Haftstil in der Mitte des Vorderrandes hervortretend. Hoden paarig. Eier in verästelten Blindschläuchen, S. carcini Thomps. Nahe verwandt ist Clistosaccus Lillj. C. paguri Lillj. Lernaeodiscus Fr. Müll. {Parthenopea Kossm.). Körper quer sack- förmig mit eingezogener Oeffnung in der Mitte des Hinterrandes. Stil trichter- förmig mit gezacktem Chitinrand. Körperhaut jederseits in Form von 5 lappigen mit Brut gefüllten Fortsätzen abgehoben. 2 Hoden. L. porcellanae Fr. Müll., Brasilien. 1) W. Lilljeborg, Les genres Liriope et Peltogaster. Nova acta reg. soc. seien. Upsal. Ser. 3. vol. IIJ. 1860. Fr. Müller, Die Rhizocephalen. Arch. für Nat. 1862 und 1863. R. Kossmann, Beiträge zur Anatomie der schmarotzenden Rankenfüssler. Verh. der med. phys. Gesells. Neue Folge. Tom. IV. 462 Apoda, Abdominalia. Thoracica. 2, Unterordnung: Apoda. Der segmentirte aus 11 Ringen gebildete Körper entbehrt beson- derer Mantelduplicaturen und nähert sich der l^orm einer Made. Die Haftfühler bandförmig verlängert. Mund zum Saugen eingerichtet mit Mandibeln und Maxillen. Rankenfüsse fehlen. Verdauungscanal rudi- mentär. Leben als Parasiten im Mantel anderer Cirripedien. Zwitter. 1. Farn. Proteolepadidae mit der einzigen Gattung Froteolepas Darw. Pr. bimncta Darw., Westindien. 3. Unterordnung: Abdominalia'). Der ungleichmässig segmentirte Körper wird von einem flaschen- förmigen Mantel umschlossen und trägt am Endabschnitte drei Paare von Rankenfüssen. Mundtheile und Darmcanal vollkommen ausgebildet. Sind getrennt geschlechtlich und leben als Parasiten in der Kalkschale von Cirripedien und Mollusken eingegraben. 1. Farn. Cryptophialidae. Das erste Larvenstadium soll eiförmig sein und der Augen und Beine entbehren, das zweite soll ebenfalls extremitätenlos sein, aber 2 Augen besitzen. Mit 3 Paaren von Rankenfüssen am Hinterende. Mit der getrennt geschlechtlichen Gattung Cryptophialus Darw. Cr. minutusT)a.vw. gräbt sich mittelst der Chitindornen des Mantels Höhlungen in die Schale von Concho- lepas Permviana, Westküste von Südamerika. Nahe verwandt ist Kochlorine Noll. K. hamata Noll., in Höhlungen der Schalen von HalioÜs. 2. Farn. Alcippidae. Körper mit schwachem Stil, mit 4 Paaren von Füssen, welche dem ersten, vierten, fünften und sechsten RankenfusspaarederLepadiden ent- sprechen. Das erste Fusspaar tasterförmig, die beiden letzten einästig, aus Avenigen langgestreckten Gliedern zusammengesetzt. Geschlechter getrennt. Weibchen in Molluskenschalen eingebohrt, mit Zwergmännchen ohne Mund, Magen und Ranken- füsse. Alcippe Hanc. Mit dem Charakter der Familie. A. lampas Hanc, bohrt sich Höhlungen in der Columella von Fusus- und BwccmMmschalen , Küste von England. 4. Unterordnung: Thoracica. (Cirripedia s. str.). Der Körper liegt in einem meist feste Kalkplatten enthaltenden Mantel und ist nur am Thorax mehr oder minder deutlich segmentirt. An diesem Abschnitt entspi'ingen sechs Paare von Rankenfüssen. Mund mit Oberlippe und Taster nebst drei Kieferpaaren. Grossentheils Zwitter. 1. Tribus. Pedunculata. Körper gestilt, mit sechs Rankenfusspaaren. Mantel meist mit Carina, Scuta und Terga, ohne musculi depressores zwischen den letzteren. 1. Farn. Lepadidae. Stil deutlich abgesetzt, ohne Kalkplatten. Mantel ganz häutig, in der Regel mit den 5 Schalenstücken, von denen Scuta und Terga hintereinander liegen. 1) F. C. Noll, Kochlorine humata. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXV. 1874. PoUicipedidae. Operculata. 463 Anelasma Darw. Stil kurz und dick, mit wurzelartigen Auswüchsen, die in die Haut der Squaliden eintreten. Mantel lederartig, ohne Kalkstücke, mit klaf- fender Oefthung. Schwanzanhänge fehlen. Mundwerkzeuge rudimentär, ebenso die Raukenfüsse kurz, ohne deutliche Gliederung. A. squalicola Loven, lebt in der Rückenhaut von Squaliden eingebohrt, Norwegen. Alepas Rang. Stil kurz und dünn. Mantel lederartig, mit nur sehr kleinen Scutis. Mandibeln 2- bis Szälinig. Schwanzanhänge vielgliedrig. Leben auf Corallen, Echinodermen und Decapoden. A. cornuta Darw., auf Antipathes, Westindien. A. minuta Phil., auf Cidaris, Sicilien u. a. A. ConcJioderma Olf. {Otion, Cmeras Leach.). Mantel häutig, stets nur mit kleinen Schalenstücken. Mandibeln 5zähnig. Jederseits 6 bis 7 geisselförmige Kiemen. Schwanzanhänge fehlen. C. virgata S^jengl., häufig an Schiffen befestigt. C. aurita L. Von den arktischen Meeren bis zur Südsee ver- breitet. Dichelaspis Darw. Alle fünf Schalenstücke wohl ausgebildet, aber durch häutige Intervalle geschieden. Carina schmal sichelförmig, Terga 2- oder Sarmig, Scuta tief eingeschnitten wie aus 2 Platten zusammengesetzt. Mandibeln 3- oder 5zähnig. Schwanzanhänge eingliedrig. D. WarwicJcii Gray, auf Brachyuren, Chinesisches Meer. B. Darioinü De Fil., auf Palinurus. Lepas L. {Anatifa Brug.), Die fünf Schalenstücke des Mantels an einander stossend. Scuta fast dreieckig, ihre Umbonen am Rostralwinkel gelegen. Carina zwischen die Terga hineinreichend. Mandibeln fünfzähnig. Schwanzanhänge eingliedrig. L. fascicularis EUis (vitrea Lam.). Von den nordischen Meeren bis zur Südsee. L. pectinata Spengl., Mittel- meer und Ocean. L. australis Darw., Antarkt. Ocean. L. anatifera L., überall verbreitet. Die nahe verwandte Gattung Poecilasma Darw. ist vornehmlich durch die vierzähnigen Mandibeln und die Kürze der Carina, die nur bis zum Basal- winkel der Terga reicht, verschieden. P. fissa Darw., Oxynaspis Darw. 2. Farn. PoUicipedidae. Stil nicht scharf abgesetzt, beschuppt oder behaart. Schalenstücke sehr stark, der Zahl nach vermehrt. Scuta und Terga liegen neben einander. Zuweilen mit Ergänzungsmännchen. Scalpellum Leach. Stil kurz und dick, schup^jig. Im Mantel 12 — 15 Schalen- stücke. Kiemengeisseln fehlen. Mandibeln mit 3 oder 4 grössern Zähnen. Schwanz- anhänge eingliedrig oder fehlend. Hermaphroditen mit Ergänzungsmännchen sind : Sc. vulgare Leach, Nordsee und Mittelmeer. Sc. Peronii Gray, Australien ; getrennt geschlechtlich: Sc. omattim Gray, auf Sertulariden, Südafrika. Ibla Leach. Stil dicht und zottig beborstet, den Leib in sich aufnehmend. Mantel nur mit Scuta und Terga. Mandibeln 3zähnig. Schwanzanhänge vielgliedrig. Hermaphroditiach ist I. quadrivalvis Guy., Südaustralien; getrennt geschlechtlich I. Cumingii Darw., Philippinen. Lithotrya Sow. Stil dick und lang, mit kleinen Kalkschuppen be- deckt. Zu den fünf grossen Schalenstücken kommen noch drei kleine (2 Lateralia und Rostrum). Mandibeln ozähnig. Schwanzanhänge vielgliedrig. Hermajjhro- ditisch. Lebt in Kalkfelsen und Muschelschalen eingegraben. L. Nicobarica Reinh. L. darsahs Sow., Westindien. Pollicipes Leach. Stil dick, nach dem Ende ver- schmälert, dicht beschuppt. Mantel mit 18 vxnd mehr Schalenstücken. Schwanz- anhänge ein- oder vielgliedrig. Hermaphroditisch. P. cornucopia Leach., Ocean und Mittelmeer. Zahlreiche fossile Arten. Hier schliesst sich die fossile Gattung Loricida Sow. an. 2. Tribus. Operculata. Körper ohne oder mit rudimentärem Stil, von einem äussern Schalenkranz umgeben, an dessen Spitze die Scuta und Terga einen meist frei beweglichen Deckel mit muscuH depressores bilden. Sechs Rankenfusspaare. 2 mächtige Mantelfalten fungiren als Kiemen. 464 Coronulidae. Balanidae. Chthamalidae. 1. Farn. Coronulidae. Scuta und Terga freibeweglich, aber nicht mit ein- ander articulirend. Rostrum (an den Scutis gelegenes Stück dee Schalenkranzes) mit Radien (deckender Flügelfortsatz) , aber ohne Alae (bedeckter Flügelfortsatz). Sämmtliche seitlichen Stücke des Schalenkranzes auf der einen Seite mit einem Radius, auf der andern mit einer Ala. Die beiden Kiemen je aus 2 Falten be- stehend. Sitzen auf Cetaceen. Xenobalanus Steenstr. Schalenkranz sehr rudimentär, sternförmig, aus 6 Stücken gebildet. Scuta und Terga felilen. Mantel mit kapuzenförmigem Aufsatz vom Habitus der Conchoderma. Mandibeln 5zähnig. X. glohicipitis Steenstr., Atl. Ocean. Tuhieinella Lam. Schalenkranz sehr hoch, nach oben erweitert, aus 6 fest verwachsenen Stücken gebildet. Scuta und Terga fast gleich geformt. Mandibeln mit 4 Zähnen. T. trachealis Shaw., Südsee. Coronida Lam. {Diadema Schum.). Schalenkranz breiter als hoch, aus 6 gleich breiten Stücken gebildet. Die Wände derselben dümi, tief eingefaltet, die Höhlungen der Falten nur nach unten geöifnet. Terga und Scuta kleiner als die Oeffnung des Schalenkranzes. Mandibeln mit 4 bis 5 grossen Zähnen. C. halaenaris L. , südlicher Ocean. G. diadema L., nördlicher Ocean. Nahe verwandt ist Platylepas Gray, deren 6 äussere Schalenstücke 21appig sind. P. bisexlobata Blainv. , an Schildki-öten, Mittelmeer. 2. Fam. Balanidae. Scuta und Terga frei beweglich, unter einander arti- cuürend. Die Kiemen je aus einer Falta gebildet, sonst wie in der vorausgehenden Familie. Chelonobia Leach. Schalenkranz sehr dick und niedrig, aus 6 Stücken ge- bildet, von denen das Rostrum aus 3 verschmolzenen besteht. Basis häutig. Scuta schmal, mit den Tergis durch ein Gelenk verbunden. Ch. testudinaria L. Sehr verbreitet. C7t. patula Ranz., Mittelmeer. Qreusia Leach. Schalenkranz aus 4 mit Radien versehenen Stücken gebildet. Basis becherförmig. C. spitiulosa Leach. Bei Tetraclita Schum. und Elmirmis Leach. besteht der Schalenkranz ebenfalls aus 4 Schalenstücken. Pyrgoma Leach. Ringschalenstücke zu einem Ganzen ver- schmolzen. Basis becherförmig oder fast cyündrisch. Scuta und Terga jederseits verwachsen. Erstes Paar der Rankenfüsse mit sehr ungleichen Aesten. Siedeln sich auf Oorallen an. P. Anf/Ucmn Leach., Nordsee und Mittelmeer. Baianus List. Schalenkranz kegelförmig bis tiach cylindrisch, aus 6 Stücken gebildet. Scuta und Terga nahezu dreieckig. Oberlippe meist mit 3 Zähnen jederseits. Mandibeln 5zähnig. B. üntinnabulum L. Sehr verbreitet und auch fossil bekannt. B. psitta- cus Mol., Südamerika. B. perforatus Brug., Mittelmeer. B. balanoides L., Nord- Meere Europas imd Amerikas. B. improvisus Darw., Brackwasserform. Nahe verwandt ist Acasta Leach. 3. Fam. Clithamalidae. Rostrum mit Alae, aber ohne Radien, daher die angrenzenden Rostro-lateralia ohne Alae. Schalenwandungen ohne Höhlungen, Chthamalus Ranz. Schalenki-anz flach, aus 6 Stücken gebildet. Basis häutig, zuweilen in Folge der eingebogenen Seiten wände scheinbar verkalkt. Die beiden vordem Rankenfüsse im Vergleich mit den liintern sehr kurz. Strandbewohner. Cht. stellatus Pol. Sehr verbreitet. Nur vier Stücke besitzt der Schalenkranz des nahe verwandten Chamaesipho Darw. Pachylasma Darw. Schalenkranz in der Jugend aus 8, später aus 6 oder in Folge der Verschmelzungen der Lateralia aus 4 Stücken gebildet. Basis verkalkt. Schwanzanhänge vorhanden. Leben in be- deutender Tiefe. P. giganteum Phil., Mittelmeer. Octomeris Sow. Schalenkranz dauernd aus 8 Stücken gebildet, mit schmalen deutlich crenulirten Radien. Basis häutig. 0. anguloäa Sow., Südafrika. Nahe verwandt ist Catophragmus Sow., 2. Ordnung. Copepoda, Copepoden. 465 deren 8 Schalenstücke von zahlreichen Kalkschuppen bedeckt vnd umgeben sind. C. polymerus Darw., Australien. 4. Farn. Verriicidae. Scuta und Terga ohue niusc. depressores, nur an einer Seite frei beweglich, an der -andern mit Carina und Roatrum zu einer unsym- metrischen Schale verschmolzen, Verruca Schu. [Clysia Leach.). V. Strömii 0. Fr. Müll., Europa. 2. Ordnung: Copepoda'), Copepoden. Criistuceen von gestrecktem, meist ivohl (legliedertem Körper ohne schalenartige Hantd/iplicatur , mit einem Mandihel-, einem. Maxillen- parrr und einem Doppelpaar von Kieferfüssm , mit 4 oder 5 Paaren swe i ästig er Ruderfüsse. Eine äusserst vielgestaltige Gruppe, deren freilebende Formen sich durch eine bestimmte Leibesgliederung und constante Zahl von Glied- massenpaaren auszeichnen. Die zahlreichen parasitischen Formen ent- fernen sich in einer Reihe von Abstufungen von der Gestalt der erstem und erhalten zuletzt eine so veränderte Körpei-form, dass sie ohne Kenntniss der Entwicklung und der Eigenthümlichkeiten ihres Baues eher fürSchmarotzerwürmer als für Arthropoden gehalten werden. Aber auch liier erhalten sich meist die characteristisciien liuderfüsse, wenn freilich oft in geringerer Zahl, als rudimentäre oder umgestaltete Anhänge. Indessen gibt beim Mangel der letztei-n die Entwicklungs- geschichte sichern Aufschluss über die Copepodenuatur. Der Kopf erscheint in der Regel mit dem ersten Brustsegment verschmolzen und trägt dann als Cephalothorax zwei Paare von An- tennen, zwei Mandibeln, ebensoviel Maxillen, vier Maxillarfüsse, welche übrigens als äussere und innere Aeste einem einzigen Giiedmassenpaaro angehören, ferner das erste nicht selten abweichend gestaltete Paar von Ruderfüssen. Es folgen dann vier freie Thoracalsegmente mit eben- soviel Ruderfusspaaren, von denen das letzte indess häufig verkümmert, im männlichen Geschlechte auch oft als Haftorgan zur Begattung um- gestaltet ist. Uebrigens kann sowohl das fünfte Fusspaar als das ent- sprechende Thoracalsegment ganz hinwegfallen. Das Abdomen besteht 1) 0. F. Müller, Entomostraca seu Insecta testacea, quae in aquis Daniae et Norvegiae reperit, descripsit Lipsiae. 1785. Jurine, Histoire des Monocles etc. Geneve. 1820. W. Baird, The natural history of the British Entomostraca. London. 1850. W. Lilljeborg, Crustacea ex ordinibus tribus : Cladocer.i, Ostracoda et Copepoda, in Scania occurrentibus. Lund. 1853. W. Zenker, System der Cru- staceen. Archiv für Naturg. 1854. C. Claus, Zur Anatomie und Entwicklungs- geschichte der Copepoden. Archiv für Naturg. 1858. Derselbe, Zur Morphologie der Copepoden. Würzb. naturw. Zeitschr. 1860. Claus, Zoologie. 6. Auflage. äO 466 Copepoden. Körperbau. Nervensystem. Auge. ebenso wie die Brust aus 5 Segmenten, entbehrt aber aller Gliedniassen und endet mit zwei gabiig auseinanderstellenden Glieflern (Furca), an deren Spitze mehrei'e lange Schwanzborsten aufsitzen. Am weiblichen Körper vereinigen sich meist die beiden ersten Abdominalsegmente zur Herstellung eines Gcvifal-Doppelsegmentes mit den beiden Geschlechts- öffnungen. Sehr häufig erfährt nun auch das Abdomen bei den parasi- tischen Formen eine bedeutende Reduction. Die vordem Antennen sind meist langgestreckt und vielgliedrig, sie dienen als Träger von Sinnesorganen besonders zum Tasten und Riechen, aber auch bei den frei umherschwimmenden Formen als Ruder und im männlichen Geschlechte oft als Greifarme zum Fangen und Festhalten des Weibchens während der Begattung. Die untern Antennen bleiben durchweg kürzer und tragen nicht selten doppelte Aeste; wohl überall dienen sie neben der Unterstüzung der Locomotion zum Anlegen oder Anklammern an festen Gegenständen und sind mit Klammerborsten und bei den parasitischen Formen oft mit kräftigen Klammerhaken ausgestattet. Von Mundwerkzeugen liegen unterhalb der Oberlippe zwei bezähnte, meist tastertragende Mandibeln, welche bei den freilebenden Copepoden als Kauorgane fungiren, bei den parasitischen aber in der Regel zu spitzen stiletförmigen Stäben sich umbilden und zum Stechen dienen. Im letzteren Falle rücken dieselben meist in eine durch Ver- einigung der Oberlippe und Unterlippe gebildete Saugröhre. Die zwei auf die Mandibeln folgenden Unterkiefer sind durchweg schwächere Kauplatten unri bei den Schmarotzerkrebsen nicht selten zu kleinen tasterartigen Höckern oder auch zu Stechborsten (Arguhis) verkümmert. Dagegen zeigen sich die Maxillarfüsse weit gestreckter und werden so- wohl zum Ergreifen der Nahrung als vornehmlich bei den Schmarotzer- krebsen zum Anklammern des. Körpers benutzt. Die Ruderfüsse der Brust bestehen fast überall aus einem zweigliedrigen Basalabschnitt und aus zwei dreigliedrigen, mit langen Borsten besetzten Ruder- ästen, welche nach Form und Bedeutung breiten Ruderplatten vergleichbar erscheinen. Bei den Arguliden gewinnen die Aeste eine bedeutende Streckung nicht unähnlich den Cirripedienfüssen. Die innere Organisation bietet den Verhältnissen des äussern Körper- baues und der Lebensweise entsprechend mannichfache Abstufungen. Ueberall findet sich ein Gehirn mit austretenden Sinnesnerven und einem Bauchstrang, der entweder während seines Verlaufes zu einer Anzahl von Ganglien anschwillt oder sich zu einer gemeinsamen untern Schlund- gangiienmasse concentrirt. Von Sinnesorganen kommt das unpaare oder auch paarige Auge ziemlich allgemein vor und fehlt nur einigen parasitischen Copepjden im ausgebildeten Alter. Dasselbe tritt in seiher einfachsten Form als ein xförmiger dem Gehirn aufliegender Pigment- ^eck auf, aus dessen Einbuchtung jederseits eine lichtbrechende Kugel Verdauungsapparat. Athmiinff. Kreislauf. Fortpflanzung. 467 hervorragt. In seiner weitern Entwicklung erlangt das Äuge eine grössere Selbstständigkeit, erhält vom Gehirn aus einen ansehnlichen Sehnerven und wird mehr oder minder beweglich, während sich zugleich die Zahl seiner lichtbrechenden Kugeln vergrössert, und selbst besondere Fiinsen des Hautpanzers als Cornealinsen hinzutreten. Daneben aber treten 2 seitliche, den paarigen Seitenaugen der Malakostraken gleich- werthige Augen aus, zwischen welchen Reste des unpaaren Auges zurück- bleiben (Corj/caeiden). Bei den Arguliden gewinnen jene eine be- deutende Grösse und enthalten wie die grossen Phyllopodeuaugen einen Kranz von Krystallkegeln. Ausser dem Tastsinn, dessen Sitz ganz be- sonders in den Borsten der vordem Antennen, aber auch an manchen andern Stellen der Haut zu suchen ist, kommen Riechfäden als zarte Anhänge der vordem Antennen, vornehmlich im männlichen Geschlechte in weiter Verbreitung vor. Der Verdaunnuscanal zerfällt in eine kurze und enge Speiseröhre, einen weiten ott mit zwei einfachen oder vielfach verästelten [Arguliden) Blindschläuchen beginnenden Magendarm und einen Enddarm, welcher sich am'Hinterleibsende auf der Rückentläche des letzten Abdominal- segmentes öffnet. Häufig scheint die hintere Darmfläche zugleich die Function von Harnorganen zu übernehmen, indessen findet sich daneben noch ein der Schalendrüse der Pliyllopoden gleichwerthiger paariger Drüsenschlauch zu den Seiten der Kieferfüsse im Kopfbruststück, der wahrscheinlich ein ähnliches Absonderungsprodukt ausscheidet. Kiemen fehlen überall und die gesammte Hautoberfläche besorgt die Respiration. Bei den Arguliden scheint das zu einer Platte umgestaltete Abdomen zur Athmungsfunction besonders tauglich {Branchiura). Auch rückt hier das Herz in das Endsegment des Thorax. Circulationsorgane kcinnen vollständig ausfallen oder durch regelmässige Schwingungen des Darmcanals (Cyclops, Achtheres) ersetzt sein. In andern Fällen flnden sich schwingende Plattenpaare, welche die Blutströmung in bestimmten Bahnen der Leibeshöhle unterhalten {üaliyus), oder es tritt im Vordertheil der Brust oberhalb des Darmes ein kurzes sack- förmiges Herz auf {Calaniden), welches sich sogar in eine Kopfarterie fortsetzt ((Jalanella). Die Copepoden sind durchweg getrennten Geschlechts. Die Geschlechts- organe liegen grossentheils in den Seitenhälften des Cephalothorax sowie der Brustsegmente. Dieselben bestehen aus einer unpaaren oder paarigtui Geschlechtsdrüse mit entspreclienden Ausfnhrungsgängen , die in ihrem Verlaufe oder am Endabschnitt mit accessorischen Drüsen in Verbindung stehen und rechts und links am Basalgliede des Hinterleibes ausmünden. Fast regelmässig machen sich in der Form und Bildung verschiedener Körpertheile Geschlechtsunterschiede geltend, welche bei einigen 30 ' 468 Copepoden. Eiersäckchen. Beg^attune. Entwicklung. Schmarotzerkrebsen (Chondracanthen, Lernacopoden) zu einem höchst auffallenden Dimorphismus füiiren. Die Männchen sind durchweg kleiner und leichter beweglich, ihre vordem Antennen und Fiisse des letzten Paares, seltener die hintern Antennen und die Maxillarfüsse sind zu accessorischen Copulationsorganen umgestaltet und werden zum Fangen und Festhalten des VVeibciiens, wohl auch zum Ankleben der Spermatophoren verwendet Diese letztern bilden sich innerhalb der Samenleiter mittelst eines schleimigen Secretes, welches in der Umgebung der Samenmasse zu einer festen Hülle erstarrt. Die grössern Weibchen bewegen sich oft weit schwerfälliger und tragen die Eier seltener in Bruträumen (Noto- delpkijiden), in der Regel in Säckchen und Schläuchen, rechts und links am Abdomen mit sich herum, im letztern Falle besitzen sie eine besondere Kittdrüse, deren Absonderungsprodukt zugleich mit den Eiern austritt und die erstarrende Hülle der Eiersäckchen liefert. Während der Begattung, die beim Ausfall wirklicher Begattungsorgane überall nur eine äussere Vereinigung beider Geschlechter bleibt, klebt das Männchen dem Weibchen eine oder mehrere Spermatophoren am Genital- segment und zwar an bestimmten Oeftnungen fest, durch welche die Samenfäden in ein besonderes mit den Oviducten verbundenes Recepta- culum seminis übertreten und die Eier entweder im Innern des mütter- lichen Körpers oder während ihres Austritts in die sich bildenden Eier- säckchen befruchten. Die Eier erleiden in den Brutsäcken eine totale, bei zahlreichen parasitischen Formen eine partielle Furchung. Im letztern Falle kann der Embryo an der Bauchseite des Blastoderms eine Verdickung (Primitivstreifen) zeigen, wie dies bei den Embryonen der Lernacopoden, Caliginen und Lernaeeu der Fall ist, welche bereits eine grössere Zahl (7) von Gliedmassen zur Anlage bringen. Die Entwicklung beruht auf einer complicirten und bei vielen Schmarotzerkrebsen rückschreitenden Metamorphose. Die Larven schlüpfen als sog. NaupliusionwQW aus, von ovaler Körpergestalt, mit unpaarem Stirnauge und drei Paaren von Gliedmassen in der Umgebung des Mundes. Dieselben unterscheiden sich von den entsprechenden Naupliusformen der Cirripedien vornehmlich durch den Mangel der Stirnhörner und des langen Rüssels. Kauwerkzeuge fehlen vollständig, indessen dienen einige nach dem Munde gerichtete Borsten an dem zweiten und dritten Glied- massenpaare zur Einführung kleiner Nahrungskörper in die Mundöffnung, welche in der Regel von einer grossen Oberlippe kappenartig überdeckt wird. Die hintere gliedmassenlose Leibespartie trägt am hintern Pole zwei Endborsten zu den Seiten des Afters, und die ganze vordere Hauptmasse des Körpers entspricht den drei vordem Kopfsegmenten, da sich später die drei Gliedmassenpaare in die Antennen und Man- dibeln verwandeln. Die Veränderungen , welche die jungen Larven mit dem weitern Wachsthum erleiden, knüpfen sich an mehrfach auf ein- Metamorphose. Xaupliuslarven. 469 anderfolgende Abstreifungen fler Haut und beruhen im Wesentlichen auf einer Streckung des Leibes und auf dem Hervorsprossen neuer Gliedmassen. Schon das nachfolgende Larvenstadium weist ein viertes Extremitätenpaar, die späteren Maxillen auf; dann treten mit der nächst- folgenden Häutung auf einmal drei neue Gliedmassenpaare hervor, von denen die ersten den Kieferfüssen entsprechen, während die zwei letzten Paare die vordem Ruderfüsse in ihrer ersten Anlage vorstellen. Auf diesem Stadium erscheint die Larve noch immer ^'tti^/^/iMS-ähnlich und erst nach einer nochmaligen Häutung geht sie in die erste Cyclops- ähnliche Form über. Dieselbe gleicht nun bereits im Bau der Fühler und Mundtheile dem ausgewachsenen Thier , wenngleich die Zahl der Gliedmassen und Leibesringe eine noch viel geringere ist. Die beiden letzten Gliedmassenpaare stellen bereits kurze zweiästige Ruderfüsse (noch mit eingliedrigen Aesten) vor, zu denen noch die Anlagen des dritten und vierten Ruderfusses in Form mit Borsten besetzter Wülste hinzugekonnuen sind. Der Leib besteht aus dem ovalen Kopfbruststück, den drei nachfolgenden Thoracalsegmenten und einem langgestreckten Kndgliede, welclies mit den spätem Häutungen das letzte Thoracal- segment und alle Segmente des Abdomens durch fortschreitende Glie- derung erzeugt und bereits mit der gabiigen Furca endet. Bei den Cyclopiden haben die hintern Fühler den Nebenast verloren, und die Mandibeln den frühem Schwimmfuss abgeworfen, während diese Anhänge bei den übrigen FamiUen meist mehr oder weniger verändert (der letzte als Mandibulartasjter) persistiren. Uebrigens gelangen viele Formen der parasitischen Copepoden, z. B. Lernanthropus , Chomh-acaHthus , über diese Stufe der Leibesgliederung überhaupt nicht hinaus und erhalten weder die Schwinnnfüsse des dritten und vierten Paares, noch ein vom stummeiförmigen Abdomen gesondertes fünftes Brustsegment; andere Schmarotzerkrebse, z. B. Achtheres, sinken sogar durch den spätem Verlust der beiden vordem Schwinunfusspaare auf eine noch tiefere Stufe der morphologischen Ditterenzirung zurück. Alle freilebenden und auch viele parasitische Copepoden durchlaufen mit den nachfolgenden Häutungen eine grössere oder geringere Reihe von Entwicklungsstadien, an welchen in continuirlicher Aufeinanderfolge die noch fehlenden Segmente und Gliedmassen (der Reihe nach von vom nach hinten ) her- vortreten, und die bereits vorhandenen Extremitäten zu einer gesetz- mässig fortschreitenden Gliederung gelangen. Einige Schmarotzerkrebse (Lernaeopoden, Lernaeen) überspringen allerdings die Entwicklungsreihe der Naupliusformen, indem die Larve alsbald nach ihrem Ausschlüpfen die Haut abwirft und bereits in der jüngsten Oiidopsioxm mit Klammer- antennen und stechenden Mundwerkzeugen hervortritt. Viele durch- laufen von diesem oder von spätem Stadien aH eine regressive Metamor- phose, sie heften sich als Parasiten an ein Wohnthier an, verlieren Paare von Giiedmassen, von denen das vordere schmächtig bleibt und nach seiner Lage vor der Mundöffnung als ein Fühlerpaar anzusehen ist, obwohl es ebenso wie die nachfolgenden Beinpaare mit einer Scheere endet. Im männlichen Geschlechte enden jedoch meist die Gliedmassen des zweiten Paares (^Vordei'beine) (Limidus polyphemus) oder auch zugleich die des dritten Paares (i. moluccanus, virescens) mit Klauen. Diese Beinpaare um- stellen rechts und links die Mundöftnung und dienen zugleich durch die Umbildung ihrer Coxalglieder zu Kiefern als Mundtheile zur Zerkleinerung der Nahrung. Am letzten Beinpaare wird die kleine Scheere von vier lanzetförmigen Blättern fast verdeckt. Der schildförmige Hinterleib, welcher mittelst eines queren Gelenkes am Kopfschilde in der Richtung vom Kücken nach dem Bauch bewegt wird, ist jederseits mit beweglichen pfriemenförmigen Stacheln bewaffnet und trägt auf seiner ventralen Fläche (i Paare lamellöser Füsse, von denen das vordere zu festen Platten umgebildet, die nachfolgenden fast vollständig bedeckt. Die letztein aber dienen sowohl zum Schwimmen als zur Respiration, da an ilnien die Kiemen liegen. Von Interesse erscheint es, dass die Form der Kiemendeckplatte bei den asiatischen und amerikanischen Limulus-Arten constante Abweichungen bietet, indem das Mittelstück derselben bei den erstem ungetheilt ist, bei den letztiirn aus zwei Gliedern besteht. Die innere Organisation erlangt bei der bedeutenden Körpergrösse eine verhältnissmässig hohe F^ntwicklung. Am Nervensystem unter- scheidet man einen breiten Schlundring, dessen vordere Partie als Gehirn die Augennerven entsendet, während aus den seitlichen Theilen die sechs Nervenpaare der Antennen und Beine entspringen, ferner eine untere Schlundganglienmasse mit drei Quercommissuren und einen gangliösen Doppelstrang, welcher Aeste an die Bauchfüsse abgibt und mit einem Doppelganglion im Abdomen endet. Der Verdauungscanal besteht aus Oesophagus, Kaumagen und einem geradgestreckten mit einer Leber in Verbindung stehenden Magendarm, welcher vor der Basis des Schwanz- stachels in der Afteröffnung ausmündet. Das Herz ist röhrenförmig verlängert, von 7 Paar durch Klappen verschliessbarer Spaltöffnungen durchbrochen und mit Arterien versehen , welche sich bald in lacunäre Blutbahnen fortsetzen. Von der Basis der Kiemen erstrecken sich zwei das Blut zurückführende Räume nach dem Pericardialsinus. Als Kiemen fu):giren n Paare von Anhängen der Bauchfüsse, welche aus einer sehr Xiphosura. — 5. Ordnung: Arthrostraca. 507 grossen Anzahl dünner, wie die Blätter eines Buches neben einander liegender Lamellen zusaniniengesetzt sind. Die verästelten Ovarien ver- einigen sich zu zwei Eileitern, welche an der untern Seite des vordem deckelartigen Beinpaares mit zwei getrennten Oeffnungen ausmünden; an gleicher Stelle liegen im männlichen Geschlechte die Oeft'nungen der beiden Samenleiter. Beim Männchen enden die vordem Brustfüsse mit einfacher Klaue, lieber die Entwicklung ist bekannt, dass die Jungen noch ohne Schwanzstachel auch oft ohne die drei hintern Kiemenfuss- paare das Ei verlassen. Man hat dieses Stadium wegen der Trilobiten- ähnlichkeit trefiend das Trilobitenstadium genannt. An dem Koptbrust- schild erhebt sich Glabella-ähnlich ein wulstfürmiges Mittelstück, das auch an den acht Abdominalsegmenten wiederkehrt, von denen das letzte zwischen den Seitentheilen die kurze Anlage des Schwanzstachels umfasst. In dem nachfolgenden Stadium kommt der Schwanzschild zur Consolidirung und der Schwanzstachel zur Ausbildung. Die ausgewachsenen Thiere erreichen die Länge von mehreren Fuss und leben ausschliesslich in den warmen Meeren sowohl des in- dischen Archipels als an den Ostküsten Nordamerikas. Sie halten sich in einer Tiefe von 2 bis 6 Faden auf und wühlen im Schlamme unter abwechselnden Beugen und Strecken des Kopf- und Schwanzschildes und des Schwanzstachels. Als Nahrung dienen vornehmlich Nereiden. Versteinert finden sie sich besonders im Sohlenhofer lithographischen Schiefer, aber auch in den altern Formationen bis zum üebergangsgebirge. 1. Fam. Xiphosura. Die einzige Familie mit den Characteren der Ordnung umfasst die einzige Gattung Limulus. L. moluccanus Latr. wird im Monat Juli und August täglich im Ueberfluss in der Nähe des Hafens von Batavia gefangen und lebendig zu Markte gebracht. Eier und Fleisch sind geniessbar. L. longi- spinus V. de Hoev., Japan. L. polyphemush., an der Oatküste von Nordamerika. Von fossilen Formen sind hervorzuheben: Limulus Walchii Desm. , dem L. pohjphemus nahestehend, L. giganteus Münst., beide aus dem Oolith von Sohlen- hofen, Belinurus trilobitoides Buckl., aus der Steinkohlenformation. 5. Ordnung: Arthrostraca = Edriophthaimata O? ßingelkrebse. Malacostraken mit sessilen Seitenaugen, mit meist sieben, seltener sechs oder wenitjer gesonderten Brustsegmenten und ebensoviel Fuss- paaren. Die Ringclkrebso haben mit den stiläugigen Krebsen die Zahl der Leibesringe und der Extremitätenpaare gemein , während die specielle 1) Ausser den Werken von Latreille, M. Edvpards, Dana, Heller, Grube, A. Dohrn u. a. vergl. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und 508 Arthrostrakeii. Körperbau. Nervensystem. Form der Gliederung und der Extreniitätenbildung eine der geringern Körpergrösse entsprechende niedere Lebensstute bezeichnet. Es sind im Ganzen 20 Segmente und 19 Gliedmassenpaare, welche bei vollzcähliger Segmentirung in die Bildung des Körpers eingehen, 13 Segmente des Vorder- und Mittelleibes und 7 des AlDdomens. Der Kopf trägt zwei Antennenpaare und die Mandibeln, ferner zwei Maxillen- und ein Bei- kieferpaar, also im (Ganzen sechs Gliedmassenpaare, von denen allerdings oft das letzte der Brust zugezählt wird. Bei einer solchen Auffassung würde stets der vordere Theil der Brust mit dem Kopf zur Bildung eines Kopfbruststückes verschmolzen sein. Man hat wohl auch als Grenze des Kopfes eine kleine als Unterlippe bezeichnete zweilappige Platte hinter dem Mandibelpaare betrachtet, und es ist nichts gegen die Auffassung einzuwenden, wenn es sich um die Abgrenzung des pri- mären Kopfes handelt. In diesem Sinne sind auch Maxillen und vordere Kieferfüsse vom Mittelleibe entlehnte secundäre Kopfgliedmassen. Es folgen sodann in der Regel sieben freie Brustringe mit ebenso- viel zum Kriechen oder Schwimmen dienenden Fusspaaren. Selten ist die Zahl der sieben gesonderten Brustsegmente auf sechs {Tmiais) oder fünf {Anceus) und selbst vier {(yyclaspis) beschränkt. Dann ist auch das zweite bi'ziehungsweise dritte und vierte der acht Brustsegmente mit dem Kopfbruststück in nähere Verbindung getreten. Im letzteren Falb.' [Cunidceen) bildet sich ein mehr oder minder umfangreiches Kopf- brustschild aus, durch welches eine Annäherung an die Form der Schalen- krebse hervorgerufen wird. Das auf die Brust folgende Abdomen umfasst in der Regel sechs fusstragende Segmente und eine fusslose das Endsegment repräsentirende einfache oder gespaltene Platte. Indessen kann sich die Zahl der Abdominalsegmente und Fusspaare reduciren (Isopoden), ja sogar das ganze Abdomen ein ungegliederter stummelföi'miger Anhang werden {Laemodipodeti). Das Nervensystem enthält ausser dem Gehirn meist 9 bis 12 (aus- nahmsweise nur 6, Cymotho'e) Ganglienpaare der Bauchkette mit deut- licher Duplicität der Stämme und geringer Verschmelzung der Ganglien. Auch ist bei den Isopoden ein unpaarer Eingeweidenerv nachgewiesen worden. Die beiden Augen sind vorwiegend zusammengesetzte Augen mit glatter oder facett-rter Hornhaut und gehören der Kopffläche selbst an, rücken jedoch in einzelnen Fällen in besondere Stile {Tanais, Munna). Auch gibt es zahlreiche Fälle für vollständige Abwesenheit von Augen. Entwicklung der Wasserassel und des Oniscus asellus. Abhandlungen zur Bildungs- und Entwicklungsgeschichte. Tom. I. 1832. C. Spence Bäte and J. 0. West- wood, A. History of the British sessile-eyed crustacea. Tom. I und II. London. 1863—1868. G. 0. Sars, Histoire naturelle des Crustaces d'eau de Norvege. Chri- stiania. 1867. Siimosorgane. Darmcaiial. Her2. Geschlechtsorgane, 5ü9 Sehr verbreitet finden sich auch hier an den vordem Antennen zarte Riechfäden , besonders zaWreich im männlichen Geschlecht. Am Verdauungscanal findet sich ein kurzer nach aufwärts steigender Oesophagus und ein weiter durch feste Hornleisten gestützter, sowie oft mit kräftigen Zahnplatten bewaffneter Kamnagen, auf welchen ein län- gerer mit 2 bis 3 Paaren schlauchförmiger Leberdrüsen versehener Magendarm folgt. Der Enddarm, welchei- ein oder zwei wahrscheinlich als Harnorgane fungirende Anhangsschläuche besitzen kann, mündet am hintern Körperende aus. Eine Drüse, welche bei den Amphipoden im Grundgliede der hintern Antennen oft auf einem zapfentönnigen Vor- sprung ausmündet, scheidet möglicherweise auch eine dem Harn ent- sprechende Flüssigkeit aus. Ueberall findet sich als Centralorgan des Kreislaufes ein Herz, welches entweder röhrenartig verlängert durch die Länge der Brust verläuft {Amphipoda), oder, nach dem Hinterleibe gerückt, sackförmig verkürzt sein kann (Isopoda). Im erstem Palle liegen die Kiemen als schlauchförmige Anhänge an den Brustfüssen , im letztern dagegen an den Füssen des Hinterleibes. Aus dem Herzen strömt das Blut durch eine vordere und hintere, sowie durch seitliche Oeftnungen aus, denen sich in der Regel Arterien anschliessen. Diese ergiessen das Blut in die Leibeshöhle, von wo es in regelmässigen Strömungen nach dem Herzen zurückkehrt und in seitliche Spalten])aare desselben einfliesst. Die Männchen unterscheiden sich häufig von den Weibchen durch Umformung bestimmter Gliedmassentheile zu Klanmier- organen, durch eine ansehnlichere Entwickhuig der Geruchsfäden an den vordem Antennen, auch wohl durch die Lage der Geschlechts- und Begattungsorgane. Seltener kommt es zu einem ausgeprägten Dimor- phismus {Bopyrus, Praniza). Die Geschlechtsorgane münden an der hintern Partie der Brust oder an der Basis des Abdomens, und zwar die weiblichen überall an dem drittletzten Beinpaare der Brust oder zwischen dem ersten des Hinterleibes (Isopoden). Die Ovarien bilden zwei einfache oder verästelte Schläuche mit ebensoviel Oviducten. Aehnlich erscheinen die Hoden aus mehreren, zuweilen drei Paaren von Schläuchen (Isopoden) zusammengesetzt, deren Samenleiter entweder getrennt bleiben, oder sich zur Bildung eines ßegattungsorganes vereinigen, zu welchem noch Anhänge von Gliedmassen als Hülfsorgane der Copulation hinzu- treten können. Die reifen Eier werden von den Weibchen in der Regel in Bruträumen umhergetragen, zu deren Bildung sich lamellöse Anhänge der Brustfüsse zusammenlegen. Die Entwicklung erfolgt in der Regel ohne Metamorphose, indessen weichen nicht selten Körperform und Gliedmassen jugendlicher Thiere ab (Fhronima), und es können sogar die Körpersegmente und Gliedmassen nach der Geburt noch unvollzählig sein (Isopoden). Fossile Ringelkrebse finden sich im Oolith (Archaeo- niscus). Prosoponiscus ist permisch, Ämphlpeitis devonisch. 510 1. Unterordnung: Amphipoda. 1. Unterordnung: Amphipoda'), Flohkrebse. Rwyelkrebse mit vorherrschend seitlich comprimirtem Leib und sieben, seltener sechs freien Thoracalsegmenten, mit Kiemen an den Brustßissen und langgestrecktem, ausnahmstveise rudimentärem Ab- domen, dessen drei iiorderen Segmente ebensoviel Schivimmfusspaare tragen, tvährend die drei hintern mit ebensoviel nach hinten gerichteten Caudalfüssen besetzt sind. Die Aiiiphipoden sind meist kleine, nur selten mehrere Zoll lange (Lysianassa magellanica) Malacostraken , die im Wasser vorwiegend schwininiend und springend sich bewegen. Der bald kleine {Crevcttinen), bald {Hyperinen) stark aufgetriebene Kopf ist vom Thorax scharf ab- gesezt und nur in der aberranten Gruppe der Laemodipoden mit dem ersten Brustsegment verschmolzen. Beide Antennenpaare bestehen meist aus einem stämmigem jedoch kürzern Schaft und einer vielgliedrigen Geissei, die aber mehr oder minder verkümmern kann. Die vordem Fühler tragen nicht selten eine kurze Nebengeissel und bieten in ihrer besondern' Gestaltung eine reiche Mannichfaltigkeit. Bei den Hyperinen sind sie im weiblichen Geschlecht kurz, im männlichen dagegen von ansehnlicher Länge und mit reicher Ausstattung von Riechhaaren versehn. Die hintern Antennen fehlen den weiblichen Fhronimiden und Brachy- scelus vollständig, sind häufig länger als die vordem, bei den männ- lichen Typhiden zickzackförmig zusammengelegt und bei den Coro- phiden zu starken beinähnlichen Extremitäten umgebildet. Von den Mundwerkzeugen sind die Mandibeln überall kräftige Kauplatten mit scharfen meist gezahntem Kaurand und unterm Kautortsatz, meist mit dreigliedrigem, zuweilen jedoch mit verkümmertem Taster. Ebenso 1) H. Kröyer, Grönlands Amphipoder beskraevne. Kon. Danske Selsk. Natui-vid. Afliandlgr. D. VI. 1836. Derselbe, Nue nordiske Slaegter og Artes af Amfipodernes Ordn. etc. Naturh. Tidsskrift. Tom. IV. 1843. Ach. Costa, Ricerche sui Crostacei Amfipodi del regno di Napoli. Mem. della R. Acad. de Sc. di Napoli. Vol. I. 1857. C. Spence Bäte, On the Morphology of some Amphipoda of the Division Hyperina. Ann. of nat. bist. 2 Ser. vol. 19, 1857. Derselbe, On the nidification of Crustacea. Ann. of nat. bist. 8 Ser. vol. 1. Derselbe, Catalogue of the specimens of Ampbipodous Crustacea in the collection of the British Museum. London. 1862. R. Bruzelius, Beitrag zur Kenntniss des innei-n Baues der Am- phipoden. Archiv für Naturg. Tom. XXV. 1859. De La Valette, Studien über die Entwicklung der Ampliipoden. Halle. 1860. W. Lilljeborg, On the Lysianassa magellanica M. Edw. and on the crustacea of the suborder Amphipoda etc. Transact. of the scient. Soc. at Upsala. 1865. A. Groes, Crustacea amphipoda maris Spitz- bergiam alluentis etc. Oef. Vet. Ak. Förh. 1865. C. Heller, Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden des adriatischen Meeres. Wien. Denkschr. Tom. XXVI. Wien. 1866. E. Van Beneden et Em. Bessels, Memoire sur la formation du Blasto- derune chez les Amphipodes etc. Bruxelles. 1868. Mundwerkzeuge. Beinpaare. Bau des Abdomens. 511 tragen die vordem zweilappigen Maxillen in der Regel einen kurzen zweigliedrigen Taster, während sich die Maxillen des zweiten Paares auf zwei ansehnliche einer gemeinschaftlichen Basis aufsitzende Laden beschränken. Die Kieferfüsse verschmelzen zu einer Art Unterlippe, die entweder dreilappig ist und der Taster entbehrt (Hyperinen) oder auf gemeinsamem Basalabschnitt ein inneres und äusseres Ladenpaar trägt, von denen das letztere als Grundglied eines ansehnlichen mehrgliedrigen häufig fussförmigen Tasters aufgefasst werden kann {Crevettinen und Laemodipoden). Die sieben Beinpaare der Brust besitzen gewöhnlich f) Glieder, von denen das letzte oder Carpalglied mit einer beweglichen Klaue oder Greifhaken endet. Das Basalglied, die Coxa, zuweilen (Phronima) vom Brustsegment nicht gesondert, verbreitert sich an der Aussenseite meist zu einer sehr ansehnlichen Platte, der Epimeral- oder CoÄ;a?platte , die bei den Crevettinen vornehmlich an den vier vordem Beinpaaren einen ausserordentlichen Umfang erreicht. Dasselbe ist — mit Ausnahme des vordem Beinpaares — zugleich Träger einer schlauch- förmigen selten verästelten Kieme {Anchylomera) und an den mittlem Beinpaaren des Weibchens eines borstenrandigen zur Bildung des Brut- raums dienenden Blattes, welches jedoch auch fehlen kann. Die beson- dere Gestaltung dieser Beine, das Grössenverhältniss derselben und die Form der Bewaffnung wechselt ungemein und liefert vortreffliche Gattungs- und Artmerkmale, zeigt aber auch in beiden Geschlechtern Differenzen. Gewöhnlich enden die beiden vordem Beinpaare mit Greifhänden, indem das Carpalglied eine mehr oder minder breite Platte bildet, nach deren Innenseite die bewegliche Endklaue bewegt wird. In andern Fällen bietet dasselbe zugleich durch den Besitz eines unbeweglichen Fortsatzes die Gestalt einer Scheere, indessen kann auch das vorausgehende Glied diesen Fortsatz bilden (Leucothoe), sodass der bewegliche Ast der Scheere zweigliedrig ist. Häufig sind die drei hintern Beinpaare nach hinten gerichtet und untereinander gleichförmig gebaut, in andern Fällen sind das fünfte {Phronimiden) und sechste Paar und ebenso die mittleren Beinpaare zu mächtigen Greiforganen geworden. Das meist 6gliedrige Abdomen, welches bei den Laemodipoden verkümmert und bis auf einen warzenförmigen Höcker ganz schwinden kann, zerfällt in zwei nach Lage und Gestalt der Abdominalfüsse ditferente Regionen. Die vordere ge- wöhnlich durch die Grösse ihrer Segmente ausgezeichnete Region besitzt drei Paare grosser nach vom gerichteter Schwimmfüsse, deren Basal- glieder zwei lange und vielgliedrige mit Schwimmborsten besetzte Aeste tragen. Die drei hintern Segmente sind weit kürzer und zuweilen unter- einander verschmolzen. Ihre meist 2ästigen Fusspaare sind nach hinten gewendet, und in der Regel als sog. Schwanzgriffel stilförmig, seltener mehr lamellös gestaltet. Die Schwanzplatte endlich, mit der das Abdomen abschliesst, erscheint als ein schuppenförmiger, zuweilen jedoch furca- 512 ,; Nervensystem. Augen. Herz. Kiemen. Geschlechtsorgane. ähnlich gespaltener Anhang. Das Nervensystem besteht aus einem mehrlappigen Gehirn , welches bei Gammarus an seiner untern Seite vier conische Fortsätze bildet und aus 10 {Phronima) bis 13 {Gammarus) Ganglienpaaren der Bauchkette. Bei Gammarus liegen die zwei vordem eng zusanmiongedrängt am Kopf und versorgen die Mund Werkzeuge, die sieben nachfolgenden in den sieben Brustsegmenten und die vier hintern im Abdomen , so dass das letzte grössere die drei Endsegmente nebst Schwanzplatte versorgt. Bei Fhronima dagegen hat sich die Zahl der Brustganglien auf fünf reducirt, von denen noch dazu die beiden letzten fast verschmolzen sind. Von den Sinnesorganen fallen die zusammen- gesetzten Augen auf, die zwar überall sessil bleiben, bei den llyperhien aber eine ausserordentliche Grösse erlangen und in zwei gesonderte Paare, zuweilen selbst mit verschieden gefärbtem Pigmentkörper {An- chylomcra purpurea, roth und grün) zerfallen. Bei den Phronimiden erscheint das Pigment auf den hintern Augentheil reducirt, so dass man die Nervenstäbe und die von denselben scharf abgegrenzten, oft sehr gestreckten Krystallkegel in ihrer ganzen Länge verfolgen kann. Der Darmcanal beginnt mit einem engen schräg aufsteigenden Oesophagus, dem sich der mächtig entwickelte Chylusdarm anschliesst. Am Anfange desselben liegt ein bei den Hyperiden ansehnlich erweiterter Vormagen, welcher bei den Gammariden gezahnte Chitinleisten einschliesst und nahe seinem Ende zwei Paar langer Leberschläuche aufnimmt. Der Enddarm beginnt im vierten Abdominalsegment, nimmt hier zwei kleinere wahrscheinlich als Malpighische Drüsen zu deutende Schläuche auf und mündet am letzten Schwanzgliede nach aussen. Ueberall findet sich im Thorax ein langes schlauchförmiges Herz, bei Phronima mit nur drei Spaltpaaren und auf die vordere Partie der Brust beschränkt, bei den Gammariden mit fünf oder sechs seitlichen Spalten und auf die hintern Brustsegmente ausgedehnt. An den Enden des Herzens entspringen eine vordere und eine hintere Aorta, von denen die letztere sehr lang ist und durch das ganze Abdomen verläuft. Als Kiemen fungiren zart- häutige Platten oder Schläuche, welche an dem Coxalgliede der Brust- füsse angeheftet durch lebhafte Bewegungen der Schwimmfüsse des Abdomens beständig neue Wasserströmungen empfangen. Bei den Phronimiden und Laemodipoden ist die Zahl derselben eine beschränktere. Die Geschlechtsorgane liegen im Thorax zu den Seiten des Darmes. Dieselben bestehen beim Weibchen aus zwei mehr oder minder cylin- drischen Ovarialschläuchen und ebensoviel wahrscheinlich mit Samen- taschen verbundeneu Ovidukten, welche sich jederseits am fünften Bein- paare der Brust (Innenseite der Epimeralplatte) nach aussen öffnen. Die Hoden, von gleicher Lage als die Ovarien, sind zwei enge faden- förmige Röhren, deren unterer Abschnitt als Ausführungsgang fungirt und meist auf einer Erhebung an der Bauchseite des siebton Brust- Entwicklung. 513 Segmentes ausmüiiflet. Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen nicht nur durch den Mangel der zur Bildung des Brutraums in Ver- wendung konunentlen Lamellen, sondern meist durch stärkere Ausbildung der Greif- und Klammerhaken an den vordem Brustfüssen, auch wohl durch abweichende Antennenbildung. Die Eier gelangen nach der Befruchtung in die von den Lamellen der Brustbeine gebildete Bruttasch«' und entwickeln sich hier unter dem Schutze des mütterlichen Körpers. Bald erleidet der Dotter (G. locusta und andere marine Arten) eine totale Furchung, bald (6r. pulex) sondert sich ohne vorausgegangene Klüftung als Blastoderm eine peripherische Zellenlage, mit deren weiterer Fortbildung sich unterhalb der Eihaut eine zarte Innenmembran (mit vermeintlicher Mikropylbildung an der Rückenseite) als Embryonalhaut abhebt. Es bildet sich sodann ein bauch- ständiger Primitivstreifen und an der Rückenseite ein eigenthümliches kugelförmiges Organ (Zoeastachel?). Während die Gliedmassenpaare in fortschreitender Reihe hervorspro.ssen , erscheint der Embryonalleib nach der Bauchseite eingeschlagen. Die aus den Eihüllen ausschlüpfenden Jungen besiten bereits die sämmtlichen Gliedmassenpaare und im Wesent- lichen die Gestaltung der ausgebildeten Thiere, während im Einzelnen die Gliederzahl der Antennen und die besondere Form der Beinpaare noch Abweichungen bietet. Bei den Flyperinen freilich werden dieselben so auffallend, dass man hier von einer Metamorphose reden kann. Die Amphipoden leben grossentheils frei im süssen und salzigen Wasser (höchst interessant ist das Vorkommen arktischer Arten in den Seen Schwedens und Norwegens), einige indessen sind Röhrenbewohner (Cerapus), andere finden sich in Gängen zernagten Holzes {Cheliira). Von besonderra Interesse ist die bedeutende Grösse der Tiefseebewohner, welche wie eine der Gattung Iphimedia nahestehende Gammaride und Cystosoma Neptuni {Hijperide) 3 bis 4 Zoll lang werden. Die Hyperinen halten sich vornehmlich in glashellen Seethieren, insbesondere Quallen auf und können selbst wie die weibliche Phronima sedentaria mit ihrer gesammten Brut in glashellen Tönnchen, ausgefressenen Pyrosomen, Wohnung nehmen. Die Cyamiden unter den Laemodipoden endlich sind Parasiten an der Haut von Wallfischen. Als Schmarotzer der Gammariden sind die Jugendzustände der Echinorhynchen hervorzuheben, ferner ein sehr merkwürdiger an einer Amphithoe (?) beobachteter Copepode {Sphaeronella Leuckarti) '). 1) Vergl. Salensky, Sphaeronella Leiicl'arti, ein neuer Schmarotzerkrebs. Archiv für Naturg. Tom. XXXIV. 1868. Dieser parasitische Copepode befestigt seine Eiersäckchen an die Epimeralplatten der Wirthe. Claus, Zoologie. 6. Auflage. 33 514 Laemodipoda. Crevettina. 1. Tribus: Laemodipoda. Vorderes Thoracalsegment mit dem Kopf mehr oder minder innig verschmolzen, sodass das erste Beinpaar gewissermassen an die Kehle gerückt ist. Kieforfiisse zu einer viertheiligen Unterlippe mit langen Tastern umgebildet. Kiemenschläuche meistens auf das dritte und vierte Brustsegment reducirt, dessen Beine oft verkümmern oder ganz aus- fallen. Die Füsse enden mit Klammerhaken. Das Abdomen ist klein, zu einem kleinen ganz gliedmassenlosen Höcker verkümmert. 1. Farn. CapreUidae. Körper linear gestreckt. Leben frei zwischen Algen und Tangen im Meere. Froto Leaa, Anceus; Bopijriden). Die weiblichen Isopoden sind leicht an dem häutigen Plattenanhange der Brustfüsse, die Männchen an der schiankern Form und kräftigern Entwicklung der zum Anklammern benutzten Beinpaare zu erkennen. Bei den Bopijriden erlangen die Weibchen im Zusammen- hang mit dem vollkommenen Parasitismus eine relativ bedeutende Grösse und bilden sich unter Verlust der Augen und der Leibesgliederung, 522 Embryonale Entwicklung. selten der Gliedmassen, zu mehr oder minder unsymmetrischen Scheiben oder Schläuchen aus, während die winzig kleinen schlanken Männchen die Symmetrie, Segmentirung und freie Beweglichkeit ihres Körpers, die Gliedmassen und Augen bewahren. Die weiblichen Geschlechtsorgane verhalten sich im Allgemeinen wie die der Amphipoden und münden jederseits am fünften Brustsegment an der Innenseite des fünften Bein- paares nach aussen. Receptacula seminis sollen bei TyiMoniscus vor- handen sein. Beim Männchen finden sich jederseits meist drei gestreckte oder kuglige Hodenschläuche, welche sich zu einem aufgetriebenen Samen- behälter vereinigen, aus dem die Samenleiter hervorgehen. Diese ver- laufen häufig in ihrer ganzen Länge gesondert und treten am Ende des letzten Thoracalsegmentes je in einen cylindrischen Anhang ein {Asellus) oder sie vereinigen sich in einer gemeinsamen medianen Penis- röhre, welche an der Basis des Abdomens liegt (Onisciden). Als accessorische Copulationsorgane hat man ein Paar stiletförmiger oder complicirter gestalteter hakentragender Anhänge der vordem Abdominal- lüsse aufzufassen, zu welchen noch an der Innenseite des zweiten Fuss- paares ein Paar nach aussen gewendeter Chitinstäbe hinzutreten kann iOniscidefi). Zur Zeit der Copulation bleibt das Männchen oft Tage lang an dem Körper des Weibchens (das grössere Männchen von Asellus mit Hülfe des vierten Beinpaares) angeklammert und scheint während des Begattungsaktes Ballen von haarförmigen Samenfäden (mit keulen- förmigen Anliängen, die von Zenker als besondere zweite Form von Spermatozoen beschrieben wurden) in den weiblichen Geschlechtsapparat einzufühi-en. Die Befruchtung des Eies erfolgt daher wahrscheinlich im Innern des weiblichen Körpers. Die Embryonalentwicklung, über die ausser der altern bahn- brechenden Arbeit von Rathke neuere Beobachtungen von Fr. Müller, A. Dohrn, G. 0. Sars und Ed. van Beneden vorliegen, beginnt mit dem Eintritt der Eier in den Brutraum. Anfangs ist das Ei (Asellus') von einer einzigen Haut umgeben, welche wahrscheinlich als Ausscheidungs- produkt der zahlreichen das Ovarialei umlagernden Epitelialzellen (Dotterfach), also als Chorion zu betrachten sein dürfte. Nachdem sich das Chorion vom Dotter abgehoben, treten im Innern des letztern 4, 8, 16 etc. Kernbläschen (wahrscheinlich Abkömmlinge des Keimbläschens) auf. Noch bevor sich die Dottermasse um dieselben in Zellballen ge- sondert hat, hebt sich in der Peripherie des Dotters eine zarte cuticulare Membran ab, die demnach als Blastodermhülle zu deuten ist (unter den Crustaceen von Van Beneden bei den Lemaeopoden, bei Gammarus, Caprella, Nehalia, Crangon etc. beobachtet und offenbar dem Deutovum Clap. der Acariden entsprechend). Nun erst folgt die Dotterklüftung, von der jedoch die centrale Dottermasse (Nahrungsdotter) vorerst aus- geschlossen bleibt. Bald bildet das Blastoderm eine peripherische Schicht Anisopoda. Tanaidae. 523 hüllenloser kernhaltiger Zellen und erzeugt durch raschere Zellwucherung den bauchständigen Keimstreifen, an dem sich zunächst die Kopflappen abgrenzen. Als zwei höckerförmige Erhebungen der letztern entstehen zunächst die Anlagen der dreilappigen blattförmigen Anhänge des Assel- embryos, deren physiologische und morphologische Bedeutung noch immer keine Aufklärung gefunden hat. Von den Gliedmassen bilden sich zuerst die beiden Antennenpaare, nach deren Entstehung eine neue Cuticula, die dem Naupliusstadium entsprechende Larvenhaut, zur Son- derung kommt (Ligia, Fr. Müller). Während sich nun die Reihe der nachfolgenden Gliedmassen anlegt, zeigt sich der Schwanztheil des Embryo aufwärts nach dem Rücken zu umgeschlagen. Von den Embryonalhüllen geht zuerst das Chorion, dann die Cuticula des Blastoderms zu Grunde und zuletzt, wenn der Embryo ausgebildet ist, die Naupliushaut. Die im Brutraume frei gewordenen Jungen entbehren noch ganz allgemein des letzten Brustbeinpaares, bei den Scheerenasseln auch der Füsse des Abdomens und haben bis zum Eintritt der Geschlechtsreife nicht uner- hebliche Veränderungen auch in der Gestaltung der Gliedmassen zu erfahren. Man kann daher den Asseln eine Metamorphose zuschreiben, die bei Tanais, Franiza {Änceus) und den Bopyriden am vollkom- mensten ist. Die Asseln leben theils im Meere, theils im süssen Wasser, theils auf dem Lande (Onisciden) und ernähren sich von thierischen Stoffen. Viele sind jedoch Schmarotzer (seltener als Entoparasiten, Entoimcus) vornehmlich an der Haut, in der Mund- und Kiemenhöhle von Fischen {Cymotho Ideen') oder in dem Kiemenraum von Garneelen {^Bopyriden). 1. Tribus: AnisopodaM. Körper mehr oder minder Amphipodenähnlich. Abdomen mit 2ästigen Schwimmfüssen, die nicht als Kiemen fungiren, oder mit Flossen- füssen. Männchen und Weibchen nicht auffallend dimorph. 1. Farn. Tanaidae, Scheerenasseln. Körper sehr lang gestreckt mit gewölbtem Kopfbrustpanzer, der noch das erste Beinpaar umschliesst. Die Beine des Hinter- leibes sind zweiästige Schwimmfüsse. Lage und Form des Herzens Amphipoden- ähnlich. Mandibel mit Kaufortsatz. Vordere Maxille mit Tasteranhang. Tragen hinter dem zweiten Maxillenpaar an der Körperwand einen säbelförmigen Branchial- anhang, der durch seine Schwingungen die Athmung unter den seitlichen Dupli- 1) Vergl. Spence Bäte, Ün Praniza and Anceus etc. Ann. of nat. bist. 3, Ser. Vol. IL 1858. Hesse, Memoire sur les Pranizes et les Ancees. Ann. d. scienc. nat. 4. Ser. Tom. IX. 1864. Fr. Müller, Ueber den Bau der Scheeren- asseln. Archiv für Naturg. Tom. XXX. 1864. A. Dohrn, Zur Kenntniss vom Bau und der Entwicklung von Tanais. Jenaische Zeitsch. Tom. V. 1870. Derselbe, Entwicklung und Organisation von Praniza maxillaris, zur Kenntniss des Baues von Paranthura costana. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XX. 1870. 524 Anthuridae. caturen des Panzers unterhält. Erstes Beinpaar ein mächtiger Scheerenfuss , die übrigen lange Schi-eitfüsse. Beim Weibchen finden sich am 2. bis 5. Fusspaare blattförmige Anhänge zur Bildung eines Brutraums. Tanais Aud. Edw. Antennen ziemlich gleich lang. Abdomen 5gliedrig. Letztes Caudalfusspaar schmal und einästig. 2 Sorten von Männchen, Riecher und Packer. T. vittatus Rathk., Nördl. Meere. T. dubius Kr., Brasilien, T. gracilis Kr., Spitzbergen u. m. A. Bei Leptochelia Dana ist das Abdomen 6gliedrig. Augen gestilt. L. minuta Dana. L. Eilwardsi Kr., Nördl. Meere. Bei Paratanais Dana sind die Augen ebenfalls gestilt, das sechste Caudalfu.s.->pa ar 2ästig, stilförmig. P. forcipatim Lillj., Norwegen. Apseudes Leach. Vordere Antennen dicker und länger als die hinteren, mit 2 Geissein, hintere Antennen mit schuppenförmiger Nebenplatte. Augen gestilt. Zweites Beinpaar mit stark verbreitertem Endgliede. Sechstes Abdominalsegment sehr lang. Sechstes Fusspaar mit 2 fadenförmigen Aesten, von denen der innere sehr lang ist. A. talpa Mont., Nördl. Meere. 2. Fam. Anthuridae. Antennen kurz. Das vordere der sieben Thoracal- segmente frei, Beinpaar desselben mit Greif band. Mundtheile stechend und saugend. Abdomen mit 2ästigen Flossenfüssen und mächtiger Schwanzflosse. Brutraum wie bei Praniza unter der Körperhaut. Aiühura Leach. A. gracilis Mont. Paran- thura Risso. P. penicillata Risso, Mittelmeer. Pranizidae, Anceidae. Kopf mit dem (zweiten) vordem Brustsegmente ver- schmolzen, daher mit 2 Maxillarfusspaaren , beim Männchen sehr breit, fast quadratisch. Antennen einfach, mehrgliedrig, bei dem Weil)chen verhältnissmässig klein. Letztes Brustsegment nicht ausgebildet, daher nur fünt freie Thoracal- segmente, von denen die drei hintern im weiblichen Geschlechte (Pmnt^aform) zu einem sackförmigen Abschnitt verschmelzen. Mandibeln und Maxillen tasterlos. Fünf einfache Klammerfusspaare. Das Abdomen Ögliedrig, langgestreckt. Die Füsse desselben breite 2ästige Flossenfüsse. Dimorphismus des Geschlechts sehr ausgeprägt. Verwandlung mittelst Metamorphose. Anceus Risso {Praniza Leach.). Mit den Charakteren der Familie. Die Larven, welche die Bruttasche verlassen, sind langgestreckte Pranizaformen, jedoch schon nach beiden Geschlechtern unter- scheidbar, indem sich an den männlichen Formen die drei hintern Brustsegmente abgrenzen. An diesen verschmelzen die Coxalglieder der Beine mit dem Segment. Der Kopf und die stechenden Mundwerkzeuge mit der halbröhrenförmigen Ober- lippe sind für beide Larvenformen gleich. Die Mandibeln und Maxillen fast stilet- iörmig ausgezogen. Die vordem Maxillai-füsse bilden eine Art Unterlippe. Untere Maxillarfüsse beinförmig. Bei der Umwandlung der weiblichen Larve wird der Kopf kleiner, die Kiefer verschwinden und die Augen werden rudimentär. Da- gegen bilden sich die beiden Maxillarfusspaare, die obern werden zu einem drei- gliedrigen, mit einer beweglichen ovalen Platte verbundenem Fuss, die untern zu einer mehrgliedrigen borstenrandigen Platte. Mit der Umwandlung der männlichen Larve wird der Kopf viel stärker, die Kiefer werden ersetzt durch zwei grosse hakenförmig vorstehende Zangen, die Maxillarfüsse bilden gegliederte zur Stru- delung dienende Lamellen. Die Weibchen leben wie die Larven parasitisch an Fischen und bergen die Brut in einer subcuticularen Aussackung des grossen hintern Brustabschnittes. Die Männchen leben frei. A. maxillaris Mont. {Pr. coeruleata Desm.), Nord- und Westküste Europas. Euisopoda. Cymothoidae. 525 2. Tribus: Euisopoda. Körper mit 7 freien Brustsegmenten und ebensoviel Beinpaaren. Abdomen verhältnissmässig kurz und breit. 1. Farn. Cymothoidae'). Mit harter Rückenhaut, kauenden oder saugenden Mundwerkzeugen, breitem, kurz gegliedertem Abdomen und schildförmig ent- wickelter Schwanzplatte. Die letzten Kieferfüsse deckeiförmig. Beide Geschlechter meist gleichgestaltet. Die Schwanzanhänge tragen 2 flossenähnliche Lamellen. Leben theils parasitisch an Fischen, theils frei umherschweifend. 1. Subf. Gymothoinae. Parasiten auf der Haut und in der Mundhöhle von Fischen, mit gleichgebildeten Klammerbeinen und saugenden Mundtheilen. Die kurzen Antennen entspringen au der Unterseite des Kopfes. Maxillarfüsse kurz, 3 — 4gliedrig. Im Jugendzustand sind die Fühler lang, und das sehr gestreckte ■frei bewegliche Abdomen zum Schwimmen befähigt. Cymothoa ¥Ahr. Die 2 oder 3 hintern Thoracalsegmente kürzer als die vor- ausgehenden. Basis des Abdomens beträchtlich schmäler als das hintere Ende des- selben. Die Beinpaare mit kräftigen Klammerhaken. C. oestrum Leach. C. oestroides Risso, Mittelmeer. Bei Ceratothoa Dana sind die Basalglieder des vorderen An- tennenpaares vereint. Nahe verwandt sind Olencha Leach. und Livoneca Leach. Bei letzterer ist die Basis des Abdomens breiter als die verschmälerte Caudalplatte. Anilocra Leach. Die drei hintern Thoracalsegmente länger als die vorausgehenden. Das grosse Abdomen am Anfang weit schmächtiger als der Thorax und mit dem hintern Ende ziemlich gleich breit. A. mediterranea Leach. Ä. physodes L., Mittelmeer. A. Leachü Kr. Bei Nerocila Leach. finden sich secundäre Dornaus- läufer unter den seitlichen Fortsätzen der Abdominalsegmente. N. hiviUata Risso, Mittelmeer. Bei Orozeuktes Edw. sind die Segmente des Abdomens verschmolzen. Artystone Schiödte. Das siebte Beinpaar schlank mit sehr kleiner Endklaue. Weibchen unsymmetrisch. A. trysibia Seh., Rio de la Plata. 2. Subf. Aeginae. Antennen am Stirnrand inserirt. Die vier hintern Beinpaare sind schlankere Schreitfüsse ohne Klammerhaken. Maxillarfüsse gestreckt, 4— ögliedrig. Schwimmen behend umher. Aega Leach. Die drei vordem Beinpaare enden mit kräftiger Greifhand, die vier nachfolgenden sind schlanke Schreitfüsse. Saugende und stechende Mimd- werkzeuge. Die kurzen inneren Antennen sind mit ihren Basalgliedern ver- schmolzen. Ae. hicarinata Leach. Ae. tridens Leach. Bei Rocinella Leach. sind die Augen sehr gross und in der Mittellinie nahezu verschmolzen. Cirolana Leach. Sämmtliohe Beinpaare sind Schreitfüsse. Kauende Mundwerkzeuge. Abdomen ögliedrig. C. Mrtipes Edw., Cap. C. Cranchii Leach., Engl. Küste. C. borealis Lillj. Bei Eurydice Leach. sind die untern Antennen sehr lang und das Abdomen nur 5gliedi-ig. E. pidchra Lech. {Slabberina agatha van Ben. ?) Conüocera Leach. Körper cylindrisch gestreckt, von gleichmässiger Breite. Die 3 hintern Beinpaare schlanker als die 4 vordem. Die 3 letzten Glieder der Maxillar- füsse breit und flach. C. cylindracea Mont. 3. Subf. Serolinae. Körper sehr flach schildförmig, durch 2 Längsfurchen dreitheilig. Das vordere (Weibchen) oder die beiden vordem Beinpaare (Männchen) 1) Schiödte, Krebsdyrenes Sugemund. I. Cymothoae. Naturh. Tidsskritt. 3 R. Toni. IV. Lütken, Nogle Bemaerkninger om de Nordiske Aega- Arter etc. Natur. For. Meddels. 1858. 526 Sphaeromidae. Idoteidae. enden mit einer Greifliand, die sechs beziehungsweise fünf nachfolgenden sind ein- fache Gangbeine. Kauende Munkwerkzeuge. Serolis Leach. Antennen von ansehnlicher Grösse. Kopf mit dein ersten der 7 Brustsegmente verschmolzen. Letztes Brustsegnient fast rudimentär. Augen der Mittellinie genähert, vom Stirnrand abgerückt. Abdomen mit nur drei Segmenten. S. paradoxa Fabr. S. Orhigniana Aud. Edw., Patagonien. S. Gaudi- chaudii Aud. Edw., Chil. Küste. 2. Farn. Sphaeromidae. Mit breitem Kopf und verkürztem, stark convexem Körper, der sich häufig nach der Bauchseite zusammenkugeln kann. Kieferfüsse 4 — Ögliedrig, verlängert. Vordere Antennen am Stirnrand befestigt. Sämmtliche Beinpaare sind Schreitfüsse , und nur das erste oder die beiden vordem Paare können mit einer Greifhand enden. Die vordem Abdominalsegmente mehr oder minder rudimentär und verwachsen. Schwanzfüsse sehr zart und membranös; das zweite stark, beim Männchen mit griffeiförmigem Anhang. Das letzte Paar nur mit frei beweglicher Aussenplatte und verkümmerter oder verwachsener Innenplatte. Spliaeroma Latr. Körper kuglig einrollbar. Die vier vordem Abdominal- segmente verschmolzen. Die bewegliche Aussenplatte der Caudalflosse kann sich unter der mit dem Schwanzschild verwachsenen Innenplatte einlegen. S. fossarum Mont. , in den Pontinischen Sümpfen, der S. granulatum des Mittelmeeres nahe verwandt. S. serratum Fabr., Ocean und Mittelmeer, auch ßrackwasserform. S. rubicauda Leach., Engl. Küste. S. Prideauxianum Leach., Engl. Küste. Bri Bynamene Leach. bleibt die Schwanzplatte beim Einkugeln ausgeschlossen. JJ. rubra Mont. Cymodocea Leach. Körper nicht Einrollungs-fähig, mit fast parallelen Seitenrändern. Kopf mit stark vorgewölbter Stirn. Abdomen mit granulirtem Integument und mittlerem Fortsatz. C. trimcata Mont., Engl. Küste. Bei Cerceis Edw. springt die Stirn über die Basis der Antennen vor. Bei Cassidina Edw. ist der Körper schildförmig breit und die Aussenplatte der Schwanzflosse ganz ver- kümmert. Nesaea Leach. Sechstes Brustsegment von ansehnlicher Grösse und auf der Rückenfläche in einen gabiig getheilten Fortsatz ausgezogen. Aussenplatte der Schwanzflosse sehr gross, geradgestreckt, kann sich nicht unterschlagen. N. bidentata Adams, Engl. Küste. Bei Campecopea Leach. trägt das sechste Segment einen einfachen stabförmigen Fortsatz und die Aussenplatte der Schwanzflosse ist gekrümmt. Bei Amphoridea Edw. bilden die Basalglieder der vordem Antennen einen mächtigen lamellösen Vorsprung. Ä. typa Edw., Chili. Ancinus Edw. Körper stark abgeplattet, mit fast parallelen Seitenrändern. Die zwei vorderen Beinpaare mit mächtiger Greifhand. Schwanzflosse mit kurzem Basalgliede und einfacher langer Platte. A. depressiis Edw. 3. Farn. Idoteidae. Mit langgestrecktem Körper, kurzen vordem Innern Antennen, kauenden Mund Werkzeugen und langem, aus mehreren Segmenten ver- schmolzenem Caudalschild. Das letzte Fusspaar des Hinterleibes in einen flügel- förmigen Deckel zum Schutze der vorausgehenden Kiemenfüsse umgebildet. Idotea Fabr. Die Beinpaare des Thorax gleichmässig gestaltete Schreitfüsse. Aeussere Antennen mit 4- bis 5gliedrigem Schaft und langer Geissei. Die 2 vordem Hinter- leibssegmente deutlich gesondert. L. entomon L., Ostsee. I. tricuspidata Desm., Mittelmeer und Canal, auch Briickwasserform. 1. pelagica Leach. Bei Erichaoitia Dana sind die äussern Antennen viel länger als die Innern , aber nur Bgliedrig, ohne vielgliedrige Geissei. Bei Chaetilia Dana liegen die vordem Antennen über den hintern, das sechste Beinpaar ist fast borstenförmig verlängert. Ch. ovata Dana, Patagonien. Arcturus Latr. Von schlanker cylindrischer Körperform, mit sehr langen untern Antennen. Die vier vordem Beinpaare sind zarte, dicht mit Munnopsidae. Asellidae. Bopyridae. 527 Borsten besetzte Strudelfüsse, die drei hintern kräftige Schreitfüsse. Bewegen sich nach Art der Spannerraupen. A. tuberculatus Latr. A. Baffini Westw., Baffinsbai. Leachia Johnst. , viertes Brustsegment sehr lang. L. longicornis Sow. , L. inter- medius Goods, Engl. Küste. 4. Fam. Munnopsidae. Der augenlose Körper zeigt eine mehr oder minder deutliche Zweitheilung, indem sich der Kopf mit den vier vorderen Brustringen von den nachfolgenden Segmenten durch eine Einschnürung schärfer absetzt. Hinterleib nur aus einem einzigen gewölbten Segmente gebildet. Untere Fühler mit 5gliedrigem Schaft und langer Greissei. Das vordere Beinpaar mit unvoll- kommener Greif band, die drei nachfolgenden Paare verlängerte Gangbeine, die drei hintern blattförmige Schwimmfüsse, Munnopsis Sars. Die vier vordem Brustsegmente breit und oben ausgehöhlt, drittes und viertes Beinpaar von Körperlänge. H. typica Sars, Küste von Nor- wegen. 5. Fam. Asellidae. Von ziemlich flacher Körperform. Letztes Afterfusspaar nicht deckeiförmig, sondern griffeiförmig. Mandibeln mit Sgliedrigem Taster. Kieferfüsse mit 4 Laden. Der vordere Afterfuss ist oft eine harte Platte und be- deckt die nachfolgenden zarthäutigen Eäemenfüsse. Munna Kr. Kopf sehr breit, mit grossen stillörmig vorstehenden Augen. Erstes und letztes Thoracalsegment kürzer als die übrigen. Erstes Beinpaar kurz und kräftig, die übrigen schlank und mit 2 Klauen endend. Abdomen zu einer gemeinsamen Platte verschmolzen. Männchen schmal, linear. M. Kröyeri Goods. M. Whiteana Sp. Bäte. Jaera Leach. Obere Antennen sehr kurz, die unteren mehr als die halbe Körperlänge erreichend. Beine schlank, gleichförmig, mit zwei Klauen endend. Abdominalsegmente zu einer einzigen Platte verschmolzen, mit sehr kleinen Caudalgriffeln. Kiemenfüsse von einer Platte bedeckt. /. Nord- manni Rathke. /. albifrons Mont., Britische Meere. Asellus Geoffr. Beide An- tennenpaare mit vielgliedriger Geissei. Die Geissei der untern Antennen sehr lang. Vorderes Beinpaar mit Greif band, die übrigen Beine mit einfachen Klauen. Schwanzgritfel lang, 2ästig. Männchen viel kleiner als das Weibchen. A. aquaticus L., Süsswasserform. Limnoria Leach. Körper langgestreckt oval. Beide Antennen- paare kurz. Beinpaare schwache Schreitfüsse. Segmente des Abdomens gesondert. Schwanzplatte breit halbkreisförmig, jederseits mit platten Schwanzgriffeln. L. terebrans Leach. (i. lignorum), zernagt Holz und Pfahlwerk im Meere. 6. Fam. Bopyridae^). Schmarotzer in der Kiemenhöhle von Garneelen und im Leibesraum von Krabben. Körper des Weibchens scheibenförmig, durch regressive Metamorphose mehr oder minder missgestaltet und unsymmetrisch, mit undeutlicher Gliederung, ohne Augen. Männchen sehr klein, gestreckt, mit deutlich gesonderten Leibesringen und Augen, selten mit nur 6 Beinpaaren der Brust {Entoniscus). Antennen kurz, Mundtheile rudimentär, mit tasterlosen Mandibeln 1) Von neueren Arbeiten vergleiche ausser den Aufsätzen von Hesse: Cornalia e Panceri, Osservationi zoologico-anatomiche sopra un nuovo genere de Crustacei Isopodi sedentarii. Torino. 1858. Lilljeborg, Liriope et Peltogaster. Nova act. reg. soc. Ups. Ser. HL Vol. HI und IV. 1859 und 1860. Fr. Müller, Entoniscus Porcellanae, eine neue Schmarotzerassel. Archiv für Naturg. Tom. XXVIII. 1862. Derselbe, Bruchstücke zur Naturgeschichte der Bopyriden. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. VL 1870. Buchholz, lieber Hemioniscus etc. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XVI. 1868. 528 Oniscidae. und Saugrüssel. Die sieben Paare kurzer Klanimerbeine tragen im weiblichen Geschlecht breite Platten zur Bildung des Brutraums. Abdomen mit blattförmigen oder schlauchförmigen und verästelten Fusspaaren. Larven oval, kurz gegliedert, mit sehr kurzen Vorderfühlern, langen hintern Antennen und 6 Klammerfuss- paaren der Brust. Die 5 Fusspaare des Abdomens mit schmalen schlanken Aesten. Schwan zanhänge griffelförniig. Cryptomacus Fr. Müll. {Liriofe Rathke, Hemioniscus Buchh.). Ausgewach- senes Weibchen sackförmig, gelappt, sechstes Beinpaar der Larve dünn und lang- gestreckt. Gliedmassenlos. Schmarotzer von Rankenfüssern und Wurzelkrebsen. Cr. ])lanarioides Fr. Müll., an Sacculina purpurea eines Pagurus, Brasilien. Cr. Balani Sp. Bäte, an Baianus balanoides. Cr. pygmaeus Rathke, auf Peltogaster paguri. Entoniscus Fr. Müll. Weibchen lernaeenähnlich , mit mächtigen Brut- blättern und wurmförmig gestrecktem, Ggliedrigem Abdomen. Männchen mit nur 6 Beiupaaren, ohne Hinterleibsanhänge. Sechstes Beinpaar der Larve mit mächtiger Greifhand, zuweilen verlängert. Schmarotzer in dem Leibesraum von Krabben. 'E. Porcellanae Fr. Müll., zwischen Darm und Herz einer Porcellana-art, E. can- crorum Fr. Müll., in Xantho-arten Brasiliens. Phryxus Rathke. Weibchen un- symmetrisch und undeutlich gegliedert, mit 4 Paar aus Doppellamellen bestehenden Kiemenanhängen am Abdomen. Ph. abdominalis Kr., auf Hippolyte. Ph. paijnri Rathke. Ph. galatheae Hesse. Gyge Corn. Panc. Weibchen unsymmetrisch mit mächtio' entwickelten Brutblättern und 5 Paar einfachen rudimentären Kiemen. G. branchialis Corn. Panc, in der Kiemenhöhle von Gebia littoralis, Mittelmeer. Bopyrus Latr. Weibchen unsymmetrisch mit kleinen Brutblättern und 5 Paar einfachen triangulären Kiemenplatten am Hinterleibe. B. sqiiillarum Latr., auf Palaemon squilla. Jone Latr. Körper des Weibchens breit, gegliedert und sym- metrisch, mit langen Schläuchen und breiten Brutblättern an den Brustbeinen und verästelten Kiemenanhängen am Abdomen. Männchen mit einfachen Kiemen- schläuchen am Hinterleib. J. thoracica Mont., in der Kiemenhöhle von Callianassa subterranea. An Copepoden schmarotzt Microniscus fuscus Fr. Müll. 7. Fam. Oniscidae '), Landasseln. Nur die Innenlamellen der Afterfüsse zarthäutige Kiemen, die äusseren zu festen Deckplatten umgebildet, die beiden vordem zuweilen mit Lufträumen. Mandibeln tasterlos. Kieferfüsse plattenförmig, mit rudimentären Tasteranhäugen. Leben vornehmlich an feuchten Orten auf dem Lande. 1. Subf. Oniscinae. Vordere Antennen ganz rudimentär und kaum be- merkbar. Abdomen 6gliedrig mit stilförmigen SchwanzgrifFeln. Ligia Fabr. Geissei der äusseren Antennen vielgliedrig. Innere Antennen deutlich sichtbar. Aftergriffel sehr lang mit 2 schlanken Stilästen, die beiden Basalglieder des Abdomens verkürzt. L. oceanica L. Auf Felsen und Steinen an der Meeresküste. Bei Ligidium ist das Basalglied des Schwanzgriffels gabiig ge- theilt. L. agile Pers., an Teichen in Deutschland. Oniscus L. Aeussere Antennen Sgliedrig. Innere Antennen verborgen, 4gliedrig. Schwanzgriffel nach aussen gewendet. 0. asellus L. = murarius Cuv., Mauerassel. PorcelUo Latr. Aeussere 1) J. F. Brandt, Conspectus monOgraphiae Crustaceorum Oniscodorum. Bull. Soc. nat. Moscou. 1833. Kinahan, Analysis of certain allied genera of terrestrial Isopoda. Nat. bist. Rev. 1857. 1858 und 1859. J. Schöbl, Tyijhloniscus Steinii etc. Wien. Sitzungsb. Bd. 40. 1860, sowie Haplophthalmus etc. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. X. 1860. 6. Ordnnng: Thoracostraca , Schalenkrebse. 529 Antennen 7gliedrig. Die vordem Lamellen der Affcerfüsse mit Lufträumen. P. pictus Brdt. P. laevis Leach. P. dilatatus Brdt. P. scaher Leach., Kellerassel. Bei Trichoniscus Brdt. sind die äussern Antennen 6gliedrig. Blinde Onisciden sind die subterranen Titanethes (Pherusa) albus Koch und Typhloniscus {Platyarthrus) Steinii Schöbl. 2. Subf. Armadillinae. Körper stärker gewölbt, zusammenrollbar, mit lamellösen, nicht vorragenden Caiidalgrifteln. Armadillo Latr. {Armadillidium Brdt.). Körper elliptisch mit Tgliedrigen Aussenantennen. A. vulgaris Latr. A. officinarum Brdt. Nahe verwandt sind die von Dana aufgestellten Gattungen Diploexochus , Sphaeroniscus , Tylus. 6. Ordnung: Thoracostraca') (Podophthalmata) , Schalenkrebse. Malakostrahen mit zusammengesetzten meist auf beweglichen Stilen sitzenden Augen, mit einem Bückenschild, welches alle oder wenigstens die vordem Brustsegmente mit dem Kopfe verbindet. Auch die Schalenkrebse besitzen einen aus 13 Segmenten zusammen- gesetzten Vorderleib und ein Abdomen, an dessen Bildung sich 7 (bei Nebalia 9) Segmente betheiligen, indessen erscheint der Körperbau gedrungener, zu einer vollkommenem Locomotion und höhern Lebens- stufe befähigt. An Stelle der 7 deutlich gesonderten Brustringe wird die mittlere Leibesgogend mehr oder minder vollständig von einem grossen Rückenschilde bedeckt, welches eine festere und innigere Verschmelzung von Kopf und Brust herstellt. Allerdings machen sich in der Ausbil- dung dieses Kopfbrustschildes verschiedene Abstufungen geltend. Am meisten weicht dasselbe von der normalen Gestaltung bei der Gattung Nebalia ab, welche unmittelbar an die Phyllopoden anschliesst. Hier bildet dasselbe eine zweischalige Duplicatur des Kopfes, welche in freier Auflagerung die kurzen Brustringe sowie die grossen vordem Abdominal- segmente nach Art der Daphnienschale überdeckt. In allen andern Fällen bildet die Schale"^) unmittelbar das Rückenintegument der vor- 1) Ausser den grösseren Werken von Herbst, M. Edwards, Dana und den Aufsätzen von Duvernoy, Audouiin und M. Edwards, Joly, Couch u. a. vergl. Leach, Malacostraca podophthalma Britanniae. London. 1817— 182L V.Thompson, On the metamorphosis ofDecapadous Crustacea. Zool. Journ. Vol. 2. 1831, sowie Isis 1834, 1836, 1838. H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Flusskrebses. Leipzig. 1829. Th. Bell, A. liistory of the British stalk-eyed Crustacea. London. 1853. LerebouUet, Recherches d'embryo- logie comparee sur le developpement du Brochet, de la Perche et de l'Ecrivisse. Paris. 1862. V. Hensen, Studien über das Gehörorgan der Decapoden. Leipzig. 1863. C. Claus, Das System der Crustaceen im Lichte der Descendenzlehre. I. Die Metamorphose der Malakostraken. Wien. 1875. 2) Obwohl in gleicher Weise aus der Entomostrakenschale ableitbar. Claua, Zoologie. 3. Auflage. 34 530 Thoracostraca. Antennen. Mundwerkzeuge. dern oder aller Brustringe und erscheint nur in ihren seitlichen nach der Bauchseite gebogenen Flügeln als freie Duplicatur. Während dieses Rückenschild bei den Stomatopoden und Cumaceen nur die vordem Brust- ringe in sich einschliesst und die hintern Ringe als scharf gesonderte Leibessegraente frei lässt, breitet sich dasselbe bei den meisten Schizo- poden und Decapoden über sämmtliche Ringe der Brust aus, welche mit dem Kopfe zu einem festen hartschaligen Vorderleib ver- schmelzen. Rücksichtlich der Gliedmassen, von denen 13 Paare dem Vordorleibe und 6 dem Hinterleibe angehören, treffen wir eine von den ArthrostraJcen abweichende, aber selbst wieder in den einzelnen Gruppen wechselnde Verwendung. Dazu kommt, dass das Augenpaar in zwei beweglichen Stilen liegt, die man als vorderstes Gliedmassenpaar zu deuten berechtigt zu sein glaubte. Die beiden Antennenpaare gehören dem Vorderkopfe an, welcher selbst wieder gelenkig abgesetzt sein kann (^Squilliden). Das vordere Paar trägt auf einem gemeinsamen Schafte in der Regel zwei oder drei Geissein, wie man die secundären als ge- ringelte Fäden sich darstellenden Gliederreihen bezeichnet, und ist vor- zugsweise Sinnesorgan. In seiner Basis liegen die Gehörblasen, an einer seiner Geissein sind die zarten Fäden und Haare angebracht, welche mit Nerven im Zusammenhange sehen und als Gertichsorgane gedeutet werden. Die zweiten Antennen heften sich ausserhalb und in der Regel etwas unter den vordem an, tragen nur eine lange Geissei und bei den Makruren oft eine mehr oder minder umfangreiche Schuppe. Auf einem röhrenförmigen Fortsatz ihres Basalgliedes mündet meist eine Drüse (Antennendrüse) aus. Als Mundwerkzeuge fungiren die nach- folgenden 3 Gliedmassenpaare, zu den Seiten der Oberlippe die ver- hornten, Taster tragenden Mandibeln und weiter abwärts die beiden mehrfach gelappten Maxillenpaare , vor denen unter der Mundöffnung die kleine zweilappige Unterlippe liegt. Die nachfolgenden 8 Glied- massenpaare zeigen in den einzelnen Gruppen eine sehr verschiedene Form und Verwendung, sie können sämmtlich nach Art der Phyllopoden gestaltet sein {Nebalia), aber bereits die zum Schwimmen und Strudeln dienenden Spaltfüsse der Schizopuden vorbereiten, welche auch den 8 Brustsegmenten zugehören. In der Regel aber rücken die vordem Paare, zu Hülfsorganen der Nahrungsaufnahme umgebildet, als Beikiefer oder Kieferfüsse näher zur Mundöffnung hinauf und nehmen auch ihrem Baue nach eine vermittelnde Stellung zwischen Kiefern und Füssen ein. Bei den Cumaceen sind nur zwei Paare, bei den Decapoden sind drei P^aare von Gliedmassen Beikiefer, so dass im erstem Falle sechs, im letztem fünf Paare von Beinen am Vorderleibe übrig bleiben, bei den Stomatopoden werden sogar die nächsten fünf Gliedmassenpaare als Greif- und Kieferfüsse verwendet, und nur drei Paare von spalt-, ästigen Schwimmbeiuen entspringen an den drei hintern freien Segmenten Beinpaare. Afterfüsse. Sehwanzflosse. Kiemen. 531 der Brust. Die Beine der Brust sind sehr oft sämmtlich oder wenigstens tiieilweisse Spaltfüsse (mit Schwininifussast), bei den Decapoden aber meistens Gehfüsse ohne Nebenast. Dieselben enden mit einfachen Klauen, die vordem häufig auch mit grossen Scheeren , indessen können ihre Endglieder auch breite Platten werden und die Gliedmassen zum Ge- brauche als Schwimmtüsse befähigen. Von den sechs 2ästigen Fuss- paaren des Hinterleibes verbreitert sich das letzte Paar in der Regel fiossenartig und bildet mit dem letzten Abdominalsegmente, welches zu einer ansehnlichen Platte umgestaltet ist, die Schwanzflosse oder den Fächer. Dagegen sind die fünf vorausgehenden Fusspaare, welche als Afterfüsse den fünf vordem Abdominalsegmenten angehören, theils Schwimmfüsse {Stomatopoden) , theils dienen sie sämmtlich zum Tragen der Eiersäckchen oder die vordem als Hülfsorgane der Begattung (Männchen), sie können aber auch mehr oder minder rudimentär werden und theilweise hinwegfallen. Mit seltenen Ausnahmen {Mysis, Nehalia) besitzen alle Schalen- krebse büschelförmige oder aus regelmässigen lanzetförmigen Blättchen zusammengesetzte Kiemen , welche als Anhänge der Gliedmassen auf- treten. Die Stomatopoden tragen dieselben am Hinterleibe unter den Afterfüssen, die Schisopoden nur ausnahmsweise an den Afterfüssen (Männchen von Siriellä), in der Regel an den Spaltfüssen der Brust, die Cumaceen besitzen nur ein Kiemenpaar an den zweiten Maxillar- füssen, bei den Decapoden ') sitzen Kiemen an den Beikieferii und Geh- füssen, aber wohl durchweg in einem besondern Kiemenraum unter den seitlichen Ausbreitungen des Panzers. Dieser Kiemenraum communicirt jederseits mit dem äusseren Medium durch eine an der Unterseite des Vorderleibes verlaufende Längsspalte oder nur an der Basis des ersten Fusspaares durch eine Oeffnung, zu der noch eine zweite Spaltöffnung vor dem Munde hinzukommt. Durch eine schwingende Platte des zweiten Kieferpaares wird das die Kiemen umspülende Wasser in beständigem Wechsel erhalten, indem durch die ventrale Längsspalte neues W^asser einströmt und durch die vordere Oeffnung abfliesst, so dass ein den Respirationsbewegungen luftathmender Thiere analoger Vorgang auch bei den durch Kiemen athmenden Krebsen besteht. Auch die Kreislaufs- organe erlangen eine hohe Entwicklung, die höchste nicht nur unter den Krebsen, sondern überhaupt unter allen Arthropoden. Ueberall haben wir ein Herz und Gefässe, bei den Stomatopoden ein sehr langes gefäss- artiges Herz, welches sich durch Brust und Hinterleib erstreckt, zald- reiche Spaltenpaare besitzt und ausser einer vordei-n und hintern Aorta 1) Ausnahmsweise können auch Decapoden Kiemen an den Afterfüssen tragen {CalUanidea). 34* 532 Schalenkrebse. Herz und üefässsystem. Darmkanal. Nervensystem. zahlreiche sich verzweigende Arterienstämme rechts und links austreten lässt. Bei den Cmnaceen, Schizopoden und Becapoden besitzt das Herz eine sackförmige Gestalt und liegt im hintern Theile des Kopf bruststückes. Seltener ist wie bei den jüngsten Larven der Becapoden nur 1 Spalten- paar vorhanden und das Arteriensystem (vordere und hintere Aorta) nur wenig verzweigt. Bei den ausgebildeten Becapoden hat sich die Zahl der Spaltenpaare auf 3 vermehrt und der Gefässapparat bedeutend vervollkommnet. Eine vordere meist unpaare Arterie, die Kopfaorta, versorgt das Gehirn, die Fühler und Augen, 2 seitliche Arterien ent- senden ihre Zweige zu der Leber und zu den Geschlechtsorganen, die hintere abdominale Aorta spaltet sich meist in eine Rücken- und Bauch- aorta, von denen die erste die Muskeln des Schwanzes mit Aesten ver- sorgt, die letztere ihre Verzweigungen in die Gliedmassen der Brust und des Abdomens sendet. Aus den capillarartigen Verzweigungen strömt das Blut in venöse Gefässe und aus diesen in weite an der Kiemenbasis gelegene Bluträume. Von da durchsetzt dasselbe die Kiemen und tritt arteriell geworden wiederum in neue Gefässe fKiemenvenen mit arteriellem Blute), welche in einen das Herz umgebenden Behälter, den Pericardialsinus, führen, aus dem das Blut in die Spaltöfinungen des muskulösen Herzens einfliesst. Der Verdauungscanal besteht aus einem kurzen Oesophagus, einem weiten sackförmigen Vormagen und einem langgestreckten Magendarm, der in der Afteröffnung unter der medianen Platte der Schwanzflosse ausmündet. Der weite Vormagen, Kaumayen, ist meist durch ein festes Chitingerüst gestützt, an welchem sich mehrere nach innen her- vorragende Paare von Kauplatten (durch Verdickung der Innern Chitin- haut entstanden) befestigen. Bei den Decapoden können in der Haut noch zwei runde Concremente von kohlensaurem Kalk, die sog. Krebs- augen (Flusskrebs), abgelagert werden. In den Anfangstheil des lang- gestreckten Magendarms, dessen Wandungen eine zellig drüsige Be- schaffenheit erhalten, münden die Ausführungsgänge sehr umfangreicher vielfach gelappter Drüsen ein, welche man als Leber deutet. Auch Harnorgane scheinen vorhanden zu sein, indem zwei in der Basis der äussern Antennen ausmündende Drüsen zuweilen von grünlicher Farbe wahrscheinlich allgemein stickstoffhaltige Zersetzungsproducte aus- scheiden. Das Nervensystem zeichnet sich zunächst durch die Grösse des weit nach vorn gerückten Gehirnes aus, von welchem die Augen und Antennennerven entspringen. Das durch sehr lange Commissuren mit dem obern Schlundganglion (Gehirn) verbundene Bauchmark zeigt eine sehr verschiedene Concentration. Am geringsten ist dieselbe bei den Larven {Erichthus, Phyllosoma) und bei den Schizopoden, deren Bauch- ganglienkette {Mysis) 10 dicht gedrängte Brust- und 6 Abdominal- Sinnesorgane. Geschlechtsorgane. 533 ganglien enthält. Bei den Stomatopoden (Squilla) liegt im Kopfbrust- stück eine grosse Brustganglienmasse, welche die Kiefer und Kieferfüsse mit Nerven versorgt, dann folgen in den drei hintern Brnstsegmenten ^ Ganglien, von denen die drei Fusspaare ihre Nerven erhalten, und endlich im Abdomen 6 Nervenknoten, unter den Becapoden besitzen die langschwänzigen in der Regel 12 Ganglien, 6 in der Brust und 6 im Abdomen, indessen kommt es auch schon bereits zur Verschmelzung einiger Brustganglien (Palaemon, Palinurus), welche bei den Faguriden weiter vorschreitet. Hier ist auch der Reduction des Abdomens entsprechend nur noch ein Abdominalganglion vorhanden. Bei den kurz- schwänzigen Decapoden erlangt die Concentration des ßauchmarkes ihre höchste Stufe, indem alle Ganglien zu einem grossen Brustknoten ver- schmolzen sind. Ebenso ist hier das System der Eingeweidenerven am höchsten entwickelt. Dasselbe besteht beim Flusskrebs aus Ganglien und Geflechten an der obern Fläche des Magens, welche durch einen unpaaren Nerven mit dem hintern Rande des Gehirnes verbunden sind, ferner aus paarigen Geflechten , welche von zwei Nerven der Schlund- commissur entspringen und Oberlippe, Speiseröhre, Magen und Leber versehen, endlich aus Nerven des Darmes, welche von dem letzten Abdominalganglion entspringen. Von Sinnesorganen treten am meisten die grossen Facettenaugen hervor. Dieselben werden — mit Ausnahme der Cumaceen, mit sitzenden Augen — auf beweglichen Stilen getragen, die morphologisch als die ab- gegliederten Seitentheile des Vorderkopfes aufzufassen sind. Zwischen diesen gestilten Facettenaugen kommt im Jugendzustand ein medianes, dem unpaaren Entomostrakenauge gleichwerthiges einfaches Auge vor, ausnahmsweise können auch im ausgewachsenen Zustande paarige Augen an den Seiten der Brustgliedmassen und unpaare zwischen den After- füssen hinzutreten {Euphausia). Die Gehörorgane liegen als Otolithen- haltige Blasen im Basalgliede der Innern Antennen, selten in den Lamellen des Fächers (Mysis). Als Geruchsorgane mögen die zarten Fäden und Haare der innern Antennen, als Tastorgane die Antennen, die Taster der Kiefer und wohl auch die Kieferfüsse und Beine dienen. Die Geschlechtsorgane liegen paarig in der Brust, theilweise wohl auch im Abdomen und werden meist durch mediane Abschnitte verbunden. Die weiblichen bestehen aus zwei Ovarien (seltener aus einer unpaaren Keimdrüse, Mysis) und ebensoviel Oviducten, zuweilen mit birnförmigem Samenbehälter. Die weibhchen Geschlechtsöffnungen finden sich im Hüftgliede des dritten Beinpaares oder auf der Brustplatte zwischen dem dritten Beinpaare. Die beiden aus vielfachen Säckchen und Blind- schläuchen gebildeten Hoden liegen der Mittellinie mehr oder minder genähert und können Ausläufer in das Abdomen entsenden {Becapoden). Ihre beiden oft vielfach gewundenen Vasa deferentia münden am Hüft- 5^4 Schalenkrebse. Fortpflanzung. Entwicklung. gliede des fünften Beinpaares, seltener auf der Brust, zuweilen auf einem besonderen Begattnngsgliede (Schizopoden) aus. Das erste Paar der Afterfüsse oder auch noch das zweite Paar dienen als Hiilfsorgane der Begattung. Die Eier gelangen in einen von laniellösen Plattenanhängen der Beinpaare gebildeten Brutbehälter (Schizopoden) oder werden von dem Weibchen mittelst einer Kittsubstanz, den Secrete besonderer Drüsen, an den mit Haaren besetzten Afterfüssen befestigt und bis zum Aus- schlüpfen der Jungen umhergetragen [Decapoden). Die Schalenkrebse erleiden fast allgemein eine Metamorphose, freilich unter sehr verschiedenen Abstufungen. Nur wenig Arten sind bekannt (Nehalia, 3Iysis), deren Junge in der Gestalt der Eltern mit vollzähliger Segmentirung und mit sämmtlichen Extremitäten die Ei- hüllen verlassen. Zu diesen Ausnahmsfällen gehört nach Westwood auch eine westindische Landkrabbe (Gecarcinus) und wie längst bekannt ist, der Flusskrebs, dessen ausgeschlüpfte Brut mit den ausgebildeten Thieren bis auf die noch rudimentäre Schwanzflosse übereinstimmt. Unter den marinen Decapoden schliesst sich diesen Fällen am nächsten die Entwicklung des Hummers an, freilich schon als Beispiel einer höchst beschränkten Metamorphose, indem die ausgeschlüpften Jungen in der Gestalt der Beine den Schizopoden gleichen , wie diese Spaltfüsse mit einem äusseren Schwimmast besitzen und auch noch der Afterfüsse ent- behren. In der Regel ist jedoch die Metamorphose weit vollständiger. Die Larven fast sämmtlicher mariner Decapoden verlassen das Ei in der als Zoea bekannten Larvenform meist mit nur 7 Gliedmassenpaaren des V^orderleibes, noch ohne die 6 letzten Brustsegmente, indessen mit langem freilich anhangslosem Schwanz. Die beiden Fnhlerpaare sind kurz und rudimentär, die Mandibeln noch ohne Taster, die Maxillen bereits gelappt und in den Dienst des Mundes gezogen , die vier vor- deren Maxillarfüsse sind Spaltfüsse und fungiren als zweiästige Schwimm- füsse, hinter denen jedoch bei den Garneelen auch noch der dritte spätere Kieferfuss als gespnltenerSchwimmfuss hinzutritt. Kiemen fehlen noch und werden vertreten durch die dünnhäutigen Seitentheile des Kopfbrust- schildes, unter welchem eine beständige Wasserströmung in der Richtung von hinten nach vorn unterhalten wird. Ein Herz ist vorhanden, aber mit nur einem einzigen Spaltenpaar. Die Facettenaugen erscheinen von ansehnlicher Grösse, aber noch nicht in Augenstile gerückt. Dagegen findet sich zwischen beiden stets ein unpaares einfaches Auge als Erb- theil der Entomostraken, das Entomostrakenauge. Bei den kurzschwän- zigen D(.'capoden (Krabben) trägt die Zoea in der Regel stachelförmige Fortsätze, die zum Schutze des kleinen pelagischen Seethieres vor- treffliche Dienste leisten, gewöhnlich einen SMrnstachel, einen langen gekrümmten Rückenstachel und 2 seitliche Stachelfortsätze des Kopf- brustpanzers. Dieselben können jedoch auch theilweise oder ganz hin- Entwicklung der Zoeaform. 535 wegfallen (Maia, Oxyrhynchen)^ wie sie mit Ausnahme des Stirnstachels ganz allgemein den Garneelen fehlen. Während des Wachsthums der Zoea, deren weitere Umwandlung eine ganz allmählige und überaus verschiedene ist, sprossen unter dem Kopfbrustschild die fehlenden 6 (5) ßeinpaare und am Abdomen die Afterfiisse hervor, die Garneelenlarven treten schliesslich in ein den Schizopoden ähnliches Stadium ein, aus dem die definitive Form her- vorgeht. Die Ki'abbenzoea aber geht mit einer spätem Häutung in eine neue Larventorm, die Meyalopa, über, welche bereits ein Brachyur ist, übrigens einen grossen zwar nach der Bauchseite umgeschlagenen aber mit Schwanzflosse ausgestatteten Hinterleib besitzt. Indessen stellt die Zoeaform keineswegs überall die niedrigste Larvenstufe dar. Abgesehen von dem Vorkommen Zoeaähnlicher Larven, denen auch noch die mittleren Kieferfüsse fehlen , gibt es Garneelen (Penaeus) und Schi^fopoden (^Euphausia), welche als Naupliusfornien das Ei verlassen. So ist durch die Entwicklungsgeschichte eine gewisse Continuität für die Formenreihe der Entomostraken und Malakostraken erwiesen, die um so unzweifelhafter ist, als sich auch in der verbreitetem Form der Decapodenmetamorphose, bei welcher das Junge als Zoea oder in einer noch vollkommeneren Gestalt aus dem Eie schlüpft, das Nauplius- stadium in der Bildung des Embryos wiederholt. Die meisten Schalenkrebse sind Meeresbewohner und ernähren sich von todten thierischen Stoffen oder auch vom Raube lebender Beute. Viele schwimmen vortrefflich, andere wie zahlreiche Krabben bewegen sich gehend und laufend und vermögen oft mit grosser Behendigkeit rückwärts und nach den Seiten zu schreiten. In den Scheeren ihrer vordem Beinpaare haben sie meist kräftige VertheidigungswaiTen. Ausser den mehrmaligen Häutungen im Jugendzustand werfen auch grossentheils die geschlechtsreifen Thiere einmal oder mehrmals im Jahre ihre Schale ab {Decapoden) und leben dann einige Zeit mit der neuen noch weichen Haut in geschützten Schlupfwinkeln verborgen. Einige Brachyuren ver- mögen längere Zeit vom Meere entfernt auf dem Lande in Erdlöchern zu leben. Diese Landkrabben unternehmen meist zur Zeit der Eierlage gemeinsame Wanderungen nach dem Meere und kehren später mit ihrer gross gewordenen Brut nach dem Lande zurück {Gecarcinus ruricola) Die ältesten bis jetzt bekannt gewordenen fossilen Podophthalmen sind langschwänzige Decapoden und Schizopoden aus der Steinkohlenformation {Palüeocrangon,Falaeocarahus, PygocepJmlus). Sehr reich und mannich- faltig sind die Podophthalmen im Oolith vertreten, welchem die ältesten Krabben angehören {Goniodromites, Oxythyreus). Eine merkwürdige Zwischenform der Podophthalmen und Arthrostraken ist lironectes ßm~ hriatus aus der Kohlenformation. 536 1. Unterordnung: Stomatopoda. 1. Unterordnung: Stomatopoda •), Maulfüsser. Langgestreckte Podojjhthalmen mit Jcursem die 3 bis 4 hintern Brustsegmente freilassenden Kopfbrustschild, mit 5 Paaren von Mund- füssen und 3 spaltästigen Beinpaaren, mit Kiemenhüscheln an den Schwimmfüssen des mächtig entwickelten Hinterleibes. Die Stomatopoden , zu denen man früher auch die Schizopoden, ferner die Gattung Leucifer und die nunmehr als Scyllarus- und PaZiwwrwslarven erwiesenen Phgllosomen stellte, werden gegenwärtig auf die nur wenige Formen umfassenden aber scharf und gut begrenzten Squilliden oder Heuschreckenkrebse beschränkt. Es sind Podophthalmen von ansehnlicher Grösse und langgestreckter Körperform mit breitem, mächtig entwickeltem Abdomen, das an Umfang den Vorderleib bedeutend überwiegt und mit einer ausserordentlich grossen Schwimmflosse endet. Das weichhäutige Kopfbrustschild bleibt kurz und lässt mindestens die drei hintern Thoracalsegmente , denen die gespaltenen Ruderbeine an- gehören, unbedeckt. Aber auch die Segmente der Raubfüsse sind nicht mit dem Schilde verwachsen. Der vordere Abschnitt des Kopfes, welcher die Augen und Antennen trägt, bleibt beweglich abgesetzt, wie auch an der Brustseite die nachfolgenden vom Kopfbrustschilde bedeckten Segmente eine beschränkte Beweglichkeit bewahren. Die vordem Innern Antennen tragen auf einem langgestreckten Sgliedrigen Stile drei kurze vielgliedrige Geissein, während die Antennen des zweiten Paares an der äussern Seite ihrer vielgliedrigen Geissei eine breite umfangreiche Schuppe besitzen. Die weit abwärts gerückten Mandibeln enden mit zwei zangenartig ge- stellten, bezahnten Fortsätzen und tragen einen nur dünnen dreigliedrigen Taster. Die Maxillen sind verhältnissmässig klein und schwach , die vordem mit hakenförmig ausgezogener Lade und kleinem Tasterrudiment, die untern vier bis fünflappig, stets ohne Fächeranhang. Ausser den Kiefern sind die 5 folgenden fussartig gestalteten Extremitätenpaare dicht um den Mund gedrängt und desshalb treffend als Mundfüsse be- zeichnet worden. Sämmtlich tragen sie an der Basis eine scheibenförmige Platte, die an den beiden vordem Paaren einen ansehnlichen Umfang erreicht. Nur das vordere Paar (1. Kieferfuss) ist dünn und taster- förmig, jedoch mit kleiner Greifzange endigend, die übrigen dienen zum Ergreifen und zum Raube der Beute. Bei weitem am umfangreichsten ist das zweite Paar (2. Kieferfuss), welches mehr oder minder nach aussen gerückt, einen gewaltigen Raubfuss mit enorm verlängerter 1) Ausser Dana, M. Edwards u. a. vergleiche: Duvernoy, Recherches sur quelques points d'organisation des Squilles. Ann. des scienc. nat. 3 Ser. Tom. VIII. Fr. Müller, Bruchstück aus der Entwicklungsgeschichte der Maulfüsser. I. und II. Archiv für Naturg. Tom. XXVIII. 1862. und Tom. XXIX. 1863. C. Claus, Die Metamorphose der Squilliden. Anhandl. der Göttinger Societät. 1872. Nervensystem. Organisation. Metamorphose. 537 Greif band darstellt. Die drei folgenden Paare sind gleichgestaltet und enden mit schwächerer rundlicher Greifhand. Somit bleiben zum Ge- brauche der Locomotion nur die drei Beinpaare der letzten unbedeckten Brustsegmente und zwar in Form von spaltästigen Ruderfüssen übrig. Um so mächtiger aber sind die Schwimmfüsse des Abdomens entwickelt, deren äussere Lamellen die Kiemenbiischel tragen. Das Nervensystem zeichnet sich durch sehr lange Schlundcoramissuren aus, die vor dem Eintritt in den Bauchstrang noch eine Querverbindung zeigen. Das Gehirn liegt ganz vorn im Antennensegment des Kopfes, und die vordem Ganglien der Brust (im Larvenleibe noch gesondert) sind zu einer gemeinsamen und grossen untern Schlundganglienmasse vereint, deren Nerven die Mundtheile und sämmtliche Raubfüsse ver- sorgen. Nur die drei hintern Brustganglien erhalten sich in den drei Segmenten der Kuderbeine gesondert. Denselben folgen sechs ansehnliche Ganglien in den Schwanzsegmenten. Auffailenderweise wurden bislang Gehörorgane vermisst, während Riechfäden an der kurzen Geissei der innern Antennen in grosser Zahl aufsitzen. Die Speiseröhre ist kurz, der Kaumagen einfacher als bei den Decapoden gebaut, der Chylusdarm geradgestreckt, und mit 10 Paar Leberbüscheln besetzt. Das Herz besitzt 5 Spaltenpaare und die Form eines langen Rückengefässes, welches sich durch Brust und Abdomen erstreckt, in jedem Segmente ein Paar seitlicher Arterien abgibt, und an den Enden in eine Kopfaorta mit Augen und Antennengefässen unl in eine verästelte Arterie der Schwanzplatte ausläuft. Beide Geschlechter sind nur wenig verschieden. Indess ist das Männchen leicht an dem Be- sitze des Ruthenpaares an der Basis der letzten Ruderbeine kenntlich. Die Weibchen tragen die Eier nicht mit sich herum, sondern setzen dieselben in die von ihnen bewohnten Gängen oder Höhlungen ab. Die postembryonale Entwicklung beruht auf einer complicirten Metamorphose, die uns leider bislang nicht vollständig bekannt geworden ist. Die jüngsten der beobachteten Larven (von 2mm Länge) erinnern bereits durch das grosse mit Dornfortsätzen bewaffnete Kopfbrustschild, das sich mantelähnlich um den Körper herumschlägt, an die Erlchthiisfonn und besitzen schon sämmthche Segmente der Brust, entbehren aber noch des Hinterleibs bis auf die Schwanzplatte, sind also von der Zoea weit verschieden. Ausser den noch kurzen, einfach gebildeten Fühlern und tasterlosen Mundtheilen sind fünf Schwimmfusspaare (die spätem 5 Kieferfusspaare) vorhanden, welche nach Art der Zoeabeine, wenngleich gedrungener, gestaltet sind. Die 3 letzten Brustsegmente sind fusslos und enden mit der breiten, einfachen Schwanzflosse, so dass man leicht zu der Täuschung verleitet wird, dieselben als Hinterleibsringe zu be- trachten. Etwas ältere Larven haben jedoch vor der Schwanzflosse ein neues Segment mit der Anlage zu einem Afterfusse gebildet; in einem 5r58 Metamorphose. — Squillidae. noch weiter vorgeschrittenen Stadium besitzen sie 3, später 5 Hinter- leibssegmente mit den entsprechenden Fiissanhängen und Anlagen zu den Seitenlamellen des Schwanzfächers, deren Segment sich zuletzt von tler Schwanzplatte sondert. Am Tiiorax bilden sich die Schwimmfüsse des zweiten Paares frühzeitig zu den grossen Raubfüssen um, während die drei hintern Schwimnifusspaare längere Zeit als solche bestehen, um dann rückgebildet unter Verlust des Geisselastes zu kleinen Raubfüssen zu werden. Erst nachdem die 3 Raubfusspaare als solche angelegt (in manchen Fällen wie es scheint sogar als Neubildungen), sprossen die Anlagen zu denSpaltfüssen an den drei bislang Gliedmassenlosen Zwischen- segmenten hervor, und die Erichtlmsiorm ist in allen wesentlichen Cha- rakteren ausgebildet. Diese geht allmählig durch Fortbildung der Fühler- geisseln und Kiemenentwicklung in die Squ liier ichthusform oder in die gestrecktere Squilloidiorm über und scheint zur Gattung Gonodactylus zu führen. Eine andere Entwickelungsreihe schliesst die ^^imalarven in sich ein und führt durch etwas abweichende Uebergangsglieder zu Squilla hin. Die jüngsten dieser Larven, die wahrscheinlich in dieser Form (also bereits nach Rückbildung der drei hinteren Schwimnifusspaare) die Ei- hüllen verlassen, besitzen ausser den noch einfach gestalteten Fühlern, von denen die hintern noch der Geissei entbehren, und ausser den tasterlosen Mandibeln und Maxillen die langen und dünnen tasterähnlichen Kieferfüsse und die grossen Raubfüsse, dann folgen 6 fusslose Segmente und das Abdomen mit seinen '2ästigen Schwimmfüssen und der noch einfachen Schwimmflosse. Später treten hinter den grossen Raubfüssen die Anlagen der drei kleinen Raubbeine als zweizipflige Schläuche, so wie an den drei nachfolgenden noch vom Rückenschilde bedeckten Brust- segmenten die Anlagen der drei Ruderbeine als kurze einfache Höcker hervor. In einem weiter vorgeschrittenen Entwicklungsstadium sind die B Greitlüsse schon als solche kenntlich, zwar noch sehr kurz aber schon deutlich gegliedert und wie die beiden vorausgehenden Kieferfüsse mit einer kleinen scheibenförmigen Kiemenplatte besetzt , während die drei nachfolgenden Beinpaare zweiästige ungegliederte Schläuche darstellen, und an der Aussenplatte der Abdominalfüsse Kiemenanlagen hervor- sprossen. Im nächsten Stadium ist die Alima vollkommen ausgeprägt. Endlich folgt eine sehr langgestreckte Squilloidfonn als Vorläufer der Squilla. Die Stomatopoden gehören ausschliesslich wärmeren Meeren an, schwimmen vortrefflich und ernähren sich vom Raube anderer Seethiere. 1. Farn. Squillidae, Heuschreckenkrebse. Rückenschild durch zwei Längs- furchen in drei Lappen gotheilt, der runde Vorderkopf beweglich abgesetzt. Squilla Rond. Rückenscbild vorn verschmälert, mindestens die vier hintern Brustsegmente frei lassend. Abdomen mit gerippter Oberfläche. Nebenanhang 2. Unterordnung: Cumacea, Cumaceen. 539 der Ruderbeine langgestreckt cylindrisch. Die Endklauen der grossen Raubfüsse mit starken Hakentbrtsätzen. Abdomen nach hinten an Breite zunehmend. Sq. manüs Rond. Sg. Desmarestii Risso, Mittelmeer. Sq. nepa Latr., Küste von Chili. Sq. raphidea Fabr., Ind. Meere u. v. a. A.; die Arten mit glatter Oberfläche und abgerundetem breiten Schilde wurden von Dana als Lysiosquüla unterschieden. S. maculata Lam. Bei Fseudosquilla Dana lässt der glatte Panzer des Kopfbrust- schildes nur die 3 letzten Brustsegmente unbedeckt. Ps. Lessonii Guer. , Meere von Chili. Ps. stylifera Lam., Sandw. Inseln. Gonodactylus Latr. Klauenstück des grossen Raubfusses aufgetrieben und ohne Zahnfortsätze. G. chiragra Fabr., in den wärmern Meeren sehr verbreitet. Bei Coronis Latr. ist der Nebenanhang der Ruderfüsse lamellös, fast scheibenförmig. C. scolopendra Latr., Brasilien. Die von M. Edwards und Dana unterschiedenen Familien der Erichthiden enthält nur Jugendzustände von Squilliden, sowohl Älima als Erichthus und Squill- erichthus sind Stomatopodenlarven. 2. Unterordnung: Cumacea'), Camaceen. Mit kleinem Kopfhrustschild, 4 bis 5 freien Brustsegmenten, mit 2 Kieferßisspaarm und 6 Beinpaaren, von denen mindestens die zivei vordem Farne Spaltfüsse sind, mit langgestrecUem 6gliedrigem Abdomen, welches beim Männchen ausser den Schivamanhüngen 2, 3 oder 5 Schwimmfusspaare trägt. Die Cumaceen, deren systematische Stellung sehr verschieden be- urtheilt wurde, tragen in ihrer Erscheinung den Habitus von Decapoden- larven, an die si(> auch in ihrer einfachen Organisation mehrfach erinnern. Stets ist ein Kopfbrustschild vorhanden, welches ausser den Kopfsegmenten zugleich die vordem Hvustringe und deren Gliedmassen umfasst. Indessen bleiben die vier oder fünf hintern Brustringe frei. Von den beiden Antennen- paaren sind die vordem klein und bestehen aus einem dreigliedrigem Schaft, an dessen Ende sich vornehmlich beim Männchen Büschel von Riechhaaren anheften, aus einer kurzen Geissei und Nebengeissel. Die untern Antennen bleiben im weiblichen Geschlecht kurz und rudimentär, während sie beim ausgebildeten Männchen mit ihrer vielgliedrigen Geissei (wie auch bei Ncbalia) die Länge des Körpers erreichen können. Die Oberlippe bleibt meist klein, während die tief getheilte Unterlippe einen bedeutenderen Umfang zeigt. Die Mandibeln entbehren des Tasters 1) H. Kröyer, Fire nye Arter af slaegten Cuma. Naturh. Tidsskr. Tom. 111. 1841. Derselbe, Om Cumaceernes Familie. Ebend. N. R. Tom. III. 1846. Goodsir, Description of the genus Cuma and two new genera nearly allied to it. Edinb. new Phil. Journ. Vol. 34. 1843. Spence Bäte, On the British Diastylidae. Ann. and Mag. of nat. bist. Tom. XVII. G. 0. Sars, Om den aberrante Krebsdyrgruppe Cumacea, og dens nordiske Arter. Vid.-Selsk. Forhandlinger. 1864. Derselbe, Beskrivelse af de paa Fregatten Josephines Exped. fundne Cumaceer. Stock- holm, 1871. A. Dohrn, Ueber den Bau und die Entwicklung der Cumaceen. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. V. 1870. 540 Cumaceen. Innerer Bau. Fortpflanzung. und entsenden unterhalb der stark bezahnten Spitze einen Borstenkamm und einen mächtigen Molarfortsatz. Von den beiden Maxillenpaaren bestehen die vordem aus 2 gezähnten Laden und einem cylindrischen, nach hinten gerichteten Geisselanhang, die tasterlosen Kiefer des 2ten Paares aus mehreren über einander liegenden Kauplatten. Die beiden nachfol- genden Extremitätenpaare dürften als Kieferfüsse zu bezeichnen sein. Die vordem, welche den Unterlippen und deren Tastern der Asseln entsprechen, sind .5gliedrig und durch den Ladenfortsatz ihres Basalgliedes kenntlich, die hintern meist ebenfalls ögliedrigen Kieferfüsse besitzen eine bedeu- tendere Länge und ein sehr gestrecktes cylindrisches Stamraglied. Sie tragen auch die grosse gefiederte Kieme und eine eigenthümliche Platte. Von den noch übrigen sechs als Beinpaare zu bezeichnenden Extremitäten- paaren der Brust sind die beiden vordem stets nach Art der Schizopoden- fUsse gebildet und bestehen aus einem 6gliedrigen Bein mit mächtig entwickeltem lamellösen Basalglied und einem vielgliedrigen mit langen Schwimmborsten besetzten Nebenast. Die vier letzten ebenfalls 6gliedrigen Beinpaare sind kürzer und tragen in manchen Fällen, aber stets mit Ausnahme des letzten Paares, einen kleineren oder grösseren Schwimm- fussanhang als Nebenast. Das stark verengte und sehr langgestreckte Abdomen entliehrt im weiblichen Geschlecht der Schwimmfüsse durchaus, trägt aber an dem grossen 6ten Segment zu der Seite der Schwanzplatte langgestielte 2ästige Schwanzgritlel, während beim Männchen noch 2, 3 oder 5 Schwimmfusspaare an den vorausgehenden Segmenten hinzu- kommen. Die beiden Augen sind, wenn überhaupt vorhanden, zu einem un- paaren, über der Basis des Schnabels gelegenen Sehorgan zusammen- gedrängt, oder liegen doch dicht neben einander als kleine schwarze Erhebungen (Bodotria). Am Darmcanal unterscheidet man die Speise- röhre, einen mit Leisten und Zähnen bewaffneten Kaumagen, in welchen jederseits 3 lange Leberschläuche einmünden, und einen langen engen Darm mit der unter der Schwanzplatte gelegenen Afteröffnung. Das ziemlich lange Herz liegt in den mittlem Brustringen und entsendet 2 seitliche verästelte Arterien, eine Kopfaorta und eine Aorta posterior. Das Blut gelangt in bestimmten Bahnen nach dem Kopfbrustschild, an welchem die Respiration stattfindet. Ausserdem ist jederseits am 2ten Maxillarfuss ein besonderer vielfach gespaltener Kiemenanhang vorhanden, durch dessen beständige Vibration die Erneuerung des die Unterseite des Schildes bespülenden Wassers bewirkt wird. Als Excretionsorgane werden zwei zu den Seiten des Herzens gelegene Schläuche gedeutet. Die beiden Geschlechter unterscheiden sich durch die Gestalt der hintern Antennen und des Abdomens (Kr öyer). Bei der Begattung hält sich das Männchen auf dem Rücken des Weibchens mit den beiden grossen vordem Beinpaaren fest, deren Klauen unter die Einbuchtungen Diastylidae. — 3. Unterordnung: Schizopoda. 541 des Kopfbrustschildes eingeschlagen werden. Die Eier gelangen in eine von den verbreiteten Beinpaaren gebildeten Bruttasche und durchlaufen in derselben die Embryonalbildung. Diese zeigt die grösste Aehnhchkeit mit der der Isopoden. Wie hier liegt das Abdomen anfangs nach dem Rücken umgeschlagen, erfährt jedoch später eine Umbiegung nach der Bauchseite, Die ausschlüpfenden Jungen entbehren noch des letzten Brustbeines und der Abdominalfüsse. Von der Lebensweise der Cumaceen ist bekannt, dass sich dieselben nahe am Strande auf sandigem und morastigem Grunde, theilweise in bedeutenden Tiefen aufhalten, am Tage ruhen und Nachts umherschwimmen. 1. Farn. Diastylidae. Mit den Charakteren der Unterordnung. Biastylis Say. {Cuma Kr.). Mit 5 freien Thoracalsegmenten , stark ver- schmälertem schlanken Abdomen, mit wohlentwickelter Schwanzplatte. Beide Geissein der vordem Antennen mehrgliedrig. Die drei hintern Brustbeinpaare des Weibchens ohne Schwimmfussanhang. Geisselanhang der Maxille mit 2 Borsten. Im männlichen Geschlechte entbehrt nur das letzte Beinpa,ar des Nebenastes, und es tragen die beiden vordem Abdominalsegmente grosse Fusspaare. D. Bathkii Kr,, Nordsee. G. Edwardsii Kr. u. m. A. Nahe verwandt ist Leptostylis G. 0. Sars, Leucon Kr. Aeusserer Geisselanhang der vordem Antennen sehr kurz, ein- gliedrig. Bei dem augenlosen Weibchen sind nur die zwei letzten Beinpaare der Brust ohne Schwimmanhang, Schwanzplatte klein. Der Geisselanhang der Maxillen trägt nur eine Borste. Männchen wie bei Diastylis. L. nasiciis Kr., Norwegen. Nahe verwandt ist Eudora Sp. Bäte {Eudorella Norm.), ebenfalls augenlos, ohne Schnabel. E. emarginata Kr, E. truncatula Sp. Bäte. Lamprops G. 0. Sars. Aeussere Geissei der Vorderfühler 2gliedrig, innere Sgliedrig, auch das vorletzte und drittletzte Beinpaar des Weibchens mit kleinem 2gliedrigen Nebenanhang. Auge vorhanden. Männchen mit 3 grossen Seh wiramfuss paaren am Abdomen. L. rosea Norm. (Das Männchen als Gyrianassa elegans beschrieben), Norwegen. Nahe verwandt sind die von G. 0. Sars aufgestellten Gattungen Pseudocuma, Peta- lopus, Gumella. Bodotria Goods. {Gampylaspis G, 0, Sars). Mit nur 4 freien Brustsegmenten. Vordere Antennen ohne äussern Geisselanhang. Nur die beiden vordem Beinpaare der Brust tragen einen vollkommen entwickelten Schwimmfuss- anhang. Schwanzplatte ganz klein. Männchen mit 5 Schwimmfusspaaren des Abdomens. G. longicaudata G, 0. Sars, Lofoten, in bedeutender Tiefe. G. Goodsiri Van Ben, 3. Unterordnung: Schizopoda'), Spaltflissige Krebse. Kleine Schalenhrehse mit einem grossen meist sarthüutiyen Kopf- brustschild und gleichartig gestalteten spaltästigen Kieferfüssen und Brustfüssen , welche häufig frei hervorstehende Kiemen tragen. In ihrer äussern Erscheinung zeigen die Schizopoden bereits den Habitus der langschwänzigen Decapoden, da sie wie diese einen lang- 1) Ausser den Werken und Sckriften von Dana, M. Edwards, Rathke, Brandt, Thompson, Kröyer, Sars, Loven u. a. vergl.: Frey und Leuckart, 542 Schizopoden. Mundwerkzeuge. Beinpaare. Innerer Bau. gestreckten mehr oder minder seitlich comprimirten Körper mit ansehn- lichem, die Brustsegmente mehr oder minder vollkommen überdeckenden Kopfbrustschild und mächtig entwickeltem Abdomen besitzen. Indessen weicht der Bau der Kicfertüsse und Beine des Thorax wesenthch ab und nähert sich wie auch die einfachere innere Organisation den älteren Garneellarven. Wie bei diesen sind die drei Kieferfusspaare noch im Dienste der Locomotion und den nachfolgenden Beinpaaren ähnlich gebaute Spaltfüsse, welche durch den Besitz eines vielgliedrigen borsten- besetzten Nebenastes zur Strudelung und Schwimmbewegung geeignet erscheinen. Die beiden vordem Paare freilich können durch ihre kürzere und gedrungenere Form, auch wohl durch Ladenfortsätze der Basal- glieder in näherer Beziehung zu den Mundwerkzeugen stehen {Mysis, Siriella). Der Hauptast des Beines ist immei- verhältnissmässig dünn und schmächtig und endet mit einfacher schwacher Klaue oder einer mehrgliedrigen Tarsalgeissel. Selten {Euphausia) bleiben die beiden letzten Beinpaare bis auf die mächtig entwickelten Kiemenanhänge ganz rudimentär. Die Beine des Abdomens sind im weiblichen Geschlechte meist winzig klein, im männlichen Geschlechte mächtig entwickelt, theil- weise von abnormer Form und Grösse (Hülfswerkzeuge der Begattung) und nur ausnahmsweise (Siriella) mit Kiemenanliängen ausgestattet. Das Fusspaar des 6ten meist sehr gestreckten Segmentes ist stets 2ästig lamellös, trägt häufig in der Innern Lamelle Gehörblasen und bildet mit der unpaaren Schwanzplatte eine mächtige Schwimmflosse. Die vordem Antennen tragen auf einem starken dreigliedrigen Schaft, der im männlichen Geschlechtein eine ansehnliche mit Riechhaaren dicht besetzte Platte ausläuft, zwei lange vielgliedrige Geissein. An dem Schafte der hintern Antenne, die nur eine sehr lange Geissei bildet, findet sich die für die Thoracostraken so charakteristische borstenrandige Schuppe. Oberlippe und Unterlippe bilden einen mehr oder minder helmförmigen Mundaufsatz. Die Mandibeln an der rechten und linken Seite sind oft ungleichmässig bezahnt und besitzen einen dreigliedrigen Taster. Von den Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braunschweig. 1848. Van Beneden, Recherches sur la laune littorale de Belgique. Crustace's. Bruxelles. 1861. Sars, Beskrivelse over Loiihogaster typicus. Christiania. 1862. Kröyer, Bidrag til Kundskab om Kreb.sdyriami]ien Mysidae. Naturh. Tidsskrift. 3 R. Tom. I. C. Claus, Ueber einige Schizopoden und andere Malakostraken Messina's. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XIII. 1863; ferner die Gattung Cynthia, ebendas. Tom. XVIII. 1868. 6. 0. Sars, Histoire naturelle des Orustaces d'eau douce de Nor- vege. I. Christiania. 1867. Derselbe, Carcüiologiske Bidrag til Norges Fauna. 1. Mysider. Christiania. 1870 u. 1872. Ed. van Ben e den, Recherches sur l'embryo- genie des crustaces. II. Developpement des Mysis. Bull, de l'Acad. Roy. Bruxelles. Tom. XXVni. 1869. E. Metschnikoff, Ueber ein Larvenstadium von Euphausia. Zeitschr. für wiss. Zooi. Toui. XIX. 1869 und 1871. Fortpflanzung. Entwicklung. 543 Maxillen sind in der Regel die vordem mit 2 Kauladen versehen, während die untern in eine grössere Zahl von Laden zerfallen und sowohl am Ende als an der Rückenseite einen horstenbesetzten Lappen tragen (Mysis). Die innere Organisation verhält sich entsprechend der geringen Grösse ziemlich einfach. Das Nervensystem zeichnet sich durch die gestreckte Form der Ganglienkette aus, die ihre Ganglien last in allen Segmenten bewahrt. Auffallenderweise liegt das Gehörorgan, wenn ein solches auftritt, in der Innern Seitenlamelle der Schwanzflosse und empfängt seinen Nerven vom letzten Schwanzganghon. Der Gehörnerv bildet vor seinem Eintritt in die Gehörblase eine Anschwellung, tritt dann durch die Wandung in den Innenraum ein, um in zahlreichen gekrümmten stäbchenförmigen Haaren an dem grossen geschichteten Otolithen zu enden. Ebenso auffallend ist das Vorkommen von acht Nebenaugen in der Euphausidengruppe. Dieselben sind bewegliche Kugeln mit Linse, Nervenstäbchen und röthlichem Pigmentkörper und sitzen rechts und links am Basalgliede des 2ten und des 7ten Beinpaares, sowie zwischen den Schwimmfüssen der 4 vordem Abdominalsegmente. Herz- und Kreislaufsorgane schliessen sich denen der Decapodenlarven an; das Herz besitzt nur ein Spaltenpaar, entsendet aber bereits mediane und seitliche Arterienstämme. Kiemen fehlen entweder vollkommen {Mysis, deren Brustbeine allerdings am Thorax je eine lamellenähnliche wahr- scheinlich als Kieme fungirende Erhebung bilden), oder sitzen als ge- wundene Schläuche den Schwanzfüssen an (Männchen von Siriella = Cynthia) oder erheben sich endlich wie bei den Decapoden als ramificirte Anhänge an den Brustbeinen. Im letzteren Falle ragen sie entweder ganz frei in das äussere Medium (Euphausidae) oder ihre dorsalen Büschel rücken in einen eigenen von der Ausbreitung des Brustschildes gebildeten Kiemenraum (Lophogasier). Die Männchen sind von den Weibchen durchweg auffallend verschieden , so dass sie früher zur Auf- stellung besonderer Gattungen Veranlassung gaben. Erstere besitzen an den Vorderfühlern eine kammtörmige Erhebung zum Tragen der reichen Fülle von Riechhaaren und sind durch die ansehnlichere Grösse der Schwanzfüsse , von denen die vordem überdies mit Copulations- anhängen versehen sein können, zu einer raschern und vollkommnern Bewegung befähigt, der wiederum das grössere Athmungsbedürfniss und der Besitz von Kiemenanhängen bei Siriella entspricht. Die Weibchen tragen zuweilen an den beiden untern Beinpaaron {Mysidae) oder auch zugleich an den mittleren und vordem {LopJiogaster) Brustfüssen Platten zur Bildung eines Brutraums, in welchen wie bei den Ringelkrebsen die grossen Eier die Embryonalentwicklung durchlaufen. Das Ei von Mysis erleidet eine.Ait partieller Furcliung. Nach der Befruchtung (Ed. van Ben e den) sondert sich an der einen Pole eine Anhäufung von Proto- 544 Larvenstadium. Mysidae. plasma, welche durch Furchung in 2 Zellballen zerfällt. Durch fort- gesetzte Theilung entsteht ein Zellhaufen, welcher den Nahrungsdotter umwachsend das Blastoderm mit dem bauchständigen Keimstreifen bildet. Während am vordem Ende desselben durch seitliche Ausbreitung die Kopflappen hervorwachsen, sondert sich am Hinterende sehr frühzeitig die Anlage des Schwanzes. Dieser ist wie bei den Decapoden gegen die Bauchseite umgeschlagen. Dann erst leeen sich in Gestalt von drei Höckerpaaren die zwei Antennenpaare und die Mandibeln , sowie ein den blattförmigen Anhängen von Asellus vielleicht entsprechendes Höcker- paar an, der in das Naupliusstadium eingetretene Embryo häutet sich durch Abhebung der Naupliuscuticula. In diesem Stadium durchbricht derselbe die Eihiille und wird unter Entfaltung des langen nunmehr nach dem Rücken zu gekrümmten Schwanzes in der mütterlichen Brut- tasche frei, um durch Sprossung und fortschreitende Ausbildung der noch fehlenden Gliedmassenpaare die Mysisform allmählich auszubilden. Während sich hier wie auch bei Siriella und LopJiogaster die luit- wicklung continuirlich fortschreitend innerhalb der Bruttasche vollzieht, ist dieselbe in der Euphausidengruppe eine überaus vollkommene, durch eine Reihe frei umherschwimmender Larvenformen bezeichnete Meta- moi'phose. Die junge Euphansia schlüpft als Naupliuslarve aus, an der auch alsbald die 3 nachfolgenden Gliedmassenpaare in Form wulst- förmiger Erhebungen auftreten. Der ansehidich grosse Naupliuspanzer, der sich auch nach vorn um die Basis der Antennen in Form eines gezackten Saumes herumschlägt, entspricht der Anlage nach dem Haut- panzer des Kopfbrustschildes, unter dem auch schon zu den Seiten des unpaaren Auges die Stübchenschicht der Seitenaugen sichtbar wird. Nun folgt nach abgestreifter Haut das Frotosoea und hierauf das Zoea- stadium (von Dana als Calyptopis beschrieben) mit freilich nur 6 Glied- massenpaaren und langem bereits vollzählig gegliederten fusslosen Ab- domen. In den zahlreichen nachfolgenden Larvenstadien (Furcilia, Cijr- topia) bilden sich tU;r Reihe nach die fehlenden Extremitäten aus. 1. Farn. Mysidae. Die Schwanzfüsse des Weibchens sind ganz rudimentär. Wahre Kiemenanhänge der Brustfüsse fehlen, Gehörorgane in den inneren Seiten- blättern der Schwanzflosse. Zwei Paar von Kieferfüssen mit einfachem Endgliede. Grosse plattenförmige Anhänge der beiden letzten Beinpaare bilden im weiblichen Geschlecht eine Bruttasche, in welcher sich die Eier entwickeln. Eine Metamor- phose findet nicht statt. Mysis Latr. Mandibeln mit mächtigem Molarfortsatz. Tarsalabschnitt der 6 Beinpaare vielgliedrig. Viertes Paar der männlichen Ab- dominalfüsse stilförmig verlängert, nach hinten gerichtet (Podopsis). M. vulgaris Thomps. M. flexuosa Fr. Müll. M. inermis Rathke, Nördl. Meere. M. oculata Fabr., Grönland und M. relicta Love'n, in den scandinavischen Binnenseen. Von G. Sars sind eine Reihe von Mysideeugattungen aufgestellt worden: Mysidopsis Pseudomma, Boreomysis, Erythrops, Amhlyopsis, Mysideis, Leptomysis. Verwandt sind Anchialus Kr., Promysis Dana. Siriella Dana. Tarsus der 6 Beinpaare einfach, Euphausidae. Lophogastridae. Nebalidae. 545 von einem Borstenkreis umstellt, mit einer Klaue bewaffnet. Männchen {Cynthia) mit eingerollten Kiemenanhängen an den kräftig entwickelten Schwanz- füssen. S. Edwardsi Cls., Südsee. S. norvegica G. 0. Sars. 2. Farn. Euphausidae. Die Maxillarfüsse mit den Brustfüssen vollkommen übereinstimmend gebaut, von denen die beiden letzten Paare mehr oder weniger rudimentär sind. Alle Beinpaare tragen frei vorstehende verästelte Kiemen, die von vorn nach hinten an Grösse zunehmen; die Schwanzstücke in beiden Geschlechtern ansehnlich entwickelt, die beiden vordem Paare des Männchens mit eigenthüm- lichen zum Befestigen der Spermatophore dienenden Coj)ulationsanhängen. Acces- sorische Augen am Thorax und Abdomen oft vorhanden. Weibchen ohne Brut- blätter. Entwicklung mit sehr vollständiger Metamorphose. Tliysanopoda Edw. {Noctiluca Thomps.). Mit 7 wohl entwickelten Beinpaaren. Vorletztes Paar kleiner als die vorausgehenden, zuweilen nur 4gliedrig, letztes Beinpaar ganz rudimentär, aber mit ansehnlichen Kiemen, 2gliedrig. Th. nor- vegica Sars. Mit 8 Nebenaugen. Th. tricuspidata Edw., Atl. Ocean. Euphausia Dana. Mit nur 6 wohl entwickelten Beinpaaren, die beiden letzten Beinpaare zwar mit ansehnlichen Kiemen, aber ganz rudimentär, Sämmtliche bekannte Arten mit Nebenaugen. E. Mülleri Cls., Messina. E. splendens Dana, Atl. Ocean. E. superba Dana, zwei Zoll lang, Antarkt. Meer, südl. von Van Diemensland. 3. Farn. Lophogastridae. Körper garneelähnlich. Erster Maxillarfuss kurz und gedrungen, von den nachfolgenden Beinpaaren merklich verschieden, mit Taster und Flagellum. Sieben Beinpaare mit wohl entwickeltem Schwimmast und 3 Kiemenbüscheln, von denen die beiden untern frei herabhängen, der obere in einen Kiemenraum unterhalb des Brustpanzers hineinragt. Sämmtliche Beine im weib- lichen Geschlecht mit Blättern zur Bildung einer Bruthöhle, in welcher sich die Embryonen wie bei den Mysideen entwickeln. Lophogaster Sars. Kopfbrustschild am Hinterrand stark ausgeschnitten, so dass die beiden letzten Brustsegmente frei bleiben. Schaft der vorderen Fühler kurz und dick, mit sehr kurzer innerer und sehr langer äusserer Geissei, die dünnen Beine mit klauenförmigem Endglied. L. typicus Sars, Norwegen. Im Anschluss an die Schizopoden mag eine Gruppe kleinerer Crustaceen folgen, welche schon von den älteren Forschern, wie Leach, Latreille, als Malakostraken betrachtet waren, dann aber auf die Autorität von Milne Edwards hin allgemein zu den Phyllopoden gestellt wurden, bis neuerdings die Erforschung der Embryonalentwicklung durch Met sehn iko ff zu der richtigen alten Auffassung zurückführte. Es ist die Gattung Nebalia^), die so zahlreiche Eigenthümlichkeiten ihres Körperbaues bietet, dass man sie als besondere Crustaceenordnung allen andern Malakostraken gegenüber stellen könnte. In der That verhält sich diese Gattung in mehrfacher Hinsicht als Zwischenform der Phyllopoden und Malako- straken, deren Typus sie auch durch die grössere Zahl von Schwanzsegmenten nicht rein zum Ausdruck bringt. Der kleine Körper ist von einer comprimirten 1) Vergl. ausser den altern Schriften von Herbst, Leach, Latreille und M. Edwards u. a. H. Kröyer, Nebalia bipes. Naturh. Tidsski-ift N. R. Tom. II. 1849. Metschnikoff, Sitzungsberichte der Naturforscherversammlung zu Han- nover. 1866. C. Claus, Ueber den Bau und die systematische Stellung von JVefcaZm nebst Bemerkungen über das seither unbekannte Männchen dieser Gattung. Zeita. für wiss. Zool. Tom. XXII. 1872. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 35 546 Nebalien. Körperbau. Entwicklung. 2klappigen Schale umschlossen, welche als mantelähnliche Duplicatur der Haut vom Kopfe entspringt und die 8 kurzen deutlich als Segmente abgesetzten ßrust- ringe, sowie die vordem Abdominalsegmeute bedeckt. An dem Kopfe entspringen ein langer lanzetförmiger, beweglich abgesetzter Schnabel, die beiden kurzgestilten Facettenaugen, von denen das vordere zur Seite einer langen vielgliedrigen Geissei eine breite Nebenplatte trägt. Die Mandibeln besitzen vde die der Amphipoden und Schizopoden einen Sgliedrigen Taster, ebenso tragen die grossen 21appigen iMaxillen des ersten Paares einen sehr langeu und dünnen beinartigen Taster, der nach hinten und oben umgebogen ist und wahrscheinlich als Putzfuss dient. Die 31appigen Maxillen des zweiten Paares enden mit Fussähnlicheu Anhängen, die den beiden Platten der nachfolgenden Ffisse entsprechen. Auf die Mundwerkzeuge folgen dicht zusammengedrängt an ebensoviel gesonderten ganz kurzen Segmenten acht lamellöse gelappte Beinpaare, deren Uebereinstimmung mit den Phyllopoden- füssen zu der Ansicht von der Phyllopodennatur der Nebalia Anlass gab. Wenn wir jedoch berücksichtigen, dass auch die Maxillen der Decapodenlarven in ihrem Baue den Schwimmfüssen der Phyllopoden sehr nahe stehen, so werden wir diesem Charakter keinen entscheidenden Werth zuschreiben können, zumal bei näherer Betrachtung diese »Phyllopodenfüsse« doch merkliche Abweichungen zeigen und zu den Spaltfüssen der Schizopoden hinführen. Vor allem hat der eigentliche Stammtheil des Fusses eine gestreckte Form und erscheint beinförmig verlängert. Das Basalglied trägt an der Aussenseite eine zweizipflige lange Kiemenplatte, das zweite Glied trägt ebenfalls an der Aussenseite dicht an seinem Ursprung einen Fächeranhaug, der dem zweiten Fussaste entspricht, auch am Bande mit einigen Borsten besetzt ist; der mittlere Theil dieses Gliedes verschmälert sich mehr und mehr und geht in den sehr gestreckten Endabschnitt über, dem noch drei kurze etwas gebogene Endglieder folgen; das letzte derselben ist fächerförmig und mit sehr starken Schwimmborsten besetzt. Viel länger und stärker als die Brust- segmente sind die umfangreichen Segmente des Hinterleibes, von denen die vier vordem ebensoviel grosse theil weise unter dem 21appigen Kopfschilde verborgene Ruderfusspaare tragen. Die letztern bestehen, wie die Schwimmfüsse der Amphi- poden, aus einem stilförmigen Basalabschnitt und 2 lamellösen mit kurzen Dornen besetzten Aesten, welche sich dem erstem in einem Winkel anlegen. Der frei aus der Schale hervortretende hintere Abschnitt des Abdomens verjüngt sich nach dem Ende zu allmählig und be.steht aus vier Segmenten und zwei langgestreckten Furcalgliedern. Die beiden ersten Segmente tragen auch rudimentäre Fussplatteu. Von der Innern Organisation schliesst die Bildung des Kaumagens mit Chitin- bewatinung an die Malakostraken an. Das Männchen mit tüchter gehäuften Riech- haaren der Vorderfühler und sehr bedeutend verlängerten liintern Antennen. Ihi-e Geschlechtsötfnung liegt am letzten Brustsegmente. Das Weibchen, mit der Ge- schlechtsöifnung am drittletzten Brustsegment, trägt die abgelegten grossen Euer zwischen den Blattfüssen in einem Brutraum mit sich umher, in welchem die Embryonalentwicklung stattfindet. Diese schliesst sich am nächsen an die Mysideen an und führt zuerst zur Anlage eines Naupliusstadiums, auf welches ein Zoea- stadium folgt. Die ausschlüpfenden Jungen sind bis auf die rudimentäre Schalen- duplicatur und die geringere Gliederung der Extremitäten dem ausgebildeten Thiere ähnlich. Die Kebalieti leben durchaus im Meere, einzelne Arten im hohen Norden. N. bipes Fabr. {Herbstii Leach), andere wie N. Geoffroyi M. Edw., in wärmeren Meeren. N. typhlops G. 0. Sars, in bedeutender Tiefe. 3. Unterordnung: Decapoda. 547 3. Unterordnung: Decapoda'), zehnftissige Krebse. Podophthahnen mit grossem Rückenschilde, welches sich über alle Segmente des Kopfes und der Brust ausbreitet, mit 3 Kieferfusspaoren und 10 oft mit Scheeren beivaffneten Gehfüssen. Kopf und Thorax sind vollständig von dem Rückenschild überdeckt, dessen Seitenflügel über den Basalgliedern der Kieferfüsse und Beine eine die Kiemen bergende Athemhöhle bilden. Nur in seltenen Aus- nahmsfällen bleibt das letzte Thoracalsegment frei. Das feste meist kalk- haltige Integument des Rückenschildes zeigt vornehmlich bei den grössern Formen symmetrische durch die Ausbreitung der unterliegenden Innern Organe bedingte Erhebungen, welche als bestimmte nach jenen benannte Regionen unterschieden werden. Sehr oft wird die Oberfläche des Rückenschildes durch eine seitlich bis zu den Winkeln der Mundöffnung herabziehende Querfurche (Cervicalfurche) in eine vordere und hintere Hälfte geschieden, von denen die vordere selten einfach bleibt, sondern meist in eine mittlere Region (Magengegend) und zwei kleinere seitliche Bezirke (Lebergegend) untersciüeden werden kann {Palinurus, Oxyrhyn- chen). Die grössere hintere Abtheilung des Rückenschildes wird oft durch zwei Längsfurchen in die seitlichen KiemenregiDnen und in die mediane Herzregion getheilt, an welcher man gewöhnlich wiederum ein vorderes und hinteres Feld nachzuweisen vermag. Auch die übrigen Regionen zeigen oft eine Felderung der Oberfläche, wie vornehmlich unter den Brachyuren bei den Oxyrhynchen und Cyclometopen. Die seit- lichen Regionen setzen sich stets auf die Baucliflächc fort, an der man daher eine untere Kiemen- und Lebergegend unterscheidet. Die Innern Antennen, bei den Brachyuren oft in seitlichen Gruben versteckt, ent- springen meist unter den beweglich eingelenkten Augenstilen und bestehen aus einem dreigliedrigen Schaft und zwei bis drei vielgliedrigen Geissein. Die äussern Fühler inseriren sich meist an der Aussenseite der erstem etwas abwärts an einer flachen vor dem Munde gelegenen Platte (Epistoni, 1) Ausser den Werken von Latreille, Leach, M. Edwards, Rathke, Dana u, a. vergl. Herbst, Versuch einer Naturgeschichte der Krabben und Krebse. 3 Bde. Berlin. 1782—1804. Leach, Malacostraca podophthalma Britanniae. London. 1817—21. Th. Bell, A history of the British stalk-eyed Crustacea. London. 1853. Duvernoy, Des organes exterieurs sur le squelette tegunientaire des Crustaces Decapodes. Mein, de FAcad de science. Tom. XXIII. M. Edwards, Observations sur le squelette tegunientaire des Crustaces Decapodes. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. Tom. XVI. C. Heller, Die Crustaceen des südlichen Europa. Wien. 1863. Alphons M. Edwards, Histoire des Crustace's podophthalmaires fossiles. Ebendas. 4 se'r. Tom. XIV. Tom. XX und 5 ser. Tom. I. Derselbe, Sur un eas de transformation du pedoncule oculaire en une antenne, observe chez une Langouste. Couiptes rendus LIX. 35* 548 Decapoden. Allgemeiner Körperbau. Die 5 Beinpaare, Mundschild) und besitzen häufig einen schuppenförmigen lamellösen An- hang. An ihrer Basis erhebt sich überall ein an der Spitze durchbohrter Höcker, auf welchem der Ausführuiigsgang einer Drüse ausmündet. Von den Mundthcileii sind die Mandibeln überaus verschieden ge- staltet, aber in der Regel mit einem 2 bis Sgliedrigen Taster versehen, der freilich bei zahlreichen Garneelen fehlt. Entweder sind die Man- dibeln einästig und am verdickten Vorderrande stark bezahnt {Brachyuren\ oder scblank und stark eingekrümmt (Crangon) oder am Ende gablich gespalten {Palaemoniden und Älpheiden). Die vordem Maxillen be- stehen stets aus 2 Laden und einem meist einfachen Taster. Die hintern Maxillen meist mit 4 Laden (2 Doppelladen) und Taster, tragen eine grosse borstenrandige Athemplatte. Es folgen sodann drei Paare von Kieferfüssen, die in der Regel einen Geisselanhang tragen. So bleiben von den Gliedmassen der Brust nur 5 Paare alb Beine zur Verwendung, von denen die beiden hintern zuweilen verkümmern, ja in seltenen Fällen in Folge von Rückbildung ganz ausfallen können (Leucifer). Die zugehörigen Brustsegmente sind in der Regel sämmtlich oder wenigstens bis auf das letzte mit einander verwachsen und bilden auf der Bauch- seite eine zusammenhängende, bei den Brachyuren überaus breite Platte. Die Beine bestehen aus 7 Gliedern und enden häufig in einer Art Scheere oder Greifhand. Eine sehr verschiedene Gestalt und Grösse zeigt das Abdomen. Bei den Makruren erreicht dasselbe einen bedeutenden Umfang, besitzt einen festen Hautpanzer und ausser den b Fusspaaren eine grosse Schwimmflosse. Bei den Brachyuren reducirt sich das Ab- domen auf eine breite (Weibchen) oder schmale trianguläre (Männchen) Platte, die deckelartig über das ausgehölte Sternura umgeklappt wird und der Schwanzflosse entbehrt. Auch sind hier die Fusspaare dünn und stilförmig und finden sich beim Männchen nur an den 2 vordem Segmenten entwickelt. Die Kiemen liegen überall als Anhänge der Kieferfüsse und Beine in einer geräumigen von den Seitenflügeln des Kopfbrustschildes überwölbten Kiemenhöhle, in welche das Athemwasser durch die lange untere Seitenspalte oder wie bei den Krabben durch eine besondere Eingangsöflnung vor dem ersten Beinpaare einfliesst. Abweichend ist das Verhalten der Kiemenhöhle bei den luftathmende'n Krabben. Unter diesen soll bei der Froschkrabbe (Banina) nach M. Edwards ein besonderer Canal in die hintere Partie der Kiemen- höhle führen. Einige Grapsoiden {Aratus Fisonii) heben beim Athmen den hintern Theil des Panzers empor und erschliessen hierdurch über dem letzten Fusspaar eine Spalte zum Einfliessen des Wassers. Aehnliche Bewegungen führen Cydograpsus- und SesarmaHYten ausserhalb des Wassers aus, vermögen aber das ausfliessende Wasser mittelst eines an den Seiten des Mundrahmens befindlichen Haarnetzes durch die Eingangs- spalte über dem ersten Fusspaare den Kiemen wieder zuzuleiten. Geht 1. Tribus: Makrura. 549 der Wasservorrath endlich &us, so beginnen sie (Fr. Müller) durch Hebung des Panzers von hinten her Luft zutreten zu lassen. Abermals abweichend erscheinen die Athmungseinrichtungen bei den Landkrabben {Ocypoda). Hier findet sich zwischen den Basalgliedern des dritten und vierten Beinpaares eine Oeffnung der Kiemenhöhle, die äusserlich bis auf eine schmale Spalte von Leisten überwölbt wird, während die zugewendeten Seiten der Fussglieder eine platte, am Rande dicht behaarte Fläche besitzen. L Tribus: Makrura*), Langschwänzige Decapoden. Das mächtig entwickelte Abdomen übertrifft meist die Länge des Kopfbruststückes, trägt 5 Paare von Afterfüssen und endet mit einer mächtigen breiten Schwanzflosse. Die innern obern Fühler tragen zwei oder drei meist lange Geissein , die äussern Fühler dagegen nur eine Geissei, sind aber in der Regel durch den Besitz einer breiten borsten- randigen Schuppe ausgezeichnet. Die vordem Kieferfüsse mit grosser Ladenplatte, mit Taster und Geisselanhang, die mittlem knieförmig um- gebogen, die des dritten Paares sind meist langgestreckt beinförmig und bedecken die vorausgehenden Mundtheile nur selten (Gnathophyllum) vollständig. Eine zusammenhängende Brustplatte findet sich nur bei den Panzerkrebsen. Die weiblichen Geschlechtsöft'nungen liegen an der Basis des dritten Beinpaares. Die langschwänzigen Krebse sind sämmtlich Wasserbewohner und gute Schwimmer. Einige, wie die Thalassinen, graben im Sande trichter- förmige Vertiefungen und fangen in denselben ähnlich wie die Ameisen- löwen kleinere Thierc. Nur wenige Formen leben in den Gewässern unterirdischer Höhlen. Eine kleine Betaeusari soll swischen Corallen- ästen einen von Algen gebildeten Schlauch bewohnen, einzelne Arten leben in Spongien. Diese und andere Alpheiden vermögen durch Be- wegungen ihrer grossen Scheere ein knackendes Geräusch hervorzubringen. 1. Fam. Sergestidae ^). Körper sehr schlank und stark comprimirt, von 1) H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Flusskrebses. Leipzig. 1829. N. Joly, Etudes sur les moeurs, le developpement et les metamorphoses d'une petite Salicoque {Caridina Desmarestii). Ann. des scienc. nat. 2 Ser. Tom. XIX. 1843. C. Claus, Zur Kenntniss der Malakostraken- larven. Würzb. naturw. Zeitschrift. Tom. IL 1861. Fr. Müller, Die Verwandlung der Garneelen. Archiv für Naturg. Tom. XIX. 1863. S. Lomoine, Recherches pour servir a' l'histoire de syst. nerv. etc. de l'ecrevisse. Annal. des scienc. natur. 5 Ser. Tom. IX— X. Vergl. ferner die Werke und Schriften von Roux, Risso, Latreille, Stimpson, Costa, Sp. Bäte, Guerin, Coste, Gregenbaur, Gerbe, Dohrn, Girard, Lereboullet, Heller u. A. 2) Kröyer, Forsög til en monographisk FremstiUing af Krebsdyralaegten Sergestes etc. Kon. Dansk. Vid. Selsk Skrift. 5 R. Tom. IV. 1859. 550 Carididae. nur geringer Grösse. Antennen mit sehr langen Geissein, die äussern Fühler mit grosser borsten besetzter Schuppe. Beine sänimtlich sehr dünn und schwach ohne Geisselanhang, die 2 hintern Beinpaare sind ebenso wie die beinartigen Kiefer- füsse des zweiten und dritten Paares bedeutend reducirt oder fehlen ganz. Ab- domen sehr lang, die vordem Abdoniinalfüsse des Männchens mit eigenthümlichen zum Greifen dienenden Anhängen. Sergestes Edw. Kieferfüsse des zweiten und dritten Paares beinförmig, die letzteren sehr lang und dünn. Zweites und drittes Beinpaar mit rudimentärer Scheere. Fünftes Beinpaar sehr klein. S. atlanticus Edw. Acetes Edw. Die beiden letzten Beinpaare sollen fehlen. A. indicus Edw. Leucifer Thomps. Kopf stilförmig ausgezogen. Kiemenlos. Die beiden letzten Beinpaare fehlen. L. Bey- naudi Edw., Ostindien. 2. Farn. Carididae '), Garneelen. Rückenschild des comprimirten Körpers meist in einen ansehnlichen Schnabel verlängert. Panzer ohne Quersutur. Aeussere Antennen meist unterhalb der innern eingelenkt, mit sehr grosser borstenbesetzter Platte. Die Kieferfüsse des zweiten Paares meist lamellös, die des di-itten fast stets beinförmig lang. Beine dünn und lang, meist ohne Geisselanhang , die 2 vordem Paare enden in der Regel mit kleiner Scheerenhand. Kiemen lamellös. 1. Subf. Penaeinae, Geisselgarneelen. Körper comprimirt, meist mit nur kleinem Schnabel, ohne Quersutur auf dem Kopfbrustschild. Aeussere Antennen mit grosser borstenbesetzter Schuppe. Mandibeln einfach, nicht gekrümmt, mit breiter Zahnkrone und Tastern. Die Beinpaare meist mit rudimentärem Geissei- anhang, die 3 vordem Paare mit Scheeren. Die untern Maxillen mit 4 Laden und langem Taster. Kieferfüsse des dritten Paares lang, beinförmig, meist 6gliedrig. Die Metamorphose beginnt bei Penaeus mit der Naupliusform. Penaeus Latr. Die innern Antennen tragen an der Basis des Schaftes einen kleinen Nebenanhang. Mandibeln mit grossem breiten Taster. Taster der vor- dem Maxillarfüsse lang und gegliedert. Die 3 vordem Beinpaare enden mit kleiner Scheere, die des vierten und fünften Paares sind monodaktyl. Schwimm- füsse des Abdomens 2ästig. P. caramote Desm., Mittelmeer und Engl. Küste. P. foliaceus Risso, Mittelmeer. P. indicus Edw. Sicyonia Edw. Panzer selir fest und dick mit medianem gezähnelten Kamm. Mittlere Kieferfüsse ohne Geissei. Schwimmfüsse des Abdomens lästig. Innere Antennen sehr kurz. S. carinata Edw., Rio Janeiro. S. sculpto. Edw., Mittelmeer. Verwandt ist Spongicola De Haan. Stenopits Latr. Körper kaum comprimirt. Die Maxillarfüsse des dritten Paares sehr lang, beinförmig, mit rudimentärem Geisseianhang. Die Endglieder der 2 hintern Beinpaare in zahlreiche Ringel gegliedert. St. hispidus Oliv., Ind. Ocean. St. ensiferus Dana, Fidschiinseln. 2. Subf. Palaemoninae. Körper meist comprimirt. Mandibeln in 2 Aeste tief getheilt, zuweilen tasterlos. Maxillen des zweiten Paares nur mit 2 obern Laden. Beine schlank und dünn, die des ersten und zweiten Paares meist scheeren- förmig, das zweite stärker als das erste. Palaemon Fabr. Schnabel gross, gezähnelt. Mandibeln mit Sgliedrigem Taster. Innere Antenne mit 3 Geissein. Die Beine des zweiten Paares stärker 1) Vergl. Roux, Memoire sur la Classification de Crustaces de la Tribu des Salicoques. Feruss. Bull. sc. nat. Tom. 27. 1831. C. Heller, Die Crustaceen des südl. Europa. Wien. 1863. E. v. Martens, Ueber einige O.'^tasiatische Süsswasser- thiere. Arch. für Naturg. Tom. XXXIV. 1868. Alpheinae. Atyinae. Pnsiphaeinae. 551 als die vordem. P. serratiis Fabr. P. squilla L., Nordsee u. z. a. A. Einzelne Arten leben im süssen Wasser, wie P. carcinus L., P. ornatus, Ostindien. P. nilo- ticus Roux., Nil. P. Jamaicensis , Südamerika. Bei Pnlaemonella Dana ist der Mandibulartaster 2gliedrig und sehr kurz, auch sind hier nur 2 Antennengeisseln vorhanden, bei Cryphiops Dana liegen die kleinen Augen ganz versteckt, während ein Mandibulartaster und 3 Antennengeisseln vorhanden sind. Cr. spinulosa Dana, Chili. Anchistia Dana. Mandibulartaster fehlt. Nur 2 Geiaseln an den vordem Antennen. A. lacustris v. Mart., Süsswasserpalaemonide Italiens. A. graciUs Dan., Sooloo-See. Bei Typton Costa fehlt die Schuppe der Antennen, ebenso bei Anto- nomea Risso, bei der nur das vordere Paar scheerenförmig ist. Pontonia Latr. Körper nicht comprimirt. Antennen mit 2 Geissein. Die Maxillarfüsse des dritten Paares kurz, Mandibeln tasterlos. Zweites Beinpaar sehr gross. Leben meist in Muschelthieren. P. tyrrliena Risso, Mittelmeer. Oedipus Dana. Hat-piUus Dana. Rhynchocinetes Edw. Schnabel schwertförmig und beweglich artikulirt. Bh. typi- cus Edw., Ind. Ocean. Hier schliesst sich auch am besten an: Pandalus Leach. Schnabel sehr lan,.'. Vorderes Fusspaar kurz, monodaktyl. Zweites Beinpaar lang, mit gestrecktem und geringeltem Anticarpalglied und kleiner Scheere. Innere Antennen mit 2 Geissein. P. anmilicornis Leach, England. P. borealis Kr. P. Narwal Edw. Begulus Dana. Zweites Beinpaar sehr stark. 3. Subf. Alpheinae. Körper meist comprimirt. Mandibeln in 2 Aeste tief getheilt, meist tastertragend Mamillen des zweiten Paai-es mit 3 Laden und rudi- mentärem Taster. Die 2 vorderen Beinpaare enden mit Scheere, das erste dicker und stärker als das zweite, letztes mit geringeltem Anticarpalglied e. Hippolytc Leach. Schnabel von ansehnlicher Grösse. Abdomen von der Mitte aus abwärts gebeugt. Innere Antennen mit 2 Geissein. Anticarpalabschnitt des zweiten Beinpaares gegliedert. H. varians Leach , Canal. H. polaris Sabine, Arkt. Meer. H. Cranchü Leach, Engl. Küste. H. [Virbius] fasciger Gosse. H. {Caridion) Gordoni Sp. Bäte, Norwegen. Athanas Leach. Alpheus Fabr. Schnabel kurz. Augen von einer Verlängerung des Schildes bedeckt. Innere Antennen mit 2 Geisseln. Anticarpalabschnitt des zweiten Beinpaares gegliedert. A. deiitipcs Guer., Mittelmeer. A. bidens Oliv., Asiat. Meere u. z. a. A. Verwandt ist Betaeus Dana. 4. Subf. Atyinae. Mandibeln kräftig, undeutlich zweigetheilt, mit breitem Kaurand, tasterlos. Laden der untern Maxillen und vordem Kiefer enorm ver- grössert. Erstes und zweites Beinpaar klein, mit pincettenähnlichen Scheercn ver- sehen, niemals mit geringeltem Anticarpalglied. Vornehmlich Süsswasserbewohner. Atya Leach. Schnabel klein. Die Scheeren mit langen Haarbüscheln an der Spitze der Finger. Anticarpalglied beider Paare halbmondförmig. Drittes Bein- paar bei manchen Formen (Männchen) länger als die nachfolgenden. A. arniata Alph. Edw., Ostindien. A. moluccensis De Haan, Mexico. A. scabra Leach. Hierher gehört wahrscheinlich Atyephyra als Larve. Caridina Edw. Zweites Beinpaar länger als das erste, die Scheere beider Paare mit Haarbüscheln an der Spitze, beide Paare mit Geisselast. Nur das Anticarpalglied des ersten Paares halbmond- förmig. C. Desmarestü Edw., Südl. Frankreich. ('. fossarum Hell. u. a. meist ost- indische Arten. Hier schliesst sich die blinde Höhlengarneele Troglocaris Dorm, an. Tr. Schmidtii Dorm., Adelsb. Grotte. 5. Subf. Pasiphaeinae. Mandibeln dick und breit, ohne Taster. Vordere Kierferfüsse einfache Platten, die des zweiten Paares beinförmig schlank, ohne Geissei. Pasiphaea Sav. Die beiden vordem Beinpaare länger und stärker als die nachfolgenden, mit Scheeren endigend. Sämmtliche Beinpaare mit Geisselanhang. 552 Crangoninae. Gnathophyllinae. Astacidae. 6. Subf. Crangoninae. Mandibeln schlank, stark gekrümmt, einästig, mit schmaler nicht verbreiterter Kaufläche, ohne Taster. Maxillen des zweiten Paares ohne Laden. Die beiden vordem Beinpaare einander ungleich, das vordere stets dicker. Crangon Fabr. Schnabel kurz. Vorderes Beinpaar sehr dick mit scheeren- förmiger Greifhand. Zweites Beinpaar mit kleiner Scheere. Anticarpalglied nicht geringelt. Cr. vulgaris Fabr. Cr. fasciatus Risso, Mittelmeer. Bei Faracrangon Dana ist. das zweite Beinpaar ganz verkümmert, bei Argis Kr. sind die Augen verdeckt, bei Sabinea Owen endet das zweite Beinpaar ohne Scheere. Lysmata Risso. Schnabel lang, fast schwertförmig. Innere Antennen mit 2 Geissein. Die beiden vordem Beinpaare enden mit kleiner Scheere. Anticarpalglied des zweiten Beinpaares sehr lang und geringelt. L. seticaudata Risso, Mittelmeer. Nika Risso. Schnabel kurz. Innere Antennen mit 2 Geissein. Von den vordem Beinen endet das eine mit Scheere, das andere monodaktyl. N. edulis Risso, Nizza. Hier schliesst sich Cyclorhynchus De Haan an. 7. Subf. Gnathophyllinae. Mandibeln schlank, stark gekrümmt, tasterlos. Maxillarfüsse des dritten Paares breit, deckeiförmig. Das zweite Beinpaar stärker als das erste. Gnathophyllum Latr. Schnabel kurz, comprimirt und gezähnelt. Innere Antennen mit 2 sehr kurzen Geissein. Die 2 vordem Beinpaare enden mit Scheere. Gn. elegans Risso, Nizza. 3. Fam. Astacidae'). Körper wenig comprimirt, von ansehnlicher Grösse. Kopfbrustschild mit querer Sutur und mit derbem Hautskelet. Die Antennenpaare neben einander eingelenkt, die äussern mit sehr langer Geissei und kleiner Schuppe. Kiemen büschelförmig. Kieferfüsse des dritten Paares langgestreckt, den Mund bedeckend, mit grossem zweiten Gliede. Das vordere Beinpaar sehr stark, mit mächtiger Scheere bewaffnet. Auch das zweite und dritte Beinpaar enden oft mit kleiner Scheere. Bauchfüsse des ersten Paares beim Männchen ruthenförmig. Nephrops Leach. Körper sehr langgestreckt mit langem seitlich gezähnelten Schnabel. Schuppe der äussern Antenne breit, kaum länger als der Schaft der- selben. Erstes Beinpaar sehr lang, mit prismatischer Scheere. N. norvegicus L., Mittelmeer und nord. Meere. Faranephrops White hat eine viel längere Antennen- Bchuppe und enthält Süsswasserformen. F. tenuicornis Dana, Neuseeland. Astacus Fabr. Stirnfortsatz dreieckig. Letztes Thoracalsegment beweglich. Scheeren des ersten Beinpacres stark aufgetrieben mit convexer Oberfläche. Erstes Abdominal- eegment des Männchens mit Anhängen. 17 bis 19 Kiemen. A. fluviatilis Rond. , Europäischer Flusskrebs. Die Häutungen (3 im Jahre) fallen in die Monate April bis September. Die aus den verhältnissmässig grossen Eiern ausgeschlüpften Jungen stimmen mit den ausgebildeten Thieren bis auf die rudimentäre Schwanzflosse überein und häuten im ersten Jahre nur einmal. Werden 1) Vergl. Erichson, Uebersicht der Arten der Gattung Astacus. Arch. für Naturg. XII. 1846. G. Gerstfeldt, Ueber die Flusskrebse Europa's. Mem. pres. a l'acad. St. Petersb. T. IX. Lerebouillet, Recherches sur le mode de fixation des oeufs aux fausses pattes abdominales des Ecrevisses. Ann. des sc. nat. 4 ser. Tom. XIV. L. Souheiran, Sur l'histoire naturelle et l'education des Ecrevisses. Comptes rendus de l'acad. des scienc. Tom. LX. 1865. H. A. Hagen, Monograph of the North Americ. Astacidae. III Illustrated Catal. of the Mus. of comp. Zool. Cambridge. 1870. Palinuridae, Galatheidae. S53 erst im vierten Jahre fortpflanzungsfähig. Die Begattung fällt in den November, nach derselben soll sich das Weibchen in ein Erdloch zurückziehen. Die Fluss- krebse können in Zuchtteichen cultivirt werden (Clairefontaine btd Rambouillet). A. pellucidus Tellk., in der Mammuthhöhle Kentuckys. A. {Cambarus) Bartoni Fabr. und zahl. a. amerik. Arten. Astaeoides Dana. Die Anhänge an dem ersten Abdominalsegmente des Männchens fehlen. A. spinifer Hell. A. nobilis Dana. A. plebejus Hess., Neuholland. Bei Cheraps Erichs, nur 17 Kiemen. Bei Poly- cheles Hell, sind 4 Scheerenpaare da. A. tijphlops Hell., Sicilien. Uebergangsform zu den Garneelen. Homarus Edw. Stirnfortsatz schmal mit mehreren Seitenzähnen. Die Antennenschuppe sehr klein. Scheeren des ersten Beinpaares stark aufge- trieben. Letztes Thoracalsegment unbeweglich. 19 Kiemen. Die ausschlüpfenden Jungen haben noch Spa,ltfüsse. Marin. H. vulgaris Bei., Hummer, Nordsee, Mittel- meer, Nordamerika. 4. Pam. Palinuridae^) {Loricata, Panzerkrebse). Körper cylindrisch oder flachgedrückt, mit sehr dickem Hautpanzer. Innere Antennen mit 2 meist kleinen Geissein. Aeussere Antenne ohne Schuppe. Brustseite mit grosser meist trigo- naler Platte. Erstes Beinpaar monodaktyl, bei der fossilen Gattung Eryon didactyl, durchlaufen als Larven die Phyllosomaform. 1. Subf. Scyllarinae. Körper abgeflacht. Die äusseren Antennen sind breite Platten. Scyllarus Fabr. Kopfbrustschild länger als breit. Schnabel stark vorsprin- gend. Maxillarfuss des dritten Paares mit Geisselanhang. 21 Kiemen. »Sc. latus Latr., Mittelmeer u. a. A. Bei Arctus Dana ist der Schnabel breit, wenig vor- springend, der Geisselanhang fehlt, und sind nur 19 Kiemen vorhanden. A. ursus Dan. {Scyllarus arctus Aut.). Thenus Leach. Kopfbrustschild breiter als lang. Orbitalhöhlen an der äussersten Stirnecke. Th. Orientalis Fabr., Ind. Ocean. Bei Ibacus Leach. KoiillDrustschild breiter als lang. Orbitalhöhlen von den Stirnecken entfernt. J. Peronii Leach. I. (Paribacus) antarcticus Fabr., Südsee. I. (Pseudi- bacus) Veranyi Guer., Nizza. 2. Subf. Palinurinae. Körper mehr oder minder cylindrisch langgestreckt. Aeussere Antennen sehr lang. Palinurus Fabr. Schale mit nur kleinem schnabelförmigen Vorsprung. Innere Antennen mit sehr kurzen Geissein. Aeussere Antennen an der Basis zu- sammenstossend. P. vulgaris Latr., Languste, Mittelmeer. Erzeugen mittelst starker Bewegungen des ersten äussern Fühlergliedes ein knarrendes Geräusch. Panulirus Gray. Ohne Schnabel. Geissein der inneren Antennen sehr lang. Aeussere Antennen an der Basis von einander entfernt. P. fasciatus Fabr., Ind. Ocean u. a. A. 5. Farn. Galatheidae. Cephalothorax oval mit stark incrustirtem , quer- gerieftem Panzer. Abdomen von ansehnlicher Grösse, so breit als das Kopfbrust- stück, nur wenig umgeschlagen, mit wohl entwickelter Schwanzflosse. Die Innern Antennen mit zwei kurzen Geissein, die äussern fadenförmig ohne Schuppe. Kiefer- füsse dee dritten Paares beinförmig mit Geisselanhang. Vorderbeine mit grossen Scheeren. Fünftes Beinpaar sehr dünn und klein, der Schale anliegend. Vier, beim Männchen 5 Paar Schwanzfüsse. Manche suchen leere Schneckenschalen zum Schutze des Abdomens auf. 1) Ausser den Arbeiten von De Haan, Gegenbaur, Claus u. a. vergl. A. Dohrn, Zur Entwicklungsgeschichte der Panzerkrebse. Zeitschrift für wiss. ZooL Tom. XX. 1870. 554 Thalassinidae. Paguridae. Galathea Fabr. Basalglied der innern Antennen cylindrisch. Untere Kiefer- füsse massig lang und am Ende nicht verbreitert. G. {Munida) rugosa Fabr G. sqiiamifera Leach. G. strifjnsa L. , Mittelmeer. Grimothea Leach. Basalglied der innern Antennen keulenförmig. Untere Kieferfüsse sehr lang, ihre drei letzten . communis Fürst. {D. equi Her., D. bovis Gerl., D. Ovis Gerl.). Symhiotcs Gerl. (Dermatophagus Fürst.). Unterscheidet sich von Dermatodectes durch die blasig aufgetriebenen kurzgestilten Saugscheiben und die viel dickern kurzem Scheerenkiefer. Leben von der Epidermis. S. equi Gerl. S. bovis Her. Auf der Haut des Menschen wurden gefunden Dermatophagoides Scheremetewskyi Bogd. Bedeutender entfernen sich die Gattungen Dermaleichus Koch, Myocoptes Clap., die offenbar zu den G^mariden hinführen. Myocoptes Clap. {Dermaleichus Koch e. p.). Rüssel aus der Maiillarlippe mit den eingliedrigen Tastern gebildet. Kieferfühler dreieckige mit der Spitze nach unten gekrümmte Stäbe. Füsse lang, fünfgliedrig, die beiden vordem Paare dünn, mit Haftscheibe und Hakenborsten, die beiden hintern zu dicken Klammerfüssen umgebildet (beim Männchen das vierte Paar abweichend). M. museulinus Xoch, Pelz der Hausmaus. Dermaleichus Koch. Körper niedergedrückt, oft gestreckt, mit verlängertem Ab- domen. Taster kurz 5ghedrig, die Sgliedrigen Beine mit glockenförmigen fast sitzenden Haftscheiben. Männchen mit Haftnäpfen und umgestaltetem dritten Beinpaare. D passerinus u. a. meist auf Vögeln lebende Arten. 3. Farn. Tyroglyphidae '), Käsemil ben. Von langgestreckter Form mit konischem langen Rüssel, mit scheerenförmigen Kieferfühlera und Bgliedrigem Taster. Beine 5gliedrig, ziemlich lang, mit Klauen endend. Querfurche zwischen dem zweiten und dritten Fusspaar. Seitlich von den Ghitinlippen der weiblichen Genitalspalte kleine Sauggruben. An beiden Seiten des Bauches Excretionssäcke. Verlassen das Ei als 6beinige Larven. Die Männchen (zuweilen auch Weibchen) 1) Gh. Robin, Memoire zoologique et anatomique sur diverses espfeces d'Acariens de la famille des Sarcoptides. Bull. Soc. imp. Moscou. 1860. Fumouze et Robin, Memoire anatomique et zoologique sur les Acariens des genres Cheyletus, Glyziphagus et Tyroglyphus. Journal de l'anatomie et de la physiologie. Tom. IV. 1867. Donnadieu, Recherches anatomique« etc. sur le genre Trichodactyle Ann. scienc. nat. V. Ser. Tom. X. Gamasidae. Ixodidae. 573 mit grossen Saugnäpfen seitlich von der Afterötftiung, zuweilen mit rudimentärem kieferlosen Saugrüssel als Hypopusarien beschrieben. Leben auf vegetabilischen und thierischen Stoffen. Tyroglyphus Latr. Mit den Charakteren der Familie. T. siro Gerv. und T. longior Gerv. {Acarus siro Aut.), Käsemilbe. T. farinae Deg. T. Entomo- phagus Lab. T. sieulus Fum, Rob. Hypopus Dug. Männchen mit verkümmerten Mundtheilen. H. Dujardinii Clap., auf Kartoffeln und Wurzeln. H. laevis Duj., auf Hummeln. Bhizoglyphus Clap. Auch beim Weibchen finden sich Saugnäpfe zur Seite des Afters, das dritte Beinpaar desselben ist ein starker Klammerfuss. Rh. Bobini Clap., an Wurzeln. Verwandte Gattungen Homopus Koch. Cheyletus Fum. Rob. Glyziphagus Her. {Gl. Cursor Gerv. Gl. pnmorum Her.). Gl. fecularum Guer. , an Kartoffeln. Eine Reihe von Hypopusa,rten sind als Schmarotzer verschiedener Insekten von Duj ardin beschrieben als H. alicola (Bienen), muscarum {Degeev's Acarus musca- rum, arvicolae etc.). Als Repräsentant einer besondem den Acariden sich anschliessenden, an Echiniscus unter den Tardigräden erinnernden Familie muss die Gattung Myohia V. Heyd. betrachtet werden. Tracheen sind vorhanden. Rüssel mit stiletförmigen Kieferfühlern und kurzen anliegenden Tastern. Das vordere. Beinpaar ist ein kurzer und sehr dicker Klammerfuss. Geschlechtsunterschiede sehr gross. Die Larven mit Deutovum und Tritovumstadium. M. musculi Sehr. 4. Farn. Gamasidae. Schmarotzer von Insekten, Vögeln und Säugethieren, mit frei vorstehenden gegliederten Kiefertastern und scheerenförmigen Kiefer- fühlern. Tracheen vorhanden. Augen fehlen. 2 Malpighische Canäle in den Seiten des Körpers. Beine behaart, mit Klauen und einer blasenförmigen Haftscheibe endigend. Larven 6beinig. Gamasus Latr. Körper harthäutig. Mundlippe dreigetheilt (Maxillarlappen und Unterlippe). Das Endglied der Sgliedrigen Taster sehr klein, zugespitzt. Die vordem Beine länger als die mittleren. G. coleoptratorum L. G. marginatus Herrn. G. crassipes Herm. Bermanyssus Dug. Körper weichhäutig. Kieferfühler in beiden Geschlechtern verschieden. Der Sgliedrige Taster mit sehr kleinem End- gliede. B. vespertiliotiis Dug., D. avium Dug. Auch auf den Menschen gehen diese Milben über. Pteroptus Duf. Körper weichhäutig flach, Endglied der öglied- rigen Kiefertaster lang oval. Die beiden hintern dicken Fusspaare von den vor- dem entfernt eingelenkt. Pt. vespertilionis Herm. Als Repräsentnnt einer besondem Familie mag hier Listrophorus Pag. an- geschlossen werden. MaxillarHppe ein eigeuthümHches Klammerwerkzeug. Körper langgestreckt, Mandibeln rudimentär. L. Leuckarti Pag., auf Hypudaeus 5. Farn. Ixodidae'), Zecken. Meist grössere, flachgedrückte, stechende und blutsaugende Milben mit grossem, festem Rückenschild , durch Tracheen athmend Zwei Stigmen an den Seiten der Bauchfläche hinter dem vierten Beinpaare. Die Maxillarladen mit Widerhaken bilden einen langen Rüssel, dem 3- bis 4gliedrige kolbig angeschwollene Taster anliegen. In der Rinne des Rüssels liegen die vor- stossbaren stabförmigen Kieferfühler, mit gezähntem hakig gebogenem Endgliede. 1) Vergl. C. Heller, Zur Anatomie von Argas persicus. Wien. Sitzungsb. Tom. 30. 1858. A. Gerstäcker, Argas reßexus Latr., ein neuer Parasit des Menschen. Virch. Archiv. Tom. XIX. G. Gene, Memoria per servire alla storia naturale degü Issodi. Mem. della Acad. di Torino. 2. Ser. Tom. IX. A. Pagen- stecher, Beiträge zur Anatomie der Milben. Leipzig. 1860 und 1861. 574 Trombididae. Hydrachnidae. Die langen vielgliedrigen Beine enden mit 2 Hakenklauen, oft zugleich mit einer Haftscheibe. 2 Augen können vorhanden sein. Die Speicheldrüsen gross. Argas Latr. Körper schildförmig. Kiefertaster 4gliedrig, drehrund. Die Beine entbehren der Haftscheiben. A. reflexus Latr. {Bhynchoprion columhae Herrn.), an Tauben, gelegentlich an Menschen. A. persicus Fisch., persische Zecke, wegen des Stiches berüchtigt. Ja;odcsLatr. Kiefertaster keulenförmig angeschwollen. Beine mit Haftscheiben und 2 Krallen. Leben frei im Gebüsch, vornehmlich in der Nähe von Waldsäumen, die Larven und Weibchen kriechen als stationäre Parasiten auf Reptihen und warmblütige Wirbelthiere und schwellen durch Auf- nahme von Blut rasch zu bedeutender Grösse an. Bei der Begattung soll das kleine Männchen mit dem Kopftheil nach hinten gekehrt an der Bauchseite des Weibchens ansitzen. I. ricinus L. I. rediwius Deg. I. nigua Deg., Surinam u. z. a. A. 6. Fam. Trombididae ' ) , Laiümilben. Der weichhäutige lebhaft gefärbte Körper meist ungetheilt. Kieferfühler stiletförmig oder mit Endklaue. Die Kiefer- lappen bilden zuweilen einen zapfenförmigen Rüssel. Taster beinartig mit End- klaue und lappenförmigem Anhang, fast scheerenähnlich. Die Beine sind lange plumpe Lauffüsse und enden mit Krallen und Haftborsten. Meist 2 Augen vor- handen. Athmen durch Tracheen, die aus zwei Stigmen entspringen. Laufen auf der Erde und an Pflanzen. Die 6beinigen Larven leben parasitisch theilweise von Pflanzensäften, theilweise an Insecten angeheftet von deren Blut. (Astoma). Tetranyclius Duf. Rüssel mit Widerhaken, ah die Zecken erinnerd. Kiefer- fühler stiletförmig. Kiefertaster init dicker Klaue. 2 Augen. Die beiden vordem Bein paare liegen von den 2 hintern weit entfernt. T. telearius L., Spinnmilbe {Trombidium tiliarum Herm.). Lebt an der Unterseite von Lindenblättern und besitzt Spinndrüsen (wahrscheinlich die Speicheldrüsen). Die als Leptus autumnalis beschriebenen 6beinigen Milben sind wahrscheinlich Tetranyclmslsirven. T. cristatus Dug. T. caudatus Dug. u. a. A. Hier mögen die Milben der Gattung Phytoptits Anschluss finden, welche durch ihren Stich Gallen und Deformitäten an Blättern erzeugen. Erythraeus Latr. Kieferfühler mit langen säbelförmigen Klauen. Kiefer- lappen behaart. Taster frei und gross. Lange Lauftusse, von denen die hintern am längsten sind. E. {Bhyncholophus Dug.) phalangoides Deg. E. parietinus Herm. Trombidium Latr. Kieferfühler mit kurzer Klaue. Kiefertaster gross mit lappenförmigem Anhang. Körperoberfläche sammetartig. Punktaugen vor- handen. Die langen Lauf beine enden mit 2 Krallen und borstenförmigen Anhängen. Die Larven {Astoma) schmarotzen an Lasecten und Spinnen. T. holosericeum L. T. iinctorium Fabr. 7. Fam. Hydrachnidae, Wasser milben. Kuglige oder langgestreckte oft lebhaft gefärbte Milben mit zwei oder vier Augen und klauen- oder säbelförmigen Kiefertühlern. Kiefertaster mit Haken oder Borsten am Endgliede. Lange Schwimm- füsse mit breiten Hüftgliedern und langen Schwimmborsten, von vorn nach hinten an Länge zunehmend. Athmen durch Tracheen, die mit zwei zwischen den Vorder- beinen versteckten Stigmen beginnen. Die 6beinigen Larven mit grossem Mund- kegel leben an Wasserinsecten oder auch an Muschelthieren parasitisch. Limnochares Latr. Taster kaum länger als der konische Rüssel. Kiefer- fühler mit pfriemenförmigen Endgliede. Kriechen mit ihi-eu Schreitfüssen auf dem 1) Vergl. E. Weber, lieber die Spinnmilbe etc. 22. Jahi-esbericht des Vereins für Naturkunde. Mannheim. 1856. Ferner Pagenstecher, Claparede etc. Öribatidae. Bdellidae. 575 Grunde stehender Gewässer, L. holonericeus Latr. {aquaticm L.). Larve auf Gerris und Hydrometra. Eylais Latr. Körper flach. Rüssel kurz. Endglied des Kiefer- tasters mit Dornen bewaffnet. Kieferfühler mit beweglicher Endklaue. Beine lang und schlank. Augen genähert. E. extendens 0. Fr. Müll. Hydrachna 0. Fr. Müll. Rüssel lang. Kiefertaster mit langem dritten Gliede und zangenartig gegenüber gestellten Endgliedern. Kieferfühler säbelförmig. Augen weit getrennt. H. cruenta 0. Fr. Müll. Atax Fabr. {Nesaea Koch.). Schnabel kurz. Taster sehr lang, scheerenlos, mit besonders langem vierten Gliede. Klauenförmige Kieferfühler, welche drei eigenthümlich modificirte Cuticularanhänge tragen. 2 Augen. Zahl- reiche Saugnäpfe imistellen die Geschlechtsöffnungen. Wasserbewohner, theilweise an Muschelthieren schmarotzend. Ä. crassipes 0. Fr. Müll. A. ypsüophoriis Bonz., schmarotzt auf Anodonten. {Limnochares Anodontae Pfeiff. = Hydrachna con- charum Vogt). A. Bonzi Clap., in der Mantelhöhle der Unionen. Arremirus Dug. Taster kurz keulenförmig mit stachelförmigem Endgliede. Hinteres Leibesende verengert und langgestreckt. Kieferfühler mit Klauen. A. viridis Dug. Diplo- dontus Dug. Taster sehr klein mitScheere endend. Kieferfühler mit langer zwei- gezahnter Klaue. D. scapularis Dug. 8. Fam. Öribatidae. Körper mit harter horniger Bedeckung, am Rücken oft mit flügeiförmigen Seitenfortsätzen. Einziehbare Scheerenkieferfühler und lange Sgliedrige Kiefertaster, deren Basalglieder zu einer Lippe verwachsen sind. Beine mit 1 oder mehreren Klauen. Athmeri wenigstens im ausgebildeten Alter durch kurze Luftröhren und sind ovovivipar. Die öfüssigen Larven (ob überall ?) gleichen den Tyroglyphenlarven und besitzen wie diese 2 eigenthümliche Bruststiele. Leben von Pflanzenstoffen. Hoplophora Koch. Körper mit beweglichem Vorderschild, grossem Rücken- und Bauchschild. Fuaspaare ganz nach vorn gerückt und wie die Mundtheile unter dem Vorderschild versteckt. Augenlos. 2 Stigmen unter dem Seitenschilde führen zu den Tracheen. H. contractilis Clap. [Phthiracarus Pertj r=z H. nitens Nie), bohrt in morschem Fichtenholz. Die Sfüssige Jugendform ist Acarus-ähnlich). Oribates Latr. {Notaspis Herm.). Die Seitentheile des Kopfbruststückes winklig oder flügeiförmig vorstehend. 0. alatus Herm., unter Moos. 0. agilis Nie. Nothrus Koch. Unterscheidet sich von Oribates durch den Mangel der Seiten- flügel. N. castaneus Herm. Pelops Koch. Cepheus Koch. Leiosoma Nie. 9. Fam. Bdellidae. Körper langgestreckt. Rüssel kopfförmig abgesetzt, mit einer Einschnürung zwischen den beiden vordem Beinpaaren. Kieferfühler mit Klaue oder Scheere endigend. Die grossen Taster iast antennenförmig. 2 bis 6- Ocellen. Die starken Laufbeine enden mit 2 kleinen Krallen. Kriechen auf feuchtem Erdboden. Bdella Latr. Taster mit langen starren Borsten besetzt. Kieferfühler mit kleinen Scheeren. Meist 4 Augen. Bd. vulgaris H. Bd. longicornis L. Bd. coerulipes Dug. Scirus Herm. Taster an der Seite sichelfönnig. Kieferfühler klauenförmig. Sc. setirostris Herm. Sc. elaphus Dug. u. a. A. Anhangsweise schliessen wir die kleine nur wenige Gattungen und Arten umfassende Abtjieilung der Pantopoden') (Pygnogoniden) oder Asselspinnen an. 1) Kröyer, Bidrag til Kundskab om Pygnogoniderne. Naturh. IWsskr. 1844. Quatrefages, Memoire sur l'organisation des Pygnogonides. Annales des Sciences nat. Ser. III. Tom. IV. 1845. W. Zenker, Ueber Pygnogoniden. Müllers Archiv. 1852. A. Krohn, Ueber das Herz und den Blutumlauf der Pygnogoniden. 576 Pantopoda. Von Milne Edwards und Kröyer zu den Crustaceen gestellt, wurden sie später ziemlich allgemein zwischen Milben und Spinnen den Arachnoideen zugewiesen, obwohl sie durch den Besitz eines accessorischen Eier-tragenden Beinpaares eine grössere Zahl von Gliedmassen zu besitzen scheinen. Der Körper dieser kleinen zwischen Tangen und Seepflanzen lebenden und langsam kriechenden Seethierchen erinnert in mehrfacher Hinsicht, insbesondere aber durch die Verkümmerung des Abdomens an die Laemodipoden unter den Amphipoden. Am Vorderende verlängert sich derselbe in eine conische Saugröhre, an deren Basis meist grosse scheerenförmige , den Kieferfühlern der Arachnoideen entsprechende Gliedmassen und unterhalb derselben beinähnliche oder ebenfalls scheerenförmige Taster (Kiefertaster) entspringen. An den Seiten setzt sich der ziemlich gestreckte Leib in vier lange, sieben- bis neungliedrige Beine fort, welche einen Theil der Innern Organe in sich aufnehmen und mit Klammerkrallen enden. Die Vierzahl dieser Klammerfusspaare war es vornehmlich, welche für die Arachnoideennatur der Pygnogoniden verwerthet wurde. Indessen findet sich beim Weibchen vor dem ersten Beinpaar, mehr der Medianlinie genähert, noch ein acces- sorisches, zum Tragen der Eier verwendetes Beinpaar, so dass sich die Glied- massenzahl auf 7 Paare erheben würde, wenn es sich wirklich in jenem Eierträger um ein selbstständiges einem besondern Segmente zugehöriges Beinpaar handelt. Jedoch ist es wahrscheinlich, dass dieses nur einem secundär hervorgewachsenen Anhang gewissermassen einem zweiten Aste entspricht. Ueberall reducirt sich der Hinterleib auf einen kurzen Höcker, an dessen Ende die Afteröffnung liegt. Bezüglich der Innern Organisation findet sich ein ansehnlich entwickeltes Nerven- system, welches aus einem Gehirn und 4 oder 5 dicht gedrängten Ganglien des Bauchmarkes besteht. Oberhalb des Gehirnes auf einem Höcker des Rückens liegen vier mit lichtbrechenden Körpern versehene Augen. Eine besondere Eigen- thümlichkeit beruht auf der Verwendung der Beine zur Aufnahme von Darmfort- sätzen und der Geschlechtsdrüsen. Besondere Athmungsorgane fehlen, wohl aber findet sich in der Regel ein Herz mit zwei oder drei Paaren von Spaltöffnungen nebst einer kurzen Aorta. Der enge und gerade Darmcanal, in welchen die enge Speiseröhre des Mundkegels führt , trägt jederseits lange Blindschläuche , welche in die Beine eindringen und sich bis in die letzten Glieder derselben erstrecken. Ebenso liegen Hoden und Ovarien in der untern Hälfte der Beine und münden an dem Schenkelgliede oder Hüftgliede aus. Die Eier werden unter der Brust- fläche an dem accessorischen nach hinten geschlagenen Beinpaare bis zum Aus- schlüpfen der Jungen in Säckchen umhergetragen oder auch wohl gleich (Gegen- baur) in Hydroidpolypen abgesetzt, in denen die nach Hodge selbstständig ein- wandernden {Fhoxichilidium) Jugendformen schmarotzen. Der Dotter bildet sich nach Ablauf der totalen Furchung bei Fygnogonum und Achelia in einen 6beinigen Embryo aus, welcher in seiner ersten Anlage dem Naupliitsem.hvyo der Copepoden einigermassen ähnlich ist. Die ausschlüpfende mit xförmigen Augen versehene Larve ist jedoch von der Naupliusla,T\e sehr verschieden, und es erscheint zweifelhaft , ob die drei mit Klammerwaffen endigenden Gliedmassen auf die beiden Antennen und Mandibeln Archiv für Naturg. Tom. XXI. G. Hodge, Observ on a Species of Pygnogon etc. Ann. ot nat. hist. o. Ser. Tom. IX. 1862. Derselbe, List of the Brit. Pygnogo- nidea. Ebendas. Tom. XIII. A. Dohrn, Ueber Entwicklung und Bau der Pygno- goniden. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. V. 1870. Vergl. auch Semper's Zusammen- stellung. Arbeiten aus dem zool. zoot. Institut, Würzburg. 1874. 3. Ordnung: Tardigrada. 577 des Crustaceenleibes zu beziehen sind. Die vordere Gliedmasse, zu den Seiten des Mundkegels eingelenkt, endet mit Scheere , die beiden nachfolgenden Gliedmassen enden mit langen Borsten. In den nachfolgenden Larvenstadien bilden sich der Reihe nach die noch fehlenden vier Beinpaare aus, während die vorausgehenden Gliedmassen eine partielle Rückbildung erfahren. In manchen Fällen (vielleicht Pallene) wird jedoch die Metamorphose schon innerhalb der Eihüllen übersprungen, indem das ausschlüpfende, die Larvenhaut abstreifende Junge bis auf das letzte Beinpaar die Pygnogonidenform besitzt {Cydops-Lernaeopoden). 1. Fam. Pygnogonidae. Mit den Charakteren der Ordnung. Pygnogonum Brünnich. Die beiden vordem Extremitätenpaare (Kieferfühler und Taster) rückgebildet. Beine dick, nur von Körperlänge. Eierträger lOgliedrig- P. littorale Müll., Nordsee. Pasithoe Goods. Bei PhoxichiUdium Edw. fehlen die Taster. Eierträger Sgliedrig. Pallene Johnst. NympJion Fabr. Taster 4- bis 5gliedrig. Beine sehr lang fadenförmig mit 4 bis 5 Hüftgliedern unterhalb des Schenkelgliedes. Fussklauen länger als der Rüssel. N. grassipes Fabr. N. gracile Leach. , Europ. Küste. Bei Ammothoa Hodge ist der Taster Sgliedrig und die Fussklaue viel kürzer als der Rüssel. A. pygnogonoidcs Quatref., St. Malo. Zetes Kr. Vorderes Extremitätenpaar (Kieferfühler) tasterähnlich. Eierträger lOgliedrig. Saugrüssel sehr gross, scheinbar 2gliedrig. Beine kaum länger als der Körper. Nahe verwandt ist Achelia Hodge. Rüssel kurz. Taster Sgliedrig. Eierträger 9gliedrig. A. echinata Hodge. .3. Ordnung: Tardigrada'), Tardigraden. Hermaphroditische Arachnoideeu mit saugenden und stechenden Mundtheilen und kurzen stummelförmigcn Beinen, ohne Herz und Reöpirationsoryane. Der Körper dieser kleinen, langsam kriechenden Wasserthierchen ist wurmförmig gestreckt, ohne Scheidung in Kopf, Brust und Hinter- leib, vorn zu einer Saugröhre verlängert, in welcher sich zwei stilet- förmige Kiefer hervorschieben. Die vier Beinpaare bleiben kurze, mit mehreren Klauen endigende ungegliederte Stummelfüsse, von denen die hintern am äussersten Ende des Körpers entspringen. Das Nerven- S3'stem besitzt einen geschlossenen Schlundring mit kleinen weit ab- 1) Ausser den älteren Arbeiten von Goeze, Eichhorn, 0. F. Müller, Schrank u. a. vergl. Doyere, Memoire sur les Tardigrades. Ann. des scienc. nat. IL ser. Tom. XIV. 1840. C. A. S. Schnitze, Macrobiotus Hufelandii etc. Berolini. 1834. Derselbe, Echiniscus Bellermanni. Berolini. 1840. Derselbe, Echiniscus Creplini. Gryphiae. 1861. Dujardin, Sur les Tardigrades et sur une espece a longs pieds vivant dans l'eau de mer. Ann. des scienc. nat. III. ser. XV. T. Kaufmann, lieber die Entwicklung und System. Stellung der Tardigraden. Zeitschr. für wiss. Zool. vol. IIL 1851. Rieh. Greeff, Ueber das Nervensystem der Bärthierchen. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. L 1865. Derselbe, Unter- suchungen über den Bau und die Naturgeschichte der Bärthierchen. Ebendas. Tom. IL 1866. M. Schnitze, Echiniscus Sigismundi, ebendaselbst. Tom. IL Claus, Zoologie. 3. Auflage. '^"^ 578 Arctiscoideae. — 4. Ordnung: Phalangida. stehenden obern Schlundganglien und Nerven für Augen und Tastorgane. Dann folgen vier durch 2 lange Conimissuren verbundene Ganglien- knoten, deren Nerven unter mehrfachen Verästelungen zu den Muskeln treten und an denselben mit »kernhaltigem Nervenhügel« enden (Doyere, Greeff). Rcspirations- und Kreislaufsorgane fehlen vollständig. Der Verdauungscanal besteht aus einem muskulösen Schlund und einem weiten, zuweilen mit kurzen Fdindsäckchen besetzten Magendarm. In den mit 2 Stiletten bewaffneten Saugrüssel münden die Ausführungs- gänge von 2 ansehnlichen Speicheldrüsen. Die Tardigraden sind Zwitter mit paarigen Hodenschläuchen, einfacher Samenblase und oft unpaarera Ovarialschlauch, welche beide mit dem Mastdarm zugleich münden. Sie legen während der Häutung grosse Eier ab, welche von der alten ab- gestreiften Haut bis zum Ausschlüpfen der Jungen umschlossen bleiben. Die Entwicklung geschieht meist ohne Metamorphose. Alle leben von kleinen Thieren (z. ß. Rotiferen), halten sich zwischen Moos und Algen, auf Ziegeln, in Dachrinnen auf, einige wenige auch im Wasser und sind besonders dadurch bemerkenswerth geworden^ dass sie wie die Rotiferen nach langem Eintrocknen durch Befeuchtung wieder ins Leben gerufen werden. 1. Farn. Arctiscoideae. Mit den Charakteren der Ordnung. Ärctiscon Schrk. {Münesium Doy.). 2 Augen und 2 conische Tastfortsätze oder Palpen. A. tardigradum Schrk., mit 4 Klauen, in stehendem Wasser. A. Milnei S. Seh. [Münesium tardigradum Doy.) mit nur 2 Bö-allen, zwischen Moos der Hausdächer. Macrobiotus S. Seh. Körper oval langgestreckt mit glatter Haut, ohne Palpen. Schlundkopf kuglig mit Kauplättchen oder Stäbchen. M. Hufe- landii S. Seh. M. Schultzei Greeft', M. macronyx Duj. u. a. A. Echiniscus S. Seh. [Emydium Doy.). Körper langgestreckt, gegliedert, mit Dornen und Stacheln des Rückens. Füsse mit 4 bis 8 selbst 9 gleichlangen einfachen Krallen. (Nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei besitzen die Jungen nur 2 Krallen). E. Bellermanni S. Seh. E. Creplini ö. Seh. E. Sigismundi M. Seh. Marin. 4. Ordnung: Phalangida ^), Afterspinnen. Mit scheerenförmigen Kieferfühlern und vier langen dünnen Beinpaaren, mit gegliedertem, in seiner ganzen Breite dem Kopfhrust- stücJc angefügtem Hinterleibe, ohne Spinndrüsen, durch Tracheen athmend. Die Afterspinnen erheben sich bereits in mehrfacher Hinsicht über die Milben und nähern sich in ihrer Körperform und Lebensweise den 1) Ausser Treviranus, Leydig, Hahn und Koch etc. vergl.: M. Perty, Delectus animalium articulatorum, quae colligit Spix et Martius. Monaehae. 1833. Meade, Monograph of the British species of Phalangiidae. Ann. of nat. hist. 2. ser. Tom. XV. 1845. A. Tulk, Upon the anatomy of Phalangium opilio. Ann. Afterspinnen. Allgeraeiner Körperbau. Fortpflanzung-. 579 echten Spinnen, von denen sie sich vornehmlich durch ihre scheeren- förmigen nach unten eingeschlagenen Sgliedrigen Kieferfühler, durch die Gliederung des Hinterleibes, die Tracheenathmung und den Mangel der Spinndrüsen unterscheiden. Ihre ögliedrigen Kiefertaster sind entweder fadenförmig oder auch beinförmig und mit Klauen bewaffnet. Der Hinterleib besteht in der Regel aus 6 deutlichen Segmenten und schliesst sich dem Cephalothorax in seiner ganzen Breite an. Das Nervensystem gliedert sich in Gehirn (mit den Augennerven) und Brustknoten, von welchem ausser den Nerven der Mundtheile und Beine in abweichender Weise 2 Eingeweidenerven entspringen, welche jederseits in ihrem Ver- laufe deutliche Ganglien bilden. Von Sinnesorganen finden sich auf einer medianen Erhebung des Kopfbrustschildes 2 Punktaugen. Die Athmungsorgane münden durch ein einziges Stigmenpaar unter den Hüften des letzten Beinpaares und sind überall im Körper verzweigte Tracheen. Das Herz ist ein langes in drei Kammern getheiltes Rücken- gefäss. Der Magen bildet jederseits zahlreiche Blindsäcke, von denen die hintern bis zum After reichen. Vorn am Seitenrande des Kopfbrust- stückes münden die von Ire vi ran us für seitliche Augen gehaltenen Oetfnungen zweier Drüsensäcke. Sowohl die männliche als die weibliche Geschlechtsöffnung liegt zwischen den hintern Füssen, aus der erstem kann ein rohrartiges Begattungsorgan, aus der letztern eine lang- gestreckte Legeröhre (Ovipositor) hervorgestreckt werden. Merkwürdig ist die Erzeugung von Eiern neben dem Sperma im Hoden, welche Treviranus und Krohn bei fast allen Männchen beobachteten. Der Hoden ist unpaar und liegt als ein gestreckter Querschlauch von matt- weisser Färbung im Hinterleib. Am Ende der beiden nach vorn ge- richteten Schenkel entspringen die engen Vasa efferentia , welche in der Mittellinie zur Bildung des in vielfachen Windungen verschlungenen Vas deferens zusamraenstossen. Dieses letztere erweitert sich vor dem Eintritt in das Begattungsrohr beträchtlich, durchsetzt dasselbe als ein sehr enger Canal und öffnet sich an der Spitze auf dem beweglich ab- gesetzten Penisende *der Eichel« nach aussen. Dazu kommt noch ein im Vordertheil des Abdomens gelegenes aus verästelten Blindschläuchen of nat. bist. XII. Menge, Ueber die Lebensweise der Afterspinnen. Schritten der Danz. naturf. Gesellschaft. 1850. Lubbock, Notes on the generative organs in the Annulosa. Philos. Transactions. 1861. Leydig, Ueber das Nervensystem der Afterspinne. MüUer's Archiv. 1862. Krohn, Zur nähern Kenntniss der männlichen Zeugungsorgane von Phalangium. Archiv für Naturg. 1865. Derselbe, Ueber die Anwesenheit zweier Drüsensäcke im Cephalothorax der Phalangiiden. Ebend. 1867. G. Joseph, Cyphophthalmus duricorius. Berl. Entom. Zeitschr.^ XII. Balbiani, Memoire sur le developpemeut des Phalangides. Ann. sc. nat. 5. Ser. Tom. 16. 1872. 37* 580 5 Ordnung: Araneida, Spinnen. zusammengesetztes Drüsenpaar (von Treviranus und Tulk für den Hoden gehalten), dessen beide Ansführungsgänge nicht weit von der Geschlechtsöifnung auf der obern Wand der Ruthenscheide einmünden. Diese beiden Drüsen finden sich wenn auch in geringerer Grösse beim Weibchen und münden entsprechend auf der obern Wand der Lege- röhrenscheide. Die Afterspinnen halten sich am Tage meist in Verstecken auf und gehen zur Nachtzeit auf Beute aus. Besonders zahlreiche Arten und höchst bizarre Formen leben in Südamerika. Fossile Reste sind aus dem Sohlenhofer Kalkschiefer bekannt geworden. 1. Fam. Phalangiidae. Abdomen frei. Kiefertaster nicht bedornt. Trogulus Latr. Körper flach zeckenähnlich, harthäutig, mit langgestrecktem Abdomen. Das Vorderende des Kopfbruststückes verlängert sich in eine die Mund- theile bedeckende Kappe. Kiefertaster fadenförmig ohne Endklaue. Beine nur massig lang. Tr. triearinatus L., Südeuropa. Cryptostemma Guer. C. Wester- manni Guer, Guinea. Phalangium L. (Opifeo Herbst). Körper rundlich oder oval mit frei vortretenden Kieferfühlern. Kiefertaster unbedeckt, mit Endklaue. Tarsen der sehr langen Beine vielgliedrig. Ph. opilio L. [parietinum Deg.), im mä,nn- lichen Geschlecht mit hornförmigem Fortsatz der Kieferfühler [P. cornutum L.). Cosmetus Pert. C. bipunctatus Pert., Brasilien. Discosoma cinctum Pert. 2. Fam. Gonyleptidae. Abdomen unter dem Kopfbruststück versteckt. Kiefertaster bedornt, die hintern Beine sehr gross, von den vorausgehenden weit abstehend. Gonyleptus Kirb. Kopibruststück trigonal, hinten mit Stacheln bewaffnet. Kiefertaster bedornt. G. horridus Kirb., Brasilien. Verwandte Gattungen sind Ostracidium Pert., Goniosoma Pert., Stygvus Pert., Eusarchus Pert., Mitobates Sund., Phalangodus Gerv. 5. Ordnung: Araneida ' ), Spinnen. Arachnoideen mit Giftdrüsen in den hlauenförmigen Kieferfühlern, mit beinartigen Kiefertastern und gestiltem ungegliederten Hinterleih, an dessen Ende sich 4 oder 6 Spinnwarzen erheben, mit 2 oder 4 Lungensäckchen. Die Körperform der echten Spinnen erhält ihren eigen thümlichen Character durch den angeschwollenen ungegliederten Hinterleib, dessen 1) C. A. Walckenaer, Histoire naturelle des Araneides. Paris et Strass- bourg. 1805—1808. Derselbe, Histoire naturelle des insectes apteres. Tom. I. II. 1837. Treviranus, Ueber den innern Bau der Arachniden. Zeitschrift für Phy- siologie. 1812. C. J. Sundevall, Specimen academicum, genera Araneidum Suecicae exhibeus. Lundae. 1823. A.Menge, lieber die Lebensweise der Spinnen. Neueste Schriften der naturf. Gesellsch. in Danzig. Tom. IV. 1843. Derselbe, Preussische Arachniden. 4 Theile. Danzig. 1866—1871. M. Herold, De generatione Aranearum in ovo. Marburg. 1824. E. Gl aparede, Recherches sur l'evolution des Araignees. Geneve. 1862. Derselbe, Etudes sur la circulation du sang chez Körperbau. 581 Basis mit stilförmiger Verengerung deno ungegliederten Kopfbruststück angefügt ist. Die grossen Kieferfühler über dem Stirnrande bestehen aus einem kräftigen, an der Innenseite gefurchten Basalabschnitt und einem klauenförmigen einschlagbaren Endgliede, an dessen Spitze der Ausführungsgang einer Giftdrüse mündet. Im Momente des Bisses fliesst das Secret dieser Drüse in die durch die Klaue geschlagene Wunde ein und bewirkt bei kleineren Thieren den fast augenblicklichen Tod. Die Unterkiefer tragen an ihrem breiten Coxalgliede, welches eine Art Kiefer- lade darstellt, einen niehrgliedrigen Taster, beim Weibchen von der Form eines verkürzten Beines, beim Männchen mit angeschwollenem com- plicirt gebautem und als Copulationsorgan fungirendem Endgliede. Nach unten wird die Mundöflnung von einer unpaaren Platte wie von einer Art Unterlippe begrenzt. Die vier meist langen Beinpaare, deren Form und Grösse übrigens nach der verschiedenen Lebensweise vielfach ab- weicht, enden mit zwei kammartig gezähnten Krallen, zu denen oft noch eine kleinere unpaare Afterkralle hinzukommt. An Stelle der letzteren tritt bei den vagabundirenden Spinnen oft ein Büschel gefiederter Haare auf. Der Hinterleib ist stets beim Weibchen grösser und aufgetriebener als beim Männchen; an der Basis seiner Bauchfläche hegt die unpaare Geschlechtsöflfnung , zu deren Seiten die beiden Spaltöffnungen der Lungensäckchen. Oft findet sich hinter diesen Oeffnungen noch ein zweites Stigmenpaar, welches entweder ebenfalls in hintere Lungen- säckchen (Mygalidae), oder in ein System von Tracheen {Argyroneta) führt. Der After liegt ventral am Ende des Abdomens, umgeben von 4 oder 6 warzenförmigen Erhebungen, den Spinnwar^en , aus denen das Secret der Spinndrüsen hervortritt und oft als Faden hervorschiesst. Diese Spinndrüsen sindtheils birnförmige, theils cylindrische, theils baum- förmig gelappte Schläuche, deren enge Ausführungsgänge an der Ober- fläche der Spinnwarzen auf kleinen Spinnröhrchen und grössern Zapfen (für die cylindrischen und baumförmigen Schläuche) münden. Der von diesen Drüsen secernirte klebrige Stoff erhärtet an der Luft rasch zu einem Faden und wird unter Beihülfe der Fussklauen zu dem bekannten Gespinnste verwebt. les Aranees du gerne Lycose. Geneve. 1863. Aug. Vinson, Araneides des lies de la Reunion, Maurice et Madagascar. 1863. E. Ohlert, Die Araneiden oder echten Spinnen der Provinz Preussen, Leipzig. 1867. Buchholz und Landois, Anatom. Untersuchungen über den Bau der Araneiden. Ueber den Spinnapparat von Epeira diadema. Müller's Archiv. 1868. F. Plateau, Observations sur l'Argyronete aquati- que. Ann. d. scienc. nat. 5. Ser. VIl. 1867. T. Thorell, Remarks on Synonyms of european spiders. 1870—72. Koch, Die Arachniden Australiens. Nürnberg. 1871. Balbiani, Memoire sur le developpement des Arachnides. Ann. scienc. oat. 5 Ser. Tom. XVIII. 1873. 582 Spinnen. Nervensystem. Darm. Geschlechtsorgane. Von den innern Organen erlangt das Nervensystem einen hohen Grad der Concentration, indem ausser dem Gehirne mit den Augen- und Kieferfühlernerven eine gemeinsame, gewöhnlich sternförmige Brust- ganglienmasse auftritt, welche Nerven zu den Kiefertastern, zu den Beinen und in das Abdomen entsendet. Auch wurden Eingeweidenerven am Nahrungscanal beobachtet. In der Regel finden sich hinter dem Stirnrande 8, seltener 6 kleine Punctaugen, die in zwei oder drei Bogen- reihen auf der obern Fläche des Kopfabschnittes in höchst gesetzmässiger und für die einzelnen Gattungen characteristischer Weise vertheilt sind. Am Verdauung scanal unterscheidet man eine Speiseröhre, einen mit fünf Paaren von Blindschläuchen versehenen Magen und einen dünnen langen Darm, in welchen rechts und links mehrere Ausführungsgänge der umfangreichen vielfach verästelten Leber münden. Der Endabschnitt des Darmes nimmt zwei ebenfalls verästelte Canäle, die Harncanäle, auf und erweitert sich vor der Afteröff'nung blasenartig zum Mastdarm. Nicht minder ausgebildet erscheint das Gefässsystcm. Aus einem pul- sirenden im Abdomen gelegenen Rückengefäss fliesst das Blut durch eine vordere Aorta in das Kopfbruststück und von hier in seitlichen Arterien nach den Beinen, Kiefern, Gehirn und Augen. Das zurückkehrende Blut strömt in das Abdomen, umspühlt die aus zahlreichen stark abge- platteten kurzen Röhren zusammengesetzten sog. Lungensäckchen und tritt durch drei Paare seitlicher Spaltöffnungen in das Rückengefäss zurück. Die Ovarien sind zwei traubige, von der Leber umhüllte Drüsen, deren kurze Eileiter zu einer gemeinsamen, mit zwei längHch gestielten Samenbehältern verbundenen Scheide sich vereinigen und auf der Bauchfiäche an der Basis des Hinterleibes zwischen den vordem Stigmen ausmünden. Die Hoden sind zwei lange, vielfach gewundene Canäle mit gemeinsamen Vas deferens, dessen Oefinung ebenfalls an der Basis des Abdomens liegt. Die Männchen unterscheiden sich durch den geringen Umfang ihres Hinterleibes von den durchweg oviparen Weibchen , welche ihre abge- legten Eier häufig in besonderen Gespinnsten mit sich herumtragen (Theridium, Bolomedes). Ein zweiter, nicht minder in die Augen fallender äusserer Geschlechtsunterschied beruht auf der Umgestaltung der männlichen Maxillarpalpen zu Copulationsorganen. Das verdickte Endglied der Kiefertaster erscheint nämlich mehr oder minder löffei- förmig ausgehöhlt und enthält einen spiralig gebogenen Faden nebst mehreren hervorstreckbaren Anhängen. Vor der Begattung füllt das Männchen dieses eigenthümlich organisirte Endglied mit Sperma und drückt dasselbe im Momente des Coitiis an die weibliche Geschlechts- öffnung. Zuweilen leben beide Geschlechter friedlich neben einander in benachbarten Gespinnsten oder selbst eine Zeitlang in demselben Gewebe; in anderen Fällen stellt das stärkere Weibchen dem Männchen wie Embryonale Entwicklung. 583 jedem andern schwächern Thiere nach und verschont dasselbe nicht einmal während oder nach der Begattung, zu der sich das Männchen nur mit grösster Vorsicht naht. Die Entwicklung des Spinneneies, schon in frühem Decennien von Herold verfolgt, wurde neuerdings durch die eingehenden an Pholcus angestellten Untersuchungen Claparede's, sodann durch Balbianis Beobachtungen an Tegenaria, Agelena, Epeira genauer verfolgt. Nach Balbiani setzt sich das von Dotterhaut und Chorion umschlossene Ei aus einer oberflächlichen plastischen Lage und aus dem Nahrungsdotter zusammen. Für erstere soll ein besonderes Centrum, Embryonalbläschen, vorhanden sein, während das Keimbläschen nur dem Nahrungsdotter zu- gehört (?). Am abgelegten Ei ist das Keimbläschen (Purkinje'sche Bläschen) schon geschwunden. Die ersten Veränderungen des befruchteten Eies bestehen in dem Auftreten von runden hellen Flecken (den wahrschein- lichen Abkömmlingen des Keimbläschens (Cl aparede), nach Balbiani aber condensirten Kugeln der Keimsubstanz) in der peripherischen Keim- schicht, welche zu den Kernen der Blastodermzellen werden. Nachdem sich das Blastoderm als eine gleichniässige Schicht kleiner polygonaler Zellen entwickelt hat, bildet sich an einer Stelle desselben eine kleine Erhebung, der schon von Herold gekannte Primitivkegel. Derselbe hat jedoch mit dem Primitivstreifen nichts zu thun, gehört vielmehr dem Rücken des spätem Embryos an. Alsbald zieht sich der Dotter zusammen besonders in der Gegend des Primitivkegels, der eine birn- förmige Geslalt gewinnt und seine Spitze nach der Dotterstelle hinkehrt, welche die Gegend des analen Poles bezeichnet. Hier vermehren sich die Blastodermzellen stark und veranlassen eine zarte Ti'übung, die wie eine Kappe die Oberfläche des Dotters bis auf den Kopf und einen Rtickenstreifen, den Primitivhügel in der Mitte, bedeckt. Dieser dorsale Meridian zieht sich mehr und mehr zusammen, sodass Kopf- und Analpol einander genähert werden. Hier bilden sich die Kopf- und Analkappe des verdickten Blastoderms, welches in solcher Ausdehnung den Primitiv- streifen repräsentirt. Dann tritt an demselben eine Segmentirung ein, indem sich sechs verdickte Querzonen nach der Stelle des fast ver- schwundenen Primitivkegels convergirend abheben. Es sind die Ur- segmente des Kopfbruststückes, von denen die beiden vordem auf die Kopfkappe folgen. Nach Balbiani bilden sich von diesen zuerst die 3 Ursegmente des Kiefertasters und der beiden vordem Beinpaare, dann die zwei nachfolgenden und hierauf erst das Segment des Kopfes oder der Kieferfühler. Bald zieht sich der Urtheil ventral zusammen und nähert sich mehr und mehr der Form eines breiten Bandes, während die Ursegmente bis zur Berührung einander genähert, sich an den Seiten vornehmlich verstärken. Zu einer Ruptur des Blastoderms an der Rückenseite kommt es überhaupt nicht. Der Primitivkegel aber ver- 584 Spinnen. Embryonale Entwicklung. Lebensweise. schwindet. Mit dem weitern Wachsthum der Uranlage entstehen die 5 Segmente des Abdomens, welche sich von vorn nach hinten der Reihe nach von der Schwanzkappe sondern (Bildung des Abdomens zahlreicher Krebslarven). Nun aber kommt es auch zur Anlage eines Post- abdomens, indem sich der hintere Theil der Schwanzkappe nach unten umschlcägt und in 2 bis 3 Segmente gliedert. Indessen erfährt dieser Abschnitt wiederum eine allmählige Rückbildung und schwindet lange Zeit vor dem Ausschlüpfen des Embryos. Gleichzeitig breiten sich die Seitentheile der Kopfkappe als vordere Kopflappen aus. Bezüglich der Gewebsdifferenzirunti; kann man ein äusseres Hautblatt und ein mehr trübkörniges Innenblatt unterscheiden. Zu dieser Zeit erfolgt die mediane Trennung der Embryonalanlage in die sog. Keimwülste, welche nur im Kopflappen und im Postabdomen zusammenhängen. Aus denselben sprossen dann die Anlagen der sechs Extremitätenpaare als kleine Höcker hervor, während sich die Segmente seitlich ausdehnen und auf dem Rücken ohne Segmentalgrenzen schliessen. Nachdem die Extremi- tätenanlagen bedeutend gewachsen sind und sich das innere Blatt über das ganze Blastoderm ausgebreitet hat, erleiden die Bauchwülste eine eigenthümliche Lagenveränderung, durch welche die bisherige Embryonal- krümmung in die entgegengesetzte übergeführt und die Bauchseite concav wird. Nun bilden sich die Extremitäten und die innern Organe aus. Zwischen die auseinanderweichenden Kopüappen wächst von unten die zur Unterlippe sich gestaltende Mundplatte empor, die allmählig mehr und mehr nach iiinten gedrängt, schliesslich hinter die Mandibeln und zwischen die beiden Maxillen zu liegen kommt. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen im Wesentlichen die Form und Organisation der elterlichen Thiere und haben keine weitere Metamor- phose zu durchlauten. Indessen sind dieselben vor ihrer ersten Häutung noch nicht im Stande, Fäden zu spinnen und auf Raub auszugehen. Erst nach der Häutung werden sie zu diesem Geschäfte tauglich, ver- lassen das Gespinnst der Eihüllen und beginnen Fäden zu ziehen und zu schiessen, sowie auf kleine Insecten Jagd zu machen. Die im Herbste massenhaft auftretenden, unter dem Namen fliegender Sommer oder alter Weibersommer bekannten Gespinnste sind das Werk junger Spinnen, welche sich mittelst derselben hoch in die Luft erheben und vielleicht an geschützte Orte zur Uebeiwinterung getragen werden. {Xysticus-, Fachygnatha- und MicryjilumUisiwiQw . Die Lebensweise der Spinnen bietet soviel Aulfällendes und Wunder- bares, dass sie schon in der frühesten Zeit das Interesse der Beobachter in hohem Grade fesseln niusste. Alle Spinnen nähren sich vom Raube und saugen die Säfte anderer Insekten ein, indessen ist die Art und Weise, wie sie sich in Besitz der Beute setzen, höchst verschieden und oft auf hoch entwickelte Kunsttriebe gestützt. Die sog. vagabundirenden 1. Unterordnung: Tetrapneumones. 585 Spinnen bauen überhaupt keine Fangnetze und verwenden das Secret der Spinndrüsen nur zur Ueberkleidung ihrer Schlupfwinkel und zur Verfertigung von Eiersäckchen, sie überfallen die Beute bei freier Bewegung ihres Körpers im Laufe oder selbst im Sprunge. Andere Spinnen dagegen besitzen zwar auch die Fähigkeit der raschen und freien Ortsbewegung in hohem Grade, erleichtern sich aber den Beute- erwerb durch die Verfertigung von Gespinnsten und Netzen, auf denen sie selbst mit grossem Geschicke hin- und herlaufen, während sich andere Thiere namentlich Insecten sehr leicht in denselben verstricken. Die Gewebe selbst sind äusserst mannichfach und mit sehr verschiedener Kunstfertigkeit angelegt, entweder zart und dünn aus unregelmässig gezogenen Fäden gebildet oder von derber filziger Beschaffenheit und horizontal ausgebreitet, oder sie stellen verticale radförmige Netze dar, die in bewunderungswürdiger Regelmässigkeit aus concentrischen und radiären, im Mittelpuncte zusammenlaufenden Fäden verwoben sind. Sehr häufig finden sich in der Nähe der Gewebe und Netze röhrenartige oder trichterförmige Verstecke zum Aufenthalt der Spinne angelegt. Die meisten Spinnen ruhen am Tage und gehen zur Dämmerung oder zur Nachtzeit auf Beute aus. Indessen gibt es auch zahlreiche vagabun- dirende Formen, welche am hellen Tage selbst bei Sonnenschein jagen. Fossile Spinnen treten bereits in der Tertiärzeit auf und finden sich sehr zahlreich und vortrefflich erhalten im Bernstein. 1. Unterordnung : Tetrapneumones ' ). Mit 4 Lungen und ebensovielen Stigmen. Hinterleib mit 4 Spinn- warzen. 1. Fam. Mygalidae, Vogelspinnen. Meist grosse dichtbehaarte Spinnen, deren Kieferfühlerklauen gerade nach abwärts gerichtet sind. Sie gehören vor- nehmlich den wärmeren und heissen Ländern an und bauen keine wahren Gewebe, sondern nur lange Röhren oder tapeziren sich ihre Schlupfwinkel in Baumritzen und Erdlöchern mit einem dichten Gespinuste aus. Am Eingang ihrer Wohnröhren, welchen einige durch einen Deckel verschliessen können, lauern sie auf Beute, gehen theilweise aber auch im Freien auf Raub aus. Die acht Augen stehen überall dicht neben einander. Alle besitzen vier Lungen und vier Spinnwarzen, von denen zwei sehr klein bleiben. Mygale (Theraphosa) Walck. Augen am Vordertheile des Kopfbruststückes einander sehr genähert. Beine stark und derb zottig behaart, die des ersten und vierten Paares am längsten. Männchen mit schraubenartig gewundenem Begattungs- organ am Endgliede des Tasters. M. avicularia L., Vogelspinncn in Südamerika, Leben auf Bäumen in einem röhrenförmigen Gespinnst zwischen Baumlöchern und 1) Latreille, Des habitudes de l'Araig'nee aviculaire. Me'm. du Mus. d'hist. nat. Tom. VIIL 1822. l. V. Audouin, Observations sur la structure du nid de l'Araignee pionnibre. Ann. de la soc. entom. Tom, IL 1833, 586 2. Unterordnung: Dipneumones. tödten selbst kleinere Vögel (Bates). M. Blondii Walck., in der Erde. M. fasciata Walck. u. z. a. Arten in Ostindien. Cteniza Latr. Kieferfühler dicht unter der Klaue mit Häkchen wie bestachelt. Beine nach dem Ende zu verschmälert, mit gestrecktem Tarsalabschnitt. Leben in röhrenförmigen Erdhöhlen, deren Eingang sie mit einem kreisrunden thiirähnlich beweglichen Deckel verschHessen. Ct. cae- mentaria Latr., Tapezirspinne , Südeuropa. Oletera Walck. 0. picea, Nordwestl. Deutschland. Atypus Latr. A. Sulzeri Latr., Süddeutschland. Eriodon Latr., Missulena Walck. und die augenlose in Höhlen lebende Antrobia Tellk. 2. Unterordnung: Dipneumones. Nur zwei Lungen sind vorhanden, hinter denen aber auch Tracheen aus einem zweiten Stigmenpaar entspringen können. Am Hinterleibs- ende finden sich 6 Spinnwarzen. Die Klauen der Kieferfühler schlagen sich nach dem Innenrande ein. 1. Gruppe. Vagahundae. Augen in 3 Querreihen, von denen die vordere meist 4 Augen enthält. Jagen ihre Beute im Freien und machen keine Gespinnste. 1. Fam. Saltigradae =. Attidae '), Springspinnen. Langgestreckte Spinnen mit gewölbtem Kopf bruststück , grossen Kieferfühlern und 8 ungleich grossen in drei Querreihen quadrangulär gruppirten Augen, die beiden Mittelaugen der vor- dem Reihe am grössten (die Augen der mittleren Reihe sehr kloin), die kurzen ungleich grossen Beine mit dicken Schenkeln, oline Afterkralle am Endglied, dienen zum Sprung, mit dem sie frei an Mauern und Wänden umherstreifend die Beute erhaschen. Bauen keine Netze, wohl aber legen sie an Steinen und Pflanzen sack- förmige Gespinnste an. In diesen bewahren sie ihre abgelegten Eiersäckchen. Salticus Latr. {Attus Walck. e. p.). Die beiden mittleren Augen der ersten Querreihe sehr gross. S. formicarms Koch. S. (Calliethera) scenicus L. S. {Helio- phanus) cupreus Koch. S. metalliciis Koch. S. [Euophrys) pubescens Sund. S. flavipes Hahn. Ueberall in Deutschland verbreitet. Ercsus Walck. Die mittleren Augen der vordem Reihe und die beiden Augen der mittleren Reihe sind ein- ander genähert und bilden ein Viereck. Unterlippe gestreckt triangulär. Hinter- leib meist kurz, fast viereckig. E. cinnaberinus Walck., Italien und Frankreich. Myrmecia Latr. Körper schlank ameisenähulich. Die vier vordem Augen in leichtem nach hinten gekrümmten Bogen, Unterlippe ovalgestreckt. Beine dünn verlängert. Das erste und vierte Paar am längsten. M. fulva Latr. M. nigra Pert. M. vertebrata Walck., sämmtlich in Brasilien. Hier schliessen sich zahl- reiche von Koch aufgestellte Gattungen an wie Hyllus, Phidippus, Marpissa u. a. 2. Fam. Citigradae = Lycosidae, Wolfspinnen. Mit länglich ovalem, nach vorn verschmälertem und stark gewölbtem Cephalothorax und 8 in 3 Querreihen aber mehr auseinander gerückten Augen, von denen die 4 Augen der Vorderreihe sehr klein bleiben. Sie laufen mit ihren langen starken Beinen, welche eine un- gezähnte Afterkralle besitzen, sehr behend und erjagen ihre Beute im Freien, sind aber am Tage meist unter Steinen in austapezirten Schlupfwinkeln versteckt. Die Weibchen sitzen häufig auf ihrem Eiersack oder tragen denselben mit sich am Hinterleib herum, vertheidigen die Eier mit grosser Energie und beschützen selbst die ausgeschlüpften Jungen noch eine Zeitlang. 1) E. Simon, Monographie des especes Eur. de la fam. des Attides. Paris. 1869. Sedentariae — Laterigradae. Tubitelae. 587 Dolomedes Latr. Die 4 Augen der wenig gebogenen Vorderreihe klein, die der Mittelreihe gross und genähert, die Augen der Hinterreihe am weitesten ab- stehend. Afterkralle mit 2 langen krummen Zähnen. Unterlippe viereckig. D. fimbriatus Walck. D {Oryale) mirabüis Walck., in Wäldern Deutschlands. D. {Potamia) palustris Koch, Deutschland. Lycosa Latr. Die mittlem und hintern Augen sehr gross, jene nicht in dem Masse genähert, diese minder weit als bei Dolomedes entfernt. Das dritte Beinpaar am kürzesten, das vierte am längsten. Afterkralle ungezähnt. L. tarantula L. , Tarantelspinne, Südl. Europa, besonders in Apulien, lebt in Höhlen unter der Erde und soll nach dem irrthümlichen Volks- glauben durch ihren Biss die Tanzwuth veranlassen. L. {Pardosa) saccata L., Uferspinne. L. (Trochosa) ruricola Deg., Feldspinne, beide in Deutschland sehr gemein, u. a. A. Ctenus Walck. Die zweite Augenreihe mit 4 Augen, von denen die mittleren sehr gross sind. Die zwei vordem Augen sehr genähert. Ct. san- guineus Walck., Brasilien u. z. a. A. 2. Gruppe. Sedentariae. Augen mehr auf 2 Querreihen vertheilt. Bauen grossentheils Netze, in denen sie auf Beute lauern. 1. Farn. Laterigradae = Thomisidae, Krabbenspinnen. Mit rundlichem Kopfbruststück und flachem breiten Hinterleib. Die Augen sind auf 2 halbmond- förmig gebogene Querreihen vertheilt. Beine mit 2 vielzähnigen Hauptkrallen, meist ohne Afterkrallen. Spinnen nur vereinzelte Fäden und halten sich zwischen zusammengesponnenen Blättern auf, zwischen denen sie auch ihre Eiersäckchen ablegen. Laufen wie die Krabben seitlich und rückwärts und erjagen die Beute im Freien. Thomisus Walck. Die beiden Bogenreihen der ziemlich gleichgrossen Augen nach vorn convex. Die beiden vordem Beinpaare länger als die hintern. Fuss ohne Afterkralle. Die Maxillen convergiren nach ihrem Ende. 37t. eitreus Geoffr. Th. rotundatus Walck., Mittleres und südl. Europa, Th. Diana Walck., Deutsch- land und Frankreich u. a. A. Eripus Walck. E. heterogaster Guer. Selenops Walck. Philodromus Latr. Olios Walck. Xysticus Koch u. a. G. Micrommata Latr. Die vordere Augenreihe kürzer, nach vorn convex, ihre Seitenaugen am grössten. Beine ziemlich gleich. Zweites Paar am grössten, drittes am kleinsten. M. smaragdina Fabr. , Europa. Sparassus Walck. Die Seitenaugen der vordem Reihe nicht grösser als die übrigen. Viertes Beinpaar so lang oder noch länger als das erste. Sp. spinierus Duf., Europa. 2. Farn. Tubitelae = Drassidae '), Sackspinnen. Mit 8, seltener 6, meist in 2 Querreihen gruppirten Augen. Von den Beinen, welche nicht immer eine Afterkralle tragen, sind die beiden mittleren Paare die kürzesten. Bauen zum Fangen ihrer Beute dichte horizontale Gewebe mit Nebenröhren oder grössere flaschenförmige Säcke, in denen sie sich aufhalten. Tracheensystem oft wohl ent- wickelt. 1. Subf. Dysderinae , Röhrenspinnen. Mit nur 6 Augen. Füsse mit ein- zähnigen Afterkrallen. Dysdera Latr. Mit 6 fast im Sechseck geordneten Augen, von denen die mittleren am weitesten von einander abstehen. Vorderbeine am längsten , eine ungezähnte Nebenkralle vorhanden. D. erythrina Walck, Süddeutschland. Sege- stria Latr. Mit 6 Augen, von denen die mittleren einander am meisten genähert sind. S. senoculata L., Zellenspinne. S. perfida Walck, Südeuropa. 1) L. Koch, Die Arachniden-Familie der Drassiden. 9 Hefte. Nürnberg. 1866. 588 Therididae. Epeiridae. 2. Subf. Drassinae, Sackspinnen. Meist ohne Afterkrallen. Drassus Walck. Mit 8 ungleich grossen Augen, die in 2 Reihen stehen. Kopf bruststück birnförmig. Letztes Beinpaar am längsten. Afterkralle fehlt. Dr. nocturnus L. Clubiona Latr. Mit 8 Augen, von denen die mittleren der Vorder- reihe am grössten sind, die vier hinteren dichter an einander stehen. Vorderbeine am längsten. Afterklaue fehlt. Cl. holosericea L., Sammetspinne. Ql. atrox Deg. u. a. A., überall häufig. Clotho Walck, Argyroneta Latr. Die vier mittlem Augen liegen im Quadrat, die äussern auf gemeinsamer Erhebung. Unterlippe gestreckt trigonal. Maxillen am Ende abgerundet. Mit gezähnter Afterkralle. Tracheensystem mächtig entwickelt. A. aq^uatica L., Wasserspinne. Spinnt im Wasser ein wasserdichtes, glockenförmiges, unten offenes Gewebe, welches an Pflanzen befestigt einer Taucherglocke vergleichbar mit Luft gefüllt wird und in der That als Luftreservoir dient. Der silberglänzende Leib mit seinen zahlreichen zwischen den Härchen suspendirten Luftbläschen vermag lange Zeit unter dem Wasser zu leben. 3. Subf. Angeleninae , Trichterspinnen. Füsse mit 8 bis 5 zähniger Afterkralle. Tegenaria Walck. {Aranea Latr.) Die acht gleichgrossen Augen in zwei bogenförmigen Querreihen. Drittes ßeinpaar am kürzesten, vorderes und hinteres gleich lang. T. domcstica L., Winkelspinne u. a. A. Agclena Walck. Unterscheidet sich von Tegenaria vornehmlich durch die stärkere Ki-ümmung der Augenlinie und längere 4te Beinpaar. A. labyrmthica L., Labyrinthspinne. 3. Fam. Imq^iütelac =. Therididae, Webspinnen. Mit langen Vorderbeinen und 8 ungleich grossen Augen, von denen die vier mittleren im Quadrat stehen. Sie bauen unregelmässiges Gewebe mit nach allen Richtungen sich kreuzenden Fäden (oft noch mit einem untern horizontalen Radnetz) und halten sich auf dem Gewebe selbst auf. Spinnwarzen conisch und convergirend. Pholcus Walck. Die beiden mittleren Vorderaugen kleiner als die übrigen. Beine sehr lang und dünn. Ph. phalangeoidcs Walck. Theridium Walck. Die beiden mittleren Augenpaare fast quadrangulär geordnet, die seitlichen Augen der vordem und hintern Reihe einander genähert. Istes und 4tes ßeinpaar am längsten. Th. iSteatoda) aisgphium Clerck. P/t. pictum Walck. Deutschland. Th. redimitum L. E. tuberculata Deg. Deutsehland. Micryphantus Koch. Argus Walck. Latro- dectus Walck. L. malmignatus Walck. Linyphia Latr. Von den ziemlich gleichgrossen Augen sind die mittlem Augen der Hinterreihe weiter auseinander gerückt. Die beiden seitlichen Paare sehr genähert. L. montana Clerck. Sehr verbreitert. L. pusilla Sund. Schweden, Deutschland. Pachygnatha Sund u. a. 4. Fam. Orbitelae = Epeiridae, Radspinnen. Kopfbruststück häufig mit einer Querfurche, Hinterleib kuglig aufgetrieben. Die acht Augen in zwei Quer- reihen ziemlich weit abstehend. Die beiden vordem Beinpaare weit länger als die nachfolgenden, tragen eine gezähnte Afterkralle. Bauen senkrecht schwebende radförmige Gewebe, deren Fäden strahlenförmig vom Mittelpunkte ausgehen und von concentrischen Fadenkreisen durchzogen werden und lauern im Mittelpunkte dieser Gewebe oder in einem entfernten Schlupfwinkel auf Beute. Die alten Spinnen scheinen im Spätherbst umzukommen. Tetragnatha Walck. Augen in 2 fast linearen Querreihen, die äusseren weiter als die inneren von einander entfernt, Vorderbeine sehr lang. Maxillen länger als breit. T. extensa L. Nephila Latr. Epeira Walck. Die beiden mitt- leren Augenpaare stehen im Quadrat, die äussern am Seitenrand des Kopf brüst- 6 Ordnung: Pedipalpi. 589 Stücks dicht nebeneinander. Maxillen so lang als breit. E. diaclema L. Kreuz- spinne. E. angulata Clerck. E. marmorea Clerck. u. a. A. Poltys Koch. Argyopes Walck. Gasteracantha Latr. Viertes Beinpaar am längsten. Maxillen so lang als breit. Acrosoma Perty. 6. Ordnung: Pedipalpi'), Scorpionspinnen. Mit füJilerartig verlängerten Vorderbeinen, mit Klauenkiefern und 11 bis ISgliedrigem Hinterleib. Die Scorpionspinnen oder Geisselscorpione schliessen sich in ihrem Körperbaue theilweise den Spinnen, noch mehr aber den Scorpionen an, mit denen sie auch wohl in einer gemeinsamen Ordnung als Arthrogastra vereinigt werden. Der stets durch eine Einschnürung vom Kopfbruststiick abgegrenzte Hinterleib zerfällt in eine ziemlich be- trächtliche Zahl von Segmenten, ohne jedoch wie bei den Scorpionen ein breiteres Praeabdomen von einem dünnen stilförmigen Postabdomen unterscheiden zu lassen. Indessen erscheinen bei der den Scorpionen am nächststehenden Gattung ThelypJionus die drei letzten Segmente des Abdomens zu einer kurzen Röhre verengert, welche sich in einen langen gegliederten Fadenanhang fortsetzt. Die Kieferfühler sind stets Klauenkiefer und bergen wahrscheinlich wie bei den Spinnen eine Gift- drüse, da der Biss dieser Thiere sehr gefürchtet ist. Die Kiefertaster dagegen sind bald Klauentaster von bedeutender Stärke und mit mehr- fachen Stacheln bewaffnet {Phrynus), bald ähnlich wie bei den Scor- pionen Scheerentaster {Thehjplionus). Stets erscheint das vordere Beinpaar sehr dünn und lang, fast fühlerartig und- endet mit einem geisseiförmig geringelten Abschnitt. Die Geisselscorpione besitzen 8 Augen, von denen zwei meist grössere vorn an der Stirn, die drei kleinern Paare jederseits am Rande angebracht sind. Sie athmen durch vier aus einer sehr grossen Zahl von lamellösen Röhren zu- sammengesetzte Lungensäcke, deren Spaltöffnungen jederseits am Hinterrande des zweiten und dritten Abdominalsegmentes liegen. In der Bildung des Darmcanales stehen sie den Scorpionen, in der des Nervensystems den Spinnen näher. Die Gattung Phrynus gebiert lebendige Junge. Alle sind Bewohner der T;-opengegenden in der alten und neuen Welt. 1. Farn. Phrynidae. Kiefertaster sehr lang und beinförmig, bestachelt und mit fingerförmiger Endklaue am Tarsalabschnitt. Geisselanhang des ersten Bein- paares sehr lang. Kopfbruststück breit herzförmig, mit geradem Stirnrand. Hinterleib an der Basis verengt, oval gestreckt, ohne gegliederten Endfaden. 1) H. Lucas. Eseai sur une monographie du genre Thelyphonus. Magas. de Zool. Tom. V. J. v. d. Hoe ven, Bijdragen tot de kennis van het geslacht Phrynus. Tijdschr. voor. nat. Geschied. Tom. IX. 1842. 590 7. Ordnung : Scorpionidae. Phrynus Oliv. (Tarantula Fabr.). Die 2 Augen am Vorderrand median stark genähert, die 3 seitlichen Augen triangulär gruppirt in der Höhe des 2ten Beinpaares. Ph. reniformis Fall. Brasilien. Ph. lunatiis Fabr. Amerika. 2. Farn. Thelyphonidae. Kiefertaster dick, aber verhältnissmässig kurz mit scheerenförmigem Ende. Die Kauladen derselben median verwachsen, Kopfbrust- stück länglich eiförmig mit geradlinigem Hinterrande, dem sich das 12gliedrige langgestreckte Abdomen in der ganzen Breite anfügt. Dieses endet mit geglie- dertem Afterfaden. Geisselanhang des vordem Beinpaares kurz. Thelyphonus Latr., das mittlere Augenpaar weit grösser als die Seiten- augen. Th. caudatus Fabr., Java, Timor. Th. giganteus Luc, Mexico. Tli. rufi- manus Luc, Java, 7. Ordnung: Scorpionidea ^ ), Scorpione. Mit scheerenförmigen Kieferfühlern und heinförmig verlängerten scheerenförmigen Kiefertastern, mit 7gliedrigem Fraeabdomen und verengertem ßgliedrigen Fostahdotnen, mit Gißstachel am Schwansende und 4 Faaren von Lungensäckchen. Die Scorpione wurden in früherer Zeit häufig mit den Schalen- krebsen zusammengestellt, mit denen sie in der That wegen ihrer langen gewaltigen Scheerentaster und ihres festen Körperpanzers verglichen werden können. Dem gedrungenen schildförmigen Kopfbruststück schliesst sich in seiner ganzen Breite ein langgestrecktes Abdomen an, welches in ein walzenförmiges 7gliedriges Praeabdomen und ein sehr enges nach oben emporgehobenes 6gliedriges Postabdomen zerfällt, an dessen Spitze sich ein gekrümmter mit 2 Giftdrüsen versehener Giftstachel erhebt. Die Kieferfühler sind Sgliedrige Scheerenfühler, die Kiefer- taster enden ebenfalls mit aufgetriebenem Scheerengliede, während das Basalglied mit breiter Mahlfläche als Lade dient. Die vier Beinpaare sind kräftig entwickelt und enden mit Doppelkrallen. Das Basalglied des vorderen Beinpaares gestaltet sich ebenfalls zu einer Kaulade. In ihrer inneren Organisation erheben sich die Scorpione zur höchsten Stufe unter allen Arachnoideen. Das Nervensystem characterisirt sich durch ein kleines zweilappiges Gehirn, eine grosse ovale Brustganglien- masse und 7 bis 8 kleinere Ganglienanschwellungen des Abdomens, 1) Ausser Walckenaer, Duvernoy, Ganin, Ehrenberg u. a. vergl.: P. Gervais, Remarques sur la tamille des Scorpions et description de plusieurs especes nouvelles etc. Arch. du musee d'Iiist. nat. Tom. IV. J. Müller, Beiträge zur Anatomie des Scorpions. Meckel's Ai'ch. für Anat. 1828, H. Rathke, Zur Entwicklungsgeschichte des Scorpions. Zur Morphologie etc. 1837. Newport, On the structure, relations and development of the nervous and circulatory Systems in Myi-iapoda and macrourous Arachnida. Philosophical Transactions. 1843. L. Dufour, Histoire anatomique et physiologique des Scorpions. Mem. pres. a l'acad. de Scienc. Tom. XIV. 1856. E. Metschnikoff, Embryologie des Scorpions. Leipzig 1870. Kreislauf. Embryonale Entwicklung. 591 von denen die vier letzten dem Postabdomen zugehören. Als Einge- weidenervensystem betrachtet man ein kleines am Anfang des Schlundes gelegenes Ganglion, welches durch Fäden mit dem Gehirn verbunden ist und Nerven zum Darmkanal entsendet. Als Sinnesorgane kommen ausschliesslich Augen in Betracht, welche als Punktaugen zu 3 bis 6 Paaren in der Weise verth(41t sind, dass das bei weitem grösste Paar auf der Mitte des Cephalothorax , die übrigen rechts und links an den Seiten des Stirnrandes liegen. Der Darmcanal bildet ein enges gerades Rohr, welches im Praeabdomen von der umfangreichen vielfach gelappten Leber umgeben wird und am vorletzten Hinterleibsringe aus- mündet. Der Kreislauf verhält sich am complicirtesten in der ganzen Classe und ist nach Newport sogar ein vollständig geschlossener, indessen schieben sich auch hier wie bei den Becapoden besondere Blutsinus der Leibeshöhle in das System der Gefässe ein. Das gestreckte in 8 Kammern getheilte und durch Flügelmuskeln befestigte Rückengefäss wird von einem Pericardialsinus umgeben und nimmt aus diesem das Blut durch 8 Paare von verschliessbaren Spaltöffnungen auf, um das- selbe durch eine vordere und hintere, sowie durch seitliche Arterien nach den Organen hinzutreiben. Die feinern Arterienenden scheinen durch Capillaren in die Anfänge von Venen zu führen, aus denen sich das Blut in einem der Bauchfläche dicht aufliegenden Behälter sammelt. Von diesem aus strömt das Blut nach den Athmungsorganen und durch besondere Venen in den Pericardialsinus nach dem Herzen zurück. Die Respiration erfolgt durch 4 Paare von Lungensäcken, welche mit eben- soviel Stigmenpaaren an dem 3. bis 6. Abdominalsegmente beginnen und nur aus verhältnissmässig wenigen platten Röhren gebildet sind. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane münden an der Basis des Abdomens zwischen zwei eigenthümlichen kammförmigen Anhängen, welche wahrscheinlich als Tastorgane fungiren. Von einem starken Nerven durchsetzt, dessen Verzweigungen in die secundären Lappen eintreten, tragen sie an dem Ende der letztern eine grosse Menge von Tastpapillen (modificirten Cuticularanhängen) mit den Nervenenden. Die Männchen zeichnen sich vor den Weibchen durch breitere Scheeren und ein längeres Postabdomen aus. Die zur Zeit der Trächtigkeit (gegen Ende des Frühjahrs oder am Anfang des Sommers) stark angeschwollenen Weibchen sind lebendig gebärend. Die Embryonen durchlaufen ihre Entwicklung, über die neuerdings vornehmlich Metschnikoff wichtige Untersuchungen mitgetheilt hat, entweder ganz und gar im Innern von Blindschläuchen der Ovarialröhren {Buthus afer) oder treten während ihrer Ausbildung aus den schrum- pfenden follikulären Anhängen, in denen das Ei seine Ausbildung erhalten hatte, in die Ovarialröhren ein {ScorpiodiVitn). Die Bildung 592 Scorpione. Embryonale Entwicklung. der Eiubryonalaiilage wird durch das Auftreten einer Zelleugruppe am untern Eipole eingeleitet. Die Zellen vermehren sich rasch durch fort- gesetzte Theilung und setzen eine einschichtige uhrglasförmige Keim- scheibe zusammen, in deren Centrum ein Hügel neuer Zellen zur Differenzirung gelangt. Diese grossentheils Fettkugeln haltigen Zellen liefern nun eine zweite innere Zellenschicht, welche sich über die ganze Keimlage hinerstreckt und sich später durch Spaltung in ein mittleres und unteres Keimblatt sondert. Eine den Keim umhüllende Zellenlage, die eine Art Amnion darstellt, konnte bislang auf ihre Entstehungs- weise nicht sicher zurückgeführt werden. Die Scheibe wächst nunmehr in die Länge, wird oval gestreckt und verbreitert sich an dem einen das Kopfende bezeichnenden Pole. Sowohl hier als an dem verschmä- lerten Schwanzende tritt eine starke Verdickung der beiden Blätter ein, von denen die hintere als Schwanzhügel mit dem frühzeitig vorhandenen Zellenhügel zusammenfällt. Die nunmehr schildförmige Embryonal- anlage spaltet sich in einer medianen die Enden nicht erreichenden Längsfurche in die beiden Keimwülste und erfährt dann unter Rück- bildung der Furche durch das Auftreten transversaler Furchen eine Setiinentirung, die zunäclist ein Vorderstück als Kopf, ein Mittelsegment und das Schwanzstück zur Sonderung bringt. Dann vergrössert sich die Zahl der Segmente wahrscheinlich durch Gliederung des Mittelstücks und durch fortgesetzte Neubildung hinterer Ringe vom Schwanzstücke aus (Vergl. die Spinnenentwicklung). Wenn die Keimanlage 6 bis 7 Abschnitte erhalten hat, so bietet der Kopfabschnitt die Form eines verbreiterten Lappens, bis zu dem sich die von Neuem aufgetretene Medianfurche hinerstreckt. Man findet jetzt die innere der beiden Zellenlagen in zwei Schichten, eine mittlere und innere (letztere dem Darmdrüsenbiatt der Wirbelthiere entsprechend) gespalten, welche letz- tere vornehmlich durch den Körnchenreichthum bezeichnet erscheint. Sämmtliche Blätter erstrecken sich von dem Keime aus wenngleich in sehr dünner Schicht über die Peripherie des Eidotters. Das Schw^anz- stück beginnt nach vorn umzubiegen und bereitet die spätere ventral umgeschlagene Lage des Postabdomens vor. Hat sich der Embryonal- körper nach fortgesetzter Vergrösserung und Streckung in 12 Abschnitte gegliedert, so bemerkt man an dem Kopflappeu eine Medianfurche und ein Paar halbmondförmiger Querfurchen, mit welcher die erste Andeutung der später entstehenden Kopflfalte gegeben ist. Das zweite Segment (das der Kieferfühler) ist klein und noch ohne Anhang, dagegen das dritte umfangreich mit grossen Anhängen, den Anlagen der Kiefertaster, in welche sich wie überhaupt in alle Gliedmassenschläuche das mittlere Keimblatt fortsetzt. Die vier nachfolgenden Segmente haben die An- lagen der 4 Beinpaare gebildet, aber auch an den vier letzten dem Schwanzabschnitt vorausgehenden Segmenten sind kleine Gliedmassen- Scorpionidea. Pseiidoscorpionidea. 593 knospen angelegt. In einem spätem Stadium, in welchem die Segment- zahl auf 14 gestiegen ist, springen die Seitenhälften der Kopfiappen in starkem Bogen vf)r, hinter der Mitte desselben ist der Mund zum Durchbi'uch gelangt und am zweiten Segmente die Anlage des Kiefer- fühlers gebildet, von den Segmenten des Praeabdomons werden die beiden letzten bauchwärts von dem Schwanzabschnitt theilweise bedeckt. An der Bauchseite treten die Ganglien der Bauchkette als würfelför- mige Doppelköi'per zunächst in den Kopf- und Brustsegmenten, in spätem Stadien auch in den Abdominalsegmenten hervor, die Amnios- hülle hebt sich nunmehr, aus doppelten Zellhäuten zusammengesetzt, vom Embryonalkörper ab und legt sich der Dotterhaut an. Mit dem fortschreitenden Wachsthum wächst der vordere Abschnitt des Kopf- segmentes faltenartig über den .untern die Anlage des Gehirnes darstel- lenden Theil herab, die Kiefersegmente treten in innigere Beziehung zu demselben, die Extremitätenschläuche gliedern sich, das Postabdomen streckt sich und segmentirt sich fortschreitend in seine; 6 Ringe. Von den Glie(hiinssenan]agen des Praeabdomens bleiben nur die des zweiten Paares zuiück und werden zu den kammförmigen Tastorganen; an der Stelle der nachfolgenden Paare entstehen die Spaltöffnungen der Lungen- säckchen. 1. Farn. Scorpionidae, Scorpione. Scorpio L. {Scorpim Ehrb.). Mit 6 Augen. Sc. eiiropaeus Sehr, [flavicaudus Deg.), Italien, südl. Frankreich, Tyrol. Sc. (Chactas) maurus Deg., Amerika. Bitthus Leach. Mit 8 Augen. Die 3 Seitenaugen in einer Linie, das hintere derselben am kleinsten. Scheeren herzförmig aufgetrieben. B. afer L. , Afrika. Iscimiirus Koch. Mit 8 Augen. Die 3 Seitenaugon sind gleich gross und liegen in einer Linie. Körper flach und verbreitert. Isch. complanatus Koch., .Tava. Telecjonus Koch. Mit 8 Augen. Die Mittelaugen liegen in der Mitte des Brust- stücks, die 3 seitlichen bilden eine Bogenreihe, das mittlere derselben mn kleinsten. T. vütatus Guer., Chili, Peru. T. glaber Gerv., Peru. Cottrurus Hempr. Ehrb. Mit 10 Augen. C. mexicaims Koch. Androctonns Hempr. Ehrb. Mit 12 Augen. A. hicolor Hem]jr. Ehrb,, Egypten. A. occitanus Aniorx, Spanien, Italien, Grie- chenland u. a. A. Anhangsweise mag hier die Gruppe der Afterscorpione Pseudo- scorpionidea^) erwähnt werden, welche nicht nur durch ihre viel geringere Grösse, sondern durch eine weit einfachere Organisation von den Scorpionen abweichen und sich wie auch in der Entwickhing melir an die Milben anschliessen. In ihrer Gestalt gleichen sie den Scorpionen, 1) W. E. Leach, On the characters of Scorpionidae, with discription of the British species of Chelifer and Obisium. Zool. Miscell. IH. A. Menge, Ueber die Scheerenspinnen. Neueste Schriften der naturf. Gesellschaft zu Danzig. Tom. 5. 1855. E. Metschnikoff , Entwdcklungsgeschichte des Chelifer. Zeitschr. f. wiss. Zool. Tom. XXL 1871. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 38 594 8. Ordnung: Solifugae. mit denen sie auch die Bildung der Kieferfühler und Scheerentaster gemeinsam hahen. Dagegen entbehrt der elfringlige platte Hinterleib des stilförmigen Postabdomens nebst Scliwanzstachel und Giftdrüse. Alle besitzen Spinn(h-üsen, deren Ausfiihrungsgänge in der Nähe der Geschlechtsöffnung am zweiten Hinterleibsringe liegen. Sie besitzen nur zwei oder vier Ocellen und athmen durch Tracheen, welche mit 2 Paaren von Stigmen an den beiden ersten Hinterleibringen beginnen. Das unpaare traubige Ovarium mündet vorn an der Ventralseite des Abdomens. Die abgesetzten Eier erleiden eine totale Dotterklüftung. Wahrscheinlich entstehen die ersten Zellen des Blastoderms durch Ab- scheidung ubertlächlicher Protoplasmaballen der grossen Dotterkugeln. Später bildet das Blastoderm eine peripherische Zellenschicht, aus der zwischen Schalenhaut und Fjnbryo eine durchsichtige Eiweisslage anstatt einer Kmbryonalhülle abgeschieden wird. Die Dottersegmente schmelzen zum centrah'n Nahrungsdotter zusammen. Das Blastodernj wird dann zweischichtig, und es wächst aus demselben ein paariger Wulst, die Anlage der spätem sog. Kiefertaster hervor ; über denselben bildet sich eine Art Oberlipi)e, während das hintere Körperende nach der Bauch- seite gekiümmt die Anlagen des Abdomens enthält. In dieser Gestalt verlässt der Embryo die EihüUe als eine der Naupliusform vergleichbare Larve, welche an der BauchHäche der Mutter haftet. Wahrscheinlich sind die beiden grossen f^xtremitäten morphologisch als Kiefer aufzu- fassen, hinter denen zunächst ein, dann noch drei Paare von Fussanlagen entstehen, während sich vor denselben die Anlage des Kieferfühlers erhebt. Auch an dem Abdomen treten 4 kleine Fussanlagen auf, die später wieder verschwinden. Die Afterscorpione halten sich unter Baumrinde, Moos, zwischen Blättern alter Folianten etc. auf, laufen schnell seitwärts und rückwärts und ernähren sich von Milben und kleinen Insecten, auch wohl parasitisch an Afterspinnen. Chelifer Geoffr. Kopfbruststück durch eine Querfurche getheilt. 2 Augen. Ch. cancroüles L., Bücheiscorpion. Trägt die Eier mit sich umher, an den vordem Abdominalsegmenten befestigt. Obisium Leach. Kopfbruststück ungetheilt. 4 Augen. Ob. isehnosceles Herrn. Unter Moos. 8. Ordnung: Solifugae^), Walzenspinnen. Mit ycsondertcm Kopf und Brustahsclmiti, langgestrecktem Ogliedrigem Einterleih, ^cheerenförmigen Kieferfühlern und beinariyjen Kiefertastern, durch Tracheen athmend. Die Walzenspinnen, deren Vorkommen auf die wärmern Gegenden beschränkt ist, halten in ihrer äussern Erscheinung und in dem ge- 1) Ausser Dumeril, Walckenaer, Lucas, Lichtenstein, Herbst, Koch u. a. vergl.: L. Dufour, Anatomie, physiologie et histoire naturelle des m. Classe. Myriopoda. 595 sammten Körperbau die Mitte zwischen den Spinnen und Insecten, denen sie in der Gliederung ihres dichtbehaarten Leibes bereits sehr nahe stehen. Dei- Cephalothorax zeigt nändich eine deutliche Sonderung in zwei Abschnitte, von denen der vordere dem Kopfe, der hintere drei- gliedrige dem Thorax der Insecten verglichen werden kann. Auch ist der Hinterleib deutlich abgesetzt, von langgesti-eckter walziger Form und aus 9 — 10 Segmenten zusammengesetzt. Die Geschlechtsorgane münden an dem ersten Abdominalsegment. Die Mund Werkzeuge treten als mächtige Kiefertiihler hervor und enden mit einer grossen vertical gestellten Scheere, deren unterer Arm in senkrechter Richtung gegen den obern beweglich ist. Die Kiefertaster werden als Beine beim Gehen verwendet, entbehren aber des Krallenpaares, welches nur den drei hintern an den Thoracalringen entspringenden und an ihrer Basis mit eigenthümlichen Hautblättchen besetzten Beinpaaren zukommt. Das vordere, noch dem Kopfabschnitte zugehörige Beinpaar entbehrt der Krallen und gilt deshalb, sowie wegen seiner Anheftung am Kopfe als ein zweites Paar von Kiefertastern. Die Walzenspinnen besitzen zwei grosse hervorstehende Punctaugen und athmen wie die Insecten durch Tracheen, deren 4 Spaltöffnungen sich zwischen dem ersten und zweiten Fusspaare der Brust und an der Unterfiäche des Hinterleibes finden. Die Walzenspinnen leben in sandigen warmen Gegenden besonders der alten Welt und scheinen zur Nachtzeit auf Raub auszugehen, sie sind ihres Bisses halber gefürchtet und gelten für giftig, ohne das man bis- lang die Giftdrüsen sicher nachgewiesen hat. 1. Farn. Solpugidae. Salpnga Licht. {Galeodes Oliv.). S. fatalis Licht., Bengalen. S. phalangista Walck., Egypten. S. arnneoides Fall., In Südrussland bis zur Wolga. Auch in Amerika kommen Arten vor. S. limbata Luc, Mexico, Als Untergattungen sind von Koch unterschieden: Gluvia, Bhax, Aellopus. HI. Classe. IHyriopoda')? Tausendfiisse, Landhewohnende Arthropoden mit gesondertem Kopf und isaJd- reichen ziemlich glekhyebildeten Leibes seJimenten , mit einem Fühler- paare, drei Paaren von Kiefern und sahireichen Fusspaaren, durch Tracheen athmend. Unter allen Arthropoden schliessen sich die Tausendfüsse durch die gleichmässige Gliederung ihres langgestreckten, bald cylindrischen. Galeodes. Comptes rendus de l'acad. des sciences. Tom. XLVL Th. Hut ton, Observations on the habits of a large species of Galeodes. Ann. of natur. hist. Tom. Xn. 1) Ausser den älteren Werken von De Geer, Leach, Walckenaer, C. 30* 590 Tauseudfüsse. Körperbau und Mundwerkzeuge. bald nieliv flachgedrückten Leibes und durch die Art ihrer Bewegung am meisten den Anneliden an. Da sie nur eine verhältiiissmässig ge- ringe Zahl von Faiuilien und Gattungen umfassen, wurden sie früher nicht selten als eine Gruppe vom Range der Ordnung bald den Crusta- ceen bald den Insecten eingereiht. Diesen stehen sie als Landthiere mit Tracheenrespiration und durch die Zahl ihrer Antennen und Mund- theile nahe, jenen schliessen sie sich durch die zahlreichen Gliedmassen an, welche als Beine den auf den Kopf folgenden Leibessegmenten zuge- hören. Insbesondere zeigen einige Formen durch ihregesammte Körperform zu den Landasseln (Armadülo — Glomeris) eine grosse Verwandtschaft, weichen indessen wiederum durch eine Reihe eigenthümlicher Züge von beiden Arthropodenclassen ab. Wahrscheinlich sind sie der Genese nach von den Crustaceen abzuleiten, während sie durch Reduction der Gliedmassen und Fixirung der Segnientzahl zur Stammform der Insecten geführt haben möchten. In der That haben die Canqjodeen unter den Thysanuren, welche man als der Insecten - Urform nahe stehend betrachtet hat, einen durchaus chilopodenähnlichen Habitus {Japyx). Der Kopf der Myriopoden stimmt durchaus mit dem vordem als Kopf bezeichneten Abschnitt der Insecten überein und trägt wie dieser zwei Fühler, die Augen und drei Paare von Kiefern. Die Fühler sitzen in Gruben auf der Stirn und bestehen aus einer einfachen Glieder- reihe, sie sind meist schnür- oder borstenförmig. Von den Kiefern gleichen die kräftig bezahnten Mandibeln denen der Insecten und ent- behren stets des Tasters. Die beiden dicht hintereinander folgenden Maxillenpaare zeigen beide die Tendenz zur medianen Verwachsung und stellen entweder eine gemeinsame Unterlippe dar, deren Taster vollständig zurücktreten (Chüognatha) oder erhalten sich gesondert, und nur die Maxillen des zweiten Paares vorschmelzen zu einer taster- tragenden Unterlippe (Chilopoda). In seltenen Fällen sind die Mund- theile zu einem Stech- und Saugapparate umgebildet (Folyzonium). Der auf den Kopf folgende Leib setzt sich aus gleichartigen und deut- lich gesonderten Segmenten zusammen, welche in sehr verschiedener L. Koch und Gervais vergl.: J. F. Brandt, Recueil des memoires relativs a Vordre des Insectcs Myriapodes. St. Petersbourg. 1841. P. Gervais, Etudes pour servir ä Thistoire naturelle des Myriapodes. Ann. des scienc. natur. 2ser. Tom. VII. 1857. G. R. Treviranus, Vermischte Schriften. Vol. II. G. Newport, On the Organs of reproduction and the development of the Myriapoda. Philos. Tninsact. 1841. Newport, Catalogue of the Myriapoda in the collection of the Brit. Museum. London. 1856. M. Fahre, Recherches sur l'anatoniie des organes reproducteurs et sur developpement des Myriapodes. Ann. des scienc. natur. 4ser. Tom. III. 1855. H. de Saussure, Essai d'une faune des Myriapodes de Mexico. Geneve. 1860. Vergl. ausserdem die Abhandlungen von Wood, Peters, Stein, Lubbock, A. Humbert, L. Koch. Nervensystem. Rückengefäss. 597 für die einzelnen Arten meistens jedoch constanter grosser Zahl (bei Polyxenus und Pauropus nur 9) auftreten, oft in festere Rücken- und Bauchplatten zerfallen und mit wenigen Ausnahmen Gliedmassen- paare tragen. Erscheint auch fast durchweg die Homonomität der Leibessegmentirung so vollständig, dass eine Abgrenzung von Brust und Abdomen unmöglich wird, so deuten doch Verhältnisse der Innern Organisation, insbesondere die Verschmelzung der vordem Ganglienpaare der Bauchkette, darauf hin, dass wir die vordem Leibesringe als dem Thorax der Insecten vergleichbar zu betrachten haben. Bei den Chilo- gnathen entspringen an den B bis 6 vordem Segmenten je nur ein Paar, an den nachfolgenden Leibessegmenten dagegen fast durchweg zwei Paare von Beinen, so dass man dieselben auch als durch Verschmelzung von Segmenten entstandene Doppelringe auflassen kann. Die Beine heften sich bald mehr an den Seiten, bald mehr der Mittellinie genähert auf der Bauchfläche an und sind kurze 6— Tgliedrige mit einer Kralle endigende Extremitäten. In dem Bau der Innern Organe stimmen die Myriopoden sehr nahe mit den Insekten überein. Das Nervensystem nähert sich aufl'allend dem der Anneliden und zeichnet sich durch die bedeutende Streckung der Bauchganglienkette aus, welche die ganze Körperlänge durchsetzt und in jedem Segmente zu einem Ganglienknoten anschwillt. Auch ist ein System von paarigen und unpaaren Eingeweidenerven, ähnlich dem der Insecten, bekannt geworden. Äugen fehlen in nur seltenen Fällen und treten in der Regel als Ocelien oder durch enges Aneinanderrücken als gehäiifte Punctmtgen, selten (Scutigera) als wirkliche Facettenaugen auf, die indessen wie es scheint von den gehäuften dicht aneinander liegenden Punctaugen nicht scharf abzugrenzen sind. Der Ver- dauungscanal durchsetzt mit seltenen Ausnahmen (Glomeris) ohne Schlängelungen in gerader Richtung die Länge des Leibes und öft'net sich am letzten Hinterleibsringe durch den After nach aussen. Man unterscheidet eine dünne Speiseröhre, welche in der Mundhöhle beginnt und wie bei den Insecten 2 bis 6 schlauchförmige Speicheldrüsen auf- nimmt, sodann einen weiten sehr langen Magendarm, dessen Oberfläche mit kurzen, in die Leibeshöhle hineinragenden Leberschläuchen dicht besetzt ist, ferner einen Enddarm mit den Mündungen von zwei oder vier am Darme sich hinschlängelnden Harncanälen und mit kurzem erweitertem Mastdarm. Als Centralorgan der Rlutbewegung erstreckt sich ein langes pulsirendes Rückengefäss durch alle Körpersegmente. Dasselbe gliedert sich der Segmentirung entsprechend in eine grosse Zahl von Kammern, welche durch flügelförmige Muskeln rechts und links an der Rückenwandung befestigt werden. Das Blut tritt aus der Leibeshöhle durch seitliche Spaltenpaare in die Herzkammern ein und strömt theils durch Arterienpaare von den seitlichen Spaltöff'nungen, 598 Allgemeiner Körperbau. Fortpflanzung. theils (Imch eine vordere in drei Aeste getheilte Kopfaorta nach den Organen der Leibeshöhle, von welcher sich wie bei den IJirudineen ein die Bauchganglienkette umfassender Blutsinus abgrenzt. Alle Myrio- poden sind luftathmend und besitzen ein System von Luftröhren, Tracheen, welche denen der Insecten analog als zwei Längsstämme in den Seitentheilen des Körpers verlaufen, durch Spaltenpaare an einigen Segmenten (bald unter den Basalgliedern der Füsse, bald in den Ver- bindungshäuten zwischen Rücken- und Bauchplatten) von aussen die Luft aufnehmen und vielfach verästelte Seitenzweige nach allen Organen abgeben. Die Geschlechtsorgane entwickeln sich meist als langgestreckte unpaare Schläuche, deren Ausführungsgänge oft paarig auftreten, überall mit accessorischen Drüsen . im weiblichen Geschlechte zuweilen mit Receptaculum seminis in Verbindung stehen und bald paarig am Hüft- gliede des zweiten Fusspaares (oder hinter diesem Gliedmassenpaare) (Chiloffiiathen), bald unpaar am hintern Körperende ausmünden (Ühilo- poden). Im männlichen Geschleclite kommen im ersten Falle häufig noch äussere von den Geschlechtsöffnungen entfernte Copulationsorgane am 7. Segmente hinzu, welche sich vor der Begattung mit Sperma füllen und dasselbe dann während des Coitus in die weibHche Geschlechts- öffnung einfüiu-en. Die meist grössern Weibchen legen häufig Eier in die Erde ab. Die ausschlüpfenden Jungen entwickeln sich durch Meta- morphose, indem sie anfangs ausser den Fühlern nur 3, 6 oder 8 Paare von Füss(>n und einige wenige gliedmassenlose Segmente besitzen. Unter zahlreichen Häutungen nimmt die Körpergrösse allmählig zu, die Extremitätenpaare sprossen an den bereits vorhandenen Leibesringen hervor, deren Zahl durch neue, von dem Endsegmente sich abschmirende Ringe ergänzt wird, es vermehrt sich die Zahl der Ocellen und Fühler- gheder, und die Aehnlichkeit» mit dem geschlechtlichen Thiere wird immer vollkommener. Die Myriopoden sind durch die Form und den Bau ihres Leibes auf den Erdboden verwiesen, sie leben unter Steinen, Baumrinde, an feuchten dunklen Orten und in der Erde. Die Chüopoden ernähren sich läuberisch von Insecten und kleinem Thieren, die Chilofinathen leben von vegetabilischer Kost, insbesondere von modernden Ptianzen- stoffen. Fossile Reste siii^l vereinzelt in den Schichten des Jura gefunden worden, in grösserer Zahl dagegen aus dem Bernstein bekannt. 1. Ordnung: Chilognatha. 599 1 . Ordnung: Chilognatha ' ), Chilognathen. Myriopoden von weist drehrunder oder halhcylindrischer Form, tnii verschmolzenen ohern und untern Maxillen, mit doppelten Bein- paaren an den mittlem und hintern Leihessegmenten. Die Geschlechts- öffnungen liegen am Hüftgliede des zweiten Beinpaares. Der langgestreckte Leib hat in der Regel eine cylindrische oder halbcylindrische Form, indem die Segmente oft vollkommene Ringe darstellen oder auch mit besonderen flügeiförmig ausgebreiteten Rücken- platten versehen sind. Die Fühler sind kurz und bestehen nur aus 7 Gliedern, von denen das letzte noch dazu verkümmern kann. Die Man- dibeln besitzen meist breitere Kauflächen zum Zerkleinern von Pflanzen- theilen und einen oben beweglich eingelenkten spitzen Zahn. Beide Maxillenpaare vereinigen sich zur Herstellung einer untern Mundklappe, deren Seitentheile zwei rudimentäre l^aden tragen und dem obern Maxillenpaare entsprechen, während der mittlere Abschnitt die eigent- liche Unterlippe darstellt. Augen fehlen selten vollständig, in der Regel sind dieselben zahlreiche gehäufte Punctaugen, ober- und ausserhalb der Fühler gruppirt. Niemals wird das vordere Beinpaar der Brust ein umfangreicher mit Giftklaue endigender Maxillarfuss, wohl aber ist die Stellung der vordem Brustbeine meist nach vorn den Mund- werkzeugen zugekehrt. Stets tragen die 3 Brustsegmente und wohl auch noch die 2 oder 3 nächstfolgenden Segmente einfache, alle nach- folgenden (mit Ausnahme des 7. im männlichen Geschlechte) doppelte Beinpaare. Stigmen finden sich an allen Segnienten und zwar ventral unter den Hüftgliedern der Beine mehr oder minder versteckt und führen in büschelförmige Tracheen. Die häufig als Stigmen ange- sehenen Porenreihen (Foramina repugnatoria) an beiden Seiten des Rückens sind die Oeftnungen von Hautdrüsen, welche zum Schutze des Thieres einen ätzenden übelriechenden Saft entleeren. Die Geschlechts- organe münden am Hüftgliede des zweiten (oder dritten) Beinpaares, im männlichen Geschlecht tritt in einiger Entfernung hinter den Geschlechts- öfl'nungen am 7. Leibesringe ein paariges Copulationsorgan hinzu, welches indess bei Glotneris durch zwei accessorische Extremitätenpaare am Aftersegmente ersetzt zu werden scheint. Die Eier werden im Früh- jahr in die Erde abgelegt. Die Jungen besitzen anfangs nur drei Beinpaare, die Metamorphose erscheint demnach vollständiger als bei den Chilopoden. Die Chilognathen leben an feuchten Orten unter 1) J. F. Brandt, Tentaminuin quarumdam monographicorum Insecta Myria- poda Chilognatha spectantium prodromus Bull. nat. Moscou. Tom. VI Derselbe, Sur un nouveau ordre de la classe des Myriapodes. Bull. Acad. Petersb. 1868. Fr. Meinert, Danmarks Chilognather. Naturh. Tidsskrift. 3. Raeck. Tom. V. 600 Polyzonidae. Julidae. Polydesmidae. Polyxenidae. Steinen am Erdboden, nähren sich von vegetabilischen und wie es scheint auch von abgestorben(>n tliicrisclien Stotirn. Viele kugeln sich nach Art der Kugelasseln zusammen oder rollen ihren Leib spiralig auf, überwintern auch in solcher Haltung des Körpers. 1. Fam. Polyzonidae. Kiefer zur Bikhing einer Saugröhre vereinigt. Körper halbcylitiilrisch, langgestreckt, spiralig aufrollbar, mit kleinem verborgenen Kopf und kurzen Beinen. Die Dorsalplatten gehen ohne Unterbrechung auf die Unter- seite über. Polyzoniam Brdt. (:i Punktaugen in zwei Reihen auf der Stirn vertheilt. Körper glatt, aus etwa 50 Segmenten gebildet. F. (jermanicnm Brdt. Sijihonotiis Brdt., mit zwei Augen. Siphonophora Brdt. Augenlos. Körper rauh behaart, aus 70 bis 80 Segmenten zusammengesetzt. Auf den Antillen und Philippinen. S. Fortoricensis Brdt, 2. Fam. Julidae. Mit grossem freien Kopf, gehäuften Punktaugen, kauenden -Aluntltheilen und cylindrischem, spiralig aufrollbarem Körper. Die Segmente des Körpers sind in unbeschränkter Zahl vorhanden und bestehen aus einer fast ring- förmigen Dorsalplatte und zwei kleinen den medianen Schluss bewirkenden Ventral- platten, an deren Hinterrande die median zusamnienstossenden Beine entspringen. {Trizonia). Genitelöffnungen vor den Beinen des dritten Thoracalringes. JuIhs L. Fühler nicht viel länger als der Kopf. Erster Brustring viel länger als die andern. Körperoberfläche glatt oder fein gerieft. Beine kurz mit ein- gliedrigen Hüftgliedern und Tarsen. Analsegment koibig. J. sabulosus L. J. imsillus Leach. u. z. a. A. BIwijulus yuttulatus Fabr. Bl. pulchellus Koch. Iso- bates semisulcatas Mng. Lyniopetalum Brdt. Fühler mindestens doppelt so lang als der Kopf, dessen Scheitel und Backentheile blasig aufgetrieben sind. Beine lang, die Seitenränder de.s Körpers überragend, mit 2ringligem Hüftglied und 2gliedrigen Tarsen. Analsegment klein. L. carinatum Brdt., Dalmatien. L. foe- ditissimum Brdt. Spirobolus Brdt., mit grossen tropischen Arten. Spirostreptus Brdt., Spirostrephon u. a. 3. Fam. Folydesmidae. Mit grossem freien Kopf, kauenden Mundtheilen und plattenförmigen Ausbreitungen der Seitentheile der Leibesringe. Diese sind in beschränkter Zahl vorhanden und nur aus einer ringförmigen Platte gebildet (Monozonia). Beine durch einen medianen Vorsprung getrennt. Folydesmus Latr. Zweites bis sechstes Fühlerglied fast gleich lang. Auf den augenlosen Kopf folgen 20 Leibessegmente, von denen das vordere der Beine entbehrt, das zweite bis vierte nur 1 Beinpaar trägt. Tarsus eingliedrig. F. com- planaius Deg. F. maryaritifems Guer., Manilla, u. a. grosse tropische Arten. Verwandte Gattungen sind: Eurydesmus Sauss., Flatydesmus Luc, Cyitodesmus Gerv. u. a. Bei Craspedonoma Leach. sind Augen vorhanden. Cr. polydesmuides Leach., Europa. Stronyylosoma Brdt. Die Seitenplatten sind auf einen kurzen Stil oder eine wulstförmige Erhebung reducirt. Augen fehlen. St. juloides Brdt., Europa. 4. Fam. Folyxenidae. Auf den deutlich gesonderten mit 2 Ocellengruppen versehenen Kopf folgen nur noch 9 je aus einem Chitinstück gebildete Körper- segmente, welche Bündel von langen schuppenförmigen and befiederten Haaren tragen, Folyxcnus Latr. Mit vierzehn Beinpaaren. F. layurus L. Nicht viel über eine Linie lang, Europa. Bei der Gattung Fauropus Lbk. sind nur 9 Paare von 2. Ordnung: Chilopoda, Chilopoden. 6pi Beinpaaren vorhanden. Diese Form -weicht jedoch in so wesentlichen Stücken ab, dass Lubbock auf dieselbe eine dritte Myriopodenordnung {Pauropoda) gründet. P. Huxleyi Lbk. und pechinculatits Lbk. , sehr kleine, unter abgefallenem Laub lebende Thierchen. 5. Farn. Glomeridac. Körper halbcylindrisch, mit flacher Bauchseite, kurz und zum Zusammenkugeln geeignet. Auf den grossen freien Kopf folgen nur 12 bis 13 Segmente, von denen das erste schmal ist und von dem zweiten seitlich umfasst wird, das letzte eine grosse schildförmige Platte darstellt. Die Segmente bestehen aus einer bis zum Seitenrande reichenden Dorsalplatte und 2 freien ven- tralen Seitenplatten. 17 bis 21 Beinpaare. Genitalötfnung hinter dem zweiten Beiupaare. Die männlichen Begattungsorgane treten vor dem After hervor. Glomeris Latr. Körper asselähnlich, aus 12 Segmenten gebildet, mit 17 Bein- paaren. Acht Augen jederseits in Bogenlinien gruppirt. Antennen Tgliedrig, das letzte vom verlängerten sechsten Gliede umschlossen. Gl. margitiata Leach. Sphaerotheriitm Bvdt. Körper aus 13 Segmenten gebildet, mit 21 Beinpaaren, 2 Gruppen gehilufter Punktaugen vor den 7gliedrigen Fühlern. Zahlreiche Arten von den Sundainseln und aus Afrika. Sp. elongatum Brdt. , Oap. Bei Sphaero- poeus Brdt. sind die Fühler nur 6gliedrig. Zeplironia ovalis Gray. 2. 0 r (1 n u n g : Chilopoda ' ) , Cliilopoden. Tdusendfüsae von meist flachgedrücMer Leibes form, mit langen vielgliedrigen Fühlern und zum Rauhe eingerichteten Miuidtl teilen, mit nur einem Gliedmassen paare an jedem Leibesringe. Der langgf'strecktc, meist fiachgeilriickte Leib erliärtet an der Rucken- und BauchHächc der Segmente zu festen Chitinplatten, welche durch weiche, die Stigmen umfassende Zwischenhäute verbunden sind. In der Regel entwickeln sich einige der Rückenplatten zu grössern Schildern, welche die kleinen dazwischen gelegenen Segmente dacliziegel- förmig überdecken. Niemals übersteigt die Zahl der Fusspaare die der gesonderten Segmente, da sich nur ein einziges Paar an jedem Ringe entwickelt. Die Fühler sind lang und vielgiiedrig, unter dem Stirnrande eingefügt. Die Augen sind mit Ausnahme der Gattung Scutigera, welche Facett(>naugen besitzt, einfache oder gehäufte Punctaugen. Die Mnxillenpaare bleiben von einander getrennt, das vordere ist mit Laden- thcilen und einem kurzen Taster versehen, das zweite zu einer Art Unter- lippe mit mehrgliedrigem Taster verschmolzen. Die Mandibeln tragen unterhalb des gezahnten Kaurandes einen Bart-ähnlichen Schopf von Haai-en. Ueberall rückt das vordere Beinpaar der Brust als eine Art Kieferfuss an den Kopf heran, bildet durch die Verwachsung seiner 1) Newport, Monograph of the class Myriapoda, order Chilopoda. Linnaen Transactions. Tom. XIX. L.Koch, Die Myriapoden-Gattung Lithobius. Nürnberg. 1862. V. ßergsoe, og Fr. Meinert, Danmarks Geophiler. Schiödte's Naturh. Tidsskrift. 3. Raeck. Tom. IV. 1866. Fr. Meinert, Danmarks Scolopendres og Lithobier. Ebendas. 3 Ser. Tora. V. 1868. 6Ct2 Geophilidae. Scolopendridae. Lithobiidae. Scutigeridae. Hüfttheile eine mediane ansehnliche Platte nach Art einer zweiten Unter- lippe, an fler rechts und links grosse 4gliedrige Raubfiisse mit ein- schlagbai-er Endklaiie und Giftdrüse hervorstehen. Die übrigen Beiu- paare heften sich an den Seitentheilen der Leibesringe an, das letzte häutig verlängerte Paar streckt sich weit nach hinten über das End- segment hinaus. Die Spalt- oder Sieb-förmigen Stigmen liegen alter- nirend in der seitlichen Verbindungshaut der Segmente. Die Geschlechts- organe (beim Weibchen ein langes darmförmiges Ovariuni mit ein oder zwei Ovifhicten und doppeltem Receptaculum , beim Männchen ein bis drei Hodenschläuche mit gelappten Anhangsdrüsen) münden am Ende des Leibes in einfacher Oeffnung; männliche Begattungswerkzeuge fehlen; die Befruchtung wird durch Spermatophoren vermittelt. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen bereits 6 (Lithobius) oder 8 Glied- massenpaare. Scolopendra soll lebendige Jungen mit vollzähliger Körper- ghederung gebären (Gervais, Lucas). Die Chilopoden nähren sich durchweg von Thieren, welche sie mit den Kieferfüssen beissen und durch das in die Wunde einfliessende Secret der G'ftdrüse tödten. Einzelne tropische Arten können bei ihrer bedeutenden Körpergrösse selbst den Menschen empfindlich verletzen. 1. Farn. Geophilidae. Körpersegmente gleichartig und sehr zahlreich. Segment de.s Kieferfusses von dem de.s vordem Beinpaares gesondert. Beine kurz mit ein- gliedrigen Tarsen. Fühler UgUedrig. Augen fehlen. Geophilus Leach. Maxillen klein. Kieferfussklaue kurz. G. electricus L. G. ferrugineus Koch. G. longicornis Leach. Himantarium Koch. Mit 2 Furchen der Dorsalplatten. H. subterraneum Leach. Scolioplanes Berg. , Meint. Maxillen gross. Kieferklaue kurz. Sc. maritimus Leach. Sc. acuminatus Leach. Sc. foveo- latus B. M. u. a. G. 2. Fam. Scolopendridae. Körper meist mit ungleichartiger Gliederung und vier Ocellen. Rückenschiene des Kieferfusssegmentes mit dem nachfolgenden ver- schmolzen. Antennen schnurförmig, 17— 20gliedrig. üryptops Leach. Gliederung gleichartig. Ocellen fehlen. Antennen 17gliedrig. 21 Segmente und Beinpaare. Tarsen eingliedrig. Ch. hortensis Leach. Cr. agilis B, M. Scolopendra L. Auf den Kopf folgen 21 ungleichartige Körpersegmente. Vier Augen. Antennen 18— 20gliedrig. Tarsen zweigliedrig. 21 Beinpaare. Sc. morsitans Gca-v., Italien, Dalmatien. Sc. gigantea L., Ostindien, | Fuss lang. Ver- wandt sind: Cormocephalns Newp., Neivportia Gerv., HeteroStoma Newp., Scolo- pendrella Gerv., Eitcorybus Gerst. u. a. 'S. Fam. Lithobiidae. Körper ungleichartig gegliedert, mit 9 grössern und 6 kleinern Rückenschildern. Lithobius L. Ocellen jederseits in grosser Zahl. Fühler vielghedrig. Unter- lippe (der Kieferfüsse) gezähnt. Fünfzehn 7gliedrige Beinpaare. Analfüsse zu- weilen mit 2 Krallen. L. forficatus L. L. calcaratus Koch. Analfüsse mit 3 Krallen. Uenicops Newp. {Lamyctes Meint.). Nur 1 Auge jederseits, u. z. a. A. 4. Fam. Scutigeridae {Cermatiidae := Schizotarsia). Die borstenförmigen Fühler länger als der Körper. Facettenaugen anstatt der Ocellen. Beine sehr IV. Classe. Hexapoda, Insekten. 603 lang, nach dem hintern Körperende zu an Länge zunehmend, mit geringeltem 2theiligen Tarsus. Scutigera Lam. {Cermatia Illig). Körper mit nur 8 freiliegenden Dorsal- platten und 15 Ventralplatten und ebensoviel Beinpaaren. Leben mehr in den warmen Ländern. Sc. coleoptrata L. , schon in Süddeutschland. Sc. araneoides Fall. Sc. violacea L. Koch, Neuholland. IV. Classe. Hexaiiofla ' ) = Iiisecta^ liisecteii. Luftathmende Arthropoden, deren Leib in Kopf , Brust und Ab- domen gesondert ist, mit 2 Fühlern am Kopf und mit 3 Beinpaaren, meist auch 2 Flügelpaaren an der dreigliedrigen Brust, mit ^ehn- gliedrigem, oft freilich reducirtem Abdotnen. Der Körper der Insecten bringt die drei als Kopf, Brust und Hinterleib unterschiedenen Leibesregionen am schärfsten unter allen Gliederthieren zur Ausprägung und Sonderung. Auch erscheint die Zahl der zur Bildung des Körpers verwendeten Segmente und Gliedmassen 1) Joh. Swammerdam, Historia Insectorum generalis. Utrecht. 1669. Derselbe, Bijbel der natuure. Lugd. Bat. 1737—38. Reaumur, Memoires pour servir a l'histoire des Insectes. Paris. 12 Vols. 1734—42. Ch. Bonnet, Traite d'Insectologie. 2 vols. Paris. 1740. A. Rösel von Rosenhof, Insectenbelustigungen. Nürnberg. 1746—61. Ch. de Geer, Memoires pour servir ä l'histoire des Insectes. 8 Vols. 1752—76. P. Lyonet, Traite anatomique de la chenille, qui ronge le bois de saule. La Haye. 1762. H. E. Straus-Durkheim, Considerations generales sur l'anatomie comparee des animaux articules (Melolontha vulgaris). Strassbourg. 1828. Fr. Leydig, Vom Baue des thierischen Körpers. Tübingen. 1864, nebst 10 Tafeln. Vergl. ferner die werth vollen Untersuchungen von Malpighi, Ramdohr, Suckow, Leön-Dufour, M. de Serres, Stein, v. Siebold. W. Kirby and W. Spence, Introduction to Entomology. 4 Vols. London. 1819—1822. Burme ister, Handbuch der Entomologie. Halle. 1832. J. 0. West- wood, Introduction to the modern Classification of Insects. London. 1739 — 1840. J. T. Ch. Ratzeburg, Die Forstinsecten. 3 Bde. Berlin. 1837—1844. J. H. Kaltenbach, Die Pflanzenfeinde aus der Classe der Insekten. Stuttgart. 1874. 0. Heer, Die Insectenfauna der Tertiärgebilde von Oeningen etc. Leipzig. 1846—1853. C. Th. E. v. Siebold, Wahre Parthenogenese bei Schmetterlingen und Bienen. Leipzig. 1856. Derselbe, Beiträge zur Parthenogenese der Arthro- poden. Leipzig. 1871. R. Leuckart, Zur Kenntniss des Generationswechsels und der Parthenogenese bei den Insecten. Frankfurt. 1858. M. Herold, Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge. 1815. Zaddach, Entwicklung des Phryganideneies. 1854. A. Weismann, Ueber die Entstehung des vollendeten Insectes in Larve und Puppe. Frankfurt. 1863. Derselbe, Bei- träge zur Entwicklungsgeschichte der Insecten Leipzig. 1864. Kowalewsky, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Petersbourg. 1871. 604 Insecten. Kopf. Antennen. Mandibeln. ziemlich bestimmt fixirt, indem man für den Kopf wegen der vier vor- handenen Ghedmassenpaare mindestens 4 Segmente voraussetzen muss, und die Brust aus 3, das Abdomen aus 9 oder 10 (beziehungsweise 11) Segmenten zusammengesetzt wird. Vielleicht darf man die 10-Zahl der Abdominalsegmente als die normale ansehn. Mit Recht wird man diese vollendete Heteronomität der Gliederung, die besondere Gestaltung und constante Zusammensetzung des Leibes auf eine hohe Stufe der Innern Orga- nisation und der gesammtenLebenserscheinungen, besonders aber auf die voll- kommene Locomotionsfähigkeit und auf das Flugvermögen beziehen dürfen, welches wir unter den Arthropoden auf die Insecten beschränkt finden. Der fast durchgängig vom Thorax scharf abgesetzte Kopf bildet eine ungegliederte feste Kapsel, an der man verschiedene Regionen nach Analogie des Wirbelthierkopfes als Gesicht, Stirn, Wange, Kehle, Scheitel, Hinterhaupt etc. unterscheidet. Die obere Seite des Kopfes trägt die Augen und Fühler, die untere in der Umgebung des Mundes drei Paare von zu Mundwerkzeugen verwendeten Gliedmassen. Die als Punctaugen und als zusannnengesetzte Facettenaugen auftretenden Seh- organe haben moi'phologisch mit Gliedmassen nichts zu thun und können nicht zum Beweise eines fünften in die Bildung des Kopfes eingegangenen Ursegmentes herangezogen werden. Die vordersten Gliedmassen sind vielmehr die Fühler, welche bei den Insecten aus einer einfachen Glieder- reihe bestellen, in Form und Grösse aber sehr mannichfach variiren. Dieselben entspringen gewöhnlich auf der Stirn und dienen nicht nur als Tastorgane, sondern vorzüglich zur Vermittlung anderer Sinnes- eindrücke, insbesondere des Geruches. Nach der verschiedenen Form unterscheidet man zunächst gleichmässige (mit gleichgestalteten Gliedern) und ungleichmüssigc Fühlhörner. Erstere sind am häufigsten borsten- förmig, fadenförmig, schnurförmig , gezähnt, gesägt, gekämmt; die un- gleichmässigen Fühlhörner, an welchen besonders das zweite Glied und die Endglieder eine veränderte Gestalt besitzen, sind am häufigsten keulenförmig, geknöpft, gelappt, gebrochen. Im letztern Falle ist das erste oder zweite Glied als Schaft sehr verlängert und die Reihe der nachfolgenden kürzern Glieder als Geissei winklig abgesetzt {Apis). An der Bildung der Mundwerkzeuge, welche die Mundöffnung von allen Seiten umstellen, nehmen folgende theils unpaare theils paarige Gebilde Antheil: die Oberlippe (Labrum), die Oherkief er (3Iandibulae), die Unterkiefer (Maxillae), die Unterlippe {Lahitmi). Die Oberlippe ist eine am Kopfschilde meist beweglich eingelenkte Platte, welche die Mundöffnung von oben bedeckt. Unterhalb der Oberlippe entspringen rechts und links die Mandibeln oder Oberkiefer, das erste Paar der als Fresswerkzeuge verwendeten Gliedmassen. Dieselben bilden zwei taster- lose, meist zangenartig gegen einander gestellte Kauplatten, welche jeglicher Gliederung entbehren, aber desshalb bei der Zerkleinerung der Maxillenpaare. Hauptformen der Mundwerkzeuge. 605 Nahrung um so kräftiger wirken. Weit complicirter erscheinen die Unterkiefer oder Maxilien gebaut, welche bei ihrer Zusammensetzung aus zahlreichen Stückchen eine zwar vielseitigere aber schwächere Leistung beim Kaugeschäft übernehmen. Man unterscheidet an jeder Maxille ein kui'zes Basalglied {Cardo), einen Stil oder Stamm (Stipes) mit einem äussern Schuppengliede {Squama palplyera'), welchem ein mehrgliedriger Taster {Falpus muxlllaris) aufsitzt, ferner am obern Rande des Stammes zwei zum Kauen dienende Platten als äussere und innere Laden {Lohns externus , internus). Die Unterlippe entspringt an der Kehle und ist als das dritte Paar von Mundgliedmassen anzusehen, als ein zweites Paar von Maxilien, deren Theile in der Mittellinie an ihrem Innenrande verschmolzen sind. Selten lassen sich freilich alle einzelnen Abschnitte des Unterkieferpaares an der Unterlippe wiedererkennen , da mit der Verschmelzung in der Regel Verkümmerung und Ausfall gewisser Theile verbunden ist, indessen gibt es Fälle, welche diesen Nachweis vollständig gestatten. Während die Unterlippe meist auf eine einfache Platte mit zwei seitlichen Tastern (Palpi labiales) reducirt ist, unterscheidet man an der Unterlippe der Orthopteren ein unteres an der Kehle befestigtes Stück (Submentum) von einem nachfolgenden die beiden Taster tragenden Abschnitte als Kinn {Mentimi), auf dessen Spitze sich die Lippe oder Zunge {Glossa) zuweilen noch mit Nebenzungen {Faraylossae) erhebt. Das Unterkinn entspricht nachweisbar den verschmolzenen Angelgiiedern das Kinn den verschmolzenen Stilen, die einfache oder zweispaltige Zunge den Innern Laden , die Nebenzungen den getrennt gebliebenen äussern Laden. Mediane Hervorragungen an der Innern Fläche der Oberlippe und Unterlippe werden als Epipharynx und Hypopharynx unterschieden. Während die besprochenen Verhältnisse zunächst auf die kauenden oder beissenden Insecten Bezug haben , treten überall da , wo eine flüssige Nahrung aufgenommen wird, so aulfallende Umformungen einzelner oder aller Mundtheile ein, dass erst der Scharfblick von Savigny ') ihre mor- phologische Uebereinstimmung nachzuweisen vermochte. Während man früher schlechthin kauende und saugende Mundwerkzeuge entgegen stellte, scheint es gegenwärtig nach eingehender Erforschung der zahlreichen im Einzelnen sehr abweichenden Einrichtungen zweckmässig, neben den kauenden mindestens drei durch Liebergänge verbundene Formen von Mundtheilen zu unterscheiden. Den Beisswerlizeugen , welche sich in den Ordnungen der Üoleopteren, Neuroptercn und Orthopteren finden, schliessen sich zunächst die Mundtheile der Hymenopderen an, welche am besten mit Leuckart als leckende bezeichnet werden. Oberlippe und Mandibeln stimmen mit den Kauwerkzeugen überein und werden auch zum Zerkleinern fester Stoffe verwendet, dagegen sind Maxilien 1) J. C. Savigny, Memohes sur les animaux Sans vertebres. Paris. 1816. 600 Insecten. Thorax. Beine. und Unterlippe mehr oder minder beträchtlich verlängert und dienen zum Lecken und Aufsaugen von Flüssigkeiten. Die saugenden, aus- schliesslich diesem Zwecke dienenden Mundwerkzeuge treten bei den Lepidopteren auf, deren Maxillen sich zu einem Saugrüssel zusammen legen, während die übrigen Theile mehr oder minder verkümmern. Die stechenden Mundtheile der Dipteren und Bhynchoten endlich besitzen ebenfalls einen meist aus der Unterlippe hervorgegangenen Saugapparat, aber zugleich stiletförmige Waffen, vermittelst deren sie sich Zugang zu den aufzusaugenden Nahrungsflüssigkeiten verschaffen. Als solche er- scheinen sowohl die Mandibeln als die Unterkiefer, selbst Hypopharynx und Epipharynx in zahlreichen später noch näher zu erörternden Modi- ficationen verwendet. Da diese Stechwaffen aber auch vollständig ver- künnuern, wenigstens functionsunfähig werden können, so begreift es sich, dass auch zwischen stechenden und saugenden Mundtheilen keine scharfe Grenze zu ziehen ist. Uebrigens gibt es weiterhin zahlreiche Moditicationen '), welche die beissenden in saugende Mundtheile über- führen {l^kryganiden, Thrips etc.). Der zweite Hauptabschnitt des Insectenleibes, die Brust, verbindet sich mit dem Kopfe meist durch einen engern Halstheil und besteht aus drei Segmenten, welche die drei als Beine verwendeten Gliedmassenpaare und auf der Uückenfiäche in der Regel zwei Flügelpaare tragen. Diese Segmente, Proihorax, Mesothorax und Metathorax genannt, sind selten einfache hornige Ringe, sondern setzen sich in der Regel aus mehrfachen durch Nähte verbundenen Stücken zusammen. Man unterscheidet zu- nächst an jedem Segmente eine Rückenplatte, Seitentheile und eine Bauch- platte als Notum, Fleurac und Sternum, und bezeichnet dieselben nach den drei Brustringen als Fro-, Meso- und Metanotutn, Fro-, Mesu- und Metasternum. Während die Seitentheile in ein vorderes (Epistenmm) und ein hinteres Stück fjEpimerMm^ zerfallen, hebt sich auf dem Mesonotum eine mediane dreieckige Platte als Schildchen (ScuteUum) ab, auf welches nicht selten ein ähnliches aber kleineres Hinterschildchen {Fostscutellum) am Metanotum folgt. Die Art, wie sich die drei Thoracalabschnitte mit einander verbinden, wechselt nach den einzelnen Ordnungen insofern ab, als bei den Coleopteren, Neuropteren, Orthopteren und vielen Rhynchoten der Prothorax frei beweglich bleibt, während die Vorder- brust in allen andern Fällen als ein relativ kleinerer Ring mit dem nachfolgenden Segment zu einem gemeinsamen Abschnitt verschmilzt. An der Bauchfiäche der drei Brustsegmente lenken sich die drei Beinpaare in Ausschnitten des Hautpanzers, den sog. Hüftpfannen, zwischen Sternum und Pleurae ein. Mehr als in irgend einer andern 1) Yorgl. Gerstfeld, Ueber die Mundtheile der saugenden Insekten. Mitau und Leipzig. 1853. Flügel. Elytra. 607 Arthropodengruppe erscheinen die Glieder des Insectenbeines der Zahl und Grösse nach fixirt, so dass man überall fünf Abschnitte unterscheiden kann. Ein kugliches oder walzenförmiges Cox;ilgiied (Coxa) vermittelt die Einlenkung und freie Bewegung der Extremität in der Gelenkpfanne. Diesem folgt ein zweiter sehr kurzer Ring, der zuweilen in zwei Stücke zerfällt, in anderen Fällen mit dem nachfolgenden Abschnitte verschmilzt, der Schenkelring (Trochimter). Der dritte durch Stärke und Umfang am meisten hervortretende Abschnitt ist der langgestreckte Schenkel (Fcmiir), dem sich das dünnere, aber ebenfalls gestreckte, an der Spitze mit beweglichen Dornen bewaffnete Schienbein (Tihia) anschliesst. Der letzte Abschnitt endlich, der Fuss (Tarsus), ist minder beweglich ein- gelenkt. Derselbe bleibt nur in seltenen Fällen einfach und wird in der Regel aus einer Reihe (meist 5) hintereinander liegender Glieder zu- sammengesetzt, von denen das letzte mit beweglichen Krallen, Fussklauen und wohl auch lappenförmigen Anhängen, Afterklauen, endet. Natürlich wechselt die specielle Gestaltung des Beines nach der Art der Bewegung und des besonderen Gebrauches mannigfach, so dass man Lauf-, Gang-, Schwimm-, Grab-, Spring- und Raubbeine gegenüberstellt. Bei den letzteren, welche nur die Vorderbeine betreffen, werden Schienbein und Fuss gegen den Schenkel, wie die Klinge eines Taschenmessers gegen den Schaft, zurückgeschlagen {Mantis, Nepa). Die Springbeine charac- terisiren sich durch die kräftigen Schenkel des hintern Extremitäten- paares {Acridiuni), während die Grabbeine vorzüglich an der vordem Extremität zur Entwicklung kommen und an den breiten schaufel- artigen Schienen kenntlich sind [Oryllotalpu). An den Schwimmfüssen sind alle Theile flach und dicht mit langen Schwimmhaaren besetzt {Naucoris). Die Gangbeine endlich unterscheiden sich von den ge- wöhnlichen Laufbeinen durch die breite, haarige Sohle des Tarsus {Lamia). Eine zweite Form von Bewegungswerkzeugen, welche ebenfalls am Thorax entspringen und früher als obere Extremitätenpaare desselben gelten konnten, sind die für unsere Ordnung characteristischen Flügel. Dieselben beschränken sich durchweg auf das ausgebildete geschlechts- reife Thier, dem sie nur in verhältnissmässig seltenen Fällen fehlen und heften sich an der Riickenfläche von Meso- und Metathorax zwischen Notum und Pleurae in Gelenken an. Die dem Mesothorax zugehörigen Flügel heissen Vorderflügel, die nachfolgenden des Meta- thorax Hinterflügel. Ihrer Form und Bildung nach sind die Flügel dünne, flächenhaft ausgebreitete Platten, welche aus zwei am Rande continuirlich verbundenen, fest aneinander haftenden Häuten bestehen und meist bei einer zarten, glasartig durchsichtigen Beschaffenheit von verschiedenen stark chitinisirten Leisten, Adern oder Rippen, durch- zogen werden. Mit Rücksicht auf diesen allgemeinen Bau hat man 608 Insecten. Halteren. lange Zeit die Entstellung der Flugorgane irrthümlich auf einfache Ausstülpungen der Körperhaut zunickführen wollen, während sich die- selhen meist durchaus selbständig anlegen. Die Rippen oder Adern, welche meist einen sehr bestinmiten und systematisch wichtigen Verlauf nehmen, 'sind nichts als Zwischenräume beider Flügelplatten mit stärker chitinisirter Umgebung, zur Aufnahme von Blutflüssigkeit, Nerven und besonders Tracheen, deren Ausbreitung dem Verlaufe der Flügeladern entspricht. Daher entspringen die letztern durchweg von der Wurzel des Flügels aus mit H oder mehr Hauptadern und geben besonders an der obern Hälfte ihrer Aeste ab. Die erste Ader, welche unterhalb des obern Flügelrandes verläuft, heisst llandrippe (Costa) und endet oft mit einer hornigen Erweiteiung, Flügelpunct, mehr oder minder weit vor der Spitze. Unt(M'halb derselben verläuft eine zweite Hauptader, Itaäius, und hinter derselben eine dritte, die Hinterrippe oder Cnhiins, welche selten einfach bleibt, sondern meist schon vor der Mitte gabel- förmig in Aeste zerfällt, welche sich häufig ebenfalls von neuem spalten, so dass auf der obern Hälfte des Flügels ein einfacheres oder com- plicirteres Maschenwerk von Feldern entsteht. Dieselben unterscheidet man wiederum in liandfelder oder Radiahellen und in Unterrand- felder oder Cuhitahellen. Dazu kommt die Subcosta, nahe der Wurzel des Radius entspringend, an der Vorderseite desselben, und die Posicosta. Letztere verläuft unter Bildung von Nebem-ippen und Feldern {Brachiabellen) bis zur Mitte des untern Flügelrandes. Ziemlich regelmässig verbindet eine Querrippe den Radius und Cubitus oder Ausläufer derselben (Radius sector, Cubitns anticus). Von dieser Querader wird das Gebiet der Discoidalzellen begrenzt. Uebrigens sind die Verhältnisse des Flügelgeäders so mannigfach und complicirt, dass die Bezeichnungen der Adern und Felder in den einzelnen Ord- nungen vielfach auseinander weichen und eine einheitliche morphologische Durchführung kaum möglich ist. Ebenso wie der Verlauf der Rippen und die durch ihre Ausläufer gebildete Felderung sehr mannigfache Abweichungen erleidet, bietet auch die Flügelform und die Beschaffenheit der Substanz mehrfache und und systematisch wichtige Unterschiede. Die Vorderflügel können durch stärkere Chitinisirung der Haut, wie z. B. bei den Orthopteren und Bhijjichoten pergamentartig werden, oder wie bei den Coleopteren eine feste hornige Beschaffenheit erhalten und als Flügeldecken (Elytra) weniger zum Fluge als zum Schutze des weichhäutigen Rückens dienen. Bei vielen Käfern verwachsen sogar die Elytren, während die hinteren Flügel hinwegfallen (Gibbiam). Grossentheils hornig, nur an der Spitze häutig sind die Vordertiügal in der Rhijnchotengrupiw der Hemipteren, wälnend die Hinterflügel auch hier häutig bleiben. Behalten beide Flügelpaare eine häutige Beschaffenheit, so wird ihre Oberfläche entweder Abdomen. 609 mit Schuppen dicht bedeckt {Lepidopteren und Phrygamden der Neti- ropterengruiß^e), oder sie bleibt nackt mit sehr deutlich hervortretender Felderung, welche sich nicht selten wie bei den Netzflüglern, Neurop- teren, zu einem dichten, netzartigen Maschenwerk gestalten kann. In der Regel ist die Grösse beider Flügelpaare verschieden, indem die In- secten mit pergamentartigen Vorderflügeln und mit halben oder ganzen Flügeldecken weit umfangreichere Hinterflügel besitzen, bei den Insecten mit häutigen Flügeln dagegen die Vorderflügel an Grösse meist bedeu- tend überwiegen. Indessen besitzen viele Neuropteren ziemlich gleich- grosse Flügelpaare, während bei den Dipteren die Hinterflügel zu Schwingkölbchen {Halteren') verkümmern. Selten fehlen die Hinter- flügel ganz, unter den Orthopteren bei Clo'e diptera, unter den Neurop- teren beim Weibchen von Hemerobius dipterus. Endlich gibt es in allen Insectenordnungen Beispiele von vollständigem Flügelmangel in beiden Geschlechtern oder nur beim Weibchen. Der dritte Leibesabschnitt, der den grössten Theil der vegetativen und alle reproductiven Organe in sich einschliesst, ist der Hinterleib, das Abdomen. Beim ausgebildeten Insect meist gliedmassenlos, trägt derselbe im Larvenleben, jedoch auch zuweilen am geschlechtsreifen Thiere {Japyx) kurze Extremitäten. Im Gegensatze zu der gedrun- genen, durch den Einfluss der Musculatur bestimmten Form der starren, in ihren Theilen kaum verschiebbaren Brust zeigt der Hinterleib eine bedeutende Streckung und scharf ausgeprägte Segmentirung. Die 9 (ursprünglich wohl überall 10) Leibesringe, welche in der Bildung des Abdomens eingehen, sind unter einander durch weiche Verbindungshäute sehr bestimmt abgegrenzt und setzen sich aus einfachen Rücken- und Bauchschienen zusammen, welche seitlich ebenfalls durch weiche, einge- faltete Gelenkhäute in Verbindung stehen. Ein solcher Bau gestattet dem Hinterleibe, welcher den grössten Theil der Eingeweide und Ge- schlechtsorgane in sich einschliesst, eine bedeutende Ausdehnung im Längs- und Querdurchmesser, eine Ausdehnung, die im vollsten Umfang bei der Schwellung der Ovarien eintritt, in geringerm Masse aber sowohl für die Respiration ') als für die AnfüUung des Darmes noth- wendig wird. Sehr häufig tritt das vordere Abdominalsegment in eine nähere Verbindung mit dem Metathorax, während die hintern Segmente durch mancherlei Anhänge eine complicirtere Gestaltung gewinnen. Am letzten Bauchringe oder zwischen dessen Theilen liegt überall der After, selten mit der Ausmündung der Geschlechtsorgane zu einer 1) Vergl. H. Rathke, Anatomisch - physiologische Untersuchungen über den Athmungsprocess der Insecten. Schriften der physik.-oek. Gesellschaft zu Königsberg. Jahrg. I. Claus, Zoologie. 3. AuHage. 39 610 Insecten. Körperbedeckung. Hautdrüsen. Kloake vereinigt. Die Geschlechtsöffnung mündet meist gesondert an der Bauchseite. Normale Anhänge des Hinterleibes sind die Appendices abdominales, welche als Zangen oder gegliederte Fäden, Reife etc. dorsal am letzten Ringe neben dem After entspringen. Die Appendices genitales, welche die „armure genitale" bilden, wurzeln an der Bauchseite und gruppiren sich in der Umgebung der Geschlechtsöfi'nung beim Männchen zur Bildung von Klappen, beim Weibchen als Lege- scheiden, Legebohren und Legestacheln. Freilich können dieselben auch verkümmern oder ganz ausfallen. Ihrem Ursprung nach sind dieselben aus Anhängen der Segmente hervorgegangen, die sich als Imaginal- scheiben oder durch Wucherungen der subcuticularen Zellschicht bei Hymenopteren und Heuschrecken am 8ten (1 Paar) und 9ten (2 Paare) Ab- dominalsegmeute anlegen. Damit ist freilich noch keineswegs die Gleich- werthigkeit dieser zu Begattungs- und Legeapparateu verwendeten Anhänge mit Gliedmassen erwiesen. Bei den Legeröhren (Dipteren) kommen unzweifelhaft eine Anzahl von eingezogenen Segmenten in Betracht. Die Körperbedeckung, welche sich auch hier als chitinisirte Cuti- cula darstellt, abgesondert von einer weichen subcuticularen Zellenschicht, durchläuft sehr verschiedene Stufen der Stärke, von einer zarten homogenen Membran an (insbesondere bei den im Wasser lebenden Mückenlarven) bis zu einem mehrfach geschichteten, undurchsichtigen Hautpanzer. Seltener scheinen Kalksalze zur Erhärtung des Chitin- panzers beizutragen. Während die äussere Oberfläche wie bei den Krustern sehr mannichfache Sculpturen und Zeichnungen in Form von polygonalen Feldern, Wellenlinien, Riefen, Höckern zeigt, wird die Dicke der häufig gefärbten Substanz hei einiger Stärke sehr allgemein von feinern und gröbern Porencanälen durchsetzt, auf denen im letzteren Falle sich meist Cuticularanhänge verschiedener Form als Borsten, Haare, Schuppen etc. erheben. Unterhalb des Panzers, zum Theil in der weichen subcuticularen Zellenschicht, welche häufig als Träger von Pigmenten zu der Färbung des Körpers beiträgt, liegen sehr allgemein einzellige oder zusammengesetzte Hautdrüsen, deren Secret in der Regel durch gröbere Poren entleert wird, seltener wie bei den Bärenraupen in die Hohlräume von cuticulären Anhängen hineindringt. Hier nehmen die hohlen Haare das Secret von flaschenförmigen Drüsen auf, deren Ausführungsgänge einzeln in die Haare tragenden Poren eintreten. Von den inneren Organen erlangt der Verdauung scanal einen beträchtlichen Umfang und meist eine hohe Ausbildung. Nur wenige Insecten nehmen ausschliesslich im Jugendzustand Nahrungsstoff"e auf und entbehren in der geflügelten geschlechtsreifen Form der Mundöffiiung (Eintagsfliegen); andere besitzen im Larvenzustand einen blindge- Darmcanal. 611 sclilossenen mit dem Enddarme nicht communicirenden Magendarm {^Hymenopteren (Äculeata), Fupiparen, Hemerohiden, Ameisenlöwe). Der von den Mundwerkzeugen umstellte Mund führt in eine kurze enge Speiseröhre, in deren vorderen als Mundhöhle zn bezeichnenden Theil ein oder mehrere Paare umfangreicher entweder schlauchförmiger oder traubiger Speicheldrüsen (beziehungsweise Spinndrüsen) einmünden. Bei zahlreichen saugenden Insecten erweitert sich das Ende der langen Speiseröhre in einen seitlichen kurz gestilten dünnhäutigen Sack, Saug- magen, bei andern in eine mehr gleichmässige als Kropf bekannte Auf- treibung. Der auf den Oesophagus folgende, bald gerad- gestreckte, bald mehrfach gewundene Darm verhält sich nach der verschiedenen Lebensweise der einzelnen Ordnungen ausserordentlich verschieden und zerfällt überall wenigstens in einen längern, die Verdauung besorgenden Magendarm {Chijlusmagen), welcher mit Rücksicht auf seine Functionen sowohl dem Magen als dem Dünndarm entspricht, und in einen längern oder kürzern die Kothballen absondernden Enddarm. Die Zahl der Abschnitte wird jedoch häufig eine grössere. Bei Raubinsecten, insbe- sondere aus den Ordnungen der Coleopteren und Neiiropteren , schiebt sich zwischen Kropf und Chylusmagen ein Kaumagen von kugeliger Form und kräftiger Muskelwandung ein, dessen Innenhaut als chitini- sirte Cuticula eine besondere Dicke gewinnt und mit stärkern Leisten, Zähnen und Borsten besetzt ist. Aehnliche Bildungen finden sich bei Gryllus, Locusta etc. unter den Orthopteren. Auch der Chylusmagen, an welchem sich vorzugsweise die verdauende Drüsenschicht auf Kosten der Muskellage und der völlig schwindenden Intima entwickelt, zerfällt zuweilen in mehrfache Abschnitte, wie z. B. bei den Raubkäfern. Hier erhält der vordere Abschnitt des Chylusmagens durch zahlreiche her- vorragende Blindsäckchen ein zottiges Aussehen und grenzt sich von der nachfolgenden einfachen engern Darmröhre scharf ab. Auch können am Anfange des Magendarmes grössere BUndschläuche nach Art von Leberschläuchen aufsitzen {Orthopteren). Die Grenze von Chylusmagen und Euddarm wird durch die Einmündung langgestreckter fadenförmiger Blindschläuche, der als Harnorgane betrachteten Malpighischen Gefässe, bezeichnet. Auch der mit der Insertion dieser Fäden beginnende End- darm zerfällt meist während seines Verlaufes in 2, seltener in 3 Ab- schnitte, welche als Dünndarm, Dickdarm unJ Mastdarm unterschieden werden. Der letzte Abschnitt besitzt eine starke Muskellage und ent- hält in seiner Wandung vier, sechs oder zahlreiche Längswülste, die sog. Rectaldrmeü, über deren Bedeutung nichts Sicheres bekannt ist. Zuweilen münden noch unmittelbar vor der am hintern Körperpole ge- legenen Afteröffnung zwei Drüsen, Änaldvüseu, in den Mastdarm ein, deren Secret durch seine ätzende und übelriechende BeschaÜenheit als Vertheidigungsmittel benutzt zu werden scheint. 39* 6I2 Insecten. Stinkdrüseu. Wachsdrüsen. Die bereits genannten MalpighiscJien Gefiisse sind fadenförmige, seltener verzweigte und anastoniosirende Drüsenschläuche, welche früher allgemein für Gallenorgane gehalten wurden, zweifelsohne aber, nach der Beschaffenheit des Inhalts zu schliessen , als Harn-absondernde Organe fungiren. Der von den grosskernigen Zellen der Wandung secernirte Inhalt, welcher durch den Enddarm nach aussen entleert wird, hat meist eine braungelbliche oder weissliche Färbung und erweist sich als eine Anhäufung sehr feiner Körne:. en und Concremente, welche grossentheils aus Harnsäure bestehen. Auch werden Krystalle von oxalsaurem Kalk und Taurin im Inhalt der Malpighischen Gefässe nachgewiesen. Die neuerdings besonders durch Leydig vertretene Ansicht, dass ein Theil derselben mit abweichender Beschaffenheit und Färbung des Secretes Galle bereite, enthält nichts Unwahrscheinliches, denn die Insertion dieser Fäden am Anfang des Enddarmes, an einer Stelle, wo die Veränderung und Resorption der Nahrungsstofto im Wesentlichen vollzogen ist, kann nicht zur Widerlegung ver- werthet werden, seitdem wir wissen, dass die Gallenbestandtheile die Verdauung eher hennnen als befördern, nur fehlt der bestimmte Nachweis von der Natur jener Farbstoffe als Gallenproducte. Die Zahl und Gruppirung der meisten sehr langen, am Chylusdarme in Windungen zusammengelegten Fäden wechselt übrigens mannichfach. Während in der Regel 4 oder 6, seltener 8 sehr lange Harnröhren in den Darm einmünden, ist die Zahl derselben besonders bei den Hymen- opteren und Ortlioptercn eine weit grössere; im letztern Falle kann selbst ein gemeinsamer Ausführungsgang {Gryllotalpa) die übrigens kurzen Fäden zu einem Büschel vereinigen. Als Ahsonderunysorgane der Insecten kommen ferner noch die sog. Glandulae odoriferac, die Wachsdrüsen, die ausschliesslich den Larven eigenthümlichen Spinndrüsen und endlich die Giftdrüsen in Be- tracht. Die erstem, zu denen auch die bereits erwähnten Analdrüsen gehören, liegen unter der Körperbedeckung und sondern meist zwischen den Gelenkverbindungen sehr verschiedene stark riechende Säfte ab. Bei der Bettwanze ist es eine unpaare birnförmige Drüse im Meta- thorax, welche ihr intensiv riechendes Secret durch eine Oeffnung zwischen den Hinterbeinen austreten lässt und den berüchtigten Gestank verbreitet. Bei Syromustes und anderen Baumwanzen mündet die Stinkdrüse neben den Mittelbeinen und wurde von Fieber für ein Thoralstigma gehalten. Einzellige Hautdrüsen sind an sehr verschie- denen Theilen des Insectenkörpers nachgewiesen worden und scheinen, den Talgdrüsen der Wirbelthiere vergleichbar, eine ölige die Gelenke geschmeidig erhaltende Flüssigkeit abzusondern. Aehnliche als Wachs- drüsen zu bezeichnende Drüsenschläuche, welche gruppenweise unter warzigen Erhebungen der Haut zusammenliegen, seccriiiren weissliche Spinndrüsen. Giftdrüsen. 613 Fäden und Flocken, welche den Leib wie mit einer Bekleidung von Puder oder feiner gekräuselter Wolle umgeben ') {Pflansenläuse^ Cicaden etc.). Bei den Bienen sind es cylindrische Drüsenzellen, welche als lamellöser Belag den Vorderplatten der Bauchschienen anliegen und durch dieses »Wachshäutchen« hindurch die zarten Wachsplättchen ausscheiden. Die Spinndrüsen, deren flüssiges Secret beim Luftzutritt zu Fäden erhärtet, kommen fast ausschliesslich im Larvenleben vor und dienen zur Verfertigung von Geweben und Hüllen, welche der Larve und ganz besonders der Puppe einen gesicherten Schutz bieten. Diese Drüsen sind wohl überall da, wo sie als zwei mehr oder minder angeschwollene und langgestreckte Schläuche iSerictericn) hinter dem Munde sich öffnen, einer besondern Form von Speicheldrüsen gleichzustellen, zumal da sie denselben auch in ihrer Structur sehr nahe stehen. Die Larven des Ameisenlöwen und der Uemerohiden haben freilich ihr Spinnorgan an dem entgegengesetzten Körperpole, indem die Wandung des vom Chylus- magen abgeschlossenen Mastdarms die Stelle der Sericterien vertritt. Endlich kommen bei vielen Weibchen von Hymenopteren Giftdrüsen vor. Dieselben bilden zwei einfache oder verästelte Schläuche mit einem gemeinsamen Ausführungsgang, dessen Anfangstheil zu einem blasen- ähnlichen Reservoir fih' die secernirte, aus Ameisensäure bestehende Flüssigkeit anschwillt. Das Ende des Ausführungsganges steht mit den äussern, aus veränderten Anhängen des Hinterleibes hervorgegangenen Geschlechtstheilen im Zusammenhang, welche in diesem Falle als Gift- stachel'^) bezeichnet werden. Die meist farblose, zuweilen jedoch auch grünliche, gelbliche oder röthliche Blutflüssigkeit enthält constant körperliche Elemente vielge- staltiger amoebenähnlich beweglicher Blutzellen und strömt in wandungs- losen Bahnen der Leibeshöhle. Die Vereinfachung des auf ein Eücken- gefäss beschränkten Circulationsapparates erklärt sich aus der ausge- dehnten Verbreitung und reichen Verästelung der Respirationsorgane, welche als luftführende Röhren, Tracheen, nach allen dem Stoffwechsel unterworfenen Organen Verzweigungen senden und hier das frei die Gewebstheile umspühlende Blut gewissermassen aufsuchen. Das Rücken- gefäss liegt in der Medianlinie des Abdomens und ist durch quere Ein- schnürungen in zahlreiche (häuflg 8) den Segmenten entsprechende Kammern abgetheilt, welche mittelst dreieckiger Muskeln (Fingelmuskeln) an das Hautskelet der Rückenfläche befestigt sind. Durch ebensoviel Paare seitlicher Spaltöft'nungen strömt das Blut während der Diastole 1) C. Claus, Ueber die Wachsbereitenden Hautdrüsen der Insecten. Mar- burger Sitzungsberichte. No. 8. 1867. 2) Vergl. C. Craepelin, Untersuchungen über den Bau, Mechanismus und Entwicklungsgeschichte des Stachels der bienenartigen Thiere. Zeitschr. für wiss. Zool. 1873, ferner die Aufsätze von Solliuann, Dewitz etc. 614 • Insecteii. Rückengefäss. Tracheen. Stigmen. der Kammern in das Rückengefäss ein, welches sich allmählig von hinten nach vorn zusammenzieht und das aufgenommene Blut in gleicher Richtung aus einer in die andere Kammer forttreibt. Die vordere Kammer setzt sich in eine mediane, bis zum Kopf verlängerte Aorta fort, aus welcher sich das Blut frei in den Leibesraum ergiesst und in vier Hauptströmen, zwei seitlichen, einem dorsalen unterhalb des Rückengefässes und einem ventralen oberhalb der Ganglienkette, unter Abgabe zahlreicher Meben- bahnen in die Extremitäten etc. nach dem Herzen zurückfliesst. Nur ausnahmsweise gehen vom Herzen arterienartige Röhren aus, in denen das Blut fortströmt, wie z. B. in den Schwanzfäden der Ephemeren\?tr\en, während minder selten in peripherischen Körpertheilen wie in den Extre- mitäten pulsirende Platten zur Unterstützung der Circulation hinzukommen. Die Respiration erfolgt überall durch reich verbreitete, vielfach verzweigte Tracheen, welche ihren Luftbedarf durch paarige, meist in den Gelenkhäuten der Segmente gelegene Stigmen unter deutlichen Athembewegungen des Hinterleibes aufnehmen. Die letztern sind runde oder lännliche Spaltöffnungen mit aufgewulstetem ringförmigem ver- horntem Rande und sehr mannichfaciien Einrichtungen des Schutzes und Verschlusses '). Ihre Zahl variirt ebenfalls ausserordenthch, doch finden sich niemals mehr als 9 und selten weniger als 2 Paare. Während dieselben am Kopfe und am letzten Hinterleibsringe stets fehlen, gehören dem Thorax meist 1 oder auch 2 Paare, dem Abdomen höchstens 8 Paare von Luftlöchern an, die überdies zuweilen eine sehr versteckte Lage haben. Am meisten sinkt die Zahl der Luftlöcher bei den wasser- bewohnenden Larven von Käfern und Dipteren, welche nur 2 Stigmen und zwar auf einer einfachen oder auch gespaltenen nahe am Ende des Hinterleibes entspringenden Röhre besitzen. Häutig kommen indessen zu den Oefl'nungen dieser Athemröhren noch zwei Spaltöffnungen am Thorax hinzu. Auch einige Wasserwanzen, z. B. Nepa, Banatra etc. tragen fast am Ende des Hinterleibes 2 lange, aus Halbcanälen gebildete Fäden, welche am Grunde zu zwei Luftlöchern führen, und können bei dieser Einrichtung ebenso wie jene Larven mit emporgestreckter Athem- röhrc an der Oberfläche des Wassers Luft aufnehmen. Die Tracheen, deren Lumen durch die feste zu Spiralringen verdickte und nicht selten als Spirall'aden darstellbare Chitinhaut der Wandung klaffend erhalten wird, sind stets mehr oder minder prall mit Luft gefüllt und daher meist von silberglänzendem Aussehen. Ihre innere Chitinhaut wird von einer äussern zarten und kernhaltigen ZcUhaut erzeugt und kann daher bei Häutungen, insbesondere im Larvenzustande, zugleich mit der äussern 1) Vergl. H. Landois, Der Stigmenverschluss bei den Lepidopteren. Müller's Archiv. 1866, ferner H. Landois und W. Thelen, Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XVII. Kieraeutracheen. 615 Körperhaut erneuert und abgestreift werden. Die nicht selten im Ver- auf der Tracheen auftretenden Erweiterungen , welche sich bei guten Fliegern, z. B. Uymenopteren, Dipteren, auch Tauchern (Hydrophilus) etc. zu Luftsäcken von bedeutendem Umfange vergrössern und mit Recht den Luftsäcken der Vögel verglichen werden, besitzen eine zartere, des Spiralfadens entbehrende Chitinhaut, collabiren daher leicht und bedürfen zu ihrer Füllung besonderer Respirationsbewegungen, welche z. B. bei den verhältnissraässig schwerfälligen Lamellicorniern vor dem Empor- fliegen leicht zu beobachten sind. Die Anordnung und Verbreitung des Tracheensysteraes lässt sich in einfacher Weise aus dem Ursprung der Hauptstämme in den Stigmen ableiten. Jedes Stigma führt in einen (seltener auch in mehrere) Tracheenstamm, welcher zu den benachbarten Stämmen Querbrücken sendet und einen Büschel vielfach verzweigter Röhren an die Eingeweide ausstrahlen lässt. In der Regel entstehen auf diese Art zwei selbständig verlaufende Seitenstämme, welche durch quere Verbindungsröhren communiciren und zahlreiche Nebenstämme nach den Innern Organen entsenden. Die feinern Verästelungen der Nebenstämme legen sich nicht nur äusserlich an die letztern an, sondern durchsetzen dieselben theilweise und dienen zugleich als Mesenterium, um die Eingeweide in ihrer Lage zu befestigen. Eine besondere, durch den Aufenthalt im Wasser und den völligen Ausfall der Stigmen bedingte Form von Respirationsorganen sind die sog. Kiementracheen zahlreicher Larven. Anstatt der fehlenden Stigmen finden sich an mehreren oft an zahlreichen Segmenten des Abdomens oder auch nur am Hinterleibsende (Ägrion) blattförmige oder faden- ähnliche oder selbst verzweigte Anhänge, in denen sich ein oder mehrere Tracheenstämmchen äusserst fein verästeln {Fhrpgcmiden, Epliemeriden). An der Larve von Sialis sind diese Anhänge gegliederte wahrscheinlich Extremitäten gleichwerthige Fäden. Einzelne Perlariden ') wie Ptero- narcys Newm. und Diamphiimoa Gerst. behalten auch im ausgebildeten Zustand als geflügelte Insekten Reste ihrer Tracheenkiemen, besitzen daneben freilich Stigmenpaare am Thorax. Auch am Prothorax von Nemura erhalten sich Reste von Tracheenkiemen. In solchen Fällen geschieht die Erneuerung der im Tracheensystem verbreiteten Luft in- direct durch Vermittlung des Wassers, aber nicht nur an den besonders mit Tracheen erfüllten Hautanhängen, sondern wie es scheint mehr oder weniger an der gesammten Körperoberfläche, die zuweilen {Corethra- larven), falls auch die Tracheenkiemen hin wegfallen, ausschliesslich als Respirationsorgan zurückbleibt. Uebrigens können auch innere, mit Wasser in Berührung tretende Flächen des Darmes zur Athmuug dienen, 1) Gerstäcker, Ueber das Vorkommen von Kiementracheen bei ausgebil- deten Insekten. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXIV. 1874. 616 Insecten. Fettkörper. Leuchtorgane. wie insbesondere bei den Larven und Puppen von Aeschna und Libellula der geräumige Mastdarm als Respirationsorgan fungirt. Hier erscheinen die Wandungen des Mastdarmes durch ihre krcäftige Musculatur zu einem regehnässigen Aus- und Einpumpen von Wasser (einer Art Respirationsbewegung) und dann durch ihre zahlreichen, mit Tracheen- verzweigungen dicht gefüllten Hautfalten zurAthmung vorzüglich befähigt. In der innigsten Beziehung zu der Respiration und auch zu dem Ernährungsprocess steht der sog. Fettkörper. Derselbe erweist sich dem unbewaffneten Auge als eine Anhäufung fettartig glänzender meist gefärbter Lappen und Ballen, welche sowohl unter der Haut als zwischen allen Organen — besonders reich während der Larvenperiode — im Leibe ausgebreitet sind und nebenbei offenbar zur Verpackung und Befestigung der Eingeweide dienen. Die Hauptbedeutung dieses aus unregelmässigen fetthaltigen Zellen zusammengesetzten Organes beruht auf seiner Verwendung beim Stoffwechsel. Als eine Ansammlung über- schüssigen Nahrungsmateriales scheint der Fettkörper sowohl zur Er- nährung und zur Erzeugung von Wärme, als besonders während der Ausbildung des vollkommenen Insectes zur Anlage neuer Körpertheile und zur Ausbildung der Geschlechtsorgane verwendet zu werden. Der Reichthum an Tracheen, welche sich in überaus feinen Verzweigungen zwischen und an den Fettzellen verbreiten, weist schon auf einen aus- gedehnten Sauerstoffverbrauch und daher auf einen lebhaften Stoffumsatz hin, der vollends durch das häufige Vorkommen von stickstoffhaltigen Zersetzungsproducten insbesondere von Harnsäure bewiesen wird. Die neuerdings ausgesprochene Vermuthung, dass sich ein Theil des Fett- körpers direct an der Respiration betheilige und durch seine Zellen den Austausch von Sauerstoff" und Kohlensäure zwischen Luft und Blut besorge, möchte auf die sternförmigen Endzellen der feinsten Tracheen- zweige zu beziehen sein. Dem Fettkörper schliessen sich ihrem Baue nach die sog. Leucht- organe^) der Lampyriden und wohl auch der westindischen Elateriden an. Die erstem sind paarige zarte Platten, welche bei Lamptjris an der Bauchfläche verschiedener Hiuterleibssegmente liegen und theils aus blassen eiweissreichen , theils aus körnchenreichen harnsäurehaltigen Zellen bestehen, zwischen denen sich Tracheen und Nerven in äusserst reichen Verzweigungen ausbreiten. Die blassen Zellen setzen die untere ventrale Schicht der Platte zusanuuen, welcher ausschliesslich das Leucht- vermögen zukommt und sind im Zusammenhange mit den überhaupt 1) Vergl.: Kölliker, Berliner Monatsberichte. 1857. I. Max Schnitze, Zur Kenntnis« des Leuchtorgans von Lampyris splendidula. Archiv für mikrosk. Anatomie. Toui. I. 1865. A. Targioni-Tozze tti, Üsservazioni etc. Mem. della soc. ital. di scienze naturale. Milano. 1866. Owsjannikow, Ein Beitrag zur Kenntniss der Leuchtorgane von Lampyris noctiluca. Petersbourg. 1868. Nervensystem. 617 zahlreichen Tracheen-Endzellen als die thätigen Elemente anzusehen, deren Stoffumsatz unter dem Einfluss des zugeführten Sauerstoffes in gewisser Abhängigkeit von den nervösen Elementen die bekannten Licht- erscheinungen hervorruft. Die obere nicht leuchtende Schicht der Platten erscheint dem unbewaffneten Auge undurchsichtig und weisslich in Folge der zahlreichen in den Zellen dicht angehäuften lichtbrechenden Körnchen, welche nach Kölliker u. a. harnsaure Verbindungen ent- halten, die wahrscheinlichen Endproducte des Stoftumsatzes, von welchem die Lichterscheinungen abhängig sind. Das Nervensystem ') der Insekten zeigt eine ebenso hohe Ent- wicklung als mannichfaltige Gestaltung, und es kommen alle Uebergänge von einer langgestreckten, 11 bis 12 Ganglien in sich einschliessenden Bauchkette bis zu einem gemeinsamen Ganglienknoten der Brust vor. Das im Kopf gelegene Gehirn erlangt besonders in seiner obern über dem Schlünde gelegenen Partie, welche dem grossen Gehirne der Wirbelthiere verglichen worden ist, einen bedeutenden Umfang. Diese obere Gehirnportion (oberes Schlundganglion) besteht aus mehreren Reihen von Anschwellungen, die sich am schärfsten bei den psychisch am höchsten stehenden Hymenopteren ausprägen. Sie entsendet die Sinnesnerven und scheint der Sitz des Willens und der psychischen Thätigkeiten zu sein. Die kleine untere Gehirnportion, welche die Mundtheile mit Nerven versorgt und die den Mundsegmenten des Kopfes zugehörigen Ganglien in sich enthält, wurde neuerdings dem kleinen Gehirn und dem verlängerten Marke der Wirbelthiere verglichen, wie sie denn auch nach den Versuchen von Faivre an Dytiscus die Be- wegungen zu regeln und zu coordiniren scheint. Die Bauchganglien- kette, welche mit ihren Seitennerven dem RUckenmarke mit seinen Spinalnerven zu entsprechen scheint, bewahrt die ursprüngliche gleichmässige Gliederung bei den meisten Larven und sodann am wenigsten verändert bei den Insecten mit freiem Prothorax und lang- gestrecktem Hinterleibe. Hier bleiben nicht nur die drei grössern Thoracalganglien , welche die Beine und Flügel mit Nerven versehen, sondern auch eine grössere Zahl (7 bisweilen sogar 8) von Abdominal- ganglien gesondert. Von diesen letztern zeichnet sich stets das End- ganglion, welches wohl auch in der Regel aus dei- Verschmelzung mehrerer Ganglien entstanden ist und zahlreiche Nerven an den Ausführungsgang des Geschlechtsapparates und an den Mastdarm entsendet, durch eine bedeutende Grösse aus. Die allmählich fortschreitende, auch während der Entwicklung der Larve und Puppe zu verfolgende Concentrirung des Bauchmarks erklärt sich sowohl aus der durch Verschmelzung ver- minderten Zahl der Abdominalganglien als aus der Verschmelzung der 1) Vergl. ferner Leyclig, Handbuch der vergl. Anatomie. I. Tübingen. 18ö4, sowie die dazu gehörigen Tafeln. 618 Insecten. Eingeweidenervensystem. Sinnesorgane. Brustganglien, von denen zuerst die des Meso- und Metathorax zu einem hintern grössern Brustknoten und dann auch das vordere Ganglion des Prothorax zu einer gemeinsamen Brustganglienmasse zusammen- treten. Vereinigt sich endlich mit dieser oder mit dem hinteren Thoracal- ganglion auch noch die verschmolzene Masse der Hinterleibsganglien, so ist die höchste Stufe der Concentration, wie sie sich bei Dipteren und Hemipteren findet, erreicht. Das Ewgeweidenervensystem zerfällt in das System der Schlund- nerven (Vagus) und in den eigentlichen Sympathicus. An dem erstem unterscheidet man einen unpaaren und paarige Schlundnerven. Jener entspringt mit 2 Nervenwurzeln von der Vorderfläche des Gehirnes und bildet an der vordem Schlinge seiner beiden Wurzeln das sog. Ganglion frontale, in seinem weitern Verlaufe aber auf der RückenÜäche des Schlundes eine Menge feiner Nervengeflechte in der Muskelhaut des Schlundes, sowie endlich ein grosses Ganglion in der Magengegend. Die paarigen Sclilundnerven entspringen jederseits an der hintern Fläche des Gehirnes und schwellen zur Seite des Schlundes in meist umfang- reichere Ganglien an, welche ebenfalls die Schlundwandung mit Nerven versehen. Während diese Schlundmagennerven mit ihren Ganglien ebenso wie die entsprechenden Nerven der Anneliden als Hirnnerven gelten und von neuern Beobachtern insbesondere von Newport und Leydig dem Vagus der Wirbelthiere an die Seite gestellt werden, deutet man ein System von blassen, durch ihre mikroskopische Structur kenntlichen Nerven, welche zuerst Newport als Nervi respiratorii oder transversi beschrieb, als Sympathicus. Dieselben zweigen sich in der Nähe eines Ganglions der Bauchkette von einem medianen zwischen den Längs- connnissuren , aber an deren oberer Fläche verlaufenden Nerven ab, welcher in demselben, häufiger in dem vorausgehenden Ganglion wurzelt und hier zuweilen ein kleines sympathisches Ganglion bildet. Nach ihrer Trennung erzeugen sie abermals seitliche Ganglien, deren Nerven in die Seitenuerven der Bauchkette eintreten, von diesen aber sich nachher wieder absondern und unter Bildung von Geflechten die Tracheen- stämmc und Muskeln der Stigmen versorgen. Von den Sinnesorganen^) erlangen bei den Insecten die Augen eine allgemeine Verbreitung und den höchsten Grad der Vervollkomm- nung. Die Augen mit einfacher Linse, sog. Punctaugen oder Ocelli, treten vorzugsweise im Larvenleben auf, finden sich indessen auch als 1) Ausser Job. Müller, Gottsche vergl. Claparede u. a. F. Leydig Zum feinern Bau der Arthropoden, sowie Geruchs- und Gehörorgane der Krebse und Insecten. Müller's Archiv. 1855 und 1860. Ferner, Das Auge der Gliederthiere. Tübingen. 1864. M. Schnitze, Untersuchungen über die zusammengesetzten Augen der Krebse und Insekten. Bonn. 1868. Ferner Grenacher's vorläufige Mitthei- lungen. Göttinger Gelehrten-Anzeiger. 1874. Punctauge. Facettenauge. 619 Nebenaugen auf der Scheitelfläche des ausgebildeten Insectes, im letztern Falle meistens in dreifacher Zahl. Die Facettenaugen (Netzaugen) nehmen die Seitenflächen des Kopfes ein und gehören vorzugsweise dem geschlechtsreifen ausgebildeten Insecte an. Die Punctaugen besitzen immerhin einen complicirtern Bau als die einfachen Augen niederer Krebse und Würmer und würden richtiger mit den Augen der Spinnen und Scorpione als zusammengesetzte Augen mit gemeinsamer Cornealinse bezeichnet werden. In den hintern Theil des von einer Art Sderotica umgebenen Augenbulbus tritt der Sehnerv mit gangliöser Verdickung ein und strahlt in Fasern aus, welche sich in die kolbig angeschwollenen Nervenstäbe (Stäbchenschicht der Netz- haut) fortsetzen. Dazu kommt ein von Job. Müller als Glaskörper bezeichnetes Gewebe, das hinter der Linse aber vor den Nervenstäben gelegen nach jenem Forscher aus radiär nach aussen gerichteten läng- lichen Zellen besteht. Das Pigment, wie es scheint in den peripherischen Enden jener Zellen angehäuft, umgibt als Chorioidea in streifenförmiger Anordnung Nervenfasern und Stäbe, theils tritt es als ir2S-artiger Saum am Vorderrand des Bulbus hinter der Linse auf. Die grössern Netzaugen unterscheiden sich von den Punctaugen vornehmlich durch die gefelderte, facettirte Cornea, welche für jeden durch eine Pigmentscheide gewissermassen isolirten Nervenstab eine besondere Linse bildet. Allerdings erscheint auch in der Ftegel der gesammte Bau des Facettenauges bei dem bedeutendem Umfang com- plicirter, indessen treten auch hier im Wesentlichen dieselben Elemente auf, so dass man beide Augenformen auf den gleichen Typus zurück- führen kann, zumal bei den Punctaugen gelegentlich die Linse, bei den Facettenaugen die Pigmentscheiden hinwegfallen können. Auch am zu- sammengesetzten Facettenauge unterscheidet man hinter der zuweilen aus Tausenden von Facetten (Linsen) gebildeten Hornhaut einen von der meist derben Sclerotica umgrenzten Bulbus, an welchem der ein- tretende Sehnerv zu einem Ganglion anschwillt. Auch hier gehen die Nervenfasern in zahlreiche, freilich complicirter gestaltete Nerveustäbe über, deren Enden hinter besondern lichtbrechenden Elementen meist kegelförmiger Gestalt , den sog. Krystallkegeln liegen. Diese , aus subcuticularen, vielleicht jenen sog. Glaskörperzellen am Punctauge ent- sprechenden Zellen abgeschieden, sind meist aus 4 Längssegmenten (Ausscheidungen von ebensoviel Zellen) zusammengesetzt. Zwischen den ausstrahlenden Nervenfasern und sogenannten Stäben verlaufen noch feine Tracheenzweige, dessgleichen breitet sich in der Umgebung dieser Elemente in streifenförmiger Vertheilung das Pigment der Chorioidea aus, welche auch gewöhnlich noch an der Lmenwand der Sclerotica eine zusanmienhängende becherförmige Pigmentlage bildet. Beiderlei Augenformen scheinen auch mit Rücksicht auf die Art und Weise, wie 620 Insecten. Gehörorgane der Heuschrecken sie die Peiception von Bildern vermitteln, in dem Gegensatze zu stehen, welchen die mit so grossem Scharfsinne von Joh. Müller entwickelte Theorie vom musivischen Sehen voraussetzt. Freilich haben Leydig und Claparede aus histologischen und physiologischen Gründen diese Theorie bekämpft, indem sie darziithun glaubten, dass eine jede Facette mit ihrem dahinter liegenden Krystallkegel mehr als den senkrecht auf- fallenden Lichtstrahl zur Perception bringen müsse. Indessen haben diese Forscher die Anschauung vom musivischen Sehen keineswegs wider- legt. Wahrscheinlich dienen die Punctaugen, welche den Bedürfnissen einer tiefern Lebensstufe genügen, für das Sehen in der Nähe, während die Facettenaugen aus grösserer Entfernung Bilder wahrnehmen. Gehörorgane nach dem Typus der Gehörblasen mit Otolithen, wie sie insbesondere bei Würmern, Krebsen und Mollusken vorkommen, sind für die Insecten noch nicht nachgewiesen. Da aber die Fähigkeit der Schallempfindung für zahlreiche und insbesondere für diejenigen Insecten, welche Geräusche und Töne hervorbringen, nicht wohl in Zweifel gezogen werden kann, wird man bei diesen auch das Vorhandensein von Organen für die Perception von Schalleindrücken voraussetzen müssen. In der That hat man bei den Äcridiern ' ), Locustiden und GrijUodeen Apparate nachweisen können, welche zwar nach einem andern Typus als die Gehör- blasen gebaut, aber höchst wahrscheinlich als akustische Apparate zur Empfindung der Schallwellen bestimmt sind. Bei den Äcridiern findet sich an den Seiten des ersten Abdominalsegmentes dicht hinter dem Metathorax ein horniger Ring, über welchem eine zarte dem Paukenfell vergleichbare Membran ausgespannt ist. An der Innenseite der Mem- bran erheben sich mehrere stark chitinisirte zapfenförniige Vorsprünge in welche eigenthii milche Nervenenden eines aus dem dritten Brust- ganglion entspringenden Nerven eindringen. Der letztere schwillt vor seinem Eintritt in die areolären Räume des Chitinzapfens in ein Ganglion an und lässt aus diesem strangartige Nervenfasern hervorgehen, in deren kolbig erweiterten Enden starkglänzende Stäbe eingebettet sind Erweist sich der Nerv aus der Art seiner Endigung entschieden als Sinnesnerv, so spricht für seine Bedeutung als Gehörnerv die für Schall- wellen empfängliche Membran, sowie das Hinzukommen eine;- Resonanz- apparates, welcher als grosse Tracheenblase dem Nerven und Trommel- fell anliegt. Ein ähnlich gebautes Organ findet sich bei den Gryllodeen und Locustiden in den Schienen der Vorderbeine dicht unter 1) Ausser Joh. Müller vergl. v. Siebold, Ueber das Stimm- und Gehör- organ der Orthopteren. Archiv für Naturg. 1844. Leydig, Müiler's Archiv. 1855 und 1860. V. Hensen, Ueber diis Gehörorgan von Locusta. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Tom. XVI. 1866. J. Ranke, Beiträge zur Lehre von den Uebergangs- sinnesorganen. Dieselbe Zeitschr. Tom. XXV. 1875. VergL auch 0. Schmidt." Tastorgane. Riechzapfen. Fortpflanzung. 621 dem Gelenke des Oberschenkels. Auch hier erweitert sich ein Tracheen- stanim zwischen zwei seitlichen trommelfellartigen Membranen zu einer Blase, an welcher das in ähnliche Nervenenden auslaufende Ganglion eines aus dem ersten Brustganghon entspringenden Nerven liegt. Neuer- dings sind auch an den Vorderschienen von Spinx atropos (Todtenkopf) ähnliche Bildungen beobachtet. Wahrscheinlich nimmt also der zu einer Tonproducktion befähigte Schwärmer ebenfalls Schall und Geräusche wahr. Ob die eigentlichen Sinnesorgane, welche von Leydig in dem Hinterflügel der Käfer und in den Halteren der Fliegen nachgewiesen worden sind, in ihrer Bedeutung dem Gehörorgane der Zirpen und Heuschrecken entsprechen, muss vorläufig dahin gestellt bleiben, da die sehr ähnlichen mit Stäbchen erfüllten Nervenenden zum Beweise nicht ausreichen möchten. Aehnliche Nervenstifte ^ ) wurden neuerdings von demselben Forscher auch in den Nerven der Antennen, Palpen und Beinen aufgefunden, unter Verhältnissen, welche die Bedeutung derselben als Tastnerven am wahr- scheinlichsten machen. Der Tastsinn wird nämlich vorzugsweise durch die Antennen uud Taster der Mundtheile, sowie durch die Tarsalglieder der Beine vermittelt, indessen können auch Anhänge des gesanunten Integuments wie die mit Nerven und Ganglien in Verbindung steh(^nden Tastborsten am Körper zarter Insectenlarven (Corethra) in ähnlicher Weise verwendet werden. Geruchsorgane kommen wie es scheint in allgemeiner Verbreitung vor, worauf schon der Nachweis eines ausgebildeten Riechvermögens bei vielen Insecten hinweist. Auch kann als sicheres Factum gelten, dass die Oberfläche der Antennen der Sitz des Geruches ist. Während man früher nach dem Vorgange Erichson's die zahlreichen Gruben, welche sich z. B. an den blattförmigen Fühlern der Laniellicornier finden, als Geruchsgruben deutete, wird man richtiger mit Leydig die eigenthüm- lichen, mit gangliösen Nervenenden verbundenen Zapfen der Antennen für Geruchsorgane halten. Die Fortpflanzung der Insecten ist vorwiegend geschlechtlich. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane sind durchweg auf ver- schiedene Individuen vertheilt, correspondiren aber in ihren Theilen und in ihrer Lage, sowie hinsichtlich der Ausmündung an der Bauchseite des hintern Körperendes unterhalb der Afteröffnung (von der dorsal gelegenen Genitalöffnung der Strepsiptereny^%\hQ\\QW abgesehen). Die- selben bestehen aus keimbereitenden und samenerzeugenden Schläuchen, welche sich unter sehr mannichfacher Anordnung paarig rechts und links wiederholen, sodann aus deren Ausführungsgängen und aus einem geraeinsamen, in der Regel mit Anhangsdrüsen verbundenen ausführenden 1) Vergl. ausser Leydig auch die Arbeiten von Hicks. 622 Insecten. Geschlechtsverschiedenheiten. Canal, welchem sich die äussern Begattungstheile anschUessen. Die Anlage der Geschlechtsorgane lässt sich bis auf das Leben des Embryo's im Eie zurück verfolgen, ihre Ausbildung erfolgt indessen erst in der letzten Zeit des Larvenlebens, oder bei den Insecten mit sog. vollkom- mener Metamorphose während des Puppenzustandes. Selten unterbleibt die volle Entwicklung und Reife der Geschlechtsorgane, wie bei den zur Fortpflanzung unfähigen sog. geschlechtslosen Hymenopteren (Arbeits- bienen, Ameisen) und Termiten. Männchen und Weibchen unterscheiden sich auch durch äusserliche mehr oder minder tiefgreifende Abweichungen zahlreicher Körpertheile, welche zuweilen zu einem ausgeprägten Dimor- phismus des Geschlechtes führen. Fast durchweg besitzen die Männchen eine schlankere Körperform, eine leichtere und raschere Bewegung, voll- kommenere Ausbildung der Sinnesorgane, grössere Augen und Fühler und eine schönere mehr in die Augen lallende Färbung. In Fällen eines ausgeprägten Dimorphismus bleiben die Weibchen flügellos und der Form der Larve genähert {Cocciden, Psychiden, Acidalia ; Strepsipteren, Lampyris'), während die Männchen Flügel besitzen und die Geschlechts- form des Imago erlangen. An den weiblichen ') Geschlechtsorganen unterscheidet man die Ovarien, die Tuben oder Eileiter, den unpaaren Eiergang, die Scheide und die äusseren Geschlechtstheile. Die ersteren sind röhrenartig ver- längerte Schläuche, in denen die Eier entstehen und von dem blinden Ende nach der Mündung in die Tuben zu an Grösse wachsend, in ein- facher Reihe perlschnurartig hintereinander liegen, oft freilich mit Gruppen von »Dotterbildungszellen« alternirend, welche besondere Kanmiern erfüllen. Die Anordnung dieser Eiröhren wechselt ausser- ordentlich und führt zur Entstehung einer ganzen Reihe verschiedener Ovarialformen, die namentlich auf dem Gebiete der Käfer durch Stein bekannt geworden sind. Auch ist die Zahl derselben höchst verschieden, am geringsten bei einigen lihynchoten und dann bei den Schmetterlingen, welche letztere jederseits nur 4, freilich sehr lange und vielfach zu- sammengelegte Eiröhren besitzen. Mit ihrem untern Abschnitt, welcher mit der Reife und Ablage der Eier bei Insecten von längerer Lebens- dauer (Biene) eine Zusammenziehung und Rückbildung erfährt, laufen die Eiröhren jederseits kelchartig {Eierkelch) in den erweiterten An- fangstheil eines Canals, Eileiters, zusammen, welcher sich mit dem der entgegengesetzten Seite zur Bildung eines gemeinschaftlichen Eiergangs vereinigt. Dieser letztere ist in seinem unteren Ende zugleich Scheide 1) Ausser Joh. Müller und v. Siebold vergl. besonders F. Stein, Ver- gleichende Anatomie und Physiologie der Insecten. I. Die weiblichen Geschlechts- organe der Käfer. Berlin. 1847. Ferner die Aufsätze von Leuckart, Lubbock, Claus, Leydig und AI. Brandt. Greschlechtsorgane. 623 und nimmt in der Nähe der Geschlechtsöffnung sehr häufig die Aus- führungsgänge besonderer Kitt- und Schmierdrüsen (Glandulae sebaceae) auf, deren Secret sehr oft zur Umhüllung und Befestigung der ab- zusetzenden Eier verwendet wird. Ausser diesen fast regelmässig vor- handenen Drüsen ist der unpaare Ausführungsgang des Geschlechts- apparates sehr allgemein mit einem blasigen Anhang versehen, dessen Bedeutung erst in neuerer Zeit bekannt geworden ist und viel dazu beigetragen hat, manche Räthsel in der Zeugungsgeschichte der Insecten zu lösen. Es ist die in einfacher oder auch in mehrfacher Zahl auf- tretende meist gestilte Samentasche, das Iiecej)taculum semniis, welches gewissermassen als Reservoir den vom Männchen während der Begattung häufig in Form sog. Spermaiophoren abgesetzten Samen aufnimmt und wahrscheinlich unter dem Einfluss des Secretes einer Anhangsdrüse längere Zeit — selbst Jahre lang — befruchtungsfähig erhält. Unter- halb dieses Samenbehälters sondert sich zuweilen von der Scheide eine grössere taschenartige Aussackung, die Begattungstasche {Bursa copulatrix), welche die Function der Scheide übernimmt und nach der Begattung die Samenfiüssigkeit in das Receptaculum seminis tibertreten lässt. In der Umgebung der Geschlechts Öffnung, welche meist hinter den Bauchschienen des 9. Segmentes, indessen häufig auch an einem frühern Segmente liegt, bilden durch Imaginalscheiben während des Larven- und Puppenlebens entstandene Zapfen und Stäbe des 8. und 9. Segmentes die als Legescheide, Legebohrer oder Gißstachel bekannten äusseren Genitalorgane •)• Ziemlich allgemein scheinen 2 Paare von Zapfen dem vorletzten und ein Paar dem drittletzten Segmente anzu- gehören. Diese Theile ohne weiteres GHedmassenpaaren gleichzusetzen, dürfte offenbar zu weit gegangen , jedenfalls verfrüht sein. Die Ent- stehung aus sogenannten Imaginalscheiben, d. h. in letzter Instanz Hypodermiswucherungen beweist direkt nur die Beziehung zu Theilen der Haut oder von Anhängen derselben. Auch Kopf und Thorax der Museiden entstehen aus Imaginalscheiben nnd schliesslich dürften die kleinern Subcuticularwucherungen und Einstülpungen, welche als Matrix grösseren Borsten und Cuticularanhängen Entstehung geben , als Anfange von Imaginalscheiben anzusehen sein. Das Gliedmassenpaar freilich wird seiner ersten Entstehung nach auch auf einen paarigen zur Abgliederung gelegten Hautanhang zurückgeführt werden müssen. 1) Vergl. Lacaze-Duthiers, Recherches sur l'armure genitale des Insectes. Ann. scienc. nat. 1849—1854. Packarcl, Observations on the development and Position of the Hymenoptera etc. 1866. Ferner die Aufsätze von Ganin, Ouljanin, Kräpelin, so^vie H, Dewitz, Ueber Bau und Entwicklung des Stachels und der Legescheide der Hymenoptera und der grünen Heuschrecken. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXV. 1875. 624 Insecten. Eibildung. trotzdem aber wird es sich möglicherweise wie bei den Flügeln nur um analoge Organe der Gliedmassen handeln. Die männlichen Geschlechtswerkzeuge bestehen aus paarigen Hoden, deren Vasa deferentia, aus einem gemeinsamen Ductus ejaculatorius und dem äusseren Begattungsorgan. Die Hoden lassen sich ebenfalls auf Blindschläuche und Röhren zurückführen , welche jederseits in ein- facher oder vielfacher Zahl auftreten, meist eine sehr bedeutende Länge erreichen und knäuelförmig zusammengedrängt ein scheinbar compactes, rundes oder birnförmiges Organ von lebhafter Färbung darstellen. Die Hodenröhrchen setzen sich jederseits in einen meist geschlängelten Aus- führungsgang, Yas defcrens, fort, dessen unteres Ende beträchtlich er- weitert und selbst blasenförmig aufgetrieben erscheinen kann und dann als Samenblase bezeichnet wird. Bei ihrer Vereinigung zu dem gemein- schaftlichen musculösen Ductus ejaculatorius ergiessen in den letztern häufig ein oder mehrere Drüsenschläuche ihres gerinnbares Secret, welches die Samenballen als Spermatophoren mit einer Hülle umgibt. Die Ueber- führung der Spermatophoien in den weiblichen Körper wird durch eine hornige Röhre oder Rinne vermittelt, welche das Ende des Ductus ejaculatorius umfasst. Dieselbe liegt in der Ruhe meist in den Hinter- leib eingezogen und wird beim Hervorstülpen von äusseren Klappen oder Zangen scheidenartig umfasst, welche wohl überall aus Segment- anhängen hervorgegangen, den besonders zur Befestigung dienenden Theil des Copulationsorganes darstellen. Nur ausnahmsweise (Libellen) kommt es vor, dass die eigentlichen zur Uebertragung des Sperma's dienenden Begattungswerkzeuge ähnlich wie bei den männlichen Spinnen von der Geschlechtsöftnung entfernt an der Bauchseite des zweiten blasig auf- getriebenen Abdominalsegmeutes hegen (Rathke). Die Insecten sind fast durchgehend ovipar, nur wenige wie die Tachinen, einige Oestriden und Ftipiparen, einige Käfer (Staphylinen'), sodann die Strepsvpteren und bestimmte ÄphidengQ\\evaii\o\iQ\\ gebären lebendige Junge. In der Regel werden die Eier vor Beginn der Em- bryonalentwicklung kurz nach der Befruchtung, selten mit bereits fertigem Embryo im Innern ihrer Hüllen, nach aussen abgelegt. Im letzteren Falle werden die Vorgänge der Furchung und Embryonalbildung im Innern der Vagina durchlaufen. Die Befruchtung des Eies erfolgt meist während seines Durchgleitens durch den Eiergaug an der Mündungs- stelle des Receptaculum seminis, welches in diesem Momente eine geringe Menge von Sperma austreten lässt. Da die Eier bereits in den sog. Keimfächern der Eiröhren, aus deren Epitelzellen sie meist schon während des Larvenlebens ihren Ur- sprung nehmen, mit einer hartschaligen Haut, Chorion, umkleidet werden, so müssen besondere Vorrichtungen bestehen, welche die Befruchtung, d. h. die Vermischung der Samenfäden mit dem Eiinhalte trotz der PartLenogenese. Fortpflanzung der Aphiden. 625 hartschaligen Umkleidung des Eies möglich machen. Dieselben finden sich in der That in Gestalt eines oder zahlreicher feiner Poren, welche meist an dem obern, dem blinden Ende der Eiröhre zugekehrten Pole, in sehr characteristischer Form und Gruppirung als Mikro- pylen ') (zum Eintritt der Samenfäden) das Chorion durchsetzen. Bei zahlreichen Insecten konnte indessen auch die spontane Entwicklung unbefruchteter Eier nachgewiesen werden, theils als zufällige {Bomhyx mori), theils als regelmässige, durch mehrfache Generationen zu ver- folgende Erscheinung. Als gesetzmässige Form der Entwicklung gilt die Parihenof/enese-) für die Fsychiden (Psyche)^ Tineiden {Solenohia\ Cocciden (Lecanium, Aspidiotus) und Chermes, ferner für zahlreiche Hymenopteren, insbesondere für die Bienen, Wespen {Polistes), Gall- ivespen, Blatttvespen (Nematus). Während bei den Gallwespen nach den bisherigen Beobachtungen immer weibliche Generationen partheno- genetisch erzeugt wurden , scheinen die Cocciden und Rindenläuse auf demselben Wege beide Geschlechter hervorbringen zu können; bei den in sog. Thierstaaten zusammenlebenden Hymenopteren dagegen entstehen aus den unbefruchteten Eiern ausschliesslich männliche Formen. Die Rindenläuse {Charmes) bieten gleichzeitig ein Beispiel für die Hetero- gonie, indem in ihrer Lebensgeschichte zwei verschiedenartige eier- legende Generationen aufeinander folgen, eine schlankere und ge- flügelte Sommergeneration und eine flügellose überwinternde Herbst- und Frühlingsgeneration. Bei PhyUoxera quercus kommt nach Bal- biani zu den ungeflügelten und geflügelten Eier-legenden Generationen noch eine dritte Generation rüsselloser und darmloser Männchen und Weibchen, letztere mit nur einem Wintere!. In gleicher Weise ist die Fortpflanzung der nahe verwandten Blattläuse, Aphiden, zu erklären, obwohl dieselbe dem Generationswechsel sich nähert. Auch hier haben wir Sommergenerationen von einer geschlechtlich ausgebildeten Herbst- generation zu unterscheiden, deren im Herbst abgesetzte befruchtete Eier überwintern. Aus den letztern entwickeln sich im Frühjahr vivipare Blattläuse, welche häufig geflügelt sind und rücksichtlich ihrer Organisation den Weibchen am nächsten stehen, indessen an ihren ab- weichend gebauten Fortpflanzungsorganen der Samentasche entbehren. Da sich dieselben niemals begatten, die Möglichkeit der Befruchtung also verloren haben, werden sie auch als mit Keimröhren ausgestattete Ammen betrachtet und ihre Vermehrung als ungeschlechtliche aufgefasst werden können. Indessen besitzt nicht nur der Keimapparat dieser 1) Vergl. R, Leuckart, Ueber die Micropyle und den feinern Bau der Schalenhaut bei den Insecten. Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Befruchtung. Müller's Archiv. 1855. 2) Vergl, die oben citirten Schriften von Siebold und Leuckart. Claus, Zoologie. 3. Auflage. -^'^ 626 Insecten. Cecidomyialarven. Paedogeuese. sog. Blattlausammen eine vollkommene Analogie mit dem weiblichen Geschlechtsapparat der Insecten, sondern es erscheint auch die Anlage und Entstehung des Keimes mit der des Eies identisch, sodass wir die viviparen Aphiden morphologisch als eine besonders gestaltete Generation von Weibchen aufzufassen haben, deren Genitalapparat einige auf Partheno- genese wie berechnete (natürliche Züchtung) Vereinfachungen erfahren hat. Immerhin mag es passend sein, in diesem Falle (]rs Ovaiium Fseudovarium und die in demselben entstehenden hefruchtuiigsuv fähigen Eier, mit deren Wachsthum die Embryonalbildung zusammenfällt, Pseudova zu nennen. Uebrigens ist für gewisse Gallenläuse {Pemphigus terebinthi') durch Derbes das Auftreten einer ebenfalls darm- und rüssellosen Geschlechtsgeneration (im Frühjahr) bekannt geworden, sodass hier die Homologie der Generationen mit Phylloxera eine vollkommene wird. Rücksichtlich der Aphidenfortpflanzung ist neuerdings von Balbiani der Versuch gemacht worden, die Fortpflauzung der viviparen Aphiden als hermaphroditische zu erklären, wie ja schon Leeuwenhoek den Hermaphroditismus dieser Thiere behauptete. Indessen ist die Ansicht Balbiani's, dass der hintere durch grüne Körner gefärbte Dottertheil die Anlagen der Samendrüsen und eines sich mit Sperma füllenden Samenbehälters darstelle, nicht nur nicht bewiesen, sondern bereits durch Metschnikoff und Claparede überzeugend zurückgewiesen. Noch weit inniger schliesst sich dem Generationsivechsel die Fort- pflanzungsweise einiger Dipteren an (^Ueteropeza, Miastor), welche nicht nur als Geschlechtsthiere, sondern bereits als Larven zeugungsfähig sind. Die von N.Wagner entdeckte Fortpflanzung der Cecidoinyiden-hü.Y\e.w, welche in die Zeit des Winters und Frühlings fällt, knüpft sich nicht wie man anfangs glaubte an den Fettkörper, sondern an einen Keim- stock, welcher nichts anders als die Anlage der Geschlechtsdrüse ist. Diese Anlage erfährt eine sehr frühzeitige Differenzirung und erzeugt die Elemente des Ovariums schon im Larvenkorper. Aus jeder Keim- drüse gelangt eine Anzahl von Keinifächern mit Dotterbildungszellen, Epitelzellen und je einem Ei zur Isolirung. Mit der Grössenzunahme dieser frei in der Leibeshöhle flottirenden Körper wächst das einge- schlossene Pseudovum auf Kosten der umgebenden Zellen mehr und mehr und lässt ähnlich wie die Pseudova der Aphiden sehr frühzeitig die Entwicklung des Embryo's beginnen, welche unter ganz ähnlichen Verhältnissen wie im Insectenei ihren Ablauf nimmt. Das Wachsthum der allmählig zu Tochterlarven ') werdenden Embryonen geschieht auf Kosten des Fettkörpers und der zerfallenden Organe der Mutterlorve, welche (wie bei lihahditis) zuletzt nur noch mit ihrer Körperhaut als 1) Von Baer (und mit ihm von Siebold) nennt diese Fortpflanzungsweise Paedogeyusis. Entwicklung des Erabryo's. 627 Schlauch in der Umgehung der Brut zurückbleiht. Schliesslich durch- brechen die Tochterlarven die leere Haut und erzeugen entweder in gleicher Weise eine neue Brut oder bereiten sich durch Verpuppung zum Uebergang in das geflügelte Insect vor. Sehr interessant ist die von 0. v. Grimm ') an Puppen von Chirnnomus entdeckte Fort- pflanzungsweise. Freilich sind dieselben nicht vivipar, sondern legen eine Reihe von Eiern (in eine glashelle Masse eingebettet) ab, welche sich parthenogenetisch zu neuen Larven entwickeln. Die Entwicklung des Embryo's geschieht in der Regel ausserhalb des mütterlichen Körpers nach der unter sehr verschiedenen Verhält- nissen erfolgten Absetzung des Eies und nimmt je nach Temperatur und Jahreszeit eine grössere oder geringere Zeitdauer in Anspruch, kann sogar einen auf längere Zeit ausgedehnten Stillstand erleiden. Anstatt der Dottorfurchung beginnt die Embryonalbildung mit der An- lage eines peripherischen Keimhaiithlustems , welches sich durch Auf- treten von Kernen mit später erfolgender zelliger Umgrenzung zu der wie es scheint stets aus einer einfachen Lage von Zellen zusammen- gesetzten Keimliaut umgestaltet. Ueber die Abstammung dieser Kernbläschen sind die Beobachter verschiedener Ansicht. Während Metschnikoff dieselben bei den Äphiden auf Derivate des Keim- bläschens zurückführt, sollen sie nach Weismann bei den Dipteren, nach Melnikow bei IJonacia unabhängig von dem längst geschwun- denen Keimbläschen selbstständig entstehen. Ans dieser den Dotter umschliessenden Keimhaut geht durch Verdickung und schärfere Ab- grenzung an der spätem Bauchseite die als Keimstreifen bezeichnete Anlage des Kopfes und der ventralen Hälfte des Embryo's hervor. In anderen Fällen (Rhynchoten, Libellen) wächst der Keimstreifen von einer Hügel-ähnlichen Verdickung des Blastoderms aus in das Innere des Dotters hinein, so dass ein innerer Keinistreifen entsteht, an dessen Bildung freilich innuer ein wenn auch kleiner aussen liegender Abschnitt des Blastoderms betheiligt bleibt. Mit der weiteren Diflerenzirung des Keimstreifens hebt sich die äussere Zellschicht ab zur Bildung einer den Embryo umgebenden Hülle, die von Metschnikoff als Amnion be- zeichnet worden ist. Sodann wird in der Regel der Keimstreifen unter- halb des Amnion noch von einem zweiten Blatt, dem Faltenblatt überwachsen, welches zuerst von Weismann bei dem Dipterenei be- obachtet wurde und hier durch Vereinigung einer Schwanz- und zweier Koptfalten seinen Ursprung nimmt. Kupffer dagegen führt am Eie von Chironomiis beide Hüllen aut die dorsal verwachsenden Schwanz- 1) Die ungeschlechtliche Fortpflanzung einer Chirononiusart etc. St. Peters- bourg. 1870. 40* 628 Insecten. Postembryonale Entwicklung. und Kopffalten des Blastoderms zurück und erklärt das sog. Amnion oder die Embryonalhülle für das selbstständig gewordene äussere Blatt derselben, während das innere mit dem Keimstreifen zusammenhängende Blatt das Faltenblatt darstellt. In ähnlicher Weise lässt Melnikow beide Hüllen im Eie von Donacia entstehen. Uebrigens ist es passender, das obere Blatt als Serosa, das untere als Deckblatt zu bezeichnen^ denn nur dieses würde dem Amnion des Vertebratenemhryos entsprechen. Gleich- zeitig mit der erwähnten Ueberwachsung (in anderen Fällen vor der- selben) zerfällt der Keimstreifen durch Spaltung in zwei symmetrische Hälften, die Keimivülste, welche durch quere Einschnürung eine Segmentirung erleiden und zunächst hinter den sog. Scheitelplatten des Vorderkopfes mit den Antennenanlagen drei Kopfsegmente mit den als Auswüchse auftretenden Anlagen der Mundgliedmassen zur Sonderung bringen, hinter welchen sich die übrigen Ursegmente des Leibes der Reihe nach abgrenzen. Indem sich weiterhin unter zahlreichen, im Ein- zelnen hier nicht näher zu erörternden Differenzirungen die Keimwülste stark contrahiren, ziehen sie ihren dorsalen umgeschlagenen Endtheil mehr und mehr nach der unteren Spitze des Eies herab und umwachsen mehr und mehr mit ihren Seitentheilen den Dotter zur Bildung des Rückens. Mit diesen Veränderungen hat der Embryonalkörper eine geschlossene Form angenommen, er besitzt Mund und After, die Anlage der inneren Organe und äusseren Anhänge der Segmente und erscheint bald zum Ausschlüpfen aus dem Ei und zum freien selbstständigen Leben tauglich. Die freie Entwicklung erfolgt in der Regel mittelst Metamorphose, indem die Form, Organisation und Lebensweise der aus dem Eie aus- geschlüptten Jungen vom geschlechtsreifen Thiere verschieden ist. Nur die am tiefsten stehenden, theilweise parasitischen und in beiden Ge- schlechtern flügellosen Apteren verlassen das Ei in der bereits fertigen Körperform {Insecta ametahola). Bei den einer Verwandlung unter- worfenen Insecten ist übrigens die Art und der Grad der Metamorphose sehr verschieden, so dass die aus früherer Zeit überkommene Bezeich- nung einer unvollkommenen und vollkommenen Metamorphose in ge- wissem Sinne berechtigt erscheint. Im ersteren Falle {Rhynchoten, Orthopteren) wird der Uebergang der ausschlüpfenden Larven in das ausgebildete geflügelte Insect continuirlich durch eine Anzahl frei be- weglicher und Nahrung aufnehmender Larvenstadien vermittelt, welche unter Abstreifungen der Haut auseinander hervorgehen, mit zuneh- mender Grösse Flügelstummel erhalten, die Anlage der Geschlechts- organe weiter ausbilden und den geflügelten Insecten immer ähnlicher werden. Im einfachsten Falle schliesst sich auch die Lebensweise und Organisation der jungen Larven schon ganz an das Geschlechtsthier an, z. B. Hemipteren und Heuschrecken, in andern Fällen allerdings weicht Metamorphose. 629 diese beträchtlich wenn auch nicht in so hohem Grade als bei den Insecten mit vollkommener Metamorphose ab, indem z. B. die Larven der Ephemeren und Libellen in einem andern Medium leben und unter abweichenden Ernährungsbedingungen gross werden. Vollkommen aber wird die Verwandlung erst durch das Auftreten eines der Nahrungs- aufnahme entbehrenden sog. Puppenstetdiums, mit welchem das Larven- leben abschliesst und das Leben des geflügelten Insectes {Imago\ freilich erst unter Abwicklung einer Reihe von Umformungen der Innern Organe, beginnt. Die Larven der Insecten mit vollkommener Meta- morphose entfernen sich in Lebensweise und Ernährungsart, in der Gestalt des Körpers und in der Einrichtung der gesammten Organisation so sehr von den Geschlechtsthieren, dass wenn auch bereits die dem geflügelten Insecte eigenthümlichen Körpertheile während des Larven- lebens vorbereitet und angelegt werden, doch eine kürzere oder längere Ruheperiode, gewissermassen ein wiederholtes Embryonalleben noth- wendig erscheint, während dessen sowohl die wesentlichen Umgestal- tungen der Innern Organe als die Consolidirung der neu angelegten äussern Körpertheile ihren Ablauf nehmen. Freilich haben oft noch solche Puppen eine freie Locomotion (Mücken), zuweilen nur im letzten Stadium vor dem Uebergang in das geflügelte Insect {Neuropteren^ Mantispa, Phryganiden), so dass die nahe Beziehung zu den primären Larvenformen mit Flügelstummeln unverkennbar hervortritt. Nach dem Vorgange Fahre's hat man als Hypermetamorphose eine Entwicklungsart unterschieden, welche durch das Auftreten mehr- facher Larvenformen (und puppenartiger Ruhestadien) gewissermassen noch über die vollkommene Verwandlung hinausgeht. Dieselbe kommt bei den Meloiden vor und ist am vollständigsten durch die Beobachtungen Fabre's für Sitaris humeralis ') bekannt geworden. Offenbar steht dieselbe aber mit der vollkommenen Metamorphose durch zahlreiche Zwischenglieder in Verbindung, da hier schon oft die einzelnen Larvenstadien nach den verschiedenen Häutungen in Formgestaltung und sogar der Ernährungs- art nach verschieden sein können {^Musciden, Mastispa). Bei Man- tispa beobachten wir zuerst 6beinige bewegliche Larven, später unförmige Larven mit Fussstummeln (Brauer). Auch die Pteromalinen haben nach Ganin's interessanten Beobachtungen in dem Sinne eine Hypermetamor- phose, als sie mehrere Larve.nformen durchlaufen. In ihrer Köri)erform erinnern die Larven durch die homonome Segmentirung an die Ringelwürmer, mit denen sie auch oft die gleich- artige Ghederung der Ganglienkette geraeinsam haben, indessen erweisen 1) Fabre, Memoire sur rhypermetamorphose et les moeurs des Meloides. Ann. des sciences natur. 4 ser. Tom, VII. 1857. 630 Insecten. Bau der Larveu. Anlage des geflügelten Insektes. sie sich auf verschiedenen Stufen der morphologischen Körperbildung. Die am tiefsten stehenden meist parasitischen Larven sind geradezu wurmförmig und entbehren nicht nur aller Gliedmassen, sondern auch eines ausgebildeten mit Sinnesorganen ausgestatteten Kopfabschnittes, dessen Stelle durch den vordem beziehungsweise die 2 vordem Leibes- ringe vertreten wird; in andern Fällen ist zwar ein gesonderter Kopf- abschnitt vorhanden, aber die nachfolgenden 12 oder 13 Brust- und Hinterleibssegmente sind vollständig gliedmassenlos. Man kann diese gliedmassenlosen unbehülflicheii Larven, welche bei völlig beschränkter Lücomotion die Nahrung an ihrem Aufenthaltsorte in üeberfluss vor- finden müssen und dieselbe meist saugend in sich aufnehmen, als Maden bezeichnen (Dipteren, zahlreiche Hymenoptereu'). Die Larven der Netz- flügler, zahlreicher Käfer, der Blattwespen und Schmetterlinge besitzen dagegen an ihren freien Brustsegmenten gegliederte Extremitäten, häufig aber auch an den Hinterleibssegmenten eine grössere oder geringere Zahl von Fussstummeln, sog. Afterfüsse. Im erstem Falle spricht man schlechthin von Larven, im letztem nennt man dieselben Raupen. Am Kopfe dieser Larven und Raupen finden sich stets 2 Antennenstummel und eine verschiedene Anzahl von Punctaugen. Die Mundtheile sind in der Regel beissend, auch da, wo die ausgebildeten Insecten Saug- röhreu besitzen, bleiben freilich mit Ausnahme der Mandibeln gewöhn- lich rudimentär (Fress-spitzen). Die Ernährungsart der Larve wechselt übrigens sehr mannigfach, indessen prävaliren vegetabilische Substanzen, welche in ausreichendem Ueberflusse dem rasch wachsenden Körper zu Gebote stehen. Derselbe besteht meist in kurzer Zeit vier oder auch fünf, zuweilen zahlreiche (Chloeon) Häutungen, und legt im Laufe seines Wachstimms den Körper des geflügelten Insectes vollständig an, freilich nicht überall, wie man früher glaubte, durch unmittelbare Umbildung bereits vorhandener Theile, sondern wie die Beobachtungen Weismann 's für die Dipteren erwiesen haben, unter wesentlichen Neubildungen. Freilich gibt es in dieser Hinsicht bedeutende Verschiedenheiten, deren Extreme in der genannten Gruppe durch die Gattungen Corcthra und Musca repräsentirt werden. Im erstem Falle verwandeln sich die Larvensegmente und die Gliedmassen des Kopfes direct in die ent- sprechenden Theile der Mücke, während die Beine und Flügel nach der letzten Larvenhäutung als Anhänge der Hypodermis von der zelligen Umhüllungshaut eines Nerven resp. einer Luftröhre aus als Imaginal- scheibeii gebildet werden. Die Muskeln des Abdomens und die übrigen Organsysteme gehen unverändert oder mit geringen Umgestaltungen in die des geflügelten Thieres über, die Thoraxmuskeln dagegen entstehen als Neubild in -cn aus bereits im Eie angelegten Zellsträngen. Mit diesen gelingen Veränderungen steht das aktive Leben der Puppe und die Corethra-Musca. Entwicklung. Puppe. 631 geringe Entwicklung des Fettkörpers in nothwendiger Correlation. Bei Musca dagegen, deren ruhende Puppen von einer festen tonnenförmigen Haut eingeschlossen liegen und einen reichlichen Fettkörper enthalten, entsteht der Körper des ausgebildeten Tliieres mit Ausnahme des Ab- domens unabhängig von der äussern Haut der Larve. Auch Kopf und Thorax gehen aus Imaginalscheiben hervor, die bereits im Eie angelegt, im Larvenkörper an der Umhüllungshaut von Nerven oder Tracheen zur Entwicklung gelangen. Erst während des Puppenstadiums ver- wachsen diese Scheiben zur Bildung von Kopf und Brust. Jedes Brust- segment wird aus zwei (einem dorsalen und ventralen) Scheibenpaaren zusammengesetzt, deren Anhänge die spätem Beine und Flügel darstellen. Sämmtliche Organsysteme der Larven sollen während des langdauern- den Puppenzustandes durch den Process der sog. Histolyse zerfallen und durch Neubildungen unter Vermittlung des Fettkörpers und der aus demselben entstandenen Körnchenkugeln ersetzt werden. In wie weit die übrigen Insektengruppen dem einen (7. adiscota) oder andern (7. discota) Extreme innerhalb der Dipterengruppe näher stehen, bleibt durch spätere Untersuchungen festzustellen. Soviel aber dürfte schon jetzt mit Sicherheit vorauszusetzen sein, dass die Insecten mit unvoll- kommener Metamorphose noch über die erstere Form hinausgehn, die übrigen dagegen sich in sehr verschiedenem Grade den letztern annähern werden. Hat die Larve eine bestimmte Grösse und Ausbildung erreicht, d. h. ist dieselbe ausgewachsen und mit dem für die weitern Umwand- lungen nöthigen Nahrungsmaterial in Gestalt des mächtig entwickelten Fettkörpers ausgestattet , so schickt sich dieselbe zur Verpuppung an Die Larven zahlreicher Insecten verfertigen sich dann mittelst ihrer Spinndrüsen über oder unter der Erde ein schützendes Gespinnst, in welchem sie nach Abstreifung der Haut in das Stadium der Puppe (Chrysalis) eintreten. Liegen die äussern Körpertheile des geflügelten Insectcs der gemeinsamen hornigen Puppenhaut in der Art an, dass sie als solche zu erkennen sind {Lepidoptcren) , so heisst die Puppe Pupa obtecta, stehen dieselben aber bereits frei vom Rumpfe ab {Coleopteren), so wird die Puppe als Ihipa lihera bezeichnet. Indessen ist dieser Unterschied sehr untergeordneter Art, indem auch bei den erstem un- mittelbar nach der Häutung anfangs die Gliedmassen frei liegen und durch die erhärtende cuticulare Schicht verkittet werden. Bleibt die Puppe auch noch von der letzten Larvenhaut umschlossen {Miisciden), so heisst dieselbe Fupa coarctata. Ueberall liegt bereits der Körper des geflügelten Insect's mit seinen äussern Theilen in der Puppe scharf umschrieben vor, und es ist die besondere Aufgabe des Puppenlebens, die Umgestaltung der Innern Organisation und Reife der Geschlechtsorgane zu vollenden. Ist diese 632 Insecten. Lebensweise der fnsecten. Aufgabe erfüllt, so sprengt das allmählig consolidirte geflügelte Insect die Puppenhaut, arbeitet sich mit Fühlern, Flügeln und Beinen hervor und breitet die zusammengefalteten Theile unter dem Einfluss lebhafter Inspiration und Luftanfüllung der Tracheen auseinander. Die Chitin- bekleidung erstarrt mehr und mehr, aus dem Enddarm tropft das während des Puppenschlafes entstandene und aufgespeicherte Harnsecret aus, und das Insect ist zu allen Geschäften des geschlechtsreifen Alters tauglich. Die Lebensweise der Insecten ist so mannichfach, dass sich kaum eine allgemeine Darstellung geben lässt. Zur Nahrung dienen sowohl vegetabilische als animalische Substanzen, welche in der verschiedensten Form, sei es als feste Stoffe oder als Flüssigkeiten, sei es im frischen oder im faulenden Zustande aufgenommen werden. Insbesondere werden die Pflanzen von den Angriffen der Insecten und deren Larven heim- gesucht, und es existirt wohl keine Phanerogame, welche nicht ein oder mehrere Insectenarten ernährte. Bei der grossen Fruchtbarkeit, welche unter gewissen Bedingungen zu einer übergrossen Vermehrung der In- dividuen führt, bringen die an Culturpflanzen, Obst- und Waldbäumen lebenden Insecten zuweilen grossen Schaden, indem sie Blätter und Blüthen , Halme und Früchte vollständig zerstören und die Ursache selbst von Misserndten und Hungersnoth werden können. Derartigen Verheerungen wirken wiederum in ausgedehntem Masse andere Insecten entgegen, welche als Larven im Leibe jener schädlichen Insecten schmarotzen und von deren Säften und Körpertheilen sich ernähren (Tachinen, Ichneumonen u. a.). Andererseits erscheinen die Insecten wiederum für das Gedeihen der Pflanzenwelt nützlich und nothwendig, indem sie wie zahlreiche Fliegen, Bienen und Schmetterlinge durch Uebertragung des Pollens auf die Narbe der Blüthen die Befruchtung vermittlen. Endlich erweisen sich zahlreiche Insecten durch die Er- zeugung verwendbarer und wichtiger Stoffe als nützlich, wie z. B. die Seidenspinnen, die Scharlachläuse, die Bienen. Mit Rücksicht auf die gesammten Lebenserscheinungen nehmen die Insecten unstreitig unter den Wirbellosen neben den Decapoden und Cephalopoden die höchste Stufe ein. Der Nahrungsverbrauch erscheint bei den zum Fluge befähigten Thieren in gleichem Masse bedeutend als der Stoffwechsel energisch, und ebenso ist die Consumption von Sauer- stoff erwiesenermassen eine so reiche, dass man bei manchen Insecten von einer Eigenwärme') des Körpers reden kann. Mit Recht gilt die Biene (Bienenstock) als ivarmblütiges Thier. Den vollkommenen Leistungen der vegetativen Organe entsprechen die vielseitigen und oft wunderbaren, auf psychische Lebensäusserungen hindeutenden Handlungen. Dieselben werden allerdings grossentheils 1) M. Girard, Ann. scienc. rat. 5 Ser. Tom. XI. Instinct. Kunsttriebe der Grabwespen, Bienen. Tonproduktion. 633 unbewusst auf reflectorischem Wege durch den Mechanismus der Orga- nisation ausgeführt, durch den Instinct, wie man sich auszudrücken pflegt, beruhen zum Theil aber entschieden auf psychisclien Vorgängen, indem sie neben dem sehr ausgeprägten Perceptionsvermögen der Sinnes- organe, Gedächtniss und Urtheil voraussetzen. Mit dem Instincte tritt das Insect von der Natur (durch Vererbung) ausgestattet in die Welt, ohne zu demselben durch Erfahrungen und Vorstellungen geleitet zu werden (Grabwespe), zu den auf Gedächtniss und Urtheil beruhenden Handlungen dagegen hat sich dasselbe die psychischen Bedingungen erst auf dem Wege der Sinnesperception und Erfahrung zu erwerben (Biene). In der ererbten Organisation aber sind alle jene Fähigkeiten eingeschlossen, welche im langsamen Processe phylogenetischer Gestaltung auch unter Aufwand von psychischen Kräften erworben, im häufigen zuletzt auto- matischen Gebrauche rein mechanisches Eigenthum des Organismus wurden. Die instinctiven und psychischen häufig sehr schwer abzugrenzenden Handlungen beziehen sich zunächst auf die Erhaltung des Individuums, indem sie Mittel und Wege zum Erwerbe der Nahrung und zur Ver- theidigung schaffen, ganz besonders aber als sog. Kunsttriebe auf die Erhaltung der Art und die Sorge um die Brut. Am einfachsten offenbart sich die letztere in der zweckmässigen Ablage der Eier an geschützten Plätzen und an bestimmten dem ausschlüpfenden Thiere zur Nahrung dienenden Futterpflanzen. Complicirter (freilich sind diese Fälle seltener) werden die Handlungen des Mutterinsectes überall da, wo sich die Larve in besonders gefertigten Räumen entwickeln und nach ihrem Ausschlüpfen die erforderliche Menge geeigneter Nahrungsmittel vorfinden muss (Sphex sabulosa). Am wunderbarsten aber bilden sich die Kunst- triebe bei einigen auch psychisch am höchsten stehenden Orthopteren und Hymenopteren aus, welche sich weiter um das Schicksal der aus- geschlüpften Brut kümmern und die jungen Larven mit zugetragener Nahrung (Futterbrei) grossziehen. In solchen Fällen vereinigen sich eine grosse Zahl von Individuen zu gemeinsamem Wirken in sog. Thier- staaten mit ausgeprägter Arbeitstheilung ihrer männlichen, weiblichen und geschlechtlich verkümmerten Generationen (Termiten, Ameisen, Wespen, Bienen). Einige Insecten erscheinen zu Tonproduktionen ') befähigt, die wir zum Theil als Aeusserungen einer Innern Stimmung aufzufassen haben. Man wird in dieser Hinsicht von den summenden Geräuschen der im Fluge befindlichen Hymeuoptern und Diptern (Vibriren der Flügel und blattförmiger Anhänge im Innern von Tracheen), ebenso wohl von den knarrenden Tönen zahlreicher Käfer, welche durch die Reibung bestimmter 1) H. Landois, Die Ton- und Stimmapparate der Insecten. Leipzig. 1867. 634 1. Ordnung: Orthoptera. Körpersegmente aneinander (Pronotiim und Mesonotum, Lamellicornier) oder mit der Innenseite der Flügeidecken entstehen, abstraliiren können, obwolil es möglicli bleibt, dass sie zur Abwehr feindlicher Angriffe eine Beziehung haben. Eigenthüniliche Stimmorgane, welche Locktöne zur Anregung der Begattung erzeugen, finden sich bei den männlichen Sing- zirpen {Cicada) am Hinterleibe und bei den männlichen Gryllodeen und Locustiden an der Basis des Vorderflügels. Aehnliche wenngleich schwächer zirpende Töne produciren indessen auch beide Geschlechter der Acrididen durch Reiben der Schenkel der Hinterbeine an einer Firste der Flügeldecke. Die Verbreitung der Insecten ist eine fast allgemeine vom Aequator an bis zu den äussersten Grenzen der Vegetation, freilich unter beträcht- licher Abnahme der Artenzahl, der Grösse und Farbenpracht der Arten. Einige Formen sind wahre Cosmopoliten, z. B. der Distelfalter. Die Zahl der gegenwärtig bekannnten Insectenarten wird auf mehrere 100,000 geschätzt. Auch fossile Insecten finden sich von der Steinkohlenformation an bis zum Tertiärgebirge an Artenzahl zunehmend. Am schönsten er- halten sind die p]inschlüsse im Bernstein und die Abdrücke des litho- graphisch(;n Schiefers. 1 . Ordnung: Orthoptera ' ) , Geradflügler» Insecten mit beissenden Mundtheilen , mit swei meist ungleichen geäderten Flügclpaaren und unvollkommener Metamorphose. Der den Flügeln entlehnte Name der Ordnung ist keineswegs all- gemein anwendbar, zumal die Beschaffenheit der Flügel mehrfache Ab- weichungen erleidet, wie auch in Bezug auf den gesammten Bau und die Lebensweise eine grosse Mannigfaltigkeit herrscht. Es fehlt über- haupt ein gemeinsamer Typus in der äussern Erscheinung und innern Organisation, wie wir ihn in andern Ordnungen der Insecten beobachten. Jra Allgemeinen trägt der grosse Kopf lange vielgliedrige Fühlhörner, meist ansehnliche Facettenaugen und auch Punctaugen. Die Mundwerk- zeuge sind zum Kauen und Beissen eingerichtet; als besonders charak- teristisch kann die Bildung der Unterlippe angesehen werden, an der sich die beiden Kieferhälfton mit ihren Theilen ziemlich vollständig er- 1) J. W. Zetterstedt, Orthoptera Suecicae etc. Lund. 1821. A. Serville, Histoire naturelle des Insectes Orthopteres. Paris. 1839. T. de Charpentier, Orthoptera descripta et depicta. Leipzig. 1841. L. H. Fischer, Orthoptera Europaea. Leipzig. 1853. Leon Dufour, Recherches anatomiques et physiologiqiies sur les Orthopteres. Me'ni. pres. Paris. Ton:. VII. 1841. Vergl. ausserdem die anat. Aufsätze von Goldfuss, De Haan, Philippi, Rathke, J. Müller, Th. v. Siebold, Leydig etc. Bau und Organisation der Orthopteren. 635 halten haben. Während in einigen Fällen die Zunge aus zwei durch eine mediane Längsnath verschmolzenen Hälften besteht, sind in der Regel die vier Laden, zuweilen selbst ihre Träger (stipites) von ein- ander getrennt. Häufig wird die äussere Lade der Maxillen helmförmig {galea) und überragt die Innenlade beträchtlich. Der sehr verschieden grosse Prothorax zeigt sich durchweg frei beweglich und gelenkig auch vom Mesothorax abgesetzt. Die Form und Bildung der Flügel schwankt ausserordentlich. In einzelnen Fällen können die Flügel vollständig fehlen; häufig sind die Vorderflügel pergamentartige Flügeldecken oder wenigstens stärker und dickhäutiger als die grössern und zusammen- legbaren Hinterfliigel, in andern Fällen dagegen tragen beide gleichartig gebildete Flügelpaare bereits den Character der Netzflügler. Ebenso verschieden verhalten sich die Beine, deren Tarsen selten nur aus zwei, meist aus drei, vier oder fünf Gliedern bestehen. Der stets in seiner ganzen Breite festsitzende Hinterleib bewahrt sich meist die ursprüngliche vollständit-e Segmentirung und endet sehr allgemein mit zangen-, griff'el-, faden- oder borsteiiförmigen Caudal- anhängen, meist gehen sogar 10 (11) Segmente in seine Bildung ein, von denen das 9te die Geschlechtsöffnung, das lOte den After umschliesst. Am weiblichen Abdomen findet sich zuweilen (Heuschrecken) eine Lege- scheide; dieselbe entspringt am vorletzten und drittletzten Segment und besteht jederseits aus einer obern und untern Scheidenklappe und einer Innern, der obern Scheidenklappe anliegenden auf einer Rinne am obern Rande der untern Scheidenklappe laufenden Stachelstab. Die untere Scheidenklappe entsteht durch das Zapfenpaar des drittletzten Segmentes, die obere dagegen durch das äussere, der anliegende Stachelstab durch das innere Zapfenpaar des vorletzten Segmentes. Auch das Aftersegment hat seine Griffel oder Seitenanhänge. Der Verdauungskanal zeichnet sich weniger durch beträchtliche Länge als durch Gliederung in mehrfache Abschnitte aus, indem viele Orthopteren eine als Kropf zu bezeichnende Erweiterung der Speise- röhre und einen Kaumagen besitzen, auf welchen der häufig mit einigen Blinddärnichen beginnende Chylusmagen folgt. Die Speicheldrüsen sind oft ausserordentlich umfangreich und mit einem blasenförmigen Reservoir versehen. Die Zahl der Malpighischen Gelasse ist mit einzelnen Aus- nahmen eine sehr beträchtliche. Eine sehr complicirte Gestaltung zeigt das Tracheensystem namentlich bei den Orthopteren mit vollkommenem Fl ugveni lögen, indem sich zwischen die Stämme der Luftröhren blasen- förmige Erweiterungen einschieben, durch welche sowohl die Respiration als die Flugbewegung begünstigt wird. Das Nervensystem besitzt meist ein sehr langgestrecktes Bauchmark mit drei grössern Brustgauglien und fünf, sechs oder sieben kleinern Knoten im Abdomen. Einige be- sitzen Gehörorgane. Für die Geschlechtsorgane gilt im Allgemeinen eine 636 Orthopteren. Embryonale Entwicklung. grosse Zahl langer Eiröhren und Hodenschläuche, in deren Leitungs- kanäle mächtige Drüsen einmünden. Eine besondere Bursa copulatrix fehlt. Alle dui'chlaufen eine unvollkommene Metamorphose, welche sich bei den auch im ausgebildeten Zustande flügellosen Formen bis zur Stufe einer directen Entwicklung vereinfacht {Ämetabola). Beide Ge- schlechter unterscheiden sich — von der Verschiedenheit der äussern Copulationsorgane und des Hinterleibsumfangs abgesehn — zuweilen durch die Grösse der Flügel {Periplcmeta) oder den Mangel der Flügel im weiblichen Geschlecht {Haterogamia, Pneumora), sowie bei den springenden Orthopteren durch die Ausbildung eines Stimmorgans am Körper des Männchens. Wahrscheinlich dienen die schrillenden Geräusche des letztern dazu, die Weibchen herbei zu locken und zur Begattung anzuregen. Man will von dem Feldheimchen beobachtet') haben, dass das Männchen am Eingang seiner Höhle so lange zirpt, bis sich ein Weibchen nähert, dann soll ein leiseres Geräusch folgen, während das Männchen das Weibchen mit seinen Antennen liebkost. Selten kann jedoch auch das Weibchen den Stimmapparat in vollkommener Aus- bildung besitzen {Ephippiger unter den Locustiden). Die Eier werden unter sehr verschiedenen Verhältnissen bald in die Erde, bald an äussere Gegenstände in der Luft an feuchten Orten oder im Wasser abgesetzt. Die Embryonalbildung ist für die Libelluliden näher verfolgt worden, und hier mit dem Auftreten eines inneren Keimstreifens verbunden (A. Brandt). Die echten Orthopteren und Thysanuren dagegen (ob alle?) scheinen sich mit äusserem Keimstreifen zu entwickeln. Die Larven der geflügelten Formen verlassen das Ei ohne Flügelstummel und stimmen entweder bis auf die Zahl der Fühlerglieder und Horn- hautfacetten in ihrer Form und Lebensweise mit den Geschlechtsthieren überein, oder weichen auch in diesen Beziehungen beträchtlich ab {Ephemeren, Libellen'), indem sie provisorische Einrichtungen des Nahrungserwerbes und der Athraungsorgane haben und in einem ganz andern Medium leben. Die Entwicklung dauert in der Regel fast ein Jahr, oft aber mehrere Jahre. Die meisten nähren sich im ausgebil- deten Zustand von Früchten und Blättern, einige wenige von thierischen Substanzen. Sind als die ältesten den Stammformen am nächsten stehenden Insecten zu betrachten, vor allen die flügellosen Campodeen unter den Thysanuren, welche in Körperform an die Tausendfüsse erinnern und auch Fussstummel am Abdomen tragen. Fossile Orthopteren treten schon im Devon und in der Steinkohlen- formation auf und zwar in Formen, die vielfache Beziehungen zu den 1) Vergl. Bat es, The Naturalist on the Amazons. Vol. I. 1863, ferner Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. III, sodann über den beson- dern Bau der Stimmorgane Landois 1. c. 1. Unterordnung: Thysanura. 637 Neuropieren bieten. Merkwürdig ist der Fund eines fossilen Insectes ' ) (aus der Devonischen Formation von New- Braun schweig), welches bereits den Stridulationsapparat der männlichen Locustiden zeigt. 1. Unterordnung: Thysanura^). Körper mit behaarter oder beschuppter Oberfläche, ohne P'lügel, mit Ocellen, ausnahmsweise mit Netzaugen, mit borstenförmigen Anhangs- fäden am Hinterleibsende, die bauchwärts eingeschlagen als Spring- apparat zum Fortschnellen benutzt werden können. Sie entwickeln sich ohne Metamorphose. Fühler verschieden lang, borstenförmig. Mund- theile wenig entwickelt, oft eigenthümlich modificirt , mit zum Kauen dienenden Mandibeln und Maxillen. Stigmata und Tracheen ineist ver- einfacht. Zuweilen {Smynthurus) sind überhaupt nur 2 Stigmata hinter dem ersten Beinpaare vorhanden. Nervencentra auf zwei Bauchgangiien reducirt. Die Hoden sind jederseits einfache gewundene Schläuche und erweitern sich an ihrer Vereinigungsstelle zur Bildung einer kugligen Samenblase, deren Ausführungsgang ebenso wie der Eileiter in den Mastdarm mündet. Am Bauche findet sich oft ein eigenthUmliclies röhrenförmiges Haftorgan. Nach der Begattung wachsen die Weibchen der Poduren bedeutend und legen dann die Eier ab. 1. Fam. Campodidae. Körper langgestreckt mit lOgliedrigem Abdomen, das mit 2 Fäden endet. Antennen vielgliedrig , borstenförmig oder fadenförmig. Mandibeln kräftig bezahnt. Maxillen mit 2 Laden und Taster. Unterlippe mit Zunge, Nebenzunge und kurzen Tastern. Die Abdominalsegmente haben rudi- mentäre Beinstummel. Laufbeine mit 2 Krallen bewaffnet. Erinnern durch die Form der flachen Leibesringe mit ihren Chitinlamellen an die Juliden und sind wenn nicht als die Stammform der Insecten, so doch dieser sehr nahe stehend betrachtet worden (Brauer). Japyx Hai. Augenlos. Maxillartaster 2gliedrig. Antennen borstenförmig. J. gigas Br., Cypern. J. soUfugus Hai. Campodea Westw. Antennen fadenförmig. Maxillartaster ungegliedert. Campodea staphylinus Westw. 2. Fam. Poduridae, Springschwänze. Körper gedrungen kuglig oder lang- gestreckt, mit 4 — Sgliedrigen Fühlern und meist 4 — 8 Ocellen jederseits. Hinter- leib meist auf wenige Segmente reducirt, mit bauchständigem Haftorgan und mit 1) Scudder, Transact. Entomol. Soc. 3. ser. Vol. IL 2) Latreille, De l'organisation exterieure et comparee des Insectes de l'ordre des Thysanoures. Nouv. Annales du Mus. d'hist. nat. Tom. I. 1832. H. Nie ölet, Essai sur une Classification des Insectes apteres de l'ordre des Thysa- noures. Annales de la soc. entom. 2 ser. Tom. V. Derselbe, Recherches pour servir ä l'histoire naturelle des Podurelles. NeufchateL 1841. J. Lubbock, Notes on the Thysanura. Part. I— IV. Transact. of the Linn. Soc. 1862—1867. E. v. Olfers, Annotationes ad anatomiam Podurarum. Diss. inaug. Berol. 1862. Me inert, Campodeae. Naturh. Tidsskrift. 3 Ser. voL IIL 1865. Vergl. ferner die Aufsätze von R.Templeton, P.Gervais, Laboulbene. 638 Smynthurinae. Podurinae. Lepismidae. — 2. Unterordnung: Orthoptera genuina. langer bauchwärts umgeschlagener Springgabel endend. Die starken Beine enden mit eingliedrigen 21appigen Tarsen und einer gespaltenen Klaue. MundöfFnung mit Oberlippe und unterer Mundklappe nebst 4theiliger Unterlippe, unter den Mundklappen versteckt liegen die Mandibeln und tasterlosen Maxillcn. Sie leben an feuchten Orten, auch auf der Oberfläche des Schnees und springen geschickt. 1. Subf. Smyntliimnae. Körper kurz, fast kiiglig. Die Segmente mit Ausnahme des Prothorax verwachsen. Smynthurus Latr. Fühler 4gliedrig, lang, Ocellen jederseits 8 {Dicyrtoma Bourl. mit Sgliedrigen Antennen). Sm.. signatus Latr. Papirius Lubb. Tracheen fehlen. 2. Subf. Podurinae. Körper gestreckt, mit getrennten Segmenten. Podura L. Fühler kurz und dick, 4gliedrig. Springgabel kurz. Füsse mit einer Klaue. P. aqiiatica Deg. Ochorutes Tempi. Orchesella Tempi. Fühler 6gliedrig. Springgabel sehr lang und schmal. 0. fastuosa Nie. Tomocerus Nie. Degeeria Nie. Fühler 4gliedrig. Körper mit keulenförmigen Haaren besetzt. 8 Ocelleu jederseits. Abdominalsegmente ungleich. Deg. nivalis L., Lepidocyrtus Bourl., Desoria Ag, u. a. G. Lipura Burm. Springgabel kurz, zum Springen nicht befähigend. Zahl- reiche Ocellen jederseits. L. ambulans L. Bei Anura Gerv. sind Mandibeln nnd Maxillen verkümmert. A. muscorum Tempi. 3. Fam. Lepismidae, Borstenschwänze. Körper gewölbt, langgestreckt, mit metallisch schimmernden Schuppen dicht bedeckt. Die borstenförmigen Fühler lang und vielgliedrig. Mundtheile mit der Unterlippenbildung der Orthopteren, mit 5- bis 7gliedrigen Maxillartastern und 4gliedrigen Labialtastern. Prothorax gross. Beine mit 2- bis 4gliedrigen Tarsen. Das lügliedrige Abdomen endet mit einer langem Mittelborste und 2 schwächern seitlichen Borsten. Erinnern durch die Bildung der Brust und der Beine an die Schaben und bewegen sich rasch laufend , theilweise springend. Lepisma L. Augen klein, nur aus Ocellen zusammengesetzt. Unterkiefer mit helmförmigem Aussenlobus und hakiger Innenlade, mit 5gliedrigem Taster. Unterlippe 41appig. Hinterleib ohne Springorgan. L. saccharina L., Zuckergast, Silberfischchen. Bei Nicoletia Gerv. fehlen die Augen ganz. Machiiis Latr. Netzaugen vorhanden. Kiefertaster Tgliedrig. Neuntes Ab- dominalsegment zu einer Springgabel umgestaltet, M. polypoda L., M. annuli- cornis Latr, 2. Unterordnung: Orthoptera genuina'). Vorderflügel schmal und derb, zuweilen lederartig erhärtet zum Schutze der Hiutertiügel und der ßückentläche. Die Hinterfliigel dünn- 1) G. Gene, Saggio di una monografia della Forficula indigene. Padova. 1822. H. Rathke, Zur Entwicklungsgeschichte der Blatta germanica. Meckel's Archiv für Anat. und Phys. Tom. VI 1832, Leon Dufour, Eecherches anato- miques sur les Labidoures on Perce-oreilles, Ann. des scienc. nat. Tom. XIII. C. Cornelius, Beiträge zur nähern Kenntniss der Periplaneta orientalis L. Elberfeld. 1853. L. H. Fischer, Orthoptera europaea. Lipsiae. 1853. J. 0. West- wood, Catalogue of Orthopterous Inseets in the collection of the Brit. Museum. London, 1859. Forficulidae. Blattidae. 639 häutig und breit, der Länge nach zusamnienfaltbar. Kopf gross und kräftig entwickelt, die starken Mandibeln ungleich bezahnt. Die Maxillen mit horniger, an der Spitze gezahnter Innenlade, diese von der hehn- förmigen häutigen Aussenlade [Galea) überdeckt, mit ögliedrigem Taster. Unterlippe bald mit freien, bald mit verschmolzenen Laden und Sgliedi'igen Tastern. Anhänge des letzten Abdominalsegmentes entwickelt, die untern Griffel freilich zuweilen fehlend. Weibchen oft mit Legescheide, di(> aus den Ventralplatten des 9ten und lOten Segmentes gebildet wird. Die Larven nähren sich stets von festen Stoffen und sind durchaus Land- bewohner. \. Gruppe. Cursoria. 1. Farn. Forficulidae, Ohrwürmer {Dermatoptera). Von langgestreckter Körperform mit 4 ungleichen Flügeln, von denen die vordem kiu-ze hornige Flüo-el- decken sind, welche dem Körper horizontal aufliegen und die zarthäutigen durch Gelenke eingeschlagenen Hinterflügel bedecken. Kopf ohne Ocellen mit faden- förmigen vielgliedrigen Fühlern. Oberlippe gross. Unterlippe bis zur Basis der Stipites gespalten mit jederseits verwachsenen Laden. Beine mit Sgliedrigen Tarsen. Der 9gliedrige Hinterleib endet mit einer Zange, deren Arme beim Männchen stark ausgebogen sind. Sie ernähren sich von Pflanzenstoffen, besonders Früchten und verkriechen sich am Tag in Schlupfwinkeln, aus denen sie in der Dämmerung hervorkommen. Von Linne wurden die Ohrwürmer zu den Coleopteren und zwar in die Nähe der Stai)hylinen gestellt. Indessen lassen sie sich am besten von den Campodeen aus (Japyx) ableiten. Forficula L. Fühler meist 12gliedrig. Nach der Zahl der Antennenglieder hat Serville eine grosse Zahl von Untergattungen aufgestellt. F. auricularia L. Die Weibchen sollen nach Degeer die Eier beschützen und die Jungen wie die Henne ihre Küchlein unter ihrem Körper aufnehmen. F. minor L. u. z. a. A. Labidiira gigantea Fabr. Von Afrika über Europa bis nach Vorderasien verbreitet. 2. Fam. Blattidae. Von flacher länglich ovaler Körperform, mit breitem schildförmigen Prothorax, langen vielgliedrigen Fühlern und starken Gangbeinen mit bestachelten Schienen und Sgliedrigen Tarsen. Der Kopf wird von dem grossen Vorderbrustschilde überdeckt und entbehrt in der Regel der Ocellen. Aussenlade der Maxillen schnabelförmig verlängert. Unterhppe gespalten, ihre Aussenladen doppelt so gross als die Innern. Die Vorderflügel sind grosse übereinander greifende Flügeldecken, können aber sammt den Hinterflügeln beim Weibchen oder auch in beiden Geschlechtern vollkommen fehlen. Abdomen mit 2, seltener 4 gegliederten Analfortsätzen (Ralfen). Die Schaben leben von festen thierischen Stoffen und halten sich lichtscheu am Tage in dunkeln Verstecken auf Viele Arten sind über alle Welttheile verschleppt und richten bei massenhaftem Auftreten in Bäckereien und Magazinen grossen Schaden an. Besonders gross sind die tropischen Formen. Die Weibchen legen ihre Eier kurz vor dem Ausschlüpfen der Jungen in Kapseln ab, welche bei Periplaneta orientaUs circa 40 Eier in einer Doppelreihe gelagert umschliessen. Die Metamorphose soll hier vier Jahre dauern. Polyzosteria Burm. Körper ungeflügelt, sehr flach, mit breitem Kopf und halbkreisförmigem Prothorax. Zwischen den Klauen ein Haftlappen. P. limbata Charp., Südeuropa. P. decipiens Germ., Südeuropa. Heterogamia Burm. Körper des Weibchens flügellos. Fühler kürzer als der 640 Mantidae. Phasmidae. Leib. Der Haftlappen zwischen den Klauen fehlt. R. aegyptiaca L. Perisphaeria Burm. (Mit Haftlappen zwischen den Klauen). P. stylifera Burm. Blabera Serv. Körper geflügelt, ohne Haftlappen zwischen den Klauen. Flügeldecken lederartig, verhältnissmässig dünn. Bl. gigantea L. , Südamerika. Periplaneta Burm. Körper geflügelt, mit Haftlappen zwischen den Klauen. Flügel des Männchens länger, des Weibchens kürzer als der Leib. Männchen mit langen Griffeln am Endsegment. P. Orientalis L., gemeine Schabe, soll aus dem Orient in Europa eingewandert sein. P. americana Fabr., Epilampra Burm., Hor- nietica Burm. u. a. ^ Blatta L. Verschieden durch die in beiden Geschlechtern gleichlangen Flügel und den Mangel der Analgriff"el des Männchens. B. lapponica L., B. ger- manica Fabr. u. a. kleinere einheimische Arten. TJiyrsoccra spectabilis Burm. 2. Gruppe. Grcssoria. 3. Farn. Mantidae, Fangheuschrecken. Von langgestreckter Körperform mit freiem Kopf, langen borstenförmigen Fühlern und vorderen Raubfüssen, deren gesägte Schienen gegen den gezähnten Schenkel eingeschlagen werden. Mittel- und Hinterbeine einfache Gehfüsse mit Sgliedrigen Tarsen. Drei Ocellen vorhanden. Die vier Laden der Unterlippe gleich gross. Flügel fast blattförmig. Hinterleib mit 2 gegliederten Ralfen. Sie leben vom Raube anderer Insecten und sind Be- wohner der wärmern und heissen Klimate, nur kleinere Arten erstrecken sich bis in das südliche Europa. Die Weibchen legen ihre Eier klumpenweise an Pflanzen ab und umhüllen dieselben mittelst eines zähen bald zu einer Kapsel erhärtenden Secretes, welches von fadenförmigen Anhangsschläuchen des Oviductes abgesetzt wird. Nach Coquerel werden die Eier während des Ablegens von kleinen Glanz- wespen der Gattung Palmon angestochen. Mantis L. Prothorax verlängert und bucklig erhoben. Fühler bei Männchen und Weibchen einfach borstenförmig. M. religiosa L., Gottesanbeterin, im süd- lichen Europa. 31. struviaria L., Ostindien. Empusa 111. Kopt klein, triangulär. Männliche Fühler doppelt gekämmt. Vorderkopf mit einem Fortsatz. Schenkel der Mittel- und Hinterbeine lappig er- weitert. E. pauperata Fabr., Südeuropa. Schizocephala Serv. Kopf klein mit stark hervortretenden kegelförmigen Aucen. Prothorax mehr als 3 mal so lang als Mittel- und Hinterbrust. Seh. oculata Fabr., Ostindien. Eremiaphila Leleb. Prothorax nicht länger als Mesothorax, viereckig. Fühler von halber Körperlänge. Vorderflügel nicht länger als das erste Segment des plumpen eiförmigen Hinterleibes. Hinterbeine sehr lang. Schienen mit 2 Domen bewaffnet. E. Ehrenbergii Burm., von der Farbe des weissen Sandes, Afrika. Metaleuca splendida Westw., Malabar. 3. Fam. Phasmidae ' ) , Gespenstheuschrecken. Körper gestreckt , in der Regel linear mit freiem geneigten Kopf, fadenförmigen Fühlern und langen 1) Joh. Müller, Ueber die Entwicklung der Eier bei den Gespenst- heuschrecken und eine neu entdeckte Verbindung des Rückengefasses mit den Eierstöcken. Nova Act. Tom. XIL 1825. Derselbe, Ueber ein eigenthümliches dem Nervus sympath. analoges Nervensystem der Insecten. Ebendaselbst. Tom. XIV. 1828. G. R. Gray, Synopsis of the species of Insects belonging to the family of Phasmidae. London. 1835. Acrididae. 641 Schreitbeinen, deren Sgliedrige Tarsen zwischen den Endklauen einen grossen Haftlappen tragen. Aeussere Lade der Unterlippe viel grösser als die innere. Prothorax viel kürzer als der verlängerte Mesothorax. Flügeldecken und Flügel häufig abortiv oder fehlend. Analfäden nicht gegliedert. Leben in den Tropen- gegenden und ernähren sich von Blättern; die flügellosen Formen gleichen ver- dorrten Zweigen, die geflügelten trocknen Blättern. Bacillus Latr. In beiden Geschlechtern ungeflügelt. Körper langgestreckt, ohne Lappen und Stacheln, beim Männchen viel dünner. Kopf länger als der kurze Prothorax, ohne Ocellen. Fühler kürzer als die Brust, beim Männchen dünner und länger mit dickem grossen Basalglied. Abdomen des Weibchens am Ende verengt, des Männchens kolbig. JB. Rossii Fabr., Südeuropa und Nordafrika. B. galUcus Charp., Südfrankreich und Spanien. Bacteria Latr. Fühler so lang oder länger als der Körper. B. calamus Fabr., Surinam u. z. a. A. Cladoxerus Gray. Männchen geflügelt, mit kurzen Flügeldecken, Weibchen flügellos, viel dicker und plumper als das langgestreckte dünne Männchen. Cl. phylUnus Gray , Brasilien. Pharma 111. Beide Geschlechter geflügelt, Flügel in beiden Geschlechtern beinahe gleich. Fühler borstenförmig , so lang oder länger als der Körper. Ph. fasciatum Gray, Brasilien. Phyllium 111. Flügeldecken und Hinterleib einem trocknen Blatte ähnlich. Beine zusammengedrückt, blattförmig erweitert. P. siceifoUum L., Ostindien. 3. Gruppe. Saltatoria. 4. Farn. Acrididae ' ), Feldheuschrecken. Körper gestreckt und seitlich com- primirt, mit senkrecht stehendem Kopf und stirnständigen kurzen, schnür- oder fadenförmigen Fühlern. Nebenaugen fast immer vorhanden. Oberlippe sehr gross, am grössten unter allen Insecten, in der Mitte des untern Randes ausgeschnitten. Maxillartaster Sgliedrig. Unterlippe mit Sgliedrigem Taster und dicker fleischiger Zunge. Die derbem Vorderflügel sind nur wenig breiter als das Vorderfeld der hintern, welche fächerförmig eingeschlagen in der Ruhelage von jenen vollkommen bedeckt werden. Selten fehlen die Flügel. Beine mit Sgliedrigen Tarsen und Haftlappen zwischen den 2 Endki-allen. Schenkel der Hinterbeine am Grunde verdickt, nur die Gattung Pneumora entbehrt der Sprungbeine. Der Hinterleib besteht aus 9 (10?) Segmenten, von denen das erste an der Bauchseite sehr innig mit dem Metathorax verschmolzen ist. An diesem, vor dem Abdominalsegmente, liegen jederseits die Gehörorgane. Den Weibchen fehlt eine vorstehende Lege- scheide, sie besitzen aber eine obere und untei-e je aus 2 hornigen Grift'eln zu- sammengesetzte Genitalklappe. Die Männchen produciren ein lautes schrillendes Geräusch, indem sie den gezähnten lunenrand der Hinterschenkel an vorspringenden Adern der Flügeldecken herabstreichen. Aber auch bei den Weibchen ist dieser Stridulationsapparat wenngleich rudimentär und nicht stärker ausgebildet als bei den Larven vorhanden, auch die Weibchen mancher Arten vermögen schwache zirpende Töne hervorzubringen. Sie halten sich vorzugsweise auf Feldern, Wiesen und Bergen auf, im Frühjahr und Sommer als Larven, im Spätsommer und Herbst \) Vergl. V. Siebold, Ueber das Stimm- und Gehörorgan der Orthopteren. Archiv für Naturg. 1844, ferner F. Leydig und Landois 1. c. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 41 642 Locusiidae. als Geschlechtsthiere , fliegen mit schnarrendem Geräusch in der Regel nur auf kurze Strecken und ernähren sich von Pflanzentheilen. Tettix Latr. Vorderrand der Brust aufgeworfen, den Mund umgürtend. Vorderrücken sehr gross, hinten in eine vorspringende Spitze verlängert, Flügel- decken sehr klein , unter dem Vorderrücken versteckt. Kein Haftlappen zwischen den Krallen. T. siibulata L., T. hiininctata Charp. Pneumora Thnbg. Hinterbeine nicht zum Sprunge umgebildet. Männchen geflügelt mit blasenförmig aufgetriebener Hinterleibsbasis und mit 2 vorspringenden gezähnelten Leisten des Abdomens, gegen welche die Hinterschenkel gestrichen werden. Weibchen flügellos mit kegelförmigem Hinterleib. Pn. ocellata Thnbg. u. a. südafrikanische Arten. GomphocercHs Burm. {Stenobothrus Fisch.). Antennen nicht zugespitzt. Körper sehr gestreckt , der hervorragende Vorderkopf mit einer kleinen schmalen Grube vor jedem Auge, mit wagerechtem Scheitelfortsatz. Prosternum ohne Höcker. G. thalassmus Fabr., Südeuropa. G. hUßittulatus Charp. G. pratorum Fieb. u. z. a. A. Oedipoda Latr. Kopf fast ganz senkrecht, sehr dick und breit. Mandibeln ohne Zähne. Prosternum ohne Höcker. Vorderrücken mit abgerundeten Seiten- kanten. Oe. tuberculata Fabr., Oe. coerulescens L. , Oe. (Pachytylus) stridula L., Oe. migratoria L. , Wanderheuschrecke im südl. und östl. Europa. Ungeheuere Schwärme unternehmen gemeinsame Züge und verbreiten sich verheerend und zerstörend über Getreidefelder. Acridium Latr. Vorderbrust mit geradem oder gekrümmtem Höcker, Man- dibeln und Maxillen scharfgezackt. Vorderrücken mit winkligem Vorder- und Hinterrand. Ä. tataricum L. , Südeuropa. A. cristatum L. , Brasilien. TruxaViH Fabr. Fühler okantig, 15- bis 20gliedrig, gegen das Ende zuge- spitzt. Kopf kugelförmig mit Skantigem Vorsprung. Flügel über die Hinterleibs- spitze reichend. Tr. nasuta Fabr. , Südeux-opa,, Tr. cariabilis Kl. , ebendaselbst. Tr. flavipes Burm., Brasilien. 2V. {Pyrgomorplia) rosea Charp. Proscopia Kl. Körper sehr lang und dünn, flügellos, P/iasma-ähnlich. Pr. gigantea Kl., Brasilien. 5. Farn. Locustidae '), Laubheuschrecken. Körper langgestreckt, meist grasgrün oder braun getarbt, mit senkrecht stehendem Kopf, meist ohne ücellen, mit sehr feinen Fühlern und meist vertikal dem Körper anliegenden Flügeldecken. Die Beine besitzen 4gliedrige Tarsen und entbehren der Haftlappen zwischen den Krallen, die Hinterbeine sind stets sehr lange Springbeine. Oberlippe kreisrund, Mandibeln mit mehreren spitzen Zähnen und einem grössern untern Mahlzahn. Maxillen schlank mit sehr langen 5gliedrigen Tastern. Unterlippe lang gezogen mit gestilter tief getheilter Lippe, deren kleine Innenlade hinter der dicken Aussenlade zvirückbleibt. Vorderrücken sattelförmig. Gehörorgan in den Schienen der Vorderbeine. Hinterleib in der Mitte stärker ausgedehnt mit schmalen fast quadratischen Bauchschienen und zwei grossen Raifen. Die Weibchen besitzen eine säbelförmige weit vorragende Legescheide, welche aus einer rechten und linken Doppelklappe des 8t en und 9ten Segmentes besteht, zwischen sich aber noch einen Stachelstab jederseits einschliesst , welcher dem 9ten Segmente ent- spricht. Die im Späthsommer oder im Herbst in der Erde abgesetzten Eier über- wintern. Die Larven schlüpfen im Frühjahr aus und werden nach mehrfachen 1) V. Hensen, Ueber das Gehörorgan von Locusta. Zeitschr. für wissens. Zoologie. Tom. XV L Gryllidae. 643 Häutungen erst im Späthsommer zu geflügelten Geschlechtsthieren. Die Laub- heuschrecken leben in Wald und Gebüsch, auch wohl auf dem Felde und sitzen hoch auf dem Gipfel der Hahne oder Sträucher. Die Männchen , selten auch die Weibchen (Ephippigcra) , bringen lautschrillende Töne durch Aneinanderreihen der Flügeldecken hervor, an deren Basis das Stimmorgan liegt. Stets trägt der rechte Flügel die Trommelhaut, deren vorspringende Nerven durch einen gesägten Nerven des darüber liegenden linken Flügels in Vibration gesetzt werden. Meconema Serv. Mit spitzem kegelförmigen Höcker zwischen den sehr langen Fühlern und mit stark vortretenden Augen. Flügeldecken ohne Stimmapparat, länger als die Hinterflügel. Beine sehr lang, die Schienen mit 2 Stachelreihen und langen Haaren, Legescheide aufwärts gebogen. M. varia Fabr., überall in Deutschland. Acridnpeza Guer., Fhaneroptera Serv., Ph. macropoda Burm. u. a. südeurop. Arten. Xiphidium Serv. Kopfzipfel abgerundet breit. Flügeldecken sehr schmal häutig, kürzer als die Flügel oder der Hinterleib. Schenkel unbewehrt, die der Hinterbeine sehr dick. X. fuscum Fabr., X dorsale Charp., Mitteleuropa. Decticus Serv. Koj)f mit stumpfem Stirnfortsatz. Am Grunde der ersten Glieder ,der Hinterfüsse 2 Haftlappen. Beine sehr lang. Vorderscheukel mit 3 Reihen wenig zahlreicher Stacheln. Flügeldecken weichhäutig, grossmaschio-. IJ. verriicivorus L. , Deutschland, D. apterus Fabr., Nordeuropa u. z. a. A. LocHsta L. Kopfzipfel am Grunde zusammengedrückt. Vorderschienen mit drei Stachelreihen, die äussere Reihe nur mit 2 oder 3 Stacheln. Vorder- und Mittelbrust mit 2 langen Stacheln. Flügeldecken häutig, grossmaschig. L. viri- dlssima L., Heupferd. L. cuntans Charp., Schweiz und Holstein. Listroseeiis longispina Burm., Brasilien. Saga Charp. Kopf stark geneigt. Vorderrücken nicht sattelförmig. Körper sehr langgestreckt. Schenkel mit 2 Stachelreihen. Fussglieder sehr breit. S. ser- rata Fabr., Südeuropa. Callimenus Stev. Fuss flach, mit breiter Sohle und gespaltenem vorletzten Tarsalgliede. Kopf sehr gross mit wulstförmig aufgetriebener Stirn. Fühler unter den Augen inserirt, kürzer als der Leib. Prosternum mit 2 stachelförmio-en Höckern. Flügellos. C. dasypus HL, Griechenland. Ephippigera Serv. Pronotum sattelförmig. Prosternum unbewaflhet, Flügel- decken schuppenförmig. Scheitel mit 2 Tuberkeln. Eph. cucullata Charp., Nord- afrika, Portugal. E. perforata Ross., Italien und Süddeutschland. Barbitistes Charp., B. serricauda Fabr., Süddeutschland. Bhaphidophora Serv. Körper glatt, ohne Spur von Flügeln. Kopf mit oblongem Scheitelkamm zwischen den Augen und mit sehr langen Fühlern. Tarsen comprimirt. Vorderrücken convex. Beine sehr lang. Bh. palpata Sulz., Sicilien. Bh. cavicola Koll,, Adelsberger Grotte. Stenopehnatus Burm., Änostosloma Gray., Schizodactylus monstrosus Fabr., Bengalen. 6. Farn. Gryllidae ' ) , Grabheuschrecken. Von dicker walziger Körperform mit freiem und dickem Kopf, meist langen borstenförmigen Fühlern und kurzen horizontal aufliegenden Flügeldecken, welche von den eingerollten Hinterflügeln 1) Vergl. L. Dufour, Histoire naturelle dutridactyle etc. Ann.d.scienc. 1844. H. Rathke, Zur Entwicklungsgeschichte der Maulwurfsgrille. Müller's Archiv. 1844. Ch. Lespes, Memoire sur les spermatophores «des Grillons. Ann. d. scienc. natur. 1855. 41 f. 644 3. Unterordnung: Orthoptera. ■weit überragt werden. Oberlippe kreisrund, ohne Ausschnitt, die Mandibeln mit hakiger Spitze und kurzen Zähnen am Innenrande. Lade der Unterkiefer zuweilen (Gryllotalpa) nur mit 2 anstatt der 3 Zähne. Die äussern Laden der Unterlippe meist breit, die innern bedeckend, seltener schmal und linear {Xya, Gryllotalpa). Taster wie bei den Locustiden. Beine mit Sgliedrigen Tarsen. Die Vorderbeine sind zuweilen Grabfüsse, von gewöhnlichem Bau, aber auch zum Graben ver- wendbar, im letztern Falle sind die Hinterbeine Springbeine mit sehr verlängertem ersten Tarsalgliede , das ebenso wie das Ende der Schiene bewegliche Stacheln trägt. Das Männchen bringt durch Aneinanderreihen beider Flügeldecken, die übrigens die gleiche Bildung haben (Zähne einer Flügelader der Unterseite und vorspringende glatte Ader der Oberseite) schrillende Töne hervor, wahrscheinlich zum Heranlocken des Weibchens, und heftet während der Begattung an die weib- liche Geschlechtsöffnuug eine kolbige Spermatophore, welche ähnlich wie bei den Crustaceen bis zur Entleerung umhei'getragen wird. Weibchen mit gerader dreh- runder und am Ende spindelförmiger Legescheide, seltener ohne Legescheide. Sie leben meist unterirdisch in Gängen und Höhlungen und ernähren sich sowohl von Wurzeln als von animalen Stoffen. Die Larven schlüpfen im Sommer aus und überwintern in der Erde. Gryllotalpa Latr. 2 Ocellen. Fühler lang borstenförmig, vielgliedrig. Vorder- beine znm Graben umgestaltet, mit flach ovalem Schenkel und dreieckiger finger- förmig gezähnter Schiene. Prothorax gross. Abdomen mit 2 ßaifen, beim Weib- chen ohne Legescheide. Gr. vulgaris Latr., Werre, Maulwurfsgrille. Auf Feldei'n und in Gärten verbreitet und sehr schädlich, legt etwa 200 bis 800 Eier in einer verklebten Erdhülle eingeschlossen am Ende der unterirdischen Gänge ab. Xya Latr. Verschieden durch den kleinen Körper, 3 Ocellen, die fadenförmigen lOgliedrigen Fühler und 4 Hinterleibsanhänge. X. variegata Charp. , Südeuropa. Myrmecophüa Latr. Vorderbeine nicht umgestaltet. Weibchen mit vor- tretender gerader Legescheide. Ocellen fehlen. Körper kurz eiförmig mit vertikal stehendem Kopf, ungeflügeit. Hinterschenkel dick. M. acervorum Panz., lebt in Ameisenhaufen unter Steinen. Gryllus L. {Ächeta Fabr.) Körper walzenförmig mit Flügeln. Kopf kuglig mit convexer Stirn. Fühler meist länger als der Leib. Die Flügeldecken reichen bis an das Ende des Hinterleibes, mit Stimmorgan an der breiten Spitze. Schienen der Hinterbeine 2reihig gedornt. Gr. campestris L., Feldgrille. G. domesticus L., Hausheimchen. G. sylvestris Fabr., Grapterus H. S., Südeufopa. Gr. vastatrix Afzl., Cap. Bei Oecanthus Serv. ist der Kopf klein und der Prothorax vorn enger als hinten. Oe. italicus Fabr. Trigonidium cicindeloides Serv., Südeuropa. Brachy- trypes megacephalus Kef. , Italien. 3. Unterordnung: Orthoptera Pseudo-Nenroptera. Flügel dünnhäutig, beide Flügelpaare gleichgebaut, meist nicht zusannnentaltbar, mit spärlichem oder dichtem Aderuetz. 1. Gruppe. Fhi/sopoda '). Körper langgestreckt, von geringer Grösse, schmal und Mach, mit ziemlich gleichen, zart bewimperten Flügeln, mit borstenföimigen Mandibeln und saugenden Mundtheilen. 1) A. H. HaHday, An epitome of the British genera in the Order (Physa- poda) Thysanoptera etc. Entomol. Magaz. Vol. 3. 183G. E. Heeger, Beiträge zur Naturgeschichte der Physopoden. Wien. Sitzungsberichte. Tom. 9. 1852. Thripidae. Psocidae. Embidae. 645 1. Farn. Thripidae. Blasenfüsse. Kopf cylindrisch mit nach vorn gewandtem Scheitel und fadenföniiigen 8- bis 9gliedrigen Fühlern, mit 3 Ocellen zwischen den grossen Facettenaugen. Mundtheile zum Saugen eingerichtet, mit hornigen Mandibeln und flachen, dreieckigen Unterkiefern, welche mit dem Kinne verwachsen sind und einen zwei- bis dreigliedrigen Taster tragen. Ober- und Unterkiefer zu einem Rüssel zusammengelegt. Unterlippe gross mit 2gliedrigen Labialtastern. Flügel schmal lanzetförmig, am Rande mit feinen Haaren besetzt. Die 2gliedrigen Tarsen enden statt der Krallen mit einem saugnapfähnlichen Haftlappen. Einige vermögen mittelst des 9gliedrigen Hinterleibes zu springen. Sie leben auf Pflan- zen., besonders in Blumen, vom Pollen und Honig, aber auch an Blättern, und saugen dieselben in der Art an, dass sie gelbe Flecke bekommen und absterben. Fhloeothrips Halid. Letztes Hinterleibssegment röhrenförmig. Antennen Sgliedrig. Maxillartaster 2gliedrig. Flügel fast ganz ohne Adern. F. ulmi Fabr., P. aculeata Fabr. Thrips L. Weibchen mit 4klappiger verborgener Legescheide. Vorderflügel derber mit 2 Längsadern. Fühler Sgliedrig. Hinterleib glatt. 7'. manicata Halid,, auf Grasähren. T. physapus L., in den Blumen der Cichoreen. 7'. cerealum Kirb. Heliothrips Halid. Flügel nur mit einer Längsader. Fühler lang, Sgliedrig. Leib durch feine Leistchen gegittert. H hacmorrhoidalis Bouche, auf Malvaceen. Seriothrips Halid. Melano thrips. Fühler 9gliedrig. Vorderflügel mit o Queradern, M. obena Halid, Aeolothrip.s Halid. 2. Gruppe. Corrodentia. Flügel wenig geädert, zuweilen ganz ohne Querader, Kopf mit starken am Innenrande gezähnelten Man- dibeln. Unterkiefer mit hakigem Kaustück, dessen Spitze mit 2 Zähnen besetzt ist und mit häutigem Aussenlobus. Nähren sich von trockenen vegetabilischen und thierischen Substanzen, L Farn, Psocidae^), Bücherläuse. Kopf sehr gross mit blasig aufgetrie- bener Stirn, langen 8- bis lOgliedrigen borstenförmigen Fühlern und 2- bis 3glied- rigen Tarsen, zuweilen ohne Flügel. Kiefertaster viergliedrig. Unterlippe in der Mitte tief gespalten, mit dünner häutiger Zunge und rudimentärer lappenförmiger Äussenlade (ob Lippentaster?) Troctes Burm. Flügel und Ocellen fehlen. Stirn flach. Augen nicht vor- ragend. Fühler lOgliedrig. Tarsen Sgliedrig. T. pulsatorius L., Bücherlaus, in Insectensamiulungen und zwischen Papieren. T. fatidicus L. Fsocus Latr. Die ziemlich ungleichen Flügel liegen in der Ruhe dachförmig über dem Leibe. Stirn stark blasig aufgetrieben mit 3 Ocellen. Fühler Sgliedrig, Tarsen 2gliedrig. Leben an Holzwänden und Baumstämmen. Fs. domesticus Burm,, Fs. strigosus Gurt u, z. a. A. Flügel beschuppt bei Amphientomum Bietet. A. paradoxum, fossil im Bernstein, nahe verwandt ceylonicum Nietn. 2. Fam, Embidae^). Kopf wagerecht gestellt mit kleinen Augen, ohne 1) Gh. L. Nitzsch, Ueber die Eingeweide der Bücherlaus. Germar's Magaz, Tom. IV, 1821. P, Huber, Memoire pour servir a l'histoire des Psoques. Mem, de la soc. de Phys. et de Hist. nat. de Geneve. Tom. X. "1843. J. Curtis, British Entomology. 2) H. Hagen, Monographie der Termiten, Lin, EntomoL Tom, X, u, XIV. 646 Termitidae. Nebenaugen, schnurförniigen 12- bis 32gliedrigen Fühlern und 5gliedrigen Kiefer- tiistern. Unterlippe gross mit tief gethoilter Lippe, deren Innenladc sehr klein ist und mit 3gliedrigem Laliialtaster. Die gleichen Flügel reichen bis an das Hinterleibsende. Tarsen Sgliedrig. Hinterleib 8- bis 9gliedrig mit 2gliedrigen grossen Ralfen. Leben in den Tropen. Embia Latr. E. Savignii Westw., Egypten. Oli/thia Gray. Oligotoma Westw. 3. Fam. Termitidae, Termiten oder weisse Ameisen. Mit 18- bis 20gliedrigen Fühlern, 2 Ocellen vor den Augen, mit starken am Innenrande 4- bis özähnigen Mandibeln. Kiefertaster Sgliedrig. Unterlippe mit 4 fast gleichgrossen Laden, dicker fleischiger Zunge und dreigliedrigen Lippentastern. Die gleichgrossen zarten Flügel liegen in der Ruhe parallel dem Leibe auf. Die kurzen Beine mit einem eigenthümlichen Sinnesorgane V (Fr. Müller) in den Schienen enden mit 4gliedrigen Tarsen. Hinterleib 9gliedrig , ohne Anhänge. Die Termiten leben gesellig in Vereinen verschieden gestalteter Individuen, von denen die geflügelten die Geschlechtäthiere sind, die ungeflügdlten theils den Larven und Nymphen der erstem entsprechen, theils einer ausgebildeten aber (bei Calotcnnesa,vten und Termes ludftKjns) geschlechtlich verkümmerten männlichen und weiblichen Formengruppe. Diese gliedert sich wieder in Soldaten mit grossem viereckigem Kopfe und sehr starken Mandibeln, welche die Vertheidigung besorgen und in Arbeiter mit klei- nerm rundlichen Kopf und weniger vortretenden Mandibeln, denen die übrigen Arbeiten im Stocke obliegen. Möglicherweise fehlen diesen bei Eutermesavien jegliche Spure» von Geschlechtsorgiinen. Einzelne Arten leben schon in Südeuropa, z. B. im südl. Frankreich, die meisten aber gehören den heissen Gegenden Afrikas und Amerikas an, wo sie durch ihre Zerstörungen und Bauten berüchtigt sind. Die letztern legen sie entweder in Baumstämmen , oft nur unter der Rinde , oder auf der Erde in Form von Hügeln an, die sie ganz und gar von Gängen und Höhlungen durchsetzen. Am unvollkommensten sind die Nester der CaJotermcs- arten, sie nagen eben nur enge Gänge im Holze, die meist der Achse des Baumes gleichlaufen. Ein besonderer Raum für die Königin ist nicht vorhanden. Die Wand der Gänge ist meist mit einer dünnen Kothschicht bekleidet. Bei Eiitermes-Axien mit spitzköpfigen Soldaten werden die Gänge so dicht, dass an Stelle des Holzes die Kothwände ausschliesslich zurückbleiben. Treten dieselben aus dem Baume hervor, so entstehen die sogenannten kugeligen Baumnester. Indessen gibt es auch den Bäumen von aussen angeklebte, aus Erde oder Lehm gefertigte Nester. Andere Eutennes-AxiQn legen die Nester in Erdhöhlungen unter Wurzeln von Palmen an. Hügelbauten endlich führt z. B. Anoplotermes pacificus aus. Hier fehlt der Soldatenstand. Männchen und Weibchen verlassen kurze Zeit, nachdem sie die Nymphenhaut abgestreift haben, den Termitenstock, begatten sich wahrscheinlich nach der Rückkehr vom Ausflug im Nest und verlieren dann ihre Flügel bis auf die Basalstummel. Die Männchen bleiben im Stocke zurück, wie überhaupt nach den Angaben von Smeathmann, Lespes, Bates etc. .stets ein König in der Gesellschaft der Königin leben soll. Die Weibchen aber werden trächtig, schwellen als Königinnen im Stocke zurückgehalten oft zu colossalen Dimensionen des Hinterleibes an und beginnen häufig in besonderen Räumen des Stockes die Eier abzusetzen, die alsbald von den Arbeitern fort- Ch. Lespes, Recherches sur rorganisation et les moeurs du Termite lucifuge. Ann. d. sciem;. natur. 4 ser. Tom. V. 185G. F. Müller, Beiträge zur Kenntniss der Termiten. Jen. nat. Zeitschrift. Tom. VII. 1873. Perlaridae. Ephemeridae. 647 geschafft werden. Durch das Zernagen von Biiumen und trockenen bereits zu Geräthschaften und Bauten verarbeiteten Holzes richten sie grosse Zerstörungen an. Termes L. Haftlappen fehlen zwischen den Klauen. T. lucifugus Ross., Süd- europa. T. fatale L., im tropischen Afrika, baut Erdhügel von 10 bis 12 Fuss Höhe. Calotermes Hag. Mit Haftlappen. C. flavicollis Fabr., Südeuropa. Bei ein- zelnen Formen {Termopsis Hr.) fehlen die Ocellen. 3. Gruppe. Aniphibiotica. Die Larven leben im Wasser, mit Kiementracheen. 1. Farn. Perlaridae'), Afterfrühlingsfliegen. Körper langgestreckt und flach , mit breiter Kopfscheibe , seitlich stehenden Augen , 3 Ocellen und borsten- förmigen Fühlern. Die Flügel sind ungleich , die verbreiterten Hinterflügel mit nach unten einschlagbarem Hinterfeld. Mandibeln oft klein und schwach , die Maxillen mit hornigem 2zähnigen Kaustück und langem ögliedrigen Taster. Unter- lippe mit gespaltenem 21appigen Endtheil und Sgliedrigen Tastern. Die Sgliedrigen Tarsen mit breiten Haftlappen zwischen den Krallen. Abdomen lOgliedrig, mit 2 langen gegliederten Halfen. Männchen oft mit verkümmerten Flügeln. Die Weibchen tragen die Eier eine Zeit lang in einer Vertiefung des 9ten Abdominal- segmentes umher und legen sie dann im Wasser ab. Die Larven leben unter Steinen, haben theilweise am Thorax Kiementracheen und ernähren sich vornehmlich von Ephemeridenlarven. Nemura Latr. [Semblis Fabr.). Körper sehr lang und gestreckt. Oberkiefer stark, hornig, mit 3 spitzen Endzähnen, stumpfem Mittelzahn und basalem Mahl- zahn. Kaustück der Maxillen verhornt mit 2 feinen Zähnen, von der 2gliedrigen kappenförmigen Aussenlade überdeckt. Kiefertaster massig lang. Lippentaster kurz und dick. N. nebulosa L. , JV. cinerea Pict. Perla Geoffr. Mandibeln und Kaustück der Maxillen häutig. Kiefertaster lang, mit dünnen Endgliedern. Die Sgliedrigen Labialtaster nach dem Ende ver- schmälert. P. viridis Fabr., P. bicaudata L., P. {Fteronarcys) reticulata Burm., mit büschelförmigen Kiemen, Sibix'ien. 2. Farn. Ephemeridae^), Eintagsfliegen, Hafte. Mit schlankem weich- häutigen Körper, halbkuglichen Augen, 3 Ocellen und kurzen borstenförmigen Fühlern. Die Vorderflügel gross, die hintern klein gerundet, zuweilen ganz feh- lend oder mit den vordem verwachsen. Mundtheile rudimentär. Tarsen 4- bis 5gliedrig. Die Männchen mit sehr langen Vorderfüssen. Hinterleib lOgliedrig, mit 3 langen Afterfäden, von denen der mittlere hinwegfallen kann. Das vorletzte Abdominalsegment des Männchens mit 2 gegliederten Copulationszangen. Die Eintagsfliegen leben im geflügelten Zustande nur kurze Zeit, ohne Nah- rung aufzunehmen, ausschliesslich dem Fortpflanzungsgeschäfte hingegeben. Man 1) Pict et, Histoire naturelle des Insectes Neuropteres. 1. Monographie. Familie des Perlides. Geneve. 1841. Derselbe, Memoire sur les Larves des Nemoures. Ann. d. scienc. nat. Tom. XXVI und XX VIII. Gerstäcker, Ueber das Vorkommen von Tracheenkiemen bei ausgebildeten Insecten. Zeitschr. für wiss. ZooL Tom. XXIV. 2) J. S warn m er dam, Ephemerae vita. Amsterdam 1675. Pict et 1. c. II. Monographie. Familie des Ephemerides. Geneve 1845. Cornelius, Beiträge zur nähern Kenntniss der Palingenia longicauda Oliv. Elberfeld 1848. J. Lubbock, On the developpment of Chloeon dimidiatum. Transact. Linn. Soc. Vol. XXIV. 648 Libellulidae. findet sie oft an warmen Souimerabenden in grosser Menge die Luft erfüllend und trifft am andern Morgen ihre Leichen am Ufer angehäuft. Die Larven leben auf dem Grunde klarer Gewässer vom Raube anderer Insecten, besitzen einen grossen Kopf mit starken Mandibeln und gezähnten Maxillen, am Abdomen tragen sie 6 bis 7 Paare schwingender Platten, die als Kiementracheen fungiren und enden mit 3 langen gefiederten Schwanzborsten. Hier häuten sie sich oftmals (bei Chloeon mehr als 20 mal) und sollen nach Schwammerdam 3 Jahre brauchen bis zum Uebergang in das geflügelte Insekt. Nach dem Abstreifen der mit Flügelstuiiimeln versehenen Nymphenhaut erfährt das geflügelte Insekt als yubiinago eine nochmalige Häutung und wird erst mit dieser zum Luago. Ephemera L. Stets 4 durchsichtige mit zahlreichen Queradern versehene Flügel. Augen des Männchens vereinigt. Drei gleichlange Schwanzborsten. Unteres Nebenauge verkümmert. Die Larve mit büschelförmigen Kiementracheen und langem Mandibularfortsatz gräbt. E. vulgata L. PaUngenia Burm. Mit 4 undurchsichtigen mit zahlreichen Queraderu ver- sehenen Flügeln. Augen des Männchens auf dem Scheitel nicht zusammenstossend, mittlere Schwanzborste desselben verkümmert. Tarsen viergliedrig. Larve mit stark vorragenden Mandibeln und blattförmigen Kiementracheen. F. lougicauda Oliv. Baiitis Leach. Drei Ocellen auf einem Stirnhöcker. Flügel sehr schmal, mit zahlreichen Queradern. Tarsen 5gliedrig. Meist mit 2 Schwanzborsten. Die Larven mit 7 Paar Kiementracheen und nicht hervorragenden Mandibeln. B. rcti- culata Burm. B. flavida Pict. , Spanien. Chloeon Leach. Männchen mit 4 Netzaugen. Flügel mit spärlichen Quer- adern. Hinterflügel sehr klein oder fehlend. Cl. biocidatnm L. , Cl. pumilum Burm. Chloeopsis Eat. C. diptera L. Üxycephala Burm. Potamanthus Pict. Oligoneuria Pict. 3. Farn. Libellulidae '), Wasserjungfern. Grosse schlankgebaute Insecten mit quer-walzigem frei beweglichen Kopf, kurzen pfriemenförmigen 6- bis 7gliedrigen Fühlern und 4 grossen netzförmig gegitterten Flügeln. Die Augen sind sehr gross, kuglig gewölbt und können auf dem Scheitel zusammenstossen. Ocellen vorhanden. Mundtheile sehr kräftig entwickelt und von der grossen Oberlippe bedeckt. Die Unterkiefer mit verwachsener horniger Lade und eingliedrigem sichelförmigen Taster. Die Unterlippe mit einfacher oder getheilter Innenlade und getrennten mit dem 2gliedrigen Taster verwachsenen Aussenladen. Prothorax schmal ringförmig. Flügel gleichlang, glasartig, dicht gegittert, mit Stigma vor der Spitze. Tarsen 3gliedrig. Der lOgliedrige Hinterleib mit 2 ungegliederten zangenartig gegenüberstellbaren Analgriffeln am letzten Segmente. Sie leben in der Nähe des Wassers vom Raube anderer Insecten, sind meist in beiden 1) H. Rathke, De LUsellularum partibus genitalibus. Regiomonti. 1832. V. Siebold, Ueber die Fortpflanzung der Libellen. Archiv für Naturg. Tom. IV und VII. L. Dufour, Etudes anatoraiques et physiologiques sur les larves des Libellules. Ann. scienc. nat. 3 ser. Tom. XVII. 1852. T. v. Charpentier, Libel- lulinae Europaeae descriptae et depictae. Lipsiae. 1840. De Selys-Longchamps et Hagen, Revue des Odonates ou Libellules d'Europe. Bruxelles. 1850, sowie deren Monographie des Calopterygines et Gomphiiics. Bruxelles. 1854 und 1857. Hagen, Neuropteren des lithograph. Schiefers in Baiern. Palaeonthographica. .Tom. XV. A. Gerstaecker, Zur Morphologie der Orthoptera araphibiotica. Berlin. 1873. Calopteryginae. Aeschninae. Libellulinae. 649 Geschlechtern verschieden gefärbt und haben einen ausdauernden raschen Flug. Bei der Begattung umfasst das Männchen mit der Zange seines Abdomens den Nacken des Weibchens, und dieses biegt seinen Hinterleib nach der Basis des des männlichen Abdomens um. An dieser liegt von der GeschlechtsöfFnung ent- fernt das bereits vorher mit Sperma gefüllte Copulationsorgan. Die Eier werden zuweilen in das Parenchym von Wasserpflanzen abgelegt {Calopteryx , Ägrion). Die Larven leben im Wasser und ernähren sich ebenfalls vom Raube, zu dem sie besonders durch den Besitz eines eigenthümlichen durch die Unterlippe gebildeten Fangapparates befähigt werden. Diese liegt in der Ruhe nach unten eingeschlagen und bedeckt einer Maske vergleichbar das ganze Gesicht, kann dann aber durch Streckung eines knieförmigen Gelenks weit vorgeschlagen werden und vermag dann mit den äussern Laden wie mit einer Zange die Beute zu ergreifen. Von nicht geringerer Bedeutung sind die eigenthümlichen Athmungsorgane, welche bei den Larven kleinerer Arten als blattförmige Kiementracheen am Ende des Hinter- leibes, bei den grössern aber als zahlreiche mit Tracheen durchsetzte Blättchen im Mastdarm liegen; die Wassermenge, welche diese Organe umspült, wird in rhythmischem Wechsel durch die grosse mit Klappen versehene Afteröffnung aus- geatossen vind wieder eingesogen. Auch bei den erstem Larven (Agrion) macht der Mastdarm klappende Bewegung, ähnlich wie bei vielen I'hijllopoden (Mast- darm-Respiration). 1. Subf. Calopteryijinac. Vorder- und Hinterflügel gleich gross und gleich gestaltet. Augen getrennt. Seitenladen der Unterlippe mit beweglichem End- gliede. Mittellappen der Unterlippe mit tiefem Einschnitt. Färbung nach dem Geschlecht meist verschieden. Larven mit äussern Kiementracheen am Schwanzende. Calopteryx Charp. Flügel sogleich von der Basis aus verbreitert, mit sehr feinem Adernetz. Beine lang mit einer Doppelreihe langer Stacheln. Raifcn des Männchens dünn. Larve zugleich mit Darmathmung. C. viryo L., C. partkenias Charp., C dimidiata Burm., Nordamerika. Bei Haeterina Hag. (Südamerik. Caloptery- gine) haben die Männchen carminrothe Flecke an der Flügelbasis. Agrion Fabr. Flügel lang und schmal , an der Basis gestilt , mit grössern • meist quadratischen Maschen. Beine kürzer, mit kleinen Stacheln. Raifen des Männchens kurz und dick. A. tuberculatum Charp., A. furcatum Charp. = puella L., harbarum Charp., Flatycnemis laeteum Charp. 2. Subf. Aeschninae. Hinterflügei zumal am Grunde breiter als die vordem. Innenladen der Unterlippe meist nicht getheilt, nicht viel breiter als die mit beweglichem Griffel endenden Aussenladen. Larven mit Darmathmung und flacher Maske. Gomphus Leach. Netzaugen durch den Scheitel getrennt. Stirn breit. Innenlappen der Unterlippe ohne Spalte. Larven mit kurzem flachen Hinterleib. G. forcipatus L. , G. hamatus L., G. flavipes Charp. u. a. A. Aeschna Fabr. Netzaugen in der Mitte des Scheitels zusammenstossend. Der breite Innenlappen der Unterlippe mit medianer Einkerbung. Weibchen mit grosser Legescheide. Flügel breiter mit deutlich entwickelter Bindehaut. A. yrandis L., A. juncea L., Anax Leach. 3. Subf. Libellulinae Seiteulappen der Unterlippe ohne Zahn imd beweg- lichen Endgrift'el, aber viel grösser als der Mittellappen. Augen meist auf dem Scheitel zusammengewachsen. Weibchen niemals mit Legescheide. Larven mit Darmathmung, ohne Mittelstück der Maske, welche den ganzen Vorderkopf über- wölbt (Helmmaske). 650 5. Ordnung : Neuroptera, Netzflügler . Libellula L. Die grossen Augen bilden am Hinterrande keinen Fortsatz. Hinterleib an den Seiten scharfkantig, nach hinten verschmälert. Flügel in beiden Geschlechtern gleich, ohne Ausschnitt am Hinterrand. L. vulgata, flaveola, de- prensa, qnadrimaculata L. u. a. bei uns einheimische Arten. CorduUa Leach. {Epophthalmia Burm.) Netzaugen am Hinterrande mit kleinem Fortsatz. C. aenea L. u. a. A. C. (Epitheca) bimaculata Charp. 2. Ordnung: Neuroptera i), Netzflügler. Insekten mit heissenden (oder rückgehüdeten) Mimdwerk^eiigen, freiem Prothorax, häutigen, netzförmig geäderten Flügeln und vollkom- mener Verioandlung. Die Neuropteren schliesscn sich dem Aussehen nach am nächsten den Libellen und Eintagsfliegen an , welche noch vor nicht langer Zeit mit jenen vereinii^t wurden, während manche sich durch die Be- schuppung der Flügel den Lepidopteren annähern. Jedenfalls aber ist die Abgrenzung von dun Orthopteren durchzuführen nicht nur begründet durch dieVollkonmienheit der Metamorphose, sondern durch die gesanunte innere Organisation. Ihre Flügel zeigen meist eine constantere Form, indem beide Paare von gleicher häutiger Beschaffenheit und ziemlich übereinstimmender Grösse, eine ziendich dichte netzartige Aderung be- sitzen, die indess von der Aderung der Neuropteren ähnlichen Orthopteren wesentlich verschieden ist. Während die vorderen niemals mehr Flügel- decken darstellen, werden die hintern bald in Falten zusammengelegt, bald nicht. Es können dieselben aber auch mit Schuppen und Haaren bedeckt sein (Fhryganiden). Die Mundwerkzeuge bereiten indess schon denUebergang zu den Käfern vor, indem die Unterlippe nur selten noch eine mediane Spaltung erkennen lässt, vielmehr beide Paare von Laden zu einer un- paaren Platte verwachsen sind. In einer Gruppe {Fhryganiden) nehmen sie indess den Charakter saugender Mundwerkzeuge an, indem die Man- dibeln ganz verkünniiern, die Kiefer und Unterlippe zu einer Röhre ver- wachsen. In der Regel sind die Fühler vielgliedrig , schnür- oder bor- stenförmig, die Augen von mittlerer Grösse, die Beine mit fünfgliedri- gen Tarsen. Der Prothorax ist stets frei beweglich, das Abdomen aus 8 oder 9 Segmenten zusannnengesetzt. Das Nervensystem schliesst sich dem der Orthopteren an und besteht auch hier aus deutlich getrennten Brust- und Bauchganglien. Am Darmkanal findet sich stets ein mus- 1) P. Rambur, Hist. nat. des Insect. Neuropteres. Paris. 1842. E. Pictet, Histoire nat. des Neuropteres. Genf. 1834. E. Brauer und Fr. Low, Neuroptera Austriaca. Wien. 1857. Derselbe, Beiträge zur Kenntnis« der Verwandlung der Neuropteren. Verhandl. des zool. botanisch. Vereins zu Wien. Tom. IV. und V. E. Pictet, Synopsis des Neuropteres d'Espagne. Geneve. 1865. Planipennia. Sialidae. 651 kulöser Vormagen (Myrmeleontiden, Hemerohiden , Fanorpiden), wäh- rend ein Saugmagen nur den Henierobiden zukommt. Sechs bis acht lange Malpighische Gefässe entspringen an dem Enddarm. Die Metamor- phose ist stets eine vollkommene; die vom Raube anderer Thiere leben- den, mit ßeiss- oder Saugzangen (von Mandibeln und Maxillen gemein- sam gebildet) versehenen Larven verwandeln sich in eine ruhende Puppe, welche bereits die Theile des geflügelten Insekts erkennen lässt und häufig von einem Cocon umschlossen wird, aber die Fähigkeit der Orts- veränderung in so fern besitzt, als sie vor dem Ausschlüpfen die Ruhe- stätte vorlässt und einen für die Entwicklung geeigneten Ort aufsucht. Fossile Reste treten in der Tertiärformation, zahlreicher im Bernstein auf. l. Gruppe. Planipennia'). Vorder- und Hinterflügel gleichartig, niemals faltbar. Die Mundtheile sind kräftige Kauwerkzeuge. 1. Farn. Sialidae. Mit grossem oft schief nach vorn geneigtem Kopf und halbkuglich vortretenden Facettenaugen, nicht immer mit Ocellen. Die viel- gliedrigen borstenförmigen oder fadenförmigen Fühler kürzer als der Leib. Ober- kiefer am Innenrandc gezähnt. Unterkiefer mit Helm und Kaulade und meist 5gliedrigem Taster. Unterlippe mit Sgliedrigem Taster. Die Flügel liegen in der Ruhe dachförmig auf, das Vorderfeld mit stark entwickeltem Radius. Die Larven besitzen beissende Mundtheile mit viergliedrigen Kiefertastern und 3gliedrigen Labialtastern. Sialis Latr. {Sialinae). Mit dickem rundlichen Kopf ohne Ocellen, mit borstenförmigen Fühlern von fast Körperlänge. Unterkiefer mit schmaler Kaulade und ögliedrigem Taster. Das erste Tarsalglied am längsten, das vierte herzförmig mit breiter ungetheilter Sohle. Die Larve lebt im Wa'tser und trägt an den 7 oder 8 vordem Hinterleibssegmenten jederseits einen gegliederten Faden, mor- phologisch Bein , physiologisch Kiementrachee. S. lutaria L. 1) F. Brauer, Versuch einer Gruppirung der Gattungen in der Zunft der Planipennien etc. Stettiner Entomol. Zeits. 1852. Derselbe, Verwandlungs- geschichte der Mantispa xiagana. Arch. für Naturg. 1852. Derselbe, Verwandlungs- geschichte der Mantispa styriaca. Verhandl. der k. k. zool. bot. Gesellschaft. Wien. Tom. XIX. Derselbe, Beschreibung und Beobachtung der Ostreich. Arten der Gattung Chrysopa. Haiding. Naturw. Abh. Tom. IV. Derselbe, Ver- wandlungsgeschichte des Osmylus uiaculatus. Arch. für Naturg. 1851. G. R. Wa- te rhouse, Description of the larva and pupa of Raphidia ophiopsis. Transact. entom. soc. Tom. I. G. T. Schneider, Monographia generis Raphidis Linnaei. Breslau. 1843. Derselbe, Symbolae ad monographiam generis Chrysopae Leach. Vratislaviae. 1851. S. Hai dem an, History and Transformations of Corydalis cornutus. Mem. Amer. Acad. Tom. IV. 1849. Rob. Mac'Lachlan, Ann. Mag. of nat. bist. 4 ser. Vol. IV. Nr. 19. Erichson, Beiträge zu einer Monographie von Mantispa. Germar's Zeitsch. der Entom. Tom. I. .T. 0. Westwood, On the genus Mantispa etc. Transact. Entom. Soc. 2 ser. Tom. I. Derselbe, Mono- graph of the genus Panorpa etc. Transact. Ent. Soc. Tom. IV. F. Klug, Versuch einer systematischen Feststellung der Familie Panorpatae. Berlin. 1836, 652 Panorpidae. Hemerobidae. ChauUodes Latr. Mit 3 Ocellen und gesägten oder gekämmten Fühlern. CJi. pectinicornis L., Südkarolina. Coryclalis Latr. Mit 3 Ocellen und nach hinten verbreitertem Kopf. Man- dibeln sehr gross, beim Männchen säbelförmig verlängert. Fühler rundlich, perl- schnurförmig. Männchen mit zaugenförmigem Copulationsorgane. C. cornuta L., Nordamerika. C. affivis Burm., Südamerika. Eaphidia L. {Rhaphidinae) , Karaeelhalsfliege. Mit herzförmigem Kopf und kurzen dünnen Fühlern, langem cylindrischen engen Prothorax. Vorder- und Hinterflügel mit grossem Stigma. Vorletztes Tarsalglied herzförmig, zweilappig. Die Larve lebt unter Baumrinde und besitzt bereits einen verlängerten Prothorax. Bh. ophiopsis Schum., Bh. meyalocepliala Leach. 2. Farn. Panorpidae, Schnabelfliegen. Mit kleinem senkrecht gestellten Kopf und seitlichen Facettenaugen. Die vielgliedrigen Fühler stehen unter den Ocellen auf der Stirn. Mundgegend schnabelförmig verlängert. Oberkiefer an der hornigen Spitze mit einigen Zähnchen. Unterkiefer bis zur Insertion der Laden mit dem Kinn verwachsen, mit Sgliedrigem Taster. Unterlippe gespalten mit 3gliedrigem Labialtaster. Prothorax klein. Die 3 Endsegmente des 9gliedrigen Hinterleibes stark verengt, das letzte beim Männchen sehr gross, mit zangen- förmigem Copulationsorgan, auch beim Weibchen mit 2 ungegliederten Analgritfen. Flügel lang und schmal, einander gleich. Schienen mit 2 Sporen. Tarsen Sgliedrig, Die Larven sind Raupen ähnlich, ISgliedrig, mit herzförmigem Kopf und beissenden Mund Werkzeugen, leben in feuchter Erde, wo sie sich hufeisenförmige Gänge graben und in ovalen Höhlungen verpuppen. Boreus Latr. Flügel verkümmert, Ocellen fehlen. Fühler mindestens von Körperlänge. Hinterbeine verlängert, zum Hüpfen geeignet. Abdomen des Weib- chens mit vorstehender Legeröhre. B. hiemalis L. Banorpa L. Flügel gross, glasartig hell. Letztes Tarsalglied mit 2 ge- zähnten Krallen. Letztes Hinterleibssegment des Männchens eiförmig angeschwollen mit grosser Zange. P. communis L., P. scorpio Fabr., Südkarolina. Bittacus Latr. Körper dünner und gestreckter, Tipula-Ahnlich. Fühler kürzer. Die langen dünnen Beine bestachelt. Endglied der Tarsen mit nur einer Kralle. B. tipulariiis Fabr. Chorista Kl. Mund nicht schnabelförmig verlängert. Ch. australis Kl., Neuluolland. Euphania Westw. 3. Fam. Hemerobidae, Florfliegen. Mit senkrecht gestelltem Kopf und ftidenförmigen oder schnurförmigen Fühlern. Ueberall ein Saugmagen am Darm, dahinter ein Kaumagen. Ocellen fehlen meist. Unterkiefer mit 2gliedriger Aussen- lade und Sgliedrigem Taster. Unterlippe ungetheilt mit 3gliedrigem Taster. Vorder- und Hinterflügel von ziemlich gleicher Grösse, meist glasartig durchsichtig und in der Ruhe dachförmig aufliegend. Erstes larsalglied verlängert. Die Larven mit kleinem Kopf, ungezähnten aus Mandibel und Maxille zusammen- gesetzten Saugzangen, tasterlosem Unterkiefer und langgestrecktem Hinterleibe, saugen andere Insecten und Spinnen aus. Mantispa IIL Kopf kuglich, Vorderbeine Raubfüsse. Prothorax stark ver- längert. Flügel mit grossem Stigma. Die gestilten Eier werden wie bei Chrysopa abgesetzt. Die ausgeschlüpften Larven bohren sich mit ihren Saugzangen nach 8 Monate langer Fastenzeit (bei M styriaca im Frühling des nachfolgenden Jahres in die Eiersäcke der Spinnen und saugen Eier und Junge aus. Nach der ersten Häutung reduciren sich die Beine zu kurzen Stummeln und der Körper wird einer Hymenopteren-Made ähnlich. Zur Verpuppung spinnen sie sich im Myrmeleontidae. 653 Eiersack ein Cocon und streifen Mitte Juni die Larvenhaut ab. Die Nymphe durchbricht das Gespinnst und läuft eine Zeitlang umher, bis sie durch Häutung in das geflügelte Insect übergeht. M. pagana Gabr. u. a. A. Dreparücns Bl. Chrysopa Leach. Kopf auf dem Scheitel stärker gewölbt mit goldglänzenden Augen, Fühler dünner, borstenförmig, das zweite Glied dicker. Flügel ungefärbt, auf den Adern behaart. Die Larve mit sichelförmig gebogenen Saugzangen lebt von Blattläusen und verfertigt sich ein kugliges Cocon. Eier langgestilt. Ch. perla L. Florfliege. Ch. reticulata Leach u. a. A. Hemerohius L. Kopf mit ziemlich vorstehendem Mundfortsatz. Fühler perl- schnurförmig. Schienen der Hinterbeine spindelförmig. Letztes Tarsalglied fein zugespitzt. Flügel fast immer fleckig, von gelblicher Grundfarbe, mit Punkten bestreut. Die Larven leben von Blattläusen. H. hiimili Fabr., H. lutescens Fabr. Bei Drepanopteryx Leach ist der Kopf unter dem schildförmigen Prothorax fast ganz versteckt, die Schienen sind cylindrisch, und die kurzen Tarsen haben an der Sohle jeden Gliedes 2 Gruppen kurzer Stachelreihen. Dr. phalaenodes L. Sisyra Burm. Prothorax kurz und breit. Kopf dick. Flügel fast ganz ohne Queradern. Die Larve besitzt Kiemenfäden am Abdomen und lebt in Spon- gillen. {Branchiotoma spongillae) S fmcata Fabr. Coniopteryx Haild. Flügel mit Wachs belegt (früher unter den Coceiden beschrieben). Osmylus Latr. Fühler perlschnurförmig, behaart. Stirn mit o Ocellen. Flügel auf allen Adern lang und dicht behaart. Die Larve mit fast geraden Saug- zangen lebt im Wasser unter Steinen. 0. macidatus Fabr. Nemoptera Latr. {Nematoptera Burm.). Mundgegend schnabelförmig ver- längert. Mandibeln stumpf zahnlos. Die 3 Endglieder der Kiefertaster sehr ver- kürzt. Vorderflügel breit, Hinterflügel sehr lang linear , nach dem Ende zu ver- breitert. Meist südafrikanische Arten. N. coa L., Klein-Asien und Türkei. 4. Fam. Myrmeleontidae, Ameisenlöwen. Mit senkrecht gestelltem grossen Kopf und an der Spitze kolbig verdickten Fühlern. Ocellen fehlen. Prothorax kurz, halsförmig. Mesothorax autt'allend gross. Flügel gleich gross. Erstes Tar- salglied nicht immer länger als die folgenden. Abdomen mit 9 Segmenten, beim Männchen oft mit 2 ungegliederten Ralfen. Die Larven mit grossem Kopfe, ge- zähnten aus Mandibeln und Maxillen zusammengesetzten Saugzangen und kurzem breiten Abdomen leben auf leichtem Sandboden, in dem sie Trichter aushöhlen. Zur Verpuppung spinnen sie eine kugelige Hülse. Myrmelcon L. Fühler kurz und dick, allmählig kolbig anschwellend. Augen halbkuglig, einfach, ohne eingedrückte Querlinie. Lippentaster lang, Endglied derselben fein zugespitzt. M. formicarius L. , 31. formicalynx Fabr. Die Larve, von deren Lebensweise bereits Reaumur eine treffliche Schilderung gegeben hat, ist als Ameisenlöwe bekannnt und gräbt Trichter in den Sand am Saume von Wäldern. Im Grunde des Trichters steckt sie im Sande, die Saugzangen hervor- gestreckt, auf Ameisen lauernd, deren Herabfallen sie durch aufgeworfene Sand- theile zu bewirken vermag. Larven anderer Art graben keine Trichter, halten sich aber unter der Oberfläche des Sandes auf und laufen auch vorwärts. Nahe verwandt ist Palpares Ramb. Fühler gedrungener und dicker. Die 4 ersten Tarsal- glieder sehr verkürzt. P. libelluloides L., Südeuropa. Äscalaphus Fabr. Körper gedrungener mit dickerem Kopf. Fühler sehr lang, am Ende geknöpft. Die grossen Augen durch eine Furche getheilt. Vorder- flügel länger als die Hinterflügel. Männchen mit zangenförmigen Ralfen. Die Larve lebt zwischen Moos auf Wiesen und scheint sich besonders von Raupen zu ernähren. A. italicus Fabr., A. barbarus Fabr., Südwest-Europa u. a. A. 654 Trichoptera. Phryganidae. 2. Gruppe. Trichoptera^). Flügel mit Haaren oder Schuppen bekleidet, die hii>tern in der Regel faltbar. Mundtheile mit verkümmer- tem Oberkiefer, durch die verschmolzenen Unterkiefer und Unterlippe eine Art Saugrüssel bildend. In manchen Fällen (Oestropsiden Brauer) werden während des Puppenzustandes ausser den Mandibeln auch Kiefer und Unterlippe rückgebildet. 1. Pani. Phryganidae, Frühlingsfliegen. Der kleine senkrecht gestellte Kopf mit langen borstenförmigen Fühlern und halbkuglig vortretenden Angen. Kiefertaster meist Sgliedrig, beim Männchen oft mit verringerter Gliederzahl. Lippentaster Sgliedrig. Prothorax sehr kurz, ringförmig. Die beschuppten Flügel mit nur wenigen Queradern , dachförmig dem Rücken aufliegend. Beine mit gespornten Schienen und 5gliedrigen Tarsen, welche mit zwei seitlichen und einem mittleren Haftlappen enden. Das Hinterleibsende des Männchens mit zangen- tormigen oder griffelähn liehen Ralfen. Die Larven leben im Wasser und zwar in röhrenförmigen, bei Hydropsyche und Ehyacophila an Steinen befestigten Ge- häusen, in deren Wandung sie Sandkörnchen, Pflanzentheile und leere Schnecken- gehäuse aufnehmen, haben beissende Mundwerkzeuge und fadenförmige Kiemen- tracheen an den Leibessegmenten. Aus diesen Röhren strecken sie den hornigen Kopf und die drei mit Beinpaaren versehenen Brustsegmente hervor und kriechen umher. Die Nymphe verlässt das Gehäuse, welches ihr auch als Puppenhülle dient, um sich ausserhalb des Wassers zum geflügelten Insecte zu entwickeln. Dieses gleicht in mehrfacher Hinsicht den Lepidopteren und hält sich in der Nähe des Wassers an Blättern und Baumstämmen auf. Das Weibchen legt die Eier klumpenweise in einer Gallerthülle eingeschlossen au Blättern und Steinen in der Nähe des Wassers ab. Sericostoma Latr. Fühler kürzer als die schmalen dichtbehaarten Flügel mit kurzem dicken Basalglied. Die Vorderschienen mit 2, die hinteren mit 4 Sporen. Kiefertaster des Männchens 2gliedrig, maskenartig das Gesicht be- deckend. F. Latreilli Gurt. Barypenthus Burm. Flügel gross und breit. Schienen ohne Mittelsporen. Kiefertaster der Männchens Sgliedrig. B. rufipes Burm., Brasilien. Limnophilus Leach. Fühler so lang als die sparsam behaarten Flügel. Schienen der Vorderbeine mit 1 , der Mittelbeine mit 3, der Hinterbeine mit 4 Sporen. Männliche Kiefertaster Sgliedrig. L. rhombicus L. Hydroptüa Dalm. Die perlschnurartigen Fühler kürzer als die schmalen Flügel. Diese sind dicht und lang behaart und nicht faltbar. Schienen der Vor- derbeine ohne Spore. Kiefertaster des Männchens 4gliedrig. H. tineoides Dalm. Phryyanca L. Fühler so lang als die behaarten Flügel. Schienen der Vor- derbeine mit 2, der hintern Beine mit 4 Sporen. Kiefertaster des Männchens 4gliedrig. P. striata L. Bei Holostomis Mnrh. sind die Flügel unbehaart und sehr breit. H. phalaenoides. Mystacides. Fühler fadenförmig, viel länger als die Flügel. Kiefertaster mit langen Haaren dicht besetzt, in beiden Geschlechtern 5gliedrig. Schienen der Mittel und Hinterbeine mit 2 Sporen. M. quadrifasciatus Fabr. Ehyacophila Pict. 1) J, Pict et, Recherches pour servir a Thistoire et Tanatomie des Phry- ganides. Geneve. 1834. J. Curtis, Descriptions of some non descript. British species of May-flies. Lond. and Edinb. pliil. magaz. Tom. IV. 1834. H. Hagen, Synopsis of the British Phryganidae. Entomol. Annual. for 1859, 1860 und 1861. Strepsiptera , Fächerflügler. 655 Hydropsyche Pict. Fühler sehr dünn, etwas länger als die fein und an- liegend behaarten Flügel. Das Endglied der Sgliedrigen Kiefertaster sehr lang, secundär gegliedert. Schienen der Vorderbeine mit 2, der Hinterbeine rait 4 Sporen. H, variabilis Pict. Philopotamus Leach. Bald mit den Neuropteren bald mit den Käfern hat man die merkwürdige von namhaften Entomologen auch als besondere Insecten- ordnung aufgestellte Gruppe der Strepsiptera^'), Fächerflügler, vereint. Insehten mit stunimel förmigen an der Spitze aufgerollten Vorder- flügeln, grossen der Länge nach faltbaren Hinterflügeln , rudimentären MundwerJczeugen, im iveiblichen Geschlecht ohne Flügel und Beine, cds Larven im Leibe von Hymenopteren schmarotzend. Die Gruppe umfasst nur wenige Insekten, welche sich eben so sehr durch ihren ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus als durch die eigen- thümliche parasitische Lebensweise der Larven und Weibchen auszeichnen. Die Mundtheile sind im geschlechtsreifen Alter verkümmert und zum Kauen untauglich. Dieselben bestehen aus zwei spitzen übereinander greifenden Mandibeln und kleinen mit der Unterlippe verschmolzenen Maxillen nebst 2gliedrigen Maxillarstern. Vorderbrust und Mittell)rust bleiben sehr kurze ßinge, dagegen verlängert sich der Metathorax zu einer ungewöhnlichen Ausdehnung und überdeckt die Basis des 9gliedri- gen Hinterleibes. Die Tarsen sind 2- bis 4 gliedrig. Die Männchen besitzen kleine aufgerollte Flügeldecken und sehr grosse der Länge nach fächerartig faltbare Hinterflügel. Die augenlosen Weibchen dagegen bleiben zeitlebens ohne Flügel und Beine, von wurmförmiger Körperform, einer Made ähnlich, verlassen weder ihre Puppenhülle, noch ihren parasitischen Aufenthalt im Hinterleib von Wespen und Hummeln und strecken aus diesem nur ihren Vorderkörper hervor. Die Männchen besitzen ein hervorstehendes Copulationsorgan und sollen mittelst desselben die anfangs geschlossene Rückenröhre des Weibchens bei der Begattung öffnen. Die Eierstöcke entbehren des Ei- leiters und verharren, wie es scheint, auf einem frühern Entwicklungs- stadium, indem sie vielleicht ähnlich wie die der viviparen Cecidomyia- larven Eier erzeugen. Diese fallen frei in die Leibeshöhle, werden befruchtet und entwickeln sich (möglicherweise aber auch zum Theil 1) W. Picke ring, Observations of the Economy of the Strepsiptera. Transact. Ent. Soc. London. Tom. I. 1836. J. 0. Westwood, Description of a Strepsipterous Insect. Transact. Entom. Soc. London, Tom. L W. Kirby, Strep- siptera, a new order of Insects. Transact. Linn. Soc. Tom. X. W. Leach, On the Rhipiptera of Latreille. Zool. Miscell. Tom. III. v. Siebold, Ueber Xenos sphecidarum und dessen Schmarotzer. Beiträge zur Naturg. der wirbellosen Thiere. 1839. Derselbe, Ueber Strepsiptera. Archiv für Naturg. Tom. IX. 1843. Cur- tis, British Entomology. London 1849. v. Siebold, Ueber Paedogenesis der Strepsipteren. Zeitsch. für wiss. Zoologie. Tom. XX. 187U. 656 Stylopidae. 3. Ordnung: Rhynchota, Schnabelkerfe. parthenogenetisch) zu Larven, welche durch den erwähnten Rückenkanal ihren Weg nach aussen nehmen und auf Bienen und Wespenlarven ge- langen. Dieselben sind sehr beweglich und besitzen wie die jungen Cantharidenlarven 3 wohlentwickelte Beinpaare, sowie 2 Schwanzborsten am Hinterleibe und bohren sich in den Leib ihrer neuen Träger ein. Etwa 8 Tage später verwandeln sie sich dann unter Abstreil'ung der Haut in eine fusslose Made von walziger Form, welche in der Hyme- nopterenpuppe ebenfalls zur Puppe wird und sich als solche aus dem Hinterleibe derselben mit dem Kopfe hervorbolirt. Die Männchen ver- lassen die Puppenhülle, suchen die Weibchen auf und scheinen nur eine kurze Lebensdauer zu haben. 1. Farn. Stylopidae. Mit den Charakteren der Gruppe. Xenos Ross. Drittes Fühlerglied langgestreckt, mit langem Nebenast an seiner Basis. Augen kurz gestilt. Tarsen 4gliedrig. X. Bossii Kirb. (X. ves- parum Ross.) schmarotzt in Polistes gallica. Stylops Kirb. Drittes Fühlerglied gross, blattförmig; mit 3gliedrigem Seiten- ast. Augen länger gestilt. Taster 4gliedrig. St. mellttae Kirb. Halictophagus Curt. Tarsen Sgüedrig. Elenchus Curt. Tarsen zweigliedrig. E. tenuicornis Kirb. 3. Ordnung: Rhynchota') (= Hemiptera), Schnabelkerfe. Insehten mit gegliedertem Schnabel (Rostrum) , stechenden (oder doch nur ausnahmsweise beissenden) Mundwerkseugen, mit meist freiem Prothoiax und unvollkommener Metamorphose. Die Mundwerkzeuge fast durchweg zur Aufnahme einer tlüssigen Nahrung eingerichtet, stellen gewöhnlich einen Schnabel dar, in welchem die Mandibeln und Maxillen als vier grätenartige Stechborsten vor- und zurückgeschoben werden. Der Schnabel (Rostrum), aus der Unterlippe hervorgegangen, ist eine drei- bis viergliedrige nach der Spitze ver- schmälerte ziemlich geschlossene Röhre und wird an der breiteren klaffenden Basis von der verlängerten dreieckigen Oberlippe bedeckt. Die Fühler sind entweder kurz, dreigliedrig mit borstenförmigem Endgliede oder mehrgliedrig und oft langgestreckt. Die Augen bleiben klein und sind meist facettirt, selten bleiben sie Punctaugen mit einfacher Hornhaut, häufig finden sich zwei Ocellen zwischen den Facettenaugen. 1) J. G. Fabricius, Systema Rhyngotorum. Brunsvigiae. 1805. L. Du- four, Recherches anatomiques et physiologiques sur les Hemipteres. Mem. pres. a l'Acad. Tom. IV. 1833. Burme ister, Handbuch der Entomologie. II. Bd. Berlin. 1835. J. Hahn, Die wanzenartigen Insecten. Nürnberg 1831 — 1849. Fortgesetzt von H. Schäffer. Amyot et Serville, Histoire naturelle des Insectes Hemipteres. Paris. 1843. Amyot, Entomologie francaise. Rhynchotes. Paris. 1848. F. X. Fieber, Die Europäischen Hemipteren nach der analytischen Methode. Wien. 1860. I. üuteroriliiuug: Aptera. 657 Der Prothorax ist meist gross und frei beweglich, es können aber auch aUe Thoracalsegmeiite versclnnolzen sein. Flügel fehlen zuweilen ganz, selten sind zwei, in der Regel vier Flügel vorhanden, dann sind entweder die vordem halbhornig und an der Spitze häutig (^Ilemiptera) , oder vordere und hintere sind gleichgebildet und häutig [Hotnoptera), die vordem freilich oft derber und perganientartig. Die Beine enden mit zwei- oder dreigliedrigen Tarsen und sind in der Regel Gangbeine, zuweilen dienen sie auch zum Anklammern oder zum Schwimmen , die hinteren zum Springen, die vordem zum Raube, Der Darmcanal zeichnet sich durch die umfangreichen Speicheldrüsen und durch den complicirten, oft in drei Abschnitte getheilten Chylusmagen aus, hinter welchem meist vier Mal- pighische Gefässe in den Knddarm münden. Das Bauchmai-k concentrirt sich oft auf drei, meist sogar auf zwei Thoracalganglien. Mit Ausnahme der Cicaden besitzen die weiblichen Geschlechtsorgane nur vier bis acht Eiröhren, ein einfaches Receptaculum seminis und keine Begattungstascho. Die Hoden sind zwei oder mehrere Schläuche, deren Samenleiter ge- wöhnlich am untern Ende blasenförmig anschwellen. Viele (Wanzen) verbreiten einen widerlichen Geruch, welcher von dem Secrete einer im Mesothorax oder Metatliorax gelegenen, im letztem Falle zwischen den Hinterbeinen ausmündenden Drüse herrührt. Andere (Homopteren) son- dern durch zahlreiche Hautdrüsen einen weissen WachsÜaum auf der Oberfläche ilires Körpers ab. Alle nähren sich von vegetabilischen oder thierischen Säften, zu denen sie sich veimittelst der stechenden Gräten ihres Schnabels Zugang verschatien, viele werden durch massenhaftes Auftreten jungen Pflanzen verderblich und erzeugen zum Theil gallenartige Auswüchse, andere sind Parasiten an Thieren. Die ausgeschlüpften Jungen besitzen bereits die Körperform und Ltsbensweise der geschlechtsreifen Thiere, entbehren aber der Flügel, die allerdings schon nach einer der ersten Häutungen als kleine Stummel auftreten. Die echten Cicaden bedürfen eines Zeitraums von mehreren Jahren zur Metamorphose. Die männlichen Schildläuse verwandeln sich innerhalb eines Cocons in eine ruhende Puppe und durchlaufen somit eine vollkonnnene Metamorphose. 1. Unterordnung: Aptera') = Parasitica. Kleine ßüyellose Jnsektcn mit kurzem einstiUpbaren Jleischlgen Schnubel und breiten achneidendeit Stechborsten, zuweilen mit rudimen- tären beissendeii Mundtheüen^ mit undeutlich gegliedertem Thorax und meist 9 (iliedrigem Hinterleib, als Parasiten an der Haut von War77i- blütern lebend. Die birnförmigen Eier werden mit dem spitzen Pole an Haare und 1) C. L. Nitsch, Die Familien und Gattungen der Thierinsekten. Germar, Claus, Zoologie. l\, Auflage. 42 (;58 Parasiten. Entwicklung. Federn angeklebt. An dein breiten vordem Pole findet sich ein flacher Deckel, welcher die von wuistfönnigen Ringen oder zarthäutigen Zellen umlagerten Mikropylöftnungen enthält. Während der Entwicklung des Eies, deren Kenntni^s wir den Beobachtungen Melnikow's verdanken, erfährt der Dotter wie bei Donacia und Asellus eine Zerklüftung in mehiere Stücke. Die Entwicklung des Enibryo's beginnt mit dem Auf- treten von Kernen am untern Eipole. Dieselben gestalten sich durch UmhiUlung mit Dotter-Plasma zu Zellen um ; alsbald treten auch in der Peripherie des übi'igen Dotters Kernbläschen auf, die sich mit dem zu einer einzelligen Lage reducirten hintern Zellenhaufen zur Bildung des Blastoderms vereinigen. An einer Stelle tritt in schildförmiger Um- grenzung dem untern Pole genähert eine Verdickung des Blastoderms auf, die schildförmige Embryonalanlage erhält eine Einkerbung, die sich allmählig zu einer Einstülpung des Keims in die Dottermasse umgestaltet. Das Blastoderm wird zum sog. Amnion (seröse Haut), während der einge- stülpte Keim weiter wächst und eine Krümmung erfährt. Das hintere mit dem Amnion zusanunenhängende Blatt verdünnt sich allmählig uiul wandelt sich in eine einschichtige als Deckplatte (Amnion) bezeichnete Haut um, während das vordere Hauptblatt des Keimes, welches mit dem Amnion durch den Ueberrest des Blastodermschildes zusammenhängt, zu- gleich mit diesem letztern Thcile den Keimstreifen repräsontirt. Aus dem Blastodermschilde gehen die beiden Kopflappen und der Vorder- kopf hervor^ über welchen sicii jedoch keine Amnionfalten zur Bildung eines Sackes fortsetzen; gleichzeitig zerfällt der stabförmige Keimstreifen in die seitlichen Keimwülste und bringt die Ursegmente mit den Mundtheilen und Beinanlagen zur Ditferenzirung. Die Antennen gehen als Auswüchse der Ko])flappen hervor. Das Abdomen liegt halb gegen die Bauchseite umgewendet. Nun soll nach Melnikow ein höchst merkwürdiger Aus- stülpungsprocess eintreten und den Embryo, an dessen Bauch- und Sei- tentheilen die Dottersubstanz ausserhalb des Deckblattes verbraucht ist, in die definitive Lage innerhalb der Eizellen bringen. Die Theile, welche den Kaum der ursprünglichen Eiustülpungshöhle begrenzten, die Bauch- seite des Keimes und das Deckblatt, werden in Folge desselben nach aussen gekehrt und letzteres zur Dor.salbegrenzung des Embi-yos ver- wendet. Wenn die Uückenseite des Embryos unter ßetheiligung von Deck- Magazin der Entomologie. Tom. III, sowie aus Nitsch's Nachlass herausgegeben: hisecta epizoa. Leipzig. 1874. L. Landois, Untersuchungen über die auf dem Menschen .schmarotzenden Pediculinen. Zeitschrift für wiss. Zool. Tom. XIV. 1864 u. Tom. XV. 1865. H. Denny, Monographia Anoplurornm Britanniae. London. 1862. N. Melnikow, Beiträge zur Embryonalentwicklnng der Insekten. Archiv für Naturg. Tom. ;:!5. 1869. V. Graber, Anatomisch-physiologische Studien über l'hthirius inguinalis. Zeitsch. für wias. Zool. Tom. XXIL 1872. Pediculidae. Mallophaga. 659 platte und Amnion geschlossen ist, erlogt die Absonderung und Abstrei- fung einer Chitinhülle, also eine Art Häutung im Innern der EihüUe, mit deren Eintritt die Mund Werkzeuge sich wesentlich zur definitiven Rüsselbildung umgestaltet haben. Bei den Mallophagen sonTlert sich der Vorderkopf durch einen queren Einschnitt in Oberlippe und in den Clypeus, die Mandibeln platten sich ab und erhalten zangenartige Fort- sätze, die vordem Maxillen erhalten feste Laden, die hintern Maxillen tliessen zur Bildung einer Unterlippe zusammen. Bei den Pedicididen wird die Unterlippe mit ihren beiden Anhängen viel länger und stellt mit den stark ausgezogenen Mandibeln und Ma.xillen einen kegelförmi- gen Mundaufsatz dar. Der Vorderkopf bildet sich zur Rüsselscheide um, während sich die Mundtheile stark reduciren. Die eigentliche Saugröhre ist eine Bildung der Mundhöhle und als solche auch bei den Mallophagen vorhanden, welche sämmtlich Blut zu saugen im Stande sein sollen. 1. Farn. Pediculidae, Läuse. Mit flei.schiger , Widerhäckchen tragender Rüsselscheide, ausstülijbarer 8augröhre und 2 hervorschiebbaren messerförmigen Stiletten, mit undeutlich geringeltem Thorax und grossem 7 — 9gliedrigen Hinter- leib. Die Fühler sind Sgliedrig und die Füsse Klammerfüsse mit hakenförmigem Endgliede; Augen klein, nicht facettirt. Leben auf der Haut von dem Blute der Silugethiere und legen ihre birnförmigen Eier (Nisse) an der Wurzel der Haare ab. Die ausschlüpfenden Jungen erleiden keine Metamorphose und sind bei der Kopf- laus des Menschen schon in 18 Tagen ausgewachsen und fortpflanzungsfähig, Pediculus L. Hinterleib langgestreckt, nur wenig breiter als der Thorax. r. capitis Deg., Kopflaus des Menschen, P. cestimenti Burm., Kleiderlaus (grösser und von blasser Färbung. Die als P. tabescentiuvi unterschiedene Laus, welche die Läusesucht erzeugen sollte, ist keine besondere Art, sondern mit der letztern identisch. Haematopinus suis L. Phthiriits Leach. Hinterleib kurz und gedrungen, sehr breit, viel breiter als der Kopf. Thorax klein. Ph. puhis L. , Schamlaus mit sehr grossen Krallen, in der Schamgegend und den Achselgruben des Menschen. 2. Fam. Mallophaga (Anoplura), Pelzfresser. Den Läusen in der Körper- form sehr ähnlich, in der Kegel aber mit deutlich abgesetztem Prothorax, mit drei- bis fünfgliedrigen Antennen und beissenden Mundtheilen, ohne den fleischigen Rüssel, aber auch mit einer Art Saugröhre. Leben auf der Haut von Säugern und Vögeln und nähren sich von jungen Haaren und Federn, aber auch vom Blut. Trichodectes Nitsch. Fühler ogliedrig. Tarsen mit einer Klaue. Hinterleib des Weibchens mit Afteranhängen. Nähren sich vom Blut. Tr. canis Deg. Phi- Jopterus Nitsch. {Nirmus Herm.). Fühler ogliedrig. Tarsen mit 2 Klauen. Hinter- leib ohne Afteranhänge. Leben vornehmlich auf Vögeln. Ph. versicolor Burm., Storch. Goniodes Nitsch., Goniocotes Burm. u. a. G. Liotheum Nitsch. Fühler 4gliedrig, keulenförmig. Lip^jentaster deutlich. Tarsen mit 2 Klauen und einem Haftluppeu. L. anseris Sulz. Menopon Nitsch. M. pallidum, auf Hühnern u. a. Gr. Gtjropus Nitsch. Tarsen mit einer Klaue. G. porcelli Schrk., auf Ca via. 42 (;()0 2. Unterordnung: Phytophtliires. 2. Unterordnung: Phytophthires ' ), Fflanzenläuse. In der Regel mit 2 häutigen Flügelpaarcn, im weiblichen Geschlecht jedoch meist flügellos. Sehr häufig wird die Oberfläche der Haut von einem dichten Wachsflaum überdeckt, dem Absonderungsprodukt von Hautdrüsen, welche gruppenweise unter warzenförmigen Erhebungen der Segmente zusammengedrängt liegen. Die embryonale Entwicklung, deren Kenntniss wir vornehmlich den Untersuchungen Me t schnikoff's verdanken, beginnt an dem Pseudovum der Aphiden mit der Bildung eines peripherischen Blastoderms, dessen Kerne auf das Keimbläschen zurückzuführen sind. Am untern Pole sondert sich jedoch ein Theil des von den Keimzellen unbedeckt gebliebenen Dotters von dem Eie, um mit dem Epitel des Keimfaches zu verschmelzen. Vor diesem »cylin- drischen Organ« schhesst sich das Blastoderm und bildet eine Ver- dickung, den Kcimhügel. welcher immer weiter in den centralen Dotter hineinwächst und unter Abhebung einer grünen allmählig in einen Zell- haufen sich verwandelnden Zelle, sowie eines die Geschlechtsanlage bil- denden Zellhaufens zum Keimstreifen wird. Dieser erfährt alhuählig ganz ähnliche Bildungsvorgänge, wie wir sie bei den Pediculiden hervor- gehoben haben, wahrend die Blastodermhülle das Amnion und ein durch Einbuchtung vom Keimhiigel aus entstandenes unteres Blatt das Deck- blatt des Keimstreifens darstellt. Auch die Embryonalentwicklung der wahi'cn Eier erfolgt im Wesentlichen in übereinstimmender Weise. 1. P'am. Coccidae *). Schilclliluso. Die Fühler meist kurz, (1- hh vielgliechitr. Die grössern Weibchen haben einen schildförmigen Leib und sind flügellos, die 1) C. Bnnnet, Traite d'Insectologie. Tome I. Paris. 1745. J. F. Kyber, Erfahrungen und Bemerkungen über die Blattläuse. Germar's Magaz. der Entomol. Tom. T. 181.5. G. Newport, On the generation of Aphides. Tran.sact. Linn. soc. Tom. XX. Th. Huxley, On the agamic reproduction and morphology of Aphis. Ebend. Tom. XXII. Hartig, Versuch einer Eintheilung der Fflanzenläuse. Germar's Zeitschr. für Entom. Tom. III. 1841. J. H. Kaltenbach, Monographie der Familie der Pflanzenläuse. Aachen. 1843. R. Leuckart, Die Fortpflanzung der Rindenläuse. Archiv für Naturgeschichte. Tom. XXV. 1859. E. Metschnikoff, Embryologische Studien an Insecten. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XVI. 1866. A. Brandt, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Libelluliden und Hemipteren etc. Mem. l'acad. imper. de St. Petersbourg. Tom. Xill. 1869. Balbiani, Memoire sur la generation des aphides, Ann. scienc. nat, 5 Serie. Tom. XI. 1869 und XIV. 1870. Tom. XV. 1872. 2) Vergl. Bon che', Beiträge zur Naturgeschichte der Scharlachläuse. Stettiner Entom. Zeitschr. Tom. V. F. v. Bärensprung, Beobachtungen über einige einheimische Arten aus der Familie der Coccinen. Zeitschr. für Zool., Zoot. und Palaeont. I. R. Leuckart, Zur Kenntniss des Generationswechsels und der Parthenogenese. Frankfurt. 1858. A. Targioni-Tozzetti, Studi sulle Cocciniglie. Mem. della Soc. italia delle scienze nat. T. III. 1867. Signoret, Ann. Soc. Entomol. France. 1869. Coccidae. Aphidae. 661 viel kleinern Männchen besitzen dagegen grosse Vordeifliigel, zu denen noch ver- kümmei'te Hinterflügel hinzukommen können. Die letzteren ent'iehren im aus- gebildeten Zustande des Rüssels und der Stichwaffen und nehmen keine Nahrung mehr auf, während die plumpen ott unsymmetrischen und sogar die Gliederung einbüssenden Weibchen mit ihrem langen Schnabel bewegungslos in dem Pflanzen- parenchym eingesenkt sind. Die Eier wrden unter dem schildförmigen Leibe abge- setzt und entwickeln sich von dem eintrocknenden Körper der Mutter geschützt nach voraus gegangener Befruchtung {(Joccns) zuweilen parthenogenetisch {Lccaniuni, Anpidiotus). Im Gegensatz zu den Weibchen (und als einzige Ausnahme in der ganzen Ordnung) erleiden die Männchen eine vollkommene Metamorphose, indem sich die flügellosen Larven mit einem Gespinnst umgeben und in eine ruhende Puppe umwandeln. Viele sind in Treibhäusern sehr schädlich, andere werden für die Industrie theils durch den Farbstoff, den sie in ihrem Leibe erzeugen {Cochenille), theils dadurch nützlich, das8 sie durch ihren Stich den Ausfluss von pflanzlichen Säften veranlassen, welche getrocknet im Haushalt des Menschen Verwendung finden {Manna, Lack). Aspidiotas Bouche. Der Körper des Weibchens unter einem kreisförmigen Scliilde verborgen. Männchen mit zwei Flügeln. A. nerii Bouche, auf Oleander, u. a. A. Lecaniiim 111. Fühler 9gliedrig. Männchen nur mit Vorderflügeln. Weib- chen schildföimig ohne deutliche Segmentiruug, im ausgebildeten Zustand unbe- weglich festgeheftet, die Eier unter dem schildförmigen Körper ablegend. L. hesperidum L., L. IJlmi Walk., L. pcisicae Bouche. Hier schliesst sich an Kcnnes Amiot. K. ilicis L. , auf Quercus coccifera, sodann K. ? (Coccus) lacca Kerr. auf Ficii.s religiosa, in Ostindien. Coccus L. Fühler des Männchens lOgliedrig, des gegliederten beweglichen Weibchens Ögliedrig. Körpef des Männchens mit 2 langen Afterl)orsten. Die Weibchen legen ihre Eier in Flocken eingehüllt frei auf der Pflanze ab. C cacti L., lelit auf üpuntia coccincllifcra (Mexico), liefert die Cochenille und wird beson- ders in Algier und Spanien gezüchtet. C. {P.-iCudococcn.s) adoniduni L. , auf ver- schiedenen Pflanzen in Treibhäusern. C. (V) manniparnn Ehbg. , auf Tamarix (Manna). Dorthesia Latr. Fühler des flügellosen aber beweglichen Weibchens kurz unil meist Sgliedrig, des Männchens länger und Hgliedrig. Letzteres mit grossen Vorderflügeln und am Hinterleib mit einem Büschel von Fäden, l). urticae L. Monopldcbus atripennis Klug. Hier schliesst sich an I'oiphj/ruplioia polonica L., lebt an den Wurzeln von Scleranthus perennis und erzeugt die polnische Cochenille oder das Johannisblut. Aleurodes Latr. Fühler Ogliedrig mit sehr langem zweiton Gliede. Beide Geschlechter mit 4 Flügeln. Larvenzustand schildlausartig. ^-1. chelidonii Latr. 2. Farn. Aphidae'), Blattläuse. Fühler 5- bis Vgliedrig, von ansehnlicher Länge. Der ogliedrige lange Sehnabel ist in beiden Geschlechtern wohl entwickelt. In der Regel finden sich vier durchsichtige wenig geäderte Flügel , die jedoch dem Weibchen, selten auch dem Männchen fehlen können. Die langen Beine mit 2gliedrigen Tarsen. 1) Ausser Leuckart u.a. vergl. Balbiani, Observations sur le Phylloxera du ebene. Ann. scienc. nat. Tom. XIX. 1874. Derbes, Note sur les aphides du pistachier te'rebinthe. Ebend. 1872. 662 Lebensweise und Eiitwicklung der Blattläuse. Die Blattläuse leben von Pflanzensäften an Wurzeln, Blättern und Knospen ganz bestimmter Pflanzen, häufig in den Räumen gallenartiger Anschwellungen oder Blatt-Deformitäten, die durch den Stich der Blattläuse erzeiigt werden. Viele besitzen auf der Rückenfläche des drittletzten Abdominalsegmentes zwei »Honig- röhren«, aus denen eine süsse von Ameisen eifrig aufgesuchte Flüssigkeit, der Honigthau, secernirt wird. Die abgestreiften Larvenhäute mit ihren weissen schimmelähnlichen Wachsflaum kleben mitteLst jenes süssen Saftes an Stengeln und Blättern fest und I)ilden das, was man im gewöhnlichen Leben als »Mehlthau« bezeichnet, hi mehrfacher Hinsicht bemerkensworth sind die Eigenthümlichkeiten der Fortpflanzung, die theilweise schon im vorigen Jahrhundert von Reaumur, Degeer und Bonnet beobachtet waren. Vor allem ist es der Polymorphismus und die mit demselben sich verbindende Parthenogenese, welche diese Er- scheinungen bedingt. Ausser den in der Regel flügellosen Weiljchen, welche meist er,st im Herbst zugleich mit geflügelten Männchen auftreten und nach der Begattung l»efruchtete Eier ablegen, gibt es vivipare, meist geflügelte Generationen, die vorzugsweise im Frühjahr und Sommer verbreitet sind und ohne Zuthun von Männchen ihre lebendige Brut erzeugen. Bonnet sah bereits 9 Generationen viviparer Aphiden aufeinander folgen. Sie unter.scheiden sich von den echten Weibchen nicht nur in Form und Färbung und häufig durch den Besitz von Flügeln, sondern durch wesentliche Eigenthümlichkeiten des Geschlechtsapparates und der Eier {l'seudova, Keime), indem ein Receptaculum seminis fehlt, und die Eier bereits in den sehr langen Eierröhren (Keimröhren) mit fortschreitendem Wachs- thum die Embryonalentwicklung dui-chlaufen. Die viviparen Individuen werden desshalb bald als eigenthümlich gebildete, auf Parthenogenese berechnete Weibchen, bald (Steenstrup) als Ammen betrachtet, doch l)eweist die Fortpflanzung der Rindenläuse {Chennes), l)ei denen mehrere Generationen eierlegender Weibchen vorkommen, ebenso wie die Bildungsweise der Pseudova, die Richtigkeit der erstem Ansicht '). Vivipare und ovipare Aphiden folgen meist in gesetzmässigem Wechsel, indem aus den befruchteten überwinterten Eiern der Weibchen im Frühjahr vivi- pare Aphiden hervorgehen, deren Nachkommenschaft ebenfalls vivipar ist und durch zahlreiche Generationen hindurch lebendig gebärende Formen erzeugt. Im Herbste erst werden Männchen uutl vivipare Weibchen geijoren, die sich mit ein- ander begatten. Von manchen Formen scheinen vivipare Individuen (in Ameisen- haufen, Brauer) zu iiberwintern. Wahrscheinlich als Nachkommen solcher über- winterter sog. Ammen können auch im Frühjahr die beiderlei Geschlechtsthiere (zur Zeit der Geburt bereits vollkommen reif, flügellos und ohne Rüssel) auftreten, wie solches durch Derbes für PcmpMyun terebinthi nachgewiesen wurdel Hier tolgt nachher die Generation der ungeflügelten sog. Ammen , welche die Gallen erzeugen und als Nachkommen derselben die sich zerstreuenden (und überwinterten) geflügelten sog. Ammen. Die Fortpflanzung der Rindeuläuse weicht insofern ab, als wir hier anstatt der viviparen Generationen eine besondere ovipare Geschlechtstürm und somit eine Art Heterogonie, verbunden mit der Fähigkeit parthenogenetischer Eientwicklung beobachten. Die weibliche flügellose Tannenlaus überwintert an der Basis der beschuppten jungen Tannenknospe, wächst im Frühjahr an derselben Stelle be- 1) Für diese zuerst nachdrücklich von Claus vertretene Autfassung (Beob- achtungen über die Bildung des Insecteneics. Zeitsch. für wiss. Zool. 1864) sind nunmehr auch andere Beobachter, insbeeondere Leuckart, eingetreten. Blattläuse. Riiidenläuse. Psyllidae. 663 trächtlich, häutet sich mehrmals und legt zahlreiche Eier ab. Die ausgeschlüpften Jungen stechen die geschwollenen Nadeln des Triebes an und erzeugen die Ananas- ähnliche Galle. Später entwickeln sie sich zu geflügelten Weibchen. Bei Phyl- loxera quercus tretfen wir ausser beiden Generationen noch eine im Herbst auf- tretende Generation sehr kleiner beweglicher Männchen und Weibchen (ohne Saug- rüssel und Darm), die aus zweierlei an den Wurzeln abgelegten Eiern entstanden sind. Das Weibchen legt nach der Begattung nur ein Ei ab. Aehnlich verhält sich wahrscheinlich die berüchtigte Reblaus, deren Larven an den Rebwurzeln überwintern. Die Hauptfeinde der Blattläuse sind die Larven von Ichncumuniden (Apliidius), Si/rphiden, Coccinelleii und Hcmcrohiden. a. Blattläuse s. st. Schizoueura Hartg. Fühler ügliedrig. Der Radius (Costal- rippe) entspringt aus der Mitte des Stigma's. Cubitus (Subcostalrippe) 2theilig. Seh. lanigera Hartg., Apfelbaum. Seh. lanuginosa Hart. Lachnus 111. Fühler Ögliedrig. Der Radius entspringt aus der Spitze des linearen Stigma's. Cubitus otheilig. Mit Höcker an Stelle der Honigröhre. L. pini L., L. jugUüulin L., L fiuji L. Bei L. rohoris fand bereits v. Hey den eine Geschlechtsgeneration ohne Rüssel. Aphis L. Fühler 7gliedrig, länger als der Körjjer. Der Radius entspringt aus der Mitte des spindelförmigen Stigma's. Cubitus Stheilig. Hinterleib mit 2 Honigröhren. A. brassicae L. , A. rosae L., A. tiliae L. , u. z. a. A. Tetraneiira Hartg. Fühler ögliedrig. Cubitus einfach mit Radialzelle. Hinter- leib ohne Honigröhren und Höcker. Unterflügel mit einer Querader. Leben in Gallen und kugUg aufgetriebenen Blättern. T. idmi Deg. Feiiiphiijus Hartg. Unterflügel mit 2 Queradern. F. hursarins L., Pappel. Rhizohius Burm. Leib flügellos. Fühler tigliedrig, kaum halb so lang als der Körper. Hinterleib kurz und dick ohne Honigröhren. Rh pini Burm. Rh. pilosellae Burm. Forda v. Heyd. Faracletus v. Heyd. b. Rindenläuse. Chermes Hartg. Fühler Sgliedrig. Cubitus einfach , ohne Radialzelle. Unterflügel mit einer Querader. Beine kurz. Ch. abiciis L. Erzeugt die ananasälinlichen Gallen der Fichte. Ch. lavicis llartg. l'hylloxeia Boy. de F. Fühler Sgliedrig. Cubitus einfach ohne Radialzelle. Unterflügel ohne Querader. Fli. coccinea {querciis) v. Heyd. Au Eichblättern. l'h oantatrix ' ) , Reblaus. 8. Farn. Fsyllidac^) (Fsijllodes), Blattflöhe. Fühler lang, lOgliedrig, mit 2 dicken Grundgliedern. Rüssel weit nach hinten gerückt. Im ausgebildeten Zustand stets geflügelt. Die hintern Beine dienen zum Sprunge. Geben durch ihren Stich häufig Veranlassung zu Deformitäten von Blüthen und Blättern. Fsylla Geoftr. Randader 2ästig. Stigma des Flügels deutlich. P. aUii L. F. uhni L. , u. z. a. A. Trioza Forst. Aiytaina Forst. Livilla Curt. Vorderflügel lederartig runzlig. Flügelstigma fehlt. L. ulicis Curt. Aphlara Forst. Rhinucola Forst. Livia Latr. Netzaugen flach. Erstes Fühlerglied stark verdickt und ver- längert. L. juncorum Latr. 1) Signoret, Phylloxera de la vigne Ann. de la soc. ent. de France. 1869. Tom. IX. 1870. Tom. X etc. 2) A. Förster, Uebersicht der Gattungen und Arten aus ilcr Familie der Psylloden. Verhandl. des naturh. Vereins der Pr. Rheinlande. Tom. V und VIII. 6^4 3. Unterordnung: Cicadaria. 3. Unterordnung: Cicadaria (Homoptera), Cicaden, Zirpen. Beide Flügelpaare sind in der Regel von häutiger Beschaftenheit, zuweilen wenigstens im vordem Paare undurchsichtig lederartig und gefärbt und liegen in der Ruhe dem Körper schräg auf. Die Fühler sind kurz, borstenfönnig, 2— Tgiiedrig. Meist finden sich zwei, selten drei Nebenaugen zwischen den Facettenaugen. Der Kopf ist verhältniss- mässig gross und oft in Fortsätze verlängert. Der Schnabel entspringt stets weit nach unten scheinbar zwischen den Vorderfüssen und besteht aus drei Gliedern. Die Beine enden meist mit ;;gliedrigen, selten mit 'Jgliedrigen Tarsen, bei vielen zeichnen sich die Hinterbeine durch eine bedeutende Länge aus und sind Sprungbeine, mit denen sich die Thiere vor dem Fluge fortschnellen. Die Weibchen besitzen einen Legestachel und bringen die Eier oft unter die Rinde und in Zweige von Pflanzen ein. Die Larven grösserer Arten können mehrere Jahre leben. 1, Fam, Cicadellidae'), Kleinzirpen. Mit frei vortretendem Kopf, dessen breite Stirn frei bleibt und nach vorn gewandt ist. Die kurzen Fühler sind :3gliedrig (das Endglied borstenförmig) und entspringen an der obern Ecke der Wangen vor den Augen. Der Prothoiax bedeckt den Mesothorax bis zum Scu- tellum. Oberflügel lederartig. Hinterbeine verlängert. (3cellen können fehlen. Die Larven manche.! Arten (Schaumcicaden) hüllen sich in einen blasigen Schaum (Kukuksspeichel) ein , der aus dem After hervortreten soll. 1. Subf. Jassinae. Hüftglieder der Hintei'beine quer ausgezogen. Schienen winklig. Jassus Fabr. Scheitel dreiseitig. Ocellen frei an der Vorderseite des Kopfes. Stirn schmaler als die Augen, platt. Schienen der Hinterbeine mit grössern und kleinern Dornen. J. atomarins Fabr. J. higuttatus Fabr. J. ocel- latus Scop. ,/ r Ledra Fabr. Kopt gross, scheibenförmig, scharf gerandet, mit langer breiter Stirn und breiten Wangen. Prothorax jederseits mit einem schräg aufgerichteten ohrförmigen Fortsatz. Hintersehienen nach aussen verbreitet , sägeförmig. •jC) L. aurita L. t=. Tettiyonia Geoftr. Stirn l)lasig aufgetrieben. Fühlerborste sehr lang. 1) J. F. Meckel, Anatomie der Cigale. Beiträge zur vergleichenden Ana- tomie. J808. L. Dufour, Recherches anatomiques sur les Cigales. Annales d. scienc. Tom. V. 1825. M. Medici, Osservazioni anatomiche et fisiologiche intorno Tapparecchio sonoro della Cicala. Nuovi Annali d. scienz. nat. di Bologna. 2 Ser. Tom. VIII. 1847. E.F.Ger mar, species Cicadarum etc. Thon's P]ntomol. Archiv Tom. II. 1830. Derselbe, Bemerkungen über einige Gattiuigen der Cicaden. .Mag. der Entomol. Tom. III. 1818 und Tom. IV. 1821. H. Hagen, Die Sing- cicaden Europas. Stet, en'om. Zeitschr. Tom. XVI. 1856. J. 0. Westwood, On the family Fulgoridae etc. Transac. Linn. Soc. Tom. XVlIl. L. Fairmaire, Kevue de la tribu des Meni Inaeides. Annales de la soc. entomol. 2 ser. Tom. IV. 1846. V. Signoret, Revue inconographique des Tettigonides. Annales de la soc. entom. 3 ser. Tom. I. II. 111. 1853 — 1855. Vergl. ferner die Werke und Aufsätze von Burmeister, Spinola, Stoll, ({u(!ri n-Men e villo , Gerst- äcker, Ger mar, Signoret u. z. a. Cercopinae. Membracidae. Fulgoridae. 665 Hinterschienen Skantig und vieldornig. ^T. viridis L.QT. rutilans Fabr. T. erythro- cephala Germ. Oj. vittata L. 2. Subt. Cercopinae. Hiiftstücke der Hinterbeine kurz. Schienen cylindrisch. Aphrophora Germ. Stirn blasig aufgetrieben. Prothorax trapezoidal (7eckig). Flügeldecken lederartig. Hinterschienen mit o starken Dornen. A. spumarm L. A. bi/asciata L. A- lineata Fabr. Cercopis Fabr. Prothorax 6eckig. Fliigeldecken bunt. Hintorschienen mit einem üornenkranz am Ende. C. haematina Germ. C. sangiiinoUnta L. ürthora- pJiia Westw. u. z. a. G. 2. Farn. Membracidae, Buckelzirpen. Kopf nach abwärts gerückt, von dem grossen mit buckeiförmigen Fortsätzen versehenen Prothorax überragt. Letzterer sehr mannigfach gestaltet, den Thorax und selbst das Abdomen ül>erdeckend. Scheitel von der Stirn nicht abgegrenzt, mit 2 Ocellen. Fühler kurz Sgliedrig, unter dem Stirnrande verborgen. Vorderflügel meist häutig. Mit Ausnahme der sehr verbreiteten Gattung Centrotus americanisch. Gentrotus Fabr. Der buckeiförmig gewölbte Prothorax überdeckt den Meso- thorax bis zum Scutelluin und zieht sich nach hinten in einen langen Dorn,^ seitlich in 2 ohrförmige Fortsätze aus. Oberflügel glasartig. C. cornutiis L. Heteronotus Lap. Membracis Fabr. Der hochgewölbte Prothorax blattförmig comprimirt. Übev- flügel lederartig. M. lateralis Fabr. M. foliata L., Brasilien. Smilia Germ. Prothorax bis an das Körperende verlängert. Sni inflata Fabr., Brasilien. Hoplophora Germ. 3. ¥&^.^ Fulgoridae , Leuchtzirpen. Kopf mit halbkugligen Facettenaugon und grossen zuweilen stark aufgetriebenen Fortsätzen. Meist sind 2 Ocellen vor- handen. Stirn vom Scheitel scharf abgesetzt. Fühler kurz , Sgliedrig , unterhall;» der Augen eingelenkt. Schienen dreikantig, häufig mit Dornen bewafl:net. Die Schienen der Hinterbeine mit einem Stachelkranz am Ende. VorderÜügel häufig gefärbt. Bei vielen bedeckt sich der Hinterleib dicht mit langen Wachssträngen und Wachsflaum, welches bei einer Art {Flata limhata) in so reicher Menge secerniit wird, dass dasselbe gewonnen wird und als »Chinesisches Wachs« in den Handel kommt. Die meisten Arten leben in den Tropen. ^ ^ Fulgora L. Unterseite des Kopfes mit 3fachem Kiel. Stirntortsatz sehr mächtig, kegelförmig oder blasig aufgetrieben. Die ganz kurzen Fühler mit rundem Endglied und feiner Endborste. Die lederartigen Vorderttügel schmäler und länger als die hintern: "-^ F. lateniaria L. Der Laternenträger aus Surinam, sollte nach den irrthümlichen Angaben Merlans aus dem laternenförmigen Stirntortsatz Licht ausstrahleii.'^' F. candelaria L., Chinesischer Laternenträgef. ^ F. Psmdophana euyopaea Burm. ^' Lystra Fabr. Kopf kurz mit quadratischer Stirn. Augen wie gestilt. Wauhs- stränge am Hinterleiß. *-• L. lanata L. u. z. a. amerikanische Arten. ^ O Flata Fabr. Kopf mit langer schmaler Stirn vom Vorderran^des Pro- thorax überdeckt. . Fühler mit 2 langgestreckten Gliedern. Flügel breit. -^ Fl. lim- bata Fabr., China.^FZ. nigricornis Fabr., Ostindien."^ Foeciioptcra phalaenoides Fabr., Südamerika. Delphax Fabr. Stirn breit mit gabiigem Mittelkiel. Die beiden untern Fühlerglieder verlängert. Vorderflügel glasartig mit vielen gabiigen Längsrippen. D. marginata Fabr. Cixia Latr. Fühler ganz kurz, die l)eiden untern Glieder dick. Stirn zuge- spitzt mit scharfen Seitenkanten. C. nervosa L. Dictyophora europaea L. 'i 666 Cicadidae. — i. Unterordnung: Hemiptera. Issus Fabr. Vorderflügel bucklig, breit, lederartig, mit starken gegitterten Rippen. Fühler dicht unter den Augen eingelenkt, zweites Glied napftörniig. Stirn breit mit Längsleiste. I. coUoptratns Fabr., Südeuropa. 4. Fam. Cicadidae = Stridulantia, Singcicaden. Der plumpe Körper mit kurzem breiten Kopf, blasig aufgetriebener Stirn und 3 Ocellen zwischen den grossen Facettenaugen. Fühler kurz Tgliedrig mit borstenförmigem Endgliede. Die Flügel von ungleicher Grösse, die zwei vordem weit länger und schmäler als die hinteren. Thoracalhaut mehrfach aufgewulstet. Schenkel der Vorderbeine verdickt, unten bestacholt. Der dicke Hinterleib beim Männchen mit Stimmorgan, welches einen lautschrillenden Ton hervorbringt, Jederseits unter einer halbmond- förmigen Platte, dem Stimmhöhlendeckel, liegt in einem Hornringe ausgespannt eine elastische Membran, welche durch die Sehne eines starken Muskels in Schwin- gungen versetzt werden soll (V). Eine grosse unterliegende Ti-acheenblase diene als Resonanzapparat. Wahrscheinlich aber handelt es sich hier um eine Art Gehör- organ, während das Stimmorgan eine ganz andere Lage hat. Dieses liegt vielmehr nach Brauer und C. Lepori an der obern Seite rechts und links am ersten Hinter- leibsscgmente und besteht aus einer von gekrümmten Chitinleisten durchsetzten ;^' Membran. Die Leisten convergiren nach hinten und setzen sich in eine crista fort, r,y|an welcher sich die Sehnen eines Muskels anheften. Dieser hat seinen Stützpunkt •an der Bauchseite des ersten Abdominalringcs. Nach Landois soll freilich der I "u durch Schwingungen hervorgerufen werden, deren Erzeugung auf den aus rust verschmolzen. Vom Pro- thorax treten die Seitentheile in Form zweier Schulterschwielen hervor; das meist mit Dornen besetzte Schildchen überdeckt den Metathorax; das Abdomen ist häufig gestilt und besteht aus fünf bis neun Ringen. Die lieine besitzen tiinfghedrige Tarsen, welche mit Klauen und meist mit sohlenartigen Haftlappen (Pelotten) enden. Das Nervensystem erscheint in sehr verschiedenen Formen der Concentrirung , je nach der Streckung des Leibes. Während bei Fliegen mit sehr gedrungenem Köri)erbau die Ganglien des Abdomens und der Brust zu einem gemeinsamen Brüstknoten verschmelzen, erhalten sich bei langgestreckteren Dipteren nicht nur die drei Brustgangli(in, sondern auch mehrere, selbst fünf und sechs Abdominalganglien wohl gesondert. Für den Darmkanal dürfte das Auftreten eines gestilten Saugmagens als Anhang des Oesophagus sowie die Vierzahl der Malpighischen Gefässe hervor- zuheben sein. Die beiden Tracheenstämme erweitein sich im Zusammen- hang mit dem gewandten Flugvermögen zu zwei grossen blasigen Säcken in der Basis des Hinterleibes. Die männlichen Geschlechtsorgane be- stehen aus zwei häutig gefärbten ovalen Hoden mit kurzen Ausführungs- gängen, denen sich feste Begattungsllieile nebst Copulationszangen an- schliessen; die Ovarien entbehren einer besonderen Begattungstasche, tragen dagegen dreifache Samenbeliälter an der Scheide und enden oft mit einer einziehbaren Legerölire. Bezüglich der äussern sog. Genital- bewaffnung hat Weismann für Corethra gezeigt, dass die zweigliedri- gen Zangen des Männchens sich ebenso wie die beiblattförnngen Anhänge des Weibchens aus zwei lanzetförmigen Blättchen der Puppe entwickeln, welche als Ventralanhänge dem vorletzten (ll.j Segmente angehören. Die beiden Geschlechter sind selten auffallend verschieden. Die Männchen besitzen in der liegel grössere Auuen, die zuweilen median zusannnen stossen, häufig ein abweichend gestaltetes Abdomen, ausnahms- weise (Bihio) auch eine verschiedene Färbung. Auch die Mundtheile können Abweichungen bieten, wie z. B. die männlichen Bremsen der messerförmigen Mandibeln entbehren, welche im weiblichen Geschlechte die Hauptwatte bilden. Auch die mämdichen Culiciden entbehren der Entwicklung. 673 Stechwaffen und besitzen behaarte vielgliedrige Fühler, während die Fühler der Weibchen fadenförmig sind und aus einer geringern Glieder- zahl bestehen. Bei Elaphomia aus Neu -Guinea sowie bei dem Männ- chen von Trypeta abrotani treten unterhalb der Augen geweihartig ver- ästelte Stirnfortsätze auf. Rücksichtlich der Embryonalbildung vertreten die Diptern den Typus mit äusserem Primitivstreifen, der vom Faltenblatte (Deckblatt) tiberwachsen wird. Daher erfährt der Embryo keine Umstülpiing, wohl aber in der Regel nach Ausbildung der Keimwülste eine halbe Um- drehung um seine Längsachse. Von den Gliedmassen legen sich zuerst an den Kopfsegmenten die drei Kieferpaare, dann die Antennen an, ohne dass jedoch das Faltenblatt einen Antheil an der Bildung derselben hat. Die Verwandlung ist eine vollkommene; diemeist fusslosen Larven besitzen entweder einen deutlich gesonderten mit Fühlern und Ocellen versehenen Kopf (die meisten Nematoceren), oder der Kopf ist ein kurzer meist ein- gezogener Abschnitt ohne Fühler und Augen (höchstens mit einem x-för- migen Pigmenttleck) mit ganz rudimentären Mundwerkzeugen, zuweilen mit zwei zur Befestigung dienenden Mundhaken. Im erstem Falle haben die Larven kauende Mundtheile und nähren sich vom Raube anderer Thiere, im letztern saugen sie als »Maden« Flüssigkeiten oder breiige Substanzen ein. Man kann mit Brauer zwei Gruppen von Dipteren- larven unterscheiden, L Cydorapha, Maden ohne Kopf mit oder ohne Schlundgerüst. Die Haut der Larve wird in bogenförmiger Naht ge- sprengt (Muscaria, Vupiparen). 2. Orthorapha, Larven mit Kiefer- kapsel, unvollständigem oder vollständigem Kopf;, die Haut der Larve reisst in geradliniger Naht e'm (Tanystomata, Nematoceren^. Nach mehr- fachen Häutungen, mit denen selbst wieder mannigfache Organisations- abweichungen der Larven verbunden sind , verwandeln sie sich ent- weder in der erhärteten Larvenhaut zur Puppe, oder bilden sich unter Abstreifung der ersteren in bewegliche, oft frei im Wasser schwimmende Puppen (Fupac obtectae) um , welche Tracheenkiemen besitzen können. Auf die Ver.schiedenheiten , welche die Entwicklung des geflügelten In- sektes aus dem Organismus der Larve in beiden Gruppen darbietet, (deren Kenntniss wir den Untersuchungen Weismann' s verdanken), ist schon bei einer frühern Gelegenheit hingewiesen. Viele Dipteren produciren beim Fliegen summende Töne und zwar durch Vibrationen verschiedener Körpertheile, theils der Flügel, theils der Segmente des Abdomens unter Betheiligung der Stimmapparate an den vier Stigmen der Brust. Hier bildet unterhalb des Stigmenrandes der Tracheenstamm eine Blase mit zwei zierlich gefalteten Blättchen, welche unterhalb zweier äusserer Klappen (Brunmddappen) durch die Luftexspiration in Schwingungen versetzt werden (H. Landois). Claus, Zoologie. 3. Auüage. 43 G74 1- l'nteroiduuiig : Pupiparae. 1. Unterordnung: Pupiparae'), Lausfliegen. An dem meist gediimgeiien Kiirpei- sind die drei Thoracalsegmente verschmolzen, das Al)doni(>n ist breit und oft abgeflacht. Die Fühler ent- springen in einer (irubc vor den Augen und bleiben kurz, häufig nur 2gliedrig. Der Säugrüssel wird von der Oberlippe unter Betheiligung der Maxillen gebildet. Die Unterlipi)e ist ungegliedert. Die kräftigen Beine enden mit gezähnten Klammerkrallen. Die Flügel können rudi- mentär sein oder fehlen. Die Fntwicklung des Embryos und der Larve geschieht in der Uterus-ähnlichen Scheide. Die aus dem Eie hervorge- gangene Made (ohne Schlundgerüst und Mundhaken) schluckt das Se- kret ansehnlicher Drüsenanhänge des Uterus, besteht mehrfache Häutun- gen und wird vollständig ausgebildet unmittelbar vor der Verpuppung geboren. Schmarotzen wie die Läuse an der Haut von Warmblütern, selten von Insekten. 1. Fani. Braididae , Bienenläuse. Der grosse querovale Kopf ohne Augen, mit kurzen 2gliedrigen Fühlern. Flügel fehlen. Beine mit langen dichtgezähnten Fussklauen. Hinterleib rundlich, 5gliedrig. Braiila Nitzsch. Br. coeca Nitzsch., Bienenlaus , vornehmlich auf dem Kör- per der Drohnen, an deren Haaren sie sich mit ihren kammförmigen Klauen festhält. 2. Farn. Nycterihlidae, Fledermausfliegen. Kopf frei beweglich, rückwärts in den ausgehöhlten Thorax einlegbar, ohne oder mit kleinen Augen und kurzen 2gliedrigen Fühlern. Körper mit breiter, plattenförniiger Brust, ohne Flügel, aber mit geknöpften Schwingkölbchen. Saugrüssel mit grossem Taster. Beine lang, seitlich eingelenkt mit starken 2zähnigen Fussklauen. Vor dem zweiten Beinpaare eigenthümliche kammförmige Organe. Abdoiuen Ogliedrig. Leben vornehmlich in der Achselhöhle der Fledermäuse. Nyctcribia Latr. N. Latreillei Curt. Augenlos, auf Vespertilio-Arten. Nach Mac Leay kommen in Ostindien Nycteribien mit verkümmerton Flügeln vor. 3. Farn. Ilippohoscidae, Lausfliegen. Der querovale Kopf mit grossen Augen und ganz kurzen Fühlern. Saugrüssel tasterlos mit kurzer Unterlippe. Fasse mit kräftigen 2- oder 3zähnigen Klauen. Meluphac/its Latr. Körper flügellos. Kopf breit mit schmalen Augen ohne Ocellen. Säugrüssel von der Länge des Kopfes. Klauen 2zähnig. M. ovimis L., Schafzecke. Anapera Meig. Flügel schmal und kurz, über den Hinterleib kaum hinaus- ragend. Fu.sskrallen 3 zähnig. Ocellen fehlen. A. pallida Meig., auf Schwalben. Stenopteryx Leach. Raymondia Frld. Ornithomyia Latr. Kopf mit 3 Ocellen, vom queren Thorax umfasst. Flü- 1) L. Dufour, Etudes anatomiques etphysiölogiquessurles Insectes Dipteres de la famille des Pupipares. Ann. de scienc. nat. 2 ser. Tom. III. 1843. Chr. L. Nitzsch, Die Familien und Gattungen der Thierinsekten. Germar's Magazin der Entomologie. Tom. III. J. 0. Westwood, On Nycteribia etc. Transact. zool. soc. of London I. 1835. J. Egger, Beiträge zur bessern Kenntniss der Braula coeca Nitzsch. Verh. d. zool. botan. Vereins zu Wien. Tom. III. 1853, R. Leuckart, Die Fortpflanzung und Entwicklung der Pupiparen. Abb. der naturf. Gesellach. zu Halle. Tom. IV. 2. Unteiordnung; Brachycera. 675 gel weit über den Hinterleib hinausragend mit 6 hornigen Längsadern. Fussklauen 3 zähnig. 0. avicularia L., Bussard. Orniihohia Meig. {Lipoptena Nitzseh.). Ocellen vorhanden. Flügel mit 3 Längsadern, hinfällig. Fussklauen 2zähnig. 0. cervi L. Hippobosca Latr. Ocellen fehlen. Flügel länger als der Hinterleib mit vielen Adern. Fussklauen 2zähnig. H. eqitina L., Pferdelaus. 2. Unterordnung: Brachycera, Plieg-en. Körper sehr verschieden gestaltet, häufig dick und gedrungen, mit 5- bis 8 gliedrigem Hinterleib. Fühler kurz, meist Sgliedrig, mit grossem, meist secundär gegliedertem Endgliede, an welches sich eine einfache oder geringelte Borste anscidiesst. Flügel fest stets vorhanden. Die Larven leben in fauhüiden Stoffen der Erde und im Wasser, theilweise auch als Parasiten, sind grossentheils Maden mit Kieferhaken und ver- puppen sich meist in der abgestreiften tonnenförmigen Larvenhaut. Viele bilden jedoch auch eine Piipa obtecta. 1. Gruppe. Muscaria. Fliegen mit Stirnblase." Rüssel meist mit, fleischigen Endlappen, Maxillen in der Regel verkümmert. Larven (cycloraph) telo- oder amphipneustisch mit Schlundgorüst, ohne Kiefer- kapsel, meist mit 2 bis 4 Mundhaken. Stets Tönnchenpuppen. 1. Fani. Phoridae. Fühler 3gliedi-ig, dicht über dem Munde entspringend. Taster vorstehend, borstig. Randnerven des Flügels dick, die 3 bis 4 feinern Längsnerven entspringen ans dem verdickten 2ten Längsnerven des Randes. Hin- terleib Ogliedrig. Larven parasitisch in Pilzen. Phora Latr. Endglied des Fühlers mit langer Borste. Thorax bucklig. Beine kräftig mit verlängerten Hüften und breiten Schenkeln. Ph. incrassata Meig. als Larve im Bienenstocke lebend. 2. Farn. Acahjpterae. An der Spitze des Flügels fehlt eine Quernaht, und die erste Hinterrandsader läuft bis zum Bande in gerader Richtung. Schüppchen klein oder fehlend, Halteren daher frei. Die Larven leben meist von faulenden Stollen. Trypeta Meig. Kopf halbkreisförmig mit breiter Stirn , weit abstehenden Augen und genäherten anliegenden Fühlern, üntergesicht kurz und kahl. Das Sgliedrige Abdomen des Weibchens mit horniger vorstehender Legeröhre. Flügel meist gebändert und gefleckt. Die Larven leben vorwiegend in den Samen der Compositeen. Tr. Cardui L. , Tr. stylata Fabr. , Tr. signata Meig. , in Kirschen u. z. a. A. Loxocera Fabr. Toxotrypana Gerst. Chlorops Meig. Kopf quer, Stirn wohl doppelt so breit als die grünen Augen. Untergesicht zurückweichend. Fühler hängend, Endglied kreisrund mit meist nackter Borste am Grunde. Larven oft in den Halmen der Gräser. Ch. lineata Fabr., Weizenfliege. Sepsis Fall. Kopf rund, mit weitabstehenden Augen. Untergesicht fast senk- recht, mit einigen Borsten seitwärts über dem Munde (Knebel b.irt). Abdomen fast walzenförmig, nackt und glänzend, 4gliedrig. Flügel aufrecht, beständig vibrirend. S. punctum Fabr., Glanzfliege. 43* 676 Muscidae. Coiiopidae. Diopsis L. Kopf in 2 dünne lange Stile ausgezogen, an deren Ende die Auwen und Fühler liegen. Scutellum und Seiten des Thorax mit 2 langen Dornen. Hinterleibsbasis stark verengt. i>. ichneumonca L. "Scaiophaga Latr. Augen rund, in beiden Geschlechtern durch die breite rothgestreifte Stirn getrennt. Knebelbart vorhanden. Fühler mit schmalem langen Endglied und meist gefiederter Borste. Flügel aufliegend und weit länger als das ügliedrige Abdomen. Fliigelschuppen klein. Sc. atercoraria L. , Dungfliege, auf Düngerhaufen. Piophila Fall. Augen rund. Knebelbart vorhanden. Endglied der Fühler elliptisch mit nackter Fühlerborste. Hinterleib ogliedrig. 1\ casei L., Käsefliege. Tetanocera ferruginea Fall. Borhorua suhsaltans Fabr. , Düngerfliege. Anthomyia lardaria L. 3. Fam. Muscidae. Endlappen des Rüssels fleischig , eine weiche polster- förmige Anschwellung bildend. Die erste Hinterrandsader läuft gekrümmt oder in gebrochener Linie zur Flügelspitze. Haitoren bedeckt. Larven an Excrementen und faulem Fleisch, aber auch parasitisch in Insekten (Tachinarien). Musca L. Kopf kurz , breit, mit grossen beim Männchen zusammenstossen- den Augen. Erste Hinterrandsader unter spitzem Winkel gebrochen. Hinterleib oval gedrungen. Fühlerborste bis zur Spitze gefiedert. 31. domestica L., Stuben- fliege. M. Caesar L. , Goldfliege. M. vomitoria L. , Brechfliege , mit glänzend blauem Hinterleib. M. cadaverina L., Aasfliege. Sarcojjhaga Meig. Kopf schmal. Augen in beiden Geschlechtern getrennt. Fühlerbor.ste mit nackter Spitze. Brust mit mehreren dunkeln Rückenstriemen. S. carnaria L., Fleischfliege, vivipar. *S'. mortuoruni L. Mesemhrhm Meig. Erste Hinter randsader unter stumpfem Winkel gebogen, in die Flügelspitze mündend. M. meridiana L, Tacliina Meig. Körper stark mit Borsten besetzt. Augen beim Männchen grö.sser; die Stirn verschmälert. Fühler mit nackter aber gegliederter Rücken- borste. Die Larven schmarotzen vornehmlich in Raupen. T. (Neinorea) imparum Fabr. , T. (Chrysosovia) viridis Fall. , T. grossa L. , T. larvarum L. Fhasia Latr. Gonia Meig. u. v. a. G. Vexia Meig. (Dexiariae). Körper schlank mit kleinem Kopf und kurzen Fühlern, deren schmales Endglied eine dicht gefiederte Borste trägt. Hinterleib spitzoval. D. rustica Fabr. 4. Fam. Conopidae. Fühler winklig abstehend. Rüssel fadenförmig vor- stehend, einfach oder doppelt gekniet. Die Endlappen des Rüssels sind derbe Chitinblätter. Schwingkölbchen unbedeckt. Hinterleib 5— 6gliedrig. Die Larven leben im Hinterleib anderer Insekten, besonders Wespen und Acridier. Conops L. Scheitel blasig aufgetrieben, oline Punktaugen. Rüssel am Grunde gekniet. Endglied der kopflangen Fühler mit kurzem 2gliedrigen End- gritfel. C. ßaripes L., C. quadrlfasciatus Deg. (Bombus), C. rufip es Fahr. (Oedipoda). Myopa Fabr. Kopf in der Wangengegend aufgeblasen mit 3 Ocellen und kurzen Fühlern, deren kugliges Endglied einen kleinen Dorsalgriftel trägt. Rüssel doppelt gekniet. Hinterleib abwärts gebogen. M. ferruginea L., 31. testacea L. Hier schliessen sich die Siovioxyidae an, deren Schwingkölbchen von doppel- ter Schuppe bedeckt ist. Stomoxys Geotfr. Drei Ocellen vorhanden. Rüssel an der Basis gekniet, wagerecht vorgestreckt. Fühler mit Rückenborste. Hinterleib 4gliedrig. St. calci- trans L., Stechfliege, der Stubenfliege ähnlich. Auch die Pipunculiden würden hier folgen mit Fipunculus campestris Latr. Larven in Kleinzirpen parasitisch. Oestridae. Syrphidae. 6' ' 5. Farn. Oestridae, Biesfliegen '). Rüssel verkümmert. Fühler kurz, in Aushöhlungen der Stirne ents])ringcnd , Endglied desselben mit nackter oder ge- fiederter (Trypoäcrma) Borste. Abdomen behaart, 4 oder 5 gliedrig. Die Weib- chen haben eine Legeröhre und bringen ihre Eier oder (und dann fehlt dio Lege- röhre) die bereits lebendig geborenen Larven an bestimmte Stellen von Säuge- thieren, z. B. in die Nü«tern der Hirsche, an die Brust der Pferde. Die Larven mit gezähnelten Körperringen und häufig mit Mundhaken leben in' der Stirnhöhle, unter der Haut, selbst im Magen l)estimmter Säugethiere parasitisch. Unter der Haut erzeugen sie die sog. Dasselbeulen. Hypoderma Latr. Fühler tief eingesenkt, durch eine Scheidewand gesondert mit kurzem dicken Endglied. Flügelschuppen gross und nackt. Larven nur bei der Geburt mit Mundhaken, unter der Haut von Säugethieren. H. bovis L. , H. Actaeon Br., am Edelhirsch. H. tarandi L. Ciiterebra [Trypoderma Wied.) Fühlevborste gefiedert, Rüssel eingezogen, gekniet. Flügelschuppen gross, nackt. Larven mit Mundhaken. Letzter Ring im vorhergehenden eingezogen, auf Nagern. Dcrmatohia hominis Goudot auf Wie- derkäuern, Katzen (.Taguar) und auf dem Menschen in Südamerika. L Oestrus L. {Cephenomyia Latr.). Nur die Basis der Fühler getrennt. Beine kurz. Larven mit Mundhaken. (). aurihaibis Wied. Die Larve wird von der Fliege in die Nasenhöhle des Edelhirsches gebracht. O. trompe Fabr., im Renn- thier. Cephalomyia ovis L., Stirnhöhle des Schafes. Gastrus Meig. Flügelschüppchen verkümmert. Gr. equi Fabr. Das Ei wird an die Brust des Pferdes abgesetzt und von diesem abgeleckt-, die ausschlüpfende Larve hängt sich an der Magenwandung mittelst ihrer Mundhaken auf, besteht mehrfache Häutungen und wird vor der Verjiuppung mit den Excrementen entleert. G. pecorum Fabr., G. nasalis L. 6. Fam. Syrphidae, Schwebfliiegen. Lebhaft gefärbte, meist mit hellen Binden und Flecken versehene dickleibige Fliegen mit fleischigem f]nde des Rüssels und drei oder vier Kieferborsten. Taster eingliedrig. Endglied der Fühler einfach und zusammengedrückt, meist mit Rückenborste. Drei Punctaugen. Abdomen 5gliedrig. Die Larven leben im morschen Holz oder auf Blättern von Blattläusen oder in schlammigem mit faulenden Stoifen erfülltem Wasser und hatten im letztern Falle eine lange Athemröhre {Eristalis). Die ausgel)ildeten Thiere ernähren sich von Pollen und Honig. Syrphus Latr. Kopf halbkuglig. Endglied der Fühler eiförmig mit kurzer feinhaariger Borste. Abdomen flachgedrückt. Beine zart. Die Larven leben von Blattläusen. S. pirastri L. , Schwebfliege. S. ribcsii L. , -S'. balteatas Dog. Volucella Latr. Endglied der Fühler gestreckt eiförmig mit langgefiederter Borste. Hinterleib breit, stumpf herzförmig, gewölbt. V. bombylaiis L. = plii- mata Deg., Federfliege. Larve in Humnielnestern. V. pcllncens L. Bhingia Scop. Das rundhche Endglied des Fühlers mit nackter Borste. Untergesicht in einen kegelförmigen Schnabel ausgezogen. Rüssel sehr lang. Rh. rostrata L. Eristalis Meig. Endglied des kurzen nickenden Fühlers fast kreisrund mit nackter oder behaarter Borste. Untergesicht höckrig, behaart. Abdomen kegel- 1) S. H. Scheiber,'VergL Anatomie und Phys. der Oestridenlarven. Sitzungs- bericht der Wien. Acad. 1860 und 1861. F. Brauer, Monographie der Oestriden, Wien 1863. 678 Platypezidae. Dolichopodidae. Empidae. Asilidae. förmig oder eirund. Larven mit Athemröhre in Kloaken und stehendem Wasser. E. tenax L., E. aeneiif< Fabr. 7. Farn. Vlatypezidae , Pilzfliegen. Mit kurzen Sgliedrigen Fühlern, deren Endglied eine kahle Endborste trägt. Beine kurz. Tarsen der Hinterfüsse meist stark verdickt. Flügel mit ti Längsadern. Abdoiuen Ögliedrig. Die Larven leben in Schwämmen. PlaUjpeza Meig. Körper kurz und gedrungen. Fünfte Längsader des Flügels am Ende winklig gebrochen. PI. holetinaYäW. Callomi/ia '^leig. Körper schlank. Erstes Tarsenglied der Hinterfüsse verlängert. Fünfte Flügelader verläuft gerade. C. elegans Fabr. 2. Gruppe. Tauystumata. Rüssel meist lang mit stiletförmigen Kiefern zum Raube. Larven mit Kieferkapsel und hakigen Kiefern. a. Orthocera. Larven mit Kieferkapsel, stets amphipneustisch. Puppe meist frei. 1. Farn. Dolichopodidae. Rüssel kurz und fleischig, zurückziehbar, ohne freie Maxillen, mit eingliedrigem Taster. Fühler kurz, mit End- oder Rücken- borste. 3 Ocellen vorhanden. Abdomen 6gliedrig, schlank. Beine lang und dünn. Flügel aufliegend mit nur 5 einfachen Längsadern. Die Larven leben in der Erde oder in faulem Holz. Dolichopus Latr. Fühler mit ungegliederter feinhaariger Rückenborste. Vierte Längsader des Flügels geknickt. Schienen lang bestachelt. Genitalring des Männchens unter den Leib gebogen mit 2 bewimperten Lamellen. D. pen- nattis Meig., D. nohiUtatus L. MedetcruH Meig. (Rückenborste 2gliedrig). Porpliyrops Meig. Fühler mit geknieter Endborste. Vierte Längsader des Flügels geschwungen. Genitalring des Männchens mit 2 Fäden. /'. diaphanus Fabr. Raphium Meig. 2. Fam. Empidae, Tanzfliegen. Kopf klein kuglig, mit Ocellen. Die 2 oder Sgliedrigen Fühler mit Endborste oder Endgriftel. Rüssel sehr lang und hornig, senkrecht nach unten vorstehend, zum Saugen dienend, aber auch mit Stechborsten. Beine kräftig, Tarsen mit 2 Pulvillen. Flügel parallel aufliegend, Abdomen Sgliedrig. Nähren sich vom Raube, theilweise auch von Blüthensäften. Die Larven leben in der Erde. Hilaia Meig. Drittes Fühlerglied pfricmenförmig mit 2gliedrigem EndgrifFel. Rüssel kürzer als der Kopf. H. ylobulipcs Meig. Empi.s L. Drittes Fühlerglied kegelförmig, mit 2gliedriger Endljorste. Rüssel dünn, fast von halber Körperlänge, nach unten gerichtet. E. tesselata Fabr., Bracliystoma Meig. Tachijdromia Meig. [Tachijäiomidac). Körper klein, Fühler 2gliedrig in Folge der Verwachsung der beiden Grundglieder, mit Endborste. Schenkel der Mittel- beine stark verdickt und gezähnelt. Rüssel kurz. Heniciodiomia Meig. Vorderbeine mit verlängerten Hüften, zu Raubbeinen umgestaltet. H. mantispa Fabr., Tanzfliege. Hyhos Meig. {Hyhotidac). Fühler kurz, die Grundglieder schwer zu unter- scheiden. Endglied eiförmig, mit dünner Endborste. Rüssel wagerecht vorgestreckt. Ocellen gross auf einem Höcker. Brust l)uckelförmig aufgetrieben. Schenkel der Hinterbeine verdickt. II. muscariu^ Fabr., Buckelfliege. 3. Fam. Asilidae, Raul (fliegen. Körper kräftig und langgestreckt, mit wal- zigem Sgliedrigen Hinterleib. Augen gross, seitlich vorstehend. Fühler Sgliedrig, Bombyliidae. Henopiidae Therevidae. 679 mit Endborste oder gegliedertem Grittel. Untergesicht mit borstigem Kjiebelbart. Rüssel kurz, wagerecht vorgestreckt mit horniger Unterlippe, messertormigen Maxillen und starkem unpaaren Stechorgan. Taster 2gliedrig. Tarsen meist mit 2 Pulvillen. Leben vom Raul)e anderer Insecten. Die Larven leben in Wurzeln und Holz. 1. Öubf. Dasi/pnonnhine. Die dritte Lan-jjsader des Flügels mündet in den Aussenrand. Leptogasfer Meig. Ohne Pulvillen, anstatt derselben eine feine Borste zwischen den Klauen. Abdomen sehr lang, linear. Hinterbein mit verdicktem Endtheil des Schenkels und der Schiene. L. cylindricu!^ Deg- Basypogon Meig. Endglied des Fühlers lang und dünn, mit gegliedertem Endgriffel. Schienen der Vorderbeine oft mit starkem hornigen Endhaken. D. teutonus L., D. brevirostris Fall. Dioctria Meig. Drittes Glied der Fühler mit 2gliedrigem Endgrittel. Hinter- beine unten bewimpert. J). nelandica L. , D. rufipes Deg. 2. Subf. Axilinac. Die dritte Längsader mündet in die zweite ein. Asilus L. Endglied des Fühlers mit nacktem borstenartigen EndgrifFel. Schienen stachlig. A. germanicus L. , A. crabroniformis L. Laphria Meig. Drittes Fühlerglied keulenförmig , ohne Endgriffel. Beine stark, Hinterschienen gebogen. L. gibhosa Fabr., L. flava Fabr. JÜasyllis Loew_ Mydas Fabr. IJolichogaster Macq. u. z. a. (j. 4. Fam. Bombyliidae, Huminelfliegen. Körper gedrungen, dicht behaart. Rüssel lang, hornig, nach vorn gerichtet, mit borstenförmigen Maxillen. Fühler nach auswärts abstehend, Endglied mit oder ohne Griffel. 8 Ocellen. Vierte Längsader des Flügels gegabelt. Abdomen meist Tgliedrig. Flügel auseinander gesperrt. Saugen freischwebend Blüthensäfte. Die Larven leben theil weise (Anthrax) in den Nestern von Bienen. Antlirax Scop. Rüssel nur wenig vorgestreckt oder zurückgezogen. Fühler kurz, am Grunde abstehend. Augen in beiden Geschlechtern schmal. Flügel gescheckt. A. morio Fabr. [sinuatua Fall.). Larve leljt in den Nestern von Mega- chile muraria und Oamia tricornis. A. scmiatra Panz. Lomalia Meig. Anisota- mia Macq. Nemestrina Latr. Bombylius L. Kör^ter hummelähnlich, dicht behaart. Kopf klein mit zu- sammenstossenden Augen im männlichen Geschlecht. Rüssel viel länger als der Kopf, fadenförmig. Fühler an der Basis dicht genähert. B. major L., B. medim L. 5. Fam, Henopiidac (Acroccridac). Der kleine abwärts gerückte Kopf ganz von den Augen bedeckt, mit Ocellen und ganz kleinen Fühlern. Hinterleib hoch aufgetrieben, 5- bis 6glipdrig. Rüssel lang und unter den Thorax geschlagen, oder ganz rudimentär. Halteren von grossen glockenförmigen Schuppen verdeckt. Larven im Hinterleib von Spinnen (Ciubioita, Cteniza). Hcnops Meig. [Oiicudcs Latr.). Fühler kurz 2gliedrig. dicht ülier dem Munde entspringend. 2 Ocellen. Rüssel ganz und gar verkümmert. H. gibboaas L., Mundhornfliege. Acrocera Meig. Fühler kurz 2gliedrig, aut dem Scheitel entspringend, o Ocellen. Rüssel rudimentär. A. orbiculiiH Fabr. Lasia Wied. Fühler 8gliedrig mit langem cylindrischen Endgliede. Der fadenförmige Rüssel länger als der Körper. L. flavitarsis Wied. (j. Fam. Therecidae [Xylutomae), Stiletfliegeu. Rüssel mit fleischigen End- lippen, kurz und wenig vortretend, mit zarten Stechborsten. 3 Ocellen vorhanden. Die kurzen vorgesstreckten und ogliedrigen Fühler mit Endgriffel. Beine schwach. 680 Tabanidae. Leptidae. Xylophagidae. Stratiorayidae. Vierte Längsader des Flügels gegabelt. Abdomen 7— Sgliedrig. Die dünnen langen Larven leben in der Erde. Puppen mit Dornfortsätzen. Tliereva Latr. Körper schlank, mit Haaren besetzt. Zweites Pühlerglied sehr kurz, drittes kegelförmig mit 2gliedrigem Grriffel. Th. amiulata Fabr. Th. pleheja L. , Th. nohilitata L. Hier schliesst sich die zu einer besondern Familie gestellte Gattung Scenopiniis Meig an. Fühler ohne Borste. Maxillen verkümmert. Sc. fenestralis L. b. Cyclocera. Larven mit vollkommen diiferenzirtem Kopf. Puppe frei oder in der Larvenhaut. 1. Farn. Tabanidae, Bremsen. Körper breit und etwas niedergedrückt, mit grossem breiten Kopf und flachem Sgliedrigen Abdomen. Augen des Männchens zusammenstossend. Endglied der Fühler gegliedert, ohne Borste und Grittel. Rüssel kurz wagerecht vorstehend mit 6, beziehungsweise 4 (Männchen) Stiletten und 2gliedrigem Taster. Beim Männchen fehlen die messerförmigen Mandibeln. Die Tarsen der schwachen Beine mit 3 Pulvillen. Die walzigen Larven leben in der Erde. Die Bremsen stechen empfindlich und saugen Blut. Chnj.sops Meig. Die beiden ersten Fühlerglieder gleich lang. Endglied an der Spitze 4gliedrig. o Ocellen vorhanden. Flügel dunkelgebändert. Schienen der Hinterbeine gespornt. Ch. coecutiens L. Tahanus L. Erstes Fühlerglied kurz, Endglied an der Spitze ögliedrig. Ocellen fehlen. Taster des Männchens mit kugligem , des Weibchens mit zuge- spitztem Endgliede. Schienen der Hinterbeine unbewaffnet. T. bovinus L., Rinder- bremse. T. tarandinus L., T. autumnalis L. Haematopotn Meig. Erstes Fühlerglied des Männchens verdickt, des Weib- chens lang und dünn, Endglied an der Spitze nur Sgliedrig. Ocellen fehlen. Schienen der Hinterbeine unbewaffnet. H. pluvialis L. , Regenbremse. 2. Fam. Leptidae, Schnepfenfliegen. Rüssel kurz, vorstehend, mit fleischigen Endlippen und freien Stechborsten. Taster 2gliedrig. Letztes Fühlerglied kurz, mit einer Borste. Tarsen mit 3 Pulvillen. Abdomen Sgliedrig. Flügel abstehend. Die Larven mit 2 kurzen Afterröhren leben in der Erde. Leptis Fabr. Endglied der Fühler zugespitzt mit langer feiner Borste. Taster haarig, linear, dem Rüssel aufliegend. Beine ziemlich lang. L. scolopacea L., Schnepfenfliege. L. vermileo L. , Südeuropa. Die Larve gräbt im Sande Trichter und fängt in denselben wie der Ameisenlöwe Insecten. 3. Fam. Xißophafjidae, Holzfliegen. Drittes Fühlerglied verlängert und secundär in 8 Glieder getheilt. Abdomen ans 7 bis 8 Gliedern gebildet. Xylophagus Meig. Schildchen unbewaft'net. Taster lang, 2gliedrig, aufge- richtet. Abdomen schmal. X macidatus Fabr., Larve im Buchenholz. X. ater Fabr. Beris Latr. Schildchen am Rande mit 4 bis 8 Stacheln. B. dacipes L. Aeanthomera Wied. Chirotmjza Wied. u. a. G. 4. Fam. Stratiomyidae, Watt'cnfliegen. Endglied der Fühler langgestreckt und secundär in höchstens 5 Glieder getheilt, oft mit Endborsle oder Endgriffel. Taster 2- bis 3gliedrig. Rüssel mit flieischig angeschwollener Endlippe, zurück- ziehbar. Scutellum meist mit Dornen bewaffnet. Abdomen meist flach, 5gliedrig. Larven mit deutlichem Kopf, im Wasser oder im morschen Holze. Stratiomys Geoflr. Kopf gross mit zusauimenstossenden Augen beim Männchen. Drittes Fühlerglied verlängert, 5gliedrig. Flüg..'l mit 4 Hinterrandsadern. St. chamaeleon L., St. Odontomyia M. (Erstes Fühlerglied sehr kurz) hydroleon L. Oxycera Meig. Endglied des Fühlers 4gliedrig mit 2gliedrigem Endgritfel. 3. Unterordnung: Nemocera. 681 Hinterleib kreisrund. 0. leonina Panz., Dornfliege. Nemotelus Meig. Schildchen ohne Dornen. N. panthermiis L. Sargus Fabr. Schildchen unbewaffnet. Drittes Fühlerglied rund , Sgliedrig, mit Endborste. Abdomen schmal. S. cuprarius L., S. [Ghrysomyia Macq.) for- mosus Schrk. Pachygaster Meig. ( Vappo Latr.). Schildchen unbewaffnet. Drittes Fühler- glied kuglig, 4gliedrig. Hinterleib kuglig. Flügel mit 3 Hinterrandsadern. P. ater Panz. 3. Unterordnung: Nemocera (Tipulariae) Lang-hörner. Zart und schlank gebaute, langgestreckte Formen mit vielgliedrigen meist schnurförmigen, im männlichen Geschlechte zuweilen buschigen Fühlern, langen dünnen Beinen und grossen, theils nackten, tiieils be- haarten Flügeln. Taster meist von betrcächtlicher Länge, 4— ogliedrig. Rüssel kurz und fleischig, selten fadenförmig, oft mit Stechborsten bewaffnet. Halteren frei, niemals von Schuppen bedeckt. Hinterleib 7- bis 9gliedrig. Die Larven meist mit vollkommen differencirtem Kopfe ^E acephala) , seltener mit einziehbarer Kieferkapsel (Tipulidcu, Cectdo- Diyieii), leben im Wasser, in der Erde und auch in vegetabilischen Stoffen (Gallen, Pilzen) und besitzen theilweise eine Athemröhre. Nach Abstreifung der Larvenhaut bilden sich die eucephalen Larven in eine ruhende oder auch freibewegliche Puppe um, letztere dann mit Kiemen- tracheen im Nacken und am Schwanz. Das ausgeschlüpfte Jnsect schwimmt bis zur Erhärtung der Flügel auf der geborstenen leeren Puppenhülle wie auf einem Kahn herum. Die Weibchen mancher Arten (Stechmücken) saugen Blut und werden, wo sie in grossen Schaaren vorkommen, in bestimmten Distrikten zu einer wahren Plage. 1. Fam. Bibionidae (Musciformes). Körper fliegenähnlich. Fühler 6- bis llgliedrig. Hinterleib Tgliedrig. Kopf meist mit 3 gleichgrossen Ocellen. Bibio Geoftr. Fühler kurz und dick, Ogliedrig. Taster ogliedrig. Augen des Mannchens über den ganzen Kopf ausgedehnt, des Weibchens klein. 3 Ocellen. Schienen der Vorderbeine mit einem dicken Enddorn. Färbung der Geschlechter oft auffallend verschieden. Die Larven leljen im Dünger und in der Erde , sind peripneustisch, borstig, ohne Fuss am 2. Ring, Nymphe ruhend. B. marci L. B. hor- tulanus L. Männchen schwarz, Weibchen ziegelroth mit schwarzem Ko])f. Vilophus Meig. Fühler llgliedrig. Aspistes Meig. (Fühler Sgliedrig). Chionca Dalni. Flügellos , jedoch mit Halteren. Beine lang , dicht behaart. Taster 4gliedrig. Fühler mit 8 Hauptgliedern und 7gliedrigem Fühlergritfel. Gh. arancon'ules L. Läuft im Winter auf dem Schnee umher. Simulia Meig. Fühler kurz llgliedrig. Taster 4gliedrig mit langem Endgliede. Ueellen fehlen. Oberlippe und Epipharynx stiletförmig. Weibchen blutsaugend. Larven dick, zweiter Ring mit Fussstummel. S. reptans L., S. cohimbacschensis Fabr., Kolumhaczer Mücke, überfällt in Ungarn schaarenweise die Viehheerden. S. ornata Meig., S. pertinax KolL, Mosquitos, in Südamerika. 2. Fam. Fungicolae, Pilzmücken. Fühler fadenförmig, IGgliedrig. Ocellen ungleich gross. Taster meist 4gliedrig. Rückenschild ohne Quernaht. Schienen 682 Noctuiformes. Culiciformes. Culicidae. Gallicolae. mit 2 Enddornen. Hinterleib 7gliedrig. Puppen ruhend. Die Larven, ohne Fusssturamel am zweiten Ring, leben in Pilzen. Sciara Meig. {Molohrus Latr.), Trauernlücke. Die dünnen fein behaarten Fühler kürzer als der Leib. 'J'aster :Jgliedrig. 3 Ocellen. Die Längsader des Flügels gegabelt. »S'c. Thomae L. Die Larven unternehmen vor dem Verpuppen in ungeheurer Zahl, zu einem schlangenförraig sich fortwälzenden als »Heerwurm* bekannten Bande zusammengedrängt, Wanderungen am Erdboden. Sc.flavipes Meig. Mycetophila Meig., Pilzmücke. Mit nur 2 Ocellen und bestachelten Schienen der Hinterbeine. M. lunata Fabr., M. fusca Meig. Sciophüa Meig., Schattenmücke. Mit 3 Ocellen und fein bestachelten Schienen. Sc. maculata Fabr. Macrocera Meig. , Langhornmücke. Fühler länger als der Leib , borsten- förmig, mit feinem Ende. Mit 3 Ocellen. 31. fasciata Meig., Mycetobia Meig., Bolitophila Meig u. a. G. 3. Fam. Noctuiformes, Eulenartige Mücken. Körper dicht behaart, von der Gestalt kleiner Noctuiden , mit 14 — 16gliedi-igen Fühlern und 4gliedrigen Tastern. Flügel mit zahlreichen Längsadern , ohne Queradern , dicht behaart mit lang befranztem Saum, Larven amphipneustisch, am Hinterende mit kurzer Atheni- röhre, in faulen Pflanzenstoffen. Psychoda Latr., Fs. phälaenoides L., Ps. ocellaris Latr. Hier schhesst sich an: Ptychoptera Meig. , Faltenmücke. Fühler 16gliedrig, beim Männchen doppelt so lang als beim Weibchen. Flügel am Hinterrande um- geschlagen. Endglied der Tarsen länger als die vorhergehenden. Pt. contaminaia L. 4. Fam. Culiciformes. Kopf nicht schnauzenförmig verlängert. Fühler des Männchens fcderbuschähnlich behaart. Rüssel kurz und fleischig , meist mit 4g1iedrigem Taster. Maxillen meist mit der Unterlippe und auch der Oberlippe verwachsen. Die Larven leben im Wasser, in morschem Holz oder in der Erde. Ceratopogon Meig. , Bartmücke. Fühler 13gliedrig, die 8 ersten Glieder beim Männchen mit langen Haaren besetzt, die 5 letzten Glieder verlängert. Taster 4gliedrig. Oberlippe und Maxillen frei. C. puUcaris L. Ta)iypus Meig. Fühler 14gliedrig, mit verdicktem runden Endgliede. Das vorletzte Glied beim Männchen sehr lang. 7'. varius Faljr., T. moiülis L. Cluronomus Meig., Federmückc. Fühler des Männchens ISgliedrig, des Weit)chens Ögliedrig. Taster 4gliedrig. Larven mit Athemröhre am Aftersegment. Ch. plumosus L. Corethra Meig. Fühler Ugliedrig. Flügel mit vielen theil weise gegabelten Längsadern fast wie bei Culex. Larve mit 4 Tracheenblasen und einem Borsten- kranz am Attersegment, im Wasser. C. plumicornis Fabr. 5. Fam. Cnlicidac, Stechmücken. Rüssel langhörnig, vorgestreckt mit 4 Stechborsten und ogliedrigcn Tastern. Fühler Ugliedrig, beim Männchen fcder- buschähnlich behaart. Flügel mit vielen Läiigsadern, von denen 2 bis 3 gegaljelt sind. Die Weibchen stechen. Larven im Wasser mit Athemröhre und Anhängen am Hinterleibsende. Culex L. Taster des Männchens Inischig und länger als der Rüssel. C. pipicns L., Singmücke. C. aujuilatus Fabr. Anopheles Meig. A. macalipennis Meig. Aedes Meig. 6. Fam. Gallicolae, Gallmücken. Fühler iierlschnurförmig , quirlförmig be- haart. Kopf nicht schnauzenförmig verlängcirt, Flügel breit und behaart, mit 2 bis 3 Längsadern. Die Larven mit einziehVjarer Mundkapsel und Kieferrudimenten leben in Pflanzen und Gallen. Cecidomyia Meig. Flügel meist mit 3 Längsadern. Ocellen fehlen. Taster 4. Unterordnung: Aphaniptera. 683' 4gliedrig. Schienen ohne Spore. C. destnictor Say., Hessenfliege. Seit 1778 in den vereinigten Staaten als Weizenverwüster berüchtigt (eingeschleppt (?) im Stroh von den hessischen Soldaten). C. tritici Kirb., im Weizen. C. secalina Loew. C. Salicis Schrk. u. z. A. Die viviparen Larven gehören der Gattung Miastor an, 7. Fam. Limnobidae, Schnaken. Kopf schnauzenföruiig verlängert, mit fadenförmigen Fühlern. Taster 4gliedrig, eingekrümmt. Beine lang und dünn. Abdomen Sgliedrig. Die Larven mit grösserer, aus lose verbundenen Platten zu- sammengesetzter Kieferkapsel, meist mit Haftfuss. Tipida L. i ühler 1 Sgliedrig. Letztes Tasterglied viel länger als die vorher- gehenden. Ocellen fehlen. Larven in der Erde oder in faulem Holze. T. girjantca Schrk. , T. oleracea L. , Kohlschnake , T. pratensis L. , T. hortulana Meig. Trichocera Meig. Die Endglieder des Fühlers bilden eine Borste. Tr. hiemalis Deg., Winterschnake. Limnohia Meig. Fühler 15— 17gliedrig. Die 4 Tasterglieder gleich lang. L. punctata L., L. mibecnlosa Meig. Ctenophora Meig., Kammmücke. Fühler logliedrig, beim Männchen vom 4ten Gliede an gekämmt. Letztes Tasterglied sehr lang. Ct. atrata L. 4. Unterordnung : Aphaniptera ' ) , Flöhe. Mit seitlich coniprimirtciii Körper und deutlich getrennten Thoracal- ringen. Flügel fehlen, dagegen finden sich 2 seitliche plattentörniige An- hänge an Mesü- und Metathorax. Fühler sehr kurz, in einer Grube hinter den einfachen Punktaugen entspringend. Die Larven mit geson- dertem Kopf und Kiefern. 1. Fam. Pulicidae. Oberlippe fehlt. Mandibeln zu sägeartig gezähnten Stechborsten umgebildet, mit der feinen unpaaren Stechborste in der Rüsselscheide liegend. Diese wird aus der gespaltenen, tastenirtig gegliederten, Sgliedrigen Unterlippe gebildet. Die Maxillen sind breite freiliegende Phitten mit 4gliedrigem T, Schmetterlinge. Insecten mit süwjenden, su einem spiraligcn Pdlssel umgeformten Mundivcrlczeufjen, mit 4 yleichurtiyen, meist vollständig heschuppten Flügeln, mit vcncachsenem. Prothora.x nnd volljcommener Metamorphose. Der frei eingclonkte, dicht lieliaarte Kopf trägt grosse halbkuglige Facettenaugen und zuweilen zwei Punktaugen. Die Antennen zeichnen sich in der Regel durch eine ansehnliche Grösse aus und sind stets un- gebrochen, vielgliedrig, in ihrer Form aber mehrfach verschieden. Am hcäufigsten erscheinen sie borsten- oder fadenförmig, auch wohl keulen- förmig, und nicht minder selten gesägt oder gekämmt. Die Mundtheile sind ausschliesslich zum Aufsaugen einen- flüssigen Nahrung, besonders süsser Honigsäfto eingerichtet, zuweilen aber sehr verkürzt und kaum zum Gebrauche befähigt. Während Oberlippe und Mandibeln zu kleinen Eudimenten verkünnnerii, verlängern sich die Unterkiefer in Gestalt von dicht gegliederten Halbrinnen und legen sich zu dem spiralig aufgerollten Füissel {Rollzunge) zusammen, welcher mit den feinen Dörnchen seiner Oberfläche zum Aufritzen der Nectarien und mit seiner Höhlung zum Aussaugen der Honigsäfte verwendet wird. Während die Kiefertaster in der Regel rudimentär (mit Ausnahme der Tineiden) oder als zwei- gliedrige Stummel versteckt bleiben, höhlen sich die gestreckten Laden- theile an ihrer Innenseite rinnenförmig aus und bilden durch festes Aneinanderlegen einen Canal, in welchem der Blüthensaft unter dem Einfluss pumpender Bewegungen der Si)eiseröhre nach der Mundöfl'nung 1) Ausser den Werken von J. C. Sepp, P. Gramer und Jablonsky vergl.: E. ,J. C. Esper, Die europäischen Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur, mit Beschreibungen. 7 Bde. Erlangen. 1777—1805. M. B. Bork*- hausen, Naturgeschichte der europäischen Schmetterlinge nach systematischer Ordnung. 5 Theile. Frankfurt a. M. 1788—1794. F. Ochsenheimer und F. Treiischke, Die Schmetterlinge von Europa. 10 Bde. Leipzig. 1807—18:35. J. Hübner, Sauunlung Europäischer Schmetterlinge, nebst Fortsetzung von 0. Geyer. Augsburg. 1805—1841. J. Hübner, Sammlung exotischer Schmetter- linge. 3 Bde. Augsburg. 1816—1841. W. Herrich-Schäffer, Systematische Beschreibung der Schmetterlinge von Eurojia. 5 Bde. Regensburg. 1843— 1855. Derselbe, Lepidopterorum exoticorum species novae aut minus cognitae. Regens- burg. 1850 — 1865. Ad. und Aug. Speyer, Die geographische Verbreitung der Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz. Leipzig. 1858—1862. G. Koch, Die Indo-Germanische Lepidopterenlauna im Zusammenhange mit der Europäischen. Leipzig. 1865. 0. Staudinger und M. Wocke, Catalog der Europäischen Schmetterlinge. Dresden. 1871. A. Kowalewsky, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren. St. Petersbourg. 1871. A. Weismann, Ueber den Saison - Dimorphismus der Schmetterlinge. Leipzig. 1875. Vergl. ausserdem die Werke von Herold, C. F. Freyer, Haworth, W. Helwitson, Boisduval, Godart et Du- ponchel, Frey u. a. Flügel uuil Beine. Nervensystem. 685 aufsteigt. In der Ruhe liegt dieser Rüssel unterhalb der Mundöffnung zusanniiengeiüllt, seitlich von den grossen dreigliedrigen dichtbehaarten, oft buschigen Lippentastern begrenzt, welche an einer rudimentären, als dreieckiges Plättchen sich darstellenden Unterlippe aufsitzen. Die drei Ringe der Brust sind innig mit einander verschmolzen und uie fast alle äussern Körpertheile auf ihrer OberÜäche dicht behaart. Die meist umfangreichen, nur selten ganz rudimentären (Spannerwoibchen) Flügel , von denen die vordem an Umfang hervorragen , zeichnen sich durch theilweise oder vollständige Ueberkleidung von schuppenartigen Ilaaren aus, welche dachziegelförmig über einander liegen und die äusserst mannichfache Zeichnung, Färbung und Irisirung des Flügels bedingen. Es sind kleine meist fein gerippte und gezähnelte ßlättchen, welche mit stilförmiger Wurzel in Poren der Flügelhaut stecken und als Cuticulargebilde, verbreiterten Haaren vergleichbar, während der Puppenperiode ihre Entstehung nehmen. Die Aderung der Flügel ist systematisch von Bedeutung geworden und lässt sich auf eine grosse von der Wurzel entspringende Mittelzelle zurückführen, aus welcher G-8 radiäre Adern nach dem seitlichen äussern Rande hinziehen, während ober- und unterhalb der Mittelzelle einzelne selbstständige Längsadern dem obern und untern befranzten Rande parallel verlaufen. Beide Flügelpaare sind häuhg durch Retinacula mit einander verbunden, indem vom obei-n Rande der Hinterflügel Dornen oder Borsten in ein Bändchen der Vorderflügel eingreifen. Die Beine sind zart und schwach, ihre Schienen sind mit ansehnlichen Sporen bewaflnet, ihre Tarsen all- gemein 5gliedrig. Der 0— Tgliedrige Hinterleib ist ebenfalls dicht beliaart und endet nicht selten mit einem stark vortretenden Haarbüschel. Am Nervensystem ist das Gehirn zweilappig, mit starken Sehlappen und besondern Anschwellungen für den Ursprung der Antennennerven. Die Baucliganglienkette reducirt sich auf zwei Brustknoten (von denen jedoch der grössere zweite eine Einschnürung zeigt) und auf 5 Knoten des Hinterleibes. Im Lai'venzustande existiren dagegen 11 Ganglien- paare des Bauchmarks. Der Nahrungscanal besitzt eine lange mit einer gestilten Saugblase {Saugmagen) verbundene Speiseröhre und meist G mehrfach gewundene Malpighische Gefässe, von denen je drei mit einem gemeinsamen Ausfuhrungsgange einmünden. Die Ovarien bestehen jeder- seits aus vier sehr langen vielkammerigen Eiröhren, welche eine sehr grosse Zahl von Eiern bergen und hierdurch ein perlschnurartiges Aus- sehen erhalten. Der Ausführungsapparat besitzt stets ein langgestiltes Receptaculum seminis mit Anhangsdrüse und eine grosse birnförmige Begattungstasche, welche unterhalb der Genitalöflnung nach aussen mündet. Die beiden langen Hodencanäle werden zu einem unpaaren meist lebhaft gefärbten Körper verpackt, aus dem die beiden vielfach geschlängelten Vasa deferentia entspringen, welche vor ihrer Vereinigung 686 Schmetterlinge. Geschlechtsorgane. Entwicklung. zum Ductus ejaculatorius zwei accessorische Drüsenschläuclie aufnehmen. Nicht selten entfernen sich beide Geschlechter durch Grösse, Färbung und Flügelbildung in auffallendem Dimorphismus. Die Männchen sind oft mit lebhafteren und prachtvollem Farben geschmückt (Schillerfalter, Aurorafalter), die ihnen möglicherweise als Reizmittel bei der Bewerbung um die Begattung dienen; einige sollen unter einander um den Besitz des Weibchens kämpfen. Merkwürdigerweise kommt auch in dem weiblichen Geschlechte bei mehreren Schmetterlingen ein Dimorphismus oder gar Polymorphismus vor. So bieten die Malayischen Papilioniden Beispiele des Auftretens von 2 oder '6 verschieden gestalteten Weibchen, welche als Varietäten oder gar als Arten unterschieden worden sind. (P. Meniiion. Weibchen mit spateiförmigem Schwanz der Hinterflügel und Weibchen ohne denselben mit blasserer Färbung, dem Männchen ähnlicher. P. Pamnon mit 3 weiblichen Formen, Wallace. Von nord- amerikanischen Papilioniden soll P. Glaucus eine zweite weibliche Form von P. Turnus sein). Die Parthenogenese findet ausnahmsweise bei Spinnern {Bombyx mori) , bei vielen Sackträgern (Psyche und einigen Motten, Solenobia) statt. Die Fmbryologie der Schmetterlinge ist bis- lang noch ziemlich unbekannt. Nach Kowalewsky's Beobachtungen bildet der Keimstreifen noch vor der Bildung der Embryonalhäut(! vom Kopfende aus eine Rinne, d. h. eine in dem Dotter eindringende Falte, von der aus das zweite Keind)latt wie auch bei den Küfern, Hynieno2>tcren und andern Insecten seinen Ui'sprung nehmen soll. • Noch bevor die Rinne geschlossen ist, zerfällt der Dotter in secundäre Ballen, mit s Wirbelthierembryos aufgedeckt wurde. Nachdem sich das Blastoderm als einschichtige Zellumhüllung des Dotters angelegt, an der Rückenseite verdünnt, an der spätem Bauchseite verdickt hat, entsteht am hintern Ende der letztern ein aus 2 fast parallelen eine Rinne umgebenden Verdickungen gebildeter Schild, dessen Ränder auf das Hinterende übergreifend am hintern Eipole eine centrale Vertiefung umgrenzen. Durch Aneinanderlegen der Ränder schliesst sich die Rinne zunächst in der Mitte und am hintern Ende, wo sich eine Falte, Schwanzfalte, zu erheben beginnt. Nur am Vorder- ende bleibt die so gebildete Röhre durch einen Spalt geöffnet, nach hinten setzt sich dieselbe fort und gelangt unter den Anfang der Schwanz- falte, welche zugleich mit den seitlichen Verdickungen des Blastoderms Duplicaturen darstellt, durch deren weiteres Wachsthum auf der Bauchseite des pjiibryo's die beiden Blätter der Embryonalhülle, seröse Hülle (Amnion) und Amnion (Deckblatt), gebildet werden. Wenn sich die Kopfanlagen des Embryo's bilden, dessen Hinterende nach der Rückenseite nach Art eines innern Keimstreifens in den Dotter ein- wächst, beginnen sich die Zellen der vorn geöffneten Röhre nach voll- ständigem Schwunde des Lumens an der Innenseite der äussern Zellen- wandung als inneres Blatt auszubreiten. Die Segmentirung des Embryos und die Anlage der sog. Kopflappen tritt deutlich hervor, wenn die Embryonalhullen einen schon bedeutenden Theil des End)ryos bedecken. Im Ganzen gelangen 18 Segmente zur Sonderung, von welchen die 4 vordem dem Kopfe, die 3 folgenden dem Thorax angehören und ausser diesen auch noch das erste Bauchsegment eine bald wieder verschwin- dende Extremitätenanlage erhält. Wenn sich dann aus den Keimblättern die Organe anlegen und die Extremitätensprossung beginnt, erfährt der Keimstreifen eine so bedeutende Zusammenziehung, dass Kopf und Schwanzende von den Ei- polen ab auf die Bauchseile rücken. Das obere Blatt zerfällt in Nerven-, Medullär- (Ganglien) und Seitenplatten und bildet durch Einstülpung die Stigmen und Tracheenstämme, Mund und Speiseröhre, After und Enddarm } ebenso nimmt die gesammte äussere Körperbedeckung aus Gestaltung der Larven. Cryptotetramera. 699 demselben ihren Ursprung. Das untere Blatt liefert aus seinem Zell- material das Neurilem und die Muskulatur des Leibes und zerfällt in seinem untern dem Dotter anliegenden Theil in eine Darmdrüsen- und Darmfaserplatte, von denen die erstere durch Ausstülpung die Mal- pighischen Gefässe liefert. Nachdem die p]mbryonalhülle gerissen ist, erhebt sich vom Hinterende der als Rückenplatte verdickten Rttckenseite eine Falte, welche nach vorn fortwachsend einen Blindsack bildet, welcher sich röhrenartig verengert und vom Integumente gelöst zu der später wieder eine Rückbildung erfahrenden Rückenröhre wird. Der allmählig stark verlängerte Keim liegt mit seinem Hinterende auf der Rücken- seite, bald wird jedoch dieser Abschnitt wie auch bei andern Insecten und besonders bei den Schmetterlingen wiederum bauchwärts umgeschlagen. Unter gleichzeitigen Umgestaltungen der Extremitäten erscheint somit der Larvenkörper zum Ausschlüpfen reif. Die Käferlarven besitzen durchweg beissende Mundwerkzeuge, selten Saugzangen, und nähren sich, in der Regel verborgen und dem Lichte entzogen, unter den verschiedensten Bedingungen, meist in ähnlicher Weise wie die ausgebildeten Insecten. Dieselben sind entweder maden- förmig ohne Füsse, aber mit deutlich ausgebildetem Kopf (Curculioniden) oder besitzen ausser den drei Fusspaaren der Brust auch noch Stummel an den letzten Hinterleibsringen. Anstatt der noch fehlenden Facetten- augen treten Ocellen in verschiedener Zahl und Lage auf. Einige Käferlarven haben wie die Larven von Dipteren und Hymmopteren eine parasitische Lebensweise und nähren sich im Innern der Bienen- wohnungen von Eiern und Honig {Meloe, Sitaris). Die Puppen der Käfer, welche entweder aufgehängt und befestigt sind oder auf der Erde oder in Höhlungen liegen, lassen die Gliedmassen frei hervorstehen. Fossile Coleopteren finden sich schon im Steinkohlengebirge, be- sonders zahlreich aber im Bernstein. Die von Latrcille eingeführte Eintheilung der Käfer nach der Zahl der Tarsenglieder in Pentameren, Tetramere», Trimeren und Heteromeren fühlt keineswegs zur Sonderung natürlicher Abtheilungen und muss der Unterscheidimg natürlicher Familien weichen, für deren Gruppirung freilich wiederum die Zahl der Tarsenglieder, wenn auch nicht durchgreifend, verwendet werden kann. 1. Gruppe. Cryptotetramera^') =^ Fseudotrimera. Die Tarsen setzen sich aus 4 Gliedern zusammen, von denen ein Glied rudimentär bleibt, sie wurden von Latreille für Sgliedrig 1) E. Mulsant, Species des Coleopteres securipalpes. Lyon. 185L A. Gerst- äcker, Monographie der Endomychiden. Entomographieen. Tom. L 1858. 700 Coccincllidae. Eii'lumycbidae Cryptopentamera. Chrysomelidae. 1. Farn. Coccinellidae , Marienwürmchen. Mit kurzem Kopf, an dessen Vorderrande die keulenförmigen, meist llgliedrigen Fühler entspringen. Körper fast halbkuglig gewölbt, meist lebhaft gefärbt, mit 5 Bauchschienen des Hinter- leibes. Thorax furchenlos. Die lebhaft gefärbten Larven besitzen Sgliedrige Fühler und jederseits 3 bis 4 Ocellen, halten sich besonders auf Pflanzen auf vind ernähren sich von Aphiden. Ihre Verpuppung erfolgt im Freien nach vorausgegangener Anheftung des hintern Körperendes. Die Käfer lassen bei der Berührung an den Gelenken der Beine einen gelben Saft austreten. Coccitiella L. Drittes Tarsenglied versteckt. Fühler llgliedrig, mit abge- stutzter Keule. Körper halbkuglig, unbehaart. C. se2)tempunctata L. Chilocorus Leach. Körper stark gewölbt und unbehaart. Fühler Ogliedrig. Ch. bipustulatus L. Epilachna Uedt. Körper halbkuglig, behaart. Fühler llgliedrig. Oberkiefer 3- bis 4zähnig. E. chnjsomelina Fabr. Lithophüus Fröl. Drittes Tarsalglied frei. Körper länglich flach, behaart, mit verwachsenen Etytren und lOgliedrigen Fühlern. L. connatus Panz. Novius Muls., Lasia Muls. u. z. a. G. 2. Farn. Endomychidae , Pilzkäfer. Die gekeulten Fühler entspringen auf der Stirn des schnauzenförraig verlängerten Kopfes. Thorax mit 3 Furchen an der Basis. Die Schienen zeigen oft bedeutende Geschlechtsunterschiede. Hinterleib mit 5, bisweilen 6 freien Bauchschienen. Käfer nnd Larven leben in Pilzen. Endomychus Fanz. Von ovaler Körperform mit llgliedrigen Fühlern. Ober- kiefer mit gespaltener Spitze. E. coccineus L. Lycoperdina Latr. Oberkiefer am Innenrande mit kleinem Zahn. Vorder- schienen des Männchens innen zahnartig erweitert. L. succincta L. Trochoideus Westw. Fühler 4gliedrig, mit grossem keulenförmigen End- gliede. Drittes Tarsalglied frei. Oberkiefer 3spitzig. T. Dalmani Westw., auf Madagascar. Leiestes Redt. , Corylophus Stoph. u. a. G. 2. Gruppe. Cryptopeutamera = Fscudotetramcra. An den fünt- gliedrigen Tarsen ist ein Glied verkümmert und versteckt. 1. Fam. Chrysomelidae'), Blattkäfer. Mit kurzem gedrungenen gewölbten rundlichen Körper, dessen Prothorax den Kopf theilweise umfasst. Fühler meist llgliedrig, faden- oder schnurförmig , mittellang. Oberkiefer in der Regel mit gespaltener Spitze. Hinterleib mit .5 Bauchschienen. Die meist lebhaft gefärbten Käler leben von Blättern und sind in circa 1 0,000 Arten über die ganze Erde ver- breitet. Ihre Larven sind von walziger gedrungener Körperform , ' sehr allgemein mit "Warzen und dornigen Erhebungen besetzt und besitzen stets wohl entwickelte Beine. Sie ernähren sich ebenfalls von Blättern, deren Parenchym einige {Hispa) miniren und haben zum Theil die Eigenthümlichkeit, ihre Excremente zur Verferti- gung von Hüllen und Gehäusen zu benutzen, die sie mit sich umhertragen {Clythra, Cryptoceplmlm). Vor der Verjmppung befestigen sie sich meist mit ihrem Hinterende an Blättern. Cassida L. Fühler mit verdickten Endgliedern. Kopf bis zum Mundrande in die halbkreisförmige Vorderbrust eingezo,:,'en. Körper flach schildförmig. Die 1) Th. Lacordaire, Monographie des Coleopteres subpentameres de la famille des Phytophages. Tom. 1 u. II. Paris, 1845—1848. Cerambycidae. 701 ganz flachen und breiten Larven thürmen die Excremente auf dem Rücken auf. C. equestris Fabr., C. vihex L. Hispa L. Fühler fast fadenförmig, dicht nebeneinander auf der vorragenden Stirn entspringend. Kopf vorragend. Prothorax Ijreiter als lang, seitlich erweitert und ebenso wie die Elytren bestachelt. H. atra L. Haltica 111. Fühler fadenförmig, so lang als der halbe Körper. Hinter- schenkel .stark verdickt, zum Springen geeignet. H. oleracea Fabr., schädlich auf Kohlblättern. Galeruca Geotfr. Fühler fadenförmig, von halber Körperlänge. Prothorax jederseits mit grubenförmiger Vertiefung. Oberseite dicht punktirt. G sagiitariae Gyllenh. Agelastica Redt. Fühler fadenförmig, meist länger als der halbe Leib. Kopf vorgestreckt. Prothorax doppelt so breit als lang, mit leicht ausgebuchtetem Vor- derrand. Fiissklauen in der Mitte oder an der Wurzel zahnförmig erweitert. A. alni L. Lina Redtb. Fühler gegen die Spitze verdickt. Kopf vorragend, mit ovalen Augen. Prothorax mit scharfem Hiuterwinkel, nach vorn verengert. Flügeldecken eiförmig. Fussklauen ungezähnt. L. populi L., L. collaris L. Chrysomela L. Körper länglich eiförmig. Fühler fadenförmig. Kopf bis zu den Augen im Prothorax versteckt. Seitentheile des Prothorax oft wulstig ver- dickt. Füsse mit bürstenartiger Sohle und einfachen Fussklauen. Ch. fastuosa L., Ch. vavlans Fabr., Ch. violacea Fabr. Timarcha Latr. Körper ungeflügelt. T. coriaria Fabr. Fachyhrachys Redt. Ciyptocephalus Geoffr. Fühler fadenförmig. Kopf kurz walzig, nach vorn etwas verschmälert. Kopf vom kuglig gewölbten Thorax eng umschlossen. C. coryli Panz., C. sericeuti L., Proctophysus lohatus Yiihr., Crysochus pretiosiis Fahv., Lam- prosoma Kirb. , Clythra Lcht. Crioceris Geoffr. Fühler fadenförmig, so lang als der halbe Körper. Kopf mit tief gefurchter Stirn. Prothorax viel schmäler als die Flügeldecken. Schildchen dreieckig. Füsse mit 2 vollkommen getrennten Klauen. Cr. merdigera L. , Cr. brunnea Fabr. Bei Lema Fabr. sind die 2 Fussklauen am Grunde verwachsen. L. cyanella L. Donacia Fabr. Fühler fadenförmig. Kopf so breit als der 4eckige Prothorax. Schildchen oeckig. Flügel viel breiter als der Prothorax, mit stumpf vorragenden Schultern. Schenkel der Hinterbeine verlängert und meist auch verdickt. D. crassipes Fabr., D. sagittariae Fabr. 2. Fam. Cerambycidae^), Bockkäfer (Longicornia). Körper langgestreckt, mit vorgezogenem Kopf. Fühler llgliedrig, laug, fadenförmig, gesägt oder ge- kämmt, beim Männchen meist bedeutend verlängert. Schienen mit Enddornen. Viele sind lebhaft gefärbt und halten sich am Tage im Sonnenschein auf Blüthen und Pflanzentheilen auf, die düstern und einfarbigen Arten dagegen verlassen meist erst zur üämmerungszeit ihre Schlupfwinkel. Einige [Lamia) erzeugen durch Reibung des Kopfes und Prothorax ein eigenthümliches Geräusch. Die lang- gestreckten madenförmigen Larven besitzen einen hornigen Kopf, mit kräftigen Mandibeln, aber kleinen Fühlern, entbehren meist der Ocellen und Beine. Sie leben im Holz, bohren Gänge in demselben und richten zuweilen starken Schaden an. 1) E. Mulsant, Histoire naturelle des Coleopteres de France. L Longicornes. Lyon. 1839. J. Thompson, Essai d'une Classification de la famille des Ceram- bycides. Paris. 1860. < 702 Lepturinae. Saperdinae. Cerambycinae. Prioninae. 1 Subf. Lepturinae. Kopf halsartig eingeschnürt. Vorderhüften zapfenförmig. Leptura L. Fühler fadenförmig, beim Männchen fast so lang als der Körper. Prothorax so lang als breit, vorn und hinten stark verengt. Flügeldecken viel breiter als der Prothorax, gegen die Spitze zu verengt. Beine schlank. L. cincta Schönh. Toxotus Serv. Fühler fadenförmig, nicht länger als der Leib. Viertes Glied viel kürzer als die 2 benachbarten Glieder, vor den Augen eingefügt. Prothorax so lang oder länger als breit, mit Mittelrinne, jederseits mit einem meist stumpfen Höcker. Beine schlank, mit wenig verdickten Schenkeln. T. meridianus L., T. maculatus L. Bhagium Fabr. Fühler fadenförmig, halb so lang als der Körper, drittes und viertes Glied ziemlich gleich lang. Prothorax jederseits mit einem spitzen Dorn. Eh. mordax Fabr. Bhamnusiiim Latr., Desmocenis Dej. u. a. G. 2. Subf. Saperdinae. Hüftglieder der Vorderbeine kuglig, in geschlossenen Hüftpfannen, Saperda Fabr. Stirn senkrecht abfallend. Fühler borstenförmig, so lang oder länger als der Körper. Kopf so breit als die Vorderbrust, mit stark ausgerandeten Augen. Prothorax kurz walzig, ohne Seitenhöcker, schmäler als die Flügeldecken. S. populnea L., S carcliarias L. Lamia Fabr. Fühler borstenförmig, nicht länger als der gedrungene Körper. Erstes und drittes Glied gleichlang. Prothorax gewölbt mit kurzen Höckern. L. textor L. Acrocinus longimaitas Fabr., Südamerika. Molorchus Fabr. Stirn stark geneigt. Flügeldecken sehr verkürzt (Molorcliinne). Fühler 11- oder l'2gliedrig, mit sehr kleinem zweiten Gliede, von halber Kürperlänge. Schenkel an der Spitze keulenförmig verdickt. Hinterleib sehr lang. M. major L. 3. Subf. Cerambycinae. Hüften der Vorderbeine kuglig in geöffneten Pfannen. Stirn kurz. Thorax nicht gerandet. Clytus Fabr. Fühler selten länger als der halbe Leib. Prothorax kuglig gewölbt, an den Seiten erweitert, ohne Höcker und Stacheln. Schenkel etwas keulenförmig verdickt, die der Hinterbeine verlängert. 67. urcuatus L., Cl. mytiticus L. Callidium Fabr. Drittes Fühlerglied fast 3 mal so lang als das zweite. Augen stark ausgerandet. Flügeldecken breit und flach. Schenkel keulenförmig verdickt. C. violaceum L. Aromia Serv. Fühler des Männchens länger als der Körper. Prothorax breiter als lang, mit kleinen Erhabenheiten, vorn und hinten gerade abgestutzt. Schildchen spitz 3eckig. Beine lang. A. moschata L., der Moschusbock. Bo.salia aliriiuiL., C'aZ/ic/iroma Latr. mit zahlreichen amerikanischen und afrikanischen Arten. Ceramhyx L. {Hammatichcrus Serv.) Die ersten Fühlerglieder knopfartig verdickt. Kopf weit vorgestreckt, mit stark ausgerandeten Augen, schmäler als der Prothorax, dieser so lang als breit, grob runzlig, mit einem Dorne am Seiten- rande. Schildchen stumpf 3eckig. Q. heros Scop. , C. cerdo Faljr. Trachyderes thoracieus Oliv., Brasilien u. z. a. G. 4. Subf. Prioninae. Hüftglieder der Vorderbeine quorgezogen, in offenen Hüftpfannen. Thorax gerandet. Aeussere Maxillartaster fehlen in der Regel. Priomis Geoffr. Fühler llgliedrig, beim Männchen 12gliedrig, beschuppt. Kopf schmäler als der Prothorax, dieser doppelt so breit als lang , ziemlich flach, mit 3 starken Zähnen am Seitenrand. P. coriarius Fabr. »Spowdj/ZiS Fabr. Fühler schnurförmig, llgliedrig, wenig über den Hinterrand des Prothorax hinausragend. Kopf mit den Augen fast so breit als der glatte Prothorax. Flügeldecken walzenförmig. Sp. huprestoidea Fabr. Parandra Latr., Macrodontia Serv. u. z. a. G. Bostrychidae. Curculionidae. 703 3. Farn. Bostrychidae ' ), Borkenkäfer. Von geringer Grösse und walziger Körperform, meist braun, mit dickem in den Prothorax zurückgezogenen und vorn abgestutzten Kopf, kurzen gekämmten am Ende knopff'örmig verdickten Fühlern und starken vorstehenden Mandibeln. Die Larven sind gedrungen walzig, ohne Beine, mit stellvertretenden behaarten Wülsten, denen der Curculioniden ähnlich. Käfer und Larven bohren Gänge im Holz, von denen sie sich jernähren. Sie leben stets gesellig und gehören zu den gefürchtetsten Verwüstern der Nadelholzwal- dungen. Sehr eigenthümlich ist der für die einzelnen Arten charakteristische und die Lebensweise bezeichnende Frass in der Rinde. Beide Geschlechter begegnen sich in den oberflächlichen Gängen, welche das Weibchen nach der Begattung fortführt und verlängert. Die Eier werden hier in besondern ausgenagten Grüb- chen abgelegt. Die ausschlüpfenden Larven fressen sich dann seitliche Gänge aus, die mit der wachsenden Grösse der Larve und der weitern Entfernung vom Hauptgang breiter werden und der Innenseite der Rinde die charakteristische Sculptur verleihen. Hylurgus Erichs. Fühler mit eiförmigem geringelten Endknopf und Ggliedriger Geissei. Körper von länglich walziger Form. H. ligniperda Fabr., H. piniperda L. HyJastes Erichs. Fühler mit kurz-eiförmigem geringelten Endknopf und Vgliedriger Geissei. Schienen am Aussenrand gezähnt. H. avgustatus Herbst. Hylesinus Fabr. Fühler mit länglich-zugespitztem geringelten Endkiiopfe und Tgliedriger Geissei. Kiefertaster 4gliedrig. Körper walzenförmig gewölbt, mit nicht abgestutztem Bauch. H. fraxini Fabr. JBostrychus Fabr. Fühler mit grossem geringelten Endknopfe und Sgliedriger Geissei. Unterlippe schmal Seckig, mit Sgliedrigem Lippentaster. Flügeldecken an der Spitze meist gezähnt. B. chalcographus L., B. typographus L., unter der Rinde von Fichten. B. stenogrnpkus Duft. u. z. a. A. Scolytus Geoffr. (Eccop- togaster, E. destructor), Piatypus Herbst u. a. G. 4. Farn. Curculionidae'^), UüsselkMer. Körperform sehr mannichfach. Der Vorderkopf verlängert sich rüsselförmig und trägt an der äussersten Spitze die kleinen durch gedrungene Taster characteristischen Mundtheile. Die meist ge- knickten und am Ende keulenförmig angeschwollenen Fühler entspringen m einer Grube oder Furche des Rüssels. Die Flügeldecken umschliessen den Körper. Abdomen mit 5 Ventralschienen, von denen die 2 vordem häufig verschmolzen sind. Die Larven sind walzenförmig, ohne oder mit sehr rudimentären Beinen und Ocellen und nähern sich fast ausnahmslos phytophag und zwar unter den verschiedensten Verhältnissen, die einen im Innern von Knospen und Früchten, die andern unter der Rinde oder auf Blättern oder im Holze. Einige erzeugen gallenartige Deformitäten. 1. Sub. Curculionine. Fühler gebrochen mit langem Basalglied. Rüssel stets mit Fühlerrinnen. Calandra Clairv. Rüssel dünn, fadenförmig. Fühler ziemlich lang mit Ggliedriger Geissei und langer eiförmiger Kolbe. Hüften aller Beine von ein- ander entfernt. Vorderschienen am Innenrande mit kleinen Kerbzähnen. C. gra- naria L., in Getreide, als schwarzer Kornwurm bekannt. C. palmarum. Cionus Clairv. Körper kurz und gedrungen, stark gewölbt. Rüssel dünn 1) Erichson, Systematische Auseinandersetzung der Familie der Borken- käfer. Arch. für Naturg. Tom. 11. J. C. Ratzeburg, Forstinsekten Tom. 1. 1. c. 2) C. J. Schönherr, Genera et speeies cnrculionidum. Paris. 1833—1844. 704 Curculioninae. Orlhocerinae. fadenförmig. Fühler ziemlich kurz, 9- bis lOgliedrig, mit Sgliedriger Geissei. Flügel nur wenig länger als breit, den ganzen Hinterleib bedeckend. C. rer- hasci Fabr. Ceutorhynchus Schönh. Rüssel lang fadenförmig, an eine Rüsselfurche der Brust anlegbar, mit nach unten laufenden Fühlerfurchen. Fühler dünn, mit meist 7gliedriger Geissei. Prothorax vorn verengt, an den Seiten gerundet und erweitert. Drittes Tarsalglied 21appig. Schienen des Männchens unbe wehrt, des Weibchens meist gespornt. C. echii Fabr., C. horaginis Fabr., C. stdcicollis Gyllh. Baridius Schönh. Rüssel walzig dick, mit nach der Rückenseite stark cou- vergirenden Fühlerfurchen. Fühler mit Tgliedriger Geissei. Prothorax am Hin- terrand doppelt gebuchtet. Schienen seitlich gespornt. B. chloris Fabr., Larve in den Stengeln des Raps. Balaninus Germ. Rüssel sehr dünn und lang. Fühler lang und dünn, mit länglichen Gliedern und Tgliedriger Geissei. Prothorax breiter als lang, nach vorn etwas verengt. Schenkel gegen die Spitze keulenförmig verdickt. B. nucum L. Anthonomus Germ. Rüssel lang und dünn, wenig gebogen. Fühler etwas vor der Mitte des Rüssels eingefügt mit '7gliedriger Geissei, deren 5 Endglieder sehr kurz sind. Prothorax breiter als lang, vorn verengt. Vorderbeine länger und stärker als die übrigen. A pomorum L. Lixus Fabr. Körper gestreckt walzenförmig, mit rundlichem wenig ge- bogenen Rüssel, dessen Fühlerfurchen sich an der Unterseite vereinigen. Augen seitlich, eiförmig. Prothorax länglich, mit geraden Seitenrändern. Hinterrand mit kleiner Spitze. Schenkel ungezähnt. L. Ascanii L. ütiorhynchiis Germ. Rüssel kurz, an der Wurzel der Fühler lappenartig erweitert. Fühler mit langem dünnen Schaft und 7gliedriger Geissei. Augen seitlich, rund. Unterflügel fehlen. 0 niger Fabr., 0. longicollis Schönh. Hylohiuis Germ. Rüssel lang, ziemlich rund, gegen die Spitze erweitert. J'ühler kräftig, Fühlerfurche gerade zu den Augen aufsteigend. Prothorax an den Seiten gerundet, vorn und liinten abgestutzt. Schildchen deutlich. Beine ziemlich lang. Schienen an der Spitze mit einem kräftigen Haken. U. ahiclis Fabr. Cleonus Schönh. Rüssel kürzer als der Prothorax, fast immer gekielt oder gefurcht. Fühler ziemlich kurz und dick, mit 7gliedriger Geissei. Schildchen klein. Vorderrand der Brust ausgeschnitten. Schenkel ungezähnt. Vordorscliienen an der Spitze mit einem nach innen gerichteten Hornhaken. (U. cinercus Fabr. Fhyllobius Schönh. Rüssel sehr kurz und dick, mit sehr harter Fühlerfurche. Die ziemlich langen und dünnen Fühler mit 7glicdriger Geissei. Prothorax breiter als lang, vorn und hinten abgestutzt. Schenkel oft gezähnt. Schienen ohne Horn- haken. P/i. cakaratus Pabr., Fh. obloiigus L. 2. Subf. ÜrtJwceruiae. Fühler nicht gebrochen, das erste Glied wenig länger als die folgenden, bald in eine Keule endigend, bald fadenförmig. Apion Herbst. Körper biruförmig. Rüssel cylindrisch. Fühler dünn, mit ovaler Endkolbe. l'rothorax länglich walzenförmig. Schildchen klein, punktförmig. Schenkel und Schienen ungezähnt. Drittes Tarsalglied 21appig. A. fnmentarium L., A pisi Fabr. u. z. a. A. Bhynchites Hbst. Kopf hinter den Augen etwas verlängert, aber nicht ein- geschnürt. Fühler llgliedrig, mit 3 grössern Endgliedern. Prothorax kaum länger als breit, nach vorn verengt. Schildchen klein. Rh. bctulae L., Eh. cupreus L., Bh. hetuli Fabr. u. z. a. A. Attelabus L., A. curculionoides L. Bruchidae. Heteromera. Oedemeridae. Melofdae. 705 Apoderus Oliv. Kopf hinter den vorspringenden Augen stark verlängert, hinton halsförniig eingeschnürt. Fühler 12gliedrig mit 4gliedriger Keule. Rüssel kurz und dick. Ä. coryli L., JBrenthus 111. Br. canaliculatns Fabr., Brasilien. Arrhcnodes Stev. u. a. G. 5. Farn. Bruchidae. Von kurzer gedrungener Körperfonn , mit schnauzen- förmig verlängertem Kopf, grossen vorragenden Augen und langen llgliedrigen, zuweilen gezähnten oder gekämmten Fühlern. Schliessen sich im Habitus ihres Leibes und auch in der Gestalt und Ernährungsart der Larven den Rüsselkäfern an. Anthrihus Goeflr. Kopf dreieckig flachgedrückt, Rüssel so breit als der Kopf, an der Spitze tief a\isgerandet. Fühler dünn , an den Seiten des Rüssels vor den Augen inserirt, beim Männchen länger als der Körper. Prothorax breiter als lang, kaum schmäler als die w;ilzenförmigen Flügeldecken. 3tes Fussglied von dem tief ausgeschnitten 2ten Gliede aufgenommen. A. alpinus Fabr. Biachytarsus Schönh. Rüssel breit, an den Seiten scharfrandig, an der Spitze nicht ausgerandet. Die 3 Endglieder der Fühler breit. Prothorax vorn verengt, mit abgerundeten Vorderecken und 2 mal leicht ausgebuchtetem Hinter- rande. Füsse kurz, das 3te Glied von dem 2ten umschlossen. Die Larven leben von den Eiern der Coccuswcibchen. Br. variits. Fabr. Bruclms L. Körper eiförmig, mehr oder minder quadratisch. Kopf nur wenig rüsselförmig verlängert. Fühler gegen die Spitze hin verdickt und häufig gesägt. Kiefertaster 4giiedrig, fadenförmig, mit langem schmalen Endgliede. Zunge ha,lb häutig in 2 Lappen gespalten. Br. gianarias L., häufig in der Rossbohne. Br. pisi K. u. a. A. 3. Gruppe. Heteromera. Die Füsse der beiden vordem Beinpaare sind aus 5, des hinteren aus 4 Tarsalgliedern gvbiidt-t. 1. Farn. Oedemeridae. Körper langgestreckt, schmal. Fühler dünn und fadenförmig, wenigstens so lang als der halbe Körper, 11- oder lögliedrig. Beine schlank und lang. Vorletztes Fussglied herzförmig oder 21appig, selten einfach. Thorax schmal. Flügeldecken langgestreckt, den Hinterleib meist unvollständig umschliessend. Die Larven gleichen denen der Cerambyciden , besitzen einen hor- nigen Kopf, 4gliedrige Fühler und 5gliedrige Beine, leben im Holze abgestorbener Bäume. Oedemcra Oliv. Fühler Ugliedrig, vor den runden Augen eingefügt. Pro- thorax kurz, rückwärts verengt. Flügeldecken gegen die Spitze mehr oder minder zugespitzt. Hiuterschenkel der Männchen fast immer stark verdickt. Schienen mit 2 Enddornen an der Spitze. Oe. virescem L., Oe. ßavescens L. Hier schliesst sich die kleine Familie der Salpingidae an. Myclerus Clairv. Salpingus HL, Lissodema Gurt., Rhinosinus La'.r. 2. Farn. Meloidae') {Qhantharidae). Mit breitem halsförmig eingeschnürten Kopf und breiten oft klaftenden Flügeldecken , die den Körper oft nicht ganz be- decken. Fühler meist Ugliedrig und ladenlÖrmig. Unterkieferladen hornig. Zunge ausgebuchtet oder 21appig. Hüften der Vorder- und Mittelbeine sehr gross, zu- 1) Vergl. New p ort, Gn the natural history, anatomy and developement of Meloe. Transact. Lin, Soc. Tom. XX und XXL Fahre, Memoire sar l'hyper- metamorphose et les moeurs des Meloides. Ann. scienc. nat. 4 ser. Tom. VII und IX. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 45 706 Meloidae. sammenstossend. Fussklauen in zwei ungleiche Hälften gespalten. Hinterleib mit 6 bis 7 Bauchschienen. Die Käfer ernähren sich meist von Blättern und werden wegen der blasenziehenden Eigenschaft ihrer Säfte zur Bereitung von Vesicantien benutzt. Die Larven leben theils parasitisch an Insecten theils frei unter Baumrinde, und durchlaufen theilweise eine couiplicirte von Fabre als Hypermetamorphose bezeichnete Verwandlung, indem sie zuerst o Fusspaare be- sitzen, dieselben aber in spätem Stadien verlieren und eine walzige Körperform erhalten. Meloii L. Kopf sehr gross, mit hoch gewölbtem Scheitel, hinter den Augen stark verlängert. Fühler meist schnurförmig , öfters gegen die Spitze zu verdickt oder in der Mitte mit vergrösserten Gliedern, vor den Augen eingefügt. Die Nahtränder der Flügeldecken liegen an der Wurzel übereinander. Hinterflügel fehlen. Hinterleib gross, von den Flügeldecken unbedeckt. Die Käfer leben im Grase und lassen bei der Berührung eine scharfe Flüssigkeit zwischen den Gelenken der Beine austreten. Die ausgeschlüpften Larven kriechen an Pflanzenstengeln empor, dringen in die Blüthen von Asclepiaceen , Primulaceen etc. ein und klam- mern sich an den Leib von Bienen fest {Fedieulus melittae Kirby), um auf diesem in das Bienennest getragen zu werden, in welchem sie sich vorwiegend von Honig ernähren. M. froscarabaens L., M ciolaceus Marsh. Cerocoma Geoffr. Von ähnlicher Körperform, mit 9gliedrigen nahe am Munde einffefüf^ten Fühlern. Mittelglieder derselben beim Männchen ganz unregelmässig. Endglied gross, breit gedrückt. Die äussere Unterkieferlade verlängert. C. Sehaefferi L., Mylabris Fabr. , Lyclus Latr. Lytta Fabr. {Cantharis Geoffr.). Fühler llgliedrig, mindestens so lang als der halbe Leib. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Unterkieferladen und Taster kurz. Prothorax breiter als lang, gerundet oder vorn eckig erweitert. L. vcsi- catoria L., spanische Fliege. L. syriaca L. ^itaris Latr. Fühler llgliedrig, fast von Körperlänge, fadenförmig. Ober- kiefer mit einfacher Spitze. Innenladen des Unterkiefers kürzer als die äussere. Kiefertaster weit länger. Prothorax quer 4eckig, an den Ecken abgerundet. Flügel- decken nach rückwärts pfriemenförmig verengt , an der Naht weit klaÖ'end , die Flügel theilweise unbedeckt. Fussklauen ungezähnt. S. humeraUs Fabr., Süd- europa. Beide Geschlechter begatten sich im August in den Gallerien einer Biene (Anthophova pilipcs), in denen auch Osmia bicornis, Melecta armata, sowie als Parasit der Osmia eine Fliege, A)ithrax sinuata, schmarotzen. In demselben Monat erfolgt die Eierlage, aber erst gegen Ende September schlüpfen die jungen Sitariden aus und überwintern unter den Eiertrümmern. Diese jungen Larven besitzen drei lange zum Anklammern eingerichtete Beinpaare , 4 Augenpunkte , lange borsten- föruiige Fühler, kräftige Mandibeln und Schwanzfäden, welche ihnen zum Fort- schnellen dienen. Ende April klammern sich dieselben an dem behaarten Thorax der zuerst ausschlüpfenden AntlLoplioraiminnchen an und gelangen im nächsten Monat während der Begattung von den Männchen auf den Körjjer der später aus- geschlüpften Weibchen. Während der Eiablage geht die Larve vom Körper der Biene auf das Ei über und gelaugt in die mit Honig gefüllte bedeckelte Zelle, eerbeisst die Eischale, nährt sich nach 7monatlicher Fastenzeit vom Eiinhalt und erleidet hierauf die erste Häutung. Nach Abstreifung der Haut erscheint sie unter einer ganz andern Form als walzige Made, ohne Augenpunkte, zur parasi- tischen Ernährung von Honig eingerichtet. Sie verzehrt den Inhalt der Zelle und verwandelt sich innerhalb der Larvenhaut in eine ruhende Puppe {Psetidochry- solide), aus welcher nach kurzer Zeit oder im nächsten Jahre die dritte Larven- Rlupiphoridae, Mordellidae. Pyrochroidae 707 form ausschlüpft, die nun erst nach Abstreifung ihrer Haut die wirkliche Puppe mit abstehenden Gliedmassen hervorgehen lässt. 3. Fani. Rhipiphoridae '). Kopf senkrecht, mit 10- bis llgliedrigen, beim Weibchen meist gesägten, beim Männchen gekämmten Fühlern. Oberkiefer ohne Hautsaum. Die häutigen Laden der Unterkiefer sind an der Basis ver- wachsen. Flügeldecken klaffend oder verkürzt. Die Larven leben in Wespen- nestern {Metoecus) oder im Hinterleibe von Schaben {Rhipidius). Rhipiphorus Fabr. Fühler am Innenrande der Augen eingefügt, beim Weibchen einreihig, beim Männchen zweireihig gesägt oder gewedelt. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Prothorax vorn verengt, hinten Slappig. Flügeldecken so lang als der Hinterleib. Vorderscliienen mit einem, Hinterschienen mit zwei End- dornen. Rh. himaculatus Fabr., Sädeuropa. Nahe verwandt ist Metoecus Gerst. M. paradoxus L. Rhipidkis Thnbg. Fühler vom vierten Gliede an fächerförmig gekämmt. Kopf klein , mit sehr grossen Augen. Mundtheile bis auf 2 fadenförmige Taster verkümmert. Schienen ohne Enddorn. Weibchen wurmförmig, ohne Flügel und Flügeldecken, mit kleinen Augen und fadenförmigen Fühlern. Rli. hlattarinn Sundv., Ftiliphorus Dej., Pelecotoma Fisch, u. a. G. 4. Fam. Mordellidae Kleine längliche, nach hinten keilförmig verschmälerte Käfer mit fadenförmigen, nicht selten nach innen schwach gesägten oder nach der Spitze zu verdickten Fühlern. Oberkiefer innen mit häutigem Saum. Unterkiefer- laden häutig und bis zur Basis getrennt. Endglieder der Kiefertaster beilförmig. Hinterschieuen mit langen Enddornen. Die Larven leben in Pilzen oder in trockenen Zweigen und besitzen nur kurze undeutlich gegliederte Beine. Mordella L Fühler nach innen schwach gesägt. Prothorax breiter als lang, vorn zugerandet, der Hinterrand gegen das Schildchen gerundet und erweitert. Flügeldecken nach hinten stark verengt. Hüften der Hmterbeine sehr gross, eine grosse abgerundete Platte bildend. Fussklauen gezähnt oder gespalten. M. fasciata Fabr. Anaspis Geotfr. Fühler fadenförmig, gegen die Spitze verdickt. Prothorax am Hinterrand schwach gerundet, gegen das Schildchen kaum erweitert. Flügel- decken nur wenig nach hinten verengt. A. frontalis L. 5. Fam. Pyrochroidae (mit Einschluss der Anthicidae). Kopf stark geneigt, breiter als der Vorderraud des an der Spitze stark verengten Prothorax, hinten halsförmig verengt. Fühler llgliedrig, vor den Augen an den Seiten des Kopfes eingefügt, zuweilen gesägt oder gekämmt. Flügeldecken breiter als die Brust. Fussklauen einfach. 1. Subf. Aiühicinae. Hüften der Vorderbeine ziemlich weit von den Mittel- hüften, die Mittelbrust freilassend. Anthicus Payk. Kopf gerundet oder 4eckig. Prothorax fast immer länglich, nach liinten verengt. Schildchen klein. Fühler schwach gegen die Spitze verdickt. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze. A. hispidus Ross. 2. Subf. Fyrochroinae. Hüften der Vorder- und Mittelbeine stark genähert, die Mittelbrust bedeckend. Fühler gesägt oder gekämmt. Pyrochroa Geofl'r. Kopf hinter den Augen eckig erweitert. Oberkiefer mit sichelförmig gebogener und gespaltener Spitze. Aeusserer Lappen des Unterkiefers 1) A. Gerstäcker, Rhipiphoridum, Coleopterorum familiae dispositio syste- matica. Berolini. 1855. 45* 708 Melandryadae. Cistelidae. Tenebrionidae. Pimeliidae. länger und breiter als der innere. Zunge in 2 häutige abgerundete Lappen ge- spalten. Beine eintach dünn und lang, Schienen unbedornt. P. coccinea L. Hier schliesst sich die kleine Familie der Lagriiden an. Lagria Latr. L. hirta L. 6. Fam. Melandryadae. Kopf 3eckig, mehr oder minder in den Prothorax eingezogen. Dieser am Hinterrand fast immer so breit als die Flügeldecken, nach vorn verengt. Fühler ziemlich kurz, 10- bis llgliedrig. Kiefertaster gross. Alle Hüften zapfenförmig aus der Gelenkpfanne vorragend. Conopalpus Gyllh. Fühler lOgliedrig. Prothorax viel breiter als lang, nach vorn verengt und zugerundet. Vorletztes Fussglied 2]appig. C. Jlacicollis Gyllh. Mclandrya Fabr. Körper länglich. Fühler fadenförmig, llgliedrig. Ober- kiefer mit 3zähniger Spitze. Unterkiefer mit 2 sehr kurzen Lappen und sehr langen Tastern. M. carahoides L. XyJita Payk., Mycetoma Dej., OrchesiaL-nix. u, a. 7. Fam. Cistelidae. Kopf geneigt, hinter den Augen nicht halsförmig ein- Keachnürt. Fühler llgliedrig. Vorderhüften meist aneinanderstossend. Fussklauen kammförmig gezähnt. Cistela Fabr. Oberkiefer mit getheilter Spitze. Vorder- und Mittelhüften durch einen Fortsatz der Brust von einander geirennt. Prothorax halbkreisförmig, vorn abgerundet. Schildchen oeckig. Drittes Fussglied nicht lap})enförmig. C. fuhipes Fabr., C. murina L. Vriomjchus SoL, Mycetocliares Latr., Hijmenorus Muls. 8. Fam. Tenebrionidae. Körper länglich, halbwalzenförmig, flach gewölbt. Fühler llgliedrig, schnurförmig oder allmählig gegen die Spitze verdickt oder mit 3 grossen Endgliedern. Die kugligen oder ovalen Vorderhüften durch einen Fort- satz der Vorderbrust getrennt. Fussklauen stets einfach. Larven langgestreckt, etwas flach gedrückt, mit 4gliedrigen Fühlern, mit 2 bis 5 Ocellen jederseits und Sgliedrigen Beinen. Tenebrio L. Drittes Glied der schnurförmigen Fühler am längsten. Ober- kiefer mit getheilter Spitze. Unterkiefer mit 2 kurzen hornigen Lappen. Endglied der 4gliedrigen Kiefertaster schräg abgestutzt. Prothorax breiter als laug. T. molitor L., Larve als Mehlwurm bekannt. Boroa Herbst., Mencphilun Muls. u. a. G. Hier schliesst sich die Familie der Helopiden an mit Enoplopus Sol., Helops Fabr., Laena Latr. u. a. G., ferner die Diaperiden luit Uolitophagus HL, Diaperis Geoffr,. Phaleria Latr., Ammobius Guer. u. a. G. 9. Fam. Pimeliidae. Körper fast immer uugeflügelt mit verwachsenen Flügeldecken, deren umgeschlagener Seitenrand den Körper umgreift. Fühler meist llgliedrig, vor den Augen eingefügt. Kinuplatte meist sehr gross, den Mund bedeckend, Vorderhüften durch einen Fortsatz der Mittelbrust getrennt. Vorder- und Mittelhüften kuglig oder oval in den Gelenkpfannen eingeschlossen. Klauen stets einfach. Abdomen mit 5 Bauchschienen. Opatrum Fabr. Fühler allmählig gegen die Spitze verdickt, der innere Maxillarlappen mit einem grossen stark gekrümmten Hornhaken an der Spitze. Endglied der Kiefertaster sehr kurz und dick. 0. Hobidosum L. Blaps Fabr. Fühler kaum gegen die Spitze verdickt, die 4 letzten Glieder fast kuglig. Endglied der Kiefertaster stark. Prothorax mehr oder minder 4eckig. Schildchen äusserst klein. Bl. mortisaga L., Bl. fatidica Strm. Pedinus Latr., Isocerus Mgrl. , Platyscelis Latr. u. z. a. G. 4. Gruppe. Fentamera. Mit vorherrschend Sgliedrigen Tarsen. 1. Fam. Xylophaga. Kleine Käfer meist von cylindrisch gestrecktem Körper, mit zurückgezogenem Kopf und kräftigen Kiefern. Die Fühler entspringen vor den Augen und sind meist llgliedrig und im weiblichen Geschlechte fadenförmig, Pentamera. Xylophaga Cleridae. Malacodermata. 709 im männlichen kanimförmig. Hüften der Vorder- und Mittelbeine kuglig oder oval, wenig oder gar nicht aus den Gelenkpfannen vorragend. Füsse zuweilen noch 4gliedrig. Die Larven ernähren sich theils von todten thierischen Stoffen, theils bohren sie im Holze cylindrische horizontale Gänge und sind sowohl höl- zernen Geräthschaften und Baumaterial als lebenden Gehölzen verderblich. Lymexylon {Lymexylonidae). Körper lang, walzenförmig. Fühler in der Mitte verdickt. Alle Hüften einander genähert, die der Vorder- und Mittelbeine stark verlängert. Prothorax länger als breit. Letztes Glied der Kiefertaster mit einem quastenförmigen Büschel von schmalen länglichen Blättchen. J>. navale L., auf Schiffswerften im Eichenholz. Cis Latr. {Cdsidae). Fühler lOgliedrig , mit drei grossen von einander ab- stehenden Endgliedern. Pfisse 4gliedrig. Erstes Tarsenglied sehr klein und ver- steckt. Leben in Schwämmen. C. boleti Fabr. Anohium Fabr. (Annbiiilae). Körper walzenförmig. Fühler llgliedrig, die 3 Endglieder lang und breit gedrückt. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze. Kiefer- taster 4gliedrig mit schräg abgestutztem Endgliede. Endglied der Sgliedrigen Lippentaster erweitert. Füsse sämmtlich 5gliedrig, das letzte Tarsalglied oft herz- förmig. Die Larven leben im Holz. A. pertinax L., Todtenuhr, erzeugt im Holz ein tickendes Geräusch. Ftilirntft GteoSv. Körper langgestreckt, walzenförmig. Fühler llgliedrig, des Männchens gekämmt, beim Weibchen spitzig gesägt. Endglied der Lippentaster nicht erweitert. Die innere Lade der Unterkiefer schmal und kurz. Zunge in 2 lange bewimperte Nebenzungen gespalten. Pt. pectinicornis L. Ptinus L. {Ptinidae). Körper des Weibchens länglich eiförmig, des Männchens walzenförmig. Fühler llgliedrig, fadenförmig. Oberkiefer dick dreiseitig, mit ein- facher Spitze. Laden der Unterkiefer kurz, mit langen gekrümmten Borstenhaaren besetzt. Pt. für L., Pt. rufipes Fabr. 2. Fam. Cleridae. Meist schlanke rauhhaarige bunt gefärbte Käfer mit llgliedrigen oft gesägten Fühlern. Flügeldecken walzenförmig. Beine mit 5- oder 4gliedrigen Tai-sen, welche eine breite schwammige Sohle und lippenähnliche An- hängsel besitzen. Das vorletzte Tarsalglied 2lappig. Die ebenfalls bunt gefärbten Larven leben unter der Rinde grösstentheils von andern Insecten. Clerus Geoffr. Fühler allmählig gegen die Spitze verdickt, mit eiförmig zu- gespitztem Endglied. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze. Prothorax fast herzförmig, hinten stark eingeschnürt. Füsse undeutlich 5gliedrig, das erste Glied grossen- theils in der Schiene versteckt. CJ. formicarius L., Cl. mnliUarhts Fabr. jT/vc/jofZcs Herbst. Fühler mit ogliedriger Endkolbe und grossem, schräg ab- gestutzten Endglied. Prothorax nach hinten verengt. Flügeldecken fein runzlig, punktirt. Tarsen 4gliedrig mit lappenförmigen Anhängelu an der Unterseite der 3 ersten Glieder. Tr. apiarius L. Die Larve schmarotzt in Bienenstöcken. Tr. alvearius Fabr. Corynetes Payk. Oberkiefer mit einem kleinen Zähnchen hinter der Spitze. Lippentaster Sgliedrig. Flügeldecken walzenförmig, mit etwas erhöhten Schulter- ecken und mit Punktstreifen oder Punktreihen. Füsse scheinbar 4gliedrig, indem das kleine vierte Glied in dem zweilappigen dritten Gliede versteckt ist. C. rufipe.r theilweise oder vollständig be- decken. Die Obeifläche dieser Hauptduplicatur erzeugt sehr oft durch Absonderung von kalkhaltigen und pigmentreichen Secreten die mannich- fach geformten und gefärbten Schalen, welche als schützende Gehäuse den weichem Körper in sich aufnehmen. Der auf diese Art mit Fuss und Mantel ausgestattete contractile Rumpf trägt noch sehr allgemein in der Nähe des vorderen Körperpoles zu beiden Seiten der Mundötfnung zwei lappentörmige Anhänge, die Mundlappen (im Larvenleben als mächtige Segel entwickelt), und erscheint als ein die Eingeweide bergender muskulöser Sack, an dem bei weiterer Ausbildung eine Ditferenzirung verschiedener Abschnitte sich geltend macht. Bei den höhern, sog. kopftragenden Weichthieren setzt sich der vordere Theil des Körpers mit den Mundsegehi, dem Eingange in den Verdauungskanal, den Centraltheilen des Nervensystems und den Sinnesorganen mehi- oder minder scharf als Kopf ab. Der nachfol- gende , die Hauptmasse des Leibes bildende Rumpf erleidet in seinem die Eingeweide umschliessenden hintern Abschnitt sehr häufig eine spiralige Drehung, durch welche die seitliche Symmetrie schon äusserlich (ine merkliche Störung erleidet, kann aber auch eine abgeflachte oder cylindrische Form mit strenger Symmetrie bewahren. Das den Rumpf umschliessende Gcihäuse erscheint in dieser Hauptgruppe einfach teller- förmig oder spiralig gewunden oder bleibt als ein mehr flaches Schalen- rudiment anter der Riickenhaut verborgen. In einer Classe der kopf- tragenden Mollusken, bei den Cephalopoden , heftet sich am Kopfe in Cephalophoren, Acophalen, Tunicalen. 743 der Umgebung der Mundöffnung ein Kreis von Armen an, welche so- wohl zur Schwimm- und Kriechbewegung als zum Ergreifen der Nahrung verwendet werden. Dieselben wurden von R. Leuckart auf Modifi- cationen der Segellappen zurückgeführt, von anderen vielleicht mit mehr Recht als Fühler betrachtet. Ein trichterförmig durchbrochener Zapfen, welcher die Auswurfstoffe und das Athemwasser aus der ge- räumigen Mundhöhle ausspritzt und dabei zugleich zum Schwimmen dient, entspricht wahrscheinlich den verwachsenen Falten des Epipo- diums. In der Classe der Gastropoden entspringen am Kopfe Fühler und Mundlappen, der bauchständige Fuss entwickelt sich in der Regel zu einer umfangreichen söhligen Fläche {Flatypoden, Gastropoden s. Str.), seltener zu einem segelartigen sagittal gestellten Lappen (fie^ero^JOcZew). Nur sehr selten fällt er als selbstständiger Theil vollständig aus. Bei den kopflosen Mollusken, Äceplialen oder Lamellibranchiaten, trägt der seitlich comprimirte Leib zwei grosse seitliche Mantellappen, welche ebensoviele auf der Rückenfläche mittelst eines Schlossbandes vereinigte Schalenklappen absondern. Eben so mannichfach als die äussere Gestalt und der Körperbau wechselt die innere Organisation der Mollusken, welche eine Reihe vom Niedern zum Höhern aufsteigender Entwicklungsstufen darbietet. Wie die äussere Form, so erleidet auch der innere Bau häufig auf- fallende Störungen der bilateral symmetrischen Anordnung. Der Ver- daimngsQ,anal ist überall durch den Besitz selbstständiger Wandungen von dem Leibesraum gesondert, beginnt mit einer Mundöffnung und endet mit dem oft aus der Mittellinie herausgerückten seitlichen After. Am Darme treten überall mindestens die drei als Oesophagus, Magen- darm und Enddarm unterschiedenen Abtheilungen als deutlich begrenzte Abschnitte auf, von denen sich der verdauende Magendarm meist durch den Besitz einer sehr umfangreichen Leher auszeichnet. Ueberall findet sich ein gedrungenes Herz, von welchem aus das Blut in Gefässen mit gesonderten Wandungen nach den Organen hinströmt. Vollkommen geschlossen erscheint indess das Gefässsystem in keinem Falle, indem sich auch da, wo Arterien und Venen durch Capillaren verbunden sind, Blutsinus der Leibeshöhle in den Gefäss verlauf einschieben. Dazu kommen fast überall bestimmte Oeffnungen, welche die Einfuhr von Wasser in das Blut ermöglichen. Das Herz der Mollusken ist stets ein arterielles, indem das aus den Athmungsorganen austretende arteriell gewordene Blut in das Herz einfliesst, Ueberall dient die gesammte äussere Fläche zur Respiration, daneben aber sind besondere Athmungsorgane als Kiemen seltener als Lungen vorhanden. Die Kiemen treten als flimmernde Ausstülpungen der Körperfläche, meistens zwischen Mantel „und Fuss auf, bald in Form 744 Innere Organisation. verästt'lter und verzweigter Anhänge, bald als breite Lamellen {Lamelli hrunchiaten). Die Lunge dagegen entwickelt sich als ein mit Luft gefüllter Raum, dessen Innenwand durch complicirte Faltt^nbildungen eine grosse Oberfläche für die respirirenden Blutgefässe darbietet, unter der Manteldecke und communicirt durch eine Oeffnung mit dem äussern Medium. Das Nervensystem erscheint unter einigen Voraussetzungen auf das der Anneliden zurückführbar. Man unterscheidet eine obere auf dem Schlünde liegende Gangliengruppe als Gehirn oder oberes Schlundganglion, welches die Sinnesnerven entsendet, und ein unteres mit dem Gehirne durch eine Schlundcommissur verbundenes Fussgangüenpaar, welches vor- nehmlich die Muskeln des Fusses versorgt. Zu diesen vordem Central- knoten kommt sodann noch eine dritte als Eingeweideganglion bezeich- nete Gangliengruppe hinzu und zwar der einfachsten Gestaltung nach in Form zweier mit dem Gehirn durch eine hintere Commissur verbun- dener Gangiienknoten , deren Nerven und Nervengeflechte sich an dem Mantel, den Kiemen und Geschlechtsorganen verbreiten. Man betrachtete aus diesf'm Grunde das dritte Ganglienpaar wohl auch als Aequivalent des Sympathicus, jedoch gewiss mit Unrecht, zumal auch bei den Glieder- thieren das hintere Ganglion der Bauchkette die Geschlechtsorgane versorgt. Im Vergleich mit dieser hat Gegenbaur das Fussgangüen- paar dem Bauchmarke an die Seite gestellt, indessen wird, falls der Vergleich überhaupt zulässig ist, auch die hintere zuweilen in meh- rere Ganglienknoten abgetheilte sog. Eingeweidegangiiengruppe mit einbezogen werden müssen. Als Tastortjane treten bei den höher entwickelten Mollusken in der Umgebung des Mundes zwei oder vier Lappen, die bereits ge- nannten Segel oder Mundlappen auf, wozu bei den Äcephalen nicht selten Tentakeln an dem Mantelrande, bei den Cephalophoren oft zwei oder vier einziehbare Fühlhörner am Kopfe hinzukommen. Die Augen haben fast durchweg einen complicirten Bau mit Linse, Iris, Chorioidea und Retina und liegen in der Regel paarig am Kopfe, .selten wie bei einigen La- mellibranchiaten in grosser Zahl am Mantelrande. Auch Gehörorgane sind weit verbreitet und zwar als geschlossene Gehörblasen mit Flimmer- haaren an der Innenwand, meist in doppelter Zahl dem Fussganglion oder dem Gehirne angelagert, von letzterm aus jedoch stets innervirt. Die Fortpflanzung erfolgt durchweg auf geschlechtlichem Wege, und zwar wiegt der Hermaphroditismus vor, indessen sind nicht nur zahlreiche marine Gastropoden, sondern auch die meisten Lamelli- hranchiaten und alle Cephalopoden getrennten Geschlechtes. Die Entwicklung des Embryo's erfolgt meist nach totaler Dotter- furchung durch eine die hintere Partie des Dotters oder den gesammten Dotter umfassende Keimanlage, welche sich häufig mittelst Flimmerhaare I. Classe. Lamellihranrhiata, Muschelthiere. 745 rotirend bewegt. Die neugeborenen Jungen durchlaufen oft eine com- plicirte Metamorphose und besitzen eine vordere von Wimpern umsäumte Hautausbreitung (Vehmi), welche als Bewegungsorgan fungirt. Bei weitem der grösste Theil der Mollusken ist auf das Leben im Wasser, besonders im Meere angewiesen, nur wenige leben auf dem Lande, suchen dann aber stets feuchte Aufenthaltsorte. Bei der un- gemeinen Verbreitung der Mollusken in der Vorzeit ist die hohe Be- deutung ihrer petrificirten Reste für die Bestimmung des Alters der sedimentären Gebirgsformationen begreiflich {Leümuschehi). Wir unterscheiden 4 Classen: Lamellibranchiata , Sca2)hopoda, Gastropoda, Cephalopoda. l. Classe. ILiaitiellibraucliiata * ) ^ Miis^clieltliiere. Weichthiere mit grossem in ^wei seitliche Lappen gespaltenen Mantel^ mit einer rechten und linJcen in der Regel durch ein rücJcen- ständiges Ligament verbundenen Schalenhlappe und gesonderten Kiemen- blättern, meist getrennten Geschlechts. Die Lamellibranchiaten wurden früher mit den Brachiopoden , zu denen sie in der That durch ihre äussere Körperform Beziehungen bieten, nach dem Vorgang Lamarck's in einer gemeinsamen Classe der Muschelthiere oder Conchiferen zusammengestellt. Beide Gruppen von Thieren entbehren eines Kopfes und besitzen einen umfangreichen meist in zwei Lappen gespaltenen Mantel, sowie eine zweiklappige Schale. Indessen sind die Abweichungen, welche die besondere Gestaltung beider 1) Poli, Testacea utriusque Siciliae eorumque historia et anatome. 3 Bde. 1791—1795. G. Cuvier, Thistoire et Tanatomie des Mollusques. Paris. 1817. Bojanus, lieber die Athem- und Kreislaufs Werkzeuge der zweischaligen Muscheln. Isis. 1817. 1820. 1827. Deshayes Art.: Conchifera in Todds Cyclopaedia. Vol. I. 1836. Garn er, On tlie anatomy of the laniellibrancliiate Conchifera. Transact. of the zool. SOG. London. Tom. II. 1841. Loven, K. Vet. Akad. Handlgr. Stock- holm 1848, übers, im Arch. für Naturg. 1849. Quatrefages, Anatomie von Teredo. Ann. sc. nat. 1848— 1850. Lacaze-Duthiers, Ann. sc. nat. 1854—1861. Keber, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Weichthiere. Königsberg. 1851. H. und A. Adams, The genera of the recent Mollusca. London. 1853—58, L. Reeve, Oonchologia iconica. London, 1846—1858. S. Hanley, An illustrated and descriptive Catalogue of recent Bivalve Shells etc. London. 1856. Th. v. Hessling, Die Perlenmuscheln und ihre Perlen. Leipzig. 1859. Carpenter, Artikel: Shell in der Cyclopaedia of Anatomy and Physiology. M. Sars, Om Dyret af Cryptodon Sarsii Phil. Vid. Selsk, Forhand linger. 1864. 746 Körperbau. Mantel. Siphoneu. Gruppen bietet, so wesentlich, dass ein näherer Verband derselben un- möglich aufrecht erhalten werden kann. Der Körper der Lamellibranchiaten ist meist streng symmetrisch gebaut, aber bei einer bedeutenden Streckung seitlich comprimirt und von zwei seitlichen Mantellappen umlagert, welche an der Rückenflcäche festgeheftet, in der Regel eine rechte und linke Schalenklappe absondern. Zu- den Seiten der Mundötfnung finden sich zwei Paare blatt- oder tentakelförmiger Labialsegel. An der Bauchfläche erhebt sich ein um- fangreicher meist beiltörmiger Fuss, und überall treten in der Mantel- furche zwischen Mantel und Fuss zwei, selten ein i'aar blattförmiger Kiemen hervor. Die beiden Mantellappen, welche den Körper vom Rücken aus wie die Decken eines Buches zwischen sich nehmen, zeigen fast überall, auch da, wo die verdickten Ränder vollständig in ihrer ganzen Länge frei bleiben, an dem hintern Ende jederseits zwei (selten nur einen) auf einander folgende Ausschnitte, welche von zahlreichen Papillen oder Fädchen umsäumt, beim Zusammenlegen der Mantelhälften zwei hinter einander folgende Spaltöffnungen bilden. Der obere dem Rücken zuge- kehrte Schlitz, welcher übrigens auch mit dem untern verschmelzen kann, fungirt als Kloakenöft'nung, der untere als Einfuhr- oder Kiemen- öflnung. Durch diesen gelangt das Wasser .unter dem Einfluss eigen- thümlicher Wimpereinrichtungen der Innern Mantelfläche und der Kiemen bei etwas klaffender Schale in den Mantel- und Athemraum, umspühlt die Kiemen und führt kleine Nahrungskörper nach den Mundsegeln zur Mundöffnung; die obere oder Kloakenöft'nung schafft das Wasser nebst den Aus wurfsst offen des Leibes, insbesondere denen des Darmkanals aus dem Mantelraum nach Aussen. Nicht überall aber bleiben die Rand- säume beider Maiitellappen in ihrer ganzen Länge frei, sehr häufig beginnt vielmehr vom hintern Ende aus eine Verschmelzung, welche all- mählig in innner grösserer Ausdehnung nach vorn vorschreitet. Durch diese Verscinnelzung sondert sich zunächst nur eine einfache, Kloaken- und Athemschlitz in sich fassende hintere Oeflnung von dein nach vorn in seiner ganzen Länge geöffneten Mantelschlitz, oder es kommen auch Kloaken- und Athemöfliiung durch eine Querbrücke zur Soudcrung. Aber auch der lange vordere Mantelschlitz, welchen man wegen seiner Be- ziehung zum Durchtritt des Fusses Fuss-schlltz genannt hat, verkürzt sich in Folge fortschreitender Verwachsung der Mantelränder allmählig so sehr, dass der gleichzeitig verkümmerte Fuss kaum mehr hervor- treten kann, und es nähert sich die Mantelbildung einer sackartigen Umhüllung, für deren Ein- und Ausgang wie bei den Ascidien zwei Oeflnungen neben einander frei geblieben sind. Je weiter sich aber der Mantel nach vorn zu schliesst, um so mehr schreitet eine eigen- thümliche Verlängerung der hintern Mantelgegend um Kloaken- und Zweiklappige Schalen. * 747 Athemöft'nung vor, welche die Entstehung von zwei contractilen , frei hervortretenden Röhren, SipJionen , veranlasst. Nicht selten erlangen dann die Siphonen eiiien solchen Umfang, dass sie überhaupt nicht mehr zwischen die am Ilinterrande klaffenden Schalen zurückgezogen werden können. Gewöhnlich ist der untere oder Kiemcnsipho der längere; zu- weilen verwachsen auch beide Siphonen an ihrer Basis selbst bis zur Mitte oder gar bis an die Spitze, überall aber bleiben die beiden in den Mantelraum ein- und ausführenden Kanäle, ebenso wie ihre beiden von Tentakeln umstellten Endöffnungen von einander getrennt. Endlich können die theilweise verwachsenen Siphonen mit dem eigenthümlich gestreckten, von der verkümmerten Schale unbedeckten Hinterleib einen wurmförmigen Körper bilden, an welchem der schalentragende Vorder- leib Kopf-ähnlich aufsitzt {Teredo, Schiffsbohrwurm). Hinsichtlich seiner Structur besteht der Mantel wie die äussere Haut des Weichthieres überhaupt aus pinem von Muskelfasern reich durchsetzten Bindegewebe, W(dchem eine zellige schleimige überhaut aufliegt. Dieselbe erweist sich auf der äussern Fläche aus Cylinder- zelien, auf der Innenfläche des Mantels dagegen aus einom Flinnner- Epitelium gebildet. Pigmente kommen in den Zellen der Oberhaut besonders reich an dem contractilen, sehr hautig gefalteten, oder auch Papillen und Tentakeln tragenden Mantelsaum vor. An seiner äussern Oberfläche sondert der Mantel ein festes Kalk- gehäuse ab, welches den beiden Mantellappen entsprechend in zwei seit- liche am Rücken zusammenhaftende Klappen zerfällt. Nur selten er- scheinen freilich beide Klappen vollkommen gleich , jedoch nennt man nur diejenigen Schalen ungleichklappig , welche nach Grösse, Wölbung und Gestalt sich auffallend asymmetrisch und ihrer Lage nach als obere und untere erweisen Die untere häufig aufgewachsene Schale ist die grössere und am tiefsten gewölbte, die obere erscheint kleiner, flacher und deckelartig aufliegend. Meist schliesseii die Ränder der zusammen- geklappten Schalen fest aneinander , indessen gibt es zahlreiche Aus- nahmen, indem die Schalen an verschiedenen Stellen zum Durchtritt des Fusses, des Byssus , der Siphonen mehr oder minder klaffen, zuweilen sogar weit auseinander stehen können. Letzteres gilt insbesondere für diejenigen Muschelthiere, welche sich in Saml , in Hulz oder in festes Gestein einbohren und theilweise mit wurmförmig gestrecktem Leib in einer kalkige;: Röhre (^Tuhicolae) eingeschlossen sind. Hier kann sich die Schale durch eine weite vordere Ausrandung und ausgedehnte Ab- stutzung ihrer hintern Partie mehr und mehr bis auf ein reifl'örmiges Rudiment reduciren (Teredo), dagegen schliesst sich' an das Hinterende derselben eine Kalkröhre an, die selbst mit den Schalenrudimenten innig verwachsen und dieselben ganz in sich aufnehmen kann {Asper (jill am). Die Verbindung beider Schalen erfolgt stets an der Rückenfläche 748 Area. Lumila. Ortliocoiicbae Pleuroconchae. und zwar in der Regel durch ein äusseres oder auch wohl verdecktes inneres Ligament, welches durch seine Spannung die Klappen zu öffnen bestrebt ist. Neben diesem elastischen Band betheiligt sich auch der obere Rand durch ineinandergreifende Zähne und Gruben beider Schalen- hälften an der festen Verbindung der letztern. Derselbe bildet das Schloss (cir^^o), dessen besondere Gestaltung systematisch höchst wichtig ist. Man unterscheidet demnach den Schlossrand mit dem Ligamente von dem freien Rande der Schale, welcher in einen vordem, untern und hintern oder Siphonalrand zerfällt. Vorderrand und Hinterrand be- stimmen sich im Allgemeinen leicht nach der Lage des Schlossbandes zu den zwei Wirbeln oder Buckeln (umhones, nates) , welche als zwei hervorrngende Spitzen über dem Rückenrande den Ausgangspunkt für das Wachsthum der beiden Schalenklappen bezeichnen und den Scheitel (apex) derselben bilden. Der meist oblonge Umkreis des Ligamentes, das Höfchen oder Schildchen (area), findet sich hinter dem Scheitel und nimmt die obere hintere Seite der Schale ein. Andererseits liegt an der meist kürzeren Vorderseite wenigstens bei den Gleichklappigen ein vertiefter Aufschnitt, das Mondchen {lanula), an dessen Lage man als- bald den Vorderrand erkennt. V.^ährend die äussere Oberfläche der Schale sehr mannigfache Sculpturverhältnisse zeigt und sehr häufig radiale oder concentrische Rippen und Furchen darbietet, ist die Innenfläche glatt und perlmutter- glänzend. Bei näherer Betrachtung finden sich aber auch an der Innen- fläche eigentliümliche Vertiefungen und Flecken, welche als Ausdruck von Muskeleindrücken für die Auff"assung des Zusammenhanges zwischen Schale und M ntel und desshalb auch in systematischer Hinsicht wichtig erscheinen. Dem Unterrande ziemlich parallel verläuft ein schmaler Streifen, die sog. MiintclUnie, welche häufig und überall da, wo sich eine Athemröhre findet, für diese letztere eine vor und aufwärts ein- springende Bucht, die Mantdbucht, erzeugt. Sodann finden sich in der Regel zwei grosse rundliche Flecken, die Eindrücke eines vordem und hintern Schliessmuskels, welche den Leib des Thieres quer von der einen zur andern Seite durchsetzen und sich an der Innenfläche der Schale befestigen. Während in der Regel bei den gleichklappigen Muscheln (Ortlioconchae) beide Eindrücke wohl ausgebildet sind und an Grösse ziemlich gleichkommen, verkümmert der vordere Schalenschliesser bei den Ungleichklappigen (P/eMroco>?cÄew) bis zum vollständigen Schwunde, dagegen rückt der hintere nun um so umfangreichere Muskel weiter nach vorn bis in die Mitte der Schale hinein. Man hat diesen keines- wegs scharfen und Systematiscii verwerthbaren Unterschied dazu benutzt, um die zahlreichen Familien in zwei Gruppen 2i\?, Dimyarier nml Mono- myarier gegenüber zu stellen. Hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung besteht die Schale Perlenbildnng. Fuss. 749 aus kohlensaurem Kalk und einer organischen Grundsubstanz (Con- chyolin), welche nie'st eine geschichtete, blättrig lamellöse Textur dar- bietet. Zu diesen geschichteten Innern Lagen kommt häufig noch eine äussere mächtige Kalkschicht, welche aus grossen pallisadenartig an- einandergereihten Schmelzprismen (Kalksäckchen) zusammengesetzt, der Schmelzsubstanz des Zahns verglichen werden kann. Endlich folgt nicht selten an der äussern Oberfläche der Schale eine hoinige Cuticula , die sog. Epidermis. Das Wachsthum der Schale erweist sich theils als eine Verdickung der Substanz, indem die ganze Oberfläche des Mantels neue concentrisch geschichtete Lagen absondert, theils als eine Grössen- zunahme der Sclialenfläclie, welche durch schichtenweise angesetzte Neu- bildungen am freien Mantelrande erfolgt. Auf die letztere Art entsteht der äussere gefärbte und meist aus senkrechten Prismen zusammen- gesetzte Schalentheil nebst der hornigen Cuticula, während die concen- trisch gefalteten farblosen Innern Perlmutterlagen von der gesammten äussern Manteloberfläche gebildet werden. Diese verschiedeneu For- men der Mantelsecretion geben auch bei den sog. Perlmuscheln (Meleagrina, Unio margaritifef) zu der Entstehung von Perlen Veran- lassung ; indem fremde Körper, Sandkörnchen, thierische Parasiten oder deren Eier zwischen Schale und Mantel eindringen, bilden sie den Mittelpunkt für die Absonderung concentrischer Perlmutter- und Säulen- schichten, je nach ihrer wechselnden Lage auf der äussern Mantelfläche oder am Mantelrande. Indessen scheint eben so häufig und bei Unio margaritifer in der Mehrzahl der Fälle die Entstehung des Perlenkerns von dem Thiere selbst auszugehen , insbesondere von der Substanz der Epidermis. Als selbstständiges Locomotionsorgan dient der an der Bauchseite hervorstehende Fuss , der nur bei verhältnissmässig wenigen des Orts- wechsels verlustig gegangenen Muschelthieren fehlt (Östren, Anomia) oder auf einen rudimentären Stummel reducirt ist. Form und Grösse dieses vollständig zwischen die Schalen zurückziehbaren fleischigen An- hangs variirt übrigens nach der besondern Art der Bewegung sehr mannigfach, auch kann derselbe recht häufig die Function eines Spinn- apparates übernehmen, indem er aus einer medianen Furche seidenartige Fäden, das Secret der Byssusdrüse, hervortreten lässt, welche zur zeit- weiligen oder beständigen Anheftung des Thieres oder gar zu einer Art Nestbau {Crenella discors , Modiola vestita, Lima hians) verwendet werden. Am häufigsten dient der Fuss zum Kriechen im Sande und besitzt eine beilförmige oder fast halbkuglig abgestumpfte Gestalt, in anderen Fällen erweitert er sich durch seitliche Ausbreitung zu einer söhligen Kriechscheibe. Seltener gestaltet sich der Fuss bei bedeutender Grösse knieförmig und dient dann zum sprungartigen Fortschnellen des Körpers im Wasser {Cardiuni). Solche beweglichere Formen scheinen Y§0 Bohrmuscheln. Nervensystem. Sinnesorgane. Stande zu sein, den Ort auf grössere Entfernungen hin zu verändern und selbst grössere Wanderungen vielleicht im Zusammenhang mit der Fortpflan- zung zu unternehmen. Einige Muschelthierebesitzen einen linearen, keulen- oder walzenförmigen Fuss {Solen, Solenowya) und bewegen sich, indem sie den Fuss rasch einziehen und Wasser durch die Siphonen ausspritzen. Wieder andere, wie die rilgermn.scheln (Pecten) , schwimmen durch ab- wechselndes Auf- und Zuklappen der Schalen und sind sogar im Stande, von festen Gegenständen aus im Sprunge aufzufliegen. Bei Cryptodon hat der Fuss eine lange tentakelartige Gestalt. Viele benutzen auch den Fuss zum Eingraben des Körpers im Schlamme, aus welchem dann nur die hintere Partie oder auch die Siphonen hervorragen, andere endlich bohren sich in Holz (Teredo) oder gar in kalkiges festes Gestein (Pholas, Lithodomus, Saxicava etc.) ein und benutzen dabei den kurzen abgestutzten Fuss zum Anstemmen des Leibes , den festen und oft fein bezähnten Schalenrand unter Drehbewegungen als Reibe. Diese Art der Einbohrung scheint nach Robertson fih' Pholas und nach Harting für Teredo Geltung zu haben. Nach Hancock dagegen soll der Fuss und Mantelrand an der vordem Oett"nung der klaffenden Schale mit feinen Kieselkrystallen besetzt sein und nach Art einer Feile auf das Ausbohren des Gesteins wirken. Das Nervensystem enthält bereits die drei typischen Ganglienpaare des Weichthieres in symmetrischer Anordnung. Da weder ein Kopf- abschnitt zur Sonderung gelangt ist, noch die Sinnesorgane sich am vor- dem Körpertheile concentriren, erscheint das obere Schlundganglion ver- hältnissmässig wenig entwickelt. Seine Nerven versorgen vorzugsweise die Umgebung des Mundes, aber auch den Mantel, in welchen oft zwei starke Stännne eintreten. Nicht selten {Unio) weichen die beiden Hälften derselben seitlich auseinander und nähern sich dem unter dem Schlünde gelegenen, zuweilen weit nach vorn gerückten Fussganglion {Pecten) , des.sen Nerven sich an der Bauchseite des Körj)ers im Fusse verbreiten. Am meisten entwickelt erscheint das dritte Gangiienpaar, das Ewgeiveidc- oder Kiemerujavglion. Dasselbe steht mit dem Gehirne durch lange Comniissuren in Verbindung und liegt dem hintern Schliess- muskel an. Die Nerven desselben treten theils zu den Kiemen, theils zu den Eingeweiden und zum Mantel, an dessen Rande sie als zwei starke Nerven mit dem vom Gehirn kommenden Nerven oft unter Bil- dung von Geflechten verschmelzen. Auch treten vom Kiememjanglion ansehnliche Nerven zu den Siphonen aus, an deren Basis sich ein acees- sorisches Ganglienpaar findet. Von Sinnesorganen treflen wir Gehörorgane , Augen- und Tast- organe an. Die ersteren liegen als paarige Gehörblasen unterhalb des Schlundes dem Fussganglion an (während ihr Nerv im Gehirn seinen Ursprung nimmt) und zeichnen sich öfters durch die mächtigen Darmkanal. Herz- und Kreislaufsorgane. 751 Wimperzellen aus, welche in der Umgebung der Otolithen die Wandung bedecken. Augen finden sich theils als einfache Pigmentßecken am Ende der Athemröhre(Äo^e>2, Venus), theils auf einer weit liohern Stufe der Ausbildung am Mantelrande von Area, Pectunculus, Tdlina und insbesondere von Pecten , ' Spondylus. Bei den letztern Gattungen sitzen dieselben als gestilte Knöpfchen von smaragdgrünem oder hraun- rothem Farbenglanze zwischen den Randtentakeln vertheilt und bestehen aus einem Augenbulbus mit Cornealinse, Ch' rioidea, Iris und einer sehr reich entwickelten Stäbchenschicht, in welche sich der eintretende Seh- nerv auflöst. Zur Tastempfindung mögen die beiden Paare von Mund- lappen oder Segel vorzüglich geeignet sein; daneben aber fungiren auch die Ränder der Athemöfinungen mit ihren Papillen und Girren, sowie die oft sehr zahlreiclien und in mehreren Reihen geordneten Tentakeln am Mantelsaume z. B. bei Lima und Fecten als Tastwerkzeuge. Auch da wo solche nicht auftreten, wird der Mantel mit seinem reichen Nervennetz am Rande Sitz eines feinern Gefühls sein. Wahrscheinlich sind die hier verbreiteten haartragenden Zellen (Pinselzellen) das die Tastempfindung vermittelnde NerveneiDitel. Die Verdaungsorgane der Lamellibranchiaten beginnen mit der am vordem Pole zwischen den Mundlappen gelegenen Mundöflnung und enden am entgegengesetzten Körpertheile mit dem After. Dem Munde schliesst sich eine kurze Speiseröhre an, in welche durch den Wimper- besatz der Mundsegel kleine mit dem Wasser in die Mantelliöhle auf- genommene Nahrungsstoffe eingeleitet werden. Kauwerkzeuge, wie wir sie in Gestalt von Kiefern und einer Zunge bei den Cephalophoren finden, fehlen bei dieser Art der Ernährung vollständig. Die kurze Speiseröhre erweitert sich in einen kugligen Magen, an dessen Pyiorus- theil meist ein verschliessbarer Blindsack anhängt. In vielen Fällen findet man noch entweder in der eben erwähnten blindsackartigen Aus- stülpung des Magens oder im Darmkanale ein stab förmiges durchsich- tiges Gebilde, welches unter dem Namen Krysiallstil bekannt, als ein periodisch sich erneuerndes Ausscheidungsproduct des Darmepitels aufgefasst wird. Der eigentliche Darm erreicht überall eine ansehnliche Länge und erstreckt sich unter mehrfachen Windungen von Leber und Geschlechtsdrüsen umlagert in den Fuss hinein, steigt dann hinter dem Magen bis zum Rücken empor und mündet nach Durchsetzung des Herzens auf einer frei in den Mantelraum hineinragenden Papille aus. Der Kreislauf!) wird wie bei allen hohem Mollusken durch ein Arterienherz unterhalten, welches von einem Pericardium umschlossen in der Mittellinie des Rückens etwas vor dem hintern Schliessnmskel 1) Vergl. Langer, lieber das Gefässsystem derToichinuschel. Denkschriften der Wiener Akademie 1855 und 1856. 752 Bojanus'sche Organe. Kiemen. liegt und merkwürdiger Weise von dem Darmkanal durchbohrt wird. Das Blut tritt durch zwei seitliche Vorhöfe in das Herz ein. Auffallend ist die Duplicität des Herzens bei Area, deren paarige Aorten aber wieder zu einer vordem und einer hintern zusammentreten. Die Ver- ästelungen dieser beiden Gefässstämme führen das Blut in ein com- plicirtes System von Lacunen im Mantel und in den Zwischenräumen der Eingeweide. Dieses mit der Leibeshöhle zusammenfallende System von Bluträumen vertritt sowohl die Capillargefässe als die feinern Venen- netze, obwohl es neuerdings von mehreren Forschern (Langer, v. Hess- ling, Keber) für ein Capillar- und Venensystem in Anspruch genommen wurde. Auch vorher war schon bereits von Cuvier, Meckel ein geschlossenes Blutgefässsystem der Mollusken behauptet worden , das jedoch Milne Edwards durch wichtige Gründe widerlegte, so dass neuerdings sämmtliche Beobacliter von dem Vorhandensein wandungs- loser Lakunen und Parenchymlücken überzeugt wurden. Von grössern venösen Bluträumen sind vor Allem ein mittlerer unpaarer Sinus , in welchem das Lakunensystem des Fusses einführt und zwei seitliche Sinus an der Basis der KierneYi hervorzuheben. Von diesen letztern strömt das Blut theilweise direkt, der Hauptmasse nach jedoch durch ein Netz von Kanälen in der Wandung der Nieren oder Bojanus'schen Organe wie durch eine Art Pfortaderkreislauf in die Kiemen ein, um von da als arterielles Blut in die Vorhöfe des Herzens zurückzukehren. Durch dieComnmnication der Bojanus'schen Organe mit dem Herzbeutel und den Bluträumen wird höclist wahrscheinlich die Zumischung von Wasser zum Blute ermöglicht. Es finden sich auch Oeffnungen am Fusse , welche beträchtliche Mengen von Wasser in den Körper ein- führen und dem Blute zumischen. Früher hat man sogar aus diesem Grunde den Muschelthieren ein besonderes Wassergefäss. ystem zuge- schrieben, das sich jedoch auf Schwelhietze des Fusses reducirt, welche als ein Theil des Systemes der Blutlacunen durch Wasseraufnahme eine plötzliche Anschwellung des Körpers bewirken, aber ebenso ra>ch auch durch Ausspritzen des Wassers eine Abschwellung wieder herbeiführen können {Cydas, Cardium, Anodonta etc.) Als Athmungsorgane *) treten überall Kiemen auf, in der Regel als zwei Paare von Kiemenblättern {LameUihranchiaten), welche hinter dem Mundlappen entspringen und längs der Seiten des Rumpfes nach hinten verlaufen. Auf ihrer Oberfläche tragen die Kiemenblätter ebenso wie ihre interlamellären Wasserräume zum Unterhalten einer continuir- lichen Wasserströmung Wimperhaare. Gewöhnlicli ist die äussere dem 1) Vergl. ausser Bojanus, van der Hoeven, v. Rengarten, Langer, V. Hessling besonders C. Posner, Ueber den Bau der Najadenkieme. Arch. f. mikrosk. Anat. Tom. XI. 1875. Kiemen. 753 Mantel anliegende Kieme beträchtlich kleiner, zuweilen fällt dieselbe vollkommen hinweg, und es reducirt sich die Zahl der Kiemen auf ein einziges Paar, welches dann stets den Innern Kiemen entspricht. Zu- weilen verwachsen auch die beiderseitigen Kiemen vom hintern Ab- schnitte aus längs der Medianlinie mit einander und können im äussersten Falle einen dem Kiemensack der Ascidien ähnlichen Sack darstellen (Clavagella). Jedes Kiemenblatt besteht aus zwei Lamellen, die an der Basis zur Bildung eines Kiemenganges auseinander weichen, am freien Rande aber verschmelzen. Doch sind auch jederseits die innere Lamelle der äussern Kieme und die äussere Lamelle der Innern Kieme zu einer Art Kiemenscheidewand verwachsen. In der Kloake aber communiciren die vier Kiemengänge untereinander. Der Kaum , welcher unterhalb des Kiemenganges zwischen beiden Lamellen bleibt, ist durch Quersepta in eine Reihe von Fächern abgetheilt, welche das Wasser theils durch Oeffnungen am freien Rande , theils durch feine Canäle , von denen die Fläche der Lamelle siebartig durchbohrt ist, hineingelangt. Den Kiemen- gäng-en parallel verlaufen am Insertionsrande die Blutgefässe und zwar jederseits an der Kiemenscheidewand eine das Blut aus dem Bojanus- schen Organe aufnehmende Hauptarterie und zwei (an der äussersten und innersten Lamelle) abführende Hauptveiien. Von den arteriellen Längsstämmen (und von deren nach der äussersten und innersten Lamelle führenden Zweigen) treten Gefässäste den Zinken eines Kammes ver- gleichbar in die Septen ein, um das Blut in ein Netz von lakunären Räumen zu führen , aus denen das arteriell gewordene Blut in ent- sprechenden Nebenzweigen der Hauptvenen abfliesst. Dazu kommt aber noch ein oberflächliches System von Gelassen hinzu, welches das Blut zu den Venen hinleitet. Bei den Unioniden, deren Kiemenbau am genauesten bekannt ist, ziehen an der Oberfläche jeder Lamelle von der Basis zum freien Rande wulstartige Erhebungen als parallele Leisten hin. Jede dieser Kiemenleisten enthält gewissermassen als Kiemenskelet in bindegewebiger Substanz eingebettet ein Paar fester Stäbchen und zwischen denselben ein venöses Blutgefäss, den (bereits v. Ren garten) bekannten Stäbchencanal, der am Rande mit den centralen Bluträumen conmumicirt und hier in den Stäbchencanal der andern Fläche übergeht. Aus diesem oberflächlichen System von Gefässen soll dann das Blut in einem parenchymatösen Netze, an der Kiemenbasis direkt zu den Kiemen- venen gelangen. Bei den marinen Lamellibranchiaten gestaltet sich freilich der Kienicnbau noch complicirter. Indem sich die respiratorische Oberfläche der Kiemenlamellen in secundären Falten erhebt, bleiben die Kiemen- leisten nicht in gleicher Ebene, sondern kommen (im Querschnitt) auf eine wellenförmige Curve zu liegen. Die im Wellenthal meist oberhalb Claus, Zoologie. 3. Auflage. '^^ 754 Nieren. Geschleclitsorgane. eines Septums gelegenen Leisten erfahren eine Verstärkung und Um- bildung, bis sich schliesslich das Kiemenblatt durch vollkommene Spal- tung seiner in den Wellenthälern ausgespannten Septen in zahlreiche nur an der Basis zusammenhängende Fäden autlöst (Pecten, Spondylus). Von Execretionsorganen ist zunächst das nach seinem Entdecker benannte Boj an US 'sehe Organ hervorzuheben, eine paarige, zuweilen in der Medianlinie verschmolzene, länglich ovale Drüse, welche unterhalb und zu den Seiten des Herzbeutels jederseits in einer besondern sack- förmigen Höhle eingebettet liegt, einer Höhle, die seitlich an der Basis des Fusses zuweilen mit den Geschlechtsöffnungen vereinigt nach aussen mündet. Die Substanz dieser als Niere fungirenden Drüse ist ein gelblich oder bräunlich gefärbtes schwammiges Gewebe, dessen Maschenräume mit einem dichten Zellenbelege überkleidet sind, aus welchem sich Kalk- und Harnsäure -haltige Concremente (sowie Guanin) abscheiden. Die Communication des Centralraumes dieser Drüse mit dem Herzbeutel ist ebenso wie ihre von Bojanus entdeckte Beziehung zum Kreislauf des Blutes bereits hervorgehoben worden. Die Lamellibranchiaten sind mit Ausnahme einiger wenigen Gat- tungen {Pandora, Cyclas , Clavagella, Pecten, Ostrea) getrennten Ge- schlechtes ; beiderlei Geschlechtsorgane zeigen aber eine sehr gleichartige Form und Lage zwischen den Eingeweiden. Ovarien und Hoden stellen vielfach gelappte und traubige Drüsen mit rundlichen oder cylindrischen Blindsäckchen dar, welche paarig neben der Leber aufsteigen und die Windungen des Darms umlagernd in die Basis des Fusses hineinrücken. Selten treten dieselben theilweise [Anomid] oder vollständig {Mytilus) in den Mantel über. Eier und Samen nehmen aus den Epitelialzellen der vollkommen übereinstimmend gebauten Geschlechtsdrüsen ihren Ur- sprung und sind gewöhnlich schon dem unbewaffneten Äuge an ihrer Färbung kenntlich, indem die Eier in Folge der Dotterfärbung roth, der Samen dagegen milchweiss bis gelblich erscheint. Die Ausführungs- öffnungen der Genitaldrüsen liegen paarig zu den Seiten nahe an der Basis des Fusses und fallen entweder mit den beiden Oeffhungen des Bojanus'schen Organes zusammen {Area, Pinna, Mytilus), oder führen die Geschlechtsstoffe zunächst in den Innenraum dieses Organs selbst ein {Pecten, Spondylus), oder sie liegen dicht neben den Oeffnungen desselben {ünio, Anodonta, Pectunculus). Ganz ähnlich verhalten sich in Form, Lage und Ausmündung die Zwitterdrüsen, deren Samen- und Eier -bereitende Follikel entweder räumlich gesondert sind und dann bald in getrennten Mündungen {Pandora) , bald in einer gemeinsamen Genitalöffnung (Pecten, Clavagella, Cyclas) nach aussen führen, oder dieselben Follikel fungiren abwechselnd bald als Hoden bald als Ovarien {Ostrea, Cardium norivegicimi). Bei den getrenntgeschlechtlichen Lamellibranchiaten können mann- Brutpflege. Entwicklung. 755 liehe und weibliche Thiere, wie dies für die Süsswasser- bewohnenden ünioniden gilt, eine verschiedene Schalenform besitzen, indem sich die Weibchen, deren äussere Kiemenblätter mit den Fächern ihier Innen- räume zur Aufnahme der Eier als Brutbehälter verwendet werden, durch weit gewölbtere Schalen auszeichnen. Indessen kommen auch unter den Flussmuscheln hermaphroditische Individuen sowohl bei Unio als bei Anodonia vor. Die Befruchtung kommt wahrscheinlich in der Regel im Mantel- oder Kiemenrauni des mütterlichen Körpers zu Stande, indem dieser durch die Athemröhre das von dem männlichen Thiere entleerte Sperma einzieht und durch die Wimpern der Kiemenblätter den austretenden Eiern zuführt. Fast sämmtliche Lamellibranchiaten legen Eier ab, lebendig ge- bärende Arten gehören zu den seltenen Ausnahmen. Fast überall bleiben die befruchteten Eier eine Zeit lang zwischen den Schalen oder gelangen sogar in die Kiemenblätter und durchlaufen während dieses Aufenthaltes unter dem Schutze des Mutterleibes die Bildungsvorgänge des Embryo's, welcher auf einer gewissen Entwicklungsstufe ins PYeie gelangt. Besonders tritt die Brutpflege bei den Süsswasserbewohnern hervor; bei den Ünioniden gelangen die Eier massenweise (zunächst aus der ziendich weit vorn gelegenen Geschlechtsöffnnng in den Innern Kiemengang, von da aber in der Kloake durch die Flimmerströmung getragen in umgekehrter Richtung) in den grossen Längskanal der äussern Kiemenblätter und vertheilen sich von da in die Fächer, welche mächtig erweitert in eigenthümliche Brutsäcke umgewandelt werden können. Bei Cyclas sitzen jederseits eine Anzahl von Bruttaschen an der Basis der Innern Kieme an, deren Zellbekleidung zur Ernährung der Embryonen dient. Die Gattungen ünio und Anodonta entleeren dagegen ihre Fächer und Bruttaschen in der Art, dass der Inhalt als eine durch Schleim verbundene Masse von Eiern mit rotirenden Em- bryonen oder gar als zusammenhängende Eierschnur durch den grossen Längskanal austritt. Die Entwicklung') erweist sich in der Regel als eine mehr oder minder complicirte Metamorphose. Ueberall erfolgt die Anlage des Embryo? nach totaler Dotterfurchuug und stellt sich als eine all- 1) Vergl. ausser Lacaze-Duthiers besonders Loven, Bidrag tili Känne- domen om ütvecklingen af Mollusca Acephala Lamellibranchiata. Stockholm 1848. Stepanoff, Entwicklung von Cyclas. Archiv für Naturgesch. 1865. 0. Schmidt, Zur Entvricklungsgeschichte der Najaden. Sitzungsb. d. Wien. Acad. 1856. Forel, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Najaden. Wurzburg 1867. Fl e mm in g, Studien über Entwicklungsgeschichte der Najaden. Sitzungsber. d. Wien- Acad. 1875. 48* 756 Entwicklr.ng. seifige Koimschicht dar, welche zuerst Mantel und Wimpersegel, selten den Fuss zur Sonderung bringt und tlieihveise mit Wimperhaaren be- kleidet, in dem Eiweiss innerhalb derEihüllen rotirt. Auch die Bildung des Mundes und eines innern Magenraums tritt meist frühzeitig ziemlich gleichzeitig mit der Anlage voiri Mantel auf. Erst nachher differenziren sich Nervensystem und Gehörblasen und noch weit sptäter Herz, Nieren und Kiemen, während der Mantel alsbald auf seiner äussern Fläche die beiden anfangs oft ziemlich weit abstehenden Schalenanlagen absondert. Unter den provisorischen Einrichtungen hat das sog. Segel ein wie es scheint allgemeine Verbreitung, indem dasselbe frühzeitig an allen Em- bryonen auftritt, besonders aber den frei schwimmenden Larven als ein umfangreicher Wimperreif oder Wimperkragen am vordem Pole eigen- thümlich ist. Indessen erscheint doch der Modus der Entwicklung für die einzelnen Gruppen wesentlich vorschieden. Im Allgemeinen kann man dieEmbryonalentwicklungder Flussmuscheln {Cydas, Unio, Anodonta), bei denen die Eier und Embryonen in sehr geschützten Bruträumen aufgenommen werden, eine vollständigere nennen. BeiC^c/tt5 erfährt der Dotter nach Ganin') eine gleichmässige Furchung, und esentsteht eine einschichtige Keimhautblaso, deren Zellen sich in grös- sere dunkelkörnige und kleine glattere Zellen sondern. Letztere sollen später die erstem überwachsen und in die Körperhöhle drängen, während nach Kay Lankester durch Einstülpung der Keimblase die benannte zwei- schichtige Larvenform entsteht. Bei Unio, deren Eier am obern Pole (Haftstelle der Keimdrüse) einen kleinen Hohlcylinder {MiliropyJe) zeigen, ist die erste Erscheinung, welche dem Furchungsprocess voraus- geht, die Austreibung der sog. Piichtungskörperchen (Umwandlungsprodukt des Keimbläschens?). Es folgt nun ein Zustand, für welchen (Flem- ming) die Abwesenheit jeglichen Kernes behauptet wird. Dann entsteht in der Mitte der Kugel eine helle Stelle, die sich bei leichtem Druck als aus zwei aneinanderliegenden hellen Plasmaportionen gebildet erweist. Von der Peripherie strahlen die Dotterkörner radiär in regelmässigen Reihen aus. Die Bildung dieser Centren geht der Zweitlieilung der sich streckenden und bimförmig werdenden Dotterkugel voraus, die sich dann in eine grosse dunkele und eine kleine helle Furchungskugel son- dert. Die gleiche Verschiedenheit der beiden ersten Segmente zeigen auch Modioluria und Cardium (Loven). In jedem derselben erscheint bald darauf ein runder zart conturirter Kern. Alsbald theilt sich eine jede der Kugeln, nachdem vorher der Kern geschwunden und zwei neue Radienfiguren entstanden sind, wiederum in zwei Zellen, von denen sich 1) Ganin, Beiträge zur Lehre von den embryonalen Blättern der Mollusken. Warschauer Universitätsberichte 1873. Entwicklun.ir von Unio. 757 die neugebildete kleinere der dunkeln Kugeln ebenfalls aufhellt. Nun tritt eine Abflachung der diei kleinen hellen Zellen ein , durch welche zwischen dieser und der grossen dunkeln Kugel eine Art Keimhöhlen- bildung eingeleitet wird. Durch abermalige Abschnürung der dunklen oberii Kugel und weitere Prolification des dreizelligen untern oder dor- salen Keimtheils entstehen eine grössere Zahl flacher Zellen, welche die untere Wand der Keimblase bilden. Auch die obere dunkle Kugel zerfällt dann in zwei und mehr Kugeln , die schliesslich einen Ballen ruixllicher, grobe Dotterkörner enthaltender Zellen darstellen. Nun gestnltet sich der rotirende (Wimperwulst) Keim bilateral und gewinnt eine gradlinige Streckung der Riickenseite, während die Vorderwand eine bedeutende Verdickung (Vorderspange) darbietet. Ob sich auf dem Wege der Ueberwnchsung, Einstülpung oder Spaltung Keimblätter bilden, gelang bislang nicht nachzuweisen. Auf dem Rückentlieile tritt nun die - Schale (mit dem Schalennmskel) auf, anfangs kaum die Oberhälfte des ' Keimes deckend , und unter dem Rande derselben entstehen jederseits " 4 Haarbündel. Erst jetzt stülpt sich die untere Fläche der Blasenwand in einer medianen Naht tief bis zum Schalenmuskel ein uRd eizeugt die ... embryonalen Mantelhälften. Auch entsteht eine Byssusdrüse, deren;, Sekret in Form gewundener Fäden bemerkbar wird. In die.>lio|iocleii. Getrennt yeschlechtliche Mollusken ohne Kopf, Äugen und Herz, mit dreilappigem Fusse und röhrenartiger , an beiden Polen geöffneter Kalkschale. Erst die trefflieben Untersuchungen von Lacaze-Duthiers haben über diese Gruppe von Mollusken, welche man lange Zeit als Cirrobranchiaten den Gastropodon unterordnete, hinsichtlich des Baues und der Entwicklung Licht verbreitet und l^ewiesen, dass sie den Ace- phalen nahe stehen und den Uebergang jener zu den Cephalopho.en 1) Lacaze-Duthiers, Histoire de l'organisation et du developpement du Dentale. Annales des sciences naturelles. IV. Ser. Tom. VI. VII und VIII. 1856. 1857. 1858. M. Sars, Om Siphonoden talium vitreum etc. Christiania 1861. III. Classe: Gastropoda, Bauchfüsser. 765 vermitteln. Das Gehäuse bildet eine langgestreckte, etwas gekrümmte und nach oben zugespitzte offene R:)hre, in welcher der ähnlich gestal- tete Thierleib, durch einen Muskel dem dünnern untern Schaknrande angeheftet, verborgen liegt. Derselbe trägt einen sackförmigen Mantel und einen dreilappigen Fuss, welcher aus dem vordem Ringwulste des Mantelrands und der grössern Schalenöffnung hervortritt. Ein gesonderter Kopfabschnitt fehlt, dagegen findet sich im Mantelraum ein eiförmiger Aufsatz, an dessen Spitze die von 8 blattähnlichen Lippenanhängen umstellte Mundöffnung liegt. Als Mundbewaffnung ist sowohl (rechts und links) ein seitliches Kieferrudiment als eine mit 5 Plattenreihen besetzte Zunge vorhanden. Der Nahrungskanal zerfällt in Schlund, Speiseröhre, Magen mit umfangreicher Leber und in einen Darm, welcher nach mehrfachen, knäuelartig zusammengedrängten Windungen hinter dem Fusse in der Mitte des Mantelraumes ausmündet. Ein Herz fehlt, und es reduciren sich die Kreislaufsorgane auf zwei Mantelgefässe und complicirte wandungslose Räume der Leibeshöhle. Die Athmung ge- schieht durch die Mantelfläche, und wohl auch durch die fadenförmigen Tentakeln, welche auf zwei Wülsten (i?«?5^Ta(/ew) hinter dem kopfartigen Mundfortsatz entspringen. Die Niere liegt in der Umgebung des Mast- darmes und mündet durch zwei Oeffnungen rechts und links vom After aus Das Nervensystem besteht aus den bekannten drei Gangliengruppen, von denen das Fussganglion zwei Gehörblasen trägt. Augen fehlen. Als Tastorgane sieht man die zahlreichen bewimperten Tentakelfäden an. Die Röhrenschnecken sind getrennten Geschlechts und lassen p]ier und Samenfäden durch eine hintere Mantelöffnung am spitzen Endtheile der Röhre nach aussen gelangen. Sie leben versenkt im Schlamme, kriechen aber mittelst des Fusses langsam umher. Die Jungen schwärmen eine Zeitlang als Larven mit Wimperbüschel und Wimperkragen, erhalten dann eine fast zweiklappige Schale, Segel und Fuss, erst später gestaltet sich die Schale röhrenförmig. 1. Ordnung: Solenoconchae, Röhrenschnecken. Mit den Charakteren der Unterklasse. Farn. Dentalidae. Mit den Charakteren der Ordnung. Dentalimn L., D. en- talis L,. B. eleijhanünum L., Mittelmeer und Ind. Ocean. m. Classe. Ciastropoilii '), ISaiicIifissser. Weichthiere mit mehr oder minder gesondertem Kopfe, bauch- ständigem, mushdösem Fusse und ungetheiltem Mantel, tvelcher ein einfach tellerförmiges oder spiralig gewundenes Gehäuse absondert. Der vordere Körpertheil ist mehr oder minder scharf gesondert 1) Adamson, Histoire naturelle du Senegal, Coquillages. Paris. 1857. 766 Körperbau. Fuss. und bildet mit den mit Sinnesorganen und Mundwerkzeugen versehenen Kopf. Derselbe trägt gewöhnlich zwei oder vier Fühler und zwei Augen, seltener an der Spitze, in der Regel an der Basis eines Fühlerpaares. Am Rumpfe erhebt sich der bauchständige muskulöse Fuss, dessen Form und Grösse mehrfache Veränderungen erleidet. Nur selten fällt der Fuss als gesonderter Abschnitt hinweg {PhyUirhoe), in der Regel stellt er eine breite und lange söhlige Fläche dar {Piatypoden), erscheint aber bei den Heteropoden als senkrecht erhobene Flosse und ist bei den Fteropoden vorn in zwei seitliche fliigelartige Lappen aus- gezogen. Für die Gestaltung des Rumpfes ist ferner von Wichtigkeit die Lage und Form des Mantels, welcher sich nach Art einer' Mütze oder Kaputze auf dem Rücken erhebt und eine mehr oder minder um- fangreiche Duplicatur bildet. Der Rand desselben ist meist verdickt, zuweilen auch in Lappen verlängert oder in Fortsätze ausgezogen. Die untere Fläche des Mantels begrenzt in der Regel als Decke eine auf die Rückenfläche und auch auf die Seiten des Rumpfes ausgedehnte Höhlung, welche das (ebenso wie bei den Lamellibranchiatcn zwischen Mantel und Fuss gelegene) ßespirationsorgan in sich aufnimmt und durch einen Ausschnitt, Oeffnung oder i'öhrenartige Verlängerung am Mantelrand mit dem äussern Medium in Comnmnication steht. Der Leibesraum dagegen entwickelt sich entweder einfach und gleichmässig auf der obern Fläche des Fusses oder führt zur Entstehung eines bruchsack- artig hervortretenden Eingeweidesackes, der sich nach dem obern Ende allmählig verjüngt und in der Regel spiralig aufrollt. Mantel und Ein- geweidesack werden von dem Gehäuse bedeckt, welches die Form der Wandungen des letztern einigermassen wiederholt, meistens aber auch Kopf und Fuss beim Zurückziehen des Thieres vollkommen in sich auf- nehmen und schützen kann. Das Gehäuse stellt sich in der Regel Martini und Chemnitz, Conchylien-Cabinet. 12 Bde. Herausgegeben von Küster. Nürnberg. 1837 — 1865. Ferrussac, Histoire naturelle, generale et particuliere des Mollusques, terrestres et fluvitalis. Paris. 1819—1850. Sowerby, Thesaurus conchyliorum or figures and descriptions of sheUs. London. 1832 — 1862. Reeve, Conchologia iconica etc. London. 1842—1862. Guoy et Gaimard, Voyage de la corvette l'Astrolabe. Mollusques. 1826 — 1834. H. und A. Adams, Ihe Genera of the recent Mollusca. 3 Vols. London. 1858. H. Troschel, Das Gebiss der Schnecken. 1. Bd. Berlin 1856—1863. Th. H. Huxley, On the Morphology of the Cephalous Mollusca. Transact. roy. Soc. London. 1853. W. Ke ferst ein, Bronn's Klassen und Ordnungen der Weichthiere. Tom. IIl. 2. Abth. Leipzig. 1862—1866. Woodward, Manual of the Mollusca 2 Ed. London. 1868. W. Sä- len sky, Beitrüge zur Entwicklungsgeschichte der Prosobranchien Zeitschr, für wiss. Zool. Tom. XXII. 1872. Vergl. ferner die zahlreichen Aufsätze über Anatomie und Entwicklung von Milne Edwards, Gegenbaur, Quatrefages, Leydig, Hancock, Em- bleton, Claparede, Lacaze-Duthiers etc. Schneckengehäuse. ' 7G7 als eine feste Kalkschale dar, deren Struetur eine ähnliche Beschaffen- heit wie die Perlmutterschicht der Muschelschale besitzt, und welche noch von einer rauhen selbst haarigen Epidermis überzogen sein kann. Zu- weilen bleibt die Schale zart, hornig und biegsam, indem die schichten- weise abgelagerten organischen Substanzen minder dicht vom Kalke imprägnirt sind {Aply.ia), oder sie nimmt eine gallertartige {Tiede- mannia) bis knorplige Beschaffenheit an (Cyrnhulia). Seltener erscheint die Schale so klein, dass sie nur die Mantelhöhe mit dem Respirations- organe bedeckt oder gar in der Mantelhaut verborgen liegt {Limax, Pleurobrafichiaten'), häufiger schon wird sie frühzeitig abgeworfen, so dass den Thieren im reifern Alter ein Gehäuse völlig abgeht (viele marine Nachtschnecken). Ebensowenig wie der Mantel ist das Absou- derungsprodukt desselben, die Schale, in zwei seitliche durch ein Schloss verbundene Hälften gespalten, wohl aber kann dieselbe in eine Anzahl von Stücken zerfallen, welche in der Längsaxe ähnlich den Schienen des Hautpanzers von Gliederthieren auf einander folgen. In diesem Falle (Käferschnecken, Chitotien) gestattet die segmentirte Schale, die den Weichgebilden des Körpers einen ähnlichen Schutz als der Haut- panzer den Gliederthieren gewährt, Bewegungen ihrer Segmente, und es können sich diese Schnecken in ähnlicher Weise nach der Bauchfläche zusammenkugeln, wie die Kugelasseln und Trilobiten. Abgesehen von dieser einzigen Ausnahme bleibt die Schale überall einfach und zwar erscheint sie entweder flach und napfförmig {Patella'} ohne Gewinde, oder aber in sehr verschiedener Weise spiral gewunden von einer flachen scheibenförmigen bis zu der langausgezogenen thurmförmig verlängerten Spirale. Im erstem Falle entspricht dieselbe ihrer Form nach mehr der embryonalen Schalenanlage, welche als eine zarte mützenförmige Decke dem Mantel aufliegt oder auch selbst im Innern desselben (Helicinen) ihren Ursprung nimmt und erst mit der Entstehung von Wendungen die Manteldecke durchbricht. Mit dem Wachsthum des Thieres wächst auch die Schale an ihrem dem Mantelrande aufliegenden Saume weiter (Anwachsstreifen) und erhält bei ungleichmässigem Wachs- thum Spiralwinduiigen, deren Durchmesser allmählich und continuirlich sich vergrössert. Da das unsymmetrische Wachsthum der Schale in dem unfertigen Wachsthum des Körpers seinen Grund hat, so begreift es sich, dass an der grössern Aussenlippe der Mundung die unparen Organe CAfter, Geschlechtsöflnung) münden. Man unterscJieidet an der spiralig-gewundenen Schale den Scheitel oder die Spitze (Apex) als den Theil, von welchem aus die Bildung der Schale begann und die Spiral- windungen ihren Anfang nahmen, ferner die Mündung {Apertura'), welche dem Scheitel gegenüber liegt, in die letzte und meist grösste Windung einführt und mit ihrem beim ausgewachsenen Thiere aufge- wulsteten Lippen (Peristoma) dem Mantelrande auflag. Die Win- 768 Schneckengehäuse. Schleim- und Pigmentdrüsen. duiigon drehen sich rechts oder links ^) um eine von der Spitze nach der Mündung gerichtete Achse, welche entweder in die solide Spindel {Columella) , oder in einen hohlen Längscanal derselben hineinfällt, dessen Mündung als Nabel (Umho) bezeichnet wird. Dieser Kanal kann, falls die Windungen von der Achse entfernt bleiben, zu einem hohlen fast kegelförmigen Raum mit weitem Nabel werden {^Solarium). In der Regel legen sich die Windungen unmittelbar an einander an und erzeugen Linien, Nähte, durch welche ihre Grenzen bezeichnet werden. Bleiben die Windungen aber getrennt (Scalaria 2J'»'ßi^osa^, so fallen natürlich die Nähte hinweg. Nach der Lage der Spindel unterscheidet man einen Spindelrand oder innere Lippe und einen Aussenrand oder äussere Lippe der Apertur. Diese letztere erweist sich entweder ganz- randig {Jiolostom), oder durch eine Ausbuchtung unterbrochen, welche sich oft in einen kanalartig ausgehöhlten Fortsatz \Qv\öx\gQvi{sip}ionostom). Einbuchtung und Schnabelfortsatz bezeichnet die Lage für die Oelfnung der Athemhöhle , deren Slpho. Besonders wichtig für die Formgestaltung der Schal eerscheint die Lage und Anordnung der Windungen. Fallen dieselben ungefähr in eine Ebene, so wird das Gewinde scheibenförmig (Planorbis), laufen die Umgänge schief um die Achse wie an einer Wendeltreppe, so werden die Schalen walzenförmig (Pupa), conisch {Trochus'), kreiseiförmig {Littorina) , kuglig (Dolimn) , thurmförmig \^Turitella), spindelförmig (Fusus), ohrförmig {Haliotis} und zusammen- gewickelt {Conus, Cypraeci). Bei vielen Schnecken kommt endlich zum Gehäuse ein horniger oder kalkiger Deckel {Operculum) hinzu, der meist am hintern Ende des Fusses aufsitzt und beim Zurückziehen des Thieres die Schalenöifnung völlig verschliesst. Viele Landschnecken sondern im Gegensatz zu diesen persistenten und vom Fusse getragenen geringelten oder spiralig gewundenen Deckeln vor dem Eintritt des Winterschlafs einen Kalkdeckel ab, welcher im kommenden Frühling wieder abge- stossen wird. Die äussere weiche schleimige Körperhaut besteht aus einem uber- 1) Um zu bestimmen, ob die Schale rechts oder links gewunden ist, hält man die Achse senkrecht mit dem Apex nach oben und mit der Apertur nach unten dem Beschauer zugekehrt. Liegt die letztere rechts von der durch die Achse gezogenen Sagittalebene , so bezeichnen die Conchyliologeu die Schale rechtsge- wunden etc., im Gegensatz zu Listing, der diese Spirale läotroj? nennen würde Denkt man sich in der rechtsgewundenen Spirale von der Spitze der Winduno-en abwärts herabsteigend, so behält man unter beständiger Rechtsdrehung die Achse zur rechten, bei der linken umgekehrt zur linken. Diese Haltung aber ist bei dem Fort wachsen der Schale an der Apertur massgebend. Rechtsgewundene Schalen werden an der rechten Seite getragen mit der Spitze nach hinten und rechts gewendet. Auch liegen bei den Schnecken mit rechts gewundenen Schalen Athemloch-After und Geschlechtsöffnungen rechtsseitig. Nervensystem. 769 flächlichen , in grösserer oder geringerer Verbreitung Wimperhaare tra- genden Cylinderepitel und einer bindegewebsreichen Unterhaut, von welcher die Hautmuskulatur nicht zu trennen ist. Als Einlagerungen der Haut sind Kalk- und Pigmentdrüsen hervorzuheben, welche be- sonders am Mantelrande in grösserer Menge angehäuft, durch den Kalkgehalt ihres Secretes zum Wachsthum sowie zur eigenthümlichen Färbung der Schale beitragen. Dieselbe wird ganz nach Art von Cuti- cularbildung durch das Epitel abgesondert und erstarrt, indem die der organischen Grundlage beigemengten Kalksalze eine feste und krystal- linische Beschaffenheit annehmen. Die oberste Schicht der Schale bleibt hingegen oft als zarte dünnhäutige Epidermis unverkalkt, während ihre innere Fläche sich bald mehr bald weniger durch Perlmutterschichten, welche die Manteloberfläche absondert, verdickt. Die Verbindung des Thieres mit der Schale wird vorzugsweise durch einen eigenthümhchen Muskel bedingt, welcher wegen seiner Lage an der Columella Spindel- muskel heisst. Dieser Muskel entspringt am Rücken des Fusses, bildet eine kräftige Verdickung an der Wand des Eingeweidesackes und setzt sich am Anfang der letzten Windung an der Spindel fest. Das Nervensystem^) zeigt manche Aehnlichkeit mit dem der Lamellibranchiaten. Auch hier haben wir drei Gangliengruppen als Gehirn-, Fuss- und Visceralganglicn zu unterscheiden , welche je nach der Länge der Commissuren bald mehr bald minder weit von einander entfernt liegen. Selten wird die Concentration eine so grosse, dass eine gemeinsame vom Oesophagus durchbohrte Ganglicnmasse entsteht, an der man die drei Gangliengruppen schwer und nur mit Hülfe der aus- tretenden Nerven unterscheiden kann. Da das Gehirn über der Speiseröhre, die beiden andern Gangliengruppen unter derselben liegen und beide durch besondere Faserstränge mit dem Gehirn verbunden sind, so enthält der Schlundring doppelte Commissuren. Aber auch die untern Ganglien sind untereinander durch eine Commissur verbunden, so dass eine Art »triangle lateral« entsteht. Das Gehirn- ganglienpaar zuweilen auch nach den Seiten der Speiserölire auseinander gerückt, sendet Nerven zu den Lippen, der Munumasse, den Fühlern und Augen, das Fussganglienpaar an der untern Fläche der Speiseröhre zu den Muskeln des Fusses, die Visceralganglienmasse, meist über und hinter dem Fussganglion gelegen und in 5 Ganglienanschwellungen ge- theilt ist, versorgt den Mantel, die Kiemen und Geschlechtsorgane mit Nerven. Man betrachtete daher oft die beiden erstem als die eigent- lichen Centraltheile , die letztern dagegen als vegatives Nervensystem, 1) Lacaze-Duthiers, Du Systeme nerveux des mollusques gasteropodes pulmones aquatiques. Arch. de Zool. exp. et gen. par H. de Lacaze-Duthiers. Tome I. 1872. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 49 770 Gastropoden. Sinnesorgane. ohne jedoch eine schärfere Sonderung hinreichend begründen zu können. Uebrigens kommen zu diesen grössern Hauptganglien noch eine ver- schiedene Zahl von kleinen Ganglien im Verlaufe der Nervenstämrae hinzu. Ein vom Gehirn nach vorn verlaufender Nerv bildet an jeder Seite der Speiseröhre ein Buccalganglion, dessen Nerven zu der Mund- masse und Schlundwand treten^ ein Nerv des Visceralganglions bildet in der Gegend der Leber, ein anderer in der Nähe der Kiemen und ein dritter in der Nähe des Spindelmuskels ein mehr oder minder umfang- reiches Ganglion. Von Sinnesorganen treten fast überall Augen, Gehörblasen und Tastorgane auf, doch schreibt man manchen wie z. B. den Heteropoden sowie den Landpulmonaten auch Geruchsorgane zu. Die Amjen sind in doppelter Zahl vorhanden und liegen meist an der Spitze von Stielen, welche aber in der Regel mit den Fühlern verschmelzen. Die bedeu- tendste Grösse und höchste Ausbildung erlangen die Augen der He- teropoden'), bei welchen sie in besondern glashellen Kapseln befestigt eine Bewegung des Bulbus gestatten. Dagegen fehlen sie den Soleno- conchen und zahlreichen Fteropoden, auch einigen Flatypoden'^aituwgi^n z. B. Chiton. In Grösse und Bau könnten sie am nächsten den sog. Punktaugen der Spinnen und Insekten verglichen werden, wenngleich die feinere Structur in mehrfacher Hinsicht wesentlich abweicht. Die beiden Gehörblasen sind mit Ausnahme der Heteropoden dem Fuss- ganglion verbunden, indem sie demselben bald unmittelbar aufsitzen, bald einen kürzeren oder längeren Nerven enthalten , dessen Wurzel überall im Gehirn"^) entspringt (Lacaze-Du thiers, Leydig). Die Wandung der Gehörblase besteht aus einer structurlosen, in der Regel mit einen» Flimmerepitel ausgekleideten Membran. Die oft zitternden Bewegungen der Otolithen werden durch diese Flimmerhaare veranlasst, die Art der Nervenendigung aber ist nicht bekannt. Als Tastorgane hat man vor allem die Fühler anzusehen, ferner die oft wulstigen Lippenränder, aber auch lappenartige Verlängerungen, welche sich hin und wieder am Kopfe, Mantel und Fusse finden und als Kopflappen, Mantellappeu und Fusslappen bezeichnet werden. Die Fühler') kommen meist in doppelter Zahl vor und fehlen nur ausnahmsweise vollständig {Chiton, Tierotrachea etc.). Dieselben sind einfache contractile Fort- setzungen der Körperwand, welche nur bei einigen Pulmonaten einge- 1) V. Hansen, üeber das Auge einiger Cephaloijhoren. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XV. 1865. 2) Leydig, Archiv für mikrosk. Anatomie. 1871. Lacaze- Duthiers, Otocystes ou capsules auditives des Mollusques (Gasteropodes) Arch. d. zool. exp. Tom. I. 1872 3) W. Flemming, Untersuchungen über Sinnesepitelien der Mollusken. Arch. tür mikr. Anatomie. Tom. VI. 187U Verdauungsorgane. Gefässsystem. 771 stülpt werden können und bergen einen Nerven mit gangliöser End- anschwellung in der Fühlerspit/e. Ueberall wohl sind eigenthUmliche Haarzellen, deren Haarbüschel bei den Wassermollusken pinselförmig hervorragen, als Sitz des feinern Gefühls anzusehen. Dieselben hängen mit Nervenfasern zusammen und sind über die ganze Oberfläche des Körpers zwischen dem Cylinderepitel verbreitet, an den bezeichneten zur Tastempfindung dienenden Körpertheilen aber besonders gehäuft. Die Fühler der Landschnecken aber besitzen an ihrer Endplatte zwischen besonders geformten Epitelzellen eine sehr reiche Ausbreitung feiner Sinneszellen (Körbchen mit Stiften, Flemming) und dienen wahr- scheinlich als Geruchsorgane. Die Verdauungsorgane verlaufen seltener in gerader Richtung, gewöhnlich unter mannichfachen Windungen, zuweilen knäuelartig zu- sammengedrängt im Leibesraum, biegen in der Regel nach vorn um und münden meist rechtsseitig vorn in dem Mantelraume. Meistens liegt der After in der Nähe der Athemorgane, zuweilen aber auch auf der Rückenfläche weit nach hinten gerückt. Die von Lippenrändern um- grenzte Mundöffnung führt in eine mit festen Kautheilen bewaffnete Mundhöhle, deren muskulöse Wandung die Bezeichnung dieses Abschnittes als Schlundkopf veranlasst hat. Aus dieser Mundmasse, in welche zwei Speicheldrüsen einmünden, entspringt die lange Speiseröhre, dann folgt ein erweiterter meist blinddarmförmiger Magenabschnitt und auf diesen der meist lange mehrfach gewundene Darm, umhüllt von einer sehr umfangreichen vielfach gelappten Lebermasse, welche vornehmlich den oberen Theil (die oberen Windungen) des Eingeweidesackes ausfüllt und ihr Secret durch mehrfache Gänge in den Darm, aber auch in den sog. Magen ergiesst. Die Gestaltung des Verdauungskanals und der Leber bietet übrigens im Einzelnen zahlreiche und wesentliche Modifikationen, unter denen am meisten der mit Leber-Blindsäcken versehene Darm der Fhlehenteraten abweicht. Der Endabschnitt des Darmes zeichnet sich fast durchgängig von dem vorausgehenden Dünndarm durch seine Weite aus und kann als Mastdarm oder Rectum unterschieden werden. Die Bewaffnung der Mundhöhle, welche den Cephalophoren vor den Acephalen eigenthümlich ist und eine besondere systematische Be- deutung gewonnen hat, wird theils durch Kiefer an der obern Schlund- wand, theils durch die sog. Reibmenibran eines zungenartigen Wulstes im Boden der Mundhöhle gebildet. Der Kiefer liegt als bogenförmige hornige Platte dicht hinter dem Lii)penrand, oder zerfällt in 2 seitliche sehr verschieden geformte Stücke, zwischen denen bei einigen Pulmonaten ein unpaares Kieferstück bestehen bleibt. Unterkiefer fehlen, dagegen liegt im Boden der Mundhöhle ein theils muskulöser theils knorpliger Wulst, welcher mit vollem Rechte der Zunge der Wirbelthiere verglichen wird und daher passend die gleiche Bezeichnung erhalten hat. Die 49 * 772 Gastropoden. Gefässsystem. Oberfläche desselben ist mit einer derben hornigen Membran, der Reib- platte oder Badula bekleidet, auf welcher sich höchst charakteristisch gestaltete, in Querreihen angeordnete Plättchen, Zähne und Haken er- heben. Nach hinten setzt sich die Radula in eine cylindrische Tasche, die sog. Ztwgenscheide fort, welche aus dem untern Ende der Mund- masse schlauchartig hervorragt und als Bildungsstätte der Radula fungirt. Die Grösse, Zahl und Form der Platten oder Zähne auf der Oberfläche der Radula variirt ausserordentlich, liefert aber für die Gattungen und Familien systematisch wichtige Charactere. Ueberall wiederholen sich die Querreihen von Platten, die sog. Glieder der Reibmembran, in der Weise, dass auch in der Länge der letztern Plattenreihen entstehen, welche in Mittelplattm, Zivischenplatten und Seitenplatten unterschieden werden. Am wenigsten ist dieser zum Erbeuten, Einziehen und Zer- reiben der Nahrung dienende Apparat bei den Pieropoden entwickelt, von denen einzelne Gattungen der Radula ganz entbehren (Cymhulia), dagegen erlangt derselbe die höchste Entwicklung bei den Heteropoden, welche ihre hakenlörmigen Seitenzähne beim Hervorstrecken der Zunge aufrichten und beim Zurückziehen zusammenklappen ; am mannichfaltigsten aber ist die Bewaffnung der Reibmembran bei den Piatypoden, deren natürliche Gruppen neuerdings von Troschel, Gray u.a. durch die Art der Zungenbewaff"nung begründet wurden. Das Gefässsystem der Gastropoden zeigt in den verschiedenen Abtheilungen mehrfache und zum Theil wesentliche Abweichungen. Ueberall findet sich ein Herz und zwar am Rücken des Thieres, meist zur Seite gedrängt und in der Nähe der Athmungsorgane. In der Regel wird dasselbe von einem besondern Pericardium umschlossen und besteht aus einer rundlich-kegelförmigen Kammer mit austretender Aorta und einem verschieden gestalteten, den Athmungsorganen zuge- kehrten Vorhof, in welchen das Blut seltener direkt, in der Regel durch Venen einströmt. "Während im einfachsten Falle der Vorhof durch Muskelfäden ersetzt wird, welche am Rand der venösen Oeffnung ent- springen {Pliyllirhoe), bildet sich bei einigen Gastropoden (Haliotis, Turbo, Nerita, Fissurella etc.) ein doppelter Vorhof (doppelte Kiemen) aus, und die Analogie zu den Lamellibranchiaten wird um so grösser, als in diesen Fällen auch der Mastdarm die Herzkammer durchbohrt. Die Aorta spaltet sich gewöhnlich in zwei Arterienstämme , von denen sich der eine nach vorn fortsetzt und mehrfache Verzweigungen in den Kopf und Fuss schickt, der andere rückwärts nach den Eingeweiden verläuft. Die Enden der Arterien öff"nen sich in wandungslose Blut- räume der Leibeshöhle, aus denen das Blut nach den Respirations- organen und zum Vorhofe entweder ohne Dazwischentreten von Gefässen {Ptcrcpodcn., Heferopoden und viele Dermatobranchien) oder durch sog. Kiemen(Lungen)arteiien nach den Respirationsorganen und von da Athmungsorgane. Bojanus'sche Drüse. 773 durch Kiemen(Lungen)venen nach dem Herzen zurückgeführt wird. Auch bei den Cephalophoren bestehen Einrichtungen, welche Wasser in die Bluträume eintreten lassen und die Verdünnung des Blutes be- wirken. Dieselben liegen theils in dem eigenthümlichen, noch näher zu beschreibenden Bau der Niere begründet, theils werden sie durch das sog. Wassergefässsy Stern des Fusses bedingt. Wie bei den Lamelli- branchiaten, so findet sich auch im Fusse zahlreicher mariner Cteno- hranchien ein System von verzweigten Kanälen , welche einerseits mit der Leibeshöhle communiciren, andererseits durch einen Porus der Fuss- sohle (Fyriila, Conus, Oliva etc.) ausmünden und durch Wasserauf- nahme die beträchtliche Anschwellung des Fusses herbeiführen. Nur wenige Gastropoden entbehren gesonderter Athmungsorgane und respiriren durch rlie gesammte Körperhaut (^/^rawcAüi^e«); dagegen athnien bei weitem die meisten durch Kiemen, viele durch Lungen; nur wenige durch Lungen und Kiemen zugleich. Der Bau und die Anordnung der Kiemen ist äusserst mannichfach und liefert systematisch wichtige Anhaltspunkte zur Unterscheidung der natürlichen Gruppen. Die Kiemen sind meist blattförmige oder verzweigte und gefiederte Hautanhänge, welche seltener frei der Rückenfläche aufsitzen, in der Regel wie die Kiemenblätter der Lamellibranchiaten zwischen Mantel und Fuss liegen und mehr oder minder vollständig von der Mantelduplicatur umschlossen werden. Der Mantelraum ist daher zugleich die Athendiöhle. Die Duplicität der Kiemen zu beiden Seiten des Körpers erscheint indessen als Ausnahme {Patella, Chiton') und macht im Zusammenhang mit der Asymmetrie des Leibes einer mehr einseitigen asymmetrischen Ausbildung Platz. Die Luftathnuing beschränkt sich auf einige Platypodengruppen, vornehmlich auf die Fulmonaten. Auch hier dient der Mantel räum als Athemhöhle und unterscheidet sich dadurch von der Kiemenhöhle, dass die Decke der mit Luft erfüllten Cavität anstatt eine Kieme zu bilden, an der innern Fläche ein reiches Netzwerk von Bluträuraen und Gefässen in sich einschliesst. Sowohl Kiemen- als Lungenhöhle com- municiren durch eine längere Spalte des Mantelrandes oder durch eine runde, verschliessbare Oefihung mit dem äussern Medium; häufig aber setzt sich der Mantelrand der Kiemenhöhle, analog dem Sipho der Lamellibranchiaten, in eine verschieden lange Athemröhre fort, welche in der Regel einen Ausschnitt oder Kanal des Gehäuses bildet. Das wichtigste Absonderungsorgan der Cephalophoren, die Niere, entspricht nach Lage und Bau dem Bojanus' fachen Organe der Lamelli- branchiaten. Indessen erscheint dieselbe mit Ausnahme der Solenoconchen unpaar mit nur einer Ausführungsöffnung. Dieselbe liegt in der Nähe des Herzens als ein länglich dreieckiger Sack mit spongiöser (seltener mit glatter) Wandung von gelbhch brauner Färbung. Das Secret der Drüse besteht grosseutheils aus festen Concrementen , welche in den 774 Gastropoden. Fortpflanzung. Zellen der Wandung ihren Ursprung nehmen und Harnsäure, Kalk und Ammoniak enthalten. Entweder öffnet sich der Drüsensack der Niere unmittelbar durch eine verschliessbare Spalte oder vermittelst eines besondern, neben dem Mastdarm verlaufenden Ausfiihrungsganges, in welchen die Räume und Fächer der Drüse durch kleine Oeffnungen hineinmünden, überall aber in der Nähe des Afters meist erst in die Mantelhöhle. Merkwürdig ist die bereits erwähnte Communication des Drüsensackes mit dem Pericardialraum , durch welche das bei den Ile- teropoden und Fteropoden durch die pumpenden Saugbewegungen des Nierenschlauches aufgenommene Wasser dem Blute sich beimischt. Auch bei den Flatypoden (Delle, Chiaje, Leydig etc.) findet ein ähnliches Verhältniss statt, indem die Venennetze der spongiösen Nierenwandung Oeffnungen enthalten, durch welche Wasser in das Blut einzutreten scheint. Ausser den erwähnten Drüsen kommen in weiter Verbreitung man- nichfache Hautdrüsen und bei den Piatypoden eine Schleimdrüse in der Decke der Athemhöhle vor. Die Gastropoden sind theils Zwitter, theils getrennten Geschlechtes. Zu den erstem gehören die Fteropoden sowie ein Theil der Flatypoden, die Fidmonaten und Opisthohravchicn. Getrennten Geschlechtes sind die Heteropoden, sowie von den Flatypoden die Frosobranchien. Fast alle Gastropoden legen Eier, selten Eier von colossaler Grösse ab. Die Embryonalbildung erfolgt nach totaler Dotterklüftung mittelst Anlage eines allseitig den Dotter umschliessenden Keimes, welcher sehr frühzeitig in Folge der Schwingungen von Wimpern in dem flüssigen Eiweiss des Eies rotirt. Im Speciellen aber weicht dieselbe nach den verschiedenen Gruppen wesentlich ab und kann selbst durch da^ Vorkommen provisorischer Embryonalorgane (?7n??ere) ausgezeichnet sein. Die freie Entwicklung ist entweder eine directe, indem das aus- geschlüpfte Junge (bis auf Rudimente von Larvenorganen) bereits die Form und Organisation des Geschlechtsthieres besitzt {Fidmonaten'), oder beruht auf einer Metamorphose. In diesem letztern für die Fte- ropoden, Heteropoden und fast alle marinen Flatypoden gültigen Falle besitzen die schwärmenden Larven zwei grosse Wimpersegel, welche an Stelle des noch rudimentären lusses als Bewegungsorgan dienen. Die Schale liegt bereits der Rückenfläche auf, ist aber noch klein und flach mit erst beginnenden Windungen und kann meist durch einen dem Fusse angehefteten Deckel verschlossen werden. Sehr häufig findet ein Schalenwechsel statt, indem die embryonale Schale abgeworfen und durch eine neue definitive ersetzt wird. Seltener sind in spätem Sta- dien die Larven wurmförmig und mit mehreren Wimperkränzen ver- sehen, wie die Larven von CUo und Fneumodermon. 1. Unterclasse. Pteropoda. Flossenfüsser. 775 Wir unterscheiden die 3 Unterklassen der Pteropoden, Piatypoden und Heteropoden. 1. Unterclasse: Pteropoda^), Flossenfüsser. Herrn aphroditis che Gastropoden ohne scharf gesonderten Ko2'>f, mit rudimentären Augen und mit zivei grossen flügeiförmigen Flossen {Epipodium). Der Körper ist bald länglich gestreckt, bald mit seinem hintern Theile spiralig eingerollt. Der vordere Abschnitt, welcher Mund und Fühler trägt, geht entweder in den Rumpf continuirlich über, oder setzt sich als Kopf von dem letztern schärfer ab. Ueberall treten unterhalb des Mundes zwei grosse seitliche Flossen hervor, welche morphologisch als paarige Fussabschnitte {Epipodium) - dem verkümmerten unpaaren Fuss gegenüber — aufzufassen sind und durch fingelartige Schläge die meist lebhafte Bewegung des Thieres in der See bewerkstelligen. Der Körper bleibt entweder nackt und ohne deutlich abgt'setzten Mantel oder sondert ein sehr verschieden gestaltetes, horniges, gallertig knorpliges oder kalkiges , fast immer symmetrisches Gehäuse ab, in welches er sich mit den Flossen oft vollständig zurückziehen kann. Im letztern Falle bildet sich gewöhnlich der Mantel sehr vollständig aus und umschliesst den grössten Theil des Körpers meist von der Rücken- fläche aus bis in die Gegend der Flossen, hinter denen der spaltförmige Eingang der Mantelhöhle liegt. Die contractile Haut enthält in der Regel Kalkconcretionen , Hautdrüsen und Pigmentzellen, welche dem Körper eine dunkelbraune, zuweilen bläuliche, selbst röthliche Färbung verleihen können. Am Kopfende liegt die Mundöftnung, zuweilen von mehreren arm- förmigen {Clio) oder mit Saugnäpfen besetzten (Pncumodermon) Fort- sätzen umstellt. Dieselbe führt in eine mit Kiefern und bezahnter Reibplatte bewaffnete Mundhöhle, in deren Grund die lange Speiseröhre beginnt. Auf diese folgt ein erweiterter Magen und ein langer mehr- fach gewundener Darm, welcher von den Leberdrüsen umlagert, seitwärts nach vorn umbiegt. Die Afteröffnung findet sich in der Regel an der rechten Seite innerhalb der Mantelhöhle nahe an deren vorderm Rande. Speicheldrüsen bleiben gewöhnlich verkümmert oder fallen auch ganz aus. Die Kreislaufsorgane sind verhältnissmässig wenig ausgebildet und reduciren sich auf arterielle Gefässe, deren Hauptstamm aus der kugligen 1) Rang et Soixleyet, Histoire naturelle des Mollusques Pteropodes. Paris. 1852. C. Gegenbaur, Untersuchungen über die Pteropoden und Heteropoden. Leipzig. 1853. Troschel, Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. Arch. für Na- turgeschichichte. Tom. XX. 1854. A. Krohn, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Pteropoden und Heteropoden, Leipzig. 1860. 776 Pteropoden. Fortpflanzung. Herzkammer entspringt. Die Venen dagegen werden durch ein wan- dungsloses Lückensystem der Leibeshöhle ersetzt, in welches die offenen Enden der Arterien einmünden. Aus diesem letztem kehrt das Blut durch die Respirationsorgane nach dem Herzen zurück, gelangt zuerst in den Pericardialraum und von da in das venöse Ostium der Vor- kammer, Die Respirationsorgane, sofern dieselben nicht durch die ge- sammte Haut vertreten werden {Clio), sind entweder äussere blattartige Kiemenanhänge {Pneumodermon) am hintern Körperende oder, bei den Gehäuse-tragenden, innere Kiemen der Mantelhöhle, deren Eingang mit eigenthümlichen Flimmerleisten ausgekleidet ist. Immerhin bleiben die Innern Kiemen wenig entwickelt und entweder auf faltenartige Erhe- bungen der bewimperten Mantelwandung oder auf diese selbst reducirt. Als Niere betrachtet man einen länglich gestreckten contractilen Sack, welcher in der Nähe des Herzens gelegen mit dem Pericardialsinus communicirt und durch eine stark bewimperte, verschliessbare Oeffnung in die Mantelhöhle oder direkt nach aussen führt. Indessen scheint dieselbe hier und da vorwiegend die Function der Blutwässerung zu haben. Für das Nervensystem ist die Lage mehrerer (3) Ganglien- paare zur Seite und unterhalb des Schlundes charakteristisch. Bei den nackten gehäuselosen Pteropoden rückt indessen ein Paar auf die obere Fläche des Schlundes. Von Sinnesorganen kommen überall zwei Ge- hörUasen an der untern Seite des Schlundes vor. Äugen fehlen dagegen in der Regel oder bleiben sehr rudimentär und liegen entweder als rothe Pigmentflecken [Hyalea) am Eingeweidesack nahe dem Schlund- ring oder an den Nackenfühlern {Clio). Die rudimentäre Entwicklung der Gesichtswerkzeuge dürfte damit zusammenhängen, dass die Ptero- poden nächtliche Thiere sind. Als Tastorgane aber sind zwei kleine Fühler {Hyalea, CymhuUa), sowie die grössern zuweilen mit Saug- näpfen besetzten Erhebungen des Kopfes {Clio und Pneuniodermcn) aufzufassen. Alle Pteropoden sind Zwitter. Die Ovarien und Hoden ver- einigende Zwitterdrüse liegt neben dem Herzen hinter dem Magen im Eingeweidesack und besitzt gewöhnlich einen gemeinsamen Ausführungs- gang, welcher in seinem Verlaufe nicht nur eine Samenblase bildet, sondern auch eine Art Eiweissdrüse nebst Receptaculum seminis auf- nimmt und meist rechtsseitig vor dem After nach aussen mündet, Zu- weilen liegt der Penis in dem Endtheile des Ausführungsganges, bei den Hyaleiden und Cymhnliiden erhebt sich derselbe als faltig eingerollter vorstülpbarer Schlauch vor der Geschlechtsöffnung. Die Eier werden mit Eiweissumhüllungen in langen runden Eier- schnüren abgelegt, welche frei im Meere umhertreiben. Die rotirenden Embryonen erhalten Segellappen und Schale und werden als schwär- 1. Ordnung. Thecosomata. 777 raende Larven frei. Während der Rückbildung der Segel treten allmählig die beiden Flossen an dem zuerst gebildeten unpaaren Theile des Fusses hervor, während die Schale (mit Deckel) meistens abgeworfen wird. Die Uyaleiden scheinen indessen die embryonale Schale weiter zu bilden, die Cymbuliiden dagegen durch eine neue Körperschale zu er- setzen. Die gehäuselosen Pneumodermiden und Clioniden dagegen wachsen nach Verlust der Segel und Schale nicht direkt in das Ge- schlechtsthier aus, sondern erhalten zuvor drei Wimpergürtel und lachen so in ein neues Larvenstadium über. Die Pteropoden sind durchweg kleine Thiere, die in keinem Falle die Grösse von mehreren Zollen überschreiten. Sie erscheinen oft auf hoher See in allen Meeren und können meist durch Zurückziehen ihrer Segel in die Schale rasch in die Tiefe sinken. Auch waren sie bereits in früheren Erdperioden vertreten. Von Blainville wurden die Pteropoden nach dem Besitze oder Mangel eines Gehäuses in Thecosomata und Gymnosomata gethcilt. 1. Ordnung: Thecosomata. Mit schwach entwickeltem, oft nicht distinktem Kopf, rudinK'ii''irc,n Tentakeln, von einer äussern Schale bedeckt. Der rudimentäre Fuss bleibt mit den Flossen im Zusammenhang. 1. Farn. Hyaleidae. Schale kalkig oder hornig, bauchig aufgetrieben oder pyramidal, symmetrisch, mit spitzen Fortsätzen. Die Mantelhöhle öffnet sich auf der Bauchfläche und enthält meist eine hufeisenförmige Kiemenkrause. Hyalea Lam. Schale kuglig, durchschimmernd, am Hinterende Sspitzig. Oeffnung jederseits mit einem Schlitz. Flossenlappen durch ein halbkreisförmiges ventrales Band vereint. H. tridentata Lam., Mittelmeer. Chleodora Per. Les. Schale pyramidal, dreiseitig, dorsal gekielt mit einfacher triangulärer Oeffnung und spitzem Apex. Gl. pyramidata Lam., Indien. Verwandte Gattungen sind Creseis Rang., Cuvieria Rang., Diacria Gbr. Fossil sind Theca Morris, Conularia Müll, Pterotheca Salt. Auch werden die pro- blematischen TentacuUten hierher gestellt. 2. Fam. Limacidae. Gehäuse spiralig gewunden, zuweilen mit einer starken Mantelcavität, an der Rückenseite geöffnet. Limacina Cuv. Schale schneckenförmig, links gewunden, mit Nabel ohne Deckel. L. arctica Fabr. Heterofusus Flem. 3. Fam. Cymbuliidae. Mit knorplig gallertiger Schale von Nachen- oder Pantoffel-förmiger Gestalt und grossen nicht zurückziehbaren Flossen. Mur.il mit Tentakeln. Die Larven mit Spiralfäden. Cyrtibulia Per. Schale kahnförmig, cartilaginös, mit kleinen Spitzen. Ten- takeln .sehr klein. C. Peronii Cuv., Mittelmeer. Tiedemannia Dell. Ch. T. nea- poUtana Van. Ben. 778 2. Ordnung Gymnosomata. 2. Ordnung: Gymnosomata. Nackte Pteropoden mit deutlich gesondertem Tentakel-tragenden Kopf, oft mit äussern Kiemen. Flossenklappen vom Fuss getrennt. Larven mit Wimperreifen. 1. Fam. Clinnidae. Körper spindelförmig, ohne Kiemen. Clio 0. Fr. Müll. {Clione Pallas). Kopf mit 2 einfachen Tentakeln. Mund mit SeitenJappen, von denen jeder 3 retraktile mit Saugnäpfen besetzte Kegelfort- sätze trägt. Cl. horealis Pall. Liefert mit Limacina arctica die Hauptnahrung der Wallfische. Clionopsis Trosch. besitzt nur 2 Paar von Kegelfortsätzen. Bei Cymo- docea D'Orb. sind 2 Paar Flossen vorhanden. 2. Fam. Pneumodermidae. Körper spindelförmig, mit äussern Kiemen und 2 ausstülpbaren mit Saugnäpfen besetzten Armen vor den Flossen. Pneumodermon Cuv. Kopf mit Augententakeln und 2 ausstülpbaren Haken- säckchen vor der Mundöfihung. Pn. violaceum D'Orb., Mittelmeer und Atl. Ocean. 2. ünterclasse: Gastropoda') s. str. = Platypoda, Schnecken, Gastropoden mit wohl entivickeltem Kopf, Fühlern und Augen, meist mit hreitem, söhligem Fuss und ßachem oder spiralig gewun- denem Kalkgehäuse. Die Piatypoden, wie wir die Schnecken mit R. Leuckart be- zeichnen wollen, schliessen sich sowohl hinsichtlich ihres äussern Baues als der Innern Organisation den für die Gastropoden im Allgemeinen dar- gestellten Verhältnissen an. Sie besitzen in der Regel einen deutlich gesonderten Kopf, zwei, seltener vier Fühler und zwei wohl entwickelte Augen, welche bald an der Basis des Fühlerpaares, bald auf besonderen Augenstilen, selten an der Spitze des hintern Fühlerpaares sich erheben. Der Fuss bildet meist eine flache söhlige Scheibe und dient alsdann zur Kriechbewegung, indessen wechselt die Form und Grösse desselben äusserst mannichfach. Während die Fussscheibe bei Fhyllirho'e durch eine Art Steuerschwanz ersetzt wird, ist sie bei Glaucus höchst ru- dimentär, in andern Fällen durch eine Längsfurche oder Querfurche ge- 1) AI der und Hancock, A monograph of the British Nudibranchiata Mollusca. London. 1850—1851. H. A. Meyer und Moebius, Fauna der Kieler Bucht. Leipzig. 1865. Lacaze-Duthiers, (Pleurobranchus , Vermetus). Ann. des sc. nat. 1859 und 1860. Mi Ine Edwards, Note sur la Classification naturelle des Mollusques Gastropodes. Ann. des sc. nat. 1848. Bowerbank, On the structure of the Shells of molluskous and conchiferous Animals. Transact. of Mikr. Soc. I. London. 1844. W. Carpenter, On the microscopic Structure of Shells. Report. 13. 14. 17 Meeting. Brit. Assos. London. 1846. 1847. 1848. H. Meckel, Mikrographie einiger Drüsenapparate der niedern Thiere. Müller's Archiv. 1846. Baudelot, Recherches sur Tapp, gener. des Mollusques gasteropodes. Ann. sc. nat. Ser. IV Tom. XIX. 1862. W. Flemming, Untersuchungen über Sinnes- epithelien der Mollusken, Arch. für mikr. Anat. Tom. VI. 1870. 2. Unterclasse: Platypoda. 779 theilt, sehr oft aber in seitliche Schwimmhäute oder lappenähnliche Fortsätze verlängert, welche sich selbst über Körper und Schale ht'iiim- schlagen können [Äjihjsia, Bulla etc.). Von besonderer Bedeutung für die Classification dieser sehr um- fangreichen Unterclasse ist die Bildung der Athmungswerkzeuge und der Zungenbewaffnung geworden. Bei weitem die meisten Gastropoden besitzen Kiemen, wenige athmen durch ocöf/ZosÄa bezeichnet werden. Äussere Begattungswerkzeuge fehlen. Pflanzenfresser. 1. Farn. Patellidae. Die Schale ist schüsseiförmig und besteht aus einem ein- zigen Stücke, welchem das Thier mittelst eines hufeisenförmigen Muskels adhärirt. Kopf mit 2 Tentakeln, an deren angeschwollener Basis die Augen liegen. Zunge ausserordentlich lang und spiralig aufgerollt. Darmmündung rechts unter dem Kopf. Auf der Radula fehlen die Mittelplatten, während die Zwischen- und Rand- platten zu Haken erhoben sind und kleinere Seitenplatten auftreten. Patella L. Die Spitze der Schale liegt wenig excentrisch und ist kaum nach vorn geneigt. P. vulgata L., F. compressa L. Nacella Schum. Kiemenkranz an dem Kopfe unterbrochen, die Spitze der pulluciden innen perlmutterartig glänzenden Schale nach vorn umgebogen. N. pellucida L. 2. Farn. Chitonidae, Käferschnecken. Die länglich flache Schale zerfällt in 8 schienenartige Stücke, welche der rauhe lederartige Mantelrand umfasst, und von denen die vordem über die hintern übergreifen. Die Kiemenblättchen erstrecken sich jederseits vom After an nach vorn ohne hier zusammenzustossen. Anstatt der Fühler findet sich eine den Kopf überdeckende Hautfalte. Der After liegt am hintern Ende, ebenso das Herz. Die Geschlechtsorgane, nach Middendorff hermaphroditisch, wiederholen sich an jeder Seite des Körpers symmetrisch und besitzen 2 Mündungen. 1) A. H. Middendorff, Beiträge zu einer Malacozoologia Rossica. Mem. de l'Acad. St. Petersbourg. Tom. VI. 1849. S. Loven, Ueber die Entwicklung der Gattung Chiton. Arch. für Naturg. 1856. 790 Cteuobranchia. Die Larven entbehren in früher Jugend sowohl der Segel wie der Schale, sind da- für aber mit "Wimpergürtel ausgestattet (Loven). Chiton L. (Loiihyrus Poli). Schale nur wenig vom Mantelrande verhüllt. Auf der Radula sind die 2te und 4te (3tp) Zwischenplatte zu Haken erhoben. Ch. sqvamosufi L., Mittelmeer. Cryptochiton Midd. Schale ganz vom Mantel bedeckt. An der Radula jederseits die ersten Zwischenplatten zu hohen Haken entwickelt. Cr. Stellen Midd., Kamtschatka. Chitonellus Lam. {Cryptoplax Blainv.) Schale an den Seiten und in der Mitte grossentheils vom Mantel bedeckt. Körper wurmformig hoch. Auf der Radula sind die Mittelplatten sehr klein und die ;5te Zwischenplatte zu einem grossen Haken erhoben. Ch. laevis Lam. 2. Section: Cteuobranchia, Kamnikiemer, Grossentheils marine Gastropoden mit flachen napfförmigen , zuweilen mehr oder minder thurmförmigen spiralgewundenen Gehäusen, deren Mündung häufig in einen Canal zur Aufnahme des Sipho's ausläuft. Der Mantel bildet eine be- sondere Athemhöhle, in welcher auf der Rückenfläche des Thieres die Kiemen liegen. Dieselben reduciren sich in der Regel auf eine kammlormige grosse Hauptkieme und eine kleine rudimentäre Nebenkieme. Bei vielen (Aspidobravchia) liegen 2 Kiemen von gleicher oder ungleicher Grösse symmetrisch oder genähert in der Athemhöhle. Die Männchen besitzen mit Ausnahme der Bhipidoglossa an der rechten Seite des Halses vorspringende Begattungswerkzeuge. Die Nahrung ist theils eine vegetabilische , theils aniraale , und hiernach der Bau der Mund- werkzeuge und Zunge sehr verschieden. Tn den meisten Fällen sind die Fleisch- fresser im Besitze eines vorstülpbaren Rüssels. Die zahlreichen Familien lassen sich zweckmässig nach der Bildung der Zunge in Untergruppen zusammenstellen. 1. Gruppe: Rhipidoglossa, Fächer züngler = Aspidobranchia. Mit kurzer nicht zurückziehbarer Schnauze, ohne männliche Begattungs- organe. Die Radula der Zunge ist sehr complicirt gebaut und besitzt in jeder Querreihe ausser den Mittel- und Zwischenplatten eine grosse Zahl von fächer- artigen Seiten platten, deren oberer Rand umgebogene Haken bildet. Zwei getrennte oder an der linken Seite genäherte, zuweilen aber auch ungleich grosse Kiemen finden sich in der Athemhöhle. Alle sind Pflanzenfresser ohne Siphonairöhre der Schalenmündung nnd besitzen oft fadenförmige Anhänge des Fuases. 1. Farn. Fissurellidae, Spaltnapfschneckeu. Schale napf- oder mützenförmig, an der Spitze geötfnet, oder mit einem vordem Ausschnitt zur Ernfühnmg in die mit 2 symmetrischen Kiemen versehene Athemhöhle. Die Thiere sind denen der Patelliden ähnlich, mit 3 Fühlern. FissurellaBvng. Schale mit länglichem Loche in der vor der Mitte liegenden Spitze. F. gracca L., Mittelmeer. Bimula Defr. Emarginula Lam. Am Vorderrande der tief napfförmigen Schale ein Aus- schnitt. E. ßssura L.. Nordsee. Scutus Montf. = Farviophorus Blainv. 2. Fam. Haliotidae, Seeohren. Schale flach, ohrförmig, innen perlrautter- glänzend mit einer Reihe von Löchern an der linken Seite. In der linksseitigen Athemhöhle liegen 2 Kiemen. Fuss gefranzt mit breiter Sohle. Kopf mit 2 langen Fühlern und kurz gestilten Augen. Haliotis L. Spira der Schale klein und flach. Fuss weuig über die Schale hinausragend. H. tuhercidata L., H. Midae L. 3. Fam. Trochidae, Kreiselschnecken. Mit kreiseiförmiger Schale und Spiral- Neritidae. Janthiuidae. Solaridae. Volutidae. 791 deckel. Fuss in Fäden und Lappen auslaufend. Die Kieme sehr verkümmert. Augen auf kleinen Stilen. Turbo L. Mit rundlichen Windungen, runder Mündung und etwas abge- setztem Mundrand. T. rugosus Lam. PhaHianella Lam. Schale eiförmig, glatt, lebhaft gefärbt, mit eiförmiger Mündung und oben nicht ganz zusammenhängendem Mundrand. Ph. bulimoides Lam. Delphimda Lam. Schale zusammengedrückt mit eckigen Windungen und ganzem Mundrand. D. nigra Reeve. Botella Lam. Trochus L. Mit eckigen Windungen und oben getrenntem Mundrand. Hier schliesst sich die Familie der Pleur atomar iden an. PleurotomariaHefr. Trochotonia Desh. 4. Fam. Neritidae. Mit dicker, halbkugliger, ungenabelter Schale und Deckel. Augen gestilt, hinter den 2 langen Fühlern. Schnauze kurz, oft zwei- kppig. Fuss gross, dreieckig. Die Athemhöhle mit einer doppelt gekämmten Gerne. Nerita L. Schale dick, halbkuglig. Spira seitlich. Mündung halbrund, y. rugata Recl. N. {Neritina) fluviatilis L. Pileolus Sow. Navicella Lam. Schale napfförmig oval, mit excentrischer hinten etwas ein- jeroUter Spitze und sehr grosser Mündung. Deckel ganz in der Fussmasse einge- shlossen. N. elliptica Lam., Oestl. Meere. 2. Gruppe : Ptenoglossa, Fe der züngle r. Kammkiemer ohne Athemsipho, mit ganzrandiger Mündung, ohne Ausschnitt «der Kanal Die Zunge ist mit Reihen zahlreicher kleiner Haken bewaffnet und mtbehrt der Mittelplatten, 1. Fam. Janthinidac. Schale dünn und schneckenartig gewunden, ohne Deckel. Kleine Augenstile neben den Tentakeln. Der kleine Fuss setzt sich an ler Sohle in ein langes blasiges Floss fort, mittelst dessen sich das Thier an der Oberfläche des Meeres schwimmend erhält. Dasselbe dient auch zur Brutpflege. Das Thier sondert einen Purpursaft ab. Janthina Lam. Die bläuliche bauchige Schale mit grosser Mündung. Lippe seitlich mit einer Einbuchtung. /. bicolor Menke, Mittelmeer. Recluzia Pet. 2. Fam. Solaridae, Perspectivschnecken. Schale flach, kreiselföruiig, mit. weitem Nabel , der sich bis zur Spitze des Gewindes fortsetzt und mit Spiral- deckel. Rüssel lang, ausstülpbar. Fuss klein. Rüssel kurz. Augen nahe der Tentakelbasis. Das Thier sondert einen Purpursaft ab und lebt räuberisch von andern Schnecken, Scalaria Lam. Schale thurmförmig, porcellanartig, mit runden gerippten, bisweilen losgelösten Windungen und ovaler Mündung. Sc. communis Lam., Euro- päische Meere. Sc. pretiosa Lam., Echte Wendeltreppe, Ostindien. 3. Gruppe: Rhachiglossa, Schmalzüngle r. Marine Kammkiemer mit langen von der Basis aus umstülpbaren Rüssel. Die Zunge lang und schmal mit höchstens 3 Platten in jeder Querreihe, einer bezahnten Mittelplatte und einer Zwischenplatte jederseits, die sich oft auf blosse Haken reduciren, aber auch fehlen können. Alle besitzen einen Sipho, der entweder in einem kurzen Ausschnitt der Schale oder in einem röhrenartigen Kanäle liegt. Sind Raubschnecken. 1. Fam. Volutidae, Faltenschnecken. Das dicke Gehäuse mit meist kurzem Gewinde, tiefem Ausschnitt für die lange Athemröhre und schrägen Falten auf der Spindel. Rüssel klein. An der Radula finden sich nur Mittelplatten. Augen 792 Olividae. Muricidae. Buccinidae. am Grunde der Tentakeln bisweilen gestilt. Fuss gross und breit, bisweilen die Schale theilweise umhüllend, Voluta L. Schale oval aufgetrieben, mit kurzer, selten verlängerter Spira und weiter tief ausgeschnittener Mündung. Spindel mit kurzen Falten, .von denen die vordem die grössten sind. V. undulata Lam., Neuseeland. V. vespertüio L., Ostindien. Cymhium Montf. Schale bauchig eingerollt, mit kurzer, dreifaltiger Spindel. C. aethtopicum L. Marginella Lam. Schale oval, mit langer kaum ausgeschnittener Mündung. Spindel faltig. M. gldbella L., Antillen. i 2. Farn. Olividae. Das länglich eiförmige Gehäuse besitzt ein kurees Ge- winde und eine schmale Aj^ertur mit scharfem umgefalteten Aussenrande. Das Thier mit grossem Fusse, dessen Lappen sich über die Schale schlagen. Auger fast auf der Mitte der Fühler. Rössel kurz, Sipho lang. Zunge mit einfachei Seitenplatten. Oliva Brug. Schale glatt, eingerollt, mit glatten Lippen, gefaltener Spinde und langer ausgeschnittener Mündung. Mantel vorn und hinten mit einem faden- tÖrmigen Anhang. 0. utriculus Lam., Ind. Ocean. Olivancillaria D'Orb. Ancil laria Lam. Harpa Lam. Schale bauchig aufgetrieben, mit kleiner Spira und weite Mündung, ohne Deckel. Fuss nicht aufgeschlagen. H. ventricosa Lam., Neuguinea Hier schliesst sich die Fam. der Mitridae an mit Mitra Lam. M. papalis L 31. episcopalis L., Ostindien. 3. Fam. Muricidae {Canaliferae). Schale mit "geradem kurzen oder seh' langen Kanal und lamellösem eiförmigen Deckel, dessen Nucleus sich an spitzen Ende findet. Augen am Grunde der Tentakeln. Sipho lang. Fuss breii massig lang. Murex L. Schale mit mindestens 3 Reihen von Wülsten und Stachelr. Mündung rund, mit geradem Kanal. L. brandaris L., Mittelmeer. M. hatistellun L., Ostindien. Troplion Montf. Fusiis Brug. Die spindelförmige Schale mit ovaler Mündung, glatter Spindel und scharfem glatten Auasenrand. F. australis Quoy. Gaim. Pyrula Lam. Das birnförmige Gehäuse mit kurzer Spira, grosser Mündung und glatter Spindel. P. tiiba Lam. P. Heus L., Südsee. Turbinella Lam. Schale dick mit kurzer Spira, weiter Mündung und gefal- teter Spindel. 'T. cornigera Lam., Südsee. Columbella Lam. Schale dick mit erhabener Spira, länglicher ausge- schnittener Mündung und gezahnter Spindel. C. lanceolata Sow. C. mercatoriaL., Atl. Ocean. Fasciolaria Lam. Die spindelförmige Schale mit weiter Mündung und ge- bogener gefalteter Spindel. F. persica Lam. 4. Fam. Buccinidae. Anstatt des Kanales der Schale findet sich ein Aus- schnitt , aus welchem der lange nach oben gekrümmte Sipho hervortritt. Die Seitenzähne der Radula können aufgeschlagen werden. Buccinum L. Schale oval, mit grosser Mündung, glatter Spindel und unge- zahnter Lippe. B. undatmn L., Nordsee und Mittelmeer. Nassa Lam. Schale mit grosser Mündung, wulstiger Spindel und oft ge- zähnter Aussenlippe. N. reticulata L., Mittelmeer. Purpura Brug. Schale mit kurzer Spira und weiter Mündung. Die Windungen wachsen rasch. Spindel abgeplattet. Aussenlippe gezähnt. P. lapillus L. , Nordsee. P. persica L., Indischer Ocean. J?Jc?«M/a Lam. Eingicula Desh. u.a.G. Conidae. Terebridae. Pleurotomidae. Cypraeidae. Tritoniidae. 793 Magilus Montf. Schale in der Jugend spiralig gewunden, später zieht sich die Mündung in eine gekielte Röhre aus, während der gewundene Theil der Schale mit Kalkmasse erfüllt wird. M. antiqum Montf., Rothes Meer. Lepto- conchus Rüpp. 4. Gruppe: Toxiglossa, Pfeilzüngler. Zunge mit 2 Reihen langer hohler Haken, welche aus dem Munde pfeilartig vorgestreckt werden können. Alle besitzen einen Sipho, die meisten ernähren sich räuberisch von Seethieren. Einige scheinen durch ihren Biss auf ihre Beute ver- giftend einwirken zu können. 1. Fam. Conidae, Kegelschnecken. Schale kegelförmig mit schmaler langer Mündung und scharfer Aussenlippe. Das Thier besitzt einen kurzen dicken Sipho und einen schmalen langen Fuss, an dessen Unterseite ein grosser Porus liegt, mit kleinem Deckel. Rüssel kurz und kräftig. Die Augen sind an den Fühlern angebracht. Conus L. Schale umgekehrt conisch aufgerollt. Mündung lang mit fast parallelen nicht gezähnten Lippen. C.marmoreusL., C.geographus L., C. Utteratus L., Ostindien. 2. Fam. Terebridae, Schraubenschnecken. Schale thurmförmig verlän- gert, mit kleiner deutlich ausgeschnittener Mündung, welche durch einen kleinen Deckel verschlossen werden kann. Das Thier mit langem Sipho nnd kleinem dicken Fuss. Terebra Ads. Spindel schief und am Ende gedreht. T. dimidiata Lam. 3. Fam. Pleurotomidae. Mit spindelförmigem, nach beiden Enden ver- schmälertem Gehäuse, länglich spaltförmiger Mündung und eingeschnittenem Aussenrande. Thier mit langer Athemröhre, zurückziehbarem Rüssel und lamel- lösem Deckel. Pleurotoma Lam. {Turris Humphr.). Kanal verschieden lang. Deckel nicht immer vorhanden. PI. nodifera Lam., Malakka. Hier schliessen sich die pflanzenfressenden Cancellariden an mit kleinem drei- eckigen Fuss , weit auseinander stehenden Tentakeln und gewundener eiförmiger Schale. Cancellaria Kam. G. cancellata Bart. 5. Gruppe: Taenioglossa, Band zun gier. Echte grossentheils marine Kammkiemer mit gewundenem Gehäuse. Die langgestreckte Radula der Zunge trägt in jeder Querreihe 7 (ausnahmsweise 9 oder nur 3) Platten. Am Eingange des Miuides finden sich meist 2 kleine Kiefer. Alle besitzen 2 Fühler und entweder eine vorstehende Schnauze oder einen zurück- ziehbaren Rüssel. Sie sind theils holostom, theils mit einem Kanäle oder Aus- schnitt der Mündung und einem entsprechenden Sipho des Mantels verseheu. Die meisten sind Raubschnecken. I. Siphonostomata. 1. Fam. Cypraeidae , Porcellanschn ecken. Die länglich ovale eingerollte Schale umhüllt sämmtliche Windungen und besitzt eine schmale lange Mündung mit gefalteten Lippen. Das Thier mit kurzem Rüssel und Sipho und weit vor- ragendem Mantel, dessen Lappen sich um die Schale schlagen. Fuss breit, vorn abgestutzt. Die drei Zwischenplatten der Radula hakenförmig. Cypraea Lin. Schale oval mit langer auf beiden Seiten tief eingeschnit- tener Mündung und gezähnten Lippen. C. tigris Lam. und zahlreiche andere Arten der östlichen wärmeren Meere. Bei Ovula Brug. sind die beiden ausge- schnittenen Enden der Schale in einen Kanal ausgezogen und die Aussenlippe ge- zähnt. Radius Montf. 794 Doliidae. Strombidae. Ccrithiidae 2. Farn. Tritoniidae, Tritonshörner. Die Schale ist eiförmig bis spindelförmig, mit langen äussern "Wülsten und gefalteter oder gefurchter Spindel. Das Thier besitzt eine lange Athemröhre und einen grossen Rüssel. Der dicke und breite Fuss trägt einen lamellösen Deckel. Die Radula mit grossen Mittelplatten und hakenförmigen Seitenplatten. Tritonium Cuv. Die lange Schale mit Ringwülsten, die sich nicht von einer auf die andere Windung fortsetzen. Spindel- und Aussenrand innen gezähnt. Tr. variegatum Brug., Mittelmeer. Persona Montf. Spinigera D'Orb. mit fossilen Arten. Banella Lam. Schale mit 2 Längswülston. B. gigantea Lam., Mittelmeer. 3. Fam. Doliidae*). Die bauchige Schale mit kleiner Spira. Deckel klein oder fehlt vollständig. Augen auf kleinen Stilen. Rüssel sehr lang. Die beiden Seitenplatten der Radula hakenförmig. Fuss sehr gross mit seitlichen Lappen. Die umfangreichen Speicheldrüsen sondern bei Dolium ein ätzendes Salzsäure- haltiges Secret ab. CassisLam. Die dicke Schale mit grosser letzter Windung, verengter langer Mündung und verbreitertem gezähnten Spindelrand. Kanal kurz, aufsteigend. C. cormita Lam., Neuguinea. Cassidaria Lam. Schale oval, mit ziemlich langem und wenig aufsteigendem Kanal, ohne Deckel. C. echinophora Lam., Mittelmeer. Oniscia Sow. Dolium Lara. Schale dünn aufgetrieben, mit kleiner Sjjira und weiter Mün- dung. Spindel mit kleinem Nabel. D galea L., Mittelmeer. Ficula Swains. 3. Fam. Strombidae (Alatae), Flügelschnecken. Die Schale besitzt ein spitzes , conisches Gewinde und eine flügeiförmig ausgebreitete Aussenlippe mit Ausschnitt neben einem meist gekrümmten Kanal. Deckel vorhanden, aber im Verhältniss zur grossen Schalenmündung klein. Das Thier trägt lange mit den grossen Augenstilen verwachsene Tentakeln. Der Fuss ist in zwei Abtheilungen gesondert, von denen die hintere gegen die vordere meist umgeschlagen ist und dient zum Sprunge. Nur die beiden äussersten Seitenplatten der Radula sind hakenförmig. Die Schnauze ist lang. Die Nahrung besteht aus todten Thieren. Stromhus Lam. Aussenlippe ganzrandig, flügeiförmig ausgebreitet. Mündung lang und schmal, St Isabella Lam. Pteroceras Lam. Aussenlippe mit langen fingerförmigen Fortsätzen. Pt. lam- bis Lam, Eostellaria Laui. Schale thurmförmig mit ovaler Mündung. Ausbuchtung nicht vom langen Kanal getrennt. R. rectirostris Lam., Bomco. Nahe verwandt sind die Aporrhaiden mit einfachem dreieckigen Fuss, aus- gebreiteter Aussenlippe und kurzem Kanal. Aporrhais Da Costa [Ghenopus Phil.) A. pes pelecani Pol., Struthiolaria Lam., Pedictdaria Swains. II. Holostomata. 1. Fam. Cerithiidae, Hornschnecken. Gehäuse thurmförmig mit langer Spira, kurzem Kanäle und hornigem Deckel. Mantel mit kleiner Siphonalbucht. Das Thier besitzt eine lange Schnauze, einen kleinen breiten rundlichen Fuss und 2 Kiemenreihen. Die Augen liegen über dem Grunde der Tentakeln. Sind theils Meer-, theils Brackwasser- und selbst Süsswasserbewohner. Cerithium Bing. Schale mit Höckern, ohne Epidermis, mit schiefer Mündung 1) VergL Panceri, Gli organi e la secrezione dell' Acido solforico nei Gasteropodi con un appendice etc. Atti della R. Acad. delle Scienze fisiche etc. Tom. IV. 1869. Melanidae. Tunitellidae. Naticidae. Capulidae Littorinidae. 795 und gebogenem Kanal. Spindel wulsti;;-. C. laeve Quoy Gaim., Neuholland. Pla- naxis Lam. Potamides Brong. Schale mit Epidermis, mit mehr oder minder ausgeschnit- tenem Kanal. Siisswasserform. Nahe verwandt ist Nerinaea Dfr. Mündung klein, eckig, mit kleinem Kanal. Spindel faltig. Fossile Arten. 2. Farn. Melanidca. Schale thurmförmig oder conisch, mit dicker, dunkler Epidermis und kleiner Mündung. Thier mit massig grossem dreieckigen Fuss und dicker kurzer Schnauze. Augen nahe dem Grunde der Fühler. Süsswasserbewohner. Melania Eam. Mündung ohne Ausschnitt. Spindelrand ausgebogen. M. variabilis Bens. Ganges. Melanopds Fer. , Ancyloius Say. Hier schliessen sich die Pyramidellen an mit Pyramidella Lam., Eulima Risso, Turbonilla Risso und der parasitischen Stylina Flem. (Stylifer). 3. Farn. Turritellidae. Thurmsehneaken. Gehäuse thurmförmig mit einfacher runder Mündung und spiralem hornigen Deckel. Das Thier mit massig grossem Fusse und gefranztem Mantelrand, aber nur einer Kieme. Die Augen liegen am Fühlergrunde, und der Kopf tritt schnauzenförmig vor. Sind Meeresbewohner. Turritella Lam. Schale spiral gestreift, mit rundlicher Mündung, Mundsaum oben unterbrochen, vorn mit kleinem Ausschnitt. T. rosea Quoy Gaim., Neuseeland. Hierher gehört auch die Gattung Vennehis Adans., Wurmschnecke, deren Schale eine cylindrische in unregelmässige Spirale gewundene Röhre vorstellt, V. triqueter Phil. , Mittelmeer , ferner Siliqiiaria Brug. , deren unregelmässig ge- wundene Schale der ganzen Länge nach schlitzförmig geöffnet ist. S. anguinea Lam., Mittelmeer. 4. Fam. Naticidae. Mit halbkugliger Schale , kleiner Sj^ira und grosser Mündung, welche durch einen Kalkdeckel geschlossen wird, Das Thier mit langem Rüssel und grossem gelappten Fusse. Augen am Grund der Fühler oder fehlend. Sind Meerschnecken, bohren in Muschelschalen und saugen die Thiere derselben aus. Natica Lam. Schale genabelt mit halbrunder Oeffnung und wulstiger Spindel. N ampullaria Lam., N. marmorata Lam. Sigaretus Lam. Schale ohrförmig mit kleiner seitlicher Spira und kleinem Deckel. S. haliotoideus L., Atlant. Ocean. Neritopsis Grat., Velutina Blainv. Die Gattung Entoconcha Joh. Müll. , der merkwürdige Parasit von Holo- thurien schliesst sich in der Schale der Jugendform an Natica an, wird abor im ausgebildeten Zustand zu einem die Geschlechtsstott'e erzeugenden parasitischen Schlauch. E. mirabilis Joh. Müll, in Synapta digitata. 5. Fam. Capulidae, Mützenschnecken. Schale mutzen- oder napfförmig, kaum gewunden, ohne Deckel. Thier mit grossem, breitem Fuss und verlängerter Schnauze. Die Kiemen sitzen als feine Fäden in einer Reihe an der Decke der Kiemenliöhle. Die freie Ortsbewegung ist theilweise aufgehoben. Capulus Montf. {Pileopsis Lam.). Schale conisch, eingerollt, mit hufeisen- förmigem Muskeleindruck. Spitze der Schale hinten. Ü. Imngaricus L. Calyptraea Mam. Schale flach. Spitze subcentral, etwas gewunden. C. ru- goaa Desh., Chili. (Jrepidula Lam. Mündung der spitz conischen Schale mit vorspringendem horizontalen Blatt. Cr. porcellana Lam. Hier schliesst sich die Familie der Acmaeidae an. Acmaea Eschsch. 6. Fam. Littorinidae, Strandschnecken. Schale eiförmig mit runder Mün- dung und hornigem Deckel. Das Thier mit dickem Fusse, massiger Schnauze und kleiner Mantelbucht. Die Augen liegen am Grunde der Fühler. Sind Strandbe- wohner und schwimmen in der Jugend mit Hülfe ihrer Mundlappen. 796 Paludinidae. Ampullaridae. Cyclostomidae. Littorina Fer. Schale dick oval. Spindelrand abgeplattet, Lippe zugeschärft. L. littorea L., Nordsee. Wird gegessen. Modiüus Gray, Pisella Gray. Bissoa Frem. Schale mit erhobener Spira, klein, mit verdickter Lippe der rundlichen Mündung. E. cancellata Desm. Trmicatella Risso, Hydrobia Hartm. u. a. G. 7. Fani. Paludinidae, Flusskiemenschnecken. Schale thurmförmig , kreisei- förmig oder flach, selten mit einem kanalartigen Ausschnitt. Deckel hornig, selten kalkig. Das Thier mit grossem Fusse und grosser Schnauze. Augen auf kleinen Stilen. Die Jungen ohne bewimperte Mundlappen. Süsswasserbewohner. Paludina Lam. Schale mit kleinem Nabel und dünner Lippe. Deckel hornig. P. vivipara L. BithyniaLe-Ach. Schale mit hoher Spira und etv^as verdickter Lippe. Deckel kalkig. B. impura Lam. Hier schliessen sich die Valvatiden an , deren Fuss klein und schmal bleibt. Valvata 0. F. Müll. Die Kieme federbuschähnlich aus der Kiemenhöhle hervor- ragend. V. piscinalis 0. Fr. Müll, (hermaphroditisch). 8. Fam. Ampullaridae, Doppelathmer. Schale konisch kuglig bis scheiben- förmig, mittelst eines concentrisch lamellösen Deckels verschliessbar. Das Thier mit Kiemen- und Lnngenhöhle, mit Athemröhre, kurzer Schnauze und grossem breiten Fuss. Leben in Flüssen heisser Länder und dauern im eingetrockneten Schlamme aus. Ampullaria Kam. Mit den Charakteren der Fam. A. celebensis Quoy., Ä. polita Desh. 9. Fam. Cyclostomidae. Athmen die Luft wie die Lungenschnecken durch ein Gefässnetz in der Decke der Athemhöhle uud wurden desshalb mit den erstem vereinigt, während sie in Bau und Organisation mehr den Kammkiemern sich an- schliessen. Die Schale ist gewunden, holostom und bedeckelt. Die Thiere besitzen eine lange Schnauze und zwei nicht zurückziehbare Fühler, an deren Basis die Augen liegen. Sie leben an feuchten Orten auf dem Lande. OydostomaLiim. Schale konisch mit runden Windungen und ganzem Mund- saum. Deckel kalkig. G. elegans Drap. Chondropoma Pfr. Schale thurmförmig mit ovtiler Mündung. Deckel hornig. Pomatias Ffr., Piipina Vign. Helicina Lam. (Helicinidae). Schale flach, konisch bis kuglig, mit unter- brochenem Mundsaum. Deckel eckig, lamellös. H. tiandwichictmis Soul., Trocha- tella Swains. Acicula Hartm. (Aciculidae). , Schale thurmförmig, fast cylindrisch, mit ver- dic ktemMundsaum. Lippen fast parallel, A. striata Quoy. 3. Ordnung: Pulmonata '), Lungenschnecken. Land und Siissivasserschnechen mit Lunge und hinter derselben m Hersen. Die Mauteidecke ist wie bei den Cyclostomiden mit einem Luft 1) VergL C. Pfeiffer, Naturgeschichte deutscher Land- und Süsswasser- Mollusken 1821. L. Pfeiffer, Monographia Heliceorum viventium. Leipzig. 1848—1869. Derselbe. Monographia Auriculaceorum viventium. Casseh 1856. C, Gegenbaur, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Landgastropoden. Zeitschr. für wiss. ZooL Tom. III. 1852. C. Sem per, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Pulmonaten. Ebend. Tom. VIII. 1856. Derselbe, Zum feinern Bau der Molluskenzunge. Ebendag_ Tom. IX. 1868. J. A. Rossmässler, Icono- 3, Ordnung: Pulmonata, Lungenschnecken. 797 respirenden Netzwerk von Gefässen ausgestattet und mündet durch ein Athemloch rechtsseitig nach aussen. Die Siisswasserpulmonaten füllen im Jugendzu«tand ihre Athemhöhle mit Wasser, später erst mit Luft. Einige Planorbis- und Linmaeusavte\^ bewahren sich das Anpassungsvermögen an Luft und Wasserathmung zeitlebens (Lymnaeen, deren Lungen mit Wasser gefüllt sind, wurden aus sehr bedeutender Tiefe des Bodensees herauf- gezogen). Neben dem Athemloch, eventuell noch in der Athemhöhle liegt After und Nierenöffnung. Weit vor demselben aber an gleicher Seite münden die Geschlechtsorgane. Bei den linksgewundenen liegt Athemloch, After und Geschlechtsöffhung linksseitig. Einige sind nackt oder besitzen Rudimente von Schalen in der Rück.mhaut, andere tragen ein verhältniss- mässig dünnes, meist rechts gewundenes Gehäuse. Nur Physa, Flanorlis und Clausula sind links gewunden. Ein wahrer Deckel fehlt, dagegen wird oft zeitweilig ein Winteideckel ausgeschieden. Die innere Organisation nähert sich am meisten den Prosobran- chien, mit denen sie auch die Lage des Herzens hinter den Respirations- organen gemeinsam haben. Ausser der Fussdrüse findet sich zuweilen eine Schleimdrüse am hintern Körperende [Ärion). Das Gebiss besteht aus einem unpaaren hornigen meist längsgerippten Oberkiefer, (der aber auch fehlen kann) und aus einer Radula, welche mit einer grossen Zahl von Zahnplättchen in Längs- und Querreihen bedeckt ist. Neuerdings hat man (Mörch) die Oberkiefer zur Bildung der Gruppen in der Farn, der Heliciden systematisch verwerthet, ohne jedoch hiermit natürliche Abtheilungen gewonnen zu haben. {Agriatha, Oxygnatha^ Aulacognatha^ Odontognatha ^ Goniognaiha, Elasmognatha.) Alle sind Zwitter mit Zwitterdrüse. Ueberall findet sich eine mächtige Eiweissdrüse , die in das obere Ende des Uterus einmündet. Daneben am Ende des Zwitter- ganges liegen ein oder zwei mit Sperma gefüllte vesiculae seminales, in welche die Samenmasse erst secundär nach Platzen der Sperma- tophore aufsteigt (Perez). Das langestilte Receptaculum seminis, das graj^hie der Land- und Süsswasser - Mollusken Europa's. Leipzig 1835 — 1859. A. Moquin-Tandon, Histoire nat. des Mollusques terrestres et fluviatiles de France. Paris 1855. Ferussac et Deshayes, Hist. natur. gen. et part. des Mollusques terrestres et fluviatilis. Paris 1829 — 1851. Albers, Die Heliceen nach natürlicher Verwandschaft, 2. Aufl. Leipzig 1860. Leber ouill et, Recherches d'Embryologie comparee sur le developpement etc. du Limnee. Ann. scienc. nat. 1862. P. Stepanoff, lieber Geschlechtsorgane und Entwicklung von Ancylus fluviatilis. St. Petersbourg. 1866. Ray Lancester, Observations of the Ponds- nall etc. Quaterly Journal of mikrosk. Scienc. Tom. XIV. 1874. C. Rabl , Die Ontogenie der Siisswasserpulmonaten, sowie H. v. Ihering, üeber die Entwick- lungsgeschichte von Helix. Jen. Zeitschr. Tom. IX. 1875. Ganin, Beitrag zur Lehre von den embryonalen Blättern der Mollusken. Warschauer Universitäts- berichte 1873. Vergl. ferner Albers, Moquin-Tandon, Mörch, A. Schmidt u. a. 798 Limnaeidae. bei der Begattung die Spermatophore des zweiten Thieres aufnimmt, sitzt dem Endabschnitt des Geschlechtsapparates auf, dem auch Pfeil- sack und schlauchförmige Anhangsdrüsen zugehören. Wenige wie Clausilia- und Pi<2J«arten gebähren lebendige Junge. Die übrigen Lungenschnecken dagegen legen meist Eier ab und zwar entweder wie die Süsswasserschnecken in schlauchförmigen oder flachen Laich- massen an Wasserpflanzen oder wie die Landschnecken vereinzelt von einer schützenden Ealkschale umgeben an feuchten Oertlich- keiten. Stets liegt der Eidotter in einer mächtigen Eiweissmasse, die dem sich entwickelnden Embryo zur Ernährung dient. Der Eidotter, wohl schon im Anfangstheil des Uterus befruchtet, erfährt eine ungleich- massig totale Furchung, und lässt beim Beginn derselben mehrere »Richtungsbläschen« austreten. Bei den Siisswasserpulmonaten ordnen sich die Furchungskugeln in For ;: einer Keimhautblase (mit Furchungs- höhle), die sich an einer Stelle abflacht, dann allmählig umstülpt und so zur Bildung der zweischichtigen Larvenform mit primärer später wieder verschwindender Mundöfinung führt (Rabl). Nach Ganin soll jedoch die Anordnung der Innern und äussern Schicht primär aus den Furchungskugeln herstammen. Die äussere Zellenschicht ge- winnt alsdann Flimmerhaare , welche die längst bekannten rotirenden Bewegungen des Embryos veranlassen. Die lebhaft wuchernden Ento- dermzellen aber verdrängen den ursprünglich. en Centralraum schliesslich vollständig. Während die peripherischen Lagen derselben zu einem inneru Nahrungsdotter werden, erzeugen die centralen die Darmwand. Mund und After entstehen an entgegengesetzten Polen in der Median- ebene durch Einstülpung vom Entoderm aus, nachdem sich schon längst ein mittleres Keimblatt vornehmlich zur Bildung der Leibesmusculatur ge- sondert hat. Der anfangs kuglige, später mehr gestreckte Embryo gewinnt dann durch Auftreten der Fuss- und Mantelanlage sowie der Sinnesorgane am Kopf eine mehr unregelmässige Gestalt, ohne zu einer ausgeprägtem Larvenform zu führen. Lnmerhin ist es von grossem Interesse, dass oberhalb des Mundes ein wulstförmiger mit Winiper^^ haaren bekleideter Streifen offenbar als Rudiment des Velums zur An- lage gelangt. Ein zweiter hinterer Wimperwulst bezeichnet den ver- dickten Mantelrand, dessen Fläche sich mehr und mehr von der Körper- haut abhebt und zur Bildung der Athemhöhle Anlass gibt. Auch das Auftreten einer paarigen Urniere bei den Landpulmonaten sowie einer blasenförmigen contraktilen Fussanschwellung vornehmlich bei Limax und Helix erscheint von hohem Interesse. I. Basonwiatophora (Limnophila) die Augen liegen am Grunde der beiden Fühler. 1. Fam. Limnaeidae. Schale dünn, aber sehr verschieden, mit scharfran- diger Mündung. Thiere mit 2 Fühlern, an deren Grunde die Augen liegen. Der Kiefer setzt sich aus mehreren Stücken Zusammen. Athemloch vorn rechts unter Auriculidae. Peroniadae, Testacellidae. 799 dem Mantelrand. Die beiderlei GeschlechtsöfFnungen dicht neben einander, aber getrennt, im vordem Theile der rechten Seite. Leben im süssen "Wasser. Limnaeus Cuv. [Limnaea Lam.). Schale durchscheinend, mit spitzem kurzen Gewinde und grosser Endwindung. Thier mit verlängerten dreieckigen Ten- takeln. Mittelplatten der Radula klein, Seitenplatten viereckig, mit einem in 2 Zähne getheilten Haken. L. aimcularius Drap., L. stagnalis 0. Fr. Müll., Amphipeplea Nils. Physa Drap. Schale dünn, durchsichtig, eiförmig, links gewunden (dexiotrop) mit länglicher Mündung. Thier mit langen fadenförmigen Tentakeln, lappig ver- längertem Mantel und langem spitzen Fuss. Ph. fontinalis L. Planorbis L. Schale scheibenförmig links gewunden. Mündung sichel- förmig bis oval. Thier mit rundlichem kurzen Fuss. PI corneus L., PL contortus 0. Fr. Müll. Ancylus Geoffr. Schale napftormig, dünn mit kleinem Ansatz zu einer Win- dung. Tliier mit Mantelanhang über dem Athemloch. A. fluviatiUs Blainv. links- gewunden. A. lacustris 0. Fr. Müll, rechts gewunden. 2. Fam. Auriculidae. Die dicke Schale mit langer Endwindung, kurzer Spira und gezähnten dicken Lippen. Athemloch oft weit hinten. Die männlichen und weiblichen Geschlechtsöffnungen liegen weit von einander entfernt. Die kurzen Fühler sind einstülpbar, an ihrem Grunde liegen die Augen. Halten sich an feuchten Stellen auf dem Lande auf. Auricula Lam. Schale länglich mit schmaler Windung, deren Innenlippe 2 oder 3 Falten zeigt. A. Judae Lam., A. Midae Lam. Carychium 0. Fr. Müll. Schale verlängert, mit erhobener Spira und rund- licher Mündung. Innenlippe derselben mit nur einer Falte. 0. minimum O.F.Müll. Melampus Montf. Schale ähnlich wie bei Auricula. Fuss durch eine mitt- lere Querfurche zweigetheilt. Hier schliessen sich die im Brackwasser lebenden Gattungen AvqMbola Schum. und Siphonaria Sow. an. II. Stylommatophora^) {Geophild), die Augen liegen an der Spitze zweier meist retraktiler Fühler. 1. Fam. Peroniadae {Amphipneusta). Nackte Landschnecken mit 2 Fühlern, an deren Spitze die Augen liegen. Körper der Länge nach mit dem Fuss ver- wachsen. Warzige Fortsätze werden als Kiemen gedeutet. Die Zahnplatten enden mit grossen Haken. Kiefer fehlt {Agyiatha). Geschlechtsöffnung und Penis ge- trennt. Onchidium Buchan (Onchidella Gray). Körper länglich mit schmalem Fuss. 0. typhae Buchan Ostindien. Peronia Blainv. Körper dick, mit weitem Mantel und dendritischen als Kiemen gedeuteten Fortsätzen. P. verruculata Cuv, Zu den Heliciden führt Vagi- nulus Fer {Verocinella Blainv.). 2. Fam. Testacellidae. Fleischfressende Landschnecken mit spiraliger äusserer Schale. Thier mit 4 retraktilen Tentakeln , von denen die hintern auf der Spitze die Augen tragen. Die Zungenbewaffnung besteht aus zahlreichen zerstreut stehenden stachelförmigen Zähnen. Kiefer fehlen meist. Gemeinsame Geschlechts- ötfnung vorn rechts, hinter den Tentakeln. 1) A. Schmidt,- Der Geschlechtsapparat der Stylommatophoren etc. Abh, des nat. Vereins für Sachsen und l'hüriugen. Tom. I. 1855. 800 Limacidae. Helicidae. Testacella Cuv. Schale klein, ohrförmig, mit kleiner flacher Spira am Hinter- ende des Thieres. Thier Lmax-ähnlich. T. haliotidea Fer., Südwesteuropa. Glan- dina Schum., Streptaxis Gray u. z. a. G. Cylindrella Pfr. Schale thurmförmig, das ganze Tier aufnehmend. Die Jüngern Windungen werden abgeworfen. Kiefer aus vielen Plättchen gebildet, daher mit Vaginiilus, Succinea u. a. G. zu den Goniognathen gestellt. Thier Clausilia-ähnlich. C. cylindrus Fer. DiapJiora Alb. 3. Farn. Limacidae. Nachtschnecken mit rudimentärer im Mantel ver- borgener Schale. Am Kopfe entspringen 4 retraktile Fühler, von denen die hin. tem auf der Spitze die Augen tragen. Athemloch rechts am Mantelrand. Fusa lang, die ganze untere Fläche des Körpers einnehmend. Männliche und weibliche Geschlechtsöffnung verschmolzen, vorn hinter den Tentakeln der rechten Seite. Arion Fer, Schale rudimentär , bröcklich. Geschlechtsöffnung unter dem Athemloch vor der Mitte des Rückenschildes. Rücken nicht gekielt, mit Schwanz- drüse und Schleimloch am Ende. A. empiricorum Fer. {A. ater L. , A. rufus L.) Limax L. Schale rundlich flach. Athemloch liinter der Mitte des rechten Mantelrandes. Geschlechtsöffnung weit davon entfernt hinter den rechten Fühlern. Rücken gekielt, ohne Schwanzdrüse und Schleimloch. L. agrestis L., L. cinereus 0. Fr. Müll. Hier schliesst sich Janella Gray von Neuseeland mit nur 2 Ten- takeln an. 4. Fam. Helicidae. Landschnecken mit meist grosser spiraliger Schale und meist gewundenem Eingeweidesack. Besitzen 4 Tentakeln, von denen die hintern auf ihrer Spitze die Augen tragen. Das Athemloch liegt vorn unter dem rechten Mantelrand. Die meist vereinigten Geschlechtsöfi'nungen münden rechts hinterden Tentakeln. Geschlechtsorgane mit Pfeilsack- und oft Büschei-förmigen Glandulae mucosae. Die Bewaffnung der Radula wird aus viereckigen Platten gebildet. Kiefer kräftig, mondförmig. Succinea Drap. Schale dünn, eiförmig, mit wenigen Windungen und grosser eiförmiger Mündung. Die beiden Geschlechtsöft'nungen nicht vereint. Nähert sich in der Bildung des Geschlechtsapparates den Limnaeiden und ist neuerdings als Familie gesondeii. S. amphihia Drap., Bernsteinschnecke. Pupa Lam. Schale eiförmig bis cyUndrisch. Die letzte Windung verhält- nissmässig eng. Die vordem Fühler klein und rudimentär. P. muscorum L., P. minutissima Hartm. Clausilia Drap. Schale lang spindelförmig, linksgewunden. Windung bim- förmig, durch mindestens 2 Lamellen verengt. Mit einem kalkigen als Clausilium bekannten Schlussdeckeichen. Cl. bidem Drap., Cl. ventricosa Drap. Vitrina Drap. Schale dünn und durchsichtig, verhältniasmässig klein mit kurzer Spira und weiter Mündung. Mantel gross über die Schale hinausragend. V. pellucida Drap. Achatitta Lam. Schale oval bis thurmförmig, ohne Nabel, mit längliche Mündung. Spindel abgestutzt. A. zebra Lam. , Madagascar. Die Eier sehr gross und kalkschalig. A. perdix Lam., Südafrika. Achatinella Swains. u. a. G. Bulimus Scop. Schale eiförmig bis thurmföx-mig, mit länglicher Mündung. Spindel nicht abgestutzt. B. montanus Drap. Helix. Schale spiralig zur Aufnahme des ganzen Thieres geeignet. Mündung durch Hineintreten der vorletzten Windung modificirt, mit getrennten Rändern. H. pomatia L., grosse Weinbergsschnecke. H. nemoralis L., H. hofiensis 0. Fr. Müll. u. z. a. A. 3. Untcrclasse: Heteropoda, Kielfüssler. 801 3. Ünterclasse: Heteropoda'), Kielfüssler. Nackte oder Gehäuse-tragende Gastropoden mit grossem, schnausen- förmig vortretendem Kopf, hoch entwicTcelten beweglichen Augen und flossenähnlichem Fuss. Alle sind getrennten Geschlechts, athmen durch Kiemen und schtvimmen auf dem RücJcen iuit der Flosse nach oben gekehrt. Der Körper der Heteropoden hat eine durchsichtige, gallertige Beschaffenheit [und verlängert sich in einen rüsselförmig vorragenden Kopf, welcher grosse, wohl entwickelte Augen und Fühler trägt und eine kräftig bewaffnete ausstülpbare Zunge in sich einschliesst. Die Haupteigenthümlichkeit des Leibes beruht auf der Bildung des Fusses, dessen Vorder- und Mitteltheil zu einer blattförmigren und oft einen Saugnapf tragenden Flosse umgestaltet ist, während der hintere Ab- schnitt eine bedeutende Streckung erhält und weit nach hinten gerückt die schwanzartige Fortsetzung des Rumpfes zu bilden scheint. Der Rumpf stellt entweder in seiner Hauptmasse einen spiraligen, von Mantel und spirahger Schale umschlossenen Eingeweidesack dar (Atlanta), oder bildet nur ein sackartig vortretendes Eingeweideknäuel an der Grenze des hintern Fussabschnitts, welcher ebenfalls vom Mantel und von einer hutförmigen Schale bedeckt wird (Carinaria), oder endlich das Einge- weideknäuel verkümmert zu einem sehr kleinen kaum vorspringenden Nucleus, welcher nach vorn von einer metallglänzenden Haut überzogen, der Schale vollkommen entbehrt. Die Haut ist überall durchsichtig, aber von bedeutender Dicke der Cutis, oft mit höckerartigen Vorsprüngen bedeckt und hier und da pigmentirt. Das Nervensystem schliesst sich ganz dem der Gastropoden an und erlangt die höchste Entwicklung unter den Gastropoden überhaupt. Wir unterscheiden überall ein in mehrere Gangliengruppen gesondertes Gehirn, welches Nerven zu den Augen und Gehörblasen entsendet, ferner ein unteres Schlundganglion mit oft sehr weitem Schlundring, ein Mantel- ganglion, ein Eingeweideganglion und ein Paar Lippenganglien. Ebenso erreichen die Sinnesorgane eine Vervollkonminung, wie in keiner andern Gruppe von Gastropoden. Die zwei grossen Augen liegen neben den 1) P. Forskai, Descriptiones animalium etc., quae in itinere orientali ob- servavit. Hauniae. 1755. Souleyet, Hete'ropodes , Voyage autour du monde execute pendant les annees 1836 et 1837 sur la corvette la Bonite etc. Tom. II. Paris. 1852. Huxley, On the Morphologie on the Cephalous Mollusca as illu- strated by the anatomy of certain Heteropoda and Pteropoda. Phil. Transact. London. 1853. R. Leuckart, Zoologische Untersuchungen. Heft 3. Giesseu. 1854. C. Gregenbaur, Untersuchungen über Pteropoden und Heteropoden. Leipzig. J854. Vergleiche ausserdem die Arbeiten von Poli, delle Chiaje, Leydig, Krohn, V. Hensen, Ranke u. a. Claus, Zoulogie ;'>. AuHago. 51 802 Heteropoden. Körperbau und Organisafion. Fühlern in besondern Kapseln, in denen sie durch mehrere Muskeln bewegt werden. Der Augenbulbus selbst hat eine längliche Form und lässt eine halbkuglig vorspringende Cornea und eine nach hinten erwei- terte Sclerotica erkennen, deren hinterer kielartig vorspringender Theil die Retina mit Ganglien- und complicirter Stäbchenschicht umschliesst. Hinter der Cornea folgt eine grosse kugelförmige Linse und eine Art Glaskörper, während die Sclerotica von einer braun pigmentirten Chorioidea ausgekleidet wird, welche die Stäbchenschicht der Retina umfasst und nicht weit hinter der Linse eine scharf umschriebene Unter- brechung erleidet. Die grosse Gehörblase') empfängt vom Gehirn einen langen Hörnerven und ist nicht nur durch die merkwürdigen Schwin- gungen der langen Wimperbüschel ihres Epitels, sondei-n durch das Verhalten der Nervenzellen (Haarzellenkreise der macula acustica im Umkreis einer grossen Centralzelle) ausgezeichnet. Dazu kommen noch als weitere Sinnesorgane zahlreiche eigenthündiche Nervenendigungen der Haut zur Tustempfindimg und das sog. Wimperorgan an der Vorder- seite des Eingeweidesackes. Dasselbe bildet eine bewimperte Grube, unter w^elche die Ganglienanschwellung eines vom Visceralganglion ent- springenden Nerven tritt und gilt als Geruchsorgan. Die Verdauungsorgane liegen zum Theil mit Leber, Herz, Niere und Geschlechtsorgan in dem bruchsackartig vortretenden Eingeweide- sack oder Nucleus dicht zusammengedrängt. Die aus dem kräftigen Schlundkopf vorstülpbare Zunge trägt eine sehr charakteristische Be- wafinung der Eadula, indem in jeder Querreihe eine bezahnte Mittel- platte von einer bogenförmig gekrümmten Zwischenplatte umstellt wird, auf welcher je zwei grosse Seitenzähne sich erheben. Dieselben führen sehr kräftige Greifbewegungen aus und dienen den räuberischen Thieren zum Ergreifen der Beute. Der Darm beginnt an der obern Seite des Schlundkopfes, durchsetzt in gerader Richtung die Körperhöhe und tritt dann in das Eingeweideknäuel ein. Hier bildet derselbe von der Leber und Geschlechtsdrüse eng umlagert eine Schlinge und öifnet sich ent- weder (Pterotrachea) an der Seite des Nucleus nach aussen, oder biegt nach vorn um und mündet in die Kiemenhöhle. In der Nähe des Afters liegt die äussere Mündung des Excretionsorganes. Dasselbe entspricht in Lage und Gestaltung durchaus dem contractilen Nierenschlauch der Pteropoden und communicirt durch eine innere Oetfnung mit dem peri- cardialen Blutraum, welchem es von aussen Wasser zuführt. An der Innenfläche seiner contractilen Wandung wurden bei Carinaria kleine Körnchen-haltige Zellen aufgefunden, welche auf die functionelle Ueber- einstimmung mit der Niere der Gastropoden 'hinweisen. Die Organe des 1) Vergl. C. Claus, Das Gehörorgan der Heteropoden. Ar eh. für mikr. Aimt. T. XII. 1875. Bell, Beiträge zur vergl. Oistologie des Molluskentypus. Arch. für mikr. Anat. SupiAenientband 18G9. Niere, Athmungs- und Geschlechtsorgane. 803 Kreislaufs und der Respiration schliessen sich ebenfalls in der Stufe ihrer Ausbildung denen der Pteropoden unmittelbar an. Der Kreislauf ist sehr unvollständig und wird durch ein aus Vorhof und Kammer bestehendes Herz unterhalten, welches in dem mit Blut gefüllten Leibes- raum des Eingeweidesackes liegt. Die vom Herzen entspringende Aorta spaltet sich in mehrere Arterienstämme, deren freie Oeffnungen im Leibesraum bei der Durchsichtigkeit des Leibes direct zu beobachten sind. Venen fehlen vollständig. Zur Athmung dienen ausser der gesammten Oberfläche des Leibes besondere Kiemen, die nur bei einigen Ptero- tracheiden fehlen. Dieselben sind faden- oder blattförmige bewimperte Anhänge des Eingeweidesackes, deren gefässähnliche Höhlungen mit dem Leibesraum in Verbindung stehen. Entweder erheben sie sich frei an der Seite des Nucleus oder liegen in der Mantelhöhle {Atlanta) und werden überall von dem zum Herzen zurückkehrenden Blut nur theilweise und unregelmässig durchströmt. Die Heteropoden sind getrennten Geschlechtes. Die Männchen unterscheiden sich leicht durch den Besitz eines grossen, an der rechten Körperseite frei hervorragenden Begattungsorganes , wozu noch bei Pterotrachea der Saugnapf des Fusses hinzukommt, welcher bei Atlanta und Carinaria beiden Geschlechtern eigenthömlich ist. Hoden und Ovarien erfüllen den hintern Theil des Eingeweidesackes und liegen mit ihren Follikeln theilweise in der Leber eingebettet. Samenleiter sowohl als Eileiter münden an der rechten Körperseite, der erstere in weiter Entfernung vom ßegattungsorgan , zu welchem das Sperma von der Geschlechtsöft'nung aus durch eine Wimperfurche hingeleitet wird. Das Begattungsorgan besteht aus zwei nebeneinander liegenden Theilen, dem Penis mit der Fortsetzung der Winiperfurche und der Drüsenruthe, deren Ende eine längliche Drüse mit zäliem Secrete einschliesst. Der Eileiter erhält dadurch eine complicirtere Gestaltung, dass er eine grosse Eiweiss- drüse und eine Samentasche aufnimmt, während sein erweitertes Ende als Scheide fungirt. Die Weibchen legen ihre Eier in cylindrischen Schnüren ab, welche bald in zahlreiche Stücke zerfallen. Nach einer totalen aber unregel- mässigen Dotterfurchung bildet sich der Embryo nut zweilappigem Wimpersegel und einer dünnhäutigen Schale, er rotirt im Eie und trägt an dem bewimperten Fusse einen Deckel. In solcher Larvengestalt ver- lässt derselbe das E\, die Wimpersegel vergrossern sich und zerfallen selbst durch tiefe Einschnitte in mehrfache Lappen (Atlanta), zu den Gehörblasen kommen die Anlagen der Augen und Tentakeln hinzu, und erst allmählig bildet sich an dem nach hinten verlängerten Fusse die den Heteropoden eigenthümliche Flosse aus. Indem diese Larven, welche mit denen der Gastropoden die grösste Uebereiustimniung zeigen, gleich- zeitig mit der Entstehung der Flosse die WMmpersegel zurückbilden, den 804 rterotracheidae Atlantidae. Deckel (Carinaria) oder Deckel und Schale (PierotracJiea) abwerfen, erlangen sie allmählig die Gestalt nnd Organisation der ausgebildeten Thiere. Die Heteropoden sind durchweg pelagische Thiere, die oft schaaren weise in den wärmern Meeren auftreten. Sie bewegen sich ziemlich schwerfällig mit nach oben gekehrter Bauchfläche durch Hin- und Herschlagen des gesammten Körpers und der Flosse. Alle ernähren sich vom Raube. Beim Hervorstrecken der eingerollten Zunge klappen sie die Seitenzähne zangenähnlich auseinander und schlagen dieselben bei dem Einziehen der Zunge wieder zusammen. Mittelst dieser Greif- bewegungen werden kleine Seethiere erfasst und in den Rachen hinein- gezogen. 1. Farn. Ffcrotracheidae. Körper langgestreckt, cylindrisch , mit kleinem Eingeweidesack, der entweder von einer flachen Schale bedeckt wird oder auch nackt bleibt. Die Kiemen treten stets frei hervor. Der Fuss bildet eine grosse blattförmige Bauchflosse und eine schwanzähnüche Verlängerung des Körpers. Carinaria Lam. Mit dünner Schale, welche den ganzen Nucleus bedeckt. Schwanz lang, ohne Fadenanhang. Flosse in beiden Geschlechtern ohne Saugnapf. Die mittleren Zungenplatten mit 3 langen ziemlich gleichen Zähnen. C. medi- terranea Lam. Cardiopoda D'Orb. Fterotrachea Forsk. {Firola Peron.;. Ohne Schale. Schwanz mit Fadenanhang. Flosse nur beim Männchen mit Saugnapf. Kopf ohne Tentakeln. Ft. coronata Forsk., Mittelmeer. Firoloides Desh. Ohne Schale. Schwanzanhang fehlt. Männchen mit 2 Ten- takeln. Flosse nur beim Männchen mit Saugnapf. Kiemen klein oder fehlend. F. Lesuetirii Eyd. Soul. 2. Fam. Atlantidae. Thier mit grossem spiraligen Eingeweidesack, welcher von einem Mantel und einer scheibenförmigen Spiralschale umlagert wird. Kiemen in der Mantelhöhle verdeckt. Der Fuss zerfällt in einen cylindrischen deckel- tragenden Schwanz, ein lappenförmiges , Saugnapf-tragendes Mesopodium und die Flosse oder Propodium. Atlanta Less. Schale an der ganzen letzten Windung gekielt, mit tiefem Schlitze an der Mündung. Die mittleren Zungenplatten mit langem medianen Zahn. A. Feronii Less., Mittelmeer. Bei Oxygyrus Bens, fehlt der Schlitz an der Schalenmündung und der Kiel erstreckt sich nicht über die ganze Wandung. 0. Kerandrenii Less. Hierher gehört die fossile Gattung Beller oplion Montf. IV. Classe: Ceplialopüd;i, KopfiFüsser. 805 IV. Classe. Ceplialopod» ■ )^ Kop St Tis$weiterung. Der Magen hat eine meist kuglige blindsackartige Form, überaus kräftige muskulöse Wandungen und eine innere in Längsfalten und selbst in Zotten erhobene Cuticularbekleidung. Neben der Uebergangsstelle in den Darm, selten in einiger Entfernung vom 1) Vergl. R. Wagner, Brücke, H. Müller u. Nervensystem. 809 Magen entspringt ein umfangreicher, dünnhäutiger, zuweilen spiralge- wundener Blindsack , welcher die Ausfuhrungsgänge der mächtigen, scheinbar compakten Leber aufnimmt. Einen Haufen gelblicher Driisin- läppchen, welche am obern Theil dieser Gallengänge aufsitzen, deutet man als Bauchspeicheldrüse (Pankreas). In seinem weitern Verlaufe zeigt der Darm meist nur geringe Biegungen und mündet stets in der Mittellinie der Mantelhöhle durch den After aus. Das Nervensystem lässt sich mit dem der Gastropoden auf den gleichen Typus zurückführen, zeichnet sich aber durch die grosse Con- centration und hohe Entwicklung aus. Auch hier treffen wir dieselben drei Ganglienpaare , das Gehirn-, Fuss- und Visceralgnnglion an und zwar ebenfalls zu einem Schlundringe zusammengedrängt, der mehr oder minder vollständig von dem Kopfknorpel aufgenommen wird. Bei N'au- tilus besteht die grossentheils freiliegende Schlundcommissur aus einem einfachen, das Gehirn enthaltenden Rückentheil und einem doppelten Bauchring, von denen der vordere mit seinen verdickten Seitentheilen dem Fussganglion entspricht, während der hintere die länglichen Visceral- ganglien einschliesst. Viel dichter noch sind die Centralmassen an dem Schlundring der Dibranchiaten zusammengedrängt, an dem man eben- falls einen kleinen dorsalen und grössern ventralen Abschnitt unter- scheidet. Der letztere zeigt sich aber ebenfalls aus einer vordem und hintern Ganglienmasse gebildet, welche Fuss- und Visceralganglien vor- stellen. Ueberall entsenden die Hirnganglien vorn zahlreiche Nerven zu der Mundmasse und seitlich die beiden grossen Sehnerven, während die Fussganglien das Gehörorgan, den Trichter und die Arme versorgen. Die Visceralganglien geben eine grosse Zahl von Nerven zu dem Mantel, den Eingeweiden und den Kiemen ab. Dazu kommt noch, ebenso wie bei den Gastropoden, eine Anzahl von Ganglien im Verlaufe der Nerven, ein oberes und unteres Buccal- oder Lippenganghon , das grosse Ganglion stellatum jederseits im Mantel, ferner ein Ganglion der Hohlvene und zwei Kiemenganglien, endlich in dem sog. System des Sympathicus, w^elcher aus dem untern Buccalganglion entspringt, ein grosses Magenganglion. Unter den Sinnesorganen nehmen die beiden grossen Augen an den Seiten des Kopfes durch ihre hohe, an die Augen der Wirbelthiere erinnernde Organisation die erste Stelle ein. Jeder Augenbulbu^ liegt in einer besondern , theilweise von den Höhlungen des Kopfkiiorpels gebildeten Orbita und wird von einer festen Kapsel umschlossen, welche sich vorn in einen dünnen und durchscheinenden als Cornea bezeichneten Ueberzug fortsetzt. Dieser kann jedoch ganz fehlen oder in anderen Fällen unter einer augenlidartigen Hautfalte ein kleines Loch {Octopiis, Sepia) frei lassen, durch welches das Wasser in die vordere Augen- kammer eintritt und in einen um die vordere Fläche des Bulbus in 810 Cephalopoden. Auge. Gehörorgan. Respirationsorgane. verschiedenem Umfang ausgedehnten Raum gelangt. In seinem innern Baue besitzt das Cephalopodenauge fast ganz dieselben Theile wie das Wirbelthierauge. Die Innenwand der Sclera wird von einer Pigment- haut, Cliorioidea, ausgekleidet, die in der Umgebung der Linse ein Corpus ciliare darstellt und vor derselben als Ringfalte eine Art Iris mit länglicher oder kreisförmiger Pupille bildet. Die Linse hat wie die der Fische eine kuglige Gestalt und erscheint aus zwei verschieden gewölbten Hälften zusammengesetzt, welche mit ebenen Flächen an einander liegen. Die vordere Hälfte ist flach, während die hoch ge- wölbte hintere Hälfte weit in die hintere Augenkammer hineinrngt. Dieselbe wird von dem überaus durchsichtigen flüssigen Glaskörper er- füllt, welchem die innere Ausbreitung der Netzhaut mit der Hyaloidea dicht anliegt. Der im Hintergrunde der Orbita eintretende Sehnerv schwillt noch ausserhalb der knorpligen Sclera zu einem mächtigen Ganglion an, aus welchem die Nervenfasern zur Bildung einer dicken Retina in den Augenbulbus eintreten. Nach den trefflichen Unter- suchungen V. Hensen's ist die letztere aus sieben Schichten zusammen- gesetzt, einer äussern HtiUhaut, Nervenschicht, Balkennetz, Zellcnschicht, Pigmentschicht und Stäbchenkörnern, der Stäbchenschicht und der dem Glaskörper anliegenden Hyaloidea. Als wesentliche Abweichung von dem Auge der Wirbelthiere dürfte die innere Lage der Stäbchenschicht besonders hervorzuheben sein. Bei Nautilus fehlt aufitällenderweise die Linse. Bei allen Cephalopoden hat man als Gehörorgan ein Paar rund- liche Gehörsäckchen mit Otolithen gefunden. Dieselben liegen im Kopf- knorpel und zwar bei den Dibranchiaten in besondern Höhlungen des- selben, dem sogenannten knorpligen Labyrinthe und erhalten von den Fussganglien ihre kurzen wohl im Gehirne wurzelnden Gehörnerven. Auch kommt ganz allgemein ein Geruchsorgan vor in Form zweier hinter den Augen liegender Gruben und Gänge, deren Oberfläche mit Flimmerhaaren bekleidet ist. Der Geruchsnerv entspringt neben dem Opticus vor dem Gehirnganglion. Ein GeschmacJcsorgan konnte bislang nicht mit Sicherheit nach- gewiesen werden. Der Sitz des Tastsinnes möchte sowohl in der gesammten Haut, als besonders in den Armen und Tentakeln zu suchen sein. Als Respirationsorgane finden sich an den Seiten des Einge- weidesackes in der Mantelhöhle entweder zwei {Dibranchiaten) oder vier (Tetrahranchiafen) gefiederte Kiemen , deren Oberfläche von einem beständig erneueten Wasserstrome umspühlt wird. Das Athemwasser dringt dui'ch die Mantelspalte zu den Seiten des Trichters in die Athem- höhle ein, fliesst nach hinten an den Kiemen vorbei und wird durch den Trichter ausgespritzt, während der Mantelrand durch die Ein- Gefässsystem. Nieren. 811 richtung der Muskulatur und saugnapfartig wirkender Knorpel ge- schlossen ist. Das Gefässsystem zeigt wohl die höchste Entwicklung unter allen wirbellosen Thieren, indem die Arterien und Venen durch ein überaus reiches Capillarsystem mit einander in Verbindung stehen. Indessen ist dasselbe nicht durchaus geschlossen, die Leibeshöhle erscheint viel- mehr noch als ein zwischen Arterien und Venen eingeschobener Blut- sinus, in welchem das in's Bläuliche, Violette oder Grünliche srliim- mernde Blut bestimmte Bahnen einhält. Das ansehnliche muskulöse Herz liegt im hintern Theile des Eingeweidesacks, der Spitze des Kör- pers mehr oder minder genähert, und nimmt seitlich ebensoviele Kiemen- venen auf, als Kiemen vorhanden sind. Nach vorn entsendet dasselbe eine grosse Aorta (Aorta cephalica), welche in ihrem Verlaufe starke Aeste an den Mantel, Darmkanal und Trichter abgibt und sidi im Kopfe in Gefässstämme für die Augen, Lippen und Arme auriusst. Ausserdem tritt aus dem Herzen eine hintere Eingeweidearterie {Aorta abdominalis) zu den untern Partieen des Darmes und zu den Geschlechts- organen. Die in allen Organen reich entwickelten Capillarnetze gehen theils in Blutsinus theils in Venen über, welche sich in einer grossen, abwärts neben der Aorta verlaufenden Hohlvene sammeln. Diese spultet sich gabelförmig in zwei oder vier das Blut zu den Kiemen führende Stämme, die sog. Kieraenarterien , deren Wandung vor ihrem Eintritt in die Kiemen einen kräftigen contractilen Muskelbelag erhält und (Nautilus ausgenommen) regelmässig pulsirende Kiemenherzen bildet. Auch die Cephalopoden besitzen Einrichtungen , durch welche die Zu- mischung von Wasser in das Blut ermöglicht wird. Ueberall finden sich in den Seiten des Abdomens dünnhäutige weite Säcke, mit je einer Ausmündung auf einer i'apille des Mantelraums. Dieselben entsprechen den Räumen, in welche die Bojanus'schen Organe der Lamellibranchiaten hineinragen; auch in diese nach Krohn mit der Leibeshöhle com- municirenden ^Seitenteilen« sind die Harnorgane eingelagert und zwar als schwammig-traubige Massen, die sich als Anhänge und Ausstül- pungen an beiden Schenkeln der Hohlvene (Kiemenarterien) entwickeln. Auf ihrer äussern Fläche besitzen die traubigen Anhänge eine Zellbe- kleidung, welche gelblich-violette Harnsäure-haltige Concremente ab- sondert. Bei Nautilus sind entsprechend der grössern Kiemenznhl vier solcher Excretionssäcke vorhanden, ausserdem aber kommen hier noch an der Basis der kleinen Kieme Oeffnungen vor, durch welche das Wasser direkt in den Pericardialraum der Leibeshöhle aufgenommen werden kann. Auch an dem Kopfe vieler Cephalopoden finden sich eigenthümliche in Höhlungen führende Hautporen. Ein sehr verbreitetes Excretionsorgan ist der sog. Tintenbeutel, ein birnförmiger Sack, dessen stilförmiger Ausführungsgang an dem After nach aussen mundtt und 812 Cephalopodeii Geschlechtsorgane. eine intensive schwarze Flüssigkeit entleert, welche den Leib des Thieres wie in eine schwarze Wolke einhüllen und so vor Nachstellungen grösserer Seethiere schützen kann. Die Cephalopoden sind getrennten Geschlechts. Männchen und Weibchen zeigen schon äusserlich sowohl nach ihrer gesamniten Körper- forni als besonders nach der Bildung gewisse)' Arme mehr oder minder hervortretende Geschlechtsdißerenzen. Ueberall ist im männlichen Ge- schlechte nach der Entdeckung von Steenstrup ein bestimmter Arm als Hülfsorgan der Begattung umgestaltet, liectocotylisirt. Am auf- fallendsten aber unterscheiden sich Männchen und Weibchen der Ärgo- nauta, indem das Männchen nur eine geringe Grösse erreicht und so- wohl der Schale als der Verbreiterung der Rückenarme, welche das weibliche Geschlecht characterisiren, entbehrt. Beim Weibchen liegt das unpaare traubige Ovarium in einer sackförmigen Umhüllung des Bauch- fells, der sog. EierstocMapsel , in welche die aus der Wand des Ova- riums sich loslösenden Eier hineinfallen. Das Ovarium, seiner Anlage nach aus verzweigten Blindschläuchen gebildet, gewinnt die traubige Form dadurch, dass sich von dem P'.pithel der Röhren aus auf dem Wege der Ausstülpung blasige Follikel (dem Graff'schen Follikel ähn- lich) mit Epithelialumkleidung und centralem Ei erheben, aus denen später die reifen Eier (Faltungen der Granulosa, Ausscheidung des Nahrungs- dotters und Chorion mit Mikropjle) in die peritoneale Kapsel gelangen. Diese führt in einen bald doppelten {(Jctopoden), bald auch unpaaren (meisten linken) in die Mantelhöhle ausmündenden Eileiter, welcher in seinem Verlaufe eine rundhche Eiiveissclrüse aufnimmt und an seinem Endabschnitte drüsige Wandungen besitzt. Dazu kommen noch bei den Decapoden und Nautilus die sog. Mdamentaldriisen , zwei grosse aus zahlreichen Blättern zusammengesetzte Drüsenmassen , welche in der Nähe der Geschl(!chtsöti'nung ausmünden und einen Kittstotf zur Um- hüllung und Verbindung der Eier secerniren. Die Eier werden nämlich entweder einzeln (Argonmita, Octopiis) oder in grösserer Zahl [Sepia] von langgestilten Eierkapseln umhüllt und diese untereinander zu trau- bigen Massen, sog. Seetrauben , verbunden , an fremden Gegenständen des Meeres angeklebt. In andern Fällen (Loligo, Sepiola) liegen sie in gallertigen Schläuchen gehäuft. Der männliche Geschlcchtsapparat zeigt im Allgemeinen sehr ähn- liche Verhältnisse als der w^eibliche. Auch hier findet sich eine unpaare Zeugungsdrüse, ein aus langen cylindrischen Schläuchen gebildeter Hoden mit einer äussern Knpsel, welche die durch Platzen frei gewor- denen Samenfäden aufninunt. An ihrer linken Seite entspringt der lange dicht zusammengedrängte und verpackte Ausfülirungsgang mit mehr- fachen Erweiterungen und Anhangsdrüsen. Man unterscheidet an dem- selben einen engen vielfach gewundenen Samenleiter, eine erweiterte Hectocotylus. Speimatophoren. 813 lange Samenblase mit zwei Prosta tadrüsen an ihrem Ende und einen geräumigen Spermatophorensack, die Needham''sche Tasche, welche durch eine linksseitige Papille in die Mantelhöhle ausmündet. In diesem com- plicirt gebauten Ausführungsapparat entstehen eigenthündiche wurm- förmige Schläuche, welche sich zur Brunstzeit in dem sackförmigen Endabschnitt in grösserer Zahl anhäufen. Von ihrem Entdecker Redi für Würmer gehalten, wurden sie zuerst von Needham in ihrer wahren Bedeutung erkannt und als Spermatophoren von höchst com- plicirtem Baue nachgewiesen. Es sind cylindrische Körper mit starker mehrfacher Hülle, von verhältnissmässig bedeutender Grösse (bis 10 mm. lang), deren hinterer Abschnitt als Samensack mit Sperma angefüllt ist, während der vordere, mit einer Art Stempel und elastischem Band ver- sehen, zur Herstellung eines elastischen Propfens dient, welcher den aufquellenden Samenschlauch plötzlich hervorschnellen lässt und dessen Entleerung bewirkt. Nach Aristoteles findet eine Begattung beider Geschlechter statt, indem sich die Thiere mit den Saugnäpfen ihrer ausgespreitzten Arme festheften und die Oeßnungen beider Trichter aufeinander legen. Auf diese Art werden die Spermatophoren, wahrscheinlich überall durch Vermittlung des eigenthümlich umgebikleten männlichen Armes, des Hectocotylusarmes, in die Mantelhöhle und die Geschlechtsöffnung des Weibchens gelangen. Bei einigen wenigen Cephalopoden {Tremoctopus violaceus, Fhilonexis Carenae und Argonaiita argo) wird übrigens der männliche Hectocotylusarm zu einem vollständigen Begattungsapparat, der sich mit Spermatophoren füllt, vom männlichen Körper trennt, eine Zeit lang selbstständig bewegt und in der Mantelhöhle des Weibchens den Samen überträgt. Die Eigenthümlichkeiten dieses freien mit grossen Saugnäpfen und einem langen peitschenförmigen Faden ausgestatteten Armes sind in der That so auffallend, dass sie zu mannigfachen Täu- schungen Veranlassung geben konnten. Während ihn die ersten Beob- achter wie Delle Chia je und Cu vi er als Eingeweidewurm beschrieben — der letztere Forscher unter dem Namen Hectocotylus octopodis — , hielt Kölliker den Hectocotylus von Tremoctopus violaceus für das männliche Thier und glaubte in demselben Darm, Leibeshöhle, Herz und Geschlechtsapparat unterschieden zu haben. Ert durch die Beob- achtungen von Verany und de Filippi wurde es wahrscheinlich, dass Dujardin's Ansicht, der Hectocotylus stelle einen losgerissenen Cepha- lopodenarm dar, die richtige sei, bis H. Müller durch die Entdeckung der kleinen Argonautamännchen den Beweis liefern konnte, dass sich in der That ein bestimmter und zwar hier der dritte linksseitige Arm in den Hectocotylus verwandle. R. Leuckart wies endhch dieOeffnung an der Rückenseite des Hectocotylus nach, durch welche die Ueber- fiihning der Spermatophoren in den nn der Spitze des Endfadens aus- 814 Cephalopoden. Embryonale Entwicklung. mündenden Arniraum geschieht. I'ei Tremoctopus und Philonexis ist es der dritte Arm der rechten Seite, welcher sich zum Hectocotylus umgestaltet; überall bildet sich derselbe in einer birnförmigen Blase aus, welche an Stelle des betreffenden Armes dem Kopfe anhängt. Nach Steenstrup's Entdeckung besitzen auch die übrigen männlichen Ce- phalopoden einen umgebildeten »hectocotylisirten Arm«, der freilich nie- mals zur Trennung gelangt. Bei den Octopoden ist fast überall der dritte Arm der rechten Seite hectocotylisirt und an seiner Spitze mit einer löff'elförmig ausgehöhlten Platte versehen. Sepia und Loligo, sowie Sepioteuthis zeigen den vierten linken Arm verändert und die Saug- näpfe in quergestellte Papillen umgestaltet. Die Enüvicldung^) des Eies, deren Kenntniss wir vorzugsweise den Untersuchungen Kölliker's, Metschnikoff's und Ussow's ver- danken, wird eingeleitet durch eine partielle Furchung, welche an dem spitzen Eipole mit der Anlage von Furchungssegmenten beginnt, aus denen sich die Furchungskugeln sondern. Nach Ussow soll die Thei- lung des Keimbläschens die ungleichmässige Furchung einleiten. Aehn- lich wie beim Vogelei bildet der gefurchte Tlieil des Dotters (Bildungä- dotter) eine Keims cheihe , die sich mit ihrem weitern Wachsthum von dem untern Theil des Keimes, der sich zum Dottersack gestaltet, mehr und mehr erhebt. Zunächst ist es eine einfache Blastodermschicht, welche aus dem gefurchten, den Nahrungsdotter wie eine Hülle umge- benden Bildungsdotter hervorgeht. Nachher entsteht in dem mittleren Theile der Keimscheibe durch Quertheilung der Zellenschicht die Anlage des mittleren Keimblatts. Der Darmcanal bildet sich durch 2 Ein- stülpungen des äussern Blattes, die zwischen die innere Zellenschicht des mittleren Keimblattes (Darmfaserblatt) hineinwachsen und deren grubentörmiger Anfang Mund und After bezeichnen. Merkwürdiger- weise sollen alle centralen und peripherischen Ganglienknoten aus einer Verdickung des mittleren Keimblatts und zwar der oberen Zellenschicht desselben hervorgehen, welche vornehmlich die Hautmuskulatur liefert. Inzwischen entstehen an dem Embryo mehrfache wulstförmige Erhaben- heiten, zuerst in der Mitte des Keimes ein rhombischer flacher Wulst, welcher eine Vertiefung un)gibt und diese durch Ueberwachsung schliesst. Es ist der Mantel, zu dessen Seiten die Anlagen der Augen und die beiden Trichterhälften , sodann zwischen Trichter und Mantel die Kiemen hervortreten. Ebenfalls seitlich aber ausserhalb der Trichter- hälften erheben sich die Anlagen des Kopfes als zwei Paare länglicher 1) Vergl. ausser Van Beneden und Kölliker 1. c. E. Metschnikoff, Of'scliichte der embryol. Entwicklung von Sepiola (in russischer Sprache). 1867. Ussow, Zoologisch-embryologische Untersuchungen. Arch. für Naturg. 1874. H. Gren acher, Zur Entwicklungsgeschichte der Cephalopoden. Zeitsch. für wiss. Zool. Tom. XXTV. 187-1. Embryonale Entwicklung. 815 Lappen, von denen der äussere vordere die Augen trägt, während am äussern Rande des Keimes rundliche Papillen die entstehenden Arme bezeichnen. Mit dem weiteren Wachsthum dieses durdiaus bilateral symmetrischen Emhryonalkörpers prägt sich die Gestalt des Cephalo- poden immer deutlicher aus, der Mantel erhebt sich mehr und mehr, überwächst kragenartig Kiemen, Trichterhälften und After. Die Trich- terhälften verschmelzen zur Bildung des Trichters an der Bauchfläche, die Kopflappen treten zwischen Mund und Mantel mit einander in Ver- bindung und schnüren sich an ihrer untern Fläche schärfer von dem Dotter ab, welcher mit seltenen Ausnahmen als äusserer Dottersack zur Sonderung kommt und unterhalb des Mundes mit dem im Innern der Leibeshöhle eingeschlossenen Dotter (Innern Dottersack) commu- nicirt. Die Thatsache von dem Vorhandensein eines kopfständigen Dottersackes war schon dem grossen Forscher des Alterthums bekannt ; nach ihm entsteht die junge Sepie, indem sie mit dem Kopfe an dem Dotter hängt, ähnlich wie der Vogel mit dem Bauche am Dotter be- festigt ist. Je mehr nun der Embryo wächst und sich in der Form- gc^staltung dem ausgebildeten Thiere nähert, um so mehr breitet sich der innere Dottersack auf Kosten des äussern in den Partien der Leibeshöhle aus, der äussere Dottersack schwindet an Umfang mehr und mehr und wird zuletzt noch vor der Geburt des Jungen ganz in den Körper aufgenommen. Alle Cephalopoden sind Meeresbewohner, die sich theils an den Küsten , theils auf hoher See vorzugsweise in den wärmern Meeren zeigen. Sie ernähren sich als gewaltige Raubthiere vom Fleische anderer Seebewohner, fallen aber selbst wieder grösseren Vögeln und Fischen, namentlich aber den Cetaceen zur Beute. Einige erreichen die bedeu- tende Länge von zehn Fuss und darüber. In dem britischen Museum wird ein Cephalopodenarm von etwa 30 Fuss Länge aufbewahrt. Ebenso kennt man die Schlundköpfe von Cephalopoden, welche die Grösse eines Kinderkopfs besitzen. Viele Cephalopoden dienen zur Nah- rung des Menschen , andere erweisen sich nützlich durch den Farbstoff des Tinten-Beutels (Sepia) und durch die Rückenschale (Os sepiae). Besonders reich ist die Cephalopodenfauna der Vorwelt. Von der ältesten silurischen Periode an kommen Tintenfische in allen Forma- tion als sehr wichtige Characterversteinerungen (Belemniten , Ammo- niten) vor. 816 1. Ordnung: Tefrabranchiata, vierkiemige Cephalopoden. 1. Ordnung: Tetrabranchiata'), vierkiemige Cephalopoden. Cephalopoden mit vier Kiemen in der Mantelhöhle und zahlreichen zurücliziehharen Tentaheln am Kopfe, mit gespaltenem Trichter und vielkammriger Schale. In dem anatomischen Baue zeigen die Tetrabranchiaten , die frei- lich nur durch eine einzige lebende Gattung (Nautilus) repräsentirt werden, dafür aber eine um so zahlreichere Vertretung in der Vorwelt besitzen, auffallende Eigenthünilichkeiten. Der Kopfknorpel bildet an- statt eines geschlossenen Ringes zwei hufeisenförmige Schenkel, dem die Centraltheile des Nervensystems aufliegen. Die Augen sind gestilt, entbehren der Linse und überhaupt aller brechenden Medien. Sehr eigenthümlich verhält sich die Kopfbewaffnung, indem an Stelle der Arme eine grosse Menge von fadenförmigen Tentakeln die Mundöffnung umstellen. Bei Nautilus unterscheidet man auf jeder Seite des Körpers 19 äussere Tentakeln, von denen die rückenständigen Paare eine Art Sohle oder Kopfkappe bilden, welche die Mündung der Schale ver- schliessen kann; dazu kommen jederseits zwei am Auge st-phende sog. Augententakeln und 12 innere Tentakeln, von denen sich die vier ven- tralen linksseitigen beim Männchen zu einem als Spadix bekannten, dem hectocotylisirten Arme analogen Gebilde umwandeln. Beim Weibchen finden sich endlich noch innerhalb der letztern an jeder Seite 14 bis 15 bauchständige Lippententakel. Der Trichter bildet ein zu- sammengerolltes Blatt mit freien unverwachsenen Rändern. Ein Tinten- beutel fehlt. Die Kiemen sind in vierfacher Zahl vorhanden, ebenso die Kiemengefässe und die Nierensäcke. Kiemenherzen fehlen. Die dicke äussere Schale der Tetrabranchiaten ist in ihrem hintern Theile durch Querscheidewände in zahlreiche mit Luft gefüllte Kammern getheilt, welche von einem Sipho durchbohrt werden, und besteht aus einer äussern häufig gefärbten Kalkschicht und einer Innern Perlmutterlage. Die ähnliche Beschaffenheit zahlreicher fossiler Schalen lässt auf eine ähnliche Organisation ihrer unbekannten Bewohner schliessen. Beson- ders wichtig für die weitere Eintheilung der fossilen Tetrabranchiaten ist die Lage und Beschaffenheit des Sipho's und die Gestalt sowie die Verwachsungshnie der Septa. Diese zeigen nämlich in der Nähe ihrer Ränder eine coniplicirte Gestalt und erzeugen durch dieselben in der äussern Schale die sog. Lobenlinien , deren nach hinten gewandte Aus- 1) R. Owen, Memoire on the Nautilus etc. London. 1832. Derselbe, Alt. Ceplialopoda 1. c. 183G. Van der Hoeven, Beitrag zur Kenntniss von Nuutilus (in holländischer Sprache). Amsterdam. 1856. W. Keferstein in Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Dritter Band: Cephalopoda. 1865. Vergl. die Abhandlungen von D'Orbigny, L. v. Buch, Münster u. a. üler fossile Cephalopoden. Nautilidae. Amonitidae. 817 biegiingen als Loben bezeichnet werden, während umgekehrt die nach vorn gerichteten Erhebungen Sättel heissen. Nach dem Vorgange L. V. Buch's pflegt man die äussere convexe Seite der Spiralschalen als Riickenfläche aufzufassen und demgemäss die entsprechenden Theile der Loben etc. zu bezeichnen, obwohl bei Nautilus gerade der Trichter dieser äussern convexen Seite anliegt, dieselbe also umgekehrt als Bauchseite aufzufassen wäre. Nach der Lage des Sipho's unterscheidet man eine Siphonalseite von einer antisiphonalen, von denen die erstere nach Saeman der Bauchseite entsprechen soll. Dieses morphologische Verhältniss ist jedoch keineswegs erwiesen, vielmehr ist nicht einzu- sehen, wesshalb der Sipho nicht ebenso gut über die Mitte hin nach der entgegengesetzten Seite rücken könnte. Die wenigen noch lebenden Arten der Gattung Nautilus gehören dem indischen Meere und stillen Ocean an. 1, Farn. Nautilidae. Die Scheidewände der Kammern sind einfach ge- bogen und nach den vordem Kammern zu concav. Nahtlinie einfach mit wenig grossen welligen Biegungen oder einem seitlichen Lobus. Siphonaltuten nach hinten gerichtet. Der Sipho ist in der Regel central, die Schalenmündung einfach. Orthoceras Breyn. Schale gerade. Nahtlinie einfach, ohne alle Biegungen. Sipho ziemlich central. 0. regularis v. Schi., Kalkgeschiebe der norddeutschen Ebene. 0. {Ormoceras) BayfieUi Stock., fossil. Gomphoceras Münst., Phragmo- ceras Brod., Lituites Breyn. und viele andere Gattugen fossiler Orthoceratiden. Nautilus L. Schale spiralig in einer Ebene aufgerollt mit sich berührenden und umfassenden Windungen. Loben und Sättel an den Biegungen der Septa unterscheidbar. Thier mit der Bauchseite nach der convexen Schalenfläche ge- legen. N. pompilius L., Indischer Ocean, N. umhilicatus Lam., ebendaselbst. N. bidorsatus v. Schi., Muschelkalk. Clymcnia Münst. Schale scheibenförmig. Sejita mit starkem oft winkligem Seitenlobus mit sattelartiger Vorwölbung an der äussern Seite. Sipho ganz nach der Innenseite (Columellarseite) gerückt mit kurzen nach hinten stehenden Tuten. Gl. Sedgwiki v. Schi. 2. Fam. Ammonitidae. Die Scheidewände an den Seiten vielfach gebogen, stets mit Lobus an der Aussenseite, in der Mitte meist nach vorn convex. Sipho an der Aussenseite. Enthält nur fossile Formen. Goniatites De Haan. Schale in einer Ebene gewunden, mit verschiedenen Umgängen. Lobenlinie stets mit Siphonallobus, meist auch mit ungezackten seit- lichen Loben. Septa nach vorn convex. Sind die ältesten Ammoniten. G. retrorsus V. Buch. Ceratites De Haan. Unterscheidet sich hauptsächlich dadurch, dass die Loben gezähnt, die Sättel glatt sind; vornehmlich im Trias und in der Kreide vertreten. C. nodosus Bosc, Charakterversteinerung des Muschelkalks. Baculites Lam., Toxo- ceras D'Orb., Hamites Park. u. a. G. Ammonites Breyn. Loben und Sättel vielfach gezähnt, treten zuerst im untern Lias auf und sterben in der Kreide aus. A. capricortius v. Schi. Die in der Wohnkammer vieler Ammoniten gefundene und als Aptychus bezeichnete Bildung ist nach Kef er stein wahrscheinlich nichts als ein Stütz- organ der Nidamentaldrüsen, während der einschalige sog. Anaptychus möglicher- weise den Deckelstücken der Goniatiden entsprechend eine Absonderung der Kopf- kappe darstellt. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 52 818 2. Ordnung: Dibranchiata, zweikiemige Cephalopoden. 2. Ordnung: Dibranchiata')? zweikiemige Cephalopoden. Ce]}halopoden mit zivei Kiemen in der Mantelhöhle ^ acht Saug- napf- oder Haken-tragenden Armen, vollständigem Trichter und Tin- tenbeutel. Die Dihranchiaten besitzen in der Umgebung des Mundes acht mit Saugnäpfen oder Haken bewaffnete Arme, zu denen noch bei den Dccapoden zwei lange Tentakehi zwischen den Baucharmen und der Mundüffnung hinzukommen. Der Koptknorpel bildet einen vollständig geschlossenen, die Centralthcile des Nervensystems in sich aufnehmenden Ring, dessen flach gehöhlte Seitentheile den sitzenden Augen zur Stütze dienen. Im Mantelraum finden sich nur zwei angewachsene Kiemen, deren Zahl die der Kiemengefässe und Nieren entspricht. Der Trichter ist stets geschlossen, ein Tintenbeutel wird selten vermisst. Die nackte Körperhaut bietet durch den Besitz von Chromatophoren einen mannich- fachen Wechsel ihrer Färbung. Bei vielen fehlt eine Schale vollkommen, bei andeien reducirt sich dieselbe auf eine innere hornige oder kalkige Rückenschulpe. Nur selten tritt ein einfaches Spiralgehäuse mit dünnen Wandungen (vlr^ojmwYaweibchen) oder eine vielfach gekammerte Sipho- haltige Spiralscliale {Spirida) auf, die noch dazu grossentheils von den Mantellappen umschlo.ssen wird. Die Thiei'e leben meist schwimmend auf hoher See, einige kriechen auf dem Grunde und halten sich mehr an den Küsten auf. 1. Unterordnung: Decapoda. Ausser den 8 Armen finden sich tentakelartige lange Fangarme zwischen dem dritten und vierten (ventralen) Armpaare. Die Saugnäpfe sind gestilt und mit Hornringei: versehen. Die Augen entbehren der sphincterartigen Lider Der Mantel trägt 2 seitliche Flossen und am Mantelrande einen ausgebildeten Schliessapparat. Sie besitzen einen unpaaren Eileiter und eine innere Schale. 1. Farn. SpiruUdae. Die Schale nähert sich am meisten noch den Schalen- bildungen der Tetrabranchiaten und bildet ein Posthorn-ähnliches Spiralgehäuse, dessen Windungen sich nicht berühren , mit Luftkaminern und ventralem Sipho. Augen mit ganz geschlossener sog. Cornea. Spirula Lam. Arme des Thieres mif 6 Reihen kleiner Saugnäpfe. Mantel am Hinterende gespalten, die Schale frei lassend. Sj). Peronii Lam., Südsee. 2. Farn. Belemnitidae. Schale gerade oder gebogen, mit Luftkammern {Phrag- moconus), am Vorderende der Rückenseite zu einem Schlitze verlängert. Enthält nur fossile Reste. Belemnites Lister. Schale gerade, mit kurzem kegelförmigen Phragmoconus und ventralem Sipho. Thier mit Kiefer, Tintenbeutel und 2 Hakenreihen der Arme. B. digitalis Volz,, oberer Lias. 1) Hauptwerke: Ferussac et d'Orbiguy 1. c, sodann Verany 1. c. Myopsidae. Oigopsidae. 819 Belemnitella D'Orb. Scheide des sog. Rostrum's an der Bauchseite gespalten, an der Rückenseite mit Crista. B. mucronata v. Schi. Xiphoteuthis Huxl. u. a. G. 3. Farn. Myopsidae. Decapoden mit geschlossener Cornea und verdeckter Linse, mit innerer meist horniger Rückenschulpe. Halten sich mehr kriechend an den Küsten auf. Sepia L. {Sepiadae). Köx-per oval, mit langen am Hinterende getrennten Seitenflossen. Schulpe kalkig. Ueber dem Auge eine lidartige Falte. Fangarme lang, ganz zurückziehbar. Der vierte Arm der linken Seite beim Männchen hekto- cotylisirt. S. officinalis L., Sepie, Europ. Meere. Belosepia Voltz., fossil. Loligo Lam. {LoUgidae). Körper länglich, am zugespitzten Hinterende mit 2 dreieckigen Flossen. Fangarme nur theilweise retraktil, am Ende mit 4 oder mehr Saugnapfreihen. Arme mit 2 Reihen sitzender Saugnäpfe. Vierter Arm der linken Seite an der Spitze hectokotylisirt. Innere Schale hornig, so lang wie der Rücken, federförmig. L. vulgaris Lam. LoUolus Steenstr. Sepiofeitthis Blainv. Von Loligo hauptsächlich dadurch verschieden, dass die schmalen Flossen die ganze Länge des Mantels begleiten. S. Blainvilleana Fer. D'Orb., Ind. Meer. Leptotenthis Meyer u, a. fossile Gattungen. Sepiola Rondelet. {Sepiolidae). Körper kurz, hinten abgerundet, mit rund- lichen vom hintern Rückentheil entspringenden Flossen. Fangarme völlig retraktil. Arme mit 2 Reihen langgestilter kugliger Saugnäpfe. Der Trichter kann nicht am Kopfe befestigt werden. S. vulgaris Grant., Mittelmeer. Bossia Owen. Mantel am Nacken nicht mit dem Kopfe verwachsen. Der 3te linke Arm hectocotylisirt. B. macrosoma Fe'r. D'Orb., Mittelmeer. 4. Farn. Oigopsidae. Augen mit weit geöffneter Hornhaut und freiliegender vom Wasser bespülter Linse. Leben meist auf offener See. Cranchia Leach. {Cranchiadae). Körper kurz, mit 2 kleinen rundlichen Flossen am Ende. Kopf sehr klein, viel schmäler, der Körper mit grossen Augen, Arme kurz, mit 2 Reihen von Saugnäpfen. Fangarme lang. Trichter lang, am Kopfe nicht befestigt, ohne Klappe. Cr. scabra Leach., Atl. Ocean. Loligopsis Lam. {Loligopsidae) Körper durchscheinend, sehr lang, am spitzen Hinterende mit grossen Flossen. Kopf klein , mit grossen Augen. Mantel am Kopf durch ein Nackenband befestigt. Die kurzen Arme mit 2 Reihen gestilter Saugnäpfe. Fangarme lang, nicht retraktil. Trichter ohne Klappe. L. Veranyi Fer., Mittelmeer. Cliiroteuthis D'Orb., Histioteuthis D'Orb., Thysanoteuthis Trosch., Tli. rhombus Trosch., Sicilien. Onychoteuthis Licht. {Onychoteutliidae). Körper lang, cylindrisch, am Hinter- ende mit dreieckigen sich berührenden Flossen. Arme mit 2 Reihen von Saug- näpfen, deren Hornringe nicht gezähnt sind. Fangarme dick, am Ende mit 2 Reihen starker Haken bewaffnet. Trichter kurz. 0. Lichtensteini Fer., Mittel- meer. 0. Banksii Leach. Onychia Les., Gonatus Gray. Enoploteuthis D'Orb. Körper lang, mit dreieckigen die ganze Seitenlänge besetzenden Flossen. Arme mit einer Reihe Haken, Fangarme mit Haken ohne Haftapparat an der Basis. E. Owenii Ver., Mittelmeer. Veramja Krohn., F. sicula Krohn. Ommastrephes D'Orb. Körper lang. Augen mit ovaler Corneaöffnung. Arme kurz mit 2 Reihen von Saugnäpfen. Fangarme kurz, nicht retraktil, am Ende mit 4 Reihen von Saugnäpfen. Trichter mit Befestiger und Klappe. 0. to- darus D'Orb., Mittelmeer. 52* 820 2. Unterordnung: Octopoda. 2. Unterordnung: Octopoda. Die Fangarnie fehlen. Die 8 Arme tragen sitzende Saugnäpfe ohne Hornring und sind an ihrer Basis durch eine Haut verbunden. Augen verhtältnissmässig klein mit sphincterartigem Lide. Der kurze rundliche Körper entbelirt der Innern Schnlpe und meistens auch der Flossenanhänge. Mantel ohne knorpligen Schliessapparat durch ein breites Nackenband an den Kopf befestigt. Trichter ohne Klappe, Ei- leiter paarig. 1. Fam. Octopidae. Mantel durch einen medianen Muskel am Eingeweide- sack angeheftet. Arme mit kurzen Saugn.äpfen. Ein Arm des dritten Paares wird hectocotylisirt. Am Kopfe fehlen die sog. Wasserporen. Sie kriechen mehr und leben an der Küste. Üctopus Lam. Arme lang, an der Basis durch einen Hautsaum verbunden, mit 2 Reihen von Saugnäpfen. 0. vulgaris Lam., Mittelmeer. Ehdone Leach. Arme mit nur einer Reihe von Saugnäpfen. E. moschata Lam., Mittelmeer. Cirroteuthis Eschr. (Cirroteutliidae). Arme fast bis zur Spitze durch einen Hautsaum verbunden und mit Cii'ren tragenden Saugnäpfen versehen. Körper sehr kurz, mit rundlichen Flossen. C. Mülleri Eschr., Grönland. 2. Fam. Philonexidae. Mantel mit Schliessapparat. Die oberen Arme am meisten entwickelt und oft weit hinauf durch eine Haut verbunden. Mehrere Wasserporen am Kopfe. Der dritte Ann der rechten oder linken (Argonauta) Seite löst sich beim Männchen als wahrer Hectocotylus. Schwimmen vortrefflich. Philonexis D'Orb. (Parasira Steenst.) Arme ohne grosse Schwimmhaut, der Hectocotylus entwickelt sich in einem gestilten Sacke, entbehrt der Hautfranzen. Ph. Carenae Ver. 0. catemdatus Fe'r. soll das Weibchen sein (V) Mittelmeer. Tremoctopus Dell. Ch. Die vier obern Arme durch grosse Schwimmhaut verbunden. Der Hectocotylus besitzt seitliche Zotten. Tr. violaceua Dell. Ch. Argonauta L. Das kleine Männchen bildet den linken Aj.-m des dritten Paares zum Hectocotylus aus und entbehrt der Schale. Das grosse Weibchen mit flossenartigen Erweiterungen der Rückenarme, trägt eine kahnförmige dünne Schale, um deren Seitenfläche dasselbe die Armflossen ausbreitet. A. argo L., Mittelmeer. Ä. tuberculata Lam., Indischer Ocean. Anhang zu den Mollusken. ItracliiofioflaO? Aruifiisser. Festsitzende Bivalven mit einem vordem und hintern Mantel- lappen und entsprechenden Schalenklappen , ohne Schalenligament, mit spiralig aufgerollten Mundsegeln (Armen), ohne Fuss und ohne Kiemen- lamellen. Die Brachiopoden hat man oft als nahe Verwandte der Lamelli- 1) R. Owen, On the anatomy of the Brachiopoda etc. Transact. Zoolog. Soc. London. lSi55. Derselbe, Observations sur l'appareil de la circulation chez Brachiopoden. Körperbau. Mimdarme. 821 branchiaten betrachtet, die neueren Untersucliuno^en insbesondere über die Entwicklung haben jedoch gezeigt, dass unsi-re Thiere zu den Bryosoen und Anneliden in näherer Beziehung stehen. Voriäufig mögen sie als Anhang den Mollusken angereiht werden, denen sie unter Voraussetzung einiger wesentlicher Abänderungen und Vereinfachungen des Baues immerhin noch untergeordnet werden könnten. Jedenfalls würde die Bezeichnung Molluskoideen') die nächste Berechtigung für ^\q Braddo- poden haben. Dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntniss würde es freilich am besten entsprechen, für Bryozoen und Brachwpoden einen besondern Typus als Molluskoideen aufzustellen und denselben zwischen Würmer und Mollusken einzuschieben. Die Bryozoen entbehren sowohl des Fusses als der Kiemenlamellen und besitzen einen breiten von einer vordem (Rückenschale) und hintern (Bauch- schale) Schale bedeckten Körper. Beide liegen entsprechenden Hautduplica- turen (Mantellappen) auf und sind am Rücken oft durch eine Art Schloss verbunden, über welches die meist tiefer gewölbte hintere Schale schnabel- artig vorspringt. Diese (die sog. Bauchklappe^ sitzt entweder unmittelbar auf fester Unterlage verwachsen auf, oder die Befestigung wird durch einen aus der Schnabelöflnung derselben hervortretenden Stil vermittelt. les Mollusques de la classe des Brachiopodes. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. tom. III. 1845. C. Vogt, Anatomie der Lingula anatina. Denkschr. der schw. Ge- sellsck der ges. Naturw Bd. VII. 1842 Th. Huxley, Contributions to the ana- tomy of the Brachiopoda. Ann. Mag. of nat. bist. 1854. A. Hancock, On the Organisation of the Bracbiopoda. Philos. Transactions. 1858. Davidson, Mono- graphy of british foss. Brachiopoda. 1858. Fr. Müller, Beschreibung einer Bra- chiopodenlarve. Müller's Arch. für. Anat. 1860. Lacaze-Duthiers, Higtoire naturelle des brachiopodes vivants de la Mediterranee. Ann. des sc. nat. 1861. Tom. XV. E. S. Morse, On the early stages of Terebratulina etc. etc. Ann. nat. bist. 1871. Derselbe, On the systematic position of the Brachiopoda. Proceed. Boston. Joe. of Nat. Bist. Tom. XV. 1873. On the oviducts and embryology oftere- bratulma. Amer. Journ. of Science and Arts. 1873. Vergl. ferner Kowalevsky etc. 2) Dass eine solche Gruppirung in der vorliegenden Auflage unterlassen wurde, hat lediglich einen äussern Grund in der bereits früher den Bryozoen an- gewiesenen Stellung unter den Würmern. Die Unhaltbar keit der Würmer als Typus wurde übrigens an Ort und Stelle ausdrücklich hervorgehoben, wenngleich auch zur Zeit eine Auflösung derselben in natürliche Abtheilungen vom Werthe des Typus noch nicht angezeigt erschien. Nichts desto weniger ist von einer übrigens auch sonst durch kleinliche Nergeleien hinreichend bekannten Seite ^egen die vor- läufige Aufrechterhaltung dieses Typus ein recht eifriges Wortgeplänkel eröttnet worden. Indessen scheint das an die Stelle des Verworfenen Gesetzte nur darnach angethan, um die Richtigkeit unserer Anschauung zu erhärten, denn es enthält in der That nichts als die nackte Auflösung in die Hauptgruppen, deren Beziehungen weder unter neuen Gesichtspunkten, noch klar und zutreffend erörtert wurden. Vor einem solchen Aufbau »im modernen Stil« möchte doch das Althergebrachte wenn auch als unzureichend erkannte den Vorzug verdienen. 822 Brachiopoden. Körperbau. Mundarme. Indossen können auch die Schalen gleichklappig sein und durch einen langen der Ausbuchtung beider Schalen zugehörigen Stil festsitzen {Lmgula), sowie einer Schlossverbindung entbehren, die übrigens auch bei einigen ungieichklappigen aufgewachsenen Brachiopoden fehlt. Die Schalen werden niemals durch die Anwesenheit eines äussern Liga- mentes, sondern durch besondere Muskelgruppen geöffnet und anderer- seits durch Schliessmuskeln zugeklappt, welche in der Nähe des Schlosses quer von oben nach unten den Leibesraum durchsetzen. Dagegen werden die beiden spiralig zusammengelegten Mundsegel oder Spiral- arme, zu deren Stütze ein aus kalkigen Stäben zusammengesetztes Ge- rüst an der Innern Fläche der Rückenschale entspringt, keineswegs wie man früher glaubte, zum Oeffnen der Schalen benutzt. Der zwischen den Schalen eingeschlossene Leib hat meist eine streng bila- terale Form und Organisation. Die beiden Mantellappen, welche der Innern Schalenfläche anliegen, umgeben den Körper von der vordem und hintern Seite und umschliessen mehr oder minder umfangreiche Höhlungen als Fortsetzungen des Leibesraums. Auf diese Weise wird der Innenraum des Mantels nicht nur zu einem mit Blut gefüllten La- cunensystem und dient an der Innenfläche zur Respiration, sondern nimmt auch Theile der Geschlechtsdrüsen in seinen Höhlungen auf, während die äussere Oberfläche am Rande sehr regelmässig einzelne oder in Gruppen zusammengestellte Borsten trägt. Auch kann der Mantel ebenso wie die spiraligen Mundarme Kalknadeln oder ein zu- sammenhängendes Kalknetz in sich erzeugen. Die Mundöffnung liegt zwischen der Basis beider Arme von einer Ober- und Unterlippe um- geben, sie führt in die nach vorn verlaufende Speiseröhre, welche sich in den durch Bänder befestigten und von mächtigen Leberlappen um- lagerten Magendarm fortsetzt. Derselbe beschreibt entweder eine ein- zige Umbiegung nach der Rückenfläche aufsteigend oder bildet bei be- deutender Länge mehrfache Windungen (Lingula). Im letztern Falle mündet er an der Seite des Rumpfes in die Mantelhöhle aus, während bei den mit einem Schalenschlosse versehenen Brachiopoden (Tere- bratula, Bhynchonella) ein After fehlt. Hier endet der Darmkanal innerhalb der Eingeweidehöhle zwiebeiförmig aufgetrieben. Zuweilen setzt sich das Ende jedoch in ein strangartiges Organ fort {Thecidkmi). Auffallenderweise ist der Darm durch Suspensorien, die sog. Gastro- Parietal- und Ileo-Parietalbänder, in der Leibeshöhle befestigt. Die beiden zur Seite der Mundötfnung entspringenden von einem festen Gerüste getragenen Spiralarme, welche morphologisch den Mund- lappen der Lamellibranchiaten entsprechen, dienen zur Herbeistrudelung der Nahrungsstotte, aber auch zur Respiration. Es sind sehr lange, in kegelförmiger Spirale nach vorn aufgerollte Anhänge, welche genau wie die Segel mancher Lamellibranchiaten von einer Rinne durchzogen Herz. Athmungsorgane. Nervensystem. 823 werden. Die Umgebung der Rinne bilden dichte und lange, aus steifen beweglichen Fäden zusammengesetzte Franzen, deren Schwingungen eine mächtige Strudelung erregen und kleine Nahrungskörper nach der Mundüffnung führen. Als Centralorgan des Kreislaufes fungirt ein rundliches, ein- kammeriges Herz auf der Rückenfläche des Magens. Dasselbe entsendet mehrere seitliche Arterienstämme und nimmt das Blut durch einen ge- meinsamen über der Speiseröhre verlaufenden Venenstamm auf. In- dessen ist das Gefässsystem keineswegs geschlossen, sondern steht mit einem Blutsinus in der Umgebung der Darmes, den Eingeweidelacunen und einem sehr entwickelten Lacunensystem des Mantels und der Arme in Verbindung. Die letzteren bringen das Blut über eine bedeutende Fläche hin mit dem Wasser in endosmotischen Austausch, man betrachtet daher mit Recht sowohl die innere Mantelfläche als die Spiralarme des Mundes als Athmungsorgane. Als Nieren, den Segmentalorganen der Anneliden entsprechend, sind wahrscheinlich zwei, seltener vier Kanäle mit drüsigen Wan- dungen anzusehen, welche mit freier Oetfnung trichterförmig in der Leibeshöhle beginnen, zu beiden Seiten des Darmes sich erstrecken und seitlich vom Munde ausführen. Dieselben fungiren zugleich als Ausführungsgänge der Geschlechtsproducte und werden von Hancock als Oviducte bezeichnet, während sie von R. Owen irrthümlich für Herzen gehalten waren. Das Nervensystem besteht aus einem Nervenring in der Umgebung des Schlundes und mehreren mit demselben verbundenen Ganglien- gruppen. Dieselben liegen über dem Schlünde nach dem Schlosse der Schale zugekehrt und bilden ein Centralganglion, von welchem die Nerven zu dem dorsalen vordem Mantellappen, den Armen und Schliess- muskeln entspringen, und zwei seitliche Ganglien, welche den hinteren Mantellnppen und den Stilmuskel mit Nerven versorgen. An dem zarten Schlundringe finden sich zwei sehr kleine Ganglienpaare, ein Oesophageal- und Lippenknötchen. Sinnesorgane sind nicht mit Sicherheit bekannt geworden. Doch wird man die Doppelreihe der Fädchen, welche die Arme besetzen, als Tastorgane betrachten können. Ueber die GeschlechtsveAältnisse und die Fortpflanzung herrscht noch manche Unklarheit. Wahrscheinlich sind die meisten Brachiopoden getrennt geschlechtlich. Sicher ist solches der Fall bei JDisdna, Crania und bei den Terehratididen. Die Geschlechtsorgane bestehen aus dicken gelben Bändern und Wülsten, welche in paariger Anordnung von der Leibeshöhle aus in die Lacunen des Mantels hineindringen und sich hier unter mehrfachen Verästelungen ausbreiten. Hoden und Samen- fäden sind nicht überall mit Sicherheit nachgewiesen worden. Bei Thecidium liegen nur zwei bohnenförmige Hoden und im weiblichen 824 Brachiopoden. Geschlechtsorgane. Geschlechte ebensoviele traubige Ovarien in der gewölbten Schale. Die aus den Geschlechtsdrüsen in die Leibeshöhle gelangenden Eier werden durch die bereits erwähnten trichterförmig beginnenden Oviducte, die sich ebenso wie die Geschlechtsdrüsen vollkommen den gleichwerthigen Organen der Anneliden an die Seite stellen lassen, in den Mantelraum nach aussen geführt. Von der Entwicklung weiss man schon aus den Beobachtungen Mc. Crady's und Fr, Mülle r's, dass die Jugendformen freischwim- mende Larven mit bereits zweiklappiger Schale, mit Darm, paarigen Pigmentflecken und Gehörblasen sind. Als Larvenorgan tritt zwischen den Schalenklappen ein eigenthümlich vorstülpbarrr Bewegungsapparat hervor, welchen man dem Tentakelkranz der Bryozoen vergleichen kann. Derselbe besteht aus zwei Armen mit vier flimmernden Fortsätzen. Die erstem erheben sich auf einem gemeinsamen contractilen Stile in der Umgebung des wulstig umiandeten Mundes und bewirken durch ihre Flimmerhaare die Locomotion der Larve. Die Beobachtungen von Lacaze-Duthiers haben über die Ent- wicklungsgeschichte von Thecidium einigen Aufschluss gegeben. Hier gelangen die abgesetzten Eier in eine mediane Tasche des Mantelraums und durchlaufen in diesem Brutraum, an dem angeschwollenen Ende zweier Arm-Cirren durch Filamente befestigt, die Embryonalentwicklung. Nach der Dotterklüftung stellt der Leib des Embryo's zuerst eine gleichförmige Zellenmasse dar. alsdann theilt er sich durch eine quere Furche in zwei Hälften, von denen die vordere umfangreichere an dem Filamente anhaftet. Der vordere Abschnitt erhält zwei seitliche helle Flecken, der hintere an seiner äussersten Spitze eine helle, zu einer Grube sich umgestaltende Impression. Die erstem sind die Andeu- tungen eines mittlem Abschnittes, welcher sich durch eine Kingfurche abschnürt, während zugleich an der vordersten Spitze ein neues Segment zur Sonderung gelangt. Man unterscheidet daher später am Embr3'o vier durch Querfurchen gesonderte Segmente, welche eine convexe Rückenseite und eine eingekrümmte, concave untere Seite darbieten. Der vordere Abschnitt erhält dann auf seiner untern Seite eine ovale Grube, vermuthlich die Mundöff'nung und vier oder zwei Augenpunkte. Nun lösen sich die Embryonen von ihren Filamenten und schwärmen mittelst ihres Wimperkleides frei umher, ohne von Lacaze-Duthiers in ihrer weitern Metamorphose verfolgt worden zu sein. Auch die Embryonen von Terehratulina sind nach Morse bewim- pert und mit einem langen Wimperbusch besetzt. Später machen sich wie bei Thecidium 3 scharf getrennte Segmente bemerkbar. Mit dem Caudalsegmente , welchem der Wimperbusch angehört, setzt 'sich die Larve fest und während dasselbe zum Stile auswächst, bildet das mittlere Segment 2 Fortsätze, die Anlage des Mantels mit den beiden Schalen Entwicklung. 825 Nach Bildung des Mundes entstehen die ersten später wieder verschwin- denden Fiederborsten. Am vollständigsten sind die Beobachtungen von Kowalevsky, welche sich vornehinlich auf die frühesten Embryonalvorgänge von Thecidium, Terehratulma und Argiope bezieht. Kowalevsky unter- scheidet für die Keimblattbildung zwei Entwicklungsformen, von denen die eine für Thecidhim Geltung hat. Hier erfolgt nach Ablauf der Furchung keine Einstülpung des Blastoderms, dagegen entsteht das zweite embryonale Blatt durch Abhebung von den Zellen des Blasto- derms. Zu dem zweiten Typus gehören Argiope, Terehratula und wohl auch Terehratulma. Bei diesen bildet sich nach Ablauf der Furchung eine deutlich begrenzte Furchungshöhle , und das zweite Blatt entsteht durch Einstülpung des Blastoderms. Bei Argiope neapolitana gelangt der Laich in die Leibeshöhle und von da in die röhrenförmigen Seg- mentalorgane, in denen die weitere Entwicklung zur Larve verläuft. Nachdem die Furchung beendet und die Einstülpung des Blastoderms erfolgt ist, verengert sich die Oeffnung bis zum Verschluss, und es zer- fällt der innere Raum durch zwei quere Abscheidungen ganz wie bei Sagitta in 3 Abtheilungen. Die den mittleren Raum umschliessende Zellschicht stellt das Darmdrüsenblatt dar, während die innere Schicht der beiden seitlichen Abschnitte die Darmfaserplatte, die äussere Zellschicht derselben die Hautmuskelplatte bilden. Dann verlängert sich das bisher abgerundete Hinterende des ovalen Embryo und schnürt sich ebenso wie das bisher abgeflachte Vorderende ein, so dass drei Segmente ent- stehen, ein Vordersegment, ein Rumpfsegment und ein Schwanzsegment, welches letztere keine Verlängerung des Darmdrüsenblatts einschliesst. Am vordem Theile des Rumpfsegments erheben sich alsdann Falten zur Bildung des obern und untern Mantellappens, welche bald den Rumpf und einen Theil des Schwanzsegmentes bedecken. Am untern Mantellappen entstehen alsbald vier ßorstenbündel, auf dem Vorder- segmente 4 Augen und eine Cilienbekleidung , die an dem erhabenen Rande besonders mächtig wird. An der entwickelten Larve ist das vordere Segment fast schirmförmig, an dem untern Mantellappen treten vier Bündel langer Borsten hervor, welche wie bei den Würmern ein- gezogen und ausgespreitzt werden. Nachher setzt sich die Larve fest und beginnt ihre Umgestaltung. Das festsitzende hintere Segment wird zum Stil, die Mantellappen schlagen sich nach vorn um und bilden den Kopf bedeckend, eine Art Chitingehäuse. Die Borstenbiindel werden abgeworfen, dagegen bilden sich Speiseröhre und Kiemen, während in der Schale die Ablagerung von Kalk beginnt. Gegenwärtig existiren verhältnissmässig nur wenige Brachiopoden in verschiedenen Meeren, um so grösser war dagegen die Verbreitung in der Vorwelt, für deren Formationen bestimmte Arten die Bedeutung 826 Lingulidae. Discinidae. Craniiulae. Rhynchonellidae. Terebratulidae. von Leitmuscheln haben. Auch gehören zu den Biachiopoden die ältesten Versteinerungen, und einzelne der schon im Silur auftretenden Gattungen haben sich bis zur Gegenwart erhalten (Lingula). Von den Familien, welche sich nach dem Baue der lebenden Formen zu schliessen, in zwei Gruppen, in die der schlosslosen und der mit einem Schlosse versehenen, eintheilen lassen, mögen nur die nachfolgenden p]rwähnung finden. 1. Ecardines. Angellose Brachiopoden. Schale ohne Schloss und ohne Armgerüst. Darm mit seitlichem After. 1. Farn. Lingulidae. Die dünnen hornigen Schalen sind gleichklappig und zungenförmig , an ihrer Verbindungsstelle weichen sie zum Austritt eines langen fleischigen Stiles auseinander. Ein Armgerüst fehlt. Lingula Brug. Schale ob- long, vorn breit und abgestutzt, nach oben zu verschmälert. L. anatina Lam., Indischer Ocean. Zahlreiche Arten sind fossil und gehören grossentheils der Silur- zeit an. 2. Farn. Discinidae. Haftstil durch eine Oeffnung der flachen ßauchschale durchtretend. Diseina Lam. Schale rundlich scheibenförmig punktirt. ü lamel- losa Brod., Südamei'ika. Viele Arten fossil aus dem Silur. Fossil sind Orbicula Ow., Trematis Schärpe, Siphonotreta Vern. 3. Fam. Qraniadae. Schale rundlich, kalkhaltig, mit der ünterlappe auf- gewachsen, ohne Stil. Cr. rostrata Hoev., Mittelmeer. Urania Retz. Cr. anomala Müll., Nordsee. Cr. antiqua Defr., fossil aus der Kreide. 2. Testicardines. Angelschalige Brachiopoden. Schale kalkig mit Schloss und Armgeriist. Darm blind ge- schlossen. Den Uebergang bilden die Familien der ausschliesslich fossilen Orthiden und Productiden (Froductis Sav.), deren Schalenrand noch der Angelgelenke entbehrt. 1. Farn. Rhynchonellidae. Angelrand bogenförmig oder gerade, stets mit vollkommenem Angel gelenke. Die sog. Bauchschale mit durchbohrtem Schnabel. Armgerüste nur durch 2 parallele Schenkel repräsentirt. Eyvchonella Fisch. Schale fächerartig gefaltet. Schnabel unter seiner Spitze mit einem rundlichen Loche, zwischen diesem und dem Angelrand liegt ein zwei- theiliges Feld, das sog. Deltidium. Bh. psittacea Lam., Nördl. Norwegen, Fossile Arten im Silur. Pentamerus Sow. Enthält nur fossile Arten des Silur und Devon. Hier schliessen sich die fossilen Spiriferiden an (Spirifer Sow.). 3. Fam. Terebratulidae. Schale fast immer biconvex , fein punktirt mit vollkommenem Angelgclenk. Schnabel der Bauchschale zum Durchtritt des kurzen Haftstiles durchbohrt. Selten fehlt diese Oeffnung und dann ist die Schale aufgewachsen {Thecidinm Sow,). Armgerüst stärker, mit 2 Schenkeln und Schleifen. Thecidium Defr. Schale dick und aufgewachsen. Th. viediterraneum Riss. Waldheimia King. Rückenklappe ungeöhrt. Schnabel lang, rings geschlossen. Armgerüst allein durch die zwei Schenkel gestützt, ohne Dorsalleiste, jene vor VII. Typus. Tunicata, Mantelthieie. 827 der Mitte der Klappe vereinigt , mit sehr langer Schleife. W. flavesccns Lam., Ind. Ocean. Terebratula Brug. Die Schenkel des Armgerüstes durch einen rückwärts gewölbten Halbring vereinigt. T. vitrea Lam., Mittelmeer. Terebratidina D'Orb. Rückenschale geöhrt, Armgerüst kurzschleifig. T Caput serpentis L., Nordsee. Andere noch jetzt lebende Gattungen sind Terebratella D'Orb., Argiope Dp., Megerlea King (M. truncata King., Nordsee)., Kraussia King.; nur fossil erhalten Stringocephalus Defr. VII. Typus. Tunicata'), H ao tclt hicre. Seitlich symmetrische Thiere von sackförmiger oder tonnenförmiger Körpe) gestellt, mit weiter, von zicei Oeffnungen durchbrochener Mantel- höhle und einem einfachen Nervenknoten, mit Herz und Kiemen. Die Tunicaten verdanken ihren Namen dem Vorhandensein einer mehr oder minder cartilaginösen Hülle, welche (als Tunica externa oder Testa) den Leib vollständig umhüllt. Die Körpergestalt ist sackförmig (Äscidien) oder tonnenförmig {Salpen), freilich im Einzelnen einem ganz ausserordentlichen Wechsel unterworfen. Ueberall findet sich am vor- dem Ende ein weiter, sowohl durch Muskeln als häufig durch Klappen verschliessbarer Eingang zur Einfuhr des Wassers und der Nahrungs- stoffe in den Innenraum und daneben in einiger Entfernung (Ascidien) oder am entgegengesetzten Körperende {Salpen) eine zweite, ebenfalls oft verschliessbare Oeffnimg als Auswurtsöffnung. Das Integument ist bald von weichhäutig gallertartiger, bald von lederartiger bis knorpliger Consistenz und erscheint oft durchscheinend oder krystallhell, zuweilen aber auch trübe und undurchsichtig, in ver- schiedener Weise gefärbt. Seine äussere Oberfläche ist glatt oder 1) Forskai, Descriptiones animalium, quae in itinere orientali observavit. Hafniae. 1775. G. Cuvier, Memoires pour servir a l'histoire des Mollusques. 1817, J. C. Savigny, Memoires sur les animaux sans vertebres. II. Paris. 1815. Cha- misso, De animalibus quibiisdem e classe Vermium. Berlin. 1819. Milnc Edwards, Observations sur les Ascidies compose'es de cötes de la manche. Mem. Acad. Sc. Paris. 1839. C. Schmidt, Zur vergl. Physiologie der wirbellosen Thiere. Braun- schweig. 1845. C. Löwig et A. Kölliker, De la composition et de la structure des enveloppes des Tuniciers. Ann. des scienc. nat. III. Ser. Tom. V. 1846, 828 Tunicaten. Integument. Leibeswandung. warzig, zuweilen selbst stachlig oder filzig. Man nennt dieses äussere Integument, welches den Körper vollständig überzieht, den äussern Mantel (Timica) und hat dasselbe morphologisch als Gehäuse und zwar als Aequivalent der zweiklappigen Schale der Lamellibranchiatcn auf- gefasst. In der That scheint diese Zuriickführung in gewissem Sinne berechtigt, um so mehr, als es nach der interessanten Entdeckung von Lacaze-Duthiers Ascidien gibt, deren knorpliges Gehäuse sich in zwei durch besondere Muskeln verschliessbare Klappen spaltet {Chevreu- lius). Die Substanz dieses Schaleninteguments , dessen Oberfläche von einem Epitelialüberzug bekleidet sein kann, ist im Wesentlichen eine Cellulose-\i?i\\A%Q, Grundmasse mit eingeschlossenen Kernen und ver- schieden gestalteten Zellen, also eine Form des Bindegewebes. Die Grundmasse stellt sich bald völlig structurlos dar, bald verdichtet sie sich theilweise in Form von Fasern, welche zu besondern geschichteten Lagen zusammentreten können und enthält nicht selten feste kalkige Concretionen eingelagert. Bei den Golonie-bildenden Tunicaten kann der äussere Mantel oder das Schalengewebe der Einzelthiere zu einer gemeinsamen Masse zusammenfliessen , in welcher diese letztern voll- ständig eingebettet sind. Auf den sackförmigen Mantel folgt die Leibes- wandung des Thieres, ihrer Structur nach ebenfalls eine bindegewebige Grundsubstanz mit eingelagerten Zellen. Die äussere Oberfläche der- selben, welche sich an den Mantel anlegt, wird von einem Epithel be- kleidet, ebenso auch ihre innere Oberfläche, welche die geräumige durch die Eingangs- und Auswurfsößiiung mit dem Wasser communicirende Athemhöhle begrenzt. In dieser häufig als innere Mantelschicht bezeichneten Leibes- wandung lagern fast sämmtliche Organe des Körpers, Nervensystem und Muskeln, Darmapparat, Geschlechts- und Kreislaufsorgane in einer Krohn, üeber Entwicklung der Ascidien. Müllers Archiv 1852. Allmann, On the homology of the organs of the Tunicata and the Polyzoa. Transact. Roy. Irish Acad. Vol. 22. 1852. Lacaze-Duthiers, Sur un nouveau d'Ascidien. Ann. des scienc. nat. V. Serie. Tom. IV. 1865. A. Kowalevsky, Entwicklungsgeschichte der einfachen Ascidien. St. Petersburg. 1866. "Weitere Studien über die Entwick- lung der einfachen Ascidien. Archiv für mikr. Anatomie. Tom. VIT. 1871. C. Kupffer, Die Stammverwandtschaft zwischen Ascidien und Wirbelthieren. Nach Untersuchungen über die Entwicklung von Axcidia eanina. Arch. für mikr. Ana- tomie. Tom. VI. 1870. Giard, Embryogenie des Ascidies, ferner Recherches sur les Synascidies. Archives de zool. exper. Tom. I. 1872. 0. Hertwig, Unter- suchungen über den Bau und die Entwicklung des Cellulosemantels der Tunicaten. Jen. nat. Zeits. Tom. VIT. 1873. Vgl. ferner die Schriften und Werke von Delle Chiaje, Van Beneden, Krohn, Leuckart, Allmanu, Huxley, C. Vogt, H. Müller, Gegenbaur, Fr. E. Schulze, Stepanoff etc. Nervensystem. Musculatur. Darmkanal. 829 Art Leibeshöhle, "Wcährend die Kieme in der Wasser-gefüllten Athem- höhle ausgespannt ist. Das Nervensystem beschränkt sich auf ein einfaches Ganglion, durch dessen Lage in der Nähe der Eingangsöft'nung die liückenfläche be- zeichnet wird. Die vom Ganglion ausstrahlenden Nerven treten unter Verzweigungen theils zu den Muskeln und Eingeweiden , theils zu den namentlich bei freischwimmenden Tunicaten ausgebildeten Sinnesorganen, welche sich als Augen-, Gehör- und Tastwerkzeuge nachweisen lassen. Die Musculatur entwickelt sich vornehmlich in der Umgebung der Athemhöhle und wird sowohl zur Erweiterung und Verengerung dieses Raumes als zum Verschlusse der Einfuhrs- und Auswurfs-öffnung ver- wendet. Bei den Ascidien können 3 Muskelchichten , eine äussere und innere Längsmuskellage und eine innere Ringmuskelschicht zur Aus- bildung kommen, während bei den Salpen bandartige in die Substanz der Körperwandung eingelageite Muskelreifen auftreten, welche neben der Erneuerung des Athemwassers die freie Schwimmbewegung des tonnenförmigen Leibes unterhalten. Als selbstständiges Locomotions- organ tritt bei den kleinen Äppendicularien und den frei schwärmenden Ascidienlarven ein peitschenförmiger, lebhaft schwingender Schwanz- anhang auf. Der Darmhanal beginnt überall mit einem Munde, welcher mehr oder minder weit von der Eingangsöffnung entfernt im Innern der Athemhöhle oder wo sich das in dieser suspendirte Respirationsorgan als Kiemensack darstellt, im Grunde des letzteren liegt. Zwischen Mund- und Eingangsöfinung verläuft überall zur Fortleitung kleiner Nahrungskörper, sei es im Kiemensacke, sei es auf der Wandung der Athemhöhle eine flimmernde von zwei Falten begrenzte Rinne, und zwar in der Mittellinie der dem Ganglion entgegengesetzten sog. Bauchseite. Diese Flimmerrinne beginnt am Eingang der Athemhöhle mit zwei seit- lichen Flimmerbogen , welche sich zu einem geschlossenen Ring in der Nähe der Athemöffnung vereinigen und unterhalb des Ganglions auf einen kleinen in die Athemhöhle vorragenden Zapfen übertreten. Unter- halb der Bauchrinne erstreckt sich ein eigenthümliches Organ von noch unbekannter Bedeutung, der sog. Endostyl. Der Nahrungskanal besteht aus einem bewimperten meist trichterförmig verengerten Schlund, einem blindsackartig vorspringenden, meist mit einer Leber ausgestatteten Magendarm und einem Dünndarm, welcher unter Bildung einer einfachen oder schleifenförmigen Schlinge umbiegt und in einiger Entfernung von der Auswurfsöffnung durch den After in den Athemraum oder in einen als Kloake zu bezeichnenden Abschnitt desselben ausmündet. Bei allen Tunicaten findet sich als Centralorgan des Kreislaufes ein flerz, welches neben dem Darme gelegen, meist von einem zarten Pericardium um- hüllt, lebhafte und regelmässige, von dem einen nach dem andern Ende 830 Tunicaten. Kieme. Athemhühle. Hermaphroditismus. hin fortschreitende Contractioncn ausführt. Merkwürdig ist der plötz- liche von van Hassel t entdeckte Wechsel in der Richtung der Con- tractioncn, durch welchen nach momentanem Stillstand des Herzens auch die Richtung der Blutströmung plötzlich eine umgekehrte wird. Dem Herzen schliessen sich Blutgefässe an, die in Lückensysteme der Leibeswandung zur Fortleitung des Blutes führen. Doch werden den letztern von mehreren Forschern selbstständige Wandungen zugeschrieben. Bei den Ascidien treten auch in den Mantel Blutgefässschlingen ein, indem sich Ausstülpungen der Leibeswand von der Epidermis bekleidet, mit Bluträumen in den Mantel erheben. Hauptblutbahnen liegen in der Mittellinie sowohl des Rückens als des Bauches unterhalb der Flimmer- rinne und communiciren durch Nebenbahnen , welche sich im Umkreis der Athemhühle als Querkanäle entwickeln. Zugleich stehen dieselben mit den Hohlräumen eines in der Atliemhöhle ausgespannten Respirations- organes, einer Kieme ^ in Verbindung, an deren Oberfläche das Wasser durch schwingende Wimperhaare in beständiger Strömung erhalten wird. Bei den Ascidien erfüllt die Kieme als zarthäutiger netzartig durchbrochener Sack den grössten Theil der Athemhöhle, an deren Innen- wand durch einzelne Fäden befestigt; die zahlreichen flimmernden Spalt- öffnungen des Kiemensackes erscheinen in Reihen geordnet, welche nur in der Rücken- und Bauchlinie vermisst werden. Hier liegen nämlich die weiten blutführenden Hauptkanäle , welche das Blut in die Hohl- räume der die Spaltöffnungen begrenzenden Brücken ein- und ausführen. Das durch die Eingangsöffnung in den Kiemensack eingetretene Wasser umspühlt die Balken und Brücken des Maschengewebes, gelangt durch die Spalten in den als Kloakenraum zu bezeichnenden Abschnitt der Athemhöhle und fiiesst von da durch die Auswurfsöffnung nach aussen. In andern Fällen reducirt sich die Kieme zunächst durch die bedeutende Verminderung der Zahl der Spaltöffnungen , welche bald ausschliesslich auf die Rückenfläche des Sackes zu den Seiten des breiten Blutkanals beschränkt bleiben. Unter den SaZ^^e». - artigen Tunicaten bildet die Kieme nach völligem Schwunde der Bauchhälfte bei Doliolum eine quer durch die Athemhöhle ausgespannte ebene oder gekrümmte Scheidewand, welche rechts und links von Oeffnungen durchbrochen, an der Rücken- fläche noch vor dem Ganglion beginnt und bis zur Mundöfihung der Bauchfläche sich erstreckt, bei Scdpa endlich besteht dieselbe aus einem hohlen der Spaltöffnungen entbehrenden Bande, welches mit Blut gefüllt von der Decke der Athemhöhle unterhalb des Ganglions schräg bis hinter die Mundöftuung herabläuft und an beiden Enden in die Substanz der Leibeswand continuirlich übergeht. Sowohl mit Rücksicht auf diesen Zusammenhang als auf die Art der Genese hat man die Kieme als eine innere Ausstülpung der Leibeswandung auffassen und mittelst dieser Deutung bei der grossen Analogie der gesanmiten Organisation die Fortpflanzung. Entwicklung. 831 Timicaten und Bryozoen auf denselben gemeinsamen Grundplan zurück- führen wollen. Der Kiemensack der Äscidien würde alsdann dem vorstülpbaren Tentakolkranze der Bryosocn entsprechen, welcher durch Ausbildung von Querbrücken zu einem netzförmig gegitterten Sacke geworden. Das Bryozoon mit einem derartigen in die Endocyste ein- gezogenen Tentakelsack würde morphologisch mit einer kleinen Ascidie eine üebereinstimmung darbieten, die sich noch durch die Analogie der Äscidien- und Bryozoenstöckchen nicht aber durch die Entwicklungs- geschichte unterstützen Hesse. Die Tunicaten sind Zwitter, oft jedoch mit verschiodenzeitiger Reife der männlichen und weiblichen Gesclilechtsstoffe. Insbesondere erweisen sich die Salpen zur Zeit der Geburt als Weibchen und bringen erst später als trächtige Thiere die männlichen Geschlechtsorgane zur Reife. Hoden und Ovarien liegen meist neben den Eingeweiden im hintern Körpertheile und zwar jene als büschelförmig vereinigte Blindschläuche, diese als traubenförmige Drüsen, deren Ausführungsgang in die Athem- höhle oder in deren Kloakentheil ausmündet. Hier erfolgt auch in der Regel (selten an der ursprünglichen Keimstätte) die Befruchtung des Eies und die Entwicklung des Embryo's, welcher entweder noch von den Eihüllen umgeben die Auswurfsöffnung verlässt oder auf einer weit vorgeschrittenen Stufe lebendig geboren wird. Bei den Salpen nämhch bleibt der Embryo noch lange Zeit im mütterlichen Körper und wächst hier von einer Art PZace«^« genährt, zu bedeutender Grösse und Reife heran. Neben der geschlechtlichen Fortpflanzung besteht fast allgemein die ungeschlechtliche Vermehrung durch Sprossung, welche häufig zur Entstehung von Colonien mit überaus characteristisch gruppirten Indi- viduen führt. Die Sprossuiig selbst ist bald auf verschiedene Theile des Körpers ausgedehnt, bald auf bestimmte Stellen oder gar auf eine Art Keimorgan {Stolo prolifer der Salpen) beschränkt. Die auf diesem Wege erzeugten Colonien bieten ihrer Grösse und Gestalt nach einen reichen Wechsel und bleiben keineswegs immer sessil, sondern besitzen wie z.B. dlePyrosomen eine freie Ortsveränderung oder wie die ÄaZ^jen- ketten eine gemeinsame, ziemlich rasche Schwiiimibewegung. Die Entwicklung des Embiyo's bietet bei den Äscidien eine grosse Analogie zu der der Vertebraten und insbesondere von Amphioxus. Wie hier entsteht nach Ablauf der Furchung ein aus zwei Zellschichten gebildeter Körper, dessen innere Zellenwand die Anlage des Darmes darstellt. An der Oberfläche der äussern Zelllage tritt alsbald eine Rinne auf, die sich zu einer spindelförmigen Höhle schliesst und mit ihrer selbstständig gewordenen Zellenwandung zum Nervencentrum wird. Auch bildet sich in dem schwanzförmig verlängerten Körper aus einer Doppelreihe innerer Zellen ein der Chorda dorsalis sehr ähnliches Achsen- skelet. Darm, Nervensystem und Chorda zeigen ein dem Wirbelthierbau analoges Lagenverhältniss zu einander. 832 1. Classe: Tethyodea, Ascidien, Seescheiden. Die postembryonale Entwicklung stellt sich entweder als Metamor- phose oder als Generationswechsel dar. Der erstere Fall gilt insbesondere für die festsitzenden solitären oder zu Stöcken verbundenen Ascidien, deren Embryonen als bewegliche mit Ruderorgan und Augenfleck aus- gestattete Larven die Eihüllen verlassen, einige Zeit lang in dieser Gestalt umherschwcärmen und häufig noch vor ihrer Ansiedelung durch Spaltung in mehrere Knospen eine kleine Colonie entstehen lassen. Ein Gener ationsivechsd besteht bei den Salpen und Doliolum und wurde bei jenen schon lange vor Steenstrup von Chamisso erkannt. Die aus dem befruchteten Eie hervorgegangene und lebendig geborene solitäre Salpe bleibt zeitlebens geschlechtslos, erzeugt aber als Amme aus ihrem Stolo prolif er SaljmiJcetten, deren Individuen ihrer Gestalt nach von jenen erheblich verschieden, die Geschlechsthiere sind. Weit com- plicirter verhält sich der Generationswechsel durch die Aufeinanderfolge mehrfacher Generationen bei Doliolum. Die Tunicaten sind durchweg Meeresthiere und ernähren sich von Algen , Diatomaceen und kleinen Crustaceen. Viele von ihnen, insbe- sondere die glashellen Pyrosomen und Salpen leuchten mit prachtvollem intensiven Lichte. L Classe. Tethyodea ')? Aseiclieu, Seesclieideii. Meist festsitzende Tunicaten von sacl'förmiger Körpery estalt mit 7ieben einander liegenden Ein- und Ausfuhröffnungen, mit weitem Kiemen^acTi und Larven-EntivicMung. Der Ascidien\eih lässt sich, wie schon der Name Ascidie ausdrückt, auf einen mehr oder minder gestreckten Schlauch oder Sack mit zwei in der Regel nahe an einander gerückten Oeffnungeu zurückführen. Die 1) Ausser den bereits citirten Werken von Cuvier, M. Edwards, Sa- vigny, Kowalevsky und Kupffer vgl. Eschricht, Anatomisk Beskrivelse af Chelyosoma Mac-Leyanum. Kjövenhavn. 1842. Van Beneden, Recherehes sur FEmbryogenie, FAnatomie et la Physiologie des Ascidies simples. Mem. de FAcad. roy. de Belgique. Tom. XX. 1846. J. C. Savigny, Tableau systematique des Ascidies etc. Paris. 1810. Krohn, Ueber die Entwicklung von Fhallusia viammillata. Müller's Archiv. 1852. Derselbe, Ueber die Fortpflanzungsverhält- nisse bei den Botry lüden und über die früheste Bildung der Botryllusstöcke. Archiv, für Naturg. Tom. 35. 1869. Gegenbaur, Bemerkungen über die Organi- sation der Appendicularien. Zeitscbr. für wissensch. Zoologie. Tom. VI. 1853. Huxley, On the Anatomy and Developpment of Pyrosoma. Transact. Lin. Soc. Vol. XXIII. 1859. Gegenbaur, Ueber Didemnum gelatinosum. Müller's Archiv. 1862. Metschnikoff, Ueber die Larven und Knospen von Botryllus. St. Peters- Körperbau. Ascidienstöcke. 833 runde oder ovale Einführsöft'iuuig kann durch einen Sphinkter sowie oft durcli 4, 6 oder 8 an ihrem Rande entspringende Läppchen ge- schlossen werden. AehnHch erscheint auch häufig der Rand der ver- schliessbaren Auswurfsüfinung , welche neben der ersten an der Dorsal- seite über dem Ganglion liegt, in 4 bis 6 Läppchen getheilt, in andern Fällen freilich ist derselbe glatt oder auch von einem zungenförniigen Anhang überragt. Die geräumige Athemhöhle wird fast ganz von einem gegitterten Kiemensack erfüllt, an dessen Eingang im Innern der Ein- fuhrsöffnung nicht selten ein Kranz fleischiger Tentakeln zur Ausbildung kommt. Nur auf der Rückenseite des Kiemensackes lässt die Athem- höhle einen Raum frei, welcher als Kloake nicht nur das durch die Kiemenspalten abliiessende Wasser, sondern auch die Kothballen und Gesclilechtsstotfe aufnimmt. Im Grunde des Kiemensackes, seltener mehr dorsal, in der Regel ventral liegt die Mundöft'nung; die zu ihr hinleiteude Elimmerrinne nebst Endostyl entwickelt sicli auf dem Kiemen- sacke selbst überall in der Mitte der Bauchtiäche, während zuweilen die gegenüberstehende Rückenseite durch eine Reihe von lanzetförmigen Fäden oder Züngelchen bezeichnet wird, welche weit in den Kiemenraum hineinragen {Vyrosoma, ülavellina etc.). Der Darmkanal sammt den übrigen p]ingeweiden entfaltet sich entweder wie bei allen A seidien zu der Seite des Kiemensackes oder wie bei den lauggestreckten Formen der zusammengesetzten Ascidien hinter denselben, und bedingt dann nicht selten eine Abschnürung des Körpers, welche Milne Edwards als Brust und Abdomen oder selbst als Brust, Abdomen und Post- abdomen unterscheiden konnte. After und Geschlechtsüffnungen münden in die Kloake , in der nicht nur oft die Kothballen sich anhäufen , son- dern auch die Eier bis zur vollständigen Ausbildung der Larve verweilen, indessen kann auch die Afterött'nung direkt nach aussen führen (Di- demmmi, Axypendicularia). Die Ascidien sind fast durchweg wie die Bryozoen und Polypenstöcke an festen Gegenständen der See angeheftet und entbehren wenigstens im ausgebildeten Zustande einer freien Loco- motion. Entweder bleiben sie solitär und erreichen dann meist eine verhältnissmässig bedeutende Grösse (Ä. solifariae), oder erzeugen durch Knospen und Wurzelausläufer verzweigte Colonien, deren Einzelthiere bürg. 1868. Hancock, On the Anatomy and Physiology of Tunicata. Linnean. Soc. Journ. Vol. IX. Ganin, Neue Thatsachen aus der Entwicklungsgeschichte der Ascidien. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Tom. XX. 1870 , sowie Entwicklungs- geschichte der zusammengesetzten Ascidien (in russischer Sprache). 1870. Kupffer Zur Entwicklung der einfachen Ascidien. 1. die Gattung Molgula. Zeitschr. für mikrosk. Anatomie. Tom. VIII. 1872. Panceri, Gli organi luminosi e la luce dei Pirosomi etc. Napoii. 1872. Hertwig, Beiträge zur Kenntnis« des Baues der Ascidien. Jen. nat. Zeitschr. Tom, VII. 1873. H. Lacaze -Duthi er s, Les ascidies simples des cotes de France. Arch. de zool. exper. Tom. III. Paris. 1874. Claus, Zoologie, 3. Aufl. 53 834 Pyrosomen. Appendicularien. mit der Leibeswandung unter einander zusammenhängen, ohne in eine gemeinsame Mantelumhüllung eingebettet zu sein {A. sociales). Am häufigsten aber {A. compositae) haben die Einzelthiere einen gemein- samen Mantel, in welchem sie, oft durch besondere Mantelschichten abgegrenzt, in charakteristischer Anordnung eingebettet sind, und zwar liegen bei vielen dieser zusammengesetzten Ascidien die Individuen gruppenweise um gemeinschaftliche Centralöffnungen so vertheilt, dass eine jede Gruppe ihre Centralhöhle besitzt, in welche die Auswurfs- öffnungen der Einzelthiere wie in ihren geraeinsamen Kloakenraum ein- münden. Da wo die Individuen in grösserer Zahl und mehr unregelmässig in mehrfachen Kreisen sich um eine grössere Oeffnung anhäufen, kann sich der Centralraum sogar zu einem System verästelter Canäle umge- stalten. Indessen gibt es auch frei beweghche, sowohl zusammengesetzte als solitäre Ascidien. Die ersten sind die von Peron entdeckten Feuer- walzen oder Fyrosomen , tannenzapfenähnliche Körper von gallertig- knorpliger Consistenz mit gemeinsamem Centralkanal, der an dem breitern Ende mit kreisrunder OeÖnung ausmündet. Die Wandung mit ihren schuppenortigen Erhebungen an der äussern Oberfläche ist die gemein- same Mantelmnsse zahlreicher Einzelthiere, welche senkrecht zur Längs- achse des Gesammtkörpers so angeordnet sind, dass die Einfuhrsöffnungen in unregelmässigen Kreisen an der äussern Oberfläche münden, die Auswurfsöffnungen dagegen in den gemeinsamen Centralkanal führen. Die Locomotion dieser Pyrosomen scheint allerdings eine sehr beschränkte und langsame zu sein, die Körper flottiren an der Oberfläche, ohne nach Art der Salpenketten sich in selbstständigem Ortswechsel fortzubewegen. Um so vollständiger ist die Schwirambewegung der kleinen Appendi- cnlarien, welche in ihrer äussern Form den schwärmenden Ascidienlarven ähnlich, wie diese einen peitschenförmigen Ruderschwanz tragen und durch dessen schlängelnde Bewegungen sich nach Art der Cercarien oder Froschlarven rasch fortschnellen. Bei der immerhin nur ausnahmsweise vorkommenden freien Ortsveränderung kann es nicht auffallend er- scheinen, dass die Sinnesorgane in dieser Ordnung verkümmert bleiben. Als Augen betrachtet man rothe Pigmentflecke, welche an den Rand- läppchen der Ein- und Ausfuhröft'nung , an der ersten meist in Sfacher, an der letztern in Gfacher Zahl sehr häufig angetroffen werden und nach den Angaben Will's sogar bei einigen einfachen Ascidien (wie Cyn^/ü'a, J^haltusia, ClaveUina) den Bau von hoch organisirten Sehorganen be- sitzen sollen. Vielleicht wird man diese Gebilde den am Eingang der Siphonen bei manchen Lamellibranchiaten {Soleti, Venus) beobachteten Augenflecken vergleichen können. Auch die Pyrosomen besitzen einen Augenfleck, der wie bei den Salpen dem Ganglion aufliegt. Ein Gehör- organ kommt vielleicht nur bei Appendicidana vor und zwar als helles, dem Ganglion anliegendes Bläschen , welches einen runden Otolithen in Fortpflanzung. Embryonale Entwicklung. 835 sich einschliesst. Zum Tasten möchten ausser den randständigen Läpp- chen der beiden Oeftnungen die fleischigen Tentakelchen am Eingang des Kiemensackes mancher Ascidien dienen. Die Fortpflanzung der Ascidien ist sowohl durch die frühzeitige Knospung als durch die Art der Metamorphose reich an überaus inter- essanten Vorgängen. Bei manchen Arten sammeln sich die Eier neben den Auswurfsstoften in der Kloake und dui'chlaufen hier ihre Entwicklung bis zur Ausbildung des Embryo's ; in andern Fällen werden sie jedoch rasch in das Wasser ausgestossen , zuweilen aber und zwar überall da , wo nur ein einziges Ei erzeugt wird oder wenigstens zur Embryonalbildung vorschreitet, entwickelt sich das Ei in einem Brut- raum der Leibeswand, welcher sich dann meist in dieAthemhöhle öff"net. Merkwürdig ist die Verwendung der das Ei umgebenden FoUikelzellen zur Bildung von Zotten an der Eihautoberfläche , sowie die Entstehung von Testazellen an der Innenseite der Eihaut über der Substanz des Dotters. Die gelben Testazellen sollen nach Kupffer und Kowa- levsky im Vereine mit einer aus dem Dotter (noch innerhalb des Oviductes) ausgeschiedenen Gallertlage den äussern Mantel erzeugen und zu den Zellen des Mantels werden. Nach Kowalevsky (A. in- testinalis) stammen dieselben von FoUikelzellen ab, nach Kupffer da- gegen {Ä. canina) sind es Produkte fi'eier Zellenbildung in der Rand- schicht des Dotters. Hertwig dagegen bestreitet und wie es scheint mit vollem Rechte, dass die Entstehung des Mantels mit den gelben Zellen im Zusammenhang stehe und behauptet, dass dieselben ausserhalb der Malitelanlage bleiben und als den EihüUen angehörig später abge- stossen werden. Der Mantel sei vielmehr als eine äussere Cuticular- bildung der Epidermis zu betrachten, welche ihre Zellen von dieser letztern aus durch Einwanderung aufnehme und erst hierdurch den Charakter als Bindesubstanz erhalte. Semper endlich hält die sog. Testazellen ebenfalls für aus dem Dotter ausgetretene Elemente und bezeichnet sie als Testatropfen, während er den Mantel als geschichtete Cellulose-Epidermis') bezeichnet. Die Befruchtung mag meist in der Kloake erfolgen. Die Fuvchung verläuft, nachdem das erste Kernbläschen gebildet ist, unter voraus- gehenden Kerntheilungen und führt nach Kowalevsky wie bei Am- phioxus zur Bildung einer Dotterhöhle , der ersten Anlage der Leibes- höhle. Dann tritt durch Einstülpung der äussern Zellwand die Bildung der Darmanlage (Kiemendannsack) ein , sei es dass nunmehr ein ein- facher Doppelsack entsteht, zwischen dem der Rest der Furchungshöhle zur Leibeshöhle wird . sei es dass wie bei A. canina schon innere 1) Semper, Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis der Ascidien. Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut in Würzburg. 1875. 53* 336 Ascidien. Metamorphose. Zellen zwischen äusserm und innerni Sack vorhanden sind. Es gestaltet sich der Embryo zu einer weiten oifenen Halbkugel, an deren Mündung eint^ flache senkrecht verlaufende Furche der oberflächlichen Zellenlage ihren Anfang uiiiinit. Bald werden Furche und die sich verengernde Mündung der Kugel (die Oeft'nung des Kiemendarinsackes) von einander o-etrennt. Erstere scliliesst sich allmählig in ihrer ganzen Länge und wird zu einer spindelförmigen Höhle, deren selbstständige von den Zellen der Oberhaut gesomkn-te Zellenwand die erste Anlage des Centralnerven- systems darstellt. Auch die Oeft'nung des Darmsackes schliesst sich vollständig, bei manchen Arten jedoch, wie es nach Kowal evsky scheint, schon vor der Entstehung der Furche. Im weitern Verlaufe der Ent- wicklung wächst der etwas gestreckte sphäroidische Körper an dem hintern und untern der Einstülpungsöftnung entgegengesetzten Ende etwas nach reclits') in eine schwanzförmige Verlängerung aus, in deren Axe ein Chorda-ähnlicher Strang aus einer Doppelreihe von Zellen seine Entstehung nimmt. Der hervorgewachsene Schwanz knickt sich nach der dem Nervensystem entgegengesetzten Seite und schlägt sich gegen den Körper um. Mit der weitern Entwicklung beginnt die Oberhaut am Vorderende sich zu verdicken und durch Zellenvermehrung 3 Papillen hervorzutreiben , die spätem Haftpapillen. Die Anlage des Nerven- systems, an der 2 mit lichtbrechenden Organen versehene Pigmentflecke auftreten (Auge und Gehörorgan) , geht aus der Spindelform in die einer Blase über, eistreckt sich hinten bis über den Anfang der sog. Chorda hitifius und wächst als Strang mit Centralkanal in den Schwanz hinein (^Ä. c.animi). Der geschlossene aus einem geschichteten Cylinder- epithcl gebildete Kiemcndarmsack liegt dem Nervensystem dicht an, nicht aber der Oberhaut des Körpers, indem sich zwischen beide rundliche ungefärbte Zellen einschalten, die walu'scheinlichen Bildungs- elemente des Blutes, des Herzens und des Bindegewebes. (Auch Chorda und Muskelzellen des Schwanzes haben sich aus dieser intermediären Schicht entwickelt.) Der Lage und Ausdehnung nach mehr dem spätem Kiemensack entsprechend, wächst derselbe an der obern hintern Ecke in die blindsackförmige Anlage des Darmkanals aus. Eingangsötfnung zum Kiemensack und Afteröflhung werden dadurch gebildet, dass an 2 Stellen der Oberhaut von scheibenförmigen Verdickungen aus trichter- förmige Gruben in die Tiefe eintreten und die obere Wand des Kiemen- sackes sowie das blinde Ende des Darmes durchbohren. Nun durch- bricht der Embryo, an dessen Oberhaut die Gallertniasse nebst den eingewachsenen amöbenartig beweglichen Testazellen den Mantel bildet, die zottige Eihaut und tritt in das Stadium der frei uinherschwärmenden 1) Bei A. mammillata nach Kow. dagegen an dem andern Ende etwas nach links und somit übereinstimmend mit Amphioxus. Metamorphose. Entwicklung der zusammengesetzten Ascidien. 837 Larve ein, welche mit Ausiialiine des Herzens, der Gefässe und Geschlechts- organe alle Organanlagen des spätem Ascidienleibes besitzt und im weitern Entwicklungsvciiaufe eine entschieden regressive Metamorphose zu bestehen hat. Nachdem sich die Larve mittelst der Haftpapillen festgesetzt hat, verkümmert der Schwanz, Muskeln und Chordascheit! e degeneriren, der Achsenstrang der Chorda schnurrt zusammen, die Gallerthülse wird eingezogen oder fällt ab. Das Nervensystem mit' den anhängenden Pignientorganen bildet sich zurück und büsst zunächst die Höhle ein; dagegen wächst der Kiemensack zu grösserm Umfang, und am Tractus sondern sich Oesophagus, Magen und Darm schärfer ab. Dann entsteht das Herz aus einem Haufen von Zellen der Leibeshöhle auf der Bauchseite des Kiemensacks. Zum Ersatz der frühern Haftor'^ane wächst der Mantel fest, die Mundöffnung wird bei ihrem Durchbruch durch die Gallerthülle zur Eiwurfsöffnung des Kiemensackes, hinter ihr entsteht der Flimmerbogen am Vorderende der schon früher gebildeten Bauchfurche, unter welcher der sog. Endostyl sich bildet, der Eingang in den Oesophagus wird trichterhirmig und hebt sich als Mundöffnung schärfer ab. Bald werden auch die ersten Kiemenspalten sichtbar, das Blut mit seinen amöboiden Körperchen tiuktuirt. bereits in dem Leibes- raum unter der Oberhaut und zwar am Kiemensacke innerhalb des die Oberhaut mit der Kiemensackwandung verbindenden Bindegewebes in bestimmten Bahnen. Das in die Spalten des Kiemensackes einüiessende Wasser sammelt sich in einem Peribranchialraum , dessen Ausmündung mit der des Darmes in der KloakenöfTnung zusamnieiifällt. Complicirter noch sind die Vorgänge der Entwicklung bei den zu- sammengeseizten Ascidien, deren Larven sich entweder durch eine stihr merkwürdige, bei Bidemiumt durch Gegen l)aur näher bekannt ge- wordene Knospung in zwei Individuen spalten, theilweise auch wie es scheint ohne zu schwärmen in dem gemeinsamen Mantel des Stöckchens eingebettet bleiben, oder während ihrer Umwandlung durch Knospung die Entstehung einer Colonie frühzeitig begründen. Bei der durch die sternförmige Gruppirung der Lidividuen um gemeinsame Kloaken und durch die reichen Verzweigungen der Blutkanäle ausgezeichneten Gat- tung Botnjllas hat keineswegs die Larve schon, wie Sars glaubte, den zu- sammengesetzten Charakter. Vielmehr haben M e t s ch n i ko ff und K r o h n übereinstimmend gezeigt , dass die 8 kolbigen Knospen der Larve nur als Ausläufer von frühzeitig entstehenden Blutruumen anzusehen sind. Es erzeugt die junge Botryllusform nur eine Knospe und geht noch vor der völligen Reife des Tochterindividuums geschlechtslos zu Grunde. Auch dieses \veicht bald den beiden durch Knospung erzeugten Indivi- duen zweiter Generation, deren 4 Sprösslingc sicii kreisförmig grup- piren und nach dem Untergang der Erzeuger das erste »System« mit gemeinsamer Kloake bilden. In analoger Weise entstehen nun 838 Appendicularia. Ascidiae copelatae. Sprösslinge, welche die ältere Generation zum Absterben bringen, die neu entstandenen Systeme sind aber ebenso vergänglich und machen neuen Platz, so dass mit dem Wachsthura des Stockes ein fortwährender Ersatz der altern durch jüngere Generationen stattfindet. Bei diesem ununterbrochen fortschreitenden Verjüngungsprocess haben die zuerst gebildeten Generationen nur die provisorische Bedeutung der Begrün- dung des Stockes, die spätem Generationen werden geschlechtsreif, und zwar geht die weibliche Reife der männlichen voraus. Die Eier der noch jungen hermaphroditischen Generationen werden von dem Sperma der altern befruchtet, erst nach dem Absterben dieser letztern haben sich ihre Hoden bis zur vollen Reife des Samens ausgebildet und über- nehmen nun erst die doppelte Aufgabe, die Brutpflege ihrer eignen bereits befruchteten Eier und die Befruchtung der nachrückenden Ge- nerationen. Auch bei den Pyrosomen entwickelt sich jedes Ei und zwar in- nerhalb eines besondern Eisacks zu einem aus zwei Blättern zusammen- gesetzten Embryo {Cyatiwzoid), dieser durch Sprossung zu einer kleinen Gruppe von vier Individuen , deren höchst eigenthümliche Entstehung von Huxley sehr eingehend beschrieben worden ist. Nicht minder merkwürdig ist die zur Vergrösserung dienende Knospung, welche am untern Ende des als Keimstock fungirenden Endostyls erfolgt. Jede hier entstehende Anlage einer Knospe nimmt eine dem Endostyle an- liegende Zelle und mit ihr das bereits fertige weibliche Geschlechts- product, das einzige vom Eisack umschlossene Ei, in sich auf. 1. Ordnung: Ascidiae Copelatae*). Ascidien mit Larvenschwanz. Freischwimmende kleine Ascidien von länglich ovaler Körper- form, mit Ruderschwanz und larveniihnlichem Habitus der Gesammt- organisation. Eine Auswurfsöfthung der Athemhöhle fehlt, und der After mündet an der Bauchseite direkt nach aussen. Kiemensack rudimentär mit nur zwei Kiemenspalten. Dem langgestreckten in drei Partien ab- geschnürten Ganglion liegt eine Gehörblase an. Ovarien und Hoden liegen im hintern Körpertheil neben einander und entbehren der Aus- führungsgänge. Einzelne Arten tragen eine pellucide Gallerthülle, einem Gehäuse vergleichbar, mit sich herum. Ueber die Entwicklung dieser früher mit Unrecht für Larven gehaltenen Thierchen liegen nur unzureichende Angaben vor. Farn. Appenclicidaridae. Mit den Charakteren der Gruppe. Appendicularia Cham. A. furcata, cophocerca Gegbr. 1)C. Gegenbaur, Bemerkungen über die Organisation der Appendicularien. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. VI. 1855. H. Fol, Etudes sur les Appendiculaires du detroit de Messine. Mem. Soc. de Phys. et d'hist. nat. de Geneve. Tom. XXI. 1872. Derselbe, Note sur un nouveau genre d'appendiculaires. Arch. de zool. exper. Tom. III. Paris. 1874. 2. Ordnung: Ascidiae compositae. 839 2. Ordnung: Ascidiae compositae'). Zusammengesetzte Ascidien. Zahlreiche Einzelthiere liegen in einer gemeinsamen Mantelschicht und bilden massige halbweiche, lebhaft gefärbte Stöckchen, welche von schwammiger oder gelappter Form, nicht selten rindenartig fremde Gegenstände überziehen. Fast stets gruppiren sich die Einzelthiere in bestimmter Zahl um gemeinsame Kloaken {Botrylliden) , so dass am Stocke runde oder sternförmige Systeme mit Centralöffnungen entstehen. Der Leib bleibt bald einfach und kurz, bald zerfällt er bei einer grössern Streckung in zwei oder drei Körperabtheilungen und entsendet blut- führende Ausläufer und verästelte Fortsätze in die gemeinsame Mantel- masse, so dass diese von gefässartigen Canälen durchzogen wird. 1. Fam, Botryllidae. Die Eingeweide des einfachen nicht in Rumpf und Abdomen gegliederten Leibes liegen neben der Athemhöhle. Keine Läppchen an der Einfuhrsöifnung. Botryllus Gärtn. Runde oder sternförmige Systeme lagern regelmässig in der Umgebung eines centralen Kloakenraums. B. stcllatus Fall. B. violaceus Edw. Botrylloides Edw. Die Systeme unregelmässig und ästig mit langgezogenen Kloakenräumen. B. rotifer Edw, 2. Fam. Didemnidae. Die Eingeweide rücken grossentheils hinter die Athem- höhle und es scheidet sich der Körper in 2 Abtheilungen, in Thorax und Abdomen. JJidemnum Sav. Systeme unregelmässig, zahlreich, ohne gemeinsame Kloake. Einfuhrsöifnung deutlich gelappt. Abdomen gestilt. D.candidumSü\. EucoeliumSa,v. Leptoclinum Edw. Stock dünn, mit wenigen regelmässigen Systemen. Ab- domen gestilt. EinwurfsöfFnung mit 6 Läppchen. L. gelatinosum Edw. Di'a^ono Sav. Ein einziges System mit concentrischen Kreisen zu einer flachen Scheibe um eine Kloakenöffnung ausgebreitet. Abdomen gestilt. Beide Oeffnungen mit 6 Läppchen. B. vioJacea Sav. Distomus Gärtn. Mit zahlreichen Systemen. D. ruber Sav. 3. Fam. Polydinidae. Der sehr langgestreckte Körper der Einzelthiere theilt sich in Thorax, Abdomen und Postabdomen ab. Das Herz liegt am hintern Körperende. Amaroecium Edw. Einfuhrsöifnung Östrahlig. Die Individuen unregelmässig um die gemeinsame Kloake geordnet. A. aureum Edw. A. proliferum Edw. Bei Parascidia Edw. ist die OefFnung Sstrahlig. Synoecum Phipps. Stock knorplig gestilt mit einfachen kreisrunden aus 6—9 Individuen gebildeten Systemen. S. turgens Phipps, Polyclinum Sav. Zahlreiche unregelmässig sternförmig gruppirte Individuen umgeben jede Kloakenhöhle. Einfuhrsöifnung 6strahlig. P. constellatum Sav. Aplidium Sav. Jedes System rundlich ohne centrale Kloakenhöhle. A. fieus L. Sigillina Sav. Einfuhrs- und Auswurfsötfnung 6 strahlig. Stock gestilt, gallertig, Individuen um ein System in zahlreichen Kreisen geordnet. S australis Sav. 1^ A. G i a r d , Recherches sur les Synascidies. Archiv de zool. exper. Tom. I, Paris, 1872. 840 Ascidiae simplices. Ascidiao salpaeformes. 3. Ordnung: Ascidiae simplices. Einfache und aggregirte Ascidien. Sowohl solitär bleibend, als durch Prolification verzweigte Stcickchen bildend. Die letztem oder geselligen Ascidien erheben sich auf ver- zweigten Wurz(;lausläufern und besitzen zeitweise oder dauernd einen gemeinsamen Kreislauf. Ihr Mantelparenchym zeigt meist eine hyaline durchsichtige Beschaffenheit. Dagegen ist der weit grössere Körper der sohtär bleibenden Formen von einem knorplig harten, sehr dicken und meist vollkommen undurchsichtigen Mantel umgeben, dessen Oberfläche oft warzige Erhebungen und mannigfache Einlagerungen besitzt. 1. Fam. Clavellinidae. Sociale Ascidien, deren gestilte Einzelthiere auf gemeinsamen verzweigten Stolonen oder an einem gemeinsamen Stamme ent- springen. Der Leib zeigt zuweilen {Clavellinä} die drei Regionen ähnlich den Polycliniden. Clavellinä Sav. Aus kriechenden Stolonen entstandene Stöcke, deren Einzel- individuen an der Basis neue Sprossen bilden. Einfuhrs- und Auswurfsöffnung terminal nebeneinander ohne strahiige Einschnitte, ül. lepadiformis Sav., Nordsee. Perophora Wiegm. Die Einzelthiere erheben sich fiederständig an den Seiten eines kriechenden Stolo und stehen in dauernder Gelassverbindung. Beide Mündungen undeutlich viellappig, terminal. P. Listeri Wiegm., Nordsee. Bei Chottdrostachys Edw. gruppiren sich die Individuen traubig an den Seiten eines aufrechten Stammes. 2. Fam. Ascidiadae. Solitare Ascidien meist von bedeutender Grösse. Die Einzelthiere pflanzen sich wie es scheint nur ausnahmsweise durch Sprossung fort und stehen, wenn sie gesellig neben einander sitzen, nie durch eine gemeinsame Mantelhülle oder Blutgefässe in Zusammenhang. Ascidia L. {Phallnsia Sav.). Kiemensack ohne Längsfalten. Die Einfuhr- öffnung Slappig, mit einem Kranze von einfachen Tentakeln am Eingang der Kiemenhöhle. Kloakenöffnung 6strahlig. Eingeweide grossentheils neben dem Kiemensack. A. mammillata Cuv., Mittelmeer. A. {Giona) intestinalis L. u. a. A. Bei Molgula Forb. besitzt die Kiemenöftnung 6, die Kloakenöffnung 4 Strahlen. M. tabulosa Rathk. Cynthia Sav. Kiemensack längsfaltig. Mantel lederartig oder knorplig. Kiemengitter ohne Papillen. Mündungen 41appig. C. papillosa Sav. C. micro- cosmus Cuv. Boltenia Sav. Körper lang gestilt, mit lederartigem Mantel. Kiemensack längsfaltig. Beide Mündungen seitlich, 41appig, von einem Kranze zusammen- gesetzter Tentakeln überragt. B. ovivcra L., Nordsee. B. peduneulata Edw. Neuholland. Chelyosoma Br. Sav. Beide Mündungen mit einem Schliessapparat von 6 dreieckigen Hornplatten. Ch. Macleyanum Br. Sav., Polarmeer. Cherreulius Lac. Duth. {Rhodosoma Ehbg.). Körper mit klappenförmig be- weglichem Deckel. Ch. callensis Lac. Duth. 4. Ordnung: Ascidiae salpaeformes. Salpenähnliche Ascidien. Freischwimmende, an der Meeresoberfläche flottirende Colonien, im Allgemeinen von der Form eines fingerhutähnlich ausgehöhlten Tannen- 2. Classe; Thaliacea, Salpen. 841 Zapfens , mit zahlreichen senkrecht zur Längsachse gerichteten Einzel- thieren in dein gemeinsamen gallertig -knorpligen Grundgewebe. Die EintuhrsöÜnungen liegen in unregelmässigen Kreisen an der äussern Oberfläche, die Auswurfsöflnungen münden ihnen gegenüber in den als gemeinsame Kloake dienenden Hohlraum. Der Kiemensack weit und gegittert, wie bei den Ascidien. Das Ganglion mit aufliegenden Auge. Durch dieses letztere, sowie durch die Lage der beiden Athemöttnungen und der Eingeweide, durch die Art der Fortpflanzung und die freie Locomotion nähern sich unsere Thiere entschieden den Salpen. Aus dem Ei entwickelt sich ein wenig ausgebildeter Embryo, welcher durch Knospung vier neue Thiere {^Ascidiozoold Huxley's) erzeugt. Diese sollen nach Kowalevsky auf einem dorsalen Keimstocke 4 Geschlechts- individuen hervorbringen. 1. Fam. Pyrosomidae, Feuerwalzen. Die von Peron im Atlantischen Ocean entdeckten Thiere verdanken dem prachtvollen Lichte, welches ihr Eingeweideknäuel ausstrahlt, ihren Namen und wurden anfänglich für solitär gehalten. Pyrosoma Per. P. aüanticum Per. P. elegans und glganteam Les. aus dem Mittelmeer. IL Classe. Thaliacea ■), l^aSpeii. Freischivimmende Tunicaten von walzen- oder tonnenförmiger Körpergestalt und glashellem, durchsichtigem Parenchym, mit endstän- digen einander gegenüberliegenden Manielöjfnungen, bandförmigen oder lamellösen Kiemen und auf Generationswechsel beruhender Fort- pflanzung. Die salpenartigen Tunicaten sind glashelle Walzen und Tönuchen von gallertig-knorpliger Consistenz, die theils als solitäre Thiere theils in sehr regelmässiger Anordnung zu Ketten vereinigt, unter rhythmisch 1) Vergl. ausser den bereits citirten Werken von Forskai, Cuvier, Savigny, Chamisso, Delle Chiaje: Huxley, Observations upon the anatomy and physiologyofSalpaand Pyrosoma, togetherwithremarksupon Doliolum and Appen- dicularia. Philos. Transactions. London. 1851. Krohn, lieber die Gattung Doliolum und ihre Arten. Archiv für Naturgeschichte. 1 852. R.Leuckart, Zoologische Unter- suchungen. Heft 2. Giessen. 1854. H. Müller, Ueber die anatomische Ver- schiedenheit der zwei Formen bei den Salpen. Verhandlungen der Würzburger med. phys. Gesellschaft und Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. IV. 1853. C. Vogt, Recherches .sur les anim. infer, de la Mediterranee. IL Mem. Geneve. 1854. C. Gegenbaur, Lieber den Entwicklungscyclus von Doliolum nebst Be- merkungen über die Larven dieser Thiere. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. VII. Keferstein und Ehlers, Zoologische Beiträge. Leipzig. 1861. 842 Salpen. Körperbau. Nucleus- wechselnden Verengerungen und Erweiterungen der Atherahöhle an der Oberfläche des Meeres schwimmend dahin treiben. Der überaus durch- sichtige äussere Mantel bildet häufig, besonders an den Körperenden in der Nähe der Auswurfs- und Einfuhrsöff'nung zipfelförmige Anhänge, durch welche die Einzelthiere (der Kettenform) zu langen Reihen oder Doppelreihen verbunden werden. Seltener bilden die Salpen ring- förmige Ketten, indem sie durch Fortsätze der Bauchfläche unter ein- ander zusammenhängen {Salpa pinnata). Die beiden Oelfnungen des Mantels liegen einander gegenüber, die Einfuhrsöff'nung am vordem, die Auswurfsöffnung am hintern Körporende, der Rückenfläche genähert. Die erstere erweist sich in der Regel als eine breite von beweglichen Lippen begrenzte Querspalte und führt in den weiten Athemraum , in welchem sich schräg von der Rückenfläche nach unten und hinten die cylindrische oder laraellöse Kieme ausspannt. Im erstem Falle entbehrt das hohle, von Blut erfüllte Kiemenband der Spaltöffnungen vollständig, bei Doliolum dagegen, wo die Kieme nach Art einer Scheidewand die Athemhöhle in eine vordere und hintere Kammer abgrenzt , erscheint dieselbe von zwei seitlichen Reihen grosser Querschlitze durchbrochen, durch welche das Wasser aus der vordem in die hintere Kammer ab- fliesst. Ebenso wie die beiden Flimmerbogen , welche den Eingang der Athemhöhle umgrenzen, liegt auch die Bauchrinne mit dem Endostyl an der Wandung der Athemhöhle. Der JS^ahrimgsJcanal liegt meist dicht verschlungen und zu einem lebhaft gefärbten Knäuel, dem Nucleus, verpackt an der untern und hintern Seite des Körpers, mit den übrigen Eingeweiden, dem Herzen und den Geschlechtsorganen in eine Art Ein- geweidehühle zusammengedrängt, um welche sich der Mantel nicht selten zu einer kugligen Auftreibung verdickt. Nervensystem, Sinnes- und Bewecjimgsorgane zeigen im Zusammenliang mit der freien Locomotion einen weit höhern Grad der Ausbildung als bei den Ascidien. Der Ganghenknoten mit seinen nach allen Seiten hin ausstrahlenden Nerven liegt oberhalb der Anheftungsstelle des Kiemenbandes und erreicht eine ziemlich ansehnliche Grösse, so dass er leicht, zumal durch die Färbung des ihm aufliegenden Pigmentes, schon dem unbewaffneten Auge sicht- bar wird. Gewöhnlich (Sa^m) erhebt sich auf dem Ganglion ein birn- lörmiger oder kugliger Anhang mit hufeisenförmigem braunrothen Pigment- fleck und zahlreichen stäbchenförmigen Einlagerungen, welche die Auf- fassung dieses Gebildes als Auge wohl über allen Zweifel erheben. In andern Fällen {Boliolum) liegt zur Seite des Ganglions eine Gehörblase. Als Geruchsorgan wird eine napfförmige mediane Fliramergrube gedeutet, die in der Athemhöhle vor dem Gehirne liegt und von diesem ihren besondern Nerven erhält. Eigenthümliche wahrscheinlich zum Tasten dienende Sinnesorgane werden bei Doliolum in den Läppchen der beiden Mantelöffnungen aber auch an andern Stellen der äussern Haut beob- Sinnesorgane. Bewegung. Fortpflanzung. 843 achtet und zwar als Gruppen rundlicher Zellen, an welche Nerven heran- treten. Die Locomotion wird ausschliesslich durch die Muskulatur der Athemhöhle bewirkt; breite, zuweilen sich kreuzende Muskelbänder um- spannen reifartig den Athemraum, verengern diesen bei ihrer Zusammen- ziehung und treiben einen Theil des Wassers zur Auswurfsöflnung hin- aus, sodass der Körper unter dem Einfluss des Rückstosses in entgegen- gesetzter Richtung fortschiesst. Auch die Salpenketten schwimmen stossweise, indem sich der gleichzeitige Rückstoss aller derselben Seite zu gekehrten Einzelthiere zu einem Gesammteffect verstärkt, welcher die Kette in bestimmter Richtung forttreibt. Die Fortpflanzung der Salpen ist ebensowohl eine geschlechtliche als ungeschlechtliche; auf dem erstem Wege entstehen die solitären Salpen, auf dem letztern die Salpenketten. Die Individuen der Salpen- kette sind die Geschlechtsthiere ; die solitären Salpen pflanzen sich da- gegen nur ungeschlechtlich fort. Da beide Formen, welche sowohl durch Grösse und Körpergestalt, als durch den Verlauf der Muskelbänder und anderweitige Differenzen der Kiemen und Eingeweide abweichen, in dem Lebenscyclus der Art gesetzmässig alterniren, so stellt sich die Ent- wicklung als ein Generationswechsel dar, der selbst wieder mit einer Art Metamorphose {Dolioluni) verbunden sein kann. Schon lange vor Steenstrup wurde dieser Wechsel von solitären Salpen und Ketten- Generationen von dem Dichter Chamisso entdeckt. Die Geschlechts- thiere der Salpen, die Individuen der Kette, sind Zwitter, deren beiderlei Geschlechtsorgane wenigstens bei Salpa nicht gleichzeitig zur Anlage und Thätigkeit kommen. Schon sehr frühzeitig, alsbald nach der Geburt tritt die weibliche Geschlechtsreife ein, während die Blindschläuche der Hoden erst weit später neben dem Nucleus entstehen und noch später Samen erzeugen. Gewöhnlich reduciren sich bei Salpa die weiblichen Theile auf eine vom Blut umspühlte, ein einziges Ei einschliessende Kapsel, welche in einiger Entfernung vom Nucleus durch einen engen stilförmigen Gang an der rechten Seite in die Athemhöhle einführt. Seltener {S. zonaria) treten mehrere räumlich von einander getrennte Eierkapseln auf. Die Befruchtung erfolgt wahrscheinUch in der Art, dass Samenfäden, welche durch die Eingangsöffnung in die Athemhöhle eingeführt sind, in die Mündung des Stiles eintreten und von da in die Kapsel übergehend mit dem Eie in Berührung kommen. Nach der Be- fruchtung verkürzt sich alsbald der Stil, das sich vergrössernde Ei nähert sich mehr und mehr der Innern Auskleidung der Athemhöhle und bildet mit seiner Umhüllung einen vorspringenden Zapfen, in welchem dasselbe, wie in einem Brutraum, die Embryonalentwicklung durchläuft und unter coinplicirten Vorgängen zu einer kleinen Salpe sich umgestaltet. Nach durchlaufener Furchuug, welche mit einer Theilung des Keim- bläschens beginnt, zerfällt der bereits merklich gewachsene Dotter durch 844 Salpen. Entwicklung des P^mbryo's. eine ringförmige Einschnürung in zwei Abschnitte, von denen nur der obere, nach der Athcmhöhle gekehrte Abschnitt direct zur Bildung des Embryonalkörpers verwendet wird, während der untere Abschnitt eine Art Flaccnta darstellt, deren Hohlräume mit dem mütterlichen Blute in Comnuinication treten. Auf diese Weise erklärt sich die günstige Er- nährung und das rasche VYachsthum des Embryo's, welcher ausser dem Mutterkuchen noch ein anderes, seiner Bedeutung nach nicht näher bekanntes Embryonalorgan, das ElaeoUast, an sich trägt, bei seiner Geburt aber eine schon ansehnliche Grösse und völlig ausgebildete Organisation besitzt. Die geschlechtlich erzeugten und als solitäre Salpen selbstständig gewordenen Jungen wachsen im freien Leben noch bedeutend weiter, bleiben aber stets geschlechtslos, erzeugen dagegen aus ihrer Körperwandung einen Keimstock, welcher durch Knospung zahlreiche zu Ketten vereinigte Individuen hervorbringt. Dieser Keim- stock, Stolo prolifer, ist ein hohler strangförmiger Ausläufer der Leibes- wand und erscheint nur bei Doliolum als ein äusserer knospentragender Anhang an der Rücken- oder Bauchseite der Auswurfsöffnung; bei den Arten der Gattung Salpa kommt derselbe in eine besondere, äusserlich geöfinete Aushöhlung der Körperbedeckung zu liegen, in der er sich oft unter Spiralwindungen entfaltet. Während der Innenraum dieses Stranges vom Blutstrome durchsetzt wird, wachsen an der Wandung rechts und links Knospen hervor, welche zwei Reihen von Salpen ent- wickeln. Merkwürdiger Weise erscheinen (ähnlich wie bei Didenmimi) die vordere und hintere Hälfte der zu l)ildenden Salpe ursprünglich als differente Knospen räumlich gesondert, so dass erst durch die Ver- schmelzung von zwei Knospen die Grundlage für den Leib des späteren Gcschlechtslhicres gewonnen wird. Bei der ausserordentlich grossen Productivität des Keimstockes trifft man stets mehrere Knospensätze verschiedenen Alters hintereinander an, welche successive mit der Ent- fernung vom Körper an Grösse zunehmen. Der letzte Satz löst sich zuerst als selbstständige Kette anfangs noch sehr kleiner w^eiblicher Geschlechtsindividuen los, während ein neuer Nachschub von Knospen an der Basis des Stolo hervorwächst. Weit complicirter wird die Fort- pflanzung bei Doliolum, nicht nur durch die Metamorphose, welche die aus den abgesetzten Eiern hervorgegangenen Jungen als geschwänzte, Ascidien -ähnliche Larven durchlaufen, sondern durch die Verschiedenheit der am äussern Stolo sprossenden und sich einzeln ablösenden Indivi- duen. Nach den interessanten Beobachtungen Gegenbaur's, welche von Kef erste in und Ehlers bestätigt und ergänzt wurden, hat man an dem rückenständigen Stolo der geschlechtlich erzeugten Ammen- generation Mediansjyrosscn und Lateralsjn-ossen zu unterscheiden. Die letztern sind sehr absonderlich gestaltete, schräg abgestutzte Tönnchen von fast pantoffelförmigem Aussehen; ihr Schicksal hat bis jetzt nicht Salpidae. Doliolidae. 845 entschieden werden können. Die Modiansprossen dagegen entwickeln sich zu Individuen , welche bis auf den Mangel der Geschlechtsorgane den Geschlechtsthieren sehr ähnlich sehen, indessen einer zweiten Anmien- generation zugehören. Nach der Lösung des Mediansprösslinges bildet sich närahch an dem Ueberreste des Stiles ein neuer und zwar bauch- ständiger Keimstock, dessen Knospen zu Geschlechtsthieren werden. 1. Fam. Salpidae , Salpen. Die vordere Oefthung mit einer sich öftuenden und schliessenden klappenartigen Lippe. Die Kieme ist ein einfaches Rohr und durchsetzt die Kiemenhöhle schräg vom Ganglion bis zur Mundöffnung in die Nähe des Nucleus herabsteigend. Die Muskelgürtel sind selten geschlossene Reifen. Die Entwicklung erweist sich als ein einfacher Generationswechsel. Solitäre Salpen und Ketten alterniren miteinander. Die Geschlechtsthiere gebären lebendige Junge. Salpa Forsk. S. pinnata Forsk. Keimstock mit wirtelständigen Sprossen. Die Individuen der Kettenforra gruppiren sich radiär um eine gemeinsame Axe. Eingeweidenucleus entrollt. — S. democratica Forsk., S. mucronata Forsk. (Ketten- form). — S. runcinata Cham. , S. fusifonnis Cuv. (Kettenform). — S. Äfricana Forsk., S. maxima Forsk. (Kettenform). — S. cordiformis Quai Gaim. , S. zonaria Fall. (Kettenform). 2. Fam. Doliolidae. Die beiden Mantelötfnungen sind sehr weit und befinden sich an den entgegengesetzten Enden des tönnchenförmigen Leibes. Vordere OeflFnung von 10 bis 12 Läppchen umgeben. Die flachen Kiemen durchsetzen ähnlich einer Scheidewand die Athemhöhle und besitzen zwei Reihen von Spalt- öffnungen. Die Geschlechtsthiere mit gleichzeitiger Reife beiderlei Geschlechts- organe erzeugen Eier. Die Entwicklung erfolgt mittelst Metamorphose und com- plicirtem Generationswechsel. Auf dem Wege der Knospung entstehen zwei Ammengenerationen solitärer Formen, die erstere mit rückenständigem, die zweite mit bauchständigem äussern Keimstock. Doliolnm Quoy Gaim. I>. Troscheli Krohn. Generation mit Keimstock hinten am Rücken im 7ten Intermuscularraum erzeugt eine 2te Generation mit ventralem Keimstock im 6ten Intermuskularraum und sehr grosser Kieme. Diese erzeugt als Geschlechtsform D. dentiailatum Quoy Gaim. 846 VIII. Typus. Vertebrata, Wirbelthiere. VIII. Typus. Vertebrata, Wirbelthiere^). Seitlich symmetrische Thiere mit einem innern knorpligen oder knöchernen und dann gegliederten Skelet (Wirbelsäule), ivelches durch dorsale Ausläufer {obere Wirbelbogen') eine Höhle ^ur Aufnahme des Rücken- marks und Gehirns , durch ventrale Ausläufer {Bippen) eine Höhle sur Aufnahme der vegetativen Organe umschliesst, mit höchstens swei Extremitätenpaaren. Noch bevor durch Cuvier die Idee der Typen zur Anerkennung kam, hatte man die nähere Verwandtschaft und Zusammengehörigkeit der Wirbelthiere erkannt und das Gemeinsame derselben in verschiedenen Charakteren zu finden gewusst. Schon Aristoteles fasste die Wirbel- thiere als blutführende Thiere zusammen und hob den Besitz einer knorpligen oder knöchernen Skeletsäule als gemeinsames Merkmal der- selben hervor. Linne begrenzte dieselbe durch die Charaktere des rothen Blutes und des aus Vorhof und Kammer zusammengesetzten Herzens. Erst Lamark erkannte in dem Vorhandensein der Wirbel- säule den wichtigsten Charakter und führte noch vor Cuvier den Namen der Wirbelthiere in die Wissenschaft ein. Indessen erscheint diese Bezeichnung streng genommen nur als der Ausdruck für eine bestimmte Entwicklungsstufe des Skeletbildendcn Gewebes. Es gibt eine grosse Zahl von Wirbelthieren , welche des innern knöchernen Gerüstes ent- behren und nur die weiche Primitiv- Anlage desselben, ohne die festen Wirbel und ohne eine starre gegliederte Skeletsäule bergen. Die wich- tigsten Eigcnthümlichkeiten beruhen daher nicht auf dem Vorhandensein von innern Wirbeln und der Wirbelsäule, sondern auf einer Combination von Merkmalen, tvelche die allgemeinen Lagenverhältnisse , die gegen- seitige Anordnmig der Organe und die Art der Embryonalentwicklung betreffen. Dem entsprechend würden wir unter Wirbelthieren seitlich symmetrische Organismen verstehen mit centraler achselständiger Skelet- anlage, an deren Rückenseite das Nervencentrum gelagert ist, während ventralwärts zunächst der Darmkanal nebst Eingangs- und Auswurfs- öffnung und die übrigen vegetativen Eingeweide ihre Lage finden. Von \) Ausser den Werken von Cuvier, F. Meckel und J. Müller vergl. R. Owen, On the Anatomy of Vertebrates. Vol. I. IL III. London. 1866—1868. C. Gegenbaur, Grundzüge der vergl. Anatomie. 2. Aufl. Leipzig. 1870. Th. H. Huxley, A Manual of the Anatomy of vertebrated animals. London. 1871. 847 Bedeutung ist ferner die Gliederung des Wirbelthierleibes , die Wieder- holung gleichartiger Elemente in der Längsachse. Ganz abgesehen von dem Skelet zeigen unverkennbar sowohl Muskulatur und Nervensystem als zahlreiche vegetative Organe schon in ihrer ersten Anlage eine Metamerenbildung, welche an die der Gliederthiere und insbesondere der Gliederwürmer erinnert. Unter solchen Umständen wird man schon die durch die Descendenz- lehre nahegelegte Idee begreiflich finden, dass die Wirbelthiere phylo- genetisch aus niedern wirbellosen Thieren ihren Ursprung genommen haben, und die nahe Beziehung mit den Wü.mern um so schärfer in's Auge fassen, wenn man in Anschlag bringt, dass der Begriff" von Hiicken und Bauch kein streng morphologischer, sondern erst secundär durch die Beziehung des Organismus zur Aussenwelt ableitbar ist. In diesem Sinne sprach bereits G. St. Hilaire die Ansicht aus, dass die Organe der Arthropoden gegen einander dieselbe JLage behaupteten, nur dass diese Thiere ihre Stellung zum Boden geändert und die der Bauchfläche entsprechende Körperseite nach oben kehrten. Neuerdings hat man nicht nur in der Uebereinstimmung, welche die Organisation und Entwicklung des Amphioxus mit der der As- eidien bietet , sondern auch in der Aehnlichkeit gewisser Organ- anlagen (paarige Wimpertrichter) mit denen der Gliederwiirmer (Segmentalorgane) Anhaltspunkte für die Ableitung der Wirbelthiere zu finden geglaubt. Während die erstere Anlass gab , die Ascidien als die nächsten Blutsverwandten der Vertebraten und diese entweder als Urwirbelthiere zu betrachten, oder eine hypothetische Gruppe von Wür- mern als *Chordonier« aufzustellen , von denen sowohl die Ascidien als Amphioxus und die Vertebraten abstammen sollten, haben Andere auf die Aehnlichkeit der Segmentalorgane mit den Urnierenanlagen der Haifische die Anneliden als Ausgangspunkt zur Ableitung der Wirbel- thiere herangezogen und in Consequenz ihrer »Urnierentheorie« nicht nur den Amphioxus als Wirbeltliier Verstössen, sondern zu willkürlichen Deutungen ihre Zuflucht nehmen müssen, um die Parallele einigermassen durchführen zu können. Zur Zeit erscheint nach beiden Seiten hin die thatsächliche Unterlage viel zu beschränkt und demgemäss der Phantasie') 1) Als Beleg für den dermaligen Stand unseres Wissens mögen folgende Pröbchen dienen. E. Haeekel sagt: »Wir können mit grösster Sicherheit den wichtigen Satz aufstellen: zu den Vorfahren der Wirbelthiere imd des Menschen gehört eine imbekannte ausgestorbene Coelomatenform , deren nächstverwandte uns bekannte und heute noch lebende Thierform die geschwänzte Larve der Ascidien ist«. Und an einer andern Stelle: »Wir müssen den Amphioxus mit besonderer Ehrfurcht als dasjenige ehrwürdige Thier hetr achten, welches unter allen noch lebenden Thieren allein im Stande ist, uns eine annähernde Vorstellung von unsern ältesten silurischen Wirbelthier-Ahnen zu geben.« Dagegen äussert 348 Chorda dorsalis. ein viel zu grosser Spielraum gestattet, als dass wir auf eine detaillirte Erörterung uns einlassen könnten. Die seitliche Sijmmetrie des Leibes gilt streng genunnnen keines- >Yegs für alle, sondern nur für die niedern und einfachem AVirbelthiere, sowie durchgängig für die Embryonalanlage ; in der weiter schreitenden Entwicklung dagegen bereiten sich mannigfache Abweichungen der Symmetrie vor, welche in mechanischen Gründen der Massenzunahme und des Wachsthums ihre Erklärung finden. Fast überall verlängert sich der Darmkanal bedeutend und legt sich in Windungen zusammen, welche die Anhangsdrüsen (Leber) und unpaaren Organe (Herz, Milz) zur Seite drängen. Andererseits führt einseitige Verkümmerung oder völliger Schwund nicht minder häufig zu Störungen der Symmetrie {Aorta, Oviducte etc.). Selten aber erstrecken sich diese bis auf die Skelettheile und Sinnesorgane und auf die äussere Körperform {Fleuro- nectiden). Von grosser Bedeutung ist das Vorhandensein eines inneren Skeletes. Während die Skeletbildungen , denen wir die doppelte Bedeutung als Einrichtungen zum Schutze der Weichbilde und zur Stütze der für die Locomotion wirksamen Organe zuschreiben , bei den Wirbellosen fast ausschliesslich durch die Erstarrung und Gliederung der äussern Haut erzeugt werden und daher die Weichgebilde und Muskeln völlig um- schliessen, so treffen wir hier ein inneres Skelet und somit das entgegen- gesetzte Verhältniss in der Lage der festen Theile zu den Weichgebilden an. Die festen Theile liegen in der Achse des Leibes und werden von äussern Muskellagen bewegt und verschoben. Indessen sind sie nichts destoweniger auch zum Schutze von Weichgebilden befähigt, indem sich vom Achsenskelete aus Fortsätze nach der Rücken- und Bauchfläche dachförmig erheben und einen dorsalen, häutigen, knorpligen oder sich ein anderer Naturphilosoph Herr C. Semper: »Die fast alle Organe betreffende Uebei'einstimmung im Baue eines Haifischembryos und Clliederwurmes liefert weitere gewichtigere Gründe für, als der Mangel einer Chorda gegen dieselbe. Amphioxus halte ich gänzlich aus der Nähe der WirbeWiiere zu entfernen.« A.Dohrn spricht sich in seiner merkwürdigen Schrift über den Ursprung der Wirbelthiere folgendermassen aus : »Die Vorfahren der Wirbelthiere sind Anneliden und es hat eine Zeit gegeben, in der jene wie diese einen Schlundring besassen. Die ursprüngliche Mundöffnung lag zwischen den Crura cerel^elli oder genauer gesprochen in der fossa rhomboidea und war wie der von ihr ausgehende Oesophagus homolog mit den gleichen Organen der heutigen Arthropoden und Anneliden. Arnmocoetes stellt bereits einen hohen Grad der Degeneration dar, welche die Fischorganisation erlitt in Folge der parasitischen Lebensweise. Amphioxus hat das Zerstörungswerk fort- gesetzt und alles, was die höhere Organisation der Wirbelthiere ausmacht, verloren. Amphioxus ist ein verlorener Sohn der Wirbelthiere. Die Ascidien stammen von den Wirbelthieren ab und wurden durch die genealogischen Verbindungen mit Amphioxus und den Cyclostomen als degenerirte Fische erkannt.*^ Entwicklung des Skelets. 849 knöchernen Kanal zur Aufnahme der Nervencentra (Rückenmark und Gehirn), sowie ein ventrales Gewölbe über den Blutgefässstämmen und Eingeweiden herstellen. Wie bereits erwähnt, entwickelt sich das Achsenskelet der Wirbelthiere ganz allmählig zu der Form und Bedeu- tung, welche den Namen Wirhclsäule rechtfertigt. Bei den einfachsten und niedersten Wirbelthieren bleibt dasselbe auf einer Stufe stehen, welche für die höhern Formen auf das Embryonallcben beschränkt, sich als primitive Anlage der Wirbelsäule erweist und bildet als RücJcensaüe oder Chorda dorsalis einen die Länge des Leibes durchziehenden Strang von gallertig knorpliger Beschattenheit. Dieser Achsenstrang, der auch bei den Ascidienembryonen') in ähnlicher Form, freihch hier mehr hinter der Anlage des Nervencentrums auftritt und als Chordafürmiges Organ zur Stütze des Larvenschwanzes dient, wird von einer strukturlosen Scheide (Chordascheide) und von einer sog. Skelet- bildenden Binde- gewebsschicht umhüllt, deren dorsale Ausläufer einen häutigen Kanal in der Umgebung des Rückenmarks bilden, während sich zwei kleine ven- trale Falten derselben als Üecke der Eingeweidehöhle fortsetzen {Am- phioxus lanceolatus). Die Leistung dieses biegsamen ungegliederten Stabes verhält sich ganz ähnlich, wie etwa unter den Würmern die der biegsamen aber ungegliederten Körperhaut von Nematoden, indem sie der Muskelaction ein elastisches Gegengewicht bietet, durch welches für die Bewegungen im Wasser eine ausi'eichende Stütze gewonnen wird. Sobald das innere Skelet eine festere Beschaffenheit erhält, tritt ebenso wie an dem Hautpanzer der Gliederthiere eine Segmentirung ein, es alterniren starre Gheder mit weicheren Zwischenschichten. Ohne Gliederung würde die knorplige oder knöcherne Skeletmasse starr und unbeweglich sein und ähnlich wie die feste Hautkapsel vieler Echino- dermen einen ganz besondern Bewegungsapparat nothwendig machen. Die Erstarrung und Gliederung des Skeletes aber wird durch Ver- änderungen der Chordascheide, beziehungsweise der Skelet -bildenden Schicht eingeleitet, indem die letztere durch Erhärtung knorplige oder knöcherne Ringe erzeugt, welche in continuirlicher Aufeinanderfolge die Anlagen der Wirbelkörper darstellen. Dieselben verdrängen die Chorda um so vollständiger, je mehr ^ie sich zu der Gestalt biconcaver Knorpel- oder Knochenscheiben verdicken f und treten mit knorpligen oder knöchernen Bogenstücken in Verbindung, welche sich in der Umgebung der Rückenmarks- und Eingeweidehöhle ablagern. Auf diese Art treten folgende Knorpel- oder Knochenstücke zur Bildung eines Wirbels zu- sammen : ein mittleres Hauptstück, der Wirhelhörper, häufig mit Resten der Chorda in seiner Achse , zwei obere Bogenstücke zur Umkapselung des Rückenmarks {Neurapophysen') , zwei untere Bogenstücke in der Umgebung der Blutgefässstämme [Haemapoi)hysen). Sowohl obere wie 1) Vergl. Kowalewsky und Kupffer 1, c. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 54 (550 Vertebraten. Gliederung der Wirbelsäule. untere Bögenfortsätze werden durch unpaare Stücke, '^ornfortsätze, geschlossen. Dazu kommen noch zwei Seitenfortsätze {IleurapophyseAi), welclie an verschiedenen Stellen sowohl an den obern Bogen als an den Wirbelkörpern auftreten und als secundäre Ausläufer dieser Theile anzusehen sind. Die Rippen der Fische heften sich an den auseinander weichenden Haemapophysen an und dürften wohl nicht unpassend ge- spaltenen untern Dornfortsätzen verglichen werden. Man kann daher dieselben als abgegliederte Stücke des untern Bogensystems beti'achten. Anders dagegen die Rippen der höhern Wirbelthiere, welche nicht auf HaemapophysenstUcke zu beziehen sind und den Pleurapophysen zugehören. Uebrigens bietet die Form des Wirbels und die besondere Ausbildung seiner Theile ausserordentlich wechselnde Verhältnisse, nicht nur in den einzelnen Gruppen der Vertebraten, sondern auch an den verschiedenen Regionen der Wirbelsäule desselben Thieres. Die ursprüngliche und in ihrer Form homonome Gliederung des Skeletes weicht allmählig einer heteronomen Segmentirung und führt zur Unterscheidung einer Anzahl von Regionen. Auch in dieser Hinsicht besteht eine vollkommene Parallele zwischen Gliederthieren und Vertebraten. Wie bei den Glieder- würmern sondert sich ein vorderer Abschnitt als Kopf von dem nach- folgenden gleiclimässig gegliederten Rumpf und zwar im innigen Zusam- menhang mit der Erweiterung und Ausbildung der vordem Pai'tie des Rückenmarks zum Gehirn. Der knorplige oder knöcherne, durch die oberen Bögen hergestellte Kanal gestaltet sich hier zu einer geräu- migen Schädelkapsel, an deren hinterer Gegend Wirbelbildungen nach- weisbar sind. Gleichzeitig aber lehnen sich unterhalb der Schädelkapsel Knorpel- oder Knochenbögen an, welche den Gesichtstheil des Kopfes insbesondere den Kiefergaumenapparat bilden und mit mancherlei Hart- gobilden, Zähnen, bewaffnet, den Eingang in die Ernährungsorgane der Leibeshölile umschliessen. Auf diese folgen weiterhin an der Grenze von Kopf und Rumpf eine Anzahl von hintern Bogenstücken, welche als Zungenbein und Kiemenbögen den Schlund umlagern und mit den Kiefer- bögen als Visceralshelet bezeichnet worden. Da indess der hintere Abschnitt des Rumpfes in der Regel nicht mehr zur Bildung der Leibeshöhle beiträgt, zerfällt der Rumpf selbst wieder zunächst in zwei Regionen, in einen vordem Hauptabschnitt, den Leib, häufig in seiner ganzen Länge mit Rippen-tragenden Wirbeln zur Umgürtung der von dem Bauchfell (Peritoneum) ausgekleideten Leibeshöhle, und in den Schwanz, welcher nicht selten durch seine den obern Bögen entsprechenden , die Caudalgefässe umschliessenden untern Bogenstücke eine gewisse Symmetrie der Rücken- und Bauchhälfte des Achsenskeletes gewinnt und besonders wichtig für die Fortbewegung des Körpers erscheint. Diese mehr homo- nome Gliederung des Rumpfes beschränkt sich natürlich auf die niedern \Virbelthiere, welche durch Biegungen und Schlängelungen der Wirbel- Gliederung tler Wirbelsäule. 851 Säule die Pra^ ilsivkraft zur Fortbewegung ihres Leibes erzeugen und ähnlich wie die" Gliederwürmer im Wasser, im Schlamme und in der Erde leben, auch wohl auf dem Erdboden schlängelnd fortkriechen. Bei den höhern Wirbelthieren dagegen knüpfen sich wie bei den Arthropoden die zur Locomotion des Körpers nothwendigen Leistungen an Glied- massen , mit deren Auftreten die Bewegung der Hauptachse mehr oder minder beschränkt und gewissermassen auf die Seitenachsen übertragen wird. Im Gegensatze zu den Arthropoden, welche eine sehr wechselnde, aber für die einzelnen Gruppen constante und charakteristische Zahl von Gliedmassen besitzen, sind die Extremitäten der Wirbelthiere auf ein vorderes und hinteres Paar reducirt und erweisen sich als Complexe gelenkig verbundener, von Weichgebilden umlagerter Knoclien In ihren ersten und unvollkommensten Formen besitzen freilich die Gliedmassen eine nur geringe und mehr untergeordnete Bedeutung für die Locomotion, indem sie bei zahlreichen im Wasser lebenden Wirbelthieren als Brust- und Baucliflossen mehr als Steuer des schwimmenden Körpers fungiren. Ebenso sind die niedrigen Beine vieler Landthiere, insbesondere der nackten und beschuppten Amphibien Nachschieber und Stützen für den sich fort- schlängelnden Rumpf. In solchen Fällen ist die gleichmässige Gliederung und Beweglichheit der Wirbelsäule erhalten. Die Bildung verschieden- artiger Wirbelcomplexe als grösserer Abschnitte des Rumpfes tritt erst da ein, wo die Art der Locomotion einen grössern Kraftaufwand der Extremitäten erfordert. Dieser aber setzt nicht nur eine feste Verbin- dung der Extremitäten mit der Wirbelsäule, sondern eine ebenso feste Beschaffenheit des entsprechenden Abschnittes vom Achsenskelete voraus, welcher zur Anheftung der Gliedmassen verwendet wurde, und da die hintere Extremität die Hauptstütze des Leibes ist und durch ihre Be- wegungen vornehmlich die Propulsivkraft erzeugt, erscheint sie meist unbeweglich mit dem Abschnitt des Wirbelskeletes verschmolzen, welcher sich durch die feste starre Verbindung seiner Wirbel auszeichnet. Dieser vor dem Schwanztheil gelegene Abschnitt ist die Sacralregion (Kreuz- beingegend), anfangs durch einen einzigen (Amphibien), dann durch zwei (Reptilien) oder durch eine grössere Zahl von Wirbeln vertreten, deren Quer- fortsätze unter Reduction der zugehörigen Rippenanlagen besonders gross werden und sich mit dem Hüftbein des Extremitätengürtels fest verbinden. Minder fest und mehr durch Muskeln oder Bänder vermittelt erscheint die An- heftung der vordem Extremität, welche bei den Amphibien der Verbindung mit der Wirbelsäule noch ganz entbehrt. Diese erfolgt an dem Mittelabschnitt des Rumpfes, dessen Rippen nicht nur durch besondere Länge, sondern durch den medianen Anschluss an ein in der Medianlinie des Bauches auftretendes System von Knorpel- oder Knochenstücken (Brustbein, Sternum) aus- gezeichnet sind. In dieser Weise entsteht der den vordem Leibesraum in vollkommenem Bogen umspannende Brustkorb oder Thorax. Die 54* 852 Vertebraten. Gliedmassen. Wirbel dieses Abschnittes, als Brust- oder Rückenwirbel unterschieden und häufig auch durch die Länge ihrer Dornl'ortsätze cliarakterisirt heben sich mehr oder minder scharf von den vorausgehenden und nach- folgenden Rumpfwirbeln ab, deren Rippen nicht nur des ventralen Ab- schlusses entbehren, sondern auch kleiner bleiben, verkümmern und ganz verschwinden können. Der vordere die Brust mit dem Kopf verbindende Abschnitt besitzt meist eine grosse Verschiebbarkeit seiner Theile und ist als Hals gewissermassen der bewegliche Stil des Kopfes, während die hinter der Brust folgende Lendenvagion durch die Grösse ihrer Querfortsätze, zugleich aber auch durch eine relativ freie Beweglichkeit ihrer Wirbel ausgezeichnet, in gewissem Sinne als Stil des gesammten Vorderkörpers bezeichnet werden darf. Demnach gliedert sich der Rumpf der höhern Wlrbelthiere in Hals-, Brust {RücJcen-), Lenden-, Kreuzbein- und Schivansvegion. Die Extremitäten zeigen zwar in der besondern Gestalt und Leistung ausserordentlich wechselnde Verhältnisse, indem sie als Beine den Leib der Landthiere tragen und sehr verschiedene Formen der Bewegung im Vereine mit mannichfachen Nebenleistungen bewerkstelligen oder als Flügel den Luftthieren zum Fluge, als Flossen den Wasserthieren zum Schwimmen dienen. Doch sind überall dieselben Haupttheile nachweisbar, der.en Abänderung, Verkümmerung und Reduction die zalüreichen und aullallenden Unterschiede der Extremitätenform bedingt. Ebenso aber wie Flügel und Flosse morphologisch gleichwerthige Organe sind, er- scheinen die vordem und hintern Gliedmassenpaare als Wiederholungen derselben Einrichtungen. An beiden unterscheidet man den Gürtel zur Verbindung mit der Wirbelsäule, die aus mehrfachen Röhrenknochen zu- sammengesetzte Extremitätensäule und die Extremitätenspitze. Für die beiden letzten Abschnitte wurde neuerdings durch Gegenbaur's Un- tersuchungen auf eine allgemeinere später zu erörternde Auffassung hin- gewiesen, welche ihren Ausgangspunkt in dem Flossenskelet der CVosso^)- terygier nimmt. Der Gürtel des vordem Gliedmassenpaares ist der Brust- oder Schultergürtel und besteht aus drei Stücken, dem dorsalen Schulterblatt {Scaxmla) und zwei ventralen hinter einander gelegenen Bogenstücken,welche an der BauchMche den Gürtel schliessen, das Frocoracoid\m<\ das Coracoid, zu denen noch das Schlüsselbein {Clavicida) als vorderer Hautknochen hin- zukommt. Dem Schultergürtel entspricht der Beckengiirtel deshinternGlied- niassenpaares ebenfalls mit drei Knochenstücken, dem Darmbein (OsiZejm), welches die Verbindung mit dem Kreuzbein herstellt, dem Schambeim [Os piihis) und dem Sitzbein (Os m7m}, welche beide den ventralen Schluss ver- mitteln. Die Extremitätensäule wird in der Regel durch lange Röhrenknochen gebildet und setzt sich aus zwei Abschnitten zusammen, aus dem Oberarm (Humerus), dem Oberschenkel (Femur) und dem Unterarm und Unter- schenkel, welche zwei neben einander liegende Röhrenknochen enthalten (^Radius und Ulna, sowie Tibia und Fibula). Die Spitze der Extremität, Schädel. 853 welche sich durch eine grössere Zalil meist fünf nebeneinander liegender Knochenstücke auszeichnet, ist die Hand und der Kuss und besteht aus 'zwei Reihen von Wurzelknochen, Handwurzel (Curpus), Fusswurzel [Tarstis) , sodann aus der Mittelhand {Metacarpus) , dem Mittelfuss {Metatarsus) und endlich aus den in Phalangen gegliederten Fingern und Zehen. Die vordere Abtheilung der Wirbelsäule, welche als Schädel das Gehirn umschliesst, zeigt im Anschluss an das besondere Verhalten der Wirbelsäule zahlreiche in allmähliger Entwicklung sich erhebende Ge- staltungsformen. Im Allgemeinen tritt überall da, wo die Wirbelsäule eine häutig knorplige Beschaffenheit darbietet, ebenfalls eine continuir- liche häutige oder knorplige Schädelkapsel auf, welche im Wesentlichen mit der embryonalen Schädelanlage der höhern Wirbelthiere überein- stimmt und sehr passend als FrimordialscJiüdcl bezeichnet wird. Aus diesem entwickelt sich') der knöcherne Schädel, theils durch Ossi- ficationen in der Knorpelkapsel, theils durch eine von dem häutigen Perichondrium ausgehende Verknöcherung, oder auch durch Auflagerung von Hautknochen, welche ilie knorpligen Theile des Primordialschädels mehr und mehr verdrängen. Erst in der knöchernen Schädelkapsel prägt sich eine Anordnung der festen Theile aus, welche die Zusammen- setzung des Schädels aus drei beziehungsweise vier Wirbeln wahr- scheinlich machte, indem sich ebensoviele hintereinnnderfolgende Segmente abheben, von denen ein jedes, nach den Entdeckungen von (P. Frank) Göthe und Okcn aus einem der Wirbelkörper entsprechenden Basal- stück, zwei seitlichen oberen Bogenstücken und einem unpaaren oder paarigen oberen Schlussstück (Dornfortsatz) bestehen sollte. An dem hinter- sten Schädelsegment, dessen Wirbelnatur in der That unzweifelhaft ist, ent- spricht das Hinterhauptsbein [Os hasilare) dem Wirbelkörper, die beiden seit- lichen Hinterhauptsknochen {üccipitalia lateralia) den Wirbelbogen und die Hinterhauptsschuppe [Occipitale superms, Squama occipitis') dem obern Schlussstück. Die Knochen des mittleren Wirbelsegmentes würden von dem hintern Keilbeinkörper {Os spenoidale posterius) und den hintern oder grossen Flügeln {Alae magnae s. temporales) gebildet sein, zu denen die Scheitelbeine [Ossa parietalia) als Auiiagerungsknochen das Schlussstück ersetzen. Die des vordem Wirbels würden von dem vordem Keilbeinkörper (0. sph. anterius), den vordem oder kleinen Flügeln {A. parvae sive orbitales) und den Stirnbeinen (Ossa frontalia) als aufgelagerten Schlussstücken gebildet. Als Basalstück i'ines vierten oder vordersten Schädelwirbels könnte man das Pflugscharbein (Vomer) und auch das Siebbein {Os ethmoideiim) betrachten, zu denen die Nasen- beine (Ossa nasalia) als Deckknochen hinzukommen. Sodann schieben 1) Vergl. besonders die Untersuchungen von Reichert und Kölliker. 854 Vertebraten. Kiefer. Visceralapparat. sich noch verschiedene knöcherne Schaltstücke, das zwischen Hinterhaupt und Keilhein gelegene Zitzenhein (Os masfoidcum) und Felsenbein (Os, petrosum) ein. Neuerdings sind jedoch von Huxley und Gegen baur gegen diese von Göthe und Oken begründete Wirbeltheorie sehr wesentliche Einwände erhoben worden, welche das Fundament derselben erschüttert haben. Nach Gegen baur würde eine viel grössere Zahl von primären Wirbelsogmenten der Kopfregion entsprechen und die Knochen der mittleren und vordem Schädelregion erst secundär die Aehnlichkeit mit Wirbelstücken gewonnen haben. Die übrigen festen Knorpel- oder Knochenstücke, welche sich dem Schädel mehr oder minder innig anfügen , umschliessen als eine Anzahl hintereinander liegender, zusammengesetzter Bögen den Eingang der Visceralhöhle. Von diesen werden die vordem als Kiefergaumen- apparat zur Herstellung des Gesichtes verwendet, die hintern bilden das sog. Visceralslcelet Der Kiefergaumenapparat besteht in seiner einfachsten Form aus zwei beweglichen Bögen, welche durch einen Kieferstil an der Schläfengegend befestigt nm\. Indem der letztere mit dem Schädel in eine innigere Verbindung tritt, legt sich auch bald der obere Bogen in seiner ganzen Ausdehnung dem Schädel mehr oder minder fest an und gliedert sich jederseits in eine äussere und innere Reihe von Knockenstücken, die erstere in Jochbein {Os jugale), OhQ.x- kieiev {Osmaxillare) und Zwischenkiefer (Os mterniaxiUare), die letztere in Flügelbeine (Ossa iHerygoidea) und Gaumenbeine (055a palatina). Beide Knochenreihen stellen den Oherhiefergaumenapx}arat her und bilden die obere Decke der Mundhöhle. Auch der untere einfache Bogen , der Unterkiefer, gliedert sich jederseits in eine Anzahl aufeinanderfolgender Stücke, von denen wenigstens drei als Os articulare^ Os angidare und Os dentale unterschieden werden. Die hinter dem Unterkiefer folgenden ebenfalls am Schädel be- festigten Bogensysteme entwickeln sich in der W^andung des Schlundes und verhalten sich zu der Rachenhöhle in ähnlicher, wenn auch nicht morphologisch gleicher Weise, wie die Rippen zu der Brust und Leibes- höhle. Der vorderste, allgemein auch bei den höhern Wirbelthieren vorhandene Bogen bildet ein Suspensorium für die Zunge und schliesst sich durch ein unteres medianes Knochenstück {Os linguale). Auf dieses folgen noch eine Reihe von unpaaren Knochen als mediane Ver- bindungsstücke {copula) der nachfolgenden Bögen (Kiemenbögen), welche bei den im Wasser lebenden Wirbelthieren, durch tiefe Spalten des Schlundes gesondert, am meisten entwickelt auftreten und als Träger der Kiemen dienen, bei den Luft-athmenden Vertebraten aber mehr und mehr verkümmern und zuletzt nur noch als embryonale Anlagen in un- vollständiger Zahl nachweisbar bleiben. Die äussere Haut der Wirbelthiere sondert sich in zwei durch ihre Integument. Nervensystem. 855 Struktur scharf geschiedene Scliichten, die Oberhaut oder Epidermis und die Unterhaut oder Cutis. Die letztere hat zur Grundlage eine faserige Bindesubstanz, mit der hier und da Muskelelemente in Verbin- dung treten, ohne jedoch wie bei den Gliederthieren einen vollkommenen Hautmuskelschlauch zu bilden. Wo sich Hautmuskeln in weiterer Aus- dehnung über grössere Flächen ausbreiten, dienen dieselben ausschliesslich zur Bewegung der Haut und ihrer mannichfachen Anhänge, aber nicht zur Bewegung des Rumpfes, welche durch ein hoch entwickeltes Muskel- system in der Umgebung des Skclets ausgeführt wird. Die Cutis setzt sich in eine tiefere mehr oder minder lockere Schicht, das Unterhaut- bindegewebe fort, nimmt aber in ihren obern Partieen eine ziemlich derbe Beschaffenheit an und ist nicht nur Träger von mannichfachen Pigmenten, sondern auch von Nerven und Blutgefässen. An ihrer obern Fläche bildet die Cutis kleine conische oder fadenförmige Erhebungen, die sog. Cutispapillen, welche von der Epidermis überkleidet nicht nur für besondere Sinnesempfindungen und für die eigenthümliche Gestaltung der Unterbaut (Schuppenbildung), sondern auch für die Entwicklung mannichfacher Anhangsgcbilde der Oberhaut (Epidermoidalgebilde) von grosser Bedeutung erscheinen. Die Epidermis ist eine mehrfach ge- schichtete Zellenlage, deren obere ältere Schichten eine festere Beschaffen- heit besitzen, indem sich die Zellen derselben mehr und mehr aliflachen und sogar die Form kleiner verhornter Plättchen annehmen. Dagegen sind die untern Jüngern Schichten (Stratum Malpighi) als Matrix für die obern in lebhafter Wucherung begriffen und zuweilen durch den Besitz von Pigmenten die Träger der eigentlichen Hautfärbung. Die mannichfachen Anhänge der Haut verdanken ihren Ui'sprung theils als Epidermoidal- gebilde eigenthümlichen und selbstständigen Wachsthumsvorgängen der Epidermis (Haare und Federn), theils führen sie sich auf Verkalkungen gewisser Theile der Unterhaut zurück, welche zuweilen selbst einen festen und geschlossenen Hautpanzer entstehen lassen (Schuppen der Fische und Reptilien, Hautpanzer der Gürtelthiere und der Schildkröten). Die Centraltheile des Nervensystems finden ihre Lage in der von den obern Wirbelbogen gebildeten Rückenhöhle und lassen sich auf einen Strang (BücJicnmarJ:) zurückführen, dessen vorderer (mit Aus- nahme von Änqjhioxus) erweiterter und weiter differenzirter Abschnitt als Gehirn bezeichnet wird. Das Innere dieses Stranges besitzt einen Hohlraum, den Centralkanal des Rückenmarks, welcher sich in die grössern Hohlräume des Gehirnes, die Hirnliöhlen fortsetzt. Hirn und Rückenmark sind also streng genommen Abschnitte desselben Organes aber nach Grösse und Entwicklung ausserordentlich verschieden. Das Gehirn erscheint als Träger der geistigen P'ähigkeiten und als Central- organ der Sinneswerkzeuge, während das Rückenmark die vom Gehirn übertragenen Reize fort leitet und insbesondere die Refiexbewegungen 856 Vertebraten. Gehirn- und Sinnesorgane. vermittelt, indessen auch Centralheerde gewisser Erregungen birgt. Die Masse des Gehirns und dos Rückenmarks nimmt natürlich mit der höhern Lebensstute fortschreitend zu, doch in ungleichem Verhältnisse, indem das Gehirn sehr bald das Rückenmark überwiegt. Die niedern Wirbel- thiere mit kaltem Blute besitzen ein relativ kleines Gehirn, dessen Masse von der des Rückenmarks noch bedeutend übertroifen wird, die Warm- blüter dagegen zeigen das umgekehrte Verhältniss um so entschiedener ausgeprägt, je höher sich ihre Organisations- und Lebensstufe erhebt. Aus dem Rückenmarke entspringen paarige Nervenstämme in der Weise, dass zwischen je zwei Wirbeln ein Paar von Nervenstämmen (Spinal- nerven, mit einer obern sensibeln und untern motorischen Wurzel) hervortritt, so dass sich im Allgemeinen eine der Wirbelsäule ent- sprechende Gliederung auch hier wiederholt. Am Gehirne freilich erleidet die Anordnung der Spinalnerven mehrfache Complicationen, welche noch durch den Ursprung der drei Hauptsinnesnerven, des Olfactorius, Opticus und Acusticus gesteigert werden. So verschieden sich die Form und Bildung des Gehirnes dar- stellt, so lassen sich doch überall mit Rücksicht auf die Entwicklung drei Blasen als die Hauptabschnitte unterscheiden. Die vordere Blase (Vorderhirn) entspricht dem grossen Gehirn, die mittlere (Mittelbirn) der Vierhügelmasse, die hintere (Hinterhirn) dem kleinen Gehirn mit dem verlängerten Marke. Die vordere Blase zerfällt aber wieder in zwei Abtheilungen, in eine obere median gespaltene Ausstülpung, welche die Hemisphären mit den Seitenventrikeln bildet und eine hintere unpaare Region, das sog. Zwischenhirn mit der Umgebung des sog. dritten Ven- trikels. Ebenso sondert sich die dritte Hirnblase in zwei Theile, eine vordere kürzere, das kleine Gehirn (Cerehelhmi) und eine hintere längere als Nachhirn, das verlängerte Mark {^Medulla ohlongata). Die drei wichtigsten Sinnesorgane schliessen sich nach ihrer Lage in folgender Reihenfolge an. Zuerst das Geruchsorgan als eine meist paarige, aus- nahmsweise unpaare Grube oder Höhle, deren Geruchsnerv dem Vorder- hirn angehört und an seinem Ursprünge in Form besonderer Lappen (iohi olfactorii) anschwillt. Bei den durch Kiemen athraenden Wasser- bewohnern ist diese Nasenhöhle mit seltenen Ausnahmen {Ctjclostomen) ein geschlossener Sack, bei allen Luft respirenden Wirbelthieren da- gegen öffnet sich dieselbe durch die Nasengänge in die Mundhöhle und dient zugleich zur Ein- und Ausleitung des Luftstromes in die Lungen. Es folgen sodann als zweites Hauptsinnesorgan die Augen, welche ihre Nerven vomZwischenhirnerhalten. Ueberall treten dieselben paarig auf und schliessen sich im Wesentlichen dem Bau des Cephalopodenauges an, nur bei Am- phioxus werden sie durch einen unpaaren dem vordem Ende des Nerven- centrums aufsitzenden Pigmentfleck dargestellt. Das Gehörorgan, welches Darmkaiial. 857 durch den Ursprung seiner Nerven dem Hinterliirne angehört, wird bei Ampliioxus ganz vermisst und erscheint in seiner einfachsten Form als ein häutiges, mit Flüssigkeit und Otolithen gefülltes Säckchen (JiäiUiges Labtjrinth), dessen hinteres Segment gewöhnlich in drei halbkreisförmige Kanäle ausläuft, während der vordere nicht selten als Sacculus zur Son- derung gelangte Theil durch Ausstülpung die Schnecke') erzeugt. Der Geschmack, welcher seinen Sitz meist am Gaumen und an der Zungen- wurzcl hat, wird durch die Ausbreitung eines spinalartigen Gehirnnerven {Glossoph.aryngeus) vermittelt, wie sich auch das über die Körperober- iiäche ausgebreitete Gefühl und die Tastempfindung an die Endigung sensibler Fasern von Spinalnerven knüpft. Endlich unterscheidet man mit wenigen Ausnahmen (Ämphioxus und Cyclostomen') ein Eingeweide- nervensystem. Dasselbe wird von besondern Zweigen der Spinalnerven und spinalartigen Hirnnerven gebildet, welche in besondere Ganglien eintreten und Nervengeüechte für die Eingeweide abgeben. In der geräumigen unterhalb der Skeletachse sich ausbreitenden Leibeshöhle liegen die Organe der Ernährung, Circulation und Fort- pflanzung. Der Verdauumjskanal stellt sich als eine mehr oder minder langgestreckte Röhre dar, welche am Eingang des Visceralskelets mit der bauchständigen Mundöffnung beginnt und mit dem After in einiger Entfernung vom hintern Körperpole je nach der Länge des Schwanz- theiles der Wirbelsäule, ebenfalls bauchständig nach aussen mündet. Derselbe wird im grössten Theile seines Verlaufs von einer Duplicatur des die Leibeshöhle auskleidenden Peritoneums überzogen und mittelst der eng aneinander liegenden Lamellen desselben, des sog. Mesenteriums, an die untere Fläche des Rückgrates befestigt. In der Regel übertrifft der Darmkanal die Länge vom Mund zum After sehr bedeutend und bildet daher im Leibesraum mehr oder minder zahlreiche Windungen. Fast tiberall gliedert sich der Verdauungskanal in die drei Abschnitte, Speise- röhre nebst Magen, Dünndarm mit Leber und Pankreas und Afterdarm. Der Speiseröhre aber geht durchweg eine Mundhöhle voraus, in deren Boden sich meist ein muskulöser Wulst, die Zunge, erhebt. Sieht man dieses nervenreiche Organ auch im Allgemeinen mit Recht als Geschmacks- organ an, so dient dasselbe doch stets noch zu besondern Leistungen bei der Nahrungsaufnahme und kann zuweilen sogar die erstere Bedeu- tung vollkommen verlieren (Schlangen). Die Mundhöhle wird von zwei übereinander liegenden Knorpel- oder Knochenbogen begrenzt, dem Ober- kiefergaumenapparat und dem Unterkiefer, von denen der letztere kräftige Bewegungen gestattet, während die Theile des erstem in der Regel mehr oder minder fest untereinander und mit den Schädelknochen verbunden sind, häufig jedoch auch verschoben werden können. Beide 1) C. Hasse, Anatomische Studien. Leipzig. 1870—73. 858 Vertebraten. Respirafiousorgane. Kiefer wirken demnach im Gegensatze zu den Kiefern der Arthropoden von oben nach unten und nicht von rechts nach hnks in der Mittelebene auf einander. Gewöhnlich sind dieselben mit Zähnen bewaffnet, welche als verknöcherte Papillen der Mundschleimhaut entweder mit den Kieferknochen direkt verwachsen oder in besondern Alveolen der Kiefer wurzeln. Während dieselben bei den höhern Wirbel thieren auf Ober- und Unterkiefer beschränkt sind, können sie bei den niedern W^irbel thieren an allen die Mundhöhle begrenzenden Knochen auftreten. Nicht selten aber fallen die Zähne überhaupt vollkommen hinweg. Bei den Vögeln und Schildkröten werden sie durch eine hornige Umkleidung der scharfen Kieferränder (Schnabel) ersetzt und gewisse zahnlose Wall- fische besitzen am Gaumen hornige Blätter, die sog. Barten Fast überall nimmt der Darmkanal in seinen verschiedenen Ab- schnitten selbstständige Drüsen auf, deren Secrete sich dem Darminhalte zumischen. Schon in der Mundhöhle gesellt sich zu den aufgenommenen Speisen der Speichel, die Absonderungsflüssigkeit einer grossem oder geringem Zahl von Speicheldrüsen, welche jedoch bei den Fischen, vielen Amphibien und bei den Cetaceen (Wasserbewohnern) fehlen. In den Anfangstheil des Dünndarms ergiesst sich die Galle und der Saft der Bauchspeicheldrüse (Pancreas). Die erstere ist das Sekret der Leber, einer meist umfangreichen Drüse, durch welche das Venenblut der Eingeweide bei der Pbückkehr zum Herzen hindurch strömen muss (Pfortader). Bei ÄmpMoxus stellt sich die Leber als einfacher Blindsack dar. Das Pan- creas fehlt hierund bei einigen andern Fischen vollständig. Der die Verdauung und Picsorption besorgende Dünndarm zeichnet sich nicht nur durch seine bedeutende Länge aus , indem gerade dieser Abschnitt in Win- dungen zusammen gelegt ist, sondern auch durch das Auftreten von Innern Falten und Zöttchen , welche die resorbirende Oberfläche bedeu- tend vergrössern. Der Endabschnitt hebt sich meist durch seine Stärke und kräftige Musculatur als Enddarm (Dickdarm, Mastdarm) ab. Alle Wirbelthiere besitzen Respirationsorgane und zwar entweder Kiemen oder Lungen. Die ersteren liegen meist als Doppclreihen lanzet- förmiger Hautblättchen an den Seiten des Schlundes hinter den Kiefer- bogen und werden getragen von knorpligen oder knöchernen Bogen, den hinteren Abschnitten des Visceralskelets, welche bei den luftathmen- den Wirbelthieren fi'ühzeilig zu Grunde gehen und nur in Resten als Zungenbeinhörner persistiren. Zwischen diesen Kiemenbogen finden sich stets engere oder weitere Spaltöffnungen, welche unmittelbar in den Schlund führen und von hier das zur Respiration dienende die Kiemen umspühlende Wasser aufnehmen. Von der äussern Seile werden die Kiemen oft von einer Hautduplicatur oder von einem Kiemendeckel ge- schützt, an dessen unterm oder hinterm Rand ein langer Spalt zum Ausfliessen des Wassers aus dem Kiemenraum frei bleibt. Indessen Gefasssystem. 859 können die Kiemen auch als äussere Anhänge unbedeckt hervorragen (nackte Anipliibien und Embryonen der Selachier). Lungen finden sich zwar schon bei niedern Wirbeltliieren im Vereine mit Kiemen vor und werden auch bei den Fischen durch ein morphologisch gleichwerthiges Organ , die Schwimmblase , vertreten , gehören aber in vollkommenerer Ausbildung erst den höhern grossentheils warmblütigen Wirbelthieren an. Dieselben stellen in ihrer einfachsten Form zwei mit Luft gefüllte Säcke vor, welche sich mittelst eines gemeinsamen klaffenden Luftganges (Luftröhre) in der Tiefe der Rachenhühle in den Schlund öffnen. Die Wandung dieser Säcke trägt die respiratorischen Capillargefässe und erscheint meist durch Falten und secundäre Erhebungen zur Herstellung einer grossen Oberfläche umgestaltet und selbst zu einem schwammigen oder von zahlreichen Röhren durchsetzten Gewebe verändert. Beide Säcke erstrecken sich oft tief in die Leibeshöhle hinein , bleiben aber auch oft auf die vordere Gegend derselben beschränkt, welche als Brust- höhle durch eine Querscheidewvand von der hintern Leibeshöhle mehr oder minder vollständig abgegrenzt sein kann. Auch die Luftathmung setzt einen beständigen Wechsel des zur Respiration dienenden Mediums voraus, den Austausch der mit Kohlensäure geschwängerten verbrauchten Luft mit der äussern sauerstoffreichen Luft der Atmosphäre. Dieser Austausch wird in verschiedener Weise durch mechanische Einrichtungen begünstigt. Dieselben veranlassen die sog. Respirationsbewegungen, welche bei allen Luftathmenden Wirbelthieren, am vollkommensten aber bei den Säugethieren als abwechselnde rhythmische Verengerungen und Erweiterungen der Brust (Thorax) auftreten. Am Eingange der in die Lungen führenden Luftwege verbindet sich mit dem Respirationsorgane das Stimmorgan, für welches meist der obere Abschnitt der Luftröhre als Kehlkopf eine eigenthümliche Form annimmt, Stimmbänder erhält und mittelst einer engen oft durch einen Kehldeckel verschliessbaren Spalte in den Schlund sich öffnet. Im innigen Anschlüsse an die Respirationsorgane erscheint die Gestaltung der Kreislaufsorgane, welche tiberall ein geschlossenes Gefass- system bilden und rothes (nur bei Amphioxus und den Leptocejjhcdiden weisses) Blut führen. Die rothe Farbe des Blutes, in welcher man früher das Wesen für den Begriff' Blut zu erkennen glaubte (Blutthiere des Aristoteles), ist an das Vorhandensein von Blutkörperchen geknüpft, welche als flache scheibenartige Kügelchen den Farbstoff tragen und sich in erstaunlich grosser Zahl vorfinden. Neben denselben kommen im Blute keine blassen Zellen vor, die farblosen Blutkörperchen, w'elche durch die Fähigkeit amöboider Bewegungen ausgezeichnet, wahrscheinlich den Jugendzustand der rothen darstellen. Mit Ausnahme von Amphioxus, dessen grössere Gefässstämme pulsiren, entwickelt sich bei allen übrigen Wirbelthieren ein distinkter 860 Vertebraten. Herz und Gefässsystem. Abschnitt des Gefässsystems als Herz, um durch rhythiuischc Zusammen- ziehung und Ausdehnung seiner muskulösen Wandung das F^hit in regel- mässigem Umlauf zu erhalten. Dasselbe liegt im Vordertheil der Leibes- höhle, seiner Anlage nach ursprünglich genau in der Medianlinie, hat eine conische Gestalt und wird von einem Herzbeutel, Pericardium, umschlossen. Die Lage der Hauptgefässstämme und ihre Verbindung mit dem Herzen stellt sich in der einfachsten Form in folgender Weise dar. p]ine mächtige Vertebralarterie verläuft der Wirbelsäule entlang und lässt zahlreiche Seitenzweige, der Gliederung der Wirbelsäule ent- sprechend, rechts und links austreten. Unterhalb derselben erstreckt sich eine am Schwanztheile des Rumpfes unpaare ( V. cauclalis), in dem Leibesraum dagegen paarige Vertebralvene , zu deren Bildung seitliche Venenzweige zusammentreten, welche direkt aus den Capillarnetzen der Arterienzweige hervorgehen. Eine andere Hauptvene, durch das Pfort- adersystem der Leber von den Vertebralvenen getrennt, führt als untere Hohlvene (V. etwa inferior) in Verbindung mit einer oder zwei (das r>lut der veränderten Vertebralvenen, Cardinalvenen, autnehmenden oberen Hohlvenen das venöse Blut aus dem Körper in das Herz ein, und zwar in den als Vorhof (Atrium) bezeichneten Abschnitt des Herzens. Aus diesem strömt das Blut in die muskulöse Herzkammer (Ventrikel) und wird von hier wieder indirekt in die Vertebralarterie eingetrieben. Es entspringt nämlich aus der Herzkammer eine aufsteigende Arterie {Aorta ascendens) und spaltet sich in seitliche quer nach der Rücken- seite zu verlaufende Aortenbogen, welche unterhalb der Wirbelsäule zum vordem Abschnitt der Vertebralarterie {Aorta deseendens) treten. Durch die Einschiebung der Respirationsorgane wird jedoch die Com- plication dieses Systems der Aortenbögen unter verschiedenen Modi- iikationen vergrössert. Bei den niedern Wasser-athmenden Wirbelthieren schalten sich die Kiemen in den Verlauf der Aortenbögen ein, indem aus diesen letztern die respirirenden Capillarnetze hervorgehen. Wir treffen zuführende Gefässbögen mit venösem Blute an und al)führende sog. Epi- branchial-Arterien (Kit.'menvenen), welche das in den Gapillaren der Kiemen arteriell gewordene Blut in die Aorta deseendens leiten. Das Herz bleibt in diesem Falle ein einfaches venöses Herz und enthält in Vorhol und Kannner das aus dem Körper kommende venöse Blut. Treten dagegen Lungen als Respirationsorgane auf, so erhält das Herz einen complicir- teren Bau, welcher in allmähligen Abstufungen zu einer vollständigen Duplicität eines rechten und linken Herzens führt. Das in den Lungen arteriell gewordene Blut strömt nämlich stets durch die sog. Lungenvenen zum Herzen zurück und wird von einem fast ausnahmslos vollständig geschiedenen linken Vorhof aufgenommen. Indessen kommt es in der Herzkammer, welche sich zu einer Scheidung in zwei Abtheilungen vor- bereitet, zu einer Mischung mit dem venösen Blut der rechten Vor- Harnorgaue. 861 kamnier, und es führt die aufsteigende Aorta gemischtes Blut. Anfangs bestehen noch die Kiemen {Bipnoer, Pcroinihranchiatcn)^ Larven der Amphibien') neben den Lungen , und es erweisen sicli die zuführenden Gefässe der Lungen, die Pulmonalarterien, als Abzweigungen des untern Aortenbogens. Mit dem Ausfall der Kiemen aber {Salamandrinen, Batrachier, Reptilien) erhalten die Lungenarterien eine bedeutende Stärke und erscheinen als die Fortsetzungen des Gefässbogens, dessen zur Aorta descendens führende Enden als untergeordnete Seitengänge (Ductus Botalli) mehr und mehr verkümmern und zuletzt vollständig obliteriren. Gleichzeitig aber kommt es zu einer schärfern Abgrenzung der rechten und linken Herzkannner, sowie des untern zu den Lungen führenden Gefässabschnittes von den obern freilich reducirten Aorten- bogen mit der Aorta descendens. Der leztere Gefässabschnitt entspringt als Aorta bei den höhern Wirbelthieren ausschliesslich aus der linken Kammer und enthält das arterielle Blut, welches aus den Lungen venen in die linke Vorkammer und aus dieser in die linke Herzkammer geführt worden war. Die scharfe Scheidung eines rechten venösen und linken ai'teriellen Herzens vollzieht sich erst unter den Reptilien bei den Krokodilen, wenngleich hier noch durch anderweite Communicationen der Gefässstämme eine theilweise Mischung des arteriellen und venösen Blutes statt findet, und erscheint erst bei den höhern Warmblütern (Vögel und Säugethiere) allgemein durchgeführt. Als ein besonderer Abschnitt des Gefässsystems verbreitet sich im Körper aller Wirbel- thiere mit Ausnahme von Amphioxus das System der Lymphgefässe, welches einen hellen mit farblosen Körperchen (Lymplihörperclieti) er- füllten Ernährungssaft {Chylus und Lymphe) enthält und denselben als plastisches Material zur Ergänzung der beim Stoffwechsel verbrauchten Bluttheile dem Blute zuführt. Der Hauptstamm der Lymphgefässe, in deren Verlauf besondere Drüsen-ähnliche Gebilde (die sog. Gefässdrüsen^ Mils) eingeschoben sind, verläuft ebenfalls der Wirbelsäule entlang (Ductus thoracicus) und ergicsst bei den höhern Wirbelthieren seinen Ldialt in den obern Abschnitt der Hohlvene (V. cava superior). Bei den niedern finden sich mehrfache Communicationen. Harnabsondernde Organe, Nieren, sind allgemein verbreitet und liegen als paarige Drüsen unter der Wirbelsäule in der Leibeshöhle. Merkwürdigerweise treten die Anlagen derselben als Wimpertrichter auf, die man morphologisch den Segmentalorganen verglichen hat. Ihre Ausführungsgänge , Harnröhre oder Ureteren , verlaufen'" nach hinten und treten in der Regel zu einem gemeinschaftlichen Endabscimitt, Urethra, zusammen, welcher nur bei den Fischen hinter dem After mündet, sehr oft in den Enddarm zur Bildung einer Kloake sich öffnet, bei den Säugethieren aber fast stets mit dem Endabschnitte der Ge- schlechtswege zu einem gemeinsamen Urogenitalkanal zusammentritt. 862 Vertebraten. Geschlechtsorgane. Entwicklung. Zwischen Ureteren und Urethra schiebt sich nicht selten ein blasenartiges Reservoir, die Harnblase, ein, welche nur bei den Fischen hinter dem Darme liegt. Das Harnsekret stellt sich meist als Flüssigkeit dar. Die Fortpflanzung ist stets eine geschlechtliche, und zwar gilt die Trennung der Geschlechter als Piegel. Nur einige wenige Fische, Serranus- arten , sind Hermaphroditen. Auch bei Karpfen sind Zwitterdriisen beobachtet worden und unter den Amphibien finden sich bei männlichen Kröten Reste eines Ovariums. Männliche und weibliche Geschlechts- organe liegen als paarige Drüsen im Leibesraum und entsenden Aus- führungsgänge, deren untere Abschnitte bei den niedern Wirbelthieren meist in den Enddarm (Kloake) münden und häufig zu einem unpaaren Kanal zusammentreten. Zuweilen fehlen die Ausführungsgänge voll- ständig; es fallen dann die Geschlechtsprodukte in die Leibeshöhle und gelangen von da durch einen Genitalporus nach aussen (manche Fische). Die Gliederung der Ausführungsgänge in verschiedene Abschnitte, ihre Verbindung mit accessorischen Drüsen und äussern Copulationsapparaten bedingt den sehr mannicbfachen bei den Säugethieren am complicirtesten sich gestaltenden Bau der Geschlechtsorgane. Bei vielen Fischen und Amphibien fällt auch eine wirkliche Begattung hinweg. Die Wirbel- thiere sind theils Eierlegend, theils lebendig gebärend. Zu den erstem gehören die meisten Fische, nackten und beschuppten Amphibien, sowie die Vögel, zu den letztern säiumtliche Säugethiere, deren kleine p]ier im Innern der weiblichen Leitungswege die Embryonalentwicklung durch- laufen. Bei den p]ierlegenden Wirbelthieren ist durchweg das Material des Eies ein weit beträchtlicheres und oft noch durch accessorischc Eiweissumlagerungcn vergrössert. Die Entwicklung des Eies erfolgt, so viel man weiss, nur im Falle der Befruchtung und wird eingeleitet durch eine totale oder partielle Furchung, die freilich auch an dem unbefruchteten Eie beobachtet worden ist. Die erste Anlage des Keimes ist, von AmpJiioxiis und Fetromyzon abgesehn, in deren Entwicklung die Anlage der Darmhülile der des Nervensystems vorausgeht, eine dem Dotter aufliegende Scheibe, Keim- scheibe, in welcher durch Verdickung der Zellschichten ein Primitiv- streifen entsteht. Diese bezeichnet die Längsachse des entstehenden Embryo's und bildet durch zwei seitliche Aufwulstungen eine Rinne, unter welcher sich die Chorda dorsalis anlegt. Indem sich die vorn erweiterte Rinne durch Zusammenwachsen ihrer Bänder in der Länge schliesst, bildet sich durch die innere Schicht ihrer Wandung die Anlage von KUckenmark und Geliirn. Während auf diese Weise zuerst der Rückentheil des Embryo auftritt, entsteht die Dannhöhle durch Um- biegung der Keimscheibe und nimmt den bauchständigen Dotter erst allmählig und oft mit Zurücklassung eines Dottersackes in sich auf. Die EintLeilung. 863 neugeborenen Jungen erleiden nur bei den nackten Amphibien und bei nielireren Fischen eine Metamorphose. Die Eintheilung der Wirbelthiere in die vier Classen der Fische, Amphibien, Vögel und Säugcthiere, welche Linne' zuerst aufstellte, findet sich streng genommen schon in dem System des Aristoteles begründet. Die Fische und Amphibien sind Kaltblüter oder besser wechselwarme Thiere, die Vögel und Säugethiere Warmblüter oder homöotherme Thiere mit constanter nur innerhalb geringer Grejizen schwankender Eigenwärme des Körpers. Die letztern zeigen einen reichen Sauerstoffverbrauch und erheben sich zu einer weit höheren Lebensstufe, werden desshalb auch wohl als höhere Wirbelthiere bezeichnet. Neuer- dings hat man mit Recht die nackten Amphibien von den l)eschuppten oder Reptilien als besondere Classe getrennt und mit den Fischen als niedere den Reptilien, Vögeln und Scäugern als höheren Wirbel- thieren gegenüber gestellt. In der That haben auch die Fische und nackten Amphibien viele gemeinsame Züge, erscheinen auch systematisch minder scharf abgegrenzt {Biimoer) als die nackten und bescliuppten Amphibien. Gemeinsam ist beiden nicht nur die Kiemenathmung und häufige Persistenz der Chorda, sondern der einfachere Verlauf der Em- bi-yonalentwicklung und der Mangel der für die höhern Wirbelthiere charakteristischen Embryonalorgane, des Amnion und der Ällantois. Demgemäss und mit Rücksicht auf die vielfachen Beziehungen zwischen Reptilien und Vögel unterscheidet Huxley die drei Hauptabtheilungen der Ichthyopsiden, Sauropsiden und Mammalia. Freilich ergeben sich unter den Fischen wiederum so bedeutende Unterscniede in der Dif- ferenzirung der Organe, dass man dieselben in mehrfache Classen auf- zulösen berechtigt ist. Man würde die Leptocardier nicht nur allen Fischen, sondern den übrigen Wirbelthierklassen gegenüber stellen, ferner die Cyclostomen, die Selachier und Dipnoer als Classen sondern, wenn es nicht zweckmässiger erschiene, die Einheit der P'ischklasse mit Rücksicht auf die Uebereinstimmung des Aufenthaltsortes, derAthmungs- und Bewegungsweise festzuhalten. 864 I Classe. Pisces. Fische. I. Classe. Pisces,') Cisclie. Im Wasser lehende meist heschuppte Kaltblüter^ mit unpaaren Flossculdimmen, mit paarigen Brust- und Bauchflossen, mit aus- schliesslicher Kiemenathmmig und einfachem aus Vorhof und Kammer bestehenden Herren, ohne vordere Harnblase. Die Eigenthümlichkeiten des Baues und der innern Organisation ergeben sich im Allgemeinen aus den Bedürfnissen des Wasserlebens. Obwohl wir freilich selbst im Kreise der Wirbolthiere aus allen Classen Gruppen von Formen kennen , die sich im Wasser ernähren und be- wegen , so ist doch nirgends die Organisation so bestimmt und voll- kommen dem Wasserleben angepasst als bei den Fischen. Trotz der sehr variabeln äussern Gestalt wiegt eine seitlich com- primirte Körperform vor mit unpaaren Flossenkämmen auf der Rücken- und Bauchliuie und einer verticalen Schwanzflosse. Die Oberfläche wird von dachziegelförmig sich deckenden Schuppen bekleidet, die vorderen und hinteren Extremitäten treten als Brust- und Bauchflossen auf. Die Temperatur des Blutes entspricht der Wärnie des umgebenden Mediums, ohne constante selbstständige Eigenwärme steigt und fällt sie mit dieser 1) Ausser den älteren Werken von Belon, Rondelet, Artedi u. A. vergl. besonders: M. E. Bloch, Naturgeschichte der Fische Deutschlands. Berlin. 1782-84. Derselbe, Ichthyologie etc. Berlin. 1787—97, sowie Systema Ichthyo- logiae. 1811. Monro, The structure and physiologie of Fishes. Edinburgh. 1785. Uebersetzt von Schneider. Leipzig. 1787. Lacepede, Histoire naturelle des Poissons. Paris. 1798—1803. Cuvier et Valenciennes, Histoire naturelle des Poissons. 22 Vols. Paris. 1828—1849. Rathke, Beiträge zur Bildungs- und Ent- wicklungsgeschichte des Menschen und der Thiere. Leipzig. 1833. Joh. Müller, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Berlin. 1835 — 45. Derselbe, Ueber Ganoiden und das natürliche System der Fische. Abhandl. der Berl. Akademie. 1846. L. Agassiz, Recherches sur les poissons fossiles. Neuchatelles. 1833 — 44. Nilsson, Skandinavisk Fauna. Lund. 1851. Günther, Catalogue of the fishes in British Museum. London. C. E. v. Baer, Entwicklungsgeschichte der Fische. Leipzig. 1835. Agassiz und Vogt, Embryologie der Salmonen. 1841. Vergl. ferner die Schriften und Werke von Rathke, E. H. Weber, J. Müller, Owen, Goodsir, Quatrefages, Agassiz, Bischoff, Hyrtl, Brücke, Peters, Gegenbaur, Leydig, Bleeker, Gill, Lütken etc. Characterc der Fische. Körperform. 865 letztern. Die Atlimung geschieht zeitlebens durch Kiemen, mit deren ausschliessHchem Auftreten die einfache Beschaffenheit des venösen Herzens im Zusammenhange steht. Indessen, so bestimmt auch der Begriff »Fisch« aus diesen Merk- malen umschrieben scheint, so schwierig wird die Durchführung desselben. Selbst die Abgrenzung unserer Classe von den nackten Amphibien, welche sich noch vorwiegend in demselben Medium aufhalten, aber be- reits den Uebergang vom Wasserleben zu dem Landleben vermitteln, erscheint nur conventionell und naturgemäss nicht scharf ausführbar. Im Einzelnen kann uns ein jedes der hervorgehobenen Merkmale im Stich lassen, selbst die ausschliessliche Kiemenathmung fällt in einer Gruppe von Fischen, die desshalb als Dipnoer bezeichnet werden, hin- weg, indem hier wie bei den nackten Amphibien Lungenathmung ver- bunden mit Duplicität des Herzens und Kreislaufs auftritt. Morpho- logisch erscheint freilich diese wesentliche Abweichung mit dem Organismus des Fisches wohl vereinbar, da sich auch hier ein der Lunge gleich- werthiges Organ sehr oft vorfindet, welches jedoch als Schwimmblase einer andern Function dient. In jener Gruppe der Doppelathmer nun hat sich die Schwimmblase zu einem Luft-füiirenden Respirationsorgan umgestaltet, dessen Gefässe den Lungengefässen entsprechen. Die ab- führenden Gefässe desselben leiten das arteriell gewordene Blut zu dem Herzen und zwar in einen als linken ^'orhof gesonderten Abschnitt des- selben zurück. Als anatomischer Charakter des Fisches ist die Lage der Harnblase hinter dem Darm und After von Bedeutung. Selbst bei den Dipnoern tritt eine hintere Harnblase auf, während bei den Amphibien eine der Allantois gleichwerthige Aussackung der vordem Kloakenwand als Harnblase fungirt. Die Körpergestalt ist im Allgemeinen spindelförmig, mehr oder minder comprimirt, häufig mit scharfem Kiele der Bauchseite zum leichten und behenden Durchschneiden des Wassers. Indessen weicht die Körper- gestalt gar häufig von dieser der Bewegung im Wasser entsprechenden Grundform je nach den besondern Verhältnissen des Aufenthalts, der Bewegung und Lebensweise in mannichfachem Wechsel wesentlich ab. Es gibt ebensowohl cylindrische, Schlangen-ähnliche Fische, welche auf dem Grunde des Wassers im Schlamme wühlen (Neunaugen), als kuglige, ballonartig aufgetriebene Gestalten, die sich auf der Oberfläche des Meeres von den Wellen der Luft und des Wassers dahintreiben lassen {Gymnodonten'). In andern Fällen führt die seitliche Compression zu überaus schmalen Fischformen, bald mit hohem Rücken bei verhältniss- mässig geringer Leibeslänge (Schollen), bald mit ungewöhnlich ver- längertem, niedrigem Körper (Bandfische). Endlich kann auch eine dorso- ventrale Abflachung zu überaus platten scheibenförmigen Fischgestalten führen (Rochen). Claus, Zoologie. 3. Auflage. 55 866 Fische. Gliederung des Rumpfes. Die Hauptbewegungsorgcane sind mächtige Muskelmassen, welche sich als sog. Seitenrumpfmuskeln in vier Zügen zu beiden Seiten der Wirbelsäule vom Kopf bis zur Schwanzspitze erstrecken. Zwei obere Muskelzüge liegen zu den Seiten der Dornfortsätze auf dem Rücken, zwei untere auf den Flippen und an d(>r Bauchfläche des Schwanzes zu den Seiten der untern Dornfortsätze. Indem dieselben die hintere Partie des Rumpfes und des Schwanzes in raschem Wechsel nach rechts und links biegen, erzeugen sie durch Seitenbewegungen ansehnlicher Körper- fläclien die fortschnellenden Kräfte, deren Wirkung noch durch unpaare, einer Erhebung und Senkung fähige Flossenkämme des Rückens und Bauches verstärkt und modificirt werden kann. Von mehr unterge- ordneter Bedeutung für die Locomotion erscheinen die beiden Extremi- tätenpaare, die Brust- und Bauchflossen, welche mehr als Steuer die Richtung des dahin schnellenden Körpers lenken und verändern. Diesem Modus der Bewegung entspricht der Bau der Wirbelsäule mit ihrer be- schränkten Regionenbildung. Der Kopf sitzt unmittelbar und meist in fester Verbindung dem Rumpfe auf. Eine bewegliche Halsregion, welche dem Schwimmen nur hinderlich sein müsste, fällt vollständig aus. Ge- rade in seiner vordem Fartie zeigt sich der Rumpf starr und in seinen Theilen fest verbunden, nach hinten zu wird er beweglicher und geht allinählig ohne in Brust-, Bauch- und Lendengegend gesondert zu sein in den Schwanz über, welcher die vollkommenste Verschiebung seiner Wirbel gestattet und hierdurch zum Hauptbewegungsorgan tauglich wird. Aeusserlich erscheint die Grenze von Rumpf und Schwanz im Allge- meinen durch die Lage des Afters und das Ende der Leibeshöhle, welche meist nur dem Rumpfe angehört, bezeichnet. Das System der unpaaren, senkrecht auf der Mittellinie des Rückens und Bauches erhobenen Flossen reducirt sich in seiner embryonalen Anlage auf einen einzigen zusammenhängenden Hautsaum , welcher auf dem Rücken beginnt, den Schwanz umzieht und auf der Bauchseite hinter dem After endet. Erst später wird die Continuität dieses Saumes unterbrochen, die zurückbleibenden Abschnitte erheben sich kammartig und nehmen als Stützen der Flossen eine Anzahl von knöchernen Stäben oder Strahlen (Radii) in sich auf, welche auf platten, im Fleische steckenden, an den Dornfortsätzen befestigten Knochen, den sog. Flossen- trägem, in der Art eingelenkt sind, dass sie durch besondere Muskel- gruppen nach vorn sowohl aufgerichtet als nach hinten zurückgelegt werden können. Es sondern sich in der Regel drei Partien des unpaaren Flossensystems, die man als Rückenflosse {Pinna dorsalis), Schwanz- flosse [Pinna caiidalis) und Afterflosse {Pinna analis) unterscheidet. Rücken- und Afterflosse können wieder durch Einschnitte und Lücken in mehrere Flossen zerfallen, deren Zahl, Gestalt und Grösse systema- tisch besonders zur Charakterisirung der Gattungen und Arten von Be- Flossen. 867 deiitung erscheint. Selten (Salmonen) fehlen die Knochenstrahlen in einer kleinen hintern Rückenflosse, welche als P>ttflosse {Virnia adi- ])osci) bezeichnet wird. Die Strahlen selbst aber zeigen eine verschiedene, bei den Knochenfischen systematisch vcrwerthbare Beschafl'enheit. Ent- weder sind es hier einfache harte Knochenstacheln, sog. Stachelstrahlen, welche nach ihrem obern Ende spitz zulaufen, übrigens auch weich und biegsam werden können, oder die Strahlen sind aus zahlreichen Quer- gliedern zusammengesetzt und dichotomisch verästelt, weich und biegsam. Die ersten finden sich namentlich in den vordem Partioen der Rücken- flosse von Meereebewohnern, sie gaben Veranlassung zur Benennung einer Abtheilung von Knochenfischen als Acanthopteri, bei denen freilich in der Regel die hintere Partie der Rücken- und Afterflosse weiche Gliederstrahlen enthält; die gegliederten Strahlen charakterisiren dagegen die vorzugsweise im süssen Wasser verbreiteten Weichflossenstrahler oder 3Ialacopterygn, die aber auch wieder sowohl vor der Rücken- als Afterflosse einen Knochenstachcl tragen können. Die Sckwavzflosse setzt sich in derRegel aus einer Abtheilung des untern und des obern Flossensaunies zu- sammen, bietet aber rücksichtlich ihrer Gestaltung und des Verhaltens vom hintern Ende der Wirbelsäule Verschiedenheiten, deren Bedeutung man früher überschätzte und irrthümlich für die geologische Geschichte der Fische verwerthete. Mag die Schwanzflosse langgestreckt oder ver- kürzt, mag sie einfach abgerundet oder sichelförmig ausgeschweift sein, man wird entweder ihre obern und untern Lappen symmetrisch und gleich oder unsymmetrisch und dann den untern auf Kosten des obern vergrössert finden. Im erstem Falle nennt man die Schwanzflosse äusserlich homocc^-Ii, im letztern äusserlich heterocerk. Daneben unter- scheidet man mit Rücksicht auf das Verhalten des betlieiligten hintern Endes der Wirbelsäule eine innere Heteroccrcie^), indem äusserlich homocerke Schwanzflossen doch gi'ossentheils oder ausschliesslich an der untern Seite des nach oben gekrümmten W^irbelsäulenendes ansitzen können {Ganoidcn), das Skelet der Schwanzflosse also asymmetrisch ist. Während man früher mit Agassiz die Heterocercie als eine Eigen- thümlichkeit der fossilen Fische älterer Formationen (unterhalb des Jura), sowie der Flagiostomen und Ganoichn zu erkennen glaubte und den jetzt lebenden Teleostiern (Knochenfischen) als einem höhern Ent- wicklungskreis angehörig homocerke Schwanzflossen zuschrieb, hat es sich durch neuere Untersuchungen herausgestellt, dass auch hier eine ausgeprägte innere Heterocercie vorherrscht, ähnlich wie bei den äusser- lich symmetrischen Schwänzen der Ganoidengattungen Lepidosteus und 1) Vergl. ausser Agassiz 1. c. Heckel, Hnxley und insbesondei-e K Ol- li k er, Ueber das Ende der Wii'belsäule der Ganoiden und einiger Teleostier. Leipzig. 1860. 5ö* 868 Fische. Brust- und Pauchflosse. Körperbedeckung. Amia. Aus der Entwicklungsgeschichte geht zudem hervor, dass gerade die Yollkoniniene innere Homocercie die tiefere Stufe ist. Das hintere Leibesende der Embryonen von Teleostiern verhält sich zuerst voll- kommen homocerk, ähnlich wie zeitlebens in der niederen Fischgruppe der Cydostomev. Allmählig tritt überall beiden Knochenfischen innere Heterocercie hervor, indem die äusserlich symmetrische Schwanzflosse eine mehr oder minder ausgeprägte Aufkrümmung der Wirbelsäule und Umbildung der ventralen Dornfortsätze zu Flossenstrahlträgern zeigt. Ebenso verhalten sich die jetzt lebenden Ganoiden, deren Gattung Vo- lypterus einen nur sehr geringen Grad der Innern Heterocercie auf- weist. Die vollständige innere und äussere Heterocercie findet sich, von den Haien abgesehen, bei den altern fossilen Fischgattungen, w^o die weit nach oben gebogenen Schwanzwirbel ausschliesslich an ihrer untern Seite die Flossenstrahlen tragen. Die paarigen Flossen, Brust- und Bauchflosse, entsprechen den vordem und hintern Gliedmassen der übrigen Wirbelthiere. Die Brust- flosse heftet sich unmittelbar hinter den Kiemen mittelst eines bogen- förmigen Schultergürtels dem Kopfe und Rumpfe an. während die beiden in der Mittellinie genäherten Bauchflossen ^Yeiter nach hinten am Bauche liegen. Indessen bietet die Stellung der letztern mannichfache Abwei- chungen, welchen Linne') und Andere einen hohen systematischen Werth zuschrieben, indem sie die Fische als Bauch-, Brust- und Kehl- flosser unterschieden. Bei den erstem ninnnt die Bauchflosse ihre ge- wöhnliche Lage in der Nähe des Afters mehr oder minder weit hinter der Brustflosse ein, während sie bei den Brustflossern unter oder un- mittelbar hinter die Brustflosse, bei den Kehlflossern noch vor die letztere an die Kehle gerückt ist. So wenig nun auch dies Verhältniss zur Unterscheidung der Hauptgruppen verwerthet werden kann, so be- hält es doch immerhin seinen systematischen Werth zur Charakterisi- rung enger begrenzter Abtheilungen. Uebrigens können sowohl die Brustflossen für sich allein {Aale), als auch in Verbindung mit den Bauch- flosson {Neunaugen) vollständig fehlen. Die Körperbodeckung der Fische erhält von der weichen, übrigens auch grössere nach aussen geöfinete Schleimzellen einschliessenden Epi- dermis eine glatte, schleimige Oberfläche und erscheint bei den einfachsten Formen vollkommen nackt (Rundmäuler). In der Regel aber finden sich Schuppen'^) in der Haut eingelagert, die man früher irrthümlich für Epidermoidalbildungen ausgab, während sie in Wahrheit Hautknochen der Cutis darstellen und von der Epidermis meist vollständig überzogen 1) Linne theilte die Fische in folgende Ordnungen ein: Apodcs, Jugulares, Thoracici, Abdominales, BrancMostegi, Cliondropterygii. 2) Vergl. Williamson, On the microsc. structure of the scales etc. of Schui^iien. Seitenlinien. 869 Werden. Dieselben entstehen als Ossifikationen im Innern von platten verbreiterten Papillen, deren Peripherie bald nur an der Basis, bald bis zur Spitze die weiche bindegewebige Beschaffenheit behält und als Schuppentasche die knöcherne Schuppe umschliesst. Oft bleiben die Schuppen so klein, dass sie unter der Haut verborgen, ganz zu fehlen scheinen (Aal), in der Regel aber bilden sie sich zu festen, mehr oder minder biegsamen Platten aus, welche eine grosse Zahl coucentrischer Linien und radiärer Streifen zeigen und dachziegelförmig übereinander liegen. Je nach der Beschaffenheit des freivorstehenden Randes unter- scheidet man C?/cZofc?schuppen mit glattem kreisförmigen und Ctenold- schuppen mit gezähneltem oder bestacheltem Rande. Durch Ossifika- tionen der Cutis in grösserer Dicke entstehen theils kleine unregelmässig verbreitete Knochenkörner, welche der Haut eine rauhe chagrinartige Oberfläche verleihen (Haie), theils grössere Knochenplatten, die in Haken und Dornen auslaufen und sogar mit einander zur Bildung eines festen knöchernen Hautpanzers zusammentreten können. Diese sog. Flacoid- schuppen liegen häufig ohne Epidermisiiberzug frei zu Tage. Endlich gibt es Schuppen- und Knochentafeln, deren Knochensubstanz von einer Schmelzlage überlagert wird, die sog. G^a^^oicZschuppen. Selten von rundlicher, in der Regel von rhomboidaler Gestalt greifen dieselben nur wenig mit ihren Rändern übereinander und überziehen den Körper in schrägen Reihen. Den systematischen Werth der verschiedenen Schuppen- formen hat man früher irrthümlich überschätzt. Die früher von Agassiz auf Grund der Schuppenbildung aufgestellten Hauptabthei- lungen, die Cycloiden, Ctenoiden ^ Ganoiden und Placoiden können, selbst kaum die Ganoiden ausgenommen, welche vorwiegend durch fossile Gattungen vertreten sind, keineswegs als systematische Gruppen Geltung beanspruchen. Die mannichfachen oft prachtvollen Färbungen der Haut haben ihren Sitz zum grossen Theil in ramificirten Pigmentzellen der Cutis, aber auch in Pigmenten der untern Epidermisschicht ; der sehr ver- breitete metallische Glanz der Farben verdankt dagegen seine Entstehung kleinen Plättchen und irisirenden krystallinischen Flitterchen. In der Haut finden sich allgemein eigenthümliche durch seitliche Porenreihen, die sog. Seitenlinien^ nach aussen mündende Gänge, welche man früher für schleimabsondernde Drüsen ausgab , indessen seit some ganoid and placoid Fish. Phil. Transact. London. 1849. Derselbe, In- vestigations into the striicture and deveiopment of the scalcs etc. of Fishes. Phil. Transact. London. 1851. Baudelot, Ecailles des poissons etc. Arch. de zool. exper. Tom. IL 1873. Hertwig etc. 870 Fische. Skelet. Chorda doisalis. Leydig's') Untersuchungen für Träger eines Gefiihlssinnes halten muss. Diese Gänge erscheinen seltener als kurze nach aussen mündende Säcke, wie beim Störe und den Myxinoiden, in der Regel aber als verzweigte, das System der Seitenkanäle bildende Röhren, welche die Schuppen in den Poren der Seitenlinie durchbrechen. Bei den Rochen, Haien und Chimaeien endlich sind sie einfache ampullenförmig beginnende Röhren. Die besonders für die Knochenfische ckarakteristischen , aber auch bei den Plagiostomen und Stören vorhandenen Seitenkanäle verlaufen von der Kiemenspalte an jederseits in einer verschieden gekrünunten Seiten- linie bis zur Schwanzflosse, breiten sich aber auch über den Kopf aus, indem sie sich jederseits sowohl längs der Schläfengegend fortsetzen und hier einen supra- und infraorbitalen bis zur Nase sich erstreckenden Ast abgeben, als auch einen zweiten Hauptzweig über dem Kiemen- deckel hin längs des Unterkiefers bilden. Ueberall treten in der Wan- dung der von einem Epitel ausgekleideten Gänge Nerven (Zweige des i\l lateralis) ein und enden nach Leydig mit eigenthümlichen knopf- artigen Anschwellungen nach Art von Sinnesnerven. Fr. E. Schulze hat jedoch nachgewiesen, dass diese sog.i^Nervenknöpfe Hügel der Cutis sind, deren epiteliale Bekleidung eine eigenthümliche Umformung er- fährt und im Centrum kurze birnförmige Zellen enthält, ^velche nach oben in ein feines starres Haar auslaufen, während sie an der Basis einen varicösen Fortsatz bilden, der allem Anscheine nach der Ausläufer des Axencylinders einer Nervenfaser ist. Derselbe Forscher hat weiter den Nachweis geliefert, dass diese Nervenköpfe der Seitenlinie im frühen Jugendzustand als knospenförmige Erhebungen frei an der Oberfläche des Körpers liegen (wie bei den Salamanderlarven) und erst durch Bil- dung von Hautduplicaturen , deren Ränder mit einander bis auf Poren verwacl>sen, in Canäle zu liegen kommen. In die Kategorie dieser ner- vösen Organe der Haut gehören auch die von Sa vi entdeckten Follikel des Zitterrochens. Das Siedet der Fische zeigt eine reiche Mannichfaltigkeit von Ge- staltungsverhältnissen, von den einfachsten primitiven Formen an, wie sie als Embryonalzustände höherer Wirbelthiere vorübergehend auftreten, durch eine Reihe vom Stufen hindurch bis zu höher entwickelten, den Fischen eigenthümlichen Skeletformen. Im einfachsten YixW^ {Am2)hioxus), persistirt der Gallertstrang der Chorda dorsalis mit seinen Umhüllungs- häuten als einzige Skeletbildung. Der. obere, das Rückenmark uni- schliessende Theil der äussern Chordasscheide oder besser der sleleto- 1) Vergl. Leydig,"' Ueber die Schleimkanäle der Knochenfische. Müller's Archiv. 18(30. Derselbe, Ueber das Organ eines sechsten Sinnes. Dresden. 1868. Fr. E. Schulze, Ueber die Sinnesorgane der Seitenlinie bei Fischen und Amphi- bien. Arch. für mikrosk. Anatomie. Tora. VI. 1870. Knorpelskelet. 871 genen Schicht erscheint als die Anlage des Bogensystems , sowie ein von derselben gebildeter unterer Caudalkanal, welcher die Schwanz- gefässe umschliesst, das untere Bogensystem vertritt. Auf einer nicht viel höhern Stufe verharrt die Anlage der Wirbelsäule bei den Myxluolden, indessen sondert sich hier bereits der vordere erweiterte Theil des Rückenmarkrohres als knorpelhäutige Schädelkapsel, zu welcher noch ein fester Knorpelknochen als Basilartheil, sowie die knorplige und knö- cherne Anlage des Gesichts und ein fester Rahmen des Gaumenschlund- gewölbes hinzukonmien. Bei den Neunaugen') {Fetromyzon) erscheinen sodann in dem skeletogenen Gewebe knorplige Bogenstücke, ebenso treten unterhalb der Chorda paarige Knorpelleisten auf, welche in der Schwanzgegend zur Bildung des Caudalkanals zusammentreten. Voll- kommener sind die obern und untern knorpligen Wirbelbogen bei den Stören {Acipeiiser^ und Seekatzen (Chimaera), wenngleich auch hier die Gallertsäule der Chorda mit freilich sehr derber im letztern Falle bindegewebiger Scheide persistirt. Die obern Bogen bilden durch Auf- nahme unpaarer oberer Knorpelstücke (obere Dornfortsätze) einen voll- ständig geschlossenen Vertebralkanal. Auch tieten bei Chimaera in der Chordascheide bereits sehr zahlreiche dünne Knochen krusten als erste Andeutung einer zur Bildung von W'irbelkörpcrn fortschreitenden Glie- derung auf, während bei den iJipnotrn mit ebenfalls persistenter Chorda die Scheide zu einer continuirlichen Knorpelröhre umgestaltet ist, in deren membranöse Umhüllung sich obere und untere bereits ossificirte Bogen einfügen. Die untern stehen am Rumpfe rippenartig auseinander und schliessen sich erst am Schwänze durch hinzukommende Dornfort- sätze, die auch an den obern Bogen nicht fehlen. Eine Dili'erenzirung des Achsenskeletes in discrete Wirbel tritt erst bei den Baien und Ro- chen auf, indem sich obere und untere Bogenstücke mit ringförmigen Stücken der Chordascheide als mit den ihnen zugehörigen Wirbelkcirpern vereinigen. In der Regel kommt dann auf jeden Wirbelkörper ein oberes und ein unteres Paar von Bogenstücken, indessen kann sowohl die Zahl der Bogenstücke (durch sog. Cartilagines intercalares) als umgekehrt die der Wirbelkörper (durch sog. Schaltwirbelkörper j eine grössere werden. Während nun diese Ringe bei Hexanchiis und 1) Vergl. Job. Müller, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. G. Rathke, Anatomisch-physiologische Untersuchungen über den Kiemenapparat und das Zungenbein der Wirbelthiere. Riga. 1832. Reichert, Ueber die Visceral- bogen im Allgemeinen etc. Müller's Archiv. 1837. E. Hallmann, Vergleichende Osteologie des Schläfenbeins. Hannover. 1840. C. Bruch, Vergleichende Osteologie des Rheinlachses. 1861. A. Kölliker, Ueber die Beziehungen der Chorda dorsalis zur Bildung der Wirbel der Selachier und einiger anderer Fische. Würzburg. 1866. C. Gegenbaur, Ueber die Entwicklung der Wirbelsäule des Lepidosteus mit vergl. anatomischen Bemerkungen. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. III. 872 Fische. Schädelbau. Heptanchus^) eine derbe fibröse Beschaffenheit besitzen und mehr nach Art von Scheidewänden hintereinander liegende Einschnürungen der Chorda erzeugen, wird die letztere bei andern Haien weit mehr verdrängt, indem sich die Ringe zu knorpligen oder selbst schichtenweise knö- chernen Doppelhohlkegeln vergrössern; die conische Vertiefung jeder Hälfte des Uconcavcn Wirbelkörpers umschliesst dann einen Abschnitt des Chorda-Restes, welcher mit dem entgegengesetzten in der Regel noch im Centrum des Wirbelkörpers verbunden ist. Bei den Ganoiden mit knöchernem Skelet, sowie bei den Teleostiern ossificiren die bi- concaven-) Wirbelkörper mehr oder minder vollständig und verschmelzen mit den entsprechenden oberen und unteren knöchernen Bogenstücken zur Bildung eines discreten Fischwirbels. Selten treten dann an dem oberen Bogen Querfortsätze hinzu (Pleuronectes etc,), mit denen sich aber keine Rippenbi-ldungen verbinden. Wo Rippen voihanden sind, legen sich dieselben als knöcherne Gräten den auseinander stehenden unteren Bogenschenkeln , die sich übrigens wie Querfortsätze verhalten können, und nur ausnahmsweise {Tolypterus) dem W^irbelkörper direkt an. Auch fehlt überall ein Brustbein. Allerdings können die Rippen in der Mittel- hnie der Bauchseite zusammentreten, dann aber stellen paarige oder unpaare Hautknochen diese Vereinigung her. Sehr oft kommen endlich bei den Knochentischen Yförmige accessorische Knochenstäbe, die sog. Fleischgräten vor, welche man durch partielle Ossificirung der die Mus- keln trennenden Bänder entstanden findet. Die Bildung des Schädels zeigt eine Reihe fortschreitender Ent- wicklungsstufen. Am einfachsten verhält sich der Primordialschädel bei Myxine und den Cydostomen, bei denen eine der äussern Chordascheide entsprechende knorplige membranöse Schädelkapsel auftritt, in deren verknöchertem Basilartheil die Chorda endet. Zwei Knochenblasen um- schliessen als seitliche Anhänge des knöchernen Basilartheiles , den Felsenbeinen vergleichbar, das Gehörorgan, während sich zwei vordere Schenkel mit dem complicirten Apparate der Gesichts- und Kiefergaumen- knorpel verbinden. Einen weiteren Fortschritt zeigt der Primordial- schädel der Selachier, indem derselbe eine einfache nicht weiter in discrete Stücke zerfallene Knorpelkapsel bildet, in deren Basilartheil 1) Kölliker unterscheidet eine dreifache Haut der Chorda: 1) eine innere elastische Membran, die sich nie an der Wirbelbildung betheiligt, 2) die eigent- liche fibröse Chordascheide , 3) eine äussere elastische Haut ; er findet bezüglich der Wirbelbildung, dass entweder der Wirbelkörper einzig und allein aus der Chordascheide hervorgeht, oder zum Theil aus der Scheide zum Theil aus der Skelet-bildenden Schicht entsteht oder endlich dieser letztern einzig und allein seinen Ursprung verdankt. 2) Nur die Gattung Lepidosteus besitzt einen vordem Gelenkkopf am Wirbelkörper. Primordialcranium. 873 die Chorfla endet. Bei den Stören kommen zu der knorpligen Schädel- kapsel Knochenstücke hinzu, theils als ein dem Keilbeinkürpcr ver- gleichbarer platter Basilarknochen, Parasjihenoideum , der sich sowohl nach oben und vorn in Fliigelfortsätze verlängert, als nach hinten über den Anfang der Wirbelsäule ausdehnt, theils als ein System von Deck- platten, deren Bedeutung sich indessen auf Hautknochen rcducirt. Eine wahre knöcherne Schädeldecke entwickelt sich erst um den Primordial- schädel der Dipnoer. Auch an dem knöchernen Schädel der Ganoiden und Teleostier bleiben noch zusammenhängende Abschnitte des knorpligen Primordialcraniums zurück, in grösster Ausdehnung bei den Hechten und Lachsen, bei denen das Gehirn fast überall noch von Theilen des Urschädels umschlossen wird. Am längsten erhalten sich die Knorpel- reste in der Ethmoipalregion {Silurus, Cyprinus), während sie am Dache und an der Schädelbasis theils durch Auflagerungsknochen, theils durch die primär ossificirenden Occipitaha (basale und laterale) und Felsen- beine, beziehungsweise hinteren Keilbeinflügel verdrängt werden. Mit Rücksicht auf die Reihe der hier auftretenden Verschiedenheiten lässt sich morphologisch eine Parallele zur Entwicklungsgeschichte nachweisen, indem die Stadien des sich allmählig aus dem Primordialschädel ent- wickelnden knöchernen Schädels bei verschiedenen Arten persistireu. Die den Knochenschädel der Fische charakterisirenden Eigenthflmlich- keiten beruhen zunächst auf der verhältnissmässig grossen Zahl von Knochenstücken, welche im Verein mit den zahlreichen nicht immer scharf zu sondernden Gesichtsknochen die Zurückfahrung arf den Schä- del der übrigen Wirbelthiere ausserordentlich erschweren. Die Verbindung des hintern Schädelwirbels mit der Rückgrats- säule entbehrt (mit Ausnalime der Chimaeren und Rochen) einer Ar- ticulation, das Os basüure bewahrt die conische Vertiefung und Gestalt des Wirbelkörpers. Dagegen drängt sich jederseits zwischen die Occi- pitcdia lateralia, welche die Oeffnungen zum Durchtritt des Vagus und Glossopharyngus enthalten, und das durch eine starke Crista ausge- zeichnete OcdpitaJe superius ein als Occipitale extermim bezeichnetes Knochenstück, welches einen Theil des Gehörorgans umschliesst und desshalb auch als dem Felsenbein zugehörig als Epioticum betrachtet worden ist. An dieses schliessen sich die übrigen Knochen der Ohr- kapsel an, welche Theile des Labyrinthes umschliessen, das hintere Fel- senbein, Opistliotiami (Huxley), von sehr verschiedener Grösse und Form (sehr gross bei Gadus, klein bei Esox) und das Frooticiim, welches den vordem halbcirkelförmigen Kanal umfasst und von Oeffnungen zum Durchtritt des Trigeminus durchbrochen wird. Sowohl wegen dieser Be- ziehung als weil die beiderseitigen Frootica median über der Keübein- basis zusammenstossen und einen Theil des Bodens der Schädelhöhle bilden, wurden dieselben von Cuvier u. a. als Alae magnae oder Bogen- 874 Fische. Schädelwirbel. stücke des hintern Keilbeins gedeutet. Dazu kommt endlich noch ein viertes als äusseres Belegstück des Knorpelschädels auftretendes Kno- chenstiick, das Sqtiamosiim, welches über dem Opisthoticum gelegen in eine Crista ausläuft und zugleich zur Verbindung mit dem Ilyomandibularc verwendet wird. Die Unterfläche der Schädelkapsel wird von einer langen, dem Occ. basale durch Naht verbundenen Knochenplatte bedeckt, dem Parasphenoideimi, über welchem sich die Basis des Primordial- schädels knorplig erhält oder als unansehnliches vorn mit 2 kurzen Schenkeln versehenes Sphenoidale basale ossificirt. Letztere Bildung tritt namentlich dann ein, wenn sich von der Orbit;ilhühle aus zwischen Parasphenoid und den Boden der Schädelhöhle ein paariger Augen- muskelkanal entwickelt {Sahno, Cyprinus')> Die vor der Schläfengegend gelegenen Seitenwandungen des Schädels bieten je nach der Ausdehnung der Schädelhöhle beträchtliche Verschiedenheiten. Erstreckt sich die- selbe weiter nach vorn, so treten in der Wandung d-^s Primordialcra- niums 2 Paare von knöchernen Flügelknochen auf, die als Alae poste- riores (Alisphenoid) und anteriores (Orbitosphenoid) bezeichnet und als die Bogenstücke des mittleren und vorderen Schädelwirbels gedeutet werden. Das hintere Paar, das man übrigens auch als alae orbitales vielleicht mit Recht gedeutet hat, legt sich oben an die Schenkel des Basisphenoid an und ist mit seinen Oeffnungen für die Augennerven und den Orbitalast des Trigeminus fast immer nachweisbar. Die Stücke des vorderen Paares {InterorUtale Owen = EthmoidaJe Agass.) ver- einigen sich oft am Boden der Schädel zur Bildung eines medianen Knochens, der bei Reduktion der Schädelhöhle durch ein knorpliges oder häutiges Septum vertreten sein kann. Dann sind in der ganzen Orbi- talregion die Seitenwandungen des Schädels durch das lange Septum interorbitale repräsentirt und gewöhnlich auch die Alisphenoids in ihrem Umfang b<'deutend reducirt. Das Schädeldach wii'd von knöchernen Hautplatten gebildet, unter denen sich nur selten noch Reste des Pri- mordialcraniums erhalten. An die Occipitalgegend schlies.sen zwei Fa- rietalia, an diese das grosse Frontale principale Cuv. an, zu dessen Seiten ein zum Squanwsuin reichendes und an der Gelenkverbindung mit dem Kieferstil betheiligtes Fosffroniale zur Entwicklung kommt. In der Ethmoidalregion finden wir in der Verlängerung der Schä- delbasis einen unpaaren Knorpel oder Knochen Ffhmoidale medium (Nasale Cuv.), von der grossen an das Paraspenoid anschliessenden Vo- werplatte überdeckt, und zwei seitliche paarige Knochenstücke, Ethmoi- dalia lateralia [Fraefrontalia) , welche von den Geiuchsnerven durch- bohrt, die Stütze der Nasengruben bilden. Endlich treten als accesso- rische Hautknochen die Ossa infraorhitalia und snpratemporalia auf. Erstcre ziehen sich im Bogen unter dem Auge von dem vordem bis zum hintern Stirnbein, die letztern bedecken die Schläfengegend, beide Kiefergaiimenapparat. Visceralskelet. 875 werden von den sog. Schleimgängen durchbohrt, als deren Gerüst sie gewissernmssen betrachtet werden können. Während bei Amxihioxus ein Knorpelring in der Umgebung des Mundes den noch fehlenden Kiefergaumenapparat vertritt, findet sich bei den Rundmäulern als erste Andeutung desselben eine dem Schädel angefügte Gaumenplatte nebst 2 Munddeckplatten und Lippenknorpeln. Die Grundform des Kiefergerüstes kommt indessen erst bei den Selachiern und Stören zur Ausprägung, indem ein am Schläfentheil befestigter Kiefer- stil {Hyo- mandibulare) dem Unterkiefer und Zungenbein zur Befesti- gung dient, während der Oberkiefergaumenapparat {Palato quadrafnm) an dem Schädel meist durch Bänder beweglich befestigt, mit dem Unter- kiefer articulirt. Bei den Knochenfischen erscheint der als Suspensorium des Kiefers dienende Kieferstil besonders complicirt und in mehrere Stücke zerfallen, denen sich noch eine Anzahl von flachen Knochen- platten anschliessen. Ein mit dem Schädel articulirendes und einem Theile des Schläfenbeins der höhern Wirbelthiere entsprechendes Hyo- mandihidare {Temporale Cuv.") nebst den von Cuvier als Os sym- 2)lecticum und tympamcum, (Metapterygoideum) bezeichneten Knochen- stücken bilden den oberen Abschnitt, das Fraeoperculum den mittleren und endlich das Quadratum oder Quadrato-jugale den untern, das Unter- kiefergelenk tragenden Abschnitt des Kiefersuspensoriums. Die dem hintern Rande des Praeoperculum sich anlegenden flachen Knochenstücke bilden den Kiemendeckel und werden als Operctdum, Suhoperculum und Intcroperculum bezeichnet. Ein vom Tympnnicum und Quadratum nach dem Oberkiefer sich erstreckender Knochen entspricht dem Flügelbein und wird in der Regel aus einem äussern ('7i'c#025^er?/<70?Y?e?w?) und Innern Stück {Entopterygoidcum) zusammengesetzt. Dann folgt das Gaumen- bein und der Oberkieferapparat, mit dem an der Schnauzenspitze meist beweglich verschiebbaren Zwischenkiefer und dem sehr variabeln meist zahnlosem Oberkiefer, Kieferknochen, welche wahrscheinlich aus den Lippenknorpeln der Selachier abzuleiten sind. Die beiden Aeste des Unterkiefers endlich sind in der Mittellinie nur selten verwachsen und zerfallen mindestens in ein hinteres Os articulare und e'n vorderes Os dentale, zu dem meist noch ein Angulare und Operculare hinzukommen. Auch das Visceralskelet tritt in seiner typischen Form erst bei den Selachiern und Stören auf, indem bei Ampliioxus die sehr zahlreichen in der Schlundwandung liegenden Knorpelstäbchen der unpaaren Schluss- stücke noch entbehren und das sehr coniplicirte äussere Kienien-Knorpel- geriist der Cydostomen keine Zurückführung auf Visceralbögen gestattet. Auf den knorpligen Znngenb(Mnbogen, welcher gewöhnlich am Kieferstile, seltener {Chimaeren) direkt am Schädel befestigt ist und am äussern Rande (»ine Anzahl knorpliger Stäbe {Radii hrandnoslryi) zur Stütze der Kiemenhaut trägt, folgen gewöhnlich fünf Kiemenbogen, deren obere 876 Fische. Extremitätenskelet. Endstücke sich an der Schädelbasis oder wie bei den Haien am Anfange des Rückgrates anheften. Die Knochenfische zeigen eine ganz ähnUche Gestaltung des Visceralskcletes. Jeder Arm des Zungenbeinbogens zer- fällt meist in drei Knochenstücke und heftet sich durch einen griffei- förmigen Knochen an der Innern Seite dem Symplecticimi an. Auch hier entspringen am äussern Rande die freilich knöchernen Kiemen- hautstrahlen , zwischen denen sich die den Kiemenspalt bedeckende Kiemenhaut ausspannt. Die Copula setzt sich in einen unpaaren als Os linguale oder entoglossum bezeichneten Knochen fort. Von den fünf folgenden meist viergliedrigen Kiemenbogen, welche ebenfalls durch Co- pulae verbunden sind, entwickeln sich jedoch nur die vier selten drei vordem zu Kiementrägern, während die hintern als untere Schlund- knochen {Ossa pharyngea inferiora) auf dem ventralen Abschnitt re- ducirt oft eine eigen thümliche charakteristische Zahnbewaffnung tragen und zuweilen zu einer unpaaren Stütze des Schlundes verwachsen. Auch die beiden vorausgehenden Bogenpaare erfahren meist eine Reduction, indem sie sich jedeiseits mittelst eines gemeinsamen Stückes anlegen. Die obern an die Schädelbasis sich anlegenden Knochenstücke der Kie- menbogen bilden als obere Schlundknoclien {Ossa pharyngea superiora') das Schlündgewölbe. Die beiden Extremitätenpaare') zeigen mit Rücksicht auf die ihnen zu Grunde liegenden Hartgebilde grosse Verschiedenheiten und lassen sich schwer auf homologe Stücke des Extremitätenskeletes der übrigen Wirbelthierklasseu zurückführen. Der Schultergtirtel, das Suspensorium der Brustflosse, befestigt sich mit Ausnahme der Selachier an dem Schädel {Os squamosum und Occipitale superius). Bei den Knorpelfischen tritt der Schultergürtel in primoidialer Form als ein einfaches knorpliges Bogenstück auf, welches von bestimmten Canälen für den Durchtritt von Nerven durchzogen, mit dem der andern Seite in der MitteHinie ventralwärts verbunden bleibt. Bei den Rochen gestaltet sich der median continuirlich zusammenhängende Knorpelbogen in ein breites von weiten Oeffnungen durchbrochenes Gerüst um und tritt am obern Ende mit der Wirbelsäule in Verbindung. Unter den Ganoiden wird diese primäre Form des Schultergürtels durch Verknöcherungen in die secundäre über- geführt, wie sie die Teleostier charakterisirt. Beim Störe lagern sich dem bereits reducirten primären Knorpelgürtel Hautknochen auf, von denen der mittlere der Clavicula entspricht, der obere als Supraclavi- culare die Verbindung mit dem Schädel herstellt. Der untere Knochen ist ein Infraclaviculare, der bei den Knochenganoiden und Teleostiern 1) Vergl. Gegen baur, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 2. Heft. Leipzig. 1865. Derselbe, Ueber das Skelet der Glied- massen. Jen. Zeitschrift. Tom. V. Flossenskelet. 877 mit der Ausdehnung der Clavicula meist verschwindet. Diese schreitet bis zur medianen Berührung und Verbindung beider Knochen an der Bauchseite vor, und der prinicäre Knorpelgiirtel mit seinen aus den Canälen der Selachier hervorgegangenen weiten spangenartig über- brückten Räumen erscheint blos als Anhang, beginnt aber bereits bei den Knochenganoiden zu ossificiren (am vollständigsten bei Folyptems) und liefert die beiden als Scapulare und Coracoideum beziehungsweise Trocoracoideum {UhuC) zu bezeichnenden Abschnitte, zwischen denen bei den Knochenfischen meist ein spangenartiges Verbindungsstück auf- tritt. Bei diesen Fischen hat die Clavicula einen sehr bedeutenden Umfang, ist mittelst zweier Supraclavicularien am Schädel suspendirt und trägt an der hintern Fläche als Anhang die 2 oder 3 aus dem primären Knorpelgürtel hervorgegangenen Knochenplatten, an denen sich die Brustflosse beweglich einfügt. Auch für das dem Schultcrgerüst angefügte Flossenskelet liefern die Selachier die freilich erst aus dem primären Ärchopterygium [Dipnoi, Crossopterggii) ableitbare Grundform, welche durch drei grössere Ba- salknorpelstücke mit zahlreichen schwächern, mehr oder minder reich gegliederten Knorpelstrahlen, FlosseiistraUen , repräscntirt wird. Ge- genbaur nennt die drei Abschnitte mit ihren entsprechenden Radien Fro-, Meso- und Metapterygium. Dem letzteren schliessen sich noch ein oder mehrere Randknorpelstücke mit ebenfalls gegliederten Seiten- strahlen an. Die Umgestaltung dieses Flossenskelets von den Selachiern zu den Ganoiden und Telcostiern knüpft sich an wesentliche Reductionen, indessen erhalten sich hier ganz andere Theile als an dem Armskelet der höhern Thiere, zu welchem das Flossenskelet der Sela- chier ebenfalls den Ausgangspunkt liefert. Bei den Ganoiden bleiben das Basale des Metapterygium und Mesopterygium (Fropterygium), sowie eine Anzahl zwischen beiden zur Schulter tretender Strahlen, bei den Telcostiern nur das dem Humerus gleichwerthige Basale des Me- tapterygiiim mit 3 oder 4 Basalgliedern der angefügten Strahlenstücke, Früher sah man die Knochenstücke, welche die Verbindung mit dem Schultergerüst herstellen, bald als rudimentäre Armknochen, bald als Carpalknochen an und deutete in letzterem Falle die Flosse als eine im Schultergerüst befestigte Hand mit sehr vermehrter Fingerzahl, indem die Strahlen als gegliederte Metacarpo-phalangeahtücke galten. Die Bauchflossen haben zu Trägern zwei dreieckige, dicht neben- einanderliegende Knochenstücke, welche als Beckenrudimente betrachtet werden, ohne freilich mit der Wirbelsäule in festem Zusammenhange zu stehen. Auch hier bildet das Metapterygium mit seinen gegliederten Seitenstrahlen die Grundlage des Flossenskelets. 878 Fische. Nervensystem. Das Nervensystem^') der Fische zeigt die niedersten und einfachsten Verhältnisse in der ganzen Classe. AmpJdoxus entbehrt sogar eines gesonderten Gehirnes. In allen andern Fällen bleibt das Gehirn klein, der embryonalen Anlage des Gehirns höherer Wirbel thiere ähnlich und besteht aus einer Reihe meist paariger hinter einander liegender An- schwellungen, ^Yelche nur einen kleinen Theil der Schädelhöhle erfüllen. Die kleinen vordem Anschwellungen gehören als lohi olfactorn den Geruchsnerven an , die grössern vordem Lappen , die Hennsphären des grossen Gehirnes, sind bei den Haien zu einer gemeinsamen rundlichen Masse vereinigt. Nun folgen zwei mittlere kuglige Anschwellungen von meist bedeutender Grösse, welche man schon lange und gewiss mit Recht — im Gegensatze zu Gegenbaur und Miclucho Maclay — dem Zwischen- und Mittelhirn der Embryonen, daher {Petromyson) dem Lobus des dritten Ventrikels im Vereine mit den Corpora quadri- geniina, gleichsetzt. Nach vorn entsendet dieser Abschnitt die Seh- nerven, während an seiner untern Fläche vom Boden des dritten Ven- trikels die Hypophysis mit dem Infundihulum entspringt. Der hintere Abschnitt zerfällt in das kleine Gehirn (Gegenbaur's Mittelhirn), welches als eine sehr verschieden entwickelte Querbrücke den vordem Theil des vierten Ventrikels bedeckt, und in die Medalla ohlongata. Die letztere erscheint als direkte und gleichgerichtete Fortsetzung des Rückenmarks, dessen obere Stränge aus einander weichen und die Rau- tengrube des vierten Ventrikels umgrenzen. Oft entwickeln sich an diesem Theile seitliche Anschwellungen, sog. lobi posteriores, bei den Stören und Haien am Ursprung des Trigemimis als lohi nervi tri- getnini, bei Torpedo als grosse die vierte Hirnhöhle überragende lohi electrici. Die 12 Hirnnerven sind in der Regel mit Ausnahme des Glossopharyngeiis und Accessorius gesondert, bei den Cyclostomen fallen auch der N. ahducens (Petromyzon) oder gar sämmtliche Muskel- nerven des Auges {Myxine) in die Bahnen des Trigeminus. Der Antlitz- nerv {N. facicdis) wird bei manchen Knochenfischen zu einem Zweige des Trigeminus oder tritt wenigstens in sehr nahe Beziehungen zu dem- selben. Dieser nebst dem Vagus sind die am meisten entwickelten Nerven. Von den Sinnesnerven sind die Optici die ansehnlichsten , bei den Knochenfischen laufen beide Nerven ohne Verbindung kreuzweise neben einander her nach entgegengesetzter Seite, bei den Selachiern, Bipnoern und Ganoiden dagegen kommt ein Chiasma, eine theilweise Kreuzung der Fasern zu Stande. Ein Eingeweidenervensystem fehlt nur bei den Cyclostomen, wo dasselbe vielleicht durch den Vagus ver- treten wird. Das Rückenmark, welches an Masse das Gehirn bedeutend 1) Vergl. die Abhaudlungen von Stanius, M üller, Stieda und Mi lucho Maclay. Gehirn. Augen. 879 Überwiegt, erstreckt sich ziemlich gieichmässig, meist ohne BikUing einer sog. Cauda equina, durch den ganzen Rückgratskanal und bildet selten an seinem obern Abschnitt dem Ursprünge der Spinalnerven ent- sprechende paarige oder unpaare (Trigla, Orthogoriscus) Anschwel- lungen. Von den Sinnesorganen sind Augen überall vorhanden und nur in seltenen Ausnahmen unter der Haut und den Muskeln ver- borgen {Myxine und die Larven von Fetromysou , sowie Ainhlyopsis). Bei Ämphioxus reduciren sich dieselben auf einen dem Nervencentrum unmittelbar aufliegenden Pigmentflecken. Bei allen andern Fischen treffen wir einen Augenbulbus an, welcher durch seine vordere Abflachung von dem der übrigen Wirbelthierklassen abweicht, aber bereits durch vier gerade und zwei schiefe Augenmuskeln, wenngleich wenig vollkommen bewegt wird. Der vordem Abflachung entspricht die auflallend geringe "Wölbung der Cornea. Um so gewölbter erscheint die grosse fast kugel- runde Krystallinse, die mit ihrer vordem Fläche weit über die Pupille hervorragt. Augenlidbildungen fehlen noch meist oder stellen sich in der einfachsten Form als eine unbewegliche kreisförmige Hautfalte dar, welche den vordem Abschnitt des Bulbus umzieht, oder als vordere und hintere unbewegliche Falten bei manchen Knochenfischen. Dagegen besitzen die Selachier obere und untere Augenlider, oft sogar in Ver- bindung mit einem dritten als Nickhaut (Membrana nicütans) bekannten Augenlide. Die Iris mit ihrer nur wenig beweglichen, meist runden und weiten Pupille erscheint häufig silber- oder goldglänzend, oft findet sich wie bei vielen höhern Wirbelthieren eine metallisch glänzende Stelle, das sog. Tapetum, welches anstatt der dunkeln Pigmentlage krystalli- nische und irisirende Plättchen enthält. Als dem Fischauge eigenthüm- liche Bildungen sind die sog. Chorioidealdrüse, ein meist an der Ein- trittsstelle des Sehnerven sich erhebender gefässreicher Körper (Wunder- netz), sowie die als Processus falciformis die Retina durchsetzende Chorioidealfalte zu erwähnen. Letztere besitzt eine sichelförmige Gestalt, durchsetzt den Glaskörper und heftet sich mit ihrem glatte Muskel- fasern einschliessenden Endabschnitt {Campanula Halleri) an die Linsen- kapsel an. Eigenthündich glänzende mit linsenartiger Einlagerung ver- sehene Pigmentflecke liegen bei Chauliodes und Stomias in regelmässiger Gruppirung theils zwischen den Radii branchiostegi des Zungenbeins, theils am Kopfe und in zwei Paaren paralleler Längsreihen am Bauche. Das Gehörorgan ') fehlt nur bei Ämphioxus. Bei allen übrigen Fischen reducirt sich dasselbe auf den häutigen Theil des Labyrinthes 1) Vergl. E. H. Weber, De aure et auditu hominis et animalium. P. 1. de aiire animalium aquatilium. Lipsiae. 1820. C.Hasse, Anatomische Studien. Heft ni Das Gehörorgan der Fische. Leipzig. 1872. 880 Fische. Gehörorgan. und liegt bei den Knochenfischen, Ganoiden und Chimaeren zum Theil frei in der Schädelhöhle vom Fettgewebe umgeben. Bei den CycJostomen •wird das Gehörorgan von zwei Knorj^elkapseln umgeben, die seitlich an der Schädelbasis haften, bei den Uuien und Rochen wird dasselbe von den knorp- ligen Schädelwandungen selbst vollständig umschlossen, so dass wir hier auch ein knorpliges Labyrinth antreffen. Am einfachsten verhält sich das Gehörorgan bei den Rimclnmulern, wo es jederseits aus einem {Myxine) oder zwei {Petromyson') halbzirkelförmigen Kanälen nebst dem Vorhof gebildet wird. In allen andern Fällen besteht das häutige Labyrinth aus dem Vorhofe und drei halbzirkelförmigen Kanälen, von denen zwei einen gemeinsamen Ausgang vom Vorhof nehmen. Am Vorhofe aber entwickelt sich noch ein häutiges, häufig in zwei Abschnitte getheiltcs Säckchen, welches die Otolithen birgt und bald wie bei den Cyprinoiden vollkommen abgeschlossen erscheint, bald wie bei den Stören mit dem Vorhofe in Communication steht. Auch die erste Anlage des häutigen Schneckenganges tritt als Ausstülpung des Sacculus {Cysticida) auf. Merkwürdig ist die Verbindung, welche bei den Cyprinoiden, Chara- cinen, Siluroiden u. a. zwischen Gehörorgan und Schwimmblase besteht. Ein kanalartiger Fortsatz des häutigen Vorhofes verbindet sich mit dem der andern Seite zu einem unpaaren Sinus, aus welchem jederseits ein häutiges Säckchen entspringt. Letzteres tritt am hintern Schädeltheil hervor und verbindet sich mit einer Eeihe von Knöchelchen, von denen das letzte an die Schwimmblase reicht. Bei den Clupeoiden wird die Verbindung durch einen gabiig getheilten Fortsatz der Schwimmblase hergestellt, dessen blasenartig erweiterte Enden an Fortsätze des Vor- hofes herantreten. Einfacher verhalten sich die Percoiden. Das Geruchsorgan reducirt sich bei Amphioxus auf eine einfache unsymmetrische Grube am vordem Ende des Nervencentrums. Auch bei den Rundmäulern bleibt dasselbe unpaar und stellt eine lange Röhre dar, welche auf der obern Fläche des Kopfes mit einer einfachen Oefinung beginnt und blindgeschlossen endet. Nur bei den Myxinoiden setzt sich das nach Art einer Trachea von Knorpelringen gestützte Kasenrohr in einen Kanal fort, dessen Ende den Gaumen durchbohrt, aber durch eine Klappenvorrichtung geschlossen werden kann. Hier dient die Nase wahrscheinlich zugleich als Respirationsw'eg zur Regu- lirung des in die Kiemensäcke eintretenden Wasserstromes. Alle andern Fische besitzen doppelte, und zwar mit Ausnahme der Dipnoer stets blindgeschlossene Nasenhöhlungen, deren innere Oberfläche durch Falten- bildungen der Schleimhaut beträchtlich vergrössert, die sog. Riechfadeu- zellen trägt. Die mit Flimmcrzellen überkleidetcn und durch Knorpel- stäbchen gestützten Falten erscheinen bald radienförmig , bald quer in Parallelreihen angeordnet, während ihre weit nach vorn oft bis an die Schnauze gerückten Oeffnungen durch Hautleisten abgetheilt oder von Geruchs-, Geschmacksorgan. 881 Aufwulstungen des Hautrandes deckelartig {Selachier) verschlossen sein können. Weniger scheint der Geschnachssinn entwickelt zu sein, als dessen Sitz der nervenreiche Theil des weichen Gaumens und überhaupt der Mundhöhle anzusehen ist. An diesem Thcile liegen vornehmlich die sog. Geschmacksbecher. Zum Tasten mögen die Lippen und deren Anhänge, die häufig auftretenden »Barteln*, dienen. Auch können separirte Strahlen der Brustflossen mit Kücksicht auf ihren Nervenreichthum als Tastorgane betrachtet werden (^Triyla). Einen eigenthümlichen Gefühls- sinn der Haut vermitteln die bereits besprochenen nervösen Einrich- tungen der sog. Schleimkaucäle. Im Anschlüsse an das Nervensystem wird man die eleJctriscJien^) Organe zu betrachten haben, welche sich bei Torpedo (Zitterrochen), Narcine, Gymnotus (Zitteraal), Malapterurus (Zitterwels) und Mor- myrus (Nilhecht) finden. Es sind nervöse Apparate, die in der An- ordnung ihrer Theile der Voltaschen Säule vergleichbar, unter dem Einflüsse der Erregung Elektricität entwickeln und diese durch Ver- bindung ihrer entgegengesetzten Pole in elektrischen Schlägen zur Aus- gleichung bringen. Obwohl in den einzelnen Gattungen verschieden, stellen sie sich meist als zahlreiche von Bindegewebswandungen um- schlossene Säulen dar, welche durch eine grosse Zahl häutiger Querplatten in aufeinanderliegende Fächer »Kästchen« zerfallen. Die Kästchen bergen je eine feinkörnige mit grossen Kernen durchsetzte Nervenend- platte und eine Lage von Gallertgewebe, und zwar in regelmässig alter- nirendem Wechsel. Die erstere entspricht gewissermassen dem Voltaschen Kupferzinkelement, die letztere dem feuchten Leiter der Zwischenlage, während das Bindesubstanzgerüst der Kästchen nur als Träger der Nerven und Blutgefässe zu dienen scheint. In der That nimmt jede Querscheidewand ein überaus reiches und feines Netzwerk von Nerven auf, deren Hauptstäumie entweder aus dem Trigeminus und Vagus (Torpedo) oder von Spinalnerven entspringen, und zwar breiten sich die Nervennetze an der einen für alle Säulen desselben Organes gleichen Fläche zur Bildung der sog. »eleJitrischen Hatte« aus. Die Fläche der Endplatte, an welcher die Nerven verschmelzen, verhält sich überall elektro-negativ , die entgegengesetzte freie Fläche elektro-positiv und wenn bei Malapterurus umgekehrt diejenige (hintere) Fläche der 1) Vergl. Savi, Recherches anatomiques sur le wysteme nerveux et sur Torgane electrique de lu torpille. Paris. 1844. Bilharz, Das elektrische Organ des Zitterwelses. Leipzig. 1857. Max Schultz e, Zur Kenntniss des elektrischen Organs der Fische. 1. und 2. Halle. 1858 und 1859. Derselbe, Zur Kenntniss des den elektrischen Organen verwandten Schwanzorganes von Raja clavata. Müller's Archiv. 1858. Ferner die Beiträge von R. Wagner, Robin, Ecker, Du bois-R aymond, Kölliker, Marcusen, Bell u. a. Claus, Zoologie. 3. Autiage. 5ö 882 Fische. Elektrische Organe. Platten, an welche die Nerven herantreten, die elektro - positive ist, so erklärt sich diese scheinbare Ausnahme aus dem weitern Verhalten der Nerven, indem dieselben die Platte durchbohren und sich an der vordem elektro-negativen Fläche ausbreiten. Die Lage und Anordnung der elektrischen Organe zeigt bei den verschiedenen Fischen ausser- ordentliche Abweichungen. Beim Zitterrochen liegen dieselben unter der Haut zwischen den Kiemensäcken und dem weiten Bogen der Schädel- fiossenknorpel. Es sind zahlreiche aber verhältnissmässig kurze, senk- recht stehende Säulchen, welche sich jederseits zur Herstellung eines flachen, aber sehr breiten Organes aneinanderfügen. Die Nerven treten von unten her in die Abtheilungen der Kästchen ein und breiten sich sammt den Gefässen im Gallertgewebe aus, da die Querscheidewände hier fehlen. Sie gehn dann von der ventralen Fläche aus in die End- platten über, so dass die obere dorsale Seite des Apparates die elektro- positive wird. Bei Zitteraal liegen an jeder Seite des Schwanzes zwei elektrische Organe mit langgestreckten horizontalen Säulen, in deren senkrechte hinter einander stehende Kästchen die Nerven von der hintern Fläche eintreten. Daher erscheint die vordere Fläche der Platten elektro- positiv, die Stromesrichtung geht von hinten nach vorn. Beim Zitter- wels erstrecken sich die elektiischen Organe längs des Rumpfes unter der Haut, nur durch eine dünne mediane Scheidewand der Rücken- und Bauchseite abgegrenzt. Hier kommt es aber nicht zu einer regelmässigen Säulenbildung, da die Kästchen in Folge der Verbreitung der Faser- platten als unregelmässige rhombische Fächer abgegrenzt werden. Merk- würdigerweise gehören alle Nervenverzweigungen jederseits einer ein- zigen kolossalen Primitivfaser an , welche zwischen dem zweiten und dritten Spinalnerven entspringt und aus einer kolossalen vielfach ver- ästelten Ganglienzelle hervorgeht. Die entsprechenden Organe der Nil- hechte werden mehrfach als pseudo-elektrische bezeichnet, indem sie trotz des analogen Baues keine elektrische Wirkung zu entwickeln scheinen {Rüppell, Marcusen). Dieselben liegen jederseits am Schwänze in zweifacher Zahl als oberes und unteres Paar und zerfallen durch zahlreiche senkrechte Scheidewände, welche die äussere fibröse Umhül- lung in das Innere entsendet, in eine grosse Zahl hintereinanderliegender Kästchen, in denen die nervösen Platten keineswegs vermisst werden. Aehnlich verhält es sich mit den pseudo-elektrischen Organen am Schwänze der Stachelrochen. Die Verdauungsorgane zeigen eine mannichfache zuweilen hohe und complicirte Ausbildung. Der Mund liegt am vordem Ende des Gesichts, aber häufig mehr oder minder weit auf der untern Seite der Schnauze, wenn sich die letztere in Form einer vorspringenden Nase oder eines schwert- oder sägeähnlichen Fortsatzes verlängert. Bei Äm- phioxus bleibt derselbe eine kleine mit Stäbchen besetzte Spalte, bei den Verdauungsorgane. 883 Cyclostom'n eine runde zum Festsaugen eingerichtete Oeffnung. In der Hegel stellt er sich als mehr oder minder breite Querspalte dar. die zuweilen mittelst verschiebbarer Stilknochen des Zwischen- und Ober- kiefers röhrenartig vorgestreckt werden kann {Lahroiden). Die Rachen- höhle zeichnet sich im Allgemeinen durch ihren bedeutenden Umfang und den Reichthum der Zähne aus, die sich von den Papillen der Schleimhaut aus durch dentinoide Ossification entwickeln. Selten nur fehlen die Zähne vollständig, wie bei den Stören und Lophobranchien, oder beschränken sich wie bei den pflanzenfressenden Ct/jJrinoiden auf die untern Schluudknochen. Oft finden sich im Oberkieferapparat zwei parallele ßogenreihen von Zähnen, eine äussere im Zwischenkiefer und eine innere an den Gaumenbeinen, wozu noch eine mittlere unpaare Zahnreihe des Vomer's hinzukommt. Dem Unterkiefer gehört nur eine Bogenreihe von Zähnen, sowie oft eine mittlere Zahnreihe des Zungen- beins an. Selten sind auch die Oberkieferknochen und das Parasphe- noideura zahntragind, dagegen erheben sich meist in der Tiefe des Rachens an allen Kiemenbögen und besonders an den obern und untern Schlundknochen Zähne. Auch die Formen der Zähne sind mannichfaltig, wenn gleich dieselben nur zum Fangen und Festhalten der Beute, seltener zum Zertrümmern von testen Massen, Schnecken- und Muschelschalen dienen. Im erstem Falle sind sie spitze und kegelförmige Fangzähne, bald gerade, bald hakenartig gekrümmt, häufig glatt mit zwei schnei- denden Kanten, seltener mit Widerhaken und Zacken. Sind die Fasg- zähne schwächer und auf einen engen Raum dicht zusammengedrängt, so unterscheidet man Kamm-, Bürsten-, Sammetzähne. Die Mahlzähne dagegen haben die Form von platten, zuweilen wie Pflastersteine dicht nebeneinanderliegenden Scheiben; bald sind sie flach, bald in verschie- denem Grade in Form stumpfer Kegel gewölbt. Die Hauptmasse der Zähne wird gewöhnlich, von den Hornzähnen der Cyclostonwn abge- sehen, aus harter Zahnsubstanz gebildet, deren äussere Fläche mit voll- kommen homogener Schmelzsubstanz ' ) überkleidet ist. Endlich bietet auch die Befestigungsart der Zähne mehrfache Verschiedenheiten. Ge- wöhnlich sind sie wurzellos und mit den Knochen verwachsen, oder auch durch Bandmasse befestigt, seltener {Ht/postomen) erscheinen sie beweglich verbunden oder können wenigstens verschoben werden (Se- lachier). Alveolen zur Aufnahme von Zahnwurzeln kommen nur einigen Ganoiden zu. Ueberall scheint eine Neubildung von Zähnen stattzu- finden, in den Kiefern der Art, dass sich meist die neuen Ersatzzähne von innen her nachschieben, seltener zur Seite der abgenutzten ihren 1) Zur Kenntniss der nähern Verhältnisse vergl. R. Owen, Üdontographie. London. 1840 — 1845. 0. Hertwig, Ueber Bau und Entwickluug der Placoid- schuppen und der Zähne der Sflachier. Jen. nat. Zeitschr. Tom. VIfl. 1874. 5tt* 884 Fische. Bezahnung der Mundhöhle. Ursprung nehmen. Bei den untern Schlundzähnen der Cyprinoiden ist sogar ein periodischer Zahnwechsel nachweisbar. Während sich im Boden der weiten Rachenhöhle eine nur kleine kaum bewegliche Zunge ent- wickelt und Speicheldrüsen fehlen, wird die hintere i'artie derselben in ihrer Continuität durch die Querspalten der Kiemenbogen unterbrochen. Es folgt dann in der Regel eine kurze trichterförmige Speiseröhre und ein weiter, an seinem hintern Abschnitt aufwärts umgebogener Magen- abschnitt, der sich nicht selten in einen ansehnlichen Blindsack verlängert. Der Pylorus wird in der Regel durch einen äussern Muskelwulst und eine innere Klappe zur Abschliessung vom Darme bezeichnet, hinter welcher häufig blinddarmartige Anhänge, die Appendices pyloricae, als Ausstülpungen des Darmes in verschiedener Zahl aufsitzen. Die Be- deutung dieser bald einfachen bald verästelten Blindschläuche scheint sich auf eine Vergrösserung der secernirenden Darmoberfläche zu re- duciren. Der Dünndarm verläuft in gerader Richtung oder auch unter Krümmungen bis zur Bildung mehrfacher Schlingen. Die innere Ober- fläche der mehr oder minder muskulösen Wandung zeichnet sich durch die Längsfalten der Schleimhaut aus, selten nur kommen wie bei den hohem Wirbelthieren Darmzotten vor, dahingegen besitzt der hintere Darraabschnitt der Selachier, Ganoiden und Dipnoer eine eigenthümliche, schraubenförmig gewundene Längsfalte, die sog. Spiralklappe, die zur Vergrösserung der resorbirenden Oberfläche wesentlich beiträgt. Ein Rektum ist keineswegs tiberall scharf gesondert und dann nur überaus kurz und bei den Haien mit einem blindsackartigen Anhang versehen. Im letztern Falle fungirt der Endabschnitt desselben durch die Aufnahme der Ausführungsgänge des Urogenitalapparates als Kloake. Der After liegt in der Regel weit nach hinten und stets bauchständig vor der Mündung der Harn- und Geschlechtsorgane, bei den Kehlflossern und den Knochenfischen ohne Bauchflossen rückt er jedoch auff"allend weit nach vorn bis an die Kehle. Speicheldrüsen fehlen den Fischen, da- gegen findet sich stets eine grosse, fettreiche, meist mit einer Gallenblase ausgestattete Leber, sowie in der Regel auch eine Bauchspeicheldrüse, die keineswegs, wie man früher glaubte, durch die Pylorusanhänge ersetzt wird. Als Ausstülpung des Darms entwickelt sich bei zahlreichen Fischen die Schwimmblase, ein Organ, welches mit Rücksicht auf die Art der Entstehung den Lungen entspricht. Dieselbe liegt fast stets als ein unpaarer mit Luft gefüllter Sack an der Wirbelsäule über dem Darm und erscheint ebenso häufig geschlossen, als durch einen Luftgang {Fhysostom'i) mit dem Innenraum des Darmes in Communication. Allerdings scheint die morphologische Uebereinstimmung zwischen Lunge und Schwimmblase durch mehrfache Abweichungen, insbesondere durch die Lage der letztem über dem Darm, durch die Einmündung des Luft- Function der Schwimmblase. 885 ganges in die obere Wandung des Schlundes oder Magens, ebenso durch den Mangel eines respirirenden Gefässnetzes gestört, indessen gibt es in diesen Characteren Verbindungsformen. Die Gestalt der Schwimmblase variirt mannichfach, in der Regel erweist sie sich als ein einfacher lang- gestreckter Sack, häufig aber trägt sie an ihrem vordem Ende oder in ihrem ganzen Verlaufe seitliche Blindsäckchen. Auch kann sie durch eine mittlere Einschnürung in eine vordere und hintere Abtheilung oder wie bei Polypterus in eine rechte und linke Hälfte von freilich ungleicher Grösse zerfallen. An der Wandung der Schwimmblase unterscheidet man eine äussere elastische, zuweilen mit Muskeleinrichtungen ausgestat- tete Haut und eine innere Schleimhaut, an der sich die Blutgefässe verbreiten und an bestimmten Stellen Wundernetze erzeugen. Auch treten an der letztern zuweilen drüsenartige Gebilde auf, welche auf die eingeschlossene Luftmenge einwirken mögen. Die Innenfläche ist in der Regel glatt, jedoch zuweilen mit maschigen Vorsprüngen versehen, die in einzelnen Fällen (Ganoiden) zur Entstehung zelliger Hohlräume führen. Physiologisch erweist sich die Schwimmblase als ein hydrosta- tischer Apparat, welcher im Wesentlichen die Aufgabe zu haben scheint, das specifische Gewicht des Fisches variabel zu machen und eine leichte Verschiebung des Schwerpunktes zu gestatten, Dass die Schwimmblase zahlreichen Fischen und z. B. vortrefflichen Schwimmern, wie allen Selachiern, den Chimaeren, Cyclostomen und Leptocardiern, auch vielen, Teleostiern, fehlt, scheint dem Verständniss ihrer Function keineswegs günstig. Da wo sie auftritt, muss der Fisch die Fähigkeit besitzen, theils durch die Muskelfasern der Blasenwand, theils mittelst der Rumpf- muskulatur die Blase zu comprimiren und den specifisch schwer ge- wordenen Körper zum Sinken zu bringen. Beim Nachlassen des Muskel- druckes wird sich die comprimirte Luft wieder ausdelmen, das specifische Gewicht herabsetzen, und das Steigen des Fisches die Folge sein. Wirkt der Druck ungleichmässig auf die vordere und hintere Partie, so wird zugleich eine Verschiebung des Gewichts eintreten, der zu Folge die specifisch schwerer gewordene Hälfte voransinkt. Indessen besteht ein noch complicirteres , erst durch Bergmann') näher beleuchtetes Ver- hältniss. Da das specifische Gewicht des Fisches mit dem des Wassers ziemlich übereinstimmt, so bedarf es nur eines geringen Muskeldruckes, um den Fisch sinken zu lassen. Da sich ferner das Wasser durch Druck nur wenig verdichtet, also in tiefern Schichten nahezu dasselbe specifische Gewicht behält als an der Oberfläche, so ist die Grenze der Tiefe nicht abzusehen, in welche der Fisch mit Hülfe einer geringen Compression 1) Vergl. die Abhandlungen von Rathke, C. E. von Baer, Joh. Müller, sov?ie besonders Bergmann's Darstellung der Funktion der Schwimmblase in Bergmann und Leuckart, vergl. anat. phys. Uebersicht des Thierreichs. Stutt- gart. 1852. 886 Fische. Kiemen. der Luftblase gelangen könnte, zumal auch der Körper des Fisches dichter und specifisch schwerer wird. Das specifische Gewicht des Fisches muss sogar ungleich mehr zunehmen, als die Dichtigkeit des Wassers, weil der Inhalt der Schwimmblase ein Gasgemenge darstellt, welches in geradem Verhältniss mit dem zunehmenden Drucke comprimirt wird. Demnach wird der Fisch beim Sinken in einen um so grössern Kampf mit dem zunehmenden specifischen Gewicht seines Körpers gerathen, je grösser seine Schwimmblase im Verhältniss zum Körper ist und niemals so tief gehen dürfen , dass ihm der Einfluss seines eigenen Körpers auf die Compression der Luft, also die Fähigkeit der Abspannung verloren geht. Je grösser die ursprüngliche unter dem Einflüsse des Fischkörpers stehende Spannung der Schwimmblase war, um so bedeutender wird diese Tiefe sein können. Ebenso darf umgekehrt der aufsteigende Fisch nicht so hoch steigen, dass er bei der mechanisch erfolgenden Aus- dehnung der Schwimmblase die Muskelwirkung aus seiner Gewalt ver- liert. Der Besitz der Schwimmblase bindet demnach den Fisch an gewisse Tiefen , innerhalb welcher ihm dieselbe beim Aufsteigen und Sinken vortreffliche Dienste leistet. Fische, die in sehr bedeutender Tiefe leben (Kilch im Bodensee), kommen todt mit dickem Bauche und hervorgetriebenem Schlünde an die Oberfläche. Die Respiratio7i erMgt bei allen Fischen am vordem Eingangsabschnitt des Verdauungskanales, dessen Wandung zu beiden Seiten den Kiemen als Ursprungsstätte dient, während die in den Schlund eingelagerten knorpligen oder knöchernen Visceralbogen die Stützen und Träger der Kiemen darstellen. Das durch die Mundöffnung aufgenommene Wasser ge- langt durch die zwischen den Kiemenbögen zurückbleibenden Spalten der Schlundwandung aus der Bachenhöhle in die Kiemenräume, umspühlt die Kiemen und fliesst durch eine äussere Spaltöflnung oder durch mehrere seitliche Löcher und Spaltenpaare der Kiemenräume nach aussen ab. Die Kiemen selbst erweisen sich in der Regel als lanzetförmige bewegliche Blättchen, welche in Doppelreihen an jedem der vier Kiemen- bögen aufsitzen. Entwickelt sich an dem hintern Bogen nur eine Reihe von Kiemenblättchen [Lahroiden , Zeus^ Cyclopteriis), so entsteht eine sog. halbe Kieme. Auch können die Blättchen an diesem Bogen voll- ständig ausfallen , so dass sich die Zahl der Kiemen jederseits auf drei (Lophius, Biodon, Tetrodon) reducirt. Vollständiger noch ist die Re- duction bei Malthea , noch mehr bei Amphipnous , wo nur die zweite Kieme besteht. Bei den Knochenfischen und Ganoiden liegen diese Kiemen jederseits frei in einer geräumigen Kiemenhöhle, welche an ihrer äussern Seite von Kiemendeckel und Kiemenhaut bis auf einen ein- fachen meist langen Spalt geschlossen wird. In der Regel erheben sich auch an der Innenseite des Kiemendeckels eine Reihe von Kiemen- blättchen als Nebenkiemen, welche bei vielen Ganoiden und Chimaera Kiemensäcke und Kiemenbeutel. 887 als Kiemen fungiren, bei den Teleostiern aber respiratorische Bedeutung verloren haben (Pseudobranchien). Bei den Plagiostomen dagegen kommen die Kiemen in sackförmige, durch seitliche Oeffnungen nach aussen führende Rcäume zu liegen, mit deren vordem und hintern durch Knorpelstcäbchen gestützten Wänden die Kiemenblättchen verwachsen. Diese Kiemensäcke verdanken ihr Entstehen dem Auftreten von Scheide- wänden zwischen den beiden Blättchenreihen eines jeden ßogens , zu denen noch ein äusseres Gerüst von Knorpelstäben hinzukommt. Indem sich jede Scheidewand bis zur äussern Haut fortsetzt , trennt sie die Hälften einer jeden Kieme und grenzt zwei nebeneinander liegende Räume ab, welche durch die Scheidewände der nächstbenachbarten Bogen zu Taschen oder Säcken geschlossen werden und je zwei Blättchen- reihen von zwei benachbarten Kiemen einschliessen. Bei den Selachiern finden sich in der Regel 5 Paare (bei Xexanchus 6, Heptanchus 7) solcher Kiemensäcke, von denen der letzte nur an seiner Vorderwand eine Blättchenreihe (die hintere des vierten eigentlichen Kiemenbogens) entwickelt, während der erste Sack ausser der vordem Blättchenreihe des ersten Bogens noch am Zungenbeinbogen eine der Nebenkieme der Chi- mären und Ganoiden entsprechende Reihe von Kiemenblättchen trägt. Daneben aber kommt noch, wie bei den Ganoiden, eine Pseudobranchie des Spritzlochs vor, deren Gefässe dem arteriellen Kreislauf angehören und eine Wundernetzbildung erzeugen. Bei den Cijclostomen, denen die Visceralbögen fehlen, steigt die Zahl der Kiemensäcke regelmässig auf 6 oder 7 Paare. Die Räume derselben werden hier beuteiförmig und münden entweder durch innere Kiemengänge oder {Petromyzon) durch einen gemeinsamen , sämmtliche Kiemengänge aufnehmenden Kanal in den Oesophagus. Zur Ableitung des Wassers dienen äussere Kiemen- gänge, in deren Umgebung ein Netzwerk von Knorpelstäben unter dem Integument zur Entwicklung kommt. Dieselben können sich jederseits zur Bildung eines geraeinsamen Porus vereinigen {Myxine). Aeussere aus den Spalten der Kiemensäcke hervorragende Kiemen finden sich nur bei den Embryonen der Plagiostomen^ dann kommen Rudimente äusserer Kiemen bei Bhinocryptis annectens vor. Endlich sind als accessorische Athmungsorgane Nebenräume der Kiemenhöhle zu betrachten, welche die respirirende Oberfläche durch Entwicklung eines Capillarnetzes ver- grössern. Dieselben stellen entweder Labyrinth-förmige Höhlungen in den obern Schlundknochen {Labyrinthfische) dar, oder sackförmige An- hänge der Kiemenhöhle (Saccobranchus), welche sich bis in das hintere Leibesende über den Rippen hin erstrecken oder wie bei Amphipnous hinter dem Kopf emporsteigen. Letztere sollen nach Taylor mit Luft angefüllt getroffen sein. W'ahre Lungen mit innern zelligen Räumen, kurzer Luftröhre und Glottis-Sii'tigeY Einmündung in den Schlund kom- men nur bei den Dipnoern vor (doch ist nach Hyrtl auch die 888 Fische. Herz und Blutgefässe. Schwimmblase des GymnarcJms Lunge), die in dieser Hinsicht echte Verbindungsglieder zwischen Fischen und Amphibien sind. Am einfach- sten endlich verhalten sich die Respirationsorgane bei Amphioxus, indem sie hier durch die von zahlreichen Spaltöffnungen durchsetzte Schlund- wandung selbst vertreten sind. Der Kreislauf des rothen nur selten (bei Ämphioxus und den Leptocephaliden') weissen Blutes geschieht innerhalb eines complicirten geschlossenen Gefässsystemes , an welchem sich überall mit Ausnahme von Ämphioxus ein muskulöser pulsirender Abschnitt als Herz ausbildet. Das Herz liegt weit vorn an der Kehle unter dem Kiemengerüst und wird von einem Herzbeutel umschlossen, dessen Innenraum bei den Plagiostomen, Chimaeren, Stören etc. mit der Leibeshöhle communicirt. Mit Ausnahme der an die Amphibien sich anschliessenden Dipnoer ist dasselbe ein einfaches venöses Kiemenherz, mit einem dünnwandigen weiten Vorhof und einer sehr kräftigen muskulösen Kammer. Der Vor- hof nimmt das aus dem Körper zurückkehrende venöse Blut auf, die Kammer führt dasselbe durch einen aufsteigenden Arterienstamm nach den Respirationsorganen. Der Arterienstamm beginnt überall mit einer zwiebelartigen Anschwellung, dem Aortenbulbus, während bei den Ganoiden, Plagiostomen, Dipnoern eine besondere, selbstständig pulsi- rende Herzabtheilung mit Reihen halbmondförmiger Klappen an der in- neren Fläche der muskulösen Wandung auftritt, welche den RückÜuss des ausströmenden Blutes in die Kammern verhindern. Während die Fische mit einfachem nicht muskulösen Bulbus nur zwei Semilunar- klappen an dessen Ursprung aufzuweisen haben, besitzen die genannten Ordnungen meist 2 bis 4, selten f) Reihen von je 3 , 4 und zahlreichen Klappen in dem Conus arteriosus. Die aufsteigende Arterie theilt sich nun in eine Anzahl paariger, den embryonalen Aortenbogen entsprechender Gefässbogen, welche als Kiemenarterien in die Kiemenbögen eintreten und Zweige zur Bildung der respiratorischen Capillarnetze in die Blätt- chen abgeben. Aus den Capillarnetzen gehen kleine venöse Gefässe hervor, welche an jedem Kiemenbögen zu einer grossem Kiemenvene (Epibranchialarterie) zusammentliessen. Letztere vereinigen sich, der Vertheilung der Kiemenarterien entsprechend, zur Bildung der grossen Körperarterie, Aorta descaidens , lassen aber schon vorher und zwar aus den Epibranchialarterien des obern Bogens die Gefässe des Kopfes hervorgehen. Bei den Knochenfischen kommt zu dieser untern Ver- einigung noch eine obere Queranastomose der vordem Kiemenvenen oder der beiden durch die Vereinigung der Kiemenvenen entstandenen Hauptstämme, so dass ein geschlossener Gefässring (Glrculus cephalicus) entsteht. Die Anordnung der Hauptvenenstännne schliesst sich bei den Fischen am nächsten den embryonalen Verhältnissen an. Entsprechend den vier sog. Cardinalvenen führen zwei vordere und zwei hintere Verte- Haru- und Geschlechtsorgane. 889 bralvenen (Jugularvenen und Cardinalvenen) das venöse Blut zurück, indem sie sich jederseits zu einem in den Vorhof des Herzens eintre- tenden Querkanal {Ductus Cuvieri) vereinigen. Durch Einschiebung eines doppelten Pfortadersystems gestaltet sich jedoch der Lauf des zu- rückkehrenden venösen Blutes coniplicirter. Durch Auflösung der Cau- dalvene, die nur bei den Cyclostomen und Selachiern direkt in die hintere Cardinalvene übergeht, entwickelt sich der Pfortaderkreislauf für die Niere, aus welcher das Blut dann ebenfalls in die Cardinalvenen gelangt. Zum Pfortaderkreislauf der Leber dagegen wird das Venenblut des Darmes verwendet und in der Weise nach dem Herzen geführt, dass eine einfache oder mehrfache, der hintern Hohlvene entsprechende Vene zwischen den beiden Ductus Cuvieri in den Vorhof eintritt. Derartige Capillarsysteme müssen natürlich die Fortbewegung des Blutes bedeutend hindern, und so erklärt sich denn auch das Auftreten von sog. Neben- herzen an der Caudalvene des Aales {Anguilla, Muraenophis) und an der Pfortader von Myxine. Die Harnorgane der Fische sind paarige Nieren. In der Regel erstrecken sich dieselben längs des Rückgrates vom Kopf bis zum Ende der Leibeshöhle und entsenden zwei Harnleiter, die sich zu einer gemein- samen Urethra meist unter Bildung einer Harnblase vereinigen. In- dessen könnenauch im Verlaufe der Harnleiter blasenartige Erweiterungen auftreten {Selachier). üeberall aber liegen Harnblase und Urethra hinter dem Darmkanal. Der letztere mündet bei den meisten Knochenfischen mit der Geschlechtsöft'nung gemeinsam oder auf einer besondern Papille hinter der Geschlechtsöfi'nung. Bei den Plagiostomen und Diimoern dagegen kommt es zur Bildung einer Kloake, indem bei den erstem Urethra nebst Geschlechtsausführungsgängen in den erweiterten End- abschnitt des Darmrohres hinter dem Rectum einmünden, wahrend bei den Dipnoern die getrennten Harnleiter seitlich in diesen Abschnitt eintreten. Mit Ausnahme einiger hermaphroditischer Serranus-krten (und selten beobachteter Karpfenzwitter} sind die Fische getrennten Ge- schlechtes, nicht selten mit geringern (^Cobitis) oder bedeutendem {Mahro- podus) Geschlechts unterschieden. Männliche und weibliche Zeugungs- organe verhalten sich jedoch nach Lage und Gestalt oft so übereinstim- mend, dass die Untersuchung ihres Inhaltes zur Bestimmung des Ge- schlechtes erforderlich ist, zumal da häufig auch äussere Geschlechts- unterschiede hinwegfallen. Die Ovarien erweisen sich als paarige (bei den Myxinoiden sowie bei den Haien und verschiedenen Knochenfischen wie Perca, Blennius, Cohitis unpaare) bandartige Säcke, welche unter- halb der Nieren zu den Seiten des Darmes und der Leber liegen. Die Eier entstehen an der Innern quergefalteten Ovarialwandung in ge- 890 Fische. Foripflnnzung Wanclerung. schlossenen Follikeln'), in denen sie eine dicke Eikapsel (mit Poren und Micropyle) erhalten und gelangen in den iiinern sich füllenden Hohlraum der zur Fortpflanzungszeit mächtig anschwellenden Säcke. Dagegen besitzen die mit Ausnahme der Cyclostoinen überall paarigen Hoden eine aus Querkanälchen oder blasigen Räumen zusammengesetzte Struktur. Im einfachsten Falle entbehren Hoden und Ovarien besonderer Ausfiihrungsgänge, es gelangen dann die Geschlechtsstoffe nach Dehiscenz der Drüsenwand in den Leibesraum und von hier wie bei den Rundmäulern, Aalen und weiblichen Lachsen durch einen hinter dem After befindlichen Genitalporus nach aussen. Weit häufiger treten indessen Ausführungs- gänge hinzu, sei es wie bei Knochenfischen als unmittelbare Fortsetzungen der Geschlechtsdrüsen, sei es wie bei den Ganoiden, weiblichen Pla- giostomen und Dipnoern als selbständige, mit trichterförmiger Oeffnung frei beginnende Kanäle (M ü 1 1 e r'sche Gänge). Im erstem Falle ver- einigen sich sowohl die beiden Eileiter als Samenleiter zu einem unpaaren Gang, der sich zwischen After und Mündung der Urethra auf der Uro- genitalpapille nach aussen öffnet, im letztern dagegen sowie bei den männlichen Plagiostoinen und Dipnoern kommt es zu einer gemeinsamen Klon kenbildung. Aeussere accessorischc Begattungsorgane finden sich nur bei den männlichen Plagiostomen als lange durchfurchte Knorpelanhänge der Bauchflossen. Bei weitem die meisten Fische pflanzen sich durch Eier fort, die sie als Laich an geeigneten Orten ins Wasser absetzen, nur wenige Teleostier wie z. B. Anableps , Zoarces, die Cyprinodonten u. a. sowie ein grosser Theil der Haie gebären lebendige Junge. Im letztern Falle durchlaufen die Eier im Innern des Ovariums oder häu- figer in einem erweiterten als Uterus fungirendcn Abschnitt der Eileiter die embryonale Entwicklung, zuweilen unter Verhältnissen, welche an die Entwicklung und Ernährung der Säugethierembryonen erinnern (Dotter- sack einiger Haie, Carcharias und Mustelus laevis). In der Regel er- folgt die Fortpflanzung nur einmal im Jahre und zwar zu einer be- bestimmten, aber nach den einzelnen Familien verschiedenen Jahreszeit, am häufigsten im Frühjahr, seltener im Sommer, ausnahmsweise wie bei vielen Salmoniden im Winter. Nicht selten treten zur Laichzeit auf- fallende Veränderungen auf, sowohl in Gestalt und Färbung des Leibes, als auch in der gesammten Lebensweise. Insbesondere erhalten die Männchen eine lebhaftere Färbung (Hochzeitskleid) und eigenthümliche Hautwucherungen, die sie vor den Weibchen kenntlich machen. Die männlichen Individuen der meisten Karpfenarten bedecken sich mit einem merkwürdigen Hautausschlag, der aus einer warzenförmigen Wu- 1) Vergl. W. His, Untersuchungen über das Ei und die Eientwicklung bei Knochenfischen. Leipzig. 1873. M^ Nestbau. Brutpflege. 89i cherung Her Epidermis besteht und Veranlassung zu besondern Be- zeichnungen gegeben hat; die Männchen der Salmoniden erhalten auf dem Hinterrflcken und wohl auch auf der Unterseite des Schwanzes eine förmliche Hautschwarte, durch welche die Schuppenbildung mehr oder minder unkenntlich wird. Auch die Weibchen {Coregonus} können zur Laichzeit eigenthümliche Auszeichnungen darbieten , wie z. B. die weib- lichen Bitterlinge (RJwdeus amarus) zu dieser Zeit nach Leydig's Ent- deckung eine lange Legeröhre (zum Ablegen der Eier in die Kiemen- fächer von Anodonta) besitzen, die nachher zu einer kurzen Papille einschrumpft. Wichtiger noch sind die Veränderungen in Aufenthalt und Lebensweise. Beide Geschlechter sammeln sich in grössern Schaaren, verlassen die Tiefe der Gewässer und suchen seichte Brutplätze in der Nähe der Flussufer oder am Meeresstrande auf CHäringo); einige unter- nehmen ausgedehntere Wanderungen , durchstreifen in grossen Zügen weite Strecken an den Küsten des Meeres {Thunfische) oder steigen aus dem Meere in die Flussmündungen ein und ziehen mit Ueberwindung grosser Hindernisse (Salmsprünge) stromaufwärts bis in die kleinern Nebenflüsse {Lachse^ Maifische, Störe etc.), wo sie an geschützten und nahrungsreichen Orten ihre Eier ablegen. Umgekehrt wandern die Aale zur Fortpflanzungszeit aus den Flüssen in das Meer, aus welchem im nächsten Frühjahr die Aalbrut zu Milliarden in die Mündungen der süssen Gewässer eintritt und stromaufwärts zieht. Die Art und Weise, wie sich beide Geschlechter zur Befruchtung der Eier begegnen, ist keineswegs überall dieselbe. Im Allgemeinen gilt der Ausfall einer wahren Begattung und die Befruchtung des abgesetzten Laiches im Wasser als Regel. Die Männchen ergiessen ihren Samen über die aus- tretenden oder auch schon abgelegten Eier nicht selten unter Verhält- nissen, welche die vorausgehende Einwirkung eines gegenseitigen Ge- schlechtsreizes unzweifelhaft erscheinen lassen. Bei einigen Knochen- fischen hat man nämlich beobachtet, dass beide Geschlechter zur Brunst- zeit die Bauchseiten gegeneinanderkehren und ihre Geschlechtsöffnungen reiben, bis die Zeugungsstoffe gleichzeitig austreten und mit einander in Contact gelangen. Die Thatsache der äussern Befruchtung des Fischeies hat zu der Möglichkeit der künstlichen Befruchtung geführt und zu dem wichtigen an vielen Orten mit grossem Erfolge geübten Erwerbszweige der Piscicultur Veranlassung gegeben. Indessen findet bei den lebendig gebärenden Fischen, sowie bei den Rochen, Chimaeren und Hundshaien, welche sehr grosse, von einer hornigen Schale um- schlossene Eier legen, eine wahre Begattung und innere Befruchtung des Eies statt. Besondere Thätigkeiten der Brutpflege werden fast stets vermisst. Die meisten Fische begnügen sich damit, den Laich an seichten, geschützten und Pflanzenreichen Orten, meist in der Nähe des Ufers abzusetzen, einige wählen Gruben und Höhlungen aus, 892 Fische. Embrynnalentwicklung. ohne sich weiter um das Schicksal der Eier zu kümmern. Nur in wenigen Ausnahnisfällen zeigen merkwürdiger Weise die Männchen einiger Arten eine selbst mit Kunsttrieben verbundene Brutpflege. Vor allen sind die Männchen der Büschelkiemer {Synfjnathus, Eippocampus) zu erwähnen, welche die abgelegten Eier in einer Art Bruttasche auf- nehmen und bis zum Ausschlüpfen der Embryonen mit sich herumtragen. Ein anderes Beispiel bieten die in Bächen lebenden Groppen oder Kaul- köpfe (Cottus goUo), deren Männchen während der Laichzeit Löcher zwischen Steinen aufsuchen, den hier abgesetzten Laich aufgenommener Weibchen wochenlang beschützen und muthig vertheidigen. Am merk- würdigsten aber ist das Fortpflanzungsgeschäft des männlichen Stich- lings {Gaster osteus), welcher nach den Mittheiiungen glaubwürdiger Be- obachter (Coste, V. Siebold) in dem sandigen Grunde der Gewässer aus Wurzelfasern und Blättern ein Nest baut und nicht nur die in dem- selben abgesetzten Eier am Eingang bewacht, sondern später auch die ausgeschlüpften unbehülflichen Jungen eine Zeit lang zurückhält. End- lich verdient als eigenthümliche Erscheinung das Vorkommen von sterilen in ihrer äusseren Erscheinung abweichend gestalteten Individuen {Cypri- noiden, Salmoniden), sowie das Auftreten von Bastarden (z. B. die hyhriden Karpfen, Karauschen') hervorgehoben zu werden. Die Schweb- forelle (Sahiio Schiefermülleri) ist die sterile Form der Grundforelle {Fario Marsilii). Die Embryonalentwicldung^) der Fische unterscheidet sich von der Entwicklung der höhern Wirbelthiere hauptsächlich dadurch, dass die Bildung von Amnion und Ällantois unterbleibt. Sowohl die kleinern mit Mikropyle versehenen Eier der Knochenfische als die grossen von einer harten Hornschale umhüllten Eier der Plagiostomen enthalten den Hauptdotter (Bildungsdotterj oder Keim und eine reiche Menge Nahrungs- dotter. Bei den Knochenfischen ist der Keim eine flache der Mikropyle zugewendete Protoplasmascheibe, welche dem von einer zähern Rinden- schicht umgebenen flüssigen Dotter aufliegt. Da die Furchung aus- schliesslich den Keim betrifl't, redet man von einer partiellen Furchung des Fischeies. Nur die Eier von Ämphioxus und der Cyclostomen weichen in dieser Hinsicht ab. Von dem den Anfang der Furchung be- zeichnenden Keimhügel aus erhebt sich, den Dotter allmählig über- wachsend, die Keimhaut mit dem Primitivstreifen und der Rückenfurche des Embryo's. Während sich die letztere durch Verwachsung ihrer 1) C. E. V. Baer, Untersuchungen über Entwicklungsgeschichte der Fische. C. Vogt, Embryologie des Salmones. Neufchatel. 1852. Lereboullet, Recher- ches d'embryologie comparee sur le develepement du Brochet, de la Perche et de l'Ecrevisse. 1862. Oel lacher, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Knochen- fische. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XII. 1872, .sowie Tom. XIII. 1873. Balfour, On the development of the elasmobranch Fishes. Quat. Journ. of microsc. science. London 1874. Ernährung. 893 beiden Seiteiiwülste zu einer Röhre (Anlage des Rückenmarkes) schliesst, tritt unterhalb dieses vorn erweiterten und noch geöffneten Rohres die Chorda dorscdis auf. Die Embryonalanlage hebt sich nun während ihrer allmähligen Differenzirung mehr und mehr vom Dotter ab, welcher als Dottersack meist mit seiner ganzen Breite der Bauchwand aufsitzt. Seltener steht derselbe durch einen kurzen Stil {Blennius viviparus, Cottus gohio, Syngnathus), häufiger durch einen langen Strang (alle Plagiostomen) mit dem Darm in Verbindung, im letztern Falle kann sogar der Dottersack {Carcharias, Mustelus laevis) Zöttchen auf seiner Oberfläche entwickeln, welche in entsprechende Vertiefungen eingreifen und eine wahre Dottersackplacenta zur Ernährung des Foetus dar- stellen. Auch ist den Embryonen der Rochen und Haie der Besitz von provisorischen äussern Kiemenfäden eigenthümlich, die in den äussern Kiemenanhängen der Batrachierlarven ihre Homologa haben, indessen schon lange vor der Geburt verloren gehen. Im Allgemeinen verlassen die jungen Fische ziemlich frühzeitig die Eihüllen, mit mehr oder minder deutlichen Resten des bereits vollständig in die Leibeswandung aufge- nommenen aber bruchsackartig vortretenden Dottersackes. Obwohl die Körperform der ausgeschlüpften Jungen von der des ausgebildeten Fi- sches wesentlich abweicht, fehlt doch eine MetamorpJiose mit Ausnahme insbesondere einiger Cyclostomen {Petromyzon) und der Leptocardier. Bei weitem die meisten Fische leben von thierischer Nahrung, theils wie die Haie und grossem Teleostier von andern Fischen, theils von kleinen See- und Wasserthieren , insbesondere von Krebsen und Mollusken. Einige nähren sich indessen auch omnivor und andere wie manche Karpfen ausschliesslich von Pflanzen. Die Raubfische erjagen meist ihre Beute und verschlingen dieselbe ohne vorherige Zerstückelung und Zerkleinerung. Wenige wie die Rochen zertrümmern mit ihren Mahlzähnen die Schalen von Mollusken und Krebsen, und auch die Pflanzenfresser bedienen sich ihrer untern Schlundzähne zum Kauge- schäfte. Zuweilen finden sich jedoch noch besondere Hülfsorgane und Waffen, die zum Erwerbe der Nahrung und wohl auch zugleich zur Vertheidigung benutzt werden. Zahlreiche Raubfische von weniger an- dauernder und rascher Schwimmbewegung sind darauf angewiesen in der Tiefe der Gewässer auf Beute zu lauern , diese tragen nicht selten lange wurmförmige Fäden in der Nähe des Rachens, durch deren Spiel kleinere Fische getäuscht und herangelockt werden. Einige ostindische Süsswasserfische mit schnabelartig verlängerter Schnauze, wie Toxotes, Chaetodon bedienen sich dieser letztern, um einen Wasserstrahl auf In- secten zu spritzen und dieselben von Pflanzen ins Wasser zu schiessen. Die electrischen Fische betäuben ihre Beute durch electrische Schläge, benutzen die letztern aber auch als Schutzmittel zur Vertheidigung. Schutzwaffen haben besonders bei den Meerfischen eine weite Verbrei- 894 Fische. Lebensweise. Kletternde und fliegende Fische. tung — die meisten Meerfische QÄcanthopterygier) — und sind durch den Besitz der Stachelflossen oder besonderer grösserer Knochenstacheln am Rücken und Schwänze (Rochen) sowie durch stachelförmige Fort- sätze des Kiemendeckelapparates oder durch die Bepanzerung des ge- sammten Körpers (Igelfisch) gegeben. Der bei weitem grössere Theil der Fische lebt in der See, und zwar nimmt die Zahl der Gattungen und Arten mit der Annäherung an den Aequator ab. Uebrigens erscheint der Aufenthalt im süssen oder salzigen Wasser keineswegs für alle Fälle ein exclusiver. Einige Gruppen wie die Ordnung der Plagiostomen sind allerdings fast durchweg auf das Meer, andere wie die Familien der Cyprinoiden und Esoeiden auf die süssen Gewässer beschränkt, indessen gibt es auch Fische, welche periodisch namentlich zur Laichzeit in ihrem Aufenthalte wechseln. Einige Fische leben in unterirdischen Gewässern und sind wie die Höhlen- bewohner blind {Amblyo2)sis spelaeus). Ausserhalb des Wassers sind nur wenige Fische längere Zeit im Stande zu leben, im Allgemeinen sterben die Fische im Trocknen um so rascher ab, je weiter ihre Kiemen- spalte ist. Fische mit sehr enger Kiemenspalte wie die Aale besitzen ausserhalb des Wassers eine ungewöhnliche Lebenszähigkeit , jedoch scheint die vielfach geglaubte Angabe, dass die Aale freiwillig das Wasser verlassen, nicht erwiesen. Dagegen hat Hancock für eine Doras-Art nachgewiesen, dass bisweilen grosse Schaaren derselben über den Erd- boden hin aus einem Gewässer in das andere wandern. Am längsten aber vermögen, von den Dipnoern abgesehen, einige ostindische Süss- wasserfische, deren labyrinthförmig ausgehöhlte obere Schlundknochen ein vielzelliges Wasser-Reservoir darstellen, im Trocknen zu leben. Nach Daldorff und John soll einer dieser Labyrinthfische, Anabas scandens, mittelst der Stacheln des Kiemendeckels sogar an Palmen emporklettern. Gibt es somit Kletterer unter den Fischen, so fehlen andererseits auch fliegende Fische keineswegs. Es ist bekannt, dass viele Fische sich in kleinen Luftsprüngen über die Oberfläche des Wassers erheben, um den Nachstellungen der sie verfolgenden Raub- fische zu entgehen. Einige marine Formen aber wie Exoeoetus und Dactylopterus vermögen sich mittelst ihrer mächtig entwickelten flügel- artigen Brustflossen wohl auf 20 Fuss hin in der Luft schwebend zu tragen. Durch das ausgedehnte Vorkommen fossiler Fischreste in allen geologischen Perioden erhalten die Fische für die Kenntniss der Ent- wicklungsgeschichte des Thierlebens auf der Erde eine hohe Bedeutung. In Palaeozoischen Formationen bilden höchst absonderliche Fischge- stalten wie die der Cephalaspiden {Cephalas^pis, Coccosteus, Fterichthys) die ältesten Repräsentanten der Wirbelthiere. Von hier an finden sich bis zur Kreide fast ausschliesslich Knorpelfische und Ganoiden , unter 1. Subclasse. Leptocardü. 895 denen die Formen mit persistenter Chorda und knorpligem Schädel vorwiegen. Erst im Jura treten Ganoiden mit ausgebildeterem knö- chernen Skelet, runden Schuppen und äusserlich homocerker Schwanz- flosse , ebenso auch die ersten Knochenfische auf. Von der Kreide an nehmen die Knochenfische in den jüngeren Formationen an ßeichthum und Mannichfaltigkeit der Formen um so mehr zu, je mehr man sich der jetzigen Fauna nähert. C u V i e r theilte die Fische in 5 Ordnungen : Chondropterygii (Aristoteles), Malacopterygii , Äcanthopterygü , Plcctognathi und Lophobranchn. L. Agassiz, der den drei ersten Hauptabtheilungen im Grunde nur neue Namen gab (Placoiden, Cycloiden, Ctenoiden) führte dann eine neue Ordnung als Ganoiden oder Schmelzschupper ein, in welcher er nicht nur die beiden letzten Ordnungen Cuviers zusammen- fasste, sondern auch einen Theil der Chondropterygier und Malacopte- rygier aufnahm. Joh. Müller, der auf Grund vergleichend ana- tomischer Forschungen die Classification der Fische von Neuem umge- staltete und wesentlich verbesserte, löste die Knorpelfische in die Ab- theilungen : Leptocardü, Cydostomi {Bermopteri) und Selachii auf, die er als Unterclassen unterschied. Als solche betrachtete er ferner die Ganoiden (nach Entfernung der Plectognathen und Lophobranchier), die Teleostei oder Knochenfische — Vlecto(jnathen, Lophobranchier, Ma- lacopterygii (Physostomi), Anacanthini, Acanthopteri, Pharyngoguathi, — und endlich die Dipnoi. Letztere hat man neuerdings (Gill, Günther u. a.) mit den Ganoiden vereinigen wollen. Trotz zahlreicher neuerer Glassificationsversuche'), die vornehmlich aus der Schwierigkeit, Ga- noiden und Teleostier unter Berücksichtigung der fossilen Formen scharf abzugrenzen, entsprungen sind, erscheint die Grundlage des Müller'schen Systems im Wesentlichen befestigt. 1. Subclasse. Leptocardü*), (Acrania), Röhrenherzen. Von lanzetf'örmiger Körpergestalt, ohne Brust- und Bauchflossen, mit persistirender Chorda und einfachem Rückenmark, ohne Gehirn und Schädelkapsel, mit pulsirenden Gefässstämmen und farblosem Blute. Obwohl nur eine einzige Thiergattung, Ämphioxus, den Inhalt dieser Abtheilung bildet, so erscheint ihre Aufstellung doch durch die 1) Vergl. die Schriften von Gill, Lütken, Günther u. a. Letzterer hat neuerdings auch die Selachier mit den Ganoiden und Dipnoern als Subclasse der Pälaeichthyes zusammengezogen. 2) 0. G. Costa, Storia el Branchiostoma lubricuni. Frammenti di Anat. comp. Fase. I. 1843. Napoli. J. Müller, üeber den Bau und die Lebenserschei- nungen des Branchiostoma lubricum (Ämphioxus lanceolatus). Abhandl. der Berl. 896 Fische Bau und Entwicklung. , tiofe Organisationsstufe derselben gerechtfertigt. Wurde doch die euro- päische Art von ihrem ersten Beobachter Pallas für eine Nackt- schnecke gehalten und als Limax lanceolatus beschrieben , wie denn auch neuerdings wiederum die Behauptung laut werden konnte, dass Äviphioxus gar nicht den Vertebraten zugehöre. Der lanzetförmige Leib von Amphioxus erreicht ungefähr die Länge von 2 Zoll, erscheint nach beiden Enden zugespitzt und mit einem dor- salen und analen, aber strahlenlosen Flossenkamm besetzt, welcher sich continuirlich in die lanzetförmig verbreiterte Schwanzflosse fortsetzt. Der Leib wird in seiner ganzen Länge anstatt der Wirbelsäule von einem gallertig knorpligen Stabe, Rückensaite, durchsetzt, welche vorn und hinten verschmälert mit abgerundeter Spitze endet. Oberhalb der eigenthünilich gestalteten, in regelmässige Querscheiben dorsalwärts wie ventralwärts in ein reticuläres Gewebe differencirten Chorda verläuft das Rückenmark, ohne sich in seiner vordem Partie zu einem Gehirn umzugestalten. Auch fehlt in der Umgebung dieses vordem Abschnittes eine dem Schädel entsprechende Knorpelkapsel. Von Sinnesorganen findet sich das Auge in sehr rudimentärer Form als unpaarer, am Vorderende des Nervencentrums in die Nervenmasse eingelagerter Pigmentkörper, ferner eine links gelegene kleine Grube. Gehörorgane fehlen. Während Gesichts- und Geruchsorgane auf der obern Fläche des vordem Körperabschnittes angebracht sind, der sich keineswegs scharf als Kopf vom Rumpfe absetzt, liegt die Mundöffnung bauchständig nicht weit vom vordem Körperpole entfernt. Dieselbe ist eine längliche von einem hufeisenförmigen und gegliederten, wimpernde Girren tra- genden Knorpel gestützte Spalte, noch durchaus ohne Kiefer. Die Mundhöhle erscheint zu einem geräumigen Kiemensack verlängert, welcher zugleich Athemhöhle ist und die Respiration besorgt. Am Ein- gang desselben liegen zwei Schlundsegel und jederseits 3 fingerför- mige vorspringende Wimperwülste. Die Innenfläche dieses dem Kiemen- sacke der Ascidien vergleichbaren Schlund- und Athemraumes ist mit lebhaft schwingenden Wimpern besetzt, welche die Einfuhr von Wasser und Nahrungsstoffen vermitteln, während die Wandung seitlich durch zahlreiche schräg verlaufende Knorpelstäbchen gestützt wird, auf welchen sich nach innen vorspringende blattförmige Kiemenfalten erheben, während Acad. 1842. Kowalevski, Entwicklungsgeschichte von Amphioxus lanceolatus. St. Petersburg. 1867. W. Müller, Jenaische Zeitschrift Tom. VI und das Uro- genitalsystem des Amphioxus. ebend. Tom. X. 1875. Stieda, Studien über den lanceolatus. Mem. de l'Acad. St. Petersbourg. YII. Serie. Tom. XIX. 1873. W. Rolph, Untersuchungen über den Bau des Amphioxus lanceolatus. Sitzungsberichte der naturf. Gesellsch. Leipzig. 1875. Vgl. ferner die Arbeiten von Goodsir, Qua- trefages, M. Schultze, Rathke, KöUiker, Leuckart und Pagenstee her, Moreau etc. Gefssssystem. Geschlechtsorgane. 897 zwischen denselben Spaltöffnungen zum Abfliessen des Wassers in einen oberflächlichen, erst secundär durch das Ueberwachsen einer Haupt- duplicatur erzeugten , mittelst Porus an der Bauchseite ausmündenden Raumes frei bleiben. Dieser entspricht, wie zuerst Kowalevski ausser Zweifel gestellt hat, der unterhalb des Kiemendcckels ausgebreiteten Kiemenhöhle der Teleostier, der Porus branchialis aber der äussern Spaltöffnung derselben. An der Ventralseite des Kiemensackes verläuft durch hervorragende Schleimhautfalten gebildet und von zwei (dem Endostyl der Ascidien vergleichbaren) Längsleisten gestützt eine Flim- nierrinne ganz ähnlich wie am Kiemensacke der Ascidien. Indessen lagern vornehmlich im mittlem Abschnitte des Kiemensackes noch eigenthümliche , wahrscheinlich den Geschmacksbechern der Fisclie ent- sprechende Sinnesorgane ein. Am hintern Ende, im Grunde dieses Schlund- und Kiemensackes beginnt das Darmrohr, welches sich in ge- rader Richtung bis zum Schwänze fortsetzt und durch einen etwas seit- lich gelegenen After ausmündet. Dasselbe sondert sich in zwei Ab- schnitte, von denen der vordere einen Leberblindsack bildet. Das Gefässsystem entbehrt eines Herzens, an dessen Stelle die grössern Hauptgefässstämme pulsiren. Die Anordnung der Gefässe ge- stattet einen Vergleicli mit dem Gefässapparat von Wirbellosen (Glie- derwürmern) und entspricht zugleich in einfachster Form dem Typus der Vertebraten. Ein unterhalb des Athemsackes verlaufender Längs- stamm entsendet zahlreiche an ihrem Ursprünge contractile Gefässe zu den Kiemen. Das vorderste Paar dieser Kiemenarterien bildet einen hinter dem Munde gelegenen contractilen Gefässbogen, dessen Hälften sich unterhalb der Chorda zum Anfang der auch die nachfolgenden Kiemenarterien aufnehmenden Aorta vereinigen. Das venöse aus den Organen zurückfliessende Blut tritt in ein oberhalb des Leberblindsacks gelegenes Gefäss ein, welches zu dem subbranchialen Längsstamm wird. Das aus dem Darmkanal strömende Blut sammelt sich in einem Gefäss (Lebervene), das sich jedoch an dem Lebcrblindsack in feine Verzwei- gungen auflöst. Erst ein zweites contractiles Blutgefäss (Hohlvene) nimmt das Blut aus jenen Verzweigungen wieder auf und führt es in den Längsstamm zurück. Ein Lymphgefässsystem scheint noch voll- ständig zu fehlen; die Körperchen des Blutes bleiben farblos. Die Geschlechtsorgane reduciren sich in beiden Geschlechtern auf sehr ähnlich gestaltete in regelmässigen Anschwellungen aufgetrie- benen Hoden und Ovari(>n, welche rechts und links in ganzer Länge des Kiemensackes (wohl in der verlängerten Leibeshöhle) sich er- strecken. Die Geschlechtsprodukte sollen von hier aus in die Kiemen- höhle gelangen und durch den Porus entleert (QucUrefages) , was nur nach vorausgegangener Dehiscenz des umgebenden Kiemenhöhlen- Claus, Zoologie. 3. Auflage. ^'t 898 Nieren. Furchenzellen. epitels') möglich erscheint. Nach Kowalevski aber werden die Ge- schlechtsprodukte durch den Mund ausgeworfen; bestätigt sich diese Angabe, so sind möglicherweise zwei seitliche Räume, welche zwischen Bauchmuskulatur und Unterhautbindegewebe vom Mund bis zum Porus verlaufen, bei der Fortleitung betheiligt. Als Nieren deutet man (Job. Müller's drüsige Körperchen?) eigenthümliche Einfaltungen, welche das in Längswülsten vorspringende Kiemenhöhlenepitel eine kurze Strecke vor dem Porus zum Theil auf der Unterseite der Geschlechtsorgane bildet. Die dem Harn entspre- chenden Absonderungsprodukte gelangen somit aus den Spalten der Drüsenrinnen in die Kiemenhöhle, die sich auch den Nieren gegen- über wie die Leibeshölde ■ä ) der übrigen Vertebraten verhalten würde. Nach Kowalevski erfährt der Dotter der ausgeworfenen Eier eine totale Furchung. Die Furchungszellen gruppiren sich in der Peri- pherie einer Furchungshöhle als Wand einer Ilohlkugel. An der einen Seite verflacht sich die Wandung und beginnt eine Einstülpung, die immer tiefer greift, so dass die Furchungshöhle von den zwei aneinander gedrängten Zellenblättern der Wandung mehr und mehr verdrängt wird. Der so gebildete fast halbkuglige Embryo besteht somit aus zwei Keim- blättern (dem äussern und Innern Blatte) und einem mit weiter Oeff- nung beginnenden Centrairaum, der Anlage der Verdauungshöhle. In- dem sich die primäre Oeffnung, welche zur spätem Afteröffnung wird, immer mehr verengert, erhält die Halbkugel allmählig die Form einer etwas in die Länge gestreckten Hohlkugel, deren Oberfläche Flimmer- cilien erhält. Nun beginnt der Embryo in der Eihaut zu rotiren, durch- bricht die Eihaut und schwimmt frei im Wasser umher. Die in das Larvenleben fallenden Veränderungen werden durch eine bedeutende Verlängerung des Leibes eingeleitet, der eine Abflachung der einen Seite parallel geht und führen alsbald zur Entstehung der Primitivrinne und 1) welches sich wie die peritonale Bekleidung der Geschlechtsdrüsen ver- halten würde. 2) Ofienbar ist es das Verhältniss des auf so niederer Entwicklungsstufe verharrenden Urogenitalapparats zu der mittelst Bauchporus ausmündenden Höhle welches W. Müller veranlasst hat, dieselbe als Leibeshöhle und nicht als Kiemen- höhle, die Oeffnung derselben demgemäss als Porus abdominalis zu betrachten. In der That besteht hier ein Widerspruch, der das morphologische Verständniss des Amphioxus ausserordentlich erschwert, und erst von spätem Forschungen ge- löst werden kann, indem sich jener zum Abfliessen des Athemwassers und zum Auswurf der ürogenitalproducte verwendete Raum bezüglich der Athmungsorgane genetisch als Kiemenhöhle verhält, sein Epitel also als Wucherung des Ectoderms erscheint, während derselbe nach Lage und Gestaltung der Harn- und Geschlechts- organe sich wie die Leibeshöhle der Vertebraten verhält, deren peritoneale Epitel- bekleidung die Nieren erzeugt und die Geschlechtsdrüsen überkleidet. 2. Subclasse. Cyclostomi, Rundmäuler. 899 Chorda dorsalis und zur Anlage der ürwirbelplättchen. Die weitere Entwicklung ist durch auffallende Asymmetrie (für Mund, vordere Kie- menspalte, After, Riechorgan, Auge, Kiemenwülste), sowie durch einen eigenthümlichen anfangs frei liegenden Kiemenapparat bezeichnete Me- tamorphose, der nachher durch eine Hautduplicatur (Bildung der Kie- menhöhle) überwuchert wird. Die einzige Gattung der Leptocardier ist Amphioxus Yarrel {Branchio- stoma Costa) mit einer einzigen an sandigen Küstenstellen der Nordsee, des Mittel- meeres und Südamerika's verbreiteten Art. A. lanceolatus Yarrel, Lanzetfisch. Die als A. Belcheri Gray, Ind. Meer, A. elongatus Sundev. beschriebenen Formen ge- hören wahrscheinlich zu derselben Art. 2. Subclasse. Cyclostomi') (Marsipobranchi), Rundmäuler, Wurmförmige Fische ohne Brust- und Bauchflossen, mit hiorp- li(/em SJcelet und persistirende Chorda, mit 6 oder 7 Paaren von heu- telförmigen Kiemen, mit iinpaarer Nase und mit kreis- oder halbkreis- förmigem kieferlosen Satigmund. Der Körper dieser Knorpelfische hat eine runde cylindrische Gestalt, besitzt eine glatte, schuppenlose, zuweilen lebhaft gefärbte Haut, mit verschiedenen Reihen von Poren und Schleimsäcken. Paarige Flossen fehlen vollständig, dagegen ist das System der unpaaren, verticalen Flossen über die ganze Rücken- und Schwanzlänge entwickelt und meist durch knorplige Strahlen gestützt. Das Skelet erscheint erst in seiner wesentlichen Grundlage vorgezeichnet und auf eine knorplige Anlage der Wirbelsäule und des Schädels beschränkt. Als Anlage des Achsenskelets tritt eine persistirende Rückensaite auf, deren Scheide bereits durch knorplige Einlagerungen eine Ghederung erleidet, indem wenigstens bei den Petromyzonten an der obern das Rückenmark umgebenden Röhre in dem skeletbildenden Gewebe paarige Knorpelleisten als Rudimente der obern Wirbelbogen auftreten. 1) H. Rathke, Bemerkungen über den iunern Bau der Prike. Danzig. 1825, sowie über den Bau des Querders. Halle. 1827. Joh. Müller, Verglei- chende Anatomie der Myxinoiden. Berlin. 1835—45. Aug. Müller, Vorläufiger Bericht über die Entwicklung der Neunaugen. Müller's Archiv. 1856. Max Schnitze, Die Entwicklungsgeschichte von Petromyzon Planeri. Haarlem. 1856. P. Langerhans, Untersuchungen über Petromyzon Planeri. Freiburg 1873. W. Müller, Ueber das Urogenitalsystem des Amphioxus und der Cyclostomen, Jen. Zeitschr. für Naturw. Tom. IX. 1875. Paul Fürbringer, Untersuchungen zur vergl. Anatomie der Muskulatur des Kopfskelets der Cyclostomen. Ebendas. 1875. 57* 900 Rundmäuler. Skelet. Gehirn. Geruchsorgan. Auch die Anlagen der untern Wirbelbogen finden sich als zwei seitliche vom untern Theile der Choidascheide absteigende Längsstreifen, welche in der Schwanzgegend einen Canal zur Aufnahme der Arteria und Vena caudalis herstellen. Am vordem Theile der Chorda ist es bereits zur Bildung einer das Gehirn umschliessenden Schädelkapsel gekommen, indem hier die äussere Scheide (skeletbildende Gewebe) zu einer knorpligen oder knochenharten Schädelbasis erstarrt, deren aufsteigende Fortsätze sich mehr oder minder vollständig zu einem knorpligen Schädelgewölbe schliessen. Seitlich fügt sich der Schädelbasis rechts und links eine Knorpelblase an, welche das Gehörorgan umgibt, an der vordem Fläche dagegen folgt eine häutige oder knorplige Nasenkapsel. An Stelle des Visceralskeletes finden sich knorplige den Gaumen und Schlund umgebende Leisten, verschiedene Lippenknorpel und ein complicirteres Gerüst von Knorpelstäben, welche in der Umgebung der Kiemensäcke den sog. Brustkorb bilden und zum Theil an der Wirbelsäule sich anheften. Die Rundmäuler besitzen bereits ein dem Fischtypus entsprechendes Gehirn mit den drei Hauptsinnesnerven und einer reducirten Zahl spinal- artiger Nerven. Stets sind zwei Augen vorhanden , doch können die- selben unter der Haut und selbst von Muskeln bedeckt äiisserlich ver- borgen bleiben [Myxine, Fetromy^onluwe). Das Geruchsorgan ist ein unpaarer Sack und beginnt mit einer medianen Oeftnung zwischen den Augen. Bei den Myxinoiden besitzt die Nasenkapsel auch eine hintere Oeftnung, welche den Gaumen durchbohrt und durch eine Klappen- vorrichtung geschlossen werden kann. Diese auch bei den Dipnoei'n wiederkehrende Communikation der Nasen- und Mundhöhle dient hier zur Einführung des Wassers in die Kiemensäcke, da die Mundöft'nung beim Festsaugen für den Durchgang des Wassers verschlossen bleibt. Das Gehörorgan liegt zu den Seiten des Schädels in einer Knorpel- kapsel und reducirt sich auf ein einfaches häutiges Labyrinth, welches das Vestibulum und ein oder zwei Bogengänge enthält. Die von flei- schigen Lippen und oft von Bartfäden umgebene Mundöft'nung ist kreis- förmig, wenngleich sich die Lippen zu einer medianen Längsspalte zu- sannnenlegen können. Dieselbe führt in eine trichterförmige verengte Mundhöhle, welche der Kiefer vollständig entbehrt, indessen sowohl am weichen Gaumen als am Boden mit verschiedenen Hornzähnen bewaffnet ist. Im Grunde des Trichters liegt die Zunge, die ihre Function als Geschmacksorgan einbüsst, dagegen durch stempelartige Bewegungen zum Festsaugen dient. Der aus der Mundhöhle hervorgehende Schlund communicirt entweder direkt oder durch einen gemeinsamen mittleren Gang mit den Kiemenräumen [Fetromyson). Der Darmkanal verläuft in gerader Richtung zum After und grenzt sich durch eine engere klappenartig vorspringende Stelle in Magen und Darm ab. Eine Leber ist überall wohl entwickelt. Die Kiemen liegen zu den Seiten des Kiemen. Herz Entwicklung. 901 Oesophagus in 6 oder 7 P^iuren von Kiemenbeuteln festgewachsen. Diese öffnen sich durch äussere Kiemengänge in eben so viel getrennten Athemlöchern nach aussen. Bei Myxwe hingegen ist jederseits nahe am Bauche nur eine Oeffnung vorhanden, zu welcher sich die äussern Kiemengänge vereinigen. Andererseits cominunicireii die Säcke mit dem Oesophagus, aber von Ämmocoetes abgesehen niemals direct durch einfache Oefi'nungen, sondern durch innere Kiemengänge oder — bei Fctromyson — durch einen gemeinsamen vor der Speiseröhre liegenden Gang, zu welchem die Kiemengänge zusammentreten. Diese Einrichtung der Kiemen im Verbände mit einer Muskelumkleidung (Constrictoren) der Säcke, durch welche diese verengert werden können, bedingt die eigenthi'indiche Zuleitung und Abführung des Wasserstromes. Das Wasser strömt von aussen durch die äussern Kiemenöfl'nungen oder bei Myxine durch den Nasengang ein und tliesst, wenn die Constrictoren wirken, entweder auf demselben Wege ab {Petromyson) oder in den Oesophagus und aus diesem durch einen besondern unpaai-en Kanal der linken Seite nach aussen. Das Hers liegt unter und hinter dem Kienienkorb. Auch einzelne Gefässstämme können pulsireii, so wenigstens bei Myxine die Ffortader. Der Aortenbulbus cntb(!hrt des Muskelbelages und enthält nur zwei Klappen. Eine Schivimmhlase fehlt. Die Harn- und Geschlechts- organe zeigen einen verhältnissmässig einfachen Bau. Die Nieren scheinen (Myxine) in ihre Elemente aufgelöst, indem die Harnkanälchen mit ihren Malpighischen Körperchen isolirt bleiben und je in einem Segmente in die Harnleiter eintreten, welche bei Myxine mit dem Perus genitalis, bei Vetromyson in den Darm ausmünden. Am obern Ende der langgestreckten Ureteren liegen in der Herzgegend die von Joh. Müller als Nebennieren bezeichneten Körper. Dieselben bestehen (bei Myxine) aus zahlreichen tubulösen Drüsengangen, welche frei mit trichterförmiger Oi'fl'nung im Pericardialraum beziehungsweise in der Leibeshöhle beginnen. Vielleicht ist dieser mit dem ubern Ende des ürnierengangs in Verbindung stehende Drüsenapparat als Vomiere zu deuten. Bei den Larven von retromyjson beginnen die homologen Drüsengänge mit Wimpertrichtern am Peritonaeum , dem Vorderende des ürnierengangs angefügt, gehen sie der Entwicklung der Urnieren- kanälchen voraus. Die Geschlechtsdrüsen sind in beiden Geschlechtern unpaar, liegen bei Myxine rechtsseitig, bei Fetromyzon in der Mittellinie und entbehren stets der Ausführungsgänge. Eier und Samenläden gelangen zur Brunstzeit durch Dehiscenz der Drüsenwand in den Leibesraum und von da durch einen hinter dem After befind- lichen Porus genitalis in das Wasser. Die Petromyzonten durchlaufen eine Art Metamorphose, die. schon vor zwei Jahrhunderten dem Strass- burger Fischer L. Baldner bekannt war, aber erst neuerdings von A. Müller wieder entdeckt wurde. Die jungen Larven sind blind und 902 1 Ordnung. Cyclostomi. zahnlos, besitzen ' einen kleinen von einer hufeisenförmigen Oberlippe umsäumten Mund und wurden lange Zeit einer besonderen Gattung Ammocoetes zugerechnet. Die Cyclostomen leben zum Theil im Meere und steigen dann zur Laich- zeit, zuweilen vom Lachs oder dem Maifisch getragen, in die Flüsse, auf deren Boden sie in Gruben ihre Eier absetzen. Andere sind Fluss- fische und von geringerer Grösse. Sie hängen sich an Steinen, todten und selbst lebenden Fischen fest, welche letztere sie auf diesem Wege zu tödten vermögen, nähren sich aber auch von Würmern und kleinen Wasserthieren. Die Gattung Myxine schmarotzt ausschliesslich an andern Fischen, gelangt selbst in deren Leibeshöhle und liefert eins der wenigen Beispiele eines entoparasitischen Wirbelthieres. 1. Orclnung: Cyclostomi = Marsipobranchii. 1. Farn. Myxinoidae, Inger {Hyperotreta). Mit walzenförmigem Leibe, der nur am hinteren verschmälerten Ende mit einer niedrigen Flosse vmirandet ist, mit schräg abgestutztem Kopfende und lippenlosem von Barteln umgebenen Saug- mund. Die Mundhöhle ist nur mit einem Gaumenzahne und zwei Reihen von Zungenzähnen bewaffnet. Die Nasenhöhle durchbricht mittelst eines hintern durch Knorpelringe gestützten Rohres das Gaumengewölbe. Die Kiemensäcke münden äusserlich bald in einer gemeinsamen Oeffnung jederseits am Bauche {Myxine, Gastrohranclms), bald mit 7 Löchern oder asymmetrisch mit 6 Kiemen- löchern an der einen und 7 an der andern Seite [Bdellostoma). In der Haut finden sich eigenthümliche sog. Schleimsäcke jnit entsprechenden Oeffnungen. Die Augen bleiben verkümmert und unter der Haut verborgen. Früher wurden die Myxinoiden wegen ihrer wurmähnlichen Körperform (noch von Linne) zu den Würmern gerechnet und erst von Bloch als Fische erkannt. Sie leben im Meere an andern Fischen parasitisch und saugen sich nicht nur an der äussern Haut fest, sondern dringen selbst in die Leibeshöhle vom Dorsch, Stör etc. ein. Das reife Ei zeichnet sich durch den Besitz eines Fadenapparats an beiden Polen aus, die wahrscheinlich zum Anhaften an Seetang dienen. Myxine L. {Gastrobraiidins Blainv). Mit 6 Paaren von Kiemenbeuteln und einer äussern Kiemenöifnung jederseits. 31. glutinosa L. Bdellostoma Joh. Müll., lebt in südüchen Meeren und besitzt 6 oder 7 Kiemenött'nungen. Bd. heptatrema Joh. Müll., vom Cap. Bd. polytrema Gir. 2. Farn. Petro)nyzontidae,l:^enna.\igen{Hyperoartia). Mit 7 äussern Kiemen- spalten an jeder Seite des Halses und einem gemeinsamen innern Kiemengang, welcher vorn in den Schlund mündet. Die Nasenhöhle endet mit einem blind geschlossenen Sack. Die runde Mundöühung entbehrt der Bartfäden, besitzt da- gegen fleischige Lippen, die sich zu einer Längsspalte zusammenlegen können. Die trichterförmige Mundhöhle wird durch einen Lippenknorpel gestützt und trägt zwischen zahlreichen kleinen Hornzähnen in der Mitte grössere Zähne, unter denen besonders ein zweispitziger Oberkieferzahn und eine halbmondförmig gebogene mehrspitzige Unterkiefer-Zahnplatte bemerkbar sind. Das Ausathmen und Ein- athmen des Wassers in die Kiemen geschieht durch die äussern Oeifnungen unter dem Einflüsse lebhafter Bewegungen der Constrictoren und des knorpligen Kiemen- gerüstes. Der Rücken des wurmförmigen Leibes trägt 2 Flossen, von denen die 3. Subclasse. Euichthyes. 903 hintere unmittelbar an die Schwanzflosse sich anschliesst. Der Darm ist mit eine.i Spiralklappe versehen. Die Neunaugen durchlaufen eine complicirte Metamor- phose, welche vornehmlich für das kleine Flussneunauge näher bekannt geworden ist. Die Jungen dieser Art wurden bisher für eine eigene Gattung gehalten und als Ammocoetes branchialis, Querder, im Systeme aufgenommen. Dieselben sind in dieser Larvenform schmutziggelb gefärbt, blind (mit kleinem unter der Haut versteckten Auge), zahnlos und mit einer halbkreisförmigen Oberlippe versehen. Die gemeinsame innere Kiemenröhre fehlt noch, und die unpaaren Flossensäume erscheinen continuirlich. Die kleinen halbmondförmigen Kiemenlöcher liegen in einer tiefen Längsfurche. Das Skelct zeigt eine weit einfachere Bildung , und es fehlt noch die Ürogenitalspalte. In diesem Zustande lebt die Larve in lehmigem Schlamme, durchläuft ihre allmählige Metamorphose während der Monate August bis Januar und wird endlich geschlechtsreif. Nach überstandener Laichzeit, welche in den April fällt, gehen die kleinen Fluss-Neunaugen mit völlig erschöpften Geschlechtswerkzeugen zu Grunde, so dass mau in den folgenden Monaten nur Querder findet. Fetromyzon Dum., V. marinus L., Lamprete von 2 Fuss Länge, steigt mit den Maifischen in der Laichzeit des Frühjahrs in die Flüsse. F. fliivtatilis L. , Fluss- neunauge, von 12 — 15 Zoll Länge, bewohnt ebenfalls die Europäischen Meere, steigt weit höher in die Flüsse und deren kleinere Seitenflüsse und kehrt im Herbste wohlgenährt zurück. F. Flaneri Bloch., kleines Flussneunauge mit Am- mocoetes hravchialis als Larve, wird 5—6 Zoll lang. Auch in andern Welttheilen kommen Petromyzonten vor: Mordacia Gray. {Caragola), M. mordax Richards, Tasmanien, Geotria australis Gray., G. chilensis Gray., IchÜiyomyzon Gir. 3. Subclasse. Euichthyes. Knochen- und Knorpelfische mit paariger Nase, wohl entwickelten Kiefern und VisceralsJcelet , meist ?nit Brust- und Bauchflossen. Die eigentlichen Fische haben eine aus paarigen Gruben zusammen- gesetzte Nase und den Besitz (iines Kiefer- und Viscei-alskelets gemeinsam. Dazu kommt , dass der Vorhof ihres Gehörorgans 3 Bogengänge bildet, und überall ein sympathisches Nervensystem vorhanden ist. In der Regel findet sich auch eine Schwimmblase oder wenigstens derim Anlage als Ausstülpung des Schlundes, und beide Extremitätenpaare der Yer- tebraten treten als Brust- und Bauchtlossen auf. In der speciellern Organisation freilich bieten sie grosse üiiterscliiede, die aber doch im Vergleich zu den hervorgehobenen Charakteren der Leptocardier und Cyclostomen nur den Werth von Ordnungsmerkmalen besitzen, zumal dieselben theilweise wenigstens allmählige Uebergänge gestatten. 904 1. Ordnung. Chondropterygii. 1. Ordnung: Chondropterygii, Selachii^), Knorpelfische. Hocliorganisirte Knorpelfisclie mit grossen Brustflossen und ah- dominalen Bauchflossen, mit unter ständig er meist querer Mundöß'nung, meist mit 5 (selten 6 oder 7) Paaren vo7i Kiemen säcl'en und ebensoviel äussern Kiemen spalten, mit Chiasma der Sehnerven, mnslidösem mehrere Klappenreihen hergenden Conus arteriosus (Aortenhidhus) und mit Spiralhlappe des Darmes. Als echte Knorpelfische besitzen unsere Thiere eine ungetheilte knorplige Schädelkapsel , deren Basaltheil entweder (Chimaeren und Rochen) auf der Wirbelsäule des Rumpfes articulirt oder {Haie) eines Gelenkes entbehrt und das Ende der Chorda aufnimmt. Die Verbin- dung des Schädels mit dem knorpligen Unterkiefer geschieht in der Schläfengegend durch den meist beweglichen Kieferstil {Os hyo-mandi- bidare), an welchem sich zuweilen fingerförmige Knorpelanhänge als muthniassliclie Aequivalente des Kiemendeckels befestigen. Auch der Oberkieferganmenapparat, vor dessen Vorderrande sich eine Anzahl paariger Knorpelstäbe als sog. Labialknorpel erhalten, erscheint mit der Schädelkapsel in der Regel beweglich verbunden. Nur bei den Chimaeren ist der Zusammenhang des Schädels und Oberkiefergaumen- beins ein fester. Sowohl Ober- als Unterkiefer tragen, obwohl durch- weg von knorpliger (Knorpclknochen) Beschaffenheit, in der Regel eine reiche knöcherne Bozahnung. Auch die Wirbelsäule mit ihren Chorda- resten zeigt eine vorherrschend knorplige Structiir, mit Ausnahme der Chimaeren, doch kommt es bereits zur Bildung discreter biconcaver Wirbel, deren Gestaltung zahlreiche \'erscliiedenheiten zulässt. Ueberall finden sich auch obere und untere Bogenschenkel, die bald gesondert bleiben, bald mit den Wirbelkörpern verwachsen. Rippen treten nur in Form knropliger Rudimente auf. In ihrer äusseren Erscheinung sind die Selachier nicht nur von allen übrigen Fischen auffallend verschieden, sondern zeigen auch unter- einander grosse Abweichungen , die sich vorzugsweise auf die besondere Beschaffenheit der äussern Haut und das Verhalten der Extremitäten gründen. Ein wichtiges Kennzeichen, das auch zur Bezeichnung einer Unterordnung als Plagiostomen Veranlassung gegeben hat, ist die Gestalt 1) Vergl. .Toll. Müller und J. Henle, Systematische Beschreibung der Plagiostomen mit 60 Steindrucktafeln. Berlin. 1841. Leydig, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Rochen und Haie. Leipzig. 1852. C. Gegen bau r, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Leipzig. 1872. Balfour, A Preliminary account of the Development of the Elasmobranch Fisches. Quaterl. Journ. of mikr. Science, 1874. Semper, Die Staramesverwandtschaft der Wirbelthiere und Anneliden. Arbeiten aus dem zool. zoot. Instistut in Würzburg. Tom. IL 1874. Schwanzflosse. Kiemenbildung. 905 und Lage des Mundes, welclier als breiter Querschlitz in der Regel auf die untere Fläche der Schnauze rückt. Die äussere Haut entbehrt stets cycloider oder ctenoider Schuppen, schliesst dagegen meist eine Unzahl kleiner Knochenkörncr (ossificirter Cutispapillen) in sich ein und erhält durch dieselben eine rauhe chagrinartige Oberfläche (Placoiden). Nicht selten aber finden sich auch grössere Knochenschilder reihenweise auf- gelagert, welche durch spitze dornartige Fortsätze namentlich am Schwänze (Rochen) zur Vertheidigung dienen (die fossilen Ichthyodoruliten). Alle Selachier besitzen grosse Brust- und Bauchflossen. Die erstem sind durcli ein knorpliges Schultergerüst an dem Hinterhauptstheil des Schädels oder an der vord(u-n Partie der Wirbelsäule befestigt und be- haupten entweder als scharf abgegrenzte Ruderflossen eine mehr senk- rechte Lage am vordem Absclinitt des spindelförmigen Leibes (Chimaeren und Haie) oder erscheinen mächtig vergrössert in horizontaler Lage zu den Seiten des Körpers ausgebreitet (Rochen) und bedingen wesentlich dessen scheibenförmige Gestalt. Im letztern Falle reichen sie vermittelst der sog. Schädelflossenknorpel bis an das vordere Ende der Schnauze und lehnen sich durch hintere Suspensorien an das Becken- gerüst der Bauchflossen an. Diese letztern fiinden sich stets in der Nähe des Afters und tragen im männlichen Geschlechte eigenthümliche rinnenförmig ausgehöhlte Knorpelanhänge, welche als Hülfsorgane der Begattung von Bedeutung sind. Auch die unpaaren Flossen können wohl entwickelt und mit Rücksicht auf die bei den einzelnen Gattungen wechselnde Zahl und Lage von systematischer Bedeutung sein. Zuweilen erhält sich vor den Rückenflossen ein spitzer verschieden gestalteter Knochenstachel, der ebenso wie die haken- und dornförmigen Fortsätze an den Knochenstücken der Haut als Watte dient, auch wohl hinter der Flosse oder ganz isolirt auf der Rückenfläche des Schwanzes [Tnjgon) vorkommen kann. Die Schwanzflosse zeigt stets eine aus- geprägte äussere Heterocercie. In der Bildung der Kiemen weichen die Selachier insofern von den Knochenfischen wesentlich ab, als sie anstatt einer gemeinsamen Kiemen- höhle jederseits fünf (seltener 6 oder 7) verhältnissmässig weit nach hinten gelegene Kiemensäcke besitzen, an deren durch die knorpligen Seitenstrahlen der Kiemeubogen gestützten Zwischenwänden die Kiemen- blättchen in ihrer ganzen Länge festgewachsen sind. Diese Kiemen- säcke münden durch ebenso viele Spaltötthuugen nach aussen, welche bei den Haien an den Seiten, bei den Rochen an der ventralen Fläche des Leibes liegen, während sie bei den Chimaeren jederseits in eine gemeinsame Kiemenspalte münden, über welcher sich eine Hautfalte vom Kiefersuspensorium aus als Aequivalent des Kiemendeckels ausbreitet. Die reiche Bezahnung der weiten Rachenhöhle, welche die Selachier als gewaltige Raubfische charakterisirt, bieten zahlreiche systematisch 906 Knorpelfische. Bezahnung. Sinnes- und Harnorgane. wichtige Verschiedenheiten. Zuweilen {XexancJms, Acanthias) ist die ganze Mundhöhle bis zum Anfang des Oesophagus mit kleinen Zähnen der Schleimhaut bedeckt, mit Gebilden, die mit den Placoidschuppen ') des Integuments übereinstimmen. Auch die grössern Zähne stecken überall in der Schleimhaut, niemals in der Knorpelsubstanz der Kiefer und überziehen reihenweise den walzenförmigen Rand der letztern in der Art, dass die Jüngern hintern Zahnreihen ihre Spitzen nach innen, die altern mehr oder minder abgenutzten vordem Reihen die Spitzen nach oben und aussen kehren. Während bei den Haien platte dolch- förmige Zähne mit scharf schneidenden oder sägeförmig gezähnelten Seitenrändern, oder auch mit grössern Nebenzacken vorwiegen (indessen auch wie bei Cestracion breite Zahnplatten vorkommen), sind für die Rochen conische oder pflasterförmige Mahlzähne charakteristisch. In der Regel besitzt die Rachenhöhle auch an der obern Fläche des Kopfes hinter den Augen dem äussern Ohr entsprechende Oetinungen , die Spritdöcher , welche zum Ausspritzen des Wassers verwendet werden. Der Nahrungskanal erweitert sich zu einem geräumigen Magen, bleibt aber verhältnissmässig kurz und enthält im Dünndarm eine meist schraubenförmige Schleimhautfalte, die sog. Spiralklappe, welche den Durchgang der Nahrungsstoffe verzögert und die resorbirendc Ober- fläche wesentlich vergrössert. Eine Schwimmblase fehlt stets, wenn- gleich die Anlage derselben als Ausstülpung des Schlundes oft nach- weisbar ist. Das Herz besitzt einen muskulösen Conus ^) arteriosus, welcher als Theil der Kammer selbstständig geworden ist und zwei bis iünf Klappenreihen enthält. Auch durch die Bildung des Gehirnes und der Sinnesorgane stehen die Selachier als die höchsten Fische da. Die Hemisphären zeigen bereits Längs- oder Quereindrücke als Spuren von Windungen auf ihrer Oberfläche und sind von verhältnissmässig bedeutender Grösse, auch kann sich das kleine Gehirn so sehr entwickeln, dass von ihm der vierte Ventrikel ziemlich bedeckt wird. Die beiden Sehnerven bilden überall ein Chiasma und erleiden eine theilweise Kreuzung ihrer Fasern. Die Augen werden bei den Haien nicht allein durch freie Augenlider, sondern oft auch durch eine bewegliche Nickhaut geschützt. Die Harnorgane der Plagiostomen haben neuerdings ein grosses Interesse gewonnen, seitdem man (Balfour und Semper) an denselben wimpernde Trichter entdeckt hat, welche frei in die Leibeshöhle münden und paarweise in jedem Segmente also nach Anordnung der Segmental- organe sich wiederholen. Diese am besten an Embryonen nachzu- weisenden, mit Wimpertrichter beginnenden Segmentalorgane sollen sich 1) Hertwig, Jen. naturw. Zeitschr. Tom. VIII. 1874. 2) Gegenbaur, Zur vergl. Anatomie des Herzens. Jen. Zeitschr. Tom. II. Fortpflanzung. 907 mit dem Urnicrengang verbinden und nach Semper an derjenigen Stelle, an der die Ausführungsgänge der ürniere in sie einmünden, eine Glomerulus-artige Anschwellung besitzen. Rücksichtlich der Fortpflanzung bestehen wesentliche und wichtige Eigenthümlichkeiten. Stets findet eine Begattung und innere Befruchtung statt. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem grossen einfachen oder doppelten Ovarium und paarigen drüsenreichen Oviducten, welche von jenem gesondert mit einem gemeinsamen trichterförmigen Ostium beginnen und in ihrem weitern Verlaufe Uterus-ähnliche Er- weiterungen bilden. Beide Eileiter münden vereinigt (nur bei den Chi- maeren getrennt) hinter den Harnleitern in die Kloake ein. Die Eier enthalten einen grossen Dotter nebst Eiweissumhüllung und sind bald von einem überaus dünnhäutigen in Falten gelegten Chorion , bald von einer derben pergamentartigen flachen Schale umschlossen, welche sich in vier hornartige Auswüchse oder in gedrehte Schnüren zur Befestigung an Seepflanzen verlängert. Im letztern Falle werden die Eier als solche abgelegt (die eigentlichen Rochen und Hundshaie), im erstem dagegen (Zitterrochen und lebendig gebärende Haie) gelangen sie im Uterus zur Entwicklung, die Mutterthiere sind alsdann lebendig gebärend. In der Regel liegen die Eier während der Entwicklung des Keimes den Wan- dungen des Fruchtbehälters dicht an, indem sie mit dem Falten ihrer Eihaut zwischen die Runzeln der Uteruswandung eingreifen. Auf diese Weise wird die Zufuhr von Nahrungsmaterial ermöglicht, das sich ver- flüssigende Eiweiss nimmt an Umfang beträchtlich zu und zieht plastische Flüssigkeiten aus dem Uterus endosmotisch durch die dünne Schalen- haut ein. In einigen Fällen aber wird die Verbindung von Mutter und Frucht eine viel engere und durch eine wahre, für den glatten Hai schon von Aristoteles gekannte Dottersackplacenta vermittelt. Wie J. Müller ') nachgewiesen hat, bildet an den Embryonen won Mustelus laevis und Carchariassivten der langgestilte Dottersack eine grosse Menge von Zöttchen, welche von der zarten Eihaut überzogen, nach Art der Cotyledonen der Wiederkäuer in entsprechende Vertiefungen der Uterusschleimhaut eingreifen. Merkwürdiger Weise entbehrt eine zweite nahe verwandte Art des glatten Haies der Dottersackplacenta und ver- hält sich mit den übrigen lebendig gebärenden Haien übereinstimmend. Auch in anderer Hinsicht zeigen die Embryonen der Plagiostomen btmierkenswerthe Eigenthtimhchkeiten, wie insbesondere durch den Besitz von embryonalen äussern Kiemenfäden, welche indessen schon lange vor der Geburt verloren gehen. 1) Vergl. J. Müller, Ueber den glatten Hai des Aristoteles. Abh. der Berlin. Academie. 1840. 908 1. Unterordnung: Holocephali. Die Plagiostomen sind fast durchweg Meeresbewohner, nur wenige finden sich in den grössern Flüssen Amerikas und Indiens. Alle nähren sich als Fleischfresser von grössern Fischen oder Krebsen und Muschel- thieren. Einige wenige, Zitterrochen, besitzen ein electrisches Organ. In den Palaeozoischen Formationen sind mit Ausnahme von Fleuracunthus nur Stachel- und Zahnreste erhalten. Von der Secundärzeit an aber wird die Vertretung eine vollständigere und reiche. 1. Unterordnung: Holocephali, Chimaeren. Selachier, deren Oherhieferganmenapparat nehst Kieferstil mit dem Schädel fest verwachsen ist, mit persistirender Chorda und Knochen- ringen in der Chordascheide, mit einfacher äusserer Kieinenspulte und Ideiner KiemendecJcelmembran. Der dicke bizar gestaltete Kopf besitzt ungemein grosse Augen, welche der Lider entbehren. An der untern Fläche der Schnauze liegt die kleine Mundöffnung. Der Oberkiefer-Gaumenbogen ist mit dem Schädel fest verwachsen, während der Unterkiefer an einem stilförmigen Fortsatz des Schädels (Hyomandibulare) articulirt. Die Kiefer tragen nur wenige (oben 4 unten 2) Zahnplatten. Die Haut ist nackt und von mäclitigen Gängen des Seitenorganes durchsetzt. Spritzlöcher fehlen. Anstatt der Wirbelkörper finden sich dünne ringförmige Knochenkrusten in der Chordascheide, während die obern Bogen mit Schaltstücken die Rückenmarkshöhle umkapseln, und auch untere Bogen als Knorpelleisten auftreten. Sie legen Eier mit horniger Schale ab. Als fossile Gattungen sind die mesozoischen Edaphodon und Fassalodon hervorzuheben. 1. Farn, Cliimaerida, Seekatzen. Körper langgestreckt. Brustflossen frei, von bedeutender Grösse. Die vordere Rückenflosse mit einem kräftigen Stachel bewaflnet, die hintere Rückenflosse niedrig, aber sehr lang. Der Schwanz läuft in einen langen peitschenförmigen Faden aus. Chimaera L., Seekatze. Schnauze kegelförmig vortretend. Hintere Rücken- flosse lang, mit der Flosse des fadenförmig verlängerten Schwanzes zusammen- fliessend. Ch. monstrosa L., Nordische Meere, Mittelmeer. Callorhynchus Gronov. Schnauze in einen fleischigen Lappen verlängert. C. anturcticus Lac, Cap, Südsee. 2. Unterordnung. Plagriostomi , Quermäuler. Selachier mit iveit nach hinten (jerücUer querer Mundöffnung, gesonderten Wirbelkörpern und tnehr oder minder reducirter Chorda, mit 5 (ausnahmsweise 6 oder 7) äussern Kiemenspalten an jeder Seite. Die Nasenöffnungen liegen an der untern Fläche der Schnauze etwas vor der quer gebogenen liachenspalte. Die Haut ist selten nackt, meist durch eiugela8<-'rte Kuochenkörner chagriuartig oder auch mit 1. Gruppe Sqiialides, Haifische. 909 Knochenplatten und Schildern bedeckt. Der Oberkiefergaumenapparat ist von der knorpligen Scliädelkapsel beweglich gesondert. Spritzlöcher finden sich in der Regel vor. 1. Gruppe: Squalides, Haifische. Plagiostomen von spindelförmiger Gestalt, mit seitlichen Kiemen- spalten, freien Äifgcnlidrändern, unvollständigem Schidtcrgürtel, ohne Schädel flossenlinorpel. Der Körper zeigt eine langgestreckte spindelförmige Gestalt, trägt die Brustflossen mehr oder minder senkrecht und endet mit einem starken , fleischigen , an der Spitze nach aufwärts gebogenen Schwanz. Indessen gibt es auch P'ormen, die sich rücksichtlich der Körpergestalt an die Rochen anschliessen und den Uebergang zu diesen letztern bilden, wie z. B. die Gattung Sqnatina. Die Bezahnung wird meistens durch zahlreiche Reihen spitzer dolchförmiger Zähne gebildet. Als schnell bewegliche, vortrefflich schwimmende Raubfische sind besonders die grössern Arten gefürchtet. Die zahlreichen Familien werden hauptsächlich nach Zahl und Lage der Flossen, nach dem Vorhandensein oder Mangel von Spritzlöchern und einer Nickhaut, sowie nach Form und Bildung der Zähne unter- schieden. 1. Farn. Scyllidae, Hundshaie. Mit Afterflosse und zwei Rückenflossen, von denen die vordei'e über oder hinter den Bauchflossen steht. Sie haben Spritz- löcher, aber keine Nickhaut. Die Zähne mit einer Hauptspitze und 1 bis 4 Neben- zacken auf jeder Seite. Die Schwanzflosse abgestutzt oder abgerundet. Sie legen hartschalige Eier ab. Scyllium Cuv. Die beiden Rückenflossen ohne Stacheln. Zähne schmächtig, mit einer längern Mittelspitze und meist ein oder 2 kleinen Seitensi^itzen. Sc. canicula L., Europ. Küste. Sc. maculatum Blainv., Australien u. a. A. Pristiunis Bonap. Schnauze stark verlängert. Schwanzflosse sägeartig be- stachelt. Zähne klein, Sspitzig. Pr. melanostomus Raf., Europ. Meere. Chilos- cyllium, Crossorhinus, Ginglymostoma, Stegostoma Müll. Henle. Parascyllium Gill. 2. Farn. Cestraciontidae. Mit Afterflosse und zwei mit Stacheln beginnen- den Rückenflossen, von denen die ei'ste gegenüber der Mitte zwischen Brust und Bauchflossen liegt. Sie haben Spritzlöcher, aber keine Nickhaut. Die Zähne sind breite Platten mit rauher Oberfläche und in schräge pflasterförmige Reihen gestellt, bei jungen Thieren sind sie vorn 3- bis Sspitzig. Cestracion Cuv. {Heterodontus Blaiv.), C. Philippn Blainv., Ostind. Archipel. C. Francisci Gill., Californien. Hierher gehören fossile Zähne von Acrodus Ag., Ptychodus Ag. u. a. G. 3. Fam, Lamnidae, Riesenhaie. Stimmen hinsichtlich der Flossenstellung mit den beiden letztern Familien überein, besitzen meist kleine Spritzlöcher, ent- behren aber der Nickhaut. Die grossen Kiemenöfi'nungen liegen vor den Brust- a. Lamna Cuv. Die dreiseitigen platten Zähne ungezähnelt, mit kurzer spitzer 910 Carchariidae. Galeidac. Notidanidae. Spinacidae. Squatinidae. Nebenzacke. L. eornubica Gm., weit verbreitet, 9 Fuss lang. L. Spalanzanii Bonap., L. glauca Müll. Henle. Carcharodon Müll. Henle, C. Bondeletü, wird bis nahe an 40 Fuss lang. Selaehe Cuv. , S. maxima Gunn. , bis 32 Fuss lang, Odontaspis kg., Alopecias Müll. Henle. Hier schliessen sich die Bhinodontidae an. Rhinodon Smith. 4. Fam. Carchariidae, Menschenhaie. Mit Afterflosse und zwei Rücken- flossen , von denen die vordere zwischen Brust- und Baucliflossen steht. Sie be- sitzen eine Nickhaut, entbehren aber der Spritzlöcher. Die letzten Kieuienöflhungen stehen über der Brustflosse. Die Zähne sind dreieckig, mit einfacher Spitze und mit schneidenden oder gesägten Rändern. Carcharias Cuv. Schnauze lang gestreckt. Zähne mit einfacher scharfer Spitze, triangulär. C. (Scoliodon) acutus Müll. Henle, Ind. Ocean. C. {Physodon) Mülleri Müll. Henle, Bengalen. C. {Prionodon) glaucus Rond., mit Dottersack- placenta, C. lamia Risso, beide im Mittelmeer und Ocean, letzterer 6 Fuss lang und sehr häufig. Zygaena Cuv. (S/j/tJ/raa Raf.), Hammerfisch. Kopf hammerförmig verbreitert, Augen an den Ecken der Kopffortsätze gelegen. Z. malleuh Risso {Squahis Zygaena L.), Mittelmeer. Z. Blochii Cuv., Ostindien. 5. Fam, Galeidae, Glatthaie. Die Flossen verhalten sich ähnlich wie bei den Carchariidae, ebenso die Lage der Kiemenöffnungen , dagegen finden sich ausser der Nickhaut auch Spritzlöcher. Galeus Cuv. Spritzlöcker klein. Zähne am innern Rand meist glatt schnei- dend, am äussern gezackt. G. canis Rond., Europäische Meere. Galeocerdo Müll. Henle, G. arcticus Fab., Loxodon Müll. Henle, Hemigaleus Bleek. Mustelus Cuv. Mit grossen Spritzlöchern und Pflasterzähnen. M. vulgaris Müll. Henle und laevis Rond., letzterer ist der glatte Hai des Aristoteles, mit Dottersackplacenta , beide im Mittelmeer. 31. antarcticus Günth. Triaenodon, Triacis Müll. Henle. 6. Fam. Notidanidae, Grauhaie. Mit Afterflosse und einer einzigen Rücken- flosse. Eine Nickhaut fehlt, dagegen sind kleine Spritzlöcher vorhanden. 0 bis 7 Kiemenöftnungen j euerseits. Notidanus Cuv. N. (Hexanchus) griseus Gm. und N. (Heptanchus) cinereus Gm., im Mittelmeer und Ocean. N. indicus Cuv. 7. Fam. Spinacidae, Dornhaie. Ohne Afterflosse, mit zwei Rückenflossen und Spritzlöchern, aber ohne Nickhaut. Die fünf Kiemenlöcher liegen sämmtlich vor der Brustflosse. Vor jeder Rückenflosse findet sich ein Stachel. Acanthias Arist. Keine Lippenfalte längs des Mundrandes, eine lange tiefe Grube zur Seite desselben. A. vulgaris Risso. Von den nördlichen Meeren bis zur Südsee. Centrina Cuv. Rumpf jederseits mit einer Hautfalte. C. Saloiani Rond., Mittelmeer. Centrophorus Müll. Henle. C. granulosus Bloch. Spinax Cuv. Hier schliessen sich die Scymnidae an, welche des Rückenstachels entbehren. Scymnus Cuv., Sc. lichia Cuv., Echinorhinus Blainv. , ferner die Pristiophoridae, Sägehaie. Ohne Rücken.stacheln. Schnauze in eine lange Knorpelplatte verlängert, die jederseits mit einer Reihe von Zähnen besetzt ist, Pristiopliorus Müll. Henle. Pr. cirratus Lath., Neuholland. 8. Fam. Squatinidae, Meerengel. Stimmen rücksichtlich der Flossen, Spritz- löcher und Nickhaut mit den Dornhaieu überein, unterscheiden sich aber durch ihren Rochen ähnlichen Körper und die Gestalt der grossen Brustflossen, die 2. Gruppe: Rajides, Rochen. 911 mit ihrer vordem Wand fast bis zum Kopfe reichen und von diesem nur durch eine Spalte getrennt bleiben, in deren Tiefe die Kienienöffnungen liegen. Sqiiatina Bell. {Rhina Klein.), Sq. vulgaris Risso {Sqnalus sqatina L.), Europilische Meere. 2. Gruppe: Rajides, Rochen. Plagiostomen von platter Rörperform , mit Spritdöchern , fünf Kiemenspalten an der Bauchfläche einwärts von den Brustflossen , am Äuge angeivachsenen oberen Äiu/odidern oder ohne Augenlider, mit vollständigem Schultergürtel und Schäddflossenhiorpeln, ohne Analflosse. Durch die Grösse und horizontale Ausbreitung der Brustflossen erhält der platte Körper die Form einer breiten Scheibe, welche sich in den dünnen und langen, häufig mit Dornen, selten mit einem oder zwei gezähnelten Stacheln bewaffneten Schwanz fortsetzt. Während der Schultergürtel einen vollständig geschlossenen Ring bildet, welcher sich auf der obern Fläche an dem hintern Theil des Schädels befestigt, stellen die eigenthümlichen Schädelflossenknorpel die Verbindung der Flosse mit der Schnauzenspitze her. Dahingegen erscheint das System der un- paaren Flossen verkümmert. Die Körperhaut ist bald nackt, bald chagrinartig rauh, bald mit grössern in hakige Spitzen auslaufenden Knochenplättchen und Tafeln bedeckt. Die kurzen dicken Kiefer tragen entweder kleine pflasterförmige , neben einander in Reihen geordnete Kegelzähne oder breite tafelförmige Zahnplatten. Die Rochen halten sich mehr in der Tiefe des Meeres auf und ernähren sich besonders von Krebsen und Mollusken. Einige, die Zitterrochen, besitzen zwischen den Flossenknorpeln und den Kiemensäcken einen electrischen Apparat, mit dem sie selbst grössere Fische zu betäuben im Stande sind. Viele erreichen die immerhin bedeutende Grösse bis 10 ja 12 Fuss. Fossile Reste finden sich von der Steinkohlenformation an in allen Perioden. 1. Farn. Squatinorajidae , Hairochen. Der langgestreckte Körper nähert sich mehr oder minder der Spindelform des Haifischleibes und endet mit einem dicken fleischigen Schwanz. Die Brustflossen sind von dem verlängerten Kopf deutlich abgesetzt und erreichen auch keineswegs immer die Bauchflossen. Rücken- flossen in doppelter Zahl vorhanden Zähne platt , pflasterförmig. Pristis Lam. Die Schnauze verlängert sich in eine lange Säge, deren Seiten- ränder eingekeilte Zähne tragen. Fr. antiquorum Lath. , Sägefisch im Ocean und Mittelnieer. Fr. pectinatus Lath., Trop. Meere. Bhinöbatus Bloch. Schnauze verlängert, spitz. Rückenflossen ohne Dorn. Bh. granulatus Cuv., Ostindien. Ehynchohatus, Trygonorhina Müll. Henle. 2. Fam. Torpedidae, Zitterrochen. Körper nackt, vorn abgerundet, mit kurzem fleischigen Schwanz. Die Zähne sind spitz oder platt. Zwischen Kopf, Kiemen und dem Innern Rande der Bauchflossen findet sich ein electrischer Apparat, bestehend aus zahlreichen aufwärts stehenden Säulchen, deren Endflächen oft durch die Haut des Rückens und des Bauches durchschimmern. Torpedo Dum. Schwanz mit einer Falte jederseits. Rückenflossen ohne Dorn. 912 2. Ordnung. Ganoidea, Schmelzschupper. T. narl-e Arist. , T. marmorata Risso, im Mittelmeer und Ocean. Narcine Henle {hrasiliensis). Hypnos Dum. 3. Farn. Rajidae, Rochen. Die Brustflossen des rhomboidalen scheibenförmigen Körpers reichen von der Schnauze bis zu den ßauchflossen. Die beiden Rücken- flossen sind ganz auf die Spitze des dünnen Schwanzes gerückt, welcher eines Stachels entbehrt. Die Oberfläche der Scheibe rauh, mit Stacheln. Meist spitze Pflasterzähne, die Männchen mit Stacheln an der Brustflosse. Raja Arted. Schwanz von der Scheibe scharf abgesetzt, mit 2 Rücken- flossen, jederseits mit Faltei Geschlechter nach Form der Zähne und Hautstacheln verschieden. R. clavata L., R. maculata Montg., Europ. Küsten, R. miraletus L., Südeurop. Küsten , R. batis L. , Europ. Küsten u. a. A. Plati/rhina Müll. Henle, Sympterygia Müll. Henle. 4. Fam. Trygonidae, Stechrochen. Die Brustflossen stossen vor dem Kopf zusammen und bilden die vorderste Spitze der Scheibe. Der spitze peitschen- förmige Schwanz endet oft ohne Flosse \ind trägt einen oder mehrere Stacheln. Tryyon Adans. Schwanz lang, ohne Flosse, mit einem langen jederseits ge- sägtem Stachel bewaffnet. Tr. imstinaca L. [Pastinaca marina Beil.), Atl. Ocean, Japan. Tr. violacea Bonap. , Mittelmeer u. a. A. EUipesurua Schomb. , Uro- gymnus, Taeniura, Fteroylatea, Urolophus Müll. Henle. 5. Fam. Myliohatidae , Adlerrochen. Die Brustflossen verlieren zu den Seiten des Kopfes ihre Strahlen, bilden aber vor dem Kopfe eine Art von Kopf- flosse , welche die Spitze der Scheibe ausmacht. Die Zähne sind Pflasterzähne, indess sehr verschieden nach dem Alter. Augenlider fehlen. Der lange peitschen- förmige Schwanz mit einer Rückenflosse an der Wurzel und einem Stachel hinter derselben. Myliöbatis Cuv. M. aquila L. , im Mittelmeer. AHohatis Müll. Henle, Cephaloptera Dum., Rhinoptera Kühl. 2. Ordnung. Ganoidei'), Schmelzschupper. Knorpel- und Knochenfische mit meist rhombischen gefaxten tichmeU Schlippen oder mit Knochcnschildern der Haut und sog. Flossen- schindeln {Fidcra) , mit Klappenreihen des mushidösen Aortenconus, freien Kiemen und Kiemendechel , mit Chiasma der Schierven und Spirallduppe des Darmes, zuweilen mit Spritdöchern. Die Gaiioiden wurden zuerst von L. Agassiz als Ordnung unter- schieden , freilich unter Hinzuziehung der Plectognathen, Lophobranchier 1) L. Agassiz, On a new Classification of Fishes etc. Edinb. new. Phil. Journ. vol. 1835. Derselbe, Recherches sur les poissons fossiles. Neuchatelles. 1832—1843. J. Müller, lieber den Bau und die Grenzen der Ganoiden. Abhandl. der Berliner Academie. 1846. H. Franque, Diss. inaug. JSTonnulla ad Amiam calvam etc. Berolini. 1S47. A. Wagner, De Spatulariarum anatome. Diss. inaug. Berolini. 1848. Hyrtl, Wiener Sitzungsb. 1852. Ueber den Zusammenhang der Geschlechts- und Harnwerkzeuge bei den Ganoiden. Wien. Denkschr. Tom. VIII. 1854. Th. Huxley, Preliminary Essay upou the systematic arrangement of the Schuppenbilduug. Ökelet. 913 und Silnroideen, die später von J.Müller zu den Teleostiern verwiesen wurden. Auch hat es sicii gezeif^t, dass der Character dor Scluippen- bildung, welcher zu der Benennung der Ordnung Anlass gab, keines- wegs ein allgemeiner und durchgreifender ist, wenngleich die Bedeutung desselben namentlich mit Rücksicht auf die fossilen in dem Schuppenbau übereinstimmenden Fischreste der altern Formationen nicht unterschätzt werden darf. Vornehmlich in den altern Formationen (Sauroiden, Lepi- doiden, Fycnodontcn) war die Ordnung reich und mannichfach vertreten, während sie gegenwärtig nur wenig lebende Repräsentanten {Lepido- steus, Folyptcnis , CalanioichtJiys^ Amin, Acipenser , Scnphirhynchus, Spatularia) besitzt. Immerhin ist die Grenze nach den Teleostiern hin schwer zu ziehen, ja man kann sagen, gar nicht festzustellen, da wir wieder einen einzigen absoluten Differenzialcharakter allen Ganoiden gemeinsam finden (selbst die Spiralklappe des Darmes, deren Besitz sie mit den Plagiostomen theilen, ist bei Amia und Lepidosteus rudi- mentär), noch auch überall genau wissen, wie die Organisation der fossilen sog. Ganoiden beschaiien war. Nur ausnahmsweise wie bei den Spahdarien ist die Haut nackt, bei den Stören trägt sie grosse Knocheiischilder in weit von einander getrennten Längsreihen, oder wie am hintern Köipertheil von Scaphi- rhynchus dicht anliegende! Ganoidtafeln. Häufiger ist die Haut von charakteristischen rhombischen Schmelzschuppen getäfelt, die zwar ebenso wie die gewöhnlichen Schuppen der Knochenfische in den Taschen der Haut eingebettet liegen, aber sich doch wesentlich von jenen unter- scheiden. Dieselben sind knöchern, stets mit einer glatten Schmelzlage überzogen und stehen meist durch gelenkige Fortsätze verbunden in schiefen Binden um den KCtrper. Indessen gibt es auch Ganoiden mit runden biegsamen Schuppen, welche mit denen der Teleostier nahezu übereinstimmen, wie selbst auch die feinere Schuppenstruktur ') nicht in allen Fällen durchgreifende Unterschiede bietet. Knochenkörperchen findet man zwar in allen (Tanoidschuppen , aber z. B. auch in den Schuppen der Panzerwelse und Thunfische, während der Schmelzbelag bei Acipenser und manchen fossilen Ganoiden fehlt. Der sog. Schmelz möchte überhaupt nichts anderes als die harte strukturlose Lage der Schuppensubstanz ohne Knochenkörperchen und Dentinröhrchen sein. Nach der Beschaffenheit des Skeletes erweisen sich die Ganoiden theils als Knorpelfische, theils als Knochenfische. Es beginnt das Skelet Fishes of the Devonian Epoch. Mem. Geol. Survey. London. 1861 und 1866. Chr. Lütken, Ueber die Begrenzung und Eintheilung der Ganoiden. üebersetzt von V. Willemoes-Suhni. Palaeontographica. 1872. Vergl. ferner die Abhandlvmgen von Heckel, Kner, Fand er, Egerton, Kölliker, Günther, Gegenbaur u. e. 1) Vergl. die Untersuchungen Willitimson'.s und IvüUikL'r'a. " Claus, Zoologie. 3. Auflage. 58 914 Ganoiden. Anatomische Charaktere. sowohl bei fossilen als unter den jetzt lebenden Fischen bei den Stören mit Formen, welche durch die Persistenz der Chorda und die Bildung oberer und unterer knöcherner Bogenstücke den Anschluss an die Chi- maeren vermittlen. Stets findet sich aber in der Umgebung der grossen- theils knorpligen Schädelkapsel eine äussere knöcherne Schädeldecke, sowie auch das Kiefersuspensorium, die Kiefer, Kiemenbogen und Kiemen- deckel eine knöcherne Beschaffenheit besitzen. Bei den sog. Knochen- ganoiden aber wird der Primordialschädel durch einen knöchernen Schädel mehr oder minder vollständig verdrängt und die Wirbelsäule in allmäh- liger Ausbildung zu einer knöchernen umgestaltet, indem die Wirbel durch verschiedene Zwischenstufen (Halbwirbel fossiler Ganoiden), die biconcave Wirbelform der Teleostier erhalten und sogar noch darüber hinaus bei Lepidosteus eine Entwicklungsphase erreichen, welche durch vordere Gelenkköpfe an die opisthocoelen Wirbel der Reptilien anschliesst. Auch treten ziemlich allgemein knöcherne Rippen auf. Die Brustflossen zeigen eine ansehnliche Grösse und bei manchen fossilen Gattungen eine höchst absonderliche Form. Die Schwanzflosse ist gewöhnlich heterocerk und nimmt zuweilen in ihrem obern Lappen das Ende der Wirbelsäule auf, doch gibt es allmählige Uebergänge bis zur {diphyocerhen) Homocercie. Alle Flossenstrahlen sind gegliedert und gespalten. Eigenthümlich sind den meisten Ganoiden stachelartige Schindeln, Fidcra, welche den obern Rand und ersten Strahl der Flossen namentlich der Schwanzflosse in einer einfachen oder doppelten Reihe bekleiden. Auf diesen Charakter, der besonders für die fossilen Fische verwerthbar ist, legte Joh. Müller einen so grossen Werth, dass er ihn als Erkennungsmerkmal der Ganoiden bezeichnete. »Jeder Fisch mit Fulcra am vordem Rande einer oder mehrerer Flossen ist ein Ganoid«. Von ganz besonderer Bedeutung erscheinen die anatomischen ') Merkmale, durch welche sich die Ganoiden als von den Knochenfischen nicht unwesentlich verschieden und in weit näherer Verwandtschaft zu den Selachiern erweisen, Wie bei diesen letztern erhält der obere Theil der Herzkammer als Conus arteriosus die Bedeutung eines rhythmisch 1) Neuerdin^ weichen die Systematiker in der Werthschätzung der anato- mischen Charaktere, ohne welche die Abtheilung der Ganoiden hinfällig sein würde, bedeutend ab. Während Günther die Bedeutung derselben, wie uns scheint überschätzt, indem er auf Grund des gemeinsamen contraktilen Conus arteriosus, der Spiralkappe und des Chiasma Plagiostomen, Ganoiden und Dipnoer als Unterklasse mit dem Namen »Palaeiclühyes*. zu vereinigen vorschlägt, lässt umgekehrt Lütken im Anschluss an He ekel gewiss mit noch grösserm Unrecht die anatomischen Merkmale ganz fallen und geht so weit, die Ganoiden nur noch als Unterordnung der physostomen Knochenfische anzuerkennen. Nur die Euga- noiden, Pycnodonlcn und Crossopteiygii werden von ihm als Ganoiden betrachtet. Fortpflanzung. Eintheilung. 915 pulsirendcn Herzabsclinittes. Auch finden sich im Innern des letzten mehrere Längsreihen von Klappen (bei Lepidosteus 5 Reihen von je 8 Klappen), welche bis an den obern Rand des Muskelbelcges reichen und während der Pause des Herzschlags den Rücktritt des Blutes aus der Arterie in den Bulbus verhindern. Die Kiemen liegen stets wie bei den Teleostiern frei in einer Kiemenhöhle unter einem Kiemendeckel ; an diesem tritt oft noch eine grosse accessorische Kieme auf, welche venöses Blut aus dem vordersten Kiemenbogen empfängt. Diese respi- ratorische Nebenkieme (fehlt bei Amia, Spatularia) ist von der Pseudo- branchie des Spritzloches wohl zu unterscheiden , mit der sie zugleich vorhanden sein kann (Äcipenser , Lepidosteus). Auch treten in der Regel Spritzlöcher (dieselben fehlen jedoch bei Lepidosteus und Scaphirhynchus) wie bei den Plagiostomen auf, die noch bei keinem Teleostier beobachtet worden sind. In der Bildung des Darmes nähern sich die Ganoiden ebenfalls den Rochen und Haien und besitzen eine Spiralklappe {Lepidosteus freilich nur ein Rudiment) im Dünndarm, jedoch ist der Enddarm nicht als Kloake verwendet. Alle besitzen eine Schwimmblase mit Luftgang (daher mehrfach den Plagiostomen zuge- zählt), bald mit glatter, bald mit zeUiger Innenwand und wie Hyrtl nachgewiesen zwei Oeffnungen ') von Peritonealkanälen zu den Seiten des Afters zur Communication der Leibeshöhle mit dem umgebenden Medium (wie dies auch bei den Chimären und Plagiostomen der Fall ist). Die Sehnerven laufen nicht kreuzweise übereinander, sondern bilden ein Chiasma mit partiellem Austausch der Fasern. Die Geschlechtsorgane schliessen sich im Allgemeinen denen der Selachier an , zeigen indess mehrfache bemerkenswerthe Eigxmthtinilichkeiten. Die beiden Eierstöcke sind ohne innere Höhle und lassen die reifen Eier in die Bauchhöhle gelangen. Aus dieser treten sie in einen trichterförmig beginnenden Eileiter, welcher in den Harnleiter oder in das entsprechende Hörn der Harnblase {Spatularia, Lepidosteus) einmündet, oder auch mit dem Oviduct der andern Seite vereinigt hinter dem After durch einen ein- fachen Genitalporus , welcher die kurze Urethra aufnimmt, ausführt (Hyrtl). In jenen Fällen führt von der Blase ein canalis urogenitalis nach dem hinter dem After gelegenen Urogenitalporus. Auch im männ- lichen Geschlechte fungiren aufl'allenderweise die nämlichen Abdominal- trichter als Samenleiter. Man kann die jetzt lebenden Ganoiden mit J.Müller in Knochen- ganoiden und Knorpelganoiden eintheilen , ohne hiermit jedoch für die natürliche Gruppirung viel zu gewinnen. Da von den so zahlreichen fossilen Ganoiden innnerhin nur spärliche Anhaltspunkte von der Innern 1) Hyrtl, Uebei" die pori abdominales etc. Wiener Sitzungsber. 1852. 58* 916 Ganoiden. Acanthodides. Placodertnata. Chondrostei. Organisation vorliegen, und aiulererseit.s nach den Flagiostomen, Bipnoern und Tehostiern hin keine scharfe Grenze zu ziehen möglich ist, so wird die Eintheilung eine nur provisorische sein können. 1. Gruppe. Acanthodides, Kleinschupper. Verbindungsglieder von Chondropterygiern und Ganoiden. Schädel noch vorwiegend knorplig, mit weit nach oben liegenden Augen. Schuppen rhombisch, aber ausser- ordentlich klein, ein fast chagrinartiges Ansehn bietend. Schwanz hetero- cerk, ohne Schindeln an der Firste der Flosse. Stachelbewaffnung vor den Flossen. Fossil in der Devonischen- und Steinkohlenformation. Fam. Acantlwdidae mit den Gattungen Acanthodes Ag. , Chiracanthus kg., Biplacanthus Ag. u. a. A. 2. Gruppe. Placodermata, Panzerganoiden. Kopf und Brust ähn- lich wie bei den Panzerwelsen mit breiten Knochenplatten bedeckt, deren äussere Oberfläche mannichfache Vorsprünge zeigt. Schwanzregion mit Ganoidschuppen besetzt {Pterichthps Ag.) oder nackt (Coccosteus Ag.). Gehörten ausschliesslich den ältesten Foimationen an. Die über die Organisation vorliegenden Anhaltspunkte reichen nicht zur Bestimmung der systematischen Verwandtschaft aus. 1. Fam. Pterichthyidae mit den Gattungen Pterichthys Ag., Qoccosteus Ag. 2. Fam. Cephalaspidae mit den Gattungen Pteraspis Kner., Cephalsspis Ag. u. a. aus den devonischen und obersilurischen Formationen, die mit als die ältesten Fische gelten können. Diese hatten ein knorpliges Skelet und standen den Chon- drosteiden näher. Kiefer und Zähne derselben sind bislang nicht bekannt geworden. 3. Gruppe. Chondrostei. Knorpelganoiden mit persistirender Chorda und nur spärlichen Kiemenhautstrahlen oder ohne dieselben. Schwanzflosse heterocerk , mit Fulcra. Schädelkapsel knorplig, von Hautknochen übei'deckt. Die Zähne sind sehr klein oder fehlen ganz. Haut nackt oder mit Knochenplatten anstatt der Schuppen. 1. Fam. Acipenseridae, Störe, Knorpelganoiden von langgestrecktem Körper, dessen rauhkörnige Haut mit fünf Längsreihen von gekielten Knochenschildern bepanzert ist. Der Kopf verlängert sich in eine platte zugespitzte mit Barteln versehene Schnauze, an deren unterer Fläche der zahnlos vorstreckbare Mund weit nach hinten rückt. Die weite Kiemenöffnung wird von dem Kiemendeckel bei fehlenden Radii branchiostegi nitht vollständig geschlossen. Kiemendeckelkieme und Spritzlöcher vorhanden. Paarige und unpaare Flossen sind wohl entwickelt und mit gegliederten biegsamen Strahlen versehen. Die Eückenflosse liegt weit nach hinten über der Afterflosse, auch die Bauchflossen sind weit nach hinten un- mittelbar vor die Afteröfihung gerückt. Die heterocerke sichelförmige Schwanz- flosse nimmt in ihrem obern Lappen das Ende der Wirbelsäule auf und trägt auf der Firste des obern Lappens eine einfache Reihe von Schindeln. Die Störe sind in zahlreichen Arten in den Meeren der nördlichen Halbkugel verbreitet, beson- ders im schwarzen und kaspischen Meere und als Wander- und Zugfische bekannt, die in die Ströme und deren Nebenflüsse aufsteigen. Sie erreichen eine bedeutende Acipenseridae. Spatularidae. Pycnodontides . 917 Grösse und bilden nicht nur des schmackhaften Fleisches, sondern auch der Eier (Caviar) und der Schwimmblase (Hausenblase) halber einen wichtigen Handels- artikel. Acipenser L. Die Knochenschilder der Haut reichen bis über den Schwanz. Die Zwischenhaut nackt, durch kleine Schüppchen rauh. A. stuvio L. , Stör, wird 10 Fuss lang. A. ruthemis L., Sterlet, kleiner und sehr verbreitet im schwarzen und kaspischen Meere. A. huso L., Hausen. A. stellatus Fall. Scherg. u. a. A. Scaphirhynclius Heck. Körper hinter den Bauchflossen überall mit Schildern bedeckt und deprimirt. Schwanz in einen Faden endigend. Sc. catapliractus Gi'ay, Mississippi. Auch fossile Formen sind bekannt als Chondrosteus acipenser oides Ag. Lynie-Regis. 2. Fam. Spatularidae, Löftelstöre. In den Flüssen Nordamerikas. Dieselben unterscheiden sich von den Stören durch ihre nackte, nur an der Schwanzflosse mit Schindeln bedeckte Haut und durch die Spitze des Kiemendeckels, auch durch die Gestalt der Schnauze, welche zu einem langen, flachen, spateiförmigen Anhang ausgezogen ist. Die accessorische Kieme fehlt, ebenso die Barteln. Die Kiefer sind in der Jugend mit kleinen Zähnen besetzt. Spatularia Sh. -.= Polyodon Lac. P. folium Lac, Mississippi P. gladius Martens, Yantsekiang. 4. Gruppe. Fycnodontides [Lcpidopleurides). Körper kurz und hoch, stark compriniirt, den jetzt lebenden Chactodonten ähnlich, mit breiten rhombischen Schnielzsclnippen und eigenthündichcn Hautrip])en, welche den Vorderkörper oder den ganzen Leib wie mit einem Latten- werk umgeben, an dem die Schuppen (wie Dachziegeln auf Latten) gestützt waren. Diese Hautrippen entspringen an zwei Reihen von Schildern, die auf Bauch- und Rückenkante lagen (konnten indessen möghcherweise ausschliesslich von den verdickten ineinandergreifenden Vorderrändern der Schuppen gebildet sein). Chorda persistent. Rippen und obere Bogen ossificirt. Wirbel kürzer in verschiedenem Grade discret. Bauchliossen klein, mitten am Bauche sitzend, zuweilen ganz fehlend. Ausschliesslich fossil in der Kohlenformation beginnend und bis in die älteste Tertiärzeit reichend. 1. Fam. Platysomidae. Paläozoische Lepidopleuriden von kurzer rhombischer Gestalt, mit vollkommen heterocerker, hinten gleichmässig abgeschnittener Schwanz- flosse. Starke Fulcra am obern Rande derselben oder auch der übrigen Flossen. Chorda freiliegend, zuweilen von schwachen Halbwirbeln umgeben. Einige hatten spitze kegelförmige, andere stumpfe und cylindrische Zähne, wieder andere trugen Zahnplatten auf Kiefern und Gaumen. Platysomus Ag. 2. Fam. Pleurolepidae. Von rundlicher oder langgestreckt ovaler Form mit homocerkem Schwanz. Zähne cylindrisch, stumpf zugespitzt. Fulcra vor- handen. Fast ausschliesslich auf die ältere Juraformation beschränkt. Pleurolepis Quenst. 3. Fam. Pycnodontidae s. str. Ohne Fulcra mit homocerker Schwanzflosse. Wirbel vorhanden. Zähne rundlich, kegel- oder meisselförmig, in regelmässigen Reihen, oben am gewölbten Gaumen, unten an der Innenseite des Unterkiefers angebracht. Bauchflossen stets vorhanden, Grossentheils mesozoisch aber bis in die Tertiärzeit reichend. Gyrodus Ag., Mesodon Wagn., Pycnodus Ag. u, z. a. G. 018 Ganoiileu. Crossopterygii. Euganoides. 5. Gruppe. Crossopterygii, Quastenflossige Ganoiden. Mit zwei breiten Kehlplatten anstatt der Kiemenhautstrahlen (zuweilen auch noch kleinern seitlichen) und meist zugespitzter (diphyocerker) Schwanzflosse. Die Brustflossen sowohl wie die weit nach hinten gerückten Bauchflossen werden von einem beschuppten Schafte getragen, welchen die Strahlen umkleiden. Fulcrcn fehlen. Schuppen bald dünn und cycloid, bald stark und rhombisch. Zwei oder eine lange vielspaltige Rückenflosse. Grossentheils ausgestorben. Sie führen durch die Ctenodipteriden zu den Dipnoern und Amphibien hin. 1, Fam. Coelacanthidae. Mit cycloiden Schuppen. Zwei Rückenflossen, von denen jede von einem einzelnen Interspinale getragen wird. Schwimmblase verknöchert. Chorda persistent. Rippen rudimentär. Steinkohlenformation. Coelacanthus Ag. 2. Fam. Phaneropleitridae. Mit cycloiden Schuppen und langer ungetheilter Rückenflosse, die durch zahlreiche Strahlenträger gestützt wird. Zähne kegelförmig. Bauchflossen sehr lang. Phaneropleuron Huxl. 3. Fam. Ctenodipteridae. Mit cycloiden Schuppen und 2 Rückenflossen. Pflasterzähne. Ctenodus, Dipterus Ag. 4. Fam. Glyptodipteridae. Mit runden oder rhombischen tief sculptirten Schuppen und 2 Rückenflossen. Zähne dendrodont. Holoptychius Ag. , Glypto- lepis Ag. , Dendrodus Ow. 5. Fam. Rhomhodipteridae. Mit glatten rhombischen Schuppen und zwei Rückenflossen. Hechelzähne. Diplopterus Ag. , Osteolepis Ag. , Megalichthys Ag, 6. Fam. Polypteridae, Flösselhechte. Mit rhombischen Schuppen und viel- theiliger langer Rückenflosse. Kopf abgeplattet, mit weiter endständiger Mund- spalte, über deren oberm Rand 2 Barteln sitzen. Die Kiefer mit Hakenzähnen oder mit Borstenzähnchen bewaff'net. Zwei von knöchernen Klappen bedeckte Spritzlöcher sind vorhanden, dagegen fehlen sowohl Nebenkieme als Pseudo- branchien. Eigenthümlich ist die grosse Zahl von getrennten Rückenflossen, deren jede aus einem Stachel und aus einem an dessen hinterer Seite befestigten fahnen- artigen Flösschen von gegliederten Strahlen besteht. Sehr complicirt ist die innere Höhlung der Nase, in welcher sich ein Labyrinth von 5 häutigen parallel um eine Achse gestellten Nasengängen entwickelt. Die Schwimmblase besteht aus zwei seitlichen ungleich grossen Säcken und mündet an der Bauchseite des Schlundes. Polypterus GeofFr. Mit 2 wohl entwickelten Bauchflossen, bewohnt die Ströme Afrika's. P. bichir Geoff'r. [Senegalus). Mit 8 bis 16 Flösschen. Calamoichthys Smith. Ohne Bauchflossen. C. calaharicus Smith. 6. Gruppe. Euganoides, Knochengauoiden. Mit rhombischen Schuppen, meist mit Fulcralbesatz am vordem Rande der Flossen. Zahlreiche Kiemenhautstrahlen. Bauchflossen zwischen Brust- und Afterflosse. 1. Fam. Lepidostcidae, Knochengauoiden von langgestreckter hechtähnlicher Körperform mit weit nach hinten gerückter Rückenflosse und scharf abgeschnittener heterocerker Schwanzflosse. Sämmtliche Flossen tragen eine Doppelreihe spitzer Schindeln auf dem vordem Rnnde, die Schwanzflosse auch auf der untern Kante. Der Kopf verlängert sich schnabelförmig in eine breite spitze Schnauze, deren lange Kiefer mit einzelnen grossen gefalteten Fangzähnen und zahlreichen kleinen 3. Ordnung. Teleostei, Knochenfische. 919 Borstenzähnchen bewaffnet sind. Spritzlöcher fehlen, dagegen findet sich sowohl eine Nebenkieme am Kiemendeckel als eine Pseudobranchie. Die Wirbelkörper articuliren wie bei den Reptilien durch vordere Gelenkköpfe und hintere Pfannen. Die in zwei Seitenhälften getheilte Schwimmblase enthält zwischen den zelligen Feldern ihrer Wandung Fleischbalken ausgespannt und öft'net sich durch einen länglichen Schlitz in die obere Schlundwand. Sie erreichen zum Theil eine be- deutende Grösse und bewohnen die grössern Ströme Nordamerikas. Lepidosteus Lac, L. platystomus Raf., L. oaseus L., L. spatnla Lac. Den Knochenhechten schliessen sich die vorweltlichen Lepidotiden an, deren Oberkiefer aus einem Stück gebildet ist, mit zahlreichen emaillirten Kiemenhaut- strahlen. Nach J. Müller sind diese Ganoiden am natürlichsten nach der Be- schaftenheit der Wirbelsäule, nach dem Besitze von einer oder zwei Reihen von Fulcra oder dem Mangel der Fulcra in Familien abzutheilen. Unter den hierher- gehörigen Formen ist besonders die im Kupferschiefer häufige Gattung Palaeoniscus Ag., ferner Lepidotus und Dapedius Ag. hervorzuheben. 7. Gruppe. Amiades. Knochenganoiden mit grossen runden Schmelzschuppen, knöchernen Kiemenhautstrahlen und heterocerkem Schwanz, ohne Fulcra. 1. Fam. Amiadae, Kahlfische. Von langgestrecktem Körper, mit kleinen hecheiförmigen Zähnen in den Kiefern. Im Aortenbulbus finden sich nur 2 Klappen- reihen, auch ist die Spiralklappe nur wenig entwickelt. Kiemendeckelkieme fehlt. Schwimmblase doppelt und im Innern von zelliger Beschaffenheit. Längs des Rückens verläuft eine sehr lange Rückenflosse bis in die Nähe der abgerundeten Schwanzflosse. Fulcra fehlen. Leben in den Flüssen Carolinas und nähern sich am meisten den Knochenfischen (Clupeiden), mit denen sie von Manchen wieder vereinigt werden. Amia L., A. calva Bonap. Auch tertiäre Formen gehören hierher (Notaeus Ag., Amiopsis Kn.). Die jurassischen Familien der Leptolepiden {Thrissops Ag., Leptolepis Ag.), Platyuri {Megalurus Ag., OligopleurusUhiol.) und Caturi {Caturus Ag. , Pachycormus Ag.) sind höchst wahrscheinlich keine Ganoiden, sondern Teleostier, die in die Nähe der Clupeoideen und Salmoniden zu stellen sein möchten •), 3. Ordnung: Teleostei'), Knochenfische. Fische mit knöchernem Skelet und gesonderten Wirbeln, mit freien (jederseits meist 4) Kiemen und äusso-m Kiemendechelairparat , mit nur 2ivei Klappen im Grunde des einfachen Äortenbidbus, ohne Chiasma der Sehnerven, ohne Spritzlöcher und Spritslochpseudobranchien, meist mit Nebcnhieme (Kiemendechelpseudobranchie) , ohne Spiralhlappe des Darmes. Die Knochenfische umfassen die bei weitem grösste Zahl aller 1) Sie würden dann die ältesten Physostomen repräsentiren. Jedenfalls wird man nur beistimmen können, die willkürliche Doctrin Agassiz's, nach welcher sämmtliche altern Formationen als der Kreide angehörige Fische Ganoiden sein müssten, endlich beseitigt zu sehn. 2) Vergleiche die zahlreichen bereits beim allgemeinen Theil citirten Werke, 920 Knochenfische. Kiemen. Skelet. Fische unrl werden abgesehen von der knöchernen Beschaffenheit des Skeletes, welcher keineswegs der Werth eines durchgreiiendcMi Criteriums zukommt, vorzugsweise durch eine Reihe anatomischer Merkmale von den Knorpelfischen und Ganoiden abgegrenzt. Sie besitzen einen ein- fachen Aortenbulbus ohne muskulösen Beleg der Wandung mit nur zwei Klappen, welche am Ursprünge des Bulbus einander gegenüber liegen. Der Bulbus am Arterienstil der Knochenfische ist keine Herzabtheilung mit selbstständiger Pulsation, sondern der verdickte Anfang der Arterie. Spritziöcher und eine Spiralklappe des Darmes kommen niemals vor. Die Sehnerven laufen stets in einfacher Kreuzung (oder Durchbohrung) ohne Chiasma übereinander. Die meist kammförmigen Kiemen liegen wie bei den Ganoiden frei in einer Kiemenhöhle, unter einem Kiemen- deckel, an welchen sich eine durch Radii branchiostegi gestützte Kiemen- deckelhaut anscldiesst. Es sind in der Regel 4 vollständige doppelt- blättrige Kiemen und 5 Kiemenspalten vorhanden, indem auch zwischen der letzten Kieme und dem Schlundknochen eine Spalte bleibt. Reducirt sicli durch Ausfall der hintern Kiemenbiattreihe die Zahl der Kiemen auf 3r] {Labroidcn, einige Cataphracten und Gobioiden) , so fällt auch die letzte Spalte hinweg. Bei den Pedicidaten und Gymnodonten finden sich sogar meist nur 3 , selten durch den Ausfall der vordem Kiemen 2=1 {Malthe), bei Ämphipnous endlich nur 2 Kiemen an jeder Seite. Accessorische Kiemen am Kiemendeckel fehlen stets, dagegen treten häufig FseudohrancJiien auf, welche entweder kammförmig oder drüsig und im letztern Falle von der Schleimhaut überzogen sind. Dieselben geben zuweilen vortreffliche Charactere für ganze Familien {üyprino- donten, Süuroiden u. a.) oder in andern Fällen Merkmale zur Unter- scheidung der Gattungen ab. Das Skelet characterisirt sich durch die wohlgesonderten meist knöchernen Wirbel und durch die festen Schädel- knochen, unter welchen freilich oft noch Reste der ursprünglichen knorpligen Primordialkapscl zurückbleiben. Systematisch wichtig er- scheint die besondere Gestaltung des Oberkiefergaumenapparates, die feste Verbindung (Fleciognathen) oder die mehr oder minder ausgebil- dete Verschiebbarkeit seiner Knochen, insbesondere des Zwischenkiefers, sowie die überaus mannichfache Bezahnung. Sämmtliche die Raclien- höhle bis in den Schlund hinein begrenzenden Knochen können Zäiine tragen, fehlen solche in den Kiefern und an den Knochen der Rachen- höhle, so s'nd sie oft an den beweglich gesonderten untern Schlund- knochen in ansehnlicher Grösse und höchst charakteristischer Form insbesondere aber die Schriften von Cuvier, J. Müller, Günther u. a., ausser- dem die faunischen "Werke und Schriften von Kröyer, C. B. Klunziuger, Heller, Kner, Steindachner, Ed. v. Martens, Bleeker, Nilsson, Kisso, Canestrini u. a. Flossenstrahlen. Flossenstellung. 921 entwickelt (SchluiKlzähno der Cyprwoiden). Seitenor sind die unteren Schlun(lknoch(>n zu einem einzig(>n unpaaren Knochenstiicki; vereinigt (Vhm-jimjngnathen). Auch die Bedeckung der Haut zeigt sich überaus verschieden, nur selten erscheint die Haut nackt oder scheinbar schuppen- los, indem ihre sein- kleinen Schuppen nicht über die Obertläche her- vorragen, häufiger treten in ihr knöcherne Schilder und Tafeln namentlich hinter dem Kopfe auf. In der Regel wird dieselbe von cycloiden oder ctenoiden dachziegelförmig gelagerten Schuppen bedeckt. Diese Schuppen, deren systematische Bedeutung auf engere Gruppen beschränkt bleibt, sind biegsam, meist aus mehrfachen Stücken zusammengesetzt und zeigen anstatt einer äussern Schmelzlage, wie sie für die Hautbedeckung der Ganoiden charakteristisch ist, zahlreiche conceutrische erhabene Linien an ihrer Oberfläche. Die Beschafl'enheit der Flossenstrahlen wurde schon von Cuvier zur Unter,schei(kmg der Knochenfische in Äcanfkopterygier und 3Iala- copterygkr benutzt. J. Müller') hat der Abgrenzung dieser beiden Gruppen dadurch eine grössere Sicherheit gegeben, dass er für die; nach Abzug der l'hari/ngogitathen übrig bleibenden Knochenfische zugleich die Bildung der Bauchflossen berücksichtigte, indem er darlegte, dass die Fische nnt kehlständigen Bauchflossen, welche nach der Beschaftenheit der weichstrahligen Rückenflosse Malacopterygier sein würden, sich durch den Besitz eines ungegliederten ersten Strahles ihrer Bauchtiossen als Acanthopterygier erweisen. Dieser Unterschied ist jedoch nicht auf die Bauchflosser anwendbar. Für die Gruppirung der Familien verwendet man nach Cuvier 's Vorgang sehr zweckmässig die Stellung der Bauch- flossen , die nur verhältnissmässig selten fehlen {Äpodes) und bei den Weichflossenstrahlern meist am Bauche {3IaL abdominales) oder an der Kehle (Mal. suhbrachii), bei den Hartflossenstrahlern grossentheils unter den Brustflossen {Ac. thoracici), seltener an der Kehle (Ac. siib- hrachii) stehen. Endlich hat auch der Bau der Schwinnnblase einen hohen systematischen Werth, wenn gleich der Anwesenheit derselben an sich keine besondere Bedeutung zukommt. Alle Acanthopterygier, sofern sie eine Schwimmblase besitzen, entbehren des Luftganges der Schwimm- blase. Dagegen verhalten sich die Weichflossenstrahler verschieden. Die Malacopterygii subbrachii Cuvier's und ein Theil der apodes stimmen im innern Bau der Schwimmblase mit den Hartflossenstrahlern überein und werden desshalb von J. Müller ah Anacanthini gesondert, Die Weichflossenstraliler, deren Bauchflossen, wenn sie vorhanden, eine abdominale Stellung haben, besitzen stets einen Luftgang der Schwimm- blase und werden von Joh. Müller als Fhysostomi unterschieden. 1) J. Müller, Beiträge zur Kenntniss dernatürl. Familien der Fische. Arcli. für Naturg. 1843. Tom. 9. 922 1. Unterordnung: Lophobranchii. Freilich bleibt die Abgrenzung der beiden letzten Gruppen unsicher, da die Familie der Sandaale (Ammodytes) sowohl der Schwimmblase als der Bauchflüssen entbehrt. Hinsichtlich der Organisation und Fortpflanzung zeigen die Teleostier die bereits im allgemeinen Tlieile hervorgehobenen Eigenthümlichkeiten der Fische am stärksten ausgeprägt. Harn- und Geschlechtsorgane münden hinter dem After entweder gesondert oder vereint auf einer ürogenitalpapille. Nur wenige Knochenfische gebären lebendige Junge, fast alle legen kleine Eier in sehr bedeutender Zahl an geschützten Brutplätzen ab. Viele Teleostier sind als Nahrungsmittel für ganze Völkerschaften von der grössten Bedeutung, und bilden den Gegenstand eines weit ausgebreiteten Erwerbszweiges. Um Beispiele für den jähr- lichen Ertrag der Fischereien zu geben, mag erwähnt werden, dass dieser nach Schmarda in England auf 12 Millionen Pfund St., in Nord- amerika auf 46 Millionen Dollar, in Frankreich auf 41 Millionen Francs, in Norwegen auf 14 Millionen Gulden, in Russland auf 5 Millionen Silberrubel, in Holland auf 3| Millionen Gulden geschätzt wird. Neuer- dings ist die Fischerei an vielen Orten durch die Erfolge der künst- lichen Züchtung') wesentlich gehoben. Von manchen Fischen soll der Genuss schädlich, ja tödtlich sein (eine Tetrodondixi). 1. Unterordnung: Lophobranchii'), Büschelkiemer. Knochenfische mit gepayiserter Haut, röhrenförmig verlängerter zahnloser Schnauze, mit büschelförmigen Kiemen und sehr enger Kiemenspalte. Der Hauptcharakter dieser Gruppe liegt in der eigenthümlichen Gestalt der Kiemen, welche im Gegensatz zu den kammförmigen Kiemen der übrigen Teleostier aus verhältnissmässig wenigen, knopfformig an- geschwollenen Blättchen bestehen. Wenn gleich diese Abweichung keines- wegs von wesenthcher Bedeutung ist, so dient sie doch als treffliches Unterscheidungsmerkmal. Auch reducirt sich die Kiemenspalte in Folge der Anheftung des meist einfachen Kiemendeckels an dem Schultergürtel auf ein kleines oberes Kiemenloch. Der durchweg langgestreckte Körper ist mit dünnen Knochenschildern gepanzert und verlängert sich in eine röhrenförmige Schnauze, an deren Spitze die kleine MundÖö"nung liegt. 1) Vergl. C.Vogt, Die künstliche Fischzucht. Leipzig. 1859. W. Wright, Fishes and Fishing, artificial breeding of Fish, anatomy of their senses, their lives, passions and intellects; with illustrative facts, London. 1858. 2) Verg]. Eckström, Die Fische in den Scheeren von Mörkö etc. Berlin. 1835. Quatrefages, Memoire sur les embryons des Sygnathes. Ann. scienc. nat. 2 Ser. Tom. 18. 1842. Kaup, Uebersicht der Lophobranchier. Archiv für Naturg. 1853. Vergl. ferner die Arbeiten von Rathke, Retzius, v. Siebold u. a. Pegasidae. Solenostomidae. Syngnathidae. 923 Die Brustflossen sind klein, nur ausnahmsweise von enormer Grösse und flügelartiger Ausbreitung, dahingegen die Bauchflossen stets ver- kümmert. Auch das System der unpaaren Flossenkämme zeigt sich wenig entwickelt. After und Schwanzflosse fehlen häufig, dagegen findet sich stets eine kleine Rückenflosse, welche bei einigen {Hippocampus) sehr rasch hin- und her geschlagen werden kann und als Strudelorgan fungirt. Schwimmblase einfach ohne Luftgang oder fehlend. Die Lopho- branchier sind kleine, zwischen Seetang lebende Fische, die kaum eine speciellere Beachtung finden würden, wenn sie nicht ein so merkwürdiges Beispiel von Brutpflege der Männchen lieferten. Diese besitzen meist an der Wurzel des Schwanzes zwei Hautklappen (Syngnathus) , die sich zu einem Sacke umgestalten können {Hippocampus), in welchem die Eier aufgenommen und ausgebrütet werden. In anderen Fällen werden die Eier in Reihen auf Brust und Bauch oder am Schwanz getragen. 1. Farn. Pegasidae. Von plattgedrückter Körpergestalt mit grossen flügei- förmig ausgebreiteten Brustflossen und Meinen Bauchflossen. Eine Rückenflosse und Afterflosse. Kiemenblättchen mehr lamellös. Pegasus L. P. volans L., in Ostindien. P. natans L. u. a. A. 2. Farn. Solenostomidae. Von comprimirter Körperform. Kiemenöfi"nungen weit, die vordere der beiden Rückenflossen sehr entwickelt, ohne gegliederte Strahlen. Schwimmblase fehlt. Solenostoma Lac. (Bleek.). S. paradoxa (Fistularia) PalL, Amboina. 3. Fam. Syngnathidae. Von cylindrischer oder seitlich comprimirter Körper- form, mit sehr enger Kiemenöff"nung und nur einer Rückenflosse, mit kleinen Brustflossen, ohne Bauchflossen. 1. Subf. Syngnathinae. Schwanz meist mit einer Flosse, nicht zum Greifen befähigt. Siphonostoma Kp. Körper nicht verbreitert mit distinkten Kanten. Brust- und Schwanzflosse wohl entwickelt. Schulterknochen beweglich. S- typhle L., Mittelmeer. Syngnathus Art. Die Rückenkante des Rumpfes von der des Schwanzes ab- gesetzt. Schulterknochen zu einem Brustring verwachsen. Männchen mit Eier- tasche und Schwanz. S. actis L. , Ocean und Mittelmeer u. v. a. A. lehthyo- campus Kp., Urocampus Gnth. Doryichthys Kp. Schulterknochen vereinigt. Brust- und Schwanzflosse vor- handen. Männchen mit Eiertasche am Abdomen. I). brachyurus Bleek., Polynesien. Stigmatophora Kp. Schwanzflosse fehlt. Männchen mit Eiertasche am Schwanz. St. argus Richards., Australien. Nerophis Kp. Körper rundlich. Brustflosse fehlt. Schwanzflosse rudimentär oder fehlend. Männchen ohne Eiertasche, die Eier in Längsreihen angeheftet. N. aeqiwreus L., N. ophidion L., Nord- und Westküste Europas. 2. Subf. Hippocampinae. Schwanz zum Greifen dienend, ohne Flosse. Hinterkopf meist mit Stacheln. Hippocampus Cuv. Körper mehrkantig mit 10 bis 12 Ringen. Schilder zu Tuberkeln und Stacheln erhoben. Hinterhaupt mit einer Krone. Bruttasche des Männchens vorn offen. H. longirostris Cuv., Japan. H. antiquorum Leach., Mittelmeer. H guttulatus Cuv., Ocean und Indischer Archipel u. v. a. A. 924 2. Unterordnungr. Plectognathi. Phyllopteryx Sw. Die Auswüchse am Körper und Schwanz sind mit blätter- artigen Anhängen verziert. P/t. foliatus Shaw., Tasmanien. Solenognatlms Sw. Körper höher als breit mit 24 bis 26 Ringen. ,S. Hatrl- toicldi Gray, Indien und China. Gastrotolceiis Heck. Die Männchen tragen die Eier in Reihen auf Brust und Bauch. G. biaculeatiis Heck., Ind. Archipel. 2. Unterordnung. Plectognathi ' ) , Haftkiefer. Kuglige oder seitlich starlc comprimirte Knochenfische mit unhe- iveglich verwachsenem Oberkiefer und Zwischoildefer, enger Mundspalte lind starhem, oft hestacheltem Hautpan^er, meist ohne Bauchflossen. Die wiclitigsten Merkmale dieser Gruppe beruhen auf der freilich nicht durcligreifenden Verwachsung der Oberkiefergaunienknochen und der eigenthiinilicheii harten Hautbedeckung. Der grosse Zwischenkiefer bildet allein den oberu Rand der engen Mundspalte und ist sowohl mit dem Schädel als dem Oberkiefer fest verschmolzen, eine EigenthUmlich- keit, die sich allerdings auch bei einigen Characinen (Serrosalmo) wieder- findet. Die dicke Lederhaut ist entweder mit grossen Knochentafeln und Schildern oder mit dünnern, in dreikantige Stacheln auslaufenden Platten oder mit harten rhombischen Schuppen bedeckt, kann aber auch wie bei den Selachiern durch eingelagerte Knochenkörner eine rauhe chagrinartige Beschaffenheit erhalten. Das Skelet zeigt eine verhältniss- mässig niedrige Stufe der Ausbildung, die Wirbelsäule bleibt kurz, aus nur wenigen (höchstens 20) Wirbeln zusammengesetzt und kann der Schlussstücke der obern Wirbelbogen entbehren, so dass der Rücken- markskanal oben in seiner ganzen Länge geöffnet ist (Diodon). Rippen fehlen in der Regel, dagegen besitzen fast alle eine grosse Schwimm- blase, welche stets des Luftganges entbehrt. Alle tragen kammförmige Kiemen, zuweilen aber nur auf den drei vordem Bogen und haben eine nur enge Kiemenspalte, da der gesammte Kiemendeckelapparat unter der Haut völlig verborgen bleibt. Die Bewaffnung der Kiefer besteht meist aus wenigen scharf schneidenden Zahnplatten, welche zum Zertrümmern von Krebs- und Muschelschalen dienen. Einige kuglige Plectognathen können sich aufblähen, indem sie ihren geräumigen Kehlsack mit Luft füllen, und treiben dann, ein Spiel von Wind und Wellen, mit dem Bauch nach oben gekehrt, an der Oberfläche des Meeres umher. Die Flossen 1) Cuvier, Memoire sur la composition de la machoire superieure des poissons. Mem. du Museum etc. JI. 1815, IV. 1818. Wellenbach, Observationes anatomicae de Orthagorisco mola. Diss. inaug. 1840. H. Hollard, Monographie de la famille des Balistoides. Ann. sc. nat. III. ser. Tom. 20. 1853, 4 ser. Tom. 1, 2 und 4. Derselbe, Monographie de la fam. des Ostracionides Ebend. ser. IV. Tora. 7. 1857. Derselbe, Etudes sur les Gymnodontes etc. Ebend. Tom. 8. 1857. Vergleiche ferner die zahlreichen Schriften und Abhandlungen von Bleeker. Sclerodermi. Gymnodontes. 925 sind in der Rrgel wenig entwickelt, die Brustflossen stehen hinter der engen Kienienspalte, Bauchttossen fehlen mit einer einzigen Ausnahme, wo sie durch Stachiün vertreten werden. Kücken- und Afterflossen ent- halten weiche gegliederte Strahlen, doch können zuweilen (Balistes) vor der Eiückenttosse grosse Stacheln auftreten, welche in hesondern Gelenken aufgerichtet werden. 1. Gruppe. Sclerodermi. Kiefer mit gesonderten Zähnen. 1. Fam. Ostracionidae, Kofferfische. Körperform kofferartig, dreikantig oder vierkantig , oft in hornartige Fortsätze auslautend , mit festem , aus polyedrischen Knochentafeln gebildetem Hautpanzer, an welchem nur die Flossen und der Schwanz beweglich sind. Die Kiefer mit nur wenigen Zähnen bewaffnet. Bauchflossen fehlen. Die zahlreichen Arten bewohnen nur tropische Meere. Ostracion Art. Mit einer kurzen stachellosen Rückenflosse, die der kurzen Analflosse gegenüber steht. 14 Wirbel. 0. triqueter L. , Westindien. 0. quadri- cornis L., Westafrika. (). {Aracana) aiirita Shaw., Südaustralien u. z. a. A. 2. Fam. Balistidac, Hornfische. Der seitlich comprimirte Körper mit rauh- körniger oder von harten rhombischen Schuppen bedeckter Haut und prachtvollen Farben. Ober- und Unterkiefer tragen nur wenige schneidende Zähne. Bauch- flossen fehlen oder werden durch einen beweglichen Stachel vertreten. Trotzdem aber findet sich stets ein kielartig vorspringender Beckengürtel. Auf dem Rücken erheben sich ein oder mehrere vordere grosse aufrichtbare Stacheln. Balistes L. Mit 3 Rückendornen, von denen der vordere bei weitem am stärksten ist. 7 bis 10 Wirbel. Obere Kinnlade mit einer doppelten Reihe von Kegelzähnen. B. stellatus Lac, Indien und Südsee. B. maculatus L. , Atl. und Ind. Ocean. Monacanthiis Cuv. Nur ein Rückenstachel und hinter demselben meist noch ein rudimentärer Dorn. M. pardalis Rüpp. , Ind. und Atl. Ocean. Anacanthiis barbatus Gray. 3. Fam. Triacanthidac. Schädel mit schwachen schuppenähnlichen Schildern bedeckt. Rückenflosse mit 4 bis 6 Stacheln. Ein Paar starker beweglicher Stacheln an Stelle der Bauchflossen. Triacanthus Cuv. Körper comprimirt. Zähne in doppelter Reihe, die äussern schneidend. Vordere Rückenflosse hinter dem starken Stachel mit 3 oder 5 kleinen Stacheln. Tr. brevirostris Schleg., China. Triacanthodes Bleek. 2. Gruppe. Gymnodontes. Kiefer in einen Schnabel umgestaltet, mit schneidender ungetheilter oder doppelter Zahnplatte. Rücken- stacheln fehlen. 1. Fam. Molidae. Körper sehr comprimirt, mit sehr kurzem abgestutzten Schwanz. Flossenkämme zusammenfliessend. Beckenknochen und Schwimmblase fehlen. Orthagoriscus Bl. Kiefer ohne mediane Sutur. 0. mola Bl., Mondfisch. In den wärmern Meeren sehr verbreitet. 2. Fam. Tetrodontidae. Kuglige Fische mit lederartiger rauhkörniger oder bestachelter Haut, Das Skelet unvollständig, oft mit offenem Vertebralkanal. Oesophagus mit sehr grossem mit Luft füllbaren Kehlsack. Schwimmblase vor- handen. 926 3. Unterordnung Physostomi. Biodon L. Kiefer ohne mediane Sutur. D. hystrix L.. Atl. und Ind. Ocean. Chllomycterus Kp. u. a. G. Tetroden L. Kiefer durch eine mediane Sutur getrennt. Rücken- und After- flosse selir kurz. T. cutaneus Gthr., St. Helena. Xenopterns Bibr. Triodon Cuv. Oberkiefer lade durch eine mediane Sutur getrennt, die untere nicht. Tr. hursarius Cuv., Ind. Ocean. 3. Unterordnung. Physostomi ' ) , Physostomen. Weichflosser mit licimmförmigen Kiemen und f/ctrennten Kiefer- hiochen, mit abdominalen Bauchflossen oder ohne Bauchflossen, stets mit Liiftgang der Schivimmhlase. Diese Unterordnung umfasst Cuv i er 's Malacopterygii abdominales und apodes, letztere allerdings nur tlieil weise und ist abgesehen von der Beschaffenheit der Flossenstrahlen und Stellung der Bauchtlossen haupt- sächlich auf die Ausmündung der Schwimmblase gegründet, welche in- dessen bei der Mehrzahl der Scopeliden und ^pmbranchiden sowie bei einigen Siluroiden fehlt. Alle Flossenstrahlen sind weich und nach der Spitze getheilt und gegliedert. Zuweilen beginnt jedoch Rücken- und Afterflosse mit einem Knochenstachel. Vorwiegend Süsswasserbewohner. Man kann die zahlreichen Familien in zwei Gruppen ordnen. 1. Gruppe. Ph. apodes. Bauchflossen fehlen. 1. Farn. Muraenidae, Aale. Körper langgestreckt, schlangenförmig, nackt oder mit rudimentären Schlippen. Der Zwischenkiefer ist mit dem Vomer und Ethmoideum mehr oder minder verschmolzen und auf die Spitze der Schnauze beschränkt, während die Maxillen (oft fälschlich für Zwischenkiefer ausgegeben) die Seiten der Mundspalte begrenzen. Schultergürtel nicht am Schädel befestigt. Magen mit einem Blindsack. Pylorusanhänge fehlen, ebenso die Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane. Sind Raubfische des Meeres und der Flüsse. Muraena {Muraeninae) L. Die KieraenöflFnungen des Schlundes sehr eng. Haut schuppenlos. Brustflossen fehlen. Zähne gut entwickelt. M. Helena L., Mittelmeer. M. {Gymnotliorax) meleagris Shaw. , Südsee u. v. a. A. Gymno- »Miraena Lac. Ophichthys Ahl. = Ophisurus Lac. (OphicJithyinae). Leib cylindrisch. Schwanzende ohne Flosse. Nasenloch an der Innenseite des weichen Gaumens. Die Zähne des Zwischenkiefers in doppelter, die übrigen in einfacher Reihe. Brust- flosse sehr klein oder fehlend. 0. serpetis L., Mittelmeer. Sphayebranchus Bl. Kiemenlöcher an der Kehle nahe zusammengerückt. S. imberbis De la Roche, Mttelmeer. S. coecus L., Mittelmeer. Myrophis Lütk. {Myropjhinae). Nasenlöcher an der Lippe. Rücken- und Afterflosse umgeben die Schwanzspitze. Zwei Reihen unregelmässig gestellter 1) 0. G. Costa, Storia et anatomia dell' Anguilla e monografia delle nostrali specie di queste genere. Napoli. 1850, Kaup, üebersicht der Aale. Arch. für Naturg. Tom. 22. Ueber die Geschlechtsorgane und die Fortpflanzung des Aals vergl. Rathke, Crepliu, Young u. a. Symbranchidae, Gymnotidae. 927 Zähne auf Vomer und Gaumenbein. Kurze Brustflossen. M. longicollts Cuv., Westindien. Myrus Kp. Anguilla Cuv. (Änguülinae). Schuppen undeutlich. Nasenlöcher nor- mal, vorn oder seitlich. Schwanzende abgerundet. Zunge frei. Hecheiförmige Zähne. Die Rückenflosse beginnt ziemlich weit hinter dem Schädel. Kiemen- spalten sehr eng vor der Brustflosse. A. amjuüla L. [vulgaris), Europa. Wandert zur Fortpflanzungszeit im Herbst aus den Flüssen in das Meer iind erlangt erst hier die Geschlechtsreife. Die Fortpflanzungsverhältnisse sind keineswegs voll- kommen aufgeklärt. Die Ovarien wurden zwar längst nachgewiesen und als 2 manschettenförmige Krausen beschrieben, die Hoden dagegen noch nicht mit Sicherheit erkannt. Im Frühjahr wandert die Aalbrut aus dem Meere in die Flüsse zurück. Fehlt im Donaugebiet. Conger Cuv. (Congerinae). Schuppenlos. Die vorderen Nasenlöcher liegen in kurzen Tuben nächst der Schnauze. Die Rückenflosse reicht bis nahe an den Hinterkopf. Schwanz sehr langgestreckt und zugespitzt. Tntermaxillarknochen zahnlos, frei in der weichen Haut der Schnauze gelegen. C. vulgaris Cuv., Europ. Küste bis Ind. Archipel. Uroconger Kp. , Heteroconger Bleek. (ohne Brustflossen), Nemichthys Richards, Saccopharynx Mitch. u. a. G. 2. Fam. Symbranchidae. Von aalförmiger Körpergestalt mit gemeinsamer an der Bauchseite zusammenfliessenden Kiemenspalten. Die Zwischenkiefer begrenzen den Oberkieferrand, in ganzer Länge von dem wohlentwickelten Maxillarknochen begleitet. Flossenkamm rudimentär. Brustflossen fehlen, ebenso der Magenblind- sack und die Schwimmblase, dagegen sind Ausführungsgänge der Geschlechts- organe vorhanden, Amphipnous Joh. Müll. Schultergürtel nicht am Schädel befestigt. Gaumen- zähne in einer einzigen Reihe. Kiemenblättchen rudimentär. Ein accessorischer Athemsack communicirt mit der Kiemenhöhle. A. cuchia Joh. Müll., Indien. Symbranchus Bl. Schultergürtel am Schädel befestigt. Gaumenzähne in Form eines Bandes. Kiemen wohl entwickelt. S. marmoratus BL, tropisches Amerika. Monopterus Lac, Cheilobranchus Richards. 3. Fam. Gymnotidae. Körper aalförmig gestreckt. Kopf unbeschuppt. Oberer Mundrand in der Mitte von dem Zwischenkiefer, seitlich von den Maxillen begrenzt. Rückenflosse fehlt oder ist rudimentär. Afterflosse sehr lang. Schwanz- flosse fehlt meist. Schultergürtel an dem Schädel befestigt. Schwimmblase doppelt. Magenblindsack, Pylorusanhänge und Ovidukte vorhanden. Gymnotus Cuv. Zähne conisch in einfacher Reihe. Körper unbeschuppt mit elektrischem Organ. G. electricus L., Zitteraal. Lebt in Flüssen und Sümpfen Südamerikas, wird bis 6 Fuss lang und vermag durch seine elektrischen Schläge selbst grössere Thiere wie Pferde niederzustrecken, berühmt durch die Versuche A. v. Humboldts. Sternarchus Cuv. Körper beschuppt, mit Schwanzflosse und rudimentärer Rückenflosse. Zwei Reihen kleiner Zähne am Unterkiefer. St. albifrons L. , Bra- silien. St. oxyrhynchusMüW.'Yvosch., Guyana. Bhamphichthys Mäll.TYOsch..{z-ä}xnlos). Sternopygiis Müll. Trosch. Schwanzflosse fehlt. Keine Spur von Rücken- flosse vorhanden. St. carapus L., Surinam. Carapus Cuv. Den Aalen reiht mau gewöhnlich die ebenfalls der Bauchflossen entbehrenden Helmichthyiden') an, deren Flossenkämme freilich homogene hornartige Strahlen 1) Kölliker, Bau von Leptocephalus und Helmichthys. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. IV. 1852. Gill, Proc. Ac. Nat. Sc. Philad. 18Ö4. 928 Clupeidae. besitzen. Es sind kleine glashelle Fische von mehr oder minder bandförmiger Körpergestalt, mit weissem Blut und leichten Ossifikationen des knorpligen Skelets, ohne Rippen und Schwimmblase. Der Magen mit weitem Blind sack und bej Leptocephalus mit 2 Seitenblindschläuchen. Auch sind keine Spuren von Geschlechts- organen aufgefunden, so dass man zu der Ansicht gekommen ist, die Leptocepha- liden für Jugendzustände zu halten. V. Carus führt sie irrthümlich auf die Bandfische {Cepola, Trlchiurns) zurück, Gill dagegen erklärt dieselben, allem Anschein nach mit mehr Recht, für die Larven von Congerinen und Leptocephalus Morrisii für den jungen Conger vulgaris. Die Gattungen Leptocephalus (Körper stark comprimirt), Helmichthys (Körper viel dicker) entsprechen wahrscheinlich nur verschiedenen Entwicklungsstadien. Andere Formen sind als Hyoprorus, Tilurus, Esunculus etc. beschrieben. 2. Gruppe. Fh. abdonmudes. Mit BauchÜosseii , die hinter den Brustflossen stehen. 1. Fam. Clupeidae'), Häringe. Fische mit ziemlich comprimirtem Körper, welcher mit Ausnahme des Kopfes von grossen dünnen leicht abfallenden Schuppen bedeckt ist. Der Rand der Oberkinnlade wird vom Zwischenkiefer in der Mitte und von den Maxillen seitlich l^egrenzt. Opercularapparat vollständig, eine weite bis zur Kehle reichende Kiemenspalte freilassend. Rückenflosse nicht verlängert. Aualflosse zuweilen sehr lang. Magen mit Bliudsack. Pförtneranhänge zahlreich. Die meisten besitzen grosse kiemenähnliche Pseudobrauchien und eine schneidende sägeartig gezähnte Bauchkante. Mehrere zeichnen sich durch grosse glasartige Augenlider aus, welche einen grossen Theil des Auges bedecken. Die zahlreichen Arten leben grossentheils im Meere, zum Theil auch in süssen Gewässern und nähren sich hauptsächlich von Crustaceen. Einige bilden ihres schmackhaften Fleisches halber einen wichtigen Gegenstand der Fischerei und werden vornehmlich zur Laichzeit, wo sie aus der Tiefe des Meeres an die Oberfläche in die Nähe der Küsten kommen, gefangen. Engraulis Cuv. (Engraulinae). Mundspalte sehr weit, obere Kinnlade vor- stehend. Zwischenkiefer sehr klein, fest mit den sehr langen Maxillen vereinigt. Sehr spitze kleine Zähne meist auf allen Mundknochen. Augenlider fehlen. E. encrasicholus Rond. , Anjovis, Ocean und Mittelmeer, Van Diemensland. Ceten- graulis Gnth., Coilia Gray. Clupea Cuv. {Clupeinae). Mit stark zusammengedrücktem Leib und säge- artig gezähnter Bauchkante. Oberkiefer nicht überstehend. Kleine Zähne in den Kiefern und Gaumen und grössere am Vomer und an der Zunge. C. harengus L., Häring, in den nordischen Meeren, erscheint besonders an den schottischen und norwegischen Küsten alljährig zu bestimmten Jahreszeiten in ungeheueren Schaaren. Der Hauptfang geschieht im September und October. C. (Harengula) sprattus L., Sprott in der Nord- und Ostsee. Clupeoides Bleek. , Clupeichthys Bleek., Vellona Cuv. Val. Alausa Val. Nur die Oberkinnlade mit feinen spitzen Zähnen besetzt. Die Zwischenkiefer tief gespalten. Bauchkante schneidend und sägeförmig gezähnelt A. vulgaris Cuv. Val., Maifisch. Wandert im Mai zur Laichzeit aus dem Meere in 1) Vergl. Ach. Vale nciennes, Histoire naturelle du Hareng. Paris. 1850 sodann Munter, Malmgren, Arch. für Naturg. 18G3 und 1864, ferner die Ab- handlungen von Cuvier, Kröyer, Bleeker u. A. Mormyridae. Esocidae. Salmonidae, 929 die Ströme, z. B. im Rhein bis Basel, im Main bis Würzburg und wird bis 3 Fuss lang. A. ßnta Cuv., Finte, mit viel kürzern und weniger zahlreichen Dornen an den Kiemenbogen. A. püchardus Bloch. (Sardine), Mittelmeer. Elops L. (Elopinae). Obere Kinnlade kürzer als die untere. Abdomen rundlich, nicht kantig. Eine knöcherne Kehlplatte. Schuppen klein. Pseudo- branchien wohl entwickelt. Hechelzähnchen an allen Knochen des Mundes, E. saurus L., Tropische Meere. Meijalops Lac. (Schuppen sehr gross, Pseudobranchien rudimentär). M. cyprinoiäes Lac, Ostind. Archipel. Lntodeim Kühl. ::= Chanos Luc. {Lutodeirinae). Mund klein. Zähne fehlen. Rückenflosse den Bauchflossen gegenüber stehend. Schwimmblase in eine vordere und hintere Abtheilung eingeschnürt. L. chanos Kühl. =r Ch. salmoneus Forst., Südsee. Verwandte Gattungen sind ChirocentmsGwv., Alepocephalus Uisso, Notopterus Lac, Halosaurus Johnst. Als Vertreter einer besondern Familie, Heteropygii, betrachtet man einige blinde Höhlenfische, welche von allen andern durch die Lage des Afters vor den Bauchflossen unterschieden sind. Nebenkiemen fehlen, Amblyopsis spelaeus Dek., der blinde Höhlenfisch, mit kleinen von der Haut überzogenen Augen in den unter- irdischen Gewässern der Mammuthhöhle Kentucky's = Typlilichtliys snbterraneusGir, 2. Farn. Mormyridae •). Kopf, Kiemendeckel und Kiemenstrahlen mit nackter Haut. Mundspalte klein, ihr oberer Rand von dem unpaaren Zwischenkiefer und den paarigen Maxillen begrenzt. Flossen wohl entwickelt; längs der Basis der Rücken- und Analflosse erstreckt sich eine Porenreihe. Kiemenöfi'nung auf einen kurzen Schlitz reducirt. Pseudobranchien fehlen. Der Schädel hat eine eio-en- thümliche zur Cavitas cranii und zum Labyrinth führende Oeffnung. 2 Pylorus- anhänge hinter dem Magen. Schwimmblase einfach. Haben ein pseudoelektrisches Organ und leben in Flüssen des tropischen Afrika. Mormyrus L. Spitze Zähne besetzen bandförmig den Gaumen und die Zunge. M. oxyrhynclms Geofi^r,, Hyperopisus Gill. , Mormyrops Joh. Müll. Hier schliessen sich die Gijmnarchiden an mit Gymnarchus Cuv., G. nüoticus Cuv. 3. Fam. Esocidae, Hechte. Beschuppte Süsswasserfische mit breitem, nieder- gedrücktem Kopfe, weit nach hinten gerückter Rückenflosse und verdeckten drüsigen Pseudobranchien. Der obere Mundrand wird vom Zwischenkiefer und Oberkiefer begrenzt. Ein Magenblindsack und Pförtneranhänge fehlen. Die Hechte sind ge- frässige Raubfische mit weit gespaltenem Rachen und vollständiger Zahnbewaffnung. Esox Art. Seitenlinie deutlich. Unterkiefer vorstehend. Verschieden grosse Hechelzähne sitzen am Unterkiefer und Gaumen, kleine am Zwischenkiefer, Borsten- zähne am Vomer und Zungenbein. E. lucius L., Hecht, in fast allen Flüssen und Seen Europa's und Amerika's verbreitet, wird bis 25 Pfund schwer. E. niger Les., Vereinigte Staaten. Umhra Kram. Seitenlinie undeutlich. Afterflosse unter dem Ende der Rückenflosse. Feine Sammetzähne besetzen die Kiefer, den Vomer und die Gaumen- knochen. U. Krameri Joh. Müll., Hundsfisch, Oestreich. Hier schliessen sich die Galßxiaden (Galaxias) und Percopsiden(Percopsis) an. 4. Fam. Salmonidae, Lachse. Beschuppte, meist lebhaft gefärbte Fische, mit Fettflosse und Nebenkiemen, einfacher Schwimmblase und zahlreichen Pförtner- anhängen. An der Bildung des oberen Mundrandes betheiligen sich sowohl Zwischenkiefer als Oberkieferknochen. Die Bezahnung wechselt ausserordentlich und liefert wichtige Gattungscharaktere. Die Ovarien entbehren der Ausführungs- 1) Vgl. die Abhandlungen von Kölliker, Hyrtl, Ecker, Markuseu u. a. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 59 930 Physostomi. Salmonidae. gänge und sind der Länge nach offene Säcke, aus denen die Eier in die Bauch- höhle fallen. Zur Laichzeit, die meist in die Winternionate fällt, zeigen beide Geschlechter oft autiallende Unterschiede. Sie sind grosse Raubfische und gehören vorzugsweise den Flüssen, Gebirgsbächen und Seen der nördlichen Gegenden an, lieben klares kaltes Wasser mit steinigem Grunde, haben aber auch im Meere Vertreter, welche zur Laichzeit in die Ströme und deren Nebenflüsse steigen. Unter den Süsswasserfischen unserer Gegenden sind sie leicht an dem Besitze der Fettflosse und der kleinen Beschuppung kenntlich. Wegen ihres zarten gräten- losen Fleisches als Tafelfische sehr beliebt, bilden sie einen wichtigen Gegenstand der Fischerei und künstlichen Fischzucht. Coregoviis Art. Das enge Maul zahnlos oder mit sehr feinen Zähnen besetzt. Köri^er etwas seitlich zusammengedrückt, mit ziemlich grossen Schuppen. Rücken- flosse kurz. C. Wartmanni Bloch., Ranke, Blaufelchen, in den Alpenseen, nährt sich hauptsächlich von kleinen Wasserthieren, insbesondere Daphniden. C. hiemalis Jur. , Kilch, kenntlich an der kurzen Form des Körpers, hält sich in einer Tiefe von 35 bis 45 Klafter auf, im Bodensee. C. oxyrhynchus L. Mallotiis Cuv. Thymallus Cuv. Mundspalte eng. Kiefer, Vomer und Gaumenbeine mit feinen Zähnen besetzt. Die sehr grosse vielstrahlige Rückenflosse beginnt weit vor der Afteröft'nung. Th. vulgaris Nilss. {vexillifer) , Aesche , wird 1 bis 1^ Fuss lang und lebt in klaren, schnellfliessenden Gebirgsbächen, besonders der Alpenabhänge. Argentina Art., Microstoma Cuv., Salanx Cuv. üsmerus Art. Mit weit gespaltenem Maul und vollständiger Bezahnung. Schuppen ziemlich gross. Die Zähne der Kiefer sind klein, die der Zunge und des Gaumens sind starke Fangzähne. 0. eperlainis L., Stint, lebt in grossen Gesellschaften vereint im Meere und grössern Seen , steigt zur Laichzeit im Frühjahr aus der Tiefe in die Flussi]iünersistirendem Sckwanse, mit oder ohne äussere Kiemen. Der cylindrische oder bereits molchförmige, stets nackthäutige Leib endet mit einem langen, meist seitlich compressen Ruderschwanz und besitzt in der Regel zwei Paare kurzer, weit aus einander gerückter Extremitäten , welche bei der verhältnissmässig schwerfälligen Fort- bewegung auf dem Lande als Nachschieber wirken, dagegen beim Schwimmen als Ruder um so bessere Dienste leisten. Nur ausnahms- weise (Siren) fehlen die Hinterbeine vollkommen, während sich die vor- dem Extremitäten auf unbedeutende Stummel reduciren. Schon die Körpergestaltung und Extremitätenbildung weist darauf hin, dass die Urodelen vorzugsweise im Wasser leben. Diesem Aufenthalte entsprechend besitzen einige (Ferennibranchiaten) neben den symmetrisch entwickelten Lungen drei Paare von äussern Kiemen, welche in Form von verzweigten Büscheln an den Seiten des Halses hervorstehen. Andere (Derotremen) werfen zwar im Laufe ihrer Entwicklung die Kiemen ab, behalten aber zeitlebens eine äussere Kiemenspalte an jeder Seite des Halses, viele aber (Salamandrinen) verlieren auch diese letztere vollständig und zeigen 1) Vergl. besonders Cuvier in Humboldt's Recueil d'observations de Zoo- logie I. und in Mem. du Museum etc. XIV. Laurenti, Synopsis Reptilium emendata etc. Wien 1768. Daudin, Histoire natur. gen. et partic. des Reptiles. Paris 1802—1804. Tschudi, Glassifikation der Batrachier. Mem. Soc. scienc. nat. Neuchatel. Tom. IL 1839. Aug. Dumeril, Observationes sur les reproduction dans la menagerie des Reptiles du Museum d'hist. nat. des Axolots etc. sur leur developpement et sur leurs metamorphoses. Nouv. Arch. du Mus. d'hist. nat. de Paris. 11. 1860. Alex. Strauch, Revision der Salamandridengattungen. Peters- burg 1870. Körperbau und Entwicklung. 967 sich überhaupt hinsichtlich flcr gesammten Organisation als die höchsten Glieder der Ordnung. Bei den erstem sind die Wirbelkörper noch nach Art der Fischwirbel biconcav und unischliessen wohl erhaltene Chorda- reste, dagegen besitzen die ausgebikleten Salainandrincn Wirbel mit vorderem Gelenkkopf und hinterer Gelenkpfanne. Ueberall erheben sich an den Wirbeln des Rumpfes Qucrforfsätzc, mit denen scliwache Rippen- rudimente in Verbindung stehen , ebenso finden sich an der Schwanz- region der Wirbelsäule absteigende Bogenschenkel, welche einen Kanal zur Aufnahnu" der Caudalgefässe herstellen. Der flache Schädel ist keineswegs stets vollkommen ossificirt, indem namentlich bei den Perenni- branchiaten häutige und knorplige Theile des Primordialcraniums per- sistiren. Die verhältnissmässig kleinen , zuweilen rudimentären Augen liegen unter der durchsichtigen Haut und entbehren mit Ausnahme der Salamaudrinen gesonderter Lider. Ueberall fehlen am Gehörorgan Trommelfell und Paukenhöhle. Die Nasenöff'nungen liegen an der Spitze der vorspringenden Schnauze und führen in wenig entwickelte Nasen- höhlen, welche das Gaumengewölbe weit vorn meist unmittelbar hinter den Kiefern durchbrechen. Die Bewaffnung der Rachenhöhle wird von kleinen spitzen Hakenzähnen gebildet, welche sich im Unterkiefer in ein- facher, im Oberkiefer und oft auch an dem Gaumenbeine dagegen in doppelten Bogenreihen erheben. Die Zunge sitzt mit ihrer ganzen untern Fläche im Boden den Rachenhöhle fest und bleibt nur am Rande zwischen den bogenförmigen Aesten des Unterkiefers frei. Die Fort- pflanzung geschieht meist durch Ablage von Eiern, seltener (Salamandra) durch Gebären lebendiger Junge. Aber auch im erstem Falle findet wohl in der Regel eine wahre Begattung und innere Befruchtung statt indem sich nach längerem Begattungsspiele die aufgewulsteten Kloaken- spalten aneinanderlegen , tritt das Sperma des Männchens in die Kloake des Weibchens über und erhält sich hier in schlauchförmigen Drüsen, welche die Function von Samenbehältern übernehmen, längere Zeit be- fruchtungsfähig. Die Entwicklung beruht auf einer mehr oder minder ausgebildeten Metamorphose, die bei den höchsten Gliedern der Gruppe am vollkommensten ist, und hinsichtlich der Athmung, Skclet- und Extremitätenbildung Zustände durchläuft, welche sich bei niedern Formen persistent erhalten. Die Salamandrinen verlassen das Ei als kleine Larven von schlankem, fischähnlichem Habitus und bewimperter Haut, mit äusseren Kiemenbüscheln und wohl entwickeltem Ruderschwanz, aber ohne Vorder- und Hintergliedmassen. Während des weiteren Wachs- thums brechen zuerst die beiden Vorderbeine als kleine Stunmiel mit rudimentären kaum gesonderten Zehen aus der Haut hervor, später kommen auch die Ilintergliedmassen hinzu, deren Theile sich wie die der vordem erst allmählig schärfer differenziren und sondern. Dann werden die äussern Kiemen abgeworfen, und es schliessen sich die Kiemen- 968 1. Unterordnung: Ichthyodea, Fischlurche. spalten; bei den Landsalamandern, welche diese Metamorphose entweder theilweise (S. maculata) oder vollständig (S. atra) im Uterus durch- laufen, nimmt schliesslich noch der compresse Ruderschwanz die Form eines drehrunden Schwanzes an, wie er der Fortbewegung der aus- gebildeten Thiere auf feuchtem Erdboden entspricht. Diesen auf ein- ander folgenden Entwicklungsphasen der Landsalamander entspricht das ^'erllältniss von Siren, der übrigen Fercnnihranchiaten, Derotremen und Tritonen zu den Salamandern. Merkwürdig und noch keineswegs voll- ständig aufgeklärt erscheint das Verhalten des bisher meist zu den Fischlurchen gestellten Axoloth, der jedoch schon von Cuvier, Baird u. a. für die Larve eines Salamandrinen erklärt wurde. Nach den neuer- dings im Pariser Ptianzcngarten von Dumeril angestellten Beobach- tungen verlieren die aus den Eiern des Axolotls gezogenen Exemplare die Kiemenbttschcl und bilden sich zu einer mit der Sabmandrinen- Gattung Amblystoma übereinstimmerulen Form aus, während die ur- sprünglich aus Mexico eingeführten Exemi)]are als Geschlechtsthiere die Perennibranchiatenform bewahren. Uebrigens sind auch gelegentlich Triton-arten (de Filippi, Jullien) mit vollkommen entwickelten Kiemen büscheln geschlechtsreif befunden worden. Die Schwanzlurche halten sich meist im Wasser, zuweilen im schlammigen Grunde auf und leben als gefrässige Raubthiere von Würmern, Schnecken und kleinern Wasserthieren, die grössern auch von Laich und Fischen. Die Salamander oder Erdmolche, aber auch manche Tritonarten, Üben im ausgebildeten Zustand an feuchten schattigen Plätzen und suchen sicli in der Dämmerung auf dem Erdboden ihre Nahrung. I.Unterordnung: Ichthyodea'), Kiemenlurche. Mit drei Paaren von äussern Kiemen oder ohne dieselben, mit persistirendem Kiemenloche, ohne oder mit Jcrcisförmigen Äugenlidf alten, mit hiconcaven Fischivirhehi und tvohl erhaltener Chorda. Die Kiemenlurche vertreten unter den Schwanzlurchen sowohl hinsichtlich der Respiration als der Skeletbildung und gesammten Organisation die tiefste Stufe und erweisen sich gewissermassen als per- sistente Entwicklungszustände der Salamandrinen. Das Skelet characte- risirt sich durch die amphicoeleForm der Wirbelkörper und durch die wohl erhaltenen Chordareste. Die Augen sind klein und von der durchsichtigen Kihperhaut überzogen. Die Gaumenzähne stehen den Bürstenzähnen der Fische ähnlich in Reihen angeordnet {Siren) oder biklen am Vorder- 1) Configliachi und Rusconi, Del Proteo anguino di Laurent!. Pariy 1819. Harlan, Anuals of the Lyceum of Ney York. Tom. I. Hyrtl, Cryptobranchus japonicus. Wien 186.5. 1. Perenuibranchiata. Sirenidae. Proteidac. Menobranchidae. 969 rande der Gaumenbeine einen gekrümmten Bogen. Auch die Extremi- täten bleiben schwach und verkümmert, sie enden mit drei oder vier Vorderzehen und zwei bis fünf gegliederten Hinterzehen, indessen können die Zehen stummeiförmig bleiben und einer deutlichen Gliederung entbehren. Bei einigen (Derotremen) gehen die äussern Kiemen während der freien Entwicklung verloren, jedoch erhält sich dann mit Aus- nahme des Riesensalamanders (Cryptohranclms) , der in dieser Hinsicht den Uebergang zu den Salamandrinen bildet, eine äussere Kiemenspalte an jeder Seite des Halses zwischen den beiden letzten Bogen des Zungen- beins. Die Thiere erlangen eine ansehnliche Grösse und leben im Schlamme seichter Gewässer von Würmern und P'ischen, selten wie der 01m in unterirdischen Hr)hlen. Unter den tertiären Resten dieser Gruppe ist besonders der riesige, als Homo diluvii testis berühmt gewordene Andriüs Scheuchseri bemerkenswerth. 1. Gruppe. Ferennihninchiata. Mit persistirenden Kiemen, meist ohne Oberkieferknochen. Vonier und Gaumenbein mit Reihen von Zähnen. 1. Farn. Sirenidae, Armmolche. Mit aalformig gestrecktem Körper und stummeiförmigen, 3- oder 4zehigen Vorderbeinen, ohne Hintergliedmassen. Jeder- seits erhalten sich 3 Kiemenspalten. Gaumenbein mit Zahnreihen. Kiefer dagegen zahnlos, mit Hornscheide. Siren L. S. lacertina L. , der eidechsenartige Armmolch, in stehenden Gewässern Südcarolinas, von 3 Fuss Länge. 2. Farn. Proteidae, Olme. Von langgestreckter cylindrischer Körperibrm, mit kurzen Szehigen Vorderbeinen und weit nach hinten gerückten 2zehigen Hinterbeinen. Nur zwei Kiemenspalten jederseits. Proteus Laur. {Hypochthon Merr.). Schnauze lang, rorn abgestutzt. Augen sehr klein. Gaumenzähne in 2 langen Reihen. Pr. anguinus Laur., 01m, fleisch- farbig, in unterirdischen Gewässern Krains und Dalmatiens. 3. Fam. Menobranchidae. Körper langgestreckt , mit ziemlich breitem Kopf und 4zehigen Extremitäten. Es erhalten sich jederseits 4 Kiemenspalten. Menobranchus Harl. = Necturus Raf. Kopf breit und flach, mit grosser Mundspalte und dicken fleischigen Lippen. Extremitäten mit 4 Zehenstummeln. Gaumen mit langer Bogenrcihe von Zähnen. M. lateralis Say. , Mississippi. Soll zu der Gattung Batrachoseps ßonap. in demselben Verhältniss stehen, wie Siredon zu Ambly Stoma (Cope). Hierher würde auch die Gattung Siredon Wagl. , Axolotl , zu stellen sein» wenn sie eine selbstständige Form repräsentirte. S. pisciformis Shaw, und macnlatus Baird. Aus den einzeln oder haufenweise im Wasser abgesetzten Eiern schlüpfen Larven von 14—16 Mm. Länge, noch ohne Extremitäten, mit 3 Paar Kienienfäden. Diese verlieren mit der weitern Entwicklung nach den neuerdings mehrfach bestätigten Beobachtungen Dumeril's Kiemenbüschel, Rücken- und Schwanzkamm und gehen in die Ambly stomaionn (zweite Geschlechtsgeneration) über. 970 2. Derotrema. 2. Unterordnung: Sahvmandrina , Molche. 2. Gruppe. Derotrema. Ohne Kiemenbüschel, meist mit einem Kiemenloche an jeder Seite des Halses, mit Oberkieferknochen und meist einseitig gestellten Zähnen. 1. Farn. Amiohiumidae , Aalmolche. Von aalförmig gestreckter Gestalt, mit kurzen weit auseinander gerückten Extremitäten und '6 stummeiförmigen Vorder- und Hinterzehen. Ämphiuma L. A. tridactyla Cuv. {A. means L. , mit nur 2 Zehen), Florida. 2. Farn. Menopomklae. Von molchföruiigem Habitus, mit 4 Vorderzehen und 5 Hinterzehen. Menopoma Harl. Jüemenlöcher vorhanden. M. alleghaniense Harl., in den Gewässern Pensylvaniens und Virginiens, gegen 2 Fuss lang. Cryptohranchus V. d. Hoev. {Sieboldia Bonap.). Ohne Kiemenloch. CV. japo- nicus V. d. Hoev., mehr als 3 Fuss lang, Japan. 2. Unterordnung. Salamandrina ' ) , Molche. Ohne Kiemen und Kiemenloch, mit klappenför)n/(jen Augenliäern und opisthocoelen Wirhein. Der mehr oder minder eidechsenartig geformte Körper entbehrt im ausgebildeten Zustande äusserer Kiemen oder Kicmcnspalteii und besitzt stets vordere und hintere Extremitäten, von denen die erstem meist mit 4, die hintern meist mit 5 Zehen enden. Ueberall finden sich wohl entwickelte Augenlider und vordere Gelenkköpfu der VVirbelkörper. Die Gaumenzähne bilden zwei mitunter in der Mittellinie am Hinterrande der Ossa palatina vereinigte Streifen. JJei riethodon besetzen Zähne auch das Parasphenoideum. Die Kiemen reducireu sich nach durch- laufener iMetamorphose auf den vordersten und das ventrale Stück des zweiten Bogens. Die feuchte schlüpfrige Haut erhält durch den Reichthum an Drüsen, welche einen scharfen und ätzenden milchweissen Saft secerniren, eine mehr oder minder unebene warzige Beschaffenheit. Zuweilen häufen sich diese Drüsen wie bei den Kröten besonders in der Ohrgegend in dichter Menge an. Interessant ist die Fähigkeit des Farbenweclisels (bewegliche Chromatophoren). Die beiden Geschlechter zeigen zur Zeit der Fortpflanzung im Frühjahr oder Frühsommer er- hebliche Abweichungen und haben überall eine wirkliche Begattung, 1) Latreille, Histoire naturelle des Salamandres de France. Paris 1800, Rusconi, Amours des Salamandres aquatiques. Milan 1821. Derselbe, Histoire naturelle, developpement et me'tamorphose de la Salamandre terrestre. Paris 1854. V. Siebold, Observationes quaedam de Salamandris et Tritonibus. ßerolini 1828. Derselbe, Ueber das Receptaculum seminis der weibliehen Urodelen. Zeitsch. für wiss. Zool. 1858. Fr. Leydig, Ueber die Molche der VVürtenbergischen Fauna. Archiv für Naturg. 1867. AI. Strauch, Revision der Salamandergattungen. Mem. Acad. Scienc. St. Petersburg 1870. R. Wiedersheim, Salamandrina perspicil- lata und Geotriton fuscus etc. Genua 1875. Molgidae. Plethodontidac. Amblystomidae. 971 welche zur Befruchtung der Eier im Innern des weiblichen Körpers führt. Die beweglichen häufig mit einem Rückenkamme ausgestatteten Männchen umfassen mit ihrer wulstigen Kloakenspalte, deren Lippen an der Innern Seite mit vielen Papillen und Drüsenreilien besetzt sind , die Kloaken- spalte des Weibches und ergiessen in dieselbe ihre Samenflüssigkeit, welche nach von Siebold's Entdeckung in schlauchförmige Receptacula in der Nähe der Uterusmündungen eindringt. Die Wassersalamander legen befruchtete Eier an Pflanzen, die Erdsalamander dagegen setzen in's Wasser lebendige Junge ab, weiche ihre Metamorphose im Uterus des weiblichen Körpers mehr oder minder vollständ-g durchlaufen haben. Während der gefleckte Erdsalamander 30 bis 40 vierbeinige Larven von 12 bis 15 mm. Länge mit äussern Kiemenbüscheln zur Welt bringt, setzt der schwarze Erdsalamander der höheren Alpenregion nur zwei voll- kommen ausgebildete Junge ab; im letztern Falle gelangt von den zahl- reichen Eiern, welche in die beiden Fruchtbehältcr eintreten, jederseits nur das unterste zur Entwicklung des Embryo's , der sich dann von dem Material der übrigen zu einer gemeinschaftlichen Masse zusammenfliessenden Eier ernährt und dann sämmtliche Entwicklungsstadien zu durchlaufen im Stande ist. Dagegen folgen hier mehrere, mindestens zwei Trachten im Verlauf desselben Jahres auf einander. Das Vorkommen ist auf die nördlich des Aequators gelegenen Länder beschränkt. Laurent! 's ältere Eintheilung in Erdmolche und Wassermolche ist durch die systematischen Arbeiten von Tschudi, Bonaparte, Baird, Gray u. a. verdrängt worden. 1. Farn. Molgidae. Gaumenbeine am Hinterrande in einen gemeinschaft- lichen dreieckigen Fortsatz ausgezogen, an welchem die beiden langen Reihen der Gaumenzähne Vförmig convergirend znsammenlaufen. Molge Merr. =^ Ellipsoglossa Dum. Bibr. Hintertusse özehig. Von schlanker Form mit Parotiden. Schwanz dick , am Ende stumpf abgerundet. Zunge sehr gross, mit ihrer ganzen Unterseite festgewachsen. M. vaeoia Schleg. , Japan. Isodactylium Str. Hinterfüsse 4zehig. 2. Farn. Flethodontidac Hinterrand der Gaumenbeine schräg abgestutzt. Gaumenreihen minder lang, nach hinten mehr oder minder deutlich unter stumpfem Winkel convergirend. Plethodon Tsch. Gaumenzähne in 2 kurzen schrägen Reihen, deren hintere Enden nicht zusammenstossen. Sphenoidal zahne am Parasphenoideum in 2 läng- lichen Gruppen, weit nach hinten gerückt. Zunge sehr gross, mit dem schmalen Mittelstreifen der Unterseite an den Boden der Mundhöhle festgewachsen. Verticale Hautfalten am Rumpfe. I\ glutinosus Green. Von Massachusetts bis Florida. Bei Desmagnathiis Baird. ist die hintere Hälfte der Zunge frei und kann nach a,ussen geklappt werden. Hemidactgliam Tsch., Spelerpes 'Rat, Batrachoseps Bonap. u. a. G. 8. Farn. Amhlgstomidae. DieGaumenzähne bilden zwei gekrümmte Querreihen und stossen in der Mitte des Gaumens zus'sanmen. Sphenoidalzähne fehlen. Amblystoma Tsch. {Amhystoma). Querreihen der Gaumenzähne gerade oder leicht bogenförmig gekrümmt. Zunge gross, mit ihrer ganzen Unterseite fest- 972 Salamandritlae. 3. Ordnung: Batrachia, Frösche. gewachsen. Rumpf durch vertikale Hautlalten wie geringelt. Schwanz dick, an der Basis fast drehrund, im weitern Verlaufe oft stark comprimirt. A. mexicanum Cope {Siredon pisciformis) u. z. a. A. Bei OnychodacUjlus Tsch. bilden die Gau- menzähne eine zweimal gebogene Querreihe. 4. Farn. Salamanäridae. Die Gaumenzcähne stehen am Innenrande zweier nach hinten gerichteter divergirender Fortsätze des Gaumenbeins und bilden zwei nach hinten divergirende Längsreihen. Triton Laur. , Wassersalamander. Von schlanker Körperform , mit seitlich- comprimirtem Ruderschwanz. Ohne Drüsenwulst in der Ohrgegend. In der Sohle 2 kleine Ballen. Zähne mit zweizinkiger Krone. Die Gaumenzähne bilden 2 vorn genäherte, hinten auseinanderweicheude Längsreihen. Halten sich im Frühjahr während der Förtpflanzungszeit im Wasser auf, leben später aber auch an feuchten Stellen , wo sie sich freilich nur unbehülflich fortbewegen. Nach voraus gegan- gener Begattung legen .sie Eier an Wasserpflanzen ab. Die Metamorphose währt eine Reihe von Monaten. Larven, welche im Spätherbst noch Kiemen tragen, behalten dieselben auch während des Winters. Erst im dritten Jahre soll die Geschlechtsreife eintreten. Tr. er i Status IfAxw., grosser Wassermolch, 5— 6 Zoll lang. In Europa weit verbreitet. Tr. alpestris Laur. {iyneus ßechst.), Bergsalamander. Bauch Orangeroth ungefleckt. In bergigen Gegenden Deutschlands. Tr. taeniatus Sehn., kleiner Wassersalamander. Ueberall in Europa verbreitet. Tr. heloeticus Raz. {Tr. palmatus Dug.), Westl. Europa. Tr. vittatus Gray., England u. a. A. Salamandra Laur. Körperform plump, mit drehrundem Schwanz. Gaunien- zahureihen Sförmig gekrümmt. Zunge gross, vorn fast halbkreisförmig, hinten in flachem Bogen gerundet, mit ihrer Unterseite an den Boden der Mundhöhle befestigt. Parotiden stark entwickelt. Jederseits am Rumpfe eine Reihe von Drüsenötfnungen. Die Arten leben vorzugsweise auf dem Lande an feuchten schattigen Plätzen. Bei der Begattung umtasst das Männchen das Weibchen gleich dem Frosch vom Rücken aus mit den Vorderfüssen um die Brust, während dieses seine Vorderfüsse über jene des Männchens von hinten nach vorn schlägt. Die Weibchen gebären leben- dige Junge, ö'. maculosa Laur., der gefleckte Erdsalamander, fast über ganz Europa bis Nordafrika verbreitet. S. atra Laur., der schwarze Erdsalamander, im Hochgebirge Süddeutschlauds , Frankreichs und der Schweiz. Bei Fleurodeles Mich, verlaufen die Gaumenzahnreihen gerade, ebenso bei Bradyhates Tsch., deren Zunge rudimentär bleibt. Fl. ventricosus Tsch., Spanien. Salamandrina Fitz. Schwanz drehrund, oben und unten mit scharfer Kante. Auch die Hinterfüsse mit 4 freien Zehen. Parotiden schwach entwickelt. Zunge nur mit dem vordem Theile angewachsen. Gaumenzahnreihen verlaufen vorn fast parallel, hinten stark divergirend. ,b' perspictllata Say. , Italien und Dalmatien. 3. Ordnung: Batracliia ' ) , Frösche, schwanzlose Lurche. Nackthüuiuje Lurche vu)i ycdfimyener KörperJoDn, ohne Schwann, mit prococlcu Wirbelit und wohl eutivkkelten Extremitäten. Schon die Gestalt und Atlnnung der ausgebildeten Batrachier weist darauf hin, dass diese TJiiere nicht ausscliliesslich an das Wasser gefesselt 1) Roesel von Rosenhof, Hi-storia naturalis ranarum nostratium. Nürn- berg 1758. Daudin, Histoire naturelle des Rainettes, des Grenouiiles et des Körperbau. Skelet. 973 sind, sondern thcilweise und sogar vorwiegend auf dem Lande leben. Der mehr oder minder flache, stets gedrungene; Leib entbelirt eines Schwanzes und wird von vier ziemlich langen, 4 bis özehigen Extremi- täten getragen, von denen die hintern durch die Grösse und kräftige Ausbildung ihrer Schenkel meist zum Sprunge befähigen. Der breite ebenfalls flache Kopf sitzt dem Rumpfe unmittelbar ohne gesonderten Halsabschnitt auf und zeigt eine weite Rachenspalte und grosse weit vorragende, aber zurückziehbare Augen mit meist goldglänzender Iris und wohl entwickelten Lidern, von denen das grössere untere durch- sichtige als Nickhaut vollständig über den Bulbus emporgezogen werden kann. Die Nasenlöcher liegen weit vorn an der Schnauzenspitzc und sind durch häutige Klappen meist vollkommen verschhessbar. Am Gehörorgan kommt meist eine Paukenhöhle zur Ausbildung, welche mittelst einer kurzen weiten Eustachischen Tube mit der Rachenhöhle communicirt und an der äussern Fläche von einem umfangreichen, bald frei liegenden bald unter der Haut verborgenem Trommelfell bedeckt wird. Nur wenige Batrachier sind zahnlos {Fipa, Bufo), in der Regel finden sich kleine Hakenzähne in einfacher Reihe wenigstens am Vomer, bei den Fröschen und Pelobatiden auch am Oberkiefer und Zwischen- kiefer. Nur bei Hemiphractus treten Zähne auch am Palatinum und Unterkiefer auf. Die Zunge wird nur in einer kleinen Gruppe exotischer Formen vermisst, gewöhnlich ist dieselbe zwischen den Aesten des Unter- kiefers in der Art befestigt, dass ihr hinterer Abschnitt vollkommen frei bleibt und als Fangapparat aus dem weiten Rachen hervorklappt werden kann. Auftallende Eigen thümhchkeiten zeigt das Skelet, welches ebenfalls auf das Landleben unserer Thiere hinweist. Mit der kleinen Schädel- kapsel sind die Knochen des Kiemengaumenapparates, die einen unver- hältnissmässig breiten und ausgedehnten Bogen herstellen, ebenso wie das Quadratbein unbeweglich verbunden. Die Wirbelsäule, deren primitive Anlage ähnlich und in gleicher Ausdehnung wie bei den Urodelen auf- tritt, erfährt eine ungewöhnliche Reduction der Wirbelzahl, die im Wesentlichen die gedrungene Totalgestalt des Leibes bedingt. Zehn Crapaucis. Paris 1802. Rusconi, Developpement de la gfenouille commune. Milan 1826. Martin St. Ange, ßecherches anat. et physiol. sur les oro-cines transitoires et la metamorphose des Batraciens. Ann. des sc. nat. Tom. 24. 1831. Remak, Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbeltbiere. Berlin 1855. A. Günther, Catalogue of the Batrachia salientia in the collection of the Brit. Museum. London 1858. C. Bruch, Beiträge zur Naturgeschichte und Classifikation der nackten Amphibien. Würzburger naturw. Zeitschrift 1862. Derselbe, Neue Beobachtungen zur Naturgeschichte der einheimischen Batrachier. Ebendas. 1863. A. Ecker, Die Anatomie des Frosches, Braunschweig 1864. Vergl. ferner die Arbeiten von Leydig, Cope, Mivart und Steindachner. 974 Batrachier. Haut. Stimme. und in Folge eingetretener Verschmelzung neun oder acht durch Gelenk- köpfe und Pfannen verhundene Wirbel setzen den gesanimten Rumpf zusammen und zwar der Art, dass der vorderste Wirbel ohne Querfort- sätze als Atlas die Halsgegend bezeichnet und der sehr gestreckte hinterste meist biconcave Wirbel als Kreuzbein das Becken trägt. Rippen fehlen in der Regel, dagegen erlangen die Querfortsätze der Rumpfwirbel eine bedeutende Länge. Schultergerüst und Beckengürtel sind überall vorhanden, ersteres sowohl durch die Grösse der flachen Scapula als durch die feste Verbindung mit dem Brustbein, letzteres durch die stil- förmige Verlängerung der Hüftbeine ausgezeichnet. Das Zungenbein erfährt in seiner definitiven Form bereits eine wesentliche Vereinfachung seiner Theiie, indem sich die bei den Salamandrinen noch in mehrfacher Zahl erhaltenen Kiemenbogen jederseits auf ein einziges hinteres Hörn des von grossen Vorderhöriiern getragenen Zungenbeinkörpers reduciren. Die äussere Körperhaut bleibt stets nackt und entbehrt meist der Ein- lagerungen fester Epidermoidalstücke, dagegen ist sie in Folge der reichen Entwicklung von Plautdrüsen glatt und schhipfrig, oft uneben und warzig, namentlich da (Kröten), wo scharte ätzende Secrete zur Absonderung kommen. Hier häufen sich die besondern Drüsen mit milchigem, scharfem Secrete an manchen Stellen, besonders in der Ohrgegend, in grosser Menge an und bilden ähnlich wie bei den Landsalamandern mächtig vortretende Drüsenwülste (Parotiden). Auch kommen Drüsenanhäufungen an den Unterschenkeln {Bufo calaniüu) und an den Seiten des Leibes vor. Ueberall ist die Haut sehr reich an Nerven und Gefässen und daher nicht nur sehr reizbar, sondern auch für den Gasaustausch zwischen Blut und äusserem Medium neben den geräumigen Lungen- säcken (Perspiration) von hervorragender Bedeutung. Diese letztern besitzen an ihrer Wandung mehr oder minder ausgebildete maschige Vorsprünge als Träger der respiratorischen Gefässe, jedoch gestattet der Mechanismus der Athmung, welche beim Mangel eines Brustkorbes durch Bewegungen des Zungenbeins bewerkstelligt wird und als ein Einpressen und Schlucken von Luft bezeichnet werden kann, eine nur langsame und verhältnissmässig unvollkommene Erneuerung der ein- geschlossenen Luftmenge. Auch fehlt eine Luftröhre, und sitzen die Lungensäcke meist unmittelbar, seltener vermittelst langer Bronchien dem Ende des weiten als Stimmorgan verwendeten Kehlkopfes auf. Vornehmlich sind die Männchen sowohl durch die Bildung dieses Organs als durch hinzutretende Resonanzapparate (blasenförmig anschwellende Schallsäcke derKehle)zur i roduction einer lauten Stinnne befähigt, welche bei den einzelnen Arten wesentliche und zur Erkennung hinleitende Unterschiede bietet. Die Fortpflanzung fällt vornehmlich in die Zeit des Frühjahrs. Die Begattung bleibt auf eine äussere Vereinigung beider Geschlechter Fortpflanzung. 975 beschränkt und geschieht fast durchgehends im Wasser. Das Männchen zuweilen ausgezeichnet durch den Besitz einer grossem Dauinenwarze {Rana) oder Drüse am Oberarm {CuUripes, Felohates) und einer un- paaren oder paarigen Schallblase, häufig auch an der Grösse und Färbung kenntlich, umfasst das Weibchen vom Rücken aus, meist hinter den Vorderbeinen, seltener wie bei den Krütenfröschen in der Weichengegend und ergiesst die Samentlüssigkeit über den in Schnüren oder klumpen- weise austretenden Laich. Die Befruchtung der Eier erfolgt daher ausserhalb des mütterlichen Körpers und fast ausnahmslos im Wasser. Auffallenderweise zeigen die Weibchen der Kröten eine lebhaftere Fär- nung, die freihch im Laufe des Jahres mehr und mehr verblasst. Eine Art Brutpflege kommt nur bei Ali/tes und Pipa, sowie bei Notodelphys und mehreren südamerikanischen Arten {Wyman) vor, deren Weibchen auf dem hintern Theile des Rückens eine Tasche zum Ausbrüten der Eier besitzt. In allen andern Fällen entwickelt sich der befruchtete Laich ohne den Schutz des elterlichen Körpers frei im Wasser und so auffallend rasch, dass die Jungen schon nach wenigen Tagen allerdinos auf einer sehr tiefen Stufe ihrer körperlichen Ausbildung die Eihüllen verlassen. Mag der Laich in Schnüren oder in unregelmässigen Klumpen abgesetzt werden , stets sind die einzelnen. Eidotter von einer zähen im Wasser aufquellenden Gallertschicht umgeben, welche vorzugsweise die Function einer schützenden Hülle zu haben scheint. Der Dotter zeigt an seiner grössern stets nach oben gewendeten Hälfte eine entschieden dunklere Färbung, welche sich auf die Ablagerung eines schwarzbraunen Pigmentes in der peri])herischen Substanz zurückführen lässt. An dieser dunklen Hälfte beginnt der Klüftungsprocess, die zur Bildung der Furchungskugeln führenden Einschnürungen schreiten hier rascher als am hellen Pole vor, an welchem die Furchungskugeln grösser und minder zahlreich bleiben. Mit dem Ablauf der Furchung findet sich innerhalb der gebildeten Zellenmasse eine Höhle, welche der obern Hälfte näher liegt als der specifisch schwereren unteren. An der erstem entsteht der Keim mit Primitivstreifen und Rückenwülsten, der rasch und noch vor Schluss der Rücken Wülste zur Medullarröhre den Dotter umwächst so dass ein scharfer Gegensatz zwischen Embryoualtheil und Dotter nicht zur Ausprägung kommt. Nach Entwicklung der Kiemenbögen noch bevor die Mundöffnung zum Durchbruch gelangt ist, verlassen die kurz geschwänzten Embryonen als Kaulquappen je nach den einzelnen Arten verschieden ausgebildet ihre Eihüllen und legen sich mittelst zweier Sauggruben, die ähnlich auch an der Kehle dar Tritonenlarven freilich als gestilte Haftorgane zur Beobachtung kommen, an die galler- tigen Reste des Laiches fest. Am frühzeitigsten schlüpfen die Larven mancher Kröten aus, noch bevor sich an den durch Spalten gesonderten Kiemenwülsten Spuren von äusseren Kiemenanhängen zeigen. Die meisten 976 Batrachier. Metamorphose. Batrachier verlassen jedoch die Eihüllen bereits mit mehr oder minder entwickelten Anlagen von drei äussern Kiemenpaaren, welche sich rasch zu geweihartig verästelten Anhängen vergrössern. Nur die neugeborenen grossen Alyteslarven haben bereits das Stadium der äussern Kiemen- athmung im Ei zurückgelegt. Mit Ausnahme dieser letztern sind die' jungen Kaulquappen anfangs noch unfähig, Nahrung aufzunehmen, da erst während des freien Lebens eine Mundöffnung zum Durchbruch kommt. Inzwischen hat sich der Leib gestreckt und namentlich der Schwanz ansehnlich und flossenartig verlängert; die anfangs kaum be- merklichen Augenpunkte treten deutlicher unter der Haut des Kopftheils hervor, die Bewegung der Larve wird geschickter und sicherer, und es beginnt bereits die selbstständige Nahrungsaufnahme. Auch verschwinden nun bald die äussern Kiemenanhänge, während die Körperhaut nach Art eines Kiemendeckels die Kiemenspalten überwächst, und es bleibt nur eine Kiemenöflnung zurück, durch welche das Wasser aus den beiderseitigen Kiemenräumen abfliesst. Während dieser Vorgänge hat sich jedoch ein System von Innern Kiemen entwickelt, indem an der Seitenwand der Spalten aller vier Kiemenbogen kammartige Kienien- blättchen in doppelten Reihen zur Ausbildung gelangten, so dass nun die ursprüngliche äussere Kieijienathmung durch eine innere verdrängt wird. Auch haben sich die Lippen der Mundöffnung mit hornigen Bändern bekleidet, welche einem Hornschnabel vergleichbar zum Benagen von Pflanzenstoffen, aber auch animalischen Substanzen dienen. Manche Larven füllen jedoch ihren Darm wie viele Würmer und die Apuslarven mit Schlammerde. Der Darmkanal hat sich in der geräumigen Leibes- wandung und unter vielfachen schneckenähnlichen Windungen bedeutend verlängert, es sind ferner die binden Lungen in Form von länglichen Säckchen aus dem Schlünde hervorgewachsen und neben den Kiemen als Athmungsorgane thätig, man sieht bereits die Larven von Zeit zu Zeit an die Oberfläche des Wassers emporsteigen um Luft zu schnappen. Im L:iufe der fortschreitenden Entwicklung brechen nun an dem quappen- artigen Leibe dicht an der Grenze des stark entwickelten Ruderschwanzes zuerst die hintern Extremitäten als kleine rudimentäre Anhänge hervor, der Kiemenapparat tritt mehr und mehr gegen die Lungen zurück , und es folgt eine Häutung, mit der nicht nur der Verlust der Innern Kiemen- blattchen und deren Athmung, sondern auch das Hervorbrechen der bereits längst unter der Haut verborgenen Vordergliedmassen verbunden ist. Nun fällt auch der Hornschnabel ab, die Augen treten frei und in ansehnlicher Grösse hervor, das ausschliesslich Luft-athinende Thier ist zur Aufnahme einer thierischen Nahrung umgestaltet und zu einem vier- beinigen geschwänzten Frosch geworden, der nur noch den Ruderschwanz abzuwerfen hat, um die definitive Gestalt und Lebensweise zu erhalten. Auch diese Stufe wird endlich erreicht; der allmählig von der Spitze Lebensweise 977 aus verschrumpfende Schwanz reducirt sich bakl auf einen kleinen Stummel, der junge Batrachier verlässt das Wasser und hüpft von nun an mehr oder minder vorherrschend als Landthier auf dem Boden umher. Die Zeit, in welcher die Metamorphose zum Ablauf kommt, variirt nicht nur nach dem Klima und den besondern Verhältnissen der Witterung, sondern auch nach den verschiedenen Arten ausserordentlich. Im All- gemeinen correspondirt die relative Grösse der Larven mit der Zeitdauer der Metamorphose , je langsamer die Entwicklung vorschreitet , um so vollständiger ist die Ausbildung einzelner Organe , um so bedeutender die Grösse der Larven im Verhältniss zu den ausgewachsenen Thieren, Die Kröten entwickeln sich verhältnissmässig rascher als die Frösche und haben die kleinsten Larven, welche die Eihüllen am frühesten ver- lassen. Unter den einheimischen Batrachiern besitzt entschieden Pelo- hates die grössten Larven, braucht aber auch zur Metamorphose fast die doppelte Zeit als Rana esculenta und die vierfache von JBufo cala- mita, welche sich neben Alijtes am schnellsten verwandelt. Uebrigens haben die Batrachier in südlichen Klimaten meist noch eine zweite Brutzeit im Jahre und auch in unsern Gegenden scheint es ausnahmsweise doppelte Brüten zu geben , wie dies namentlich für Älytes ausser Zweifel steht. Die Batrachier sind theils, wie die meisten Kröten, viele Kröten- frösche und Laubfrösche, echte Landthiere, die besonders dunkle und feuchte Schlupfwinkel lieben, theils in gleichem Masse auf das Wasser und Land angewiesen. Im erstem Falle sind die fünf Zehen der Hinter- füsse ohne oder nur mit unvollständiger Verbindungshaut, jedenfalls nur ausnahmsweise (Pelohaten) mit einer ganzen Schwimmhaut versehen, im letztern dagegen zeigen die Hinterfüsse in der Regel ganze Schwimm- häute. Erstere suchen das Wasser meist nur zur Laichzeit auf, ki-iechen. laufen und hüpfen auf dem Lande oder graben sich Gänge und Höhlungen in der Erde {Pelahates, Älytes) oder sind durch Saugscheiben an den Spitzen der Zehen befähigt, auf Gesträuche und Bäume zu klettern (Den- drohates, Hyla). Die Batrachier ernähren sich von Insekten, Würmern und Wasser- thieren und gehen besonders in der Dämmerung auf Nahrungserwerb aus. In den kältern und gemässigten Gegenden verfallen sie in einen Winterschlaf, entweder tief in der Erde vergraben , seltener an sonst geschützten Schlupfwinkeln z. B. in Kellern oder wie die Frösche im schlammigen Grunde des Wassers versteckt. Ihre geographische Ver- breitung ist sehr ausgedehnt, vornehmlich sind die wärmern Klimate reich an grossen und mannichfach gefärbten Arten. Versteinerte Ueberreste von ausgewachsenen Batrachiern und von Kaulquappen sind bekannt aus dem Jüngern Tertiär von Oeningen und der Braunkohle des Niederrheins {Palaeophrynos Gessneri , Palaeoba- traclms gigas, Eana Meriani u. a.). Claus, Zoologie. 3. Auflage. 62 978 Aglossa. Oxydactylia. 1. Gruppe. Aglossa, zungenlose Batrachier. Die Zunge fehlt. Kopf flach. Die beiden Eustachischen Röhren meist mit gemeinsamer Oefihung. Trommelfell nicht frei liegend. Die Augen nach vorn in die Nähe des Mundwinkels gerückt. Hinterfüsse mit ganzen Schwimmhäuten. Leben in heissen Gegenden besonders der neuen Welt. 1. Farn. Pipidae. Körper krötenähnlich, flach, mit zahnlosen Kiefern und Gaumen. Pipa Laur., Wabenkröte. Mit kurzem und breitem, dreieckig zugespitztem Kopf, dünnen Vorderbeinen und plumpen langen Hinterbeinen. Die Zehen der Vorderbeine enden mit 4 Spitzchen. P. americana Seba ■=! dorsigera Sehn., in Südamerika. Körper schwarzbraun, fast fusslang, bekannt durch die eigenthüm- liche Brutpflege. Das Männchen streicht bei der Begattung den Laich auf die Rückenfläche des Weibchens, welche durch Wucherung der Haut zellige Räume in der Umgebung der Eier bildet und ein wabenartiges Ansehen gewinnt. In diesen zelligen Bruträumen durchlaufen die Jungen ihre gesammte Entwicklung und werden nach überstandener Metamorphose bereits in Krötengestalt frei. 2. Fam. Dactylethridae. Körper von mehr froschähnlichem Habitus, mit Zähnen am Oberkiefer und Zwischenkiefer. Dactylethra Cuv. {Dactylethridae) = Xenopus Wagl., Krallenfrosch. Die 3 Innenzehen der langen hintern Extremitäten tragen Nägel. D. laevis Daud. = capensis Cuv., Afrika. 3. Fam. Myohatrachidae. Die Eustachischen Röhren münden getrennt in den Schlund ein. Myobatrachus Schleg. Zwei grosse Zähne im Zwischenkiefer. M. para- doxus Schleg. 2. Gruppe. Oxydactylia. Batrachier mit Lunge und spitzen Fingern und Zehen. 1. Fam. Eanidae, Wasserfrösche. Mit leicht gebautem, verhältnissmässig schlankem Leib und sehr langen zum Sprunge befähigten Hinterbeinen, deren Zehen meist durch ganze Schwimmhäute verbunden sind. Im Oberkiefer, Zwischen- kiefer und meist auch am Vomer, seltener auch im Unterkiefer finden sich kleine Hakenzähne. Die glatte Körperhaut entbehrt der warzigen Vorsprünge und der Ohrdrüsenwülste. Die Zunge ist vorn angewachsen, an ihrer hinteren Fläche frei imd zum Hervorklappen eingerichtet. Paukenfell frei und unbedeckt. Pupille rund oder quer, niemals aufrecht. Das Männchen umfasst das Weibchen bei der Begattung von der Rückenseite unter den Achseln und stemmt die Rückenfläche der Vorderfinger und die sog. Daumendrüse in die Seite des Weibchens. Der Laich tritt nicht in Schnüren, sondern klumpenweise aus. Bana L. Ohne opponirbare Finger. Ein oder zwei stumpfe Höcker am Metatarsus. Zunge hinten tief eingeschnitten. Vomerzähne vorhanden. B. escu- lenta L., der grüne Wasserfrosch, grün mit dunklen Flecken und gelben Längs- binden des Rückens. Das Männchen mit zwei Schallblasen. Kommt im April oder Mai aus seinen Verstecken und laicht erst Ende Mai oder Anfang Juni, hält sich dann am Ufer stehender Gewässer auf. Auch in Afrika und Asien verbreitet. E. temporar ia Iv, der braune Grasfrosch, braun, mit dunklen Flecken in der Schläfengegend, erscheint sehr früh und begattet sich schon im März, bleibt aber nur zur Laichzeit im Wasser und sucht später Wiesen und Felder auf. Steenstrup Pelobotidae. 979 hat diesen weit über Europa verbreiteten Frosch in zwei Arten geschieden {E. oxyrhina, platyrhina). B. mugiens Daud., Ochsenfrosch, Nordamerika. Oxyglossus Tsch. Ohne Vomerzähne. Finger frei. Zehen mit ganzer Schwimmhaut. 0. lima Tsch., Java. Pseudis Wagl. Der erste der 4 freien Finger opponirbar. Zehen mit ganzer Schwimmhaut. Männchen mit Kehlsack. Ps. paradoxa L., Südamerika, ausge- zeichnet durch die Grösse der Larven. Ceratophrys Boie. Rand des obern Augenlids in eine hornförmige Spitze ausgezogen. C. cornuta L., Brasilien u. z. a. A. Als Familie, besser wohl nur als Unterfamilie, sondert man die Cystujna- thinae, bei denen auch die Zehen frei bleiben und die Sacralfortsätze cylindrisch sind. Cystignathus Wagl. Vomerzähne in zwei mehr oder minder schrägen Reihen oder Gruppen. Keine Parotidendrüse. C. ocellatus L., Brasilien. Pleurodema Tsch., Limnodynastes Fitz. Ebenfalls vom Werthe einer Unterfamilie dürften die Discoglossinae zu be- trachten sein, Fröche mit Haut-umsäumten Zehen und verbreiterten Sacralfortsätzen. Pelodytes Bonap. Haut mit Tuberkeln. Finger frei, Daumen nicht opponirbar. Paukenfell distinkt. Vomerzähne vorhanden. Männchen mit einem Innern kehl- ständigen Stimmsack. P. punctatus Daud., Frankreich. Bei Chiroleptes ist der Daumen opponirbar. Discoglossus Ott. Paukenfell verdeckt. Vomerzähne in einer schmalen Reihe. Zunge fast kreisrund, hinten frei. Männchen ohne Stimmsack. D. pictus Ott., Küsten des Mittelmeers. Megalophrys Kühl. Oberes Augenlid in ein Hörn verlängert. Körper sehr flach. Paukenfell verdeckt. 31. montana Kühl., Philippinen. 2. Fam. Pelobotidae, Erdfrösche, Krötenfrösche. Mit mehr oder minder warziger rauher und drüsenreicher Körperbedeckung und plumper krötenartiger Form, aber mit bezahnten Oberkiefern. Paukenhöhle und Paukenfell fehlen meist. Die meisten besitzen eine verticale Pupille und setzen die Eier wie die Kröten in Schnüren ab. Bei der Begattung umfasst das Männchen den Leib des Weibchens über den Hinterschenkeln. Sie sind meist wie die Kröten Landthiere, graben sich Erdhöhlungen und Gänge und suchen oft nur zur Fortpflanzungszeit das Wasser auf. Alytes Wagl, Paukenfell deutlich, daneben eine kleine Parotis. Zehen leicht umsäumt. Stimmsack fehlt. A. ohstetricans Laur., Fesselfrosch, Geburtshelferkröte. Ein kleines krötenähnliches Landthier mit kurzen Gliedmassen, grossen Ohrdrüsen und Seitendrüsen. Die Rückenfläche grau mit dunkeln Flecken. Zunge vollstän- dig angewachsen. Die Hinterfüsse mit halber Schwimmhaut, ohne schneidende Hornschwiele. Gräbt sich Gänge und laicht auf dem Trocknen. Das Männchen schlingt sich die grossen traubig verbundenen Eier um die hintern Beine, ver- gräbt sich und trägt erst später die dem Ausschlüpfen nahe Brut ins Wasser, hat eine laute Stimme. Die grossen Larven schlüijfen ohne äussere Kiemen aus. Scaphiopus Holbr. Sc. solitarius Holbr., Nordamerika. Pelobates Wagl. {CuUripes). Die Zunge mit freiem, kaum ausgeschnittenem Hinterrande. Weder Paukenhöhle noch Trommelfell. Oberarm mit eigenthüm- licher Drüse und Hinterschenkel mit scharfem Schwielenrand. Die Füsse mit ganzer Schwimmhaut. P. fuscits Laur., Krötenfrosch, von graubrauner Färbung und knoblauchartigem Geruch, hüpft froschähnlich und gräbt sehr geschickt mittelst der Hinterbeine. Das Männchen schreit wok. Die Verwandlung dauert auffallend lange, und die Larven erhalten eine sehr bedeutende Grösse. P. cuUripes Cuv., Frankreich. 62* 980 Bufonidae. Discodactylia. Bomhinator Merr. Hinterfüsse mit ganzen Schwimmhäuten. Ohne Trommel- fell und Paukenhöhle. Zunge vollkommen angewachsen. B. igneus Rös., Unke, Feuerkröte. Haut warzig und schmutzig ohvengrün, auf der Bauchseite feuerroth mit blauen Flecken. Der laute glockenhelle Ton klingt wie Unk. Grosse Larven. Alsodes Beil., Telmatohius Wiegm. 3. Fam. Bufonidae, Kröten. Von plumpem Körperbau, mit warziger drüsen- reicher Haut und zahnlosen Kiefern. Die Zunge ist stets vorhanden und mit ihrem vordem Rande an dem Unterkieferbogen festgewachsen. Die Szehigen Hinterfüsse sind nur wenig länger als die vordem, daher entbehren die Thiere der leichten Sprungbewegung der Frösche, laufen aber oft recht hurtig. Alle besitzen eine querspaltige Pupille. Hinter dem oft verdeckten Trommelfell findet sich meist ein grosser Drüsenwulst, welcher wie die Haut ein widriges Secret absondert. Die Kröten sind Landbewohner, halten sich am Tage in Verstecken an dunkeln und feuchten Orten verborgen und gehen des Nachts auf Nahrungserwerb aus. Das Männchen umfasst das Weibchen während der Begattung unter den Achseln. Die meisten suchen nur zur Laichzeit das Wasser auf, um ihre Eierschnüre abzusetzen. Die Larven verlassen die Eihüllen sehr früh, noch bevor die äussern Kiemen er- seheinen. Gi'aben sich zum Ueberwintern ein. Bufo L. Mit grossen Ohrdrüsen, warziger Körperhaut und kaum halben Schwimmhäuten zwischen den Hinterzehen. Das Trommelfell mehr oder minder deutlich, eine innere Schallblase meist vorhanden. B. vulgaris Laur., die gemeine Kröte, mit feuerfarbiger Iris und grau- bis rothbrauner Färbung der Haut. Die sehr langen Ohrdrüsen reichen bis über die Schulter. Das Männchen ohne Schall- blase, schreit wi-wi. B. viridis Laur. {variabilis), die grüne Kröte, mit grünen Flecken auf dunkelgrauem Orundton , der allmählig verblasst. Die Hinterbeine verhältnissmässig lang, daher die Bewegung auf dem Lande froschartig. Das Miinnchen mit kleiner unvollkommen getheilter Schallblase an der Kehle, schreit mä-mä, schwimmt vortrefflich. B. calamita Laur., Kreuzkröte, mit sehr plumpem Körper, hellgelbem Längsstreifen auf der Mitte des Rückens und Drüsen am Unter- schenkel, läuft schwerfällig und schwimmt schlecht, gräbt aber gut und hält sich am Tage in Erdlöchern und Verstecken auf. Nachts besucht sie besonders mit Rohr und Binsen bewachsene Bäche, daher die Bezeichnung Rohrkröte. Das Männchen besitzt eine Schallblase und schreit bei einbrechender Dämmerung gluck- gluck, sowie sehr laut und froschähnlich ra-ra. Die Larven sind die kleinsten unter allen Batrachiern und durchlaufen die Metamorphose in 6 bis 7 Wochen. B. agua Latr., Amerika. Otilophus Guv. , Kalophrynus Tsch. Bei den Bhinophrytiiden ist die Zunge vorn frei und hinten angewachsen. Paukenfell und Paukenhöhle fehlen, ebenso die Parotiden. Bh. dorsalis Dum. Bibr., Mexico. Als Kröten ohne Parotiden, aber mit verbreiterten Sacralfortsätzen sind die Bhinodermatiden anzuführen. Bhinoderma Dum. Bibr., Atelopus Dum. Bibr., Uperodon Dum. Bibr. Die Zehen entbehren der Schwimmhaut bei den ebenfalls Parotidenlosen Engtj Stomatiden. Engystoma Fitz. , Breviceps Merr. 3. Gruppe. Biscodactylia. Batrachier mit breiten Zehen, deren Spitzen in Haftscheiben auslaufen. 1. Fam. Hylidae, Laubfrösche. Mit Maxillarzähnen und ohne Parotiden. 1. Subf. Hylinae. Zehen mit Schwimmhäuten. Sacralfortsätze verbreitert. Hyla Dum. Bibr. Kopf mit weicher Haut bedeckt. Mit Vomerzähnen und Haftscheiben. Das Männchen mit grosser Schallblase. U. arborea L., Laubfrosch, III. Classe. Reptilia, Reptilien. 981 Kosmopolit. H. inaxima Laur., Brasilien. H. versicolor Lcc. , Californien. Pseu- dacris Fitz., Litoria Tsch. Notodelphys Weinl. Weibchen mit Bruttasche am hintern Theil des Rückens. Vomerzähne vorhanden. N. ovifera Weinl., Mexico. Larven mit glockenförmigen äusseren Kiemenblasen. Nototrema Gnth. Trachijcephalus Dum. Bibr. 2. Subf. Polypedatinae. Zehen mit Schwimmhäuten. Sacralfortsätze cylindrisch. Acris Dum. Bibr. Haftscheiben klein. Paukenfell undeutlich. Zunge breit herzförmig. Männchen mit innerer Schallblase. Ac. gryllus Lee. , Nordamerika. Ixalus Dum. Bibr., Polypedates Dum. Bibr. u. a. A. 3. Subf. Hylodinae. Zehen frei. Sacralfortsätze cylindrisch. Hylodes Fitz. Mit Vomerzähnen. H. lineatus Sehn., St. Domingo. Phyllobates Bihr. Vomerzähne fehlen. Zunge hinten frei. Ph. bicolorBihi:. Cuba. Crossodactylus Dum. Bibr. 2. Farn. Phyllomedusidae. Mit Maxillarzähnen, Parotiden und verbreiterten Sacralfortsätzen. Phyllomedusa Wagl. Zehen frei. Vomerzähne vorhanden. Paukenfell ziemlich undeutlich. Männchen mit einer Schallblase an der Kehle. P/i hieolor Bodd.. Südamerika. Pelodryas Gnth. Zehen mit Schwimmhäuten. Vomerzähne vorhanden. Paukenfell deutlich. P. caerulea White, Australien. 3. Fam. Dendrobatidae, Ohne Maxillarzähne und Parotiden. Dendrobates Wagl. (Hylaplesia). Habitus froschförmig. Zahnlos. Zehen frei, am Ende verbreitert. Sacralfortsätze cyUndrisch. Münnchen mit innerer Schallblase. D. tinctorius Sehn., Cayenne. Bei BracUymerus Smith sind die Sacralfortsätze verbreitert. Hylodactylus Tsch. {Plectropus Dum. Bibr.). Zahne am Vomer. Zehen mit mit Schwimmhaut. Sacralfortsätze verbreitert. H. pictus Eud. Soul., Philippinen. III. C hasse. Reptilia')^ Reptiflieii. Beschuppte oder bepanzerte Kaltblüter mit ausschliesslicher Liiiigen- athmung und doppelten oder unvollhommen gesonderten HerzJcammern, mit einfachem Hinterhaup)tsgelenJc , mit Amnion und Allantois der Embryonen. Die Körperform dieser ausserordentlich vielgestaltigen, vornehmlich zur Zeit der Secundärformation verbreiteten Wasscrthierclassc wechselt weit mannichfaltiger als die der Amphibien , wiederholt jedoch im All- 1) Vergleiche ausser den für die Amphibien citirten Werke insbesondere J. G. Schneider, Historiae Amphibiorum naturalis et litterariae. Jenae. 1799 bis 1801. H. Schlegel, Abbildungen neuer und unvollständig bekannter Am- phibien. Düsseldorf. 1837—1844. A. Günther, The Reptiles of British India. London. 1864. E. Schreiber, Herpetologia europaea. Braunschweig. 1875. Die paläontologischen Schriften von Goldfuss, Owen, H. v. Meyer, Huxley u. a. 982 Reptilien. Körperform. Haut. gemeinen die für die Gruppen der Blind Wühler, Schwanzlurche und Frösche beschriebenen Typen. Auch bei den Reptilien hat die Wirbel- säule meist noch vorwiegende Bedeutung für die Locomotion und eine mehr gleichmässige zu Schlängelungen des Rumpfes befähigende Glie- derung. Der Leib erscheint daher mit Ausnahme der Schildkröten lang- gestreckt und mehr oder weniger cylindrisch, ist entweder ganz fusslos wie bei den Schlangen, oder mit zwei oder vier Extremitäten versehen, welche zwar eine sehr verschiedene Grösse und Ausbildung erreichen können, aber in der Regel nur als Stützen und Nachschieber des mit der Bauchfläche auf dem Boden dahingleitenden Körpers wirken. Bei einer solchen Art der Fortbewegung erscheint ein Halsabschnitt kaum ausgeprägt und wenn in grösserer Ausdehnung entwickelt, doch stets verhältnissmässig starr, dagegen der Schwanz um so umfangreicher und beweglicher. Indessen werden nicht selten sowohl Rumpf als Extremi- täten zu besondern Bewegungsformen befähigt. Es gibt zahlreiche kletternde und grabende Reptilien, unter den Schlangen sowohl als unter den Echsen, auch petreficirte Reste von Flugechsen, welche wohl die ältesten fliegenden Wirbelthiere gewesen sein mögen. Daneben aber vermögen die Reptilien sich auch im Wasser aufzuhalten und nach den besondern Einrichtungen geschickt zu schwimmen und zu tauchen (Hydrosaurier). Nur in einer Reptiliengruppe, bei den Schildkröten, erscheint der Körper breit und gedrungen und die Wirbelsäule mit Ausnahme des sehr entwickelten beweglichen Halses und kürzeren Schwanzes vollkommen starr. In diesem Falle treten die Extremitäten als Locomotionsorgane in den Vordergrund. Die Körperhaut besitzt im Gegensatze zu der vorherrschend nackten und weichen Haut der Amphibien eine derbe, feste Beschaffenheit, so- wohl in Folge discreter Erhärtungen und Ossificationen der Cutis, als einer Verhornung der Epidermis. Zahlreiche Reptilien besitzen eine Hautbedeckung von Schuppen und Schildern, es sind Erhebungen der Cutis, welche die verhornte Epidermis bekleidet Auch können die Erhebungen der Unterhaut ossificiren und dachziegelförmig übereinandergreifende Knochenschilder bilden (Scincoideen) , oder es lagern sich in der Cutis grössere Platten und Tafeln von Knochen- substanz ab, die zur Entstehung eines harten mehr oder minder zu- sanmienhängenden Hautpanzers Veranlassung geben können (Crocodile, Schildkröten). Sehr allgemein finden sich in der Lederhaut sowie in den tiefern Schichten der Epidermis Ablagerungen von Pigmenten, welche die eigenthümliche oft mannichfaltige und intensive Färbung der Haut bedingen , seltener einen wahren Farbenwechsel (grüne Baum- schlangen, Chamaeleon) veranlassen. Auch kommen Hautdrüsen, wenn auch in geringerer Verbreitung als bei den Amphibien vor. Insbesondere besitzen zahlreiche Eidechsen Drüsenreihen an der Innenseite des Ober- Skelet. Wirbelsäule. 983 schenkeis und in der Nähe des Afters, die sich mit deutlichen Poren zuweilen auf warzigen Erhebungen ötfuen (Schenkelporen , Analporen). Während man die physiologische Bedeutung dieser Drüsen nicht aus- reichend kennt, benutzt man ihre Anwesenheit und Anordnung zur Characterisirung der Gattungen und Arten. Auch bei den Crocodilen liegen grössere Drüsengruppen unter dem Hautpanzer sowohl zu den Seiten des Afters als an den Seiten der ünterkieferäste. Das Skelet der Reptilien zeigt niemals die embryonalen Formen einer knorpligen Schädelbasis und der persistirenden Chorda, wie wir sie noch bei manchen Amphibien antreffen, weicht aber in seiner beson- dern Gestaltung nach den einzelnen Gruppen ausserordentlich ab. An der Wirbelsäule treten bereits die 5 Regionen schärfer hervor, wenn auch Brust- und Lendengegend noch keine scharfe Abgrenzung gestatten. Am Halse wird der erste Wirbel zum Beuger, der zweite zum Dreher des Kopfes. Bei Flesiosaurus sind jedoch beide Wirbel verwachsen. Während fossile Hydrosaurier biconcave fischahnliche Wirbel besitzen, zeigen die Wirbelkörper in der Regel eine vordere Gelenkpfanne und einen hintern Gelenkkopf. Doch kommen am Schwänze mancher Eidechsen auch biconcave und am Halse der Schildkröten convexconcave, biconvexe und biconcave Wirbelkörper vor. Die obern Bogen sind bei allen Schlangen und Echsen mit dem Wirbelkörper fest verwachsen, bei den Ichthyosauren, Crocodilen und Schildkröten dagegen weniger fest, meist unter Zurücklassung einer Naht angelegt, überall stehen sie unter ein- ander in Gelenkverbindung, indem in der Regel Gelenkfortsätze der vordem Bogen auf die hintern übergreifen. Untere Bogen sind bei den Schlangen, Eidechsen und Crocodilen eine Auszeichnung der Schwanz- region, an welcher sie wie bei den ürodelen je zwei benachbarten Wirbel- körpern angehören. Auch können an den Rumpfwirbeln einfache Durn- fortsätze (Schlangen) vorkommen. Wo Querfortsätze auftreten, nehmen dieselben stets ihren Ursprung an dem obern Bogensysteiiie. Rippen- bildungen sind allgemein und oft über die ganze Länge des Rumpfes verbreitet. Bei den Schlangen und schlangenähnlichen Echsen, welchen ein Brustbein fehlt, sind falsche Rippen an allen Wirbeln des Rumpfes mit Ausnahme des Halswirbels (Atlas) eingelenkt und zum Ersatz der fehlenden Extremitäten zu überaus freien Bewegungen befähigt. Auch bei den Eidechsen und Crocodilen kommen kurze Halsrippen vor, während sich die Rippen der Brust an ein langgestrecktes Sternum anlegen, auf welches bei den Crocodilen ein sog. Sternum abdominale folgt, das über den Bauch bis in die Beckengegend sich erstreckt und aus einer Anzahl von Bauchrippen (ohneDorsaltheil) zusannnengesetzt ist. Die beiden Kreuzbein- wirbel besitzen sehr umfangreiche Querfortsätze, an welchen die Rippen durch untere Aeste vertreten sind, die übrigens in geringerer Grösse auch am Schwanz entwickelt sind. Bei den Schildkröten fehlen die Bippen an 984 Reptilien. Schädel. (lern langen sehr beweglichen Halsabschnitt durchaus, dagegen finden sich an der vereinigten Brust- und Lendengegend acht Paare von Platten, die mit den Seitcnplatten des Rückenschildes mehr oder weniger ver- wachsen und als Kippen zu deuten sind, welche freilich im Körper des Embryo's wie Querfortsätze mit den ßogenschenkeln der Wirbel con- tinuirlich zusammenhängen. Die beiden Sacralwirbel, welche ebenso wie die nachfolgenden zahlreichen und sehr beweglichen Schwanzwirbel von der Verwachsung mit dem Rückenschilde ausgeschlossen sind, besitzen ebenfalls Querfortsätze, die den rippenartigen Platten der voraus- gegangenen Leibesregion entsprechen. Der Schädel articulirt stets mittelst eines unpaaren oft aber drei- höckrigen Condylus des Hinterhauptsbeins auf dem Atlas und zeigt eine vollständige Verknöcherung fast aller seiner Theile, indem dasPriraordial- cranium beinahe vollständig verdrängt wird. Am Hinterhaupte treten sämmtliche vier Elemente als Knochen auf, obwohl sowohl das Basilare (Schildkröten) als das Suporius (Crocodile, Schlangen) von der Begrenzung des Foramen magnum ausgeschlossen sein kann. An der Ohrkapsel tritt zur fenestra ovalis mit der Columella noch die fenestra rotunda hinzu, ku der Begrenzung der erstem betheiligt sich das meist mit dem Occipitale laterale verschmelzende Opisthoticum (bei den Schild- kröten gesondert). Dagegen hegt bei allen Reptilien ein gesondertes Prooticum vorn am Rande mit der Oeffnung für den dritten Ast des Trigeminus vor den Seitenthoilen des Hinterhaupts. Das Epioticum ist mit dem Occipitale superius verschmolzen. Sehr verschieden verhält sich die vordere Ausdehnung der Schädelkapsel und damit im Zusammen- hang die Ausbildung des sphenoidalen Abschnitts. Niemals aber tritt ein Parasphenoideum auf, wählend überall eine Sphenoidale basale vor- handen ist. Dagegen fehlen in der Regel Alisphenoids und Orbito- sphenoids und sind durch Fortsätze des Stirn-Scheitelbeins (Schlangen) oder Scheitelbeins (Schildkröten) ersetzt. Im letztern Falle und bei den Eidechsen ist das Interorbitalseptum sehr umfangreich, kann aber auch Ossifikationen enthalten. Die Schädelknochen sind immer sehr umfangreich, bald paarig, bald unpaar. Häufig nimmt das Stirnbein weit mehr an der Ueberdeckung der Schädelhöhle Theil und liegt nur dem Septum interorbitale auf. Der hintern Seitenwand des Frontale schliessen sich in der Schläfengegend Fostfrontalia an. In der Eth- moidalregion bleibt die mittlere Partie theilweise knorplig und wird oberseits von paarigen Nasalia, an der Basis von dem bei Schlangen und Eidechsen paarigen Votner bedeckt. Stets sind von dem Mittel- abschnitt die Ethmoidalia lateralla (Praefrontalia) getrennt. An der Aussenseite der letztern treten den Vorderrand der Orbita begrenzend bei Eidechsen und Crocodilen Thränenbeine {Lacrymalia) auf. Oberkiefergaumenapparat. Visceralskelet. 985 Die Bildung des Kieferstils lässt sich aus den bei den Amphibien bestehenden Verhältnissen ableiten, doch ist das am obern Abschnitt auftretende Squamosum mehr direkt dem Schädel aufgelagert und das Quadratum stets als starker Knochen ausgebildet. Die Verbindung des- selben und des weit vorgestreckten Kiefergaumenapparates mit dem Schädel ist bei den Schildkröten und Crocodilen eine feste, bei den Schlangen und Echsen mehr oder minder frei beweglich. Im erstem Falle sind nicht nur die grossen Flügel- und Gaumenbeine mit dem Keilbein verwachsen, sondern auch der Zusammenhang des Quadratbeins mit dem Oberkieferbogen ein sehr fester. Bei den Crocodilen entwickelt sich auch eine Querbrücke {Os iransversum) zwischen Flügelboin und Oberkiefer, sowie ein oberer Schläfenbogen, durch welchen jederseits die Schläfenschuppe mit dem hintern Stirnbein verbunden wird. Bei den Eidechsen, deren Oberkiefergaumenapparat und Quadratbein am Schädel mittelst Gclenkeinrichtungen verschiebbar sind, reducirt sich der Joch- bogen bis zum völligen Schwunde, dagegen tritt nicht nur das bereits für die Crocodile erwähnte Os iransversum, sondern meist auch ein stilförmiger Pfeiler zwischen dem Flügelbein und Scheitelbein als Colu- mella hinzu. Am vollständigsten aber wird die Verschiebbarkeit der Gesichtsknochen bei den Schlangen, welche des Jochbogens vollständig entbehren, dagegen ein ansehnliches Os transversum besitzen. Auch gestatten hier die beiden Aeste des Unterkiefers, der sich wie bei allen Reptilien und niedern Wirbelthieren aus mehrfachen Stücken zusannnen- setzt, durch ein dehnbares Band am Kinnwirbel verbunden, eine be- deutende Ausdehnung nach den Seiten. Das Visceralskelet, das niemals mehr als Tiagapparat von Kiemen in Verwendung kommt, dient nur in seinem vordem Abschnitt zur Stütze der Zunge und erstreckt sich weit unter Kehlkopf und Luftröhre hin. Es gestaltet sich zum Zungenbein, dessen Körper von den Copulae gebildet wird, und an welchem sich die ventralen Bogenstücke als Hörner erhalten. Am vordem Bogen sondert sich stets ein Gliedstück (?) und tritt als Columella zum Gehörapparat, der übrig bleibende Abschnitt desselben kann knorplig bleiben, gegliedert sein und sich an den Schädel anlegen, aber auch sehr verkümmern, ja ganz verschwinden {Crocodilen). Am meisten reducirt sich das Zungenbein der Schlangen, an welchem nur ein Bogen zurückbleibt, dessen lange grätenartige Schenk'.^l vor der Trachea zusammentreten. Die Saurier besitzen ein sehr schmales Zungen- bein mit 2 Paar von Hörnern, von denen die hintern ossificiren. Sehr breit dagegen wird der Zungenbeinkörper der Crocodile und Schildkröten. Jene besitzen nur hintere Hörner, während sich am Zungenbeinkörper der Schildkröten 3 Paare und zwar theilweise gegliederter Hörner finden. Extremitäten und deren Gürtel fehlen den meisten Schlangen voll- ständig, doch finden sich bei den Feropoden und Tortriciden in der 986 Reptilien. Extremitäten. Nervensystem. Sinnesorgane. Aftergegend Spuren von Hinterbeinen, welche freilich bis auf das Nagel- tragende Endglied ganz unter der Haut versteckt bleiben. Bei den Eidechsen zeigen die Extremitäten sehr verschiedene Stufen der Aus- bildung; während Schulter und ßeckengürtel ausnahmslos, wenn auch zuweilen in sehr rudimentärer Form {Amphishaeniden, Scincoideen etc.) vorhanden sind, können sowohl Vorder- als Hinterbeine vollkommen fehlen, oder nur die einen mit Ausschluss der andern als kleine Stummel auftreten. In den meisten Fällen sind jedoch beide Extremitätenpaare vollständig ausgebildet und mit fünf Zehen versehen. Selten sind die Zehen durch Schwimmhäute verbunden (Crocodile), oder die Extremitäten zu platten Ruderflossen umgebildet (fossile Hydrosaurier und Seeschild- kröten). Bei den fossilen Pterodactyliern endlich haben die vordem Gliedmassen einen sehr stark verlängerten Finger und die Bedeutung von Flugorganen. Das Nervensystem der Reptilien erhebt sich in der Ausbildung seiner Theile entschieden über das der Amphibien. Am Gehirn treten die Hemisphären durch ihre ansehnliche Grösse bedeutend hervor und beginnen bereits das Mittelhirn zu bedecken. Das kleine Gehirn zeigt eine verschiedene von den Schlangen an bis zu den Crocodilen fort- schreitende Entwicklung und erinnert bei den letztern durch den Gegen- satz eines grössern mittleren Abschnittes und kleiner seitlicher Anhänge an das kleine Gehirn der Vögel. Auch bildet das verlängerte Mark eine beträchtliche abwärts gerichtete Krümmung. Gehirnnerven sind in grösserer Zahl als bei den nackten Amphibien gesondert. Niemals fällt der iV. facialis in das Bereich des Trigeminus , ebenso besitzen die Nerven der Augenmuskeln einen discreten Ursprung. Auch der Glosso- X)liaryyigeus wird nicht mehr durch einen Ast des Vagus repräsentirt, sondern erscheint als selbstständiger Nerv, der freilich mit dem Vagus mehrfache Verbindungen eingeht; ebenso entspringt der Accessorius WiUisii mit Ausnahme der Schlangen selbstständig. Endlich tritt der Hypoglossus, welcher durch eine einfache oder doppelte Oeffnung des Schädels hindurchgeht, in die Reihe der Hirnnerven. Auch die Sinnesorgane zeigen im Allgemeinen eine höhere Ent- wicklung als die der nackten Amphibien. Die Augen entbehren noch bei den Schlangen, Geckonen und Amphisbaenen gesonderter Lieder, werden hier aber an ihrer Vorderfläche von einer durchsichtigen uhr- glasartigen Kapsel geschützt, welche von der Cornea durch einen mit Thränenflüssigkeit gefüllten Raum getrennt ist. In allen anderen Fällen findet sich ein oberes und unteres Augenlid, von denen jenes eine kleine Falte darstellt, dieses aber eine bedeutendere Grösse erreicht und überaus beweglich über den Bulbus emporgezogen werden kann. In der Regel kommt zu diesen Lidern am Innern Augenwinkel eine selbstständige Nickhaut hinzu, welche stets von einer besondern Drüse (Härder' sehe Sinnesorgane. 987 Drüse) begleitet ist. Gestalt und Grösse des Bulbus weichen mannich- fach ab, bei den Schildkröten und Echsen wird derselbe ähnlich wie bei den Vögeln von einem in der Sclerotica entwickelten Knochenring gestützt. Die Cornea ist im Ganzen flach, bei den Schlangen und Crocodilen jedoch stark gewölbt. Die Pupille ist in der Regel rund, bei den Crocodilen stets eine verticale Längsspalte. Eigenthümliche Falten der Chorioidea, welche dem Sichelfortsatz des Fischauges entsprechen und auch im Vogelauge den sog. Kamm (Pecten) bilden, treten im Auge der Echsen auf. Das Gehörorgan besitzt überall soweit bekannt eine schlauchförmige noch nicht gewundene Schnecke und dann ein entsprechendes Fenster (Fenestra rotunda). Eine Paukenhöhle mit Eustachischer Tube und Trommelfell fehlt nur den Schlangen und fusslosen Echsen, hier liegt das Operculum, welches das ovale Fenster bedeckt und die sich an- schliessende Columella wie bei zahlreichen Amphibien zwischen den Muskeln versteckt. Da wo eine Paukenhöhle auftritt, legt sich die Columella mit ihrem knorpligen Ende an das bei vielen Echsen freilich noch unter der Haut verborgene Trommelfell an , während eine weite Eustachische Röhre in den Rachen führt. Als erste Anlage eines äussern Ohres kann man eine Hautklappe über dem Trommelfell der Crocodile betrachten. Das Geruchsorgan der Reptilien zeigt vorzugsweise bei den Schild- kröten und Crocodilen einer beträchtliche Vergrösserung der Schleim- hautfläche, deren Falten durch knorplige Muscheln gestützt werden. Die äussern Nasenöffnungen sind nur bei den Wasserschlangen und Crocodilen durch Klappenvorrichtungen verschliessbar. Die Choanen durchbohren das Gaumengewölbe meist in senkrechter Richtung vom Grunde der Nasenhöhle aus, erstrecken sich jedoch bei den Crocodilen weit in den hintern Theil des Rachens. Bei den Schlangen und Sauriern kommt noch ein zweites (Nasendrüse, Rathke) zwischen Conchen und Vomer eingebettetes Geruchsorgan vor (Jaco&son'sches Organ, Leydig), dessen Nerv am Ende des Lobus alfactorius entspringt und sich becher- förmig um eine Knorpelpapille ausbreitet. In welchem Grade des Geschmackssinn ausgebildet ist, lässt sich schwer entscheiden, doch ist derselbe keineswegs stets an die Zunge geknüpft, da diese bei den Schlangen und zaldreichen Echsen zum Tasten dient und in andern Fällen z. B. beim Chamaeleon als Fangoi'gan ver- wendet wird. Neuerdings wurden von Leydig') bei Schlangen und Sauriern Sinnesbecher in der Mundhöhle entdeckt, bei den erstem längs der Kieferzahnreihen in einer hohen Längsfalte auf pai)illenartigen Her- 1) Fr. Leydig, Zur Kenntniss der Sinnesorgane der Schlangen. Arch. für mikr. Anatomie. Bonn. 1872. 988 Reptilien. Kieferbewaffuung. vorragungen, bei den letztern in Grübehen des Bindegewebes gelegen. Am besten scheint der Geschmack bei den Landschildkröten und Leguanen entwickelt zu sein. Auch Tastkörperchen kommen wie bei den Batrachiern in den Hautpapillen der Nattern vor. Die Bewaffnung des Rachens bietet nach den einzelnen Ordnungen grosse Verschiedenheiten. Mit Ausnahme der Schildkröten, deren Kiefer- ränder durch den Besitz einer schneidenden Hornbekleidung eine Art Schnabel bilden, finden sich in den Kiefern conische oder hakenförmige Fangzähne, welche die Beute festhalten, aber nicht zerkleinern können. Nur ausnahmsweise besitzen die Zähne gezähnelte Kronen sowie Fal- tungen des Schmelzes oder der Zahnsubstanz, durch welche eine Streifung der Oberfläche veranlasst wird. In der Regel beschränken sich dieselben auf die Kiefer und erheben sich stets in einfacher Reihe, bald an dem obern Rande {Äcrodonten) , bald an einer äussern stark vortretenden Leiste der flachen Zahnrinne angew^achsen {Vleurodonten), selten wie bei den Crocodilen in besonderen Alveolen eingekeilt. Aber auch an dem Gaumen- unil Flügelbein können Hakenzähne auftreten, welche dann häufig wie z. B. bei den giftlosen Schlangen eine innere Bogenreihe am Gaumengewölbe bilden. Bei den giftigen Schlangen treten bestimmte Zähne des Oberkiefers in nähere Beziehung zu den Ausführungsgängen von Giftdrüsen, welche von dem Schläfenmuskel bedeckt hinter und unter dem Auge liegen. Diese Zähne sind entweder an ihrer vordem convexen Fläche mit einer tiefen Längsfurdie versehen oder von einem wirklichen Kanal durchbrochen und werden an ihrer Wurzel von der häutigen Scheide, in welche sich der Ausführungsgang der Drüse fort- setzt, der Art umfasst, dass das Drüsensecret in der Rinne des Furchen- zahns oder in dem Kanal des durchbohrten Giftzahns weiter fliesst und beim Biss in die Wunde eintritt. Speicheldrüsen finden sich bei den Schlangen und Echsen sowohl in den Lippen als am Unterkiefer, auch kann eine SublinguaUs auftreten, deren Besitz besonders für die Schild- kröten characteristisch ist. Die Speiseröhre erscheint bei einer be- deutenden Länge, der Ernährungsart entsprechend, in ausserordentlichem Grade erweiterungsfähig, die Wandung derselben legt sich meist in Längsfalten zusammen, kann aber auch wie bei den Seeschildkröten mit grossen Papillen und Zotten besetzt sein. Der Magen setzt sich oft nur durch seine ansehnlichere Weite von Schlund und Darm ab, von dem er freilich stets durch eine Pylorusklappe geschieden ist, und hält mit Ausnahme der Schildkröten, die ebenso wie die Frösche einen quer- gestellten Magen besitzen, vorzüglich die Längsrichtung des Körpers ein. Dagegen gleicht der Magen der Crocodile sowohl durch die rundliche Form als durch die Stärke der Muskelwandung dem Vogelmagen. Der Dünndarm zeigt im Allgemeinen nur spärliche Windungen und eine ver- hältnissmässige Kürze im Zusannuenhang mit der animalen Eruährungsarti Lungen und Stimmorgaue. Kreislaufsorgane. 989 nur bei den von Pflanzenstoffen lebenden Landschildkröten übertrifft der Darm die Körperlänge um das 6- bis Sfache. Der breite Enddarm beginnt in der Regel mit einer ringförmigen Klappe, oft auch mit einem Blinddarm und führt in die Kloake, welche mit runder Oeffnung oder wie bei den Schlangen und Echsen als Querspalte {Flagiotremen) unter der Schwanzwurzel mündet. Leber und Bauchspeicheldrüse werden niemals vermisst. Die Reptilien entbehren stets auch im jugendlichen Alter der Kiemen- respiration und athmen ausschliesslich durch Lungen, welche als lang- gestreckte geräumige Säcke mit maschigen Vorsprüngen der Wandung, oder (Schildkröten und Crocodile) mit weiten schwammigen Hohlräumen meist bis in den hintern Theil der Leibeshöhle hineinragen. Bei den Schlangen und schlangenartigen Echsen zeigen beide Lungensäcke eine ungleichartige A.usbildung, indem die Lunge der einen Seite mehr oder minder verkümmert, bei einigen Giftschlangen fast vollkommen ver- schwindet, während die zweite eine um so bedeutendere Grösse erlangt. Auch verliert das hintere Ende derselben sowohl die zelligen Maschen- räume als die respiratorischen Gefässe und stellt sich als Luttreservoir dar, welches vornehmlich während des langsamen, die Athmung been- genden Schlingactes von Bedeutung zu sein scheint. Die zuführenden Luftwege sondern sich stets in. einen mit spnltenförmiger Stimmritze beginnenden Kehlkopf und in eine lange von knorpligen oder knöchernen Ringen gestützte Luftröhre, welche sich ziemlich allgemein in zwei Bronchien spaltet. Eine häutige oder knorplig(> P^piglottis findet sich bei zahlreichen Schildkröten, Schlangen und Echsen vor, Stimmeinrichtungen besitzen nur die Geckonen und Chamaeleoniden. Allen Reptilien mit Ausnahme dieser Saurier fehlt eine Stimme. Die für die Respiration erforderliche Lufterneuerung wird die Schildkröfen ausgenommen wohl überall auch mit Hülfe der Rippen bewerkstelligt. Die Kreislaufsorgane knüpfen zwar unmittelbar an die für die Amphibien beschriebenen Gestaltungsverhältnisse an, führen jedocli in allmählig vorschreitenden Uebergängen zu wesentlich höhern Entwicklungs- stufen bis zur vollkonmien ausgeprägten Duplicität des Herzens und ziemlich ausgeführten Scheidung des arteriellen und venösen Blutes. Zunächst wird die Theilung des Herzens dadurch vollständiger, dass sich neben den beiden auch äusserlich abgesetzten Vorhöfen die Kammer n eine rechte und linke Abtheilung sondert. Freilich bleibt die Scheide- wand der Kammer bei den Schlangen , Echsen und Schildkröten durch eine weitere oder engere Oeffnung durchbrochen, dagegen gelangt die- selbe bei den Crocodilen zum vollständigen Schluss und bewirkt die Scheidung in eine rechte und linke Kammer in ganz ähnlicher Weise, wie wir sie bei den Luft-athmenden Warmblütern beobachten. In jenen Fällen ist es die weite und dünnwandige rechte Abtheilung der Kammer, 990 Reptilien. Herz. welche sowohl die Lungenarterien als die Aortenstämme entsendet. Bei den Crocodilen dagegen erhalten Lungenarterien und AortcMistämrae einen gesonderten Ursprung, indem die letztern zum Theil aus der linken Herzkammer hervorgehen. Die grossen Gefässe bilden nur Wtährend des Embryonallebens die vollständige Zahl von Aortenbogen, die sich im Laufe der Entwicklung weit mehr als bei den Amphibien reducirt. Während ursprünglich wie auch bei den Vögeln und Säugethieren fünf Paare von Gefässbogen aus dem Herzen hervorgehen, welche den Schlund umfassend zur Bildung der beiden Aortenwurzeln zusammentreten, er- leiden die meisten dieser Bogen unter dem Verluste ihrer Verbindungs- wege eine Rückbildung, so dass schliesslich jede Aortcnwurzel (Saurier) aus zwei Gefässbogen entspringt, in der Regel aber als die Fortsetzung eines einzigen Aortenbogens erscheint. Der am Herzen hervortretende Arterienstamm beginnt niemals mehr wie bei den Amphibien mit einem muskulösen Aortenconus, und zerfällt in einen linken und rechten Stamm mit gesonderten Ostien und in die Lungenarterien, die ebenfalls mit selbstständigem Ostium beginnen. Die Wandungen dieser Stämme sind freilich meist an der Basis mit einander verwachsen. Bei den Schlangen und Echsen setzt sich der linke Arterienstamm ohne Abgabe von Gefässen in die linke Aortenwurzel fort, während der rechte grössere vor seiner Fortsetzung in die rechte Aortenwurzel einen gemeinsamen Stamm für die beiden Carotiden abgibt, an welchen (zahlreiche Echsen) sich ein Verbindungsgang mit der entsprechenden Aortenwurzel als zweiter perennirender Aortenbogen erhalten kann. Bei den Schildkröten ist es ebenfalls der rechte Arterienstamm, welcher die Carotiden und Subclaviae entsendet, während der linke die Eingeweidearterien abgibt. Da die Aortenwurzel des letztern sehr eng ist, so erscheint die Aorta vorzugsweise als Fortsetzung des rechten Arterienbogens. Aehnlich ver- halten sich die Crocodile, bei denen freilich der rechte Arterienstamm gesondert aus der linken Kammer entspringt und von dieser arterielles Blut erhält. Aber auch hier wird trotz der vollständigen Trennung des Herzens die Vermischung des venösen und arteriellen Blutes nicht ganz vermieden, da eine Communication (vom Foramen Paniszae am Grunde der beiden dicht anliegenden Arterienstämme abgesehen) zwischen dem linken Aortenbogen und der Aorta besteht. Im Falle einer un- vollständigen Trennung beider Kammern erscheint die Vermischung beider Blutsorten theilweise schon im Herzen stattzufinden, obwohl durch besondere Klappeneinrichtungen der Eingang in die Lungengefässe von den Ostien der Arterienstämme der Art abgesperrt werden kann, dass das arterielle Blut vornehmlich in diese letztern, das venöse in jenen einströmt (Brücke;. In den venösen Kreislauf schiebt sich wie bei den Amphibien neben dem Pfortadersystem der Leber ein zweites für die Niere ein, zu welchem das aus dem Schwanz und den hintern Extremitäten Nieren. Geschlechtsorgane. 991 zurückfliessende Blut theilweise verwendet wird. Indessen tritt der Pfortaderkreislauf der Niere bei den Schildkröten und Crocodilen mehr und mehr zurück, da der grössere Theil des Blutes der V. iliacae zur Leber gelangt. Das System der Lyniphgefässe zeigt ausserordentlich zahlreiche und weite Lymphräume und verhält sich ganz ähnlich wie bei den Amphibien, doch wurden bisher contractile Lymphherzen nur in der hintern Körpergegend an der Grenze von Rumpf und Schwanz auf Querfortsätzen oder Rippen in paariger Anordnung nach- gewiesen. Die Nieren der Reptilien entsprechen keineswegs mehr den Wolff'- schen Körpern und den Primordialnieren der Amphibien, sondern sind wie die der Vögel und Säugethiere besondere vom ürnieren- gange aus erst später entstandene Organe. Dieselben schliessen sich zwar meist durch ihre langgestreckte häufig gelappte Form an jene an, liegen jedoch mehr im hintern Theile der Rumpfhühle zu den Seiten der Wirbelsäule der Kloake genähert. Die Harnleiter verlaufen am Innenrande der Nieren, zum Theil mehr oder weniger in das Parenchym derselben eingesenkt und münden gesondert in die Kloake ein, an deren Vorderwand bei den Echsen und Schildkröten eine Harnblase hervor- ragt. Der Harn erscheint keineswegs überall in flüssiger Form, sondern bei den Schlangen als eine weissliche Harnsäure-haltige Masse von fester Consistenz. Die Geschlechtsorgane stimmen mit denen der Vögel am nächsten überein. Indem sich die Primordialniere nebst dem Wolff'schen Gang zum Ausführungsapparat des Hodens (Nebenhoden und Samenleiter) umgestaltet und im weiblichen Geschlechte verschwindet, oder selten als Rudiment RosenmüUer' sches Organ, Gärtnerischer Canal) persistirt, hier dagegen der 3IüUer'&c\\e Gang zum Eileiter wird, sind die morpho- logischen Gestaltungsverhältnisse für die Geschlechtsorgane der höhern Wirbelthiere im Wesentlichen erreicht. Eileiter sowohl als Samenleiter münden gesondert in die Kloake ein. Erstere beginnen mit weitem Ostium, verlaufen vielfach geschlängelt und besorgen überall die Ab- scheidung von halkhaltigen mehr weichhäutigen Eischalen. Nicht selten verweilen die Eier in dem als Fruchtbehälter zu bezeichnenden End- abschnitt der Oviducte längere Zeit, zuweilen bis zum vollständigen Ablauf der Embryonalentwicklung. Im männlichen Geschlechte treffen wir überall äussere Begattungsorgane an, denen im weiblichen Geschlechte ganz ähnlich angelegte Rudimente (Clitoris) entsprechen. Bei den Schlangen und Eidechsen sind es zwei glatte oder bestachelte Hohl- schläuche, welche in einen taschenartigen Hohlraum hinter der Kloake eingezogen liegen und hervorgestülpt werden können. In dem letztern Zustand erscheint ihre Oberfläche von einer Rinne durchsetzt, welche das Sperma von den Geuitalöffnungen der Kloake aus fortleitet. Bei 992 Reptilien. Entwicklung. den Schildkröten und Crocodilen dagegen erhebt sich eine von zwei fibrösen Körpern gestützte schwellbare liuthe an der Vorderwand der Kloake. Auch diese besitzt eine Rinne zur Aufnahme und Fortführung des Samens, kann aber nicht wie die beiden Ruthen der Schlangen und Echsen eingestülpt werden. Die Vereinigung beider Geschlechter ist daher stets eine wahre Begattung und führt zu einer Befruchtung der Eier im Innern des mütterlichen Körpers. Bei weitem die meisten Reptilien sind Eierlegend , einige jedoch wie z. B. unter den Schlangen die Kreuzotter und unter den Echsen die Blindschleiche gebären lebendige Junge. In der Regel graben die mütterlichen Thiere ihre in verhältniss- mässig spärlicher Zahl abgelegten Eier in feuchter Erde an gesicherten warmen Plätzen ein, ohne sich weiter um das Schicksal der Brut zu kümmern. Man hat jedoch eine Art Brutpflege bei den Riesenschlangen beobachtet, welche ihren Leib über den zusammengesetzten Eiern zu- sammenrollen und der sich entwickelnden Brut Wärme und Schutz gewähren. Die Entwicklungsgeschichte der Reptilien, deren Kenntniss wir vorzugsweise den trefflichen Untersuchungen') Rathke's verdanken, schliesst sich eng an die der Vögel an, während sie von der Entwicklung der nackten Amphibien sehr wesentlich abweicht. Der verhältnissinässig grosse Dotter, zuweilen noch innerhalb der Schale von einer Eiweiss- schicht umgeben , erleidet nach der Befruchtung wie der des Vogeleies eine nur partielle Furchung, welche an einer begrenzten dem Hahnen- tritt des Vogeleies entsprechenden Stelle zur Anlage eines scheiben- förmigen Keimes mit den Rückenwülsten und der Primitivrinne führt. Bevor indessen die Rückenwülste geschlossen sind, macht sich an dem erweiterten die Kopfanlage bezeichnenden Abschnitt der Rückenfurche eine Knickung bemerkbar, welche die Entstehung der Kopfbeuge, einer ausschliesslich den höhern Wirbelthieren zukommenden Bildung, veran- lasst. Ebenso characteristisch ist das Auftreten einer den Embryo um- schliessenden Haut, der Schafhaut oder Amnion. Es erhebt sich nämlich die äussere Zellenschicht des Keimes, welche allmählig den ganzen Dotter umwächst, zuerst am vordem und hintern Ende des Embryo's und bildet hier zwei das Kopf- und Schwanzende überdeckende Falten {Kopf- und Sdiioanshipjye). Dieselben dehnen sich alsbald auch über die Seitentheile aus und verwachsen über dem Embryo zu einem 1) C. E. V. Baer, lieber Entwicklungsgeschichte der Thiere IL Königsberg. H. Rathke, Entwicklungsgeschichte der Natter. Königsberg. 1839. Derselbe, Ueber die Entwickeliing der Schildkröten. Braunschweig. 1848. Derselbe, Unter- suchungen über die Entwicklung und den Körperbau der Crocodile. Braunschweig. 1866. L. Agassiz, Embryologie ofthe Turtle. Contributions to the nat. bist. etc. II. Boston. 1857. Verbreitung. 993 geschlossenen mit Flüssigkeit erfüllten Sack zusammen. Der anfangs dem Dotter flach aufliegende Embryo setzt sich allmählig schärfer von dem Dotter ab, indem die Bauchwandungen des kahnförmigcn Leibes bis auf eine Oefinung (Nabel) zusammenwachsen und der centrale als flache Rinne angelegte Darm zu einem Rohre wird, dessen Zusammenhang mit dem abgeschnürten Dotter an der Stelle jener Oefl'nung durch einen engen Gang erhalten bleibt. Als einer neuen ebenfalls für die höhern Wirbelthicre characteristischen Bildung iwst sodann das Auftreten des Ilarnsacks, der Ällautois, hervorzuheben. Dieselbe erhebt sich an dem hintern Körperende als bläschenförmige Ausstülpung der vordem Darm- wand und wächst zu einem ansehnliche^! Sacke aus, welcher aus der Oefl'nung der Bauch wand hervortritt und sich über das Amnion hin ausbreitet. Die Wandungen dieses mit einer Flüssigkeit gefiillten Sackes sind im Gegensatz zu der vollkommen gefässlosen Schafhaut ausser- ordentlich reich anGefässen und repräsentiren ein embryonales Athnunigs- organ, welches bei der langen Dauer und den complicirten Entwicklungs- vorgängen des Embryonallebens von hoher Bedeutung ist. Mit dem Ausfall des Allantois steht nicht nur der Ausfall der Kiemenathmung, sondern die vollkommene Organisation des ausschlüpfenden Jungen, der Ausfall einer Metamorphose im innigsten Zusammenhang. Fast alle Reptilien mit Ausnahme einiger Schildkröten und Eidechsen sind Fleischfresser, die kleinern Formen leben grossentheils von Insecten, die grössern dagegen von Wirbelthieren und zum Tlieil WarmbRitern. Viele leben immer oder vorzugsweise im Wasser, wie z. B. die Wasser- schlangen und Seeschildkrören, welche letztere nur zum Ablegen der Eier das Land besuchen. Auch die Crocodile finden ihren Lebensunter- halt besonders im Wasser, da sie sich auf dem Lande zwar rasch aber ungeschickt und schwerfällig fortbewegen, und bevölkern die Lagunen und Mündungen grösserer Ströme. Bei weitem die meisten Reptilien aber sind vorherrschend Landbewohner und lieben bald mehr feuchte Plätze in der Nähe des Wassers, bald das trockene Land. Was die geographische Verbreitung anbetritt't, so steigt die Mannich- faltigkeit und Grösse der Formen mit der Annäherung an den Aequator. Einige Schlangen und Echsen reichen weit bis in den Norden hinauf, während die Crocodile auf die lieisse Zone beschränkt sind, und Schild- kröten nur in vereinzelten Beispielen der heissen Zone angehören. Die Reptilien der kalten und gemässigten Gegenden verfallen in eine Art Winterschlaf, wie andererseits auch in den heissen Klimaten ein Sommerschlaf vorkommt, der mit dem Eintritt der Regenzeit sein Ende erreicht. Das psychische Leben der Reptilien steht noch durchweg auf einer liefen Stufe und erhebt sich nur wenig über das der Amphibien. Ihr Claus, Zoologie 3. Aufl. 6j 994 Fossile Reptilien. 1. Unterclasse: Plagiotremata, Schuppensaurier. Wachsthum schreitet nur langsam vor, dagegen ist die Lebensdauer um so länger. Die meisten haben ein überaus zähes Leben, können geraume Zeit ohne Nahrung auch bei beschränkter Respiration existiren und sind obgleich in geringerem Grade als die Amphibien zur Reproduction verstümmelter oder verloren gegangener Körpertheile befähigt. Die ältesten fossilen Reste von Reptilien gehören der Primärzeit an, doch erscheinen dieselben in diesem Zeitalter nur äusserst spärlich und auf die Kupferschieferformation {Proterosaurus Speneri) beschränkt. Eine weit grössere Mannichfaltigkeit der Formen hat die Secundärzeit (namentlich das Zeitalter der Trias und des Jura) aufzuweisen, welche vorherrschend von Sauriern und meist Hydrosauriern belebt war. Die Schuppenechsen treten erst in den obersten Schichten des Jura auf und finden sich am zahlreichsten in der Tertiärzeit, welche auch spärliche Ueberreste von Schlangen aufzuweisen hat. Schildkröten kommen zuerst — von den zweifelhaften Fussspuren des Trias abgesehen — im Jura vor, Landschildkröten freilich erst in der Tertiärformation. Die Classification der Reptilien bietet mit Rücksicht auf die zahl- reichen und keineswegs vollständig gekannten vorweltlichen Reste mannichfache Schwierigkeiten. L Unterclasse: Plagiotremata (Lepidosauria), Schuppensaurier. Reptilien mit Schuppen und Schildern der Haut, fusslos oder mit verschieden ausgebildeten Extremitäten versehen, mit querer Afterspalte und doppeltem Penis im männlichen Geschlechte. Schlangen und beschuppte Eidechsen stehen einander dem Innern Baue nach theilweise so nahe , dass eine Vereinigung dieser beiden Reptiliengruppen in einer gemeinsamen Hauptgruppe nothwendig er- scheint, umsomehr, als zahlreiche Uebergangsgiieder die strenge Ab- grenzung derselben unmöglich machen. Es characterisiren sich die hierhergehörigen Reptilien durch den Besitz von Schuppen und Schildern der Haut, vornehmlich aber durch die quere mit einer Deckplatte ver- sehene Afterspalte und durch die Bildung der männlichen Begattungs- werkzeuge, welche als zwei vorstülpbare Hohlschläuche hinter dem After in einer Grube verborgen liegen und während der Begattung das aus der Genitalöffnung entleerte Sperma je auf einer äussern Rinne in die weiblichen Genitalöfinungen leiten. 1. Ordnung: Opbidia, Schlangen. 995 1. Ordnung: OpMdia') (Serpentes), Schlangen. F'usslose Flagiotremen von ivalsenförmiger Gestalt, ohne Schulter- gürtel, ohne Augenlider und Faukcnhöhle, mit ^iveispaltiger vorstreckharer Zunge, meist mit frei beweglichen überaus verschiebbaren Kiefer - und Gaumenhiochen , ohne Harnblase. Die Charactere der Schlangen beruhen hauptsächlich auf der lang- gestreckten Leibesform , auf dem Mangel der Extremitäten und der oft erstaunlichen Erweiterungsfälligkeit des Mundes und Rachens, indessen ist eine scharfe Abgrenzung von den Eidechsen nicht möglich, da die genannten Merkmale theihveise hinwegfallen, theilweise auch bei ver- schiedenen Eidechsen sich finden können. Früher nahm man bei Be- grenzung dieser Ordnung ausschliesslich auf den Mangel der Extremitäten Rücksicht und fasste daher nicht nur von den Amphibien die Blind- wühler, sondern auch die Blindschleichen und andere Extremitätenlose Echsengattungen, wie z. B. Acontias und Ophisaurus als Schlangen auf, ebenso rechnete man die Arnphisbaenen hierher, welche durch die kurze dicke Zunge, den engen nicht erweiterungsfähigen Rachen und die Ver- wachsung der Unterkieferäste den Eidechsen näher stehen, auch sogar Vorderfüsse (Chirotes) besitzen können. Alle diese Formen werden gegenwärtig ausgeschlossen und zu den p]chsen gestellt, gleichwohl aber ist man gezwungen, eine nicht unbeträchtliche Anzahl kleiner engmäuliger Schlangen anzuerkennen , die sich zwar sonst in jeder anderen Hinsicht als echte Schlangen erweisen, aber kaum zu einer Erweiterung des Rachens befähigt sind. Auch besitzen zahlreiche Schlangen Rudimente von hintern Extremitäten, so dass eine Gruppe derselben als Peropoden bezeichnet werden konnte. Hier liegen an der Schwanzwurzel zu den Seiten der Wirbelsäule je ein langgestreckter Knochen, mit dessen unterm Gelenkhöcker zwei kleine Knöchelchen divergirend verbunden sind. Beide schliessen zwischen sich einen S-förmigen Knochen ein, welcher wie ein Nagelglied eine kegelförmige in der Nähe des Afters hervorstehende Kralle trägt. Bei den Engmäulern {Typhlops) finden 1) Vergl. ausser Dumeril und Daudin sowie zahlreicher Abhandlungen von Günther und Peters: Lacepede, Histoire naturelle generale et particuliere des Quadrupedes ovipares et des Serpentes. 2 vol. Paris 1788 und 1789, Schlegel, Essai sur la Physionomie des Serpentes. La Haye 18:37. Joh. Müller, lieber eine eigenthümliche Bewaffnung des Zwischenkiefers der reifen Embryonen der Schlangen und Eidechsen. Müller's Archiv 1841. Gray; Catalogue of Reptiles in the CoUection of the Brit. Museum. Part. 3. Snakes. London 1849. Günther, Catalogue of Calubrine Snakes in the CoUection of the Brit. Museum. London 1858. Jan, Iconographie generale des Ophidiens. Paris. Livr. 1 — 27. 1860 — 1868. Lenz, Schlangenkunde. 2. Auflage. Gotha 1870. Strauch, Die Schlangen des russischen Reiches. 1873. 996 Schlangen. Kiefer- und Gaumenknochen. Kinnfurche, Zähne. sich nuv die unter der Haut verborgenen Hauptknoclien , welche als Beckenrudimente gedeutet werden. Schultergürtel und Theile eines vordeni Extremitätenpaares kommen übrigens bei keiner Schlange vor. Am Schädel der Schlangen fehlt sowohl eine Ueberbrückung der Schläfengegend als die stabförmige Verbindung von Scheitelliein und Flügelbein, wie wir sie bei den Eidechsen finden. Die Schädelhöhle ist sehr' lang gestreckt, ihre vordem und mittlem Seitentheile werden durch absteigende Flügelfortsätze des Scheitelbeins und der Stirnbeine gebildet. In der Ethnioidalregion betheiligen sich abwärts gerichtete lamellöse Fortsätze der beiden Nasenbeine an der Herstellung des medianen Septums und selbstständige Conchen legen sich in der Nasenhöhle an die Aussenseite des paarigen Vomer an. Conchen und Vomer umfassen einen Hohlraum, der ein zweites dem Jacohson'schen Organ der Säugethiere entsprechendes Geruchsorgan umschliesst. Von besonderer Bedeutung erscheint die Bildung der Kiefer- und Gaumenknochen, welche eine so vollkommene Verschiebbarkeit ihrer Theile zeigen, dass der Rachen die Fähigkeit einer beträchtlichen Erweiterung und seitlichen Ausdehnung erhält. Während der Zwischenkiefer in festem Zusammenhange mit den Nasen- und PÜugschaarbeinen steht, sind die von ihm gesonderten Ober- kiefer, Gaumen- und Flügelbeine sowohl untereinander als mit dem Schädel beweglich verbunden. Gaumen- und Flügelbeine vereinigen sich zur Herstellung eines Innern Knochenbogens, welcher dem äussern Bogen des Oberkiefers parallel verläuft, auch eine Querbrücke (Os transversum) zu demselben sendet und etwas oberhalb des Unter kiefergelenks mit dem frei vorstehenden Quadratbein articulirt. Dieses letztere ist daher ein Suspensorium für beide Kinnladen und lenkt sich äusserst beweglich an der Schläfenbeinschuppe ein, welche wiederum eine relative Selbst- ständigkeit zeigt und meist ebenfalls beweglich am Hinterhaupte ange- heftet ist. Ebenso beweglich als die Theile des Oberkiefergaumenapparates erweisen sich die beiden Aeste des Unterkiefers , welche am Kinnwinkel in einer aucli äusserlich erkennbaren Furche {Sulcus mentalis) durch ein dehnbares Ligament verbunden, eine sehr bedeutende seitliche Verschiebung zulassen. Die Kieferbewaffnung wird von zahlreichen nach hinten gekrümmten Fangzähnen gebildet, welche den Unterkiefer in einfacher, den Ober- kiefergaumenapparat meist in doppelter mehr oder minder vollständig besetzter Bogenreihe bewaffnen und vornehmlich beim Verschlingen der Beute als Widerhaken wirken. Auch dem Zwischenkiefer können Haken- zähne zugehören {Fytlion). Nur bei den kleinen wurmförraigen Eng- mäulern beschränken sich die Zähne auf Oberkiefer oder Unterkiefer iOpoterodonten). Ausser diesen soliden Hakenzähnen kommen im Ober- kiefer zahlreicher Schlangen Furchenzähne oder hohle von einem Canale durchbohrte Giftzähne vor, deren Basis mit dem Ausiührungsgange einer Giftdrüsen. Kürpcrl)e(leckuiig. Häutimg. 997 Giftdrüse*) in Verbindung steht und das ausfliessende Secret derselben aufnimmt und nach der Spitze fortleitet. Häufig enthält der sehr ver- kümmerte Oberkiefer jederseits nur einen einzigen grossen durchbohrten Giftzahn, dem aber stets noch grössere und kleinere Ersatzzähne anliegen [Solcuoglyphen). Die Furchenzähne treten selten in grösserer Zahl auf und sitzen entweder ganz vorn im Oberkiefer (Froteroghjphen) oder hinter einei' Reihe von Hakenzähnen am hintersten Ende des Oberkiefers {Oinsthoißyphen). In beiden Fällen ist der Oberkiefer beträchtlich grösser als bei den Solenoghjphen , dagegen erreicht derselbe bei den Schlangen , welche auch der Furchenzähno entbehren {Aglyphodontcn'), den grössten Umfang und die reichste Bezahnung. Während die Furchen- zähne in der Regel stark und unbeweglich befestigt sind, richten sich die durchbohrten Giftzähne mit sammt dem Kiefer, dem sie aufsitzen, beim Oeffnen des Rachens auf und werden im Momente des Bisses in das Fleisch der Beute eingeschlagen. Gleichzeitig fliesst das Secret der zuweilen weit nach hinten ^j und selbst (Callophis) In die Bauchhöhle sich erstreckenden Giftdrüse, durch den Druck den Schläfenmuskeln ausgepresst, in die Wunde ein und veranlasst mit dem Blute in Berührung gebracht, den oft augenblicklichen Eintritt des Todes. Die Gefährlichkeit des Schlangen- bisses richtet sich natürlich nach der Grösse der Schlangenart, nach der besondern Beschaffenheit und Stärke des verwundeten Thieres, sowie auch nach der Jahreszeit und dem Klima. Auf Warmblüter wirkt das Gift weit rascher und heftiger als auf Amphibien und Fische ein, in heisseren Gegenden intensiver als in gemässigten Klimaten und an kühlern Tagen. Die äussere Körperbedeckung der Schlangen enthält überaus regel- mässige Verdickungen der Cutis, welche von der veihornten Epidermis überzogen das Ansehen von Schuppen, Schildern und Schienen darbieten, (leren Form, Zahl und Anordnung systematisch verwerthet wird. Während die Rückenfläche des Rumpfes durchweg mit glatten oder gekielten Schuppen bekleidet ist, kann der Kopf sowohl von Schuppen als von Schildern und Tafeln bedeckt sein, welche ähnlich wie bei den Echsen nach der besondern Gegend als Stirn-, Scheitel-, Hinterhauptschilder, ferner als Schnauzen-, Nasen-, Augen-, Zügel-, Schläfen- und Lippenschilder unterschieden werden. Als den meisten Schlangen eigenthümlich mögen die Schilder der Kinnfurche, die Rinnenschilder, hervorgehoben werden, 1) Vergl. Schlegel, Untersucliungen der Speicheldrüsen bei den Schlangen mit gefurchten Zähnen etc. Nov. Act. Ac. Caes. L. C. etc. Tom. XIV. 1828. Joh. Müller, de giand. secern. structura penitiori. 1830. Leydig, Die Zähne ein- heimischer Schlangen nach Bau und Entwicklung. Archiv für mikr. Anat. Tom IX. 1872. 2) A. B. Meyer, Ueber den Giftapparat der Schlangen und insbesondere über den der Gattung Callophis. Gray. Monatsschr. der Berliner Akademie der Wissenschaften. 1869. Vergl. auch Peters ebendas. 1871, über die Gattung AdenwpJiis. 998 Schlangen. Organisation. Lebensweise. vor denen noch zwei accessorische Lippenscliilder jederseits neben dem mittleren Lippenschilde des Unterkiefers die vordere Begrenzung der Kinnfurche bilden. Am Bauch finden sich meist sehr breite Schilder, die wie Querschienen die ganze Länge des Rumpfes bekleiden, doch können auch hier Schuppen und kleine mediane Schilder vorkommen, die Unterseite des Schwanzes wird dagegen in der Regel von einer paarigen, selten von einer einfachen Reihe von Schildern bedeckt. Die Schlangen häuten sich mehrmals im Jahre, indem sie ihre Oberhaut, an welcher sich die Sculptur der Cutis wiederholt, in toto abstreifen. Die innere Organisation schliesst sich eng den Anforderungen des langgestreckten Baues, sowie der Bewegungs - und Ernäiirungsweise an. Ein sehr langer und dehnbarer dünnhäutiger Schlund führt in den sack- förmig erweiterten Magen, auf welchen ein verhältnissmässig kurzer, nur wenig gewundener Dünndarm folgt. Der Kehlkopf erscheint ausser- ordentlich weit nach vorn gerückt und kann während des langsamen gewaltsamen Schlingactes bis in den Rachen vortreten. Die ausser- ordentlich lange Trachea enthält oft schon in ihrem Verlaufe respirato- rische Luftzellen. Die linke Lunge ist meist ganz rudimentär, während die um so mächtiger entwickelte rechte an ihrem Ende ein schlauch- förmiges Luftreservoir bildet. Dem Gehörorgane fehlen schallleitende Apparate, dem Auge bewegliche Lider. Der Augapfel mit seiner meist senkrecht gespaltenen Pupille wird von der durchsichtigen uhrglas- förmigen Haut bedeckt , hinter dieser jedoch von der Thränenflüssigkeit reichlich bespühlt. Die Nasenöfl'nungen liegen meist ganz an der Spitze oder am Seitenrande der Schnauze. Die gabiig gespaltene hornige Zunge dient nicht als Geschmacks-, sondern als Tastorgan und ist von einer Scheide umschlossen, aus der sie selbst bei geschlossenem Rachen aus einem Einschnitt der Schnauzenspitze weit vorgestreckt werden kann. Die Schlangen bewegen sich vornehmlich durch seitliche Krüm- mungen der Wirbelsäule, da besondere Locomotionsorgane bis auf den bereits erwähnten Extremitätenstummel der Peropoden und einiger Eng- mäuler, abgesehen von den als Fortschieber wirksamen Rippen, fehlen. Die vordere Extremität kommt niemals auch nur rudimentär zur Anlage, ebensowenig ein Schultergerüst und Brustbein. Dagegen ist die Wirbel- säule zu seitlichen Verschiebungen in hohem Grade befähigt, die sehr zahlreichen Wirbel tragen am Rumpfe fast durchweg Rippen und sind durch freie Kugelgelenke ihrer convex-concaven Körper und durch horizontale Gelenkflächen der Querfortsätze in der Art verbunden, dass Schlängelungen nach den Seiten äusserst leicht stattfinden, Krümmungen dagegen nach auf- und abwärts unmöglich erscheinen. Auch stehen die Rippen in überaus freier Gelenkverbindung mit den Wirbelkörpern und können in der Längsrichtung vor- und zurückgezogen werden. Die letztere Art der Bewegung scheint sogar für die Locomotion von wesent- Lebensweise. Fortpflanzung. 999 lieber Bedeutung zu sein und die Schlängelungen der Wirbelsäule zu unterstützen. Durcb abwecbselndes Vorschieben der Rippenpaare und Nachziehen der durch Muskeln sowohl miteinander als mit den Rippen befestigten Bauchschilder laufen die Schlangen in einem gewissen Sinne auf den äussersten Spitzen ihrer an Hautschildern befestigten Rippen. Die Schlangen nähren sich ausschliesslich von lebenden Thieren, sowohl Kaltblütern als Warmblütern, die sie im Schusse überfallen und ohne Zerstüclvelung in toto verschlingen. Zuvor tödten sie meist ihre Beute, indem sie dieselbe umschlingen und ersticken und mittelst des Giftzahnes beissen und vergiften. Bei der Dehnbarkeit des Rachens und des Schlundes wird es ihnen möglich, grössere Thiere, welche den Durchmesser ihres eignen Körpers um das mehrfache übertreffen, freilich unter gewaltigen Anstrengungen ihrer Muskulatur zu verschlingen. Während die Speicheldrüsen ein reichliches Secret ergiessen, welches die Oberfläche der zu bewältigenden Speise schlüpfrig macht, und der Kehl- kopf zwischen den Kieferästen zur Unterhaltung der Athmung hervor- tritt, haken sich die Kieferzähne abwechselnd fortschreitend immer weiter in die Beute ein, und es zieht sich gewissermassen Rachen und Schlund allmählig über die Beute hin. Nach Vollendung des anstrengenden Schlinggeschäftes tritt eine bedeutende Abspannung aller Kräfte ein, es folgt eine Zeit träger Ruhe, während welcher die sehr langsame aber vollständige Verdauung von Statten geht. Die Fortpflanzung geschieht nach vorausgegangener Begattung in der Regel durch Ablage wenig zahlreicher grosser Eier, in denen die Embryonalentwicklung schon mehr oder minder weit vorgeschritten ist. Durch künstliche Absperrung trächtiger Weibchen gelingt es sogar, die Embryonen im Innern des mütterlichen Körpers zur vollständigen Aus- bildung zu bringen. Indessen gibt es auch lebendig gebärende Schlangen, wie z. B. die Seeschlangen und die Kreuziotter. Bei weitem die meisten und durch Grösse und Schönheit der Farben ausgezeichneten Arten gehören der wärmern Zone an, nur wenige und kleine Formen reichen bis in die nördlichen gemässigten Klimate. Sie leben auf der Erde besonders in waldigen Gebirgsgegenden und halten sich in Verstecken unter Steinen, Moos und Laub auf, viele besuchen indessen auch gern das Wasser, sind wahrhaft amphibiotisch. Andere dagegen bewegen sich grossentheils auf Bäumen und Gesträuchen oder in flachen sandigen Gegenden, andere ausschliesslich im Meere. In den gemässigten Ländern verfallen sie in eine Art Winterschlaf, in den heissen halten sie zur Zeit der Trockniss einen Sommerschlaf. Fast sämmtlich sondern sie aus Drüsen der Aftergegend ein unangenehm riechendes Secret ab. Fossile Reste finden sich nur spärlich von der altern Tertiär- zeit an. IQOO Schlangen. Opoderodoivta. Colubriformia. Bibron und Dumeril haben nach der Bildung des Gebisses an die Stelle der alten Eintheilung der Schlangen in Giftlose, in Trug- schlangen und Giftschlangen eine Eintheilung in ö Hauptgruppen be- gründet, die vielfach acceptirt worden ist , obwohl sie nicht vollkommen durchführbar erscheint. \yw. Äglyphodotiten un(\OpisthoglypheM wenigstens werden zweckmässig als Colubriformia zusammengezogen. 1. Unterordnung. Opoderodonta, Wurmschkmgen. Wurmförmige Schlangen von geringer Grösse mit enger nicht erweiterungsfähiger Mundspalte und unbeweglich verbundenen Gesichtsknochen, ohne oder mit nur sehr kurzem Schwanz. Die Kinnfurche fehlt. Kopf und Augen klein. Beschuppung mit Ausnahnje des Kopfschildes ziemlich gleich- massig, zuweilen sind die Bauclischuqpen der Mittelreihe grössere Schilder. Sie besitzen entweder nur im Ober- oder Unterkiefer Zähne, entbehren durchaus der Giftzähne und leben wie die Blindwühler in selbstgegra- benen Gängen oder unter Steinen von Würmern und Insecten. Sie besitzen kleine stilförmige Knochen als Rudimente der hintern Extremitäten. 1. Fam. Catodontia. Zähne nur im Unterkiefer, der kürzer als der Ober- kiefer ist. Gaumen und Flügelbein verschmolzen. Stenostoma Dum. Bibr. St. nigricans Dum. Bibr., Südafrika u. a. südameri- kanische Arten. 2. Farn. Epanodontia. Zähne nur in dem kurzen Oberkiefer. Praefrontale fehlt. T'i/phlops Sehn. Nasenlöcher seitlich am Vorderi'ande. Schnauzenende stumpf von grossen Schildern bedeckt. T. lumhriealis Merr., Antillen. T. vermi- cularis L. , Grieclienland. Bhinotyphlops Pet. , Helminthophis Pet. Bei Omjclio- eephalus Dum. Bibr. liegen die Nasenlöcher auf der untern Fläche. Ceplialolepis Dum. Bibr. 2. Unterordnung. Colubriformia. Körper mit breiten in Reihen gestellten Schuppenplatten bedeckt, die am Kopfe meist durch Schilder ersetzt werden. Beide Kiefer mit soliden Hakenzähnen bewaflnet, im Oberkiefer kann der letzte Zahn ein Furchenzahn sein und dann ent- weder ohne Giftdrüse bleiben oder mit dem Ausführungsgang einer kleinen Giftdrüse in Verbindung stehn. »Es ist wohl gewiss, sagt Joh. Müller, dass einige der Coluber-artigen Schlangen mit gefurchten Hinterzähnen giftig sind«, zweifellos aber ist es, dass diejenigen, welche keine besondere Drüse für die gefurchten Hinterzähne besitzen, un- schädlich sind. Diese opisthoglyphen Schlangen stehen den giftlosen Aglyphodonten so nahe, dass sie oft nur generisch getrennt werden können , aber in derselben Familie aufgenommen werden müssen , z. B. Homalocrcmion und Calamaria. Die Kiefer sind mit Ausnahme der Uropeltiden und Tortriciden dehnbar und erweiterungsfähig {Eurystomata Joh. Müll), mit Ausnahme dieser Familien ist auch das Mastoideimi {Squamosrnn) frei von der Schädehvand erhoben. Uropeltidae. Tortricidac. Pythonidae. 1001 1. Pam. Uropeltidae^), Schildschwänze. Körper cylindrisch, mit kurzem und spitzem Kopf, dessen Rachen nicht erweiterungsfähig ist , aber im Gegensatz zu den Typhlopiden in beiden Kiefern Zähne trägt und eine Kinnfurche besitzen kann. Am Gaumen fehlen die Zähne. Schwanz kurz und stumpf, mit nacktem Terminalschilde oder mit gekielten Schuppen. Augen sehr klein. Leben auf den Philippinen und in Ostindien. lihinophis Hmpr. Kopf conisch. Schwanz mit schuppenlosem convexen Terminalschild. Bh. oxyrhynchus Hmpr. Uropeltis Cuv. Schwanz mit flachem schuppenlosen Terminalschild. U. phüippinus Cuv. Plectrurus Dum. Bibr. Mclanopliidlum Gnth. u. a. G. 2. Fam. Tortricidac, Wickelschlangen. Von geringer Grösse mit kleinem kaum abgesetztem Kopf und kurzem conischen Schwanz. Zähne klein, auch an den Gaumenbeinen. Schuppen glatt. Besitzen ähnlich wie die Riesenschlangen ein Beckenrudiment nebst kleinen Afterklauen und leben am Boden dicht be- wachsener Gegenden. Tortrix Opp. {Ilysia Hmpr.). Zähne im Zwischenkiefer. Auge zwischen Schildchen. T. scytale Hmpr., Südamerika. Cylindrophis Wagl. Zwischenkiefer zahnlos. Auge frei. Crw/a Gray, Java. Bei der wohl als Familie zu sondernden Gattung Xenopeltis Reinw. nimmt das Mastoideum keinen Theil an der Begrenzung der Schädelwand, sondern liegt frei derselben an. Auch fehlt das Beckenrudiment. 15 Schuppenreihen. X. unicolor Reinw. , Ostindien. 3. Fam. Pythonidae, Riesenschlangen {Peropodes). Schlangen von be- deutender Grösse und Kraft, mit länglich ovalem, beschildertem oder beschupptem Kopf. Der Schwanz ist kurz oder von mittlerer Länge. In beiden Lippen finden sich oft tiefe dreieckige Gruben und in dem Zwischenkiefer nur zuweilen Zähne. Alle besitzen Rudimente der hintern Extremitäten, welche mit einer Afterklaue zu den Seiten der Kloake enden. Sie sind Bewohner heisser Gegenden in der alten und neuen Welt. 1. Subf. Erycinae. Schwanz sehr kurz, nicht zum Greifen eingerichtet. Zwischenkiefer zahnlos. Eryx Daud. , Rollschlange. Der Kopf kaum abgesetzt, mit engem Munde. Nur der Schnauzenrand beschildert. Schwanz sehr kurz, mit einfachen untern Schildern. Leben in trockenen sandigen Gegenden der alten Welt nnd sind ungemein schnell. E. jaculus Wagl., Südeuropa. 2. Subf. Boiiiae. Mit einfachem Greif- und Rollschwanz. Zwischenkiefer zahnlos. Kopf häufig beschuppt statt der Beschilderung. Boa Wagl. , Riesenschlange. Kopf beschuppt ohne Scliildcr. Grcifschwanz mit einfacher Reihe von Subcaudalschilderu. Besteigen Bäume und schiessen von da mit ihrem Vorderkörper auf die Beute herab, die sie umschlingend erdrücken. B. constrictor L., feig und trag, 10 — 12 Fuss lang, in Brasilien. Euriectes Wagl. Mit vmregelmässigen Schildern auf dem Kopf. Hält sich im Wasser auf. E. murimis Wagl., Anacoiida, Brasilien. Xiphosoma Wagl. Mit glatten Schuppen und Lippengruben. X. caninum Wagl., Südamerika. Epicrates Wagl. Enygrus Wagl. Mit gekielten Schuppen ohne Lippengruben. Nasenlöcher in der Mitte eines Schildes. E. carinatus Wagl. , Java. 3. Subf. Pythoninae. Mit Greifschwanz und Zähnen im Zwischenkiefer. Einige Lippenschilder mit Gruben. 1) Peters, De serpentum familia Uropeltaceorum. Berolini 1861. 1002 Pythoninae. Calamaridae. Colubridae. Coronellinae. Python Daud. Kopf bis zur Stirn bescliildert. 2 Reiben von Subcaudal- scbildern. Auge umgeben von einem Schilderring. P. reticuJatiis Sehn., Sumatra. P. molurus L., Ostindien. Morelia Dum. Bibr. Liasis Gray. Nasenlöcher jederseits in einem Schilde. L. amcthystinus Gray, Amboina. 4. Fam. Calamaridae^). Der cylindrische massig lange rigide Körper endet mit kurzem Schwanz. Kopf nicht deutlich abgesetzt. Einige Schilder desselben vereinigt. Nasenlöcher klein, seitlich. Schuppen glatt oder gekielt, in 13 bis 19, selten 21 Reihen. Zähne ziemlich gleich und klein, der hintere Oberkieferzahn zuweilen länger und gefurcht. Calamaria Boie. Nur ein Paar Frontalschilder mit 13 Schuppenreihen. Subcaudalschilder in doppelter Reihe. C. Linnaei Boie, Java. C. versicolor Boie. Conopsis Gnth. JRhabdosoma Dum. Bibr. Zwei Paare von Stirnschildern mit 15—17 Schup- penreihen. Schwanzschilder in doppelter Reihe. R. crassicaudatum Dum. Bibr., Neu-Granada u. z. a. A. Bhinosimus Dum. Bibr. Bhinostoma Fitz. Homalocranion Dum. Bibr. Zwei Paar Stirnschilder von nahezu gleicher Grösse. Hinterer Kieferzahn gefurcht. Schuppen klein. Schwanzschilder 2reihig. H. melanocephalmi L. , Südamerika. Homalosoma Wagl. Carpophis Dum. Bibr. u. z. a. G. Oligodon Boie. Zwei Paar Stirnschilder. Schuppen glatt. Keine Zähne am Gaumenbein. 0. subgriseus Dum. Bibr. 5. Fam. Colubridae, Nattern. Der nicht sehr breite abgesetzte Kopf ist beschildert. Die Bezahnung vollständig. Die Zähne des Oberkiefers nehmen häufig nach vorn zu an Grösse ab. Der Schwanz mit doppelten Schilderreihen an der Unterseite. Eine sehr artenreiche und verbreitete Familie, die man in eine Reihe von Unterfamilien aufgelöst hat. 1. Subf. Coronellinae, Körper von massiger Grösse, mit kurzem, nicht ab- gesetztem Schwanz. Kopf etwas abgeflacht , mit kurzer gerundeter Schnauze, von regelmässigen Schildern bedeckt. Ein Ziigelschild und 2 Nasalschilder, nie- mals mehr als 2 vordere und 3 hintere Augenschilder. Bauchschilder ohne Kiel. Vordere Zähne immer am kürzesten, kein längerer Mittelzahn. Coronella Laur. Ein vorderes Augenschild. Schuppen glatt. Hinterer Ober- kieferzahn länger , zuweilen gefurcht. C austriaca Laur. = C. laeois Lac, glatte Natter. In Europa sehr verbreitet. C. cucullata Dum. Bibr., Algier. C. Sayi Dek. , Centralamerika u. z. a. A. Tacliymenis Wiegm. Zwei vordere Augenschilder und ein Zügelschild. Schuppen in 19 Reihen. Hinterer Oberkieferzahn gross, gefurcht. T. vivax Fitz., Dalmatien. T. chilenais Schi. Psammophylax Fitz. Ählahcs Dum. Bibr. Simoies Dum. Bibr. Schnabelschild rückwärts bis zwischen die vordem Stirnschilder ausgedehnt. S. octolineatus Sehn., Ostindien. Liophis Wagl. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, ohne Furche, von den vordem durch einen Zwischenraum getrennt. Schuppen in 17 bis 21 Reihen. Ein Zügelschild. Ein vorderes, zwei hintere Augenschilder. L. cobella L., Bra- silien. Erythrolamprus Boie u. a. G. 1) G. Jan, Prodromo della Iconographia generale degli Ofidi. H Parte. Calamaridae. Genova 1862. Natricinae. Colubrinae. Dryadinae. 1003 2. Subf. Natricinae. Körper meist etwas abgeflacht, mit massig grossem ziemlich abgesetzten Schwanz. Kopf abgesetzt mit tiefer Mundspaite. Schuppen meist stark gekielt, meist in 19 Reihen. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, zuweilen gefurcht. Tropidonotus Kühl. Schuppen gekielt. Nasenlöcher klein, zwischen 2 Schildern. Zwei kleine vordere Frontalschilder, die nach vorn spitzwinklig zu- laufen. Tr. natrix Gesn., Ringelnatter, weit über Europa verbreitet. Tr. viperinus Schi., Algier. Tr. qiiinatnciatus Schi., Ostindien. Tr. tesselatus Meyr, in der Umgegend Wien's. Xenodon Boie. Kopf sehr breit und kurz. Schuppen glatt. Vordere Frontal- schilder breit abgerundet. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, durch einen Zwischenraum abgesetzt. X. rhabdocepJialus Wied. , Brasilien. Tomodon Dum, Bibr, Grayia Gnth. Hctcrodon P. Bvs. Körper kurz, dick, eben so wie der Nacken sehr aus- dehnbar. Hinterer Oberkieferzahn länger und durch einen Zwischenraum abgesetzt. H. platyrhinus Latr., Nordamerika. Ischnognathus Dum. Bibr. 3. Subf. Colubrinae. Körper massig lang, mit abgesetztem quadrangulären Kopf und mittelgrossem nicht abgesetzten Schwanz. Kopfschilder ausnahmslos unregelmässig. Mundspalte tief. Zügeschild stets vorhanden. Schuppen glatt oder massig gekielt. Hintere Kieferzähne gleich gross oder coutinuirlich an Länge zunehmend, oder mit stärkerm hintern Zahn, der aber nie gefurcht ist. Coluber L. {Callopeltis). Schnabelschild massig gross. Ein vorderes und 2 hintere Augenschilder. Zähne gleich gross. C. Aesculapii Gesn. = ü. flavescens Gm., die Schlange des Aesculap, Südeuropa, Schlangenbad, Oestreich. Bhinechis Mich. Elapliis Aldr. Körper etwas comprimirt. Schuppen gekielt. Zwei vordere und zwei hintere Augenschilder. Zähne gleich gross. E. quaterradiatus Gm., Süd- europa. E. virgatus Schi. , Japan. Cynophis Gray. Spilotes Wagl. u. a. G. Zamenis Wagl. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, durch einen Zwischen- raum abgesetzt. Z. atrovirens Shaw., Südeuropa. Z. hippocrepis L. Südeuropa und Nordafrika. Coryphodon Dum. Bibr. Oberkieferzähne nach hinten coutinuirlich an Grösse zunehmend. C. pantherinus Daud. , Brasilien. 4. Subf. Dryadinae. Körper meist verlängert, mehr oder minder compri- mirt, mit verhältnissmässig langem nicht scharf abgesetzten Schwanz. Kopf zu- weilen mit langgestreckter Schnauze, vom Nacken abgesetzt und mit regelmässigen Schildern. Meist nur 1 vorderes und 2 hintere Augen schilder. Schuppen ver- längert, lanzetförmig. Auge gross. Herpetodryan Boie. Körper nicht stark comprimirt. Ein Zügelschild. Zwei Nasenschilder. Zähne gleich gross. Kein Furchenzahn. //. ftiscus L., Südamerika. H. carinatus L. , Brasilien. Bei Cyclophis Gnth. ist der Körper nicht comprimirt und nur ein Nasenschild vorhanden, ü. aestivus L., Nordamerika. Gonyosoma Wagl. und Dryocalamus Gnth. haben einen stark comprimirten Körper. Philodryas Wagl. Kopf conisch. Körper mehr oder minder comprimirt. Ein vorderes, 2 oder 3 hintere Augenschilder. Hinterer Oberkieferzahn am längsten und gefurcht. Fh. viridissimus L. , Brasilien. Dromicus Bibr. Körper rundlich, 1 vorderes, 2 hintere Avigenschilder. Hinterer Oberkieferzahn am längsten, nicht gefurcht, durch einen Zwischenraum abgesetzt. D. margaritiferus Schi. , Mexico. 1004 Deiidrophidae. Dryopbidac. Psammophidae. Dipsadidae. Hier schliesst sich die Familie der Homalopsidcn an mit Homalopsis Kühl., Hypsirhina Wagl. , Tetranorhinus Dum. Bibr. u. a. G. 6. Farn. Bendrophidae. Körper sehr dünn und schlank, mit meist langem flachen vom Nacken abgesetzten Kopf und vorspringender abgerundeter Schnauze. Oberkinnlade länger als die untere. Mund tief gespalten. Ein vorderes und 2 bis 3 hintere Augenschilder. Schuppen schmal, in 15 oder 21 Reihen. Bauch- schilder meist mit 2 Kielen. Untere Schwanzschilder in 2 Reihen. Buceplialiis Smith. Kopf dick mit sehr grossen Augen, sehr stark abgesetzt. Ventralschilder nicht gekielt. B. capensis Smith. Dendrophis Boie. Ventralschilder leicht gekielt. Schuppen klein, die der Dorsalreihe viel grösser und triangulär oder polygonal. Kieferzähne gleich gross. D. picta Gm., Ostindien. Ahaetulla Gray. Die Schuppen der Dorsalreihe nicht grösser als die andern. Hinterer Oberkieferzahn am längsten. A. stnaragdina Boie, Westafrika. A. liocercus (C. ahaetulla L.), Brasilien. Chrysopelea Boie u. a. G. 7. Fam. Bryophidae. Körper sehr lang und schlank , ebenso der Kopf, mit dünner, zuvreilen in einen biegsamen Anhang auslaufender Schnauze. Obere Kinnlade viel länger als die untere. Augen mit ovaler oder linearer horizontaler Pupille. Dryophis Boie {Oxyhelis Wagl. e. p.). Kopf sehr verlängert, die Schnauzen- spitze nicht beweglich, mit solidem vorspringenden Schnabelschild. Dr. argeiitea Daud. , Cayenne. Passerita Gray {Tragopa Wagl,). Schnauze mit beweglichem Terminalanhang, der sieht länger ist als ;^ des Kopfes. P. myctericans L. , Ceylon. LangäJia Brug. [Dryinus Merr.). Schnauze mit beweglichem und von Schuppen bedecktem Terminalanhang , der länger als \ des Kopfes ist. L. nasuta Brug., Madagascar. 8. Fam. Psammophidae. Kopf mit tiefer Grube vor den Augen. Schuppen stets ungekielt, in 15 oder 19 Reihen. Ein vorderes, zwei hintere Augenschilder. Meist sind 4 oder 5 Oberkieferzähne länger als die übrigen, der hintere Zahn gefurcht. Psammopthis Boie. Körper langgestreckt, mit zugespitzter Schnauze. Schuppen schmal und glatt. Ps. Uneatus Dum. Bibr., Mexiko. P. crucifer Merr., Südafrika. Coelopeliis Wagl. Kopf quadrangulär , hoch , mit verhältnissmässig kurzer Schnauze und tiefer Grube auf der Oberseite. Schuppen mit Längsfurchen. Vor- derer Zahn der ünterkinnlade länger. G. lacertina Wagl., Egypten. Psammo- dynastes Gnth. u. a. G. Zu einer besonderen Familie der Bachiodontiden wird die durch mehrfache Eigenthümlichkeiten , insbesondere durch die von den vorstehenden untern Dorn- fortsätzen der hintern Cervicalwirbel gebildeten Schlundzähne ausgezeichnete Gattung BasypeUis Wagl. gestellt. B. scahra Wagl., Südafrika. 9. Fam. Bipsadidae. Körper ziemlich schlank, stark comprimirt, mit kurzem hinten verbreiterten stark abgesetzten Schwanz. Auge gross mit meist elUptischer Pupille. Schuppen langgestreckt, die der Vertebralreihen grösser. Meist hintere Furchenzähne. Amblycephalus Kühl. Kopf hoch abgerundet, mit kurzer Schnauze. Körper sehr lang. Vorderer Gaumen- und Kieferzahn lang. Kein Furchenzahn. Sub- caudalschilder einreihig. A. boa Kühl., Philippinen. Pareas Wagl. Körper massig lang comprimirt. Vorderer Gaumen- und Mandibularzahn am längsten. Subcaudalschilder 2reihig. Furchenzahn vorhanden. P. carinata Reinw., Java. Scytalidae. Lycodonticlae. Acrochordidae. 3. Unterordnung : Proteroglypha. 1005 Dipsas Boie. Kopf triangulär, stark abgeplattet, scharf abgesetzt. Subcaudal- schilder 2reihig. Kein grösserer Vorderzahn. Hinterer Oberkieferzahn gefurcht. D. dendrophila Reinw. , Ostindien und Philippinen. D. fasciata Fisch. , West- afrika. Leptodeira Fitz. , Thamnodynasles Wagl. Eudipsas Fitz. Vorderer Gaumen- und Maxillarzahn länger. E. cynodon Cuv. , Asien. Leptognathus Dum. Bibr. Kopf (luadrangulär , nicht abgeflacht. Zähne gleich gross. Subcaudale Schilder 2reihig. L. nebulatits L., Südamerika. Ehino- bothryum Wagl. , Tropidodipsas Gnth. , Heniodipsas Gnth. u. a. G. 10. Fam. Scytalidae. Körper ziemlich gestreckt, zuweilen leicht comprimirt, mit massig langem nicht abgesetzten Schwanz. Kopf hinten verbreitert, etwas flach und scharf abgesetzt , mit regelmässigen Schildern. Nasenöfthungen meist zwischen 2 Nasenschildern. Ein Zügelschild. Ein oder 2 vordere und 2 hintere Augenschilder. Hinterer Oberkieferzahn am längsten und gefurcht. Scytale Boie. Untere Schwanzschilder in einfacher Reihe. Ein vorderes Augenschild. Sc. coronatum Dum. Bibr. , Brasilien. Oxyrhopus Wagl. Subcaudalschilder in 2 Reihen. 0. plumbeus Wied., Südamerika. 11. Fam. Lycodontidae. Körper massig lang, rundlich oder leicht com- primirt, mit oblongem Kopf und abgerundeter Schnauze. Auge eher klein, mit elliptischer verticaler Pupille. Hintere Frontalschilder meist sehr gross. Ein oder zwei Nasenschilder. Niemals mehr als 2 vordere und 2 hintere Augenschilder. Vorderer Zahn beider Kinnladen am längsten. Kein Furchenzahn. Lycodon Boie. Kopf platt mit regelmässigen Schildern. Zügelschild vor- handen. Schuppen in 17 Reihen. Analschild einfach. Subcaudalschilder 2reihig. L. aulicus Dum. Bibr. , Ostindien. Odontomus Dum. Bibr. u. a. G. Boodon Dum. Bibr. Schuppen klein, in 21 bis 31 Reihen. B. gcomctricus Boie., Südafrika. HoluropJiolis Dum. , Lycophidion Fitz.' Simocephalus Gray. Ein vorderes und ein hinteres Augenschild. Schuppen länglich lanzetförmig , scharf gekielt, die Wirbelreihen 6seitig, mit 2 scharfen Kielen. S. po'ensis Smith. , Westafrika. Lamprophis Fitz u. a. G. 12. Fam. Acrochordidae. Kopf und Körper mit kleinen warzigen Höckern anstatt der Schup^Den. Nasenlöcher dicht neben einander auf der Schnauze. Ohne Furchenzähne. Chersydrus Cuv. Körper comprimirt, mit deutlicher am Schwänze kielartig vortretender Bauchkante. Wasserbewohner. Ch. granulatus Sehn., Flüsse von Sumatra und Celebes. Acrochordus Hornstdt. Ohne Kiel an der Unterseite des Schwanzes. Ac. javanicus Hornstdt., Java, Borneo. Xenoderma Reinh. 3. Unterordnung. Froteroghjpha. Giftschlangen mit grossen Furchenzähnen , welche vorn im Oberkiefer stehen und hinter denen meist noch solide Hakenzähne folgen. Giftdrüse stets vorhanden. Gaumen und Flügelbeine sind ebenso wie der Unterkiefer mit Haken- zähnen bewaffnet. Der Kopf ist beschildert, stets aber ohne Zügelschild. Sie leben in wärmern Klimaten aller Welttheile mit Ausnahme Europas und sind oft durch Schönheit und Pracht ihrer Färbung ausgezeichnet. 1006 Elapidae. Hydrophidae. 1. Farn. Elapidae, Prunknattern. Von Natter-ähnlichem Habitus, mit be- schildertem Kopf, meist mit 2 Reihen von Subcaudalschildern. Kopf meist quadrangulär , oben flach mit massig grosser oder kurzer Schnauze. Meist ein vorderes (zuweilen zwei) und zwei oder drei hintere Augenschilder. Giftzähne imbeweglich mit vorderer Furche. Die meisten sind lebhaft gefärbt und mit hellen und rothen Binden geziert. Einige wie die Brillenschlangen {Naja) ver- mögen die vordem Rippen nach vorn aufzurichten und hierdurch den vordem Abschnitt des Rumpfes so stark auszuspreitzen , dass er den Kopf an Breite be- deutend übertriift. Solche Schlangen werden von egyptischen und ostindischen Gauklern nach Entfernung der Giftzähne bei ihrer Fähigkeit, den Körper auf dem Schwänze emporzurichten und unter Bewegungen in aufrechter Stellung zu erhalten, zum „Tanze" abgerichtet. NajaLam: Halsgegend nach den Seiten ausdehnbar. Kopf hoch quadrangulär. Ein oder zwei kleine Zähne hinter den Giftzähnen. Nasenöffnung zwischen zwei Nasalschildern. Analschild einfach. Subcaudalschilder zweireihig. TV, tripudians Merr. , Brillenschlange, mit zwei Augen-ähnlichen durch einen gebogenen Quer- streifen verbimdenen Nackenflecken, in Bengalen. N. haje L. , Schlange der Cleopatra, Egypten. Pseudonaja Gnth. Cyrtophis Sundv. Vordere Frontalschilder viel grösser als die hintern. Eins der beiden Nasenschilder von der Nasenöffnung durchbohrt. Keine Hakenzähne hinter den Furchenzähnen. C. scutatiis Smith. Elaps Sehn. '). Körper verlängert, sehr schlank mit abgeflachtem Kopf, Ein vorderes, zwei hintere Augenschilder. Schuppen in 13 bis 15 Reihen. Nur Furchenzähne. E. bivirgatus Boie, Sunda Inseln. E. corallinus L. , Südamerika. CallopMs Gray , Brachysoma Fitz. , Vermicella Gray. Bmigar US Daud. Körper langgestreckt und comprimirt, mit breitem und abgeflachtem vom Nacken abgesetzten Kopf. Ein vorderes, drei hintere Augen- schilder. Schuppen in 13 bis 15 Reihen, die der Vertebrallinie gross und hexagonal. Subcaudalschilder in einfacher Reihe. Einige kleine Hakenzähne hinter den Furchenzähnen. B. lineatns Shaw., Ostindien. B. fasciatus Shaw., China. Hoplocephahis Cuv., Pseudechis Wagl. . Glypliodon Gnth. u. a. G. Acanthophis Daud. {Ophryas Merr.). Schilder am hintern Theile des Kopfes mehr Schuppen-ähnlich. Subcaudal>,childer einreihig. Schwanz mit gekrümmter Spitze endigend. Ä. antarctica Wagl. = cerastinus Lac. , Australien. Hier schliesst sich auch die Gattung Dendraspis Schleg. an {Binoplüs). 2. Fam. Hydrophidae, Seeschlangen -). Mit kaum abgesetztem beschilderten Kopf und comprimirtem Rumpf, welcher in einen stark compressen Ruderschwanz ausläuft. Die Nasenschilder stossen in der Mittellinie oben zusammen. Meist nur ein Paar Frontalschilder vorhanden. Nasenlöcher nach oben gerichtet, durch Klappen verschliessbar. Bauchschilder klein oder durch Schuppen vertreten. Furchenzähne klein. Leben im Meere, besonders im Sunda- Archipel, kommen aber bis in die Flussmündungen. Sie sind lebendig gebärend. Platiirus Latr. Nasenschilder durch die vordem Stirnschilder getrennt. 2 Paar Stirnschilder. Schuppen glatt. Subcaudalschilder 2reihig. PI. fasciatus 1) Vergl. Günther, On the genus Elaps. Proc. zool. Soc. 1859, ferner Peters über Elaps. Monatsberichte etc. Berlin 18G2. 2) J. G. Fischer, Die Familie der Seeschlangen, mit 3 Taf. Abhandl. des naturw. Vereins in Hamburg. 3 Bd. 1856. 4. Unterordnung: Solenoplypha. 1007 Daud., Indisches Meer. Bei Acalyptus Dum. Bibr. ist die Frontal- und Parietal- gegend beschuppt. A. superciliosus Dum. Bibr., Neuholland. Aepysurus Lac. Nasenschilder median zusammenstossend. Körper nur wenig comprirairt. Schuppen schwach tuberculirt. Bauchschilder mit mittlerer Leiste. Sub- caudalschilder einreihig. Ae. laevis Lac, Ae. fulginosus Dum. Bibr., Ind. Meere. Hydrophis Daud. Körper hinten stark comprimirt. Nasalschilder gross, einander berührend. Schuppen tuberculirt. Bauchschilder sehr klein. H. graeilis Schi. u. z. a. A. H. (Telamis) hicolor Daud., Ind. Meer. AstrotiaYi&dh.., Bisteira Lac. u. a. G. 4. Unterordnung. Solenoghjpha ^). Schlangen mit triangulärem nach hinten verbreiterten Kopf und verhcältnissmässig kurzem Schwanz. Der sehr kleine Oberkiefer trägt jederseits einen hohleu Giftzahn , sowie einen oder mehrere Ersatzzähne. Ausserdem aber finden sich kleine solide Hakenzähne sowohl am Gaumen als im Unterkiefer. Viele sind lebendig gebärend. Weniger durch Grösse und Muskelkraft als durch den Besitz ihrer gefährlichen Giftwaffen ausgezeichnet, lassen sie die Beute nach dem Biss wieder los und erwarten die tödtliche Wirkung des Giftes, bis sie sich zum Verschlingen derselben anschicken. 1. Fam. Viperidae, Ottern. Mit stark abgesetztem breiten Kopf, ohne Gruben zwischen Nasen und Augen. Pupille länglich und vertical. Die Oberseite des Kopfes mit Schildchen und Schuppen bedeckt. Meist finden sich zwei Schilder- reihen an der Unterseite des kurzen Schwanzes. Atractaspis Smith. Kopf kurz, breit, nicht abgesetzt, beschildert. Schwanz mit einer kurzen conischen Spitze endigend. Auge klein. Schuppen gerundet, in 19 oder 20 Reihen. Subcaudalschilder in einer Reihe. A. irregularis Reinh., Südafrika. A. corpulenUis Hallow. , Westafrika. Vipera Laur. Kopf nur in der Stirngegend beschildert, dahinter mit kleinen glatten Schuppen bedeckt. Nasenloch in der MitteJ eines Schildes. Subcaudal- schilder in 2 Reihen. F. aspis Merr. , in bewaldeten Gebirgsgegenden Südwest- europas. V. ammodytes Dum. Bibr., Sandviper, mit einer weichen hornartigen Erhebung an der Schnauzenspitze, Italien und Dalmatien. Pelias Merr. Auch Occipitalschilder vorhanden. Subcaudalschilder 2reihig. P. berus^, Kreuzotter, Kupternatter , ausgezeichnet durch die schwarzbraune Zick- zackbinde des Rückens, in Gebirgswaldungen Europas. Cerastes Wagl. Scheitel mit warzigen Schuppen bekleidet. Ueber jedem Auge eine hornartige von Schuppen gebildete Erhebung. Subcaudalschilder 2reihig. C. aegyptiaeus Dum. Bibr., Hornviper. Clotho Gray. Kopf länglich, mit kleinen gekielten Schu^Dpen. Subcaudal- schilder 2reihig. Cl. arietans Gray , Cap. Echis Merr. Subcaudalschilder einreihig. Scheitel mit Schuppen bedeckt. E. carinata Merr,, Cairo. Bdboia Gray. 2. Fam. Crotalidae. Grubenottern. Mit einer Grube zwischen Auge und 1) E. D. Cope, Catalogue of the Venomous Snakes in the Museum of Phila- delphia etc. Proc. Acad. Nat. Sc. Philad. 1859. W. Peters, Ueber die cranio- logischen Verschiedenheiten der Grubenottern. Monatsber. der Berl. Acad. 1862. Strauch, Synopsis der Viperiden. Petersburg 1869. 1008 2 Ordnung: Saudi, Eidechsen. Nasenötfnung und meist unvollständig beschildetem Kopfe, von bedeutender Grösse. Papille elliptisch vertikal. Crotalus L. , Klapperschlange. Kopf von vordem Schildern abgesehn klein beschuppt. Subcaudalschilder einreihig. Schwanzende mit einer aus Hornringen gebildeten Klapper. C. durissus L. , Südöstliches Nordamerika. C. horridus L., Südamerika. C. adamanteus Pal., Mexiko. Crotalophorus Gray. Bei Lachesis Daud. wird die Klapper durch Reihen spitzer Schuppen und einem Enddorn er- setzt. L. mutus L. , Surinam. Trigonoceylialus Opp. Kopf mit grossem Scheitelschilde. Schwanz spitz, ohne Klapper. Schuppen gekielt. Tr. Blomhoffii Boie, Japan. Tr. imcivonis Ilolbr. , Nordamerika. Bothrops Wagl. Kopf von kleinen Schuppen bedeckt. Nur 2 Supraciliar- schilder. Schuppen gekielt. Subcaudalschilder 2reihig. B. Imiceolatns L., Antillen. B. atrox L., Brasilien. B. {Atropos) Darioini Dum. Bibr., Mexiko. Tropidolaemus Wagl. u. a. G. 2. Ordnung: Sanrii»), Eidechsen. Flagiotremen mit Sclmltcrgürtel und auch mit Brnstbein, in der Regel mit vier Extremitäten, meist mit PauJcenköhlß nnd hetveglichen Augenlidern, mit festverhimdenen TJ nterldef er ästen ^ ohne Enveiterungs- fühigJceit des Rachens, mit Harnblase. Die Eidechsen besitzen durchweg eine langgestreckte, zuweilen selbst schlangenartige Gestalt, die indessen mit wenigen Ausnahmen drei deutlich gesonderte Abtheilungen unterscheiden lässt, einen sehr verschieden geformten Kopf, einen zuweilen beträchtlich dickern und durch einen Hals vom Kopf abgesetzten Eumpf und einen meist sehr langen sich verjüngenden Schwanz. In der Regel finden sich am Rumpf vier sehr verschieden gestaltete Extremitäten, die indess den Rumpf kaum emporgehoben tragen und bei der Bewegung meist nur als Nach- schieber wirken, übrigens auch zum Anklammern (Chamäleon), Klettern (Geckonen) und Graben verwendet werden können und gewöhnlich mit 5 bekrallten Zehen enden. Zuweilen bleiben dieselben so kurz und rudimentär, dass sie dem schlangenähnlichen Körper als Stummel anliegen, an denen die Zehen gar nicht zur Sonderung gelangen (Chamaesaura). In andern Fällen sind nur kleine hintere Euss- stummel (Pseudopus, Ophiodes) oder ausschliesslich Vordergliedmassen (Chirotes) vorhanden oder es fehlen endlich äusscrlich hervorstehende Theile von Gliedmassen vollständig (Ängitis, Äcontias, Ophisaurus^. 1) Vgl. ausser den Werken von Lacepede, Daudin, Bibron, Dumeril, Schlegel, Wagler, Günther etc. Tiedemann, Anatomie und Natur- geschichte der Drachen. Nürnberg 1811. J. E. Gray, Catalogue of the specimens of Lizards in the coli, of the Brit. Museum. London 1845. Gravenhorst, Die Wirtelschleichen und Krüppelfüssler. Mit 19 Tafeln. Breslau und Bonn 1851. Fr. Leydig, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. Tübingen 1872, sowie Abhandlungen von Wiegmann, Brücke, Ptathke, Peters u. zahl. A. Schädel. Skelct. lüOO Schultergiirtel und Becken weiden indess niemals vermisst, auch findet sich bei allen Echsen mit Ausnahme der Amphisbaenen wenigstens ein Rudiment des Brustbeins, welches mit der Ausbildung der Vorderglied- massen an Umfang zuninunt und dann einer entsprechend grösseren Zahl von Rippen zum Ansatz dient. Die Rippen erstrecken sich fast über die ganze Länge des Rumpfes und fehlen nur den vordersten Hals- wirbeln, zuweilen auch einigen Lendenwirbeln, dagegen scheinen überall die Hüftbeine an den beiden Wirbeln der Kreuzgegend mittelst Rippen- rudimenten befestigt. Eine eigenthümliche Modification zeigen die vordem Rippenpaare bei der Gattung Draco, indem sie sich ausser- ordentlich verlängern und seitlichen als Flughaut verwendbaren Haut- duplicaturen zur Stütze dienen. Die Schädelkapsel reicht nicht weit nach vorn und ist hier unvoll- ständig durch häutige Theile geschlossen, welchen oft ein häutiges Inter- orbitalseptum folgt. Auch bleibt das Sphenoidale anterius unterhalb dieses Septums oft knorplig, doch können in demselben Ossifikationen als Rudimente von Orbitosphenoids auftreten. Dem stark vorspringenden Fortsatz der hintern Schlafeugegend liegt das Squamosum auf. Das hintere Ende des Oberkiefers ist häufig durch eine die Orbita um- schhessende Knochenbrücke (Jagule) mit dem hintern Stirnbein ver- bunden , während von diesem ein Knochenstab, die Schläfengegend über- brückend (Quadrato jugale), zu dem obern Ende des Quadratbeins verläuft. Ein wichtiger Character der Eidechsen im Gegensatz zu den Schlangen beruht auf dem Mangel der seitlichen Verschiebbarkeit der Kieferknochen. Zwar sind die Theile des Oberkiefergaumenapparates mit dem Schädel hevi egiich ( Hatteria =^ SpJienodon ausgenommen) verbunden, insbesondere die Flügelbeine, die sich den Gelenkfortsätzen des hintern Keilbeines anlegen und meist an dem Quadratbein articuliren, indessen zeigen die einzelnen Knochen des Kiefergaumenapparates untereinander und mit der vordem Partie des Schädels einen festen Zusammenhang. Während die Flügelbeine mit dem Oberkiefer durch ein Os transversum fest verbunden sind und zugleich dem ScheitvM^>ine durch eine stabförmige Columella zur Stütze dienen, verschmelzen vue Gaumenbeine sowohl mit den Ossa vomeris als durch Querfortsätze inres Aussenrandes mit den Oberkieferknochen, zwischen denen sich vorn der Zwischenkiefer ziemlich fest einkeilt. Dagegen bleibt die Verbindung zwischen Scheitelbein und Schädel durch Randmasse weich und verschiebbar, und es lenkt sich das Quadratbein am Schhäfenbogen beweglich ein und bildet am unteren Ende ein freies Gelenk für den Unterkiefer, dessen Schenkel am Kinn- winkel in fester Verbindung stehen. Die Bezahnung der Eidechsen bietet nach Form, Bau und Befesti- gung der Zähne eine weit grössere Mannichfaltigkeit als bei den Schlangen, Claus, Zoologie. 3. Auflage. 04 1010 Eidechsen. Bezahnung. Zungenform. stellt sich indessen nicht so vollständig dar, indem der Gaumen niemals eine bogenförmig geschlossene innere Zahnreihe , sondern nur kleine seitliche Gruppen von Zähnen am Flügelbeine ...\y Entwicklung bringt. Häufig stellen die Zähne kleine nach hinten gebogene Haken dar, in andern Fällen zeigen sie scharfschneidende und gezähnelte, kegelförmige oder zuweilen faltig gestreifte Kronen. Fast niemals sind dieselben wie bei den Crocodilen in besonderen Alveolen eingekeilt, sondern sitzen dem Knochen unmittelbar auf, entweder auf dem freien obern Kiefer- rande (Äcrodonten) oder im Grunde einer tiefen Kieferrinne befestigt und an die vorstehende äussere Knochenplatte des Kieferrandes von der Innern Seite angewachsen (Pleurodonten). Diese Verschiedenheit der Zahnbofestigung erscheint systematisch mehrfach verwendbar und besonders desshalb interessant, weil sie die Gruppe der Leguane der geographischen Verbreitung durchaus parallel in zwei Abtheilungen sondert. Alle Leguane der östlichen Halbkugel sind Äcrodonten, die der westlichen Halbkugel Pleurodonten. Wichtiger noch als die Form und Befestigung der Zähne erscheint die Gestalt der Zunge, nach welcher die Hauptgruppen unserer Ordnung unterschieden und bezeichnet worden sind. Entweder ist die Zunge kurz, an dem verdünnten vordem Ende ausgebuchtet, aber wenig vorstreckbar (BreviUngues) oder un- gewöhnlich dick und fleischig, an der Spitze kaum ausgebuchtet und nicht zum Vorstrecken befähigt {Crassilingues) oder lang und dünn, gabiig gespalten und nach Art der Schlangenzunge aus einer besondern Scheide vorstreckbar {Fissilmgues) oder endlich wurmförmig gestreckt, mit kolbig verdickter klebriger Spitze und weit vorstreckbar {Vermi- lingues). Die meisten Eidechsen besitzen sowohl Augenlider als ein frei- liegendes Trommelfell und eine Paukenhöhle. Wohl nur die Ätnphisbaenen und Geckoneti entbehren der Lidbildungen und verhalten sich rück- sicktlich der Augenbedeckung wie die Schlangen. Von den Augenlidern ist das untere meist beweglicher, und bei den Scincoiden kann dasselbe wie ein transparenter Vorhang emporgezogen werden, ohne das Sehen zu verhindern. Auch eine Nickhaut ist in der Regel vorhanden. Einfach erscheint dagegen das Augenlid bei den Chamaeleoniden , indem das- selbe einen überaus muskulösen breiten Hautring mit kreisförmiger Oeffnung darstellt. Paukenhöhle und Trommelfell fehlen den Amphis- baenen, häufiger wird das Trommelfell von Haut und Muskeln bedeckt {Anguis, Acontias, Chatnaeleon). Die äussere Körperbedeckung der Eidechsen zeigt ganz ähnliche Verhältnisse wie die der Schlangen, jedoch in weit grösserer Mannich- faltigkeit. Für die Epidermis, welche verhältnissmässig wenig Pigment, aber an manchen Stellen bewegliche Farbzellen (Chromatophoren) ent- hält, wird von Leydig ein äusseres homogenes Grenzhäutchen als 1. Unterordnung: Annulata. 1011 Cuticula hervorgehoben. Ucberall entwickelt die obere Cutisschicht einen mächtigen und Pigment-reichen Papillarkörper , auf den die mannich- fachen als Warzen, Köiner, Schuppen und Schilder bezeichneten Er- härtungen des Integuments zu beziehen sind. Bald finden sich platte oder gekielte Schuppen, die nach ihrer Form und gegenseitigen Lage als Tafelschuppen, Schindelschuppen, Wirtelschuppen unterschieden werden, bald Schilder und grössere Tafeln, für deren Vcrtheilung am Kopfe sich die bereits für die Schlangen hervorgehobene Terminologie wiederholt. Doch kommen auch mehr unregelmässige Erhärtungen warziger und stachliger Höcker vor, die der Haut ein abweichendes an die Kröten erinnerndes Aussehen verleihen {Gechonen), wie sich andererseits grössere und seltsam gestaltete Hautlappen an der Kehle, Kämme am Rücken und Scheitel, ferner Faltungen der Haut an den Seiten des Rumpfes, am Halse etc. als höchst eigenthümliche Auszeichnungen entwickeln. Obwohl im Allgemeinen die Haut der Eidechsen arm an Drüsen ist, so finden sich doch constant bei zahlreichen Eidechsen Hautdrüsen und entsprechende Porenreihen längs der Innenseite der Oberschenkel und vor dem After. Das Secret dieser Drüsen stellt eine röthliche fettige Masse dar, welche erhärtet und als papillenförmige Erhebung aus der Oeffnung hervorsteht. Man betrachtete die Drüsen als Einrichtungen welche zu der Begattung in Beziehung stünden und benutzte dieselben als wichtige systematische Merkmale zur Characterisirung einzelner Gattungen und Arten. Nach Leydig haben sie zunächst die Bedeutung eigenthümlicher Talgdrüsen. Die Fortpflanzung und Lebensweise der Eidechsen verhält sich in den einzelnen Gruppen und Familien überaus verschieden, lu der Regel legen die Weibchen nach vorausgegangener Begattung — in den gemässigten Gegenden im Sommer — verhältnissmässig wenige Eier; einige, wie gewisse Scincoideen (Anguis, Seps) bringen lebendige Junge zur Welt. Die meisten sind harmlose und durch Vertilgen von Insecten und Würmern nützliche Thiere , grössere Arten wie die Leguane werden des Fleisches halber erjagt. Bei weitem die Mehrzahl und zwar sämmtliche grösseren und prachtvoll gefärbten Arten bewohnen die wärmern und heissen Klimate. Fossile Ueberreste von Eidechsen haben sich sehr zahlreich gefunden, die ältesten aus den obersten Schichten des Jura. Eine riesige Grösse besassen die den Monitoren am nächsten verwandten Echsen der Kreide {Mosasaurus etc.). 1. Unterordnung. Annulata, Ringelechsen. Der sehr gestreckte, schlangenähnliche Körper besitzt eine derbe, schuppenlose Haut, welche durch Querfurchen in Ringe abgetheilt ist. Diese werden wieder von Längsfurchen in der Art gekreuzt, dass die Oberfläche ein zierlich ge- täfeltes mosaikartiges Aussehen erhält. Nur am Kopfe und an der 64* 1012 2. Unterordnung: Vermilinguia. Chamaeleonidae. Kehle finden sich grössere Schilder. Ein Brustbein fehlt, während der Schultergürtel, mit Ausnahme von CMrotes, sehr rudimentär bleibt. Beckenrudimente treten überall auf. Gewöhnlich fehlen die Extremitäten, indessen können kleine Vorderfüsse {Chirotes) vorhanden sein. Augenlider und Paukenfell fehlen, die kleinen Augen werden von der Haut überzogen. Auch wird eine Columella vermisst. überall aber sind die Gesichtsknochen des engen Rachens und ebenso die Unterkieferäste fest mit einander ver- wachsen, letztere besitzen mehrere Foramina mentalia. Am Schädel entwickelt sich kein Interorbitalseptum. Die Zunge ist dick und kurz, ohne Scheide und auch die Bezahnung wie bei den Schuppenechsen, entweder nach Art der Acrodonten oder derPleurodonten. Es sind harmlose Thiere, die grossentheilsinAmerika ähnlich wie die .B^^M(Z^(;M^Zer unterirdisch, meist in Ameisenhaufen, leben und sich von Insecten und Würmern nähren. 1. Farn. Ämphisbaenidae , Doppelschleichen. Amiiliisbaena L. Zähne an der Innenseite der Kiefer angewachsen. 2 grosse getrennte Nasalschilder und 2 Paar Frontalschilder hinter denselben. Kopf flach mit gerundeter Schnauze. Präanalporen deutKch. A. alba L., Brasilien. A. fuliginosa L., Südamerika. Sarea caeca Cuv. , Cynisca leiicura Dum. Bibr. , Guiana. BlamisWagl. Zwischen die 2 kleinen Nasalplatten ragt ein grosses vorderes Frontalschild. Bl. cinereus Vand., Spanien. Anops Kingii Beil., Brasilien. Lepidosternon Wagl. Ohne Präanalporen. Zähne an der Innenseite der Kiefer angewachsen. Körper mit eingefurchter Seitenlinie. 10 oder 12 Kopfschilder. L. microcephalum Wagl. , Brasilien. Bei Ceplialopeltis Joh. Müll, finden sich nur 2 Kopfschilder. C. scutiyera Hmpr. , Brasilien. Trogonophis Kp. Zähne am Rande der Kiefer aufgewachsen. Kopf kurz conisch. Tr. Wiegmanni Kp., Algier. Chirotes Dum. Zähne am Innenrande der Kiefer angewachsen. Zwei Vorder- gliedmassen vorhanden. Ch. lumbricoides Flem. , Mexico. 2. Unterordnung. Vermilinguia, Wurm^üngler. Echsen der alten Welt mit wurmförmiger, weit vorschnellbarer Zunge und hohem seitlich comprimirten Körper, welcher von einer chagrinartigen Haut bedeckt ist. Der Schädelbau weicht von dem der übrigen Eidechsen bedeutend ab, indem die Scheitelbeine nicht beweglich am Occipitale verschoben werden, sondern mit diesem und dem über die Scheitelbeine sich fort- setzenden Occipitalkamme fest verbunden sind. Orbita hinten durch aufsteigende Fortsätze der Jochbogen geschlossen. Quadratbein oben fest am Schädel angeheftet. 1. Farn. Chamaeleonidae , Chamaeleons. Der pyramidale Kopf erhält seine eigenthümliche Form durch die beinförmig erhobenen üeberbrückungen der Schläfen- grube. Die Füsse sind Greift'üsse und enden mit 5 Zehen, von denen je zwei und drei Zehen bis auf die Krallen mit einander verbunden, wie die Ai'uie einer Zange wirken. Der lange dünne Schwanz dient als Rollschwanz zum Festhalten des Körpers an Zweigen und Aesten. Alle sind Acrodonten. Das Paukenfell liegt ver- borgen, von der Körperhaut überzogen. Das Auge wird von einem grossen und dehnbaren Lide bedeckt, in dessen Mitte eine nur kleine Oeffnung für die ein- 3. Unterordnung: Crassilinguia. 1013 fallenden Lichtstrahlen der Pupille gegenüber frei bleibt. Die wurmförmige sehr lange Zunge dient als Fangapparat und ist an ihrer Spitze knopfartig verdickt und becherförmig ausgehölt. In der Ruhe liegt dieselbe eingezogen am Boden der Mundhöhle, von dem rinnenförmigen Gaumen bedeckt, hervorgestreckt erreicht oder übertrifft sie die Länge des Kopfes. Die Haut entbehrt der Beschuppung und besitzt eine mehr chagrinartige Beschaffenheit. Höchst merkwürdig und sowohl von dem Lichtreize der Umgebung abhängig, als der Willkür des Thieriiid nur stummeiförmige Hinterfüsse vor- handen, ohne Zehen {Fseti'l'''iis , Ophiodes, Fygopus), oder mit zwei Zehen [Scelotes) oder es ui'en vordere und hintere zehenlose Fuss" stummel auf {Brachymcles , Chamaesanra). Allmählig vergrössert sich die Zehenzahl, die beiden Extremitätenpaare bilden sich mehr aus, und die äussere Gliederung in Kopf, Hals, Rumpf und Schwanz wird inmier deutlicher. Sind meist schwache harmlose Eidechsen, die meist auf den Erdboden gefesselt, von Würmern und Insekten leben. 1. Fam. Scincoideae, Sandechsen. Der mehr oder minder schkxngenähnlichc Körper ist mit glatten Knochenschuppen bedeckt, der Scheitel mit grössern Schil- dern bekleidet. Die Augen besitzen in der Regel Lider, von denen das untere wie ein durchscheinender Vorhang aufgezogen werden kann. Paukeniell oft luiter der Haut versteckt. Gliedmassen fehlen oder treten auf sehr verschiedenen Stufen der Grösse auf, doch dienen sie auch im Falle der höchsten Ausbildung nur als Nachschieber beim Laufen und zum Wühlen und Graben. Die meisten leben in südlicheren Ländern und bewohnen sandige Gegenden der alten Welt. Änguis Cuv. Körper langgestreckt, schlangenförmig, ohne Extremitäten, mit sehr langem Schwanz. Schultergürtel, Brustbein und Beckengürtel rudimentär. Augen mit beweglichen Lidern. Paukenfell versteckt. A. fragilis L. , Blind- schleiche, Europa. Ophiodes Wagl. {Pjgodactylm Fitz.). Körper langgestreckt, schlangenähnlich. Ptychopleurae, 1017 mit Rudimenten von Hintergliedmassen. Augen mit beweglichen Lidern, 0. striatus Wagl. , Brasilien. Brachymeles Dum. Bibr. Körper cylindrisch gestreckt, mit 4 kurzen Glied- uiassen, die vordem 2zeliig, die hintern einzehig. Nur ein Paar Supranasalschilder. B. Bonitae Dum Bibr., Philippinen. Soridia Gray. Körper cylindrisch gestreckt, ohne Gliedraassen , mit halb- konischer Schnauze, ohne Supranasalschild. S lineata Gray, Australien. Rhodona Gray u. a. G. Podopliis Wiegm. Körper cylindrisch gestreckt, mit vier kurzen Szehigen Extremitäten, ohne Supranasalschild. Unteres Augenlid mit einer Reihe grosser Schuppen. P. chalcides L. , Java. Cyclodus Wagl. Schuppen dick und rauh. Körper mit vier kurzen 5zehigen Extremitäten und rundlichem Schwanz, unteres Augenlid beschuppt, ü. (jigas Bodd., Neuholland. Tropidolepisma Dum, Bibr. Tropidosaunis Gray. Trachij- saurus Wiegm., Australien. Scmcus Fitz. Körper mit vier kurzen 5zehigen Gliedmassen. Zehen an den Seiten gefranst. Schnauze flach mit verlängertem Oberkiefer, Gaumenzähne vor- handen. Nasenloch mitten unter dem triangulären Supranasalschild. Unteres Augen- lid beschu2)pt. Sc. officinalis Laur., Egypten. GoiHjylus Wagl. Vier 5zehigc Gliedmassen. Unteres Augenlid durchsichtig. Gaumenbein mit tiefer Längsfurche, ohne Zähne. Stirnscheitelbeinschild fehlt. G. ocellatus Wagl., Egypten. Scelotes Fitz. Körper nur mit 2zehigen Hintergliedmassen. Unteres Augen- lid beschuppt. Sc. bipes L. , Cap. Seps Daud. Körper cylindrisch langgestreckt, mit vier Szehigen Gliedmassen. Unteres Augenlid durchsichtig. S. chalcidica Merr., Dalmatien. Amphicjlossus Dum. Bibr. Acontias Cuv. Körper cylindrisch , gliedmassenlos. Auge nur mit einem untern Lid. Tnternasalschild breit, 6seitig, ebenso das Stirnschild, xi. melcagris Cuv., Cap. Typlüine Wiegm. Körper ohne Gliedmassen. Augen unter der Haut ver- borgen. Ein grosses Präanalschild. T. Cuvieri Wiegm., Cap u. z. a. G. 2. Fam. Ptychopleurae, Seitenfalter, Wirtelschleichen. Körper bald mehr schlangen-, bald mehr eidechsenähnlich, mit zwei seitlichen von kleinen Schuppen bekleideten Hautfalten, welche von der Ohrgegend bis in die Nähe des Afters ver- laufen und Rücken und Bauch abgrenzen. Der Scheitel mit Schildern, der Rücken mit grossen meist wirteiförmig gestellten Schuppen bedeckt. Augenlider stets vorhanden. Das Paukenfell liegt meist frei in einer Grube. Bewohnen vorzugs- weise das tropische Afrika und Amerika. Zonurus Merr. Kopf abgeflacht, mit grossen Stirn- und Scheitelbeinschildern. Unteres Augenlid mit einer Längsreihe von grossen Öseitigen Schuppen. Vier Szehige Gliedmassen. Schenkelporen deutlich. Die Dornschuppen des Schwanzes wirteiförmig. Z. Cordylus Merr. = griseus Cuv., Südafrika. Bei Cordyliis Dum. Bibr. ist das untere Augenlid durchsichtig. Ü. polyzonus Smith. , ebendaher. Hcmicoidylus, Pseudocordyliis Smith. Gerrhosaurun Wiegm. Kopf pyramidal mit zwei Stirnscheitelbeinschildern. Vier kurze Szehige Gliedmassen. Schenkelporen deutlich. Schwanz beschuppt, ohne Dornen. G. flavigularis Wiegm., Südafrika. Bei Gerrhonotus Wiegm. werden die Schenkelporen vermisst. 1018 Fissilinguia. Lacertidae. iSaurophis Fitz Körper sehr langgestreckt, mit vier kurzen 4zeliigen Glied- massen. L. tetradactylus Lac, Südafrika. Pseudopus Merr. Kopf 4seitig pyramidal, mit zahlreichen Occipitalschildern. Gaumen bezahnt. Schenkelporen fehlen. Leib schlangenähnlich, mit zwei stummei- förmigen Hintergliedmassen. Ps. Pallasii Cuv., Scheltopusik , südöstl. Europa, auch in Niederöstreich. Ophisaurus Daud. Körper schlangenförmig, ohne Gliedmassen. 0. ventralis Daud., Glasschleiche, Nordamerika. Chalcis Merr. {Chalcides Wiegm.). Körper langgestreckt. Kopf mit regel- mässigen vielseitigen Schildern bedeckt. Gaumen zahnlos. Vier sehr kurze Glied- massen, von denen die hintern zehenlos. Ch. flavescens Bon. {Cophias Sehn ), Süd- amerika Ch. (Bracht/p US Fitz.) Cuvieri Fitz , hat vier Hinterzehen, Nordamerika. Chamaesaura (Chamaesauridae). Körper langgestreckt und mit Ausnahme des beschilderten Kopfes mit Längsreihen gekielter Schuppen bekleidet, mit 4 zehenlosen Gliedmassenstummeln. Seitenfurche nicht entwickelt. Ch. anguina Sehn., Cap. Auch bei Cercosaura Wagl. und Chirocolus Wagl. fehlt die Seiten- furche. 5. Unterordnung. Fissilinguia, Spaltzüngler. Pleurodonten mit langer und dünner, ausstreckbarer, zweispitziger Zunge, meist mit voll- kommenen Augenlidern und stets mit freiem Paukenteil. Die Schuppen des Kumpfes sind kleine Schindelschuppen , die des langen Schwanzes meist Wirtelschuppen. L Fam. Lacertidae, Eidechsen. Meist lebhaft gefärbte, langschwänzige und äusserst bewegliche Echsen mit beschildertem Kopf. Zähne am lunenrande der Kiefer angewachsen, am Grunde hohl, oft mehi'spitzig. Die Bauchfläche ist mit meist viereckigen in schrägen Reihen angeordneten Schildern bekleidet. Der lange Schwanz ist ziemlich drehrund und nach dem Ende verschmälert. Sie be- wohnen die alte Welt, leben meist auf der Erde an trocknen und sonnigen Orten und ernähren sich vornehmlich von Insekten und Würmern. Lacerta Cuv. ' ). Augenlider gut ausgebildet. Reihen der Schenkelporen breit. Am Halse bilden die breiten Schuppen eine Art Halsband. Zehen einfach compress, nicht gefranst oder gekielt. Wird in zahlreiche Untergattungen getheilt. L. {Zootoca. Nur ein hinteres Nasenschild) vivipara L., Deutschland und Süd- europa, ist lebendig gebärend. L. {Lacerta. Mit 2 hintern Nasenschildern) ocellata Daud., grün mit blauen Seitenflecken, mit kleinen Schuppenkörnern des Rückens, Südeuropa. L. viridia L., grün, vorn mit schwarzen Flecken, Dalmatien. L. agilis L. = atirpium Daud., gemeine Eidechse. L. (Podarcis) micralis Merr., Südeuropa. Eremias Fitz. Zehen compress, unten gekielt. Nasenöffnung zwischen 3 angeschwollenen Schuppen. Halsband deutlich. E. vanuhilis Fall., Wüstenechse, Tartarei. E. dorsalis Smith., Südafrika. Acanthodactylus Fitz. Zehen compress, unterhalb gekielt, seitlich gefranst. Schuppen gekielt. Ac. vulgaris Dum. Bibr. , Nordafrika. Psammodromm Fitz., Tropidosaura Boie u. a. G. 1) Vergl. Th. Eimer, Lacerta muralis coerulea etc. Leipzig. 1874, ferner Bedriaga, Ueber die Entstehung der Farben bei den Eidechsen. Jena. 1874. Ameividae. Mouitoridae. 1019 Ophiops Menetr. Gaumen zahnlos. Augenlider fehlen. Zehen unten gekielt. 0. elegans Menetr., Kleinasien. Heloderma Wiegm. {Helodermidae). Kopt flachgedrückt, mit vielseitigen convexen Schildern bekleidet. Ziihne conisch, vorn gefurcht. Schenkelporen fehlen. Zunge ähnlich wie bei Lacerta. H. horridum Wiegm., Mexico. 2. Farn. Ameividae, Tejueidechsen. Eidechsen der neuen Welt mit schräg nach aussen gerichteten soliden Zähnen, meist ohne Gaumenzähne. Der Kopf ist wie bei den Eidechsen beschildert, der Rücken mit rhombischen Tafelschuppeu, der Bauch mit viereckigen in Querreihen geordneten Schildern bekleidet. Zähne an der Innenseite der Kiefer angewachsen. Die lange Zunge ist tief gespalten und in eine Scheide zurückziehbar. Am Halse treten meist zwei Querfalten auf. Schenkelporen meist vorhanden. Der Schwanz lang und drehrund oder com- primirt. Leben in heissen Gegenden der neuen Welt auf sandigem Boden von kleinen Säugern, Batrachiern und Insekten, besuchen gelegentlich auch das Wasser. Tejus Merr, {Fodivema Wagl.). Grosse sechsseitige Schilder zwischen den beiden Kehlfalten. Bauchschilder schmal und lang. Schwanz rundlich. 5 Zehen. T. monitor Merr. = T. Tejuexin L., Brasilien, lebt in Erdlöchern und hohlen Baumstämmen und nährt sich von Mäusen, Insekten und Würmern und wird mit dem langen Schwanz 4—5 Fuss lang. Wird gejagt und gegessen. Bei CaUopistes fehlen die Schenkelporen. Ameiva Cuv. Von Tejus vornehmlich durch die grossen Bauchschilder unter- schieden. Zähne compress ospitzig. A. vulgaris Licht., Westindien. .4. dorsalis Gray, A. murinus Wigm., Surinam. Cnemidophorus Wagl., Dicrodon Dum. Bibr. Crocodilurus Spix. Kehl- und Bauchschilder 4seitig schmal, so lang als breit. Nasenööhungen zwischen 3 Schildern. Schwanz compress, oben mit 2 Kämmen. C. lacertinus Daud. = amazonicus Spix. Thorictis Wagl. {Ada Gray). Schwanz compress, oben mit zwei Kämmen. Kehlfalte doppelt. Th. guianensis Daud. = IIb. Dracaena Dum. Bibr., Trop. Amerika. 3. Fam. Monitoridae, Warneidechsen. Langgestreckte grosse Eidechsen mit langer tief gespaltener in eine Scheide zurückziehbarer Zunge, ohne Schenkelporen. Nasalia zu einem unpaaren Knochen verschmolzen. Scheitel, Rücken und Bauch sind mit kleinen Tafelschuppen bekleidet. Zehen mit gekrümmten Krallen be- wafinet. Zähne triangulär oder conisch, niemals am Gaumen. Die Trennung der Herzkammern ist am vollständigsten in der ganzen Ordnung. Sie sind die gröbsten aller Schuppenechsen und leben theils in der Nähe des Wassers, theils in trocknen sandigen Gegenden der alten Welt. Ihre Nahrung besteht aus grossen Insekten, auch Reptilien, aus Eiern der Vögel und Säugethieren. Paammosaurus Fitz., Wüstenwarnechse. Schwanz rundlich, ohne Kiel. Fs. scincus Merr. = Tuhinamhis grineiis Daud. ( Varanus arenarius Dum. Bibr.), Egypten. Schon Herodot als Landcrocodil bekannt. Monitor Cuv. Schwanz compress mit einem Kiel, der aus 2 Reihen von Schuppen gebildet wird. Zähne rundlich. Nasenlöcher klein, rundlich. Zehen lang, ungleich, 31. niloticuti HassL, Warneidechse, wird 6 Fuss lang, lebt an den Ufern des Nils und frisst die Eier der Crocodile. Bei Varanus Merr. sind die Nasenlöcher oblong. Hydrosaurus Wagl. Nasenlöcher oblong, longitudinal, nahe der Schnauzen- spitze. Zehen ungleich. Zähne compress, gezähnelt. H. varius Shaw., Neuholland. H. giganteus Gray, ebendaher. 1020 Fissilinguia. Fossile Arten. Den Monitoren verwandt war die Gattung Mosasaurus. Vornehmlich ist es die Verschmelzung der Nasalia zu einem schmalen Knochen, auf welche sich die Schädelähnlichkeit beider gründet. Acrodonten von riesiger Grösse , deren Wirbelsäule wohl mehr als hundert von Wirbeln umfasste, mit wenig comprimirten schneidenden Zähnen in den Kiefern und kleinern Zähnen auf den hügelförmig gebogenen Gaumenbeinen. Ihre Ueberreste gehören der Kreide an (Petersberg bei Mastricht). 31. Hofinanni Cuv. Die Gattung Dolichosaurus besass einen sehr langgestreckten Körper und ein aus 2 Wirbeln gebildetes Kreuzbein. Andere fossile Sauriergruppen sind die Proterosaiiricr und Thecodontia. Die ersteren repräsentiren die ältesten Eidechsen, ausgezeichnet durch den Besitz biconcaver Wirbelkörper und gabiig gespaltener Dornfortsätze aus dem Kupfer- schiefer, die Thecodontia ebenfalls mit biconca-ven Wirbelkörpern besassen com- primirte in Alveolen eingekeilte Zähne mit fein gezähnelter Streif ung ihrer Kronen und gehörten der Triaszeit an. Palaeosaurtis Eil., Thecodontosanrus Ril. Als besondere Reptilien-Ordnung werden die fossilen Dinosauria und Ano- modontia unterschieden. Die ersteren, colossale Landbewohner der Jura, Wealden und unterer Kreide, erinnern ihrem Baue nach mehrfach an Säugethiere, ins- besondere an Pachydermen. Der schwere gewaltige Rumpf, an welchem sich bereits ein Kreuzbein mit 5 verwachsenen Wirbeln sondert, wurde von kräftigen plumpen Extremitäten getragen, welche mit kurzen Zehen endigten. Die in Alveolen beider Kiefer eingekeilten Zähne besassen eine spitze schneidende oder gezackte Krone und wurden durch nachwachsende Zähne verdrängt. Einige {Megalosaums Bkld., Pelorosaiirus Mant.) mögen eine Länge von mehr als 40 Fuss erreicht haben. Grossentheils waren sie Fleischfresser, nur die riesige Gattung Iguanodon Mant. nährte sich von Pflanzen. I. Mantelli H. v. M., Wealden. Die Anomodontia mit biconcaven Wirbeln besassen zahnlose Kiefer (Ehyn- chosaiirus) oder 2 grosse wurzellose Stosszähne im Oberkiefer [Dlcynodon) oder hochstehende conische Zähne im Ober- und Unterkiefer {Gelesaiinis), oder endlich grosse Stosszähne im Zwischenkiefer und dahinter grosse conische angewachsene Zähne {Bhopalodon) und gehörten grossentheils der Triaszeit an. Andere Ordnungen fossiler Saurier zeigten in ihrem Körperbaue Modifikationen, welche auf die Organisation der Vögel in verschiedener Weise hinweisen. Es sind zunächst die Ornithoscelida, mit denen Huxley noch die Dinosaurier verbindet. Vornehmlich durch die praeacetabulare Ausdehnung des Os iliutn und durch die abwärts gerichteten langgestreckten Sitz- und Schambeinknochen ausgezeichnet, besassen sie wenigstens in der die jurassische Gattung ComptiOynathus fassenden Abtheiluug sehr lange Cervicalwirbelkörper, einen fast vogelähnlichen Kopf, einen sehr langen Hals und kurze vordere, dagegen sehr lange hintere Rippen. Auch scheint das Sprungbein wie bei den Vögeln mit der langen Tibia verschmolzen. Die Pterosaurier oder Pterodactylier, ebenfalls vornehmlich aus der jurassi- schen Zeit, waren fliegende Saurier. Ihr gewaltiger Kopf mit weit gespaltenen, schnabelartig verlängerten Kiefern wurde auf langem freilich aus nur 7 bis 8 Wirbeln gebildeten Hals getragen. Diesem folgte ein verhältnissmässig schwacher Rumpf mit 14 bis 16 Rückenwirbeln ohne bestimmte Lendenregion, mit o bis 0 Sacralwirbeln und einen oft langen Schwanz. Die vordem sehr kräftigen Extre- mitäten besassen ein vogelähnliches Schulterblatt und ein Coracoideum, entbehrten jedoch der Clavicula. Von den Fingern der Hand war der äussere säbelförmig verlängert und von bedeutender Stärke, wahrscheinlich war zwischen diesen 2- bis 4gliedrigen Knochenstäben an den Seiten des Leibes, vielleicht auch der hintern Extremität eine Flughaut ausgespannt, welche zum Flattern oder gar zum Fluge 2. Unterclasse: Hydrosauria, Wasserechsen. 1021 befähigte. Es lebten die Flugeidechsen von der Zeit des untern Lias bis zur Kreide. Rhamphorliyiichus H. v. M., Metacarpus weniger als halb so lang wie der Vorderarm. Alle Kieferzähne gleich. Bh. Gemmingii H. v. M., Lithographi- scher Schiefer. Bei Dimorphodon Ow. sind die hintern Zähne sehr kurz, die vor- dem lang. D. mnJcrouyx Bkld. , Lias. Bei Pterodactylus Cuv. ist der Schwanz sehr kurz ixnd der Metacarpus mehr als halb so lang wie der Vorderarm. Pf. longirostris Cuv., Jura. 2. Unterclasse: Hydrosauria^), Wasser echsen, Wasserhewolmendc Beptilien von bedeutender Grösse, mit einge- Jccilten Zähnen und lederartiger oder hepan&erter Haut, mit Ruder- flossen oder hräftigen Füssen, deren Zehen dann durch Schwimmhäute verbunden sind. Die Hydrosaurier , in der Jetzwelt durch die Crocodile vertreten, zeichnen sich bei einer meist riesigen Grösse durch den Aufenthalt im Wasser und eine demselben entsprechende und zwar hohe Organisation aus. Zahh-eiche vorweltliche Formen, ausschliesslich Bewohner des Meeres, trugen Ruderflossen, ähnlich den Flossen der Wale, mit kurzen Armknochen und zahlreichen Knochen der Handwurzel und der verbundenen Zehen. Ihre Wirbelsäule, in ihren einzelnen Abschnitten überaus beweglich und noch aus breiten biconcaven Wirbeln zusammen- gesetzt, läuft in einen ansehnlichen Schwanz aus, der wahrscheinlich von einer häutigen Flosse umsäumt war. Auf einer hohem Entwicklungs- stufe enthält die Wirbelsäule opisthocoele Reptilienwirbel und endet mit einem kammförmig umsäumten Ruderschwanz, die Extremitäten bilden sich mehr und mehr als Füsse aus, deren deutlich gesonderte Zehen meist noch eine Schwimmhaut zwischen sich einschliessen. Solche Formen halten sich nicht mehr auf hoher See, sondern an der Küste, in Lagunen und in der Nähe von Flussmündungen auf, sie besteigen das Land und bewegen sich hier in raschem Lauf, jedoch ohne die Fähigkeit leichter und geschickter Wendungen unbehülflich umher. Alle erscheinen der Bildung ihres Gebisses nach als gewaltige Raubthiere. 1) C.Vogt, Zoologische Briefe. Frankfurt. 1851. Cuvier, Sur les diäerentes especes de crocodiles vivans et leurs caracteres distinctifs. Ann. des Mus. d'Hist. nat. X. 1807. F. Tiedemann, M. Oppel und J. Liboschitz, Naturgeschichte der Amphibien. 1. Heft: Crocodil mit 15 Tafeln Heidelberg. 1817. R. Owen, Palaeoutology. London. 1860. Huxley, On the dermal armour of Jacare and Caiman etc. Journ. Proceed. Linn. Soc. vol. IV. 1860. A. Strauch, Synopsis der gegenwärtig lebenden Crocodile. Mem. de l'Acad. de St. Petersbourg. Tom. X. 1866. Rathke, Untersuchungen über die Entwicklung und den Körperbau der Crocodile. Braunschweig. 1866. Vergl. ausserdem die Werke und Schriften von Cuvier, Goldfuss, Mayer, Bronn, Kaup. 1022 1- Ordnung: Enaliosauria. Der platte schnabelartig verlängerte Kopf trägt in seinen lang aus- gezogenen Kiefern eine Bewaftninig von spitzen kegelförmigen Fang- zähnen, die in tiefen Alveolen eingekeilt, bald glatte, bald gestreifte oder oberflächlich gefaltete Kronen zeigen und allmählig von nachfolgenden Ersatzzähnen verdrängt werden. Rippen finden sich in grosser Zahl nicht nur an dem sehr langgestreckten Brusttheil, sondern auch am Hals und in der Bauchgegend, über welcher sich bei den Crocodilen ein sog. Sternnm abdominale bis zum Beckengürtel fortsetzt und eine An- zahl sog. Bauchrippen trägt, deren obere Enden die Wirbelsäule nicht erreichen. Die innere Organisation mag in den einzelnen Gruppen ver- schiedene Stufen der Vervollkommnung durchlaufen haben , von denen ausschliesslich die höchste der lebenden Crocodile bekannt werden konnte. 1. Ordnung: Enaliosauria = Sauropterygia. Uyärosaurier mit nackter lederartiger Haut, biconcaven Wirbeln und Ruderflossen (ausschliesslich der Secundärseit angehörig). Die Ueberreste dieser colossalen Meerbewohner, welche die Secundär- zeit von Anfang bis zu Ende durchlebten, lassen diese Thiere als die gewaltigsten Beherrscher der Meere jener Zeiten erscheinen. Bei einer sehr bedeutenden Körperlänge (bis zu 30 Fuss) besassen dieselben eine meist langgestreckte platte Schnauze mit zahlreichen kegelförmigen Fangzähnen, einen sehr langen beweglichen Rumpf und wie die Wal- thiere flossenförmige Extremitäten. Nach der besondern Gestaltung des Leibes, der Form des Koples und Zahnbildung lassen sich drei Familien unterscheiden: 1) die ausschliesslich der Trias angehörigen Urdrachen. Nothosaurii {Sauropterygii Owen). Dieselben characterisiren sich durch sehr langgestreckte Oberkieferknochen, die bis zur Spitze des sehr langen Schnabels reichen , den Mangel der hintern Augenwand und oberer Schläfenknochen und durch die einfachen kegelförmigen Zähne, unter denen die vordem des Oberkiefers durch ihre Grösse hervortreten. Nothosaurus mirahilis Münst., Simosaurus H. v. M. u. a. 2) Die Schlangendrachen , Flesiosaurii {Sauropterygii Owen). Mit langem schlangenartigen Hals, kurzem Kopf und Schwanz und langgestreckten Ruderflossen, lebten im Jura und in der Kreide (Flesiosaurus Conyb.). 8) Die Fischdrachen, Ichthyosaurii {IchtJiyopterygii Owen). Mit sehr kurzem Hals, dickem langgestreckten Rumpf, kurzen Ruderflossen und langem, wahrscheinlich von einer Flosse umsäumtem Schwänze. Die schnabelartig verlängerte zugespitzte Schauze wird vorzugsweise von den Knochen des Zwischenkiefers gebildet. Die Zähne zeigen eine ge- streifte und gefaltete Oberfläche und stehen dicht gedrängt nebenein- ander. Sie gehören vorzugsweise dem Jura, in seltenen Resten noch der Kreide an. Ichthyosaurus communis De la Beche u. a. A. 2. Ordnung: Crocodilia, Crocodile. 1023 2. Ordnung: Crocodilia (Loricata), Crocodile. Hydrosauricr mit knöchernen Hautschildcrn und eingelcciUen auf die Kicferhwchen beschränkten Zähnen, mit 4 theihveise hehndlten Füssen und langem yeJcielten Ruderschivan^e. Die Crocodile wurden von den älteren Zoologen mit Unrecht und ohne Rücksicht auf die wesentlichen Organisationsverschiedenlieiten als Panzerechsen mit den Sauriern vereinigt. Ueber die Meerdrachen, von denen sie sich in früher Zeit der Erdgeschichte abgezweigt haben mögen , erheben sie sich entschieden sowohl durch die höhere Entwicklung der Wirbelsäule als auch durch mehrfache Züge des Baues und der Organisation, welche unsere Thiere von der Höhe des Meeres auf Lagunen und Ufer grösserer Ströme verweisen und dieselben zu einem gelegentlichen Aufenthalte auf dem Lande befähigen. Zwar treffen wir noch in der auf die Juraformation beschränkten Familie der Teleosanrier, welche offenbar mehr als die jetzt lebenden Crocodile auf das Meer augewiesen waren, die biconcave Wirbelform an, indessen sind auch hier die Extremitäten nicht mehr Ruderflossen, sondern frei gegliederte Beine und Füsse mit gesonderten Zehen. Die Körperbedeckung ist eine derbe und körnige Lederhaut, in welcher sich besonders auf der Rückentiäche grosse und zum Theil gekielte Knochentafeln einlagern. Dieselben bilden am Schwänze einen anfangs paarigen, in seinem hintern Theile einfachen gezackten Kamm. Der breite flache Schädel ist durch die corrodirte Beschaffenheit der Oberfläche der Knochen ausgezeichnet und besitzt gesonderte ÄUsphenoids, sowie oberhalb des Oberkieferjochbogens einen obern Schäfenbogen, der durch eine Knochenbrücke (Fortsatz des Postfrontale und Jugale) von der Orbita getrennt ist. Die Bedachung des Schädels geschieht durch ein unpaares Scheitelbein und Stirnbein , dem sich paarige Üssa nasalia anschliessen. Die mit dem Schädel fest verwachsenen Kiefer verlängern sich zur Bildung eines gestreckten Schnabels, an dessen Spitze sich die paarigen Zwischenkieferknochen einkeilen, während die Oberkiefer von bedeutender Ausdehnung die Seiten des Schnabels bilden. Oberkiefer und Zwischenkiefer, welche die Nasenöffnungen begrenzen, entwickeln horizontale in der Medianlinie vereinigte Gaumenfortsätze, welche zur Bildung der vorderen Partie des harten Gaumengewölbes zusammentreten. Das Lacrymale ist immer von grosser Ausdehnung. Hinter demselben stellen Gaumen - und Flügelbeine in medianer Nathverbindung anliegend ein vollkommen geschlossenes Dach der Mundhöhle her, an dessen Hinterrande die untern vom paarigen Vomer umschlossenen Nasengänge münden. Die ausschliesslich auf die Kieferknochen beschränkten kegel- förmigen Zähne sitzen tief in Alveolen eingekeilt und zeigen wenig comprirairte streifige Kronen. Meist tritt der vierte Zahn des Unter- 1 024 Crocodile. Schädelbau. Wirl)elsäule. Kiefer- und Gaumcuknochen. kiefers durch seine Grösse als Fangzahn hervor und greift beim Schliessen des Rachens in eine Lücke oder in einen Ausschnitt des Oberkiefers ein. Die Wirbelsäule gliedert sich deutlich in Hals-, Brust-, Lenden-, Kreuz- bein - und Schwanzregion, deren Wirbel bei den Teleosaurien biconcave, bei den ebenfalls vorwelthchcn Steneosaurien opisthocoele , bei den Crocodilen der Gegenwart procoele Wirbelkörper besitzen. Rippen finden sich nicht nur an der langgestreckten Brustgegend, sondern auch in geringer Entwicklung am Halse, dessen Seitenbewegungen sie durch übereinandergreifende Fortsätze überaus beschränken. Auch am Bauche, in dessen Mittellinie hinter dem Brustbeine Glieder eines sog. Sternum abdominale folgen, schliessen sich Rippen an, die freilich nur Sternocostalleisten bleiben und nicht hinauf zu den Lenden- wirbeln reichen. Nur zwei Wirbel werden zur Bildung des Kreuzbeins verwendet, während die Zahl der durch hohe Dornfortsätze ausgezeichneten Schwanzwirbel eine überaus bedeutende ist. Die Innern Organe erheben sich bei den lebenden Crocodilen am höchsten unter allen Reptilien. Die Augen mit ihren senkrechten Pupillen besitzen zwei Lider nebst Kickhaut. Nasenöffnungen liegen vorn an der Schnauzenspitze und können ebenso wie die weit nach hinten gerückten Ohren durch Haut- klappen verschlossen werden. Die Rachenhöhle, an deren Boden eine platte nicht vorstreckbare Zunge angewachsen ist, entbehrt der Speichel- drüsen und führt durch eine weite Speiseröhre in den rundlichen musku- lösen Magensack, der durch Form und Bildung, insbesondere durch aponeurotische Scheiben seiner Innenhaut, an den Vogelmagen erinnert. Auf den Magen folgt ein dünnwandiges mit Zotten besetztes Duodenum, welches in den zickzackförmig gefalteten Dünndarm tibergeht. Ein Blindsack als Anhang des kurzen und weiten Dickdarms fehlt. Dieser mündet fast trichterförmig verengt in die Kloake, an deren Vorderwand das schwellbare Paarungsorgan seinen Ursprung nimmt. Der Bau des Herzens ist unter allen Reptilien am vollkommensten und führt durch die strenge Sonderung einer rechten venösen und linken arteriellen Abtiieilung unmittelbar zu der Herzbildung der Warmblüter über. Endlich verdient als Eigenthündichkeit der Crocodile die freie Communication der Leibeshöhle durch Oeffnungen der sog. Peritonealkanäle, welche an die Abdominalporen der Ganoiden und Selachier erinnern, hervor- gehoben zu werden. Man unterscheidet drei Gruppen von Panzerechsen, von denen zwei, die Teleosaurier oder Äwphicoelia und Steneosaurier oder Opisthocoelia^ ausschliesslich der Vorwelt angehören. Die erstere mit den Gattungen Mystriosaurus Kp. und Ttleosaurus Geoff'r. beschränkt sich auf die Juraformation, die letztere mit Steneosaurus Gkiiifiw, Cetiosaurtis Ow. etc. kommt im Jura und in der Kreide vor. Nur die dritte Gruppe der 3. üiiterclasse : Chelonia, Schildkröten. 1025 Crocodile oder Procoelia hat sich von der Kreide an durch die Tertiärzeit bis in die jetzt lebende Fauna erhalten. Procoelia = Crocodilia s. sti-. , Panzerechsen mit procoelen Wirbeln und langem comprimirten Ruderschwanz , dessen Rückenseite einen doppelten am Ende vereinigten Hautkauim trägt. Die Vorderfüsse mit 5 freien, die Hinterfüsse mit 4 mehr oder minder durch Schwimmhäute verbundenen Zehen. Leben in den Mündungen und Lagunen grosser Ströme in den wärmern Klimaten der alten und neuen Welt und gehen zur Nachtzeit auf Raub aus. Sie bewegen sich im Wasser schwimmend und tauchend weit geschickter als auf dem Lande, indem sie durch die feste Verbindung der Halsrippen am leichten Laufen in behenden Wendungen sehr gehindert sind. Ihre hartschaligen Eier von der Grösse und Form der Gänse- eier werden im Sande und in Löchern am Ufer abgesetzt. 1. Fam. Crocodilidae. Die vordem Unterkieferzähne passen in Gruben der Zwischenkiefer, die sog. Eckzähne (4ter Unterkieferzahn) in einen Ausschnitt des Kieferrandes. Hinterfüsse mit ganzer Schwimmhaut. Nur Rückenschilder sind vorhanden. Crocodilus Cuv. Schnauze verschmälert. Augenlider häutig. Cervicalschilder von den Rückenschildern getrennt. C. vulgaris Cuv., Nil. C. palustris Less , Südasien. C. rhombifer Cuv., Cuba. Bei Mecistops Gray stossen die Cervical- schilder an di8 Rückenschilder. M. catapkractus Cuv., Westküste Afrikas. Osteolaemus Cope. Schnauze breit. Augenlider mit 2 Icnöchernen Platten. O.frontatus Murr., Westküste Afrikas. Fossile Gattungen sind Orthosaurus Geoffr., Enneodon Pr. u. a. 2. Fam. Gavialidae. Schnauze verlängert mit ziemlich gleichgestellten langen Zähnen. Füsse mit Schwimmhäuten. Bauchschilder fehlen. Ilhamphostoma Wagl. Zwischenkiefer verbreitert. Naht desselben bis zum vierten Zahn reichend. Jederseits 26 bis 28 Zähne oben und unten. Eh. gangeticum Geoffr., Ostindien. Tertiär ist Leptorhynchus Clift. , Indien. Ehynchosiichus Huxl. Zwischenkiefer kaum verbreitert. Naht desselben nur bis zum dritten Zahn reichend. Jederseits nur circa 20 Zähne sowohl oben als unten. Eh. Schlegelii Gray, Australien. 3. Fam. Alligatoridae, Schnauze breit ohne Ausschnitt für die sog. Eckzähne des Unterkiefer. Bauchschilder meist getrennt. Nur halbe oder rudimentäre Schwimmhäute. Sind auf Amerika beschränkt. Alligator Cuv. 1% Zähne jederseits. Rückenschilder artikuliren nicht mit einander. AI. lucius Cuv. Bei Caiman sind |g Zähne jederseits vorhanden, und artikuliren die Rückenschilder. C. trigonatits Sehn. , C. {Jacare) sclerops Sohn., C. niger Spix u. a. 3. Unterclasse: Chelonia^), Schildkröten. Ileptilien von Jmrzer gedrungener Körperform, mit ein m oberen und unteren Knochenschilde, -welches den Bücken und Bauch hedecld, mit vier Füssen und zahnlosen Kiefern. Keine andere Gruppe von Reptilien erscheint so schart abgegrenzt und durch Eigenthünilichkeiten der Form und Organisation in dem 1) Vergl. ausser den älteren Werken von J. G. Schneider u, A. Claus, Zoologie. 3, Auflage. 65 1026 Schildkröten. Skelet Panzer. Grade ausgezeichnet, als die der Schildkröten. Die Umkapselung des Rumpfes mittelst eines obern mehr oder minder gewölbten meist knochen- harten Rückenschildes und eines untern durch seitliche Querbrücken mit jenem verbundenen Bauchschikies hat als Character der Schildkröten einen ähnlichen Werth vi'ie die Befiederung und Flügelbildung in der Classe der Vögel. Durch die Kürze des Rumpfes und die breite gedrungene Form des Panzers, in welchen sich oft Kopf, Extremitäten und Schwanz mehr oder minder vollkommen zurückziehen können, erinnern die Schildkröten an die Kröten unter den nackten Amphibien , während sie hinsichtlich der Innern Organisation viel höher stehen. Der starre schild- förmige Hautpanzer, welcher den Weichtheilen des verhältnissmässig schwerfällig beweglichen Leibes zum Schutze dient, verdankt seine Entstehung sowohl einer eigenthümlichen Umformung von Knochentheilen der Wirbelsäule als auch der Entwicklung accessorischer Hautknochen, welche mit jenen eine mehr oder minder innige Verbindung eingehen. Das flache Brustschild, früher irrthümlich als modificirtes Brustbein auf- gefasst, geht nach Rathke ausschliesslich aus Hautknochen hervor und enthält gewöhnlich neun mehr oder minder entwickelte Knochenstücke, ein vorderes unpaares und vier Paare seitlicher Stücke, zwischen denen eine mediane durch Haut oder Knorpel geschlossene Lücke zurückbleiben kann (Trionyx, Chelonia etc.). Dagegen betheiligen sich an der Bildung des umfangreichen Rückenschildes die Dornfortsätze und Rippen von Brustwirbeln, sowie eine Anzahl paariger und unpaarer Knochenplatten der Haut (Ergänzungsplatten), welche theils median im Nacken (Nacken- platte) und in der Kreuzbeing(>gend, theils seitlich am Rande (22 Mar- ginalplatten) zur Ergänzung des Schildes wesentlich beitragen. Während die Dornfortsätze von sieben Rumpfwirbeln (2 bis 8) als horizontale Tafeln der j^Jedianlinie erscheinen , sind die Rippen der acht mittleren Rumpfwirbel (2 bis 9) (von der ersten und letzten Rippe auch durch eine viel bedeutendere Lär e unterschieden) zu breiten durch zackige Nähte ineinandergreifenden .^uerplatten umgebildet, die noch dadurch eine besondere Eigenthüm ic ikeit bieten , dass sie breite die Rücken- muskeln frühzeitig überw'jioende Fortsätze zu den tafelförmigen Dorn- Bojanus, Anatome testudinis europaeae. Vilnae 1819. H. Rathke, Ueber die Entwicklung der Schildkröten. Braunschweig. 1848. Gray, Catalogue of Shield Reptiles in the Collection of the British Museum P. I. London 1855. Suppl. 1870. Append. 1872. Part. IL 1872. L. Agassiz, Embryologie of the turtle. Natural History of the United States. Vol. III. part. III. 1857. A.Strauch, Chelonische Studien. Mem. de l'acad. de St. Petersbourg 1862. Sowerby and Lear, Tortoises , Terrapins and Turtles drawn from life. London 1872. Schädel und Gesichtsknochen. 1027 fortsätzen entsenden. Auf der äussern Fläclie beider Schilder finden sich gewöhnlich noch grössere regelmässige Platten aufgelagert, welche der verhornten Epidermis ihren Ursprung verdanken und von einigen grössern Arten als •Schildpatt'^ verwendet werden. Diese Schilder ent- sprechen in ihren Umrissen keineswegs den unteiliegenden Knochen- stücken , ordnen sich jedoch in sehr regelmässiger Weise der Art an, dass man am Riickenschilde eine mittlere und zwei seitliche Reihen von Hautschildern und in der Peripherie einen Kreis von Randschildern, am Bauche dagegen Doppelreihen von Schildern unterscheidet. Auch an den frei vorstehenden Körpertheilen, am Kopf, Hals und den Extremitäten, verdickt sich die Haut zur Bildung von Tafeln und Höckern, deren Epidermisbekleidung freilich in geringerem Grade verhornt. Im Gegen- satze zu dem mittleren Abschnitte der Wirbelsäule, dessen Wirbel in fester Verschmelzung mit dem Riickenschilde verbunden sind, zeigen sich die vorausgehenden und nachfolgenden Abschnitte derselben in ihren Theilen überaus verschiebbar. Zur Bildung des frei beweglichen Halses, welcher sich unter Krümmungen mehr oder minder vollkommen zwischen die Klappen der Schale zurückziehen kann , werden gewöhnlich acht lange der Rippen und Querfortsätze entbehrende Wirbel verwendet. Auf die rippentragenden 10 Brustwirbel, von denen man die 4 hintern mit Rathke als Lendenwirbel betrachten kann, folgen zw^i oder drei frei vorstehende Kreu/beinwirbel , nebst einer beträchtlichen Zahl von sehr beweglichen Schwanzwirbeln. An dem ziemlich gewölbten Kopf schliessen die Schädelknochen durch Nähte fest aneinander und bilden ein breites Dach, welches sicli in einen mächtig entwickelten Hinterhauptskamm fortsetzt und durch den Besitz sowohl eines paarigen Scheitelbeins als umfangreicher vor- derer Stirnbeine ausgezeichnet ist. Von den erstem erstrecken sich absteigende lamellöse Fortsätze zu den Seiten der knorpelhäutigen Schädelkapsel bis zu dem kurzen Basisphenoid. Die Schläfengegend ist am vollständigsten bei den Seeschildkröten durch breite Knochenplatten überdacht, welche durch das Fostfrontale , Jugale, Quadrato-jugale und Squamosum gebildet werden. Hinter dem die Seitenwandungen der Schädelhöhle bildenden Prooticum erhält sich das Opisthoticum selbst- ständig vom Oc. laterale durch Nähte getrennt. Ein Os transversum fehlt, dagegen bildet der Oberkieferjochbogen einen hohen Knochenring an der untern Seite der Orbita. Sämmtliche Theile des Oberkiefer- gaumenapparats sind ebenso wie das Quadratbein mit den Schädelknochen fest verbunden und untereinander oft durch zackige Nähte abgegrenzt. Auffallend kurz bleibt der Gesichtstheil des Schädels, dem Nasalia fehlen. Der knöcherne Gaumen wird von den breiten mit dem unpaaren Vomer verbundenen Palatina gebildet; hinter deren Gaumenfortsätzen sich die 65* 1028 Schildkröten. Extremitäten. Eierablage. Choanen öffnen. Auch die Fliigelbeine sind sehr breit und lamellös. Zähne fehlen sowohl an den Gaunienknochen als an den hohen ver- hältnissmässig kurzen Kieferknochen vollkommen, dagegen sind die letztern an ihren Rändern nach Art des Vogelschnabels mit scharf schneidenden gezähnten Hornplatten überkleidet, mit deren Hülfe ein- zelne Arten heftig beissen und empfindlich verwunden können. Die vier Extremitäten befähigen die Schildkröten zum Kriechen und Laufen auf festem Land, indessen sind sie bei den im Wasser lebenden Formen vorzugsweise zur Schwimmbewegung eingerichtet. Während dieselben bei den Süsswasserschildkröten mit Schwimmfüssen enden, deren deutlich gesonderte und bekrallte Zehen durch Schwimm- häute verbunden sind, erscheinen sie bei den Seeschildkröten als platte Ruderflossen , welche die Zehen vollkommen verdecken und höchstens zwei Nägel am äussern Rande tragen. Auch bei den Landschildkröten verschmelzen die Zehen und bilden einen dicken Klumpfuss mit schwie- liger Sohle und 4 oder 5 Hornnägeln an der Spitze. Auffallend , aber aus der Entwicklungsgeschichte des Schildes, durch das Wachsthum der vordem und hintern Rippen ausreichend erklärt, ist die Lage beider Extremitätengürtel und der entsprechenden Muskeln zwischen Rücken- und Bauchschild. Das Schulterblatt bildet einen aufsteigenden stab- förmigen Knochen, dessen oberes Ende sich durch Band- oder Knorpel- verbindung dem Querfortsatz des vordersten Brustwirbels anheftet. Ein Schlüsselbein fehlt, dagegen erstreckt sich ein mächtiger Processus acromialis (Procoracoid) vom Schulterblatt nach dem unpaaren Stücke des Bauchschildes, dem er sich ebenfalls durch Knorpel- oder Band- verbindung anheftet. Das Becken stimmt in seinem Baue mit dem Becken der Saurier nahe überein und entbehrt mit Ausnahme der Landschildkröten einer festen Verbindung mit dem Schüde. Die Schildkröten sind träge langsame Thiere mit vorherrschender Entwicklung der vegetativen Lebenssphäre, dagegen beschränkter psychi- scher Ausbildung; Verdauungs- und Fortpflanzungsorgane schliessen sich tlieils den Crocodilen, theils den Vögeln an. Mit den erstem theüen sie insbesondere die Bildung der männlichen Geschlechtswerkzeuge und den Besitz von freilich geschlossenen Peritonealkanälen. Interessant ist die Ausmündung der Geschlechtsausführungsgänge und Ureteren in den Hals der Harnblase, ''er somit als Urogenitalsinus fungirt. Die Augen liegen in geschV^-enen Augenhöhlen und besitzen Lider und Nickhaut. Am Gehöror.ünii entwickelt sich stets eine Paukenhöhle mit weiten Tuben, langer Coiumella und äusserlich sichtbarem Trommelfell. Die Zunge ist auf dem Boden der Mundhöhle angewachsen und nicht vorstreckbar, bei den Landschildkröten mit langen Papillen besetzt. Nach der Tage lang währenden Begattung, bei welcher das Männchen auf dem Rücken des Weibchens getragen wird, erfolgt die Ablage einer Cheloniadae. Triouycidae. 1 029 geringen, bei den Seeschildkröten indess grössern Anzalil von Eiern. Dieselben enthalten unter der Schale eine Eiweissschicht in der Um- gebung des Dotters und werden in der Erde, von den wasserbewohnenden Schildkröten in der Nähe des Ufers, verscharrt. Nach Agassiz legen die nordamerikanischen Sumpfschildkröten nur einmal im Jahre Eier ab, während sie sich zweimal, im Frühjahr und Herbst, begatten. Die erste Begattung soll nach diesem Forscher bei Emys picta im Tten Jahre, die erste Eierablage im Uten Lebensjahre erfolgen. Hiermit stimmt das langsame Wachsthum des Körpers und das hohe Alter, welches die Schildkröten erreichen. Auch verdient die ungemein grosse Lebens- zähigkeit dieser Reptilien hervorgehoben zu werden, die es ihnen mögUch macht, Verstümmelungen selbst innerer Organe lange Zeit zu über- dauern. Die Schildkröten gehören grossentheils den wärmern Klimaten an und nähren sich hauptsächlich von Vegetabilien, viele indessen auch von Mollusken, Krebsen und Fischen. Fossil treten sie zuerst wenn auch spärlich im obern weissen Jura auf, zahlreichere Reste finden sich in der Tertiärzeit. 1. Farn. Cheloniadae, Seeschildkröten. Mit flachem Rücken- und oft knorp- ligem Brustschild, zwischen welche Kopf und Extremitäten nicht zurückgezogen werden können. Die letztern sind Flossenfüsse mit unbeweglich verbundenen von gemeinschaftlicher Haut überzogenen meist nageliosen Zehen; die Vordorglied- massen sind weit länger als die hintern und in dem Ellenbogengelenk rückwärts gekrümmt. Knochen des Brustschildes unverbunden. Kiefer ohne Lippen. Schwanz kurz, stummeiförmig. Sie leben in wärmern Klimaten, schwimmen und tauchen vortrefflich und nähren sich theils von Seepflanzen, theils von Krebsen und Weich- thieren, die sie mit den hornigen Kieferrändern zertrümmern. Nach der Begattung, welche sie im Wasser ausführen, suchen sie zum Absetzen der Eier oft in grossen Schaaren und von den kleinern Männchen begleitet, die Kästen auf und gehen nach Sonnenuntergang ans Land, wo sie ihre Eier in Gruben einscharren. Die eungen suchen nach dem Ausschlüpfen sogleich das Wasser auf. Sie erreichen Jine bedeutende Grösse, sehr oft das Gewicht von vielen Centnern und werden theils wegen ihres Fleisches, theils des Schildplattes halber erjagt. Chelonia Flem. Schale mit regelmässigen Hornschildern überdeckt. Füsse mit je 1 oder 2 Krallen. 13 Platten des Rückenscliildes. Supraorbitalia einfach. Ch. virgata Schweig., Südamerika. Ch. escidenta Merr. = Midas Latr. , Japan, Brasilien. Ch. {Caretta) imbricata L., Atl. und Ind. Ocean. Thalassochelys Fitz. {Caouana Gray). Rückenschild mit 15 Platten. Supra- orbitalia doppelt. Th. caretta L. ^=. corticata Rond., Atl. Ocean und Mittelmeer. Sphargis Merr. Schale mit dicker Lederhaut, ohne Hornschilder. Füsse krallenlos. Sph. coriacea Gray, Lederschildkröte, selten im Mittelmeer, häufiger im Atl. Ocean und Südsee. Fossile Formen kommen bereits im Jura vor. 2. Farn. Trionycidae, Lippenschildkröten. Mit flachem ovalen unvollkommen verknöcherten Rückenschild und langem zurückziehbaren Hals. Kiefer mit schnei- denden Rändern, von fleischigen Lippen umgeben. Kopf und Füsse nicht ein- ziehbar, letztere sind Schwimmfüsse , von deren 5 frei beweglichen Zehen die 2 äussern unbekrallt bleiben. Knochenstücke des Brustschildes unverwacbsen, von 1030 Schildkröten. Chelyclae. Emydae. Chersidae. weicher Haut bedeckt, ohne Hornplatten. Nasenlöcher auf längerm Rüssel. Fleischfresser der Seen und Flüsse wärmerer Klimate. Trionyx Geoff. Brustschild kurz, an jedem Ende schmal, 7 oder 8 Paar Rippen. Tr. ferox Merr., ein bissiges Thier in den Flüssen Georgiens und Carolinas, wohlschmeckend. Tr. egyptiacus Geotfr. , Tr. gangeticus Cuv., Indien. Cryptojms Dum. Bibr. Brustschild breit mit 3 Klappen am Hinterrand zum Verdecken von Schwanz und Füssen. Cr. granosns Schweig. , Ostindien. Cr. sene- galensis Dum. Bibr., Afrika. 3. Farn. Chelydae, Lurchschildkröten. Mit mehr oder minder gewölbtem verknöcherten Rückenschild, welches mit dem Brustscbild verwachsen und mit Hornplatten bekleidet ist. Kopf und Füsse nicht einziehbar. Letztere enden mit freien durch Schwimmhaut verbundenen und bekrallten Zehen. Der von strammer Haut überzagene Hals wird seitlich zwischen den Panzer eingezogen, Chelys Daud. Kopf breit und flach, mit Hautlappen und Fransen an der Seite und 4 Barteln an der Kehle und 2 am Kinn. Nase rüsselförmig vorstehend. Rückenschild mit 3 Kielreihen. Brustschild lang und schmal, hinten gabiig ge- theilt. Ch. ßinbriata Sch-weig. , 3fata»mia, Südamerika. Peltocephalus Cuv. Kopf convei mit harten Schildern. Rückenschild stark convex, ohne Nackenjjlatte. Kiefer ohne Lippen. P. Tracaxa Dum. Bibr., Süd- amerika. Sternotheriis Bell. Kopf massig flach, beschildert. Vorderlappen des Brust- schildes beweglich. Rückenschild ohne Nackenplatte. St. nigricans Merr., Afrika. Andere Gattungen sind Pelomedusa Wagl., Platemys Wagl., Phrynops Wagl., Chelodina Dum. Bibr. 4. Fam. Emydae, Süsswasserschildkröten. Das Rückenschild flach, das Brust- schild meist klein, beide vollkommen verknöchert. Sie besitzen eine lockere scheidenartig anliegende Halshaut, in die der niemals beschilderte Kopf wie in eine Scheide zurückziehbar ist. Füsse dick, aber mit frei^ beweglichen durch Schwimmhäute verbundenen Zehen, vorn 5-, hinten 4krallig. Sie schwimmen vor- trefflich, bewegen sich auch geschickt anf dem Lande und halten sich vorzugs- weise in langsam fliessenden Flüssen, Sümpfen und Teichen auf. Die Eier werden in Gruben in der Nähe des Wassers eingescharrt. Ihre Nahrung besteht vorzugs- weise aus Wasserthieren (Fischen). Cistiido Dum. Bibr. Das aus 12 Platten gebildete Brustschild ist mit dem gewölbten Rückenschilde durch Knorpel verbunden, und besteht aus 2 im Knorpel- gelenk beweglichen Stücken. C. europaea Schneid. = lataria Gesn., die gemeine Dosen Schildkröte in Südeuropa und im Osten Deutschlands, geht in der Dämmerung aufs Land und nährt sich von Würmern, Schnecken und Fischen, auch wohl von Pflanzen. C. Carolina L., in Nordamerika. Eniys Brongn. Der einfache Brustpanzer ist nicht beweglich und durch eine Knochennaht mit dem Rückenpanzer verbunden. E. caspica Schweig., am caspischen Meere, in Dalmatien und Griechenland. E. picta, geographica, in Nordamerika. Chelydra Schweig. Mit kleinem kreuzförmigen Brustschild und Rückenkamm auf dem Schwänze, mit 2 Bartfäden. Ch. scrpentina L., mit sehr scharfen Kiefern^ Schweifschildkröte in Nordamerika. Cinosternon Spix., der vordere und hintere Theil des aus 11 Platten zu- sammengesetzten Brustschildes ist klappenartig beweglich. C. pensylvanicum Wagl- 5. Fam. Chersidae., Landschildkröten. Mit hohem gewölbten verknöcherten Rückenschild, mit welchem das grosse stets vollständig verknöcherte, bei Pyxis IV. Classe. Aves, Vögel. 1031 und Ginixys durch ein medianes Gelenk bewegliche Brustscliild fest verwächst. Beide sind mit Hornschildern bekleidet. Kopf und Füsse sind vollständig ein- ziehbar. Die Zehen sind unbeweglich, bis an die stumpfen Nägel zu dicken Klurap- füssen mit schwieliger Sohle verbunden. Kiefer stets mit schneidenden Horn- rändern, ohne Lippen. Bewohnen feuchte und bewachsene Gegenden der wärmern und heissern Klimate und leben von Pflanzen. Testudo L. Mit 5 Zehen und unbeweglichem Brustscliild. T. graeca L., nemoralis Aldr. =^ marginata Wagl. Seitenrand stark einwärts geschweift, Griechen- land und Süditalien. T. tabulata Daud., in Amerika. Homopus Dum. Bibr. Pyxis Bell. Vorderlappen des Brustschildes beweglich. P. arachnoides Beil., Ostindien. Cinixys Bell. Der hintere Lappen des Brustschildes ist beweglich. C. Homeana Beil., Afrika. IV. Classe. Aves'), Vögel. Eierlegende befiederte Warmblüter mit vollständiger Trennung der Herzkammern, mit rechtem Aortenbogen, einfachem Condylus des Hinterhaupts und jsu Flügeln ausgebildeten Vordergliedmassen. Im Gegensatz zu den kaltblütigen oder richtiger wechselwarmen Thieren besitzen die Vögel und Säugethiere eine hohe Eigenwärme ihres 1) Ausserden altern Werken von Belon, Raji, Brisson, Buffon, J. M. Bechstein, LessOn u. A. sind besonders hervorzuh'^ben: Joh. Andr. Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, umgeir leitet und aufs Neue heraus- gegeben von dessen Sohne Joh. Fr. Naumann. 13 Bde. Stuttgart. 18^6—1860. Thienemann, Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel nach dem "gegen- wärtigen Standpunkte der Wissenschaft. Mit 100 col. Tafeln. Bädeker, Die Eier der Europäischen Vögel nach der Natur gemalt. Mit einer Beschreibung des Nestbaues etc. Iserlohn. 1—5. Liefr. 1855—59. C. Naumann! a, Archiv für Ornithologie. Herausgegeben von Ed. Baldamus. Köthen. 1849. Journal für Ornithologie, herausgegeben von J. Cabanis. CasseL 1853—1874. Ibis. Journal of Onith. 1859—1874. G. R. Gray and Mitchell, The Genera of birds. 3 Bände. London. 1844—49. G. R. Gray , Handlist of Birds. 1869-1871. Sharpe, Catalogue of the Birds in the Brit. Mus. Tom. I. 1874. Bonaparte, Conspectus generum avium. 1850 — 1854. Giebel, Thesaurus ornithologiae. 1872—187.5. Vergl. ausser- dem die zahlreichen Arbeiten besonders von G loger, Gh. L. Brehm, Boie, Bonaparte, Blasius, Gray, Gould, Sundevall, Swainson, Lesson, Reichenbach, Schlegel, Hartlaub, Sclater, A. E. Brehm, Altum u. A. Tiedemann, Anatomie und Naturgeschichte der Vögel. Heidelberg. 1810—1814. Barkow, Anutomisch-physiologische Untersuchungen. Meckels Archiv. 1829—30. Vergl. sodann die anatomischen Arbeiten von Vicq. d'Azyr, Cuvier, J.Müller, Rathke, Brandt, Meckel, Nitzsch, R. Wagner, Giebel u. a. Eyton, Osteologia Avium. London. 1858—1860. Pander, Beiträge zur Entwicklungs- geschichte des Hühnchens im Eie. Würzburg. 1817. C. E. v. Baer, Entwicklungs- 1032 Vögel. Wärnieschutz. Blutes, die sich trotz der wechselnden Temperatur des äusseren den Körper umgebenden Mediums ziemlich constant erhält. Die Eigenwärme setzt zunächst eine grössere Energie des Stoffwechsels voraus. Die Flächen sämmtlicher vegetativen Organe, insbesondere von Lunge, Niere und Darmkanal besitzen bei den Warmblütern einen relativ (bei gleichem Körpervolum) grössern Umfang als bei den Kaltblütern, die Verrichtungen der Verdauung, Blutbereitung, Circulation und Respiration steigern sich zu einer weit höhern Energie. Bei dem Bedürfnisse einer reichlichem Nahrung nehmen die Proce^se des vegetativen Lebens einen ungleich raschern Verlauf, und wie zu ihrer eigenen Unterhaltung die hohe und gleichmässige Temperatur des Blutes nothwendige Bedingung ist, so er- scheinen sie selbst als die Hauptquelle der erzeugten Wärme, deren Zufuhr die stetigen Wärmeverluste auszugleichen vermag. Da diese letztern bei sinkender Temperatur des äussern Mediums grösser werden, so müssen sich die Verrichtungen der vegetativen Organe in der kältern Jahreszeit und in nördlichen Klimaten bedeutend steigern. Neben der stetigen Zufuhr neuer Wärmemengen kommt für die Erhaltung der constanten Temperatur des Warmblüters noch ein zweites mehr passives Moment in Betracht, der durcli besondere Einrichtungen der Körperbedeckung verliehene Wärmeschutz. Während die wechsel- warmen Wirbelthiere eine nackte oder mit Schuppen und Schildern be- panzerte Haut besitzen, tragen die Vögel und Säugethiere eine aus Federn und Haaren gebildete mehr oder minder dichte Bekleidung, welche die Ausstrahlung der W'ärme in hohem Grade beschränkt. Die grossen Wasserbewohner mit spärlicher Hautbekleidung entwickeln unter der Cutis mächtige Fettlagen als hydrostatische und zugleich wärme- schützemle Einrichtungen. Da die kleinen Thierformen kälterer Klimate der stärksten Abkühlung ausgesetzt sind, so werden sich gerade bei diesen die Vorkehrungen zum Wärmeschutze am vollkommensten aus- geprägt finden, aber auch die Bedingungen zur Wärmebildung, durch die gesteigerte Energie des Stoffwechsels, reichlichere Ernährung und Bewegung, günstiger gestalten. Ueberall aber besteht zwischen den Factoren, welche die Wärme- ableitung begünstigen, und den Bedingungen des Wärmeschutzes und der Wärmebildung ein Wechselverhältniss complicirter Art, welche trotz mannichfacher Schwankungen in der Grösse seiner einzelnen Glieder die Ausgleichung der verlorenen und gewonnenen Wärme zur Folge hat. geschichte der Thiere. J und II. 1829—1837. Er dl, Die Entwicklungso-eschichte des Menschen und des Hühnchens im Eie. I und IL Leipzig. 1845 und 1840. Reichert, Das Entwicklungsleben im Wirbelthierreich, Berlin. 1840. Remak, Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbelthiere. Berlin. 1850-1855. Huxley, On the Classification of Birds. Proeeed. Soc. 1867. Flugfähigkeit. Körpergestalt. 1033 Einige wenige (vorzugsweise kleinere) Säugethiere vermögen nur für beschränkte Grenzen der schwankenden Temperatur ihre Eigenwärme zu bewahren, dieselben erscheinen gewissermassen als unvollkommen homöotherm und verfallen bei zu grosser Abkühlung in einen Zustand fast bewegungsloser Ruhe und herabgestimmter Energie aller Lebens- verrichtungen in den sog. Winterschlaf. In der Classe der Vögel, deren höhere Eigenwärme keine Unterbrechung oder Beschränkung der Lebens- verrichtungen gestattet, finden wir kein Beispiel von Winterschläfern, dagegen haben die geflügelten Warmblüter über zahlreichere Mittel der Wärmeanpassung zu verfügen; insbesondere setzt sie die Schnelligkeit der Flugbewegung in den Stand, vor Beginn der kalten Jahreszeit ihre Wohnplätze zu verlassen und in nahrungsreiche wärmere Gegenden zu ziehen. Die gemeinsamen über weite Länderstrecken ausgedehnten Wanderungen der Zugvögel treten gewissermassen an die Stelle des ausfallenden Winterschlafes; bei den Säugethieren , deren Organisation einen Winterschlaf zulässt, sind den Zügen der Vögel vergleichbare Wanderungen ausserordentlich selten. Die wesentlichste Eigenthümlichkeit der Vögel, auf welche sich eine Reihe von Characteren sowohl der äussern Erscheinung als der Innern Organisation zurückführen lassen, ist die Flugfähigkeit. Dieselbe bedingt auch im Zusammenhang mit diesen Characteren sowohl den scharfen Abschluss als auch die verhältnissmässig grosse Einförmigkeit unserer Wirbelthierklasse, die zwar aus der Reptiliengruppe hervorgegangen sein muss, aber in der gegenwärtigen Lebewelt ohne Verbindungsglieder von den übrigen Classen scharf gesondert dasteht. Zwar haben wir unter den Warmblütern der Jetztwelt noch eine Gruppe von Fliegern, oder besser Flatterthieren, indessen zeigen diese ganz entschieden den Typus von Säugethieren und entbehren jener eigenthümlichen, auf fast sämmt- liche Organe ausgedehnten Anpassung an die Flugbewegung, welche die Vögel characterisirt. Dagegen ist neuerdings aus dem Sohlenhofer lithographischen Schiefer eine fossile Thierform [Archaeopteryx litho- (jraphka) bekannt geworden, w^elche Charactere der Flugeidechsen mit denen der Vögel vereinigt und den Uebergang von den Sauriern zu den Vögeln in so auttällender Weise vermittelt, dass man zweifelhaft sein konnte, ob man dieselbe für eine Rhamphorhynchus-Miige Flugeidechse mit dem Tarsus und den Federn eines Vogels oder für einen fieder- schwänzigen Vogel mit höchst abweichender Anheftungsweise der Federn au Hand und Schwanz und mit den Becken und der Wirbelsäule einer langschwänzigen Flugeidechse zu halten habe. Leider fehlen an diesem wichtigen, nur in einem einzigen P^xemplare existirenden Skelete wesent- liche Körpertlieile, wie in.sbesondere Schädel und Hals gänzlich. Die gesammte Körpergestalt des Vogels entspricht den beiden Hauptformen der Bewegung, einerseits dem Fluge, andererseits dem 1034 Vögel. Skelet. Gehen und Hüpfen auf dem Erdboden. Der eiförmige, Brust und Bauch vereinigende Rumpf stützt sich in schräg horizontaler Lage auf die beiden säulenartig erhobenen hintern Extremitäten, deren Fusstiäche einen verhältnissmässig umfangreichen Raum umspannt. Nach hinten und unten setzt sich der Rumpf in einen kurzen rudimentären Schwanz fort, dessen letzter Wirbel einer Gruppe von steifen Steuer- oder Schwanz- federn zur Stütze dient; oben und vorn verlängert sich der Rumpf in einen überaus langen sehr beweglichen Hals, auf welchem ein leichter rundlicher Kopf mit vorstehendem hornigen Schnabel balancirt. Die vordem Extremitäten liegen, zu Flügeln umgebildet, mit zusammen- gefalteten Abschnitten den Seitentheilen des Rumpfes an. Das Skelet der Vögel schliesst sich am nächsten an das der Saurier an, zeichnet sich aber vor diesem zunächst durch mehrfache Eigen- thümlichkeiteu aus, welche zum Flugvermögen Bezug haben. Wie wir in der besondern Gestaltung fast sämmtlicher Organsysteme Beziehungen zur Erleichterung der fortzubewegenden Körpermasse nachzuweisen im Stande sind, so erscheint besonders für den Bau des Knochengerüstes die Herabsetzung des specitischen Gewichtes massgebend. Es kommt darauf an, die Last der knöchernen Stützen unbeschadet ihrer Trag- fähigkeit möglichst zu verringern, die Knochen eben so leicht als fest zu gestalten, und dies wird gewissermassen nach dem Princip der hohlen Säulen durch die Pneumacüät erreicht. Im Gegensatze zu den schweren und soliden mit Mark gefüllten Knochen der Landsäugethiere enthalten die Knochen des Vogels umfangreiche Hohlräume, wdlche durch Oeffnungen der überaus dichten und festen, aber auf eine verhältnissmässig dünne Lage beschränkten Knochensubstanz mit anderweitigen Lufträumen des Körpers communiciren. Die Eigenschaft der Pneumacität entwickelt sich erst allmählig im jugendlichen Alter, während der Vogel sich im Fluge übt; sie nimmt eine um so allgemeinere Ausbreitung, je voll- kommener das Flugvermögen bei einer bedeutenden Körpergrösse des Thieres wird. Aus mechanisch leicht begreiflichen Gründen ist die Pneumacität bei denjenigen Vögeln am höchsten ausgebildet, welche mit einem raschen und ausdauernden Flugvermögen eine bedeutende Grösse verbinden (Albatros, Nashornvögel, Pelican), hier erscheinen sämmtliche Knochen mit Ausnahme der Jochbeine und des Schulter- blattes pneumatisch. Dahingegen vermisst man die Pneumacität bei den grossen Laufvögeln (Strauss), welche das Flugvermögen verloren haben, mit Ausnahme einzelner mit Lufträumen gefüllter Schädelknochen, vollständig. Ziemlich allgemein aber sind ausser dem Jochbeine und Schulterblatt auch der Unterschenkel und Vorderarm markhaltig und ohne Lufträume. Schädel. Mechanismus der Bewegung des Oberschnabels. 1035 Am Kopfe ' ) verwachsen die Schädelknochen , deren Zahl den Reptilion gegenüber bedeutend reducirt ist, selir frühzeitig zur Bildung einer leichten und festen Schädelkapsel, welche mittelst eines einfachen Condylus auf dem Atlas articulirt. Insbesondere vereinfachen sich die Theile des Schläfenbeins, indem (Tympanicuni) Squamosum und Felsen- bein (Prooticum, Epioticum und Opisthoticura) zu einem einzigen mit der Schädelkapsel vereinigten Knochen verschmelzen, an welchem sich das Kiefersuspensorium als Quadrathein einlenkt. An der Bildung der Schädeldecke betheiligen sich vornehmlich die grossen Stirnbeine, welche fast den gesammten obern Rand der grossen, bei den Papageien durch einen untern Ring geschlossenen Augenhöhlen begrenzen. Ethmoidal- region und Schädelkapsel sind durch die ansehnliche Entwicklung des interorbitalen Septums weit auseinander gerückt. Letzteres aus den oft verschmolzenen Orbitosphenoids hervorgehend bleibt häufig in seiner mittlem Partie häutig und unverknöchert. Ansehnlicher als die letztern sind die Üügelförmigen lamellösen Älisphenvids , an deren Hinterende ein Ausschnitt zum Durchtritt des Trigeminusastes bleibt. Die Siebbein- region besteht aus einem in der Verlängerung des Septum interorbitale gelegenen vertical stehenden Ethmoideum impar (Lamina perpendicularis) und seitlichen die Augen und Nasenhöhlen trennenden Abschnitten {Ethm. lateralia), durch welche der Olfactorius in die Nasenhöhle tritt. Die- selben können muschelförmig aufgetrieben sein und Siebbeiuzellen ent- halten. Vor ihnen entwickeln sich die beiden Nasenhöhlen mit ihrem knöchernen oder knorpligen unvollständigen Septum, welches in der Verlängerung des unpaaren Siebbeinabschnittes den aufgerollten zuweilen auch am Vomer befestigten Muscheln Ansatz gewährt. Die Knochen des Gesichtes erscheinen in ihren einzelnen Theilen sehr eigcnthümlich gestaltet und vereinigen sich zur Herstellung eines weit vorragenden, mit Hornrändern bekleideten Schnabels, der mit dem Schädel mehrfach in beweglicher Verbindung steht. Das Suspensorium des Unterkiefers und der Oberkiefergaumenapparat verschieben sich mittelst besonderer Gelenkeinrichtungen am Schläfenbein und an entsprechenden Fortsätzen des Keilbeins. Das am Schläfenbein eingelenkte Quadratbein bildet ausser der Gelenkfläche des Unterschnabels bewegliche Verbindungen sowohl mit dem langen stabförmigen Jochbein {Quadrato jugale) als mit dem griffeiförmigen schräg nach innen verlaufenden Fliigelbeine, während die Basis des Oberschnabels unterhalb des Stirnbeines eine dünne elastische Stelle zeigt oder von dem Stirnbein durch eine quere bewegliche Naht abgesetzt ist. Bewegt sich beim Oeffnen des Schnabels der Unterschnabel abwärts, so wird der auf das Quadratbein ausgeübte 1) Magnus. Untersuchungen über den Bau des knöchernen Vogelkopfes. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXI. 1871. 1036 Vögel. Wirbelsäule. Druck zunächst auf die stabförmigen Jochbeine und Flügelbeine über- tragen, von diesen aber pflanzt er sich theils direkt, theils vermittelst der Gaumenbeine auf den Oberschnabel fort, so dass sich der letztere an jener Stelle mehr oder minder aufrichten muss. Beim Oeffnen des Schnabels hebt sich also auch der Oberschnabel an der Spitze empor. Den grössten Theil des Oberschnabels bildet der unpaare Zwischenkiefer, mit dessen seitlichen Schenkeln die kleinen Oberkieferknochen verwachsen, während ein mittlerer oberer Fortsatz zwischen den Nasenoifnungen aufsteigt und sich an der Innern Seite der Nasenbeine mit dem Stirn- bein verbindet. Das Zungenbein der Vögel gleicht dem der Saurier am meisten; der Körper ist schmal , steht vorn mit einem ansehnlichen Entoglossum in Verbindung und läuft hinten in einen stabförmigen Fortsatz aus, die vordem Hörner sind meist 2gliedrig und entbehren der Verbindung mit dem Schädel, erstrecken sich aber zuweilen bogenförmig gekrümmt über den Schädel bis zur Stirn (Specht). Dann wird durch dieselben in Verbindung mit ihrer Muskulatur ein Mechanismus (Federdruck) zum Vorschnellen der Zunge hergestellt. An der Wirbelsäule unterscheidet man einen sehr langen beweglichen Halstheil, eine feste Rücken- und Beckenregion und einen rudimentären nur Avenig beweglichen Schwanz. Die Sonderung von Brust- und Lendengegend, wie sie für die Säuge- thiere gilt, wird bei den Vögeln vermisst, da sämmtliche Rückenwirbel Rippen tragen, und die der Lendengegend entsprechende Region mit zur Bildung des Kreuzbeins verw^endet worden ist. Auch erscheint die Hais- und Rückengegend nicht scharf abgegrenzt, indem die Halswirbel wie bei den Crocodilen Rippenrudimente tragen und die Rippen der ersten Brustwirbel nicht an das Sternum reichen. Der lange und überaus frei bewegliche Hals enthält 9, häufig aber eine grössere Zahl, im extremen Falle (Schwan; 23 (24) Wirbel, an deren Seite zwischen Körper, Quer- fortsatz und Rippenrudiment ein Canal zur Aufnahme der Vertebral- arterie und des Halstheils des Sympathicus gebildet wird. Die kürzern Rückenwirbel bleiben stets auf eine geringere Zahl beschränkt , haben obere und untere Dornfortsätze und tragen sämmtlich Rippen, von denen die vordem sich zuweilen nur an den Querfortsätzen anheften und als falsche Rippen auch nicht mit dem Brustbein in Verbindung treten. Den untern Enden der wahren Rippen heften sich unter einem nach hinten vorspringenden Winkel und in gelenkiger Verbinre Hautstrecken sammt ihren eingewurzelten Federn bewegt werden. Daneben aber finden sich sowohl quergestreifte als glatte Muskelfasern bündelweise an den Conturfedern , letztere auch an den Dunen angeheftet. Die Muskulatur des Rumpfes und der Extremitäten concentrirt sich in der Nähe des Schwerpunktes am Brust- bein, Becken und Oberschenkel, während sich die langen Sehnen der Muskeln bis an die Extremitätenspitze fortsetzen. Vornehmlich gelangen die grossen Flugmuskeln am Sternum (Pectoralis major) zu einer mäch- tigen Entwicklung (mit Ausnahme der Strauss-artigen Vögel) und liefern einen bedeutenden Bruchtheil zu der gesammten Fleischmasse des Körpers. Die Bauchmuskeln sind überaus schwach, die Muskeln der Wirbel- säule nur am Schwänze und an dem beweglichen Halse ansehnlicher entwickelt. An der hintern Extremität verdient eine eigenthümliche Muskel- einrichtung erwähnt zu werden, welche es dem Vogel möglich macht, im Sitzen ohne Aufwand von Muskelkraft die Zehen zu beugen und während des Schlafes rein mechanisch durch die Körperschwere Zweige zu umklammern. Indem nämlich der Rectus femoris, der vom Schambein aus an der Innenfläche des Oberschenkels herab verläuft, mit seiner langen Sehne vor der Vorderfläche des Kniegelenks nach aussen biegt und am Unterschenkel mit dem (durchbohrten) Zehenbeuger sich ver- bindet, werden bei der Beugung des Kniegelenkes, die während des Niederhockens durch die Schwere des Körpers unterhalten bleibt, un- willkürlich auch die Zehenbeuger angespannt, so dass die Beugung der Zehen erfolgt. Die Haut zeichnet sich durch den Besitz der Federbekleidung aus, welche den wichtigsten Character in der äussern Erscheinung des Vogels abgibt. Nur an wenigen Stellen bleibt die Haut nackt, insbesondere am Schnabel und an den Zehen, sodann meistens an dem Laufe, zuweilen auch am Halse (Geier) und selbst am Bauche (Strauss), sowie an fleischigen Hautauswüchsen des Kopfes und Halses (Hühnervögel und Geier). Während die nackte Haut am Schnabelgrunde in grösserer oder geringerer Aus- dehnung weich bleibt und die sog. Wachshaut bildet, verhornt sie ge- wöhnlich an den Schnabelrändern, die nur ausnahmsweise weich sind (Enten, Schnepfen) und dann bei ihrem Reichthum an Nerven als überaus feines Tastorgan in Verwendung kommen. Ebenso verhornt die Haut an den Zehen und am Laufe zur Bildung einer festen, zuweilen körnigen, häufiger in Schuppen, Schilder und Schienen abgegrenzten Horndecke, die systematisch wichtige Kennzeichen abgeben kann. Bildet dieselbe eine lange zusammenhängende Hornscheide an der Vorderfläche 1040 Vögel. Federn. Federfliiren. und an den Seiten des Laufes, so bezeichnet man den Lauf als gestiefelt, eine Bekleidung, die namentlich für die Drosseln und Singvögel characteri- stisch ist. Als besondere Horngebilde sind die Nägel an den Zehen- spitzen, ferner die sog. Sporen am hintern und Innern Rande des Laufs bei männlichen Hühnervögeln, sowie zuweilen (Parra, Wehrvogel etc.) am Dauniengliede des Flügels hervorzuheben. Die Federn der Vögel entsprechen als Epidermoidalgebilde durch- aus den Haaren der Säiigethiere und entstehen gleich diesen in sack- förmigen Einstülpungen der Cutis, welche von den Schichten der Epidermis ausgekleidet werden. Im Grunde der Einstülpung (Balg) findet sich eine gefässreichcHautpapille, deren Zellenbelag unter lebhafter Wucherung die Anlage von Haar oder Feder bildet, welcher die epidermoidale Aus- kleidung des Sackes von aussen als Scheide anliegt. An der hervor- gewachsenen Feder unterscheidet man den Achsentheil oder Stamm mit Spuhle [calamus] und Schaft (rJiachis) von der Fahne. Die drehrunde hohle Spuhle steckt in der Haut und umschliesst die getrocknete Papille (Seele): der Schaft ist der nach aussen vorstehende markhaltigeTheil des Stammes, dessen Seiten zahlreiche schräg aufwärts steigende Aeste tragen. die mit ihren ansitzenden Theilcn die Fahne {vexüluni) zusammensetzen. Ueber die untere etwas concav gekrümmte Seite des Schaftes zieht sich von dem Ende der Spuhle bis zur Spitze eine tiefe Längsrinne hin , in deren Grunde eine zweite Feder, der sog. After.schaft, entspringt, welcher ebenso wie der Hauptschaft zweizeilige Aeste entsendet, aber nur selten (Casuar) die Länge des Hauptschaftes erreicht, häufiger dagegen (Schwung und Steuerfedern) vollständig ausfällt. Die Aeste (rami) entsenden zweizeilige Nebenstrahlen {radii), von denen wiederum (wenigstens an den vordem Reihen) Wimpern und Häkchen ausgehen können, welche durch ihr gegenseitiges Ineinandergreifen den festen Zusammenhang der Fahne herstellen. Nach der Beschaffenheit des Stammes und der Aeste unterscheidet man mehrere Hauptformen von Federn, die Cortturfedern (pennae) mit steifem Schaft und fester Fahne , die Dwicn {phmae) mit schlaffem Schafte und schlaffer Fahne, deren Aeste rundliche oder knotige, der Häkchen entbehrende Strahlen tragen, Fadenfedern (filoplumae) mit dünnem fadenförmigen oder borstenartigen Schaft, an dem die Fahne verkümmert oder fehlt. Die erstem bestimmen die äussern Umrisse des Gefieders und erlangen als Schwungfedern in den Flügeln und als Steuer- federn im Schwänze den bedeutendsten Umfang. Die Dunen entziehen sich mehr der äussern Oberfläche und bilden, in der Tiefe des Gefieders von den Conturfedern bedeckt, die wärmeschützende Decke. Die Faden- federn dagegen finden sich mehr zwischen den Conturfedern vertheilt und erlangen am Mundwinkel das Ansehen steifer Borsten (vibrissae). Uebrigens gibt es zwischen diesen Hauptformen von Federn zahlreiche Uebergangsformen , indem nicht nur die Fahne mancher Conturfedern Flügelbau. Schwungfedern. 1041 zum grössten Theil dunenartig gestaltet ist, sondern auch der Kiel mancher Dunen eine bedeutende Länge und Festigkeit erlangt (Halb- dunen). Auch können Federn an der Spitze des Schaftes mit einer Hornschuppe enden {Bombycüla) oder in der Form von platten ge- zackten Hornstreifen (Änastomits lamelliger) auftreten oder sich als lange Hornstacheln entwickeln (Casuar). Talgdrüsen fehlen den Vögeln, ebenso vermisst man in ihrer Haut Schweissdrüsen, dagegen findet sich fast allgemein oberhalb der letzten Schwanzwirbel eine zweilappige Drüse mit einfacher Ausführungsötthung, die sog. Bür^eldrüse, deren schmieriges Secret vornehmlich reich bei den Schwimmvögeln abgesondert wird und zum Einölen der Federn dient. Nur in seltenen Fällen breitet sich die Federbekleidung ununter- brochen über die gesammte Körperhaut 2ius (Äptenodytes), in der Regel sind die Conturfedern nach bestimmten Gesetzen in Reihen sog. Feder- fluren (Pterylae) angeordnet, zwischen denen nackte (oder wenigstens nur mit Dunen besetzte) Felder sog. Raine {Apteria) bleiben. Die Form und Vertheiluug dieser Streifen und Felder bietet mannichfache auch systematisch verwendbare Unterschiede, auf die man durch die ein- gehenden Beobachtungen Nitzsch's^) aufmerksam geworden ist. Besonders wichtig erscheint die Gruppirung der Federn an den Vordergiiedmassen und am Schwänze, indem sie die Verwendbarkeit jener als Flügel und des Schwanzes als Steuer bei der Flugbewegung möglich macht. Der Flügel bildet gewissermassen einen in doppelten Gelenken, dem Ellenbogen- und Handgelenk, faltbaren Fächer, dessen Fläche vorzugsweise durch die grossen Schwungfedern an der Unterseite von Hand und Unterarm, zum Theil aber auch durch besondere Haut- säume, welche zwischen Rumpf und Oberarm und zwischen Oberarm und Unterarm ausgespannt sind, gewonnen wird. Der untere Hautsaum er- scheint vornehmlich für die Verbindung des Flügels am Rumpfe wichtig, die obere Flughaut dagegen erhält durch ein elastisches Band, welches sich an ihrem äussern Rande zwischen Schulter und Handgelenk aus- spannt, eine Beziehung zu dem Mechanismus der Flügeleutfaltung, indem dieses Band bei der Streckung des Vorderarms einen Zug auf die Daumenseite des Handgelenkes ausübt und die gleichzeitige Streckung der Hand veranlasst. Die grossen Schwungfedern (Remiges) heften sich längs des untern Randes von Hand und Vorderarm an und zwar in der Regel 10 Handschwingen oder Schwungfedern erster Ordnung von der Flügelspitze bis zum Handgelenk der Flügelbeuge und eine beträcht- lichere variabele Zahl kleinerer Armschwingen oder Schwungfedern zweiter Ordnung am Vorderarm bis zum Ellenbogengelenk. Eine Anzahl von 1) Ch. L. Nitzsch, Pterylographie , herausgegeben von Bunneister. Halle 184-0. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 66 1042 Vögel. Flügelbau. Steuerfedern. Deckfedern am obern Ende des Oberarms bezeichnet man als Schulter- fittich {Farcqjieruni) und einige dem Daumengliede angeheftete (zuweilen durch einen Sporn ersetzte) Federn der Flügelbeugc als Afterfliigel {Allda). Sämmtliche Schwingen werden am Grunde von kürzern Federn überdeckt, welche in mehrfachen, dachziegelartig übereinanderliegenden Reihen als Deckfedern (Tectrices) den vollkommenen Schluss der Flug- fläche herstellen. Uebrigens variirt die Flügelform je nach der beson- dern Art und Fertigkeit des Fluges sehr mannichfach. Stark gerundete Flügel mit kurzen Handschwingen bedingen einen verhältnissmässig schwerfälligen, mit grö.sserer Anstrengung verbundenen und desshalb weniger ausdauernden Flug, während diejenigen Vögel, welche mit ge- ringer Anstrengung und grosser Ausdauer fliegen und als Zugvögel in kurzer Zeit weite Länderstrecken durcheilen, lange Handschwingen und langgespitzte Flügel besitzen. Auch kann der Flügel in einzelnen Fällen so sehr verkümmern, dass das Flugvermögen überhaupt verloren geht, ein Verhältniss, das wir sowohl bei einzelnen Lauf- und Land- vögeln (Riesenvögeln, Kiwis und Straussen) als bei gewissen Wasser- vögeln (Pinguinen) antreßen. In beiden Fällen aber werden die ver- kümmerten und der Schwungfedern entbehrenden Flügel zur Unter- stützung der Ortsbewegung verwendet , indem sie wenigstens dem zwei- zehigen Strausse durch rasche Schläge das Laufen erleichtern, den Pinguinen aber beim Schwimmen ;ils wahre Ruder dienen. Die grossen Conturfedern des Schwanzes heissen Steuerfedern {Rectrices), weil sie während des Fluges zur Veränderung der Richtung und zur Steuer der Bewegung benutzt werden. Gewöhnlich finden sich 12 (zuweilen 10 oder 20 und mehr) Steuerfedern in der Art am letzten Schwanzwirbel befestigt , dass sie sowohl einzeln bewegt und fächerartig nach den Seiten entfaltet, als in toto emporgehoben und gesenkt werden können. Die Wurzeln der Steuerfedern sind von zahlreichen Deckfedern umgeben, die in einzelnen Fällen eine aussergewölinliche Form und Grösse erlangen und als Schmuckfedern eine Zierde des Vogels bilden (Pfau). Zuweilen übernimmt der Schwanz des Vogels Nebenleistungen bei andern Bewegungen, indem er z. B. beim Gehen und Hüpfen als BalauQirstange dient (Bachstelze), oder beim Klettern zum Anstemmen des Körpers (Baumläufer und Spechte) in Verwendung kommt. Fällt das Flugvermögen überhaupt hinweg, so gibt auch der Schwanz seine Bedeutung als Steuer auf, die Steuerfedern verkümmern oder fallen voll- ständig aus. Immerhin aber können in solchen Fällen einzelne Deck- federn als Zier- und Schmuckfedern eine ansehnliche Grösse erlangen. Die hintern Extremitäten, welche vornehmlich die Bewegung des Vogels auf dem Lande vermittlen , zeigen in der Lage und Bildung der einzelnen Abschnitte, Eigenthümlichkeiten, welche der Bedeutung dieser Gliedmassen als Stützen und Träger eines mehr oder minder diagonal Gestaltung des Fusses. 1043 gerichteten Rumpfes entsprechen. Die fast horizontale Lage des am Leibe verborgenen muskulösen Oberschenkels hat zur Folge, dass Unter- schenkel, Tarsus und Fuss verhältnissmässig weit nach vorn rücken, und der Fusspunkt der Schwerlinie , selbst bei ziemlich wagrechter Haltung des Rumpfes, zwischen die grosse von den Zehen umspannte Fussfläche fällt. Da wo bei vorwiegendem Wasseraufenthalt die Bedeutung der hintern Extremität als Ruder in den Vordergrund tritt, erscheint sie dieser Function entsprechend weit nach hinten gerückt, in solchen Fällen kann der Rumpf beim Gehen nur in sehr erhobener, fast senkrechter Stellung getragen werden, wodurch natürlich die Fortbewegung auf dem Lande überaus schwerfällig und unbehülflich wird. Andere Eigenthümlichkeiten im Baue und in den Leistungen der Hintergliedmassen beruhen auf der Vereinigung von Einrichtungen, die sich bei den Säugethieren auf die vordem und hintern Extremitäten vertheilen. Insbesondere finden wir eine Bewegungsweise des Unter- schenkels und einen Gebrauch des Fusses verbreitet, die an Unterarm und Hand von Säugethieren erinnern (Papagei). Nach der besondern Bewegungsart des Vogels zeigt natürlich die Form und Bildung der hintern Gliedmassen zahlreiche Verschiedenheiten. Zunächst unterscheidet man Gangbeine (P. gradarii) und Wadbeine (P. vadmäes). Die erstem sind weit vollständiger befiedert und wenigstens bis zum Fersengelenk mit Federn bedeckt, variiren aber wieder nach Zalil, Stellung und Ver- bindung der Zehen mannichfach. An den Gangbeinen unterscheidet man Klammerfüsse (P. adhamantes) mit vier nach vorn gerichteten Zehen, Cypselus; Kletterfüsse (P. scansorii), zwei Zehen sind nach vorn und zwei nach hinten gerichtet, Picus; Wandelfüsse (P. amhidatorii), drei Zehen nach vorn, die Innenzehe nach hinten gerichtet, Mittel- und Aussen zehe am Grunde verwachsen, Tiirdus; Schreüfüsse {P.gressorii}^ die Innenzehe steht nach hinten, von den drei nach vorn gerichteten ^ehen sind Mittel- und Aussenzehe bis über die Mitte verwachsen, Alcedo; Süsfüsse (P. insidentes), die Innenzehe steht nach hinten, die drei nach vorn gerichteten Zehen sind durch eine kurze Haut am Grunde verbunden, Gallus; Spaltfüsse (P.ßssi:),' die Inuenzehe steht nach hinten, die drei nach vorn gerichteten Zehen sind vollkommen getrennt, Columba. Zuweilen kann die äussere oder innere Zehe nach vorn und hinten gewendet werden; im erstem Falle sind es Kletterfüsse mit äusserer (Cuculus) , im letztern (Colins) Klammerfüsse mit innerer Wendezehe. Gegenüber den Gangbeinen characterisiren sich die Wad- beine durch die theilweise oder völlig nackten, unbefiederten Schienbeine, sie finden sich vornehmlich bei den Wasservögeln, unter denen die Stelzvögel Wadboine mit sehr verlängertem Lauf, sog. Stelsfüsse (P. grallarii) besitzen. An diesen letztem unterscheidet man geheftete Fiisse (P. coUijati), wenn die Vorderzehen an ihrer Wurzel durch eine 1044 Vögel. Gehirn. Auge. kurze Haut verbunden sind, Ciconia; halbgeheßete Füsse (P. semicolli- gati), wenn sich diese Hautverbindung auf Mittel- und Aussenzehe be- schränkt, Limosa. k\i Lauf heine (P. cursorü) bezeichnet man kräftige Stelzbeine ohne Hinterzehe mit drei {Bhea) oder zwei (Struthio) starken Vorderzehen. Die kurzen Wadbeine der Schwimmvögel, aber auch die längern Beine der Stelzvögel stellen sich mit Rücksicht auf die Fussbildung dar als : Schiüimmfüsse (P. palmati) , wenn die drei nach vorn gerichteten Zehen bis an die Spitze durch eine ungetheilte Schwimmhaut verbunden sind, Anas; halbe Schivimmfüsse (P. semipal- mati), wenn die Schwimmhaut nur bis zur Mitte der Zehen reicht, Beciirvirostra ; gespaltene Schiüimmfüsse {^P. fissipalmati^ ^ wenn ein ganzrandiger Hautsaum an den Zehen hinläuft, Podiceps; Lappenfüsse (P. lohati), wenn dieser die Gestalt breiter, an den einzelnen Zehen- gliedern eingekerbter Lappen erhält, Fiilica. Wird die Hinterzehe mit in die Schwimmhaut aufgenommen, so bezeichnet man die Füsse als Buderfüsse (P. stegani), Ualiaeiis. Uebi;igens kann die Hinterzehe bei den Schwimm- und Stelzvögeln verkümmern oder vollständig ausfallen, nach ihrer Stellung aber überhaupt mehrfache Unterschiede bieten, indem sie entM'eder in ihrer ganzen Länge oder nur mit derl.Nagelspitze den Boden berührt, oder endlich vom Boden ganz emporgerückt ist. Das Gehirn') der Vögel steht nicht nur an Masse, sondern auch rUcksichtiich seiner Ausbildung weit über dem Gehirn der Reptilien und füllt bereits die Schädelhöhle vollständig aus. Die grossen Hemisphären entbehren zwar noch der Windungen an ihrer Oberfläche, enthalten aber bereits einen rudimentären Balken (Meckel) und im Boden ihrer geräumigen Seitenventrikel die Streifenkörper {Corpora striata)) sie bedecken nicht nur die deutlich als Sehhügel ausgeprägten Theile des Zwischenhirns, sondern auch die beiden tief nach unten und zur Seite gedrängten Anschwellungen des Mittelhirnes {Corpora Ugemina') , aus denen die Sehnerven hervortreten. Noch weiter schreitet die Diöeren- zirung des kleinen Gehirnes vor, welches bereits aus einem grossen, dem Wurme vergleichbaren Mittelstücke mit „Ärhor vitae" und kleinen seitlichen Anhängen besteht, welche einen Fortsatz zwischen die Bogen- gänge des Labyrinthes entsenden und die Centra für die Coordination der Bewegungen enthalten. Eine Varolsbrücke fehlt. In Folge der Nackenbeuge des Embryo's setzt sich das verlängerte Mark unter einem starken Winkel vom Rückenmarke ab, dessen Stränge an der hintern Anschwellung in der Lendengegend zur Bildung eines zweiten Sinus rhomboidaUs auseinander weichen. Die Hirnnerven sind 1) Vergl. besonders A. Meckel, Anatomie des Gehirns der Vögel. Meckel's Ai-chiv. Bd. IL 1836, ferner Stieda, Studien über das centrale Nervensystem der Vögel und Säugethiere. Zeitsch. für wiss. Zoologie. Tom. XIX. 1869 u. Tom. XX. 1870. Auge. Gehörorgan. 1045 sämmtlich gesondert und verbreiten sich im Wesentlichen wie bei den Säugethieren. Das Rückenmark reicht fast bis an das Ende des Riick- gratkanals. Für den Sympathicus erscheint der Verlauf seines obern Abschnittes in dem IntervcrtebralkanaK welcher von den Qiierfortsätzen und Rippenrudimenten der Halswirbel gebildet wird, bemerkenswerth. Unter den Sinnesorganen erreichen die Augen') stets eine be- deutende Grösse und hohe Ausbildung. Fälle von rudimentären unter der Haut verborgenen Sehwerkzeugen, wie wir sie in allen andern Classen von Wirbelthieren antreffen, kommen bei den Vögeln, für welche auch der beständige Aufenthalt in unterirdischen Höhlen ausgeschlossen ist, nicht vor. Im Allgemeinen erscheinen die Augen wenig beweglich, da die Augenmuskeln überaus kurz bleiben, indessen ergibt sich durch dieses Verhältniss kein Nachtheil für den raschen und mannichfachen Wechsel des Gesichtskreises, indem die Beweglichkeit des Halses und Kopfes einen vollständigen Ersatz bietet. Um so beweglicher sind die Augen- lider, namentlich das untere Lid und die durchsichtige Nickhaut, welche vermittelst eines eigenthümlichen Muskelapparates vor das Auge vor- gezogen wird. Im Grunde der Nickhaut öffnet sich der weite Aus- führungsgang der Harder'schen Drüse, während am äussern Augenwinkel die verhältnissmässig kleine Thränendrüse liegt. Der Augenbulbus der Vögel erhält dadurch eine ungewöhnliche Form, dass der hintere Abschnitt mit der Ausbreitung der Netzhaut dem Segmente einer weit grössern Kugel entspricht, als der kleinere vordere. Beide sind durch ein Mittel- stück, welches die Gestalt eines kurzen und abgestumpften, nach vorn verschmälerten Kegels besitzt, mit einander verbunden. Am bestimmtesten prägt sich diese Gestalt des Bulbus bei den Nachtraubvögeln, am wenigsten ben Wasservögeln mit verkürzter Augenachse aus. Ueberall bildet die Sclera hinter dem Rande der Hornhaut durch Einlagerung von Knochenplättchen einen Scleroticalring, zu dem häufig noch ein hinterer Knochenring in der Umgebung des eintretenden Sehnerven hinzukommt. Die Hornhaut zeichnet sich mit Ausnahme der Schwimmvögel durch die Stärke ihrer Wölbung aus, während die vordere Fläche der Linse nur bei den nächtlichen Vögeln eine bedeutende Convexität besitzt. Eine eigenthümliche (nur bei Apteryx fehlende) Bildung des Vogelauges ist der sog. Fächer oder Kamm, ein die Netzhaut durchsetzender, schräg durch den Glaskörper zur Linse verlaufender Fortsatz der Chorioidea, welcher dem sichelförmigen Fortsatze des Fischauges entspricht und die ähnhchen Bildungen im Auge der Reptilien durch die grössere Zahl seiner Falten übertrifft. Neben der Schärfe des Sehvermögens, welcher die bedeutende Grösse und complicirte Structur der Netzhaut parallel geht, zeichnet sich das Vogelauge durch den hohen Grad der Accomo- 1) Vergl. die Arbeiten von Treviranus, Krohn, Hannover u. a. 1046 Vögel. Gehör-, Geruchsorgan. (lationsfähigkeit aus, die anatomisch vornehmlich auf die Muskeln des sog. Ligamentum ciliare (Krampton'scher Muskel), aber auch auf die grosse Beweglichkeit der muskulösen Iris (Erweiterung und Verengerung der Pupille) zurückzuführen ist. Das Gehörorgan') der Vögel zeichnet sich zunächst durch die Grösse der drei halbcirkelförmigen Kanäle aus, welche das von einer spongiösen Knochenmasse umschlossene Labyrinth bildet. Der Vorhof steht bereits mit einer ansehnlichen Schnecke in Verbindung. Diese besitzt noch die Form eines einlachen wenig gebogenen Schlauches. Der in die knöcherne Schnecke eingebettete häutige Theil derselben hegt indessen bereits in einer halben Spiralwindung gekrümmt und erweitert sich an der Spitze ampullenartig zur Bildung der sog. Lagena, während sein Innenraum durch eine auf knorpligem Rahmen ausgespannte Lamelle (Spiralplatte) in zwei Räume {Scala tympani und vestibuli) zerfällt, die bereits in gesonderten Abtheilungen des Vorhofs, einem tympanalen und vestibulären beginnen. Der Vorhof, den man wegen seiner geringen Grösse auch als den untern ampullenförmig erweiterten Theil der Schnecke ansehen kann, zeigt doppelte Oeflfnungen, das von dem Ende (Operculum) der Columella verschlossene und nach der Paukenhöhle gerichtete Foramen ovale und eine zweite mehr rundliche Oeffnung, das Foramen rotundum, mit häutigem Verschluss. Zu den Innern die Nervenenden des Acusticus bergenden Theilen des Gehörorgans kommt stets noch eine Paukenhöhle hinzu, welche mit den lufthaltigen Räumen der benachbarten Schädelknocheu communicirt und durch die Eustachi- sche Röhre dicht hinter den Choanen in den Rachen mündet. Nach aussen ist die Paukenhöhle durch ein Trommelfell abgeschlossen, an welchem sich das lange stabförmige Gehörknöchelchen , die dem Steig- bügel der Säugethiere entsprechende Columella, in eigenthümlicher Weise anheftet. Oberhalb des Trommelfells folgt dann ein kurzer äusserer Gehörgang, dessen Oeffnung häufig von einem Kranze grösserer Federn umstellt ist und bei den Eulen sogar von einer häutigen ebenfalls mit Federn besetzten Klappe, einer rudimentären äussern Ohrmuschel, über- ragt wird. Das Geruchsorgan besitzt bereits in den geräumigen, häufig nur durch eine unvollkommene Scheidewand [Nares perviae) getrennten Nasenhöhlen drei Paare knorpliger oder knöcherner Muscheln, von denen bei den Raubvögeln die oberen, bei den Hühnern die mittlei'n, bei den Singvögeln die untern am meisten entwickelt sind. Die beiden Nasen- öfinungen liegen mit Ausnahme des Kiwi's der Wurzel des Oberschnabels 1) Vergl. ausser den altern Arbeiten von Scarpa, Treviranus, Windisch- mann, Brechet: Deiters, Untersuchungen über die Schnecke der Vögel. Müller 's Archiv 1860. C. Hasse, Die Schnecke der Vögel. Leipzig 1866. Geschmack. Schnabel. 1047 mehr oder minder genähert, zuweihen (Krähen) von steilen Haaren ver- deckt und geschützt, bei den Sturmvögeln röhrig verlängert und zu- sammenfliessend. Uebrigens steht die Ausbildung dos Geruchsinnes weit hinter dem vortrcft'lichen Gehör und scharfen Auge zurück, und es scheinen die Vögel keineswegs in dem Grade als manche Säugethiere befähigt, den Geruch auf weite Entfernungen hin zu wittern. Eigen- thümlich ist den Vögeln der Besitz einer Drüse, der sog. Nasendriise, die meist auf dem Stirnbeine, seltener unter dem Nasenbeine oder am .nnern Augenwinkel liegt und sich mittelst eines einfachen Ausfiihrungs- ganges in die Nasenhöhle öffnet. Der Geschmack erscheint nur wenig ausgebildet und wohl überall an die weiche Papillen-reiche Basis der Zunge geknüpft, die freilich nur bei den Papageien in ganzer Länge weich bleibt, sonst überall eine festere Bekleidung besitzt und häufig auch zur Nahrungszerkleinerung gute Dienste leistet. Allgemein dürfte die Zunge neben dem Schnabel als Tastorgan in Betracht kommen. Selten wird der Schnabel durch die Bekleidung mit einer weichen an Nerven und Vater'schen End- körperchen reichen Haut (Schnepfen, Enten) zum Sitze einer feinern Tastempfindung. Die Verdauungsorgline des Vogels zeigen trotz der mannichfach wechselnden Ernährungsart einen ziemlich übereinstimmenden Bau, dessen Eigenthlimlichkeiten sich im Wesentlichen auf das Flugvermögen zurück- führen lassen. Anstatt eingelagerter Knochenzähne sind die Kiefer von einer festen meist dunkelgofärbt.en Hornscheide überdeckt und zum Schnabel ausgezogen, dessen überaus verschiedene Form sowohl auf die Art der Ernährung als auf besondere Eigcnthümlichkeiten der Lebens- weise Bezug hat. Während der Oberschnabel aus der Verwachsung von Zwischenkiefer, Oberkiefer und Nasenbeinen gebildet ist, entspricht der Unterschnabel den beiden Unterkieferästen, dessen verschmolzener Spitzen- theil als Dille {rmjxa) bezeichnet wird. Die untere vom Kinnwinkel bis zur Spitze reichende Kante heisst Dillenkante (gonys), die Kante des Oberschnabels Firste (cuhnen), die Gegend zwischen Auge und der von der Wachshaut {ceroma) bekleideten Schnabelbasis der Zügel. Im All- gemeinen kann man sagen, dass die tlornbedeckung des Schnabels bei den Vögeln, welche harte Früchte oder Körner fressen oder vom Fleische grösserer Thiere leben, am härtesten ist, in diesen Fällen sind die Schnabelränder meist scharfkantig und glatt, zuweilen jedoch auch ge- zähnt oder sägeartig gezackt; weicher ist die Hornbekleidung bei den Insectenfressern, besonders aber bei denen, welche ihre Nahrung aus dem Schlamme hervorziehen, hier können, wie bei den Enten und Schnepfei;' die weichen Schnabelränder durch ihren Nervenreichthum zu einem empfindlichen Tastorgan werden. Die Form des Schnabels bietet eben- falls zahlreiche Verschiedenheiten. Gewöhnhch sind obere und untere 1048 Vögel. Zunge. Speiseröhre. Kropf. Schnabelhcälften gleich lang, nicht selten aber wie bei den Raubvögeln überragt der Oberschnabel mit seiner hakig gebogenen Spitze die untere Schnabelhälfte, umgekehrt überragt bei dem Scheerenschnabel der messer- förraige Unterschnabel den Oberschnabel um ein sehr beträchtliches. Am kürzesten ist der Schnabel bei den Körnerfressern, am längsten bei den Sumpfvögeln mit langem Hals und Lauf, helmartige Aufsätze des Oberschnabels finden sich bei den Nashornvögeln, eine eigenthümliche Kreuzung der beiden auf- und abwärts gekrümmten Schnabelspitzen bei dem von Tannensamen sich ernährenden Kreuzschnabel. Nicht minder mannichfach wechselt die Form der Zunge, welche sich meist als hornige Bekleidung zweier am vordem Ende des Zungen- beins befestigter Knorpel- oder Knochenstäbchen darstellt. Nur bei den Papageien und Wasservögeln erscheint die Zunge fleischig, im letztern Falle jedoch mit Reihen von harten Plättchen besetzt, selten wie bei dem Pelican, einigen Raubvögeln und anderen grossschnäbligen Vögeln bleibt sie rudimentär, füllt vielmehr gewöhnlich den Raum zwischen den Aesten des Unterkiefers aus. Vornehmlich dient die Zunge zum Nieder- schlucken, häufig auch zum Ergreifen der Nahrung und kann durch Muskeln sehr kräftig nach den Seiten bewegt, vorgestossen und zurück- gezogen werden. Die letztere Bewegungsform findet sich am voll- kommensten bei den Colibris und Spechten ausgebildet, welche sich ihrer gabelförmig gespaltenen oder mit Widerhaken besetzten Zunge zum Anspiessen von Insecten in der Tiefe der BlUthenkelche und in den Ritzen der Baumrinde bedienen. In diesen Fällen greifen die langen zweigliedrigen Zungenbeinhörner bogenförmig über den Schädel bis zur Wurzel des Oberschnabels. Die Mundhöhle, welche sich bei den Pelicanen in einen umfangreichen von den Kieferästen getragenen Kehlsack er- weitert, auch bei der männlichen Trappe {Ofis tarda) mit einem unter der Halshaut herabsteigenden häutigen Sack in Verbindung steht, nimmt das Secret zahlreicher Speicheldrüsen auf. Ein Gaumensegel fehlt. Die muskulöse längsgefaltete Speiseröhre, deren Länge sich im Allgemeinen nach der Länge des Halses richtet, bildet häufig, insbesondere bei den Raubvögeln, aber auch bei den grössern körnerfressenden Vögeln (Tauben, Hühnern, Papageien) eine kropfartige Erweiterung, in welcher die Speisen erweicht und zur leichtern Verdauung verändert werden. Bei den Tauben trägt der Kropf zwei kleine rundliche Nebensäcke, deren Wandung zur Brutzeit einen käsigen, zum Aetzen der Jungen in Verwendung kom- menden Stoff absondert. Das untere Ende der Speiseröhre erweitert sich in einen drüsenreichen Vormagen, auf welchen der weite Muskel- magen folgt. Während der Drüsenmagen in der Regel eine ovale Form besitzt und an Umfang von dem Muskelmagen übertroffen wird, erscheint dieser je nach der Beschaffenheit der Nahrung mit schwächern (Raub- vögel) oder mit kräftigern (Körnerfresser) Muskelwandungen ausgestattet- Magen. Darm. Herz. 1049 Im letztern Falle wird dieser Abschnitt durch den Besitz von zwei festen gegeneinander wirkenden Reibplatten , welche die hornige Innenwand überziehen, zur mechanischen Bearbeitung der erweichten Nahrungsstoffe vorzüglich befähigt. Die Pylorusöffnung des Magens liegt rechtsseitig und schliesst häufig durch eine Klappe gegen das Duodenum ab. Bei einigen Sumpf- und Schwimmvögeln bildet der Pylorustheil einen beson- dern Nebenmagen, der sich dem dritten Magen der Crocodile vergleichen lässt Der Dünndarm umfasst mit seiner vordem dem Duodenum ent- sprechenden Schhnge die langgestreckte Bauchspeicheldrüse, deren Aus- führungsgänge nebst den meist doppelten Gallengängen in diesen Ab- schnitt einmünden, und verläuft verhältnissmässig schwach gewunden bis zum Anfang des kurzen Dickdarms, welcher sich durch eine Ringklappe und durch den Ursprung von 2 Blinddärmen abgrenzt. Während der Dünndarm die Körperlänge meist nur um das zwei- bis dreifache über- trifft, bleibt der Enddarm mit Ausnahme des zweizehigen Strausses auf- fallend kurz und geht ohne in ein Colon und Rectum zu zerfallen unter Bildung einer sphincterartigen Ringsfalte in die auch den Urogenital- apparat aufnehmende Kloake über, an deren hinterer Wand ein eigen- thümlicher Drüsensack, die Bursa Fabricii, einmündet. Die grossen langgestreckten Nieren liegen in den Vertiefungen des Kreuzbeins ein- gesenkt und zerfallen durch Einschnitte in eine Anzahl von Läppchen, von denen jedes an seiner Oberfläche ein anscheinend gefiedertes Harn- kanälchen enthält. Die letztern vereinigen sich zu Stämmchen, welche bündelweise zusammenlaufen und durch starke Aeste die Anfänge der Harnleiter bilden. Diese verlaufen ohne in eine Harnblase einzutreten hinter dem Rectum und münden einwärts von den Genitalöffnungen in die Kloake ein. Das Harnsecret stellt sich nicht wie bei den Säugc- thieren als Flüssigkeit, sondern als eine weisse, breiartige, rasch er- härtende Masse dar. Die Vögel, wie überhaupt sämmtliche Warmblüter, besitzen ein vollständig gesondertes rechtes und linkes Herz, welches in der Mittel- linie des Brustbeins von einem dünnen, derbhäutigen Herzbeutel um- schlossen hegt. Da das Zwerchfell nur rudimentär bleibt, gelangt die Brusthöhle nicht zur völligen Sonderung und geht direkt in die gvossen- theils vom Sternum bedeckte Bauchhöhle über. Der Herzschlag wieder- holt sich bei der lebhaften Athmung rascher als bei den Säugethieren. Auch bietet das Herz sowohl in der Lagerung der Kammern, als in der Einrichtung der Klappen mehrfache Eigcnthümlichkeiten. Während sich die rechte dünnhäutige Kammer um die conische linke Kammer fast vollständig herumlegt, ohne indess die Spitze des Herzens zu erreichen, bildet ihre gegen den rechten Vorhof gerichtete Klappe im Gegensatze zu der Tricuspidalklappe des Säugethierherzens eine einfache stark muskulöse Platte, welche ihren freien Rand der convex vorragenden 1050 Vögel. Athmungsorgane. Scheidewand beider Ventrikel zuwendet. Dagegen besitzt die linke Kammer an ihrem Eingange zwei oder drei häutige Mitralklappen, während sich am Ursprung von Lungenarterie und Aorta je dreiSemilunar- klappen finden. Die Aorta der Vögel bildet nach Abgabe der Kranz- arterie des Herzens einen an der rechten Seite herabsteigenden Aorten- bogen. Wiuidernetzc finden sich ziemlich constant an dem äussern Ast der Carotis und in dem Fächer der Chorioidea, sodann an der vordem Schienbeinarterie und endlich an den tiefen Armvenen einiger Vögel. Das Lymphgefässsystem mündet durch zwei Ductus thoracici in die obern Hohlvenen ein, communicirt aber sehr allgemein noch in der Beckengegend mit den Venen. Lymphherscn sind nur an den Seiten des Steissbeins beim Strausse und Casuar, sowie bei einigen Sumpf- und Schwimmvögeln angetrofi'en, werden aber iiäufig durch blasenartige nicht contractile Erweiterungen ersetzt. Die Athmungsorgane beginnen hinter der Zungenwurzel mit einer Längsspalte, in deren Umgebung häufig Papillen die fehlende Epiglottis ersetzen; selten wird diese durch eine quere Schleimhaurfalte mit knorp- liger Grundlage vorbereitet. Die als Kehlritze zu bezeichnende Spalte führt in eine lange von knorpligen oder knöchernen Ringen gestützte Luftröhre, deren obere Partie sich zwar als Kehlkopf darstellt, aber für die Stimmbildung unwesentlich ist. Dagegen folgt mit Ausnahme der Strausse, Störche und einiger Geier an der Theilungsstelle der Luft- röhre in die Bronchien ein unterer Kehlkopf, der als Stimmorgan in Verwendung kommt. Die Länge der Luftröhre richtet sich im All- gemeinen nach der Länge des Halses, nicht selten verläuft sie jedoch, voruelimlich im männlichen Geschlechte unter Biegungen und Windungen, die entweder unter der Haut liegen (Auerhahn) und sich bis in die Brusthöhle erstrecken können {Plutalea) oder selbst in den hohlen Brust- beinkamm eindringen (Kranich , Singschwan). Auch zeigt die Trachea keineswegs überall die gleiche Weite, verengert sich vielmehr oft nach dem untern Kehlkopfe zu oder bildet wie bei zahlreichen männlichen Enten und Sägern inmitten ihres Verlaufes eine oder zwei Erweiterungen; auffallend ist die Längstheilung derselben durch eine mittlere Scheide- wand bei den Sturmvögeln (in der untern Hälfte) und bei den Pinguinen (fast in der ganzen Länge des Verlaufes). Das als unterer Kehlkopf bezeichnete Stimmorgan gehört nur ausnahmsweise der Luftröhre aus- schliesslich an (Thcwinophüus), oder liegt auch als paariges Organ vom Ende der Trachea entfernt [Steatornis) in den Bronchien, gewöhnlich findet sich dasselbe an der Uebergangsstelle der Luftröhre in die Bronchien, so dass sich beide Abschnitte an seiner Bildung betheiligen. Indem die untern Tracheairinge eine veränderte Form erhalten und oft in nähere Verbindung treten, erscheint das Ende der Trachea comprimirt oder blasig aufgetrieben und zu der sog. Trommel umgeformt, welche Luftröhre und Stimmorgan. 1051 sich bei den Männchen vieler Enten und Taucher zu unsymmetrischen als Resonnanzapparate wirkende Nebenhöhlen, sog. Pauke und Labyrinth, erweitert. Der in die Bronchien führende Ausgang wird gewöhnlich von einer vorspringenden Knochenleiste, dem Steg, in horizontaler Richtung durchsetzt. Derselbe entsendet sowohl an seinem vordem als hintern Ende nach beiden Seiten einen bogenförmig nach abwcärts gerichteten Fortsatz und stellt auf diese Art einen zwiefachen Rahmen her, an welchem sich jederseits eine Falte der Innenhaut, die innere Paukenhaut {M. tympaniformis interna) ausspannt. Bei den Singvögeln kommt als Fortsetzung der letztern am Steg noch eine halbmondförmige Falte hinzu. In zahlreichen Fällen entwickelt sich auch an der äussern Seite der Trommel entweder zwischen den beiden letzten Tracheairingen oder zwischen Trachea und Bronchus oder auch zwischen dem ersten und zweiten Bronchialhalbringe eine Hautfalte, die äussere Paukenhaut {M. tympaniformis externa)^ welche bei Annäherung der entsprechenden Ringe in das Innere des Trommelraumes vorspringt und mit dem freien Rande der Innern Paukenhaut jederseits eine Stimmritze bildet. Zur Ausspannung dieser als Stimmbänder fungirenden Falten dient ein Muskelapparat {Mm. hroncho-tracheales) , der die Trachea dem Stege mit den Seitentheilen der Trommel oder auch den vordem Bronchial- ringen verbindet und am complicirtesten bei den Singvögeln entwickelt ist, deren unterer Kehlkopf 5 oder 6 Paare ' ) solcher Muskeln besitzen kann. Dagegen dienen zur Erschlaffung der Stimmbänder die Herab- zieher der Luftröhre {Mm. ypsilotracheales und sternotracheales), welche theils an der Furcula theils am Brustbein entspringen und eine viel allgemeinere Verbreitung haben. Die beiden Bronchien bleiben verhält- nissmässig kurz und führen beim Eintritt in die Lungen in eine Anzahl weiter häutiger Bronchialröhren, welche das Lungengewebe in verschie- dener Richtung durchsetzen. Die Lungen hängen nicht wie bei den Säugethieren , von einem Pleurasack überzogen, frei in einer geschlos- senen Brusthöhle, sondern sind durch Zellgewebe an die Rückenwand der Rumpfhöhle angeheftet und an den Seiten der Wirbelsäule in die Zwischenräume der Rippen eingesenkt. Auch zeigt das Verhalten der ßronchialröhren und die Structur der feinern respiratorischen Lufträume'^) von den Lungen der Säugethiere wesentliche Abweichungen. Während ein Theil der grossem Bronchialröhren ohne sich weiter zu verästeln an die Lungenoberfläche in secundäre Luftsäcke und Luftzellen führt. 1) Vergl. ausser den Schriften von Savart besonders J. Müller, Handbuch der Physiologie. Bd. II. S. 225, sowie dessen berühmte Abhandlung in den Ab- handlungen der Berliner Academie. 1847. 2) Ueber die Lungen des Vogels haben besonders die Arbeiten von Eetziu und Lereboullet Aufschluss gegeben. 1052 Vögel. Luftsscke. Geschlechtsorgane. mit denen auch die Räume der pneumatischen Knochen in Verbindung stehen, führen die anderen in eine Menge pfeifenartig gestellter Röhrchen, welche in paralleler Richtung die Lunge durchsetzen und ringsum in ihrer Peripherie das respiratorische System der alveolären Luftbläscheu tragen. Die Wände dieser Kanäle zeigen durch Faltung eine grosse Oberfläche und einen ausserordentlichen Blutreichthum. Die als Luft- säcke und Luftzellen erwähnten Anhänge der Lungen erstrecken sich in ziemlich constanter Anordnung vorn bis in den Zwischenraum der Furcula, sodann als Brustsäcke in die vordem und seitlichen Partien der Brust und als Bauchsäcke nach hinten zwischen die "Eingeweide bis in die Beckengegend der Bauchhöhle. Diese Bauchsäcke erlangen bisweilen den bedeutendsten Umfang und führen in die Höhlungen der Scheukel- und Beckenknochen, die kleinern vordem Säcke setzen sich in die Luft- zellen der Haut fort, welche vornehmlich bei grossen, vortrefflich fliegenden Schwimmvögeln {Sida, Fclicanus) eine solche Ausbreitung erlangen, dass die Körperhaut bei der Berührung ein knisterndes Geräusch vernehmen lässt. Die Bedeutung dieser Lufträume mag eine mehrfache sein. Ab- gesehen von der Beziehung der oberflächlichen unter der Körperhaut verbreiteten Luftzellen zum Wärmeschutze des Vogels, dienen die Luft- säcke überhaupt nicht nur als aerosta tische Einrichtungeü zur Herab- setzung des specifischen Gewichtes, sondern kommen auch als Luft- reservoirs bei der Respiration in Betracht. Bei solchen Einrichtungen der Lunge und ihrer Lufträume muss im Zusammenhange mit der schon hervorgehobenen rudimentären Form des Zwerchfelles und der eigen- thümhchen Gestaltung des Thorax der Mechanismus der Athmung ein ganz anderer sein als bei den Säugethieren. Während bei den letztern die Verengerung und Erweiterung der abgeschlossenen Brusthöhle vor- nehmlich durch die abwechselnde Zusammenziehung und Erschlaflung des Zwerchfellmuskels bewirkt wird, tritt bei dem Vogel die Erweiterung des auch die Bauchhöhle umfassenden Brustkorbs als Folge einer Streckung der Steruocostalknochen und der Entfernung des Brustbeins vom Rumpfe ein. Die Respirationsbewegungen werden daher vornehmlich durch die als Inspirationsmuskeln fungirenden Sternocostalmuskeln und Rippenheber veranlasst. Die GeschJechtsorgane der Vögel schliessen sich eng an die der Reptilien an. Im männlichen Geschlechte, welches sich nicht nur durch bedeutendere Grösse und Körperkraft, sondern durch lebhaftere Färbung und schmuckvollere Ausstattung des Gefieders, sowie durch grössere Mannichfaltigkeit der Stimme auszeichnet, liegen an der vordem Seite der Nieren zwei rundlich ovale, zur Fortpflanzungszeit mächtig an- schwellende Hoden, von denen der linke gewöhnlich der grössere ist. Die wenig entwickelten Nebenhoden führen in zwei gewundene Samen- leiter, welche an der Aussenseite der Harnleiter herabsteigen, in ihrer Vogelei. 1053 untern Partie häufig zu Samenblasen anschwellen und an der Hinter- wand der Kloake auf zwei kegelförmigen Papillen ausmünden. Ein Begatlungsorgan fehlt in der Regel vollständig; bei einigen grössern Kaubvögelu und Sumpfvögeln (Ciconia, Crijpturtis, Flatalea etc.) erhebt sich jedoch an der Vorderwand der Kloake ein walzenförmiger Vor- sprung als Anlage eines Penis. Umfangreicher und weiter ausgebildet erscheint derselbe bei den meisten Struthionen, den Enten, Gänsen, Schwiinen und den Baumhühnern {Fenelopc, Urax, Crax). Hier findet sich an der Vorderwand der Kloake ein gekrümmter, von zwei fibrösen Körpern gestutzter Schlauch, dessen Ende mittelst eines elastischen Bandes eingezogen wird. Eine oberflächliche Rinne, welche an der Basis derselben zwischen den fibrösen Körpern beginnt und bis zur Spitze sich fortsetzt, dient zur Fortleitung des Spermas während der Begattung. Beim zweizehigen Strausse aber erlangt der Penis eine noch höhere, den männlichen Begattungstheilen der Schildkröten und Crocodile analoge Bildung. Unter den beiden fibrösen Körpern, die mit breiter Basis an der Vorderwand der Kloake entspringen, verläuft ein dritter cavernöser Körper, welcher an der vordem nicht einstülpbaren Spitze in einen schwellbaren Wulst, die Anlage einer Glans penis, übergeht'). Die weiblichen Geschlechtsorgane zeigen sich auffallend asymmetrisch entwickelt, indem das Ovarium und der Leitungsapparat der rechten Seite verkümmern oder vollständig verschwinden. Um so umfangreicher werden zur Fortpflanzungszeit die Geschlechtsorgane der linken Seite, sowohl das traubige Ovarium als der vielgewundene Eileiter, an welchem drei Abschnitte unterschieden werden können. Der obere mit weitem Ostium beginnende Abschnitt desselben übernimmt neben der Function der Fortleitung der aus den Ovarien austretenden Eidotter die Bildung des Eiweisses, welches von den Drüsen der längsgefalteten Schleimhaut abgeschieden, den in Spiralbewegungen (Chalazen!) herabgleitenden Dotter schichtenweise umlagert. Der nachfolgende kurze und weite Abschnitt, der sog. Uterus, dient zur Erzeugung der mannichfach gefärbten pigmentreichen Kalkschale, der untere kurze und enge Abschnitt mündet an der äussern Seite des entsprechenden Harnleiters in die Kloake ein- Da wo sich im männlichen Geschlechte Begattungstheile finden, treten die Anlagen derselben auch im weiblichen Geschlechte als Chtoris- bildungen an derselben Stelle auf. Die Vögel sind ohne Ausnahme Eierlegend. Während wir bei den Fischen, Amphibien und Reptilien neben den Eier legenden auch lebendig 1) Vergl. Tannenberg, Abhandlung über die männlichen Zeugungstheile der Vögel. Göttingen. 1840 und J. Müller, Ueber zwei verschiedene Typen in dem Bau der erektilen männlichen Geschlechtsorgane bei den Straussartigen Vögeln. Abhandlungen der Berliner Akademie 1858. 1054 Vögel. Entwicklung des Embryo's. gebärende Arten antreflen, kennen wir kein Beispiel eines lebendig gebärenden Vogels, wenn gleich in seltenen Fällen eine Bebrütung des iin Innern des Leitungsapparates zurückgehaltenen Eies bekannt geworden ist. Das ausschliessliche Auftreten der oviparen Fortpflanzungsform steht zweifelsohne mit der Bewegungsart des Vogels im innigen Zusam- menhange und bedingt die Verwerthung eines sonst systematisch bedeutungslosen Merkmales als wichtiger Character einer ganzen Classe. Die Entwicklung ') des sowohl durch die Grösse des Dotters als durch die Festigkeit der äussern porösen Kalkschale ausgezeichneten Eies^) nimmt im Allgemeinen denselben Verlauf wie bei den Reptilien, erfordert indessen einen höhern, mindestens der Temperatur des Blutes gleichkommenden Wärmegrad, der ihm vorzugsweise durch die Körper- wärme des brütenden Vogels mitgetheilt wird. Die Befruchtung des Eies erfolgt bereits im obersten Abschnitte des Eileiters vor der Ab- scheidung des Eiweisses und der Schalenhaut und hat den alsbaldigen Eintritt der partiellen Furchung zur Folge, welche nur den hellen Theil des Dotters in der Umgebung des Keimbläschens, den sog. Hahnentritt iCicatricula), den Bildungsdotter, betrifft. Derselbe hat an dem gelegten Eie bereits die Furchung durchlaufen und sich als sog. Keimscheihe in zwei Zellenschichten, in das obere (sensorielle) und untere Keimblatt gesondert, zu denen am Anfange der Bebrütung noch eine mittlere (motorisch-germinatives Blattj hinzukommt, während die untere Zellenlage zum Darm-Drüsenblatte wird. Während die Keimhaut eine grössere Ausbreitung nimmt, entsteht in ihrer Mitte eine schildförmige Verdickung und in dieser zur Längsachse des Eies quergerichtet der sog. Primitiv- streifen mit der Primitivrinne und den Rückenwülsten. Diese mittlere Partie der Keimhaut bildet im weitern Verlaufe der Entwicklung den Embryo, welcher sich nach der Verwachsung der Rückenwülste zur Bil- dung des Medullarrohres und nach der Anlage der Chorda dorsaUs vom Dotter mehr und mehr emporhebt, bald die Gestalt eines kahn- förmigen Körpers annimmt und wie bei den Reptilien die charakteristischen Fötalhüllen, Amnions und Alhintois, erhält. Die Dauer der Embryonal- entwicklung wechselt ausserordentlich sowohl nach der Grösse des Eies als nach der relativen Ausbildung der ausschlüpfenden Jungen. Während die Eier der kleinsten Vögel etwa 11 Tage bebrütet werden, erfordert beispielsweise die Embryonalentwicklung des Haushuhns 3 Wochen, die des Strausses mehr als 7 Wochen. Der zum Auskriechen reife Vogel sprengt alsdann selbstständig die Schale und zwar am stumpfen Pole 1) Vergl. die Untersuchungen von Remak, Reichert, His u. A. 2) Vergl. Tiedemann 1. c. S. 145. Lebensweise und Bewegung. 1055 mittelst eines scharten Zahnes an der Spitze des Oberschnabels. Nie- mals durchlaufen die ausgeschlüpften Jungen eine freie Metamorphose, dieselben besitzen vielmehr im Wesentlichen die Oi-ganisation des elter- lichen Thieres, wenngleich sie in dem Grade ihrer körperlichen Aus- bildung noch weit zurückstehen können. Während die Hühner- iwid Laufvögel, ferner die meisten Wad- und Schwimmvögel bereits bei ihrem Ausschlüpfen ein vollständiges Flaum- und Dunenkleid tragen und in der körperlichen Ausbildung so weit vorgeschritten sind, dass sie als Nestflüchter alsbald der Mutter auf das Land oder in das Wasser folgen und hier unter geschickter Bewegung selbstständig Nahrung aufnehmen, verlassen die guten Flieger und überhaupt diejenigen Vögel, welche vor- zugsweise auf Bewegung und Aufenthalt in der Luft angewiesen sind, wie die Gang- und Klettervögel, Tauben und Raubvögel, sehr frühzeitig ihre Eihüllen, nackt oder nur stellenweise mit Flaum bedeckt, unfähig sich frei zu bewegen und zu ernähren, bleiben sie als Nesthocher, gefüttert und gepflegt von den elterlichen Thieren, noch geraume Zeit im Nest bis sie fast ausgewachsen durch die Entwicklung der Schwingen zur Flugbewegung befähigt erscheinen. Die Lehensiveise und Ernährung der Vögel steht im inniosten Zusammenhang mit dem Aufenthaltsort und der Bewegungsart. Die bei weitem wichtigste und verbreitetste Bewegungsart ist der Flug, dessen Schnelligkeit, Gewandtheit und Ausdauer nach der Gestaltung des P'lügels und des Schwanzes mannichfach wechselt. Beim Vergleiche mit andern Arten der Ortsbewegung eischeint zwar der Flug mit dem grössten Kraftaufwand verbunden, aber auch zu der grössten Schnelligkeit be- fähigt. Vögel von mittlerer Flugfertigkeit wie z. B. die Haustauben übertreffen die grösste Geschwindigkeit der Dampfwagen. Uno-Ieich grösser aber ist die Schnelligkeit der Falken (Wanderfalken), giösser noch die der Segler, welche sich als fast ausschliessliche Luftthiere nur zum Schlafe und Brutgeschäfte an Mauern und Felswänden anklammern unfähig, auf festem Boden sich fortzubewegen. Nicht minder be- wunderungswürdig als die Schnelligkeit erscheint bei diesen Vögeln die Ausdauer des Fluges. Den Fregattvogel (Tachijpetes aquüa) sieht man auf hoher See, viele Meilen vom Festlande entfernt, in den Wolken schweben, und wohl die meisten Zugvögel vermögen tagelang ohne Er- müdung ununterbrochen zu fliegen und so in wenigen Tagen das Ziel ihrer Wanderung (nachBrehm beispielsweise in drei bis fünf Tagen von Deutschland aus das Innere Afrikas) zu erreichen. Eben so zahl- reiche Abstufungen bietet die Bewegung des Vogels auf dem Lande und im Wasser, welche in einzelnen Fällen auf Kosten des Flugvermögens die ausschliessliche Form der Ortsveränderung wird. Die meisten Land- vögel hüpfen auf dem Boden und von Zweig zu Zweig, viele klettern 1056 Vögel. Psychisches Leben. mit grosser Geschicklichkeit an Baumstämmen und Mauern, andere wie der Papagei und Kreuzschnabel bedienen sich zugleich des Schnabels zum Festhalten beim Klettern. Die Waldvögel wie Eeiher und Storch schreiten bedächtig in Morästen und Sümpfen, andere wie die Strand- läufer und Regenpfeifer laufen überaus schnell am Ufer und am Strande, die eigentlichen Laufvögel traben und rennen auf Ebenen und im Sande so rasch, dass sie kaum vom Pferde überholt werden, dagegen bewegen sich sämmtliche Schwimmvögel, die theilweise zu den besten und aus- dauerndsten Fliegern gehören, auf dem Lande unbeholfen und ungeschickt, die Pelikane, Enten und Steisslüsse watscheln langsam und schwerfällig, andere wie die Alken und Lumme schieben sich, von Flügel und Schnabel unterstützt, rutschend fort. Auch die Bewegung im Wasser unterliegt mannichfachen Modifikationen. Viele Schwimmvögel sind an die Ober- fläche des Wassers gebannt, andere tauchen mehr oder minder geschickt in bedeutende Tiefen. Die einen gleiten schaukelnd auf den Wellen des Meeres dahin, andere schwimmen rudernd mehr auf dem ruhigen Wasser der Teiche und Landseen, andere suchen sich vorzugsweise die tobende und brausende Fluth des Meeres und erjagen sich tauchend und schwim- mend ihren Nahrungsunterhalt. Die Tiefe, bis zu welcher Wasservögel tauchen, ist eben so verschieden als die Zeit, welche sie unter dem Wasser zubringen. Einige Seevögel tauchen bis auf den Meeresgrund, wo sie Mollusken und Krebse erbeuten und verweilen wie die Eiderenten und Colymbiden wohl 6 Minuten und länger unter dem Wasser. Die einen tauchen als Stosstaucher im Fluge aus bedeutender Höhe herab- schiessend (Tölpel, Fischadler), die andern als ScJmimmtaucher von der Oberfläche des Wassers aus in die Tiefe rudernd (Steissfüsse). Das psychische Leben der Vögel steht ungleich höher als das der Reptilien, ja man kann behaupten, dass die intellectuelle Fähigkeit die vieler Säugethiere bedeutend überragt. Die hohe Ausbildung der Sinne befähigt den Vogel zu einem scharfen Unterscheidungsvermögen, mit dem sich ein gutes Gedächtniss verbindet. Der Vogel lernt allmählig unter Anleitung der Eltern Flug und Gesang, er sammelt Erfahrungen, die er im Gedächtnisse bewahrt und zu Urtheilen und Schlüssen ver- bindet, er erkennt die LTmgebung seines Wohnplatzes, unterscheidet Freunde und Feinde und wählt die richtigen Mittel sowohl zur Erhaltung seiner Existenz als zur Pflege der Brut. Schon die Erfahrungen des täglichen Lebens machen es unzweifelhaft, dass der Vogel Verstand besitzt und diesen durch Uebung im Zusammenleben mit dem Menschen zu einem höhern Grade der Vervollkommnung bringt. Bei einzelnen aber erlangt die Gelehrigkeit und die Fähigkeit der Nachahmung eine ausserordenthche Höhe (Staar, Papagei). Nicht minder entwickelt erscheint die Gemüthsseite des Vogels, wie sich nicht nur aus dem all- gemeinen Betragen und dem niannichfachen Ausdruck des Gesanges, Psychisches Leben. Fortpflanzungszeit. Hochzeitskleid. 1057 sondern vornehmlich aus dem Verhalten der beiden Geschlechter zur Zeit der Fortpflanzung ergibt. Die meisten Vögel zeigen ein heiteres und frohsinniges Wesen und leben mit ihres Gleichen gesellig vereint, schliessen sich wohl auch den Gesellschaften anderer Arten an, andere sind ungesellig und zänkisch, vornehmlich wohl in Folge der Nahrungsconcurrenz , sie leben einsam oder paarweise in bestimmten Bezirken, aus denen sie sogar ihre gross- gezogenen Jungen vertreiben. Dagegen erscheinen die Vögel, welche zur Nachtzeit jagen, nach Stimme und Wesen unmuthig, verdriesslich und schwermüthig, die Fischfresser und Aasvögel still und ernst. Neben den psychischen Functionen, welche sich in der Sphäre des Bewustseins vollziehen, werden die complicirten und oft wunderbaren Handlungen, das wahrhaft kihistleri.sche Bauen und Schaffen durch den Instinkt, das heisst, den im Mechanismus der Organisation be- gründeten, unbewusst wirkenden Naturtrieb, bestimmt, und es ist oft schwer zu entscheiden, in wie weit zugleich Gedächtniss und Verstand neben der unmittelbaren und unfreiwilligen Aeusserung des Innern Triebes im Spiele sind. Auch die instinctiven Handlungen beziehen sich auf die Erhaltung des Individuums , in ungleich höherem Masse aber, ähnlich wie bei den Insekten, auf die Pflege der Nachkommenschaft. üeberhaupt erreichen die Aeusserungen sowohl des intellectuellen als des instinktiven Lebens ihren Höhepunkt zur Zeit der Fortpflanzung, welche in den gemässigten und kältern Klimaten meist in den Frühling (beim Kreuzschnabel ausnahmsweise mitten in den Winter) fällt. Zu dieser Zeit erscheint der Vogel in jeder Hinsicht verschönert und ver- vollkomnmet. Die Befiederung zeigt einen intensivem Glanz und reichern Farbenschmuck, vornehmlich im männlichen Geschlecht, welches sich jetzt schärfer und auffallender von dem weiblichen unterscheidet, zu- Aveilen auch besondere vorübergehende Auszeichnungen, wie z. B. einen Halskragen (Kampfhahn), lange Seitenfedern (Paradiesvogel) erhält. Das mehr einfarbige WinterJdeid, welches die Heihstmauserung gebracht, ist mit einem lebhafter gefärbten Hochzeitskleid vertauscht, und zwar nicht, wie man früher glaubte, in Folge einer totalen Erneuerung, sondern einer rasch eintretenden Verfärbung der vorhandenen Federn. Die voll- ständige Erneuerung des Gefieders tritt im Spätsommer und Herbste ein, mit der sog. Herbstmauser, einem Neubildungsprocess, welcher wohl 4 bis 6 Wochen dauert und durch den Verbrauch von Säften den Vogel in so hohem Grade angreift, dass derselbe während dieser Zeit kränkelt und den Gesang einstellt. Die sog. Frühlingsmauser ist auch hier und da noch mit einer beschränkten Neubildung verbunden, im Wesentlichen aber beruht sie, wie neuerdings namentlich Martin und Schlegel gezeigt haben, auf einer Verfärbung des Gefieders, welche Claus, Zoologie. 3. Auflage. 67 1058 Vögel. Gesang. nun aber nicht durch die wieder erwachende Lebensthätigkeit der Feder- Pulpa, nicht durch ein erneuertes Wachsthuin der alten Federn oder gar Neubildung von Strahlen und Fasern, sondern wahrscheinlich durch die chemische Veränderung der vorhandenen Pigmente und wohl auch in Folge des mechanischen Abstossens gewisser Federtheile hervorgerufen wird. Die Stimme') des Vogels, die wir als eine Art Sprache zur Mittheilung verschiedener Empfindungen, die des Wohlbehagens, von Furcht und Schrecken, Trauer und Leid aufzufassen haben, tönt zur Fort- pflanzungszeit reiner und klangvoller ; als Ausdruck der von Zärtlichkeit, Liebe und Lust erfüllten Innern Gemüthsstimmung, lässt das Männchen seinen Gesang erschallen, der ebenso wie die Schönheit des mcännlichen Gefieders als Reizmittel auf das Weibchen wirken mag. Vornehmlich sind es die kleinen Vögel mit einfachem und unscheinbarem Federkleid, welche sich als »Sänger« nicht nur durch den reichen Umfang und an- genehmen vollen Klang der Stimme auszeichnen, sondern die Töne zu regelmässigen Strophen und diese zu Wechsel vollen Melodien verbinden. Hier wird der Gesang, der sich in andern Fällen (Schwalbe) als ein mehr unregelmässiges und leises Gezivitsdier darstellt, durch den Vortrag bestimmter Strophen zum Schlag (Nachtigall). Von Befiederung und Stimme abgesehen erscheint das ganze Betragen des Vogels unter dem Einflüsse der geschlechtlichen Erregung verändert. Gar oft nehmen die Männchen zur Fortpflanzungszeit eine besondere Form des Fluges an oder spielen in eigenthümlichen Bewegungen und Tänzen neben den zur Begattung anzuregenden Weibchen. Am bekanntesten sind diese Liebes- tänze bei den Waldhühnern, deren »Bal^e<', ein Vorspiel der Begattung, unter grossem Geräusche und verbunden mit mannichfaltigen Gebärden und Tönen in früher Morgenstunde beginnt und bis nach Sonnenaufgang mehrere Stunden andauert. Sehr allgemein kämpfen die eifersüchtigen Männchen um den Besitz des Weibchens mit besonderer Hartnäckigkeit und Wuth, unter andern die Finken (Finkenstechen), Hühnervögel (Sporn) und Kampfstrandläufer (Kragen), deren Kampf nicht selten mit dem Tode des einen Gegners endet. Mit Ausnahme der Hühner, Fasane u. a. leben die Vögel in Monogamie. Beide Geschlechter halten meist treulich zusammen, vertheidigen sich gegenseitig und sollen zuweilen (Storch, Taube, Adler) sogar zeitlebens verbunden bleiben. Oft leben dieselben nur zur Fortpflanzungszeit paarweise vereinigt, indem sie sich später zusammenschaaren und in grösseren Gesellschaften Züge und Wanderungen unternehmen. Indessen gibt es auch für das Zusammen- wandern vereinzelter Päärchen einige Beispiele. Die meisten Vögel bauen ein Nest und wählen für dasselbe einen geeigneten Platz meist in der Mitte ihres Wohnbezirkes. Nur wenige (Steinkäuze, Ziegenmelker etc.} 1) Vergleiche unter Anderem A. E. Brehm's »Illustrirtes Thierleben«. Tom. III un/lV. Nestbau. 1059 begnügen sich damit ihre Eier einfach auf dem Erdboden abzulegen, andere (Raubmöven, Seeschwalben, Strausse) scharren wenigstens eine Grube aus, oder (Waldhühner) treten eine Vertiefung in Moos und Gras ein. Andere, wie die Schnepfen, Strandläufer, Kiebitze und Möven er- richten in dieser Mulde eine Unterlage aus Stengeln und Laub, Moos und Gras, die auf einer vollkommneren Stufe des Nestbaues, z. B. bei Gänsen und Schwänen noch von einem Aussenbau umgeben wird. Die meisten und namentlich kleinern Vögel kleiden den letztern noch mit einer lockern und wärmeschützenden Innenlage von Haaren und Wolle, Federn und Dunen aus und flechten das Nest aus Reisern und Halmen zu einem weit kunstvolleren Baue. Viele sind Höhlenbrüter und nehmen schon vorhandene natürliche oder künstliche Höhlungen zum Nestbau in Besitz, graben sich auch Nistlöcher in der Erde oder meiseln sich dieselben in Bäumen aus (Specht), zahlreiche andere bauen in niedrige Gebüsche oder hoch auf dem Gipfel der Bäume, an Häusern und Thürmen, wenige legen schwimmende Nester auf der Oberfläche von Teichen an (Steissfüsse und Wasserhühner) und befestigen dieselben seitlich an Wasserpflanzen. Am kunstvollsten aber sind die Nester von Vögeln, welche fremde Stoft'e mit ihrem klebrigen Speichel zusammen- leimen (Kleiber), oder feine Geflechte aus Moos, Wolle und Halmen verweben. Unter den erstem sind die Spechtmeisen, Mauersegler und Schwalben hervorzuheben, vor allem aber die Salanganen, welche zu dem Aussenbau ihres essbaren Nestes das klebrige Secret der Speicheldrüsen verwenden. Unter den Webern aber erreichen die höchste Kunst die Webervögel und Beutelmeisen. Beide hängen ihre fest geschlossenen retorten- oder beuteiförmigen Nester am Ende eines biegsamen Zweiges meist über dem Wasser auf, jene bauen eine lange und enge Eingangs- röhre, die von oben nach unten an der Aussenseite des Baues herab- läuft, diese setzen dem beuteiförmigen Neste einen seitlichen, als Ein- gang dienenden Hals an. In der Regel nisten die Vögel einsam, selten zu kleinen oder grossem Gesellschaften vereinigt auf gemeinsamen Brutplätzen am Erdboden (Möven, Seeschwalbcn) oder an Bäumen (Webervögel). Die afrikanischen Webervögel führen ihre Kunstbauten theilweise so dicht an einander auf, dass die ganze Einsiedelung einem gemeinsamen Baue gleicht; eine Art, der Siedelweber {Tlocius socius) errichtet aus Stroh und gröbern vegetabilischen Materialien ein gemein- schaftliches Dach, unter welchem dicht gedrängt die einzelnen Nester der Art befestigt werden, dass sich ihre kreisrunden Oefi"nungen sämmthch nach unten kehren. Die Nester werden nun nicht zum wiederholten Brüten benutzt, dagegen neue Nester unter die alten gehängt, bis endlich der ganze Bau durch die vermehrte Last zusammenbricht. Dieselben Vögel bauen aber noch besondere Nester zum Aufenthalt der Männchen, 67* 1060 Vögel. Eierlage und Brutpflege, ähnlich wie unter den europäischen Formen die Beutelmeise Hängematten- ähnliche Geflechte zum Schlafen errichtet. In der Regel baut das Weibchen ausschliesslich das Nest, und die Hülfe des Männchens beschränkt sich auf das Herbeitragen der Materialien. Das Erstere ist der Künstler, während das letztere nur Handlangergeschäfte besorgt, doch gibt es auch Beispiele für die directe Betheiligung des Männchens an der Aus- führung des Kunstbaues (Schwalbe, Webervögel), in andern Fällen (Hühnervögel, Edelfink) nimmt das Männchen am Nestbau überhaupt gar keinen Antheil. Nach Vollendung des Nestes legt das Weibchen das erste Ei ab, auf welches möglichst rasch gewöhnlich in Intervallen von einem zu einem Tage die übrigen Eier des Geleges folgen. Die Zahl der zu einem Gelege gehörigen Eier ist nach Aufenthalt und Er- nährungsweise der Vögel sehr verschieden. Viele Seevögel, wie z. B. die Alken und Phiguine, Lummen und Sturmvögel legen nui- ein Ei, die grossen Raubvögel, Tauben, Segler, Ziegenmelker und Kolibri's zwei Eier. Ungleich höher steigt die Zahl derselben bei den Singvögeln, noch mehr bei den Schwimmvögeln der Teiche und Flüsse, bei den Hühnern und Straussen. Ebenso verschieden ist die Dauer der Brutzeit, welche der Dauer der Embryonalentwicklung parallel, nach der Grösse des Eies und dem Grade der Ausbildung des ausschlüpfenden Jungen sich richtet. Während die Kolibri's und Goldhähnchen 11 bis 12, die Singvögel 15 bis 18 Tage brüten, brauchen die Hühner drei Wochen, die Schwäne die doppelte Zeit und die Strausse 7 bis 8 Wochen zum Brutgeschäft. Dieses beginnt erst, wenn das Gelege vollzählig ist und beruht im Wesentlichen auf einer gleichmässigen Erwärmung der Eier durch den Körper des brütenden Vogels. Gar oft wird die Ausstrahlung der Körperwärme durch nackte Stellen, sog. Brutflecken, begünstigt, welche in Folge des Ausfallens oder Ausrupfens der Federn an Brust und Bauch auftreten und überall da, wo sich das Männchen am Brüten betheiligt, auch dem männlichen Geschlechte eigenthümlich sind. In der Regel liegt allerdings das Brutgeschäft ausschliesslich der Mutter ob, die während dieser Zeit vom Männchen mit Nahrung versorgt wird. Nicht selten aber, wie bei den Tauben, Kiebitzen und zahlreichen Schwimmvögeln, lösen sich beide Gatten regelmässig ab, das Männchen sitzt dann fi'eilich nur kürzere Zeit am Tage, das Weibchen die ganze Nacht hindurch auf dem Neste. Beim Strauss brütet das Weibchen nur die erste Zeit, später werden die Rollen gewechselt, und das Männchen übernimmt das Brutgeschäft vornehmlich zur Nachtzeit fast ausschliesshch. Auff"allend ist das Verhalten zahlreicher Kukuke, insbesondere unseres einheimischen Kukuks (auch des Trupials), welcher Nestbau und Brutpflege anderen Vögeln überlässt und seine kleinen Eier einzeln in Intervallen von etwa 8 zu 8 Tagen dem Eiergelege verschiedener Singvögel unterschiebt. Möglicher- weise • dürfte diese seltsame Eigenthümlichkeit aus der Ernährungsart, Wauderung. 1061 vielleicht im Zusammenhang mit der langsamen Reife der Eidotter im Ovarium Erklärung finden. Die Pflege und Auft'ütterung der Jungen fällt meist ausschliesslich oder doch vorwiegend dem weiblichen Vogel zu, dagegen nehmen beide Eltern gleichen Antheil an dem Schutze und an der Vertheidigung der Brut gar oft in der muthigsten Weise und selbst mit Aufopferung ihres eigenen Lebens. Auch nach ihrem Ausfliegen bleiben die Jungen noch lange unter Schutz und Pflege der Eltern, sie werden zur Bewegung und Arbeit angehalten, in Sprache und Gesang unterrichtet, zum Fluge und Auffinden der Nahrung angeleitet. In den kalten und gemässigten Gegenden brüten die Vögel gewöhnlich nur ein- mal im Jahre zur Frühlingszeit, bei vielen und uanientlich den kleinern Singvögeln folgt indess noch im Sommer eine zweite Brut nach, in den heissen Klimaten dagegen wiederholen sich die Brüten in grösserer Zahl. Von den Thätigkeiten abgesehen, welche auf die Fortpflanzung Bezug haben, äussert sich der Instinkt der Vögel vornehmlich im Spät- sommer und Herbst als ein Trieb zur Wanderung i) und noch räthsel- hafter als zuverlässiger Führer auf der Wanderschaft. Nur wenige Vögel der kälteren und gemässigten Klimate halten im Winter an ihrem Brutorte aus und vermögen dem gesteigerten Bedürfnisse des Wärrae- schutzes durch reichliche Nahrungszufuhr zu genügen (Steinadler, Eulen, Raben, Elstern, Spechte, Zaunkönige, Meisen, Waldhühner etc.). Viele streichen ihrer Nahrung halber in grössern und kleinern Kreisen undier, fliegen von nördlichen Bergabhängen auf südliche und sonnige Höhen (Drosseln, Berg- und Edelfinken), aus den Wäldern in die Gärten (Spechte), bei Schneefall aus dem Felde in die Strassen (Goldammer, Finken, Haubenlerche) und Gehöfte (Sperling), andere unternehmen weite Wanderungen je nach der Strenge des Winters in nähere oder entferntere Gegenden, ohne einen regelmässigen Zug zu haben (Lein- tinken, Zeissige, Seidenschwänze). Noch grösser aber ist die Zahl der Zuyvöyel, welche noch vor Eintritt der kalten und nahrungsarmen Jahreszeit von einem wunderbaren Drange zur Abreise ergriften, früher oder später aus nördlichen Klimaten in gemässigte, aus diesen in süd- liche Gegenden fliegen. Die europäischen Zugvögel haben ihre W^inter- herberge vorherrschend in den Küstenländern des Mittelmeeres bis in das tropische Afrika hinein. Die Zugvögel der westlichen Halbkugel wandern südostwärts. Nach Vollendung des Brutgeschäflcs und der Erziehung der Jungen beginnt der Zug. Zahlreiche Arten versammeln sich in Schaaren und üben sich vorher hoch in den Lüften im Flug, sie ziehen zu grossen Gesellschaften vereint wie die Wandertauben, Schwalben und Störche, Dohlen, Krähen und Staare, Wildgänse und Kraniche, oft 1) Vergl. Fritsch, Normale Zeiten für den Zug der Vögel. Denkschr. der K. K. Akad. der Wissensch. Wien. 1874. 1062 Vögel. Zugvögel. wie die letztern in der Anordnung eines Keils, selten fliegen nicännliche und weibliche Schwärme getrennt, andere wandern vereinzelt (Schnepfen) oder paarweise. Im Allgemeinen ist die Zeit dci' Abreise für die ein- zelnen Arten eine bestimmte, wenngleich sie durch besondere Umstände früher oder später eintreten kann. Zuerst mit Anfang August verlassen uns die Mauersegler, dann folgen Kukuke, Pirole, Blaukehlchen, Würger, "Wachteln u. A. Anfangs September ziehen zahlreiche Singvögel, unter ihnen Nachtigall und Grasmücke, später die Schwalben, zahlreiche Enten und Raubvögel ab, im Oktober verlassen uns Bachstelzen, Rothkehlchen und Lerchen, Singdrosseln und Amseln, Sperber und Bussarde, Schnepfen, Wasserhühner und Gänse. Dagegen rücken zu dieser Zeit eine Anzahl nördlicher Vögel zur Ueberwinterung ein, z. B. der rauhfüssige Bussard, Wasserpieper, Goldhähnchen, Enten. Möven etc., und noch im November und December kommen Schwärme von Saatkrähen und durchziehenden Saatgänsen an. Die Richtung des durch Gegenwind beförderten Zuges ist vorherrschend südwestlich, wird aber durch den Lauf der Elüsse und die Lage der Thäler vielfach verändert. Viele Vögel insbesondere die starken und vorzüglichen Flieger ziehen am Tage mit Unterbrechung der Mittagsstunden, andere wie die Eulen und schwache schutzbedürftige Tagvögel benutzen die Nacht, einige ziehen nach Umständen am Tage oder zur Nachtzeit, Schwimmvögel (Taucher, Säger, Cormorane) legen wohl regelmässig einen Theil der Reise schwimmend, gute Läufer (Rohr- hühner, Wachtelkönig) laufend zurück. Gegen Ende des Winters und im Verlaufe des Frühlings kehren die Vögel von ihrem Winteraufenthalte in die Heimath zurück, durchschnittlich in umgekehrter Reihenfolge ihres Abzugs; die Zugvögel, welche im Herbst am längsten aushalten, sind die ersten Boten des nahenden Frühlings. Merkwürdigerweise finden sie ihre alten Wohnplätze und Brutorte wieder und nehmen nicht selten von ihrem vorjährigen Neste von Neuem Besitz (Storch, Staar, Schwalbe etc.) Endlich dürfte hervorzuheben sein, dass zuweilen auf der Wanderung begriffene Vögel in ferne Gegenden versclilagen werden, grosse Seevögel wurden mitten auf dem Festland, der Riesensturmvogel auf dem Rhein angetroften, Bewohner Amerika's verflogen sich nach Europa (Helgoland), Vögel aus den Sandwüsten Afrika's wie der isabellfarbene Läufer und das Flughuhn nach Deutschland. Neuerdings hat besonders das Auf- treten des kirghisischen Steppenhuhns {Sijrrhaptes i^civadoxiis) in den Niederungen Norddeutschlands und auf den Dünen einiger Inseln (Bor- kum, Helgoland) Aufsehen erregt. Zum wiederholten Male sind grössere und kleinere Schwärme dieses Steppenbewohners in Deutschland, Holland und Frankreich angetroffen, vielleicht durch die grosse Dürre der Vegetation und in Folge des Austrocknens von Quellen und Lachen aus ihrem Heimathsland vertrieben Verbreitung. System. 1063 Die geographische Verbreitung der Vögel erscheint im Zusammen- hange mit der leichten und raschen Ortsverändorung minder scharf begrenzt als bei andern Thierklassen. Immerhin haben die einzelnen Klimate ihre Charactervögel : In den kalten ..egionen treten nur spär- liche Landvögel, vornehmlich KörnertVes^f; auf (Fringilla, Emberiza Tetrao), dagegen herrschen die Schwimmvögel in ungewöhnlicher Masse vor. Die Alken und Taucher gehören der nördlichen, die Pinguine der südlichen kalten Zone an. In den heissen Gegenden ist die Zahl der Körnerfresser und Insectenvögel am reichsten vertreten, Raubvögel finden sich überall verbreitet, die Aasvögel dagegen gehören fast ausschliesslich den wärmern und heissen Klimaten an. Für die geologische Geschichte dieser Classc liegt nur ein sehr spärliches Material vor. Von dem fiederschwänzigen Archaeopteryx l'dho- graphica des Jura abgesehen, gehören die ältesten Reste von Schwimm- und Sumpfvögeln der Kreide an. In der Tertiärzeit werden zwar die Ueber- reste häufiger, sind indessen für eine nähere Bestimmung unzureichend, dagegen treten im Diluvium zahlreiche Typen jetzt lebender Nesthocker so- wie merkwürdige Riesenformen auf, von denen einzelne nachweisbar in histo- rischer Zeit ausgestorben sind {Palaeornis, Binornis, Falapteryx, Bidus). Besondere Schwierigkeiten bietet die Systematik der Vögel. Linne unterschied G Ordnungen als Raubvögel (Accipitres), Raben (Picae), Schwimmvögel (Änseres)^ Laufvögel {Grallae), Hübner (Gallinae), Sperlingsvögel (Passeres)^ während Cuvier die Picae zu der Ordnung der Klettervögel oder Scansores erweiterte. Später sind von den zahl- reichen Ornithologen eine Menge von Veränderungen versucht; es wurden eine Reihe von Systemen mit vermehrter Zahl der Ordnungen aufgestellt. Mit Recht trennte man die Strausse und Verwandte, während die Spaltung der Passeres in Clamatores und Oscines minder dui'chführbar erscheinen möchte. Von anderen wurden auch die Papageien und Tauben als Ordnungen gesondert, auch dieStörche in Verbindung mit den Reihern von den Grallae als Ordnung gesondert. In neuester Zeit hat Hu xl ey die Zahl der Ordnungen auf Grund osteologischer und anatomischer Gesichtspunkte auf 3 reducirt, von denen die erste die der fiederschwänzigen Vögel, Saururae^), auf 1) Für diese an die Reptilien gattung CompsognatJms (OrnWioscelida) an- schliessende Gruppe ist in erster Linie der Besitz eines körperlangen Schwanz- theils der Wirbelsäule , an welchem die Federn fiederständig angeordnet waren, charakteristisch. Da die Metatarsalstücke nicht anchylosiren, kommt es nicht zur Bildung eines wahren Vogellaufes. Leider ist die Beschaffenheit des Schädels und der Kiefer im Dunkeln geblieben, da diese Theile an dem einzigen bekannt gewor- denen und unvollständigen Abdruck des Sohlenhofer Schiefers fehlen. Archaeopteryx H. V. M., Ä. litJiographica H. v. M. Vergl. ausser H. v. Meyer in der Palaeontographica T. X und A. Wagner in den Sitzungsberichten der Münchener Academie. 1861 R. Owen, On the Archaeopteryx etc. Phil. Transact. 1863. 1064 1. Ordnung: Natatores, Schwimmvögel. die fossile Gattung Archaeoptenjx gegründet ist. Indessen entfernen sich diese soweit von den jetzt lebenden Vögeln, dass sie mindestens als Unterklasse diesen gegenüber gestellt werden dürften, welche man zu- nächst in die beiden Huxley'schen Gruppen der Raiitae und Carinatae spalten könnte. Die erstem umfassen die büschelschw\änzigen Laufvögel (Cursores) und haben im Zusammenhang mit der Rückbildung ihrer Flugmuskulatur ein flaches der Crista entbehrendes Sternum. Ihre Federn entbehren der festen Vereinigung der Strahlen zu einer Fahne. Die Carinatae dagegen zeichnen sich durch den Besitz eines starken nur bei Strigops rudimentären Brustbeinkammes und von festen Schwung- und Steuerfedern aus. 1. Ordnung: Natatores, Schwimmvög'el. Wasservögel mit kurzen oft weit nach hinten gerückten Beinen, mit Schwimm- oder Muderfüssen. Die Körpergestalt der Schwimmvögel, welche ihrer Ernährung ent- sprechend auf das Wasser angewiesen sind, variirt ausserordentlich je nach der besonderen Anpassung an den Wasseraufenthalt. Alle besitzen ein dichtes fest anliegendes Gefieder, eine sehr reiche und warme Dunen- bekleidung und eine grosse zum Einölen der Federn dienende Bürzel- drüse. Der Hals ist überall lang, die Beine sind dagegen kurz, weit nach hinten gerückt und meist bis zur Fussbeuge befiedert, sie enden entweder mit ganzen oder gespaltenen Schwimm- oder Ruderfüssen. Alle schwimmen vortrefflich, bewegen sich dagegen bei der Kürze und hintern Stellung der Beine meist schwerfälhg auf dem Lande; viele besitzen aber ein ausgezeichnetes und andauerndes Flugvermögen, während andere ganz und gar flugunfähig, fast ausschliesslich an das Wasser gebannt sind. Selten sind die Beine enorm verlängert wie bei den zu den Stelz vögeln hinführenden Flamingos. Die Bildung der Flügel erscheint demnach einem grossen Wechsel unterworfen. Während die- selben im letztern Falle auf kurze Ruderstunmiel mit schuppenartigen Federn ohne Schwungfedern reducirt sind, treten andererseits die längsten und besten Flügel mit sehr zahlreichen Armschwingen gerade in dieser Gruppe auf. Derartige Vögel bringen den grössten Theil ihres Lebens in der Luft zu. Auch tauchen die meisten mit grossem Geschick, in- dem sie aus der Luft im Stosse herabschiessen {Stosstaucher) , oder beim Schwimmen plötzlich in die Tiefe des Wassers rudern {Schwimm- taucher). Je vollkommener die Fähigkeiten ausgebildet sind, um so mehr erscheinen die Füsse verkürzt und dem hintern Leibesende genähert, um so schwerfälliger muss die Bewegung des fast senkrecht gestellten Rumpfes auf dem Lande werden. Eben so verschieden als die Bildung der Flügel ist die Gestalt des Schnabels, der bald hoch gewölbt und Impennes. 1065 mit schneidenden Rändern bewaffnet ist, bald flach und breit, bald ver- längert und zugespitzt erscheint. Hiernach wechselt auch die Art der Ernährung, im erstem Falle haben wir es mit Raubvögeln zu thun, die besonders Fische erbeuten, im letztern mit Vögeln, welche von Würmern und kleinern Wasserthieren, aber auch von Fischen leben. Die Schwimm- vögel mit breitem weichhäutigen Schnabel gründein im Schlamme und nähren sich ausser von Würmern und kleinern Wasserthieren auch von Sämereien und Pflanzenstoffen. Die Schwimmvögel leben gesellig, aber in Monogamie und halten sich in grossen Schaaren an den Meeresküsten oder auf den Binnengewässern, zum Theil aber auch auf der hohen See in weiter Entfernung von den Küsten auf. Sie sind grossentheils Strich- und Zugvögel, nisten in der Nähe des Wassers oft auf gemeinschaft- lichen Brutplätzen und legen Eier in verschiedener Zahl entweder un- mittelbar auf den Boden, oder in Löchern oder in einfachen kunstlosen Nestern ab. Viele sind für den Haushalt des Menschen theils wegen des Fleisches und der Eier, theils wegen der Dunen und des Pelzes, theils endlich wegen der als Dünger benutzten Excremente (Guano) ausserordentlich wichtig. Die drei ersten Familien werden zuweilen als Ordnung der Urinatores gesondert, für welche der coniprimirte Schnabel und die Stellung der Beine charakteristisch ist. 1. Farn. Impennes, Pinguine. Vögel von fast walzenförmigem Körijer, mit dünnem Hals und kleinem Kopf. Die Flügel bleiben kurze Stummel, entbehren der Schwungfedern und sind flossenähnlich mit kleinen schuppenartigen Federn bedeckt. Der Schwanz ist kurz und enthält schmale steife Federn. Die Betiederung bildet einen äusserst dichten wärmeschützenden Pelz, welcher im Vereine mit der subcutanen Fettbildung auf das Leben dieser Thiere in kalten Regionen hinweist. Der Schnabel ist sehr kräftig, scharfkantig, vorn etwas gebogen, mit gerader oder schiefer Nasenfurche. Die kurzen Schwimmfüsse besitzen eine verkümmerte nach vorn gerichtete Hinterzehe und sind so weit nach hinten gerückt, dass der Körper auf dem Lande fast senkrecht getragen werden muss. Diese auffallende Kürze und Stellung der Beine theilen die Pinguinen mit den Alken und Tauchern und werden desshalb auch häufig mit diesen als >^Steissfiissler«. vereinigt. Sie fliegen gar nicht, können sich nur sehr schwerfällig auf dem Lande bewegen, wobei ihnen der kurze steife Schwanz als Stütze dient; im Wasser, ihrem eigentlichen Elemente, sinken sie tief bis zum Halse ein , schwimmen und rudern mit bewunderungs- würdigem Geschick und sind vorzügliche Schwimmtaucher. Die Thiere leben ge- sellig in den kältern Meeren der südlichen Halbkugel, haben an den Küsten, besonders auf den Inseln des stillen Oceans ihre Brutplätze und stehen hier zur Brutzeit in aufrechter Haltung und in langen Reihen — sog. Schulen — geordnet. Sie legen in einer Erdvertiefung nur ein Ei ab, welches sie in aufrechter Stellung bebrüten, aber auch zwischen den Beinen im Federpelze mit sich forttragen können. Beide Geschlechter betheiligen sich am Brutgeschäfte. Aptenodytes Forst. Schnabel länger als der Schädel, dünn und gerade, an der Spitze gekrümmt. Oberkiefer in ganzer Länge gefurcht. A. patagonica Forst., Königstaucher. 1066 Natatores. Alcidae. Cü]yml)idae. Spheniscus Biiss. Schnabel kürzer als der Kopf, comprimirt, unregelmässig qner gefurcht, mit nach innen umgebogenen Rändern. S. demersus L., Brillen- taucher, Südafrika und Amerika. Eudyptes Yiell. Schnabel an der Wurzel comprimirt, schief gefurcht, mit hakig gebogener Spitze und Federbusch. E. chrysocoma L. , Südsee , Patagonien, schnellt sich als Sprungtaucher aus dem Wasser hervor. 2. Fam. Alcidae, Alken. Unterscheiden sich von den Pinguinen vorzugs- weise durch die Flügel, welche zwar noch kurz und stark ausgebogim zum Fluge wenig tauglich erscheinen, aber bereits kleine Schwungfedern entwickeln. Die Beine sind ein wenig mehr nach vorn gerückt, so dass der Körper in schiefer Richtung getragen wird. Die Schwimmfüsse mit rudimentärer oder ohne Hinter- zehe. Der Schnabel ist meist hoch und stark, mehr oder minder comprimirt und oft eigenthümlich gefurcht und hakig gebogen. Sie leben gesellig in grossen Schaaren in den nördlichen Polarmeeren, schwimmen und tauchen geschickt, fliegen wenn auch schwerfällig und haben ihre gemeinsamen Brutplätze an den Küsten (Vogelberge), wo sie ihre Eier einzeln in Erdlöchern oder Nestern ablegen und die ausschlüpfenden Jungen auffüttern. Viele ziehen im Winter in die ge- mässigten Gegenden. Es sind uubehülfiiche leicht zu erjagende Vögel, welche ihres Pelzes und der Eier, weniger des thranigen Fleisches halber geschätzt werden. Älca L. Schnabel mittellang, stark comprimirt, mit gekielter Firste, hakiger Spitze und queren Gruben. Schwanz zugespitzt, kurz, mit 12 Federn. A. im- pennis L., Riesenalk. Flügel verkümmert, flugunlähig. Schnabel von der Wurzel zur Sx^itze sanft gekrümmt. Lebte noch am Anfange dieses Jahrhunderts auf Island und Grönland, scheint gegenwärtig aber ausgerottet. In den »Küchen- abfällen« Dänemarks Knochenreste häufig. A. torda L., Tordalk, flugfähig. Lebt mit den Lummen an gleichen Oertlichkeiten im hohen Norden, wo er auf den »Vogelbergen« brütet, besucht im Winter Norwegen und selbst die Nord- und Ostseeküste. Mormon 111. , Papageitaucher. Schnabel kurz , fast so hoch als lang , mit stark gekrümmter Firste, quer gefurchten Seiten und wulstig verdickter Wachs- haut. Füsse Szehig. 31. arcticus 111. [fratercula Temm.), Larventaucher. Oberes Augenlid mit stumpfem schwieligen Fortsatz. Arktisch. M. (Cheniscus) Lunda Pall. Ueber dem Augenlid ein Büschel verlängerter Federn , Nordmeere und Eismeer. Phaleris Temm., Schmucktaucher. Schnabel kurz comprimirt, ohne wulstig verdickte Wachshaut, mit gebogenen Rändern. Kopf zuweilen mit Federbüschel. Flügel mittellang, spitz. Fh. {Tyloramphus) crisiatella Stell., Nordostasien und Nordwestamerika. Ph. psittacula Pall. Mergulus Viell. {Arctica Moehr.J, Alk-lumme. Schnabel kurz, dick, oben gewölbt, aber kaum comprimirt, ohne Querfurchen, mit scharfem Einschnitt vor der Spitze. Nasenlöcher eirund mit grosser Deckhaut. 31. alle L., Krabben- taucher, Spitzbergen, Grönland, im Winter weiter südlich (Helgoland). Uria La,th., Lumme. Schnabel lang und gerade, wenig comprimirt, mit sanft gewölbter Firste. Flügel relativ lang, erste Schwinge am längsten. Fuss langzehig. Bewohner des nördlichen Eismeeres, wichtiges Nahrungsmittel. U. troile Lath. , dumme Lumme. U. grylte Cuv. , Teiste, GrylUumme. Sämmtlich gemein an den Küsten der nördl. Meere, wandern im Winter weiter südlich und kommen auch an die deutschen Küsten , legen 2 Eier. 3. Fam. Colymhidae, Taucher. Der walzenförmige gestreckte Körper besitzt einen runden Kopf mit spitzem geraden Schnabel, wird von kurzen weit nach Lamellirostres. 1067 hinten gerückten Beinen getragen und endet mit kurzem verkümmerten Schwanz. Der frei vorstehende Lauf ist seitlich stark comprimirt und bildet vorn und hinten schneidende Firsten. Die Füsse sind Schwimmfüsse oder gespaltene Schwimrafüsse, stets mit häutig gesäumter Hinterzehe , im letztern Falle mit breiten glatten Nägeln. Die Flügel bleiben zwar kurz und stumpf, gestatten aber immerhin einen raschen wenn auch nicht andauernden Flug. Auf dem Lande dagegen können sich diese Vögel nur unbeholfen unter ziemlich aufrechter Haltung des Körpers bewegen, zumal ihnen im Schwänze oft die steifen Steuerfedern fehlen. Um so vollendeter aber ist die Fertigkeit ihrer Bewegungen im Wasser, sie schwimmen vortrefflich und tauchen mit angelegten Flügeln, theils um drohender Gefahr zu entgehen, theils der Nahrung halber, die aus Gewürm, Fischen und kleinen Batrachiern, auch wohl Pflanzen besteht. Sie bauen auf dem Wasser ein küustlich geflochtenes schwimmendes Nest, in welches nur wenige Eier abgelegt werden. Sie bewohnen paarweise sowohl die Meere als die Binnengewässer der gemässigten Zone und wählen sich einen wärmern Aufenthalt für den Winter. Ihr dichter Pelz ist sehr geschätzt. Podiceps Lath. Kopf mit Federhau ben geschmückt, Zehen gelappt, gespal- tene Schwimmfüsse. Zügelgegend nackt. Schwanz auf einen Büschel zerschlissener Federn reducirt. P. cristatus L., der grosse Haubentaucher, auf allen Binnenseen Deutschlands, in Europa und Nordamerika, mit Kragen und doppeltem Kopf büschel. P. subcristatus Bechst., mit rothbraunem Hals und schwarzer Haube. P. minor Gm., auritus Gm., cornutus Gm. Colymbus L., Seetaucher. Mit Schwimmfüssen , kurzem Schwanz und ganz- randiger Hinterfirste des Laufes. Bewohnen die nördlichen Meere, brüten aber auf Binnengewässern und überwintern in gemässigtem Gegenden. C. {Eudytes) arcticus, septentrionalis , glacialis L., Eistaucher. 4. Farn. Lamellirostres, Siebschnäbler. Mit breitem, am Grunde hohen Schnabel, welcher von einer weichen nervenreichen Haut bekleidet an den Rän- dern durch Querblättchen wie gezähnelt erscheint und mit einer nagelartigen Kupjje endet. Die Querblätter stellen eine Art Sieb her, durch welches beim Gründein im Schlamme die kleinen Würuier und Schnecken zurückgehalten werden, während das Wasser abfliesst. Dem Schnabel entsprechend ist die grosse fleischige am Rande gefranste Zunge zum Seihen eingerichtet. Der Körper der Enten ist meist gedrungen, schwerfällig, mit weichem lebhaft gefärbten Gefieder bekleidet und zur Fettbildung geneigt. Der Hals lang und frei beweglich. Die Flügel erreichen eine massige Länge, tragen kräftige Schwungfedern und überragen nie- mals den kurzen Schwanz. Die Füsse sind Schwimmfüsse mit rudimentärer, bald nackter, bald häutig umsäumter Hinterzehe. Die Thiere bewohnen vorzugsweise die Binnengewässer, schwimmen und tauchen vorzüglich, gründein häufig in senk- rechter Stellung nach unten gekehrt, und fliegen auch andauernd und gut, während sie sich auf dem Lande nur schwerfällig bewegen. Ihre Nahrung besteht sowohl aus Insekten , Würmern und Mollusken , als aus Blättern und Sämereien. Ihre geistigen Fähigkeiten stehen am höchsten unter den Wasservögeln. Das Weibchen baut ein kunstloses Nest am Rande oder in der Nähe des Wassers, auch in Baum- und Felsenhöhlen, kleidet dasselbe mit Dunen aus und brütet die zahlreichen Eier ohne Hülfe des Männchens. Die ausgeschlüijften Jungen verlassen das Nest so- gleich und schwimmen mit der Mutter umher. Sie leben gesellig in grossen Schaaren meist in den nordischen und gemässigten Ländern und überwintern als Zugvögel in den gemässigten und wärmern Gegenden. Fhoenicopterus L. Schnabel in der Mitte geknickt, mit niedrigen dicht 1068 Natatores. Steganopodes. gestellten Lamellen. Unterschnabel hoch, Oberschnabel flach. Beine sehr lang mit kurzer Hinterzehe und ganzen Schwimmhäuten. Ph. antiquorum L., Flamingo, Nordafrika. Cygnus L., Schwan. Mit sehr langem Hals und wohl entwickelten Blättchen am Rande des breiten mindestens kopflangen Schnabels, mit nackter von dei* Wachshaut bekleideten Zügelgegend. Hinterzehe ohne Hautsaum. Schwimmen gut und gründein, gehen aber schlecht auf dem Lande. G. olor L., der Höcker- schwan, mit schwarzem Höcker an der Basis des rothen Oberschnabels, im Norden Europas. G. musicus Bechst. , Singschwan, mit langer gewundener Luftröhre im hohlen Kamm des Brustbeins, in den nördlichen gemässigten und kalten Gegenden. Andere Arten in Südamerika und Neuholland. Anser L., Gans. Schnabel kopflang, am Grunde hoch, vorn verschmälert mit breitem Nagel. Querblättchen oben einreihig, unvollkommen. Beine massig lang, minder weit nach hinten gerückt. Die Gänse laufen besser als die Enten, schwim- men dagegen weniger und haben daher eine kürzere Schwimmhaut. Sie tauchen nicht, nilhren sich mehr von Pflanzenkost und entbehren der aufiällenden Geschlechts- verschiedenheiten, wie wir sie am Hochzeitskleide der Enten antreffen. A. cinereus Meyer, Graugans, ist die Stammart der zahmen Hausgans und gehört dem nörd- lichen Europa an. A. hyperboreus L. , Schnee- oder Polargans, nistet im hohen Norden. A. segetum L., Saatgans, mit raschem Fluge, brütet im Norden und er- scheint bei uns im Frühjahr und Herbste auf dem Durchzuge. A. albifrons L., Lachgans. Bernicla hrenta Steph. B. torquata Boie, Ringelgans. Gereopsis novae- Hollandiae Lath. Ghenalopex aegyptiaciis Eyt. Anas L., Ente. Die Füsse niedriger und weit nach hinten gerückt, der Hals kurz, der Schnabel vorn flach und breit, mit kleinem Nagel und Querlamellen am Rande des übergreifenden Oberkiefers versehen. Im männlichen Geschlechte ist die Färbung des Gefieders lebhafter und durch den metallischen »Spiegel« aus- gezeichnet. Die Hinterzehe bald mit, bald ohne Hautsaum, im erstem Falle tauchen die Enten gut. Hinterzehen ohne Hautsaum: Aimtinae. A. (Aix) sponsa Boie, Nordamerika. A. boschas L., Stockente. Stammart der mannichftich abändernden Hausente. A- (Tadorna) tadorna L., Brandente. A. Fenelope L. , Pfeiffente. Anas strepera L., Schnatterente. A. acuta L. , Spiessente. A. querquedula K., Kneckente. A. mo- schata Flem. A. crecca L., Krieckente. A. (Spatula) clypeata Boie, Löffelente. Die hintere Zehe ist umsäumt: FuliguUnac. A. {Somateria) mollissima L., Eiderente, am Meere im Norden, wegen der Dunen geschätzt. A. {Oidemia) nigra L., Trauerente. A. fusca L., Sammetente. A. spectabiUs L., Königsente. A. {Fuligula) marila L., Bergente. A. ferina L., Tafelente. A. fuligula L., Reiher- ente. A. rufina Br. , Kolbenente. A. {Glangula) danyula L. , Schnellente. A. {Harelda) glacialis L., Eisente. A. histrionica L. Erismatura leucocephala Eyt. Mergus L., Säger. Körperform zwischen Ente und Scharbe. Der gerade und schmale Schnabel ist an seinen Rändern bezahnt und greift vorn mit hakiger Kuppe über. Die Federn am Scheitel haubenartig gestellt. Lauf stark comprimirt, die hintere Zehe des Fusses umsäumt. Fliegen geschickt und klettern gut, nähren sich von Fischen. Brüten im Norden und besuchen im Winter gemässigte Gegenden. M. merganser L. , serrator L. , albellus L. 5. Farn. Steganopodes ^), UnderSüsser. Grosse Schwimmvögel von gestreckter 1) J. F. Brandt, Beiträge zur Naturgeschichte der Vögel. Me'm. de l'Acad. de St. Petersburg. 6 Ser. Tom. 5. Laridae. 1069 Körperform, mit kleinem Kopf, wohl entwickelten oft langen iind spitzen Flügeln und mit Ruderfüssen. Der lange Schnabel variirt in seiner Form ungemein, besitzt aber fast immer Seitenfurchen, durch welche die Firste des Oberschnabels von den Seitentheilen abgesetzt wird. In diesen Furchen liegen die kleinen Nasenlöcher, Bald endet der Schnabel mit hakiger Spitze, in andern Fällen scharf gekielt oder flach, mehr oder minder löftelförmig. Dann kann sich die Haut zwischen den Unterkieferästen zu einem umfangreichen Sacke zur Aufnahme der Beute erweitern. Viele haben nackte Hautstellen an der Kehle und Augengegend. Die Beine rücken mehr nach der Mitte des Leibes vor und gewähren dem Körper schon einen sichern Gang. Sie besitzen trotz der Körpergrösse ein gutes andauerndes Flug- vermögen und entfernen sich zuweilen viele Meilen von den Küsten des Meeres. Sie nähren sich von Fischen, die sie im Stosse tauchend erbeuten und legen ein kunstloses Nest auf Felsen oder Bäumen an (mit 1 oder 2 Eiern), in welchexu die Jungen als Nesthocker noch eine Zeitlang gefüttert werden. Pelecanus L., Pelican, Kropfgans. Hals lang, Schnabel flach und lang, mit hakiger Spitze und mit Kehlsack zwischen den weit gespaltenen Unterkieferästen, die Zunge klein und verkümmert, die Pneumacität der Knochen und der Haut in hohem Grade entwickelt. P. onoerotalus L., Pelikan, hat in Afrika, Westasien und im südöstlichen Europa seine Heimath, liebt die Mündungen grosser Ströme und seichte Buchten des Meeres und wandert sehr unregelmässig, verirrt sich auch gelegentlich nach Deutschland. P. crispus Bruch., P. minor Rüpp. Haliaeus 111. {Graculus Gray) , Scharbe. Mit massig langem comprimirten, vorn hakenförmig umgebogenem Schnabel, abgerundetem Schwanz und stark be- krallten Schwimmfüssen. Kehle nackt. Lauf sehr kurz, comprimirt, Zehen lang. H. carbo Dumt., Cormoran. H. cristatus Gould, Krähenscharbe, Europa, Asien. Tachypetes Vieill. Schnabel sehr lang, mit scharfer hakiger Spitze. Kopf ganz befiedert. Flügel und Schwanz sehr lang, letzterer tief gegabelt. Lauf kurz, bis zu den Zehen befiedei-t, diese mit stark ausgeschweifter halber Schwimmhaut. T. aquüa L., Fregattvogel. Sula Briss. Kopf nackt mit langem geraden, an der Spitze wenig herab- gekrümmtem Schnabel mit massigem Kehlsack. Flügel sehr lang. Schwanz keil- förmig zugespitzt. T. hassana {alba) L. , Tölpel, Nordeuropa. Plotus L. Der lange Schnabel mit gesägten Rändern ohne Spur eines Hakens. Zügel und Kehle nackt. Hals dünn und sehr lang. Schwanz abgerundet. P. anhinga L., Schlangenhalsvogel, Gewässer Mittelamerikas. P. Vaillantn Temni., Südafrika u. a. A. Phaeton L. Kopf ganz befiedert, mit langem geradspitzigen, an den ein- gezogenen Rändern gesägtem Schnabel. Schwanz kurz mit 2 sehr langen Federn. Ph. aethereus L. , Ph. phoenicurus Gm. , Tropikvogel. Beide in den tropischen Theilen des indischen Oceans. 6. Fam. Laridae, Möven. Leichtgebaute Schwalben- oder Tauben-ähnliche Schwimmvögel mit langen spitzen Flügeln wnä oft gabiigem Schwanz, verhältniss- mässig hohen dreizehigen Schwimmfüssen und freier Hinterzehe. Der grad- gestreckte und comprimirte Schnabel endet mit scharfer Spitze oder hakenförmig umgebogener Kuppe, Nasenlöcher spaltförmig. Ihre langen spitzen Flügel be- fähigen sie wie die Sturmvögel , mit denen sie oft als »Longipennes« vereinigt werden, zu einem schnellen und ausdauernden Fluge. Sie ernähren sich besonders von Fischen und verschiedenen Wasserthieren , die sie theils schwimmend, theils als Stosstaucher erbeuten, oder wie die Raubmöven anderen schwächern Möven abjagen und halten sich besonders in der Nähe der Küsten auf, fliegen aber auch 1070 Natatores. Procellaridae. weit ins Festland hinauf und besuchen nicht selten fischreiche Binnengewässer. Die Färbung des Gefieders variirt nach dem Alter und der Jahreszeit, ist jedoch im ausgewachsenen Zustand überall weiss mit schwarz oder rauchbraun gemischt. Sie nisten in grossen Gesellschaften am Ufer, legen in Vertiefungen oder kunst- losen Nestern meist 2 bis 4 Eier ab, erhalten zu dieser Zeit Brutflecken, brüten abwechselnd in beiden Geschlechtern und füttern die Jungen noch lange Zeit nach deren Ausschlüpfen. Sind meist Strich- und Zugvögel und haben theilweise eine doppelte Mauser. Sterna L., Seeschwalbe. Der lange Schnabel mit sanft gebogener Firste, ohne Haken. Läufe lang. Füsse mit ausgerandeten Schwimmhäuten. Schwanz schwalbenähnlich, gabiig ausgeschnitten. St. hirundo L., minuta L., caspka Fall., nigra Briss., anglica Temm. u. a. A. Hydrochelidon fissipes Gray, Anoics stoUdus Leach. Larus L., Möve. Von kräftigem Körperbau und bedeutenderer Grösse, mit stärkerem hakig gebogenen Schnabel und gerade abgeschnittenem Schwanz. L. minutus Fall., Zwergmöve. L. ridibundus L., Lachmöve. L. eaniis L., Sturm- möve. L. argentatus Brunn., Silbermöve. L. fuscus L., Heringsmöve. L. marinus L., Mantelmöve. L. tridactylus L., dreizehige Möve. Leatris HL, Raubmöve. Der kräftige Schnabel ist an der Wurzel mit einer Wachshaut umgeben und an der Spitze hakig gebogen. Sind schlechte Stoss- taucher, leben hoch im Norden von Eiern und jungen Vögeln und jagen andern Möven die Beute ab. L. catarractes L. L. parasitica L., Norddeutsche Küsten. L. crepidata Br., Art. Meer. Bhynchops L. , Scheerenschnabel. Mit hohem stark comprimirten Schnabel, an welchem der messerförraige ünterschnabel weit vor dem gefurchten Ober- schnabel vorsteht. Schwanz gabiig. B. nigra L., Tropen. 7. Fam. Procellaridae, Sturmvögel. Mövenähnliche Vögel mit Rostrum compositum. Der langgestreckte starke Schnabel ist an der Spitze hakig gebogen und sowohl durch die tiefe Furche, welche Kuppe und Dille von den Seitentheilen des Schnabels trennen, als durch röhrige Aufsätze der Nasenöffnungen ausgezeichnet. An den Schwimmfüssen fehlt die Hinterzehe ganz oder ist auf einen Nagel tragenden Stummel reducirt. Die Sturmvögel sind wahre pelagische Vögel, welche sich bei o-rosser Leichtigkeit und Ausdauer des Fluges weit vom Lande entfernen und theilweise im tobenden Sturm auf der Oberfläche der hochgehenden Wellen flatternd Beute zu erwerben im Stande sind. Dann zeigen sie sich oft in der Nähe der Schiffe. Dagegen tauchen nur wenige Arten. Zu gemeinsamen Brut- plätzen wählen sie klippige und felsige Küsten , auf denen das Weibchen ein Ei ablegt und mit dem Männchen abwechselnd brütet. Die Jungen werden noch eine Zeit lang gefüttert. Diomedea L. Schnabel länger als der Kopf, am Ende hakig gebogen. Nasenlöcher seitlich an der Schnabelbasis auf kurzen Röhren. Hinterzehe fehlt. D. exulans L., Albatros, südl, Meere. D. chlororhgnchus Lath., Gap. Procellaria L. Schnabel nicht so lang als der Kopf. Nasenlöcher auf der Basis der Firste am Ende einer gemeinsamen Röhre. Rudimentäre Hinterzehe vorhanden. P. {Fulmarm) glacialis L., Eissturmvogel, vom Arkt. Meer bis zu den norddeutschen Küsten. Pr. (Daption) capensis Leach., Pr. {Ossifraga) gigantea Gm., Antarkt. Meer. Prion Lac, P. Banksi Gould u. a. G. Thalassidroma Vig. Schnabel kurz, nach vorn verschmälert, ohne Zähne. Th. pelagica L. , St. Petersvogel, Sturmschwalbe, Atl. Ocean. Puffimis Briss. Nasenöffnung deutlich gesondert mit breiter Scheidewand. P. analonim Temm., Nordatl. Ocean. P. ohscurua Gm., Amerika. P. major Fab. 2, Ordnung: Grallatores, Sumpfvögel. 1071 2. Ordnung: Grallatores, Sumpfvögel, Wadvögel, Stelzvögel. Vögel mit langem dünnen Halse und langem Schnabel, mit ver- längerten Wadheinen. Die Wad- oder Stelzvögel sind durch die Bedürfnisse der Nahrung grossentheils auf das Wasser hingewiesen, diesen jedoch in anderer Weise angepasst, als die Schwimmvögel. Sie leben mehr in sumpfigen Distrikten, am Ufer der Flüsse und der Seen, am Gestade dos Meeres und an seichten Gewässern, und durchschreiten diese mit ihren langen Beinen, um kleine Insekten, Schnecken und Gewürm oder Frösche und Fische aufzusuchen. Sic besitzen daher meist hohe Stelzfüsse mit grossentheils nackter, frei aus dem Rumpfe vorstehender Schiene und sehr langem, oft getäfeltem oder geschientem Lauf Einige haben Lauf- beine und sind Landvögel (Trappe), andere (Wassserhühner) scliliessen sich in ihrer Lebensweise und durch die Kürze der Beine und Bildung der Zehen den Schwimvögeln an-, schwimmen und tauchen gut, fliegen aber schlecht, wieder andere nähern sich auch durch die Sclinabelform und die Fähigkeit des raschen Laufens den Hühnervögeln (Wiesen- schnarrer und Hihnerstelzcn), die wahren und echten Sumpfvögel da- gegen schreiten auf sumpfigen Grunde in seichtem Wasser, laufen wohl auch rasch und behend am Ufer umher, schwimmen aber weniger, fliegen jedoch schnell und ausdauernd, viele (Keiher) fliegen hoch in den Lüften. Durch die b(>deutende Höhe der Beine erscheint die Harmonie der Körperform auflällend gestört, denn der Höhe der Extremität ent- spricht ein sehr langer Hals und meist auch ein langer Schnabel. Uebrigens variirt die Grösse und Form des letztern sehr mannichfach; da wo besonders kleinere Würmer, Insektenlarven und Weichthiere aus dem Schlamme und loser Erde aufgesucht werden, ist der Schnabel lang, aber verhältnissmässig schwach und weich, mit einer nervenreichen empfindlichen Spitze ausgestattet; in andern Fällen erscheint derselbe sehr stark, kantig, hart und zum Raube von Fischen und Fröschen, selbst auch kleinen Säugern geeignet, endlich in den bereits erwähnten Uebergangsgruppen nach Art des Hühnerschnabels kurz und stark, mit etwas gewölbter Kuppe, zu einer Omnivoren Nahruugsweise eingerichtet. Auch die Füsse zeigen sich nach der Grösse und Verbindung der Zehen sehr verschieden. Die vierte Zehe ist bald verkümmert, bald lang und bewaftnet, selten dagegen fehlt sie vollständig. Lappenfüsse oder halbe Schwimmhäute kommen noch zuweilen vor (Löftelreiher). Sehr oft sind die Zehen durch grosse Häute ganz oder halb geheftet oder vollständig frei (Schnepfen;, auch wohl zugleich sehr lang {Rallidae, Parra). Die Flügel erlangen meist eine mittlere Grösse, der Schwanz dagegen bleibt kurz, das Gefieder erscheint mehr gleichförmig und einfach, nur sehr selten mit prachtvollem und glänzendem Farbenschmuck. Die meisten 1072 Grallatores. Charadriidae. Sumpfvögel sind Zug- oder Strichvögel der gemässigten Gegenden und leben paarweise in Monogamie. Sie bauen kunstlose Nester auf der Erde, am Ufer oder auf Bäumen und Häusern, seltener auf dem Wasser und sind theils Nesthocker, theils Nestflüchter. 1. Farn. CJmradriidae , Läufer. Mit ziemlich dickem Kopfe, kurzem Halse und mittellangem hartrandigen Schnabel. Nisten meist in einfachen Erdvertiefungen. Beide Geschlechter in Färbung meist wenig verschieden. 1. Unterf. Cursorinae, Rennvögel. Schnabel kurz oder von mittlerer Länge, meist leicht gekrümmt und tief gespalten. Flügel lang und spitz. Hinter- zehe fehlt oder ist sehr kurz und vom Boden erhoben. Vorderzehen vollkommen gespalten. Cursorius Lath. Schnabel gebogen. Lauf hoch mit queren Tafeln. Schwanz kurz mit 12 bis 14 Federn. C. europaeus Lath. = C. isahelUnus Meyer, Nord- afrika und Südeuropa. Hyas Glog. H. aegyptim VieilL, Crocodilwächter. Gla- reola Briss., Gl. pratincola L., Donauländer. Gl. melanoptera Nordm., Südrussland. 2. Unterf. Cliaradriwac , Regenpfeifer. Schnabel gerade gestreckt, von mittlerer Grösse mit harter Hornbekleidung. Flügel massig lang. Füsse dreizehig. Oedicnemus Temm. , Triel. Kann als Verbindungsglied der Läufer und Regenpfeifer betrachtet werden. Kopf dick, mit geradem kopfiangen an der Spitze kolbig verdicktem Schnabel. Flügel mittellang, die zweite Schwungfeder die längste. Lauf lang mit dreizehigen ganz gehefteten Füssen. Oed. crepitans Temm. Lebt in den Steppen im Süden Europas, Afrikas und Westasiens, auch auf grossen Brachfeldern Deutschlands und geht zur Nachtzeit auf Raub von Kerf- thieren, Feldmäusen, Amphibien aus. CharadriusL., Regenpfeifer. Von g'eringerer Körpergrösse, mit kurzem Halse, ziBmlich grossen spitzen Flügeln und mittellangen Beinen, meist 3zehig. Der grosse Kopf mit kürzerem ziemlich hohen Schnabel. Lassen ihre pfeifende Stimme bei gewitterschwüler Luft erschallen. Bewohnen wasserreiche Gegenden vornehm- lich des Nordens, nisten in einfachen Vertiefungen (Nestflüchter) und leben von Insekten. Zugvögel. Ch. pluvialis L., auratus Suck., Goldregenpfeifer. Bewohner der Tundra Ch. (Eudromias) morinellus L. , auf Hochgebirgen. Ch. (Aegialtes) hiaticula Blas. Keys, und minor Boie, Flussregenpfeifer, in Deutschland. Ch. can- tiamis Boie {albifrons), Europ. Küsten. 3. Unterf. Vanellidae, Kiebitze. Mit massig starkem Schnabel, ziemlich hohen Läufen und meist 4zeliigen Füssen. Zuweilen mit Federhaube und Sporen am Flügel. Scheue, wachsame Vögel, die meist sumpfiges Terrain, seltener Steppen bewohnen. Vanellus L. Schnabel schlank, vorn bauchig gewölbt. Flügel stumpf. Kopf mit Federhaube. Vornehmlich Bewohner von Marschen. V. cristatus M., Deutsch- land und Holland. Zugvogel, der schon vor Ausgang des Winters zurückkelu-t. Bei Hoploptents findet sich ein Flügelsporn. H. spinosits Bp. , Sporenkiebitz, Egypten. Squatarola helvetica Gray, Chaetusia gregaria Bp. u. z. a. 4. Unterf. Haematopodinae. Schnabel ungefähr so lang oder länger als der Kopf, comprimirt. Die Hinterzehe kann fehlen. Flügel spitz, die erste Schwungfeder am längsten. Strandvögel. Strepsilas 111. Schnabel kürzer als der Lauf, mit ziemlich grader vorn auf- gebogener Firste. Lauf kurz , kräftig. Vorderzehen ohne Bindehaut , Hinterzehe zielmich gross, den Boden berührend. Schwanz abgerundet. St. interpres IlL, Steinwälzer. Kosmopolit am Strande des Meeres. Zugvogel. Scolopacidae. 1073 Haematopus L. Schnabel länger als der Kopf, stark comprimirt, vorn keil- förmig. Füsse dreizehig, mit gehefteten Zehen. Schwanz kurz, gerade abgestutzt, H. ostralegus L. , Austernfischer. Pluvianellus Horabr. Jacq. 2. Farn. Scolopacidae, Schnepfenvögel. Kopf mittelgross, stark gewölbt, mit langem dünnen und meist weichem von nervenreicher Haut überkleideten Schnabel. Beine meist schwach und schlank. Die Vorderzehen geheftet oder mit kurzen Schwimmhäuten. Die Hinterzehe ist klein oder fehlt. Die spitzen Flügel reichen bis zum Schwanzende, die vordere Schwungfeder am längsten. Bewohnen feuchte und sumpfige Orte vornehmlich der nördlichen und gemässigten Klimate und leben während der Brutzeit paarweise, sonst meist gesellig. 1. ünterf. Totaninae, Wasserläufer. Vermitteln den Uebergang von Strandläufern und Schnepfen. Körperform leicht, zierlich, mit mittellangem Hals und relativ kleinem Kopf, dessen Schnabel bis zur Mitte hin weich, an der Spitze aber hornig und hart ist. Am Schnabel fehlt noch der Tastapparat der echten Schnepfen. Bewohnen die Ufer fliessender und stehender Gewässer, sind Zugvögel und schliessen sich oft Flügen fremder Vogelarten an. Waten in das Wasser hinein. Totanus Bechst, Schnabel ziemlich lang, zuweilen an der Spitze aufwärts gekrümmt. Die Nasenfurche reicht bis zur Mitte des Schnabels. Zehen halb oder ganz geheftet. T. (Actitis) hypoleucos Temra. , Sandpfeifer. Allgemein verbreitet. Baut ein einfaches Nest im Gebüsch. T. glottis Bechst., Regenschnepfe. Im Norden der alten Welt. T. ochropus Temm., T. stagnalis Temm., T. ealidris Bechst., T. fuscus Leisl., T. glareola Temm. Limosa Briss., Pfuhlschnecke. Körper gross, kräftig, mit sehr langem, bald geradem, bald aufwärts gebogenem biegsamen Schnabel, an welchem die Nasen- furche bis zur Spitze reicht. L. rufa Briss., Sumpfwater. Brütet in Nordeuropa und Nordasien. Himantopus Briss., Storchschnepfe, Strandreuter. Schnabel lang, dünn und schwach. Beine sehr lang, mit nur Szehigem halbgehefteten Fuss. H. rufipes Bechst., Südeuropa, Nordafrika und Mittelasien. Becurvirostra L. , Säbelschnabler. Schnabel lang und schwach, platt und aufwärts gekrümmt. Beine hoch mit halben Schwimmfüssen , deren Hinterzehe zuweilen verkümmert. jR. avocetta L., Avocette, KüstenläiuTer Europas. 2. ünterf. Tringinae , Strandläufer. Schnabel mindestens so lang als der Kopf, schwach und biegsam, am Rande verbreitert. Beine ziemlich lang, mit drei langen, zuweilen vollkommen getrennten Vorderzehen, meist mit kleiner Hinter- zehe. Harmlose gesellige Vögel, die am Meeresgestade uud Flussufer leben und hier auf dem Boden ihr einfaches Nest bauen. Ziehen in der Abend- und Morgen- dämmerung und Nachts. Calidris 111. Fuss ohne Hinterzehe. Vorderzehen fast ganz getrennt. C. arenaria Hl. Von Lerchengrösse. Lebt zur Brutzeit paarweise hoch im Norden Europas, überwintert im Süden Europas in grossen Zügen vereint. Trivga L. Schnabel gerade , am Ende breit und flach , Fuss 4zehig , Zehen frei. T. cinerea Gm. Äctodroma minuta Kp., Zwergstrandläufer. Pelidna subar- quata Br., Zwergbrachvogel u. z. a. G. Machetes Cuv. Schnabel so lang als der Kojjf, kürzer als der Lauf, an der Spitze kaum verbreitert. Fuss halb geheftet, 4zehig. M. pugnax Cuv., Kampf- hahn. Das grössere Männchen im Hochzeitskleid sehr verschieden gefärbt, mit Kampfkragen. Leben im Sommer auf sumpfigen Flächen im Norden der alten Welt und sind bekannt durch die Kämpfe der Männchen zur Zeit der Fortpflanzung. Claus, Zoologie 3. Aufl. 68 1074 Herodii =r Ardeidae. Männliche und weibliche Züge wandern getrennt in Keilform und bleiben auch in der Winterherberge abgesondert. Phalaroptis ßriss. Schnabel an der Spitze etwas abwärts gebogen, breit und etwas platt. Fuss niedrig, mit halben Schwimmhäuten und gelappten Zehen. Heimathen als Meeresvögel im hohen Norden der alten und neuen Welt und schwimmen ausserordentlich leicht. Männchen mit 2 Brutflecken, sollen allein brüten. Ph. hyperboreus Lath., Ph. rufus Bechst., Finmarken, Grönland. 3. Unterf. Scolopacinae, Schnepfen. Der weiche Schnabel viel länger als der hochstirnige Kopf, mit gefurchter Firste. Spitze des Oberschnabels verdickt, über die des Unterschnabels gebogen. Leib verhältnissmässig kurz, kräftig. Be- wohner der nördlichen und gemässigten Gegenden, die einen von feuchten Wal- dungen, die anderen von Sümpfen. Dämmerungsvögel. Ziehen vereinzelt. Bohren mit dem Schnabel im weichen Boden. Limicola Koch., Schnepfenstrandläufer. Leib ziemlich gestreckt mit ver- hältnissmässig kleinem Kopf. Schnabel sanft abwärts gebogen. L. pygmaea L. Brütet im hohen Norden der alten und neuen Welt. Scolopax L. Schnabel stark an der Spitze rund. Beine stämmig kurz , bis auf die Ferse befiedert. Die lange Hinterzehe mit kurzer Kralle. S. rusticola L., Waldschnepfe. Tritt in einer grössern und kleinern (oft als Art unterschiedenen) Varietät auf, im Norden Europas und Asiens. Soll in günstigen Jahren zweimal brüten. Gallinago Leach. Schnabel von bedeutender Länge. Beine mittellang, über der Ferse nackt. Fuss mit ganz getrennten Zehen. Nagel der Hinterzehe lang, gekrümmt. Flügel stark ausgeschnitten. G. media Gray {scolopacina Bp.), Sumpf- schnepfe, Bekassine, Norden Eurojjas und Asiens. Philolimnos Br. Ph. galUnula L., Moorschnepfe, von Lerchengrösse. 4. ünterf. Numeninae, Brachvögel. Bilden den Uebergang zur Ibisgruppe unter den Reihern. Körper schlank mit langem Halse, kleinem Kopfe, langem abwärts gebogenen Schnabel , dessen Spitze hornig ist. Beine hoch , weit über die Ferse hinauf nackt, mit ganz gehefteten Zehen. Nnmenius Möhr. N. arquatus L. , grosser Brachvogel. Brütet im Norden Europas und Asiens, lebt auf der Wanderung auch im mittlem Europa (vornehm- lich auf ausgedehnten Mooren). N. phaeopus L. 3. Farn. Herodii = Ardeidae, Reihervögel. Grosse Stelzvögel mit kräftigem gestreckten Leib, langem Hals und kleinem theil weise nackten Kopf. Schnabel kräftig, ohne Wachshaut, mit scharfen harten Rändern, an der Spitze zuweilen gebogen, selten löfielförmig verbreitert. Die hohen weit über die Ferse hinaus nackten Beine meist mit ganz gehefteten Füssen, deren Hinterzehe den Boden berührt. Leben auf sumpfigen Boden und nähren sich von Mollusken, Insekten und Wirbelthieren , bauen meist auf Bäumen und sind Nesthocker. Werden oft als Ordnung gesondert. 1. Unterf. Ibidinae. Der lange rundliche Schnabel von der Wurzel nach der Spitze zu allmählich verjüngt und sichelförmig gekrümmt. Flügel gross, breit und abgerundet. Theilweise nackt am Hals und Gesicht. Bewohner der warmen, weniger der gemässigten Länder, erstere Strich-, letztere Zugvögel. Leben gesellig und sind vorsichtige kluge Vögel. Falcinelhis Bechst. Lauf vorn getäfelt. Die Flügel decken den kurzen Schwanz. Zweite Schwinge am längsten. Kralle der Mittelzehe kammförmig ge- zähnt. F. igneus Gray, Sichelreiher, Donau-Tiefländer, Südrussland, Italien, Spanien, Afrika etc. Fliegen in einer wellenförmigen Kette. Plataleinae. Cancrominae. Ardeinae. 1075 Ibis Moehr. Gesicht theilweise nackt. Dritte Schwinge am längsten. I. rubra Vieill., Scharlachibis, Mittelamerika. Threskiornis Gray. Lauf vorn und hinten retikulirt. Kopf und Hals nackt. Schulterfedern zerschlissen. Th. religiosa Cuv., der heilige Ibis, verehrt theils wegen der Vertilgung des Ungeziefers, theils wegen seines Erscheinens zur Zeit des steigenden Nils, gewissermassen als Segensbote. Geronticus calvus Wagl., Südafrika. 2. Unterf. Plataleinae, Löffelreiher. Der lange Schnabel vorn stark ab- geplattet und spateiförmig verbreitert, das Ende des Oberschnabels abgerundet, nageiförmig herabgebogen. Die Vorderzehen durch grosse Spannhäute verbunden und stumpf bekrallt. Leben gesellig, auch zur Brutzeit. Platalea L. Kopf befiedert, bloss an der Kehle nackt, mit langem Nacken- schopf. P. leucorodia L. , von Holland bis Mittelindien und Afrika. Ajaja Rehb. Kopf kahl. A. ajaja L., Südamerika u. a. G. 3. Unterf. Cancrominae, Kahnschnäbler. Der kräftige hochbeinige Leib dickhalsig mit grossem breiten und kahnförmig gewölbten Schnabel, dessen Spitze hakig gebogen ist. Balaeniceps Gould. Schnabel gekielt mit stark hakiger Spitze und leder- artiger Haut zwischen den Unterschnabelästen. Am Hinterkopf ein kurzer Feder- schopf. Flügel breit und lang. B. rex Gould., lebt gesellig auf sumpfigen Distrikten des weissen Nils von Fischen. Brütet während der Regenmonate in einem einfachen Nest auf dem Boden. Cancroma L. Körperform einem Nachtreiher ähnlich. Schnabel flach gewölbt mit stumpfkantiger Firste und hakiger Spitze. C. cochlearia L., bewohnt waldige Flussufer Brasiliens und lebt von kleinen Wasserthieren. 4. Unterf. Ardeinae. Leib mehr oder minder gestreckt, mit langem Hals. Der kleine Kopf meist mit Federbusch im Nacken und langem starken, seitlich comprimirtem scharfkantigen Schnabel. Die hohen Beine mit langzehigem scharf- bekrallten Fuss. Flügel lang und breit, aber meist stumpf. Meist sind 3te bis 5te Schwinge am längsten. Tückische zanksüchtige Vögel, in zahlreichen Arten über alle Länder, den hohen Norden ausgenommen, verbreitet Bauen ihre grossen Nester meist im Röhricht und auf Weiden. Nycticorax Steph., Nachtreiher. Leib gedrungen, mit kurzem dicken, an der Firste gebogenem Schnabel, mittelhohen Füssen und breiten Schwingen. Jagen in der Dämmerung und Nacht. N. griseus Strickl., bewohnt vornehmlich die Donau- tiefländer und Holland, vereinzelt Deutschland und überwintert in Egypten. Ardetta Bp., Zwergrohrdommel. A. minuta L., von Holland, auch Deutschland bis nach Spanien und Griechenland verbreitet. Botaurus Steph. Leib gedrungen mit dickem Hals, hohem Schnabel, fast bis zur Ferse befiedertem Schienbein, ohne Federbusch. B. stellaris L., Rohr- dommel. Von Holland zu den Donautiefländern bis Mittelsibirien verbreitet, lebt im Röhricht von Seen und Teichen, lässt seine dvimpfe Stimme ertönen und über- wintert in Afrika. Eurypyga 111., führt zu den Ralliden hin. E. Helias, Sonnen- reiher, Guiana. Ardea L. Leib schmächtig gestreckt mit langem Hals, sehr langem Schnabel und Federschopf im Nacken, A. cinerea L. , bewohnt, den hohen Norden aus- genommen, fast alle Länder der alten Welt und brütet wie alle Reihe gern in gemeinsamen Ansiedelungen. A. Goliath, Riesenreiher, Mittelafrika. A. purpurea L., Südeuropa. Herodias Boie, Schmucki-eiher. Mit einigen langen Rückenfedern 68* 1076 Ciconiinae. Gruinae. und weissem Gefieder. H. alba L. = egretta Bechst,, Silberreiher, Südosteuropa, gelegentlich in Deutschland. H. garzetta L., kleiner Seidenreiher. Scopus Briss. Sc. umhretta Gm., Schattenvogel, Afrika. 5. Unterf. Ciconiinae, Störche. Von plumpem Körperbau, mit dickem hohen Schnabel und hohen Beinen. Die Vorderzehen mittelst grosser Spannhaut verbunden, aber kurz und stumpf bekrallt. Oft finden sich nackte Stellen an Kopf und Hals. Leben besonders in ebenen wasserreichen Gegenden und Waldungen, haben keine Stimme, klappern aber mit dem Schnabel. Bauen grosse Nester aus dürren Reisern meist auf hohen Bäumen. Ciconia L. Der lange kegelförmige Schnabel mit scharfen eingezogenen Rändern. 3te bis 5te Schwinge am längsten. C. alba L., Storch. Schmutzigweiss mit schwarzen Schwingen, rothem Schnabel und Beinen, von Norddeutschland bis zur Türkei verbreitet. Zieht in grossen Schaaren in das Winterquartier. C. nigra. Sphenorhynchus Hempr., Melanopelargus Rehb. Mycteria L., Sattelstorch. Der lange Schnabel oben wenig, unten stark auf- wärts gebogen, zuweilen mit sattelförmiger Wachshaut. Lauf sehr lang. Die zweite und dritte Flügelschwinge am längsten. Bewohnen vornehmlich Afrika, auch Südamerika. M. senegalensis , Riesenstorch. 31. americana L., Südamerika. Leptoptihts Less., Marabu. Mit vierseitigem , vorn keilförmig zugespitztem Schnabel, nacktem Kopf und nackter Kehle, an der ein Kehlsack mit Kropf her- abhängt. Vierte Schwinge am längsten. Gefrässige leicht zähmbare Vögel. L. argala Temm. , Ostindien. L. americana L., die lockeren Steissfedern werden als Schmuckfedem benutzt. Anastomiif! Bp. , KlafFschnabel. Der seitlich zusammengedrückte Schnabel klafft in der Mitte seiner Ränder. Flügel gross, breit und zugespitzt, die ersten 3 Schwingen am längsten. Hals und Brust mit schuppigen Federn. Lauf sehr lang. Bewohner von Afrika und Südasien. Ä. lamelligerus Temm., Ostindien. Tantalus L. Der Schnabel am Grunde hoch, vorn leicht abwärts gebogen. Kopf nackt. Flügel lang und spitz. Die 2te und 3te Schwinge am längsten. T. ibis L. , Afrika. T. loculator L. , Südamerika. 6. Unterf. Gruinae, Kraniche. Sehr grosse Vögel mit kleinem Kopf, langem Hals und sehr langen Beinen, mit stumpfrückigem spitzen Schnabel. Hinterzehe kurz und vom Boden erhoben. Nähren sich von Kömern und Pflanzen, auch In- sekten und bewohnen vornehmlich sumpfige und morastige Ebenen der nördlichen gemässigten Klimaten. Vorsichtige kluge gesellige Vögel, ziehen bis zwischen die Wendekreise. Führen zu den Hühnerstelzen hin. Grus L. Schnabel länger als der Kopf, mit spitzem leicht gewölbten Ende. Kopf theilweise nackt. Füsse halbgeheftet. G. cinerea Bechst,, gemeiner Kranich. Bewohnen im Sommer den Norden der alten Welt und sind Zugvögel, die in keil- förmigen Reihen fliegen und ihre Heerstrassen regelmässig einhalten. In unseren Gegenden ziehen sie Ende März und Anfang Oktober durch. Anthropoides Vieill. Schnabel nur kopflang, rund. Kopf ganz befiedert, jederseits mit einem Federschopf am Hinterhaupt. A. virgo L., Jungfemkranich, Südeuropa und Mittelasien. Zieht bis nach Mittelafrika und Südindien. Balaearica Briss., Kronenkranich. Schnabel kegelförmig, kürzer als der Kopf. Kelile und Schnabelbasis mit Karunkeln. Deckfedern des Flügels lang, zerschlissen. Scheitel mit einer Krone borstenähnlicher Federn. B. pavonina Gray, Mittelufrika. Rallidae. 1077 4. Farn. Ballidae, Wasserhühner. Führen theils zu den Schwimmvögeln, theils zu den Hühnervögeln hin. Der Schnabel ist stark, nicht sehr lang, hoch und seitlich comprimirt, mit durchgehenden spalttormigen Nasenlöchern. Flügel kurz, kaum zuweilen die Basis des Schwanzes bedeckend, abgerundet, daher der Flug meist ein schwerfälliger. Auch der Schwanz ist kurz, ebenso die fast bis zur Fussbeuge befiederten Beine. Um so länger aber erscheinen die meist dünnen lang bekrallten Zehen, die bald ganz getrennt sind, bald von gelappten Haut- säumen umzogen werden und im Verein mit der langen dem Boden aufliegenden Hinterzehe dem Körper eine grosse Unterstützungsfläche gewähren. Daher ver- mögen die Thiere so geschickt über die mit Pflanzen bedeckte Wasseroberfläche der Teiche zu laufen. Die meisten leben paarweise auf Sümpfen und Teichen, schwimmen gut, tauchen theilweise und nähren sich omnivor, grossentheils aber von Wasserthieren. Ihr Nest, im Gras oder zwischen schwimmenden Pflanzen und Schilf errichtet, enthält ein zahlreiches Gelege, das von beiden Geschlechtern abwechselnd bebrütet wird. Die ausschlüpfenden Jungen verlassen alsbald das Nest und folgen der Mutter. Die meisten sind Zugvögel und ziehen zur Nachtzeit. 1. Unterf. Ballinae. Schnabel meist so lang oder länger als der Kopf, hoch, aber gerade und ohne nackte Stirnschwiele. Hals und Lauf von mittlerer Länge. Gefieder reich, wasserdicht. Leben theils auf sumpfigen oder feuchten Wiesen und Feldern, theils auf Teichen und Seen, verstehen sich geschickt zwischen den Gegenständen der Umgebung zu verbergen, haben eine laute Stimme, die sie vornehmlich Morgens und Abends erschallen lassen. Leben zur Brutzeit vereinzelt, sonst wohl in kleinen Flügen. Uebergangsformen zu den Schnepfen sind Khyn- chaea Cuv. , Schnepfenralle , Rh. capensis Cuv. (zu den Reihern Eurypyga 111., E. Hellas 111., Sonnenreiher). Ballus Bechst. Schnabel mit umgebogenen Rändern und abgerundeter Firste. Schwanz kurz, von den Flügeln überragt, dritte Schwinge am längsten, Männchen grösser und lebhafter gefärbt. B. aq^uaticus L., Wasserralle, Nord- und Mitteleuropa bis Mittelasien. Theilweise Standvögel. Aramus Vieill. , Aramides- F., Brasilien u. a. G. Crex Bechst. Mit grossem Kopf und etwas kürzerem starken Schnabel, zweite Schwinge am längsten. Hinterzehe kürzer. Cr. pratensis L. , Wiesen- schnarre oder Wachtelkönig, auf Wiesen und Getreidefeldern Europas, ist mehr Nacht- als Tagvogel und verlässt uns Ende August. Cr. {Ortygometra Leach.), porzana L. , Rohrhuhn, Europa. Hier schliessen sich zahlreiche aussereuropäische Gattungen an. — Farra jacana L. , Amerika. Ocydromus Wagl. , 0. australis Strickl., Neuseeland. 2. Unterf. GalUnulinae, Wasserhühner. Der kürzere aber starke hohe com- presse Schnabel mit nackter Stirnschwiele und kurzer Nasengrube. Dritte und vierte Schwinge meist am längsten. Bewohnen die gemässigten und wärmern Gegenden, laufen minder geschickt als die Rallen, aber schwimmen und tauchen. Porphyrio Briss. , Sultanshuhn. Schnabel sehr hoch und stark , fast von Kopfeslänge, mit breiter Stirnschwiele. P. veterum Gm. {hyacinthinus Temm.), Südeuropa , besonders Sicilien und auf den griech. Inseln , wurde von den Alten gezähmt und in der Nähe der Tempel gehalten. Andere Arten in Afrika und Indien. — Notornis Ow., N. MantelU Gould. , Neuseeland. Tribonyx Du Bus., Apterornis coerulescens Schi., Mascarenen. GalUnula Briss. (Stagnicola Br.). Schnabel kegelförmig comprimirt, mit fein- gezähneltem Rande und Stirnschwiele, mit langen an der Sohle breiten Zehen. Zweite und dritte Schwinge am längsten. C. chloropus Lath., Teichhuhn, bewohnt 1078 3. Ordnung: Gallinacei, Hühnervögel. gesellig schilfreiche Teiche, ist bei uns Zugvogel, im Süden Strich und Strand- vogel. Fulica L. Schnabel höher mit dicker Stirnschwiele. Die Zehen mit Lappen- säumen. Dritte Schwinge am längsten. Steuei-federu fast rudimentär. F. atra L., Blesshuhn. Auf schilfbewachsenen Seen und Teichen Europas. Zugvogel. Podoa surinamensis 111. 5. Farn. Alectoridae, Hühnerstelzen. Vermitteln den Uebergang der Sumpf- vögel zu den Hühnervögeln, indem sie mit den erstem die langen Beine, mit den letztern die Schnabelform und Lebensweise gemeinsam haben. Der kräftige und kurze Schnabel hat eine gewölbte Kuppe und übergreifende Ränder des Ober- schnabels. Die Flügel sind zwar stark, aber kurz und gestatten keinen aus- dauernden und raschen Flug, dienen aber zur Vertheidigung und sind oft mit einem spornartigen Daumennagel bewaffnet. Derartige Vögel {Palamedea chavaria) werden in Amerika gezähmt und den Haushühnern und Gänsen zum Schutze bei- gesellt. Auch die Beine sind kräftig und oft zum raschen Laufen geschickt, sie enden mit kurzen, halb oder ganz gehefteten Zehen und verkümmerter Hinterzehe (nähern sich den Lauffüssen). Sie leben mehr in warmen Ländern auf freien Feldern oder in sumpfigen Gegenden, legen ihre Eier in flache Erdgruben und ernähren sich omnivor von Sämereien, Würmern und Insecten. Otis L. Schnabel kurz, seitlich comprimirt, mit hoher Firste. Flügel spitz. Mit Lauffüssen, deren Zehen kurz geheftet sind und stumpfe Nägel tragen. 0. tarda L. , Trappe. Lebt als Strichvogel in den Feldern im südöstlichen Europa mit 1 oder 2 Weibchen zusammen. 0. tetrax L., mehr im Süden. Eupodotis Less. Zahlreiche andere Trappenarten kommen in Indien und Afrika vor. Bicholoplius 111. Schnabel stark, mit hakig gekrümmter Spitze. Stirnfedern schopfartig verlängert. Beine hoch. 1). cristatus 111., Cariama, in Brasilien, lebt von Eidechsen und Schlangen wie der Stelzgeier in Südafrika. Psophia L. Mit gewölbtem Schnabel und kurzen gerundeten Flügeln. Lauf lang. Hinterzehe kurz. Ps. crepüans L., Trompeten vogel , Südamerika, nördlich des Amazonenstromes. Palamedea L. Schnabel comprimirt, mit zahlreichen schwachen Horn- lamellen. Kopf mit schlankem cylindrischen Hörn. Flügel mit Krallen bewehrt. P. cornuta L. Chauna 111. Kopf ohne Hörn. Ch. chavaria 111., Südamerika. 3. Ordnung: Gallinacei = Rasores, Hühnervögel. Land- und Erdvögel von mittlerer, zum Theil bedeutender Körper- grösse, von gedrungenem Baue, mit kurzen abgerundeten Flügeln, starkem meist gewölbten und an der Spitze herabgebogenen Schnabel und kräftigen Sitzfössen, meist Nestflüchter. Die Hühiiei-artigen Vögel besitzen im Allgemeinen einen gedrun- genen reich befiederten Körper mit kleinem Kopf und kräftigem Schnabel, kurzem oder niittellangem Hals, meist kurzen abgerundeten Flügeln, mittelhohen Beinen und wohlentwickeltcn aus zahlreichen Steuerfedern zusammengesetzten Schwanz. Nicht selten finden sich am Kopfe nackte und schwielige Stellen und grell gefärbte schwcllbare Kämme und Haut- lappen, letztere vornehmlich als Auszeichnungen des männlichen Geschlechts. Körperbau. 1079 Der Schnabel ist in der Regel kurz, breit und hoch und charakterisirt sich sowohl durch die übergreifenden schneidenden Ränder als die herab- gebogene Spitze des gewölbten Oberschnabels. An seiner Basis bleibt er weichhäutig und mit Federn bekleidet, zwischen doncn eine häutige oder knorplige Schuppe als Bedeckung der Nasenlöcher hervortritt. Selten zeigt sich der Schnabel nach Art des Taubenschnabcls verläRgert und verschmächtigt. Das Gefieder der Hühnervögel ist (lerb und straff", nicht selten sciiön gezeichnet und mit weichen metallisch glänzenden Farben geziert. Diese sind vorzugsweise Auszeichnungen des männlichen Geschlechts, das nicht nur durch Körpergrösse , sondern auch durch reichere Farbenpracht sehr auffallend vom weiblichen verschieden ist, auch zuweilen noch einen besondern Schmuck durch die ungewöhnliche Entwicklung der Bürzel- und Deckfedern des Schwanzes erhält. Die Zahl der Steuerfedern erhebt sich meist über 12 und steigt bis 18 und 20. Die Flügel sind in der Regel kurz und abgerundet, mit 10 Hand- schwingen und 12 bis 18 Armschwingen. Daher erscheint der Flug bei den meisten Hühnern schwerfällig und geräuschvoll, nur wenige fliegen andauernd in bedeutender Höhe, schnell und mit geschickten Wendungen (Steppenhühner). Um so krtäftiger gestalten sich die niedrigen oder mittelhohen Beine, die man als das hauptsächliche Be- wegungsorgan der Hühnervögel bezeichnen kann. Dieselben sind meist bis zur Fussbeuge, selten bis zu den Zehen befiedert und enden mit Wandelfüssen oder Sitzfüssen, deren Hinterzehe in einiger Höhe vom Boden eingelenkt ist, zuweilen aber bis auf den Nagel verkümmert. Die stumpfen wenig gebogenen Nägel der langen Vorderzehen erscheinen vornehmlich zum -Scharren tauglich und sollen bei manchen Arten zu bestimmten Jahreszeiten erneuert werden. Oberhalb der Hinterzehe findet sich oft im männlichen Geschlechte am Lauf ein spitzer nach innen gerichteter Sporn, der dem Thiere als Waffe dient. Die Hühner sind fast über die ganze Erde verbreitet und halten sich als Erdvögel vornehmlich auf dem Boden auf, theils in Wäldern, theils auf bebauten Feldern , auf grasreichen Ebenen und Steppen , vom hohen Gebirge an bis zur Meeresküste herab. Weniger zum Fluge, dagegen vorzüglich zum ausdauernden Laufen tauglich, suchen sie ihren Lebensunterhalt auf dem Boden, ernähren sich hauptsächlich von Beeren, Knospen, Körnern und Sämereien, indessen auch von Insekten uud Gewürm; sie bauen auch ihr kunstloses Nest meist auf der flachen Erde oder in niedrigem Gestrüpp , seltener auf hohen Bäumen und legen in dasselbe meist eine grosse Zahl von Eiern. In der Regel lebt der Hahn mit zahlreichen Hennen vereint und kümmert sich weder um Nestbau noch um Brutpflege. Die Jungen verlassen das Ei in ziemlich vorgeschrittener körperUcher Ausbildung, sind aber meist Nestflüchter, indem sie schon vom ersten Tage an der Mutter folgen und selbstständig Futteri auf- 1080 Crypturidae. Penelopidae. nehmen. Die Hühner erweisen sich zum Theil leicht zähmbar und wurden daher sowohl des wohlschmeckenden Heisches als der Eier halber schon seit den ältesten Zeiten als Hausthiere nutzbar gemacht. Vornehmlich waren es die Bewohner der Waldungen SUdasiens, welche von den Cultur- völkern Europas als Hausvögel gezähmt und in zahlreichen Abänderungen gezüchtet wurden. In dieser Hinsicht dürften die Hühner in der Classe der Vögel eine ähnliche Stellung wie die Hufthiere unter den Säugern einnehinen, zumal sie denselben auch in der polygamischen Lebensweise und in der hohen Ausbildung der neugeborenen Jungen sowie in anderen Eigenthümlichkeiten verglichen werden können. 1. Farn. Crypturidae, Steisshühner. Kleine Rallenähnliche Hühnervögel mit sanft gebogenem und gestrecktem Schnabel, langem Halse, ohne oder mit sehr kurzen unter dem Deckgefieder versteckten Steuertedern des Schwanzes. Lauf lang, die Hinterzehe klein oder völlig verkümmert. Sie sind Bewohner Süd- amerikas, halten sich im Dickicht der Wälder, im Gebüsche oder im Gras auf, laufen sehr schnell und scharren auf dem Boden eine Mulde aus, in welche sie ihre zahlreichen schön gefärbten Eier legen. Crypturus 111. {Tinamus Lath.). Steuerfedern fehlen, Hinterzehe bis auf den Nagel verkümmert. Cr. cinereus Lath. Ehynchotus Sp. Jih. rufescens Inambu, Brasilien. Tinamotis Vig., kurze Steuerfedern vorhanden. T. elegans D'Orb., Südamerika. 2. Fam. Penelopidae, Baumhühner. Grosse hochbeinige Baumvögel mit wohlgebildeten Schwingen und langem abgerundeten Schwanz, durch die Bildung des ausstülpbaren Penis an die dreizehigen Strausse sich anschliessend. Der Schnabel mit kuppig gewölbter oder hakig gebogener Spitze trägt wie der theil- weise nackte, mit Hauben, Hautlappen etc. ausgestattete Kopf die Charaktere des Hühnerschnabels, die sehr langen Läufe sind vorn mit doppelten Schilderreihen bekleidet, hinten ohne Sporn. Die Hinterzehe ist keineswegs verkürzt und mit drei Vorderzehen in gleicher Höhe eingelenkt, von denen die mittlere an Grösse bedeutend hervorragt. Sie leben in Monogamie und bewohnen die Waldungen Südamerikas, fliegen schwerfällig und ohne Ausdauer, laufen schnell und halten sich vornehmlich auf Bäumen auf, wo sie auch ihre kunstlosen Nester bauen. Einige werden gezähmt und sind ihres Fleisches halber geschätzt. Crax L. , Hokko. Schnabel hoch, an der Spitze stark gekrümmt, mit zu- sammengedrückter Kuppe. Wachshaut über die Zügel und über einen Höcker auf der Sdinabelwurzel ausgebreitet. Kopf mit kammförmiger Federhaube. Cr. alector L., Hokko. Südamerika. Urax Cuv. , Helmhuhn. Schnabel kürzer mit kurzer Wachshaut. An der Schnabelbasis erhebt sich ein die Stirn überragender horniger Höcker. U. pauxi L., U. galeata Cav., Mexiko. Oreophasis Gray. Schnabel gestreckt, th eilweise seidenartig mit Federn be- kleidet, mit Stirnhorn. 0. Derhyanus Gray, Guatemala. Penelope L. , Jaku. Schnabel schlank, ohne Wachshaut, Zügel und Kehle nackt. P. cristata Gm., Brasilien. Meleagris L. Schnabel kurz, oben gewölbt. Fleischlappen an der Kehle und am Grunde des Oberschnabels. Schwanz breit, aufrichtbar. M. mexicana Gould., Stammform des M. gallopavo. Hier schliessen sich vielleicht am besten die Schopfhühner, Opisthocomidae Megapodiitlae. Phasianidae. 1081 an, mit nackter Zügel-, "Wangen- und Kehlgegend. Opisthocomus cristatus 111., -Brasilien, stinkt nach frischem Dünger. 3. Farn. Megapodiidae , Fusshühner. Hochbeinige Hühner von mittlerer Grösse, mit kurzem breiten Schwanz und grossen stark bekrallten Wandelfüssen, deren lange Hinterzehe in gleicher Höhe mit den Vorderzehen eingelenkt ist. Der kleine Kopf, sowie Hals und Kehle bleiben theil weise nackt. Sie bewohnen Neu- holland , Oceanien , das ostindische Inselgebiet und bekümmern sich nicht um ihre Brut, indem sie die ungewöhnlich grossen Eier in einem mit Blättern unter- mischten Erdhaufen einscharren, in welchem durch Gährung der Pflanzenstoffe die nöthige Brutwärme erzeugt wird. Das Junge verlässt das Ei mit vollständiger Befiederung und ernährt sich alsbald ohne Hülfe der Eltern. Megacephalon Temm. Kopf mit grossem nackten Höcker, welcher sich bis über die Nasenöfihungen fortsetzt. M. maleo Temm., Maleo, auf Celebes. M. ocellata Temm. Catheturus Latami Gray, Neu Süd-Wales. Talegallus Less., mit 3 Arten. Megapodius Quoy Gaira., tumnlus, Fusshuhn, im nordöstlichen Neuholland. 4. Fam. Phasianidae'), echte Hühner. Der theilweise, besonders in der Wangengegend unbefiederte Kopf ist häufig mit gefärbten Kämmen oder Haut- lappen oder Federbüschen geziert und besitzt einen mittellangen stark gewölbten Schnabel mit kuppig herabgebogener Spitze. Die mittellangen abgerundeten Flügel oft mit verlängerten Armschwingen. Der lange oft verbreiterte Schwanz enthält eine grosse Zahl von Steuerfedern und im männlichen Geschlecht oft lange in eigenthümlicher Haltung getragene Deckfedern. Die kräftigen Sitzfüsse sind mit Scharrkrallen bewaffnet und tragen eine schwache etwas höher eingelenkte Hinterzehe, über welcher sich im männlichen Geschlecht ein starker Sporn erhebt. Beide Geschlechter sind auffallend verschieden, das männliche grösser und reicher geschmückt. Bewohner der alten Welt. Gallus Briss. Mit gezacktem Scheitelkamm und einem oder zwei herab- hängenden Hautlappen am Unterkiefer. Schwanz dachförmig, mit 14 Steuerfedern, zu denen beim Männchen grosse sichelförmig herabhängende Deckfedern hinzu- kommen. G. bankiva Temm., Bankivahahn, mit goldgelben Halsfedern, in den Wäldern der Sunda-Inseln. G. varius Gray, Java. Lophophorus Temm., Glanzfasan. Mit kurzem und breitem abgerundeten Schwanz. L. refulgem Temm., im Hochgebirge des Himalaya. Phasianus L. Ohne Scheitelkamm und Kehllappen, mit nackten warzigen Wangen. Schwanz lang, mit 18 Steuerfedern, die nach der Spitze verschmälert sind. Leben in buschigen Hainen. Ph. colehicus L., gemeiner Fasan, Ph. pictus L., Goldfasan, Ph. (Gallophasis) nycthemerus L. , Silberfasan, China. Euplocamus ignitus Gray, Sumatra. Pavo L., Pfau. Kopf klein, ohne Lappen, mit Federbusch. Die langen mit Augenflecken gezierten Deckfedern des Schwanzes bilden den prächtigen aufricht- baren Schweif des Männchens. P. cristatus L. Polyplectron Temm. Die Deckfedern des langen dachförmigen Schwanzes erreichen nur die halbe Schwanzlänge. P. bicalcaratum L., Malacca, Sumatra. Argus Temm. Armfedern ausserordentlich verlängert. Der lange dachför- mige Schwanz mit verlängerten Mittelfedern. A. giganteus Temm., Argusfasan, Malacca, Borneo. Numida L. Körper gedrungen , mit theilweise nacktem , Lappenanhänge 1) Elliot, A monograph of the Phasanidae. fol. 1872. 1082 Tetraouidae. Pteroclidae. tragendem Kopf, kurzem Hals und Schwanz. Federn des Rückens und Deckfedern des Schwanzes stark verlängert. N. meleagris L., Perlhuhn, Nordafrika. N, cri- stata Fall,, Südafrika. N. vuUiirina Hdw., Madagascar. 5. Farn. Tetraonidae '), Feldhühner. Der Körper ist gedrungen, der Hals kurz, der Kopf klein und befiedert, höchstens mit einem nackten Streifen über dem Auge. Schnabel kürzer, höher und stärker. Beine niedrig, meist bis auf die Zehen herab befiedert. Schwanz kurz, Fuss mit hoch eingelenkter verkümmerter Hinterzehe, die zuweilen auch vollständig ausfällt. Ebenso fehlt fast immer der Sporn im männlichen Geschlecht, welches oft vom weiblichen nur wenig ver- schieden ist. Sie leben theils in Wäldern, theils in olfenen Feldern, in der Regel gesellig. 1. Unterf. Tetmoninae, Waldhühner. Nasengruben mit kleinen Federn ausgefüllt. Schnabel kurz, an der Basis breit. Flügel von mittlerer Länge. Lauf zuweilen bis zu den Zehen befiedert. Tetrao L., Waldhuhn. Mit stark gewölbtem herabgebogenen Schnabel, rothem schwieligen Streif über dem Auge und befiederten Läufen. Zehen mit Horn- schildern und Federfranzen am Rande. Leben in bewaldeten Gegenden. T. uro- gallus L., Auerhahn. Einer der grössten Landvögel Deutschlands, bewohnt vor- zugsweise Nadelholzwaldungen in Gebirgsgegenden des östlichen Europas und Asiens, fliegt schwerfällig mit ungeheuerem Geräusch und ernährt sich von Baum- knospen, Beeren und Tannennadeln. T. (Lyrurus) tetrix L., Birkhuhn, in gebir- gigen mit Wiesen abwechselnden Waldungen. Bastarde zwischen beiden Arten als T. medius Meyer bekannt. T. (Bonasa) bonasia L. , Haushuhn, lebt in Mono- gamie. T. cupido Gm., Prairiehuhn, Nordamerika u. a. amerik. Ax'ten. Lagoptis Vieill., Schneehuhn. Beine bis an die Zehenspitze befiedert. Die Farbe des Gefieders wechselt nach der Jahreszeit nnd ist im Winter weiss. Leben in Monogamie. L. albus Vieill., Moosschneehuhn, in Skandinavien. L. alpinus Nilss., Felsen- oder Alpenschneehuhn. Perdicinae, Feldhühner. Nasengrube nackt. Schnabel kurz und dick, com- primirt. Läufe lang, unbefiedert, vorn beschildert, selten mit Sporen. Ferdix HL, Feldhuhn. Sind Stand- und Strichvögel der gemässigten und wärmern Zonen, leben auf freien Feldern, ausser der Brutzeit oft kettenweise ver- gesellschaftet, aber stets in Monogamie. P. cinerea Briss., Rebhuhn. P. (Caccabis) saxatiUs M. W., Steinhuhn, mit schwieligen Läufen, bewohnt steinige und felsige Gegenden der Schweiz, Tyrols und Italiens. P. rubra Temm., Rothhuhn, vertritt in t idwesteuropa das Steinhuhn. P. francoUnusL. -=. Francolinus vulgaris Steph., Frankolinhuhn. Mit längerm Schnabel und höherm im männlichen Geschlechte bespornten Fuss, Südeuropa, Afrika. Coturnix dactylisonans Meyer, Wachtel. Von geringer Grösse mit längern spitzen Flügeln, lebt in Polygamie und ist Zugvogel. Ortyx virginianus Gould., Nordamerika. Gyrtonyx massena Gould. u. a. amerikanische Formen. 6. Farn. Pteroclidae, Flughühner. Kleine Hühner mit kleinem Kopf, kurzem Schnabel, niedrigen schwachen Beinen, langen spitzen Flügeln und keilförmigem Schwanz. Lauf kurz, meist befiedert. Die kurzzehigeu Füsse mit hochsitzender stamm eiförmiger Hinterzehe , oder ohne die letztern. Sie fliegen schell und aus- dauernd, laufen dagegen schlecht und leben auf dürren Steppen und sandigen Ebenen, deren Färbung das Gefieder wiederholt. 1) Elliot, A monograph of the Tetraoninae, New-York. 1865. Gould, A monograph of the Odontophorinae. London. 1840. 4. Ordnung: Columbinae, Tauben. 1083 Pterocles Temm. , Steppenhuhn. Mit rudimentärer Hinterzehe. Pt. arenariiis Temm. , Gangaflughuhn. Ft. alchata Gray, in Kleinasien und Afrika, aber auch im südlichen Europa. Syrrhaptes 111., Fausthuhn. Mit ringsum befiedertem Lauf und verwachsenen befiederten Zehen, ohne Hinterzehe. S. paradoxus Fall., in den Steppen der Tartarei, seit einigen Jahren im nördlichen Deutschland. Hier schliesst sich die Gattung Turnix Vieill. an. 4. Ordnung: Columbinae'), Tauben. Nesthocker mit schwachem iveichhäutigen in der Umgehung der Nasenöjfnungen blasig aufgetriebenen Schnabel, tnit mittellangen zu- gespitzten Flügeln und niedrigen Spaltfüssen mit aufliegender Hinterzehe. Die Tauben schliessen sich am nächsten den Hühnern und unter diesen den Wtistenhühnern an, zeigen indessen in Körperbau, Lebens- weise und Fortplianzung ^Yesentliche Eigenthümlichkeiten , welche die Trennung von jener Ordnung rechtfertigen. Sie sind Vögel von mittlerer Grösse mit kleinem Kopf, kurzem Hals und niedrigen Beinen. Der Schnabel ist länger als bei den Hühner, aber weit schwächer, höher als breit und an der hornigen etwas aufgeworfenen Spitze sanft gebogen. An der Basis des Schnabels erscheint die schuppige Decke der Nasen- ötfnungen bauchig aufgetrieben, nackt und weichhäutig. Die Flügel sind nur massig lang, aber zugespitzt, mit 10 Handschwingen und befähigen zu einem ebenso raschen als gewandten Fluge. Der schwach gerundete Schwanz enthält in der Kegel 12, selten 14 oder 16 Steuerfedern. Das straffe, schön gefärbte Gefieder liegt dem Körper glatt an und zeigt sich nach dem Geschlechte kaum verschieden. Die niedrigen Beine sind wohl zum Gehen, aber nicht zum schnellen und anhaltenden Laufe tauglich und enden mit Spaltfüssen oder Wandelfüssen, deren wohl ent- wickelte Hinterzehe dem Boden aufliegt. Der Lauf ist an der Vorder- seite getäfelt, an der hintern Fläche gekörnt oder netzähnlich gefeldert. Anatomisch weichen die Tauben von den Hühnervögeln vornehmlich durch die auüällende Kürze der Blinddärme und durch den Besitz eines paarigen Kropfes ab, der zur Brutzeit bei beiden Geschlechtern ein rahmartiges Secret zur Aetzung der Jungen absondert. Ueber alle Erd- theile verbreitet (besonders reich zwischen den Wendekreisen auf den Inseln der Südsee), halten sie sich paarweise oder zu Gesellschaften vereint vorzugsweise in Wäldern auf und nähren sich fast ausschliesslich von Körnern und Sämereien. Die im Norden lebenden Arten sind Zug- vögel, die anderen Strich- und Standvögel. Sie leben in Monogamie 1) Temmink et Prevost, Histoire naturelle generale des Pigeons. Tom. I und IL Paris. 1808—1843. C. L. Bonaparte, Iconographie des Pigeons. Paris. 1857. 1084 Columbidae. Didunculidae. und legen zwei , selten drei Eier in ein kunstloses auf Bäumen und im Gebüsch, selten auf dem flachen Erdboden aus dürren Reisern etc. auf- gebautes Nest. Am Brutgeschäft betheihgen sich beide Geschlechter. Die Jungen verlassen das Ei fast ganz nackt uud mit geschlossenen Augenlidern und bedürfen als Nesthocker geraume Zeit hindurch der mütterlichen Pflege. 1. Farn. Columbidae. Schnabel stets ungezähnt mit glatten Rändern. Lauf ziemlich kurz, meist mit befiederten Fersen. Nur die Kuppe und Spitze des Schnabels hornig. Meist 12 Steuerfedern. Columha L. Schwanz massig lang. Aeussere Zehen am Grunde geheftet. G. livia L., Felstaube, schieferblau mit weissen Flügeldeckfedern und 2 schwarzen Flügel- und Schwauzbinden. Stammform der zahlreichen Rassen der Haustaube. Niatet auf Felsen und Ruinen und ist an den Küsten des Mittelmeeres weit über Europa und Asien verbreitet. C. leuconota Vig. C. (Palumboenas) oenas L., Holz- taube, nistet auf Bäumen u. z. a. A. Palumbus Kp. Schwanz lang, Lauf sehr kurz, Vorderzehen leicht geheftet. P. torquatus Leach. {C. palumbus L.), Ringeltaube, Europa, Asien und Nordafrika. Ectopistes Sws. Schwanz sehr lang, keilförmig. Flügel stark zugespitzt. Kopr klein. E. migratorius L. , Wandertaube , Nordamerika. Macropygia pha- sianella Gould., Neu Süd-Wales. Turtur Slb. Körper klein, zierlich, mit kleinem Kopf, länglichem abgerun- deten Schwanz und nacktem Lauf. T. auritus Bp., Turteltaube, Südeuropä, West- asien und Nordafrika. T. rlsorius Sws., Westasien. Ghamaepelia passerina L. Zenaida Bp. Der kleine kräftige Körper mit starken langen Läufen. Erd- vügel. Z. amabilis B., Amerika nebst z. a. G. u. A. Phaps Gould., Schillertaube. Schnabel kräftig, fast so lang als der Kopf. Schwanz kürzer als die kurzen Flügel, mit 16 Steuerfedern. Ph. chalcoptera Slb., Australien. Chalcophaps indica Gray. Geopelia striata Gray, Java. Galoenas Bp. Die Wachshaut an der Basis des starken Schnabels vor der Stirn kuglig aufgetrieben. Hals und Nackenfedern verlängert. Lauf ziemlich hoch. G. nicobarica Gray. Von den Nicobaren bis über Neuguinea hinaus. Goura Flem. Der grosse hühnerähnliche Körper trägt auf dem Kopf eine Ki-one zerschlissener Federn. Armschwingen länger als die Handschwingen. Schwanz laiig, mit 16 Steuerfedern. G. coronata Flem., Neuguinea, ütidiphaps Gould. 0. uobilis Gould., Neuguinea. Andere Gattungen sind Ptilinopus Sws. Garpophaga Slb., Australien, Molukken. 2. Fam. Didunculidae. Der comprimirte Schnabel am Unterkiefer gezähnt, mit hakig übergreifender Spitze. Didunculus Peale. Lauf stark, 2 Zähne am Unterschnabel, Zehen mit langen kiummen Krallen. D. strigirostris Gould., Samoa- und Schifferinseln. An diese Familie anschliessend hat man die ausgestorbenen Dronten, Ineptae, zu den taubenartigen Vögeln gestellt. Dieselben waren zur Zeit Vasco di Gama's auf einer kleinen Insel an der Ostküste Afrikas und auf den Mascarenen uo.:h häufig, sind aber seit 2 Jahrhunderten aus der Reihe der lebenden Vögel •verschwunden. Soweit wir die Erscheinung des Vogels aus den erhaltenen (in 0:vford und Kopenhagen aufbewahrten) Resten von Schädel, Schnabel und Beinen und aus älteren Beschreibungen, insbesondere nach einem im Britischen Museum 5. OrdnuDg: Scansores, Klettervögel. 1085 aufbewahrten Oelgemälde beurtheilen können, war der Dodo, Didus ineptus L., ein unbeholfener Vogel, grösser als der Schwan, mit zerschlissenem Gefiedci-, kräftigen 4zehigen Scharrfüssen und starkem tiefgespaltenen Schnabel. 5. Ordnung: Scansores, Klettervögel. NesthocJcer mit kräftigem Schnabel, straffem dunenarmen Gefieder und Kletterfüssen. Man vereint in dieser recht künstlich begrenzten Ordnung eine Anzahl verschiedenartiger Vogelgruppen, welche wesentlich nur im Bau der Füsse übereinstimmen und dem entsprechend vornehmlich nur zum Klettern befähigt erscheinen, indess auch in der Art dieser Bewegung mehrfach auseinanderweichen und in mehreren Familien der Gangvögel ihre nächsten Verwandten haben. Bei Trogon und Verwandten sind die erste und zweite Zehe nach vorn, die dritte und vierte nach hinten gestellt. Der Schnabel ist überaus kräftig, bald lang, geradgestreckt und kantig, zum Hämmern und Meissein an Bäumen geeignet (Spechte), bald kurz und hakig herabgekrümmt (Papageien), oder von kolossaler Grösse und mit gezähnten Kanten (Tukan). Die Beine enden mit langzehigen Kletterfüssen, deren Aussenzehe in einigen Fällen als Wende- zehe nach vorn gedreht werden kann, und sind am Laufe selten befiedert, häufiger vorn mit Halbgürteln und Schienen, hinten mit Täfelchen besetzt. Die Flügel bleiben verhältnissraässig kurz und enthalten ziemlich all- gemein 10 Handschwingen, der Schwanz dagegen entwickelt sich häufig zu bedeutender Länge und kommt zuweilen als Stemmschwanz beim Klettern in Verwendung. Es sind lebhafte, leicht bewegliche Vögel, die weniger gut fliegen, als behende an Stämmen oder an Zweigen klettern. Die meisten entbehren eines complicirtern Muskelapparates am untern Kehlkopf und haben eine einfache durchdringende schreiende Stimme, einige aber sind ganz besonders zur Nachahmung complicirter Laute befähigt. Die meisten bewohnen Waldungen, nisten in hohlen Bäumen und nähren sich von Insecten , einzelne aber auch von kleinen Vögeln, andere von Früchten und Pflanzenstoffen. 1. Fam. Bhamphastidae '), Tukane. Rabenähnliche Vögel mit colossalem überaus zahnrandigen Schnabel und fiederspaltiger Hornzunge. Mundwinkel ohne Bartborsten. Das Gefieder zeigt auf schwarzem Grunde besonders an Brust und Kehle grelle Farben. Flügel abgerundet, mit 10 Hand- und 13 Armschwingen. Schwanz lang, keilförmig, mit 10 Steuerfedern. Sie bewohnen die Urwälder Brasiliens und nähren sich von Früchten der Bananen und Guarabäume, wahr- scheinlich aber auch von Eiern, Insekten und selbst jungen Vögeln, sind wenigstens im gezähmten Zustande omnivor. 1) J. Gould, A monograph o£ the Ehamphastidae. London. 1854. 1086 Galbulidae, Trogonidae Bucconidae. Cuculidae. EJiamphasfus L. Schnabelgrund höher und breiter als der Kopf, mit ver- borgenen Nasenlöchern. B. toco L. Pteroglossus 111. Schnabel kleiner mit sichtbaren Nasenlöchern. Pt. Aracari 111., Arassari. Pt. Gouldii Natt. 2. Fam. Galbulidae Gray, Glanzvogel. Mit langem geraden vierkantigen Schnabel, dessen Basis von Borsten umstellt wird. Flügel abgerundet, Schwanz meist lang. Läufe sehr kurz und meist befiedert. Die Innenzehe kann fehlen. Gefieder meist metallisch glänzend. Südamerikanisch. Galhida Moehr. Schnabel an der Firste und Dillenkante gekielt. G. viridis Lath., Südamerika. Urogalba paradisea Lath , Brachygalha albiventris Bp , Jaca- merops grandis Cuv. , Guiana. 3. Fam. Trogonidae ' ). Schnabel kurz und stark , mit meist gezähnten Rändern und weiter Mundspalte, mit Borsten am Mundwinkel. Flügel kurz, ab- gerundet, Schwanz lang. An den kurzläufigen Füssen sind erste und zweite Zehe nach vorn, dritte und vierte nach hinten gerichtet. Gefieder der Männchen mit metallischem Glanz. Trogon Moehr. Schnabel mit stark gekrümmter Firste. Läufe ganz befiedert. T. curucui L. , Brasilien. Harpactes fasciatus Gm. , Ceylon. Priotelus albicollis Gould. Hapaloderma marina Le Vaill., Südafrika. Cahirus Swains. Schnabelränder ungezähnt. Flügeldecken verlängert. C. resplendens Gould., Centralamerika. 4. Fam. Bucconidae [Cajntonidae) , Bartvögel. Schön gefärbte Vögel der Tropengegenden mit mittellangem , nach der Spitze zu comprimirtem und hier «•ekrümmten Schnabel. Mundwinkel von zahlreichen steifen Borsten umstellt. Schwanz mittellang, mit geradem oder abgerundetem Hinterende. Bitcco Cuv. Schnabel kegelförmig gerade , mit stark-hakiger Spitze , höher als breit. JB. collaris Lath., Brasilien. B. macrorhyncJms Gm., Südamerika. B. nibecula Spix. Malacoptila Gray. Schnabel ohne Endhaken. M. fusca Gm., Süd- amerika. Megalaema Gray. Scnabel lang comprimirt, mit langen Bartborsten. M. grandis Gm., Indien. Pogonias 111. Oberschnabel jederseits mit 1 oder 2 Zähnen. P. dubitis Gm., Afrika. Tetragonops Jard., Trachyphonus Ranz. u. a. G. 5. Fam. Cuculidae, Kukuke. Mit langem sanftgebogenen an der Spitze zu- weilen ausgerandeten tiefgespaltenen Schnabel, mit langen spitzen Flügeln, keil- förmigem zugespitzten Schwanz und Wendezehe. Sind scheue, vereinzelt lebende Waldvögel von trefflichem Fluge und ernähren sich von Insecten, insbesondere von Bärenraupen, deren Haare in den Magenwandungen festhaften, verschmähen aber aber auch nicht kleinere Wirbelthiere. Vornehmlich in der alten Welt (Afrika und Ostindien) verbreitet, sind die Arten der gemässigten und kalten Gegenden Zugvögel. Einige bauen ein Nest in hohlen Bäumen, andere und unter diesen der europäische Kukuk legen ihre Eier in langen Zwischenräumen und einzeln in die Nester kleiner Singvögel ab und überlassen den Pflegeeltern die Erziehung ihrer Jungen. Cuculus L. Schnabel schlank, leicht gebogen, die runden Nasenlöcher von schlanker Haut umgeben. C. canorus L. , europäischer Kukuk, sperberartig, mit gewelltem Gefieder. Coccystes glandarius L., Heherkukuk, im südlichen Europa 1) J. Gould, A monograph of the Trogonidae. 2 Ed. 1858—1869. Musophagidae. Picidae. 1087 und in Afrika, legt sein Ei in das Nest der Nebelkrähe und Elster. Chrysococcvx chalcites 111. , Goldkukuk , in Südafrika , überträgt sein Ei (wie auch die übrigen Arten) mit dem Schnabel in das Nest eines Insekten vogel. Scythrops novae Hol- landiae Lath. Coccygus americanus Bp., in Nordamerika, brütet selbstständig, Biflopterus guira L., Brasilien, Indicator minor Cuv. , Honigkukuk, in Afrika. Phönicophaes pyrrhocephahis Forst., Ceylon. Saurothera viatica Lichtenst,, Eidechsenkukuk, auf Jamaika. Crotophaga L,, Madenfresser, mit hohem com- pressen Schnabel, im südlichen Amerika. Cr, major L,, ani L., beide in Brasilien. Centropus aegyptiiis L,, Spornkukuk. 6, Farn. Musophagidae. Vom Habitus der Hühnervögel, mit kräftigem hohen am Rande gezähnten und auf der Firste gekielten Schnabel. Die Beine mit langen getäfelten Läufen, Die äussere Zehe ist eine Wendezehe, Flüo-ol mittellang, Schwanz breit und lang, mit 10 Steuerfedern, Bewohner Afrikas welche von Früchten leben und in Baumhöhlen nisten, Corythaix 111. Kopf mit beweglicher Haube, Die Spitze des hohen kurzen stark com])rimirten Schnabels greift über, C. persa L. , Guinea, Musophaga Isert. Schnabelfirste über der Stirn scheibenförmig verbreitert, Aussenzehe unvollständige Wendezehe, M. violacea Isert., Westafrika, Schizorhis africana Lath, Bei Colitis Briss,, der hier sich anschliessen dürfte, ist die Aussen- und Innenzehe Wendezehe. G. capensis Gm,, Afrika, 7, Fam, Picidae^), Spechte, Krättig gebaute Klettervögel mit starkem meisselförmigen vorn zugespitzten Schnabel ohne Wachshaut, mit quergeschildertem Lauf, stark bekrallten Füssen und festem 12 Steuerfedern fassenden Schwanz, Gefieder straff, sehr arm an Dunen, ohne Nestdunenkeid. Die lange und platte hornige Zunge trägt an ihrem Ende pfeilartig kurze Widerhaken und kann in Folge eines eigenthümlichen Mechanismus des Zungenbeines weit vorgeschnellt werden, Di« Zungenbeinhörner reichen in weitem Bogen gekrümmt über den Schädel bis zur Schnabelbasis und werden durch einen besondern Muskelapparat ihrer Scheide zurück bewegt, Sie gleiten dann am Schädel herab und suchen mit starkem Federdruck die Basis des Zungenbeins nach vorn zu treiben. Es sind ungesellige Vögel, die sehr geschickt unter Beihülfe des Stemmschwanzes an Bäumen aufwärts klettern und sich von Insekten ernähi-en, die sie durch kräftiges Hämmern aus ihren Verstecken, z, B, aus Ritzen der Baumrinde hervortreiben. Auch meisseln sie in morschen Bäumen Löcher aus und benutzen dieselben wie zufällig vorhandene Baumhöhlen als Bruträume, in denen sie einmal jährlich ihre weissen porzellanglänzenden Eier ablegen. Sie gehören allen Welttheilen an, halten sich vornehmlich in Waldungen auf, kommen indessen im Winter als Strich- vögel auch in Gärten, haben eine laute schreiende Stimme. Viele nützen durch Vertilgen schädlicher Insekten, einige richten durch Zerstören von Obst o-rossen Schaden an {Melanerpes). Picus L, Schnabel stark, mit scharfer Firste und Leiste zu der Seite der- selben, mit meisselförmiger Spitze. Schwanz keilförmig, mit steifen Schaftenden der Steuerfedern, P. {Dryocopus) martius L,, Schwarzspecht, Europa und Asien. P. pileatus L,, Nordamerika. P. (Campophilus) principalis Gray, Centralamerika. P. (Dendrocopus) leuconotus Bechst. , Nordöstl, Europa. P. major L., P. medius L,, P, (Piculus) minor L., Buntspechte Europas, P, (Apternus) tridacty- 1) Mal herbe, Monographie des Picidäes, 4 Bde, 1861—1862. 1088 Psittacidae. lus L. Ohne innere Hinterzehe, Nordeuropa und Asien. P. (Sphyrapicus) varius L., Nordamerika, Cuba. P. {Gecinus) viridis L., Grünspecht, P. canus Gm., Grausiecht, beide in Europa. P. (MeZa«e?-pes) tor^wa^ws Sws., Nordamerika. Colaptes ^ws. C. auratus Sws., Goldspecht, Nordamerika. C. arator Cuv. , Cap. Picumnus Temm. Schnabel höchstens so lang als der Kopf, kegelförmig comprimirt. Schwanz kurz, mit weichen Steuerfedern. P. {Picumnoides) ahnormis Temm., Java, Indischer Archipel. P. cirratus Temm., Brasilien. lynx L. Schnabel kegelförmig, spitz, kürzer als der Kopf. Gefieder locker und weich. Zunge ohne Widerhaken. Schwanz abgerundet, mit biegsamen Steuer- federn. I. torquilla L., Wendehals. Von Europa bis Asien und Nordafrika verbreitet. 8. Farn. Psittacidae'), Papageien. Klettervögel der wärmern Klimate, mit dickem, stark gekrümmtem Schnabel, fleischiger Zunge und kräftigen kurzläufigen Beinen, deren paarzehige Füsse handartig zum Ergreifen der Nahrung benutzt werden. Der gezähnte Oberschnabel wird an seiner mit dem Stirnbein gelenkig verbundenen Wurzel von einer Wachshaut bedeckt und greift mit langer haken- förmiger Spitze über den kurzen und breit abgestutzten Unterschnabel über. Schienen bis zur Ferse befiedert. Lauf netzförmig getäfelt. Das lebhaft gefärbte Gefieder enthält oft sog. Staubdunen, deren Enden abgestossen werden und den Puderbeleg der Haut veranlassen. Flügel mit 10 Handschwingen, Schwanz stets mit 10 Steuerfedern. Es sind überaus bewegliche und geistig hoch begabte Vögel, welche unterschiedlich, theilweise sehr geschickt, theilweise langsam und schwer- fällig fliegen, aber unter Beihülfe ihres Schnabels überaus sicher und behende von Zweig zu Zweig klettern. Hinsichtlich dieser Eigenschaften sind sie gewisser- massen die Aöen unter den Vögeln. Ihre Sinneswerkzeuge sind vortrefflich ent- wickelt, sie besitzen ein treffliches Gedächtniss, sind gelehrig und leicht zähmbar. Dazu kommt, dass ihre stark schreiende Stimme überaus bildsam und zur Nach- ahmung verschiedenartiger Laute selbst der menschlichen Stimme überaus befähigt ist. Sie halten sich vorzugsweise in Waldungen der Tropengegenden auf, leben in Gesellschaften vereinigt und nähren sich von Früchten und Sämereien, aber auch von animalen Stoft'en. (Einige Arten mit Pinselzungen geniessen auch Honig). Sie bauen in Baumlöchern oder in Höhlungen von Felsen, zuweilen (Erdpapageien) auf der Erde, legen meist nur 2, seltener 3 oder 4 Eier in das Nest und lieben auch zur Brutzeit die Geselligkeit. Die meisten gehören Amerika, viele auch den Molukken und Australien an. Aermer an Papageien sind Polynesien, Neuseeland und Afrika. 1. Subf. Plictolophinae , Cacadus. Kopf meist mit beweglicher Scheitel- haube. Schnabel sehr stark comprimirt, so hoch als lang. Oberschnabel mit tiefer Ausbuchtung und queren Leisten hinter der Spitze. Flügel lang bis zur Hälfte des Schwanzes reichend. Dieser kurz und breit. PUctolophus Vig. PI. leucocephalus Less. , goldschöpfiger Cacadu. PI. san- guineus Gould. , Nordaustralien. Nymphicus Novae Hollandiae Gray. Nasiterna Wagl. Schnabel kurz dick, viel höher als lang. Flügel lang, spitz. Schwanz kurz, kaum halb so lang als der Flügel. Zehen auffallend lang und dünn. N. pygmaea Quoy Gaim., 3" lang, Neuguinea. Calyptorhynchus Vig. Horsf. Schnabel an der Basis dick, mit gekielter Firste, ohne Feilkerben. Schwanz lang abgerundet. C. galeatus Lath., Helmcacadu, Van- Diemensland. 1) 0. Finsch, Die Papageien, monographisch bearbeitet. Leyden. 1867. 6. ürduung: Passeres, Gaugvögel. 1089 Microglossus Geoffr. Schnabel sehr gross, mit weit vorragender dünner Spitze, sperrend. M. aierrimus Wagl., Australien und Neu-Gainea. 2. Subf. Sittacinac -— Platycercinae , Sittiche. Mit massig spitzen selten abgerundeten Flügeln und langem stufigen Keilschwanz. Sittace Wagl. (Ära Briss. = Macrocercus Vieill.). Schnabel sehr gross, mit stark überhängender Spitze, mit Zahnausschnitt und Feilkerben. Zügel nackt. Schwanz lang und stufig. S. vülitaris L., Mexico. S. seveia L. , Brasilien. Canuriis Kühl., Keilschwanzsittich. Zügel befiedert. Schnabel kräftig, mit Zahnausschnitt und Feilkerben. Schwanz keilförmig, kürzer als die Flügel. C. smaragdinus Gray, Chile. Palaeornis Vig. Schnabel kräftig mit deutlichem Zahnausschnitt. Die 2 mittlem Federn des langen Keilschwanzes sehr lang. P. Alexandri L. , Ceylon. Melopsittacus Gould. Schnabel mit 2 bis 3 Zähnelungen vor der Spitze. Schwanz lang, abgestuft. M. undulatus Shaw., Wellenpapagei, Australien. Pezoposus 111. Schnabel kurz und dick, ohne Zahnausschnitt. Zügel befiedert. P. foitnosus Lath. , Erdpapagei, Australien. Platycercua Yig. Oberschnabel kurz und kräftig, mit stark gekrümmter Spitze. Schwanz breit stufig. PI. Pennantü Lath., Australien u. a. A. 3. Subf. Psittacinae. Schwanz kurz abgestutzt oder abgerundet. Zügel meist befiedert. Psittacus L. Schnabel mit abgerundeter Firste und stark gekrümmter Spitze. Zügel nackt. Flügel fast so lang als der Schwanz. P. erithaeus L. , Jaci, West- afrika. Eclectus Wagl. u. a. G. Chrysotis Sw. Schnabel mit gefurchter Leiste, stark gebogen. Flügel sehr kurz. Zügel befiedert. Ch. amazonica L. , Ch. festiva L. , Brasilien. Psittacula Kühl. Schnabel hoch, mit kurzer hakiger Spitze, mit Randzahn und Feilkerben. Flügel lang und spitz. Ps. passerina L., Zwergpapagei, Brasilien. Loriculus Blyth. Steuerfedern oft ganz bedeckt von den verlängerten Schwanzfedern. L. galyulus L., Borneo, Sumatra und Süd-Malakka. 4. Subf. Trichoglossinae. Zungenspitze pinselförmig, mit fadigen Horn- papillen. Schnabel von massiger Stärke, ganzrandig, ohne Zähne und Kerben. Lorius Briss. Flügel mit langer Spitze. Schwanz abgerundet. L. garrulus L., Nordöstl. Molukken. Trichoglossus Vig. Schwanz lang, keilförmig. Tr. papuensis L. , Neu- Guinea. Nestor Wagl. N. productus Gould. N. meridionalis L. , Neuseeland. 5. Subf. Strigopinac, Nachtpapageien. Von eulenähnlichem Habitus, mit halben Federschleier. Nasenlöcher frei, mit gewulsteten Rändern. Schwanz ab- gerundet. Strigops Gray. St. habroptilm Gray, Neuseeland. G.Ordnung: Passeres 'j (Insessores) , Gangvögel. Nesthocker mit hornigem der Wachshaut entbehrenden Schnabel, getäfeltem oder gestieltem Laufe, mit Wandel-, Schreit- oder Klammer- füssen, häufig mit Singmuskelapparat. Die Vögel, welche wir in dieser umfangreichen Ordnung zusammen- fassen, haben bei einer geringen Durchschnittsgrösse und einer überaus 1) Wallace, On the arrangement of the families constituting the order Passeres. Ibis. 1874. Claus, Zoologie. 3. Auflage. • 69 1090 1. Gruppe: Levirostres, Leichtschnäbler. verschiedenen Schnabolform ein treffliches Flugvermögen, bewegen sich hüpfend, seltener schreitend auf dem Erdboden und halten sich vorzugs- weise auf Bäumen und im Gesträuch auf. Gewöhnlich werden sie nach dem Besitze eines Singmuskelapparates in zwei Ordnungen gesondert, als Oscines oder Singvögel und Clamatores oder Schreivögel, eine Tren- nung, die um so künstlicher erscheint, als sich in beiden Gruppen die nämlichen Typen der Schnabelforra und gesammten Körpergestaltung wiederholen. Allerdings unterscheiden sich Singvögel und Schreivögel im Allgemeinen durch die Bekleidung des Laufes und die Bildung der Schwingen. Bei den erstem werden die Seitentheile des Laufes fast stets von einer zusammenhängenden Hornschiene verdeckt, während die Schreivögel niemals gestiefelte Läufe aufzuweisen haben; sodann bleiben die Deckfedern an den Flügeln der Singvögel ungemein kurz, ebenso die erste der 10 Handschwingen, welche nicht selten auch vollständig wegfällt. Bei den Schreivögcln dagegen reicht diese Schwinge wenigstens über die halbe Länge der nachfolgenden Handschwingen hinaus. Diese Unterschiede stehen indessen mit dem Vorhandensein oder Mangel eines Singmuskelapparates in gar keiner Innern Beziehung und erscheinen überhaupt als auf zu untergeordnete Merkmale gegründet, als dass bei der Uebereinstimmung zahlreicher Schrei- und Singvögel in der gesammten Erscheinung und Lebensweise eine solche Trennung systematisch zulässig wäre. Auch würden auf Grund einer reichen und wohlausgebildeten Musku- latur des untern Kehlkopfs eine Anzahl von Formen unter den Sängern auf- zunehmen sein, deren Stimme sich wie die der Raben als ein lautes un- angenehmes Geschrei kund gibt. Dagegen führt die Sonderung unserer Vögel nach der Schnabelform zu Abtheilungen, denen mit grösserm Rechte der Werth von bessern Gruppen zugeschrieben werden kann. Die einen und zwar sowohl Sing- als Schreivögel haben einen breitön und flachen, tief gespaltenen Schnabel {Fissirostres} , andere einen grossen verschieden gestaltenen, aber überaus leichten Schnabel [Levirostres), andere (Tetiuirostres) besitzen einen dünnen, pfriemenförmig verlängerten Schnabel, wieder andere (Dentirostres) zeichnen sich durch einen starkem^ seitlich eingekerbten Schnabel aus, endlich gibt es zahlreiche Gangvögel mit starkem kegelförmigen Schnabel, der besonders zum Zerdrücken von Körnern und Sämereien geeignet ist (Conirostres). Die bei weitem meisten Gangvögel leben in Monogamie, oft in Schwärmen und Gesell- schaften vereinigt, viele bauen überaus kunstreich und sind Zugvögel. 1. Gruppe: Levirostres, Leichtschnäbler. Schreivögel mit grossem aber leichtem Schnabel, kurzen schwachen Beinen und Schreitiussen {Syndactylac) oder Spaltfüssen, die wenig zum Klettern, um so mehr aber zum Umklammern von Zweigen geeignet sind. Sie fliegen schnell und gewandt, haben nur eine eintönige schreiende Buceridae. Halcyonidae. Meropidae. 1091 Stimme und nisten meist in Erdlöchern und Baumhöhlungen. Werden von einigen Ornithologen mit mehreren Familien der Klettervögel in einer besondern Ordnung der Coccygomorphen vereinigt. 1. Farn. Buceridae, Nashornvögel. Rabenähnliclie Vögel von bedeutender Grösse, mit colossalem überaus leichten gezähnelten und abwärts gekrümmten Schnabel und hornartigem Aufsatz am Grunde des Oberschnabels. Zügel und andere Theile des Kopfes zuweilen nackt. Schwanz mit 10 oder 12 Steuerfedern. Bewohner der alten Welt. Sie schliessen sich den Ramphastiden an, nähren sich von Früchten, Insekten und kleinern Thieren und nisten in Baumlöchern. Bucorvus Less. {Bucorax Sund.). Der lange gekrümmte Schnabel am Grunde mit offenem längsgefalteten Aufsatz. Läufe länger als die Mittelzehe. B. abyssi- nicus Gm. Buceros L. Schnabel mit hornähnlichem Aufsatz, nach vorn stark comprimirt. Läufe kurz. B. rhinoceros L., Sumatra. B. monoceros Shaw., Ostindien. B. bicor- nis L. , Ostindien und Sumatra. B. galeatus Gm., Sumatra und Borneo u, a. A. Toccus Less. Schnabel ohne eigentliches Hörn. T. erythrorhynchus Bp., Afrika u. a. G. Euryceros Less. Schnabel mit breitem Stirnaufsatz der hochgewölbten Firste. Schwanz mit 12 Steuerfedern. E. Prevostn Less., Madagaskar. 2. Fam. Halcyonidae '), Eisvögel. Mit grossem Kopf und langem gekielten kantigen Schnabel, verhältnissmässig kurzen Flügeln, deren Deckfedern lang sind und kurzem meist 12 Steuerfedern enthaltenden Schwanz. Läufe niedrig, vorn getäfelt, mit Schreitfüssen. Die prächtig gefärbten etwas unförmig gestalteten Vögel leben vereinzelt am Ufer von Flüssen und Bächen und nähren sich vor- nehmlich von grössern Insekten und von Fischen. Mit überaus niedrigen Beinen ausgestattet, meiden sie den Erdboden und halten sich mehr auf Zweigen niedriger Bäume auf, von denen aus sie ihre Beute auflauern. Dagegen tauchen sie sehr geschickt und fliegen pfeilschnell, aber nicht gerade gewandt. Ihre Eier legen sie in Erdhöhlen und Löchern ab und benutzen als Unterlage die Fischgräten ihres Gewölles. Die meisten gehören den wärmern Ländern der östlichen Halbkugel an. Alcedo L. Schnabel lang, gerade, comprimirt. Nasenlöcher von einer befie- derten Schuppe bedeckt. A. ispida L., Europa und Nordafrika. A. cristata L., Cap. A. {Ceryle Boie) rudis L., Afrika. Alcyone Sws. , Innenzahn rudimentär. A. diemensis Gould., Australien. Halcyon Sws. Schnabel am Grunde breiter, ohne Furchen des Oberschnabels. H. cancophraga Lath., Westafrika. Pelargopsls capemis L. Paralcyon Glog. {Dacelo Leach.). Schnabel breit, mit kahnartig erweitertem Unterschnabel. D. gigas Glog., Australien. Tanysiptera Vig. 3. Fam. Meropidae, Bienenfresser, Mit langem sanft abwärts gebogenen und comprimirten Schnabel, buntem Gefieder und sehr schwachen Beinen. Flügel mittellang, zugespitzt, mit langen Deckfedern. Fliegen wie die Schwalben über- aus gewandt und fangen wie diese im Fluge ihre Beute, vornehmlich Bienen und Insekten. Bewohnen die warmen Länder der alten Welt und nisten gesellig in Erdhöhlungen. Merops L. Der lange Schnabel mit langer Dillenkante. Die beiden mittlem Steuerfedern verlängert. M. apiaster L., südl. Europa, Westasien und Nordafrika. 1) Sharpe, A monograph of the Alcedinidae. London. 1868—71. 1092 2. Gruppe: Tenuirostres, Dünnschnäbler. Melittophagus hirundinaceus Rchb., Südafrika. Nyctiornis amictus Sws., indischer Archipel u. a. G. 4. Farn. Coracidae, Racken. Grosse schön gefärbte Vögel, mit scharfran- digem tief gespaltenen und an der Spitze iibergebogenen Schnabel, langen Flügeln und Spaltfüssen. Sie sind scheu und ungesellig und bewohnen vorzugsweise die warmem Gegenden der alten Welt. Coracias L. Schnabel mit leicht gebogener comprimirter Firste. C. garrula L., Blauracke, Mandelkrähe. Bei uns Zugvogel. Eurystomus Vieill. Schnabel kurz und breit, mit starkhakig gebogener Spitze. E. Orientalis Steph. Als besondere Unterfamilie kann man die amerikanischen Sägeracken, deren Schnabelränder gesägt sind, die Gattungen Momotus Lath. {Prionites 111.), Pnoni- rhynchus Sei. u. a. hier anschliessen lassen. 31. hrasiliensis Lath., Peru. 2. Gruppe: Tenuirostres, Dünnsclinäbler. Schreivögel und Singvögel mit dünnem langen Schnabel und Wandel- füssen oder Spaltfüssen mit langer Hinterzehe. Schliessen sich durch die Art ihrer Bewegung theilweise den Klettervögeln an und nähren sich von Insekten. 1. Farn. Upupidae, Wiedehopfe. Schön gefärbte Schreivögel von schlankem Körperbau , mit langem seitlich comprimirten Schnabel , kurzer dreieckiger Zunge und langen stark abgerundeten Flügeln. Werden oft zu den Coccygomorphen gestellt. Upupa L. Schwanz mit 10 Steuerfedern. Kopf grad abgestutzt, mit zwei- reihigem Federbusch. U. epops L., Wiedehopf, bei uns Zugvogel, zieht aus dem Mist der Viehheerden die zur Nahrung dienenden Insekten hervor, daher der Gestank des Vogels. Ist ein schövier und furchtsamer Erdläufer. Irrisor capensisLess. 2. Farn. Trochüidae ' ) , Koübris. Die kleinsten aller Vögel , ohne Sing- muskelapparat, mit buntem metallglänzenden oft prachtvoll schillernden Gefieder und zierlichen Wandel- oder Spaltfüssen. Der lauge und dünne pfriemenförmige, verschieden gebogene Schnabel stellt durch die überragenden Ränder des Ober- schnabels eine Röhre dar, aus der die bis zur Wurzel gespaltene lange Zunge wie bei den Spechten vorgeschnellt werden kann. Flügel lang und spitz, mit meist 10 Handschwingen. Fliegen pfeilschnell und holen schwebend kleine Insekten aus Blüthenkelchen hervor. Sie gehören ausschliesslich Amerika an, die in die ge- mässigten Regionen hineinreichenden Arten sind Strichvögel. Werden neuerdings mit den Caprimulgiden und Cypseliden als Macrochires und Oypselomorphae vereint. lihamphodon Less. Schnabel kräftig, gerade, mit kurzhakiger Spitze und gekerbten Rändern. Flügel fast so lang als der abgerimdete Schwanz. Rh. nae- vius Less. , Brasilien. Polytmus Briss. u. a. G. Phaethornis Sws. Schnabel minder stark, leicht gebogen. Schwanz lang, keilförmig, mit verlängerten Mittelfedern. Ph. supereiliosus Sws., Brasilien. Campylopterus Sws. Schnabel hoch, comprimirt, wenig gebogen. Schwanz breit, rund. C. latipennis Cab. , Guiana. Eupetomena Gould. u. a. G. 1) Leason, Histoire naturelle des oiseaux-mouches. Paris. 1829—33. Gould, A Monograph of the Trochilidae etc. London. 1850—1859. E. Moulsant et JuL et W. Verraux, Essai d'une Classification methodique des Trochilides. Paris. 1866. 3. Gruppe: Fissirustns, Spaltschuäbler. 1093 Lampornis Sws. Schnabel abgeplattet, gebogen, viel länger als der Kopf. Flügel über den Schwanz hinausragend. L. mango Sws., Brasilien. Chrysolampis moschita Gray, Guiana. Heliothrix Boie. Schnabel am Grunde flach und breit, mit pfriemenförmiger Spitze. H. atirita, Guiana. Hi/locharis sapphirina Gray, Brasilien. Trochilus L. Das j)rächtig metallisch schillernde Gefieder mit vergrösserten schlippenähnlichen Kehlfedern (Kehlschild). Schwanz gabiig. Tr. colübris L., Nordamerika. Lophornis magnifica Pp., Brasilien. 8. Fam. Meliphagidae, Honigsauger. Kleine prachtvoll gefärbte Vögel von gedrungenem Körperbau, mit Singmuskelapparat, mit gestrecktem sanft gebogenen Schnabel, hochläufigen Beinen, mittellangen Flügeln und langem Schwanz. Von den 10 Handschwingen ist die erste kurz, kann auch ausfallen. Sie haben eine lange röhrenförmige, an der Spitze gespaltene oder pinselförmige Zunge, mit der sie Insekten aus den Blüthen hervorholen, daneben aber auch Blüthenstaub und Honig verzehren. Die Honigsauger bewohnen vorzugsweise das wärmere Afrika und Asien, auch Australien und halten paarweise nach der Brutzeit auch in kleinen Gesellschaften zusammen. Ihr Nest ist ein kunstreicher Bau und hängt an dürren Zweigen befestigt. Zosterops Vig. Schnabel conisch mit pfriemenförmiger Spitze. Weisser Federring um das Auge. 9 Handschwingen. Z. capensis Sund. Meliphaga Lew. Schnabel schlank und lang, mit langer gekrümmter Dillen- kante. M. auricornis Sws. , Australien. Nectarinia 111. Schnabel lang, gekrümmt, mit fein gekerbten Rändern. Gefieder metallisch glänzend 10 oder 12 Steuerfedern. N. famosa 111., JV. {Oin- nyris Gab. Mit 12 Steuerfedern) splendida Cuv. , Südafrika. Chalcomitra amethy- stina Rchb., Südafrika u. s. a. G. 4. Fam. Certhiadae, Baumläufer. Singvögel mit langem wenig gebogenen Schnabel, spitzer Hornzunge, getäfeltem Lauf und langer scharf bekrallter Hinter- zehe. Flügel mit 10 Handschwingen, von denen die erste kurz bleibt. Schwanz gerade oder keilförmig, zuweilen mit steifen Steuerfedern. Sie klettern wie die Spechte, niemals aber wie die Spechtmeisen kopfabwärt.s und leben einsam oder paarweise in Wäldern und Gärten, wo sie mit dem Schnabel ähnlich wie die Spechte an Bäumen meiseln. Certhia L. Schnabel lang, ohne Borsten. Steuerfedern steif. C familiär is L., Baumläufer. Caulodromus Gray. Tichodroma 111., Mauerläufer, mit weichem biegsamen Schwanz. T, tnurarialYl. 5. Fam. Dendrocolaptidae t= Anabatidae. Schreivögel mit starkem geraden oder gebogenen an der Spitze stets comprimirten Schnabel. Flügel mit 10 Hand- schwingen nnd kurzen Deckfedern, der Bildung des Kehlkopfes nach Traclieophones. Leben in Amerika. Dendrocolaptes picumnus Licht. , Anabates cristatus Spix, Brasilien. Schlzura Desmursii Rchb., Chile. Geositta cunicularia Gray, Patagonien. 3. Gruppe: Fissirostres , Spaltschuäbler. Kleine und mittelgrosse Vögel mit kurzem Hals, plattem Koi3f, flachem tief bis in die Augengegend gespaltenen Schnabel, langen spitzen Flügeln und schwachen Wandelfüssen oder Klammerfüssen. Sie fliegen überaus schnell und gewandt, mit bewunderungswürdiger Ausdauer, 1094 Fissirostres. Hiruudinidae. Cypselidae. Caprimulgidae. fangen ihre Nahrung, insbesondere Fliegen, Netzflügler und Schmetter- linge im Fluge mit geöffnetem Schnabel und leben vornehmlich in wärmern Klimaten. Die Bewohner der gemässigten und nördlicheren Gegenden sind Zugvögel. Bei der Kürze und Schwäche ihrer Beine ver- meiden sie den Erdboden, benutzen dagegen ihre Füsse zum Anklammern auf Mauern etc. Die meisten jagen am Tage, viele in der Dämmerung und Nacht, einige sind im Besitze eines Singniuskelapparats und haben einen lieblich zwitschernden Gesang, andere entbehren desselben und bringen einförmig schrillende Töne hervor. 1. Farn. Hirundinidae, Schwalben. Kleine zierlich gestaltete Singvögel mit breitem dreieckigen an der Spitze zusammengedrückten Schnabel, 9 Handschwingen und langem Gabelschwanz. Sind über alle Erdtheile verbreitet und fertigen als Kleiber ein kunstvolles Nest. Die Europäischen überwintern in Mittelafrika. Hirundo L. Schnabel kurz Sseitig. Lauf nackt. Erste und zweite Schwinge gleich lang. H. rustica L. , Rauchschwalbe. H. [Chelidon Boie. Lauf befiedert) urbica L., Hausschwalbe. H. {Cotyle Boie. Nasenlöcher frei, Schwanz wenig aus- geschnitten, massig lang) riparia L., Uferschwalbe, nistet in selbstgegrabenen Erd- löchern am Ufer. H. rupestris Scop. , Felsenschwalbe, südl. Frankreich. 2. Fam. Cypselidae, Segler. Schwalbenähnliche Schreivögel mit schmalen säbelförmig gebogenen Flügeln, 7 bis 8 Armschwingen, 10 Handschwingen, kurzen befiederten Läufen und stark bekrallten Klammerfüssen, zuweilen mit nach innen gerichteter Innenzehe. Der Schwanz enthält nicht wie bei den echten Schwalben 12, sondern nur 10 Steuerfedern. An den Flügeln fällt der ungemein kurze Ober- arm und der lange Handtheil auf, wodurch sie sich wie auch in der Bildung des Schwanzes den Kolibris nähern. Fliegen meist sehr hoch , überaus schnell und ausdauernd, klettern auch geschickt an Felsen und Mauerwänden empor. Sie bauen ähnlich wie die Schwalben, einige auch als Höhlenbrüter und benutzen ihren klebrigen Speichel zur Verkittung fremden Materiales. Collocalia Gray, Salangane. Lauf nicht befiedert, länger als die Mittelzehe. Schwanz leicht ausgerandet. Mit nach innen gerichteter Innenzehe, berühmt durch die essbaren Nester, zu deren Bau sie ausser Algen das zähe gummiartige Secret ihrer Speicheldrüsen (Subungualis) verwenden. C- esculenta L. , in Ostindien. C. fuciphaga Shaw., verwebt in den Nestbau verschiedene Pflanzentheile. Gypselus 111. Läufe befiedert. C. apus L. , Thurmschwalbe. C. melba L. (alpinus) , Alpenschwalbe. 3. Fam. Caprimulgidae, Nachtschwalben, Ziegenmelker. Schreivögel mit kurzem ungemein fiachen dreieckigen Schnabel, von Lerchen- bis Rabengrösse, mit weichem eulenartigen nach Art der Baumrinde gefärbten Gefieder. Die Beine sind sehr schwach und kurz , am Fusse richtet sich die Hinterzehe halb nach innen, kann aber auch nach vorn gewendet werden. Die Mittelzehe ist lang und trägt zuweilen eine kammförmig gezähnelte Kralle. Leben vorzugsweise im Walde und nähren sich insbesondere von Nachtschmetterlingen, die sie während des raschen leisen Fluges mit offenem Rachen erbeuten. Sie legen in der Regel 2 Eier, ohne eine Grube zu scharren oder eine Unterlage zu bauen, auf dem flachen Erdboden. Caprimulgus L. Mundspalte bis dicht unter die Augen reichend. Rand des ungezähnten Schnabels von steifen Borsten eingefasst. C. europaeus L. , Ziegen- melker. C. ruficollis Temm., in Spanien. i. Gruppe: Dentiroslies, Zahiischnäbler. 1095 Hydropsalis Wagl. Schnabel länger. Schwanz gabiig. H. torquata Gm., Steatornis Humb. Schnabel länger als breit, mit einem Zahn. St. caripcnsis Humb., Guacharo. Nyctidromus guianensis Gm., Südamerika u. z. a. G. 4. Gruppe: Dentirostres , Zahnschnäbler. Vorwiegend Singvögel von meist zierlichem Köi-perbau und geringer Grösse, mit verschieden gestaltetem, oft pfriemenförmigem, zuweilen schwach gebogenem Schnabel, dessen Obcrschnabel an der Spitze mehr oder minder ausgeschnitten ist. An den mittellangen Flügeln verküm- mert die erste der zehn Handschwingen, kann auch wohl ganz fehlen. Im Schwänze finden sich fast ausnahmslos 12 Steuerfedern. Sie sind Baumvögel mit überaus gewandten Bewegungen, hüpfen ebenso leicht auf dem Erdboden als sie rasch und behende fliegen und nähren sich vornehmlich von Insekten. Die meisten sind Bewohner der gemässigten und kälteren Gegenden, verlassen im Winter ihre Heimath, wenige streichen in benachbarten Gebieten oder sind überhaupt Standvögel (Amsel). Sie leben in Monogamie und brüten mehrmals im Jahre in sehr verschiedenen meist kunstvoll gefertigten Nestern. 1. Farn. Corvidae, Raben. Grosse Singvögel mit laut schreiender Stimme. Schnabel stark und dick, vorn etwas gekrümmt und leicht ausgebuchtet. Nasen- öffnungen von langen Borstenhaaren umstellt. Sie haben einen feinen Geruchs- sinn und leben gesellig. Einzelne stellen Vögeln und kleinern Säugethieren nach, wohl alle zeigen einen instinktiven Hass gegen Raubvögel. Cor VHS L. Schnabel lang und kräftig mit ganzrandiger Spitze. Flügel lang und spitz. Schwanz ziemlich lang, abgerundet. C. corax L., Kolkrabe. Die grösste Rabenart in Europa, welche Mäuse und Maulwürfe, aber auch Haasen erbeutet. C. cornix L., Nebelkrähe. C. Corona L., Rabenkrähe, soll nach G loger nur die schwarze Varietät der erstem sein. C. frugilegus L., Saatkrähe. C. monedula L., Dohle. Pica Briss. Der lange starke Schnabel mit hakiger Spitze und leichter Aus- randung. Schwanz lang, keilförmig. P. caudata Ray, Elster, Europa, Asien und Nordamerika. Nucifraga Briss. Schnabel lang, mit sehr langer Dillenkante. Schwanz seitlich abgerundet. N. caryocatactes L. , Nussheher. Pyrrhocorax Vieill. Schnabel schlank, leicht gekrümmt, hell gefärbt. Flügel lang, bis an das Ende des Schwanzes reichend. P. alpinus Vieill., Alpenkrähe, Schweiz. P. {Fregilus Cuv.) gr acutus Temm., Steinkrähe, Griechenland. Garrulus Briss. Schnabel kurz und kräftig, an der Spitze übergebogen und leicht ausgerandet. G. glandarius L. , Eichelheher. Ueberall in Europa , mit Aus- nahme der nördlichsten Länder. Psilorhinus Rüpp., Cyanocorax Boie, Gymnorhina Gray u. z. a. exotische Gattungen. Oriolus L. (Oriolidae). Schnabel ziemlich kegelförmig, abgerundet, mit schwachem Endhaken. Schwanz gerade abgestutzt. 0. galbula L., Pirol, bei uns vom Mai bis August. Chlamydodera Gould. 2. Farn. Paradiseidae ^) , Paradiesvogel. LeVjhaft gefärbte Vögel mit sanft gebogenem oder geradem comprimirten Schnabel. Füsse sehr stark und grosszehig» 1) Elliot, A monograph of the Paradiseidae. 1873. 1096 Sturnidae. Gymnoderidae. Cotingidac Laniadae. Die beiden mittlem Steuerfedern oft fadenförmig verlängert und nur an der Spitze mit kleiner Fahne. Männchen mit Büscheln zerschlissener Federn an den Seiten des Körpers und auch an Hals und Brnst, Faradisea L. P. apoda L., P. regia L., Neuguin(3a u. z. a. A. u. G. 3. Farn. Sturnidae, iStaare. Singvögel mit geradem oder wenig gebogenem starken Schnabel, dessen Spitze selten auch nur schwach eingekerbt ist, ohne Bart- borsten. Flügel mit 10 Handschwingen. Sie leben gesellig und werden überaus nützlich duroh Vertilgung lästiger Insekten. Sturnus L. Schnabel lang und spitz, geradgestreckt, Schwanz kurz, Flügel lang und spitz. St. vulgaris L., der gemeine Staar, bei uns Strich- und Zugvogel. Pastor Teram. Schnabel beträchtlich kürzer, leicht gekerbt. P. roseus Temm. , Staararasel, im südl. Europa. Acridotheres Vieill. Gracula L. Schnabel lang mit breiter Basis. Kopf mit 2 nackten Haut- lappen. G. religiosa L. , Ostindien. Buphaga L. Schnabel nach vorn comprimirt. Lauf kurz und stark. B. africana L. , Madenhacker, frisst die Oestruslarven aus der Haut der Binder. Lamprotornis Temm. u. a. G. Durch den Besitz von nur 9 Handschwingen unterscheiden sich die den Staaren sonst nahe verwandten amerikanischen meist gelb gefärbten Ictcriden, Trupiale. Icterus jamacai Daud., Brasilien. Cassicus haemorhous Daud., Xanthor- nus Cuv. u. z. a. G. 4. Fam. Gymnoderidae, Kropfvögel. Ohne Singmuskulatur, mit grossem gewölbten breiten Schnabel, mit langer erster Handschwinge. NasenöfFnung von Borsten umstellt. Bewohner Südamerikas. Coracina scutata Temm., Brasilien. Cephalopterus Geoffr. Gymnocephahts calvus Geoffr., Kapuzinervogel, Brasilien, Chasmarhynchus nudicollis Temm., Flötenvogel. 5. Fam. Cotingidae, Schmuckvögel. Ohne Singmuskulatur , mit weichem prachtvoll gefärbten oft metallisch glänzenden Gefieder und hakig gekrümmter gekerbter Spitze des kurzen am Grunde breiten Schnabels, mit kurzen Läufen und breiten Wandelfüssen. Sie ernähren sich grossentheils von Früchten. Cotinga Briss. {Ampelis L.). Schnabel mit leicht gekrümmter Firste, bis zum Nasenloch befiedert. 2te und 3te Schwinge am längsten. Schwanz massig lang. C. cayana Geoffr., Cayenne. Piyra L. Schnabel kurz und dreikantig, mit scharfer Firste. Weibchen und Junge graugrün, Männchen lebhaft gefärbt. P. aureola L., Cayenne. Rupricola Briss. Schnabel hoch und sehr kurz. Männchen mit Scheitel- kamm. jB. crocea Bp., Südamerika. Calyptura cristata Sw. 6. Fam. Laniadae, Würger. Grosse kräftige Singvögel mit hakig gebo- genem stark gezähnten Schnabel, starken Bartborsten und massig hohen scharf bekrallten Füssen. Fliegen ziemlich schlecht und halten sich in Gebüsch und Waldungen auf, sind muthig und raublustig, machen auf Insekten wie auf kleine Vögel und Säugethiere Jagd und spiessen ihre Beute gern auf spitzen Dornen auf. Sind als Verbindungsglieder der Sing- und Raubvögel zu betrachten. Lanius L. Schnabel vorn comprimirt mit scharfem Zahn. Schwanz lang stufig. L. excubitor L., grosser Würger. L. minor L. , schwarzstirniger Würger. L. rufus Briss. (ruficeps Bechst.j, rothköpfiger Neuntödter. L. {Enneoctomis) col- lurio L., Neuntödter. Laniarius Vieill. Flügel kurz abgerundet. Innenzehe beträchtlich kürzer als die äussere Zehe. 7>. harharus Sw., Mittelafrika u. z. a. G. Muscicapidae. Tyrannidae. Paridae. Accentoridae. Motacillidae. 1097 Hier schliessen sich die südamerikanischen Eriodoridae, Tamnophüidae an. Thamnophüufi Vieill., Formicivora Sw. u. z. a. G. 7. Fam. Muscicapidae, Fliegenfänger. Sclinabel kurz, au der Basis breit und niedergedrückt, vorn etwas comprimirt , mit hakiger eingekerbter Spitze, Flügel lang, mit 10 Handschwingen, von denen die dritte meist am längsten ist. Die "sohle des Laufes oft gestiefelt. Halten sich auf Bäumen auf und spähen nach Insekten, die sie im Fluge erhaschen. Beide Geschlechter weichen im Gefieder ab. Muscicapa L. Schnabelfirste flach gedrückt. Dritte Schwinge am längsten. Schwanz gerade. M. grisola L. M. atricapiUa L. M. collaris Bechst. {albicollis), Halsbandfliegenschnäpper. M. parva Sechst., Zwergfliegenschnäpper, Südeuropa. Muscipeta Cuv. Schnabel fast lancetförmig. Fünfte Schwinge am längsten. Schwanz lang, keilförmig. M. paradisi Gab., Ostindien. BombyciUa Briss. Schnabel verhältnissmässig kurz, mit kleinem Ausschnitt vor der Spitze. Zweite und dritte Schwinge am längsten. Schwanz gerade. Seiten des Laufes mit Schildern. B. garrula L., Seidenschwanz, brütet in Lappland. 8. Fam. Tyrannidae. Ohne Singmuskeln. Schnabel mit Einkerbung vor der hakig umgebogenen Spitze. Bewohner Amerikas. Tyrannus Cuv. T. caro- Unensis Temm. Mtjiarchus Gab. M. ferox Gab., Brasilien. Todus L. T. viridis L., Südamerika. 9. Fam. Paridae, Meisen. Kleine schön gefärbte und überaus bewegliche Sänger von gedrungenem Körperbau, mit spitzem kurzen, fast kegelförmigen Schnabel und mittellangen gerundeten Flügeln, in denen die vierte oder fünfte Schwinge am längsten ist. Stand- und Strichvögel der gemässigten und nörd- lichen Gegenden. Ernähren sich von Insekten, greifen aber auch gelegentlich kleine Vögel an. Parus L. Schnabel conisch, leicht gekrümmt, mit aufwärts steigender Dillenkante. P. major L., Kohlweise. P. ater L., Tannenmeise. P. coeruleus L., Blaumeise. P. cristatus L. , Haubenmeise. P. palustris L., Sumpfmeise. P. {Mecistura) caudatus L., Schwarzmeise. Suthora nipalensis Hodgs. , Nepal. Aegithalus Vig. Schnabel mit gerader Firste und schwach abwärts gebogener Dillenkante. Schwanz ausgeschnitten. Aeg. pendulinus L., Beutelmeise, Süd- frankreich, Ungarn. Panurus barbatus Briss. {biarmicus L.), Bartmeise, Holland, Südfrankreich. Sitta L., Spechtmeise. Schnabel gerade. Schwanz kurz, gerade. S. europaea L., Kleiber. Orthonyx spinacauda Temm., Australien unr Neuguinea. 10. Fam. Accentoridae, Flüevögel. Von kräftigem Körperbau, mit starkem kegel-pfriemenförmigen Schnabel, mittelhohen kurzzehigen stark bekrallten Füssen und kurzem breiten Schwanz. Halten sich mehr auf dem Erdboden auf und leben wie die Lerchen, zu denen sie hinführen , von Insekten und Sämereien. Accentor Bechst. A. modularis Lath., Graukehlchen. A. alpinus Bechst., Alpenflüevogel. 11. Fam. Motacillidae, Bachstelzen. Körperbau schlank. Schnabel ziemlich lang, an der Spitze eingeschnitten. 9 Handschwingen. Lauf vorn getäfelt. Schwanz lang, ausgerandet. Lieben feuchte Localitäten und laufen sehr gewandt, nisten auf dem Boden. Anthus Bechst., Pieper. Die 3 ersten Schwingen gleich lang. Kralle der Hinterzehe sehr lang und spitz. A. pratensis Bechst, Wiesenpieper. A. aqiiaticus Bechst., Wasserpieper. A. arboreus Bechst., Baumpieper. A. campestris Bechst., Brachpieper. Motacilla L. Zweite und dritte Schwinge am längsten. Schwanz lang. 1098 Dentirostres. Sylviadiie Turdidae. Hinterzehe lang, mit langer Kralle. M. alba L., 31. flava L., M. sulphureaBechst., M. capensis L. 12. Farn. Sylviadae, S'Ängei: Kleine Singvögel mit ijfriemenförmigem Schnabel und vorn getäfeltem Lauf. Grasmücken: Sylvia Lath. Schnabel schwach und schlank mit kaum aus- gerandeter Spitze. Schwanz breit abgerundet, Gefieder grau und braun. S. nisoria Sechst., Sperbergrasmücke. S. curruca Lath. {garrtila Bechst.), Müllerchen, Weiss- kehlchen. S. hortensis Lath., Gartengrasmücke. S. atricapilla Lath., Mönch-Gras- mücke. S. cinerea Lath., Dorngrasmücke. Laubsänger: Phyllopneuste Boie. Schnabel schwach. Schwanz ausgerandet. Gefieder grünlich grau, auf der Unterseite gelblich. Ph. trochilus Lath., Weiden- laubsänger, Backöfelchen. Ph. sihilatrix Bechst., Weidenzeisig. Ph. hypolais Bechst., Gartensänger oder Bastardnachtigall. Rohrsänger: Calamoherp e Boia. C. turdoides Ueyev, Rohrsänger. C. phrag- mites Bechst., Uferschilfsänger. C. amndinacea Lath., Teichrohrsänger. C. locu- üiella Lath., Buschrohrsänger u. a. A. Troglodytcs Vieill. Schnabel comprimirt, wenig gekrümmt. Flügel länger als der abgerundete Schwanz. Tr. parvuliis Koch, Zaunkönig, durch ganz Europa verbreitet. TryotUoms Vieill, Camprjlorhynchns Spix sind verwandte amerikanische Gattungen. Eegulus Koch, Goldhähnchen. Schnabel mit hoher Firste, gerade und spitz. Schwanz leicht ausgerandet. Bildet den Uebergang zu den Meisen. R. cristatus Koch, E. ignicapillus Naum. Üisticola Less. Schnabel kurz und leicht gebogen. Flügel gerundet, vierte Schwinge am längsten. Lauf hoch. C. schönicola Bp., der südeuropäische Schneider- vogel oder Cistensänger, näht Schilfblätter zum Nestbau zusammen. Orthotomus äcpium Horsf. (sutorius), indischer Schneidervogel. Malurus cyancus Vieill., Australien u. z. a. G. 13. Fam. Turdidae. Grössere Singvögel von schlankem Körperbau, massig langem etwas comprimirten vor der Spitze leicht gekerbten Schnabel, an dessen Grunde kurze Bartborsten aufsitzen. Die Beine sind hochläufig und mit einer vordem und zwei seitlichen Schienen bekleidet, gestiefelt. Beide Geschlechter meist gleich gefiedert, das Jugendkleid abweichend gefleckt. Die 3te und 4te der 10 Handschwingen am längsten. Fressen Lisekten, theilweise auch Beeren und sind meist Zugvögel. Cinclus Bechst. Körperform wie die der Zaunkönige. Schnabel schlank. Schwanz sehr kurz, ebenso die Flügel. C. aquaticus Bechst., Wasseramsel. Heni- curus relatus Temm. , Java. Luscinia {Luseiola) Schwenkf. {Luscinianae, Erdsänger). Schnabel pfriemen- förmig. Schwanz gerundet, mittellang. Flügel kurz. L. philomeln Bechst., Sprosser oder grosse Nachtigall, im östl. Europa. L. luscinia L., Nachtigall. L. suecica L., Blaukehlchen. L. {Erythacus) rubicula L. , Rothkehlchen. L. {Bubicilla) phoenicunis L., Gartenröthling. L. tithys Lath., Hausrothschwänzchen. Saxicola Bechst. Schnabel schlank, an der Basis breiter als hoch, nach vorn comprimirt. Füsse hoch. Schwanz kurz. S. ocnanthe Bechst., Steinschmätzer. S. {Monticola) naxatilis Boie, Südeuropa. Pratineola Koch. Schnabel kurz, rundhch. Flügel mittellang. Körper lang, plumper. Fr. rubetra L., Braunkehkhen. Pr. ritbicola L., Schwarzkehlchen, Turdus Briss. Körper ziemlich gross, gestreckt. Schnabel schlank, mit Kerben an der Spitze. Dritte Schwinge am längsten. T. pilaris L., Krammetsvogel oder 5. Gruppe: ( oiiirostres, Kegelschnäbler. 1099 Wachholderdrossel, brütet meist in Birkenwaldungen des Nordens. T. viscicorus Hj., Misteldrossel. T. musieus L., Singdrossel. T. iliacus L., "Weindrossel. T. tor- quatus L. , Ringeldrossel. T. merula L. , Scliwarzamsel. T. saxatiUs L. , Stein- drossel. T. migratorius L., Wanderdrossel. Mimiis polyglottus Boie, Spottdrossel, Nordamerika. Den Drosseln scliliesst sich in der Schnabelform ein grosser Neuholländischer Vogel an, der Leierschwanz, Menura superba Dav., der freilich in der Lebensweise zu den Hühnervögeln hinführt. Derselbe lebt paarweise in buschigen Waldungen und hat einen lauten eigenthümlichen Gesang. 5. Gruppe: Conirostres, Kegelschnäbler, Sperlingsvögel. Singvögel von geringer Grösse, von gedrungenem Leibesbau, mit dickem Kopf und kräftigem Kegelschnabel, mit kurzem Hals, mittel- langen Flügeln und Wandelfüssen. Der niedrige Lauf ist vorn getäfelt, das Gefieder dicht und oft, vornehmlich im männlichen Geschlecht, lebhaft gefärbt. Sie sind wohlbegabte gesellig lebende Vögel, welche sich von Körnern und Sämereien , Beeren und Früchten nähren , theilweise aber auch Insekten nicht verschmähen. Viele sind Zugvögel, einige Stand- oder Strichvögel. Sie bauen meist ein kunstvolles Nest, auf welchem in der Regel das Weibchen allein brütet, während beide Geschlechter in dem Auffüttern der Jungen wetteifern. 1. Farn. Alaudidae, Lerchen. Von erdfarbenem Gefieder, mit mittellangem Schnabel, langen breiten Flügeln (mit meist 10 Handschwingeu), langem Schulter- fittig und kurzem Schwanz. Die queren Nasengruben meist von einem Büschel von Federborsten bedeckt. Der Lauf ist auch an der hintern Seite getäfelt, die Hinterzehe trägt einen spornartigen fast geraden Nagel. Sie sind gewissermassen die Hühner unter den Sperlingsvögeln, vorzugsweise auf den Erdboden angewiesen, auf dem sie rasch umherschreiten oder laufen, fliegen sie aber auch vortrefflich in mannichfaltigen Bewegungen, im Sommer nähren sie sich mehr von Insekten, im Herbst von Körnern und Getreide, im Frühling von jungen Pflanzen. Das ein- fache Nest wird auf dem Boden angelegt. Alauda L. Der conische Schnadel seitlich comprimirt mit leicht gekrümmter Firste. A. arvensis L., Feldlerche. A. arhorea L. , Haiden- und Baumlerche. A. cristata L., Haubenlerche. A. alpestris L., Berg- oder Alpenlerche. A. calandra L., Kalenderlerche, in Südeuropa. A. sibirica L., A. tatarica Fall, 2. Farn. Fringillidae, Finken. Mit kurzem dick»n Kegelschnabel ohne Kerbe, aber mit basalem Wulst. Mit 9 Haudschwingen, von denen die 3 ersten meist am längsten sind. Die Ammern {Embericinae) sind Verbindungsglieder zwischen Lerchen und Finken und charakterisiren sich durch die langzehigen Füsse, deren Hinterzehe einen spornartigen Nagel trägt. Lauf mit Schienen. Emberiza L. Schnabel kurz, konisch. Kralle der Hinterzche kürzer als die Hinterzehe. E. miliaris L., Grauammer. E. citrinella L., Goldammer. E. hortulana L., Gartenammer. E. cia L., Zippammer. E. schöniclus L., Rohrammer. E. {Pleetrophanes nivalis L., Schneeammer. E. lapponica Nilss., Lerchenammer. E. aureola Fall. u. z. a. A. 1100 7. ürduuiig: Raplatorcb, Raubvögel. FriiKjilla L., Edelfink. F. coelebs L., Buchfink. F. monUfringilla L., Berg- fink. F. nivalis L., Schneefink. F. {Cammhina) linota Gm., Bluthänfling. F. montium Gm. , Berghänfling. F. linaria L. , Birkenzeisig. F. spinus L. , Zeisig. F. seriiius L., Girlitz. F. carduelis L., Distelfink. Passer Briss. P. domesticus L., Haussperling. P. montanus L., Feld- sperling. P. petronius L., Öteinsperling. P. ehloris L., Grünling. Coccothraustes Briss. C. vulgaris Fall., Kirschkernbeisser. C. enucleator L., Oryzohorus torridus Gab. Hier schliessen sich die amerikanischen Papageifinken an. Passerculus savanna Bp., Nordamerika. Cardinalis virginianus Bp. Pyrrhida Briss. P. vulgaris Briss., Dompfaff. P. canaria L., Canarien- vogel. P. erytlirina Me^'er, Karmingimpel. Loxia L., Kreuzschnabel. L. curvirostra Gm., Fichtenki-euzschnabel. L. pytiopsittacus Bechst. , Kieferpapagei. Auch amerikanische Arten: Paradoxornis flaoirostris Gould., Ostindien. 3. Farn. Tanagridae. Mit Zahn oder Einschnitt am Oberschnabel. Ameri- kanisch. Euphonia Desm. E. musica, der Organist, Cuba. Tanagra L. T. episcopus L., Guiana. Pyranga rubra Sws., Nordamerika. 4. Fam. Ploceidae, Weber. Schnabelfirste zwischen den Stirnfedern vor- springend. Mit 10 Handschwingen, von denen die erste klein bleibt. Lauf vorn getäfelt, seitlich geschient. Bauen beuteiförmige Nester und leben in Afrika, Ostindien uud Australien. Ploceus philippinus Cuv., Ostindien. PL {Philetaerus) sutiiis Gray. Südafrika. PI. {Hyphantornis) textor Gray. Vidua regia Cuv., V. priacipalis Cuv., aus "Westafrika u. z. a. A. 5. Fam. Pittidae ' ). Pitta Vieill. P. coerulea Vig. Malacca. 7. Ordnung: Raptatores, Raubvögel. Grosse hräftiy gehaute Vögel mit starkem gekrümmten an der Spitse hakig übergreifenden Schnabel., getäfelten oder beschilderten Läufen tmd stark bekrallten Sit&füssen, vornehmlich von Warmblütern lebend. Die Raubvögel charakterisiren sich bei einem kräftigen Körperbau vornehmlich durch die hohe Entwicklung der Sinnesorgane, sowie durch die besondere Ausbildung des Schnabels und der Fussbewaffnung, durch welche sie zu der ihnen eigenthümlichen Lebensweise befähigt werden. Der rundliche grosse Kopf endet mit einem starken etwas comprimirten Schnabel, dessen Wurzel von einer weichen die Nasenöffnung um- schliessenden Wachshaut bekleidet ist, während die schneidenden Ränder und die hakig herabgebogene Spitze des Oberschnabels überaus hart und hornig sind, lieber der Spitze des ünterschnabels findet sich meist eine Ausbuchtung oder zahnartige Erhebung am Räude des Oberschnabels. 1) Elliot, A monograph of the Pittidae. New -York 1861—1862. Strigidae. 1101 Die langen starken Zehen, von denen die äussere zur Wendezehe werden kann, sind mit überaus kräftigen gekrilramten Krallen bewaffnet, welche die bis zur Fussbeuge, selten bis zu den Zehen befiederten Sitzfüsse zum Fangen der Beute geeignet machen. Conturfedern gross, ineist wenig zahlreich, zuweilen bleiben nackte Stellen in der Zügelgegend und am Kopf. Die langen spitzigen Flügel enthalten stets 10 Handschwingen und 12 bis 16 Armschwingen; der breite und lange zuweilen gabiig ausgeschnittene Schwanz setzt sich aus 12 Steuerfedern zusammen. Die Raubvögel ernähren sich von Thieren und zwar vorherrschend von Warmblütern, die sie lebend erbeuten, mit den Fängen festhalten und mit dem Schnabel zerreissen. Vor der Verdauung erweichen sie die aufgenommene Speise im Kropf, aus dem sie die zusammengeballten Federn und Haare als Gewölle ausspeien. Sie bewohnen den grössten Theil der Erde theilweisc als Zugvögel, haben einen andauernden und gewanden Flug und nisten auf Bäumen, Mauern. Thürmen oder hohen Felswänden (Horst). In der Regel brütet das Weibchen allein, dagegen betheiligt sich das Männchen an der Herbeischaffung der Nahrung für die hülflosen Jungen. Die Verbreitung ist eine sehr grosse. Einige Eulen- und Falkengattungen sind Kosmopoliten. Fossil schon vom Eocen bis zum Diluvium. 1. Fam. Strigidae, Eulen. Mit grossen nach vorn gerichteten Augen, die von einem Kreise steifer Federn zuweilen schleierartig umstellt sind, starkem von der Wurzel an abwärts gebogenen, hakigen Schnabel, dessen Wachshaut unter den Borstenfedern versteckt liegt. Das weiche und lockere Gefieder steht weit vom Körper ab und bedingt mit den langen breiten abgerundeten und siigeartig gezähnten Schwingen einen überaus geräuschlosen Flug. Beine niedrig. Die Füsse sind oft bis zu den Spitzen der stark bekrallten Zehen befiedert und haben eine äussere Wendezehe. Unter den Sinnesorganen sind vornehmlich Auge und Ohr entwickelt, letzteres meist mit häutigem Ohrdeckel und äusserer Hautfalte, auf der sich die Federn nach Art einer Ohrmuschel gruppiren können. Sie gehen vor- zugsweise in der Dämmerung und Nacht auf Raub aus, nähren sich von kleinen Vögeln und Säugethieren und haben eine laute klagende Stimme. Am Tage halten sich die Eulen in einsamen Verstecken, Gemäuern, Baumlöchern etc. auf, in denen sie auch die kunstlose Anlage ihres Nestes ausführen, oder ohne alle Vorbereitung ihre Eier ablegen. Strix Sav. Ohrbüschel fehlen. Schleier vollständig, Ohren mit Deckel. Str. flammea L., Schleiereule. Syrnium Sav. Ohrbüschel klein oder fehlend. Schwanz lang und breit. Zehen dicht befiedert. S. aluco L., Waldkauz. Nyctale Br. Kleine Eulen mit fast vollständigem Schleier, mit dicht be- fiederten Zehen. N. dasypus Bechst., Rauchfusskauz. Otus Guv. Mittelgrosse Eulen mit kurzem Schnabel, grosser Ohröffnung und aufrichtbarem Ohrbusche. 0. vulgaris L., Ohreule. 0. brachyotus Gm., Sumpfohreule. 1102 Vulturidae. Accipitridae Buho Sav. Grosse Eulen mit unvollständigem Schleier und langen Ohr- büsclieln. Schnabel von der Wurzel an gebogen. Lauf und Zehen dicht befiedert. B. maximus Sibb., Uhu. B. virginianus Bp., Nordamerika. Eflnaltes Blas. Keys. Kleine Eulen mit unvollständigem Schleier und auf- richtbaren Ohrbüscheln, mit kurz befiedertem Lauf und nackten Zehen. E. scops L., Zwergohreule, Südeuropa. Surnia Dum. Kopf breit mit kurzem fast ganz von Federn bedeckten Schnabel, ohne Ohrbüschel, mil breitem Schwanz. S. ulula L. , S. noctua Bp., S. passerina Keys., Blas., Sperlingseule, Schweden. Nyctea Steph. Kopf klein. Schwanz abgerundet. N. nivea Daud., Schnee- eule. N. funerea L., nisoria Meyer, Sperbereule. 2. Fam. Vulturidae, Geier. Raubvögel von bedeutender Körpergrös.se mit langem geraden, nur an der Spitze herabgebogenen Schnabel. Nasen oft durch- gängig [Cathartinae) Die Flügel sind gross und breit, mehr oder weniger ab- gerundet. Die kräftigen Füsse enden mit schwachen Zehen, deren Nägel kurz und stumpf bleiben, daher nicht als Fänge benutzt werden können. Kopf und Hals bleiben oft grossentheils nackt, der Kopf trägt zuweilen lappige Hautanhänge, der Nacken wird zuweilen kragenartig von Flaumen und Federn umsäumt. Die Geier fliegen in den höchsten Höhen ausdauernd, aber langsam, haben ein vor- treffliches Auge und Gehör, sind aber träge, nähren sich meist von Aas und greifen nur ausnahmsweise lebende Thiere an. Sie bauen ihren Horst auf Bäumen und Felswänden vor Beginn des Frühjahrs. Sarcorliamphus Dum., Kammgeier. Schnabel verlängert, am Grunde mit weicher Wachshaut und Fleischkamm. Halskrause vorhanden. S. gryphtis Geoffr. Condor. S. papa Dum., Königsgeier, Südamerika, Catliartes Temm., Aasgeier. Schnabel verlängert, ohne Fleischkaram an der Basis und meist ohne Halskrause. G. aura HL, G. atratus Baird., Südamerika. Neophron Sav., Raben geier. Schnabel lang und schlank mit mächtig ent- wickelter Wachshaut und übergebogener Spitze. Schwanz langstufig. Kopf und Hals nackt. JV. percnopterus Sav., Aegyptischer Aasgeier. N. pileatus Sav., Mittelafrika. Vultur L., Schnabel lang mit stark gewölbter Firste. Kopf mit Dunen bekleidet. Halskrause vorhanden. Schwanz abgerundet. V. monachus L. (einer eus Gm.), Südeuropa. Gyps fulvus Briss. Gypaetus Cuv., Geieradler. Schnabel stark und lang. Kopf und Hals dicht befiedert. Wachshaut von Federborsten bedeckt, die zwischen den Unterkiefer- ästen einen Bart bilden. G. barbatiis Cuv., Bartgeier, Lämmergeier, südl. Europa. Gypohierax angolensis Rüpp , Westafrika. 3. Fam. Accipitridae ^= Falconidae, Falken. Raubvögel von kräftigem gedrungenen Baue, mit kürzerm und meist gezähntem Schnabel mit befiedertem Kopf (|selten mit nackten Wangen) und Hals. Die ganze Schnabelfirste gleich- massig gebogen. Läufe mittelhoch, zuweilen befiedert. Zehen mit stark geki-ümmten scharfen Krallen. Die grossen und zugespitzten seltener gerundeten Flügel ge- statten einen schnellen und gewandten Flug , dessen viele Arten zum Erjagen der Beute bedürfen. Sie beherrschen einsam oder paarweise bestimmte Reviere und nähren sich von lebenden Thieren, meist Warmblütern, aber auch Insekten und Würmern. Aquilinae. Milvinae. Buteoninae. Accipitrinae Falconinae. 1103 1. Unterf. Aquilinae, Adler. Von bedeutender Grösse, mit abgerundeten langen Flügeln vmd grossen gegen die Spitze gekrümmten Schnabel, welcher anstatt des seitlichen Zahnes eine Ausbuchtung besitzt. Heben lebende Warm- blüter auf, nähren sich aber auch von Fischen und verschmähen selbst Aas nicht. Aquila Briss. Schnabel lang, an der Wurzel gerade, ohne Zahnausbuch- tung. Füsse bis zur Wurzel der Zehen befiedert. A. chrysaetos L., Goldadler, Süddeutschland. A. imperialis Kais. Blas., Königsadler, Südeuropa. A. ftdva M. W., Tyrol. A. naevia Briss. , Schreiadler. Hier schliessen sich an Hieraetus Kp., Spizaetus Vieill. Haliaetos Sav., Schnabel sehr hoch. Flügel lang und spitz, so lang als der leicht ausgeschweifte Schwanz. Zehen ohne Bindehäute. Tarsus nur an der obern Hälfte dicht befiedert. H. albicilla Briss. {ossifragus L.), Seeadler, Europa, Nord- afrika. -H. leucocephahis Cuv., Nordamerika. H. vocifer Vieill., Afrika. Pandion Sav. Schnabel kurz und niedrig mit sehr langer Hakenspitze. Zehen ohne Bindehäute. Aeussere Zehe Wendezehe. P. haliaetos Cuv. , Fluss- adler, nördl. Erdhälfte. 2. Unterf. Milvinae, Milane. Schwanz lang und gegabelt. Schnabel schwach, langhakig, ohne Ausschnitt vor der Spitze. Milvus Briss. Schnabel ziemlich schwach. Flügel und Schwanz sehr lang. Lauf kurz. M. regalis Briss., Gabelweihe oder rother Milan , jagt andern Raub- vögeln die Beute ab und greift nur kleine Thiere wie Hamster, Maulwürfe und Mäuse an. M. ater Daud., schwarzbrauner Milan. 3. Unterf. Buteoninae, Bussarde. Der plumpe Körper mit dickem Kopf, gerade abgestutztem Schwanz und zahnlosem gekrümmten Schnabel. Feige Thiere, die in ihren Bewegungen wenig gewandt, von Mäusen, Insekten, Würmern, auch vegetabilischen Stoffen sich ernähren. Buteo Cuv. Schnabel stark comprimirt, kurz und hoch. Schwanz kurz. B. vulgaris L., Mäusebussard. B. lagopus L., Rauchfussbussard. Fernis Cuv. Schnabel lang mit scharfgekrümmter Spitze. Schwanz lang. P. apivorus Cuv., Wespenbussard. Circaetus gallieus L., Schlangenbussard. 4. Unterf Accipitrinae, Habichte. Mit kurzem starken stumpfbezahnten Schnabel und spitzen Krallen. Flügel selten über die Mitte des Schwanzes hinaus- reichend. Sind listige mordgierige Waldbewohner, die sich unter Schrauben- bewegungen in die Lüfte erheben und auf die Beute herabstossen. Astur Bechst. Schnabel stark gekrümmt, Schwanz kurz. A. palumbarius L., Hühnerhabicht. Nisus Cuv. Schnabel steifhakig. Schwanz lang. Läufe beträchtlich länger als die Mittelzehe. N. communis Cuv. (Falco nisus L.), Sperber. Melierax Gray, Singhabicht u. z. a. G. 5. Unterf. Falconinae, Falken. Mit kurzem stark gekrümmten Schnabel, dessen Zahn bedeutend vorspringt. Sind die schnellsten Segler und vollendetsten Raubvögel Falco L. F. tinnunculus L. {Tinnunculus alaudarius Gray), Thurmfalk. F. cenchris Naum., Röthelfalk. F. rufipes Bes., Rothfussfalk. F. suhhuteo L., Baumfalk. F. aesalon L., Zwergfalk. F. peregrinus L., Wanderfalk. F. can- dicans Gm. = gyrfälco L., Jagdfalk. F. arcticus Holb., Polarfalk u. a. A. 1104 8. Ordnung: Cursores, Laufvögel. 6. Unterf. Circinae Weihen. Lauf hoch, Zehen kurz. Gesichtsfedern zu- weilen nach Art eines Schleiers gruppirt. Flügel sehr lang, fast bis zur Schwanz- spitze reichend, der ganz von den Flügeln bedeckt wird. Circus Lac. C. rufus L. {aeruginosus), Rohrweihe. C {Strigiceps) cyaneus L., Kornweihe. Q.cineraceus Nanm. 4. Faiu. Gypogeranidae. Körper schlank mit langem Hals, langen Flügeln und Schwanz und stark verlängerten Läufen. Schnabel mit ausgedehnter Wacha- haut, seitlich comprimirt, stark gebogen. Gypogeranus Jll. G. serjjentarius 111. Secretar mit Federbusch, fliegt schlecht, läuft gut, lebt von Schlangen in Africa. 8. Ordnung: Cursores, Laufvögel. Vöyel von meist bedeutender Körperi/rösse , mit dreuehigen und ausnahmsiveise swcisehigen Lanffüssen, ohne Kamm des platten Brust- heins mit rudimentären zum Fluge untauglichen Flügeln. Man stellt mit den Straussartigen Vögeln meist jetzt noch die Kiwi's und die wohl gänzlich aus der Lebewclt verschwundenen Uiesen- vögel in gemeinsamer Ordnung zusammen, ob mit Recht? mag hier nicht untersucht werden. Wenn die genannten Vögel auch in der Ver- kümmerung der Flügel und in andern Eigen thümlichkeiten, welche sich aus dem Verluste des Flugvermögens ergeben , wie flaches kammloses Sternum, Mangel der festen Federfahnen und der Furcula etc. mit den Straussen übereinstimmen, so weichen die ersten doch sowohl in der äussern Erscheinung, Fuss- und Schnabelbildung als auch in der Lebens- weise so wesentlich ab , dass sie als Ordnung von den Laufvögeln ge- sondert werden müssten, zumal sie sich in der Fussbildung mehr den Seharrvögeln anschliessen möchten. Easst man freilich wie fiuxley den Ordnungsbegriff in viel weiterm Sinne, als dies bisher in der Orni- thologie üblich war, so ist gegen die Vereinigung der genannten Vogel- gruppen als Katitae nichts einzuwenden. Die Straussen, die Riesen unter den Vögeln der gegenwärtigen Thierwelt, besitzen einen breiten und flachen tiefgeschlitzten Schnabel mit stumpfer Spitze, einen relativ kleinen zum Theil nackten Kopf, einen langen wenig befiederten Hals und hohe kräftige Laufbeine. Im Zu- sammenhange mit der Verkümmerung der Flügelknochen prägen sich im Skeletbau Eigenthümlichkeiten aus, welche unsere Vögel als aus- schliessliche Läufer charakterisiren. Fa.^t sämmtliche Knochen erscheinen schwer und massig und erinnern in mancher Hinsicht an die Hufthiere unter den Säugern. Das Brustbein stellt eine breite wenig gewölbte Platte dar, an welcher der Brustbeinkamm vollständig fehlt. Ebenso wenig kommen die Schlüsselbeine des Schultergerüstes zur Entwicklung. An den Rippen vermisst man die Processus uncinati. Das Gefieder be- kleidet den Körper mit Ausschluss nackter Stellen am Kopfe, Hals, Struthionidae. Rheidae. 1105 Extremitäten und Bauch ziemlich gleichmässig, ohne eine gesetzmässige Anordnung von Federfluren darzubieten und ncähert sich in seiner besoudern Gestaltung mehr oder weniger dem Haarkleid der Säugethierc (Casuar;. Während die Dunenbekleidung sehr reducirt ist, nehmen die Lichtfedern durch ihren biegsamen Schaft und weiche zerschlissene Fahne einen mehr dunenartigen Habitus an oder erscheinen haarartig und straff mit borstenförmigen Strahlen, oder zuweilen wie in den Flügeln der Casuare stachelförmig. Schwungfedern und Steuerfeder mit fester, zum Wider- stand des Luftdiucks geeigneter Fahne werden durchaus vermisst. Schon die hervorgehobenen Eigen thümlichkeiten des Skeletbaues und der Befiederung weisen darauf hin, dass unsere Thiere im engen Zu- sammenhange mit der bedeutenden Körpergrösse das Flugvermögen ein- gebüsst haben, für diesen Verlust aber durch eine grosse Fertigkeit im Laufen entschädigt worden sind. Die Staussartigen Vögel sind nicht nur die besten und schnellsten Läufer in der ganzen Classe, sondern übertreffen theilweise {Strathio camelus) die besten Renner unter den Säuge thieren an Schnelligkeit. Dieser Bewegungsforni entsprechend bewohnen die Strausse weite Steppen und Ebenen in den tropischen Gegenden und ernähren sich von Pflanzen , Gras , Körnern, gelegentlich auch wohl von kleinern Thieren. Obwohl sie des untern Kehlkopfs entbehren, sind sie zur Produktion einfacher Töne befähigt, die sie vor- zugsweise zur Zeit der Fortpflanzung vernehmen lassen. Sie leben theils einzeln, theils in kleinern Schaaren zusammen, im letztern Falle poly- gamisch, indem ein Männchen eine Anzahl Hennen um sich vereinigt. Auffallenderweise betheiligt sich das Männchen vorzugsweise am Brut- geschäfte und an der Pflege der Jungen. Fehlen in Europa durchaus. 1. Farn. Struthionidae, zweizebige Strausse. Mit nacktem Kopfe und Halse, geschlossenem Becken und langen ganz nackten zweizeiligen Beinen, Nur die grosse Innenzehe ist mit einem breiten stumpfen Nagel bewaffnet. Im männlichen Geschlechte findet sich ein einfaches schwellbares Gattungsorgan. Sie sind Be- wohner der Steppen und Wüsten Afrikas, leben gesellig und in Polygamie und erreichen bei der bedeutendsten Körpergrösse die grösste Schnelligkeit des Laufes. Zur Zeit der Fortpflanzung legen mehrere Hennen 16—20 Eier in dasselbe Nest, betheiligen sich aber nur in der ersten Zeit ausnahmsweise an der Bebrütung, die dem männlichen Strausse ausschliesslich obliegt. Dieses verlässt das Nest, am Tage stundenlang, hütet dasselbe jedoch zur Nachtzeit ohne Unterbrechung. Struthio L. Str. camelus L. , zweizehiger Strauss, von 8 Fuss Höhe im männlichen Geschlecht. 2. Farn. Bheidae, dreizehige Stausse. Mit theilweise befiedertem Kopf und Hals , dreizehigen Füssen und einfachem , vorstülp baren Paarungsorgane im männ- lichen Geschlechte. Leben polygamisch in Gesellschaften bei ähnlicher Ernäh- rungs- und Fortpflanzungsweise wie die zweizehigen Strausse und bewohnen Amerika und Neuholland. Claus, Zoologie. 3. Auflage. 70 1106 Casiiaridae. Apteryx Rhea Moehr. Bh. americana Lam. , Nandu , 4 Fuss hoch, in den Pampas des Platastrouies, soll vortrefflich schwimmen. Bh. Darwinü Gould., von geringerer Grösse, an den Küsten Patagoniens. Bh. macrorhynchus Sei. 3. Fam. Casuaridae, Casuar. Mit höherem fast compressen Schnabel und meist helmartigem Knochenhöcker des Ko^ifes, kurzem Hals und niedrigen drei- zehigen Beinen. Dromaeus Vieill. Schnabel breit, nur am Grunde der Firste erhöht. Flügel ohne Schwingen. Dr. novae Hollandiae Gray. Casuarius L. Schnabel mit gekrümmter Firnte. Kopf mit hornartigem Höcker. Gefieder straff haarartig, mit 5 fahnenlosen stachligen Federschaften in iedem Plücrel. Sie leben vereinzelt und paarweise in dichten Waldungen Australiens, Neu-Guineas und der benachbarten Inseln. C (/aZcaiJ/s Viell., Helmcasuar. C.bicarun- culatus Sei. C. Benettü Gould. C. austraUs Wall. C. uniapjjendiculatns Bl. Neu- Guinea. Unter den Land-bewohnenden Vögeln ist die Verkümmerung der Flügel ansser den Straussen einer Anzahl höchst absonderlich gestalteter Vögel eigenthümlich, welche ihrer Erscheinung und Lebensweise nach zu den Hühnern hinneigen, untereinander aber so wesentlich abweichen, dass sie in mehrere Ordnungen gesondert zu werden verdienen. Die- selben gehören vorzugsweise Neuseeland, sodann Madagascar und den Maskarenen an, sind jedoch theilweise aus der lebenden Thierwelt und zwar erst in historischen Zeiten verschwunden. In den unbewohnten waldreichen Gegenden der Nordinsel von Neuseeland lebt heute noch, obwohl mehr und mehr dem Aussterben nahe, ein höchst absonderlicher Vogel, der Kiwi') {Apteryx Mantelli = austraUs Shaiv'), den man zu- weilen den Straussen anreiht und als Zwergstrauss bezeichnet. Eine zweite Art desselben Geschlechtes {Ä. Oiveni) gehört der Südinsel an, auf welcher auch noch eine grössere Form (Roaroa) vorkommen soll, die man als dritte Art A. maxima Verr unterschieden hat. Der Körper dieser Vögel, etwa von der Grösse eines starken Huhns, ist ganz und gar mit langen locker herabhängenden haarartigen Federn bedeckt, die am meisten an das Gefieder des Casuars erinnern, und ebenso wie dort die Flügelstummel vollständig verdecken. Die kräftigen Beine sind verhältnissmässig niedrig und am Laufe mit netzförmigen Schildern bekleidet, die drei nach vorn gerichteten Zehen mit Scharr- krallen bewaffnet, die hintere Zehe kurz und vom Boden erhoben. Der von einem kurzen Halse getragene Kopf läuft in einen überaus langen und rundlichen Schnepfenschnabel aus, an dessen äusserster Spitze die 1) 1812 kam durch Barclay der erste Kiwi nach Europa und wurde 1833 von Y a r r e 1 1 als A. austraUs beschrieben. Apteryx. 1107 Nasenöffnungen münden. Die Kiwis sind Nachtvögel, die sich den Tag über in Erdlöchern vei-steckt halten und zur Nachtzeit auf Nahrung aus- gehen. Sie ernähren sich von Insektenlarven und Würmern, leben paarweise und legen zur Fortpflanzungszeit , wie es scheint zwei mal im Jahre, ein auffallend grosses Ei, welches in einer ausgegrabenen Erdhöhle vom Weibchen, nach Anderen vom Männchen und Weibchen abwechselnd bebrütet werden soll. Den Kiwis {Äpterygici) schliesst sich eine zweite Gruppe von flug- unfähigen Landvögeln Neuseeland's an, welche grossentheils ausgestorben, in einzelnen ihrer Repräsentanten eine riesige Körpergrösse (bis 10 Fuss hoch) erreicht und daher den Namen der Riesenvögel {Dinornida^ erhalten haben. Von plumpem unbeholfenen Baue und unfähig sich vom Boden zu erheben , waren sie nicht im Stande , den Nachstellungen der Neuseeländer Widerstand zu leisten. Von einigen sind Reste aus dem Schwemmland bekannt geworden, von anderen aber noch so recente Knochen aufgefunden, dass die Coexistenz dieser Thiere mit dem Menschen nicht bezweifelt werden kann. Auch weisen die Sagen der Eingebornen von dem Riesen 31oa, und mehrfache Funde (Eierfragmente in Gräbern) darauf hin , dass die Riesenvögel noch in historischen Zeiten gelebt haben, wie andererseits Entdeckungen der jüngsten Vergangenheit sogar die gegenwärtige Existenz kleinerer Arten wahrscheinlich gemacht haben. Insbescmdere wurden neuerdings beim Durchforschen der Bergketten zwischen dem Rewahi- und TabaJcaßusse Fussspuren eines Ungeheuern Vogels entdeckt, dessen Knochen aus dem vulkanischen Sande der Nord- insel bereits bekannt waren. Von den riesengrossen Arten {Falapteryx ingens — Dinornis (jigantens , elephantopus etc.) ist es theilweise ge- lungen aus den gesammelten Knochen die Skelete vollständig zusammen zu setzen. Von letzterm steht ein Skelet im Brit. Museum, von P. ingens ist ein solches durch Hochstetter (Novaraexpedition) in Wien aufgestellt. Auch auf Madagaskar hat man im Alluvium Stücke von Tarsalknochen eines Riesenvogels (Aepyornis maxmus,\o^d Ruc, Marko Polo) und im Schlannne w^ohlerhaltene colossale Eier entdeckt, deren Inhalt ungefähr 150 Hühnereiern gleichkommen mag. 70* 1108 V. Classe. Manimalia, Säugethiere. V. Classe. Maiiiiiialia O? ^äiig^etliiere. I Behaarte Warmblüter mit dop^ieltem Condylus des Hinterhaupts, i ivelche lebendige Junge gebären und diese mittelst des Secretes von ' Milchdrüsen aufsäugen. ; Den Luftbewohnenclen Vögeln gegenüber sind die Säugethiere durch j die gleichmässige Gestaltung beider Extremitäten vornehmlich zum Landauf- ; enthalte organisirt, obwohl wir auch hier Formen antreffen, welche inver- ; schiedenem Grade dem Wasserleben angepasst sind, ja sogar ausschlieslich das Wasser bewohnen , oder als Flatterthiere in der Luft sich bewegen j und Nahrung finden. Den günstigem Bewegungsbedingungen der Säuge- j thiere entspricht eine bedeutende Durchschnittsgrösse , die auch hier wie in allen andern Abtheilungen unter den W^asserbewohnern am höchsten steigt. Die Haut der Säugethiere besteht wie bei den Vögeln aus einer bindegewebigen, Gefässe und Nerven führenden, auch Pigmente ent- ' haltenden Cutis und aus einer zelligen Oberhaut, welche sich in eine | weiche pigmenthaltige untere Schicht (Malpighische Schleimschicht) [ und eine mehr oder minder verhornte obere Lage sondern lässt. Die Oberfläche der letztern erscheint selten wie bei den Cetaceen ganz glatt, sondern von mannichfachen bogenförmigen und spiraligen theilweise sich 1) Ausser Buffon und den altern Autoren vergl. Joh. Ch. D. v. Schreber, Die Säugethiere in Abbildungen nach der Natur mit Beschreibungen, fortgesetzt von Joh. Andr. Wagner. Bd. I— VII und Suppl. I— V. Erlangen und Leipzig. 1775—1855. E. Gr. St. Hilaire et Fred. Cuvier, Historie naturelle des Mammi- feres. Paris. 1819 — 1835. C. J. Temmink, Monographie de mammalogie. Leiden 1825—1841. R. Owen, Odontography. 2 voL London. 1840—1845. Derselbe, Art Mammalia in Todd, Cyclopaedia of anatomy and physiology. Bd. III. 1841. C. H. Pander und E. d' AI ton, Osteologie. Bonn. Blainville, Osteographie. Paris 1839—1851. W. J. Flower, Osteology of tho Mammalia. London. 1870. Ueber Anatomie der Säugethiere vergleiche besonders die Arbeiten von Cuvier, Meckel, Joh. Müller, Owen u. a. Ueber Entwicklungsgeschichte die Werke von C. E. V. Baer, Rathke, Bischoff, Reichert u. a. G. R. Waterhouse, A Hist. nat. of the Mammalia. London. 1846—1848. Blasius, Die Säugethiere Deutschlands. 1857. G. Giebel, Die Säugethiere in zool. - anatomischer und palaeontologischer Hinsicht. Leipzig. 1859. A. E. Brehui, lUustrirtes Thierleben. I und IL A. Wagner, Die geographische Verbreitung der Säugethiere. And. Murray, The geographica! destribution of mammalia. London 1860. Haut. Haarkleid. 1109 kreuzenden Furchen durchzogen und an manchen Stellen (Sohlenballen Gesässschwielen) schwielig bis zur Entwickelung fester Hornplatten verdickt. Ebenso charakteristisch wie die Befiederung für die Vögel ist das Haarkleid für die Säugethiere. In der That sind Haarbildungen in der Körperbedeckung unserer Classe so allgemein, dass Oken die Säuge- thiere mit gutem Grunde »Haarthiere« nennen konnte. Obwohl die colossalen Wasserbewohner und die grössten in den Tropen lebenden Landthiere durch eine nackte Hautoberfläche ausgezeichnet sind, so fehlen doch auch hier die Haare nicht an allen Stellen und zu jeder Lebenszeit vollständig, indem z. B. die Cetaceen wenigstens an den Lippen kui'ze Borsten tragen. Auch das Haar ist eine Epidermoidal- bildung und ents])richt nach Form und Entwicklung der Spuhle und dem Schafte der Feder. Dasselbe erhebt sich mit seiner zwiebelartig verdickten Wurzel (Haarzwiebel) auf einer gefässreichen Papille (Pulpa) im Grunde einer von der Oberhaut bekleideten Einstülpung der Cutis (Haarbalg) und ragt nur mit seinem obern Theil, dem Schaft, frei aus der Oberfläche der Haut hervor. Aehnlich wie man die Federn in Conturfedern und Dunen sondert, unterscheidet man nach der Stärke und Festigkeit des Haarschaftes Licht- oder Stichelhaare und Wollhaare. Die letzteren sind kurz, zart, gekräuselt und umstellen in grösserer oder geringerer Zahl je ein Stichelhaar. Je feiner und wärmeschützender der Pelz, um so bedeutender wiegen die Wollhanre vor. Bei den in kälteren Klimaten lebenden Säugethieren nehmen die Wollhaare vor Eintritt der kältern Jahreszeit an Masse ungewöhnlich zu und veran- lassen die Entstehung eines auch zuweilen abweichend gefärbten Winter- pelzes. Die Stichelhaare werden durch bedeutendere Stärke zu Borsten, diese gehen wiederum allmählig durch fortgesetzte Dickenzunahme in Stacheln über, wie sie sich in der Hautbekleidung des Igels, des Stachel- schweins, Ameisenigels etc. finden. An diese stärkern Epidermoidal- gebikle heften sich wohl allgemein glatte Muskeln der Unterhaut an, durch welche die Stacheln einzeln bewegt werden können , während die allgemeiner verbreitete quergestreifte Hautmuskulatur ein Sträuben des Haarkleides und Emporrichten der Stacheln über grössere Hautflachen veranlasst. Eigenthümlich verhalten sich die zum Tasten dienenden Spürhaare (Vihrissae) , deren von Muskelfasern umstrickter Balg einen schwellbaren Schwammkörper enthält, in welchem sich die Verzweigungen eines eintretenden Nervenstämmchens vertheilen. Auch kann die Epidermis sowohl kleinere Hornschuppen als grosse dachziegelartig übereinander, greifende Schuppen bilden , erstere am Schwänze von Nagethieren und Beutlern , letztere auf der gesammten Rücken- und Seitenfläche der Schuppenthiere , welche durch diese Art der Epidermoidalbekleidung einen hornigen Ilautpanzer erhalten. Eine andere Form des Hautpanzers 1110 Säugethiere. Wiuterpelz. Talgdrüsen. Schweissdrüsen. entsteht durch Ossification der Cutis bei den Gürtelthieren , deren Haut- knochen in ähnlicher Weise wie bei den gepanzerten Fischen und Reptilien aneinandergrenzende Platten, sowie in der Mitte des Leibes breite verschiebbare Knochengürtel darstellen. Zu den Hautverknöcherungen gehören ferner die periodisch sich erneuernden Geweihe der Hirsche etc., zu den Epidernioidalbildungen die Hornscheiden der Cavicornier, die Hörner der Rhinozeren sowie die mannichfachen Hornbekleidungen der Zehenspitzen, welche als Plattnägel {Unguis laninaris), Kuppnägel (ü. tegularis), Krallen (Fulcula) und Hufe {Ungula) unterschieden werden. Unter den Drüsen der Haut lassen sich zwei sehr verbreitete Drüsenformen unterscheiden, welche den Vögeln noch vollständig fehlen, die Talgdrüsen und Schweissdrüsen. Erstere sind ständige Begleiter der Haarbälge, finden sich aber auch an nackten Hautstellen und sondern eine fettige Schmiere ab, welche die Hautoberfläche schlüpfrig erhält. Die Schweissdrüsen bestehen in der Regel aus einem knäuelartig ver- schlungenen Drüsenkanal mit geschlängeltem Ausführungskanal und ver- breiten sich zuweilen über die ganze Körperoberfläche hin , können aber auch [Cetaceen, Mus und Talpu) überhaupt fehlen. Ausserdem kommen bei zahlreichen Säugethieren an verschiedenen Hautstellen grössere Drüsen mit stark riechenden Secreten vor, welche meist auf modificirte Talg- drüsen, seltener auf Schweissdrüsen zurückzuführen sind. Dahingehören z. B. die Occipitaldrüsen der Kameele, die in Vertiefungen der Thräi:en- beine liegenden Schmierdrtisen von Cervus, Antilope, Ovis, die Schläfen- drüse der Elephanten, die Gesichtsdrüsen der Fledermäuse, die Klauen- drüsen der Wiederkäuer, die Seitendrüsen der Spitzmäuse, die Sacral- drüse von Dicotyles, die Drüsen am Schwänze des Desman, die Crural- drüsen der männlichen Monotremen etc. Am häufigsten finden sich dergleichen Absonderungsorgane in der Nähe des Afters oder in der Inguinalgegend und liegen dann oft in besondern Hautaussackungen wie z. B. die Analdrüsen zahh'eicher Raubthiere, Nager und Endentaten, die Zibethdrüsen der Viverren, die Moschusbeutel von Moschus moschi- ferus, die Bibergeilsäcke an der Vorhaut des männhchen Bibers. Das Skelet der Säugethiere ist im Gegensatze zu dem leichten pneumatischen Knochengerüst schwer und statt der Lufträume mit Mark erfüllt. Der Schädel bildet eine geräumige Kapsel, deren Knochenstücke nur ausnahmsweise frühzeitig (Schnabelthier) verschmelzen, in der Regel aber zeitlebens grösstentheils durch Nähte gesondert bleiben. Freilich gibt es Fälle genug, in denen am adulten Thiere die Nähte grösstentheils 1) Vergl. insbesondere Heu sing er, System der Histologie. Jena 1825. Reis sn er, Beitrag zur Kenntniss der Haare des Menschen und der Säugethiere. Dorpat. 1854. Ley d ig, Ueber die äusseren Bedeckungen der Säugethiere. Müller's Archiv. 1859. Skelet. 1111 oder sämmtlich verschwunden sind (Affen, Wiesel). Die umfangreiche Ausdehnung der Schädelkapsel im Vergleiche zu dem Vogel- und Reptilienschädel wird nicht nur durch die bedeutende Grösse des Schädel- daches erreicht, sondern vornehmlich dadurch, dass die Knochen der Seitenwand an Stelle des Interorbitalseptunis treten und sich bis in die Ethmoidalgegend nach vorn hin erstrecken. So kommt es, dass das Ethmoideum {Lamina cibrosa) zur Begrenzung der vordem und untern Partie der Schädel verwendet wird und der vordere Rest des Inter- orbitalseptunis sich auf die Crista Gnlli des Ethmoideum reducirt. Auch die Temporalknochen nehmen wesentlichen Antheil an der Schädel- begrenzung, indem nicht nur Petrosum und ein Theil des Mastoideum, sondern auch das grosse Squamosum die zwischen Alisphenoid und den Seitentheilen des Hinterhaupts bleibende Lücke ausfüllen. Ueberall artikulirt das Hinterhauptsbein mit dem ersten Halswirbel durch zwei Gelenkhöcker und zeigt meist auf der Mitte der Schuppe einen medianen Kamm, an den Seitentheilen jederseits einen pyramidalen Fortsatz (Fr. jugularis) zur Insertion eines den Unterkiefer abwärts ziehenden Muskels {M. hiventer). Häufig erhalten sich vorderer und hinterer Keilbeinkörper lange Zeit gesondert, an den letztern schlicssen sich die hintern Keil- beinflügel mit den zugehörigen Deckstücken der Scheit(!lbeine an, hinter welchen zuweilen ein accessorisches Scheitelbein {Os interparietale) zur Entwicklung kommt. Dieses verschmilzt jedoch in der Regel mit dem Occ. superius, seltener mit den Scheitelbeinen. Minder häufig als die beiden Scheitelbeine verwachsen die Stirnbeine, durch welche die vordem Keilbeinflügel an der Schädeldecke geschlossen werden. Am Schläfenbein kommen zu dem Felsenbein (die drei Stücke der Gehörkapsel Fro-, Opistho-, Epi-oticum) und dem Zitzenbein (Tlieil des Epioticum) das Squamosum als grössere Knochenschuppe und von aussen das Pauken- bein (Os tympanicum) hinzu, welches den äussern Gehöi'gang umschliesst und sich häufig zu einer hervorragenden Kapsel erweitert. Postfrontaha fehlen. Zum vordem Verschluss der Schädelliöhle wird die durchlöcherte Platte ( Lamina cibrosa) des Siebbeins verwendet, dessen Lamina 'papyracea nur bei den Affen und Menschen vorhanden ist und hier zur Bildung der Innern Augenhöhlenwand beiträgt. In allen andern Phallen liegt das Siebbein vor den Augenhöhlen und wird seitlich von den Maxillarknochen umlagert, erlangt dann aber auch eine bedeutende Längenausdehnung. Während die Lamina perpendicularis, an welche sich nach vorn die knorplige Nasenscheidewand, von unten der Vomer anschliesst, dem Ethmoideum impar entspricht, wird man die Seiten- hälften mit der Lamina cibrosa und dem Labyrinthe (Siebbeinzellen und die beiden obern Muschelpaare) auf die Praefrontalia der niedern Wirbelthiere zurückzuführen haben. Im vordem Abschnitt der Nasen- höhle endlich treten als selbstständige Ossificationen die untern Muscheln 1112 Säugethiere. Schädel. Oberkiefergaumenapparat. auf, welche an der Innern Seite des Oberkiefers anwachsen. Au der äussern Fläche der Siebbeinregion lagern sich als Belegknochen die Nasenbeine und seitlich die Tlu^änenbeine an. Erstere sind zuweilen nur klein {Cetacecn) und mit ^einander verwachsen (Affen der alten Welt) in der Regel aber bei langgestreckter Schnauze überaus lang , sowohl der Ausdehnung der Nasenhöhle als der Längsentwicklung der Gesichts- knochen entsprechend. Das Thränenbein (bei den Robben und Cetaceen als selbstständiger Knochen vermisst), dient zur vordem Begrenzung der Augenhöhle, tritt aber zugleich gewöhnlich als Gesichtsknochen an der äussern Fläche hervor. Charakteristisch für die Säugethiere ist die feste Verschmelzung des Schädels mit dem Oberkiefergaumenapparat und die Beziehung des Kieferstils zur Paukenhöhle. Diese hat zur Folge, dass sich der Unter- kiefer direkt am Schläfenbein einlenkt ohne Vermittlung eines Quadrat- beins, dessen morphologisch gleichwerthiges Knochenstück schon während der Embryonalentwicklung an die Aussenfläche der Ohrkapsel in die pätere Paukenhöhle gerückt ist und zu dem Hammer umgebildet er- scheint. Andere (Peters) glauben freilich in dem Tympanicum das Aequivalent des Quadratbeins zu finden und erkennen in einem Knorpel der Crocodile und Vögel die Anlage des Hammers wieder. Kiefer-, Flügel- und Gaumenbeine bieten ähnliche Verhältnisse als bei den Schildkröten und Crocodilen, doch fehlt stets ein Quadrato-jugale, da sich das Jugale an das Squamosum anlegt. Ueberall haben wir die Bildung einer die Mund- und Nasenhöhle trennenden Gaumendecke, an deren Hinterende die Choanen münden. Die Schädelkapsel wird bei den Säugethieren durch das Gehirn so vollständig ausgefüllt, dass ihre Innenfläche einen relativ genauen Ab- druck der Gehirnoberfläche darbietet. Sie ist bei dem bedeutenden Umfang des Gehirns weit geräumiger als in irgend einer andern Wirbel- thierklasse^ bietet aber in den einzelnen Gruppen mannichfaltige Ab- stufungen der Grössenentwicklung , insbesondere mit Rücksicht auf die Ausbildung des Gesichts, welches im Allgemeinen um so mehr unter der Schädelkapsel hervortritt, je tiefer die intellectuellen Fähigkeiten des Thieres zurückbleiben. Man hat daher das Verhältniss von Schädel- und Gesichtsentwicklung schon seit längerer Zeit gewissermassen als Ausdruck der relativen Stufe der Intelligenz verwerthet und sich bemüht, für die Bestimmung desselben ein einfaches Mass zu finden. Insbesondere war es Peter Camper, welcher dasselbe durch zwei Linien zu be- stimmen suchte, von denen die eine horizontal von der Mündung des äussern Gehörgangs bis zum Grunde der Nasenöftnung {S-pina nasalis), die andere schräg von der höchsten Hervorragung der Stirn bis zum Vorderrande des Zwischenkiefers und der Wurzel der Schneidezähne gezogen wird. Bei den Menschen ist dieser nach Camper benannte Camper'scher Gesichtswinkel. 1113 Gesichtswinkel am grössten, variirt aber auch nach Rasse und Indivi- dualität von etwa 70 Grad an bis nahezu einem Rechten. Bei den Affen sinkt er herab bis auf 30 Grad {Chrysothrix mehr als 60"), bei andern Säugethieren bis auf 25 Grad und mehr. Indessen ist dieses Mass des Campcr'schen Gesichtswinkels doch nur zum Vergleiche der allernächsten Verwandten von beschränktem Wcrthe und auch da durch bessere Hülfsmittel einer exactern Schädelmessung verdrängt, zu einem allgemeinen Gebrauche aber um so unzulässiger, als abgesehen von der Schwierigkeit, welche die Bestimmung des Winkels in einzelnen Fällen bietet, das Verhältniss von Schädel und Gesicht in Folge des mit- gemessenen Umfangs der Stirnhöhle nicht einmal genau bestimmt wird. Sodann aber richtet sich die besondere Entwicklung des Gesichts, die Streckung oder Verkürzung desselben nach besonderen Bedürfnissen der Lebens- und Ernährungsweise, ohne überhaupt eine directe Beziehung zur Grösse und Ausbildung des Gehirns darzubieten. Das Zungenbein zeichnet sich durch den breiten aber meist kurzen (ausnahmsweise ge- wölbten und ausgehöhlten, Mycetes') querbrückenartig gelagerten Körper aus, an welchem sich zwei Bogenpaare erhalten. Das vordere wird in der Regel aus mehreren Gliedern gebildet und steht durch das obere Glied, von dem sich vorher schon der Stapes abgelöst hat, mit dem Petrosum in Verbindung. Die letztere kann eine feste Verschmelzung werden, und das obere Glied durch den Processus styloideus des Schläfen- beins vertreten sein. Dann stellt sich das sonst gewöhnlich ossificirte Mittelstück als Ligamentum stylohyoideura dar, während das ventrale Glied ein sehr kleiner Fortsatz des Körpers wird (Mensch, Orang). Bei Mycetes ist der Vorderbogen in seiner ganzen Länge durch m\ Ligament repräsentirt. Die Hinterhörner verbinden sich durch Ligamente mit dem Schildknorpel des Kehlkopfs und sind meist kleiner als die vordem, können sich auch lostrennen oder ganz ausfallen (Nager, Edentaten). Die Wirbelsaule der Säugethiere zeigt in der Regel die fünf als Hals, Brust, Lenden, Kreuzbein und Schwanz bezeichneten Regionen. Nur bei den Walfischen, welche der Hintergliedmassen entbehren, fällt die Beckengegend aus, wäbrend die Lendengegend eine sehr bedeutende Ausdehnung erhält, aber ganz alhnählig in den Schwanz übergeht. Hier erscheint auch im Zusammenhang mit fjem Wasserleben und der fisch- ähnlichen Bewegungsweise die Halsgegend auffallend verkürzt und durch die Verwachsung der vordersten Wirbel fest, jedenfalls nicht seitlich drehbar, während in allen andern Abtheilungen die Halsregion gerade durch die vollkommenste Beweglichkeit der Wirbel ausgezeichnet ist. Die Wirbelkörper stehen untereinander nur ausnahmsweise (Hals der Hufthiere) durch Gelenkflächen, dagegen allgemein durch elastische Bandscheiben {Ligamerita intervertehralia) in Verbindung. Die Halse Wirbel, welche seh meist durch die Freiheit der Seitenbewegungen, sowie 1114 Säugethiere. Wirbelsäule. durch die Kürze der obern Dornfortsätze von den Rückenwirbeln aus- zeichnen, auch nur ausnahmsweise abgesetzte Rippcnrudiniente tragen, finden sich fast constant in Tfacher Zahl. Eine verminderte Zahl der Halswirbel cliarakterisirt den Manatus australis mit (3 Halswirbeln, während eine Vermehrung um einen \Virbel bei Bradypus torquatus, um zwei bei Br. tridactylus beobachtet wird. Die beiden vordem Hals- wirbel zeichnen sich durch eine eigenthümliche nur den Cetaceen fehlende Einrichtung aus, welche eine Arboitstheilung der dorsoventralen und seitlichen Bewegungen des Kopfes zur Folge hat. Der erste Halswirbel? Attas, ist ein hoher Knochenring mit breiten flügelartigen Querforts tzen, auf deren Gelenkflächen die Condyli des Hinterhauptsbeines die Hebung und Senkung des Kopfes vermitteln. Die Drehung des Kopfes nach rechts und nach links geschieht dagegen durch die Bewegung des Atlas um einen medianen Fortsatz {Processus odontoideus), des nachfolgenden Wirbels, des Epistropheus , um einen Fortsatz, welcher morphologisch dem vom Atlas gesonderten und mit dem Körper des Epistropheus ver- einigten vordem Wirbelkörper entspricht. Die Rückenwirbel charakteri- siren sich durch hohe kammförmige Dornfortsätze, eine geringere Be- w^eglichkcit und den Besitz von Rippen, von denen sich die vordem an dem meist langgestreckten aus zahlreichen hintereinander gereihten Knochenstücken zusammengesetzten Brustbein durch Knorpel anheften, während die hintern als sog. falsche Rippen das Brustbein nicht erreichen. Am Wirbel articuliren die Rippen mittelst Capitulum und Tuberculum. Die Zahl der Rückenwirbel ist einem grössern Wechsel als die der Hals- wirbel unterworlen, beträgt in der Regel 13, zuweilen 12, sinkt auch noch etwas tiefer bei einigen Fledermäusen und Gürtelthieren, steigt dann aber häufig bis auf 15 und mehr, in einem Falle auf 18 (Pferd), 19 bis 2U (Rhinozeros, Elephant) und 2)) bis 24 (dreizehiges Faulthier). Die Lendenwirbel, welche der Rippen entbehren, dafür aber hohe und umfangreiche Querfortsätze besitzen, finden sich meist in 6 -bis 7facher Zahl. Selten sinkt die Zahl derselben bis auf 2, wie beim Schnabelthier und zweizehigen Ameisenfresser, kann aber auch bis auf 8 oder 9 steigen iStenops). Die 3 bis 4, selten bis auf 9 vermehrten Kreuzbeinwirbel charakterisiren sich durch die feste Verschmelzung untereinander und die Verwachsung ihrer Pleurapophysen mit den Hüftbeinen; die nach Zahl und Beweglichkeit' überaus wechselnden Schwanzwirbel verschmälern sich nach dem Ende der Leibesachse und besitzen nicht selten (Känguruh und Ameisenfresser) untere Dornfortsätze, verlieren aber nach hinten zu mehr und mehr sämmtliche Fortsätze. Von den beiden Extremitätenpaaren fehlen die vordem niemals, wohl aber die hinternin derAbtheilung der Cetaceen. Am Schultcrgerüstvermisst man zwar in keinem Falle das breite flache Schulterblatt, dessen äussere Fläche überall einen vorspringenden in das Acromion auslaufenden Knochen- (Extremitäteugürtel. 1115 kämm trägt, wohl aber häufig und gerade überall da, wo die Vorderglied- massen bei der Locomotion nur zur Stüze des Vorderleibes dienen oder eine mehr einfache pendolartigc Bewegung au.sführen, wie beim Rudern, Gehen, Laufen, Springen etc. das Schlüsselhein (Walfische, Hufthiere, Raub- thiere). In allen Fällen dagegen , wo die vordorn Gliedmassen zum Scharren, Graben, Klettern, Flattern gebraucht werden, also schwierigere Bewegungsformen vermitteln, zu denen eine festere Stütze der Extremität nothwendig ist, legt sich das Schultergerüst durch eine mehr oder minder starke stabförmige Clavicula dem Brustbeine an. Das hintere Schlüssel- bein reducirt sich fast allgemein auf den Rabenfortsatz des Schulterblatts und bildet nur bei den Kloakenthieren einen grossen säulenartigen zum Brustbein reichenden Knochen. Die hinteren Extremitäten stehen all- gemein mit dem Rumpfe in einem weit festeren Zusammenhang als die vordem. Sie dienen vornehmlich zur Erzeugung der Propulsivkraft, welche den Körper im Laufe oder im Sprunge fortschnellt, werden aber auch beim Schwimmen, Klettern und Scharren ähnlich wie die vordem verwendet. Das Becken bleibt nur bei den Walfischen rudimentär und reducirt sich hier auf zwei rippenartige, ganz lose mit der Wirbelsäule verbundene Knochen. Bei allen andern Säugethieren bildet das Becken einen mit den Seitentheilen des Kreuzbeins verwachsenen, durch die Symphyse der Schambeine, zuweilen noch durch die Verwaciisung der Sitzbeine vollkonnnen geschlossenen Gürtel, an dessen Symphyse bei den Kloaken- und Beutelthieren noch zwei nach vorn gerichtete Beutel- kuochen hinzukonmien. Die im Schulter- und Beckengürtel eingelenkten Gliedmassen erfahren bei den schwimmenden Säugethieren eine beträcht- liche Verkürzung und bilden entweder wie die Vordergliedmassen der Cetaceen platte in ihren KnocheustUcken unbewegliche (bei den Sirenen mit Ellenbogenbeuge) Flossen mit stark vermehrter Plialangenzahl der Finger, oder wie bei den Pinnipedien tiossenartige Beine, die auch als Fortschieber auf dem Lande gebraucht werden können. Bei den Flatterthieren erlangen die Vordergliedmassen eine bedeutende Flächen- entwicklung, welche sie zu Flugorganen befähigt, aber in ganz anderer Weise wie bei den Flügeln der Vögel durch eine zwischen den unge- mein verlängerten Fingern der Extremitätensäule und den Seiten des Rumpfes ausgespannte Hautfalte. Sow^ohl an den Flossen der Cetaceen als an den Fluggliedmassen der Fledermäuse fehlen die Epitelialgebilde der Finger, im letztern Falle freilich mit Ausnahme des aus der Flug- haut vorstehenden Krallen tragenden Daumens. Bei den Säugethieren, welche ausschliesslich oder vorwiegend auf dem Lande leben , verhalten sich die beiden Extremitäten sowohl an Länge als hinsichtlich ihrer besondern Gestaltung überaus verschieden. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Ghedmassen da am längsten sind, wo sie ausschliesslich zum Forttragen des Leibes verwendet werden und keine besondern 1116 Snugethiere. Extremiiätensäule. Nebenleistungen der Bewegung , z. B. Graben und Klettern , Ergreifen der Nahrung, zu besorgen haben. Der röhrenförmige zuweilen gekrümmte Humerus steht rücksichtlich seiner Länge zuweilen im umgekehrten Ver- hältniss zu dem Metacarpaltheil des Vorderfusses und zeigt bei den grabenden Thieren eigenthümliche unregehnässige Formen. Speiche (Radius) und Elle (UlnaJ übertreffen den Oberarm fast allgemein an Länge, ebenso an der Hintergliedmasse Schienbein (Tibia) und Waden- bein (Fibula) den Oberschenkel. Die Ulna bildet das Charniergelenk des mit seinem Winkel nach hinten gerichteten Ellenbogens und läuft hier in einen ansehnlichen Hakenfortsatz (Olecranon) aus, der Radius verbindet sich dagegen vornehmlich mit der Handwurzel und ist oft, wenn auch nicht so vollkommen als beim Menschon. um die P^lle drehbar {^Pronatio, Supinatio), in anderen Fällen jedoch mit der Elle verwachsen, welche dann bis auf den Gelenkfortsatz ein rudimentärer grätenartiger Stab bleibt. An der Hindergliedmasse, deren Knie einen nach vorn ge- richteten Winkel bildet und meist von einer Kniescheibe (Patella) bedeckt wird, kann sich zuweilen (Beutler) auch die Tibia um die Fibula drehen, •in der Regel aber sind beide Röhrenknochen verwachsen, und die nach hinten und aussen gerichtete Fibula meist verkümmert. Weit auffallender sind die Verschiedenheiten am Fusstheile der Extremitäten, da nicht nur die Form und Bildung der W^irzel- und Mittelfussknochen, sondern auch die Zahl der Zehen überaus variiren kann. Zwar wird die öZahl der Zehen niemals überschritten, wohl aber reducirt sie sich in all- mähligen Abstufungen bis auf die mittlere Zehe und zwar in der Art, dass zuerst die überhaupt nur aus zwei Phalangen zusammengesetzte Innenzche (Daumen) rudimentär wird und hinwegfällt, dann die kleine Aussenzehe und diezweit-innere Zehe verkümmern oder völlig verschwinden, im erstem Falle zuweilen al kleine vom Boden erhabene Afterklauen an der hintern Fläche des Fusses (Wiederkäuer) persistiren. Endlich reducirt sich auch die zweit-äussere Zehe sehr stark oder fällt ganz aus, so dass nur die Mittelzehe zur ausschliesslichen Stütze der Extremität übrig bleibt (Einhufer). Dieser allmähligen Reduction der Zehen geht aber eine Vereinfachung und Veränderung der Fusswurzel- und Mittel- fussknochen parallel, indem die Träger der rudimentären oder völlig ausfallenden seitlichen Zehen als Griffelknochen verkümmern oder ganz ausfallen, die beiden mittleren Metacarpalknochen oft zu einem starken und langen Röhrenknochen verschmelzen. Die kleinen Wurzelknochen, welche zur Herstellung des Fussgelenkes verwendet werden und den durch die auftretende Extremität erzeugten Stoss wesentlich zu ver- mindern haben, ordnen sich mindestens in zwei, beziehungsweise drei Reihen an, aus welchen an den hintern Gliedmas en gewöhnlich zwei Knochen , das Sprungbein (Ästragalus) und Fersenbein (Calcatieus) be- deutend hervortreten. Die Zehen des Vorderfusses kann man nach Hand und Fuss. 1117 Analogie des menschlichen Körpers Finger nennen, zur Hand wird der Vorderfuss durch die Opponirbarkeit des innern Fingers oder Daumens. Auch am Fusse der hintern Extremität ist zuweilen die grosse Zehe opponirbar, hiermit ist aber der Fuss noch nicht zur Hand, sondern nur zum Greiffuss (Affen) geworden, da zum Begriffe der Hand auch die be- sondere Anordnung der Knochen des Carpus und der Muskulatur wesentlich erscheinen. Nach der Art unrl Weise, wie die Extremität beim Laufen den Boden berührt, unterscheidet man Sohlengänger (Plantigraden), Zehengänger (Digitigraden) und Spitzengänger (Unguligraden). Im letztern Falle ist die Zahl der Zehen und mittleren Fussknochen be- deutend reducirt, die Extremität durch Umbildung des Mittelfusscs zu einem langen Röhrenknochen bedeutend verlängert. Das Nervensystem zeichnet sich zunächst durch die bedeutende Grösse und hohe Entwicklung des Gehirns auS, dessen Hemisphären insbesondere einen so bedeutenden Umfang nehmen, dass sie nicht blos den vordem Raum des Schädels vollständig erfüllen, sondern selbst das kleine Gehirn theilweise bedecken. Bei den niedrigsten Säugethieren, den Beutlern und Monotremen, erscheint die Oberfläche der Hemisphären noch glatt, bei den Edentaten, Nagern und Insectivoren treten an der- selben Gruben und Eindrücke auf, welche sich mehr und mehr zu regel- mässigen Furchen und Windungen (Gyri) anordnen, deren Ausbildung indessen keineswegs genau der psychischen Vervollkommnung parallel fortschreitet. Eine die Seitenhälften der Hemisphären verbindende Com- missur (Balken, Corpus callosum mit Septum pellucidum) ist überall mit Ausnahme der Monotremen und Beutler wohl entwickelt, bei diesen Aplacentariern jedoch wie bei den Vögeln rudimentär. Dagegen treten die als Vierhügel sich darstellenden Corpora bigemina an Umfang zurück und werden grossentheils oder vollständig von den hintern Lappen der Hemisphären überdeckt. Hirnanhang {Hypophysis) und Zirbeldrüse {Gl. pinealis^ werden in keinem Falle verniisst. Das kleine Gehirn verhält sich noch bei den Aplacentariern durch die vorwiegende Aus- bildung des Mittelstückes ähnlich wie bei den Vögeln, erhebt sich aber durch zahlreiche Uebergangsformen zu einer immer grössern Ausbildung der Seitenlappen, hinter denen der Wurm allmählig mehr zurücktritt. Auch die Varolsbrücke ist anfangs noch wenig entwickelt , vcrgrössert sich aber bei den höhern Typen der Säugethiere zu einer mächtigen Anschwellung an der Uebergangsstelle des Gehirnstammes in die Rücken- marksstränge. Das Rückenmark erfüllt den Wirbelkanal gewöhnlich nur bis zur Kreuzbeingegend , in der es mit einer Cauda equina endet und entbehrt der hintern Rautengrube. Unter den Sinnesorganen zeigt das Geruchsorgan durch die Com- plication des Siebbeinlabyrinthes eine grössere Entfaltung der riechenden Schleimhautfläche als in irgend einer andern Classe. Die beiden Nasen- 1118 Säugethiere Gehirn. Sinnesorgan. höhlen, nach hinten durch die senkrechte Platte des Siebbeins und durch den Vomer, nach vorn durch eine knorplige, zuweilen an der Bildung der äussern Nase betheiligten Scheidewand von einander völlig gesondert, communiciren mit manniehfachen Nebenräunien benachbarter Schädel- und Gesichtsknochen (^ Sinus frontales, sphenoidales , maxillares) und münden mittelst paariger Oeffnungen, welche jedoch bei den des Geruchs- vermögens entbehrenden Cetaceen, deren Nasen zu dem sog. Spritzorgane umgebildet sind, zu einer gemeinsamen medianen Oeffnung verschmelzen können {BelpMne). Die äussern Nasenöffnungen werden in der Regel durch bewegliche Knorpelstückchen gestützt, deren Vermehrung das Auf- treten eines mehr oder minder vorstehenden Rüssels bedingt, welcher meist zum Wühlen und Tasten, bei beträchthcher Ausbildung (Elephant) selbst als Greiforgan benutzt wird. Bei tauchenden Säugethieren können die Nasenöffnungun entweder durch einen einfachen Muskelverschluss (Seehunde) oder durch Klappenvorrichtungen geschlossen werden. Häufig findet sich an der äussern Nasenwand oder in der Höhlung des Ober- kiefers eine Nasendrüse, die auch in ähnlicher Lage bei den Reptilien und Vögeln angetrofi'en wird. Der Geruchsnerv breitet sich wie bei den Vögeln an den obern Muscheln und den obern Partieen der Nasen- schoidewand aus. Die Choanen münden stets paarig und weit nach hinten am Ende des weichen Gaumens in den Schlund ein. Die Augen verhalten sich in dem Grade ihrer Ausbildung ver- schieden und sind bei den in der Erde lebenden Säugethieren überaus klein, in einigen Fällen (Spalax, Chrysochloris) ganz unter der Haut verborgen, ohne Augenlidspalte und Muskelapparat, unfäliig Lichteindrücke aufzunehmen. Sie liegen in der Regel mehr an den Seiten des Kopfes in einer unvollständig geschlossenen mit der Schläfengegend verbundenen Orbita und sehen einzeln ohne gemeinsame Sehachse, die nur bei vor- derer Stirnlage des Auges (Affen) möghch erscheint. Ausser dem obern und untern Augenlide findet sich meist eine innere Nickhaut (mit der Harder'schen Drüse), wenngleich nicht in der vollkommenen Ausbildung und ohüe den Muskelapparat der Nickhaut der Vögel, zuweilen sogar auf ein Kleines Rudiment {Plica semilunaris) am Innern Augenwinkel reducirt. Der Augapfel besitzt eine mehr oder minder sphärische Ge- stalt (bei den Cetaceen u. a. mit verkürzter Achse), entbehrt stets der knöchernen Stützen der Sclerotica und kann häufig durch einen beson- dern Retractor bulbi in die Orbita zurückgezogen werden. Die Thränen- drüse mit ihrem in die Nasenhöhle mündenden Ausführungsgang liegt au der obern äussern Seite der Orbita. Ein Tapetum der Chorioidea trifft man in grosser Verbreitung bei den Carnivoren und Pinnipedien, Delphinen, Hufthieren und einigen Beutlern an. Das Gehörorgan unterscheidet sich von dem der Vögel vornehmlich durch eine complicirtere Ausbildung des äussern Ohres, eine grössere Gehörorgan. Zähne. 1119 Zahl der Schall-leitenden Knöchelchen (der nach ihrer Form benannton Steigbügel, Ambos und Hammer) und durch die vollkommenere Gestaltung der Schnecke, welche nur bei den Monotremen der Windungen entbehrt, in der Hegel aber zwei bis drei Spiralgänge zeigt. Auch ist die Pauken- höhle ungleich geräumiger und keineswegs immer auf den Raum des oft blasig vorspringenden Paukenbeins beschränkt, sondern häufig mit Höhlungen benachbarter Schädelknochen in Communication gesetzt. Insbesondere gilt die mächtige Ausdehnung der Paukenhöhle für die Bartwale und Delphine, bei denen sich der Schall nicht wie bei den Luftbewohnern durch Trommelfell und Gehöi'knöchelchen dem ovalen Fenster des Vorhofs mittiieilt, sondern sich vornehmlich von den Kopf- knochen aus durch die Luft der Paukenhöhle auf das Fenster der un- gewöhnlich vergrösserten Schnecke fortpflanzt und von da auf das Labyrinth Wasser der Scala tympani überträgt. Die drei halbcirkel- förmigen Kanäle haben eine überaus verschiedene Grösse, sind am wenigsten bei den Walen, am meisten bei den Nagern ausgebildet und liegen mit Vorhof und Schnecke sehr fest in dem Felsenbein eingebettet, welches bei den Cetaceen nur durch Bandmasse mit den benachbarten Knochen zusammenhängt. Die Eustachische Tube mündet nur bei den Cetaceen in den Nasengang, in allen andern Fällen direct in die Ptachen- höhle, zuweilen (Einhufer) unter beträchtlicher Erweiterung. Ein äusseres Ohr fehlt den Monotremen, vielen Pinnipedien und den Cetaceen, bei denen auch der äussere Gehörgang oberhalb des sackförmig vorgestülpten Trommelfells durch einen soliden Strang vertreten ist; rudimentär bleibt dasselbe bei den Wasserbewohnern, die ihre äussere Ohröffnung durch eine klappenartige Vorrichtung verschliessen können und bei den in der Erde wühlenden Säugethieren. In allen andern Fällen wird dasselbe durch einen überaus verschieden geformten durch Knorpelstücke gestützten äussern Aufsatz gebildet, der oft durch besondere Muskeln bewegt werden kann. Der Tastsinn knüpft sich vorzugsweise an Nervenausbreitungen in der Haut der Extremitätenspitze (Tastkörperchen an den Fingrrspitzen und der Handfläche des Menschen und der Atten), aber auc|i' an die Zunge, den Rüssel und die Lippen, in welchen sehr allgemein lange bortenartige Tasthaare mit eigenthümlichen Nervenverzweigungen des Balges eingepflanzt liegen. Der Geschmack hat seinen Sitz vornehmlich an der Zungenwurzel {Vapillae vallafae, Geschmacksbecher), aber auch am weichen Gaumen und erreicht eine bei weitem höhere Ausbildung als in irgend einer andern Thierklasse. Am Eingang in die Verdauungsorgane findet sich fast allgemein eine Zahnbewaftnung der Kiefer. Nur einzelne Gattungen wie Echidna, Manis und Myrinecophaga entbehren der Zähne durchaus, während die Bartenwale, welche au der Innenfläche des Gaumens senkrechte in Quer- 1120 Säugethiere. Zähne. reihen gestellte Hornplatten (Barten) tragen, wenigstens im jugendlichen Alter Zahnspuren besitzen. Durch Erhärtung von Papillen der Mund- schleimhaut entstandene Hornzähne finden sich bei Ornithorhjnclms und Rhytina. Niemals aber zeigt das Gebiss der Säugethiere eine so reiche Bezahnung , wie wir sie bei den Fischen und Reptilien antreöen , indem sich die Zähne auf Oberkiefer, Zwischenkiefer und Unterkiefer beschränken. Die Zähne keilen sich überall in Höhlungen der Kieferknochen, Alveolen, ein, die freilich bei den Delphinen erst durch secundäre Erhebungen der Kieferränder gebildet werden, und sind als Hautknochen zu bezeichnen, erzeugt durch Ossification von Hautpapillen, deren Nerven- und Gefäss- führende Centren als ernährende Pulpa in der Zahnhöhle zurückbleiben. Auf diesem Wege nimmt wenigstens die Hauptmasse des Zahnes ihren Ursprung, die Zahnsubstanz (Dentin), welche sich von dem echten Knochen hauptsächlich dadurch unterscheidet, dass an Stelle der rami- ficirten Hohlräume parallel verlaufende liöhrclien, Zahnröhrchen, die knochenharte Zwischensubstanz durchsetzen. Die äussere aus dem Zahn- fleische vorstehende Partie des Zahnes, die Krone (im Gegensatz zu der eingekeilten Wurzel), wird von einer härtern Substanz kappenartig über- zogen, dem sogen. Sclmieh, welcher aus senkrechten nach der Zahnhöhle gerichteten Prismen besteht und seiner Entstehung nach (Schmelzorgan) auf ein epiteliales Gewebe zurückzuführen ist. Je nachdem die Schmelz- lage einen einfachen Ueberzug bildet oder faltenartig in die Zahnsubstanz eindringt, unterscheidet man einfache (Z). simplices) und schmelzfaltige (D. complicati) Zähne. Werden einfache oder schmelzfaltige Zähne durch Zahnsubstanz (Zahnkitt, Cement) verbunden, so nennt man dieselben zu- sanmiengesetzte Zähne (D. compositi, Hase, Elephant). Selten (Delphine) und nur da, wo das Gebiss wie bei den Crocodilen als Greif- und Schneideapparat verwendet wird, verhalten sich die Zähne nach Form und Leistung in allen Theilen der Kieferknochen gleichartig als kegel- förmige Fangzähne, gewöhnlich unterscheiden sich dieselben nach ihrer Lage in den vordem, seitlichen und hintern Theilen der Kiefer als Schneidezähne {D. incisivi), Eckzähne (D. canini) und Backzähne (Z>. molares). Die erstem haben eine meisselförmige Gestalt und dienen zum Abschneiden der Nahrung, im obern Kiefertheile gehören sie aus- schhesslich dem Zwischenkiefer an. Die Eckzähne, welche sich zu den Seiten der Schneidezähne , je einer in jeder Kieferhälfte , erheben , sind meist kegelförmig oder auch hakenförmig gekrümmt und scheinen vor- nehmlich als Waffen zum Angriff und zur Vertheidigung geeignet. Nicht selten aber (Nagethiere, Wiederkäuer) fallen dieselben gänzlich hinweg, und das Gebiss zeigt eine weite Zahnlücke zwischen Schneidezähnen und Backzähnen. Die letztern, in ihrer Gestaltung überaus variabel, dienen besonders zur feinern Zerstückelung der aufgenommenen Nahrung und haben schneidende, häufiger höckrige oder mit Mahlflächen versehene Gebiss. Zunge, 1121 Kronen. Die vordem Backzcähne unterliegen ebenso wie die Scimeide- und Eckzähne dem einmaligen Zahnweclisel, durch welchen das Milch- gebiss in das ständige des ausgebildeten Thieres übergeführt wird und werden falsche Backzähne (B. praemolares) genannt, im Gegensatz zu den hintern wahren Backzähnen, welche erst später nach dem Wechsel der Milchzähne hervortreten und sich sowohl durch die Grösse und Zahl der Wurzeln als den Umfang der Krone auszeichnen. Man bedient sich zur einfachen Darstellung des Gebisses bestimmter Formeln, in denen die Zahl der Vorder- und Eckzähne, Praemolaren und Molaren in Ober- und Unterkinnlade angegeben ist (z. B. für das Gebiss des Menschen der Formel ^ i ölq) ""^^ verwendet die- selben systematisch zur Charakterisirung der Gruppen, für welche die Bildung des Gebisses gewissermassen alsGesammtausdruck der Organisation und Lebensweise eine hohe Bedeutung hat. Die Kenntniss des Gebisses erscheint um so wichtiger, als man zur Bestimmung fossiler Ueberreste oft vorzugsweise auf Zähne, Kiefer- und Schädelknochon hingewiesen ist und deren Bildung zu sicheren Schlüssen über den gesammten Bau und die Ernährung- weise verwerthen kann. Neben den Hartgebilden am Eingange der Verdauungshöhle sind für die Einführung und Bearbeitung der Speise weiche bewegliche Lippen an den Rändern der Mundspalte und eine fleischige sehr verschieden geformte Zunge im Boden der Mundhöhle von wesentlicher Bedeutung. Erstere werden allerdings bei den Kloakenthieren durch Schnabelränder ersetzt, die Zunge fehlt jedoch in keinem Falle, kann aber wie bei den Walen vollständig angewachsen, der Beweglichkeit entbehren. Gewöhnlich ragt die Zunge mit freier Spitze im Boden der Mundhöhle hervor und erscheint an ihrem vordem Theile vornehmlich zum Tasten und Fühlen, in einzelnen Fällen aber auch zum Ergreifen (Giraffe) nnd Erbeuten (Ameisenfresser) der Nahrung befähigt. Auf ihrer obern Fläche erheben sich mannichfach gestaltete, oft verhornte und Widerhäkchen tragende Papillen, unter denen nur die weichen Papulae vallatac am Zungengrunde eine Beziehung zur Geschmacksempfindung haben. Als Stütze der Zunge dient das Zungen- bein, dessen vordere Hörner sich an den Griffelfortsatz des Schläfen- beins anheften . während die hintern den Kehlkopf tragen , sodann ein das Os entoglossum vertretender Knorpelstab (Lytta). Unterhalb der Zunge tritt zuweilen (vornehmlich entwickelt bei den Insektenfressern) eine einfache oder doppelte Hervorragnng auf, welche als Unterzunge bezeichnet wird. Auch die Seitentheile der Mundhöhle sind weich und fleischig, nicht selten bei Nagern, Affen etc. in weite Einsackungen, sog. Backentaschen, erweitert. Mit Ausnahme der Fleisch-fressenden Cetacecn besitzen alle Säugethiere Speicheldrüsen, eine Ohrspeicheldru.se (Parotis mit Ductus Sfcnomanus), eine Submaxillaris und Subungualis, deren Claus, Zoologie, 3. Aufl£\ge. 71 1122 Säugethiere. Darmkanal. Herz. flüssiges Secret vornehmlich bei den Pflanzenfressern in reicher Menge ergossen wird. Die auf den weiten Schlund folgende Speiseröhre bildet nur ausnahmsweise kropfartige Erweiterungen und besitzt meist eine ansehnliche Länge, indem sie erst unter dem Zwerchfell, welches zwischen Brust und Bauchhöhle eine vollständige Scheidewand herstellt und zu- gleich als Respirationsmuskel die abwechselnde Verengerung und Er- weiterung des Thorax besorgt, in den beträchtlich erweiterten Magen einführt. Der Magen stellt in der Regel einen einfachen quergestellten Sack dar, zerfällt aber durch allmählige Differenzlrung und Abschnürung der vordem, seitlichen und hintern Abtheilung in eine Anzahl von Ab- schnitten, die am vollkommensten bei den Wiederkäuern gesondert als vier verschiedene Magen unterschieden werden. Der Pylorusabschnitt zeichnet sich vornehndich durch den Besitz von Labdrüsen aus und schliesst sich vom Anfang des Dünndarms durch einen Ringmuskel nebst nach innen vorspringender Falte mehr oder minder scharf ab. Der Darmkanal zerfällt in Dünndarm und Dickdarm, deren Grenze durch das Vorhandensein f^^owohl einer Klappe als eines namentlich bei Pflanzen- fressern mächtig entwickelten Blinddarms bezeichnet wird. Die vordere Partie des Dünndarms, das Duodenum, enthält in seiner Schleimhaut die sog. Brunn er 'sehen Drüsen und nimmt das Secret der ansehnlichen Leber und Bauchspeicheldrüse auf. Zuweilen entbehrt die mehrfach gelappte Leber einer Gallenblase, ist diese aber vorhanden, so vereinigen sich Gallenblasengang (B. cysticus) und Lebergallengang (B. hepa- ticus) zu einem gemeinsamen Ausführungsgange (B. choledodms) . Der Dünndarm zeigt die beträchtlichste Länge bei den Gras- und Blätter- fressern und ist sowohl durch die zahlreichen Falten und Zöttchen seiner Schleimhaut, als durch den Besitz einer grossen Menge von Drüsen- gruppen (Lieberkühn'sche, Beyer' sehe Drüsen) ausgezeichnet. Der Endabschnitt des Dickdarms, der Mastdarm, mündet mit Ausnahme der durch den Besitz einer Kloake charakterisirten Monotremen hinter der Oelfnung des Urogenitalsystems, wenn auch anfangs noch (Marsupialia) von einem gemeinsamen Walle umgrenzt. Das Herz der Säugethiere ist ebenso wie das der Vögel in eine rechte venöse und linke arterielle Abtheilung mit Vorhof und Kammer (zuweilen wie bei Hallcore auch äusserlich sichtbar) gesondert und liegt gewöhnlich mit Ausnahme des Menschen und der anthropoiden Affen senkrecht mit der Spitze nach unten gekehrt in der Mittellinie der Brusthöhle. Von einem Pericardium umschlossen, entsendet dasselbe einen Aortenstamm, welcher nach Abgabe der meist doppelten Kranz- arterie einen linken Aortenbogen bildet, aus welchem häufig zwei Gefäss- stämme, eine rechte Anonyma mit den beiden Carotiden und der rechten Subclavia und eine linke Subclavia , oder wie bei dem Menschen drei Gefässstämme, eine rechte Anonyma mit rechter Carotis und rechter Lungen. Kehlkopf. 1123 Subclavia, eine linke Carotis und linke Subclavia nebeneinander ent- springen. In den rechten Vorhof münden in der Regel eine untere und obere Hohlvene, seltener wie bei den Nagern, Monotremen und dem Elephant ausser der untern zwei obere Hohlvenen ein. Wundernetze sind namentlich für arterielle Gefässe bekannt geworden und finden sich an den Extremitäten graben ler und kletternder Thiere {Stenops, Myr- mecophaya, Bradijpus etc.), an der Carotis rings um die Hypophysis bei Wiederkäuern , bei den letztern auch an der Ophthalmica in der Tiefe der Augenhöhle, endlich an den Intercostalarterien und den Venae iliacae der Delphine. Das mit zahlreichen Lymphdrüsen versehene System der Lymphgetässe mündet durch einen links verlaufenden Hauptstamm (Ductus thoracicus) in die obere Hohlvene ein. Von den sog. Blut- gefässdrüsen haben Milz und Nebenniere und die vornehmlich in früher Jugendzeit entwickelte Schilddrüse und Thynms eine allgmeine Ver- breitung. Die paarigen Lungen sind frei in der Brusthöhle suspendirt und zeichnen sich durch den Reichthum der Bronchialverästelungen aus, deren feinste Ausläufer mit conischen trichterförmigen, an den Seiten- flächen mit Erhebungen versehenen Erweiterungen (Infundibula) enden. Die Athmung geschieht vornehmlich durch die Bewegungen des Zwerch- fells, welches eine vollkommene meist quergestellte Scheidewand zwischen Brust und Bauchhöhle bildet und bei der Contraction seiner muskulösen Theile als Inspirationsmuskel wirkt, d. h. die Brusthöhle erweitert. Daneben kommen allerdings auch Hebungen und Abductionen der Rippen bei der Erweiterung des Thorax in Betracht. Die Luftröhre verläuft in der Regel gerade ohne Windungen und theilt sich an ihrem untern Ende in zwei zu den Lungen führende Bronchien, zu denen jedoch noch ein kleiner Nebenbronchus der rechten Seite hinzukommen kann. Die- selbe wird durch knorplige hinten offene Halbringe, nur ausnahmsweise durch vollständige Knorpelringe gestützt und beginnt in der Tiefe des Schlundes hinter der Zungenwurzel mit dem Kehlkopf, welcher von den hintern Hörnern des Zungenbeins getragen, durch den Besitz von untern Stimmbändern, complicirten Knorpelstücken (Ringknorpel, Schildknorpel, Giesskannenknorpel) und Muskeln zugleich als Stiramorgan eingerichtet ist. Nur die Cetaceen gebrauchen ihren Kehlkopf, welcher im Grunde des Pharynx pyramidal bis zu den Choanen hervorsteht, ausschliesslich als Luftweg. Die spaltförmige Stimmritze wird sonst von einer beweg- lichen (bei den Cetaceen fast röhrenförmigen) Epiglottis überragt, welche am obern Rande des Schildknorpels festsitzt, beim Herabgleiten der Speisen sich senkt und die Stimmritze schliesst. Zuweilen finden sich am Kehlkopfe häutige oder knorpelige Nebenräume, welche theils wie die Luftsäcke von Balaena die Bedeutung von Luftbehältern haben, theils 71* 1124 Säugethiere. Nieren. Geschlechtsorgane. wie bei manchen Affen (Mycetes) als Resonanzapparate zur Verstärkung der Stimme dienen. Die Nieren bestehen zuweilen noch ^Seehunde, Delphine) aus zahl- reichen am Nierenbecken vereinigten Läppchen, zeigen sich aber in der Regel als compakte Drüsen von bohnenförmiger Gestalt und liegen in der Lendengegend ausserhalb des Bauchfells. Die aus dem sog. Nieren- becken entspringenden Harnleiter münden stets in eine Harnblase ein, deren Ausführungsgang, Urethra, in mehr oder minder nahe Be- ziehung zu dem Leitungsapparate der Genitalorgane tritt und in einen vor dem After ausmündenden Sinus oder Canalis itrogcnitalis führt. Für die männlichen Geschlechtsorgane der meisten Säugethiere ist zunächst die Lagenveränderung der oval-rundlichen Hoden characteristisch. Nur bei den Monotremen und Cetaceen bleiben die Hoden wie bei den Vögeln und Reptilien in ihrer ursprünglichen Lage in der Nähe der Nieren, in allen andern Fällen senken sie sich bis vor das Becken herab und treten unter Vorstülpung des Bauchfells in den Leistenkanal (viele Nager), häufiger noch aus diesem hervor in eine doppelte zum Hoden- sack umgestaltete Hautfalte ein. Nicht selten (Nager, Flatterthiere, Insekten- fresser) treten sie jedoch nach der Brunstzeit mit Hülfe der als Cremaster vom schiefen Bauchmuskel gesonderten Muskelschleife durch den offenen Leistenkanal wieder in die Bauchhöhle zurück. Während der Hodensack in der Regel hinter dem Penis liegt und morphologisch den beiden im weiblichen Geschlecht als äussere Schamlippen persistiren den Hautwülsten entspricht, entsteht derselbe bei den Beutelthieren durch eine Ausstülpung des Integuments unmittelbar am Eingang des Leisten- kanals vor dem männlichen Begattungsglied. Die aus dem WolfTschen Körper hervorgegangenen knäuelförmig gewundenen Ausführungsgänge der Hoden gestalten sich zum Nebenhoden und führen in die beiden Vasa deferentia, welche unter Bildung drüsenartiger Erweiterungen (Samenblasen) des Blasenhalses dicht neben einander in die Urethra einmünden. An dieser Stelle münden in die Samenleiter die Ausführungs- gänge der sehr verschieden gestalteten, oft in mehrfache Drüsengruppen zerfallenen Prostata ein, während ein zweites Drüsenpaar, die Cowper'sche Drüse, in die Urethra führt. Häufig erhalten sich zwischen den Mün- dungen der Samenleiter Reste der im weiblichen Geschlechte zum Leitungsapparate verwendeten Müller'schen Gänge, das sog. Wehcr'&che Organ {Uterus masculinus), deren Tlieile sich in den Fällen sog. Zwitter- bildung bedeutend vergrössern und in der dem weiblichen Geschlechte eigenthümlichen Weise difierenziren können. Ueberall schliesen sich dem Ende der als Urogenitalkanal fungirenden Urethra äussere Begattnngs- theile an, welche stets einen schwellbaren, bei den Monotremen in einer Tasche der Kloake verborgenen Penis (Ruthe) bilden. Derselbe wird durch cavernöse Schwellkörper gestützt, die sich bei den Kloakenthieren Aeussere Geschlochtstheile. 1125 noch auf paarige Corpora cavernosa urethrae reduciren ; bei den übrigen Säugetliieren treten zu dem unpaar gewordenen, die Urethra umgebenden cavernösen Körper (U-r Urethra zwei obere Corpora cavernosa pjenis hinzu, welche von den Sitzbeinen entspringen und nur selten unter- einander verschmelzen. Auch können sich knorplige oder knöcherne Stützen, sog. Penisknochen (Raubthiere , Nager), entwickeln, besonders häufig im Innern der von dem Schwellkörper der Urethra gebildeten Eichel, welche nur ausnahmsweise [Monotremen, Bcutler) gespalten ist, in ihrer Form aber mannigfach wechselt und in einer drüsenreichen Hauptduplikatur (Vorhaut) zurückgezogen liegt. Die Ovarien verhalten sich nur bei den Monotremen in Folge linksseitiger Verkümmerung unsymmetrich und zeigen hier auch eine traubige Beschaffenheit. In allen andern Fällen sind dieselben beider- seits gleichmässig entwickelt und besitzen eine mehr compakte länglich- rundliche Form. In Falten des Peritoneums eingelagert finden sie sich in unmittelbarer Nähe der trichterförmig erweiterten Bauchmündungen des Leitungsapparates, zuweilen von denselben sogar vollständig um- schlossen. Der Leitungsapparat gliedert sich in die obern nnt freiem Ostium beginnende Tuben, welche in allen Fällen paarig bleiben, in den erweiterten zuweilen paarigen, häufiger unpaaren Mittelabschnitt, Uteras und den mit Ausnahme der Beutler unpaaren Endabschnitt, die Vutjina oder Scheide, welche hinter der Oeffnung der Urethra in den kurzen Urogenitalsinus oder Vorhof mündet. Bei den letztgenannten Thieren verlängert ^ich übrigens das obere Ende der beiden - hier mit ein- ander verwachsenen — Scheiden in einen blinden Fortsatz, der bis zum Sinus urogenitalis herabreicht. Bei den Monotremen münden die beiden schlauchförmigen Fruchtbrliälter direct auf papillenartigcn Erhebungen in den noch mit der Kloake verbundenen Uiogenitalsinus ein. Nach den verschiedenen Stufen der Dnplicität des Fruchtbehälters unterscheidet man den Uterus duplex, mit äusserlich mehr oder minder durchgeführter Trennung und doppeltem Muttermund (Nagethiere, Beutler), den Uteras hipartitus , mit einfachem Muttermund, aber fast vollkommener innerer Scheidewand (Nagethiere), den Uteras hicornis mit gesonderten oberen Hälften der beiden Fruchtbehälter ( Hufthiere , Carnivoren , Cetaceen, Insectivoren) und endlich den Uteras simplex, mit durchaus einfacher Höhle, aber um so kräftigeren Muskeln der V^andung (Mensch, Affen). Das Vestibulum, mit seinen den Cowper'schen Drüsen eutsprechenden Duvernoy'&chen (^Bartholin' ^chen) Drüsen grenzt sich von der Scheide durch eine Einschnürung ab, zuweilen auch durch eine innere Schleim- hautfalte (Hymen), welche selbst bis in die Mitte der Scheide hinauf- rücken kann. Die äusseren Geschlechtstheile werden durch zwei äussere Hautwülste, die den Scrotalhälften entsprechenden grossen Schamlippen, durch kleinere (übrigens nicht immer vorhandene) innere Schamlippen 1126 Säugethiere. Ei. ZU den Seiten der Geschlechtsöffnung und durch die der Ruthe gleich- werthige mit Schwellgeweben und Eichel versehene Clitoris gebildet. Die Clitoris kann zuweilen (bei den Klammeraffen) eine ansehnliche Grösse erreichen und von der Urethra durchbohrt, selbst zur Ableitung des Harns benutzt wenlen (Nagethiere, Maulwurf, Halbaffen). In diesen Fällen einer Clitoris perforata kommt es natürlich nicht zur Entstehung eines gemeinsamen Urogenitalsinus. Morphologisch repräsentiren die weiblichen Genitalien eine frühere Entwicklungsstufe der männlichen, welche in den Fällen sog. Zwitterbildung auf dem Wege der Hemmungs- bildung eine mehr oder minder weibliche Gestaltung erhalten können. In der Regel werden beide Geschlechter an der verschiedenen Form der äusseren Genitalien leicht unterschieden , und nur ausnahmsweise ist die Erkennung von Männchen und Weibchen wegen der grossen Aehnlichkeit der äussern Geschlechtstheile mit Schwierigkeiten verbunden. Häufig prägt sich in der gesammten Erscheinung ein Dimorphismus aus, indem das grössere Männchen einen abweichenden Haarwuchs zeigt, zu einer lautern Stimme befähigt ist und durch den Besitz stärkerer Zähne oder besonderer Waffen (Geweihe) bevorzugt erscheint. Dagegen bleiben die Milchdrüsen, welche in der Inguinalgegend , am Bauche und an der Brust liegen können und fast ausnahmlos in Zitzen oder Saugwarzen auslaufen, im männlichen Geschlechte rudimentär. Die Zeit der Fortpflanzung (Brunst) fällt bei den meisten Säuge- thieren in das Frühjahr, bei einigen gegen Ende des Sommers (Wieder- käuer) oder selbst in den Winter (Wildschwein, Raubthiere). In den wärmern Klimaten freilich und bei den grössern Haussäugethieren knüpft sich die Brunst weniger an eine bestimmte Jahreszeit, sondern wieder- holt sich (analog der Menstruation) in engern Zwischenräumen von einigen ^ Wochen. Eine wesentliche, unabhängig von der Begattung eintretende Erscheinung, von welcher die Brunst im weibhchen Geschlechte, meist gegen Ende, stets begleitet wird, ist der Austritt eines oder mehrerer Eier aus den Graff'schen Follikeln des Ovariums in die Tuben. Die Eier des Säugethieres, erst durch C. E. v. Baer entdeckt, sind ausser- ordentlich klein (von V20 bis Vio Linie im Durchmesser) und von einer stark hchtbrechenden Membran [Zona pelliicida) umgeben, um die sich nicht selten in den Eileitern eine EiweisshüUe ablagert. Die Befruchtung des Eies scheint überall im Eileiter zu erfolgen , in denen sich dasselbe eine Anzahl von Tagen aufhält und auch die totale Dotterfurchung durchläuft. Nachher tritt das YA in den Uterus ein und erhält eine zottige durch Auswüchse der ursprünglichen Zona nebst der von innen hinzutretenden sog. serösen Haut gebildeten Umhüllungshaut (Chorion), welche die Befestigung des Eies an der Uterinwand vermittelt. Später legt sich auch der peripherische Theil der Allantois an das Chorion an und wächst in der Regel mit seinen Gefässen in die Zöttchen ein, so PlacentarbilcUmg. Trächtigkeit. 1127 dass sich eine verhältnissmässig grosse Fläche fötaler Gefässverzweigungen entwickelt, deren Blut mit dem Blute der Uterinwand in einen engern endosmotischen Verkehr tritt. Durch diese Verbindung von Allantois und Chorion des Fötus mit der Uterinwandung entsteht der sog. Mutter- kuchen {Flacenta), durch welche dem Fötus von dem Körper des Mutter- thieres Nahrungsstoffc zugeführt werden. Nur hei den Monotremen und Beutlern fehlt die Placenta ( Aplacentaria — Placentaria). In ihrer besondern Ausbildung und in der Art ihrer Verbindung mit der Uterin- wand zeigt die Placenta in den einzelnen Ordnungen bedeutende Ver- schiedenheiten. Entweder bleiben die Zotten der Placenta mit der Uterinwand in loser Verbindung und lösen sich bei der Geburt aus der- selben heraus {Adeciduatd) oder sie verwachsen so innig mit den Drüsen der Uterinschleimhaut, dass diese bei der Geburt als Decidua mit ab- gelöst wird und als Nachgeburt ausgestossen wird (Deciduata). Im erstem Falle kann sich bei vollständiger Umwachsung der Allantois die Placenta in zahlreichen zerstreuten Zotten über das ganze Chorion gleich- massig ausbreiten (PI. diffusa, Hufthiere, Cetaceen) oder an verschie- denen Stellen kleine Wülste von Zotten sog. Cotyledonen (Wiederkäuer) bilden. Im andern Falle stellt sie entweder eine ringförmige Zone an der Eihaut dar {PL anmdaris, Raubthiere, Robben) oder führt, wenn sich die Verbindung der Allantois mit dem Chorion (wie bei dem Menschen, Affen, Nagern, Insectenfressern, Fledermäusen) auf eine vereinzelte Stelle des Eies beschränkt, zur Bildung des scheibenförmigen Mutterkuchens {PI. discoidea.) Die Dauer der Trächtigkeit steht im Allgemeinen in geradem Ver- hältniss zur Körpergrösse der Säugethiere, richtet sich aber im Besondern nach der Entwicklungsstufe, in welcher die Jungen zur Welt kommen. Am längsten währt dieselbe bei den grossen Land- und colossalen Wasserbewohnern (Hufthiere, Cetaceen), welche unter günstigen Ver-' hältnissen des Nahrungserwerbes und geringen Bewegungsausgaben leben. Die Jungen dieser Thiere zeigen sich bei der Geburt in ihrer körper- lichen Ausbildung soweit vorgeschritten, dass sie gewissermasseh als Nestflüchter der Mutter zu folgen im Stande sind. Relativ geringer ist die Tragzeit bei den Carnivoren, deren Junge nackt und mit geschlossenen Augen geboren werden und den Nesthockern vergleichbar, längere Zeit noch völlig hülflos der mütterlichen Pflege und Sorgfalt bedürfen. Am kürzesten aber währt dieselbe bei den Aplacentariern , den Monotremen und Beutlern. Bei diesen Thieren gelangen die frühzeitig geborenen Jungen (beim Känguruh von Nussgrösse) in eine von Hautfalten gebil- dete Tasche der Inguinalgegend , hängen sich hier an die Zitzen der Milchdrüsen fest und werden gewissermassen in einem zweiten mehr äussern Fruchtbehälter ausgetragen, in welchem das Secret der Milch- drüsen stellvertretend für das ausgefallene Placentarorgan die Ernährung 1128 Säugethiere. Lebensweise. Winterschlaf. sehr frühzeitig übernimmt. Die Zahl der geborenen Jungen wechselt ebenfalls überaus mannichfach in den verschiedenen Gattungen. Die grossen Säugethiere, welche länger als 6 Monate tragen, gebären in der Regel nur 1, seltener 2 Junge, bei den kleinern aber und einigen Haus- thieren (Schwein) steigert sich dieselbe beträchtlich, so dass 12 bis 16 ja selbst 20 Junge mit einem Wurfe zur Welt kommen können. Meist deutet die Zitzenzahl des Mutterthieres auf die grössere oder geringere Zahl der Nachkommenschaft hin, die durchw^eg nach der Geburt längere ödere kürzere Zeit hindurch an den Zitzen der Milchdrüsen aufgesäugt wird. Manche Säugethiere leben einsiedlerisch und nur zur Zeit der Brunst paarweise vereinigt, es sind das vornehmlich solche Raubthiere, welche in einem bestimmten Jagdreviere, wie der Maulwurf, in eignen unterirdischen Gängen ihren Lebensunterhalt erjagen. Andere Arten leben in Gesellschaften vereint, in welchen häufig die ältesten und stärkten Männchen die Sorge des Schutzes und der Führung über- nehmen. Wenn auch die grössere Mehrzahl der Säugetliiere am Tage auf Nahrungserwerb ausgeht und zur Nachtzeit der Ruhe pflegt, so gibt es doch in allen Ordnungen, in manchen sogar vorherrschend, Tag- schläfer und Nachtthiere. Die Fledermäuse kommen z. B. fast sämmt- Uch in der Dänunerung und Nacht aus ihren Schlupfwinkeln zum Vor- schein, auch die meisten Raubthiere und zahlreiche Hufthiere schlafen am Tage. Einige Nager, Insektenfresser und Raubthiere verfallen während der kalten, nahrungsarmen Jahreszeit in ihren oft sorgfältig geschützten Schlupfwinkeln und ausgepolsterten Erdbauten in einen unterbrochenen (Bär, Dachs, Fledermäuse) oder andauernden (Sieben- schläfer, Haselmaus, Igel, Murmelthier) Winterschlaf und zehren während dieser Zeit ohne Nahrung aufzunehmen bei gesunkener Körperwärme, schwacher Respiration und verlangsamten Herzschlag von den während der Herbstzeit aufgespeicherten Fettmassen. Selten suchen Säugethiere wärmere an Nahrung reichere Gegenden auf und unternehmen grössere, wenn auch an Umfang nicht den Zügen der Vögel vergleichbare Wan- derungen. Bekannt sind derartige Wanderungen von den Rennthieren, südamerikanischen Antilopen und dem nordamerikanischen Büttel, von Seehunden, Walen und Fledermäusen, insbesondere aber von dem Lemming, der in ungeheueren Schaaren von den nordischen Gebirgen aus nach Süden in die Ebenen wandert, sich in der Richtung seiner Reise durch keinerlei Hindernisse zurückhalten lässt und selbst Flüsse und Meeres- arme durchsetzt. Die geistigen Fähigkeiten erheben sich wie schon aus der hohen Ausbildung des Gehirns hervorgeht, zu einer höhern Entwicklung als in irgend einer andern Tliierklasse. Ohne die tiefe Kluft zu leugnen, welche den Geist des Menschen von den am höchsten stehenden Säugethieren Psychisches Leben. Geographische Verbreitung. 1129 scheidet, kann man doch behaupten, dass die elementaren Bedingungen des Verstandes- und Gemüthslebens im Wesentlichen auch bei den Säuge- thieren zu finden sind. Das Säugethier besitzt Unterscheidungsvermögen und Gedächtniss, bildet sich Vorstellungen, urtheilt und schliesst, zeigt Neigung und Liebe zu seinem Wohlthäter, Abneigung, Hass und Zorn gegen seinen Feind ; in seinem Wesen prägt sich überall ein bestimmter, wenn auch für die einzelnen Arten sehr verschiedener Charakter aus. Auch sind die Geisteskräfte des Säugethieres einer Steigerung und Ver- vollkommnung fähig, die freilich in verhältnissmässig enge schon durch den Mangel einer articulirten Sprache genügend bezeichneten Schranken gebannt bleibt. Die Gelehrigkeit und Fähigkeit zur Erziehung und Ab- richtung, welche einzelne Säugethiere vor andern in hohem Grade kund geben, haben diese zu bevorzugten llausthieren, zu unentbehrlichen, für die Culturgeschichte des Menschen höchst bedeutungsvollen Arbeitern und Genossen des Menschen gemacht (Pferd, Hund). Immerhin aber bleibt dem unbewussten Naturtrieb, dem Instinkt, im Leben des Säuge- thieres ein weites Terrain. Zahlreiche Säugethiere zeigen sogar Kunst- triebe, die sie zur Anlage von geräumigen Gängen und hohlen kunst- vollen Bauten über und in der Erde befähigen, von Wohnungen, die nicht nur als Schlupfwinkel zum Aufenthalte während der Ruhe und des Schlafes, sondern auch als Bruträume zur Ablage der Nachkommen dienen. Fast sämmtliche Säugethiere bauen für diese besondere, oft mit weichen Stoffen überkleidete Lager, einige sogar wahre Nester, ähnlich denen der Vögel, aus Gras und Halmen über der Erde. Zahlreiche Be- wohner von Gängen und Höhlungen der Erde tragen Wintervorräthe ein, von denen sie während der sterilen Jahreszeit, zuweilen nur im Herbste und Frühjahr (Winterschläfer) zehren. Was die geographische Verbreitung der Säugethiere anbetrifft, so finden sich einzelne Ordnungen wie die Flatterthiere und Nager in allen Welttheilen vertreten. Von den Cetaceen und Pinnipedien gehören die meisten Arten den Polargegenden an. Im Allgemeinen hat die alte und neue Welt jede ihre besondere Fauna, doch mit einzelnen Ausnahmen, indem der Eisbär, Polarfuchs und das Rennthier in den nördlichen Polar- gegenden beider Hemisphären vorkommen, ebenso einige Marderarten {Mustela martes, erminea), der Biber, Wolf, Bison u.a. der alten und neuen Welt gemeinsam sind. Ganz eigenthümlich verhält sich die Fauna Neu- hollands, indem dieselbe fast ausschliesslich aus Beutelthieren besteht. Diese überaus mannichfaltige, mich Bau und Lebensweise fast sämmtliche Ordnungen von Säugethieren wiederholende Säugethiergruppe ist auch noch durch die Beutelratten in Amerika, durch einige andere Arten in Neu-Guinea, Polynesien und den Molucken vertreten. Die Kloakenthiere gehören Neuholland ganz ausschliesslich an. Durch die fortschreitende Cultur des Menschen sind natürlich im Laufe der Zeiten zahlreiche 1130 1. Ordnung: Monotremata, Kloakenthiere. Säugothiere aus ihrer ursprünglichen Heimath verdrängt, auch geht aus antiquarischen und paläontologischen Untersuchungen hervor, dass lebende Arten in vorhistorischen Zeiten, aber bereits zur Zeit der Existenz des Menschen in Gegenden lebten, in denen sich gegenwärtig nicht einmal die Sage ihrer Existenz erhalten hat. Audi wurde auf diesem Wege der Nachweis von der Coexistenz des Menschen mit fossilen, gegenwärtig ausgestorbenen Thierformen (Mammuth, Torfhirsch etc.) geführt. In bistorischen Zeiten scheint nur eine Säugethierart, das sog. Borkenthier ( BliyÜna Stelleri) vollständig ausgerottet worden zu sein. Die ältesten fossilen Reste von Säugethieren finden sich im Trias (Keupersandstein und Oolith, Stonesfielder Schiefer) (Unterkiefer) und weisen auf Beutel- thiere hin. Erst in der Tertiärzeit tritt die Säugethierfauna in reicher Ausbreitung auf, wenn auch bis auf die Jüngern Glieder dieser Formation von der gegenwärtigen Fauna wesentlich abweichend. Linn6 theilte die Säugethiere ein in l.Cete, 2. Belluac, ?>.Fecora, i.Glires, b. Bestiae, 6. Ferae, 7. Brutae, 8. Primates. I. Aplacentalia. 1. Ordnung: Monotremata ' ) , Kloakenthiere. Mit schnabelförmig verlängerten Kiefern, hurscn 5zeliigen stark hekrallten Füssen, mit Beutelknochen und einer Kloake, Bewohner Neuhollands. Man bildet diese Gruppe aus zwei Säuge thiergattungen, dem Ämeisenigel und dem Schnabelthier , welche beide Bewohner Neuhollands, ihrer Organisation nach die tiefste Stellung unter den Säugethieren ein- nclimen und durch eine merkwürdige Combination von Characteren den Anschluss der Säugethiere an die Vögel und Reptilien vermittlen. Von einigen Zoologen werden die Kloakenthiere als eine Familie der Eden- taten neben die Vermilinguier gestellt , von andern den Beutlern zu- geordnet, mit denen sie in der That mehrfache Züge, insbesondere die einfache Bildung des Gehirnes , den Besitz von Beutelknochen — Echidna soll seine Jungen sogar in einem Beutel tragen — und als Äplacentarier den Mangel des Mutterkuchens und die frühzeitige Geburt der Embryonen gemeinsam haben, immerhin aber zeichnen sie sich von jenen durch mehrfache p]igenthümlichkeiten aus, welche ihre Sonderung als selbst- 1) Vergl. die Arbeiten und Aufsätze von Blainville, Owen, Bennett, Meckel, Gr. St. Hilaire etc. Allgemeine KörperbescLreibuug. 1131 ständige Ordnung wohl zu rechtfertigen im Stande sind. Der wich- tigste Charakter, welchem auch der Name der Ordnung entlehnt ist, beruht auf dem Vorhandensein einer Kloake. Wie bei den Vögeln nimmt das erweiterte Ende des Mastdarmes die Mündungen der Ge- schlechts- und Harnwege auf. Dazu kommt die Vogelähnlichkeit in der Bildung der weiblichen Geschlechtstheile, der schnabelartigen zahnlosen Kiefer, in dem Besitze einer Furcula und eines hintern säulenförmigen Schlüsselbeines, in der rudimentären Form des Corpus callosum zur Verbindung der beiden Hemisphären des Gehirns. Die äussere Körperform und Lebensweise der Monotremen erinnert theils an die Ameisenfresser und Igel (Ameisenigel), theils an die Fisch- ottern und Maulwürfe (Schnabelthier), wie ja auch das Schnabelthier von den Ansiedlern Neuhollands treftend als Wassermaulwurf bezeichnet wird. Jene besitzen ein kräftiges Stachelkleid und eine röhrenartig ver- längerte zahnlose Schnauze mit wurmförmig vorstreckbarer Zunge; ihre kurzen fünfzehigen Füsse enden mit kräftigen Scharrkrallen , welche zum raschen Eingraben des Körpers vorzüglich geeignet sind. Die Schnabel- thiere dagegen tragen einen dichten weichen Haarpelz als Bekleidung ihres flachgedrückten Leibes und besitzen wie der Biber einen platten Ruderschwanz. Die Kiefer sind nach Art eines Entenschnabels zum Grundein im Schlamme eingerichtet, aber jederseits mit 2 Hornzähnen bewaffnet und von einer hornigen Haut umgeben , welche sich an der Schnabelbasis in eigenthümlicher Weise schildartig erhebt. Die Beine des Schnabelthieres sind kurz , ihre fünfzehigen Füsse enden^mit starken Krallen , sind aber zugleich mit äusserst dehnbaren Schwimmhäuten aus- gestattet und werden daher sowohl zum Graben als Schwimmen gleich geschickt verwendet. Der Schädel der Monotremen erscheint verhältniss- mässig flach, die Knochen desselben verwachsen sehr frühzeitig ohne Nähte zur Herstellung einer festen Kapsel , welche das kleine , unter allen Säugethieren am wenigsten ausgebildete Gehirn cinschliesst. Die Hemi- sphären breiten sich nicht über das kleine Gehirn aus und besitzen nur ein sehr rudimentäres corpus callosum. Eine äussere Ohrmuschel fehlt, die Augen bleiben klein und werden wie beiden Vögeln ausser den beiden Augenlidern durch eine Nickhaut geschützt. Die Nasenöffnungen rücken weit nach vorn an die Spitze der Schnauze. Beide Geschlechter besitzen wie die Beutel- thiere über den Schambeinen die sog. Beutelknochen, welche beim Weibchen von Echidna einen Beutel tragen. Das Männchen mit seinen im Innern der Leibeshöhle zurückbleibenden Hoden trägt in beiden Gattungen an den hintern Füssen einen eigenthümlichen in seiner ganzen Länge durch- bohrten Sporn, welcher den Ausführungsgang einer Drüse aufnimmt, der man längere Zeit, aber mit Unrecht, giftige Eigenschaften beilegte. Es scheint vielmehr, als ob diese Einrichtung nur als Reizmittel der Be- 1132 2. Ordnung: Marsupialia, P.eiitelthiere. gattung dient, da der Sporn in eine Grube des weiblichen Schenkels hineinpasst. Die weiblichen Geschlechtsorgane zeigen mit denen der Vögel in mehrfacher Hinsicht eine grosse Aehnlichkeit. Ebenso wie hier ist das linke Ovarium verkümmert, während das rechte eine traubige Form besitzt. Die Fruchtbeliälter sind als die untern erweiterten Ab- schnitte der Oviducte vollständig getrennt und öffnen sich mit den Mündungen der Harnleiter in einen kurzen , weiten , in die Kloake führenden Gang {cmialis urogenitalis). Die Embryonen entwickeln sich wie bei den Beiitlern ohne Placenta, verweilen nur kurze Zeit im mütter- lichen Fruchtbehälter und werden sehr frühzeitig geboren , gelangen bei Eclndna sogar in einen sackförmigen Beutel der Mutter. An dem Bauche der letztern linden sich nur zwei Milchdrüsen , welche einer vor- tretenden Saugwarze entbehren und desshalb längere Zeit unbekannt geblieben waren. Fossile Ueberreste sind bislang nicht bekannt geworden. Farn. Oniithorhynchns Blumb., Schnabelthier. Mit breitem plattem Enten- schnabel und zwei Hornzähnen in dem Kiefer; Leib walzenförmig flach, mit weichem dichten Haarpelz und mit plattem Ruderschwanz. Die kräftig bekrallten 5zehigen Füsse mit Schwimmhäuten. Graben in der Nähe von Flüssen eine unter- irdische Wohnung mit einem weiten Kessel und zwei Eingängen über und unter dem Wasser. Im Wasser schwimmen und tauchen sie vortrefflich und ernähren sich gründelnd von Würmern und Wasserthieren. 0. faradoxiis Blumb. , Neu- holland und Van-Diemensland. Echidna Cuv. (Tachyglosstts 111.). Mit rüsselförmig verlängerter Schnauze, zahnlosen Kiefern und wurmförmig vorschnellbarer Zunge. Gaumen und Zunge mit Hornwarzen besetzt. Der mit Hornstacheln bekleidete Leib kann sich zu- sammenkugeln und endet mit kurzem Schwanzstummel. Die Füsse mit ihren kräftigen Scharrkrallen machen ein rasches Eingraben möglich. Nähren sich wie die Ameisenfresser von Ameisen und Insekten. E. hystrix Cuv., in gebir- gigen Gegenden des südöstlichen Neuholland. E .•^etosa Cu., Van-Diemensland. 2. 0 r d n u n g : Marsupialia ' ) , Beutelthiere. Säugethiere mit verschieden besahnten Kiefern, swei Beutelknochen und einem von diesen getragenen , die Zitzen umfassenden Beutel. Der Hauptcharakter der Beutler liegt in dem Besitze eines von zwei Knochen getragenen Sackes oder Beutels {Marsupium), welcher die Zitzen der Milchdrüsen umschliesst und die hülflosen Jungen nach der 1) R. Owen, Article »M usurpialia« in Todds Cyclopaedia of Anatomy. Vol. III. 1842. G. R. Waterhouse, A natural history of the Mammalia. Vol. V. Marsupialia. London 1846. J. Gould, The mammals of Australia. VoL I. bis in. London 1863 — 1874. Vergl. ausserdem die Abhandlungen von Owen, Waterhouse, J. Gould, Home, Bennett, Renger etc. Organisation und Fortpflanzung. 1133 Geburt aufnimmt. Die letztere tritt bei dem Mangel des Mutterkuchens ähnlich wie bei den Kloakenthieren ausserordentlich früh ein, selbst das Riesenkänguruh, welches im männlichen Geschlecht fast Manneshöhe erreicht, trägt nicht länger als 39 Tage und gebiert einen blinden nackten Embryo von nicht viel mehr als Zollange mit kaum sichtbaren Extremitäten, welcher vom Mutterthier in den Beutel gebracht wird, sich an einer der 2 oder 4 Zitzen festsaugt und noch geraume Zeit, etwa 8 bis 9 Monate, an diesem Orte Nahrung, Schutz und Wärme empfängt. Kleinere ßeutler wie Bidelphys werfen eine grössere Zahl ebenso hülfloser kaum beweglicher Jungen, einige, bei denen der Beutel durch kurze Hautfalten ersetzt wird, tragen ihre Jungen sehr frühzeitig schon auf dem Rücken mit sich herum. In der äussern Erscheinung, in der Art der Ernälirung und Lebens- weise weichen die Beutler ganz bedeutend auseinander, viele sind Pflanzen- fresser und nähern sich in der Bildung des Gebisses den Nagern oder den Hufthieren , andere leben von gemischter Kost, von Wurzeln, Früchten und Insekten, andere als echte Raubthiere von Insekten, Vögeln und Säugethieren. Auch in dem Habitus der gesammten Körper- form und in der Art der Bewegung wiederholen die Beutler eine Reihe von Säugethiertypen verschiedener Ordnungen. Die Wombat's repräsen- tiren die Nagethiere , die flüchtigen in gewaltigen Sätzen springc^nden Känguruh's entsprechen den Wiederkäuern und vertreten gewissermassen in Australien das fehlende Wild, die Flugbeutler [Petaurus) gleichen den Flughörnchen , die kletternden Phalangisten {Phalangistd) erinnern in Körperform und Lebensweise an die Fuchsaffen (Lemur), andere wie die Perameliden an Spitzmäuse und Insectivoren. Endlich weisen die Bezeichnungen von Beudeldachs, Beutelmarder, Beutelwolf auf die Aehn- lichkeit mit allgemein bekannten Raubthieren hin. Diese Raubbeutler Rchliessen sich übrigens in der Bildung des Gebisses ebensowohl den echten Carnivoren als den Insektenfressern an, denen sie in der grossen Zahl ihrer kleinen Vorderzähne und spitzhöckrigen Backzähne kaum nachstehen. Die Eckzähne sind oft wahre Fangzähne, die Backzähne können fast allgemein in Lücken- und Höckerzähne unterschieden werden. Trotz der verschiedensten Gestaltung der Extremitäten tritt häufig die Tendenz der Daumenbildung und Verwachsung der beiden Innenzehen an den Hinterfüssen hervor, häufig aber verkümmert der Daumen oder fällt vollständig aus. Nach der Bildung des Gehirnes und nach dem Bau der Geschlechtsorgane schliessen sich die Beutler unmittelbar an die Monotremen an. Auch hier bleibt das corpus callosum — nach Owen soll dasselbe sogar ganz fehlen — überaus rudimentär; das grosse Gehirn ist verhältnissmässig klein, mit nur wenig bemerkbaren Windungen. Die weiblichen Geschlechtsorgane besitzen noch häufig grosse traubige Ovarien, die beiden Eileiter beginnen mit weiten Orificien 1134 1. Unterordnung: Glirina. und setzen sich in die beiden vollkommen getrennten Fruchtbehälter fort, welchen die eigenthümlich gestaltete ebenfalls doppelte Scheide folgt. Aeusserlich bilden die beiden Scheiden, wo sie die Mündungen der Fruchtbehälter aufnehmen, einen gemeinsamen Abschnitt, der einen langen, aber durch eine Querscheidewand getheilten BHndsack abgibt; von diesem gemeinsamen, innerlich in zwei Hälften gesonderten Theil entspringen die Scheidenkanäle als zwei seitliche henkelartig abstehende Röhren, welche in den Canalis urogenitalis einmünden. Da die äussere Oeffnung des letztern mit dem After mehr oder minder inniii zusammenfällt, kann man auch den Beutlern eine Art Kloake zuschreiben. Im männlichen Geschlecht endet die Ruthe in der Regel mit gespaltener Eichel, ent- sprechend der doppelten Scheide des Weibchens. Fast alle Beutler sind nächtliche Thiere mit wenig entwickelten geistigen Fähigkeiten und leben in waldigen buschigen Gegenden. Die meisten bewohnen Neuholland, viele auch die Inseln der Südsee und die Molukken {JDidelphys, Chironectes), auch Südamerika. In Europa fehlen sie gegenwärtig gänzlich, waren jedoch noch zur Tertiärzeit daselbst verbreitet. Mit Rücksicht auf die paläontologischen Reste (Unterkiefer erkennbar am vorspringenden Fortsatz) betrachtet man die Beutlcr als die ältesten und am frühsten aufgetretenen Säugethiere. 1. Unterordnung: Glirina (Rhizophaga) , Nagebeutler, Beutelmäuse. Plumpe schwerfällige Thiere von Dachs -Grösse, mit dichtem weichen Pelze, mit Nagethiergehiss , kurzen Extremitäten und stummei- förmigem Schwanz. Am Magen mündet eine besondere Drüse. Grab- füsse mit breiter nackter Sohle und 5 grossentheils verwachsenen^stai'k bekrallten Zehen. Nur die stummeiförmige Innenzehe des Hinterfusses entbehrt der Sichelkralle. 1. Farn, l'hascolomyidae. Mit dem Charakter der Unterordnung. Phasco- lomys Geoffr. Gebiss T o" T hf "^^** ^^'"^<^* ^^^- ^^^- (fossor). Ein Be- wohner von Van - Diemensland und Neusüd wales, welcher am Tage in selbst- gegrabenen Erdhöhlen liegt und zur Nachtzeit auf Nahrung ausgeht, die aus Gras, Kräutern und Wurzeln besteht. Aus den Alluvialhöhlen Neuhollands wurde eine fossile Art von Owen als Fh. platyrhinus beschrieben. Eine andere fossile Form, Fh. latifrons Ow., wird neuerdings zu einer Untergattung Lasiorhinus Gray gestellt. 2. Unterordnung: Macropoda (Poephaga), Springbeutler. Mit kleinem Kopf und Hals , schwachen kleinen 5zehigen Vorder- beinen und ungemein entwickeltem Hinterkörper, dessen bedeutend ver- längerte Extremitäten zum Sprunge dienen und von dem langen an der 2. Unterordnung: Macropoda. 3. Unterordnung: Scandentia. 1135 Wurzel verdickten Stemmschwanz unterstüzt werden. Die kräftigen Hinterfüsse zeichnen sich durch die Verlängerung von Unterschenkel und Fuss aus und enden mit 4 hufartig bekrallten Zehen, von denen die beiden Innern verwachsen sind, die mittlere aber sehr lang und kräftig ist. Das Gebiss erinnert an das der Pferde, wenngleich die Zahl der Schneidezähne im Unterkiefer (2) eine geringe ist. Eckzähne fehlen im Unterkiefer stets, im Oberkiefer sind sie klein oder fehlen auch. Backzähne finden sich oben und unten fünf, ein prämolarer und vier wahre Backzähne. Der Magen ist colonähnlich zusanmiengesetzt, der Blind- darm lang. Sind Gras- und Pflanzenfre.sser. 1. Farn. Halmaturidae , Känguruhs. Gebiss -, — o T mT Grössere und kleinere Thierformen , welche in Neuholland und Vandiemensland das fehlende Wild ersetzen und ihres Fleisches halber gejagt werden. Die grössern leben auf weiten grasreichen Ebenen und springen in gewaltigen Sätzen mit einer Schnellig- keit, die der des Hochwildes kaum nachsteht, kleinere Arten scharren und graben und bereiten sich ein Lager nach Art des Hasen. Einige klettern vortrefflich und sind wahre Felsen- und Baumthiere. Diese sind theilweise Nachtthiere, alle sind scheu und furchtsam. Macropus Shaw. Oberer Eckzahn klein oder ganz fehlend. Aeusserer Schneidezahn breit gefurcht. Nach der Gestalt dieses Zahnes hat man Unter- gattungen aufgestellt. M. giganteus Shaw. (Schneidezähne mit 2 Furchen). Riesen- känguruh von 4 bis 5 Fuss Länge ohne den 4 Fuss langen Schwanz. M. (Lagor- chestes Gould. Sclmeidezahn klein, mit 1 Furche) leporoides Gould. M. {Halma- turus) Benetti Waterh. 31. (Petrogale) penicillatus Gray, Felsenkänguruh. Hypsiprymnus 111., Känguruhratte. Eckzahn deutlich. Der vordere obere Schneidezahn länger als die andern. Praemolar viel grösser als die andern Back- zähne. H. rufescens Gould., H. penicillatus Waterh., H. murinus Desm. , klein, gräbt und läuft nach Art der Springmäuse. Dendrolagus Müll. Schi. Vorderextremität gross. Kleiner oberer Eck- zahn vorhanden. Hinterer Schneidezahn nicht gefurcht, mit den andern gleich gross. D. ursinus Müll., Känguruhbär. Klettert vorzüglich. Fossile Känguruhreste fanden sich in den Knochenhöhlen Australiens, dar- unter das riesige Diprotodon australis Ow., dessen Schädel 3 Fuss lang ist. 3. Unterordnung: Scandentia (Carpophaga), Kletterbeutler. Durchschnittlich von geringer Körpergrösse , höchstens zwei Fuss Länge, mit ziemlich gleichlangen Szehigen Vorder- und Hinterglied- massen. An den Hinterfiissen sind den Macropoden entsprechend die zweite und dritte Zehe verwachsen, die Innenzehe aber als nagelloser Daumen opponirbar. Dem Baumleben entsprechend dient der lange Schwanz als Wickel- und Greifschwanz. Im Gebiss stehen die Thiere zwischen Nage- beutlern und den Känguruhs. Zwei untern grossen Schneidezähnen stehen 6 Schneidezähne des Zwischenkiefers gegenüber, 2 mittlere sehr 1136 4. Unterordnung: Rapacia. grosse und 4 seitliche äusserst kleine. Obere Eckzähne finden sich stets, untere fehlen oder sind ganz kleine Stummelzähne, dagegen wird oft die Zahl der Backzähne durch das Auftreten mehrerer kleiner Praemolaren eine beträchtlichere. Es sind meist gesellige harmlose und zähmbare Thiere, die zur Nachtzeit auf Erwerb von Nahrung ausgehen. Diese besteht aus Früchten, Knospen, Blättern, bei einigen jedoch auch aus Insekten und Vogeleiern. 1. Fain. Phascolarctidae , Beutelbäre. Von gedrungener plumper Körper- forra, mit dickem Kopf, grossen Ohren und ganz rudimentären Schwanz. 3 1114 Phascola7-ctusBVa.inv.{LipurusGo\d{.)Gehias T Tj T X ^^ ^^^ Vorderfüssen sind die beiden Innenzehen den drei andern opponirbar ähnlich wie bei dem Chamaeleon. Fh. cinerus Goldf., Koala, Neusüdwales. Ein langsames träges Thier, mit Recht als australisches Faulthier bezeichnet, wühlt wie das Wombat nach Wurzeln und lebt auf Bäumen von jungen Knospen und Zweigen. 2. Farn. Phalangistidae. Von schlankerer Körperform mit Greifschwanz. Petaurus Shaw., Flugeichhörnchen. Mit langem mehr oder minder buschig behaartem Schwanz und behaarter Flughaut, y ^ Un J4 -P- {Petaurista 3 I 4 Desm. -^ -j- Backzähne. Flughaut reicht nur bis zum Ellenbogen) taguanoides 3 4 Desm. P. Peronii Desm., kaum halb so gross. P. {Belidcus Waterh. y^^S T Flughaut reicht bis zu den Fingern. Ohren lang, fast nackt) ßaviventer Desm., 2 I 4 cinereus Shaw., P. {Acrohates Desm. -^ j- Flughaut reicht kaum bis zum Handgelenk. Ohren massig gross, aussen fein behaart. Schwanz nur an den Seiten sehr lang behaart) pygmaeus Desm., kaum 4 Zoll lang. Phalangista Cuv. Schwanz vornehmlich an der Basis dicht behaart, Fall- schirm fehlt. Der Gestalt nach fast Zwischenglieder von Eichhorn, Luchs und Marder. Meist r T tV^ox J Ei" sehr kleiner unterer Eckzahn. Nähren sich von kleinen 1 1 i( — ^) '*• Vögeln und Eiern. P. {Ciiscus Lacep. Schwanz nur an der Basis behaart). P. maculata, Amboina) ursina Temm., Celebes. P. {Trichosurus Less.) vulpina Desm. P. {Pseudochirus Ogl.) ^Coohii Desm. P. viverrina, Neusüdwales. P. nana Desm., Van-Diemensland, nur 4 Zoll lang. Hier schliesst sich die zu einer besondern Familie ( Edentata ) erhobene 2 1 4 i 4 Gattung Tarsipes Gerv. an. Gebiss y Ä 3" 4^ Backzähne sehr klein, durch Lücken getrennt. Untere Schneidezähne sehr lang. Mit wurmförmiger Zunge und langem sehr kurz behaarten Greifschwanz. T. rostratus Gerv. Nächtliches Thier, von Insekten sich nährend, von kaum 4 Zoll Länge. Westküste Australiens. 4. Unterordnung: Rapacia, Raubbeutler. Das Gebiss trägt das Gepräge das Insektivoren- und Raubthier- 4(0) gebisses. Die Zahl der Schneidezähne ist oben eine grössere -^rrj-. Eck- Peramelidae. Dasyuridae. 1137 Zähne sind oben und unten als Fangzähne vorhanden und immer zahl- reiche einspitzige Praemolarun vor den spitzhöckrigen 4 , selten 6 Molaren. Magen ohne Drüsenapparat. Blinddarm wenig entwickelt. Sind theil- weise Kletterthiere , theilweise Springer und Läufer. 1. Farn. Peramelidae (Entomophaga), Beuteldachse. Mit verlängerten Hinterbeinen und spitzer Schnauze nach Art der Insektivoren. Die Zehen der vordem Extremität sind klein, die der hintern erinnern in Grrösse und Stellung an die der Macropoden, indessen ist auch eine innere Zehe vorhanden. Graben sich Höhlen und Gänge in der Erde. Perameles Geoffr. Gebiss -3 — j~ ^ ^ Vorderfuss mit 5 Zehen, von denen die beiden äussern nagellos sind. Am Hinterfuss fehlt die Innenzehe oder ist rudimentär und nagellos, die zweite und dritte Zehe sind verwachsen und klein. P. (Macrotis Reid. Innere Hinterzehe fehlt. Ohren sehr gross. Schwanz lang behaart) lagotis Reid. , Westaustralien. P. ( Perameles Waterh, Innere Hinterzehe rudimentär. Ohren und Schwanz kurz) nasuta Geoffr., Neusüd wale.s. P. Gunnii Gray, Van-Diemensland. Chaeropus Ogl., Stutzbeutler. Vorderfüsse 2 zehig. Die Zehe des Hinter- fusses mit Ausnahme der vierten klein. Ch. ecaudautus Ogl. (castanotis Gray). Von Kaninchengrösse, Neusüdwales. 2. Farn. Dasyuridae, Beutelmarder. Kleinere und grössere Raubbeutler mit entschiedenem Raubthiergepräge, mit behaartem, aber nicht zum Greifen um- 4 gebildetem Schwanz. Schnauze minder spitz und nur mit -g- Vorderzähnen. Zahl der Backzähne wechselnd "örsTlreT Vorderfüsse 5 zehig, Hinterfüsse mit 4 freien nie verwachsenen Zehen, zuweilen mit nagellosem Daumenrudiment. Gehen Nachts auf Erbeutung von Vögeln und Säugethieren aus. Den Uebergang von den Perameliden bildet: Myrmecdbius Waterh., Ameisenbeutler. Schnauze lang und spitz. Gebiss 4 14 (3)14 (5) mit sehr zahlreichen scharfspitzigen Backzähnen -3 — .- ^-^.o\L ir\ > ™it der grössten Zahnzahl unter den Säugern, von Walen und Armadilen abgesehen. Beutel nicht entwickelt. Hinterfüsse ohne Innenzehe. 71/. fasciatus Waterh., von Eichhorngrösse , hell gebändert, schlau und überaus gewandt und harmlos, lebt von Ameisen und Kerfthieren. Fossil sind die bei Stonesfield gefundenen Unter- kiefer von Thylacotlierium Ow., mit 6 Praemolaren und 6 Molaren. Phascogale Temm., Beutelbilch. Schnauze zugespitzt, den Spitzmäusen 4 13 14 ähnlich. Gebiss -0 — :; — o" ~4~ Backzähne nach Art der Insektivoren. Letzterer oberer Backzahn schmal, quergestellt. Hintere Füsse mit nagellosem Daumen- stummel. Ph. (Phascogale Waterh. Die mittleren Schneidezähne länger als die übrigen. Schwanz buschig) penicillata Temm. Blutdürstiges kühnes Raubthier von Eichhorngrösse, gewissermasaen das Wiesel von Süd- und Westaustralien. Ph. (Antechinus Mc. Leay.). Mittlere Schneidezähne nicht vergrössert, Schwanz kurzhaarig) ßavipes Waterh., gelbfüssige Beutelmaus, gewandtes Baumthier, Claus, Zoologie. 3. Auflage. 72 1138 Didelphyidae. kaum 6 Zoll lang, mit 3 Zoll langem Schwanz. Ph. murina Waterh., Pä. minima Geoffr. 4 12 14 Dasyurus l\\., Beutelmarder. Gebiss "3" "T" "ö^ ^ Mit ziemlich langem gleichmässig behaartem Schwanz. Gleichen in der Lebensweise den Mardern. D. {Sarcophilus F. Cuv. Von gedrvmgenem Körperbau, mit breitem, kurzem Kopf, ohne Daumen an den Hinterfüssen) ursinus Geoffr., Van-Diemensland. {Dasyurus Geoffr, Körper schlank, mit längerm Daumen, meist mit Daumenwarze an den Hinterfüseen.) B. macrourus Geoffr. D. viverrinus Geoffr. [B. Maugii). Neusüd- wales. Diluvial ist D. laniarius Owen. 4 13 14 Thylacinus Temm., Beutelwolf. "T" ^j — s^ "IT Hinterfuss ohne Daumen. 27t. cynocephalus A. Wagn. Der äussern Erscheinung nach einem wilden Caniden ähnlich, von Schakalgrösse , der kühnste und stärkste Raubbeutler. Die Beutel- knochen sind durch knorplige Sehnen repräsentirt. Van-Diemensland. Diluvial ist ITi. spelaeus aus den Knochenhöhlen Australiens. Unter den fossilen Dasyuriden ist hervorzuheben Thylacoleo Ow., ein Tliier von Löwengrösse, von dem leider nur ein Schädelfragment aus den pleistocenen Bildungen Australiens bekannt wurde. 8, Farn. Didelphyidae (Pedimana), Beutelratten. Mittelgrosse und kleinere Kletterbeutler mit ziemlich zugespitzter Schnauze, grossen Augen und Ohren und meist langem Greifschwanz. Die Füsse sind 5 zehig, an den Hinterfüssen ist die Innenzehe als Daumen opponirbar. Gebiss sehr lang gestreckt, mit grosser Zahl 5 13 14 von kleinen Schneidezähnen und spitzen scharf zackigen Backzähnen. -7 — r- -g- -g- Beutel oft unvollständig, auf seitliche Falten reducirt. In der Gegenwart auf Amerika beschränkt, wo sie vornehmlich in Wäldern leben, in der Vorzeit auch in Europa verbreitet, im Eocen und selbst im Oolith (Phaseolotherium). Didelphys L. Zehen sämmtlich frei, ohne Verbindungshaut, a) Arten mit vollkommener Bruttasche: D. virginiana Shaw., von der Grösse einer Hauskatze, in Mexiko bis in die nördlichen Provinzen der vereinigten Staaten. D. cancrivora Gm., Krabbenbeutler Brasiliens mit vollkommenem Wickelschwanz. D. Azarae Temm., Paraguay. D. Opossum L., D. philander L., von nur Fusslänge, in Guiana. b) Arten mit unvollkommenem Beutel {Philander): D. dorsigera L., Aeneas-Ratte. Nur i Fuss lang, trägt die Jungen auf dem Rücken, mit den Schwänzen an dem sehr langen Schwänze des Mutterthieres befestigt, Surinam. D. murinah., Guiana, Brasilien u. a. A. Reste von fossilen Arten finden sich in den brasilianischen Knochenhöhlen und im Eocen Europas. Chironectes 111., Schwimmbeutler. Die grossen Zehen der Hinterfüsse durch Schwimmhäute verbunden. Ch. variegatus 111., Guiana, Brasilien. 3. Ordnung: Edentata. 1139 II. Placentalia. 1. Adeciduata. 3. Ordnung: Edentata') (Bruta), Zahnarme Thiere. Säugethiere mit unvollständig hezahntem, siuiveilen zahllosem Gehiss, ohne Vordersähne , mit sahireichen SchnieU- und wurzellosen Baclisähnen, mit Scharr- oder Sichelkrallen an den Extremitäten. Der Hauptcharakter dieser nur auf wenige Gattungen beschränkten Gruppe liegt von der relativ niedrigen Entwicklungsstufe aller Organ- systeme abgesehen in der unvollständigen Bezahnnng des Gebisses, welches in einzelnen Fällen der Zähne vollständig entbehrt, in anderen dagegen wieder eine sehr grosse Zahl von Zähnen besitzt. Die von Cuvier ein- geführte Bezeichnung Edentata erscheint daher nicht allgemein zutreffend. Mit Ausnahme eines Gürtelthieres fehlen überall die Vorderzähne. Sind Eckzähne vorhanden, so bleiben dieselben kleine und stumpfe Kegel. Auch die Backzähne sind schwach und einfach gebaut, ohne Wurzeln und Schmelzüberzug. Sie werden nur einmal erzeugt, also nicht ge- wechselt, wachsen aber ununterbrochen fort. Anatomisch ist charakteri- .stisch die grosse Zahl von Rücken- und Sacralwirbeln, sowie die Verbindung des Sitzbeines mit den Sacralwirbeln. Auch kann die Zahl der Hals- wirbel auf 8 oder 9 steigen. Nach der gesammten Körperform und der Ernährungsweise weichen die Zahnlücker nach zwei Richtungen ausein- ander. Die einen {Wurnimngler und Gürtelthiere) sind Insektenfresser mit langgestrecktem spitzen Kopf, schwachen Kiefern und verkürzten Extremitäten, deren wenig bewegliche Zehen mit kräftigen Scharrkrallen enden. Häufig finden sich bei diesen Thieren eigenthümliche Schutz- einrichtungen der äussern Bekleidung, sei es in Form von grossen sich dachziegelförmig deckenden Hornschuppen, sei es in Gestalt eines segmen- tirten knöchernen Panzers. Die andern (^Faulthieje) nähren sich von Blättern und klettern unter überaus sichern und kräftigen, aber lang- samen Bewegungen. Diese besitzen einen kugligen runden Afienkopf mit kurzen hohen Kiefern, ungemein schwerfälligen Körperformen und 1) Pander und D' AI ton, Vergl. Osteologie Heft I. Das Riesenfaulthier u, 8. w. 1821. Th. Bell, Article »Edentata«. Todd's Cyclopaedia of Anatomy vol. II. 1836. H. F. Jäger, Anatomische Untersuchung des Orycteropus capensis. Stuttgart 1837. W. v. Rapp, Anatomische Untersuchungen über die Edentaten. Tübingen 1852. J. E. Gray, Handlist of Edentate , Thiekskinned and Ruminous Mammals. London 1873. 72* 1140 Vermilinguia. sehr lange mit Sichelkrallen bewaffnete Vorder - Extremitäten , die zum Anhängen an Aesten vortreffliche Dienste leisten. Die äussere Beklei- dung ist ein grobes Haar von grauer Farbe, dürrem Grase vergleichbar. Alle sind träge, stumpfsinnige Thiere mit kleinem der Windungen ent- behrenden Gehirn, klettern oder graben Höhlen und bewohnen gegen- wärtig ausschliesslich die südlichen Zonen. Mit Ausnahme des Afrikani- schen Orycteropus und der in Afrika und Asien lebenden Gattung Manis sind alle Bewohner Südamerikas. Einige ausgestorbene diluviale Südamerikanische Gattungen {Megatherieii) erreichten die Grösse vom Rhinoceros. Auch in Europa hat man in den Jüngern Tertiärschichten eine fossile Form Macrotherium gefunden , deren Stellung unter den Edentaten jedoch noch zweifelhaft ist. 1. Fam. Vermilinguia, Ameisenfresser, Mit sehr verlängerter zugespitzter Schnauze, aus deren enger MundöfFnung die dünne wurmförmige Zunge weit hervorgestreckt werden kann. Die Augen sind klein und meist ebenso die äussern Ohrmuscheln, die Bekleidung meist durch lange Haare, in einem Falle durch grosse Hornschuppen gebildet. Alle besitzen einen sehr langen zuweilen buschig behaarten Schwanz. Zahne fehlen mit Ausnahme von Orycteropus vollständig. Hier finden sich einige platte Mahlzähne, die aus hohlen Längsfasern zusammen- gesetzt, kaum knochenharte Consistenz erlangen. Die Thiere besitzen kurze kräftige Grabfüsse mit vier oder fünf Scharrkrallen, die sie zum Ausgraben von Erdhöhlen und Aufscharren von Ameisen und Termitenbauten benutzen. In diese auf- gewühlten Haufen strecken sie ihre lange klebrige Zunge hinein, an der sich die Insekten festbeissen und beim raschen Einziehen der Zunge dem Ameisenfresser zur Beute werden. Sie sind nächtliche Thiere und bewohnen Südamerika, das heisse Asien und Afrika. Myrmecophaga L., Ameisenfresser. Mit langem straften Haarkleid, zahn- losen Kiefern und kurzen abgerundeten Ohren. Einige besitzen einen Greifschwanz und klettern. Auf dem Boden bewegen sie sich langsam und ungeschickt auf den Fusskanten. Bewohnen ausschliesslich die Wälder Südamerikas. M. jubata L., der grosse Ameisenbär, mit langem buschigen Schwanz und hoher Mähne des Rückens. M. tetradactyla L., {tamandua Desm.), didactyla L. Manis L., Schuppenthier. Der Körper ist mit breiten Hornschuppen be- deckt, zwischen denen einzelne Haare hervorstehen. Kiefer zahnlos, Schwanz lang, Füsse .5zehig. Rollen sich bei drohender Gefahr zusammen. Bewohnen die alte'Welt. M.macrura Erxl. {longicaudata Shaw.), mit sehr langem Schwanz, an der Westküste Afrikas. M. brachyura Erxl. {pentadactyla L. ) und (Pholidotus) javanica Desm., beide in Ostindien. M. Temminckii Sms., Tropisches Afrika. Orycteropus Geoffr. Mit langen Ohren, dichtem Borstenkleide und 7 auch 6 Mahlzähnen jederseits. Schwanz kurz, Vorderfüsse mit 4, Hinterfüsse mit 5 Krallen. 0. capensis Geoffr., Cap'sches Erdschwein, 4 Fuss lang. 0. sene- galensis Less. 2. Fam. Dasypoda, Gürtelthiere. Mit langgestrecktem Kopf, meist auf- rechtstehenden Ohren, spitzer Schnauze und kurzer nur wenig vorstreckbarer Zunge. Die Körperbedeckung besteht aus knöchernen Tafeln, welche sich auf dem Rücken und am Schwänze zur Herstellung eines beweglichen Hautpunzers Dasypoda. Megatheridae Bradypoda. H l '. in Querreihen ordnen. Die Extremitäten bleiben kurz und sind mit ihren kräftigen Scharrkrallen zum Graben vorzüglich geeignet. Die Vorderfüsse sind meist vier- zehig, die Hinterfüsse fünfzehig. Schneidezähne fehlen mit Ausnahme von Dasypus sexcinctus und des fossilen Chlamydotherium. Beide Kiefer tragen kleine cylin- drische Backzähne, deren Zahl nach den einzelnen Formen w^echselt. Die Weib- chen besitzen zwei oder vier Zitzen an der Brust. Sie sind Bewohner Südamerikas, halten sich am Tage in Löchern unk Höhlen auf und nähren sich vorzugsweise von Insekten. Einige können sich bei nahender Gefahr zusammenkugeln. Dasypus L., Gürtelthier. Mit einem festen Knochenschilde der Schulter- und Rumpfgegend und breiten beweglichen Knochengürteln in der Mitte des Rumpfes. D. novemcinctus L., der langschwänzige Tatu , mit 8 — 10 Gürteln. D. gigas Cuv., Riesenarmadil. Mit 12 bis 13 Gürteln und gegen 100 Zähnen "2^ 3 Fuss lang. D. gymnurus 111. Mit 12 bis 13 Knochengürteln und jederseits 8 bis 9 Zähnen. Z>. villosus Desm. D. minutus Desm. D. sexcinctus L. =: setosus Pr. Wied. Chlamydophorus Harl., Panzerthier. Der Rückenpanzer lederartig und aus 24 Querreihen vierseitiger Schilder gebildet, wie ein Mantel von der untern Hälfte des Leibes, die mit langem seidenartigen Haare bedeckt ist, abgehoben. Vorder- und Hinterfüsse fünfzehig, Schwanz nach unten umgeschlagen. Ch. truncatus Harl., Schildwurf, in der Gegend von Mendoza. Fossile Gürtelthiere wie Glyptodon Üw. {Haplopliortis Lund.), Chlamydo- therium Lund. finden sich in dem Diluvium Südamerikas. Sie führen zu den Mega- theriden hin und besitzen theilweise Schneidezähne. 3. Fam. Megatheridae. Jochbogen geschlossen. Füsse gedrungen, vorn 4- bis 5zehig, hinten 3- bis 4zehig, die mittleren Zehen mit starken Grabkrallen. Es sind die in Diluvialschichten Südamerikas gefundenen Riesenfaulthiere. Mega- therium Cuv., Megalonyx Jetfers. , Mylndon Ow. , Scelidotherinm Ow. , Coelodon Lund., Sphenodon Lund. 4. Fam. Bradypoda, Faulthiere. Mit rundlichem Kopf, kurzem Affen- gesicht, verdeckten Ohren und nach vorn gerichteten Augen, mit sehr langen Vorder-Extremitäten und brustständigen Zitzen. Erscheinung und Lebensweise erinnern entschieden an die Aifen, zu denen sie von Wag 1er und Blainville gerechnet wurden, obwohl sie hinsichtlich der Fussbilduug wesentlich abweichen. Ausschliesslich zum Leben auf Bäumen bestimmt, benutzen sie ihre langen Vorder- gliedmassen und deren Sichelkrallen am Ende der drei oder zwei eng verbundenen Zehen zum Aufhängen und Anklammern an Aesten, unter kräftigen aber lang- samen Bewegungen. Auf dem Erdboden vermögen sie sich nur äusserst unbehülf- lich und schwerfällig hinzuschleppen. Schneidezähne fehlen , zuweilen auch Eck- zähne, von cylindrischeu Backzähnen stehen 3 bis 4 in jeder Kieferhälfte. Die Körperbedeckung bildet ein langes und grobes, dürrem Heu ähnliches Haarkleid. Der Schwanz ist rudimentär. In anatomischer Hinsicht erscheint die zusammen- gesetzte Magenbildung , das Jochbein mit seinem grossen über den Unterkiefer herabsteigenden Fortsatz, sowie die häufig grössere Zahl der Halswirbel (bei Bradypus tridactylus 9, torquatus 8) und die grosse Zahl Rippen-tragender Wirbel bemerkenswerth. Die Faulthiere leben in den dichten Wäldern Südamerikas, nähren sich von Blättern und lassen ein wie M klingendes klägliches Geschrei hören. Sie gebären meist nur ein Junges, das sie auf dem Rücken mit sich umher tragen. 1142 4. Ordnung Cetacea, Walfische. 1. Unterf. Bradypodidae. Jochbogen offen. Bradypus 111. Mit 3 zehigen Vorder- und Hintergliedmassen und deut- lichem Schwanz. Br. tridactylus Cuv., Ai. Br. torqitatus 111., Kragenfaulthier, nördl. Südamerika. Br. cuculliger Wagl., Guiana. Choloepus 111. Mit 2zehigen Vorder- und 3 zehigen Hintergliedmassen, mit nur 6 Halswirbeln, ohne Schwanz. Ch. didactylus 111., Unau, nördl. Süd- amerika. 4. Ordnung: Cetacea*), Walfische. Wasserhewohnende Säugethierc mit spindelförmigem unbehaarten Leib, flossenähilichen Vorderfüssen und horizontaler Schwanzflosse, ohne hintere Extremitäten. Die ausschliesslich im Wasser lebenden Wale wiederholen unter den Säugethieren in der Formgestaltung den Fischtypus, wie sie auch .sehr treifend als Walfische bezeichnet werden. Wegen der Form ihres massigen, einer äussern Gliederung entbehrenden Leibes und des Aufent- haltes im Wasser wurden sie früher selbst noch von Linne zu den Fischen gestellt, obwohl sie schon Aristoteles als selbstständige Zwischengruppe von den Fischen gesondert hatte. Nach ihrer gesammten Organisation sind sie jedoch echte Säugethiere mit warmem Blut und Lungenathmung, ihrem Baue nach den üngulaten am nächsten verwandt, zu denen sie durch die Sirenen hinführen. Einzelne Arten erlangen eine colossale Körpergrösse , wie sie nur das Wasser zu tragen und die See zu ernähren im Stande ist, eine Grösse, der gegenüber die Riesen unter den Landsäugethieren, die Elephanten, zwergartig bleiben. Der gesammte Körper erinnert entschieden an den Fischkörper. Ohne äusserlich sicht- barem Halstheil geht der Kopf in den walzigen Rumpf über, während das Schwanzende eine horizontale Flosse bildet, zu der auf der Rücken- tiäche häufig noch eine Fettflosse hinzukommt. Die Behaarung fehlt bei den grössern Formen so gut als vollständig, indem sich hier nur an der Oberlippe zeitlebens oder während der Fötalzeit Borstenhaare finden, bei kleinern Arten und den Sirenen reducirt sie sich auf eine spärliche Borstenbekleidung. Dagegen entwickelt sich unter der dicken Leder- haut im Unterhautzellgewebe gewissermassen als Ersatz des mangelnden Pelzes eine ansehnliche Specklage, die sowohl als Wärmeschutz wie zur Erleichterung des specifischen Gewichtes dient. An dem oft schnauzen- 1) Ausser den altern Werken von J. Hunter, Lacepede etc. vergleiche: F. Cuvier, Histoire naturelle des Cetaces. Paris 1836, D. F. E seh rieht, Zoologisch-anatomisch physiologische Untersuchungen über die nordischen Wal- thiere. Leipzig 1849. D. F. Eschricht og J. Reinhardt, Om Nordhvalen (Balaena Mysticetus L.). Kjobenhavn 1861. W. H. Flower, Notes on the Skele- tons of Wales etc. Proceed. Zool. Soc. 1804. Vergl. auch die Arbeiten von H. Schlegel, van Beneden, Gray u. a. Organisation. 1143 förmig verltängerten Kopfe fehlen stets äussere Ohrmuscheln, die Augen sind auflallend klein und oft in der Nähe des Mundwinkels, die Nasen- löcher auf die Stirn gerückt. Die vordem Extremitäten stellen kurze äusserlich ungegliederte Ruderflossen dar, welche nur als Ganzes bewegt werden, die hintern fehlen als äussere Anhänge gänzlich. Nicht minder auffallend erscheinen die Eigenthümlichkeiten der innern Organisation, in denen überall die Beziehung zum Wasseraufent- halt und zur Schwimmbewegung hervortritt. Das Skelet zeichnet sich namentlich bei den grössern Formen durch das lockere, weitmaschige, von flüssigem Fette durchdrungene spongiöse Gewebe aus und bietet in seiner Gliederung überall vielfache Analogieen zu dem Fischskelet. Die Regionenbildung der Wirbelsäule zeigt eine ähnliche auf die gleiche Bewegungsart hinweisende Reduction , der oft colossale Kopf scheint dem Rumpfe unmittelbar aufzusitzen; am Rumpfe hebt sich eine vordere Rippen-tragende und eine hintere Rippen-lose, durch auffallend grosse Querfortsätze characterisirte Region ab, welche letztere unmittelbar in den Schwanztheil übergeht. Indessen ist auch eine freilich verkümmerte Halsregion vorhanden, deren (bei Manatus (>) auf kurze Ringe reducirte Wirbel theilweise oder vollständig mit einander verwachsen und niemals eine freie Beweglichkeit gestatten. Der Schädel besitzt dem grossen oft schnabelförmig verlängerten Gesichtstheil gegenüber einen nur geringen Umfang und zeigt sich häufig asymmetrisch vorherrschend rechtsseitig entwickelt, seine Knochen liegen durch freie Nähte gesondert lose an- einander, zwei Parietalia verschmelzen frühe mit dem Interparietale zu einem Knochen, das harte Felsenbein bleibt von den übrigen Theilen des Schläfenbeins isolirt. Die Nasenhöhle ist im Zusammenhang mit der mächtigen Entwicklung der Intermaxillaria ganz auf den Schädel gedrängt, mit Ausnahme der Sirenen sind die Nasenbeine ganz rudimentär. Die Kiefer entbehren häufig der Bezahnung vollständig. Ein Milchgebiss ist überhaupt nur bei den Sirenen vorhanden , bei den echten Cetaceen kommen die Zahnkeime im fötalen Leben zur Entwicklung, die Zähne fallen aber vor der Geburt aus (Bartwa^e), oder bilden sich zu den bleibenden Zähnen aus (Delphine). An den Brustwirbeln ist die Zahl der echten mit dem Sternum verbundenen Rippen auffallend gering. Die Vordergliedmassen, deren Gürtel sich auf ein breites Schulterblatt reducirt, zeichnen sich durch die Kürze und Abplattung ihrer Armknochen und die grosse (6 bis 12) Phalangenzahl der Finger aus. Vor der hintern Extremität finden sich nur zuweilen kleine Knochen-Rudimente vor, die man als Beckenknochen deutet. Beim Dugong wird ein rippen- ähnUches Darmbein von einem kurzen Wirbelquerfortsatz getragen, mit ihm verbindet sich ein kleines Schambein, welches medianwärts mit dem der andern Seite durch Symphyse zusammenhängt. Letzteres ist bei Manatus nicht einmal vorhanden, dagegen kommt bei Balaena mysticetus 1144 Ohr. Spritzloch. Fortpflanzung. noch ein Feniur- und Tibialrucliment hinzu. Das Gehirn ist verhältriiss- mässig klein, zeichnet sich aber durch den Reichthum von Windungen an der Oberfläche der Hemisphären aus, bei einem 1 1000 Pfund schweren Walfisch von 19 Fuss Länge war dasselbe kaum 4 Pfund schwer. Die kleinen Augen besitzen eine kuglige Linse und quer verlängerte Pupille. Die sehr kleine einer äussern Muschel entbehrende Gehöröffnung fuhrt in einen langen äussern Gehörgang, welcher mit Ausnahme der Sirenen nicht zur Schallleitung dient, da die Schallwellen vom W^asser aus durch die Lufträume der Kopfknochen zu der geräumigen Paukenhöhle und von hier durch das runde Fenster zu dem Labyrinthwasser der Schnecke geleitet werden. Bei den echten Cetaceen treten Vorhof und halbcirkel- förmige Kanäle der Schnecke gegenüber an Umfang sehr zurück, in dem Masse als Trommelfell und die Gehörknöchelchen der Paukenhöhle ausser Function treten. Die Nase hat beim Mangel eines Olfactorius ihre Bedeutung als Geruchsorgan ganz verloren und dient ausschliesslich als Luftweg zur Athmung. Die einfache oder doppelte Oeffnung ist mehr oder minder hoch hinauf auf den Scheitel gerückt und führt senk- recht absteigend in die Nasenhöhle, welche als paariger hinten einfacher Nasenkanal absteigt und am Gaumensegel vom Schlünde durch einen Schliessmuskel abgeschlossen werden kann. Durch diese Einrichtung sowie durch den in die Choanen hineinragenden thurmförmig erhobenen Kehlkopf (Epiglottis) wird es den Walfischen möglich, gleichzeitig Nahrung zu schlucken und Luft zu athmen. Die früher verbreitete Ansicht, dass die Walfische durch die Nasenöffnungen Wasser spritzten, hat sich als irrthümlich herausgestellt, es ist der ausgeathmete in Form einer Rauch- säule sich verdichtende Wasserdampf, der zu der Täuschung eines aus- gespritzten W^asserstrahles Veranlassung gab. Die sehr geräumigen Lungen erstrecken sich ähnlich wie die Schwimmblase der Fische weit nach hinten und bedingen wesentlich mit die horizontale Lage des Rumpfes im W^asser, auch das Zwerchfell nimmt eine entsprechend horizontale Lage ein. Sackartige Erweiterungen an der Aorta und Pulmonalarterie sowie die sog. Sehlagadernetze mögen dazu dienen, beim Tauchen der Athemnoth einige Zeit lang Vorschub zu leisten. Die Weibchen gebären ein einziges (die kleinern selten zwei) ver- hältnissmässig weit vorgeschrittenes Junges , welches noch längere Zeit der mütterlichen Pflege bedarf und bei den riesenmässigen Bartwalen eine Länge von 20' besitzen kann. Der Uterus ist zweihörnig, die Placenta diö'us. Die beiden Saugwarzen der Milchdrüsen liegen in der Inguinalgegend, bei den Sirenen an der Brust. Die Wale leben meist gesellig, zuweilen in Heerden vereinigt, die kleinern suchen besonders die Küsten auf und gehen auf ihren Wan- derungen selbst in die Flussmündungen, die grössern lieben mehr das offene Meer und die kalten Gegenden. Beim Schwimmen, das sie mit 1. Unterordiimig: Cetace« Carnivora. 1145 grosser Mcisterscliaft iinil Schnelligkeit ausführen, halten sie sich in der Regel nahe an der Oberfläche. Viele verändern ihren Aufenthalt zu bestinnnten Zeiten und ziehen in weiten Kreisen umher. Die Nahrung wechselt mannichfach je nach der Bildung des Gebisses. Die riesi- gen Barttvale , welche der Zähne vollkommen entbehren , dagegen am Gaumen Barten tragen, ernähren sich von kleinen Seethieren, Nackt- schnecken, Quallen, die Delphine mit ihrem gleichförmigen Raubgebiss von grossem Fischen, die Sirenen, welche als Verbindungsglieder von Walen und Robben dastehen, sind herbivor. Fossile Reste finden sich schon in der altern Tertiärzeit. 1. Unterordnung: Cetacea Carnivora, echte Walfische. Fleischfressende Cetaceen, an welchen sich die Charaktere der Ordnung am schärfsten ausprägen. Der Kopf ist nicht vom Rumpf ab- gesetzt und erreicht eine sehr bedeutende Grösse. Die Lippen sind borsten- los. Sie besitzen entweder conische Greifzähne in den Kiefern oder Barten am Gaumengewölbe, die Nasenötfnungen rücken bis auf die Stirn herauf. Der Kehlkopf ragt pyramidenförmig in die Choanen empor. Die Milch- drüsen liegen in der Inguinalgegend. Die Haut bleibt unbehaart, unter ihr entwickelt sich eine reiche Specklage. Die Gliedmassen sind nur im Schultergelenk beweglich, ihre Knochenstücke dagegen vollkommen starr und unbeweglich verbunden. 1. Gruppe Denticete, Zahnwale. Fleischfressende vornehmlich von Fischen sich ernährende Wale mit kegelförmigen Fangzähnen in beiden oder nur in einem Kiefer. Die Zähne werden nicht gewechselt {mono- phyodont), fallen aber im Alter leicht aus. Gaumen bartenlos, jedoch zuweilen mit leistenförmigen Erhebungen. Kopf von proportionirter Grösse. Felsenbein klein. Nasenlöcher oft zu einer halbmondförmigen Oeffnung verschmolzen. Rückenflosse meist vorhanden. 1. Fam. Belphinidae. Beide Kiefer mit gleichgestellten Kegelzähnen, jedoch nicht immer in ganzer Länge bewaffnet. Nasenlöcher zu einem halbmond- förmigen Spritzloch vereint. Fhocaetia Cuv. Kopf vorn gerundet mit kurzen Kieferknochen, welche die Länge des Schädels nicht übertreffen. Massig lange dreieckige Rückenflosse. Zähne scharfkantig comprimirt. Fh. communis Less., Braunfisch, 4—5 Fuss lang, steigt in die Flussmündungen und lebt von Fischen. Europ. Meere. Bei Beluga Gray fehlt die Rückenflosse. B. (Delphinapterus) leucas Gray, Weissfisch, lebt nach Eschricht von Sepien, hochnordisch. Bei Orca Gray ist die Rückenflosse sehr hoch, die Zahl der grossen Zähne gering. 0. gladiator Gray (7) orca Gm.), Schwertfisch von 20' Länge. Greift den Bartwalfisch an, in den nördlichen Meeren. Globiocephalus Gray. Stirntheil breit und kuglig gewölbt. Rückenflosse kurz vor der Mitte des Körpers. Der breite Zwischenkiefer bedeckt die Oberkiefer. Nur 9 bis U Zähne jederseits. G. rßohiceps Cuv., Grind, von 20' Länge, nord- atlantisch, wichtig für den Nordländer. 1146 Monodoutidae. Hyperoodontidae. Catodontidae. Balaenidae. Delphinus L. Schnauze sclinabelförmig verlängert, mit zahlreichen (20 und mehr jederseits) bleibenden Fangzähnen. Brustflossen seitlich stehend. D. rostratus Cuv., Nordsee und europ. Meere. D. delphis L., gemeiner Delphin, von 8' Länge, im Mittelmeer und atl. Ocean. D. tursio Fabr., Tümmler, 10' lang. Nordatlantisch. Lagenorhynchus Gray schliest an die Phocaenen an. L. albi- rostris Gray, Nordsee. Platanista Cuv. PI. gangeüciim Cuv., 6 bis 7' lang. Eine ausschliesslich fossile (tertiäre) Gruppe von Zalinwalen sind die ZeuglodoHten , von denen besonders in den südlichen Theilen Nordamerikas Ueberreste gefunden sind. Kopf klein mit verlängerter Schnauze und normaler Nasenöfixiuug. Backzähne des Oberkiefers zweiwurzlig mit mehrzackiger Krone. Z. maerospondylus J. Müll. 2. Fam. Monodontidae. Im Oberkiefer nur zwei nach vorn gerichtete Zähne, die im weiblichen Geschlecht klein bleiben, von denen aber der eine (meist linksseitig) im männlichen Geschlecht zu einem colossalen schraubenförmig ge- furchten Stosszahn wird. Die übrigen kleinen Zähne beider Kiefer fallen früh aus. Monodon L., M. monoceros L., Narwall. Nördl. Polarmeer. Von 20' Länge. 3. Fam. Hyperoodontidae. Schnauze schnabelförmig verlängert, im Unter- kiefer jederseits nur 1 oder 2 ausgebildete Zähne. Gesichtsknochen, namentlich Zwischenkiefer oft unsymmetrisch. Ein halbmondförmiges Spritzloch. Hyperoodon Lac. (Cliaeno delphinus Eschr.). Oberkiefer mit hohen Knochen- kämmen am hintern Theil des Schnabels Halswirbel verschmolzen. H. latifrons Gray, Nordsee. H. bidens Flem., Dögling. Ueber 20' Länge. Nördl. atl. Ocean. Ziphim Gray (Micropteron Eschr.) Z. micropterus Cuv., Nordsee. Fossil sind Z. planirostris Cuv., longirostris Cuv., compressus Huxl. aus dem Crag. 4. Fam. Catodontidae =i Physeteridae , Pottfische. Kopf von enormer Grösse, | der Körperlänge, bis zur Spitze aufgetrieben durch Ansammlung von flüssigem Fett (Walrath). Oberkiefer zahnlos. Aeste der Unterkiefer aneinander- gelegt, mit einer Reihe conischer Zähne besetzt. Spritzlöcher getrennt. Leben von Tintenfischen. Catodon Gray. Kopf höher als breit, vorn gerade abgestutzt. Spritzlöcher der vordem Fläche genähert. C. macrocephahts Lac, Cachelot, Pottfisch, 40 — 60' lang. Nordmeer. Gleicht in seinem äussern Habitus mehr den Bartwalen und besitzt einen ungeheuer grossen vorn senkrecht abgestutzten Kopf, der einem Drittheil des Körpervolums gleichkommt. Der schmale und kürzere Unterkiefer trägt 40 bis .50 kegelförmige Zähne, die in Vertiefungen des Oberkiefers ein- greifen. Unter der Kopfhaut breiten sich vielfach communicirende Hohlräume aus, welche eine helle öHge Flüssigkeit (das Spermaceti) einschUessen. Sowohl wegen dieses Walraths als wegen der wohlriechenden im Darme sich anhäufenden grauen Ambra wdi-d dem Pottfisch eifrig nachgestellt. Physeter L. Kopf breiter als hoch. Rückenflosse aufgerichtet. Schädel- fläche jederseits mit vorspringender Knochenleiste. Ph. tursio Gray, Nordatl. Ocean. Verwandte Arten vom Cap und Australien. Auch pliocene Reste von Physeter sind gefunden. 2. Gruppe. Mysticete, Barteiiwale. Mit sehr grossem Kopf und zahnlosen Kiefern, mit Barten. Schlund eng. Spritzlöcher getrennt. 1. Fam. Balaenidae, Bartenwale. Cetaceen von bedeutender Grösse mit ungeheuerem Kopf, weit gespaltenem aber zahnlosem Rachen und doppelten Nasen- 2. Unterordnung: Cetacea herbivora. 1147 Öffnungen, sog. Spritzlöchern, mit sehr kleinen Augen in der Nähe des Mund- winkels. Am Gaumengewölbe und Oberkiefer entspringen zwei Reihen von horni- gen, an ihrem untern Rande ausgefaserten Querplatten, sog. Barten, welche senk- recht dicht hintereinander gedrängt in die Rachenhöhle vorstehen und nach vorn und hinten zu an Grösse abnehmen. Diese Barten bilden eine Art Sieb, welches beim Schliessen des colossalen Rachens die kleinen mit dem Seewasser auf- genommenen Medusen , Nacktschnecken , Cephalopoden und Krebse zurückhält, während das Wasser abfliesst. Trotz ihrer colossalen Grösse haben sie eine enge Speiseröhre und nähren sich ausschliesslich von kleinen Seethieren, die natürlich in ungeheurer Menge verschlungen werden. Im Embryonalleben entwickeln sich allerdings im Oberkiefer Zahnkeime, die aber noch vor der Geburt verschwinden. Die Bartenwale sind die grössten aller Geschöpfe und können eine Länge von 80 bis 100 Fuss und ein Gewicht von 2500 Centner erlangen. Sie leben vorzugsweise in den polaren Meeren, unternehmen, wie es scheint regelmässige Wanderungen und werden wegen des als Thran benutzten Speckes und ihrer als Fischbein in den Handel kommenden Barten gejagt und gefangen. Fossile Reste aus dem Miocen und Pliocen. Balaenoptera Gray, Finnfisch, Schnabelwal. Von schlanker Körpergestalt mit hoher Fettflosse des Rückens und kleiner Schwanzflosse, mit zahlreichen Längs- furchen der Bauchfläche. Schnauze breit und kaum gebogen, die Barten klein und wenig entwickelt. B. rostrata Fabr., Nordmeer. Megaptera Gray. Rückenflosse niedrig, aber sehr lang. M. boops J. Müll., nordischer Finnfisch, erreicht eine Länge von 90 bis 100 Fuss. M.longimana Rud. Physalus Gray, Benedenia Gray. Balaena L. Ohne Fettflosse des Rückens, mit plattem Bauch und sehr langen Barten. Schnauze vorn verschmälert und stark gekrümmt, Körper plump. B. mysticetns, Grönländischer Walfisch, vornehmlich Gegenstand des Walfisch- fanges, wird bis 60 Fuss lang. Das Junge erreicht bei der Geburt eine Länge von fast 14 Fuss. B. (Eubalaena) aiistralis Gray, Südsee. 2. Unterordnug: Cetacea herbivora, Sirenen. Pflanzenfressende Wale mit dicker, spärlich beborsteter Haut, auf- gewulsteten Lippen und vordem Nasenöffnungen, mit brustslüiidigen Milchdrüsen. Die grossen Flossen sind im EUenbogengclenk beweglich und enden handartig mit Spuren von Nägeln. Zur Verbindung von Kopf und Rumpf ist bereits ein kurzer Hals vorhanden, dessen Wirbel gesondert bleiben, auch die Art der Nasenbildung wie die ganze Körper- gestalt führt zu den Robben über. Dagegen nähert sich die Zahnbildung und innere Organisation den Dickhäutern. Auch besteht für die Vorder- zähne ein Zahnwechsel. Die Backzähne haben eine flache Krone und sind stets in beiden Kiefern wohlentwickelt. Eckzähne fehlen. Dagegen fin- den sich zuweilen im Oberkiefer hauerartige Vorderzähne (Dugong), während die untern Vorderzähne frühzeitig ausfallen. Sie nähren sich besonders von Tangen und Seegras an der Meeresküste und bedienen sich ihrer hände- artigen Flossen, um den Körper an das Ufer zu schleppen, steigen aber auch mitunter weit in die Flüsse. 1148 5. Ordnung: Perissodactyla, unpaarzeWge Hufthiere. 1. Fara. Sirenta, Sirenen. Die Nasenöffnungen sind weit nach vom gerückt. Der Kehlkopf ragt nicht in die Choanen hinein. Zitzen an der Brust. Gaben Veranlassung zu den Fabeln von den Meerjungfern. Manatus Cuv., Lamantin. Die Backzähne mit zwei Shöckrigen Querjochen. — (Milchg.) — 5 — — Schwanzflosse oval. Die aufgewulstete und vorn abge- 0 0 8 — 10 stutzte Oberlippe dient als Tastorgan. Vorderextremität mit 4 Nagelrudimenten. Wird des wohlschmeckenden Fleisches und Oeles halber verfolgt. M. aitstralis Tils., amerikanischer Manati, lebt an den Mündungen des Orinocco und Amazonen - Stroms und wird bis 9 Fuss lang. ßl. senegalensis Desm. , afrikanischer Manati. Mit Nasenbeinen. Halicore 111. , Dugong. Mit zwei obern hauerartigen Vorderzähnen und 5 Backzähnen in jedem Kiefer, von denen die 2 bis 3 vordem im Alter ausfallen, mit mondförmig ausgeschweifter Schwanzflosse, ohne Nagelrudimente. Kleine 10 5 untere Vorderzähne nur im Milchgebiss. -^ tt r- H. indica Desm., wird 10 Fuss ö 0 5 lang und bewohnt den indischen Ocean und das rothe Meer. Bhijtina 111. Eh. Stellen Cuv. , Borkenthier. Von ähnlicher Form als der Dugong, mit dicker borkenähnlicher Oberhaut und zahnlosen Kiefern, mit zwei festen Kauplatten im Gaumen und Unterkiefer. 24 Fuss lang. Lebte im vorigen Jahrhundert in Kamtschatka und ist gegenwärtig ausgestorben. Fossile in den Tertiärschichten (Pliocen) vorkommende Reste beziehen sich auf die Gattung Halithermm Kaup. 5. Ordnung: Perissodactyla'). Unpaarzehige Hufthiere. Grosse meist plump gebaute Hufthiere mit unpaarer Zehen^ahl und vorwiegend entwickelter Mittehehe, mit einfachem Magen und sehr grossem Blinddartn, meist mit vollständigem Gebiss, in welchem die Echzähne nur ausnahmsweise fehlen. Die Ordnungen der Artiodactylen und Perissodactylen bilden eine engere Gruppe von ^äugethieren , die der Hufthiere. Schon zur altern Tertiärzeit waren die Hufthiere eine wohl abgeschlossene Gruppe, viel- leicht dass kleinere Arten zu den Insectivoren (Microchoerus) , andere zu den Nagern Uebergänge boten. Es sind vorwiegend massige Gestalten, welche sich wie der Name sagt durch die breite Form der Zehen- bekleidung auszeichnen. Stets sind die vier Extremitäten nur zur Be- wegung auf dem Lande eingerichtet, daher ziemlich gleichgebildet. Die Hufthiere sind durchweg Pflanzenfresser oder wenigstens omnivor, gleich- 1) G. Cuvier, Recherches sur les o.ssements fossiles. 3. Edit. Paris. 1846. T. Rymer Jones, Article »Pachydermata«. Todd's Cyclopaedia, nebst Supplement von F. Spencer Cobbold. 1859. Pander und D'Alton, Die Skelete der Pachy- dermata. D' Alton, Naturgeschichte des Pferdes. Weimar. 1812—16. W. Kowa- levsky, Monographie des Genus Anthracotherion Cuv. und Versuch einer natür- lichen Classifikation der fossilen Hufthiere. Palaeontographica. 1873. Körperbau. 1149 wohl aber mit bedeutend difierentem Gebiss. Immer treffen wir schmelz- faltige Backzähne mit Querjochen und stumpfen Schmelzhöckern, die sich meist zu ebenen Kauflächen abnutzen. Häufig sind meisselförmige grosse Schneidezähne, die aber auch ausfallen oder im Unterkiefer voll- kommen fehlen oder eine abweichende Gestaltung als Waff'e gewinnen können. Stets bleiben Lücken zwischen ihnen und dem Backzahn, in welcher Eckzähne oft fehlen, oder nur in der obern Kinnlade vornehmlich beim Männchen vorkommen und dann als hauerartige Waffen gestaltet sind. Auch da wo oben und unten Eckzähne auftreten, haben sie diese Bedeutung und zeigen sich im männlichen Gcschlochte weit umfangreicher und stärker. Unter den mancherlei bedeutenden Verschiedenheiten, welche die Hufthiere in ihrer gesammten Gestaltung und Lebensweise bieten, hatte man der verschiedenen Zahl der Hufe, denen die der Zehen parallel geht, einen besondern VVerth beigelegt und demgemäss Vielhufer, Zwei- hufer und Einhufer als Ordnungen unterschieden. Indessen war diese Eintheilung keineswegs naturgemäss, da nicht nur unter den Vielhufern sehr verschiedene von einander weit entfernt stehende Gruppen auf- genommen werden mussten, sondern auch die Einhufer und Zweihufer von ihren engern Verwandten getrennt wurden. Vornehmlich aber er- wies sich diese Eintheilung mit dem Fortschritte der paläontologischen Erfahrungen unhaltbar. Es gelang, die Lücken zwischen Gliedern der vermeintlichen Ordnungen durch Ueberreste ausgestorbener Formen theilweise auszufüllen. So hat man denn neuerdings nach dem Vorgang Owen's einmal die Pachydermen oder Vielhufer als Ordnung ganz auf- gelöst und zwei Glieder derselben, die Elephanten und Klippdaclise, den Deciduateu überwiesen, sodann aber anstatt der oberflächlichen Ein- theilung auf Grund der Huf- und Zehenzahl die tiefer begründete schon von Cuvier verwerthete Abweichung in der paarigen oder unpaaren Zahl der terminalen Knochenreihen der Extremität zur Aufstellung der beiden Ordnungen Perissodactyla (Pachydermes a doigt-impaires Cuv. und Einhufer, Solidungula Aut.) und Artiodactyla , Paarzeher, benutzt. Freilich passt die Bezeichnung nicht streng auf die Zehenzahl, indem es Unpaarzeher gibt — wie der Tapir und Acerotherium — , welche 4 Zehen an den Vorderfüssen besitzen und andererseits Paarzeher, wie Änoplotherium tridactyle, vorn und hinten 3 Zehen haben. Der Name trifft dagegen im beschränkten Sinne bezogen auf den einen oder die zwei Pfeiler der Mittelzehen in allen Fällen zu. Bei den Perissodadylen ist ein unpaarer Centralpfeiler die Hauptstütze (bei den ArÜoductylen die 3te und 4te Zehe von gleicher Ausbildung). Ferner besitzt der Astragalus nur am proximalen Ende eine Rolle, am distalen ist er glatt, das Cuboides ist an der proximalen Fläche eben. Die Perissodactylen beginnen geologisch mit den eocenen Lophio- äouten {Lophiodon Cuv., Listriodon Huxl., Phiolophits Ow., Coryopho- 1150 Tapiridae. Rhinoceridae. don, Hyracotherium Ow. u. a.), denen sich im Miocen die den Tapiren ähnliclien hochbeinigen Palaeotherien (Palaeotherium Cuv., Plagiolophus Pom., Macrauchenia Ow.) anschliessen, welche wir vielleicht als die Stamm- formen der Tapire ansehn dürfen. Bei den meisten treffen wir 3 Zehen, von denen die mittlere besonders stark entwickelt war. Die gegen- wärtig lebenden Formen beschränken sich auf die Familien der Tapiriden, Ehinoceriden und Equiden, von denen letztere schon im Eocen Reprä- sentanten {Anchitherium) besasseu, welche den Uebergang von den Palaeotherien und Tapiren zu den Stammformen der lebenden Pferde bilden. 1. Farn. Tapiridae. Mittelgrosse kurzbehaarte Hufthiere, gegenwärtig auf die Tropen Amerikas und Ostindiens beschränkt, die in den eocenen Lophiodonten ihre nächsten Verwandten und wahrscheinlich Vorfahren haben. An dem lang- gestreckten Kopfe erscheint die Nase (mit hochgewölbten Nasenbeinen) in einen beweglichen Rüssel verlängert, der bereits als Greiforgan benutzt wird. Gebiss: 3 1 4| 3 . ö""^5" Iq"- ^^^ oberen Molaren besitzen auf 2 am Aussenrand verbundenen Quer- o 1 o I o Jochen 4 Höcker, an den untern sind die Querjoche selbständig. Die Augen sind klein und tiefliegend, die Ohren spitz und sehr beweglich, der Schwanz kurz. Die mittelhohen Vorderbeine haben vier, die Hinterbeine drei Zehen. Leben in kleinen Heerden nahe den Flussufern in sumpfigen Waldungen, besuchen häufig das Wasser, schwimmen und tauchen geschickt und sind friedliche furchtsame Thiere. Tapirus L. T. indicus Desm., Schabrakentapir mit weissem Rückenstreifen. T. americanus L., klein, einfarbig, Südamerika. T. villostis Wagn. , Cordilleren. Fossile Arten auch im Diluvium Europas (Südasiens und Amerikas). 2. Farn. Ehinoeeridae. Grosse plumpe Dickhäuter mit langem Kopf und nacktem gefalteten Hautpanzer mit einem oder zwei (epidermoidalen) Hörnern auf dem stark gewölbten Nasenbeine. Der langgestreckte schwere Rumpf wird von ziemlich niedrigen starken Extremitäten getragen, welche mit drei von breiten Hufen umfassten Zehen enden. Das Gebiss charakterisirt sich durch den Mangel der Eckzähne und durch vier jedoch rudimentäre und im Alter zuweilen aus- fallende Schneidezähne. (Oben bleiben die beiden mittlem, unten die äussern). Die 7 obern Backzähne sind quadratisch und besitzen zwei schräge Querhügel mit breitem unregelmässigen und verbundenem Aussenrand, die untern sind am Aussenrande in der Mitte tief eingebuchtet und dann nach vorn und hinten convex sichelförmig gekrümmt. Leben mit den Elephanten in den heissen Gegenden der alten Welt und richten in Pflanzungen grossen Schaden an. Das Weibchen wirft ein Junges. Treten schon im Miocen auf, finden sich auch im Pliocen und Diluvium Europas. Diese fossilen Arten trugen ein dickes Haarkleid und reichten bis zum Eismeere hinauf. 2 U 7 Bhinoceros L. Gebiss: -2'~ö~~t~- ^^^ kennt 7 lebende und etwa eben- soviel ausgestorbene Arten. Arten mit einem Hörn und faltiger geschilderter Haut: Bh- indicus Cuv., Festland von Indien. Bh. javanus Cuv. , Java. Arten mit 2 Hörnern: Bh. sumatrensis Cuv. Sclmeidezähne bleibend, Haut mit tiefer Falte. Bh. africanus Camp., ausgezeichnet durch das frühe Ausfallen der Schneidezähne und durch die glatte Haut. Südafrika. Bh. Keitloa und Bh. Equidae. 1151 cucullatus Wag., im südlichen Abyssinien. Bh. simus Burch., Afrika. Rh. tichn- rhinus Cuv. Mit knöcherner Nasenscheidewand und behaarter Haut; diluvial, im Eise wohl erhalten gefunden. Rh. leptorhinus Cuv., jung tertiär in Italien und südl. Frankreich. Bei Acerothtrium Kaup. {Rh. incisivus Cuv.), ohne Hörn aus dem Miocen, war an den Vorderfüssen noch ein Rudiment einer äussern Zehe vorhanden. 3. Farn. Equidae') {Solidungula Aut.). Hochbeinige schlanke Hufthiere von bedeutender Grösse, die nur mit dem starken von breitem Hufe umgebenen Endgliede (Hufbein) der Sgliedrigen Mittelzehe den Boden betreten. Die 2te und 4te Zehe sind entweder als kleine Nebenzehen (Afterklauen) vorhanden (fossile Pferde) oder auf die Metatarsalknochen (Griffelbeine) reducirt. Wenn wir die Familie der Pferde nur nach den jetzt lebenden Formen, die zur Aufstellung der Ordnung der Einhufer Veranlassung gaben, zu characterisiren hätten, so würden wir in erster Linie die schlanke schön proportionirte hoch- beinige Gestalt hervorzuheben haben. Der gestreckte magere Kopf mit grossen lebhaften Augen und zugespitzten sehr beweglichen Ohren wird von einem langen seitlich comprimirten Hals getragen, an dessen Rückenfirste das sonst kurze eng- anliegende Haar eine ansehnliche Mähne bildet. Der Schwanz erscheint geschweift oder gequastet, je nachdem die langen Haare seine ganze Länge bekleiden oder nur das untere Ende besetzen. Die schlanken kräftigen Extremitäten enden mit einer einzigen Zehe, die nur mit dem Endgliede den Boden berührt. Demgemäss besteht der Mittelfuss aus einem langen Röhrenknochen und zwei stabförmigen Metatarsalknochen der 2ten und 4ten Zehe, den sog. Griffelbeinen. Aufi'allend kurz bleiben Oberarm und Oberschenkel, sodass Ellenbogen und Kniebeuge am Bauchende liegen, am Unterarm und Unterschenkel verkümmern Ulna und Fibula. Indessen gibt es eine Reihe von Resten vorweltlicher Pferde, welche in der Fuss- bildung und im Gebiss wirkliche zur generischen Sonderung ausreichende Ab- weichungen zeigen. Das Gebiss besitzt 6 obere und 6 untere grosse meisselförmige Schneidezähne, die sich in geschlossener Bogenlinie aneinanderfügen und sich durch die querovale Grube ihrer Kaufiäche auszeichnen. Eckzähne sind in beiden Kiefern gewöhnlich nur im männlichen Geschlecht vorhanden und bleiben kleine kegelförmige »Haken«. Die Zahl der Backzähne betrug bei den fossilen Formen 7 in jedem Kiefer, bei den jetztlebenden Arten der Gattung Equus ist sie auf 6 gesunken, indessen findet sich vor dem ersten Zahne im Milchgebiss ein kleiner hinfälliger Zahn (Wolfszahn Bojanus). Die Backzähne sind lang prismatisch wie aus 4 Pfeilern verschmolzen (zu denen in den Backzähnen des Oberkiefers noch ein fünfter innerer Pfeiler hinzukommt) und zeigen auf der Kaufläche 4 gewun- dene Schmelzfalten. Als anatomischer Charakter verdient der vollständig ge- schlossene knöcherne Augenring und die Klappe am Eingang des einfachen Magens, die das Erbrechen unmöglich macht, sowie der Mangel einer Gallenblase hervor- gehoben zu werden. Alle besitzen 2 Zitzen in der Inguinalgegend und werfen in der Regel nur ein Junges. Fossil treten sie zuerst im Eocen auf {Anchitlikriuvi), erhalten sich im Miocen und Pliocen (Hipparion) und gehen darm in die diluviale Gattung Equus über, der die jetzt lebenden domesticirten Pferde angehören. 1) Vergleiche D' AI ton, Naturgeschichte des Pferdes. 1 und IL Weimar. 1812 und 1813. Kunz, Abbildungen sämmtlicher Pferderassen. Karlsruhe. 1827. W. Kowalewski, Sur FAnchitherium etc. et sur l'histoire pal. des Chevaux. Abb. Peterb. Acad. 1873. 1152 Equus. Asinus. Anchitherium H. v. M. Füsse dreizehig mit grosser Mittelzehe und After- 7 klauen nebst Metatarsalrest der 5ten Zehe an der vordem Extremität. Bakzähne —. A. Dumasii Gerv., Eocen. Hipparion Christol. {Hippotherium Kp.). Fussbildung dieselbe. Von den 7 Backzähnen ist der vordere ein einfaches Prisma mit halbmondförmigem Quer- schnitt, geht aber schon mit dem Milchgebiss verloren. Der innere accessorische Pfeiler der oberen Backzähne mit freier Schmelzinsel auf der Kaufläche. H. gracile Kp., Miocen, Deutschland und Griechenland. H. prostylum Gerv. , Pliocen. Süss- wassermergel der Vaucluse. Equus L. '). Füsse Izehig mit Metatarsalresten der 2ten und 4ten Zehe (Griffel- 3 I 3 . beine). Backzähne -;:- -x- mit Resten eines vordem 7ten Backzahnes im Milch- gebiss, die sich jedoch mitunter als kleine Stummel auch nach dem Zahnwechsel erhalten. Die obern Backzähne mit flachem Pfeiler in der Mitte der Innenseite, dessen Schmelzsaum jedoch keine freie Insel bildet, sondern nur als Falte erscheint. 2 Inseln an der Aussenseite vorhanden, von gefaltetem Schmelzrand umsäumt. An den untern Backzähnen fehlen die freien Inseln an der Aussenseite, welche bei Hipparion vorhanden sind. Erster und letzter Zahn oben und unten dreiseitig pris- matisch. Fossile Arten kommen in Jüngern Tertiärschichten {E. sivalensis, noma- dicus Falc.) und im Diluvium vor. 1. Unterf. Equus Gray. Schwanz bis zur Basis gestreift. E. caballus L. Nur im domesticirten Zustand bekannt, wahrscheinlich von einer oder mehreren der bereits zur Diluvialzeit lebenden Pferden E. fossüis, priscus u. a. (auch amerikanische diluviale Reste E. americanus) abzuleiten. Die sog. wilden Pferde, die in den Steppen Mittelasinns leben, Tarpans, sind ebenso wie die südamerika- nischen Mustangs verwilderte Pferde. Durch Kreuzung der erstem mit gezähmten Pferden entstehen die Muzins. Streifungen, die gelegentlich am Rücken und in der Schultergegend auftreten, weisen auf eine gestreifte Stammform hin. Gelegentlich Afterklauen. Rückschlag. Abstammung von Hipparion. 2. Unterf. Asinus Gray. Schwanz gequastet, Ohren lang, Mähne aufrecht. A. taeniopus Heugl., Wildesel im südöstl. Asien. Stammform des Hausesels {E. asinus L.), Dieser minder gelehrig als das Pferd, eignet sich besonders zum Last- tragen und zur Verwendung in gebirgigen Gegenden, erzeugt mit dem Pferde gekreuzt das Maiilthier (E. mulus, Eselhengst, Pferdestute ; die Existenz des Maul- esels E. hinnus wird bestritten). A. hemionus PalL, Dschiggetai, Halbesel, mit dunkelen Längsstreifen auf dem Rücken. Tibet bis Mongolai. A. onager Pall., Kulan, Mongolai. Die afrikanischen Arten (zu der Untergattung Hippotigris Sm. gesinnt) sind auf hellem Grunde dunkel gestreift und wilde unbändige kaum zähmbare Thiere. A. quagga Gm. E. zebra L. E. Burchelli Fisch. 1) Vergl. L. Rutimeyer, Beiträge zur Kenntnis« der fossilen Pferde und zur vergl. Odontographie der Hufthiere überhaupt, Basel, 1863, 6. Ordnung: Artiodactyla. 1153 6. Ordnung: Artiodactyla^) = Paridigitaten. Hußhiere mit paarigen Zehen, von denen die beiden äussern meist Meine Aftersehen darstellen, die sivei mittlem von gleicher Grösse den Boden berühren, meist mit vollständigem Gebiss, oft ohne Eckzähne und Schneidezähne des Oberkiefers , stets mit schmelsfaltigen Backzähnen. Theilweise plumpe schwergebaute, theilweise schlanke gracile Formen, bald mit niedrigen und bald mit hohen Beinen. Die erstem mit dicker, nackter Haut und straffem Borstenkleid, diese mit dichtem eng anliegenden Haarpelz. Die Wirbelsäule zeigt eine ziemliche Constanz der Wirbelzahl. Die 7 Halswirbel articuliren oft mit Gelenkpfanne und Kopf, üeberall mit Ausnahme der Culturrassen 19 Dorsolumbal- wirbel, von denen die 12 bis 15 vordem Rippen tragen. Das Kreuz- bein besteht aus 4 bis 6 Wirbeln. Ein Schlüsselbein fehlt stets. Am Becken ist die Symphyse auch auf die Sitzbeine ausgedehnt. Der Gang erfolgt überall vornehmlich mittelst der dritten und vierten Zehe, die stets an Grösse vor den beiden äussern hervorragen und mit ihren Hufen den Boden berühren. Die zweite und fünfte Zehe können jedoch auch beim Auftreten an der Unterstützung des Körpers Theil nehmen, rücken aber meist als rudimentäre Zehen nach hinten und berühren als Afterzehen den Boden nicht. Dieselben können bis auf ihre Metatarsal- reste verkümmern und als äussere Zehen ausfallen, beide bei Änoplo- therium, die äussere an der hintern Szehigen Extremität von Bicotyles. Astragalus mit Rolle an der proximalen und distalen Fläche. Calcaneus an der äussern Seite mit convexer Facette für die Fibula. Cuboideum an der obern und vordem Fläche zickzackförmig ausgeschnitten. Lunare zwischen magnum (capitatum) und unciforme (hamatum) eingedrängt. Die hierhergehörigen Thiere lassen sich in zwei Reihen ordnen, in die Pachydermen und in die Wiederkäuer. Die ersteren haben eine vollständigere Bezahnung und besitzen stets Eckzähne, können sogar eine vollkommen geschlossene Zahnreihe darbieten, besitzen aber stets eine einfachere Magenform. Die Metatarsalknuchen der Mittelzehen sind niemals zu einem einzigen Röhrenknochen verschmolzen. Die Wieder- käuer zeichnen sich durch die comphcirte Magenbildung aus, verlieren aber die Vollständigkeit des Gebisses, die nur im Embryonalzustande erhalten sein kann, indem die obern Schneidezähne und auch Eckzähne meist nicht mehr zur Ausbildung kommen. Dagegen bietet die allgemeine Gestalt der Backzähne ziemlich feste Merkmale. Die quadratische Krone 1) R. Owen, Description of teeth and portions of jaws etc. Quat. Journ. Geol. Soc. vol, IV. 1848. R. Jones, Article »Pachydermata^. Todds Cyclopaedia etc. vol. III. 1848. Claus, Zoologie 3. Aufl. 73 1154 1. Unterordnung: Artiodactyla pachydermata. besitzt 4 Haupthöcker, die durch tiefe nicht mit Cement erfüllte, aber zuweilen mit Nebenhöckern versehene Thäler geschieden sind. Die Prämolaren sind klein, meist nur 1- oder 2höckrig. Die Metatarsal- knochen sind hier stets an beiden Extremitäten zu einem gemeinsamen Rührenknochen verschmolzen, der Uterus ist 2hörnig, die Zitzen inguinal oder längs des Bauches sich erstreckend. Schon in alt-tertiären Schichten finden sich Vertreter, welche im Anschluss und vielleicht von geraein- samen Ausgangspunkten mit den Palaeotherien die Schweine und Wieder- käuer vorbereiteten. 1. Unterordnung: Artiodactyla pachydermata. 1. Pam. Anoplotheridae. Glebiss mit allen drei Arten von Zähnen, die in «reschlossener Reihe stehen. Eckzähne wenig von den Nachbarzähnen verschieden und kaum vorragend. Afterzehen fallen oft hinweg. Metatarsalknochen nicht verwachsen. Ausschliesslich eocene und miocene Hufthiere, welche zu den Wieder- käuern und theilweise durch die Palaeochoeriden hindurch auch zu den Schweinen hinführten, Anoplotherium Gray, -ö" "l — I""^- ^- commune Cuv. Xiphodon Cuv., JÜichohune Cuv., Dichodon Owen u. a. 2. Fam. Suidae ^) {Setigera). Mittelgrosse seltener hochbeinige Paarzeher mit dichte Qi Borstenkleide und kurzrüsseliger Schnauze, die zum Wühlen im Erd- boden gebraucht wird. Das Gebiss besitzt alle Zahnarten, doch ist die Zahnreihe nicht vollkommen geschlossen, sondern stets mit Lücken zwischen allen Zahnarten. Die Schneidezähne 4 — 6 an Zahl stehen schräg horizontal und fallen leicht im Alter aus. Eckzähne meist stark verlängert, dreiseitig, im männlichen Geschlecht von bedeutender Stärke, stehen nach oben gekrümmt seitlich hervor und sind als »Hauer« gewaltige Waffen. Die schmelzfaltigen Backzähne, 6 bis 7 in jedem Kiefer, sind theils einfache kegelföi-mige Backzähne, theils umfangreiche Mahlzähne mit kegelförmigen Höckern der breiten Krone. Rücksichtlich der Fussbildung stehen sie den Wiederkäuern nahe, indem nur die beiden Mittelzehen mit ihren Hufen den Boden berühren, während die kleineren Aussenzehen als Afterzehen nach hinten liegen. Sie leben gesellig in Rudeln, über die gemässigte und heisse Zone der alten und neuen Welt verbreitet, lieben vornehmlich feuchte und morastige Waldungen und sind im Allgemeinen stupide, von Wurzeln, Pflanzen und animalen Stoffen sich nährende Thiere, die sich muthig gegen Angriffe ihrer Feinde ver- theidigen. Die Weibchen besitzen 6 bis 7 Zitzenpaare längs des Bauches und werfen dem entsprechend eine grosse Zahl von Jungen. Fossile Schweine treten schon im Miocen auf, z. B. Anthracotherium Cuv., Hyotherium H. v. M. , Palaeo- choerus Gerv. 1 1 2 I 8 Phacochoerus Cu.Y. -^ — z — ö~nr- Di^ vordem Molaren und Prämolaren werden abgeworfen, zuletzt bleibt nur noch der hinterste grosse zusammengesetzte Backzahn zurück. Mit grossem breitschnauzigen Kopf, der unter dem Auge einen 1) Herrn, v. Nathusius, Vorstudien für Geschichte und Zucht der Haus- thiere, zunächst am Schweineschädel. Berlin. 1864. Derselbe, Die Ra^en des Schweines. Berlin. 1860. Suidae. Obesa. 1155 Fleichlappen besitzt. Ph. aethiopieus Cuv., Südspitze von Afrika. Ph. Aeliamis Rüpp. {Sus afrieanus L.), Abyssinien bis Guinea. 2 1 2 I 3 Porcus Wagl. {Bahyrussa Fr. Cuv. ~ö~ -j- "ö^fö"- Körper schlank hoch- beinig, die obern Eckzähne des Männchens geweihartig emporgewachsen, die Augengegend schützend. P. hdbyrussa L., Hirscheber, Molukken. Porcula Hodgs., P. Salvania Hodgs. , Indien. 2 1 3 I 3 Dicotyles Cuv. -ö- -: — ö~rö~- Körper kurz, aber ziemlich hochbeinig, mit sehr kleinen Ohren und verkümmertem Schwanz. Hinterfüsse durch Verküm- merung der Aussenzehe 3zehig. Drüse in der Kreuzgegend. D. torquatus Cuv., D. Idbiatus Cuv. , Bisamschwein , Pecari, Amerika. Auch fossile Arten finden sich im Diluvium Brasiliens. 3 1 3 I 3 Potamochoerus Gray. -^ — z — — -5-. Nasenbein und Zwischenkiefer mit £> i d I O rauher Protuberanz zur Anheftung der warzigen Anschwellung zwischen Auge und Schwanz. P. afrieanus Schreb. {larvatus Fr. Cuv.), Warzenschwein, Südwest- afrika. P. penicülatus Schnz., ebendaselbst. 3 1 4 I 3 Sus L. -5 — ; -.—\ -^ . Untere Schneidezähne schräg nach vorn gerichtet. Kaufläche der Backzähne mit accessorischen Höckern. Die Borsten des Rückens bilden einen aufrechten Kamm. S. europaeus Pall. {S. scrofa L.), Wildschwein. In weiter Verbreitung von Indien bis zum Westen Europas und Nordafrika. Stammform einer grossen Zahl von Rassen unseres Hausschweins. Thränenbein langgestreckt, Gaumentheil in der Gegend der Praemolaren nicht verbreitert. Die Brunstzeit fällt in den November. Nathusius bringt die Rassen des domesticirten Schweines in 2 Gruppen, in die S. scro/ogruppe mit den osteologischen Merkmalen des europäischen Wild- schweins und in die Sus iwdtCMSgruppe. Die letztere charakterisirt sich durch die Kürze des Thränenbeins und Verbreiterung des Gaumens in der Gegend der Prae- molaren. Hierher gehören die Schweine aus China, Cochinchina, Siam, das neapolitanische, ungarische, andalusische Schwein, das kleine Bündtner Schwein und das Torfschwein aus der Jüngern Steinzeit der Schweizer Pfahlbauten. Man wird dieselben auf eine besondere Stammart zurückzuführen haben, die wild nicht mit Sicherheit bekannt, vielleicht von S. indicus Pall. oder S. vittatus Müll. Schi, abstammen , von Java und Sumatra. Auch das langohrige Maskenschwein, S. pli- ciceps, aus Japan kreuzt sich mit dem Hausschwein fruchtbar. S. verrucosus Müll. Schi., Java. Fossile Reste der Gattung Sus finden sich im Diluvium, Reste sehr nahe stehender Formen im Jungtertiär bis zum Miocen, diese sind von Lartet als CJioerotherium generisch gesondert. 3. Fam. Obesa. Von sehr plumper Gestalt mit unförmig grossem Kopf und breiter stumpfer angeschwollener Schnauze. Die mächtig entwickelten Kiefer tragen oben und unten vier cylindrische schräg gerichtete Schneidezähne, von denen die mittleren des Unterkiefers an Grösse überwiegen. Eckzähne stark, namentlich die 7 im Bogen gekrümmten untern Eckzähne. -=■ Backzähne, von denen die vordem 3 I 3 Praemolaren ausfallen, so dass —-^ im Alter bleiben. Der 4te bis 6te Backzahn 73* 1156 2. Unterordnung: Artiodactyla ruminantia, Wiederkäuer. mit 4 Höckern auf der abgenutzten Kaufläche , kleeblattähnlicbe Figuren bildend, der 7te mit accessorischem Höcker. Die Haut ist fast nackt und durch Furchen gefeldert, unter ihr entwickelt sich eine mächtige Fettlage. Augen und Ohren der unförmigen Thiere bleiben klein. Die niedrigen Beine enden mit 4 den Boden berührenden Zehen und ebensoviel Hufen. Leben gesellig in grössern Flüssen und Landseen des Innern Afrikas, schwimmen und tauchen vortrefflich und steigen zur Nachtzeit an das Ufer, um zu weiden, in pflanzenreichen Strömen verlassen sie 3 jedoch selten das Wasser. Einige fossile Formen haben g- Schneidezähne {Hexa- protodon Falc. Cautl.). 2 1 4|3 Hippopotamus L. {Tetraprotodon YaAc. Cnnih). 2'T4r3" ^' ^^P^^^^^^^ L., Nilpferd, bis 12' Fuss lang, von Abyssinien bis Südafrika. Fossil ist H. major Cuv., Diluvium des mittlem und südlichen Europa. Tertiäre Ueberreste sind H. {Tetrapotodon) sivalensis und irawadicus Falc. Cautl. 2. Unterordnung: Artiodactyla ruminantia')) Wiederkäuer (Bisulca Blum., Pecora L. , Zweihufer). Mit complicirteni aus 4 (5) AhschniUen zusammengesetzten Magen, ohne oder mit nur zwei ohern Schneidezähnen, fast ausnahmslos mit verschmolzenen Metacarpal- und MetatarsalMochen. Die Wiederkäuer sind grossentheils schlank gebaute, leicht beweg- liche Säugethiere von ansehnlicher und nur ausnahmsweise geringer Körpergrösse. Ueberall findet sich ein dichtes eng anliegendes glattes oder wollig gekräuseltes und dann tief herabhängendes Haarkleid von einförmiger oder bunter Färbung. Der verhältnissmässig kleine Kopf ragt auf langem Halse weit vor, besitzt langgestreckte Kiefer und eine breite Stirn, die oft namentlich im männlichen Geschlechte als Schmuck und Waffe Hörner oder Geweihe trägt. Die Ohren sind aufgerichtet und von ansehnlicher Grösse, die Nase verkürzt, die Lippen sehr be- weglich, nicht zur Rüsselbildung geneigt. Die Beine sind hoch und schlank, zum raschen Forttragen des Leibes geeignet. Wichtig erscheint der Bau des sehr verlängerten Fusses, an beiden Gliedmassenpaaren schliesst sich den kleinen Carpal- und Tarsalknochen ein überaus langer Mittelfuss an, dessen Zusammensetzung aus zwei seitlichen in der Mitte verschmolzenen Röhrenknochen nachweisbar bleibt. Auf diesen folgen nur zwei dreigliedrige Mittelzehen mit Hufbekleidung, häufig aber finden sich noch zwei hintere griffeiförmige Rudimente der Aussenzehen, die 1) Vergl. besonders G. J. Sundevall, Methodische Uebersicht über die wiederkauenden Thiere. 2 Theile. 1847. Ch.Pander und E. D'Alton, die Skelete der Wiederkäuer. .J. E. Gray, Catalogue of the specimens of Mammalia of the Brit. Museum. P. III. London. 1852. Rutimeyer, Fauna der Pfahlbauten. Der- selbe, Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes in der Denkschrift der Schweizer uaturf. Gesellschaft. Bd. 22 und 23. Kiefer und Mageubildung. 1157 ähnlich wie bei dem Schwein als Afterklauen hervortreten können. Physiologisch und anatomisch charakterisiren sich unsere Thiere durch das Wiederkauen und die hierauf bezügliche Bildung des Magens und des Gebisses. Die Nahrung besteht überall vorzugsweise aus Blättern und solchen vegetabilischen Substanzen, welche nur geringe Mengen von Protein enthalten und daher in grossen Quantitäten aufgenommen werden müssen. In dieser Beziehung erscheint die Arbeitstheilung zwischen Erwerb und Aufnahme der Nahrung einerseits und Mastifikation anderer- seits als eine vortheilhafte , durch Magenbildungen anderer Säugethiere vorbereitete Einrichtung. Das Abrupfen und Eintragen der Nahrung fällt mit der freien Bewegung auf der Weide, das Kauen und Zerkleinern mit dem Ausruhen zusammen. Das Gebiss des Wiederkäuers entbehrt in der Regel der obern Schneidezähne und der obern Eckzähne, nur ausnahmsweise sind zwei obere Schneidezähne und auch zwei Eckzähne im Oberkiefer vorhanden. Dagegen stehen im Unterkiefer 8, selten nur 6 nach vorwärts geneigte schaufeiförmige Schneidezähne, die im Verein mit dem derben schwieligen Rand des Zwischenkiefers zum Abrupfen der Vegetabilien verwendet werden. Durch eine weite Lücke getrennt folgen meist in jeder ■ Kieferhälfte schmelzfaltige Backzähne mit wellen- förmig erhöhten und vertieften Kauflächen. Die schmalen und schwachen Aeste des Unterkiefers stehen in engerm Winkel verbunden als die des Oberkiefers, so dass sich in der Ruhelage die obern und untern Back- zähne beider Hälften nicht gleichzeitig decken. Erst bei der seitlichen, durch die Bildung des flachen Kiefergelenkes überaus begünstigten Ver- schiebung des Unterkiefers wirken die obern und untern Backzähne der betreffenden Kieferhälfte mit ihren Kauflächen aufeinander und maH sieht auch aus diesem Grunde während des Kaugeschäftes den Unterkiefer 5 6,7 ununterbrochen nach einer Seite bewegt. Backzähne : — oder ^ oder — . 5 b 7 Kronenfläche mit halbmondförmigen Schmelzleisten, an den Praemolaren 2, an den Molaren 4; zuweilen noch accessorische Höcker und verticale Leisten. Die Fähigkeit des Wiederkauens beruht auf dem complicirten Bau des Magens, welcher in vier, seltener in drei eigenthümhch ver- bundene Abtheilungen zerfällt. Die nur oberflächlich gekaute grobe Speise gelangt durch die seithche Oeftnung der Oesophagealrinne, deren wulstige Lippen auseinandertreten, in die erste und grösste sackförmige Magenabtheilung, den Pansen {rumen), der kropfartig dem Ende des Oesophagus, der genannten Oesophagealrinne anhängt. Von hier tritt dieselbe in den kleinen Netzmagen (reticulum) über, welcher als ein kleiner rundlicher Anhang des Pansens erscheint und nach den netz- artigen Falten seiner Innern Oberfläche benannt worden ist. Nachdem die Speise hier durch zufliessende Secrete erweicht ist, steigt sie mittelst eines dem Erbrechen ähnlichen Vorganges durch die Speiseröhre in die 1158 Tylopoda. Mundhöhle zurück, wird einer zweiten gründlichen Mastification unter- worfen und gleitet nun in breiiger Form durch die geschlossene Oesophagealrinne , deren wulstförmige Ränder sich aneinander legen, in die dritte Magenabtheilung, den Blättermagen oder Psalter (omasus)- Aus diesem kleinen, nach den zahlreichen blattartigen Falten seiner innern Oberfläche benannten Abschnitt gelangt die Speise in den vierten Magen, den längsgefalteten Labmagen (ahomasus), in welchem die Ver- dauung unter Zufluss des Secretes der zahlreichen Labdrüsen ihren weitern Fortgang nimmt. In nur wenigen Fällen, bei dem javanischen Moschus- thiere und den Tylopoden (Cameele und Lama) fällt der Blättermagen als gesonderter Abschnitt hinweg. Der Darmkanal, vom Labmagen durch die Pylorusklappe abgeschlossen, zeichnet sich durch die Grösse des Bhnddarms, sowie durch seine bedeutende Länge aus, welche die des gesammten Körpers um das 28fache (Schaf) übertreffen kann. Als cigen- thümliche Secretionsorgane sind die sog. Thränengruben der Schafe, vieler Antilopen und Hirsche, sowie die Klauendrüsen hervorzuheben. Die erstem liegen jederseits in Gestalt eines Drüsenbeutels am Thränen- bein und sondern eine schmierige Feuchtigkeit ab; die zwischen den Zehen über den Hufen liegenden Klauendrüsen öffnen sich oberhalb der Klauenspalte und secerniren eine stark riechende Feuchtigkeit. Placenta in Form von Cotyledonen oder diffus. Die Vermehrung der Wiederkäuer ist eine geringe, die Mehrzahl wirft nur ein Junges, welches in seiner körperlichen Bildung weit vor- geschritten, sehend und behaart zur Welt kommt. Der Fruchthehälter ist zweihörnig, die Zitzen liegen in zwei- oder vierfacher Zahl in der Inguinalgegend. Mit Ausnahme Neuhollands, wo sie erst als Zuchtthiere eingeführt wurden, finden sich die Wiederkäuer über die ganze Erde . verbreitet, friedliebend halten sie heerden weise zusammen und wissen sich vor Angriffen der Raubthiere kräftig zu vertheidigen oder sich ihnen durch schnelle Flucht zu entziehen. Sie leben meist polygamisch, und die starken Männchen stehen an der Spitze der Heerde. Die fossilen Anoplotheriden sind als die Stammformen der Wiederkäuer anzusehn. 1. Farn. Tylopoda, Schwielenfüsser, = Camelidae. Wiederkäuer meist von ansehnlicher Grösse, ohne Hörner, mit langem Halse, behaarter und gespaltener Oberlippe, ohne Afterzehen, mit schwieliger alle drei Phalangen deckender Sohle hinter den kleinen Hufen. Sie weichen namentlich durch die Bildung des Gebisses und des Fusses von den übrigen Wiederkäuern ab. Auch die Zwischenkiefer tragen 2, in der Jugend sogar 4 oder 6 Schneidezähne, während die Zahl der untern Schneidezähne um 2 verringert ist. Dazu kommen die starken Eckzähne in jedem Kiefer. Die Zehen sind nicht immer getrennt, zuweilen durch eine dicke Haut verbunden, ihre kleinen Endglieder werden nicht ganz von den kleinen Hufen umfasst. Der Magen entbehrt des Blättermagens als gesonderten Abschnittes« Auch die Gallenblase fehlt. Auchenia 111., Lama. Mit verhältnissmäsaig grossem Kopf, schmalen, zu- Devexa. Moschidae. 1159 gespitzten Ohren, aufrecht getragenem langen Hals, mit langer beweglicher Ober- lippe und lang behaartem Schwanz. Zehen getrennt, jede mit schwieliger Sohle. Klauendrüsen vorhanden. Die Zahl der Backzähne variirt nach dem Lebensalter 6 5 5 . durch Ausfallen der vordem Praemolaren von , _- zu — -• Sie bewohnen 5 5 4 rudelweise die Hochebenen des westlichen Südamerikas, daher mit Recht die Kameele der neuen Welt genannt und vertheidigen sich durch Ausschlagen und durch Auswerfen halbverdauten Futters. Lassen sich zähmen und als Lastthiere gebrauchen, werden aber auch des Fleisches, der Milch und der Wolle halber ge- halten. A. glama L., Lama. A. huanaco H. Sm. A. Alpaco Gm. A. vicugna Gm. Alle an der Westküste Südamerikas. Auch diluviale Reste wurden in den Knochenhöhlen Brasiliens gefunden. Camelus L., Kameel. Mit 1 oder 2 starken Rückenhöckern, langem in starkem Bogen gekrümmten Hals und durch die gemeinsame Sohle verbundenen Zehen. Schwanz gequastet. Die Zahl der Backzähne bleibt — . Leben gegen- 5 wärtig nur gezähmt im nördlichen Afrika und südlichen Asien. C. dromedarius L., Dromedar oder einhöckriges Kameel, als Hausthier dem Araber unentbehrlich, das Schiff der Wüste. C. bactrianus L., das Trampelthier oder zweihöckrige Kameel, in der Tartarei, Mongolei, mehr für die Steppen gemässigter Gegenden organisirt. Fossile Reste fanden sich in den Sivalikhügeln. 2. Fam. Devexa = Camelopardalidae , Giraöen. Wiederkäuer mit sehr langem Hals, langen Vorderbeinen, weit kürzern Hinterextremitäten und desshalb nach hinten abschüssigem Rücken. In beiden Geschlechtern finden sich kurze mit behaarter Haut überkleidete (dem Rosenstock der Hirsche entsprechende) Stirn- zapfen , vor denen beim Männchen noch ein unpaarer Stirnhöcker hinzukommt. Obere Schneidezähne und Eckzähne fehlen, — Backzähne. Afterzehen, Klauen- 6 drüsen und Thränengruben fehlen. Die Zunge ist sehr beweglich und dient als Greiforgan. Placenta mit Cotyledonen. Gegenwärtig ist die Familie nur durch eine Gattung und Art vertreten. Camelopardalis Schreb, C. giraffa Gm., das höchste Landsäugethier, von_ 15 bis 18 Fuss Höhe bei einer Länge von 7 Fuss und einer Höhe des Rückens von 10 Fuss, des Kreuzes von 8 Fuss. Die kegelförmigen Hörner werden über I Fuss lang und tragen an der Spitze einen Haarbüschel. Dazu kommt ein bis in die Augengegend reichender Höcker des Nasenrückens. Der Schwanz endet mit grosser Quaste. Lebt in kleinen Gesellschaften zusammen in bewaldeten Ebenen des Innern Afrika und nährt sich von Laub und Gras. Die fossile indische Gattung Sivatherium Falc. Cautl. trug jederseits über dem Auge einen rechtwinklig aufsteigenden knöchernen Zapfen und dahinter ein viel stärkeres ästiges Geweih. 3. Fam. Moschidae ' ). Kleine schlanke Wiederkäuer von Hasengrösse bis zur Grösse eines jungen Rehes, ohne Geweihe, mit hauerartig entwickelten oberen Eckzähnen des Männchens. Itn Uebrigen steht das Gebiss dem der Cervinen nahe und besitzt oben und unten 6 Backzähne. Thränengruben fehlen. Der Schwanz bleibt rudimentär. Placenta diöus (Tragulus) oder mit Cotyledonen {Moschus). 1) Alph. M. Edwards, Recherches anatomiques, zoologiques et paleontolo- giquea sur la famille des Chevrotains. Ann. scienc. nat. 5 Ser. tom. IL 1864. 1160 Cervidae. Leben in den Tropen in felsigen bergigen Gegenden der alten Welt mit Ausnahme der Brunstzeit vereinzelt. Moschus L. Das Männchen besitzt zwischen Nabel und Ruthe an der Bauch- haut einen Drüsenbeutel, in welchem sich die stark riechende Moschussubstanz ansammelt. Metakarpalknochen der 2ten und 5ten Zehe fehlen, dagegen sind die entsprechenden Metatarsalknochen vorhanden. M. moschiferus L. , Hochgebirge Mittelasiens, von Tibet bis Sibirien verbreitet. Tragulus Briss. Ohne Moschusbeutel. Metakarpalknochen der äussern Zehen vorhanden und gleich den entsprechenden Metatarsalknochen von bedeutender Länge. Netzmagen fehlt. TV. javanicus Fall., Sundainseln. Tr. napu Raffl., Snmatra. Bei Hyaemoschus Gray bleiben die Metakarpalknochen der Mittelfinger getrennt. H. aquaticus Oglb., Westküste Afrikas. 4. Farn. Cervidae^), hirschartige Wiederkäuer. Von schlankem Bau, mit Geweihen im männlichen Geschlecht und zwei Afterklauen. Thränengruben fast immer vorhanden. Klauendrüsen fehlen oft. Fast überall entwickelt sich eine Haarbürste an der Innenseite der Hinterfüsse, die zur Unterscheidung von den Antilopen gute Dienste leistet. Häufig finden sich beim Männchen obere Eckzähne, die selbst eine bedeutende Grösse erlangen können. Backzähne: —7-. Von über- aus verschiedener Grösse und Form und desshalb auch von systematischer Be- deutung erscheint das Geweihe , das mit Ausnahme des Rennthiers auf das mann liehe Geschlecht beschränkt ist; dasselbe ist ein solider Hautknochen, welcher auf einem Knochenzapfen der Stirn {Rosenstock) aufsitzt und sich von der kranzförmig verdickten Basis desselben (Rose) in regelmässig periodischem Wechsel ablöst, um abgeworfen und erneuert zu werden. Die Bildung des Geweihes beginnt schon im ersten Lebensjahre, indem sich zwei von dem Fell überzogene Stirnzapfen als Aus- wüchse des Stirnbeines erheben und zu unregelmässigen oder kegelförmigen Höckern, Stangen oder Spiessen werden, welche gegen Ende des zweiten Jalires abgeworfen werden. Das im dritten Jahre sich neubildende Geweih ist abermals weiter vorgeschritte und durch den Besitz des sog. Augensprosses von gabüger Form, die sog. Gabel ausgezeichnet, im vierten Jahre kommt gegen die Spitze hin ein neuer Ast hinzu, der Eichspross, so dass das Thier jetzt ein Dreigabler oder Sechsender geworden ist. Während bei vielen Arten die Geweihbildung auf dieser Entwicklungsstufe stehen bleibt, vergrössert und verändert sich das Geweih durch jährliche Zunahme der Endenzahl auch sehr bedeutend. Dieser periodischen Neu- gestaltung liegt eine mit dem Geschlechtsleben innig zusammenhängende Steigerung der Ernährung zu Grunde, die Vollendung des erneuerten Geweihes bezeichnet den nahen Eintritt der Brunst. Es löst sich der Zusammenhang der Geweihbasis mit der obern Fläche des Rosenstocks gegen den Ausgang des Winters oder am An- fange des Frühjahrs, das schwere Geweih fällt ab, und es entsteht eine neue gefässreiche weiche Erhabenheit, welche fortwächst, zuerst die untern, dann die höhern Enden entfaltet, endlich erstarrt und die trockene Hautbekleidung durch Abreiben verliert. Die Hirsche leben grossentheils in Wäldern und sind flüchtige scheue Thiere, mit Ausnahme des für die Bewohner der Polarregion unentbehr- lichen Rennthieres nicht zu Hausthieren zähmbar. Sie nähren sich von Gras, 1) Gray, Synopsis ot the species of Dees. Proc. Zool. Soc. 1850. Pucheran. Monographie du genre cerf. Arch, du Museum. Tom. VL 1852. Cavicornia. 1161 Laub, Knospen und Trieben. Die Weibchen besitzen vier Zitzen, bringen indess meist nur ein Junges zur Welt. Nur Australien und Südafrika entbehren der- selben. Fossile Arten treten zuerst in der mittlem Tertiärzeit auf. Cervulus Blainv. Rosenstock sehr laug, Geweih kurz, un verästelt, nur mit kurzen Basalsprossen. Kein Haarbüschel an den Hinterfüssen. C. muntjac Temm., Java, Sumatra. Gervus L. Geweih rundlich, mehrfach verästelt. Thränengruben vorhanden, ebenso Haarbürsten an den Hinterfüssen. C. capreolus L. , Reh, mit kurzem Gabelgeweih, fast ganz reducirter Thränengrube und kurzem Schwanz. Lebt familienweise meist zu 2 bis 4 Stück zusammen, die Brunstzeit fällt in den August, während das Ei erst drei Monate später sich zu entwickeln beginnt, über ganz Europa verbreitet. In den Pfahlbauten der Steinzeit überaus häufig. G. elaphus L., Edelhirsch. Mit grossem vielendigen Geweih und Thränengruben. Lebt in Rudeln zusammen, über ganz Europa verbreitet. Im Diluvium und Pfahlbauten. C. cana- densis Briss. G. virginianus Gm., Nordamerika. Ostindische Arten sind : G. axis Erxl., G. porcinus Schreb., G- Aristotelis Cuv. Südamerikanische Arten sind: G. campestris Cuv., Pampashirsch. G. paludosus Wagn., Sumpfhirsch etc. Dama H. Sm., Damhisch. Die rundlichen Geweihstangen enden oben schaufei- förmig mit Randsprossen und tragen unten Augensprossen. D. vulgaris Brook., mit sehr variabeler Färbung, im südlichen Italien, Spanien, Afrika, schon im Diluvium als C. somonensis Desm. beschrieben. Megaceros hibernicus Ow. (eury- ceros), diluvialer Riesenhirsch. Alces H. Sm., Elenn. Schnauze breit, behaart, Geweihe ohne Augenspross, breit, schaufeiförmig, langsprossig. Ä. palmatus Klein. = G. alces L. , Elch, von 8 Fuss Länge und 6 Fuss Schulterhöhe, war früher in Deutschland und Frankreich verbreitet, gegenwärtig im nördlichen Europa, Russland, Nordamerika, früher auch in den Pfahlbauten der Schweiz. Bangifer 0. Sm. (Tarandus), Rennthier. Kehle mit langer Mähne. In beiden Geschlechtern mit Geweihen , welche zahlreiche breit auslaufende Zacken tragen. Lebt von Gras und Flechten, wird 6 Fuss lang und 4 Fuss hoch, läuft schnell und ausdauernd, ist Zug-, Last- und Reitthier der Lappländer, deren Nahrung und Bekleidung es liefert. Existirte während der Diluvialzeit im mitt- leren und südlichen Europa. Auch in Nordamerika als »Caribou« vorhanden. 5. Fam. Gavicornia, Hornthiere. Wiederkäuer von schwerfällig plumper oder graciler Körperform, ohne Eckzähne und obere Schneidezähne, mit •— Back- zähnen und Hörnern in beiden Geschlechtem. Nur in seltenen durch die Cultur begründeten Ausnahmen fehlen dieselben , ebenso selten verdoppeln sie sich auf die vierfache Zahl. Der Hornbildung liegen bleibende von geräumigen Höhlungen erfüllte Knochenfortsätze des Stirnbeins zu Grunde, welche von einem überaus verschieden gestalteten Hohlhorne, dem aus Hornschichten zv;sammengesetzten Produkte der Epidermis, umwachsen sind. Afterklauen sind meist vorhanden. Grösse und Form wechselt mannichfach und erscheint systematisch nicht ohne Bedeutung. Es gibt ebensowohl gerade als einfach oder mehrfach gekrümmte, spiralig gedrehte, runde, glatte oder quergerunzelte und gedrehte Hörner. Alle leben gesellig und meist in Polygamie. Am reichsten an Arten und Mannich- faltigkeit der Formen treten sie in der alten Welt, vorzugsweise in Afrika, weniger in Asien auf. Zur Zähmung und Mästung geeignet sind sie bereits zu den ersten 1162 Antilopidae. Ovinae. Zeiten beginnender Cultur Hausthiere geworden, zur Ernährung und Bekleidung des Menschen unentbehrlich. Auch in der Jüngern Tertiär- und Diluvial-Epoche waren die nämlichen Typen zum Theil in sehr nahe verwandten Arten vertreten. 1. Subf. Äntüopinae. Von schlankem Körperbau, mit hohen dünnen Beinen, kurzem enganliegenden Haarkleid, zuweilen mit Tliränengruben , so dass sie in ihrer Erscheinung Uebergangsformen zu den Hirschen und Pferden zu vertreten scheinen. Indessen gibt es auch gedrungene Formen, die den Stieren gleichen. Die Hörner sind rund gerade gestreckt oder gekrümmt, nicht immer glatt, zu- weilen auf das Männchen beschränkt. Leben theils in den Ebenen heisser Gegenden der alten Welt, theils auch auf den höchsten Gebirgen, besonders in Afrika, nur 2 Arten in Amerika. Diluviale und tertiäre Reste wurden in Asien und Europa, auch in den brasilianischen Knochenhöhlen gefunden. Saiga Gray. Nase hoch und blasig aufgetrieben, Hörner kurz und geringelt, leierförmig, beim Weibchen fehlend. S. saiga Wagn., Saigaantilope , in den Steppen des östl. Europa und Asiens. Antilope Wagn. Nase zugespitzt. Hörner lang und leierförmig. Thränen- gruben fehlen oft. A. dorcas Licht., Gazelle, bewohnt heerdenweise die Ebenen Arabiens und das nördliche Afrika. A. (Antidorcas) euphore Forst., Springbock, im südl. Afrika. Tetracerus quadricornis Blainv., Ostindien. Hippotragus Sundv. Hals mit Nähne. Hörner sehr lang und gebogen, in beiden Geschlechtern. Thränengruben fehlen. H.{Egoceros) egMWH/s Geoffr., Blau- bock, Südafrika. H. oryx Blainv. {Oryx capensis Sundv.). H. addax Wagn., Afrika. Ureas canna Fall. {A. oreas Gray), Elenantilope, Capland. Strepsiceros H. Sm. Hörner nur im männlichen Geschlecht, spiral gedreht. S. Kuda Gray, Afrika u. z. a. G. Bubalis Licht. Die Hörner doppelt gebogen, in beiden Geschlechtern vor- handen. Körper sehr stark. Kleine Thränengruben. B. mauretanica Sundv. {A. bubalis Fall.), Kuhantilope. B. pygarga Sundv., Buntbock, Südafrika. Catoblepas Gray, Gnu. Hörner stark nach den Seiten gekrümmt, von der Statur des Pferdes mit Mähne und Pferdeschweif. A. gnu Zimme, lebt heerden- weise in den südafrikanischen Ebenen. Uupicapra Blainv. Die kleinen fast senkrecht stehenden Hörner mit hakig gebogener Spitze. Statur ziegenähnlich. B. rupicapra Fall., Gemse, Pyrenäen und Alpen, auch Griechenland. Haplocerus americanus Blainv. Antilocapra americana Ow., Gabelgemse, soll die Hörner, die auf einem rosenstockähnlichen Zapfen sitzen, regelmässig wechseln. 2. Subf. Ovinae. Hörner mehr oder weniger zusammengedrückt, ringlig. Afterklauen kurz. Backzähne ohne accessorisches Schmelzsäulchen. Meist nur 2 Zitzen. Ovis L., Schaf. Von geringer Grösse und schlanker Gestalt, mit hohen dünnen Beinen, ganz behaarter Nase, mit spiralig gewundenen querwellig gerin- gelten dreikantigen Hörnern, meist mit Thränengruben und Klauendrüsen, mit 2 Zitzen am Bauche. Bewohnen heerdenweise von einem altern Widder geführt gebirgige felsige Gegenden der nördlichen Halbkugel bis hoch an die Grenzen des ewigen Schnees. 0. aries L. , das zahme Schaf, in zahlreichen Rassen (deutsches Schaf, Haideschnucke, Merino, Zackelschaf, Fettschwanz) über die ganze Erde ver- breitet (eine Rasse schon im Steinalter gezähmt). Die Frage über die Zurück- führung auf wilde Stammarten ist nicht entschieden. Mehrfach hat man den in Corsika und Sardinien einheimischen Mouflon, 0. musimon Schreb. und den im nördlichen und mittleren Asien lebenden Argali, 0. argali Fall, als solche an- Bovinae. 1163 gesehen. 0. naJioor Hodgs. (ohne Thränengruben) , Nepal. Ammotragus trage- laphus Desm., Algier. Capra L., Ziege. Meist mit behaartem Kinn und geradem Nasenrücken, stets mit seitlich comprimirten , querhöckrigen und halbmondförmig nach hinten ge- krümmten Hörnern, meist ohne Thränengruben und Klauendrüsen. Als Gebirgs- bewohner der alten Welt klettern sie vortrefflich. (7. ibex L., Steinbock der Alpen, findet sich nur auf Hochgebirgen an den Grenzen des ewigen Schnees, gegen- wärtig fast ausgerottet bis auf den Monta Rosa. Es gibt indessen noch einen spanischen, pyrenäischen, caucasischen , sibirischen Steinbock. C. hircus L., Haus- ziege, in zahlreichen Arten überall verbreitet. Besonders geschätzt ist die Kaschmir- und Angoraziege, wegen ihres seidenen Wollhaares. Die Abstammung der Haus- ziege lässt sich nicht mit Sicherheit nachweisen, man hat die C. Falconeri A. Wagn. aus Ostindien und die Bezoarziege, C. aegagrus L. aus dem Kaukasus und Persien als Stammart angesehen. Die letztere gleicht dem Alpensteinbock, kenn- zeichnet sich aber sofort durch die comprimirten vorn gekielten Hörner. 3. Subf. Bovinae. Thiere von grosser schwerfälliger Statur, mit rundlichen oder comprimirten nach aussen gebogenen resp. gewundenen Hörnern, breiter meist nackter Schnauze, kurzem Halse mit hängendem Fleischwarame und langem meist in einer Quaste endenden Schwanz, ohne Thränengruben und Klauen- drüsen, mit Afterklauen. Backzähne mit accessorischen Schmelzsäulchen. Das Weibchen besitzt zwar vier stark entwickelte Zitzen, wirft aber in der Regel nur ein Junges. Australien und Südamerika hat keine Vertreter. Ovibos Blainv. Stirn flach. Schnauzenspitze behaart bis auf eine kleine Stelle zwischen den Nasenlöchern. Homer mit der breiten Basis zusammenstehend, abwärts gekrümmt, mit aufgerichteter Spitze. Haut mit langem Haarkleid, in welchem der Schwanz versteckt bleibt. 0. moschatus Blainv., Bisam aus Nord- amerika. O. {Bootherium Leidy) priscus Rutm. Bison Sundv. {Bonasus A. Wagn.). Schnauze in ganzer Breite nackt. Die gewölbte Stirn breiter als lang. Hörner von der Stirnscheitelbeinleiste ent- springend. Kinn bebartet. Haarkleid weich, wollig. Stirn, Kopf und Hals mit langer Mähne. B. europaeusOw., Wisent (mit Unrecht Auerochs genannt). Früher im mittleren Europa weit verbreitet, gegenwärtig auf einen Fichtenwald beim Flecken Atzikhov im Bezirk Zelentscheik im Kaukasus und auf den Wald von Bialowicza beschränkt, hier von der russischen Regierung als Wild gehegt. Nahe verwandt ist B. americamcs Gm., der amerikanische Bison, mit längern Haaren, kürzern Füssen und Schwanz. Beide stammen wahrscheinlich von dem diluvialen B. priscus Boj. ab. Bubalus A. Wagn. Schnauze in ganzer Breite nackt. Stirn kurz gewölbt. Hörner den Seitenecken der Stirnscheitelbeinleiste aufgesetzt, an der Basis com- primirt, nach rückwärts gebogen mit nach vorn gerichteter Spitze. Haarkleid grob, aber spärlich. B. buffelus L. , Büffel, Indien. Von hier aus allraählig über das nördliche Afrika und Südeuropa ausgebreitet , wo er auch als Hausthier ge- züchtet wird. Eine stark gehörnte Varietät ist der Arni. B. {Hemibos Falc.) triqiietricornis Falc, Pliocen der Sivalikhügel, ist möglicherweise die Stammform der Büffel. Nahe verwandt ist B. {Frobubalus Rütm.) depressicornis Turn., Anoa, von Celebes. B. caffer L. Mit stark verbreiterter Basis der Hörner. Von Abyssinien bis in das Innere Afrikas. Poephagus A. Wagn. Schnauze in ganzer Breite nackt. Stirn kurz mit hoch entspringenden Hörnern. Haarkleid vliessartig herabhängend. Schwanz lang 1164 7. Ordnung: Proboscidea behaart nach Art eines Rossschweifes. B. grunniens L., Yak, Tibet, Mongolei, als Hausthier domesticirt. Bos L. (s. Str.). Die Schnauze in ganzer Breite nackt. Die Stirn flach und lang. Hörner an der Basis nur wenig verdickt, vor der nach hinten stark ab- fallenden Scheitelfläche zu den Seiten der kammartig vorspringenden Stirnscheitel- leiste aufgesetzt. B. etruscus, fossil im Pliocen, Italien, ist die präsumptive Stamm- form der Rinder. B. sondaicus Müll. Schi., Banting. B. gaurus H. Sm. , Gaur, von dem Gayal specifisch nicht verschieden, Ostindien. B. indicus L. , Zebu. Mit einem oder zwei Fetthöckern auf dem Rücken, in Asien und Afrika als Hausthier weit verbreitet, mit zahlreichen Rassen. B. noinadicus, Pliocen, Asien. B. primi- genius Boj. Diluvial, aber auch in historischen Zeiten in Europa verbreitet, noch zu Caesars Zeiten in Deutschland lebend und im Nibelungen-Liede als »Ur« be- zeichnete Urochs (im Chülingham-Pavk halbwild noch erhalten). Cuvier betrachtete denselben als Stammform des Hausrindes, B. taurus L., und in der That kann kein Zweifel sein, dass das Holsteiner oder Friesländer Rind auf B. primigenius zu beziehen sind. Neuerdings aber hat Rutimeyer nachgewiesen, dass noch eine zweite, schon im Diluvium existirende Art B. hrachycerus Ow. (kurzhörniges Vieh von Schottland, Torfkuh des Steinalters der Schweizer Pfahlbauten, Braun- vieh der Schweiz), als Stammart des domesticirten Rindes anzusehen ist. 2. Deciduata. 7. Ordnung: Proboscidea. Vielhuf er von sehr bedeutender Körpergrösse , mit langem als Greif Organ fungirenden Bussel, zusammengesetzten Backzähnen und Stosszähnen im Zwischenkiefer. Wegen des dicken Integuments früher zu den Pachydermen gestellt, zeigen die Elephanten so zahlreiche Eigenthümlichkeiten vor den Unpaarzehern, dass sie als besondere Ordnung getrennt zu werden verdienen. Die dicke Haut erscheint durch zahlreiche sich kreuzende Falten gefeklert und nur spärlich mit einzelnen Haaren besetzt, die sich an dem Schwänze zu einem Haarbüschel häufen. Der Kopf ist kurz und hoch, durch Höhlen in den Stirn- und Parietalknochen aufgetrieben. Das Hinterhaupt fällt steil , fast senkrecht ab. Besonders mächtig sind die senkrecht gestellten Zwischenkiefer mit ihren grossen Stosszähnen entwickelt. Die Augen sind auffallend klein, die Ohren dagegen gross und an ihrem hintern und untern Theile herabhängend. Die walzen- förmigen Extremitäten, welche massiven Säulen vergleichbar, den kurzen dicken Rumpf tragen, enden mit 5 bis auf die kleinen rundlichen Hufe verbundenen Zehen. Von grosser Bedeutung für das Leben des Elephanten erscheint der lange bewegliche Rüssel mit dem feinfühlenden fingerförmigen Fortsatz an seinem äussersten Ende. Bei der Kürze des Halses ist er dem Thiere als Tast- und Greiforsan unentbehrlich. Allgemeiner Körperbau. 1165 besonders um mit dem Kopfe auf dem Boden zu reichen und Wasser und Nahrung aufzunehmen. Daneben aber dient er dem Thiere ebenso wie die beiden Stosszähne als kräftige Waffe zur Vertheidigung. Diese Stosszähne, welche wurzellos und mit weiter Höhle versehen bis zu einem Gewicht von 200 Pfund fortwachsen und das Elfenbein liefern, entsprechen den beiden Vorderzähnen des Zwischenkiefers. Eckzähne und untere Vorderzähne fehlen bei den echten Elephanten, bei den Mastodonten aber treten auch im Unterkiefer 2 Schneidezähne auf, welche im weiblichen Geschlecht früh ausfallen, beim Männchen dagegen sich als Stosszähne erhalten. Eckzähne fehlen. Backzähne finden sich je nach dem verschiedenen Alter entweder nur einer oder zwei, bisweilen auch drei in jedem Kiefer und sind aus zahlreichen parallel hintereinander gestellten Schmelzplatten zusammengesetzt. Bei der Gattung Elephas sind diese Platten durch Cement verbunden und zeigen auf der Kau- fläche quere rhombische von Schmelzsubstanz umfasste Felder. Bei den Mastodonten fehlt das Cement, und erheben sich auf dem Querabschnitte zitzenförmige Höcker. Nach Owen treten .3 Prämolaren und 3 Molaren auf, von denen der letzte Prämolar durch einen vertical hinter ihm her- vorwachsenden ersetzt wird. Niemals aber sind mehr als drei, gewöhnlich sogar nur 2 Backzähne gleichzeitig da, indem die hintern an Grösse und Zahl der Lamellen wachsenden Zähne hervortreten, wenn die vordem ausgefallen sind. Anfangs hat jede Kieferhälfte einen Backzahn, hinter dem sich bald ein zweiter entwickelt, später fällt der vordere abgenutzte aus, nachdem ein neuer Zahn hinter dem zweiten entstanden ist. Auf diese Art soll der (indische) Elephant 6 bis 8 mal seine Backzähne wechseln. Während dieses Wechsels der von hinten nach vorn sich vor- schiebenden Zähne, welche die vorausgehenden abgenutzten verdrängen, findet auch in dem Kieferknochen eine beständige Resorption und Neu- bildung statt. Am Darmkanal erreicht der Blinddarm eine bedeutende Grösse. Der Magen bleibt einfach. Eine Gallenblase fehlt. Besonders entwickelt ist das an Windungen überreiche grosse Gehirn. Die Hoden bleiben im Unterleib liegen. Die Weibchen haben einen zweihörnigen Uterus und zwei brustständige Zitzen, die Placenta umgibt gürtelförmig das Ei. Die Thiere leben in Heerden zusammen und bewohnen feuchte schattige Gegenden im heissen Afrika und Indien. Die hohen geistigen Fähigkeiten machen den Elephanten zu einem zähmbaren äusserst nützhchen Thiere, das schon im Alterthum zum Lasttragen, auf der Jagd und im Kriege verwendet wurde. Gegenwärtig existiren nur zwei Arten , der kleinere E. indicus , mit kleinern Ohren und Stosszähnen, höherm Kopf, in den Wäldern Vorder- und Hinterindiens und E. africanus, mit schief abfallender Stirn, weit grössern unbeweglichen Ohren, mit rautenförmigen Schmelzleisten auf der Kaufläche der Backenzähne, über ganz Mittelafrika verbreitet. In der Vorwelt aber lebten noch grössere 1 1 ßg Elephantidae. Formen, das riesige mit dickem Pelz bekleidete Mammuth des Diluviums, E. primigenius, im Eise Sibiriens mit Haut und Haaren gefunden. Die massenhaft angehäuften Stosszähne dieser Thiere liefern das sibirische Elfenbein. In Europa , Indien und Amerika lebten ziemlich gleichzeitig die Mastodonten, ausgezeichnet durch die zitzenförmigen Höcker der Backzähne. Farn. Elephantidae. Elephas L. 2 Stosszähne in den Zwischenkiefern. Backzähne mit zahlreichen queren Schmelzleisten, die sich zu rautenförmigen durch Cement verbundenen Feldern abschleifen. E. indicus Cav. Querfelder der Backzähne schmal band- förmig, mit fast parallelen fein gefalteten Rändern. Kopf sehr hoch mit concaver Stirn und relativ kleinen Ohren. Erreicht eine Höhe von 10 bis 12 Fuss. Indien und Ceylon. Der Elephant von Sumatra soll nach Temmink einer besondern Art angehören. {E. sumatranus). E. primigenius Blumb. , Mammuth, Diluvial. E. (Loxodon) africanus Blumb. Querfelder der Backzähne rautenförmig, minder zahlreich. Schädel minder hoch. Ohren sehr gross. Mittel- und Südafrika. E. priscus Goldf., Diluvial, Mitteleuropa. Mastodon Cuv. Auch 2 untere Schneidezähne sind in der Anlage vor- handen, von denen sich der eine (meist rechte) des Männchens als gerader Stoss- zahn ausbildet. Backzähne mit 3 bis 6 Querreihen zitzenförmiger Höcker, zwischen denen kein Cement auftritt. M. giganteum Cuv. , Ohiothier. Diluvial in Nord- amerika. M. angustidens Cuv., Miocen in Europa u. a. A. Dem Schädel nach ist mit den Probosciden nahe verwandt (und desshalb zu denselben gestellt) die miocene Gattung Dinotherium Kp. , deren Extremitäten bisher nicht gefunden wurden. Daher ist die Ansicht, welche diese Gattung den Sirenen zuweist, nicht direct widerlegbar. Am Gebiss fehlen Schneidezähne im Zwischenkiefer, während 2 grosse nach unten gekrümmte Stosszähne am Unter- 5 kiefer sitzen. Backzähne -g- mit 2 bis 3 Reihen von Querhöckern. D. giganteum Kp., Eppelsheim. Hier reihen sich an: Lamnungia Klippschiefer. Meist als Ordnung gesondert und den Elephanten angereiht. Kleine, dem Aguti ähnliche Thiere, welche in ihrem Zahnbau zwischen Nagern und Dickhäutern stehen, in der Bildung der Füsse mit den Tapiren Aehn- lichkeit haben und desshalb auch vielfach zu den Dickhäutern gestellt sind. Der Körper ist dicht behaart, die Vorderlüsse vierzehig, die hintern dreizehig, mit ebensoviel kleinen Hufen versehen. 1 0 6(8) Hyrax. ~2"~ö~6(7l Klippschiefer, in gebirgigen Gegenden, am Cap, in Abyssinien und Syrien. H. capensis Schreb., Daman, schmackhaft. H. syriacus Schreb., vielleicht der Saphan des alten Testaments. m 1 8. Ordnung: Rodentia, Nagethiere. 1167 8. Ordnung: Rodentia') — Glires, Nagethiere. Mit freibeweglichen beJcrallten Zehen und Nagethiergehiss {mit meisselförmigen Schneidezähnen^ ohne Eckzähne, mit quer-schmelz- faltigen Backzähnen). Die Nager bilden eine sehr Arten-reiche Ordnung kleiner meist rasch beweglicher Säugethiere, welche am Zahnbau und an der Bildung des Gebisses leicht erkannt werden, obwohl sie Uebergangsformen zu den Insektenfressern und selbst Hufthieren (Hyrax) einschliessen. Auch unter den Beutelthieren (Phascolomys) ist ja das Nagethiergehiss in fast vollkommen ausgeprägter Form vertreten. In ihrer äussern Erscheinung bieten sie nach der besondern Form der Bewegung und Lebensweise auf- fallende Verschiedenheiten. Die meisten besitzen eine nur geringe Grösse, sind mit einem weichen und dichten Haarkleid bedeckt und laufen sehr rasch auf dem Erdboden, während sie sich in eigens gegrabenen Schlupf- winkeln, Erdlöchern etc. verbergen; andere springen vortrefflich mittelst ihrer beträchtlich verlängerten Hinter-Gliedmassen; andere endlich leben in der Nähe des Wassers und sind treffliche Schwimmer. Die vordem Ftisse werden oft als unvollkommene Hände zum Halten der Nahrung benutzt und können dann einen Daumenstummel mit Plattnagel besitzen. Den comphcirten Bewegungsformen entspricht die Gestaltung der Extremitäten , das Vorhandensein von Schlüsselbeinen für die Vorder- gliedmassen und die kräftige Ausbildung der mehr oder minder verlän- gerten hintern Extremität. Sie sind Sohlenläufer mit frei beweglichen Zehen , die meisten mit Krallen , nur wenige mit Kuppnägeln oder gar hufähnlichen Nägeln bewaffnet. Alle nähren sich von vegetabilischen meist harten Stoff"en , insbesondere Stengeln , Wurzeln , Körnern und Früchten und nur wenige omnivor. Das Gebiss, vorzüglich zum Nagen und Abmoisseln befähigt, besitzt zwei grosse meisselförmige etwas ge- krümmte Schneidezähne, die nur an ihrer Vorderfläche mit Schmelz überzogen sind. Die hintere Fläche derselben nutzt sich daher durch den Gebrauch rasch ab, um so mehr, als die Einrichtung des schmalen seitlich comprimirten Kiefergelenkes während des Kaugeschäftes die Verschiebung des Unterkiefers von hinten nach vorn nothwendig macht. 1) Vergl. Pallas, Novae species quadrupedum e glirium ordine. Erlangen 1778. G. R. Waterhouse, A natural history of the MammaHa vol. IL Rodentia. London 1838. T. Rymer Jones, Rodentia 1852. Todd Cyclopaedia etc. IV. VergL die Arbeiten von Wagner, Brandt, Peters, Gervais, Baird u. a. 1168 Gebiss. Lebensweise. In dem Masse der Abnutzung schiebt sich der in beständigem Wachsen • begriffene Zahn vor. Die Zahl der von den Schneidezähnen durch eine ® 9 ß weite Lücke getrennten Backzähne variirt zwischen — bis — meist be- sitzen sie quergerichtete Schmelzfalten und nur im Falle der Omnivoren Lebensweise eine höckrige Oberfläche. Treten sie in Wirksamkeit, so zieht das Thier den Unterkiefer so weit zurück, dass die Reibung der Schneidezähne vermieden wird, schiebt aber beim Kauen der Lage der Querleisten entsprechend den Unterkiefer in der Longitudinalrichtung vor (Wiederkäuer). Bei der grossen Breite der Kaumuskeln, von denen vornehmlich die Masseteren die Kieferverschiebungen reguliren, erscheint die Mundöft'nung ausserordentlich klein, und zur Vergrösserung derselben häufig die Oberlippe geschlitzt. Die Fähigkeiten der Nager sind im Allgemeinen gemäss der geringen Grösse und einfachen Oberfläche des Gehirns nur wenig entwickelt, indessen äussern einige Formen Kunst- triebe, indem sie Nester bauen, complicirte Höhlungen und Wohnungen graben und Wintervorräthe anhäufen. Letztere besitzen meist Backen- taschen. Einige verfallen zur kalten Jahreszeit in einen tiefen Winter- schlaf, andere stellen in grossen Schaaren Wanderungen an. Als kleine wehrlose Thiere sind die Nager mannichfachen Gefahren, vornehmlich den Angriffen der Raubthiere ausgesetzt, gegen welche sie sich kaum anders als durch die Schnelligkeit der Bewegungen, sowie durch ihre Schlupfwinkel und Verstecke vertheidigen können, sie bedürfen daher des besondern Schutzes einer grossen Fruchtbarkeit. Sie gebären zahl- reiche Junge, einige in 4 bis 6 Würfeln des Jahres und besitzen dem- gemäss eine grosse Zahl von Bauch- und Brustzitzen. Der Uterus ist meist vollständig getheilt und ernährt die Embryonen mittelst eines scheibenförmigen Fruchtkuchens. Die Hoden schwellen zur Brunstzeit unverhältnissmässig an. Die Nager sind über die ganze Erde aus- gebreitet, vorzugsweise aber in Nordamerika zu Hause, einige Arten folgen als Kosmopoliten dem Menschen überall in die Welttheile. In Australien sind nur wenige Arten der Gattungen Hapalotis, Hydromys, Mus, Pseudomys einheimisch. Fossil traten sie zuerst in den älteren Tertiärformationen auf, erreichten auch eine viel bedeutendere Grösse als in der Gegenwart. 1. Farn. Leporidae, Hasen. Scheue, schnelle Läufer mit dichter Be- haarung, langen Ohren, kräftigen Hintergliedmassen und kurzem Schwanz. Gebiss J_ 0 5 (6) l Q ~Y~ Im Zwischenkiefer stehen zwei hintere accessorische Schneidezähne, durch deren Besitz sie sich von allen übrigen Nagern (Duplicidentata) unter- scheiden. Die meist in 5 facher Zahl vorhandenen Backzähne stehen im Unter- kiefer innerhalb der Zahnreihen des Oberkiefers, so dass beim Kauen wie bei den Wiederkäuern zugleich eine Seitenverschiebung des Unterkiefers nothwendig Leporidae. Subungulata. 1169 wird. Infraorbitalloch klein, Vorderfläche des Oberkiefers von einem oder zahl- reichen Löchern durchsetzt. Eigenthümlich ist die schwache Entwicklung der Gesichtsknochen, insbesondere die unvollständige Ausbildung des knöchernen Gaumens. Das Schlüsselbein bleibt meist verkümmert, die kurzen Vorderglied- massen enden mit fünf, die weit längern Hinterbeine mit vier selbst an den Fuss- söhlen behaarten Zehen. Lepus L. Mit langen Ohren, kurzem aufgerichteten Schwanz, rudimen- tärem Schlüsselbein und langen Hintergliedmassen. Backzähne -?-. L. timidus, Hase, über ganz Europa mit Ausnahme von Norwegen und Schweden verbreitet, scharrt sich zum Ruheplatz eine flache Grube , im "Winter an der Sonnenseite , im Sommer nach der kühlem Seite gekehrt, und geht erst gegen Abend auf Aetzung aus. Er läuft wegen der langen Hinterbeine vortrefflich bergauf, wirft 3- bis 4mal im Jahre in einem mit Gras und Haaren ausgepolsterten Nest. Sehr nahe dem Hasen steht Lepus düuvianus Cuv. aus den Knochenhöhlen Belgiens. L. variabilis Pall., Alpenhase, im nördlichen Europa und Russland sowie in den höhern Ge- birgen bis zur Schneegrenze, wird im Winter schneeweiss. L. cuniculus L., Kanin- chen, mit kürzern Ohren und kürzern Hinterbeinen, hat sich von Spanien aus allmählig über Europa verbreitet und lebt in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen und in Felsspalten. Zwischen Hase und Kaninchen wird eine fruchtbare Bastard- generation gezüchtet. Unter den Spielarten ist besonders der Seidenhase von Angora ausgezeichnet. Wirft 4 mal (gezähmt aber wohl 8 mal) im Jahre eine grössere Zahl blinder und nackter Jungen, während die des Hasen sehend und behaart zur Welt kommen u. z. a. A. 5 Lagomys F. Cuv., Pfeifhase. Backzähne -r-- Schwanzlos, mit kurzen Ohren, Hinterbeine wenig länger als Vorderbeine. Schlüsselbeine vollständig. Bewohnen die kältern Gebirgsebenen vornehmlich im nordwestliehen Asien und leben in selbstgegrabenen Höhlen. Lassen einen durchdringenden Pfiff" vernehmen und sammeln Wintervorräthe, indem sie Gräser und Kräuter trocknen und in der Nähe des Baues anhäufen. L. alpinus F. Cuv., Alpenpfeifhase, von kaum Fuss Länge, in Sibirien. L. princeps Richards., Norden des Felsengebirges. 2. Farn. Subungulata, Halbhufer. Nagethiere von mehr oder minder plumper aber sehr wechselnder Gestalt, mit grober straffer Haarbekleidung und dicken und stumpfen hufähnlichen Nägeln. In der Regel erlangen die häutigen Ohrmuscheln eine bedeutende Grösse, während der Schwanzstummel kurz bleibt oder ganz fehlt. Die Füsse besitzen nackte Sohlen und enden vorn mit vier, hinten meist mit drei Zehen. Die Backzahne sind theils schmelzfaltig , theils zu- sammengesetzt und finden sich in 4facher Zahl in jedem Kiefer. Fast alle haben eine grunzende Stimme und graben sich Höhlungen und Gänge. Die zahlreichen mannichfach gestalteten Gattungen gehören dem südlichen Amerika an. Cavia Kl., Meerschweinchen. Klein, mit niedrigen Beinen, vier vordem und drei hintern Zehen. C. aperea L. , Aperea , in Brasilien und Paraguay nach Art des wilden Kaninchens lebend. G. cohaya Schreb., das zahme Meerschwein- chen, in der wilden Stammform unbekannt, stammt ohne Zweifel auch aus Süd- amerika. Die Ansicht, dass die erstere Form die Stammart sei, hat wenig Wahr- scheinlichkeit, da die Paarung nicht gelingt, auch keine Abänderungen der gezähmten Apereas zu erzielen sind. C. rupestris Pr. Nwd., Brasilien. Coelogemjs F. Cuv. Jochbogen sehr hoch. Oberkiefer mit Höhle zum Claus, Zoologie. 3. Auflage. 74 1170 Aculeata. Eintritt der Backentaschen. C. paca L., von ansehnlicher Grösse, hochbeinig, mit einer Backentasche und einer äussern Hautfalte an den Wangen, vorn 4 zehig, hinten Szehig, mit schmelzfaltigen Backzähnen, in Brasilien, schwimmt gut. Fossil in den amerik. Knochenhöhlen. Dasyprocta 111. Hasenähnlich, aber hochbeinig und nur mit drei Zehen an den Hinterfüssen. Lebt paarweise in ebenen oder buschigen Gegenden Süd- amerikas. 2>. aguti L., Goldhase, zähmbar. Hydrochoerus Briss. Obere Schneidezähne gefurcht. Zwischen den 4 Zehen der Hinterfüsse halbe Schwimmhäute. H. capybara Erxl., das grösste aller leben- den Nagethiere von 4 Fuss Länge. 3. Farn. Aculeata = Hystricidae, Stachelschweine. Plumpe gedrungene Nager von ansehnlicher Grösse, mit kurzer stumpfer Schnauze und Stacheln auf der Rückenseite des Körpers. Die Beine bleiben kurz und enden mit 4 oder 5 stark bekrallten Zehen. Die Schneidezähne sind an ihrer Vorderseite meist gefärbt, entbehren aber der Rinne. Die schmelzfaltigen Backzähne treten jederseits in 4facher Zahl auf. Alle sind nächtliche Thiere und bewohnen vereinzelt wärmere Gegenden der alten und neuen Welt. Die erstem graben sich Löcher, die letztem halten sich als treffliche Kletterer auf Bäumen auf und besitzen meist einen langen Greifschwanz. Ihre Stimme besteht in grunzenden Lauten. 1. Subf. Cercolahinae , Kletterstachler. Cercolabes prehensilis L. , der Kuandu, in Wäldern Brasiliens und Guianas, 1| Fuss lang ohne den ebensolangen Schwanz. Erethizon dorsatus L., mit kurzem nicht als Greiforgan verwendbaren Schwanz, in den Waldungen Nordamerikas. Chaetomys subspinosus Licht. 2. Subf. Hystricinae. Hystrix L. Hinterrücken mit langen Stacheln. Schwanz kurz nicht zum Greifen eingerichtet. H. cristata L. Mit langen Borsten- mähnen am Nacken und langen schwarzweiss geringelten Stacheln von der Schultergegend an besonders am Rücken, grösser als der Dachs, in Nordafrika, Italien und Spanien. Das Javanische Stachelschwein, Acanthion javanicum F. Cuv. und der Quastenstachler Atherura fasciculata Shaw., Siam. 4. Pam. Octodontidae =^ Muriformes, Trugratten oder Schrotmäuse. Gleichen in ihrer gesammten Körpergestalt und auch durch den Besitz eines langen ringel- artig beschuppten Schwanzes den Ratten, weichen aber in ihrer innem Organisation wesentlich ab. Die Bekleidung wechselt zwischen einem weichen feinen Pelz und einem straffen borstigen Haarkleid, in dem selbst glatte lanzetförmige Stacheln auftreten können. Die Extremitäten sind 4 zehig, selten 5 zehig; 4, selten 3 schmelzfaltige meist wurzellose Backzähne finden sich in jedem Kiefer. Einige leben gemeinschaftlich in selbst gegrabenen unterirdischen Wohnungen, sammeln sich Vorräthe ein und werfen auch theilweise wie die Maulwürfe Erdhaufen auf, andere klettern, manche schwimmen und tauchen vortrefflich. Sie gehören vor- zugsweise Südamerika an. Octodon Benn. Die 4 Backzähne jederseits mit einfacher Einbiegung. 0. Cumingii Benn., Strauchratte, in Chili, gleicht in der Lebensweise mehr den Eichhörnchen. Ctenoimjs mayelJanicus Benn., Kammratte, durchwühlt nach Maulwurfsart grosse Flächen des Erdbodens. Schizodon fuscus Waterh., Anden u. a. G. Capromys Desm. Die obern Backzähne aussen mit einer, innen mit 2 tiefen Schmelzfalten. C. prehensilis Poepp., Ferkelratte, gegenwärtig auf Cuba be- schränkt, essbar. Lagostomidae. Dipodae. 1171 Myopotamiis coypus GeofFr., Coypu oder Schweif biber , dem Biber ähnlich, aber mit rundem Rattenschwanz , baut kunstlos an Flussufern , des Felles halber gejagt. Von Brasilien bis Patagonien verbreitet. Loncheres 111., Petromys Smith., Cercomys F. Cuv. u. a. G. 5. Fam. Lagostomidae, Hasenniäuse = Chinchillen. Der Erscheinung nach Verbindungsglieder zwischen Hasen und Mäusen, besitzen sie lange Ohren, einen langen buschigen Schwanz und einen überaus weichen kostbaren Pelz. Schlüsselbein vorhanden, mittellang. Dem Gebisse nach stehen sie den Hasen nahe, indem die wurzellosen Backzähne aus zwei oder drei queren Platten zu- sammengesetzt sind, auch haben sie ebenso wie die Hasen kräftig verlängerte Hinterfüsse. Leben gesellig in Südamerika, grossentheils in felsigen Gebirgs- gegenden der Cordilleren. Eriomys Licht. = Chinchilla Bechst. Ohren gross, abgerundet, Backzähne aus 3 schmalen Schmelzleisten gebildet, mit 5 zehigen Vorder- und 4 zehigen Hinterfüssen, von Fuss-Länge ohne den Schwanz. E. lanigera Benn., in Chili. Lagidium Meyen (Lagotis) L. Cuvieri Wagn. , Hasenmaus, mit bedeutend längern Ohren und körperlangem buschig behaarten Schwanz, mit 4zehigen Vorder- füssen, von Kaninchengrösse. Anden von Chile. Lagostomus trichodaetylus Brookes. Backzähne mit 2, nur der oberste letzte mit 3 Lamellen. Viskatscha oder Pampashase, gräbt einen unterirdischen Bau und lebt in den ausgedehnten dürren Ebenen Südamerikas. 6. Fam. Dipodae, Springmäuse. Mit überaus schwachem Vorderkörper und verkümmerten Vorderextremitäten, mit sehr langen, zum Sprunge dienenden Hinterbeinen und mächtigem meist bequasteten Springschwanz. Die Haltung des von den hintern Extremitäten getragenen Körpers erinnert an die des Vogelleibes, ebenso die Verschmelzung der Mitte Ifussknochen zu einem gemeinsamen Röhren- knochen an die Bildung des Vogellaufs (Tarsus). Die 5 zehigen Vorderfüsse werden zum Graben und zur Einführung der Nahrung gebraucht. Der Kopf ist dick, mit sehr langen Ohren und Schnurrborsten ausgestattet, die Zahl der schmelzfaltigen Back- zähne schwankt zwischen 3 und 4. Wangengegend des Oberkiefers von kleinen Oeffnungen durchbohrt. Sie sind Steppenbewohner der alten und neuen Welt, halten sich am Tage in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen auf und gehen meist nach Sonnenuntergang auf Nahrung aus. Sie springen in gewaltigen Sätzen mit grosser Schnelligkeit und scheinen pfeilschnell im Bogen die Luft zu durchschiessen. 4 Jaculus Brdt. Gebiss -ö". Daumen der Vorderfüsse rudimentär. Hinter- füsse 5zehig mit getrennten Metatarsalknochen. J. labradorius Wagn., Hüpfmaus, ungefähr von der Grösse der Waldmaus. Dipus Schreb. Obere Schneidezähne mit mittlerer Längsfurche. Back- zähne -q—^ Daumen rudimentär. Die B mittlem Metatarsalknochen verwachsen. D. halticus Hl. D. aegyptitis Hempr. Ehrnb. , Wüstenspringmaus, Arabien. D. sagitta Schreb., Aralsee. Flatycercomys platyurus Licht., Centralasien. 4 Pedetes l\\. Backzähne -.. Vorderfüsse 5zehig, mit langen Krallen, Hinter- füsse 4zehig mit platten Sseitigen Nägeln. P. caffer HL, Springhase, von der Grösse unseres Hasen, dem Känguruh am ähnlichsten. Südafrika. 74* 1172 Muridae. Arvivolidae. 7. Farn. Muridae. Mäuse. Langgestreckte schlanke Nager mit spitzer Schnauze, grossen Augen und Ohren und langem , bald behaartem , bald schuppig geringeltem Schwänze. Schlüsselbeine wohl entwickelt. Die zierlichen Füsse enden mit Szehigen Pfoten. Im üebrigen bietet die Körpergestalt zahlreiche Modi- ficationen, theils zu den Wühlmäusen, theils zu den Eichhörnchen und dem Biber liiniührend. Auch der Zahnbau variirt. Meist stehen drei schmelzfaltige, querhöckrige, stets mit Wurzeln versehene Backzähne in jedem Kiefer, zuweilen aber reducirt sich ihre Zahl auf 2 oder steigert sich im Oberkiefer auf 4, Sie leben in Ver- stecken, zum Theil in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen, sind über die ganze Erde verbreitet, einige klettern oder schwimmen. Die Nahrung beschränkt sich keineswegs auf Pflanzenstoft'e , indem viele auch Insecten und Fleisch nicht ver- schmähen. Treten schon in der Tertiärformation auf. Cricetus Fall. -ö~ Backzähne. Mit innern Backentaschen und kurzem behaarten Schwänze. Oberlippe gespalten. Obere Schneidezähne furchenlos. Back- zähne mit 2 Höckern in jeder Querreihe. Vorderfuss mit Daiimenstummel. C. fnmientarius Fall., Hamster. Baut unterirdische Gänge und Kammern, in denen er Wintervorräthe anhäuft, hält einen kurzen Winterschlaf und wird Getreide- feldern sehr schädlich. In Mitteleuropa bis Sibirien. Auch fossile Cricetusschädel sind im Tuff kalk von Weimar gefunden. Saccostomys lapidarius Fet., Mozam- bique. Dendromys Smith., Baummaus. Z>. mesomelas Licht. Mus L. Backzähne -rr • Ohne Backentaschen. Die Schneidezähne sind vorn glatt. Die obern Backzähne besitzen 3 Höcker in jeder Querreihe. Schwanz sehr lang, schuppig geringelt. M. rattus L., Hausratte, erst im Mittelalter bei uns eingewandert, gegenwärtig von der Wanderratte verdrängt, aber in Amerika eingebürgert. Junge Ratten verwachsen zuweilen mit den Schwänzen und bilden den sog. Rattenkönig. M. decumanus Fall., Wanderratte, Schiffsratte, von bräun- lich grauer Farbe und bedeutender Grösse, hat sich erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts von Osten her bei uns verbreitet, nachdem sie von den Caspischen Ländern schwimmend die Wolga durchsetzt hatte (F alias). Natürlicher Träger der Trichinen. Albinos nicht selten. M. alexandrinus Geoflr. M. musculus L., Hausmaus. M. sylvaticus L., Waldmaus. M. agrarius Fall., Brandmaus. M. minutus Fall, (pendulinus), Zwergmaus, baut ein kunstreiches hängendes Nest aus Blättern und Gras in Kornfeldern, Europ. Sibirien. Kleine afrikanische Mäuse {Acomys Geoffr.) tragen auf der Rückenfläche spitze Stacheln, Stachelmäuse. Die amerikanischen Mäuse {Bryomys, Calomys etc.) unterscheiden sich durch die obern Backzähne, die nur zwei Längsreihen von Höckern besitzen. C. typus F. Cuv., Brasilien. Neuholländisch sind die Gattungen Hapalotis Licht., H. albipes Licht. Pseudomys Gray, Ps. aiistralis Gray. 2 Hydromys Geoffr. Schnauze stumpf. Kiefer mit -n- Backzähnen. Zehen mit Schwimmhäuten. Ohne Backentaschen. H. chrysogaster Geoffr., Biberratte Neuhollands. Meriones 111. Obere Schneidezähne gefurcht. Backzähne mit queren Lamellen. M. meridianus Fall., Casp. See u. z. a. G. 8. Farn. Arvicolidae, Wühlmäuse. Von plumper Gestalt, mit dickem breiten 3 Kopf, stumpfer Schnauze, kurzen behaarten Ohren und Schwanz. Sie besitzen -o- Georychidae. 1173 wurzellose Backzähne (Prismatodonten) , mit zickzackförmig gebogenen Schmelz- falten der Kaufläche. Sie leben unterirdisch zum Theil in der Nähe des Wassers und sind im letztern Falle treffliche Schwimmer. Viele nähren sich omnivor. Arvicola Ks. Bl., Wühlmaus. Ohren kurz, Schwanz gleichmässig behaart. In zahlreichen Arten über die nördlichen Länder bis zur Schneeregion verbreitet. A. amphibius L., Wasserratte. Gräbt in der Nähe des Ufers auch an feuchten Plätzen und in Gärten (als A. terrestris L., Reutmaus) Röhren mit hochgelegenem Kessel, der als Wohnstätte benutzt wird, nährt sich nicht nur von Kartoffeln, Getreide etc., sondern auch von Wasserthieren und kleinen Landthieren. Sammelt Wintervorräthe und fällt in einen Winterschlaf. Sie bietet zahlreiche Abände- rungen und findet sich auch fossil in Höhlen des nördl. Europa. A. nivalis L., Schneemaus, lebt hoch in den Alpen. A. arvalis Fall., Feldmaus. A. agrestis L., Erdmaus. A. subterraneus Blas. A. hreeciensis Gieb. (ambiguus Hens.), fossil aus den Knochenhöhlen. Hypudaeus 111., Ohren gross, Schwanz am Ende lang be- haart. H. glareolus Schreb. Myodes (Lemtnus) 111., Lemming, der Hamster unter den Wühlmäusen, mit sehr kleinem Schwanz und starken Krallen der Vorderfüsse. M. lemmus L., auf hohen Gebirgen Norwegens und Schwedens, bekannt durch die Wanderungen, die diese Thiere in Ungeheuern Schaaren vor dem Ausbruch der Kälte unter- nehmen, M. torquatus Ks. BL, Halsbandlemming, Nordasien und Nordamerika. Fiber Cuv., Zibethmaus, mit seitlich comprimirtem Schwanz und Schwimm- häuten an den lang behaarten fünf Zehen der Hinterfüsse. F. zibethicus L., Ondatra. Bewohnt morastige Gegenden und Flussufer Nordamerikas und macht Bauten wie der Biber. Wird des weichen Felles halber in Fallen und Schlageisen gefangen und verbreitet einen starken Bisamgeruch. 9. Fam. Georychidae, Wurfmäuse. Die Maulwürfe unter den Nagern, mit walzenförmigem Leib, dickem Kopf, versteckten Ohren und Augen und kurzen 5 zehigen Grabfüssen. Der Pelz ist kurz und weich, die kräftigen Vorderfüsse mit rudimentärem Daumen , der Schwanz bleibt stumm eiförmig. Die Schneide- zähne werden auflFallend gross, sehmelzfaltige Backzähne finden sich 3 bis 4 in jedem Kiefer. Sie führen nach Art der Maulwürfe ein unterirdisches Leben in selbstgegrabenen Gängen und geholfen meist der alten Welt an. Spalax Gülds. Maulwurfsähnlich. Backzähne mit Wurzeln und Schmelz- falten. Sp. typhlus Pall., Blindmaus, im südöstlichen Europa, 8 Zoll lang, mit sehr kleinen vom Fell überzogenen Augen, ohne äussere Ohren und ohne Schwanz, wirft über den Ausmündnngen der Erdgänge Hügel auf. Bhizomys splendens Rupp., Abyssinien. 4 Bathyergus 111. Obere Schneidezähne mit einer Furche. Backzähne — j- B. suilus Wagn. , Sandgräber am Cap, von Fuss Länge, mit kurzem borsten- besetzten Schwanz und starken Grabkrallen , unterminirt sandigen Erdboden mit labyrinthischen Gängen. Georychus 111. Schneidezahn ungefurcht. G. capensis Pall., Erdgräber. g Clithonoergus Nordm. Mit -g- wurzellosen Backzähnen. Cht. talpinus Fisch., südöstl. Russland. Myospälax aspälax Pall. 1174 Castoridae, Myoxidae. 10. Farn. Geomijidae = Saccomyidae, Sackmäuse. Mit sehr entwickeltem Schläfenbein und äussern behaarten Backentaschen. Fasse 5 zehig bekrallt. Gebiss 1 4 -^ — r-. Bewohner Amerikas. 1 4 GeomuR Raf. Körper plump mit kurzen Füssen und Schwanz. Obere Schneidezähne mit mittlerer Furche. G. hursarius Rieh., Nordamerika. G. his- pidus L. Ct., Mexico. Thomomys bulbivonis Rieh., Californien. Perognathus Pr. Wd. Körper schlank mit spitzer Schnauze und ver- längerten Hinterfüssen. Backzähne mit Wurzeln. P. fasciatus Pr. Wd. 11. Fam. Castoridae, Biber. Grosse Nager von plumper Körperform, mit kurzen Ohren, ziemlich dicken Beinen und plattem beschuppten Ruder- schwanz. Die 5 zehigen Füsse sind mit starken Krallen bewaffnet und an der vordem Extremität zum Graben und Festhalten geeignet, an der hintern durch den Besitz von Schwimmhäuten ausgezeichnet. Schlüsselbein vorhanden. Die Schneidezähne sehr stark und vorragend, die vier wurzellosen Backzähne in jedem Kiefer mit queren Schmelzfalten. Zwei eigenthümliche das Bibergeil (Castoreum) absondernde Drüsensäcke münden in die Vorhaut ein. Die Biber sind sowohl in Nordamerika als in Asien und Europa einheimisch, auch waren sie in zwei gegen- wärtig ausgestorbenen Arten zur Tertiärzeit verbreitet. Gastor fiber L., der gemeine Biber , ohne den Schwanz 2| bis 3 Fuss lang, sowohl wegen des Castoreums als des trefflichen Felles geschätzt und in vielen Gegenden Europas in Folge der eifrigen Nachstelhingen ausgerottet, in Deutsch- land an der Elbe, in Polen, Sibirien, Russland noch häufig, ebenso in Amerika, deren Biber übrigens von mehreren Forschern einer besondern Art (C. canadensis) zugerechnet werden. Vereinzelte Paare bauen sich ähnlich der Fischotter einfache unterirdische Röhren in der Nähe des Wassers, da wo sie in grössern Gesell- schaften zusammenwohnen, führen sie ausserdem aus Baumstämmen, Reissig und Lehm grössere (bis 10 Fuss hohe) Dämme und Burgen auf, die bei hohem Wasser- stand als Zufluchtstätten und geschützte Vorrathskammern dienen. Sie leben von Wurzeln und abgeschälter Baumrinde. Auch im pleistocenen TuÖ'kalk finden sich Reste von Biberarten. C. Cuvieri F. v. W. Castoroides Forst., grösstes Nage- thier. C. Ohioensis (Schädel 10 Zoll lang) mit Mastodon zusammen gefunden. 12. Fam. Myoxidae, Schläfer. Zierliche und äusserst bewegliche Nager, welche man als Verbindungsglieder der Mäuse und Eichhörnchen ansehen kann. In der äusseren Gestalt und dem dicht behaarten, oft buschigen Schwanz gleichen sie mehr den letztem, in der Bildung des schmalen Kopfes und im osteologischen Baue mehr den Mäusen. Sie besitzen 4 mit queren Schmelzleisten versehene Backzähne in jedem Kiefer. Daumenrudiment mit plattem Nagel. Sie sind nächt- liche Thiere und in den gemässigten Gegenden der Welt einheimisch, leben wie die Eichhörnchen von Nüssen, Früchten, aber auch von Eiern und Insekten und halten in hohlen Bäumen oder auch Erdlöchern einen tiefen Winterschlaf. Myoxus Schreb. M. Glis Schreb. , Siebenschläfer, bereits den Römern be- kannt und von denselben als Leckerbissen geschätzt, wird 6 Zoll lang ohne den fast ebenso langen buschigen Schwanz, baut sich zwischen Baumzweigen ein Nest und verschläft den Winter in hohlen Bäumen. M. (Muscardinus) avellanarius L., Haselschläfer, nur halb so gross als jener, mit 2 zeilig behaartem Schwanz, baut in Haselgebüsch ein kugliges Nest aus Laub und Moos, schädlich durch Ab- fressen von Baumknospen. M. (EUomys) nitela Schreb. (quercinus) , der Garten- schläfer oder die grosse Haselmaus, mit viel grössern Ohren und gleichmässig be- Sciuridae. 1175 haartem nur an der Spitze buschigen Schwanz, baut ebenfalls ein künstliches Nest zwischen Zweigen oder bezieht verlassene Nester von Vögeln oder Eichhörnchen. Besucht gern Vorrathskammern , wird ohne den Schwanz i^ Zoll lang. Alle drei Arten gehören dem mittleren Europa an. M. melanurus Wagn. Sinai. M. pari- siensis aus dem oligocenen Gyps. Graphmrus capensis F. Cuv. 13. Fam. Sciuridae, Eichhörnchen. Verschieden gestaltete Nager mit dicht behaartem meist buschigen langen Schwanz, mit breitem Stirnbein und vollständig entwickelten Schlüsselbeinen. Die vordem Gliedmassen werden häufig zum Er- greifen und Pesthalten benutzt und zeichnen sich durch den Besitz eines Daumen- 5 (4) stummeis aus, der oft einen platten Nagel trägt. Das Gebiss wird durch — j— Backzähne charakterisirt , deren drei- oder vierseitige Schmelzkronen einige sich allmählig abnutzende Querhöcker bilden. Schlüsselbein stets vorhanden. Leben meist auf Bäumen, seltener auf dem Erdboden in selbstgegrabenen Höhlen und fallen in einen tiefen Winterschlaf. Sc. fossilis Cuv., Oligocen. Pseudo- sciurus Hens. Sciurus L. Von schlankem leicht beweglichen Körper, mit langen Ohren und krummen scharfen Krallen, mit Daumennagel, in zahlreichen Arten über alle Welttheile mit Ausnahme Australiens verbreitet. Vordere obere Backzähne ganz rudimentär. Sc. vulgaris L. , wird im hohen Norden im Winter braungrau mit weissem Bauche, in Europa und im nördlichen Asien. Sc. Rafflesi und maximus Schreb., in Ostindien. Sc. aestuans L., Brasilien. Tamias 111. 1\ striatus L., Backenhörnchen. Mit grossen Backentaschen und minder buschigem Schwanz; gräbt unter Baumwurzeln Höhlungen und trägt in dieselben Wintervorräthe ein. Im Ural und Sibirien. Pteromys F. Cuv., Flughörnchen. Mit behaarter Flughaut zwischen Ex- tremitäten und Schwanzbasis an den beiden Seiten des Körpers, mit schmelzfaltigen Backzähnen. Pt. volans L., in Sibirien. Pt. volucella Cuv., Nordamerika. Pt. petaurista Fall., Taguan und nitidus Desm., in Ostindien. Spermophilus Cuv. Von ähnlicher Gestalt als die Backenhörnchen, mit kleinen Ohrmuscheln und mit Backentaschen. Der erste obere Backzahn ebenso lang als die folgenden. Sammeln Wintervorräthe und leben in den gemässigten und kalten Gegenden der nördlichen Halbkugel. Sp. Citillus L. , Ziesel, im öst- lichen Europa, kaum von Hamster - Grösse. Sp. fiilvus Licht., Ural. Sp. mexi- canus Erxl. Ärctomys Gm. Von plumper Gestalt und bedeutender Grösse, mit kurzen Ohren und kurzem buschig behaarten Schwanz, ohne Backentaschen. Der rudi- mentäre Daumen mit plattem Nagel. A. marmota Schreb., Murmelthier, in den höheren Gegenden der Alpen etc., während der Diluvialzeit auch im mittlem Deutschland. Gräbt eine lange Eöhre mit Kessel und Seitengängen und versinkt in einen tiefen Winterschlaf, der wohl 7 Monate wahrt. Des Fleisches halber Gegenstand der Nachstellung. Ä. monax Schreb. , in Nordamerika. A. bobac Schreb., Polen. Cynomys ludovicianus Wagn., Nordamerika. 1176 9. Orduung: lusectivora. 9. Ordnung: Insectivora ') , Insektenfresser. Sohlengänger mit bekrallten Zehen, vollständig hesahntem Gebiss, kleinen Eckzähnen und scharf spitzigen Backzähnen. Kräftig gebaute kleine Säugethiere , welche in ihrer Erscheinung verschiedene Typen der Nager wiederholen, in Bau und Lebensweise dagegen als Verbindungsglieder von Carnivoren und Fledermäusen er- scheinen. In der Regel besitzt der Leib eine gedrungene Gestalt und verkürzte aber kräftige Gliedmassen , die meist zum Graben , seltener 2um Klettern verwendet werden. Diesem Gebrauch der Vorderglied- massen entspricht die vollkommene Ausbildung der Schlüsselbeine. Der Kopf endet mit einer stark zugespitzten, oft driisenartig verlängerten Wühlschnauze, trägt bald grosse, bald verkümmerte Ohrmuscheln und stets kleine verkümmerte zuweilen unter dem Pelze versteckte Augen. Besonders wichtig ist das Gebiss, das allerdings bei den Insekten- fressenden Fledermäusen in ganz ähnlicher Weise wiederkehrt. Alle drei Arten von Zähnen treten in demselben auf; die Schneidezähne sind meist von ansehnlicher Grösse aber variabeler Zahl, die Eckzähne nicht immer scharf von den Schneidezähnen und vordem Backenzähnen unter- schieden. Die zahlreichen Backzähne mit ihren spitzhöckrigeu Kronen zerfallen in vordere Lückenzähne , von denen der hintere dem Reisszahn der echten Carnivoren entspricht und in hintere wahre Backzähne, für welche die Zusammensetzung aus prismatischen Abtheilungen charakte- ristisch ist. Im Gegensatze zu dem quergestellten, einseitig beweglichen Kiefergelenk der Carnivoren besitzt das Kiefergelenk der Insectivoren eine freiere Beweglichkeit. Alle sind Sohlengänger mit nackten Sohlen und starken Krallen ihrer meist fünfzehigen Füsse. Die Zitzen liegen am Bauch, die Placenta ist scheibenförmig. Sie ernähren sich als echte Raubthiere der geringen Körpergrösse und der besondern Gebissform entsprechend von kleinern Thieren, vornehmlich von Insecten und Wür- mern, die sie bei ihrer Gefrässigkeit zum Nutzen des Menschen in grosser Menge vertilgen. Einige verschmähen aber auch Pflanzenkost 1) D' Alton, Die Skelete der Chiropteren und Insectivoren. 1831. Lichtenstein, Ueber die Verwandtschaft der kleinen Raubthiere mit den Nagern. Abh. der Berl. Acad. 1832. C. J. Sundevall, Om slägtet Sorex sowie Ofversigt at slägtet Erinaceus k. Vet. Akad. Handl. Stockholm. 1841 und 1842. Vergl. ferner die Arbeiten von Pallas, Blainville, Brandt^ Peters etc. Erinaceidae. Soricidae. 1177 keineswegs. Sie sind nächtliche Thiere, leben vorzugsweise in den ge- mässigten Ländern sowohl Nordamerikas als der alten Welt und ver- fallen bei uns in einen tiefen andauernden Winterschlaf. Australien und Südamerika haben keine Insektivoren. 1. Farn. Erinaceidae, Igel. Insektenfresser mit wohl entwickelten Augen, massig langen Ohren und kurzem Schwanz. Eckzähne nicht immer näher be- stimmbar. Auf dem Rücken entwickelt sich ähnlich wie bei den Stachelschweinen eine Bekleidung von steifen Borsten und Stacheln , die oft bei mächtiger Ent- wicklung des Hautmuskelschlauchs dem sich zusammenkugelnden Körper einen vollkommenen Schutz verleiht. Graben sich Gänge und Erdhöhlen und nähren sich von Insekten, aber auch von kleinern Wirbelthieren , selbst Säugethieren, Mäusen etc. sowie von Obst. 1. Subf. Erinaceinae. Schädel mit Jochbogen. Backzähne mit rundlichen Höckern. 3 7 Erinaeeus L, Mit 36 Zähnen "ö""?-. Der Rücken mit starken Stacheln, der übrige Körper mit Borsten und Haaren bedeckt. Schwanz sehr kurz. Körper zusammenrollbar, die wahren Backzähne aus zwei prismatischen Abtheilungen gebildet. E. europaeus L., über Europa und einen Theil Asiens verbreitet, lebt solitär oder paarweise , gräbt sich eine Höhle mit 2 Ausgängen etwa Fuss tief in die Erde und hält einen Winterschlaf. Wirft im Juli oder August 4 bis 7 Junge. {E. fossilis Schreb., Höhlenigel). Verwandte Arten leben im östl. Russland und jn Afrika. E. auritus Fall., E. Pruneri Wagn. Gymnura Vig. 44 Zähne. G. Bafflesii Vig., Sumatra. 2. Subf. Centetinae. Schädel ohne Jochbogen. Backzähne schmaler und spitzer. Centetes 111., Borstenigel. Mit rüsselförmig verlängerter Schnauze, ohne Schwanz. Stachelkleid minder entwickelt und mit Borsten untermengt. Rollt sich nicht zusammen. Die Backzähne besitzen eine einfache prismatische Krone. C. ecaudatus Wagn., Tanrek, auf Madagaskar. Ecliinogale Telfairii Wagn. Eri- culus spinosus Desm. Solenodon Brdt. Schwanz lang. S. cubanus Pet., S. para- doxus Brdt. 2. Fam. Soricidae, Spitzmäuse. Von schlanker mäuseähnlicher Gestalt, mit spitzer rüsselartiger Schnauze, weichem Haarkleid und kurzbehaartem Schwanz. Von den Schneidezähnen, die meist in 4facher Zahl auftreten, sind die beiden mittlem oft von bedeutender Länge, wahre Eckzähne sind als solche nicht immer vorhanden, dagegen finden sich 3 bis 5 Lückenzähne und 3 bis 4 wahre vier oder fünfzackige Backzähne. Eigenthümliche Drüsen an der Seite des Rumpfes oder an der Schwanzwurzel geben den echten Spitzmäusen einen unangenehmen Moschusgeruch. Ihrer Lebensweise nach sind sie überaus blutdürstige kühne Räuber, gewissermassen die Marder unter den Insectivoren, sie graben sich Gänge unter der Erde , klettern und schwimmen auch theilweise vortrefflich. Ihre Stimme be- steht aus feinen pfeifenden Lauten. Sie werfen mehrmals im Sommer zahlreiche Junge, fallen nicht in einen Winterschlaf, sondern suchen geschützte Orte oft in der Nähe menschlicher Wohnungen auf. 2 16 1. Subf. Tupajinae. -g- -j~ -g-. 1178 Talpidae. Cladobates Cuv. , Spitzhörnchen. Gewissermassen die Eichhörnchen unter den Insektenfressern, mit buschigem Schwanz, leben als Tagthiere auf Bäumen und nähren sich von Insekten und saftigen Früchten. Cl. tana Wagn., Tana und Cl. ferntgineus Raffl., Cl murinus Müll. Schi., Borneo. Hylomys suillus Müll. Schi. 2. Subf. Macroscelmae. Mit langem an der Spitze nackten Rüssel, mit verlängertem Unterschenkel im Metatarsus. Macroseelides Smith., Rohrrüssler. -5 — ^ — 5- . Vertreten die Wüsten- o 1 0 mause [Meriones) unter den Insectivoren und charakterisiren sich durch auf- fallend lange Hinterbeine, in sumpfigen Gegenden Südafrikas einheimisch. M. typieus Smith. 3. Subf. Soricinae. Drüsen an den Seiten des Körpers und am Schwanz. Sorex Cuv., Spitzmaus. Mit 28 bis 36 Zähnen, in sechs Arten über Deutschland verbreitet. S. vulyaris L., gemeine Spitzmaus, ein überaus ge- frässiges Thier, das gern die Gänge des Maulwurfs und die Löcher der Mäuse bezieht und auf letztere Jagd macht. S. {d-ossopus) fodiens Fall., Wasserspitz- maus, stellt grossen Fischen nach, begnügt sich aber auch mit Laich. S. {Croci- dura) araneus Schreb., Hausspitzmaus, in Gehöften. S. pygmaeus Fall., Zwerg- spitzmaus. S. leucodon Herrn., Feldspitzmaus. S. etrusca Wagl., neben der Zwergmaus das kleinste Säugethier in den Ländern des Mittelmeeres. S. alpi- nus Schz. Myogale Cuv., Bisamrüssler , mit 44 Zähnen. Die Bisamratten unter den Insectivoren, mit langem Rüssel und mit Schwimmhäuten der fünfzehigen stark- beki-allten Füsse. Unter der Basis des Schwanzes liegen Moschusdrüsen. Als Wasserthiere graben sie sich ihre Erdhöhlen am Ufer. M. moschata Fall., Desman, von Hamstergrösse , im südöstlichen Russland. M. pyrenaica Geotfr., weit kleiner. 3. Fam. Talpidae, Maulwürfe. Von gestreckt walzenförmiger Gestalt, olme äusserlich sichtbaren Hals, mit kurzen Extremitäten, von denen die vordem seitwärts gerichtete Grabfüsse darstellen. Augen imd Ohrmuscheln verkümmern und bleiben mehr oder minder vollständig in dem weichen Sammetpelz versteckt. Bei einigen besitzen die Haare wahren Metallglanz. Die Nase verlängert sich rüsselförmig. Sie leben fast ausschliesslich unterirdisch, graben sich Gänge und zuweilen ausgedelmte Baue und werfen Erdhaufen auf. Auf dem Erdboden über- aus unbehülflich, sollen sie nicht ungeschickt schwimmen, laufen aber in ihren Gängen mit bewunderirngswürdiger Schnelligkeit und nähren sich hier von Wür- mern, Insekten, Schnecken und kleinen Säugethieren. Sie bewohnen vorzugsweise fruchtbare Gegenden der alten und neuen Welt. 3 1 3 I 4 Talpa L., Maulwurf. Mit 44 Zähnen. -7 — ^ ^li"" ^^® wahren Back- zähne mit zwei prismatischen Abtheilungen. T. europaea L. , baut eine sehr künstliche unterirdische Wohnung, die durch eine lange Laufröhre mit den täglich sich vermehrenden Nahrungsröhren des Jagdgebiets in Verbindung steht. Dieselbe besteht aus einer weich ausgepolsterten Centralkammer von etwa 3 Zoll Weite und zwei Kreisröhren, von denen die kleinere obere durch drei Gänge mit der Kammer communicirt, die grössere untere in gleicher Ebene mit der Kammer liegt. Aus der obern gehen 5 bis 6 Verbindungsgänge in die untere , von der eine Anzahl wagerechter Gänge ausstrahlen und meist bogenförmig in die gemein- 10. Ordnung: Pinnipedia. 1179 game Laufröhre einmünden. Der Maulwurf ist ein sehr iiiuthiges gefrässiges Thier, das Alles angreift, was ihm in seinen Röhren begegnet und im Winter eine Menge Insekten zerstört. Das Weibchen wirft 2mal im Sommer drei bis fünf blinde Junge in einem besonderen mit der Laufröhre verbundenen Nest. T. coeca L., der blinde Maulwurf im südlichen Europa. Haut über dem Auge geschlossen. Chrysochlorys Cuv. , Goldwurf. Mit 36 — 40 Zähnen. Ohne sichtbaren Schwanz, mit einfachen prismatischen Backzähnen und metallischem Glanz der Haare. Vorderfuss 4 zehig. Ch. inaurata Schreb., am Cap. Condylura cristata L., der nordamerikanische Sternwurf, mit 44 Zähnen und einem Sterne von Hautlappen an der Schnauzenspitze. Urotrichus talijoides Temm., Japan, Scalops aquaticus L., Wasserwurf, mit 36 Zähnen, im feuchten Erdboden Nordamerikas. Sc. argentata Aub., Prairienmaulwurf. 10. Ordnung: Pinnipedia i), Flossenfüssler. Im Wasser lebende behaarte SäugetJüere, mit fünf sehiyen Flossen- füssen, von denen die hintern nach rüchwärts stehen, mit vollständigem Zahngebiss , ohne Schwanzflosse. Die Pinnipedien stehen nach Gebiss und Lebensweise den Carni- voren am nächsten, obwohl ihre äussere Gestalt und gesammte Körper- form an die Cetaceen erinnert. Ihr Körper ist spindelförmig und lang- gestreckt, besitzt einen beweglichen Hals und vier Flossenfüsse, anstatt der Ruderflosse der Cetaceen endet er mit einem kurzen flachen conischen Schwanz. Der Kopf bleibt im Verhältniss zum Rumpf auffallend klein, von kugliger Form, mit stumpfer Schnauze und aufgewulsteten Lippen und entbehrt meist äusserer Ohrmuscheln. Die Oberfläche des Körpers ist mit einer kurzen aber dicht anliegenden glatten Haarbekleiduiig bedeckt. Die kurzen Extremitäten sind in ihren Theilen beweglich und enden mit einer breiten Ruderflosse, indem die fünf mit stumpfen oder scharfen Krallen bewaffneten Zehen durch eine derbe Haut verbunden sind. Bei einer solchen Gestaltung des Körpers und der Extremitäten wird sowohl eine äusserst vollkommene Schwimmbewegung im Wasser als ein freilich un- behülfliches Fortkriechen auf dem Lande ermöglicht. Dies letztere geschieht in der Art, dass das Thier den Vordertheil des Körpers hebt und nach vorwärts wirft, die beiden Vorderfüsse als Stützen zur Fixirung benutzt und sodann den Hintertheil unter Krümmung des Rückens nach- 1) Vergl. die Arbeiten von Fabricius, G. Cuvier, F. Cuvier, Nilstäon, Hamilton, Gray, Pander, D'Alton, C. E. v. Baer, ferner J. E. Gray, Handlist of Seals, Morses, Sealious and Sea Bears. London. 1874. 1180 Allgemeiner Körperbau. schleppt. Beim Schwimmen wird das vordere Extremitätenpaar an den Leib angelegt zur Ausführung seitlicher Wendungen allerdings auch als Steuer benutzt, während die Hinterfüsse als Ruderflosse dienen. Das Skelet zeigt schon die vollständige Regionenbildung des Land- säugethieres ; der Hals umfasst stets 7 vollkommen gesonderte beweg- liche Wirbel; am Brusttheil, welchem 14 bis 15 Wirbel angehören, über- wiegt bereits die Zahl der wahren Rippen, sodann folgen 5 bis 6 Lenden-, 2 bis 4 verwachsene Kreuzbeinwirbel und endlich 9 bis l.ö Schwanzwirbel. Das Gehirn ist verhältnissniässig gross und mit zahlreichen Windungen versehen, ebenso zeigen sich die Sinnesorgane, besonders Nase und Ohr, vortrefflich ausgebildet, die beide dem Aufenthalt im Wasser entsprechend durch Klappen verschliessbar sind. Das Gefässsystem besitzt einen grossen Sinus der untern Hohlvene (eine Einrichtung, welche das Tauch- vermögen unterstützt) und Wundernetze an den Extremitäten. Das Gebiss mit seiner meist vollständigen Bezahnung weist auf eine räuberische Lebensweise hin und schliesst sich dem Gebisse der echten Carnivoren an, denen die Robben auch in anderen anatomischen Merkmalen , wie zweihörniger Uterus, ringförmige Placenta so nahe treten, dass sie längere Zeit mit ihnen in einer gemeinsamen Ordnung zusammen gestellt werden konnten. Indessen bestehen hinsichtlich der Bezahnung in den zu unterscheidenden Familien der W^alrosse und Seehunde wesentliche o O Abweichungen. Letztere besitzen — - seltener — meisselförmige Vorder- zähne, oben und unten jederseits einen wenig vorragenden Eckzahn und 6 — 5 . — ^ spitzzackige Backenzähne, von denen einer oder zwei Molare sind. Die Walrosse haben nur in der Jugend ein vollständiges Gebiss und q 1 verlieren die anfangs — - Vorderzähne bis auf -— im Zwischenkiefer. Die o 1 Eckzähne bilden sich im Oberkiefer zu mächtigen Stosszähnen aus, welche bei der Kriechbewegung auf dem Lande zur Fixirung des Vorder- leibes benutzt werden. Backzähne finden sich im Oberkiefer 5, im Unterkiefer 4, mit Kauflächen, welche sich mit der Zeit schief von innen nach aussen abreiben. Der Zahnwechsel findet meist schon während des Embryonallebens statt. Die Robben nähren sich vorzugsweise von Fischen, die Walrosse von Seetang, Krebsen und Weichthieren , deren Schalen sie mittelst der Backzähne zertrümmern. Die Pinnipedien leben gesellig, oft schaarenweise vereinigt und sind an den kältern Küstengegenden beider Erdhälften, besonders in der Polarregion am meisten verbreitet. Auch in Binnenseen (Caspisches Meer, Baikalsee) kommen einzelne Arten vor. Auf das Land, namentlich auf Klippen, schleppen sie sich um zu schlafen oder um ihren Körper zu sonnen, sowie zum Zwecke der Fortpflanzung. Das Weibchen wirft Phocidae. Trichecliidae. 1181 ein, seltener zwei Junge und besitzt 2 bis 4 ventrale Zitzen.' Wegen der Specklage und des Felles sind viele Gegenstand eifriger Nachstellung und für die Bewohner des hohen Nordens von der grössten Bedeutung. Die ältesten fossilen Beste gehören dem Miocen an {Fristiphoca Gerv., Phoca amhigiia Münst.). 1. Farn. Phocidae, Seehunde. Pinnipedien mit vollständigem Gebiss, kurzen Eckzähnen und spitzzackigen Backzähnen. Die Gliedmassen, von denen die hintern senkrecht nach hinten stehen, tragen den Körper nicht. Die Jungen sind bei der Geburt mit Wolle bekleidet. Halten sich vorzugsweise in der Nähe der Küsten auf -und gehen Nachts auf Raub aus, während sie am Tage gern auf Klippen schlafen. Ein Männchen lebt meist mit einer Heerde zahlreicher Weibchen zusammen. Manche sollen weite Wanderungen unternehmen. Lebhafte höchst intelligente zum Theil zähmbare Thiere, theilweise mit einer als heisseres Geschrei sich kundgebenden Stimme. 3 15 Halichoenis Nilss., Kegelrobbe, -j- -^^ -g-. Mit einspitzigen Backzälinen, kegelförmig verlängerter breiter Schnauze und behaarter Nasenspitze. H. grypus Nilss., Utsel. Bewohnt die Nord- und Ostsee, sowie die skandinavischen Küsten. Phoca L. Mit gleicher Zahl von Zähnen, aber drei- bis vierspitzigen Back- zähnen, mit kahler Schnauzenspitze. Ph. barbata Fabr., Bartrobbe, wird 10 Fuss lang. Ph. {Callocephahis) vituUna L., Seehund. Ph. (Pagophilus) groenlandica Nilss., nördl. Meere. 2 Leptonyx Gray, Kuppenrobbe, mit — Vorderzähnen, mehrzackigen Back- zähnen und kleinen Krallen, die zuweilen fehlen, der hintern Extremitäten. Die Schnauzenkuppe vollständig behaart, meist in südlichen Meeren. L. Monachus F. Cuv., Mönchsrobbe, im Mittelmeer. L. leopardinns Wagn., Seeleopard, antarctisch u. a. A. 2 Cystophora Nilss., Blasenrobbe, mit -— Vorderzähnen und einem auf- blähbaren Schnauzenanhange im mämilichen Geschlechte. C. proboscidea Nilss. {Ph. leonina L.), See - Elephant, wird mehr als 25 Fuss lang, in der Südsee. C. cristata Fabr. , Klappmütze, 7 bis 8 Fuss lang, in Grönland und der nördlichen Polarregion. Das Männchen vermag die Kopfhaut zwischen den Augen auf- zublasen. Ofana Per., Ohrenrobbe. -g — ^ = — . Mit Ohrmuschel, nackter längs- gefm-chter Sohle und ziemlich weit vorragenden Beinen. 0. jubata Forst. , See- löwe, in Südamerika, 6 bis 8 Fuss lang. 0. leonina Pe'r., Antarkt. Meer. 0. {Callorhinus) ursina Pe'r., Seebär, 6 bis 8 Fuss lang, Grönland u. a. zu Unter- gattungen gestellte Arten. 2. Farn. Trichechidae, Walrosse. Die obern Eckzähne sind grosse, wurzel- lose, aber nach unten gerichtete Hauer, die Backzähne sind anfangs stumpf zu- gespitzt, schleifen sich aber alhnählig ab und reduciren sich später auf 3 in jeder Kinnlade, wozu noch in der Oberkinnlade ein nach innen gerückter Schneidezahn kommt. Der plimipe Körper endet mit einem ganz kurzen und platten Schwanz. Die breite Schnauze ist behaart und stark aufgewulstet. Sie watscheln» indem 1132 11- Ordnung: Carnivora. sie ihren Leib auf die vier Extremitäten , welche viel weiter als bei den Robben hervorragen, stützen. Die Jungen sind mit straffen Haaren bedeckt. Nur eine Gattung mit einer einzigen in der nördlichen Polarregion einheimischen Art. Trichechus L. Milchgebiss -g- -^^ ^. Gebiss des ausgebildeten Thieres verschieden. -|-j^ 4" X(l)"- ^- »'Os»««'-"« ^- ^ Walross, 12 bis 15 Fuss lang, bedient sich der Hauer, welche die Länge zon 2 Fuss erreichen können und als Elfenbein verarbeitet werden, zur Vertheidigung. Nährt sich von Krebsen, Schal- tliieren {Mya) und Tangen. Nördl. Polarmeer. 11 Ordnung: Carnivora ' ) = Ferae , Raubthiere. 3 Fleischfressende Simgethiere mit Rauhthiergehiss (^ Schne.iäe- 2ühnen, stark vorspringendem Eck&ahn , schar/spitzigen Lüchenzähnen, einem schneidenden Reisszahn und wenigen Höcker zahnen) , ohne oder mit rudimentärem Schlüsselhein und mit starkhekrallten Zehen. Die Raubthiere sind zwar in ihrer Lebensweise nicht scharf von den Insectivoren abzugrenzen, unterscheiden sich von diesen aber stets durch die bedeutendere Körpergrösse und das echte Carnivorengebiss. Es sind grosse und kräftige Säugetliiere mit schnellen und sichern Bewegungen und hohen Geistesfähigkeiten. Wenn auch einige vor- trefflich klettern und selbst in der Erde wühlen, so sind sie im All- gemeinen als Räuber grösserer Landthiere vorzugsweise zum raschen und gewandten Laufe und kräftigen Sprunge befähigt. Die Schlüssel- beine bleiben daher rudimentär oder fehlen vollkommen. Ihre Sinne sind meist vortrefflich, die Augen gross und mit Licht-reflektirendem Tapetum, Geruch und Gehör ausnehmend scharf, die weichen Lippen mit grössern Tastborsten, Schnurren etc. ausgestattet. Das Gebiss enthält stets alle drei Arten von einfachen mit Schmelz überzogenen Zähnen, zunächst oben und unten sechs einwurzelige kleine Schneidezähne und zu deren Seiten einen langen conischen spitzen Eckzahn, sodann eine Anzahl von Backzähnen, die in Lückenzähne (D. spiirii'), einen Reisszahn (D. secto- rius) und Mahlzähne (D. molares) zerfallen. Niemals finden sich, wie bei den Lisectivoren, prismatische Backzähne mit nadeiförmigen Spitzen der Krone. Am schwächsten erweisen sich die scharfkantigen und com- primirten Lückenzähne, von denen sich der charakteristische Reisszahn durch die Grösse seiner schneidenden meist 2- oder Szackigen Krone 1) T. Bell, Art. »Carnivora« in Todd's Cyclopaedia etc. 1836. Raubthiergebiss. 1183 und durch den Besitz eines hintern stumpfhöckrigen Ansatzes (oberer Reisszahn) abhebt. Der untere Reisszahn ist wohl ausnahmskis der erste Molare, der obere dagegen der letzte Praeniolare. Die nach hinten folgenden mehrwurzeligen Mahlzähne besitzen stumpfhöckrige Kronen und variiren in Grösse und Zahl je nach der Ausbildung des Raubthier- naturelles. Je blut- und raubgieriger das Thier, ura so mehr treten die Mahlzähne auf Kosten des um so kräftigern Reisszahns zurück, während sie bei den auch von Pflanzenkost sich nährenden Carnivoren am zahlreichsten vorhanden sind und die bedeutendste Grösse erreichen. Auch zeigen hier die übrigen Backzähne minder scharfhöckrige Kronen. Die äussere Form des Schädels und Gebisses, der hohe Kamm des Schädels zum Ansätze und die mächtige Krümmung der Jochbogen zum Durchgang der mächtigen Beissmuskeln, die quere Gelenkgrube des Schläfenbeins sowie der walzenförmige Gelenkkopf des Unterkiefers, der nur eine einfache ginglyraische Bewegung gestattet und Seiten- bewegungen beim Aufeinanderklappen der Kiefer ausschliesst, erweisen sich den Einrichtungen des Gebisses parallel. Die Extremitäten enden mit vier oder fünf freibeweglichen Zehen, welche mit starken schneidenden Krallen (einem Hülfsapparate für das Gebiss) bewaffnet sind und an den Vordergliedmassen auch zum Ergreifen der Nahrung gebraucht werden. In der Art des Auftretens auf dem Boden bestehen indessen mehrfache Verschiedenheiten. Nur wenige wie die Bären sind wahre Sohlengänger, indem sie mit der ganzen Sohle des Fusses den Boden berühren, andere wie die Zibethkatzen treten nur mit dem vordem Theil der Sohle, den Zehen nebst Mittelfuss auf, die behendesten Raub- thiere dagegen wie die Katzen sind Zehenläufer. In anatomischer Hin- sicht ist hervorzuheben, dass der Magen mit genäherter Cardia und Pylorus einfach bleibt, -der Darm relativ kurz ist und oft des sonst kurzen Blind- darms entbehrt. Im männlichen Geschlechte ist häufig ein Ruthen- knochen vorhanden, Samenblasen fehlen in der Regel. Die Hoden liegen in einem Scrotalsack. Die Carnivoren leben meist in Monogamie. Die Weibchen bringen nur wenige hülflose Junge zur Welt, die sie lange Zeit an ihren Bauchzitzen aufsäugen. Die Verbindung der Frucht im zweihörnigen Uterus geschieht mittelst ring- oder gürtelförmiger Placenta. Den meisten Raubthieren kommen eigenthümliche Analdrüsen zu, welche einen intensiven Geruch verbreiten. Die Verbreitung der Raubthiere G. R. Waterhouse, Proceedings of the zoological society. London 1839. Wieg mann, lieber das Gebiss der Raubthiere. Archiv für Naturg. Tom. IV. Temminck, Monographies de Mammalogie. Paris 1827. Vergl. ferner die Ar- beiten von Pander und D'Alton, F. Cuvier, Pallas, J. F. Brandt, Lichtenstein, Turner, Jardine, Smith, Gray u. z. a. 1184 Ursidae. Mustelidae. erstreckt sich über die ganze Welt, und nur in Neuholland werden sie durch die Raubbeutler ersetzt. Fossile Reste finden sich zuerst in den eocenen Tertiärschichten. 1. Farn. Ursidae, Bärenartige Raubthiere. Sohlengänger von plumper Körpergestalt, mit gestreckter Schnauze und breiten meist ganz nackten Sohlen der Szehigen Füsse. Ein Blinddarm fehlt. Die vordem Extremitäten werden zu manchen Nebenleistungen sowohl der Vertheidigung als des Nahrungserwerbes benutzt, während die kräftigeren Hinterbeine für sich allein das emporgerichtete Thier zu tragen im Stande sind. Alle klettern geschickt, zuweilen durch den Besitz eines buschigen Wickelschwanzes unterstützt und scharren auch im Erd- boden, ohne wirklich Höhlen zu graben. Sie leben omnivor sowohl vom Fleische der Warmblüter und Kaltblüter als von Früchten und Honig. Ihr Gebiss charakterisirt sich demgemäss durch zwei sehr grosse stumpfhöckrige Mahlzähne und eine höckrige Krone des Reisszahns. Sie wählen sich hohle Bäume oder Höhlen zum Aufenthaltsort und verfallen zum Theil in einen periodischen Winterschlaf. Auch in der Vorwelt waren die Bären sehr verbreitet, vornehmlich zur Dilu- vialzeit, wie die zahlreichen Knochenreste der diluvialen Höhlen beweisen. Ursus L., Bär. Von plumpem Körperbau mit sehr kurzem Schwanz. Back- 3 12 Zähne: . ', ' ,,. Die vordem Backzähne fallen früh aus. Durch alle Klimata vom 4.1.2 Aequator bis in die Polargegenden verbreitet. U. maritimus Desm., Eisbär. Weiss, mit langbehaarten Sohlen, 8^ Fuss lang, Nördl. Polarmeer. U. arctos L. , der braune Bär. Braun, mit zottigem Haar, in den kalten Gebirgsgegenden Europas und Asiens, in Deutschland ausgerottet, zähmbar, U. americanus Pall. , Baribal. U. cinereus Desm., Californien. U. labiatus Desm., Lippenbär, in Ostindien, nährt sich nach Art der Ameisenfresser. TJ. spelaeus Blum. , Höhlenbär. Procyon Storr., Waschbär. Mit spitzer kurzer Schnauze und massig langem 3 12 Schwanz. Backzähne: . ' ' . P. lotor L., Waschbär, pflegt die Nahrung ins Wasser zu tauchen, in Nordamerika. Nasua Storr., Rüsselbär. Mit ähnlichem Gebiss und ähnlicher Lebensweise auf Bäumen, aber mit sehr langem Schwanz und rüsselförmig verlängerter Schnauze. N. rufa Desm., in Brasilien. N. solüaria Pr. Wd. 2 12 Cercoleptes 111., Wickelbär. Backzähne: ' ' Mit langem überall behaartem Wickelschwanz. C. caudivolvulus 111., in Guiana und Peru. ArcticHs Temm., Binturong, Hinterindien. Zwischen Ursinen und Caniden stehen die alttertiären Arctocyoniden. 2. Farn. Mustelidae, Marderartige Raubthiere. Theils Sohlengänger (Dachse) theils Halbsohlengänger, von langgestrecktem Körper mit niedrigen Beinen und Szehigen Füssen, mit nicht zurückziehbaren Krallen. Nur ein einziger Höcker- zahn hinter dem ansehnlichen Reisszahn. Backzähne : ^ [^j L ]^. . Blinddarm 3 (4) I 1 (2) fehlt. Sehr häufig finden sich Afterdrüsen, deren Secret einen unangenehmen Geruch verbreitet. Sind zum Theil sehr gewandte blutdürstige Räuber, die trefflich klettern, seltener graben. Einige wie der lltiss halten sich in der Nähe mensch- licher Wohnungen auf und richten oft in Hühnerställen und auf Taubenschlägen Mustelidae. 1185 beträchtlichen Schaden an. Sie leben vorzugsweise in den gemässigten Gegenden und ändern nach den Jahreszeiten die Färbung ihres im Winter sehr geschätzten Pelzes. Meles Storr. , Dachs. Sohlenläufer von plumpem Körper mit nackten Fuss- 3.1 1 sohlen, mit Grabkrallen. Backzähne: ^r~— r~~~T" ^^^ ungemein grossem obern Höckerzahn. Erster Praemolar fällt häufig aus. M. taxus Fall, der gemeine Dachs, gräbt sich einen unterirdischen Kessel mit mehreren Ausgängen und hält hier einen periodischen Winterschlaf. Lebt omnivor von Wurzeln, Eicheln, Mäusen, Fröschen etc. Auch im Tuffkalk von Weimar fossil. M. americanus Bodd. 2 11 Mephitis Cuv., Stinkthier. Backzähne: » ' ' . M. mesomelas Licht., in ö . 1 . 1 Nordamerika. M. zorilla Cuv., Afrika u. a. A. Mydaeus F. Cuv., Stinkdachs. M. meliceps F. Cuv., Java. 2 11 Melivora Storr. Backzähne: ' ' — . M. capensis F. Cuv. Gulo Storr., Vielfrass. Von plumpem kräftigen Körperbau, mit Mardergebiss 3 11 und breitem katzenähnlichen Kopf. Backzähne: . — ^ — '—j. G. borealis Briss., bewohnt felsige Gegenden im nördlichen Europa, Asien und Amerika, lebt von Hasen und Geflügel, stürzt sich auf grössere Säuger wie z. B. Rennthiere etc. Fossil ist G. spelaeus Goldf. aus den Höhlen Mitteleuropas, wahrscheinlich c= G. borealis, Galictis Bell. G. vittata Gm., Südamerika. MustelaL., Marder. Mit gestrecktem Körper, spitzer Schnauze, krummen 3.1 1 scharfen retraktilen Krallen. Backzähne: .-^— ^-. Unterer Reisszahn mit kleinem 4.1.1 Höcker. M. martes L. , Edelmarder oder Baummarder, von braun-gelblicher Fär- bung, mit rothgelbem Kehlfleck, in Nadel- und Laubwäldern, Pelz sehr geschätzt. M. foina Briss. , Steinmarder, etwas kleiner , graubraun mit weissem Kehlfleck, hält sich gern in der Nähe der menschlichen Wohnungen auf, in Europa und Asien verbreitet. M. zihelina L. , Zobel, in Sibirien und Nordamerika. Fossile Reste vom Miocen bis Diluvium. Putorius Cuv., Iltis. Mit kürzerer Schnauze und kürzern mehr abgerun- 2 11 deten Ohren, scharfen retraktilen Krallen. Backzähne : ' . P. putorius L., ö . 1 . 1 Iltis, sucht Ställe und- Scheunen als Verstecke auf, klettert nicht gern und jagt lieber auf flachem Boden. Eine Spielart des Iltis ist das halbgelbe, aus Afrika zu uns herübergekommene Frettchen (P. furo), zur Kaninchenjagd abrichtbar. P. Bichardsonii Bp. , Nordamerika. P. vulgaris L., Wiesel. Ein kleiner kühner Räuber, der besonders auf Mäuse und Maulwürfe Jagd macht, rothbraun, unten weiss, im Winter ganz weiss. P. erminea L., Hermelin. Beträchtlich grösser, ebenfalls mit Farbenwechsel nach der Jahreszeit, die Bälge aus Sibirien sehr ge- schätzt. P. lutreola L., Nörz, Mink. Mit dem Schädel und Gebiss der Wiesel, aber kürzern Ohren und viel kürzern Extremitäten, mit Bindehaut zwischen den Zehen. Lebt an bewaldeten Ufern im Osten Europas, auch in Holstein. Lutra L., Fischotter. Mit ganzen Schwimmhäuten zwischen den Zehen, breitem flachen Kopfe, kurzen Ohren und plattem spitzen Schwanz. Letzter Back- 3.1.1 zahn gross. Backzähne : „ ■■ ■,. Graben sich Höhlungen am Ufer, schwimmen Claus, Zoologie. 3. Auflage. 75 1186 Yiverridae. Canidae. und tauchen vortrefflich und jagen nach Fischen, "Wasservögeln und Fröschen, L. vulgaris Erxl., gemeine Fischotter, mit weichem sehr geschätzten Pelz, 3i Fuss lang, in Europa und Asien. L. macrodits Gray, Brasilien. L. catiadensis Schreb., Nordamerika u. a. A. Enhydris Licht., Seeotter. Der äussern Erscheinung nach ein Verbind ungs- crlied von Otter und Seehund, mit kurzem dicken Hals, walzenförmigen Rumpf, sehr kurzen Vorderbeinen, mit verwachsenen Zehen und langen in der Flucht des Schwanzes nach hinten gerichteten Hintergliedmassen, deren Zehen durch ganze 2 11 Schwimmhäute verbunden sind. Backzähne: ^ ' ' . Die Schneidezähne fallen ö . 1 . 1 früh aus, daher ,. . E. marina Erxl., lebt auf den westlichen Inseln Nord- J (1) amerikas. 3. Fam. Viverridae, Zibethkatzen. Von langgestreckter, bald mehr den Katzen, bald mehr den Mardern ähnelnder Körperform, mit spitzer Schnauze und langem, zuweilen ringförmig zusammengerollten Schwanz. Darmkanal mit ein- fachem kurzen Blinddarm. Die meist ozehigen Füsse berühren bald mit der ganzen, bald mit der halben Sohle oder mir mit den Zehen den Boden , deren Krallen 3 12 meist ganz oder halb zurückziehbar sind. Im Gebiss öttttS 0°*^^° sich jeder- seits zwei obere und ein unterer Höckerzahn. Sie besitzen ausser der Analdrüse noch zwischen After und Geschlechtsöffnung besondere Drüsen, deren Secret einen Bisamgeruch verbreitet und sich bei einer Gattung {Viverra) in einer grössern Drüsentasche anhäuft. Die Viverren sind blutgierige gewandte Räuber, die sich lebhaft und schnell bewegen und fast sämmtlich auch geschickt klettern. Sie be- wohnen vorzugsweise die südlichen Länder der alten Welt. Unterkieferfragmente von Viverraarten finden sich tertiär. Viverra L. Backzähne: . ' ' ^. Zehengänger. Krallen retraktil. Schwanz lang, nicht roUbar. !ilit grosser Drüsentasche zwischen After und Geschlechts- theilen, in der sich das schmierige Secret des als Parfüm und Arzneimittel be- kannten Zibeth sammelt, V. zibetha L., die asiatische und F. zivetta Schi-eb., die afrikanische Ziljethkatze. Letztere wird in Aegypten, Abyssinien etc. als Haus- thier gehalten. V. (Prionodon) gracilis L., Asien. F. genetta L., Genettkatze, in Südeuropa und Afrika, liefert einen trefflichen Pelz. Bassaris astuta Licht., Mexiko- Paradoxurus F. C'uv. P. musanga Raff". Halbsohlengänger mit aufrollbarem Schwanz, auf den grossen Sundainseln. P. typiis F. Cuv., Palmenmarder, in Ost- indien. P. {ArctogaJe) trivirgatits Gray, Sundainseln, Bengalen. Cynogale Benetti Gray, Bomeo. Herpestes 111., Manguste. Mit nicht zurückziehbaren Krallen, ohne Zibeth- tasche, aber mit Drüsen am After. Graben sich Erdhöhlen und leben besonders von Eiern, Eidechsen, Schlangen und kleinen Säugern. H. ichneumon K., Pharaons- ratte, in Egypten und Südafrika. Cynictis Oglb. C. peniciUata Cuv., Südafrika. Ehyzaeym 111., Sohlengänger. Nase verlängert. Bh. tetradactyla 111., Scharr- thier oder Suricate. Im südlichen Afrika. Backzähne: l ' ] ' ^. Crossarchus F. d . 1 . 1 Cuv. Cr. obscurus Cuv., Westafrika. 4. Fam. Canidae, Hundeartige Raubthiere. Zehenläufer mit nicht zurück- ziehbaren Krallen der meist 5zeliigen Vorderfüsse und 4zehigen Hinterfüsse. In dem langgestreckten Gebiss finden sich in der Regel oben und unten zwei, selten Hyaenidae. 1187 drei Höckerzähne, ein oberer zweispitziger und ein unterer dreiepitzi^er Reisszahn 3 und —^ Liickenzähne. Kurzer Blinddarm vorhanden, Analsäcke und Drüsen- anhäufungen an der Basis des Schwanzes vorhanden (Violdrüse des Fuchses). Sie leben in Gesellschaft, klettern nicht, sondern jagen in anhaltendem Laufe, begnügen sich aber auch zum Theil mit Vegetabilien. 3 12 Canis L., Hund. Backzähne: ^' ^' 2ny ^- ^^P^s L., gelblichgrau mit hellerem Bauche, von 4 Fuss Länge ohne den 1^ Fuss langen Schwanz, der fast immer gerade herabhängt. In Europa besonders in Norwegen und Schweden, so- wie in Asien. Andere Arten in Amerika. C. (Lyciscus) latrans Sm., Prairienwolf. C. (Chrysaeus) primaevus Hodgs., Nepal. C. cancrivorus, Savannen und Süd- amerika, von den Indianern gezähmt. C. aureus L., Schakal, kleiner, röthlich- grau mit weisser Kehle, in Südeuropa und Asien, auch Nordafrika. Es gibt noch zahlreiche andere Sehakalarten wie C. mesomelas Schreb., Südafrika, C. familiaris L., Haushund {cauda sinistrorsum recurvata L.) , nur im gezähmten oder im ver- wilderten Zustand in zahlreichen Ea9en bekannt, die sicherlich von mehr als einer wilden Stammart herzuleiten sind. C. vulpes L. , Fuchs, mit senkrecht oblonger Pupille im Gegensatze zu der runden Pupille der erstem Arten, mit langem buschigen Schwanz und sehr entwickelter Violdruse, rothbraun, mit schwarzen und weissen Varietäten, gräbt sich eine Höhle, in Europa, Asien und Afrika, C. lagopus L., Eis- oder Polarfuchs, im Sommer grau, im Winter weiss. Als fossile Formen sind hervorzuheben C. parisiensis (Unterkiefer). Unteroligocen , Mont Martre, mit (7. lagopus nahe verwandt. C. palustris H, v. M., Oeningen. C. spelaeus Goldf, , pliocen dem Wolf nahestehend, ferner Cynocodon Ow, Megalotis cerdo Skg., Ohrenfuchs, in Nubien, Otocyon Licht. Backzähne : . ' ' , mit grossen aufrechtstehenden Ohren und langem buschigen Schwanz. 0. caffer Licht., LöflFelhund. Eine eigenthüm- liche Zwischenstellung nehmen die fossilen Ärctocyaniden ein. Arctocyon Blainv., altmiocen. 5. Fam. Hyaenidae, Hyänenartige Raubthiere. Hochbeinige Zehenläufer mit devexem Rücken, der eine Mähne verlängerter Haare trägt, mit dickem Kopfe und grossen aufrechtstehenden Ohren. Die meist vierzehigen Füsse mit nicht zurückziehbaren Krallen. Das Gebiss nähert sich dem der Katzen durch die ge- ringe Entwicklung der Höckerzähne, von denen sich nur einer im Oberkiefer findet. Eckzähne kürzer als bei den Katzen, mit scharfen Seitenleisten. Reisszahn wie bei den Katzen. Sind feige Raubtliiere, leben vorzugsweise von Aas und graben sich Höhlen, in Afrika und im südwestlichen Asien. 3 1.1 Hyaena L, Backzähne: ^-^— ^ — '—j mit dicken fast kegelförmigen Zacken der Zähne. Die Behaarung zeigt eine aufrichtbare Rückenmähne. H. striata Zimm,, gestreifte Hyäne, in Afrika und Vorderindien. H. crocuta Zimm., gefleckte Hyäne, in Südafrika, H. brunnea Thunb., Südafrika. H. spelaea Goldf., pleistocen. Proteles, Erdwolf. -^Jt' ^^^ kleinen einwurzligen, comprimirten und ein- spitzigen Backzähnen, ohne Reisszahn, Vorderfüsse ozehig, P. Ldlandii Geoffr., in Südafrika. 75* 1188 Felidae. 6. Farn. Felidae, Katzenartige Raubthiere. Zehengänger von schlankem zum Sprunge befähigten Körperbau, mit rundlichem Kopf und kurzen Kiefern, in denen sich nur wenige, oben 4 und unten 3 Backzähne entwickeln. In keiner andern Gruppe prägt sich das Raubthiernaturel so entschieden aus als hier. Höckerzähne fehlen bis auf einen kleinen oben quer nach innen stehenden Zahn. Um so mächtiger aber sind die Reisszähne und Eckzähne ausgebildet. Oberer Reisszahn 3zackig mit starker Mittelzacke und Innenhöcker. Unterer Reisszahn mit 2 gleich grossen Zacken ohne Innenhöcker. Von den beiden Lückenzähnen bleibt der vordere des Oberkiefers verkümmert. Zunge mit stark verhornten Papillen. Die fünfzehigen Vorderfüsse und vierzehigen Hinterfüsse besitzen in den scharfen und gekrümmten völlig zurückziehbaren Krallen gewaltige Waffen. Beim Gehen wird das letzte Zehenglied senkrecht aufgerichtet, so dass dasselbe den Boden nicht berührt, und die Krallen vor Abnutzung gesichert bleiben. Anal- drüsen finden sich am Rande des Afters. Sowohl die Ruthe des Männchens als die weibliche Clitoris enthält einen Stützknochen. Alle sind äusserst gewandte kräftige Raubthiere mit trefflich entwickelten Sinnen, nähren sich im Naturleben ausschliesslich vom Fleische der Warmblüter, die sie zur Nachtzeit beschleichen und im Sprunge erbeuten, leben vereinzelt oder paarweise. Die meisten klettern gut und springen von Bäumen auf die Beute. Die schöner gefärbten und grössern Arten gehören den tropischen Gegenden der alten und neuen Welt an. Nur zwei Formen sind vom Menschen gezähmt und als Hausthiere oder Jagdthiere ein- geführt, die wahrscheinlich auch von der nordafrikanischen Katze (F. maniculata) abstammende Hauskatze und der in Afrika und im südlichen Asien zum Jagdthiere abgerichtete Guepard. 2 11 Felis L. Backzähne: ^-, ' ' - Die Eckzähne stark und meist gefurcht. Der obere Reisszahn dreizackig mit Hakenansatz, der untere zweizackig ohne den letztern. F. leo L., Löwe. Einfarbig fahl, mit runder Papille, das Männchen mit Mähne, Quaste und Hornstachel am Schwanzende, in den heissen Gegenden der alten Welt. Man unterscheidet mehrere Varietäten. F. concolor L., Cuguar oder Puma. Einfarbig mit runder Papille, ohne Schwanzquaste, in Amerika. F. tigris L., Tiger, mähnenlos, gelb mit dunkeln Querstreifen, in Asien bis in die kältesten Gegenden. F. onca L., Jaguar, goldgelb mit schwarzen Flecken, in Paraguay und Uraguay. F. pardus L. , Panther oder Leopard, ähnlich gefärbt, in Afrika und Westasien. F. catiis L., wilde Katze, grau mit Streifen und Querbinden und senk- rechter Pupille, im mittlem und nördlichen Europa. F. maniculata Rüpp., nubische Katze. F. doniestica L. , die Hauskatze , nur im gezähmten Zustande bekannt, wahrscheinlich von mehreren Arten abstammend. Fossile Katzenarten finden sich Jungtertiär und im Diluvium. F. spelaea Goldf., Höhlenlöwe, dem Tiger verwandt. Tertiär ist F. cristata Falc. Cautl, aus Ostindien. Andere fossile Gattungen sind Machairodus Kp. mit sehr verlängertem obern Eckzahn, Smilodon Lund., Pseu- daihirus Gerv. F. {Cynailurus) guttata Herrm. und jubata Schreb. , Gueparde, gefleckte Katzen mit nur halb retractiler Kralle, erstere in Afrika am Senegal, letztere in Ostindien einheimisch. F. Serval L., Serval, goldgelb, schwarz gefleckt, von der Grösse des Fuchses mit langem Schwänze, am Senegal. Lynx Geoffr. L. lynx L., Luchs, mit Haarbüschel am Ohr, sehr kurzem Schwanz und senk- rechter Pupille, im nördlichen Europa. Eine verwandte Art ist der L. Caracal Schreb., aus Asien und Persien. L. canadensis Desm., Polarluchs. 12. Ordnung: Chiroptera, Fledermäuse. 1189 12. Ordnung: Chiroptera '), Handflügler, Fledermäuse. Säugethiere mit vollständig bezahltem Gehiss und Flughäuten zwischen den verlängerten Fingern der Hand, soivie sivischen Extremi- täten und Seitentheilen des Rumpfes, mit sivei hrustständigen Zitzen. Unter den Beutlern (Petaurus), Nagethieren (Pteromys) und Halb- affen (Galeopithecus) haben wir eine Reihe Thierformen , welche sich einer seitlichen zwischen den Extremitäten ausgespannten Flughaut gewissermassen als Fallschirm beim Sprunge bedienen. Weit voll- kommenere Flughäute besitzen die Fledermäuse, bei denen sich die seitlichen Hautfalten in Folge der Verlängerung des Oberarms nicht nur zu einer ansehnlichen Breite ausdehnen , sondern auch noch über die ausserordentlich verlängerten Finger der Hand fortsetzen und sowohl durch diese enorme Entwicklung als durch ihre überaus dehnbare elastische Beschaffenheit eine mehr oder minder gewandte von der des Vogels freilich sehr verschiedene Flugfähigkeit möglich machen. Auch der Schwanz wird in die Flughaut, deren Abschnitte als Schulter-, Finger-, Lenden-, Schenkel-, Schwanzflughaut bezeichnet werden, mit aufgenommen, dagegen bleibt stets der bekrallte zweigliedrige Daumen der Hand, sowie der ebenfalls mit Nägeln bewaffnete Fussabschnitt der Hintergliedmasse von der Flughaut ausgeschlossen. Nur ausnahmsweise {Pteropus) endet auch der zweite Finger, niemals aber die drei übrigen Finger, mit einer Kralle. Die Krallen des Daumens und der Zehen dienen unsern Thieren vornehmlich zur Fixirung beim Klettern und Kriechen auf dem Erdboden. Beim Kriechen, welches bei einigen Arten zu einem raschen Laufe beschleunigt werden kann, stützt sich die Fleder- maus auf die Daumenkralle, zieht die Hinterfüsse unter dem Leibe nach und schiebt dann wieder unter Hebung des Hinterkörpers den Vorder- körper vor. Im Allgemeinen erscheint die Körpergestalt gedrungen, der Hals kurz, der Kopf mehr oder minder gestreckt mit weiter Rachen- spalte und kräftigem vollständig bezahnten Gebiss, Häufig verleihen eigenthümliche Hautwucherungen am Kopfe, lappenartige Anhängsel der Nase und des Ohres dem Gesicht einen höchst absonderlichen Ausdruck. Mit Ausnahme dieser Hautwucherungen, sowie der dünnen elastischen Flughäute, welche mit jenen auch den Reichthum an Nerven und ein feines Tastgefühl gemeinsam haben, ist die Oberfläche des Körpers dicht mit Haaren besetzt, die in ihrem obern Abschnitte schraubenförmig gedreht erscheinen und durch diese Form zugleich die Funktion des Wärmeschutzes zu besorgen im Stande sind. Das leicht gebaute Knochen- 1) Ausser den Werken und Schriften von Geoffroy St. Hilaire, Tem- minck, Wagner, Bell, Gervais, Peters, Saussure, Kolenati etc. vergl. B. Kayserling und .J. H. Blasius, Wirbelthiere Europa's. Braunschweig. 1840. 1190 Fledermäuse. Charaktere des Skelets. gerüst trägt in seiner Gliederung durchaus den Typus der Säugethiere zur Schau, zeichnet sich aber sowohl durch die Festigkeit des Brust- korbes als durch die Länge des mächtig entwickelten Kreuzbeins, mit dem auch die Sitzbeine verwachsen, vor andern Säugern aus. Der Schädel ist in der Postorbitalgegend verschmälert. Ein Jochbogen mit Ausnahme von Fhyllonycteris stets entwickelt. Häufig sind die Zwischen- kiefer median gesondert und die Reihe der Schneidezähne durch eine tiefe Lücke unterbrochen ( Vesper tilioniden). In anderen Fällen bleiben die rudimentären Intermaxillarknochen beweglich {Rhinolophics) oder fallen ganz hinweg. Am Brustkorb erinnern mehrfache Eigenthümlich- keiten an die Vögel, so insbesondere die festere, durch mächtig ent- wickelte Schlüsselbeine hergestellte Verbindung mit dem Schultergerüst, der Besitz einer Crista sterni, die Verknöcherung der Sternocostalknorpel. Ära Ellenbogengelenk sondert sich das Olecranon als Patella brachialis. Eine Rotation des Radius findet nicht satt, wohl aber eine Beugung der Knochenstücke in einer Ebene. Das Becken besitzt ein sehr langes schmales Darmbein und eine nur lockere Symphyse der Schambeine. Ober- und Unterschenkel bleiben im Gegensatz zu dem verlängerten Arm sehr kurz, der Szehige Fuss läuft am Fersenbeine in einen sporn- artigen Forsatz (Calcar) aus, der zur Anspannung der Schenkel- und Schwanzflughaut dient. Unter den Sinnesorganen bleiben die Augen verhältnissmässig wenig entwickelt, dagegen erscheinen bei der nächt- lichen Lebensweise Geruch, Gehör und Gefühl von hervorragender Be- deutung. Geblendete Fledermäuse vermögen, wie schon die Versuche Spalanzani's gelehrt haben, vornehmlich geleitet durch den feinen Gefühlssinn der Flughaut, beim Fluge mit grossem Geschicke allen Hin- dernissen auszuweichen. Hier ist auch eine reiche Ausstattung mit Nervenkörperchen ') nachgewiesen. Ebenso ausgebildet ist das Gehör, welches durch eine grosse mit besondern Lappen ausgestattete und mit einer Klappe verschliessbare Ohrmuschel wesentlich unterstützt wird. Durch den Verlust dieser Lappen und Anhänge des äussern Ohres wird sowohl der Flug als die Fähigkeit des Nahrungserwerbes entschieden beeinträchtigt. Der Uterus ist einfach, bei den Frugivoren zweihörnig. Die Männchen haben oft einen Knochen in dem frei von der Schambein- fuge herabhängenden Penis. Die geistigen Fähigkeiten der Fledermäuse sind keineswegs so beschränkt, wie man in der Regel annimmt, da viele derselben bei entsprechender Behandlung gezähmt werden können. Die Fledermäuse sind Nachtthiere; am Tage in geschützten Schlupfwinkeln (hohlen Bäumen, Felsenritzen, Mauerlöchern) versteckt, kommen sie zur Zeit der Dämmerung, einzelne Arten allerdings schon weit früher, in 1) Vergl. Schöbl, Die Flughaut der Fledermäuse. Archiv f. mikrosk. Ana- tomie. Tom. V. 1870. Unterordnung: Frugivora. 1191 den Nachmittagsstunden, hervor und gehen gewöhnlich in den beschränkten Distrikten ihres Standortes auf Nahrungserwerb aus. Die meisten Fleder- mäuse und unter diesen sämmtliche europäische Arten nähren sich von Käfern, Fliegen und Nachtschmetterlingen und besitzen dieser Nahrung entsprechend ein Insectivorengebiss. Unter den aussereuropäischen Arten gibt es einige, die auch Vögel und Säugethiere angreifen und deren Blut saugen (Vampyr), andere und namentlich grössere Arten leben von Früchten und werden nicht selten Pflanzungen, insbesondere Weinbergen, schädlich. Ihre Verbreitung ist eine sehr grosse; selbst auf oceanischen Inseln, die sonst keine Säugethiere beherbergen, kommen Fledermäuse vor. Dieselbe nimmt nach den südlichen Klimaten zu, in den kalten Gegenden fehlen Fledermäuse durchaus, in den gemässigten treten nur kleinere Formen in verhältnissmässig spärlicher Zahl auf. Von diesen sollen einige Arten vor Eintritt der kalten Jahreszeit ihre Heimath ver- lassen, die meisten aber suchen geschützte Schlupfwinkel auf, hängen sich hier klumpenweise zusammengedrängt an den Hinterfüssen auf und verfallen in einen Winterschlaf, der indess meist kein ununterbrochener ist. Die Fortpflanzung fällt in die Zeit des Frühjahrs. Nach der Be- gattung sollen sich die beiden Geschlechter trennen, die Männchen ver- einzelt leben, die Weibchen aber gemeinschaftliche Schlupfwinkel auf- suchen. Sie bringen nur 1 oder 2 Junge zur Welt, säugen dieselben an den Zitzen ihrer beiden Brustdrüsen und tragen sie auch während des Fluges mit sich umher. Vorweltliche Reste von Fledermäusen treten zuerst in der altern Tertiärformation (Pariser Becken) auf. 1. Unterordnung: Frugivora, Fruchtfressende Fledermäuse. Von bedeutender Körpergrösse, mit gestrecktem Hund-ähnlichen Kopf und kurzem rudimentären Schwanz. Ausser dem Daumen trägt oft der dreigliedrige Zeigefinger eine Kralle, die übrigen Finger sind zweigliedrig und krallenlos. Das Gebiss besitzt 4 oder 2 oft ausfallende Schneidezähne, einen Eckzahn und 4 bis 6 Backzähne mit platter stumpf- höckriger Krone. Die Zwischenkiefer bleiben in loser Verbindung unter- einander und mit dem Oberkiefer. Die Zunge ist mit zahlreichen rück- wärts gerichteten Hornstacheln besetzt. Sie nähren sich von Früchten, theilweise auch von Insekten und bewohnen die Wälder der heissen Gegenden Afrikas, Ostindiensund Neuhollands, wo sie in Pflanzungen und Weinbergen bedeutenden Schaden anrichten und in grössern Schaaren weite Wanderungen unternehmen sollen. Farn. Pteropidae, Harpyien, fliegende Hunde. Mit den Characteren der Gruppe. Die kleinen Ohren entbehren ebenso wie die Nase der häutigen Aufsätze imd Klappen. Einige erreichen die Flugweite von 2 bis 5 Fuss, viele werden ihres wohlschmeckenden Fleisches halber gegessen. 1192 2. Unterorduuug : Insectivora. 2 12 3 Pteropus Geoffr. Schwanzlos. Zitzen axelständig. Gebiss: ^j 1- ö—q» Pt. eduUs Geoffr., Kalong, wird 1| Fuss lang, Ostindien. Pt. {Cynonycteris) aegyptiacus Geoffr. 114 Harpyia 111. -^ — r- -v-. Mit kugligem Kopf, röhrenförmig vorspringender Nase und kurzem Schwanz. H, cephalotes Fall., Amboina. Macroglossus F. Cuv,, 2 14 Cynopterus F. Cuv. -^ — r ^. C. marginatus F. Cuv., Ostindien. Hypodcrma Geoffr. ^-— -:j -^. Zeigefinger ohne Kralle. H. Peronii Geoffr., Molucken. 2. Unterordnung: Insectivora, Insektenfressende Fledermäuse. Mit kurzer Schnauze, grossen häufig klappenbedeckten Ohren und spitzhöckrigen oder schneidenden aus Sseitigen Pyramiden zusammen- gesetzten Backzähnen. Nur der Daumen trägt eine Kralle. Leben theils von Insekten (seltener auch wohl von Früchten), theils vom Blute der Warmblüter. 1. Gruppe. Gymnorhina, Glattnasen. Die Nase bleibt glatt und entbehrt des blättrigen Nasenbesatzes. Zwischenkiefer meist mit tiefer medianer Ausbuchtung, fest mit dem Oberkiefer verwachsen. Backzähne mit w-förmigen Leisten. Die Ohren stossen bald auf dem Scheitel zu- sammen, bald sind sie weit von einander getrennt, ebenso verschieden verhält sich die Ohrklappe. Leben ausschliesslich von Insekten, die sie in grosser Menge vertilgen und besitzen eine stark pfeifende Stimme. 1. Fam, Vespertilionidae. Der lange und dünne Schwanz ist ganz in die Interfemoralhaut eingeschlossen, PZecoiMS Geoffr., Ohrenfledermaus. Gebiss: — ^ -. — „ ' .-, I ^-. ' . 1. Ohren 6 1 ö.ö\z.4/ auf der Mitte des Scheitels verwachsen. PI. auritus L., reicht bis in die nördlichen Länder Europas. 212 3/'14\ Synotiis Ks. Bis., Mopsfledermaus, Gebiss: -^ — - — I a )' ^^^^^ verwachsen. S. barbastellus Schreb., die breitöhrige Fledermaus. Nycticejus Raf. Schädel ohne Postorbitalfortsatz. -^ Sclineidezähne jeder- seits. N. Temminckii Horsf. , Ostindien. Octonycteris Pet. Vespertilio L. Ohren von einander getrennt, ohne Lappen des Sporns. Gebiss : -q — 7- o o ( .) ' ,-)• V. murimis Schreb., V. Bechsteinn Leisl,, F, mystacinus LeisL, sämmtlich bei uns einheimisch u. a. A. Vesperugo Ks. Bis. Ohren von einander getrennt, abgerundet und mit Haut- 5 läppen des Sporns. -^ Backzähne, V. Nathusii Ks. Bis. V. pipistrellus Schreb., Zwergfledermaus. V. noctida Schreb., frühfliegende Fledermaus. Bei Ve.itella 426. Capitelliden 422, 426. Capitonidae 1086. Capitosaurus 966. Capra 1163. Caprella 514. Caprimulgus 1095. Caprimulgiden 1092, 1094. Caprina 761. Register. 1217 Ceriodaphnia 498. Cerithien 785. Cerithium 794. Cerinatiidae 602. Cerocoma 706. Ceromya 763. Certhia 1093. Ceruchus 713. Cervulus 1161. Cervus 1110, 1161. Ceryle 1091. Cestodes 7, 15, 30, 44, 53, 312. Cestracion 906, 909. Cestudo 130. Cestum 254. Oetacea 1110, 1112, 1142. Cete 1130. Cetengraulis 928. Cetiosaurus 1024. Cetochilus 475. Cetonia 714. Oeutorhynchus 704. Chactas 593. Ohaenodelphinus 1146. Chaeropus 1137. Chaetaster 283. Chaetilia 526. Chaetodernia 392. Chaetodon 893, 924. Chaetogaster 420. Cliaetogiiathen 367. Chaetomys 1170. Chaetonotus 387. Chaetopodes 401. Chaetopterus 428. Chaetosoma 367. Chaetostomus 935. Chaetura 387. Chaetusia 1072. Chalcides 1018. Chalcidinae 729. Chalcia (Hymenoptere) 730 Chalcis (Reptil) 1018. Chalcoinitra 1093. Chalcophaps 1081. Chalidocoma 738. Chalimus 478. ChaUna 194. Chalinopsis 195. Claus, Zoologie Chalinula 194. Chama 761. Chamaeleon 982, 1010,1013. Chamaeleoniden 1010. Chamaepelia 1084. Chamaesaura 1008, 1018. Chamaesipho 464. Chanos 929. Characinen 880. Charadrius 1072. Charaeas 690. Charax 942. Charopinus 480. Charybdaea 232. Chasmarhynchus 1096. Chauliodea (Neuroptere) 652. Chauliodes (Fisch) 879,931. Chauna 1078. Chaunax 950. Cheilio 939. Cheilobranchus 927. Cheimatobia 689. Chelidon 1094. Chelifer 594. Chelmon 942. Chelodina 1030. Chelonia 1025, 1026, 1029, Chelonobia 464. Clieiura 515. Chclydra 1030. Ohelys 1030. Clielyosoma 840. Chenalopex 1068. Cheniseus 1066. Chenopus 794. Cheraps 553. Chermcs 53, 663. Chcrsydrus 1005. Chcvreulius 828, 840. Cbeyletus 573. Chiaja 255. Cbiasognathus 713. Chilocorus 700. Chilodactylus 942. Chilodon 177. Chilognatha 599. Chilomycterus 926. Chilonycteris 1193. Chilopoda 601. Aufl. Chiloscyllium 909. Chilostomata 379. Chimaera 871, 875, 880. 904, 908, 956. Chinchilla 1171. Chionea 681. Chiracanthus 916. Chirocentrus 929. Chirocephalus 503. Chirocolus 1018. Chirodota 303. Chirogaleus 1196. Chiroleptes 979. Chiromys 1195. Chiromyza 680. Chiron 713. Chironectes 1134, 1138. Chironeetus 950. Chironomus 682. Chiroptera 1189. Chirotes 995, 1008, 1012. Chiroteuthis 819. Chirotherium 966. Chiton 767, 770, 773, 790. Chitonellus 790. Chiusaera 886. Chlaenius 721. Chlaiuydodera 1095. Chlamydodon 177. ChLimydonionas 142. Chlamydophorus 1141. Chlamydosaurus 1015. Clilaniydotheriuiu 1141. Chlcodora 777. Chlocia 435. Chlocon 648. Chloeopsis 648. Chlovaema 429. Chlorodius 560. Chlorops 675. Choerotheriuin 1155. Choloepus 1142. Chondracanthen 47. Chondracanthiden 471. Chondracanthus 479. Chondrilla 194. Chondrillidae 193. Chondropoma 796. Chondropterygii 904. Chondrosia 194. 77 4 1218 Register. Cliondrostachys 840. Chondrosteus 917. Chondrostoma 933. Chone 431. Chonostomum 338. Chordonier 847. Chorista 652. Choudropterygii 895. Chromadora 366. Chromis 938. Chromulina 142. Chroococcaceen 139 Chrysaeus 1187. Chrysaora 244. Chrysichthys 934. Chrysis 733. Chrysochloris 1118. Chrysochlorys 1179. Chrysococcyx 1087. Chrysolampis 1093. Chrysomela 701. Chrysomyia 681. Chrysopa 653. Chrysopelea 1004. Chrysopetalum 434. Chrysophys 942. Chrysops 680. Chrysosoma 676. Chrysothrix 1113, 1197, 1200. Chrysotis 1089. Chthainolus 464. Chthonoergus 1173. Chydorus 497. Cicada 666. Cicadaria 664. Cicaden 664. Cicindela 722. Cichla 938. Ciconia 1044, 1053, 1076. Cidaris 292. CiUoflagellaten 143. Cimbex 727. Cimex 669, 670. Cinclus 1098. Cineras 463. Cinetochiliim 176. Cinixys 1031. Cinosternon 1030. Cinyris 1093. Ciona 840. Cionus 703. Circaetus 1103. Circe 231, 762. Circophyllia 214. Circus 1104. Cirolana 525. Cirratulus 427. Cirrhipathes 211. Cirrhites 942. Cirrhitichthys 942. Cirripedia 45, 454, 462. Cirrobranchiaten 764. Cirropteron 784. Cirroteuthis 806, 820. eis 709. Cistela 708. Cistenides 430. Cisticola 1098. Citigradae 586. Cixia 665. Cladobates 1178- Cladocera 494. Cladococciden 159. Cladocora 214. Cladonema 227. Cladoxerus 641. Clamatores 1063. Clangula 1068. Ciarias 934. Clathria 195. Clathrulinis 158. Clausilia 783, 797, 798, 800. Clava 226. Clavagella 753, 754, 763. Clavatella 227. ClavelUna 833, 834, 840. Claviger 717. Clavula 227. Clavularia 208. Cleistocarpiden 247. Cleonus 704. Cleophana 691. Clepsine 403. Cleptes 733. Clerus 709. Clibanarius 555. CHdia 691. Climacostomum 177. CUo 774—778, 805. Clione 778. Clionopsis 778. CUsiocampa 692. Clistosaccus 461. ClitelUo 419. Clivina 721. Clotho (Spinne) 588. Clotho (Schlange) 1007. Clubiona 588. Clupea 928. Clupeichthys 928. Clupeoides 880 928. Clymene 427. Clynienia 817. Clypeaster 294. Clypeastridea 294. Clythia 230. Clythra 701. Clythus 702. Cnemidophonis 1019. Cnethocampa 692. Cnidon 346. Cobitis 889, 933. Coccinella 700. Coccodisciden 160. Coccolithen 151, 158. Coccosphaeren 151. Coccosteus 894, 916. Coccothraustes 1100. Coccus 661. Coccygus 1087- Coccystes 1086. Cochlophanes 693. Codonella 179. CoeciHa 954, 964, 965. Coelacanthus 918. Coelenterata 7, 21, 31, 32, 44, 45, 50, 62, 63, 180. Coelioxys 737. Coelodendriden 159. Coelodon 1141. Coelogenys 1169. Coelopeltis 1004. Coelopleurus 292. Coeloria 214. Coelosmilia 215. Coenobita 555. Coenocyathus 215. Coenonympba 695. Coenurus 320. Coilia 928. Colaptes 1088. Coleoptera 696. Coleps 175. Colias 695. Colius 1043, 1087. CoUetes 737. Colliden 158. CoUocalia 1095. Collosphaera 160. Collozoum 160. Colobocentrus 293. Colobus 1201. Colochirus 302. Colpidium 176. Colpoda 176. Colpodella 142. Coluber 1003. Colubriformia 1000. Columba 1043, 1084. Columbella 792. Columella 767. Columnaria 213. Colurus 386. Colydium 716. Colynibetes 720. Colymbus 1067. Comactis 212. Comatula 279. Comesoma 366. Coinpsognathus 1063. Conchoderma 463. Conchoecia 490. (joncholepas 462. Conchophtirus 176. Conchylis 688. Condylostoma 177. Coudylura 1179. Confusastraea 214. Conger 927, 928. Congerinen 928. Conilocera 525. Coniopteryx 653. Conirostres 1090, 1099. Conis 229. Conocardium 761. Conochilus 385. Oonodon 941. Conopalpus 708. Register. Conopa 676. Conopsis 1002. Conularia 777. Conurus 718. Conus 768, 773, 793. Convoluta 338. Copepoda 47, 465, Cophiäs 1018. Copilia 476. Copris 713. Coracias 1092. Coracina 1096. Corallistes 195. Corallium 210. Corbiciila 762. Corbis 762. Corbula 763. Cordulia 650. Cordylophora 226. Cordylus 1017. Coregonus 891, 930. Corethra 682. Coreeus 670. Coris 939. Corixa 667. Coruiocephalus 602. Cornularia 208. Cornuspira 153. Coronella 1002. Coronis 539. Coronopora 378. Coronula 464. Corophium 515. Corrallenthiere 197. Corrodentia 645. Corticus 716. Corviua 944. Corvus 1095. Corycaeus 476. Corydalis 652. Corydendrium 227. Corylophus 700. Corymbites 711. Corymbopora 378. Corymorpha 228. Coryne 226, 227. Corynetes 709. Corynitis 227. Corynopsis 227. Coryophodon 1149. 1219 Coryphaena 946. Coryphaenoides 936. Coryph^on 1003. Corystes 561. Corystoides 557. Corythaix 1087. Corytia 693. Corythaeolus 1014. Cosmetus 580. Cossus 693. Cothurnia 179. Cotinga 1096. Cottus 47, 892, 893, 943. Coturnix 1082. Cotyle 1094. Cotylorhiza 246. Couchia 936. Couthouyia 245. Crabro 735. Crambessa 246. Crambus 689. Cranchia 819. Crangon 552. Crania 823, 826. Crassatella 762. Crassilingues 1010. Crassilinguia 1013. Craspedosoma 600. Craspedota 221. Craterolophus 247. Cratophium 515. Crax 1053, 1080. Crenatula 759. Crenella 749. Creöicichla 938. Crenidens 942. Crenilabrus 939. Crepidula 795. Creseis 777. Creusia 464. Crevettina 514. Crex 1077. Cribrella 283. Cribrochalina 194. Cricetus 1172. Crinoidea 274, 278. Crioceris 701. Criodrilus 417. Crisia 378. 77* 1220 Register. Cristatella 377. Cristellaria 154. Crocidura 1178. Crocisa 737. Crocodilia 1023. Crocodilurus 1019. Crocodilus 1025. Crossarchus 1186. Crossopterygii 852, 877. 918, 951. Crossopus 1178. Crossorhinus 909. Crossostoma 246. Crossurus 1014. Crotalophorus 1008. Crotalus 1008. Crotophaga 1087. Crustacea 450. Crustulum 295. Cryphiops 551. Cryptangia 214. Crypthelia 211. Cryptobacia 213. Cryptobranchus 969, 970. Cryptocephalus 701. Cryptocerus 732. Cryptochyton 790. Cryptocoelum 341. Cryptodon 750, 762. Cryptoniscus 528. Cryptopentamera 700. Cryptophagus 716. Cryptophialus 462. Cryptoplax 790. Cryptopodia 559. Cryptops 602. Cryptopus 1030. Cryptostemma 580. Cryptotetramera 699. Crypturus 1053, 1080. Cryptus 730. Crysochus 701. Crystallodes 238. Cteniza 586. Ctenobranchien 773, 780, 790. Ctenodipteridae 918. Ctenodiscus 284. Ctenodrilus 420. Ctenodus 918. Ctenoiden 869, 895. Ctenolabrus 939. Ctenomys 1170. ^tenophora 683. Ctenophorae 5, 30, 40, 46, 248. Ctenosaura 1014. Ctenostouiata 379. Ctenus 587. Cucujus 716. Cucullaea 760. Cucullia 691. Cuculus 1043 1086. Cucumaria 302. Culcita 283. Culex 682. Cultellus 763. Cultripes 975, 979. Cnma 541. Cumacea 539. Cumella 541. Cunina 232. Curculionidae 703. Cursores 1064, 1104. Cursoria 639. Cursorius 1072. Cuterebra 677. Cuvieria 777. Cyamus 514. Cyanea 245. Cyanocorax 1095. Cyathina 215. Cyathocrinus 278. Cyathohelia 215. Cyathophyllidae 211. Cyathoxonidae 211. Cybister 720. Cybium 945. Cychrus 721. Cyclas 754—756, 762. Cyclia 214. Cyclidium 176. Cyclobranchia 779, 789. Cyclocera 680. Cyclocyathus 215. Cyclodinen 179. Cyclodus 1017. Cycloiden 869, 895. Cycloiuetopa 559. Cyclophis 1003. Cyclopides 694. Cyclopina 474. Cyclops 32. 474. Cyclopsina 475. Cyclopterus 886, 947. Cyclorhynchus 552. Cycloseris 213. Cyclostonia 796. Cyclostoraata 378. Cyclostomi 856, 857, 863, 868, 872, 875, 878, 880, 883, 887, 895, 899. Cyclostomiden 781, 785. Cycloum 379. Cyclura 1014. Cydippe 253, 254. Cydnus 670. Cygnus (Crustacee) 479. Cygnus (Vogel) 1068. Cylindrella 800. Cylindrophis 1001. Cyllopus 518. Cymatophora 691. Cymbium 792. Cymbulia 767, 772, 776, 777. Cymodocea (Crustacee) 526. Cymodocea (Mollusk) 778. Cymospira 432. Cymothoa 525. Cynailurus 1188. Cynictis 1186. Cynips 728. Cynisca 1012. Cynocephalus 1201. Cynocodon 1187. Cynogale 1186. Cynomys 1175, Cynonycteris 1192. Cynophis 1003 Cynopterus 1192. Cynthia 545, 834, 840. Cyphastraea 214 Cyphon 710. Cypraea 768. 793. Cypressocrinus 278. Cypria 489. Cyprideis 489. Cypridina 491. Cypridopsis 489. Cyprina 762. Register. 1221 Cyprinodon 933. Cyprinodonten 890, 920 Cyprinoiden 880, 883, 884. 892, 921. Cyprinus 873, 874, 931. Cypris 489. Cyprois 489. Gypseliden 1092, 1094. Cypseloraorphae 1092. Cypselus 1043, 1095. Cyrena 762. Cyrianassa 541. Cyrtidae 159. Oyrtodesmus 600. Cyrtonyx 1082. Cyrtophis 1006. Cyrtophium 515. Cyrtostomum 176. Cyrtusa 717. Cysmopolia 557. Cysticercoiden 321. Cysticercus 320. 321. Cysticula 880. Cystideen 279. Cystiden 159. Cystignathus 979. Cystiphyllidae 211. Cystisonia 518. Cystobranchus 403. Cystoideae 320. Cystophora 1181. Cystophiys 158. Cystoaoma 666, Cystotaenia 319. Cytaeis 228. Cytherea 762. Cythere 489. Cythereis 489. Cytherella 490. Cytheridea 489. Cytheropsis 489. Cyttus 945. Cyzicus 502. »aboia 1007. Dacelo 1091. Dactylethrax 978. Dactylocalyx 195. Dactylocera 518. Dactylogyrus 331. Dactylometra 245. Dactylopterus. 894, 943. Dactylopus 474. Dama 1161. Danais' 696. Danis 695. Danymene 436. Dapedius 919. Daphnella 499. Daphnia 23, 498. Daption 1070. Darwinella 194. Dascillus 710. Dascyllus 938. Dasy brauch US 426. Dasychira 692. Dasychone 431. Dasydites 387. Dasyllis 679. Dasypoda 737. Dasypeltis 1004. Dasyphyllia 214. Dasypogon 679. Dasyprocta 1170. Dasypus 1141. Dasytes 710. Dasyurus 1138. Decapoda (Cruatacee) 547. Decapoda (Ceplialopode) 806, 807, 808, 812. Deciduata 1127, 1164. Decticus 643. Defrancia 378. Degeeria 638. Delphax 665. Delphinapterus 1145. Delphine 1118, 1145. Delphinula 791. Delphinus 1146. Deltocyathus 215. Deltoideae 690. Demetrius 721. Demodex 571. Dendraspis 1006. Dendraster 295. Dendrerpeton 966. Dendrobates 977, 981. Dendrochirotae 302. Dendrocoelum 340. Dendrocolaptes 1093. Dendrocometes 175. Dendrocopus 1087. Dendrodus 918. Dendrogyra 214. Dendrolagus 1135. Dendrometridae 689. Dendromys 1172. Dendronereis 437. Dendronotus 787. Dendrophagus 716. Dendrophis 1004. Dendrophyllia 213. Dendrosmilia 214. Dendrosoma 175. Dendrostomum 393. Dentex 941. Denticete 1145. Dentirostres 1090, 1095. Depostrum 247. Deprcsseria 688. Dermaleichus 572. Dermanyssus 573. Dermatobia 677. Dermatobranchien 772, 779, 781, 782. Dermatobranchus 786. Dermatodectes 571. Dermatokoptes 572. Dermatophagoides 572. Dermatophagus 572. Dermatophili 571. Dermatoptera 639. Dermestes 715. Dermoptera 1195. Dermopteri 895. Dero 420. Derostomum 337. Derotrema 970. Derotreuien 963, 966, 968, 969. Desmacella 195. Desmacidon 195. Desniagnathus 971. Desmocerus 702. Desmophyllum 215. Desmoscolex 857. Desoria 638. Devexa 1159. Dexamine 516. 1222 Register. Dexia 676. Diacria 777. Diadema (Seeigel) 292, Diadenia (Crustacee) 464. Diana 946. Dianous 718. üiaperis 708. Diaphora 800. Diaptomus 475. Diastopora 378. Diastylis 541. Diazona 839. Dibranchiata 809, 810, 818. Dicelis 341. Diceras 761. Dicerca 712. Dichelaspis 463. Dichelestium 478. Dichobune 1154. Dichocoenia 214. Dichodon 1154. Dicholophus 1078. Dichonia 691. Dichroa 737. Dickzüngler 1013. Diclibothrium 331. Dicoryne 227. Dicotyles 1153, 1155. Dicrodon 1019. Dictyocaris 501. Dictyocysta 179- Dictyonella 195. Dictyophora 665. Dictyopterus 710. Dicynodon 1020. Dicyrtiden 159. Dicyrtoma 638. Didelphys 1133, 1134, 1138. Didemnum 833, 837, 839, 844. Didinium 179. Didunculus 1084. Didus 1063, 1085. Didymium 140. Didymophyes 147. Difflugia 152, 153. Digaster 417. Diglena 386. Digonopora 340. Dileptus 175, Biloba 691. Dilophus 681. Dimorphina 154, Dimorphodon 1021, Dimyarier 7, 48, 757. Dinarda 718. Dinema 228. Dinematura 478. Dinetus 735. Dinocharis 386. Dinobryum 143. Dinophilus 338. Dinophis 1006 Dinornida 1107. Dinornis 1063, 1107. Dinosauria 1020. Dinotherium 1166. Dioctria 679. Diodon 886, 924, 926. Diogenes 555. üiomedea 1070. Dionaea 11. Dioncus 341. Diopatra 436. Diopsis 676. Diotis 337. Diphthera 691. Diphyes 15, 239. Diphyllideen 823. Diphyllua 716. Diplectanum 331. Dipleurosoma 221. Diploconiden 159. Diplodactylus 1014. Diplodiscus 330. Diplodonta 762. Diplodontus 575. üiploexochus 529. Diplogaster 366. Diplonchus 341. Diplonychus 668. Diplophysa 15, 239. Diplopilus 246. Diplopterus (Fisch) 918. Diploptorus (Vogel) 1087. Diploria 214. Diplostomidea 304. Diplostomum 327. Diplozoon 331. Diplura 328. Dipneumona 953. Dipneumones 586. Dipnoi 861, 871, 877, 878, 880, 889, 895, 950. Diprotodon 1135. Dipsas 1005. Diptera 670. Dipterus 918. Dipus 1171. Discida 160. Discina 823, 826. Discodactylia 980. Discoglossus 979. Discophori 397. Discopora 381. Discoporella 378. Discosoma 580. Discospira 160. Disphfigia 229. Disteira 1007. Distemma 386. Distoma 327. Distomum 275. 327. Distomus 839. Dithyrocaris 501. Dithyrus 519. Ditrema 939. Docaglossa 789. Dochmius 360. Dodecaceraea 427. Dodo 1085. Dolerus 727. Dolichocephali 1207. Dolichogaster 679. Dolichopus 678. Dolichosaurus 1020. Doliolum 830, 832, 842, 843, 844, 845. Dolium 768, 783, 794. Dolobella 788. Dolomedes 587. Donacia 701. Donax 763. Dorataspis 159. Doras 894, 934. Dorcus 713. Doridium 788. Dorippe 557. Doris 779, 786, 787. Doritis 696. 1223 Dorocidaris 292. Doropygus 475. Dorthesia 661. Doryichthys 923. Dorylaimus 366. Doto 787. Draco 1009, 1015. Dracunculus (Nematode) 363. Dracunculus (Eidechse) 1015. Drassus 588. Drepane 943. Drepanopteryx 653. Drepanothrix 498. Dreyssena 760. Drilus 710. Dromaeus 1105. Dromia 557. Dromicus 1003. Dromius 721. Dryadinae 1003. Dryinus 1004. Dryocalamus 1003. Dryocopus 1087. Dryodon 254. Dryomys 1172. Dryophis 1004. Dryopithecus 1202. Dünnschnäbler 1092. Dules 940. Dulichia 514. Dunlopea 340. Duplicidentata 1168. Dynamena 229. Dynamene 526. Dynastes 714. Dynomene 557. Dysasteridae 296. Dysdera 587. Dyspontius 477. Dytiscus 720. Ebalia 558. Ecardines 826. Eccoptogaster 703. Echaridae 380. Echidna 1119, 1131, 1132. Echinanthus 294. Echinarachnius 295, Echinaster 283. Echineibothrium 323. Echineis 945. Echinella 330. Echiniferum 329. Echiniscus 578. Echinobothrium 323. Echinobrissus 296. Echinocardium 296. Echinocerus 557. Echinocidaris 292, Echinococcifer 320. Echinococcus 320. Echinocucumis 302. Echinocyamus 294. Echinoderes 357, 387. Echinodiscus 295, Echinodermata 33, 39, 45, 50, 62, 63, 255, Echinogale 1177. Echinogorgia 209. Echinolampas 296. Echinometra 293. Echinoneus 296. Echinoporidae 215. Echinopteryx 693. Echinopyxis 152, 153. Echinorhinus 910. Echinorhynchus 348. Echinosoma 303. Echinospira 784, 785. Echinothrix 293. Echinus 293. Echis 1007. Echiurus 394. Eciton 732. Ecletus 1089. Ecphymotes 1014. Ectinosoma 474. Ectopistes 1084. Ectopleura 228. Edaphodon 908. Edelcoralle 210, Edentata 126, 1130, 1136, 1139. Edriaster 280, Edriophthalmata 507. Egoceros 1162. Eidechsen 1008. Eirene 231. Elaeacrinus 279. Elaphis 1003. Elaphocera 714. Elaphrus 721. Elaps 1006. Elastnodes 341. Elasmognatha 797, Elater 711. Eledone 820. Elenchus 656. Elephas 1165, 1166. Eleutheria 227. Eleutherocarpiden 247. Eleutherocrinus 279. Eliomys 1174. Ellipesurus 912. Ellipsocephalus 505. Ellipsoglossus 971. Elminius 464. Elmis 715. Elops 929. Elysia 786. Emarginula 790. Emballonura 1193, Emberiza 1099. Embia 646. Embiotocidae 939. Embolus 303. Emesa 669. Emesodema 669. Emphytus 727. Empis 678. Empusa 640. Emydium 578. Emys 1029, 1030. Enaliosauria 1022. Enchelidium 366. Encheliophis 935. Enchelyodon 175. Enchelys 175. Enchroma 712. Enchytraeus 420. Encope 295. Encrinus 278. Endomychus 700. Endopsammia 213. Endromis 692. Engis 1206. Engraulis 928. 1224 Register. Engystoma 980. Enhydris 1186. Enhydrus 720. Enneoctonus 1096. Enneodon 1025. Enophrys 586. Enopla 345. Enoplidae 366. Enoplopus 708. Enoploteutliis 819, Enoplus 366. Enteroplea 386. Enteropneusta 442. Enterostomum 337. Entoconcha 303, 785, 795. Entodinium 179. Enlomolithus 505. Entomophaga 729, 1137. Entomostraken 453. Entoniscus 528. Entoprocta 379. Enygrus 1001. Eone 438. Eozoon 120, 150. Epanodontia 1000. Epeira 588. Epeolus 737. Ephemerä 34, 618. Ephialtes (Hymenoptere) 730. Ephialtes (Vogel) 1102. Ephippigera 643. Ephippus 943. Epiaster 296. Epibdella 330. Epiclintes 178. Epicrates 1001. Epicrium 965. Epilachna 700. Epilampra 640. Epinephele 695. Epipone 736. Episema 691. EpistyUs 175, 179. Epitheca 650. Epophthalmia 650. Eporosa 213. Eques 944. Equiden 1150. Equitidae 696. Equula 946. Equus 1152. Erebia 695. Eremiaphila 640. Eremias 1018. Eresus 586. Erethizon 1170. Ereutho 429. Ergasilus 476. Erichsonia 526. Erichthonius 515. Erichthus 539. Ericulus 1177. Ertnaceus 1177. Eriodon 586. Eriodoridae 1097. Eriomys 1171. Eriphia 560. Eripus 587. Erismatura 1068. Eristalis 677. Erpocotyle 331. Ervilia 177, Eryciniden 695. Eryon 553. Erythacus 1098. Erythraeus 574. Erytlirinus 934. Erythrolamprus 1002. Erythrops 544. Eryx 1001. Eschara 381. Escharella 380. Escharina 380. Escharipoia 380. Escharoides 381. Eschscholtzia 253. Esox 873, 929. Esperia 194, 195. Estheria 501, 502. Esunculus 928. Eteone 410. Ethniosphaera 159. Ethmosphaeriden 159. Ethusa 557. Etroplus 938. Euaxes 419. Eubalaena 1147. Eubostrichus 366. Eucera 738. Eucharis 255, Euchirus 715. Euchlanis 386. Euchone 432. Euclidia 690. Eucanthus 477. Eucnemis 711. Eucoeliimi 839. Eucope 230. Eucopepoda 470. Eucorybus 602. Eucratea 380. Eucyrtidium 159, Eucythere 489. Eudactilina 478. Eudendrium 228. Eudipsas 1005. Eudora 541. Eudorella 541. Eudorina 143. Eudoxia 15, 239. Eudrilus 417. Eudromias 1072. Eudyptes 1066. Eudytes 1067. Euganoides 918. Eugeniacrinus 278. Euglena 143. Euglypha 153. Euichthyes 903. Eulalia 440. Eulen 690. Eulima 795. Euinastia 194. Eumenes 736. Eumenia 426. Emiiida 440. Eunectes 1001. Eunice 437. Eunicea 209. Eupagurus 554. Eupatagus 296. Eupelte 474. Eupetomena 1092. Euphania 652. Euphausia 41, 545. Euphonia 1100. Euphrosyne 435. Euphyllia 214. Eupithecia 689. Register. 1225 Euplectella 195. Euplocamus 1081. Euplotes 177. Eupodotis 1078. Eupompe 434. Euprepia 692. Eupsammia 213. Eupyrgus 803. Eurete 195. Eurhamphaea 254. Euryale 287, 695. Euryaleae 287. Eurycercus 497. Euryceros 1091. Eurydesmus 600. Eurydice 525. Eurylepta 342. Eurynoine 559. Euryphorus 478. Eurypodius 559. Eurypteriden 505. Eurypterus 505. Eurypyga 1075, 1077. Eurystomata 1000. Eurystomeae 253. Eurystonms 1092. Eurytenes 517. Eurythoe 435. Eurytoma 730. Eusarchus 580. Eusipoda 525. Eusmilia 214. Euspongia 194. '■'■- Eustrongylus 359'. '«'•'"•: Eutermes 646. Euterpe 474. Evadne 497. Evania 731. Exocoetus 894, 938. Exogone 439. Exogyra 758. Eylais 575. Fabricia 432. Fadenbacterien 139, 140. Fadenwürmer 348. Fächerzüngler 790. Falagria 718. Falcinellus 1074. Falco 1103. Faorina 297. Farella 379. Fario 892. Farrea 195. Fasciculina 378. Fasciola 340. Fasciolaria 792. Faserschwämme 193. Favia 214. Favorinus 787. Favositiden 212. Federzüngler 791. Felis 1188. Ferae 1130, 1182. Feronia 721. Fiber 1173. Fibrospongiae 193. Fibularia 294. Ficula 794. Ficus 661. Fidonia 689. Fierasfer 935. Figites 729. Filaria 360, 363, 366. Filaroides 360. Filifera 191. Filigrana 432. Firola 804. Firoloides 804. Fische 864. Fissilingues lUlO. Fissilinguia 1018. Fissirostres 1090, 1093. Fissurella 772, 780, 790. Fistularia 923, 949. Fistulopora 226. Flabellina 7S7. Flabellum 215. Flagellaten 141. Flata 665. Fledermäuse 1189. Fleischpolypen 211. Fliegen 675. Flöhe 683. Flohkrebse 510. Floriceps 323. Floscularia 385. Flossenfüsser 775. Flossenfüssler 1179. Flustra 380. Foenus 731. Foliolina 194. Forameniferen 149. Forda 663. Forficula 639. Formica 732. Formicivora 1097. B"'orskalia 237. Fossoria 735. Foveolia 232. Francolinus 1082. Frederieella 377. Fregilus 1095. Freia 177. Fringilla 1100. Frösche 175, 972. Frondicularia 154. Frondiprra 378. Frugivjra 1191. Fulo-ora 665. Frlica 1044, 1078. Fuligula 1068. Fulmarus 1070. Fumea 693. Fundulus 933. Fungia 213. Funicv^lina 208. Furcularia 386. Fusus 768, 792. Gadiculus 936. Gadus 873, 936. Galago 1196. Galathea 554. Galaxea 214. Galaxias 929. Galbula 1086. Galeocerdo 910. Galeodes 595. Galeolaria 239. Galeopithecus 1189, 1195. Galeritiden 294. Galeruca 701. Galeus 910. Galgulus 668. Galictis 1185. Galleria 689. Gallicola 728. 1226 Register. Gallicolae 682. Gcallinacei 1078. Gallinae 1063. Gallinago 1074. Gallinula 1077. Gallophasis 1081. Gallus 1013, 1081. Gamasus 573. Gammaracanthus 516. Gammarella 517. Gammarus 516. Gangvögel 1089. Ganocephala 966. Ganoiden 867, 868, 869, 873, 876, 877, 880, 883, 885, 895, 912. Garrulus 1095. Garveia 227. Gasteracantha 389. Gasterosteus 47, 892, 940. Gasterostomum 327, 329. Gasterotricha 387. Gastrana 763. Gasti-obranchus 902. Gastrocbaena 763. Gastrolepidia 434. Gastropacha 692. Gastroplax 787. Gastropoda 123, 743, 744, 745, 765, 772. Gastropteron 788. Gastrostyla 178. Gastrotokeus 924. Gastrus 677, Gecarcinicus 562. Gecarcinus 562. Gecarcoidea 562. Gecinus 1088. Gecko 1013. Geckonen lOlU, 1011. Gebia 554. Gegenbauria 254. Gelasimus 562. Gelesaurus 1020. Gemellaria 380. Gemmaria 227. Geocores 668. Geocoris 669. Geodesmus 340. Geodia 195. Geogenia 417. Geometra 689. Geometrina 689. Geomys 1174. Geoneniertes 345. Geopelia 1084. Geophila 799. Geophilus 602. Geoplana 340. Georychus 1173. Georyssus 715. Geositta 1093. Geotria 903. Geotrupes 713. Gephyrei 387. Geradflügler 634. Gerardia 211. Gerda 179. Geronticus 1075. Gerres 938. Gerrhonotus 1017. Gerrhosaurus 1017. Gerris 668. Gervilia 759. Geryonia 232. Geryonopsis 231. Gigantostraka 504. Ginglymostoma 909. Glandina 800. Gladius 727. Glareola 1072. Glaphyrus 714. Glaresis 713. Glattnasen 1192. Glaucoma 176. Glaucopis 693. Glaucothoe 554. Glaucus 778, 787. Gleba 238. Glied erfüsser 444. Glires 1130, 1167. Glirina 1134. Globiceps 228. Globigerina 154, 154. Globiocepbalus 1145. Gloraeris 601. Glossocodon 232. Gluvia 595. Glycera 438. Glyphodon 1006. Glyptocrinus 278. Glyptodon 1141. Glyptolepis 918. Glyziphagus 573. Gnathobdellidae 403. Gnathodon 762. Gnathophyllum 552. Gnathostomata 474. Gnorimus 714. Gobiesox 947. Gobio 932. Gobiodon 946. Gobioiden 920. Gobiosoma 946. Gobius 946. Godopsis 936. Gomphoceras 817, Gomphocercus 642. Gomphus 649, Gonatus 819. Gongylus 1017, Gonia 676. Goniada 438, Goniastraea 214, Goniatites 817. Goniocidaris 292. Goniocora 214. Goniocotes 659. Goniodes 659. Goniodiscus 283. Goniognatha 797. Goniognathen 800. Goniosoma 580. Gonium 143, Gonodactylus 539, Gonoplax 562. Gonopteryx 695. Gonothyraea 230. Gonyleptus 580. Gonyosoma 1003, Gordius 365. Gorgonella 209. Gorgonia 209, Gorgonocephalus 287. Gorilla 1202. Goura 1084, Gracula 1096. Graculus 1069, Grallae 1063. Grallatores 1071. 1227 Grammatophora 1015. Grantia 195, 196, 197. Graphiurus 1175. Grapholitha 688. Graphophora 690. Grapsoidea 561. Grapsus 562. Grapterus 644. Grayia 1003. Gregarina 5, 25, 44, 145, 147. Gressoria 640, Grimothea 554. Gromia 153. Grus 1076. Gryllotalpa 644. Gryllus 644. Grymaea 429. Gryphaea 758. Grypoihynchus 321. Gualtieria 296. Gulo 1185. Gummineae 193. Gunda 340. Gyge 528. Gymnarchus 888, 929. Gymnetrus 947. Gymnoblastea 226. Gymnobranchien 779, 786. Gymnocephalidae 346. Gymnocephalus 1096. Gymnocopa 440. Gymnodactylus 1013. Gymnodonten 865, 920, 925. Gymnolaemata 377. Gymnomuraena 926. Gymnophiona 964. Gymnophthalmata 221. Gymnorhina (Fledermaus) 1095. Gymnorhina (Vogel) 1192. Gymnosomata 777, 778. Gymnothorax 926. Gyiiinotus 881, 927. Gymnura 1177. Gynaecophorus 329. Gypaetus 1102. Gypogeranus 1104. Gypohierax 1102. Gyps 1102. Gyrator 338. Gyretes 720. Gyrinus 720. Gyrocotyle 327. Gyrocoris 179. Gyrodactylus 381. Gyrodus 918. Gyropeltis 483. Gyropus 659. Gyrosmilia 214. Hadena 691. Haftkiefer 924. Haematopinus 659. Haematopota 680. Haematopus 1073. Haeinentaria 403. Haemopis 404. Haeraulon 941. Haeterina 649. Haga 340. Haifische 904, 909. Haimea 208. Halatractus 228. Halbafl'en 1194. Halconoti 939. Halcyon 1091. Halcyonellidae 379. Haleciuni 230. Haiiaea 1044. Haliaeus 1069. Halichoerus 1181. Halichondria 194. Haliclystus 247. Halicore 1122, 1148. Halicryptus 393. Halictophagus 656. Halictus 737. Halimocyathus 247. Haliotis 768, 772, 780, 790. Haliplus 720. Halisarca 193. Haiistemma 237. Halitherium 1148. Halla 436. Halmaturus 1135. HalobiTtes 668. Halocypria 490. Halocypris 490. Halodactylus 379. Halomitra 218. Halosaurus 929. Haloscolecina 422. Halteria 178. Haltica 701. Haminea 788. Hamites 817 Hammaticherus 702. Handflügler 1189. Hapale 1199. Hapalemur 1196. Hapaloderma 1086. Hapalotis 1168. 1172. Haplocerus 1162. Haplochilus 933. Haplodactyla 303. Haplodactylus 942. Haploops 516. Hai^lophorus 1141. Haplosmilia 214. Haptophrya 175. Harelda 1068. Harengula 928. Harmothoe 433. Harpa 792. Harpactes 1086. Harpacticus 474. Harpactor 669. Harpalus 721. Harpes 505. Harpilius 551. Harpodon 931. Harpyia (Schmetterling) 692. Harpyia (Fledermaus) 1 192. Hartea 208. Hatteria 1009, 1015. Hautflügler 722. Hebrus 668. Hectocotylus 813. Hedessa 502. Hedychrum 733. Heliaetos 1103. Heliaster 283. HeUastes 938. Heliastraea 214. Heliciden 782. Helicina 796, 1228 Register. Helicinen 767. 783. Helicoideen 151. Heliconius 80, 696. Heliocidaris 293. Heliomma 160. Heliommatidium 160. Heliophanus 586. Heliopora 226. Heliosphaera 159. Heliothrips 645. Heliothrix 1093. Heliozoa 156. Helix 800. Helluo 404. Helmichthys 928. Helmintophis 1000. Heloderma 1019. Helodrilus 417. Helops 708. Helotes 941. Hemerobius 653. Hemerodromia 678. Hemiaspis 505. Heruiaster 297. Hemibdella 403. Hemibos 1 1 63. Hemicardium 76 i. Hemicidaris 293. Hemicordylus 1017. Heniicrepis 302. Heniidactylium 971. Hemidactylus 1014. Hemidasys 387. Hemidiadeuia 293. Hemigaleus 910. Hemiodus 934. Hemioniscus 528. Hemipatagus 296. Hemipholis 286. Heniiphractus 973. Hemipneustes 296. Heiuiptera 656, 666. Hemiramphus 938. Hemistomum 327. Heiniteles 730. Henicops 602. Henicurus 1098. Heniochus 942. Heniodipsas 1005. Henops 679. Hepatus 558. Hepiolus 69:j. Heptanchus 872, 887, 910. Herbstia 559. Hermadion 434. Hermella 430. Hermione 433. Hermodice 435. Herodias 1074. Herpestes 1186. Herpetodryas 1003. Herpetolitha 213. Herzigel 295. Hesione 439. Hesperia 694. Heterakis 359. Heterobdella 404. Heterobranchus 934. Heterocentrus 293. Heterocerus 715. Heteroconger 927. Heterodera 365. Heterodon 1003. Heterodontus 909. Heterofusus 777. Heterogaraia 639. Heterogyna 733. Heteromera 699, 705. Heteronereis 437. Heteronotus 665. Heterophenacia 429. Heterophrys 158. Heteropoda 20, 742, 766, 770, 772, 774, 775, 779, 801. Heteropygii 929. Heterostephanus 228. Heterostoma 602. Heterosyllis 439. Heteroterebella 429. Heterotoma 669. Heterotricha 176. Hexanchue 871, 887, 910. Hexapoda 603. Hexaprotodon 1 156. Hexarhizites 244. Hieraconyx 518. Hieraetus 1103. Hilara 678. Himantarium 602. Himantopus 1073. Himantostoma 245. Hinnites 759 Hijjpa 555. Hipparchia 695. Hipparion 1151, 1152. Hippobosca 675. Hippocampns 923, 892. Hippoglossoides 937. HipiDoglossus 937. Hippolyte 551. Hipponoe 293, 435. Hippopodius 239. Hippopotamus 1156. Hippopus 761. Hippotherium 1152. Hii^i^otigris 1 1 52. Hippotragus 1162. Hippurites 761. Hircinia 194. Hirudinei 50, 397. Hirudo 404. Hirundo 1094. Hispa 701. Hister 716. Histiophorus 946. Hifitioteuthis 819. Histriobdella 402. Holacanthus 942. Holaster 296 Holigocladodes 246. Holocentrum 940. Holocephali 908. Holomyarier 352. Holopedium 499. Holophrya 175. Holojineustes 293. Holoptychius 918. Holopus 279. Holostomata 794. Holostomis 654. Holostomum 327. Holothuria 301, 392 Holothurioideae 297. Holotricha 175. Holtenia 195. Holuropholis 1005. Homalocranion 1000, 1002. Homalopsis 1004. Homalosoma 1002. Register. 1229 Honialota 718. Homarus 553. Honieaca 1031. Honiola 557. Homolampas 296. Homopneusis 246. Homoptera 664. Homopus (Milbe) 573. Honiopus (Schildkröte) 1031. Hopletophrya 175. Hoplia 714. Hoplocephalus 1 006. Hoplophora (Milbe) 575. Hoplophora (Pflanzenlaus) 665. Hoplopterus 1072. Hormetica 640. Hormiphora 254. Hormiscium 139. Hornera 378. Hühnervögel 1078. Hufthiere 1148. 1156. Humivagae 1015. Huxleya 177. Hyaenioschus 1160. Hyaena 1187. Hyalea 776, 777. Hyalodaphnia 498. Hyalolampe 158. Hyalonema 195. Hyalopathes 211. Hyalospongiae 195. Hyalothauma 195. Hyas 1072. Hybalus 713. Hybocodon 228. Hybos 678. Hybosorus 713. Hydaticus 720. Hydatina 386. Hydra 9, 226. Hydrachna 578. Hydractinia 227. Hydrias 385. Hydrobia 796. Hydrobius 719. Hydrochelidon 1070. Hydrochoerus 1170. Hydrochus 719. Hydrocores 667. Hydroidea 7, 212, 219. Hydroidquallen 219. Hydromedusae 216. Hydroraetra 668. Hydromys 1168, 1172. Hydrophilus 719. Hydrophis 1007. Hydroporus 720. Hydropsalis 1095. Hydropsyche 655. Hydroptila 654. Hydrosauria 982, 986, 1021. Hydrosaurus 1019. Hydrous 719. Hyla 977, 980. Hylades 981. Hylaeus 737. Hylaplesia 981. Hylastes 703. Hylesinus 703. Hyllus 586. Hylobates 1202. Hylobius 704. Hylocharis 1093. Hylodactylus 981. Hylomys 1178. Hylotoma 727. Hylurgus 703. Hymeniastrum 160. Hymenicus 562. Hymenocaris 501. Hymenogorgia 209. Hymenoptera 722. Hymenorus 708. Hymenosoma 562. Hyoprorsus 928. Hyotheriuui 1154. Hypena 690. Hyperia 517. Hyperina 517. Hyperoartia 902. Hyperodapedon 1015. Hyperoodon 1146. Hyperopisus 929. Hyperotreta 902. Hyphantornis 1100. Hyphydus 720. Hypnos 912. Hypochthon 969. Hypoderma (Fliege) 677. Hypoderma (Fledermaus) 1192. Hypodiadema 293. Hypogaeon 417. Hyporaesiis 930. Hyponome 280. Hypopus 573. Hyposalenier 292. Hypostomen 883. Hypostomum 337. Hypostomus 935. Hypotricha 177. Hypsiprymnus 1135. Hypsirhina 1004. Hypudaeus 1173. Hyrax 1166, 1167. Hysterocarpus 939. Hystrichis 363. Hystrix (Polychaete) 433. Hystrix (Nagethier) 1170. lacamerops 1086. lacare 1025. laculus 1171. laera 527. lanella 800. lanira 695. lanthina 783, 791. lanus 781, 787. lapyx 637. lassus 664. Ibacus 553. Ibalia 729. Ibis 1075. Ibla 463. Icaria 736. Ichneumon 730. Ichthydium 387. Ichthyobdella 403. Ichthyocampus 923. Ichthyodea 968. Ichthyodoruliten 905 Ichthyomyzon 903. Ichthyonema 363. Ichthyopis 965. Ichthyopsiden 863. Ichthyopterygii 1022. Ichthyosaurii 1022. 1230 Register. Icterus 1096. Idmonea 378. Idotea 526. Mus 933. Idyiopsis 253. Iguana 1014. Iguanodon 1020. Ilia 558. Iliocryptus 498. Ilyobates 490. Ilysia 1001. Imogine 841. Impennes 1065. Jmperforata 151, 153. Inachus 558. Inarticulata 378. Incrustata 378. Indicator 1087. Ineptae 1084. Inequitelae 588. Inferobranchien 779. Infusoria 11, 30, 37, 44, 62, 160. Inoceramns 759. Insecta 22, 32, 34, 36, 37, 45, 47, 49, 50, 603. Insectivora (Nagethiere) 1176. Insectivora (Fledermäuse) 1192. Insessores 1089. Inuus 1198, 1201. lone 528. Iphimedia 516. Iphione 433. Ips 716. Irenaeus 475. Irrisor 1092. Isaura 502. Ischnogaster 736. Ischnognathus 1003. Iscimurus 593. Isis 209. Isoarca 760. Isobates 600. Isocardia 762. Isocerus 708. Isodactylium 971. Isophyllia 214. Isopoda 32, 519. Isotricha 176. Issus 666. Ithomia 696. lulis 939. lulus 600. luncella 209. Ixa 558. Ixalus 981. Ixodes 574. lynix 1088. Ääfer 696. Kalkschwilmme 196. Kalophrinus 980. Kammkiemer 790. Katallakten 145. Kegelschnäbler 1099. Kermes 661. Kerona 178. Kielfüssler 801. Kiemenlurche 968. Kleinia 297. Kleinschmetterlinge 687. Kleinschupper 916. Kletterbeutler 1135. Klettervögel 1085. Kloakenthiere 1130. Knochenfische 919. Knochenganioden 918. Knorpelfische 904. Knorpelganoiden 916. Kochlorine 462. Kölükeria 228. Kopifüsser 805. Kophobelemnon 209. Krallaffen 1199. Kratzer 347. Kraussia 827. Krebse 450. Kreiswirbier 377. Kroyeria 479. Kugelbacterien 139. liabidodemas 302. Labidura 039. Labranda 427. Labrax 939. Labroiden 883, 886, 920. Labrus 939, Labyrinthodonten 964, 966. Labyrinthuleae 145. Lacazia 393. Lacerta 1018. Lachesis 1008. Lachnus 663. Lacinularia 385. Lacon 711. Lacrymaria 175. Laemargus 478. Laemodipoda 514. Laemophloeus 716. Laena 708. Laetmonice 433. Lafoea 230. Laganum 294. Lagena 154. Lagenophrys 179. Lagenorhynchus 1146. Lagidium 1171. Lagis 430. Lagomys 1169. Lagopus 1082. Lagorchestes 1135. Lagostomus 1171. Lagotis 1171. Lagothrix 1200. Lagria 708. Lagynis 153. Lambrus 559. Lamellibranchiata 743, 744, 745. Lamellicornia 712. Lamellirostres 1067. Lamia 702. Lamna 909. Lamnungia 1166. Lampornis 1193. Lamprocera 710. Lamproglene 471, 479. Lamprophis 1005. Lamprops 541. Lamprosoma 701. Lamprotornis 1096. Lampyris 710. Lamyctes 602. Landwanzen 668. Langaha 1004. Laniarius 1096, Register. 1231 Lanius 1096. Lanuginella 195. Laodicea 231. Laomedea 230. Laomedia 554. Laonome 431. Laphria 679. Laphystius 516. Larentia 689. Larimus 944. Larus 1070. Lasia (Fliege) 679. Lasia (Käfer) 700. Lasiocampa 692. Lasiorhinus 1134. Laterigradae 587. Lates 940. Lathonura 498. Lathridius 716. Lathrobium 718. LatisteUae 293. Latona 499. Latreillia 557. Latris 942. Latrodectus 588. Laufvögel 1104. Lausfliegen 674. Leachia 527, Lebia 721. Lebias 933. Lecanium 661. Leda 760. Ledra 664. Leiaster 283. Leichtschnäbler 1090. Leiestes 700. Leiocepbalus 427. Leiocidaris 292. Leiodermatium 195. Leiolepis 1016. Leiox^athes 211. Leiosoma 575. Leiosurus 1016. Leistus 721. Lema 701. Lembadion 176. Lemnus 1173. Lemur 1133, 1196. Leodia 295. Leontis 437. Lepadella 386. Lepadogaster 947. Lepas 463. Lepidocentrus 259. Lepidocyrtus 638. Lepidoiden 913. Lepidoleprus 936. Lepidonotus 434. Lepidopleurides 917. Lepidopleurus 434. Lepidoptera 684. Lepidopus 944. Lepidosauria 994. Lepidosiren 950, 951, 953, 955, 956. Lepidosternon 1012. Lepidosteus 867, 913,, 914, 915, 919. Lepidotus 919. Lepidurus 503. Lepisraa 638. Lepralia 380, 381. Leptastraea 214. Leptis 680. Leptobrachia 245. Leptocardii 863, 895. Leptocephaliden 859, 888. Leptocephalus 928. Leptochelia 524. Leptoclinum 839. Leptoconchus 793. Leptodeira 1005. Leptodera 53. Leptoderus 717. Leptodora 496. Leptogaster 679. Leptognathus 1005. Leptogorgia 209. Leptolepis 919. Leptomysis 544. Leptonyx 1181. Leptophyllia 214. Leptoplana 341. Leptopilus 1076. Leptopsammia 213. Leptopodia 559. Leptopus 668. Leptorhyncbus 1025. Leptoria 214. Leptoscyphus 230. Leptostylis 541. Leptoteuthis 819. Leptura 702. Leptus 574. Lepus 1169. Lernaea 480. Lernaeocera 480. Lernaeodiscus 461. Lernaeopoda 480. Lernaeopodidae 47. Lernanthropus 479. Lernentoma 479. Lesinia 393. Leskia 297. Lessonia 231. Lestrigonus 517. Lestris 1070. Lesueuria 255. Letbrinus 942. Letbrus 713. Leucaltis 197. Leucandra 197. Leucariste 429. Leucetta 197. Leucifer 550. Leucilla 197. Leuciscus 932. Leucodore 428. Leucon 541. Leuconia 197. Leucophrys 178. Leucortis 197. Leucosia 558. Leucosolenia 196. Leucospis 730. Leucothea 255, Leucotboe 516. Leuculmis 197. Leucyssa 197. Leukartia 232. Levirostres 1090. Liasis 1002. Libellula 34, 650. Libinia 559. Libythea 095. Lichanotus 1196. Licbenoporidae 378. 1232 Register. Lichia 9i6. Licliomolgus 476. Lieberkühnia (Foramini- fere) 153 Lieberkühnia (Schwamm) 194. Ligia 528. Ligidium 528. Ligula 322. Lima 749, 751, 759. Limacina 777. Limacodes 693. Limapontia 786. Limas 767, 781, 783, 800, 896. Limeuitis 695. Limicola 1074. Limnadella 502. Limnadia 502. Limnaea 799. Limnaeen 783. Limnaeus 797. Limnatis 404. Limnetis 502. Limnias 385. Limnichus 715. Limiiicythere 489. Limnobates 668. Limnobia 683. Limnochares 574, 575. Limnodrilus 419. Limnodynastes 979. Limnometra 668. Limiiophila 798. Limnophilus 654. Limnoria 527. Limnosida 499. Limouius 711. Limosa 1044, 1073. Limulus 507. Lina 701. Lindia 386. Lineus 346. Linguatulida 566. Lingulina 154, 822, 826. Linthia 297. Linyphia 588. Liodes 717. Liophis 1002. Liosoma 303. Liostomum 404. Liotheum 659. Liparis (Schmetterling) 692. Liparis (Fisch) 947. Lipoptena 675. Lipiira 638. Lipurus 1136. Lirione 435. Liriope (Trachymeduse) 232. Liriope (Cmstacee) 528. Lissa 559. Lissodema 705. Listriodon 1149. Listrophorus 573. Listroscelis 643. Litharachnium 159. Litheliden 160. Lithobius 602. Lithocampe 159. Litocharis 718. Lithocircus 158. Lithocyclia 160. Lithodes 557. Lithodomus 750, 760. Litholophus 159. Lithophilus 700. Lithophyllia 214. Lithosia 691. Lithotrya 463. Lituaria 206. Lituites 817. Lituola 154. Littorina 768, 796. Littorinen 785. Livia 663. Livilla 663. Livoneca 525. Lixius 704. Lizzia 228. Lobatae 254. Lobophora 295. Locusta 643. Loftusia 154. Loligo 812, 814, 819. Loligopsis 819. Loliolus 819. Lomatia 679. Lomechusa 718. Lomis 557. Loncheres 1171. Longipedia 474. Longipennes 1069. Lopadorhynchus 440. Lophiocephala 429. Lophiodon 1149. Lophiodonten 1150. Lophiura 1015. Lophius 886, 950. Lophobranchii 47, 883, 895, 922. Lophogaster 545. Lophogorgia 209. Lophohelia 215. Lophonota 435. Lophophorus 1081. Lophopoda 376. Lophopus 377. Lophornis 1093. Lophoseria 213. Lophosmilia 215. Lopbotes 947. Lophyrus 727, 790. Loricaria 935. Loricata 553, 1023. Loricula 463. Loriculus 1089. Lorius 1089. Lota 936. Lotella 936. Lovenia 296. Loxia 1100. Loxocera 675. Loxoconcha 490. Loxodes 175. Loxodon (Fisch) 910. Loxodon (Elephant) 1166. Loxophyllum 175. Loxorrhochma 346. Loxosoma 379. Lucanus 712. Lucernaria 247. Luceruariden 246. 247. Lucifuga 935. Lucina 762. Lucinopsis 762. Luciola 710. Lucioperca 940. Luciotrutta 931. Ludmila 338. Register. 1233 Luidia 284. Lumbriconais 426. Lumbriconereis 436, Lumbriculus 419. Luinbricus 416. Lungenschnecken 796 Lupea 560. Lurche 953. Lurchfische 950. Luscinia 1098. Lusciola 1098. ifutodeira 929. Lutra 1185. Lutraria 762. Lycaea 519. Lycaenidae 694, Lycastis 437. Lyciscus 1187. Lycodon 1005. Lycoperdina 700. Lycophidion 1005. Lycoridae 4'^7. Lycosa 587. Lyctus 716. Lycus 710. Lyda 727. Lydus 706. Lygaeus 669. Lymexylon 709, Lymnaeus 780. Lynceus 497. Lyncodaphnina 497 Lynx 1188. Lyorhynchus 363. Lyriodon 760. Lyrurus 1082. Lysarete 436. Lysianassa 517. Lysidice 436. Lysiosquilla 539. Lysippe 430. Lysmata 552. Lystra 665. Lytta 706. lHachairodus 1188. Machetes 1073. Machilis 638. Macrauchenia 1150, Claus, Zoologie Macrobiotus 578. Macrocera (Diptere) 682. Macrocera (Hymenoptere) 738. Macrocercus 1089. , 799. Macrochires 1092. Macrodon 933. Macrodontia 702. Macrogaster 571. Macroglossa 694. Macroglossus 1192. Macrones 934. Macrophyllum 1194. Macropis 737. Macropneustes 296. Macropoda 1134. Macropodus 949. Macropus 1135. Macropygia 1084. Macroscelides 1178. Macrostomum 338. Macrothrix 498. Macrotis 1137. Macrotus 1194. Macrurus 936. Mactra 762. Madracis 215. Madrepora 210, 212, 213. Madreporaria 226. Maeacus 1201. Maeandrina 214. Maena 941. Magilus 785, 793. Magosphaera 145. Maja 558. Majacea 558. Makropodus 889. Makrura 549. Malachius 710. Malacobdella 402. Malacodermata (Polypen) 211. Malacodermata (Käfer) 709. Molacopterygii 867, 895, 921, 926. Malacoptila 1086. Malacostraken 453. Malapterurus 881, 935. Maldane 427. Malleus 759. 3. Aufl. Mallophaga 659. Mallotus 930. Malthe 920, 950. Malthea 886. Malthinus 710. Malurus 1098. Mamestra 691. Maiumalia 863, 1108. Mammuth 1166, 1206. Manama 247. Manatus 1114, 1143, 1148. Manis 1119, 1140. Mantelthiere 827. Manticora 722. Mantis 640. Mantispa 652. Margaritana 761. Marginella 792. Marphyia 437. Marpissa 586. Marsipobranclii 899. Marsupialia 1122, 1132. Masaris 736. Mastacembelus 949. Mastigias 245, Mastigocera 727. Mastigocerca 386. Mastigus 717. Mastodon 1166. Mastodonsaurus 964, 966. Matamata 1030. Matuta 558. Maulfüsser 536. Mecistops 1025. Mecistura 1097. Meckelia 346. Meconema 643, Medeterus 678. Medusa 245. Megacephala 722. Megacephalon 1081. Megaceros 1161. Megachile 738. Megaderniia 1193. Megalaema 1086. Megalichthys 918. Megalonyx 1141. Megalophrys 679. Megalops 929. Megalosaurus 1020. 78 1234 Register. Megalotis 1187. Megalotrocha 385. Megalurus 919. Megaptera 1147. Megasoiua 714. Megatherien 1140. Megatherium 1141. Megerlea 827. Melampus 799. Melandrya 708. Melanerpes 1ÖS8. Melania 783, 785, 795. Melanopelargus 1076. Melanophidium 1001. Melanopsis 795. Melanothrips 645. Melasis 711. Meleagrina 749, 759. Meleagris 1080. Melecta 737. Males 1185. Melicerta 385. Melicertum 231. Melierax 1103., Meligethes 716. Milinna 430. Meliphaga 109:). Melipona 740. Melitaea 695. Melithaea 210. Melitophagus 1092. Melitophila 714. Melivora 1185. Mellita 295. Meloe 706. Melolontha 714. Melonites 291. Melophagus 674. Melopsittacus 1089. Melyrinae 710. Membracis 665. Membranipora 380. Menephilus 708. Menobranchus 969. Menopoma 970. Menopon 659. Mensch 1203. Menura 1099. Meoma 297. Mephitis 1185. Mergeiis 228. Mergnlus 1066. Mergus 1068. Meriones 1172, 1178. Merluccius 936. Mermis 364. Meromyarier 352. Merops 1091. Mertensia 254. Mernlinaceae 214. Mesembrina 676. Mesenteripora 378. Mesodinium 179. Mesodon 918. Mesopharynx 338. Mesopithecus 1201. Mosoprion 940. Mesostomviin 338. Mespilia 293. Metaleuca 640. Metastraea 214. Methoca 733. Metoecus (Crustacee) 518. Metoecus (Käfer) 707. Metopidia 386. Metopus 176. Miastor 683. Micvaster 296, Microcebus 1196. Microchoerus 1148. Micrococcus 139. Microgaster 730. Microglossus 1089. Microlepidoptera 687. Micrommata 587. Microniscus 528. Micropeplus 719. Micropogon 944. Micropteron 1146. Micropteryx 946. Microrhynchus 1196. Microstoma 930. Microstomum 338. Microsyllis 439. Micrura 345. Micryphantus 588. Midas ^Schildkröte) 1029. Midas (Affe) 1199. Milben 568. Miliola 150, 153. Millepora 212, 226. Milnesiuui 578. Miltogranuna 735. Milviis 1103. Mimus 1099. Miniopteris 1193. Minyas 212. Miris 669. Miselia 691. Missulena 586. Mithrax 559. Mitobates 580. Mitra 792. Mitraria 427. Mnemia 255. Mnemiopsis 255. Modiola 749, 760. Modiolaria 756. Modulus 796. Moera -^97. Moina 498. Molche 970. Molge 971. Molgula 840. Molidae 925. Mollia 380. Mollusca 741. Molluscoidea 741. Molobrus 682. Moloch 1016. Molorchus 702. MolloBSus 1193. Molpadia 303. Molukkenkrebse 505 Molva 936. Momotus 1092. Mompsea 210. Monacanthus 925. Monaden 142. Monas 139, 142. Moneren 5. 142. Monhystera 366. Monitor 1019. Monocaulus 229. Monocelis 337. Monocentris 941. Monocerca 386. Monoculodes 516. Monocyrtiden 159. Monocystis 147. Register. 1235 Monodon 1146. Monogouopora 340. Monolabis 385. Monomyarier 748. 757. Mononyx 668. Monophlebus 661. Monophyes 239. Monopneumona 952. Monopterus 927. Monospilus 497. Monostomum 327. Monostyla 386. Monothalamien 149 151. Monotremata 1117, 1122, 1130. Monozonia 600. Montaguia 787. Monticola 1098 Montipora 213. Monura 386. Moosthierchen 368. Mora 936. Mordacia 903. Mordella 707. Morelia 1002. Mormolyce 721. Mormon (Vogel) 1066. Mormon (Affe) 1201. Mormoijs 1193. Mormyrops 929. Mormyrus 881, 929. Mortonia 295. Morychus 715. Mosasaurus 1011, 1020. Moschus 1110 1160. Motacilla 1097. Motella 936. Mülleria 302. Mugil 948. Mulloides 941. Mullus 941. Munida 554. Munna 527. Munnopsis 527. Muraena 926. Muraenophis 889. Murex 781, 788, 785, 792. Muricea 209, Mursia 558. Mus 1110, 1168, 1172. Musca 676. Muscardinus 1174. Muscaria 675. Muschelkrebse 484. Muschelthiere 745. Muscicapa 1097. Musciformes 681. Muscipeta 1097. Musophaga 1087. Mussa 214. Mustela 1129. 1185. Mustelus 890, 893, 907, 910. Mutilla 733. Mya (Muschelthier) 763. Mya (Flossenfüssier) 1182. Mycetes 1113, 1200. Mycetobia 682. Mycetochares 708. Mycetoma 708. Mycetophagus 715. Mycetophila 682. Mycetoporus 718. Mycoderma 139. Mycteria 1076. Mycterus 705. Myctiris 562. Mydaeus 1185. Mydas 679. Mygale 585. Myiarchas 1097. Mylabris 706. Mylesinus 934. Myletes 934. Myliobatis 912. Mylodon 1141. Myobatrachus 978. Myobia 573. Myocoptes 572. Myodes 1173. Myogale 1178. Myopa 676. Myophoria 760. Myopotamus 1171. Myopsidae 819. Myos^jalax 1173. Myoxus 1174. Myrianida 439. M^n-ina 695. Myriopoda 595. Myriotrochus 303. Myriozoum 380. Myripristis 941. Myrmecia 586. Myrmecobius 1137. Myrmecophaga 1119, 1123, 1140. Myrmecophila 644. Myrmedonia 718. Myrmeleon 653. Myrmica 732. Myrophis 926. Myrus 927. Mysideis 544. Mysidopsis 544. Mysis 544 Mystacides 654. Mystacina 1193. Mysticete 1146. Mystriosaurus 1024. Mytilus 754, 760. Myxastrum 142, 153. Myxilla 195. Myxine 872, 878, 879, 880, 887, 889, 900, 901, 902. Myxinoiden 871, 880. Myxobrachia 158. Myxodictyon 142, 153. Myxomyceten 11, 17, 140, 152. Myzobdella 403. Myzostoma 279. Myzotomum 440. Ä^abis 668. Nacella 789. Nadina 338. Nagebeutler 1134. Nagethiere 1167. Naja 1006. Najades 760. Naideen 175. Nais 420. Nanomia 237. Naobranchia 480. Narcine 881, 912. Naseus 948. Nasiterna 1088. Nassa 792. 1236 Register. Nassula 176. Nasua 1184. Natantia 474. Natatores 1064. Natica 785, 795. Natricinae 1003. Naucoris 667. Naucrates 945. Nausithoe 244. Nautactis 212. Nautilograpsus 562. Nautihis 806,807, 810,811, 812, 816, 817. Navicella 791. Nebalia 545. Nebria 721. Necrophilus 717. Neerophoriis 717. Nectarinia 1093. Necturus 969. Nemachilu« 933. Nemathelminthes 346. Nematobotbrium 327. Neuiatodactylus 942. Nematodes 23,31,348,849. Nematonereis 436 Nematoptera 653. Nematoxys 359. Nemeobius 695. Ncniertes 346. Nemertini 342. Nemestrina 679. Nemichthys 927. Nemocera 681. Neruopsis 229. Nemoptera 653. Nemorea 676. Nemotelus 681. Nemura 647. Ncophron 1102. Neottis 429. Nepa 668. Nephelis 404. Nephila 588. Nephiopa 552. Nephthya 208. Nephthys 438. Neptis 695. Noreicola 477. Nereidae 432. Nereilepas 437. Nereis 437. Nerinaea 795. Nerine 428, Nerita 772, 791. Neritina 783, 785, 79!. Neritopsis 795. Neiocila 525. Nerophis 923. Nesaea 526, 575. Nestor 1089. Netzflügler 650. Neuroptera 650. Newportia 602. Nicaea 515. Nieidion 437. Nicolea 429. Nicoletia 638. Nicothoe 477. Nika 552. Niphargus 516. Nirmus 659. Nisus 1103. Nitidula 716. Nitzschia 330. Noctilio 1193. Moctiluca 545. Noctilucen 144. Noctuiformes 082. Noctuina 690. Nodosaria 154. Nomada 737. Nomeus 945. Nosodendron 715. Nostocaceen 139. Notacanthus 949. Notaeus 919. Notaspis 575. Noteus 385. Nothosaurii 1022. Nothrus 575. Notidanus 910. Notodelphys (Copepode) 475. Notodelphys (Frosch) 962, 975, 981. Notodonta 692. Notodromus 489. Notomastus 426. Notoinmata 386. Notonecta 667. Notopoda 556. Notopterus 929. Notopygos 435. Notornis 1077. Notospermus 346. Nototrema 981. Noturus 934. Novius 700. Nubecularia 154. Nucifraga 1095 Nuclearia 142. Nucleolinae 296. Nucleolites 296. Nuciila 760. Numenius 1074. Numida 1081. Numnmlina 154. Nummuliten 150. Nyctale 1101. ^yctea 1102. Nyctenbia 674. Nycteris 1194. Nycticebus 1196. Nycticejus 1192. Nycticorax 1075. Nyotidromus 1095. Nyctiornis 1092. Nyctipithecus 1200. Nyctophilus 1194. Nyctotherus 176. Nyniphalidae 695. Nymphicu.s 1088. Nymphen 577. I^belia 230. Obesa 1 1 55. Obisium 594. Oblata 912. Ocanthiis 644. Oceania 229. Ocellatae 226. Ochorutes 638. Ochthebius 719. Ocnus 302. Octactinia 207. OctobothrAim 330. Octocotyle 330. Octodon 1170. Register. 1237 Octouieris 464. Octonycteris 1J92. Octopoden 806, 807, 808, 812, 814. Octopus 809, 812, 820. Octostoma 330- Oculina 215. Ocydromus 1077. Ocypoda 562. Ocypus 718. Ocyroe 255. Odius 51(j Odontaeus 718. Odontaspis 910. Odontobius 366. Odontognatha 797. Odontomus 1005. Odontomyia 680. Odontosyllis 438. Odynerus 736. Oecist.is 385. Oecodonia 732. Oedemera 705. Oedicerus 516. Oedicnemus 1072. Oedipoda (Orthoptere) 642. Oedipoda (Diptere) 676. Oedipus 551. Oeone 436. Oerstedtia 345. Oestropsiden 654. Oestrus 677. Ohrenqualle 245. Uidetnia 1068. Oigopsidae 819. Oithona 474. Olenciva 525. Olenus 505. Oletera 586. Oligocelis 340. Oligochaeta 413. Oligodon 1002. Oligoneura 648. Oligopleurus 919. Oligopori 293. Oligotoma 6i6. Üligotrochus 303. Olios 587. Oliva 773, 785, 792. Olivancillaria 792. Olullanus 861. Olynthus 197. Olythia 646. Omalium 719. Omniastrephes 807, 819. Ommatidae 159. Ommatoplea 845. üinophron 721. Omorgus 713. Oncaea 476. Onchidella 799. Onchidium 780, 799. Onchidoris 787. Onchobothrium 323. Onchocotyle 330. Üncholaimus 366. Oncilabiden 303. Oncodes 679. Oncorliynchus 931. Oniscia 794. Oniseosoma 435. Oniscus 528. Oniticellus 713. Onthophagus 713. Ontophilus 716. Onuphis 437. Onycha 819. Onychocephalus 1000. Onychodactylus 972. Onychodronms 178. Onychophora 4M. Onychoteuthis 819. Opalina 25, 30, 175. Opatruni 708. Opercularia 179. Operculata 463. Operculin.i 154. Ophelia 426. Ophiacantha 286. Ophiactis 286. Ophiarthrum 286. Ophibdella 403. Ophichthys 926. Ophidia 995. Ophidiaster 283. Ophidium 935. Ophiocephalus 346. Ophioceramis 286 Ophiochaeta 285. Ophiocnemis 286. Ophiocoma 286. Ophiocten 286. Ophioderma 285. Ophiodes 1008, 1016. Ophiodromus 439. Ophioglypha 285. Ophiogymna 286. Ophiolepis 285. 286. Ophiomastix 286. Ophiomyxa 287, Ophion 730. Ophionereis 286. Ophiophocus 286. Ophiopholis 286. Ophiops 1019. Ophiopsamnius 285. Ophiopsila 286. Opliiopus 286. Ophioscolex 287. Ophiostigma 286. Ophiothrix 286. Ophisaurus 995, 1008, 1018. Ophisurus 926. Ophiura 285. Ophiureae 285. Ophiuridea 284. Ophiusidae 690. Ophryas 1006. Ophrydium 179. Ophryodendron 175. Ophryoessa 1014. Ophryoglena 176. Ophryoscolex 179. Ophryotrocha 436. Ophthaluncus 669. Opilio 580. Opisthobranchia 774, 781, 785. Opisthobranchien 779, 783. Opisthocoelia 1024. Opisthocomus 1081. Opisthodon 177. Opisthoglyphen 997, 1000. Opisthomum 337. Opterodonten 996, 1000. Orbicula 826. Orbiculina 154. Orbitelae 588. Orbitolites 154. 1238 Register. Orbulina 154 Orca 1145. Orchesella 638. Orchesia 708. Orchestia 515, Orcula 302. Orcus 338. Oreas 1162. Oreaster 282, 284. Orectochilus 720. Oreophasis 1080. Orestias 933. Orgelcorallen 210. Oria 432. Oribates 575. Oriolus 1095. Orithyia 558. Ormoceras 817. Ornitholia 675, Ornithomyia 674. Ornithorhynchus 1 120. Ornithoscelida 1020. Ornithoscelidae 1063. Orozeuktes 525. Orphilus 715. Orseis 439. Orthagoriscus 925. Orthiden 826. Orthocera 678. Orthoceras 817. Orthoconchae 748, 758. Orthognathen 1207. Orthogoriscus 879. Orthonyx 1097. Orthoptera 634. Orthopyxis 230. Orthosaurus 1025. Orthostomum 388. Orthotomus 1098. Ortyometra 1077. Ortyx 1082. Oryale 587. Orycteropus 1140. Oryctes 714. Oryssus 728. Oryx 1162. ' Oryzoborus 1100. Oscillarien 139. Oscines 1063. Osculina 194. Osmerus 930. Osmia 738. Osmoderiua 714. Osraylus 653. Osphromenus 949. Üssifraga 1070. Osteolaenius 1025. Osteolepis 918. Ostracidium 580. Ostracion 925. Ostracoda 3, 484. Ostrea 749, 754, 758. Otaria 1181. Othius 718. Otidiphaps 1084. Otilophus 980. Otiou 463. Otiorhynchus 704. Otis 1078. Otocyon 1187. OtoKcnus 1196. Otolithus 944. Otus (Arthrostrace) 516. Otus (Vogel) 1101. Oveolites 154. Ovibos 1163. Ovis 1110, 1162. Ovula 793. Owenia (Ctenophore) 251. Owenia (Polychaete) 427. OxybeUs 1004. Oxybelus 735. Oxycephala 648. Oxycephalus 518. Oxycera 680- Oxydactylia 978. Oxydoras 934. Oxyglossus 979. Oxygnatha 797. Oxygyrus 804. Oxynaspis 463. Oxypoda 718. Oxyporus 718. Oxyptychus 404. Oxyi'hopus 1005. Oxyrbyiujha 558. Oxysoma 359. Oxystomata 557. Oxytelus 718. Oxythyrea 714. Oxytricha 178. Oxyuris 359. Ozobranchus 403. Pachastrella 195. Pachybrachys 701. Pachychalina 194. Pachycoris 670. Pachycormus 919. Pachydrilus 420. Pachy gaster 681. Pachygnatha 588. Pachy gyra 215. Pachylasma 464. Pachylis 670. Pachynierus 669. Pachyplana 341. Pachypus 714. Pachytylus 642. Paedrus 718. Pagelhis 942. Pagophilus 1181. Pagrus 942. Paguristes 555. Pagurus 554. Palaechinoideen 291. Palaechinus 291. Palaemon 550. Palaemonella 551. Palaeniscus 919. Palaeobatrachus 977. Palaeochoerus 1154. Palaeocyclus 211. Palaeophrynos 977. Palaeorais 1063. 1089. Palaeosaurus 1020. Palaeostoma 297. Palaetherium 1150. Palamedea 1078. Palapteryx 1063, 1107. Palingenia 648. Palinurus 553. Pallasia 430. Pallene 577. Palmelaceen 143, 145. Palmyra 434. Palmyropsis 434. Palpares 653. Palpicornia 719. Register. 1239 Paludicelliden 379. Paludina 783, 785, 796. Palimiboenas 1084. Palumbus 1081. Palythoa 212. Pauiphilius 727. Pandalus 551, Pandarus 478. Pandion 1103. Pandora (Ctenophore) 253. Pandora (Muschelthier) 754, 763. Panopaea 763. Panophrys 176. Panorpa 652. Panorpidae 652. Pantopoden 575. Panurus 1097. Panzergan oiden 916. Panzerkrebse 553. Papilio 696. Papillina 194. Papio 1201. Papirius 638. Paracletus 663. Paracrangon 552. Paracyathus 215. Paracypris 489. Paradisea 1096. Paradoxides 505. Paradoxornis 1100. Paradoxostouia 490. Paradoxurus 1186. Paragorgia 209. Paralcyoniu») 208. Paralepis 931. Paramaecium 175. Paramphithoe 516. Parandra 702. Paranephrops 552. Paranthura 524. Pararge 695. Parascidia 839. Parascyllium 909. Parasira 820. Parasita 476. Parasitica 657 Paratanais 524. Pardosa 587. Pareas 1004. Paribacus 553. Paridigitaten 1153. Parkeria 154. Parniopliorus 790. Parnopes 733. Parnus 715. Parophrys 937. Parra 1071, 1077. Parthenope 559 Parthenopea 461. Parus 1097. Pasiphaea 551. Pasithea 498. Pasithoe 577. Passalodon 908. Passalus 713. Passer 1100. Passerculus 1100. Passeres 1063, 1089. Passerita 1004. Pastinaca 912. Pastor 1096. Patella 767, 773, 789. Patellina 154. Pauropoda 601. Pauropus 600. Paussus 717. Pavo 1081. Pecora 1130. Pecorus 1156 Pecten 41, 7.50, 751, 754, 759. Pectinaria 430. Pectinatella 377. Pectinia 215. Pectinicornia 712. Pcctinura 285- Pectunculus 751, 7.54, 760. Pedata 301. Pedetes 1171. Pedicellaster 283. Pedicellina 379. Pedicularia 794. Pediculaten 920. Pediculus 659, 706. Pediuiana 966, 1138. Pedinus 708. Pedipalpi 589. Pedum 759. Pedunculata 462. Pegasia 231. Pegasus 923. Pelagia 214. Pelagiopsis 244. Pelamis 1007. Pelamys 945. Pelargopsis 1091. Pelecanus 1069. Pelecotoiua 707. Pelecus 932. Pelias 1007. Pelicanus 1052. Pelidna 1073. Pellina 194. Pellona 928. Pelobates 975, 977, 979. Pelobius 151, 153. Pelodryas 981. Pelodytes 979. Pelogonus 668. Peloniedusa 1030. Pelops 575. Pelorosaurus 1020. Peloryctes 419. Peltis 716. Peltocaris 501. Peltocephalus 1030. Peltogaster 461. Pemphigus 663. Pemphredon 735. Penaeus 550. Penella 480. Penelope 1053, 1080. Peneroplis 154. Pennaria 228, Pennatula 208. Pentacrinus 278, 279. Pentamera 699, 708. Pentamerus 826. Pentaneraus 944. Pentaprion 941. Pentastomiden 566. Pentastomum 567. Pentatoma 670. Penthina 688. Pentoden 714. Pentreniites 279. Perameles 1137. Perca 889, 939, 943. Percalabrax 940. 1240 Register. Percarina 940. Percis 944. Percoiden 880. Percopsis 929. Perdix 1082. Perennibranchiaten 861, 957, 963, 966, 968, 969. Perforata (Foraminiferen) 151, 154. Perforata (Corallen) 212. Periaster 297. Periboea 439. Perichaeta 417. Pericosmus 297. Peridinium 143. Peridromus 177. Perigonia 694. Perigonimus 228. Perilampus 730. Perionyx 417. Periophtlialmus 946. Peripatus 442. Periplaneta 640. Perispira 175. Perisphaeria 640. Perissodactyla 1148, 1149. Peristedion 943. Peritricha 178. Perla 647. Perna 759. Pernis 1103. Perognathus 1174. Peronia 799. Perophora 840. Peropoden 985, 1001. Persona 794. Petalopus (Foraminifere) 152, 153. Petalopus (Thoracostrace) 541. Petalostoiua 393. Petaurista 1136. Petaurus 1133, 1136, 1189. Petricola 764. Petrogale 1135. Petromys 1171. Petromyzon 18, 19, 862, 871,878—880,887,803, 900, 901, 903. Petta 430. Pezoposus 1089. Pfeilzüngler 793. Pflanzenläuse 660. Pflanzenthiere 7, 180. Phacops 505. Phaethornis 1092. Phaeton 1069. Phalacrus 716. Phalangella 378. Phalangida 578. Phalangista 1133, 1136. Phalangium 580. Phalangodus 580. Phalansterium 143. Phalaropus 1074. Phaleria 708. Phaleris 1066. Phallusia 834, 840. Phanerocarpae 240. Phaneropleuron 918. Phaneroptera 643. Phanogenia 279. Phaps 1084. Pharyngognathi 895, 921, 935, 938. Phascogale 1137. Pbascolarctus 1136. Phascolodon 177. Phascolomys 1134, 1167. Phascolosoma 393. Phascolotherium 1138. Phasia 676. Phasianella 791. Phasianus 1081. Phasma 64 J. Phenacia 429. Pheronema 195. Pherusa 429, 516, 529. Pbialina 175. Phidippus 586. Philander 1138. Philetaerus 1100. Philine 788. Philodina 385. Philodromus 587. Plülodiyii.s 1003. Philolimnos 1074. Philonexis 813, 8 14, 820. Philonthus 718. Philopotamus 655. Philopterus 659. Philyra 558. Pbiolophus 1149. Phlebenterata 77 J, 779, 786. Phloea 670. Phloeocharinen 718. Phloeocoris 670. Phloeotrips 645. Phoca 1181. Phocaena 1145. Phoenicophaes 1087. Phoenicopterus 1067. Pholadomya 763. Pholas 750, 764. Pholcus 588. Pholidotus 1140. Pholoe 434. Phora 675. Phoreus 519. Phoronis 393. Phosphaenus 710. Phoxichilidium 577. Phoxinus 933. Phoxus 516. Phragmoceras 817. Phragmoconus 807, 818. Phreoryctes 419. Phronima 518. Phronimella 518. Phrosina 518. Phryganea 654. Phrynocephalus 1015, 1016. Plii-ynops 1030. Phrynosoma 1015. Phrynus 590. Phryxus 528. Phthiracarus 575. Phthirius 659. Phycis 936. Phycochromaceen 139. Phyeogorgia 209. Phylactolaemata 376. Phyllacanthinae 323. Phyllacanthus 292. Phyllactis 212. Phyllangia 214. Phyllarus 1013. Phyllidia 788. Phyllidiiden 779. Register. 1241 Phylüne 330. Phyllirhoe 766, 772, 778, 786. Phyllium 641. Phyllobates 981. Phyllobius 704. Phyllobothrium 323. Phyllobranchus 403. Phyllocerus 710, 711. Phyllochaetopterus 428. Phyllodactylus 1014. Phyllodoce 439. Phyllognathus 714. Phyllogorgia 209. Phyllonella 330. Phyllonyeteris 1190. Phyllopertha 714. Phyllophaga 714. Phyllophorus 302. Phyllopneuste 1098. Phyllopoda 491. Phyllopteryx 924. Phyllorhina 1193. Phyllorhiza 246. Phyllostoma 1194. Phylloxera 663. Phyuianthus 2)2. Physa 797, 799. Physalia 238. Physaloptera 361. Physalus 1147. Physarum 140. Physematiuni 158. Physeter 1146. Physodon 910. Physopoda 644. Physophora 237. Physostomi 884, 895, 921, 926. Phythometridae 689 Phythophthires 660. Phytophaga 726. Phytoptus 574. Pica 1095. Picae 1063. Piculus 1087. Picumnoides 1088. Picumnus 1088. Picus 1043, 1087. Pielus 693. Pieris 695. Piestinen 718. Pileolaria 432. Pileolus 791. Pileopsis 795. Piluraniis 560. Pimelepterus 942. Pimeliidae 708. Pimelodus 934. Pimpla 730. Pinacobdella 404. Pinna 754, 760. Pinnipedia 1179. Pinnotheres 561. Piophila 676. Pipa 958, 962, 973, 975, 978. Pipra 1096. Pipunculus 676. Pirates 668. Pisa 559. Pisces 864. Piscicola 403. Pisella 796. Pisidium 762. Pisoides 559. Pista 429. Pithecia 1200. Pithecus 1202. Pitta 1100. Placenta 759. Placentalia 1139. Placentaria 1127. Placiacantlia 158. Placobranchus 786. Placodermata 916. Placoiden 869, 895, 905. Placotrochiis 215. Placuna 759. Placunopsis 759. Plagiopeltis 331. Plagiophus 1150. Plagiopogon 175. Plagiopyla 176. Plagiostomen 867, 887, 889, 893, 904, 908. Plagiotoma 176. Plagiotremen 989, 994. Plagusia (Thoracostrace) 562. Plagusia (Fisch) 937. Planaria 338, 340. Planaxis 795. Planeolis 342. Planipennia 657. Planocera 341. Planorbis 768, 797, 799. Planorbulina 154. Platalea 1050, 1053, 1075. Platanista 1146. Platemys 1030. Plathelmintes 311. Piatodes 311. Plattnasen 1199. Platt wärmer 311. Platurus 1006. Platyarthrus 529. Platybrissus 296. Platycercomys 1171. Platycercus 1089. Platycerus 713. Platycnemis 649. Platycrinus 278. Platydactylus 1013. Platydesmus 600. Platygaster 730. Platylepas 464. Platymera 558. Platyonichus 561. Platypeza 678. Piatypoden 703, 743, 766, 770, 772, 774, 775, 778. Piatypus 703. Platypyxis 230. Platyrhina 912. Platyrhini 1199. Platyscelis 708 Platyscelus 519. Platysomus 917. Platytrochus 215. Platyuri 919. Plea 667. Plecotus 1192. Plectognathi 895, 920, 924. Plectrophanes 1099. Plectropoma 910. Plectropus 981. Plectrurus 1001. Plectus 366. Plegaderus 717. Pleione 435. 1242 Register. Pleopis 497. Plerogyra 214. Plesiastraea 214. Plesiosaurii 1022. Plesiosaurus 983. Plethodon 970, 971. Pleuracantlius 90S. Pleureehinus 293. Pleurobrachia 253. Pleurobranchaea 787. Pleurobranchiaten 767. Pleurobranchien 781, 782, 779. Pleurobrancliua 787. Pleurochiliclium 176. Pleuroconchae 748, 758. Pleurocora 214. Pleurocotyle 330. Pleurodeles 972 Pleurodenia 979. Pleurodonten 988, 1010. Pleurolepis 917. Pleuronectes 872, 937. Pleuronectiden 848. Pleui'onema J76. Pleurophrys 153. Pleurophyllidia 788. Pleurotoiiia 793. Pleurotouiaiia 791. Pleurotricha 178. Pleurotrocha 386. Pleuroxus 497. Plexaura 209. Plexaurella 209. PHcatula 759. Plictolophus 1088. Pliopithecus 1201. Ploceus 1100. Piocius 1059. Ploiaria 669. Plotactis 212. Ploteres 668. Plotus 1069. Plumatella 377. Plumularia 229. Plasia 690. Pluvianellus 1073. Pneumodemion 774, 775, 776, 777, 778. Pneumonophora 299, 303. Pneumora 642. Pocillopora 213. Podalirius 514. Podarcis 1018. Podarke 439 Podiceps 1044, 1067. Podinema 1019. Podoa 1078. Podocerus 515 Podocidaris 292. Podocoryne 227. Podon 497. Podophis 1017. Podophora 293. Podophrya 175. Podophthalmata 529. Podopsis 544. Podostoma 152, 153. Podura 638. Poecilasma 463. Poecilia 933. Poecilonota 712. Poecilopoda 505. Poeciloptera 665. Poecilostoinmata 471. Poephaga 1134. Poephagus 1163. Pogonias 944, 1086 Polia 345, 346. Polistes 736. Pollicipes 463. Pollicita 439. Poltys 589. Polyacanthus 949. Polyactinia 210. Polyarteuiia 503. Polyartlira 386. Polybia 736. Polybius 561. Polybostricha 245. Pülybostriclius 439. Polycc'lis 340, 341. Polycera 786, 787. Polychaetae 44, 421. Polycheles 553. Polychrus 1014. Polycirrus 429. Polyclinum 839. Polyclonia 246. Polycopidae 490. Polycycladus 340. Polycyrtiden 159. Polycystina 159. Polycystinea 158. Polycyttaria 160. Polydesmus 600. Polydora 428. Polygordien 422, 423. Polylepinae 434. Polyiiiastus 439. Polymorphina 1 54. Polymyarier 352. Polynemus 944. Polynoe 433. Polyodon 917. Polyodontes 431. Polyoramatug 694. Polyophthalraus 422, 426. Polyorchis 231. Polypedates 981. Polyphemus 497. Polyphylla 714. Polyphyllia 213. Polypi 7, 30, 32, 197. Polyplectron 1081. Polypomedusae 216. Polypori 293. Polypterus 868, 877, 885, 913, 918. Polyrhiza 246. Poiystemma 345. Polystomella 151. Polystoiuum 330, 331 Polythalamien 147, 149, 151. Polytmus 1092. Polyti-ema 154. Polyxenia 232. Polyxenus 600. Polyzoa 368. Polyzonium 600. Polyzosteria 639. Pomacanthus 943. Pouiacentrus 938. Pomatias 796. Pomatostegus 432. Pompilus 734. Ponera 732. Ponteila 475. Pontia 475. Register. 1243 Pontobdella 403. Pontocypris 489. Pontogenia 433. Pontolimax 786. Pontonia 551. Pontoporeia 517. Pontoscolex 417. Porcellana 556. Porcellidium 474. Porcellina 282. Porcellio 528- Porcula 1155. Porcus 1155. Porella 381. Porencorallen 212. Porichthys 949. Porifera 186. Porina 380. Porites 213. Porphyrio 1077. Porphyrophora 661. Porphyrops 678. Porpita 240. Portelia 438. Portumnus 561. Portunus 560. Posidonoiuya 501. Potamantbus 648. Potamia 587. Potamides 795. Potamilla 431, Potamochoerus 1155. Pourtalesia 296. Praniza 524. Pratincola 1098. Praxilla 427. Praya 239. Prenaster 297. Priacanthus 940. Priapulus 392. Primates 1130, 1196, 1203. Primno 518. Primnoa 209. Prion 1070. Prionastraea 214. Prionirhynchus 1092. Prionites 1092. Prionodon (Fisch) 910. Prionodon (Carnivore) 1186. Prionognathus 436. Prionospio 428. Prionurus 948. Prionus 702. Prionychus 708. Priotelus 1086. Prismatodonten 1173. Pristiophorus 910. Pristiphoca 1181. Pristipoma 941, Pristipomatidae 938, 941. Pristis 911. Pristiurus 909. Proboscidea 1164. Proboscina 378. Probubalus 1163. Procellaria 1070. Proceraea 439. Procerodes 342. Proceros 342. Procidaris 292. ProcoeUa 1025. Procrustes 721. Proctophysus 701. Procyon 1184. Productis 826. Prognathen 1207. Promenia 427. Promysis 514. Pronoe 519. Propithecus 1196, 1200. Prorhynchus 345. Prjrodon 175. Proscopia 642. Prosimia 1194. Prosobranchien 774, 779, 781, 783, 785, 788. Prosopis 737. Prosoihochmus 345. Prosteceraeus 342. Prosthecosacter 361. Prostiiiostoiuum 341. Prostomis 716. Prostomum 338. Protamoeba 152. Protechinus 291. Proteinus 719. Proteles 1187. Protella 514. Proteolepas 462. . Proteroglypha 1005. Proteroglyphen 997. Proterosaurier 1020 Proterosaurus 994. Proteus 9:.8, 969. Proto (Chaetopode) 420. Proto (Arthrostrace) 514. Protococcaceen 143. Protogenes 142. 153. Protohydra 226. Protomonas 142. Protomyxa 142. 153. Protopterus 8, 950, 951, 953. Protozoa 26, 43, 49, 63, 137. Protula 432. Psammechinns 293. Psammobia 763. Psaramodromus 1018. Psanjmodynastes 1004. Psammolyce 434. Psainmoperca 940. Psammophis 1004. Psainmopbylax 1002. Psammosaurus 1019. Psammoseris 214. Pselaphus 717. Pseudacris 981. Pseudailurus 1188. Pseudalius 361. Pseudastraeidae 215. Pseudechis 1006. Pseudibacus 553. Pseudis 979. Pseudoboletia 293. Pseudochalina 191. Pseudochirus 1136. Pseudochlamys 152, 153. Pseudococcus 661. Pseudocordylus IUI 7. Pseiidocorystes 561. Pseudocuma 541. Pseudofungidae 214. Pseudograpsus 562. PseudoJulis 939. Pseudomma 544. Pseudomys 1168, 1172. Pseudonaja 1006. Pseudophyllidae 322. Pseudopus1008, 1016, 1018. Pseudorhombus 937. Pseudoscarus 939. 1244 Register. Pseudosciurus 1175. Pseudoscorpionidea 593. Pseudospora 142. Pseudosquilla 539. Pseudostomum 337. Pseudotetramera 700. Pseudotrimera 699. Psilorhinus 1095. Psilotricha 178. Psithyrus 738. Psittacula 1089. Psittacus 1089. Psocus 645. Psolus 302. Psophia 1078. Psyche 693. Psychoda 682. Psylla 663. Ptenidium 717. Ptenoglossa 791. Ptenoglossen 780. Pteraclis 946. Pteraspis 916. Pteraster 283. Pterichthys 891, 916. Pteroceras 794. Pterochilus 736. Pterocles 1083. Pterodactylus 1021. Ptcrodina 385. Pteroglossus 1086. Pterogon 691. Pterogorgia 209. Pteroides 208. Pterois 943. Pterr malus 729. Pteromys 1175, 1189. Pteronarcys 647. Pteronella 330. Pterophoins 687. Pteroplatea 912. Pteropoden 766, 770, 772, 774, 775. Pteroptus 573. Pteropus 1189. 1192. Pterosaurier 1020. Pterosyllis 439. Pterotarsus 711. Pterotheca 777. Pterotrachea 770, 802, 803, 8U4. Pterotracheiden 803. Pterygouus 505. Ptilia 727. Ptilinopus 1084. Ptilinus 709. Ptiliiihorus 707. Ptilium 717. Ptinus 709. Ptychobarbus 932. Ptychodus 909. Ptychopleurae 1017. Ptychopoda 689. Ptychoptera 682. Ptychostomnm 176. Ptychozoon 1014. Ptyodactylus 1014. Puffinus 1070. Pulex 683. Pullenia 154. Pulmonaten 773, 774, 779, 780, 781, 782, 785, 796. Pupa 768, 783, 798, 800. Pupina 796. Pupiparae 674. Purpura 781, 783, 789, 792. Putorius 1185. Pycnodonten 913. Pycnodus 918. Pygnogonum 577. Pygodactylus 1016. Pypolampis 669. Pygopus 1016. Pygospio 428. Pyralis 689. Pyramidella 795. Pyranga 1100. Pyrgia 213. Pyrgoma 464. Pyrgomorpha 642. Pyrochroa 707. Pyrophorus 71 1. Pyrosoma 833, 841. Pyrosomen 831, 834, 838. Pyrrhocorax 1095. Pyrrhocoris 669. Pyrrhula 11 00. Pyrula 773, 792. Python 996, 1002. Pyxis 1030, 1031. Pyxitis 195. Quadrilatera 561. Quedius 718. Quermäuler 908. Quinqueloculina 153, 154, Kachiodontiden : 004. Radicellata 378. Radiella 194. Radiolaria 154. Radiolites 761. Radius 793. Räderthiere 381. Raja 912. Rallidae 1071. Rallus 1077. Rana 975, 977, 978. Ranatra 668. Randbläschenraedusen 229, 231. Raneila 794. Rangia 253. Rangifer 1161. Ranilia 557. Ranina 557. Raninoides 557. Rankenfüssler 454. Rapacia 1 1 36. Raphidia 652. Raphidophora 643. Raphium 678. Raptatores 1 1 00. Rasores i 078. Raspaigella 195. Ruspailia 195. Rassen 1206, 1207. Ratarien 240. Ratitae 1037, 1064. Rattulus 386. Raubbeutler 1136. Raubpolychaeten 432. Raubthiere 1182. Raubvögel 1100. Raymondia 674. ßegister. 1245 Recluzia 791. Recurvirostra 1044, 1073. Reduvius 668. Regaleciis 947. Regularia 291. Regulus (Thoracostrace) 551. Regulus (Vogel) 1098. Remipes 555. Reniera 194. Renilla 209. Reptiiia 981. Retepora 381. Rex 910. Rhabditis 365. Rhabdocidaris 292. Rhabdocoela 336. Rbabdogaster 367. Rhabdoideen 151. Rhabdomolgus 303. Rhabdopleura 369, 376. Rhabdosoma (Arthrostrace) 519. Rhabdosoma (Schlange) 1002. Rhachiglossa 791. Rhachiglossen 780. Rhagium 702. Rhamnusium 702. Rhamphastus 1086. Rhamphichthys 927. Rhamphodon 1092. Rhamphorhynchus 1021, 1033. Rhamphostoma 1025. Rhaphidophrys 158. Rhaphiglossus 736. Rhax 595. Rhea 1044. 1105. Rhegmatodes 231. Rhesus r2ui. Rhina 911. Rhinatrema 965. Rhinechis 1003. Rhingia 677. Rhinobatus 911. Rhhioboti'yuni 1005. Rhinoceriden 1150. Rhinoceros 1206. Rhinoceius 1150. Rhinocola 663. Rhinocryptis 887, 951, 953. Rhinoderma 980. Rhinodon 910. Rhhiodrilus 417. Rhinoglanis 934. Rhinolophus 1190, 1193. Rhinophis 1001. Rhinophryniden 980. Rhinophylla 1194. Rhinopoma 1193. Rhinoptera 912. Rhinosimus 705, 1002. Rhinostoma 1002. Rhinotyphlops 1000. Rhipicera 710, Rhipidius 707. Rhipidnglossa 790 Rhipidoglossen 780. Rhipidogorgia 209. Rhipidopathes 21 1 . Rhipiphorus 707. Rhizangia 214. Rhizobius 663. Rhizocephala 461. Rhizochalina 194. Rhizocrinus 279, Rhizoglyphua 573. Rhizomys 1173. RMzophaga 1134. Rhizophagus 716. Rhizophysa 238. Rhizopoda 11, 147. Rhizostoma 245. Rhizostomeae 245. Rhizotrochus 215. Rhizotrogus 714. Rhizoxenia 208. Rhochmocephalidae 345. Rhodactis 212. Rhodeus 891, 932. Rhodites 728. Rhodocrinus 278. Rhodona 1017. Rhodopsammia 213. Rhodosoma 840. Rhombodipteridae 918. Rhombosolea 937. Rhombus 937. Rhopalocera 694. Rhopalodina 303. Rhopalodon 1020. Rhopalonema 231. Rhopalophorus 329. Rhyacophila 654. Rhynchaea 1077. Rhynchichthys 941. Rhynchites 704. Rhynchobatus 911. Rhynchobdella 949. Rhynchobdellidae 403. Rhynchobolus 438. Rhynchocephalia 1015, Rhynchocinetes 551. Rhyiichocoela 342. Rhynchodesmus 340. Rhyncholophus 574. Rhynchonella 822. Rhynchonerella 440. Rhynchoprion (Milbe) 574. Rhynchoprion (Floh) 683. Rhynchoprobolus 338. Rhynchops 1070, Rhynchopygas 296. Rhynchosaurus 1015, 1020. Rhynchosuchus 1025. Rhynchota 656. Rhynchotus 1080. Rhytina 1120, 1130, 1148. Rhyzaena 1186. Ricinula 792. Riffcorallen 213. Rimula 790. Rindencorallen 209. Ringelechsen 1011. Ringelkrebse 507. Ringelwürmer 394. Ringicula 792. Riparii 668. Rippenquallen 20, 30, 32, 247. Rissoa 796. Roaroa 1106. Rochen 904, 911. Rocinella 525. Rodentia 1167. Röhrenbewohner 424. Röhrenherzen 895. Röhrenquallen 232. Röhrenschnecken 765. 1246 Register. Roeselia 691. Rosalia 702. Rossia 819. Rostellaria 794. Rotalia 154. Rotatoria 381- Rotella 791. Rotifer 385. Rotiferi 3, 31, 47, 162, 166, 381. Rotula 295. Rubicilla 1098. Rudisten 761. Rumphia 294, Rundmäuler 899. Rundwürmer 346. Rupicapra 1162. Rupricola 1096. Rutelinen 714. Rynchonella 826. Sabella 21, 481. Sabellaria 480. Sabellides 480. Sabinea 552. Saccanthus 212. Saccatae 258. Saccharouiyces 139. Saccobdella 402. Saccobranclius 887, 934. Saccocoma 287. Saccomyidae 1174. Sacconereis 439. Saccopharynx 927. Saccostomys 1172. Sacculina 401. Sacculus 387. Saenuris 419. Säugethiere 861, 1108. Saga 643. Sagartia 212. Sagitta 367. Saiga 1162. Salamandra 972. Salamandrinen 861, 963, 966, 967, 968, 970, 972. Salamis 246. Salanx 930. Salda 668, Salenia 292. Salicornaria 380. Salius 734. Salmacis 293. Salmo 874, 892, 930. Salmonen 867. Salmoniden 892. Salpa 44, 53, 830, 842, 843, 844, 845. Salpen 827, 829, 830, 831, 832. Salpina 386. Salpingus 705. Saltatoria 641. Salticus 586. Saltigradae 586. Samaris 937. Samytha 430. Sandfloh 683. Sanguinolaria 763. Saperda 702. Saphenia 228. Sapphirina 476. Sapyga 734. Sarcobelemnon 209. Sarcodictyon 208. Sarcomella 193. Sarcophaga 676. Sarcophianthus 212. Sarcophilus 1138. Sarcophyton 208. Sarcopsylla 683. Sarcoptes 571. Sarcorhamphus 1102. Sarcotragus 194. Sarea 1012. Sargus (Diptere) 681. Sargus (Fisch) 942. Sarrotrium 716, Sarsia 227, 228. Saturnia 692. Satyrus (Schmetterling) 695. Satyrus (Affe) 1202. Sauba 732. Saugwürmer 324. Saurida 931. Saurü 994, 1008. Sauroiden 918. Saurophis 1018. Sauropsiden 863. Sauropterygia 1022. Sauropterygii 1022. Saurothera 1087. Saururae 1063. Saurrs 931. Savignyia 293. Saxicava 750, 764. Saxicola 1098. Scalaria 768, 791. Scalibregma 426. Scalops 1179. Scalpellum 463. Scandentia 1135. Scansores 1063, 1085. Scapliander 788. Scaphechinus 295. Scaphidium 717. Scapliiopus 979. Scaphirhynchus 918, 915. Scaphopoda 745, 764. Scaphorhynchus 917. Scardinius 933. Scaridium 386. Scaritinae 721. Scarus 939. Scatophaga 676. Scatophagus 943. Scelidotherium 1141. Scelotes 1017. Scenopinus 680. Scerolielia 215. Schalenkrebe 529. Schildigel 294. Schildkröten 1025. Schistocephalus 322. Scliizaster 297. Schizocephala 640. Schizodactylus 643. Schizodon 1170. Schizodus 760. Schizomyceten 188. Scliizoneura 663. Schizopoda 541. Schizopropra 838. Schizorhis 1087. Schizostomum 338. Schizotarsia 602. Schizothorax 932. Schizura 1093. Schlangen 857, 995. Schlangensterne 284. Schleimpilze 140. Schmalnasen I200. Schnielzschupper 9 1 2. Schmetterlinge 084. Schnabelkerfe 656. Schnecken 778. Schnurwürmer 342. Schraubenbacterien 1 39, 140. Schuppensaurier 994. Schwämme 186. Schwärmer 693. Schwanzlurche 966. Schwimmpolypen 232. Sciaena 944. Sciaria 682. Scincoideen 982, 986. Scincus 1017. Scione 429. Sciophila 682. Scirus 575. Sciurus 1175. Sclerodermi 925. Sclerogorgia 209. Sclerostomum 360. Scolia 733. Scoliodon 910. Scolioplanes 602, Scolopax 1074. Scolopendra 602. Scolopendrella 602. Scolytus 703. Scomber 944. Scomberesociden 935. Scomberesox 938. Scopeliden 926. Scopelus 931. Scopula 689. Scopus 1076. Scorpaena 943. Scorpaenichthys 943. Scorpio 593. Scorpione 590. Scorpionidea 590. Scorpionspinnen 589. Scorpis 943. Scorpius 593. Register. Scortizus 713. Scutella 295. Scutellera 670. Scutellidium 474. Scutigera 602. Scutus 790. Scydmaenus 717. Scyllaea 787. Scyllarus 553. Scyllium 909. Scymnus 910. Scyphidia 179. Scyphien 195. Scytale 1005. Scytaster 283. Scythrops 1087. Sea 3-16. Sebastes 943. Sedentaria 424. Sedentariae 587. Seefedern 208. Seescheiden 832. Seesterne 280. Seewalzen 297. Segestria 587. Seiandria 727. Selache 910. Selachier 862, 872, 875, 876, 877, 878, 879, 881, 883, 889, 895, 904. Selenops 587. Semblis 647. Semele 763. Semnopithecus 1201. Semperianiim 302. Senegalus 918, Sepia 807, 809, 812, 814, 815, 819. Sepiola 812, 819. Sepioteuthis 814, 8 19, Seps 1011, 1017. Sepsis 675. Septaria 764. Sergestes 550. Serialaria 379. Seriatoporen 212. Seriatoporiden 213. Sericostoma 054. Seriola 946. f? 1247 Seriothnps 645. Serolis 526. Serpentes 995. Serpula 432. Serpuliden 427. Serranus 8i)2, 889, 940. Serrosalmo 924, 934. Sertularia 228, 230. Sesarma 562. Sesia 693. Setigera 1 154. Setina 691. SiaHs 651. Sicyonia 550. Sida 499. Sieboldia 970. Sigalion 434. Sigara 667. Sigaretus 795. Sigillina 839. Siliquaria 795. Sillago 944. Silpha 717. Silurichthys 934. Siluroiden 880, 920, 926, Silurus 934, 973. Siraocephalus 498, 1005. Simonea 571. . Simosaurus 1022. Simotes 1002. Simulia 681. Sinodendron 713. Siphonaria 799. Siphoniata 761, Siphonochalina 194. Siphonophora 600. Siphonophorae 7, 20, 23, 30, 53, 232. Siphonops 965. Siphonosphaera 160. Siphonostoma (Polychaete) 429. Siphonostoma (Fisch) 923. Siphonostouiüta (Copepoda) 476. Siphonostomata(Schnecken) 785, 793. • Siphonostomum 429. Siphonotreta 826. Siphonotus 600. 1248 Register. Sipunculacea 387. Sipunculus 393. Siredon 969, 972. Sirenibo 935. Siran 954, 966, 968, 969. Birenen 1145. Sirenia 1 1 48. Birex 728, iJii-iella 544. ^isyphus 713. iisyra 653. •Jitaris 706. iitta 1097, littace 1089. ivatherium 1159. ilabberina 525. Smaris 941. Imerinthus 69-1. imilia 665. Imilodon 1 1 8S. imilotrochus 215. iraiiithea 231. 5mynthurus 638. 5olanderia 209. 5olaridae 791. 50laster 282, 283. iolea 937. 5olecurtus 763. Solemya 763. 3olen 750, 751, 763, 834. Solenobia 688. Solenoconcheu 765, 770, 773. Solenocotyle 331. Solenodon 1178. Solenoglypha 1007. Solenoglypheii 997. Solenognathus 924. Solenomya 750, 763. isolenophrya 175. Solenostoma 923. 5olidungula 1151. 5olifugae ö94. 50lpuga 595. somateria 1068. 50rex 1178. 5oridia 1017. 5oroideen 151. josane 430. spaggodes 208. Spalax 1118, 1173. Spaltschn übler 1093. Spanner 689. Sparassus 587. Spar US 941, 942. Spatangidea 295. Spatangus 296. Spatula 1068. Spatularia 913, 915, 917. Spelerpes 971. Sperlmgsvögel 1099. Spermophilus 1175. Sphaerechinus 293. Sphaeridium 719. Sphaerius 717. Sphaerocoris 670. Sphaerodon 942. Sphaerodorum 439. Sphaeroidina 154. Sphaeroma 526. Sphaeronectes 289. Sphaeroniscus 529. Spbaeronites 280. Sphaeropeus 601. Spbaerophrya 175. Sphaerosyllis 439. Sphaerotberiuni 601. Sphaerozoura 160. Spbaerularia 364. Spbaerulites 761. Spbagebranchua 926. Sphargis 1029. Sphecodes 737. Spheniscus 1066. Sphenodon 1009,1015,1141. Sphenorliynchus 1076. Sphenotrochus 215. Sphex 735. Sphingina 693. Sphinx 694. Sphygmica 152. Sphyraena 944. Sphyrapicus 1088. Sphyrna 910. Sphyrocephalus 340, Spilophora 366. Spilotes 1003. Spinax 910. Spinigera 794. Spinnen 5S0. Spinner 691. Spinther 435. Spio 428. Spiochaetopterus 428. Spirifer 826. Spirillina 154. Spirillum 139, 140. Spirobis 432. Spirobolus 600. Spirobranchus 949. Spirochaete 139, 140. Spirochona 179. Spirocyclus 337. Spirograpbis 431. Spiroloculina 153. Spiroptera 303. Spirostomum 177. Spirostrephon 600. Spirostreptus 600. Spiroxys 363. Spirula 807, 818. Spirulina 154. Spizaetus 1103. Spondylis 702. Spondylomorum 143. Spondylus 41, 751,754,759. Spongelia 194. Spongia 194, 195, 197. Spongiae 26, 186. Spongicola 550. Spongilla 194. SpongocycHden 160. Spongodisciden 160. Spongosphaeriden 160. Sponguridae 160. Sporadipoda 302. Sporadipus 302. Springbeutler 1134. Spumella 142. Squalides 909. Squalius 933. « Squalus 910, 911. Squamella 386. Squamipennes 942. Squamulina 154. Squatarola 1072. Squatina 909, 911. Squatinorajidae 911. Squilla 538 Squillerichthus 539. Stachelhäuter 255.' Stäbchenbacterien 139, 140 Stagnicola 1077. Staphyhnus 718. Stauridae 211. Stauridium 228. Staurocephalus 436. Staurophora 231. Steatoda 588. Steatornis 1050, 1095. Steenstrupia 228. Steganophthalmata 242. Steganopodes 1068. Stegostoma 909. Steletta 195. Stellaster 283. Stellio 1016. Stelmatopoda 377. Stelzvögel 1071. Stemonites 140. Stenelnus 715. Steneosaurier 1024. Stenobothrus 642. Stenodactylus 1014. Stenonia 296. Stenopelmatvis 643. Stenops 1114, Il23, 1196. Stenopteryx 674. Stenoptycha 245. Stenopus 550. Stenorhynchus 559. Stenostoma 1000. Stenostomum 338. Stenothoe 516. Stentor 9, 177. Stenus 718. Stephania 439. Stephanoceros 385. Stephanomia 237. Stephanops 386. Stephanosphaera 143. Stephanospira 237. Stephanosyllis 439. Stereoderma 302. Sterna 1070. Sternarchus 927. Sternaspis 428. Sternoptyx 931. Sternopygus 927. Sternotherus 1030. Claus, Zoologie. 3. Register. Sternwürmer 387. . Sthenelais 434. Sthenonia 245. Stichocyrtiden 159. Stichopoda 302. Stichopodes 301. Stichopus 301. Stichotricha 178. Stigmatophora 923. Stilicus 718. Stolus 302. Stomaster 246. Stomatopoda 536. Stomias 879, 931. Stomobrachium 231. Stomolophus 245. Stomopneustes 293. Stomoxys 676. Stratiomys 680. Strepsiceros 1162. Strepsilas 1072. Strepsistera 655. Streptaxis 800. Stridulantia ßßQ. Strigiceps 1104, Strigops 1089. Stringocephalus 827. Strix 1101. Stroiuateus 945. Strombidium 178. Strombus 783, 785, 794. Strongylosoma 600. Strongylostomum 338. Strongylus 360. Strudelwürmer 332. Struthio 1104, 1105. Struthiolaria 794. öturnus 1096. Stygrus 580. Stylactis 227. Stylaria 420. Stylaroides 429. Stylaster 215. Stylifer 785, 795. Stylina 795. Stylinaceae 214. Stylochoplana 341. Stylochopsis 341. Stylochus 341. Stylocoenia 214. Aufl. 1249 Stylodrilus 419. Stylommatophora 799. Stylonectes 245. Stylonurus 505. Stylonychia 178. Stylophora 215. Styloplotes 178. Stylops 656. Stylorhynchus 147. Suberites 194. Subumbrella 221. Subungulata 1169. Succinea 800. Suctoria (Infusorien) 175. Suctoria (Cirripedien) 461. Sudis 931. Sula 1052, 1069. Sumpfvögel 1071. Surnia 1102. Sus 1155. Suthora 1097. Sycaltis 197. Sycandra 197. Sycetta 197. Sycilla 197. Sycometra 196. Sycon 197. Sycortis 197. Syculmis 197. Syeyssa 197. Syllides 438. Sylline 438. Syllis 438. Sylvia 1098. Symbiotes 572. Symbranehiden 926. Symbranchus 927. Symphyllia 214. Symplocostomma 366. Sympodium 208. Sympterygia 912. Synagris 736. Synapta 303. Synaptula 303. Synaptura 937. Synchaeta 386. Syncoryne 227. Synergus 728. Syngnathus 892, 893, 923. Synhelia 215. 79 1250 Register. Synodontis 934. Synoecum 839. Synotus 1192. Syrichtlius 694. Syrnium 1101. Syromastes 070. Syrphus 677. Syrrhaptes 1062, 1083. Syrtis 669. Tabanus 680. Tabulata 212, 226, Tachina 676. Tachinus 718. Tachydromia 678. Tachymenis 1002. Tachypetes 1055, 1069. Taehyporus 718. Tachyusa 718. Tadorna 1068. Taeniadae 319. Taeniatae 254. Taeniocampa 690. Taenioglossa 793. Taenioglossen 780. Taenioideae 947. Taeniura 912. Tagfalter 694. Talaeporia 688. Talitrus 515. Talpa 1110, 1178. Tamias 1175. Tamnophilidae 1097. Tamnophilus 1097. Tamoga 232. Tanagra 1100. Tanais 524. Tantalus 1076. Tanypus 682. Tanysiplera 1091. Tanystoniata 678. Taphozous 1193. Taphrocampa 386. Tapiriden 1150. Tapirus 1150. Tarandus 1161. Tarantula 590. Tai-digrada 577. Tarentola 1013. Tarpa 727. Tarsipes 1136. Tarsius 1195. Tauben 1083. Tauria 518. Tausendfüsse 595. Tegenaria 588. Tejus 1019. Teleas 730. Telegallus 1081. Telegonus 593. Teleosaurier 1023, 1024. Teleostei 867, 868, 873, 876, 877, 895, 919. Telephorus 710. Telepsavus 428, Telethusidae 426. Tellina 751, 703. Telmatobius 980. Telphusa 561. Temnocephala 403. Temnochili 933. Temnopleurus 293. Tenebrio 708. Tengyra 733. Tentaculiten 777. Tenthredo 727. Tenuiroötres 1090, 1092. Teras 088. Terebella 429. Terebellides 430. Terebra 793. Terebrantia 720. Terebratella 827. Terebratula 822, 325, 827. Terebratuliden 823. Terebvatulina 824, 825, 827. Teredina 704. Teredo 747, 750, 704. Tergipes 787. Termes 647. Termopsis 047. Tessalata 278. Testiicella 800. Testicardines 826. Testudo 1031. Tetanocera 676. Tetanus 417. Tethya 194. Tethyodea 832. Tethys 787. Tetrabranchiata 810, 816. Tetracelis 841. Tetracerus 1162. Tetraclita 464. Tetragnatha 588. Tetragonops 1086. Tetragonurus 948. Tetramern 699. Tetrameres 363. Tetranorhinus 1004. Tetraneura 603. Tetranychus 574. Tetrao 1082. Tetraonchus 331. Tetraphyllidae 323. Tetraplasten 142. Tetrapneuniones 585. Tetrajirotodon 1150. Tetrapyie 160. Tetrarhynchus 323. Tetrastemma 345. Tetrodon 880, 923, 926. Tettigonia 664, 666. Tettix 642. Tetyra 670. Teuthis 948. Textularia 154. Thais 696. Thalamita 560. Thalassema 394. Thalassianthus 212. Thalassicolla 158. Thalassidroma 1070. Thalassina 554. Thalassochelys 1029. Thalassolampe 158. Thalassosphaera 158. Thaleichthys 930. Thalestris 474. Thaliacea 841. Thamnocnidia 228. Thamnodynastes 1005. Thanmophilus 1050. Thaumantias 230, 231. Thealia 558. Theca 777. Thecadactylus 1014. Thecidium 823, 824, 825, 826. Register. 1251 Thecla 695. Thecodontia 1020. Thecodontosaurus 1020. Thecosomata 777. Thelepus 429. Thelyphonus 590. Themisto 518. Thenus 553. Theodisca 427. Theraphosa 585. Therapon 941. Thereva 680. Theridium 588. Therodamus 4S0. Thetys 763. Thid 561. Tholus 231. Thomisus 587. Thomomys 1174. Thoracica 462. Thoracostraca 529. Thorictis 1019. Threskiornis 1075. Thrips 645. Thrissops 919. Thuiaria 230. Thyatyra 691. Thylacinus 1138. Thylacoleo 1138. Thylacotherium 1137. Tbymallus 930. Thynnus 945. Thyone 302. Thyonidium 302. Thysanopoda 545. Thysanoteuthis 819. Thysanozoon 341. Thysanura 637. Thyreus 694. Thyropus 519. Thyrsites 944. Tiara 229. Tichodroma 1093. Tiedemannia 767, 777. Tilurus 928. Tima 231. Timarcha 701. Timarete 427. Tinamotis 1080. Tiaamus 1080. Tinea 932. Tinea 688. Tingis 669, Tinnunculus 1103. Tintinnopsis 179. Tintinnus 179. Tiphia 733. Tipula 683. Tipulariae 681. Tiron 516. Titanethes 529. Toccus 1091. Todus 1097. Tomocerus 638. Tomodon 1003. Tomopteris 440. Tornaria 443. Tornatella 788. Torpedo 878, 881, 911. Tortriciden 985. Tortrix (Schmetterling) 688. Tortrix (Schlange) 1001. Totanus 1073. Toxaster 296. Toxiglossa 793. Toxobrissus 297. Toxoeeras 817. Toxoglossen 780. Toxopneustes 293. Toxotes 893, 943. Toxotrypana 675. Toxotus 702. Tracheliastes 480. Trachelius 175. Trachelocerca 175. Trachelophyllum 175. Trachinus 944. Trachycephalus 981. Trachyderes 702. Trachymedusae 231. Trachynema 231. Trachyphonus 1086. Trachyphyllia 214. Trachyplana 341. Trachypterus 947. Trachys 712. Trachysaurus 1017. Tragops 1004. Tragulus 1160. Trebius 478. Trechus 721. TremacephaUdae 345. Trematis 826. Trematodes 7, 30, 44, 53, 324. Trematodiscus 160. Trematosaurus 966. Tremoctopus 813, 814, 820. Triacanthodes 925. Triacanthus 925. Triacis 910. Triaenodon 910. Triaenophorus 322. Triarthra 386. Tribonyx 1077. Tricelis 341. Trichaster 287. Trichechus 1182. Trichia 140. Trichina 362. Trichiurus 928, 944. Trichius 714. Trichobrancliiden 430. Trichocephalus 361. Trichocera 561, 683. Trichoda 176. Trichodectes 659. Trichoderma 358. Trichodes 709. Tricliodina 179. Trichodinopsis 179. Trichodrilus 419. Trichogaster 949. Trichoglossias 1089. Trichomonas 142. Trichoniscus 529. Trieb ophrya 175. Triehoptera 754. Trichopteryx 717. Trichosomum 362. Trichosurus 1136. Trichotrachelidae 361. Tridacna 761. Trigla 879, 881, 943. Trigona 740. Trigonia 760. Trigonidium 644. Trigonocephalus 1008. Trilobiten 503. 79* 1252 Register. Trilobus 366. TrilocuHna 150, 153. Trimeren 699. Trinoma 153. Tringa 1073. Trinodes 715. Triodon 926. Trionyx 1026, 1030. Trioza 663. Triphaena 690. Tripyla 366. Tripylus 297. Tristoma 330. Triton 972. Tritonen 968. Tritonia 787. Tritonium 794. Trizonia 600. Trochammina 154. Trochatella 796. Trochetia 404. Trochilia 177. Trochilinm 693. Trochocyathus 215. Trochoideus 700. Trochosa 587. Trochosmiliaceae 215. Trochotoma 791. Trochus 768, 789, 791. Trochylus 1093. Troctes 645. Troglocaris 551. Troglodytes 1098, 1202. Trogon 1085, 1086. Trogonophis 1012. Trogophloeus 718. Trogulus 580. Trogus 730. Trombidium 574. Trophon 792. Trophonia 429. Tropidocera 363. Tropidocyathus 215. Tropidodipsas 1005. Tropidolaemus 1008. Tropidolepisma 1017. Tropidonotus 1003. Tropidosaura 1018. Tropidosaurus 1017. Tropidurus 1015. Trosciden 715. Trox 713. Truncatella 796, Trutta 930. Truxalis 642. Trygon 905, 912. Trygonorhina 911. Tryothorus 1098. Trypaea 554. Trypeta 675. Tryphon 730. Trypoderma 677. Tubicinella 464. Tubiclava 226. Tubicolae 424, 747. Tubicolaria 385. TubicoUdae 763. Tubifex 419. Tubinambis 1019. Tubipora 210. Tubitelae 587, Tubularia 228. Tubulariae 226. Tubulosa 213. Tunicata 45, 741, 827, 831. Turbanella 387. Turbellaria 39, 332. Turbellarien 166. Turbinaria 213. Turbinella 792. Turbinolia 215. Turbo 772, 791. Turbonilla 795. Turdus 1043, 1098. Turnix 1083. TurriUtes 807. Turris 227, 793. Turritella 768, 795. Turritopsis 229. Turtur 1084. Tyche 559. Tychus 717. Tylenchus 365. Tylopoda 1158. Tylopod >n 1158. Tjlorar. aphus 1066. Tylus 529. Typhis 519. Typhlichthys 929. Typbline (Rotatorie) 385. Typhline (Eidechse) 1017. Typhlobdella 404. Typhlocolax 341. Typhlolepta 341. Typhloniscus 529. Typhlops 995, 1000. Typhoeus 713. Typton 551. Tyrannus 1097. Tyro 518. Tyroglyphus 578. Tyrrhena 439. Tyrus 717. Uca 562. Udonella 330, Ulactis 212. Ulastraea 214. Ulophyllia 214 Umbellularia 209. Umbra 929. Umbrella 787, Umbrina 944. Ungulina 762. Uniloculina 153. Unio 749, 750, 754, 755, 756, 761. Upeneichthys 941. [Jpeneus 941. Upenoides 941, Uperodon 980, üpupa 1092, Urania 689. Uranoscopus 944. Urax 1053, 1080. Urceolaria 179. Uria 1066. Urinatores 1065. Urnatella 379. ürocampus 923. Urocentrum (Infusorie) 179. Urocentrum (Eidechse) 1015. Uroconger 927. Urodela 966. Urogalba 1086. Urogymnus 912. Urolabes 363, 366. Uroleptus 178. Register. 1253 Urolophus 912. Uromastix 1016. Uronychia 178. Uropeltis 1001. Urostyla 178. Urothoe 516. Urotricha 175. ürotrichus 1179. Urotrophus 1014. Ursus 1184. Urthiere 137. Ute 197. "Vagabundae 586. Vaginicola 179. Vaginula 154. Vaginulus 799. Valgus 714. Valkeria 379. Valvata 785, 796, Valvulina 154. Vampyrella 142. Vampyrus 1194. Vanellus 1072. Vanessa 695. Vappo 681. Varanus 1019. Velella 240. Velia 668. Velutina 795. Venerupis 762. Ventriculitiden 195, Venus 751, 762, 834. Veranya 819. Veretillum 208. Vermes 62, 63, 304. Vermetus 785, 795 Verraicella 1006. Vermiculaten 195. Vermilingues 10 10. Vermilinguia 1012, 1130, 1140. Verocinella 799, Verruca 465. Verruncella 209. Vertebralina 154. Vertebrata 846. Vesicularia 379. Vesiculatae 229, 231. Vespa 736. Vespertilio 1192. Vespertilioniden 1190. Vesperugo 1192. Vesper US 1192. Vexillum 254. Vibilia 517. Vibrio 139, 140. Vidua 1100. Vioa 195. Vipera 1007. Virbius 551. Virgularia 208. Vitrina 800. Viverra 1186 Vögel 861, 1031. Vogtia 239. Volucella 677. Voltua 792. Volvox 143. Vortex 337. Vorticella 179. Vorticlava 228. Vulsella 759. Vulsus 946. Vultur 1102. H^advögel 1071. Waldheimia 826. Walfische 1142. "Walzenspinnen 594. Wanzen 666. Wasserechsen 1021. Wasserflöhe 494. Wasserwanzen 667. Weichthiere 741. Westwoodilla 516. Wiederkäuer 1156. Wirbelthiere 846. Wrightia 230. Würmer 31, 32, 33, 38, 40, 41, 45, 50, 63, 304, Wurmschlangen 1000. Wurmzüngler 1012. Wurzelfüsser 147. Wurzelkrebse 461. Xanthia 690. Xantho 560. Xantholinus 719. Xanthornus 1096. Xenia 208. Xenobalanus 464. Xenoderma 1005. Xenodon 1003. Xenopeltis 1001. Xenopterus 926. Xenopus 978. Xenos 656. Xiphacantha 159. Xiphias 946. Xiphidium 643. Xiphigorgia 209 Xiphodon 1154. Xiphosoma 1001. Xiphosura 505. Xiphosurus 1014. Xiphoteuthis 819. Xya 644. Xyela 727. Xylina 691. Xylita 708. Xylobius 711. Xylocampa 691. Xylocopa 738. Xylophagus 680. Xylotomae 979. Xysticus 587. Ifamamai 692. Yoldia 760. Ypononieuta 688. Kahnschnäbler 1095. Zahnwale 1145. Zaiuenis 1003. Zanclea 227. Zaus 474. Zenaida 1084. Zephronia 601. Zerene 689. Zetes 577. Zeuglodonten 1146, 1254 Register. Zeus 886, 945. Zeuzera 693. Ziphius 1146. Zirpen 664. Zoantharia 210. Zoanthus 212. Zoarces 890, 947. Zonurus 1017. Zoogloea 139. Zoophyta 180. Zoosporeen 142. Zootaca 1018. Zoothamnium 179. Zungenwürmer 566. Zweiflügler 670. Zweihufer 1156. Zygaena (Schmetterling) 693. Zygaena (Fisch) 910. Zygocyrtiden 159. Zygodactyla 231. ^^^<^^ {^r£ '• r ^■JM ..^l;^. ti^f,^; 'r% -^. -^ ■?^ rS. ^ . _/